231 21 55MB
German Pages 1901 [1893] Year 1990
Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen
Herausgegeben von Horst Heinrich Jakobs und Werner Schubert
w DE
Walter de Gruyter · Berlin · N e w York
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und Nebengesetze (Zivilprozeßordnung, Konkursordnung und Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) 1. Teilband
w DE
jG_ 1990 Walter de Gruyter · Berlin · New York
Bearbeiter dieses Bandes: Werner Schubert
CIP- Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs : in systematischer Zusammenstellung der unveröffentlichten Quellen / hrsg. von Horst Heinrich Jakobs u. Werner Schubert. — Berlin; New York: de Gruyter. N E : Jakobs, Horst Heinrich [Hrsg.] Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und Nebengesetze: (Zivilprozeßordnung, Konkursordnung und Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit). T e i l b d . l . - (1990) ISBN 3-11-012292-8
© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. © Copyright 1990 by Walter de Gruyter & Co., 1000 Berlin 30 Dieses W e r k einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz und D r u c k : H . H e e n e m a n n G m b H & Co, Berlin 42 Bindearbeiten : Lüderitz & Bauer-GmbH, Berlin 61
Inhalt 1. Teilband Abkürzungsverzeichnis Einleitung (von Werner Schubert)
XI 1
I. II. III. IV. V. VI.
1 3 3 5 10
Uberblick über den Umfang der Edition Das Internationale Privatrecht (Art. 6—31 EGBGB) Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 . . . Die Zivilprozeßordnung vom 17. 5. 1898 Die Konkursordnung vom 17. 5. 1898 Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17.5.1898
Texte der Gesetze mit Quellenverzeichnis Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 Gesetz, betreffend Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung vom 17. 5. 1898 Gesetz, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung vom 17. 5. 1898 . . . . Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung vom 17. 5. 1898 Gesetz, betreffend Aenderungen der Konkursordnung vom 17. 5. 1898 Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betreffend Aenderungen der Konkursordnung vom 17. 5. 1898 Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 5. 1898 . . Quellen zum Internationalen Privatrecht (Art. 7 — 31 EGBGB) A. 1. Kommission I. Protokolle der 1. Kommission (9. 9.—28. 9., 7. 10., 16. 12. 1887) II. Fassung der Regelung im E I C. 2. Kommission I. Protokolle der 2. Kommission (401.—409. Sitzung) II. Fassung der Regelung in der VorlZust III. /IV. Fassung der Regelung in der ZustRedKom/im E II V. Fassung der Regelung in E II rev D. Bundesrat I. Bestimmungen, betreffend das internationale Privatrecht, aufzunehmen in das Einführungsgesetz zum BGB (Entwurf des Reichsjustizamts vom Dezember 1895) Quellen zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch A. 1. Kommission I. Protokolleder 1. Kommission (4. 1. 1888—9. 6. 1888) II. Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich. Erste Lesung (1888) C. 2. Kommission I. Protokolle der 2. Kommission (14. 1 0 . - 2 . 12. 1895) II. Fassung der Regelung in der Vorl.Zust
13 16 68 72 145 147 165 168
211 275 279 300 305 310
313
318 713 753 806
V
Inhalt III. Revision der ZustRedKom (Red.Vorl.) bzw. der Vorl.Zust. (7. und 9. 12. 1895) IV. Fassung der Regelung im Ε I I / E III D. Bundesrat (Justizausschuß und Plenum) I. Anträge der Bundesregierungen zur ersten Lesung im Justizausschuß . . . II. Erste Lesung im Justizausschuß des Bundesrates (14. 1.—16. 1. 1896) . 1. Beschlüsse des Justiz-Ausschusses des Bundesraths, betreffend den Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch 2. Berichtevon Heller (14.—19. 1. 1896) 3. Berichtevon Schicker ( 1 4 . - 1 6 . 1. 1896) III. Zweite Lesung im Justizausschuß des Bundesrates (20. 1. 1896) 1. Zusammenstellung der Beschlüsse zu dem Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche 2. Bericht von Heller vom 20. 1. 1896 3. Berichtvon Schicker vom 20. 1. 1896 IV. Antrag des Ausschusses für Justizwesen zum Entwurf eines Einführungsgesetzes zu dem Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich (Nr. 10 der Drucksachen des Bundesrates von 1896) E.
Reichstag I. Anträge zur 1. Lesung in der XII. Kommission II. Berichte von Heller (Bayern) über die Beratungen der XII. Kommission in erster Lesung (3. 3.—20. 5. 1896) III. Beschlüsse I. Lesung (Vorlage der Redaktionskommission) IV. Anträge zur 2. Lesung in der XII. Kommission V. Berichte von Heller (Bayern) über die Beratungen der XII. Kommission in zweiter Lesung (10.—11. 6. 1896) VI. Anträge im Plenum des Reichstags
836 848 875 904 904 909 924 937 937 938 940
942 953 957 979 981 985 990
Anhang. Nachweis der Artikel, die in den Kommissionsberichten (Aktenstücke des Reichstags Nr. 440—440 d) behandelt worden sind
993
2. Teilband Quellen zu den Gesetzen, betreffend Änderungen der (Zivilprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung sowie des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung vom 17. 5. 1898 I.
VI
Erste Reformversuche (1881 — 1884) 1. Schreiben des Staatsekretärs des Reichsjustizamts vom 1. 12. 1881 an die Bundesregierungen 2. Schreiben des preußischen Justizministers vom 14. 1. 1882 an das Reichsjustizamt (mit Entwurf eines Gesetzes, betr. die Ausführungen der von Amts wegen angeordneten Zustellungen) 3. Schreiben des preußischen Justizministers vom 13. 3. 1882 an das Reichsjustizamt 4. Ubersendung eines Gesetzesentwurfs zur Reform des Zustellungswesens an die Bundesregierungen (11. 6. 1882) 5. Schreiben Bismarcks vom 17. 8. 1884 an das Reichsjustizamt 6. Antwort des Reichsjustizamts vom 25. 8. 1884 an Bismarck 7. Schreiben Bismarcks vom 17. 9. 1884 an das Reichsjustizamt 8. Schreiben des Reichsjustizamts vom 28. 11. 1884 an Bismarck 9. Schreiben Bismarcks vom 14. 12. 1884 an den preußischen Justizminister 10. Antwort des preußischen Justizministers vom 31. 12. 1884 an Bismarck . . 11. Preußischer Entwurfvom Juli 1885 zu einer CPO-Novelle
994
997 1000 1001 1003 1003 1004 1004 1015 1017 1021
Inhalt II.
III.
IV.
V.
VI.
Von d e r Wiederaufnahme der Reformüberlegungen 1890 bis zur Einsetzung der CPO-Kommission von 1895 1. Schreiben des Reichsjustizamts vom 11.6. 1890 an den preußischen Justizminister 2. Antwort des preußischen Justizministers vom 1 9 . 7 . 1 8 9 0 an das Reichsjustizamt 3. Schreiben des Reichsjustizamts vom 25. 3. 1891 an den preußischen Justizminister (Ubersendung des Entwurfs zu einer CPO-Novelle) 4. Schreiben des Reichsjustizamts vom 5. 5. 1892 an den preußischen Justizminister 5. V o t u m des preußischen Justizministers vom 11.9. 1893, betreffend die Revision der Deutschen Civilprozeßordnung 6. Schreiben des Reichsjustizamts vom 6. 11. 1893 an Boetticher 7. Ferneres Votum des preußischen Justizministers vom 21. 11. 1893 für das Staatsministerium (Stellungnahme zu den Voten der anderen Minister) . . 8. V o t u m des Vizepräsidenten des Staatsministeriums von Boetticher vom 29.11.1893 9. Beratungen des preußischen Staatsministeriums am 2. 1. 1894 über eine Ref o r m der Civilprozeßordnung 10. Schreiben des Präsidenten des Staatsministeriums vom 23.2. 1894 an den Reichskanzler K o n f e r e n z über die Revision der Civilprozeßordnung (April/Mai 1895) 1. Einladungsschreiben des Reichsjustizamts vom 27. 10. 1894 zur Teilnahme an den Beratungen zur Reform der Civilprozeßordnung 2. Zusammenstellung der f ü r eine Reform des Civilprozesses zur Erörterung gestellten Fragen 3. Protokolle über die Verhandlungen (18. 4 . - 3 1 . 5. 1895) 4. Anträge der Kommissionsmitglieder 2. BGB-Kommission 1. Beratungen erster Lesung (26. 11. 1895—21. 1. 1896) 2. Fassung der Regelung in der Vorl.Zust. von Gottlieb Planck 3. Beratungen zweiter Lesung (8. 2. 1896) 4. Fassung der Regelung in der Bundesratsvorlage Vorbereitung der Gesetzesvorlage durch das Reichsjustizamt ( 1896/97) 1. Bericht des Präsidenten des Reichsgerichts vom 25. 2. 1896, betreffend die Revision des Civilprozeßverfahrens 2. Schreiben des Reichsjustizamts vom 6. 3. 1897 an die Bundesregierungen 3. Bericht des Präsidenten des Reichsgerichts vom 3 . 5 . 1897, betreffend die Revision des Civilprozeßverfahrens 4. Schreiben des Reichsjustizamn vom 14. 5. 1897 aus Anlaß der Ubersendung der Grundzüge eines Gesetzes zur Änderung der Civilprozeßordnung . . 5. Grundzüge eines Gesetzes zur Änderung der Civilprozeßordnung . . . . 6. Schreiben des Reichsjustizamts vom 10. 6. 1897 aus Anlaß der Ubersendung der Grundzüge eines Entwurfs eines Einführungsgesetzes zu dem Entwürfe, betreffend Änderungen der Civilprozeßordnung 7. Grundzüge des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zu dem Gesetze, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung 8. Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen zu den Grundzügen eines Gesetzes, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung, und eines zugehörigen Einführungsgesetzes (Berlin 1897) Verhandlungen im Bundesrat (November/Dezember 1897) 1. Bundesratsvorlage vom 4. 11. 1897 Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung
1030 1032 1034 1043 1045 1055 1056 1059 1061 1064
1066 1067 1070 1104 1113 1154 1184 1187
1229 1232 1233 1234 1240
1266 1267
1268
1323 1323
VII
Inhalt Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung . Entwurf eines Einführungsgesetzes zu dem Gesetze, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung 2. Anträge zur ersten Lesung im Justizausschuß 3. Berichte von Schnell (Bayern) über die erste Lesung im Justizauschuß (19.—22. 11. 1897) 4. Anträge zur 2. Lesung im Justizausschuß 5. Bericht von Schnell (Bayern) über die zweite Lesung im Justizausschuß am 1.12.1897 6. Antrag des Justizausschusses vom 1. 12. 1897 zu den Entwürfen (Nr. 137der Drucksachen) 7. Anträge zur Plenarberatung 8. Bericht von Schnell (Bayern) über die Plenarsitzung des Bundesrates am 9. 12. 1897 VII. Reichstag (VI. Kommission) 1. Abänderungsanträge von Kommissionsmitgliedern zur 1. Lesung . . . . 2. Berichte von Schnell (Bayern) über die erste Lesung (18. 1.—15.2. 1898) 3. Vorlagen und Beratungen des Redaktionsausschusses 4. Abänderungsanträge von Kommissionsmitgliedern zur 2. Lesung . . . . 5. Berichte von Schnell (Bayern) über die zweite Lesung (9. 3.—18.4. 1898) . Anhang. Zuordnung der im Bericht der VI. Kommission enthaltenen Anträge der Kommissionsmitglieder
1326 1390 1398 1408 1416 1419 1421 1425 1426 1427 1447 1459 1474 1483 1490
Quellen zu dem Gesetz, betreffend Aenderungen der Konkursordnung und des Einführungsgesetzes zu diesem Gesetz I. Vorschläge des Reichstags zur Änderung der Konkursordnung (1893/94) 1. Antrag des Zentrumsabgeordneten Rintelen u. a. vom 16. 11. 1893 . . . . 1494 2. Anträge in der X. Reichstagskommission 1499 3. Vorlage der X. Reichstagskommission von 1894 1508 II. Enquête des Reichsjustizamts bei den Bundesstaaten über die Änderung der Konkursordnung 1. Rundschreiben vom 31. 5.1894 1515 2. Zusammenstellung wichtigerer Abänderungsvorschläge zur Konkursordnung 1516 3. Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen zu den in dem Rundschreiben des Reichs-Justizamts vom 31.5. 1894 bezeichneten Fragen, betreffend Aenderungen der Konkursordnung 1517 III. Beratungen der 2. BGB-Kommission 1. Protokolle der 2. Kommission (21.—22. 1. 1896) 1533 2. Fassung der Regelung in der Vorl.Zusst. (Vorlage von Gottlieb Planck) . . 1542 3. Fassung der Regelung im E I I / E II rev. (Bundesratsvorlage) 1551 IV. Ubersendung der „Grundzüge eines Gesetzes, betreffend Aenderungen der Konkursordnung" an die Bundesregierungen (Juni 1897) 1. Rundschreiben vom 15. 6. 1897 an die Bundesregierungen 1559 2. Text der Grundzüge 1564 3. Grundzüge eines Einführungsgesetzes zu dem Gesetze, betreffend Aenderungen der Konkursordnung 1569 V. Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen zu den Grundzügen eines Gesetzes, betreffend Aenderungen der Konkursordnung und eines zugehörigen Einführungsgesetzes (1897) 1569 VI. Verhandlungen im Bundesrat 1. Bundesratsvorlage vom 8. 12. 1897 (Drucksache Nr. 141) 1597 2. Anträge zu den Verhandlungen im Justizausschuß 1614 3. Bericht von Klügmann (Lübeck) über die Ausschußsitzung am 14. 1. 1898 . 1621 4. Antrag des Justizauschusses vom 14. 1. 1898 zu den Entwürfen 1622
VIII
Inhalt VIII. Verhandlungen im Reichstag (VI. Kommission) 1. Abänderungsanträge von Kommissionsmitgliedern zur 1. Lesung . . . . 2. Berichte von Schnell (Bayern) über die Verhandlungen 1. Lesung (24.2.-5.3.1898) 3. Vorschläge der Redaktionskommission 4. Anträge von Kommissionsmitgliedern zur 2. Lesung 5. Berichte von Schnell (Bayern) über die 2. Lesung (12. u. 23. 3. 1898) . . . Anhang. Zuordnung der im Bericht der VI. Kommission enthaltenen Anträge der Kommissionsmitglieder
1625 1629 1633 1634 1638 1638
Quellen zum Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit I.
Grundzüge eines Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Aufgestellt im Reichsjustizamt (1896)
1640
II.
Kommissarische Beratungen des Reichsjustizamts mit dem preußischen Vertreter Oskar Küntzel über die Grundzüge eines Gesetzes, betreffend die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit ( 5 . - 8 . 1. und 6. 3. 1897) . . . .
1660
III.
Grundzüge eines Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (20. 3. 1897)
1673
IV.
Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen zu den Grundzügen eines Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Berlin 1897)
1695
V.
Verhandlungen im Bundesrat 1. Bundesratsvorlage vom 5. 10. 1897 (Drucksache Nr. 100) 2. Anträge zur 1. Lesung im Justizauschuß 3. Berichte von Schnell (Bayern) über die Verhandlungen im Justizausschuß (Erste Lesung) vom 25. 1 0 - 2 7 . 10. 1897 4. Anträge zur 2. Lesung im Justizausschuß 5. Bericht von Schnell (Bayern) über die Verhandlungen im Justizausschuß (Zweite Lesung) am 18. 11. 1897 6. Antrag des Justizausschusses vom 18. 11. 1897 7. Protokoll der Sitzung des Plenums des Bundesrates am 25. 11. 1897 (§686 der Protokolle)
VI.
1761 1795 1808 1814 1818 1819 1825
Reichstag (VI. Kommission) 1. Anträge von Kommissionsmitgliedern zur 1. Lesung 2. Berichte von Schnell (Bayern) über die 1. Lesung (9. 12.—17. 12. 1897) . . 3. Anträge von Kommissionsmitgliedern zur 2. Lesung 4. Berichte von Schnell (Bayern) über die 2. Lesung am 13. 1. 1898 . . . .
1825 1836 1843 1845
Anhang. Zuordnung der im Bericht der VI. Kommission enthaltenen Anträge der Kommissionsmitglieder
1846
Register der Antragsteller
1849
Nachweis der abgedruckten Protokolle der 1. Kommission
1852
Nachweis der Paragraphen der Vorlagen zu den Beratungen des Internationalen Privatrechts und des Einführungsgesetzes durch die 1. Kommission
1860
Quellenregister zu den Art. 1 — 218 des Einführungsgesetzes zum BGB
1862
Quellenregister zu den Änderungen der Civilprozeßordnung (1898)
1866
Quellenregister zu den Änderungen der Konkursordnung (1898)
1873
Quellenregister zu den §§ 1 — 200 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit
1875
IX
Abkürzungsverzeichnis ADHGB ALR Art. Bayr.HStA BGB BGBl. BRVorl. CPO Dresd.E. EI E I-RJA
E I-Zust-RedKom
E I-VorZust
Ell
E II rev EHI
EGBGB (EG-BGB) FGG IPR KE (K.E.)
K O (K.O.) Kom. Motive
Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch Allgemeines Landrecht f ü r die Preußischen Staaten von 1974 Artikel Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Bürgerliches Gesetzbuch in der Fassung vom 18. 8. 1896 (RGBl. 1896, 195) Bundesgesetzblatt (1867—1871; 1949 ff.) Bundesratsvorlage Civilprozeßordnung vom 30. 1. 1877 (RGBl. 1877, 83) Entwurf eines f ü r die deutschen Bundesstaaten gemeinsamen Gesetzes über Schuldverhältnisse von 1866 (sog. Dresdener Entwurf) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches f ü r das Deutsche Reich. Erste Lesung. 1888 (1. Entwurf) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach den Beschlüssen der Vorkommission des Reichsjustizamtes (1891-1893) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach der „Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktions-Kommission" der 2. Kommission (1891 — 1895) BGB-Entwurf in der Paragraphenzählung des E I nach der „Vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission f ü r die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs" von Planck(1891 —1895) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs f ü r das Deutsche Reich. Nach den Beschlüssen der Reichskommission, Zweite Lesung, 1894; 1895; sog. 2. Entwurf Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs f ü r das Deutsche Reich — Zweite Lesung (1895; sog. Bundesratsvorlage) Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (1896, Reichstagsvorlage oder 3. Entwurf; Reichstagsdrucksache Nr. 87 der Session 1895/1897) Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8. 1896 (RGBl. 1896,604) Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (RGBl. 1898,189) Internationales Privatrecht Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der ersten Beratung der 1. Kommission (1884—1887; sogn. Kommissionsentwurf); neu hrsg. von W. Schubert, in: Vorlagen, Anlagenband, 1986 Konkursordnung (vom 10.2.1877; RGBl. 1877, 351) Kommission Motive zu dem Entwürfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich (1888). — Sofern die Motive der Redaktoren zu den Teilentwürfen zitiert sind, ist dies besonders vermerkt bzw. ergibt es sich aus dem Zusammenhang
XI
Abkürzungsverzeichnis Mugdan Prot. I
Prot. II (Ρ II)
RedKom RedVorl
RGBl. RJA, RJA I, RJA II
RTVorl. sächs. BGB TE-AllgT (TE-AT) TE- EG TE-ErbR TE-FamR TE-OR TE-SachR ÜbV Vorl.Zus.st. (1. Kom.) VorlZust (2. Kom.) W O (W.O.) ZPO ZustFamR
ZustRedKom
XII
Die gesammten Materialien zum BGB (1899; enthalten die Motive vom 1. Entwurf und die Protokolle der 2. Kommission) Protokolle der [1.] Kommission zur Ausarbeitung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (1881 — 1889); zitiert nach der metallographierten Abschrift Protokolle der [2.] Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich (1890—1896); abgedruckt in der amtlichen Ausgabe von 1897— 1899 und bei Mugdan. Redaktionskommission der 2. Kommission Redaktionsvorlage für den Redaktionsausschuß der 1. Kommission von Pape (1885 ff.) oder von Planck (1885 f.). In den Protokollen der 1. Kommission ist mit RedVorl grundsätzlich die Redaktionsvorlage des Redaktionsausschusses für die Gesamtkommission gemeint, während die RedVorl. von Pape als Vor.Zust.st. bezeichnet wird. Reichsgesetzblatt Fassung eines Entwurfs in einer Vorlage des Reichsjustizamts (RJA I, RJA II = 1. bzw. 2. Entwurf einer Vorlage des Reichsjustizamts) Reichstagsvorlage Bürgerliches Gesetzbuch für das Königreich Sachsen von 1863 Teilentwurf zum Allgemeinen Teil von Gebhard (1881); 1981 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W. Schubert) Teilentwurf zum Einführungsgesetz (1888); 1986 im Nachdruck erschienen (hrsg. von Werner Schubert) Teilentwurf zum Erbrecht von v. Schmitt (1879); 1984 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W. Schubert) Teilentwurf zum Familienrecht von Planck (1880); 1983 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W. Schubert) Teilentwurf zum Obligationenrecht von v. Kübel (1882); 1980 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W. Schubert) Teilentwurf zum Sachenrecht von Johow (1880); 1982 im Nachdruck erschienen (hrsg. von W . Schubert) Teilentwurf zu den Übergangsvorschriften (1888); 1986 im Nachdruck erschienen (hrsg. von Werner Schubert) Redaktionsvorlage von Pape siehe E I-VorlZust Wechsel-Ordnung Zivilprozeßordnung in der Fassung vom 20. 5. 1898 (RGBl. 1898, 410) Zusammenstellung der sachlich beschlossenen Bestimmungen des Familienrechts nach den Beschlüssen des Redaktionsausschusses der 1. Kommission (1885/86) siehe EI-ZustRedKom
Zur Benutzung der Edition Die Edition folgt innerhalb der Quellenteile zum Internationalen Privatrecht und zum Einführungsgesetz zum BGB der bisherigen Gliederung. Für die CPO-, KOund FGG-Quellen ließ sich diese Gliederung nicht mehr in allen Einzelheiten beibehalten. Aus gegebenem Anlaß sei noch einmal auf die Zielsetzung der Gesamtedition hingewiesen (vgl. dazu im Einführungsband, 1978, S. 2 ff.), grundsätzlich nur die bisher nicht publizierten Texte, beschränkt auf die Arbeiten des Reichsjustizamts, in den Gesetzgebungskommissionen sowie im Bundesrat und Reichstag, wiedergegeben. Dies bedeutet, daß die Quellen über die zum Teil umfangreichen den, wie sie in den „Zusammenstellungen der Äußerungen der Bundesregierungen" und in den Anträgen der im Justizausschuß vertretenen Bundesstaaten enthalten sind. Jeder, der auf diese Texte zurückgreifen möchte, sei auf die Bestände der einschlägigen Staatsarchive verwiesen. Eine Ausweitung der Edition auf diese Quellen mußte schon deswegen unterbleiben, weil dies die Finanzierung des Gesamtwerks unmöglich gemacht hätte. Quellen der Edition Zum Internationalen Privatrecht und zum Einführungsgesetz: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 3979 (Anträge zum Internationalen Privatrecht, 1. Lesung), Nr. 3981 (Anträge zum Entwurf eines Einführungsgesetzes, 1. Lesung), Nr. 3996 (Redaktionsvorlage zum EG-Entwurf; 1. Lesung), Nr. 4109 (Anträge zum Internationalen Privatrecht, 2. Lesung), Nr. 4111 (Anträge zum Einführungsgesetz, 2. Lesung). — Juristisches Seminar der Universität Heidelberg: Redaktionsvorlage, Zusammenstellung der Beschlüsse der Redaktionskommission (2. Kommission). — Bayerisches Hauptstaatsarchiv: MJu 16118, 16119; MA 76730 (Quellen zu den Verhandlungen im Bundesrat und in der Reichstagskommission). (Zivilprozeßordnung: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichskanzleramt Nr. 700; Reichsjustizamt Nr. 8107—8117, 8325—8326. — Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München: MJu 12816—12819 (Verhandlungen im Bundesrat und in der Reichstagskommission). Konkursordnung: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 3501, 3502. — Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem, Rep. 84a, Nr. 10610, 10611. — Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, MJu 12847, MA 76699 (Verhandlungen im Bundesrat und in der Reichstagskommission). — Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichstag, Nr. 949. Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 4786; Reichstag, Nr. 917. — Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 800, 801. — Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, MA 76742 (Verhandlungen im Bundesrat und in der Reichstagskommission).
XIII
Einleitung 1.
Überblick über den Umfang der Edition
Die vorliegenden Bände vereinigen die Quellen zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (einschließlich des Internationalen Privatrechts), zu dem Gesetz, betreffend Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung, zu dem Gesetz, betreffend Änderungen der Civilprozeßordnung, zu dem Einführungsgesetz zu diesem Gesetz, zu dem Gesetz, betreffend Änderungen der Konkursordnung, zu dem Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betreffend Änderungen der Konkursordnung sowie zum Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Die Quellen für die 1. und 2. Lesung sind in den Protokollen der beiden BGB-Kommissionen enthalten. Entsprechend einem Beschluß der 2. Kommission vom 28. 11. 1895 wurde jedoch beschlossen, die Art. 11 bis 15 des 1. EG-Entwurfs (Änderungen des GVG, der C P O und der KO) in ein besonderes Gesetz einzustellen. Die hierzu ausgearbeitete Vorlage der 2. Kommission wurde indessen nicht wie der revidierte 2. BGB-Entwurf und der 2. Entwurf eines Einführungsgesetzes unmittelbar als Gesetzesvorlage im Bundesrat eingebracht, sondern im März 1896 zunächst nur als Denkschrift veröffentlicht. 1 Erst nachdem die Reichsregierung weitere Änderungen in den Entwurf eingearbeitet hatte, wurde dieser im Herbst 1897 in Form von zwei Vorlagen zu insgesamt fünf Gesetzen im Bundesrat und anschließend im Reichstag eingebracht. Diese Gesetze wurden innerhalb weniger Monate verabschiedet, so daß sie sämtlich unter dem 17. 5. 1898 ergehen konnten. Kurz danach wurden die C P O , die K O , das GVG und die Einführungsgesetze zu diesen Gesetzen in neuer, noch heute maßgebender Paragraphenzählung bekanntgemacht. Mit einbezogen in die Edition werden die Quellen zum FGG, für das von dem Familienrechtsredaktor Gottlieb Planck — zum Teil unter Mitarbeit von Gottfried Schmitt — zwei Vorentwürfe vorlagen. Das Gesetz steht insbesondere mit den familien- und erbrechtlichen Bestimmungen des BGB in engem Zusammenhang. Beide Kommissionen haben insbesondere mit ihren Beschlüssen zur Abgrenzung zwischen materiellem und formellem Recht große Teile des FGG weitgehend vorbereitet, so daß es gerechtfertigt erscheint, die nicht sehr umfangreichen Quellen zu diesem Gesetz, soweit sie bisher unveröffentlicht, geblieben sind, in diese Edition aufzunehmen, wie dies bereits für die Grundbuchordnung und das ZVG geschehen ist.
Vgl. die Bundesratsdrucksache Nr. 29/1896 (Wiedergegeben auch in: Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs und eines zugehörigen Einführungsgesetzes. In der Fassung der Bundesrathsvorlagen, 1898, S. 469 ff.). Diese Bundesratsvorlage ist nicht identisch mit der endgültigen Bundesratsvorlage vom 4. 11. 1987 (vgl. unten S. 1323 ff.). — Vgl. auch Sten. Berichte RT — Session 1895/97, Anlagenband 1, S. 744 ff. (Aktenstück Nr. 87 vom 17. 1. 1896, Anlage II); die hier mitgeteilte Fassung der CPO- und KO-Änderungen gibt nicht das endgültige Beratungsergebnis der 2. BGB-Kommission wieder.
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Einleitung
Die Edition bringt zunächst die Texte des Einführungsgesetzes sowie der genannten weiteren fünf Gesetze jeweils mit Hinweis auf die Bestimmungen in den Vorentwürfen und auf die Protokolle der 1. und 2. BGB-Kommission. Für den ersten Hauptteil der Edition, der die Quellen zum Internationalen Privatrecht bringt, das nach den Beschlüssen der 2. BGB-Kommission in einem 6. Buch des BGB enthalten sein sollte, war zu berücksichtigen, daß der überwiegende Teil der damals unveröffentlicht gebliebenen Quellen seit 1973 in der Edition von Oskar Hartwig und Friedrich Korkisch: „Die geheimen Materialien zur Kodifikation des Deutschen Internationalen Privatrechts 1881 — 18 96" zugänglich ist. Die vorliegende Edition konnte sich deshalb im wesentlichen auf die Texte beschränken, die in jenem W e r k nicht vollständig berücksichtigt worden sind. Dies gilt einmal für die Autorenschaft der in der 1. und 2. Kommission gestellten Anträge, die entsprechend dem Muster der bisherigen Quellenbände zusammen mit den Protokollen (für die 1. Kommission) und den Anträgen (für die 2. Kommission) mitgeteilt werden. Ferner wird die Redaktionsvorlage f ü r die Redaktionskommission der 2. Kommission (die sogenannte Vorl.Zusst.), die in der Edition von Hartwig/Korkisch nicht enthalten ist, abgedruckt. Dagegen brauchten die umfangreichen Quellen zur Entstehung des neuen, f ü r das Einführungsgesetz vorgesehenen IPR-Entwurfs nicht mehr erneut abgedruckt zu werden, da diese Texte in der genannten Edition vollständig enthalten sind. Lediglich für die Verhandlungen im Justizausschuß des Bundesrates und in der Reichstagskommission werden die Verhandlungsberichte auch insoweit wiedergegeben, als sie sich auf das Internationale Privatrecht beziehen. Der zweite Hauptteil bringt die Quellen zum Einführungsgesetz nach dem Muster der bisherigen Bände in chronologischer Reihenfolge (A. 1. Kommission 2 , C. 2. Kommission, D. Bundesrat, E. Reichstag). Hierbei wurden die Beratungen der 1. Kommission zu den Änderungen des GVG, der C P O , der K O und der dazugehörigen Einführungsgesetze nicht voneinander getrennt, da diese Verhandlungen zum ersten EG-Entwurf auf ein umfassendes Einführungsgesetz gerichtet waren und somit eine innere Einheit bilden. Im 3. Hauptteil sind die Quellen zu den Gesetzen, betr. Änderungen des GVG, der C P O und des Einführungsgesetzes zur C P O vereinigt, soweit sie nicht in den Protokollen der 1. Kommission enthalten sind. Die separate Wiedergabe erschien gerechtfertigt, da die 2. BGB-Kommission die in den Art. 11 bis 15 E I - E G - B G B enthaltenen Änderungen sowie weitere Modifikationen erst beraten hat, nachdem sie den Beschluß gefaßt hatte, die Anpassung der Reichsjustizgesetze an das BGB einer gesonderten Vorlage vorzubehalten. Zusätzlich werden in diesem dritten Hauptteil noch einige Texte wiedergegeben, die zum Verständnis der sonstigen mit den genannten Gesetzen erfolgten Änderungen erforderlich erschienen. Der 4. Hauptteil enthält die Quellen zur Änderung der Konkursordnung und des dazugehörigen Einführungsgesetzes und ist nach gleichen Gesichtpunkten aufgebaut wie der dritte Hauptteil. Der fünfte und letzte Hauptteil faßt die Quellen zum FGG vom ersten Entwurf des Reichsjustizamts bis zu den Verhandlungen in der Reichstagskommission zusammmen. Für sämtliche Quellenteile war der Grundsatz maßgebend, daß die in den amtlichen Quellensammlungen enthaltenen Texte nur soweit erneut wiedergegeben werden, als dies zum Verständnis der bislang ungedruckt gebliebenen Quellen unbedingt Teil Β entfällt, da die Vorkommission sich nicht mit der Abänderung des EG-Entwurfs befaßt hat.
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Einleitung notwendig erschien. Es werden also nicht erneut abgedruckt: die Motive zum Einführungsgesetz und der Ablauf der Beratungen der 2. Kommission, die Denkschriften zu den Reichstagsvorlagen der behandelten Gesetzesentwürfe sowie die Kommissionsberichte und die Plenarverhandlungen des Reichstags.
II.
Das Internationale Privatrecht (Axt. 7 — 31 des Einführungsgesetzes zum BGB)
Die 1. Kommission hatte bereits in der dritten Sitzung vom 8. 10. 1881 beschlossen 3 , sich mit den Bestimmungen des Gebhardschen Teilentwurfs über das I P R (SS 5 — 40 des ersten Abschnitts über das objektive Recht), der insoweit 1881 im Manuskriptdruck vorlag, erst nach der Durchberatung sämtlicher Teilentwürfe zu befassen. Zu diesen Beratungen, die vom 12. —28. 9. 1887 stattfanden, legte Gebhard eine Neuredaktion des Entwurfs zum I P R (einschließlich neuer Motive) vor. In einem Schreiben vom 3 0 . 9 . 1 8 8 7 meldete das Auswärtige Amt gegenüber dem Reichsjustizamt Bedenken gegen eine Kodifizierung des I P R an. Das Reichsjustizamt übersandte dieses Schreiben dem Kommissionsvorsitzenden Pape, der daraufhin die 1. Kommission erneut mit dem I P R befaßte. Die Kommission beschloß, es der Entscheidung der Reichsregierung zu überlassen, ob das I P R im zukünftigen B G B geregelt werden sollte. Ende 1887 überreichte dann der Kommissionsvorsitzende dem Reichskanzler den IPR-Entwurf gesondert vom „Entwurf zu einem bürgerlichen Gesetzbuch". Der Bundesrat, an den der Entwurf alsbald gelangte, beschloß auf Antrag des Justizausschusses, von einer Veröffentlichung des Entwurfs abzusehen. Die 2. Kommission befaßte sich vom 6.—27. 3. 1895 mit dem I P R auf der Grundlage der Bestimmungen des 1. Entwurfs und veröffentlichte die Neufassung im 2. Entwurf als „Sechstes Buch: Anwendung ausländischer Gesetze" (§§ 2236—2265). Bevor sich der Bundesrat mit diesen im E II rev. nur geringfügig geänderten Bestimmungen befaßte, arbeitete eine IPR-Kommission, der Vertreter des Reichsjustizamtes, des Auswärtigen Amtes, des preußischen Justizministeriums und der Hansestädte angehörten, bis Anfang Dezember 1895 (23., 27. und 29. 11. und 6. 12. 1895) eine neue Vorlage aus, die auf Beschluß des preußischen Staatsministeriums in das Einführungsgesetz aufgenommen werden sollte. Diese neue, den Bundesregierungen übersandte Vorlage wurde am 16. und 20. 1. 1896 im Justizausschuß des Bundesrates beraten und im wesentlichen gebilligt. Die Verhandlungen im Reichstag und dessen X I I . Kommission brachten nur noch geringfügige Änderungen.
III. Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18. 8. 1896 Beratungsgrundlage der 1. Kommission war eine von den Hilfsarbeitern der Kommission erstellte Zusammenfassung aus sechs Vorentwürfen und fünf metallographierten handschriftlichen Anträgen :4 1. Vorschläge von Gebhard vom Standpunkt des allgemeinen Teils, 2. Vorschläge von Kurlbaum vom Standpunkt des Rechts der Schuldverhältnisse, 3
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Zum folgenden vgl. Hartwig/Korkisch, aaO., S. 23 ff. — Entwürfe von Gebhard sind veröffentlicht bei Schubert, Vorlagen, Allg. Teil, 1981, Teil 1, S. Iff., 67ff.; Teil 2, S. 621 ff. (jeweils mit Motiven). Die sechs Vorentwürfe sind in der sogleich genannten Ausgabe der „Vorlagen" enthalten. — Die Anträge Nr. 1 — 5 sind in die im folgenden genannte „Zusammenstellung" eingearbeitet worden (zusammenhängend wiedergegeben bei Schubert, Vorlagen, Einführungsgesetz, 1986, S. 921 ff.).
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Einleitung 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.
V o r s c h l ä g e v o n J o h o w v o m S t a n d p u n k t des Sachenrechts, V o r s c h l a g v o n Planck v o m S t a n d p u n k t des Familienrechts (2 Fassungen), V o r s c h l ä g e v o n Schmitt v o m S t a n d p u n k t des Erbrechts, V o r s c h l ä g e v o n G e b h a r d zu den Ü b e r g a n g s v o r s c h r i f t e n , Antrag N r . 1 von Kurlbaum, A n t r a g N r . 2 v o n J o h o w (Sachenrecht), A n t r a g N r . 3 u n d 5 v o n Schmitt (Erbrecht), Antrag N r . 4 von Kurlbaum.
D e r diese A n t r ä g e zusammenfassende Teilentwurf w u r d e als „Zusammenstellung d e r zu dem E n t w ü r f e eines Einführungsgesetzes z u m bürgerlichen Gesetzbuche v o m S t a n d p u n k t e des allgemeinen Theiles des Obligationenrechtes, des Sachenrechtes, des Familienrechtes u n d des Erbrechtes g e m a c h t e n Vorschläge." als Manuskript g e d r u c k t , w o b e i f ü r jede einzelne Bestimmung die H e r k u n f t u n d die Motive n a c h g e wiesen w e r d e n . D i e V o r e n t w ü r f e einschließlich B e g r ü n d u n g sowie d e r T e i l e n t w u r f , d. h. die „ Z u s a m m e n s t e l l u n g " , sind vollständig in d e m Band d e r E d i t i o n : „Die V o r l a gen d e r R e d a k t o r e n f ü r die erste Kommission z u r A u s a r b e i t u n g des E n t w u r f s eines Bürgerlichen Gesetzbuchs", E i n f ü h r u n g s g e s e t z ( B e r l i n / N e w Y o r k 1986), enthalten, so d a ß ein Einzelnachweis bei den P r o t o k o l l e n der 1. B G B - K o m m i s s i o n nicht e r f o r derlich erschien. I m Teil A d e r Edition d e r Quellen z u m E i n f ü h r u n g s g e s e t z w e r d e n die P r o t o k o l l e der 1. B G B - K o m m i s s i o n , soweit sie die Beratungen d e r „ Z u s a m m e n s t e l l u n g " betreffen, vollständig w i e d e r g e g e b e n . Nicht mitgeteilt wird die vom Kommissionsvorsitz e n d e n P a p e redigierte vorläufige Zusammenstellung d e r Beschlüsse (Red. Vorl.), da diese im wesentlichen mit der endgültigen Fassung des ersten E G - E n t w u r f s übereinstimmt. D i e w e n i g e n R a n d b e m e r k u n g e n , die sich in d e r Red. V o r l . finden, w e r d e n in den F u ß n o t e n z u m 1. E G - E n t w u r f abgedruckt. Soweit die Fassung d e r R e d a k t i o n s vorlage v o n P a p e in den k u r z e n Revisionsberatungen der 1. Kommission eine Rolle gespielt hat, w i r d diese in den Fußnoten mitgeteilt. I m Teil C w e r d e n z u n ä c h s t die in der 2. Kommission gestellten A n t r ä g e z u s a m m e n mit den N a m e n der Antragsteller mitgeteilt. Ferner w i r d die Redaktionsvorlage v o n P l a n c k (sog. Vorl.Zusst.) vollständig und im Z u s a m m e n h a n g a b g e d r u c k t , da diese sich v o n d e r Z u s s t . R e d . K o m . (in den P r o t o k o l l e n als Red.Vorl. bezeichnet) und vom 2. E n t w u r f z u m E i n f ü h r u n g s g e s e t z erheblich unterscheidet. D a g e g e n w u r d e die Z u s s t . R e d . K o m . nicht a b g e d r u c k t , da diese mit dem zweiten Entwurf im wesentlichen übereinstimmt. Soweit die Fassungen v o n e i n a n d e r abweichen und gleichzeitig f ü r d e n w e i t e r e n F o r t g a n g der Beratungen v o n Bedeutung w a r e n , sind diese bereits in den P r o t o k o l l e n d e r 2. Kommission (Bd. 6) mitgeteilt. D e r Entwurf 2. Lesung, d e r identisch ist mit d e r Bundesratsvorlage, sowie die Reichstagsvorlage einschließlich d e r „ M a t e r i a l i e n " liegen in mehreren bei G e o r g Maas: Bibliographie des Bürgerlichen Rechts (Band 17 des Archivs f ü r Bürgerliches Recht), 1899, S. 305 f. nachgewiesenen A u s g a b e n vor. F e r n e r existiert n o c h eine als Manuskript g e d r u c k t e „Zusammenstellung des Entw u r f s eines E i n f ü h r u n g s g e s e t z e s zum Bürgerlichen G e s e t z b u c h nach den bei d e r zweiten Lesung des E n t w u r f s eines Bürgerlichen Gesetzbuchs in erster B e r a t h u n g g e f a ß t e n Beschlüssen" (Vorlage des R e f e r e n t e n Albert G e b h a r d , Berlin 1895, 87 Seiten). Diese V o r l a g e f a ß t die in der 2. Kommission bei den B e r a t u n g e n des BGBE n t w u r f s (Allgemeiner Teil bis Erbrecht) g e f a ß t e n Beschlüsse u n t e r N a c h w e i s d e r P r o t o k o l l e in der Systematik des ersten E G - E n t w u r f s z u s a m m e n . Sie ist in die vorliegende Edition nicht a u f g e n o m m e n w o r d e n , da sie z u s a m m e n mit den in weite4
Einleitung ren handschriftlichen Anträgen von Gebhard enthaltenen Ergänzungen vollständig in dem amtlichen Protokoll der 2. BGB-Kommission enthalten ist. Im Teil D (Bundesrat) werden die bereits in der Edition von Hartwig/Korkisch enthaltenen Anträge der Bundesregierungen zum IPR nicht noch einmal wiedergegeben. Im übrigen enthält dieser Teil der Edition die im Justizausschuß gestellten Anträge der Bundesstaaten zum Entwurf des Einführungsgesetzes und die Verhandlungsberichte von Bundesratsbevollmächtigten. Bei Teil E (Reichstag) ist zu berücksichtigen, daß die Beratungen der Bestimmungen des EG-Entwurfs nicht im Zusammenhang erfolgte, sondern in der Regel in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des BGB. Zur Erschließung der deshalb in sich wenig zusammenhängenden Beratungen sei auf das Fundstellenregister am Schluß des zweiten Halbbandes verwiesen. Zum 1. Entwurf des Einführungsgesetzes von 1888 sind zahlreiche Kritiken erschienen, die für die Zeit bis 1891 in der „Zusammenstellung der gutachtlichen Aeußerungen zu dem Entwurf eines Einführungsgesetzes zum B.G.B., gefertigt im Reichsjustizamt" (als Manuskript gedruckt 1891) zusammengefaßt worden sind. Einen Nachweis der Literatur zum EG-BGB von 1888 bis 1898 bringt Georg Maas, aaO., S. 304—324. Die Entstehung des EG-BGB ist von Wolfgang E. Krüger m dem Werk: „Die Verlustliste der deutschen Rechtseinheit. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung" (München 1935, 104 Seiten), soweit sie die Entstehung und das Schicksal der Vorbehalte bis 1934 betrifft, hervorragend beschrieben und analysiert worden, wenn man von einigen Konzessionen an den nationalsozialistischen Zeitgeist im Schlußteil des Werkes einmal absieht. Das Werk enthält im Anhang die heute nur noch schwer zugänglichen „wichtigsten Stimmen aus der zeitgenössischen Tagespresse zu den landesgesetzlichen Vorbehalten im I. Entwurf des BGB" (Pressestimmen aus: Deutsches Tageblatt, Posener Zeitung, Schlesische Zeitung, Frankfurter Zeitung, Magdeburgische Zeitung, Kölnische Zeitung, Norddeutsche Allgemeine Zeitung und Neue Stettiner Zeitung). Die Ausführungsgesetze der Bundesstaaten zum BGB und zum EG-BGB sind nachgewiesen bei Gottlieb Planck: Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz, 6. Bd., 3. Aufl. 1905, S. 3 ff. (hier auch Nachweis von Sammelausgaben und der wichtigsten Literatur). Die Materialien zu den Ausführungsgesetzen liegen für Preußen, Bayern und Sachsen auch in separaten Sammlungen vor.
IV. Die Zivilprozeßordnung vom 17. 5. 1898 Die Novelle von 1898 zur C P O besteht aus zwei Stoffmassen: aus den von den BGB-Kommissionen vorgeschlagenen Ergänzungen und Anpassungsbestimmungen, die knapp Dreiviertel des Gesetzes ausmachen, und aus Bestimmungen, die aus der umfangreichen Diskussion zur Reform der C P O hervorgegangen sind. Um die Novellen in ihren rechtspolitischen und rechtsdogmatischen Grundlagen hinreichend dokumentieren zu können, war es deshalb notwendig, in der vorliegenden Edition auch Materialien zu berücksichtigen, die nicht unmittelbar mit der Entstehung des BGB zusammenhängen. Die Auswahl beschränkt sich aus Platzgründen auf die wichtigsten bislang unveröffentlicht gebliebenen Denkschriften und Entwürfe des Reichsjustizamts und des preußischen Justizministeriums einschließlich der Verhandlungen des preußischen Staatsministeriums. Der erste Quellenabschnitt ist den Reformbestrebungen zwischen 1881 und 1885 gewidmet, während der folgende Quellenteil die Verhandlungen von der Wiederauf5
Einleitung
nähme der Reformüberlegungen im Reichsjustizamt 1890 bis zur Einsetzung einer CPO-Kommission im Jahre 1895 enthält. Anschließend werden die kurzen Protokolle dieser Kommission wiedergegeben, in der, außer Ministerialbeamten, Richter und Rechtsanwälte aus Preußen, Bayern, Sachsen, Baden, Württemberg und H a m burg vertreten waren. Zeitlich schließen sich dann die Verhandlungen der 2. BGBKommission von November 1895 bis Februar 1896 an. Dieser Teil wird abgeschlossen mit den Vorschlägen der 2. Kommission zur Ergänzung und Abänderung der C P O . Zwischen März 1896 und Juni 1897 wurde dann im Reichsjustizamt in enger Zusammenarbeit mit Preußen ein Entwurf zur Änderung der C P O aufgestellt, der die beiden im Gesetz enthaltenen Rechtsmassen zu vereinigen suchte. Eine vollständige Dokumentation, die mehrere Entwurfsfassungen berücksichtigen müßte, ist aus Platzgründen nicht möglich und erschien dem Herausgeber auch f ü r die Zwecke der vorliegenden Edition, in erster Linie die tatsächlich Gesetz gewordenen Bestimmungen quellenmäßig zu dokumentieren, auch nicht erforderlich. Mitgeteilt wird lediglich die zwischen Preußen und dem Reichsjustizamt abgesprochene Fassung des Gesetzentwurfs, die im Juni 1897 an die Bundesregierungen versandt wurde. Es folgt dann die Zusammenstellung der von Seiten der Bundesstaaten eingegangenen kritischen Äußerungen, die in der Bundesratsvorlage bereits teilweise berücksichtigt waren. Den vorletzten Quellenkomplex bilden die Verhandlungen im Bundesrat und dessen Justizausschuß. Hierzu werden gebracht der Entwurf (ohne die umfangreiche Begründung 5 ), die im Justizausschuß gestellten Anträge, die Verhandlungsberichte des bayerischen Bundesratsbevollmächtigten Schnell und die vom Bundesratsplenum verabschiedeten Änderungen. Für die Reichstagskommission ist zunächst auf die umfangreiche Edition von Hahn/Mugdan, die sämtliche Texte aus den Verhandlungen des Reichstags bringt, zu verweisen. Ergänzend bringt die vorliegende Edition die namentliche Z u o r d n u n g der in der VI. Reichstagskommission gestellten Anträge und die Verhandlungsberichte des bayerischen Bevollmächtigten Schnell, so daß insoweit auch die parteipolitischen Einflüsse auf die endgültige Fassung der Novelle hinreichend deutlich werden können. Die Quellen zu denjenigen Bestimmungen der Novelle, die auf die BGB-Kommission zurückgehen, ergeben sich in erster Linie aus den zum Teil umfangreichen Begründungen in den Redaktorenentwürfen der 1. Kommission sowie aus den Kommissionsprotokollen, die f ü r die 1. Kommission in der vorliegenden Edition erstmals mitgeteilt werden. Für die Verhandlungen der 2. Kommission sind die Protokolle nur in der amtlichen Ausgabe, nicht in der Edition von Mugdan zu finden 6 . Die Verhandlungen im Bundesrat und Reichstag fügen der Entstehungsgeschichte dieser Normen weitere Gesichtspunkte hinzu, ohne sie jedoch in ihren Grundlagen zu verändern. Umstrittener waren im Bundesrat und Reichstag die Bestimmungen, die einigen der bis dahin laut gewordenen Reformanliegen Rechnung tragen sollten. Die Reformdiskussion hatte bereits Ende 1881 begonnen 7 , als der Staatssekretär des Reichs-
Diese ist weitgehend identisch mit der bei Hahn/Mugdan, Die gesammten Materialien zu den Reichsjustizgesetzen, Bd. 8, Berlin 1898, S. 78 ff. wiedergebenen Begründung zur Reichstagsvorlage. Vgl. Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, Bd. I (Einführungsgesetz und Allg. Teil), Berlin 1899, S. 117, w o auf die Ausgabe von Hahn/Mugdan verwiesen ist. Zum folgenden vgl. die detaillierte Darstellung bei J. Damrau, Die Entwicklung einzelner Prozeßmaximen seit der Reichszivilprozeßordnung von 1877 (Rechts- und Staatswissen-
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Einleitung
justizamts aus Anlaß der Beschlüsse des 8. Deutschen Anwaltstages 8 eine Enquête unter den Bundesregierungen durchführte, auf die Preußen nicht mit einer Antwort, sondern mit einem auf das Zustellungswesen beschränkten Gesetzentwurf antwortete 9 , den das Reichsjustizamt in leicht abgeänderter Fassung den anderen Bundesregierungen übermittelte. Im August 1884 ergriff Bismarck gegenüber dem Reichsjustizamt die Initiative, die sich mit der Frage der Abschaffung des Gerichtsvollzieherinstituts und des Anwaltszwangs vor den Landgerichten befaßte. Das Reichsjustizamt kam den Wünschen Bismarcks mit umfangreichen „Grundzügen" zu einer Reform der C P O vom 28. 11. 1884 bereitwillig entgegen, so daß es verwunderlich ist, daß Bismarck von sich aus Preußen und die anderen Bundesregierungen mit diesen Reformplänen Mitte Dezember 1884 befaßte. Während Preußen in seinem Antwortschreiben vom 31. 12. 1884 Bismarck weitgehend, wenn auch keineswegs vorbehaltlos zustimmte, verhielten sich die anderen, insbesondere die größeren Bundesstaaten erheblich reservierter 10 . Der Sachbearbeiter im preußischen Justizministerium stellte bis Juli 1885 einen Reformentwurf fertig, der in der vorliegenden Edition vollständig wiedergegeben wird, da er die Reformbestrebungen der achtziger Jahre abschließend zusammenfaßt. Weiter verfolgt wurde dieser Entwurf nicht, da Bismarck eine Reform wohl für politisch inopportun und für schwer durchsetzbar hielt. In der Reichstagssession 1888/89 brachten Kulemann 1 1 und in den beiden folgenden Sessionen Rintelen Anträge 12 auf Abänderung des Zustellungswesens der C P O ein. Diese führten am 30. 6. 1890 zur Annahme folgender Resolution durch den Reichstag 1 3 : „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, schon vor Durchgreifen der Reform der Reichs-Prozeßgesetze, und zwar baldmöglichst, dem Reichstage den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen, durch welchen die Vorschriften derselben über das Zustellungswesen nach der Richtung hin geändert werden, daß den zu Tage getretenen Mängeln und Härten — insbesondere hinsichtlich der Weitläufigkeit und Kostspieligkeit des Verfahrens — Abhilfe gewährt wird." Bereits kurz vorher hatte die württembergische Regierung beim Reichsjustizamt ähnliche Schritte befürwortet. Das Reichsjustizamt nahm diese Initiativen zum Anlaß, das preußische Justizmi-
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schaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft, NF, Heft 16), Paderborn 1975, S. 43 ff., 121 ff., 163 ff. Die wichtigsten Quellen aus der Reformdiskussion im Reichsjustizamt und im preuß. Justizministerium sind unten S. 994 ff. abgedruckt. Archivalische Quellen: ZStA Potsdam, Reichskanzlei, Nr. 700; Reichsjustizamt, Nr. 8107 —8117, 8325 — 8326 (Zustellungswesen). Zur Entstehung der Civilprozeßordnung vgl. W. Schubert, Entstehung und Quellen der Civilprozeßordnung von 1877 (lus commune, Sonderheft 34), Frankfurt a. M. 1987, S. 1 ff. Vgl. Verhandlungen des 8. Deutschen Anwalttages zu Heidelberg 1881, Beilage zu JW 1881, Heft 22 (separate Paginierung). Die Antworten der Bundesregierungen sind enthalten im ZStA Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 8127/28 (vgl. die Zusammenfassung durch Damrau, aaO., S. 46 f.). Das Antwortschreiben Preußens unten S. 1017 ff. ; die Antworten der anderen Bundesstaaten sind erhalten im ZStA Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 8129 (Zusammenfassung bei Damrau, S. 59 f.). Drucksache Nr. 52 dieser Session. Kulemann gehörte der nationalliberalen Partei an. Von ihm stammen u. a. ein Aufsatz in der ZZP, Bd. 11 (1887), S. 353 ff. und das Werk: „Zur Reform des amtsgerichtlichen Zivilprozesses", 2. Aufl. 1889. Mitantragsteller waren weitere Abgeordnete des Zentrums. Die Anträge sind in den Aktenstücken Nr. 25 bzw. 15 des Reichstags (Session 1889/90 u. 1890/92) enthalten. Sten. Berichte RT, Session 1890/92, Bd. 2, S. 712 ff. Der Antrag von Rintelen ist unten S. 1031 wiedergegeben.
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Einleitung
nisterium am 11. 7. 1890 um eine Stellungnahme zu diesen Vorschlägen zu bitten 14 . Nachdem sich dieses positiv geäußert hatte, arbeitete das Reichsjustizamt 1891 „Grundzüge zu einer Reform insbesondere des Zustellungswesens der C P O " aus. Jedoch konnten diese nicht weiterverfolgt werden, da der preußische Finanzminister es ablehnte, die zusätzlichen Kosten f ü r von Amts wegen vorzunehmende Zustellungen zu übernehmen. Im September 1893 unternahm der Justizminister dann mit einem ausführlichen Votum f ü r das Staatsministerium 15 einen erneuten Vorstoß mit Reformvorschlägen, die erheblich weiter gingen als das Projekt von 1891. Insbesondere sollten sämtliche Zustellungen von den Gerichten ohne Beteiligung der Gerichtsvollzieher angeordnet und überwacht werden. Das Staatsministerium konnte sich in seiner Sitzung am 2 . 1 . 1 8 9 4 im Hinblick auf die im Zusammenhang mit dem Erlaß des BGB zu erwartende CPO-Novelle mit dem umfangreichen Reformprogramm des Justizministers nicht befreunden, sondern schlug vor, die Reform auf die wichtigsten Punkte (Zustellungswesen, Mahnverfahren, Verfahren vor den Amtsgerichten, Vertagungen) zu beschränken. Zu diesem Zweck sollte eine Kommission eingesetzt werden, welche die unumgänglich notwendigen Änderungen der C P O näher bezeichnen sollte. Nachdem sich das Reichsjustizamt mit dem preußischen Justizministerium über die Zusammensetzung der Kommission und über die Beratungsgegenstände geeinigt hatte, konnten am 27. 10 1894 die Einladungen an die f ü r die Teilnahme in Aussicht genommenen Bundesstaaten ergehen. Es sollten Richter und Rechtsanwälte aus Preußen, Bayern und Sachsen, Württemberg und Hamburg sowie ein Reichsgerichtsrat in die Kommission berufen werden. Die Kommissionsberatungen fanden vom 18. bis 27. 4. 1895 (9 Sitzungen) und vom 27. bis 31. 5. 1895 (5 Sitzungen) unter dem Vorsitz des Staatsekretärs Nieberding statt 16 . Die Verhandlungen konnten zwar Richtung und Ziel einer Reform der C P O klären, jedoch ließ sich aus deren Ergebnis noch kein detailliertes Programm für einen Gesetzesentwurf entnehmen. Nieberding schlug deshalb am 3. 7. 1895 dem preußischen Justizminister erneut kommissarische Beratungen vor, die den Inhalt der Reformnovelle im einzelnen festlegen sollten. Uber die bezüglich der Revision und der weiteren Beschwerde angeregten Abänderungen sollte das Reichsgericht gehört werden. Die in Aussicht genommenen Verhandlungen, denen das preußische Justizministerium mit einem erweiterten Fragenkatalolg zustimmte, kamen bis zum Herbst 1895 nicht mehr zustande. Von dieser Zeit an war das Reichsjustizamt fast ausschließlich mit den Beratungen des BGB im Bundesrat und anschließend im Reichstag beschäftigt. Hinzukamen noch die Verhandlungen der 2. Kommission über die aus Anlaß des BGB vorzunehmenden Änderungen und Ergänzungen der Civilprozeßordnung Ende 1895/Anfang 1896. Im März 1896 lagen dazu die Vorschläge der 2. Kommission vor 17 , so daß von nun an eine isolierte Reform der C P O nicht mehr in Frage kam. Vielmehr erwies es sich als zweckmäßig, die C P O - R e f o r m solange aufzuschieben, bis die Grundbuchordnung, das H G B und das Z V G feststanden, da 14
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Die wichtigsten Quellen hierzu und zum folgenden sind unten S. 1032 ff. abgedruckt. Im übrigen vgl. Damrau, aaO, S. 78 ff. Das Votum stammt von dem damaligen Vortragenden Rat im preuß. Justizministerium Felix Vierhaus (1850—1917; zuletzt Präsident des OLG Breslau). Die Protokolle sind zusammen mit den Anträgen unten S. 1070 ff. abgedruckt. Zur Reformdiskussion der neunziger Jahre insgesamt vgl. Damrau, aaO., S. 85 ff, 127 ff., 154 ff. — Aus der Reformdiskussion insbesondere zu den Entwürfen der 2. Kommission unmittelbar vgl. Wilmowski, DJZ 1896, S. 44 ff.; Wach, DJZ 1896, S. 286 ff.; Jastrow, DJZ 1896, S. 394 ff.; Koffka, DJZ 1897, S. 53 ff.; Seuffert, ZZP, Bd. 22 (1896), S. 322 ff.
Einleitung
auch diese Kodifikationen eine Reihe von Änderungen und Ergänzungen der Civilprozeßordnung notwendig machten. Ohne nähere Absprache mit Preußen fertigte das Reichsjustizamt im Winter 1897 eine „Zusammenstellung der in Aussicht genommenen Änderungen der (Zivilprozeßordnung" an, die am 23. 3. 1897 an Preußen versandt wurde 18 . Anschließend fanden am 14. und 15. 4. 1897 kommissarische Beratungen statt, deren Ergebnisse in die Neufassung der „Zusammenstellung" eingearbeitet wurden. Diese Neufassung wurde am 10. 6. 1897 als „Grundzüge" an sämtliche Bundesregierungen versandt, um ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Die „Grundzüge" vereinigten, wie bereits die Zusammenstellung vom März 1897, die Vorschläge der 2. B G B - K o m mission mit den sonstigen vom Reichsjustizamt und Preußen befürworteten Änderungen der Zivilprozeßordnung. Hierzu gehörten einmal die Änderungen des Entmündigungsverfahrens und des Zwangsvollstreckungsrechts, die einen „erheblichen Schutz der Persönlichkeit und der wirthschaftlichen Existenz des einzelnen" ermöglichen sollten. Zum anderen sollte eine Klageänderung erleichtert und ein Vortermin im landgerichtlichen Verfahren eingeführt werden. V o r allem aber sollte, um das Reichsgericht zu entlasten, die Revisionssumme auf 3000 Mark erhöht werden. Zugleich wurde die Befugnis des Reichsgerichts erweitert, in der Sache selbst zu entscheiden. Diese Vorschläge beruhten weitgehend auf Verhandlungen mit dem Reichsgericht, von denen die wichtigsten Schriftstücke im Quellenteil mitgeteilt werden. V o n einer grundlegenden Reform des Zustellungswesens und des amtsgerichtlichen Verfahrens glaubte das Reichsjustizamt absehen zu müssen, da der Entwurf nur solche Punkte berühren sollte, bei denen eine Verständigung mit dem Reichstag ohne besondere Schwierigkeiten zu erwarten war. Bis zum Herbst 1897 gingen die Abänderungsvorschläge der Bundesregierungen ein, die das Reichsjustizamt in einer „Zusammenstellung" zusammenfaßte. Ferner fanden im September/Oktober 1897 Besprechungen mit Preußen und dem Auswärtigen Amt statt. Am 4. 11. 1897 konnten dann die neugefaßten „Grundzüge" als „Entwurf eines Gesetzes, betreffend Änderungen der Civilprozeßordnung" im Bundesrat eingebracht werden. Verbunden hiermit wurde der „Entwurf eines Gesetzes, betr. Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung". Dieser Entwurf enthielt im wesentlichen Bestimmungen, welche entweder die 2. Kommission vorgeschlagen hatte oder sich aus der Neufassung des H G B ergaben. Die Entwürfe wurden nach vorheriger Beratung im Justizausschuß vom Plenum des Bundesrates am 9. 12.1897 verabschiedet. Wie die Verhandlungsberichte ergeben, war insbesondere die Erhöhung der Revisionssumme 19 umstritten gewesen, die von Bayern, Württemberg und Hessen abgelehnt wurde. An den Reichstag gelangten die Entwürfe 2 0 noch am 9. 12. 1897. Nach einer längeren Plenardebatte am 11., 12. und 14. 1. 1898 wurden die Vorlagen an die V I . 18
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Diese Phase der Entstehung der CPO-Novelle konnte aus Platzgründen nicht dokumentiert werden (vgl. die Materialien im ZStA Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 8110, 8111; Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 3804). Literatur zu einer eventuellen Erhöhung der Revisionssumme: Otto Fischer, Jh.Jb. Bd. 38 (1898), S. 264 ff.; Jastrow, D J Z 1896, S. 255 ff.; Sicherer, D J Z 1897, S. 258 ff.; Bolze, A c P (1895), S. 358 ff.; Hamm, D J Z 1897, S. 455 ff.; v. Goldenring, D J Z 1897, S. 481 ff.; Neumann, D J Z 1898, S. 4 8 4 ff.; Petersen, D J Z 1898, S. 7 ff., 33 ff.; Wach, DJZ 1898, S. 5 ff. Vgl. folgende Äußerungen zu den Entwürfen: Vierhaus, D J Z 1897, S. 373 ff.; Milferstaedt, D J Z 1898, S. 297 ff.; Stein, ZZP, Bd. 24 (1898), S. 209 ff.; Vierhaus, ZZP, Bd. 24 (1898), S. 297 ff.; Heinitz, D J Z 1898, S. 53 (Stellungnahme des Berliner Anwaltvereins); Flesch, Soziale Praxis, Bd. VII ( 1 8 9 7 / 9 8 ) , S. 345 ff. Jastrow, D J Z 1898, S. 28 ff., 45 ff.
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Einleitung
Kommission verwiesen, die nach 24 Sitzungen unter lebhafter Beteiligung von Ministerialbeamten aus Preußen und den größeren Bundesstaaten am 26. 4. 1898 einen umfangreichen Bericht verabschiedete. Die 2. Lesung fand im Plenum am 2. und 3. 5. 1898, die 3. Lesung am 5. 5. 1898 statt. Bereits am 17. 5. 1898 wurde das Gesetz vom Kaiser vollzogen und am 27. 5. 1898 im Reichsgesetzblatt veröffentlicht. Obwohl der im Vergleich zu den laut gewordenen Wünschen äußerst restriktive Reformkatalog der Novelle insbesondere in den Plenarverhandlungen scharf kritisiert worden war, hielt die Mehrheit des Ausschusses und des Plenums an dem vom Entwurf vorgeschlagenen Rahmen im wesentlichen fest, wohl vor allem deswegen, um das Zustandekommen des in erster Linie der Anpassung an das BGB dienenden Gesetzes nicht zu gefährden. Insbesondere gelang es dem Zentrum nicht, den Amtsbetrieb im Zustellungswesen zu erweitern. Nur in zwei wichtigen Punkten wurde der Entwurf abgeändert. Einmal entfiel der landgerichtliche Vortermin. Zum anderen wurde die Erhöhung der Revisionssumme und die in § 528 a des Entwurfs vorgesehene erweiterte Zurückweisungsbefugnis vom Plenum nicht gebilligt. Uber die Erhöhung der Revisionssumme war es 1896—98 zu einer lebhaften Pressekampagne gekommen, in der im Interesse des Mittelstandes mehrheitlich die Beibehaltung der bisherigen Revisionssumme in Höhe von 1500 Mark verlangt worden war. Auch nach Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens dauerte die kritische Auseinandersetzung mit der Novelle insbesondere von sozialpolitischen Gesichtpunkten aus an.21 V.
Die Konkursordnung vom 17. 5.1898
Die Novelle zur Konkursordnung von 1898 beruht zum überwiegenden Teil auf den Vorschlägen der beiden BGB-Kommissionen zur Anpassung dieser Kodifikation 21
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Literatur zur Novelle: Jastrow, Archiv f ü r soziale Gesetzgebung und Statistik, Bd. 12 (1898), S. 589 ff.; Fischer, Jh.Jb. Bd. 38 (1898), S. 358 ff.; Seuffert, D J Z 1898, S. 1 ff., 31 ff., 50 ff.; Einzelkommentierung der neuen Bestimmungen durch von Buchka, in: G. v. Buchka, Fr. Oetker, K. Lehmann, Civilprozeßordnung, Konkursordnung, Handelsgesetzbuch in alter und neuer Gestalt, Berlin 1899, S. 5 ff. Z u m Problem der „Nebengesetze" schrieb der Prozessualist A. Mendelssohn Bartholdy in Seuffert's Blätter f ü r Rechtsanwendung, 1908, S. 1 : „Zu dem W o r t Nebengesetz stellt sich der Begriff Nebensache leicht ein; ein Gesetzeszeremoniell höchst unwissenschaftlicher Art bildet sich aus und schließlich ist ein Auslegungsgrundsatz fertig, der sagt, daß das Nebengesetz ,nach' dem Hauptgesetz, oder ,gemäß' dem Hauptgesetz auszulegen sei. Uns älteren Juristen, die wir die entscheidenden Eindrücke des Rechtsbewußtseins unter der Herrschaft der Partikularrechte und der guten alten Prozeßordnung von 1879 empfangen haben, ist jene Nebengesetzlehre weniger eingänglich, wie wir denn auch die Anfangsworte der Genesis nicht ohne weiteres auf den 1. Januar 1900 anzuwenden geneigt sind; und wer vollends zum Studium des BGB selbst auf dem W e g vom öffentlichen Recht über das internationale Privatrecht gekommen ist, der kann sich in die Rangvorstellung mit dem BGB in der ersten Klasse („und dann kommt lange nichts, und dann e r s t . . .") nur sehr schwer finden." Wiederholt wurden im Hinblick auf die ZPO-Novellen die „mangelhafte Technik des geflickten Gesetzes" sowie die unterschiedliche Ausdrucksweise der alten, der geänderten sowie der neuen Vorschriften beklagt (Mendelssohn Bartholdy, Rheinische Zeitschrift für Zivil- und Prozeßrecht, Bd. 4, 1912, S. 1 ; vgl. auch ders., in: Seuffert's Blätter für Rechtsanwendung, Bd. 73, S. 1 ff., 813 ff.; Bd. 75, S. 49 ff., 91 ff.). Die Novellen hätten die Einheitlichkeit der organischen, einheitlich geschaffenen Zivilprozeßordnung durch zahlreiche Neuerungen zerstört (Wach, in: Rheinische Zeitschrift, Bd. 2, 1910, S. 288). Im Rahmen einer Kritik an dem 1898 eingefügten Abs. 2 des § 717 Z P O stellte Rosenberg noch 1933 fest, er habe zu den „Männern, die die alte Z P O geschaffen oder an ihr mitgearbeitet haben, mehr Zutrauen als zu den Gesetzesschöpfern der folgenden Perioden" (Rosenberg, ZZP, Bd. 57, 1933, S. 247).
Einleitung
an das BGB. Die Vorschläge waren zunächst im 1. EG-Entwurf (Art. 13, 14) enthalten, dann aber von der 2. Kommission aus diesem Entwurf herausgenommen und zusammen mit den f ü r die C P O in Aussicht genommenen Änderungen in einer besonderen Vorlage vom Februar 1896 zusammengefaßt worden. Zu einem kleineren Teil berücksichtigte die Novelle außerdem einige der Forderungen, die von Zentrumsabgeordneten von 1892/93 an wiederholt im Reichstag erhoben worden waren. Bei der vorliegenden Edition der Quellen zur Konkursordnung von 1898 ging es darum, diese doppelte Herkunft der Novelle hinreichend sichtbar zu machen, damit ein gesichertes Urteil über die Neufassung der K O möglich ist. Dies macht es notwendig, außer den Beratungen der 2. BGB-Kommission auch die Quellen zu berücksichtigen, die sich mit den Anträgen des Zentrumsabgeordneten Rintelen und anderer Zentrumspoltiker befassen. Allerdings war es aus Platzgründen nicht möglich, diese Quellen in voller Breite zu bringen. Entscheidend für die Auswahl war der Gesichtspunkt, die für das Reichsjustizamt maßgebenden Kriterien im einzelnen zu verdeutlichen. Die Edition bringt hierzu den Wortlaut der Anträge von Rintelen von 1893/94, das Ergebnis der Beratungen über diese Anträge in der X. Reichstagskommission Anfang 1894 sowie die in dieser Kommission behandelten Anträge, soweit sie in Kommissionsdrucksachen aufgenommen worden sind 22 . Das Ergebnis der Beratungen der X. Kommission ist vom Reichstagsplenum nicht mehr beraten worden. Jedoch wurden die Kommissionsbeschlüsse vom Reichsjustizamt zum Gegenstand einer Enquête unter den Bundesregierungen gemacht. Deren Äußerungen sind vom Reichsjustizamt dann in einer Metallographie zusammengestellt worden, die in der vorliegenden Edition ebenfalls wiedergegeben wird. Nachdem die 2. Kommission die f ü r die Konkursordnung in Aussicht zu nehmenden Änderungen Anfang 1896 beraten hatte und die Äußerungen Bayerns und Preußens zu dem Entwurf der 2. Kommission vorlagen, stellte das Reichsjustizamt im April 1897 sog. „Grundzüge" 2 3 auf und übersandte sie am 30. 4. 1897 an Preußen. Uber diese Vorlage fanden am 20. und 22. 5. 1897 kommissarische Beratungen im Reichsjustizamt mit Vertretern des preußischen Justizministeriums statt. Anschließend arbeitete das Reichsjustizamt die „Grundzüge" um und sandte sie am 15.6. 1897 an die Bundesregierungen. Aus Platzgründen kann in der vorliegenden Edition lediglich diese zweite Fassung der „Grundzüge" wiedergegeben werden, welche die Beschlüsse der zweiten Kommission und die Wünsche der Zentrumspartei, soweit ihnen nach Meinung des Reichsjustizamts, Preußens und der an der Enquête von 1894 beteiligten Bundesregierungen stattzugeben war, berücksichtigte. Zu den „Grundzügen" legte das Reichsjustizamt eine Zusammenstellung der Äußerungen der Bundesregierungen vor, die in der vorliegenden Edition vollständig abgedruckt wird. Nachdem das preußische Staatsministerium den Entwurf am 16. 10. 1897 ohne weitere Diskussionen gebilligt hatte, gelangte die Vorlage am 8. 12. 1897 an den Bundesrat. Der Justizausschuß schlug nach kurzen Beratungen unter dem 16. 1. 1898 insgesamt 21 Änderungen des Entwurfs — hierzu kamen noch vier Änderungen im Einführungsgesetz — vor, die am 26. 1. 1898 vom Plenum des Bundesrats gebilligt wurden. Zu den Beratungen im Bundesrat werden in der Edition mitgeteilt der Gesetzesentwurf (ohne Begründung), die im Justizausschuß gestellten 22
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Die vollständigen Materialien zu den Kommissionsverhandlungen sind enthalten in der Akte des ZStA Potsdam, Reichstag, Nr. 949. Vgl. hierzu und zum folgenden die Akten im ZStA Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 3501, 3502; Geh.StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 10610, 10611.
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Anträge, Berichte über die Ausschußverhandlungen sowie die vom Plenum verabschiedeten Änderungen. Am 26. 1. 1898 wurde der Entwurf dem Reichstag vorgelegt, der ihn nach der ersten Plenarberatung am 14. 2. 1898 an die VI. Kommission überwies. Diese verabschiedete den Entwurf am 23. 3. 1898, der vom Reichstag in 2. Lesung am 27. 4. und in 3. Lesung am 2. 5. 1898 en bloc gebilligt wurde. Nachdem der Bundesrat die vom Reichstag vorgenommenen Änderungen am 12. 5. 1898 gebilligt hatte, wurde das Gesetz am 17. 5. 1898 vom Kaiser vollzogen und am 27. 5. 1898 im Reichsgesetzblatt veröffentlicht. Die Edition bringt lediglich die unveröffentlichten Quellen zu den Reichstagsverhandlungen, d. h. die in der VI. Kommission gestellten Anträge und die Berichte über die Verhandlungen in dieser Kommission. O b w o h l die Konkursordnung von 1877 nach Fassung und Inhalt als das beste der Reichsjustizgesetze galt 24 , verlangten Mittelstandskreise bald eine durchgreifende Reform dieser Kodifikation. Zum Sprecher dieser Forderungen machte sich das Zentrum, dessen Abgeordnete Rintelen, Gröber, Spahn, Bachem und Hitze bereits in der Reichstagssession 1892/93 einen umfassenden Änderungsantrag einbrachten 2 5 . Hiernach sollte der Gemeinschuldner unter Strafdrohung verpflichtet sein, bereits bei Uberschuldung den Konkursantrag zu stellen. Ein Zwangsvergleich sollte nur zulässig sein, wenn die Vergleichsquote einen gewissen Prozentsatz nicht unterschritt. Ferner sollten Kaufleute, die in Konkurs geraten waren, bis zur sog. Wiederbefähigung (d. h. dem Zeitpunkt der Begleichung sämtlicher Schulden) in ihren kaufmännischen Aktivitäten erheblich eingeschränkt sein. Endlich sollte das Konkursstrafrecht erheblich verschärft werden. Zu diesen und anderen Vorschlägen, besonders zum Entwurf der 2. Kommission von 1896 erschienen zahlreiche Stellungnahmen, in denen die Anträge von Rintelen und die allerdings weniger weitgehenden Vorschläge der Reichstagskommission von 1894 meist abgelehnt wurden 2 6 . Dagegen stießen die Vorschläge der 2. Kommission, die insbesondere das materielle Konkursrecht vervollständigten und den Nachlaßkonkurs detailliert regeln sollten, auf Zustimmung 2 7 . Die „Grundzüge" des Reichsjustizamts von 1897 und die Gesetzesvorlagen gingen auf die Zentrumsvorschläge nur vereinzelt ein, nachdem auch die Bundesregierungen diese weitgehend zurückgewiesen hatten. Die Vorlagen an den Bundesrat 24
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Zur Entstehung der Konkursordnung vgl. Jürgen Thiene, in: Einhundert Jahre Konkursordnung 1877—1977, Köln 1977, S. 35 ff. — Eine sozialpolitisch nicht unwichtige Änderung der KO war durch ein Gesetz vom 9. 5. 1894 (RGBl. 1894, S. 438) erfolgt, wonach sich das Vermieterpfandrecht nicht auf den Schadensersatzanspruch erstrecken sollte, der dem Vermieter aufgrund der Kündigung des Mietvertrags (§ 17 KO a. F.; §§ 19—21 K O η. F.) durch den Konkursverwalter zustand (vgl. zu den Bundesratsverhandlungen Bayr.HStA München, MJu 12847; Reichstagsaktenstücke Nr. 27 und 207 der Session 1893/94), Reichstagsprot. 1893/94, S. 517 ff., 2074 f., 2251). Drucksache Nr. 75. Dieser Antrag wurde in der Session 1893/94 wiederholt und dann in einer Reichstagskommission beraten (vgl. dazu unten die Materialien); Quellen hierzu in der Akte des ZStA Potsdam, Reichstag Nr. 949. Vgl. u . a . H. Makower, Zur Revision der deutschen Konkursordnung, Berlin 1894; W. Schwarze, Zur Abänderung der Konkursordnung, Berlin 1894; Gottschalk, Zur Abänderung der deutschen Konkursordnung, Berlin 1895; Wagner, Vorschläge zur Umgestaltung der Reichsjustizgesetze, Berlin 1895; Makower, ZZP, Bd. 20 (1894), S. 441 ff.; Eccius, Gruchots Beiträge, Bd. 39 (1895), S. 160 ff.; Kleinfeiler, ZZP, Bd. 20 (1894), S. 278 ff.; Seuffert, ZZP, Bd. 22 (1896), S. 475 ff.; Kleinfeiler, DJZ 1896, S. 474 ff. Vgl. u. a. zur Kritik der Reichstagsvorlage: Gottschalk, DJZ 1898, S. 113 ff.; Staub, DJZ 1898, S. 117 ff.; Landau, DJZ 1898, S. 132 ff.
Einleitung und den Reichstag sind wegen der K ü r z e der Zeit, die f ü r eventuelle Änderungen noch z u r V e r f ü g u n g stand, von nur wenigen A u t o r e n besprochen worden. Die VI. Kommission des Reichstags, dem die Anträge des Zentrums erneut vorlagen, kam dessen W ü n s c h e n insoweit entgegen, als das Z u s t a n d e k o m m e n eines Zwangsvergleichs erschwert und einige Strafbestimmungen verschärft wurden. Weitere K o n zessionen stießen auf den Widerstand der Regierungsvertreter, die im Hinblick auf das Inkrafttreten des BGB an einem schnellen Z u s t a n d e k o m m e n des Gesetzes interessiert waren. Im übrigen entsprach die sozialpolitische Enthaltsamkeit der Vorlage weitgehend den W ü n s c h e n der Mehrheit des Reichstags. Ein Konkursgesetz, so der Abgeordnete Singer im Plenum des Reichstags, könne kein „sozialpolitisches, wirtschafts-moralisches Erziehungsinstitut sein, sondern das Konkursgesetz m u ß an g a n z bestimmte, im Geschäftsverkehr selbst liegende G r u n d s ä t z e sich anlehnen und darf nur diejenigen Strafbestimmungen enthalten, die f ü r eine wirksame D u r c h f ü h r u n g des bestehenden, als ausreichend anerkannten Gesetzes erforderlich sind." 28 Zu der Novelle erschienen noch 1898 einige durchweg zustimmende Aufsätze 2 9 . Wiederholt w u r d e darüber geklagt, daß die Vorlage nur mit einer „dürftigen, stellenweise geradezu oberflächlichen Begründung" versehen w o r d e n sei 30 . Dies hängt im wesentlichen damit zusammen, daß die Autoren der Motive unter sehr großem Zeitdruck gestanden hatten und deshalb nicht in der Lage gewesen waren, die Entstehung der einzelnen Bestimmungen bis zu den Beratungen der 1. BGB-Kommission und dessen V o r e n t w ü r f e zurückzuverfolgen. Die vorliegende Edition ist deswegen bemüht gewesen, die Quellenbasis vor allem zu den materiellrechtlichen Konkursbestimmungen zu erweitern. Zu deren Auslegung sind außer den V o r e n t w ü r f e n und deren Begründung vor allem auch die Protokolle der 1. und 2. BGBKommission heranzuziehen.
VI. Das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 5. 1898 Bereits in der 1. Kommission bestand Einigkeit darüber, daß aus dem Gebiete der nichtstreitigen Rechtspflege diejenigen Bestimmungen aufzustellen waren, die f ü r eine einheitliche D u r c h f ü h r u n g des BGB notwendig erschienen 3 1 . Z u diesem Zweck hatte bereits 1881 Gottlieb Planck den „Entwurf eines Gesetzes über das V e r f a h r e n in V o r m u n d s c h a f t s s a c h e n " vorgelegt, den er 1888 zu einem „Entwurf eines Gesetzes f ü r das Deutsche Reich, betreffend die Angelegenheiten der nichtstreitigen Rechtspflege" erweiterte. N a c h d e m die 1. Kommission diese seinerzeit unveröffentlicht gebliebene V o r l a g e aus Zeitmangel nicht mehr hatte beraten können, beschloß die 2. Kommission bereits in ihrer ersten Sitzung, daß sie es f ü r notwendig erachte, „daß die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit durch ein Reichsgesetz soweit
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Zitiert nach Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, Bd. 7, 1898, S. 280 (14. 2. 1898). Vgl. Fn. 27; ferner Kleinfeller, ZZP, Bd. 25 (1899), S. 80 ff.; Bassermann, DJZ 1898, S. 236 ff.; Oetker, in: v. Buchka/Oetker/Lehmann, aaO. (Fn. 21), S. 125 ff.; Rintelen, Das Konkursrecht, 1902, S. 27 f. E. Jäger, Kommentar zur Konkursordnung, 5. Aufl. 1916, S. 25. Hierzu und zum folgenden Schubert (Hrsg.), in: Vorlagen der Redaktoren zur Ausarbeitung des Entwurfs eines BGB, Familienrecht, Teil 1, 1983, S. XXIII ff.; die beiden sogleich genannten Entwürfe, ebd. Teil 3, S. 557 ff., 779 ff. 13
Einleitung
geregelt werden, als zur einheitlichen Durchführung des BGB erforderlich ist". 32 Damit wollte man auf die Reichsregierung Druck ausüben, einen entsprechenden Entwurf rechtzeitig; zum Inkrafttreten des BGB vorzulegen. Die Quellensammlung zum FGG setzt ein mit den „Grundzügen eines Gesetzes über die freiwillige Gerichtsbarkeit", die das Reichsjustizamt am 9. 12. 1896 dem preußischen Justizministerium übersandte 33 . Verfasser der „Grundzüge" dürfte H e r mann Struckmann 3 4 gewesen sein, der in der 1. BGB-Kommission als Hilfsarbeiter von Planck an den FGG-Entwürfen von 1881 und 1888 mitbeteiligt gewesen war. Auch in der 2. Kommission hat sich Struckmann vor allem durch zahlreiche Anträge zum Familien- und Erbrecht hervorgetan. Der Entwurf wurde in zwei Lesungen am 5., 7. und 8. 1. und am 6. 3. 1897 von einer Ministerialkommission unter Mitwirkung von Küntzel, der die Interessen der preußischen Justizverwaltung vertrat, beraten und nicht unerheblich abgeändert. Die Aufzeichnungen über diese Besprechungen, aus der sich die Abänderungen ergeben, werden in der vorliegenden Edition wiedergegeben. Nach Abschluß der Beratungen wurde der Entwurf umgearbeitet und am 20. 3. 1897 an die Bundesregierungen zur Stellungnahme übersandt. Deren Wünsche wurden vom Reichsjustizamt in der „Zusammenstellung der gutachtlichen Äußerungen der Bundesregierungen" zusammengefaßt und als Manuskript gedruckt. Sie ist in der vorliegenden Edition vollständig wiedergegeben. Nachdem sich das preußische Staatsministerium am 16. 9. 1897 mit der vom Reichsjustizamt teilweise erneut geänderten Vorlage befaßt hatte, wurde diese am 5. 10. 1897 im Bundesrat mit einer Begründung eingebracht. Kurz danach wurde der Entwurf im Reichsanzeiger und in einer separaten Buchausgabe veröffentlicht, damit sich die Öffentlichkeit mit ihm beschäftigen konnte 3 5 . Bereits vom 25. bis 27. 10. 1897 fand im Justizausschuß des Bundesrates die erste und am 18. 11. 1897 die zweite Lesung der Vorlage statt. Das Plenum des Bundesrates verabschiedete den Entwurf am 25. 11. 1897. Im Reichstag, an den der Entwurf am 26. 11. 1897 überwiesen worden war, fand die 1. Beratung bereits am 3. 12. 1897 statt. Die Ausschußberatungen 1. Lesung dauerten vom 10. —16. 12. 1897 (5 Sitzungen); die 2. Lesung erfolgte am 13. 1. 1898. In der 2. Beratung des Reichstagsplenums am 15. 2. 1898 wurde der Entwurf en bloc angenommen. Die 3. Lesung fand am 8. und 10. 3. 1898 statt. Für die Bundesratsverhandlungen werden der Entwurf (ohne Begründung), die Anträge der Bundesstaaten und die Berichte des bayerischen Bevollmächtigten Schnell über die Verhandlungen sowie das Ergebnis der Beratungen mitgeteilt. Für die Reichstagsverhandlungen dagegen kann weitgehend auf die amtlichen Materialien in den Stenographischen Berichten des Reichstags in der Session 1895/97 sowie auf die Edition von H a h n / M u g d a n verwiesen werden 36 . Die vorliegende Edition beschränkt sich insoweit auf die Texte, die bei H a h n / M u g d a n nicht enthalten sind, 32 33
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Prot. II, Bd. 1,S. 1. Vgl. hierzu die Akte des ZStA Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 4786; Reichstag Nr. 917; Geh. StA Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 800. Über Struckmann vgl. Jahnel bei Schubert, in: Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB, 1978, S. 107 f. Es sind im wesentlichen folgende Kritiken maßgebend gewesen: Eccius, D J Z 1898, S. 25 ff.; Jastrow, Archiv f ü r Bürgerliches Recht, Bd. 13 (1897), S. 313 ff.; Wellstein, Monatsschrift f ü r Handelsrecht 1898, S. 61 f£.; Schulze-Görlitz, ebd., S. 31 ff.; Weißler, D J Z 1897, S. 460 ff. ; J. Rausnitz, Der Entwurf eines Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Berlin 1898. Vgl. Hahn/Mugdan, aaO. (Fn. 28), S. 33 ff.
Einleitung
nämlich auf die Berichte über den Ablauf der Kommissionssitzungen im einzelnen und auf die Zuordnung der in der Kommission gestellten Anträge. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Entwürfen konnte in der Öffentlichkeit nur vereinzelt stattfinden, da die endgültige Fassung des FGG mit dessen Verabschiedung durch den VI. Reichstagsausschuß bereits am 6. 1. 1898 feststand 37 . Die ausführlichste Kritik stammt von Jastrow, dessen Anregungen nur am Rande berücksichtigt werden konnten. In einer stärker rechtspolitisch ausgerichteten Kritik bemängelte Weißler vor allem die nur lückenhafte Regelung des Beurkundungsrechts. Insbesondere forderte er eine reichsrechtliche Regelung des Notariatswesens und eine Ausdehnung der Zuständigkeit des Reichsgerichts in FGG-Sachen. Lobend hob er die f ü r Preußen neuen Bestimmungen über das Erbteilungsverfahren hervor, die ihm aber noch nicht weit genug gingen, da das Nachlaßgericht im wesentlichen auf das Wohlwollen der Beteiligten angewiesen sein sollte. 1898 erschienen kurz vor und nach Verabschiedung der Vorlage durch den Reichstag weitere Aufsätze zum FGG, so von Eccius, Schulze-Görlitz und Wellstein. Zusammenfassend stellte Weißler fest, der Gewinn, den das Gesetz bringe, sei ganz bedeutend: 3 8 „Die Handhabung des BGB wird zweifellos sehr erleichtert durch die f ü r das Reich nunmehr gemeinsamen Vorschriften über Zuständigkeit und Verfahren. Die O r d n u n g des Legitimationspunktes für Antrag und Beschwerde, in dieser Ausdehnung gewiß ohne Vorbild, ist ein Kabinettstück gesetzgeberischer Technik. Einzelne Neuerungen, wie die Einführung des Armenrechts und des Versäumnisverfahrens bei der Auseinandersetzung, sind als wichtige Fortschritte zu begrüßen."
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Vgl. die in Fn. 35 nachgewiesenen Aufsätze. Weißler, DJZ 1898, S. 294.
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Texte der Gesetze mit Quellennachweis Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 18.8.1896 ERSTER ABSCHNITT 1
Allgemeine Vorschriften
Artikel 1 Das Bürgerliche Gesetzbuch tritt am 1. Januar 1900 gleichzeitig mit einem Gesetze, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung, einem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, einer Grundbuchordnung und einem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kraft. EG-E I Art. 1; Ε II Art. 1; E III Art. 1. S. 358 f.
Prot. I, S. 12316f; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 2 Gesetz im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und dieses Gesetzes ist jede Rechtsnorm. EG-E I Art. 2; E II Art. 2; E III Art. 2. S. 359; vgl. auch Bd. 1,S. 32.
Prot. I, S. 12317 f.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 3 Soweit in dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder in diesem Gesetze die Regelung den Landesgesetzen vorbehalten oder bestimmt ist, daß landesgesetzliche Vorschriften 1
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RGBl. 1896, S. 604 ff. — Die Hinweise auf die Vorfassungen des Gesetzestextes und die Prot. I und II sind im wesentlichen dem Kommentar zum BGB von Gottlieb Planck, 3. Aufl., Bd. 6, Einführungsgesetz, Berlin 1905, entnommen. Soweit f ü r den 1. Entwurf außer den in der vorliegenden Edition wiedergegebenen Protokollen I, S. 12315 ff. noch weitere Verhandlungen maßgebend sind, ist dies entweder den Prot. I, S. 12315 ff. unmittelbar oder den Nachweisen in der Bundesratsvorlage von 1887 zu entnehmen (wiedergegeben bei Schubert, Die Vorlagen der Redaktoren f ü r die 1. Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines BGB, Anlagenband, Berlin, New York 1986, S. 1309 ff.). Die Prot. I, S. 7—3210 sind in der „Beratung", Allg. Teil und Recht der Schuldverhältnisse I—III (Register im „Allg. Teil", Teilband 2) die Prot. I, S. 3377 ff. in den Bden. Sachenrecht I und II, die Prot. I, S. 5829 ff. in den Bden. Familienrecht I und II, die Prot. I, S. 8875 ff. in den Bden. Erbrecht I und II abgedruckt. Sofern auf die Prot. II, Bde. 1 — 5 und Bd. 6, S. 1 — 358 verwiesen ist, werden in den Fn., soweit feststellbar, die Namen der Kommissionsmitglieder mitgeteilt, deren auf das EG bezügliche Anträge dort wiedergegeben sind. Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 1199 f.
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch unberührt bleiben oder erlassen werden können, bleiben die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft und können neue landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden. EG-E I Art. 3; E II Art. 3; E III Art. 3. S. 362.
Prot. I, S. 12319 ff.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 4 Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften verwiesen ist, welche durch das Bürgerliche Gesetzbuch oder durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder dieses Gesetzes. EG-E I Art. 4; E II Art. 4; E III Art. 4. - Prot. I, S. 12991; Prot. II, Bd. 6, S. 363, 599 f.
Artikel 5 Als Bundestaat im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und dieses Gesetzes gilt auch das Reichsland Elsaß-Lothringen. EG-E I Art. 5; E II Art. 5; E III Art. 5. S. 363.
Prot. I, S. 12321 f.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 6 In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuchs geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen. Vom Plenum des Reichstags beschlossen (Sten.Ber. 1895/97, Bd. 4, S. 3024, 3096).
Artikel 7 Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Person angehört. Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, für das er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung. IPR-E I § 1 ; E II § 2238; E II rev. § 2361 ; EG-E III Art. 6. - Prot. I, S. 11484 ff; Prot. II, Bd. 6, S. 28 f., 37 f. 17
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 8 Ein Ausländer kann im Inlande nach den deutschen Gesetzen entmündigt werden, wenn er seinen Wohnsitz oder, falls er keinen Wohnsitz hat, seinen Aufenthalt im Inlande hat. E l l S 2239; E l l rev. § 2361; EG-E III Art. 7. Prot. II, Bd. 6, S. 29 ff.
Prot. I, S. 11566 ff.; 11606;
Artikel 9 Ein Verschollener kann im Inlande nach den deutschen Gesetzen für todt erklärt werden, wenn er bei dem Beginne der Verschollenheit ein Deutscher war. Gehörte der Verschollene bei dem Beginne der Verschollenheit einem fremden Staate an, so kann er im Inlande nach den deutschen Gesetzen mit Wirkung für diejenigen Rechtsverhältnisse, welche sich nach den deutschen Gesetzen bestimmen, sowie mit Wirkung für das im Inlande befindliche Vermögen für todt erklärt werden; die Vorschriften des § 2369 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. Hatte ein verschollener ausländischer Ehemann seinen letzten Wohnsitz im Inland und ist die im Inlande zurückgebliebene oder dahin zurückgekehrte Ehefrau Deutsche oder bis zu ihrer Verheirathung mit dem Verschollenen Deutsche gewesen, so kann auf ihren Antrag der Verschollene im Inlande nach den deutschen Gesetzen ohne die im Abs. 2 bestimmte Beschränkung für todt erklärt werden. E l l § 2236; E l l rev. § 2363; EG-E III Art. 8. Prot. II, Bd. 1, S. 10 f.; Bd. 6, S. 6 ff., 12 ff., 20 ff.
Prot. I, S. 11489 ff., 11606;
Artikel 10 Ein einem fremden Staate angehörender und nach dessen Gesetzen rechtsfähiger Verein, der die Rechtsfähigkeit im Inlande nur nach den Vorschriften der §§ 21, 22 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erlangen könnte, gilt als rechtsfähig, wenn seine Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundesraths anerkannt ist. Auf nicht anerkannte ausländische Vereine der bezeichneten Art finden die Vorschriften über die Gesellschaft sowie die Vorschrift des § 54 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. IPR-E I § 1 ; Ε II § 2237; E II rev. § 2364; EG-E III Art. 9. - Prot. I, S. 11483 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 22 ff.
Artikel 11 Die Form eines Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach den Gesetzen, welche für das den Gegenstand des Rechtsgeschäfts bildende Rechtsverhältnis maßgebend sind. Es genügt jedoch die Beobachtung der Gesetze des Ortes, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird. IPR-E I § 3; E II §§ 2240, 2241, Abs. 2; E II rev. § 2365; EG-E III Art. 10. Prot. I, S. 11492 ff., 11498 ; Prot. II, Bd. 6, S. 32 ff. 18
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 12 Aus einer im Auslande begangenen unerlaubten Handlung können gegen einen Deutschen nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. IPR-E I § 6; Ε II § 2244; E II rev. § 2367; E6-E III Art. 11. — Prot. I, S. 11509; Prot. II, Bd. 6, S. 42 f. Artikel 13 Die Eingehung der Ehe wird, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehnung eines jeden der Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem er angehört. Das Gleiche gilt für Ausländer, die im Inland eine Ehe eingehen. In Ansehung der Ehefrau eines nach Artikel 9 Abs. 3 für todt erklärten Ausländers wird die Eingehung der Ehe nach den deutschen Gesetzen beurtheilt. Die Form einer Ehe, die im Inlande geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. IPR-E I §8; E l l § 2245; E l l rev. §2370; EG-E III Art. 12. — Prot. I, S. 11515 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 46 ff., 67. Artikel 14 Die persönlichen Rechtsbeziehungen deutscher Ehegatten zu einander werden nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, auch wenn die Ehegatten ihren Wohnsitz im Auslande haben. Die deutschen Gesetze finden auch Anwendung, wenn der Mann die Reichsangehörigkeit verloren, die Frau sie aber behalten hat. IPR-E I §§ 9, 16; E II §§ 2246, 2248; E II rev. 2371, 2376, EG-E III Art. 13. — Prot. I, S. 11517 ff., 11543 ff., Prot. II, Bd. 6, S. 51, 62. Artikel 15 Das eheliche Güterrecht wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Ehemann zur Zeit der Eheschließung ein Deutscher war. Erwirbt der Ehemann nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit oder haben ausländische Ehegatten ihren Wohnsitz im Inlande, so sind für das eheliche Güterrecht die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Mann zur Zeit der Eingehung der Ehe angehörte; die Ehegattten können jedoch einen Ehevertrag schließen, auch wenn er nach diesen Gesetzen unzulässig sein würde. IPR-E I §11; E l l § 2250; E l l rev. 2372; EG-E III Art. 14. S. 11531 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 57 ff., 73 f., 77 ff.
Prot. I,
Artikel 16 Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, die nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die Vorschriften des § 1435 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung; der ausländische gesetzliche Güterstand steht einem vertragsmäßigen gleich. Die Vorschriften der §§ 1357, 1362, 1405 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung, soweit sie Dritten günstiger sind als die ausländischen Gesetze. IPR-E I §12; E l l §2251; E l l rev. 2373; EG-E III Art. 15. S. 11534 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 60 ff.
Prot. I, 19
Einführungsgesetz z u m Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 17 Für die Scheidung der Ehe sind die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Eine Thatsache, die sich ereignet hat, während der Mann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund ist. Ist zur Zeit der Erhebung der Klage die Reichsangehörigkeit des Mannes erloschen, die Frau aber Deutsche, so finden die deutschen Gesetze Anwendung. Auf Scheidung sowie auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft kann auf Grund eines ausländischen Gesetzes im Inlande nur erkannt werden, wenn sowohl nach dem ausländischen Gesetze als nach den deutschen Gesetzen die Scheidung zulässig sein würde. IPR-E I S 10, E II §§ 2 2 4 7 - 2 2 4 9 ; E II rev. §§ 2 2 7 4 - 2 2 7 6 ; EG-E III Art. 16. Prot. I , S . 11519 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 51 ff. Artikel 18 Die eheliche Abstammung eines Kindes wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes Deutscher ist oder, falls er vor der Geburt des Kindes gestorben ist, zuletzt Deutscher war. IPR-E I § 1 3 ; E l l § 2252; E l l rev. § 2378; E G - E III Art. 17. S. 11538 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 62, 227 f.
Prot. I,
Artikel 19 Das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem ehelichen Kinde wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Vater und, falls der Vater gestorben ist, die Mutter die Reichsangehörigkeit besitzt. Das Gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit des Vaters oder der Mutter erloschen, die Reichsangehörigkeit des Kindes aber bestehen geblieben ist. IPR-E I §§ 15, 16 Abs. 1; E II § 2255; E II rev. § 2379; EG-E III Art. 18. Prot. I, S. 11540 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 62, 227 f.
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Artikel 20 Das Rechtsverhältnis zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn die Mutter eine Deutsche ist. Das Gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen, die Reichsangehörigkeit des Kindes aber bestehen geblieben ist. IPR-E I §17 Abs. 1; E l l § 2256; E l l rev. 2380; E G - E I §19. S. 11547 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 68.
Prot. I,
Artikel 21 Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde und seine Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Schwangerschaft, der Entbindung und des Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört; es können jedoch nicht weiterge20
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
hende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind.
IPR-E I S 17 Abs. 2; Ε II § 2257; E II rev. § 2381 ; EG-E III Art. 20. - Prot. I, S. 11547 f f , 11551 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 68. Artikel 22 Die Legitimation eines unehelichen Kindes sowie die Annahme an Kindesstatt bestimmt sich, wenn der Vater zur Zeit der Legitimation oder der Annehmende zur Zeit der Annahme die Reichsangehörigkeit besitzt, nach den deutschen Gesetzen. Gehört der Vater oder der Annehmende einem fremden Staate an, während das Kind die Reichsangehörigkeit besitzt, so ist die Legitimation oder die Annahme unwirksam, wenn die nach den deutschen Gesetzen erforderliche Einwilligung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnisse steht, nicht erfolgt ist.
IPR-E I § 14; E II §§ 2253 f.; E II rev. §§ 2382 f.; EG-E III Art. 21. - Prot. I, S. 11539 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 63 ff. Artikel 23 Eine Vormundschaft oder eine Pflegschaft kann im Inland auch über einen Ausländer, sofern der Staat, dem er angehört, die Fürsorge nicht übernimmt, angeordnet werden, wenn der Ausländer nach den Gesetzen dieses Staates der Fürsorge bedarf oder im Inland entmündigt ist. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann vorläufige Maßregeln treffen, solange eine Vormundschaft oder Pflegschaft nicht angeordnet ist. IPR-E I §§ 19, 20; E II §§ 2259, 2260; E II rev. §§ 2384, 2385; EG-E III Art. 22.
- Prot. I, S. 11556ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 68ff.
Artikel 24 Ein Deutscher wird, auch wenn er seinen Wohnsitz im Auslande hatte, nach den deutschen Gesetzen beerbt. Hat ein Deutscher zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Auslande gehabt, so können die Erben sich in Ansehung der Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten auch auf die an dem Wohnsitze des Erblassers geltenden Gesetze berufen. Erwirbt ein Ausländer, der eine Verfügung von Todeswegen errichtet oder aufgehoben hat, die Reichsangehörigkeit, so wird die Gültigkeit der Errichtung oder der Aufhebung nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem er zur Zeit der Errichtung oder der Aufhebung angehörte; auch behält er die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen, selbst wenn er das nach den deutschen Gesetze erforderliche Alter noch nicht erreicht hat. Die Vorschrift des Artikel 11 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt. IPR-E I §21, E l l §2261; E l l rev. §2386; E G - E III Art. 23. S. 11572 f f , 11579 ff.; Bd. 5, S. 346 ff. 3 ; Bd. 6, S. 72 ff.
Prot. I,
D e r in Prot. II, Bd. 5, S. 346 ff. unter V I . mitgeteilte Antrag stammt von Jacubezky. 21
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 25 Ein Ausländer, der zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Inlande hatte, wird nach den Gesetzen des Staates beerbt, dem er zur Zeit seines Todes angehörte. Ein Deutscher kann jedoch erbrechtliche Ansprüche auch dann geltend machen, wenn sie nur nach den deutschen Gesetzen begründet sind, es sei denn, daß nach dem Rechte des Staates, dem der Erblasser angehörte, für die Beerbung eines Deutschen, welcher seinen Wohnsitz in diesem Staate hatte, die deutschen Gesetze ausschließlich maßgebend sind. IPR-E I § 21 ; E l l S 2261; E l l rev. § 2386; EG-E III A n . 24. S. 11572 ff., 11579 ff.; Prot. II, Bd. 5, S. 346 ff.; Bd. 6, S. 72 ff.
Prot. I,
Artikel 26 Gelangt aus einem im Ausland eröffneten Nachlasse für die nach den dortigen Gesetzen berechtigten Erben oder Vermächtnißnehmer durch Vermittelung deutscher Behörden Vermögen ins Inland, so kann ein Anderer der Herausgabe nicht aus dem Grunde widersprechen, daß er als Erbe oder Vermächtnißnehmer einen Anspruch auf das Vermögen habe. EG-E III Art. 25. Artikel 27 Sind nach dem Rechte eines fremden Staates, dessen Gesetze in dem Artikel 7 Abs. 1, dem Artikel 13 Abs. 1, dem Artikel 15 Abs. 2, dem Artikel 17 Abs. 1 und dem Artikel 25 für maßgebend erklärt sind, die deutschen Gesetze anzuwenden, so finden diese Gesetze Anwendung. E II §§ 2245 Abs. 1 Satz 2, 2247 Abs. 4; E II rev. §§ 2370 Abs. 1 Satz 2, 2374 Satz 2; EG-E III Art. 26. - Prot. I, S. 11583 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 17 ff., 49, 56 f., 59. Artikel 28 Die Vorschriften der Artikel 15, 19, des Artikel 24 Abs. 1 und der Artikel 25, 27 finden keine Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. IPR-E I §22; E l l §2262; E l l rev. §2387; EG-E III Art. 27. S. 11575 ff.; Prot. II, Bd. 6 , , S. 80 f.
Prot. I,
Artikel 29 Gehört eine Person keinem Staate an, so werden ihre Rechtsverhältnisse, soweit die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, für maßgebend erklärt sind, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Person zuletzt angehört hat, und, wenn sie auch früher einem Staate nicht angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat. IPR-E I §23; E l l §2263; E l l rev. § 2388; EG-E III Art. 28. S. 11587 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 81. 22
Prot. I,
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 30 Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. I P R - E I § 2 4 ; E l l § 2 2 6 4 ; E l l rev. § 2389; E G - E III Art. 29. S. 11590 ff.; - Prot. II, Bd. 6, S. 81 ff.
Prot. I,
Artikel 31 Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen einen ausländischen Staat sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird. I P R - E I § 2 6 ; E l l § 2265; E l l rev. § 2390; E G - E III Art. 30. S. 11607 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 89.
Prot. I,
ZWEITER ABSCHNITT Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Reichsgesetzen Artikel 32 Die Vorschriften der Reichsgesetze bleiben in Kraft. Sie treten jedoch insoweit außer Kraft, als sich aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder aus diesem Gesetze die Aufhebung ergiebt. E G - E I Art. 9; Ε II Art. 6; E III Art. 31. S. 560 ff.
Prot. I, S. 12328 ff.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 33 Soweit in dem Gerichtsverfassungsgesetze, der Civilprozeßordnung, der Strafprozeßordnung, der Konkursordnung und in dem Gesetze, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, vom 21. Juli 1879 (Reichs.-Gesetzbl. S. 277) an die Verwandtschaft oder die Schwägerschaft rechtliche Folgen geknüpft sind, finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Verwandtschaft oder Schwägerschaft Anwendung. E G - E I Art. 10; E II Art. 7; E III Art. 32. S. 564.
Prot. I, S. 12332 ff.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 34 Das Strafgesetzbuch wird dahin geändert: I. Im § 34 Nr. 6 werden die Worte: „Vormund, Nebenvormund, Kurator, gerichtlicher Beistand oder Mitglied eines Familienraths" ersetzt durch die Worte: „Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der Mutter, Mitglied eines Familienraths oder Kurator". II. An die Stelle des § 55 treten folgende Vorschriften: Wer bei Begehung der Handlung das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet hat, kann wegen derselben nicht 23
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
strafrechtlich verfolgt werden. Gegen denselben können jedoch nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften die zur Besserung und Beaufsichtigung geeigneten Maßregeln getroffen werden. Die Unterbringung in eine Familie, Erziehungsanstalt oder Besserungsanstalt kann nur erfolgen, nachdem durch Beschluß des Vormundschaftsgerichtes die Begehung der Handlung festgestellt und die Unterbringung für zulässig erklärt ist. III. An die Stelle des § 65 treten folgende Vorschriften: Der Verletzte, welcher das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist selbständig zu dem Antrage auf Bestrafung berechtigt. Solange er minderjährig ist, hat unabhängig von seiner eigenen Befugniß auch sein gesetzlicher Vertreter das Recht, den Antrag zu stellen. Ist der Verletzte geschäftsunfähig oder hat er das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so ist sein gesetzlicher Vertreter der zur Stellung des Antrages Berechtigte. IV. Als § 145a wird folgende Vorschrift eingestellt: Wer im Inlande Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, ohne die erforderliche staatliche Genehmigung ausstellt und in den Verkehr bringt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Theile des Nennwerths der ausgegebenen Schuldverschreibungen gleichkommen kann, mindestens aber dreihundert Mark beträgt. V. Im § 171 Abs. 1 und Abs. 3 werden die Worte: „aufgelöst, f ü r ungültig oder nichtig erklärt worden ist", ersetzt durch die Worte: „aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist". VI. An die Stelle des § 195 tritt folgende Vorschrift: Ist eine Ehefrau beleidigt worden, so hat sowohl sie als ihr Ehemann das Recht, auf Bestrafung anzutragen. VII. Im § 235 werden die Worte: „ihren Eltern oder ihrem Vormunde" ersetzt durch die Worte: „ihren Eltern, ihrem Vormunde oder ihrem Pfleger". VIII. Im § 237 werden die Worte: „ihrer Eltern oder ihres Vormundes" ersetzt durch die Worte : „ihrer Eltern, ihres Vormundes oder ihres Pflegers". IX. Im § 238 werden die Worte: „für ungültig erklärt worden ist" ersetzt durch die Worte : „für nichtig erklärt worden ist". EG-E I Art. 16; E II Art. 8; E III Art. 33; - Prot. I, S. 12569 ff., 13006; Prot. II, Bd. 4, S. 633 ff 4 .; Bd. 6, S. 568 ff., 585.
Artikel 35 Die Strafprozeßordnung wird dahin geändert: I. Im § 11 Abs. 1 treten an die Stelle der Sätze 2, 3 folgende Vorschriften: In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes gilt die Hauptstadt des Heimathstaats als ihr Wohnsitz; ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Gehört ein Deutscher einem Bundesstaate nicht an, so gilt als sein Wohnsitz die Stadt Berlin; ist die Stadt Berlin in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von dem Reichskanzler durch allgemeine Anordnung bestimmt.
Der Autor des in Prot. II, Bd. 4, S. 633 unter I. gestellten Antrags ist nicht bekannt. Die Anträge in Prot. II, Bd. 4, S. 648 stammen unter 5. (§§ 39 a, 45 und 181 a StGB) von Wolffson (Nr. 144, 147 zum Familienrecht). 24
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch II. An die Stelle des § 149 Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: „Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten." E G - E I Art. 17; E II Art. 9; E III Art. 34. S. 577 ff.
Prot. I, S. 12583 f.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 36 Die Gewerbeordnung wird dahin geändert: I. Der § 11 Abs. 2 fällt weg; als § I I a werden folgende Vorschriften eingestellt: Betreibt eine Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhältnisse ausländische Gesetze maßgebend sind, im Inlande selbständig ein Gewerbe, so ist es auf ihre Geschäftsfähigkeit in Angelegenheiten des Gewerbes ohne Einfluß, daß sie Ehefrau ist. Soweit die Frau in Folge des Güterstandes in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt ist, finden die Vorschriften des § 1405 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Hat die Frau ihren Wohnsitz nicht im Inlande, so ist der Einspruch des Mannes gegen den Betrieb des Gewerbes und der Widerruf der ertheilten Einwilligung in das Güterrechtsregister des Bezirks einzutragen, in welchem das Gewerbe betrieben wird. Betreibt die Frau das Gewerbe mit Einwilligung des Mannes oder gilt die Einwilligung nach § 1405 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als ertheilt, so haftet für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Gewerbebetriebe ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die dem Manne kraft des Güterstandes zustehenden Rechte; im Falle des Bestehens einer ehelichen Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen. II. Im § 107 Abs. 1 werden 1. im Satz 4 die Worte : „an den Vater oder Vormund, sofern diese es verlangen", ersetzt durch die Worte: „an den gesetzlichen Vertreter, sofern dieser es verlangt", 2. im Satz 5 die Worte : „an die Mutter" ersetzt durch die Worte : „an die zur gesetzlichen Vertretung nicht berechtigte Mutter". III. Im § 108 treten an die Stelle des Satz 2 folgende Vorschriften: Die Ausstellung erfolgt auf Antrag oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Ist die Erklärung des gesetzlichen Vertreters nicht zu beschaffen oder verweigert dieser die Zustimmung ohne genügenden Grund und zum Nachtheile des Arbeiters, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung ergänzen. IV. Im § 110 Abs. 1 werden die Worte: „seines Vaters oder Vormunds" ersetzt durch die Worte: „seines gesetzlichen Vertreters". V. Im § 113 tritt an die Stelle des Abs. 4 folgende Vorschrift: Ist der Arbeiter minderjährig, so kann das Zeugniß von dem gesetzlichen Vertreter gefordert werden. Dieser kann verlangen, daß das Zeugniß an ihn, nicht an den Minderjährigen ausgehändigt werde. Mit Genehmigung der Gemeindebehörde des im § 108 bezeichneten Ortes kann auch gegen den Willen des gesetzlichen Vertreters die Aushändigung unmittelbar an den Arbeiter erfolgen. VI. Im § 131 Abs. 1 Satz 1 werden die Worte: „von dem Vater oder Vormunde" ersetzt durch die Worte: „von dem gesetzlichen Vertreter". VII. Im § 133 Abs. 2 Satz 1 werden die Worte: „der Vater des Lehrlings" ersetzt durch die Worte : „der Vater des Lehrlings, sofern er die Sorge für die Person des Lehrlings hat,". E G - E I Art. 18, E II Art. 10; E III Art. 3 5 . - Prot. I, S. 12587 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 579 ff., 600. 25
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 37 Der § 2 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 55) wird dahin geändert: Wer die aus der Reichsangehörigkeit folgenden Befugnisse in Anspruch nimmt, hat auf Verlangen den Nachweis seiner Reichtsangehörigkeit und, sofern er unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, den Nachweis der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zu erbringen. Eine Ehefrau bedarf der Genehmigung des Ehemanns.
EG-E I Art. 19; Ε II Art. 11 ; E III Art. 36. - Prot. I, S. 12598 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 584. Artikel 38 Das Gesetz, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln, vom 8. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 137) wird dahin ergänzt: I. Der § 16 erhält folgenden Abs. 2: Einem Wahlkonsul steht in Ansehung der Errichtung einer Verfügung von Todeswegen das im Abs. 1 bezeichnete Recht der Notare nur dann zu, wenn das Recht ihm von dem Reichskanzler besonders beigelegt ist. II. Als § 17 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Auf die Errichtung einer Verfügung von Todeswegen finden nicht die Vorschriften des § 17, sondern die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung.
EG-E I Art. 20; E II Art. 12, E III Art. 37. — Prot. I, S. 12600 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 584. Artikel 39 Das Gesetz, betreffend die vertragsmäßigen Zinsen, vom 14. November 1867 (Bundes.-Gesetzbl. S. 159) wird aufgehoben.
EG-E I Art. 21; E II Art. 13; E III Art. 38. — Prot. I, S. 12603; Prot. II, Bd. 6, S. 584. Artikel 40 Das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 599) wird dahin geändert: I. In dem § 3 Abs. 1 Satz 1, dem § 9, dem § 11 Abs. 2 und dem § 12 Abs. 1 Satz 2 wird das Wort: „muß" ersetzt durch das Wort: „soll". II. An die Stelle der §§ 7, 8 treten folgende Vorschriften: § 7. Die Ehe wird dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor dem Beamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit einander eingehen zu wollen. Der Beamte muß zur Entgegennahme der Erklärungen bereit sein. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden. § 7 a. Der Beamte soll bei der Eheschließung in Gegenwart von zwei Zeugen an die Verlobten einzeln und nach einander die Frage richten, ob sie die Ehe mit einander eingehen wollen, und, nachdem die Verlobten die Frage bejaht haben, aussprechen, daß sie kraft dieses Gesetzes nunmehr rechtmäßig verbundene Eheleute seien. 26
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Als Zeugen sollen Personen, die der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt sind, während der Zeit, für welche die Aberkennung der Ehrenrechte erfolgt ist, sowie Minderjährige nicht zugezogen werden. Personen, die mit einem der Verlobten, mit dem Beamten oder mit einander verwandt oder verschwägert sind, dürfen als Zeugen zugezogen werden. § 8. Als zur Eheschließung ermächtigter Beamter ( § 1 ) gilt auch derjenige, welcher, ohne ein solcher Beamter zu sein, das Amt eines solchen öffentlich ausübt, es sei denn, daß die Verlobten den Mangel der amtlichen Befugniß bei der Eheschließung kennen. § 8 a. Eine Ehe, die vor einem zur Eheschließung ermächtigten Beamten (§ 1) oder vor einer im § 8 einem solchen Beamten gleichgestellten Person geschlossen wird, ist wegen Formmangels nur dann nichtig, wenn bei der Eheschließung die im § 7 vorgeschriebene Form nicht beobachtet worden ist. Ist die Ehe in das Heirathsregister eingetragen worden und haben die Ehegatten nach der Eheschließung zehn Jahre oder, falls einer von ihnen vorher gestorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre als Ehegatten mit einander gelebt, so ist die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn bei dem Ablaufe der zehn Jahre oder zur Zeit des Todes des einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist. E G - E I Art. 22; E II Art. 14; E III Art. 39. Bd. 6, S. 587 ff.
Prot. I, S. 12653, 12658; Prot. II,
Artikel 41 Das Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 355) wird dahin geändert: I. An die Stelle des § 11 treten folgende Vorschriften: Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen minderjährigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Aufgenommenen oder Naturalisirten kraft elterlicher Gewalt zusteht. Ausgenommen sind Töchter, die verheirathet sind oder verheirathet gewesen sind. II. Als § 14 a werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Entlassung eines Staatsangehörigen, der unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft steht, kann von dem gesetzlichen Vertreter nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts beantragt werden. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich, wenn der Vater oder die Mutter die Entlassung für sich und zugleich kraft elterlicher Gewalt für ein Kind beantragt. Erstreckt sich der Wirkungskreis eines der Mutter bestellten Beistandes auf die Sorge für die Person des Kindes, so bedarf die Mutter in einem solchen Falle der Genehmigung des Beistandes zu dem Antrag auf Entlassung des Kindes. III. An die Stelle des § 19 treten folgende Vorschriften: Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Entlassenen kraft elterlicher Gewalt zusteht. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Töchter, die verheirathet sind oder verheirathet gewesen sind, sowie auf Kinder, die unter der elterlichen Gewalt der Mutter stehen, falls die Mutter zu dem Antrage auf Entlassung der Kinder nach § 14 a Abs. 2 Satz 2 der Genehmigung des Beistandes bedarf. 27
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
IV. An die Stelle des § 21 Abs. 2 treten folgende Vorschriften! D e r hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Ausgetretenen kraft elterlicher Gewalt zusteht, soweit sich die Ehefrau oder die Kinder bei dem Ausgetretenen befinden. Ausgenommen sind Töchter, die verheirathet sind oder verheirathet gewesen sind.
E I-BGB §§ 1507, 1657; E I-EG Art. 23; E II Art. 15; E III Art. 40. S. 7719, 8300,12605 ff.; Prot. II, Bd. 4, S. 565, 757 f. 5 ; Bd. 6, S. 590; 743.
Prot. I,
Artikel 42 Das Gesetz, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken u. s. w. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen, vom 7. Juni 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 207) wird dahin geändert: I. An die Stelle des § 3 treten folgende Vorschriften: § 3. Im Falle der Tödtung ist der Schadenersatz (§§ 1 und 2) durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung sowie des Vermögensnachtheils zu leisten, den der Getödtete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war. Der Ersatzpflichtige hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen. Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadenersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war. § 3 a. Im Falle einer Körperverletzung ist der Schadenersatz (§§ 1 und 2) durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachtheils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß in Folge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. II. Im § 5 werden die W o r t e : „der in den §§ 1 bis 3 enthaltenen Bestimmungen" ersetzt durch die W o r t e : „der in den §§ 1 bis 3 a enthaltenen Bestimmungen". III. An die Stelle der §§ 7, 8, 9 treten folgende Vorschriften: § 7. Der Schadenersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse des Verletzten sowie der nach § 3 Abs. 2 einem Dritten zu gewährende Schadenersatz ist für die Zukunft durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten. Die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des § 648 Nr. 6 der (Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt für die dem Verletzten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 3 und für die dem Dritten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 1 N r . 2 der Zivilprozeßordnung. 5
Prot. I, S. 7719, 8300 bei Jakobs/Schubert,
Familienrecht II, S. 518, 1119; Prot. II, Bd. 2,
S. 757 f. bei Jakobs/Schubert, FamR II, S. 1119 (IX. zu § 1657 E I ) . 28
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Ist bei der Beurtheilung des Verpflichteten zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt worden, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urtheile bestimmten Sicherheit verlangen. § 8. Die Forderungen auf Schadenersatz (§§ 1 bis 3 a) verjähren in zwei Jahren von dem Unfall an. Gegen denjenigen, welchem der Getödtete Unterhalt zu gewähren hatte (§ 3 Abs. 2), beginnt die Verjährung mit dem Tode. Im Uebrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung Anwendung. § 9. Die gesetzlichen Vorschriften, nach welchen außer den in diesem Gesetze vorgesehenen Fällen der Unternehmer einer in den §§ 1, 2 bezeichneten Anlage oder eine andere Person, insbesondere wegen eines eigenen Verschuldens, für den bei dem Betriebe der Anlage durch Tödtung oder Körperverletzung eines Menschen entstandenen Schaden haftet, bleiben unberührt. E G - E I Art. 24; E II Art. 16; E III Art. 41. - Prot. I, S. 12614 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 590 ff., 601.
Artikel 43 Der § 6 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (Reichs.-Gesetzbl. S. 61) wird aufgehoben. E G - E I Art. 25; E II Art. 17; E III Art. 42. S. 596.
Prot. I, S. 12642 f.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 44 Die Vorschriften des § 44 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 (ReichsGesetzbl. S. 45) finden entsprechende Anwendung auf Personen, die zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes der Kaiserlichen Marine gehören, solange das Schiff sich außerhalb eines inländischen Hafens befindet oder die Personen als Kriegsgefangene oder Geißeln in der Gewalt des Feindes sind, ingleichen auf andere an Bord eines solchen Schiffes genommene Personen, solange das Schiff sich außerhalb eines inländischen Hafens befindet und die Personen an Bord sind. Die Frist, mit deren Ablaufe die letztwillige Verfügung ihre Gültigkeit verliert, beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem das Schiff in einen inländischen Hafen zurückkehrt oder der Verfügende aufhört, zu dem Schiffe zu gehören, oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Gewalt des Feindes entlassen wird. Den Schiffen stehen die sonstigen Fahrzeuge der Kaiserlichen Marine gleich. E G - E I Art. 26; E II Art. 18; E III Art. 43. - Prot. I, S. 12645 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 596. Artikel 45 Der § 45 Abs. 2 Satz 2 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 45) wird aufgehoben. E G - E I Art. 27; E II Art. 19, E III Art. 44. — Prot. I, S. 12646, 12648; Prot. II, Bd. 6 , S . 596. 29
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 46 Das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23) wird dahin geändert: I. Die § § 2 8 bis 4 0 , 4 2 , 43, 51 bis 53 werden aufgehoben. II. An die Stelle der §§ 4 1 , 4 4 , 50, 55 treten folgende Vorschriften: § 41. Für die Eheschließung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs maßgebend. § 44. Für die Anordnung des vor der Eheschließung zu erlassenden Aufgebots ist jeder Standesbeamte zuständig, vor dem nach § 1320 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Ehe geschlossen werden darf. § 50. Der Standesbeamte soll ohne Aufgebot die Eheschließung nur vornehmen, wenn ihm ärztlich bescheinigt wird, daß die lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten den Aufschub der Eheschließung nicht gestattet. § 55. Ist eine Ehe für nichtig erklärt, ist in einem Rechtsstreite, der die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, das Nichtbestehen der Ehe festgestellt, ist eine Ehe vor dem Tode eines der Ehegatten aufgelöst oder ist nach § 1575 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so ist dies am Rande der über die Eheschließung bewirkten Eintragung zu vermerken. Wird die eheliche Gemeinschaft nach der Aufhebung wiederhergestellt, so ist dies auf Antrag am Rande zu vermerken. III. Der § 67 erhält folgenden Absatz 2 : Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Geistliche oder der Religionsdiener im Falle einer lebensgefährlichen, einen Aufschub nicht gestattenden Erkrankung eines der Verlobten zu den religiösen Feierlichkeiten der Eheschließung schreitet. IV. Im § 69 werden die W o r t e : „in diesem Gesetze" ersetzt durch die W o r t e : „in diesem Gesetze und in dem Bürgerlichen Gesetzbuche". V. Im § 75 Abs. 1 werden die W o r t e : „nach den Vorschriften dieses Gesetzes" ersetzt durch die W o r t e : „nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs". E G - E I Art. 2 8 ; E l l Art. 2 0 ; E III Art. 45. - Prot. I, S. 12651 ff., 13009, 13011; Prot. II, Bd. 4, S. 4 8 6 ; Bd. 5, S. 13 7 ; Bd. 6, S. 596. Artikel 47 Der Artikel 3 des Gesetzes, betreffend den Wucher, vom 24. Mai 1880 (ReichsGesetzbl. S. 109) in der Fassung des Artikel II des Gesetzes, betreffend Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher, vom 19. Juni 1893 (Reichs-Gesetzbl. S. 197) wird aufgehoben. R T K o m . Art. 45 a. Artikel 48 Der § 16 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung, vom 20. April 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 85) wird aufgehoben. E G - E I Art. 2 9 ; E II Art. 2 2 ; E III Art. 46. S. 598 f. 6 7
30
Prot. I, S. 12661 f., Prot. II, Bd. 6,
Prot. II, Bd. 4, S. 48 bei Jakobs/Schubert, FamR I, S. 109 unter IV. Der Autor des Antrags in Prot. II, Bd. 5, S. 133 unter IV. ist v. Mandry (Nr. 195, 2 der FR-Anträge).
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 49 Der § 18 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 17. Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 237) wird aufgehoben. EG-E I Art. 30; E II Art. 23; E III Art. 47. S. 598 f.
Prot. I, S. 12661 f.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 50 Der § 9 des Gesetzes, betreffend das Reichsschuldbuch, vom 31. Mai 1891 (Reichs-Gesetzbl. S. 321) wird dahin geändert: Eine Ehefrau wird zu Anträgen ohne Zustimmung des Ehemannes zugelassen. Die Ehefrau bedarf der Zustimmung des Ehemannes, wenn ein Vermerk zu dessen Gunsten eingetragen ist. Ein solcher Vermerk ist einzutragen, wenn die Ehefrau oder mit ihrer Zustimmung der Ehemann die Eintragung beantragt. Die Ehefrau ist dem Ehemanne gegenüber zur Ertheilung der Zustimmung verpflichtet, wenn sie nach dem unter ihnen bestehenden Güterstande über die Buchforderung nur mit Zustimmung des Ehemannes verfügen kann. EG-E II Art. 24; E III Art. 48. - Prot. II, Bd. 6, S. 603 ff. Artikel 51 Der § 8 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Personen des Soldatenstandes des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine vom Feldwebel abwärts, vom 13. Juni 1895 (Reichs-Gesetzbl. S. 261) wird aufgehoben. EG-E II Art. 25; E III Art. 49. - Prot. II, Bd. 6, S. 598 f. Artikel 52 Ist auf Grund eines Reichsgesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder wegen Beschränkung des Eigenthums eine Entschädigung zu gewähren und steht einem Dritten ein Recht an der Sache zu, für welches nicht eine besondere Entschädigung gewährt wird, so hat der Dritte, soweit sein Recht beeinträchtigt wird, an dem Entschädigungsanspruche dieselben Rechte, die ihm im Falle des Erlöschens seines Rechtes durch Zwangsversteigerung an dem Erlöse zustehen. E G - E I Art. 31 Abs. 1, 2; E l l Art. 26; E III Art. 50. — Prot. I, S. 12619 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 464, 586. Artikel 53 Ist in einem Falle des Artikel 52 die Entschädigung dem Eigenthümer eines Grundstücks zu gewähren, so finden auf den Entschädigungsanspruch die Vorschriften des § 1128 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Erhebt ein Berechtigter innerhalb der im § 1128 bestimmten Frist Widerspruch gegen die Zahlung der Entschädigung an den Eigenthümer, so kann der Eigenthümer und jeder Berechtigte die Eröffnung eines Vertheilungsverfahrens nach den für die Vertheilung des Erlöses im Falle der Zwangsversteigerung geltenden Vorschriften beantragen. Die Zahlung hat in diesem Falle an das für das Vertheilungsverfahren zuständige Gericht zu erfolgen. 31
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Ist das Recht des Dritten eine Reallast, eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld, so erlischt die Haftung des Entschädigungsanspruchs, wenn der beschädigte Gegenstand wiederhergestellt oder für die entzogene bewegliche Sache Ersatz beschafft ist. Ist die Entschädigung wegen Benutzung des Grundstücks oder wegen Entziehung oder Beschädigung von Früchten oder von Zubehörstücken zu gewähren, so finden die Vorschriften des § 1123 Abs. 2 Satz 1 und des § 1124 Abs. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. E G - E I Art. 31 Abs. 1, 2; Ε II Art. 27; E III Art. 51. - Prot. I, S. 12619; Prot. II, Bd. 6, S. 464, 586. Artikel 54 Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 des Gesetzes, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen, vom 21. Dezember 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 459) wird durch die Vorschriften der Artikel 52, 53 nicht berührt. Findet nach diesen Vorschriften ein Vertheilungsverfahren statt, so ist die Entschädigung auf Ersuchen des für das Verfahren zuständigen Gerichts an dieses zu leisten, soweit sie zur Zeit der Stellung des Ersuchens noch aussteht. Die Vorschrift des § 37 desselben Gesetzes wird dahin geändert: Ist das Grundstück mit einem Rechte belastet, welches durch die Beschränkung des Eigenthums beeinträchtigt wird, so kann der Berechtigte bis zum Ablauf eines Monats, nachdem ihm der Eigenthümer die Beschränkung des Eigenthums mitgetheilt hat, die Eröffnung des Vertheilungsverfahrens beantragen. E G - E I Art. 31 Abs. 3; E II Art. 28; E III Art. 52. Bd. 6, S. 469; 605.
Prot. I, S. 12619; Prot. II,
DRITTER ABSCHNITT Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Landesgesetzen Artikel 55 Die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze treten außer Kraft, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder in diesem Gesetz ein Anderes bestimmt ist. E G - E I Art. 32; E II Art. 29; E III An. 53. - Prot. I, S. 12679 ff.; Prot. II, Bd. 6, 365. Artikel 56 Unberührt bleiben die Bestimmungen der Staatsverträge, die ein Bundesstaat mit einem ausländischen Staate vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossen hat. E G - E II Art. 30; E III Art. 54. - Prot. I, S. 13,12990; Prot. II, Bd. 6, S. 365 ff. 32
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 57 In Ansehung der Landesherren und der Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie der Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur insoweit Anwendung, als nicht besondere Vorschriften der Hausverfassungen oder der Landesgesetze abweichende Bestimmungen enthalten. Das Gleiche gilt in Ansehnung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses. E G - E I Art. 33; E II Art. 31; III Art. 55. S. 367, 369,743.
Prot. I, S. 12686 f.; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 58 In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter derjenigen Häuser, welche vormals reichsständisch gewesen und seit 1806 mittelbar geworden sind oder welche diesen Häusern bezüglich der Familienverhältnisse und der Güter durch Beschluß der vormaligen deutschen Bundesversammlung oder vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Landesgesetz gleichgestellt worden sind, bleiben die Vorschriften der Landesgesetze und nach Maßgabe der Landesgesetze die Vorschriften der Hausverfassungen unberührt. Das Gleiche gilt zu Gunsten des vormaligen Reichsadels und derjenigen Familien des landsässigen Adels, welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem vormaligen Reichsadel durch Landesgesetz gleichgestellt worden sind. E G - E I Art. 34; E II Art. 32; E III Art. 56. - Prot. I, S. 12687 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 367 ff. Artikel 59 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Familienfideikommisse und Lehen, mit Einschluß der allodifizirten Lehen, sowie über Stammgüter. E G - E I Art. 35; E II Art. 33; E III Art. 57. - Prot. I, S. 12697 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 369 ff.; 606, 743. Artikel 60 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld an einem Grundstücke, dessen Belastung nach den in den Artikeln 57 bis 59 bezeichneten Vorschriften nur beschränkt zulässig ist, dahin gestatten, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke lediglich im Wege der Zwangsverwaltung suchen kann. E G - E I Art. 36; E II Art. 34; E III Art. 58. S. 369,606.
Prot. I, S. 12711; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 61 Ist die Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes nach den in den Artikeln 57 bis 59 bezeichneten Vorschriften unzulässig oder nur beschränkt zulässig, so finden auf einen Erwerb, dem diese Vorschriften entgegenstehen, die Vorschriften des 33
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Bürgerlichen Gesetzbuchs zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung. E G - E I Art. 37; Ε II Art. 35; E III Art. 59. - Prot. I, S. 12707; Prot. II, Bd. 6, , S. 371,607. Artikel 62 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Rentengüter. E G - E II Art. 36; E III Art. 60. - Prot. II, Bd. 3, S. 766 f.; Bd. 6, S. 434, 472 ff. Artikel 63 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Erbpachtrecht, mit Einschluß des Büdnerrechts und des Häuslerrechts, in denjenigen Bundesstaaten, in welchen solche Rechte bestehen. Die Vorschriften des § 1017 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden auf diese Rechte entsprechende Anwendung. E G - E II Art. 37; E III Art. 61. - Prot. II, Bd. 6, S. 472 ff., 485,607, 650. Artikel 64 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Anerbenrecht in Ansehung landwirthschaftlicher und forstwirthschaftlicher Grundstücke nebst deren Zubehör. Die Landesgesetze können das Recht des Erblassers, über das dem Anerbenrecht unterliegende Grundstück von Todeswegen zu verfügen, nicht beschränken. E G - E I Art. 83 ff.; E II Art. 108; E III Art. 62. Bd. 6, S. 510 ff.; 622 ff., 744.
Prot. I, S. 12868 ff.; Prot. II,
Artikel 65 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Wasserrecht angehören, mit Einschluß des Mühlenrechts, des Flötzrechts und des Flößereirechts sowie der Vorschriften zur Beförderung der Bewässerung und Entwässerung der Grundstücke und der Vorschriften über Anlandungen, entstehende Inseln und verlassene Flußbetten. E G - E I Art. 39; E II Art. 38; E III Art. 63. - Prot. I, S. 12731 f.; Prot. II, Bd. 3, S. 3 f., 12 f., 133; Bd. 6, S. 372. Artikel 66 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Deich- und Sielrecht angehören. E G - E I Art. 40; E II Art. 39; E III Art. 64. - Prot. I, S. 12731 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 372. Artikel 67 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Bergrecht angehören. 34
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Ist nach landesgesetzlicher Vorschrift wegen Beschädigung eines Grundstücks durch Bergbau eine Entschädigung zu gewähren, so finden die Vorschriften der Artikel 52, 53 Anwendung, soweit nicht die Landesgesetze ein Anderes bestimmen. EG-E I Art. 38; E II Art. 40; E III Art. 65. S. 371,469.
Prot. I, S. 12738; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 68 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit dem vererblichen und veräußerlichen Rechte zur Gewinnung eines den bergrechtlichen Vorschriften nicht unterliegenden Minerals gestatten und den Inhalt dieses Rechtes näher bestimmen. Die Vorschriften der §§ 874, 875, 876, 1015, 1017 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. EG-E I Art. 71; E II Art. 41; E III Art. 66. S. 434.
Prot. I, S. 12742; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 69 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Jagd und Fischerei, unbeschadet der Vorschrift des § 958 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Ersatz des Wildschadens. EG-E I Art. 43; E II Art. 42; E III Art. 67; - Prot. I, S. 12746 ff.; Prot. II, Bd. 3, S. 250 ff. 8 ; Bd. 6, S. 375 ff. Artikel 70 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Grundsätze, nach welchen der Wildschaden festzustellen ist, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Anspruch auf Ersatz des Wildschadens innerhalb einer bestimmten Frist bei der zuständigen Behörde geltend gemacht werden muß. EG-E II Art. 43; E III Art. 68. - Prot. II, Bd. 2, S. 839, 841 f. 9 ; Bd. 6, S. 377 f. Artikel 71 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens auch dann eintritt, wenn der Schaden durch jagdbare Thiere anderer als der im § 835 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Gattungen angerichtet wird; 2. für den Wildschaden, der durch ein aus einem Gehege ausgetretenes jagdbares Thier angerichtet wird, der Eigenthümer oder der Besitzer des Geheges verantwortlich ist; 3. der Eigenthümer eines Grundstücks, wenn das Jagdrecht auf einem anderen Grundstücke nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht auf seinem Grundstück ausgeübt werden darf, für den auf dem anderen Grundstück angerichteten Wildschaden auch dann haftet, wenn er die ihm angebotene Pachtung der Jagd abgelehnt hat; 4. der Wildschaden, der an Gärten, Obstgärten, Weinbergen, Baumschulen und einzelstehenden Bäumen angerichtet wird, dann nicht zu ersetzen ist, wenn die Her8 Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 691 (zu § 901 EI). 9
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 970 ff. Der Antragsteller zu Ziff. 6 a in Prot. II, Bd. 2, S. 841 ist nicht identifizierbar.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Stellung von Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen; 5. die Verpflichtung zum Schadensersatz im Falle des § 835 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abweichend bestimmt wird; 6. die Gemeinde an Stelle der Eigenthiimer der zu einem Jagdbezirke vereinigten Grundstücke zum Ersätze des Wildschadens verpflichtet und zum Rückgriff auf die Eigenthümer berechtigt ist oder an Stelle der Eigenthümer oder des Verbandes der Eigenthümer oder der Gemeinde oder neben ihnen der Jagdpächter zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist; 7. der zum Ersätze des Wildschadens Verpflichtete Erstattung des geleisteten Ersatzes von demjenigen verlangen kann, welcher in einem anderen Bezirke zur Ausübung der Jagd berechtigt ist.
EG-E II Art. 44; E III Art. 69. - Prot. II, Bd. 2, 827 ff., 833 ff., 837 ff. 10 ; Bd. 6, S. 377 f. Artikel 72 Besteht in Ansehung eines Grundstücks ein zeitlich nicht begrenztes Nutzungsrecht, so finden die Vorschriften des § 835 des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Eigenthümers der Nutzungsberechtigte tritt.
EG-E II Art. 45, E III Art. 70. - Prot. II, Bd. 2, S. 829-832 1 1 ; Bd. 6, S. 377 f. Artikel 73 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Regalien.
EG-E I Art. 45; E II Art. 46; E III Art. 71. — Prot. I, S. 12842 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 378. Artikel 74 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Zwangsrechte, Bannrechte und Realgewerbeberechtigungen.
EG-E I Art. 44; E IIArt. 47, E III Art. 72. - Prot. I, S. 12748 ff., 12831; Prot. II, Bd. 6, S. 378. Artikel 75 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Versicherungsrecht angehören, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuche besondere Bestimmungen getroffen sind.
EG-E II Art. 48; E II Art. 73. — Prot. II, Bd. 3, S. 571 ; Bd. 6, S. 440 f., 471, 610 f. Artikel 76 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Verlagsrecht angehören.
EG-E IIArt. 49; E III Art. 74. - Prot. II, Bd. 6, S. 441. 10 11
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Vgl. Fn. 9. Vgl. Fn. 9.
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 77 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung des Staates, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände) für den von ihren Beamten in Ausübung der diesen anvertrauten öffentlichen Gewalt zugefügten Schaden sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Recht des Beschädigten, von dem Beamten den Ersatz eines solchen Schadens zu verlangen, insoweit ausschließen, als der Staat oder der Kommunalverband haftet. EG-E I Art. 56; Ε II Art. 50; E III Art. 75. - Prot. I, S. 12755 ff.; Prot. II, Bd. 1, S. 611 ff.; Bd. 2, S. 670 f. 12 ; Bd. 6, S. 410.
Artikel 78 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Beamten für die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehülfen in weiterem Umfange als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche haften. EG-E II Art. 51 ; E III Art. 76. - Prot. II, Bd. 2, S. 670 f. 13 ; Bd. 6, S. 409 f.
Artikel 79 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die zur amtlichen Feststellung des Werthes von Grundstücken bestellten Sachverständigen für den aus einer Verletzung ihrer Berufspflicht entstandenen Schaden in weiterem Umfange als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche haften. EG-E II Art. 52; E III Art. 77. - Prot. II, Bd. 2, S. 670 f. 14 ; Bd. 6, S. 409f.
Artikel 80 Unberührt bleiben, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine besondere Bestimmung getroffen ist, die landesgesetzlichen Vorschriften über die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten der Beamten, der Geistlichen und der Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten aus dem Amts- oder Dienstverhältnisse, mit Einschluß der Ansprüche der Hinterbliebenen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Pfründenrecht. E G - E I Art. 54, E II Art. 53; E III Art. 78. — Prot. I, S. 12751 ff., 12831; Prot. II, Bd. 6,S. 408 f., 435 f., 611. Artikel 81 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Uebertragbarkeit der Ansprüche der im Artikel 80 Abs. 1 bezeichneten Personen auf Besoldung, Wartegeld, Ruhegehalt, Wittwen- und Waisengeld beschränken, sowie die landesge-
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Die Anträge in Prot. II, Bd. 2, unter V. 1 stammen von Struckmann (Antrag Nr. 244,34 zum Schuldrecht) und unter V. 2. von v. Mandry (Antrag Nr. 288,2 zum Schuldrecht). 15 Vgl.Fn. 12. 14 Vgl.Fn. 12.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch setzlichen Vorschriften, welche die Aufrechnung gegen solche Ansprüche abweichend von der Vorschrift des § 394 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulassen.
EG-E II Art. 54; E III Art. 79. - Prot. II, Bd. 1, S. 374 f. 15 ,384 f. 16 ; Bd. 6, S. 409. Artikel 82 Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Verfassung solcher Vereine, deren Rechtsfähigkeit auf staatlicher Verleihung beruht.
EG-E II Art. 56; E III Art. 81. - Prot. II, Bd. 1, S. 504 f. 17 ; Bd. 6, S. 399 f. Artikel 83 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Waldgenossenschaften.
EG-E II Art. 57; E III Art. 82. - Prot. II, Bd. 1, S. 612 ff. 18 ; Bd. 6, S. 491, 494 ff. Artikel 84 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen eine Religionsgesellschaft oder eine geistliche Gesellschaft Rechtsfähigkeit nur im Wege der Gesetzgebung erlangen kann.
EG-E II Art. 58; E III Art. 83. - Prot. II, Bd. 1, S. 61919; Bd. 6, S. 381 f. Artikel 85 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 45 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Vermögen des aufgelösten Vereins an Stelle des Fiskus einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes anfällt.
EG-E II Art. 59; E III Art. 84. - Prot. II, Bd. 1, S. 544; Bd. 6, S. 407 f. Artikel 86 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen, soweit diese Vorschriften Gegenstände im Werthe von mehr als fünftausend Mark betreffen. Wird die nach dem Landesgesetze zu einem Erwerbe von Todeswegen erforderliche Genehmigung ertheilt, so gilt sie als vor dem Erbfall ertheilt; wird sie verweigert, so gilt die juristische Person in Ansehung des Anfalls als 15
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Der Antrag Nr. 2 in Prot. II, Bd. 1, S. 384 stammt von Jacubezky (Nr. 26,5 zum Schuldrecht). Der Antrag Nr. 1 in Prot. II, Bd. 1, S. 384 f. (unter V.) stammt von Struckmann (Antrag Nr. 1,78 zum Schuldrecht), Nr. 2 stammt von Jacubezky (Nr. 26,6 zum Schuldrecht). Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 270. Die Prot. II, Bd. 1, S. 612 wiedergegebenen Anträge stammen unter A und Β von Danckelmann (Nr. 156 I, II der Anträge zum Schuldrecht). Die folgenden Anträge stammen unter Ziff. 1 von Börner (Nr. 158 zum Schuldrecht), Ziff. 2 von Börner (einschl. Unteranträge), Ziff. 3 von Jacubezky, Nr. 4 von Dittmar und Ziff. 5 wohl von Börner. Der Antrag in Prot. II, Bd. 1, S. 619 stammt unter 1. von Börner (Antrag Nr. 1 zum Allg. Teil) ; der Autor des Antrags Nr. 2 ist nicht feststellbar.
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nicht vorhanden; die Vorschrift des § 2043 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. E G - E I Art. 49 Abs. 2, 3; Ε II Art. 61; E III Art. 86. Prot. II, Bd. 6, S. 400 ff., 612 ff.
Prot. I, S. 12770 ff.;
Artikel 87 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Wirksamkeit von Schenkungen an Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen nur mit staatlicher Genehmigung von Todeswegen erwerben können. Die Vorschriften des Artikel 86 Satz 2 finden entsprechende Anwendung. Mitglieder solcher religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen, bei denen Gelübde auf Lebenszeit oder auf unbestimmte Zeit nicht abgelegt werden, unterliegen nicht den in den Abs. 1, 2 bezeichneten Vorschriften. E G - E I Art. 48; E II Art. 62; E III Art. 87. — Prot. I, S. 12762 ff., Prot. II, Bd. 6, S. 381. Artikel 88 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Grundstücken durch Ausländer von staatlicher Genehmigung abhängig machen. E G - E III Art. 88. Artikel 89 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zum Schutze der Grundstücke und der Erzeugnisse von Grundstücken gestattete Pfändung von Sachen, mit Einschluß der Vorschriften über die Entrichtung von Pfandgeld oder Ersatzgeld. E G - E I Art. 62; E l l Art. 63; E III Art. 89. Prot. II, Bd. 6, S. 431 ff., 616.
Prot. I, S. 12786 ff., 12806 ff.;
Artikel 90 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Rechtsverhältnisse, welche sich aus einer auf Grund des öffentlichen Rechtes wegen der Führung eines Amtes oder wegen eines Gewerbebetriebs erfolgten Sicherheitsleistung ergeben. E G - E I Art. 53; E II Art. 64; E III Art. 90. - Prot. I, S. 12757 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 408,616. Artikel 91 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Fiskus, eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes oder eine unter der Verwaltung einer öffentlichen Behörde stehende Stiftung berechtigt ist, zur Sicherung gewisser Forderungen die Eintragung einer Hypothek an Grundstücken des Schuldners zu verlangen, und nach welchen die Eintragung der Hypothek auf Ersu39
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chen einer bestimmten Behörde zu erfolgen hat. Die Hypothek kann nur als Sicherungshypothek eingetragen werden; sie entsteht mit der Eintragung. EG-E I Art. 74; Ε II Art. 65; E III Art. 91. Bd. 6, S. 437.
Prot. I, S. 12774, 13009; Prot. II,
Artikel 92 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Zahlungen aus öffentlichen Kassen an der Kasse in Empfang zu nehmen sind. EG-E II Art. 66; E III Art. 92. - Prot. II, Bd. 1, S. 307 ff. 20 ; Bd. 6, S. 408.
Artikel 93 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Fristen, bis zu deren Ablaufe gemiethete Räume bei Beendigung des Miethverhältnisses zu räumen sind. EG-E I Art. 58; E II Art. 67; E III Art. 92. - Prot. I, S. 12790 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 417. Artikel 94 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher und der Pfandleihanstalten betreffen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen öffentlichen Pfandleihanstalten das Recht zusteht, die ihnen verpfändeten Sachen dem Berechtigten nur gegen Bezahlung des auf die Sache gewährten Darlehens herauszugeben. E G - E I Art. 47; E l l Art. 68; E III Art. 94. — Prot. I, S. 12790 f., 12851 f.; Prot. II, Bd. 3, S. 369 f.; Bd. 6, S. 380 f.
Artikel 95 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Gesinderecht angehören. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher Gesinde zum widerrechtlichen Verlassen des Dienstes verleitet oder in Kenntniß eines noch bestehenden Gesindeverhältnisses in Dienst nimmt oder ein unrichtiges Dienstzeugniß ertheilt. Die Vorschriften der §§ 104 bis 115, 131, 278, 617 bis 619, 624, 831, des § 840 Abs. 2 und des § 1358 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung, die Vorschriften des § 617 jedoch nur insoweit, als die Landesgesetze dem Gesinde nicht weitergehende Ansprüche gewähren. Ein Züchtigungsrecht steht dem Dienstberechtigten dem Gesinde gegenüber nicht zu. EG-E I Art. 46; E II Art. 69; E III Art. 95. - Prot. I, S. 12791 ff.; Prot. II, Bd. 2, S. 290, 294 f. 21 ; Bd. 6, S. 379 f. 20
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Der Antrag unter XI. Ziff. 4 in Prot. II, Bd. 1, S. 307 f. stammt von v. Mandry (Nr. 18,2 zum Schuldrecht). Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 784 (Quellen zu § 618 BGB).
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Artikel 96 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über einen mit der Ueberlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altentheils- oder Auszugsvertrag, soweit sie das sich aus dem Vertrag ergebende Schuldverhältniß für den Fall regeln, daß nicht besondere Vereinbarungen getroffen werden. EG-E I Art. 59; E II Art. 70; E III Art. 96. 12798 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 419.
Prot. I, S. 2676 ff., 2686, 11838,
Artikel 97 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Eintragung von Gläubigern des Bundesstaats in ein Staatsschuldbuch und die aus der Eintragung sich ergebenden Rechtsverhältnisse, insbesondere die Uebertragung und Belastung einer Buchforderung, regeln. Soweit nach diesen Vorschriften eine Ehefrau berechtigt ist, selbständig Anträge zu stellen, ist dieses Recht ausgeschlossen, wenn ein Vermerk zu Gunsten des Ehemanns im Schuldbuch eingetragen ist. Ein solcher Vermerk ist einzutragen, wenn die Ehefrau oder mit ihrer Zustimmung der Ehemann die Eintragung beantragt. Die Ehefrau ist dem Ehemanne gegenüber zur Ertheilung der Zustimmung verpflichtet, wenn sie nach dem unter ihnen bestehenden Güterstand über die Buchforderung nur mit Zustimmung des Ehemanns verfügen kann. E G - E I Art. 57; E l l Art. 71; E III Art. 97. - Prot. I, S. 12787 ff., 12802 ff.; Prot. II, Bd. 3,S. 518 f.22, Bd. 4, S. 144,168; Bd. 6, S. 275 ff., 411 ff., 612. Artikel 98 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Rückzahlung oder Umwandlung verzinslicher Staatsschulden, für die Inhaberpapiere ausgegeben oder die im Staatsschuldbuch eingetragen sind. RTKom. Art. 97 a. Artikel 99 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die öffentlichen Sparkassen, unbeschadet der Vorschriften des § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Anlegung von Mündelgeld. EG-E II Art. 72; E III Art. 98. - Prot. II, Bd. 6, S. 618 ff. Artikel 100 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber, die der Bundesstaat oder eine ihm angehörende Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes ausstellt: 1. die Gültigkeit der Unterzeichnung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängt, auch wenn eine solche Bestimmung in die Urkunde nicht aufgenommen ist; 22
Der Antrag unter IV. in Prot. II, Bd. 3, S. 518 stammt von v. Cuny (Nr. 158 zum Sachenrecht).
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2. der im § 804 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Anspruch ausgeschlossen ist, auch wenn die Ausschließung in dem Zins- oder Rentenscheine nicht bestimmt ist. E I-BGB § 701 Abs. 4; EG-E I Art. 60; E II Art. 73; E III Art. 99. - Prot. I, S. 11841, 11843; 12801 f.; Prot. II, Bd. 2, S. 555 f.23 , 5 5 8; Bd. 6, S. 419 f., 417. Artikel 101 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Bundesstaat oder ihm angehörende Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes abweichend von der Vorschrift des § 806 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichten, die von ihnen ausgestellten, auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen auf den Namen eines bestimmten Berechtigten umzuschreiben, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die sich aus der Umschreibung einer solchen Schuldverschreibung ergebenden Rechtsverhältnisse, mit Einschluß der Kraftloserklärung, regeln. EG-E I Art. 57; E II Art. 74; E III Art. 100. Prot. II, Bd. 6, S. 414 ff.
Prot. I, S. 12787 ff., 12802 ff.;
Artikel 102 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Kraftloserklärung und die Zahlungssperre in Ansehnung der im § 807 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Urkunden. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für die Kraftloserklärung der im § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Urkunden ein anderes Verfahren als das Aufgebotsverfahren bestimmen. EG-E I Art. 61 ; E II Art. 75; E III Art. 101. - Prot. I, S. 13294 f.; Prot. II, Bd. 2, S. 562 ff. 24 ; Bd. 6, S. 198 f., 420. Artikel 103 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Staat sowie Verbände und Anstalten, die auf Grund des öffentlichen Rechtes zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet sind, Ersatz der für den Unterhalt gemachten Aufwendungen von der Person, welcher sie den Unterhalt gewährt haben, sowie von denjenigen verlangen können, welche nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterhaltspflichtig waren. EG-E II Art. 76; E III Art. 102. - Prot. II, Bd. 6, S. 482 f., 616 f. Artikel 104 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über den Anspruch auf Rückerstattung mit Unrecht erhobener öffentlicher Abgaben oder Kosten eines Verfahrens. EG-E I Art. 65; E II Art. 77; E III Art. 103. Bd. 6, S. 422 ff. 23
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Prot. I, S. 12992 ff.; Prot. II;
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 650 f. — Prot. I, S. 11841, 11843 bei Jakobs/Schubert, aaO., S. 626 f. Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 727 f.
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Artikel 105 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Unternehmer eines Eisenbahnbetriebs oder eines anderen mit gemeiner Gefahr verbundenen Betriebs für den aus dem Betrieb entstehenden Schaden in weiterem Umfang als nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs verantwortlich ist.
EG-E II Art. 78; E III Art. 104. - Prot. II, Bd. 2, S. 604 f. 25 ; Bd. 6, S. 421. Artikel 106 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn ein dem öffentlichen Gebrauche dienendes Grundstück zu einer Anlage oder zu einem Betriebe benutzt werden darf, der Unternehmer der Anlage oder des Betriebs für den Schaden verantwortlich ist, der bei dem öffentlichen Gebrauche des Grundstücks durch die Anlage oder den Betrieb verursacht wird.
EG-E II Art. 79; E III Art. 105. - Prot. II, Bd. 2, S. 604 f. 26 ; Bd. 6, S. 421 f. Artikel 107 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Verpflichtung zum Ersätze des Schadens, der durch das Zuwiderhandeln gegen ein zum Schutze von Grundstücken erlassenes Strafgesetz verursacht wird.
EG-E I Art. 63; E II Art. 80; E III Art. 106. — Prot. I, S. 12806 ff.; Prot. II, Bd. 6,
S. 422.
Artikel 108 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Verpflichtung zum Ersätze des Schadens, der bei einer Zusammenrottung, einem Auflauf oder einem Aufruhr entsteht.
E G - E I Art. 64; E II Art. 81; E III Art. 107. — Prot. I,S. 12805 ff.; Prot. II, Bd. 6,
S. 422.
Artikel 109 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die im öffentlichen Interesse erfolgende Entziehung, Beschädigung oder Benutzung einer Sache, Beschränkung des Eigenthums und Entziehung oder Beschränkung von Rechten. Auf die nach landesgesetzlicher Vorschrift wegen eines solchen Eingriffs zu gewährende Entschädigung finden die Vorschriften der Artikel 52, 53 Anwendung, soweit nicht die Landesgesetze ein Anderes bestimmen.
EG-E I Art. 42; E II Art. 82; E III Art. 108. — Prot. I, S. 12723; Prot. II, Bd. 6, S. 470,610.
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Der Antrag in Prot. II, Bd. 2, S. 604 f. stammt unter Ziff. 1 von Struckmann (Nr. 244,11 zum Schuldrecht), unter Ziff. 2 von v. Mandry (Nr. 276,2 zum Schuldrecht). Vgl.Fn. 25.
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Artikel 110 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß zerstörte Gebäude in anderer Lage wiederhergestellt werden, die Rechte an den betheiligten Grundstücken regeln. EG-E I Art. 77; Ε II Art. 83; E III An. 109. S. 440.
Prot. I, S. 12730; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 111 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche im öffentlichen Interesse das Eigenthum in Ansehung thatsächlicher Verfügungen beschränken. EG-E I Art. 66; E II Art. 84; E III Art. 110. - Prot. I, S. 12810 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 428. Artikel 112 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Behandlung der einem Eisenbahn- oder Kleinbahnunternehmen gewidmeten Grundstücke und sonstiger Vermögensgegenstände als Einheit (Bahneinheit), über die Veräußerung und Belastung einer solchen Bahneinheit oder ihrer Bestandtheile, insbesondere die Belastung im Falle der Ausstellung von Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber, und die sich dabei ergebenden Rechtsverhältnisse sowie über die Liquidation zum Zwecke der Befriedigung der Gläubiger, denen ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus den Bestandteilen der Bahneinheit zusteht. EG-E II Art. 85; E III An. 111. - Prot. II, Bd. 6, S. 552,611. Artikel 113 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zusammenlegung von Grundstücken, über die Gemeinheitstheilung, die Regulirung der Wege, die Ordnung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse sowie über die Ablösung, Umwandlung oder Einschränkung von Dienstbarkeiten und Reallasten. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften, welche die durch ein Verfahren dieser Art begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten zum Gegenstande haben oder welche sich auf den Erwerb des Eigenthums, auf die Begründung, Aenderung und Aufhebung von anderen Rechten an Grundstücken und auf die Berichtigung des Grundbuchs beziehen. E G - E I Art. 41 Abs. 1; E l l Art. 86; E III Art. 112. Prot. II, Bd. 6, S. 372, 581,743.
Prot. I, S. 12719, 12831;
Artikel 114 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die dem Staate oder einer öffentlichen Anstalt in Folge der Ordnung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse oder der Ablösung von Dienstbarkeiten, Reallasten oder der Oberlehnsherrlichkeit zustehenden Ablösungsrenten und sonstigen Reallasten zu ihrer Begründung und zur Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen. EG-E II Art. 87; E III Art. 113. - Prot. II, Bd. 6, S. 372. 44
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 115 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit gewissen Grunddienstbarkeiten oder beschränkten Persönlichen Dienstbarkeiten oder mit Reallasten untersagen oder beschränken, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Inhalt und das Maß solcher Rechte näher bestimmen. EG-E I Art. 70 Abs. 1 Nr. 2; E II Art. 88; E III Art. 114. 12824,12831 ; Prot. II, Bd. 6, S. 433,608.
Prot. I, S. 12810,
Artikel 116 Die in den Artikeln 113 bis 115 bezeichneten landesgesetzlichen Vorschriften finden keine Anwendung auf die nach den §§ 912, 916, 917 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu entrichtenden Geldrenten und auf die in den §§ 1021, 1022 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Unterhaltungspflichten. EG-E I Art. 41 Abs. 2, 70 Abs. 2; E II Art. 89; E III Art. 115. - Prot. I, S. 12719, 12810; Prot. II, Bd. 6, S. 372,433,608. Artikel 117 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks über eine bestimmte Werthgrenze hinaus untersagen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit einer unkündbaren Hypothek oder Grundschuld untersagen oder die Ausschließung des Kündigungsrechts des Eigenthümers bei Hypothekenforderungen und Grundschulden zeitlich beschränken und bei Rentenschulden nur für eine kürzere als die im § 1202 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Zeit zulassen. EG-E I Art. 70 Abs. 1 Nr. 3; E II Art. 90; E III Art. 116. — Prot. I, S. 12810 ff.; - Prot. II, Bd. 6, S. 433. Artikel 118 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche einer Geldrente, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, die dem Staate oder einer öffentlichen Anstalt wegen eines zur Verbesserung des belasteten Grundstücks gewährten Darlehens zusteht, den Vorrang vor anderen Belastungen des Grundstücks einräumen. Zu Gunsten eines Dritten finden die Vorschriften der S S 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. EG-E I Art. 75; E II Art. 91; E III Art. 117. S. 439,609.
Prot. I, S. 12824; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 119 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche 1. die Veräußerung eines Grundstücks beschränken; 2. die Theilung eines Grundstücks oder die getrennte Veräußerung von Grundstücken, die bisher zusammen bewirthschaftet worden sind, untersagen oder beschränken; 45
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch 3. die nach § 890 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Vereinigung mehrerer Grundstücke oder die nach § 890 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Zuschreibung eines Grundstücks zu einem anderen Grundstück untersagen oder beschränken. E G - E I Art. 70 Abs. 1 Nr. 1; E l l Art. 91; E III Art. 118. Prot. II, Bd. 6, S. 433, 479
Prot. I, S. 12810 ff.;
Artikel 120 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle der Veräußerung eines Theiles eines Grundstücks dieser Theil von den Belastungen des Grundstücks befreit wird, wenn von der zuständigen Behörde festgestellt wird, daß die Rechtsänderung für die Berechtigten unschädlich ist. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen unter der gleichen Voraussetzung ι 1. im Falle der Theilung eines mit einer Reallast belasteten Grundstücks die Reallast auf die einzelnen Theile des Grundstücks vertheilt wird; 2. im Falle der Aufhebung eines dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstücks an einem anderen Grundstücke zustehenden Rechtes die Zustimmung derjenigen nicht erforderlich ist, zu deren Gunsten das Grundstück des Berechtigten belastet ist; 3. in den Fällen des § 1128 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Artikel 52 dieses Gesetzes der dem Eigenthümer zustehende Entschädigungsanspruch von dem einem Dritten an dem Ansprüche zustehenden Rechte befreit wird. E G - E I Art. 76 Abs. 1; E II Art. 93; E III Art. 119. Bd. 6, S. 439.
Prot. I, S. 12832; Prot. II,
Artikel 121 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle der Theilung eines für den Staat oder eine öffentliche Anstalt mit einer Reallast belasteten Grundstücks nur ein Theil des Grundstücks mit der Reallast belastet bleibt und dafür zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers dieses Theiles die übrigen Theile mit gleichartigen Reallasten belastet werden. E G - E I Art. 76 Abs. 2; E II Art. 94; E III Art. 120. Bd. 6, S. 609. Artikel 122
Prot. I, S. 12832; Prot. II,
Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Rechte des Eigenthümers eines Grundstücks in Ansehung der auf der Grenze oder auf dem Nachbargrundstücke stehenden Obstbäume abweichend von den Vorschriften des § 910 und des § 923 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmen. E G - E I Art. 67; E II Art. 95; E III Art. 121 Abs. 2. — Prot. I, S. 12810; Prot. II, Bd. 3 , S . 144 f. 27 ; Bd. 6, S. 428. Artikel 123 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Recht des Nothwegs zum Zwecke der Verbindung eines Grundstücks mit einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn gewähren. EG-E III Art. 122. - Prot. II, Bd. 6, S. 553. 27
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Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 469 ff.
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 124 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Eigenthum an Grundstücken zu Gunsten der Nachbarn noch anderen als den im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Beschränkungen unterwerfen. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften, nach welchen Anlagen sowie Bäume und Sträucher nur in einem bestimmten Abstände von der Grenze gehalten werden dürfen. E I-BGB § 866; EG-E II Art. 96; E III Art. 123. 11948; Prot. II, Bd. 3, S. 16 328; Bd. 6, S. 428.
Prot. I, S. 3868, 6212, 6274,
Artikel 125 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Vorschrift des § 26 der Gewerbeordnung auf Eisenbahn-, Dampfschiffahrts- und ähnliche Verkehrsunternehmungen erstrecken. EG-E II Art. 97; E III Art. 124. - Prot. II, Bd. 3, S. 379 29 ; Bd. 6, S. 428. Artikel 126 Durch Landesgesetz kann das dem Staate an einem Grundstücke zustehende Eigenthum auf einen Kommunalverband und das einem Kommunalverband an einem Grundstücke zustehende Eigenthum auf einen anderen Kommunalverband oder auf den Staat übertragen werden. EG-E I Art. 68; E II Art. 98; E III Art. 125. S. 429.
Prot. I, S. 12845; Prot. II, Bd. 6,
Artikel 127 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke, das im Grundbuche nicht eingetragen ist und nach den Vorschriften der Grundbuchordnung auch nach der Uebertragung nicht eingetragen zu werden braucht. EG-E II Art. 99; E III Art. 126. — Prot. II, Bd. 6, S. 426. Artikel 128 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Begründung und Aufhebung einer Dienstbarkeit an einem Grundstücke, das im Grundbuche nicht eingetragen ist und nach den Vorschriften der Grundbuchordnung nicht eingetragen zu werden braucht. EG-E III Art. 127. Artikel 129 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen das Recht zur Aneignung eines nach § 928 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgegebenen Grundstücks an Stelle des Fiskus einer bestimmten anderen Person zusteht. EG-E II Art. 101;EIIIArt. 128. — Prot. II, Bd. 3,S. 188 30 ;Bd. 6, S. 429. 28 29 30
Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 521 f. Der Antrag Prot. II, Bd. 3, S. 379 unter VI. dürfte von v. Mandry stammen. Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 577.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 130 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Recht zur Aneignung der einem Anderen gehörenden, im Freien betroffenen Tauben. EG-E I Art. 69; E II Art. 102; E III Art. 129. - Prot. I, S. 4089 ff. 31 , 12841 f.; vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 429. Artikel 131 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß jedem der Miteigenthümer eines mit einem Gebäude versehenen Grundstücks die auschließliche Benutzung eines Theiles des Gebäudes eingeräumt ist, das Gemeinschaftsverhältniß näher bestimmen, die Anwendung der §§ 749 bis 751 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausschließen und für den Fall des Konkurses über das Vermögen eines Miteigenthümers dem Konkursverwalter das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, versagen. EG-E I Art. 73; E II Art. 103; E III Art. 130. - Prot. I, S. 12849; Prot. II, Bd. 3, S. 279; Bd. 6, S. 437. Artikel 132 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Kirchenbaulast und die Schulbaulast. EG-E III Art. 131. - Prot. II, Bd. 6, S. 435. Artikel 133 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Recht zur Benutzung eines Platzes in einem dem öffentlichen Gottesdienste gewidmeten Gebäude oder auf einer öffentlichen Begräbnißstätte. EG-E I Art. 72; E II Art. 104; E III Art. 132. - Prot. I, S. 12767; Prot. II, Bd. 6, S. 435. Artikel 134 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die religiöse Erziehung der Kinder. E I - B G B §§ 1508, 1658; EG-E II Art. 105; E III Art. 133. 7624, 8235; Prot. II, Bd. 4, S. 865 ff. 32 ; Bd. 6, S. 441.
Prot. I, S. 7620,
Artikel 135 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangserziehung Minderjähriger. Die Zwangserziehung ist jedoch, unbeschadet der Vorschriften der §$ 55, 56 des Strafgesetzbuchs, nur zulässig, wenn sie von dem Vormundschaftsgericht angeordnet wird. Die Anordnung kann außer den Fällen der §§ 1666, 1838 des 31 32
Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 701 ff. Vgl. Jakobs/Schubert,
Familienrecht II, S. 530; Prot. I, S. 7620, 7624, 8235 bei
bert, aaO., S. 555 ff-, 892.
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Jakobs/Schu-
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Bürgerlichen Gesetzbuchs nur erfolgen, wenn die Zwangserziehung zur Verhütung des völligen sittlichen Verderbens nothwendig ist. Die Landesgesetze können die Entscheidung darüber, ob der Minderjährige, dessen Zwangserziehung angeordnet ist, in einer Familie oder in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt unterzubringen sei, einer Verwaltungsbehörde Ubertragen, wenn die Unterbringung auf öffentliche Kosten zu erfolgen hat. E G - E II Art. 106; E III Art. 134. S. 441.
Prot. II, Bd. 4, S. 619 ff., 630 ff. 3 3 ; Bd. 6,
Artikel 136 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. der Vorstand einer unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehenden Erziehungs· oder Verpflegungsanstalt oder ein Beamter alle oder einzelne Rechte und Pflichten eines Vormundes für diejenigen Minderjährigen hat, welche in der Anstalt oder unter der Aufsicht des Vorstandes oder des Beamten in einer von ihm ausgewählten Familie oder Anstalt erzogen oder verpflegt werden, und der Vorstand der Anstalt oder der Beamte auch nach der Beendigung der Erziehung oder der Verpflegung bis zur Volljährigkeit des Mündels diese Rechte und Pflichten behält, unbeschadet der Befugnifi des Vormundschaftsgerichts, einen anderen Vormund zu bestellen; 2. die Vorschriften der Nr. 1 bei unehelichen Minderjährigen auch dann gelten, wenn diese unter der Aufsicht des Vorstandes oder des Beamten in der mütterlichen Familie erzogen oder verpflegt werden; 3. der Vorstand einer unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehenden Erziehungs- oder Verpflegungsanstalt oder ein von ihm bezeichneter Angestellter der Anstalt oder ein Beamter vor den nach § 1776 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Vormünder berufenen Personen zum Vormunde der in Nr. 1, 2 bezeichneten Minderjährigen bestellt werden kann; 4. im Falle einer nach den Vorschriften der Nr. 1 bis 3 stattfindenden Bevormundung ein Gegenvormund nicht zu bestellten ist und dem Vormunde die nach § 1852 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässigen Befreiungen zustehen. E G - E I Art. 79; E II Art. 107; E III An. 135. Bd. 4, S. 743 ff. 34 , 8 4 8 3 5 ; Bd. 6, S. 445, 651.
Prot. I, 8138, 8459; Prot. II,
Artikel 137 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Grundsätze, nach denen in den Fällen des § 1515 Abs. 2, 3 und der §§ 2049, 2312 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Ertragswerth eines Landguts festzustellen ist. E G - E II Art. 109; E III Art. 136. -
Prot. II, Bd. 6, S. 334 f., 448 ff.
Artikel 138 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 1936 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Stelle des Fiskus eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes gesetzlicher Erbe ist. E G - E I Art. 82; E II Art. 110; E III Art. 137. 12779 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 447 f. 33 34 35
Prot. I, S. 10119 f., 12776Í.,
Vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht II, S. 523 f. Vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht II, S. 1114 f. Vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht II, S. 1116 f. 49
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 139 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen dem Fiskus oder einer anderen juristischen Person in Ansehung des Nachlasses einer verpflegten oder unterstützten Person ein Erbrecht, ein Pflichttheilsanspruch oder ein Recht auf bestimmte Sachen zusteht. E G - E I Art. 81; E l l Art. I l l ; E III Art. 138. 12779 ff.; - Prot. II, Bd. 6, S. 446 f.
Prot. I, S. 10119 f., 12776 f.,
Artikel 140 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen das Nachlaßgericht auch unter anderen als den im § 1960 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Voraussetzungen die Anfertigung eines Nachlaßverzeichnisses sowie bis zu dessen Vollendung die erforderlichen Sicherungsmaßregeln, insbesondere die Anlegung von Siegeln, von Amtswegen anordnen kann oder soll. EG-E I Art. 88; E II Art. 112; E III Art. 139. Bd. 6, S. 452 f. Artikel 141
Prot. I, S. 12857 ff.; Prot. II,
Die Landesgesetze können bestimmen, daß für die Beurkundung von Rechtsgeschäften, die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs gerichtlicher oder notarieller Beurkundung bedürfen, entweder nur die Gerichte oder nur die Notare zuständig sind. E G - E I Art. 91 Abs. 3; E l l Art. 114; E III Art. 141. Prot. II, Bd. 6, S. 456 f.
Prot. I, S. 12980 ff.;
Artikel 142 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung der in dem Gebiete des Bundesstaats liegenden Grundstücke bestimmen, daß für die Beurkundung des im § 313 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Vertrags sowie für die nach § 873 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Bindung der Betheiligten erforderliche Beurkundung der Erklärungen außer den Gerichten und Notaren auch andere Behörden und Beamte zuständig sind. EG-E II Art. 115; E III Art. 142. - Prot. II, Bd. 6, S. 416, 424,650. Artikel 143 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung der in dem Gebiete des Bundesstaats liegenden Grundstücke bestimmen, daß die Einigung der Parteien in den Fällen der §§ 925, 1015 des Bürgerlichen Gesetzbuchs außer vor dem Grundbuchamt auch vor Gericht, vor einem Notar, vor einer anderen Behörde oder vor einem anderen Beamten erklärt werden kann. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen es bei der Auflassung eines Grundstücks der gleichzeitigen Anwesenheit beider Theile nicht bedarf, wenn das Grundstück durch ein Gericht oder einen Notar versteigert worden ist und die Auflassung noch in dem Versteigerungstermine stattfindet. EG-E II Art. 100, 116; E III Art. 143. - Prot. II, Bd. 3, S. 173 ff. 36 ; Bd. 6, S. 425, 650. 36
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Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 546 ff.
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 144 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Hinterlegungsstellen. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die Anlegung von Mündelgeld nach § 1808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei den Hinterlegungsstellen des Bundesstaats nicht stattfindet. EG-E II Art. 117; E III Art. 144. S. 461 ff., 618.
Prot. II, Bd. 1, S. 343, 359, 36 1 3 7 ; Bd. 6,
Artikel 145 Die Landesgesetze können über die Hinterlegung nähere Bestimmungen treffen, insbesondere den Nachweis der Empfangsberechtigung regeln und vorschreiben, daß die hinterlegten Gelder und Werthpapiere gegen die Verpflichtung zur Rückerstattung in das Eigenthum des Fiskus oder der als Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt übergehen, daß der Verkauf der hinterlegten Sachen von Amtswegen angeordnet werden kann sowie daß der Anspruch auf Rückerstattung mit dem Ablauf einer gewissen Zeit oder unter sonstigen Voraussetzungen zu Gunsten des Fiskus oder der Hinterlegungsanstalt erlischt. In den Fällen des § 382, des § 1171 Abs. 3 und des § 1269 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs muß dem Hinterleger die Rücknahme des hinterlegten Betrags mindestens während eines Jahres von dem Zeitpunkt an gestattet werden, mit welchem das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt. Von einer gerichtlichen Anordnung kann die Hinterlegung nicht abhängig gemacht werden. E G - E II Art. 118; E III Art. 145. S. 165 39 , 461 ff., 618.
Prot. II, Bd. 1, S. 343, 359 ff. 3 8 ; Bd. 6,
Artikel 146 Ist durch Landesgesetz bestimmt, daß die Hinterlegungsstellen auch andere Sachen als Geld, Werthpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten anzunehmen haben, so finden auf Schuldverhältnisse, die auf Leistung derartiger Sachen gerichtet sind, die Vorschriften der §§ 372 bis 382 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. E G - E II Art. 119; E III Art. 146. S. 461 ff., 618 ff.
Prot. II, Bd. 1, S. 343 f., 356 ff. 4 0 ; Bd. 6,
Artikel 147 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen für die dem Vormundschaftsgericht oder dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen andere als gerichtliche Behörden zuständig sind. Sind durch Landesgesetz die Verrichtungen des Nachlaßgerichts einer anderen Behörde als einem Gericht übertragen, so ist für die Abnahme des im § 2006 des 37 38 39
40
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht I, S. 655 f., 690 f. Vgl.Fn. 37. Der Antrag in Prot. II, Bd. 2, S. 165 unter VIII. stammt von Jacubezky (Nr. 28,6 der Anträage zum Schuldrecht). Vgl.Fn. 37.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgeschriebenen Offenbarungseids das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Nachlaßbehörde ihren Sitz hat. E G - E I Art. 91 Abs. 1, 4, 5; E II Art. 120; E III Art. 147. Prot. II, Bd. 5, S. 757 f. 41 ; Bd. 6, S. 454 f., 457 ff., 463 f.
Prot. I, S. 12973;
Artikel 148 Die Landesgesetze können die Zuständigkeit des Nachlaßgerichts zur Aufnahme des Inventars ausschließen. E G - E II Art. 121 ; E III Art. 148. - Prot. II, Bd. 6, S. 454, 461. Artikel 149 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei der Errichtung einer Verfügung von Todeswegen der Richter an Stelle des Gerichtsschreibers oder der zwei Zeugen eine besonders dazu bestellte Urkundsperson zuziehen kann. Auf die Urkundsperson finden die Vorschriften der §§ 2234 bis 2236 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. E G - E II Art. 122, E III Art. 149. - Prot. II, Bd. 5, S. 330 ff. 4 2 ; Bd. 6, S. 450 ff. Artikel 150 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 2249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Stelle des Vorstehers oder neben dem Vorsteher eine andere amtlich bestellte Person zuständig ist. E G - E II Art. 123 ; E III Art. 150. - Prot. II, Bd. 5, S. 343 f. 43 ; Bd. 6, S. 451. Artikel 151 Durch die Vorschriften der §§ 2234 bis 2245, 2276 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Artikel 149 dieses Gesetzes werden die allgemeinen Vorschriften der Landesgesetze über die Errichtung gerichtlicher oder notarieller Urkunden nicht berührt. Ein Verstoß gegen eine solche Vorschrift ist, unbeschadet der Vorschriften über die Folgen des Mangels der sachlichen Zuständigkeit, ohne Einfluß auf die Gültigkeit der Verfügung von Todeswegen. E I-BGB § 1924; E G - E II Art. 124; E III Art. 151. - Prot. I, S. 9763 ff., 9827 ff., 12250; Prot. II, Bd. 5, S. 342 4 4 ; Bd. 6, S. 458. Artikel 152 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für die nicht nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung zu erledigenden Rechtsstreitigkeiten die Vorgänge bestimmen, mit denen die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz41 42
43 44
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Der Autor des Antrags unter IV. Ziff. 2 in Prot. II, Bd. 5, S. 757 ist nicht feststellbar. Der Antrag unter II.l. in Prot. II, Bd. 5, S. 330 f. stammt von Börner (Nr. 48,5 der Anträge zum Erbrecht). Der Antragsteller zu Ziff. 4 in Prot. II, Bd. 5, S. 343 ist nicht feststellbar. Der Antrag unter I. in Prot. II, Bd. 5, S. 343 stammt von Börner (Antrag Nr. 48,14 zum Erbrecht).
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
buchs an die Klagerhebung und an die Rechtshängigkeit geknüpften Wirkungen eintreten. Soweit solche Vorschriften fehlen, finden die Vorschriften der (Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung.
EG-E I Art. 52; E II Art. 125; E III Art. 152. Bd. 6, S. 408.
Prot. I, S. 12982 ff.; Prot. II,
VIERTER ABSCHNITT Uebergangsvorschriften Artikel 153 Wer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, aber für volljährig erklärt ist oder sonst die rechtliche Stellung eines Volljährigen erlangt hat, steht von dieser Zeit an einem Volljährigen gleich.
EG-E I Art. 95; E II Art. 126; E III Art. 153. - Prot. I, S. 13034 ff.; Prot. II, Bd. 6,S. 486. Artikel 154 Wer nach den französischen oder den badischen Gesetzen emanzipirt oder aus der Gewalt entlassen ist, steht von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an, wenn er zu dieser Zeit das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, einem Volljährigen, anderenfalls einem Minderjährigen gleich.
EG-E I Art. 96; E II Art. 127; E III Art. 154. — Prot. I, S. 13036 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 486. Artikel 155 Wer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Geisteskrankheit entmündigt ist, steht von dieser Zeit an einem nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Geisteskrankheit Entmündigten gleich.
EG-E I Art. 97 Abs. 1; E II Art. 128; E III Art. 155. Prot. II, Bd. 6, S. 486 ff., 620 ff.
Prot. I, S. 13040 ff.;
Artikel 156 Wer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Verschwendung entmündigt ist, steht von dieser Zeit an einem nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Verschwendung Entmündigten gleich. Dasselbe gilt von demjenigen, für welchen nach den französischen oder den badischen Gesetzen wegen Verschwendung die Bestellung eines Beistandes angeordnet ist.
EG-E I Art. 98; E II An. 129; E III Art. 156. — Prot. I, S. 13043; Prot. II, Bd. 6, S. 488 f. Artikel 157 Die Vorschriften der französischen und der badischen Gesetze über den erwählten Wohnsitz bleiben für Rechtsverhältnisse, die sich nach diesen Gesetzen bestimmen, in 53
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Kraft, sofern der Wohnsitz vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erwählt worden ist. E G - E I Art. 100; E II Art. 130; E III Art. 157. - Prot. I, S. 13169 ff.; - Prot. II, Bd. 6, S. 490. Artikel 158 Die Wirkungen einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Todeserklärung bestimmen sich nach den bisherigen Gesetzen, soweit sich nicht aus den Artikeln 159,160 ein Anderes ergiebt. E G - E I Art. 92 S a t z l ; E l l Art. 131; E III Art. 158. — Prot. I, S. 13018 ff., 13292; Prot. II, Bd. 6 , S . 471 f. Artikel 159 Der Ehegatte einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs für todt erklärten Person kann nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine neue Ehe eingehen, auch wenn die Wiederverheirathung nach den bisherigen Gesetzen nicht zulässig sein würde. Die Vorschriften der §§ 1348 bis 1352 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. E G - E I Art. 92 Satz 2; E l l Art. 132; E III Art. 159. 13292; Prot. II, Bd. 6, S. 471 f.
Prot. I, S. 13018 ff.,
Artikel 160 Soweit nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Folge einer Todeserklärung die elterliche Gewalt des Verschollenen, die Vormundschaft, die Pflegschaft sowie das Amts als Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand oder Mitglied eines Familienraths endigt, gelten diese Vorschriften von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an auch für eine vorher erfolgte Todeserklärung. E G - E I Art. 92 Satz 2; E l l Art. 133; E III Art. 160. — Prot. I, S. 13018 ff., 13292; Prot. II, Bd. 6, S. 471 f. Artikel 161 Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhängiges Verfahren, das eine Todeserklärung, eine Verschollenheitserklärung oder die Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen zum Gegenstande hat, ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Ist vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Verschollenheitserklärung oder die vorläufige Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen erfolgt, so sind die bisherigen Gesetze auch für die Todeserklärung sowie für die endgültige Einweisung maßgebend. Nach den bisherigen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen der nach Abs. 1, 2 ergehenden Entscheidungen. Im Falle der Todeserklärung finden die Vorschriften der Artikel 159, 160 Anwendung. E G - E I Art. 93, 94; E II Art. 134; E III An. 161. Prot. II, Bd. 6, S. 472. 54
Prot. I, S. 13026 ff., 13292;
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Artikel 162 Soweit eine nach den bisherigen Gesetzen erfolgte oder nach Artikel 161 Abs. 2 zulässige endgültige Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens des Verschollenen ohne Einfluß auf Rechtsverhältnisse ist, auf die sich die Wirkungen der Todeserklärung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erstrecken, ist nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Todeserklärung nach dessen Vorschriften zulässig; die Wirkungen beschränken sich auf diese Rechtsverhältnisse. EG-E II Art. 135; E III Art. 162. - Prot. II, Bd. 6, S. 483 ff. Artikel 163 Auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden juristischen Personen finden von dieser Zeit an die Vorschriften der §§ 25 bis 53, 85 bis 89 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, soweit sich nicht aus den Artikeln 164 bis 166 ein Anderes ergiebt. EG-E II Art. 136; E III Art. 163. - Prot. II, Bd. 6, S. 490 ff. Artikel 164 In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Realgemeinden und ähnlichen Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirthschaftlichen Grundstücken, an Mühlen, Brauhäusern und ähnlichen Anlagen berechtigt sind. Es macht keinen Unterschied, ob die Realgemeinde oder sonstigen Verbände juristische Personen sind oder nicht und ob die Berechtigung der Mitglieder an Grundbesitz geknüpft ist oder nicht. EG-E II Art. 137; E III Art. 164. - Prot. II, Bd. 1, 612 ff., Bd. 6, S. 490 ff., 493 f.
Artikel 165 In Kraft bleiben die Vorschriften der bayerischen Gesetze, betreffend die privatrechtliche Stellung der Vereine sowie der Erwerbs- und Wirthschaftsgesellschaften, vom 29. April 1869 in Ansehung derjenigen Vereine und registrirten Gesellschaften, welche auf Grund dieser Gesetze zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehen. EG-E II Art. 138; E III Art. 165. - Prot. II, Bd. 6,S. 491,496 f. Artikel 166 In Kraft bleiben die Vorschriften des sächsischen Gesetzes vom 15. Juni 1868, betreffend die juristischen Personen, in Ansehung derjenigen Personenvereine, welche zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Genossenschaftsregister erlangt haben. EG-E II Art. 139; E III Art. 166. - Prot. II, Bd. 6, S. 491,497. 55
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Artikel 167 In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden landschaftlichen oder ritterschaftlichen Kreditanstalten betreffen. E III Art. 167. Artikel 168 Eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Verfügungsbeschränkung bleibt wirksam, unbeschadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten. EG-E I Art. 101; E II Art. 140; E III Art. 168. Bd. 6, S. 497 f.
Prot. I, S. 13230 f.; Prot. II,
Artikel 169 Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung finden auf die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstandenen, noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Der Beginn sowie die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung bestimmen sich jedoch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach den bisherigen Gesetzen. Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche kürzer als nach den bisherigen Gesetzen, so wird die kürzere Frist von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an berechnet. Läuft jedoch die in den bisherigen Gesetzen bestimmte längere Frist früher als die im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmte kürzere Frist ab, so ist die Verjährung mit dem Ablaufe der längeren Frist vollendet. EG-E I Art. 102; E II Art. 141; E III Art. 169. Bd. 6 , S . 498.
Prot. I, S. 13051 ff.; Prot. II,
Artikel 170 Für ein Schuldverhältniß, das vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstanden ist, bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend. E G - E I Art. 103; E II Art. 142; E III Art. 170. Prot. II, Bd. 6, S. 498 f.
Prot. I, S. 13057 ff.; 13293 f.,
Artikel 171 Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehendes Mieth-, Pacht- oder Dienstverhältniß bestimmt sich, wenn nicht die Kündigung nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs für den ersten Termin erfolgt, für den sie nach den bisherigen Gesetzen zulässig ist, von diesem Termin an nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. EG-E II Art. 143; E III Art. 1 7 1 . - P r o t . II, Bd. 6, S. 499 ff. Artikel 172 Wird eine Sache, die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs vermiethet oder verpachtet war, nach dieser Zeit veräußert oder mit einem Rechte 56
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
belastet, so hat der Miether oder Pächter dem Erwerber der Sache oder des Rechtes gegenüber die im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Rechte. Weitergehende Rechte des Mieters oder Pächters, die sich aus den bisherigen Gesetzen ergeben, bleiben unberührt, unbeschadet der Vorschrift des Artikel 171. EG-E I Art. 104; E II Art. 144; E III Art. 172. 13229 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 501 ff.
Prot. I, S. 13061 ff., 13226,
Artikel 173 Auf eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Gemeinschaft nach Bruchtheilen finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. EG-E II Art. 145; E III Art. 173. - Prot. II, Bd. 6,S. 504 f. Artikel 174 Von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten für die vorher ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber die Vorschriften der §§ 798 bis 800, 802, 804 und des § 806 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Bei den auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen sowie bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen bleiben jedoch für die Kraftloserklärung und die Zahlungssperre die bisherigen Gesetze maßgebend. Die Verjährung der Ansprüche aus den vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber bestimmt sich, unbeschadet der Vorschriften des § 802 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach den bisherigen Gesetzen. EG-E I Art. 105 Abs. 1, 3; E II Art. 146; E III Art. 174. — Prot. I, S. 13066 ff., 13295 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 505 ff. Artikel 175 Für Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine, die nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs für ein vor dieser Zeit ausgestelltes Inhaberpapier ausgegeben werden, sind die Gesetze maßgebend, welche für die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgegebenen Scheine gleicher Art gelten. EG-E I Art. 105 Abs. 3; E II Art. 147; E III Art. 175. Prot. II, Bd. 6, S. 507, 509, 626 ff.
Prot. I, S. 13067 ff.;
Artikel 176 Die Außerkurssetzung von Schuldverschreibungen auf den Inhaber findet nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr statt. Eine vorher erfolgte Außerkurssetzung verliert mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung. E G - E I Art. 175 Abs. 2; E l l Art. 148; E III Art. 176. — Prot. I, S. 13067ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 506, 508 f. Artikel 177 Von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten für vorher ausgegebene Urkunden der im § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art, 57
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
sofern der Schuldner nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet ist, die Vorschriften des § 808 Abs. 2 Satz 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Artikel 102 Abs. 2 dieses Gesetzes. EG-E II Art. 149 ; E III Art. 177. - Prot. II, Bd. 6, S. 515 f. Artikel 178 Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhängiges Verfahren, das die Kraftloserklärung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder einer Urkunde der im § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art oder die Zahlungssperre für ein solches Papier zum Gegenstande hat, ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Nach diesen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen des Verfahrens und der Entscheidung. EG-E I Art. 105, Abs. 4; E II Art. 150; E III Art. 178. Prot. II, Bd. 6, S. 509, 627 f.
Prot. I, S. 13067 ff.;
Artikel 179 Hat ein Anspruch aus einem Schuldverhältnisse nach den bisherigen Gesetzen durch Eintragung in ein öffentliches Buch Wirksamkeit gegen Dritte erlangt, so behält er diese Wirksamkeit auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs. E G - E I Art. 104 Abs. 2; E l l Art. 151; E III Art. 179. S. 13229 f., Prot. II, Bd. 6, S. 501, 504.
Prot. I, S. 13226 f.,
Artikel 180 Auf ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehendes Besitzverhältnis finden von dieser Zeit an, unbeschadet des Artikel 191, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. E G - E I Art. 106 Abs. 1; E l l Art. 152; E III Art. 180. - Prot. I, S. 13183, 13191, 13225; Prot. II, Bd. 6, S. 516, 628. Artikel 181 Auf das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Eigenthum finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Steht zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Eigenthum an einer Sache Mehreren nicht nach Bruchtheilen zu oder ist zu dieser Zeit ein Sondereigenthum an stehenden Erzeugnissen eines Grundstücks, insbesondere an Bäumen, begründet, so bleiben diese Rechte bestehen. E G - E I Art. 106 Abs. 1; E l l Art. 153; E III Art. 181. - Prot. I, S. 13183, 13191, 13225; Prot. II, Bd. 6, S. 516, 628. Artikel 182 Das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Stockwerkseigenthum bleibt bestehen. Das Rechtsverhältnis der Betheiligten unter einander bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. EG-E II Art. 154; E III Art. 1 8 2 . - P r o t . II, Bd. 6 , S . 629. 58
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 183 Zu Gunsten eines Grundstücks, das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Wald bestanden ist, bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Rechte des Eigenthümers eines Nachbargrundstücks in Ansehung der auf der Grenze oder auf dem Waldgrundstücke stehenden Bäume und Sträucher abweichend von den Vorschriften des § 910 und des $ 923 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmen, bis zur nächsten Verjüngung des Waldes in Kraft. EG-E I Art. 67; E II Art. 95; E III Art. 121 Abs. 1. - Prot. I, S. 12810; Prot. II, Bd. 3, S. 14445; Bd. 6, S. 428. Artikel 184 Rechte, mit denen eine Sache oder ein Recht zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs belastet ist, bleiben mit dem sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden Inhalt und Range bestehen, soweit sich nicht aus den Artikeln 192 bis 195 ein Anderes ergiebt. Von dem Inkraftreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten jedoch für ein Erbbaurecht die Vorschriften des § 1017, für eine Grunddienstbarkeit die Vorschriften der §§ 1020 bis 1028 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. EG-E I Art. 106 Abs. 2; E II Art. 155; E III Art. 183. 13225; Prot. II, Bd. 6, S. 516, 555, 629.
Prot. I, 13181, 13191,
Artikel 185 Ist zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Ersitzung des Eigenthums oder Nießbrauchs an einer beweglichen Sache noch nicht vollendet, so finden auf die Ersitzung die Vorschriften des Artikel 169 entsprechende Anwendung. EG-E I Art. 107; E II Art. 156; E III Art. 184. 13231; Prot. II, Bd. 6, S. 520.
Prot. I, S. 13183 f., 13196 ff.,
Artikel 186 Das Verfahren, in welchem die Anlegung der Grundbücher erfolgt, sowie der Zeitpunkt, in welchem das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen ist, werden für jeden Bundesstaat durch landesherrliche Verordnung bestimmt. Ist das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen, so ist die Anlegung auch für solche zu dem Bezirke gehörende Grundstücke, die noch kein Blatt im Grundbuche haben, als erfolgt anzusehen, soweit nicht bestimmte Grundstücke durch besondere Anordnung ausgenommen sind. E G - E I Art. 108; E l l Art. 157; E III Art. 185. Prot. II, Bd. 6, S. 520.
Prot. I, S. 13180, 13245;
Artikel 187 Eine Grunddienstbarkeit, die zu der Zeit besteht, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bedarf zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung. Die Eintragung hat jedoch zu erfolgen, wenn sie von dem Berechtigten oder von dem Eigenthümer des belasteten 45
Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 469 ff.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Grundstücks verlangt wird; die Kosten sind von demjenigen zu tragen und vorzuschießen, welcher die Eintragung verlangt. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß die bestehenden Grunddienstbarkeiten oder einzelne Arten zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs bei der Anlegung des Grundbuchs oder später in das Grundbuch eingetragen werden müssen. Die Bestimmung kann auf einzelne Grundbuchbezirke beschränkt werden. E G - E I Art. 109; Ε II Art. 158; E III Art. 186. - Prot. I, S. 13186, 13277, 13299; Prot. II, Bd. 3, S. 289 ff. 46 , 300 ff.; Bd. 6, S. 240, 521. Artikel 188 Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß gesetzliche Pfandrechte, die zu der Zeit bestehen, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs während einer zehn Jahre nicht übersteigenden, von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an zu berechnenden Frist nicht der Eintragung bedürfen. Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß Miethrechte und Pachtrecht, welche zu der im Abs. 1 bezeichneten Zeit als Rechte an einem Grundstücke bestehen, zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen. E G - E I Art. 109; E II Art. 159; E III Art. 187. — Prot. I, S. 13186,13277,13299; Prot. II, Bd. 6, S. 521. Artikel 189 Der Erwerb und Verlust des Eigenthums sowie die Begründung, Uebertragung, Belastung und Aufhebung eines anderen Rechtes an einem Grundstück oder eines Rechtes an einem solchen Rechte erfolgen auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach den bisherigen Gesetzen, bis das Grundbuch als angelegt anzusehen ist. Das Gleiche gilt von der Aenderung des Inhalts und des Ranges der Rechte. Ein nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unzulässiges Recht kann nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr begründet werden. Ist zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, der Besitzer als der Berechtigte im Grundbuch eingetragen, so finden auf eine zu dieser Zeit noch nicht vollendete, nach § 900 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Ersitzung die Vorschriften des Artikel 169 entsprechende Anwendung. Die Aufhebung eines Rechtes, mit dem ein Grundstück oder ein Recht an einem Grundstücke zu der Zeit belastet ist, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, erfolgt auch nach dieser Zeit nach den bisherigen Gesetzen, bis das Recht in das Grundbuch eingetragen wird. E G - E I Art. 110; E l l Art. 160; E III Art. 188. 13231,13273,13299; Prot. II, Bd. 6, S. 522,633. 46
60
Prot. I, S. 13171 ff., 13206,
Die Anträge Prot. II, Bd. 3, S. 288 f. stammen unter Ziff. 4 von Küntzel (Nr. 88), unter Ziff. 5 von Rüger (Nr. 89) und unter Ziff. 7 von Jacubezky (Nr. 92,1, jeweils zum Sachenrecht). — Der Antrag in Prot. II, Bd. 3, S. 240 unter 3. stammt von Dittmar (Nr. 41,3 der Revisionsanträge).
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 190 Das nach § 928 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Fiskus zustehende Aneignungsrecht erstreckt sich auf alle Grundstücke, die zu der Zeit herrenlos sind, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist. Die Vorschrift des Artikel 129 findet entsprechende Anwendung. EG-E II Art. 161;EIIIArt. 1 8 9 . - P r o t . II, Bd. 3, S. 18 847 , Bd. 6, S. 232, 523. Artikel 191 Die bisherigen Gesetze über den Schutz im Besitz einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit finden auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, bis das Grundbuch für das belastete Grundstück als angelegt anzusehen ist. Von der Zeit an, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, finden zum Schutze der Ausübung einer Grunddienstbarkeit, mit welcher das Halten einer dauernden Anlage verbunden ist, die für den Besitzschutz geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung, solange Dienstbarkeiten dieser Art nach Artikel 128 oder Artikel 187 zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen. Das Gleiche gilt für Grunddienstbarkeiten anderer Art mit der Maßgabe, daß der Besitzschutz nur gewährt wird, wenn die Dienstbarkeit in jedem der drei letzten Jahre vor der Störung mindestens einmal ausgeübt worden ist. EG-EI Art. 111; Ε II Art. 162; E III Art. 190. - Prot. I, S. 13286; Prot. II, Bd. 3, S. 318 ff. 48 ; Bd. 6, S. 241 f. 49 , 523, 632. Artikel 192 Ein zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, an einem Grundstücke bestehendes Pfandrecht gilt von dieser Zeit an als eine Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist. Ist der Betrag der Forderung, für die das Pfandrecht besteht, nicht bestimmt, so gilt das Pfandrecht als Sicherungshypothek. Ist das Pfandrecht dahin beschränkt, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke nur im Wege der Zwangsverwaltung suchen kann, so bleibt diese Beschränkung bestehen. EG-EI Art. 112 Abs. 1, 2; E l l Art. 163; E III Art. 191. 13199,13259; Prot. II, Bd. 6, S. 524,631.
Prot. I, S. 13184,
Artikel 193 Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein Pfandrecht, welches nach Artikel 192 nicht als Sicherungshypothek gilt, als Sicherungshypothek oder als eine Hypothek gelten soll, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht ausge47 48
49
Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 577. Der Antrag unter V. Ziff. 4 in Prot. II, Bd. 3, S. 318 f. stammt von Jacubezky (Nr. 100,2 zum Sachenrecht). Der Antrag unter IV. Ziff. 2 in Prot. II, Bd. 6, S. 241 stammt von Küntzel (Nr. 63,2 der Revisionsanträge).
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
schlössen ist, und daß eine über das Pfandrecht ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief gelten soll. E G - E I Art. 112 Abs. 3; Ε II Art. 164; E III Art. 192. - Prot. I, S. 13184, 13259; Prot. II, Bd. 6, S. 524,632. Artikel 194 Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein Gläubiger, dessen Pfandrecht zu der im Artikel 192 bezeichneten Zeit besteht, die Löschung eines im Range vorgehenden oder gleichstehenden Pfandrechts, falls dieses sich mit den Eigenthum in einer Person vereinigt, in gleicher Weise zu verlangen berechtigt ist, wie wenn zur Sicherung des Rechtes auf Löschung eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen wäre. E G - E II Art. 165; E III Art. 193. - Prot. II, Bd. 6 , S . 524,632. Artikel 195 Eine zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bestehende Grundschuld gilt von dieser Zeit an als Grundschuld im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und eine über die Grundschuld ertheilte Urkunde als Grundschuldbrief. Die Vorschrift des Artikel 192 Abs 2 findet entsprechende Anwendung. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß eine zu der im Abs. 1 bezeichneten Zeit bestehende Grundschuld als eine Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist, oder als Sicherungshypothek gelten soll und daß eine über die Grundschuld ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief gelten soll. E G - E I Art. 113; E l l Art. 166; E III Art. 194. Prot. II, Bd. 6, S. 524.
Prot. I, S. 13260, 13272;
Artikel 196 Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß auf ein an einem Grundstücke bestehendes vererbliches und übertragbares Nutzungsrecht die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften und auf den Erwerb eines solchen Rechtes die für den Erwerb des Eigenthums an einem Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung finden. E G - E I Art. 115; E II Art. 167; E III Art. 195. - Prot. I, S. 13183, 13195, 13253; Prot. II, Bd. 6, S. 525. Artikel 197 In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen in Ansehung solcher Grundstücke, bezüglich deren zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesestzbuchs ein nicht unter den Artikel 63 fallendes bäuerliches Nutzungsrecht besteht, nach der Beendigung des Nutzungsrechts ein Recht gleicher Art neu begründet werden kann und der Gutsherr zu der Begründung verpflichtet ist. EG-E III Art. 196. Artikel 198 Die Gültigkeit einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossenen Ehe bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. 62
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Eine nach den bisherigen Gesetzen nichtige oder ungültige Ehe ist als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch als Ehegatten mit einander leben und der Grund, auf dem die Richtigkeit oder die Ungültigkeit beruht, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Nichtigkeit oder die Anfechtbarkeit der Ehe nicht zur Folge haben oder diese Wirkung verloren haben würde. Die für die Anfechtung im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmte Frist beginnt nicht vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die nach den bisherigen Gesetzen erfolgte Ungültigkeitserklärung einer Ehe steht der Nichtigkeitserklärung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche gleich. E G - E I Art. 117; Ε II Art. 168; E III Art. 197. - Prot. I, S. 13081; Prot. II, Bd. 6, S. 526, 634, 653. Artikel 199 Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander, insbesondere die gegenseitige Unterhaltspflicht, bestimmen sich auch für die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Ehen nach dessen Vorschriften. EG-E I Art. 118; E II Art. 169; E III Art. 198. — Prot. I, S. 13084 ff., Prot. II, Bd. 6, S. 532,635. Artikel 200 Für den Güterstand einer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Ehe bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die erbrechtlichen Wirkungen des Güterstandes und von den Vorschriften der französischen und der badischen Gesetze über das Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Ehegatten. Eine nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Regelung des Güterstandes kann durch Ehevertrag auch dann getroffen werden, wenn nach den bisherigen Gesetzen ein Ehevertrag unzulässig sein würde. Soweit die Ehefrau nach den für den bisherigen Güterstand maßgebenden Gesetzen in Folge des Güterstandes oder der Ehe in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bleibt diese Beschränkung in Kraft, solange der bisherige Güterstand besteht. EG-E I Art. 119; E II Art. 170; E III Art. 199. Bd. 6, S. 535.
Prot. I, S. 13086 ff.; Prot. II,
Artikel 201 Die Scheidung und die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erfolgen von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften. Hat sich ein Ehegatte vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Verfehlung der in den §§ 1565 bis 1568 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art schuldig gemacht, so kann auf Scheidung oder auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nur erkannt werden, wenn die Verfehlung auch nach den bisherigen Gesetzen ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund war. E G - E I Art. 120; E II Art. 171; E III Art. 200. - Prot. I, S. 13099; Prot. II, Bd. 6, S. 545. 63
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Artikel 202 Für die Wirkungen einer beständigen oder zeitweiligen Trennung von Tisch und Bett, auf welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erkannt worden ist, bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften, nach denen eine bis zu dem Tode eines der Ehegatten fortbestehende Trennung in allen oder einzelnen Beziehungen der Auflösung der Ehe gleichsteht. EG-E II Art. 172; E III Art. 201. - Prot. II, Bd. 6, S. 532,635.
Artikel 203 Das Rechtsverhältnis zwischen den Eltern und einem vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geborenen ehelichen Kinde bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung des Vermögens, welches das Kind vorher erworben hat. E G - E I Art. 121; E l l Art. 173; E III Art. 202. Prot. II, Bd. 6, S. 547, 636.
Prot. I, S. 13113, 13120;
Artikel 204 Ist der Vater oder die Mutter zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Sorge für die Person oder für das Vermögen des Kindes durch eine Anordnung der zuständigen Behörde beschränkt, so bleibt die Beschränkung in Kraft. Das Vormundschaftsgericht kann die Anordnung nach § 1671 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufheben. Ist dem Vater oder der Mutter die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes durch Anordnung der zuständigen Behörde entzogen, so hat das Vormundschaftsgericht die Anordnung auf Antrag aufzuheben, es sei denn, daß die Entziehung der Nutznießung nach § 1666 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gerechtfertigt ist. E G - E I Art. 122; E II Art. 174; E III Art. 203. - Prot. I, S. 13114, 13117, 13122; Prot. II, Bd. 6, S. 547. Artikel 205 Hat der Vater vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Grund der bisherigen Gesetze die Mutter von der Vormundschaft über das Kind ausgeschlossen oder der Mutter einen Beistand zugeordnet, so gilt die Anordnung des Vaters von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an als Anordnung der Bestellung eines Beistandes für die Mutter im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs. EG-E I Art. 123; E II Art. 175; E III Art. 204. Bd. 6, S. 548.
Prot. I, S. 13115 ff.; Prot. II,
Artikel 206 Ist auf Grund der bisherigen Gesetze eine Ehe geschieden oder in Folge der Todeserklärung eines der Ehegatten aufgelöst oder ist auf Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett erkannt worden, so bestimmen sich das Recht und die Pflicht der Eltern, für die Person der gemeinschaftlichen Kinder zu sorgen, nach den bisherigen 64
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Gesetzen; die Vorschriften des $ 1635 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und des § 1636 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden jedoch Anwendung. EG-E I Art. 124; E II Art. 176; E III Art. 205. Bd. 6, S. 548.
Prot. I, S. 13116 ff.; Prot. II,
Artikel 207 Inwieweit die Kinder aus einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossenen nichtigen oder ungültigen Ehe als eheliche Kinder anzusehen sind und inwieweit der Vater und die Mutter die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. E G - E I Art. 125; E l l Art. 177; E III Art. 206. Prot. II, Bd. 6, S. 548.
Prot. I, S. 13127, 13135;
Artikel 208 Die rechtliche Stellung eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geborenen unehelichen Kindes bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften; für die Erforschung der Vaterschaft, für das Recht des Kindes, den Familiennamen des Vaters zu führen, sowie für die Unterhaltspflicht des Vaters bleiben jedoch die bisherigen Gesetze maßgebend. Inwieweit einem vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs außerehelich erzeugten Kinde aus einem besonderen Grunde, insbesondere wegen Erzeugung im Brautstande, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes zukommt und inwieweit der Vater und die Mutter eines solchen Kindes die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Die Vorschriften des Abs. 1 gelten auch für ein nach den französischen oder den badischen Gesetzen anerkanntes Kind. EG-E I Art. 126; E II Art. 178; E III Art. 207. Prot. II, Bd. 6, S. 548.
Prot. I, S. 13128 ff., 13297;
Artikel 209 Inwieweit ein vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs legitimirtes oder an Kindesstatt angenommenes Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes hat und inwieweit der Vater und die Mutter die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. E G - E I Art. 127; E II Art. 179; E III Art. 208. - Prot. I, S. 13127, 13136, 13141; Prot. II, Bd. 6, S. 556. Artikel 210 Auf eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Vormundschaft oder Pflegschaft finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Ist die Vormundschaft wegen eines körperlichen Gebrechens angeordnet, so gilt sie als eine nach $ 1910 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnete Pflegschaft. Ist die Vormundschaft wegen Geistesschwäche angeordnet, ohne daß eine Entmündigung erfolgt ist, so gilt sie als eine nach § 1910 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Vermögensangelegenheiten des Geistesschwachen angeordnete Pflegschaft. 65
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Die bisherigen Vormünder und Pfleger bleiben im Amte. Das Gleiche gilt im Geltungsbereiche der preußischen Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 für den Familienrath und dessen Mitglieder. Ein Gegenvormund ist zu entlassen, wenn nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Gegenvormund nicht zu bestellen sein würde. EG-E I Art. 99, 128; E II Art. 180; E III Art. 209. - Prot. I, S. 13141; Prot. II, Bd. 6, S. 489, 557,620,636. Artikel 211 Die nach den französischen oder den badischen Gesetzen für einen Geistesschwachen angeordneten Bestellung eines Beistandes verliert mit dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung. E G - E I Art. 97 Abs. 2; E l l Art. 181; E III Art. 210. - Prot. I, S. 13040; Prot. II, Bd. 6, S. 486, 620, 749. Artikel 212 In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen gewisse Werthpapiere zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind. EG-E III Art. 211. Artikel 213 Für die erbrechtlichen Verhältnisse bleiben, wenn der Erblasser vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorben ist, die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über das erbschaftliche Liquidationsverfahren. E G - E I Art. 129 Abs. 1; E l l Art. 182; E III Art. 212. Bd. 6, S. 557 ff.
Prot. I, S. 13152ff.;
Artikel 214 Die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgte Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen wird nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt, auch wenn der Erblasser nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs stirbt. Das Gleiche gilt für die Bindung des Erblassers bei einem Erbvertrag oder einem gemeinschaftlichen Testamente, sofern der Erbvertrag oder das Testament vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs errichtet worden ist. EG-E I Art. 129 Abs. 2; E II Art. 183; E III Art. 213. Bd. 6, S. 557, 636.
Prot. I, S. 13152 ff.;
Artikel 215 Wer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen erlangt und eine solche Verfügung errichtet hat, behält die Fähigkeit, auch wenn er das nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erforderliche Alter noch nicht erreicht hat. Die Vorschriften des § 2230 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden auf ein Testament Anwendung, das ein nach dem Inkrafttre66
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
ten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorbener Erblasser vor diesem Zeitpunkt errichtet hat. E G - E II Art. 184; E III Art. 214. - Prot. I, S. 13152 ff.; Prot. II, Bd. 6, S. 557 ff. Artikel 216 Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Mitglieder gewisser ritterschaftlicher Familien bei der Ordnung der Erbfolge in ihren Nachlaß durch das Pflichttheilsrecht nicht beschränkt sind, bleiben in Ansehung derjenigen Familien in Kraft, welchen dieses Recht zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs zusteht. E G - E III Art. 215. Artikel 217 Die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgte Errichtung eines Erbverzichtsvertrags sowie die Wirkungen eines solchen Vertrags bestimmen sich nach den bisherigen Gesetzen. Das Gleiche gilt von einem vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossenen Vertrage, durch den ein Erbverzichtsvertrag aufgehoben worden ist. E G - E I Art. 129; E II Art. 185; E III Art. 216. Bd. 6, S. 557 f., 636.
Prot. I, S. 13152 ff.; Prot. II,
Artikel 218 Soweit nach den Vorschriften dieses Abschnitts die bisherigen Landesgesetze maßgebend bleiben, können sie nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Landesgesetz auch geändert werden. E G - E I Art. 105 Abs. 5, 116, 119 Abs. 1 Satz 3; E l l Art. 186; E III Art. 217. Prot. I, S. 13068 ff., 13086 ff., 13295 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 491, 497,526, 544,651.
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Gesetz, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung vom 17. 5. 1898' Artikel I Das Gerichtsverfassungsgesetz wird dahin geändert: 1. An die Stelle des § 22 Abs. 2 Satz 1 tritt folgende Vorschrift: Ist ein Amtsgericht mit mehreren Richtern besetzt, so wird einem derselben von der Landesjustizverwaltung die allgemeine Dienstaufsieht übertragen; ist die Zahl der Richter höher als fünfzehn, so kann die Dienstaufsicht zwischen mehreren von ihnen getheilt werden. RTVorl. Art. I § 22. 2. Im § 23 Nr. 2 treten an die Stelle der Abs. 1, 2 folgende Vorschriften: Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermiether von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Benutzung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der von dem Miether oder dem Untermiether in die Miethsräume eingebrachten Sachen; Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, zwischen Arbeitgebern und Arbeitern hinsichtlich des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, sowie die im § 3 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 bezeichneten Streitigkeiten, insofern dieselben während der Dauer des Dienst-, Arbeits- oder Lehrverhältnisses entstehen. Ε II Art. 1 § 2 3 ; BRVorl. Art. IS 23; RTVorl. Art. I S 23. - Prot. II, Bd. 2, S. 189, 193 f. 2 ; Bd. 6,S. 565 ff. 3. Der § 74 erhält folgende Fassung: Die Strafkammern sind als erkennende Gerichte ausschließlich zuständig: 1. für die nach § 145 a des Strafgesetzbuchs strafbaren Handlungen; 2. für Zuwiderhandlungen gegen das Gesetz vom 25. Oktober 1867, betreffend die Nationalität der Kauffahrteischiffe etc.; 3. für Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der §§ 1, 2 und 3 des Gesetzes vom 8. Juni 1871, betreffend die Inhaberpapiere mit Prämien; 4. für die nach § 67 und § 69 des Gesetzes vom 6. Februar 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes etc., strafbaren Handlungen; 5. für die nach § 59 des Bankgesetzes vom 14. März 1875 strafbaren Handlungen. E II Art. 1 § 74, BRVorl. Art. I § 74; RTVorl. Art. I § 74. — Prot. II, Bd. 6, S. 784. 4. Der § 101 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Vor die Kammern für Handelssachen gehören nach Maßgabe der folgenden Vorschriften diejenigen den Landgerichten in erster Instanz zugewiesenen bürgerlichen Rechtsstreitgkeiten, in welchen durch die Klage ein Anspruch geltend gemacht wird: 1
2
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RBG1.1898, S. 252 ff.
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 503 ff.
Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der StPO 1. gegen einen Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuchs aus Geschäften, welche für beide Teile Handelsgeschäfte sind; 2. aus einem Wechsel im Sinne der Wechselordnung oder aus einer der im § 363 des Handelsgesetzbuchs bezeichneten Urkunden; 3. aus einem der nachstehend bezeichneten Rechtsverhältnisse: a) aus dem Rechtsverhältnisse zwischen den Mitgliedern einer Handelsgesellschaft oder zwischen dieser und ihren Mitgliedern oder zwischen dem stillen Gesellschafter und dem Inhaber des Handelsgeschäfts, sowohl während des Bestehens als auch nach Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses, ingleichen aus dem Rechtsverhältnisse zwischen den Vorstehern oder den Liquidatoren einer Handelsgesellschaft und der Gesellschaft oder deren Mitgliedern; b) aus dem Rechtsverhältnisse, welches das Recht zum Gebrauche der Handelsfirma betrifft; c) aus den Rechtsverhältnissen, welche sich auf den Schutz der Waarenbezeichnungen, Muster und Modelle beziehen; d) aus dem Rechtsverhältnisse, welches durch den Erwerb eines bestehenden Handelsgeschäfts unter Lebenden zwischen dem bisherigen Inhaber und dem Erwerber entsteht; e) aus dem Rechtsverhältnisse zwischen dem Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten, Handlungsgehülfen oder Handlungslehrling und dem Inhaber des Handelsgeschäfts, sowie aus dem Rechtsverhältnisse zwischen einem Dritten und demjenigen, welcher wegen mangelnden Nachweises der Prokura oder Handlungsvollmacht haftet; f) aus den Rechtsverhältnissen des Seerechts oder des Rechts der Binnenschiffahrt, insbesondere aus denjenigen, welche sich auf die Rhederei, auf die Rechte und Pflichten des Rheders oder Schiffseigners, des Korrespondentrheders und der Schiffsbesatzung, auf die Bodmerei und die Haverei, auf den Schadensersatz im Falle des Zusammenstoßes von Schiffen, auf die Bergung und Hülfeleistung und auf die Ansprüche der Schiffsgläubiger beziehen. BRVorl. Art. 1 § 101 ; RTVorl. Art. I § 102. 5. Der § 102 Abs. 1 Satz 2 wird aufgehoben. BRVorl. Art. I § 102; RTVorl. Art. I § 102. 6. An die Stelle des § 137 Abs. 4 tritt folgende Vorschrift: Vor der Entscheidung der vereinigten Strafsenate oder derjenigen des Plenums, sowie in Ehe- und Entmündigungssachen und in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern oder die Anfechtung einer Todeserklärung zum Gegenstande haben, ist der Ober-Reichsanwalt mit seinen schriftlichen Anträgen zu hören. BRVorl. Art. 1 § 137; RTVorl. Art. I § 137. 7. Im § 172 Abs. 1 werden hinter den Worten „wegen Geisteskrankheit" die Worte eingeschaltet: „oder wegen Geistesschwäche". BRVorl. Art. 1 § 172; RTVorl. Art. I § 172. 8. Im § 202 Abs. 2 wird a) die Nr. 4 durch folgende Vorschrift ersetzt: 4. Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermiether von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen 69
Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der StPO
Ueberlassung, Benutzung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der von dem Miether oder dem Untermieter in die Miethsräume eingebrachten Sachen; b) als Nr. 4 a folgende Vorschrift eingestellt: 4 a. Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, zwischen Arbeitgebern und Arbeitern hinsichtlich des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, sowie die im § 3 Abs. 1 Nr. 1, 2 des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 bezeichneten Streitigkeiten;
Ε II Art. 1 § 202; BRVorl. Art. 1 § 202; RTVorl. Art. I § 202. — Prot. II, Bd. 2, S. 189,193 f. 3 ; Bd. 6, S. 565 ff. Artikel II Der § 5 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze, der § 71 Abs. 1 der Strafprozeßordnung und der § 4 des Einführungsgesetzes zur Strafprozeßordnung erhalten folgenden Zusatz: Das Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses.
BRVorl. Art. II § 5; RTVorl. Art. II § 5. Artikel III An die Stelle der § § 9 , 10 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze treten folgende Vorschriften: § 9. Durch die Gesetzgebung eines Bundesstaates, in welchem mehrere Oberlandesgerichte errichtet werden, kann die Verhandlung und Entscheidung der zur Zuständigkeit der Oberlandesgerichte gehörenden Revisionen und Beschwerden in Strafsachen ausschließlich einem der mehreren Oberlandesgerichte oder an Stelle eines solchen Oberlandesgerichts dem obersten Landesgerichte zugewiesen werden. § 10. Die allgemeinen, sowie die in den §§ 126, 132, 133, 134, 183 Abs. 1 enthaltenen besonderen Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes finden auf die obersten Landesgerichte als Behörden der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, sofern ein Civilsenat des obersten Landesgerichts von der Entscheidung eines anderen Civilsenats oder der vereinigten Civilsenate abweichen will, in Ansehung der Vorschriften des §§ 137,139 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Die Besetzung der Senate bestimmt sich in Strafsachen nach § 124, in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nach § 140 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Auf die Besetzung der Civilsenate des obersten Landesgerichts findet in Grundbuchsachen, sowie in den nach § 199 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem obersten Landesgerichte zugewiesenen Angelegenheiten der § 124 des Gerichtsverfassungsgesetzes Anwendung.
RTVorl. Art. III SS 9, 10. Artikel IV Wird gemäß § 79 Abs. 2 der Grundbuchordnung oder gemäß § 28 Abs. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit die weitere Beschwerde von dem Landesgerichte dem Reichsgerichte vorgelegt, so bleiben in Anse3
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Vgl. Fn. 2.
Änderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der StPO
hung der Gerichtskosten die Vorschriften maßgebend, welche Anwendung finden, wenn eine solche Beschwerde bei dem Landesgericht erledigt wird; die erhobenen Kosten fließen jedoch in die Reichskasse. R T K o m . Art. IV § 79.
Artikel V Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft.
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Gesetz, betreffend Aenderungen der (Zivilprozeßordnung vom 17. 5. 18981 D i e Civilprozeßordnung wird dahin geändert: 1. D e r § 4 erhält folgenden Abs. 2 : Bei Ansprüchen aus Wechseln im Sinne der Wechselordnung sind Zinsen, Kosten und Provision, welche außer der Wechselsumme gefordert werden, als Nebenforderungen anzusehen. R T K o m . § 4. 2. A n die Stelle des § 14 tritt folgende Vorschrift: Ist der für den Wohnsitz einer Militärperson maßgebende Garnisonort in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Vgl. E G - E I Art. 11 § 14; vgl. Ε II Art. 2 N r . 1 ; RJA § 14; BRVorl. § 14, R T V o r l . § 1 4 . — P r o t . I , S . 1 2 3 3 4 - 1 2 3 3 9 ; P r o t . II, Bd. 1, S. 40 f. 2 ; Bd. 6, S. 113, 638 f. 3. D e r § 15 wird aufgehoben. E II Art. 2 N r . 1; R J A ; BRVorl.; R T V o r l . Bd. 1, S. 40 f. 3 ; Bd. 6, S. 1 1 3 , 6 3 8 f.
Prot. I, S. 1 2 3 3 4 - 1 2 3 3 9 ; P r o t . II,
4. Im § 16 Abs. 1 [15] treten an die Stelle der Sätze 2, 3 folgende Vorschriften: In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes gilt die Hauptstadt des Heimathstaates als ihr 1
RGBl. 1898, S. 256 ff. — Hinzugefügt werden in eckigen Klammern die Paragraphenziffern der Z P O in der Fassung der Neuverkündigung vom 20.5. 1898 (RGBl. 1898, S. 410 ff.). Diese Paragraphenziffern sind auch heute noch, von wenigen Ausnahmen abgesehen, maßgebend. Ferner sind vom Hrsg. die Hinweise auf die Vorfassungen des Gesetzestextes hinzugefügt worden. Sie beziehen sich auf den 1. EG-Entwurf, den 2. Entwurf (E II, d. h. auf die von der 2. Kommission verabschiedete Vorlage), die Vorlage des Reichsjustizamts von 1897, die Bundesratsvorlage und die Reichstagsvorlage. Die weiteren Nachweise beziehen sich auf die Protokolle der 1. und 2. Kommission. Soweit für den 1. Entwurf außer den in der vorliegenden Edition wiedergegebenen Protokollen I, S. 12315 ff. noch weitere Verhandlungen maßgebend sind, ist dies entweder den Prot. I, S. 12315 ff. unmittelbar oder den Nachweisen in der Bundesratsvorlage von 1887 (wiedergegeben bei Schubert, Die Vorlage der Redaktoren für die 1. Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines BGB, Anlagenband, Berlin, New York 1986, S. 1309 ff.) zu entnehmen. Die Prot. I, S. 7 —3210 sind in der „Beratung", Allg. Teil und Recht der Schuldverhältnisse I—III (Register im „Allg. Teil", Teilband 2), die Prot. I, S. 3377 ff. in den Bden. Sachenrecht I und II, die Prot. I, S. 5829 ff. in den Bden. Familienrecht I und II, und die Prot. I, S. 8875 ff. in den Bden. Erbrecht I und II abgedruckt. Soweit auf die Prot. II, Bde. 1 —5 und Bd. 6, S. 1—358 verwiesen ist, werden in den Fn., soweit feststellbar, die Namen der Kommissionsmitglieder mitgeteilt, deren auf das EG bezügliche Anträge dort wiedergegeben sind. Die im Text mitgeteilten Nachweise stammen im wesentlichen aus: L. GaupiFr. Stein: Die Civilprozeßordnung für das Deutsche Reich, 4. Aufl. Tübingen 1901/2.
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Vgl. Jakobs/Scbubert, Allg. Teil, S. 63 (zu S 37 E I). Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 63 f. (zu § 38 E I).
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Änderungen der Civilprozeßordnung Wohnsitz; ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Gehört ein Deutscher einem Bundesstaate nicht an, so gilt als sein Wohnsitz die Stadt Berlin; ist die Stadt Berlin in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von dem Reichskanzler durch allgemeine Anordnung bestimmt. Ε II § 16; RJA $ 16; BRVorl. § 16; RTVorl. S. 113,638.
Prot. II, Bd. 1, S. 40 f. 4 ; Bd. 6,
5. Der § 17 wird aufgehoben. E II Art. 2 Nr. 3; RJA; BRVorl.; RTVorl. - Prot. II, Bd. 6, S. 638 f. 6. Im § 19 [17] Abs. 1 wird das Wort „Personenvereine" ersetzt durch das Wort: „Vereine". RTKom. § 19. 7. Als § 20 a [19] wird folgende Vorschrift eingestellti Ist der Ort, an welchem eine Behörde ihren Sitz hat, in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der Bezirk, welcher im Sinne der §§ 19, 20 als Sitz der Behörde gilt, für die Reichsbehörden von dem Reichskanzler, im Uebrigen von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. RJA § 20 a; BRVorl. § 20 a; RTVorl. S 20 a. 8. Der § 21 [20] Abs. 2 erhält folgenden Zusatz: Die Vorschrift des § 14 findet entsprechende Anwendung. RJA § 21 ; BRVorl. § 21 ; RTVorl. § 21. 9. Im § 23 [22] wird das Wort „Personenvereine" ersetzt durch das Wort: „Vereine". RTKom. § 23. 10. An die Stelle des § 25 [24] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Bei den eine Grunddienstbarkeit, eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht betreffenden Klagen ist die Lage des dienenden oder belasteten Grundstücks entscheidend. E II § 25; RJA § 25; BRVorl. § 25; RTVorl. § 25. — Prot. II, Bd. 6, S. 640 f. 11. Der § 26 [25] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: In dem dinglichen Gerichtsstande kann mit der Klage aus einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Schuldklage, mit der Klage auf Umschreibung oder Löschung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld die Klage auf Befreiung von der persönlichen Verbindlichkeit, mit der Klage auf Anerkennung einer Reallast die Klage auf rückständige Leistungen erhoben werden, wenn die verbundenen Klagen gegen denselben Beklagten gerichtet sind. RTKom. S 26. 12. An die Stelle des $ 28 treten folgende Vorschriften: § 28 [27]. Klagen, welche die Feststellung des Erbrechts, Ansprüche des Erben gegen einen Erbschaftsbesitzer, Ansprüche aus Vermächtnissen oder sonstigen VerfüDer Antrag in Prot II, Bd. 6, S. 113 unter XI. am Ende stammt von Gebhardt (Nr. 3, 7 zur Revision). 73
Änderungen der Civilprozeßordnung gungen von Todeswegen, Pflichttheilsansprüche oder die Theilung der Erbschaft zum Gegenstande haben, können vor dem Gericht erhoben werden, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines T o d e s den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit seines Todes im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die im Abs. 1 bezeichneten Klagen vor dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirke der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte; in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes finden die Vorschriften des § 16 Abs. 1 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung. § 28 a [28]. In dem Gerichtsstande der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nachlaßverbindlichkeiten erhoben werden, solange sich der Nachlaß noch ganz oder theilweise im Bezirke des Gerichts befindet oder die vorhandenen mehreren Erben noch als Gesammtschuldner haften.
EG-E I Art. 11 § 28; Ε II § 28; RJA §§ 28, 28 a; BRVorl. §§ 28, 28 a; RTVorl.
§§ 28, 28 a. 785 f.
Prot. I, S. 1 2 3 4 1 - 1 2 3 4 4 ; Prot. II, Bd. 5, S. 725; Bd. 6 \ S. 641 ff.,
13. Der § 44 [44] Abs. 2 Satz 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eidesstatt darf die Partei nicht zugelassen werden. R T K o m . § 44. 14. Der erste Titel des zweiten Abschnitts erhält folgende Ueberschrift: Parteifähigkeit. Prozeßfähigkeit.
E II Art. 2 Nr. 6; RJA; BRVorl., RTVorl. - Prot. II, Bd. 6, S. 639 f. 15. Als § 49 a [50] werden folgende Vorschriften eingestellt: Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist. Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann verklagt werden; in dem Rechtsstreite hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.
E l l § 49 a; RJA §49; BRVorl. § 49 a; RTVorl. § 49 a. S. 553 f.6; Bd. 2, S. 452 ff. 7 ; Bd. 6, S. 206 ff., S. 639 f.
Prot. II, Bd. 1,
16. Im § 51 [52] tritt an die Stelle der Abs. 2, 3 folgende Vorschrift: Die Prozeßfähigkeit einer Frau wird dadurch, daß sie Ehefrau ist, nicht beschränkt.
E II § 51 ; RJA S 51 ; BRVorl. § 51 ; RTVorl. § 51. - Prot. II, Bd. 6, S. 643 f. 17. Als § 51 a [53] wird folgende Vorschrift eingestellt: Wird in einem Rechtsstreit eine prozeßfähige Person durch einen Pfleger vertreten, so steht sie für den Rechtsstreit einer nicht prozeßfähigen Person gleich.
EI-BGB § 1747; E l l §51 a; RJA §51 a; BRVorl. 51 a; RTVorl. §51 a. Prot. II, Bd. 4, S. 8588; Bd. 5, S. 812; Bd. 6, S. 644.
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18. Im § 54 [56] Abs. 1 werden die Worte „den Mangel der Prozeßfähigkeit" ersetzt durch die Worte: „den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozeßfähigkeit".
E II § 54; RJA § 54; BRVorl. § 54; RTVorl. § 54. - Prot. II, Bd. 6, S. 786. 5
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Der Antrag unter VIII. in Prot. II, Bd. 5, S. 725 stammt von Jacubezky (Nr. 167,6 zum Erbrecht). Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 291 f. Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 303 f. - Der Antrag unter II. Ziff. 2 in Prot. II, Bd. 6, S. 206 f. stammt von Jacubezky (Nr. 42, 4 der Revisionsanträge). Vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht II, S. 1268.
Änderungen der Civilprozeßordnung
19. Als § 55 a [58] wird folgende Vorschrift eingestellt: Soll ein Recht an einem Grundstücke, das von dem bisherigen Eigenthümer nach § 928 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgegeben und von dem Aneignungsberechtigten noch nicht erworben worden ist, im Wege der Klage geltend gemacht werden, so hat der Vorsitzende des Prozeßgerichts auf Antrag einen Vertreter zu bestellen, welchem bis zur Eintragung eines neuen Eigenthümers die Wahrnehmung der sich aus dem Eigenthum ergebenden Rechte und Verpflichtungen im Rechtsstreit obliegt. Vgl. E I-BGB § 872 Abs. 3; E II S 55 a; RJA § 55 a; BRVorl. § 55 a; RTVorl. § 55 a. - Prot. II, Bd. 3, S. 184 ff. 9 , Bd. 6, S. 644 f. 20. Im § 72 [75] Satz 1 werden die Worte „gerichtlich hinterlegt" ersetzt durch die Worte: „unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt". E II S 72; RJA § 72; BRVorl. § 72; RTVorl. § 72. - Prot. II, Bd. 6, S. 645 f. 21. Im § 73 [76] werden a) der Abs. 1 durch folgende Vorschrift ersetzt: Wer als Besitzer einer Sache verklagt ist, die er auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im § 868 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art zu besitzen behauptet, kann, wenn er dem mittelbaren Besitzer vor der Verhandlung zur Hauptsache den Streit verkündet und ihn unter Benennung an den Kläger zur Erklärung ladet, bis zu dieser Erklärung oder bis zum Schlüsse des Termins, in welchem sich der Benannte zu erklären hat, die Verhandlung zur Hauptsache verweigern. b) im Abs. 3 die Worte „im Namen eines Dritten" ersetzt durch die Worte : „auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im Abs. 1 bezeichneten Art". E II S 73; RJA § 73; BRVorl. S 73; RTVorl. § 73. - Prot. II, Bd. 3, S. 379 ff. 10 ; Bd. 6, S. 646 f. 22. Als § 73 a [77] wird folgende Vorschrift eingestellt: Ist von dem Eigenthümer einer Sache oder von demjenigen, dem ein Recht an einer Sache zusteht, wegen einer Beeinträchtigung des Eigenthums oder seines Rechts Klage auf Beseitigung der Beeinträchtigung oder auf Unterlassung weiterer Beeinträchtigungen erhoben, so finden die Vorschriften des § 73 entsprechende Anwendung, sofern der Beklagte die Beeinträchtigung in Ausübung des Rechts eines Dritten vorgenommen zu haben behauptet. Vgl. E I-BGB 944; E II S 73 a; RJA § 73 a; BRVorl. § 73 a; RTVorl. § 73 a. Prot. II, Bd. 3, S. 379 ff. 11 ; Bd. 6, S. 646 f.
-
23. Der § 85 [89] Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Ist zu der Zeit, zu welcher das Endurtheil erlassen wird, die Genehmigung nicht beigebracht, so ist der einstweilen zur Prozeßführung Zugelassene zum Ersätze der dem Gegner in Folge der Zulassung erwachsenen Kosten zu verurtheilen; auch hat er dem Gegner die in Folge der Zulassung entstandenen Schäden zu ersetzen. E II S 85; RJA § 85; BRVorl. § 85; RTVorl. $ 85. - Prot. II, Bd. 2, S. 671 ff. 12 ; Bd. 6, S. 647. 9 10 11 12
Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 576 f. Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 860 f. Vgl.Fn. 10. Der Antrag unter I. a) in Prot. II, Bd. 2, S. 671 stammt von Struckmann (Nr. 244,35 zum Schuldrecht).
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Änderungen der Civilprozeßordnung 24. D e r § 87 [91] Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Die Kostenerstattung umfaßt auch die Entschädigung des Gegners für die durch nothwendige Reisen oder durch die nothwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumniß; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
RJA § 87; BRVorl. § 87; RTVorl. § 87. 25. Der § 88 [92] Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Sind die Kosten gegen einander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
BRVorl. §88. 26. Als § 89 a [94] wird folgende Vorschrift eingestellt: Macht der Kläger einen auf ihn übergegangenen Anspruch geltend, ohne daß er vor der Erhebung der Klage dem Beklagten den Uebergang mitgetheilt und auf Verlangen nachgewiesen hat, so fallen ihm die Prozeßkosten insoweit zur Last, als sie dadurch entstanden sind, daß der Beklagte durch die Unterlassung der Mittheilung oder des Nachweises veranlaßt worden ist, den Anspruch zu bestreiten.
Ε II § 89 a; RJA § 89 a; BRVorl. § 89 a; RTVorl. § 89 a. S. 729 13 ; Bd. 6, S. 322, 647.
Prot. II, Bd. 5,
27. Der § 94 [99] erhält folgende Abs. 2, 3: Ist die Hauptsache durch eine auf Grund eines Anerkenntnisses ausgesprochene Verurtheilung erledigt, so kann die Entscheidung über den Kostenpunkt selbständig angefochten werden. Ist eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen, so findet gegen die Entscheidung Uber den Kostenpunkt sofortige Beschwerde statt. Vor der Entscheidung über die Beschwerde ist der Gegner zu hören.
RJA § 94; BRVorl. § 94; RTVorl. § 94. 28. Der § 9 5 [100] Abs. 4 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Werden mehrere Beklagte als Gesammtschuldner verurtheilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Abs. 3 als Gesammtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Abs. 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
E II § 95; RJA § 95; BRVorl. § 95; RTVorl. § 95. - Prot. II, Bd. 6, S. 647,786. 29. An die Stelle des § 96 [101] Abs. 1 tritt folgende Vorschrift: Die durch eine Nebenintervention verursachten Kosten sind dem Gegner der Hauptpartei aufzuerlegen, soweit derselbe nach den Bestimmungen der §§ 87 — 93 die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat; soweit dies nicht der Fall ist, sind sie dem Nebenintervenienten aufzuerlegen.
RTKom. § 96. 30. Als § 9 7 a [103] werden folgende Vorschriften eingestellt: Im Verfahren vor den Amtsgerichten kann der Betrag der zu erstattenden Prozeßkosten, wenn er sofort zu ermitteln ist, in dem Urtheile festgesetzt werden. Gegen diese Festsetzung findet ausschließlich die sofortige Beschwerde statt. 13
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Der Antrag unter XII. Ziff. 1 in Prot. II, Bd. 5, S. 729 stammt von Jacubezky (Nr. 163 zum Erbrecht). — Der Antrag in Bd. 6, S. 322 stammt von Börner (Nr. 84,21).
Änderungen der Civilprozeßordnung Im Uebrigen erfolgt die Festsetzung der zu erstattenden Prozeßkosten im besonderen Verfahren nach Mafigabe der §§ 98 — 100. RJA § 97 a; BRVorl. § 97 a; RTVorl. S 97 a. 31. Im § 99 [105] wird hinter Abs. 1 folgende Vorschrift als Abs. 2 eingestellt: Das Gericht kann sich bei der Prüfung des Gesuchs der Hülfe des Gerichtsschreibers bedienen. RTKom. § 99. 32. Als § 100 a [107] werden folgende Vorschriften eingestellt: Ergeht nach der Kostenfestsetzung eine Entscheidung, durch welche der Werth des Streitgegenstandes festgesetzt wird, so ist, falls diese Entscheidung von der Werthsberechnung abweicht, welche der Kostenfestsetzung zu Grunde liegt, auf Antrag die Kostenfestsetzung entsprechend abzuändern. Ueber den Antrag entscheidet das Gericht erster Instanz. Der Antrag ist binnen der Frist von einem Monate bei dem Gericht anzubringen; er kann vor dem Gerichtsschreiber zu Protokoll erklärt werden. Die Frist beginnt mit der Zustellung und, wenn es einer solchen nicht bedarf, mit der Verkündung des den Werth des Streitgegenstandes festsetzenden Beschlusses. Die Entscheidung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. RJA $ 100 a; BRVorl. § 100 a; RTVorl. § 100 a. 33. An die Stelle des § 101 treten folgende Vorschriften: § 101 [108]. Die Bestellung einer prozessualischen Sicherheit ist, sofern nicht die Parteien ein Anderes vereinbart haben oder dieses Gesetz eine nach freiem Ermessen des Gerichts zu bestimmende Sicherheit zuläßt, durch Hinterlegung von Geld oder solchen Werthpapieren zu bewirken, welche nach § 234 Abs. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Sicherheitsleistung geeignet sind oder nach richterlichem Ermessen eine genügende Deckung gewähren. Die Vorschriften des § 234 Abs. 2 und des § 235 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. § 101 a [109]. Ist die Veranlassung für eine Sicherheitsleistung weggefallen, so hat auf Antrag das Gericht, welches die Bestellung der Sicherheit angeordnet oder zugelassen hat, eine Frist zu bestimmen, binnen welcher ihm die Partei, zu deren Gunsten die Sicherheit geleistet ist, die Einwilligung in die Rückgabe der Sicherheit zu erklären oder die Erhebung der Klage wegen ihrer Ansprüche nachzuweisen hat. Nach Ablauf der Frist hat das Gericht auf Antrag die Rückgabe der Sicherheit anzuordnen, wenn nicht inzwischen die Erhebung der Klage nachgewiesen ist. Die Anträge und die Einwilligung in die Rückgabe der Sicherheit können vor dem Gerichtsschreiber zu Protokoll erklärt werden. Die Entscheidungen können ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Gegen den Beschluß, durch welchen der im Abs. 1 vorgesehene Antrag abgelehnt wird, steht dem Antragsteller, gegen die im Abs. 2 bezeichnete Entscheidung steht beiden Theilen die sofortige Beschwerde zu. RJA § 101 a; BRVorl. § 101 a; RTVorl. § 101 a; RTKom. §§ 101,101a. 34. Im § 102 [110] Abs. 2 erhält die Nr. 5 folgende Fassung: 5. bei Klagen aus Rechten, welche im Grundbuch eingetragen sind. RTKom. § 102. 77
Änderungen der Civilprozeßordnung
35. Als § 107 a [116] werden folgende Vorschriften eingestellt: Insoweit nicht eine Vertretung durch Anwälte geboten oder ein Anwalt gemäß § 34 der Rechtsanwaltsordnung beigeordnet ist, kann einer armen Partei, welche nicht im Bezirke des Prozeßgerichts wohnt, zur unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte in der mündlichen Verhandlung ein Justizbeamter, der nicht als Richter angestellt ist, oder ein Rechtskundiger, der die vorgeschriebene erste Prüfung für den Justizdienst bestanden hat, auf Antrag beigeordnet werden. Die in Folge dessen erwachsenden baaren Auslagen werden von der Staatskasse bestritten und als Gerichtskosten in Ansatz gebracht. RJA § 107 a; BRVorl. § 107 a; RTVorl. § 107 a. 36. An die Stelle des § 136 [145] Abs. 2 treten folgende Vorschriften: Dasselbe gilt, wenn der Beklagte eine Widerklage erhoben hat und der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Ansprüche nicht in rechtlichem Zusammenhange steht. Macht der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht, so kann das Gericht anordnen, daß über die Klage und über die Aufrechnung getrennt verhandelt werde; die Vorschriften des § 274 finden Anwendung. E G - E I Art. 11 § 136; Ε II § 136; RJA § 136; BRVorl. § 136; RTVorl. § 136. Prot. I , S . 12348 f., 12363—12365,13010 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 647.
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37. Hinter § 141 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 141 a [151]. Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Ehe nichtig ist, so hat das Gericht, wenn die Nichtigkeit nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden kann, auf Antrag das Verfahren auszusetzen und, falls die Nichtigkeitsklage noch nicht erhoben ist, eine Frist zur Erhebung der Klage zu bestimmen. Ist die Nichtigkeitsklage erledigt oder wird sie nicht vor dem Ablaufe der bestimmten Frist erhoben, so ist die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig. § 141 b [152]. Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine im Wege der Anfechtungsklage angefochtene Ehe anfechtbar ist, so hat das Gericht auf Antrag das Verfahren auszusetzen. Ist der Rechtsstreit über die Anfechtungsklage erledigt, so findet die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens statt. § 141 c [153]. Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob ein Kind, dessen Ehelichkeit im Wege der Anfechtungsklage angefochten worden ist, unehelich ist, so finden die Vorschriften des § 141 b entsprechende Anwendung. § 141 d [154]. Wird im Laufe eines Rechtsstreits streitig, ob zwischen den Parteien eine Ehe bestehe oder nicht bestehe, und hängt von der Entscheidung dieser Frage die Entscheidung des Rechtsstreits ab, so hat das Gericht auf Antrag das Verfahren auszusetzen, bis der Streit Uber das Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe im Wege der Feststellungsklage erledigt ist. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn im Laufe eines Rechtsstreits streitig wird, ob zwischen den Parteien ein Eltern- und Kindesverhältniß bestehe oder nicht bestehe oder ob der einen Partei die elterliche Gewalt über die andere zustehe oder nicht zustehe, und von der Entscheidung dieser Fragen die Entscheidung des Rechtsstreits abhängt. § 141 e [155], In den Fällen der §§ 141 a— 141c kann das Gericht auf Antrag die Anordnung, durch welche das Verfahren ausgesetzt ist, aufheben, wenn die Betrei78
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bung des Rechtsstreits verzögert wird, welcher die Nichtigkeit oder die Anfechtung der Ehe oder die Anfechtung der Ehelichkeit zum Gegenstande hat. E G - E I Art. 11 § 139; E l l §§ 141 a - c ; RJA §§ 141 a - 1 4 1 c; BRVorl. SS 141 a - d ; RTVorl. §§ 141 a - e . - Prot. I, S. 12349 f , 13008-13010; Prot. II, Bd. 5, S. 134 f. 14 ; Bd. 6, S. 648; 787 ff. 38. An die Stelle des § 143 [157] Abs. 4 tritt folgende Vorschrift: Die Vorschriften der Abs. 1, 2 finden auf Rechtsanwälte, die Vorschrift des Abs. 2 findet auf Personen, denen das mündliche Verhandeln vor Gericht durch eine seitens der Justizverwaltung getroffene Anordnung gestattet ist, keine Anwendung. RJA § 143; BRVorl. § 143; RTVorl. § 143. 39. Hinter der Ueberschrift des zweiten Titels wird folgende Ueberschrift eingeschaltet: I. Zustellungen auf Betreiben der Parteien RJA; BRVorl.; RTVorl. 40. An die Stelle des § 152 [166] treten folgende Vorschriften: Die von den Parteien zu betreibenden Zustellungen erfolgen durch Gerichtsvollzieher. In dem Verfahren vor den Amtsgerichten kann die Partei den Gerichtsvollzieher unter Vermittlung des Gerichtsschreibers des Prozeßgerichts mit der Zustellung beauftragen. Das Gleiche gilt für Anwaltsprozesse in Ansehung der Zustellungen, durch welche eine Nothfrist gewahrt werden soll. RJA S 152; BRVorl. § 152; RTVorl. § 152. 41. Der § 154 [168] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Insoweit eine Zustellung unter Vermittelung des Gerichtsschreibers zulässig ist, hat dieser einen Gerichtsvollzieher mit der erforderlichen Zustellung zu beauftragen, sofern nicht die Partei erklärt hat, daß sie selbst einen Gerichtsvollzieher beauftragen wolle; in Anwaltsprozessen ist die Erklärung nur zu berücksichtigen, wenn sie in dem zuzustellenden Schriftsatz enthalten ist. R J A § 154; BRVorl. § 154; RTVorl. § 154. 42. An die Stelle des § 156 [170] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Die Beglaubigung geschieht durch den Gerichtsvollzieher, bei den auf Betreiben von Rechtsanwälten oder in Anwaltsprozessen zuzustellenden Schriftstücken durch den Anwalt. RJA § 156; BRVorl. § 156; RTVorl. § 156. 43. Als § 162 a [177] werden folgende Vorschriften eingestellt: Ist der Aufenthalt eines Prozeßbevollmächtigen unbekannt, so hat das Prozeßgericht auf Antrag die Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten, in Ermangelung eines solchen an den Gegner selbst zu bewilligen. Die Entscheidung über den Antrag kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erlassen werden. Eine Anfechtung der die Zustellung bewilligenden Entscheidung findet nicht statt. RJA § 162; BRVorl. S 162 a; RTVorl. § 162 a. 44. Im § 163 [178] werden die Worte „im Sinne des vorstehenden Paragraphen" ersetzt durch die Worte : „Im Sinne des § 162". RTKom. § 163. 14
Der Autor des Antrags unter VI. in Prot. II, Bd. 5, S. 134 ist nicht feststellbar.
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45. An die Stelle des § 164 [179] treten folgende Vorschriften! Die Zustellung eines Schriftsatzes, durch welche ein Rechtsmittel eingelegt wird, erfolgt an den Prozeßbevollmächtigten derjenigen Instanz, deren Entscheidung angefochten wird, in Ermangelung eines solchen an den Prozeßbevollmächtigten erster Instanz. Ist von dem Gegner bereits ein Prozeßbevollmächtigter für die höhere, zur Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel zuständige Instanz bestellt, so kann die Zustellung auch an diesen Prozeßbevollmächtigten erfolgen. Ist ein Prozeßbevollmächtigter, welchem nach Maßgabe des Abs. 1 zugestellt werden kann, nicht vorhanden, so erfolgt die Zustellung an den von dem Gegner, wenngleich nur für die erste Instanz, bestellten Zustellungsbevollmächtigten, in Ermangelung eines solchen an den Gegner selbst, und zwar an diesen durch Aufgabe zur Post, wenn er einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen hatte, die Bestellung aber unterlassen hat. Ist der Aufenthalt des Prozeßbevollmächtigten, welchem zuzustellen ist, unbekannt, so finden die Vorschriften des § 162 a entsprechende Anwendung. RJA § 164; BRVorl. § 164; RTVorl. § 164. 46. Der § 168 [183] Abs. 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Wird ein Rechtsanwalt, ein Notar oder ein Gerichtsvollzieher in seinem Geschäftslokale nicht angetroffen, so kann die Zustellung an einen darin anwesenden Gehülfen oder Schreiber erfolgen. RTKom.S 168. 47. Als § 169 a [185] wird folgende Vorschrift eingestellt: Die Zustellung an eine der in den §§ 166, 168 und im § 169 Abs. 1 bezeichneten Personen hat zu unterbleiben, wenn die Person an dem Rechtsstreit als Gegner der Partei, an welche die Zustellung erfolgen soll, betheiligt ist. RJA § 169 a; BRVorl. § 169 a; RTVorl. § 169. 48. Als § 170 a [187] wird folgende Vorschrift eingestellt: Ergiebt sich aus den Erklärungen einer Partei, daß eine ihr unter Verletzung der Vorschriften der §§ 166 — 170 zugestellte Ladung in ihre Hände gelangt ist, so ist die Zustellung als mit dem Zeitpunkte bewirkt anzusehen, in welchem die Partei nach ihren Erklärungen die Ladung erhalten hat. RJA § 170 a; BRVorl. § 170 a; RTVorl. § 170 a. 49. An die Stelle des § 171 [188] Abs. 1 treten folgende Vorschriften: Zur Nachtzeit, sowie an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen darf eine Zustellung, sofern sie nicht durch Aufgabe zur Post bewirkt wird, nur mit richterlicher Erlaubniß erfolgen. Die Nachtzeit umfaßt in dem Zeiträume vom 1. April bis 30. September die Stunden von neun Uhr Abends bis vier Uhr Morgens und in dem Zeiträume vom 1. Oktober bis 31. März die Stunden von neun Uhr Abends bis sechs Uhr Morgens. BRVorl. § 171; RTVorl. § 171. 50. Im § 173 [190] Abs. 4 werden die Worte : „wenn die Zustellung von Amtswegen angeordnet ist, dem Gerichtsschreiber" gestrichen. RJA § 173; BRVorl. § 173; RTVorl. § 173. 51. Im § 174 [191] treten an die Stelle der Nr. 2, 6 folgende Vorschriften: 2. die Bezeichnung der Person, für welche zugestellt werden soll; 6. die Bemerkung, daß 80
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eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks und daß eine beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde übergeben ist; RJA§ 174; BRVorl. § 174; RTVorl. § 174. 52. Im § 177 [194] wird a) der Satz 2 gestrichen; b) als Abs. 2 folgende Vorschrift hinzugefügt: Der Gerichtsvollzieher hat auf dem bei der Zustellung zu übergebenden Schriftstücke zu vermerken, für welche Person er dasselbe der Post tibergiebt, und auf der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf einem mit derselben zu verbindenen Bogen zu bezeugen, daß die Uebergabe in der im Abs. 1 bezeichneten Art und für wen sie geschehen ist. RJA § 177; BRVorl. § 177; RTVorl. § 177. 53. Der § 181 [198] Abs. 2 erhält folgenden Zusatz: Der Anwalt, welcher zustellt, hat dem anderen Anwalt auf Verlangen eine Bescheinigung über die Zustellung zu ertheilen. RJA § 181 ; BRVorl. § 181; RTVorl. § 181. 54. Der § 186 [203] erhält folgenden Abs. 3 : Das Gleiche gilt, wenn die Zustellung aus dem Grunde nicht bewirkt werden kann, weil die Wohnung einer nach den §§ 18, 19 des Gerichtsverfassungsgesetzes der Gerichtsbarkeit nicht unterworfenen Person der Ort der Zustellung ist. BRVorl. $ 186; RTVorl. § 186. 55. An die Stelle des § 187 [204] Abs. 2 Satz 1 tritt folgende Vorschrift: Die öffentliche Zustellung erfolgt durch Anheftung der zuzustellenden Ausfertigung oder einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks an die Gerichtstafel. RJA § 187; BRVorl. § 187; RTVorl. § 187. 56. Der § 190 [207] erhält folgenden Abs. 2: Wird ein Schriftsatz, dessen Zustellung unter Vermittelung des Gerichtsschreibers erfolgen soll, innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach der Einreichung bei dem Gerichtsschreiber zugestellt, so tritt, sofern durch die Zustellung eine Nothfrist gewahrt wird, die Wirkung der Zustellung bereits mit der Einreichung ein. RJA§ 190; BRVorl. § 190; RTVorl. § 190. 57. Hinter § 190 werden unter der folgenden Ueberschrift die nachstehenden Vorschriften eingestellt : II. Zustellungen von Amtswegen $ 190 a [208]. Auf die von Amtswegen zu bewirkenden Zustellungen finden die Vorschriften über die Zustellungen auf Betreiben der Parteien entsprechende Anwendung, soweit nicht aus den nachfolgenden Bestimmungen sich Abweichungen ergeben. § 190 b [209]. Für die Bewirkung der Zustellung hat der Gerichtsschreiber Sorge zu tragen. § 190 c [210]. Die Beglaubigung der bei der Zustellung zu übergebenden Abschrift geschieht durch den Gerichtsschreiber. § 190 d [211], Der Gerichtsschreiber hat das zu übergebende Schriftstück in einem durch das Gerichtssiegel verschlossenen, mit der Adresse der Person, an welche zugestellt werden soll, versehenen und mit einer Geschäftsnummer bezeichneten 81
Änderungen der Civilprozeßordnung Briefumschlag einem Gerichtsdiener oder der Post zur Zustellung auszuhändigen. Auf den Briefumschlag ist der Vermerk zu setzen: Vereinfachte Zustellung. Die auf dem Briefumschlag angegebene Geschäftsnummer ist in den Akten zu vermerken. Die Vorschrift des § 177 Abs. 2 findet keine Anwendung. § 190 e [212]. Die Beurkundung der Zustellung durch den Gerichtsdiener oder den Postboten erfolgt nach den Vorschriften des $ 178 Abs. 2 mit der Maßgabe, daß eine Abschrift der Zustellungsurkunde nicht zu übergeben, der Tag der Zustellung jedoch auf dem Briefumschlage zu vermerken ist. Die Zustellungsurkunde ist dem Gerichtsschreiber zu überliefern. § 190 f [213]. Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 161) erfolgt, so hat der Gerichtsschreiber in den Akten zu vermerken, zu welcher Zeit und unter welcher Adresse die Aufgabe geschehen ist. Der Aufnahme einer Zustellungsurkunde bedarf es nicht. RJA §§ 190 a—f; BRVorl. §§ 190 a - f ; RTVorl. §§ 190 a - f . 58. Der § 196 [219] Abs. 2 erhält folgenden Zusatz: Das Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses. RJA § 196; BRVorl. § 196; RTVorl. § 196. 59. Der § 199 wird aufgehoben. E II Art. 2 Nr. 20; RJA; BRVorl. ; RTVorl. - Prot. II Bd. 6, S. 649. 60. Im § 200 [222] wird a) der Abs. 1 durch folgende Vorschrift ersetzt: Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. b) als Abs. 3 folgende Vorschrift hinzugefügt: Bei der Berechnung einer Frist, welche nach Stunden bestimmt ist, werden Sonntage und allgemeine Feiertage nicht mitgerechnet. EG-E I Art. 11 § 200; E II § 200; RJA § 200; BRVorl. § 200; RTVorl. § 200. Prot. I, S. 12350 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 649. 61. An die Stelle des § 213 [235] treten folgende Vorschriften: Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Nothfrist ist der Partei auf Antrag auch dann zu ertheilen, wenn spätestens am dritten Tage vor Ablauf der Nothfrist das zur Wahrung derselben zuzustellende Schriftstück dem Gerichtsvollzieher oder, sofern die Zustellung unter Vermittelung des Gerichtsschreibers erfolgen soll, dem Gerichtsschreiber zum Zwecke der Zustellung übergeben ist. Das Gleiche gilt, wenn die Versäumung der Nothfrist dadurch veranlaßt worden ist, daß das angefochtene Urtheil den Prozeßbevollmächtigten des Gegners unrichtig bezeichnet. In den Fällen des Abs. 1 muß die Wiedereinsetzung innerhalb einer einmonatigen Frist nach Ablauf der versäumten Nothfrist beantragt werden. RJA S 213; BRVorl. § 213; RTVorl. § 213. 62. Im § 214 [236] wird a) im Abs. 1 die Nr. 3 durch folgende Vorschrift ersetzt: 3. die Nachholung der versäumten Prozeßhandlung oder, wenn diese bereits nachgeholt ist, die Bezugnahme 82
Änderungen der Civilprozeßordnung
hierauf; im Falle der Versäumung der im § 430 a bezeichneten Nothfrist auch die Ladung des Gegners zur Eidesleistung und zur weiteren mündlichen Verhandlung. b) der Abs. 3 durch folgende Vorschrift ersetzt: Im Falle des § 213 Abs. 1 kann die Wiedereinsetzung auch in dem für die mündliche Verhandlung bestimmten Termine ohne vorgängige Zustellung eines Schriftsatzes beantragt werden, wenn die Zustellung der Ladung zu dem Termin innerhalb der einmonatigen Frist nach Ablauf der versäumten Nothfrist erfolgt ist. BRVorl. § 214; RTVorl. § 214. 63. Im §217 [239] wird a) der Abs. 4 durch folgende Vorschrift ersetzt: Erscheinen die Rechtsnachfolger in dem Termine nicht, so ist auf Antrag die behauptete Rechtsnachfolge als zugestanden anzunehmen und zur Hauptsache zu verhandeln. b) als Abs. 5 folgende Vorschrift hinzugefügt: Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet. Vgl. E I - B G B §2057; E l l §217 Abs. 2; RJA §217; BRVorl. §217; RTVorl. § 217. - Prot. II, Bd. 5, S. 660 f. 15 ; Bd. 6, S. 654. 64. Der §219 [241] erhält folgenden Abs. 2: Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet wird. Ε II § 219; RJA § 219; BRVorl. § 219; RTVorl. § 219. - Prot. II, Bd. 5, 294 f. 16 , 542 f. 17 , 811; Bd. 6, S. 654. 65. Als § 219 a [242] wird folgende Vorschrift eingestellt: Tritt während des Rechtsstreits zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand der Fall der Nacherbfolge ein, so finden, sofern der Vorerbe befugt war, ohne Zustimmung des Nacherben über den Gegenstand zu verfügen, hinsichtlich der Unterbrechung und der Aufnahme des Verfahrens die Vorschriften des § 217 entsprechende Anwendung. RJA § 219 a; BRVorl. § 219 a; RTVorl. § 219 a. 66. An die Stelle des § 220 [243] tritt folgende Vorschrift: Wird im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei ein Nachlaßpfleger bestellt oder ist ein zur Führung des Rechtsstreits berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden, so kommen die Vorschriften des § 219 und, wenn über den Nachlaß der Konkurs eröffnet wird, die Vorschriften des §218 in Betreff der Aufnahme des Verfahrens zur Anwendung. EG-E I Art. 11 § 220; E II § 220; RJA § 220; BRVorl. § 220; RTVorl. § 220. — Prot. I, S. 1 2 3 5 2 - 1 2 3 5 2 ; Prot. II, Bd. 6, S. 654. 67. Der § 223 [246] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Fand in den Fällen des Todes, des Verlustes der Prozeßfähigkeit, des Wegfalls des gesetzlichen Vertreters, der Anordnung einer Nachlaßverwaltung oder des Eintritts der Nacherbfolge 15
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Der Antrag unter VI. Ziff. 1 in Prot. II, Bd. 5, S. 660 f. stammt von Börner (Nr. 130, 28 zum Erbrecht). Die Anträge in Prot. II, Bd. 5, S. 294 unter C. stammen: a) von Börner (Nr. 23,38), b) von Wolffson (Nr. 42, 4 a), c) von Struckmann (Nr. 40, 11) jeweils zum Erbrecht. Der Antrag unter X V I . in Prot. II, Bd. 5, S. 542 f. stammt unter Ziff. 1 von Börner (Nr. 137,5), unter Ziff. 2 von v. Mandry (Nr. 138 zum Erbrecht). Die Autoren der Anträge in Prot. II, Bd. 5, S. 811 unter C. a und b lassen sich nicht ermitteln. 83
Änderungen der Civilprozeßordnung
(§§ 217, 219, 219 a) eine Vertretung durch einen Prozeßbevollmächtigten statt, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens nicht ein; das Prozeßgericht hat jedoch auf Antrag des Bevollmächtigten, in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge auch auf Antrag des Gegners die Aussetzung des Verfahrens anzuordnen. Die Dauer der Aussetzung und die Aufnahme des Verfahrens richtet sich nach den Vorschriften der §§ 217, 219, 219 a, 220; in den Fällen des Todes und der Nacherbfolge ist der die Ladung enthaltende Schriftsatz auch dem Bevollmächtigten zuzustellen. BRVorl. S 223; RTVorl. § 223. 68. Hinter § 230 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 230 a [254]. Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Leistung des Offenbarungseides die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, welche der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgetheilt, das Vermögensverzeichniß vorgelegt oder der Offenbarungseid geleistet ist. Ε II S 230 a; RJA § 230 a; BRVorl. § 230 a; RTVorl. § 230 a. S. 780, 792 ff. 1 8 ; Bd. 6, S. 654.
Prot. II, Bd. 2,
§ 230 b [255]. Hat der Kläger für den Fall, daß der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihn zu bestimmenden Frist den erhobenen Anspruch befriedigt, das Recht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder die Aufhebung eines Vertrags herbeizuführen, so kann er verlangen, daß die Frist im Urtheile bestimmt wird. Das Gleiche gilt, wenn dem Kläger das Recht, die Anordnung einer Verwaltung zu verlangen, für den Fall zusteht, daß der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist die beanspruchte Sicherheit leistet, sowie im Falle des § 2193 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Bestimmung einer Frist zur Vollziehung der Auflage. E II § 230 b; RJA § 230 b; BRVorl. S 230 b; RTVorl. § 230 b. S. 155 19 , 655.
Prot. II, Bd. 6,
69. Hinter § 231 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 231 a [257]. Ist die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines Grundstücks, eines Wohnraums oder eines anderen Raumes an den Eintritt eines Kalendertags geknüpft, so kann Klage auf künftige Zahlung oder Räumung erhoben werden. E II § 231 a; RJA § 231 a; BRVorl. § 231 a; RTVorl. § 231 a. S. 244 f. 20 ; Bd. 6, S. 655 f.
Prot. II, Bd. 1,
§ 231 b [258]. Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlassung des Urtheils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden. RJA S 231 b; BRVorl. § 231 b; RTVorl. § 231 b. Bd. 6, S. 655 f. 18 19
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Prot. II, Bd. 1, S. 244 f. 21 ;
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht I, S. 138 ff. Der Antrag unter XIII. in Prot. II, Bd. 6, S. 155 stammt von Jacubezky (Nr. 26,7 der Revisionsanträge). Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 1233. Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 1233.
Änderungen der Civilprozeßordnung
§ 231 c [259], Klage auf künftige Leistung kann außer den Fällen der §§ 231 a, 231 b erhoben werden, wenn den Umständen nach die Besorgniß gerechtfertigt ist, daß der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen werde.
RJA § 231 c; BRVorl. § 231 c; RTVorl. § 231 c. 70. Der § 232 [260] Abs. 2 wird aufgehoben.
Vgl. Ε II Art. 2 Nr. 27; RJA § 232; BRVorl. § 232; RTVorl. § 232. - Prot. II, Bd. 6, S. 658 f. 71. Im § 233 [261] wird hinter Abs. 1 folgende Vorschrift als Abs. 2 eingestellt: Der Termin soll nur soweit hinausgerückt werden, als es zur Wahrung der Einlassungsfrist geboten erscheint.
RJA § 233; BRVorl. $ 233; RTVorl. § 233. 72. Im § 234 [262] Abs. 1 Satz 1 werden die Worte „einem Monate" ersetzt durch die Worte : „zwei Wochen".
RJA S 234; BRVorl. S 234; RTVorl. § 234. 73. Im § 235 [263] wird die Nr. 3 gestrichen.
RJA § 235; BRVorl. § 235; RTVorl. § 235. 74. Als § 235 a [264] wird folgende Vorschrift eingestellt: Nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit ist eine Aenderung der Klage nur zuzulassen, wenn der Beklagte einwilligt oder wenn nach dem Ermessen des Gerichts durch die Aenderung die Vertheidigung des Beklagten nicht wesentlich erschwert wird.
RJA § 235 a; BRVorl. § 235 a; RTVorl. § 235. 75. Im § 236 [265] werden a) im Abs. 1 die Worte „zu zediren" ersetzt durch das Wort: „abzutreten"; b) im Abs. 2 das Wort „Zession" ersetzt durch das Wort: „Abtretung"; c) der Abs. 3 durch folgende Vorschrift ersetzt: Hat der Kläger veräußert oder abgetreten, so kann ihm, sofern das Urteil nach § 293 c gegen den Rechtsnachfolger nicht wirksam sein würde, der Einwand entgegengesetzt werden, daß er zur Geltendmachung des Anspruchs nicht mehr befugt sei.
RJA § 236; BRVorl. S 236; RTVorl. § 236. 76. Der § 237 [266] erhält folgenden Abs. 2: Diese Bestimmung kommt insoweit nicht zur Anwendung, als ihr Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entgegenstehen. In einem solchen Falle findet, wenn der Kläger veräußert hat, die Vorschrift des § 236 Abs. 3 Anwendung.
RJA § 237; BRVorl. § 237; RTVorl. § 237. 77. Der § 238 wird aufgehoben.
Vgl. EG-EI Art. 11 § 238; E l l §238; vgl. RJA §§ 236 Abs. 3; 237 Abs. 2; BRVorl.; RTVorl. - Prot. I, S. 12360, 12361 ; Prot. II, Bd. 6, S. 659. 78. Der § 242 [270] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Eine Anfechtung der Entscheidung, daß eine Aenderung der Klage nicht vorliege oder daß die Aenderung zuzulassen sei, findet nicht statt.
RJA § 242; BRVorl. § 242; RTVorl. § 242. 85
Änderungen der Civilprozeßordnung
79. Der § 244 wird aufgehoben. RTKom. 80. Der § 245 [272] Abs. 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Jede Partei hat dem Gegner solche thatsächliche Behauptungen, Beweismittel und Anträge, auf welche derselbe voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, vor der mündlichen Verhandlung mittelst vorbereitenden Schriftsatzes so zeitig mitzutheilen, daß der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag. RTKom. § 245. 81. An die Stelle des § 247 [274] Abs. 2 treten folgende Vorschriften: Als solche Einreden sind nur anzusehen: 1. die Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts, 2. die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs, 3. die Einrede, daß die Entscheidung des Rechtsstreits durch Schiedsrichter zu erfolgen habe, 4. die Einrede der Rechtshängigkeit, 5. die Einrede der mangelnden Sicherheit für die Prozeßkosten, 6. die Einrede, daß die zur Erneuerung des Rechtsstreits erforderliche Erstattung der Kosten des früheren Verfahrens noch nicht erfolgt sei, 7. die Einrede der mangelnden Parteifähigkeit, der mangelnden Prozeßfähigkeit oder der mangelnden gesetzlichen Vertretung. RJA § 247; BRVorl. § 247; RTVorl. § 247. 82. Als § 264 a [292] werden folgende Vorschriften eingestellt: Stellt das Gesetz für das Vorhandensein einer Thatsache eine Vermuthung auf, so ist der Beweis des Gegentheils zulässig, sofern nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch Eideszuschiebung nach Maßgabe der §§ 410 ff. geführt werden. E I-BGB § 198; E II S 264 a; RJA § 264 a; BRVorl. $ 264 a; RTVorl. S 264 a. Prot. II, Bd. 1, S. 2 6 4 " ; Bd. 6, S. 659. 83. Im § 266 [294] Abs. 1 werden die Worte „zur eidlichen Versicherung der Wahrheit der Behauptung" ersetzt durch die Worte: „zur Versicherung an Eidesstatt". RTKom § 266. 84. An die Stelle des § 274 [302] treten folgende Vorschriften: Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung erfolgen. Enthält das Urtheil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urtheils nach Vorschrift des § 292 beantragt werden. Das Urtheil, welches unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergeht, ist in Betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurtheil anzusehen. In Betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergiebt, daß der 22
86
Vgl. Jakobs/Schubert,
Allg. Teil, S. 1244.
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urtheil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und über die Kosten anderweit zu entscheiden. Der Kläger ist zum Ersätze des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Der Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreite geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. E G - E I Art. 11 § 274; vgl. E I-BGB § 248; Ε II § 274; RJA § 274; BRVorl. § 274; RTVorl. S 274. - Prot. I, S. 1 2 3 6 1 - 1 2 3 6 3 ; Prot. II, Bd. 2, S. 671 ff., 717 ff. 23 ; Bd. 6, S. 659 f. 85. Als § 276 a [305] werden folgende Vorschriften eingestellt: Durch die Geltendmachung der dem Erben nach den §§ 2014, 2015 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Einreden wird eine unter dem Vorbehalte der beschränkten Haftung ergehende Verurtheilung des Erben nicht ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für die Geltendmachung der Einreden, die im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft dem überlebenden Ehegatten nach dem § 1489 Abs. 2 und den §§ 2014, 2015 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehen. E II S 276 a; RJA $ 276 a; BRVorl. § 276 a; RTVorl. § 276 a. - Prot. II, Bd. 5, S. 784 ff., 792 ff. 24 ; Bd. 6, S. 294 f. 25 , 661, 664. 86. An die Stelle des § 282 [311] Abs. 1 Satz 2 tritt folgende Vorschrift: Versäumnißurtheile, Urtheile, welche auf Grund eines Anerkenntnisses erlassen werden, sowie Urtheile, welche die Folge der Zurücknahme der Klage oder des Verzichts auf den Klaganspruch oder welche den Eintritt der in einem bedingten Endurtheil ausgedrückten Folgen aussprechen, können verkündet werden, auch wenn die Urtheilsformel noch nicht schriftlich abgefaßt ist. RTKom. S 282. 87. Im § 284 [313] Nr. 1 werden die Worte „der Parteien und ihrer gesetzlichen Vertreter" ersetzt durch die Worte : „der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozeßbevollmächtigten". RJA § 284; BRVorl. § 284; RTVorl. § 284. 88. Der § 287 [316] erhält folgenden Abs. 2: Der Gerichtsschreiber hat auf dem Urtheile den Tag des Aushangs zu bemerken und diese Bemerkung zu unterschreiben. RTKom. § 287. 89. Der § 291 [320] Abs. 2 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Die Frist beginnt mit dem Tage des Aushangs des Verzeichnisses, in welches das Urtheil eingetragen ist, falls jedoch das Urtheil innerhalb zweier Monate seit diesem Tage zugestellt wird, mit der Zustellung des Urtheils. Der Antrag kann schon vor dem Beginne der Frist gestellt werden. RTKom. § 291. 23 24 25
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 851 unter o. Vgl. hierzu die Quellen zu den §§ 1975 ff. BGB (Erbrecht I). Der Antrag unter X X I . in Prot. II, Bd. 6, S. 294 f. stammt von Jacubezky (Nr. 83,1 der Revisionsanträge).
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Änderungen der Civilprozeßordnung 90. An die Stelle des § 293 [322] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: H a t der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, daß die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrags, für welchen die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig. E G - E I Art. 11 § 293; vgl. E I-BGB § 191 ; E II § 293; R J A § 293; BRVorl. § 293; R T K o m . § 2 9 3 . - Prot. I, S. 12365, 12366; Prot. II, Bd. 1, S. 253ff. 2 6 ; Bd. 6, S. 142 f. 2 7 ,660. 91. Hinter § 293 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 293 a [323]. Tritt im Falle der Verurtheilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen eine wesentliche Aenderung derjenigen Verhältnisse ein, welche für die Verurtheilung zur Entrichtung der Leistungen, für die Bestimmung der H ö h e der Leistungen oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren, so ist jeder Theil berechtigt, im Wege der Klage eine entsprechende Abänderung des Urtheils zu verlangen. Die Klage ist nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf welche sie gestützt wird, erst nach dem Schlüsse der mündlichen Verhandlung, in der eine Erweiterung des Klagantrags oder die Geltendmachung von Einwendungen spätestens hätte erfolgen müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können. Die Abänderung des Urtheils darf nur für die Zeit nach Erhebung der Klage erfolgen. E I-BGB
724 Art. 6 , 1 4 9 3 ; E II § 293 b; R J A § 293 a ; BRVorl. § 293 a ; RTVorl.
§ 293 a. - Prot. II, Bd. 2, S. 621 f., 624 f. 28 ; Bd. 6, S. 660.
§ 293 b [324]. Ist bei einer nach den §§ 843 — 845 oder nach den §§ 1578 — 1582 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Verurtheilung zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urtheile bestimmten Sicherheit verlangen. Vgl. E I - B G B § 724 Abs. 6; E II § 293 c; R J A § 293 b; BRVorl. § 293 b; RTVorl.
§ 293 b. - Prot. II, Bd. 2, S. 621 f.29; Bd. 6, S. 663.
§ 293 c [325]. Das rechtskräftige Urtheil wirkt für und gegen die Parteien und diejenigen Personen, welche nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, daß eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. Betrifft das Urtheil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Veräußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch 26 27
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Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 1233 f. Der Antrag unter XI. in Prot. II, Bd. 6, S. 142 f. zu Ziff. 1 stammt von Börner (Nr. 5,7), Ziff. 2 von Jacubezky (Nr. 21,3 der Revisionsanträge). Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 1069 ff. Vgl.Fn. 28.
Änderungen der Civilprozeßordnung
dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht gekannt hat. Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urtheil nur dann, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermine vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist. E I-BGB S 192; E II § 293 d; ZVG-BRVorl. § 293 d; ZVG-BRVorl. §§ 238a, 293 d; RJA § 293 c; BRVofl. $ 293 c; RTVorl. § 293 c. - Prot. II, Bd. 1, S. 254; 257f. 30 ; Bd. 6, S. 663 f. § 293 d [326]. Ein Urtheil, das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen gegen den Vorerben als Erben gerichteten Anspruch oder über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand ergeht, wirkt, sofern es vor dem Eintritte der Nacherbfolge rechtskräftig wird, für den Nacherben. Ein Urtheil, das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand ergeht, wirkt auch gegen den Nacherben, sofern der Vorerbe befugt ist, ohne Zustimmung des Nacherben über den Gegenstand zu verfügen. E I-BGB $ 1830; E II § 293 e; RJA § 293 d; BRVorl. § 293 d; RTVorl. § 293 d; Prot. II, Bd. 5, S. 13031; Bd. 6, S. 661 f., 664. § 293 e [327]. Ein Urtheil, das zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten Uber ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht ergeht, wirkt für und gegen den Erben. Das Gleiche gilt von einem Urtheile, welches zwischen einem Testamentsvollstrekker und einem Dritten über einen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch ergeht, wenn der Testamentsvollstrecker zur Führung des Rechtsstreits berechtigt ist. E II S 293 f; RJA § 293 e; BRVorl. § 293 e; RTVorl. § 293 e. S. 289 ff. 32 ; 532 ff. 33
Prot. II, Bd. 5,
§ 293 f [328]. Die Anerkennung des Urtheils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: 1. wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshülfe zugestellt ist; 3. wenn in dem Urtheile zum Nachteil einer deutschen Partei von den Vorschriften des Artikel 13 Abs. 1, 3 oder der Artikel 17, 18, 22 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch oder von der Vorschrift des auf den Artikel 13 Abs. 1 bezüglichen Theiles des Artikel 27 desselben Gesetzes oder im Falle des Artikel 9 Abs. 3 zum Nachtheile der Ehefrau eines für todt erklärten Ausländers von der Vorschrift des Artikel 13 Abs. 2 abgewichen ist;
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Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 1234. Der Antrag unter XIV. in Prot. II, Bd. 5, S. 130 stammt von Börner (Nr. 1,44 zum Erbrecht). Vgl. die Quellen zu den §§ 2212, 2213 BGB; der Antrag in Prot. II, Bd. 5, S. 287 unter 1 b stammt von Börner (Nr. 23,38 zum Erbrecht). Die unter XI. aufgeführten Anträge in Prot. II, Bd. 5, S. 532 f. stammen von Börner (Nr. 138, 1—2 zum Erbrecht). 89
Änderungen der Civilprozeßordnung
4. wenn die Anerkennung des Urtheils gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde; 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Die Vorschrift der Nr. 5 steht der Anerkennung des Urtheils nicht entgegen, wenn das Urtheil einen nicht vermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inlande nicht begründet war. E II § 293 g; RJA § 293 f; BRVorl. § 293 f; RTVorl. § 293 f. S. 86 ff. 3 4 ; 228 f., 662, 664.
Prot. II, Bd. 6,
92. Der § 340 [375] Abs. 2 erhält folgenden Zusatz: Das Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses. RJA § 340; BRVorl. § 340; RTVorl. § 340. 93. Im § 342 [377] Abs. 2 erhält die Nr. 2 folgende Fassung: 2. den Gegenstand der Vernehmung; RTKom. § 342. 94. An die Stelle des § 345 [380] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Im Falle wiederholten Ausbleibens ist die Strafe noch einmal zu erkennen, auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden. BRVorl. S 345; RTVorl. § 345. 95. Der § 346 [381] Abs. 1 Satz 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Verurtheilung in Strafe und Kosten sowie die Anordnung der zwangsweisen Vorführung unterbleiben, wenn das Ausbleiben des Zeugen genügend entschuldigt ist. RTKom. § 346. 96. An die Stelle des § 371 [406] Abs. 3 tritt folgende Vorschrift: Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eidesstatt darf die Partei nicht zugelassen werden. RTKom. § 371. 97. Der § 387 [422] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann. E l l § 387; RJA § 387; BRVorl. § 387; RTVorl. § 387. — Prot. II, Bd. 2, S. 771 ff. 3 5 ; Bd. 6, S. 664. 98. An die Stelle des § 391 [426] Abs. 3 tritt folgende Vorschrift: Auf die Leistung des Eides durch Streitgenossen, gesetzliche Vertreter und die im § 435 Abs. 2, 3 bezeichneten Personen finden die Vorschriften der §§ 434—436 entsprechende Anwendung. RJA § 391 ; BRVorl. § 391 ; RTVorl. § 391. 99. An die Stelle des § 430 treten folgende Vorschriften: § 430 [465]. Erscheint der Schwurpflichtige in dem zur Eidesleistung bestimmten 34 35
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Vgl. im vorliegenden Band, S. 298. Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 750 ff.
Änderungen der Civilprozeßordnung Termine nicht, so ist auf Antrag der Eid als verweigert anzusehen und zur Hauptsache zu verhandeln. § 430 a [466]. Der Schwurpflichtige kann die Folge der Versäumung des zur Eidesleistung bestimmten Termins dadurch beseitigen, daß er nachträglich bei dem Gerichte die Abnahme des Eides beantragt. Der Antrag ist nur innerhalb der Nothfrist von einer Woche nach dem Termine zulässig; er kann zum Protokolle des Gerichtsschreibers erfolgen. § 430 b [467]. Gilt der Eid in Folge der Versäumung des Termins als verweigert, so ist, falls auf die Verhandlung in der Hauptsache ein Urtheil oder ein Beweisbeschluß ergeht, diese Entscheidung in einem besonderen, über eine Woche hinaus anzusetzenden Termine zu verkünden; für den Fall, daß die Abnahme des Eides rechtzeitig beantragt wird, ist der Termin zur Eidesleistung und zur weiteren mündlichen Verhandlung bestimmt. Hat die Verhandlung die Erlassung eines Urtheils oder eines Beweisbeschlusses nicht zur Folge, so ist, wenn die Abnahme des Eides rechtzeitig beantragt wird, der nächste Termin zur mündlichen Verhandlung auch zur Eidesleistung bestimmt. Ist die Abnahme des Eides einem Mitgliede des Prozeßgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist, wenn der Schwurpflichtige in dem Termine nicht erscheint, jedoch innerhalb der Nothfrist die Abnahme des Eides beantragt, zu diesem Zwecke ein neuer Termin anzuberaumen. § 430 c [468]. Erscheint der Schwurpflichtige auch in dem zweiten zur Eidesleistung bestimmten Termine nicht, so ist ein nochmaliger Antrag auf Abnahme des Eides nicht zulässig. RJA §§ 4 3 0 - 4 3 0 b; BRVorl. §§ 4 3 0 - 4 3 0 c; RTVorl. §§ 4 3 0 - 4 3 0 c. 100. Im § 431 [469] Satz 2 wird das Wort „Eidesform" ersetzt durch das Wort: „Eidesnorm". BRVorl. S 431 ; RTVorl. §431. 101. An die Stelle des § 435 [473] Abs. 2 treten folgende Vorschriften: Minderjährigen, welche das sechzehnte Lebensjahr vollendet haben, sowie Volljährigen, welche wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt sind, kann über Thatsachen, die in Handlungen derselben bestehen oder Gegenstand ihrer Wahrnehmung gewesen sind, der Eid zugeschoben oder zurückgeschoben werden, sofern dies von dem Gericht auf Antrag des Gegners nach den Umständen des Falles für zulässig erklärt wird. Das Gleiche gilt von einer prozeßfähigen Partei, die in dem Rechtsstreite durch einen Pfleger vertreten wird. Auf Volljährige, welche unter vorläufige Vormundschaft gestellt sind, finden in Betreff der Zuschiebung oder Zurückschiebung des Eides diejenigen Vorschriften Anwendung, welche nach Abs. 1, 2 bei eingetretener Entmündigung gelten. EG-E I Art. 11 § 435; Ε II § 435; RJA § 435; BRVorl. § 435; RTVorl. § 435. Prot. I, S. 12367—12369; Prot. II, Bd. 4, S. 858 f. 36 ; Bd. 6, S. 664.
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102. Der §§ 441 [479] und der § 444 [482] erhalten am Schlüsse folgenden Zusatz: Das Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses. RJA Κ 441, 444; BRVorl. §§441, 444; RTVorl. §§441, 444. 36
Vgl. Fn. 8 (§ 51 a ZPO). 91
Änderungen der Civilprozeßordnung
103. Als § 449 a [488] werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Beweisaufnahme kann, auch ohne daß die Voraussetzungen des § 447 vorliegen, beantragt werden, wenn Mängel einer Sache oder eines Werkes festzustellen sind, aus denen ein Recht gegen den Gegner hergeleitet werden soll, oder wenn der Zustand eines Gutes festzustellen ist, für dessen Beweis ein Kommissionär, Spediteur, Lagerhalter oder Frachtführer zu sorgen verpflichtet ist. Hat der Erwerber einer Sache dem Veräußerer einen Mangel angezeigt oder die Annahme der Sache wegen Mangelhaftigkeit abgelehnt, so kann auch der Veräußerer die Beweisaufnahme nach Maßgabe des Abs. 1 beantragen. In gleicher Weise ist der Unternehmer eines Werkes zu dem Antrage berechtigt, wenn der Besteller ihm einen Mangel angezeigt oder die Abnahme des Werkes wegen Mangelhaftigkeit verweigert hat. E I - B G B §S 402 Satz 3, 4, 403; E l l S 449 a; RJA S 449 a; BRVorl. S 449 a; R T V o r l . S 449 a. - P r o t . II, Bd. 1, S. 735 ff., 73 9 3 7 ; Bd. 2, S. 3 1 3 3 8 ; Bd. 6, S. 665.
104. Der § 458 [497] wird durch folgende Vorschrift ersetzt! Nach erfolgter Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung hat der Gerichtsschreiber für die Zustellung der Klage Sorge zu tragen, sofern nicht der Kläger in der Klageschrift oder dem Protokoll erklärt hat, dieses selbst thun zu wollen. RJA S 458 ; BRVorl. $ 458; R T V o r l . $ 458.
105. Im § 462 [501] werden vor dem Schlußworte „soll" die Worte eingeschaltet: „oder wenn die Klage oder der Einspruch zurückgenommen werden". BRVorl. S 462; R T V o r l . S 462.
106. An die Stelle des § 467 [506] treten folgende Vorschriften: Wird in einem bei dem Amtsgericht anhängigen Prozesse durch Widerklage oder durch Erweiterung des Klagantrags (§ 240 Nr. 2, 3) ein Anspruch erhoben, welcher zur Zuständigkeit der Landgerichte gehört, oder wird in Gemäßheit des § 253 die Feststellung eines Rechtsverhältnisses beantragt, für welches die Landgerichte zuständig sind, so hat das Amtsgericht, sofern eine Partei vor weiterer Verhandlung zur Hauptsache darauf anträgt, durch Beschluß seine Unzuständigkeit auszusprechen und den Rechtsstreit an das Landgericht zu verweisen. Eine Anfechtung des Beschlusses, durch welchen dem Antrag entsprochen wird, findet nicht statt; mit der Verkündung des Beschlusses gilt der Rechtsstreit als bei dem Landgericht anhängig. Die im Verfahren vor dem Amtsgericht erwachsenen Kosten werden als Theil der bei dem Landgericht erwachsenden Kosten behandelt. R T K o m . S 467.
107. Der § 469 [508] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Vorschriften des § 233 Abs. 2, des § 269 und der §§ 313—319 finden auf das Verfahren vor den Amtsgerichten keine Anwendung. RJA $ 469; BRVorl. S 469; R T V o r l . S 469.
108. An die Stelle des § 470 [509] treten folgende Vorschriften: Anträge, sowie die Erklärungen über Annahme oder Zurückschiebung zugeschobener Eide sind durch das Sitzungsprotokoll festzustellen; anstatt der Feststellung genügt die Bezugnahme auf den Inhalt eines vorbereitenden Schriftsatzes. 37 38
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Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 242 f. Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 866 f.
Änderungen der Civilprozeßordnung Sonstige Erklärungen einer Partei, insbesondere Geständnisse, sind durch das Protokoll insoweit festzustellen, als das Gericht bei dem Schlüsse der mündlichen Verhandlung die Feststellung für angemessen erachtet. RJA S 470; BRVorl. § 470; RTVorl. S 470. 109. Der § 479 [518] erhält folgenden Abs. 3: Bei der Einreichung der Berufungsschrift zum Zwecke der Terminsbestimmung soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urtheils, gegen welches die Berufung sich richtet, dem Berufungsgerichte vorgelegt werden. RTKom. § 479. 110. Der § 484 wird aufgehoben. RTKom. Nr. 97 a. 111. Der § 489 [527] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Eine Aenderung der Klage ist nur mit Einwilligung des Gegners statthaft. R J A § 489; BRVorl. § 489; RTVorl. § 489. 112. Der § 490 [528] Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Das Gleiche gilt, wenn bei vermögensrechtlichen Ansprüchen für die Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist, von der Einrede der Unzuständigkeit des Gerichts, sofern der Beklagte in erster Instanz zur Hauptsache mündlich verhandelt hat; eine Prüfung der Zuständigkeit von Amtswegen findet nicht statt. RTKom. § 490. 113. An die Stelle des § 4 9 1 [529] Abs. 2 treten folgende Vorschriften: Neue Ansprüche dürfen, abgesehen von den Fällen des § 240 Nr. 2, 3, nur mit Einwilligung des Gegners erhoben werden. Macht der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend, so ist die hierauf gegründete Einwendung zurückzuweisen, wenn nicht der Kläger in die Geltendmachung einwilligt oder der Beklagte glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden außer Stande gewesen ist, die Aufrechnung in erster Instanz geltend zu machen. Im Falle der Zurückweisung finden die Vorschriften der §§ 502, 503 Anwendung. EG-E I Art. 11 § 491 ; Ε II $ 491 ; R J A § 491 ; BRVorl. § 491 ; RTVorl. § 491. — Prot. I, S. 12369—12371 ; Prot. II, Bd. 6, S. 665. 114. Im § 500 [538] wird die Nr. 3 durch folgende Vorschrift ersetzt: 3. wenn im Falle eines nach Grund und Betrag streitigen Anspruchs durch das angefochtene Urtheil über den Grund des Anspruchs vorab entschieden oder die Klage abgewiesen ist; BRVorl. § 500; RTVorl. § 500. 115. Der § 503 [541] Abs. 2 erhält folgenden Zusatz: Die Erstattungspflicht des Klägers bestimmt sich nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen; die mit der Rechtshängigkeit nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts verbundenen Wirkungen treten mit der Zahlung oder Leistung auch dann ein, wenn der Antrag nicht gestellt wird. 93
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
Vgl. E I-BGB § 746; E II S 503; RJA § 503; BRVorl. § 503; RTVorl. § 503.
Prot. II, Bd. 2, S. 717 ff. 39 ; Bd. 6, S. 667.
-
116. An die Stelle des § 508 [546] Abs. 3 tritt folgende Vorschrift: Der Revisionskläger hat diesen Werth glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eidesstatt darf er nicht zugelassen werden. RJA § 508; BRVorl. § 508; RTVorl. S 508. 117. Der § 515 [553] erhält folgenden Abs. 2: Bei der Einreichung der Revisionsschrift zum Zwecke der Terminsbestimmung soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des Urtheils, gegen welches die Revision sich richtet, dem Revisionsgerichte vorgelegt werden. RTKom. § 515. 118. Der §518 [556] erhält folgenden Zusatz: Dem Revisionskläger sind die Revisionsanträge und deren Begründung nach Maßgabe des § 516 mitzutheilen. RTKom. §518. 119. Der § 519 wird aufgehoben. RTKom. § 519 (Nr. 103 b). 120. Im § 528 [565] treten an die Stelle der Abs. 1, 2 folgende Vorschriften: Im Falle der Aufhebung des Urtheils ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Die Zurückverweisung kann an einen anderen Senat des Berufungsgerichts erfolgen. Das Berufungsgericht hat die rechtliche Beurtheilung, welche der Aufhebung zu Grunde gelegt ist, auch seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. RJA § 528 ; § 528 a; § 528 b; BRVorl. §§ 528 ; 528 a - b ; RTVorl. § 528. 121. Der § 529 [566] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die für die Berufung geltenden Vorschriften über die Anfechtbarkeit der Versäumnißurtheile, über die Verzichtleistung auf das Rechtsmittel und die Zurücknahme desselben, über die Vertagung der mündlichen Verhandlung, über die Verhandlung prozeßhindernder Einreden, über die Prüfung der Zuständigkeit des Gerichts und der Zulässigkeit des Rechtsmittels, über den Vortrag der Parteien bei der mündlichen Verhandlung und über die Einforderung und Zuriicksendung der Prozeßakten finden auf die Revision entsprechende Anwendung. RJA § 529; BRVorl. § 529; RTVorl. S 529. 122. Der § 530 [567] erhält folgenden Abs. 2: Gegen die in Betreff der Prozeßkosten erlassenen Entscheidungen der Oberlandesgerichte ist die Beschwerde nur zulässig, wenn die Beschwerdesumme den Betrag von einhundert Mark übersteigt. RJA § 530; BRVorl. § 530; RTVorl. § 530. 123. Im § 531 [568] erhält der Abs. 2 folgende Fassung: Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist, soweit nicht in derselben ein neuer selbständiger Beschwerdegrund enthalten ist, eine weitere Beschwerde nicht zulässig. Als Abs. 3, 4 werden folgende Vorschriften hinzugefügt: Entscheidungen der Landgerichte in Betreff der Prozeßkosten unterliegen einer weiteren Beschwerde nur, wenn die Beschwerdesumme den Betrag von fünfzig Mark 39 Vgl. Jakobs/Schubert,
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Schuldrecht III, S. 851.
Änderungen der Civilprozeßordnung
übersteigt; auf die weitere Beschwerde gegen die Entscheidung der Oberlandesgerichte findet die Vorschrift des § 530 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Gegen die Entscheidungen der Oberlandesgerichte über das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde findet eine weitere Beschwerde nicht statt. RJA § 531 ; BRVorl. § 531; RTVorl. § 531. 124. An die Stelle des § 535 [572] Abs. 1 tritt folgende Vorschrift: Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen eine der in den §§ 101 a, 345, 355,374, 579, 599 a, 619 erwähnten Entscheidungen gerichtet ist. RJA § 535; BRVorl. § 535; RTVorl. § 535. 125. Der § 536 [573] Abs. 2 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Ordnet das Gericht eine schriftliche Erklärung an, so kann die Abgabe derselben durch einen Anwalt erfolgen, der bei dem Gerichte zugelassen ist, von welchem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist. In den Fällen, in welchen die Beschwerde zum Protokolle des Gerichtsschreibers eingelegt werden darf, kann auch die Erklärung zum Protokolle des Gerichtsschreibers abgegeben werden. BRVorl. § 536; RTVorl. § 536. 126. An die Stelle des § 540 [577] Abs. 3 tritt folgende Vorschrift: Das Gericht darf nur in den Fällen des § 97 a Abs. 1 und des § 99 Abs. 4 seine Entscheidung gemäß der Vorschrift des § 534 abändern; zu einer weiteren Aenderung der auf Grund dieser Vorschrift erlassenen Entscheidung ist es nicht befugt. RJA § 540; BRVorl. § 540; RTVorl. § 540. 127. Der § 555 [592] erhält folgenden Zusatz: Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstande hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld. Ε II § 555; RJA § 555; BRVorl. § 555; RTVorl. § 555. - Prot. II, Bd. 3, S. 767 40 ; Bd. 6, S. 668. 128. Der § 556 [593] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Die Klage muß die Erklärung enthalten, daß im Urkundenprozesse geklagt werde. Die Urkunden müssen in Urschrift oder in Abschrift der Klage oder einem vorbereitenden Schriftsatze beigefügt werden. Im letzteren Falle muß zwischen der Zustellung des Schriftsatzes und dem Termine zur mündlichen Verhandlung ein der Einlassungsfrist gleicher Zeitraum liegen. RTKom. § 556. 129. Der § 563 [600] Abs. 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Soweit sich in diesem Verfahren ergiebt, daß der Anspruch des Klägers unbegründet war, finden die Vorschriften des § 274 Abs. 4 Satz 2 — 4 Anwendung. Vgl. E I-BGB § 746; E II § 563; RJA § 563; BRVorl. § 563; RTVorl. § 563. Prot. II, Bd. 2, S. 671 ff., S. 717 ff. 41 ; Bd. 6, S. 668.
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130. An die Stelle des § 567 [604] Abs. 2 treten folgende Vorschriften: Die Einlassungsfrist beträgt, wenn die Klage am Sitze des Prozeßgerichts zugestellt wird, minde40
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Der Antrag unter XIV. in Prot. II, Bd. 3, S. 767, Ziff. 2 stammt von Küntzel (Nr. 258,2 zum Sachenrecht). Vgl.Fn.38.
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Änderungen der Civilprozeßordnung
s tens vierundzwanzig Stunden; wenn sie an einem anderen Orte innerhalb des Landgerichtsbezirkes, in welchem das Prozeßgericht seinen Sitz hat, zugestellt wird, mindestens drei Tage; wenn sie an einem anderen deutschen Orte zugestellt wird, mindestens eine Woche. Das Gleiche gilt von der Ladungsfrist, soweit sie nicht nach den allgemeinen Bestimmungen kürzer als die im ersten Satze festgesetzte Einlassungsfrist ist. Auf das Verfahren in den höheren Instanzen finden die Vorschriften des Abs. 2 entsprechende Anwendung. RJA S 567; BRVorl. § 567; RTVorl. § 567. 131. Als § 567 a [605] werden folgende Vorschriften eingestellt: Soweit es zur Erhaltung des wechselmäßigen Anspruchs der rechtzeitigen Protesterhebung nicht bedarf, ist als Beweismittel bezüglich der Präsentation des Wechsels Eideszuschiebung zulässig. Zur Berücksichtigung einer Nebenforderung genügt, daß sie glaubhaft gemacht ist. RJA § 567 a; BRVorl. § 567 a; RTVorl. § 567 a. 132.42 Das sechste Buch erhält folgende Ueberschrift: Ehesachen, Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern. Entmündigungssachen. Ε II Art. 2 Nr. 41 ; RJA; BRVorl.; RTVorl. 133. An die Stelle des § 568 [606] treten folgende Vorschriften! Für die Rechtsstreitigkeiten, welche die Scheidung, Nichtigkeit oder Anfechtung einer Ehe oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien oder die Herstellung des ehelichen Lebens zum Gegenstande haben (Ehesachen), ist das Landgericht, bei welchem der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich zuständig. Ist der Ehemann ein Deutscher und hat er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so kann die Klage bei dem Landgericht erhoben werden, in dessen Bezirk er den letzten Wohnsitz im Inlande hatte; in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes finden die Vorschriften des § 16 Abs. 1 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, sofern der Ehemann im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, in dem Falle, daß der Ehemann die Reichsangehörigkeit verloren, die Ehefrau sie aber behalten hat oder daß beide Ehegatten die Reichsangehörigkeit verloren haben, der Ehemann aber eine andere Staatsangehörigkeit nicht erworben hat. Ist eine Deutsche eine Ehe mit einem Ausländer eingegangen und hat dieser im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so können die Nichtigkeitsklage und die Anfechtungsklage von der Ehefrau bei dem Landgericht erhoben werden, in dessen Bezirke sie den letzten Wohnsitz im Inlande hatte; in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes finden die Vorschriften des § 16 Abs. 1 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, sofern nicht nach Abs. 2 Satz 2 ein Gerichtsstand begründet ist, in dem Falle, daß eine Deutsche eine Ehe mit einem Deutschen eingegangen ist, dieser aber die Reichsangehörigkeit verloren und im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. 42
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Zu den Ziff. 132 bis 161 : Zu Prot. II, Bd. 4, S. 64 ff., 91 f., 99 vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht I, S. 254 ff., 265 ff., 338; zu Prot. II, Bd. 4, S. 43 I f f . , 474 ff. vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht II, S. 119 ff., 232.
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
Sind beide Ehegatten Ausländer, so kann die Scheidungsklage im Inlande nur erhoben werden, wenn das inländische Gericht auch nach den Gesetzen des Staates zuständig ist, dem der Ehemann angehört. EG-E I Art. 11 § 568; Ε II § 568; RJA § 568; BRVorl. § 568; RTVorl. § 568. Prot. I, S. 12374-12379; Prot. II, Bd. 6, S. 669, 790 ff.
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134. Im § 570 [608] wird das Wort „Ehescheidungsklage" ersetzt durch das Wort: „Scheidungsklage". E II § 570; RJA § 570; BRVorl. § 570; RTVorl. § 570. - Prot. II, Bd. 6, S. 672. 135. An die Stelle des § 571 [609] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Bestimmt sich das für die Klage zuständige Landgericht nach den Vorschriften des § 568 Abs. 2, so finden diese Vorschriften auf die Bestimmung des für den Sühnetermin zuständigen Amtsgerichts entsprechende Anwendung. E II § 571; BRVorl. § 571; RTVorl. § 571. S. 672.
Prot. II, Bd. 4, S. 431, 436; Bd. 6,
136. Der § 572 [610] Abs. 2 Satz 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Erscheint der Kläger oder erscheinen beide Parteien im Sühnetermine nicht, so muß der Kläger die Anberaumung eines neuen Sühnetermins beantragen und den Beklagten zu dem Termine laden. E II § 572; RJA § 572; BRVorl. § 572; RTVorl. § 572. - Prot. II, Bd. 4, S. 431, 436; Bd. 6 , S . 672. 137. Hinter § 573 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 573 a [612]. In Ehesachen ist ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Ehegatte prozeßfähig; dies gilt jedoch insoweit nicht, als nach § 1336 Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur sein gesetzlicher Vertreter die Ehe anfechten kann. Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten wird der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Vertreter geführt. Der gesetzliche Vertreter ist jedoch zur Erhebung der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens nicht befugt; zur Erhebung der Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage bedarf er der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. E I-BGB §§ 1254, 1267, 1271, 1276, 1451; E II § 573 a; RJA § 573 a; BRVorl. § 573 a; RTVorl. § 573 a. - Prot. II, Bd. 4,66, 9 1 , 9 9 , 4 3 7 ; Bd. 6, 673. § 573 b [613]. Der Bevollmächtigte des klagenden Ehegatten bedarf einer besonderen, auf den Rechtsstreit gerichteten Vollmacht. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amtswegen zu berücksichtigen. EG-E I Art. 11 § 573 a; E II § 573 b; RJA § 573 b; BRVorl. § 573 b; RTVorl. § 573 b. — Prot. I, S. 12379, 12380, 12384; Prot. II, Bd. 4, S. 64 ff.; Bd. 6, S. 675. 138. Der § 575 [615] Abs. 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens, die Scheidungsklage und die Anfechtungsklage können verbunden werden. EG-E I Art. 11 § 575; E II § 575; RJA § 575; BRVorl. § 575; RTVorl. § 575. Prot. I, S. 12380,12384; Bd. 6, S. 675.
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139. An die Stelle der §§ 576, 577 treten folgende Vorschriften: § 576 [616]. Der Kläger, welcher mit der Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage abgewiesen ist, kann das Recht, die Scheidung zu verlangen oder die Ehe 97
Änderungen der Civilprozeßordnung
anzufechten, nicht mehr auf Thatsachen gründen, welche er in dem früheren Rechtsstreite geltend gemacht hat oder welche er in dem früheren Rechtsstreit oder durch Verbindung der Klagen geltend machen konnte. Das Gleiche gilt im Falle der Abweisung der Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage für den Beklagten in Ansehung der Thatsachen, aufweiche er eine Widerklage zu gründen im Stande war. EG-E I Art. 11 S 576; Ε II § 576; RJA S 576; BRVorl. § 576; RTVorl. § 576. Prot. I, S. 12380 f., 12384,13005 f.; Bd. 6, S. 675 ff.
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§ 577 [617]. Die Vorschrift über die Wirkung eines Anerkenntnisses kommt nicht zur Anwendung. Die Vorschriften über die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Thatsachen oder über die Echtheit von Urkunden, die Vorschriften über den Verzicht der Parteien auf die Beeidigung von Zeugen und Sachverständigen, die Vorschriften über die Wirkung eines gerichtlichen Geständnisses und der Erlassung eines Eides sowie die Vorschriften über die Eideszuschiebung und den Antrag, dem Gegner die Vorlegung einer Urkunde aufzugeben, finden keine Anwendung in Ansehung solcher Thatsachen, welche die Scheidung oder die Anfechtung der Ehe oder das Recht, die Herstellung des ehelichen Lebens zu verweigern, begründen sollen. In einem Rechtsstreite, welcher die Nichtigkeit der Ehe oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, finden die im Abs. 2 bezeichneten Vorschriften sowohl in Ansehung solcher Thatsachen, welche die Nichtigkeit oder das Nichtbestehen der Ehe, als auch in Ansehung solcher Thatsachen keine Anwendung, welche die Gültigkeit oder das Bestehen der Ehe begründen sollen. EG-E I Art. 1 H 577; E II § 577; RJA § 577; BRVorl. § 577; RTVorl. § 577. Prot. I, S 12381 f., 12384; Bd. 6, S. 677 ff.
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140. Der § 578 [618] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Die Vorschrift des § 233 Abs. 2 kommt nicht zur Anwendung. Erscheint der Beklagte in dem auf die Klage zur mündlichen Verhandlung anberaumten Termine nicht, so kann erst in einem neuen, auf Antrag des Klägers zu bestimmenden Termine verhandelt werden. Der Beklagte ist zu jedem Termine, welcher nicht in seiner Gegenwart anberaumt wurde, zu laden. Die Vorschriften der Abs. 2, 3 finden keine Anwendung, wenn der Beklagte durch öffentliche Zustellung geladen, aber nicht erschienen ist. Ein Versäumnißurtheil gegen den Beklagten ist unzulässig. Die Vorschriften der Abs. 2 — 5 finden auf den Widerbeklagten entsprechende Anwendung. RJA § 578; BRVorl. § 578; RTVorl. § 578. 141. An die Stelle des § 580 treten folgende Vorschriften: § 580 [620]. Hat der Kläger die Aussetzung des Verfahrens über eine Scheidungsklage beantragt, so darf das Gericht auf Scheidung nicht erkennen, bevor die Aussetzung stattgefunden hat. Die Aussetzung ist von Amtswegen anzuordnen, wenn die Scheidung auf Grund des § 1568 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beantragt ist und die Aussicht auf Aussöhnung der Parteien nicht ausgeschlossen erscheint. Auf Grund dieser Bestimmungen darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf zwei Jahre angeordnet werden. E II § 580; RJA § 580; BRVorl. § 580; RTVorl. § 580. — Prot. II, Bd. 4, S. 418 ff.; Bd. 6, S. 678. 98
Änderungen der Civilprozeßordnung § 580 a [621]. Die Aussetzung des Verfahrens Uber eine Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens kann das Gericht von Amtswegen anordnen, wenn eine Aussöhnung der Parteien nicht unwahrscheinlich ist. Auf Grund dieser Bestimmung darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf ein Jahr angeordnet werden. Ε II § 580 a; RJA § 580 a; BRVorl. § 580 a; RTVorl. § 580 a. — Prot. II, Bd. 4, S. 418 ff.; Bd. 6 , S . 678. 142. Der § 581 [622] erhält folgenden Abs. 2: Diese Vorschriften finden in einem Rechtsstreite, welcher die Nichtigkeit der Ehe oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, auch zum Zwecke der Ermittelung, ob die Ehe nichtig ist oder nicht besteht, Anwendung. E G - E I Art. 11 § 581; E II § 581; RJA § 581; BRVorl. §581; RTVorl. §581. Prot. I, S. 12382, 12384; Prot. II, Bd. 6, S. 679.
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143. Hinter § 581 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 581 a [623]. Auf Scheidung wegen Geisteskrankheit darf nicht erkannt werden, bevor das Gericht einen oder mehrere Sachverständige über den Geisteszustand des Beklagten gehört hat. E II § 581 a; RJA § 581 a; BRVorl. § 581 a; RTVorl. § 581 a. S. 428 f.; Bd. 6 , S . 677, 679.
Prot. II, Bd. 4,
§ 581 b [624]. Wird wegen Ehebruchs auf Scheidung erkannt und ergiebt sich aus den Verhandlungen, mit welcher Person der Ehebruch begangen worden ist, so ist diese Person in dem Urtheile festzustellen. E I-BGB § 1450; E II § 581 b; RJA §581 b; BRVorl. § 581 b; RTVorl. § 581 b. Prot. I, S. 7341 ff. (FamR II, S. 33); Prot. II, Bd. 4, S. 437; Bd. 6, S. 479. 144. Der § 582 [625] wird durch folgende Vorschrift ersetzt! Urtheile, durch welche auf Scheidung oder Nichtigkeit der Ehe erkannt ist, sind von Amtswegen zuzustellen. EG-E I Art. 11 § 582; vgl. auch E I-BGB §§ 1255, 1267, 1463; E II § 582; RJA § 582; BRVorl. § 582; RTVorl. § 582. - Prot. I, S. 12383 f.; Prot. II, Bd. 4, S. 66 f., 451; Bd. 6 , S . 679 f. 145. An die Stelle des § 584 [627] treten folgende Vorschriften·. Hat der Rechtsstreit die Scheidung, Nichtigkeit oder Anfechtung der Ehe zum Gegenstande, so kann das Gericht auf Antrag eines der Ehegatten durch einstweilige Verfügung für die Dauer des Rechtsstreits das Getrenntleben der Ehegatten gestatten, die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten nach Maßgabe des § 1361 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ordnen, wegen der Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, soweit es sich nicht um die gesetzliche Vertretung handelt, Anordnungen treffen und die Unterhaltspflicht der Ehegatten den Kindern gegenüber im Verhältnisse der Ehegatten zu einander regeln. Die einstweilige Verfügung ist zulässig, sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung oder im Falle einer Scheidungsklage der Termin zum Sühneversuche bestimmt oder im Wege der Widerklage die Scheidung beantragt oder die Ehe angefochten ist. Von der einstweiligen Verfügung hat das Prozeßgericht, wenn ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind der Ehegatten vorhanden ist, dem Vormundschaftsgerichte Mittheilung zu machen. 99
Änderungen der Civilprozeßordnung
Im Uebrigen gelten für die einstweilige Verfügung die Bestimmungen der §§ 8 1 5 - 8 2 2 . E I - B G B , §§ 1255, 1267, 1462, 1463; E l l § 584; RJA § 584; BRVorl. § 584, RTVorl. § 584. - Prot. II, Bd. 4, S. 66 f., 451 ; Bd. 6, S. 680. 146. Hinter § 584 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 584 a [628]. Stirbt einer der Ehegatten vor der Rechtskraft des Urtheils, so ist der Rechtsstreit in Ansehung der Hauptsache als erledigt anzusehen. EG-E I Art. 11 § 584 a; Ε II § 584 a; RJA § 584a; BRVorl. § 584 a; RTVorl. § 584 a. - Prot. I, S. 12383 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 681. § 584 b [629]. Das auf eine Nichtigkeitsklage oder eine Anfechtungsklage ergehende Urtheil wirkt, sofern es bei Lebzeiten beider Ehegatten rechtskräftig wird, für und gegen Alle. Ist jedoch die Nichtigkeitsklage auf Grund des § 1326 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erhoben, so wirkt das Urtheil, durch welches sie abgewiesen wird, gegen den Dritten, mit dem die frühere Ehe geschlossen war, nur dann, wenn er an dem Rechtsstreite Theil genommen hat. Diese Vorschriften gelten auch für ein Urtheil, durch welches das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe festgestellt wird. E I - B G B §§ 1256, 1269, 1271; E l l § 584 b; RJA § 584 b; BRVorl. § 584 b; RTVorl. § 584 b. - Prot. II, Bd. 4, S. 67, 92 f.; Bd. 6, S. 681. § 584 c [630], Nach dem Eintritte der Rechtskraft des Urtheils hat das Prozeßgericht, wenn ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind der Ehegatten vorhanden ist, dem Vormundschaftsgerichte Mittheilung zu machen. E I-BGB § 1463; E II § 584 c; RJA § 584 c; BRVorl. § 584 c; RTVorl. § 584 c. Prot. I, S. 7407, 7411, 7415, 7424 f. (FamR II, S. 60 ff.); Prot. II, Bd. 4, S. 67; 451 f.; Bd. 6, S. 679 f. 147. An die Stelle des § 586 [632] Abs. 1 treten folgende Vorschriften: Die Klage kann von jedem der Ehegatten sowie von dem Staatsanwalt erhoben werden, im Falle des § 1326 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch von dem Dritten, mit dem die frühere Ehe geschlossen war. Im Uebrigen kann die Klage von einem Dritten nur erhoben werden, wenn für ihn von der Nichtigkeit der Ehe ein Recht oder von der Gültigkeit der Ehe eine Verpflichtung abhängt. E I-BGB § 1253; E II § 586; RJA § 586; BRVorl. § 586; RTVorl. § 586. - Prot. I, S. 5964 ff. (FamR I, S. 154 ff.); Prot. II, Bd. 4, S. 64 ff.; Bd. 6, S. 681 f. 148. Der § 587 [633] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Mit der Nichtigkeitsklage kann nur eine Klage auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien verbunden werden. Eine Widerklage ist nur statthaft, wenn sie eine Nichtigkeitsklage oder eine Feststellungsklage der im Abs. 1 bezeichneten Art ist. EG-E I Art. 11 § 587; E II § 587; RJA § 587; BRVorl. § 587; RTVorl. § 587. Prot. I, S. 11383 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 682.
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149. Der § 588 wird aufgehoben. E II Art. 2 Nr. 59; RJA; BRVorl.; RTVorl. - Prot. II, Bd. 6, S. 682 (vgl. § 1329 BGB). 100
Änderungen der Civilprozeßordnung
150. Als § 589 a [635] wird folgende Vorschrift eingestellt: Das Versäumnißurtheil gegen den im Termine zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Kläger ist dahin zu erlassen, daß die Klage als zurückgenommen gelte. EG-E I Art. 11 § 589 a; Ε II § 589 b; RJA § 589 a; BRVorl. § 589 a; RTVorl. S 589 a. - Prot. I, S. 12383 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 682. 151. Als § 591 a [638] wird folgende Vorschrift eingestellt: Die Vorschriften der §§ 587, 589 a finden auf die Klage, welche die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, entsprechende Anwendung. EG-E I Art. 11 § 591 a; E II § 591 a; RJA § 591 a; BRVorl. § 591 a; RTVorl. § 591 a. — Prot. I, S. 12384; Prot. II, Bd. 6, S. 682. 152. An die Stelle des § 592 [639] tritt folgende Vorschrift: Im Sinne dieses Abschnitts ist unter Scheidung auch die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft zu verstehen. EG-E I Art. 11 § 592; vgl. E II Art. 2 Nr. 62; RJA S 592; BRVorl. § 592; RTVorl. § 592. — Prot. I, S. 12384; Prot. II, Bd. 6, S. 682 f. 153. Hinter § 592 werden unter der folgenden Ueberschrift die nachstehenden Vorschriften eingestellt: Zweiter Abschnitt Verfahren in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern zum Gegenstande haben. 592 a [640]. Auf einen Rechtsstreit, der die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften der S S 569, 573 b, des § 577 Abs. 1, 3 und der SS 578, 579, 581, 582, 583, 584 a, 589 a entsprechende Anwendung. Mit einer der im Abs. 1 bezeichneten Klagen kann eine Klage anderer Art nicht verbunden werden. Eine Widerklage anderer Art kann nicht erhoben werden. EG-E I Art. 11 § 627 c; E II § 592 a; RJA § 592 a; BRVorl. § 592 a; RTVorl. § 592 a. - Prot. I, S. 12402-12404; Prot. II, Bd. 4, S. 476; Bd. 6, S. 683 ff. S 592 b [641]. Wird die Ehelichkeit eines Kindes oder die Anerkennung der Ehelichkeit von dem Ehemanne der Mutter durch Erhebung der Anfechtungsklage angefochten, so finden die Vorschriften der SS 569, 573 b, des S 577 Abs. 1, 2, der S S 578, 579, des S 581 Abs. 1 und der § S 582, 583, 584 a entsprechende Anwendung. Der Ehemann ist prozeßfähig, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Für einen geschäftsunfähigen Ehemann wird der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Vertreter geführt; der gesetzliche Vertreter kann die Anfechtungsklage nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erheben. Mit der einen Anfechtungsklage kann nur die andere Anfechtungsklage verbunden werden. Eine Widerklage kann nicht erhoben werden. Vgl. EG-E I Art. 11 SS 627 a, 627 b; E II § 592 b; RJA § 592 b; BRVorl. § 592 b; RTVorl. S 592 b. - Prot. I, S. 12402-12404; Prot. II, Bd. 4, S. 474 ff.; Bd. 6, S. 683 ff. 101
Änderungen der Civilprozeßordnung § 592 c [642]. Ist in den Fällen der §§ 592 a, 592 b der Beklagte ein Deutscher und hat er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so kann die Klage bei dem Landgericht erhoben werden, in dessen Bezirk er den letzten Wohnsitz im Inlande hatte; in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes finden die Vorschriften des § 16 Abs. 1 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, sofern der Beklagte im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, in dem Falle, daß der Beklagte die Reichsangehörigkeit verloren, der Kläger sie aber behalten hat oder daß beide Parteien die Reichsangehörigkeit verloren haben, der Beklagte aber eine andere Staatsangehörigkeit nicht erworben hat. Ε II § 592 c; RJA S 592 c; BRVorl. § 592 c; RTVorl. S 592 c. S. 685 f.
Prot. II, Bd. 6,
§ 592 d [643]. In den Fällen der §§ 592 a, 592 b wirkt das Urtheil, sofern es bei Lebzeiten der Parteien rechtskräftig wird, für und gegen Alle. Ein Urtheil, welches das Bestehen des Eltern- und Kindesverhältnisses oder der elterlichen Gewalt feststellt, wirkt jedoch gegenüber einem Dritten, welcher das elterliche Verhältnis oder die elterliche Gewalt für sich in Anspruch nimmt, nur dann, wenn er an dem Rechtsstreite Theil genommen hat. E I-BGB §§ 1477, 1632; E II § 592 d; RJA § 592 d; BRVorl. § 592 d; RTVorl. S 592 d. — Prot. II, Bd. 4, S. 476; 742; Bd. 6, S. 683 ff. § 592 e [644]. Die Vorschriften der §§ 592 a—592 d gelten nicht für einen Rechtsstreit, der die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat. EG-E I Art. 11 § 627 c Abs. 3; E I-BGB § 1632 Abs. 2; E II § 592 e; RJA: - ; BRVorl.: - ; RTVorl. § 592 e. - Prot. I, S. 12402-12404; Prot. II, Bd. 4, S. 742; Bd. 6, S. 683 ff. 154. In der Ueberschrift vor dem § 593 treten an die Stelle der Worte „Zweiter Abschnitt" die Worte : „Dritter Abschnitt". E II Art. 2 Nr. 65 ; RJA; BRVorl.; RTVorl. 155. Der § 593 [645] Abs. 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder wegen Geistesschwäche erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts. EG-E I Art. 11 § 593; E II § 593; RJA § 593; BRVorl. § 593; RTVorl. § 593. Prot. I, S. 12384 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 686, 691 f. 156. Der § 594 wird gestrichen. Vgl. EG-EI Art. 11 § 594; E l l § 594; RJA; BRVorl.; RTVorl. S. 12385 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 686 f. Vergi. § 648 ZPO.
Prot. I,
157. An die Stelle des § 595 [646] Abs. 1 treten folgende Vorschriften: Der Antrag kann von dem Ehegatten, einem Verwandten oder demjenigen gesetzlichen Vertreter des zu Entmündigenden gestellt werden, welche die Sorge für die Person zusteht. Gegen eine Person, die unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, kann der Antrag von einem Verwandten nicht gestellt werden. Gegen eine Ehefrau kann der Antrag von einem Verwandten nur gestellt werden, wenn auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erkannt ist oder wenn der Ehemann die Ehefrau verlassen hat oder wenn der Ehemann zur Stellung des Antrags dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. 102
Änderungen der Civilprozeßordnung
E G - E I Art. 11 § 595; Ε II § 595; RJA § 595; BRVorl. § 595; RTVorl. § 595. Prot. I, S. 12386-12391 ; Prot. II, Bd. 6, S. 687 ff.
-
158. Hinter § 596 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 596 a [648]. Für die Einleitung des Verfahrens ist das Amtsgericht, bei welchem der zu Entmündigende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich zuständig. Gegen eine Deutschen, welcher im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, kann der Antrag bei dem Amtsgerichte gestellt werden, in dessen Bezirke der zu Entmündigende den letzten Wohnsitz im Inlande hatte; in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes finden die Vorschriften des § 16 Abs. 1 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung. E G - E I Art. 11 § 594; E II § 594; RJA § 596 a; BRVorl. § 596 a; RTVorl. § 596 a. - Prot. I, S. 12385 f., Prot. II, Bd. 6, S. 687 f. § 596 b [649], Das Gericht kann vor der Einleitung des Verfahrens die Beibringung eines ärztlichen Zeugnisses anordnen. Vgl. § 597 Abs. 2 C P O ; RJA $ 596 b; BRVorl. S 596 b; RTVorl. § 596 b. § 596 c [650]. Das Gericht kann nach der Einleitung des Verfahrens, wenn es mit Rücksicht auf die Verhältnisse des zu Entmündigenden erforderlich erscheint, die Verhandlung und Entscheidung dem Amtsgericht überweisen, in dessen Bezirke der zu Entmündigende sich aufhält. Die Ueberweisung ist nicht mehr zulässig, wenn das Gericht den zu Entmündigenden vernommen hat (§ 598 Abs. 1). Wird die Uebernahme abgelehnt, so entscheidet das im Instanzenzuge zunächst höhere Gericht. RJA § 596 c; BRVorl. § 596 c; RTVorl. § 596 c. § 596 d [651]. Wenn nach der Uebernahme des Verfahrens durch das Gericht, an welches die Ueberweisung erfolgt ist, ein Wechsel im Aufenthaltsorte des zu Entmündigenden eintritt, so ist dieses Gericht zu einer weiteren Ueberweisung befugt. Die Vorschriften des § 596 c finden entsprechende Anwendung. RJA § 596 d; BRVorl. § 596 d; RTVorl. § 596 d. § 596 e [652]. Der Staatsanwalt kann in allen Fällen das Verfahren durch Stellung von Anträgen betreiben und den Terminen beiwohnen. Er ist von der Einleitung des Verfahrens, sowie von einer nach den §§ 596 c, 596 d erfolgten Ueberweisung und von allen Terminen in Kenntniß zu setzen. Vgl. $ 597 Abs. 3 C P O ; RJA § 596 e ; BRVorl. § 596 e ; RTVorl. § 596 e. 159. Im § 597 [653] werden a) der Abs. 1 durch folgende Vorschriften ersetzt: Das Gericht hat unter Benutzung der in dem Antrag angegebenen Thatsachen und Beweismittel von Amtswegen die zur Feststellung des Geisteszustandes erforderlichen Ermittelungen zu veranstalten und die erheblich erscheinenden Beweise aufzunehmen. Zuvor ist dem zu Entmündigenden Gelegenheit zur Bezeichnung von Beweismitteln zu geben, desgleichen demjenigen gesetzlichen Vertreter des zu Entmündigenden, welchem die Sorge für die Person zusteht, sofern er nicht die Entmündigung beantragt hat. b) die Abs. 2, 3 gestrichen. RJA § 597; BRVorl. § 597; RTVorl. § 597. 103
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
160. Im § 598 [654] wird a) dem Abs. 1 folgende Vorschrift hinzugefügt: Zu diesem Zwecke kann die Vorführung des zu Entmündigenden angeordnet werden. b) der Abs. 3 durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Vernehmung darf nur unterbleiben, wenn sie mit besonderen Schwierigkeiten verbunden oder nicht ohne Nachtheil für den Gesundheitszustand des zu Entmündigenden ausführbar ist. RJA § 598; BRVorl. § 598; RTVorl. § 598. 161. Als § 599 a [656] werden folgende Vorschriften eingestellt: Mit Zustimmung des Antragstellers kann das Gericht anordnen, daß der zu Entmündigende auf die Dauer von höchstens sechs Wochen in eine Heilanstalt gebracht werde, wenn dies nach ärztlichem Gutachten zur Feststellung des Geisteszustandes geboten erscheint und ohne Nachtheil für den Gesundheitszustand des zu Entmündigenden ausführbar ist. Vor der Entscheidung sind die im § 595 bezeichneten Personen soweit thunlich zu hören. Gegen den Beschluß, durch welchen die Unterbringung angeordnet wird, steht dem zu Entmündigenden, dem Staatsanwalt und binnen der für den zu Entmündigenden laufenden Frist den sonstigen im § 595 bezeichneten Personen die sofortige Beschwerde zu. RJA § 599 a; BRVorl. § 599 a; RTVorl. § 599 a. 162. An die Stelle des § 603 treten folgende Vorschriften: § 603 [660]. Der die Entmündigung aussprechende Beschluß ist von Amtswegen der Vormundschaftsbehörde mitzutheilen und, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, auch demjenigen gesetzlichen Vertreter zuzustellen, welchem die Sorge für die Person des Entmündigten zusteht. Im Falle der Entmündigung wegen Geistesschwäche ist der Beschluß außerdem dem Entmündigten selbst zuzustellen. EG-E I Art. 11 § 603; Ε II § 603; RJA § 603; BRVorl. S 603; RTVorl. § 603. Prot. I, S. 12391-12393; Prot. II, Bd. 6, S. 689 f., 693,701.
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§ 603 a [661]. Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit tritt, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, mit der Zustellung des Beschlusses an denjenigen gesetzlichen Vertreter, welchem die Sorge für die Person zusteht, anderenfalls mit der Bestellung des Vormundes in Wirksamkeit. Die Entmündigung wegen Geistesschwäche tritt mit der Zustellung des Beschlusses an den Entmündigten in Wirksamkeit. Vgl. C P O § 603 Art. 2; E II § 603 a; RJA § 603 a; BRVorl. § 603 a; RTVorl. s 603 a. — Prot. II, Bd. 6, S. 689,693. § 603 b [662]. Der die Entmündigung ablehnende Beschluß ist von Amtswegen auch demjenigen zuzustellen, dessen Entmündigung beantragt war. E II § 603 b; RJA S 603 b; BRVorl. S 603 b; RTVorl. § 603 b. S. 693, 702.
Prot. II, Bd. 6,
163. Der § 604 [663] Abs. 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: In dem Verfahren vor dem Beschwerdegerichte finden die Vorschriften der §§ 596 e, 597 entsprechende Anwendung. RJA § 604; BRVorl. § 604; RTVorl. § 604. 104
Änderungen der Civilprozeßordnung
164. Im § 605 [664] treten an die Stelle der Abs. 2, 3 folgende Vorschriften: Zur Erhebung der Klage sind der Entmündigte selbst, derjenige gesetzliche Vertreter des Entmündigten, welchem die Sorge für die Person zusteht, und die übrigen im § 595 bezeichneten Personen befugt. Die Frist beginnt im Falle der Entmündigung wegen Geisteskrankheit für den Entmündigten mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der Entmündigung Kenntniß erlangt, für die übrigen Personen mit dem Zeitpunkt, in welchem die Entmündigung in Wirksamkeit tritt. Im Falle der Entmündigung wegen Geistesschwäche beginnt die Frist für den gesetzlichen Vertreter des unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft stehenden Entmündigten mit dem Zeitpunkt, in welchem ihm der Beschluß zugestellt wird, für den Entmündigten selbst und die übrigen Personen mit der Zustellung des Beschlusses an den Entmündigten. EG-E I Art. 11 § 605; Ε II $ 605; RJA § 605; BRVorl. § 605; RTVorl. § 605. Prot. I, S. 12393 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 690,694.
-
165. Der § 606 [665] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Für die Klage ist das Landgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirke das Amtsgericht, welches über die Entmündigung entschieden hat, seinen Sitz hat. RJA § 606; BRVorl. § 606; RTVorl. S 606. 166. An die Stelle des § 607 [666] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Wird die Klage von dem Staatsanwalt erhoben, so ist sie gegen denjenigen gesetzlichen Vertreter des Entmündigten zu richten, welchem die Sorge für die Person zusteht. EG-E I Art. 11 § 607; E II S 607; RJA § 607; BRVorl. § 607; RTVorl. § 607. Prot. I, S. 12395; Prot. II, Bd. 6, S. 690. 167. Der§ 611 [670] Abs. 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Vorschriften des § 577 Abs. 1, 3 und der §§ 578, 581 finden entsprechende Anwendung E II § 611 ; RJA § 611 ; BRVorl. § 611 ; RTVorl. § 611. - Prot. II, Bd. 6, S. 690 f. 168. Der § 613 [672] Abs. 2 wird aufgehoben. E G - E I Art. 11 § 613; E II S 613; RJA § 613; BRVorl. §613; RTVorl. §613. Prot. I, S. 12395 f.; Prot. II, Bd. 1, S. 68; Bd. 6, S. 691.
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169. Der § 616 [675] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Wiederaufhebung der Entmündigung erfolgt auf Antrag des Entmündigten oder desjenigen gesetzlichen Vertreters des Entmündigten, welchem die Sorge für die Person zusteht, oder des Staatsanwalts durch Beschluß des Amtsgerichts. EG-E I Art. 11 § 616; E II § 616; RJA § 616; BRVorl. § 616; RTVorl. § 616. Prot. I. S. 12396; Prot. II, Bd. 6, S. 691. 170. Im § 617 [676] treten an die Stelle der Abs. 2, 3 folgende Vorschriften: Ist der Entmündigte ein Deutscher und hat er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so kann der Antrag bei dem Amtsgerichte gestellt werden, welches über die Entmündigung entschieden hat. Das Gleiche gilt, wenn ein Ausländer, welcher im Inland entmündigt worden ist, im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Die Bestimmungen des § 596 und der §§ 596 b—599 finden entsprechende Anwendung. EG-E I Art. 11 § 617; E II § 617; RJA § 617; BRVorl. § 617; RTVorl. § 617. Prot. I, S. 12396-12398; Prot. II, Bd. 6, S. 691,792 f. 105
Änderungen der Civilprozeßordnung
171. Im § 620 [679] treten an die Stelle der Abs. 2 bis 4 folgende Vorschriften: Zur Erhebung der Klage ist derjenige gesetzliche Vertreter des Entmündigten, welchem die Sorge für die Person zusteht, und der Staatsanwalt befugt. Will der gesetzliche Vertreter die Klage nicht erheben, so kann der Vorsitzende des Prozeßgerichts dem Entmündigten einen Rechtsanwalt als Vertreter beiordnen. Auf das Verfahren finden die Vorschriften der §§ 606 — 608, 610—615 entsprechende Anwendung. EG-E I Art. 11 § 620; Ε II § 620; RJA § 620; BRVorl. § 620; RTVorl. § 620. Prot. I, S. 12398; Prot. II, Bd. 6, S. 691.
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172. Im § 621 [680] wird a) der Abs. 1 durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Entmündigung wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts. b) der Abs. 3 durch folgende Vorschrift ersetzt: Auf das Verfahren finden die Vorschriften des § 595 Abs. 1 und der §§ 596, 596 a, 597, 600, 604 entsprechende Anwendung. c) als Abs. 5 folgende Vorschrift hinzugefügt: Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen eine Gemeinde oder ein der Gemeinde gleichstehender Verband oder ein Armenverband berechtigt ist, die Entmündigung wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht zu beantragen, bleiben unberührt. E G - E I Art. 11 § 6 2 1 ; E l l §621; RJA § 621 ; BRVorl. §621; RTVorl. §621. Prot. I, S. 1 2 3 9 8 - 1 2 4 0 2 ; Prot. II, Bd. 1, S. 34; Bd. 5, S. 388 f. 4 3 ; Bd. 6, S. 694 f., 697 f. 173. Als § 621 a [681] wird folgende Vorschrift eingestellt: Ist die Entmündigung wegen Trunksucht beantragt, so kann das Gericht die Beschlußfassung über die Entmündigung aussetzen, wenn Aussicht besteht, daß der zu Entmündigende sich bessern werde. E II § 621 a; RJA § 621 a; BRVorl. § 621 a; RTVorl. § 621 a. S. 696 ff.
Prot. II, Bd. 6,
174. An die Stelle des § 625 [684] tritt folgende Vorschrift: Die Wiederaufhebung der Entmündigung erfolgt auf Antrag des Entmündigten oder desjenigen gesetzlichen Vertreters des Entmündigten, welchem die Sorge für die Person zusteht, durch Beschluß des Amtsgerichts unter entsprechender Anwendung der §§ 596, 597, des § 617 Abs. 1, 2, des § 618 und des § 619 Abs. 1,3. EG-E I Art. 11, § 625; E II § 625; RJA § 625; BRVorl. § 625; RTVorl. § 625. Prot. I, S. 12402; Prot. II, Bd. 6, S. 696.
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175. Im § 626 [686] wird a) der Abs. 2 Satz 1 durch folgende Vorschrift ersetzt: Zur Erhebung der Klage ist derjenige gesetzliche Vertreter des Entmündigten befugt, welchem die Sorge für die Person zusteht. b) der Abs. 4 durch folgende Vorschrift ersetzt: Auf das Verfahren finden die Vorschriften der §§ 606, 608, 610, 611, 613 — 615 entsprechende Anwendung. EG-E I Art. 11 § 626; E II § 626; RJA § 626; BRVorl. § 626; RTVorl. § 626. Prot. I, S. 12402; Prot. II, Bd. 6, S. 696.
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Der Antrag unter II in Prot. II, Bd. 5, S. 388 stammt von Börner (Nr. 48,34 zum Erbrecht).
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Änderungen der (Zivilprozeßordnung
176. Im § 627 [687] werden hinter den Worten „wegen Verschwendung" die Worte eingeschaltet: „oder wegen Trunksucht". Ε II § 627; RJA S 627; BRVorl. § 627; RTVorl. S 627. - Prot. II, Bd. 6, S. 699. 177. Der § 628 [688] Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstande hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld. E II § 628; RJA § 628; BRVorl. § 628; RTVorl. S 628. - Prot. II, Bd. 3, S. 767 44 . 178. An die Stelle des § 629 [689] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Ausschließlich zuständig ist das Amtsgericht, bei welchem der allgemeine persönliche Gerichtsstand, der Gerichtsstand des Aufenthalts (§21) oder der dingliche Gerichtsstand für die im ordentlichen Verfahren erhobene Klage begründet sein würde, wenn die Amtsgerichte in erster Instanz sachlich unbeschränkt zuständig wären. RJA S 629; BRVorl. § 629; RTVorl. § 689. 179. Im § 632 [692] werden die Worte „zwei Wochen" ersetzt durch die Worte: „einer Woche". RJA § 632; BRVorl. § 632; RTVorl. § 632. 180. An die Stelle des § 644 [704] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Urtheile in Ehesachen und in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern zum Gegenstande haben, dürfen nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden. RJA S 644; BRVorl. § 644; RTVorl. § 644. 181. Der § 646 [706] erhält folgenden Abs. 3: Ist von einer Partei ein Schriftsatz behufs Einlegung eines Rechtsmittels oder des Einspruchs zur Terminsbestimmung eingereicht, so kann nach Ablauf der Nothfrist und, sofern die Vornahme der Zustellung unter Vermittelung des Gerichtsschreibers eingeleitet war, nach Ablauf der im §190 Abs. 2 bestimmten Frist der Gegner beantragen, daß der Partei von dem Gerichtsschreiber eine Frist zum Nachweise der Zustellung bestimmt werde. Nach fruchtlosem Ablaufe dieser Frist ist das Zeugniß über die Rechtskraft zu ertheilen. RJA § 646; BRVorl. § 646; RTVorl. § 646. 182. Der § 648 [708] Nr. 6 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: 6. Urtheile, welche die Verpflichtung zur Entrichtung von Alimenten oder zur Entrichtung einer nach den §§ 843, 844 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschuldeten Geldrente aussprechen, soweit die Entrichtung für die Zeit nach der Erhebung der Klage und für das der Erhebung der Klage vorausgehende letzte Vierteljahr zu erfolgen hat. Vgl. E I - B G B §§724 Abs. 4, 726, 7 3 4 - 7 3 6 ; E l l §648; RJA §648; BRVorl. § 648; RTVorl. § 648. - Prot. II, Bd. 2, S. 621,624 f., 629 4 5 ; Bd. 6, S. 701 f. 183. Im § 649 [709] treten an die Stelle der Nr. 1,2 folgende Vorschriften: 1. Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermiether von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Benutzung oder Räumung, sowie wegen
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Vgl. Fn. 40. Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 1069 ff.
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Änderungen der Civilprozeßordnung Zurückhaltung der von dem Miether oder dem Untermiether in die Miethsräume eingebrachten Sachen; 2. Streitigkeiten zwischen Dienstherrschaft und Gesinde, zwischen Arbeitgebern und Arbeitern hinsichtlich des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses, sowie die im § 3 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 (Reichs-Gesetzbl. S. 141) bezeichneten Streitigkeiten, insofern dieselben während der Dauer des Dienst-, Arbeits- oder Lehrverhältnisses entstehen; Ε II § 649; R J A § 649; BRVorl. § 649; R T V o r l . § 649. 193 4 6 ; Bd. 6 , S . 702.
Prot. II, Bd. 2, S. 189,
184. Als § 650 a [711] wird folgende Vorschrift eingestellt! Urtheile der Oberlandesgerichte sind auf Antrag auch ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar zu erklären, wenn die Voraussetzungen der §§ 508, 509 für die Zulässigkeit der Revision nach dem Ermessen des Gerichts unzweifelhaft nicht vorliegen. BRVorl. S 650 a; R T V o r l . § 650 a. 185. Als § 653 a [715] werden folgende Vorschriften eingestellt: In den Fällen der §§ 650, 652 kann das Gericht, welches die Sicherheitsleistung angeordnet oder zugelassen hat, auf Antrag die Rückgabe der von dem Gläubiger geleisteten Sicherheit anordnen, wenn ein Zeugniß über die Rechtskraft des für vorläufig vollstreckbar erklärten Urtheils vorgelegt wird. Die Vorschriften des § 101 a Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. R T K o m . § 653 a (vorher RTVorl. § 101 b). 186. An die Stelle des § 655 [717] Abs. 2 treten folgende Vorschriften: Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert, so ist der Kläger zum Ersätze des Schadens verpflichtet, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. D e r Beklagte kann den Anspruch auf Schadensersatz in dem anhängigen Rechtsstreite geltend machen; wird der Anspruch geltend gemacht, so ist er als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Vgl. E I - B G B § 746; E II § 655; R J A § 655; BRVorl. § 655; RTVorl. § 655. Prot. II, Bd. 2, S. 671 ff., 717 ff. 4 7 ; Bd. 6, S. 702, 715.
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187. D e r § 658 wird aufgehoben. Vgl. E G - E I Art. 11 § 658; vgl. auch E I-BGB, § 833 Abs. 2, 3; E II S 658; R J A (vgl. R J A § 779 a); BRVorl.; RTVorl. — Prot. I, S. 12404 f.; Prot. II, Bd. 3, S. 68 f., 501 f. 4 8 ; Bd. 6 , S . 703. 188. Als § 659 a [721] werden folgende Vorschriften eingestellt: Wird auf Räumung einer Wohnung erkannt, so kann das Gericht auf Antrag dem Schuldner eine den Umständen nach angemessene Frist zur Räumung gewähren. Auf den Antrag finden die Vorschriften der §§ 653, 654 entsprechende Anwendung. R J A § 659 a ; BRVorl. § 659 a; RTVorl. S 659 a. «
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 503 ff. Der Antrag unter I. a—ein Prot. II, Bd. 2, S. 671 f. stammt von Struckmann (Nr. 244,25 der Anträge zum Schuldrecht). — Zu Prot. II, Bd. 2, S. 717 ff. vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 851 (unterò). "8 Vgl. Fn. 105,106 bei § 779 a CPO (S 895 ZPO). 47
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Änderungen der Civilprozeßordnung
189. An die Stelle des §661 [723] Abs. 2 treten folgende Vorschriften! Das Vollstreckungsurtheil ist erst zu erlassen, wenn das Urtheil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Rechte die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urtheils nach § 293 f ausgeschlossen ist. E l l §661; RJA § 6 6 1 ; BRVorl. § 6 6 1 ; RTVorl. §661. S. 86 ff. 49 , 703.
Prot. II, Bd. 6,
190. Im § 664 [726] werden a) die Worte „durch öffentliche Urkunden" ersetzt durch die Worte: „durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden"; b) als Abs. 2 folgende Vorschrift hinzugefügt: Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so ist der Beweis, daß der Schuldner befriedigt oder im Verzuge der Annahme ist, nur dann erforderlich, wenn die dem Schuldner obliegende Leistung in der Abgabe einer Willenserklärung besteht. EG-E I Art. 11 § 664; Ε II § 664; RJA § 664; BRVorl. § 664; RTVorl. § 664. Prot. I, S. 12406-12408; Prot. II, Bd. 6, S. 703.
-
191. An die Stelle des § 665 treten folgende Vorschriften: § 665 [727]. Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Gläubigers sowie gegen denjenigen Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Schuldners und denjenigen Besitzer der in Streit befangenen Sache, gegen welche das Urtheil nach § 293 c wirksam ist, ertheilt werden, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältniß bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen wird. Ist die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältniß bei dem Gericht offenkundig, so ist dies in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen. EG-E I Art. 11 § 665; E II § 665; RJA § 665; BRVorl. § 665; RTVorl. § 665. Prot. I, S. 1 2 4 0 8 - 1 2 4 1 2 ; Prot. II, Bd. 6, S. 703 f.
-
§ 665 a [728]. Ist gegenüber dem Vorerben ein nach § 293 d dem Nacherben gegenüber wirksames Urtheil ergangen, so finden auf die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für und gegen den Nacherben die Vorschriften des § 665 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn gegenüber einem Testamentsvollstrecker ein nach § 293 e dem Erben gegenüber wirksames Urtheil ergangen ist, für die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für und gegen den Erben. Eine vollstreckbare Ausfertigung kann gegen den Erben ertheilt werden, auch wenn die Verwaltung des Testamentsvollstreckers noch besteht. E II § 665 a; RJA § 665 a; BRVorl. § 665 a; RTVorl. § 665 a. S. 295 ff. 50 , 5 4 0 51 ; Bd. 6, S. 704 f.
Prot. II, Bd. 5,
§ 665 b [729]. Hat Jemand das Vermögen eines Anderen durch Vertrag mit diesem nach der rechtskräftigen Feststellung einer Schuld des Anderen übernommen, 49 50
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Im vorliegenden Band, S. 298. Der in Prot. II, Bd. 5, S. 295 unter E. genannte Antrag stammt von Börner (Nr. 23,38 zum Erbrecht). Der in Prot. II, Bd. 5, S. 540 unter B. 1. genannte Antrag stammt von Börner (Nr. 137,3 zum Erbrecht).
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Änderungen der Civilprozeßordnung so finden auf die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Urtheils gegen den Uebernehmer die Vorschriften des $ 665 entsprechende Anwendung. D a s Gleiche gilt für die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen denjenigen, welcher ein unter Lebenden erworbenes Handelsgeschäft unter der bisherigen Firma fortführt, in Ansehung der Verbindlichkeiten, für welche er nach § 25 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs haftet, sofern sie vor dem Erwerbe des Geschäfts gegen den früheren Inhaber rechtskräftig festgestellt worden sind. Ε II § 665 b; R J A § 665 b; BRVorl. § 665 b; RTVorl. § 665 b. S. 793 f.
Prot. II, Bd. 6,
192. D e r § 666 [730] Abs. 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: In den Fällen des $ 664 Abs. 1 und der §§ 665—665 b darf die vollstreckbare Ausfertigung nur auf Anordnung des Vorsitzenden ertheilt werden. E II § 666; R J A § 666; BRVorl. § 666; RTVorl. § 666. - Prot. II, Bd. 6, S. 705. 193. An die Stelle des § 667 [731] tritt folgende Vorschrift: Kann der nach dem § 664 Abs. 1 und den §§ 665 — 665 b erforderliche Nachweis durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nicht geführt werden, so hat der Gläubiger bei dem Prozeßgericht erster Instanz aus dem Urtheil auf Ertheilung der Vollstreckungsklausel Klage zu erheben. R J A § 667; BRVorl. § 667; RTVorl. § 667. 194. Hinter § 670 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 670 a [735]. Zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines nicht rechtsfähigen Vereins genügt ein gegen den Verein ergangenes Urtheil. E II § 668 a; R J A § 668 a ; BRVorl. § 668 a; RTVorl. § 670 a. — Prot. II, Bd. 6, 206 f. 5 2 , 705. $ 670 b [736]. Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter ergangenes Urtheil erforderlich. Vgl. E G - B G B § 658 Abs. 3; E II § 668 b; R J A § 668 b; BRVorl. § 668 b; RTVorl. § 670 b. - Prot. II, Bd. 2, S. 434 ff. 5 3 ; Bd. 6, 705. § 670 c [737]. Bei dem Nießbrauch an einem Vermögen ist wegen der vor der Bestellung des Nießbrauchs entstandenen Verbindlichkeiten des Bestellers die Zwangsvollstreckung in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände ohne Rücksicht auf den Nießbruch zulässig, wenn der Besteller zu der Leistung und der Nießbraucher zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurtheilt ist. Das Gleiche gilt bei dem Nießbrauch an einer Erbschaft für die Nachlaßverbindlichkeiten. E II S 668 c; R J A § 668 c; BRVorl. § 668 c; R T V o r l . S 670 c. — Prot. II, Bd. 3, S. 431 ; Bd. 4, S. 598 f. 54 , Bd. 6, S. 706, 794. Der unter II. in Prot. II, Bd. 6, S. 206 enthaltene Antrag unter Ziff. 2 stammt von Jacubezky (Nr. 42,4 der Revisionsanträge). 53 Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 292 ff. 54 Der Antrag unter VIII. in Prot. II, Bd. 3, S. 431 Ziff. 1 stammt von Struckmann (Nr. 101,19 zum Sachenrecht). Nicht enthalten sind dort die Anträge Struckmanns zur CPO : In den Art. 11 des Entwurfs des Einführungsgesetzes sollen als Ergänzung der CPO hinter S 706 folgende Vorschriften eingeschaltet werden : 52
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§ 670 d [738]. Ist die Bestellung des Nießbrauchs an einem Vermögen nach der rechtskräftigen Feststellung einer Schuld des Bestellers erfolgt, so finden auf die Ertheilung einer in Ansetzung der dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände vollstreckbaren Ausfertigung des Urtheils gegen den Nießbraucher die Vorschriften der §§ 665,666 — 668 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt bei dem Nießbrauch an einer Erbschaft für die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des gegen den Erblasser ergangenen Urtheils. Ε II S 668 d; RJA S 668 d; BRVorl. S 668 d; RTVorl. S 670 d. — Prot. II, Bd. 3, S. 431, Bd. 4, S. 598 f. 55 ; Bd. 6, S. 706, 795. § 670 e [739]56. Bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft ist die Zwangsvollstrekkung in das eingebrachte Gut der Ehefrau nur zulässig, wenn die Ehefrau zu der Leistung und der Ehemann zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut verurtheilt ist. Vgl. EI-BGB SS 1314, 1315, 1360, 1399 Abs. 2, 1424 Abs. 1, 1431 Abs. 1; E l l S 668 e; RJA S 668 e; BRVorl. S 668 e; RTVorl. S 670 e. - Prot. II, Bd. 4, S. 135, 183,205; Bd. 6, S. 706 f. § 670 f [740]. Bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft ist zur Zwangsvollstrekkung in das Gesammtgut ein gegen den Ehemann ergangenes Urtheil erforderlich und genügend. E I-BGB: Vgl. bei S 670 e; E II S 668 f; RJA S 668 f, BRVorl. § 668 f; RTVorl. S 670 f. - Prot. II, Bd. 4, S. 135, 263, 368; Bd. 6, S. 706 f. § 670 g [741]. Betreibt die Ehefrau selbständig ein Erwerbsgeschäft, so ist zur Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut und in das Gesammtgut ein gegen die Ehefrau ergangenes Urtheil genügend, es sei denn, daß zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit der Einspruch des Ehemanns gegen den Betrieb des Erwerbsge-
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§ 706 a. Bei dem Nießbrauch an einem ganzen Vermögen findet wegen der vor der Bestellung des Nießbrauchs begründeten Verbindlichkeiten des Bestellers die Zwangsvollstreckung in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände nur statt, wenn der Besteller zu der Leistung und der Nießbraucher zur Gestattung der Zwangsvollstreckung verurtheilt ist. — Dem Urtheile steht ein anderer vollstreckbarer Titel gleich. — Eine von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse aufgenommene Urkunde, in welcher der Nießbraucher die sofortige Vollstreckung in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände bewilligt hat, gilt für die Verpflichtung des Nießbrauchers zur Gestattung der Zwangsvollstreckung als vollstreckbarer Titel. § 706 b. Ist der Nießbrauch an einem ganzen Vermögen erst während der Rechtshängigkeit oder nach der Beendigung eines Rechtsstreits des Bestellers begründet worden, so finden auf die Ertheilung einer gegen den Nießbraucher in Ansehung der dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände vollstreckbaren Ausfertigung der gegen den Besteller erlassenen Entscheidung die Vorschriften der §§ 665 bis 668, 671, 703 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein nach § 702 Nr. 1, 2, 5 gegen den Besteller vollstreckbarer Titel zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs vorhanden war. Die Autorenschaft der Anträge in Prot. II, Bd. 4, S. 598 f. ließ sich nicht ermitteln. Zu den §§ 670 e bis 770 m: Wegen der Anträge in den Prot. II, Bd. 4, vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht I, S. 574 ff., 768 ff., 998 ff., 1124 ff. - Der Antrag unter XVII. in Prot. II, Bd. 6, S. 349 Ziff. 1 a—c stammt von Wolffson (Nr. 110,3 der Revisionsanträge).
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Änderungen der Civilprozeßordnung
schäfts oder der Widerruf seiner Einwilligung zu dem Betrieb im Güterrechtsregister eingetragen war. E II § 668 g; RJA § 668 g; BRVorl. § 668 g; RTVorl. § 670 g. S. 795.
Prot. II, Bd. 6,
§ 670 h [742]. Ist der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft erst eingetreten, nachdem ein von der Ehefrau oder gegen sie geführter Rechtsstreit rechtshängig geworden ist, so finden auf die Ertheilung einer in Anfechtung des eingebrachten Gutes der Ehefrau vollstreckbaren Ausfertigung des Urtheils für oder gegen den Ehemann die Vorschriften der §§ 665,666—668 entsprechende Anwendimg. Das Gleiche gilt für die Ertheilung einer in Ansehung des Gesammtguts vollstreckbaren Ausfertigung, wenn die allgemeine Gütergemeinschaft oder die Fahrnißgemeinschaft erst eingetreten ist, nachdem ein von der Ehefrau oder gegen sie geführter Rechtsstreit rechtshängig geworden ist. E I-BGB: wie bei § 670 e; E II S 668 h; RJA S 668 h; BRVorl. § 668 h; RTVorl. § 670 h. - Prot. II, Bd. 4, S. 135, 183, 205,263, 368 ; Bd. 6, S. 707 f., 795. § 670 i [743]. Nach der Beendigung der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft ist vor der Auseinandersetzung die Zwangsvollstreckung in das Gesammtgut nur zulässig, wenn beide Ehegatten zu der Leistung oder der eine Ehegatte zu der Leistung und der andere zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurtheilt sind. Vgl. E I-BGB §§ 1374, 1406 Abs. 1, 3, 1429 Abs. 1, 1431 Abs. 1 ; E II § 668 i; RJA § 668 i; BRVorl. § 668 i; RTVorl. § 670 i. — Prot. II, Bd. 4, S. 241, 280, 344, 370; Bd. 6, S. 707 f. § 670 k [744], Ist die Beendigung der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft nach der Beendigung eines Rechtsstreits des Ehemanns eingetreten, so finden auf die Ertheilung einer in Ansehung des Gesammtguts vollstreckbaren Ausfertigung des Urtheils gegen die Ehefrau die Vorschriften der §§ 665, 666—668 entsprechende Anwendung. E I-BGB: wie bei S 670 i; E II § 668 k; RJA § 668 k; BRVorl. § 668 k; RTVorl. § 670 k. - Prot. II, Bd. 4, S. 241, 280, 344, 370; Bd. 6, S. 707 f. § 670 1 [745]. Im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft ist zur Zwangsvollstreckung in das Gesammtgut ein gegen den überlebenden Ehegatten ergangenes Urtheil erforderlich und genügend. Nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft finden die Vorschriften der §§ 670 i, 670 k mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Ehemanns der überlebende Ehegatte, an die Stelle der Ehefrau die antheilsberechtigten Abkömmlinge treten. E I-BGB: wie bei § 670 i; E II § 668 1; RJA § 668 1; BRVorl. $ 668 1; RTVorl. s 670 1. - Prot. II, Bd. 4, S. 241,280, 344, 370; Bd. 6, S. 707. § 670 m [746], Zur Zwangsvollstreckung in das der elterlichen Nutznießung unterliegende Vermögen des Kindes ist ein gegen das Kind ergangenes Urtheil genügend. EI-BGB § 1528 Halbsatz 2; E l l S 668 m; RJA § 668 m; BRVorl. §668 m; RTVorl. § 670 m. — Prot. II, Bd. 4, S. 580; Bd. 6, S. 708. 112
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
§ 670 η [747]. Zur Zwangsvollstreckung in einen Nachlaß ist, wenn mehrere Erben vorhanden sind, bis zur Theilung ein gegen alle Erben ergangenes Urtheil erforderlich. Ε II § 668 n; RJA § 668 n; BRVorl. § 668 n; RTVorl. § 670 n. S. 841 f. 57 ; Bd. 6, S. 708.
Prot. II, Bd. 5,
§ 670 o [748]. Unterliegt ein Nachlaß der Verwaltung eines Testamentsvollstrekkers, so ist zur Zwangsvollstreckung in den Nachlaß ein gegen den Testamentsvollstrecker ergangenes Urtheil erforderlich und genügend. Steht dem Testamentsvollstrecker nur die Verwaltung einzelner Nachlaßgegenstände zu, so ist die Zwangsvollstreckung in diese Gegenstände nur zulässig, wenn der Erbe zu der Leistung, der Testamentsvollstrecker zur Duldung der Zwangsvollstrekkung verurtheilt ist. Zur Zwangsvollstreckung wegen eines Pflichttheilsanspruchs ist im Falle des Abs. 1 wie im Falle des Abs. 2 ein sowohl gegen den Erben als gegen den Testamentsvollstrecker ergangenes Urtheil erforderlich. E I-BGB § 1904; E II § 668 o; RJA § 668 o; BRVorl. § 668 o; RTVorl. § 670 o. — Prot. II, Bd. 5, S. 296 ff. 58 ; 541 f. 59 ; Bd. 6, S. 349, 708. § 670 ρ [749], Auf die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung eines für oder gegen den Erblasser ergangenen Urtheils für oder gegen den Testamentsvollstrecker finden die Vorschriften der §§ 665, 666 — 668 entsprechende Anwendung. Auf Grund einer solchen Ausfertigung ist die Zwangsvollstreckung nur in die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlaßgegenstände zulässig. E II § 668 p; RJA § 668 p; BRVorl. § 668 p; RTVorl. § 670 p. - Prot. II, Bd. 56°, S. 295, 541; Bd. 6, S. 708. 195. An die Stelle des § 671 [750] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urtheils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 664 Abs. 1 ertheilt worden ist, oder soll ein Urtheil, welches nach den §§ 665 — 665 b, 670 d, 670 h, 670 k, dem § 670 1 Abs. 2 und dem § 670 ρ für oder gegen eine der dort bezeichneten Personen wirksam ist, für oder gegen eine dieser Personen vollstreckt werden, so muß außer dem zu vollstreckenden Urtheil auch die demselben beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunden ertheilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit Beginn derselben zugestellt werden. E G - E I §671; E l l §671; RJA § 671 ; BRVorl. § 671 ; RTVorl. § 671. - Prot. I, S. 11412-11414; Prot. II, Bd. 6, S. 705. 196. Im § 672 [751] Abs. 2 werden die Worte „durch eine öffentliche Urkunde" ersetzt durch die Worte: „durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde". RTKom. § 672. 57 58 59
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Vgl. die Quellen zu den §§ 2032 ff. BGB (Erbrecht). Vgl. die Quellen zu den §§ 2212, 2213 BGB (Erbrecht). Die Anträge unter XIV. in Prot. II, Bd. 5, S. 541 f. stammen zu Ziff. 1 von Börner (Nr. 137,4), zu Ziff. 2 von v. Cuny (Nr. 115) und zu Ziff. 3 von Planck (Nr. 131) jeweils zum Erbrecht. — Der Antrag unter XVII. in Prot. II, Bd. 6, S. 349 Ziff. 1 a—c stammt von Wolffson (Nr. 110,3 der Revisionsanträge). Zum folgenden vgl. Fn. 58 und 59.
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Änderungen der Civilprozeßordnung
197. Als § 676 a [756] wird folgende Vorschrift eingestellt: Hängt die Vollstrekkung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, bevor er dem Schuldner die diesem gebührende Leitung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise angeboten hat, sofern nicht der Beweis, daß der Schuldner befriedigt oder im Verzuge der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. E G - E I § 676 a; E II § 676 a; RJA § 676 a; BRVorl. § 676 a; RTVorl. S 676 a. Prot. I, S. 12414,12415; Prot. II, Bd. 6, S. 705. 198. Im § 681 [761] wird a) der Abs. 1 durch folgende Vorschrift ersetzt: Zur Nachtzeit (§ 171 Abs. 1), sowie an Sonntagen und allgemeinen Feiertagen darf eine Vollstreckungshandlung nur mit Erlaubniß des Amtsrichters erfolgen, in dessen Bezirke die Handlung vorgenommen werden soll. b) der Abs. 3 gestrichen. BRVorl. § 681 ; RTVorl. S 681. 199. Im § 683 [763] tritt an die Stelle des Abs. 2 Satz 1 folgende Vorschrift: Kann die mündliche Ausführung nicht erfolgen, so hat der Gerichtsvollzieher eine Abschrift des Protokolls unter entsprechender Anwendung der §§ 158, 166 — 170 zuzustellen oder, wenn demjenigen, an welchen die Aufforderung oder Mittheilung zu richten ist, am Orte der Zwangsvollstreckung nicht zugestellt werden kann, durch die Post zu übersenden. RJA § 683; BRVorl. § 683; RTVorl. § 683. 200. Als § 684 a [765] werden folgende Vorschriften eingestellt: Hängt die Vollstreckung von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner ab, so darf das Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn der Beweis, daß der Schuldner befriedigt oder im Verzuge der Annahme ist, durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden geführt wird und eine Abschrift dieser Urkunden bereits zugestellt ist. Der Zustellung bedarf es nicht, wenn bereits der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 676 a begonnen hatte und der Beweis durch das Protokoll des Gerichtsvollziehers geführt wird. E G - E I Art. 11 §684; E l l § 684 a; RJA §684 a; BRVorl. §684 a; RTVorl. § 684 a. — Prot. I, S. 12415, 12416; Prot. II, Bd. 6, S. 711, 795. 201. An die Stelle des § 687 [768] tritt folgende Vorschrift: Die Bestimmungen des § 686 Abs. 1, 3 finden entsprechende Anwendung, wenn in den Fällen des § 664 Abs. 1, der §§ 665 — 665 b, 670 d, 670 h, 670 k, des § 670 1 Abs. 2 und des § 670 ρ der Schuldner den bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommenen Eintritt der Voraussetzung für die Ertheilung der Vollstreckungsklausel bestreitet, unbeschadet der Befugnis des Schuldners, in diesen Fällen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel in Gemäßheit des § 668 zu erheben. E G - E I Art. 11 § 687; E II S 687; RJA § 687; BRVorl. § 687; RTVorl. S 687. Prot. I, S. 12416 f. ; Prot. II, Bd. 6, 711. 114
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Änderungen der Civilprozeßordnung
202. Hinter § 690 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 690 a [772]. Solange ein Veräußerungsverbot der in den §§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art besteht, soll der Gegenstand, auf welchen es sich bezieht, wegen eines persönlichen Anspruchs oder auf Grund eines in Folge des Verbots unwirksamen Rechts nicht im Wege der Zangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden. Auf Grund des Veräußerungsverbots kann nach Maßgabe des § 690 Widerspruch erhoben werden. E I - B G B §107 Abs. 4; E l l § 690 a; RJA § 690 a; BRVorl. § 690 a; RTVorl. § 690 a. - Prot. II, Bd. 1, S. 124 f. 61 ; Bd. 6, S. 712. § 690 b [773]. Ein Gegenstand, der zu einer Vorerbschaft gehört, soll nicht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden, wenn die Veräußerung oder die Ueberweisung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach § 2115 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Nacherben gegenüber unwirksam ist. Der Nacherbe kann nach Maßgabe des § 690 Widerspruch erheben. E I-BGB § 1829; E II § 690 b; RJA § 690 b; BRVorl. S 690 b; RTVorl. § 690 b. Prot. II, Bd. 5, S. 112 f. 62 , Bd. 6, S. 712. § 690 c [774]. Findet nach § 670 g die Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut der Ehefrau oder in das Gesammtgut statt, so kann der Ehemann nach Maßgabe des § 690 Widerspruch erheben, wenn das gegen die Ehefrau ergangene Urtheil in Ansehung des eingebrachten Gutes oder des Gesammtguts ihm gegenüber unwirksam ist. E II § 690 c; RJA § 690 c; BRVorl. § 690 c; RTVorl. § 690 c. S. 796.
Prot. II, Bd. 6,
203. Hinter § 692 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 692 a [777]. Hat der Gläubiger eine bewegliche Sache des Schuldners im Besitz, in Ansehung deren ihm ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht für seine Forderung zusteht, so kann der Schuldner der Zwangsvollstreckung in sein übriges Vermögen nach § 685 widersprechen, soweit die Forderung durch den Werth der Sache gedeckt ist. Steht dem Gläubiger ein solches Recht in Ansehung der Sache auch für eine andere Forderung zu, so ist der Widerspruch nur zulässig, wenn auch diese Forderung durch den Werth der Sache gedeckt ist. E II § 692 a; RJA § 692 a; BRVorl. § 692 a; RTVorl. § 692 a. S. 463 f. 63 ; Bd. 6, S. 712.
Prot. II, Bd. 3,
§ 692 b [778]. Solange der Erbe die Erbschaft nicht angenommen hat, ist eine Zwangsvollstreckung wegen eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlaß richtet, nur in den Nachlaß zulässig. Wegen eigener Verbindlichkeiten des Erben ist eine Zwangsvollstreckung in den Nachlaß vor der Annahme der Erbschaft nicht zulässig. " 62
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Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 732. Der Antrag unter III. 2 in Prot. II, Bd. 5, S. 112 stammt von Jacubezky (Nr. 19,4 zum Erbrecht). Die Anträge Nr. 3 und 4 in Prot. II, Bd. 3, S. 463 stammen von Spahn bzw. von Jacubezky (Nr. 146,3 und 150 zum Sachenrecht). — Im übrigen vgl. die Quellen zu § 1228 BGB (Sachenrecht II).
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E I-BGB S 2057; E II § 692 b; RJA S 692 b; BRVorl. § 692 b; RTVorl. § 692 b. Prot. II, Bd. 5, S. 660 ff. 6 4 ; Bd. 6, S. 713. 204. An die Stelle des § 693 [779] Abs. 2 treten folgende Vorschriften: Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nöthig, so hat, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen oder wenn der Erbe unbekannt oder es ungewiß ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers dem Erben einen einstweiligen besonderen Vertreter zu bestellen. Die Bestellung hat zu unterbleiben, wenn ein Nachlaßpfleger bestellt ist oder wenn die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht. EG-E I Art. 11 § 693; E II § 693; RJA § 693; BRVorl. § 693; RTVorl. § 693. Prot. I, S. 1 2 4 2 1 - 1 2 4 2 6 ; Prot. II, Bd. 5, S. 794 f. 65 ; Bd. 6, S. 397, 713.
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205. Der § 694 wird aufgehoben. Vgl. EG-E I Art. 11 § 694; E II Art. 2 Nr. 101 ; RJA; BRVorl.; RTVorl. - Prot. I,
S. 12421-12426; Prot. II, Bd. 5, S. 794 f. 66 ; Bd. 6, S. 713.
206. An die Stelle der §§ 695, 696 treten folgende Vorschriften! § 695 [780]. Der als Erbe des Schuldners verurtheilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urtheile vorbehalten ist. Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurtheilt wird oder wenn das Urtheil über eine Nachlaßverbindlichkeit gegen einen Nachlaßverwalter oder einen anderen Nachlaßpfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird. EG-E I Art. 11 § 695; vgl. auch EG-BGB S S 1974 Abs. 3, 2063; E II S 695; RJA S 695; BRVorl. S 695; RTVorl. S 695. - Prot. I, S. 1 2 4 2 6 - 1 2 4 3 4 ; Prot. II, Bd. 5, S. 487 f. 67 , 667 f. 68 , 789 f. 69 , Bd. 6, S. 713. § 696 [781]. Bei der Zwangsvollstreckung gegen den Erben des Schuldners bleibt die Beschränkung der Haftung unberücksichtigt, bis auf Grund derselben gegen die Zwangsvollstreckung von dem Erben Einwendungen erhoben werden. EG-E I Art. 11 S 696; E II S 696; RJA S 696; BRVorl. S 696; RTVorl. S 696. Prot. I, S. 1 2 4 2 6 - 1 2 4 3 4 ; Prot. II, Bd. 5, S. 789 f. 70 ; Bd. 6, S. 713.
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§ 696 a [782]. Der Erbe kann auf Grund der ihm nach den SS 2014, 2015 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Einreden nur verlangen, daß die Zwangsvollstreckung für die Dauer der dort bestimmten Fristen auf solche Maßregeln beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrestes zulässig sind. Wird vor dem Ablaufe der Frist die Eröffnung des Nachlaßkonkurses beantragt, so ist auf Antrag die
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Der Antrag unter VI. in Prot. II, Bd. 5, S. 660 f. zu Ziff. 1 stammt von Börner (Nr. 130,28 zum Erbrecht). Der Antrag unter III. a und b in Prot. II, Bd. 5, S. 794 stammt von Jacubezky (Nr. 175,10 zum Erbrecht). Vgl.Fn.65. Die Anträge unter I. in Prot. II, Bd. 5, S. 487 stammen zu Ziff. 1 von Wilke (Nr. 120), zu Ziff. 2 von Börner (Nr. 90,10 b), zu Ziff. 3 von Struckmann (Nr. 121) und zu Ziff. 4 von Jacubezky (Nr. 101,4) jeweils zum Erbrecht. Der Antrag unter 5 a und b in Prot. II, Bd. 5, S. 667 stammt von Jacubezky (Nr. 151,3). Vgl. die Quellen zu den §§ 2015 und 2016 BGB. Vgl.Fn.69.
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Beschränkung der Zwangsvollstreckung auch nach dem Ablaufe der Frist aufrechtzuerhalten, bis über die Eröffnung des Konkursverfahrens rechtskräftig entschieden ist. EI-BGB §§2130 Abs. 1, 2143; E l l § 6 9 6 a ; RJA § 696 a; BRVorl. § 6 9 6 a ; RTVorl. § 696 a. - Prot. II, Bd. 5, S. 785 ff. 71 ,791; Bd. 6, S. 713. § 696 b [783]. In Ansehung der Nachlaßgegenstände kann der Erbe die Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach § 696 a auch gegenüber den Gläubigern verlangen, die nicht Nachlaßgläubiger sind, es sei denn, daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Ε II § 696 b; RJA § 696 b; BRVorl. § 696 b; RTVorl. § 696 b. S. 749,789 72 (unter F), 791 ; Bd. 6, S. 714.
Prot. II, Bd. 5,
§ 696 c [784]. Ist eine Nachlaßverwaltung angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet, so kann der Erbe verlangen, daß Maßregeln der Zwangsvollstreckung, die zu Gunsten eines Nachlaßgläubigers in sein nicht zum Nachlasse gehörendes Vermögen erfolgt sind, aufgehoben werden, es sei denn, daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Im Falle der Nachlaßverwaltung steht dem Nachlaßverwalter das gleiche Recht gegenüber Maßregeln der Zwangsvollstreckung zu, die zu Gunsten eines anderen Gläubigers als eines Nachlaßgläubigers in den Nachlaß erfolgt sind. EI-BGB §2110 Abs. 1; E l l § 696 c; RJA § 696 c; BRVorl. § 696 c; RTVorl. § 696 c. - Prot. II, Bd. 5, S. 765, 81 lf. 73 ; Bd. 6, S. 714. § 696 d [785]. Die Erledigung der auf Grund der §§ 696—696 c erhobenen Einwendungen erfolgt nach den Bestimmungen der §§ 686, 688, 689. E I-BGB § 2141 ; EG-E I Art. 11 § 696 Abs. 3; E II § 696 d; RJA § 696 d; BRVorl. § 696 d; RTVorl. § 696 d. - Prot. II, Bd. 5, S. 747,749,789 f., 804 74 ; Bd. 6, S. 804. § 696 e [786]. Die Bestimmungen des § 695 Abs. 1 und der §§ 696—696 d finden auf die nach § 1489 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eintretende beschränkte Haftung, die Bestimmungen des § 695 Abs. 1 und der §§ 696, 696 d finden auf die nach den §§ 419, 1480, 1504, 2187 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eintretende beschränkte Haftung entsprechende Anwendung. E II § 696 e; RJA § 696 e; BRVorl. § 696 e; RTVorl. § 696 e. S. 294 f. 75 ,714,796.
Prot. II, Bd. 6,
§ 696 f [787]. Soll durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an einem Grundstücke, das von dem bisherigen Eigenthümer nach § 928 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgegeben und von dem Aneignungsberechtigten noch nicht erworben worden ist, geltend gemacht werden, so hat das Vollstreckungsgericht auf Antrag einen Vertreter zu bestellen, dem bis zur Eintragung eines neuen Eigenthümers die Wahr71
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Die Anträge unter B. in Prot. II, Bd. 5, (Nr. 171,3 bis 5), zu Ziff. 6 von Jacubezky jeweils zum Erbrecht. Es handelt sich insoweit um die Anträge Inventarrecht. Der Name des Antragstellers in Prot. II, Bd. Vgl. die Quellen zu den §§ 1975 ff. BGB. Der Antrag unter XXI. in Prot. II, Bd. 5, Revisionsanträge).
S. 785 f. stammen zu Ziff. 1—3 von Börner (Nr. 172,2), zu Ziff. 7 von Börner (Nr. 171,6) aus der Vorlage der Subkommission für das 5, S. 811 ist nicht bekannt. S. 294 f. stammt von Jacubezky (Nr. 83,1 der
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nehmung der sich aus dem Eigenthum ergebenden Rechte und Verpflichtungen im Zwangsvollstreckungsverfahren obliegt. EI-BGB § 872 Abs. 3; E l l § 696 g; RJA § 696 g; BRVorl. § 696 g; RTVorl. § 696 f. - Prot. II, Bd. 3, S. 184 f. 76 ; Bd. 6, S. 715. 207. Als § 700 a [792] wird folgende Vorschrift eingestellt ι Bedarf der Gläubiger zum Zwecke der Zwangsvollstreckung eines Erbscheins oder einer anderen Urkunde, die dem Schuldner auf Antrag von einer Behörde, einem Beamten oder einem Notar zu ertheilen ist, so kann er die Ertheilung an Stelle des Schuldners verlangen. GBO-BRVorl. § 700 a; RJA § 700 a; BRVorl. § 700 a; RTVorl. § 700 a. 208. Im § 702 [794] wird a) die Nr. 1 durch folgende Vorschrift ersetzt: 1. aus Vergleichen, welche nach Erhebung der Klage zwischen den Parteien oder zwischen einer Partei und einem Dritten zur Beilegung des Rechtsstreits seinem ganzen Umfange nach oder in Betreff eines Theils des Streitgegenstandes vor einem deutschen Gericht abgeschlossen sind; b) der Nr. 5 als Satz 2 folgende Vorschrift hinzugefügt: Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstande hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld. c) als Abs. 2 folgende Vorschrift hinzugefügt: Soweit nach den Vorschriften der SS 670 c, 670 e, 670 i, des S 670 1 Abs. 2 und des S 670 o Abs. 2 die Verurtheilung eines Betheiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, daß der Betheiligte in einer nach Abs. 1 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Rechte unterworfenen Gegenstände bewilligt. Zu Abs. 2 vgl. E I-BGB § 1314 Abs. 3; E II SS 702, 702 a; RJA S 702; § 702 a; BRVorl. S 702; RTVorl. S 702. - Prot. II, Bd. 3, S. 572, 767 77 ; Bd. 4 78 , S. 135, 183, 205, 263, 498 f.; Bd. 6, S. 715 ff. 209. Im S 703 [795] wird statt „§§ 704, 705" gesetzt: „SS 7 0 4 - 7 0 5 c". E II S 703; RJA § 703; BRVorl. S 703; RTVorl. § 703. - Prot. II, Bd. 6, S. 716. 210. Im S 704 [796] werden a) der Abs. 1 durch folgende Vorschrift ersetzt: Vollstreckungsbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Zwangsvollstreckung für einen anderen als den in dem Befehle bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehle bezeichneten Schuldner erfolgen soll. b) im Abs. 3 die Worte „oder die bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als eingetreten angenommene Rechtsnachfolge" ersetzt durch die Worte: „oder der bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommene Eintritt der Voraussetzung für die Ertheilung der Vollstreckungsklausel". E II S 704; RJA S 704; BRVorl. S 704; RTVorl. § 704. - Prot. II, Bd. 6, S. 796 f. 211. Im S 705 [797] Abs. 5 treten an die Stelle der Worte „Eintritt der Thatsache, von welcher die Vollstreckung aus der Urkunde abhängt, oder die als eingetreten 76
Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 576 f.
Der Antrag unter XIV. in Prot. II, Bd. 3, S. 767 zu Ziff. 2 stammt von Küntzel (Nr. 258,2 zum Sachenrecht). ™ Vgl.Fn. 56. 77
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angenommene Rechtsnachfolge" die Worte: „Eintritt der Voraussetzung für die Ertheilung der Vollstreckungsklausel". Ε II § 705; RJA § 705; BRVorl. § 705; RTVorl. § 705. - Prot. II, Bd. 6, S. 797. 212. Hinter § 705 werden folgende Vorschriften eingestellt : § 705 a [798]. Aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen und aus den nach § 702 Nr. 5 aufgenommenen Urkunden darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn der Schuldtitel mindestens einen Tag vorher zugestellt ist. RTKom. § 705 a. § 705 b [799], Hat sich der Eigenthümer eines mit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld belasteten Grundstücks in einer nach § 702 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen und ist dem Rechtsnachfolger des Gläubigers eine vollstreckbare Ausfertigung ertheilt, so ist die Zustellung der die Rechtsnachfolge nachweisenden öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde nicht erforderlich, wenn der Rechtsnachfolger als Gläubiger im Grundbuch eingetragen ist. E II S 705 a; RJA § 705 a; BRVorl. § 705 a; RTVorl. § 705 a. S. 718 f.
Prot. II, Bd. 6,
§ 705 c [800], Der Eigenthümer kann sich in einer nach § 702 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde in Ansehung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld der sofortigen Zwangsvollstreckung in der Weise unterwerfen, daß die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigenthümer des Grundstücks zulässig sein soll. Die Unterwerfung bedarf in diesem Falle der Eintragung in das Grundbuch. Bei der Zwangsvollstreckung gegen einen späteren Eigenthümer, der im Grundbuch eingetragen ist, bedarf es nicht der Zustellung der den Erwerb des Eigenthums nachweisenden öffentlichen oder öffentlich beglaubigten Urkunde. Ist die sofortige Zwangsvollstreckung gegen den jeweiligen Eigenthümer zulässig, so ist für die im § 705 Abs. 5 bezeichneten Klagen das Gericht zuständig, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist. E II § 705 b; RJA § 705 b; BRVorl. § 705 b; RTVorl. § 705 b. S. 718 f., 797.
Prot. II, Bd. 6,
213. Der § 706 [801] Abs. 2 wird aufgehoben. E II § 706; RJA § 706; BRVorl. § 706; RTVorl. § 706. — Prot. II, Bd. 6, S. 721. 214. Als § 710a [806] wird folgende Vorschrift eingestellt: Wird ein Gegenstand auf Grund der Pfändung veräußert, so steht dem Erwerber wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der veräußerten Sache ein Anspruch auf Gewährleistung nicht zu. § 395 E I-BGB; E II § 710 a; RJA § 710 a; BRVorl. § 710 a; RTVorl. § 710 a. Prot. II, Bd. 1, S. 668 f. 79 , 701; Bd. 6, S. 717.
-
215. Im § 711 [807] werden die Worte „daß er sein Vermögen vollständig angegeben und wissentlich nichts verschwiegen habe" ersetzt durch die Worte: „daß er nach bestem Wissen sein Vermögen so vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande sei". BRVorl. § 711 ; RTVorl. § 711. 79
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 76, 190. 119
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216. Der § 712 [808] Abs. 2 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Andere Sachen als Geld, Kostbarkeiten und Werthpapiere sind im Gewahrsam des Schuldners zu belassen, sofern nicht hierdurch die Befriedigung des Gläubigers gefährdet wird. Werden die Sachen im Gewahrsam des Schuldners belassen, so ist die Wirksamkeit der Pfändung dadurch bedingt, daß durch Anlegung von Siegeln oder auf sonstige Weise die Pfändung ersichtlich gemacht ist. RTKom. § 712. 217. An die Stelle der §§ 714, 715 treten folgende Vorschriften: § 714 [810]. Früchte, die von dem Boden noch nicht getrennt sind, können gepfändet werden, solange nicht ihre Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgt ist. Die Pfändung darf nicht früher als einen Monat vor der gewöhnlichen Zeit der Reife erfolgen. Ein Gläubiger, der ein Recht auf Befriedigung aus dem Grundstücke hat, kann der Pfändung nach Maßgabe des § 690 widersprechen, sofern nicht die Pfändung für einen im Falle der Zwangsvollstreckung in das Grundstück vorgehenden Anspruch erfolgt ist. ZVG-BRVorl. § 714 ; RJA § 714 ; BRVorl. §714; RTVorl. § 714. § 715 [811]. Folgende Sachen sind der Pfändung nicht unterworfen: 1. die Kleidungsstücke, die Betten, die Wäsche, das Haus- und Küchengeräth, insbesondere die Heiz- und Kochöfen, soweit diese Gegenstände für den Bedarf des Schuldners oder zur Erhaltung eines angemessenen Hausstandes unentbehrlich sind; 2. die für den Schuldner, seine Familie und sein Gesinde auf vier Wochen erforderlichen Nahrungs-, Feuerungs- und Beleuchtungsmittel oder, soweit solche Vorräthe auf zwei Wochen nicht vorhanden und ihre Beschaffung für diesen Zeitraum auf anderem Wege nicht gesichert ist, der zur Beschaffung erforderliche Geldbetrag; 3. eine Milchkuh oder nach der Wahl des Schuldners statt einer solchen zwei Ziegen oder zwei Schafe nebst den zum Unterhalt und zur Streu für dieselben auf vier Wochen erforderlichen Futter- und Streuvorräthen oder, soweit solche Vorräthe auf zwei Wochen nicht vorhanden, dem zur Beschaffung erforderlichen Geldbetrage, wenn die bezeichneten Thiere für die Ernährung des Schuldners, seiner Familie und seines Gesindes unentbehrlich sind; 4. bei Personen, welche Landwirthschaft betreiben, das zum Wirthschaftsbetrieb erforderliche Geräth und Vieh nebst dem nöthigen Dünger, sowie die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden; 5. bei Künstlern, Handwerkern, gewerblichen Arbeitern und anderen Personen, welche aus Handarbeit oder sonstigen persönlichen Leistungen ihren Erwerb ziehen, die zur persönlichen Fortsetzung der Erwerbsthätigkeit unentbehrlichen Gegenstände; 6. bei den Wittwen und den minderjährigen Erben der unter Nr. 5 bezeichneten Personen, wenn sie das Erwerbsgeschäft für ihre Rechnung durch einen Stellvertreter fortführen, die zur persönlichen Fortführung des Geschäfts durch den Stellvertreter unentbehrlichen Gegenstände; 7. bei Offizieren, Deckoffizieren, Beamten, Geistlichen, Lehrern an öffentlichen Unterrichtsanstalten, Rechtsanwälten, Notaren sowie Aerzten und Hebammen die zur Verwaltung des Dienstes oder Ausübung des Berufs erforderlichen Gegenstände, sowie anständige Kleidung; 120
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8. bei Offizieren, Militärärzten, Deckoffizieren, Beamten, Geistlichen, bei Aerzten und Lehrern an öffentlichen Anstalten ein Geldbetrag, welcher dem der Pfändung nicht unterworfenen Theile des Diensteinkommens oder der Pension für die Zeit von der Pfändung bis zum nächsten Termine der Gehalts- oder Pensionszahlung gleichkommt; 9. die zum Betriebe einer Apotheke unentbehrlichen Geräthe, Gefäße und Waaren; 10. die Bücher, welche zum Gebrauche des Schuldners und seiner Familie in der Kirche oder Schule oder einer sonstigen Unterrichtsanstalt oder bei der häuslichen Andacht bestimmt sind; 11. die in Gebrauch genommenen Haushaltungs- und Geschäftsbücher, die Familienpapiere, sowie die Trauringe, Orden und Ehrenzeichen; 12. künstliche Gliedmaßen, Brillen und andere wegen körperlicher Gebrechen nothwendige Hülfsmittel, soweit diese Gegenstände zum Gebrauche des Schuldners und seiner Familie bestimmt sind; 13. die zur unmittelbaren Verwendung für die Bestattung bestimmten Gegenstände. RJA § 715; BRVorl. § 715; RTVorl. § 715. § 715 a [812]. Gegenstände, welche zum gewöhnlichen Hausrathe gehören und im Haushalte des Schuldners gebraucht werden, sollen nicht gepfändet werden, wenn ohne Weiteres ersichtlich ist, daß durch deren Verwerthung nur ein Erlös erzielt werden würde, welcher zu dem Werthe außer allem Verhältnisse steht. RJA § 715 a; BRVorl. § 715 a; RTVorl. § 715 a. § 715 b [813]. Zur Pfändung von Früchten, die von dem Boden noch nicht getrennt sind, und zur Pfändung von Gegenständen der im § 715 Nr. 4 bezeichneten Art bei Personen, welche Landwirthschaft betreiben, soll ein landwirtschaftlicher Sachverständiger zugezogen werden, sofern anzunehmen ist, daß der Werth der zu pfändenden Gegenstände den Betrag von eintausend Mark übersteigt. Inwieweit bei einem geringeren Werthe ein Sachverständiger zugezogen werden soll, bestimmt die Landesjustizverwaltung. RJA § 715 b; BRVorl. § 715 b; RTVorl. § 715 b. 218. Der § 716 [814] Abs. 2 wird gestrichen. RJA § 716; BRVorl. § 716; RTVorl. § 716. 219. Als § 716 a [815] werden folgende Vorschriften eingestellt: Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern. Wird dem Gerichtsvollzieher glaubhaft gemacht, daß an gepfändetem Gelde ein die Veräußerung hinderndes Recht eines Dritten bestehe, so ist das Geld zu hinterlegen. Die Zwangsvollstreckung ist fortzusetzen, wenn nicht binnen einer Frist von zwei Wochen seit dem Tage der Pfändung eine Entscheidung des nach § 690 Abs. 1 zuständigen Gerichts über die Einstellung der Zwangsvollstreckung beigebracht wird. Die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von Seiten des Schuldners, sofern nicht nach Abs. 2 oder nach § 659 die Hinterlegung zu erfolgen hat. Vgl. § 716 Abs. 2 CPO; RJA § 716 a; BRVorl. § 716 a; RTVorl. § 716 a. 121
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220. Der § 717 [816] erhält folgenden Abs. 4: Bei der Versteigerung finden die Vorschriften des § 1239 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Vgl. EG-E I Art. 11 S 717; E II § 717; RJA § 717; BRVorl. § 717; RTVorl. § 717. - Prot. I,S. 12439—12441; Prot. II, Bd. 6, S. 717. 221. Im §718 [817] werden a) der Abs. 1 durch folgende Vorschriften ersetzt: Dem Zuschlag an den Meistbietenden soll ein dreimaliger Aufruf vorausgehen; die Vorschriften des § 156 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung. b) als Abs. 4 folgende Vorschriften hinzugefügt: Wird der Zuschlag dem Gläubiger ertheilt, so ist dieser von der Verpflichtung zur baaren Zahlung soweit befreit, als der Erlös nach Abzug der Kosten der Zwangsvollstreckung zu seiner Befriedigung zu verwenden ist, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. Soweit der Gläubiger von der Verpflichtung zur baaren Zahlung befreit ist, gilt der Betrag als von dem Schuldner an den Gläubiger gezahlt. Vgl. EG-E I Art. 11 S 718; E II § 718; RJA § 718; BRVorl. § 718; RTVorl. § 718. - Prot. I, S. 12439—12442; Prot. II, Bd. 6, S. 717 f. 222. An die Stelle des § 727 [826] Abs. 1 tritt folgende Vorschrift: Zur Pfändung bereits gepfändeter Sachen genügt die in das Protokoll aufzunehmende Erklärung des Gerichtsvollziehers, daß er die Sachen für seinen Auftraggeber pfände. BRVorl. § 727; RTVorl. § 727. 223. Der § 731 [830] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Zur Pfändung einer Forderung, für welche eine Hypothek besteht, ist außer dem Pfändungsbeschlusse die Uebergabe des Hypothekenbriefs an den Gläubiger erforderlich. Wird die Uebergabe im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt, so gilt sie als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher den Brief zum Zwecke der Ablieferung an den Gläubiger wegnimmt. Ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so ist die Eintragung der Pfändung in das Grundbuch erforderlich; die Eintragung erfolgt auf Grund des Pfändungsbeschlusses. Wird der Pfändungsbeschluß vor der Uebergabe des Hypothekenbriefs oder der Eintragung der Pfändung dem Drittschuldner zugestellt, so gilt die Pfändung diesem gegenüber mit der Zustellung als bewirkt. Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit es sich um die Pfändung der Ansprüche auf die im § 1159 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Leistungen handelt. Das Gleiche gilt bei einer Sicherungshypothek im Falle des § 1187 des Bürgerlichen Gesetzbuchs von der Pfändung der Hauptforderung. EG-EI Art. 11 § 73 1 80 ; E II § 731; RJA § 731; BRVorl. § 731 ; RTVorl. § 731. Prot. I, S. 12442-12445; Prot. II, Bd. 3, S. 587 f. 81 ; Bd. 6, S. 256 82 , 722; 797. 224. An die Stelle des § 736 [835] Abs. 3 tritt folgende Vorschrift: Die Bestimmungen des § 730 Abs. 2, 3 finden auf die Ueberweisung entsprechende Anwendung. 80 81
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Vgl. auch § 1088 EI - BGB. Der Hauptantrag Nr. 1 a und b in Prot. II, Bd. 5, S. 587 stammt von Struckmann (Nr. 180, 10 zum Sachenrecht). Der Antrag unter VI. in Prot. II, Bd. 6, S. 256 stammt von Jacubezky (Nr. 65,5 der Revisionsanträge).
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Änderungen der Civilprozeßordnung Vgl. E I-BGB § 294 Abs. 3; E II § 736; R J A § 736; BRVorl. § 736; RTVorl. § 736. - Prot. II, Bd. 1, S. 377, 387 8 3 ; Bd. 2, S. 472 f.; Bd. 6, S. 723. 225. Im § 737 [836] wird a) hinter Abs. 1 folgende Vorschrift des Abs. 2 eingestellt: Der Ueberweisungsbeschluß gilt, auch wenn er mit Unrecht erlassen ist, zu Gunsten des Drittschuldners dem Schuldner gegenüber solange als rechtsbeständig, bis er aufgehoben wird und die Aufhebung zur Kenntniß des Drittschuldners gelangt. b) im bisherigen Abs. 2, jetzt Abs. 3, der Satz 1 durch folgende Vorschrift ersetzt: Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nöthige Auskunft zu ertheilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben. E I-BGB § 307; E II § 737; R J A § 737; BRVorl. § 737; RTVorl. § 737. - Prot. II, Bd. 1, S. 387 8 4 , 392 f., 396; Bd. 2, S. 472 f.; Bd. 6, S. 723 f. 226. Hinter § 737 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 737 a [837]. Zur Ueberweisung einer gepfändeten Forderung, für welche eine Hypothek besteht, genügt die Aushändigung des Ueberweisungsbeschlusses an den Gläubiger. Ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so ist zur Ueberweisung an Zahlungsstatt die Eintragung der Ueberweisung in das Grundbuch erforderlich; die Eintragung erfolgt auf Grund des Ueberweisungsbeschlusses. Diese Vorschriften finden keine Anwendung, soweit es sich um die Ueberweisung der Ansprüche auf die im § 1159 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Leistungen handelt. Das Gleiche gilt bei einer Sicherungshypothek im Falle des § 1187 des Bürgerlichen Gesetzbuchs von der Ueberweisung der Hauptforderung. Bei einer Sicherungshypothek der im § 1190 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art kann die Hauptforderung nach den allgemeinen Vorschriften gepfändet und überwiesen werden, wenn der Gläubiger die Ueberweisung der Forderung ohne die Hypothek an Zahlungsstatt beantragt. E I - B G B §§ 1088, 1113; E l l § 737 a; R J A § 737 a ; BRVorl. § 737 a; RTVorl. § 737 a. - Prot. II, Bd. 3, S. 587 f. 8 5 , 653 f. 8 6 ; Bd. 4, S. 605 f.; Bd. 6, S. 256 f. 8 7 ; 723, 797 ff. § 737 b [838]. Wird eine durch ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache gesicherte Forderung überwiesen, so kann der Schuldner die Herausgabe des Pfandes an den Gläubiger verweigern, bis ihm Sicherheit für die Haftung geleistet wird, die für ihn aus einer Verletzung der dem Gläubiger dem Verpfänder gegenüber obliegenden Verpflichtungen entstehen kann. E I-BGB § 1188; E II § 737 b; R J A § 737 b; BRVorl. § 737 b; R T V o r l . § 737 b. Prot. II, Bd. 3, S. 485 f. 8 8 ; Bd. 6, S. 723. 83
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Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht I, S. 767 ff. - Der maßgebende, in Prot. II, Bd. 1, S. 377 unter III. 1 b aufgeführte Antrag stammt von Struckmann (Nr. 1,76 der Anträge zum Schuldrecht). Vgl.Fn. 83. Der Antrag unter V. in Prot. II, Bd. 3, S. 587 zu Ziff. 1 a und b stammt von Struckmann (Nr. 180,10 zum Sachenrecht). Die Anträge unter IV. in Prot. II, Bd. 3, S. 653 zu Ziff. 1 stammen von Struckmann (Nr. 193,1) und zu Ziff. 2 von Jacubezky (Nr. 207,6 jeweils zum Sachenrecht). Der Antrag unter VI. in Prot. II, Bd. 6, S. 256 stammt von Jacubezky (Nr. 65,5 der Revisionsanträge). Der Antrag unter II. in Prot. II, Bd. 3, S. 485 f. stammt zu Ziff. 1 von Struckmann (Nr. 140, 6), zu Ziff. 2 von Jacubezky (Nr. 148,10, jeweils zum Sachenrecht). 123
Änderungen der Civilprozeßordnung
227. Der § 744 [845] Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Der vorherigen Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung und der Zustellung des Schuldtitels bedarf es nicht. RTKom. § 744. 228. Im § 747 [848] werden hinter Abs. 1 folgende Vorschriften als Abs. 2 eingestellt: Ist der Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums gerichtet, so hat die Auflassung an den Sequester als Vertreter des Schuldners zu erfolgen. Mit dem Uebergange des Eigenthums auf den Schuldner erlangt der Gläubiger eine Sicherungshypothek für seine Forderung. Der Sequester hat die Eintragung der Sicherungshypothek zu bewilligen. EG-E I Art. 11 § 747; Ε II § 747; RJA § 747; BRVorl. § 747; RTVorl. § 747. Prot. I, S. 1 2 4 4 7 - 1 2 4 5 3 ; Prot. II, Bd. 3, S. 532 f. 89 ; Bd. 6, S. 724.
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229. Im § 749 [850] treten a) im Abs. 1 an die Stelle der Nr. 1, 2, 3, 8 folgende Vorschriften: 1. der Arbeits- oder Dienstlohn nach den Bestimmungen des Reichsgesetzes vom 21. Juni 1869 (Bundes-Gesetzbl. 1869 S. 242 und 1871 S. 63, Reichs-Gesetzbl. 1897 S. 159); 2. die auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Alimentenforderungen und die nach § 844 des Bürgerlichen Gesetzbuches wegen der Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtende Geldrente; 3. die fortlaufenden Einkünfte, welche ein Schuldner aus Stiftungen oder sonst auf Grund der Fürsorge und Freigebigkeit eines Dritten bezieht, insoweit der Schuldner zur Bestreitung des nothdürftigen Unterhalts für sich, seinen Ehegatten und seine noch unversorgten Kinder dieser Einkünfte bedarf; 8. das Diensteinkommen der Offiziere, Militärärzte und Deckoffiziere, der Beamten, der Geistlichen, sowie der Aerzte und Lehrer an öffentlichen Anstalten; die Pensionen dieser Personen nach deren Versetzung in einstweiligen oder dauernden Ruhestand, sowie der nach ihrem Tode den Hinterbliebenen zu gewährende Sterbeoder Gnadengehalt. b) an die Stelle des Abs. 3 folgende Vorschrift: Die nach § 843 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichtende Geldrente ist nur soweit der Pfändung unterworfen, als der Gesammtbetrag die Summe von fünfzehnhundert Mark für das Jahr übersteigt. E II § 749; RJA § 749; BRVorl. § 749; RTVorl. § 749. - Prot. II, Bd. 2 90 , S. 621, 624, 629, Bd. 6, S. 724. 230. Hinter § 749 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 749 a [851], Eine Forderung ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung nur insoweit unterworfen, als sie übertragbar ist. Eine nach § 399 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht übertragbare Forderung kann insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden, als der geschuldete Gegenstand der Pfändung unterworfen ist. E I - B G B §296 Abs. 2; E l l §749 a; RJA § 749 a; BRVorl. § 749 a; RTVorl. § 749 a. - Prot. II, Bd. 1, S. 384 f. 91 ; Bd. 2, S. 237 f. 92 ; Bd. 6, S. 724. 89
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Der Hauptantrag in Prot. II, Bd. 5, S. 532 unter I 1 (S. 524) stammt von Jacubezky (Nr. 155,2 der Anträge zum Sachenrecht). Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 1069 ff. Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht I, S. 780 f. Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 624 (unter I.e.)
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§ 749 b [852]. Der Pflichttheilsanspruch ist der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. Das Gleiche gilt für den nach § 528 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Schenker zustehenden Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes. E I - B G B § 1992 Abs. 2 Satz 2; E l l S 749 b; RJA § 749 b; BRVorl. § 7 4 9 b ; RTVorl. S 749 a. - Prot. II, Bd. 5, S. 525 ff. 9 3 ; Bd. 6, S. 726. 231. Im § 754 [857] wird a) hinter Abs. 2 folgende Vorschrift als Abs. 3 eingestellt: Ein unveräußerliches Recht ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung insoweit unterworfen, als die Ausübung einem Anderen überlassen werden kann. b) der Abs. 3, jetzt Abs. 4, durch folgende Vorschriften ersetzt: Das Gericht kann bei der Zwangsvollstreckung in unveräußerliche Rechte, deren Ausübung einem Anderen überlassen werden kann, besondere Anordnungen erlassen. Es kann insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in Nutzungsrechte eine Verwaltung anordnen; in diesem Falle wird die Pfändung durch Uebergabe der zu benutzenden Sache an den Verwalter bewirkt, sofern sie nicht durch Zustellung des Beschlusses bereits vorher bewirkt ist. c) hinter Abs. 4, jetzt Abs. 5, folgende Vorschrift als Abs. 6 eingestellt: Auf die Zwangsvollstreckung in eine Reallast, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in eine Forderung, für welche eine Hypothek besteht, entsprechende Anwendung. EG-E I Art. 11 § 754; E I-BGB § 312 Satz 2; E II § 754; RJA § 754; BRVorl. § 754; RTVorl. § 754. - Prot. I, S. 12444, 12453-12458; Prot. II, Bd. 1, S. 404 94 ; Bd. 3, S. 587 f. 95 ; Bd. 6, S. 726 f. 232. Hinter § 754 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 754 a [858]. Auf die Zwangsvollstreckung in den Antheil an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiffe (Schiffspart) finden die Bestimmungen des § 754 mit folgenden Abweichungen Anwendung. Als Vollstreckungsgericht ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke sich der Heimathshafen oder der Heimathsort des Schiffes befindet. Dem Antrag auf Anordnung der Veräußerung der Part ist ein Auszug aus dem Schiffsregister beizufügen, der alle die Part betreffenden Eintragungen enthält; der Auszug darf nicht älter als eine Woche sein. Der Pfändungsbeschluß soll dem Korrespondentrheder zugestellt werden; die Pfändung wird auch mit dieser Zustellung wirksam. Das Vollstreckungsgericht soll der Registerbehörde von der Erlassung des Pfändungsbeschlusses unverzüglich Mittheilung machen. Ergiebt der Auszug aus dem Schiffsregister, daß die Part mit einem Pfandrechte belastet ist, welches einem anderen als dem betreibenden Gläubiger zusteht, so ist die Hinterlegung des Erlöses anzuordnen. Die Vertheilung des Erlöses erfolgt in diesem Falle nach den Bestimmungen der §§ 759 — 768; Forderungen, für die ein Pfandrecht 93
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Die Anträge unter X . in Prot. II, Bd. 5, S. 525 stammten zu Ziff. 1 von Jacubezky (Nr. 112, 122) und zu Ziff. 2 von v. Cuny (Nr. 96,2, jeweils zum Erbrecht). Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht I, S. 838. Die Anträge unter V. in Prot. II, Bd. 5, S. 587 f. stammen zu Ziff. 1 von Struckmann (Nr. 180,10),zu Z i f f . 2 v o n Jacubezky (Nr. 196,2) und zu Ziff. 3 von Wilke (Nr. 187 jeweils zum Erbrecht). 125
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an der Part eingetragen ist, sind nach dem Inhalte des Schiffsregisters in den Theiiungsplan aufzunehmen. ZVG-BRVorl. S 754 a 9 6 ; RJA § 754 a; BRVorl. S 754 a; RTVorl. § 754 a. § 754 b [859], Der Antheil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist der Pfändung unterworfen. Der Antheil eines Gesellschafters an den einzelnen zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen ist der Pfändung nicht unterworfen. Die gleichen Vorschriften gelten für den Antheil eines Miterben an dem Nachlaß und an den einzelnen Nachlaßgegenständen. Ε II § 754 a; BRVorl. § 754 b; RJA § 754 b; RTVorl. § 754 b. — Prot. II, Bd. 5, S. 837, 841 f. 97 ; Bd. 6, S. 317; 327 f., 727. 754 c [860]. Bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft ist der Antheil eines der Ehegatten an dem Gesammtgut und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen der Pfändung nicht unterworfen. Das Gleiche gilt bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft von den Antheilen des überlebenden Ehegatten und der Abkömmlinge. Nach der Beendigung der Gemeinschaft ist der Antheil an dem Gesammtgute zu Gunsten der Gläubiger des Antheilsberechtigten der Pfändung unterworfen. E I-BGB SS 1345 Abs. 1 Halbsatz 2, 1373 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, 1397 Abs. 1, 1406 Abs. 1, 1417, 1429 Abs. 1, 1431 Abs. 1; E II § 754 b; RJA S 754 c; BRVorl. S 754 b; RTVorl. § 754 c. - Prot. II, Bd. 4 98 , S. 234, 239, 279, 344, 351 f., 370; Bd. 6, S. 726 f. § 754 d [861]. Das Recht, welches bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung dem Ehemann an dem eingebrachten Gute zusteht, ist der Pfändung nicht unterworfen. Die von dem Ehemann erworbenen Früchte des eingebrachten Gutes sind der Pfändung nicht unterworfen, soweit sie zur Erfüllung der in den §§ 1384 — 1387 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Verpflichtungen des Ehemanns, zur Erfüllung der ihm seiner Ehefrau, seiner früheren Ehefrau oder seinen Verwandten gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht und zur Bestreitung seines standesmäßigen Unterhalts erforderlich sind. Der Widerspruch kann auch von der Ehefrau nach § 685 geltend gemacht werden. E I-BGB SS 1298 Halbsatz 2, 1299 Abs. 1, 2; E II S 754 c; RJA S 754 d; BRVorl. S 754 c; RTVorl. S 754 d. - Prot. II, Bd. 4 " , S. 134, 182 f., 204 f., 352 f.; Bd. 6, S. 725. § 754 e [862]. Das Recht, welches dem Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutznießung an dem Vermögen des Kindes zusteht, ist der Pfändung nicht unterworfen. Das Gleiche gilt von den ihnen nach den §§ 1655,1656 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Ansprüchen, solange die Ansprüche nicht fällig sind.
Vgl .Jakobs/Schubert, Zwangsversteigerungsgesetz, S. 224,1013 ff. Der Antrag auf S. 837 unter VI. 1 a—c stammt von Planck (Nr. 186), der Antrag zu S b auf S. 842 stammt von Börner (Nr. 176, jeweils zum Erbrecht). — Der Antrag in Bd. 6, S. 317 stammt von Börner (Nr. 84,7). 'S Vgl.Fn. 56. 99 Vgl.Fn. 56. 96
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Auf die Pfändung der von dem Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutznießung erworbenen Früchte finden die Vorschriften des § 754 d Abs. 1 Satz 2 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die in den §§ 1655, 1656 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Ansprüche, wenn sie fällig sind, den erworbenen Früchten gleichstehen. Der Widerspruch kann auch von dem Kinde nach § 685 geltend gemacht werden. E I-BGB SS 1534 Satz 1, Halbsatz 2, 1535; E II § 754 d; R J A S 754 e; BRVorl. $ 754 d; RTVorl. § 754 e. - Prot. II, Bd. 4 100 , S. 551, 582; Bd. 6, S. 725 f.; 799 f. § 754 f [863]. Ist der Schuldner als Erbe nach § 2338 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Einsetzung eines Nacherben beschränkt, so sind die Nutzungen der Erbschaft der Pfändung nicht unterworfen, soweit sie zur Erfüllung der dem Schuldner seinem Ehegatten, seinem früheren Ehegatten oder seinen Verwandten gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht und zur Bestreitung seines standesmäßigen Unterhalts erforderlich sind. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner nach § 2338 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist, für seinen Anspruch auf den jährlichen Reinertrag. Die Pfändung ist unbeschränkt zulässig, wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder ein auch dem Nacherben oder dem Testamentsvollstrecker gegenüber wirksames Recht geltend gemacht wird. Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn der Antheil eines Abkömmlinges an dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft nach § 1 5 1 3 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Beschränkung der im Abs. 1 bezeichneten Art unterliegt. E I-BGB S 2002 Abs. 2; E II § 754 e; R J A § 754 f.; BRVorl. § 754 f.; RTVorl. s 754 f. - Prot. II, Bd. 5, S. 573 ff. 101 ; Bd. 6, S. 294 102 , 726. 233. Die §§ 755, 756 werden aufgehoben. Vgl. EG-E I Art. 11 S 755; ZVG-BRVorl.; R J A ; BRVorl.; RTVorl. 234. An die Stelle des § 757 treten folgende Vorschriften: § 757 [864], Der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen außer den Grundstücken die Berechtigungen, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, und die im Schiffsregister eingetragenen Schiffe. Die Zwangsvollstreckung in den Bruchtheil eines Grundstücks oder einer Berechtigung ist nur zulässig, wenn der Bruchtheil in dem Antheil eines Miteigenthümers besteht oder wenn sich der Anspruch des Gläubigers auf ein Recht gründet, mit welchem der Bruchtheil als solcher belastet ist. § 757 a [865]. Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen umfaßt auch die Gegenstände, auf welche sich bei Grundstücken und Berechtigungen die Hypothek, bei Schiffen das eingetragene Pfandrecht erstreckt. Diese Gegenstände können, soweit sie Zubehör sind, nicht gepfändet werden. Im Uebrigen unterliegen sie der Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen, 100 Vgl. Fn. 56. 1 0 1 Die Anträge unter III. in Prot. II, Bd. 5, stammen zu Ziff. 1 von Struckmann (Nr. 116,2) und zu Ziff. 2 von Jacubezky (Nr. 126,16, jeweils zum Erbrecht). 102 Der Antrag unter X X I . in Prot. I, Bd. 6, S. 294 stammt von Jacubezky (Nr. 83,1 der Revisionsanträge).
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solange nicht ihre Beschlagnahme im Wege der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgt ist. § 757 b [866]. Die Zwangsvollstreckung in ein Grundstück erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung, durch Zwangsversteigerung und durch Zwangsverwaltung. Der Gläubiger kann verlangen, daß eine dieser Maßregeln allein oder neben den übrigen ausgeführt werde. Auf Grund eines Vollstreckungsbefehls findet die Eintragung einer Sicherungshypothek nicht statt. Auf Grund eines anderen Schuldtitels darf eine Sicherungshypothek nur für eine den Betrag von dreihundert Mark übersteigende Forderung eingetragen werden; die Vorschriften der §§ 4, 5 finden entsprechende Anwendung. § 757 c [867]. Die Sicherungshypothek wird auf Antrag des Gläubigers in das Grundbuch eingetragen; die Eintragung ist auf dem vollstreckbaren Titel zu vermerken. Mit der Eintragung entsteht die Hypothek. Das Grundstück haftet auch für die dem Schuldner zur Last fallenden Kosten der Eintragung. Sollen mehrere Grundstücke des Schuldners mit der Hypothek belastet werden, so ist der Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke zu vertheilen; die Größe der Theile bestimmt der Gläubiger. § 757 d [868]. Wird durch eine vollstreckbare Entscheidung die zu vollstreckende Entscheidung oder ihre vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben oder die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklärt oder deren Einstellung angeordnet, so erwirbt der Eigenthümer des Grundstücks die Hypothek. Das Gleiche gilt, wenn durch eine gerichtliche Entscheidung die einstweilige Einstellung der Vollstreckung und zugleich die Aufhebung der erfolgten Vollstreckungsmaßregeln angeordnet wird oder wenn die zur Abwendung der Vollstreckung nachgelassene Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt. § 757 e [869]. Die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung werden durch ein besonderes Gesetz geregelt. § 757 f [870]. Auf die Zwangsvollstreckung in eine Berechtigung, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Grundstücke entsprechende Anwendung. Die Zwangsvollstreckung in ein eingetragenes Schiff erfolgt nur durch Zwangsversteigerung. S 757 g [871]. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn ein Anderer als der Eigenthümer einer Eisenbahn oder Kleinbahn den Betrieb der Bahn kraft eigenen Nutzungsrechts ausübt, das Nutzungsrecht und gewisse dem Betriebe gewidmete Gegenstände in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen gehören und die Zwangsvollstreckung abweichend von den Vorschriften der Reichsgesetze geregelt ist. Vgl. EI-BGB 1130, 1131, 1133; Z V G - E I 4, 5, 245 103 ; ZVGBRVorl. §§ 7 5 7 - 7 5 7 g; RJA SS 7 5 7 - 7 5 7 g; BRVorl. SS 7 5 7 - 7 5 7 g; RTVorl.
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Vgl. Jakobs/Schubert, Zwangsversteigerungsgesetz, S. 833, 867, 880 ff., 1022, 1051 f.
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Änderungen der Civilprozeßordnüng §§ 7 5 7 - 7 5 7 g. — Zu § 866 Z P O 1 0 4 vgl. Prot. II, Bd. 3, S. 694 f.; zu § 867 Z P O :
Prot. II, Bd. 3, S. 699 f., 703 ff.; Bd. 6, S. 739 f.; zu § 868 ZPO: Prot. II, Bd. 3, S. 706 f.; Bd. 6, S. 739 f.
235. D e r § 759 [873] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Das zuständige Amtsgericht (§§ 728, 750, 751) hat nach Eingang der Anzeige über die Sachlage an jeden der betheiligten Gläubiger die Aufforderung zu erlassen, binnen zwei Wochen eine Berechnung der Forderung an Kapital, Zinsen, Kosten und sonstigen Nebenforderungen einzureichen. R J A § 759; BRVorl. § 759; R T V o r l . § 759. 236. Im § 772 [886] werden hinter dem Worte „Pfändung" die Worte eingeschaltet: „und Ueberweisung". R J A S 772; BRVorl. S 772; RTVorl. § 772. 237. An die Stelle des § 774 [888] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Diese Bestimmung kommt im Falle der Verurtheilung zur Eingehung einer Ehe, im Falle der Verurtheilung zur Herstellung des ehelichen Lebens und im Falle der Verurtheilung zur Leistung von Diensten aus einem Dienstvertrage nicht zur Anwendung. E G - E I Απ. 11 S 774; Ε II § 774; R J A § 774; BRVorl. § 774; RTVorl. S 774. Prot. I, S. 6075—6078, 12177; 12199, 12200 (FamR I, S. 298, 1228); 12463; Prot. II, Bd. 6, S. 728. 238. Als § 774 a [889] werden folgende Vorschriften eingestellt: Ist der Schuldner auf Grund der Vorschriften des bürgerlichen Rechts zur Leistung eines Offenbarungseides verurtheilt, so erfolgt die Eidesleistung vor dem Prozeßgericht erster Instanz. Auf die Abnahme des Eides finden die Vorschriften der §§ 440 — 446 Anwendung. Erscheint der Schuldner in dem zur Eidesleistung bestimmten Termine nicht oder verweigert er die Eidesleistung, so ist nach § 774 zu verfahren. Ist der Schuldner zur Erzwingung der Eidesleistung in H a f t genommen, so finden die Vorschriften des § 783 Anwendung. E I-BGB § 777 Abs. 2 S a t z 2; E II § 774 a; R J A § 774 a ; BRVorl. § 774 a; RTVorl. s 774 a. - Prot. II, Bd. 2, S. 780, 788 ff. 1 0 5 ; Bd. 6, S. 728. 239. Im § 777 [892] werden hinter den Worten „des § 678 Abs. 3" die Worte eingeschaltet: „und des § 679". R J A § 777; BRVorl. § 777; R T V o r l . § 777. 240. Hinter § 779 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 779 a [895], Ist durch ein vorläufig vollstreckbares Urtheil der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurtheilt, auf Grund deren eine Eintragung in das Grundbuch oder das Schiffsregister erfolgen soll, so gilt die Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs als bewilligt. 104
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Zur Sicherungshypothek vgl. die §§ 1130-1133 E I - BGB. Hierzu die Prot. II, Bd. 3, S. 694 ff. Anträge: S. 694 unter II. Ziff. 1 von Gebhardt (Nr. 216), S. 699 Nr. 1 von Jacubezky (Nr. 243,1), S. 700 Nr. 3 von Jacubezky (Nr. 214,3), S. 703 Nr. 3 von Jacubezky (Nr. 245,1), Nr. 4 von Jacubezky (Nr. 243,2), S. 706 von Jacubezky (Nr. 243,3), S. 707 von Wilke (Nr. 242, jeweils zum Sachenrecht). Vgl .Jakobs/Schubert, Schuldrecht I, S. 138 ff. 129
Änderungen der Civilprozeßordnung
E G - E I Art. 11 §658; E I - B G B § 833; GBO-BRVorl. § 779 a; RJA § 779 a; BRVorl. § 779 a; RTVorl. § 779 a. — Prot. I, S. 12404, 12405; Prot. II, Bd. 3, S. 68 106 , 501 1 0 7 ; Bd. 6, S. 703. § 779 b [896], Soll auf Grund eines Urtheils, das eine Willenserklärung des Schuldners ersetzt, eine Eintragung in ein öffentliches Buch oder Register vorgenommen werden, so kann der Gläubiger an Stelle des Schuldners die Ertheilung der im § 700 a bezeichneten Urkunden verlangen, soweit er dieser Urkunden zur Herbeiführung der Eintragung bedarf. GBO-BRVorl. § 779 b; RJA § 779 b; BRVorl. § 779 b; RTVorl. § 779 b. § 779 c [897]. Ist der Schuldner zur Uebertragung des Eigenthums oder zur Bestellung eines Rechts an einer beweglichen Sache verurtheilt, so gilt die Uebergabe der Sache als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher die Sache zum Zwecke der Ablieferung an den Gläubiger wegnimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner zur Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder zur Abtretung oder Belastung einer Hypothekenforderung, Grundschuld oder Rentenschuld verurtheilt ist, für die Uebergabe des Hypotheken·, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs. Vgl. E I - B G B §§ 875, 983, 1147; E l l § 779 a; RJA § 779 c; BRVorl. § 779 c; RTVorl. § 779 c. - Prot. II, Bd. 3, S. 204 f. 108 ; Bd. 6, S. 233 109 , 387 110 , 729. § 779 d [898]. Auf einen Erwerb, der sich nach den §§ 779, 779 c vollzieht, finden die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, Anwendung. Vgl. E I-BGB § 837; E II § 779 b; RJA § 779 d; BRVorl. § 779 d; RTVorl. § 779 d. - Prot. II, Bd. 6, S. 387 f., 729. 241. Im S 780 [899] werden hinter den Worten „des Offenbarungseides" die Worte eingeschaltet: „in den Fällen der §§ 711, 769". RTVorl. § 780. 242. Im § 781 [900] wird a) hinter Abs. 1 folgende Vorschrift als Abs. 2 eingestellt: Die Anwesenheit des Gläubigers in dem Termin ist nicht erforderlich. b) der bisherige Abs. 2, jetzt Abs. 3, durch folgende Vorschriften ersetzt: Bestreitet der Schuldner die Verpflichtung zur Leistung des Eides, so ist von dem Gerichte durch Beschluß über den Widerspruch zu entscheiden. Die Eidesleistung erfolgt erst nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung; das Vollstreckungsgericht kann jedoch die Eidesleistung vor Eintritt der Rechtskraft anordnen, wenn bereits ein früherer Widerspruch rechtskräftig verworfen ist. RJA § 781 ; BRVorl. § 781 ; RTVorl. §781. 106
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Der Antrag unter I. in Prot. II, Bd. 3, S. 68 stammt von Achilles (Nr. 12,29 der Anträge zum Sachenrecht). Der Antrag I. in Prot. II, Bd. 3, S. 501 stammt von Struckmann (Nr. 140,10 zum Sachenrecht). Der Antrag unter V. a und b in Prot. II, Bd. 3, S. 204 f. stammt von Achilles (Nr. 54,68 zum Sachenrecht). Der Antrag unter VI. in Prot. II, Bd. 6, S. 233 stammt von Jacubezky (Nr. 58,2 der Revisionsanträge). In Prot. II, Bd. 6, S. 387 f. geht es um die Beschlüsse der Redaktionskommission.
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Änderungen der Civilprozeßordnung
243. Der § 784 [903] erhält folgenden Abs. 2¡ Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn seit der Eidesleistung fünf Jahre verstrichen sind.
RJA § 784; BRVorl. § 784; RTVorl. § 784. 244. Der § 795 [914] erhält folgenden Abs. 2: Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn seit der Beendigung der Haft fünf Jahre verstrichen sind.
RJA § 795; BRVorl. § 795; RTVorl. § 795. 245. Als § 795 a [915] werden folgende Vorschriften eingestellt: Das Vollstrekkungsgericht hat ein Verzeichniß derjenigen Personen zu führen, welche vor ihm den im § 711 erwähnten Offenbarungseid geleistet haben oder gegen welche wegen Verweigerung des Eides die Haft angeordnet ist. Die Vollstreckung einer Haft ist in dem Verzeichnisse zu vermerken, wenn sie sechs Monate gedauert hat. Nach Ablauf der im § 784 Abs. 2 oder der im § 795 Abs. 2 bezeichneten Frist ist die Eintragung dadurch zu löschen, daß der Name unkenntlich gemacht wird. Die Einsicht des Verzeichnisses ist Jedem gestattet.
RJA § 784 a; BRVorl. § 795 a; RTVorl. § 795 a. 246. An die Stelle des § 796 [916] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift! Die Zulässigkeit des Arrestes wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Anspruch ein betagter oder ein bedingter ist, es sei denn, daß der bedingte Anspruch wegen der entfernten Möglichkeit des Eintritts der Bedingung einen gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat.
EI-BGB SS 133, 137 Abs. 2; E l l §796; RJA §796; BRVorl. §796; RTVorl. § 796. - Prot. II, Bd. 1, S. 181 ff. 111 ; Bd. 6, S. 729. 247. Der § 809 [929] Abs. 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Arrestbefehle bedürfen der Vollstreckungsklausel nur, wenn die Vollziehung für einen anderen als den in dem Befehle bezeichneten Gläubiger oder gegen einen anderen als den in dem Befehle bezeichneten Schuldner erfolgen soll.
RJA § 809; BRVorl. § 809; RTVorl. § 809. 248. Als § 810a [931] werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Vorschriften des § 810 gelten auch für die Vollziehung des Arrestes in ein Schiff, das im Schiffsregister eingetragen ist. Ist zur Zeit der Arrestvollziehung die Zwangsversteigerung des Schiffes eingeleitet, so gilt die in diesem Verfahren erfolgte Beschlagnahme des Schiffes als erste Pfändung im Sinne des § 727; die Abschrift des Pfändungsprotokolls ist dem Vollstreckungsgericht einzureichen. Das Arrestpfandrecht wird auf Antrag des Gläubigers in das Schiffsregister eingetragen; der nach § 803 festgestellte Geldbetrag ist als der Höchstbetrag zu bezeichnen, für welchen das Schiff haftet. Im Uebrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht an einem Schiffe Anwendung.
Vgl. ZVG-E I 112 § 225; ZVG-BRVorl. § 810 a; RJA § 810 a; BRVorl. § 810 a; RTVorl. § 810 a. - Prot. II, Bd. 6, S. 740.
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Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 857 (unter d). Vgl. Jakobs/Schubert, Zwangsversteigerungsgesetz, S. 799,1015 m. w. N.
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Änderungen der Civilprozeßordnung
249. An die Stelle des § 811 [932] treten folgende Vorschriften! Die Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück oder in eine Berechtigung, für welche die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften gelten, erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung; der nach § 803 festgestellte Geldbetrag ist als der Höchstbetrag zu bezeichnen, für welchen das Grundstück oder die Berechtigung haftet. Im Uebrigen finden die Vorschriften der §§ 757 c, 757 d Anwendung. Der Antrag auf Eintragung der Hypothek gilt im Sinne des § 809 Abs. 2, 3 als Vollziehung des Arrestbefehls. E G - E I Art. 11 § 8 1 1 ; E I - B G B §§ 1132, 1133; Z V G - E I §§ 3, 245 Abs. 2 1 1 3 ; ZVG-BRVorl. § 811; RJA § 811; BRVorl. § 811; RTVorl. § 811. - Prot. I, S. 3, 12464 f., 1 2 5 1 5 - 1 2 5 1 7 , 1 3 0 1 1 ; Prot. II, Bd. 3, S. 700 ff. 1 1 4 , Bd. 6, S. 739. 250. Der § 812 [933] erhält folgenden Zusatz: In den Haftbefehl ist der nach § 803 festgestellte Geldbetrag aufzunehmen. BRVorl. § 812; RTVorl. § 812. 251. Als § 819 a [941] wird folgende Vorschrift eingestellt: Hat auf Grund der einstweiligen Verfügung eine Eintragung in das Grundbuch oder das Schiffsregister zu erfolgen, so ist das Gericht befugt, das Grundbuchamt oder die Registerbehörde um die Eintragung zu ersuchen. RTVorl. § 819 a. 252. Im § 820 [942] werden hinter Abs. 1 folgende Vorschriften als Abs. 2 eingestellt: Die einweilige Verfügung, auf Grund deren eine Vormerkung oder ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs oder des Schiffsregisters eingetragen werden soll, kann von dem Amtsgericht, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist oder der Heimathshafen oder der Heimathsort des Schiffes sich befindet, erlassen werden, auch wenn der Fall für dringlich nicht erachtet wird. Die Bestimmung der im Abs. 1 bezeichneten Frist hat nur auf Antrag des Gegners zu erfolgen. E G - E II § 820; RJA § 820; BRVorl. § 820; RTVorl. § 820. S. 751 f.
Prot. II, Bd. 6,
253. Der § 821 [943] erhält folgenden Abs. 2: Das Gericht der Hauptsache ist für die nach § 101 a zu treffenden Anordnungen ausschließlich zuständig, wenn die Hauptsache anhängig ist oder anhängig gewesen ist. RJA § 821 ; BRVorl. § 821 ; RTVorl. § 821. 254. Als § 822 a [945] wird folgende Vorschrift eingestellt: Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 806 Abs. 2 oder des § 820 Abs. 3 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, daß er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken. 113 114
Vgl .Jakobs/Schubert, Zwangsversteigerungsgesetz, S. 886 f. Vgl. die Nachweise in Fn. 104.
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Änderungen der Civilprozeßordnung
Ε II § 822 a; RJA § 822 a; BRVorl. § 822 a; RTVorl. § 822 a. - Prot. II, Bd. 2; S. 672 115 , 678 ff., 724 f. 116 ; Bd. 6, S. 730. 255. Im § 827 [950] wird hinter dem Worte „Zeitraum" eingeschaltet: „(Aufgebotsfrist)". BRVorl. S 827; RTVorl. § 827. 256. Im § 829 [952] wird a) hinter Abs. 1 folgende Vorschrift als Abs. 2 eingestellt: Einem in der Sitzung gestellten Antrage wird ein Antrag gleichgeachtet, welcher vor dem Aufgebotstermine schriftlich gestellt oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers erklärt worden ist. b) der bisherige Abs. 2, jetzt Abs. 3, durch folgende Vorschrift ersetzt: Vor Erlassung des Urtheils kann eine nähere Ermittelung, insbesondere die Versicherung der Wahrheit einer Behauptung des Antragstellers an Eidesstatt, angeordnet werden. RTKom. § 829. 257. An die Stelle § 831 [954] Satz 1 tritt folgende Vorschrift: Wenn der Antragsteller weder in dem Aufgebotstermin erschienen ist noch vor dem Termine den Antrag auf Erlassung des Ausschlußurtheils gestellt hat, so ist auf seinen Antrag ein neuer Termin zu bestimmen. RTKom. § 831. 258. Hinter § 836 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 836 a [960] 117 . Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Todeserklärung gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. EI-BGB §10 Abs. 2; E l l § 836 a; RJA S 836 a; BRVorl. § 836 a; RTVorl. § 836 a . - P r o t . II, Bd. 1,S. 11,14; Prot. II, Bd. 6, 730. § 836 b [961]. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke der Verschollene den letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Gericht für Angehörige eines Bundesstaates von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung, für andere Verschollene von dem Reichskanzler durch allgemeine Anordnung bestimmt. E I-BGB § 9; E II § 836 b; RJA § 836 a; BRVorl. S 836 b; RTVorl. § 836 b. — Prot. II, Bd. 1, S. 11,14; Bd. 6, S. 733 ff. § 836 c [962]. Antragsberechtigt ist der gesetzliche Vertreter des Verschollenen sowie Jeder, der an der Todeserklärung ein rechtliches Interesse hat. Der gesetzliche Vertreter bedarf zu dem Antrage der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. E I-BGB S 11 Satz 1, 3; E II § 836 c; RJA § 836 c; BRVorl. § 836 c; RTVorl. § 836 c. - Prot. II, Bd. 1, S. 12ff.; Bd. 4, S. 757 f. 118 ; Bd. 6, S. 730. 115 116 117 118
Der Antrag unter I. a bis c in Prot. II, Bd. 2, S. 671 f. stammt von Struckmann (Nr. 244,35 zum Schuldrecht). Die Anträge unter IV. in Prot. II, Bd. 2, S. 724 stammen zu Ziff. 1 von Rüger (Nr. 301), zu Ziff. 2 von Jacubezky (Nr. 303, jeweils zum Schuldrecht). Zu den §§ 836 a— 836 r vgl. hinsichtlich der Prot. I, S. 24 ff. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 76 ff.; hinsichtlich der Prot. II Bd. 1, S. 11 ff., Jakobs/Schubert, aaO., S. 115 ff. Der Antrag unter IX. in Prot. II, Bd. 4, S. 757 f. stammt zu Ziff. 1 von Struckmann (Nr. 156,8), zu Ziff. 2 von Wolffson (Nr. 167,1, jeweils zum Familienrecht).
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Änderungen der Civilprozeßordnung
§ 836 d [963]. Der Antragsteller hat die zur Begründung des Antrags erforderlichen Thatsachen vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu machen. E I-BGB § 11 Satz 2, § 12; E II § 836 d; RJA § 836 c; BRVorl. § 836 d; RTVorl. S 836 d. - Prot. II, Bd. 1, S. 12ff.; Bd. 6, S. 730. § 836 e [964]. In das Aufgebot ist aufzunehmen: 1. die Aufforderung an den Verschollenen, sich spätestens im Aufgebotstermine zu melden, widrigenfalls die Todeserklärung erfolgen werde; 2. die Aufforderung an Alle, welche Auskunft über Leben oder Tod des Verschollenen zu ertheilen vermögen, spätestens im Aufgebotstermine dem Gericht Anzeige zu machen. E I-BGB § 14; E II § 836 e; RJA § 836 e; BRVorl. § 836 e; RTVorl. § 836 e. Prot. II, Bd. 1, S. 12 ff.; Bd. 6, S. 731.
-
§ 836 f [965], Die Aufgebotsfrist muß mindestens sechs Monate betragen. E I-BGB § 15; E II § 836 f; RJA § 836 f; BRVorl. § 836 f; RTVorl. § 836 f. Prot. II, Bd. 1, S. 12 f.; Bd. 6, S. 731 f.
-
§ 836 g [966]. In den Fällen der §§ 15—17 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann die Bekanntmachung des Aufgebots durch öffentliche Blätter unterbleiben. Das Gleiche gilt, wenn seit der Geburt des Verschollenen hundert Jahre verstrichen sind. Unterbleibt die Bekanntmachung durch öffentliche Blätter, so muß die Aufgebotsfrist mindestens sechs Wochen betragen; sie beginnt in diesem Falle mit der Anheftung des Aufgebots an die Gerichtstafel. E I-BGB § 20; E II § 836 g; RJA § 836 g; BRVorl. § 836 g; RTVorl. § 836 g. Prot. II, Bd. 1, S. 12 f., 17; Bd. 6, S. 731.
-
§ 836 h [967]. Jeder Antragsberechtigte kann neben dem Antragsteller oder statt des Antragstellers in das Verfahren eintreten. Durch den Eintritt erlangt er die rechtliche Stellung eines Antragstellers. E I-BGB § 16; E II § 836 h; RJA § 836 h; BRVorl. § 836 h; RTVorl. § 836 h. Prot. II, Bd. 1, S. 12 ff.; Bd. 6, S. 731, 780.
-
§ 836 i [968], Das Gericht hat unter Benutzung der in dem Antrag angegebenen Thatsachen und Beweismittel von Amtswegen die zur Feststellung des Sachverhalts erforderlichen Ermittelungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. E I-BGB § 13 Satz 2; E II § 836 i; RJA S 836 i; BRVorl. S 836 i; RTVorl. § 836 i. - Prot. II, Bd. 1, S. 12 f., 23 f.; Bd. 6, S. 731. § 836 k [969]. Wird derjenige, welcher sich als der angeblich Verschollene meldet, als solcher von dem Antragsteller nicht anerkannt, so ist das Verfahren auszusetzen. E I-BGB § 17; E II § 836 k; RJA S 836 k; BRVorl. § 836 k; RTVorl. § 836 k. Prot. II, Bd. 1,S. 12 f., 15; Bd. 6, S. 112,731.
-
§ 836 1 [970]. Das Gericht hat die Todeserklärung nur auszusprechen, wenn die zur Begründung derselben erforderlichen Thatsachen für erwiesen erachtet werden. In dem Antheil ist der Zeitpunkt des Todes nach Maßgabe des § 18 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs festzustellen. E I-BGB § 13 Satz 1 ; E II § 836 1; RJA § 836 1; BRVorl. § 836 1; RTVorl. § 836 1. - P r o t . II, Bd. 1,S. 12 f., 19 f., 23; Bd. 6,S. 731. 134
Änderungen der Civilprozeßordnung
§ 836 m [971]. Die dem Antragsteller erwachsenen Kosten, welche zur zweckentsprechenden Durchführung des Verfahrens nothwendig waren, fallen, wenn die Todeserklärung erfolgt, dem Nachlasse zur Last. E I-BGB § 18; E II § 836 m; RJA § 836 m; BRVorl. § 836 m; RTVorl. § 836 m. Prot. II, Bd. 1, S. 12 f., 15 ff.; Bd. 6, S. 731. § 836 η [972]. Die Erledigung der Aufgebotsanträge kann von der Landesjustizverwaltung für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden. Auf Verlangen des Antragstellers erfolgt die Erledigung durch das nach § 836 b zuständige Gericht. Wird das Aufgebot durch ein anderes als das nach § 836 b zuständige Gericht erlassen, so ist das Aufgebot auch durch Anheftung an die Gerichtstafel des letzteren Gerichts öffentlich bekannt zu machen. E I-BGB § 19; E II § 836 n; RJA § 836 n; BRVorl. § 836 n; RTVorl. § 836 n. Prot. II, Bd. 1, S. 12 f., 16; Bd. 6, S. 112 119 , 732. § 836 o [973]. Die Anfechtungsklage findet außer den Fällen des § 834 Abs. 2 auch dann statt, wenn die Todeserklärung mit Unrecht erfolgt oder der Zeitpunkt des Todes des Verschollenen unrichtig festgestellt ist. E I-BGB $ 23; E II § 836 o; RJA § 836 o; BRVorl. S 836 o. RTVorl. S 836 o; Prot. II, Bd. 1, S. 13, 25 ff., 272 ff. 1 2 0 ; Bd. 6, S. 731.
-
§ 836 ρ [974]. Zur Erhebung der Anfechtungsklage ist Jeder berechtigt, der an der Aufhebung der Todeserklärung oder an der Berichtigung des Zeitpunkts des Todes ein rechtliches Interesse hat. Die Anfechtungsklage ist gegen denjenigen zu richten, welcher die Todeserklärung erwirkt hat, falls aber dieser die Klage erhebt oder falls er verstorben oder sein Aufenthalt unbekannt oder im Ausland ist, gegen den Staatsanwalt. E I-BGB SS 23, 24 Abs. 1; E II § 836 p; RJA § 836 p; BRVorl. § 836 p; RTVorl. § 836 p. - Prot. II, Bd. 1, S. 13 f., 25 f., 27 f., 272 ff. 1 2 1 ; Bd. 6, S. 731. § 836 q [975]. Auf das Verfahren über die Anfechtungsklage finden die Vorschriften der §§ 608, 610, 611, des § 614 Abs. 1 und des § 833 entsprechende Anwendung. E I - B G B §24 Abs. 2; E l l § 836 q; RJA § 836 q; BRVorl. § 836 q; RTVorl. § 836 q. — Prot. II, Bd. 1, S. 13 f., 27 f., 272 ff. 1 2 2 ; Bd. 6, S. 732, 734. § 836 r [976]. Die Anfechtungsklage ist, sofern sie nicht auf einen der im § 834 Abs. 2 bezeichneten Gründe gestützt wird, nur innerhalb der Frist von einem Monate zulässig. Die Frist beginnt mit der Erlassung des die Todeserklärung aussprechenden Urtheils. Die mündliche Verhandlung erfolgt nicht vor Ablauf dieser Frist. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Die Vorschrift des § 59 findet Anwendung. Wird in Folge einer Anfechtungsklage die Todeserklärung aufgehoben oder eine andere Todeszeit festgestellt, so wirkt das Urtheil für und gegen Alle. Der Antrag unter VII. Ziff. 2 in Prot. II, Bd. 6, S. 112 stammt von Börner (Nr. 5,1 der Revisionsanträge). 12° Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 132 f. ' 2 ' Vgl. Fn. 120. >22 Vgl. Fn. 120.
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Änderungen der Civilprozeßordnung
EI-BGB §22; E l l $8; E l l § 836 r; RJA § 836 r; BRVorl. § 836 r; RTVorl. § 836 r. - Prot. II, Bd. 1, S. 272 ff.123; Bd. 4, S. 67; Bd. 6, S. 732. § 836 s [977]. Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des Eigenthümers eines Grundstücks nach § 927 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. Ε II § 836 s; RJA § 836 s; BRVorl. S 836 s. RTVorl. § 836 s; S. 190 ff. 124 ; Bd. 6, S. 734,800.
Prot. II, Bd. 3,
§ 836 t [978]. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist. EI-BGB § 873 Abs. 1; E l l - BGB § 836 t; RJA § 836 t; BRVorl. § 836 t; RTVorl. § 836 t; Zu Prot. II vgl. bei § 977 ZPO. § 836 u [979]. Ajatragsberechtigt ist derjenige, welcher das Grundstück seit der im § 927 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Zeit im Eigenbesitze hat. E I-BGB § 873 Abs. 1; E II § 836 u; RJA § 836 u; BRVorl. § 836 u; RTVorl. § 836 u; zu Prot. II vgl. bei § 977 ZPO. § 836 ν [980]. Der Antragsteller hat die zur Begründung des Antrags erforderlichen Thatsachen vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu machen. E I-BGB § 873 Abs. 3; E II § 836 v; RJA § 836 v; BRVorl. § 836 v; RTVorl. § 836 v; zu Prot. II vgl. bei § 977 ZPO. § 836 w [981]. In dem Aufgebot ist der bisherige Eigenthümer aufzufordern, sein Recht spätestens im Aufgebotstermin anzumelden, widrigenfalls seine Ausschließung erfolgen werde. EI-BGB § 873 Abs. 4; E l l § 836v; RJA § 836w; BRVorl. § 836 w; RTVorl. § 836 w. - Zu Prot. II vgl. bei § 977 ZPO. § 836 χ [982]125. Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldgläubigers auf Grund der §§ 1170, 1171 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. E II § 836 x; RJA § 836 x; BRVorl. § 836 x; RTVorl. § 836 x. — Prot. II, Bd. 3, S. 617 ff.; Bd. 6, S. 735. § 836 y [983]. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke das belastete Grundstück belegen ist. E I-BGB § 1105; E II § 836 y; RJA § 836 y; BRVorl. § 836 y. RTVorl. § 836 y, Prot. II, Bd. 3, S. 618; Bd. 6, S. 735. § 836 ζ [984]. Antragsberechtigt ist der Eigenthümer des belasteten Grundstücks. Im Falle des § 1170 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch ein im Range gleichoder nachstehender Gläubiger, zu dessen Gunsten eine Vormerkung nach § 1179 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingetragen ist, und bei einer Gesammthypothek, Ge123 124
125
Vgl. Fn. 120. Der Antrag unter II. 1. in Prot. II, Bd. 3, S. 19 stammt von Achilles (Nr. 38,66 und 67 zum Sachenrecht). Zu den §§ 836 χ bis 836 cc vgl. Prot. II, Bd. 3, S. 617 ff. Der maßgebende Antrag 4 b stammt von Jacubezky (Nr. 200,7 zum Sachenrecht).
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sammtgrundschuld oder Gesammtrentenschuld außerdem derjenige antragsberechtigt, welcher auf Grund eines im Range gleich- oder nachstehenden Rechts Befriedigung aus einem der belasteten Grundstücke verlangen kann, sofern der Gläubiger oder der sonstige Berechtigte für seinen Anspruch einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat. E I-BGB §§ 1103 Abs. 1,1104 Abs. 1; E II § 836 ζ ; RJA § 836 ζ ; BRVorl. § 836 z; RTVorl. § 836 z. - Prot. II, Bd. 3, S. 618; Bd. 6, S. 735. § 836 aa [985]. Der Antragsteller hat vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu machen, daß der Gläubiger unbekannt ist. E I-BGB 1103 Abs. 2 Nr. 1 ; 1104 Abs. 2 Nr. 1 ; E II $ 836 aa; RJA § 836 aa; BRVorl. § 836 aa; RTVorl. § 836 aa. - Prot. II, Bd. 3, S. 618; Bd. 6, S. 735. § 836 bb [986]. Im Falle des § 1170 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der Antragsteller vor der Einleitung des Verfahrens auch glaubhaft zu machen, daß nicht eine das Aufgebot ausschließende Anerkennung des Rechts des Gläubigers erfolgt ist. Ist die Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber bestellt oder der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt, so hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, daß die Schuldverschreibung oder der Brief bis zum Ablaufe der im § 801 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Frist nicht vorgelegt und der Anspruch nicht gerichtlich geltend gemacht worden ist. Ist die Vorlegung oder die gerichtliche Geltendmachung erfolgt, so ist die im Abs. 1 vorgeschriebene Glaubhaftmachung erforderlich. Zur Glaubhaftmachung genügt in den Fällen der Abs. 1, 2 die Versicherung des Antragstellers an Eidesstatt, unbeschadet der Befugniß des Gerichts, anderweitige Ermittelungen anzuordnen. In dem Aufgebot ist als Rechtsnachtheil anzudrohen, daß die Ausschließung des Gläubigers mit seinem Rechte erfolgen werde. Wird das Aufgebot auf Antrag eines nach § 836 ζ Abs. 2 Antragsberechtigten erlassen, so ist es dem Eigenthümer des Grundstücks von Amtswegen mitzutheilen. E I-BGB § 1103 Abs. 2 Nr. 2; E II § 836 bb; RJA $ 836 bb; BRVorl. § 836 bb; RTVorl. § 836 bb. - Prot. II, Bd. 3, S. 618 f.; Bd. 6, S. 735. § 836 cc [987]. Im Falle des § 1171 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der Antragsteller sich vor der Einleitung des Verfahrens zur Hinterlegung des dem Gläubiger gebührenden Betrags zu erbieten. In dem Aufgebot ist als Rechtsnachtheil anzudrohen, daß der Gläubiger nach der Hinterlegung des ihm gebührenden Betrags seine Befriedigung statt aus dem Grundstücke nur noch aus dem hinterlegten Betrage verlangen könne und sein Recht auf diesen erlösche, wenn er sich nicht vor dem Ablaufe von dreißig Jahren nach der Erlassung des Ausschlußurtheils bei der Hinterlegungsstelle melde. Hängt die Fälligkeit der Forderung von einer Kündigung ab, so erweitert sich die Aufgebotsfrist um die Kündigungsfrist. Das Ausschlußurtheil darf erst dann erlassen werden, wenn die Hinterlegung erfolgt ist. E I-BGB § 1104 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3, 4; E II § 836 cc; RJA $ 836 cc; BRVorl. § 836 cc; RTVorl. § 836 cc. - Prot. II, Bd. 3, S. 618; Bd. 6, S. 735 f. § 836 dd [988]. Die Vorschriften des § 836 y, des § 836 ζ Abs. 1, des § 836 aa, des § 836 bb Abs. 1 — 4 und des § 836 cc finden auf das Aufgebotsverfahren zum Zwecke 137
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der in den §§ 887, 1104, 1112, 1269 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Vormerkung, das Vorkaufsrecht, die Reallast und für das Pfandrecht an Schiffen bestimmten Ausschließung des Berechtigten entsprechende Anwendung. In den Fällen der §§ 887, 1104, 1112 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch derjenige antragsberechtigt, welcher auf Grund eines im Range gleich- oder nachstehenden Rechts Befriedigung aus dem Grundstücke verlangen kann, sofern er für seinen Anspruch einen vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hat. Das Aufgebot ist dem Eigenthümer des Grundstücks von Amtswegen mitzutheilen. Ε II § 836 dd; RJA § 836 dd; BRVorl. $ 836 dd; RTVorl. § 836 dd. Bd. 3, S. 738 f. 126 , 742, 748 ; Bd. 6, S. 736 f.
Prot. II,
§ 836 ee [989] 127 . Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaßgläubigern auf Grund des § 1970 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. E I-BGB § 2120 Abs. 1; E II § 836 ee; RJA § 836 ee; BRVorl. § 836 ee; RTVorl. s 836 ee. - Prot. II, Bd. 5, S. 749, 774; Bd. 6, S. 737. § 836 ff [990]. Zuständig ist das Amtsgericht, dem die Verrichtungen des Nachlaßgerichts obliegen. Sind diese Verrichtungen einer anderen Behörde als einem Amtsgericht übertragen, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Nachlaßbehörde ihren Sitz hat. E I-BGB § 2121 Abs. 1 ; E II § 836 ff; RJA § 836 ff; BRVorl. § 836 ff; RTVorl. § 836 ff. - Prot. II, Bd. 5, S. 749, 777; Bd. 6, S. 737. § 836 gg [991]. Antragsberechtigt ist jeder Erbe, sofern er nicht für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Zu dem Antrage sind auch ein Nachlaßpfleger und ein Testamentsvollstrecker berechtigt, wenn ihnen die Verwaltung des Nachlasses zusteht. Der Erbe und der Testamentsvollstrecker können den Antrag erst nach der Annahme der Erbschaft stellen. E I-BGB §§ 2064, 2120; E II § 836 gg; RJA S 836 gg; BRVorl. RTVorl.; § 836 gg. - Prot. II, Bd. 5, S. 284, 286 128 , 668 129 , 749, 777, 816; Bd. 6, S. 737. § 836 hh [992]. Dem Antrag ist ein Verzeichnis der bekannten Nachlaßgläubiger mit Angabe ihres Wohnorts beizufügen. E I - B G B S 2122; E l l § 836 hh; RJA § 836 hh; BRVorl. S 836 hh; RTVorl. S 836 hh. - Prot. II, Bd. 5, S. 749, 777; Bd. 6, S. 737. § 836 ii [993]. Das Aufgebot soll nicht erlassen werden, wenn die Eröffnung des Nachlaßkonkurses beantragt ist. Durch die Eröffnung des Nachlaßkonkurses wird das Aufgebotsverfahren beendigt. 126
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Der Antrag unter X I V . in Prot. II, Bd. 3, S. 738 zu Ziff. 1 und 2 stammt von Jacubezky (Nr. 251 zum Sachenrecht). Die §§ 836 ee bis 836 pp gehen auf die Subkommission der 2. BGB-Kommission für das Inventarrecht zurück und stellen einen Ersatz für die § § 2 1 2 0 ff. E I-BGB dar. Die Vorschläge der Subkommission sind in Prot. II, Bd. 5, S. 748, 749 ff. wiedergegeben. Zu den Verh. vgl. Prot. II, Bd. 5, S. 774 ff. Der maßgebende Antrag in Prot. II, Bd. 5, S. 284 zu Ziff. 1 stammt von Börner. Der Antrag unter VI. a in Prot. II, Bd. 5, S. 668 stammt von Jacubezky (Nr. 151,4 zum Erbrecht).
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E I-BGB § 2123; E II § 836 ii; RJA § 836 ii; BRVorl. § 836 ii; RTVorl. § 836 ii. Prot. II, Bd. 5, S. 749, 777; Bd. 6, S. 777. § 836 kk [994]. Die Aufgebotsfrist soll höchstens sechs Monate betragen. Das Aufgebot soll den Nachlaßgläubigern, welche dem Nachlaßgericht angezeigt sind und deren Wohnort bekannt ist, von Amtswegen zugestellt werden. Die Zustellung kann durch Aufgabe zur Post erfolgen. EI-BGB §2124; E l l § 836 kk; RJA § 836 kk; BRVorl. § 836 kk; RTVorl. s 836 kk. - Prot. II, Bd. 5, S. 749, 777; Bd. 6, S. 737. § 836 11 [995]. In dem Aufgebot ist den Nachlaßgläubigern, welche sich nicht melden, als Rechtsnachtheil anzudrohen, daß sie, unbeschadet des Rechts, vor den Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen berücksichtigt zu werden, von dem Erben nur insoweit Befriedigung verlangen können, als sich nach Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger noch ein Ueberschuß ergiebt. E II § 836 11; RJA S 836 11; BRVorl. § 836 11; RTVorl. § 836 11. - Prot. II, Bd. 5, S. 750, 783; Bd. 6, S. 738. § 836 mm [996]. Die Anmeldung einer Forderung hat die Angabe des Gegenstandes und des Grundes der Forderung zu enthalten. Urkundliche Beweisstücke sind in Urschrift oder in Abschrift beizufügen. Das Gericht hat die Einsicht der Anmeldungen Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht. E I-BGB § 2126 Abs. 1, 2; E II § 836 mm; RJA § 836 mm; BRVorl. § 836 mm; RTVorl. § 836 mm. - Prot. II, Bd. 5, S. 750,780; Bd. 6, S. 738. § 836 nn [997]. Sind mehrere Erben vorhanden, so kommen der von einem Erben gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurtheil, unbeschadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die unbeschränkte Haftung, auch den anderen Erben zu Statten. Als Rechtsnachtheil ist den Nachlaßgläubigern, welche sich nicht melden, auch anzudrohen, daß jeder Erbe nach der Theilung des Nachlasses nur für den seinem Erbtheil entsprechenden Theil der Verbindlichkeit haftet. Die Erlassung des Aufgebots mit Androhung des im Abs. 1 Satz 2 bestimmten Rechtsnachtheils kann von jedem Erben auch dann beantragt werden, wenn er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. EI-BGB S 1838; E l l § 836nn; RJA S 836 nn; BRVorl. § 836 nn; RTVorl. § 836 nn. - Prot. II, Bd. 5, S. 750, 784; Bd. 6, S. 738. § 836 oo [998]. Im Falle der Nacherbfolge findet die Vorschrift des § 836 nn Abs. 1 Satz 1 auf den Vorerben und den Nacherben entsprechende Anwendung. EI-BGB § 1838; vgl. E l l § 836 mm; vgl. RJA § 836 nn; BRVorl. § 836 oo; RTVorl. § 836 oo. — Prot. II, Bd. 5, S. 750, 829; Bd. 6, S. 738. § 836 pp [999]. Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlaß zum eingebrachten Gute oder zum Gesammtgute, so kann sowohl die Ehefrau als der Ehemann das Aufgebot beantragen, ohne daß die Zustimmung des anderen Theiles erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn der Nachlaß zum Gesammtgute gehört, auch nach der Beendigung der Gemeinschaft. Der von dem einen Ehegatten gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurtheil kommen auch dem anderen Ehegatten zu Statten. 139
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
E I-BGB §§ 2148, 2149; E II § 836 oo; RJA § 836 oo; BRVorl. § 836 pp; RTVorl. s 836 pp. - Prot. II, Bd. 5, S. 750,806 f.; Bd. 6, S. 738. § 836 qq [1000]. Hat der Erbe die Erbschaft verkauft, so kann sowohl der Käufer als der Erbe das Aufgebot beantragen. Der von dem einen Theile gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurtheil kommen, unbeschadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die unbeschränkte Haftung, auch dem anderen Theile zu Statten. Diese Bestimmungen finden entsprechende Anwendung, wenn Jemand eine durch Vertrag erworbene Erbschaft verkauft oder sich zur Veräußerung einer ihm angefallenen oder anderweit von ihm erworbenen Erbschaft in sonstigter Weise verpflichtet hat. E I - B G B SS 498 Abs. 4, 500 Abs. 1; E l l § 836pp; RJA § 836 pp; BRVorl. s 836 qq; RTVorl. § 836 qq. - Prot. II, Bd. 2, S. 127 ff. 1 3 0 ; Bd. 6, S. 738 ff. § 836 rr [1001]. Die Bestimmungen der §§ 836 ff — §836 mm, 836 pp, 836 qq finden im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der nach dem § 1489 Abs. 2 und dem § 1970 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässigen Ausschließung von Gesammtgutsgläubigern entsprechende Anwendung. E II § 836 qq; RJA § 836 qq; BRVorl. § 836 rr; RTVorl. § 836 rr. — Prot. II, Bd. 6, S. 294 f. 131 , 739. § 836 ss [1002], Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Schiffsgläubigern auf Grund des § 765 des Handelsgesetzbuchs und des § 111 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, vom 15. Juni 1895 (Reichs-Gesetzbl. S. 301) gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke sich der Heimathshafen oder der Heimathsort des Schiffes befindet. Unterliegt das Schiff der Eintragung in das Schiffsregister, so kann der Antrag erst nach der Eintragung der Veräußerung des Schiffes gestellt werden. Der Antragsteller hat die ihm bekannten Forderungen von Schiffsgläubigern anzugeben. Die Aufgebotsfrist muß mindestens drei Monate betragen. In dem Aufgebot ist den Schiffsgläubigern, welche sich nicht melden, als Rechtsnachtheil anzudrohen, daß ihre Pfandrechte erlöschen, sofern nicht ihre Forderungen dem Antragssteller bekannt sind. BRVorl.-HGB § 850 a 3 (Anh. zur Denkschrift); RJA ξ 850 f.; BRVorl. § 850 f.; RTVorl. S 850 f.; RTKom. S 836 ss. 259. Der § 837 [1003] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung einer Urkunde gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. Vgl. EG-E I Art. 11 § 837; E II § 837; RJA S 837; BRVorl. § 837; RTVorl. § 837. - Prot. I, S. 12465, 11466; Prot. II, Bd. 6, S. 740. 130 131
Vgl. die Quellen zu §§ 2383,2385 BGB. Der Antrag unter X X I . in Prot. II, Bd. 6, S. 294 f. stammt von Jacubezky (Nr. 83,1 der Revisionsanträge).
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Änderungen der (Zivilprozeßordnung
260. Im § 838 [1004] Abs. 1 treten an die Stelle der Worte „der letzte Inhaber" die Worte: „der bisherige Inhaber des abhanden gekommenen oder vernichteten Papiers". Ε II § 838; RJA § 838; BRVorl. § 838; RTVorl. § 838. — Prot. II, Bd. 6, S. 740. 261. Der § 839 [1005] Abs. 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt! Ist die Urkunde über ein im Grundbuch eingetragenes Recht ausgestellt, so ist das Gericht der belegenen Sache ausschließlich zuständig. RTKom. § 839. 262. Als § 839 a [1006] werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Erledigung der Anträge auf Erlassung des Aufgebots zum Zwecke der Kraftloserklärung eines auf den Inhaber lautenden Papiers kann von der Landesjustizverwaltung für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden. Auf Verlangen des Antragstellers erfolgt die Erledigung durch das nach § 839 zuständige Gericht. Wird das Aufgebot durch ein anderes als das nach § 839 zuständige Gericht erlassen, so ist das Aufgebot auch durch Anheftung an die Gerichtstafel des letzteren Gerichts öffentlich bekannt zu machen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung von Schuldverschreibungen auf den Inhaber, die ein Bundesstaat oder eine ihm angehörende Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts ausgestellt oder für deren Bezahlung ein Bundesstaat die Haftung übernommen hat, ein bestimmtes Amtsgericht für ausschließlich zuständig erklärt wird. EG-E I Art. 11 § 839 a; E II § 839 a; RJA S 839 a; BRVorl. § 839 a; RTVorl. s 839 a. - Prot. I, S. 12468, 12469; Prot. II, Bd. 6, S. 112 1 3 2 ,741. 263. Im § 840 [1007] erhält die Nr. 3 folgende Fassung: 3. sich zur Versicherung der Wahrheit seiner Angaben an Eidesstatt zu erbieten. RTKom. § 840. 264. Der § 842 [1009] erhält folgenden Abs. c: Betrifft das Aufgebot ein auf den Inhaber lautendes Papier und ist in der Urkunde vermerkt oder in den Bestimmungen, unter denen die erforderliche staatliche Genehmigung ertheilt worden ist, vorgeschrieben, daß die öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte andere Blätter zu erfolgen habe, so muß die Bekanntmachung auch durch Einrückung in diese Blätter erfolgen. Das Gleiche gilt bei Schuldverschreibungen, die von einem Bundesstaat ausgegeben sind, wenn die öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte Blätter landesgesetzlich vorgeschrieben ist. EG-E I Art. 11 § 842; E II § 842; RJA § 842; BRVorl. § 842; RTVorl. § 842. — Prot. I, S. 12475 — 12477; Prot. II, Bd. 6, S. 741. 265. Im § 843 [1010] Abs. 1 treten an die Stelle der Worte „Zinsscheine oder Gewinnantheilscheine" die Worte : „Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine" und an die Stelle der Worte „Reihe von Zinsscheinen oder Gewinnantheilscheinen" die Worte: „Reihe von Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen". EG-E I Art. 11 § 843; E II § 843; RJA § 843; BRVorl. S 843; RTVorl. S 843. Prot. I, S. 12477, 12478; Prot. II, Bd. 6, S. 741. 132
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Der Antrag unter VII. 2. stammtin Prot. II, Bd. 6, S. 112 von Börner (Nr. 5,1 der Revisionsanträge).
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266. Im § 844 [1011] Abs. 1 treten an die Stelle der Worte „Zinsscheine oder Gewinnantheilscheine" die Wortes „Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine" und an die Stelle der Worte „Zinsen oder Gewinn an theile bezahlt" die Worte : „Zinsen, Renten oder Gewinnantheile gezahlt". EG-E I Art. 11 § 844; Ε II § 844; RJA § 844; BRVorl. § 844; RTVorl. § 844. Prot. I, S. 12477,12478; Prot. II, Bd. 6, S. 741.
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267. Als § 844 a [1012] werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Vorschriften der §§ 843, 844 finden insoweit keine Anwendung, als die Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine, deren Fälligkeit nach diesen Vorschriften eingetreten sein muß, von dem Antragsteller vorgelegt werden. Der Vorlegung der Scheine steht es gleich, wenn das Zeugniß der betreffenden Behörde, Kasse oder Anstalt beigebracht wird, daß die fällig gewordenen Scheine ihr von dem Antragsteller vorgelegt worden seien. RTVorl. § 845 a; RTKom. § 844 a. - Vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 741. 268. Im § 845 [1013] treten an die Stelle der Worte „Zinsscheine oder Gewinnantheilscheine" die Worte: „Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine". Vgl. EG-E I Art. 11 § 845; E II S 845; RJA § 845; BRVorl. § 845; RTVorl. § 845. - Prot. I, S. 12477,12478; Prot. II, Bd. 6, S. 741. 269. Der § 847 [1015] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Die Aufgebotsfrist muß mindestens sechs Monate betragen. Der Aufgebotstermin darf nicht über ein Jahr hinaus bestimmt werden; solange ein so naher Termin nicht bestimmt werden kann, ist das Aufgebot nicht zulässig. EG-E I Art. 11 S 847; E II § 847; RJA S 847; BRVorl. § 847; RTVorl. § 847. Prot. I, S. 12478,12479; Prot. II, Bd. 6, S. 742, 800.
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270. Als § 847 a [1016] werden folgende Vorschriften eingestellt: Meldet der Inhaber der Urkunde vor dem Aufgebotstermine seine Rechte unter Vorlegung der Urkunde an, so hat das Gericht den Antragsteller hiervon zu benachrichtigen und ihm die Einsicht der Urkunde innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu gestatten. Auf Antrag des Inhabers der Urkunde ist zur Vorlegung derselben ein Termin zu bestimmen. E II S 847 a; RJA § 847 a; BRVorl. § 847 a; RTVorl. § 847 a. 271. Der § 848 [1017] Abs. 2 erhält folgenden Zusatz: Die Vorschriften des § 842 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung. Vgl. EG-E I Art. 11 § 848; E II § 848; RJA § 848; BRVorl. § 848; RTVorl. § 848. — Prot. I, S. 12481 — 12483; Prot. II, Bd. 6, S. 744. 272. Der § 849 wird aufgehoben. E II Art. 2 Nr. 141; RJA; BRVorl.; RTVorl. - Prot. II, Bd. 6, S. 744 f. 273. Der § 850 erhält folgenden Abs. 2: Wird das Ausschlußurtheil in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so bleiben die auf Grund des Urtheils von dem Verpflichteten bewirkten Leistungen auch Dritten, insbesondere dem Anfechtungskläger, gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Verpflichtete zur Zeit der Leistung die Aufhebung des Ausschlußurtheils gekannt hat. 142
Änderungen der Civilprozeßordnung
E I-BGB § 696; E II § 850; RJA $ 850; BRVorl. § 850; RTVorl. § 850. - Prot. I, S. 934 f.; Prot. II Bd. 2, S. 58 133 ; Bd. 6, 5 S. 934 f.; 745. 274. Hinter § 850 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 850 a [1019]. Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung eines auf den Inhaber lautenden Papiers, so hat das Gericht auf Antrag an den Aussteller sowie an die in dem Papier und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen das Verbot zu erlassen, an den Inhaber des Papiers eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine oder einen Erneuerungsschein auszugeben (Zahlungssperre); mit dem Verbot ist die Benachrichtigung von der Einleitung des Aufgebotsverfahrens zu verbinden. Das Verbot ist in gleicher Weise wie das Aufgebot öffentlich bekannt zu machen. Das an den Aussteller erlassene Verbot ist auch den Zahlstellen gegenüber wirksam, welche nicht in dem Papiere bezeichnet sind. Die Einlösung der vor dem Verbot ausgegebenen Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine wird von dem Verbote nicht betroffen. § 850 b [1020]. Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nach § 847 Satz 2 unzulässig, so hat das Gericht die Zahlungssperre auf Antrag schon vor der Einleitung des Verfahrens zu verfügen, sofern die übrigen Erfordernisse für die Einleitung vorhanden sind. Auf den Antrag finden die Vorschriften des § 824 Abs. 1 Anwendung. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 825 öffentlich bekannt zu machen. § 850 c [1021]. Wird die Zahlungssperre angeordnet, bevor seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine ausgegeben worden sind, so ist die Beibringung des im § 843 Abs. 2 vorgeschriebenen Zeugnisses nicht erforderlich. § 850 d [1022]. Wird das in Verlust gekommene Papier dem Gerichte vorgelegt oder wird das Aufgebotsverfahren in anderer Weise ohne Erlassung eines Ausschlußurtheils erledigt, so ist die Zahlungssperre von Amtswegen aufzuheben. Das Gleiche gilt, wenn die Zahlungssperre vor der Einleitung des Aufgebotsverfahrens angeordnet worden ist und die Einleitung nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hindernisses beantragt wird. Ist das Aufgebot oder die Zahlungssperre öffentlich bekannt gemacht worden, so ist die Erledigung des Verfahrens oder die Aufhebung der Zahlungssperre von Amtswegen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Im Falle der Vorlegung des Papier ist die Zahlungssperre erst aufzuheben, nachdem dem Antragsteller die Einsicht nach Maßgabe des § 847 a gestattet worden ist. Gegen den Beschluß, durch welchen die Zahlungssperre aufgehoben wird, findet sofortige Beschwerde statt. § 850 e [1023]. Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung einer Urkunde der im § 808 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art, so finden die Vorschriften der § 839 a, des § 842 Abs. 3, des § 848 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 850 a—850 d entsprechende Anwendung. Die Landesgesetze können über die Veröffentlichung des Aufgebots und der im § 848 Abs. 2, 3 und in den §§ 850 a, 850 b, 850 d vorgeschriebenen Bekanntmachungen sowie über die Aufgebotsfrist abweichende Vorschriften erlassen. 133
Der Antrag unter IX. Prot. II, Bd. 2, S. 548 stammt von Struckmann (Nr. 243,14 zum Schuldrecht) ; vgl. auch Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 743 f.
143
Änderungen der Civilprozeßordnung § 850 f [1024]. Bei Aufgeboten, welche auf Grund der §§ 887, 927, 1104, 1112, 1162, 1170, 1171, 1269 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie auf Grund des § 765 des Handelsgesetzbuchs und des § 111 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, vom 15. Juni 1895 ergehen, können die Landesgesetze die Art der Veröffentlichung des Aufgebots und des Ausschlußurtheils sowie die Aufgebotsfrist anders bestimmen, als in den §§ 825, 827, 833 vorgeschrieben ist. Bei Aufgeboten, welche auf Grund des § 1162 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergehen, können die Landesgesetze die Art der Veröffentlichung des Aufgebots, des Ausschlußurtheils und des im § 848 Abs. 3 bezeichneten Urtheils sowie die Aufgebotsfrist auch anders bestimmen, als in den §§ 842, 846, 847, 848 vorgeschrieben ist. Vgl. EG-E I Art. 11 SS 850 a, 850 b; E I-BGB § 693; E II §§ 850 a - 8 5 0 f; HGBBRVorl. § 850 a 3 ; RJA §§ 850 a— 850 g; BRVorl. §§ 850 a— 850 g; RTVorl. §§ 850 a - 8 5 0 f. Prot. I, S. 12471-12475, 12662-12665; Prot. II, Bd. 2, S. 547 ff. 1 3 4 ; 564 f.; Bd. 6, S. 198 f. 135 , 745 ff., 801 ff. 275. An die Stelle des § 871 treten folgende Vorschriften: § 871 [1045], Für die gerichtlichen Entscheidungen über die Ernennung oder die Ablehnung eines Schiedsrichters oder über das Erlöschen eines Schiedsvertrags oder über die Anordnung der von den Schiedsrichtern für erforderlich erachteten richterlichen Handlungen ist das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig, welches in einem schriftlichen Schiedsvertrag als solches bezeichnet ist, und in Ermangelung einer derartigen Bezeichnung das Amtsgericht oder das Landgericht, welches für die gerichtliche Geltendmachung des Anspruchs zuständig sein würde. Die Entscheidung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören. Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. § 871 a [1046], Das im § 871 Abs. 1 bezeichnete Gericht ist auch für die Klagen zuständig, welche die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens, die Aufhebung eines Schiedsspruchs oder die Erlassung des Vollstreckungsurtheils zum Gegenstande haben. § 871 b [1047]. Unter mehreren nach den §§ 871, 871 a zuständigen Gerichten ist und bleibt dasjenige Gericht zuständig, an welches sich zuerst eine Partei oder das Schiedsgericht (§ 865) gewendet hat. R J A § 871;BRVorl.§ 8 7 1 - 8 7 1 b; RTVorl. § 871.
134 135
Hierzu und zu § 693 EI vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 731 ff. Der Antrag auf S. 198 f., unter V a u. b stammt von Jacubezky (Nr. 42,8).
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Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betreffend Aenderungen der (Zivilprozeßordnung vom 17. 5. 18981 Artikel I Das Gesetz, betreffend Aenderungen der (Zivilprozeßordnung, tritt gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft. Artikel II Das Gesetz, betreffend die Einführung der (Zivilprozeßordnung, wird dahin geändert: 1. Der § 5 erhält folgenden Abs. 2: Das Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses.
RJA Art. 2 § 5; BRVorl. Art. II S 5; RTVorl. Art. II § 5. 2. An die Stelle des § 11 tritt folgende Vorschrift: Die Landesgesetze können bei Aufgeboten, deren Zulässigkeit auf landesgesetzlichen Vorschriften beruht, die Anwendung der Bestimmungen der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren ausschließen oder diese Bestimmungen durch andere Vorschriften ersetzen.
EG-E II § 11; RJA Art. 2 S 11; BRVorl. Art. II § 11; RTVorl. Art. II §11. — Prot. II, Bd. 6, S. 749 f. 3. Im S 15 werden a) im Abs. 1 die Nr. 2 bis 5 dyrch folgende Vorschriften ersetzt: 2. die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verfahren bei Streitigkeiten, welche die Zwangsenteignung und die Entschädigung wegen derselben betreffen; 3. die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Fiskus, eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder eine unter der Verwaltung einer öffentlichen Behörde stehende Körperschaft oder Stiftung, soweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden; 4. die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen auf die Zwangsvollstreckung gegen einen Rechtsnachfolger des Schuldners, soweit sie in das zu einem Lehen, mit Einschluß eines allodifizirten Lebens, zu einem Stammgute, Familienfideikommiß oder Anerbengute gehörende Vermögen stattfinden soll, die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung gegen einen Erben des Schuldners entsprechende Anwendung finden. b) der Abs. 2 gestrichen.
EG-E I Art. 12 § 15; E II § 15; RJA Art. 2 § 15; BRVorl. Art. II § 15; RTVorl. § 1 5 . - P r o t . I, S. 12485-12489; Prot. II, Bd. 6, S. 750. 4. An die Stelle des § 16 treten folgende Vorschriften: Unberührt bleiben: 1
RGBl. 1898, S. 332 ff.
145
Änderungen des EG zur (Zivilprozeßordnung
1. die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Beweiskraft der Beurkundung des bürgerlichen Standes in Ansehung der Erklärungen, welche über Geburten und Sterbefälle von den zur Anzeige gesetzlich verpflichteten Personen abgegeben werden; 2. die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseides; 3. die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach welchen in bestimmten Fällen einstweilige Verfügungen erlassen werden können. EG-E II § 16; RJA Art. 2 § 16; BRVorl. Art. II § 16; RTVorl. Art. II § 16. Prot. II, Bd. 1, S. 256 ff., 262 f. 2 ; Bd. 6, S. 752 f.
-
5. Als § 24 wird folgende Vorschrift eingestellt: Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen einen ausländischen Staat sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird. BRVorl. Art. II § 24; RTVorl. Art. II $ 24. Artikel III Im § 4 des Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits- oder Dienstlohnes, vom 21. Juni 1869 (Bundes-Gesetzbl. S. 242) wird die Nr. 4 dahin geändert: 4. insoweit der Gesammtbetrag der Vergütung (§§ 1, 3) die Summe von fünfzehnhundert Mark für das Jahr übersteigt. RJA Art. III; BRVorl. Art. III; RTVorl. Art. III. Artikel VIII3 Die landesgesetzlichen Vorschriften über die Vollstreckbarkeit von Hypothekenurkunden bleiben in Ansehung der Hypotheken in Kraft, welche schon zu der Zeit bestehen, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist. RJA Art. IX; BRVorl. Art. VIII; RTVorl. Art. VIII 4 . Artikel IX Eine Frist, die zur Zeit des Inkrafttretens des Gesetzes, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung, läuft, wird nach den bisherigen Vorschriften berechnet. Die Frist zur Erhebung des Widerspruchs gegen einen Zahlungsbefehl richtet sich nach den bisherigen Vorschriften, wenn der Zahlungsbefehl vor dem Inkrafttreten des im Abs. 1 bezeichneten Gesetzes erlassen ist. RJA Art. X; BRVorl. Art. IX; RTVorl. Art. IX. Artikel X Für die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs gemäß § 114 der Rechtsanwaltsordnung bei einem Oberlandesgerichte zugelassenen Rechtsanwälte kann diese Zulassung mit Zustimmung des Bundesraths von der Landesjustizverwaltung über den bezeichneten Zeitpunkt hinaus erstreckt werden. RTKom. Art. X. 2 3
4
Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 1234, 1243. Die Art. IV bis VII (Änderungen des Gerichtskostengesetzes, der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige, der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher und der Gebührenordnung für Rechtsanwälte sind hier weggelassen. Vgl. hierzu zum Teil Prot. II, Bd. 6, S. 780 ff. (unten S. 1153).
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Gesetz, betreffend Aenderungen der Konkursordnung vom 17. 5. 18981 Die Koiikursordnung wird dahin geändert: 1. Im § 1 wird der Abs. 2 aufgehoben. Hinter dem bisherigen Abs. 3 werden folgende Vorschriften eingestellt: Zur Konkursmasse gehören auch die Geschäftsbücher des Gemeinschuldners. Gegenstände, die nicht gepfändet werden sollen, gehören nicht zur Konkursmasse. EG-E I Art. 13 § 1 ; Ε II S 2; RJA § 1 ; BRVorl. § 1 ; RTVorl. § 1. S. 12494-12498; Prot. II, Bd. 6, S. 753.
Prot. I,
2. Als § l a [2] werden folgende Vorschriften eingestellt: Wird bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft das Konkursverfahren über das Vermögen des Ehemanns eröffnet, so gehört das Gesammtgut zur Konkursmasse; eine Auseinandersetzung wegen des Gesammtguts zwischen den Ehegatten findet nicht statt. Durch das Konkursverfahren über das Vermögen der Ehefrau wird das Gesammtgut nicht berührt. Diese Vorschriften finden bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Ehemanns der überlebende Ehegatte, an die Stelle der Ehefrau die Abkömmlinge treten. Vgl. BGB-Ε I §§ 1361, 1375, 1399 Abs. 2, 1406 Abs. 1, 1424 Abs. 2, 1429 Abs. 1, 1431 Abs. 1 ; EG-E II § 2; RJA § 1 a; BRVorl. § 1 a; RTVorl. § 1 a. - Prot. II, Bd. 4 2 , 242, 263 f., 281, 285, 335, 339, 344, 368, 370, 373; Bd. 5, S. 841 f.; Bd. 6, S. 753, 767 ff. 3. Der § 2 [3] erhält folgenden Abs. 2 : Unterhaltsansprüche, die nach den §§ 1351, 1360, 1361, 1578 bis 1583, 1586, 1601-1615, 1708-1714 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegen den Gemeinschuldner begründet sind, sowie die sich aus den §§ 1715, 1716 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergebenden Ansprüche können für die Zukunft nur geltend gemacht werden, soweit der Gemeinschuldner als Erbe des Verpflichteten haftet. E I-BGB § 1494; EG-E II § 2; RJA § 2; BRVorl. § 2; RTVorl. § 2. Bd. 4, S. 5153; Bd. 6, S. 755.
1
2
3
Prot. II,
RGBl. 1898, S. 230 ff. — Hinzugefügt wurden in eckigen Klammern die Paragraphenziffern der KO in der Fassung der Neuverkündung vom 20. 5. 1898 (RGBl. 1898, S. 612 ff.), die auch noch heute maßgebend ist. Wegen der Hinweise auf die Vorfassungen des Gesetzestextes vgl. unten S. 72 Fn. 1. Die mitgeteilten Nachweise stammen im wesentlichen aus: Ernst Jaeger; Kommentar zur Konkursordnung und den Einführungsgesetzen, 3. und 4. Aufl., Berlin 1907. Zum folgenden vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht I, S. 768 ff., 998 ff., 1124 ff. - Der Antrag in Prot. II, Bd. 5, S. 841, 842 stammt von Börner (Nr. 176 zum Erbrecht). Vgl. Jakobs/Schubert, Familienrecht II, S. 126.
147
Änderungen der Konkursordnung
4. An die Stelle des § 4 [5] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen einen ausländischen Staat, sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird. RJA § 4; BRVorl. § 4; RTVorl. § 4. 5. Der § 6 [7] Abs. 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Rechtshandlungen, welche der Gemeinschuldner nach der Eröffnung des Verfahrens vorgenommen hat, sind den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam; die Vorschriften der §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleiben unberührt. E G - E I Art. 13 § 6 ; E l l § 6 ; RJA § 6 ; BRVorl. § 6 ; RTVorl. § 6. S. 1 2 4 9 8 - 1 2 5 0 4 ; 12510-12513;Prot. II;Bd. 6, S. 756 ff.
Prot. I,
6. Als § 7 a [9] werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Annahme oder Ausschlagung einer vor der Eröffnung des Verfahrens dem Gemeinschuldner angefallenen Erbschaft, sowie eines vor diesem Zeitpunkte dem Gemeinschuldner angefallenen Vermächtnisses steht nur dem Gemeinschuldner zu. Das Gleiche gilt von der Ablehnung der fortgesetzten Gütergemeinschaft. Ε II § 9 a ; RJA S 9a; BRVorl. S 7 a; RTVorl. § 7 a. 733; Bd. 6, S. 286 5 , 755 f.
Prot. II, Bd. 5, S. 632 ff. 4 ,
7. Als § 10a [13] wird folgende Vorschrift eingestellt: Ein gegen den Gemeinschuldner bestehendes Veräußerungsverbot der in den §§ 135, 136 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art ist den Konkursgläubigern gegenüber unwirksam; wirksam bleibt jedoch eine bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen erfolgte Beschlagnahme. E I-BGB § 107 Abs. 3; E II § 10a 6 ; RJA S 10a; BRVorl. § 10a; RTVorl. § 10a. Prot. II, Bd. 1, S. 124 f. 7 ; Bd. 6, S. 756. 8. Der § 11 [14] erhält folgenden Abs. 2: In Ansehung der zur Konkursmasse gehörigen Grundstücke, sowie der für den Gemeinschuldner eingetragenen Rechte an Grundstücken oder an eingetragenen Rechten kann während der Dauer des Konkursverfahrens eine Vormerkung auf Grund einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten einzelner Konkursgläubiger nicht eingetragen werden. Das Gleiche gilt von der Eintragung einer Vormerkung in Ansehung eines Schiffspfandrechts. EG-E II § 11 ; RJA § 11 ; BRVorl. § 11 ; RTVorl. § 1 1 . - Prot. II, Bd. 6, S. 758 f. 9. An die Stelle des § 12 [15] treten folgende Vorschriften: Rechte an den zur Konkursmasse gehörigen Gegenständen, sowie Vorzugsrechte und Zurückbehaltüngsrechte in Ansehung solcher Gegenstände können nach der Eröffnung des Verfahrens nicht mit Wirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigern erworben werden, auch wenn der Erwerb nicht auf einer Rechtshandlung des Gemeinschuldners beruht. Die Vorschriften der §§ 878, 892, 893 und des § 1260 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bleiben unberührt.
4
5 6 7
Der Antrag in Prot. II, Bd. 5, S. 632 f. zu Ziff. a und b stammt von Börner (Nr. 130, 18 zum Erbrecht). Der Autor des Antrags in Prot. II, Bd. 6, S. 286 unter IV. war nicht zu ermitteln. Vgl. auch die Anlage zum ZVG-Entwurf (BRVorl.) § 10 a. Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 732.
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Änderungen der Konkursordnung
EG-E I Art. 13 S 12; Ε II § 12; RJA S 12; BRVorl. § 12; RTVorl. § 12. - Prot. I, S. 12498—12505,12510—12513; Prot. II, Bd. 6, S. 756 ff. 10. Der § 13 wird aufgehoben. EG-E II Nr. 9; RJA ; BRVorl. Nr. 10; RTVorl. Nr. 10. - Prot. II, Bd. 6, S. 759. 11. Der § 14 [16] erhält folgenden Abs. 2: Eine Vereinbarung, durch welche bei einer Gemeinschaft nach Bruchtheilen das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt worden ist, wirkt nicht gegen die Konkursmasse. Das Gleiche gilt von einer Anordnung dieses Inhalts, die ein Erblasser für die Gemeinschaft seiner Erben getroffen hat. E I-BGB § 767 Abs. 3; EG-E II § 14; RJA S 14; BRVorl. § 11; RTVorl. § 14. Prot. II, Bd. 2, 752, 756 8 ; Bd. 3, S. 276 ff. 9 ; Bd. 5, S. 844, 883; Bd. 6, S. 759.
-
12. An die Stelle der§§ 17,18 treten folgende Vorschriften ¡ § 17 [19]. War dem Gemeinschuldner ein von ihm gemietheter oder gepachteter Gegenstand vor der Eröffnung des Verfahrens überlassen, so kann sowohl der andere Theil als der Verwalter das Mieth- oder Pachtverhältniß kündigen. Die Kündigungsfrist ist, falls nicht eine kürzere Frist bedungen war, die gesetzliche. Kündigt der Verwalter, so ist der andere Theil berechtigt, Ersatz des ihm durch die Aufhebung des Vertrags entstehenden Schadens zu verlangen. EG-E II § 1 7 ; RJA §17; BRVorl. §17; RTVorl. §17. S. 221 ff. 10 ; Bd. 6, S. 759 f.
Prot. II, Bd. 2,
§ 18 [20]. War dem Gemeinschuldner ein von ihm gemietheter oder gepachteter Gegenstand zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens noch nicht überlassen, so kann der andere Theil von dem Vertrage zurücktreten. Auf Erfordern des Verwalters muß der andere Theil demselben ohne Verzug erklären, ob er von dem Vertrage zurücktreten will. Unterläßt er dies, so kommen die Bestimmungen des § 15 zur Anwendung. RJA § 17 a; BRVorl. § 18;RTVorl.§ 18. § 18 a [21 ]. Hatte der Gemeinschuldner einen von ihm vermietheten oder verpachteten Gegenstand dem Miether oder dem Pächter vor der Eröffnung des Verfahrens überlassen, so ist der Mieth- oder Pachtvertrag auch der Konkursmasse gegenüber wirksam. Im Falle der Vermiethung oder der Verpachtung eines Grundstücks, sowie im Falle der Vermiethung von Wohnräumen oder anderen Räumen ist jedoch eine Verfügung, die der Gemeinschuldner vor der Eröffnung des Verfahrens über den auf die spätere Zeit entfallenden Mieth- oder Pachtzins getroffen hat, insbesondere die Einziehung des Mieth- oder Pachtzinses, der Konkursmasse gegenüber nur insoweit wirksam, als sich die Verfügung auf den Mieth- oder Pachtzins für das zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens laufende und das folgende Kalendervierteljahr bezieht. Soweit die Entrichtung des Mieth- oder Pachtzinses der Konkursmasse gegenüber wirksam ist, kann der Miether oder der Pächter gegen die Mieth- oder Pachtzinsfor8 9
10
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 387 ff. Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 900 f. — Der Antrag in Prot. II, Bd. 5, S. 844 f. stammt von Börner (Nr. 176 zum Erbrecht). Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 559 ff.
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Änderungen der Konkursordnung
derung der Konkursmasse eine ihm gegen den Gemeinschuldner zustehende Forderung aufrechnen. Eine von dem Konkursverwalter vorgenommene freiwillige Veräußerung des von dem Gemeinschuldner vermietheten oder verpachteten Grundstücks wirkt, sofern das Grundstück dem Miether oder dem Pächter vor der Eröffnung des Verfahrens überlassen war, auf das Mieth- oder Pachtverhältniß wie eine Zwangsversteigerung. R J A § 17b; BRVorl. § 18 a ; RTVorl. § 18 a. 168".
Vgl. Prot. II, Bd. 2, S. 135, 164,
13. Der § 19 [22] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Ein in dem Haushalte, Wirthschaftsbetriebe oder Erwerbsgeschäfte des Gemeinschuldners angetretenes Dienstverhältnis kann von jedem Theile gekündigt werden. Die Kündigungsfrist ist, falls nicht eine kürzere Frist bedungen war, die gesetzliche. Kündigt der Verwalter, so ist der andere Theil berechtigt, Ersatz des ihm durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens zu verlangen. EG-EII § 1 9 ; R J A § 1 9 ; BRVorl. § 1 9 ; RTVorl. § 1 9 . S. 308 f. 1 2 ; Bd. 6, S. 760.
Prot. II, Bd. 2,
14. Hinter § 19 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 19 a [23]. Ein von dem Gemeinschuldner ertheilter Auftrag erlischt durch die Eröffnung des Verfahrens, es sei denn, daß der Auftrag sich nicht auf das zur Konkursmasse gehörige Vermögen bezieht. Erlischt der Auftrag, so finden die Vorschriften des § 672 Satz 2 und des § 674 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn sich Jemand durch einen Dienstvertrag oder einen Werkvertrag verpflichtet hat, ein ihm von dem Gemeinschuldner übertragenes Geschäft für diesen zu besorgen. E I-BGB § 602; EG-E II § 19a; R J A § 1 9 a ; BRVorl. § 1 9 a ; RTVorl. § 19a. Prot. II, Bd. 2 13 , S. 374 ff., 517; Bd. 6, S. 760.
-
§ 19 b [24]. Ist zur Sicherung eines Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechts an einem Grundstücke des Gemeinschuldners oder an einem für den Gemeinschuldner eingetragenen Rechte oder zur Sicherung eines Anspruchs auf Aenderung des Inhalts oder des Ranges eines solchen Rechts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen, so kann der Gläubiger von dem Konkursverwalter die Befriedigung seines Anspruchs verlangen. Das Gleiche gilt, wenn in Ansehung eines Schiffspfandrechts eine Vormerkung im Schiffsregister eingetragen ist. EG-E II Art. 19b; R J A § 19b; BRVorl. § 19b; RTVorl. § 19b. S. 107 ff. 1 4 ,112 f.; Bd. 6 , S . 760.
Prot. II, Bd. 3,
15. An die Stelle des § 20 [25] tritt folgende Vorschrift: Soweit rücksichtlich einzelner, durch die §§ 16 — 19 b nicht betroffener Rechtsverhältnisse das bürgerliche Recht besondere Bestimmungen über die Wirkung der Eröffnung des Konkursverfahrens enthält, kommen diese Bestimmungen zur Anwendung. EG-E I Art. 13 § 20; E II § 20; R J A § 20; BRVorl. § 20; RTVorl. § 20. - Prot. I, S. 12506 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 762. 11
Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 596 ff.
12
Der Autor des Antrags unter IV. in Prot. II, Bd. 2, S. 308 f. war nicht feststellbar. Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht II, S. 97,107 ff.
13
14
Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 343 f.
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Änderungen der Konkursordnung
16. Hinter § 21 werden folgende Vorschriften eingestellt.S 21a [27], Erlischt ein von dem Gemeinschuldner ertheilter Auftrag oder ein Dienst- oder Werkvertrag der im § 19 a Abs. 2 bezeichneten Art in Folge der Eröffnung des Verfahrens, so ist der andere Theil in Ansehung der nach der Eröffnung des Verfahrens entstandenen Ersatzansprüche im Falle des § 672 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Massegläubiger, im Falle des § 674 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Konkursgläubiger.
EG-E II § 21 a; RJA § 21 b; BRVorl. § 21 a; RTVorl. § 21 a. S. 374 f. 15 ; Bd. 6, S. 761.
Prot. II, Bd. 2,
§ 21b [28]. Wird eine nach § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangene Gesellschaft durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines Gesellschafters aufgelöst, so ist der geschäftsführende Gesellschafter in Ansehung der Ansprüche, welche ihm aus der einstweiligen Fortführung der Geschäfte nach § 728 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehen, Massegläubiger, in Ansehung der ihm nach § 729 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Ansprüche, unbeschadet der Bestimmung des § 44, Konkursgläubiger.
E I-BGB 653, 657; EG-E II § 21 b; RJA § 21 b; BRVorl. § 21 b; RTVorl. § 21b. - Prot. II, Bd. 2, S. 439 ff. 16 ; 517; Bd. 6, S. 195, 761 f. 17. Die Nr. 2 des § 25 [32] erhält folgende Fassung: „2. die in den letzten zwei Jahren vor der Eröffnung des Konkurses von dem Gemeinschuldner vorgenommenen unentgeltlichen Verfügungen zu Gunsten seines Ehegatten."
RTVorl. § 25. 18. Im§ 33 [40] wird a) der Abs. 2 durch folgende Vorschriften ersetzt: Gegen einen anderen Rechtsnachfolger desjenigen, welchem gegenüber die anfechtbare Handlung vorgenommen ist, findet die gegen den letzteren begründete Anfechtung statt: 1. wenn ihm zur Zeit seines Erwerbes die Umstände, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbes seines Rechtsvorgängers begründen, bekannt waren; 2. wenn er zu den im § 24 Nr. 2 genannten Personen gehört, es sei denn, daß ihm zur Zeit seines Erwerbes die Umstände, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbes seines Rechtsvorgängers begründen, unbekannt waren; 3. wenn ihm das Erlangte unentgeltlich zugewendet worden ist. b) als Abs. 3 folgende Vorschrift hinzugefügt: Im Falle des Abs. 2 Nr. 3 findet auf die Haftung des Rechtsnachfolgers die Bestimmung des § 30 Abs. 2 Anwendung.
RJA § 33; BRVorl. § 33; RTVorl. § 33. 19. An die Stelle des § 34 [41] treten folgende Vorschriften: Die Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist seit der Eröffnung des Verfahrens erfolgen. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des § 203 Abs. 2 und des § 207 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Die Anfechtung nach § 24 Nr. 1 ist ausgeschlossen, wenn seit der Vornahme der Handlung dreißig Jahre verstrichen sind. •5 Vgl.Fn. 13. Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 324 ff.
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Änderungen der Konkursordnung
Ist durch die anfechtbare Handlung eine Verpflichtung des Gemeinschuldners zu einer Leistung begründet, so kann der Konkursverwalter die Leistung verweigern, auch wenn die Anfechtung nach Abs. 1 ausgeschlossen ist. RJA § 34; BRVorl. § 34; RTVorl. § 34. 20. Als § 34 a [42] werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Vorschriften über die Anfechtung der vor der Eröffnung des Verfahrens vorgenommenen Rechtshandlungen gelten auch für die Anfechtung von Rechtshandlungen, die nach der Eröffnung des Verfahrens vorgenommen worden sind, sofern diese nach den §§ 892, 893 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Konkursgläubigern gegenüber wirksam sind. Die Frist für die Ausübung des Anfechtungsrechts beginnt mit der Vornahme der Rechtshandlung. EG-E I Art. 13 S 34 a; Ε II § 34 a; RJA § 34 a; BRVorl. § 34 a; RTVorl. § 34. Prot. I, S. 1 2 5 0 0 - 1 2 5 0 5 , 1 2 5 1 5 ; Prot. II, Bd. 6, S. 764.
-
21. An die Stelle der §§ 39 bis 41 treten folgende Vorschriften: § 39 [47]. Zur abgesonderten Befriedigung dienen die Gegenstände, welche der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen, für diejenigen, welchen ein Recht auf Befriedigung aus denselben zusteht. EG-E I Art. 13 § 39; EG-E II S 39; RJA § 39; BRVorl. § 39; RTVorl. § 39. Prot. I, S. 12515, 12516; Prot. II, Bd. 6, S. 764. § 40 [48]. Gläubiger, welche an einem zur Konkursmasse gehörigen Gegenstand ein durch Rechtsgeschäft bestelltes Pfandrecht haben, können aus den ihnen verpfändeten Gegenständen abgesonderte Befriedigung wegen ihrer Pfandforderung verlangen, zunächst wegen der Kosten, dann wegen der Zinsen, zuletzt wegen des Kapitals. RJA § 40; BRVorl. § 40; RTVorl. § 40. § 41 [49]. Den im § 40 bezeichneten Pfandgläubigern stehen gleich: 1. die Reichskasse, die Staatskassen und die Gemeinden, sowie die Amts-, Kreisund Provinzialverbände wegen öffentlicher Abgaben, in Ansehung der zurückgehaltenen oder in Beschlag genommenen zoll- und steuerpflichtigen Sachen; 2. diejenigen, welche an gewissen Gegenständen ein gesetzliches oder ein durch Pfändung erlangtes Pfandrecht haben; das dem Vermiether und dem Verpächter nach den §§ 559, 581, 585 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehende Pfandrecht kann in Ansehung des Mieth- oder Pachtzinses für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Eröffnung des Verfahrens, sowie in Ansehung des dem Vermiether oder dem Verpächter in Folge der Kündigung des Verwalters entstehenden Entschädigungsanspruchs nicht geltend gemacht werden; das Pfandrecht des Verpächters eines landwirthschaftlichen Grundstücks unterliegt in Ansehung des Pachtzinses der Beschränkung nicht; 3. diejenigen, welche etwas zum Nutzen einer Sache verwendet haben, wegen des den noch vorhandenen Vortheil nicht übersteigenden Betrags ihrer Forderung aus der Verwendung, in Ansehung der zurückbehaltenen Sache; 4. diejenigen, welchen nach dem Handelsgesetzbuche in Ansehung gewisser Gegenstände ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Die im Abs. 1 Nr. 1 bezeichneten Rechte gehen den im Abs. 1 Nr. 2—4 und den im § 40 bezeichneten Rechten vor. EG-EI Art. 13 § 41; E II § 41; RJA § 41; BRVorl. § 41; RTVorl. § 41. - Prot. I, S. 1 2 5 2 0 - 1 2 5 3 1 ; Prot. II, Bd. 2, S. 222 f., 225 ff. 17 ; Bd. 6, S. 764. 17 Vgl. Jakobs/Schubert, Schuldrecht III, S. 559 ff. 152
Änderungen der Konkursordnung
22. Der § 43 wird aufgehoben.
Vgl. EG-EI Art. 13 §43; E l l Nr. 19; RJA ; BRVorl.; RTVorl. S. 12532; Prot. II, Bd. 5, S. 826 18 ; Bd. 6, S. 764.
Prot. I,
23. Im § 54 [61] werden a) in der Nr. 1 die Worte „zu dauerndem Dienste" ersetzt durch die Wortes „zur Leistung von Diensten"; b) in der Nr. 4 die Worte „Aerzte, Wundärzte, Apotheker" ersetzt durch die Wortes „Aerzte, Wundärzte, Thierärzte, Apotheker"; c) in der Nr. 5 die Worte „der Kinder und Pflegebefohlenen" ersetzt durch die Worte ι „der Kinder, der Mündel und der Pflegebefohlenen".
RJA § 54; BRVorl. § 54; RTVorl. § 54. 24. Der § 64 [71] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Für das Konkursverfahren ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei welchem der Gemeinschuldner seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt dasjenige, bei welchem zuerst die Eröffnung des Verfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.
RTKom. § 64. 25. Als § 66a [74] werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen.
RTKom. § 66 a (vgl. § 26 FGG). 26. Der § 74 [82] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Der Verwalter ist für die Erfüllung der ihm obliegenden Pflichten allen Betheiligten verantwortlich.
RJA § 74; BRVorl. § 74; RTVorl. § 74. 27. Der § 77 [85] erhält folgenden Abs. 2: Die Landesjustizverwaltung kann für die dem Verwalter zu gewährende Vergütung allgemeine Anordnungen treffen.
RJA § 77; BRVorl. § 77; RTVorl. § 77. 28. Der § 81 [89] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Mitglieder des Gläubigerausschusses sind für die Erfüllung der ihnen obliegenden Pflichten allen Betheiligten verantwortlich.
RJA § 81 ; BRVorl. S 81 ; RTVorl. §81. 29. An die Stelle des § 83 [91] treten folgende Vorschriften: Die Mitglieder des Gläubigerausschusses haben Anspruch auf Erstattung angemessener baarer Auslagen und auf Vergütung für ihre Geschäftsführung. Die Festsetzung der Auslagen und der Vergütung erfolgt nach Anhörung der Gläubigerversammlung durch das Konkursgericht. Die Landesjustizverwaltung kann für die den Mitgliedern des Gläubigerausschusses zu gewährende Vergütung allgemeine Anordnungen treffen.
RJA § 83; BRVorl. § 83; RTVorl. § 83.
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Der § 43 K O wurde als durch die Beschlüsse zu § 2150 E I - B G B gedeckt gestrichen.
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Änderungen der Konkursordnung
30. Der § 98 [106] Abs. 1 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Das Gericht kann die zwangsweise Vorführung und die Haft des Schuldners anordnen. Dasselbe kann alle zur Sicherung der Masse dienenden einstweiligen Anordnungen treffen. Es kann insbesondere ein allgemeines Veräußerungsverbot an den Schuldner erlassen.
E G - E I Art. 13 §98; RJA §98; BRVorl. §98; RTVorl. §98. S. 12532 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 765 f.
Prot. I,
31. Der § 99 [107] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Die Abweisung des Eröffnungsantrags kann erfolgen, wenn nach dem Ermessen des Gerichts eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Konkursmasse nicht vorhanden ist. Die Abweisung unterbleibt, wenn ein zur Deckung der im § 51 Nr. 1, 2 bezeichneten Massekosten ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird. Das Gericht hat ein Verzeichnis derjenigen Schuldner zu führen, bezüglich deren der Eröffnungsantrag auf Grund der Vorschrift des Abs. 1 Satz 1 abgewiesen worden ist. Die Einsicht des Verzeichnisses ist Jedem gestattet. Nach dem Ablaufe von fünf Jahren seit der Abweisung des Eröffnungsantrags ist die Eintragung in dem Verzeichnisse dadurch zu löschen, daß der Name unkenntlich gemacht wird.
RJA § 99; BRVorl. § 99; RTVorl. § 99. 32. An die Stelle des § 102 [110] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Das Gericht kann die Termine verbinden, wenn die Konkursmasse von geringerem Betrage oder der Kreis der Konkursgläubiger von geringerem Umfange ist, oder wenn der Gemeinschuldner einen Zwangsvergleichsvorschlag eingereicht hat.
BRVorl. § 102; RTVorl. § 102. 33. Der § 105 wird aufgehoben.
RJA; BRVorl.; RTVorl. 34. Der § 1 0 6 [113] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Ein von dem Konkursgericht in Gemäßheit des § 98 erlassenes allgemeines Veräußerungsverbot, sowie die Eröffnung des Konkursverfahrens ist in das Grundbuch einzutragen: 1. bei denjenigen Grundstücken, als deren Eigenthümer der Gemeinschuldner im Grundbuch eingetragen ist; 2. bei den für den Gemeinschuldner eingetragenen Rechten an Grundstücken oder an eingetragenen Rechten, wenn nach der Art des Rechts und den obwaltenden Umständen bei Unterlassung der Eintragung eine Beeinträchtigung der Konkursgläubiger zu besorgen ist. Das Konkursgericht hat, soweit ihm solche Grundstücke oder Rechte bekannt sind, das Grundbuchamt von Amtswegen um die Eintragung zu ersuchen. Die Eintragung kann auch von dem Konkursverwalter bei dem Grundbuchamte beantragt werden.
EG-E I Art. 13 § 106; Ε II § 106; RJA § 106; BRVorl. § 106; RTVorl. § 106. Prot. I,S. 12533—12537; Prot. II, Bd. 6, S. 766.
-
35. Als § 106 a [114] soll folgende Vorschrift eingestellt werden: Werden Grundstücke oder Rechte, bei denen eine Eintragung nach Maßgabe des § 106 Abs. 1, 2 bewirkt worden ist, von dem Verwalter freigegeben oder veräußert, so kann das Konkursgericht auf Antrag das Grundbuchamt um Löschung der Eintragung ersuchen.
RTVorl. § 106 a. 154
Änderungen der Konkursordnung 36. Als § 106b [115] wird folgende Vorschrift eingestellt: Die Eintragung und Löschung von Vermerken auf Grund der §§ 106,106 a geschieht gebührenfrei. RTKom. § 106b. 37. Als § 106 c [116] werden folgende Vorschriften eingestellt: Sobald eine den Eröffnungsbeschluß aufhebende Entscheidung die Rechtskraft erlangt hat, ist die Aufhebung des Verfahrens öffentlich bekannt zu machen. Die Vorschriften der §§ 103 Abs. 2,104, 106,176 finden entsprechende Anwendung. R J A § 106 a; BRVorl. § 106 b; RTVorl. § 106 b. 38. Der § 107 [117] erhält folgenden Abs. 2: Die Geschäftsbücher des Gemeinschuldners dürfen nur mit dem Geschäft im Ganzen und nur insoweit veräußert werden, als sie zur Fortführung des Geschäftsbetriebs unentbehrlich sind. RTVorl. § 107. 39. An die Stelle des § 117 [127] Abs. 1 Satz 1 tritt folgende Vorschrift: Der Verwalter ist berechtigt, die Verwerthung eines zur Masse gehörigen beweglichen Gegenstandes, an welchem ein Gläubiger ein durch Rechtsgeschäft bestelltes Pfandrecht oder ein diesem gleichstehendes Recht beansprucht, nach Maßgabe der Vorschriften über die Zwangsvollstreckung oder über den Pfandverkauf zu betreiben. RJA S 117; BRVorl. § 117; RTVorl. S 117. 40. Als § 117 a [128] wird folgende Vorschrift eingestellt: Ist der Gemeinschuldner Vorerbe, so darf der Verwalter die zur Erbschaft gehörigen Gegenstände nicht veräußern, wenn die Veräußerung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach § 2115 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Nacherben gegenüber unwirksam ist. E I - B G B S 1829 Abs. 1 Satz 2; E l l § 116a; RJA § 116a; BRVorl. § 116a; RTVorl. § 117 a. - Prot. II, Bd. 5, S. 112 ff. 1 9 ; Bd. 6, S. 756. 41. Als § 118a[130] werden folgende Vorschriften eingestellt : Soll nach § 118 das Geschäft des Gemeinschuldners geschlossen werden, so hat der Verwalter vor der Beschlußfassung des Gläubigerausschusses oder, wenn ein Gläubigerausschuß nicht bestellt ist, vor der Schließung des Geschäfts dem Gemeinschuldner, sofern derselbe ohne Aufschub zu erlangen ist, von der beabsichtigten Maßregel Mittheilung zu machen. Das Gericht kann auf Antrag des Gemeinschuldners die Schließung des Geschäfts untersagen, wenn der Gemeinschuldner einen Zwangsvergleichsvorschlag eingereicht hat. BRVorl.$ 118a;RTVorl. § 118a. 42. Im§ 122 [134] werden a) in der Nr. 1 hinter den Worten „das Geschäft" die Worte eingeschaltet: „oder das Waarenlager"; b) in der Nr. 2 die Worte „wenn Erbschaften oder Vermächtnisse für die Masse aufgegeben werden, oder" gestrichen. Vgl. EG-E II § 122; RJA § 122; BRVorl. § 122; RTVorl. § 122. - Prot. II, Bd. 5, S. 632 ff. 2 0 ; Bd. 6, S. 766. 19 20
Der Antrag Nr. 2 in Prot. II, Bd. 5, S. 112 stammt von Jacubezky (Nr. 19,4 zum Erbrecht). Der Antrag unter X . in Prot. II, Bd. 5, S. 632 f. stammt von Börner (Nr. 130, 18 zum Erbrecht).
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Änderungen der Konkursordnung
43. Im §126 [138] Satz 1 werden die Worte „drei Wochen" ersetzt durch die Worte : „zwei Wochen". BRVorl. S 126; RTVorl. § 126. 44. An die Stelle des § 142 [154] Abs. 2 tritt folgende Vorschrift: Bei der Schlußvertheilung ist die Berücksichtigung ausgeschlossen, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung eine so entfernte ist, daß die bedingte Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat. E I-BGB SS 133, 137 Abs. 2; EG-E II S 142; RJA § 142; BRVorl. S 142; RTVorl. § 142. - Prot. II, Bd. 1, S. 181 ff. 21 ; Bd. 6, S. 766. 45. Der § 144 [156] wird durch folgende Vorschrift ersetzt! Die Antheile, mit welchen Gläubiger bei Abschlagszahlungen nach Maßgabe des § 141 Abs. 2 oder des § 142 Abs. 1 berücksichtigt worden sind, werden für die Schlußvertheilung frei, wenn bei dieser die Voraussetzungen des § 141 Abs. 1 nicht erfüllt sind oder nach Maßgabe des § 142 Abs. 2 die Berücksichtigung der bedingten Forderung ausgeschlossen ist. E I-BGB 133, 137 Abs. 2; EG-E II § 144; RJA § 144; BRVorl. § 144; RTVorl. § 144. — Prot. II, Bd. 1, S. 181 ff. 22 ; Bd. 6, S. 766. 46. Als § 152 a [165] werden folgende Vorschriften eingestellt: Hat der Schuldner den Prüfungstermin versäumt, so ist ihm auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ertheilen. Die Vorschriften des § 210 Abs. 2 und der §§211 — 214 der (Zivilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Der den Antrag auf Wiedereinsetzung enthaltende Schriftsatz ist dem Gläubiger zuzustellen, dessen Forderung nachträglich bestritten werden soll. Das Bestreiten in diesem Schriftsatze steht, wenn die Wiedereinsetzung ertheilt wird, dem Bestreiten im Prüfungstermine gleich und ist in die Tabelle einzutragen. RTVorl. § 152 a. 47. Der § 158 [171] wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Beträge, welche zur Sicherstellung eines bedingt zur Aufrechnung befugten Gläubigers nach Maßgabe des § 47 Abs. 3 hinterlegt worden sind, fließen für die Schlußvertheilung zur Konkursmasse zurück, wenn die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung eine so entfernte ist, daß die bedingte Forderung einen gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat. E I-BGB SS 133, 137 Abs. 2; EG-E II S 158; RJA S 158; BRVorl. S 158; RTVorl. S 158. - Prot. II, Bd. 1,S. 181 ff. 23 ; Bd. 6, S. 766. 48. Der § 162 [175] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Ein Zwangsvergleich ist unzulässig: 1. so lange der Gemeinschuldner flüchtig ist oder die Ableistung des Offenbarungseides verweigert; 2. so lange gegen den Gemeinschuldner wegen betrüglichen Bankerutts eine gerichtliche Untersuchung oder ein wiederaufgenommenes Verfahren anhängig ist; 3. wenn der Gemeinschuldner wegen betrüglichen Bankerutts rechtskräftig verurtheilt worden ist. RTKom.S 162. 21 22 23
Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 865 f. (unter VII. zu § 133). Vgl.Fn. 21. Vgl.Fn. 21.
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Änderungen der Konkursordnung
49. An die Stelle des § 166 [179] treten folgende Vorschriften: Der Vergleichstermin soll nicht Uber einen Monat hinaus anberaumt werden. Der Termin ist öffentlich bekannt zu machen. Zu demselben sind der Gemeinschuldner, der Verwalter, sowie unter Mittheilung des Vergleichsvorschlags und des Ergebnisses der Erklärung des Gläubigerausschusses die nicht bevorrechtigten Konkursgläubiger, welche Forderungen angemeldet haben, besonders zu laden. In der Bekanntmachung ist zu bemerken, daß der Vergleichsvorschlag und die Erklärung des Gläubigerausschusses auf der Gerichtsschreiberei des Konkursgerichts zur Einsicht der Betheiligten niedergelegt seien. R J A § 166; BRVorl. § 166; RTVorl. S 166. 50. Als § 169a [183] werden folgende Vorschriften eingestellt: Bei der Berechnung der nach § 169 Abs. 1 Nr. 1, 2 erforderlichen Mehrheiten bleibt der Ehegatte des Gemeinschuldners außer Betracht, wenn er dem Vergleiche zugestimmt hat. Das Gleiche gilt von demjenigen, welchem der Ehegatte des Gemeinschuldners während des Konkursverfahrens oder in dem letzten Jahre vor der Eröffnung des Verfahrens eine Forderung gegen den Gemeinschuldner abgetreten hat, soweit das Stimmrecht auf der abgetretenen Forderung beruht. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn der Ehegatte zu der Abtretung durch das Gesetz oder durch einen Vertrag verpflichtet war, welcher früher als ein Jahr vor der Eröffnung des Konkursverfahrens geschlossen wurde. RTKom. § 169 a. 51. Als § 172a [187] werden folgende Vorschriften eingestellt: Der Vergleich ist zu verwerfen, wenn er den Gläubigern nicht mindestens den fünften Theil ihrer Forderungen gewährt und dieses Ergebniß auf ein unredliches Verhalten des Gemeinschuldners, insbesondere darauf zurückzuführen ist, daß der Gemeinschuldner durch ein solches Verhalten die Eröffnung des Konkursverfahrens verzögert hat. Der Vergleich kann verworfen werden, wenn das gleiche Ergebniß auf ein leichtsinniges Verhalten des Gemeinschuldners zurückzuführen ist. RJA § 173; BRVorl. § 173; RTVorl. S 173; RTKom. S 172 a. 52. Der § 178 [193] Satz 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Die Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Gemeinschuldners, sowie die Rechte aus einem für die Forderung bestehenden Pfandrecht, aus einer für sie bestehenden Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder aus einer zu ihrer Sicherung eingetragenen Vormerkung werden durch den Zwangsvergleich nicht berührt. EG-E I Art. 13 § 178; Ε II § 178; RJA § 178; BRVorl. § 178; RTVorl. § 178. Prot. I, S. 12539-12541 ; Prot. II, Bd. 6, S. 766.
-
53. Der § 180 wird aufgehoben. Vgl. EG-E I Art. 13 § 180; RJA; BRVorl.; RTVorl. - Prot. I, S. 12541 ; Prot. II, Bd. 6, S. 767. 54. An die Stelle des § 184 [198] Abs. 1 tritt folgende Vorschrift! Im Falle der rechtskräftigen Verurtheilung wird, wenn genügende Masse vorhanden ist oder ein zur Deckung der im § 51 Nr. 1, 2 bezeichneten Massekosten ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird, das Konkursverfahren auf Antrag eines Konkursgläubigers wieder aufgenommen. BRVorl. S 184; RTVorl. § 184. 157
Änderungen der Konkursordnung
55. An die Stelle des § 190 [204] treten folgende Vorschriften: Das Gericht kann das Konkursverfahren einstellen, sobald sich ergiebt, daß eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Konkursmasse nicht vorhanden ist. Die Einstellung unterbleibt, wenn ein zur Deckung der im $ 51 Nr. 1, 2 bezeichneten Massekosten ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird. Vor der Einstellung soll die Gläubigerversammlung gehört werden. RJA § 190; BRVorl. § 190; RTVorl. § 190. 56. Der § 191 [205] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Der Einstellungsbeschluß und der Grund der Einstellung sind öffentlich bekannt zu machen. Die Vorschriften der §§ 103 Abs. 2, 104, 106, 176 finden entsprechende Anwendung. RTKom.§ 191. 57. Der § 198 [209] Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Ueber das Vermögen einer Kommanditgesellschaft auf Aktien findet das Konkursverfahren auch im Falle der Ueberschuldung statt. R J A § 198; BRVorl. § 198; RTVorl. § 198. 58. Der § 199 [210] Abs. 2 Satz 1 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Wird der Antrag nicht von allen persönlich haftenden Gesellschaftern oder allen Liquidatoren gestellt, so ist derselbe zuzulassen, wenn bei der offenen Handelsgesellschaft oder der Kommanditgesellschaft die Zahlungsunfähigkeit, bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien die Zahlungsunfähigkeit oder die Ueberschuldung glaubhaft gemacht wird. RJA § 199; BRVorl. § 200; RTVorl. § 199. 59. Der § 200 [211] Abs. 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: Der Zwangsvergleich begrenzt, soweit er nicht ein Anderes festsetzt, zugleich den Umfang der persönlichen Haftung der Gesellschafter. RJA § 200; BRVorl. § 200; RTVorl. § 200. 60. An die Stelle des § 201 [212] treten folgende Vorschriften: In dem Konkursverfahren über das Privatvermögen eines persönlich haftenden Gesellschafters können die Gesellschaftsgläubiger, wenn das Konkursverfahren über das Gesellschaftsvermögen eröffnet ist, Befriedigung nur wegen desjenigen Betrags suchen, für welchen sie in dem letzteren Verfahren keine Befriedigung erhalten. Bei den Vertheilungen sind die Antheile auf den vollen Betrag der Gesellschaftsforderungen zurückzubehalten, bis der Ausfall bei dem Gesellschaftsvermögen feststeht. Im Uebrigen finden auf die bezeichneten Forderungen die Vorschriften der §§57, 88 entsprechende Anwendung. RJA § 201 ; BRVorl. § 201 ; RTVorl. § 201. 61. Als § 201 a [213] wird folgende Vorschrift eingestellt: Auf das Konkursverfahren über das Vermögen einer juristischen Person, sowie eines Vereins, der als solcher verklagt werden kann, finden die Vorschriften der §§ 193, 194 entsprechende Anwendung. E G - E II § 194a; RJA § 194a; BRVorl. § 194a; RTVorl. § 201 a. — Prot. II, Bd. 1, S. 551 f. 24 f.; Bd. 6, S. 770 f. 24
Vgl. Jakobs/Schubert,
158
Allg. Teil, S. 286 f. (zu § 54).
Änderungen der Konkursordnung
62. An die Stelle der §§ 204 bis 206 treten folgende Vorschriften25 : § 204 [216]. Die Eröffnung des Verfahrens wird nicht dadurch gehindert, daß der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen hat, oder daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Bei dem Vorhandensein mehrerer Erben ist die Eröffnung des Verfahrens auch nach der Theilung des Nachlasses zulässig. E I - B G B S 2119; E l l § 204; RJA § 204; BRVorl. § 204; RTVorl. § 204. Prot. II, Bd. 5, S. 763 ff., 879 ff.; Bd. 6, S. 340, 771 ff.
-
§ 205 [217]. Zu dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens ist jeder Erbe, der Nachlaßverwalter, sowie ein anderer Nachlaßpfleger, ein Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, und jeder Nachlaßgläubiger berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Erben gestellt, so ist er zuzulassen, wenn die Ueberschuldung glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat die übrigen Erben, soweit thunlich, zu hören. Steht die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zu, so ist, wenn der Erbe die Eröffnung des Verfahrens beantragt, der Testamentsvollstrecker, wenn der Testamentsvollstrecker den Antrag stellt, der Erbe zu hören. E G - E I Art. 13 §§205; 205 a; E I - B G B § 2064; EG-E II § 205; RJA § 205; BRVorl. §205; RTVorl. § 205. - Prot. I, S. 12545—12552; Prot. II, Bd. 5, S. 284 ff. 26 ; 543,668 2 7 , 762 ff., 816, 826 f., 831; Bd. 6, S. 315 ff., 771 ff. § 205a [218]. Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlaß zum eingebrachten Gute oder zum Gesammtgute, so kann sowohl die Ehefrau als der Ehemann die Eröffnung des Verfahrens beantragen, ohne daß die Zustimmung des anderen Theiles erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn der Nachlaß zum Gesammtgute gehört, auch nach Beendigung der Gemeinschaft. Wird der Antrag nicht von beiden Ehegatten gestellt, so ist er zuzulassen, wenn die Ueberschuldung glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat den anderen Ehegatten, wenn thunlich, zu hören. E I-BGB §§ 2148, Nr. 4, 2149; EG-E II § 205 a; RJA § 205 a; BRVorl. § 205 a; RTVorl. § 205a. - Prot. II, Bd. 5, S. 806 f.; Bd. 6, S. 771 ff. § 205 b [219]. Ein Nachlaßgläubiger, der im Angebotsverfahren ausgeschlossen ist oder nach § 1974 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht, kann die Eröffnung des Verfahrens nur beantragen, wenn über das Vermögen des Erben das Konkursverfahren eröffnet ist. Das Gleiche gilt von einem Vermächtnißnehmer, sowie von demjenigen, welcher berechtigt ist, die Vollziehung einer Auflage zu fordern. Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlaß zum Gesammtgute, so können die im Abs. 1 bezeichneten Gläubiger den Antrag nur stellen, wenn über das Vermögen des Ehemanns das Konkursverfahren eröffnet ist. 25
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Zum folgenden vgl. die Vorlage der Subkommission für das Inventarrecht (Prot. II, Bd. 5, S. 750 ff.) und hinsichtlich der Beratungen (Prot. II, Bd. 5, S. 762 ff.) die Quellenbände zum Erbrecht. — Der Antrag unter VI. zu § 204 K O in Prot. II, Bd. 6, S. 340 stammt von Börner (Nr. 92,3 der Revisionsanträge). Der Antrag unter VIII. in Prot. II, Bd. 5, S. 284 stammt zu Ziff. 1 von Börner, zu Ziff. 2 von Jacubezky (Nr. 41,9 zum Erbrecht). Der Antrag unter VI. in Prot. II, Bd. 5, S. 668 (zu a und b) stammt von Jacubezky (Nr. 151,4 zum Erbrecht).
159
Änderungen der Konkursordnung E I-BGB §§ 2128, 2150 Abs. 4 Satz 1; EG-E II § 205b; RJA § 205b; BRVorl. § 205b; RTVorl. § 205b. - Prot. II, Bd. 5, S. 762 f., 783, 802 ff.; Bd. 6, S. 771 ff. § 205 c [220]. Die Eröffnung des Verfahrens kann von einem Nachlaßgläubiger nicht mehr beantragt werden, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre verstrichen sind. E G - E II S 205 c; RJA § 205 c; BRVorl. § 205 c; RTVorl. § 205 c. - Prot. II, Bd. 5, S. 763 f.; Bd. 6, S. 771 ff., 803 ff. § 205 d [221], Auf Grund einer nach dem Eintritte des Erbfalls gegen den Nachlaß erfolgten Maßregel der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung kann abgesonderte Befriedigung nicht verlangt werden. Eine nach dem Eintritte des Erbfalls im Wege der einstweiligen Verfügung erlangte Vormerkung ist unwirksam. E I-BGB § 2110 Abs. 1; EG-E II § 205 d; RJA § 205 d; BRVorl. $ 205 d; RTVorl. § 205 d. — Prot. II, Bd. 5, S. 765,784 f., 812; Bd. 6, S. 772, 774. § 205 e [222]. Hat der Erbe vor der Eröffnung des Verfahrens aus dem Nachlasse Pflichttheilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt, so ist die Leistung in gleicher Weise anfechtbar wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben. E G - E II § 205 e; RJA § 205 e; BRVorl. S 205 e; RTVorl. § 205 e. - Prot. II, Bd. 5, S. 831 f.; Bd. 6, S. 772,774. § 205f [223]. Dem Erben steht wegen der ihm nach den §§ 1978, 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Nachlasse zu ersetzenden Aufwendungen ein Zurückbehaltungsrecht nicht zu. E I-BGB § 2112 Satz 3; EG-E II § 205 f; RJA § 205 f; BRVorl. § 205 f; RTVorl. § 205f. — Prot. II, Bd. 5, S. 752, 765 ff.; Bd. 6, S. 772,774. § 205 g [224]. Masseschulden sind außer den im § 52 bezeichneten Verbindlichkeiten: 1. die dem Erben nach den §§ 1978, 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aus dem Nachlasse zu ersetzenden Aufwendungen; 2. die Kosten der standesmäßigen Beerdigung des Erblassers; 3. die im Falle der Todeserklärung des Erblassers dem Nachlasse zur Last fallenden Kosten des Verfahrens; 4. die Kosten der Eröffnung einer Verfügung des Erblassers von Todeswegen, der gerichtlichen Sicherung des Nachlasses, einer Nachlaßpflegschaft, des Aufgebots der Nachlaßgläubiger und der Inventarerrichtung; 5. die Verbindlichkeiten aus den von einem Nachlaßpfleger oder einem Testamentsvollstrecker vorgenommenen Rechtsgeschäften; 6. die Verbindlichkeiten, welche für den Erben gegenüber einem Nachlaßpfleger, einem Testamentsvollstrecker oder einem Erben, der die Erbschaft ausgeschlagen hat, aus der Geschäftsführung dieser Person entstanden sind, soweit die Nachlaßgläubiger verpflichtet sein würden, wenn die bezeichneten Personen die Geschäfte für sie zu besorgen gehabt hätten. EG-BGB §§ 18, 2113; E G - E II § 205g; RJA § 205g; BRVorl. § 205g; RTVorl. S 205g. — Prot. II, Bd. 1, S. 15 2 8 ;Bd. 5,S. 768; Bd. 6, S. 772 ff. 28 Vgl. Jakobs/Schubert, Allg. Teil, S. 118 (zu § 18). 160
Änderungen der Konkursordnung § 205 h [225], Der Erbe kann die ihm gegen den Erblasser zustehenden Ansprüche geltend machen. Hat der Erbe eine Nachlaßverbindlichkeit berichtigt, so tritt er, soweit nicht die Berichtigung nach § 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als für Rechnung des Nachlasses erfolgt gilt, an die Stelle des Gläubigers, es sei denn, daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Haftet der Erbe einem einzelnen Gläubiger gegenüber unbeschränkt, so kann er dessen Forderung für den Fall geltend machen, daß der Gläubiger sie nicht geltend macht. EI-BGB § 2115; EG-E II § 205h; R J A § 205h; BRVorl. § 205h; RTVorl. § 205h. - Prot. II, Bd. 5, S. 766, 769, 778 ; Bd. 6, S. 773 ff. § 205 i [226], In dem Verfahren kann jede Nachlaßverbindlichkeit geltend gemacht werden. Nachstehende Verbindlichkeiten werden erst nach allen übrigen Verbindlichkeiten und in folgender Rangordnung, bei gleichem Range nach Verhältniß ihrer Beträge, berichtigt: 1. die seit der Eröffnung des Verfahrens laufenden Zinsen der im § 54 bezeichneten Forderungen; 2. die gegen den Erblasser erkannten Geldstrafen; 3. die Verbindlichkeiten aus einer Freigebigkeit des Erblassers unter Lebenden; 4. die Verbindlichkeiten gegenüber Pflichttheilsberechtigten; 5. die Verbindlichkeiten aus den vom Erblasser angeordneten Vermächtnissen und Auflagen. Ein Vermächtnis, durch welches das Recht des Bedachten auf den Pflichttheil nach § 2307 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen wird, steht, soweit es den Pflichttheil nicht übersteigt, im Range den Pflichttheilsrechten gleich. Hat der Erblasser durch Verfügung von Todeswegen angeordnet, daß ein Vermächtniß oder eine Auflage vor einem anderen Vermächtniß oder einer anderen Auflage erfüllt werden soll, so hat das Vermächtniß oder die Auflage den Vorrang. Die Verbindlichkeiten, in Ansehung deren der Gläubiger im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen ist oder nach § 1974 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichsteht, werden erst nach den im Abs. 2 Nr. 1 — 3 bezeichneten Verbindlichkeiten und, soweit sie zu den im Abs. 2 Nr. 4, 5 bezeichneten Verbindlichkeiten gehören, erst nach den Verbindlichkeiten berichtigt, mit denen sie ohne die Beschränkung gleichen Rang haben würden. Im Uebrigen wird durch die Beschränkungen an der Rangordnung nichts geändert. EI-BGB SS 2117 Abs. 1, 2; 2128; EG-E II §§ 205 i, k ; RJA § 205i; BRVorl. S 205 i; RTVorl. S 205 i. - Prot. II, Bd. 5, S. 769 ff., 783, 894; Bd. 6, S. 773 ff. § 205 k [227]. Mit den im § 205i Abs. 2 Nr. 2 — 5, Abs. 4 bezeichneten Forderungen werden die bis zur Eröffnung des Verfahrens aufgelaufenen und die seit der Eröffnung laufenden Zinsen an derselben Stelle angesetzt. E I-BGB § 2117 Abs. 3; EG-E II S 2051; R J A S 205 k; BRVorl. § 205 k; RTVorl. S 205k. - Prot. II, Bd. 5, S. 769 f.; Bd. 6, S. 774. § 2051 [228]. Was in Folge der Anfechtung einer von dem Erblasser oder ihm gegenüber vorgenommenen Rechtshandlung zur Konkursmasse zurückgewährt wird, darf nicht zur Berichtigung der im § 205 i Abs. 2 Nr. 4, 5 bezeichneten Verbindlichkeiten verwendet werden. 161
Änderungen der Konkursordnung
Auf dasjenige, was der Erbe auf Grund der Vorschriften der §§ 1978 — 1980 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu der Masse zu ersetzen hat, haben die Gläubiger, die im Wege des Aufgebotsverfahrens ausgeschlossen sind oder nach § 1974 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem ausgeschlossenen Gläubiger gleichstehen, nur insoweit Anspruch, als der Erbe auch nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung ersatzpflichtig sein würde. EI-BGB § 2117 Abs. 4 Satz 2; EG-E II § 2 0 5 m ; RJA §2051; BRVorl. §2051; RTVorl. § 2051. - Prot. II, Bd. 5, S. 789 f.; Bd. 6, S. 324 29 ,774. § 205m [229], Die in dem Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaßgläubigern angemeldeten und nicht ausgeschlossenen Forderungen gelten als auch im Nachlaßkonkurs angemeldet, sofern das Aufgebot von dem Gerichte, bei welchem der Konkurs anhängig wird, erlassen und das Verfahren nicht vor der Eröffnung des Konkursverfahrens ohne Erlassung des Ausschlußurtheils erledigt ist. EG-E II § 205n; RJA § 205m; BRVorl. § 2 0 5 m ; RTVorl. § 205m. Bd. 6, S. 775.
Prot. II,
§ 206 [230]. Ein Zwangsvergleich kann nur auf den Vorschlag aller Erben geschlossen werden. Die Gläubiger, welchen die im § 205 i Abs. 2 Nr. 2 — 5, Abs. 4 bezeichneten Forderungen zustehen, nehmen an dem Zwangsvergleiche nicht Theil, sie sind jedoch vor der Bestätigung zu hören. Macht einer von ihnen glaubhaft, daß der Zwangsvergleich sein berechtigtes Interesse verletzt, so ist auf seinen Antrag der Zwangsvergleich zu verwerfen; gegen die Bestätigung steht ihm die sofortige Beschwerde nach § 174 zu. EI-BGB §2117 Abs. 4 Satz 2; EG-E II § 206; RJA § 2 0 6 ; BRVorl. § 206; RTVorl. § 206. — Prot. II, Bd. 5, S. 770 f.; Bd. 6, S. 775 f. § 206 a [231]. Die Vorschriften des § 205 f, des § 205 g Nr. 1 und des § 205 h Abs. 2, 3 gelten für den Vorerben auch nach dem Eintritte der Nacherbfolge. EG-E II § 206 a; RJA § 206 a; BRVorl. § 2 0 6 a ; RTVorl. § 2 0 6 a . - Prot. II, Bd. 5, S. 826; Bd. 6, S. 775. § 206 b [232]. Hat der Erbe die Erbschaft verkauft, so tritt der Käufer in Ansehung des Verfahrens an seine Stelle. Der Erbe ist wegen einer Nachlaßverbindlichkeit, die im Verhältnisse zwischen ihm und dem Käufer diesem zur Last fällt, in derselben Weise wie ein Nachlaßgläubiger zu dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens berechtigt. Das gleiche Recht steht ihm auch wegen einer anderen Nachlaßverbindlichkeit zu, es sei denn, daß er unbeschränkt haftet oder daß eine Nachlaßverwaltung angeordnet ist. Die Vorschriften des § 205f, des § 205 g Nr. 1 und des § 205 h gelten für den Erben auch nach dem Verkaufe der Erbschaft. EI-BGB §§ 498 Abs. 3, 2150 Abs. 4 Satz 2; EG-E II § 206b; RJA § 206 b; BRVorl. § 206b; RTVorl. § 206b. - Prot. II, Bd. 2, S. 127 ff. 30 ; Bd. 5, S. 766 ff., 825 f., 827; Bd. 6, S. 776 f. § 206c [233]. Die Vorschriften des § 206b finden entsprechende Anwendung, wenn Jemand eine durch Vertrag erworbene Erbschaft verkauft oder sich zur Veräu29
30
Der Antrag unter III.2. in Prot. II, Bd. 6, S. 324 stammt von Wilke (Nr. 93,1 der Revisionsanträge). Vgl. Quellen zu §§ 2371 ff.
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Änderungen der Konkursordnung
ßerung einer ihm angefallenen oder anderweit von ihm erworbenen Erbschaft in sonstiger Weise verpflichtet hat.
E I-BGB §§ 500 Abs. 1,2150 Abs. 4 Satz 2; EG-E II § 206c; RJA § 206c; BRVorl. § 206c; RTVorl. § 206c. - Prot. II: vgl. bei § 206b. § 206 d [234]. In dem Konkursverfahren über das Vermögen des Erben finden, wenn auch über den Nachlaß das Konkursverfahren eröffnet, oder wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet ist, auf Nachlaßgläubiger, denen gegenüber der Erbe unbeschränkt haftet, die Vorschriften der §§ 57, 88, 141, 143, 144, des § 155 Nr. 3 und des § 156 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn eine Ehefrau die Erbin ist und der Nachlaß zum Gesammtgute gehört, auch in dem Konkursverfahren über das Vermögen des Ehemanns.
E I-BGB § 150 Abs. 2, 4 Satz 1; EG-E II § 206d; RJA $ 206d; BRVorl. § 206d; RTVorl. § 206d. - Prot. II, Bd. 5, S. 824 f.; Bd. 6, S. 776 f. § 206 e [235]. Ueber einen Erbtheil findet ein Konkursverfahren nicht statt.
E I-BGB § 2119; EG-E II § 206e; RJA § 206e; BRVorl. § 206e; RTVorl. S 206e. — Prot. II, Bd. 5, S. 879 f.; Bd. 6, S. 777. § 206 f [236]. Die Vorschriften der §§ 202 —206 d finden im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf das Konkursverfahren über das Gesammtgut entsprechende Anwendung. Konkursgläubiger sind nur die Gesammtgutsgläubiger, deren Forderungen schon zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestanden. Zu dem Antrag auf Eröffnung des Verfahrens ist ein Gläubiger nicht berechtigt, dem gegenüber der überlebende Ehegatte zu dieser Zeit persönlich haftete. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge sind zu dem Antrage nicht berechtigt; das Gericht hat sie, soweit thunlich, zu hören.
EG-E II § 206 f; RJA § 206 f; BRVorl. § 206 f; RTVorl. § 206 f. - Prot. II, Bd. 6, S. 29531, 777. 63. Der § 208 [238] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Das Konkursverfahren umfaßt nur das im Inlande befindliche Vermögen, wenn der Schuldner im Deutschen Reiche eine gewerbliche Niederlassung, aber keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Hat ein Schuldner im Deutschen Reiche weder eine gewerbliche Niederlassung noch einen allgemeinen Gerichtsstand, so findet ein Konkursverfahren über das im Inlande befindliche Vermögen des Schuldners statt, wenn er im Inlande ein mit Wohnund Wirthschaftsgebäuden versehenes Gut als Eigenthümer, Nutznießer oder Pächter bewirthschaftet. Für das Verfahren ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, in dessen Bezirke das Gut sich befindet. Ist im Auslande ein Konkursverfahren eröffnet, so bedarf es nicht des Nachweises der Zahlungsunfähigkeit zur Eröffnung des inländischen Verfahrens.
RTKom. § 208. 64. Der § 210 [240] wird durch folgende Vorschriften ersetzt: Schuldner, welche ihre Zahlungen eingestellt haben, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, werden wegen einfachen Bankerutts mit Gefängniß bestraft, wenn sie 31
Der Antrag unter X X I . in Prot. II, Bd. 6, S. 294 f. stammt von Jacubezky (Nr. 83,1 der Revisions antrage).
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Änderungen der Konkursordnung
1. durch Aufwand, Spiel oder Wette oder durch Differenzhandel mit Waaren oder Börsenpapieren übermäßige Summen verbraucht haben oder schuldig geworden sind; 2. in der Absicht, die Eröffnung des Konkursverfahrens hinauszuschieben, Waaren oder Werthpapiere auf Kredit entnommen und diese Gegenstände erheblich unter dem Werthe in einer den Anforderungen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft widersprechenden Weise veräußert oder sonst weggegeben haben; 3. Handelsbücher zu führen unterlassen haben, deren Führung ihnen gesetzlich oblag, oder dieselben verheimlicht, vernichtet oder so unordentlich geführt haben, daß sie keine Uebersicht ihres Vermögenszustandes gewähren, oder 4. es gegen die Bestimmung des Handelsgesetzbuchs unterlassen haben, die Bilanz ihres Vermögens in der vorgeschriebenen Zeit zu ziehen. Neben der Gefängnißstrafe kann in den Fällen der Nr. 1, 2 auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu sechstausend Mark erkannt werden. RJA§ 210; BRVorl. § 210; RTVorl. § 210. 65. Der § 211 [241] erhält folgenden Abs. 2: Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu sechstausend Mark erkannt werden. RTKom. §211.
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Einführungsgesetz zu dem Gesetze, betreffend Aenderungen der Konkursordnung vom 17. 5. 18981 Artikel I Das Gesetz, betreffend Aenderungen der Konkursordnung, tritt gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft. Artikel II Das Gesetz, betreffend die Einführung der Konkursordnung, wird dahin geändert: 1. Die Bestimmung des § 5 Nr. 2 wird aufgehoben. EG-E II § 5; RJA§ 5; BRVorl. § 5; RTVorl. § 5. - Prot. II, Bd. 6, S. 777 f. 2. Der § 6 wird dahin geändert: Die Bestimmungen der §§ 193, 194, 214 der Konkursordnung finden auf registrirte Gesellschaften, welche auf Grund des bayerischen Gesetzes vom 29. April 1869, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgesellschaften, bestehen, entsprechende Anwendung. Die Gesellschaft wird in dem Konkursverfahren durch den Vorstand oder die Liquidatoren vertreten. Ein Zwangsvergleich findet nicht statt. EG-E II § 6; RJA § 6, BRVorl. § 6; RTVorl. § 6. - Prot. II, Bd. 6, S. 778. 3. Der § 7 erhält folgenden Abs. 2: Das Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses. RJA § 7; BRVorl. § 7; RTVorl. § 7. 4. Die §§ 14 bis 16 werden aufgehoben. E I-EG Art. 14 § I; E II Art. 5 Nr. 4; RJA; BRVorl. Art. II Nr. 4; RTVorl. Art. II Nr. 4. Prot. I, S. 12554—12565; Prot. II, Bd. 6, S. 778. Artikel III Die Vorschriften des § 41 Abs. 2 der Konkursordnung und des § 17 Nr. 1, 2 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Konkursordnung, finden auch außerhalb des Konkurses Anwendung. E I-EG Art. 15; E II Art. 6; RJA Art. 3; BRVorl. Art. III; RTVorl. Art. III. Prot. I, S. 12531 f.; Prot. II, Bd. 6, S. 779.
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Artikel IV Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Zulässigkeit des Konkursverfahrens über das Vermögen der im § 15 Nr. 3 des Einführungsgesetzes 1
RGBl. 1898, S. 248 ff. 165
Änderungen des E G zur Konkursordnung
zur (Zivilprozeßordnung bezeichneten juristischen Personen beschränken oder ausschließen.
RJA Art. 4; BRVorl. Art. IV; RTVorl. Art. IV. Artikel V Ein vor dem Inkrafttreten des Gesetzes, betreffend Aenderungen der Konkursordnung, eröffnetes Konkursverfahren ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen.
RJA Art. 5; BRVorl. Art. V; RTVorl. Art. V. Artikel VI In einem am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes, betreffend Aenderungen der Konkursordnung, oder nach diesem Tage eröffneten Konkursverfahren bleiben, soweit für ein Rechtsverhältniß die Vorschriften des bisherigen bürgerlichen Rechtes maßgebend sind, für das Rechtsverhältniß auch die Vorschriften des bisherigen Konkursrechts maßgebend. Dies gilt insbesondere in Ansehung eines Nachlasses, wenn der Erblasser vor dem bezeichneten Zeitpunkte gestorben ist. Die Landesgesetzgebung kann jedoch auf ein Rechtsverhältniß, für welches nach den Uebergangsvorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die Landesgesetze maßgebend sind, die Vorschriften des neuen Konkursrechts für anwendbar erklären.
RJA Art. 6; BRVorl. Art. VI; RTVorl. Art. VI. Artikel VII Das Gesetz, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, vom 21. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 277) wird dahin geändert: 1. Im § 3 Nr. 2, 3 werden die Worte „vor der Rechtshängigkeit des Anfechtungsanspruchs" ersetzt durch die Worte: „vor der Anfechtung". Die Nr. 4 des § 3 erhält folgende Fassung: 4. die in den letzten zwei Jahren vor der Anfechtung von dem Schuldner vorgenommenen unentgeltlichen Verfügungen zu Gunsten seines Ehegatten. 2. Als § 3 a [4] wird folgende Vorschrift eingestellt: Hat der Erbe aus dem Nachlasse Pflichttheilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt, so kann ein Nachlaßgläubiger, der im Konkursverfahren über den Nachlaß dem Empfänger der Leistung im Range vorgehen oder gleichstehen würde, die Leistung in gleicher Weise anfechten wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben.
E II § 3a; RJA § 3a; BRVorl. S 3a; RTVorl. § 3a. - Prot. II, Bd. 5, S. 831 f.;
Bd. 6, 598 (unter XI) 2 , 778.
3. Im § 4 [5] werden die Worte „der Anfechtungsanspruch rechtshängig geworden ist" ersetzt durch die Worte: „die Anfechtung erfolgt ist".
RTVorl. § 4. 4. Der § 11 [12] wird dahin geändert: Die gegen den Erblasser begründete Anfechtung findet gegen den Erben statt. 2
Der Antrag in Bd. 6, S. 598 stammt von Gebhard (Nr. 64,8).
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Änderungen des EG zur Konkursordnung Gegen einen anderen Rechtsnachfolger desjenigen, welchem gegenüber die anfechtbare Handlung vorgenommen ist, findet die gegen den letzteren begründete Anfechtung statt: 1. wenn ihm zur Zeit seines Erwerbes die Umstände, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbes seines Rechtsvorgängers begründen, bekannt waren; 2. wenn er zu den im § 3 Nr. 2 genannten Personen gehört, es sei denn, daß ihm zur Zeit seines Erwerbes die Umstände, welche die Anfechtbarkeit des Erwerbes seines Rechtsvorgängers begründen, unbekannt waren; 3. wenn ihm das Erlangte unentgeltlich zugewendet worden ist. Im Falle des Abs. 2 Nr. 3 findet auf die Haftung des Rechtsnachfolgers die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Anwendung. Zur Erstreckung der Fristen in Gemäßheit des § 4 genügt die Zustellung des Schriftsatzes an den Rechtsnachfolger, gegen welchen die Anfechtung erfolgen soll. R J A § 11 ; BRVorl. § 11 ; RTVorl. § 1 1 . 5. Der § 12 [13] wird dahin geändert: Die Anfechtung einer nach § 3 Nr. 1 anfechtbaren Handlung kann nur binnen zehn Jahren erfolgen. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften des § 203 Abs. 2 und der §§ 206, 207 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Gläubiger den vollstreckbaren Schuldtitel erlangt hatte und seine Forderung fällig war, wenn aber die Rechtshandlung nach diesem Zeitpunkte vorgenommen ist, mit der Vornahme der Handlung. Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Vornahme der Rechtshandlung dreißig Jahre verstrichen sind. R J A § 12; BRVorl. § 12; RTVorl. § 12. 6. An die Stelle des § 13 [14] Abs. 4 Satz 2 tritt folgende Vorschrift: War die Anfechtung nicht schon zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens erfolgt, so wird die im § 3 Nr. 2 bis 4 bestimmte Frist von diesem Zeitpunkte berechnet, sofern die Anfechtung bis zum Ablauf eines Jahres seit der Beendigung des Konkursverfahrens erfolgt. RTVorl. § 13. Artikel VIII Die Vorschriften des Artikel VII finden auf die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vorgenommenen Rechtshandlungen keine Anwendung. R J A Art. 8 ; BRVorl. Art. VIII; RTVorl. Art. VIII.
Artikel IX In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund des dritten Titels des ersten Buches der Konkursordnung oder auf Grund des Gesetzes, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen. RTKom. Art. IX. 167
G e s e t z über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit vom 17. 5. 1898 1 ERSTER ABSCHNITT Allgemeine Vorschriften §1 Für diejenigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, welche durch Reichsgesetz den Gerichten übertragen sind, gelten, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, die nachstehenden allgemeinen Vorschriften.
RJAI § 1; RJA II § 1; BRVorl. § 1; RTVorl. § 1. §2 Die Gerichte haben sich Rechtshülfe zu leisten. Die §§ 158 bis 169 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden Anwendung.
RJA I § 2; RJA II § 2; BRVorl. § 2; RTVorl. § 2. §3 Soweit für die örtliche Zuständigkeit der Gerichte der Wohnsitz eines Betheiligten maßgebend ist, bestimmt sich für Deutsche, die das Recht der Exterritorialität genießen, sowie für Beamte des Reichs oder eines Bundesstaats, die im Ausland angestellt sind, der Wohnsitz nach den Vorschriften des § 15 der (Zivilprozeßordnung.
RJA I § 3; RJA II § 3; BRVorl. S 3; RTVorl. § 3. §4 Unter mehreren zuständigen Gerichten gebührt demjenigen der Vorzug, welches zuerst in der Sache thätig geworden ist.
RJA I S 31 ; RJA II § 4 ; BRVorl. $ 4 ; RTVorl. S 4. §5 Besteht Streit oder Ungewißheit darüber, welches von mehreren Gerichten örtlich zuständig ist, so wird das zuständige Gericht durch das gemeinschaftliche obere Gericht bestimmt. Ist das zuständige Gericht in einem einzelnen Falle an der Ausübung des Richteramts rechtlich oder thatsächlich verhindert, so erfolgt die Bestimmung durch das ihm im Instanzenzuge vorgeordnete Gericht. Eine Anfechtung der Entscheidung findet nicht statt.
RJA I § 32 ; RJA II § 5 ; BRVorl. S 5 ; RTVorl. § 5. 1
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RGBl. 1898, S. 189 ff.
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit §6 Ein Richter ist von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen: 1. in Sachen, in denen er selbst betheiligt ist oder in denen er zu einem Betheiligten in dem Verhältniß eines Mitberechtigten oder Mitverpflichteten steht; 2. in Sachen seiner Ehefrau, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; 3. in Sachen einer Person, mit der er in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist; 4. in Sachen, in denen er als Vertreter eines Betheiligten bestellt oder als gesetzlicher Vertreter eines solchen aufzutreten berechtigt ist. Ein Richter kann sich der Ausübung seines Amtes wegen Befangenheit enthalten. Die Ablehnung eines Richters ist ausgeschlossen. RTVorl. § 6. §7 Gerichtliche Handlungen sind nicht aus dem Grunde unwirksam, weil sie von einem örtlich unzuständigen Gericht oder von einem Richter vorgenommen sind, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist. RJA I § 35; R J A II § 6; BRVorl. § 6; RTVorl. § 7. §8 Auf das gerichtliche Verfahren finden die Vorschriften des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Gerichtssprache, über die Sitzungspolizei und über die Berathung und Abstimmung entsprechende Anwendung, die Vorschriften über die Gerichtssprache mit den sich aus dem $ 9 ergebenden Abweichungen. RJA I § 4; R J A II § 7; BRVorl. § 7; RTVorl. § 8. §9 Der Zuziehung eines Dolmetschers bedarf es nicht, wenn der Richter der Sprache, in der sich die betheiligten Personen erklären, mächtig ist; die Beeidigung des Dolmetschers ist nicht erforderlich, wenn die betheiligten Personen darauf verzichten. Auf den Dolmetscher finden die Vorschriften des § 6 entsprechende Anwendung. BRVorl. § 7; RTVorl. § 9.
§ 10 Auf das gerichtliche Verfahren sind die Gerichtsferien ohne Einfluß. Die Bearbeitung der Vormundschaftssachen und der Nachlaßsachen kann während der Ferien unterbleiben, soweit das Bedürfniß einer Beschleunigung nicht vorhanden ist. BRVorl. § 8 ; RTVorl. § 10. §11 Anträge und Erklärungen können zum Protokolle des Gerichtsschreibers des zuständigen Gerichts oder des Gerichtsschreibers eines Amtsgerichts erfolgen. RJA I § 5; R J A II § 8; BRVorl. § 9; RTVorl. § 11. 169
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
§12 Das Gericht hat von Amtswegen die zur Feststellung der Thatsachen erforderlichen Ermittelungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. Vgl. RJA I § 115 ; vgl. RJA II § 113 ; BRVorl. § 10 ; RTVorl. § 12. §13 Die Betheiligten können mit Beiständen erscheinen. Sie können sich, soweit nicht das Gericht das persönliche Erscheinen anordnet, auch durch Bevollmächtigte vertreten lassen. Die Bevollmächtigten haben auf Anordnung des Gerichts oder auf Verlangen eines Betheiligten die Bevollmächtigung durch eine öffentlich beglaubigte Vollmacht nachzuweisen. BRVorl. § 11 ; RTVorl. § 13. § 14 Die Vorschriften der Civilprozeßordnung über das Armenrecht sowie die Vorschriften der §§ 34 bis 36 der Rechtsanwaltsordnung finden entsprechende Anwendung. RTKom. § 13 a. § 15 Die Vorschriften der Civilprozeßordnung über den Zeugenbeweis, über den Beweis durch Sachverständige und über das Verfahren bei der Abnahme von Eiden finden entsprechende Anwendung. Ueber die Beeidigung eines Zeugen oder Sachverständigen entscheidet jedoch, unbeschadet der §§ 393, 402 der Civilprozeßordnung, das Ermessen des Gerichts. Behufs der Glaubhaftmachung einer thatsächlichen Behauptung kann ein Betheiligter zur Versicherung an Eidesstatt zugelassen werden. RJAI § 4; RJA II - ; BRVorl. § 12; RTVorl. § 14. § 16
Gerichtliche Verfügungen werden mit der Bekanntmachung an denjenigen, für welchen sie ihrem Inhalte nach bestimmt sind, wirksam. Die Bekanntmachung erfolgt, wenn mit ihr der Lauf einer Frist beginnt, durch Zustellung nach den für die Zustellung von Amtswegen geltenden Vorschriften der Civilprozeßordnung; durch die Landesjustizverwaltung kann jedoch für Zustellungen im Ausland eine einfachere Art der Zustellung angeordnet werden. In denjenigen Fällen, in welchen mit der Bekanntmachung nicht der Lauf einer Frist beginnt, soll in den Akten vermerkt werden, in welcher Weise, an welchem Orte und an welchem Tage die Bekanntmachung zur Ausführung gebracht ist; durch die Landesjustizverwaltung kann näher bestimmt werden, in welcher Weise in diesen Fällen die Bekanntmachung zur Ausführung gebracht werden soll. Einem Anwesenden kann die Verfügung zu Protokoll bekannt gemacht werden. Auf Verlangen ist ihm eine Abschrift der Verfügung zu ertheilen. RJA I § 6; RJA II § 9; BRVorl. § 13; RTVorl. § 15. 170
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit §17 Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Fällt das Ende der Frist auf einen Sonntag oder allgemeinen Feiertag, so endigt die Frist mit dem Ablaufe des nächstfolgenden Werktags. BRVorl. § 14; RTVorl. § 16. § 18
Erachtet das Gericht eine von ihm erlassene Verfügung nachträglich für ungerechtfertigt, so ist es berechtigt, sie zu ändern; soweit eine Verfügung nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, darf die Aenderung nur auf Antrag erfolgen. Zu der Aenderung einer Verfügung, die der sofortigen Beschwerde unterliegt, ist das Gericht nicht befugt. RJA I § 7; RJA II § 10; BRVorl. § 15; RTVorl. § 17. § 19 Gegen die Verfügungen des Gerichts erster Instanz findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. Ueber die Beschwerde entscheidet das Landgericht. RJA I § 8 ; RJA II § 11 ; BRVorl. § 16 ; RTVorl. §18. §20 ist.
Die Beschwerde steht Jedem zu, dessen Recht durch die Verfügung beeinträchtigt
Soweit eine Verfügung nur auf Antrag erlassen werden kann und der Antrag zurückgewiesen worden ist, steht die Beschwerde nur dem Antragsteller zu. RJA I § 9; RJA II § 12; BRVorl. § 17; RTVorl. § 19. §21
Die Beschwerde kann bei dem Gerichte, dessen Verfügung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden. Die Einlegung erfolgt durch Einreichung einer Beschwerdeschrift oder durch Erklärung zum Protokolle des Gerichtsschreibers desjenigen Gerichts, dessen Verfügung angefochten wird, oder des Gerichtsschreibers des Beschwerdegerichts. RJA I § 10; RJA II $ 13; BRVorl. § 18; RTVorl. § 20. §22 Die sofortige Beschwerde ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem die Verfügung dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden ist. Einem Beschwerdeführer, der ohne sein Verschulden verhindert war, die Frist einzuhalten, ist auf Antrag von dem Beschwerdegerichte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ertheilen, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Thatsachen, welche die Wiedereinset171
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit zung begründen, glaubhaft macht. Eine Versäumung der Frist, die in dem Verschulden eines Vertreters ihren Grund hat, wird als eine unverschuldete nicht angesehen. Gegen die Entscheidung über den Antrag findet die sofortige weitere Beschwerde statt. Nach dem Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. RJA I § 11 ; RJA II S 14; BRVorl. § 19; RTVorl. § 21. §23 Die Beschwerde kann auf neue Thatsachen und Beweise gestützt werden. RJA I § 12; RJA II § 15; BRVorl. § 20; RTVorl. § 22. § 24 Die Beschwerde hat nur dann aufschiebende Wirkung, wenn sie gegen eine Verfügung gerichtet ist, durch die eine Strafe festgesetzt wird. Das Gericht, dessen Verfügung angefochten wird, kann anordnen, daß die Vollziehung auszusetzen ist. Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung eine einstweilige Anordnung erlassen; es kann insbesondere anordnen, daß die Vollziehung der angefochtenen Verfügung auszusetzen ist. RJA I § 13 ; RJA II § 16; BRVorl. § 21 ; RTVorl. § 23. §25 Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist mit Gründen zu versehen. RJA I § 14; RJA II § 17; BRVorl. § 22; RTVorl. § 24. §26 Die Entscheidung des Beschwerdegerichts wird in den Fällen, in welchen die sofortige weitere Beschwerde stattfindet, erst mit der Rechtskraft wirksam. Das Beschwerdegericht kann jedoch die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung anordnen. RJA I § 15; RJA II § 18; BRVorl. S 23; RTVorl. § 25. §27 Gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde zulässig, wenn die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Die Vorschriften der §§ 550, 551, 561, 563 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. RJA I § 16; RJA II § 19; BRVorl. § 24; RTVorl. § 26. §28 Ueber die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Will das Oberlandesgericht bei der Auslegung einer reichsgesetzlichen Vorschrift, welche eine der im § 1 bezeichneten Angelegenheiten betrifft, von der auf weitere Beschwerde ergangenen Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts, falls aber über die Rechtsfrage bereits eine Entscheidung des Reichsgerichts ergangen ist, von 172
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
dieser abweichen, so hat es die weitere Beschwerde unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Reichsgerichte vorzulegen. Der Beschluß über die Vorlegung ist dem Beschwerdeführer bekannt zu machen. In den Fällen des Abs. 2 entscheidet über die weitere Beschwerde das Reichsgericht.
RJA I § 17; RJA II § 20; BRVorl. § 25; RTVorl. § 27. § 29 Die weitere Beschwerde kann bei dem Gericht erster Instanz, bei dem Landgericht oder bei dem Oberlandesgericht eingelegt werden. Erfolgt die Einlegung durch Einreichung einer Beschwerdeschrift, so muß diese von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein. Der Zuziehung eines Rechtsanwalts bedarf es nicht, wenn die Beschwerde von einer Behörde oder von einem Notar eingelegt wird, der in der Angelegenheit für den Beschwerdeführer einen Antrag bei dem Gericht erster Instanz gestellt hat. Soweit eine Verfügung der sofortigen Beschwerde unterliegt, findet auch gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts die sofortige weitere Beschwerde statt. Das Gericht erster Instanz und das Landgericht sind nicht befugt, der weiteren Beschwerde abzuhelfen. Im Uebrigen finden die Vorschriften über die Beschwerde entsprechende Anwendung.
RJA I§ 18; RJA II §21; BRVorl. § 26; RTVorl. § 28. § 30 Die Entscheidungen über Beschwerden erfolgen bei den Landgerichten durch eine Civilkammer, bei den Oberlandesgerichten und bei dem Reichsgerichte durch einen Civilsenat. Ist bei einem Landgericht eine Kammer für Handelssachen gebildet, so tritt für Handelssachen diese Kammer an die Stelle der Civilkammer. Die Vorschriften des § 137 des Gerichtsverfassungsgesetzes finden entsprechende Anwendung.
RJA I § 19; RJA II § 22; BRVorl. § 27; RTVorl. S 29. §31 Zeugnisse über die Rechtskraft einer Verfügung sind von dem Gerichtsschreiber erster Instanz zu ertheilen.
BRVorl. §28; RTVorl. §30. §32 Ist eine Verfügung, durch die Jemand die Fähigkeit oder die Befugniß zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder zur Entgegennahme einer Willenserklärung erlangt, ungerechtfertigt, so hat, sofern nicht die Verfügung wegen Mangels der sachlichen Zuständigkeit des Gerichts unwirksam ist, die Aufhebung der Verfügung auf die Wirksamkeit der inzwischen von ihm oder ihm gegenüber vorgenommenen Rechtsgeschäfte keinen Einfluß.
BRVorl. § 29; RTVorl. § 31. 173
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
§33 Soll in den gesetzlich zugelassenen Fällen Jemand durch Ordnungsstrafen zur Befolgung einer gerichtlichen Anordnung angehalten werden, so muß der Festsetzung der Strafe eine Androhung vorausgehen. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen.
RTKom. § 31 a. §34 Die Einsicht der Gerichtsakten kann Jedem insoweit gestattet werden, als er ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. Das Gleiche gilt von der Ertheilung einer Abschrift; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
RTKom. § 31b. ZWEITER ABSCHNITT Vormundschaftssachen § 35 Für die dem Vormundschaftsgericht obliegenden Verrichtungen sind die Amtsgerichte zuständig.
RJA I § 20; RJA II § 23; BRVorl. § 30; RTVorl. § 32. §36 Für die Vormundschaft ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Mündel zu der Zeit, zu welcher die Anordnung der Vormundschaft erforderlich wird, seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat. Wird die Anordnung einer Vormundschaft über Geschwister erforderlich, die in den Bezirken verschiedener Vormundschaftsgerichte ihren Wohnsitz oder ihren Aufenthalt haben, so ist, wenn für einen der Mündel schon eine Vormundschaft anhängig ist, das für diese zuständige Gericht, anderenfalls dasjenige Gericht, in dessen Bezirke der jüngste Mündel seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt hat, für alle Geschwister maßgebend. Ist der Mündel ein Deutscher und hat er im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Mündel seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Gericht, falls der Mündel einem Bundesstaat angehört, von der Landesjustizverwaltung, anderenfalls von dem Reichskanzler bestimmt. Für die Vormundschaft über einen Minderjährigen, dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Minderjährige aufgefunden wurde.
RJA I §§ 21,22; RJA II §§ 24, 25; BRVorl. § 31 ; RTVorl. § 33. §37 Soll Jemand nach § 1909 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einen Pfleger erhalten, so ist, wenn bei einem inländischen Gericht eine Vormundschaft über ihn anhängig ist, 174
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit für die Pflegschaft dieses Gericht zuständig. Im Uebrigen finden auf die Pflegschaft die Vorschriften des § 36 Anwendung. Für die Pflegschaft über einen Ausländer, für den bei einem inländischen Gericht eine Vormundschaft nicht anhängig ist und der im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt. R J A I S 23; RJA II § 26; BRVorl. S 32; RTVorl. § 34. §38 Auf die Zuständigkeit für die Pflegschaft über einen Gebrechlichen finden die Vorschriften des § 36 Abs. 1, 2 und des § 37 Abs. 2 entsprechende Anwendung. RJA I § 24; RJA II § 27; BRVorl. S 33; RTVorl. § 35. §39 Für die Pflegschaft über einen Abwesenden ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Abwesende seinen Wohnsitz hat. Hat der Abwesende im Inlande keinen Wohnsitz, so finden die Vorschriften des § 36 Abs. 2 und des § 37 Abs. 2 entsprechende Anwendung. RJA I S 25; RJA II § 28; BRVorl. S 34; RTVorl. § 36. §40 Für die Pflegschaft über eine Leibesfrucht ist das Gericht zuständig, welches für die Vormundschaft zuständig sein würde, falls das Kind zu der Zeit, zu welcher das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt, geboren wäre. RJA I § 26; RJA II § 29; BRVorl. § 35; RTVorl. § 37. §41 Wird im Falle des § 1913 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Anordnung einer Pflegschaft für den bei einer Angelegenheit Betheiligten erforderlich, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt. RJA I S 27; RJA II § 30; BRVorl. § 36; RTVorl. § 38. §42 Für die Pflegschaft zum Zwecke der Verwaltung und Verwendung eines durch öffentliche Sammlung zusammengebrachten Vermögens ist das Gericht des Ortes zuständig, an welchem bisher die Verwaltung geführt wurde. RJA I § 28; RJA II § 31 ; BRVorl. § 37; RTVorl. § 39. §43 Die Zuständigkeit für eine Verrichtung des Vormundschaftsgerichts, die nicht eine Vormundschaft oder eine Pflegschaft betrifft, bestimmt sich, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein Anderes ergiebt, nach den Vorschriften des § 36 Abs. 1, 2; maßgebend ist für jede einzelne Angelegenheit der Zeitpunkt, in welchem das Gericht mit ihr befaßt wird. 175
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit Ist für die Person, in Ansehung deren die Verrichtung des Vormundschaftsgerichts erforderlich wird, eine Vormundschaft oder eine Pflegschaft anhängig oder ist der Mutter, unter deren elterlicher Gewalt sie steht, ein Beistand bestellt, so ist das Gericht zuständig, bei welchem die Vormundschaft, Pflegschaft oder Beistandschaft anhängig ist. RJAI § 29; RJA II § 32; BRVorl. § 38; RTVorl. S 40. §44 Für die in den §§ 1665, 1846 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und im Artikel 23 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bezeichneten Maßregeln ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirke das Bedürfnifi der Fürsorge hervortritt. Das Gericht soll, wenn eine Vormundschaft, Pflegschaft oder Beistandschaft anhängig ist, von den angeordneten Mafiregeln dem nach § 43 Abs. 2 zuständigen Gerichte Mittheilung machen. RJA I § 30; RJA II § 33; BRVorl. § 39; RTVorl. § 41. §45 Wird in einer Angelegenheit, welche die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander oder das eheliche Güterrecht betrifft, eine Verrichtung des Vormundschaftsgerichts erforderlich, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Mann seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat. Ist der Mann ein Deutscher und hat er im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so finden die Vorschriften des § 36 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Hat der Mann die Reichsangehörigkeit verloren, die Frau sie aber behalten, so ist, wenn der Mann im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt hat, das Gericht zuständig, in dessen Bezirke die Frau ihren Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat; hat sie im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so finden die Vorschriften des § 36 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Für die Zuständigkeit ist in Ansehung jeder einzelnen Angelegenheit der Zeitpunkt maßgebend, in welchem das Gericht mit ihr befaßt wird. RJA II S 34; BRVorl. S 40; RTVorl. § 42. §46 Das Vormundschaftsgericht kann die Vormundschaft aus wichtigen Gründen an ein anderes Vormundschaftsgericht abgeben, wenn sich dieses zur Uebernahme der Vormundschaft bereit erklärt; nach der Bestellung des Vormundes ist jedoch dessen Zustimmung erforderlich. Einigen sich die Gerichte nicht oder verweigert der Vormund oder, wenn mehrere Vormünder die Vormundschaft gemeinschaftlich führen, einer von ihnen seine Zustimmung, so entscheidet das gemeinschaftliche obere Gericht. Eine Anfechtung der Entscheidung findet nicht statt. Diese Vorschriften finden auf die Pflegschaft und die im § 43 bezeichneten Angelegenheiten entsprechende Anwendung. RJA I § 33; RJA II § 35; BRVorl. § 41 ; RTVorl. § 43. 176
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit §47 Ist über einen Deutschen, der im Auslande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderliche Vormundschaft im Ausland angeordnet, so kann die Anordnung der Vormundschaft im Inland unterbleiben, wenn dies im Interesse des Mündels liegt. Hat ein Deutscher, über den im Inland eine Vormundschaft angeordnet ist, im Auslande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt, so kann das Gericht, bei welchem die Vormundschaft anhängig ist, sie an den ausländischen Staat abgeben, wenn dies im Interesse des Mündels liegt, der Vormund seine Zustimmung ertheilt und der ausländische Staat sich zur Uebernahme bereit erklärt. Verweigert der Vormund oder, wenn mehrere Vormünder die Vormundschaft gemeinschaftlich führen, einer von ihnen seine Zustimmung, so entscheidet an Stelle des Gerichts, bei welchem die Vormundschaft anhängig ist, das im Instanzenzuge vorgeordnete Gericht. Eine Anfechtung der Entscheidung findet nicht statt. Diese Vorschriften gelten auch für die Pflegschaft. RJA I § 34; RJA II S 36; BRVorl. § 42; RTVorl. S 44. §48 Wird bei einem Standesbeamten der T o d einer Person, die ein minderjähriges Kind hinterlassen hat, oder die Geburt eines ehelichen Kindes nach dem Tode des Vaters oder die Geburt eines unehelichen Kindes oder die Auffindung eines Minderjährigen, dessen Familienstand nicht zu ermitteln ist, angezeigt oder wird vor einem Standesbeamten von einer Frau, die ein minderjähriges eheliches Kind hat, eine Ehe geschlossen, so hat der Standesbeamte hiervon dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen. RJA I S 36; RJA II S 37; BRVorl. § 43; RTVorl. § 45. §49 Erlangt der Gemeindewaisenrath von einem Falle Kenntniß, in welchem ein Vormund, ein Gegenvormund oder ein Pfleger zu bestellen ist, so hat er dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen. Zugleich soll er die Person vorschlagen, die sich zum Vormunde, Gegenvormund oder Pfleger eignet. RJA I § 37; RJA II § 38; BRVorl. § 44; RTVorl. § 46. §50 Wird die Anordnung einer Vormundschaft oder einer Pflegschaft in Folge eines gerichtlichen Verfahrens erforderlich, so hat das Gericht das zuständige Vormundschaftsgericht hiervon zu benachrichtigen. RJA I S 38 ; RJA II S 39; BRVorl. § 45; RTVorl. $ 47. §51 Eine Verfügimg, durch die von dem Vormundschaftsgerichte festgestellt wird, daß der Vater oder die Mutter auf längere Zeit an der Ausübung der elterlichen Gewalt thatsächlich verhindert ist, tritt mit der Bestellung des Vormundes in Wirksamkeit; hat jedoch während der Verhinderung des Vaters die Mutter die elterliche Gewalt auszuüben, so wird die Verfügung mit der Bekanntmachung an die Mutter wirksam. 177
G e s e t z über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
Eine Verfügung, durch die von dem Vormundschaftsgericht festgestellt wird, daß der Grund für das Ruhen der elterlichen Gewalt des Vaters oder der Mutter nicht mehr besteht, wird mit der Bekanntmachung an den Vater oder an die Mutter wirksam.
RJAI § 39; RJA II § 40; BRVorl. § 46; RTVorl. § 48. §52 Eine Verfügung, durch die ein Volljähriger unter vorläufige Vormundschaft gestellt wird, tritt, wenn die Entmündigung wegen Geisteskrankheit beantragt ist, mit der Bestellung des Vormundes, wenn die Entmündigung wegen Geistesschwäche, wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht beantragt ist, mit der Bekanntmachung an den zu Entmündigenden, eine Verfügung, durch die eine vorläufige Vormundschaft aufgehoben wird, tritt mit der Bekanntmachung an den Mündel in Wirksamkeit.
RJA I § 40; RJA II S 41 ; BRVorl. § 47; RTVorl. S 49. §53 Eine Verfügung, durch die auf Antrag die Ermächtigung oder die Zustimmung eines Anderen zu einem Rechtsgeschäft ersetzt oder dem Manne die im § 1358 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehene Ermächtigung zur Kündigung ertheilt oder durch welche die Beschränkung oder die Ausschließung der nach § 1357 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Frau zustehenden Rechte aufgehoben wird, tritt erst mit der Rechtskraft in Wirksamkeit. Das Gleiche gilt von einer Verfügung, durch die auf Antrag des Kindes die Zustimmung der Mutter zur Ehelichkeitserklärung ihres Kindes ersetzt wird. Bei Gefahr im Verzuge kann das Gericht die sofortige Wirksamkeit der Verfügung anordnen. Die Verfügung tritt mit der Bekanntmachung an den Antragsteller in Wirksamkeit.
RJA I § 41; RJA II § 42; BRVorl. § 48; RTVorl. § 50. §54 Liegen nach dem Ermessen des Vormundschaftsgerichts die Voraussetzungen vor, unter denen der Vormund, der Pfleger oder der Beistand zur Sicherheitsleistung angehalten werden kann, so ist das Gericht befugt, das Grundbuchamt um die Eintragung einer Sicherungshypothek an Grundstücken des Vormundes, des Pflegers oder des Beistandes zu ersuchen. Der Vormund, der Pfleger oder der Beistand soll soweit thunlich vorher gehört werden. Die Hypothek entsteht mit der Eintragung. Diese Vorschriften finden auf die Eintragung eines Pfandrechts an einem im Schiffregister eingetragenen Schiffe entsprechende Anwendung.
RJA I $ 42; RJA II § 43; BRVorl. § 49; RTVorl. §51. §55 Eine Verfügung, durch welche die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft ertheilt oder verweigert wird, kann von dem Vormundschaftsgericht insoweit nicht mehr geändert werden, als die Genehmigung oder deren Verweigerung einem Dritten gegenüber wirksam geworden ist. 178
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
Eine Verfügung, durch welche die Zustimmung zu einer Ehelichkeitserklärung ersetzt wird, kann nicht mehr geändert werden, wenn die Ehelichkeitserklärung erfolgt ist. RJA I § 43; RJA II § 44; BRVorl. § 50; RTVorl. § 52.
§56
Die Volljährigkeitserklärung soll nur auf Antrag des Minderjährigen oder desjenigen gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen erfolgen, welchem die Sorge für die Person zusteht. Die Verfügung, durch welche der Minderjährige für volljährig erklärt wird, tritt erst mit der Rechtskraft in Wirksamkeit. RJA I § 44; RJA II § 45; BRVorl. § 51 ; RTVorl. § 53.
§57 Die Beschwerde steht, unbeschadet der Vorschriften des § 20, zu: 1. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer Vormundschaft abgelehnt oder eine Vormundschaft aufgehoben wird, Jedem, der ein rechtliches Interesse an der Aenderung der Verfügung hat, sowie dem Ehegatten, den Verwandten und Verschwägerten des Mündels, es sei denn, daß die Verfügung eine vorläufige Vormundschaft betrifft; 2. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer vorläufigen Vormundschaft abgelehnt oder eine solche Vormundschaft aufgehoben wird, denjenigen, welche den Antrag auf Entmündigung zu stellen berechtigt sind; 3. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer Pflegschaft abgelehnt oder eine Pflegschaft aufgehoben wird, Jedem, der ein rechtliches Interesse an der Aenderung der Verfügung hat, in den Fällen der §§ 1909, 1910 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch dem Ehegatten sowie den Verwandten und Verschwägerten des Pflegebefohlenen; diese Vorschrift gilt jedoch im Falle des § 1910 nur dann, wenn eine Verständigung mit dem Pflegebefohlenen nicht möglich ist; 4. gegen eine Verfügung, durch welche die Einsetzung eines Familienraths abgelehnt oder der Familienrath aufgehoben wird, dem Ehegatten sowie den Verwandten und Verschwägerten des Mündels; 5. gegen eine Verfügung, durch die in den Fällen des § 1687 Nr. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Bestellung eines Beistandes der Mutter abgelehnt oder die Bestellung aufgehoben wird, dem Ehegatten sowie den Verwandten und Verschwägerten des Kindes; 6. gegen eine Verfügung, durch die ein Antrag des Gegenvormundes oder des Beistandes zurückgewiesen wird, gegen den gesetzlichen Vertreter wegen pflichtwidrigen Verhaltens einzuschreiten oder den Vormund oder den Pfleger aus einem der im § 1886 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Gründe zu entlassen, dem Antragsteller; 7. gegen eine Verfügung, durch die dem Vormund oder dem Pfleger eine Vergütung bewilligt wird, dem Gegenvormunde; 8. gegen eine Verfügung, durch welche die Anordnung einer der in den §§ 1665 bis 1667 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Maßregeln abgelehnt oder eine solche Maßregel aufgehoben wird, den Verwandten und Verschwägerten des Kindes; 179
G e s e t z über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
9. gegen eine Verfügung, die eine Entscheidung über eine die Sorge für die Person des Kindes oder des Mündels betreffende Angelegenheit enthält, Jedem, der ein berechtigtes Interesse hat, diese Angelegenheit wahrzunehmen. Die Vorschrift des Abs. 1 Nr. 9 findet auf die sofortige Beschwerde keine Anwendung. R J A I § 45; RJA II § 46; BRVorl. § 52; RTVorl. § 54. §58 Führen mehrere Vormünder oder Pfleger die Vormundschaft oder die Pflegschaft gemeinschaftlich, so kann jeder von ihnen für den Mündel das Beschwerderecht selbständig ausüben. Diese Vorschrift findet in den Fällen der §§ 1629, 1798 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. RJA IS 46; RJA II § 47; BRVorl. § 53; RTVorl. § 55. §59 Ein unter elterlicher Gewalt stehendes Kind oder ein unter Vormundschaft stehender Mündel kann in allen seine Person betreffenden Angelegenheiten ohne Mitwirkung seines gesetzlichen Vertreters das Beschwerderecht ausüben. Das Gleiche gilt in Angelegenheiten, in denen der Mündel vor einer Entscheidung des Vormundschaftsgerichts gehört werden soll. Diese Vorschriften finden auf Personen, die geschäftsunfähig sind oder nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, keine Anwendung. RJA I § 47; RJA II S 48 ; BRVorl. S 54, RTVorl. § 56. §60 Die sofortige Beschwerde findet statt: 1. gegen eine Verfügung, durch die ein als Vormund, Pfleger, Gegenvormund, Beistand oder Mitglied des Familienraths Berufener übergangen wird; 2. gegen eine Verfügung, durch welche die Weigerung, eine Vormundschaft, Pflegschaft, Gegenvormundschaft oder Beistandschaft zu übernehmen, zurückgewiesen wird; 3. gegen eine Verfügung, durch die ein Vormund, Pfleger, Gegenvormund oder Beistand gegen seinen Willen entlassen wird; 4. gegen eine Verfügung, durch die der Familienrath aufgehoben oder ein Mitglied des Familienraths gegen seinen Willen entlassen wird; 5. gegen eine Verfügung, durch die ein Volljähriger unter vorläufige Vormundschaft gestellt wird; 6. gegen Verfügungen, die erst mit der Rechtskraft wirksam werden. Die Frist beginnt in den Fällen des Abs. 1 Nr. 1 mit dem Zeitpunkt, in welchem der Beschwerdeführer von seiner Uebergehung Kenntniß erlangt, im Falle der Aufhebung des Familienraths mit dem Zeitpunkt, in welchem das Vormundschaftsgericht die bisherigen Mitglieder von der Aufhebung in Kenntniß setzt. RJA I § 48; RJA II § 49; BRVorl. § 55; RTVorl. § 57. 180
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit §61 Wird eine Verfügung, durch die ein Volljähriger unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist, von dem Beschwerdegericht aufgehoben, so kann die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem Volljährigen vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht auf Grund der aufgehobenen Verfügung in Frage gestellt werden. RJA I § 49; RJA II § 50; BRVorl. § 56; RTVorl. § 58. §62 Soweit eine Verfügung nach § 55 von dem Vormundschaftsgerichte nicht mehr geändert werden kann, ist auch das Beschwerdegericht nicht berechtigt, sie zu ändern. Vgl. RJA I § 50; RJA II § 51 ; BRVorl. § 57; RTVorl. § 59. § 63 Auf die weitere Beschwerde finden die Vorschriften der §§57 bis 62 entsprechende Anwendung. RJA I S 51 ; RJA II S 52; BRVorl. § 58; RTVorl. § 60. §64 Gegen eine Verfügung, durch die über die Entlassung eines Mitglieds des Familienraths von dem Gerichte, welches dem Vormundschaftsgericht im Instanzenzuge vorgeordnet ist, entschieden wird, findet die Beschwerde an das Oberlandesgericht statt. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. RJA I S 52; RJA II § 53; BRVorl. § 59; RTVorl. § 61.
DRITTER ABSCHNITT Annahme an Kindesstatt §65 Die Bestätigung des Vertrags, durch welchen Jemand an Kindesstatt angenommen oder das durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältnis wieder aufgehoben wird, gehört zur Zuständigkeit der Amtsgerichte. RJA I § 53; RJA II § 54; BRVorl. § 60; RTVorl. § 62. §66 Für die Bestätigung ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Annehmende zu der Zeit, zu welcher der Antrag auf Bestätigung eingereicht oder nach Maßgabe des § 1753 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Gericht oder den Notar mit der Einreichung betraut wird, seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat. Ist der Annehmende ein Deutscher und hat er im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Annehmende seinen 181
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Gericht, falls der Annehmende einem Bundesstaat angehört, von der Landesjustizverwaltung, anderenfalls von dem Reichskanzler bestimmt. RJAI § 53; RJA II § 55; BRVorl. § 61 ; RTVorl. § 63. § 67 Der Beschluß, durch den die Bestätigung ertheilt wird, tritt mit der Bekanntmachung an den Annehmenden in Wirksamkeit. Ist die Bestätigung noch nach dem Tode des Annehmenden zulässig, so tritt der Beschluß, unbeschadet der Vorschriften des § 1753 Abs. 3 und des § 1770 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, mit der Bekanntmachung an das Kind in Wirksamkeit; wird nach dem Tode des Kindes das zwischen den übrigen Betheiligten bestehende Rechtsverhältnis durch Vertrag aufgehoben, so tritt der Beschluß, durch welchen die Aufhebung nach dem Tode des Annehmenden bestätigt wird, mit der Bekanntmachung an die übrigen Betheiligten in Wirksamkeit. Das Gericht ist zu einer Aenderung des Beschlusses nicht befugt. RJA I S 54; RJA II § 56; BRVorl. § 62; RTVorl. § 64. §68 Gegen den Beschluß, durch welchen die Bestätigung ertheilt wird, findet kein Rechtsmittel statt. Gegen den Beschluß, durch welchen die Bestätigung versagt wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Die Beschwerde steht jedem der Vertragschließenden zu, auch wenn der Antrag auf Bestätigung von ihm nicht gestellt war. Die Vorschriften des § 22 Abs. 2, des § 24 Abs. 3 und des § 26 Satz 2 finden keine Anwendung. RJA I § 55; RJA II S 57; BRVorl. § 63; RTVorl. § 65.
VIERTER ABSCHNITT Personenstand
§69 Für die nach dem Gesetz über de Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23) dem Gericht erster Instanz obliegenden Verrichtungen sind die Amtsgerichte zuständig. BRVorl. § 64; RTVorl. § 66. § 70 Gegen eine Verfügung, durch die angeordnet wird, daß eine Eintragung in dem Standesregister zu berichtigen ist, findet die sofortige Beschwerde statt. Die Verfügung tritt erst mit der Rechtskraft in Wirksamkeit. BRVorl. § 65; RTVorl. S 67. 182
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
§71 Sind Vorgänge, die auf Antrag eines Betheiligten in dem Standesregister am Rande einer Eintragung zu vermerken sind, von einem Notar beurkundet, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen des Betheiligten, dessen Erklärung beurkundet ist, die Eintragung des Vermerkes in das Standesregister zu beantragen. BRVorl. § 66; RTVorl. § 68.
FÜNFTER ABSCHNITT Nachlaß- und Theilungssachen
§72 Für die dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen sind die Amtsgerichte zuständig. RJAI § 56; RJA II § 58; BRVorl. § 67; RTVorl. § 69. § 73 Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach dem Wohnsitze, den der Erblasser zur Zeit des Erbfalls hatte; in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Aufenthalt hatte. Ist der Erblasser ein Deutscher und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke der Erblasser seinen letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Amtsgericht, falls der Erblasser zur Zeit des Erbfalls einem Bundesstaat angehörte, von der Landesjustizverwaltung, anderenfalls von dem Reichskanzler bestimmt. Ist der Erblasser ein Ausländer und hatte er zur Zeit des Erbfalls im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so ist jedes Gericht, in dessen Bezirke sich Nachlaßgegenstände befinden, in Ansehung aller im Inlande befindlichen Nachlaßgegenstände zuständig. Die Vorschriften des § 2369 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung. RJA IS 56; RJA II § 58; BRVorl. § 67; RTVorl. § 70. §74 Für die Sicherung des Nachlasses ist jedes Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke das Bedürfniß der Fürsorge hervortritt. Das Gericht soll von den angeordneten Maßregeln dem nach § 73 zuständigen Nachlaßgerichte Mittheilung machen. RJA IS 57; RJA II § 59; BRVorl. § 68; RTVorl. § 71. §75 Auf die Nachlaßpflegschaft finden die für Vormundschaftssachen geltenden Vorschriften dieses Gesetzes Anwendung. Unberührt bleiben die Vorschriften über die 183
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
Zuständigkeit des Nachlaßgerichts; das Nachlaßgericht kann jedoch die Pflegschaft nach Maßgabe des § 46 an ein anderes Nachlaßgericht abgeben.
RJA IS 59; RJA II § 60; BRVorl. S 69; RTVorl. § 72. §76 Gegen eine Verfügung, durch die dem Antrage des Erben, die Nachlaßverwaltung anzuordnen, stattgegeben wird, ist die Beschwerde unzulässig. Gegen eine Verfügung, durch die dem Antrag eines Nachlaßgläubigers, die Nachlaßverwaltung anzuordnen, stattgegeben wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Die Beschwerde steht nur dem Erben, bei Miterben jedem Erben, sowie dem Testamentsvollstrecker zu, welcher zur Verwaltung des Nachlasses berechtigt ist.
RJA I § 60; RJA II § 62; BRVorl. § 70; RTVorl. § 73. §77 Gegen eine Verfügung, durch die dem Erben eine Inventarfrist bestimmt wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Das Gleiche gilt von einer Verfügung, durch die über die Bestimmung einer neuen Inventarfrist oder über den Antrag des Erben, die Inventarfrist zu verlängern, entschieden wird. In den Fällen der Abs. 1, 2 beginnt die Frist zur Einlegung der Beschwerde für jeden Nachlaßgläubiger mit dem Zeitpunkt, in welchem die Verfügung demjenigen Nachlaßgläubiger bekannt gemacht wird, welcher den Antrag auf die Bestimmung der Inventarfrist gestellt hat.
RJA I § 61 ; RJA II § 63 ; BRVorl. § 71 ; RTVorl. § 74. §78 Hat das Nachlaßgericht nach § 1964 des Bürgerlichen Gesetzbuchs festgestellt, daß ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, so steht die Einsicht der dieser Feststellung vorausgegangenen Ermittelungen Jedem zu, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht. Das Gleiche gilt von der Einsicht einer Verfügung, welche die Bestimmungen einer Inventarfrist oder die Ernennung oder die Entlassung eines Testamentsvollstreckers betrifft, eines Protokolls über die Leistung des im § 79 bezeichneten Eides sowie von der Einsicht eines Erbscheins und eines der in den §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und den §§ 37, 38 der Grundbuchordnung vorgesehenen gerichtlichen Zeugnisse. Von den Schriftstücken, deren Einsicht gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
BRVorl. S 72; RTVorl. S 75. §79 Verlangt ein Nachlaßgläubiger von dem Erben die Leistung des im § 2006 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Offenbarungseids, so kann die Bestimmung des Termins zur Leistung des Eides sowohl von dem Nachlaßgläubiger als von dem Erben beantragt werden. Zu dem Termine sind beide Theile zu laden. Die Anwesenheit des Gläubigers ist nicht erforderlich.
RJA I § 62 ; RJA II § 64 ; BRVorl. S 73 ; RTVorl. §71. 184
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit §80 Gegen eine Verfügung, durch die nach den §§ 2151, 2153 bis 2155, 2192, 2193 und dem § 2198 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Beschwerten oder einem Dritten eine Frist zur Erklärung bestimmt wird, findet die sofortige Beschwerde statt. R J A I § 73; RJA II SS 63,78; BRVorl. S 74; RTVorl. S 77. § 81 Gegen eine Verfügung, durch die von dem Nachlaßgericht ein Testamentsvollstrecker ernannt oder einem zum Testamentsvollstrecker Ernannten eine Frist zur Erklärung über die Annahme des Amtes bestimmt wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Das Gleiche gilt von einer Verfügung, durch die ein Testamentsvollstrecker gegen seinen Willen entlassen wird. RJA I S 74; RJA II S 79; BRVorl. § 75; RTVorl. § 78. § 82
Führen mehrere Testamentsvollstrecker das Amt gemeinschaftlich, so steht gegen eine Verfügung, durch die das Nachlaßgericht Anordnungen des Erblassers für die Verwaltung des Nachlasses außer Kraft setzt oder bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Testamentsvollstreckern entscheidet, jedem Testamentsvollstrecker die Beschwerde selbständig zu. Auf eine Verfügung, durch die bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen den Testamentsvollstreckern über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts das Nachlaßgericht entscheidet, finden die Vorschriften des § 53 und des § 60 Abs. 1 Nr. 6 entsprechende Anwendung. RJA I S 75; RJA II S 80; BRVorl. S 76; RTVorl. S 79. §83 Das Nachlaßgericht kann im Falle des § 2259 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Besitzer des Testaments durch Ordnungsstrafen zur Ablieferung des Testaments anhalten. Besteht Grund zu der Annahme, daß Jemand ein Testament im Besitze hat, zu dessen Ablieferung er nach § 2259 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet ist, so kann er von dem Nachlaßgerichte zur Leistung des Offenbarungseids angehalten werden; die Vorschriften des § 883 Abs. 2, 3, des § 900 Abs. 1 und der §§ 901, 902, 904 bis 910,912, 913 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. § 79 a RTKom. § 84 Gegen einen Beschluß, durch den ein Erbschein für kraftlos erklärt wird, findet die Beschwerde nicht statt. Das Gleiche gilt von einem Beschlüsse, durch den eines der in den §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und den §§ 37, 38 der Grundbuchordnung vorgesehenen gerichtlichen Zeugnisse für kraftlos erklärt wird. RJA I § 76; RJA II S 81; BRVorl. § 77; RTVorl. S 80. 185
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit §85 Wer ein rechtliches Interesse glaubhaft macht, kann verlangen, daß ihm von dem Gericht eine Ausfertigung des Erbscheins ertheilt werde. Das Gleiche gilt in Ansehung der im § 84 Satz 2 bezeichneten Zeugnisse sowie in Ansehung der gerichtlichen Verfügungen, die sich auf die Ernennung oder die Entlassung eines Testamentsvollstreckers beziehen. RTVorl. §81. §86 Hinterläßt ein Erblasser mehrere Erben, so hat das Nachlaßgericht auf Antrag die Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses zwischen den Betheiligten zu vermitteln, sofern nicht ein zur Bewirkung der Auseinandersetzung berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden ist. Antragsberechtigt ist jeder Miterbe, der Erwerber eines Erbtheils sowie derjenige, welchem ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch an einem Erbtheile zusteht. R J A I § 63; RJA II § 65; BRVorl. § 78 ; RTVorl. § 82. §87 In dem Antrage sollen die Betheiligten und die Theilungsmasse bezeichnet werden. Hält das Gericht vor der Verhandlung mit den Betheiligten eine weitere Aufklärung für angemessen, so hat es den Antragsteller zur Ergänzung des Antrags, insbesondere zur Angabe der den einzelnen Betheiligten in Ansehung des Nachlasses zustehenden Ansprüche, zu veranlassen. Es kann dem Antragsteller auch die Beschaffung der Unterlagen aufgeben. R J A I § 64; RJA II § 66; BRVorl. S 79; RTVorl. § 83. §88 Einem abwesenden Betheiligten kann, wenn die Voraussetzungen der Abwesenheitspflegschaft vorliegen und eine Pflegschaft über ihn nicht bereits anhängig ist, für das Auseinandersetzungsverfahren von dem Nachlaßgericht ein Pfleger bestellt werden. Für die Pflegschaft tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Nachlaßgericht. RTVorl. § 84. §89 Das Gericht hat den Antragsteller und die übrigen Betheiligten, diese unter Mittheilung des Antrags, zu einem Verhandlungstermine zu laden. Die Ladung durch öffentliche Zustellung ist unzulässig. Die Ladung soll den Hinweis darauf enthalten, daß ungeachtet des Ausbleibens eines Betheiligten über die Auseinandersetzung verhandelt werden würde und daß, falls der Termin vertagt oder ein neuer Termin zur Fortsetzung der Verhandlung anberaumt werden sollte, die Ladung zu dem neuen Termin unterbleiben könne. Sind Unterlagen für die Auseinandersetzung vorhanden, so ist in der Ladung zu bemerken, daß die Unterlagen auf der Gerichtsschreiberei eingesehen werden können. RJA I § 65; RJA II § 67; BRVorl. § 80; RTVorl. § 85. 186
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
§90 Die Frist zwischen der Ladung und dem Temine muß mindestens zwei Wochen betragen. Diese Vorschrift findet auf eine Vertagung sowie auf einen Termin zur Fortsetzung der Verhandlung keine Anwendung. In diesen Fällen kann die Ladung der zu dem früheren Termine geladenen Betheiligten durch die Verkündung des neuen Termins ersetzt werden. R J A I § 65; RJA II § 68 ; BRVorl. § 81 ; RTVorl. § 86. §91 Treffen die erschienenen Betheiligten vor der Auseinandersetzung eine Vereinbarung über vorbereitende Maßregeln, insbesondere über die Art der Theilung, so hat das Gericht die Vereinbarung zu beurkunden. Das Gleiche gilt, wenn nur ein Betheiligter erschienen ist, in Ansehung der von diesem gemachten Vorschläge. Sind die Betheiligten sämmtlich erschienen, so hat das Gericht die von ihnen getroffene Vereinbarung zu bestätigen. Dasselbe gilt, wenn die nicht erschienenen Betheiligten ihre Zustimmung zu gerichtlichem Protokoll oder in einer öffentlich beglaubigten Urkunde ertheilen. Ist ein Betheiligter nicht erschienen, so hat das Gericht, sofern er nicht nach Abs. 2 Satz 2 zugestimmt hat, ihm den Inhalt der Urkunde, soweit dieser ihn betrifft, bekannt zu machen und ihn gleichzeitig zu benachrichtigen, daß er die Urkunde auf der Gerichtsschreiberei einsehen und eine Abschrift der Urkunde fordern könne. Die Bekanntmachung muß den Hinweis darauf enthalten, daß, wenn der Betheiligte nicht innerhalb einer von dem Gerichte zu bestimmenden Frist die Anberaumung eines neuen Termins beantrage oder wenn er in dem neuen Termine nicht erscheine, sein Einverständniß mit dem Inhalte der Urkunde angenommen werden würde. Beantragt der Betheiligte rechtzeitig die Anberaumung eines neuen Termins und erscheint er in diesem Termine, so ist die Verhandlung fortzusetzen. Anderenfalls hat das Gericht die Vereinbarung zu bestätigen. RJA II § 69; BRVorl. § 82; RTVorl. § 87. §92 War im Falle des § 91 der Betheiligte ohne sein Verschulden verhindert, die Anberaumung eines neuen Termins rechtzeitig zu beantragen oder in dem neuen Termine zu erscheinen, so ist ihm auf Antrag von dem Gerichte die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ertheilen, wenn er binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses die Anberaumung eines neuen Termins beantragt und die Thatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Eine Versäumung, die in dem Verschulden eines Vertreters ihren Grund hat, wird als eine unverschuldete nicht angesehen. Nach dem Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. RJA II §§ 70,72; BRVorl. § 83; RTVorl. § 88. §93 Sobald nach Lage der Sache die Auseinandersetzung stattfinden kann, hat das Gericht einen Auseinandersetzungsplan anzufertigen. Sind die erschienenen Betheiligten mit dem Inhalte des Planes einverstanden, so hat das Gericht die Auseinander187
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit Setzung zu beurkunden. Sind die Betheiligten sämmtlich erschienen, so hat das Gericht die Auseinandersetzung zu bestätigen; dasselbe gilt, wenn die nicht erschienenen Betheiligten ihre Zustimmung zu gerichtlichem Protokoll oder in einer öffentlich beglaubigten Urkunde ertheilen. Ist ein Betheiligter nicht erschienen, so hat das Gericht nach § 91 Abs. 3 zu verfahren. Die Vorschriften des § 92 finden entsprechende Anwendung. R J A I § 66; RJA II § 71 ; BRVorl. § 84; RTVorl. § 89. §94 Ist vereinbart, daß eine Vertheilung durch das Loos geschehen soll, so wird das Loos, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, für die nicht erschienenen Betheiligten von einem durch das Gericht zu bestellenden Vertreter gezogen. RTVorl. $ 90. §95 Ergeben sich bei den Verhandlungen Streitpunkte, so ist ein Protokoll darüber aufzunehmen und das Verfahren bis zur Erledigung der Streitpunkte auszusetzen. Soweit bezüglich der unstreitigen Punkte die Aufnahme einer Urkunde ausführbar ist, hat das Gericht nach den §§ 91,93 zu verfahren. RJA I § 67; RJA II § 73; BRVorl. S 85; RTVorl. § 91. §96 Gegen den Beschluß, durch welchen eine vorgängige Vereinbarung oder eine Auseinandersetzung bestätigt, sowie gegen den Beschluß, durch welchen über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entschieden wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Die Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluß kann nur darauf gegründet werden, daß die Vorschriften über das Verfahren nicht beobachtet seien. RJA I § 69; RJA II § 74; BRVorl. § 86; RTVorl. § 92. §97 Eine vorgängige Vereinbarung sowie eine Auseinandersetzung ist nach dem Eintritte der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses für alle Betheiligten in gleicher Weise verbindlich wie eine vertragsmäßige Vereinbarung oder Auseinandersetzung. Bedarf ein Betheiligter zur Vereinbarung oder zur Auseinandersetzung der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, so ist, wenn er im Inlande keinen Vormund, Pfleger oder Beistand hat, für die Ertheilung oder die Verweigerung der Genehmigung an Stelle des Vormundschaftsgerichts das Nachlaßgericht zuständig. RJA I § 70; RJA II S 75; BRVorl. § 87; RTVorl. § 93. §98 Aus einer vorgängigen Vereinbarung sowie aus einer Auseinandersetzung findet nach dem Eintritte der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses die Zwangsvollstrekkung statt. Die Vorschriften der §§ 795, 797 der Civilprozeßordnung finden Anwendung. RJA I § 71 ; RJA II § 76; BRVorl. § 88; RTVorl. § 94. 188
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit § 99
Nach der Beendigung einer ehelichen Gütergemeinschaft oder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft finden auf die Auseinandersetzung in Ansehung des Gesammtguts die Vorschriften der §§ 86 bis 98 entsprechende Anwendung. Für die Auseinandersetzung ist, falls ein Antheil an dem Gesammtgute zu einem Nachlasse gehört, das Amtsgericht zuständig, welches für die Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses zuständig ist. Im Uebrigen ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke der Ehemann oder bei fortgesetzter Gütergemeinschaft der überlebende Ehegatte zur Zeit der Beendigung der Gütergemeinschaft seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hatte. Hatte der Ehemann oder der Ehegatte zu der bezeichneten Zeit im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so finden die Vorschriften des § 73 Abs. 2 entsprechende Anwendung. RJA I § 72; RJA II S 77; BRVorl. § 89; RTVorl. § 95. SECHSTER ABSCHNITT Schiffspfandrecht
§ 100
In Ansehung eines Pfandrechts an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiffe soll, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, eine Eintragung nur auf Antrag erfolgen. Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag bei der Registerbehörde eingeht, soll auf dem Antrage genau vermerkt werden. Antragsberechtigt ist Jeder, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird oder zu dessen Gunsten die Eintragung erfolgen soll. Die Vorschriften der §§ 14 bis 18 der Grundbuchordnung finden entsprechende Anwendung. RJA I §§ 7 7 - 8 1 ; RJA II §§ 8 2 - 8 7 ; BRVorl. § 90; RTVorl. S 96. § ιοί Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird. RJA I § 82; RJA II § 88; BRVorl. § 91 ; RTVorl. § 97. § 102 Zur Berichtigung des Schiffsregisters bedarf es der Bewilligung desjenigen, dessen Recht von der Berichtigung betroffen wird, nicht, wenn die Unrichtigkeit nachgewiesen wird. Dies gilt insbesondere für die Eintragung oder Löschung einer Verfügungsbeschränkung. RJA IS 83; RJA II § 89; BRVorl. § 92; RTVorl. § 98. § 103 Ist eine Vormerkung oder ein Widerspruch auf Grund einer einstweiligen Verfügung eingetragen, so bedarf es zur Löschung nicht der Bewilligung des Berechtigten, 189
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit wenn die einstweilige Verfügung durch eine vollstreckbare Entscheidung aufgehoben ist. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn auf Grund eines vorläufig vollstreckbaren Urtheils nach den Vorschriften der (Zivilprozeßordnung eine Vormerkung oder ein Widerspruch eingetragen ist. R J A I § 84; RJA II § 90; BRVorl. § 93; RTVorl. § 99. § 104 Soll die Uebertragung einer Forderung, für die ein Pfandrecht am Schiffe eingetragen ist oder für die ein solches Pfandrecht als Pfand haftet, eingetragen werden, so genügt es, wenn an Stelle der Eintragungsbewilligung die Abtretungserklärung des bisherigen Gläubigers vorgelegt wird. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Belastung der Forderung eingetragen werden soll. RJA I § 85; RJA II § 91 ; BRVorl. § 94; RTVorl. § 100. § 105 Ein Pfandrecht am Schiffe darf nur mit Zustimmung des eingetragenen Eigenthümers, ein das Pfandrecht belastendes Recht nur mit Zustimmung des eingetragenen Pfandgläubigers gelöscht werden. Für eine Löschung, die zur Berichtigung des Schiffsregisters erfolgen soll, ist die Zustimmung nicht erforderlich, wenn die Unrichtigkeit des Registers nachgewiesen wird. RJA I § 86 ; RJA II § 92 ; BRVorl. § 95 ; RTVorl. S 101. § 106 In der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht erforderlich ist, in dem Eintragungsantrage sind der Name und die Ordnungsnummer, unter welcher das Schiff im Schiffsregister eingetragen ist, sowie die einzutragenden Geldbeträge in Reichswährung anzugeben. RJA I § 87; RJA II § 93; BRVorl. § 96; RTVorl. § 102. § 107 Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen vor der Registerbehörde zu Protokoll gegeben oder durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei der Registerbehörde offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden. Die Vorschriften der §§ 33 bis 38 der Grundbuchordnung finden entsprechende Anwendung. RJA I § 88; RJA II § 94; BRVorl. S 97; RTVorl. § 103. § 108 Für den Eintragungsantrag sowie für die Vollmacht zur Stellung eines solchen gelten die Vorschriften des § 107 Abs. 1 nur, wenn durch den Antrag zugleich eine zu der Eintragung erforderliche Erklärung ersetzt werden soll. Vgl. RJA I § 89; RJA II § 95; BRVorl. S 98; RTVorl. § 104. 190
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
§ 109 Erklärungen, durch die ein Eintragungsantrag zurückgenommen oder eine zur Stellung des Eintragungsantrags ertheilte Vollmacht widerrufen wird, bedürfen der im § 107 Abs. 1 vorgeschriebenen Form.
RJA I § 90; RJA II S 96; BRVorl. § 99; RTVorl. S 105. § 110 In den Fällen, in denen nach gesetzlicher Vorschrift eine Behörde befugt ist, die Registerbehörde um eine Eintragung zu ersuchen, erfolgt die Eintragung auf Grund des Ersuchens der Behörde.
RJA I § 91 ; RJA II § 97; BRVorl. S 100; RTVorl. § 106. § 111 Eine Eintragung soll nur erfolgen, wenn derjenige, dessen Recht durch sie betroffen wird, als der Berechtigte eingetragen ist. Ist derjenige, dessen Recht durch eine Eintragung betroffen wird, Erbe des eingetragenen Berechtigten, so findet die Vorschrift des Abs. 1 keine Anwendung, wenn die Uebertragung oder die Aufhebung des Rechtes eingetragen werden soll oder wenn der Eintragungsantrag durch die Bewilligung des Erblassers oder eines Nachlaßpflegers oder durch einen gegen den Erblasser oder den Nachlaßpfleger vollstreckbaren Titel begründet wird. Das Gleiche gilt für eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines Testamentsvollstreckers oder auf Grund eines gegen diesen vollstreckbaren Titels, sofern die Bewilligung oder der Titel gegen den Erben wirksam ist.
RJA I § 92; RJA II § 98; BRVorl. § 101; RTVorl. § 107. § 112 Bei einem Pfandrechte für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann, soll eine Eintragung nur erfolgen, wenn die Urkunde vorgelegt wird. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn eine Eintragung auf Grund der Bewilligung eines nach den §§ 1189, 1270 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestellten Vertreters oder auf Grund einer gegen diesen erlassenen gerichtlichen Entscheidung bewirkt werden soll.
RJA I § 93; RJA II § 99; BRVorl. § 102; RTVorl. § 108.
S
113
Jede Eintragung soll den Tag, an welchem sie erfolgt ist, angeben und mit der Unterschrift des zuständigen Beamten versehen werden.
RJA I § 94; RJA II § 100; BRVorl. § 103; RTVorl. § 109. S 114 Die Eintragungen erhalten diejenige Reihenfolge, welche der Zeitfolge der Anträge entspricht; sind die Anträge gleichzeitig gestellt, so ist, wenn unter den Eintra191
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit gungen ein Rangverhältniß besteht, im Schiffsregister zu vermerken, daß die Eintragungen gleichen Rang haben. Diese Vorschriften finden insoweit keine Anwendung, als das Rangverhältniß von den Antragstellern abweichend bestimmt ist. R J A I § 95; RJA II § 101 ; BRVorl. § 104; RTVorl. § 110. §115 Die Löschung eines Rechtes oder einer Verfügungsbeschränkung erfolgt durch Eintragung eines Löschungsvermerkes. RJA I § 96; RJA II § 102; BRVorl. § 105; RTVorl. §111. §116 Werden mehrere Schiffe mit einem Pfandrechte belastet, so ist auf dem Blatte jedes Schiffes die Mitbelastung der Übrigen von Amtswegen erkennbar zu machen. Das Gleiche gilt, wenn mit einem an einem Schiffe bestehenden Pfandrechte nachträglich noch ein anderes Schiff belastet wird. Soweit eine Mitbelastung erlischt, ist dies von Amtswegen zu vermerken. RJA I § 97 ; RJA II § 103 ; BRVorl. § 106 ; RTVorl. § 112. § 117 Bei der Eintragung eines Pfandrechts für Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber genügt es, wenn der Gesammtbetrag der Forderungen unter Angabe der Anzahl, des Betrags und der Bezeichnung der Theile eingetragen wird. RJA I § 98; RJA II § 104; BRVorl. § 107; RTVorl. § 113. § 118 Ist ein Testamentsvollstrecker ernannt, so ist dies bei der Eintragung des Erben des Gläubigers von Amtswegen miteinzutragen, es sei denn, daß das eingetragene Recht der Verwaltung des Testamentsvollstreckers nicht unterliegt. RJA I § 99; RJA II § 105; BRVorl. § 108; RTVorl. § 114. § 119 Ergiebt sich, daß die Registerbehörde unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Schiffsregister unrichtig geworden ist, so ist von Amtswegen ein Widerspruch einzutragen. Erweist sich eine Eintragung nach ihrem Inhalt als unzulässig, so ist sie von Amtswegen zu löschen. RJA I § 100; RJA II § 106; BRVorl. § 109; RTVorl. § 115. § 120
Jede Eintragung ist baldthunlichst auf dem Schiffscertifikat oder dem Schiffsbriefe zu vermerken. Wird eine Urkunde über die Pfandforderung vorgelegt, so ist die Eintragung auch auf dieser Urkunde unter kurzer Bezeichnung des Inhalts der Eintragungen, welche 192
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit dem Pfandrecht im Range vorgehen oder gleichstehen, zu vermerken. Der Vermerk ist mit Unterschrift und Siegel zu versehen. R J A I § 101 ; RJA II § 107; BRVorl. § 110; RTVorl. § 116. S 121
Jede Eintragung soll dem Antragsteller und dem eingetragenen Eigenthiimer sowie im Uebrigen allen aus dem Schiffsregister ersichtlichen Personen bekannt gemacht werden, zu deren Gunsten die Eintragung erfolgt ist oder deren Recht durch sie betroffen wird. Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden. R J A I § 102; RJA II § 108; BRVorl. § 111; RTVorl. § 117. § 122 Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß die Registerbehörde angewiesen wird, nach § 119 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen. RJA I § 103; RJA II § 109; BRVorl. § 112; RTVorl. § 118. S 123 Das Beschwerdegericht kann vor der Entscheidung durch eine einstweilige Anordnung der Registerbehörde aufgeben, eine Vormerkung oder einen Widerspruch einzutragen. Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amtswegen gelöscht, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder zurückgewiesen wird. RJA I § 104; RJA II § 110; BRVorl. § 113; RTVorl. § 119. § 124 Bei der Einlegung der weiteren Beschwerde durch Einreichung einer Beschwerdeschrift bedarf es der Zuziehung eines Rechtsanwalts nicht, wenn die Beschwerde von dem Notar eingelegt wird, der die zu der Eintragung erforderliche Erklärung beurkundet oder beglaubigt und im Namen eines Antragsberechtigten den Eintragungsantrag gestellt hat. Die Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 3 bleibt unberührt. RJA I S 105; RJA II § 111 ; BRVorl. § 114; RTVorl. § 120.
SIEBENTER ABSCHNITT Handelssachen § 125 Für die Führung des Handelsregisters sind die Amtsgerichte zuständig. Durch Anordnung der Landesjustizverwaltung kann die Führung des Registers für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden. RJA I § 106; RJA II § 112; BRVorl. § 115; RTVorl. § 121. 193
G e s e t z über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
§ 126 Die Organe des Handelsstandes sind verpflichtet, die Registergerichte behufs der Verhütung unrichtiger Eintragungen sowie behufs der Berichtigung und Vervollständigung des Handelsregisters zu unterstützen; sie sind berechtigt, Anträge zu diesem Zwecke bei den Registergerichten zu stellen und gegen Verfügungen, durch die über solche Anträge entschieden wird, das Rechtsmittel der Beschwerde zu erheben. Oie näheren Bestimmungen werden von den Landesregierungen getroffen.
RJAI § 107; RJA II § 114; BRVorl. § 116; RTVorl. § 122. S 127 Das Registergericht kann, wenn eine von ihm zu erlassende Verfügung von der Beurtheilung eines streitigen Rechtsverhältnisses abhängig ist, die Verfügung aussetzen, bis über das Verhältniß im Wege des Rechtsstreits entschieden ist. Es kann, wenn der Rechtsstreit nicht anhängig ist, einen der Betheiligten eine Frist zur Erhebung der Klage bestimmen.
RJA I § 110; RJA II § 115; BRVorl. § 117; RTVorl. § 123. § 128 Die Anmeldungen zur Eintragung in das Handelsregister sowie die zur Aufbewahrung bei dem Gerichte bestimmten Zeichnungen von Unterschriften können zum Protokolle des Gerichtsschreibers des Registergerichts erfolgen.
BRVorl. § 118; RTVorl. § 124. S 129 Ist die zu einer Eintragung erforderliche Erklärung von einem Notar beurkundet oder beglaubigt, so gilt dieser als ermächtigt, im Namen des zur Anmeldung Verpflichteten die Eintragung zu beantragen. Die Vorschriften des § 124 finden entsprechende Anwendung.
BRVorl. S 119; RTVorl. § 125. § 130 Jede Eintragung soll den Tag, an welchem sie erfolgt ist, angeben und mit der Unterschrift des zuständigen Beamten versehen werden. Jede Eintragung soll demjenigen, welcher sie beantragt hat, bekannt gemacht werden. Auf die Bekanntmachung kann verzichtet werden.
RJA IS 108; RJA II § 116; BRVorl. § 120; RTVorl. § 126. § 131 Die Eintragung einer Zweigniederlassung ist von Amtswegen dem Registergerichte der Hauptniederlassung mitzutheilen und in dessen Register zu vermerken. Das Gleiche gilt, wenn die Zweigniederlassung aufgehoben wird.
BRVorl. § 121; RTVorl. § 127. 194
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§ 132 Sobald das Registergericht von einem sein Einschreiten nach den §§ 14, 319 und dem § 325 Nr. 9 des Handelsgesetzbuchs rechtfertigenden Sachverhalte glaubhafte Kenntniß erhält, hat es dem Betheiligten unter Androhung einer Ordnungsstrafe aufzugeben, innerhalb einer bestimmten Frist seiner gesetzlichen Verpflichtung nachzukommen oder die Unterlassung mittelst Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen. Die Beschwerde gegen diese Verfügung ist unzulässig. R J A I § 111;RJAII§ 118;BRVorl.§ 123;RTVorl.§ 129. § 133 Wird innerhalb der bestimmten Frist weder der gesetzlichen Verpflichtung genügt noch Einspruch erhoben, so ist die angedrohte Strafe festzusetzen und zugleich die frühere Verfügung unter Androhung einer erneuten Ordnungsstrafe zu wiederholen. In gleicher Weise ist fortzufahren, bis der gesetzlichen Verpflichtung genügt oder Einspruch erhoben wird. R J A I § 112;RJAII§ 119;BRVorl. § 124;RTVorl. § 130. § 134 Wird rechtzeitig Einspruch erhoben, so hat das Gericht, wenn sich der Einspruch nicht ohne Weiteres als begründet ergiebt, zur Erörterung der Sache den Betheiligten zu einem Termine zu laden. Das Gericht kann, auch wenn der Betheiligte nicht erscheint, nach Lage der Sache entscheiden. R J A I § 113 Abs. 1 , 2 ; R J A I I § 120 Abs. 1; BRVorl. § 125; RTVorl. § 131. § 135 Wird der Einspruch für begründet erachtet, so ist die erlassene Verfügung aufzuheben. Anderenfalls hat das Gericht den Einspruch zu verwerfen und die angedrohte Strafe festzusetzen. Das Gericht kann, wenn die Umstände es rechtfertigen, von der Festsetzung einer Strafe absehen oder eine geringere als die angedrohte Strafe festsetzen. Im Falle der Verwerfung des Einspruchs hat das Gericht zugleich eine erneute Verfügung nach § 132 zu erlassen. Die in dieser Verfügung bestimmte Frist beginnt mit dem Eintritte der Rechtskraft der Verwerfung des Einspruchs. R J A I § 113 Abs. 3; RJA II § 120 Abs. 2; BRVorl. § 126; RTVorl. § 132. S 136 Wird im Falle des § 133 gegen die wiederholte Verfügung Einspruch erhoben und dieser für begründet erachtet, so kann das Gericht, wenn die Umstände es rechtfertigen, zugleich die früher festgesetzte Strafe aufheben oder an deren Stelle eine geringere Strafe festsetzen. RTKom. § 132 a. 195
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
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Gegen die Versäumung der Einspruchsfrist ist auf Antrag nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu ertheilen.
RJAI § 113 Abs. 4; RJA II § 120 Abs. 3; BRVorl. § 127; RTVorl. S 133. § 138 Bei der Festsetzung der Ordnungsstrafe ist der Betheiligte zugleich in die Kosten des Verfahrens zu verurtheilen.
RJA I § 114; RJA II § 121; BRVorl. § 128; RTVorl. § 134. S 139 Gegen den Beschluß, durch welchen die Ordnungsstrafe festgesetzt oder der Einspruch verworfen wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Ist die Strafe nach Maßgabe des § 133 festgesetzt, so kann die Beschwerde nicht darauf gestützt werden, daß die Verfügung, durch welche die Strafe angedroht worden ist, nicht gerechtfertigt gewesen sei.
RJA I § 116; RJA II S 122; BRVorl. § 129; RTVorl. § 135. S 140 Soll nach § 37 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs gegen eine Person eingeschritten werden, die eine ihr nicht zustehende Firma gebraucht, so finden die Vorschriften der §§ 132 bis 139 mit der Maßgabe Anwendung, daß 1. in der nach § 132 zu erlassenden Verfügung dem Betheiligten aufgegeben wird, sich des Gebrauchs der Firma zu enthalten oder binnen bestimmter Frist den Gebrauch der Firma mittelst Einspruchs gegen die Verfügung zu rechtfertigen; 2. die Ordnungsstrafe festgesetzt wird, falls kein Einspruch erhoben oder der erhobene Einspruch rechtskräftig verworfen ist und der Betheiligte nach der Bekanntmachung der Verfügung dieser zuwidergehandelt hat.
RJA I § 117; RJA II S 123; BRVorl. § 130; RTVorl. § 136. § 141 Soll nach § 31 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs das Erlöschen einer Firma von Amtswegen in das Handelsregister eingetragen werden, so hat das Registergericht den eingetragenen Inhaber der Firma oder dessen Rechtsnachfolger von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. Die Frist darf nicht weniger als drei Monate betragen. Sind die bezeichneten Personen oder deren Aufenthalt nicht bekannt, so erfolgt die Benachrichtigung und die Bestimmung der Frist durch Einrückung in diejenigen Blätter, welche für die Bekanntmachung der Eintragungen in das Handelsregister bestimmt sind. Es kann angeordnet werden, daß die Bekanntmachung noch in andere Blätter eingerückt wird. Wird Widerspruch erhoben, so entscheidet über ihn das Gericht. Gegen die den Widerspruch zurückweisende Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt. 196
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit Die Löschung darf nur erfolgen, wenn Widerspruch nicht erhoben oder wenn die den Widerspruch zurückweisende Verfügung rechtskräftig geworden ist. RJA I § 118; RJA II § 124; BRVorl. § 131; RTVorl. § 137. § 142 Ist eine Eintragung in das Handelsregister bewirkt, obgleich sie wegen Mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig war, so kann das Registergericht sie von Amtswegen löschen. Die Löschung geschieht durch Eintragung eines Vermerkes. Das Gericht hat den Betheiligten von der beabsichtigten Löschung zu benachrichtigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur Geltendmachung eines Widerspruchs zu bestimmen. Auf das weitere Verfahren finden die Vorschriften des § 141 Abs. 3, 4 Anwendung. R J A I § 119; RJA II § 125; BRVorl. § 132; RTVorl. § 138. § 143 Die Löschung einer Eintragung kann gemäß den Vorschriften des § 142 auch von dem Landgerichte verfügt werden, welches dem Registergericht im Instanzenzuge vorgeordnet ist. Die Vorschrift des § 30 Abs. 1 Satz 2 findet Anwendung. Gegen die einen Widerspruch zurückweisende Verfügung des Landgerichts findet die sofortige Beschwerde an das Oberlandesgericht mit der Maßgabe statt, daß die Vorschriften des § 28 Abs. 2, 3 zur entsprechenden Anwendung kommen. Die weitere Beschwerde ist ausgeschlossen. RJA I S 120; RJA II § 126; BRVorl. § 133; RTVorl. § 139. § 144 Eine in das Handelsregister eingetragene Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien kann gemäß den Vorschriften der §§ 142, 143 als nichtig gelöscht werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§ 309, 310 des Handelsgesetzbuchs die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann. Das Gleiche gilt für eine in das Handelsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§ 75, 76 des Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann. Ein in das Handelsregister eingetragener Beschluß der Generalversammlung oder Versammlung der Gesellschafter einer der im Abs. 1 bezeichneten Gesellschaften kann gemäß den Vorschriften der §§ 142, 143 als nichtig gelöscht werden, wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint. In den Fällen der Abs. 1, 2 soll die nach § 142 Abs. 2 zu bestimmende Frist mindestens drei Monate betragen. RJA I § 121 ; RJA II § 127; BRVorl. § 134; RTVorl. § 140. § 145 Die Amtsgerichte sind zuständig für die nach § 146 Abs. 2, § 147, § 157 Abs. 2, § 166 Abs. 3, § 192 Abs. 3, § 254 Abs. 3, § 266 Abs. 2, § 268 Abs. 2, § 295 Abs. 2, 3, § 302 Abs. 2 bis 4, § 338 Abs. 3, § 524 Abs. 1, 2, § 530 Abs. 1, §§ 590, 685, § 729 197
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
Abs. 1, § 884 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs von dem Gerichte zu erledigenden Angelegenheiten. 1st die Führung des Handelsregisters für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen worden, so gehören zur Zuständigkeit dieses Amtsgerichts auch die im Abs. 1 bezeichneten Angelegenheiten, mit Ausnahme derjenigen Geschäfte, welche den Gerichten nach § 524 Abs. 1, 2, § 530 Abs. 1, §§ 590, 685, § 729 Abs. 1, § 884 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs obliegen. R J A I § 122; RJA II § 128; BRVorl. § 135; RTVorl. § 141.
§ 146 Soweit in den im § 145 bezeichneten Angelegenheiten ein Gegner des Antragstellers vorhanden ist, hat ihn das Gericht wenn thunlich zu hören. Gegen die Verfügung, durch welche über den Antrag entschieden wird, findet die sofortige Beschwerde statt. Eine Anfechtung der Verfügung, durch welche einem nach § 524 Abs. 1, 2, § 530 Abs. 1, § 685, $ 729 Abs. 1, § 884 Nr. 4 des Handelsgesetzbuchs gestellten Antrage stattgegeben wird, ist ausgeschlossen. RJA I § 123; RJA II § 129; BRVorl. § 136; RTVorl. § 142.
§ 147 Die Vorschriften der §§ 127 bis 131, 142, 143 finden auf die Eintragungen in das Genossenschaftsregister entsprechende Anwendung. Eine in das Genossenschaftsregister eingetragene Genossenschaft kann gemäß den Vorschriften der §§ 142, 143 als nichtig gelöscht werden, wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach den §§ 94, 95 des Gesetzes, betreffend die Erwerbsund Wirthschaftsgenossenschaften, die Nichtigkeitsklage erhoben werden kann. Ein in das Genossenschaftsregister eingetragener Beschluß der Generalversammlung einer Genossenschaft kann gemäß den Vorschriften der §§ 142, 143 als nichtig gelöscht werden, wenn er durch seinen Inhalt zwingende Vorschriften des Gesetzes verletzt und seine Beseitigung im öffentlichen Interesse erforderlich erscheint. In den Fällen der Abs. 2, 3 soll die nach § 142 Abs. 2 zu bestimmende Frist mindestens drei Monate betragen. RJA I § 124; RJA II § 130; BRVorl. § 137; RTVorl. § 143.
§ 148 Die Vorschriften des § 146 Abs. 1, 2 finden auf die nach § 45 Abs. 3, § 61, § 83 Abs. 3, 4, § 93 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, und nach § 66 Abs. 2, 3, § 74 des Gesetzes, betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, von dem Registergerichte zu erledigenden Angelegenheiten Anwendung. Gegen die Verfügung, durch welche der im § 11 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, oder der im § 8 des Gesetzes, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Flößerei, bezeichnete Antrag auf Beweisaufnahme oder der im § 87 Abs. 2 des ersteren Gesetzes bezeichnete Antrag auf Bestellung eines Dispacheurs zurückgewiesen wird, findet die sofortige Be198
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
schwerde statt. Eine Anfechtung der Verfügung, durch welche einem solchen Antrage stattgegeben wird, ist ausgeschlossen. R J A I § 125; R J A II § 131; BRVorl. § 138; R T V o r l . § 144.
§ 149 Für die Verrichtungen, welche den Gerichten in Ansehung der nach dem Handelsgesetzbuch oder nach dem Gesetze, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, aufzumachenden Dispache obliegen, ist das Amtsgericht des Ortes zuständig, an welchem die Vertheilung der Havereischäden zu erfolgen hat. B R V o r l . § 139; R T V o r l . § 145.
§ 150 Lehnt der Dispacheur den Auftrag eines Betheiligten zur Aufmachung der Dispache aus dem Grunde ab, weil ein Fall der großen Haverei nicht vorliege, so entscheidet über die Verpflichtung des Dispacheurs auf Antrag des Betheiligten das Gericht. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt. B R V o r l . § 140; R T V o r l . § 146.
§ 151 Auf Antrag des Dispacheurs kann das Gericht einem Betheiligten unter Androhung von Ordnungsstrafen aufgeben, dem Dispacheur die in seinem Besitze befindlichen Schriftstücke, zu deren Mittheilung er gesetzlich verpflichtet ist, auszuhändigen. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. B R V o r l . § 141 ; R T V o r l . § 147.
S 152 Der Dispacheur ist verpflichtet, jedem Betheiligten Einsicht in die Dispache zu gewähren und ihm auf Verlangen eine Abschrift gegen Erstattung der Kosten zu ertheilen. Das Gleiche gilt, wenn die Dispache nach dem Gesetze, betreffend die privatrechtlichen Verhältnisse der Binnenschiffahrt, von dem Schiffer aufgemacht worden ist, für diesen. BRVorl. § 142; R T V o r l . § 148.
§ 153 Jeder Betheiligte ist befugt, bei dem Gericht eine Verhandlung über die von dem Dispacheur aufgemachte Dispache zu beantragen. In dem Antrage sind diejenigen Betheiligten zu bezeichnen, welche zu dem Verfahren zugezogen werden sollen. Wird ein Antrag auf gerichtliche Verhandlung gestellt, so hat das Gericht die Dispache und deren Unterlagen von dem Dispacheur einzuziehen und, wenn nicht offensichtlich die Voraussetzungen der großen Haverei fehlen, den Antragsteller sowie die von ihm bezeichneten Betheiligten zu einem Termine zu laden. Mehrere Anträge können von dem Gerichte zum Zwecke der gleichzeitigen Verhandlung verbunden werden. Die Ladung muß den Hinweis darauf enthalten, daß, wenn der Geladene weder in dem Termin erscheine noch vorher Widerspruch gegen die Dispache bei dem Gericht 199
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit anmelde, sein Einverständniß mit der Dispache angenommen werden würde. In der Ladung ist zu bemerken, daß die Dispache und deren Unterlagen auf der Gerichtsschreiberei eingesehen werden können. Die Frist zwischen der Ladung und dem Termine muß wenigstens zwei Wochen betragen. BRVorl. § 143; RTVorl. § 149. § 154 Erachtet das Gericht eine Vervollständigung der Unterlagen der Dispache für nothwendig, so hat es die Beibringung der erforderlichen Belege anzuordnen. Die Vorschriften des § 151 finden entsprechende Anwendung. BRVorl. § 144; RTVorl. § 150. § 155 In dem Termin ist mit den Erschienenen über die Dispache zu verhandeln. Wird ein Widerspruch gegen die Dispache nicht erhoben und ist ein solcher auch vorher nicht angemeldet, so hat das Gericht die Dispache gegenüber den an dem Verfahren Betheiligten zu bestätigen. Liegt ein Widerspruch vor, so haben sich die Betheiligten, deren Rechte durch ihn betroffen werden, zu erklären. Wird der Widerspruch als begründet anerkannt oder kommt anderweit eine Einigung zu Stande, so ist die Dispache demgemäß zu berichtigen. Erledigt sich der Widerspruch nicht, so ist die Dispache insoweit zu bestätigen, als sie durch den Widerspruch nicht berührt wird. Werden durch den Widerspruch die Rechte eines in dem Termine nicht erschienenen Betheiligten betroffen, so wird angenommen, daß dieser den Widerspruch nicht als begründet anerkenne. BRVorl. § 145; RTVorl. §151. § 156 Soweit ein Widerspruch nicht gemäß § 155 Abs. 3 erledigt wird, hat ihn der Widersprechende durch Erhebung der Klage gegen diejenigen an dem Verfahren Betheiligten, deren Rechte durch den Widerspruch betroffen werden, zu verfolgen. Die das Vertheilungsverfahren betreffenden Vorschriften der §§ 878, 879 der (Zivilprozeßordnung finden mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß das Gericht einem Betheiligten auf seinen Antrag, wenn erhebliche Gründe glaubhaft gemacht werden, die Frist zur Erhebung der Klage verlängern kann und daß an die Stelle der Ausführung des Vertheilungsplans die Bestätigung der Dispache tritt. Ist der Widerspruch durch rechtskräftiges Urtheil oder in anderer Weise erledigt, so wird die Dispache bestätigt, nachdem sie erforderlichen Falles von dem Amtsgerichte nach Maßgabe der Erledigung der Einwendungen berichtigt ist. BRVorl. § 146; RTVorl. S 152. § 157 Gegen die Verfügung, durch welche ein nach § 153 gestellter Antrag auf gerichtliche Verhandlung zurückgewiesen oder über die Bestätigung der Dispache entschieden wird, findet die sofortige Beschwerde statt. 200
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit Einwendungen gegen die Dispache, welche mittelst Widerspruchs geltend zu machen sind, können nicht im Wege der Beschwerde geltend gemacht werden. BRVorl. § 147; RTVorl. § 153. S 158 Die Bestätigung der Dispache ist nur für das gegenseitige Verhältniß der an dem Verfahren Betheiligten wirksam. Aus der rechtskräftig bestätigten Dispache findet die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften der (Zivilprozeßordnung statt. Für Klagen auf Ertheilung der Vollstreckungsklausel sowie für Klagen, durch welche Einwendungen gegen die in der Dispache festgestellten Ansprüche geltend gemacht werden oder die bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als eingetreten angenommene Rechtsnachfolge bestritten wird, ist das Amtsgericht zuständig, welches die Dispache bestätigt hat. Gehört der Anspruch nicht vor die Amtsgerichte, so sind die Klagen bei dem zuständigen Landgerichte zu erheben. BRVorl. § 148; RTVorl. S 154.
ACHTER ABSCHNITT Vereinssachen. Güterrechtsregister
§ 159 Auf die Eintragungen in das Vereinsregister finden die Vorschriften der §§127 bis 130, 142, 143, auf das Verfahren bei der Verhängung von Ordnungsstrafen gegen Mitglieder des Vorstandes oder Liquidatoren eines eingetragenen Vereins finden die Vorschriften der §§ 127, 132 bis 139 entsprechende Anwendung. RJA I § 126; R J A II § 132; BRVorl. § 149; RTVorl. § 155. S 160 Im Falle des § 37 des Bürgerlichen Gesetzbuchs soll das Gericht vor der Verfügung, durch welche über das Verlangen, eine Mitgliederversammlung zu berufen, entschieden wird, soweit thunlich den Vorstand des Vereins hören. Gegen die Verfügung findet die sofortige Beschwerde statt. RJA I § 127 ; R J A II : - ; BRVorl. § 150 ; RTVorl. § 156.
§ 161 Auf die Eintragungen in das Güterrechtsregister finden die Vorschriften der §§ 127 bis 130, 142,143 entsprechende Anwendung. Von einer Eintragung sollen in allen Fällen beide Ehegatten benachrichtigt werden. RJA II § 133; BRVorl. § 151; RTVorl. § 157. 201
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit § 162 Das Amtsgericht hat auf Verlangen eine Bescheinigung darüber zu ertheilen, daß bezüglich des Gegenstandes einer Eintragung weitere Eintragungen in das Vereinsoder Güterrechtsregister nicht vorhanden sind oder daß eine bestimmte Eintragung in das Register nicht erfolgt ist. BRVorl. § 152; RTVorl. § 158. NEUNTER ABSCHNITT Offenbarungseid. Untersuchung und Verwahrung von Sachen. Pfandverkauf § 163 Ist in den Fällen der §§ 259, 260, 2028, 2057 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Offenbarungseid nicht vor dem Prozeßgerichte zu leisten, so finden die Vorschriften des § 79 entsprechende Anwendung. R J A I § 128; RJA II S 134; BRVorl. § 153; RTVorl. § 159. § 164 In den Fällen, in denen nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes Jemand den Zustand oder den Werth einer Sache durch Sachverständige feststellen lassen kann, ist für die Ernennung, Beeidigung und Vernehmung der Sachverständigen das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke sich die Sache befindet. Durch eine ausdrückliche Vereinbarung der Betheiligten kann die Zuständigkeit eines anderen Amtsgerichts begründet werden. Eine Anfechtung der Verfügung, durch welche dem Antrage stattgegeben wird, ist ausgeschlossen. Bei dem Verfahren ist der Gegner soweit thunlich zu hören. RJA I § 129; RJA II § 135; BRVorl. § 154; RTVorl. S 160. § 165 In den Fällen der §§ 432, 1217, 1281, 2039 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist für die Bestellung des Verwahrers das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke sich die Sache befindet. Ueber eine von dem Verwahrer beanspruchte Vergütung entscheidet das Amtsgericht. Vor der Bestellung des Verwahrers und vor der Entscheidung über die Vergütung sind die Betheiligten soweit thunlich zu hören. RJA I § 130; RJA II § 136; BRVorl. § 155; RTVorl. S 161. § 166 Im Falle des § 1246 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist für die Entscheidung des Gerichts das Amtsgericht des Ortes zuständig, an welchem das Pfand aufbewahrt wird. Vor der Entscheidung sind die Betheiligten soweit thunlich zu hören. RJA I § 131; RJA II § 137; BRVorl. § 156; RTVorl. § 162. 202
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
ZEHNTER ABSCHNITT Gerichtliche und notarielle Urkunden
§ 167 Für die gerichtliche Beurkundung eines Rechtsgeschäfts sowie für die gerichtliche Beglaubigung eines Handzeichens sind die Amtsgerichte zuständig. Für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift sind außer den Notaren die Amtsgerichte zuständig. Das Gleiche gilt für die Aufnahme der im § 1718 und im § 1720 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen öffentlichen Urkunden über die Anerkennung der Vaterschaft; für die Aufnahme dieser Urkunden ist, wenn die Anerkennung der Vaterschaft bei der Anzeige der Geburt des Kindes oder bei der Eheschließung seiner Eltern erfolgt, auch der Standesbeamte zuständig, welcher die Geburt oder die Eheschließung beurkundet.
RJA I § 132; RJA II § 138; BRVorl. § 157; RTVorl. § 163. § 168 Für die gerichtliche und die notarielle Beurkundung eines Rechtsgeschäfts gelten, unbeschadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Errichtung von Testamenten und Erbverträgen, die §§ 169 bis 182. Als Betheiligter im Sinne der §§ 169 bis 182 ist derjenige anzusehen, dessen Erklärung beurkundet werden soll.
RJA I § 133; RJA II § 139; BRVorl. § 158; RTVorl. § 164. § 169 Ist ein Betheiligter nach der Ueberzeugung des Richters oder des Notars taub, blind, stumm oder sonst am Sprechen verhindert, so muß der Richter einen Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen, der Notar einen zweiten Notar oder zwei Zeugen zuziehen.
RJA I § 134; RJA II § 140; BRVorl. § 159; RTVorl. $ 165. § 170 Als Richter, Notar, Gerichtschreiber oder Zeuge kann bei der Beurkundung nicht mitwirken: 1. wer selbst Betheiligter ist sowie derjenige, für welchen ein Betheiligter als Vertreter handelt; 2. der Ehegatte eines Betheiligten, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht; 3. wer mit einem Betheiligten in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie verwandt oder verschwägert ist; 4. wer zu demjenigen, für welchen ein Betheiligter als Vertreter handelt, in einem Verhältnisse der unter Nr. 2, 3 bezeichneten Art steht.
RJA I § 135; RJA II § 141 ; BRVorl. S 160; RTVorl. § 166. § 171 Als Richter, Notar, Gerichtsschreiber oder Zeuge kann bei der Beurkundung nicht mitwirken: 203
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit 1. derjenige, zu dessen Gunsten in der Urkunde eine Verfügung getroffen wird; 2. wer zu demjenigen, zu dessen Gunsten in der Urkunde eine Verfügung getroffen wird, in einem Verhältnisse der im § 170 Nr. 2,3 bezeichneten Art steht. Die Mitwirkung einer hiernach ausgeschlossenen Person hat zur Folge, daß die Beurkundung insoweit nichtig ist, als sie eine Verfügung zu Gunsten einer im Abs. 1 Nr. 1,2 bezeichneten Personen zum Gegenstand hat. RJAI § 136; RJA II § 142; BRVorl. § 161 ; RTVorl. § 167. § 172 Als Gerichtsschreiber oder zweiter Notar oder Zeuge kann bei der Beurkundung nicht mitwirken, wer zu dem Richter oder dem beurkundenden Notar in einem Verhältnisse der im § 170 Nr. 2, 3 bezeichneten Art steht. RJA I § 137; RJA II § 143; BRVorl. § 162; RTVorl. § 168. § 173 Als Zeuge soll bei der Beurkundung nicht mitwirken: 1. ein Minderjähriger ; 2. wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, während der Zeit, für welche die Aberkennung der Ehrenrechte erfolgt ist; 3. wer nach den Vorschriften der Strafgesetze unfähig ist, als Zeuge eidlich vernommen zu werden; 4. wer als Gesinde oder Gehülfe im Dienste des Richters oder des beurkundenden Notars steht. RJA I § 138; RJA II S 144; BRVorl. § 163; RTVorl. S 169. S 174 Die bei der Beurkundung mitwirkenden Personen müssen bei der Vorlesung, Genehmigung und Unterzeichnung der Urkunde zugegen sein. RJA I § 139; RJA II § 145; BRVorl. § 164; RTVorl. § 170. § 175 Ueber die Verhandlung muß ein Protokoll in deutscher Sprache aufgenommen werden. RJA I § 140; RJA II § 146; BRVorl. § 165; RTVorl. § 171. S 176 Das Protokoll muß enthalten ι 1. Ort und Tag der Verhandlung; 2. die Bezeichnung der Betheiligten und der bei der Verhandlung mitwirkenden Personen; 3. die Erklärung der Betheiligten. Wird in der Erklärung auf eine Schrift Bezug genommen und diese dem Protokoll als Anlage beigefügt, so bildet sie einen Theil des Protokolls. Das Protokoll soll eine Angabe darüber enthalten, ob der Richter oder der Notar die Betheiligten kennt oder, sofern dies nicht der Fall ist, in welcher Weise er sich 204
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
Gewißheit über ihre Persönlichkeit verschafft hat. Kann er sich diese Gewißheit nicht verschaffen, wird aber gleichwohl die Aufnahme der Verhandlung verlangt, so sollen der Sachverhalt und dasjenige, was zur Feststellung der Persönlichkeit beigebracht ist, in das Protokoll aufgenommen werden.
RJA I S 141 ; RJA II § 147; BRVorl. § 166; RTVorl. § 172. § 177 Das Protokoll muß vorgelesen, von den Betheiligten genehmigt und von ihnen eigenhändig unterschrieben werden. Im Protokolle muß festgestellt werden, daß dies geschehen ist. Das Protokoll soll den Betheiligten auf Verlangen auch zur Durchsicht vorgelegt werden. Erklärt ein Betheiligter, daß er nicht schreiben könne, so muß diese Erklärung im Protokolle festgestellt werden. Bei der Vorlesung und der Genehmigung muß der Richter oder der Notar einen Zeugen zuziehen. In den Fällen des § 169 bedarf es dieser Zuziehung nicht; das Gleiche gilt, wenn in anderen Fällen ein Gerichtsschreiber oder ein zweiter Notar zugezogen wird. Das Protokoll muß von den mitwirkenden Personen unterschrieben werden.
RJA I § 142; RJA II § 148; BRVorl. § 167; RTVorl. S 173. S 178 Ist nach der Ueberzeugung des Richters oder des Notars ein Betheiligter stumm oder sonst am Sprechen verhindert und eine schriftliche Verständigung mit ihm nicht möglich, so muß bei der Beurkundung ein vereideter Dolmetscher zugezogen werden. Im Protokolle muß festgestellt werden, daß der Richter oder der Notar die Ueberzeugung gewonnen hat, daß der Betheiligte am Sprechen verhindert und eine schriftliche Verständigung mit ihm nicht möglich ist. Das Protokoll muß von dem Dolmetscher genehmigt und unterschrieben werden. Der Zuziehung eines Zeugen, eines Gerichtsschreibers oder eines zweiten Notars bedarf es in diesem Falle nicht.
RJA I § 143; RJA II § 149; BRVorl. S 168; RTVorl. § 174. § 179 Erklärt ein Betheiligter, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei, so muß bei der Beurkundung ein vereideter Dolmetscher zugezogen werden. Der Zuziehung des Dolmetschers bedarf es nicht, wenn der Richter oder der Notar der Sprache, in der sich der Betheiligte erklärt, mächtig ist; die Beeidigung des Dolmetschers ist nicht erforderlich, wenn der Betheiligte darauf verzichtet. Das Protokoll muß dem der deutschen Sprache nicht mächtigen Betheiligten durch den Dolmetscher oder, wenn ein Dolmetscher nicht zugezogen worden ist, durch den Richter oder den Notar in der fremden Sprache vorgetragen werden und die Feststellung enthalten, daß dies geschehen ist. Im Protokolle muß festgestellt werden, daß der Betheiligte der deutschen Sprache nicht mächtig ist.
RJA I § 144; RJA II § 150; BRVorl. § 169; RTVorl. § 175. 205
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
§ 180 Auf den Dolmetscher finden die nach den §§ 170 bis 173 für einen Zeugen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung. RJA I $ 146; RJA II S 152; BRVorl. § 170; RTVorl. § 176.
§ 181
Bei der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung von Versteigerungen gelten Bieter nicht als Betheiligte; ausgenommen sind solche Bieter, die an ihr Gebot gebunden bleiben. Entfernt sich ein solcher Bieter vor dem Schlüsse der Verhandlung, so genügt an Stelle seiner Unterschrift die Angabe des Grundes, aus welchem sie unterblieben ist. BRVorl. § 171 ; RTVorl. § 177. S 182
Die Ausfertigung der Protokolle über die gerichtliche Beurkundung eines Rechtsgeschäfts ist von dem Gerichtsschreiber zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Auf Antrag können die Protokolle auch auszugsweise ausgefertigt werden. BRVorl. § 172; RTVorl. § 178.
§ 183 Die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung einer Unterschrift darf nur erfolgen, wenn die Unterschrift in Gegenwart des Richters oder des Notars vollzogen oder anerkannt wird. Die Beglaubigung geschieht durch einen unter die Unterschrift zu setzenden Vermerk. Der Vermerk muß die Bezeichnung desjenigen, welcher die Unterschrift vollzogen oder anerkannt hat, enthalten und den Ort und den Tag der Ausstellung angeben sowie mit Unterschrift und Siegel oder Stempel versehen sein. Diese Vorschriften finden auf die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung eines Handzeichens entsprechende Anwendung. RJA I § 148; RJA II § 154; BRVorl. § 173; RTVorl. S 179.
§184 Für die nach § 167 den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen sind in Ansehung solcher Personen, die zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes der Kaiserlichen Marine gehören oder die in anderer Eigenschaft an Bord eines solchen Schiffes sind, auch die Geschwaderauditeure zuständig, solange das Schiff sich außerhalb eines inländischen Hafens befindet. Den Schiffen stehen die sonstigen Fahrzeuge der Kaiserlichen Marine gleich. Die Ausfertigung der Protokolle über die Beurkundung eines Rechtsgeschäfts ist von dem Auditeur zu unterschreiben und mit dem Gerichtssiegel zu versehen. Die Vorschriften des Artikel 44 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche bleiben unberührt. BRVorl. § 174; RTVorl. S 180.
206
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit ELFTER ABSCHNITT Schlußbestimmungen § 185 Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft. Die Artikel 2 bis 5, 32 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden entsprechende Anwendung. RJA I § 149; RJA II § 155; BRVorl. § 175; RTVorl. § 181. § 186
Die Vorschriften der §§ 11, 66 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23) werden insoweit aufgehoben, als sie der Landesgesetzgebung die Befugniß gewähren, das gerichtliche Verfahren abweichend zu regeln. BRVorl. § 176; RTVorl. § 182. § 187 Der § 150 des Gesetzes, betreffend die Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften,vom 1. Mai 1889 (Reichs-Gesetzbl. S. 55) wird aufgehoben. RTVorl. S 183. § 188 Der § 11 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend das Reichsschuldbuch, vom 31. Mai 1891 (Reichs-Gesetzbl. S. 321) wird dahin geändert: Zur Ausstellung dieser Bescheinigung ist das Nachlaßgericht und, falls der Erblasser zur Zeit des Erbfalls im Inlande weder Wohnsitz noch Aufenthalt hatte, auch derjenige Konsul des Reichs zuständig, in dessen Amtsbezirke der Erblasser zur Zeit des Erbfalls seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, sofern dem Konsul von dem Reichskanzler die Ermächtigung zur Ausstellung solcher Bescheinigungen ertheilt ist. BRVorl. § 177; RTVorl. § 184. § 189 Soweit im Einfuhrungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuche zu Gunsten der Landesgesetze Vorbehalte gemacht sind, gelten sie auch für die Vorschriften der Landesgesetze über diejenigen Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, welche Gegenstand dieses Gesetzes sind; den Landesgesetzen stehen nach Maßgabe der Artikel 57, 58 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die Hausverfassungen gleich. RJA I § 150; RJA II § 156; BRVorl. § 178; RTVorl. § 185. § 190 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß nach Artikel 147 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche die dem 207
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
Vormundschaftsgericht obliegenden Verrichtungen durch Landesgesetz anderen Behörden als den Amtsgerichten übertragen sind, über den Vorsitz im Familienrathe Bestimmung treffen.
RJAI § 152; RJA II § 158; BRVorl. § 179; RTVorl. S 186. § 191 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen für die Aufnahme der nach dem § 1718 und dem § 1720 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderlichen öffentlichen Urkunden sowie für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift außer den Amtsgerichten und Notaren auch andere Behörden oder Beamte zuständig sind. Durch Landesgesetz kann die Zuständigkeit der Amtsgerichte für die öffentliche Beglaubigung einer Unterschrift oder eines Handzeichens ausgeschlossen werden.
RJA I § 153; RJA II § 159; BRVorl. § 180; RTVorl. § 187. § 192 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn die Auseinandersetzung in Ansehung eines Nachlasses nicht binnen einer bestimmten Frist bewirkt ist, das Nachlaßgericht die Auseinandersetzung von Amtswegen zu vermitteln hat; auf die Auseinandersetzung finden die Vorschriften der §§ 88 bis 98 Anwendung.
RJA I § 155; RJA II § 160; BRVorl. § 181; RTVorl. § 188. § 193 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen für die gemäß § 99 den Amtsgerichten obliegenden Verrichtungen andere als gerichtliche Behörden zuständig sind, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen in den Fällen der §§ 86, 99 an Stelle der Gerichte oder neben diesen die Notare die Auseinandersetzung zu vermitteln haben.
RJA I $ 156; RJA II § 161 ; BRVorl. § 182; RTVorl. § 189. § 194 Sind für die im § 1 bezeichneten Angelegenheiten nach Landesgesetz andere als gerichtliche Behörden zuständig, so gelten die in dem ersten Abschnitte für die Gerichte gegebenen Vorschriften auch für die anderen Behörden. Als gemeinschaftliches oberes Gericht im Sinne der §§ 5, 46 gilt dasjenige Gericht, welches das gemeinschaftliche obere Gericht für die Amtsgerichte ist, in deren Bezirke die Behörden ihren Sitz haben. Durch Landesgesetz kann jedoch bestimmt werden, daß, wenn die Behörden in dem Bezirke desselben Amtsgerichts ihren Sitz haben, dieses als gemeinschaftliches oberes Gericht zuständig ist. Die Vorschriften des § 8 über die Sitzungspolizei und über die Berathung und Abstimmung sowie die Vorschriften der §§6, 10, 11, des § 16 Abs. 2 und des § 31 finden keine Anwendung. Durch die Vorschrift des Abs. 1 wird die Verpflichtung der gerichtlichen Behörden, gemäß § 2 Rechtshülfe zu leisten, nicht berührt.
RJA IS 157; RJA II § 162; BRVorl. § 183; RTVorl. § 190. 208
Gesetz über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit S 195 Durch die Gesetzgebung eines Bundesstaats, in dem f ü r die dem Vormundschaftsgericht oder dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen andere Behörden als die Amtsgerichte zuständig sind, kann bestimmt werden, daß die Abänderung einer Entscheidung einer solchen Behörde bei dem Amtsgerichte nachzusuchen ist, in dessen Bezirke die Behörde ihren Sitz hat. In diesem Falle finden auf das Verfahren die Vorschriften der §§ 20 bis 25 entsprechende Anwendung. Die Beschwerde findet gegen die Entscheidung des Amtsgerichts statt. RJAI§ 158; RJA II § 163;BRVorl. § 184; RTVorl. § 191. § 196 Ist f ü r die Volljährigkeitserklärung nach Landesgesetz die Zentralstelle des Bundesstaats zuständig, so finde die in dem ersten Abschnitte f ü r die Gerichte gegebenen Vorschriften keine Anwendung. Die Verfügung, durch welche der Minderjährige für volljährig erklärt wird, tritt mit der Bekanntmachung an den Minderjährigen in Wirksamkeit. BRVorl. § 185; RTVorl. § 192. S 197 Durch die Landesjustizverwaltung kann angeordnet werden, daß die im § 14 des Gesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 vorgesehene Aufbewahrung des Nebenregisters bei den Landgerichten erfolgen soll. RTVorl. § 193. § 198 Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei der Beurkundung einer Erklärung in den Fällen des § 169 der Richter an Stelle des Gerichtsschreibers oder der zwei Zeugen eine besonders dazu bestellte Urkundsperson zuziehen kann. Auf die Urkundsperson finden die Vorschriften der §§ 170 bis 172 Anwendung. RJA I § 160; RJA II § 165; BRVorl. § 187; RTVorl. § 194. § 199 Durch die Gesetzgebung eines Bundesstaats, in dem mehrere Oberlandesgerichte errichtet sind, kann die Entscheidung über das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde einem der mehreren Oberlandesgerichte oder an Stelle eines solchen Oberlandesgerichts dem obersten Landesgerichte zugewiesen werden. Das Gericht, dem nach Abs. 1 die Entscheidung zugewiesen wird, tritt zugleich f ü r die Beschwerde gegen eine Verfügung des Landgerichts an die Stelle des nach § 64 und § 143 Abs. 2 zuständigen Oberlandesgerichts. Auch gilt es im Sinne der §§ 5, 46 als gemeinschaftliches oberes Gericht für alle Gerichte des Bundesstaats. RJA I § 161; RJA II § 166; BRVorl. § 188; RTVorl. § 195. §200 Durch Landesgesetz können Vorschriften zur Ergänzung und Ausführung dieses Gesetzes, mit Einschluß der erforderlichen Uebergangsvorschriften, auch insoweit 209
G e s e t z über die Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit
erlassen werden, als dieses Gesetz Vorbehalte für die Landesgesetzgebung nicht enthält. Soweit durch Landesgesetz allgemeine Vorschriften über die Errichtung gerichtlicher oder notarieller Urkunden erlassen werden, ist ein Verstoß gegen eine solche Vorschrift, unbeschadet der Vorschriften über die Folgen des Mangels der sachlichen Zuständigkeit, ohne Einfluß auf die Gültigkeit der Beurkundung. RJA I § 159; RJA II §§ 164,167;BRVorl. §§ 186,189; RTVorl. § 196.
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Quellen zum Internationalen Privatrecht (Art. 7 — 31 EGBGB) A. 1. Kommission I.Protokolle ( 9 . 9 . - 2 8 . 9 . , 7. 10., 16. 12. 1887) 691. Sitzung vom 9. 9. 1887, Schriftführer: Börner I Die Berathung wandte sich zu den Prot. S. 121 der Erledigung an dieser Stelle |Proti 11477 vorbehaltenen §§ 5 bis 40 des Entwurfes des Allgemeinen Teiles, betreffend das internationale Privatrecht. Der Berathung wurde der von dem Redaktor des Allgemeinen Theils mit Rücksicht auf die inzwischen gefaßten Beschlüsse ausgearbeitete berichtigte Entwurf zum Grunde 2 gelegt. Der Ausdruck „internationales Privatrecht" blieb nicht unbeanstandet; es soll jedoch der Gebrauch des Ausdruckes bei der Verhandlung und in den Protokollen nicht ausgeschlossen sein. Die Vorfrage, ob Bestimmungen über das internationale Privatrecht aufzustellen seien, wurde bejaht, unbeschadet der späteren Entscheidung über die Stellung der beschlossenen Bestimmungen sowie darüber, ob in einer beizufügenden Note darauf hinzuweisen | sei, daß, falls aus Rücksichten, welche der Privatrechtskodifikation an | Prot 111478 sich fern liegen, die Streichung der aufgenommenen Bestimmungen für erforderlich erachtet werden sollte, die Streichung erfolgen könne, ohne daß im Uebrigen dadurch die Bestimmungen des Entwurfes berührt bezw. lückenhaft würden. Man hatte erwogen: Die Annahme, daß die Materie einen Theil des Völkerrechtes bilde oder doch in dasselbe eingreife und mit Rücksicht hierauf der Regelung durch den einzelnen Staat sich entziehe, sei nicht zu theilen. Der Entwurf gehe von der Auffassung aus, daß die Normen des internationalen Privatrechtes lediglich Normen über die Auslegung und Anwendung der Privatrechtssätze in ihrer internationalen Beziehung seien und als solche einen Bestandtheil der konkreten Privatrechtsordnung der einzelnen Staaten bildeten (Mot. S. 11, 12). Diese Auffassung sei jedenfalls in Ansehung derjenigen international-rechtlichen Normen zutreffend, welche den Herrschaftskreis der Privatrechtssätze der eigenen Rechtsordnung bestimmten, während die Richtigkeit der Auffassung hinsichtlich derjenigen Normen sich in Zweifel ziehen lasse, welche die Anwendung eines fremden Rechtes bestimmten. Allein auch wenn die letzteren Normen sich nicht als Auslegungsnormen bezeichnen ließen, so gehörten dieselben doch keineswegs dem Völkerrechte an. Die Kompetenz des einzelnen Staates, das internationale Privatrecht zum Gegenstande der Regelung zu machen, unterliege keinem Zweifel. Es seien auch bisher in allen Staaten, in welchen eine Kodifikation des Privatrechtes stattgefunden habe, mehr oder minder weitgehende Bestimmungen auf diesem Gebiete aufgestellt worden. Des I Weiteren könne aus den in den Mot. S. 12,13 angeführten Gründen nicht anerkannt | Prot 111479 werden, daß es den Vorzug verdiene, die Feststellung der Grundsätze des internatio1 2
Vgl. Jakobs/Schubert, Beratung des BGB, Allgemeiner Teil, 1985, Teil 2, S. 1194 f. Der IPR-Entwurf einschl. Motive ist abgedruckt bei Schubert (Hrsg.), Vorlage der Redaktoren für die 1. Kommission zur Ausarbeitung des Entwurfs eines BGB, Allgemeiner Teil, 1981, Bd. 1, S. 11 ff., 129 ff.; Bd. 2, S. 621 ff.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
nalen Privatrechtes dem Zusammenwirken der Wissenschaft und Rechtsprechung der Kulturstaaten zu überlassen. So Bedeutendes in dieser Hinsicht durch die gemeinsame Geistesarbeit auch geleistet worden sei, so sei man doch weit entfernt, eine einheitliche Gestaltung der einschlagenden Grundsätze mit Aussicht auf Erfolg angebahnt zu haben, und es beständen begründete Zweifel, ob eine solche Gestaltung bei den auch auf dem Gebiete des Privatrechtes hervortretenden nationalen Eigentümlichkeiten und Gegensätzen überhaupt möglich sei. Wenn ferner geltend gemacht worden sei, daß bei einer Regelung der Materie nur allgemeine Grundsätze aufgestellt werden könnten, welche unter Umständen auf einzelne eigenartig gestaltete Fälle nicht paßten, während die in der Freiheit der Bewegung nicht gehemmte Jurisprudenz zu einer sachgemäßen Beurtheilung dieser Fälle gelangen könne, so möge dies nicht völlig unberechtigt sein; allein dies sei ein Einwand, der sich gegen das Kodifiziren überhaupt richte, und der bei den überwiegenden Vortheilen, welche eine Kodifikation biete, hingenommen werden müsse. Auch der Hinweis darauf, daß durch die Aufstellung von Normen über das internationale Privatrecht das Reich bei dem Abschlüsse von Staatsverträgen mit ausländischen Staaten in der freien Wahrung der deutschen Interessen behindert werden könnte, sei, wenigstens bei dem gegenwärtigen Stande der Berathung, nicht von entscheidendem Gewichte. AbgeseI Prot 1 11480 hen davon, daß Bedenken in dieser | Hinsicht nur in Ansehung gewisser Fragen, insbesondere der Anerkennung und Vollstreckung der ausländischen Urtheile sich geltend machten, so sei zu berücksichtigen, daß, auch wenn auf die Aufnahme international-rechtlicher Normen in das Gesetzbuch verzichtet würde, diese Normen doch von der Jurisprudenz gesucht und aufgestellt werden müßten, mithin doch solche Normen vorhanden seien, wenn schon nicht mit der Schärfe, welche die gesetzliche Feststellung mit sich bringe. Endlich lasse sich ein Einwand auch daraus nicht ableiten, daß ein nahe verwandtes Gebiet, die zeitliche Herrschaft der Privatrechtssätze, Regelung in dem Entwürfe, dem Vorschlage des Redaktors entspreche, bisher nicht gefunden habe. Denn, abgesehen davon, daß die endgültige Beschlußfassung hierüber nach Prot. S. 12 von der Kommission bis zur Berathung des Einführungsgesetzes noch ausgesetzt sei, so würde, wenn es bei der Uebergehung solcher Vorschriften bewende, der in den Mot. des Entw. des Allgem. Theils Abschn. I, 1 S. 53 ff. entwickelte Standpunkt maßgebend sein; jedes Gesetz müsse hinsichtlich seiner Einwirkung auf die zur Zeit seines Inkrafttretens schwebenden Rechtsverhältnisse aus sich ausgelegt werden und die in dieser Hinsicht Platz greifenden Grundsätze hätten nur vorübergehende Bedeutung; mit Rücksicht hierauf sei von allgemeinen Vorschriften über die zeitliche Herrschaft der Privatrechtssätze abzusehen; vielmehr hätten nur Vorschriften über die zeitliche Einwirkung der in dem Gesetzbuche enthaltenen Normen in Frage zu kommen und diese gehörten wegen ihrer transitorischen Natur in das Einführungsgesetz, für welches sie auch bereits in Aussicht genommen seien. I Proti 11481 Verkannt könne nicht werden, daß der Entwurf, | wenn er Bestimmungen über das internationale Privatrecht nicht enthalten würde, dem Vorwurfe der Lückenhaftigkeit ausgesetzt sei und zwar um so mehr, als, wie bereits hervorgehoben, alle großen Privatrechtskodifikationen diese Materie in ihren Bereich gezogen hätten, und man, um die Anwendung der in mehreren deutschen Bundesstaaten hierüber bestehenden Partikulargesetze auszuschließen, genöthigt sein würde, diese Partikulargesetze im Einführungsgesetze aufzuheben, ohne doch reichsgesetzliche Normen an ihre Stelle zu setzen. Anlangend die Frage, ob die aufzustellenden Vorschriften nur für das Reichsprivatrecht oder auch für diejenigen Materien Geltung haben sollten, welche den Lan212
Protokolle der 1. Kommission desgesetzen künftig noch unterstehen (Mot. S. 29), so beschloß man, vorläufig die Bestimmungen des Entwurfes in dem Sinne zu berathen, daß sie auf die letzteren Rechtsmaterien sich ebenfalls erstreckten. Die in den Bemerkungen zu dem berichtigten Entwürfe S. 8, 9 angeregten Fragen, ob die Ausdrücke Inländer oder Deutsche und als Gegensatz Ausländer, ferner ob die Ausdrücke Inland oder Deutsches Reich und als Gegensatz Ausland zu gebrauchen seien, sollen bei den einzelnen Vorschriften, bei welchen diese Fragen entstehen, geprüft und entschieden werden. Die in den angeführten Bemerkungen S. 9 enthaltene Ausführung über den Sinn, in welchem im § 2031 K.E. (§2015 der Zusst.) von inländischen Grundstücken und von deutschen Gerichten und deutschen Behörden gesprochen worden ist, begegnete keinem Widerspruche, und soll an dieser Sprachweise festgehalten werden. I Der § 5 des Entwurfes lautet: „Die Rechtsfähigkeit wird nach den Gesetzen beurtheilt, welche über das Rechtsverhältniß, bei dem sie in Frage kommt, entscheiden." Beantragt war, die Vorschrift durch folgende Bestimmung zu ersetzen : „Die Rechtsfähigkeit wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört" ; oder: „Die Rechtsfähigkeit wird, soweit nicht das inländische Gesetz Ausnahmen ergiebt, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört." Im Laufe der Debatte trat der Antrag hinzu, die Vorschrift in der in den Bemerkungen S. 9 angedeuteten Fassung dahin zu beschließen: „Die Fähigkeit einer Person, in einem Rechtsverhältnisse zu stehen, wird nach den Gesetzen beurtheilt, welche für das Rechtsverhältniß maßgebend sind." Aus den in den Mot. S. 30—33 ersichtlichen Gründen wurde der erstere Antrag abgelehnt und der Inhalt des § 5 des Entw. sachlich gebilligt. Die Mehrheit entschied aber für die Streichung des § 5, womit der weitere Antrag sich erledigte. Leitend war: Was der § 5 des Entwurfes enthalte, ergebe sich aus den folgenden Vorschriften von selbst. Wenn diese Vorschriften bestimmten, welche Gesetze für die einzelnen Rechtsverhältnisse maßgebend seien, so liege in dieser Bestimmung zugleich, daß, sofern nicht ein Anderes, wie in Ansehung der Geschäftsfähigkeit im § 7 des Entwurfes vorgeschla-|gen sei, vorgeschrieben werde, das für maßgebend erklärte Gesetz auch über die Fähigkeit, in dem betreffenden Rechtsverhältnisse zu stehen, zu entscheiden habe. Die Vorschrift sei daher entbehrlich und ihre Streichung empfehle sich um so mehr, als für dieselbe eine völlig zutreffende, des theoretischen Anstriches ermangelnde Fassung sich kaum finden lasse. Die Besorgniß, bei dem Schweigen des Gesetzes werde die Jurisprudenz an der zur Zeit herrschenden Ansicht, daß die Rechtsfähigkeit nach dem Personalstatut sich bestimme, festhalten, gehe zu weit.
| Prot 111482 §5 Derscheid (Nr 161)
|Proti 11483
Der § 6 des Entwurfes lautet: „Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der Personenverein oder die Stiftung den Sitz hat." Die Vorschrift wurde aus den Gründen der Motive S. 44—46 und der Bemerk. IPR § 6 S. 10 dahin angenommen: Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die juristische Person ihren Sitz hat. Die Nachprüfung der Fassung blieb der Redaktion vorbehalten. Die beschlossene Aenderung bezweckt in der Fassung dem Umstände Rechnung zu tragen, daß die ausländischen Rechte zum Theil noch andere juristische Personen 213
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
als Körperschaften und Stiftungen kennen. In Ansehung der Bedeutung der Vorschrift war man einig, daß dieselbe sich nur auf die Existenz der juristischen Person an sich, den Umfang ihrer Rechtssubjektivität sowie ihre Verfassung und OrganisaIProti 11484 |tion bezieht, während die Frage, ob eine juristische Person ein bestimmtes Recht, dessen Erwerb ihr nach der Verfassung nicht verschlossen ist, erwerben und haben könne, nach dem Grundsatze des als selbstverständlich gestrichenen § 5 zu beantworten sei. Einverstanden war man ferner, daß die Vorschrift für das Verhältniß der einzelnen Bundesstaaten unter einander ebenmäßig zu gelten habe, sowie daß die Sonderbestimmungen der Landesgesetze in Ansehung des Grundstückserwerbes und des Handelsbetriebes seitens ausländischer juristischer Personen sowie in Ansehung der Zuwendungen an solche unberührt zu bleiben hätten (vergi, auch die Note zu § 62 K.E.), während die Frage, inwieweit derartige Sonderbestimmungen des einen Bundesstaates auch in Ansehung der einem anderen Bundesstaate angehörenden juristischen Personen in Kraft zu erhalten seien, bei der Entwerfung des Einführungsgesetzes besonders geprüft werden soll. Für den Fall, daß die gegenwärtig gebilligte Vorschrift Aufnahme findet, ist seiner Zeit vorbehalten worden, in dem Schlußsatze des § 42 und in dem Abs. 1 des § 49 (K.E.) eine Aenderung vorzunehmen (vergi, die Noten zu den bezeichneten Paragraphen). Man hielt es für angemessen, in die Erledigung dieses Vorbehaltes erst bei der demnächst bevorstehenden Revision des K.E. an Händen in Aussicht gestellter Anträge einzutreten. IPR § 7
Der § 7 des Entwurfes lautet : „Die Geschäftsfähigkeit wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört.
I Prot 1 11485
| Erwirbt ein Ausländer, welcher nach den Gesetzen des Staates, dem er angehört, das Alter der Volljährigkeit erreicht oder die rechtliche Stellung der Volljährigen erlangt hat, die deutsche Staatsangehörigkeit, so behält er den Zustand der Volljährigkeit, auch wenn dieser Zustand nach den deutschen Gesetzen nicht begründet sein würde. Ein Ausländer, welcher im Inlande ein dem vermögensrechtlichen Gebiete angehörendes Rechtsgeschäft unter Lebenden vornimmt, in Ansehung dessen er nach den Gesetzen des Staates, dem er angehört, nicht geschäftsfähig ist, gilt als geschäftsfähig, wenn er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde." Der Abs. 1 des Entwurfes wurde dahin aufgenommen : Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört. Einvernehmen bestand, daß die Geschäftsfähigkeit einer Person nach dem Personalstatute zu bestimmen sei (Mot. S. 33, 34, 39, 40). Die Kommission entschied sich aber aus den Gründen der Mot. S. 18 bis 20 sowie der Bemerk. S. 2 bis 5 auch dafür, daß als Personalstatut nicht die lex domicilii, sondern das Gesetz des Staates, welchem die Person angehöre, in Ansehung der Geschäftsfähigkeit zu entscheiden habe. Dabei blieb vorbehalten, die Fälle, in welchen eine Person ohne Staatsangehörigkeit ist oder doch deren Staatsangehörigkeit sich nicht ermitteln läßt, ferner die Fälle, in I Prot 1 11486 welchen eine | Person zugleich mehreren Staaten angehört, sowie den Fall, daß eine Person einem Bundesstaat angehört, in welchem verschiedene Rechte bestehen, bei der Berathung des § 32 des Entwurfes zu erledigen. Zu dem Abs. 2 des Entwurfes wurde beschlossen, in sachlichem Einklänge mit dem Entwürfe (Mot. S. 43, Bemerk. S. 12), Fassung vorbehalten, zu bestimmen: 214
Protokolle der 1. Kommission
Erwirbt ein Ausländer, welcher volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die deutsche Staatsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. Der Gebrauch der Ausdrücke „Ausländer" und „deutsch" an den einschlagenden Stellen wurde nicht beanstandet. Zu Abs. 3 des Entwurfes war im Laufe der Berathung der Antrag gestellt worden, zu bestimmen: „Ein Ausländer, welcher im Inlande ein Rechtsgeschäft mit einem Anderen schließt oder einem Anderen gegenüber vornimmt, in Ansehung dessen er nach den Gesetzen des Staates, dem er angehört, nicht geschäftsfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, gilt insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde, es sei denn, daß der Andere wußte, daß der Ausländer nach den Gesetzen des Staates, welchem er angehört, nicht geschäftsfähig oder in der Geschäftsfähigkeit be-| schränkt war. Auf familienrechtliche und erb- IProti 11487 rechtliche Rechtsgeschäfte findet diese Bestimmung keine Anwendung." Die Kommission entschied, Fassung vorbehalten, für folgende Bestimmung: Nimmt ein Ausländer im Inlande ein Rechtsgeschäft vor, in Ansehung dessen er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte findet diese Bestimmung keine Anwendung. Der Gebrauch der Ausdrücke „Ausländer", „Inland", „Deutsch" an den einschlagenden Stellen wurde als angemessen befunden. Das Prinzip, auf welchem die von der Bestimmung des Abs. 1 im Abs. 3 des Entwurfes gemachte Ausnahme beruht (Mot. S. 40—42), erfuhr keinen Widerspruch. Im Uebrigen war erwogen: Die Ausnahmebestimmung sei möglichst einfach und praktikabel zu gestalten. Es empfehle sich mit Rücksicht hierauf nicht, mit dem Antrage nur die Rechtsgeschäfte, welche mit einem Anderen abgeschlossen oder gegenüber einem Anderen vorgenommen würden, nicht auch die streng einseitigen Rechtsgeschäfte einzubeziehen, zu deren Wirksamkeit nicht erforderlich sei, daß sie gegenüber einem Betheiligten vorgenommen würden. Ferner sei kein entscheidendes Gewicht darauf zu legen, ob der andere Betheiligte Kenntniß davon gehabt habe, daß der Ausländer nach den Gesetzen seines Staates nicht die erforderliche Geschäftsfähigkeit besessen habe. | Mit dem Erfordernisse des guten Glaubens werde über das in | Prot 111488 Deutschland in dieser Hinsicht zur Zeit bestehende Recht ohne Noth hinausgegangen und eine Quelle von Streitigkeiten geschaffen. Räthlich erscheine es dagegen, die Ausnahme auf das eigentliche Verkehrsgeschäft zu beschränken und mit dem Antrage, wie auch in dem ursprünglichen Entwürfe vorgeschlagen gewesen sei, die familienrechtlichen und erbrechtlichen Rechtsgeschäfte schlechthin unter der Regel des Abs. 1 des Entwurfes zu belassen. Ebenso sei es der Vollständigkeit halber angezeigt, neben der Geschäftsunfähigkeit die beschränkte Geschäftsfähigkeit zu erwähnen und zugleich durch die Fassung („insoweit als geschäftsunfähig" u.s.w.) den Fall zu decken, daß ein nach den Gesetzen seines Staates geschäftsfähiger Ausländer nach den deutschen Gesetzen in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist u.s.w. 692. Sitzung vom 12. 9. 1887, Schriftführer:
Börner
I Die Berathung der Vorschriften des internationalen Privatrechtes wurde fortge- | Prot 111489 setzt. 215
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch IPR § 8
Der § 8 des Entwurfes lautet: „Die Vorschriften der §§ 6 bis 25 (K.E.) finden auf alle Deutsche, und nur auf Deutsche Anwendung. Die inländischen Gerichte sind für das Verfahren ausschließlich zuständig." Beantragt war:
v. Mandry (Nr 163,1)
1. a) den Absatz 1 dahin zu fassen: ^Die Vorschriften der §§ 6 bis 25 (K.E.) finden auf Personen keine Anwendung, welche an dem T a g e , an welchem sie der letzten Nachricht zufolge noch gelebt haben (oder: welche an dem im § 7 Absatz 2 bezeichneten Tage), dem Deutschen Reiche nicht angehört haben." b) den Absatz 2 zu streichen.
I Prot 111490
| Im Laufe der Debatte trat 2. der Antrag hinzu : den Absatz 1 zu streichen und dem § 6 (K.E.) folgende Fassung zu geben: „Ein Deutscher, welcher verschollen ist, kann durch Urtheil für todt erklärt werden." Die Berathung des Absatz 1 des Entwurfes führte, nach Ablehnung des Antrages unter 1 a zur Annahme des Antrages unter 2. Die Gründe waren: Das Prinzip, daß nur ein Deutscher, nicht auch ein Ausländer, seitens eines inländischen Gerichtes durch Urtheil für todt erklärt werden könne, verdiene aus den Gründen der Motive S. 46—49 Billigung. Zwar möge es unter Umständen in Erbfällen, zur Bereinigung des Grundbuches, in Ansehung von Depositen u.s.w. von Vortheil sein, wenn auch ein Ausländer im Inlande für todt erklärt werden könnte. Allein gegenüber den in den angeführten Motiven enthaltenen grundsätzlichen Erwägungen müsse Abstand genommen werden, diese Fälle zum Ausgangspunkte einer abweichenden Regelung zu machen, zumal da auf dem Gebiete des Grundbuchwesens das in den §§ 1076—1078, 1096 (K.E.) hinsichtlich unbekannter Hypothekengläubiger zugelassene Aufgebotsverfahren eine gewisse Abhülfe bieten werde, auch in den partikularen Hinterlegungsordnungen Vorkehrungen getroffen seien beziehungsweise getroffen werden könnten, die Hinterlegungsbehörden in Fällen der fraglichen Art von ihrer Verantwortlichkeit zu entlasten. Anlangend den Antrag I Prot 111491 unter 1, so bezwecke | derselbe den Zeitpunkt festzustellen, in welchem die deutsche Staatsangehörigkeit bei einem Verschollenen vorhanden sein müsse, wenn die T o deserklärung zulässig sein solle, und zwar in dem Sinne, daß ein nach dem festgesetzten Zeitpunkte eingetretener Wechsel der Staatsangehörigkeit auf die Wirksamkeit des Unheils keinen Einfluß mehr haben solle. Abgesehen indessen davon, daß der Vorschlag für die Fälle der Kriegs- und Seeverschollenheit (§§ 8, 9 K.E.) wenig passe, sei eine besondere Bestimmung in der bezeichneten Richtung nicht erforderlich. Voraussetzung der Todeserklärung sei, daß der Verschollene zur Zeit der Erlassung des Urtheils die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Treffe diese Voraussetzung nicht zu, habe insbesondere der Verschollene nach der letzten Nachricht von seinem Leben oder auch schon vorher unbekannterweise die Staatsangehörigkeit gewechselt, so sei die gleichwohl ergangene Todeserklärung nicht von selbst nichtig, sondern es liege ein Fall vor, in welchem das die Todeserklärung aussprechende Urtheil nach § 834 Absatz 2 Nr. 1 der C.P.O. der Anfechtung unterliege, weil es an einer gesetzlichen Voraussetzung für das Verfahren gefehlt habe. Solange die Anfechtungsklage nicht mit Erfolg durchgeführt sei, habe das Urtheil seine Kraft, und wenn die Frist für die Anfechtung (C.P.O. § 835) verstrichen sei, behalte das Urtheil auch diese Kraft. Eine Unsicherheit über die Gültigkeit des Urtheils, welcher der 216
Protokolle der 1. Kommission Antrag vorzubeugen beabsichtige, liege daher auch in den Fällen, in welchen ein späterer Wechsel der Staatsangehörigkeit unbekannterweise stattgefunden habe, nicht vor, während es andererseits bedenklich sei, der Anfechtung der TodeserkläI rung auf Grund eines solchen späteren Wechsels der Staatsangehörigkeit schlecht- I Prot 111492 hin entgegenzutreten. Verdiene aber der entsprechende Standpunkt des Entwurfes an sich Billigung, so sei es doch richtiger, den Grundsatz desselben nicht an dieser Stelle auszusprechen, sondern dem Antrage unter 2 gemäß § 6 (K.E.) in der beschlossenen Weise zu ergänzen. Bilde der Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit eine materielle Voraussetzung der Todeserklärung, so sei derselbe auch unter diesen Voraussetzungen mit aufzuführen. Damit trete zugleich die Anwendbarkeit des § 834 Abs. 2 Nr. 1 der C . P . O . bei einem etwaigen Mangel der deutschen Staatsangehörigkeit in das rechte Licht. D e r Absatz 2 des Entwurfes soll im Zusammenhange mit § 37 des Entwurfes mittelbar zum Ausdruck bringen, daß einem ausländischen Urtheile, durch welches ein Deutscher für todt erklärt werde, die Anerkennung versagt sei. O h n e dies sachlich zu beanstanden, beschloß man, den Absatz 2 zu streichen und den Fall bei der Beratung des von der Anerkennung ausländischer Urtheile ex professo handelnden § 37 des Entwurfes zu erledigen. D e r § 9 des Entwurfes lautet: „Die für ein Rechtsgeschäft erforderliche Form bestimmt sich nach den Gesetzen, welche für das Rechtsgeschäft maßgebend sind. Es genügt jedoch, wenn das Rechtsgeschäft in Ansehung der Form den Gesetzen des Ortes entspricht, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen worden ist." Es lag der Antrag vor: I in erster Linie: den ersten Satz zu streichen und den zweiten zu fassen : „In Ansehung der für ein Rechtsgeschäft erforderlichen Form genügt es, wenn das Rechtsgeschäft den Gesetzen des Ortes entspricht, an welchem dasselbe vorgenommen worden ist." eventuell: den ersten Satz dahin zu formulieren : „Die für ein Rechtsgeschäft erforderliche Form bestimmt sich, so weit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt, nach den Gesetzen, welche für das durch das Rechtsgeschäft zu begründende oder zu übertragende oder aufzuhebende Recht maßgebend sind." und den zweiten Satz ungeändert folgen zu lassen. Beschlossen wurde, in sachlichem Einklänge mit dem Entwürfe (Mot. S. 49 bis 5 2 ) , Fassung vorbehalten, zu bestimmen: Die Form eines Rechtsgeschäftes bestimmt sich nach den Gesetzen, welche für das den Gegenstand des Rechtsgeschäftes bildende Rechtsverhältniß maßgebend sind. Es genügt jedoch, wenn die Form den Gesetzen des Ortes entspricht, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen worden ist. Den ersten Satz des § 9, dem prinzipalen Antrage gemäß, zu streichen, nahm man mit Rücksicht auf die in der Jurisprudenz bestehenden Meinungsverschiedenheiten Anstand. Dagegen hielt man | für angemessener, nicht auf die für das Rechtsgeschäft, sondern auf die für das den Gegenstand des Rechtsgeschäftes bildende Rechtsverhältniß maßgebenden Gesetze abzustellen, da die folgenden Vorschriften sich mit der Bestimmung der die Rechtsverhältnisse beherrschenden Gesetze befassen, während die Rechtsgeschäfte dabei nicht oder doch nur ausnahmsweise erwähnt werden. 217
IPR § 9
| Prot 111493 v. Mandry (Nr 163,2)
I Prot 111494
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Einvernehmen bestand, daß die beschlossene Vorschrift auch für die Kollision der Gesetze der einzelnen Bundesstaaten beziehungsweise der Gesetze eines und desselben Bundesstaates, soweit eine solche Kollision noch in Frage komme, Geltung haben müsse. IPR § 10
Der § 10 des Entwurfes lautet: „Die Rechte an einer Sache und der Besitz einer Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache sich befindet. Der Erwerb oder Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache bestimmt sich nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die Sache sich zur Zeit der Verwirklichung des Thatbestandes befunden hat, auf welchen der Erwerb oder Verlust gestützt wird. Gelangt eine Sache, nachdem die Ersitzung derselben begonnen hat, in ein anderes Rechtsgebiet, so bleiben die Gesetze des Ortes, an welchem die Sache bei dem Beginne der Ersitzung sich befunden hat, für die Vollendung und Wirkung der Ersitzung maßgebend. I Prot I I 1495 Die Vorschrift des § 9 Satz 2 findet kei-| ne Anwendung auf Rechtsgeschäfte, durch welche ein Recht an einer Sache begründet, übertragen oder aufgehoben wird." Beantragt war: v. Mandry (Nr 166,1)
a) den ersten Absatz zu fassen : „Rechtsverhältnisse an Sachen werden . . ." (vergi, den § des ungeänderten Entwurfes) ; eventuell zu setzen : „Die Rechte an einer Sache, sowie der Besitz und die Inhabung einer Sache werden . . . "
v. Mandry (Nr 163,3)
b) den zweiten Absatz zu streichen. Die Vorschrift wurde absatzweise berathen. 1. Der Absatz 1 wurde, Fassung vorbehalten, dahin angenommen: Die Rechte an einer Sache sowie der Besitz und die Inhabung einer Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache sich befindet. In sachlicher Hinsicht bestand keine Meinungsverschiedenheit. Einverstanden war man insbesondere, daß auch in Ansehung der beweglichen Sachen grundsätzlich die lex rei sitae zu entscheiden habe (Mot. S. 53 — 59). Die hinsichtlich der im Bewegungszustand befindlichen Mobilien (Transportmittel, Reisegepäck, versandte Waaren u.s.w.) sich ergebenden Schwierigkeiten hielt man, zumal bei der rein thatsächlichen Natur derselben, nicht für geeignet, die Aufstellung eines anderen GrundI P r o t i 11496 satzes zu rechtfertigen. Der unter a an erster Stelle vorgeschla-| gene Ausdruck „Rechtsverhältnisse an Sachen" fand keinen Beifall; man erachtete es aber für geboten, neben dem Besitze die Inhabung besonders zu erwähnen. Der angeregte Zweifel, ob die Fassung auch genügend erkennen lasse, daß die Rechtsfähigkeit in Ansehung des Erwerbes von Rechten an Sachen, von Besitz u.s.w nach der lex rei sitae sich bestimme, wurde nicht als begründet anerkannt. Zu Absatz 2 Satz 1 des Entwurfes wurde, nachdem der hierauf bezügliche Streichungsantrag unter b zurückgezogen war, beschlossen, Fassung vorbehalten, zu bestimmen : Insbesondere werden der Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache zur Zeit der Verwirklichung des für den Erwerb oder Verlust maßgebenden Thatbestandes sich befunden hat. 218
Protokolle der 1. Kommission M a n w a r der Ansicht: W e n n die Vorschrift auch sich lediglich als ein Folgesatz des gebilligten Absatz 1 betrachten lasse (Mot. S. 59, Bemerk. S. 15), so sei doch deren A u f n a h m e wegen ihrer Wichtigkeit sowie namentlich deshalb räthlich, weil die Fassung des Absatz 1 immerhin das Verständniß zulasse oder nahelege, als solle die Zuständigkeit eines Rechtes und damit auch die Rechtsgültigkeit des Erwerbes desselben nicht nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die Sache z u r Zeit des behaupteten Erwerbes sich b e f u n d e n habe, sondern nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt w e r d e n , an welchem die Sache sich gegenwärtig befinde. 3. Abgelehnt w u r d e der im Laufe der Berathung | gestellte Antrag, eine Bestim- | Prot 111497 m u n g des Inhalts a u f z u n e h m e n : „Ist an einer im Inlande befindlichen beweglichen Sache, welche sich f r ü h e r im Auslande b e f u n d e n hat, im Auslande ein P f a n d r e c h t begründet, so ist das P f a n d r e c h t n u r wirksam, wenn es auch nach den Vorschriften der deutschen Gesetze entstanden sein würde. Ein P f a n d r e c h t an einer solchen Sache ist nicht wirksam, wenn, w ä h r e n d die Sache sich im Auslande befand, Umstände eingetreten sind, welche nach den Vorschriften der deutschen Gesetze das Erlöschen des Pfandrechtes bewirkt haben würden." Man ging davon aus : D e r Vorschlag bezwecke eine Sicherung des inländischen Mobiliarverkehrs in Ansehung der Pfandrechte. Für den K o n k u r s sei eine Bestimmung der angeregten Art gegenüber dem § 14 Abs. 1 des Einführungs-Ges. z u r K o n k . O . kein Bedürfniß. Außerhalb des Konkurses w e r d e durch die §§ 860% 1125, 1174 Abs. 1, § 1178 (K.E.) ebenfalls in den wichtigsten Beziehungen vorgesorgt. Die danach verbleibenden wenigen Fälle aber könnten um so mehr auf sich beruhen, als die Frage o f f e n bleibe, ob den Mot. S. 70 nicht darin beizutreten sei, daß die Vorschrift des § 35 des Entwurfes — die Billigung derselben vorausgesetzt — die erforderliche Abhülfe gewähre. 4. D e r zweite Satz des Absatz 2 des Entwurfes w u r d e gestrichen. Die Angemessenheit der vorgeschlagenen Bestimmung w u r d e von mehreren Seiten bestritten. Bei der geringen | praktischen Bedeutung der Ersitzung hielt man es für richtiger, von | Prot 111498 einer besonderen positiven Vorschrift abzusehen und es bei demjenigen zu belassen, was sich an Händen der juristischen Konsequenz aus den allgemeinen Grundsätzen ergebe. 5. D e r Absatz 3 des Entwurfes e r f u h r keinen Widerspruch. Die N a c h p r ü f u n g der Fassung blieb der Redaktion vorbehalten. Die in den Mot. S. 62 f. enthaltenen Einzelausführungen w a r e n im Laufe der Debatte von einer Seite in m e h r f a c h e r Hinsicht bemängelt worden. Die Kommission lehnte in Folge dessen, ohne auf die erhobenen Anstände näher einzugehen, ab, über die Billigung oder Nichtbilligung jener A u s f ü h r u n g e n sich im Allgemeinen auszusprechen. 693. Sitzung vom 14. 9. 1887, Schriftführer: Börner I Die Berathung der Vorschriften des internationalen Privatrechtes wurde fortge- | Prot 111499 setzt. D e r § 11 des Entwurfes lautet: IPR § 11 „Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften unter Lebenden werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der Schuldner zur Zeit der V o r n a h m e des Rechtsgeschäftes seinen Wohnsitz und in E r m a n g e l u n g eines solchen seinen A u f e n t 219
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
halt hatte. Ergeben bei einem Vertrage die Umstände, daß die Vertragschließenden die Anwendung der Gesetze eines anderen Ortes voraussetzen mußten, so sind die Gesetze dieses Ortes maßgebend. Entstehen aus einem Vertrage für beide Theile Verpflichtungen und sind für die letzteren die Gesetze verschiedener Orte maßgebend, so kann jeder Theil verlangen, daß seine Verpflichtung nach den für die Verpflichtung des anderen Theiles maßgebenden Gesetzen beurtheilt wird." Beantragt war: I Prot 111500 1 1. a) den ersten Absatz durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Planck „Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften unter Lebenden werden nach den Ge(Nr 164,1) setzen des Orts beurtheilt, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen wurde. Ergeben . . . (u.s.w. wie im Entw.)" und den zweiten Absatz zu streichen. b) eventuell, falls der erste Absatz des Entwurfes angenommen wird, den zweiten Absatz dahin zu fassen: „Entstehen aus einem Vertrage für beide Theile Verpflichtungen und würden für die letzteren nach den Bestimmungen des ersten Absatzes verschiedene Gesetze maßgebend sein, so sind, wenn ein Theil gegenüber dem anderen erklärt, daß das beiderseitige Schuldverhältniß nach den für die Verpflichtung des anderen Vertragschließenden maßgebenden Gesetzen beurtheilt werden solle, diese Gesetze für das beiderseitige Schuldverhältniß maßgebend. Geben beide Theile eine solche Erklärung ab, so entscheidet die zuerst abgegebene." v. Mandry 2. a) den Abs. 2 zu streichen; (Nr 166,2) b) für den Fall, daß das Prinzip des Antrages unter 1 a Billigung finden sollte, dem v. Mandry unter 1 a vorgeschlagenen ersten Satze als zweiten Satz beizufügen : (Nr 167,2) „Doch bestimmen sich Inhalt und Umfang der Verbindlichkeit nach den Gesetzen des Ortes, an welchem . . . seinen Aufenthalt hatte (wie im Entw. Abs. 1 Satz 1); I Prot 111501 wenn bei einem Vertrage die Umstände ergeben, daß die Vertrag-| schließenden . . . voraussetzen mußten (wie Entw. Abs. 1 Satz 2), nach den Gesetzen dieses Ortes." Im Lauf der Debatte trat: 3. Der Antrag hinzu, die Vorschrift ohne Ersatz zu streichen. Die Kommission lehnte den Antrag unter 3 sowie den Antrag unter 2 b ab und entschied für die Aufnahme folgende, in Ansehung der Fassung bei der Redaktion noch näher zu prüfenden Bestimmungen: Das Schuldverhältniß aus einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem das Rechtsgeschäft zum Abschlüsse gelangt ist. Ist nach den Umständen des Falles die Anwendbarkeit der Gesetze eines anderen Ortes als gewollt anzusehen, so sind die Gesetze dieses Ortes maßgebend. Der Entwurf galt damit als abgelehnt. Ein weiterer Antrag, den Schluß der zweiten Bestimmung dahin zu fassen: „insoweit maßgebend, als nicht die Gesetze am Orte des Abschlusses zwingender Art sind." fand nicht die erforderliche Zustimmung. Die Gründe waren: Die Bestimmung des für die Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften unter Lebenden maßgebenden Rechtes begegne erheblichen Schwierigkeiten. Die Aufstellung einer völlig einwandsfreien und für alle Fälle zutreffenden einheitlichen Regel sei nicht möglich. Für welches Prinzip man sich auch entscheide, immer werde im Wege einer Ausnahme für die nicht geringe Zahl von Fällen, in welchen dasselbe I Prot 1 11502 nicht passe, die Möglichkeit offen | zu lassen sein, daß dasjenige Recht zur Anwendung gebracht werden könne, welches der inneren Natur der Dinge nach zur An220
Protokolle der 1. Kommission Wendung zu kommen habe. Immer werde auch das Prinzip selbst Einwendungen ausgesetzt sein, denen eine gewisse Berechtigung sich nicht absprechen lasse. Allein diese Schwierigkeiten in der Bestimmung des maßgebenden Rechtes könnten nicht dazu führen, dem Antrage unter 3 entsprechend von einer solchen Bestimmung überhaupt abzusehen. W e r d e das internationale Privatrecht einmal zum Gegenstande der Regelung in dem bürgerlichen Gesetzbuche gemacht, so könne die überaus wichtige Frage nach dem die Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften unter Lebenden beherrschenden Rechte nicht mit Schweigen übergangen werden. Auf das bestehende Recht gesehen, so habe in früherer Zeit die Theorie, daß die Gesetze des Entstehungsortes über die Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften unter Lebenden zu entscheiden hätten, in kaum bestrittener Geltung gestanden und sei dieselbe auch in der Mehrzahl der von den einzelnen Staaten unter einander früher abgeschlossenen Rechtshülfeverträge zur Anerkennung gelangt. Erst durch Savigny's Ausführungen im System des römischen Rechtes Bd. 8 sei jene Theorie ins Schwanken gerathen und seitdem an deren Stelle die Theorie vom Rechte des Erfüllungsortes getreten. Die von dem Entwürfe angenommene Theorie, daß das Recht am Wohnsitze des Schuldners maßgebend sei, gehöre der neuesten Zeit an und habe, wenn sie auch von hervorragenden Autoritäten vertreten werde, bisher in der Praxis wenig Eingang gefunden. Die Gründe, welche für die letztere T h e o r i e sich geltend machen ließen, seien nicht |zu verkennen. Allein vom praktischen Stand- | Prot 111503 punkte aus begegne dieselbe den erheblichsten Bedenken. Sie versage, wie auch in den Motiven S. 80 anerkannt werde, fast ganz bei den gegenseitigen Verträgen, sofern die Vertragschließenden ihren Wohnsitz in verschiedenen Rechtsgebieten hätten. D e r in dem Abs. 2 des Entwurfes gemachte Versuch, zu einer Lösung in dieser Hinsicht zu gelangen, befriedige nicht. Die Lösung laufe darauf hinaus, daß die gegenseitigen Schuldverhältnisse in zwei einseitige Obligationen zerrissen würden, daß diese Obligationen je nach dem Verlangen der Parteien nach verschiedenem Rechte zu beurtheilen seien, und daß die Partei, indem sie verlangt, daß ihre V e r pflichtung nicht nach dem Rechte ihres Wohnsitzes, sondern nach dem Rechte des Wohnsitzes der anderen Partei beurtheilt werde, zugleich in der Lage sei, eine abweichende Gestaltung ihrer Verpflichtung, mithin eine Rechtsänderung, herbeizuführen. Daneben bleibe im Unklaren, ob das Greifen auf das Recht am Wohnsitze der anderen Partei nur im W e g e der prozessualen Einrede oder auch im W e g e einer außergerichtlichen Erklärung zulässig sein solle. D e r eventuelle Antrag unter 1 b beseitige zwar einige dieser Bedenken, aber keineswegs alle. Sei das Prinzip des Entwurfes nicht zu billigen, so verbleibe, abgesehen zunächst von dem unter 2 b vorgeschlagenen Mittelwege, die Wahl zwischen dem Rechte des Erfüllungsortes und dem Rechte des Entstehungsortes. Die Jurisprudenz kenne zwar auch noch die T h e o r i e von der maßgebenden Bedeutung der lex fori, aber diese Theorie ermangele sichtbar der Begründung. Gegen die Entscheidung für das Recht am I Erfüllungsorte sprächen neben den in den Motiven S. 77, 78 und in den Bemer- | Prot 111504 kungen S. 20, 21 geltend gemachten Erwägungen die gleichen Bedenken, welche die Theorie von dem R e c h t e des Wohnsitzes des Schuldners unannehmbar machten. Bei einem gegenseitigen Schuldverhältnisse mit Erfüllungsorten, welche verschiedenen Rechtsgebieten angehörten, fehle es für eine einheitliche Beurtheilung des Schuldverhältnisses an einer Entscheidungsnorm. Anders verhalte sich dies bei der T h e o r i e von dem Rechte des Entstehungsortes; diese Theorie sei auch, wie in den Motiven S. 78 nicht verkannt werde, innerlich begründet. Es entspreche der natürlichen Auffassung, daß eine Rechtsordnung der Regel nach diejenigen Rechtsgeschäfte in den Bereich der Regelung ziehe, welche innerhalb ihres Rechtsgebietes vorgenommen 221
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
würden. Dies trete klar hervor in Ansehung der Rechtsgeschäfte des täglichen Verkehrs, auf Börsen, Messen, Märkten, in Läden u.s.w., und diese Rechtsgeschäfte bildeten den erheblichsten Theil der in Betracht kommenden Geschäfte. Bei anderen Rechtsgeschäften möge das Recht des Ortes, an welchem der rechtsgeschäftliche Thatbestand sich vollziehe, nicht eingreifen wollen und mithin die Regel, daß das Recht am Entstehungsorte entscheide, nicht passen. Diese Rechtsgeschäfte seien aber auch nicht dem Rechte des Entstehungsortes zu unterstellen, sondern vermöge der zu beschließenden Ausnahme demjenigen Rechte, in dessen Bereich sie naturgemäß gehörten. Die Haupteinwendungen, welche gegen die Geltung des Rechtes des Entstehungsortes als Regel erhoben worden seien, gingen einmal dahin, daß bei Verträgen unter Abwesenden es an einem thatsächlichen Entstehungsorte gebreche, daß der Entstehungsort hier durch einen Rechtssatz bestimmt werde und daß nicht I Prot 1 11505 a b-| zusehen sei, welchem Rechte dieser Rechtssatz zu entnehmen sein solle, da das anzuwendende Recht erst nach dem zu ermittelnden Entstehungsorte sich bestimme; sodann dahin, daß bei Anwendung des Rechtes am Entstehungsorte zum Zwecke der Ergänzung des Parteiwillens das Rechtsgeschäft vielfach einen Inhalt erhalten würde, der den Intentionen der Parteien keineswegs entspreche. Dem letzteren Einwände, welchem der eventuelle Antrag unter 2 b dadurch zu begegnen suche, daß Inhalt und Umfang der Verbindlichkeit nach den Gesetzen am Wohnsitze des Schuldners beurtheilt werden sollten, sei erhebliches Gewicht nicht beizulegen. Ließen in einem Falle, in welchem, wie vorauszusehen sei, das Recht am Entstehungsorte an sich eingreife, die Umstände, insbesondere der Inhalt der Obligation oder der Gegenstand der Leistung, erkennen, daß die Parteien hinsichtlich der nicht vereinbarten Punkte nicht das Recht am Entstehungsorte, sondern ein anderes Recht vor Augen gehabt hätten, so werde der Regel nach unbedenklich eine stillschweigende Unterwerfung unter dieses Recht in dem Sinne angenommen werden können, daß die Parteien den Inhalt der betreffenden Normen dieses Rechtes zum Bestandtheile des Vertrages gemacht hätten. Die unter 2 b beantragte Bestimmung sei demgegenüber kein Bedürfniß. Außerdem empfehle dieselbe sich auch, abgesehen davon, daß die gegen den Entwurf erhobenen Bedenken zum Theil ebenmäßig gegen sie begründet seien, wegen der verwickelten rechtlichen Beurtheilung nicht, zu welcher sie nothwendig führe. Soviel aber den an erster Stelle hervorgehobenen Einwand beI Proti 11506 treffe, so erledige derselbe in der Hauptsache sich durch die Erwägung, | daß, wie überhaupt, so auch bei Verträgen unter Abwesenden als Entstehungsort derjenige Ort zu gelten habe, an welchem sich nach dessen Gesetzen ein Thatbestand vollzogen habe, der für die Begründung eines Schuldverhältnisses maßgebend sei. Daß bei den Verträgen unter Abwesenden es sich um einen Thatbestand handele, dessen einzelne Theile in verschiedenen Rechtsgebieten sich verwirklichten, sei unerheblich, da es nur auf den Ort ankommen könne, an welchem diejenige Thatsache eintrete, die nach den Gesetzen dieses Ortes den Schlußstein des maßgebenden Thatbestandes bilde. Die Fassung der beschlossenen Bestimmung („an welchem das Rechtsgeschäft zum Abschlüsse gelangt ist") weise noch besonders darauf hin, daß nur dieser Ort gemeint sei. Richtig möge sein, daß auch danach noch gewisse Schwierigkeiten blieben; allein dieselben seien jedenfalls nicht derart, daß sie zur Aufgabe des Prinzips selbst nöthigen. Als ein wichtiger Grund für die Annahme dieses Prinzips komme schließlich noch in Betracht, daß fast die gesammte ausländische Gesetzgebung und Jurisprudenz mit seltener Einmüthigkeit für das Recht des Entstehungsortes eintrete und daß, wenn das deutsche Recht sich gleichfalls für dasselbe entscheide, auf einem der wichtigsten Gebiete eine weitgehende Uebereinstimmung in der internationalrechtlichen Beurtheilung erzielt werde. 222
Protokolle der 1. Kommission
Anlangend die von der Regel zu machende Ausnahme, so sei dieselbe von dem Entwürfe in Abs. 1 Satz 2 dahin gefaßt, daß, wenn bei einem Vertrage die Umstände derart beschaffen seien, daß die Vertragschließenden die Anwendung der Gesetze eines anderen Ortes voraussetzen mußten, diese | Gesetze zu entscheiden hätten. | Prot 111507 Hiernach solle es (Bemerk. S. 20) nicht darauf ankommen, daß die Vertragschließenden die Geltung der betreffenden Gesetze wirklich vorausgesetzt haben, sondern lediglich darauf, daß sie, wenn sie anders als ordentliche und umsichtige Leute dachten und handelten, die Anwendung dieser Gesetze hätten voraussetzen müssen. Dies sei ein Vorschlag, welcher der Sache nach nichts anders bedeute, als daß (vergi. Motive S. 82) dem Eingreifen des Gesetzes ohne Weiteres das richterliche Ermessen substituirt, mithin überhaupt von einer gesetzlichen Ordnung abgesehen werde. Ein derartiges Vorgehen sei weder nothwendig noch am Platze. Das Richtige sei, die Regel von der maßgebenden Bedeutung des Rechtes am Entstehungsorte dann nicht Platz greifen zu lassen, wenn die Anwendbarkeit eines anderen Rechtes von den Betheiligten wirklich (ausdrücklich oder stillschweigend) vorausgesetzt worden sei oder, wie der Beschluß laute, nach den Umständen des Falles als gewollt anzusehen sei, und zwar habe dies nicht bloß in Ansehung der Verträge, sondern allgemein in Ansehung aller obligatorischer Rechtsgeschäfte (bei Schuldverschreibungen auf Inhaber u.s.w.) zu gelten. In Frage könne nur kommen, ob der Ausnahme nicht die beantragte Schranke beizufügen sei, daß das Recht eines anderen Ortes als des Entstehungsortes durch den Willen der Betheiligten Geltung nur insoweit zu erlangen vermöge, als das Recht am Entstehungsorte nicht zwingender Natur sei. Durch einen solchen Zusatz erhalte indessen die maßgebende Bedeutung des Rechtes des Entstehungsortes eine Tragweite und Ausdehnung, welche dem Rechte nicht zugestanden werden könne. Wenn die Schranke als nothwendig bezeichnet worden | sei, | Prot 111508 weil der Privatwille begrifflich nicht die Macht haben könne, darüber zu befinden, ob ein Gesetz als solches gelte oder nicht gelte, vielmehr das von Anfang an vorhandene Gesetz den innerhalb seines Herrschaftsgebietes sich vollziehenden Thatbestand ohne Rücksicht auf den Privatwillen ergreife und der Privatwille nur insoweit Bedeutung habe, als ihm das Gesetz auf dem Gebiete des dispositiven Rechtes Spielraum gewähre, so könne dahin gestellt bleiben, wieweit diese Ausführungen an sich zutreffend seien. Für den vorliegenden Fall komme demselben Gewicht schon aus dem Grunde nicht zu, weil nach der beschlossenen Bestimmung die Gesetze eines anderen Ortes als des Entstehungsortes nicht deshalb normirend einzugreifen hätten, weil die Parteien es wollten, sondern deshalb, weil das Gesetzbuch die Geltung dieser Gesetze anerkenne und wolle; der Wille der Parteien bilde nur die Voraussetzung, an welche diese Anerkennung sich anknüpfe. Ferner sei zwar eingewendet worden, daß, wenn der Ausnahme die Schranke nicht beigefügt werde, die Parteien im Stande seien, die zwingenden Vorschriften des als Recht des Entstehungsortes maßgebenden heimischen Rechtes einfach dadurch unwirksam zu machen, daß sie sich einem anderen Rechte unterwürfen, da, wenn die Wahl des maßgebenden Rechtes den Parteien offen stehe, in dieser Wahl eine unzulässige Umgehung des einheimischen Gesetzes nicht gefunden werden könne, ebensowenig aber die Vorschrift des § 35 des Entwurfes Platz greife (Bemerk. S. 19, 20). In dieser Hinsicht sei indessen nur anzuerkennen, daß den Inländern eine Umgehung der inländischen zwingenden Normen auf dem bezeichneten Wege nicht gestattet | werden könne, und dies werde | Prot 111509 durch eine angemessene Fassung des noch zu berathenden § 35 des Entwurfes klarzustellen sein. Soviel aber die Möglichkeit anlange, daß Ausländer durch die Unterwerfung unter ein fremdes Recht die zwingenden Normen ihres heimischen Rechtes
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
IPR § 12
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Planck (Nr 164,2)
umgehen könnten, so liege vom Standpunkte des deutschen Rechtes aus kein Anlaß vor, besondere Vorsorge in dieser Richtung zu treffen. Der § 12 des Entwurfes lautet : „Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die unerlaubte Handlung begangen worden ist. Auf eine bei Anwendung eines ausländischen Gesetzes sich ergebende Privatstrafe darf nicht erkannt werden." Der Abs. 1 des § 12 wurde aus den Gründen der Motive S. 87, 88, Fassung vorbehalten, dahin angenommen: „Das Schuldverhältniß aus einer unerlaubten Handlung wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die unerlaubte Handlung begangen worden ist." Einvernehmen bestand, daß die Frage, welcher Ort als Thatort zu gelten habe, wenn die Wirkung der unerlaubten Handlung an einem anderen Orte eintrete, als wo dieselbe vorgenommen worden sei, der Entscheidung durch die Wissenschaft und Praxis anheim zu stellen sei. Der Abs. 2 des § 12 wurde gestrichen, da derselbe, abgesehen von seiner geringen praktischen Bedeutung, sich nur als ein Anwendungsfall des § 35 des Entwurfes darstelle. I Der § 13 des Entwurfs lautet. „Schuldverhältnisse aus anderen Gründen werden, soweit nicht für Schuldverhältnisse auf Grund von Verfügungen von Todeswegen aus der Vorschrift des § 29 und für sonstige Schuldverhältnisse aus deren besonderen Natur sich ein Anderes ergiebt, nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der Schuldner zur Zeit der Verwirklichung des Thatbestandes, aus welchem das Schuldverhältniß abgeleitet wird, seinen Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt hatte." Es lagen die Anträge vor: 1. den Schluß der Vorschrift dahin zu ändern: „. . . nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der Thatbestand, aus welchem das Schuldverhältniß abgeleitet wird, sich verwirklicht."
2. den Eingang dahin zu fassen: „Schuldverhältnisse aus anderen Gründen werden, soweit nicht aus deren besonderen Natur sich ein Anderes ergiebt, nach den Gesetzen u.s.w." (wie Entw.). Die Kommission entschied, unter Billigung des Antrages unter 1, für folgende Bestimmung: Das Schuldverhältniß aus einem anderen Grunde als aus einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder einer unerlaubten Handlung wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der für die Entstehung des Schuldverhältnisses maßgebende Thatbestand sich verwirklicht hat, sofern nicht aus den Gesetzen sich ein Anderes ergiebt. I Prot 111511 | Die Prüfung der Fassung blieb der Redaktion vorbehalten : Man war der Ansicht: Nachdem in Ansehung der Schuldverhältnisse aus Rechtsgeschäften unter Lebenden das Recht des Entstehungsortes als der Regel nach maßgebend anerkannt worden sei, habe dieses Recht, in Ermangelung entgegenstehender besonderer Gründe, auch in Ansehung der hier fraglichen Schuldverhältnisse zur Anerkennung zu gelangen. Dort wie hier sei die Erwägung entscheidend, daß das Gesetz in der Regel diejenigen Thatbestände, welche sich innerhalb des Rechtsgebietes verwirklichten, seinen Normen unterwerfen wolle und müsse. Die in den Motiven S. 86 sich findende Annahme, daß die Anwendung der Gesetze am Wohnsitze des Schuldners zu angev. Mandry (Nr 166,3)
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Protokolle der 1. Kommission messenereri Ergebnissen führe, treffe nicht zu. Als ausnahmslose Regel könne allerdings die entsprechende Bestimmung nicht hingestellt werden; zu berücksichtigen seien namentlich gewisse, dem Familien- und Erbrechte angehörende Obligationen, welche eine abweichende Beurtheilung erforderten. Die Ausnahme sei aber nicht mit dem Entwürfe und den Anträgen auf die besondere Natur der betreffenden Schuldverhältnisse zu stellen, da hierin, ähnlich wie im § 11 Abs. 2 des Entwurfes, ein Verzicht auf die gesetzliche Regelung liegen würde. Angemessener erschiene es, die Ausnahme, soweit nicht schon in dem gegenwärtigen Abschnitte besondere Bestimmungen getroffen würden, so zu gestalten, daß die Regel von der maßgebenden Bedeutung des Rechtes am Entstehungsorte zunächst auch auf die Fälle, in welchen ihre Anwendung an sich nicht zutreffe, erstreckt, | dabei aber dem Rechte am Entste- | Prot 111512 hungsorte die Bestimmung desjenigen anderen Rechtes anheimgestellt werde, welches Anwendung zu finden habe. Die von einer Seite angeregte Frage, ob die zu § 13 des Entwurfes beschlossene Bestimmung nicht richtiger vor der Bestimmung des § 11, in entsprechend geänderter Fassung, einzufügen sei, wurde nicht weiter verfolgt. Der § 14 des Entwurfes lautet : IPR § 14 „Die Abtretung einer Forderung wird nach den Gesetzen beurtheilt, welche für die Forderung maßgebend sind." Die Vorschrift wurde ihrem Inhalte nach sachlich nicht beanstandet, aber einem v. Mandry gestellten Antrage zufolge als selbstverständlich gestrichen. (Nr 166, 4) Man war der Meinung: Die Frage, ob eine Forderung gültig auf eine andere Person übertragen werden könne, beziehungsweise übertragen worden sei, berühre die Rechtsstellung des Schuldners und das Schuldverhältniß, auf welchem die Forderung beruhe, dermaßen, daß begründete Zweifel darüber nicht obwalten könnten, daß die Uebertragung nach keinem anderen Rechte zu beurtheilen sei, als nach demjenigen Rechte, welchem das Schuldverhältniß unterstehe. Die in der Jurisprudenz in dieser Hinsicht hervorgetretenen Meinungsverschiedenheiten ständen zu einem nicht geringen Theile mit dem bisherigen Streite über die rechtliche Natur des Abtretungsgeschäftes im Zusammenhange, welcher Streit für das bürgerliche Gesetzbuch gegenüber dem § 292 (K.E.) sich erledige. Wollte man übrigens die Vorschrift aufnehmen, so würde dieselbe nicht bloß für die Abtretung, son-| dern allge- I Prot 111513 mein für die Uebertragung von Forderungen, Verpfändung derselben u.s.w. zu geben sein. Der § 15 des ursprünglichen Entwurfes lautete : IPR S 15 „Die Anfechtung von Rechtshandlungen des Schuldners, welche die Gläubiger benachtheiligen, untersteht dem Rechte des Ortes, an welchem der Schuldner zur Zeit der Vornahme der Handlung seinen Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt gehabt hat." Die Vorschrift hat nach den Bemerkungen S. 24 in dem berichtigten Entwurf Aufnahme nicht gefunden, weil der K.E. die einschlagende Materie nicht in den Bereich der Regelung gezogen habe. Die Kommission billigte die Streichung, indem sie davon ausging, daß, auch wenn geschwiegen werde, nach den vorgefaßten Beschlüssen es an einer Entscheidungsnorm für das in Frage kommende Schuldverhältniß nicht fehle. 694. Sitzung vom 16. 9. 1887,
Schriftführer:Börner
I Die Berathung der Vorschriften über das internationale Privatrecht wurde fort- | Prot 111515 gesetzt. IPR § 16 225
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Kurlbaum (Nr 169,1) |ProtI 11516 v. Mandry (Nr 170,1)
I Proti 11517
IPR §17
Der § 16 des Entwurfes lautet: „Die Eingehung einer Ehe wird in Ansehung eines jeden der Eheschließenden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem derselbe angehört. Die Form der Eheschließung bestimmt sich ausschließlich nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die Eheschließung vorgenommen wird." Beantragt war: 1. den Eingang zu fassen : „Die Zulässigkeit und Gültigkeit einer Ehe u.s.w." 2. dem ersten Absatz beizufügen: | „(angehört); doch kann vor einem deutschen Standesbeamten eine Ehe nicht geschlossen werden, welche gegen eines der Verbote der §§ 1207, 1208 (K.E.) verstößt." (zu vergi. Motive S. 101 zweiter Absatz; wegen der Fassung § 1222 Ziff. 3 K.E.) Der Absatz 1 des Entwurfes wurde, Fassung vorbehalten, angenommen und der Antrag unter 2 abgelehnt. Man ging davon aus: Der Vorschlag des Entwurfes sei aus den Gründen der Motive S. 95 bis 102 zu billigen. Die an die Ueberschrift des Abschnitts I Titel 1 des vierten Buches des K.E. sich anschließende und das Verlöbniß dadurch mittelbar mittreffende Fassung „Die Eingehung der Ehe" verdiene den Vorzug vor der unter 1 beantragten Ausdrucksweise sowie vor der im Laufe der Berathung angeregten Formulirung „Die Ehehindernisse und die Ungültigkeit der Ehe." Anlangend die unter 2 beantragte Bestimmung, so sei dieselbe, soweit sie auf die prohibitive Natur der §§ 1207, 1208 (K.E.) hinweise, richtig, aber dem § 35 des Entwurfes gegenüber entbehrlich. Welchen Inhalt der § 35 schließlich auch erhalten möge, jedenfalls werde derselbe keinen Zweifel darüber lassen, daß ein deutscher Standesbeamter die Schließung einer Ehe, welche gegen die bezeichneten Vorschriften verstoße, auch bei Ausländern nicht vornehmen dürfe. Soweit aber die Bestimmung zugleich zum Ausdruck bringen solle, daß die sonstigen in dem Gesetzbuche aufgestellten Ehehindernisse nicht prohibitiver | Natur seien, sowie daß eine den Verboten der der §§ 1207, 1208 (K.E.) zuwider im Inlande gleichwohl geschlossene Ehe nichtig sei, greife der Antrag ohne Noth der Beschlußfassung über die dem § 35 des Entwurfes zu gebende Tragweite vor. Der Abs. 2 wurde (Mot. 102—104), Fassung vorbehalten, dahin genehmigt: Die Form der Eheschließung bestimmt sich ausschließlich nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die Ehe geschlossen wird. Einvernehmen bestand, daß die Vorschrift sich auch auf das Aufgebot beziehe. Der § 17 des Entwurfes lautet : „Die persönlichen Beziehungen der Ehegatten zu einander werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann angehört."
Kurlbaum (Nr 169,2)
Es lag der Antrag vor, der Bestimmung zuzusetzen : „Die Befugniß der Ehefrau, der Entscheidung des Ehemannes über ihren Aufenthalt nicht Folge zu leisten, wird durch eine Veränderung der Staatsangehörigkeit des Ehemannes nicht berührt." (zu vergi. § 40 Abs. 2, § 1246 Abs. 2 (K.E.) und Antrag 2 zu § 18.) Der Entwurf fand, Fassung vorbehalten, mit der Maßgabe Billigung, daß anstatt „Beziehungen" gesetzt werden soll „Rechtsbeziehungen." Die Billigung erfolgte aus den Gründen der Motive S. 104. I Prot 111518 | Der Antrag wurde abgelehnt, sowohl in der ursprünglichen Fassung als auch in der eventuellen Fassung, welche ihm dahin gegeben worden war: 226
Protokolle der 1. Kommission „Die Befugniß der Ehefrau, in Gemäßheit der Vorschriften des § 40 Abs. 2 und des § 1246 Abs. 2 (K.E.) dem Ehemann in das Ausland nicht zu folgen, wird durch eine ohne die Einwilligung der Ehefrau vorgenommene Veränderung der Staatsangehörigkeit nicht berührt." Erwogen war: Der Antrag bezweckt, der Ehefrau die im § 1246 Abs. 2 (K.E.) derselben zugesprochene Befugniß auch für den Fall zu sichern, daß der Ehemann die Staatsangehörigkeit wechsele und dadurch, dem soeben gebilligten § 17 zufolge, die Geltung eines anderen, der Ehefrau in der fraglichen Hinsicht ungünstigeren Rechtes herbeiführe. Dieser Tendenz gemäß würde die beantragte Bestimmung zunächst auf deutsche Ehefrauen zu beschränken sein. Die Bestimmung habe aber in dieser Beschränkung auch keine Berechtigung für die Fälle, in welchen die Veränderung der Staatsangehörigkeit mit Einwilligung der Ehefrau geschehe oder in welchen die Ehefrau nachträglich mit der Veränderung sich einverstanden erkläre, welches letztere namentlich dann anzunehmen sein könne, wenn die Ehefrau dem Ehemanne an den in das Ausland verlegten Wohnsitz freiwillig folge. Es handele sich also nur um die Fälle, in welchen die Veränderung der Staatsangehörigkeit von dem Ehemanne ohne Zustimmung der Ehefrau herbeigeführt werde, und von diesen hätten, wenn der allerdings noch nicht beschlossene 5 24 des Entwurfes ins Auge gefaßt I werde, wieder diejenigen auszuscheiden, in welchen die seitens des Ehemannes | Prot 111519 herbeigeführte Veränderung der Staatsangehörigkeit auf die Ehefrau sich nicht erstrecke. In der letzteren Hinsicht sei der § 19 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 nicht ohne Bedeutung, nach welchem die Entlassung des Ehemannes aus dem deutschen Staatsverbande nicht schlechthin auf die Ehefrau sich erstrecke, sondern nur dann, wenn eine Ausnahme hinsichtlich derselben nicht gemacht worden sei. Für die wenigen Fälle aber, welche hiernach bleiben, liege ein Bedürfniß, das Prinzip des § 17 durch eine Sonderbestimmung zu durchbrechen, nicht vor und könne daher auch der eventuelle Antrag, welcher den erhobenen Bedenken zum Theil gerecht werde, Billigung nicht finden. Vorbehalten bleibe, auf den von einer Seite in Aussicht gestellten Antrag zu § 24 darüber zu beschließen, ob etwa das Prinzip dieses Paragraphen allgemein rücksichtlich der Ehefrauen auf die Fälle auszudehnen sei, in welchen der Ehemann ohne Einwilligung der Ehefrau die Staatsangehörigkeit wechsele. Der § 18 des Entwurfes lautet : „Für die Scheidung und für die Trennung von Tisch und Bett sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage auf Scheidung oder auf Trennung von Tisch und Bett angehört. Eine Thatsache, welche sich ereignet hat, während der Ehemann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund oder Trennungsgrund nur | geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates einen Scheidungsgrund oder Trennungsgrund bildet. Die Vorschrift des § 1405 Absatz 3 Satz 1 (K.E.) findet auch in Ansehung von Ausländern Anwendung." Beantragt war: 1. zu bestimmen : „Für die Auflösung der Ehe sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Ehemann zu der Zeit angehört, in welchem sich der die Auflösung begründende Thatbestand verwirklicht. Die Anwendbarkeit des § 1429 wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Ehemann, nachdem er für todt erklärt worden, die deutsche Staatsangehörigkeit verliert. Für die Scheidung und Trennung von Tisch und Bett durch gerichtliches Urtheil sind die Gesetze . . . (u.s.w. wie Abs. 1 des Entwurfes.) 227
¡PR ξ 18
| Prot 111520
Planck (Nr 168)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Absatz 4 wie Abs. 2 des Entwurfes. Auf Scheidung und Trennung von Tisch und Bett kann, auch wenn dafür nach Maßgabe des dritten Absatzes ausländische Gesetze maßgebend sind, von einem deutschen Gerichte nur erkannt werden, wenn und soweit die Klage darauf auch nach deutschem Gesetz begründet ist." ι Prot 111521 | 2. zu bestimmen: Kurlbaum Abs. 1. „Für die Zulässigkeit der Ehescheidung und der Trennung der Ehegatten (Nr 169, 3) von Tisch und Bett durch gerichtliches Urtheil sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klagë angehört." Abs. 2. am Schluß „ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund ist" statt „einen . . . bildet." Abs. neu. „Für die Scheidung wegen böslicher Verlassung der Ehefrau von Seiten des Ehemannes sind die deutschen Gesetze maßgebend, wenn die Ehegatten zur Zeit der Verlassung Deutsche waren (zu vgl. C.P.O. § 568 Abs. 2)." Abs. neu. „Auf Scheidung sowie auf Trennung pp." (wie Antrag unter 1 Abs. 5 mit Weglassung der Worte „dafür nach Maßgabe des dritten Absatzes" in Zeile zwei und „darauf" am Ende). Abs. neu. (zu vergi. Antrag unter 1 Abs. 1). „Für die Auflösung der Ehe ohne gerichtliches Urtheil sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Ehemann zur Zeit der Verwirklichung des die I Prot 1 11522 Auflösung bewirkenden Thatbestandes ange-| hört." v. Mandry 3. J e m ersten Absätze beizufügen: (Nr 170,2) „(angehört) ; doch kann von einem deutschen Gerichte auf Scheidung oder Trennung von Tisch und Bett nicht erkannt werden, wenn nicht (auch) einer der in den §§ 1406 bis 1410 bezeichnetenThatbestände (oder: Fälle) vorliegt." (zu vergi. Motive S. 107 Abs. 4; auch Bemerkungen zu § 18 auf S. 25 unter Ziff. 2.) v. Weber 4. den Absatz 3 zu fassen: (Nr 162) „Ist nach dem maßgebenden ausländischen Recht Scheidung nicht, sondern nur beständige Trennung von Tisch und Bett zulässig, so findet die Vorschrift des § 1405 Abs. 3 Satz 1 (K.E.) keine Anwendung." eventuell Abs. 3 zu streichen. Einvernehmen bestand, daß die Auflösung der Ehe nach dem Personalstatute des Ehemannes zu beurtheilen sei und als Personalstatut das Recht des Staates zu entscheiden habe, welchem der Ehemann angehöre. Im Uebrigen war das Ergebniß der Berathung: 1. Beschlossen wurde — vergi. Antrag unter 1 Abs. 1 und Antrag unter 2 a. E. — Fassung vorbehalten, zu bestimmen: Die Auflösung der Ehe wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann zur Zeit der Verwirklichung des für die Auflösung maßgebenden I Prot 1 11523 | Thatbestandes angehört. Die sachliche Richtigkeit dieser Bestimmung war von keiner Seite beanstandet worden. Meinungsverschiedenheit herrschte nur darüber, ob die entsprechende Vervollständigung des Entwurfes geboten bezw. angemessen sei oder ob es den Vorzug verdiene, die praktischen Hauptfälle der Scheidung und Trennung von Tisch und Bett zum Gegenstand der Regelung zu machen und die Entscheidung im Uebrigen der Wissenschaft und Praxis an Händen der Bestimmung-des § 17 sowie der hinsicht228
Protokolle der 1. Kommission lieh der Scheidung zu beschließenden Vorschrift zu überlassen. Die Kommission entschied für ersteres, da, wenn auch der K.E., außer der Scheidung und der Trennung von Tisch und Bett sowie abgesehen von dem Tode eines, der Ehegatten, nur noch den in § 1429 behandelten Fall der Auflösung einer Ehe kenne, doch den ausländischen Rechten verschiedene weitere Fälle der Auflösung der Ehe bekannt seien, auch die Regelung, wenn man sich einmal mit der Materie befasse, möglichst erschöpfend zu gestalten sei. 2. Der Abs. 2 des Antrages unter 1 wurde in der Erwägung abgelehnt, daß derselbe zwar an sich zu einem angemessenen Ergebnisse führe, aber einen überaus seltenen, nur bei dem Zusammentreffen der verschiedensten Umstände möglichen Fall betreffe, dessen Regelung in das Gebiet einer besser zu vermeidenden Kasuistik falle. 3. Der Abs. 1 des Entwurfes fand, Fassung vorbehalten, dahin Genehmigung: I Für die Ehescheidung und für die Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett |Proti 11524 sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Der von einer Seite geäußerten Ansicht, daß es an sich richtiger und dem unter 1 angenommenen Grundsatze entsprechender sei, die Gesetze des Staates entscheiden zu lassen, in welchem die den Ehescheidungs- oder Trennungsgrund bildende Thatsache sich zugetragen habe, wurde nicht beigetreten. Man war der Meinung, daß, abgesehen davon, ob der Grundsatz unter 1, in Ermangelung einer besonderen Bestimmung, nicht dazu führen würde, daß die Gesetze des Staates, welchem der Ehemann zur Zeit des Urtheils bezw. der Rechtskraft des letzteren angehöre, maßgebend zu sein hätten, es namentlich deshalb nicht räthlich sei, die erwähnten Gesetze entscheiden zu lassen, weil es bei den Ehescheidungs- und Trennungsgründen sich vorwiegend um einen allmählich sich vollziehenden, mitunter erst mit der Erhebung der Klage abschließenden Thatbestand handele, hieraus aber für die Feststellung des danach zu bestimmenden maßgebenden Rechtes erhebliche Schwierigkeiten erwachsen könnten. Mit dem Antrage unter 2 im Eingange der Vorschrift nur von der Zulässigkeit der Ehescheidung und Trennung von Tisch und Bett zu sprechen, hielt man für bedenklich, da auch die Wirkungen der Ehescheidung bezw. Trennung getroffen werden müßten. Die Besorgniß des Antragstellers, daß die beschlossene Fassung zu dem Mißverständnisse Anlaß geben könne, als seien auch | die Verfahrensvorschriften | Prot 111525 gemeint, wurde nicht getheilt. Ferner erachtete man nicht für erforderlich, den Anträgen unter 1 und 2 gemäß hinter „Ehescheidung" und hinter „Trennung von Tisch und Bett" die Worte „durch richterliches Urtheil" einzufügen, da der K.E. eine andere Scheidung und Trennung von Tisch und Bett als durch richterliches Urtheil nicht kenne, jene Ausdrücke mithin auch hier nur in diesem Sinne gebraucht sein könnten. 4. Der Abs. 2 des Entwurfes wurde aus den Gründen der Motive S. 107, Fassung vorbehalten, mit der Maßgabe angenommen, daß am Schlüsse statt „einen Scheidungsgrund oder Trennungsgrund bildet" gesetzt werden soll „ein Scheidungsgrund oder Trennungsgrund ist." 5. Der Abs. 3 des Antrages unter 2 wurde in folgender, bei der Redaktion noch näher zu prüfenden Fassung angenommen: Wird von der Ehefrau die Klage auf Scheidung wegen böslicher Verlassung erhoben, so sind die deutschen Gesetze maßgebend, wenn die Ehegatten zur Zeit der Verlassung Deutsche waren. 229
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Man war der Ansicht: Der Antrag fasse, wie der zu § 17 des Entwurfes gestellt gewesene, den Fall ins Auge, daß der deutsche Ehemann die Staatsangehörigkeit wechsele und dadurch für die Ehefrau die Geltung eines anderen, ihr ungünstigeren Rechtes herbeiführe. Die Gründe, welche zu der Ablehnung jenes Antrages geführt hätten, träfen zwar auch bei dem gegenwärtigen Antrage zu einem nicht geringen Theile zu. Immerhin handele es sich aber hier um einen nicht unwichtigen Fall, für I Proti 11526 dessen Regelung im Sinne des Antrages | auch das spreche, daß die C.P.O. im § 568 Abs. 2 für den Fall in Ansehung des Gerichtsstandes ebenfalls Vorsorge getroffen habe. 6. Bestimmt soll — vergi, die Anträge 1 bis 3 — werden, Fassung vorbehalten : Auf Scheidung sowie auf Trennung von Tisch und Bett kann auch im Falle der Anwendbarkeit ausländischer Gesetze von einem deutschen Gerichte nur erkannt werden, wenn und soweit die Klage auch nach den deutschen Gesetzen begründet ist. Man hatte erwogen: Obwohl, wie die gefaßten Beschlüsse zeigten, dem Umstände, daß die Normen über Ehescheidung und Trennung von Tisch und Bett auf der sittlichen Natur der Ehe beruhten, nicht die Bedeutung beizulegen sei, daß das inländische Recht auf alle im Inlande erfolgenden Scheidungen und Trennungen von Tisch und Bett schlechthin Anwendung zu finden habe, so sei doch gegenüber der Heiligkeit und sozialen Bedeutung der Ehe daran festzuhalten, daß der inländische Richter zu der Auflösung einer Ehe dann nicht die Hand bieten könne, wenn die Voraussetzungen hierfür nur nach dem Rechte des ausländischen Staates, welchem die Ehegatten angehörten, nicht aber zugleich nach dem inländischen Rechte gegeben seien. Ebenso könne die von einem inländischen Gerichte in Ansehung einer ausländischen Ehe ausgesprochene Scheidung oder Trennung von Tisch und Bett keine weitergehende Wirkungen haben, als der Scheidung und Trennung von Tisch und Bett nach deutschem Rechte zukämen. Der Antrag unter 3 berücksichtige das letztere nicht; auch sei die in demselben enthaltene Bezugnahme auf die §§ 1406 bis I Proti 11527 1410 (K.E.) | in Ansehung der Voraussetzungen der Scheidung und Trennung von Tisch und Bett nicht erschöpfend, da die §§1411 bis 1413 (K.E.) gleichfalls in Betracht zu kommen hätten. Wenn in Ansehung der Ungültigkeitserklärung eine ähnliche Bestimmung für die ausländischen Ehen zu § 16 des Entwurfes nicht beschlossen worden sei, so liege der Grund darin, daß die Ungültigkeitserklärung lediglich eine Deklarierung einer von Anfang an vorhandenen Ungültigkeit der Ehe sei, während bei der Scheidung und Trennung von Tisch und Bett es sich um einen konstitutiven Akt der Staatsgewalt handele, durch welchen eine an sich zurecht bestehende Ehe aufgelöst bzw. getrennt werde. Für die Auflösungsarten, welche neben der Scheidung und Trennung von Tisch und Bett in Frage kämen, brauche etwas Besonderes nicht bestimmt zu werden, da insoweit die Vorschrift des § 35 des Entwurfes genügen werde. 7. Anläßlich des unter 4 an erster Stelle ersichtlichen Antrages wurde beschlossen, Fassung vorbehalten, zu bestimmen: Ist nach den maßgebenden ausländischen Gesetzen nicht die Scheidung, sondern nur Trennung von Tisch und Bett zulässig, so finden die Vorschriften des § 1405 Abs. 3 (K.E.) keine Anwendung. Der Absatz 3 des Entwurfes galt damit als abgelehnt. Die Frage, ob und inwieweit eine Ergänzung der C.P.O. in Folge dieses Beschlusses nöthig werde, blieb der Prüfung bei der Berathung des Einführungsgesetzes bezw. eines Gesetzes betreffend die Revision der C.P.O. vorbehalten. Maßgebend für den Beschluß war: In Ermangelung einer besonderen BestimI Prot 1 11528 mung möchte die | unter 6 beschlossene Vorschrift zur Folge haben, daß auf bestän230
Protokolle der 1. Kommission dige T r e n n u n g von Tisch u n d Bett, auch w e n n dieselbe nach dem Rechte des ausländischen Staates, welchem die Ehegatten angehörten, zulässig bezw. allein möglich sei, im Inlande nicht erkannt werden dürfe, vielmehr eine hierauf gerichtete Klage abzuweisen sei. Ebenso w ü r d e die Vorschrift in sich schließen, daß auf zeitweilige T r e n n u n g von Tisch und Bett bei einer ausländischen E h e n u r in dem Maße erkannt werden könne, in welchem die T r e n n u n g nach inländischem Rechte zulässig sei. Das Letztere gehe, wie bereits in den Bemerk. S. 31 Ziffer 5 dargelegt sei, zu weit. Die Vorschrift des § 1405 Abs. 3 Satz 2 (K.E.) sei d e m g e m ä ß auf Ausländer nicht zu erstrecken. Aber auch in Ansehung des die beständige T r e n n u n g von Tisch und Bett verbietenden § 1405 Abs. 3 Satz 1 erscheine die Erstreckung auf Ausländer nicht angezeigt. W e n n in der Rechtsprechung des Reichsgerichtes d e m § 77 des Gesetzes vom 6. Februar 1875, an welchen der § 1405 Abs. 3 Satz 1 sich anlehne, eine exklusive N a t u r beigelegt w o r d e n sei, so k ö n n e dahingestellt bleiben, inwieweit dies der T e n d e n z des § 77 gerecht werde. Gegenwärtig sei die Sachlage zum Theil eine andere. D e r § 1405 Abs. 3 Satz 1 sei zunächst nur f ü r Inländer beschlossen, und es f r a g e sich, ob der Vorschrift desselben eine solche Bedeutung beigelegt werden müsse, d a ß sie auch unbedingt f ü r Ausländer Geltung habe. Dies sei zu verneinen. Es k ö n n e nicht a n e r k a n n t werden, daß in Folge des Verbotes des § 1405 Abs. 3 Satz 1 die ausländischen N o r m e n über die beständige T r e n n u n g von Tisch und Bett als solche anzusehen | seien, deren A n w e n d u n g gegen die guten Sitten oder die öffentli- | Prot 111529 che O r d n u n g verstoße. D a z u k o m m e , daß bei dem gegenwärtigen Stande der Gesetzgebung in Ansehung des Gerichtsstandes in Ehesachen die Erstreckung des Verbotes auf Ausländer zu einer Rechtlosmachung derjenigen Ausländer in nicht geringem U m f a n g e f ü h r e n würde, welche im Inlande ihren W o h n s i t z hätten und deren heimisches Recht n u r die beständige T r e n n u n g , nicht die Scheidung kenne. 8. Anlangend die äußere A n o r d n u n g der beschlossenen Bestimmungen, so soll, dem Antrage unter 1 gemäß, aber entgegen dem Antrage unter 2, der unter 1 angenommene G r u n d s a t z an die Spitze des P a r a g r a p h e n gestellt werden. 695. Sitzung vom 19. 9. 1887, Schriftführer: Börner I Die Berathung der Vorschrift über das internationale Privatrecht w u r d e fortge- | Prot 111531 setzt. D e r § 19 des E n t w u r f s lautet : IPR S 19 „Das eheliche G ü t e r r e c h t bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, welchem der Ehemann zur Zeit der Eheschließung angehört. Diese Gesetze bleiben auch bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit maßgebend. Eine Schenkung unter Ehegatten wird in Ansehung der Zulässigkeit oder Widerruflichkeit nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann zur Zeit der V o r n a h m e der Schenkung angehört." Es lag der A n t r a g vor : v. Mandry a) den ersten Absatz dahin zu fassen : (Nr 170, 3) „Das eheliche Güterrecht bestimmt sich | n a c h den Gesetzen des Staates, in wel- | P r o t i 11532 chem der E h e m a n n z u r Zeit der Eheschließung den W o h n s i t z hat. Diese Gesetze bleiben auch bei einem Wechsel des Wohnsitzes maßgebend." b) den zweiten Absatz zu streichen, v. Mandry eventuell zu bestimmen: (Nr 172,1) Abs. 1. „Das eheliche Güterrecht bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, welchem der E h e m a n n z u r Zeit der Eheschließung angehört. K ö n n e n nach den Gesetzen dieses Staates die Ehegatten den gesetzlichen Güterstand durch V e r t r a g 231
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
ausschließen und nehmen dieselben, ohne durch Vertrag einen anderen Güterstand begründet zu haben, ihren ersten Wohnsitz in einem anderen Staate, so gilt der gesetzliche Güterstand des letzteren Staates als vertragsmäßiger Güterstand." Abs. 2. „Die im ersten Absätze bezeichneten Gesetze bleiben auch bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes maßgebend." Das Ergebniß der Berathung war: 1. Der Absatz 1 Satz 1 des Entwurfes fand, nach Ablehnung des Hauptantrages sowie des eventuellen Antrages, Fassung vorbehalten, Annahme. Die Kommission vermochte sich aus den Gründen der Motive S. 108 bis 113 und I Prot 1 11533 der Bemerkungen S. 32, 33 nicht davon zu überzeugen, daß es ange-| messen sei, das eheliche Güterrecht durch die Gesetze des Wohnsitzes des Ehemannes und nicht durch die Gesetze des Staates, welchem der Ehemann angehöre, bestimmen zu lassen. Gegen den eventuellen Antrag fiel, abgesehen von sonstigen Bedenken, entscheidend ins Gewicht, daß derselbe, wenn er auch das Prinzip des Entwurfes an die Spitze stelle, im praktischen Ergebnisse doch der Regel nach zur maßgebenden Bedeutung der Gesetze des Wohnsitzes des Ehemannes führe. Im Uebrigen kam bei der Berathung zur Sprache, daß der § 1306 (K.E.) Härten und Unzuträglichkeiten im Gefolge haben könnte, wenn das in ihm enthaltene Verbot, den ehelichen Güterstand durch Bezugnahme auf ein ausländisches Güterrecht zu bestimmen, dem vorstehend gefaßten Beschlüsse gemäß auch für diejenigen Deutschen gelten sollte, welche ihren Wohnsitz im Auslande haben. Der Redaktor des Familienrechts behielt sich vor, bei der Revision des K.E. die Frage, nach Befinden unter Stellung eines geeigneten Antrages, zur Erörterung zu bringen. 2. Der Absatz 1 Satz 2 des Entwurfes (Mot. S. 113—115) erfuhr sachlich keine Anfechtung und wurde, unbeschadet der Nachprüfung der Fassung, dahin angenommen: Dies gilt auch dann, wenn eine Aenderung der Staatsangehörigkeit eintritt. Man gab dieser Fassung den Vorzug, einmal weil die Bestimmung sich lediglich als eine Bekräftigung des bereits in Absatz 1 Satz 1 des Entwurfes enthaltenen Grundsatzes gegenüber einer viel erörterten Streitfrage darstelle, und sodann, weil IProti 11534 auch der durch die Vorschrift des § 32 des Ent-| wurfes nicht ohne Weiteres oder doch nicht in völlig zweifelloser Weise mitgetroffene Fall zu decken sei, daß die bisherige Staatsangehörigkeit erloschen und eine andere nicht erworben sei. 3. Der Absatz 2 des Entwurfes wurde (vergi. Bemerk. S. 33 Ziff. 3) in der Erwägung gestrichen, daß kein genügender Anlaß vorliege, die Schenkungen unter Ehegatten zum Gegenstande besonderer Regelung in der hier fraglichen Hinsicht zu machen, nachdem diese Schenkungen in dem K.E. besonderen Grundsätzen nicht unterstellt seien, überdies auch, soweit nach ausländischem Rechte Schenkungen unter Ehegatten verboten oder beschränkt seien, die sonstigen Vorschriften dieses Abschnittes, insbesondere die zu § 17 des Entwurfes, Prot. S. 11517, angenommene Vorschrift, sofern das Verbot oder die Beschränkung die Wahrung der Integrität der persönlichen Beziehungen der Ehegatten bezwecke, die richtige Entscheidung von selbst an die Hand gäben. IPR § 20
Der § 20 des Entwurfes lautet : „Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, welche nach Schließung der Ehe die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die Vorschriften der §5 1308, 1309 (K.E.) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß der ausländische gesetzliche Güterstand einen von dem deutschen gesetzlichen Güterstande abweichenden vertragsmäßigen Güterstande gleichsteht. Zur Wirksam232
Protokolle der 1. Kommission
keit des ausländischen Güterstandes gegen Dritte genügt eine Eintragung in das I Proti 11535 eherechtliche Register, deren Inhalt besagt, daß dieser | Güterstand bestehe. Die Bestimmungen der §§ 1251, 1255, 1279 (K.E.) finden in Ansehung der im ersten Absätze bezeichneten Ehegatten ohne Rücksicht auf den bestehenden Güterstand entsprechende Anwendung." Beantragt war, in Absatz 1 a) statt der Worte „der ausländische gesetzliche Güterstand" Zeile 7 zu setzen : „der unter ihnen bestehende Güterstand". b) Satz 2 zu streichen 3 . Die Vorschrift wurde absatzweise berathen : 1. Der Absatz 1 Satz 1 des Entwurfes wurde, Fassung vorbehalten, mit der Maßgabe gebilligt, daß statt „deutsche Staatsangehörigkeit" gesetzt werden soll „Reichsangehörigkeit" und daß vor den Worten „der ausländische gesetzliche Güterstand" das Wort „auch" eingefügt wird. Man sah in der beschlossenen Bestimmung (vergi. Mot. S. 110, Bemerk. S. 33, 34) einen nothwendigen und zugleich genügenden Schutz des inländischen Verkehrs gegenüber der von dem inländischen Rechte abweichenden Gestaltung ausländischer Güterstände, soweit solche bei Ehegatten, welche ihren Wohnsitz im Inlande haben, nach dem zu § 19 des Entwurfes gefaßten Beschlüsse in Frage kommen. Die Ersetzung des Ausdruckes „deutsche Staatsangehörigkeit" durch den Ausdruck „Reichsangehörigkeit" erfolgte mit Rücksicht auf das Gesetz über die Erwerbung | und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 § 1 verb, mit dem Gesetze, betreffend die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871 § 2 Abs. 2 (vergi, über den Gebrauch des Ausdruckes „Reichsangehörigkeit" das Reichsmilitärgesetz vom 2. Mai 1874 § 11). Die Einfügung des Wortes „auch" an der bezeichneten Stelle soll, entsprechend der Tendenz des Antrages unter a, klarstellen, daß nicht bloß der gesetzliche, sondern auch der vereinbarte Güterstand einer unter ausländischem Güterrechte stehenden Ehe gemeint sei. Der Redaktion wurde anheimgegeben, den Ausdruck „deutsche Staatsangehörigkeit" in der zu § 7 Abs. 2 des Entwurfes, Prot. S. 11486, beschlossenen Bestimmung ebenfalls durch den Ausdruck „Reichsangehörigkeit" zu ersetzen. 2. Der Absatz 1 Satz 2 des Entwurfs wurde gestrichen. Die Gründe waren : Nach §§ 1308, 1309 verbunden mit §§ 1400, 1402 (K.E.) müßten diejenigen Bestimmungen eines Ehevertrages, welche f ü r die Wirksamkeit eines konkreten Rechtsgeschäfts von Bedeutung seien, in das Eheregister eingetragen sein, wenn der gute Glaube des Dritten keine Berücksichtigung finden solle (Prot. S. 7241, 7260, 7261). Vereinbarten Inländer, daß an die Stelle des gesetzlichen Güterstandes schlechthin allgemeine Gütergemeinschaft oder sonst ein in dem bürgerlichen Gesetzbuche geregelter Güterstand treten solle, so sei jenem Erfordernisse der Eintragung in Ansehung aller in Betracht kommenden Rechtsgeschäfte genügt, wenn die Eintragung dahin gehe, daß allgemeine Gütergemeinschaft, Errungenschaftsgemeinschaft, u.s.w. vereinbart sei. | Eine entsprechend gleich kurze Eintragung genüge, wenn Personen, welche ihren Wohnsitz im Inlande hätten, nach dem gesetzlichen 3
Von v. Mandry lag der Antrag Nr. 172, 2 vor: für den Fall der Annahme des in Nr. 170 Ziff. 3 lit. a (zu § 19 Abs. 1) oder des unter 1. zu § 19 gestellten Antrages (Nr. 172, 1) den § 20 zu fassen: „Haben Ehegatten, für welche gesetzliches Güterrecht des Auslandes maßgebend ist, den Wohnsitz durch Verlegung desselben in das Inland, so finden . .
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Kurlbaum (Nr 169,4)
| Proti 11536
| Prot 111537
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Güterstande des für sie maßgebenden ausländischen Güterrechts lebten. Dies brauche nicht besonders hervorgehoben zu werden, da es schon in der unter Ziffer 1 gebilligten Bestimmung mit ihrer Bezugnahme auf die §§ 1308, 1309 (K.E.) liege. Dagegen könne dem Entwürfe darin nicht beigetreten werden, daß die einfache Eintragung, es bestehe ein ausländischer Güterstand, auch dann genüge, wenn die betreffenden Ehegatten einen von dem ausländischen gesetzlichen Güterstande abweichenden Güterstand vereinbart hätten. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb das Gesetz in diesem Falle geringere Anforderungen an die Eintragung stellen solle, als in dem entsprechenden Falle, wenn Inländer den gesetzlichen Güterstand des inländischen Rechtes durch einen Ehevertrag modifiziert hätten. In dem einen wie in dem anderen Falle hätten, wenn der gute Glaube des Dritten nicht geschützt sein solle, die einschlagenden besonderen Bestimmungen des Ehevertrages aus dem Eheregister zu erhellen. 3. Der Absatz 2 des Entwurfes wurde gestrichen, da man ein Bedürfniß für denselben nicht anerkannte und vielmehr befürchtete, daß aus der Anwendung des inländischen Rechtes in den fraglichen Beziehungen neben den für die Ehegatten, in allen anderen Beziehungen geltenden ausländischen Rechte Verwirrung entstehen könnte. I Proti 11538 4. Die Ausführungen der Motive S. 117 über| die Geschäftsfähigkeit der Ehefrau begegneten bei ihrer Erörterung keinem Widerspruche. IPR S 21
Der § 21 des Entwurfes lautet : „Die eheliche Abstammung einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann der Mutter der Person zur Zeit der Geburt der letzteren angehört oder, wenn er vor der Geburt gestorben ist, zuletzt angehört hat." v. Mandry Es lag der Antrag vor, die Bestimmung dahin zu beschließen: (Nr 172,3) „Die eheliche Abstammung eines Kindes wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört oder im Falle seines Todes zuletzt angehört hat." Die Kommission entschied für folgende, bei der Redaktion noch näher zu prüfende Fassung: Die Ehelichkeit eines Kindes wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört oder, wenn er vor dessen Geburt gestorben ist, zuletzt angehört hat. In sachlicher Hinsicht (vergi. Mot. S. 118) bestand keine Meinungsverschiedenheit. Das von einer Seite angeregte Bedenken, ob, wenn von dem Ehemanne der Mutter gesprochen werde, auch die Kinder aus ungültigen Ehen, sowie die in einzelnen Rechten als eheliche Kinder behandelten Brautkinder getroffen würden, wurde I Prot 1 11539 nicht weiter ver-| folgt, nachdem bemerkt worden war, daß das richtige Prinzip auch für diese besonderen Fälle aus den übrigen Bestimmungen des Gesetzbuches sich von selbst ergeben werde. IPR § 22
Der S 22 des Entwurfes lautet: „Die Legitimation eines unehelichen Kindes wird in Ansehung des Vaters nach den Gesetzen des Staates, welchem der Vater, in Ansehung des Kindes nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem das Kind angehört. Die Ehelichkeitserklärung steht demjenigen Staate zu, welchem der Vater angehört. Die für die Erklärungen der Betheiligten erforderliche Form bestimmt sich gleichfalls nach diesen Gesetzen; die Vorschrift des § 9 Satz 2 findet keine Anwendung. 234
Protokolle der 1. Kommission Die Wirkungen einer Legitimation werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Die Bestimmungen des ersten bis dritten Absatzes finden auf die Annahme an Kindesstatt entsprechende Anwendung." Der Entwurf fand aus den Gründen der Motive S. 118 bis 120 und der Bemerk. S. 34, 35, Fassung vorbehalten, mit der Maßgabe Annahme, daß in Absatz 4 statt „Bestimmungen" zu setzen sei „Vorschriften". Einvernehmen bestand, daß durch die Bestimmung des Absatz 3 des Entwurfes die Vorschrift des § 23 des | Entwurfes nicht | Prot 111540 berührt werde. Dem Redaktor des Familienrechtes wurde die Prüfung der bei der Revision des K.E. zu erledigenden Frage überwiesen, ob gegenüber dem § 22 der Satz 1 des § 1548 (K.E.) noch nothwendig bezw. am Platze sei und ob, wenn derselbe gestrichen werde, der Satz 2 des § 1548 etwa in das Einführungsgesetz zu verweisen sei. Der §23 des Entwurfes lautet: IPR§23 „Das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater angehört. Ist der Vater gestorben, so sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem die Mutter angehört. Wechselt der Elterntheil die Staatsangehörigkeit, so sind die Gesetze des Staates, dessen Angehöriger der Elterntheil wird, auch in Ansehung desjenigen Vermögens maßgebend, welches das Kind bereits besitzt." Beantragt war: den Satz 3 zu streichen, dagegen zuzusetzen: „Erwirbt ein Ausländer die Reichsangehörigkeit, nachdem für ihn die elterliche Gewalt über ein Kind beendigt, ausgeschlossen oder beschränkt ist, so bleibt die eingetretene Beendigung, Ausschließung oder Beschränkung der elterlichen Gewalt bestehen." Die Sätze 1 und 2 des Entwurfes wurden in sachlichem Einklänge mit dem Entwürfe, Fassung vorbehalten, dahin angenommen : |Das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater angehört, und wenn der Vater gestorben ist, nach den Gesetzen des Staates, welchem die Mutter angehört. Dabei war man einverstanden, daß die Bestimmung nur die Bedeutung haben könne und solle, daß die Gesetze des Staates zu entscheiden hätten, welchem der Vater bezw. die Mutter jeweils angehörten. Die Ausführung in den Bemerk. S. 35, daß dasjenige, was von ehelichen Kindern gelte, auch von Personen zu gelten habe, welche die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes nach den hierfür maßgebenden Gesetzen erlangt hätten, blieb unbeanstandet. Der Satz 3 des Entwurfes, gegen dessen Richtigkeit eine Einwendung nicht erhoben worden war, wurde als entbehrlich gestrichen, da nicht zu bezweifeln sei, daß die Jurisprudenz schon an Händen der allgemeinen Grundsätze (vergi. Mot. S. 121, 122) zu dem gleichen Ergebnisse gelangen werde. Der beantragte Zusatz fand nicht die erforderliche Zustimmung. Maßgebend für die Ablehnung war : Der zu § 23 des Entwurfes angenommene Grundsatz habe zur Folge, daß die als eine einzelne Seite des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern sich darstellende elterliche Gewalt hinsichtlich ihres Bestandes oder Nichtbestandes nach den Gesetzen des Staates zu beurtheilen sei, welchem der Vater bezw. die Mutter jeweils angehöre. Dabei habe es auch in den von dem Antrage ins Auge | gefaßten Fällen zu bewenden. Die nach dem bisherigen Rechte eingetretene Beendigung, Ausschließung 235
Kurlbaum (Nr 173,1)
| Prot 111541
| Prot 111542
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
oder Beschränkung der elterlichen Gewalt schaffe auf Seiten des Kindes kein jus quaesitum. Außerdem sei die elterliche Gewalt in den einzelnen Staaten so verschieden gestaltet, daß eine Anerkennung der die elterliche Gewalt in dem einen Staate berührenden Vorgänge seitens des anderen Staates, dessen Angehörige die Betheiligten würden, auch schon deshalb nicht ohne Weiteres erfolgen könne. Seien im Falle des Erwerbes der Reichsangehörigkeit seitens ausländischer Eltern nach deutschem Rechte die Voraussetzungen für die elterliche Gewalt gegeben, so entstehe dieselbe, wenn sie nach dem Rechte des bisherigen Heimathsstaates beendigt gewesen sei, von neuem. Nur entfalle selbstverständlich die in der elterlichen Gewalt liegende gesetzliche Vormundschaft, wenn das Kind bereits nach den Gesetzen des Staates, dem es bisher angehört habe, die Geschäftsfähigkeit besessen habe, da diese Geschäftsfähigkeit nach dem zu § 7 Absatz 2 des Entwurfes Prot. S. 11486, gefaßten Beschlüsse demselben verbleibe, auch wenn es nach deutschem Rechte noch nicht geschäftsfähig sein würde. Ferner werde, wenn dem Vater bezw. der Mutter von dem ausländischen Rechte die elterliche Gewalt aus einem Grunde entzogen worden sei, der auch nach dem deutschen Rechte ein Entziehungsgrund sei, der Anerkennung der Entziehung kaum etwas entgegenstehen; jedenfalls hätte die Vormundschaftsbehörde, wenn der Grund bei dem Erwerbe der Reichsangehörigkeit noch fortbestände, mit der Entziehung vorzugehen. I Prot 1 11543 IPR§24
| Der § 24 des Entwurfes lautet: „Verbleiben bei dem Wechsel der Staatsangehörigkeit seitens eines Deutschen dessen Ehefrau und Kinder im deutschen Staatsverbande, so finden die Gesetze des Staates, dessen Angehöriger der Deutsche wird, sofern dieselben nach den Bestimmungen der §§17, 18 Abs. 1, §§21, 23 für die Ehefrau und Kinder maßgebend sein würden, auf diese nur insoweit Anwendung, als sie ihnen günstiger sind." Beantragt war:
Planck (Nr 174)
1. Die Vorschrift dahin zu beschließen : „Verbleiben . . . Staatsverbande, so finden, soweit nach den Bestimmungen der §§ 17, 18 Abs. 1, §§ 21, 23 die Gesetze des Staates, dessen Angehöriger der Deutsche wird, für die Ehefrau oder die Kinder maßgebend sein würden, statt derselben die deutschen Gesetze Anwendung. Das Gleiche gilt in Ansehung der Ehefrau, wenn dieselbe in Folge des Wechsels der Staatsangehörigkeit von Seiten ihres Ehemannes, zwar ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit verloren hat, jener Wechsel aber ohne ihre Einwilligung oder Genehmigung erfolgt ist." 2. zu bestimmen: „Wenn die Reichsangehörigkeit eines Deutschen erlischt, die Ehefrau oder ein I Prot 1 11544 Kind desselben aber die Reichs-| angehörigkeit behält, so finden . . . für die Ehefrau Kurlbaum oder das Kind maßgebend . . ." (wie im Entwurf). (Nr 173, 2) Der § 24 wurde, unter Billigung des Grundgedankens desselben (Mot. S. 124), in folgender, bei der Redaktion noch nähere zu prüfender Fassung, angenommen: Wenn die Reichsangehörigkeit eines Deutschen erlischt, die Ehefrau oder ein Kind desselben aber die Reichsangehörigkeit behält, so finden, soweit nach den Bestimmungen der §§ 17, 18 Abs. 1, §§ 21, 23 die Gesetze des Staates, dessen Angehöriger der Deutsche geworden ist, anwendbar sein würden, nicht diese Gesetze, sondern die deutschen Gesetze Anwendung. Der Beschluß weicht von dem Entwürfe insofern ab, als in dem vorausgesetzten Falle für die Ehefrau und die Kinder die deutschen Gesetze schlechthin und nicht bloß insoweit maßgebend sein sollen, als sie für dieselben günstiger sind im Vergleich 236
Protokolle der 1. Kommission
zu den an sich zur Anwendung zu bringenden Gesetzen des Staates, dessen Angehöriger der Ehemann bezw. Vater geworden ist. Man entschied für Ersteres in der Erwägung: An und für sich sei davon auszugehen, daß das deutsche Recht die in Frage stehenden Rechtsbeziehungen für die Deutschen am angemessensten ordne, und daß, wenn die im Reichsverbande verbleibenden Ehefrauen und Kinder wirklich zu schützen seien, dies am besten dadurch geschehe, daß das deutsche Recht in Ansehung derselben | in Geltung belassen werde. Es erscheine aber auch, abgesehen | Prot 111545 hiervon, bedenklich, bei so verwickelten Verhältnissen, wie das persönliche Verhältniß der Ehegatten zu einander, das Eltern- und Kinderverhältniß u. s.w. seien, zwei Rechte mit einander dergestalt zu vermischen, daß bald das eine, bald das andere Recht zur Anwendung zu kommen habe. Zudem fehle es an einem sicheren Maßstabe für die Feststellung, ob das eine oder das andere Recht im einzelnen Falle das günstigere sei. Die praktische Durchführung des Vorschlages des Entwurfes würde daher den erheblichsten Schwierigkeiten begegnen. Der Absatz 2 des Antrages unter 1 wurde abgelehnt. Erwogen war: Eine dem Gedanken des Antrages entsprechende Sonderbestimmung sei zu § 17 des Entwurfes (Prot. S. 11518) abgelehnt, zu § 18 des Entwurfes (Prot. S. 11525) angenommen worden. Allgemein die Ehefrau mit dem Antrage zu schützen, wenn der Ehemann das Erlöschen der Reichsangehörigkeit ohne ihre Einwilligung zugleich für dieselbe mit herbeigeführt und ihr durch den Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit diese ihr ebenfalls erworben habe, müsse Anstand genommen werden. Der Antrag laufe der Sache nach auf eine Aenderung des Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 hinaus. Die Bestimmung in § 19 dieses Gesetzes, daß die Entlassung des Ehemannes aus dem Staatsverbande, sofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht werde, zugleich auf die Ehefrau sich erstrecke, solle für den Bereich des Privatrechtes ihre Bedeutung genommen werden. Für ein sol-| ches, in das Staatsrecht übergreifendes Vorgehen fehle | Prot 111546 es an einem zureichenden Grunde. Dazu komme, daß, wie bereits früher (Prot. S. 11519) erörtert worden sei, die Fälle, in welchen die Voraussetzungen des Antrages zuträfen, seltene seien. Diese Seltenheit trete noch schärfer in das Licht, wenn man berücksichtige, daß, wenn auch der Ehemann das Erlöschen der Reichsangehörigkeit für die Ehefrau nach § 19 des erwähnten Gesetzes mitherbeizuführen in der Lage sei, doch der Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit seitens des Ehemannes keineswegs immer zugleich auch der Ehefrau diese Staatsangehörigkeit verschaffe, da in nicht wenigen ausländischen Staaten die Naturalisation eines Ehemannes dessen Ehefrau überhaupt nicht ergreife. 696. Sitzung vom 21. 9. 1887, Schriftführer : Börner
I Die Berathung der Vorschriften über das internationale Privatrecht wurde fort- I Prot 111547 gesetzt. Der § 25 des Entwurfes lautet: „Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter IPR § 25 wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters wird nach den Gesetzen des Orts beurtheilt, an welchem der uneheliche Vater zur Zeit der Geburt des Kindes seinen Wohnsitz oder in Ermangelung eines solchen seinen Aufenthalt hatte. Ist jedoch der Wohnsitz oder Aufenthaltsort von dem unehelichen Vater vor der Geburt des Kindes 237
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
geändert worden, so bleiben die Gesetze am Orte des früheren Wohnsitzes oder Aufenthaltes maßgebend, soweit dieselben für das Kind und die uneheliche Mutter günstiger sind." I Prot 1 11548 | Es lagen die Anträge vor. Kurlbaum 1. zu bestimmen : (Nr 173, 3 u. „Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter 179,1) sowie die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Johow 2. Die Vorschrift dahin zu beschließen : (Nr 165) „Das Rechtsverhältniß eines unehelichen Kindes zu dessen Mutter und deren Verwandten wird (u.s.w. wie im revid. Entw.). Die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen ihren Aufenthalt hatte. Hat die Mutter ihren Wohnsitz oder Aufenthalt innerhalb dreihundert Tage vor der Geburt des Kindes geändert, so bleiben die Gesetze am Orte ihres früheren Wohnsitzes oder Aufenthaltes maßgebend, soweit dieselben für den unehelichen Vater günstiger sind." v. Mandry 3. a) In Abs. 1 die Worte (Nr 178,1) „zur Zeit der Geburt des Kindes" zu streichen; (zu vergi. § 23 Satz 1); b) den Abs. 2 dahin zu beschließen: „Die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem das Kind mit der Geburt angehört." (zu vergi. R.-Ges. vom 1. Juni 1870 § 3). IProti 11549 c) eventuell, d. h. wenn beschlossen werden soll-|te, auf vor der Geburt eintretende Aenderungen Rücksicht zu nehmen (Entw. Abs. 2 Satz 2 und Antrag unter 2 Abs. 2), beizufügen: „Hat die Staatsangehörigkeit der Mutter während der Empfängnißzeit sich geändert, so sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem die Mutter im Beginne der Empfängnißzeit angehört hat. Die Empfängnißzeit bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, welchem die Mutter bei der Geburt des Kindes angehört." Beschlossen wurde zu Abs. 1 des Entwurfes, unter Berücksichtigung des Antrages unter 3 a, Fassung vorbehalten, zu bestimmen: Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter angehört. Die Vorschrift des § 24 findet entsprechende Anwendung. Man ging davon aus : Die Gründe, welche bei der Berathung des § 23 des Entwurfes dazu geführt hätten, das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern den Gesetzen des Staates zu unterstellen, welchem der Vater bezw. die Mutter angehöre, nöthigten auch hier dazu, das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter nach den Gesetzen des Staates zu bestimmen, welchem die Mutter angehöre, d. h. (wie im Sinne des § 23) jeweils angehöre. Erwerbe eine ausländische uneheliche Mutter die Reichsangehörigkeit, so könne derselben die I Prot 1 11550 elterliche Gewalt, die sie nach dem Rechte des Staates, | dem sie bisher angehört, über ihr Kind besessen habe, nicht mehr zustehen. Ebenso habe von der Zeit der Erwerbung der Reichsangehörigkeit an Umfang und Inhalt der Unterhaltspflicht zwischen Mutter und Kind nach dem deutschen Rechte sich zu bemessen. Wenn der Entwurf das entscheidende Gewicht auf die Gesetze des Staates lege, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehöre, so habe derselbe vornehmlich die Frage im 238
Protokolle der 1. Kommission Auge, ob ein Kind das uneheliche Kind einer bestimmten Mutter sei. Allein dies sei eine rein thatsächliche Frage, die nur im französischen Rechte vermöge der ihm eigenthümlichen Gestaltung eine gewisse rechtliche Bedeutung erlangt habe, und die um so mehr auf sich beruhen könne, als die gegenwärtige Bestimmung zur Voraussetzung habe, daß diese Frage im einzelnen Falle bereits durch thatsächliche Feststellung erledigt sei. Mit dem Antrage unter 2 das Verhältniß des unehelichen Kindes zu den mütterlichen Verwandten und, wenn man vollständig sein wolle, auch das Verhältniß der Abkömmlinge des unehelichen Kindes zu diesen Verwandten (vergi. § 31 Abs. 3, § 1532 K.E.) in den Bereich der Regelung zu ziehen, sei nicht angezeigt. In der Hauptsache komme insoweit nur die Unterhaltspflicht und das Erbrecht in Frage, und in dieser Hinsicht griffen, wie später zu erörtern sein werde, besondere Grundsätze Platz. Gehe man aber davon aus, daß das Rechtsverhältnis zwischen dem unehelichen Kinde und der Mutter nach den Gesetzen des Staates sich bestimme, welchem die Mutter jeweils angehöre, so habe auch die Schutzvorschrift des § 24 des Entwurfes bei einem auf das Kind sich nicht erstreckenden Wechsel | der Staatsange- | Prot 111551 hörigkeit seitens der Mutter zur Geltung zu kommen und sei demgemäß der § 24 für entsprechend anwendbar zu erachten. Zu Abs. 2 des Entwurfes entschied man, nachdem der Antragsteller zu 3 erklärt hatte, daß er den eventuellen Antrag unter c fallen lasse, für folgende, bei der Redaktion hinsichtlich der Fassung noch näher zu prüfende Vorschrift: Die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters und dessen Verpflichtung, der Mutter wegen der Kosten der Entbindung und des Unterhaltes während des Wochenbettes Ersatz zu leisten, werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. Maßgebend für den Beschluß war: a) der Standpunkt des Entwurfes sei, soviel zunächst die Unterhaltsverpflichtung des unehelichen Vaters gegenüber dem Kinde anlange, nicht mehr haltbar, nachdem zu § 13 des Entwurfes, S. 11510, beschlossen worden sei, daß die gesetzlichen Obligationen nicht nach dem Rechte am Wohnsitze des Schuldners, sondern nach dem Rechte des Ortes zu beurtheilen seien, an welchem der für die Entstehung des Schuldverhältnisses maßgebende Thatbestand sich verwirklicht habe. Wende man die letztere Regel auf die Unterhaltsverpflichtung des unehelichen Vaters an, so würde, da der dieser Verpflichtung zum Grunde liegende Thatbestand an dem Orte, wo das Kind geboren werde, zur Vollendung gelange, das Recht dieses Ortes zu entscheiden haben. Gegen die Anerkennung der maßgebenden Bedeutung dieses Rechtes spreche, daß die Mutter einen nicht zu rechtfertigenden Einfluß | auf die Bestimmung des | Prot 111552 im einzelnen Falle zur Anwendung zu bringenden Rechtes erhalten würde insofern, als sie namentlich zur Niederkunft denjenigen Ort wählen könnte, dessen Recht dem Kind am günstigsten wäre. Das letztere sei ausgeschlossen, wenn auf das Recht des Schwängerungsortes als desjenigen Ortes abgestellt werde, an welchem das wichtigste Moment des Thatbestandes sich vollzogen habe. Allein dem stehe schon das Bedenken entgegen, daß die Feststellung des Schwängerungsortes nicht selten erheblichen thatsächlichen Schwierigkeiten begegne. Habe man aber in Berücksichtigung dessen von der Anwendung der zu § 13, S. 11510, beschlossenen Regel abzusehen und hätten lediglich Zweckmäßigkeitsrücksichten zu entscheiden, so erscheine es am angemessensten, den Gedanken des ursprünglichen Entwurfes mit den Anträgen unter 1 und 3 wieder aufzunehmen und das Recht desjenigen Staates für maßgebend zu erklären, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehöre. Hierauf weise namentlich der enge Zusammenhang der Unterhaltspflicht mit der öffentlichen Armenpflege hin, wie in den Motiven S. 127 des Näheren ausgeführt sei. Der Fall, 239
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
daß die Mutter die Staatsangehörigkeit während der Schwangerschaft wechsele, verdiene, mangels praktischer Bedeutung, keine besondere Berücksichtigung. Wenn der Antrag unter 3 b auf die Gesetze des Staates abhebe, welchem das Kind mit der Geburt angehöre, so sei dies an sich richtig. Da indessen das uneheliche Kind bei der Geburt nur eine von der Staatsangehörigkeit der Mutter abgeleitete Staatsangehörigkeit besitze (§3 des Gesetzes vom 1. Juni 1870), so werde besser das Recht des I Prot 1 11553 | Staates als maßgebend bezeichnet, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehöre. b) Der Anspruch, welchen die Mutter des Kindes gegen den unehelichen Vater wegen der Kosten der Entbindung und des Unterhaltes während des Wochenbettes habe (§ 1541 K.E.), sei strenggenommen kein Unterhaksanspruch sondern ein Ersatzanspruch (Prot. S. 7896, 7897, 7904). Die entsprechende Verpflichtung des unehelichen Vaters könne daher hier nicht füglich mit dem Entwürfe unter den Begriff der Unterhaltspflicht gebracht werden, sondern habe im Gesetze besondere Berücksichtigung zu finden. Richtig sei aber, daß dieser Ersatzanspruch, da er der Mutter vorwiegend im Interesse des Kindes gewährt sei, den gleichen Gesetzen zu unterstellen sei, wie der Unterhaltsanspruch des Kindes. Soweit nach deutschen (vergi. § 722 Abs. 2 K.E.) oder ausländischen Gesetzen einer Geschwächten sonstige Rechte gegen den Konkumbenten zuständen, brauche dagegen etwas Besonderes nicht vorgesehen zu werden. Es komme auf die Natur der betreffenden Obligation an und hätten, je nachdem ein Delikt oder eine andere gesetzliche Obligation angenommen werde, die nach den zu §§ 12, 13 des Entwurfes gefaßten Beschlüssen maßgebenden Gesetze, vorbehaltlich des $ 35 des Entwurfes, zu entscheiden. Planck (Nr 175, 1) I P r o t i 11554
Kurlbaum (Nr 179,2)
I Prot!11555
Es lag der Antrag vor, als § 25 a zu bestimmen : „Die gesetzliche Unterhaltspflicht der Verwandten unter einander wird, soweit für dieselbe nicht die Bestimmungen der §§ 23—25 maßgebend sind, nach den Gesetzen desjenigen Staates beurtheilt, welchem die Verwandten, um deren Un-| terhaltspflicht gegen einander es sich handelt, zu derjenigen Zeit angehören, in welcher der für die Unterhaltspflicht maßgebende Thatbestand sich verwirklicht. Gehören die Verwandten verschiedenen Staaten an, so ist die Unterhaltspflicht unter ihnen nur insoweit begründet, als sie nach den Gesetzen beider Staaten begründet ist." Dazu war der sachlich nicht abweichende Unterantrag gestellt, die Vorschrift dahin zu fassen: „Die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten wird, soweit nicht die Vorschriften der §§ 23 bis 25 maßgebend sind, nach den Gesetzen desjenigen Staates beurtheilt, welchem die Verwandten zu der für die Unterhaltspflicht in Betracht kommenden Zeit angehören. Unter Verwandten, welche zu dieser Zeit verschiedenen Staaten angehören, ist die Unterhaltspflicht nur insoweit begründet, als sie nach den Gesetzen jedes der beiden Staaten begründet ist." Die Kommission beschloß folgende Bestimmung aufzunehmen: Die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten wird, unbeschadet der Vorschriften der §§ 23 bis 25, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Verwandten zu der für die Unterhaltspflicht in Betracht kommenden Zeit angehören. Gehören die Verwandten zu dieser Zeit verschiedenen Staaten an, so ist die Unterhaltspflicht nur insoweit begründet, als sie nach den Gesetzen jedes der beiden Staaten begründet ist. I Die Prüfung der Fassung blieb der Redaktion vorbehalten. In sachlicher Hinsicht bestand Einvernehmen. Eine Meinungsverschiedenheit zeigte sich nur hinsichtlich der Frage, ob die Aufnahme der Bestimmung nothwendig 240
Protokolle der 1. Kommission sei. Für die Entbehrlichkeit war geltend gemacht worden: Die Vorschrift lasse sich ableiten schon aus allgemeinen Grundsätzen in Verbindung mit den bisher beschlossenen Bestimmungen, welche auf die maßgebende Bedeutung der Staatsangehörigkeit in der hier fraglichen Hinsicht hinwiesen. Außerdem blieben für deren Anwendung nur wenige Fälle, nachdem die Beurtheilung der Unterhaltspflicht zwischen Eltern und Kindern sowie zwischen dem unehelichen Kinde und dessen Mutter durch die zu §§ 23 bis 25 des Entwurfes angenommenen Bestimmungen bereits geordnet sei. Die Mehrheit ging indessen davon aus, daß der erwähnten Bestimmungen ungeachtet immer noch wichtiger Fälle ungedeckt blieben, und daß auch die rechtliche Beurtheilung derselben keineswegs so zweifelsfrei sei, daß von der Aufnahme einer Bestimmung Abstand zu nehmen, sich empfehle, da, abgesehen von der Frage, inwieweit bei einem Schweigen des Gesetzes die zu § 13 des Entwurfes, S. 11510 beschlossene Vorschrift herbeigezogen werden könnte, es an einem allgemeinen Satze über die maßgebende Bedeutung des Staatsangehörigkeitsprinzipes in Statusangelegenheiten fehle, ferner auch die Frage verschiedene Beantwortung erfahren könnte, ob bei einem Auseinanderfallen der Staatsangehörigkeit der Betheiligten die Gesetze beider Staaten oder nur die Gesetze des Staates, welchem, sei es der als Verpflichteter in Anspruch Ge-| nommene, sei es der den Anspruch Erhe- | Prot 111556 bende, angehöre, in Betracht zu kommen hätten. Die §§ 26, 27, 27 a des Entwurfes wurden mit Rücksicht auf einen vorliegenden Antrag gemeinsam der Berathung unterstellt. Der § 26 des Entwurfes lautet : IPR § 26 „Die Voraussetzungen für die Bevormundung einer Person werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört. Ausländer werden im Inlande nur bevormundet, wenn sie auch nach den deutschen Gesetzen zu bevormunden sein würden." der § 27 des Entwurfes : IPR § 27 „Die Anordnung und Führung der Vormundschaft, die Fürsorge und Aufsicht der Vormundschaftsbehörde, die Verbindlichkeiten zwischen Vormund und Mündel werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Vormundschaftsbehörde angehört. Die Pflicht und das Recht des Vormundes, f ü r das Vermögen des Mündels zu sorgen, erstreckt sich auch auf die im Auslande befindlichen Vermögensgegenstände des Mündels, soweit nicht die Gesetze am Orte der belegenen Sache entgegenstehen." der ξ 27 a des Entwurfes : „Die Vorschriften der 26, 27 finden auf die Pflegschaft entsprechende Anwendung." Beantragt war: 1. den Absatz 2 des § 26 zu streichen. (Sollte die beantragte Streichung ohne gleichzeitige Ergänzung der zu § 7 des Entw., S. 11487 gefaßten Beschlusses | Bedenken erregen, so wird, jedoch nur eventuell, beantragt, in diesem Beschlüsse hinter dem Worte „Ausländer" einzuschalten „über welchen im Inlande eine Vormundschaft nicht angeordnet ist." (Vergi. Mot. S. 131.)
IPR S 27 a
Planck (Nr 175,2) I Prot 11 ' 557
2. Die Prot. S. 8143 vorläufig gestrichenen Absätze 2 und 3 des § 478 des Fami- v. Mandry lienrechtsentwurfes, welche lauten: (Nr 178, 2) „Für Ausländer erfolgt die Anordnung einer Vormundschaft nur, wenn dieselben nach den für sie zur Anwendung kommenden Gesetzen des vormundschaftlichen 241
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Schutzes bedürfen, denselben von Seiten desjenigen Staates, dem sie angehören, nicht erhalten und in Deutschland wohnen oder sich aufhalten. Eine für Ausländer im Inlande angeordnete Vormundschaft ist auf Verlangen desjenigen Staates, dem sie angehören, an denselben abzugeben." hier zur Erledigung zu bringen und hinter § 27 einzustellen. Kurlbaum (Nr 179, 3)
3. An Stelle der §§ 26, 27, 27 a zu bestimmen : „Ein Ausländer wird im Reiche nur bevormundet, wenn der Staat, welchem die zu bevormundende Person angehört, die Sorge für dieselbe nicht übernehmen will. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann jedoch im Interesse der Person vorläufige Maßregeln treffen, insbesondere eine Pflegschaft anordnen. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden in Ansehung der Pflegschaft entsprechende Anwendung, sofern nicht die Pflegschaft als vorläufige Maßregel anzuordnen ist."
I Prot 1 11558
| Die Berathung ergab : 1. Die durch die Anträge unter 2 und 3 angeregte, im Entwürfe nicht erledigte Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen für Ausländer im Inlande eine Vormundschaft oder Pflegschaft angeordnet werden könne bezw. anzuordnen sei, wurde zunächst erörtert. Die Kommission beschloß, die Frage zu entscheiden und nahm, Fassung vorbehalten, folgende Bestimmung an: Ein Ausländer wird im Inlande nur dann bevormundet, wenn er im Inlande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat und wenn der Staat, welchem der Ausländer angehört, die Fürsorge für denselben ablehnt. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann jedoch im Interesse der Person vor der Ablehnung vorläufige Maßregeln treffen, insbesondere eine Pflegschaft anordnen. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden in Ansehung einer anderen Pflegschaft entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß, sofern die Anordnung der Pflegschaft den Wohnsitz oder Aufenthalt des Pflegebefohlenen innerhalb des Bezirkes des Vormundschaftsgerichtes nicht erforden, die vorläufigen Maßregeln und die Anordnung der Pflegschaft auch dann zulässig sind, wenn der Ausländer im Inlande nicht seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat. Die Absätze 2 und 3 des § 478 des Familienrechtsentwurfes sowie die Anträge unter 2 und 3 galten damit als erledigt. Die Gründe waren: Gegen die Aufnahme einer Bestimmung darüber, ob und inwieweit die GewähI Prot 1 11559 rung des vor-| mundschaftlichen oder pflegschaftlichen Schutzes auch auf Ausländer sich zu erstrecken habe, sei von einer Seite geltend gemacht worden, daß die Bestimmung in das Gebiet des Völkerrechts eingreife, insofern es sich dabei um die Abgrenzung des Machtbereiches der einzelnen Staaten handele. Von anderer Seite habe man eine Bestimmung der fraglichen Art zwar für in dieser Hinsicht unbedenklich und für räthlich erachtet, es aber als angemessener bezeichnet, die Bestimmung nicht an dieser Stelle, sondern in einem Gesetze über das Verfahren in Vormundschaftssachen im Zusammenhange mit den Vorschriften über die Zuständigkeit u.s.w. zu geben. Weder der eine noch der andere Standpunkt verdiene Billigung. In der Bestimmung der Tragweite der Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches über Bevormundung liege kein Uebergriff in das Völkerrecht. Die konkrete Rechtsordnung, welche diese Tragweite regele, befinde sich völlig innerhalb ihrer Zuständigkeit. In den einzelnen deutschen Staaten sei bisher kein Anstand genommen worden, Bestimmungen in dieser Richtung zu treffen. Sehe das Reichsrecht von einer einschlagenden Bestimmung ab, so bleibe eine Lücke und die wenig wünschenswerthe Folge würde überdies sein, daß die betreffenden partikularen unter sich abweichen242
Protokolle der 1. Kommission den Normen in Kraft blieben bezw. daß überhaupt das partikulare Recht über die Tragweite der Bevormundungsnormen des Gesetzbuches zu bestimmen habe. Selbstverständlich sei bei der Regelung die der Souverainität der ausländischen Staaten schuldigen Rücksicht nicht außer Acht zu lassen und der comitas nationum thunlichst Rechnung zu tragen. Anlangend aber den die Stellung | der Vorschrift betreffenden | Prot 111560 Einwand, so sei die Frage, ob ein Ausländer im Inlande einen Vormund oder Pfleger erhalten könne bzw. zu erhalten habe, eine rein materielle, die zwar mit der Ordnung der Zuständigkeit zur Bevormundung u.s.w. in einem gewissen Zusammenhange stehe, deren Beantwortung aber in dem Gesetzbuche zu erfolgen habe. Dagegen werde allerdings von der Entscheidung der weiteren Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die für einen Ausländer im Inlande angeordnete Vormundschaft oder Pflegschaft an den Heimathsstaat des Ausländers abzugeben sei (§ 478 Abs. 3 des Familienrechtsentw.), in dem Gesetzbuche besser abgesehen. In der Sache selbst sei davon auszugehen, daß jeder Staat das Recht und die Pflicht habe, für seine schutzbedürftigen Angehörigen zu sorgen. Dies könne jedoch, wie in den Motiven S. 129 mit Recht hervorgehoben sei, nicht dazu führen, Ausländern schlechthin und unter allen Umständen im Inlande den vormundschaftlichen Schutz zu versagen. Ausnahmsweise sei auch für diese eine Vormundschaft anzuordnen. Nothwendige Voraussetzung hierfür sei, daß der Ausländer bei dem Eintritte der Schutzbedürftigkeit im Inlande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt habe. Der Antragsteller zu 3 halte dies für selbstverständlich; allein, wenn eine Vorschrift gegeben werde, so sei in derselben auch hierauf hinzuweisen. Sodann aber habe die Anordnung der Vormundschaft nur dann zu erfolgen, wenn der Staat, welchem der Ausländer angehöre, der vormundschaftlichen Fürsorge sich entschlage. Das Letztere mit dem § 478 Abs. 2 des Familienrechtsentwurfs schon dann als ge-| geben | Prot 111561 anzunehmen, wenn der ausländische Staat das Erforderliche nicht vorsehe, sei bedenklich. Zur Vermeidung internationaler Konflikte empfehle es sich, dem Antrage unter 3 entsprechend, mit der Bevormundung erst dann vorzugehen, wenn der ausländische Staat auf gegebene Anregung an den Tag gelegt habe, daß er selbst die Fürsorge nicht übernehmen wolle, mithin die Uebernahme derselben abgelehnt habe. Ob eine solche Ablehnung vorliege, wenn der ausländische Staat auf die erfolgte Mittheilung hin sich dauernd passiv verhalte, sei den Umständen des Falles zu entnehmen. Für die Zeit bis zur Entscheidung darüber, ob der ausländische Staat die Bevormundung übernehme oder ablehne, genüge es, wenn die inländische Vormundschaftsbehörde ermächtigt werde, im Interesse der schutzbedürftigen Person vorläufige Maßregeln zu treffen, insbesondere eine Pflegschaft anzuordnen. Die dem Vorstehenden entsprechend getroffene Bestimmung über die Anordnung einer Vormundschaft für einen Ausländer habe ebenmäßig zu gelten, wenn es sich um die Einleitung einer nicht als vorläufige Maßregel auf Grund jener Bestimmung angeordneten Pflegschaft für einen Ausländer handele. Nur könne insoweit nicht schlechthin die Voraussetzung festgehalten werden, daß der Ausländer im Inlande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt habe, da diese Voraussetzung, wenn sie auch für die Anordnung einer Pflegschaft die Regel zu bilden habe, sich doch nicht in allen Fällen gleich aufstellen lassen werde (vergi. § 21 des Entw. eines Gesetzes über das Verfahren in Vormundschaftssachen, u.s.w.). Die Uebertragung der hinsichtlich der Vormundschaft beschlösse-!nen Bestimmung auf die Pflegschaft könne daher IProti 11562 nur mit einer hierauf bezüglichen Modifikation erfolgen. 2. Der § 26 des Entwurfes wurde abgelehnt. Die Streichung des Abs. 1 erfolgte, weil ein Bedürfniß für eine Bestimmung der vorgeschlagenen Art nicht vorliege, da das Erforderliche schon aus anderen Vor243
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Schriften sich ergebe. Im Besonderen war erwogen : Die Anordnung einer Vormundschaft im Inlande bestimme sich (§ 27 des Entwurfes) nach inländischem Rechte. Nach § 1596 (K.E.) erhalte der Minderjährige einen Vormund, sofern nicht das Vertretungsbedürfniß sich dadurch erledige, daß die in der elterlichen Gewalt liegende gesetzliche Vormundschaft Platz greife. Ob ein Ausländer minderjährig sei und ob derselbe unter elterlicher Gewalt stehe, bestimme sich gemäß der zu §§ 7 und 23, S. 11485 ff. und S. 11541, beschlossenen Bestimmungen nach dem Rechte des betreffenden ausländischen Staates. Es folge mithin schon aus diesen Bestimmungen, was der Entwurf enthalte. Der Absatz 2 des § 26 erhielt nicht die erforderliche Zustimmung, weil er positiv und nicht zu rechtfertigen sei. Die Kommission erachtete die in den Motiven S. 131 gegen die Vorschrift angeführten Gründe für überwiegend. 3. Der Absatz 1 des § 27 des Entwurfs wurde, Fassung vorbehalten, dahin angenommen : Die Anordnung und Führung einer Vormundschaft oder Pflegschaft, die Fürsorge und Aufsicht der Vormundschaftsbehörde, die Verbindlichkeiten zwischen I Prot 1 11563 Vormund oder Pfleger und Mündel oder Pflegebefohlenen werden | nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Vormundschaftsbehörde angehört. Die Vorschrift war von mehreren Seiten als entbehrlich bekämpft worden. Die Kommission entschied für deren Aufnahme, da die Vorschrift richtig und namentlich insofern bedeutsam sei, als sie den unzutreffenden Folgerungen vorbeuge, welche für die rechtliche Beurtheilung der Geschäftsführung des Vormundes bezw. Pflegers aus der zu § 13 des Entwurfes beschlossenen Bestimmungen abgeleitet werden könnten. Der Absatz 2 des § 27 wurde als selbstverständlich gestrichen. 4. Der § 27 a galt als durch die vorstehenden Beschlüsse erledigt. 697. Sitzung vom 23. 9. 1887, Schriftführer:
Börner
I Prot 1 11565
| Die Berathung der Vorschriften über das internationale Privatrecht wurde fortgesetzt. Es lag der Antrag vor: Planck den an Stelle des § 26 beschlossenen Bestimmungen folgenden Absatz hinzuzufü-
(Nr 182,1)
gen:
„Die Bestimmungen des ersten und zweiten Absatzes finden auf die Anordnung einer Vormundschaft oder Pflegschaft für Inländer im Auslande entsprechende Anwendung". Der Antrag soll zum Ausdruck bringen, daß die für einen Inländer im Auslande angeordnete Vormundschaft oder Pflegschaft im Inlande anerkannt werde, wenn die IProti 11566 Anordnung unter den glei-| chen Voraussetzungen erfolgt sei, unter welchen nach den zu § 26 des Entwurfes beschlossenen Bestimmungen ein Ausländer im Inlande einen Vormund oder Pfleger erhalten würde. Die Kommission lehnte den Antrag in der Erwägung ab : Zur Zeit stehe noch nicht fest, ob und inwieweit Inländer im Auslande bevormundet werden könnten. Vor der Erledigung dieser, mit der Regelung der Zuständigkeit in Vormundschaftssachen in engem Zusammenhange stehenden Frage könne eine Entscheidung über die Vorbedingungen der Anerkennung einer im Ausland für einen Inländer eingeleiteten Vormundschaft nicht getroffen werden. Das Gleiche gelte hinsichtlich der Pflegschaft. Aber auch abgesehen hiervon, empfehle sich eine Bestimmung der beantragten Art nicht. Sie befasse sich mit einer Frage von vorwiegend publizistischer Bedeutung. Die letztere erhelle schon daraus, daß, wenn sowohl im 244
Protokolle der 1. Kommission Inlande als auch seitens des in seiner Jurisdiktionsgewalt unbeschränkten ausländischen Staates für einen in diesem Staate befindlichen Inländer eine Vormundschaft oder Pflegschaft angeordnet worden sei, der hierbei sich ergebende Konflikt seine Lösung nicht nach privatrechtlichen, sondern nach völkerrechtlichen Grundsätzen zu finden habe. Der § 28 des Entwurfes lautet: IPR § 28 „Auf die Entmündigung und die Wiederaufhebung einer Entmündigung finden die Vorschriften des § 26 entsprechende Anwendung. Die Wirkungen der Entmündigung bestimmen sich nach den | Gesetzen des Staa- | Prot 111567 tes, in welchem die Entmündigung ausgesprochen worden ist. Der von einem ausländischen Gerichte ausgesprochenen Entmündigung eines Deutschen ist die Anerkennung versagt: 1. wenn die Gerichte des Staates, welchem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn die Voraussetzungen nicht vorliegen, unter welchen nach den deutschen Gesetzen eine Entmündigung ausgesprochen werden kann. Die Bestimmung des zweiten Absatzes findet auf die von einem ausländischen Gerichte ausgesprochene Wiederaufhebung der Entmündigung eines Deutschen entsprechende Anwendung." Beantragt war: 1. von Seiten des Redaktors des Allgemeinen Theils, an Stelle des Abs. 1 Satz 1, mit Rücksicht darauf, daß der in demselben in Bezug genommene § 26 des Entwurfes abgelehnt sei, zu bestimmen: „Die Voraussetzungen der Entmündigung einer Person und die Voraussetzungen der Wiederaufhebung der Entmündigung werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, wel-| chem die Person angehört. I Prot 111568 Ein Ausländer kann im Inlande (oder: von einem deutschen Gerichte) nur dann entmündigt und die Wiederaufhebung der Entmündigung eines Ausländers kann im Inlande (oder: von einem deutschen Gerichte) nur dann ausgesprochen werden, wenn die Entmündigung oder die Wiederaufhebung der Entmündigung auch nach den deutschen Gesetzen begründet ist." 2. den ersten Absatz wie folgt zu fassen : „Die Voraussetzungen wie die Wirkungen der Entmündigung einer Person und Planck der Wiederaufhebung der Entmündigung werden nach den Gesetzen des Staates (Nr 177,1) beurtheilt, welchem die Person angehört." 3. zu bestimmen : Kurlbaum „Die Wirkungen der Volljährigkeitserklärung und der Entmündigung einer Per- (Nr 179, 4) son bestimmen sich nach den Gesetzen des Staates, welchem die Person angehört. Ein Ausländer kann im Inlande nicht für volljährig erklärt oder entmündigt werden. Ein Inländer kann im Auslande nicht f ü r volljährig erklärt, die Entmündigung oder Bevormundung desselben im Auslande nicht aufgehoben werden." 4. f ü r den Fall, daß der Antrag unter 3 | Abs. 2 der Sache nach gebilligt werden | Prot 111569 sollte: v.Mandry a) dem Beschluße dadurch Ausdruck zu geben, daß gesetzt wird: (Nr 181,1) in § 27 K.E. „Ein Deutscher, welcher minderjährig ist, erlangt durch Volljährigkeitserklärung . . . " 245
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
in § 29 K.E. „Ein Deutscher, welcher des Vernunftgebrauches beraubt ist, kann wegen . . in § 30 K.E. „Ein Deutscher, welcher durch . . . rechtfertigt, daß er sich oder seine Familie dem Nothstande preisgebe, kann wegen . . (vergi. Beschluß zu § 6 K.E. Prot. S. 11490. Ob nicht auch § 1689 K.E. in ähnlicher Weise zu ändern ist, kann zweifelhaft sein; die Aenderung wird aber nicht beantragt.) b) den § 28 ohne Ersatz zu streichen. Die Kommission beschloß, über die Entmündigung und die Volljährigkeitserklärung von Ausländern im Inlande eine Bestimmung nicht aufzunehmen, die Erledigung der Frage dagegen, unter welchen Voraussetzungen die im Auslande erfolgte Entmündigung oder Volljährigkeitserklärung eines Inländers anzuerkennen sei, des I Prot 1 11570 Zusammenhanges | wegen der Berathung des § 37 des Entwurfes vorzubehalten. Der Entwurf und die Anträge galten damit als erledigt. Die Gründe des in der ersten Hinsicht gefaßten Beschlusses waren: Der C.P.O. zufolge würden Ausländer im Inlande entmündigt, sofern sie daselbst ihren allgemeinen Gerichtsstand hätten (§ 594 Abs. 1, § 621 Abs. 3). Mit dem Antrage unter 3 hiervon abzuweichen und die Entmündigung von Ausländern im Inlande auszuschließen, müsse Anstand genommen werden. Zwar möge die Sachlage gegenwärtig zum Theil insofern eine andere sein, als den Vorschriften der C.P.O. anscheinend der Gedanke zum Grunde liege, die Statusfragen seien nach den Gesetzen des Wohnsitzes und nicht nach den Gesetzen des Staates zu beurtheilen, welchem eine Person angehöre. Allein, auch wenn dies anzuerkennen sei, sprächen doch gewichtige Gründe für die Zulassung der Entmündigung von Ausländern durch die inländischen Gerichte. In's Auge zu fassen seien namentlich die Fälle, in welchen die Entmündigung eines Mitgliedes einer ausländischen Familie in Frage komme, welche längere Zeit, vielleicht schon durch mehrere Generationen hindurch, ihren Wohnsitz im Inlande habe. Werde ein Mitglied einer solchen Familie geisteskrank, so gebiete es nicht nur die Humanität, sondern auch der eigene Vortheil, insbesondere die Rücksicht auf das Verkehrsinteresse, mit der Entmündigung vorzugehen. Die in der Entmündigung liegende offenkundige Feststellung des die Geschäftsfähigkeit ausI Proti 11571 schließenden Geisteszustandes sei für den Verkehr von nicht zu | unterschätzender Bedeutung. Bei der Entmündigung wegen Verschwendung möchten diese Gesichtspunkte nicht mit derselben Schärfe sich geltend machen; immerhin müsse auch bezüglich dieser der gleiche Standpunkt festgehalten werden. Habe es sonach bei demjenigen, was sich aus der C.P.O. ergebe, zu bewenden, so entständen allerdings die in dem Abs. 1 des Entwurfes behandelten Fragen. Dieselben hätten eine verschiedene Beantwortung erfahren. Der Entwurf scheide zwischen den Voraussetzungen und den Wirkungen der Entmündigung und unterstelle jene dem Rechte des Staates, welchem der Ausländer angehöre, diese dem inländischen Rechte, wobei jedoch das Besondere gelten solle, daß der nach dem betreffenden ausländischen Rechte vorhandene Entmündigungsgrund auch von dem inländischen Rechte anerkannt sein müsse. Der Antragsteller zu 2 halte wegen des zwischen den Voraussetzungen und den Wirkungen der Entmündigung bestehenden inneren Zusammenhanges eine Beurtheilung der Voraussetzungen und Wirkungen nach verschiedenen Rechten für unzulässig und wolle in der einen, wie in der anderen Hinsicht die Gesetze des Staates angewandt wissen, welchem der Ausländer angehöre. Eine dritte, von mehreren Seiten vertretene Ansicht sei dahin gegangen, daß nicht nur zwischen den Vor246
Protokolle der 1. Kommission
aussetzungen und Wirkungen der Entmündigung, sondern auch zwischen diesen und den Verfahrensvorschriften ein die Anwendung verschiedener Rechte ausschließender Zusammenhang obwalte, daß aber das einheitliche Recht, welches Anwendung zu finden habe, nicht das Recht des Staa-|tes, dem der Ausländer angehöre, |Proti 11572 sondern nur das inländische Recht sein könne. Welche dieser Auffassungen die richtige sei, dürfe auf sich beruhen. Bei den geringen und praktisch wenig bedeutsamen Verschiedenheiten, welche die einzelnen Rechte hinsichtlich der Voraussetzungen und Wirkungen der Entmündigung zeigten, liege kein genügender Grund zu einer besonderen gesetzlichen Bestimmung in dieser Richtung vor, vielmehr werde angemessen die Entscheidung darüber, welchem Rechte maßgebende Bedeutung zukomme, der Praxis und Wissenschaft überlassen. Schweige man aber über die Entmündigung von Ausländern, so erledige sich ein Eingehen auf die Wiederaufhebung der Entmündigung eines Ausländers von selbst und ebenso habe die Frage nach der Volljährigkeitserklärung von Ausländern (Antrag unter 3) auf sich zu beruhen. Der § 29 des Entwurfes lautet : IPR § 29 „Die Erbfolge und die Rechtsstellung des Erben bestimmen sich nach den Gesetzen des Staates, welchem der Erblasser zuletzt angehört hat. Die Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit der Errichtung oder Aufhebung angehört hat. Die Bestimmung des § 9 Satz 2 bleibt unberührt." Es lagen die Anträge vor: I P r o t i 11573 v. Mandry (Nr 181,2
1. in Absatz 1 zu setzen statt „zuletzt" | „zur Zeit seines Todes" (vergi. K.E.§ 1927 Abs. 1.)
Kurlbaum 2. a) Absatz 1 zu fassen: „In Ansehung des Erbrechtes sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem (Nr 179,4) der Erblasser zuletzt angehört hat." b) als Absatz 3 zu bestimmen: „Die Fürsorge des Nachlaßgerichtes tritt im Inlande auch in Ansehung der Erbschaft eines Ausländers ein, sofern nicht der Staat, welchem der Erblasser zuletzt angehört hat, die Sorge für den Nachlaß übernimmt. Die Vorschriften des § 2019 (K.E.) finden keine Anwendung, wenn der Erblasser zuletzt einem fremden Staate angehört hat. (Die Rechte des Fiskus eines Bundesstaates auf den Nachlaß eines erblosen Ausländers bleiben unberührt.") Schmitt 3. Den Eingang des § 29 Absatz 1 dahin zu fassen: „Die erbrechtlichen Verhältnisse (eventuell mit dem Zusätze „mit Einschluß der (Nr 171) auf erbrechtlichem Grunde beruhenden Schuldverhältnisse) bestimmen sich . . ."
Dem Antrage unter 3 waren die in der Anlage Prot. S. 11579 flgd. enthaltenen Bemerkungen beigefügt. Das Ergebniß der Berathung war: 11. Der Absatz 1 des Entwurfes wurde, unter Billigung der Motive S. 136 bis 141, | Prot 111574 Fassung vorbehalten, dahin angenommen : Die erbrechtlichen Verhältnisse mit Einschluß der erbrechtlichen Schuldverhältnisse werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit des Todes angehört hat. Man gab der unter 3 beantragten Fassung des Einganges den Vorzug vor derjenigen des Entwurfes, weil jene erschöpfender sei. Ebenso hielt man es für angemessener, entsprechend dem an § 1927 Abs. 1 (K.E.) sich anlehnenden Antrage unter 1 am 247
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Schlüsse statt des Wortes „zuletzt" zu setzen „zur Zeit des Todes", da der Fall der Todeserklärung nicht besonders zu decken sei und für den Fall, daß der Erblasser zur Zeit des Todes keinem Staate angehört habe, die Bestimmung des § 32 des Entwurfes das Erforderliche vorsehe. 2. Der Absatz 2 des Entwurfes (Mot. 141 bis 143) wurde, Fassung vorbehalten, mit der Maßgabe genehmigt, daß der Eingang zu lauten hat: „Die Errichtung und die Aufhebung". Die von einer Seite geäußerte Besorgniß, die Fassung des ersten Satzes könne das Mißverständniß erwecken, als solle nicht bloß die Rechtsfähigkeit, die Testamentsmündigkeit und die Form, sondern auch der Inhalt der Verfügungen von Todeswegen getroffen werden, wurde für zu weit gehend erachtet. 3. Der unter 2 b beantragte Zusatz, in Bezug auf welchen der Antragsteller noch I Proti 11575 erklärt hatte, daß er den Zwischensatz „sofern nicht. . . | übernimmt", fallen lasse, wurde abgelehnt. Man trug Bedenken, mit der angeregten Jurisdiktionsfrage in dem bürgerlichen Gesetzbuche sich zu befassen, zumal, soviel die Anordnung einer Nachlaßpflegschaft in Ansehung der Erbschaft eines Ausländers sowie die auf eine solche bezüglichen vorläufigen Maßregeln anlange, die zu § 26 des Entw. (S. 11558) beschlossenen Bestimmungen einerseits in Verbindung mit §§ 2011, 1703 (K.E.), andererseits mit Rücksicht auf §§ 2012, 1704, 1645 (K.E.) das Erforderliche an die Hand gäben. IPR § 30
Der § 30 des Entwurfes lautet: „Die Vorschriften des § 19 Absatz 1, Satz 1, des § 23 Satz 1, 2 und des § 29 Absatz 1 kommen nicht zur Anwendung, insoweit zu dem betreffenden Vermögen (dem Vermögen eines der Ehegatten, dem Vermögen des Kindes, der Erbschaft) Gegenstände gehören, welche nicht in dem Gebiete des Staates, dessen Gesetze im Allgemeinen maßgebend sind, sich befinden, und diese Gegenstände nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiet sie sich befinden, als von dem Gesammtvermögen ausgesonderte Vermögensgegenstände zu betrachten sind oder sonst unter ihnen eigenthümlichen eine abweichende Beurtheilung erheischenden Vorschriften stehen. In Betreff dieser Gegenstände entscheiden die Gesetze des Staates, in dessen Gebiet die Gegenstände sich befinden."
I Prot 1 11576 | Beantragt war, die Bestimmung zu fassen, wie folgt : Planck »Die Vorschriften . . . in dem Gebiete des Staates, dessen Gesetze nach jenen (Nr 177,3) Bestimmungen maßgebend sind, sich befinden und die Anwendung dieser Gesetze auf jene Gegenstände durch die Gesetze desjenigen Staates, in dessen Gebiete sich die Gegenstände befinden, ausgeschlossen wird. In Betreff dieser Gegenstände . . . wie im Entw." Zu dem ersten Satze des Entwurfes wurde beschlossen, Fassung vorbehalten, zu bestimmen: Die Vorschriften des § 19 Absatz 1 Satz 1 des § 23 Satz 1, 2 und des § 29 Absatz 1 kommen nicht zur Anwendung, soweit zu dem betreffenden Vermögen Gegenstände gehören, welche nicht in dem Gebiete des Staates, dessen Gesetze nach jenen Bestimmungen maßgebend sind, sich befinden und in dem Staate, in dessen Gebiet sie sich befinden, in Ansehung dieser Gegenstände besondere widersprechende Vorschriften bestehen. Man verkannte die Schwierigkeit nicht, den dem Entwürfe und dem Antrage zum Grunde liegenden Gedanken in zutreffender und zweifelsfreier Weise zum Ausdruck zu bringen, glaubte aber eine Bestimmung der fraglichen Art nicht entbehren zu können, da die vorbehaltlose Durchführung der in § 19 Absatz 1 Satz 1, § 23 Satz 248
Protokolle der 1. Kommission 1, 2 und § 29 Absatz 1 aufgestellten G r u n d s ä t z e zu | erheblichen Unzuträglichkeiten | Prot 111577 u n d unter U m s t ä n d e n zu einer schweren G e f ä h r d u n g des materiellen Rechtes f ü h r e n könnte (vergi. Mot. S. 112, 113). Gemeint sind vornehmlich die Fälle, in welchen die maßgebende Bedeutung des Personalstatutes f ü r das Güterrecht, die Rechte der Eltern am Kindesvermögen und das Erbrecht in Ansehung der Immobilien seitens eines Staates ü b e r h a u p t nicht a n e r k a n n t wird, weil, wie z. B. im Gebiete des c o m m o n law, der Begriff der Vermögenseinheit auf die bewegliche H a b e sich beschränkt und die Grundstücke als besondere Vermögenskomplexe von besonderen N o r m e n beherrscht werden; ferner die auch dem deutschen Rechte bekannten Fälle, daß zu dem betreffenden V e r m ö g e n ein Lehen, Fideikommiß, Stammgut, Anerbengut oder sonst ein mehr oder minder selbständig gestellter Vermögensgegenstand, welcher nicht o d e r doch nicht völlig das Schicksal des übrigen Vermögens theilt, gehört. V o n einer Seite w u r d e zugleich auf die negative Bedeutung der Vorschrift W e r t h gelegt, insofern dieselbe noch besonders in's Licht stelle, daß, soweit die Ausnahme nicht Platz greife, f ü r die Bemessung von Rechten an einem ganzen V e r m ö g e n das Personalstatut und nicht die lex rei sitae entscheidend sei. D e r Satz 2 des Entwurfes w u r d e als selbstverständlich und daher entbehrlich gestrichen. I Anlage zum Protokoll der 697.
Sitzung
I Prot!11579 Schmitt (Nr 171)
Bemerkungen zu dem Antrage Prot. S. 11573 unter Ziffer 3.
I. D e r § 29 Absatz 1 bezielt nicht bloß die absoluten erbrechtlichen Verhältnisse, sondern auch die erbrechtlichen, d. i. die auf erbrechtlichem G r u n d e beruhenden Schuldverhältnisse, letztere in Abweichung von der Regel (maßgebend das Gesetz des Entstehungsortes, Beschlüsse zu § 13, Prot. S. 11510), dem Gesetze des Staates zu unterwerfen, welchem der Erblasser zuletzt angehört hat. Die erbrechtlichen Schuldverhältnisse haben das Besondere, daß die f ü r dieselben sachlich maßgebenden Regeln theils dem Erbrechte (Entstehung, spezifischer Inhalt der Obligation), theils (im Uebrigen) dem Obligationenrechte angehören. Vergi. Bern. z. rev. Erbr.-Entw. S. 51 ff. D a aber der Entwurf des internationalen Privatrechts von d e m allgemeinen Prinzipe ausgeht, daß das Rechtsverhältniß in seiner Totalität von demjenigen Gesetze ergriffen wird, welches räumlich f ü r dasselbe maßgebend ist, wird die Auffassung |berechtigt sein, § 2 9 Abs. 1 wolle sagen, ein | P r o t i 11580 erbrechtliches Schuldverhältniß ist in Ansehung der darauf anwendbaren erbrechtlichen wie obligationsrechtlichen N o r m e n nach den Gesetzen des Heimathstaates des Erblassers zu beurtheilen. So w ü r d e z. B. das Legat eines französischen Erblassers an einem deutschen Legatar in allen erb- wie obligationenrechtlichen Beziehungen nach französischem Rechte zu beurtheilen sein. Mit der T e n d e n z der Vorlage ist der Antragsteller nach beiden Richtungen einverstanden; er bezweifelt aber, ob diese T e n d e n z im § 29 Absatz 1 richtig zum Ausdruck kommt. II. D e r berathende Erbr.-Entw. enthält in Abschnitt II bis V Vorschriften über die Delationsgründe, in Abschnitt V I Vorschriften über die Rechtsstellung des Erben und schickt beiden allgemeine Bestimmungen in Abschnitt I, unter A n d e r e m die Definition der „Erbfolge" in § 1709 a, voraus. N e b e n einander möchten aber allgemeine (Erbfolge) und besondere Verhältnisse lediglich nach einer Richtung (Rechtsstellung des Erben) nicht wohl anzuziehen sein. Es wird Ein allgemeiner Ausdruck zu suchen sein. 249
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Das W o r t „Erbfolge" neben den W o r t e n „rechtliche Stellung des Erben" erhält hiermit überdies eine engere Bedeutung (Bezeichnung der Delationsgründe), als I P r o t i 11581 welche es in § 1709 a hat, und umfaßt | in dieser die erbrechtlichen Schuldverhältnisse nicht mit. W ä h r e n d man ferner den Ausdruck „rechtliche Stellung des Erben" zwar vielleicht so allgemein auffassen kann, daß er die absolut-rechtliche, wie die obligatorisch-rechtliche Stellung des Erben umfaßt, trifft der Ausdruck zweifellos nicht mit die rechtliche Stellung derjenigen Personen, welche lediglich untereinander in absoluten o d e r obligatorisch-rechtlichen Erbrechtsverhältnissen stehen, ohne Erben zu sein. In einem solchen erbrechtlichen Schuldverhältniß unter sich stehen z. B. O b e r und Unterlegatar; der auflagenbeschwerte Legatar gegenüber dem wegen der Auflage klageberechtigten dritten Nichterben; der Pflichttheilsberechtigte gegenüber dem pflichtwidrig Beschenkten (§ 1968). In dem Falle des § 1861 besteht zwischen dem Testamentsvollsstrecker und dem durch diesen beschränkten Legatar sowohl ein absoluterbrechtliches Verhältniß als ein erbrechtliches Schuldverhältniß, von welchen beiden der Erbe u n b e r ü h r t ist. III. D e r beantragte Ausdruck „erbrechtliches Verhältniß" scheint geeignet, alle bezüglichen Rechtsverhältnisse, sowohl die absoluterbrechtlichen Verhältnisse als die erbrechtlichen Schuldverhältnisse und letztere, soweit sie dieses sind (eine Darlehensschuld des Erblassers ist im Allgemeinen kein erbrechtliches Schuldverhältniß, erhält aber eine erbrechtliche Beziehung durch den Wechsel der Personen, durch I Prot 1 11582 | das Inventarrecht pp.) — sowohl die erbrechtlichen Verhältnisse zwischen den Erben u n t e r sich und gegenüber Dritten, als zwischen Personen, die gar nicht zu den Erben gehören, zu treffen. D a ß der Ausdruck „erbrechtliches Verhältniß" in dem engeren Sinne der absoluten erbrechtlichen Beziehungen verstanden werden könne, scheint nicht zu befürchten zu sein; vergi. Ueberschrift des f ü n f t e n Buches „Erbrecht" (Erbfolge könnte schon eher im engeren Sinne genommen w e r d e n ) ; vergi, auch den Gegensatz der beantragten („erbrechtliches Verhältniß") zu der z u m § 13 beschlossenen Fassung („Scbuldverhältniß" aus einem anderen G r u n d e als pp), woraus sich ergiebt, daß, wie hier „Schuldverhältniß" auch die erbrechtlichen Schuldverhältnisse umfaßt, so dort der generelle Ausdruck „erbrechtliches Verhältniß" auch die erbrechtlichen Schuldverhältnisse. Allerdings ist der Ausdruck „erbrechtliches Verhältniß" bisher nicht gebraucht w o r d e n , der K.E. spricht nur von „erbrechtlichen Vorschriften", erbschaftlichen Gegenständen, Rechten, Forderungen, Geschäften; aber es ist nicht bloß der Ausdruck „Schuldverhältniß" „Anspruch aus demselben rechtlichen Verhältniß" (§ 231), sondern auch der Ausdruck „familienrechtliches Verhältniß" (§ 154 Absatz 2) gebraucht.
698. Sitzung vom 26. 9. 1887, Schriftführer:
Börner
I P r o t i 11583
I Die Berathung der Vorschriften über das internationale Privatrecht w u r d e fortgesetzt.
IPR§ 31
D e r § 31 des Entwurfes lautet: „Die Vorschriften des § 7 Absatz 1, des § 16 Absatz 1, des § 17, des § 18 Absatz 1, des § 19 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, der §§ 21, 22, des § 23 Satz 1 und 2, des § 26 Absatz 1 und des § 29 k o m m e n nicht zur A n w e n d u n g , w e n n nach den Gesetzen des Staates, welchem der Ausländer angehört, nicht die Gesetze dieses Staates, sondern 250
Protokolle der 1. Kommission die deutschen Gesetze Anwendung zu finden haben. In diesem Falle sind die deutschen Gesetze maßgebend." Beantragt war : 1. die Vorschrift zu streichen ; 2. statt der Vorschrift zu beschließen : „In Ansehung der Frage, nach welchen Gesetzen ein Rechtsverhältniß zu beurteilen ist, sind ausschließlich die deutschen Gesetze maßgebend. Soweit jedoch nach den Be-| Stimmungen der §§ 6 bis 29 ein Rechtsverhältniß nach den Gesetzen eines auswärtigen Staates zu beurtheilen ist, die Gesetze dieses Staates aber die Beurtheilung des Rechtsverhältnisses nach deutschen Gesetzen vorschreiben, ist das Rechtsverhältniß nach den darauf bezüglichen deutschen Gesetzen zu beurtheilen. Schreiben die Gesetze des auswärtigen Staates, auf welche in den §§ 6 bis 29 verwiesen ist, die Beurtheilung des Rechtsverhältnisses nach den Gesetzen eines dritten Staates vor und stimmen die Gesetze des letzteren hiermit überein, so ist das Rechtsverhältniß nach den darauf bezüglichen Gesetzen dieses dritten Staates zu beurtheilen." Die Kommission entschied dem Antrage unter 1 gemäß für Streichung des § 31 des Entwurfes, womit der Antrag unter 2 als abgelehnt galt.
v. Mandry (Nr 181,3) Planck (Nr 182, 3) | Prot 111584
Die Gründe waren : Die Regelung des internationalen Privatrechtes schließe in sich, daß nicht nur der Herrschaftskreis der inländischen Rechtsordnung festgestellt, sondern zugleich auch Bestimmung darüber getroffen werde, welches fremde Recht für die nicht in den Bereich der inländischen Rechtsordnung gezogenen Rechtsverhältnisse zur Geltung kommen solle. Das solchergestalt für maßgebend erklärte fremde Recht sei zur Anwendung zu bringen, ohne Rücksicht darauf, ob dasselbe seinerseits angewandt sein wolle; den Grundsätzen des fremden Rechtes über die internationalrechtliche Tragweite seiner Normen werde Berücksichtigung nicht zu Theil. Der | Antragsteller | Prot 111585 zu 2 stimme dieser Grundauffassung des Entwurfes bei, halte aber eine Hervorhebung derselben im Gesetzbuche für geboten. Die Hervorhebung solle erforderlich sein, einmal weil der entsprechende Grundsatz mehr oder weniger positiv sei, insofern, wenn auch nicht praktisch, doch prinzipiell, als das Richtigere erscheine, daß die inländische Rechtsordnung die außerhalb ihres Bereiches liegenden Rechtsverhältnisse demjenigen fremden Rechte unterstelle, welches auf dieselben angewandt werden wolle, sodann aber schon aus dem rein äußerlichen Grunde, weil, wenn in den einschlagenden Bestimmungen, wie bisher geschehen sei, schlechthin die Gesetze eines fremden Staates als maßgebend bezeichnet würden, dies nicht anders verstanden werden könne, als daß auch die zu diesen Gesetzen gehörenden internationalrechtlichen Normen gemeint seien. Weder das Eine noch als Andere sei indessen zutreffend, und könne daher auch auf sich beruhen, ob der Satz 1 des Antrages unter 2 die in dieser Richtung bezweckte Klarstellung wirklich enthalte. Die inländische Rechtsordnung habe in Ansehung derjenigen Rechtsverhältnisse, welche sie nicht ergreife, ein gewichtiges Interesse daran, daß dieselben nach den einschlagenden Rechtssätzen desjenigen fremden Rechtes beurtheilt würden, dessen Anwendung sie selbst für angemessen erachte. Dies erhelle ohne Weiteres, wenn Inländer betheiligt seien. Aber auch sonst könne das inländische Recht sich insoweit der unmittelbaren Regelung nicht begeben. Die aus der Fassung der beschlossenen Bestimmungen entlehnte Besorgniß eines Mißverständnisses aber entbehre sichtbar der Begründung. Wenn das bürgerliche | Gesetzbuch Normen über das internationale Privatrecht | Prot 111586 aufstelle, so hätten diese Normen gerade den Zweck, für das deutsche Recht und für die deutschen Gerichte die Kompetenz der einzelnen Rechtsordnungen abzugrenzen 251
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
und den in dieser Hinsicht bestehenden Widerstreit zu beseitigen. Dazu komme, wenn man die beschlossenen Bestimmungen selbst in's Auge fasse, daß dieselben fast durchgehends die f ü r die einzelnen Rechtsverhältnisse maßgebenden Gesetze feststellen, ohne zwischen den dem inländischen und den den ausländischen Rechtskreisen angehörenden Rechtsverhältnissen in der Fassung zu scheiden, und daß, wie in Ansehung der dem inländischen Rechte unterstehenden Verhältnisse zweifellos nur die das Rechtsverhältniß selbst angehenden Normen des bürgerlichen Gesetzbuches, so auch in Ansehung der den ausländischen Rechten unterstellten Verhältnisse nur die entsprechenden sachlichen Normen dieser Rechte gemeint sein könnten. Endlich komme in Betracht, daß in der zu $ 13 des Entwurfes, Prot. S. 11510, beschlossenen Bestimmung eine Ausnahme gemacht sei zu Gunsten der internationalrechtlichen Normen des f ü r maßgebend erklärten fremden Rechtes und daß die Hervorhebung dieser Ausnahme, wenn irgend ein Zweifel bestehen könnte, zur Genüge an die H a n d geben würde, daß im Uebrigen nicht das Gleiche gelte. Anlangend den Vorschlag des Entwurfes, so seien die Zweckmäßigkeitsrücksichten, welche für denselben sprechen möchten, nicht hinreichend, um eine so einschneidende Modifikation des Grundprinzipes zu rechtfertigen. Die deutsche Rechtsprechung würde auch durch eine solche Gestaltung in jedem einzelnen Falle I Prot 1 11587 vor die unter Umständen schwer zu ent-| scheidende Frage gestellt, ob nach den internationalrechtlichen Grundsätzen des betreffenden ausländischen Staates das Wohnsitz- oder das Staatsangehörigkeitsprinzip das maßgebende sei. Sei aber schon der Entwurf abzulehnen, so könnten noch weniger die über denselben weit hinausgehenden Sätze 2 und 3 des Antrages unter 2 Billigung finden. IPR § 32
Der § 32 des Entwurfes lautet : „Personen, welche ihre bisherige Staatsangehörigkeit verloren und eine andere nicht erworben haben, werden in Verhältnissen, in Ansehung deren die maßgebenden Gesetze durch die Staatsangehörigkeit bestimmt sind, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem sie zuletzt angehört haben." Beschlossen wurde, Fassung vorbehalten, zu bestimmen: Sind f ü r ein Rechtsverhältniß die Gesetze des Staates maßgebend, welchem eine Person angehört, und ist die Person ohne Staatsangehörigkeit, so wird das Rechtsverhältniß nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person zuletzt angehört hat, und wenn sie keinem Staate angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen ihren Aufenthalt hat. Man erachtete für angemessen, die Vorschrift des Entwurfes, welche aus den Gründen der Motive S. 149, 150 genehmigt wurde, dahin zu erweitern, daß auch der in neuerer Zeit vielfach praktisch gewordene Fall gedeckt werde, daß eine Person überhaupt eine Staatsangehörigkeit nicht besessen habe oder doch der frühere Besitz I Proti 11588 einer solchen nicht nachgewiesen | werden könne. Beigetreten wurde den Ausführungen der Mot. S. 150 und der Bemerk. S. 44, 45 darin, daß eine Bestimmung f ü r den Fall, daß eine Person gleichzeitig mehreren Staaten angehöre, nicht zu geben sei, nachdem noch darauf hingewiesen worden war, daß der Ausweg, auf den Wohnsitz der Person solchenfalls das entscheidende Gewicht zu legen, schon deshalb in der Regel nicht zum Ziele führen werde, weil eine solche Person oft auch einen doppelten Wohnsitz habe. Geschwiegen soll nicht minder werden über den unter Umständen auch f ü r das internationalrechtliche Verhältniß der Rechte der Bundesstaaten unter einander bedeutsamen Fall, daß in dem Staate, auf dessen Gesetze vermöge des Staatsangehörig252
Protokolle der 1. Kommission keitsprinzipes es a n k o m m t , verschiedene Rechtsordnungen, Provinzialrechte u.s.w. bestehen. M a n ging davon aus, daß die Frage, welcher von den verschiedenen R e c h t s o r d n u n g e n solchenfalls die maßgebenden N o r m e n zu entnehmen seien, eine Frage der inneren Gesetzgebung des betreffenden Staates sei, und daß, wenn auch in diesem Staate vielleicht eine ausdrückliche N o r m hierüber nicht erlassen sei, doch ein Rechtssatz in dieser Hinsicht nicht fehlen k ö n n e und nicht fehlen werde. D e r Vorbehalt Prot. S. 11485, 11486 sowie die Bemerkung Prot. S. 10121 galten damit als erledigt. D e r § 33 des Entwurfes lautet: „Personen, welche im Auslande der Sklaverei unterworfen sind, aber im Inlande o d e r in einem anderen die Sklaverei nicht anerkennenden Staate verweilen, werden in Verhältnissen, in Ansehung de-| ren auf G r u n d ihrer Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes die Gesetze des Sklavenstaates maßgebend sein w ü r d e n , nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, in welchem sie den Wohnsitz haben oder, falls sie einen solchen außerhalb des Sklavenstaates nicht besitzen, sich aufhalten."
Prot!11589
Es lagen die Anträge v o r : 1. die Vorschrift zu streichen; 2. statt der Vorschrift zu bestimmen : Die in einem f r e m d e n Staate bestehende Sklaverei wird (als ein Rechtszustand) nicht anerkannt." (vorbehaltlich der V e r b i n d u n g mit § 35.) D e r A n t r a g unter 2 w u r d e im Einvernehmen mit dem Antragsteller bis z u r Berat h u n g des ξ 35 des Entwurfes ausgesetzt. D e r Streichungsantrag fand Annahme. M a n hielt die Sondervorschrift des Entwurfes f ü r nicht am Platze, w a r vielmehr der Ansicht, daß es bei den bisherigen Bestimmungen im Allgemeinen auch in Ansehung der Sklaven unbedenklich belassen werden k ö n n e , da der § 35 des Entwurfes, soweit erforderlich sei, Abhülfe gewähren werde.
v. Mandry (Nr 181,4)
D e r § 34 des Entwurfes lautet: „Soweit der Inhalt eines nach den deutschen Gesetzen zu beurtheilenden Rechtsverhältnisses durch den Willen der Betheiligten bestimmt werden kann, kann derselbe auch durch Bezugnahme auf nicht mehr geltende oder auf ausländische Gesetze bestimmt werden." Beantragt w a r : den § 34 zu streichen, | eventuell denselben dadurch zu ersetzen, daß in den § 71 (K.E.) f o l g e n d e r Absatz 2 a u f g e n o m m e n wird: „Soweit der Inhalt eines Rechtsverhältnisses durch den Willen der Betheiligten bestimmt werden kann, kann der Wille auch durch Bezugnahme auf nicht mehr geltende o d e r auf ausländische Gesetze erklärt werden." D e r § 1306 K.E. bestimmt eine A u s n a h m e von dieser Regel; letztere kann übrigens als selbstverständlich unausgesprochen bleiben. D e r § 34 w u r d e in der E r w ä g u n g gestrichen: W a s die Vorschrift ihrer Fassung nach bestimme, sei selbstverständlich, und w e n n der Inhalt derselben noch einer besonderen Bestätigung b e d ü r f e n sollte, so liege diese in der Ausnahme, welche der § 1306 (K.E.) aufstelle. Die V o r s c h r i f t enthalte zudem überhaupt keinen Satz des internationalen Privatrechtes, sondern dieselbe w ü r d e , w e n n sie A u f n a h m e zu finden hätte, in den Abschnitt über die Rechtsgeschäfte gehören. W e n n aber durch die Vorschrift, gegebener Erläuterung zufolge, zugleich die Frage im bejahenden Sinne habe entschieden w e r d e n sollen, ob den Parteien zu gestatten sei, die Geltung
IPR ξ 34
253
Kurlbaum (Nr 180,1)
I Proti 11590 Johow (Nr 176)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch fremder Dispositivnormen als Normen, als Gesetz herbeizuführen, (vergi. Mot. S. 16, 17), so müsse Bedenken getragen werden, auf diese praktisch wenig bedeutsame Frage im Gesetz einzugehen. IPR§ 35 I Prot 111591
Kurlbaum (Nr 180,2)
I Prot 1 11592
I Prot 1 11593
Der § 35 des Entwurfes lautet: „Ein ausländisches Gesetz wird nicht angewandt, wenn dessen Anwendung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ord-| nung verstößt." Beantragt w a r : 1. Die Vorschrift in Anlehnung an die Fassung des ursprünglichen Entwurfes dahin zu beschließen : „Ein ausländisches Gesetz wird nicht angewandt, wenn dessen Anwendung durch die inländischen Gesetze nach der Vorschrift oder nach dem Zwecke derselben ausgeschlossen ist." 2. Der Vorschrift zuzusetzen: „Sind für das Schuldverhältniß aus einem im Inlande zum Abschlüsse gelangten Rechtsgeschäfte unter Lebenden, für welches nach den am Orte des Abschlusses geltenden Gesetzen eine besondere Form erforderlich ist, nach Maßgabe der V o r schriften des § 11 Satz 2 die Gesetze eines anderen Ortes maßgebend, so bleibt dennoch das Erforderniß der besonderen Form nach Maßgabe der ersteren Gesetze bestehen." oder dem § 11 zuzusetzen : „Wird das Rechtsgeschäft im Inlande abgeschlossen, so bleiben die am Orte des Abschlusses geltenden Vorschriften über das Erforderniß einer besonderen Form des Rechtsgeschäftes auch in diesem Falle maßgebend." Außerdem ist der an diese Stelle verwiesene Antrag zu § 33 des Entwurfes, Prot. S. 11589 Ziffer 2, zu erledigen. Die Kommission billigte, nach Ablehnung des Antrages unter 1, den Entwurf, Fassung vorbehalten, dahin: Die Anwendung eines ausländischen | Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder die öffentliche O r d n u n g verstoßen würde. Der dem Entwürfe zum Grunde liegende Gedanke (Mot. S. 151 bis 153) hatte keinen Widerspruch erfahren. Man war einverstanden, daß die Gestattung der Anwendung eines fremden Rechtes nicht so weit gehen könne, daß dasselbe selbst dann zur Anwendung gebracht werde, wenn die Anwendung zu einem Ergebnisse führe, welches gegen die guten Sitten oder gegen sonstige vitale Interessen der Rechtsordnung und des Staatslebens verstoße. Dabei ging man zugleich mit dem Entwürfe davon aus, daß der Regel nach die Ablehnung der Anwendung des fremden Rechtes genügen werde, um der inländischen Rechtsordnung gerecht zu werden, daß aber, wenn das inländische Recht nicht bloß der Verwirklichung des fremden Rechtes seine Mitwirkung versagen, sondern unmittelbar selbst angewandt sein wolle, selbstverständlich das inländische Recht zur Anwendung zu kommen habe. Des Weiteren entschied man f ü r die an den § 106 (K.E.) sich anlehnende Fassung des Entwurfes, da diese Fassung, wenn sie auch nicht einwandsfrei sei, immer noch den Vorzug verdiene vor der unter Ziffer 1 beantragten Fassung, welche jedes objektiven Anhaltspunktes ermangeine und im Wesentlichen Alles auf das Ermessen des Richters stelle. Ein Mißverständniß der Vorschrift in der Richtung, daß das ausländische Recht nicht anzuwenden sei, wenn überhaupt eine lex cogens des inländischen Rechtes in Frage stehe, erachtete man an sich und um so mehr f ü r ausgeschlossen, als die vorhergehenden Bestimmungen, insbesondere die auf | die Beurtheilung der Eheeingehung und der Eheauflösung bezüglichen, hinreichend erkennen ließen, daß der zwingende 254
Protokolle der 1. Kommission C h a r a k t e r der entsprechenden inländischen N o r m e n an sich noch keineswegs genüge, um die A n w e n d u n g des f r e m d e n Rechtes als unzulässig anzusehen. Abgelehnt w u r d e , eine Bestimmung des Inhaltes a u f z u n e h m e n : „Insbesondere ist die A n w e n d u n g der auf der Anerkennung der Sklaverei beruhenden Gesetze ausgeschlossen." Man hielt eine Verdeutlichung des § 35 in dieser Richtung nicht f ü r erforderlich, da es keinem Zweifel unterliege, daß der deutsche Richter zur Verwirklichung von Verhältnissen, welche sich als Ausfluß der Sklaverei darstellten, die H a n d nicht bieten könne. Zugleich w a r man aber der Ansicht, daß der einschlagende Antrag, Prot. S. 11589 Ziffer 2, w e n n und soweit derselbe ein Mehreres, als aus dem § 35 sich ergebe, zu bestimmen bezwecke, das Ziel überschieße. D e r Antrag unter 2 w u r d e in der eventuellen Fassung dahin angenommen, daß den zu § 11 des Entwurfes, Prot. S. 11501, beschlossenen Bestimmungen zuzusetzen ist: W i r d das Rechtsgeschäft im Inlande abgeschlossen, so bleiben die am O r t e des Abschlusses über das Erforderniß einer besonderen Form des Rechtsgeschäftes geltenden Vorschriften auch in diesem Falle maßgebend. Bei der Redaktion, welcher die Fassung vorbehalten blieb, soll geprüft werden, ob die gegenwärtige Vorschrift, welche mit dem zweiten Satze des zu § 11 | gefaßten I Proti 11594 Beschlusses in engstem Z u s a m m e n h a n g e steht, mit diesem durch ein Semikolon zu verbinden oder zu einem besonderen Absätze zu vereinigen sei, welchenfalls die W o r t e „auch in diesem Falle" vielleicht entbehrlich sein würden. D e r Vorbehalt Prot. S. 11508, 11509 galt damit als erledigt. Die Genehmigung des Antrages beruhte auf der Erwägung, daß es nicht ungerechtfertigt sei, anzunehmen, eine inländische Rechtsnorm, welche die Beobachtung einer Form auf dem Gebiete der Schuldverhältnisse anordne, sei im Interesse der öffentlichen O r d n u n g erlassen. Nicht erforderlich erschien, die Tragweite des § 35 des Entwurfes in Ansehung der Ehehindernisse näher zu bestimmen (Prot. S. 11516, 11517). Dabei bestand Einvernehmen, daß, wenn ein Standesbeamter eine Ehe zwischen Ausländern, entgegen den prohibitiven Vorschriften der §§ 1207, 1208 (K.E.), geschlossen haben sollte, die Ehe dem § 35 des Entwurfes gemäß im Inlande als nichtig zu behandeln sein würde. 699. Sitzung vom 28. 9. 1887, Schriftführer: Börner Die Berathung der Vorschriften über das internationale Privatrecht w u r d e fortge- | Prot 111595 setzt. D e r § 36 des Entwurfes lautet: IPR § 36 „Die W i r k u n g e n , welche der Prozeßbeginn auf das der gerichtlichen Entscheid u n g unterstellte Rechtsverhältniß äußert, w e r d e n , soweit sie dem bürgerlichen Rechte angehören, nach den Gesetzen beurtheilt, welche über das Rechtsverhältniß, bei dem sie in Frage k o m m e n , entscheiden. D e n W i r k u n g e n des Beginnes eines vor einem ausländischen Gerichte anhängigen Prozesses ist, ohne Unterschied, ob sie dem bürgerlichen Rechte oder dem P r o z e ß rechte angehören, die A n e r k e n n u n g versagt: 1. w e n n die Gerichte des Staates, welchem | d a s ausländische Gericht angehört, | P r o t i 11596 nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. w e n n die Klage gegen einen Deutschen erhoben ist und derselbe sich auf den P r o z e ß nicht eingelassen hat, sofern die den P r o z e ß einleitende Ladung o d e r V e r f ü 255
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch gung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichtes in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshülfe zugestellt ist." Beantragt war: dem zweiten Absatz folgende Nummer hinzuzufügen : w e n n d¡ e Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist." Die Vorschrift wurde absatzweise berathen. 1. Der Absatz 1, dessen Inhalt von einer Seite nur in gewissen Einschränkungen, von anderer Seite in vollem Umfange Billigung erfahren hatte, wurde als entbehrlich in der Erwägung gestrichen, daß bisher keine Kodifikation mit der angeregten Frage sich befaßt habe, auch in der Praxis das Bedürfniß für eine gesetzliche Entscheidung derselben nicht hervorgetreten sei und die Gesetzgebung keineswegs die Aufgabe habe, zu jedem in der Doktrin bestehenden Meinungsstreite Stellung zu nehmen. 2. Der Abs. 2 des Entwurfes wurde gleichfalls gestrichen, da es kaum einem Zweifel begegnen werde, daß die Wirkungen des Beginnes eines vor einem ausländischen Gerichte anhängigen Prozesses nur insoweit Anerkennung finden könnten, als I Proti 11597 das in dem Prozesse ergehende Urtheil anzuerken-| nen sein würde. Der gestellte Antrag erledigte sich damit von selbst. Planck (Nr 187,1)
IPR $ 37
Der § 37 des Entwurfes lautet : „Die Wirkungen des Urtheils bestimmen sich nach den Gesetzen des Staates, welchem das Prozeßgericht angehört. Dem Urtheile eines ausländischen Gerichtes ist die Anerkennung versagt: 1. wenn das Urtheil nach den für dieses Gericht geltenden Gesetzen die Rechtskraft noch nicht erlangt hat; 2. wenn die Gerichte des Staates, welchem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 3. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichtes in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshülfe zugestellt ist; 4. wenn die Anerkennung des Urtheils gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstößt, oder wenn das Urtheil die Verurtheilung zu einer Privatstrafe enthält; 5. wenn bei Erlassung des Urtheils zum Nachtheile einer deutschen Partei gegen die Bestimmungen des § 7 Absatz 1, der §§16, 18 Absatz 1, der §§21, 22, 24 verstoßen ist. I Proti 11598 | Kommen dem Urtheile eines ausländischen Gerichtes nach den für dieses Gericht geltenden Gesetzen Wirkungen zu, welche weitergehen als die dem Urtheile eines deutschen Gerichtes nach den deutschen Gesetzen zukommenden Wirkungen, so ist dem Urtheile in Ansehung dieser weitergehenden Wirkungen die Anerkennung versagt." Es lagen die Anträge vor : Planck (Nr 187,2)
1. a) in der Nr. 4 die Worte : „oder wenn das Urtheil die Verurtheilung zu einer Privatstrafe enthält." zu streichen. b) in der Nr. 5 die Bezugnahme auf § 7 Abs. 1 (§ 2 der vorl. Zusst.) zu streichen. c) hinter Nr. 5 folgende Nummer hinzuzufügen: „6. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist." (Vorbehalten wird, zu dem Einführungsgesetz eine Bestimmung zu beantragen, durch welche f ü r alle Statusprozesse, bei welchen nach deutschen Gesetzen das 256
Protokolle der 1. Kommission Offizialprinzip in größerem o d e r geringerem U m f a n g e zur A n w e n d u n g k o m m t , also bei den Prozessen, welche die Feststellung des Bestehens, die Nichtigkeit, Anfechtbarkeit o d e r Scheidung einer Ehe, die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes, das Bestehen eines Eltern- oder Kindesverhältnis-| ses z u m Gegenstande haben (vergi. | Prot 111599 §§ 1226, 1239, 1243, 1416, 1442, 1594 K.E.), wenn eine der Parteien ein Deutscher ist, entweder die deutschen Gerichte f ü r ausschließlich zuständig erklärt oder doch ein Gerichtsstand im Inlande begründet wird.) v. Mandry 2. den Abs. 2 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „ O b das Urtheil eines auswärtigen Gerichtes im Inlande f ü r das Rechtsverhältniß (Nr 185) zwischen den Parteien maßgebend ist, ist unter entsprechender A n w e n d u n g der Bestimmungen des § 661 C . P . O . zu beurtheilen." Die von einer Seite angeregte V o r f r a g e , ob gegenüber den Bestimmungen des § 6 6 1 der C . P . O . in die Berathung der in dem E n t w ü r f e behandelten Materie einzutreten sei, w u r d e bejaht. Maßgebend h i e r f ü r w a r : Die C.P.O. behandele, wie Fassung und Stellung des § 661 nicht verkennen ließen, nur die Vollstreckung ausländischer Urtheile. Die in der Doktrin und Praxis zur Zeit herrschende Meinung habe allerdings in den betreffenden Bestimmungen mittelbar auch eine Entscheidung über die A n e r k e n n u n g der materiellen Rechtskraft ausländischer Urtheile g e f u n d e n . Allein eine solche mittelbare Entscheidung könne, selbst w e n n sie in der C . P . O . gegeben sein sollte, nicht genügen. Jedenfalls w ü r d e formell eine Lücke vorliegen, w e n n das Gesetzbuch mit der rein materiellrechtlichen, über die prozessuale Vollstreckung weit hinausrei-| chenden Frage der A n e r k e n n u n g der materiellen Rechtskraft auslän- I Proti 11600 discher Urtheile sich nicht befaßte. Das Ergebniß der Berathung im Einzelnen w a r : 1. Zu Abs. 1 u n d 3 des Entwurfes w u r d e beschlossen, Fassung vorbehalten, zu bestimmen: Die W i r k u n g e n des Urtheils werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem das Prozeßgericht angehört. W i r k u n g e n gegen Dritte sind jedoch insoweit ausgeschlossen, als sie mit dem Urtheile eines deutschen Gerichtes nicht verbunden sein w ü r d e n . M a n w a r der Ansicht: Bei der Zweifelhaftigkeit der praktisch wichtigen Frage, nach welchem Rechte die W i r k u n g e n des Urtheils sich bestimmten, sei eine gesetzliche Entscheidung geboten. Die Entscheidung habe mit dem E n t w ü r f e aus den G r ü n den der Motive S. 157 dahin zu erfolgen, daß die Gesetze desjenigen Staates maßgebend seien, welchem das erkennende Gericht angehöre. D e m E n t w ü r f e (Mot. S. 174) sei aber auch darin beizupflichten, daß bei ausländischen Urtheilen die A n e r k e n n u n g der W i r k u n g e n keine unbedingte sein dürfe. Allerdings k ö n n e die A n e r k e n n u n g nicht in dem U m f a n g e des Abs. 3 des Entwurfes ausgeschlossen werden. In Ansehung der objektiven Rechtskraft habe das Recht des ausländischen Gerichtes ausschließlich zu entscheiden. Die in dem rechtskräftigen Urtheile liegende endgültige Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses unter den Parteien müsse wegen des engen Zusammenhanges, in welchem | das Resultat mit dem P r o z e ß g a n g e stehe, die T r a g - I Proti 11601 weite haben und behalten, die ihr nach dem Rechte des erkennenden Gerichtes z u k o m m e . Anders verhalte es sich mit den W i r k u n g e n des ausländischen Urtheils gegen Dritte. Insoweit sei, zumal mit Rücksicht darauf, daß der Dritte, gegen welchen das Urtheil wirken solle, der Regel nach in dem Prozesse gar nicht gehört w o r d e n sei, die Schranke zu ziehen, daß das ausländische Urtheil nicht weiter reiche, als das Urtheil reichen w ü r d e , w e n n es von einem inländischen Gerichte gesprochen w o r d e n wäre. 257
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
2. D e r Eingang des Abs. 2 des Entwurfes soll dahin gefaßt werden : Die A n e r k e n n u n g des Urtheils eines ausländischen Gerichtes ist ausgeschlossen. 3. Die Bestimmungen u n t e r Ziff. 1, 2 und 3 des Entwurfes f a n d e n (vgl. C . P . O . S 661 Abs. 2 Ziff. 1, 3, 4), Fassung vorbehalten, Genehmigung. Die Abweichungen, welche die Bestimmung u n t e r Ziff. 3 von der entsprechenden Bestimmung der C . P . O . zeigt (vergi. Bemerk. S. 55), w u r d e als sachgemäß anerkannt. 4. Zu Ziffer 4 des E n t w u r f e s wurden abgelehnt: a) der A n t r a g (vergi, den Antrag unter 2) zu bestimmen: w e n n das Urtheil eine H a n d l u n g zur Pflicht macht, welche nicht erzwungen werden darf; b) der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, zu beschließen : I Prot I I 1602 | wenn das Rechtsverhältniß oder die Verpflichtung, welche durch das Urtheil festgestellt sind, gegen die guten Sitten oder die öffentliche O r d n u n g verstößt. D a g e g e n w u r d e , unter Berücksichtigung des Antrages unter 1 a beschlossen, der Ziffer 4 den Inhält zu geben : w e n n die A n e r k e n n u n g des Urtheils gegen die guten Sitten oder die öffentliche O r d n u n g verstoßen würde. Die Mehrheit verkannte bei der Fassung dieses Beschlusses nicht, daß, wie die geschichtliche Entwickelung des deutschen Civilprozeßrechtes zeige, der Versuch, eine ähnliche Bestimmung f ü r die Vollstreckung der ausländischen Urtheile z u r Geltung zu bringen, wiederholt vergeblich gemacht w o r d e n sei. Allein sie erachtete eine solche Vorschrift aus den Gründen der Bemerkungen S. 55 bis 58 und namentlich mit Rücksicht auf § 106 (K.E.), sowie auf die zu § 35 des Entwurfes (S. 11591 ff.) beschlossene Bestimmung f ü r unumgänglich, indem sie zugleich der U e b e r z e u g u n g w a r , daß die in der V o r s c h r i f t liegende geringe Modifikation des Prinzipes der N i c h t p r ü f u n g der Gesetzmäßigkeit des U n h e i l e s zu praktischen Schwierigkeiten und Unzuträglichkeiten nicht führen werde. Gegen den A n t r a g unter b fiel entscheidend in's Gewicht, daß, w e n n man einmal den in dem Antrage unter a vertretenen Standpunkt der C . P . O . (§ 661 Abs. 2 Ziff. 2) aufgebe, f ü r die Betretung des vorgeschlagenen Mittelweges es an genügenden G r ü n d e n fehle, zumal auch dieser das Prinzip der N i c h t p r ü f u n g der Gesetzmäßigkeit nicht unangetastet lasse. Die Ablehnung des auf die Privatstrafen bezüglichen Theiles der Vorschrift des Entwurfes erfolgte, weil es sich dabei um einen Unterfall der a u f g e n o m m e n e n Bestimmung I Prot 1 11603 | handele, zu dessen H e r v o r h e b u n g u m so weniger Anlaß vorhanden sei, als die gleichfalls die Privatstrafen des ausländischen Rechtes betreffende Bestimmung des § 12 Abs. 2 mit Rücksicht auf den entsprechenden § 35 des Entwurfes, Prot. S. 11509, gestrichen w o r d e n sei. 5. Zu Ziff. 5 des Entwurfes wurde beschlossen, Fassung vorbehalten, zu bestimmen: wenn bei Erlassung des Urtheils z u m Nachtheile einer deutschen Partei von den Vorschriften des § 8, des § 10 Abs. 1, 2 o d e r der §§13, 14, 16 der vorl. Zusst. abgewichen ist. I Prot 1 1604
| D e r Beschluß beruhte im Wesentlichen auf den G r ü n d e n der Mot. S. 162 bis 166. Für zu weitgehend w u r d e das in dem E n t w ü r f e aufgestellte E r f o r d e r n i ß erachtet, daß auch gegen die hinsichtlich der Geschäftsfähigkeit eines Deutschen bestehenden Vorschriften nicht verstoßen sein dürfe. M a n glaubte, dieses E r f o r d e r n i ß schon deshalb nicht aufstellen zu sollen, weil in Ansehung der Geschäftsfähigkeit der Ausländer nach der zu § 7 Abs. 3 des Entwurfes, Prot. S. 11487, beschlossenen 258
Protokolle der 1. Kommission Bestimmung den Gesetzen des Heimathstaates der Ausländer ebenfalls nicht volle Berücksichtigung zu Theil werde. 6. Dem Antrage unter 1 c entsprechend soll als Ziff. 6 hinzugefügt werden: wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. Die Bedenken, welche in den Motiven S. 170, 171 und in den Bemerkungen S. 47 bis 54 gegen die Aufnahme einer derartigen Bestimmung geltend gemacht sind, wurden von verschiedenen Seiten getheilt. Die Mehrheit glaubte aber, in einer so wichtigen, nicht bloß nach rein juristischen Gesichtspunkten zu beurtheilenden Frage eine von | der C.P.O. (§ 661 Abs. 2 Ziff. 5) abweichende Entscheidung nicht treffen |Proti 11605 zu sollen, indem sie zugleich davon ausging, daß eine verschiedene Regelung der Voraussetzungen der Anerkennung und der Voraussetzungen der Vollstreckung ausländischer Urtheile als unzweckmäßig zu vermeiden sei. V o n einer Seite war noch bemerkt worden: Die Bedenken, zu welchen das Erforderniß der Gegenseitigkeit in Ansehung der in Statussachen von Deutschen im Auslande ergangenen Urtheile Anlaß gebe, würden abgeschwächt werden, wenn eine Bestimmung der in der Anmerkung zu dem Antrage unter 1 angedeuteten Art in das Einführungsgesetz aufgenommen werde, da damit wenigstens den im Ausland domizilirten Deutschen die Möglichkeit des rechtlichen Austrages ihrer Streitigkeiten im Inlande eröffnet werde; soviel dagegen die in Statusangelegenheiten der Ausländer in ihrem Heimathstaate ergangenen Urtheile anlange, so werde der Anerkennung derselben der Regel nach nichts im Wege stehen, wenn man das Erforderniß der verbürgten Gegenseitigkeit dahin auffasse, daß in jedem einzelnen Falle zuzusehen sei, ob der betreffende ausländische Staat das Urtheil so, wie es vorliege, ebenfalls anerkennen würde, wenn es von einem deutschen Gerichte erlassen wäre; der ausländische Staat werde keinen Anstand nehmen, dem von einem deutschen Gerichte in einer Statusangelegenheit eines Deutschen ergangenen Urtheile Anerkennung zuzugestehen. 7. Der Antrag unter 2 galt gegenüber den gefaßten Beschlüssen als nicht mehr haltbar und damit erledigt. I 8. Den beschlossenen Bestimmungen soll eine Note des Inhaltes beigefügt wer- | Prot 111606 den, daß für das Einführungsgesetz eine Vorschrift in Aussicht genommen sei, welche den § 661 der C.P.O., soweit nöthig, mit diesen Bestimmungen in Einklang setze. 9. Nicht f ü r erforderlich wurde erachtet, besonders auszusprechen, daß einem ausländischen Urtheile, durch welches ein Deutscher für todt erklärt werde, die Anerkennung versagt sei, da die Nichtanerkennung sich schon aus § 10 (K.E.) in Verbindung mit dem in § 37 Abs. 2 Ziff. 2 des Entwurfes hinsichtlich der Zuständigkeit aufgestellten Erfordernisse ergebe. Als durch die Beschlüsse zu § 37 des Entwurfes gedeckt galt des Weiteren die Frage, unter welchen Voraussetzungen die im Auslande erfolgte Entmündigung eines Deutschen anzuerkennen sei, da das Entmündigungsurtheil nicht anders zu behandeln sei, wie die übrigen Urtheile. Eine besondere Bestimmung darüber, ob die im Auslande erfolgte Volljährigkeitserklärung eines Deutschen Anerkennung zu finden habe, hielt man für kein Bedürfniß. Die Vorbehalte, Prot. S. 11492 und S. 11569,11570, sind damit erledigt. 10. Die der Berathung an dieser Stelle, Prot. S. 383, vorbehaltene Frage, ob das rechtskräftige Vollstreckungsurtheil als ein rechtskräftiges Urtheil im Sinne des § 1 7 6 (K.E.) anzusehen sei, gab mit Rücksicht auf die gebilligte Ausführung in den Bemerkungen S. 59 zu weiteren Erörterungen keinen Anlaß. 259
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 1 11607 IPR § 38
IPR S 39
| D e r § 38 des Entwurfes lautet: „Wird im Laufe des Rechtsstreites von den Parteien nicht nachgewiesen, daß das maßgebende ausländische Gesetz von dem deutschen Gesetze abweicht, so hat das Gericht, wenn ihm das ausländische Gesetz unbekannt ist, bei Erlassung des Urtheils davon auszugehen, daß das ausländische Gesetz mit dem inländischen übereinstimme. Die Befugniß des Gerichtes, ausländische Rechtsnormen von Amtswegen zu ermitteln (C.P.O. § 265), wird durch diese Vorschrift nicht berührt." Die Vorschrift wurde gestrichen. Die Kommission trug Bedenken, den in dem ersten Absätze vorgeschlagenen Satz in der ihm gegebenen Schärfe auszusprechen, davon ausgehend, daß wie bisher, so auch künftig die Wissenschaft und Praxis das Richtige treffen werde, ohne einer besonderen Anleitung zu bedürfen. Mit der Ablehnung des ersten Absatzes erledigte sich der Abs. 2 von selbst. Der § 39 des Entwurfes lautet: „Sind in einem Staate Deutsche kraft des Gesetzes schlechter gestellt als die Staatsangehörigen, so kann unter Zustimmung des B u n d e s r a t e s durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen dieses Staates und die Rechtsnachfolger derselben ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht werde."
I Proti 11608
| Im Laufe der Berathung wurde der Antrag gestellt, die Bestimmung, entsprechend dem Wortlaute des § 4 Abs. 2 der Konk.O. dahin zu fassen: „Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen eines ausländischen Staates und die Rechtsnachfolger derselben ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht werde." Entwurf und Antrag erfuhren Widerspruch. Geltend gemacht wurde : Nach den völkerrechtlichen Grundsätzen der Gegenwart sowie auch nach dem in dem weitaus größten Theile Deutschlands bestehenden Rechte sei die Retorsion Sache der Gerichte und gelte nur das Besondere, daß die Gerichte vor der Ausübung die Genehmigung der höchsten Justizverwaltungsbehörde bezw. politischen Behörde einzuholen hätten. Hiervon abzuweichen, sei kein Grund; die Bestimmung der Konk.O. § 4 Abs. 2 betreffe nur einen einzelnen besonderen Fall und lasse sich nicht verallgemeinern. Die Retorsion in der Gestaltung des Entwurfes und des Antrages erweise sich auch praktisch in hohem Maaße bedenklich. Die generelle Anordnung der Ausübung eines Vergeltungsrechtes seitens der politischen Centraibehörde sei eine leicht den Anschein der Unfreundlichkeit an sich tragende und politisch nicht unbedenkliche Maßregel, zu der nur in den seltensten Fällen gegriffen werden könne, und wenn die Anordnung erfolge, so komme sie der Regel nach zu spät und nütze denjenigen nicht, welche bereits geschädigt seien und deren Schaden zu der Wiedervergeltung Anlaß gebe. Das Richtige sei, in der über das Privatrecht weit hinausreichenden I Prot 1 11609 Frage sich jeder Bestimmung zu | enthalten und es bei demjenigen zu belassen, was aus dem Völkerrechte sich ergebe. Die Kommission trat dem letzteren nicht bei, genehmigte vielmehr den gestellten Antrag, womit der Entwurf als erledigt galt. Die Gründe waren: Schweige das Gesetzbuch über die Retorsion, so liege die Auffassung nahe, dieselbe sei der Kompetenz der Gerichte wie der politischen Centraibehörde entzogen. Denn es lasse sich aus dem Gesetzesbegriffe folgern, daß die in dem Gesetzbuche in internationalrechtlicher Hinsicht aufgestellten Grundsätze so lange unbedingt zur Anwendung zu kommen haben würden, als nicht im Wege eines besonderen Gesetzes diese Grundsätze den Angehörigen eines ausländischen Staates gegenüber außer Kraft gesetzt seien. Die Frage, ob bei vorhandenem Anlasse zur Retorsion ein solches besonderes 260
Protokolle der 1. Kommission Gesetz zu ergehen habe oder ob die Suspendirung der Geltung jener Grundsätze in das Ermessen der Gerichte oder einer politischen Behörde zu stellen sei, falle weniger in das Gebiet des Völkerrechtes, als sie eine interne Frage des einzelnen Staates sei. N u r soviel sei freilich zweifellos, daß die Frage eine staatsrechtliche, keine privatrechtliche sei. Wie indessen dieselbe schon bisher in einzelnen Gesetzen (vergi. Konk.O. § 4 Abs. 2, Gewerbeordnung § 64 Abs. 3) gelegentlich der Regelung einer bestimmten Materie ihre Erledigung gefunden habe, so werde der Entscheidung derselben auch an dieser Stelle nichts entgegenstehen. Anlangend die weitere Frage, ob die Ermächtigung zur Außerkraftsetzung der gedachten gesetzlichen Vorschriften über das internationale Privatrecht den Gerichten oder der politischen Centraibehörde zu ertheilen sei, so | empfehle sich das letztere, da es sich um eine politische | Proti 11610 Maßregel handele und die Gerichte jedenfalls auch an die Genehmigung dieser Behörde zu binden sein würden. Der Einwand, daß eine in solcher Weise geübte Retorsion zu spät komme, um die Geschädigten zu schützen, treffe nicht zu. Abgesehen davon, daß die Anordnung der Retorsion keine generelle zu sein brauche, sondern auch f ü r einen einzelnen Fall erlassen werden könne und daß die Anordnung erfolgen könne, bevor die nachtheiligen Bestimmungen des fremden Rechtes gegen Deutsche zur Anwendung gebracht worden seien, habe die Retorsion überhaupt nicht den Zweck, den Geschädigten zu schützen. Ihre Ausübung komme fast durchgängig Nichtgeschädigten zu Statten. Zweck der Retorsion sei vielmehr, im Interesse der Staatsangehörigen im Allgemeinen auf den fremden Staat einzuwirken und denselben zur Beachtung der der comitas nationum entsprechenden Grundsätze durch die an seinen eigenen Angehörigen geübte Wiedervergeltung zu veranlassen. Zugegeben könne werden, daß die Retorsion in politischer Hinsicht nicht ohne Bedenken sei, allein die Möglichkeit einer solchen müsse, wie in den Mot. S. 179, 18Q mit Recht ausgeführt sei, im Staatsinteresse offen gehalten werden. Soviel die Verschiedenheit zwischen dem Entwürfe und dem Antrag betreffe, so verdiene es den Vorzug, mit dem letzteren von der Feststellung der Voraussetzungen der Anordnung der Retorsion abzusehen; es könne dies um so unbedenklicher geschehen, als diese Voraussetzungen schon in dem Begriffe des Vergeltungsrechtes lägen. Die Frage über die Aufnahme einer dem § 345 | Abs. 2 des Erbrechtsentwurfes IProti 11611 entsprechenden Bestimmung, welche nach Prot. S. 10793, 10794 zur Berathung bei dem § 39 des vorliegenden Entwurfes ausgesetzt worden ist, wurde als durch den gefaßten Beschluß erledigt angesehen. Der § 40 des ursprünglichen Entwurfes lautete : IPR § 40 „An die Stelle des § 661 der Civilprozeßordnung tritt folgende Vorschrift: Das Vollstreckungsurtheil ist nicht zu erlassen: 1. wenn dem Urtheile des ausländischen Gerichtes nach § 37 des Gesetzbuches die Anerkennung versagt ist; 2. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist." Die Vorschrift ist in dem berichtigten Entwürfe unterdrückt, weil eine Bestimmung, welche den § 661 der C.P.O. mit den hinsichtlich der Anerkennung ausländischer Urtheile getroffenen Bestimmungen in Einklang setze, nicht in das Gesetzbuch, sondern in das Einführungsgesetz gehöre (Bemerk. S. 58). Die Unterdrückung erfuhr keine Anfechtung, zumal bereits S. 11606 Ziff. 8 das Erforderliche vorgesehen ist. Einvernehmen bestand, daß die Anwendbarkeit der beschlossenen Bestimmungen auf die Kollision der Gesetze der einzelnen Bundesstaaten bezw. der Gesetze eines und desselben Bundesstaates, soweit eine solche Anwendbarkeit überhaupt in Frage kommen könne bezw. von praktischer Bedeutung sei, unbedenklich erscheine. Man 261
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
erachtete jedoch f ü r nicht ausgeschlossen, bei der Berathung des EinführungsgesetI Prot 111612 zes eine entsprechende Erstreckung je-| ner Bestimmungen auf die den Landesgesetzen vorbehaltenen Materien in Erwägung zu ziehen (vergi. Prot. S. 11481). Die Erledigung der Prot. S. 11477, 11478 offen gebliebenen Frage über die den Bestimmungen im Gesetzbuche anzuweisende Stellung sowie darüber, ob denselben eine Note des daselbst bezeichneten Inhalts beizufügen sei, wurde vertagt, bis die redaktionelle Feststellung der gefaßten Beschlüsse vorliege. 703. Sitzung vom 7. 10. 1887, Schriftführer: Börner [ Die zweite Berathung des Kommissionsentwurfes nahm ihren Fortgang. Auf Grund erneuter Berathung wurde beschlossen, von der Aufnahme der jüngst beschlossenen, auf das internationale Privatrecht sich beziehenden Vorschriften in den Entwurf des Gesetzbuches abzusehen. Zugleich wurde beschlossen: Die gedachten Vorschriften sollen bei Einreichung des Entwurfes besonders und mit dem Bemerken überreicht werden : „Die Kommission erachte es für zweifelhaft, ob Vorschriften über das internationale Privatrecht zur Aufnahme in das bürgerliche Gesetzbuch sich eigneten; sie glaube sich des Urtheils hierüber, weil die Entscheidung in nicht geringem Maße von politischen Erwägungen abhänge, enthalten und zugleich auch anheimstellen zu müssen, ob bei der Publikation des Entwurfes die in Ansehung des internationalen I Prot 1 11660 Privatrechtes von der Kom-| mission beschlossenen Vorschriften nicht zu veröffentlichen seien. Der Entwurf des bürgerlichen Gesetzbuches werde an keiner Stelle einer Aenderung bedürfen, wenn er Vorschriften über das internationale Privatrecht nicht enthalte. Sollte die Entscheidung dahin ausfallen, der Entwurf sei durch Aufnahme solcher Vorschriften zu vervollständigen, so würden die betreffenden von der Kommission beschlossenen Vorschriften am Schlüsse des Entwurfes, ohne daß der letztere auch in diesem Falle einer weiteren Korrektur bedürfe, in einem besonderen sechsten, mit der Ueberschrift „Oertliche Kollision der Rechtsnormen" zu versehenden Buche eingestellt werden können." 4 I Prot 1 11659
I Proti 12285
733. Sitzungvom 16. 12. 1887, Schriftführer: Börner (nicht anwesend: von Weber) | Die zu den §§ 5 bis 40 des Entwurfes des Allgemeinen Theiles, betreffend das internationale Privatrecht, Prot. S. 11477 bis 11612 beschlossenen Bestimmungen haben in der vorläufigen Zusammenstellung 5 folgende Fassung erhalten: § 1. Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die juristische Person ihren Sitz hat. 6 4
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Zur Änderung des § 43 K.E. vgl .Jakobs/Schubert, aaO (Fn. 1), Teil 1, S. 202 (Fn. 35). - Die Vorbehalte Prot. I, S. 11477,11488 und 11612 galten als erledigt. Diese vorläufige Zusammenstellung stammt von Pape. Die „N.B." sind in den folgenden Fußnoten unverändert wiedergegeben. Diese Anmerkungen sind nicht Bestandteil der Protokolle. a) Der § 1 gilt nach Stellung und Fassung auch für die Beurtheilung der juristischen Persönlichkeit der einem anderen Bundesstaate angehörenden (in einem solchen ihren Sitz habenden) juristischen Personen. Hiernach wird der Schluß des § 42 des K.E. „des Orts — hat" mit der Note zu streichen sein. Zweifelhaft ist, ob eine ähnliche Korrektur des § 49 Abs. 1 K.E. angezeigt sei. In beiderlei Hinsicht werden entsprechende Anträge bei der Revision des Allg. Th. gestellt werden. b) Das Einf.-Ges. wird Vorsorge zu treffen haben, daß die Landesgesetze unberührt bleiben, welche die Erwerbsfähigkeit der (fremder?) juristischen Personen und die Fähigkeit derselben zur Eingehung gewisser Rechtsgeschäfte beschränken.
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Protokolle der 1. Kommission
§ 2. Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört. Erwirbt ein Ausländer, welcher volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen (erlangt) hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die | rechtliche | Prot 1 12286 Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den Deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. Nimmt ein Ausländer im Inlande ein Rechtsgeschäft vor, in Ansehung dessen er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den Deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde; diese Vorschrift findet auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte keine Anwendung. 7 § 3. Die Form eines Rechtsgeschäftes bestimmt sich nach den Gesetzen, welche f ü r das den Gegenstand des Rechtsgeschäftes bildende Rechtsverhältniß maßgebend sind. Es genügt jedoch, wenn die Form den Gesetzen des Ortes entspricht, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen ist (wird). 8 § 4. Die Rechte an einer Sache sowie der Besitz und die Inhabung einer Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache sich befindet. Insbesondere werden der Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache zur Zeit der Verwirklichung des f ü r den Erwerb oder Verlust maßgebenden Thatbestandes sich befunden hat. Die Vorschrift § 3 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Rechtsgeschäft, durch welches ein Recht an einer Sache begründet, übertragen oder aufgehoben wird. 9 I § 5. Das Schuldverhältniß aus einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden wird nach | Proti 12287 den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem das Rechtsgeschäft zum Abschlüsse gelangt ist. Wenn nach den Umständen des Falles die Anwendbarkeit der Gesetze eines anderen Ortes als gewollt anzusehen ist, so sind die Gesetze dieses Ortes maßgebend. Ist jedoch das Rechtsgeschäft im Inlande abgeschlossen, so bleiben für dasselbe die am Orte des Abschlusses über das Erforderniß einer besonderen Form geltenden Gesetze maßgebend. 10 7
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Der erste Absatz schließt nach seiner Fassung die einem anderen Bundesstaate angehörenden Personen nicht aus, worauf es aber nicht ankommen wird, da der betreffende Kollisionsfall sich kaum zutragen kann. Anders verhält es sich mit dem zweiten und dritten Absätze, da sie von „Ausländer", d. h. nach dem Sprachgebrauche des Gesetzbuchs von Nichtdeutschen reden. Unter „Inland" ist das Gebiet des Deutschen Reichs im Sinne der Reichsverfassung, also mit Ausschluß der Schutzgebiete zu verstehen. Bei der Form wird „bestimmt sich" passen; zu vergi. § 16 Entw.; sonst wird „beurtheilt werden" im Anschluß an § 1 möglichst durchzuführen sein. Zu erwägen ist das System des Entwurfs, welcher sich zur Aufgabe stellt: für die einzelnen Rechtsverhältnisse auf die Frage Antwort zu geben : nach welchen Gesetzen wird das Rechtsverhältnis beurtheilt? Der erste Satz ist doppelsinnig; er deutet nach seiner Fassung weit mehr auf das Verständnis „sich gegenwärtigbefindet" als auf den Sinn „jeweils befunden hat". Um so nothwendiger ist der zweite Satz. Das Wort „Insbesondere", womit der zweite Satz beginnt, würde gestrichen werden können und die Streichung sich sogar empfehlen, weil es zum ersten Satze nach dessen durch den Wortlaut bedingtem Verständnis kaum paßt und dessen Sinn gewissermaßen verändert. Aber nöthig ist das Wort, um den Besitz und die Inhabung zu treffen. „Verwirklichung des Thatbestandes" deutet an: Entscheidend ist die abschließende Thatsache. Die §5 5, 6, 7 ergeben ein Grundprinzip, welches sich dahin bezeichnen läßt: maßgebend
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch § 6. D a s Schuldverhältniß aus einer unerlaubten H a n d l u n g w i r d n a c h d e n G e s e t z e n des Ortes beurtheilt, an w e l c h e m die unerlaubte H a n d l u n g b e g a n g e n ist. 11 § 7. D a s Schuldverhältniß aus einem anderen G r u n d e als aus e i n e m R e c h t s g e schäfte unter L e b e n d e n o d e r aus einer unerlaubten H a n d l u n g w i r d n a c h den G e s e t z e n des Ortes beurtheilt, an w e l c h e m der für die E n t s t e h u n g des Schuldverhältnisses m a ß g e b e n d e T h a t b e s t a n d sich verwirklicht hat, s o f e r n nicht aus den G e s e t z e n ein Anderes sich ergiebt. O d e r : D a s Schuldverhältniß aus einem anderen G r u n d e als aus e i n e m R e c h t s g e schäfte unter L e b e n d e n o d e r aus einer unerlaubten H a n d l u n g wird, unbeschadet der auf gewisse Schuldverhältnisse sich beziehenden besonderen Vorschriften, nach den I Prot 1 12288 G e s e t z e n | . . . hat, s o f e r n nicht aus diesen G e s e t z e n ein A n d e r e s sich ergiebt. 1 2 § 8. D i e E i n g e h u n g einer E h e wird in A n s e h u n g eines j e d e n der E h e s c h l i e ß e n d e n nach d e n G e s e t z e n des Staates beurtheilt, w e l c h e m derselbe angehört. D i e F o r m d e r E h e s c h l i e ß u n g b e s t i m m t sich a u s s c h l i e ß l i c h n a c h d e n G e s e t z e n d e s O r t e s , an w e l c h e m die E h e geschlossen wird.13 sind die Gesetze, in dessen Herrschaftsgebiete der f ü r die Entstehung des Schuldverhältnisses maßgebende Thatbestand z u r Verwirklichung (Vollendung?) gelangt ist. Der erste Satz des $ 5 enthält eine weit tragende Rechtsnorm, die ihr wesentliches Temperament in dem zweiten Satze findet. Nach dem zweiten Satze genügt es, wenn der Wille aus den Umständen zu entnehmen ist, in welcher Hinsicht die thatsächlichen Gebräuche von großem Belange werden können. Ist der Wille, den thatsächlichen Gebräuchen (Usanzen, Verkehrssitte) zu folgen, anzunehmen, so kommt es nicht darauf an, ob gerade der spezielle ausschlaggebende Gebrauch gekannt und gewollt sei. Der zweite Satz erkennt die Befugniß an, im Wege der Privatautonomie die maßgebenden Gesetze zu bestimmen, das konkrete Schuldverhältnis also ausländischen Gesetzen zu unterwerfen. Die Privatautonomie findet aber ihre Schranken in dem Grundsatze, daß fremdes Recht im Inlande von der Anwendung ausgeschlossen ist, wenn dies letztere gegen die guten Sitten und die öffentliche O r d n u n g verstößt. Diese Beschränkung wird von Wichtigkeit in Ansehung der Formvorschriften, insofern man annehmen kann, daß eine inländische Rechtsnorm, welche die Beachtung einer Form zur Vermeidung der Nichtigkeit vorschreibt, im Interesse der öffentlichen O r d n u n g erlassen ist (zu vergi. §§ 34, 35 des Entw.).
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Der zweite Satz enthält eine auf den Fall der Kollision der Statuten sich beziehende Rechtsnorm des inländischen Rechts; er erkennt innerhalb gewisser Schranken die Privatautonomie oder das Recht an, das anwendbare Recht zu bestimmen. Damit erledigt sich das Bedenken, ob die Bestimmung des anwendbaren Rechts der Privatautonomie unterliege. Das Bedenken hat keine Berechtigung, soweit das inländische Recht die Privatautonomie ausdrücklich anerkennt. Der zweiteSatz bezieht sich nicht bloß auf Verträge. Absichtlich heißt es „begangen ist" und nicht „vollendet" oder „abgeschlossen ist". Es hat der Entscheidung nicht vorgegriffen werden sollen, inwiefern nicht auch der O r t maßgebend sei, an welchem die unerlaubte Thätigkeit entwickelt, aber nicht abgeschlossen ist. Die erste Fassung ist die beschlossene, die zweite aber wohl vorzuziehen, weil sie deutlicher ist. Es handelt sich um zwei ganz verschiedene Ausnahmen. Die erste Ausnahme gründet sich darin, daß die vorliegenden Bestimmungen über die Kollision der Statuten f ü r gewisse familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse einen anderen Grundsatz proklamiren. Keineswegs kommt nur der § 29 des Entw. in Betracht; zu würdigen sind auch die §§ 19, 22, 23, 25, 27. Die zweite Ausnahme betrifft den Fall, wenn die nach dem Grundsatze an sich anwendbare Rechtsnorm erkennen läßt, daß sie das fragliche Schuldverhältnis nicht habe treffen wollen. Die erste Fassung beruht auf der Voraussetzung, die W o r t e am Ende „aus den Gesetzen" decke beide Ausnahmen. Allein dies läßt sich bezweifeln; die zweite Fassung bezweckt den Zweifel zu heben. Der erste Absatz bezieht sich nicht nur auf die Ehehindernisse und die Willensmängel,
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Protokolle der 1. Kommission § 9. Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann angehört. § 10. Die Auflösung einer Ehe wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann zur Zeit der Verwirklichung des für die Auflösung maßgebenden Thatbestandes angehört hat. Für die Ehescheidung und für die Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage auf Scheidung oder Trennung angehört. Eine Thatsache, welche sich ereignet hat, während der Ehemann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund oder Trennungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder Trennungsgrund ist. I Wird von der Ehefrau gegen den Ehemann, während dieser Ausländer ist, die |Proti 12289 Klage auf Scheidung wegen böslicher Verlassung erhoben, so sind die Deutschen Gesetze maßgebend, sofern die Ehegatten zur Zeit der Verlassung Deutsche waren. Auf Scheidung sowie auf Trennung von Tisch und Bett kann auch im Falle der Anwendbarkeit ausländischer Gesetze von einem Deutschen Gerichte nur erkannt werden, wenn und soweit die Klage auch nach den deutschen Gesetzen begründet ist. Ist nach den maßgebenden ausländischen Gesetzen nicht die Scheidung, sondern nur die Trennung von Tisch und Bett zulässig, so finden die Vorschriften des § 1405 Abs. 3 keine Anwendung. 14 §11. Das eheliche Güterrecht bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, welchem der Ehemann zur Zeit der Eheschließung angehört. Dies gilt auch dann, wenn eine Aenderung der Staatsangehörigkeit eintritt.15 § 12. Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, welche nach Schließung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die
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sondern zugleich auf das Verlöbniß. Dies ergiebt sich aus dem Ausdrucke „Eingehung der Ehe", welcher mit Rücksicht auf die Ueberschrift des ersten Titels Abschnitt 1 Buch 4 von § 1200 K.E. gewählt ist. Im Abs. 2, der durch das W o r t „ausschließlich" eine Ausnahme von der Regel des § 3 Satz 1 enthält, entspricht „bestimmt sich" der gleichen Ausdrucksweise im § 3. Im ersten Absätze entsprechen die W o r t e „Verwirklichung . . . Thatbestandes" der Fassung §4 Abs. 1 und § 7. V o n „maßgebenden Thatbestande", nicht von einer maßgebenden Rechtsnorm ist die Rede; „maßgebend" kann also nur bedeuten „in Betracht kommenden". Der Entwurf redet in den §§ 10, 13 von „gestützt wird" und „abgeleitet wird", eine anfechtbare Redeweise, weil sie auf eine Aktivität deutet, welche nicht erforderlich ist und fehlen kann. Der erste Absatz trifft auf die Scheidung, welche aber in den folgenden Absätzen der Gegenstand besonderer Vorschriften ist. Davon ausgegangen, daß im Scheidungsfalle erst durch das konstitutive Unheil der Ehe aufgelöst wird, so würde nach Abs. 1 die Zeit der Rechtskraft des Urtheils den Ausschlag geben. Hierin trifft der Absatz eine Aenderung, indem er die Zeit der Klageerhebung f ü r entscheidend erklärt. Der erste Absatz behält seine Bedeutung, wenn nach den ausländischen Gesetzen die Ehe gelöst wird durch Verschollenheit, Todeserklärung, landesherrliches Reskript, Vertrag u.s.w. Im 4. Absätze werden die W o r t e „gegen den Ehemann . . . ist" zum Verständniß der Vorschrift schwer zu enbehren sein (Pr.Ord. § 568). Im 5. Absätze ist das W o r t „soweit" von besonderer Bedeutung. Damit im Zusammenhange steht, daß im 6. Absätze der § 1405 Abs. 3 seinem ganzen Inhalte nach f ü r nicht anwendbar erklärt ist. Die Fassung des 5. Absatzes steht im Einklänge mit dem, dem § 35 des E. zum Grunde liegenden Gedanken. Der zweite Satz ist schon im ersten enthalten; er dient nur zu dessen Bestärkung; um so unerheblicher ist es, daß der zweite Satz f ü r gewisse Fälle auch aus § 32 des Entw. sich folgern läßt (Verlust der Staatsangehörigkeit ohne Erwerb einer anderen.)
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Vorschriften der §§ 1308, 1309 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß (auch) der ausländische gesetzliche Güterstand einem (von dem Deutschen gesetzlichen Güterstande abweichenden) vertragsmäßigen Güterstande gleichsteht.16 I Prot 1 12290 | § 13. Die Ehelichkeit eines Kindes wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört oder wenn er vor dessen Geburt gestorben ist, zuletzt angehört hat. § 14. Die Legitimation eines unehelichen Kindes wird in Ansehung des Vaters nach den Gesetzen des Staates, welchem der Vater, in Ansehung des Kindes nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem das Kind angehört. Die Ehelichkeitserklärung steht demjenigen Staate zu, welchem der Vater angehört. Nach den Gesetzen dieses Staates bestimmt sich auch ausschließlich die für die Erklärungen der Betheiligten erforderliche Form. 17 Die Wirkungen der Legitimation werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Die Vorschriften des ersten bis dritten Absatzes finden auf die Annahme an Kindesstatt entsprechende Anwendung. § 15. Das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater angehört und wenn der Vater gestorben ist, nach den Gesetzen des Staates, welchem die Mutter angehört. 18 I Prot 1 12291 § 16. Wenn die Reichsangehörigkeit eines Deutschen | erlischt, die Ehefrau oder ein Kind desselben aber die Reichsangehörigkeit behält, so finden, soweit nach den Vorschriften des § 9, des § 10 Absatz 1 und 2 und der §§ 13, 15 die Gesetze des Staates, dessen Angehöriger der Deutsche geworden ist, anwendbar sein würden, nicht diese Gesetze, sondern die Deutschen Gesetze Anwendung. § 17. Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter angehört. Wenn jedoch die Reichsangehörigkeit der Mutter erlischt, das Kind aber die Reichsangehörigkeit behält, so bleiben für das Rechtsverhältniß zwischen Kind und Mutter die Deutschen Gesetze maßgebend. Die Unterhaltsverpflichtung des unehelichen Vaters und dessen Verpflichtung, der Mutter wegen der Kosten der Entbindung und wegen des Unterhaltes während 16
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a) Der Ausdruck „Reichsangehörigkeit" ist durch die Reichsgesetze eingebürgert. b) Der Nachsatz soll ausdrücken: Der ausländische Güterstand wird dem Güterstande gleichgestellt, welcher an Stelle des inländischen gesetzlichen Güterstandes durch Vertrag eingeführt ist. Der Sinn dürfte schwerlich leiden, wenn die eingeklammerten Worte gestrichen würden. Den Fall betreffend, wenn der ausländische gesetzliche Güterstand nicht eingetreten ist, weil er durch Vertrag ausgeschlossen und ein anderer eingeführt ist, so möchte die N o t w e n d i g k e i t der Registrirung des letzteren sich doch wohl aus dem § 1308 direkt ergeben. War der inländische gesetzliche Güterstand durch Vertrag eingeführt, so hat dessen Registrirung keinen Zweck. Gegen die Streichung spricht freilich ein gefaßter Beschluß. c) Es ist für die Revision des Familienrechts die Prüfung vorbehalten, ob der § 1308 einer Beschränkung bedürfe. Der Herr Redaktor des Familienrechts wird die Prüfung anregen. a) Wegen der Fassung des ersten Absatzes zu vergi, ξ 8 Abs. 1. b) Ob der § 1548 Satz 1 und im zweiten Satze „Im Uebrigen" zu streichen seien, wird bei Revision des Familienrechts auf Anregung des Herrn Redaktors des Familienrechts geprüft werden. c) Die Fassung des zweiten Satzes des Abs. 2 wird der des zweiten Absatzes des § 8 anzuschließen haben. Bei „angehört" ist wie in den §§ 2 1 , 8, 9 hinzuzudenken „jeweilig".
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des Wochenbettes Ersatz zu leisten, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. §18. Die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten wird unbeschadet der Vorschriften der §§15 bis 17, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Verwandten zu der für die Unterhaltspflicht in Betracht kommenden Zeit angehören. Gehören die Verwandten zu dieser Zeit verschiedenen Staaten an, so ist die Unterhaltspflicht nur in-| soweit begründet, als sie nach den Gesetzen jedes der | Prot 1 12292 beiden Staaten begründet ist. § 19. Ein Ausländer wird im Inlande nur dann bevormundet, wenn er im Inlande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat und wenn der Staat, welchem der Ausländer angehört, die Fürsorge für denselben ablehnt. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann jedoch vor der Ablehnung im Interesse des Ausländers vorläufige Maßregeln treffen und insbesondere eine Pflegschaft anordnen. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden in Ansehung einer anderen Pflegschaft entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß, sofern die Anordnung der Pflegschaft den Wohnsitz oder Aufenthalt des Pflegebefohlenen innerhalb des Bezirkes des Vormundschaftsgerichtes nicht erfordert, vorläufige Maßregeln und die Anordnung einer Pflegschaft auch dann zulässig sind, wenn der Ausländer im Inlande nicht seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat. § 20. Die Anordnung und Führung einer Vormundschaft oder Pflegschaft, die Fürsorge und Aufsicht der Vormundschaftsbehörde sowie die Verbindlichkeiten zwischen Vormund oder Pfleger und Mündel oder Pflegebefohlenen werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Vormundschaftsbehörde angehört. § 21. D i e erbrechtlichen Verhältnisse mit Einschluß der | erbrechtlichen S c h u l d - | Prot 1 12293 Verhältnisse w e r d e n nach den G e s e t z e n des Staates beurtheilt, w e l c h e m der Erblasser zur Zeit seines T o d e s a n g e h ö r t hat.
Die Errichtung und die Aufhebung einer Verfügung von Todes wegen werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit der Errichtung oder Aufhebung angehört hat. Die Vorschrift § 3 Satz 2 bleibt unberührt. § 22. Die Vorschriften der §§ 11, 15 und des § 21 Absatz 1 kommen nicht zur Anwendung, soweit zu dem betreffenden Vermögen Gegenstände gehören, welche nicht in dem Gebiete des Staates, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, sich befinden und in dem Staate, in dessen Gebiete die Gegenstände sind (sich befinden), in Ansehung dieser Gegenstände besondere, den ersteren widersprechende Vorschriften bestehen.19 § 23. Ist eine Person ohne Staatsangehörigkeit, so werden ihre Rechtsverhältnisse, sofern für diese die Beurtheilung nach den Gesetzen des Staates, welchem die Person angehört, bestimmt ist, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person zuletzt angehört hat, und, wenn sie auch früher keinem Staate angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat. 20 19
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Der Nachdruck liegt auf dem Worte „besondere" am Schlüsse des Paragraphen. Das Wort soll bedeuten „Speziai-Gesetze" im Gegensatze zu generellen, das ganze Vermögen betreffenden Rechtsnormen. Wird der Sinn erkannt werden? Die beschlossene Fassung: „Sind für ein Rechtsverhältniß die Gesetze des Staats maßgebend, welchem eine Person angehört und ist die Person ohne Staatsangehörigkeit, so wird das Rechtsverhältniß u.s.w." ist nicht ohne Bedenken, denn die erste Voraussetzung „Sind — maßgebend" ist unzutreffend; gemeint ist, daß die Anwendbarkeit bestimmt oder vorgeschrieben sei. Die Hauptvoraussetzung, die an die Spitze gehört, dürfte aber auch sein die Heimathlosigkeit einer Person. Wegen „Wohnsitz" und „Aufenthalt" vergi. § 75 K.E.; das
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
§ 24. Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die I Prot 1 12294 Anwendung gegen | die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde. § 25. Die Wirkungen des Unheiles werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem das Prozeßgericht angehört. Wirkungen gegen Dritte sind jedoch insoweit ausgeschlossen, als sie mit dem Urtheile eines Deutschen Gerichtes nicht verbunden sein würden. Die Anerkennung des Urtheiles eines ausländischen Gerichtes ist ausgeschlossen : 1. wenn das Urtheil (nach den für das ausländische Gericht geltenden Gesetzen) die Rechtskraft noch nicht erlangt hat; 2. wenn die Gerichte des Staates, welchem das ausländische Gericht angehört, nach den Deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 3. wenn der unterlegene Beklagte (die Partei, gegen welche das Urtheil erlassen ist,) ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichtes in Person noch durch Gewährung Deutscher Rechtshülfe zugestellt ist; 4. wenn die Anerkennung des Urtheiles gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstößt (verstoßen würde) ; 5. wenn bei Erlassung des Urtheiles zum Nachtheile einer Deutschen Partei von den Vorschriften des S 8, des § 10 Abs. 1,2 oder der §§ 13,14,16 abgewichen ist; 6. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.21 I Proti 12295 | NB. (Note im Entwurf). „In das Einführungsgesetz wird eine Vorschrift aufgenommen werden, welche den § 661 der Civilprozeßordnung mit dem obigen § 25 in Einklang bringt". S 26. Unter Zustimmung des Bundesrathes kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen eines ausländischen Staates und die Rechtsnachfolger solcher Angehörigen ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht werde. 22 Die anderweite Berathung und Feststellung dieser Vorschriften führte zu folgenden Ergebnissen: 23 1. Die Vorschriften sollen die Ueberschrift erhalten „Räumliche Herrschaft der Rechtsnormen" 2. Die SS 1, 9, 19, 24, 26 blieben ohne Beanstandung. 3. Zu S 2 war beantragt: Gebhard a) den Eingang des Abs. 2 zu fassen : „Erwirbt ein Ausländer, welcher volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit,. . ."
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Wort „Heimathstaat" ist in dem vorliegenden Abschnitte vermieden, obschon es gebraucht ist, K.E. §§ 10, 29. a) Abs. 2 Z. 1. Sollten die eingeklammerten Worte nöthig sein? Gedacht ist an die formelle Rechtskraft und diese kann sich doch nur bestimmen nach der lex fori. Die fraglichen Worte, die sich übrigens auch im § 661 der P.O. finden, sind nicht einmal ganz korrekt. Für das Prozeßgericht können verschiedene Gesetze, wie dies z. B. bei dem vormaligen Preußischen Obertribunal der Fall war, gelten. b) Abs. 2 Z. 3. die Worte „unterlegene Beklagte" sind beschlossen, aber ansprechend dürften sie nicht sein. c) Abs. 2 Z. 4. „verstoßen würde" scheint richtiger zu sein. Zu vergi. Konk.O. S 4. Bei den im folgenden von Gebhard gestellten Anträgen handelt es sich um eine nicht in die Antragsbezifferung aufgenommene Vorlage.
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Protokolle der 1. Kommission b) den Schluß des Abs. 3 zu fassen : Gebhard „. . . geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte findet diese Vorschrift keine Anwendung". (Die dem Beschluß entsprechende Fassung — Prot. S. 11487 — betont die ausgenommenen Rechtsgeschäfte durch Voranstellung derselben.) Die Anträge fanden Annahme. I 4. Zu § 3 lagen die Anträge vor, am Schlüsse zu setzen :
| Prot 112296
a) „vorgenommen ist" b) „vorgenommen worden ist". Die Kommission entschied für die Fassung „vorgenommen wird".
Gebhard
5. Zu § 4 war beantragt: „Der Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache werden Gebhard nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache zur Zeit der Verwirklichung des für den Erwerb oder Verlust in Betracht kommenden Thatbestandes sich befunden hat." (Die Ueberleitung durch „insbesondere" verdunkelt den Sinn der Schlußworte des ersten Satzes und der an anderen Stellen gebrauchten Worte „angehört".) b) den Eingang des Abs. 1 Satz 2 zu fassen : „Der Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache oder der Besitz oder der Inhabung derselben werden nach den Gesetzen . . ." c) den Absatz 1 Satz 2 zu fassen: „Der Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache (sowie Planck des Besitzes und der Inhabung einer solchen Sache) werden nach den Gesetzen des (Nr 220, 1) Ortes beurtheilt, an welchem die Sache zur Zeit der Verwirklichung des nach den Gesetzen dieses Ortes für den Erwerb oder Verlust maßgebenden Thatbestandes sich befunden hat". Gebhard d) im Eingange des Abs. 2 zu setzen: „Die Vorschrift des § 3 Satz 2" I Prot! 12297 I Die Kommission beschloß, dem Abs. 1 Satz 2 folgende Fassung zu geben: Der Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache sowie des Besitzes und der Inhabung einer solchen Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache zur Zeit der Verwirklichung des für den Erwerb oder Verlust in Betracht kommenden Thatbestandes sich befunden hat. Der Antrag unter d wurde gebilligt. Gebhard 6. Zu § 5 war beantragt a) den Satz 2 des zweiten Absatzes zu fassen : „ . . . Ist jedoch das Rechtsgeschäft im Inlande errichtet, so bleiben für dasselbe die am Orte der Errichtung über das Erforderniß einer besonderen Form geltenden Gesetze maßgebend". (Der Vorschlag berücksichtigt die aus Prot. S. 11593, 11594 sich ergebende Aenderung. Der Ausdruck im ersten Absätze „zum Abschlüsse gelangt ist" hat seine besondere Bedeutung. Da aber nach dem K.E. „Schließen" auf einen Vertrag hinweist und der Paragraph sich nicht bloß auf Verträge bezieht, so möchte sich empfehlen, im Abs. 2 Satz 2 statt „abgeschlossen" zu setzen „errichtet" und statt „am Orte des Abschlusses", „am Orte der Errichtung"; vergi. K.E. § 132.) 269
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Planck (Nr 220, 2)
b) den Abs. 1 zu fassen: „Das Schuldverhältniß aus einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden wird nach den I P r o t i 12298 Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der nach den | Gesetzen dieses Ortes für die Vollendung (den Abschluß) des Rechtsgeschäfts maßgebende Thatbestand sich verwirklicht hat". Der Antrag unter b wurde in Folge des Beschlusses zu Ziffer 5 zurückgezogen. Der Antrag unter a fand Annahme. Gebhard
7. Im § 6 wurde, einem gestellten Antrage zufolge, das Komma hinter „Handlung" Zeile 2 gestrichen.
Gebhard
8. Zu § 7 lagen die Anträge vor: a) den Paragraphen zu fassen : „Ein Schuldverhältniß, welches auf einem anderen Grunde als auf einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder auf einer unerlaubten Handlung beruht, wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der für die Entstehung des Schuldverhältnisses in Betracht kommende Thatbestand sich verwirklicht hat, sofern nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt". (Der Vorschlag schließt sich, von redaktionellen Abweichungen abgesehen, der primären Fassung mit der Modifikation an, daß am Schlüsse die Worte „aus den Gesetzen" vertauscht sind mit den Worten „aus dem Gesetze". Unter dem „Gesetze" sind das G.B. und sonstige, einschlägige Vorschriften enthaltende Reichsgesetze verstanden. Ist nach der Regelvorschrift das Gesetz des Entstehungsortes maßgebend, so kommt es nicht darauf an, ob dieses (ausländische) Gesetz seiner Tendenz nach angewandt oder nicht angewandt sein will. Das Prot. S. 11512 Bemerkte deutet I P r o t i 12299 allerdings eine andere Auffassung an, aber die prinzipielle | Entscheidung ergiebt sich Planck aus Prot. S. 11583, 11587 und zu der Ausnahme, deren das Prot. S. 11586 gedenkt, (Nr 220, 3) liegt ein ausreichender Grund nicht vor.) b) den Paragraphen zu fassen : „Das Schuldverhältniß . . . wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der nach den Gesetzen dieses Ortes für die Entstehung des Schuldverhältnisses maßgebende Thatbestand . . . " Dem § 7 wurde, nachdem der Antrag unter b in Folge des Beschlusses unter Ziff. 5 zurückgezogen war, folgende Fassung gegeben: Das Schuldverhältniß aus einem anderen Grunde als aus einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder aus einer unerlaubten Handlung wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem der für die Entstehung des Schuldverhältnisses in Betracht kommende Thatbestand sich verwirklicht hat, sofern nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt. Man war der Ansicht : An sich entspreche die Prot. S. 12287 an zweiter Stelle angeregte Fassung dem Beschlüsse Prot. S. 11511, 11512 mehr, als die an erster Stelle vorgeschlagene. Die Regel des § 7 habe nicht bloß in den auf einzelne Schuldverhältnisse sich beziehenden besonderen Vorschriften eine Schranke finden, sondern auch dann nicht Platz greifen sollen, wenn die Gesetze, auf deren Geltung die Regel im konkreten Falle hinweise, ein Eingreifen ihrerseits ablehnten und ein anderes Recht angewendet wissen wollten. Nachdem indessen im weiteren Verlaufe der Berathung, Prot. I P r o t i 12300 S. 11583 bis 11587, der Grundsatz angenommen worden sei, daß, wenn das | Deutsche Recht ein fremdes Recht für maßgebend erkläre, das fremde Recht Anwendung zu finden habe, möge es seinerseits angewendet sein wollen oder nicht, würde die letztere Beschränkung des § 7 als eine Ausnahme von diesem Grundsatze sich dar270
Protokolle der 1. Kommission stellen. Zu einer solchen Sonderbestimmung liege aber in Ansehung des § 7, wenn man grundsätzlich überhaupt einen anderen Standpunkt einnehme, kein genügender G r u n d vor, und w e r d e die entsprechende Beschränkung daher besser fallen gelassen. Dies f ü h r e zu der Prot. S. 12287 ersichtlichen primären Fassung; nur seien einmal, entsprechend dem Beschlüsse unter Ziff. 5, die W o r t e „maßgebende Thatbestand" durch die W o r t e „in Betracht k o m m e n d e Thatbestand" zu ersetzen; sodann müsse dem sonstigen Sprachgebrauche des Entwurfes gemäß, am Schluß gesagt werden „sofern nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt". Die unter a anheimgestellte A e n d e r u n g des Einganges empfehle sich nicht. 9. D e r Antrag, im § 8 Abs. 1 zu setzen: „welchem der Eheschließende z u r Zeit der Eheschließung angehört" w u r d e abgelehnt. M a n hielt eine Verdeutlichung in der fraglichen Richtung mit Rücksicht darauf, daß von „Eheschließenden", nicht von „Ehegatten" gesprochen werde, nicht f ü r erforderlich und erachtete im Uebrigen die beantragte Aenderung auch deshalb f ü r bedenklich, weil durch dieselbe die Prot. S. 11516 bezweckte Einbeziehung des Verlöbnisses verloren gehen würde. 1 0 . Z u § l O l a g e n d i e Anträge vor : a) den Schluß des Abs. 1 zu fassen : „. . . Verwirklichung des f ü r die Auflösung in Betracht k o m m e n d e n Thatbestandes angehört hat". I b) als Abs. 1 zu bestimmen: „Die Auflösung . . . zur Zeit der Verwirklichung des nach den Gesetzen dieses Staates f ü r die Auflösung maßgebenden Thatbestandes angehört hat". c) im Abs. 2 zu setzen: „Klage auf Scheidung oder auf T r e n n u n g " . d) den Abs. 4 zu fassen : „Wird von der Ehefrau gegen den Ehemann Klage auf Scheidung wegen böslicher Verlassung erhoben und w a r e n die Ehegatten zu der Zeit, als der Beklagte die Klägerin verließ, Deutsche, so finden, soweit nach den Vorschriften des zweiten und dritten Absatzes die Gesetze eines ausländischen (oder: eines anderen) Staates, dessen Angehöriger der Ehemann geworden ist, anwendbar sein w ü r d e n , nicht diese Gesetze, sondern die Deutschen Gesetze A n w e n d u n g " . ( D e r in der vorl. Zusst. beigefügte Zusatz „während dieser Ausländer ist" trifft den wohl am häufigsten v o r k o m m e n d e n Fall. Immerhin hat der § auch f ü r solche Fälle Bedeutung, in welchem die Klage gegen einen E h e m a n n erhoben wird, der, nachdem er Ausländer geworden, die Reichsangehörigkeit wieder erworben hat. In einem solchen Falle ist z w a r klar, daß nach Abs. 2 die gegen den Deutschen erhobene Klage nach Deutschem Rechte zu beurtheilen ist. H a t sich aber der, einen längeren Zeitraum ausfüllende Thatbestand der böslichen Verlassung dergestalt vollzogen, daß sein Abschluß in die Zeit fällt, | in welcher der Beklagte Ausländer w a r , so k ö n n t e die A n n a h m e Platz greifen, daß neben Abs. 2 auch Abs. 3 in Betracht k o m m e , w ä h r e n d Abs. 3 außer Betracht bleiben muß. Die p r o p o n i n e Fassung schließt sich an die verwandte V o r s c h r i f t des § 16 an, deckt alle Fälle und läßt keinen Zweifel, daß Abs. 3 ausgeschlossen ist. — Die V e r t a u s c h u n g der W o r t e „sofern die Ehegatten zur Zeit der Verlassung Deutsche w a r e n " mit den W o r t e n „und w a r e n die Ehegatten zu der Zeit, als der Beklagte die Klägerin verließ, Deutsche" hat den § 568 Abs. 2 der C . P . O . z u m Vorbilde und deutet darauf, daß es auf den Zeitpunkt a n k o m m t , in welchem die Verlassung ihren A n f a n g g e n o m m e n hat.) e) den Antrag unter d in folgender Fassung anzunehmen : „Wird von der E h e f r a u . . . so finden, auch wenn nach den Vorschriften des 271
Gebhard
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I Prot 1 12301 Planck (Nr 220, 4) Gebhard Gebhard
| Prot 1 12302
Planck (Nr 220,4)
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IProti 12303
I P r o t i 12304 Gebhard Gebhard Gebhard Gebhard Gebhard
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zweiten und dritten Absatzes die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, nicht diese . . . " f) den Abs. 4 zu fassen: „Wird von der Ehefrau gegen den Ehemann Klage auf Scheidung wegen böswilliger Verlassung erhoben und waren die Ehegatten zu der Zeit, als der Beklagte die Klägerin (der Ehemann die Ehefrau) verließ, Deutsche, so finden, soweit nach den Vorschriften des zweiten und dritten Absatzes die Gesetze eines ausländischen Staates, dessen Angehöriger der Ehemann geworden, anwend-|bar sein würden, nicht diese Gesetze, sondern die Deutschen Gesetze Anwendung." Der Antrag unter a fand, nach Zurückziehung des Antrages unter b, Genehmigung, ebenso der Antrag unter c. Des Weiteren beschloß man, den Abs. 4 mit der Maßgabe zu streichen, daß im § 16 auch der Abs. 3 des § 10 zu allegiren sei, die Anträge unter d, e, f erledigten sich damit. Die Streichung des Abs. 4 beruhte auf der Erwägung: Die Vorschrift, welche zur Voraussetzung habe, daß der Ehemann, nachdem er die Ehefrau verlassen, die Reichsangehörigkeit aufgegeben und eine andere Staatsangehörigkeit erworben habe, treffe nach ihrer Fassung sowohl den Fall, daß die Ehefrau, des Wechsels der Staatsangehörigkeit seitens des Ehemannes ungeachtet, Reichsangehörige geblieben sei, als den Fall, daß auch auf Seite der Ehefrau ein Wechsel der Staatsangehörigkeit eingetreten sei. Der erstere Fall sei durch die Bestimmung des § 16, zumal wenn in derselben noch auf den Absatz 3 des § 10 Bezug genommen werde, voll gedeckt. Die Vorschrift des Abs. 4 habe mithin nur für den zweiten Fall eine selbständige Bedeutung. Insoweit verdiene es aber, ganz abgesehen davon, inwieweit der Fall überhaupt praktisch werden könne, den Vorzug, entsprechend den Erwägungen Prot. S. 11517-11519, 11543, 11546, 11547, von einer besonderen Bestimmung abzusehen, zumal auch die Vorschrift des § 568 Abs. 2 der C.P.O., welche als Vorbild gedient habe, in der Hauptsache nur den Schutz der Deutschen Ehefrau in Ansehung des Gerichtsstandes im Auge habe. 11. Im § 11 soll, einem gestellten Antrage zufolge, I a) im Eingange statt „bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates" gesetzt werden „wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt", b) am Schlüsse das Wort „eintritt" vertauscht werden mit „eingetreten ist" 12. Im § 12 werden, wie beantragt, die eingeklammerten Worte gestrichen. 13. Im § 13 wird hinter „oder" ein Komma gesetzt. 14. Zu § 14 war beantragt, den Abs. 1 zu fassen: „Die Legitimation eines unehelichen Kindes wird in Ansehung des Vaters nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater, in Ansehung des Kindes nach den Gesetzen des Staates, welchem das Kind zur Zeit der Legitimation angehört." Der Abs. 1 wurde dahin gefaßt: „Die Legitimation eines unehelichen Kindes wird beurtheilt in Ansehung des Vaters nach den Gesetzen des Staates, welchem der Vater, in Ansehung des Kindes nach den Gesetzen des Staates, welchem das Kind zur Zeit der Legitimation angehört." 15. Im § 15 Zeile 5 wird vor und nach „und" je ein Komma gesetzt. 16. Beantragt war, den § 16 zu fassen: „Wenn die Reichsangehörigkeit eines Ehemannes oder Vaters erloschen ist, die Ehefrau oder ein Kind desselben aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so finden, soweit nach den Vorschriften des § 9, § 10 Abs. 1 bis 3 und der §§ 13, 15 . . ." 272
Protokolle der 1. Kommission (Der Entwurf zitirt den § 18 Abs. 1, welchem der § 10 Abs. 2 der vorl. Zusst. entspricht; daneben wird, wie in der vorl. Zusst. gesche-| hen auch § 10 Abs. 1, außer- | Proti 12305 dem aber auch § 10 Abs. 3 zu zitiren sein. Erhebt die Ehefrau in· dem vorausgesetzten Falle auf Grund des § 1406, 1407 K.E. Klage auf Scheidung, so wird nicht in Betracht kommen, ob der geltend gemachte Scheidungsgrund auch nach den Gesetzen des Staates, dessen Angehöriger der Ehemann geworden ist, ein Scheidungsgrund ist. W e n n „Reichsangehörigkeit, gleich „Deutsche Staatsangehörigkeit" ist, so wird der Ausdruck „Reichsangehörigkeit eines Deutschen" vermieden werden müssen.) Die Kommission erachtete für geboten, auch das Verhältniß zwischen der mit der elterlichen Gewalt bekleideten Mutter und dem ehelichen Kind zu treffen, und entschied, zugleich unter theilweiser Berücksichtigung des Antrages (vergi, auch Ziff. 10), f ü r folgende Fassung: Wenn die Reichsangehörigkeit eines Ehemannes erloschen ist, die Ehefrau desselben aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so finden, soweit nach den Vorschriften des § 9 und des § 10 Abs. 1 bis 3 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, nicht diese Gesetze, sondern die Deutschen Gesetze Anwendung. W e n n eine Reichsangehörigkeit eines Elterntheiles erloschen ist, das eheliche Kind aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so finden, soweit nach den Vorschriften der §§13, 15 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, nicht diese Gesetze, | sondern die Deutschen Gesetze Anwendung. | Prot 1 12306 17. Zu § 17 lag der Antrag vor, den Abs. 1 Satz 2 zu fassen : Gebhard „Ist jedoch die Reichsangehörigkeit einer Mutter erloschen und hat das Kind die Reichsangehörigkeit behalten, so bleiben für das Rechtsverhältniß zwischen Kind und Mutter die Deutschen Gesetze auch dann maßgebend, wenn die Mutter Angehörige eines anderen Staates geworden ist (eine andere Staatsangehörigkeit erworben hat)." (daß die deutschen Gesetze maßgebend sind, wenn die der Reichsangehörigkeit verlustig gewordene Mutter eine fremde Staatsangehörigkeit nicht erlangt, ergiebt sich schon aus § 23.) Die in der vorstehenden Klammer geltend gemachte Erwägung hielt man nicht f ü r ausreichend zur Rechtfertigung einer Aenderung des Abs. 1 Satz 2. Im Uebrigen gab man demselben folgende Fassung: W e n n jedoch die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen ist, das Kind aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so bleiben f ü r das Rechtsverhältniß zwischen dem Kinde und der Mutter die Deutschen Gesetze maßgebend. 18. Im § 18 wird Zeile 2 vor „unbeschadet" ein Komma gesetzt.
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19. Zum § 20 war beantragt, zu setzen : Gebhard „ . . . zwischen dem Vormunde oder Pfleger und dem Mündel oder Pflegebefohleu
nen . (Vergi. K.E. § 167. In Frage kommt, ob nicht im Hinblick auf K.E. § 1704 — Prot. S. 12202 bis 12206 — die Erwähnung der Pflegschaft und des Pflegers in Weg-|fall |Proti 12307 zu kommen habe.) Die Kommission beschloß mit Rücksicht auf § 1704 (K.E.) von der Erwähnung der Pflegschaft und des Pflegers sowie des Pflegebefohlenen abzusehen, so daß der § 20 nunmehr lautet: Die Anordnung und Führung einer Vormundschaft, die Führung und Aufsicht der Vormundschaftsbehörde sowie die Verbindlichkeiten zwischen dem Vormunde und dem Mündel werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Vormundschaftsbehörde angehört. 273
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
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20. Im § 21 Abs. 2 soll der Satz 2, gestelltem Antrage zufolge, dahin gefaßt werden: Die Vorschrift des § 3 Satz 2 bleibt unberührt.
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21. Zum § 22 lag der Antrag vor, den Schluß zu fassen : „. . . sich befinden, und welche nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besondere Vorschriften unterstehen". eventuell, wenn es bei der Fassung der vorl. Zusst. verbleibt: Komma hinter „Staate" und Aufnahme des eingeklammerten „sich befinden" statt „sind". Die Kommission entschied für folgende Fassung des Schlusses : und in dem Staate, in dessen Gebiete die Gegenstände sich befinden, in Ansehung dieser Gegenstände besondere Vorschriften bestehen.
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Abgelehnt wurde der weitere Antrag, als Schlußsatz beizufügen : „In Ansehung solcher Gegenstände sind die Gesetze des Staates maßgebend, in I Prot 1 12308 dessen | Gebiete die Gegenstände sich befinden". (Das Prot. S. 11577 erklärt den Schlußsatz als selbstverständlich und deshalb entbehrlich. Seine Aufnahme dürfte sich aber doch empfehlen, da das Gesetz ohne sie lückenhaft erscheint.) Gebhard
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Gebhard Gebhard
I Prot 1 12309
22. Annahme fand der zu § 23 gestellte Antrag zu setzen : a) „sofern f ü r dieselben die Beurtheilung nach den Gesetzen des Staates, welchem die Person angehört, vorgeschrieben ist", b) am Schlüsse: „ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat". 23. Zum § 25 war beantragt: a) im Abs. 2 Nr. 1 die Klammern zu streichen; (die eingeklammerten Worte sind allerdings entbehrlich; entbehrlich ist aber auch die ganze Nr. 1; wird sie, um mit § 661 Abs. 1 Nr. 1 der C.P.O. im Einklänge zu bleiben, beibehalten, so empfiehlt es sich, auch in der Fassung der Vorschrift der C.P.O. zu folgen.) b) im Abs. 2 Nr. 3 die eingeklammerten Worte zu streichen; c) im Abs. 2 Nr. 4 die eingeklammerte Fassung „verstoßen würde" anzunehmen; d) die Nr. 5 des Abs. 2 zu fassen: „wenn bei Erlassung des Unheiles zum Nachtheile einer Deutschen Partei von den Vorschriften des § 8, des $ 10 Abs. 1 bis 3, der §§ 13, 14 oder, soweit an Stelle der nach diesen Vorschriften anwendbaren Gesetze in Gemäßheit des § 16 die Deutschen Gesetze maßgebend sind, von den letzteren abgewichen ist." | e) im Abs. 1 Zeile 1 statt „¿ei Unheiles" zu setzen, „einesUnheiles". Die Anträge unter a bis c und e wurden gebilligt, ebenso beschloß man, dem Antrage unter d sachlich entsprechend die Nr. 5 des Abs. 2 dahin zu verdeutlichen : Wenn bei Erlassung des Unheiles zum Nachtheile einer Deutschen Partei von einer der Vorschriften des § 8, des § 10 Abs. 1 bis 3 und der §§ 13, 14 sowie des § 16, soweit der letztere auf die Vorschriften der §§ 10, 13 Bezug nimmt, abgewichen ist. Die darin gleichzeitig enthaltene Ausdehnung der Vorschrift auf die Bestimmung des § 10 Abs. 3 war f ü r ebenso angemessen als unbedenklich erachtet worden. Einvernehmen bestand, daß die im Anschluß an den § 25 angeregte Note (Prot. S. 12295) wegzufallen habe, nachdem Prot. S. 11659 der Beschluß gefaßt worden sei, die Vorschriften über die räumliche Herrschaft der Rechtsnormen in den Entwurf selbst nicht aufzunehmen. Bei Gelegenheit der Besprechung des Berichts, welchen der Vorsitzende bei Ueberreichung des in erster Lesung festgestellten Entwurfes an den Herrn Reichs274
Erster Entwurf von 1887
kanzler erstatten wird, ergab sich Einverständniß, daß der R e d a k t o r des Sachenrechts den Entwurf des Gesetzes über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche V e r m ö g e n auszuarbeiten und der R e d a k t o r des Erbrechts in dem von ihm zu beschaffenden N a c h t r a g e zu dem auf das Erbrecht sich beziehenden Theile des E i n f ü h rungsgesetzes die besonderen reichsgesetzlichen N o r m e n über die Erbfolge in die landwirthschaftlichen Grundstücke a u f z u n e h m e n habe.
II. Fassung der Regelung im E I24 Räumliche Herrschaft der Rechtsnormen § 1. Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die juristische Person ihren Sitz hat. § 2. Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört. Erwirbt ein Ausländer, welcher volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch w e n n er nach den Deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. N i m m t ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, in Ansehung dessen er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er f ü r dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den Deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte findet diese V o r s c h r i f t keine Anwendung. § 3. Die Form eines Rechtsgeschäftes bestimmt sich nach den Gesetzen, welche f ü r das den Gegenstand des Rechtsgeschäftes bildende Rechtsverhältniß maßgebend sind. Es genügt jedoch, wenn die Form den Gesetzen des Ortes entspricht, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird. § 4. Die Rechte an einer Sache sowie der Besitz und die Inhabung einer Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache sich befindet. D e r Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache sowie des Besitzes und der I n h a b u n g einer solchen Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache zur Zeit der Verwirklichung des f ü r den E r w e r b o d e r Verlust in Betracht kommenden Thatbestandes sich befunden hat. Die Vorschrift des § 3 Satz 2 findet keine A n w e n d u n g auf ein Rechtsgeschäft, durch welches ein Recht an einer Sache begründet, übertragen o d e r aufgehoben wird. § 5. Das Schuldverhältniß aus einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem das Rechtsgeschäft zum Abschlüsse gelangt ist. W e n n nach den U m s t ä n d e n des Falles die Anwendbarkeit der Gesetze eines anderen O r t e s als gewollt anzusehen ist, so sind die Gesetze dieses Ortes maßgebend. Ist jedoch das Rechtsgeschäft im Inlande errichtet, so bleiben f ü r dasselbe die am O r t e der Errichtung über das E r f o r d e r n i ß einer besonderen Form geltenden Gesetze maßgebend. 24
Gleichlautend mit der „Zusammenstellung der Beschlüsse" („Räumliche Herrschaft der Rechtsnormen"). — Zum weiteren Schicksal des Entwurfs, der zunächst unveröffentlicht blieb, vgl. Hartwig/Korkisch, Die geheimen Materialien zur Kodifikation des deutschen Internationalen Privatrechts 1881 —1896, Tübingen 1973, S. 177 ff.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
§ 6. Das Schuldverhältniß aus einer unerlaubten Handlung wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die unerlaubte Handlung begangen ist. § 7. Das Schuldverhältniß aus einem anderen Grunde als aus einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder aus einer unerlaubten Handlung ist nach den Gesetzen des Ortes zu beurtheilen, an welchem der für die Entstehung des Schuldverhältnisses in Betracht kommende Thatbestand sich verwirklicht hat, sofern nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt. § 8. Die Eingehung einer Ehe wird in Ansehung eines jeden der Eheschließenden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem derselbe angehört. Die Form der Eheschließung bestimmt sich ausschließlich nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die Ehe geschlossen wird. § 9. Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann angehört. § 10. Die Auflösung einer Ehe wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann zur Zeit der Verwirklichung des für die Auflösung in Betracht kommenden Thatbestandes angehört hat. Für die Ehescheidung und für die Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage auf Scheidung oder auf Trennung angehört. Eine Thatsache, welche sich ereignet hat, während der Ehemann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund oder Trennungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder Trennungsgrund ist. Auf Scheidung sowie auf Trennung von Tisch und Bett kann auch im Falle der Anwendbarkeit ausländischer Gesetze von einem Deutschen Gerichte nur erkannt werden, wenn und soweit die Klage auch nach den Deutschen Gesetzen begründet ist. Ist nach den maßgebenden ausländischen Gesetzen nicht die Scheidung, sondern nur die Trennung von Tisch und Bett zulässig, so finden die Vorschriften des § 1440 Abs. 3 (des bürgerlichen Gesetzbuches) keine Anwendung. § 11. Das eheliche Güterrecht wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann zur Zeit der Eheschließung angehört. Dies gilt auch dann, wenn eine Änderung der Staatsangehörigkeit eingetreten ist. § 12. Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, welche nach Schließung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die Vorschriften der §§ 1336, 1337 (des bürgerlichen Gesetzbuches) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß der ausländische gesetzliche Güterstand einem vertragsmäßigen Güterstande gleichsteht. § 13. Die Ehelichkeit eines Kindes wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört oder, wenn er vor dessen Geburt gestorben ist, zuletzt angehört hat. § 14. Die Legitimation eines unehelichen Kindes wird beurtheilt in Ansehung des Vaters nach den Gesetzen des Staates, welchem der Vater, in Ansehung des Kindes nach den Gesetzen des Staates, welchem das Kind zur Zeit der Legitimation angehört. Die Ehelichkeitserklärung steht demjenigen Staate zu, welchem der Vater angehört. Nach den Gesetzen dieses Staates bestimmt sich auch ausschließlich die für die Erklärungen der Betheiligten erforderliche Form. 276
Erster Entwurf von 1887
Die Wirkungen der Legitimation werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Die Vorschriften des ersten bis dritten Absatzes finden auf die Annahme an Kindesstatt entsprechende Anwendung. § 15. Das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater angehört, und, wenn der Vater gestorben ist, nach den Gesetzen des Staates, welchem die Mutter angehört. § 16. Wenn die Reichsangehörigkeit eines Ehemannes erloschen ist, die Ehefrau desselben aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so finden, soweit nach den Vorschriften des § 9 und des § 10 Abs. 1 bis 3 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, nicht diese Gesetze, sondern die Deutschen Gesetze Anwendung. Wenn die Reichsangehörigkeit eines Elterntheiles erloschen ist, das eheliche Kind aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so finden, soweit nach den Vorschriften der §§ 13, 15 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, nicht diese Gesetze, sondern die Deutschen Gesetze Anwendung. § 17. Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter angehört. Wenn jedoch die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen ist, das Kind aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so bleiben f ü r das Rechtsverhältniß zwischen dem Kinde und der Mutter die Deutschen Gesetze maßgebend. Die Unterhaltsverpflichtung des unehelichen Vaters und dessen Verpflichtung, der Mutter wegen der Kosten der Entbindung und wegen des Unterhaltes während des Wochenbettes Ersatz zu leisten, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. § 18. Die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten wird, unbeschadet der Vorschriften der §§15 bis 17, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Verwandten zu der für die Unterhaltspflicht in Betracht kommenden Zeit angehören. Gehören die Verwandten zu dieser Zeit verschiedenen Staaten an, so ist die Unterhaltspflicht nur insoweit begründet, als sie nach den Gesetzen jedes der beiden Staaten begründet ist. § 19. Ein Ausländer wird im Inlande nur dann bevormundet, wenn er im Inlande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat und wenn der Staat, welchem der Ausländer angehört, die Fürsorge f ü r denselben ablehnt. Das Deutsche Vormundschaftsgericht kann jedoch vor der Ablehnung im Interesse des Ausländers vorläufige Maßregeln treffen und insbesondere eine Pflegschaft anordnen. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden in Ansehung einer anderen Pflegschaft entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß, sofern die Anordnung der Pflegschaft den Wohnsitz oder Aufenthalt des Pflegebefohlenen innerhalb des Bezirkes des Vormundschaftsgerichtes nicht erfordert, vorläufige Maßregeln und die Anordnung einer Pflegschaft auch dann zulässig sind, wenn der Ausländer im Inlande nicht seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat. § 20. Die Anordnung und Führung einer Vormundschaft, die Fürsorge und Aufsicht der Vormundschaftsbehörde sowie die Verbindlichkeiten zwischen dem V o r munde und dem Mündel werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Vormundschaftsbehörde angehört. 277
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
§ 21. Die erbrechtlichen Verhältnisse mit Einschluß der erbrechtlichen Schuldverhältnisse werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehört hat. Die Errichtung und die Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit der Errichtung oder Aufhebung angehört hat. Die Vorschrift des § 3 Satz 2 bleibt unberührt. § 22. Die Vorschriften der §§11, 15 und des §21 Abs. 1 kommen nicht zur Anwendung, soweit zu dem betreffenden Vermögen Gegenstände gehören, welche nicht in dem Gebiete des Staates, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, sich befinden, und in dem Staate, in dessen Gebiete die Gegenstände sich befinden, in Ansehung dieser Gegenstände besondere Vorschriften bestehen. § 23. Ist eine Person ohne Staatsangehörigkeit, so werden ihre Rechtsverhältnisse, sofern für dieselben die Beurtheilung nach den Gesetzen des Staates, welchem die Person angehört, vorgeschrieben ist, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person zuletzt angehört hat, und, wenn sie auch früher keinem Staate angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat. § 24. Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde. § 25. Die Wirkungen eines Urtheils werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem das Prozeßgericht angehört. Wirkungen gegen Dritte sind jedoch insoweit ausgeschlossen, als sie mit dem Urtheile eines Deutschen Gerichtes nicht verbunden sein würden. Die Anerkennung des Unheiles eines ausländischen Gerichtes ist ausgeschlossen: 1. wenn das Urtheil nach den für das ausländische Gericht geltenden Gesetzen die Rechtskraft noch nicht erlangt hat; 2. wenn die Gerichte des Staates, welchem das ausländische Gericht angehört, nach den Deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 3. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichtes in Person noch durch Gewährung Deutscher Rechtshülfe zugestellt ist; 4. wenn die Anerkennung des Urtheils gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde; 5. wenn bei Erlassung des Unheiles zum Nachtheile einer Deutschen Partei von einer der Vorschriften des § 8, des § 10 Abs. 1 bis 3 und der §§ 13, 14 sowie des § 16, soweit der letztere auf die Vorschriften der §§ 10, 13 Bezug nimmt, abgewichen ist; 6. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. § 26. Unter Zustimmung des Bundesrathes kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen eines ausländischen Staates und die Rechtsnachfolger solcher Angehörigen ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht werde.
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Protokolle der 2. Kommission
C. 2. Kommission I. Protokolle der Kommission 401. Sitzung1 I 3. Die Vorlage stellt das Prinzip auf, daß als Personalstatut grundsätzlich nicht | Ρ II 6,6 das durch den Wohnsitz, sondern das durch die Staatsangehörigkeit der Person bestimmte Recht maßgebend sei. Es ergab sich, daß diese Regelung allseits prinzipiell gebilligt wurde. Eine allgemeine Erörterung des Prinzips fand nicht statt. Einzelheiten, insbesondere die Frage der Rückverweisung, behielt man besonderer Erörterung vor. II. Bei der Einzelberathung gelangte zunächst folgender Antrag zur Berathung: 1. a) dem § 1 der Vorlage folgenden Paragraphen voranzustellen : Gebhard Ein Verschollener kann im Inlande f ü r todt erklärt werden, wenn er bei dem (Nr 1,1) Beginne der Verschollenheit die Reichsangehörigkeit besaß. Ein Verschollener, welcher bei dem Beginne der Verschollenheit Angehöriger eines ausländischen Staates war, kann im Inlande f ü r todt erklärt werden, wenn er im Inlande Vermögen besitzt. Die Voraussetzungen und die Wirkungen der Todeserklärung werden auch in diesem Falle nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, die Wirkungen beschränken sich jedoch darauf, daß das im Inlande befindliche Vermögen als Nachlaß zu behandeln ist. b) die dem § 2 des Entw. II beigegebene Anmerkung zu streichen. 12. Von anderer Seite war vorgeschlagen : | Ρ II 6, 7 die im Antrag 1 a vorgeschlagene Vorschrift zu fassen : Jacubezky Ein Verschollener kann nach den §§ 2 bis 8 des Entw. II f ü r todt erklärt werden, (Nr 2,1) wenn er bei dem Beginne der Verschollenheit Reichsangehöriger war oder seinen Wohnsitz im Inlande hatte. Ein Verschollener, welcher bei dem Beginne der Verschollenheit Angehöriger eines fremden Staates war und seinen Wohnsitz nicht im Inlande hatte, kann mit Wirkung f ü r die Rechtsverhältnisse für todt erklärt werden, die sich nach den deutschen Gesetzen bestimmen. 2 Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 7 ff.
1
2
Sofern bei den Namen der Antragsteller keine Antragsziffer genannt wird, handelt es sich um Anträge, die in der Sitzung gestellt worden waren. Die Namen der Antragsteller ergeben sich aus dem Handexemplar (von Gebhard) der Protokolle im Juristischen Seminar der Universität Heidelberg. Der Antrag Nr. 2, 1 war wie folgt begründet: Wäre ein verschollener Franzose, falls er noch lebte, zur Erbschaft eines Deutschen berufen, so muß der Nachweis, daß der Franzose schon vor dem Erblasser gestorben, also nicht zur Erbfolge berufen ist, mittelst Todeserklärung beschafft werden können, auch wenn sich kein Vermögensstück des Franzosen in Deutschland befindet. Die Todeserklärung kann aber, wenn dem Franzosen eine Forderung gegen einen Deutschen zusteht, nicht die Wirkung haben, daß in Ansehung dieser Forderung die Erbfolge eintritt, für die das französische Recht maßgebend sein würde, vielmehr erstreckt sich die vorläufige und die endgültige Einweisung der nächsten Erben in das Vermögen des Verschollenen (Code civil Art. 120, 129) auch auf diese Forderung. — Die Ausländer, die ihren Wohnsitz im Inlande haben, sollen grundsätzlich den deutschen Gesetzen unterworfen sein; es soll aber die Anwendung der Gesetze des Heimathstaates für den Fall vorbehalten werden, daß die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Der Vorbehalt wird zu § 26 beantragt werden.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
402. Sitzung IΡ II 6 , 1 2
11. In der 401. Sitzung ist über Anträge verhandelt worden, welche bezwecken, Normen über die Todeserklärung Verschollener in das internationale Privatrecht einzustellen. Die Komm, ist zunächst zu dem Beschlüsse gelangt, den Satz aufzunehmen: Ein Verschollener kann (nach Maßgabe der §§ 2 bis 8 des Entw. II) für todt erklärt werden, wenn er bei dem Beginne der Verschollenheit die Reichsangehörigkeit besaß. Die Anträge wollen aber nicht nur Bestimmungen über die Todeserklärung von Inländern geben, sondern auch die Todeserklärung von Ausländern regeln. Da den in dieser Richtung gestellten Anträgen eine prinzipiell verschiedene Auffassung über die Anwendung des inländischen Rechtes auf Ausländer zu Grunde liegt, erachtete man für zweckmäßig, zunächst die allgemeine Frage zu erörtern. Die Vorlage geht von dem Prinzip aus, daß die persönlichen Rechtsverhältnisse einer Person nach dem Rechte ihres Heimathstaats beurtheilt werden sollen, daß folgeweise das durch die Staatsangehörigkeit bestimmte Personalstatut wie für den Inländer, so auch für den Ausländer maßgebend sei, gleichviel, ob sich der Ausländer im Inland oder im Auslande befindet. Daraus ergiebt sich u. Α., daß die Todeserklärung eines Ausländers im Inlande, soweit nicht etwas Besonderes bestimmt wird, ausgeschlossen ist. Es lagen folgende Anträge vor:
Jacubezky (Nr 7)
1. zu § 26 nachstehende Vorschrift aufzunehmen : Für Ausländer, die im Deutschen Reiche ihren Wohnsitz oder ihren ständigen Aufenthalt haben, kommen an Stelle der sich nach der Staatsangehörigkeit bestimmenden Gesetze die deutschen Gesetze zur Anwendung, soweit nicht die Gegenseitigkeit verbürgt ist.
v. Mandry (Nr 3, 2)
2. dem § 26 als Abs. 2 beizufügen: In derselben Weise (seil, wie im Abs. 1 des § 26) kann im Verhältnisse zu einem ausländischen Staate bestimmt werden, daß Vorschriften, nach welchen das Recht dieses Staates zur Anwendung kommen würde, nicht Geltung haben sollen. Ist eine solche Bestimmung getroffen, so kommen die deutschen Gesetze zur Anwendung. 3
I Ρ II 6, 13
I Des Weiteren wurde in der Sitzung beantragt: 3. zu bestimmen: Für Ausländer, die im Deutschen Reiche ihren Wohnsitz oder ihren ständigen Aufenthalt haben, kommen an Stelle der sich nach der Staatsangehörigkeit bestimmenden Gesetze die deutschen Gesetze zur Anwendung, wenn dies von dem Reichskanzler mit Zustimmung des Bundesraths wegen mangelnder Gegenseitigkeit angeordnet ist. Der Antrag Nr. 3, 2 ist wie folgt begründet: Der Antrag wird jetzt schon gestellt, weil er beabsichtigt, einem Theile der in den Bemerkungen des Königlich bayerischen Ministerialraths Schmitt vorgebrachten Bedenken — vgl. nämlich S. 13 f. — Rechnung zu tragen, ohne doch die Normierung im Allgemeinen auf die Bestimmung der Anwendbarkeit des deutschen Rechts zu beschränken, zu dieser prinzipiellen Frage aber, soweit zu sehen — vgl. Antr. Jac. Nr. 2 2. 3 — schon zu § 2 Stellung zu nehmen ist. — Unter Nr. 18, 3 war von v. Mandry zu § 26 Abs. 2 beantragt: In gleicher Weise kann bestimmt werden, daß für Ausländer, die einem bestimmten Staate angehören, an Stelle von sich nach der Staatsangehörigkeit bestimmenden Gesetzen die deutschen Gesetze zur Anwendung kommen sollen. (Der Antrag ist für den Fall gestellt, daß die durch die Anträge Nr. 3 Ziff. 2, Nr. 7 angeregten Fragen durch die in der Sitzung vom 11. d. Mts. gefaßten Beschlüsse nicht als Definition beantwortet anzusehen sind. Er nimmt den während der Sitzung vom Herrn Generalreferenten gestellten Antrag in einer an § 24 der Vorlage sich anschließenden Fassung auf.
280
Protokolle der 2. Kommission
hierzu der Unterantrag: die Worte „wegen mangelnder Gegenseitigkeit" zu streichen. Der Antrag 1 will das Prinzip der Vorlage erheblich einschränken. I Bei der Abstimmung wurde eventuell der zum Antrage 3 gestellte Unterantrag IΡ II 6, 15 und sodann endgültig zuerst der Antrag 1 und darauf der Antrag 3 abgelehnt. IΡ II 6, 17 I II. Des Weiteren gelangte folgender Antrag zur Berathung : Planck an geeigneter Stelle, etwa hinter dem § 23, die Vorschrift einzuschalten: Soweit für die Rechtsverhältnisse einer Person die Beurtheilung nach den Geset- (Nr 8) zen des Staates vorgeschrieben ist, welchem die Person angehört, kommen, wenn das (internationale) Recht dieses Staates die Beurtheilung dieser Rechtsverhältnisse nach den Gesetzen eines anderen Staates vorschreibt, diese Gesetze zur Anwendung. 4 hierzu der Unterantrag: eventuell statt „nach den Gesetzen eines anderen Staates" zu sagen „nach den deutschen Gesetzen".
I Die Mehrheit erachtete die gegen den Antrag geltend gemachten Gründe für IΡ II 6 , 2 0 überwiegend; die Komm, lehnte den Antrag sowohl in der prinzipiellen als auch in der eventuellen Fassung ab. Einverständniß bestand, daß dieser Beschluß die Bedeutung habe, daß, wenn das inländische Recht auf die Anwendung eines fremden Rechtes verweise, damit lediglich auf die materiellen Normen dieses Rechtes verwiesen sein solle. III. Die Berathung wandte sich hierauf wieder den Vorschlägen über die Todeserklärung von Ausländern zu, wurde aber nicht zu Ende geführt.
403. Sitzung I. Die Komm, setzte die Erörterung der Vorschläge fort, welche die Todeserklärung von Ausländern betreffen. Zur Berathung standen : 1. a) der auf S. 6 mitgetheilte Antrag 1 a, als Abs. 2 des (nach S. 7 beschlossenen) Gebhard § 1 zu bestimmen: (Nr 1,1) Ein Verschollener, welcher bei dem Beginne der Verschollenheit Angehöriger eines ausländischen Staates war, kann im Inlande für todt erklärt werden, wenn er im Inlande Vermögen besitzt. Die Voraussetzungen und die Wirkungen der Todeserklärung werden auch in diesem Falle nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, die Wirkungen beschränken sich jedoch darauf, daß das im Inlande befindliche Vermögen als Nachlaß zu behandeln ist. b) der auf S. 6 mitgetheilte Antrag 1 b, die dem § 2 des Entw. II beigegebene Anmerkung zu streichen : 2. der auf S. 7 mitgetheilte Antrag 2, den Abs. 2 des beschlossenen § 1 zu fassen: Jacubezky Ein Verschollener, welcher bei dem Beginne der Verschollenheit Angehöriger (Nr 2,1) Begründung des Antrags Nr. 8 : Die Verweisung auf die Gesetze eines anderen Staates soll regelmäßig nur die Bedeutung haben, daß die das Rechtsverhältniß betreffenden materiellen Gesetze dieses Staates nicht auch die auf das internationale Recht sich beziehenden Rechtsnormen desselben zur Anwendung kommen. Nur dann, wenn auf die Gesetze des Staates verwiesen wird, welchem die Person angehört, soll das Gegentheil gelten. Diese Unterscheidung rechtfertigt sich dadurch, daß der Grund der Verweisung in dem letzteren Falle in der Anerkennung der souveränen Herrschaft des auswärtigen Staates über seine Angehörigen liegt, und diese Herrschaft auch durch diejenigen Vorschriften ausgeübt wird, welche die Anwendung irgend welcher Rechtsnorm, sei es der des eigenen oder eines fremden Staates vorschreiben. Durch diese Beschränkung wird auch der unlösbare Zirkel vermieden, der sich sonst aus dem Prinzipe der Zurückverweisung ergiebt.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch eines f r e m d e n S t a a t e s w a r u n d seinen W o h n s i t z n i c h t im I n l a n d e h a t t e , k a n n mit W i r k u n g f ü r d i e R e c h t s v e r h ä l t n i s s e f ü r t o d t e r k l ä r t w e r d e n , die sich n a c h d e n deutschen Gesetzen bestimmen. D e r A n t r a g s t e l l e r z u 2 e r k l ä r t e , d a ß die W o r t e „ u n d seinen W o h n s i t z n i c h t im I n l a n d e h a t t e " n a c h d e m hinsichtlich d e r B e h a n d l u n g d e r A u s l ä n d e r g e f a ß t e n allgem e i n e n Beschlüsse (vergi. S. 15 ff.) nicht m e h r a u f r e c h t e r h a l t e n w e r d e n k ö n n t e n u n d d e s h a l b z u s t r e i c h e n seien. Jacubezky
3. a) Im L a u f e d e r B e r a t h u n g w u r d e v o r g e s c h l a g e n , die A n t r ä g e 1 a u n d 2 in d e r W e i s e z u k o m b i n i r e n , d a ß d e r im A n t r a g e 2 e n t h a l t e n e n V o r s c h r i f t die S ä t z e b e i g e f ü g t w e r d e n : „ B e f i n d e t sich V e r m ö g e n des V e r s c h o l l e n e n im I n l a n d e , so w i r d in A n s e h u n g dieses V e r m ö g e n s v e r m u t h e t , d a ß d e r E r b f a l l e i n g e t r e t e n sei. D i e V o r s c h r i f t e n des § 2 0 7 9 Abs. 2 d e r V o r l . Z u s . f i n d e n A n w e n d u n g . "
I Ρ II 6,21 b) V o n a n d e r e r Seite w u r d e v o r g e s c h l a g e n , d e n Z u s a t z , w e l c h e r d e r im A n t r a g e 2 Börner e n t h a l t e n e n V o r s c h r i f t b e i g e f ü g t w e r d e n soll, z u f a s s e n : „ D a s G l e i c h e gilt, s o w e i t sich V e r m ö g e n des A u s l ä n d e r s im I n l a n d e b e f i n d e t , m i t W i r k u n g f ü r dieses V e r m ö a
I Ρ II 6,22 Jacubezky (Nr 2, 1) Wolffson (Nr 6) I Ρ II 6, 23
Struckmann
gen. D i e K o m m , b e s c h l o ß die A n n a h m e des A n t r a g s 2 in d e r v o n d e m A n t r a g s t e l l e r m o d i f i z i r t e n F a s s u n g s o w i e die B e i f ü g u n g eines Z u s a t z e s , d e r die T o d e s e r k l ä r u n g eines A u s l ä n d e r s a u c h f ü r d e n Fall des V e r m ö g e n s b e s i t z e s im I n l a n d e g e s t a t t e t ( A n t r a g 1 a, 3 a u n d b) ; o b die F a s s u n g des Z u s a t z e s sich a n d e n A n t r a g 3 a o d e r a n d e n A n t r a g 3 b a n z u s c h l i e ß e n h a b e , solle v o n d e r R e d . K o m m , festgestellt w e r d e n . I D u r c h d e n g e f a ß t e n B e s c h l u ß f i n d e t die d e m E n t w . II § 2 b e i g e g e b e n e A n m e r k u n g ihre E r l e d i g u n g . II. Z u § 1 d e r V o r l a g e l a g e n n a c h s t e h e n d e A n t r ä g e v o r : 1. d e n § 1 z u s t r e i c h e n 5 2. d e m § 1 f o l g e n d e n Z u s a t z b e i z u f ü g e n : „Auf V e r e i n e , w e l c h e n a c h d e u t s c h e n G e s e t z e n die R e c h t s f ä h i g k e i t n u r d u r c h E i n t r a g u n g in d a s V e r e i n s r e g i s t e r o d e r d u r c h staatliche | V e r l e i h u n g erhalten k ö n n e n , f i n d e n , w e n n sie i h r e n Sitz n i c h t im I n l a n d e h a b e n , die V o r s c h r i f t e n des § 6 7 6 des E n t w . II A n w e n d u n g . " h i e r z u d e r U n t e r a n t r a g : a m Schlüsse d e r V o r s c h r i f t s t a t t „ w e n n sie i h r e n Sitz n i c h t im I n l a n d e h a b e n etc." z u setzen, „ w e n n sie i h r e n Sitz n i c h t im I n l a n d e h a b e n , f ü r R e c h t s v e r h ä l t n i s s e , die n a c h d e u t s c h e n G e s e t z e n z u b e u r t h e i l e n sind, die V o r s c h r i f t e n des § 6 7 6 des E n t w . II A n w e n d u n g " .
v. Mandry 3. a) d e m § 1 als Abs. 2 h i n z u z u f ü g e n : „ U n t e r Z u s t i m m u n g des B u n d e s r a t h s k a n n (Nr 3,1) d u r c h A n o r d n u n g des R e i c h s k a n z l e r s b e s t i m m t w e r d e n , d a ß einer juristischen P e r s o n , die i h r e n Sitz im A u s l a n d e hat, die juristische P e r s ö n l i c h k e i t (im I n l a n d e ) n i c h t z u s t e h e n soll." 6
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6
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Begründung des Antrags 2, 1 : Es ist mit dem Zwecke, den der § 23 Abs. 1, 2 und die §§ 40, 55 verfolgen, nicht vereinbar, alle ausländischen Vereine, die am Orte ihres Sitzes rechtsfähig sind — ζ. B. einen Sozialdemokratischen Verein, der seinen Sitz in der Schweiz hat und von dort aus die Propaganda in Deutschland betreibt — , auch für das Inland als rechtsfähig anzuerkennen. Begründung des Antrags Nr. 3, 1 : Gegenüber Entw. II §§ 40, 55, 64 geht es nicht an, der Verwaltungsbehörde jeden Einfluß auf die Anerkennung der juristischen Persönlichkeit der juristischen Personen des Auslandes zu entziehen. Für Einschreiten wird das öffentliche Vereinsrecht in der Regel keinen Anhaltspunkt bieten. Das Einschreiten der Landesverwaltungsbehörde zu überlassen, wie es in der Reich-Gewerbe-Ordnung § 12 geschieht, ist ebenfalls unthunlich, daher der Vorschlag, der sich an § 26 der Vorlage anschließt.
Protokolle der 2. Kommission b) eventuell zu § 1 zu beschließen: Unter den Voraussetzungen, unter welchen v. Mandry nach § 5 5 des Entw. II gegen die Eintragung eines Vereins Einspruch erhoben oder ein Verein nach § 40 Abs. 1 bis 3 des Entw. II aufgelöst werden kann, kann durch Beschluß der Landesverwaltungsbehörde in Ansehung eines Vereins, der seinen Sitz im Auslande hat, bestimmt werden, daß er (im Inlande) die juristische Persönlichkeit nicht haben soll. Das Gleiche gilt von Stiftungen, welche dem Ausland angehören, wenn ein Umstand eintritt, mit welchem nach den landesgesetzlichen Vorschriften eine dem Inland angehörende Stiftung erlöschen würde. 4. dem § 1 als Abs. 2 beizufügen : Küntzel Vereine, die nach deutschen Gesetzen die Rechtsfähigkeit nur durch Eintragung in das Vereinsregister oder durch staatliche Verleihung erhalten können, sind, wenn sie ihren Sitz nicht im Inlande haben, nur dann rechtsfähig, wenn sie die Rechtsfähigkeit durch Verleihung in einem Bundesstaat erlangt haben. eventuell: „Vereine der im § 23 Abs. 1 des Entw. II bezeichneten Art sind, wenn etc. (wie vorstehend)." Der Antragsteller erklärte, daß der Antrag 4 eventuell auch als Zusatzantrag zu dem Antrage 2 gestellt werde. Zu dem Antrage 4 wurden die Unteranträge gestellt: a) der Vorschrift beizufügen: „Ausnahmen von dieser Bestimmung können unter Dittmar Zustimmung des Bundesraths durch Anordnung des Reichskanzlers getroffen werden." b) am Schlüsse der Vorschrift statt „wenn sie ihren Sitz nicht im Inlande haben Struckmann etc." zu setzen: „wenn sie ihren Sitz nicht im Inlande haben, f ü r Rechtsverhältnisse, die nach deutschen Gesetzen zu beurtheilen sind, nur dann rechtsfähig etc."; c) der Vorschrift einen dem Antrage 2 entsprechenden Zusatz beizufügen. I Der Unterantrag 4 a wurde im Laufe der Debatte zurückgezogen, nachdem | Ρ II 6,25 bemerkt worden war, daß der Geltung von Staatsverträgen nicht präjudizirt werde . . . I Bei der Abstimmung wurden zunächst eventuelle Beschlüsse gefaßt. | Ρ II 6, 26 Der Unterantrag zu dem Antrage 2 und der Unterantrag 4 b wurden abgelehnt; der Antrag 4 wurde vorerst als Zusatz zu dem Antrage 2 angenommen; die Anträge 3 a und 3 b wurden abgelehnt; der Antrag 4 wurde in der prinzipalen Fassung angenommen, womit sich der Antrag 2 erledigte. Sodann wurde endgültig beschlossen, den § 1 der Vorlage mit dem im Antrage 4 vorgeschlagenen Zusatz anzunehmen. I III. Zu § 2 war beantragt: | Ρ II 6, 28 die Vorschrift zu fassen : Jacubezky Die Geschäftsfähigkeit bestimmt sich in Ansehung der Deutschen, auch wenn sie (Nr 2, 2) ihren Wohnsitz im Auslande haben, und in Ansehung der Ausländer, die ihren Wohnsitz im Inlande haben, nach den deutschen Gesetzen. Erwirbt ein Ausländer, welcher volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit oder verlegt er seinen Wohnsitz in das Inland, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, in Ansehung dessen er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er f ü r dieses Rechtsgeschäft als geschäftsfähig, soweit er es nach den deutschen Gesetzen sein 283
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch w ü r d e , w e n n d i e d e u t s c h e n G e s e t z e f ü r das d e n G e g e n s t a n d des R e c h t s g e s c h ä f t s b i l d e n d e R e c h t s v e r h ä l t n i ß m a ß g e b e n d sind. D e r A n t r a g ist, soweit e r sich auf die Abs. 1 u n d 2 des P a r a g r a p h e n b e z i e h t , d u r c h die f r ü h e r g e f a ß t e n Beschlüsse erledigt u n d w u r d e d e s h a l b in dieser R i c h t u n g n i c h t weiter verfolgt. A . Ein A n t r a g w u r d e n i c h t gestellt u n d d e r Abs. 1 des § 2 a n g e n o m m e n . B. D e r Abs. 2 des § 2 w u r d e v o n k e i n e r Seite b e a n s t a n d e t . C . D e r Abs. 3 des § 2 w u r d e von d e r K o m m , u n t e r A b l e h n u n g des o b e n m i t g e theilten A n t r a g s a n g e n o m m e n . I Ρ II 6,29
I I V . Es w a r w e i t e r b e a n t r a g t ,
Gebhard (Nr 1,2)
1. als § 2 a z u b e s t i m m e n : D i e V o l l j ä h r i g k e i t s e r k l ä r u n g steht d e m S t a a t e z u , w e l c h e m d e r M i n d e r j ä h r i g e a n g e h ö r t . ( V e r g i . P r o t . d. K o m m . I S . 11 568 bis 11 5 7 2 ; 11 606.)
Gebhard (Nr 1, 3)
2. als § 2 b z u b e s t i m m e n : E i n A u s l ä n d e r w i r d im I n l a n d e n u r d a n n e n t m ü n d i g t , w e n n ein E n t m ü n d i g u n g s -
I Ρ II 6,30
g r u n d s o w o h l n a c h d e n G e s e t z e n des H e i m a t h - 1 staats als n a c h d e n d e u t s c h e n G e s e t zen v o r h a n d e n ist; die W i r k u n g e n d e r E n t m ü n d i g u n g b e s t i m m e n sich n a c h d e n d e u t s c h e n G e s e t z e n . (Vergi. P r o t . d. K o m m . I S. 11 5 6 6 bis 11 5 7 2 ; 11 606.) D e r S 2 a w u r d e seinem sachlichen I n h a l t e n a c h v o n d e r K o m m , gebilligt. M a n v e r m o c h t e sich j e d o c h nicht z u ü b e r z e u g e n , d a ß ein B e d ü r f n i ß f ü r die A u f n a h m e e i n e r b e s o n d e r e n B e s t i m m u n g vorliege, d a sich d e r s e l b e aus d e m § 2 Abs. 1 ableiten lasse; d e r § 2 a w u r d e d e m g e m ä ß a b g e l e h n t . B. In B e t r e f f d e r E n t m ü n d i g u n g w u r d e n a u ß e r d e m bereits mitgetheilten A n t r a g e 2 in d e r S i t z u n g n o c h f o l g e n d e A n t r ä g e gestellt:
Jacubezky
3. z u b e s t i m m e n : „Ein A u s l ä n d e r , d e r im I n l a n d e seinen W o h n s i t z h a t , k a n n n a c h d e n V o r s c h r i f t e n des d e u t s c h e n R e c h t e s w e g e n G e i s t e s k r a n k h e i t e n t m ü n d i g t w e r den."
Struckmann
4. in d e r v o r s t e h e n d e n B e s t i m m u n g die W o r t e „ w e g e n G e i s t e s k r a n k h e i t " z u s t r e i c h e n , eventuell d e n s e l b e n b e i z u f ü g e n „ o d e r w e g e n T r u n k s u c h t " . D i e K o m m , n a h m in eventueller A b s t i m m u n g d e n p r i m ä r e n A n t r a g 4 a n , l e h n t e d a n n a b e r die A u f n a h m e e i n e r B e s t i m m u n g e n d g ü l t i g ab. 404.
I Ρ II 6, 32
Küntzel
Sitzung
11. N a c h d e r E r ö f f n u n g d e r S i t z u n g k a m m a n v o n einer Seite auf die M a t e r i e d e r E n t m ü n d i g u n g mit d e m B e m e r k e n z u r ü c k , es m ü s s e a n e r k a n n t w e r d e n , d a ß ein n i c h t a b z u w e i s e n d e s p r a k t i s c h e s B e d ü r f n i ß v o r l i e g e , die E n t m ü n d i g u n g v o n A u s l ä n d e r n im I n l a n d e z u e r m ö g l i c h e n . M a n w e r d e d e s h a l b g e n ö t h i g t sein, d e n in d e r 403. S i t z u n g g e f a ß t e n Beschluß a u f z u h e b e n u n d f o l g e n d e , bei d e r f r ü h e r e n B e r a t h u n g bereits eventuell gebilligte V o r s c h r i f t in d a s G.B. a u f z u n e h m e n : „ E i n A u s l ä n d e r , d e r im I n l a n d e seinen W o h n s i t z h a t , k a n n n a c h d e n V o r s c h r i f t e n des d e u t s c h e n R e c h t e s entmündigt werden." D i e K o m m , e n t s c h i e d sich f ü r die A n n a h m e dieses V o r s c h l a g s . II. Z u § 3 l a g e n n a c h s t e h e n d e A n t r ä g e v o r :
Jacubezky (Nr 4)
1. d e n § 3 z u f a s s e n : B e d a r f ein R e c h t s g e s c h ä f t n a c h d e n d e u t s c h e n G e s e t z e n einer B e u r k u n d u n g , so g e n ü g t , w e n n d a s R e c h t s g e s c h ä f t im A u s l a n d e v o r g e n o m m e n w i r d , die B e o b a c h t u n g d e r V o r s c h r i f t e n , w e l c h e f ü r eine B e u r k u n d u n g d e r e n t s p r e c h e n d e n A r t a n d e m O r t e 284
Protokolle der 2. Kommission
gelten, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird. Findet, nach diesen Vorschriften eine der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung entsprechende Beurkundung von Rechtsgeschäften nicht statt, so genügt an Stelle derselben die schriftliche Form.7 2. den Satz 2 des § 3 zu fassen: „Ist (jedoch) für das Rechtsgeschäft (auch) in den Dittmar Gesetzen des Ortes, an welchem es vorgenommen wird, eine Form vorgeschrieben, so genügt die Beobachtung dieser Form." |3. dem Satze 2 des § 3 beizufügen: „sofern nicht das nach Satz 1 maßgebende | Ρ II 6, 33 Gesetz entgegensteht." Börner 4. den Satz 2 des § 3 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Kommen hiernach Planck ausländische Gesetze zur Anwendung, so sind dieselben auch insoweit maßgebend, als nach ihnen die Beobachtung der Form genügt, welche den Gesetzen des Ortes entspricht, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird." Der Antragsteller zu 4 erklärte im Laufe der Berathung, daß er seinen Antrag, soweit es sich um Rechtsverhältnisse handele, die nach ausländischem Rechte zu beurtheilen seien, zu Gunsten des Antrags 3 zurückziehe und daß er den Antrag dahin modifizire: „Kommen hiernach ausländische Gesetze zur Anwendung, so genügt es, wenn die Form den Gesetzen des Ortes entspricht, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird, sofern nicht das nach Satz 1 maßgebende Gesetz entgegensteht." Bei der Abstimmung wurde zunächst eventuell der Antrag 3 angenommen; die Anträge 4, 1 und 2 wurden abgelehnt und alsdann der § 3 mit dem im Antrage 3 vorgeschlagenen Zusatz endgültig angenommen. I III. Zu § 4 war beantragt:
| Ρ II 6, 37
1. a) im Abs. 1 Satz I des § 4 die Worte „und die Inhabung einer Sache" zu Gebhard streichen; (Nr 1,4) b) im Abs. 1 Satz 2 des § 4 die Worte „und der Inhabung" zu streichen. 2. a) den Abs. 1 des § 4 zu streichen und Jacubezky b) den Abs. 2 in folgender Fassung den § 3 als Abs. 2 beizufügen: „Die Vorschrift (Nr 5,1) des Abs. 1 Satz 2 gilt nicht für ein Rechtsgeschäft, durch welches ein Recht an einer Sache begründet, seinem Inhalte nach geändert, übertragen, belastet oder aufgehoben wird (oder: durch welches über in Recht an einer Sache verfügt wird)". Begründung des Antrags Nr. 4 : Die Frage ist für eine Gesetzgebung, die nur für wenige Rechtsgeschäfte ausnahmsweise eine besondere Form vorschreibt, eine andere als für eine Gesetzgebung, die wie das Preuß. L.R. alle Rechtsgeschäfte von einiger Bedeutung dem Formzwange unterwirft. Die wenigen Formvorschriften des Entwurfs verfolgen Zwecke, die das deutsche Gesetz bei Rechtsverhältnissen, die seiner Herrschaft unterworfen sind, nicht beiseite setzen kann, sie sind durch ein öffentliches Interesse geboten, das wichtiger ist, als die Rücksicht auf den ausländischen Verkehr. Soll ζ. B. ein im Auslande mündlich geschlossener Mieth- oder Pachtvertrag, durch den ein inländisches Grundstück auf 30 Jahre vermiethet oder verpachtet wird, ohne Rücksicht auf § 507 volle Wirksamkeit haben? Die Frage muß mit dem Preuß. L.R. I 5 § 115 verneint werden, der Zweck des § 507 (Prot. S. 1897, 1898, 1909) darf nicht durch einen solchen Vertrag vereitelt werden. Für eine Anzahl von Rechtsgeschäften, die nach dem Entwurf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung bedürfen, ist in ausländischen Gesetzen eine Form deswegen nicht vorgeschrieben, weil das ausländische Gesetz Rechtsgeschäfte dieser Art überhaupt nicht kennt. Dies gilt ζ. B. für Erbverträge und Erbverzichtsverträge, für die Verträge nach § 264 Abs. 2 Satz 2, 1396 Abs. 2, 1397 Abs. 1 und für die Erklärung nach den §§ 1388, 1391. 285
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
A. Zu Abs. 1 bemerkte der Antragsteller zu 2 a, daß die Vorschrift einen lehrbuchartigen Karakter habe und entbehrlich erscheine. Die Komm, war der Ansicht, daß der Abs. 1 seinem sachlichen Inhalte nach nicht zu beanstanden sei und daß es sich bei der Wichtigkeit und Häufigkeit der in Betracht kommenden Fälle empfehle, eine Bestimmung in das Gesetz aufzunehmen. Dem entsprechend wurde der Abs. 1 gebilligt.. . Die in den Anträgen 1 a und b vorgeschlagenen Aenderungen, welche sich lediglich als eine Konsequenz der zum Besitzrechte gefaßten Beschlüsse darstellen, wurden von keiner Seite beanstandet. B. der Antrag 2 b wurde seinem sachlichen Inhalte nach gebilligt. C. Von einer Seite wurde noch beantragt: den § 2 Abs. 3 Satz 2 der Vorlage zu fassen: „Auf familienrechtliche und erbrechliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch welche über ein ausländische Grundstück verfügt wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung." IΡ II 6, 38
I Die vorgeschlagene Bestimmung wurde von einer Seite als nicht ganz unbedenklich, von anderer Seite im Hinblick auf ihre sehr geringe praktische Bedeutung als überflüssig bezeichnet. Die Mehrheit war der Ansicht, daß der Antrag an sich richtig sei und daß kein Anlaß vorliege, die Berichtigung des § 2 abzulehnen. Dem entsprechend wurde der Antrag angenommen. IV. Zu § 5 war beantragt:
Gebhard (Nr 1,5)
1. den Abs. 2 des § 5 durch die Bestimmung zu ersetzen: „Sofern sich aus den Umständen ergiebt, daß die Betheiligten die Anwendung der Gesetze eines anderen Ortes voraussetzen mußten, sind die Gesetze dieses Ortes maßgebend."
Küntzel
2. in der im Antrag 1 vorgeschlagenen Bestimmung statt „daß die Betheiligten die Anwendung der Gesetze eines anderen Ortes voraussetzen mußten" zu setzen „daß von den Betheiligten die Anwendung der Gesetze eines anderen Ortes vorausgesetzt sein muß";
Planck
3. den Abs. 2 des § 5 zu fassen: „Haben die Parteien die Anwendbarkeit der Gesetze eines anderen Ortes vereinbart, oder ist den Umständen nach anzunehmen, daß die Parteien eine solche Vereinbarung getroffen haben würden, wenn sie an die Frage, nach welchem Rechte das Rechtsgeschäft zu beurtheilen ist, gedacht hätten, so sind die Gesetze dieses Ortes maßgebend."
Jacubezky (Nr 5, 2) Wolffson
4. den § 5 zu streichen 8 , 5. dem Abs. 1 des § 5 folgenden Satz beizufügen: „Ueber die Frage, wo das Rechtsgeschäft zum Abschlüsse gelangt ist, entscheiden die deutschen Gesetze, wenn die Gesetze mehrerer in Betracht kommender Orte zu von einander abweichenden Ergebnissen führen." Die Komm, erklärte sich mit der Streichung des Abs. 2 Satz 2 einverstanden, lehnte den Antrag 5 ab, billigte eventuell zu Abs. 2 Satz 1 die Fassung des Antrags 2 und nahm den so gestalteten § 5 endgültig an.
Der Antrag Nr. 5, 2 lautet: Die 5 bis 7 sollen gestrichen werden. Im § 724 Abs. 1 sollen hinter den Worten „einer bestimmten Geldsumme" die Worte „an einem inländischen Zahlungsorte" (oder: „im Inlande") eingeschaltet werden. (Ist neben dem inländischen Zahlungsorte ein ausländischer bestimmt, so steht der Mangel der Genehmigung der Giltigkeit der Schuldverschreibung, soweit Zahlung im Auslande versprochen ist, nicht entgegen.) 286
Protokolle der 2. Kommission IV. Es gelangte n u n m e h r folgender A n t r a g zur Berathung: im § 724 Abs. 1 Satz 1 | Ρ II 6,41 des Entw. II hinter den W o r t e n „einer bestimmten Geldsumme" die W o r t e „an einem Jacubezky inländischen Zahlungsorte" (oder „im Inlande") einzuschalten . . . (Nr 5, 2) Die K o m m , w a r der Ansicht, daß der § 724 Abs. 1 in seiner jetzigen Fassung allerdings zu Zweifeln Anlaß gebe. Die in dem obigen Antrage vor-1 geschlagene | Ρ II 6,42 Lösung k ö n n e aber nicht als befriedigend angesehen werden. Es w e r d e sich empfehlen, die Frage einer nochmaligen P r ü f u n g zu unterwerfen und eventuell bei der zweiten Berathung eine Aenderung des § 724 v o r z u n e h m e n , f ü r jetzt aber dem Antrage keine Folge zu geben. D e m entsprechend w u r d e der Vorschlag abgelehnt. 40'). Sitzung I. Die Komm, f u h r in der Berathung des internationalen Privatrechts fort. Zu § 6 w a r beantragt: 1. den § 6 zu streichen; 2. den § 6 zu fassen: Das Schuldverhältniß aus einer unerlaubten H a n d l u n g wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die unerlaubte H a n d l u n g begangen ist, sofern sich nicht aus dem deutschen Gesetze ein Anderes ergiebt. (Vergi. Entsch. d. R.G. in Civils. 18 N r . 7 S. 28 ff. und dazu Bar, T h e o r i e und Praxis d. intern. Privatr. II § 358 S. 281 Anm. 20; Bar, Lehrbuch d. intern. Privat- u. Strafrechts § 41 S. 156 in und zu Anm. 14.)
Jacubezky (Nr 5, 2) Gebhard (Nr 1,6)
I Sollte man die A u f n a h m e eines Zusatzes wegen der erörterten positiven Bedeu- ι Ρ II 6,43 tung der Einschränkung f ü r nothwendig halten, so werde dem Zusatz etwa folgende Fassung zu geben sein: „Soweit ein deutsches Gesetz sich auch auf die im Auslande begangenen unerlaubten H a n d l u n g e n erstreckt, findet das deutsche Gesetz Anwendung" . .. Die Mehrheit entschied sich f ü r die Beibehaltung des ξ 6. II. Zu § 7, welcher f ü r Schuldverhältnisse aus einem anderen G r u n d e als aus einem Rechtsgeschäft unter Lebenden oder aus einer unerlaubten H a n d l u n g Bestimm u n g trifft, waren bezw. w u r d e n nachstehende Anträge gestellt: 1. Die Schlußworte des § 7 zu fassen: „sofern sich nicht aus dem deutschen Gesetze ein Anderes ergiebt." (Vergi. Prot. d. Komm. I S. 12298, 12299 unter 8. Es wird zu erwägen sein, ob es sich empfehle, die auf die Auslegung | einzelner Rechtssätze verweisenden Schlußsätze der §§ 6 und 7 durch eine generelle Vorschrift zu ersetzen.) 2. a) den § 7 zu streichen; b) eventuell die Schlußworte des § 7 zu fassen : α ) sofern nicht aus dem Wesen des Schuldverhältnisses ein Anderes sich ergiebt. o d e r : ß) sofern nicht aus diesen Gesetzen ein Anderes sich ergiebt. (Die G r ü n d e , welche eine Ausnahme f ü r das deutsche Gesetz nothwendig machen, sprechen auch f ü r eine Ausnahme zu Gunsten der ausländischen Gesetze. Die Ausnahme, die zu Gunsten des deutschen Gesetzes gemacht werden soll, beruht nicht auf besonderen Vorschriften desselben, sondern auf der N a t u r der Sache; ein Schuldverhältniß, das nach der N a t u r der Sache dem deutschen Rechte unterworfen ist, soll nicht der H e r r s c h a f t desselben entzogen werden. Die Vorschrift des § 7 muß ebenso wie die des § 5 so weit eingeschränkt werden, daß sie der A n w e n d u n g des nach dem Wesen des Schuldverhältnisses maßgebenden Rechtes nicht im W e g e steht.) 287
Gebhard (Nr 1,7) ι Ρ II 6,44
Jacubezky (Nr 5, 2) Jacubezky (Nr 12, 1)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Börner
3. die Schlußworte des § 7 zu fassen: „soweit sich nicht aus der N a t u r des Schuldverhältnisses nach dem deutschen Gesetze ein Anderes ergiebt."
I Ρ II 6,46
I Die Mehrheit entschied sich in eventueller Abstimmung gegen die in den Anträgen 2 b und 3 vorgeschlagenen Fassungen und nahm zunächst eventuell die Fassung des Antrags 1 und alsdann mit den hiernach festgestellten Schlußworten endgültig den § 7 an. III. Mit dem § 8 begann die Berathung der auf das internationale Eherecht gerichteten Bestimmungen (§§ 8 bis 12). Zu § 8 lagen nachstehende Anträge vor:
Gebhard (Nr 1, 8)
1. den § 8 zu fassen : Die Eingehung der Ehe wird in Ansehung eines jeden der Eheschließenden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem derselbe angehört: Gestatten diese Gesetze, daß die Eingehung der Ehe eines Staatsangehörigen nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt wird, an welchem derselbe zur Zeit der Eheschließung den Wohnsitz hat, oder nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die Ehe geschlossen wird, so genügt es, wenn die Eingehung der Ehe des Staatsangehörigen diesen Gesetzen entspricht. Steht der Eingehung einer Ehe, bei welcher ausländische Gesetze zur Anwendung kommen, die Vorschrift des § 1215 Abs. 1 oder des § 1216 Abs. 1 des Entw. II entgegen, so soll der Standesbeamte die Eheschließung auch dann nicht vornehmen, wenn dieselbe nach dem ausländischen Rechte zulässig sein würde.
I Ρ II 6,47
I Die Form der Eheschließung bestimmt sich nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die Ehe geschlossen wird. Eine Ehe, welche von Ausländern außerhalb des Heimathstaats und außerhalb des Deutschen Reichs in einer anderen Form geschlossen wird, ist auch dann gültig, wenn diese Form nach den Gesetzen des Heimathstaats genügt und nach den Gesetzen des Eheschließungsorts nicht verboten ist.
Jacubezky 2. a) dem Abs. 1 des § 8 die Fassung zu geben: „Die Eingehung einer Ehe wird (Nr 11 u * nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Mann angehört. Für die Frau 2 ) sind jedoch in Ansehung der Geschäftsfähigkeit, der Ehemündigkeit und der sich aus einem familienrechtlichen Verhältnisse der Frau zu einem Dritten ergebenden Ehehindernisse die Gesetze ihres Heimathstaats maßgebend." b) eventuell dem Abs. 1 des § 8 in der Fassung der Vorlage beizufügen: „Der Einfluß von Willensmängeln auf die Gültigkeit der Ehe bestimmt sich nach den Gesetzen des Heimathstaats des Mannes." Jacubezky 3. den Abs. 2 des § 8 zu fassen: „Eine Ehe kann im Inland auch von Ausländern (Nr 10) n u r unter Beobachtung der in den 1222, 1226 des Entw. II vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Ein Deutscher kann eine Ehe im Ausland auch in der Form schließen, welche den an dem Orte der Eheschließung geltenden Gesetzen entspricht." Die Berathung und Abstimmung erfolgte getrennt zunächst hinsichtlich der materiellen Erfordernisse und alsdann hinsichtlich der Form der Eheschließung. A. In Bezug auf die materiellen Erfordernisse der Eheschließung bestimmt die Vorlage im § 8 Abs. 1, daß die Eingehung der Ehe in Ansehung eines jeden der Eheschließenden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt werde, welchem derselbe angehört. . . . IΡ II 6,48 1 . . . . I Die Mehrheit entschied sich unter Ablehnung des Antrags 2 in seiner prinzipalen und eventuellen Gestalt f ü r die Beibehaltung des Abs. 1 in dem oben erörterten Sinne.. . . 288
Protokolle der 2. Kommission | 2 . Eine Ausnahme von dem Prinzipe wird im Abs. 1 Satz 2 des im A n t r a g 1 | Ρ II 6,49 enthaltenen P a r a g r a p h e n dahin vorgeschlagen, daß, wenn die Gesetze des H e i m a t h staats der Eheschließenden o d e r eines derselben gestatten, daß die E i n g e h u n g der Ehe eines Staatsangehörigen nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt werde, w o derselbe z u r Zeit der Eheschließung den W o h n s i t z hat o d e r w o die Ehe geschlossen wird, es genügen solle, wenn die V o r a u s s e t z u n g e n der Eheschließung nach diesen Gesetzen vorhanden seien. Die K o m m , erklärte sich mit diesem Vorschlage, der den Beschlüssen der H a a g e r K o n f e r e n z e n entspricht, einverstanden. 3. D e r Abs. 2 des im Antrag 1 enthaltenen Paragraphen macht in A n l e h n u n g an den Beschluß der H a a g e r K o n f e r e n z von 1894 (I a Art. 2) zu Gunsten des deutschen Rechtes den Vorbehalt, daß, trotz der nach dem an sich maßgebenden ausländischen Rechte etwa bestehenden Zulässigkeit, im Gebiete des deutschen Rechtes von Ausländern eine Ehe nicht geschlossen w e r d e n soll, w e n n derselben das H i n d e r n i ß einer bestehenden Ehe (§ 1215 Abs. 1 des Entw. II) o d e r der V e r w a n d t s c h a f t o d e r V e r schwägerung (§ 1216 Abs. 1 des Entw. II) entgegensteht. . . . Die Komm, lehnte den A n t r a g ab. B. N a c h § 8 Abs. 2 bestimmt sich die Form der Eheschließung ausschließlich nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die E h e geschlossen wird. V o m Antragsteller zu 3 w u r d e im Laufe der Debatte vorgeschlagen, eventuell an Stelle des Satzes 1 zu bestimmen: I W i r d die Ehe im Inlande geschlossen, so ist die in den §§ 1222, 1226 des Entw. II | Ρ II 6, 50 vorgeschriebene Form erforderlich und genügend. Jacubezky Die Komm, entschied sich f ü r den A n t r a g 3 mit der dem Satz 1 im Eventualanträge gegebenen Fassung. IIV. D e r § 9, nach welchem die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten | Ρ II 1,51 zu einander nach den Gesetzen des Staates beurtheilt werden sollen, welchem der E h e m a n n angehört, w u r d e unbeanstandet angenommen.
406. Sitzung I. Die Komm, begann mit der Berathung des § 10, der die Rechtsnormen über die Auflösung der E h e z u m Gegenstande hat. Es lagen die Anträge vor 1. im § 10 a) den Eingang des Abs. 2 zu fassen: „Für die Ehescheidung und f ü r die beständige o d e r zeitweilige T r e n n u n g der Ehegatten etc."
Gebhard (Nr 1,9)
| b ) den Abs. 4 zu fassen: „Auf Scheidung sowie auf beständige T r e n n u n g von | Ρ II 1,52 Tisch und Bett kann auch im Falle der Anwendbarkeit ausländischer Gesetze von einem deutschen Gerichte nur erkannt werden, w e n n und soweit zugleich nach den deutschen Gesetzen die Klage auf Scheidung begründet ist." c) den Abs. 5 zu streichen; 2. a) im Antrag 1 b die W o r t e „oder zeitweilige" zu streichen; Jacubezky b) eventuell dem Abs. 4 des § 10 in der Fassung des Antrags 1 b b e i z u f ü g e n : „Auf zeitweilige T r e n n u n g kann auch geklagt w e r d e n , wenn nach den deutschen Gesetzen der klagende Ehegatte berechtigt sein w ü r d e , die Herstellung des ehelichen Lebens zu verweigern." 289
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Jacubezky 3. an Stelle des Abs. 5 des § 10 die Vorschrift aufzunehmen: „Ist in den nach den (Nr 13,1) Abs. 1 bis 3 maßgebenden Gesetzen die Anwendung der Gesetze des Wohnsitzes der
Ehegatten angeordnet, so kommen diese Gesetze zur Anwendung." 9 A. Die Abs. 1, 2 und 3 gelangten — der Abs. 2 mit der im Antrag 1 vorgesehenen nur redaktionellen Aenderung — nach der Vorlage zur Annahme.
ι Ρ II 6, 54
I B. Der Abs. 4 schreibt vor, daß auf Scheidung und auf Trennung von Tisch und Bett auch im Falle der Anwendbarkeit ausländischer Gesetze von einem deutschen Gerichte nur erkannt werden kann, wenn und soweit die Klage auch nach den deutschen Gesetzen begründet ist. I Die Mehrheit entschied sich für die Annahme des Antrags 1 b.
ι Ρ II 6, 55 IΡ II 6, 56
I C. Mit dem Zusätze, der in dem Antrage 3 an Stelle des gestrichenen Abs. 5 vorgeschlagen ist, erklärte die Komm, sich einverstanden. Es sollen hiernach, wenn in den nach den Abs. 1 bis 3 maßgebenden Gesetzen die Anwendung der Gesetze des Wohnsitzes der Ehegatten angeordnet ist, diese letzteren zur Anwendung kommen.
IΡ II 6,57
I II. Zu § 11, der vom ehelichen Güterrechte handelt, lagen nachstehende Anträge
v. Mandry 1. den § 11 zu fassen: (Nr 3, 3 u. Das eheliche Güterrecht wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, in welNr 9) chem der erste eheliche Wohnsitz ist. Soweit aus den Umständen nicht Anderes sich
ergiebt, ist als erster ehelicher Wohnsitz der Wohnsitz anzusehen, welchen der Ehemann zur Zeit der Eheschließung hat. Wird nicht mit der Eheschließung ein Wohnsitz begründet, so wird das eheliche Güterrecht nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann zur Zeit der Eheschließung angehört. Sind die beiden Ehegatten Deutsche, so bestimmt sich das Güterrecht nach den deutschen Gesetzen. Nachträglicher Wechsel des ehelichen Wohnsitzes ist ohne Einfluß. Dasselbe gilt in den Fällen des Abs. 1 Satz 3 und des Abs. 2 von dem Wechsel der Staatsangehörigkeit. (Vergi, zu Abs. 1: Schweiz. Bundesges. v. 25. Juni 1891, betr. die civilrechtlichen Verhältnisse der Niedergelassenen und Aufenthalter, Art. 19; — Entw. II § 20.)
Jacubezky 2. dem § 1 1 als Absatz 2 beizufügen: „Sind nach den Gesetzen des Staates, (Nr 13,2) welchem der Ehemann zur Zeit der Eheschließung angehört, die Gesetze des Ortes,
an welchem die Ehegatten den ersten Wohnsitz haben, oder die Gesetze des Ortes, an welchem die Ehe geschlossen worden ist, maßgebend, so kommen diese Gesetze zur Anwendung."
Jacubezky
3. den § 11 Satz 2 zu fassen: „Dies gilt auch dann, wenn eine Aenderung der Staatsangehörigkeit eingetreten ist; ein gesetzliches Verbot der Schließung eines Ehevertrags wird jedoch unwirksam." A. Der Antrag 1 betrifft die grundlegende Frage, ob für das eheliche Güterrecht die Staatsangehörigkeit oder der Wohnsitz entscheidend sein solle.
I Ρ II 6, 58
I Die Mehrheit war der Ansicht, daß diese im Grunde doch wieder zu der alten Vertragstheorie zurückführenden Erwägungen nicht geeignet seien, eine Abweichung von den Beschlüssen der ersten Komm, zu rechtfertigen. 9
Der handschriftliche Antrag Nr. 13, 1 lautet: „Ist in den nach den Abs. 1 bis 3 maßgebenden Gesetzen die Anwendung der Gesetze des Wohnsitzes der Ehegatten oder der Gesetze des Ortes, an welchem die Ehe geschlossen worden ist, angeordnet, so kommen diese Gesetze zur Anwendung."
290
Protokolle der 2. Kommission
I B. Der Antrag 2, der von seinem Urheber zurückgezogen, von anderer Seite | Ρ II 6, 59 jedoch wieder aufgenommen worden war, wurde von der Komm, abgelehnt. I III. Zu § 12 war beantragt: 1. a) im § 12 das Zitat der §§ 1336,1337 des Entw. I durch das Zitat des § 1334 des Entw. II zu ersetzen, b) dem § 12 als Abs. 2 beizufügen: „Die Vorschriften der §§ 1257, 1262 des Entw. II finden auf die im ersten Absätze bezeichneten Ehegatten Anwendung." 2. dem § 12 als Abs. 2 beizufügen: „Aus Vorschriften der ausländischen Gesetze, welche von den Vorschriften des § 1257 des Entw. II abweichen, können einem Dritten gegenüber Einwendungen gegen ein nach der Begründung des Wohnsitzes im Inlande zwischen dem Dritten und der Ehefrau vorgenommenes Rechtsgeschäft nicht hergeleitet werden. Zu Gunsten Dritter finden auch die Vorschriften des § 1262 des Entw. II Anwendung." I Der Vorschlag gelangte in der Fassung des Antrags 2 zur Annahme.
IΡ II 6, 60
Gebhard (Nr 1,10)
Jacubezky (Nr 13,3)
| Ρ 116,61
IV. Es folgte die Berathung über den nachstehenden, seiner Tendenz nach mit dem § 12 zusammenhängenden Antrag: als § 12a folgende Vorschriften aufzunehmen : Jacubezky Führt eine Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhältnisse die Gesetze eines (Nr 13,4) ausländischen Staates maßgebend sind, im Inlande den selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so finden die Vorschriften des § 1304 des Entw. II Anwendung. Wird das Erwerbsgeschäft mit Einwilligung des Mannes betrieben oder gilt die Einwilligung des Mannes nach diesen Vorschriften als ertheilt, so haftet für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Geschäftsbetriebe das Vermögen der Frau ohne Rücksicht auf die sich aus den güterrechtlichen Verhältnissen ergebenden Rechte des Mannes; im Falle des Bestehens einer Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen. Wird von einer Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhältnisse die Gesetze eines ausländischen Staates maßgebend sind, im Inland ein Rechtsstreit geführt, so finden auf die Haftung für die Kosten desselben die Vorschriften des Abs. 1 Satz 2 mit der Maßgabe Anwendung, daß im Falle des Bestehens einer der Errungenschaftsgemeinschaft ähnlichen Gütergemeinschaft das gemeinschaftliche Vermögen nicht haftet. (Die vorgeschlagenen Vorschriften sind zum Schutze der inländischen Interessen erforderlich. Zu Abs. 2 vergi. C.P.O. § 51 Abs. 2, § 53; Entw. II § 1311 Abs. 2, § 1357 Abs. 2, SS 1425 bis 1429,1444.) I In der Komm, fand sich für keinen der beiden Vorschläge eine Mehrheit. Man | Ρ II 6,62 hielt die beantragten Bestimmungen für zu kasuistisch und bemerkte, daß für den Abs. 1 auch sachlich kein Bedürfniß bestehe, da der Schutz des S 1334 genüge und hierüber — von den §S 1257, 1262 des Entw. II abgesehen — nicht hinausgegangen werden solle. V. Der § 13 und die SS 15, 16 wurden unbeanstandet angenommen; die Berathung des S 14, bezüglich dessen noch Anträge in der Vorbereitung waren, wurde der nächsten Sitzung vorbehalten. 407. Sitzung 11. Die Komm, befaßte sich zunächst mit der auf S. 62 unter V ausgesetzten | Ρ II 6, 63 Berathung des § 14, welcher die Legitimation unehelicher Kinder und die Annahme an Kindesstatt zum Gegenstande hat. Die nunmehr vorliegenden Anträge lauten : 291
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Jacubezky (Nr 14,1)
1. den § 14 zu fassen : Für die Legitimation eines unehelichen Kindes sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. In Ansehung des Erfordernisses der Einwilligung des Kindes und der Einwilligung dritter Personen, zu welchen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnisse steht, sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem das Kind zur Zeit der Legitimation angehört. Diese Vorschriften finden auf die Annahme an Kindesstatt entsprechende Anwendung. Gebhard 2. mit Rücksicht auf den § 14 (Nr 1,11) a ) den § 1610 Abs. 1 Satz 2 des Entw. II zu fassen: „Die Ehelichkeitserklärung steht dem Bundesstaate zu, welchem der Vater angehört; ist der Vater ein keinem Bundesstaate angehörender Deutscher, so steht sie dem Bundesstaate zu, bei dessen Behörde der Antrag eingereicht wird." b) den Abs. 2 der dem § 1610 des Entw. II beigegebenen Anmerkung zu streichen. (Vergi. Entw. II § 2 3 Abs. 3, § 41 Abs. 2, § 70, § 1228. - IV S. 705 unter VIII.)
Jacubezky 3. in dem im Antrage 2 a vorgeschlagenen § 1610 Abs. 1 Satz 2 statt „so steht sie ( N r 14, 2) dem Bundesstaate zu, bei dessen Behörde der Antrag eingereicht wird" zu setzen „so
ist der Reichskanzler zuständig". — (Vergi. § 1223 Abs. 3 des Entw. II und den nach I S . 14 unter 1 beschlossenen § 836 b d. C.P.O.)
ι Ρ II 6,64
IA. Die Berathung über den Antrag 1 erfolgte getrennt zunächst hinsichtlich der Legitimation und alsdann hinsichtlich der Annahme an Kindesstatt, die Abstimmung wurde jedoch bis zum Schlüsse der Berathung ausgesetzt, da allseitig anerkannt wurde, daß eine gleichmäßige Behandlung der beiden Institute nothwendig sei. Das Ergebniß der Abstimmung war, daß der Antrag 1 unter Hinzufügung des Abs. 2 Satz 2 der Vorlage zur Annahme gelangte.. . .
IΡ II 6,66
I B. Bei der Berathung des Familienrechts ist vorbehalten und in einer Anmerkung zu § 1610 des Entw. II zum Ausdrucke gebracht worden, daß bei der Berathung des internationalen Privatrechts geprüft werden solle, ob der § 1610 Abs. 1 Satz 2 durch die dort zu treffenden Vorschriften entbehrlich werde und ob durch diese Vorschriften auch solche Fälle gedeckt würden, in welchen ein Reichsangehöriger keinem Bundesstaate angehöre (vergi. § 6 d. Reichs-Ges. betr. die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1888). Der § 1610 Abs. 1 Satz 2 des Entw. II lautet: „Die Ehelichkeitserklärung steht dem Staate zu, welchem der Vater angehört." IΡ II 6,67 I Bei der Abstimmung entschied sich die Mehrheit dafür, nach dem Antrage 3 die Entscheidung in der Sache selbst dem Reichskanzler zu übertragen, dessen ausgedehnte Vertretungsbefugnisse dies unbedenklich erscheinen lassen. Den Abs. 2 der Anmerkung zu § 1610 beschloß man als durch diese Aenderung des Textes erledigt zu streichen. II. Im Zusammenhange mit dem § 14 wurde die bei der Berathung des § 8 (S. 51 unter III) ausgesetzte Frage erledigt, welchem von mehreren in Betracht kommenden Bundesstaaten die Befugniß zur Dispensation von den Ehehindernissen der §§ 1209, 1218, 1219 des Entw. II und von dem der Eheschließung vorhergehenden Aufgebote (§ 1225 des Entw. II) zustehen solle. Es war beantragt: Gebhard den § 1228 des Entw. II wie folgt, zu ändern: Die Befugniß zur Bewilligung einer nach den §§ 1209, 1218, 1219 zulässigen Befreiung steht dem Bundesstaate zu, welchem der Verlobte angehört, der der Befreiung bedarf; ist der Verlobte ein keinem Bundesstaat angehörender Deutscher, so steht die Befugniß dem Reichskanzler zu. 292
Protokolle der 2. Kommission Die Befugniß zur Bewilligung einer nach dem § 1225 zulässigen Befreiung steht dem Bundesstaate zu, in dessen Gebiete die Ehe nach § 1223 Abs. 1 bis 3 geschlossen werden soll. Ueber die Ausübung der einem Bundesstaate zustehenden Befugniß hat die Landesregierung zu bestimmen. Der Antrag wurde in Gemäßheit der zu S 14 gefaßten Beschlüsse gebilligt. Man Gebhard beschloß ferner auch den § 1626 des Entw. II durch die Aufnahme einer Bestimmung zu ergänzen, die klarstellt, welchem deutschen Bundesstaate die Befugniß zur Bewilligung der im Abs. 2 vorgesehenen Befreiung von den im Abs. 1 bezeichneten Erfordernissen der Annahme an Kindesstatt zustehe. Es soll zu dem Ende des § 1626 als Abs. 3 beigefügt werden: „Die Befugniß zur Bewilligung der Befreiung steht dem Bundesstaate zu, welchem der Vater angehört; ist der Vater ein keinem Bundesstaat angehörender Deutscher, so steht die Befugniß dem Reichskanzler zu." I III. Die Komm, wandte sich, da die §§ 15, 16 bereits in der vorangegangenen | Ρ II 6, 68 Sitzung erledigt waren, dem § 17 zu. Es lag der Antrag vor: den Abs. 2 des § 17 zu fassen: „Die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters und Gebhard dessen Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Entbindung und die Kosten des (Nr 1,2) Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört." Der Abs. 1, der die Vorschriften "des § 15 und des § 16 Abs. 2 auf das Rechtsverhältniß zwischen dem unehelichen Kinde und dessen Mutter überträgt, blieb unbeanstandet. Auch gegen das Prinzip des Abs. 2 wurde nichts erinnert. Der Antrag erhält jedoch, abgesehen von der sprachlichen Abweichung, die sich an den § 1602 des Entw. II anschließt, eine sachliche Aenderung insofern, als er durch die Weglassung der W o r t e : „während des Wochenbettes" den Anspruch der unehelichen Mutter auf den Ersatz der Kosten des Unterhalts auf die möglicherweise viel weiter gehenden Ansprüche ausdehnt, welche das maßgebende fremde Recht gewährt. Die Komm, erklärte sich, obwohl Widerspruch erhoben wurde, mit dieser Verschärfung einverstanden, jedoch nur in dem Sinne, daß es sich dabei um die akzessorischen Ansprüche der Mutter handele; ein selbstständiger Deflorationsanspruch soll keinesfalls anerkannt werden. — In Ansehung der Frage, ob die exceptio plurium concumbentium gegen das sie ausschließende Recht der Mutter auf Grund des § 24 zuzulassen sein würde, wurden sich entgegenstehende Ansichten vertreten. IV. Zu § 18, der die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten betrifft, wurde nichts erinnert. V. Zu § 19 war beantragt: 1. den Abs. 1 Satz 1 des § 19 zu fassen: „Ein Ausländer wird im Inlande nur dann Gebhard bevormundet, wenn er nach den Gesetzen des Staates, welchem er angehört, vor- (Nr 1,13) mundschaftlichen Schutzes bedarf, dieses Schutzes entbehrt, der Heimathstaat die Fürsorge ablehnt und der Ausländer im Inlande seinen Wohnsitz oder Aufenthaltsort hat." Im Laufe der Berathung wurden die weiteren Anträge gestellt: 2. in der vorstehenden Bestimmung statt „nach den Gesetzen des Staates, wel- Jacubezky chem er angehört" zu setzen „nach den deutschen Gesetzen"; 3. der im Antrag 1 vorgeschlagenen Bestimmung (sachlich) beizufügen: „Auslän- Börner der werden im Inlande nur bevormundet, wenn sie auch nach dem inländischen Rechte zu bevormunden sind." 293
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Jacubezky
IΡ II 6,69
4. den Eingang der im Antrag 1 vorgeschlagenen Bestimmung zu fassen: „Ein Ausländer, der nach den Gesetzen seines Heimathstaats geschäftsunfähig o d e r in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist oder der im Deutschen Reiche entmündigt ist, erhält im Deutschen Reiche einen V o r m u n d , wenn etc." D e r Satz, d a ß hinsichtlich des Rechtes und der Pflicht des Staates z u r G e w ä h r u n g vormundschaftlichen Schutzes die Staatsangehörigkeit maßgebend | sein solle, e r f u h r keine Beanstandung. Zu einer längeren Debatte gaben aber die im § 19 vorgesehenen Ausnahmefälle Anlaß, in welchem die Bevormundung von Ausländern im Inlande stattfinden soll. . . . A. Die Frage, welchem Rechte die materiellen Voraussetzungen f ü r die Bevorm u n d u n g zu e n t n e h m e n sind, umfaßt, wie bei der Berathung dargelegt w u r d e , die Fälle und die D a u e r der Schutzbedürftigkeit, insbesondere also bei der Altersvorm u n d s c h a f t die D a u e r der Minderjährigkeit, ferner die Frage, ob eine gesetzliche V o r m u n d s c h a f t besteht, endlich die beendigenden Thatsachen, letzteres jedoch mit der Maßgabe, d a ß der Gegensatz zwischen dem Erlöschen der V o r m u n d s c h a f t von Rechtswegen u n d zwischen der Nothwendigkeit ihrer A u f h e b u n g jedenfalls nach inländischem Rechte zu beurtheilen ist.. . .
IΡ II 6,70
I B. D e r A n t r a g 4 bezweckt in erster Linie, die Auffassung auszuschließen, daß die V o r s c h r i f t des § 19 auch auf solche Fälle A n w e n d u n g finde, in welchen die Anwend u n g materiellen deutschen Rechtes gar nicht in Frage steht.
ι Ρ II 6,71
I Bei der Abstimmung w u r d e zunächst (zu B) entschieden, daß die a u f z u n e h m e n den Bestimmungen sich auf den Fall zu beschränken hätten, daß eine V o r m u n d s c h a f t im Deutschen Reiche eingeleitet werden solle. D e r Antrag 4 w a r hiermit erledigt. D e m n ä c h s t w u r d e n (zu A) die Anträge 2 und 3 abgelehnt und der Antrag 1 mit dem Zusatz a n g e n o m m e n , daß die Einleitung einer V o r m u n d s c h a f t auch nach im Inland erfolgter E n t m ü n d i g u n g eines Ausländers zu geschehen habe. D e r Abs. 1 Satz 2 und der Abs. 2 des § 19 wurden nach der Vorlage angenommen. VI. Zu § 20 lag ein Antrag auf Streichung vor.
Jacubezky (Nr 14,3)
I Die Kom. beschloß, dem Antrage gemäß den § 20 zu streichen.
ι Ρ II 6,72)
VII. Die Berathung des § 21 wurde begonnen, aber nicht zu Ende geführt. 408. Sitzung I. Die K o m m , setzte die begonnene Berathung des § 21 fort. Die Anträge lauten:
Gebhard (Nr 17,1)
1. den Abs. 2 des § 21 zu fassen: Die Fähigkeit zur Errichtung oder A u f h e b u n g einer V e r f ü g u n g von Todeswegen wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser sowohl z u r Zeit der Errichtung oder Aufhebung, als auch zur Zeit seines T o d e s angehört hat. Die Form wird, soweit sie sich nach den Gesetzen des Heimathstaats bestimmt, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit der Errichtung o d e r A u f h e b u n g a n g e h ö r t hat. Ein Deutscher kann eine V e r f ü g u n g von Todeswegen im Ausland (auch) in der Form errichten oder aufheben, welche den am O r t e der Errichtung oder A u f h e b u n g geltenden Gesetzen entspricht. 1 0 10
Ursprünglich war von Gebhard in Nr. 1 , 1 4 beantragt, den Abs. 2 des $ 21 zu fassen: „Die Fähigkeit zur Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der sowohl zur Zeit der Errichtung oder Aufhebung als auch zur Zeit seines Todes angehört hat. In Ansehung der Form gilt die Vorschrift des $ 3. (Zu vgl. Entscheid, des R.G. 31 Nr. 29; Bar, Theorie und Praxis pp. I § 136, II
294
Protokolle der 2. Kommission
eventuell, falls Abs. 2 Satz 1 des § 21 der Vorlage angenommen werden sollte, Gebhard a) dem Satz 1 beizufügen: (Nr 17,2) Die zur Errichtung erforderliche Rechtsfähigkeit muß auch nach den Gesetzen des Staates vorhanden sein, welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehört. Die Vorschrift des § 5 Satz 2 der das I.P.R. betr. Vorl. Zus. bleibt mit der Maßgabe unberührt, daß ein Deutscher eine Verfügung von Todeswegen im Ausland in der Form errichten oder aufheben kann, welche den am Orte der Errichtung oder Aufhebung geltenden Gesetzen entspricht. b) dem § 21 Abs. 3 beizufügen: Gebhard Erwirbt ein Ausländer, welcher ein in Ansehung seiner Geschäftsfähigkeit gülti- (Nr 1,14) ges Testament errichtet hat, die Reichsangehörigkeit, so kann er das Testament oder eine einzelne in demselben enthaltene | Verfügung nach Maßgabe der §§ 1933 bis | Ρ II 6, 73 1935 der Vorl. Zus. auch dann widerrufen, wenn er das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. (Vergi, den § 1912 Abs. 2 der das B.G.B, betr. Vorl. Zus.) 11 2. an Stelle des in dem eventuellen Antrag 1 b vorgeschlagenen Abs. 3 folgende Vorschrift aufzunehmen : Erwirbt ein Ausländer, der nach den Gesetzen seines Heimatstaats die Fähigkeit Jacubezky zur Errichtung eines Testaments erlangt hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er (Nr 15,1) diese Fähigkeit, auch wenn er das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. 3. den Abs. 2 Satz 2 des § 21 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: Jacubezky Ein Deutscher kann im Ausland ein Testament in der Form errichten, welche den (Nr 15,2) am Orte der Errichtung geltenden Gesetzen entspricht. Ist über das in dieser Form errichtete Testament nicht eine öffentliche Urkunde aufgenommen, so gilt dasselbe als nicht errichtet, wenn seit der Errichtung drei Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt. Beginn und Lauf der Frist sind gehemmt, solange der Erblasser seinen Wohnsitz nicht im Inlande hat oder außer Stande ist, ein Testament in der ordentlichen Form des deutschen Rechtes zu errichten. 4. dem § 13 der das I.P.R. betr. Vorl. Zus. als Abs. 2 beizufügen: „Ein Deutscher Gebhard kann einen Ehevertrag im Ausland (auch) in der | Form schließen, welche den an dem (Nr 17, 3) Orte der Vertragschließung geltenden Gesetzen entspricht." IΡ II 6, 74 Im Laufe der Berathung wurden ferner die beiden folgenden Anträge gestellt: 5. f ü r den Fall, daß Abs. 2 Satz 1 der Vorlage angenommen werden sollte, Jacubezky demselben beizufügen: „War der Erblasser nach den Gesetzen des Staates, welchem er zur Zeit des Todes angehört, zur Zeit der Vornahme der Verfügung zu dieser nicht fähig, so ist erforderlich, daß er die Fähigkeit nach diesen Gesetzen erlangt hat."
§§ 368, 369; Bar, Lehrbuch § 4 3 sub. 1.). — Eventuell — falls der zweite Absatz des Entwurfs angenommen wird: in denselben zwischen Satz 1 und 2 einzufügen: „Die zur Errichtung erforderliche Rechtsfähigkeit muß auch nach den Gesetzen des Staates vorhanden sein, welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehört."
n Zu den §§ 1933—1935, 1912 der Vorl. Zus. vgl. §§ 2254, 2255, 2256, 2229 BGB. Begründung des Antrags Nr. 16, 2: Ein ausländisches Urtheil kann auf ein von dem deutschen Rechte beherrschtes Rechtsverhältniß keine weitergehende Wirkung ausüben als das Urtheil eines deutschen Gerichtes. Steht das Rechtsverhältniß unter der Herrschaft ausländischen Rechtes, so ist es nicht einzusehen, w a r u m die in diesem Rechte begründete Wirkung gegen Dritte, ζ. B. die Wirkung des in dem Streite zwischen Erbprätendenten ergangenen Urtheils gegen die Nachlaßgläubiger, im Inlande als nicht eingetreten behandelt werden soll.
295
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Jacubezky
IΡ II 6,77
IΡ II 6,78
IΡ II 6,79
IΡ II 6, 80
Jacubezky (Nr 15,3)
6. an geeigneter Stelle zu bestimmen: „Eheverträge, Erbverträge und Erbverzichtsverträge sowie Verträge, durch die ein Erbvertrag oder ein Erbverzichtsvertrag aufgehoben wird, können von einem Deutschen im Auslande nur in einer öffentlichen Urkunde oder in schriftlicher Form geschlossen werden." Die sämmtlichen vorstehenden Anträge betreffen ausschließlich den Abs. 2 des § 21. Der Abs. 1 wurde unter Streichung der Worte „Mit Einschluß der erbrechtlichen Schuldverhältnisse" nach der Vorlage gebilligt.... Der Abs. 2 regelt die Errichtung und die Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen nach den beiden Richtungen der Fähigkeit des Verfügenden und der Form der Verfügung, während für den Inhalt der Abs. 1 maßgebend ist. Die Berathung und Abstimmung erfolgte getrennt zunächst über die Fähigkeit und alsdann über die Form. A. Für die Fähigkeit zur Errichtung und zur Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen sollen nach der Vorlage die Gesetze des Staates maßgebend sein, dem der Erblasser zur Zeit der Errichtung oder der Aufhebung angehört hat. I Bei der Abstimmung wurde zunächst die Frage gestellt, ob für den Fall, daß der Abs. 2 Satz 1 der Vorlage zur Annahme gelange, demselben die im Antrage 5 vorgeschlagene Bestimmung beigefügt werden solle. Dies wurde abgelehnt, sodann aber für den gleichen Fall die Beifügung der im Antrage 2 vorgeschlagenen Bestimmung unter Einschaltung der Worte „nach Errichtung eines Testaments" (hinter „erlangt hat") beschlossen. Der Eventualantrag 1 b war damit erledigt. Es standen sich nunmehr der Prinzipalantrag 1 und die Vorlage mit dem in dem modifizirten Antrage 2 enthaltenen Zusätze gegenüber. Die Mehrheit entschied sich für die letztere Alternative. Der Eventualantrag 1 a wurde im Einverständniß mit dem Antragsteller der Red.Komm, überwiesen. B. Man wandte sich nunmehr der im internationalen Rechtsleben erforderlichen Form der Verfügungen von Todeswegen zu. Nachdem der hierauf bezügliche Theil des Prinzipalantrags 1 durch die Annahme der Vorlage seine Erledigung gefunden hatte, kamen von den Anträgen noch in Betracht der Eventualantrag 1 a (Satz 2) und die Anträge 3, 4, 6. I Einvernehmen bestand darüber, daß es bezüglich der Form der Testamente von Ausländern bei der zu § 3 beschlossenen allgemeinen Vorschrift (§ 5 der Vorl. Zus.) zu bewenden habe, die auch von der Haager Konferenz v. 1894 für Verfügungen von Todeswegen angenommen worden ist (V Art. 3).. . . I Im Laufe der Berathung wurde ein vermittelnder Vorschlag dahin gemacht, daß die Fälle, in welchen der im Auslande testirende Deutsche zur fraglichen Zeit daselbst seinen Wohnsitz gehabt habe, von der zeitlichen Beschränkung der Gültigkeit ausgenommen werden sollen, daß somit ein unter dieser Voraussetzung errichtetes Testament als ein solches von zeitlich unbeschränkter Gültigkeit anzusehen sei. I Man schritt zur Abstimmung. Es wurde zunächst eventuell beschlossen, bei Annahme des Antrags 3 eine Ausnahme für den Fall zu machen, daß der Erblasser zur Zeit der Testamentserrichtung seinen Wohnsitz im Auslande gehabt habe. In weiterer eventueller Abstimmung wurde abgelehnt, den Antrag 1 auf letztwillige Verfügungen zu beschränken. Der Antrag 6 war damit bezüglich der Erbverträge erledigt und wurde hinsichtlich der Eheverträge zurückgezogen. Bei der endgültigen Abstimmung wurde sodann der Antrag 3 abgelehnt und der Antrag 1 nebst dem Antrage 4 angenommen. II. Zu § 22 war beantragt: d e r Vorschrift als Abs. 2 beizufügen: „An Stelle der nach den SS 11, 15 und dem 296
Protokolle der 2. Kommission §21 Abs. 1 maßgebenden Gesetze eines ausländischen Staates kommen in Ansehung der im Inlande befindlichen Gegenstände die deutschen Gesetze zur Anwendung, wenn in dem ausländischen Staate für die in dessen Gebiete befindlichen Gegenstände, die zu einem solchen inländischen Vermögen gehören, die dortigen Gesetze gelten." Der § 22 der Vorlage wurde ohne Beanstandung gebilligt, der Antrag abgelehnt. I III. Der § 23, zu welchem Anträge nicht vorlagen, wurde angenommen.
| Ρ II 6, 81
IV. Zu § 24 lagen die Anträge vor, Jacubezky 1. den §24 zu fassen: (Nr 16,1) Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn sie gegen die guten Sitten verstoßen würde oder wenn das | ausländische Gesetz eine unbillige | Ρ II 6, 82 Benachtheiligung Fremder bezweckt. Gewährt das ausländische Gesetz einen Anspruch, der nach dem deutschen Gesetze nicht begründet sein würde, so kann derselbe im Inlande nicht verfolgt werden, soweit die Verfolgung eine offenbare Verletzung der Billigkeit enthalten würde. An Stelle eines ausländischen Gesetzes kommt das deutsche Gesetz zur Anwendung, soweit sein Zweck dies erfordert. (Zu Abs. 1 vergi. Entsch. d. R.G. in Civils. 9 Nr. 2 S. 3 ff. — unbillige Benachtheiligung Fremder — ; 29 Nr. 25 S. 90 ff. — offenbar unbilliger Anspruch.) 2. an Stelle des § 24 zu bestimmen : v. Mandry Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn sie gegen (Nr 18,1) die guten Sitten oder gegen ein (im deutschen Gesetz enthaltenes) gesetzliches Verbot (der Anwendung des ausländischen Gesetzes) verstoßen würde. Ein gesetzliches Verbot ist insbesondere auch dann anzunehmen, wenn ein deutsches Gesetz nach Inhalt und Zweck Anwendung auf das Verhältniß verlangt, auf das (nach einer der Vorschriften der §§ 1 bis 23) das ausländische Gesetz Anwendung finden würde. — (Vergi. Entw. II §§ 100, 103; ferner $ 741, § 743 Abs. 2.) Während der Sitzung wurde beantragt: 3. im Abs. 1 Satz 1 der im Antrag 1 vorgeschlagenen Bestimmung statt „Benach- Jacubezky theiligung" zu setzen „Beeinträchtigung der Rechte"; 4. an derselben Stelle statt „wenn das ausländische Gesetz eine unbillige Benach- v. Cuny theiligung Fremder bezweckt" zu setzen „wenn das ausländische Gesetz Fremde in unbilliger Weise benachtheiligt"; 5. an Stelle des § 24 zu bestimmen: „Ausländische Gesetze sind nicht anzuwen- Struckmann den, wenn die Anwendung durch die deutschen Gesetze nach der Vorschrift und dem Zwecke derselben ausgeschlossen ist." 6. an Stelle des § 24 zu bestimmen: „Die Anwendung eines ausländischen Geset- Sohm zes ist ausgeschlossen, wenn sie gegen den Willen der deutschen Gesetze oder gegen die guten Sitten verstößt." Es bestand Einverständniß darüber, daß eine Vorschrift von der Art des § 24 nicht entbehrt werden könne . . . I Bei der Abstimmung entschied sich die Mehrheit dafür, daß der Verstoß gegen | Ρ II 6, 85 die guten Sitten im Gesetze besonders hervorgehoben werden solle. Der Antrag 2 („gesetzliches Verbot") wurde zurückgezogen, der Antrag 6 („Wille der deutschen Gesetze") wurde abgelehnt. Angenommen wurde ferner, daß die Anwendung des fremden Rechtes nicht gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen dürfe. Die Prüfung der Frage, ob und wie zum Ausdrucke zu bringen sei, daß an Stelle des fremden Rechtes das deutsche Gesetz Anwendung finde, soweit dies in seiner Absicht 297
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
liege, w u r d e der R e d . K o m m , überlassen. Endlich gelangte die im A n t r a g 1 (Abs. 1 Satz 1) vorgeschlagene Bestimmung „oder w e n n das ausländische Gesetz eine unbillige Benachtheiligung Fremder bezweckt" in der Fassung „oder wenn das ausländische Gesetz die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt", also mit den Modifikationen der Anträge 3 und 4, mit 9 gegen 6 Stimmen zur A n n a h m e . D e r Abs. 1 Satz 2 des im A n t r a g 1 befürworteten P a r a g r a p h e n w u r d e abgelehnt, desgleichen die Bezugnahme auf die öffentliche O r d n u n g . 409. Sitzung I Ρ II 6, 86
11. Die K o m m , setzte die Berathung der Vorschriften über das internationale Privatrecht fort. D e r § 25 Abs. 1 bestimmt im ersten Satze, d a ß die W i r k u n g e n eines U n h e i l s nach den Gesetzen des Staates beurtheilt werden, welchem das Prozeßgericht angehört. D e r zweite Satz beschränkt diese Bestimmung, indem er W i r k u n g e n , die das Urtheil nach den am Sitze des Prozeßgerichts geltenden Gesetzen gegen Dritte hat, insoweit ausschließt, als solche W i r k u n g e n mit dem Urtheil eines deutschen Gerichts nicht verbunden sein w ü r d e n . Es lagen nachstehende Anträge vor:
Jacubezky (Nr 16,2)
1. den § 25 als § 293 f in die C.P.O. zu versetzen; a) bei dieser Versetzung den § 25 wie folgt zu ändern : α) den Abs. 1 und die N r . 1, 5 des Abs. 2 zu streichen ; ß) die N r . 4 des Abs. 2 zu fassen: „wenn die A n e r k e n n u n g des Urtheils gegen die guten Sitten o d e r gegen ein deutsches Gesetz verstoßen würde, dessen Z w e c k die A n w e n d u n g in dem von dem Urtheile betroffenen Falle erfordert; w e n n das Urtheil auf einem ausländischen Gesetze beruht, das eine unbillige Benachtheiligung Fremder bezweckt, oder w e n n der durch das Urtheil festgestellte Anspruch nach § 24 Abs. 1 Satz 2 (der Bestimmungen) des Bürgerlichen Gesetzbuchs (über das internationale Privatrecht) im Inlande nicht verfolgt werden kann." b) den Abs. 2 des § 661 d. C.P.O. durch die Vorschrift zu ersetzen: „Das Vollstreckungsurtheil ist erst zu erlassen, w e n n das Urtheil des ausländischen Gerichts nach dem f ü r dieses Gericht geltenden Rechte die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, w e n n die A n e r k e n n u n g des Urtheils im Inlande nach § 293 f ausgeschlossen ist." 12
v. Mandry 2. die N r . 4 des § 25 Abs. 2 zu fassen: „wenn die A n e r k e n n u n g des Urtheils gegen (Nr 18,2) di e guten Sitten oder gegen ein gesetzliches V e r b o t im Sinne des § 24 verstoßen würde. Die Mehrheit beschloß zunächst, den Abs. 1 des § 25 zu streichen." IΡ II 6, 87
I D e r Abs. 2 zählt die Fälle auf, in denen die A n e r k e n n u n g eines ausländischen Urtheils ausgeschlossen sein soll. Die Ziffer 1 erwähnt im Anschluß an § 661 Abs. 2 N r . 1 d. C . P . O . in dieser Beziehung zunächst den Fall, wenn das Urtheil nach den f ü r das ausländische Gericht maßgebenden Gesetzen noch nicht rechtskräftig ist. Die Komm, erklärte sich mit der Streichung der N r . 1 einverstanden. . . . 12
Begründung des Antrags Nr. 16, 2: Ein ausländisches Urtheil kann auf ein von dem deutschen Rechte beherrschtes Rechtsverhältniß keine weitergehende Wirkung ausüben als das Urtheil eines deutschen Gerichtes. Steht das Rechtsverhältniß unter der Herrschaft ausländischen Rechtes, so ist nicht einzusehen, warum die in diesem Rechte begründete Wirkung gegen Dritte, ζ. B. die Wirkung des in dem Streite zwischen Erbprätendenten ergangenen Urtheils gegen die Nachlaßgläubiger im Inlande als nicht eingetreten behandelt werden soll.
298
Protokolle der 2. Kommission
Die Ziffern 2 und 3 des § 25 Abs. 2 wurden in sachlicher Hinsicht nicht beanstandet. Sie entsprechen im Wesentlichen den Ziffern 3 und 4 des § 661 Abs. 2 d. C.P.O. In Nr. 3 ist jedoch das W o r t „Schuldner" durch „Beklagte" ersetzt, um auch die Statusklagen zu treffen. Es sind ferner die Worte | „durch Gewährung der Rechts- | Ρ II 6, 88 hülfe im Deutschen Reiche" durch die Worte „durch Gewährung deutscher Rechtshülfe" ersetzt, um auch diejenigen Fälle zu treffen, in welchen die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung dem Beklagten durch Vermittelung eines deutschen Konsulargerichts zugestellt worden ist. Nach der Ziffer 4 soll das Urtheil eines ausländischen Gerichts nicht anerkannt werden, wenn die Anerkennung gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen würde. In Nr. 5 werden sodann gewisse Vorschriften des deutschen internationalen Privatrechts aufgeführt, deren Inhalt so wichtig erscheint, daß die Nichtberücksichtigung derselben seitens des ausländischen Richters die Nichtanerkennung des ausländischen Urtheils im Inlande zur Folge haben soll. Einigkeit bestand darüber, daß f ü r die Gestaltung der Nr. 4 der zu § 24 gefaßte Beschluß (S. 85) präjudiziell sei. Gegen die Ziffer 5 erhoben sich Bedenken. Es lag der Antrag vor: die Vorschrift zu streichen. . . . Die Mehrheit hatte Bedenken gegen die Streichung der Nr. 5, weil die Richtigkeit der Ansicht, daß unter dem in Nr. 4 erwähnten deutschen Gesetze nicht blos materiellrechtliche Normen des deutschen Rechtes, sondern auch die in Deutschland geltenden Normen des internationalen Privatrechts zu verstehen seien, | bestritten | Ρ II 6, 89 werden müsse und zum Mindesten sehr bestreitbar sei. Die Mehrheit erkannte aber an, daß die in Nr. 5 aufgeführten Fälle sich als Konsequenzen des in Nr. 4 zum Ausdrucke gelangten Gedankens darstellten, nach welchem die Anerkennung eines ausländischen Urtheils ausgeschlossen sein solle, wenn die Anerkennung gegen den Zweck deutscher Normen verstoßen würde, und stimmte einem im Laufe der Berathung gestellten vermittelnden Antrage zu, welcher dahin geht, die Ziffer 5 mit der Ziffer 4 unter Einschiebung des Wortes „insbesondere" zu vereinigen. Gegen die Ziffer 6, welche die Anerkennung des ausländischen Urtheils ausschließt, wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist, erhob sich kein Widerspruch. Der Antrag 1, den § 25 in der aus der Berathung hervorgegangenen Fassung als § 193 f in die C.P.O. zu versetzen, wurde gebilligt, desgleichen die im Antrag 1 b vorgeschlagene Fassung des § 661 Abs. 2 d. C.P.O. Der § 26 des Entw. wurde nicht beanstandet. Es folgte die Berathung über die Frage, an welcher Stelle die beschlossenen Vorschriften über das internationale Privatrecht einzustellen seien und welche Ueberschrift diese Vorschriften erhalten sollten. Von einer Seite wurde vorgeschlagen, die Vorschriften in das E.G. zu verweisen. Sie gehörten zur Lehre vom objektiven Rechte und ein Theil der auf diese Materie bezüglichen Vorschriften, nämlich die Vorschriften über die Geltung des Gewohnheitsrechts, seien bereits in das E.G. verwiesen; (vergi. I S. 3, 4). Die Mehrheit beschloß, die Vorschriften über das internationale Privatrecht dem B.G.B, selbst einzuverleiben und sie daselbst als 6. Buch aufzunehmen. D e r Beschluß beruhte auf der Erwägung, daß die betreffenden Vorschriften einen Bestandtheil des materiellen Rechtes bildeten. Der Umstand, daß man in Aussicht genommen habe, im E. G. Bestimmungen über das Gewohnheitsrecht zu treffen, komme nicht in Betracht, da sich das E.G. mit der Regelung des objektiven Rechtes im Ganzen nicht zu befassen habe. 299
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
In Ansehung der Ueberschrift, welche dem neuen 6. Buche seinem Inhalte nach zu geben sei, wurden folgende Bezeichnungen vorgeschlagen : 1. Internationales Privatrecht. 2. Räumliche Geltung des bürgerlichen Rechtes. 3. Anwendungsbereich der deutschen Gesetze. 4. Anwendung deutscher und ausländischer Gesetze. 5. Anwendung ausländischer Gesetze. Die Mehrheit entschied sich für die Ueberschrift „Anwendung ausländischer Gesetze". Die in Prot. II, Bd. 6, S. 227—229 erwähnten Anträge lassen sich keinem Kommissionsmitglied namentlich zuordnen. II. Fassung der Regelung in der VorlZust Internationales Privatrecht Es wurde beschlossen : 1. Die aufzunehmenden Vorschriften sollen sich nicht darauf beschränken, das Herrschaftsgebiet des deutschen Rechts zu bestimmen, sondern allgemeine Grundsätze darüber aufzustellen, welches Recht in den zu regelnden Fällen zur Anwendung zu kommen hat. 2. Soweit nach dem Einführungsgesetz landesgesetzliche Vorschriften unberührt bleiben, steht der Landesgesetzgebung auch das Recht zu, zu bestimmen, welches Recht in den der Landesgesetzgebung überlassenen Materien zur Anwendung kommen soll. Soweit zur Entscheidung dieser Frage besondere Vorschriften nicht bestehen, werden an Stelle der bisher geltenden allgemeinen Vorschriften die Vorschriften des Entwurfs über das Internationale Privatrecht zur Anwendung zu bringen sein. § 1. Ein Verschollener kann (nach Maßgabe der §§2 bis 8) für todt erklärt werden, wenn er beim Beginne der Verschollenheit die Reichsangehörigkeit besaß. Ein Verschollener, welcher beim Beginne der Verschollenheit Angehöriger eines fremden Staates war, kann mit Wirkung für die Rechtsverhältnisse für todt erklärt werden, die sich nach den deutschen Gesetzen bestimmen. Befindet sich Vermögen des Verschollenen im Inlande, so wird in Ansehung dieses Vermögens vermuthet, daß der Erbfall eingetreten sei; die Vorschriften des § 2079 Abs. 2 (der Vorl.Zusst.) finden Anwendung. Oder statt des letzten Satzes: „Das Gleiche gilt, soweit sich Vermögen des Ausländers im Inlande befindet, mit Wirkung für dieses Vermögen." § 2 (1). Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die juristische Person ihren Sitz hat. Vereine, die nach Deutschen Gesetzen die Rechtsfähigkeit nur durch Eintragung in das Vereinsregister oder durch staatliche Verleihung erhalten können, sind, wenn sie ihren Sitz nicht im Inlande haben, nur dann rechtsfähig, wenn sie die Rechtsfähigkeit durch Verleihung in einem Bundesstaate erlangt haben. ( o d e r : . . . wenn sie die Anerkennung ihrer Rechtsfähigkeit in einem Bundesstaate erlangt haben. Auf die Anerkennung finden die f ü r die Verleihung der Rechtsfähigkeit in dem Bundesstaate geltenden Vorschriften Anwendung.)"·) [*) Soweit auf die Gesetze des Auslandes verwiesen wird, sind hierunter nur die auf das in Frage stehende Verhältniß sich beziehenden materiellen Rechtsnormen des betr. Staates, nicht die in demselben geltenden Vorschriften des internationalen Privatrechts zu verstehen. Die 300
Vorl. Zust. von 1895 Redaktionskommission wird mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob und in welcher Art dies zu verdeutlichen ist.]
§ 3 (2). Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört. Erwirbt ein Ausländer, welcher volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den Deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. Nimmt ein Ausländer im Inlande ein Rechtsgeschäft vor, in Ansehung dessen er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er f ü r dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den Deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch welche über ein ausländisches Grundstück verfügt wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung. § 4. Ein Ausländer, der im Inlande seinen Wohnsitz hat, kann nach den V o r schriften des Deutschen Rechtes entmündigt werden. § 5 (3). Die Form eines Rechtsgeschäftes bestimmt sich nach den Gesetzen, welche f ü r das den Gegenstand des Rechtsgeschäftes bildende Rechtsverhältniß maßgebend sind. Es genügt jedoch, wenn die Form den Gesetzen des Ortes entspricht, an welchem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird, sofern nicht das nach Satz 1 maßgebende Gesetz entgegensteht. § 6 (4). Die Rechte an einer Sache sowie der Besitz werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache sich befindet. Der Erwerb und der Verlust eines Rechtes an einer beweglichen Sache sowie des Besitzes einer solchen Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die Sache zur Zeit der Verwirklichung des für den Erwerb oder Verlust in Betracht kommenden Thatbestandes sich befunden hat. Die Vorschrift des S 5 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Rechtsgeschäft, durch welches ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird. § 7 (5). Das Schuldverhältniß an einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem das Rechtsgeschäft zum Abschlüsse gelangt ist. Ist nach den Umständen des Falles anzunehmen, daß von den Betheiligten die Anwendung der Gesetze eines anderen Ortes vorausgesetzt sein muß, so sind die Gesetze dieses Ortes maßgebend. § 8 (6)*). Das Schuldverhältniß aus einer unerlaubten Handlung wird nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an welchem die unerlaubte Handlung begangen ist, sofern sich nicht aus dem deutschen Gesetze ein Anderes ergiebt. [*) Der Zusatz „sofern . . . ergiebt" soll einerseits negativ ausdrücken, daß die Gesetze des Thatorts nicht zur Anwendung kommen, wenn dies durch die deutschen Gesetze ausgeschlossen wird, andererseits positiv bestimmen, daß die deutschen Gesetze auch für die außerhalb ihres Bereichs vorgenommenen unerlaubten Handlungen Anwendung finden, wenn die deutschen Gesetze dies wollen. Der Redaktionskommission bleibt die Prüfung der Frage überlassen, ob die negative Bedeutung schon durch § 24 genügenden Ausdruck findet. Für die positive Seite ist folgende Fassung der Redaktionskommission zur Prüfung überwiesen: „Soweit ein deutsches Gesetz sich auch auf eine im Auslande begangene unerlaubte Handlung erstreckt, findet das deutsche Gesetz Anwendung."]
§ 9 (7). Das Schuldverhältniß aus einem anderen Grunde als aus einem Rechtsgeschäfte unter Lebenden oder aus einer unerlaubten Handlung ist nach den Gesetzen 301
Einführungsgesetz z u m Bürgerlichen Gesetzbuch
des Ortes zu beurtheilen, an welchem der für die Entstehung des Schuldverhältnisses in Betracht kommende Thatbestand sich verwirklicht hat, sofern sich nicht aus dem deutschen Gesetze ein Anderes ergiebt. § 10 (8). *) Die Eingehung der Ehe wird in Ansehung eines jeden der Eheschließenden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem derselbe angehört. Gestatten diese Gesetze, daß die Eingehung der Ehe eines Staatsangehörigen nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt wird, an welchem derselbe zur Zeit der Eheschließung den Wohnsitz hat, oder nach den Gesetzen des Ortes, an welchem die Ehe geschlossen wird, so genügt es, wenn die Eingehung der Ehe des Staatsangehörigen diesen Gesetzen entspricht. Wird die Ehe im Inlande geschlossen, so ist die in den §§ 1222, 1226 vorgeschriebene Form erforderlich und genügend. Ein Deutscher kann eine Ehe im Auslande auch in der Form schließen, welche den an dem Orte der Eheschließung geltenden Gesetzen entspricht. [ * ) D e r § 10 S a t z 1 ist in dem Sinne z u verstehen, daß eine Ehe nur gültig ist, wenn sie sowohl nach den Gesetzen des Heimathstaats des einen Theils, als nach den Gesetzen des Heimathstaats des anderen Theils gültig ist.]
§ 11 (9). Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann angehört. § 12 (10). Die Auflösung einer Ehe wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann zur Zeit der Verwirklichung des für die Auflösung in Betracht kommenden Thatbestandes angehört hat. Für die Ehescheidung und für beständige oder zeitweilige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage auf Scheidung oder auf Trennung angehört. Eine Thatsache, welche sich ereignet hat, während der Ehemann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund oder als Trennungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder Trennungsgrund ist. Auf Scheidung sowie auf beständige oder zeitweilige Trennung von Tisch und Bett kann auch im Falle der Anwendbarkeit ausländischer Gesetze von einem deutschen Gerichte nur erkannt werden, wenn und soweit zugleich nach den deutschen Gesetzen die Klage auf Scheidung begründet ist. Ist in den nach den Abs. 1 bis 3 maßgebenden Gesetzen die Anwendung der Gesetze des Wohnsitzes der Ehegatten angeordnet, so kommen diese Gesetze zur Anwendung. § 13 (11). Das eheliche Güterrecht wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann zur Zeit der Eheschließung angehört. Dies gilt auch dann, wenn eine Aenderung der Staatsangehörigkeit eingetreten ist; ein gesetzliches Verbot der Schließung eines Ehevertrages wird jedoch unwirksam. § 14 (12). Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, welche nach Schließung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die Vorschriften der §§ 1336, 1337 (des Bürgerlichen Gesetzbuchs) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß der ausländische gesetzliche Güterstand einem vertragsmäßigen Güterstande gleichsteht. Aus Vorschriften der ausländischen Gesetze, welche von den Vorschriften des § 1257 abweichen, können einem Dritten gegenüber Einwendungen gegen ein nach 302
Vorl. Zust. von 1895
der Begründung des Wohnsitzes im Inlande zwischen dem Dritten und der Ehefrau vorgenommenes Rechtsgeschäft nicht hergeleitet werden. Zu Gunsten Dritter finden auch die Vorschriften des § 1262 Anwendung. § 15 (13). Die Ehelichkeit eines Kindes wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört oder, wenn er vor dessen Geburt gestorben ist, zuletzt angehört hat. § 16 (14). Für die Legitimation eines unehelichen Kindes sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Nach diesen Gesetzen bestimmt sich auch ausschließlich die für die Erklärungen der Betheiligten erforderliche Form. In Ansehung des Erfordernisses der Einwilligung des Kindes und der Einwilligung dritter Personen, zu welchen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnisse steht, sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem das Kind zur Zeit der Legitimation angehört. Diese Vorschriften finden auf die Annahme an Kindesstatt entsprechende Anwendung. § 17 (15). Das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater angehört, und, wenn der Vater gestorben ist, nach den Gesetzen des Staates, welchem die Mutter angehört. § 18 (16). Wenn die Reichsangehörigkeit eines Ehemannes erloschen ist, die Ehefrau desselben aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so finden, soweit nach den Vorschriften des § 9 und des § 10 Abs. 1 bis 3 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, nicht diese Gesetze, sondern die deutschen Gesetze Anwendung. Wenn die Reichsangehörigkeit eines Elterntheiles erloschen ist, das eheliche Kind aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so finden, soweit nach den Vorschriften der §§ 13, 15 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, nicht diese Gesetze, sondern die deutschen Gesetze Anwendung. § 19 (17). Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter angehört. Wenn jedoch die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen ist, das Kind aber die Reichsangehörigkeit behalten hat, so bleiben für das Rechtsverhältniß zwischen dem Kinde und der Mutter die deutschen Gesetze maßgebend. Die Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters und dessen Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Entbindung und die Kosten des Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. § 20 (18). Die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten wird, unbeschadet der Vorschriften der S§15 bis 17, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Verwandten zu der für die Unterhaltspflicht in Betracht kommenden Zeit angehören. Gehören die Verwandten zu dieser Zeit verschiedenen Staaten an, so ist die Unterhaltspflicht nur insoweit begründet, als sie nach den Gesetzen jedes der beiden Staaten begründet ist. § 21 (19). *) Ein Ausländer wird im Inlande nur dann bevormundet, wenn er nach den Gesetzen des Staates, welchem er angehört, vormundschaftlichen Schutzes bedarf, dieses Schutzes entbehrt, der Heimathstaat die Fürsorge ablehnt und der Ausländer im Inlande seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat, oder wenn er im Inlande entmündigt ist, und der Heimathstaat die Fürsorge ablehnt. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann jedoch vor der Ablehnung im Interesse des Ausländers vorläufige Maßregeln treffen und insbesondere eine Pflegschaft anordnen. 303
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Die Vorschriften des ersten Absatzes finden in Ansehung einer anderen Pflegschaft entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, daß, sofern die Anordnung der Pflegschaft den Wohnsitz oder Aufenthalt des Pflegebefohlenen innerhalb des Bezirkes des Vormundschaftsgerichtes nicht erfordert, vorläufige Maßregeln und die Anordnung einer Pflegschaft auch dann zulässig sind, wenn der Ausländer im Inlande nicht seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat. [*) 1. Daß ein Deutscher, mag er im Inlande oder Auslande wohnen, in Deutschland bevormundet wird, ist als selbstverständlich angenommen; ebenso daß für Ausländer ein entsprechendes Recht ihres Heimathstaates anerkannt wird. Der Beschluß beschränkt sich daher darauf, die Fälle zu bestimmen, in welchen ein Deutscher im Auslande bevormundet wird. Ueber die Frage, in welchen Fällen die Bevormundung eines Deutschen im Auslande anerkannt wird, soll keine Entscheidung gegeben werden. 2. Für den Satz 1 wird folgende Kürzerfassung zur Erwägung gestellt: Ein Ausländer wird im Inlande nur dann bevormundet, wenn er nach den Gesetzen seines Heimathstaates des vormundschaftlichen Schutzes bedarf oder im Inlande entmündigt ist, seinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inlande hat und der Heimathstaat die Fürsorge ablehnt.]
§ 22 (20). gestrichen. § 23 (21). Die erb rechtlichen Verhältnisse werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehört hat. § 23 (21) Abs. 2—4.*) Die Errichtung und die Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit der Errichtung oder Aufhebung angehört hat. Erwirbt ein Ausländer, der nach den Gesetzen seines Heimathstaats die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen erlangt hat, die Reichsangehörigkeit, nachdem er eine solche Verfügung errichtet hat, so behält er die Fähigkeit, auch wenn er das sechzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Ein Deutscher kann eine Verfügung von Todeswegen im Auslande auch in der Form errichten oder aufheben, welche den am Orte der Errichtung oder Aufhebung geltenden Gesetzen entspricht. [*) Der § 13 (der Vorl.Zusst.) enthält folgenden Zusatz: Ein Deutscher kann einen Ehevertrag im Auslande auch in der Form schließen, welche den an dem Orte der Vertragschließung geltenden Gesetzen entspricht.]
§ 24 (22). Die Vorschriften der §§ 13, 17 und des § 23 Abs. 1 kommen nicht zur Anwendung, soweit zu dem betreffenden Vermögen Gegenstände gehören, welche nicht in dem Gebiete des Staates, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, sich befinden, und in dem Staate, in dessen Gebiete die Gegenstände sich befinden, in Ansehung dieser Gegenstände besondere Vorschriften bestehen. § 25 (23). Ist eine Person ohne Staatsangehörigkeit, so werden ihre Rechtsverhältnisse, sofern für dieselben die Beurtheilung nach den Gesetzen des Staates, welchem die Person angehört, vorgeschrieben ist, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person zuletzt angehört hat, und wenn sie auch früher keinem Staate angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat. § 26 (24). Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder den Zweck eines Deutschen Gesetzes verstoßen würde, oder wenn das ausländische Gesetz die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt. § 27 (26).*) Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des 304
Zweiter Entwurf von 1895 Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen eines ausländischen Staates und die Rechtsnachfolger solcher Angehörigen ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht werde. [*) Der § 25 des Entwurfs ist gestrichen. — Zum Ersätze des 2. Abs. werden in den Artikel 11 des Entwurfs eines Einf.Ges. folgende Vorschriften der C.P.O. eingestellt: § 293 f . Die Anerkennung des Unheils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: 1. wenn die Gerichte des Staates, welchem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihn weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshülfe zugestellt ist; 3. wenn die Anerkennung des Urtheils gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde oder wenn das Urtheil auf einem ausländischen Gesetze beruht, das die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt; als gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßend ist die Anerkennung eines Urtheils insbesondere dann anzusehen, wenn in dem Urtheile zum Nachtheile einer deutschen Partei von den Vorschriften des § 10, des § 12 Abs. 1 — 3, 5 und der §§ 15,16,18 abgewichen ist; 4. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. § 601 Abs. 2 wird durch folgende Vorschrift ersetzt : Das Vollstreckungsurtheil ist erst zu erlassen, wenn das Urtheil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Rechte die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urtheils im Inlande nach § 293 f ausgeschlossen ist. Anmerkung. Die Fassung des zu Nr. 3 beschlossenen Zusatzes schließt sich der Fassung der Nr. 5 des § 25 des Entw. an. Bei der Berathung wurde anheimgegeben, die Fassung dahin zu ändern, daß dem Urtheil die Anerkennung zu versagen sei, wenn durch das Urtheil in einem Falle, in welchem nach den allegirten Paragraphen die deutschen (materiellen) Gesetze zur Anwendung zu bringen seien, diese Gesetze zum Nachtheile einer deutschen Partei nicht angewandt seien. Hierdurch würde indessen die Tragweite der Nr. 5 des § 25 erheblich eingeschränkt werden. Wenn ζ. B. in einem Rechtsstreite, in welchem es sich um die Gültigkeit einer zwischen einem Deutschen und einer Ausländerin geschlossenen Ehe handelt, welche nach § 10 gültig sein würde, diese Ehe für ungültig erklärt ist, weil das Gericht die Fähigkeit der Frau zur Eingehung der Ehe nicht nach dem Rechte der Heimath sondern nach dem Rechte des Ortes der Eheschließung, welches abweichend von dem Heimathsrechte die Fähigkeit verneint, beurtheilt hat, so würde diesem Urtheil nach der jetzigen Fassung der Nr. 5 die Anerkennung zu versagen sein, weil es von den Vorschriften des § 10 abweicht, wogegen es bei der anheimgegebenen engeren Fassung anzuerkennen sein würde, weil ein deutsches (materielles) Gesetz in dem fraglichen Falle nach § 10 nicht angewendet werden soll.] III./IV. Fassung der Regelung in der Z u s t R e d K o m / i m E II Sechstes Buch. Anwendung
ausländischer
Gesetze
13
§ 2236 (§ l). Ein Verschollener kann im Inlande nach Maßgabe der deutschen E II §2236 Gesetze für todt erklärt werden, wenn er bei dem Beginne der Verschollenheit ein Deutscher war. Gehörte der Verschollene bei dem Beginne der Verschollenheit einem fremden Staate an, so kann er im Inlande, nach Maßgabe der deutschen Gesetze mit Wirkung für diejenigen Rechtsverhältnisse, welche sich nach den deutschen Gesetzen bestimmen, sowie mit Wirkung für das im Inlande befindliche Vermögen für todt erklärt werden; die Vorschriften des § 2234 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. § 2237 (S 2). Die juristische Persönlichkeit wird nach den Gesetzen des Ortes E II 5 2237 beurtheilt, an welchem die juristische Person ihren Sitz hat. 13
In den Klammern ist auf die insoweit gleichlautende ZustRedKom. verwiesen. 305
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Ein V e r e i n , d e r nach den deutschen G e s e t z e n Rechtsfähigkeit nur durch Eintrag u n g in d a s Vereinsregister o d e r durch staatliche V e r l e i h u n g erlangen kann, ist, wenn er seinen S i t z im A u s l a n d e hat, nur d a n n rechtsfähig, wenn seine R e c h t s f ä h i g keit in einem B u n d e s s t a a t anerkannt ist. D i e A n e r k e n n u n g und die Z u r ü c k n a h m e der A n e r k e n n u n g bestimmen sich nach den G e s e t z e n dieses Staates. Ε II § 2238
§ 2238 (§ 3). D i e G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t einer P e r s o n wird nach den G e s e t z e n des Staates beurtheilt, welchem die Person angehört. Erwirbt ein A u s l ä n d e r , der volljährig ist o d e r die rechtliche Stellung eines V o l l jährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines V o l l j ä h r i g e n , auch w e n n er nach den deutschen G e s e t z e n nicht volljährig ist. N i m m t ein A u s l ä n d e r im Inland ein R e c h t s g e s c h ä f t vor, in A n s e h u n g dessen er g e s c h ä f t s u n f ä h i g o d e r in der G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t beschränkt ist, s o gilt er f ü r dieses R e c h t s g e s c h ä f t insoweit als g e s c h ä f t s f ä h i g , als er nach den deutschen G e s e t z e n g e s c h ä f t s f ä h i g sein w ü r d e . A u f familienrechtliche und erbrechtliche R e c h t s g e s c h ä f t e sowie auf R e c h t s g e s c h ä f t e , durch die über ein ausländisches G r u n d s t ü c k v e r f ü g t wird, findet diese V o r s c h r i f t keine A n w e n d u n g .
E II § 2239
2239 (§ 4). Ein A u s l ä n d e r k a n n im Inlande nach M a ß g a b e der deutschen G e s e t z e entmündigt w e r d e n , wenn er seinen W o h n s i t z im Inlande hat.
E II § 2240
§ 2240 (§ 5). D i e F o r m eines Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach den G e s e t z e n , welche f ü r d a s den G e g e n s t a n d des Rechtsgeschäfts bildende Rechtsverhältniß maßg e b e n d sind. E s g e n ü g t j e d o c h , sofern nicht diese G e s e t z e entgegenstehen, die B e o b achtung d e r G e s e t z e des O r t e s , an welchem d a s R e c h t s g e s c h ä f t v o r g e n o m m e n wird.
E II § 2241
§ 2241 ( § 6 ) . D i e Rechte an einer S a c h e sowie der Besitz w e r d e n nach den G e s e t z e n des O r t e s beurtheilt, an welchem sich die S a c h e befindet. D e r E r w e r b und der V e r l u s t eines Rechtes an einer beweglichen S a c h e sowie des Besitzes einer solchen S a c h e w e r d e n nach den G e s e t z e n des O r t e s beurtheilt, an welchem sich die S a c h e z u r Zeit d e r V e r w i r k l i c h u n g des f ü r d e n E r w e r b o d e r den V e r l u s t in Betracht k o m m e n d e n T h a t b e s t a n d e s b e f u n d e n hat.
D i e V o r s c h r i f t des § 2240 S a t z 2 findet keine A n w e n d u n g auf ein R e c h t s g e s c h ä f t , durch das ein R e c h t an einer S a c h e b e g r ü n d e t o d e r über ein solches R e c h t v e r f ü g t wird. E II § 2242 § 2242 ( § 7 ) . D a s Schuldverhältniß aus einem R e c h t s g e s c h ä f t unter Lebenden wird nach den G e s e t z e n des O r t e s beurtheilt, an welchem das R e c h t s g e s c h ä f t z u m Abschlüsse g e l a n g t ist. Ist nach den U m s t ä n d e n des Falles a n z u n e h m e n , daß v o n den Betheiligten die A n w e n d u n g der G e s e t z e eines anderen O r t e s v o r a u s g e s e t z t sein muß, so sind die G e s e t z e dieses O r t e s maßgebend. E II § 2243
§ 2243 (§ 8). D a s Schuldverhältniß aus einer unerlaubten H a n d l u n g wird nach den G e s e t z e n des O r t e s beurtheilt, an welchem die unerlaubte H a n d l u n g b e g a n g e n w o r d e n ist. S o w e i t ein deutsches G e s e t z sich auf eine im A u s l a n d e b e g a n g e n e unerlaubte H a n d l u n g erstreckt, findet d a s deutsche G e s e t z A n w e n d u n g .
E II § 2244
§ 2244 (§ 9). Ein Schuldverhältniß, das auf einem anderen G r u n d e als auf einem R e c h t s g e s c h ä f t unter L e b e n d e n oder einer unerlaubten H a n d l u n g beruht, wird nach den G e s e t z e n des O r t e s beurtheilt, an welchem der f ü r die Entstehung des Schuldverhältnisses in B e t r a c h t k o m m e n d e T h a t b e s t a n d sich verwirklicht hat, sofern sich nicht nach den deutschen G e s e t z e n ein Anderes ergiebt.
E II § 2245
§ 2 2 4 5 (§ 10). D i e E i n g e h u n g der E h e wird in A n s e h u n g eines jeden der V e r l o b 306
Zweiter Entwurf von 1895 ten nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Verlobte angehört. Gestattet das Recht dieses Staates, daß der Verlobte die Ehe nach den Gesetzen seines Wohnsitzes oder nach den Gesetzen des Ortes eingeht, an welchem die Ehe geschlossen wird, so genügt für ihn die Beobachtung dieser Gesetze. Die Form einer im Inlande geschlossenen Ehe bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. Ein Deutscher kann im Auslande die Ehe auch in der am Orte der Eheschließung geltenden Form eingehen. § 2246 (§ 11). Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander Ε II § 2246 werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Mann angehört. § 2247 (§ 12). Die Auflösung der Ehe wird nach den Gesetzen des Staates beur- E II § 2247 theilt, welchem der Mann zur Zeit der Verwirklichung des für die Auflösung in Betracht kommenden Thatbestandes angehört hat. Für die Ehescheidung und für die beständige oder zeitweilige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett sind die Gesetze des Staates maßgebend, welchem der Mann zur Zeit der Erhebung der Klage auf Scheidung oder auf Trennung angehört. Eine Thatsache, die sich ereignet hat, während der Mann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund oder als Trennungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund ist. Sind nach dem Rechte des Staates, dessen Gesetze nach diesen Vorschriften Anwendung finden würden, die am Wohnsitze des Mannes geltenden Gesetze anzuwenden, so sind diese Gesetze maßgebend. § 2248 (§ 13). Ist die Reichsangehörigkeit eines Ehemannes erloschen, die Ehe- E II § 2248 frau aber Deutsche geblieben, so finden, soweit nach den §§ 2246, 2247 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, die deutschen Gesetze Anwendung. § 2249 (§ 14). Auf Scheidung sowie auf beständige oder zeitweilige Trennung von E II § 2249 Tisch und Bett kann auf Grund eines ausländischen Gesetzes im Inlande nur erkannt werden, wenn zugleich nach den deutschen Gesetzen die Scheidung zulässig sein würde. § 2250 (§15). Das eheliche Güterrecht wird nach den Gesetzen des Staates E II § 2250 beurtheilt, welchem der Mann zur Zeit der Eheschließung angehört. Dies gilt auch dann, wenn eine Aenderung der Staatsangehörigkeit eingetreten ist; das Verbot, einen Ehevertrag zu schließen, verliert jedoch seine Kraft, wenn der Vertrag nach den Gesetzen des Staates zulässig ist, in welchem der Mann die Staatsangehörigkeit erwirbt. Ein Deutscher kann im Ausland einen Ehevertrag auch in der Form schließen, welche den am Orte des Vertragsabschlusses geltenden Gesetzen entspricht. § 2251 (§16). Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, die nach der E II S 2251 Schließung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die Vorschriften des § 1334 entsprechende Anwendung; der ausländische gesetzliche Güterstand steht einem vertragsmäßigen Güterstande gleich. Die Vorschriften der §§ 1257, 1262 finden Anwendung, soweit sie Dritten günstiger sind als die ausländischen Gesetze. § 2252 (§ 17). Die Ehelichkeit eines Kindes wird nach den Gesetzen des Staates E II § 2252 beurtheilt, welchem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört oder, wenn er vor der Geburt des Kindes gestorben ist, zuletzt angehört hat. § 2253 (§ 18). Die Legitimation eines unehelichen Kindes wird nach den Gesetzen E II § 2253 307
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
des Staates beurtheilt, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Das Erforderniß der Einwilligung des Kindes oder der Einwilligung Dritter, zu denen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnisse steht, bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, welchem das Kind zur Zeit der Legitimation angehört. Die für die Erklärungen der Betheiligten erforderliche Form bestimmt sich ausschließlich nach den Gesetzen des Staates, welchem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Ε II § 2254 § 2254 (§ 19). Die Vorschriften des § 2253 finden auf die Annahme an Kindesstatt entsprechende Anwendung. E II § 2255 § 2255 (§ 20). Das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Vater angehört, und, wenn der Vater gestorben ist, nach den Gesetzen des Staates, welchem die Mutter angehört. Ist die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen, das eheliche Kind aber Deutscher geblieben, so finden, soweit nach Abs. 1 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, die deutschen Gesetze Anwendung. E II § 2256
§ 2256 (§ 21). Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter angehört. Ist die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen, das Kind aber Deutscher geblieben, so finden die deutschen Gesetze Anwendung. E II § 2257 § 2257 (§ 22). Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde und seine Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Entbindung und des Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. E II § 2258
§ 2258 (§ 23). Die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten wird, unbeschadet der Vorschriften der §§ 2255, 2256, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Verwandten zu der für die Unterhaltspflicht in Betracht kommenden Zeit angehören. Gehören die Verwandten zu dieser Zeit verschiedenen Staaten an, so besteht die Unterhaltspflicht nur insoweit, als sie nach den Gesetzen jedes der beiden Staaten begründet ist.
E II § 2259
§ 2259 (§ 24). Ein Ausländer wird im Inlande bevormundet, wenn er nach den Gesetzen des Staates, welchem er angehört, des vormundschaftlichen Schutzes bedarf, seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt im Inlande hat und der Staat, welchem er angehört, die Fürsorge ablehnt. Ist ein Ausländer im Inland entmündigt, so wird er im Inlande bevormundet, wenn der Staat, welchem er angehört, die Fürsorge ablehnt. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann vorläufige Maßregeln treffen, insbesondere eine Pflegschaft anordnen.
E II §2260
§ 2260 (§ 25). Für die Anordnung einer Pflegschaft über einen Ausländer gilt, unbeschadet der Vorschrift des § 2259 Abs. 3, das Gleiche wie für die Bevormundung eines Ausländers. Soweit die Anordnung der Pflegschaft den Wohnsitz oder den Aufenthalt des Pflegebefohlenen in dem Bezirke des Vormundschaftsgerichtes nicht voraussetzt, ist sie auch dann zulässig, wenn der Ausländer seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt nicht im Inlande hat.
E II §2261
§ 2261 (§26). Die erbrechtlichen Verhältnisse werden nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehört hat. Die Errichtung und die Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen werden 308
Zweiter Entwurf von 1895
nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem der Erblasser zur Zeit der Errichtung oder der Aufhebung angehört hat. Erwirbt ein Ausländer, der die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen erlangt hat, die Reichsangehörigkeit, nachdem er eine solche Verfügung errichtet hat, so behält er die Fähigkeit, auch wenn er das nach den deutschen Gesetzen erforderliche Alter noch nicht erreicht hat. Ein Deutscher kann im Ausland eine Verfügung von Todeswegen auch in der Form errichten oder aufheben, welche den am O r t e der Errichtung oder der Aufhebung geltenden Gesetzen entspricht. § 2262 (J 27). D i e Vorschriften der §§ 2 2 5 0 , 2 2 5 5 und des § 2261 Abs. 1 finden E II § 2262 keine Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. § 2263 (§ 28). Gehört eine Person keinem Staate an, so werden ihre Rechtsver- E II §2263 hältnisse, soweit die Gesetze des Staates, welchem eine Person angehört, für maßgebend erklärt sind, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, welchem die Person zuletzt angehört hat, und, wenn sie auch früher keinem Staate angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat. § 2264 (§ 29). Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, E II §2264 wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde oder wenn das ausländische Gesetz die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt. § 2 2 6 5 (§ 30). Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des E l l §2265 Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen eines ausländischen Staates und deren Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird* * Im Artikel 11 des Entwurfes des Einführungsgesetzes soll 1. folgende Vorschrift in die Civilprozeßordnung als § 293 f eingestellt werden : Die Anerkennung des Urtheils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen : 1. wenn die Gerichte des Staates, welchem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sondern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshülfe zugestellt ist; 3. wenn die Anerkennung des Urtheils gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde oder wenn das Urtheii auf einem ausländischen Gesetze beruht, das die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt; 4. wenn in dem Urtheile zum Nachtheile einer deutschen Partei von den Vorschriften der §§ 2 2 4 5 , 2 2 4 7 , 2252 bis 2254 oder des auf den § 2248 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgewichen ist; 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist; 2. der § 661 Abs. 2 durch folgende Vorschrift ersetzt werden : „Das Vollstreckungsurtheil ist erst zu erlassen, wenn das Urtheii des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Rechte die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urtheils nach § 293 f ausgeschlossen ist."
309
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
V. Fassung der Regelung im Ε II rev. Sechstes Buch Anwendung ausländischer Gesetze E II rev. § 2 3 6 1 . D i e G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t einer P e r s o n w i r d n a c h d e n G e s e t z e n des S t a a t e s S 2361 b e u r t h e i l t , d e m die P e r s o n a n g e h ö r t . E r w i r b t ein A u s l ä n d e r , d e r v o l l j ä h r i g ist o d e r die r e c h t l i c h e S t e l l u n g eines V o l l j ä h r i g e n h a t , d i e R e i c h s a n g e h ö r i g k e i t , so b e h ä l t er die r e c h t l i c h e S t e l l u n g eines V o l l j ä h r i g e n , a u c h w e n n e r n a c h den d e u t s c h e n G e s e t z e n n i c h t v o l l j ä h r i g ist. N i m m t ein A u s l ä n d e r im I n l a n d ein R e c h t s g e s c h ä f t v o r , f ü r das e r g e s c h ä f t s u n f ä hig o d e r in d e r G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t b e s c h r ä n k t ist, so gilt er f ü r dieses R e c h t s g e s c h ä f t i n s o w e i t als g e s c h ä f t s f ä h i g , als e r nach d e n d e u t s c h e n G e s e t z e n g e s c h ä f t s f ä h i g sein w ü r d e . A u f f a m i l i e n r e c h t l i c h e u n d e r b r e c h t l i c h e R e c h t s g e s c h ä f t e sowie auf R e c h t s g e s c h ä f t e , d u r c h die ü b e r ein ausländisches G r u n d s t ü c k v e r f ü g t w i r d , f i n d e t diese Vorschrift keine A n w e n d u n g . E II rev. § 2362. Ein A u s l ä n d e r k a n n im I n l a n d e n a c h d e n d e u t s c h e n G e s e t z e n e n t m ü n d i g t § 2362 w e r d e n , w e n n er seinen W o h n s i t z im I n l a n d e h a t . E II rev. § 2 3 6 3 . Ein V e r s c h o l l e n e r k a n n im I n l a n d e n a c h d e n d e u t s c h e n G e s e t z e n f ü r t o d t § 2363 e r k l ä r t w e r d e n , w e n n er bei d e m Beginne d e r V e r s c h o l l e n h e i t ein D e u t s c h e r w a r . G e h ö r t e d e r V e r s c h o l l e n e bei d e m B e g i n n e d e r V e r s c h o l l e n h e i t e i n e m f r e m d e n S t a a t e a n , so k a n n e r im I n l a n d e n a c h d e n d e u t s c h e n G e s e t z e n m i t W i r k u n g f ü r d i e j e n i g e n R e c h t s v e r h ä l t n i s s e , w e l c h e sich n a c h d e n d e u t s c h e n G e s e t z e n b e s t i m m e n , s o w i e m i t W i r k u n g f ü r das im I n l a n d e b e f i n d l i c h e V e r m ö g e n f ü r t o d t e r k l ä r t w e r d e n ; die V o r s c h r i f t e n des § 2 3 4 3 Abs. 2 f i n d e n e n t s p r e c h e n d e A n w e n d u n g . E II rev. § 2 3 6 4 . D i e juristische P e r s ö n l i c h k e i t w i r d n a c h d e n G e s e t z e n des O r t e s b e u r § 2^64 theilt, an d e m d i e juristische P e r s o n i h r e n Sitz h a t . Ein V e r e i n , d e r n a c h d e n d e u t s c h e n G e s e t z e n R e c h t s f ä h i g k e i t n u r d u r c h E i n t r a g u n g in d a s V e r e i n s r e g i s t e r o d e r d u r c h staatliche V e r l e i h u n g e r l a n g e n k a n n , ist, w e n n e r seinen Sitz im A u s l a n d e hat, n u r d a n n r e c h t s f ä h i g , w e n n seine R e c h t s f ä h i g keit in e i n e m B u n d e s s t a a t a n e r k a n n t ist. D i e A n e r k e n n u n g u n d die R ü c k n a h m e d e r A n e r k e n n u n g b e s t i m m e n sich n a c h den G e s e t z e n dieses Staates. E II rev. § 2 3 6 5 . D i e F o r m eines R e c h t s g e s c h ä f t s b e s t i m m t sich n a c h d e n G e s e t z e n , w e l c h e § 2365 f ü r das d e n G e g e n s t a n d d e s R e c h t s g e s c h ä f t s b i l d e n d e R e c h t s v e r h ä l t n i ß m a ß g e b e n d sind. Es g e n ü g t j e d o c h , s o f e r n nicht diese G e s e t z e e n t g e g e n s t e h e n , die B e o b a c h t u n g d e r G e s e t z e des O r t e s , a n d e m das R e c h t s g e s c h ä f t v o r g e n o m m e n w i r d . E II rev. § 2366. D a s S c h u l d v e r h ä l t n i ß aus e i n e m R e c h t s g e s c h ä f t u n t e r L e b e n d e n w i r d § 2366 n a c h d e n G e s e t z e n des O r t e s beurtheilt, an d e m das R e c h t s g e s c h ä f t z u m A b s c h l ü s s e gelangt. Ist d e n U m s t ä n d e n n a c h a n z u n e h m e n , d a ß v o n d e n Betheiligten die A n w e n d u n g d e r G e s e t z e eines a n d e r e n O r t e s v o r a u s g e s e t z t sein m u ß , so sind die G e s e t z e dieses Ortes maßgebend. E II rev. § 2 3 6 7 . D a s S c h u l d v e r h ä l t n i ß aus einer u n e r l a u b t e n H a n d l u n g w i r d n a c h d e n § 2367 G e s e t z e n des O r t e s b e u r t h e i l t , a n d e m die u n e r l a u b t e H a n d l u n g b e g a n g e n w i r d . S o w e i t sich ein d e u t s c h e s G e s e t z auf eine im A u s l a n d e b e g a n g e n e u n e r l a u b t e H a n d l u n g erstreckt, findet das deutsche Gesetz Anwendung. E II rev. § 2 3 6 8 . Ein S c h u l d v e r h ä l t n i ß , das auf e i n e m a n d e r e n G r u n d e als auf e i n e m S 2368 R e c h t s g e s c h ä f t u n t e r L e b e n d e n o d e r e i n e r u n e r l a u b t e n H a n d l u n g b e r u h t , w i r d n a c h d e n G e s e t z e n des O r t e s b e u r t h e i l t , a n w e l c h e m sich d e r f ü r die E n t s t e h u n g des 310
Bundesratsvorlage von 1895 Schuldverhältnisses in Betracht kommende Thatbestand verwirklicht, sofern sich nicht aus den deutschen Gesetzen ein Anderes ergiebt. § 2369. Die Rechte an einer Sache sowie der Besitz werden nach den Gesetzen des E II rev. Ortes beurtheilt, an dem sich die Sache befindet. Der Erwerb und der Verlust eines § Rechtes an einer beweglichen Sache sowie des Besitzes einer solchen Sache werden nach den Gesetzen des Ortes beurtheilt, an dem sich die Sache zur Zeit der Verwirklichung des für den Erwerb oder den Verlust in Betracht kommenden Thatbestandes befindet. Die Vorschrift des § 2365 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird. § 2370. Die Eingehung der Ehe wird in Ansehung eines jeden der Verlobten nach E II rev. den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem der Verlobte angehört. Gestattet das Recht § dieses Staates, daß der Verlobte die Ehe nach den Gesetzen seines Wohnsitzes oder nach den Gesetzen des Ortes eingeht, an dem die Ehe geschlossen wird, so genügt für ihn die Beobachtung dieser Gesetze. Die Form einer Ehe, die im Inlande geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. Ein Deutscher kann im Auslande die Ehe auch in der am Orte der Eheschließung geltenden Form schließen. § 2371. Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander werden E II rev. nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem der Mann angehört. § 1Ύ7Χ § 2372. Das eheliche Güterrecht wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, E II rev. dem der Mann zur Zeit der Eheschließung angehört. Dies gilt auch dann, wenn eine § 2 3 7 2 Aenderung der Staatsangehörigkeit eintritt; das Verbot, einen Ehevertrag zu schließen, verliert jedoch seine Kraft, wenn der Vertrag nach den Gesetzen des Staates zulässig ist, in welchem der Mann die Staatsangehörigkeit erwirbt. Ein Deutscher kann im Ausland einen Ehevertrag auch in der Form schließen, welche den am Orte des Vertragsabschlusses geltenden Gesetzen entspricht. § 2373. Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, die nach der Eingehung E II rev. der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die § 2 3 7 3 Vorschriften des § 1420 entsprechende Anwendung; der ausländische gesetzliche Güterstand steht einem vertragsmäßigen Güterstande gleich. Die Vorschriften der §§ 1342, 1347 finden Anwendung, soweit sie Dritten günstiger sind als die ausländischen Gesetze. § 2374. Die Auflösung der Ehe wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, E II rev. dem der Mann zur Zeit der Verwirklichung des f ü r die Auflösung in Betracht § 2 374 kommenden Thatbestandes angehört. Sind nach dem Rechte dieses Staates die am Wohnsitze des Mannes geltenden Gesetze anzuwenden, so sind diese Gesetze maßgebend. § 2375. Für die Scheidung und für die beständige oder zeitweilige Trennung der E II rev. Ehegatten von Tisch und Bett sind die Gesetze des Staates maßgebend, dem der § 2 3 7 5 Mann zur Zeit der Erhebung der Klage auf Scheidung oder auf Trennung angehört. Die Vorschrift des § 2374 Satz 2 findet Anwendung. Eine Thatsache, die sich ereignet hat, während der Mann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund oder als Trennungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund ist. Auf Scheidung sowie auf beständige oder zeitweilige Trennung von Tisch und 311
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Bett kann auf Grund eines ausländischen Gesetzes im Inlande nur erkannt werden, wenn auch nach den deutschen Gesetzen die Scheidung zulässig sein würde. Ε II rev. § 2376. Ist die Reichsangehörigkeit des Ehemannes erloschen, die Ehefrau aber § 2376 Deutsche geblieben, so finden, soweit nach den §§ 2371, 2374 und dem § 2375 Abs. 1. die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, die deutschen Gesetze Anwendung. E II rev. § 2377. Die gesetzliche Unterhaltspflicht unter Verwandten wird, unbeschadet S 2377 der Vorschriften der §§ 2379, 2380, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Verwandten zu der für die Unterhaltspflicht in Betracht kommenden Zeit angehören. Gehören die Verwandten zu dieser Zeit verschiedenen Staaten an, so besteht die Unterhaltspflicht nur insoweit, als sie nach den Gesetzen jedes der beiden Staaten begründet ist. E II rev. § 2378. Die Ehelichkeit eines Kindes wird nach den Gesetzen des Staates beur§ 2378 theilt, dem der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört oder, wenn er vor der Geburt des Kindes gestorben ist, zuletzt angehört hat. E II rev. § 2379. Das Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und einem ehelichen Kinde § 2379 wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem der Vater angehört, und, wenn der Vater gestorben ist, nach den Gesetzen des Staates, dem die Mutter angehört. Ist die Reichsangehörigkeit des Vaters oder der Mutter erloschen, das Kind aber Deutscher geblieben, so finden, soweit nach Abs. 1 die Gesetze eines ausländischen Staates anwendbar sein würden, die deutschen Gesetze Anwendung. E II rev. § 2380. Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen S 2380 Mutter wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Mutter angehört. Ist die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen, das Kind aber Deutscher geblieben, so finden die deutschen Gesetze Anwendung. E II rev. § 2381. Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde und § 2381 seine Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Entbindung und des Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört. E II rev. § 2382
§ 2382. Die Legitimation eines unehelichen Kindes bestimmt sich nach den Gesetd e s Staates, dem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. Das Erforderniß der Einwilligung des Kindes oder der Einwilligung Dritter, zu denen das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnisse steht, bestimmt sich nach den Gesetzen des Staates, dem das Kind zur Zeit der Legitimation angehört. Die für die Erklärungen der Betheiligten erforderliche Form bestimmt sich ausschließlich nach den Gesetzen des Staates, dem der Vater zur Zeit der Legitimation angehört. E II rev. § 2383. Die Vorschriften des §2382 finden auf die Annahme an Kindesstatt S 2383 entsprechende Anwendung. zen
E II rev. § 2384. Ein Ausländer wird im Inlande bevormundet, wenn er nach den Gesetzen S 2384 Jes Staates, dem er angehört, des vormundschaftlichen Schutzes bedarf, seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt im Inlande hat und der Staat, dem er angehört, die Fürsorge ablehnt. Wird ein Ausländer im Inland entmündigt, so wird er im Inlande bevormundet, wenn der Staat, dem er angehört, die Fürsorge ablehnt. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann vorläufige Maßregeln treffen, insbesondere eine Pflegschaft anordnen. 312
Entwurf des Reichsjustizamts vom Dez. 1895 § 2385. Für die Anordnung einer Pflegschaft über einen Ausländer gilt, unbescha- E II rev. det der Vorschrift des S 2384 Abs. 3, das Gleiche wie für die Bevormundung eines S 2385 Ausländers. Soweit die Anordnung der Pflegschaft den Wohnsitz oder den Aufenthalt des Pflegebefohlenen in dem Bezirke des Vormundschaftsgerichts nicht voraussetzt, ist sie auch dann zulässig, wenn der Ausländer seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt nicht im Inlande hat. § 2386. Die erbrechtlichen Verhältnisse werden nach den Gesetzen des Staates E II rev. beurtheilt, dem der Erblasser zur Zeit seines Todes angehört hat. S2386 Die Errichtung und die Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen bestimmen sich nach den Gesetzen des Staates, dem der Erblasser zur Zeit der Errichtung oder der Aufhebung angehört. Erwirbt ein Ausländer, der die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen erlangt hat, die Reichsangehörigkeit, nachdem er eine solche Verfügung errichtet hat, so behält er die Fähigkeit, auch wenn er das nach den deutschen Gesetzen erforderliche Alter noch nicht erreicht hat. Ein Deutscher kann im Ausland eine Verfügung von Todeswegen auch in der Form errichten oder aufheben, welche den am Orte der Errichtung oder der Aufhebung geltenden Gesetzen entspricht. § 2387. Die Vorschriften der §§ 2372, 2379 und des § 2386 Abs. 1 finden keine E II rev. Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, § 2^87 dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. § 2388. Gehört eine Person keinem Staate an, so werden ihre Rechtsverhältnisse, E II rev. soweit die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, für maßgebend erklärt § 2388 sind, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Person zuletzt angehört hat, und, wenn sie auch früher einem Staate nicht angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat. § 2389. Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn E II rev. die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen § 2389 Gesetzes verstoßen würde oder wenn das ausländische Gesetz die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt. § 2390. Mit Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichs- E II rev. kanzlers bestimmt werden, daß gegen die Angehörigen eines ausländischen Staates § 2390 und deren Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird. D. Bundesrat I. Bestimmungen, betreffend das internationale Privatrecht, aufzunehmen in das Einführungsgesetz zum BGB (Entwurf des Reichsjustizamts vom Dezember 1895)1 § a. Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Person angehört. Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. Die Quellen zur Entstehung dieses Entwurfs sind wiedergegeben bei Materialien, S. 215 ff.
Hartwig/Korkisch,
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch N i m m t ein Ausländer im Inland ein R e c h t s g e s c h ä f t vor, f ü r das er g e s c h ä f t s u n f ä hig o d e r in der G e s c h ä f t s f ä h i g k e i t beschränkt ist, so gilt er f ü r dieses R e c h t s g e s c h ä f t insoweit als g e s c h ä f t s f ä h i g , als er nach den deutschen G e s e t z e n g e s c h ä f t s f ä h i g sein w ü r d e . Auf familienrechtliche und erbrechtliche R e c h t s g e s c h ä f t e sowie auf Rechtsg e s c h ä f t e , durch die über ein ausländisches G r u n d s t ü c k v e r f ü g t wird, findet diese V o r s c h r i f t keine A n w e n d u n g . § b. Ein A u s l ä n d e r k a n n im Inlande nach den deutschen G e s e t z e n entmündigt w e r d e n , wenn er seinen W o h n s i t z oder, falls er keinen W o h n s i t z hat, seinen Aufenthalt im Inlande hat. § c. Ein Verschollener k a n n im Inlande nach den deutschen G e s e t z e n f ü r todt erklärt w e r d e n , wenn er bei d e m Beginne der Verschollenheit ein D e u t s c h e r war. G e h ö r t e der Verschollene bei dem Beginne der Verschollenheit einem fremden S t a a t e an, so kann er im Inlande nach den deutschen G e s e t z e n mit W i r k u n g für diejenigen Rechtsverhältnisse, welche sich nach den deutschen G e s e t z e n bestimmen, sowie mit W i r k u n g f ü r das im Inlande befindliche V e r m ö g e n f ü r todt erklärt werden ; die V o r s c h r i f t e n des § 2343 A b s . 2 des Bürgerlichen G e s e t z b u c h s finden entsprechende A n w e n d u n g . H a t t e ein verschollener ausländischer E h e m a n n seinen letzten W o h n s i t z im Inland und ist die im Inlande zurückgebliebene o d e r dahin z u r ü c k g e k e h r t e E h e f r a u D e u t s c h e o d e r bis z u ihrer V e r h e i r a t h u n g mit dem Verschollenen D e u t s c h e gewesen, so kann auf ihren A n t r a g der V e r s c h o l l e n e im Inlande nach den deutschen G e s e t z e n ohne die im Abs. 2 bestimmmte B e s c h r ä n k u n g f ü r todt erklärt werden. § d. Ein V e r e i n , der nach den deutschen G e s e t z e n Rechtsfähigkeit nur durch E i n t r a g u n g in das Vereinsregister oder durch staatliche V e r l e i h u n g erlangen kann, ist, wenn er seinen Sitz im A u s l a n d e hat, nur dann rechtsfähig, wenn seine R e c h t s f ä higkeit durch Beschluß des Bundesraths anerkannt ist. Auf nicht anerkannte ausländische V e r e i n e der bezeichneten Art finden die Vorschriften über die Gesellschaft sowie die V o r s c h r i f t des § 51 S a t z 2 des Bürgerlichen G e s e t z b u c h s A n w e n d u n g . § e. D i e F o r m eines R e c h t s g e s c h ä f t s bestimmt sich nach den G e s e t z e n , welche für das den G e g e n s t a n d des Rechtsgeschäfts bildende Rechtsverhältniß m a ß g e b e n d sind. E s g e n ü g t j e d o c h die B e o b a c h t u n g der G e s e t z e des Ortes, an dem das R e c h t s g e s c h ä f t v o r g e n o m m e n wird. D i e V o r s c h r i f t des Abs. 1 S a t z 2 findet keine A n w e n d u n g auf ein R e c h t s g e s c h ä f t , durch das ein R e c h t an einer S a c h e b e g r ü n d e t o d e r über ein solches R e c h t v e r f ü g t wird. § f. A u s einer im A u s l a n d e b e g a n g e n e n unerlaubten H a n d l u n g k ö n n e n g e g e n einen D e u t s c h e n nicht weitergehende A n s p r ü c h e geltend g e m a c h t w e r d e n , als nach den deutschen G e s e t z e n b e g r ü n d e t sind. § g. D i e E i n g e h u n g der E h e wird, sofern auch nur einer der V e r l o b t e n ein D e u t s c h e r ist, in A n s e h u n g eines jeden der Verlobten nach den G e s e t z e n des Staates beurtheilt, d e m der V e r l o b t e angehört. D a s Gleiche gilt f ü r A u s l ä n d e r , die im Inland eine E h e eingehen. In A n s e h u n g der E h e f r a u eines nach § c Abs. 3 f ü r todt erklärten A u s l ä n d e r s wird die E i n g e h u n g der E h e nach den deutschen G e s e t z e n beurtheilt. D i e F o r m einer E h e , die im Inlande geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. § h. D i e persönlichen Rechtsbeziehungen deutscher E h e g a t t e n zu einander wer314
Entwurf des Reichsjustizamts vom Dez. 1895
den nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, auch wenn die Ehegatten ihren W o h n sitz im Auslande haben. Die deutschen Gesetze finden auch Anwendung, wenn der Mann die Reichsangehörigkeit verloren, die Frau sie aber behalten hat. § i. Das eheliche Güterrecht wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Ehemann zur Zeit der Eheschließung ein Deutscher war. Erwirbt der Ehemann nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit oder haben ausländische Ehegatten ihren Wohnsitz im Inlande, so sind f ü r das eheliche Güterrecht die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Mann zur Zeit der Eingehung der Ehe angehörte; die Ehegatten können jedoch einen Ehevertrag schließen, auch wenn er nach diesen Gesetzen verboten ist. § k. Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, die nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die Vorschriften des § 1420 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung; der ausländische gesetzliche Güterstand steht einem vertragsmäßigen gleich. Die Vorschriften der §§ 1342, 1347, 1390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung, soweit sie Dritten günstiger sind als die ausländischen Gesetze. § 1. Für die Scheidung der Ehe sind die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Eine Thatsache, die sich ereignet hat, während der Mann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund ist. Ist zur Zeit der Erhebung der Klage die Reichsangehörigkeit des Mannes erloschen, die Frau aber Deutsche, so finden die deutschen Gesetze Anwendung. Auf Scheidung kann auf Grund eines ausländischen Gesetzes im Inlande nur erkannt werden, wenn auch nach den deutschen Gesetzen die Scheidung zulässig sein würde. § m. Die eheliche Abstammung eines Kindes wird nach deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes Deutscher ist, oder, falls er vor der Geburt des Kindes gestorben ist, zuletzt Deutscher war. § n. Das Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und einem ehelichen Kinde wird nach deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Vater und, falls der Vater gestorben ist, die Mutter die Reichsangehörigkeit besitzt. Das Gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit des Vaters oder der Mutter erloschen, die Reichsangehörigkeit des Kindes aber bestehen geblieben ist. § o. Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn die Mutter eine Deutsche ist. Das Gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen, die Reichsangehörigkeit des Kindes aber bestehen geblieben ist. § p. Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde und seine Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Entbindung und des Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört; es können jedoch weiter gehende Ansprüche, als nach deutschen Gesetzen begründet sind, nicht geltend gemacht werden. § q. Die Legitimation eines unehelichen Kindes sowie die Annahme an Kindesstatt bestimmt sich, wenn der Vater zur Zeit der Legitimation oder der Annehmende zur Zeit der Annahme die Reichsangehörigkeit besitzt, nach den deutschen Gesetzen. 315
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Gehört der Vater oder der Annehmende einem fremden Staate an, während das Kind die Reichsangehörigkeit besitzt, so sind die Legitimation und die Annahme unwirksam, wenn die nach den deutschen Gesetzen erforderliche Einwilligung des Kindes, seiner Mutter oder anderer Verwandten nicht erfolgt ist. § r. Eine Vormundschaft oder eine Pflegschaft kann im Inland auch über einen Ausländer, sofern der Staat, dem er angehört, die Fürsorge nicht übernimmt, angeordnet werden, wenn der Ausländer nach den Gesetzen dieses Staates der Fürsorge bedarf oder im Inlande entmündigt ist. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann vorläufige Maßregeln treffen, so lange eine Vormundschaft oder Pflegschaft nicht angeordnet ist. § s. Ein Deutscher wird, auch wenn er seinen Wohnsitz im Auslande hatte, nach den deutschen Gesetzen beerbt. H a t ein Deutscher zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Auslande gehabt, so können die Erben sich in Ansehung der H a f t u n g für die Nachlaßverbindlichkeiten auch auf die an dem Wohnsitze des Erblassers geltenden Gesetze berufen. Erwirbt ein Ausländer, der eine Verfügung von Todeswegen errichtet oder aufgehoben hat, die Reichsangehörigkeit, so wird die Gültigkeit der Errichtung oder der Aufhebung nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem er zur Zeit der Errichtung oder der Aufhebung angehörte; auch behält er die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen, selbst wenn er das nach den deutschen Gesetzen dazu erforderliche Alter noch nicht erreicht hat. Die Vorschrift des § e Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt. § t. Ein Ausländer, der zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Inlande hatte, wird nach den Gesetzen des Staates beerbt, dem er zur Zeit seines Todes angehörte. Ein Deutscher kann jedoch erbrechtliche Ansprüche auch dann geltend machen, wenn sie nur nach den deutschen Gesetzen begründet sind. § u. Sind nach dem Rechte eines fremden Staates, dessen Gesetze in dem ξ a Abs. 1, dem § g Abs. 1, dem § i Abs. 2, dem § 1 Abs. 1 und dem § t f ü r maßgebend erklärt sind, die deutschen Gesetze anzuwenden, so finden diese Gesetze Anwendung. § v. Die Vorschriften der §§ i, n, des § s Abs. 1 und der §§ t, u finden keine Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. § w. Gehört eine Person keinem Staate an, so werden ihre Rechtsverhältnisse, soweit die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, für maßgebend erklärt sind, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Person zuletzt angehört hat, und, wenn sie auch früher einem Staate nicht angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat. § χ. Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. § y. Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen einen ausländischen Staat sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird. § z. Gelangt aus einem im Ausland eröffneten Nachlasse f ü r die nach den dortigen Gesetzen berechtigten Erben oder Vermächtnißnehmer durch Vermittelung deut316
Entwurf des Reichsjustizamts vom Dez. 1895
scher Behörden Vermögen ins Inland, so kann ein Anderer der Herausgabe nicht aus dem Grunde widersprechen, daß er als Erbe oder Vermächtnißnehmer einen Anspruch auf das Vermögen habe.2
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Zu den Beratungen des Entwurfs im Justizausschuß des Bundesrates und im Reichstag vgl. unten S. 909 ff.
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Quellen zum Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch A. 1. Kommission I. Protokolle über die Beratungen (4.1.1888—9. 6.1888) 735. Sitzung vom 4. 1. 1988, Schriftführer: von Liebe I Prot 112315
| Man ging über zu der Berathung der zu dem Entwürfe eines Einführungsgesetzes zum bürgerlichen Gesetzbuche vom Standpunkte des allgemeinen Theiles, des Obligationenrechtes, des Sachenrechtes, des Familienrechtes und des Erbrechtes gemachten Vorschläge. 1 Der Berathung wurde die gedruckte Zusammenstellung dieser Vorschläge zu Grunde gelegt. In dieser Zusammenstellung sind die Paragraphen des K.E. nach der neuen Bezifferung des soeben im Druck erschienenen revidirten Entwurfes von 1887 zitirt. Einverständniß bestand, daß auch in den Protokollen künftig nach dieser neuen Bezifferung zu zitiren sei.
Der erste Abschnitt der Zusammenstellung trägt die Ueberschrift: Geltungsbeginn und räumliches Geltungsgebiet des Gesetzbuches. Vorschriften, betr. die AusleI Proti 12316 gung, Anwendung oder Ergänzung | einzelner Vorschriften des Gesetzbuches und des Einführungsgesetzes. TE-EG S 1
Der § 1 der Zusst. lautet: „Das bürgerliche Gesetzbuch tritt mit dem . . . in Kraft." (Allg. Theil § 1, Begr. S. 1,2.)
v.Weber Beantragt war, den § 1 zu fassen: „Der Zeitpunkt, mit welchem das bürgerliche (Nr 8,1) Gesetzbuch in Kraft tritt, wird durch eine mit Zustimmung des Bundesrathes zu erlassende Kaiserliche Verordnung bestimmt." Dieser Antrag war von folgenden Bemerkungen begleitet: „Es wird nicht thunlich sein, in dem Einführungsgesetze einen bestimmten Kalendertag, mit welchem das bürgerliche Gesetzbuch in Kraft tritt, im Voraus zu bestimmen, wenn man ihn nicht besonders weit und weiter, als das Bedürfniß möglicher Weise erfordert, hinausschieben will. Die Dauer der Berathungen im Reichstage und im Bundesrathe und die für Erlaß von Ausführungsverordnungen erforderliche Zeit läßt sich, wenigstens vor Schluß der Berathungen im Reichstage, nicht beurtheilen. Es dürfte daher der obige Vorschlag sachlich sich empfehlen und auch nicht unzweckmäßig sein, in dem Entwürfe durch die Fassung des § 1 auf diesen Gesichtspunkt hinzuweisen. Ob etwa für die Verordnung die Bestimmung noch vorzubehalten sei, daß das Inkrafttreten des Gesetzbuches für einzelne Gebiete des Reiches oder der Konsulärbezirke bezw. I Prot 112317 für einzelne Theile des Gesetzbuches verschieden bestimmt werden | könne, wird sich erst nach Vorlegung der Uebergangsbestimmungen übersehen lassen." Die Kommission lehnte den vorstehenden Antrag ab, weil man es für mißlich 1
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Grundlage der Berathungen war die bei Schubert (Hrsg.), Vorlagen der Redaktoren, Einführungsgesetz, 1986, S. 921 ff. wiedergegebene Zusammenstellung. — Nicht in den Protokollen enthaltene Anträge werden in den Fn. mitgeteilt.
Protokolle der 1. Kommission hielt, den Geltungsbeginn von einer mit Zustimmung des B u n d e s r a t e s zu erlassenden Kaiserlichen V e r o r d n u n g abhängig zu machen, ohne daß mindestens ein spätester Termin f ü r den Eintritt des Geltungsbeginnes, zu vergi. § 1 des Einführungsgesetzes z u m Gerichtsverfassungsgesetze, gesetzt werde, u n d , da ein solcher T e r m i n gegenwärtig nicht bestimmt werden könne, es am zweckmäßigsten sei, sich zur Zeit jeder weiteren Vorschrift in dieser Beziehung zu enthalten. Auch der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, den § 1 im Anschluß an f r ü h e r e V o r g ä n g e der Reichsgesetzgebung durch Hinweisung auf das räumliche Geltungsgebiet „in dem ganzen U m f a n g e des Reiches" zu vervollständigen, w u r d e mit Rücksicht auf die in den Motiven S. 1, 2 angegebenen G r ü n d e abgelehnt und der § 1 unverändert angenommen. D e r § 2 der Zusst. lautet: „Gesetz im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuches und TE-EG § 2 dieses Gesetzes ist jede Rechtsnorm." (Allg. Theil S 2, Begr. S. 2.) Es w a r beantragt, als Absatz 2 beizufügen : „Die Vorschrift des § 2 des bürgerli- v. Mandry chen Gesetzbuchs bleibt unberührt." (Nr 7,1) (Bemerkungen: Wird unter „Gesetz" jede Rechtsnorm, also auch die gewohnheitsrechtliche N o r m verstanden, so könnte in jeder Verweisung auf das „Gesetz" auch die in § 2 des bürgerlichen | Gesetzbuches verlangte Verweisung auf „ G e w o h n - | Prot 112318 heitsrecht" g e f u n d e n werden. Dies wäre aber, soweit nicht die Landesgesetze in Frage stehen, unrichtig; daher der Antrag. D e r Z u s a t z kann bezüglich der Landesgesetze keinen Zweifel erregen, wenn § 26 des Einf. Ges. z u m Allg. Theile o d e r eine entsprechende Bestimmung a u f g e n o m m e n wird.) Die den f r ü h e r e n Beschlüssen (zu vergi. Mot. S. 2) entsprechende Vorlage w u r d e a n g e n o m m e n , der beantragte Zusatz abgelehnt. Man w a r der Ansicht: D e r beantragte Zusatz erscheine entbehrlich. Derselbe drücke nur aus, daß beide Vorschriften, § 2 der Zusst. und § 2 d. E., neben einander Geltung hätten. Die im § 2 d. E. verlangte Verweisung auf Gewohnheitsrecht k ö n n e ihrer N a t u r nach nur in einem geschriebenen Gesetze enthalten sein. D e r § 3 der Zusst. lautet: „Auf gewohnheitsrechtliche Rechtsnormen, welche in TE-EG S 3 Folge reichsgesetzlicher Verweisung auf Gewohnheitsrecht nach Maßgabe des § 2 des bürgerlichen Gesetzbuches in Geltung sind, finden landesgesetzliche Vorschriften über die Entstehungserfordernisse des Gewohnheitsrechtes keine Anwendung." (Allg. Theil S 3 Begr. S. 3, 4.) Schmitt D e r A n t r a g auf Streichung des § 3 w u r d e angenommen. (Nr 10, 1) Erwogen w a r : Die in dem Paragraphen vorgeschlagene V o r s c h r i f t sei insofern von geringem W e r t h e , als sie keinen positiven Inhalt habe, sondern nur die Nichtanwendbarkeit landesgesetzlicher Bestimmungen in dem Falle ausspreche, wenn das Reichsgesetz auf Ge-| wohnheitsrecht verweise. Dies könne m a n , soweit es richtig sei, als selbstver- I Prot 112319 ständlich betrachten. Die reichsgesetzliche Verweisung auf Gewohnheitsrecht könne indessen einen doppelten Sinn haben. Es könne das den landesgesetzlichen Entstehungserfordernissen entsprechende Gewohnheitsrecht gemeint sein. Das Reichsgesetz k ö n n e aber auch auf ein solches Gewohnheitsrecht zu beziehen sein, dessen Bestand in E r m a n gelung reichsgesetzlicher Vorschriften nach den d u r c h die Wissenschaft festgestellten allgemeinen Rechtsgrundsätzen sich beurtheile. D e r § 3 bezwecke eine Ausleg u n g der verweisenden reichsgesetzlichen Vorschriften im letzteren Sinne. D e r Ent319
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
wurf gebe keinen Anlaß zur Aufstellung einer solchen Auslegungsregel, da in demselben eine Verweisung auf Gewohnheitsrecht nicht enthalten sei. Das Bedürfniß einer authentischen Interpretation früherer Reichsgesetze, welche auf Gewohnheitsrecht verweisen, sei nicht ersichtlich. Die Vorschrift im Art. 1 des Handelsgesetzbuches, welche die Handelsgebräuche subsidiär zur Anwendung kommen lasse, werde zwar als eine im Sinne der Vorlage erfolgte Verweisung auf Handelsgewohnheitsrecht zu verstehen sein, es müsse jedoch die etwaige Feststellung eines solchen Verständnisses der Revision des Handelsgesetzbuches überlassen bleiben. Für die Interpretation künftiger Reichsgesetze, welche auf Gewohnheitsrecht verweisen, brauche hier nicht im Voraus Sorge getragen zu werden. TE-EG § 4 Der § 4 der Zusst. lautet: „Wenn in dem bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem IProti 12320 Gesetze bestimmt ist, daß gewisse landesgesetzliche Vorschriften un-|berührt bleiben oder nicht berührt werden, so sind nicht nur bestehende Vorschriften aufrechterhalten, sondern es ist auch die Landesgesetzgebung unbehindert, in Ansehung des vorbehaltenen Gebietes neue Vorschriften zu erlassen." (Allg. Theil § 4, Begr. S. 4, 5.) Es war beantragt, v. Mandry 1. den Paragraphen dahin zu fassen : „Wenn . . . berührt werden, so ist die Landes(Nr 7,2) gesetzgebung auch nicht verhindert, neue Vorschriften zu erlassen." Kurlbaum 2. den § 4 zu fassen: „Ist in dem bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze (Nr 15,1) vorgeschrieben, daß in Ansehung eines Rechtsverhältnisses Vorschriften der Landesgesetze maßgebend sein sollen oder unberührt bleiben oder Vorschriften durch die Landesgesetze gegeben werden können, so sind in Ansehung des bezeichneten Rechtsverhältnisses sowohl bestehende Vorschriften der Landesgesetze aufrecht erhalten als auch neue Vorschriften der Landesgesetze zulässig." Beschlossen wurde folgende Fassung: Soweit in dem bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze die Regelung den Landesgesetzen vorbehalten oder bestimmt ist, daß die Landesgesetze unberührt bleiben oder daß landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden können, bleiben die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft und können neue landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden. Sachliche Meinungsverschiedenheiten in Ansehung der Interpretationsfrage, auf welche der § 4 sich bezieht, bestanden nicht. Die beschlossene Fassung ist in HervorI Prot 1 12321 hebung der Ausdrucksweisen, welche bei Vorbehalten | zu Gunsten des partikulären Rechtes vorkommen und denselben Sinn haben, vollständiger als die Vorlage. Sie erspart die abgrenzende Hinweisung auf das Rechtsverhältniß (zu vergi. Antrag 2), das Gebiet, das Verhältniß, den Gegenstand oder die Materie, in Ansehung deren die landesgesetzliche Regelung vorbehalten wird. Die Auslegungsregel wird dahin gegeben, daß nicht nur die bestehenden Gesetze in Geltung bleiben, sondern auch eine neue Regelung zulässig bleibt, mag eine solche Regelung das bestehende Recht aufheben, oder, wenn es bisher an Vorschriften fehlte, eine Lücke des bestehenden Rechtes ergänzen. TE-EG § 5
Der § 5 der Zusst. lautet: „Die Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches und dieses Gesetzes, in welchen von Bundesstaaten oder deren Beziehungen die Rede ist, finden auf das Reichsland Elsaß Lothringen oder dessen Beziehungen entsprechende Anwendung." (Allg. Theil § 5, Begr. S. 5, 6.) Der § 5 wurde mit Rücksicht auf die gegebene Begründung sachlich gebilligt, 320
Protokolle der 1. Kommission
jedoch wurde folgender einfacheren Fassung der Vorzug gegeben: „Als Bundesstaat im Sinne des bürgerlichen Gesetzbuches und dieses Gesetzes gilt auch das Reichsland Elsaß-Lothringen." Von einer Seite war beantragt, als § 5a folgende Vorschrift aufzunehmen: „Die Kurlbaum Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches finden auf Schuldverhältnisse, welche (Nr 15,1) öffentliche Lasten und Abgaben zum Gegenstande haben, Anwendung, soweit nicht durch Landesgesetz ein Anderes bestimmt ist. Auf die §§ 157, 159 des bürgerlichen Gesetzbuches findet diese Vorschrift keine Anwendung (zu vergi. An-| trag zu ξ 10)." | Prot 1 12322 Der Antrag wurde aus folgenden Gründen abgelehnt: Viele Vorschriften des öffentlichen Rechtes bedürften einer Ergänzung aus dem bürgerlichen Rechte. Ob der Antrag die Vorschriften dieser Art genau und erschöpfend bezeichne, könne dahin gestellt bleiben. Handele es sich um reichsgesetzliche Vorschriften, so werde die nothwendige Ergänzung dem Reichszivilrechte zu entnehmen sein. Bei landesgesetzlichen Vorschriften werde nach Einführung des bürgerlichen Gesetzbuches eine ähnliche Ergänzung in der Regel dem Sinne und der Absicht des unvollständigen öffentlichen Rechtes entsprechen. Die Entscheidung hierüber falle indessen in das Gebiet des partikulären öffentlichen Rechtes und sei nicht Sache der bürgerlichen Gesetzgebung des Reiches. Der § 6 der Zusst. lautet: „Die Vorschrift des § 39 Abs. 1 des bürgerlichen Gesetz- TE-EG § 6 buches findet keine Anwendung, wenn auf beständige Trennung von Tisch und Bett erkannt ist." (Allg. Theil § 6, Begr. S. 7.) Es war beantragt, Kurlbaum den § 6 zu den Uebergangsbestimmungen zu verweisen, vorbehaltlich der Fas- (Nr 15,3) sung: „Ist unter Ehegatten auf beständige Trennung von Tisch und Bett erkannt, so theilt die Ehefrau nicht den Wohnsitz des Ehemannes." Daneben war der Streichungsantrag 2 gestellt. Die Kommission billigte sachlich den Inhalt des § 6, entschied sich auch für die Aufnahme der vorgeschlagenen Vorschrift an dieser Stelle, zog indessen folgende dem Antrage sich anschließende Fassung vor: |„Die Ehefrau theilt nicht den Wohnsitz des Ehemannes, wenn auf | Prot 1 12323 beständige Trennung von Tisch und Bett erkannt ist." Der Beschluß erfolgte mit Rücksicht auf die in den Mot. S. 7 angegebenen Gründe. Man hielt es nicht für rathsam, die in Rede stehende Domizilfrage der Lösung durch die Wissenschaft und Rechtsprechung zu überlassen, zumal die Civilprozeßordnung, § 17 Abs. 1, diese Frage in Ansehung des Gerichtsstandes besonders entschieden habe. Auch wurde erkannt, daß die beschlossene Vorschrift eine nicht bloß transitorische Bedeutung habe wegen der Möglichkeit künftiger Entscheidungen der bezeichneten Art, welche von ausländischen oder auch von inländischen Gerichten auf Grund des zur Anwendung gelangenden ausländischen Rechtes ergehen und alsdann auf die unter deutschem Rechte stehende Domizilfrage Einfluß gewinnen können. Der § 7 der Zusst. lautet: „Die Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches über TE-EG § 7 die Wirkungen gerichtlicher Veräußerungsverbote finden auf Veräußerungsverbote, welche von nichtrichterlichen Behörden innerhalb der Grenzen ihrer Zuständigkeit erlassen sind, gleichfalls Anwendung." 2
Von v. Schmitt war in Nr. 10, 2 beantragt: den § 6 zu streichen, vorbehaltlich seiner Einstellung bei den Vorschriften über das Verhältniß des bürgerlichen Gesetzbuches zu bestehenden Rechtsverhältnissen.
321
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
(Allg. Theil § 7, Begr. S. 7; Anm. zu § 107 K.E.) Der § 7 wurde von keiner Seite beanstandet. TE-EG % 8
Der § 8 der Zusst. lautet: „Unter Beamten im Sinne der Vorschrift des § 527 des bürgerlichen Gesetzbuches sind öffentliche Beamte verstanden." (Obi. R. § 11.) Es war beantragt, den § 8 zu fassen: I P r o t i 12324 I „Unter Beamten im Sinne der Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuches sind v. Weber öffentliche Beamte zu verstehen." (Nr 9,1) (Anmerkung. Die Bestimmung bezieht sich nicht bloß auf § 527, sondern auch auf andere Paragraphen des Gesetzbuches, insonderheit §§ 311, 730. Sie paßt auch auf §§ 39, 1642 und auf die Fälle, in welchen im Gesetzbuche von „zuständigen Beamten" und von „zu Versteigerungen befugten Beamten" gesprochen wird. Das Protokoll S. 2144, 2145 nimmt auch eine allgemeinere Begriffsbestimmung für das Einführungsgesetz in Aussicht.) Kurlbaum (Nr 15,4)
Daneben war der Streichungsantrag gestellt. Die Kommission beschloß die Streichung. Man war der Ansicht: Es könne nicht wohl verkannt werden, daß in dem Entwürfe unter Beamten immer öffentliche Beamten verstanden seien. Die praktische Schwierigkeit liege in der Frage, wann einer Person die Eigenschaft eines öffentlichen Beamten beizumessen sei. Diese Frage müsse aus dem maßgebenden öffentlichen Reichs- oder Landesrechte beantwortet werden.
TE-EG § 9
Der § 9 der Zusst. lautet: „Die Vorschriften der §§ 692 bis 700 des bürgerlichen
Kurlbaum Gesetzbuches finden auf Aktien, welche auf Inhaber ausgestellt sind, entsprechende (Nr 1) Anwendung."
(Antrag 1 z. Einf. Ges. unter 3; Anm. zu § 693 K.E.) Der Vorschlag blieb unbeanstandet; man hielt es auch für unbedenklich, die vorgeschlagene Vorschrift hier aufzunehmen und nicht deren Aufnahme einer Revision des Handelsgesetzbuches zu überlassen, da es sich um eine Regelung handele, I Prot 1 12325 welche nicht unter | dem Einflüsse von besonderen Bedürfnissen des Handelsverkehres stehe und welche mithin nicht als Handels-Spezialrecht zu betrachten sei.
I Prot 1 12327
736. Sitzung vom 6. 1. 1888, Schriftführer : von Liebe | Die Berathung des Einführungsgesetzes wurde fortgesetzt. Zunächst wurde beschlossen: Das Wort „bürgerlich" in der Bezeichnung „bürgerliches Gesetzbuch" mit einem großen Anfangsbuchstaben zu schreiben; einen ersten Abschnitt mit der Ueberschrift „Allgemeine Vorschriften," einen zweiten Abschnitt mit der Ueberschrift „Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuches zu den Reichsgesetzen," einen dritten Abschnitt mit der Ueberschrift „Verhäitniß des Bürgerlichen Gesetzbuches zu den Landesgesetzen." und endlich einen vierten Abschnitt mit der Ueberschrift „Uebergangsvorschriften" zu bilden.
Der zweite Abschnitt der Zusammenstellung betrifft das Verhäitniß des Bürgerlichen Gesetzbuches zu dem bei Einführung desselben bestehenden Rechte und der I Prot 1 12328 erste Titel dieses Abschnittes das Verhäitniß des | Bürgerlichen Gesetzbuches zu den Reichsgesetzen. TE-EG § 10 Der § 10 der Zusst. lautet: „Die privatrechtlichen Vorschriften der Reichsgesetze bleiben in Kraft. Sie treten nur insoweit außer Kraft, als sie in dem Bürgerlichen 322
Protokolle der 1. Kommission Gesetzbuche oder in diesem Gesetze f ü r aufgehoben erklärt oder als sie durch Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, welche das Reichsgesetz in Ansehung seines Gegenstandes ergreifen, ersetzt, geändert oder beseitigt werden." (Allg. Theil § 9 Abs. 1, Begr. S. 10 ff. ; vergi, auch Mot. zum Erbr. S. 1126 ff.; Mot. zum F.R. S. 3; Mot. zum Sachenr. S. 1,2, 6.) Es war beantragt, 1. den Paragraphen dahin zu beschließen : „Die privatrechtlichen Vorschriften der v. Mandry Reichsgesetze bleiben unberührt. Sie treten nur insoweit außer Kraft, als aus dem (Nr 7, 3) Bürgerlichen Gesetzbuche oder aus diesem Gesetze die Aufhebung sich ergiebt." 2. vor den Worten „Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches" einzuschalten v. Weber „besondere." (Nr 8,2) 3. den § 10 dahin zu fassen: „Die (privatrechtlichen) Vorschriften der Reichsge- Schmitt setze bleiben in Kraft, soweit sie nicht mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetz- (Nr 10, 3) buches oder dieses Gesetzes im Widerspruche stehen." 4. den § 10 zu fassen: „Die (privatrechtlichen) Vorschriften der Reichsgesetze bleiben insoweit in Kraft, als sie nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze für aufgehoben erklärt oder geändert sind." I 5. den § 10 zu fassen: „Die privatrechtlichen Vorschriften der Reichsgesetze bleiben in Kraft, soweit sie nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze ausdrücklich aufgehoben werden." Beschlossen wurde die Aufnahme folgender dem Antrage 1 mit einer kleinen Fassungsänderung entsprechenden Vorschrift: „Die Vorschriften der Reichsgesetze bleiben in Kraft. Sie treten jedoch insoweit außer Kraft, als aus dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder aus diesem Gesetze die Aufhebung sich ergiebt." Erwogen war: Vorlage und Anträge stimmten darin überein, daß den bestehenden reichsgesetzlichen Vorschriften zivilrechtlichen Inhaltes die fernere Geltung nicht durch eine dieselben im Allgemeinen aufhebende Vorschrift zu entziehen sei, sondern daß die neue Kodifikation, wenn auch die bestehenden privatrechtlichen Vorschriften der Reichsgesetze nicht an ihrer bisherigen Stelle gestrichen und in die Kodifikation aufgenommen werden könnten, jene Vorschriften ausdrücklich in Kraft zu erhalten und hierdurch in gewissem Sinne sich einzuverleiben habe, um auf diese Weise die beabsichtigte Vollständigkeit und Geschlossenheit zu gewinnen. Es erscheine indessen nicht erforderlich und auch nicht unbedenklich, die in Kraft zu erhaltenden Vorschriften als privatrechtliche zu bezeichnen und so zu begrenzen, die neue Gesetzgebung greife in einigen Beziehungen über das Gebiet des materiellen Civilrechtes hinaus und betreffe das Verfahren u.s.w., wolle aber auch auf diesen Gebieten das bestehende Reichsrecht nicht verdrängen. I Das geltende Reichsrecht solle jedoch keineswegs dem Einflüsse des Bürgerlichen Gesetzbuches gänzlich entzogen werden. Die vorliegenden Vorschläge f ü r das Einführungsgesetz weisen eine Reihe von Fällen auf, in welchen eine Aenderung des geltenden Rechtes in unmittelbarem Anschluß an das Bürgerliche Gesetzbuch angezeigt erscheine und deshalb eine Aenderung beantragt werde. Außer diesen Fällen bleibe noch eine schwer zu übersehende Reihe anderer Fälle, in welchen das Bürgerliche Gesetzbuch mit dem geltenden Reichsrechte in einen formellen Widerspruch trete, und es bleibe zu entscheiden, in welchem Verhältnisse in diesen Fällen die älteren und die neueren Rechtsnormen zu einander stehen. Das Bürgerliche Gesetzbuch könne in Folge der allgemeinen Bestätigung des geltenden Reichsrechtes nicht schlechthin wie ein neueres Gesetz wirken, und könne nicht die Rechtsregel den 323
| Prot 1 12329 Planck (Nr 12)
| Prot I I 3330
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Ausschlag geben, daß das ältere Gesetz dem neueren weiche, vielmehr deute die Vorschrift, daß die älteren Reichsgesetze ihre Geltung behaupten, auf das Gegentheil hin. Aber auch dieses Gegentheil unterliege einer erheblichen Beschränkung, der Beschränkung nämlich, daß entscheidend sei der in anderer Weise als durch den späteren Erlaß des Bürgerlichen Gesetzbuches erklärte Wille des Gesetzgebers, daß eine gewisse Norm des älteren Reichsrechtes, der allgemeinen Bestätigung des letzteren ungeachtet, durch das neuere Gesetz aufgehoben sein solle. Hierbei das in dem Antrage 5 vorgeschlagene System einer ausdrücklichen Aufhebung des geltenden Reichsrechtes für alle Fälle, in welchen dasselbe zurücktreten solle, anzunehmen, I Prot 1 12331 gehe nicht an; denn es sei allzu schwierig, ein solches System mit Sicherheit | durchzuführen. Es empfehle sich vielmehr, eine allgemeiner gefaßte Regel aufzustellen, welche den Gedanken zum erkennbaren Ausdruck bringe. Die Vorlage (zu vergi. Mot. S. 14) nehme eine mittelbare Aufhebung an, wenn derselbe Rechtsstoff (Gegenstand des Reichsgesetzes) jetzt neu und anders geregelt sei. Der Antrag 3 wolle die mit dem neuen Rechte im Widerspruche stehenden Vorschriften als aufgehoben ansehen. Unter „Widerspruch" wolle der Antragsteller „Unvereinbarkeit" verstanden wissen, welche in dem Verhältnisse der Ausnahme zur Regel nicht vorliege. Der Antrag 4 gedenke neben der direkt auf die Aufhebung gerichteten Erklärung der indirekten Aufhebung, welche alsdann anzunehmen sei, wenn ein früheres Reichsgesetz geändert, das heißt, wenn die frühere Normirung durch eine den identischen Rechtsstoff behandelnde neue Normirung ersetzt sei. Die Vorschläge wollen mithin ein Merkmal angeben, wann der Aufhebungswille als erklärt anzusehen sei. Allein die Aufstellung eines bestimmten Merkmales, an welchem der Aufhebungswille erkannt werden solle, wolle nicht gelingen; jeder der vorgeschlagenen Ausdrücke lasse noch erhebliche Mißverständnisse zu. Rathsamer erscheine es, den Richter in der Beurtheilung, ob das geltende Reichsrecht durch das Bürgerliche Gesetzbuch und die dasselbe begleitenden Nebengesetze aufgehoben sei, nicht weiter zu beengen und zu leiten, als durch den Hinweis darauf, daß trotz der Bestätigung des geltenden Reichsrechtes eine Aufhebung desselben durch die neueren Gesetze erfolgt sein könne und durch richtige Interpretation der neueren Gesetze I Prot 1 12332 gefunden werden müsse. Von besonderer Be-| deutung werde hierbei das Verhältniß allgemeiner Rechtssätze zu den für die Regelung eines bestimmten engeren Kreises von Rechtsverhältnissen gegebenen Rechtsnormen sein. Das geltende Reichsrecht gehöre überwiegend der letzteren Kategorie von Rechtsnormen an. Es werde daher regelmäßig kein Anlaß vorhanden sein, den allgemeinen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches einen Einfluß auf die durch das Reichsrecht geregelten Rechtsverhältnisse zuzuerkennen. Andererseits enthalte aber auch das Bürgerliche Gesetzbuch Vorschriften über besondere Rechtsverhältnisse, welche gleichfalls als besondere Rechtsverhältnisse durch das bisher geltende Reichsrecht anders geregelt seien, z. B. über die Zugehörigkeit des Gesammtgutes der ehelichen Gütergemeinschaft zur Konkursmasse des Ehemannes, über den Nachlaßkonkurs; es sei unbedenklich, daß in einem solchen Falle die Aufhebung der älteren Vorschrift durch die neuere des Bürgerlichen Gesetzbuches werde erkannt werden. Es bleibe außerdem zu beachten, daß für eine große Zahl von Fällen eine ausdrückliche Regelung nach den vorliegenden Entwürfen erfolgen werde. Inwieweit die in dem geltenden Reichsrechte enthaltenen ausdrücklichen oder stillschweigenden Verweisungen auf geltende allgemeine Rechtsnormen nunmehr auf das Bürgerliche Gesetzbuch zu beziehen seien, werde hier nicht entschieden. TE-EG § 11 Der § 11 der Zusst. lautet: „An die Stelle des § 156, I Nr. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes tritt die nachfolgende Vorschrift: 3. wenn eine Person Partei ist, mit 324
Protokolle der 1. Kommission
welcher er | in gerader Linie verwandt oder verschwägert, oder in der Seitenlinie bis | Prot 1 12333 zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist;" (Allg. Theil Β, II, 4; Begr. S. 193,194.) Es war beantragt, Kurlbaum im § 11 zu bestimmen: „Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über (Nr 15,6) Verwandtschaft und Schwägerschaft finden auch insoweit Anwendung, als Wirkungen der Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch das Gerichtsverfassungsgesetz oder die Civilprozeßordnung oder die Strafprozeßordnung oder die Konkursordnung bestimmt sind." Mit Rücksicht auf die in den Motiven S. 156 unter Nr. 5 angegebenen Gründen hielt man es f ü r unbedenklich, in den Fällen, in welchen die früheren Reichsprozeßgesetze auf die Voraussetzung der Verwandtschaft oder Schwägerschaft sich stützen, diese Voraussetzung den Grundsätzen des neuen bürgerlichen Rechtes zu unterstellen. Man entschied sich indessen gegen die von dem Referenten des allg. Th. vorgeschlagenen Einschaltungen in die früheren Reichsgesetze, weil die spätere für das Bürgerliche Gesetzbuch angenommene Ausdrucksweise von der früher gebrauchten Ausdrucksweise abweiche und mithin eine Ungleichheit der Redeweise und des Verständnisses in die früheren Gesetze hineingetragen werden würde. Dagegen billigte man den Vorschlag des Antrages, welcher zugleich die Korrektur des § 41 N r . 3, des § 348 Nr. 3 der C.P.O. und des § 51 Nr. 3 der Str.P.O. erspart und den § 24 Nr. 2 der Konk.O. erläutert. Vorbehalten blieb, wenn nöthig, die ErläuteI rung auf das Anfechtungsgesetz vom 25. Juli 1879 § 3 Nr. 2 auszudehnen. |Prot 1 12334 Der § 12 der Zusst., welcher lautet: „Die Cilvilprozeßordnung wird durch fol- TE-EG§ 12 gende Vorschriften geändert und ergänzt." bringt in den folgenden Artikeln 1 bis 34 eine Reihe von Aenderungsvorschlägen zur Civilprozeßordnung. 3 Zu §§ 14 bis 21 der Civilprozeßordnung sind folgende Aenderungen vorgeschlagen: „ 1. An die Stelle des § 14der Civilprozeßordnung treten folgende Vorschriften : § 14. Militärpersonen haben in Ansehung des Gerichtsstandes ihren Wohnsitz am Garnisonorte. Als Wohnsitz der Militärpersonen, welche zu einem Truppentheil gehören, der im Deutschen Reiche keinen Garnisonort hat, gilt in Ansehung des Gerichtsstandes der letzte Deutsche Garnisonort des Truppentheils. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden keine Anwendung auf Militärpersonen, welche minderjährig sind, oder welche nur zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen. (Allg. Theil Β, II, Art. 1 S. 7, Begr. S. 150 ff.) 2. Der § 15 der Civilprozeßordnung wird aufgehoben. (Allg. Theil Β, II, 1 Art. II S. 10, Begr. S. 151 ff.) 3. An die Stelle des § 17 Abs. 2 und des § 21 Abs. 2 der Civilprozeßordnung treten folgende Vorschriften : I § 17 Abs. 2. Eheliche Kinder theilen in Ansehung des Gerichtsstandes den W o h n - | Prot 1 12335 sitz des Vaters, an Kindesstatt angenommene Personen den Wohnsitz des Anneh- Gebhaid 3
V o n Kurlbaum^f/Λχ in Nr. 45, 1 zu § 12 beantragt, den Eingang zu fassen: „Die Vorschriften der Civilprozeßordnung werden durch die nachfolgenden Vorschriften nach Maßgabe der den letzteren gegebenen Bezeichnungen ersetzt und ergänzt:" und sodann die einzelnen Bestimmungen ohne weitere Einleitung nur mit der Paragraphenbezeichnung folgen zu lassen. (Die Ueberschriftsänderung der Ehesachen schließt sich an den geänderten ersten Paragraphen an. D i e einzelnen Paragraphen werden vollständig aufzunehmen sein.)
325
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Gebhard (Nr 11,1) Gebhard (Nr 11,2)
I P r o t i 12336
v. Mandry (Nr 13)
v. Weber (Nr 8, 3)
v. Weber (Nr 9,2) I P r o t ! 12337
menden. Uneheliche Kinder theilen in Ansehung des Gerichtsstandes den Wohnsitz der Mutter. Alle diese Kinder behalten den bezeichneten Wohnsitz, bis sie denselben in rechtsgültiger Weise aufgeben. Die Vorschriften des ersten Satzes des zweiten Absatzes finden auf legitimirte Kinder und an Kindesstatt angenommene Personen keine Anwendung, wenn die Legitimation oder Annahme an Kindesstatt erst nach erreichter Volljährigkeit derselben erfolgt ist. (Allg. Theil II, B. Art. 1 S. 7, Begr. S. 154 ff.; vergi, auch F.R.B, III, 1 nebst den gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 23 S. 14.) § 21 Abs. 2. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Militärpersonen, welche minderjährig sind oder welche nur zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen." (Allg. Theil II, Β Art. IS. 7, Begr. S. 150 ff.) Der Referent des Allg. Th. hatte mit Rücksicht auf die bei der Revision beschlossene Fassung des § 37 Abs. 2 des Entw. seinen Vorschlag 1 dahin verbessert, daß nur § 14 Abs. 1 der C.P.O. durch den ersten Absatz des vorgeschlagenen neuen § 14 ersetzt werden, der zweite Absatz des § 14 der C.P.O. aber unverändert bleiben und § 21 Abs. 2 lauten solle: „Diese Bestimmung findet auf Militärpersonen, welche nur zur Erfüllung der Wehrpflicht dienen, oder welche selbständig einen Wohn-| sitz begründen können, keine Anwendung." Von anderer Seite war beantragt; 1. folgende Vorschriften zu beschließen : a) „Die §§ 14, 15, der § 16 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2, der § 17 werden aufgehoben." b) An die Stelle des § 16 Abs. 1 Satz 3 tritt die Vorschrift: „Ist im Falle des S 38 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk im Wege der Justizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt." 2. a) die Vorschläge 1 und 2 abzulehnen, eventuell die unter 1 vorgeschlagene Fassung des § 14 der Civilprozeßordnung der jetzigen Fassung des § 37 des Gesetzbuches entsprechend zu ändern. (Anmerkung: Die jetzige Fassung des § 37 B.G.B, schließt sich im zweiten Absätze der Fassung des § 14 Abs. 2 der Civilprozeßordnung an. Die noch übrig bleibende Differenz, daß im § 37 Abs. 1 Satz 2 des B.G.B, statt des im § 15 C.P.O. gewählten Ausdrucks „Deutsches Reich", „Deutscher Garnisonort" der Ausdruck „Inland", „inländischer Garnisonort" gewählt ist, und daß die Aufnahme des Inhaltes des § 15 C.P.O. im S 14 als Satz 2 des 1. Absatzes den möglichen Zweifel beseitigt, ob 5 14 Abs. 2 sich auch auf die Fälle des § 15 beziehe, erscheint kaum erheblich genug, um eine Aenderung der Civilprozeßordnung nöthig zu machen. Gegen den Vorschlag der Art. 1, 2 läßt sich auch geltend machen, daß der § 15 doch nicht aufgehoben, sondern nur mit § 14 verschmolzen wird.), b) den Vorschlag 3 abzulehnen. 4 (Anmerkung: Der § 21 Abs. 2 der Civilprozeß-| Ordnung stimmt in seiner ersten Hälfte, verbis „Diese Bestimmung — nicht begründen können" mit der jetzigen 4
Der Antrag von v. Weber lautet: Die im S 21 Abs. 2 der Civilprozeßordnung betreffende Bestimmung zu streichen. — Ferner war in Nr. 9, 3 noch beantragt: § 12, Art. 4: Würde der Vorschlag des Entwurfes zu § 21 Abs. 2 der Civilprozeßordnung, entgegen dem Antrage unter Nr. 2, angenommen, so wird beantragt, im § 55 Abs. 2 der Civilprozeßordnung die Worte „oder Garnisonortes" zu streichen. — Anmerkung: Die Worte „oder Garnisonortes" verlieren ihre Anwendbarkeit, wenn der $ 21 Abs. 2 in dem vom Entwürfe vorgeschlagenen Maße geändert wird.
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Protokolle der 1. Kommission
Fassung des § 37 des Entwurfs des B.G.B, überein, bedarf also keiner Aenderung. Ein Grund aber, die zweite Hälfte des Paragraphen zu ändern und den ersten Absatz des §21 auf den Fall des Abs. 2 schlechthin für unanwendbar zu erklären, dürfte nicht vorliegen, ist auch in den Motiven zu dem Einführungsgesetze vom Standpunkte des Allgemeinen Theils S. 150 bis 154 nicht angeführt.), 3. a) die Fassung der §§ 14, 15 der C.P.O. dahin zu bestimmen: Kurlbaum § 14: „Eine Militärperson hat in Ansehung des Gerichtsstandes ihren Wohnsitz (Nr 15,7—8)
pp.
α
(wie § 37 Abs. 1 des B.G.B.) b) § 15 : „Die Vorschriften des § 14 finden pp." (wie § 37 Abs. 2 des B.G.B.) c) § 17 Abs. 2 der C.P.O. im ersten Theile, übereinstimmend mit § 40 der C.P.O., im Singular zu fassen. d) § 21 der C.P.O. unverändert zu lassen. Die Kommission beschloß die Aufnahme folgender Vorschrift: An die Stelle der §§ 14 bis 17 der Civilprozeßordnung treten folgende Vorschriften: § 14. Der Wohnsitz einer Person bestimmt sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Ist im Falle des § 38 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der in Ansehung | des Gerichtsstandes | Prot 1 12338 als Wohnsitz geltende Bezirk im Wege der Justizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Die Aenderung des § 21 der Civilprozeßordnung wurde abgelehnt. Erwogen war: Mit Rücksicht auf die in den Motiven S. 150 bis 152 angegebenen Gründe seien die Verschiedenheiten, welche zwischen dem Entwürfe und der Prozeßordnung in Ansehung der Bestimmung des Wohnsitzes einer Person beständen, zu beseitigen, soweit dieselben nicht ihren Grund in prozeßrechtlichen Eigenthümlichkeiten hätten. Diese Beseitigung geschehe besser durch Einschiebung einer auf das Bürgerliche Gesetzbuch verweisenden Vorschrift, als durch Herstellung eines gleichen Wortlautes der beiderseitigen entsprechenden Vorschriften. Eine prozeßrechtliche Sonderheit enthalte nur der § 16 Abs. 1 Satz 3 der Civilprozeßordnung und müsse deshalb diese Vorschrift in einer der verweisenden Vorschrift entsprechenden Fassung (zu vergi. Antrag 1 b) beibehalten werden. Der § 21 der Prozeßordnung betreffe den Gerichtsstand des Aufenthaltsortes. Ein genügender Grund, den zweiten Absatz desselben in der vom Referenten des Allg. Th. vorgeschlagenen Weise zu ändern und damit die gerichtliche Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche gegen die überwiegende Zahl von Militärpersonen zu erschweren, liege nicht vor. Nicht zu übersehen sei, daß die prozeßrechtlichen Vorschriften, wenn man eine nicht seltene Auslegung der §§ 14, 15, 21 der C.P.O. für richtig halte, in einer gewissen Beziehung eine Aenderung erleiden würden. Es werde nämlich behauptet, daß der § 15 auch in Ansehung des im § 21 Abs. 2 (zu vergi. § 14 Abs. 2) bestimm-| ten Gerichtsstandes des als Aufenthaltsort fingirten | Prot 1 12339 Garnisonortes Anwendung finde und diesen inländischen Gerichtsstand bei Verlegung des Truppentheiles in das Ausland aufrecht erhalte. Nachdem der § 37 des Entw. auch in Ansehung des Gerichtsstandes für anwendbar erklärt und der § 15 der Civilprozeßordnung gestrichen sei, finde eine solche Aufrechterhaltung des in S 21 Abs. 2 verordneten inländischen Gerichtsstandes nicht mehr statt. Eine schädliche 327
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Erschwerung der Rechtsverfolgung sei indessen hieraus nicht zu fürchten, da der allgemeine Gerichtsstand solchen Falles genüge. Die im § 17 Abs. 1 der Civilprozeßordnung enthaltene Bestimmung, daß die Ehefrau in Ansehung des Gerichtsstandes den Wohnsitz des Ehemannes dann nicht theile, wenn auf beständige Trennung von Tisch und Bett erkannt sei, finde Ersatz in der zu § 6 der Zusst., Prot. S. 12323, beschlossenen, den § 39 des Entw. ergänzenden Vorschrift. Eine dies verdeutlichende Fassung bleibe vorbehalten. Die Modifikation der Prozeßordnung, welche darin liege, daß die Vorschriften des § 39 Abs. 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches dem gefaßten Beschlüsse gemäß auch in Ansehung des Gerichtsstandes der Ehefrau Platz greifen (zu vergi. Mot. S. 154,155), erscheine unbedenklich.
737. Sitzung vom 9. 1. 1888, Schriftführer: von Liebe I Proti 12341
I Die Berathung des Einführungsgesetzes und zwar der in Ansehung der Aenderung der Civilprozeßordnung vorliegenden Vorschläge (§12 der Zusst.) und Anträge wurde fortgesetzt.
1. Zu § 28 der Civilprozeßordnung ist von dem Referenten des Erbrechtes folgende Fassung vorgeschlagen: „Klagen, welche Erbrechte oder die Theilung der Erbschaft oder Ansprüche aus Vermächtnissen oder (erbrechtlichen) Auflagen oder Pflichttheilsansprüche oder Ausgleichungsansprüche zum Gegenstande haben, können vor dem Gerichte erhoben werden, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. I Prot! 12342 In dem Gerichtsstande der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer als der im ersten Absätze bezeichneten Nachlaßverbindlich-| keiten erhoben werden, wenn sich der Nachlaß noch ganz oder theilweise im Bezirke des Gerichtes befindet, oder wenn mehrere Erben vorhanden sind und der Nachlaß noch nicht getheilt ist." Schmitt (Nr 3, 1)
Von anderer Seite war beantragt, den § 28 der Civilprozeßordnung zu fassen: „Klagen, welche ein Erbrecht oder die Auseinandersetzung von Miterben oder den Anspruch aus einem Vermächtnisse oder einer durch letztwillige Verfügung gemachten Auflage oder einen Pflichttheilsanspruch oder den Anspruch auf Ausgleichung unter Miterben wegen des Vorempfangenen zum Gegenstande haben, können — gehabt hat (Gerichtsstand der Erbschaft). In dem Gerichtsstande der Erbschaft können auch Klagen wegen — Nachlaßverbindlichkeiten von den Gläubigern erhoben werden, wenn pp." Der Referent hatte seinem Vorschlage folgende Bemerkungen beigefügt: „Die C.P.O. giebt eine Eintheilung der in Ansehung von Erbschaften in Betracht kommenden Ansprüche aus prozessualen Gesichtspunkten: Ansprüche, welche zwischen Erbbetheiligten im engeren Sinne und solche, welche zwischen dem als Schuldner und dritten Personen als Gläubigern bestehen. Diese Eintheilung bleibt von der auf anderen Gesichtspunkten beruhenden Scheidung in § 2092 des Entw. unberührt; die Fassung der C.Pr.O. a. a. O. ist aber mit dem I Proti 12343 Entwurf in Einklang zu bringen; unter den Klagen, welche Erbrechte betref-| fen, werden nicht bloß Erbschaftsansprüche (hered. pet.), sondern auch Klagen auf Feststellung des Erbrechts (§§ 231, 253 C.P.O.) zu verstehen sein." Kurlbaum (Nr 15,8)
Die Kommission beschloß für den § 28 folgende neue Fassung: Klagen, welche Erbrechte, Pflichttheilsansprüche gegen den Erben, die Theilung der Erbschaft, Ausgleichungsansprüche unter Miterben oder Ansprüche aus Vermächtnissen oder aus anderen Verfügungen von Todeswegen zum Gegenstande 328
Protokolle der 1. Kommission
haben, können vor dem Gerichte erhoben werden, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. In dem Gerichtsstande der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer als der im ersten Absätze bezeichneten Nachlaßverbindlichkeiten von den Gläubigern erhoben werden, wenn der Nachlaß sich noch ganz oder theilweise im Bezirke des Gerichtes befindet, oder wenn mehrere Erben vorhanden sind und der Nachlaß noch nicht getheilt ist. Man war der Ansicht : Die Fassung des § 28 ergebe den Zweifel, ob der Gerichtsstand der Erbschaft auch für die obligatorischen Ansprüche der Pflichttheilsberechtigten des Entwurfes gegen den Erben (die gegen dritte Personen sich richtenden Ansprüche auf den außerordentlichen Pflichttheil hätten außer Betracht zu bleiben) Geltung haben würde, ein Zweifel, welcher zwar auch bisher schon insoweit möglich gewesen sei, als die Landesrechte den Pflichttheilsberechtigten ein Erbrecht nicht zugestanden hätten, aber nach dem Inkrafttreten des bürgerlichen Gesetzbuches erhöhte Be-| deutung | Prot 1 12344 gewinne. Es erscheine rathsam, diesen Zustand der Ungewißheit zu beseitigen. Ferner verdiene klargestellt zu werden, daß die Ausgleichungsansprüche unter Miterben, deren Gleichbehandlung mit den Theilungsansprüchen innerlich gerechtfertigt sei, in dem Gerichtsstande der Erbschaft geltend gemacht werden könnten. Daneben seien in der beschlossenen Fassung nur noch einige geringfügige, die Beziehungen zum bürgerlichen Rechte verdeutlichende Aenderungen ohne sachliche Bedeutung enthalten. Weiter zu gehen und Verbesserungen vorzunehmen, zu denen ein Anlaß durch das neue Gesetzgebungswerk nicht gegeben sei, sei hier nicht die Aufgabe. 2. Der zu § 41 der Civilprozeßordnung von dem Referenten des Allgemeinen Theiles gemachte Vorschlag, die Nr. 3 des § 41 zu fassen: 3. in Sachen einer Person, mit welcher er in gerader Linie verwandt oder verschwägert, oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist;" (Allg. Theil Β, II, 1 Art. I S. 7, Begr. S. 156) war durch den zu § 11 der Zusst. (§ 156 I Nr. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes) gefaßten Beschluß erledigt, zu vergi. Prot. S. 12333. 3. Zu § 5 1 der Civilprozeßordnung war beantragt, die Abs. 2, 3 des § 5 1 für v. Mandry aufgehoben zu erklären. 5 (Nr 24,1) (Mot. zum Einf. Ges. vom Standpunkte des Allg. Theiles S. 157, vom Standpunkte des Familienrechtes S. 102). Der Antrag wurde abgelehnt. I Erwogen war: | Prot 1 12345 Die Vorschriften, deren Streichung beantragt sei, seien zwar im Wesentlichen gegenüber den Vorschriften des Entwurfes gegenstandslos geworden. Gegen die Streichung spreche indessen der Umstand, daß die Abs. 2, 3 des § 51 zu Disharmonieen nicht führten, die Streichung mithin außerhalb der Aufgabe des Einführungsgesetzes liege. Auch könne möglicher Weise der Satz, daß die Prozeßfähigkeit einer Frau durch ihre Eigenschaft als Ehefrau nicht beschränkt werde, ein Satz, durch welchen übrigens die Vorschriften des § 1302 des Entwurfs nicht berührt würden, gegenüber partikulären oder, wenn die Frau eine Ausländerin sei, gegenüber ausländischen Gesetzen Bedeutung behalten.
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Im handschriftlichen Antrag steht: Abs. 1 und 2 des § 51 sind aufgehoben.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
4. Zu § 55 der Civilprozeßordnung war von dem Referenten des Familienrechts die Aufnahme folgender Vorschrift beantragt: „Die Vorschriften des § 55 der Civilprozeßordnung bleiben unberührt. (F.R.B, III, 1 Art. 2, Begr. S. 103; gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 24 S. 14)"6 Der Vorschlag wurde von dem Antragsteller zurückgezogen, weil nach dem Beschlüsse zu § 10 der Zusst. das Unberührtbleiben des § 55 nicht in Zweifel gezogen werden und leicht aus der vorgeschlagenen Vorschrift ein unrichtiges argumentum e contrario entnommen werden könnte. v. Weber 5. Zu § 72 Satz 1 der Civilprozeßordnung war die Aufnahme folgender Bestim(Nr 9,4) rnung beantragt, im § 72 Satz 1 (der C.P.O.) statt „gerichtlich hinterlegt" zu setzen IProti 12346 „öffentlich hinterlegt." (Zu vergi. Mot. S. 159 Nr. 11 Abs. 2 zu den vom (Standpunkte des Allg. Theiles gemachten Vorschlägen.) v. Mandry Von anderer Seite war beantragt, dem § 72 als zweiten Absatz hinzuzufügen : (Nr 21,1) „Der Beklagte hat während der Dauer des Rechtsstreites zwischen den streitigen Gläubigern sowie, wenn der hinterlegte Gegenstand einem derselben zugesprochen ist, nicht das Recht, den hinterlegten Gegenstand zurückzunehmen." (Bemerk.: Der Antrag geht davon aus, daß auch die im § 72 C.P.O. zugelassene Hinterlegung eine Hinterlegung im Sinne der §§ 272 ff. des Entwurfes ist, also ohne entgegenstehende Bestimmung das Zurücknahmerecht des § 274 begründet wäre.) Die Kommission lehnte beide Anträge ab. Man hatte erwogen: 1. In der Voraussetzung der „gerichtlichen" Hinterlegung, welche der § 72 der C.P.O. aufstelle, sei das Beiwort „gerichtlich" im Hinblick auf die anderen Reichsjustizgesetze ungewöhnlich und sei auch in der Praxis auf dieses Beiwort, mindestens in der Regel, kein Gewicht gelegt worden. Eine Verbesserung der Fassung durch Beseitigung jenes ungewöhnlichen Ausdruckes sei nicht die Aufgabe des Einführungsgesetzes. Ebensowenig gehöre zu dieser Aufgabe eine nähere Bestimmung über die im § 72 der Civilprozeßordnung gedachte Hinterlegung, wie solche der erste Antrag durch Vertauschung des Wortes „gerichtlich" mit dem Worte „öffentlich" (zu vergi. § 272 Abs. 1 des Entw.) vorschlage, da es sich zunächst um eine prozessualische Voraussetzung handle, an welche sich prozessualische Folgen knüpften. Es I Prot 1 12347 erscheine eine solche Beifügung auch um deswillen | bedenklich, weil die Gefahr nahe liege, daß andere Vorschriften der Reichsjustizgesetze, welche der Hinterlegung gedenken, verdunkelt würden. 2. Der zweite Antrag wolle die Hinterlegung des § 72 der Civilprozeßordnung durch eine besondere Bestimmung zu einer unwiderruflichen machen. In dem Falle des § 72 lägen nicht mit Nothwendigkeit alle Voraussetzungen der Hinterlegung im Sinne der §§ 272 ff. des Entw. vor. Es erhebe sich mithin die Frage, ob in dem § 72 der Civilprozeßordnung eine civilrechtliche Spezialvorschrift zu finden sei, welche einen neuen Hinterlegungsgrund bestimme. Möge man diese Frage bejahen oder verneinen, zu der Aufnahme der Vorschrift des Antrages liege kein Grund vor, weil das im Antrage Bestimmte immer selbstverständlich bleibe. Sei die Entscheidung allein in der Prozeßordnung zu suchen, so ergebe insbesondere der letzte Satz des § 72 der Prozeßordnung, daß nur eine solche Hinterlegung zur Entlassung des deponirenden Schuldners führen könne, bei welcher der obsiegende Gläubiger sicher sei, das Depositum noch vorzufinden. Ein gleiches Resultat werde sich ergeben, wenn die Vorschrift des ξ 276 des Entw. zur Anwendung gelange; dieser Vorschrift sei das Prinzip zu entnehmen, daß der Schuldner, um die Entlassung aus dem Prozesse zu erlangen, unwiderruflich deponirt haben müsse. 6
Vgl. oben Fn. 4.
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Protokolle der 1. Kommission
6. Es lag der Antrag vor, den § 101 der Civilprozeßordnung dahin zu ändern: v.Mandry „Die Bestellung einer prozessualischen Sicherheit ist, sofern nicht die Parteien ein (Nr 24,2) Anderes vereinbart haben oder dieses Gesetz eine | nach freiem Ermessen des Gerich- | Prot 1 12348 tes zu bestimmende Sicherheit zuläßt, durch öffentliche Hinterlegung von Geld oder Wertpapieren zu bewirken. Auf die Hinterlegung finden die Vorschriften der §§201, 205 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung." Der Antrag wurde im Laufe der Berathung von dem Urheber desselben zurückgezogen. 7. Zum § 136 Abs. 2 der Civilprozeßordnung war beantragt, die Vorschrift zu fassen: 1. „Dasselbe gilt, wenn der Beklagte die Aufrechnung mit einer solchen Gegenforderung geltend macht, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht, es sei denn, daß der Kläger die Aufrechnung erklärt hat." (Bemerk. Zu vergi. Anm. zu § 746 des Entw. S. 210.) 2. „Dasselbe gilt, wenn der Beklagte die Aufrechnung mit seiner solchen Gegenforderung geltend macht, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht. In dem auf die Klage ergehenden U r theile ist jedoch dem Beklagten die Geltendmachung der Aufrechnung vorzubehalten und finden die Vorschriften des § 274 Abs. 2 bis 4 Anwendung."
Kurlbaum (Nr 1,1)
Planck (Nr 18,1)
3. „Dasselbe gilt, wenn der Beklagte im Rechtsstreite eine Forderung zur Auf- v. Mandry rechnung bringt, welche . . . " / (Nr 21,2 a) I Der Vorschlag N r . 1 wurde unter Weglassung des Schlußpassus „es sei denn pp" | Prot 1 12349 angenommen, um Uebereinstimmung mit der Redeweise des Entwurfes herbeizuführen. Der weitere Vorschlag des Antrages Nr. 2 und des Antrags Nr. 3 wurden abgelehnt. Der Antrag 2 Satz 2 steht mit einem in Ansehung des § 274 der Civilprozeßordnung gestellten Aenderungsantrage in Verbindung und soll bei der Berathung über die Aenderung des § 274 der Civilprozeßordnung erledigt werden. Erwogen war: Die Gefahr einer Verzögerung und Verwirrung des Verfahrens, wenn eine Partei die Aufrechnung geltend mache, werde durch die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes über die Voraussetzungen und Wirkungen der Kompensation, also auch insbesondere dadurch nicht gemindert, daß nach dem Entwürfe mit der Erklärung der Aufrechnung die beiderseitigen Forderungen mit dem sich deckenden Betrage erlöschen. Es sei auf jene Gefahr auch ganz ohne Einfluß, ob die Aufrechnung erst im Rechtsstreite oder vorher, ob dieselbe vom Gläubiger oder vom Schuldner erklärt
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Zu diesem Antrage gehören noch die Vorschläge von v. Mandry zu den §§ 274 Abs. 1 und 491 Abs. 2 ZPO (vgl. ebd.). Der Antrag war wie folgt begründet: Die Vorschläge beabsichtigen zum Ausdrucke zu bringen, daß auf Aufrechnungserklärungen, welche außerhalb des Rechtsstreites, in der Regel also auch vor dem Rechtsstreite abgegeben sind, und auf die Geltendmachung der Wirkungen solcher Aufrechnungserklärungen die Vorschriften der §5 136, 274, 491 keine Anwendung finden. Zu dieser Behandlung aber möchte der Umstand nöthigen, daß die außergerichtliche Aufrechnungserklärung die Aufrechnung definitiv bewirkt, d. h. die vollen Wirkungen der Aufrechnung mit sich bringt und zu diesen Wirkungen das Erlöschen der Forderungen gehört; vgl. auch Reichsgericht XVI Nr. 93 im Eingange der Motivirung.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
sei. Derartige Unterscheidungen, wie sie in den Vorschlägen sich fänden, seien deshalb nicht zu billigen. Die Vorschriften des Entwurfes über Aufrechnung führten zu dem Resultate, daß das unter Ausscheidung der Kompensationsfrage ergehende Urtheil wegen dieser Ausscheidung den Beklagten möglicher Weise zu einem Zuviel verurtheilt habe; der Einfluß dieses Umstandes bleibe bei der Berathung der zu § 274 der C.P.O. gemachten Aenderungsvorschläge zu berücksichtigen. I Prot 1 12350 8. Zu § 139 der Civilprozeßordnung ist beschlossen (zu | vergi. Anm. 1. unter Nr. III zum ersten Titel des vierten Buches des Entw. S. 357), daß diesem Paragraphen folgende Vorschriften als Abs. 2, 3 hinzugefügt werden sollen: „Ist die Entscheidung eines Rechtsstreites davon abhängig, ob eine in Ansehung der Form der Eheschließung gültige Ehe nichtig ist, so hat das Gericht, wenn die Nichtigkeitsklage bereits erhoben ist, das Verfahren bis zur Erledigung des Rechtsstreites über die Nichtigkeitsklage auszusetzen, wenn die Nichtigkeitsklage aber noch nicht erhoben ist, auf Antrag der Partei, welche auf die Nichtigkeit ein Angriffsmittel oder ein Vertheidigungsmittel gründet, dieser Partei unter Aussetzung des Verfahrens eine Frist zur Erhebung der Nichtigkeitsklage zu bestimmen; wird die Nichtigkeitsklage innerhalb der bestimmten Frist nicht erhoben, so findet die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens statt. Wird im Laufe eines Rechtsstreites streitig, ob zwischen den Parteien eine formgültige Ehe bestehe oder nicht bestehe, und ist von der Entscheidung dieser Frage die Entscheidung des Rechtsstreites abhängig, so hat das Gericht das Verfahren bis dahin auszusetzen, daß der Streit über das Bestehen oder das Nichtbestehen der Ehe im Wege der Feststellungsklage erledigt ist." Die beschlossene Vorschrift ist an dieser Stelle aufzunehmen. 9. Zu § 200 Abs. 1 der Civilprozeßordnung hatte der Referent des Allgemeinen I Prot 1 12351 Theiles folgende dem § 149 des | Entw. sich anschließende Fassung beantragt: „Eine Frist, welche nach Wochen, Monaten oder einem mehrere Monate umfassenden Zeiträume — Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr — bestimmt ist, endigt, wenn für den Anfang derselben ein Ereigniß oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend ist, mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, welcher durch seine Benennung oder Zahl dem Tage entspricht, an welchem die Frist begonnen hat; fehlt bei einer Monatsfrist dieser Tag in dem letzten Monate, so endigt die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates. Bildet der Beginn eines Tages den für den Anfang der Frist maßgebenden Anfangspunkt, so endigt die Frist mit Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monates, welcher dem Tage vorhergeht, der durch seine Benennung oder Zahl dem Anfangstage entspricht; fehlt bei einer Monatsfrist der letztere Tag in dem letzten Monate, so endigt die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates." (Allg. Theil B, II, 1 Art. 1 S. 7 ff., Begr. S. 159 ff.) Kurlbaum Die Fassung wurde im Anschluß an die neueste Fassung des § 149 des Entw. dahin (Nr 15, 9 a) berichtigt, daß im Abs. 2 Z. 2 v. u. statt „der letztere Tag" zu setzen ist „dieser Tag". Mit Rücksicht auf die in den Motiven angegebenen Gründe wurde der Aenderungsvorschlag des Referenten nicht beanstandet. I Prot 1 12352 1 10. Für den § 220 der Civilprozeßordnung war von dem Referenten des ErbrechSchmitt tes folgende Fassung vorgeschlagen : „Wenn im Falle der Unterbrechung des Verfah(Nr 3, 2) rens durch den Tod einer Partei ein Nachlaßpfleger bestellt wird oder der Fall des § 1903 Abs. 1 des bürgerlichen Gesetzbuches vorliegt, so kommen die Vorschriften des § 219 und, wenn über den Nachlaß der Konkurs eröffnet wird, die Vorschriften des ξ 218 in Betreff der Aufnahme des Verfahrens zur Anwendung." 8 332
Protokolle der 1. Kommission
Von andererSeite war beantragt, den § 220 zu fassen: „Die Vorschriften des § 219 finden in Ansehung der Aufnahme des Verfahrens auch dann Anwendung, wenn im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei ein Nachlaßpfleger bestellt oder ein zur Vertretung des Erben in dem Rechtsstreite berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden ist." (Bemerk. Die Anziehung des § 218 für den Fall des Konkurses wird übergangen, weil § 218 stets ζ. B. auch im Falle des § 219 zur Anwendung kommen muß, wenn während der Dauer einer Unterbrechung die Voraussetzungen der Unterbrechung durch Konkurs eintreten, und weil andererseits der Nachlaßkonkurs nach § 2110 des Entw. nicht unbedingt unterbricht. Eventuell wird beantragt, zu bestimmen: § 222 a : „Die Vorschrift des § 218 findet auch dann Anwendung, wenn der Konkurs | während der Dauer einer bereits eingetretenen Unterbrechung des Verfahrens eröffnet wird.") Der Vorschlag des Referenten wurde mit der Modifikation angenommen, daß statt der Worte „wird oder der Fall des § 1903 Abs. 1 des bürgerlichen Gesetzes vorliegt" dem Antrage entsprechend gesagt werden soll „oder ein zur Vertretung des Erben in dem Rechtsstreite berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden ist," im Uebrigen wurde der Antrag abgelehnt. Man hatte erwogen: Der Eingang des § 220 der Civilprozeßordnung sei mit Rücksicht auf die Behandlung der Nachlaßpflegschaft als Personalkuratel im Entwürfe, zu vergi. §§ 2058 ff. des Entw., zu ändern. Dem Falle der Nachlaßpflegschaft sei der Fall gleichzusetzen, wenn dem Erben durch Anordnung einer Testamentsvollstreckung die Verfügungsbefugniß in Ansehung des Nachlasses entzogen und einem Testamentsvollstrecker als gesetzlichem Vertreter des Erben übertragen sei. Die bloße Verweisung auf den § 1903 des Entw. im Vorschlage des Referenten sei nicht hinreichend deutlich und nicht völlig zutreffend, da der Testamentsvollstreckung auch mindere Wirkungen beigelegt werden könnten. Weitere Aenderungen der Prozeßordnung, wie der Antrag solche vorschlage, würden, wenn auch vielleicht eine Verbesserung der Prozeßordnung damit erreicht werde, durch das neue bürgerliche Recht nicht nothwendig gemacht. Selbstverständlich sei, daß, wenn der Erbe das Inventarrecht verloren habe und persönlich hafte, die Eröffnung des Konkurses über den Nachlaß das Verfahren gegen den persönlich mit I seinem ganzen Vermögen und nicht lediglich als Subjekt des Nachlasses haftenden Erben nicht unterbrechen könne.
Kurlbaum (Nr 15, 9 b)
| Prot 1 12353
| Prot 1 12354
738. Sitzung vom 11. 1. 1888, Schriftführer: von Liebe I Die Berathung der Vorschläge zum Einführungsgesetze, welche die Abänderung | Prot 1 12355 der Civilprozeßordnung betreffen (§12 der Zusst.), wurde fortgesetzt. 1. Für den § 236 der Civilprozeßordnung war von dem Referenten des Allgemei- CPO § 236 nen Theiles folgende Fassung vorgeschlagen: „Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, den in Streit befangenen Gegenstand zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch zu übertragen. Die Veräußerung des in Streit befangenen Gegenstandes hat auf den Prozeß keinen Einfluß. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des 8
Von v. Schmitt-wzr der Antrag wie folgt begründet: Der Eingang des § 220 ist mit Rücksicht auf die §§2010 ff. K.E. (Personalkuratel) zu ändern. Ob eine Änderung auch mit Rücksicht auf § 1854 Abs. 1, welcher den Testamentsvollstrecker für Aktivprozesse als gesetzlichen Vertreter des Erben ansieht, nothwendig sei, kann zweifelhaft sein. 333
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 1 12356 Gegners den Prozeß als Hauptpartei an | Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so findet der § 66 keine Anwendung. Im Falle der Uebertragung des rechtshängigen Anspruches ist der Rechtsnachfolger berechtigt und auf Antrag des Gegners verpflichtet, den Rechtsstreit in der Lage, in welcher er sich befindet, als Hauptpartei zu übernehmen. Die Entscheidung ist, soweit sie nach Abs. 3 nicht schon auf den Namen des Rechtsnachfolgers erfolgt, auch für und gegen diesen wirksam und vollstreckbar." (Allgemeiner Theil Β, II, 1 Art. 1 S. 8, Begr. S. 160 ff.) Von anderer Seite war beantragt: Kurlbaum 1. den § 236 der C.P.O. zu fassen: „Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der (Nr 19 u. 26, einen oder der anderen Partei nicht aus, den in Streit befangenen Gegenstand zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten. Die Veräußerung des in Streit befangenen Gegenstandes durch den Beklagten hat auf den Rechtsstreit keinen Einfluß. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Rechtsstreit als Hauptpartei zu übernehmen; tritt er als Nebenintervenient auf, so findet der § 66 keine Anwendung. I Prot 1 12357 Im Falle der Veräußerung des in Streit | befindlichen Gegenstandes durch den Kläger sowie im Falle der Uebertragung des geltend gemachten Anspruches findet die Vorschrift des zweiten Satzes des zweiten Absatzes entsprechende Anwendung. Der Rechtsnachfolger ist jedoch auf Antrag des Beklagten verpflichtet, den Rechtsstreit in der Lage, in welcher derselbe sich befindet, als Hauptpartei an Stelle des Klägers zu übernehmen. Der Beklagte kann, wenn er die Uebernahme des Rechtsstreites durch den Rechtsnachfolger nicht verlangt, weder den Einwand der dem Kläger mangelnden Sachlegitimation noch die ihm nur gegen den Rechtsnachfolger zustehenden Einwendungen geltend machen. In den Fällen des zweiten und Dritten Absatzes ist die Entscheidung in Ansehung des Gegenstandes selbst auch für und gegen den Rechtsnachfolger wirksam, auch wenn derselbe den Rechtsstreit nicht übernommen hat. In Ansehung der Belastung des in Streit befangenen Gegenstandes oder des geltend gemachten Anspruches finden die Vorschriften des ersten bis vierten Absatzes entsprechende Anwendung." Planck 2. den § 236 der C.P.O. zu fassen: „Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der (Nr 25) einen oder der anderen Partei nicht aus, den in Streit befangenen Gegenstand zu veräußern oder zu belasten oder den geltend gemachten Anspruch zu übertragen. Die Veräußerung, Belastung oder Uebertragung hat auf die Sachlegitimation in I Proti 12358 | Ansehung des Prozesses keinen Einfluß. Durch diese Bestimmung wird das Recht des Beklagten nicht berührt, (andere) Einwendungen (als die der mangelnden Sachlegitimation), welche erst in der Person des Rechtsnachfolgers gegen den geltend gemachten Anspruch entstanden sind, geltend zu machen. Der Rechtsnachfolger ist nicht berechtigt, ohne Zustimmung des Gegners den Prozeß als Hauptpartei an Stelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen oder eine Hauptintervention zu erheben. Tritt der Rechtsnachfolger als Nebenintervenient auf, so findet der § 66 keine Anwendung. Im Falle der Veräußerung des in Streit befangenen Gegenstandes durch den Kläger sowie im Falle der Uebertragung des geltend gemachten Anspruchs ist der Rechtsnachfolger auf Antrag des Beklagten verpflichtet, den Rechtsstreit in der Lage, in welcher derselbe sich befindet, als Hauptpartei an Stelle des Klägers zu übernehmen. 334
Protokolle der 1. Kommission Die Entscheidung ist, (soweit sie nicht schon auf den N a m e n des Rechtsnachfolgers erfolgt,) in Ansehung des Gegenstandes selbst auch f ü r u n d gegen den Rechtsnachfolger wirksam und vollstreckbar." Die Kommission beschloß, auf die gestellten Anträge nicht näher einzugehen und an dem § 236 der (Zivilprozeßordnung A e n d e r u n g e n nicht vorzunehmen. M a n ging davon aus, daß in dem E n t w ü r f e N e u e r u n g e n gegenüber dem bisher in Geltung stehenden bürgerlichen Rechte, welche eine K o r r e k t u r des § 236 als nothwendig oder auch nur als in h o h e m G r a d e | angemessen erscheinen ließen, nicht enthalten | Proti 12359 seien u n d daß mithin ein Eingreifen zum Zwecke der Verbesserung der P r o z e ß o r d nung über die der Kommission gestellte Aufgabe hinausgehen würde. 2. Es war der A n t r a g gestellt, einen neuen § 2 3 7 a in die Civilprozeßordnung v.Weber einzuschalten : (Nr 8, 4 u. 20, § 237 a. „ W e n n w ä h r e n d der Rechtshängigkeit einer Streitsache durch Eintritt 2 ) einer N a c h e r b f o l g e oder d u r c h Eintritt einer Bedingung oder eines Termines (oder durch A n f e c h t u n g eines Rechtsgeschäftes oder Rechtsverhältnisses) eine Rechtsänderung auf Seiten der einen o d e r anderen Partei sich vollzieht, in Folge deren der in Streit befangene Anspruch auf eine andere Person als Berechtigten übergeht oder gegen eine andere Person als Verpflichteten sich richtet, so ist diese Person berechtigt und auf Antrag des Gegners verpflichtet, den Rechtsstreit in der Lage, in welcher er sich befindet, als H a u p t p a r t e i zu übernehmen." {Anmerkung: D e r A n t r a g enthält eine Wiederholung eines f r ü h e r (vergi. Prot. S. 9200, 9201) gemachten, damals, unter Vorbehalt der Erweiterung, zurückgezogenen, jetzt erweiterten Vorschlags. Die besondere Gestaltung der Nacherbfolge und der dinglichen W i r k u n g von Bedingung und T e r m i n im Gesetzbuche scheint eine ergänzende Bestimmung zu den §§ 236 bis 238 der Civilprozeßordnung nach dieser Richtung hin nöthig zu machen.) D e r Antrag w u r d e von dem Urheber desselben | zurückgezogen, weil die G r ü n d e , | Prot 1 12360 aus denen man von einer Verbesserung des § 236 der C . P . O . Abstand genommen habe, auch gegen die durch den Antrag beabsichtigte E r g ä n z u n g sprächen. D e r Antragsteller bemerkte zugleich, daß der Schlußpassus des Antrages einer Verbesser u n g u n d Vervollständigung bedürfen w ü r d e u n d etwa lauten müßte : „. . . berechtigt u n d , soweit dies unbeschadet der ihr zustehenden, selbständigen Rechte geschehen k a n n , auf A n t r a g des Gegners verpflichtet u.s.w." 3. Für den § 238 der Civilprozeßordnung w a r von dem Referenten des Allgemei- Gebhard nen Theiles folgende Fassung vorgeschlagen: „Die Bestimmungen des § 236 Abs. 4 und des § 237 k o m m e n insoweit nicht z u r A n w e n d u n g , als ihnen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entgegenstehen. In einem solchen Falle kann dem Kläger, welcher veräußert hat, der Einwand der n u n m e h r mangelnden Sachlegitimation entgegengesetzt w e r d e n , " (Allgemeiner Theil B, II, 1 Art. 1 S. 8, Begr. S. 160 ff.) D e r Vorschlag fand mit Rücksicht auf die in den Motiven angegebenen G r ü n d e Billigung, jedoch muß in der ersten Zeile statt „Abs. 4" gesetzt werden „Abs. 3", weil der dritte Absatz des unverändert gebliebenen § 236 gemeint ist, und soll der zweite Satz die Fassung der Civilprozeßordnung „veräußert oder zedirt hat" behalten, weil die Civilprozeß-| Ordnung dieser Ausdrucksweise sich zu bedienen pflegt, eine Aen- |Prot 1 12361 d e r u n g mithin zu einer störenden Disharmonie f ü h r e n würde. Kurlbaum (Nr 1, 1)
4. Z u m § 274 der Civilprozeßordnung lagen folgende Anträge vor: 335
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
a) den § 274 zu fassen : „Ist von dem Beklagten die nur von ihm erklärte Aufrechnung mit einer solchen Gegenforderung geltend gemacht, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung erfolgen. Enthält das Urtheil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Urtheiles nach Vorschrift des § 292 beantragt werden. Das Urtheil, welches unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergeht, ist in Betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurtheil anzusehen. In Betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Insoweit sich in dem weiteren Verfahren ergiebt, daß der klagend geltend gemachte Anspruch unbegründet war, ist das frühere Urtheil aufzuI Prot 1 12362 heben, der Kläger mit dem Ansprüche abzuweisen und auf | Antrag zur Erstattung des von dem Beklagten auf Grund des Urtheiles Gezahlten oder Geleisteten zu verurtheilen, sowie über die Kosten anderweit zu entscheiden." (zu vergi. Anm. zu § 746 d. E. S. 210.) Planck (Nr 18,2)
b) in der Fassung des Antrages a Zeile 1, 2 die Worte „nur von ihm erklärte" zu streichen.
c) den Eingang des Antrages a zu fassen : „Bringt der Beklagte im Rechtsstreit eine Forderung zur Aufrechnung, welche m i t . . Der Antrag c wurde mit Rücksicht auf die Ablehnung des zum § 136 der C.P.O. gestellten Antrages 2 zurückgezogen. Die Korrektur des Antrages b entspricht dem früheren Beschlüsse, durch welchen der Schlußpassus des zu § 136 der C.P.O. gestellten Antrages 1 abgelehnt ist, zu vergi. Prot. S. 12349. Der Antrag a wurde mit der Korrektur des Antrages b angenommen. Die Annahme erfolgte mit Rücksicht auf den Inhalt des § 746 des Entwurfes, die Anmerkung zu diesem Paragraphen und folgende Erwägungen: Bei Erlaß der Civilprozeßordnung sei man nicht in der Lage gewesen, mit einer einheitlichen und klaren Regelung der Voraussetzungen und der Wirkungen der Kompensation zu rechnen. Man habe sich mit der Aufnahme einer Vorschrift begnügen müssen, welche, um für die verschiedenen Rechtsgebiete zu passen, die im Falle der Trennung der Verhandlungen bei Ausscheidung der Kompensationsfrage eintretende Prozeßgestaltung nicht näher bestimmen konnte. Jetzt sei man zu einer solI Prot 1 12363 chen näheren Bestimmung im Stande. Es erscheine daher im höchsten | Maße angemessen, ja durch den Inhalt des § 746 geboten, die Fassung des § 274 mit den Vorschriften des Entwurfes in Einklang zu bringen und so klares Recht zu schaffen. Werde das Urtheil mit Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung erlassen, so erscheine nach den Vorschriften des Entwurfes über die Kompensation nicht die Geltendmachung der (zur Ausgleichung aufgebrauchten) Gegenforderung in einem Separatprozesse, sondern eine Korrektur des ergangenen Urtheils zu Gunsten des Beklagten vorbehalten. v. Mandry (Nr 21, b)
5. Bei Berathung der zu § 136 Abs. 2 der Civilprozeßordnung gestellten Aenderungsanträge ist vorbehalten, den damals gestellten und Prot. S. 12348 mitgetheilten Antrag 2 Satz 2 nach Entscheidung über die Aenderung des § 274 der Civilprozeßordnung zu erledigen. Kurlbaum Von anderer Seite war beantragt, dem Abs. 2 des §136 der C.P.O. (in der (Nr 30,1) beschlossenen neuen Fassung) hinzuzufügen: „Dem Beklagten bleibt im Falle einer solchen Anordnung die Geltendmachung der Aufrechnung in einem besonderen 336
Protokolle der 1. Kommission
Prozesse vorbehalten. Soweit sich in dem besonderen Prozesse ergiebt, daß der in dem ersten Prozesse klagend geltend gemachte Anspruch unbegründet war, ist das in demselben erlassene Urtheil aufzuheben, der Kläger mit dem Ansprüche abzuweisen und auf Antrag zur Erstattung des von dem Beklagten auf Grund des Unheiles Gezahlten oder Geleisteten zu verurtheilen, sowie über die Kosten anderweit zu erkennen." I oder statt des zweiten Satzes zu setzen: „; die Vorschriften des § 274 Abs. 4 Satz | Prot 112364 2 finden entsprechende Anwendung." Die Kommission beschloß, die bereits festgestellte neue Fassung des § 136 Abs. 2 dahin zu ändern und zu vervollständigen, daß dieser Abs. 2 nunmehr zu lauten hat: „Macht der Beklagte die Aufrechnung mit einer solchen Gegenforderung geltend, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht, so kann das Gericht anordnen, daß über die Klage und über die zur Aufrechnung gebrachte Gegenforderung getrennt verhandelt werde. Die Vorschriften des § 274 finden Anwendung." Erwogen war: Ob die Ausscheidung der Kompensationsfrage im Beginne des Prozesses nach dem $ 136, um Verzögerungen und Verwirrungen zu verhüten, oder ob sie nach dem § 274 mit Rücksicht darauf angeordnet werde, daß die Verhandlung über die Klagforderung zur Endentscheidung reif und damit der verzögernde Einfluß der Berufung auf die Kompensation klargestellt sei, müsse für die Prozeßgestaltung gleichgültig sein. Man könne nicht mit dem neuesten Antrage im ersten Falle eine Trennung des einen Prozesses in zwei Prozesse, im letzten Fall eine Zerlegung desselben Prozesses in zwei Abschnitte annehmen. Eher könnte man daran denken, den Unterschied, ob im Anfange oder später die Trennung als geboten erscheine, fallen zu lassen und statt der doppelten Vorschriften im § 136 Abs. 2 und im § 274 der C.P.O. nur eine für beide Fälle genügende Vorschrift zu | geben. Doch liege ein solches | Prot 1 12365 Eingreifen nicht innerhalb der hier gestellten Aufgabe und genüge es deshalb, den §136 Abs. 2 in Uebereinstimmung mit der neuen Fassung des § 274 zu bringen. 6. Für den zweiten Absatz des § 293 der Civilprozeßordnung waren folgende anderweite Fassungen vorgeschlagen : a) „Die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen einer behufs Aufrechnung oder wegen erfolgter Aufrechnung geltend gemachten Gegenforderung ist der Rechtskraft fähig, jedoch nur bis zur Höhe desjenigen Betrages, mit welchem aufgerechnet ist oder aufgerechnet wird." b) „Die Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen einer zur Aufrechnung gebrachten Gegenforderung ist der Rechtskraft fähig, jedoch nur bis zur Höhe desjenigen Betrages, mit welchem die Gegenforderung zur Aufrechnung gebracht ist." c) „Ist von dem Beklagten die Aufrechnung mit einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist auch die Entscheidung, daß die Gegenforderung zur Zeit der Aufrechnung nicht bestanden habe, der Rechtskraft fähig, sofern die Verurtheilung des Beklagten auf dieser Entscheidung beruht." Der Antrag a wurde zu Gunsten des Antrages b zurückgezogen. Die Kommission nahm den Antrag b mit der Modifikation an, daß der Schlußpassus zu lauten hat: „ . . . Betrages, für welchen die Aufrechnung geltend gemacht ist."
v. Mandry (Nr 27)
Planck (Nr 29)
Kurlbaum (Nr 30, 2)
I Erwogen war: | Prot 1 12366 Eine Korrektur erscheine aus denselben Gründen geboten, wie die zu § 136 Abs. 2, § 274 der C.P.O. beschlossenen Aenderungen. 337
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Eine Beschränkung der Vorschrift auf den Fall, daß das Gericht den Einwand der Kompensation unter Verneinung des Bestandes der Gegenforderung ablehne, wie solche der Antrag c vorschlage, sei nicht gerechtfertigt, denn die Civilprozeßordnung gehe davon aus, daß in der Anbringung einer Kompensationseinrede in Ansehung der Rechtskraft der Entscheidung gewissermaßen die stillschweigende Anstellung einer Feststellungsklage, aber nur bis zur Höhe des Kompensationsbetrages, liege. Es fehle an einem Grunde, diese Annahme der Prozeßordnung einer Kritik zu unterziehen. Ebensowenig könne der Antrag c gebilligt werden, wenn derselbe die Beschränkung der rechtskräftigen Feststellung auf den zur Kompensation gebrachten Betrag der Gegenforderung beseitigen wolle. Es sei mithin nur die der Natur der Aufrechnung mit Rücksicht auf die Regelung des Entwurfes nicht entsprechende Redeweise der Civilprozeßordnung zu ändern. Genau genommen, müßte man die Gegenforderung als diejenige Forderung bezeichnen, in Ansehung deren die Aufrechnung gegen die eingeklagte Forderung erklärt sei, deren Bestehen oder Nichtbestehen aber erst durch das Urtheil festzustellen sei. Eine solche Ausdrucksweise passe jedoch nicht für das Gesetz und sei auch im Entwürfe nicht Bedenken getragen, von einer „zur Aufrechnung gebrachten" Gegenforderung im gleichen Sinne, wie hier, zu reden, zu vergi. § 746 Abs. 2 des Entwurfes. I Prot 1 12367
| 7. Der Antrag des Referenten des Allgemeinen Theiles, den § 348 Abs. 1 Nr. 3 der Civilprozeßordnung zu fassen : Gebhard „3. diejenigen, welche mit einer Partei in gerader Linie verwandt, verschwägert, oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert sind." (Allgemeiner Theil B, II, 1 Art. 1 S. 8, Begr. S. 163.) war durch den zu § 11 der Zusst., Prot. S. 12333 gefaßten Beschluß erledigt.
v.Weber 8. Zum § 435 Abs. 2 der Civilprozeßordnung war folgende neue Fassung bean(Nr 9, 5) tragt: „Minderjährigen, welche das sechszehnte Lebensjahr zurückgelegt haben, Volljährigen, welche nach § 1727 des Bürgerlichen Gesetzbuches des vormundschaftlichen Schutzes für bedürftig erklärt sind, oder wegen Verschwendung Entmündigten kann über Thatsachen u.s.w. für zulässig erklärt wird. Auf Volljährige, über welche nach § 1737 eine vorläufige Vormundschaft angeordnet ist, finden in Ansehung der Zuschiebung oder Zurückschiebung des Eides diejenigen Vorschriften Anwendung, welche nach dem ersten und zweiten Absätze gelten würden, wenn die Entmündigung bereits erfolgt wäre." (Zu vergi. Anmerkung zum § 71 des Entwurfes S. 21) I Prot 1 12368 Von anderer Seite war beantragt, dem zweiten | Absätze des § 435 der CivilproKurlbaura zeßordnung zuzusetzen: „Das Gleiche gilt in Ansehung eines Volljährigen, welcher (Nr 26, 2) wegen eines Gebrechens (nach Maßgabe des § 1727 des B.G.B.) des vormundschaftlichen Schutzes für bedürftig erklärt ist, sowie eines Volljährigen, über welchen nach dem Antrage auf Entmündigung wegen Verschwendung eine vorläufige Vormundschaft angeordnet ist." Kurlbaum eventuell den zweiten Absatz zu fassen: „Einen Minderjährigen, welcher. . . (Nr 26, 2) zurückgelegt hat, einem Volljährigen, welcher wegen eines Gebrechens (nach Maßgabe des § 1727 des B.G.B.) des vormundschaftlichen Schutzes für bedürftig erklärt ist, sowie einem Volljährigen, welcher wegen Verschwendung entmündigt oder über welchen nach dem Antrage auf Entmündigung wegen Verschwendung eine vorläufige Vormundschaft angeordnet ist, kann über Thatsachen, welche in Handlungen desselben bestehen oder Gegenstand seiner Wahrnehmung u.s.w." (NB. Für die 338
Protokolle der 1. Kommission wegen Geisteskrankheit vorläufig Bevormundeten genügt Abs. 1. Auch Abs. 1 ist im Singular gefaßt.) Die Anträge wollen einen früheren Beschluß (zu vergi. Note zu § 71 des Entw.) zur Ausführung bringen. Die Kommission entschied sich für folgende, dem ersten Antrage im Wesentlichen sich anschließende neue Fassung des § 435 Abs. 2 der Civilprozeßordnung: „Minderjährigen, welche das sechszehnte [ Lebensjahr zurück- | Prot 1 12369 gelegt haben, sowie Volljährigen, welche wegen Verschwendung entmündigt oder nach Maßgabe des § 1727 des Bürgerlichen Gesetzbuches des vormundschaftlichen Schutzes für bedürftig erklärt sind, kann über Thatsachen . . . (wie in der Civilprozeßordnung) für zulässig erklärt wird. Auf Volljährige, über welche nach Maßgabe des S 1737 des Bürgerlichen Gesetzbuches eine . . . (wie im ersten Antrage)." Ein Bedenken wurde darin nicht gefunden, daß unter die Vorschriften des zweiten Absatzes der beschlossenen Vorschrift auch die wegen Geisteskrankheit unter vorläufige Vormundschaft gestellten Personen fallen, deren Berücksichtigung durch die Vorschrift im § 435 Abs. 1 überflüssig gemacht werde. Man nahm an, daß die Fassungen des zweiten Antrages, welche diesem Bedenken Rechnung tragen wollten, minder deutlich und klar seien, als die beschlossene Fassung. 9. Zum § 491 Abs. 2 der Civilprozeßordnung waren folgende Anträge gestellt: a) denselben zu fassen: „Neue Ansprüche dürfen, abgesehen von den Fällen des Kurlbaum § 240 Nr. 2, 3 nicht erhoben werden. Der Beklagte kann die nur von ihm erklärte (Nr 1,1) Aufrechnung mit einer Gegenforderung nur geltend machen, wenn er glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden außer Stande gewesen sei, dieselbe in erster Instanz geltend zu machen." I b) denselben zu fassen: „Neue Ansprüche dürfen, abgesehen von den Fällen des | Prot 1 12370 § 240 N r . 2, 3 nicht erhoben werden. Wird von dem Beklagten die Aufrechnung mit Planck einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die hierauf gegründete Einwendung (Nr 18, 3) zurückzuweisen, wenn der Beklagte nicht glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden außer Stande gewesen ist, dieselbe in erster Instanz geltend zu machen. Es finden jedoch in solchem Falle die Vorschriften der §§ 502, 503 Anwendung." c) in Antrag b den letzten Satz zu fassen: „Wird die Einwendung zurückgewiesen, v. Weber so ist die Aufrechnung ausgeschlossen." (Nr 20,1) d) den zweiten Satz des Antrages a zu fassen: „Der Beklagte kann nur aufrech- v. Mandry nen, wenn er glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden außer Stande gewesen (Nr 21,2c) ist, in erster Instanz aufzurechnen." 9 e) in Antrag b den letzten Satz zu fassen: „Im Falle einer solchen Zurückweisung Kurlbaum finden die Vorschriften des § 136 Abs. 2 Satz 2, 3 Anwendung." (Nr 30, 3) Der Antrag d wurde von dem Antragsteller mit Rücksicht auf die früheren Beschlüsse zurückgezogen. Der Antrag c wurde abgelehnt und der Antrag b mit der Modifikation angenommen, daß der Schlußsatz zu lauten hat: „Im Falle einer solchen Zurückweisung finden die Vorschriften der §§ 502, 503 Anwendung." I Die Anträge a und e waren damit erledigt. | Prot 1 12371 Man war der Ansicht : Eine Anpassung der Fassung der Prozeßordnung an die Vorschriften des Entwurfes über Aufrechnung erscheine auch hier erforderlich. Nach diesen Vorschriften sei die nachträgliche Vorschützung des Kompensationseinwandes nicht als Erhebung Vgl. oben Fn. 7. 339
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch eines neuen Anspruches, sondern als Vertheidigungsmittel gegen den Klaganspruch durch Behauptung des Erlöschens desselben zu betrachten, ein solches Vorbringen w ü r d e mithin an sich unter den § 491 Abs. 1 fallen und werde durch die Vorschrift des Abs. 2 die Zulässigkeit des Vorbringens ausnahmsweise beschränkt. Diese Ausnahmevorschrift d ü r f e aber nicht mit dem Antrage c soweit ausgedehnt werden, d a ß der Beklagte bei Zurückweisung des Kompensationseinwandes des Rechtes der A u f rechnung verlustig gehe; f ü r den Antrag c sei auch nicht a n z u f ü h r e n , daß dem Kläger bei anderer Gestaltung das Recht auf zwei Instanzen f ü r die V e r h a n d l u n g über die G e g e n f o r d e r u n g verkümmert bezw. durch die Nachlässigkeit des Beklagten entzogen w e r d e n w ü r d e , denn ein solches Recht w e r d e auch in anderen ähnlichen Fällen von der Civilprozeßordnung nicht anerkannt. W e r d e der Einwand zurückgewiesen, so dürfe die Zurückweisung nur als die Verweisung in einen besonderen und ferneren Abschnitt desselben Prozesses, wie in den Fällen des § 136 Abs. 2 und des § 274 der C.P.O., behandelt werden; jedoch sei es vorzuziehen, statt der vorgedachten Paragraphen die §§ 502, 503 der C.P.O. f ü r a n w e n d b a r zu erklären, da sonst leicht verkannt w e r d e n könnte, daß die getrennte V e r h a n d l u n g in der Berufungsinstanz fortzusetzen sei. 739. Sitzung Schmitt)
vom
13. 1. 1888,
Schriftführer:
Struckmann
(nicht anwesend:
v.
I Prot 1 12373
| Die B e r a t h u n g der Vorschläge z u m Einführungsgesetze an der H a n d der gedruckten Zusammenstellung jener Vorschläge w u r d e fortgesetzt. Es lagen folgende auf Aenderung bezw. E r g ä n z u n g der C . P . O . gerichtete weitere Anträge vor: 1. D e r § 12 Art. 8 d e r Zusammenstellung lautet: „Die Ueberschrift des sechsten Buches der Civilprozeßordnung wird dahin geändert: „Ehesachen, Entmündigungssachen und Feststellung familienrechtlicher Verhältnisse." (Vergi. Anm. 1 zu § 1476 des E.) D e r einem f r ü h e r e n Beschlüsse (vergi. Anm. zu § 1476 des d. E.) entsprechende Vorschlag w u r d e a n g e n o m m e n .
I Prot I I 2374
| 2 . N a c h § 12 Art. 9 N r . 1 der Zusammenstellung ist beantragt, den § 568 der C . P . O . durch f o l g e n d e Vorschriften zu ersetzen:
CPO § 568
§ 568. „Für die Rechtsstreitigkeiten, welche die Scheidung, Nichtigkeit oder Anfechtung einer Ehe o d e r die Feststellung des Bestehens o d e r des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien oder die Herstellung des ehelichen Lebens z u m G e g e n stande haben (Ehesachen), ist das Landgericht, bei welchem der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich zuständig. H a t der E h e m a n n seinen Wohnsitz nur im Auslande, so kann, sofern derselbe ein Deutscher ist, die Klage bei dem Landgerichte seines letzten Wohnsitzes im D e u t schen Reiche erhoben werden. In Ermangelung eines solchen Gerichtes wird das zuständige Landgericht von der obersten Justizverwaltungsbehörde des Heimatstaates des E h e m a n n e s bestimmt." 1 0 (Vergi. Anm. 1 u n t e r II zu Buch I V Abschn. 1 Tit. 1 IV §§ 1250 ff. d. E.; allg. Theil II, 1 Art. 1 S. 9, Begr. S. 167 ff.) A u ß e r d e m lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum a) § 568 C . P . O . (§ 12 Art. 9 N r . 1 des Entw.) (Nr 26,4) α) als Abs. 2 neu einzuschalten: „ H a t der E h e m a n n , welcher ein Deutscher ist, im 10
Abs. 2 stammt aus dem Teilentwurf von Gebhard.
340
Protokolle der 1. Kommission Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so ist auch das Landgericht des letzten Wohnsitzes des Ehemannes | im Inlande und in Ermangelung eines solchen Gerichtes | Prot 1 12375 das Landgericht der Hauptstadt des Heimatstaates des Ehemannes zuständig. Die Vorschrift des § 14 Satz 2 (der C.P.O. in der Fassung der vorl. Zusst., vergi. Prot. S. 12337, 12338) findet entsprechende Anwendung. ß) als Abs. 3 den bisherigen Abs. 2 beizubehalten, allenfalls unter Aenderung des Schlußsatzes dahin: „sofern die Ehegatten zur Zeit, als der Ehemann die Klägerin verließ, Deutsche waren, und die Klägerin nicht aufgehört hat, Deutsche zu sein." b) mit Antrag α, β eine an den bisherigen Absatz 2 sich anschließende Bestimmung v. Mandry als Absatz 3 beizubehalten und dieselbe dahin zu beschließen: „Die Vorschrift des (Nr 35,1) zweiten Absatzes findet im Fall der Verlassung der Ehefrau durch den Ehemann auch dann (entsprechende) Anwendung, wenn der Ehemann nicht Deutscher ist, jedoch zur Zeit, als er die Klägerin verließ, Deutscher war und die Klägerin nicht aufgehört hat, Deutsche zu sein." (Bemerk. Beabsichtigt wird, der verlassenen Ehefrau, die Deutsche geblieben ist, auch für den Fall, daß die Ehegatten keinen Wohnsitz in Deutschland gehabt haben, die Möglichkeit der Angehung eines deutschen Gerichtes zu verschaffen.) c) Wenn für angemessen erachtet wird, neben | dem Vorschlage des Entwurfes, für den Fall, daß die Ehefrau von dem Ehemanne verlassen worden ist, in Ansehung des Gerichtsstandes eine besondere Vorschrift zu geben, so wolle dem im Entwürfe proponirten § 568 beigefügt werden : Absatz 3. „Hat der Ehemann die Ehefrau verlassen, so finden auf Klagen einer deutschen Ehefrau die Vorschriften des zweiten Absatzes auch dann Anwendung, wenn die Reichsangehörigkeit des Ehemannes zur Zeit der Klagerhebung erloschen ist." (Zu vergi. Entscheid, des R.G. Bd. 9 Nr. 116 S. 393 f.). Es wurden zum § 568 der C.P.O. folgende Beschlüsse gefaßt: a) Abs. 1 des § 568 soll, in Gemäßheit eines früheren Beschlusses (Anm. 1 unter II zu Buch IV Abschn. 1 Tit. 1, IV §§ 1250 ff. d. E.) durch den Abs. 1 des § 568 in der Fassung der Zusammenstellung § 12 Art. 9 Nr. 1 ersetzt werden. b) Als Abs. 2 des § 568 soll folgende Vorschrift eingeschaltet werden: „Hat der Ehemann im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand und ist er ein Deutscher, so kann die Klage bei dem Landgerichte erhoben werden, in dessen Bezirke er den letzten Wohnsitz im Inlande gehabt hat, und in Ermangelung eines solchen Gerichtes bei dem Landgerichte der Hauptstadt des Bundesstaates, welchem der Ehemann angehört; die Vorschrift des § 1 4 | Satz 2 (der C.P.O. nach der Fassung der vorl. Zusst. der Beschlüsse zum Einf. Ges., vergi. Prot. S. 12337, 12338), findet entsprechende Anwendung." Der vorstehende Beschluß unter b) erfolgte im Wesentlichen aus den in der Begründung zu den Vorschlägen des Referenten des allg. Theils S. 167 ff. niedergelegten Erwägungen. V o n dem im § 12 Abs. 9 Nr. 1 § 568 Abs. 2 der Zusst. reproduzirten Vorschlage des Referenten des allg. Theils weicht jedoch die beschlossene Vorschrift in zwei Richtungen sachlich ab, zunächst insofern, als der besondere Gerichtsstand nicht davon abhängig gemacht ist, daß der Ehemann seinen Wohnsitz nur im Auslande, sondern davon, daß er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Man hielt es für angemessen, auch für den Fall Vorsorge zu treffen, wenn der Ehemann einen Wohnsitz überhaupt nicht hat, weder im Inlande noch im Auslande, er auch früher einen Wohnsitz im Inlande nicht gehabt hat und er im Auslande sich aufhält. Die zweite sachliche Abweichung besteht darin, daß, wenn der Ehemann in dem in der beschlossenen Vorschrift vorausgesetzten Falle einen Wohnsitz 341
| Proti 12376 Gebhard (Nr 33,1)
| Prot 1 12377
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
im Inlande überhaupt nicht gehabt hat, das zuständige Gericht nicht durch die oberste Justizverwaltungsbehörde des Heimatstaates des Ehemannes (vergi. § 9 des d. E.), sondern nach Maßgabe des Antrags unter a) im Anschlüsse an den § 16 der C.P.O. (jetzt § 14 der vorl. Zusst.) bestimmt werden soll. Man überzeugte sich, daß diese Art der Regelung nicht allein dem Charakter der Ehesachen als wichtiger I Prot 1 12378 Rechtssachen mehr entspreche, sondern auch ein-| facher sei. c) Als Absatz 3 soll an Stelle des bisherigen Abs. 2 des § 568 der C.P.O. folgende Vorschrift treten : „Auf Klagen einer Ehefrau, welche von ihrem Ehemanne zu einer Zeit verlassen worden ist, in der die Ehegatten Deutsche waren, finden, wenn der Ehemann zur Zeit der Klagerhebung nicht mehr Deutscher ist, die Vorschriften des zweiten Absatzes entsprechende Anwendung, sofern die Ehefrau zur Zeit der Klagerhebung Deutsche ist." Die Mehrheit war der Ansicht, daß ein genügender Grund nicht vorliege, der verlassenen deutschen Ehefrau den Schutz zu versagen, welchen ihr der bisherige Abs. 2 des § 568 der C.P.O. auch dann gewähre, wenn der Ehemann zur Zeit der Klagerhebung nicht mehr Deutscher sei, zumal die hier in Rede stehende Vorschrift auch von großer praktischer Bedeutung sei, da Fälle der hier fraglichen Art sich nicht selten zutrügen. Auf der anderen Seite sei ein besonderer Schutz der Ehefrau nur denn angezeigt, wenn die Ehefrau zur Zeit der Klagerhebung Deutsche sei und sie auch zu der Zeit bereits Deutsche gewesen sei, in welcher der Ehemann sie verlassen habe. In diesen beiden Richtungen enthalte die beschlossene Vorschrift eine angemessene Verdeutlichung der C.P.O.. Die beschlossene Fassung lasse ferner keinen I Proti 12379 Zweifel darüber aufkommen, daß es keinen Unterschied | mache, ob der Ehemann die Ehefrau im Auslande oder im Inlande verlassen habe und ob die Ehegatten ein Ehedomizil im Inlande gehabt hätten oder nicht. § 571 CPO 3. Der Vorschlag im § 12 Art. 9 Nr. 2 der Zusammenstellung, „den § 571 Abs. 2 Gebhard der C.P.O. aufzuheben" (Allg. Theil B, II, 1 Art. II S. 10, Begr. S. 172), wurde von der Mehrheit in der Erwägung abgelehnt, daß die Vorschrift des § 571 Abs. 2 der C.P.O. aus den in den Motiven zu den Vorschlägen des Referenten des allg. Theils S. 172 dargelegten Gründen für die Zukunft, sofern die Ehesache nach deutschem Rechte zu behandeln sei, gegenstandslos werde und deshalb die ausdrückliche Aufhebung jener Vorschrift entbehrlich sei. Andererseits sei es im Hinblick auf die Uebergangszeit und für die nach fremden Rechten zu behandelnden Ehesachen, bei welchen möglicherweise eine Verjährung in Frage komme, nicht angemessen, die Vorschrift für aufgehoben zu erklären. 4. Ausweislich der Anm. 1 unter II zu Buch IV Abschn. 1 Tit. 1, IV §§ 1250 ff. d. E. sind bereits folgende in der Zusammenstellung § 12 Art. 9 Nr. 3 —13 mitgetheilte, die C.P.O. ändernde bezw. ergänzende Vorschriften beschlossen und zur Aufnahme in das Einführungsgesetz bestimmt: 11 a) Hinter § 573 wird folgende Vorschrift eingestellt: I Prot 1 12380 § 573 a. „Zur Führung des Rechtsstreites bedarf | der Bevollmächtigte des klagenden Ehegatten einer besonderen, auf dessen Rechtsstreit gerichteten Vollmacht. Das Gericht « hat den Mangel einer solchen Vollmacht von Amtswegen zu berücksichtigen. b) der § 575 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „Die Klage auf Herstellung des 11
Vgl. zur Entstehung der folgenden Bestimmungen die Materialien und Nachweise bei Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht I, 1987, S. 220 ff.
342
Protokolle der 1. Kommission ehelichen Lebens, die Scheidungsklage und die Anfechtungsklage können verbunden werden." c) Hinter § 575 wird folgende Vorschrift eingeschaltet: § 575 a. „Die Anfechtungsklage kann von dem Kläger zu jeder Zeit auch ohne Einwilligung des Beklagten zurückgenommen werden. D e r Bevollmächtigte des Klägers bedarf zu der Zurücknahme einer besonderen, hierauf gerichteten Vollmacht. Das Gericht hat den Mangel einer solchen Vollmacht von Amtswegen zu berücksichtigen.'' d) An die Stelle der §§ 576, 577 treten folgende Vorschriften : § 576. „Der Kläger, welcher mit der Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage abgewiesen ist oder die Anfechtungsklage zurückgenommen hat, kann auf Thatsachen, welche er in dem früheren Rechtsstreite geltend gemacht hat, oder welche | er | Prot 1 12381 in dem früheren Rechtsstreite oder welche er durch Verbindung der Klagen hätte geltend machen können, das Recht, die Scheidung zu verlangen oder die Ehe anzufechten, nicht mehr gründen. Ein Gleiches gilt im Falle der Abweisung der Scheidungsklage für den Beklagten in Ansehung der Thatsachen, auf welche er eine Widerklage zu gründen im Stande war. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden jedoch auf solche Thatsachen, welche nach den Vorschriften des § 1259 Nr. 3, 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Anfechtbarkeit einer Ehe begründen, nur insoweit Anwendung, als die auf jene Thatsachen sich gründende Anfechtungsklage abgewiesen ist oder der Anfechtungsberechtigte zu der Zeit, in welcher die Anfechtungsklage zurückgenommen ist, oder in welcher jene Thatsachen in dem früheren Rechtsstreite hätten geltend gemacht werden können, im Falle des § 1259 Nr. 3 ehemündig geworden war oder im Falle des § 1259 Nr. 4 die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hatte." § 577. „Die Vorschriften über die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Thatsachen oder über die Echtheit von Urkunden, die Vorschriften über den Verzicht der Parteien auf die Beeidigung von Zeugen und Sachverständigen, die Vorschriften | über die Wirkung eines Anerkenntnisses, eines gerichtlichen Geständnisses und der Erlassung eines Eides sowie die Vorschriften über die Eideszuschiebung und den Antrag, dem Gegner die Vorlegung einer Urkunde aufzugeben, finden in Ansehung solcher Thatsachen, welche die Scheidung oder die Anfechtung der Ehe oder das Recht, die Herstellung des ehelichen Lebens zu verweigern, begründen sollen, keine Anwendung. Auf den Rechtsstreit, welcher die Nichtigkeit der Ehe oder die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, finden die im ersten Absätze bezeichneten Vorschriften sowohl in Ansehung solcher Thatsachen, welche die Nichtigkeit oder das Nichtbestehen einer Ehe, als auch in Ansehung solcher Thatsachen, welche die Gültigkeit oder das Bestehen der Ehe begründen sollen, keine Anwendung." e) D e m § 581 wird folgende Vorschrift hinzugefügt: § 581 Abs. 2. „Die Vorschriften des ersten Absatzes finden im Falle der Nichtigkeitsklage sowie im Falle eines Rechtsstreites, welche die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, auch zum Zwecke der Ermittelung, ob die Ehe nichtig sei oder nicht bestehe, Anwendung."
| Prot 1 12382
I f) An die Stelle des § 582 tritt folgende Vorschrift: | Prot 1 12383 § 582. „Urtheile, durch welche auf Scheidung oder auf Ungültigkeit der Ehe erkannt ist, sind den Parteien von Amtswegen zuzustellen." 343
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch g) Hinter § 584 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 584 a. „Stirbt einer der Ehegatten vor der Rechtskraft des Endurtheiles, so ist der Rechtsstreit in Ansehung der Hauptsache als erledigt anzusehen." h) An die Stelle des § 587 tritt folgende Vorschrift: § 587. „Mit der Nichtigkeitsklage kann eine andere Klage als diejenige, welche die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, nicht verbunden werden. Eine Widerklage ist nur statthaft, wenn sie eine Nichtigkeitsklage oder eine Feststellungsklage der im ersten Absätze bezeichneten Art ist." i) Hinter § 589 wird folgende Vorschrift eingeschaltet: I Proti 12384 § 589 a. „Das Versäumnißurtheil gegen den im | Termine zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Klägers ist dahin zu erlassen, daß die Klage als zurückgenommen gelte." k) Hinter § 591 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 591a. „Die Vorschriften der §§ 587, 589a finden auf die Klage, welche die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, entsprechende Anwendung." 1) Der § 592 wird durch folgende Vorschrift ersetzt: § 592. „Im Sinne dieses Abschnittes ist unter Scheidung auch die Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett zu verstehen." Zu der neuen Fassung des § 576 (oben unter d) war beantragt: Kurlbaum Abs. 1 Satz 1 umzustellen, so daß er lautet: „Der Kläger — kann das Recht, die (Nr 26, 3) Scheidung zu verlangen oder die Ehe anzufechten nicht mehr auf Thatsachen gründen, welche er — hätte geltend machen können." Die unter 4 a bis 1 bezeichneten Vorschriften wurden mit der zu § 576 beantragten Fassungsänderung allseitig genehmigt. 5. Nach § 12 Art. 10 der Zusammenstellung soll der § 593 Abs. 1 der C.P.O. durch folgende Vorschrift ersetzt werden : Gebhard § 593 Abs. 1. „Eine Person kann für geisteskrank nur durch Beschluß des Amtsgerichtes erklärt werden." (Allg. Theil B, II, 1 Art. 1 S. 9, Begr. S. 172) Dazu lag der Verbesserungsantrag vor, den § 593 Abs. 1 der C.P.O., wie folgt, zu I Prot 1 12385 fassen: | „Eine Person kann wegen Geisteskrankheit nur durch Beschluß des Amtsgev. Mandry richtes entmündigt werden." (zu vergi. Β.G. $ 28, § 64. Dem Sprachgebrauche des (Nr 35,2) B.G.B, könne hier um so eher gefolgt werden, als die Ausdrucksweise der C.P.O. nicht ganz unanfechtbar ist.) Die Kommission gab dem letzteren Antrage, welcher von dem Vorschlage der Zusammenstellung sachlich nicht abweicht, aus den dem Antrage beigefügten Gründen den Vorzug. 6. Ausweislich der Zusammenstellung § 12 Art. 10 ist beantragt, Abs. 2 des § 594 der C.P.O. durch folgende Vorschrift zu ersetzen: CPO § 594 § 594 Abs. 2. „Gegen einen Deutschen, welcher seinen Wohnsitz nur im Auslande hat, kann der Antrag bei dem Amtsgerichte seines letzten Wohnsitzes im Deutschen Reiche gestellt werden. In Ermangelung eines solchen Gerichtes wird das zuständige Amtsgericht von der obersten Justizverwaltungsbehörde des Heimatstaates bestimmt." (Allg. Theil Β, II 1 Art. 1 S. 9, Begr. S. 172) Kurlbaum Von anderer Seite war folgende Fassung vorgeschlagen: „Gegen einen Deut(Nr 26, 5) sehen, welcher im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, kann der Antrag 344
Protokolle der 1. Kommission bei dem Amtsgerichte seines letzten Wohnsitzes im Inlande und in Ermangelung eines solchen Gerichtes bei dem Amtsgerichte der Hauptstadt des Heimatstaates ge-| stellt werden. Die Vorschrift des § 14 Satz 2 (der C . P . O . nach der Fassung der | Prot 1 12386 vorl. Zusst. der Beschlüsse zum Einf. Ges., Prot. S. 12337, 12338) findet entsprechende Anwendung." In Konsequenz des zum § 568 der C . P . O . oben S. 12376 ff. gefaßten Beschlusses verständigte man sich dahin, dem § 594 Abs. 2 der C . P . O . folgende Fassung zu geben: „Gegen einen Deutschen, welcher im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, kann der Antrag bei dem Amtsgerichte gestellt werden, in dessen Bezirke der zu Entmündigende den letzten Wohnsitz im Inlande gehabt hat, und in Ermangelung eines solchen Gerichtes bei dem Amtsgerichte der Hauptstadt des Bundesstaates, welchem er angehört; die Vorschrift des § 14 Satz 2 findet entsprechende Anwendung." 7. Zu § 595 Abs. 1 der C . P . O . waren folgende Anträge gestellt: a) der in der Zusammenstellung § 12 Art. 10 mitgetheilte Vorschlag, den § 595 Abs. 1 durch folgende Vorschrift zu ersetzen: § 595 Abs. 1. „Der Antrag kann von dem Ehegatten, einem Verwandten oder CPO§ 595 demjenigen gesetzlichen Vertreter des zu Entmündigenden gestellt werden, welcher Gebhard die Sorge für die Person hat. Gegen eine Person, welche unter elterlicher Gewalt oder unter Vormund-|schaft steht, kann der Antrag nur von dem Ehemanne und |Proti 12387 dem im ersten Satze bezeichneten Vertreter gestellt werden. Gegen eine Ehefrau kann der Antrag von den Verwandten nur dann gestellt werden, wenn der Ehemann abwesend ist und über Leben oder T o d desselben keine Gewißheit besteht, wenn er die Ehefrau verlassen hat oder wenn auf Trennung von Tisch und Bett erkannt ist und die Ehefrau in diesen Fällen nicht unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht." (Allg. Theil B, II, 1 Art. 1 S. 9, Begr. S. 172 ff.; F.R. B, III, 1 S. 10, Begr. S. 104; gedr. Abänderungsantr. unter N r . 23 S. 14). b) § 595 C . P . O . Satz 2 und 3 zu fassen: „Gegen eine Ehefrau sowie gegen eine Kurlbaum Person, welche . . . steht, kann der Antrag nur von dem Ehemann oder von dem . . . (Nr 34,1) gestellt werden. Gegen eine Ehefrau, welche nicht unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, kann jedoch der Antrag auch von einem Verwandten gestellt werden, wenn auf Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett erkannt ist, oder wenn die Ehegatten getrennt leben, oder wenn der Ehemann abwesend ist und über Leben und T o d desselben keine Gewißheit besteht." v. Mandry (Nr 35, 3) c) zu S 595 Abs. 1 : α) den ersten Satz zu beschließen, wie in der | gedruckten Zusammenstellung I P r o t ! 12388 beantragt ist; ß) den zweiten Satz dahin zu beschließen: „Von den Verwandten kann der Antrag gegen eine Person, welche unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft steht, nicht, gegen eine Ehefrau nur dann gestellt werden, wenn . . . (wie in der gedruckten Zusammenstellung) erkannt ist." γ) den dritten Satz dahin zu beschließen : „Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Gemeinden den Antrag auf Entmündigung eines Gemeinde-Mitgliedes stellen können, bleiben unberührt." Zu den Anträgen unter 7. wurden folgende Beschlüsse befaßt: a) Satz 1 des Vorschlags unter a fand keinen Widerspruch, b) Satz 2 und 3 der § 595 Abs. 1 der C . P . O . werden durch folgende Vorschrift ersetzt: „Von einem Verwandten kann der Antrag gegen eine Person, welche unter 345
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, nicht gestellt werden, gegen eine Ehefrau nur dann gestellt werden, wenn auf Trennung von Tisch und Bett erkannt ist, oder wenn der Ehemann die Ehefrau verlassen hat oder wenn der Ehemann abwesend ist und über dessen Leben oder T o d keine Gewißheit besteht." I Prot 1 12389 Der im Laufe der Berathung noch gestellte Antrag, | die Worte „wenn der Ehemann die Ehefrau verlassen hat" durch die "Worte zu ersetzen „wenn der Ehemann die Ehefrau oder die Ehefrau den Ehemann verlassen hat" wurde abgelehnt. Die beschlossene Vorschrift weicht von dem zweiten und dritten Satze des V o r schlages unter a sachlich nur darin ab, daß nach derselben eine Ehefrau auch dann gegen ihren Ehemann den Antrag zu stellen berechtigt ist, wenn der Ehemann unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht. Die Mehrheit war der Ansicht, daß es an einem genügenden Grunde fehle, die Ehefrau in Ansehung des Antragsrechts anders zu stellen als den Ehemann, und zwischen dem Falle, wenn der Ehemann unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft stehe, und dem Falle, wenn er nicht unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft stehe, zu unterscheiden, während der Ehemann gegenüber der Ehefrau ohne Rücksicht darauf antragsberechtigt sei, ob die letztere unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft stehe oder nicht. Die familienrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches gäben zu einer derartigen Unterscheidung keinen Anlaß. D a die Ehefrau ihrem Ehemanne am nächsten stehe, so sei es das Natürlichste, ihr auch in allen Fällen das Recht beizulegen, in der hier fraglichen Hinsicht f ü r ihren Ehemann zu sorgen, ganz abgesehen davon, daß die Ehefrau im Hinblick auf die Vorschriften des § 1328 Nr. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuches ein eigenes Interesse an der Entmündigung ihres Ehemannes haben könne. Unter diesen Umständen könne es dahin gestellt bleiben, ob die beschlossene Vorschrift in der bezeichneten Richtung eine Abweichung von dem I Prot 1 12390 jetzigen § 595 Abs. 1 der C.P.O. enthalte. Eine | weitere Meinungsverschiedenheit ergab sich darüber, ob die Worte „wenn der Ehemann die Ehefrau verlassen hat" durch die W o r t e „wenn die Ehegatten getrennt leben," eventuell durch die Worte „wenn der Ehemann die Ehefrau oder die Ehefrau den Ehemann verlassen hat" zu ersetzen seien. Für diese Ausdehnung des Antragsrechts der Verwandten der Ehefrau wurde geltend gemacht, daß in den bezeichneten Fällen regelmäßig eine Entfremdung zwischen den Ehegatten eingetreten sein werde, welche die Besorgniß rechtfertige, daß der Ehemann seine Pflicht, f ü r die Ehefrau in der hier fraglichen Hinsicht zu sorgen, vernachlässige. Die Mehrheit trug jedoch Bedenken, dem Antragsrechte der Verwandten eine so weite Ausdehnung zu geben, welche denselben die Möglichkeit gewähren würde, auch in solchen Fällen den Antrag auf Entmündigung einer Ehefrau zu stellen und dadurch in das eheliche Verhältniß einzugreifen, in welchen der Ehemann seinerseits nicht durch schuldvolles Verhalten zu der Besorgniß Anlaß gegeben habe, daß er für seine Ehefrau nicht sorgen werde. Im Uebrigen erfolgte die Annahme der beschlossenen Vorschrift aus den in den Motiven zu den Vorschlägen des Referenten des allgemeinen Theils S. 172 ff. näher dargelegten Gründen. Der Antrag unter c) fand nicht die Zustimmung der Kommission. Man war der Ansicht, daß der beantragte Vorbehalt durch ein Bedürfniß nicht geboten sei. Dem öffentlichen Interesse werde durch die Vorschrift des § 595 Abs. 2 der C.P.O. genügt, welche in allen Fällen auch dem Staatsanwalte das Recht beilege, den Antrag auf Entmündigung einer Person wegen Geisteskrankheit zu stellen. I Prot 1 12391 | Selbstverständlich sei es der Landesgesetzgebung unbenommen, die Gemeinden anzuweisen, solche Fälle, welche zu einem Einschreiten des Staatsanwalts sich eigneten, dem letzteren anzuzeigen. Ein finanzielles Interesse der Gemeinden, die Ent346
Protokolle der 1. Kommission miindigung einer Person wegen Geisteskrankheit selbständig herbeiführen zu können, sei ebenfalls nicht ersichtlich; im Gegentheil werde es in vielen Fällen mehr im pekuniären Interesse der Gemeinden liegen, wenn eine solche Entmündigung unterbleibe, um nicht die mit der Unterbringung des Entmündigten in einer Anstalt verbundenen Kosten tragen zu müssen. Der beste Beweis dafür, daß es an einem Bedürfnisse fehle, den Gemeinden das hier in Rede stehende Antragsrecht einzuräumen, ergebe sich daraus, daß, soviel bekannt, ein solches Antragsrecht zur Zeit nur in Sachsen-Altenburg bestehe. In Ermangelung eines dringenden praktischen Bedürfnisses sei es aber bedenklich, in einer so zarten und das Familienleben so tief berührenden Angelegenheit die Einmischung der Gemeinden zuzulassen. 8. Im § 12 Art. 10 der Zusammenstellung ist vorgeschlagen, den § 603 der C.P.O. CPO ξ 603 dahin zu fassen: Planck § 603. „Der die Entmündigung aussprechende Beschluß ist, sofern das Gericht, welches die Entmündigung ausgesprochen hat, für die Anordnung der Vormundschaft über den Entmündigten nicht zuständig ist, von Amtswegen der Vormundschaftsbehörde und, wenn der (Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder Vor- |Prot 1 12392 mundschaft steht, auch demjenigen gesetzlichen Vertreter desselben, welchem die Sorge für die Person obliegt, mitzutheilen. Die Entmündigung tritt, falls der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft steht, mit der Mittheilung des Beschlusses an denjenigen gesetzlichen Vertreter desselben, welchem die Sorge für die Person obliegt, andernfalls mit der Bestellung des Vormundes, nachdem demselben der die Entmündigung aussprechende Beschluß von Seiten der Vormundschaftsbehörde zuvor bekannt gemacht worden ist, in Wirksamkeit." (F.R. B, III, 1 Art. 1 S. 10 Begr. S. 105 ff.) Dazu lag der Antrag vor: Abs. 2 die Worte „nachdem demselben . . . gemacht Kurlbaum worden ist" wegzulassen. (Nr 34, 2) Beschlossen wurde, den § 603 der C.P.O. durch folgende Vorschriften zu ersetzen : „Der die Entmündigung aussprechende Beschluß ist, sofern das Gericht, welches die Entmündigung ausgesprochen hat, f ü r die Anordnung der Vormundschaft über den Entmündigten nicht zuständig ist, von Amtswegen der Vormundschaftsbehörde mitzutheilen und, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, demjenigen gesetzlichen Vertreter desselben zuzustellen, welcher die Sorge für die Person hat. Die Entmündigung tritt in Wirksamkeit, | falls der Entmündigte unter elterlicher | Prot 1 12393 Gewalt oder unter Vormundschaft steht, mit der Zustellung des Beschlusses an denjenigen gesetzlichen Vertreter desselben, welcher die Sorge für die Person hat, andernfalls mit der Bestellung des Vormundes." Man überzeugte sich, daß in einer so wichtigen Angelegenheit eine einfache Mittheilung an den gesetzlichen Vertreter nicht genüge, sondern die Zustellung des Beschlusses an den gesetzlichen Vertreter erforderlich sein müsse. Zwar schreibe der bisherige Abs. 1 des § 603 der C.P.O. nur eine Mittheilung an den gesetzlichen Vormund vor; allein nach der C.P.O. sei die Sachlage insofern eine andere, als, wie aus Abs. 2 des § 603 sich ergebe, die Mittheilung an den gesetzlichen Vormund — abgesehen von der Schlußbestimmung des § 605 Abs. 3 — nicht wesentlich sei, während nach der neuen Fassung des § 603 Abs. 2 der Eintritt der Wirksamkeit der Entmündigung an die Mittheilung des Beschlusses an den gesetzlichen Vertreter geknüpft werden solle. Die im Abs. 2 des Vorschlages der Zusammenstellung sich findenden Worte 347
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„nachdem . . . bekannt gemacht worden ist" erachtete man für entbehrlich, da es selbstverständlich sei, daß dem zu bestellenden Vormunde vor dessen Bestellung der Grund der letzteren mitgetheilt werde. 9. Nach dem in der Zusammenstellung § 12 Art. 10 mitgetheilten Vorschlage soll der § 605 der C.P.O. dahin geändert werden : Planck § 605. „Der die Entmündigung aussprechende | Beschluß kann im Wege der Klage I Prot 112394 binnen der Frist eines Monats angefochten werden. Das Recht zur Erhebung der Klage steht dem Entmündigten selbst, demjenigen gesetzlichen Vertreter desselben, welchem die Sorge für die Person obliegt, und den im § 595 bezeichneten Personen zu. Die Frist beginnt für den Entmündigten mit dem Tage, an welchem er von der Entmündigung Kenntniß erhalten hat, für die übrigen Personen, falls der Entmündigte zur Zeit der Entmündigung unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft stand, mit der Mittheilung des Beschlusses an den im Abs. 2 bezeichneten gesetzlichen Vertreter, andernfalls mit der Bestellung des gesetzlichen Vertreters." (F.R. B, III, 1 Art. 1 S. 10, Begr. S. 106 ff.) Kurlbaum Von anderer Seite war beantragt, den Abs. 3 des vorstehenden Vorschlags zu (Nr 34, 3) fassen: „Die Frist beginnt für den Entmündigten mit Ablauf des Tages, an welchem er . . . Kenntniß erlangt hat, für die übrigen Personen mit dem Zeitpunkte, in welchem die Entmündigung in Wirksamkeit getreten ist." Absatz 1 und 2 des Vorschlags der Zusammenstellung wurden mit der Aenderung genehmigt, daß die Worte des Abs. 2 „welchem . . . obliegt" durch die Worte „welche . . . hat" ersetzt werden sollen. Absatz 3 fand in der sachlich nicht abweichenden Fassung des Verbesserungsantrags Annahme. I Prot 1 12395
1 10. Der nach der Zusammenstellung § 12 Art. 10 zu § 607 Abs. 2 der C.P.O. gemachte Vorschlag, welcher lautet: CPO § 607 § 607 Abs. 2. „Erhebt der Staatsanwalt die Klage, so ist dieselbe gegen denjenigen gesetzlichen Vertreter des Entmündigten, welchem die Sorge für die Person obliegt, als Vertreter desselben zu richten." (F.R. B. III, 1 Art. 1 S. 11, Begr. S. 107) erfuhr keine Anfechtung; doch sollen die Worte, „welchem . . . obliegt" mit den Worten „welcher . . . hat" vertauscht werden.
v. Weber 11. Es lag ferner der Antrag vor, den § 613 Abs. 2 Satz 2 der C.P.O. zu fassen: (Nr 16,1 a) „Auf die Gültigkeit der bsherigen Handlungen des bestellten gesetzlichen Vertreters hat die Aufhebung keinen Einfluß." (Bemerk. Die Erwähnung des „gesetzlichen" Vormundes soll unterdrückt werden, da das Gesetzbuch einen solchen nicht kennt.) Der Antrag wurde unter Streichung des Wortes „bestellten" angenommen. Die Streichung jenes Wortes erfolgte mit Rücksicht auf die allerdings seltenen Fälle, in welchen eine unter elterlicher Gewalt stehende Person wegen Geisteskrankheit entmündigt ist und auf Grund der erfolgten Entmündigung der Inhaber der elterlichen Gewalt als Vertreter des Entmündigten eine Rechtshandlung vorgenommen hat, zu deren Vornahme er nicht schon auf Grund der Minderjährigkeit des Entmündigten, I Prot 1 12396 sondern nur auf Grund der Geschäftsunfähigkeit des letzteren befugt | sei (vergi. §§ 1254, 1271 d. E.). Die gleichen Fälle könnten sich, wenngleich dieselben sehr fern lägen, dann zutragen, wenn auf Grund des in der Anmerkung zum § 1634 d. E. für die Landesgesetzgebungen beschlossenen Vorbehalts ein wegen Geisteskrankheit entmündigter Minderjähriger sich unter der gesetzlichen Vormundschaft eines Anstaltsvorstandes befinde. 348
Protokolle der 1. Kommission 12. Der in der Zusammenstellung § 12 Art. 10 mitgetheilte, auf Aenderung des § 616 der C.P.O. gerichtete Vorschlag lautet: § 616. „Die Wiederaufhebung der Entmündigung erfolgt auf Antrag des Entmün- CPO § 616 digten oder desjenigen gesetzlichen Vertreters desselben, welchem die Sorge für die Person obliegt, oder des Staatsanwaltes durch Beschluß des Amtsgerichtes. (F.R. B, III. 1 Art. 1 S. 11, Begr. S. 107.) Der Vorschlag fand mit der Modifikation die Zustimmung der Kommission, daß die Worte „welchem . . . obliegt" durch die Worte „welcher . . . hat" ersetzt werden sollen. 13. In der Zusammenstellung § 12 Art. 10 ist vorgeschlagen, den § 667 Abs. 2 der CPO § 617 C.P.O. dahin zu ändern: § 617 Abs. 2. „Ist der Entmündigte ein Deutscher und hat er seinen Wohnsitz nur im Auslande, so kann der Antrag bei dem Amtsgerichte | seines letzten Wohnsitzes im | Prot 1 12397 Deutschen Reiche gestellt werden, sofern die Entmündigung von einem deutschen Gerichte ausgesprochen ist. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Amtsgericht von der obersten Justizverwaltungsbehörde des Heimatstaates bestimmt." (Allg. Theil Β, II, 1 Art. 1 S. 9, Begr. S. 172) Dazu war von anderer Seite beantragt, den § 617 Abs. 2, wie folgt zu fassen: Kurlbaum „Gegen einen Deutschen, welcher im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, (N r 34, 4) kann der Antrag, sofern die Entmündigung von einem deutschen Gerichte ausgesprochen ist, bei dem Amtsgerichte pp. (wie oben S. 12385 unter Nr. 6 zu § 594 Abs. 2 beantragt ist)". Im Anschlüsse an die oben S. 12386 unter Nr. 6 zu § 594 Abs. 2 der C.P.O. beschlossene Fassung einigte man sich dahin, den § 617 Abs. 2 der C.P.O. durch folgende Vorschrift zu ersetzen : „Ist der Entmündigte ein Deutscher und hat er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so kann der Antrag, sofern die Entmündigung von einem deutschen Gerichte ausgesprochen ist, bei dem Amtsgerichte gestellt werden, in dessen Bezirke der Entmündigte den letzten Wohnsitz im Inlande gehabt hat, und in Ermangelung eines solchen Gerichtes bei dem Amtsgerichte der Hauptstadt des Bundesstaates, welchem er angehört; die Vorschrift des § 14 Satz 2 (der C.P.O. in der Fassung | der vorl. Zusst. der Beschlüsse, Prot. S. 12337, 12338) findet | Prot 1 12398 entsprechende Anwendung." 14. Der in der Zusammenstellung § 12 Art. 10 zu § 620 Abs. 2, 3 der C.P.O. gemachte Vorschlag, welcher lautet: § 620 Abs. 2, 3. „Zur Erhebung der Klage ist derjenige gesetzliche Vertreter des Entmündigten, welchem die Sorge für die Person obliegt, und der Staatsanwalt befugt. Will der im Abs 2 gedachte gesetzliche Vertreter die Klage nicht erheben, so kann der Vorsitzende des Prozeßgerichtes dem Entmündigten einen Rechtsanwalt als Vertreter beiordnen." (F.R. B, III, 1 Art. 1 S. 11, Begr. S. 107) wurde mit der Maßgabe genehmigt, daß im Abs. 2 die Worte „welchem . . . obliegt" durch die Worte „welcher . . . hat" ersetzt werden sollen. 15. Im Laufe der Berathung war der Antrag gestellt, in Konsequenz des zu § 593 Abs. 1 der C.P.O. oben S. 12385 unter Nr. 5 gefaßten Beschlusses den § 621 Abs. 1 der C.P.O. dahin zu fassen: „Eine Person kann wegen Verschwendung nur durch Beschluß des Amtsgerichts entmündigt werden." Der Antrag fand keinen Widerspruch. 349
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch 740. Sitzung vom 16. 1. 1888, Schriftführer: Struckmann (nicht anwesend war: Der Königlich Sächsische Wirkliche Geheime Rath Dr. von Weber) I Prot 112399 |Die Berathung der Vorschläge zum Einführungsgesetze an der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt. Es lagen folgende auf Aenderung bezw. Ergänzung der Civilprozeßordnung gerichtete weitere Anträge vor: CPO S 621
1. zu § 621 der Civilprozeßordnung a) der in der gedruckten Zusammenstellung § 12 Art. 10 mitgetheilte Vorschlag, den § 621 Abs. 3 dahin zu fassen: „Auf das Verfahren finden die Vorschriften des § 594, des § 595 Abs. 1, des § 596, des § 597 Abs. 1, 4 und des § 604 entsprechende Anwendung. Nach dem Abschlüsse eines Erbeinsetzungsvertrages oder eines Schenkungsvertrages, auf welchen die Vorschriften über den Erbeinsetzungsvertrag Anwendung finden, kann der Antrag auf Entmündigung des Erblassers oder des Schenkers in allen Fällen auch von demjenigen gestellt werden, mit welchem der Vertrag geschlossen ist." I Prot 1 12400 (Allg. Theil Β, II, 1 Art. 1 S. 9, Begr. S. 176 ff.; Anm. z u | § 1951 des E.) v
'-Weber b) dem Vorschlage unter a als besonderen (vierten) Absatz beizufügen: „Die ( r 16,1 ) | anc ¡ eS gesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Gemeinden den Antrag auf Entmündigung eines Gemeindemitgliedes wegen Verschwendung stellen können, bleiben unberührt." Kurlbaum c) dem § 621 als Abs. 4, 5 einzuschalten: „Die landesgesetzlichen Vorschriften, (Nr 34, 5) nach welchen der Antrag auch von einer Gemeinde oder einem Armenverbande gestellt werden kann, bleiben unberührt. Gegen denjenigen, welcher einen Vertragserben eingesetzt hat, kann der Antrag auch von dem gestellt werden, mit welchem der Einsetzungsvertrag geschlossen ist." v. Mandry d) die Bestimmung über das Antragsrecht im Fall der Schließung eines Erbeinset(Nr 36,1) zungsvertrages zu fassen: „Hat der zu Entmündigende einen Erbeinsetzungsvertrag als Erblasser geschlossen, so kann der Antrag auf Entmündigung auch von dem anderen Vertragschließenden gestellt werden." und die Vorschrift vor die das Antragsrecht der Gemeinden pp. vorbehaltende Vorschrift zu stellen. (für „der zu Entmündigende" C.P.O. §§ 595, 598 u. a. a. St.; für „als Erblasser geschlossen" B.G.B. § 1942) Zu den vorstehend unter 1 mitgetheilten Anträgen wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Satz 1 des Vorschlages unter a, welcher mit dem Absatz 3 des §621 der Civilprozeßordnung sachlich übereinstimmt, fand keinen Widerspruch. 2. hinter der unter 1 bezeichneten Vorschrift (Absatz 3 des § 621 der C.P.O.) soll I Proti 12401 als Absatz 4 folgende Vorschrift ein-| geschaltet werden: „Gegen denjenigen, welcher einen Vertragserben eingesetzt hat, kann der Antrag auch von dem anderen Vertragschließenden gestellt werden." Die Vorschrift entspricht sachlich einem früheren Beschlüsse (vergi. Anm. zu § 1951 des E.). Man überzeugte sich, daß die in dem Vorschlage unter a Satz 2 enthaltene Hinweisung auf einen unter die Vorschriften des Erbeinsetzungsvertrages fallenden Schenkungsvertrag im Hinblick auf den § 1963 des E. entbehrlich sei. Einvernehmen bestand ferner darüber, daß der hier fragliche Antrag in allen Fällen auch von dem anderen Vertragschließenden gestellt werden könne, der Zusatz „in 350
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allen Fällen" mit Rücksicht auf die in der vorigen Sitzung (Prot. S. 12388) beschlossene Fassung des § 595 Absatz 1 der Civilprozeßordnung jedoch überflüssig sei. 3. hinter Absatz 4 (künftig Absatz 5) des § 621 der Civilprozeßordnung soll als Absatz 6 folgende Vorschrift hinzugefügt werden: „Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen eine Gemeinde oder ein der Gemeinde gleichstehender Verband oder ein Armenverband antragsberechtigt ist, bleiben unberührt." Man erkannte zwar nicht das Gewicht der in den Motiven zu den Vorschlägen des Referenten des allg. Theils S. 177 ff. gegen die Aufnahme eines solchen Vorbehalts dargelegten Gründe. Die Mehrheit war jedoch der Ansicht, daß die Rücksicht auf das finanzielle Interesse der Gemeinden und der denselben gleichstehenden Verbände sowie der Armenverbände und die Erwägung, daß die hier in Rede stehenden landesgesetzlichen Vorschriften mit dem öffentlichen Rechte in engem Zusammenhange ständen, als überwiegend zu erachten seien, | um die in der Uebergehung des Vorbe- | Prot 1 12402 halts liegende Aenderung des geltenden Rechtes abzulehnen. 2. Ausweislich der Zusammenstellung § 12 Art. 10 sind zu § 625 Abs. 1 und zu § 626 Abs. 2 der Civilprozeßordnung folgende Vorschläge gemacht: a) § 625 Abs. 1 zu fassen: „Die Wiederaufhebung der Entmündigung erfolgt auf Antrag des Entmündigten oder desjenigen gesetzlichen Vertreters desselben, welchem die Sorge für die Person obliegt, unter entsprechender Anwendung der SS 6 1 6 - 6 1 9 . " (F.R. B. III, 1. Art. 1 S. 11, Begr. S. 107) b) §626 Abs. 2 zu fassen: „Zur Erhebung der Klage ist derjenige gesetzliche Vertreter des Entmündigten, welchem die Sorge für die Person obliegt, befugt. Will dieser die Klage nicht erheben, so kann der Vorsitzende des Prozeßgerichtes dem Entmündigten einen Rechtsanwalt als Vertreter beiordnen." (F.R. B.III, 1. Art. 1 S. 11, Begr. S. 107) Die Vorschläge unter a und b wurden mit der Modifikation genehmigt, daß in jedem derselben die Worte „welchen — obliegt" durch die Worte „welcher — hat" ersetzt werden sollen. 3. Der Art. 11 des § 12 der Zusammenstellung lautet: Hinter § 627 der Civilprozeßordnung wird als dritter Abschnitt des sechsten Buches ein neuer Abschnitt mit der Ueberschrift „Verfahren in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern zum Gegenstande haben" und mit folgenden Vorschriften eingeschaltet: I § 627a. „Ist die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes von Seiten des Eheman- | Prot 1 12403 nes nach Maßgabe des § 1475 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches durch Erhebung der Anfechtungsklage gegen das Kind erfolgt, so finden auf den Rechtsstreit die Vorschriften der §§ 569, 573a, 575a, des § 577 Abs. 1, der §§ 578, 579 und des § 581 Abs. 1 entsprechende Anwendung, die Vorschriften des S 573 a jedoch nur in Ansehung des Ehemannes. Stirbt eine der Parteien vor der Rechtskraft des Urtheiles, so ist der Rechtsstreit in Ansehung der Hauptsache als erledigt anzusehen. Mit der Anfechtungsklage kann eine andere Klage als diejenige, mit welcher die Anerkennung der Ehelichkeit des Kindes angefochten wird, nicht verbunden, gegen dieselbe eine Widerklage nicht erhoben werden." § 627 b. „Hat der Ehemann, welcher das Kind als das seinige anerkannt hat, die Anerkennung nach Maßgabe des § 1478 des Bürgerlichen Gesetzbuches durch Erhebung der Anfechtungsklage gegen das Kind angefochten, so finden auf den Rechtsstreit die Vorschriften des § 627 a entsprechende Anwendung." S 627 c. „Wird die Klage auf Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens 351
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eines Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder auf Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere erhoben, so finden auf den Rechtsstreit die Vorschriften der §§ 569, 573 a, I Proti 12404 des § 577 Abs. 2, der §§ 578, 579, 581, 589 a und des § 627 a Abs. 1 Satz 2 ent-| sprechende Anwendung. Mit der Feststellungsklage kann eine andere Klage nicht verbunden, gegen dieselbe eine Widerklage anderer Art nicht erhoben werden. Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden keine Anwendung auf den Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat." Die auf früheren Beschlüssen (vergi. Anm. zu § 1476 des E.)12 beruhenden, im Art. 11 enthaltenen Aenderungen und Ergänzungen der Civilprozeßordnung wurden genehmigt. v. Weber 4. Zu § 658 der Civilprozeßordnung war beantragt, denselben aufzuheben, even(Nr22,1) tuell durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Ist auf Bewilligung einer Eintragung oder Löschung im Grund- und Hypothekenbuche oder im Schiffsregister erkannt, so darf das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urtheil nur nach Maßgabe der Vorschriften des S 833 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen werden." (Anmerkung: Zu vergi, außer § 833 die §§ 834, 841, 843, 1087, 1091, 1106, 1107, 1134,1144,1196,1203,1205 des E.) Beschlossen wurde, an die Stelle des § 658 der Civilprozeßordnung folgende Vorschrift treten zu lassen : Ist auf Bewilligung einer Eintragung oder Löschung im Grundbuche oder im Schiffsregister erkannt, so darf das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urtheil nur nach Maßgabe des § 833 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches vollzogen werden. I Prot 1 12405 Man war der Ansicht, daß, wenngleich es nicht zweifel-| haft sein könne, daß in den Fällen des § 658 der Civilprozeßordnung künftig die betreffenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches maßgebend seien, doch ein Hinweis auf diese Vorschriften im § 658 der Civilprozeßordnung sich als angemessen darstelle, um die praktische Handhabung der Civilprozeßordnung zu erleichtern. Im Hinblick auf den § 1196 in Verbindung mit § 1201 des E. müsse in der aufzunehmenden Vorschrift auch das Schiffsregister berücksichtigt werden. Das Hypothekenbuch dagegen könne nur in einer Uebergangsbestimmung Berücksichtigung finden. 5. Art. 12 des § 12 der Zusammenstellung lautet: Der § 661 der Civilprozeßordnung wird durch folgende Vorschrift ersetzt: §661. „Das Vollstreckungsurtheil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen. Dasselbe ist nicht zu erlassen, wenn dem Urtheile des ausländischen Gerichtes nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes die Anerkennung versagt ist." (Allg. Theil B, II, 1 Art. 1 S. 10, Begr. S. 179) Dazu waren folgende Anträge gestellt: Johow a) den Abs. 2 des § 661 der Civilprozeßordnung nicht zu ändern, (Nr 31,1) eventuell: diesen Absatz dem §25 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 und 6 der die räumliche Herrschaft der Gesetze regelnden Anlage zum Entwurf nachzubilden. Gebhard b) den § 661 vorerst unverändert zu lassen, aber zu beschließen: „Wenn in dem (Nr 33, 2) Bürgerlichen Gesetzbuche Vorschriften aufgenommen werden über die VoraussetI Prot 1 12406 Zungen, unter welchen die Anerkennung der Urtheile ausländischer | Gerichte ausge12
Vgl. die Nachweise bei Schubert (Hrsg.), Anlagenband zu den Vorlagen, 1986, S. 1089 f.
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schlössen ist, so ist das Einführungsgesetz durch eine Bestimmung zu vervollständigen, welche den § 661 der Civilprozeßordnung durch folgende Vorschrift ersetzt: Das Vollstreckungsurtheil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen, soweit sich nicht aus dem Gesetze ein Anderes ergiebt. Das Vollstreckungsurtheil ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urtheiles des ausländischen Gerichtes nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ausgeschlossen ist." Man verständigte sich dahin, den § 661 der Civilprozeßordnung vorerst unverändert zu lassen, da, wenn der Abschnitt über die räumliche Herrschaft der Rechtsnormen in das Gesetzbuch nicht aufgenommen werden sollte, durch die Vorschriften des letzteren eine Aenderung des § 661 der Civilprozeßordnung nicht veranlaßt werde, dem Einführungsgesetze aber an passender Stelle folgende Anmerkung beizufügen : Sollte der von der Kommission beschlossene Abschnitt über die räumliche Herrschaft der Rechtsnormen in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen werden, so wird der § 661 der Civilprozeßordnung dahin zu ändern sein: Das Vollstreckungsurtheil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen. Dasselbe ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Unheiles des ausländischen Gerichtes nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes ausgeschlossen ist. 6. Nach § 12 Art. 13 der Zusammenstellung ist beantragt, dem § 664 der Civilpro- Kurlbaum zeßordnung folgenden Zusatz zu geben: (Nr 1> 1) I § 664 Abs. 2. „Ist die Vollstreckung von einer Zug um Zug oder vorher zu | Prot 1 12407 bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig, so kann der Gläubiger auch ohne Führung des im ersten Absätze bezeichneten Beweises die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung verlangen, es sei denn, daß die dem Schuldner obliegende Leistung in der Abgabe einer Willenserklärung besteht." (Antrag 1 zum Einf.Ges. unter 1 ; Anm. zu § 365 des E.) Dazu lag folgender Verbesserungsantrag vor: „Ist der Schuldner zur Erfüllung v. Mandry Zug um Zug oder nach Empfang einer ihm gebührenden Leistung verurtheilt, so (Nr 36, 2) kann der Gläubiger auch ohne den Beweis, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt ist oder sich im Verzuge der Annahme befindet, die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung verlangen, es sei denn, daß der Schuldner zur Abgabe einer Willenserklärung verurtheilt ist." In sachlicher Hinsicht erfuhren die einem früheren Beschlüsse (vergi. Anm. zu § 365 des E.) entsprechenden Anträge keine Anfechtung. Insbesondere herrschte Einvernehmen, daß der Gläubiger, wenn er wolle, die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung auch nach Maßgabe des § 664 Absatz 1 der Civilprozeßordnung auf Grund des Beweises verlangen könne, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt sei oder sich im Verzuge der Annahme befinde. Sei der Schuldner in Gemäßheit des § 365 Abs. 1 Satz 2 des E. verurtheilt zur Erfüllung nach Empfang einer ihm gebührenden Leistung, so könne, da eine solche Verurtheilung Annahmeverzug auf Seiten des Beklagten voraussetze, der Gläubiger den Nachweis, daß der Schuldner sich im Ver-|zuge der Annahme befinde, durch die |Proti 12408 Vorlegung des Unheils führen, indem nach allgemeinen Grundsätzen das Aufhören des Verzuges vom Schuldner zu beweisen sei und von diesem als Einwendung gegen die Zwangsvollstreckung (vergi. § 365 Abs. 2 des E.; §686 der C.P.O.) geltend gemacht werden müsse, daß in dem bezeichneten Falle der Nachweis des Annahmeverzuges auf Seiten des Schuldners schon durch Vorlegung des Unheils geführt 353
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
werden könne, sei im Hinblick auf die Vorschrift des § 779 Abs. 1 der C.P.O. insbesondere auch für den Fall von großer praktischer Bedeutung, wenn die dem Schuldner nach Empfang der ihm gebührenden Leistung obliegenden Leistung in der Abgabe einer Willenserklärung bestehe und nach Maßgabe des § 365 Abs. 1 Satz 2 des E. verurtheilt sei. Anlangend die Fassung, so verständigte man sich dahin, die als Absatz 2 des § 664 der Civilprozeßordnung aufzunehmende Vorschrift, wie folgt, zu fassen: Ist die Vollstreckung von einer Zug um Zug oder vorher zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig, so kann der Gläubiger auch ohne den Beweis, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt ist oder sich im Verzuge der Annahme befindet, die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung verlangen, es sei denn, daß die dem Schuldner obliegende Leistung in der Abgabe einer Willenserklärung besteht. 7. Nach § 12 Art. 14 der Zusammenstellung ist vorgeschlagen, den § 665 der Civilprozeßordnung durch folgende Vorschriften zu ersetzen: § 665. „Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in I Prot 1 12409 dem Urtheile bezeichneten | Gläubigers sowie gegen die allgemeinen Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Schuldners und unter Berücksichtigung des § 192 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches gegen diejenigen Personen ertheilt werden, welche nach Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger des Schuldners oder Inhaber des im Streit befangenen Gegenstandes für den Schuldner geworden sind, sofern die Rechtsnachfolge oder Inhabung bei dem Gerichte offenkundig ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird. Ist die Rechtsnachfolge oder Inhabung bei dem Gerichte offenkundig, so ist dies in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen." (Allg. Theil Β, II, 1 Art. 1 S. 10, Begr. S. 179 ff.) Außerdem lagen folgende Anträge vor: Kurlbaum a) im Abs. 1 der Fassung der C.P.O. die Worte „gegen denjenigen Rechtsnachfol(Nr 34,6) ger — veräußert ist" zu ersetzen durch die Worte: „gegen denjenigen ertheilt werden, welcher während der Rechtshängigkeit oder nach Beendigung des Rechtsstreites Rechtsnachfolger des Schuldners in Ansehung des in Streit befangenen Gegenstandes oder Inhaber dieses Gegenstandes für den Schuldner geworden ist," v. Weber b) im ersten Absätze des § 665 der Civilprozeßordnung in der in der Zusammen(Nr 16,2) Stellung vorgeschlagenen Fassung als Satz 2 hinzuzufügen: „Dasselbe (Das Gleiche) gilt in dem Falle des § 1830 des Bürgerlichen Gesetzbuches von der Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für und gegen den Nacherben." I Prot 112410 Dem Antrage unter b waren folgende Bemerkungen beigefügt: | „Der im § 1830 des Bürgerlichen Gesetzbuches ausgesprochene Grundsatz macht es unbedenklich und scheint es auch als Konsequenz zu erfordern, daß die vollstreckbare Ausfertigung des für und gegen den Nacherben wirksamen Urtheils aus dem Prozesse des Vorerben auch für und gegen den Nacherben ertheilt werden kann. Als Rechtsnachfolger des Vorerben ist aber der Nacherbe, wenn man das Wort „Rechtsnachfolger" im engeren Sinne nimmt, nicht zu betrachten und jedenfalls ist er nicht allgemeiner Rechtsnachfolger. Es bedarf daher, wenn man die Ausdehnung des § 665 Abs. 1 auf den Nacherben für gerechtfertigt erachtet, wohl einer besonderen verdeutlichenden Bestimmung. Wird diese in dem vorgeschlagenen Maße gegeben, so wird dann unter „Rechtsnachfolge" im Sinne des zweiten Absatzes ohne Bedenken auch die Nacherbfolge mit verstanden werden können und dasselbe dann von den Ausdrücken „im § 665 Abs. 1 bezeichneten Rechtsnachfolger oder Inhaber" und „als eingetreten an354
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genommenen Rechtsnachfolge oder Inhabung" in den zu §§ 671 und 687 der (Zivilprozeßordnung gemachten Aenderungsvorschlägen anzunehmen sein. Eventuell wäre in diesen letzteren Paragraphen der Nacherbfolge besonders mit zu gedenken." Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Man war einverstanden, daß im Hinblick auf den § 192 Abs. 1 des E. nach Maßgabe des Vorschlags der Zusammenstellung im § 665 der C.P.O. auch der Fall Berücksichtigung finden müsse, in welchem während der Rechtshängigkeit oder nach Beendigung des Rechtsstreits ein Anderer Inhaber des im Streit befangenen Gegenstandes für den Schuldner | geworden sei. Die Worte im § 665 Abs. 1 der | Prot 112411 C.P.O. „unter Berücksichtigung der §§ 236, 2 3 8 " durch die Worte „unter Berücksichtigung des § 192 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches" zu ersetzen, hielt man nicht für erforderlich einerseits im Hinblick auf die an den § 192 Abs. 2 sich anschließende neue Fassung des § 238 (vergi. Prot. 12360), andererseits im Hinblick darauf, daß für die hier eingeschlagenen Fälle des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 1315, 1360, 1374) durch besondere Vorschriften Vorsorge getroffen sei, durch das Bürgerliche Gesetzbuch daher in der bezeichneten Richtung eine Aenderung nicht veranlaßt werde. Im Uebrigen einigte man sich, den § 665 der C.P.O., vorbehaltlich der Beschlußfassung über den in dem Antrage unter b vorgeschlagenen Zusatz, dahin zu fassen: Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Gläubigers sowie gegen die allgemeinen Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Schuldners und unter Berücksichtigung der §§ 236, 238 gegen denjenigen ertheilt werden, welcher während der Rechtshängigkeit oder nach Beendigung des Rechtsstreites Rechtsnachfolger des Schuldners in Ansehung des in Streit befangenen Gegenstandes oder Inhaber dieses Gegenstandes für den Schuldner geworden ist, sofern die Rechtsnachfolge oder Inhabung bei dem Gerichte offenkundig ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird. Ist die Rechtsnachfolge oder Inhabung bei dem Gerichte offenkundig, so ist dies in der Vollstrekkungsklausel zu erwähnen. 2. D e r Antrag unter b wurde abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, daß die Zulassung des abgekürzten Verfahrens nach Maßgabe des § 665 der C.P.O. im Falle des § 1830 des E. keine nothwendige Konsequenz des § 1830 und auch | durch das | Prot 112412 Bedürfniß nicht geboten, andererseits in vielen Fällen vom Standpunkte des Interesses des Nacherben aus bedenklich sei. Die Sachlage sei im Falle der Nacherbfolge namentlich insofern eine andere, wie im Falle der Erbfolge, als im Hinblick auf den § 1830 des E. nicht schon der Nachweis der Nacherbfolge genügen würde, sondern weiter der Nachweis geführt werden müßte, daß das Urtheil über einen gegen den Vorerben als Erben erhobenen Anspruch oder über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand erlassen sei. Dazu komme, daß dem Nacherben auch im Falle des § 1830 gegenüber dem durch das Urtheil festgestellten Ansprüche des Nachlaßgläubigers nach Maßgabe der §§ 1835, 1836 ein selbständiges Inventarrecht zustehe und es mißlich sei, wenn er durch das abgekürzte Verfahren genöthigt werden würde, das Inventarrecht nach § 696 der C.P.O. im Wege der Klage gegen die Zwangsvollstreckung geltend machen zu müssen. Aus ähnlichen Erwägungen habe die Kommission sich bereits früher gegen die Ausdehnung des abgekürzten Verfahrens des § 665 der C . P . O . auf den hier in Rede stehenden Fall ausgesprochen (Prot. S. 9206). 8. Nach § 12 Art. 14 der Zusst. ist vorgeschlagen, den § 671 Abs. 2 der C.P.O. dahin zu fassen: „Hängt die Vollstreckung eines Unheiles seinem Inhalte nach vor 355
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 112413
Kurlbaum (Nr 1,1)
I Prot 112414
Kurlbaum (Nr 1,1)
v. Mandry (Nr 36, 2)
dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer Thatsache ab oder handelt es sich um die Vollstreckung eines Unheiles für oder gegen die im § 665 Abs. 1 bezeichneten Rechtsnachfolger oder Inhaber, so muß außer dem zu vollstreckenden Urtheile auch die demselben beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstrekkungsklausel auf Grund öffentlicher Urkunden ertheilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn | der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit Beginn derselben zugestellt werden." (Allg. Theil Β, II, 1 Art. 1 S. 10, Begr. S. 180.) Von anderer Seite war beantragt, den Eingang des § 671 Absatz 2 der C.P.O. wie folgt, zu ändern: „Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urtheils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nur auf Grund des Beweises, daß eine durch den Gläubiger zu beweisende Thatsache eingetreten ist, ertheilt worden ist, oder um die Vollstreckung eines Urtheils für die Rechtsnachfolger u.s.w. (wie bisher)." (Antrag 1 zum Einf. Ges. unter 1 ; Anm. zu § 365 des E.) Beschlossen wurde folgende Fassung des § 671 Abs. 2 : Handelt es sich um die Vollstreckung eines Urtheiles, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach der Vorschrift des § 664 Abs. 1 ertheilt worden ist, oder um die Vollstreckung eines Urtheiles u.s.w. (wie in dem Vorschlage der Zusammenstellung). Man überzeugte sich, daß die Aenderung im Eingange des §671 Abs. 2 mit Rücksicht auf den zu § 664 der C.P.O. als Abs. 2 beschlossenen Zusatz (vergi, oben unter Nr. 6, S. 12408) nothwendig werde. Nach diesem Zusätze könne der Gläubiger, wenn der Schuldner nach Maßgabe des § 365 Abs. 1 Satz 2 des E. verurtheilt sei, die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung ohne den im § 664 Abs. 1 der C.P.O. bezeichneten Beweis verlangen, obwohl in dem vorausgesetzten Falle die Vollstreckung des Urtheils seinem Inhalt nach von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritte einer Thatsache abhänge (vergi. § 365 Abs. 2 des E.). Insofern habe die Sachlage sich gegenüber der C.P.O. geändert. Die Vorschrift des § 671 Abs. 2 passe nur auf den Fall, wenn die vollstreckbare Ausfertigung nach der Vorschrift des § 664 Abs. 1 ertheilt worden sei. Die Einschaltung der Worte „oder Inhaber" | ist eine Konsequenz der oben unter Nr. 7 zu § 665 der C.P.O., S. 12410 ff. beschlossenen Aenderung. 9. Der Art. 15 des § 12 der Zusst. lautet: „Hinter § 676 der C.P.O. wird folgende Vorschrift eingeschaltet: § 676 a. Ist die Vollstreckung des Urtheiles nach dessen Inhalt von einer Zug um Zug z u bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig und die vollstreckbare Ausfertigung des Urtheils nicht auf Grund des Beweises ertheilt, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt ist oder sich im Verzuge der Annahme befindet, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstrekkung nicht beginnen, ohne dem Schuldner die demselben gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise anzubieten." Der zu diesem Vorschlage gestellte Verbesserungsantrag, den Eingang dahin zu fassen: „. . . von einer vorher oder Zug um Zug . . .", wurde im Laufe der Berathung zurückgezogen. Der vorgeschlagene § 676 a fand die Zustimmung der Kommission. Derselbe stellt sich als eine Ausführung des § 365 Abs. 2 des E. in prozessualer Hinsicht dar. Einvernehmen bestand, daß im § 676 a der Fall, wenn der Schuldner nach Maßgabe des § 365 Abs. 1 Satz 2 des E. verurtheilt sei, nicht berücksichtigt werden dürfe. Da in diesem Falle die Verurtheilung nach dem § 365 Abs. 1 Satz 2 des E. Annahmeverzug auf Seiten des Beklagten voraussetze, so könne der Gerichtsvollzieher nach dem 356
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§ 365 Abs. 2 des E. in diesem Falle die Zwangsvollstreckung beginnen, ohne dem Schuldner die demselben gebührende Leistung von Neuem an-|bieten zu müssen. |Proti 12415 Behaupte der Schuldner, daß er nicht mehr im Verzuge der Annahme sich befinde, so müsse derselbe diese neu entstandene Einrede (§ 365 Abs. 2 des E.) nach Maßgabe des § 686 der C.P.O. im Wege der Klage geltend machen. 10. Art. 16 des § 12 der Zusst. lautet: „Der § 684 der Civilprozeßordnung erhält Kurlbaum folgenden Zusatz : (Nr 1,1) § 684 Abs. 4. Ist die Vollstreckung des Unheiles nach dessen Inhalte von einer Zug um Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig, so darf das Vollstreckungsgericht die ihm zugewiesene Anordnung von Vollstreckungsmaßnahmen nur auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung erlassen, welche auf Grund des Beweises ertheilt ist, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt ist oder sich im Verzuge der Annahme befindet." Der dazu gestellte Verbesserungsantrag, den Eingang dahin zu fassen: „. . . von v. Mandry einer vorher oder Zug um Zug . . ." wurde zurückgezogen. (Nr 36, 2) Der als § 684 Abs. 4 vorgeschlagene neue Zusatz, welcher die Vorschriften des S 365 des E. prozessualer auszugestalten bezweckt, den Fall jedoch, wenn der Schuldner nach Maßgabe des § 365 Abs. 1 Satz 2 verurtheilt ist, aus den oben unter Nr. 9 zu § 671 Abs. 2 der C.P.O. dargelegten Gründen unberücksichtigt läßt, erfuhr sachlich keinen Widerspruch und wurde in nachstehender Fassung genehmigt: Ist die Vollstreckung des Unheiles nach dessen Inhalte von einer Zug um Zug zu bewirkenden | Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig, so darf das | Prot 112416 Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn die vollstreckbare Ausfertigung auf Grund des Beweises ertheilt worden ist, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt ist oder sich im Verzuge der Annahme befindet. 11. Im § 12 Art. 17 der Zusst. ist vorgeschlagen : „An Stelle des § 687 der Civilprozeßordnung tritt folgende Vorschrift : § 687. Die Vorschriften des § 686 Abs. 1, 3 finden entsprechende Anwendung, wenn in den Fällen der §§ 664, 665 der Schuldner den bei Ertheilung der Vollstrekkungsklausel als bewiesen angenommenen Eintritt der Thatsache, von welcher das Urtheil die Vollstreckung abhängig macht, oder die als eingetreten angenommene Rechtsnachfolge oder Inhabung bestreitet, unbeschadet der Befugniß des Schuldners, in diesen Fällen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel in Gemäßheit des § 668 zu erheben. (Allg. Theil B, II, 1 Art. 1 S. 10, Begr. S. 180)" Der Vorschlag, welcher sich von der bisherigen Fassung der § 687 nur durch die Einschaltung der Worte „oder Inhabung" unterscheidet, wurde in Konsequenz der oben unter Nr. 7 S. 12410 ff. beschlossenen Aenderung des § 665 der C.P.O. angenommen. Zu § 687 der C.P.O. war außerdem beantragt, demselben folgenden Zusatz zu Planck geben: „Die Vorschriften des § 686 Abs. 1 und 3 finden auch dann entsprechende (Nr 32) Anwendung, wenn der in dem Urtheile bezeichnete Gläubiger nach Maßgabe der I SS 236 bis 238 oder nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts nur in Ansehung | Prot 112417 des Prozesses zur Sache legitimirt war, ihm aber im Uebrigen insbesondere in Ansehung der Annahme der Leistung die Sachlegitimation fehlt." Der Antrag wurde jedoch von dem Antragsteller zurückgezogen.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
741. Sitzung vom 18. 1. 1888, Schriftführer: Struckmann I P r o t i 12419
I Die Berathung der Vorschläge zum Einführungsgesetze an der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt. Es lagen folgende, die Aenderung beziehungsweise Ergänzung der C.P.O. bezweckende weitere Anträge vor: 1. Im Anschluß an den im Protokoll vom 16. Januar d. Js. S. 12416, 12417 mitgetheilten, zu § 687 der C.P.O. gestellten, jedoch zurückgezogenen Antrag war von dem Urheber des letzteren nachträglich noch folgender Antrag eingebracht: Planck dem § 686 Abs. 2 C.P.O. folgenden Zusatz zu geben: „Die Einwendung der (Nr 41) mangelnden Sachlegitimation ist auch dann zulässig, wenn sie auf den während der Rechtshängigkeit erfolgten Uebergang des in Streit befangenen Gegenstandes oder IProti 12420 Abtretung des geltend gemachten Anspruches auf einen Anderen als | den in dem Urtheile bezeichneten Gläubiger gegründet wird, sofern sie nach Maßgabe der §§ 236, 238 oder nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes in dem Prozesse nicht geltend gemacht werden konnte." Der Antrag, welcher klarzustellen bezweckt, daß in den vorausgesetzten Fällen, dem in dem Urtheile bezeichneten Gläubiger nach Beendigung des Prozesses der Einwand der mangelnden Sachlegitimation als ein neu entstandener Einwand nach Maßgabe des § 686 der C.P.O. von dem Schuldner entgegengesetzt werden könne, wurde von der Kommission abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, daß ein Eingehen auf den Antrag, welchem eine bestimmte Auffassung des § 236 der C.P.O. zum Grunde liege (vergi, die Motive zum Allg. Theil Abschn. II Tit. 4 S. 28 ; Begr. der Vorschi, des Ref. des Allg. Theil zum Einf. Ges. S. 161), mit den Gründen nicht vereinbar sei, aus welchen die Kommission eine Deklaration des § 236 der C.P.O. abgelehnt habe, (vergi. Prot. S. 12358). Den § 236 nur in der einen in dem Antrage bezeichneten Richtung zu deklariren, könne wegen des Zusammenhangs der angeregten Frage mit den übrigen, an die Auslegung des § 236 sich knüpfenden Streitfragen als angemessen nicht erachtet werden. Auch durch die hier eingeschlagenen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 1309 Nr. 1, § 1357) sei eine Ergänzung der C.P.O. in der bezeichneten Richtung nicht geboten, da die zu entscheidende Frage nicht erst durch jene Vorschriften hervorgerufen werde, sondern in gleicher Weise auch auf dem Boden des bisherigen Rechtes sich erheben könne. Zudem könne darauf vertraut werden, daß in Ansehung der hier in Betracht kommenden Fälle des Bürgerlichen Gesetzbuches Wissenschaft und Praxis an der Hand I Prot 1 12421 | der eingeschlagenen Vorschriften des Gesetzbuches zu einem dem Antrage entsprechenden Resultate gelangen würden. 2. D e r § 12 Art. 18 der Zusammenstellung lautet: Art. 18. „Der § 693 Abs. 2 und der § 694 der Civilprozeßordnung werden aufgehoben." (Antrag 3 zum Einf. Ges. unter A 3 ; vergi. Einf. Ges. zum Erbr. § 1, Motive S. 1135; Anm. zu § 2057 des E.) Schmitt Zu diesem Vorschlage waren von Seiten des Urhebers desselben folgende schrift(Nr 6) liche Bemerkungen mitgetheilt: „Die Vorschläge zum Einführungsgesetze vom Standpunkte des Erbrechts aus erklären die §§ 693, 694 der C.P.O. als aufgehoben; die Anmerkung zu § 2057 des E. (Prot. S. 10872 bis 10874) nimmt deren Aufhebung gleichfalls in Aussicht. Die gedachten Vorschriften der Civilprozeßordnung betreffen die Frage der Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung und das dabei einzuhaltende Verfahren in dem Falle, wenn der Schuldner, nachdem gegen ihn ein vollstreckbares Urtheil
Schmitt (Nr 3, 3)
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Protokolle der 1. Kommission ergangen war, gestorben ist, sei es, daß die Zwangsvollstreckung noch gegen denselben begonnen hatte (§ 693, Frage der U n t e r b r e c h u n g des Verfahrens), sei es, daß die Zwangsvollstreckung erst nach dem T o d e des Schuldners je nach Umständen wider den Nachlaß oder wider den Erben beginnen soll (§ 694). Die §§ 2057 und 2059 des E. bestimmen nach der gleichen Richtung, und veranlassen die P r ü f u n g , inwieweit die Vorschriften der C . P . O . durch jene des E. ersetzt sind. Von den Vorschriften der C . P . O . betrifft | § 693 Abs. 1 die Zulässigkeit der | Prot 1 12422 Zwangsvollstreckung. Insofern gesagt wird, die Fortsetzung der Vollstreckung in den Nachlaß sei zulässig, ist die Bestimmung durch § 2057 des E. Abs. 1 Satz 2 gedeckt f ü r die Zeit vor A n n a h m e und nach A n n a h m e der Erbschaft. Insofern aber gesagt wird, die Fortsetzung der Vollstreckung in den N a c h l a ß sei zulässig, handelt es sich nicht sowohl um den vorgedachten materiellen G r u n d s a t z (ist nach § 2057 der Neubeginn der Vollstreckung in den Nachlaß zulässig, so muß es auch a potiori die bloße F o r t f ü h r u n g der begonnenen Vollstreckung sein), als um die prozessuale Bestimmung: D e r T o d des Schuldners unterbricht das einmal in Lauf gekommene Vollstrekkungsverfahren nicht, es ist V o r b e d i n g u n g der Fortsetzung des V e r f a h r e n s nicht die W i e d e r a u f n a h m e desselben durch den Erben oder Nachlaßpfleger, ein Antrag auf solche W i e d e r a u f n a h m e ist nicht erforderlich, dem Erben oder Nachlaßpfleger werden ohne Aufenthalt diejenigen Zustellungen und Mittheilungen gemacht, welche im weiteren Verlaufe des V e r f a h r e n s hätten dem verstorbenen Schuldner noch gemacht werden müssen nach den allgemeinen Bestimmungen; möglicher Weise, wenn nämlich dem Verstorbenen weitere Mittheilungen nicht zu machen gewesen wären, sind solche auch nicht dem Erben oder Nachlaßpfleger zu machen, insbesondere ist diesem nicht etwa der vollstreckbare Titel u.s.w. nochmals zuzustellen. Dieser prozessuale Inhalt des § 693 Abs. 1 ist durch § 2057 des E. nicht gedeckt, er muß daher aufrechterhalten werden, was allerdings gegenüber dem § 352 Abs. 1 und 2 des Erbr. Entw. voce „fortgesetzt w e r d e n " nicht nothwendig gewesen wäre ; | aber diese W o r t e | Prot 1 12423 des § 352 sind von der Kommission gestrichen w o r d e n . Die §§ 693 Abs. 2 und 694 der C.P.O. enthalten an sich civilrechtliche Vorschriften, indem sie Fälle der Nachlaßkuratel statuiren; § 694 setzt überdies die civilrechtliche Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung, die gegen den Erblasser beginnen k o n n t e , aber nicht begonnen hat, wider den Nachlaß o d e r Erben voraus; beide beruhen freilich auf der Voraussetzung, daß, wenn auch die Zwangsvollstreckung oder deren Fortsetzung durch den T o d des Schuldners nicht gehindert wird, doch die allgemeinen Verfahrensvorschriften hierbei zu beobachten, insbesondere die gesetzlich erforderlichen Zustellungen u.s.w. zu bewirken sind, und sehen, damit diese Zustellungen, Mittheilungen u.s.w. auch in dem Falle a u s f ü h r b a r sind, w e n n die Erbschaft r u h t oder wenn der Erbe oder dessen Aufenthalt u n b e k a n n t ist, die Bestellung eines gesetzlichen Vertreters des Schuldners, in dem Falle, wenn die Vollstreckung noch gegen den Erblasser begonnen hatte, durch das Vollstreckungsgericht (Spezialkurator), in dem Falle, w e n n die Vollstreckung noch nicht begonnen hatte, durch das Nachlaßgericht (Nachlaßpfleger) vor. Beide Vorschriften sind durch § 2059 des E. gedeckt, die Vorschrift des § 693 Abs. 2 selbst geändert, in dem § 2059 Absatz 2 auch in dem Falle der sogenannten r u h e n d e n Erbschaft, nach dem E. w ä h r e n d der Deliberationsfrist des Erben einen gewöhnlichen Nachlaßpfleger durch das Nachlaßgericht, und nicht bloß einen Spezialkurator durch das Vollstreckungsgericht, aufstellen läßt, Prot. S. 10829 bis 10833. Auch insofern ändert der S 2059 des E. die §§ 693 Abs. 2 und | 694, als er, das | Prot 1 12424 Institut der Realkuratel verwerfend, in allen bezüglichen Fällen nur Personalpflege verordnet, V e r t r e t u n g dessen, der Erbe sein wird, eine r u h e n d e Erbschaft nicht kennt 359
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
folglich nicht in der Lage der C.P.O. ist, die gegenüber dem geltenden Civilrechte die beiden Institute der Real- und Personalpflege zu berücksichtigen hatte. Die §§ 693 Abs. 2 und 694 der C.P.O. sind daher für aufgehoben zu erklären.
U.S.W.,
Die neuerlichen Beschlüsse der Kommission zu § 167 des E. sind hierher ohne Einfluß." Zu den §§ 693, 694 der C.P.O. lagen außerdem folgende Anträge vor: a) an die Stelle des § 693 Abs. 2 und des § 694 tritt folgende Vorschrift: Johow § 694. „Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nö(Nr 31,2) thig, so ist in den Fällen des § 2059 des Bürgerlichen Gesetzbuches der zu bestellende Nachlaßpfleger zuzuziehen." Kurlbaum b) Abs. 1 des § 693 der C.P.O. zu belassen; Abs. 2 zu fassen: „Ist. . . nöthig; so ist (Nr 34,7 ¡ n c[ en Fällen des § 2059 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches der bestellte oder u 3 7 - > n o c h zu bestellende Nachlaßpfleger zuzuziehen." Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. Abs. 1 des § 693 der C.P.O. soll als § 693 unverändert bestehen bleiben. 2. An die Stelle des § 693 Abs. 2 und des § 694 der C.P.O. soll als § 694 folgende Vorschrift treten : I Prot 1 12425 | Ist bei einer Zwangsvollstreckung die Zuziehung des Schuldners erforderlich und dieser gestorben, so ist für denselben nach Maßgabe der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches der Erbe oder der Nachlaßpfleger zuzuziehen. Die beschlossene Vorschrift weicht von den Vorschriften der C.P.O. in sachlicher Hinsicht insofern ab, als sie die im § 693 Abs. 2 anerkannte Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts, in den dort bezeichneten Fällen einen einstweiligen besonderen Vertreter zu bestellen, beseitigt. Man verkannte nicht, daß dadurch die Lage des Gläubigers, namentlich wenn das für die Bestellung eines Nachlaßpflegers zuständige Nachlaßgericht weit entfernt sei, sich ungünstiger gestalte. Man hielt es jedoch aus den Prot. S. 10829 bis 10833 ersichtlichen Gründen zum Schutze des Erben für angemessen, es lediglich bei den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Nachlaßpflegschaft (§ 2059) bewenden zu lassen. Auch insofern seien die Vorschriften des § 693 Abs. 2 und des § 694 der C.P.O. dem Gläubiger günstiger, als auch in dem Falle, wenn der Aufenthalt des Erben unbekannt sei, ohne Unterschied, ob der letztere die Erbschaft angenommen habe oder nicht, ein einstweiliger besonderer Vertreter bezw. ein Kurator bestellt werden solle, während nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche (§ 2059 Abs. 2) in einem solchen Falle dem Erben nur vor Annahme der Erbschaft ein Nachlaßpfleger bestellt werden könne. Indessen fehle es an einem Bedürfnisse, für den Fall, wenn der Aufenthalt des Erben nach erfolgter Annahme der Erbschaft unbekannt sei, durch eine besondere Vorschrift Vorsorge zu treffen, da insoweit die Vorschriften über die Abwesenheitspflegschaft (§ 1740 des B.G.B.) ausreichten und nöthigenfalls der Weg der öffentlichen Zustellung bleibe. I Prot 1 12426 | In welchen Fällen der Erbe selbst, in welchen der Nachlaßpfleger zuzuziehen sei, richte sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Nach diesen Vorschriften sei insbesondere auch die Frage zu entscheiden, ob und inwieweit, wenn der Erbe die Erbschaft noch nicht angenommen habe, der Gläubiger, um die Zwangsvollstreckung betreiben zu können, die Bestellung eines Nachlaßpflegers erwirken und diesen an Stelle des Erben bei der Zwangsvollstreckung zuziehen müsse, sofern die Zuziehung des Schuldners bei derselben nach den Vorschriften der C.P.O. erforderlich sei (vergi. § 2057, § 2059 Abs. 2; Prot. S. 10872, 10873). Wenngleich die beschlossene Vorschrift es lediglich bei den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches bewenden läßt, so hielt doch die Mehrheit es für angemessen, den § 693 Abs. 2 360
Protokolle der 1. Kommission und den § 694 der C . P . O . nicht einfach o h n e jeden Ersatz f ü r aufgehoben zu erklären, sondern auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches hinzuweisen, theils um die praktische H a n d h a b u n g der C . P . O . zu erleichtern, theils um dem sonst nicht ausgeschlossenen Mißverständnisse zu begegnen, als ob die nach den allgemeinen Vorschriften der C . P . O . erforderliche Z u z i e h u n g des Schuldners zu einer Vollstreckungshandlung in dem besonderen Falle des § 693 der C . P . O . nicht erforderlich sei. Einvernehmen bestand, daß die beschlossene Vorschrift sowohl den Fall des § 693, als den Fall des § 694 der C . P . O . umfasse. 3. Art. 19 § 12 der Zusammenstellung lautet: „An die Stelle des § 695 und des § 696 Abs. 1, 2 der Civilprozeßordnung treten folgende Vorschriften : § 695. D e r als Erbe des Schuldners verurtheilte Beklagte kann das Inventarrecht I nur geltend machen, w e n n ihm dasselbe im Urtheile vorbehalten ist." (Antrag 3 z u m Einf. Ges. unter A, 4; vergi. Einf. Ges. z u m Erbr. § 1, Motive S. 1135.) § 696 Abs. 1, 2. „Bei der Zwangsvollstreckung gegen einen Schuldner, welcher als Inventarerbe o d e r als Erbe unter Vorbehalt des Inventarrechtes verurtheilt ist, oder gegen welchen als Erben des verurtheilten Schuldners die Zwangsvollstreckung begonnen hat, bleibt das Inventarrecht unberücksichtigt, bis auf G r u n d desselben gegen die Zwangsvollstreckung von dem Erben Einwendungen erhoben werden. Inwieweit der Inventarerbe berechtigt ist, auf G r u n d des Inventarrechtes die Aussetzung, A u f h e b u n g o d e r Beschränkung der Zwangsvollstreckung zu verlangen, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes." (Antrag 3 z u m Einf. Ges. unter A. 5; vergi. Einf. Ges. z u m Erbr. § 1, Motive S. 1135.) Z u r Begründung der Vorschläge waren von dem U r h e b e r derselben folgende schriftliche Bemerkungen eingebracht: a) N a c h dem E n t w ü r f e steht das Inventarrecht jedem Erben zu, welcher die Erbschaft a n g e n o m m e n u n d jenes Recht nicht allen o d e r einzelnen Gläubigern gegenüber aufgegeben o d e r verwirkt hat (§§ 2092 Abs. 1, 2120 Abs. 1, Inventarerbe), und z w a r nicht nur, w e n n | die betreffende Nachlaßverbindlichkeit erst gegen ihn eingeklagt wird, sondern auch, w e n n in Ansehung derselben ein vollstreckbarer Titel schon gegen den Erblasser bestand und auf G r u n d desselben sofort die Vollstreckung gegen den Erben oder N a c h l a ß begonnen hat (§§ 2110, 2133), also in Ansehung aller Nachlaßverbindlichkeiten, bezüglich welcher die Zwangsvollstreckung nicht bereits gegen den Erblasser begonnen hatte. Das Wesen des Inventarrechtes besteht in einer von dem Willen des Erben abhängenden nicht ipso jure eintretenden d. h. einer relativen Beschränkung der Gläubigerrechte, dem Rechte, die Erfüllung der Nachlaßverbindlichkeiten bei Unzulänglichkeit des Nachlasses in gewissem U m f a n g zu verweigern, § 2 0 9 2 Abs. 1, Prot. S. 10886.10887. Die Ausübung der hiernach von dem Erben geltend zu machenden Beschränkung erfolgt in doppelter Art: selbständig durch Gläubigeraufgebot und Antrag auf den N a c h l a ß k o n k u r s mit W i r k u n g gegen alle Gläubiger o d e r unselbständig gegenüber dem einzelnen, seine Befriedigung betreibenden Gläubiger u n d nur mit W i r k u n g gegen diesen (§ 2108). Gläubigeraufgebot und N a c h l a ß k o n k u r s werden ausschließlich im Bürgerlichen Gesetzbuche und in der K o n k . O . geregelt; daß die Geltendmachung derselben die eigene Initiative des Erben erfordert, ändert den C h a r a k t e r des Inventarrechtes als eines wesentlich negativen Rechtes (Erfüllungsverweigerung) nicht; in dem K o n k u r s a n t r a g e liegt die Erfüllungswei-| g e r u n g aus dem eigenen 361
Schmitt (Nr 3)
I Proti 12427
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| Prot 112429
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
persönlichen Vermögen des Erben (§ 2110), im Gläubigeraufgebot die Erfüllungsweigerung zur Zeit (§ 2130), Prot. S. 10887 bei c. Die unselbständige Geltendmachung des Inventarrechts ist, da sie erst gegenüber dem Vorgehen des einzelnen Gläubigers im Einzelprozesse oder in der Einzelexekution erfolgt, stets eine Einrede in materiellem Sinn, welchen besonderen Inhalt sie auch nach der konkreten Sachlage haben mag, vergi. § 2108 und Prot. S. 10948, 10949: Kürzung der Gläubigerforderung (§§ 2133 bis 2142; hier ausdrücklich „Abzugseinrede" genannt und definirt als Recht des Erben, einredeweise die Erfüllung der Nachlaßverbindlichkeit seil, zu einem bestimmten Betrage wegen Unzulänglichkeit des Nachlasses zu verweigern, Prot. S. 10887, 10888 und Prot. S. 11073 bis 11076, wo ein prinzipiell entgegengesetzter Antrag verworfen ist); — Befreiung von der persönlichen H a f t u n g (§§2110, 2118, 2127); zeitweilige Aussetzung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung (§§ 2130, 2143); in allen diesen Fällen handelt es sich nur um ebensoviele Unterarten der materiellen Einrede des Inventarrechtes. Hieran ändert der Umstand nichts, daß der E. nur beim Kürzungsrechte den Ausdruck „Einrede" gebraucht, nicht aber in den anderen Fällen, für welche es doch die Civilprozeßordnung thut, § 696 Abs. 2, 3 „Einwendungen nach bürgerlichem Rechte"; auch nicht der Umstand, daß in diesen anderen Fällen nur von einer I Prot 1 12430 Exekutionseinrede (Einrede ge-| gen die Realisirung der Forderung zur Zeit oder in das persönliche Vermögen des Erben) gesprochen werden kann, da auch diese Einreden denjenigen, die den Anspruch selbst betreffen, gleichgestellt sind (§§ 686, 696 Abs. 3 C.P.O.) ; endlich nicht der Umstand, daß alle erwähnten Einreden, auch die Abzugseinrede, sofern im Exekutionsverfahren zu erheben, mit Klage geltend zu machen sind, da es sich hierbei stets um die gesetzlich oder richterlich vorbehaltene nachträgliche Austragung einer Einrede (Nachklage) handelt. — Ganz verschieden von der, wenn auch nur auf zeitliche Hemmung der Vollstreckung gerichteten materiellen Einrede des Inventarrechtes (§§ 2130, 2143 des E.) ist das prozessuale Recht der Betheiligten, während des Prozesses über die Inventarrechtseinrede selbst eine einstweilige V e r f ü g u n g nach den §§ 688, 689 C.P.O. zu begehren. b) Die materielle Einrede des Inventarrechts wird theils in dem Bürgerlichen Gesetzbuche, theils in der C.P.O. §§ 695, 696 geregelt. Theoretisch ist diese Theilung der Regelung auch gerechtfertigt; nur muß sich dann das bürgerliche Recht der Aufnahme prozessualer und die Prozeß-Ordn. der Aufnahme civilrechtlicher Bestimmungen enthalten. Indessen dies ist, da bei der Eigenthümlichkeit der Inventarrechtseinrede sich die materielle und formale Seite innig berühren, schwierig und war f ü r die Prozeßordnung besonders schwer, da sie, dem fast allerwärts verschiedenen Civilrechte gegenüber gestellt, doch Einheit der prozessualen Vorschriften herstellen [ Prot 1 12431 sollte. Daher der Versuch des Erbrechtsentwur-| fes, alle prozessualen und materiellen Bestimmungen über die Inventarrechtseinrede in das Bürgerliche Gesetzbuch aufzunehmen, §§ 367 ff.; daß dieser W e g praktische Vortheile geboten hätte, ist unzweifelhaft, wenn auch nicht verkannt werden soll, daß auf solchem Wege die Prozeßordnung um einen Theil ihr gehöriger Vorschriften ärmer geworden und insoweit jeweils aus dem bürgerlichen Recht zu ergänzen gewesen wäre. Die Kommission hat denn auch vorgezogen, die Vorschriften der §§ 695, 696 nicht schlechthin in das bürgerliche Gesetzbuch zu übertragen und in der C.P.O. aufzuheben, doch dies mit dem Vorbehalt, einzelne derselben im Bürgerlichen Gesetzbuche besonders hervorzuheben oder zu verdeutlichen, namentlich, wenn der bezügliche Gedanke nur mittelbar zum Ausdrucke gekommen und hierbei so zu präzisiren, daß eine Verschiedenheit der Auffassung z. B. darüber, ob die Abzugseinrede stets für die Exekutionsnachklage vorzubehalten oder auch im Prozeß über die Feststellung der 362
Protokolle der 1. Kommission
Forderung sofort zu definitivem Austrag gebracht werden könne, nicht weiter Platz greife. Vergi. Prot. S. 10947,10948,11115,11117, 11121. Hiernach ist ein mittleres System befolgt; das Bürgerliche Gesetzbuch enthält vorzugsweise die materiellen Bestimmungen und diese in aller Vollständigkeit, doch auch prozessuale Vorschriften in den §§ 2140, 2141 ; die C.P.O. enthält in den §5 695, 696 vorzugsweise die prozessualen Bestimmungen und diese in aller Vollständigkeit, doch auch materielle Vorschriften, insofern nicht geleugnet werden kann, daß § 695 und § 696 Abs. 1 neben prozessualen Sätzen (Mo-| difikation der Eventualmaxime, wonach jede Einrede selbst bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung vorzubringen, f ü r die Inventarrechtseinrede; Aufrechterhaltung des Satzes, daß von Amtswegen diese Einrede nicht suplirt werde) auch den materiellen Gedanken ausdrücken : das Inventarrecht ist nur ein relatives, von der Geltendmachung d. i. dem Willen des Erben abhängiges Recht, bildet im Prozeß (nur für diesen und zwar den Nachprozeß in der Exekutionsinstanz spricht die C.P.O. vom Inventarrecht) eine Einrede in materiellem Sinn. Bei solcher Lage erübrigt nur, die §§ 695, 696 wie sie bestehen und nur vorbehaltlich der Aenderung der Ausdrücke : „Rechtswohlthat des Inventars", „Benefizialerbe" in „Inventarrecht", „Inventarerbe", stehen zu lassen. Denn der § 695 enthält neben dem materiellen auch einen prozessualen Gedanken, der im §2140 des E. nur nach zwei Richtungen verdeutlicht wird (die Einrede des Inventarrechtsvorbehalts tritt an die Stelle der Inventarrechtseinrede selbst und dieses ohne Unterschied, ob Inventar schon errichtet ist oder nicht, arg. aus dem Gegensatz zu § 2143; sodann: der Erbe hat die Wahl, ob er sofort die Abzugseinrede selbst erheben oder nur vorbehalten lassen will), vergi. Prot. S. 11114, 11115; der § 696 Abs. 1 ist, soweit prozessualen Inhalts, im Bürgerlichen Gesetzbuche überhaupt nicht wiederholt; der § 696 Abs. 2 enthält das Prinzip der Abgrenzung der formalen Bestimmungen der C.P.O. gegenüber den materiellen des Bürgerlichen Gesetzbuchs; der § 696 Abs. 3 endlich ist zwar durch § 2141 des E. ersetzt, aber nur für die Abzugseinrede, während | derselbe sich auch auf die übrigen Unterarten der Inventareinrede erstreckt. Folgt man streng dem Systeme des Einführungsgesetzes zum allgemeinen Theil § 9 in seiner Beschränkung auf den privatrechtlichen Inhalt der Reichsgesetze, so wäre selbst die Korrektur der Ausdrücke „Benefizialerbe", „Rechtswohlthat des Inventars", da sie nur als Voraussetzungen prozessualer Vorschriften erwähnt sind, der allgemeinen Revision der C.P.O. vorzubehalten, wie z. B. die Korrktur der Ausdrücke „Einrede" „Einwendung". Allein soweit in der Enthaltsamkeit zu gehen, möchte praktisch nicht räthlich sein." V o n anderer Seite war zu den §§ 695, 696 der C.P.O. beantragt: a) dem § 695 zuzusetzen: „unbeschadet der Vorschriften der §§ 1974, 2063 des Bürgerlichen Gesetzbuches." b) § 696 Abs. 1 zu fassen: „Bei der Zwangsvollstreckung gegen einen Schuldner, welcher als Erbe eines Anderen haftet, bleibt das Inventarrecht unberücksichtigt, bis auf Grund desselben gegen u.s.w." Die in der Zusammenstellung § 12 Artikel 19 vorgeschlagene Fassung des § 695 der C.P.O. erfuhr keinen Widerspruch; doch hielt man es für räthlich, der Vorschrift unter Vertauschung des Punktes mit einem Semikolon am Schlüsse folgenden Zusatz beizufügen: „; die Vorschriften des § 1974 Abs. 3 und des § 2063 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleiben unberührt." 363
| Proti 12432
| Prot 1 12433
Kurlbaum (Nr 39,1) Kurlbaum (Nr 37, 2)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 112434
Zu § 696 Abs. 1 der C.P.O. wurde beschlossen, | den Absatz 1 dahin zu fassen : Bei der Zwangsvollstreckung gegen einen Schuldner, welcher als Erbe haftet, bleibt das Inventarrecht unberücksichtigt, bis auf Grund dieses Rechtes gegen die Zwangsvollstreckung von dem Erben Einwendungen erhoben werden. Absatz 2 des § 696 fand in der Fassung der Zusammenstellung die Zustimmung der Kommission. Anlangend den Absatz 1 des § 696, so war man der Ansicht, daß durch die Fassung auch der Fall gedeckt werden müsse, in welchem zur Zeit des Todes des Schuldners gegen diesen die Zwangsvollstreckung bereits begonnen habe, da auch in diesem Falle dem Erben nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 2092, 2110, 2125, 2133) das Inventarrecht insoweit zur Seite stehe, als nicht der Gläubiger auf Grund einer vor dem Erbfalle erfolgten Maßregel der Zwangsvollstreckung bereits ein Pfandrecht erlangt habe. Durch die beschlossene Fassung des Abs. 1 würden zugleich die Fälle gedeckt, in welchen das Inventarrecht dadurch nicht ausgeschlossen werde, daß das Recht im Prozesse nicht geltend gemacht oder in dem Urtheile nicht vorbehalten sei (§ 1974 Abs. 3, § 2063 des E.). 4. Nach Art. 20 § 12 der Zusammenstellung ist vorgeschlagen, hinter § 705 der C.P.O. folgende Vorschrift einzuschalten: Johow § 705 a. „Die Zwangsvollstreckung gegen den eingetragenen Eigenthümer des (Nr 2) haftenden Grundstückes findet statt aus Auszügen aus dem Grundbuche über eingeI Prot 1 12435 tragene Reallasten, welche regel-| mäßig wiederkehrende Leistungen einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen zum Gegenstande haben, wegen fälliger Leistungen. Soweit der Eigenthümer nicht persönlich haftet, findet die Zwangsvollstreckung nur in das Grundstück statt. 13 Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Grundbuchamte ertheilt. Zum Nachweise eines Umstandes, welchen der Gläubiger zu erweisen hat, um die vollstreckbare Ausfertigung zu erhalten, bedarf es, soweit nicht der bewiesene Umstand aus dem Grundbuche erhellt oder sonst bei dem Grundbuchamte offenkundig ist, der Vorlegung einer öffentlichen Urkunde. Ist der Umstand eingetragen oder offenkundig, so ist dies in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen; die Zustellung einer Abschrift des Eingetragenen findet nicht statt. Im Uebrigen sind die §§ 662 bis 701, 704 und 705 entsprechend anzuwenden." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter I, Β S. 3; Vorschi, zum S.R. § 6, II S. 4 ff., Motive S. 22, 23.) Dazu war von anderen Seiten beantragt: v.Weber a) den § 705a abzulehnen, eventuell den vierten Absatz zu fassen: „Im Uebrigen (Nr 17) finden die Vorschriften der §§ 662 bis 701 entsprechende Anwendung, jedoch mit folgenden Abweichungen : 1. Die Entscheidung über Einwendungen, welche die Zulässigkeit der Vollstrekkungsklausel betreffen, sowie die Entscheidung über Ertheilung einer weiteren vollI Prot 1 12436 | streckbaren Ausfertigung erfolgt von dem Amtsgerichte, in dessen Bezirke das haftende Grundstück gelegen ist.
13
Mit dem neuen Antrag von Johow sollte ξ 705 a Abs. 1 des ursprünglichen Vorschlags (abgedruckt bei Schubert, Vorlagen, Einführungs-Gesetz, 1986, S. 378) geändert werden. Zur Begründung hierzu heißt es im metallographierten Antrag Nr. 14 : Die Nr. 2 des § 705 a Abs. 1 der C.Pr.O. ist wegzulassen, weil die Voraussetzung (§ 373 Abs. 3 des S.R.Entw.), daß der vollstreckbare Titel durch Eintragung der Zwangshypothek unwirksam werde, nach § 1130 des Entw. I sich nicht erfüllt.
364
Protokolle der 1. Kommission
2. Auf die Geltendmachung von Einwendungen, welche den Anspruch selbst betreffen, findet die beschränkende Vorschrift des § 686 Abs. 2 keine Anwendung. 3. Für Klagen auf Ertheilung der Vollstreckungsklausel sowie für Klagen, durch welche die den Anspruch selbst betreffenden Einwendungen geltend gemacht werden, oder den bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommenen Eintritt der Thatsache, von welcher die Vollstreckung aus der Urkunde abhängt, oder die als eingetreten angenommene Rechtsnachfolge bestritten wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirke das haftende Grundstück gelegen ist." {Bemerk. Das Bedürfniß einer sofortigen Zwangsvollstreckung, ohne ausdrückliche Unterwerfung des Schuldners unter dieselbe, bei Reallasten ist zu bestreiten. Für den eventuellen Antrag ist geltend zu machen, daß die Anwendbarkeit des nur von Vollstreckungsbefehlen handelnden § 704 C.P.O. zu verneinen ist, daher die Allegation des § 704 neben § 705, mit dessen Bestimmungen die Abs. 2, 3 des § 704 in Widerspruch stehen, nur zu Mißverständnissen führen würde, und daß ferner, die entsprechende Anwendbarkeit des § 705 in dieser | Allgemeinheit zu bestimmen, | Prot 1 12437 ebenfalls bedenklich erscheint, da, anlangend Abs. 3 des § 705, dem Grundbuchamte, als einer nicht richterlichen Behörde, eine Entscheidung der in diesem Absätze bezeichneten Art nicht füglich überlassen werden kann, es auch an einer Bestimmung über den Instanzenzug fehlen würde, und, anlangend die Zuständigkeit für Klagen der in Absatz 5 des § 705 bezeichneten Art, nicht der allgemeine Gerichtsstand, sondern, weil es sich um dingliche Belastung eines Grundstücks handelt, der im § 25 der Civilprozeßordnung bestimmte besondere und ausschließliche Gerichtsstand festzuhalten sein dürfte.) b) wenn eine Ergänzung der C.P.O. beliebt werden sollte, zu beschließen : α) dem § 702 anzuschließen : „6. wegen des Anspruches auf fällige Leistungen einer in das Grundbuch eingetragenen Reallast, welche regelmäßig wiederkehrende Leistungen einer bestimmten Menge vertretbarer Sachen zum Gegenstande hat, für den eingetragenen Berechtigten gegen den eingetragenen Eigenthümer des belasteten Grundstückes, sofern seit der Fälligkeit der einzuziehenden Leistung bis zum Beginne der Zwangsvollstrekkung nicht mehr als ein Jahr verstrichen ist." ß) als § 705 a zu bestimmen: „Die Zwangsvollstreckung wegen des im § 702 Nr. 6 bezeichneten Anspruches erfolgt I auf Grund eines von dem Grundbuchamte zu ertheilenden Auszuges aus dem Grundbuche des belasteten Grundstückes und, wenn der jeweilige Eigenthümer eines anderen Grundstückes der Berechtigte ist, auch dieses Grundstückes. Eine Vollstreckungsklausel wird zu dem Antrage nicht ertheilt. Die Entscheidung über Einwendungen, welche die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung betreffen, erfolgt durch das Amtsgericht, in dessen Bezirke das belastete Grundstück liegt. Auf die Geltendmachung von Einwendungen, welche den Anspruch selbst betreffen, findet die beschränkende Vorschrift des § 686 Abs. 2 keine Anwendung. Für Klagen, durch welche solche Einwendungen geltend gemacht werden, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk das belastete Grundstück liegt." γ) das zweite Allegat im § 703 der C.P.O. dahin zu ändern „704 bis 705 a." Die Kommission entschied sich gegen die Ergänzung der C.P.O. nach Maßgabe des vorgeschlagenen § 705 a oder der eventuellen Anträge. Sie war der Ansicht, daß eine solche Ergänzung durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht veranlaßt, auch durch ein Bedürfniß nicht geboten und überdies für manche Fälle, hingesehen na365
Kurlbaum (Nr 37, 3)
| Prot 1 12438
Kurlbaum (Nr 38,1)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
mentlich auf die Auszugsleistungen, vom Standpunkte des Interesses des Schuldners aus bedenklich sei. Nach § 7 0 6 der C . P . O . blieben die hier einschlagenden landesgesetzlichen Vorschriften selbstverständlich unberührt. I Prot 1 12439 | 5. Art. 21 des § 12 der Zusammenstellung lautet: „Hinter § 717 der CivilprozeßJohow Ordnung wird folgende Vorschrift eingestellt : (Nr 2)
§ 717 a. Bei der Versteigerung abgepfändeter Sachen finden die Vorschriften des S 1173 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter I, Β S. 4 ; Vorschi. ζ. S. R . § 6, II S. 5, Motive S. 25.) Im Art. 22 § 12 der Zusammenstellung ist ferner vorgeschlagen, den § 718 Abs. 1 der C . P . O . durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Dem Zuschlage an den Meistbietenden muß ein dreimaliger Aufruf vorausgehen." (Allg. Theil Β, II, 1 Art. 1 S. 10, Begr. S. 180 ff.) V o n anderen Seiten war dazu beantragt: v. Weber a α) den vorgeschlagenen § 7 1 7 a zu fassen: „Beider Versteigerung abgepfändeter (Nr 22, 2) Sachen finden die Vorschriften des § 1173 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, 3 des B.G.B, entsprechende Anwendung." ß) § 718 Abs. 1, 2 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: „Dem Zuschlage an den Meistbietenden muß ein dreimaliger Anruf vorausgehen. Die Ablieferung einer zugeschlagenen Sache darf nur gegen baare Zahlung erfolgen. Wird dem die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger der Zuschlag erI Prot 1 12440 theilt, so ist | der Gläubiger von der Verpflichtung zur Baarzahlung insoweit befreit als der Erlös nach Abzug der Kosten der Zwangsvollstreckung zu seiner Befriedigung zu verwenden ist, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. Insoweit der Gläubiger von der Baarzahlung befreit ist, gilt der Betrag als vom Schuldner an den Gläubiger gezahlt." (Zu vergi. § 697, § 716 Abs. 2, §§ 720, 727, 728 der C . P . O . ) γ) eventuell den § 7 1 7 a nach Maßgabe des Antrages unter a, α zu fassen, den § 718 Abs. 2 aber unverändert zu lassen. Kurlbaum (Nr 37,4)
b) den §717 a. mit dem Eingange : Bei d e r Versteigerung finden u.s.w."
n
als Abs. 4 dem § 717 C . P . O . anzuschließen. Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt: 1. D e r § 717 der C . P . O . erhält als Abs. 4 folgenden Zusatz: „Bei der Versteigerung finden die Vorschriften des § 1173 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung. 2. An die Stelle des § 718 Abs. 1 tritt die im Art. 22 § 12 der Zusammenstellung vorgeschlagene Bestimmung, jedoch mit der Maßgabe, daß derselben hinzugefügt werden soll: „Die Vorschriften des § 90 des Bürgerlichen Gesetzbuches finden Anwendung." 3. D e m § 718 wird als Abs. 4 folgende Vorschrift angeschlossen: I Prot 1 12441 | Wird dem die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger der Zuschlag ertheilt, so ist der Gläubiger von der Verpflichtung zur baaren Zahlung insoweit befreit, als der Erlös nach Abzug der Kosten der Zwangsvollstreckung zu seiner Befriedigung zu verwenden ist, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. Insoweit der Gläubiger von der Verpflichtung zur baaren Zahlung befreit ist, gilt der Betrag als vom Schuldner an den Gläubiger gezahlt. 366
Protokolle der 1. Kommission
Man erachtete die beschlossenen Ergänzungen des § 7 1 7 und des § 7 1 8 der C.P.O. im Anschlüsse an die Vorschriften des § 1173 des Bürgerlichen Gesetzbuches als angemessen, überzeugte sich aber, daß die Vorschrift des § 1173 Abs. 1 Satz 2 im Hinblick auf solche Fälle, in welchen die dem einen Gläubiger zugeschlagene Sache von mehreren Gläubigern gepfändet worden (§§ 727, 728 der C.P.O.) oder dem Schuldner nachgelassen sei, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden (§ 659 der C.P.O.; vergi, auch § 716 Abs. 2, § 720 das.), nicht ohne die in dem Antrage unter a, β Abs. 2 Satz 2 bezeichneten Modifikationen auf den hier in Rede stehenden Fall übertragen werden können. Die zum § 718 Abs. 1 der C.P.O. beschlossene Aenderung erfolgte aus den in den Motiven zu den Vorschlägen des Referenten des allg. Theils S. 180 ff. dargelegten Gründen. Im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes hielt man es jedoch für rathsam, auf die Anwendbarkeit der Vorschriften des § 90 des Bürgerlichen Gesetzbuches durch einen Zusatz ausdrücklich hinzuweisen. Einvernehmen bestand, daß die Vorschrift, nach I welcher dem Zuschlage an den Meistbietenden ein dreimaliger Aufruf vorausgehen müsse, eine absolute sei, deren Nichtbefolgung die Nichtigkeit nach sich ziehe.
| Prot 1 12442
6. Nach Art. 22 des § 12 der Zusammenstellung ist vorgeschlagen, den § 731 der Johow C.P.O. durch folgende Vorschrift zu ersetzen: „Zur Pfändung der durch eine Hy- (Nr 2) pothek gesicherten Forderung ist die Eintragung der Pfändung in das Grundbuch erforderlich. Die Eintragung erfolgt auf Grund des Pfändungsbeschlusses (§ 730 Abs. 1) und der Zustellung desselben an den Drittschuldner. Zur Pfändung der durch eine Briefhypothek gesicherten Forderung ist der Pfändungsbeschluß und die Zustellung desselben an den Drittschuldner sowie die Pfändung des Hypothekenbriefes erforderlich. Die Pfändung des Hypothekenbriefes gilt mit dem Zeitpunkte als bewirkt, in welchem der Hypothekenbrief von dem Gerichtsvollzieher behufs Ablieferung an den betreibenden Gläubiger weggenommen ist. Die Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes finden auf die Pfändung einer Eigenthümerhypothek und einer Grundschuld entsprechende Anwendung." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter I, A S. 2; Vorschi. ζ. S.R. S. 2 ff.; Motive S. 25 ff.) Zu dem Vorschlage waren von Seiten des Urhebers desselben folgende schriftliche Bemerkungen mitgetheilt: „Die Aenderung des in Ansehung des § 7 3 1 früher gemachten Vorschlages trägt den Vorschrift ten des E. über Verpfändung und | Prot 1 12443 Ueberweisung von Hypotheken im Wege der Zwangsvollstreckung Rechnung; zu j 0 h 0 w vergl.§ 1211 in Verbindung mit §§ 1208, 1088, 1112, 1113, ferner auch § 293. Ist der (Nr 14) Exequende Eigenthümer des Hypothekenbriefes, der Brief jedoch abhanden gekommen oder vernichtet, so bleibt das Recht auf Mortifikation, § 1123, pfändbar. In Ansehung der Pfändung einer Sicherungshypothek ist eine besondere Bestimmung nicht nöthig. In Ansehung der Pfändung einer durch Pfandrecht an einem Schiffe oder an einer anderen beweglichen Sache gesicherten Forderung bedarf es keiner Bestimmung, da das Pfandrecht die gepfändete Forderung ohne Weiteres begleitet und in Ansehung der Verpfändung einer durch Schiffspfandrecht gesicherten Forderung eine Eintragung in das Schiffsregister nicht erforderlich ist, zu vergi. Prot. S. 5697. In Betreff der Pfändung von Eigenthümerhypotheken und Grundschulden zu vergi. § 1224 des E." V o n anderer Seite war der Antrag gestellt : Kurlbaum den § 731 C.P.O. (§ 12 Art. 22 der Zusst.) zu streichen (wegen der §§ 1087, 1088, (Nr 37, 5) 1 1 1 2 , 1 1 1 3 , 1 2 0 8 B.G.B.), 367
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch eventuell zu fassen: „Zur P f ä n d u n g der durch eine H y p o t h e k gesicherten F o r d e r u n g ist außer dem Pfändungsbeschlusse u n d der Zustellung desselben an den Drittschuldner die Eintrag u n g der P f ä n d u n g in das Grundbuch oder, wenn die H y p o t h e k eine Briefhypothek I Prot 112444 ist, die Uebergabe des H y p o t h e - | kenbriefes an den Gläubiger erforderlich. Die Uebergabe des Hypothekenbriefes gilt im Falle der Zwangsvollstreckung mit dem Zeitpunkte als bewirkt, in welchem der Hypothekenbrief von dem Gerichtsvollzieher behufs Ablieferung an den Gläubiger w e g g e n o m m e n ist." (Bemerk.: Es wird hierbei vorausgesetzt, d a ß die das Immobiliarsachenrecht betreffenden Uebergangsbestimmungen auch die hierher bezüglichen landesgesetzlichen Vorschriften berücksichtigen werden. Eigenthümerhypothek und Grundschuld sollen bei § 754 C.P.O. berücksichtigt werden.) Beschlossen w u r d e , den § 731 der C . P . O . nach Maßgabe des vorstehenden eventuellen Antrags zu fassen, jedoch mit der Abweichung, daß die W o r t e „oder, w e n n die H y p o t h e k . . . erforderlich." durch die W o r t e ersetzt w e r d e n sollen „wenn aber die H y p o t h e k eine Briefhypothek ist, an Stelle der Eintragung die Uebergabe des Hypothekenbriefes an den Gläubiger erforderlich." Die Mehrheit w a r der Ansicht, d a ß , wenngleich die beschlossene Vorschrift vielleicht schon aus den an Stelle der im § 731 der C . P . O . in Bezug genommenen Landesgesetze k ü n f t i g maßgebenden V o r schriften des B.G.B, abgeleitet werden könne (vergi. § 1208 verbunden mit den §§ 1087, 1088, 1112, 1113), es doch des Zusammenhanges wegen und im Interesse der Deutlichkeit des Gesetzes und der leichteren praktischen H a n d h a b u n g des letzteren angemessen sei, die Vorschrift a u f z u n e h m e n . Die Voraussetzungen, unter I Prot 1 12445 welchen die Eintragung | in das Grundbuch zu erfolgen habe, seien als V e r f a h r e n s vorschriften in d e r G r u n d b u c h o r d n u n g zu regeln. Anlangend den Abs. 3 des § 731 in der Fassung der Zusammenstellung, so sei es richtiger, die Eigenthümerhypotheken und die Grundschulden, da dieselben keine Forderungen, sondern Vermögensrechte anderer Art seien, bei den Eigenthümerhypotheken und den auf den eigenen N a m e n des Berechtigten eingetragenen G r u n d schulden es z u d e m an einem Drittschuldner fehle, bei dem § 754 der C.P.O. zu berücksichtigen (vergi. Entsch. des R.G. in Civils. I X S. 319 ff.). Johow 7. In den schriftlichen Bemerkungen des Referenten des Sachenrechts zu den (Nr 14) neuen (in die Zusammenstellung aufgenommenen) Vorschlägen findet sich nachsteh e n d e A u s f ü h r u n g : „ N a c h Prot. S. 5045 und 5404 ist bei dem Einf. Ges. zu prüfen, ob es nöthig sei, in dasselbe die Vorschrift a u f z u n e h m e n , daß auch der hypothekarische Anspruch als eine G e l d f o r d e r u n g im Sinne der Vorschriften der C.P.O. (§§ 555, 628, 702 N r . 5) zu gelten habe. Eine solche Vorschrift erscheint als nicht erforderlich u n d wäre auch nicht unbedenklich, da leicht das Prinzip der Gleichbehandlung von Ansprüchen mit dinglicher Basis und von Ansprüchen mit obligatorischer Basis verdunkelt werden könnte." Gegen die vorstehende A u s f ü h r u n g w u r d e n von keiner Seite Erinnerungen erhoben. 742. Sitzung vom 20. 1. 1888, Schriftführer: Ege (abwesend w a r : D e r Königl. Sächs. Wirkl. Geheime Rath D r . v o n Weber) I Prot 112447
| Die Berathung über die gedruckte Zusammenstellung der Vorschläge zu dem E n t w ü r f e eines Einführungsgesetzes w u r d e fortgesetzt. Die in § 12 unter Art. 22 zu § 745 der C.P.O. und in Art. 23 zu § 747 der C.P.O. enthaltenen Vorschläge w u r d e n zusammen berathen. 368
Protokolle der 1. Kommission
Dieselben lauten: § 745. „Die Zwangsvollstreckung in Ansprüche, welche die Herausgabe oder Johow Leistung körperlicher Sachen oder die Auflassung einer unbeweglichen Sache zum (Nr 2) Gegenstande haben, erfolgt nach den Vorschriften der §§ 730—744 unter Berücksichtigung der nachfolgenden Bestimmungen." (S.R. § 6,1S. 3, Motive S. 26 ff.) I Art. 23. Hinter § 747 der C.P.O. wird folgende Vorschrift eingeschaltet: § 747 a. „Bei Pfändung eines Anspruches des Schuldners, welcher die Auflassung einer unbeweglichen Sache an ihn zum Gegenstande hat, ist anzuordnen, daß die Bewilligung der Eintragung des Schuldners als Eigenthümer nur dem nach der Bestimmung des § 747 Abs. 1 zu bestellenden Sequester als dem Vertreter des Schuldners abgegeben werde. Der Sequester ist zu ermächtigen und anzuweisen, daß er bei der Auflassung an Stelle des Schuldners dessen Eintragung als Eigenthümer der Sache beantrage und zugleich, nach Wahl des Gläubigers, die Eintragung einer Hypothek in Höhe der Forderung oder einer Sicherungshypothek für dieselbe, wenn aber die Pfändung auf Grund eines nur vorläufig vollstreckbaren Schuldtitels erfolgt ist, die Eintragung einer Vormerkung der einen oder der anderen Art bewillige und beantrage. Ist der Anspruch für mehrere Gläubiger gepfändet, so hat der Sequester die Hypotheken oder die Vormerkungen in der durch die Zeit der Pfändungen bestimmten Reihenfolge eintragen zu lassen; wenn ein Gläubiger eine andere Reihenfolge verlangt, oder die Zeit der Pfändungen nicht erhellt, zu gleichen Rechten unter | dem miteinzutragenden Vorbehalte einer anderweitigen Feststellung des Ranges derselben unter einander." (S.R. § 6, II S. 5, Motive S. 26 ff.)
ι Prot 112448 Johow (Nr 2)
I P r o t ! 12449
Der Vorschlag zu § 747 a wurde von dem Antragsteller dahin berichtigt, daß Johow Abs. 1 Zeile 13 ff. lauten soll „. . . und zugleich die Eintragung einer Sicherungs- (Nr 23) hypothek für die Forderung bewillige und beantrage." und daß in Abs. 2 Zeile 3 die Worte „oder die Vormerkungen" fortfallen sollen. Ferner war beantragt : 1. a) Art. 22. In dem vorgeschlagenen § 745 hinter „unbewegliche Sache" einzu- v. Weber (Nr 28, 1) schalten „an den Schuldner." b) Art. 23 zu fassen: An die Stelle des § 747 der Civilprozeßordnung tritt folgende Vorschrift: § 747. „Bei Pfändung eines Anspruches des Schuldners, welcher die Auflassung einer unbeweglichen Sache an ihn zum Gegenstande hat, ist anzuordnen, daß die Bewilligung der Eintragung des Schuldners als Eigenthümer (nur) einem auf Antrag des Gläubigers vom Amtsgerichte der belegenen Sache zu bestellenden Sequester als dem Vertreter des Schuldners abgegeben werde. Der Sequester ist pp. (wie im Entwürfe § 747 a in Verbindung mit dem Berichtigungsantrage bis | zum Schlüsse des I P r o t i 12450 zweiten Absatzes) unter einander." Kurlbaum 2. § 745 C.P.O. unverändert zu belassen. (Nr 38,2) § 747 C.P.O. (zu vergi. § 747 a, Art. 23 des Entw.) a) Abs. 2 neu: „Hat der Anspruch die Uebertragung des Eigenthums an der unbeweglichen Sache zum Gegenstande, so ist anzuordnen, daß die Uebertragung nur an den Sequester als Vertreter des Schuldners erfolge. Der Sequester ist zu ermächtigen und anzuweisen, daß er an Stelle des Schuldners die zu dem Erwerbe erforderlichen Erklärungen abgebe und zugleich die Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung des Gläubigers bewillige und beantrage. Ist der An-
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
spruch für mehrere Gläubiger gepfändet, so hat der Sequester die Eintragung der Hypotheken in der durch die Zeit der Pfändungen bestimmten Reihenfolge oder, wenn ein Gläubiger eine andere Reihenfolge verlangt oder die Zeit der Pfändungen nicht erhellt, zu gleichen Rechten unter dem miteinzutragenden Vorbehalte einer anderweiten Feststellung des Ranges zu beantragen." Kurlbaum b) Abs. 3. „Die weitere Zwangsvollstreckung in die Sache wird nach den pp."14 (Nr 38,3) Hs wurde beschlossen : 1. Der § 745 C.P.O. bleibt unverändert. 2. Der § 747 C.P.O. erhält folgende Fassung. Abs. 1 unverändert. I Prot 1 12451 | Abs. 2. Hat der Anspruch die Uebertragung des Eigenthums an der unbeweglichen Sache zum Gegenstande, so ist anzuordnen, daß die Uebertragung nur an den Sequester als Vertreter des Schuldners erfolge. Der Sequester ist zu ermächtigen und anzuweisen, daß er an Stelle des Schuldners die zu dem Erwerbe erforderlichen Erklärungen abgebe und zugleich die Eintragung einer Sicherungshypothek für die Forderung des Gläubigers bewillige und beantrage. Ist der Anspruch für mehrere Gläubiger gepfändet, so hat der Sequester zu beantragen, daß die Hypotheken in der durch die Zeit der Pfändungen bestimmten Reihenfolge eingetragen werden; wenn ein Gläubiger eine andere Reihenfolge verlangt oder die Zeit der Pfändungen nicht erhellt, so hat der Sequester die Eintragung der Hypotheken zu gleichen Rechten unter dem miteinzutragenden Vorbehalte einer anderweiten Feststellung des Ranges zu beantragen. Abs. 3. Die Zwangsvollstreckung in die Sache wird nach den für die Zwangsvollstreckung in unbewegliche Sachen geltenden Vorschriften bewirkt. Hiernach ist im Wesentlichen der Antrag unter Nr. 2 angenommen. Erwogen war: Die C.P.O. enthalte in Ansehung der Uebertragung des Eigenthums an einer unbeweglichen Sache wegen der hierzu erforderlichen Grundbuchoperationen I Prot 1 12452 (§§ 828, 868 d. E.) eine Lücke. Der | gedruckte Vorschlag ziehe bei Ausfüllung dieser Lücke auch den Fall herein, wenn der Exequende nicht erst das Eigenthum zu erwerben habe, sondern bereits Eigenthümer sei, in dem Grundbuche aber unrichtiger Weise ein Anderer als Eigenthümer erscheine und deshalb das Grundbuch zu berichtigen sei (§ 843 d. E.) ; aus diesem Grunde rede der Vorschlag von dem Ansprüche auf Auflassung und wolle damit auch den Berichtigungsanspruch bezeichnen. Letzterer gehöre aber nicht hierher; er sei auch nicht ein Anspruch auf Auflassung (§ 868 d. E.), vielmehr ein für sich bestehender Anspruch; die Berichtigung des Grundbuches bezwecke und schaffe nicht, wie die Auflassung einer Rechtsänderung und unterliege auch nicht den Formen der Auflassung. Diesen Berichtigungsanspruch müsse sich der Gläubiger nach Maßgabe des § 754 der C.P.O. überweisen lassen. Es komme also nur der Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums in Betracht (§ 868). Anlangend den sachlichen Inhalt der neu aufzunehmenden Vorschrift, so müsse den Motiven zu dem Vorschlage im § 747 a darin beigetreten werden, daß der daselbst zitirte § 17 des preuß. Ausführungsgesetzes zur C.P.O. ein passendes Vorbild biete. Im Uebrigen seien selbstverständlich die Vorschriften des Entwurfes, insbesondere diejenigen über die Sicherungshypothek, maßgebend. Die
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Im metallographierten Antrag Nr. 38, 3b heißt es noch: Der Fall des Anspruches auf Berichtigung des Grundbuches wird übergangen. Diese Berichtigung ist m. E. keine Auflassung. Der Fall selbst wird durch § 754 Abs. 1 (Ε I) getroffen.
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Protokolle der 1. Kommission Vorschrift sei jedoch nicht als besonderer P a r a g r a p h , sondern entsprechend dem Antrage zu N r . 2, als zweiter Absatz in den § 747 C . P . O . einzuschalten. Hieraus ergebe sich die Fassungsänderung in dem seitherigen Abs. 2 (nun Abs. 3) des § 747. D i e Streichung des ersten Absatzes nach dem Antrage 1 b w ü r d e eine erhebliche Lücke verursachen. I Eine A e n d e r u n g in der Fassung des § 745 C . P . O . sei, auch abgesehen von dem |Prot 1 12453 zuvor Bemerkten, deshalb nicht angezeigt, weil daselbst mit den W o r t e n „Ansprüche, welche die Leistung körperlicher Sachen z u m Gegenstande haben" zweifellos die Ansprüche auf U e b e r t r a g u n g des Eigenthumes an beweglichen wie an unbeweglichen Sachen g e t r o f f e n w ü r d e n . U n t e r diese allgemeine Bezeichnung der C . P . O . falle insbesondere auch der Anspruch des Exequenden gegen den Dritten auf Auflassung, w e n n der Fall so liege, daß nur die Auflassung noch ausstehe. Die in dem Antrage zu N ° 1 bezweckte Verdeutlichung des § 745 der C . P . O . endlich sei nicht erforderlich und k ö n n e ohne gleichzeitige E r g ä n z u n g anderer P a r a g r a p h e n der C . P . O . nicht v o r g e n o m m e n werden. Auf gegebene A n r e g u n g ergab sich allseitiges Einverständniß darüber, daß, w e n n die C . P . O . oder ein sonstiges Gesetz von „unbeweglichen Sachen" rede, hierunter auch die im Entw. § 781 Abs. 2 bezeichneten Berechtigungen zu verstehen seien. Im Hinblick auf die allgemeine Fassung des § 781 Abs. 2 (v. die auf Grundstücke sich beziehenden Vorschriften) erachtete die Kommission die A u f n a h m e einer weiteren jenen G r u n d s a t z z u m Ausdruck bringenden Bestimmung als entbehrlich (Protokolle S. 3303, 3304). In § 12 Art. 24 der gedruckten Zusammenstellung sind die Vorschläge zu § 754, $ 757 der C.P.O. a u f g e f ü h r t . D e r Vorschlag zu § 754 lautet: „Auf die Zwangsvollstreckung in andere V e r m ö - Johow gensrechte, welche nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche (Nr 2) V e r m ö g e n sind, finden die | vorstehenden Bestimmungen entsprechende Anwen- | Prot 1 12454 dung. Ist ein Drittschuldner nicht vorhanden, so ist die P f ä n d u n g mit dem Zeitpunkt als bewirkt anzusehen, in welchem dem Schuldner das Gebot, sich jeder V e r f ü g u n g über das Recht zu enthalten, zugestellt ist. Z u r P f ä n d u n g einer Reallast o d e r eines Nießbrauches an einem Grundstücke ist die Eintragung der P f ä n d u n g in das G r u n d b u c h erforderlich. Die Eintragung erfolgt auf Grund des Pfändungsbeschlusses. Das Gericht kann bei der Zwangsvollstreckung in Rechte, welche nur in Anseh u n g der Ausübung veräußerlich sind, besondere A n o r d n u n g e n erlassen. Es kann insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in N u t z u n g s r e c h t e eine Verwaltung anordnen. In diesem Falle wird die P f ä n d u n g durch Uebergabe der zu benutzenden Sache an den Verwalter bewirkt, sofern sie nicht durch Zustellung des Beschlusses bereits vorher bewirkt ist. Ist die V e r ä u ß e r u n g des Rechts selbst zulässig, so kann auch diese V e r ä u ß e r u n g von dem Gerichte angeordnet werden." (Vorschläge z. S.R. § 6 , 1 S . 3, Motive S. 28 ff.) H i e r z u w a r beantragt: 1. den Abs. 3 des vorgeschlagenen § 754 zu | fassen : „ Z u r P f ä n d u n g des Nießbrau- | Prot 1 12455 ches an einem Grundstücke ist die Eintragung der P f ä n d u n g in das G r u n d b u c h v. Weber erforderlich; die Eintragung erfolgt auf G r u n d des Pfändungsbeschlusses. Dasselbe (Nr 28,2) gilt von der P f ä n d u n g einer Reallast und einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit, soweit diese nach den Vorschriften des bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 312,1047, 371
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
1057, 1059) der Pfändung unterliegen und es sich nicht um rückständige Leistungen handelt: Kurlbaum 2. a) Abs. 3 des Vorschlages zu fassen: „Zur Pfändung des Nießbrauches an (Nr 38, 4) einem Grundstücke, sowie zur Pfändung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit oder einer Reallast ist außer der nach den Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes erforderlichen Zustellung des Pfändungsbeschlusses die Eintragung der Pfändung in das Grundbuch erforderlich." b) Abs. 4 zu fassen: „Das Gericht kann bei der Zwangsvollstreckung in unveräußerliche Rechte, welche in Ansehung der Ausübung veräußerlich sind oder deren Ausübung einem Anderen überlassen werden kann, besondere Anordnungen erlassen. Es kann insbesondere . . . anordnen; in diesem Falle pp." I Prot 1 12456 c) am Schluß als neuen Absatz zuzufügen: „In Ansehung der Zwangsvoll-| strekkung in eine Eigenthümerhypothek oder eine Grundschuld finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Forderungen, welche durch Hypothek gesichert sind, entsprechende Anwendung." Der Vorschlag bezweckt die Einschaltung eines neuen Absatzes 3 in den § 754, dessen Inhalt im Uebrigen unberührt bleiben soll. Beschlossen wurde: Abs. 1 und 2 bleiben unberührt. Abs. 3 (neu): Zur Pfändung des Nießbrauches an einem Grundstücke ist außer der nach den Vorschriften des ersten und zweiten Absatzes erforderlichen Zustellung des Pfändungsbeschlusses die Eintragung der Pfändung in das Grundbuch erforderlich. Dasselbe gilt von der Pfändung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und einer Reallast, soweit diese Rechte der Pfändung unterliegen. Abs. 4 (bisher Abs. 3). Das Gericht kann bei der Zwangsvollstreckung in unveräußerliche Rechte, deren Ausübung einem Anderen überlassen werden kann, besondere Anordnungen erlassen. Es kann insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in Nutzungsrechte die Verwaltung anordnen; in diesem Falle wird die Pfändung (u.s.w. wie in der C.P.O.). Abs. 5 wie der seitherige Abs. 4. Abs. 6 (neu). In Ansehung der Zwangsvollstreckung in eine EigenthümerhypoI Prot 1 12457 thek oder eine Grundschuld finden | die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in eine Forderung, welche durch Hypothek gesichert ist, entsprechende Anwendung. Die Kommission hatte erwogen: Der § 754 müsse durch eine Vorschrift über die Erfordernisse der Pfändung pfändbarer eingetragener Rechte an einem Grundstücke ergänzt werden. Der Inhalt könne kein anderer sein, als der zu dem neuen Abs. 3 beschlossene. Der gedruckte Vorschlag berücksichtige, abgesehen von der Hypothek und der Grundschuld, nur den Nießbrauch und die Reallast, indessen liege kein Grund vor, in die Vorschrift nicht auch die beschränkte persönliche Dienstbarkeit aufzunehmen. Dagegen empfehle sich, da die beschränkte persönliche Dienstbarkeit nur ausnahmsweise, die Reallast nicht immer übertragbar bzw. pfändbar seien, durch einen Zusatz darauf hinzuweisen, daß die Voraussetzung der Pfändbarkeit in concreto vorhanden sein müsse. Eine Bezugnahme auf die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs sei nicht erforderlich, auch kaum genügend. Sehr bedenklich wäre dagegen die in dem Antrage zu Nr. 1 vorgeschlagene, auf rückständige Leistungen sich beziehende und zweifellos richtige Ausnahme. Die Aufnahme der Bestimmung würde im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 1060 und 1090 d. E. eine gleiche Bestimmung in Ansehung der Hypothekenzinsen erforderlich machen; auch Rückstände aus dem Nießbrauche an einem Grundstücke könnten in Frage kommen. 372
Protokolle der 1. Kommission
Anlangend die Fassung des neuen Abs. 3, so sei entsprechend der Reihenfolge, in welcher die Rechte an Grundstücken im Entwürfe normirt seien, die beschränkte persönliche Dienstbarkeit vor der Reallast aufzuführen. | D e r seitherige Abs. 3, nun Abs. 4, müsse eine Fassung erhalten, aus welcher | Prot 1 12458 erhelle, daß er sowohl diejenigen unveräußerlichen Rechte betreffe, deren Ausübung einem Anderen obligatorisch überlassen werden kann, als diejenigen, welche in Ansehung der Ausübung veräußerlich sind. Dies geschehe durch die beschlossene allgemeine Fassung (deren Ausübung einem Anderen überlassen werden kann), wodurch die beiden bezeichneten Kategorieen unveräußerlicher Rechte getroffen werden. In Betracht komme nämlich, daß, wenn auch der Entwurf Rechte der zweiten Kategorie nicht kenne, solche doch nach den Vorschriften anderer neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche in Kraft bleibender Gesetze bestehen könnten. Der letzte Satz des Abs. 4 (seither Abs. 3) sei endlich von dem zweiten Satz nicht durch einen Punkt, sondern durch ein Semikolon zu trennen, weil er sich nur auf den im zweiten Satze bezeichneten Fall beziehe. Die in dem Antrag Nr. 2 vorgeschlagene Bestimmung in Ansehung der Zwangsvollstreckung in eine Eigenthümerhypothek oder eine Grundschuld sei sachlich schon zu S 731 der gedruckten Vorschläge S. 12445 beschlossen; die Uebernahme als Abs. 6 in den § 754 entspreche dem hierbei gemachten Vorbehalte. Der Vorschlag zu § 757 C.P.O., sowie der in Art. 12 Art. 25 der gedruckten Zusammenstellung aufgenommene Vorschlag, betreffend die Aufnahme einer neuen Bestimmung als § 757 a der C.P.O., wurden zusammen berathen. Die Vorschläge lauten : § 757. „Das Verfahren bei der Zwangsver-| Steigerung und der Zwangsverwaltung | Prot 1 12459 von unbeweglichen Sachen, sowie bei der Zwangsversteigerung von Kauffahrtei- Johow schiffen, welche in das Schiffsregister eingetragen sind, und von Parten solcher (Nr 2) Schiffe bestimmt sich nach dem hierüber ergehenden besonderen Gesetze. Entstehen in dem die Zwangsvollstreckung betreffenden Verfahren Rechtsstreitigkeiten, welche in einem besonderen Prozesse zu erledigen sind, so erfolgt die Erledigung nach den Vorschriften dieses Gesetzes. Auf Vertheilungsstreitigkeiten finden die §§ 765—768 entsprechende Anwendung." (Vorschi. z. S. R. § 6, I S. 4, MotiveS. 29). § 757 a. „Die im Wege der Zwangsvollstreckung betriebene Begründung einer Johow Hypothek an einem Grundstücke (oder an einer Berechtigung, welche ein Blatt im (Nr 2) Grundbuche erhalten kann,) erfolgt in Gemäßheit der §§ 846, 1130 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Zur Begründung des Pfändungspfandrechtes an einem in das Schiffsregister eingetragenen Schiffe oder an einer Schiffspart ist die Eintragung der Pfändung in das Schiffsregister erforderlich. Die Eintragung erfolgt auf Grund des Pfändungsbeschlusses." (Vorschi. z. S.R. § 6, II S. 5, Motive S. 29.) 15 I Es war beantragt : I Prot 112460 die §§ 755 bis 757 der Civilprozeßordnung durch folgende Vorschrift zu ersetzen : Kurlbaum „Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen wird durch besondere (Nr 39, 2) Gesetze bestimmt."
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Von Johow ist im handschriftlichen Antrag Nr. 14 zu § 757 a noch auf § 1196 EI (Prot. I, S. 5691 f.) und auf § 1132 E I hingewiesen. 373
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Eventuell: a) im § 756 Abs. 1 der Civilprozeßordnung statt „36" zu setzen „37". Abs. 2 zu fassen: „Dieselbe Anordnung kann getroffen werden, wenn die Zwangsvollstreckung in mehrere Grundstücke desselben Schuldners oder wegen des Anspruches aus einer Hypothek oder Grundschuld in mehrere mit derselben belastete Grundstücke beantragt wird und die Grundstücke in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken liegen." b) S 757: Abs. 1 zu fassen wie den prinzipalen Vorschlag, Abs. 2 zu streichen. Die Kommission beschloß 1. die Aufnahme folgender Vorschrift: Die §§ 755 bis 757 werden ersetzt durch folgende Bestimmung : Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen und in Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind, bestimmt sich nach dem dieselbe betreffenden besonderen Gesetze. 2. die Aufnahme einer Anmerkung zu dieser Bestimmung des Inhalts : I Prot 1 12461 Es ist vorausgesetzt, daß ein besonderes Reichs-| gesetz über die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen u.s.w. nicht später als das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft treten werde. Sollte diese Voraussetzung nicht zutreffen, so würden die §§ 755 bis 757 mit folgenden Aenderungen aufrecht zu erhalten sein: 1. im § 756 Abs. 1 ist das Zitat „§ 36" zu ersetzen durch „§ 37". 2. § 756 Abs. 2 erhält folgende Fassung: Dieselbe Anordnung kann getroffen werden, wenn die Zwangsvollstreckung in mehrere Grundstücke desselben Schuldners oder wegen des Anspruches aus einer Hypothek oder Grundschuld in mehrere mit derselben belastete Grundstücke beantragt wird und die Grundstücke in verschiedenen Amtsgerichtsbezirken liegen. § 757 Abs. 1 erhält den Zusatz: soweit nicht das Bürgerliche Gesetzbuch Vorschriften enthält." § 757 Abs. 2 wird der zweite Halbsatz „inwiefern der Gläubiger berechtigt ist, seine Forderung in das Hypothekenbuch eintragen zu lassen und wie die Eintragung zu bewirken ist" gestrichen. Maßgebend war die Erwägung: Die Kommission müsse davon ausgehen, daß ein besonderes Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen im Wege der Reichsgesetz I Prot 1 12462 | gebung erlassen werde und nicht später als das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft trete. Für diesen Fall empfehle (es)16 sich die Streichung des gesammten Inhaltes der §§ 755 bis 757 der Civilprozeßordnung, indem insbesondere auch die Bestimmungen über die Zuständigkeit (§§ 755, 756) passend in das Reichsgesetz aufzunehmen seien. Letzteres werde zugleich die Zwangsvollstreckung in Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen seien, und die Schiffsparten regeln. Den betreffenden Vorschriften werde sich auch eine Vorschrift über die Begründung des Pfändungspfandrechtes an einem solchen Schiffe oder an einer Schiffspart anschließen müssen (s. Vorschlag zu § 757 a Abs. 2). Sollte sich die erwähnte Voraussetzung der Kommission nicht verwirklichen, so müßten die Bestimmungen der §§ 755 bis 757 der Civilprozeßordnung mit den in der beschlossenen Anmerkung bezeichneten Aenderungen bestehen bleiben. Die eventuell beschlossene Aenderung in § 756 Abs. 1 enthalte die Korrektur eines längst er16
V o m Hrsg. eingeklammert, da wohl nicht zum Text gehörig.
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Protokolle der 1. Kommission kannten Redaktionsfehlers. Die Ergänzung des § 756 Abs. 2 empfehle sich, um eine bei dem Grundsatze der Uebernahme der Hypotheken empfundene Lücke auszufüllen. D e r Zusatz zu § 757 Abs. 1 sei erforderlich, um die einschlagenden, den Landesgesetzen vorgehenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu wahren. D e r eventuell gestrichene zweite Halbsatz des § 757 Abs. 2 wird entbehrlich, weil die Zwangshypothek, auf welche sich jener Halbsatz beziehe, in dem Bürgerlichen Gesetzbuche geregelt sei und die betreffenden Vorschriften (Entw. §§ 1130, 846) durch den zum ersten Absätze beschlossenen Zusatz mit getroffen würden. Hiernach sei auch der erste Absatz des vorgeschlagenden § 757 a ent-| behrlich. | Prot 1 12463 D e r § 12 Art. 26 der gedruckten Zusammenstellung, welcher lautet: Art. 26. D e r § 774 Abs. 2 der Civilprozeßordnung wird durch folgende Vorschrift ersetzt: „Diese Bestimmung kommt im Falle der Verurtheilung zur Eingehung einer Ehe sowie im Falle der Verurtheilung zur Herstellung des ehelichen Lebens nicht zur Anwendung." (Vergi, die Anm. zu § 1276 des Entw.) blieb unbeanstandet. D e r im § 12 Art. 27 der gedruckten Zusammenstellung vorgeschlagene § 810 a der Civilprozeßordnung welcher lautet: § 8 1 0 a . „Hat ein Gläubiger einen Arrestbefehl erwirkt, welcher in ein in das Johow Schiffsregister eingetragenes Schiff oder in eine Schiffspart vollstreckbar ist, so kann (Nr 2) er im W e g e der Vollziehung des Arrestes verlangen, daß für die Forderung in H ö h e des in dem Arrestbefehle in Gemäßheit des § 803 festgestellten Geldbetrages ein Pfandrecht an dem Schiffe oder der Schiffspart in das Schiffsregister eingetragen werde. Das Arrestgericht kann außerdem die zur Bewachung, Verwahrung und Erhaltung des Schiffes erforderlichen Maßregeln treffen." (Vorschi. z. S.R. § 6, II S. 5, 6, Motive S. 2 9 ff.) 1 7 wurde gestrieben in der Erwägung, daß, wenn gemäß | dem Beschluß zu §§ 755 bis | Prot 112464 757 der Civilprozeßordnung die Vorschriften über die Art und Weise, wie durch Kurlbaum Pfändung ein Pfandrecht an einem in das Schiffsregister eingetragenen Schiffe und (Nr 44,1) an einer Schiffspart erworben werde, dem in dem Beschluß bezeichneten Reichsgesetze vorbehalten bleiben, diesem Gesetze auch die Regelung der Vollziehung eines Arrestes in ein solches Schiff oder in eine Schiffspart vorzubehalten sei. Zu dem im § 12 Art. 28 vorgeschlagenen § 811 der Civilprozeßordnung, lautend: „Die Vollziehung des Arrestes in ein Grundstück (oder in eine Berechtigung, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten kann), erfolgt nach Maßgabe der §§ 846, 1132 des Bürgerlichen Gesetzbuches." (Vorschi. z. S.R. § 6 , 1 S . 4, Motive S. 32.) war beantragt, den § 811 zu fassen : „Die Vollziehung des Arrestes in unbewegliches Vermögen bestimmt sich nach besonderen Gesetzen." Es wurde beschlossen : 1. den § 811 dahin zu fassen : Die Vollziehung des Arrestes in unbewegliches Vermögen und in Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind, bestimmt sich nach dem die Zwangsvollstrekkung in jene Gegenstände betreffenden besonderen Gesetze. 2. die Aufnahme einer Anmerkung zu § 811 des Inhaltes : Vgl. Fn. 15. 375
Johow (Nr 2)
Kurlbaum (Nr 44,2)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Es ist von der in der Anmerkung zum § 755 gedachten Voraussetzung ausgeganI Prot 1 12465 gen. Sollte diese Voraussetzung nicht zutreffen, so | w i r d der § 8 1 1 aufrecht zu erhalten sein mit dem Zusätze „soweit nicht das Bürgerliche Gesetzbuch Vorschriften enthält." Maßgebend waren dieselben Erwägungen, welche zu dem Beschlüsse zu §§ 755 bis 757, S. 12460 ff., geführt haben. Der in § 12 Art. 28 der gedruckten Zusammenstellung angeführte § 837 Abs. 1 der Civilprozeßordnung lautet: § 837 Abs. 1. „Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung (Amortisation) abhanden gekommener oder vernichteter Wechsel und der in den Art. 301, 302 des Handelsgesetzbuches bezeichneten Urkunden sowie der Schuldverschreibungen auf Inhaber gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen." (Obi. R. S. 4.) v. Weber (Nr40, la)
Kurlbaum (Nr 44, 3)
Hierzu lagen die Anträge vor : 1. hinter „Schuldverschreibungen auf Inhaber" einzuschalten „und Aktien auf Inhaber" (Zu vergi, die zu § 9 der gedruckten Zusst., Prot. S. 12324, 12325 beschlossene Bestimmung.)
2. den § 837 Abs. 1 der Civilprozeßordnung zu fassen: „Für das Aufgebotsverfahzum Zwecke der Kraftloserklärung (Amortisation) von abhanden gekommenen oder vernichteten Wechseln, Schuldverschreibungen auf Inhaber, Aktien auf Inhaber und Urkunden der in den Artikeln 301, 302 des Handelsgesetzbuches bezeichneten Art. gelten pp." Beschlossen wurde folgende Fassung des § 837 Abs. 1 : I Prot 112466 | Ist ein Wechsel oder eine der in den Artikeln 301, 302 des Handelsgesetzbuches bezeichneten Urkunden oder eine Schuldverschreibung auf Inhaber oder eine Aktie auf Inhaber abhanden gekommen oder vernichtet, so finden auf das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung (Amortisation) der Urkunde die nachfolgenden besonderen Bestimmungen Anwendung. Maßgebend waren hierbei im Wesentlichen die in den Protokollen S. 928 ff. niedergelegten Erwägungen und in Ansehung der Aktien auf Inhaber der in der Sitzung vom 4. Januar zu § 9 des gefaßten Abschnittes der gedruckten Zusammenstellung gefaßte Beschluß (Protokolle S. 12324, 12325). Einverständniß bestand insbesondere darüber, daß künftig die Kraftloserklärung der Schuldverschreibungen auf Inhaber und der Aktien auf Inhaber nur durch die Gerichte im Wege des in der Civilprozeßordnung geordneten Verfahrens erfolgen könne; die Amortisation dieser Urkunden durch andere Behörden oder durch die Emissionsinstitute ausgeschlossen sei. Man erachtete dies als unerläßlich f ü r die Erreichung des angestrebten Zweckes, aber auch f ü r unbedenklich, da die gleiche Regelung des Aufgebotsverfahrens sich in Preußen ohne Anstand vollzogen habe (s. die Begründung der Vorschläge zu dem Entwürfe eines Einführungsgesetzes vom Standpunkte des Obligationenrechtes, S. 115 ff.). ren
Der in § 12 Art. 28 aufgenommene Vorschlag, betreffend den § 839 der Civilprozeßordnung, dahin lautend : I Prot 1 12467 | „§ 839. Für das Aufgebotsverfahren ist das Gericht des Ortes zuständig, welchen johow die Urkunde als den Erfüllungsort bezeichnet. Erhält die Urkunde eine solche Be(Nr 2) Zeichnung nicht, so ist das Gericht zuständig, bei welchem der Aussteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat und in Ermangelung eines solchen Gerichts dasjenige, 376
Protokolle der 1. Kommission
bei welchem der Aussteller zur Zeit der Ausstellung seinen allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. Ist der Anspruch, über welchen die Urkunde ausgestellt ist, in ein Grundbuch eingetragen, so ist das Gericht der belegenen Sache, und ist dasselbe in ein Schiffsregister eingetragen, so ist das Gericht, in dessen Bezirke die Registerbehörde ihren Sitz hat, ausschließlich zuständig." 18 wurde von seinem Urheber zurückgezogen. Der ebendaselbst Art. 29 enthaltene Vorschlag, betreffend die Einschaltung eines neuen § 839a des Inhaltes: „Unberührt bleiben die Vorschriften, durch welche für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung von Schuldverschreibungen auf Inhaber, welche das Reich oder ein Bundesstaat ausgestellt oder für deren Bezahlung das Reich oder ein Bundesstaat die H a f t u n g übernommen hat, ein bestimmtes Amtsgericht f ü r ausschließlich zuständig erklärt wird." (Obi. R.S. 5.) wurde abgelehnt. Die Kommission konnte sich nicht überzeugen, daß die f ü r den Vorschlag angeführten | Gründe (s. Begründung a. a. O. S. 127 ff.) die Aufnahme der Vorschrift rechtfertigten, hielt vielmehr die allgemeine Vorschrift des § 839 auch in Ansehung der in dem Vorschlage bezeichneten Schuldverschreibungen für ausreichend. Zu dem in Art. 29 aufgenommenen Vorschlage, betreffend die Aufnahme eines neuen § 839b der Civilprozeßordnung des Inhaltes: „Die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Erledigung von Aufgeboten zum Zwecke der Kraftloserklärung von Schuldverschreibungen auf Inhaber f ü r den Bezirk mehrerer Amtsgerichte desselben Landgerichtsbezirkes einem derselben übertragen wird, bleiben unberührt, mit der Maßgabe, daß, wenn hiernach das Aufgebot durch ein anderes als das gesetzlich zuständige Gericht erlassen wird, die Anheftung des Aufgebotes an die Gerichtstafel des gesetzlich zuständigen Gerichtes erfolgen, sowie, daß auf Verlangen des Antragstellers die Erledigung des Aufgebotsverfahrens durch das gesetzlich zuständige Gericht geschehen muß." (Obi. R. S. 5.) war beantragt, die vorgeschlagene Bestimmung dahin zu fassen : „Die landesgesetzlichen . . . auf Inhaber oder von Aktien f ü r den Bezirk . . . mit der Maßgabe, daß auf Verlangen des Antragstellers die Erledigung des Aufgebotsverfahrens durch das nach dem § 839 zuständige Gericht erfolgt und daß, wenn das Auf-| gebot durch ein anderes als das nach dem § 839 zuständige Gericht erlassen wird, die Anheftung des Aufgebotes an die Gerichtstafel des letzteren zu bewirken ist." Die Kommission beschloß, hinter § 839 der Civilprozeßordnung eine Bestimmung folgenden Inhaltes einzuschalten : Die Erledigung der Anträge auf Erlassung des Aufgebotes zum Zwecke der Kraftloserklärung von Schuldverschreibungen auf Inhaber oder von Aktien auf In18
Von v. Weber lag hierzu der Antrag Nr. 40, l b vor: § 839 Abs. 2, die Worte: „und ist dasselbe in ein Schiffsregister eingetragen, so ist das Gericht, in dessen Bezirke die Registerbehörde ihren Sitz hat," im Entwürfe zu streichen und, da hiernach der § 839 Abs. 2 der C.P.O. unverändert bleibt, den § 839 überhaupt unerwähnt zu lassen. (Anmerkung: Das Aufgebot der Verpfändungsurkunde bei einem Schiffspfandrecht, welches der Entwurf des Einführungsgesetzes zum Sachenrecht (§ 6) nach den Motiven Seite 33 hier im Sinne hatte, hat sich mit Streichung der Vorschriften des § 476 Abs. 1, 3 und des § 478 Abs. 2 des Entw. des Sachenrechtes (Prot. I, S. 5697—5699) erledigt. Das Aufgebot zum Zwecke der Kraftloserklärung eines im Schiffsregister eingetragenen Pfandrechtes, welches in den angezogenen Motiven außerdem erwähnt wird, kommt bei diesem Paragraphen nicht in Betracht. 377
| Prot 112468
Kurlbaum (Nr 44, 4) | Prot 112469
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
haber kann durch die Landesjustizverwaltung für den Bezirk mehrerer Amtsgerichte desselben Landgerichtsbezirkes einem dieser Amtsgerichte übertragen werden. Auf Verlangen des Antragstellers erfolgt die Erledigung durch das nach dem § 839 zuständige Gericht. Wird das Aufgebot durch ein anderes als das nach dem § 839 zuständige Gericht erlassen, so ist die öffentliche Bekanntmachung auch durch Anheftung an die Gerichtstafel des letzteren Gerichtes zu bewirken. Die Kommission erkannte das Bedürfniß eines derartigen Vorbehaltes an (s. Begründung a. a. O. S. 118, 128), hielt jedoch, da es sich nur um einen generellen Vorbehalt zu Gunsten der Landesjustizverwaltung in Gemäßheit des § 19 des Bürgerlichen Gesetzbuches handeln könne, die Nachbildung des § 19 d. E. für angezeigt. 743. Sitzung vom 23. 1. 1888, Schriftführer : Ege
I Prot 112471
| Die Berathung des Einführungsgesetzes und zwar der die Aenderung der (Zivilprozeßordnung betreffenden Vorschläge ($12 der gedr. Zusammenstellung) wurde fortgesetzt. 1. Vorgeschlagen ist, hinter § 840 der Civilprozeßordnung folgende Vorschrift einzustellen : § 840 a. „Auf den Antrag auf Erlassung des Leistungsverbotes in Beziehung auf Schuldverschreibungen auf Inhaber finden die Vorschriften des § 824 Abs. 1 und des § 829 Abs. 2 auch dann Anwendung, wenn über den Antrag vor der Einleitung des Aufgebotsverfahrens zu entscheiden ist. Das Leistungsverbot ist dem Aussteller von Amtswegen zuzustellen." (Obi. R. S. 5.) I Prot 1 12472 | Ferner war beantragt, hinter § 848 der Civilprozeßordnung folgende Vorschrift einzustellen : § 848 a. „Wird nach öffentlicher Bekanntmachung des im § 693 Abs. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Verbotes der Antrag auf das Aufgebot zurückgenommen oder wird nach Erlaß des Aufgebotes das Aufgebotsverfahren, ohne daß ein Ausschlußurtheil erlassen wird, wegen Zurücknahme des Antrages oder aus einem anderen Grunde eingestellt, so ist dies nach Maßgabe der Vorschriften des § 825 öffentlich bekannt zu machen." Kurlbaum Weiter war beantragt, § 840 a der Vorschläge und § 848 a (s. vorstehenden An(Nr 44, 5) trag) als § 850a zu fassen: „Wird beantragt, vor Einleitung des Aufgebotsverfahrens das im § 693 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichnete Leistungsverbot zu erlassen, so kann die Entscheidung ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Das Verbot ist von Amtswegen zuzustellen. Wird nach öffentlicher Bekanntmachung des Verbotes das Aufgebotsverfahren ohne Erlassung eines Ausschlußurtheiles erledigt, so ist das Verbot zurückzunehmen und die Zurücknahme durch den Reichsanzeiger bekannt zu machen." Beschlossen wurde die Aufnahme nachstehender Vorschrift als § 850 a der Civilprozeßordnung: Auf den Antrag, vor Einleitung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der KraftI Prot 1 12473 loserklärung einer Schuldverschreibung auf | Inhaber oder einer Aktie auf Inhaber das im § 693 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichnete Leistungsverbot zu erlassen, finden die Vorschriften des § 824 Abs. 1 Anwendung. Wird das Aufgebotsverfahren nach öffentlicher Bekanntmachung des Aufgebotes oder des im § 693 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Leistungsverbotes ohne Erlassung des Ausschlußurtheiles erledigt, so ist von Amtswegen das erlassene 378
Protokolle der 1. Kommission
Verbot aufzuheben und die Erledigung des Verfahrens sowie die Aufhebung des Verbotes durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Die Kommission erwog: Kein Zweifel könne darüber bestehen, daß, wenn nach Maßgabe des § 693 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Antrag auf Erlassung des Leistungsverbotes bei Einleitung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der Kraftloserklärung einer Schuldverschreibung auf Inhaber oder einer Aktie auf Inhaber zu entscheiden sei, sowohl in Ansehung der Form, in welcher der Antrag gestellt werden könne, als des Verfahrens die Bestimmungen des § 824 Abs. 1 der Civilprozeßordnung Platz greifen. Dagegen sei in dieser Beziehung die Aufnahme einer Vorschrift für den Fall am Platze, wenn nach Maßgabe des § 693 Abs. 3 vor Einleitung des Aufgebotsverfahrens über den Antrag auf Erlassung des Leistungsverbotes zu entscheiden sei. Es erscheine unbedenklich und passend, auf diesen Fall die Bestimmungen des § 824 Abs. 1 für anwendbar zu erklären. O h n e genügenden Grund werde aber vorgeschlagen, auch die Vorschrift des § 829 Abs. 2 der Civilprozeßordnung auf den gedachten Antrag | f ü r anwendbar zu erklären. Aus der Vorschrift des § 693 Abs. 3 erhelle, daß die |Proti 12474 allgemeinen Voraussetzungen f ü r die Erlassung des Aufgebotes vorhanden sein müßten. Hiernach finde insbesondere § 840 der Civilprozeßordnung Anwendung. Dies sei genügend und nicht ersichtlich, warum für den gedachten Fall die Vorschrift des § 829 Abs. 2 f ü r anwendbar erklärt werden sollte, während in dem Fall, wenn das Aufgebot sofort und mit demselben das Leistungsverbot erlassen werden könnten, die Vorschrift des § 829 Abs. 2 keine Anwendung fände. Ueberflüssig sei die vorgeschlagene Bestimmung, daß das Leistungsverbot von Amtswegen zugestellt werden müsse. Denn dies erhelle mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Wortlaute der Vorschriften in § 693 Abs. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die Aufnahme der Bestimmung würde eher zu dem Zweifel Anlaß geben, ob das Gleiche auch von der in § 693 Abs. 1 bezeichneten Benachrichtigung zu gelten habe, deren Zustellung doch nach dem Sinne des Gesetzes ebenfalls von Amtswegen erfolgen solle. Durch eine ausdrückliche Vorschrift sei ferner Fürsorge zu treffen, daß das Leistungsverbot (§ 693 Abs. 1, 3), wenn es öffentlich bekannt gemacht worden sei, das Aufgebotsverfahren aber ohne Erlassung des Ausschlußurtheiles sich erledige, durch das Gericht von Amtswegen aufgehoben und die Aufhebung des Verbotes öffentlich bekannt gemacht werde. Desgleichen müsse für alle Fälle, in welchen nach öffentlicher Bekanntmachung des Aufgebotes das Aufgebotsverfahren ohne Erlassung des Ausschlußurtheiles eingestellt werde, ohne Rücksicht darauf, ob das Leistungsverbot ergangen sei, die Bekanntmachung der Erledigung des Verfahrens vorgeschrieben werden, | im Hinblick darauf, daß ein Papier, welches aufgeboten worden, mit einem | Prot 1 12475 Makel behaftet und seine Verkehrsfähigkeit gehemmt sei. Es genüge übrigens in beiden Richtungen die einmalige Einrückung in den Deutschen Reichsanzeiger. Auch die Vorschrift beziehe sich nur auf das Aufgebot einer Schuldverschreibung auf Inhaber oder einer Aktie auf Inhaber, nicht auch auf dasjenige eines Wechsels und einer der an Art. 301, 302 des Handelsgesetzbuches bezeichneten Urkunden. Zur Genüge komme dies zum Ausdruck, wenn die Vorschrift mit der ersteren, ausdrücklich beschränkten Vorschrift in einem Paragraphen als zweiter Absatz verbunden werde. Ihre passende Stellung erhalte endlich die ganze Bestimmung am Schlüsse der Vorschriften der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren (als § 850 a). 2. Zu § 842 der Civilprozeßordnung ist die Aufnahme folgender Vorschrift, als Absatz 3, vorgeschlagen: „Betrifft das Aufgebot eine Schuldverschreibung auf Inhaber, f ü r deren Aufgebot die Bekanntmachung durch auf der Schuldverschreibung selbst namentlich bezeichnete Blätter besonders vorgeschrieben ist, so erfolgt die 379
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
v.Weber (Nr 40, 2) I Prot 1 12476
Kurlbaum (Nr 44,6)
öffentliche Bekanntmachung des Aufgebotes auch durch einmalige Einrückung in diese Blätter." (Obi. R. S. 5.) Hierzu war beantragt, a) den § 842 Abs. 3 zu fassen: „Betrifft das Aufgebot eine Schuldverschreibung a u f Inhaber oder Aktie auf Inhaber (eventi, „ein Inhaberpapier"), für deren | (dessen) Aufgebot die Bekanntmachung in bestimmten anderen Blättern landesgesetzlich oder in der U r k u n d e selbst besonders vorgeschrieben ist, so erfolgt die öffentliche Bekanntmachung auch durch Einrückung in diese Blätter." b) zu fassen „ . . . Inhaber oder eine Aktie auf Inhaber, f ü r deren Aufgebot die Bekanntmachung durch Einrückung in bestimmte andere Blätter landesgesetzlich oder in Privilegien oder Statuten besonders pp." Die Kommission beschloß die Aufnahme nachstehender Vorschrift als Abs. 3 des § 842: Betrifft das Aufgebot eine Schuldverschreibung auf Inhaber oder eine Aktie auf Inhaber, f ü r deren Aufgebot die öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte andere Blätter landesgesetzlich oder in der Urkunde besonders bestimmt ist, so erfolgt die Bekanntmachung auch durch Einrückung in diese Blätter.
Die Kommission hatte erwogen : Die Vorschrift entspreche einem Beachtung erheischenden Bedürfnisse, welches auch mehrfach in den zur Regelung des Aufgebotswesens ergangenen Landesgesetzen entsprechende Berücksichtigung gefunden habe (vergi. Begründung der V o r schläge zum Einführungsgesetze, das Recht der Schuldverhältnisse betreffend, S. 131). Die Befugniß zur Erlassung der in der Frage stehenden Bestimmung könne füglich allgemein der Landesgesetzgebung überlassen werden, welche vorzugsweise im Stande sei, besondere, in Betracht kommende lokale Verhältnisse zu berücksichtiI Prot 1 12477 gen. D a | unter Landesgesetz jede landesrechtliche Rechtsnorm zu verstehen sei, so falle darunter auch die nach dem Landesrechte wirksame Bestimmung in der landesgesetzlich erforderlichen staatlichen Genehmigung zur Ausgabe der Inhaberpapiere. Daneben empfehle sich aber noch die Erwähnung des Falles, wenn in der Urkunde die Bekanntmachung des Aufgebotes in bestimmten anderen Blättern, außer in den in § 842 Abs. 1 bezeichneten, bestimmt werde. In einer solchen Bestimmung sei eine Umgrenzung der Rechte und Pflichten aus dem Inhaberpapier zu finden. Ob ein solcher Fall vorliege, sei eine konkrete Auslegungsfrage. Die landesgesetzliche bezw. die in der U r k u n d e enthaltene Bestimmung sei selbstverständlich auch dafür maßgebend, wie oft die Einrückung in die anderen Blätter stattzufinden habe. v. Weber (Nr 40,3)
3. Zu §§ 843, 844, 845 der Civilprozeßordnung lagen die Anträge vor: der § 843 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „Bei Werthpapieren, f ü r welche von Zeit zu Zeit Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine ausgegeben werden, ist u.s.w. ausgegebenen Reihe von Zinsscheinen, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine fällig u.s.w." b) § 844 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „Bei Werthpapieren, für welche Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine zuletzt u.s.w. abgelaufen sind. Scheine f ü r Zeitabschnitte, f ü r welche keine Zinsen, Renten oder Gewinnantheile bezahlt werden u.s.w." c) § 845 erhält folgende Fassung: „Bei Werthpapieren, für welche Zinsscheine, I Prot 1 12478 Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine | ausgegeben sind, u.s.w." a)
Die Anträge, welche die Herstellung der Uebereinstimmung in der Fassung der §§ 843, 844, 845 der Civilprozeßordnung mit derjenigen der §§ 691, 692, 693 Abs. 1, 380
Protokolle der 1. Kommission 2, §§ 697, 698 des Bürgerlichen Gesetzbuches, woselbst neben den Zinsscheinen und Gewinnantheilscheinen die Rentenkupons genannt sind, bezwecken, wurden angenommen. 4. Des Weiteren war beantragt, v. Weber an die Stelle des § 847 der Civilprozeßordnung tritt folgende Vorschrift: „Der (Nr 40, 3) Zeitraum zwischen dem Tage, an welchem die erste Einrückung des Aufgebotes in den Deutschen Reichsanzeiger erfolgt ist, und dem Aufgebotstermine muß mindestens sechs Monate und soll nicht mehr als ein Jahr betragen." (Anmerkung. Vergi. Prot. S. 925; Gutachten der Königl. Preuß. Hauptverwaltung der Staatsschulden S. 43 und Art. IV. S. 46.) Die Kommission beschloß folgenden Zusatz zu § 847 der Civilprozeßordnung: Der Aufgebotstermin darf nicht über ein Jahr hinaus bestimmt werden; solange ein so naher Termin nicht bestimmt werden kann, findet das Aufgebot nicht statt. Der Antrag reproduzirt eine auch von dem erwähnten Gutachten der Königlich Preußischen Hauptverwaltung der Staatsschulden vom 18. November 1886 aufgenommene Bestimmung des Sächsischen Gesetzes vom 6. März 1879 (§ 14). Dieselbe hat den Zweck, zu vermeiden, daß in den Fällen der §§ 843 ff. der Civilprozeßordnung die Bekanntmachungen zu den oft erst nach einer Reihe von Jahren zulässigen Aufgebotsterminen zu früh erfolgen. Die Möglichkeit | eines mehrmaligen Besitz- | Prot 1 12479 wechseis während eines so langen Zeitraumes, wie er sich aus den Vorschriften der §§ 843 ff. ergebe, liege zu nahe, und die Gefahr für denjenigen, welcher das Papier vor dem Aufgebotstermine zuletzt erwerbe, sei zu groß. Dieser Gefahr soll durch die Vorschrift vorgebeugt werden (s. das erwähnte Gutachten a. a. O.; Begründung der Vorschläge zum Einführungsgesetze, das Recht der Schuldverhältnisse betreffend, S. 132 ff.). Die Kommission erkannte das Gewicht dieser Gründe an, erwog aber weiter, daß durch die vorgeschlagene Bestimmung allein der angestrebte Zweck nicht sicher erreicht werde, wenn nicht zugleich vorgeschrieben werde, das Aufgebot solle nicht stattfinden, solange ein genügend naher Termin nicht bestimmt werden könne. Eine solche Bestimmung lasse sich aber nicht an eine Beschränkung des von der ersten Einrückung des Aufgebotstermines bis zu dem Termine freizulassenden Zeitraumes anschließen, da die öffentliche Bekanntmachung vielleicht hinausgeschoben werden könne, sondern nur an das Verbot der Bestimmung eines zu weit hinausliegenden Termines. Die in dieser Form gegebene Beschränkung gefährde das Interesse des Antragstellers nicht, weil derselbe mit Rücksicht auf dieselbe nach Maßgabe der Vorschrift des § 693 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches das Leistungsverbot beantragen könne. Die Berathung wandte sich zu dem gedruckten Vorschlag, hinter § 847 der Civilprozeßordnung folgende Vorschrift einzustellen: § 847 a. „Unberührt bleiben besondere Vorschriften in Ansehung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke | der Kraftloserklärung bestimmter Schuldverschreibungen | Prot 1 12480 auf Inhaber, über die Voraussetzungen, unter welchen das Aufgebot beantragt oder erlassen werden kann, sowie über das Erforderniß eines gewissen Zeitablaufes von dem Verluste einer solchen Schuldverschreibung an bis zu deren Amortisation, und über die Vorlegung eines sich auf die hiernach einzuhaltende Zeit erstreckenden Zeugnisses des im § 843 Abs. 2 und im § 844 Abs. 2 bezeichneten Inhalts. In besonderen Vorschriften darf nicht bestimmt werden, daß, entgegen den Vorschriften des § 824 Abs. 1 und des § 829 Abs. 2, eine mündliche Verhandlung, insbesondere in einem der Einleitung des Aufgebotsverfahrens vorausgehenden Ermittelungsverfahren, vorgenommen wird, oder daß die Beeidigung des Antragstellers 381
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
oder der Zeugen stattfinden müsse, oder daß das Gericht die f ü r ein Ermittelungsverfahren bestimmten Fristen verlängern könne." (Obi. R. S. 5, 6.) Folgende Anträge lagen hierzu vor: v. Mandry a) die Bestimmung als Nr. 2 a zu § 15 des Einführungsgesetzes der C.P.O. zu (Nr 42,1) beschließen. v. Weber b) den Eingang des § 847 a zu fassen : „Unberührt bleiben besondere landesgesetz(Nr 44, 4) liebe Vorschriften in Ansehung des Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der Kraftloserklärung bestimmter Schuldverschreibungen auf Inhaber oder Aktien auf Inhaber über pp. von dem Verluste einer solchen Schuldverschreibung oder Aktie an bis pp. Inhaltes." I Prot 1 12481 | c) in Abs. 1 die Schlußworte „und über die Vorlegung u.s.w." zu streichen. Kurlbaum {Bemerk. Sie werden durch Konservirung der Vorschriften über die Vorausset(Nr 44,7) zungen gedeckt.) Die Berathung beschränkte sich zunächst auf den Abs. 1 des vorgeschlagenen § 847 a. Die Kommission beschloß die Ablehnung desselben in der Erwägung: es fehle am Nachweise eines wirklichen Bedürfnisses f ü r einen derartigen Vorbehalt. Auch lasse sich die Tragweite einer solchen bei der kaum zu bewältigenden Schwierigkeit, den Vorbehalt mit Sicherheit auf bestimmte Kategorien von Papieren zu beschränken, nicht übersehen. Bei der Aufnahme einer entsprechenden Bestimmung stehe vielmehr zu befürchten, daß hierdurch den Gefahren und Uebelständen, zu deren Vermeidung das Aufgebotsverfahren in Ansehung der Schuldverschreibungen auf Inhaber und der Aktien auf Inhaber einheitlich zu regeln beschlossen worden, T h ü r und T h o r geöffnet werde. Soweit ein Bedürfniß erkannt werden könne werde dasselbe durch die heute beschlossene neue Fassung des § 847 der Civilprozeßordnung, S. 12478, im Wesentlichen befriedigt. Mit der Ablehnung des ersten Absatzes kommt auch der Abs. 2 des § 847 a, in welchem nur eine gewisse Beschränkung des Vorbehaltes vorgeschlagen ist, von selbst in Wegfall. CPO § 848
6. Zu § 848 der Civilprozeßordnung ist vorgeschlagen : „Der § 848 der Civilprozeßordnung erhält folgenden Zuatz als Abs. 4 : Betrifft das Aufgebotsverfahren eine Schuldverschreibung auf Inhaber, f ü r welche die Bekanntmachung des Ausschlußurtheiles durch auf der Schuldverschreibung selbst namentI Prot 1 12482 lieh bezeichnete Blätter besonders vorgeschrieben ist, so | erfolgt die Bekanntmachung auch durch einmalige Einrückung in diese Blätter." (Obi. R. S. 6.) Beantragt wurde : v. Weber (Nr 40, 5)
a) den vorgeschlagenen Abs. 4 des § 848 zu fassen: „Betrifft das Aufgebotsverfaheine Schuldverschreibung auf Inhaber oder Aktie auf Inhaber (eventuell „ein Inhaberpapier"), f ü r welche (welches) die Bekanntmachung des Ausschlußurtheiles in bestimmten anderen Blättern landesgesetzlich oder m der Urkunde selbst besonders vorgeschrieben ist, so erfolgt die Bekanntmachung auch in diesen Blättern." 19
ren
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Ferner war von v. Weber in Nr. 40, 6 beantragt, hinter § 848 der CPO folgende Vorschrift einzustellen: „Wird nach öffentlicher Bekanntmachung des im § 693 Abs. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Verbotes der Antrag auf das Aufgebot zurückgenommen oder wird nach Erlaß des Aufgebotes das Aufgebotsverfahren, ohne daß ein Ausschlußurtheil erlassen wird, wegen Zurücknahme des Antrages oder aus einem anderen Grunde eingestellt, so ist dies nach Maßgabe der Vorschriften des § 825 öffentlich bekannt zu machen."
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Protokolle der 1. Kommission b) in § 848 den beantragten Zusatz dem Abs. 2 anzuschließen in der Fassung: „Betrifft. . . Inhaber oder eine Aktie auf Inhaber, für welche die Bekanntmachung des Ausschlußurtheils durch Einrückung in bestimmte andere Blätter landesgesetzlich oder in Privilegien oder Statuten vorgeschrieben ist, so erfolgt die Bekanntmachung auch durch Einrückung in diese Blätter." Beschlossen wurde die Aufnahme nachstehender Vorschrift, und zwar als Zusatz zu Abs. 2 des § 848 (als zweiter Satz des zweiten Absatzes) : Betrifft das Aufgebot eine Schuldverschreibung auf Inhaber oder eine Aktie auf Inhaber, für welche die Bekanntmachung des Ausschlußurtheiles durch bestimmte andere Blätter landesgesetzlich oder in der Urkunde besonders bestimmt ist, so erfolgt die Bekanntmachung auch durch diese Blätter. Maßgebend waren die Gründe, welche zur Aufnahme einer gleichen Bestimmung zu § 842 der | Civilprozeßordnung geführt haben, vergi. S. 12476, weiter aber die Erwägung, daß kein Grund vorliege, die Bestimmung nicht auch auf die Bekanntmachung des auf die Anfechtungsklage ergangenen Urtheiles (§848 Abs. 3) auszudehnen. 7. In der gedruckten Zusammenstellung folgt der Vorschlag: „Der § 872 der Civilprozeßordnung wird durch folgende Vorschrift ersetzt: §§ 872. Auf Schiedsgerichte, welche durch einseitiges Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Verfügung von Todeswegen nach Maßgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches (Rechtes) angeordnet sind, finden die Vorschriften der §§ 851 bis 871 entsprechende Anwendung." (Motive z. Erbr. Entw. S. 1135.) Dem Vorschlage sind von seinem Urheber die nachstehenden Bemerkungen beigegeben : „Der Entwurf übergeht den Schiedsvertrag (compromissum et receptum) als durch die Civilprozeßordnung (§§ 851 bis 871 über den Schiedsvertrag unter Lebenden, § 872 über die Anordnung schiedsrichterlicher Entscheidung durch einseitiges Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch letztwillige Verfügung) vollständig gedeckt, Prot. S. 2602, vergi, jedoch §§ 177, 372. Da indessen § 872 die Vorschriften der §§ 851 bis 871 auf die letzterwähnten einseitigen oder letztwilligen Anordnungen nur anwenden will, „sofern dieselben statthaft" und diese Frage nach Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht mehr nach Landesrecht zu beurtheilen sein wird, sondern nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche, ist die Prüfung nicht zu umgeben,| ob ein Schiedsgericht auch durch einseitiges Rechtsgeschäft unter Lebenden oder durch Verfügung von Todeswegen künftighin angeordnet werden könne (compromissum, receptum ist außer Frage). Die Frage wird für einseitige Rechtsgeschäfte unter Lebenden aus der Analogie dahin zu bejahen sein, daß, insoweit das Bürgerliche Gesetzbuch einseitige Rechtsgeschäfte als verbindlich zuläßt (§ 341 d. E.), auch für die hieraus entstehenden Streitigkeiten ein Schiedsgericht durch einseitiges Rechtsgeschäft besonders angeordnet werden kann. Daß schiedsrichterliche Entscheidung durch erbrechtliche d. h. vermögensrechtliche Verfügungen von Todeswegen (im Gegensatze von familienrechtlichen Verfügungen von Todeswegen, vergi, die Fassung § 1710 Abs. 1) angeordnet werden kann, ergeben unzweifelhaft die Vorschriften der §§ 1710, 1714, 1836 ff., 1906, 1907, 1914 K.E. Man wird in jeder solchen Anordnung die Auflage an den betreffenden Erben oder Vermächtnißnehmer zu erblicken haben, sich schiedsrichterliche Entscheidung gefallen zu lassen. Der § 872 bedarf aus dem Gesichtspunkte des Erbrechts nur insofern einer Aenderung, als statt „letztwilliger Verfügung" gesetzt wird „Verfügung von Todeswegen", eine Aenderung, welche zweifellos dem Sinne der C.P.O. entspricht. 383
Kurlbaum (Nr 44, 8)
| Proti 12483
Schmitt (Nr 3)
| Prot 1 12484
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Ob und inwieweit durch Verfügung von Todeswegen die schiedsrichterliche Entscheidung familienrechtlicher Streitigkeiten angeordnet werden kann, hat das Familien-Recht zu beantworten. Die Frage wird wohl mit Rücksicht auf die Natur solcher Prozesse zu verneinen sein, wie denn auch das Familien-Recht hierüber I Prot 1 12485 m. W. schweigt. D e r | § 1636 Nr. 8 K.E. hat einen anderen Fall im Auge."20 Die Kommission erachtete die durch den Vorschlag bezweckte Deklaration des § 872 nicht für erforderlich und lehnte deshalb den Vorschlag ab. TE-EG « 1 3
8. Noch kamen zur Berathung die Anträge des Referenten des allgemeinen Theils und des Erbrechtes, beziehungsweise der in den Vorschlägen zum Einführungsgesetz vom Standpunkte des Rechtes der Schuldverhältnisse enthaltene Antrag zu § 15 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung, welche nach § 13 der gedruckten Zusammenstellung lauten : „Die Vorschriften des § 15 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung werden dahin geändert:
Kurlbaum
a) die Nr. 2 des § 15 erhält folgende Fassung: Die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verfahren in Betreff der Sperre der Zahlung abhanden gekommener Inhaberpapiere, welche nicht Schuldverschreibungen auf Inhaber im Sinne der §§ 685 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches sind; über das Verfahren bei Streitigkeiten, welche die Zwangsenteignung und die Entschädigung wegen derselben betreffen; b) die Nr. 3, 5 und Abs. 2 des § 15 werden aufgehoben." 20
Schmitt (Nr 3)
Der in den § 13 der Zusammenstellung aufgenommene Antrag, für aufgehoben zu erklären auch die Vorschrift des Einführungsgesetzes §15 Nr. 2, insoweit sich dieselbe auf die landesgesetzlichen Vorschriften über die Fortdauer des Gerichtsstandes einer Gesellschaft, einer Genossenschaft oder eines Vereins nach Auflösung derselI Prot 1 12486 ben beziehen, sowie die Nr. 5 des § 15, insoweit sich | dieselbe auf die Vorschriften des französischen und badischen Rechtes über das Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Eheleuten bezieht, ist an den bezeichneten Orten nicht gestellt. Es finden sich jedoch in der Begründung zu den Vorschlägen zu dem Entwürfe eines Einführungsgesetzes vom Standpunkte des allgemeinen Theiles, S. 182, 183 zu beiden Punkten Ausführungen, welche die Aufnahme jenes Antrages in den § 13 der gedruckten Zusammenstellung veranlaßt haben, v. Weber Beantragt war : (Nr 40, 7) a) in der vorgeschlagenen Fassung der Nr. 2 des § 15 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung nach den Worten „welche nicht Schuldverschreibungen auf Inhaber im Sinne der §§ 685 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches" einzuschalten „oder Aktien auf Inhaber" eventuell Die Worte „über das Verfahren in Betreff der Sperre u.s.w. sind" ganz wegzulassen. v. Mandry b) die Nr. 2 des § 15 zu fassen: „Die landesgesetzlichen Vorschriften über das (Nr 42,2) Verfahren in Betreff der Sperre der Zahlung der von dem Bundesstaate ausgestellten und abhandengekommenen Schuldscheine auf die Inhaber; über das Verfahren . .." (Bemerk: Der Vorbehalt setzt voraus, daß den Landesgesetzen vorbehalten bleibt, bezüglich der von den betreffenden Bundesstaaten ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber neben dem Institute der nach vorausgegangenem Aufgebotsverfahren ergehenden Kraftloserklärung das Institut der gerichtlichen Zahlungssperre
20
384
Nach dem Antrag 44, 9 von Kurlbaum sollte § 872 CPO unverändert bleiben.
Protokolle der 1. Kommission beizubehalten. Ein entsprechender Vorbe-| halt wird, unter Ausscheidung der Zins- | Prot 1 12487 scheine u.s.w. zu § 103 der gedruckten Zusammenstellung gestellt werden). c) den § 13 der Zusammenstellung zu fassen: „Die im § 15 Nr. 2, 3, 5 des Einfüh- Kurlbaum rungsgesetzes zur Civilprozeßordnung zu Gunsten landesgesetzlicher Vorschriften (Nr 45,2) gemachten Vorbehalte treten außer Kraft, soweit sie nicht auf das Verfahren bei Streitigkeiten sich beziehen, welche die Zwangsenteignung und die Entschädigung wegen derselben betreffen." {Bemerk. : Es bleibt vorbehalten, das französischrechtliche Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Ehegatten, welche in der französischrechtlichen Gütergemeinschaft leben, bei den Uebergangsbestimmungen zu berücksichtigen.) Beschlossen wurde, nach Ablehnung des Antrages b folgende neue Fassung des § 15 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung: § 15. Unberührt bleiben: 1. wie Nr. 1 des bisherigen § 15 ; 2. die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verfahren bei Streitigkeiten, welche die Zwangsenteignung und die Entschädigung wegen derselben betreffen; 3. wie die Nr. 4 des bisherigen § 15. Erwogen war: Darüber, daß die Nr. 3 und 5 des § 15 des Einführungsgesetzes in der bisherigen Fassung künftig in Wegfall kommen müßten, könne ein Zweifel nicht bestehen. Dies gelte insbesondere auch von der Nr. 5, soweit sie das Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Eheleuten betreffe, indem, wie die erwähnten Motive S. 183 ausführen, die betreffenden Vor-| Schriften des französischen und badischen Rechtes | Prot 1 12488 künftig gegenstandslos würden. Hiermit komme der Abs. 2 des § 15 von selbst in Wegfall. Die Wahrung von Ubergangsbestimmungen in Ansehung der letztgenannten Vorschriften verstehe sich von selbst. Anlangend die landesrechtlichen Vorschriften über die Fortdauer des Gerichtsstandes einer Gesellschaft pp. nach Auflösung derselben (Nr. 2 des § 15) komme in Betracht, daß derartige Gesellschaften, nur wenn sie als juristische Personen aufzufassen seien, künftig den fortgesetzten Gerichtsstand behalten könnten (s. § 51 Abs. 2 d. E.; die erwähnten Motive S. 182, 183). Treffe jene Voraussetzung zu, so fallen sie hiermit unter das gemeine Recht der juristischen Personen; in Ermangelung der Voraussetzung aber könne der Vorbehalt für sie nicht aufrecht erhalten werden. Die reichsgesetzlich geordneten Gesellschaften, für welche durch das Reichsgesetz die Fortdauer ihres Gerichtsstandes nach Auflösung derselben bestimmt werde, ständen selbstverständlich außer Frage, da es sich hier nur um den Vorbehalt landesgesetzlicher Vorschriften handele. Betreffend endlich die landesgesetzlichen Vorschriften über die Sperre der Zahlung abhanden gekommener Inhaberpapiere (Nr. 2 Satz 2 des bisherigen § 15), so könne der hierzu gestellte Antrag, auch wenn er sich nach der Absicht seines Urhebers nur auf Hauptschuldverschreibungen auf Inhaber beziehe, in seiner Allgemeinheit nicht angenommen werden. Der Antrag bezwecke die Aufrechthaltung eines speziellen württembergischen Institutes. Ein Bedürfniß für dasselbe lasse sich neben dem Aufgebot und den Vorschriften des § 693 nicht erkennen. Es lasse sich nicht übersehen, ob das Institut nicht mit den Vorschriften des Entwurfes § 693 kollidire, auch nicht, inwieweit dasselbe in die Rechte des | Inhabers des abhanden gekommenen Papieres | Prot 1 12489 eingreife. Nicht ausgeschlossen sei, wenn speziellere Anträge, wie angekündigt, gestellt werden, auf die Frage nochmals zurückzukommen. 9. Schließlich kam zur Sprache, daß die Landesgesetze, abgesehen von den durch Reichsgesetz, insbesondere auch durch das Bürgerliche Gesetzbuch und durch das 385
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführungsgesetz zu demselben, bis jetzt in bestimmten Fällen vielfach Vorschriften enthalten über die Zulässigkeit der Amortisation von U r k u n d e n und anderweite Aufgebote und daß diese landesgesetzlichen Bestimmungen in Ermangelung entsprechender Vorbehalte in dem Einführungsgesetze, vermöge des Kodifikationsprinzips aufgehoben werden, beziehungsweise die Landesgesetzgebung nicht mehr in der Lage sei, derartige neue Bestimmungen zu erlassen, es müßten denn die Bestimmungen sich auf Materien beziehen, deren Regelung voll und g a n z der Landesgesetzgebung durch das Einführungsgesetz überlassen werde. Die Kommission beschloß, auf diese Frage bei Berathung des nächstfolgenden Abschnittes, betreffend das Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuches zu den Landesgesetzen, z u r ü c k z u k o m m e n . 744. Sitzung vom 25. Januar 1888, Schriftführer: Ege I Prot 112491
I In Fortsetzung der Berathung des Einführungsgesetzes gelangte die Kommission zu den im § 14 der gedruckten Zusammenstellung enthaltenen Vorschläge, betreffend A e n d e r u n g e n und Ergänzungen der K o n k u r s o r d n u n g . Folgendes w u r d e verhandelt:
Planck (Nr 47, 2)
1. Z u n ä c h s t lag der Antrag vor: Im Eingange oder am Schlüsse der die K o n k u r s o r d n u n g betreffenden Vorschriften folgende A n m e r k u n g h i n z u z u f ü g e n : „Die Entscheidung der Fragen : 1. ob sich mit Rücksicht auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere der Vorschriften über die A n f e c h t u n g von Rechtsgeschäften, über die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung und über das eheliche Güterrecht I Prot 1 12492 eine A e n d e r u n g der Bestimmun-| gen der K o n k . O r d n . über die Anfechtung von Rechtshandlungen des Gemeinschuldners empfehle u n d in welcher Art dieselbe eventuell zu erfolgen habe; 2. ob mit Rücksicht auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über das eheliche Güterrecht, insbesondere über das Rechtsverhältniß des Eheguts und des Vorbehaltsguts die A u f n a h m e besonderer Bestimmungen in Betreff des Konkurses über das V e r m ö g e n einer Ehefrau in die K o n k u r s o r d n u n g erforderlich oder zweckmäßig sei, ist wegen des Zusammenhanges, in welchem diese Fragen mit dem ganzen System der K o n k u r s o r d n u n g stehen, der Revision der K o n k u r s o r d n u n g vorbehalten." Vergi, wegen des Antrages unter N r . 2 die Beschlüsse der Kommission über die SS 112, 132, 113 des Entw. des Familienrechtes, Prot. S. 6455 bis 6466 und S. 6546 bis 6553. Sollte die Kommission abweichend von den f r ü h e r e n Beschlüssen es f ü r e r f o r d e r lich halten, die in Folge der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nothwendig w e r d e n d e n o d e r doch als dringend wünschenswerth sich darstellenden Aenderungen der K o n k . O r d n . auch in Ansehung der in dem Antrage bezeichneten Fragen in das Einf. Gesetz a u f z u n e h m e n , so wird beantragt: I P r o t ! 12493 ad 1. D e m § 25 der K o n k . O . folgende Fas-| sung zu geben: „Anfechtbar sind: 1. die in d e m letzten Jahre vor der E r ö f f n u n g des V e r f a h r e n s von dem Gemeinschuldner v o r g e n o m m e n e n unentgeltlichen V e r f ü g u n g e n , sofern nicht dieselben durch eine sittliche Pflicht oder die auf den Anstand zu nehmende Rücksicht gerechtfertigt w a r e n ; 2. die in den letzten zwei Jahren vor der E r ö f f n u n g des Verfahrens von dem Gemeinschuldner v o r g e n o m m e n e n unentgeltlichen V e r f ü g u n g e n zu Gunsten seines 386
Protokolle der 1. Kommission Ehegatten, sowie eine innerhalb dieses Zeitraums von ihm bewirkte Sicherstellung oder Erfüllung der ihm nach Maßgabe der §§ 1294, 1295, 988 des Bürgerlichen Gesetzbuches obliegenden Verbindlichkeit, seiner Ehefrau den Werth des in jenen Paragraphen bezeichneten Eheguts nach Beendigung der ehelichen Nutznießung und Verwaltung zu ersetzen, sofern die Sicherstellung oder Erfüllung vor Beendigung der ehelichen Nutznießung und Verwaltung erfolgte und er dazu nicht durch die Vorschrift des § 1296 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder durch einen früher als zwei Jahre vor der Eröffnung des Verfahrens geschlossenen Vertrag verpflichtet u
war. ad 2 werden die eventuellen Anträge, durch wel-|che die Aenderung bezw. Er- |Proti 12494 gänzung vieler Paragraphen der Konk.O. beantragt werden müßte, bis nach der Beschlußfassung über die Präjudizialfrage vorbehalten. Beschlossen wurde, der einleitenden Bestimmung zu den zu beschließenden Aenderungen und Ergänzungen der Konkursordnung („die Konkursordnung erleidet folgende Aenderungen und Ergänzungen") eine Anmerkung des Inhaltes beizufügen: Die in den Anmerkungen zu den §§ 1314, 1375 und vor § 1327 des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuches angeregten Aenderungen der Konkursordnung sind der Revision der Konkursordnung vorbehalten. Die Kommission hielt bei wiederholter Prüfung der einschlägigen Fragen aus den in den Protokollen S. 6455—6467, 6546—6552, 6853, 6854, vgl. S. 6128, 6129 niedergelegten Gründen daran fest, daß es nicht ihre Aufgabe sei, die in der beantragten Anmerkung angeregten Aenderungen und Ergänzungen der Konkursordnung zu beschließen. Es genüge, in einer einleitenden Anmerkung auszusprechen, daß die in den Anmerkungen zu den §§ 1314, 1375 und vor § 1327 angeregten Aenderungen der Konkursordnung endgültig der Revision der Konkursordnung vorbehalten blieben. Zu einer Anmerkung weitergehenden Inhaltes liege kein Anlaß vor. 2. Vom Referenten des Familienrechts ist (Art. 1) die Bestimmung vorgeschlagen: „Abs. 2 des § 1 der Konkursordnung wird aufgehoben."
Planck
Hierzu war beantragt, I a) den Abs. 2 des § 1 zu fassen: „Inwieweit die dem Gemeinschuldner zustehende | Prot 112495 eheliche oder elterliche Nutznießung und die auf Grund dieser Rechte von dem Kurlbaum Gemeinschuldner erworbenen Früchte sowie in den Fällen der allgemeinen Güterge- (Nr 45, 3) meinschaft, der fortgesetzten Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft und der Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft das Gesammtgut zur Konkursmasse gehören, bestimmt sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches." (Zu vergi. §§ 1298, 1299, 1361, 13992, 14242, 1431, 1534, 1535 d.E. Es bleibt vorbehalten, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Pfändbarkeit der ehelichen Nutznießung und über die Zugehörigkeit des Gesammtgutes zur Konkursmasse auf die Güterstände des bisherigen Rechtes für anwendbar zu erklären.) b) von dem Referenten des Familienrechtes für den Fall, daß der Antrag auf Planck einfache Streichung des § 1 Abs. 2 der Konk.O. nicht angenommen werden sollte, (Nr 55) denselben dahin zu fassen: „Die durch die eheliche und durch die elterliche Nutznießung begründeten Rechte des Gemeinschuldners sowie die demselben im Falle der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschafts-| gemeinschaft und der Ge- | Prot 1 12496 meinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft an dem Sondergute 387
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
der Ehefrau zustehenden Rechte gehören nicht zur Konkursmasse. Inwieweit die von dem Gemeinschuldner auf Grund der ehelichen oder elterlichen Nutznießung vor der Eröffnung des Konkursverfahrens erworbenen Früchte zu der Konkursmasse gehören, bestimmt sich nach den Vorschriften der §§ 1299 und 1535 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Besteht unter dem Gemeinschuldner und dessen Ehefrau zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens allgemeine Gütergemeinschaft oder Errungenschaftsgemeinschaft oder Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft, oder besteht unter dem Gemeinschuldner und dessen Abkömmlingen fortgesetzte Gütergemeinschaft, so gehört das Gesammtgut nach Maßgabe der §§ 1361, 1399 Abs. 2, 1424 Abs. 2 und § 1431 des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Konkursmasse." Beschlossen wurde, den § 1 der Konkursordnung unter Weglassung des zweiten Absatzes dahin zu fassen: Das Konkursverfahren umfaßt das gesammte, einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners, welches ihm zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört (Konkursmasse). I Prot 1 12497 j ) j e ¡ m ξ 715 Nr. 5, 8 der Civilpro-| zeßordnung und im § 20 des Gesetzes über das Postwesen des Deutschen Reiches vom 28. Oktober 1871 vorgesehenen Beschränkungen kommen im Konkursverfahren nicht zur Anwendung. Die Kommission hatte erwogen: Es handele sich um den Inhalt des Abs. 2 des § 1 der Konk.O., welcher eine spezielle Bestimmung über die Zugehörigkeit des dem Gemeinschuldner während der Dauer des Konkursverfahrens an dem Vermögen seiner Ehefrau oder seiner Kinder zustehenden Nießbrauches zu der Konkursmasse enthalte. Nicht angezeigt sei, diese Bestimmung durch eine umfassendere Vorschrift nach Maßgabe des Antrages a oder des eventuellen Antrages b zu ersetzen. Darüber, daß die Bestimmung des § 1 Abs. 2 in Wegfall kommen müsse, könne im Hinblick auf die in Betracht kommenden Vorschriften des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches § 1327 Nr. 3, § 1534 vergi, mit §§ 1532, 1553, beziehungsweise mit Abs. 1 des § 1 der Konk.O. kein Zweifel bestehen. In Frage könnte höchstens kommen, ob nicht die Aufnahme einer Bestimmung wünschenswerth sei, durch welche klar gestellt würde, wie es sich mit den von dem Gemeinschuldner auf Grund der ehelichen oder elterlichen Nutznießung vor der Eröffnung des Konkursverfahrens erworbenen Früchten rücksichtlich der Zugehörigkeit zur Konkursmasse verhalte (Antrag b Abs. 1 Satz 2). Allein eine solche Bestimmung sei gleichfalls entbehrlich, da die Vorschriften der §§ 1299, 1535 des E. in Verbindung mit der Vorschrift des § 1 Abs. 1 der Konk.O., wonach nur das einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen des Gemeinschuldners zur Konkursmasse gehöre, die Entscheidung der Frage in klarer Weise dahin an die I Prot 1 12498 Hand gäben, daß jene Früchte nur insoweit zur | Konkursmasse zu ziehen seien, als sie in Gemäßheit der Vorschriften der §§ 1299, 1535 der Pfändung unterworfen seien. v. Mandry 3. Weiter war beantragt, zu § 6 Abs. 2, § 30 Abs. 2, § 31 der Konkursordnung in (Nr 42, 3) das Einführungsgesetz als besonderen Paragraphen die Vorschrift aufzunehmen : „Ist in der Konkursordnung vorgeschrieben, daß eine Leistung zurückgewährt oder erstattet werde, soweit der Empfänger oder soweit die Masse durch dieselbe bereichert sei, so findet der § 748 Abs. 3 des B.G.B. Anwendung. Der Antrag wurde abgelehnt in der Erwägung : Die Aufnahme einer Vorschrift des beantragten Inhaltes setze eine Bedeutung der betreffenden Bestimmungen der Konkursordnung voraus, welche nicht unbestritten 388
Protokolle der 1. Kommission sei. Die Aufnahme würde also eine durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht erforderlich gewordene Deklaration der Konkursordnung enthalten. V o n einer solchen Deklaration müsse aber die Kommission aus den Gründen absehen, welche zur Aufnahme der heute beschlossenen Anmerkung (s. dieses Protokoll N r . 1, S. 12494) geführt hätten. 4. V o n dem Referenten des Sachenrechts ist (s. gedr. Zusammenstellung S. 23) vorgeschlagen, den § 12 der Konkursordnung durch folgende Bestimmung zu ersetzen: § 12. „Pfandrechte und Hypothekenrechte, Vorzugsrechte sowie Zurückbehaltüngsrechte an Gegenständen der Konkursmasse können nach der Eröffnung des Konkursverfahrens nicht mit verbindlicher Kraft gegen die Konkursgläubiger erworben oder eingetragen werden, wenngleich der Anspruch auf den Erwerb oder die Eintragung schon vor der E r ö f f n u n g des | Verfahrens begründet gewesen ist. Ist jedoch zur Zeit der E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens der Antrag des Gemeinschuldners auf eine Eintragung in das Grundbuch bei dem Grundbuchamte bereits eingegangen, so findet die Vorschrift des § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. Solange die E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens noch nicht in das Grundbuch eingetragen ist, finden die Vorschriften der §§ 837, 838 des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung." (Anm. zu S 831 des E.) In Verbindung hiermit stehen die Anträge: a) dem ersten Absatz des § 6 beizufügen: „; in Ansehung einer Rechtshandlung, welche unmittelbar den Erwerb eines Rechtes an einem Grundstücke oder an einem eingetragenen Rechte an einem Grundstücke bezweckt, finden jedoch die Vorschriften der SS 831, 837 des B.G.B. Anwendung." den in dem Vorschlage beantragten zweiten Absatz des § 12 dagegen nicht zu beschließen. b) α. Dem § 6 Konkursordnung als Abs. 4 zuzusetzen : „Die Vorschriften des S 837 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleiben unberührt." ß) S 12. der Konkursordnung zu fassen: „Rechte an den zur Konkursmasse gehörenden Sachen und Rechten sowie Zurückbehaltüngsrechte an Gegenständen der Konkursmasse können nach der Eröffnung des Konkursverfahrens mit Wirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigern nicht begründet werden. Die Vorschrift des S 6 Abs. 3 findet entspre-| chende Anwendung. Die Vorschrift des S 831 des Bürgerlichen Gesetzbuches bleibt unberührt." γ) Im Falle der Annahme des Antrages b α zu § 6 der Konkursordnung hinter S 34 der Konkursordnung einzuschalten : § 34 a. „Die Vorschriften der S S 22 bis 34 finden entsprechende Anwendung auf Rechtshandlungen, welche nach der Eröffnung des Konkursverfahrens vorgenommen, aber aus diesem Grunde nach der im S 6 vorbehaltenen Anwendung des § 837 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegenüber den Konkursgläubigern nicht unwirksam sind. Die Verjährung des Anspruches beginnt mit der Vornahme der Rechtshandlung." Die Kommission beschloß, a) zu S 6 der Konkursordnung: S 6 Abs. 1 erhält folgenden, von dem bisherigen Inhalte durch ein Semikolon zu trennenden Zusatz: die Vorschriften der S S 837, 838 des Bürgerlichen Gesetzbuches finden jedoch Anwendung. b) dem S 12 der Konkursordnung die nachstehende neue Fassung zu geben : Rechte an den zur Konkursmasse gehörenden Gegenständen, sowie Vorzugs389
Johow (Nr 2)
| Prot 112499
v. Mandry (Nr 53)
Kurlbaum (Nr 45,4) Kurlbaum (Nr 45, 5)
| p r o t j 12500
Kurlbaum (Nr 54,1)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
rechte und Zurückbehaltüngsrechte in Ansehung solcher Gegenstände können nach der Eröffnung des Konkursverfahrens mit Wirksamkeit gegenüber den Konkursgläubigern nicht begründet werden; die Vorschrift des § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet jedoch Anwendung. I Prot 1 12501 c) als § 34 a der Konkursordnung folgende neue | Vorschrift: Die Vorschriften über die Anfechtung der vor der E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens vorgenommenen Rechtshandlungen finden auch Anwendung auf Rechtshandlungen, welche nach der Eröffnung des Konkursverfahrens vorgenommen sind, soweit dieselben nach dem § 6 Abs. 1 den Konkursgläubigern gegenüber nicht nichtig sind. Die Verjährung (des Anfechtungsrechtes oder des Anspruches) beginnt in einem solchen Falle mit der Vornahme der Rechtshandlung. Maßgebend waren folgende Erwägungen : Zu a und c. In Betracht komme zu § 6 der Konkursordnung nach früheren Beschlüssen nur die Aufnahme einer Bestimmung, welche klar stelle, daß der mit dem Glauben an das Grundbuch verbundene Schutz demjenigen, welcher einen dinglichen Vertrag mit dem Gemeinschuldner schließe, auch gegen die Wirkung der Konkurseröffnung gewährt werde (Protokolle S. 3705 bis 3709). In den zu diesem Behufe dem § 6 zu gebenden Zusatz seien aber nicht bloß die Vorschriften des § 837, sondern auch diejenigen des § 838 aufzunehmen. Dies sei durch die Konsequenz geboten. Der § 831 des Entwurfes komme dagegen bei dem § 6 der Konkursordnung, welcher, im Gegensatz zu § 12 der Konkursordnung, die auf Rechtshandlungen des Gemeinschuldners beruhenden Rechtsänderungen im Auge habe, nicht in Betracht. Am passendsten werde die auf die Vorschriften der §§ 837, 838 hinweisende Bestimmung dem ersten Absätze des § 6 der Konkursordnung beigefügt. Eine andere, weitläufigere Fassung des bisherigen Inhaltes des Abs. 1, wie solche in dem Antrage a IProti 12502 vorgeschlagen worden, werde hierdurch nicht veranlaßt, und sei auch sonst |nicht angezeigt. Es sei auch nicht zu befürchten, daß durch die Anschließung der Bestimmung an den ersten Absatz der zweite Absatz mißverstanden werde. Derselbe könne immer nur dahin verstanden werden, daß er sich nur auf diejenigen Fälle beziehe, in welchen nach der Regel des Abs. 1 die Nichtigkeit der Rechtshandlung des Gemeinschuldners gegenüber den Konkursgläubigern eintrete. Die Frage, ob nicht auch bei dem Verkehre mit Mobilien der gute Glaube des von dem Gemeinschuldner Erwerbenden nach Maßgabe der bezüglichen Vorschriften des Entwurfes (§§ 877, 878, § 1018 Abs. 2) geschützt und demgemäß zu § 6 der Konkursordnung eine diese Vorschriften für anwendbar erklärende Bestimmung aufgenommen werden müsse, sei zu verneinen. Der den Grundbuchverkehr betreffende Beschluß beruhe auf selbständigen, der öffentlichen Einrichtung des Grundbuches Rechnung tragenden Erwägungen. An dieser Grundlage fehle es bei dem Verkehre mit Mobilien. Allerdings kämen die erwähnten Vorschriften zu Gunsten des gutgläubigen Erwerbers von Rechten an Mobilien auch demjenigen zu Statten, welcher erwerbe, ohne zu wissen, bezw. wissen zu müssen, daß der Veräußerer durch ein relatives Veräußerungsverbot (§ 107 des E.) beschränkt sei (Protokolle S. 4017, 4018, 4019). Allein die Eröffnung des Konkurses wirke stärker als ein solches Veräußerungsverbot, könne mit einem solchen in der gedachten Richtung nicht auf gleiche Linie gestellt werden. Auch dürfe nicht unbeachtet bleiben, daß in Betreff des Immobilienverkehres die dem öffentlichen Glauben des Grundbuches nach dem Beschlüsse zukommende Bedeutung ihr wichtiges Gegengewicht in der als I Prot 1 12503 Regel vorauszusetzenden als-| baldigen Eintragung der Konkurseröffnung in das Grundbuch habe, während es für den Mobilienverkehr an einer ähnlichen Einrichtung fehle. Daraus, daß im § 6 der Konkursordnung von jenen Vorschriften ge390
Protokolle der 1. Kommission schwiegen werde, erhelle zur Genüge, daß dieselben auf die von dem Gemeinschuldner nach der Eröffnung des Konkurses vorgenommenen Rechtshandlungen keine Anwendung finden. Die entsprechend dem Antrage zu b γ beschlossene Vorschrift (§ 34 a) werde in Folge des zu § 6 Abs. 1 beschlossenen Zusatzes nothwendig. Hiernach gebe es künftighin auch solche wirksame Rechtshandlungen, welche erst nach der Eröffnung des Konkursverfahrens vorgenommen werden, insofern nämlich die Vorschriften des § 837 oder des § 838 des Entwurfes eingreifen. Die Vorschriften der Konkursordnung über die Anfechtung von Rechtshandlungen (§§ 22 ff.) haben aber nur solche Rechtshandlungen im Auge, welche vor der Eröffnung des Konkursverfahrens vorgenommen seien. N u r auf solche Rechtshandlungen beziehe sich auch der ausdrückliche Wortlaut der betreffenden Vorschriften. Die Ausdehnung derselben auf die Fälle, in denen eine nach der E r ö f f n u n g des Konkursverfahrens vorgenommene Rechtshandlung nach Maßgabe der Vorschriften im § 837 oder § 838 des Entwurfes (§ 6 Abs. 1 Konk.O. jetziger Fassung) wirksam sei, liege, wie nicht bezweifelt werden könne, durchaus im Sinne und Geiste der Konkursordnung. Diese Ausdehnung müsse aber besonders ausgesprochen werden ; man könne sich nicht darauf verlassen, daß die Praxis von selbst zur Anwendung jener Vorschriften auf die in Frage stehenden Fälle gelangen werde. Dem Antrage müsse auch insoweit beigetreten werden, als er I eine Vorschrift über den Beginn einer Verjährung enthalte. Sie könne nicht |Prot 1 12504 anders, als wie der Antrag besage, lauten. Hierbei bleibe aber bis zur Beschlußfassung über einen zu § 34 Konk.O. bereits vorliegenden Antrag die Entscheidung darüber vorbehalten, ob von der Verjährung des Anfechtungsrechtes oder des Anspruches zu sprechen sei. Zu b. Die durch den Antrag b β vorgeschlagene erweiterte Fassung des § 12 der Konkursordnung, nach welcher dessen Bestimmung über den bisherigen Wortlaut hinaus auf Rechte an den zur Konkursmasse gehörenden Gegenständen überhaupt ausgedehnt werde, sei unbedenklich. Neben diesen Rechten und den Zurückbehaltüngsrechten seien vorsorglich auch fernerhin die Vorzugsrechte zu erwähnen, weil, wenn auch deren Erwähnung hauptsächlich auf die Vorzugsrechte des französischen Rechtes sich beziehe, doch auch künftighin solche in Frage kommen könnten, falls die Landesgesetzgebung in Ansehung der ihrer Regelung vorzubehaltenden Materien solche Vorzugsrechte schaffen oder zulassen würde, übrigens aber auch die Anwendung des Grundsatzes auf die im § 54 der Konk.Ord. erwähnten bevorrechteten Forderungen unter Umständen in Frage kommen könne. Der zu § 12 beschlossene Zusatz, daß die Vorschrift des § 831 Anwendung finde, enthalte gleichfalls nur die Ausführung des schon gefaßten Beschlusses (Protokolle S. 3705 bis 3709). In der T h a t stehe bei der Vorschrift des § 12 der Konkursordnung, welche solche Rechtsänderungen im Auge habe, die sich nach der Eröffnung des Konkursverfahrens durch eine andere Thatsache als eine Rechts-| handlung des Gemeinschuldners vollziehen, |Prot 1 12505 der § 831 des Entwurfes ausschließlich oder vorwiegend in Frage. Jedenfalls genüge eine Bestimmung, welche nur die Anwendung des § 831 geeignetenfalls sicherstelle. Dadurch werde nicht ausgesprochen, daß die Vorschrift des § 837 des E. in den an sich unter den S 12 der Konkursordnung gehörenden Fällen nie praktisch werden könne. Der § 12 in seiner künftigen Fassung gebe nur über diese Frage keine Entscheidung. Die Entscheidung hänge wesentlich von der Auslegung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere davon ab, ob die Vorschrift des § 831 auch auf solche Fälle Anwendung zu finden habe, in denen der bei dem Grundbuchamte eingetragene Antrag auf Eintragung nicht auf einer Eintragungsbewilligung des 391
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Gemeinschuldners beruhe, sondern ζ. B. im Wege der Zwangsvollstreckung oder des Arrestes gestellt werde. Die im Antrage b β vorgeschlagene Ergänzung des § 12 der Konkursordnung, nach welcher die Vorschrift des § 6 Abs. 3 der Konkursordnung für entsprechend anwendbar zu erklären wäre, müsse als durch Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht veranlaßt abgelehnt werden. Planck (Nr 47,1)
5. Beantragt ist ferner, zu §§ 14,44 Konk.Ord. folgende Bestimmung als besondeParagraphen in das Einführungsgesetz aufzunehmen: „Die Vorschriften der §§ 14, 44 der K.O. finden insoweit keine Anwendung, als ihnen die Vorschriften der I Prot 1 12506 §§1361; 1399 Abs. 2 ; | 1424 Abs. 2 und § 1431 B.G.B, entgegenstehen." ren
Der Antrag wurde abgelehnt in der Erwägung: Die Aufnahme der beantragten Vorschrift sei bedenklich, weil in ihr eine Deklaration der Konkursordnung in dem Sinne gefunden werden könnte, als ob in den Fällen des § 14 immer die Theilung verlangt werden könnte, bezw. jede Gemeinschaft durch den Konkurs über das Vermögen eines Theilhabers aufgelöst werde. Die Bestimmung des § 44 der Konkursordnung stehe aber mit derjenigen des § 14 im engsten Zusammenhange. Andererseits könne auch nicht anerkannt werden, daß durch die über das Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuches zu den Reichsgesetzen beschlossene Vorschrift — Prot. S. 12329 — eine dem Antrage entsprechende V o r schrift erfordert werde. Es dürfe vielmehr darauf vertraut werden, es werde nicht verkannt werden, daß das Bürgerliche Gesetzbuch an den in dem Antrage bezeichneten Stellen Spezialvorschriften über besondere Rechtsverhältnisse enthalte, welche künftig bei der Frage der Anwendbarkeit der §§ 14, 44 der Konkursordnung auf die betreffenden Rechtsverhältnisse maßgebend sein müßten (Protokolle S. 12332). v. Mandry 6. N o c h kam zur Erledigung der Antrag, den § 20 der Konkursordnung zu (Nr 46) fassen: „Soweit. . . Rechtsverhältnisse das bürgerliche Recht. . . enthält, kommen . . ." Der Antrag wurde angenommen. Die Kommission hatte erwogen: es handele sich I Prot 1 12507 nur um eine nothwendig gewordene Fassungsänderung. W ü r - | den im § 20 der Konkursordnung die Worte „die Reichsgesetze oder die Landesgesetze" nicht in der beschlossenen Weise ersetzt, so sei künftig das Mißverständniß zu befürchten, mit der Erwähnung der Landesgesetze neben den Reichsgesetzen sei ein Vorbehalt für die Landesgesetzgebung gemeint. In Betracht kämen aber künftig die Landesgesetze nur noch insoweit, als sie etwa in Ansehung einer der ihrer Regelung vorbehaltenen Materien besondere Bestimmungen zu treffen in die Lage kämen, welche unter die Vorschrift des § 20 der Konkursordnung fielen. Auch diese Fälle würden durch die angenommene Fassung „das bürgerliche Recht" mit gedeckt. 745. Sitzung vom 27. 1. 1888, I Proti 12509
Schriftführer:Achilles
| D i e Berathung der Vorschläge zum Einführungsgesetze an der H a n d der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt.
Kurlbaum Es lag der Antrag vor, dem zweiten Absätze des in der vorigen Sitzung beschlos(Nr 56) senen § 850a der Zivilprozeßordnung zuzusetzen: „Das Gleiche gilt, wenn nach öffentlicher Bekanntmachung des vor Einleitung des Aufgebotsverfahrens erlassenen Leistungsverbots die Einleitung des Verfahrens nicht binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkt an beantragt wird, in welchem das der Einleitung entgegenstehende H i n derniß beseitigt war." (zu vergi. § 694 B.G.B.) 392
Protokolle der 1. Kommission Der Antrag wurde angenommen. Man war der Ansicht: Das Leistungsverbot dürfe nicht von | unbegrenzter Dauer sein, gleichviel ob das Aufgebotsverfahren | Prot 112510 eingeleitet und vor dem Urtheil erledigt oder überhaupt nicht eingeleitet werde. Das Gericht müsse von Amtswegen für die Aufhebung des Leistungsverbotes im Interesse des dritten Inhabers des Papieres sorgen, welcher die Aufhebung des Verbotes nur im Wege der Klage, nachdem er von demselben Kenntniß erlangt habe, würde erreichen können. Hierauf wurde die in der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung der die Konkursordnung betreffenden Vorschläge fortgesetzt. 1. Es war beantragt, die Berathungen über die §§6, 12 der Konkursordnung wieder aufzunehmen und a) den Zusatz zu § 6 Abs. 1 dahin zu fassen: „Die Vorschriften der §§ 837, 838 B.G.B, finden jedoch bei den in diesem Paragraphen bezeichneten Rechtsänderungen, soweit sich dieselben durch Rechtsgeschäfte des Gemeinschuldners vollziehen (oder: in Ansehung der in diesem Paragraphen bezeichneten Rechtsgeschäfte des Gemeinschuldners) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die aus dem Grundbuche nicht ersichtliche Eröffnung des Konkursverfahrens als nicht erfolgt gilt, sofern nicht der Erwerber zu der im § 837 Abs. 2 bezeichneten Zeit die Eröffnung des Konkursverfahrens gekannt hat (oder: die Eröffnung des Konkursverfahrens einem Veräußerungsverbote gleichsteht) ;" b) dem § 12 noch folgenden Zusatz zu geben: daß „und bleibt die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 unberührt."
Planck (Nr 58,1)
Planck (Nr 58, 2)
Die Kommission beschloß nach Wiederaufnahme | der Berathung, | Prot 112511 zu a) den Zusatz zu § 6 (Prot. S. 12500), unter Ablehnung des gestellten Antrages, durch Einschaltung der Worte „in Ansehung solcher Rechtshandlungen" zwischen „jedoch" und „Anwendung" zu ergänzen; zu b) dem § 12 (Prot. S. 12500) hinzuzusetzen: „Die Vorschriften des § 6 Abs. 1 bleiben unberührt". Erwogen war: Die Einschaltung der in dem Beschlüsse zu a bezeichneten Worte in den § 6 empfehle sich, um dem Mißverständnisse vorzubeugen, als solle der § 837 des B.G.B, hier auch dann zur Anwendung kommen, wenn Jemand den öffentlichen Glauben des Grundbuches anrufe, um den Erwerb eines Rechtes im Wege einer nach der Konkurseröffnung gegen den Gemeinschuldner bewirkten Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung zu rechtfertigen. Die Absicht, den § 11 der Konkursordnung durch den § 837 cit. so weit einzuschränken, habe den in der Sitzung vom 25. Januar (Prot. S. 12500 ff.) gefaßten Beschlüssen fern gelegen. Im Uebrigen bedürfe der § 6 der Konkursordnung keiner Verdeutlichung. Durch die Konkurseröffnung werde allerdings die Verfügungsmacht des Gemeinschuldners schärfer getroffen als durch ein Veräußerungsverbot im Sinne des § 107 des B.G.B. Allein mit der Konkurseröffnung sei nach diesem § 6 der Konkursordnung immerhin ein gesetzliches Veräußerungsverbot zu Gunsten der Konkursgläubiger verbunden und die Berathungen, aus welchen der § 837 hervorgegangen sei, ergäben zur Genüge, daß, wenn dieser Paragraph den Erwerber eines eingetragenen Rechtes u.s.w. gegen ein nicht eingetragenes nur zum Schutze des Interesses bestimmter Personen | dienendes Veräußerungs- | Prot 112512 verbot sichere, die Absicht die gewesen sei, die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des anderen Vertragschließenden einem solchen Veräußerungsverbote in der hier fraglichen Beziehung gleichzustellen. Diese Absicht werde durch den früher beschlossenen Zusatz zu § 6 der Konkursordnung zum Ausdrucke gebracht. 393
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 112513
v. Mandry (Nr 42,4) I Prot 112514
Wie aber der § 6 durch den in der Sitzung vom 25. Januar d. Js. (Prot. S. 12500) beschlossenen Zusatz den Erwerb von Rechten auf Grund einer Rechtshandlung des Gemeinschuldners und der Eintragung in das Grundbuch dem gutgläubigen Erwerber auch dann gestatte, wenn beide Erwerbsmomente erst nach der Konkurseröffnung eingetreten seien, so solle der § 12 für den noch günstiger liegenden Fall, daß die das Recht begründende Eintragung zwar nach der Konkurseröffnung erfolgt, aber vor der Konkurseröffnung beantragt sei, in gleicher Weise wirken. Die Anwendung des § 831 sichere die fortdauernde Wirksamkeit der Eintragungsbewilligung. Diese allein aber würde nach der Regel des § 12 die Wirksamkeit der Eintragung nicht zur Folge haben. Damit dieser Zweck für den Fall des guten Glaubens, das heißt hier für den Fall der Unkenntniß von der Konkurseröffnung, erreicht werde, bedürfe es noch der Verweisung auf den § 6 Abs. 1, in welchem durch den Vorbehalt der Vorschriften der §§ 837, 838 der rechtsgeschäftliche Erwerb eines Rechtes auf Grund des Glaubens des Grundbuches vorbehalten sei. Ob hiernach ein wirksamer Rechtserwerb auch dann stattfinden könne, wenn der Antrag auf Eintragung vor der Konkurseröffnung nicht auf Grund einer Eintragungsbewilligung, sondern ζ. B. im Wege | der Zwangsvollstreckung beantragt sei, müsse davon abhängig bleiben, ob der Eintragungsbewilligung andere Titel zur Eintragung im Sinne des § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuches gleichzustellen seien. Eine Deklaration des § 831 könne hier nicht erfolgen, da derselbe nicht bloß für den Fall der Konkurseröffnung bestimmt sei. Andererseits aber werde dadurch, daß im § 12 nur der § 6 Abs. 1 als unberührt bezeichnet und nur der § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuches für anwendbar erklärt sei, genügend klar gestellt, daß auf Grund eines ohne Eintragungsbewilligung erst nach Eröffnung des Konkurses gestellten Antrages eine gegenüber den Konkursgläubigern wirksame Eintragung auch zu Gunsten eines gutgläubigen Erwerbers nicht erlangt werden könne. Die weiter aufgeworfene Frage, ob durch die Zusätze zu den §§ 6 und 12 der Konkursordnung auch der Fall gedeckt sei, wenn der Gemeinschuldner über eine ihm gehörige, aber nicht auf seinen Namen eingetragene Briefhypothek oder Grundschuld zu Gunsten eines gutgläubigen Erwerbers verfügt habe, wurde von der Kommission unter Hinweisung auf den § 1114 des B.G.B, als in bejahendem Sinne entschieden erachtet, ohne daß dies besonders bestimmt zu werden brauche, 2. Zur Konkursordnung §§ 20 ff. lag der Antrag vor, in das Einführungsgesetz die Bestimmung aufzunehmen: „Auf die im dritten Titel des ersten Buches der Konkursordnung zugelassene Anfechtung findet § 113 Abs. 1 des B.G.B, keine Anwendung." Der Antrag wurde abgelehnt. Man war der | Ansicht: Die in der Konkursordnung §§ 22—34 zugelassene Anfechtung gewisser Rechtshandlungen des Gemeinschuldners sei ein ganz anderes Rechtsinstitut als die in dem B.G.B, geregelte Anfechtung eines Rechtsgeschäftes. Es sei daher nicht zu besorgen, daß man die Vorschrift des B.G.B. § 113 Abs. 1 auf die Anfechtung der Konkursordnung übertragen werde. Andererseits aber erscheine es gefährlich, eine einzelne Vorschrift aus der Anfechtungslehre des B.G.B, von der Anwendung auf die Anfechtung der Konkursordnung auszuschließen, weil hieraus leicht die nicht zutreffende Folgerung gezogen werden könnte, daß die übrigen Anfechtungsvorschriften desselben auch auf diese Anfechtung berechnet seien.
Kurlbaum 3. Es war vorgeschlagen, die Vorschrift der Konkurs-Ordnung § 34 („Das An(Nr 48,2) fechtungsrecht verjährt in einem Jahre seit der Eröffnung des Verfahrens") durch folgende Vorschrift zu ersetzen : „Der Anspruch auf Zurückgewährung des Veräußerten, Weggegebenen oder Aufgegebenen zur Konkursmasse verjährt mit Ablauf eines Jahres seit der Eröffnung des Verfahrens." 394
Protokolle der 1. Kommission Auch dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Man war der Ansicht: Die Vorschriften des B.G.B, über die Anspruchsverjährung müßten allerdings auch auf die aus dem Anfechtungsrechte der Konkursordnung hervorgehenden Ansprüche angewendet werden. Das Gesetz brauche dies aber nicht besonders zu bestimmen, weil dasselbe bereits aus dem zum § 10 der Zusammenstellung gefaßten Beschlüsse, Prot. S. 10329, sich ergebe. Die vorgeschlagene Bestimmung sei überdies um deswillen bedenklich, weil sie enger zu sein scheine als die Vorschrift | des § 34 der Konkursordnung, zu (Prot 112515 einer sachlichen Aenderung derselben aber ein genügender Grund nicht vorliege. In Folge der Beibehaltung der bisherigen Fassung des § 34 wurde beschlossen, auch in dem S 34a, welcher in der Sitzung vom 25. Januar (Prot. 12500, 12501) angenommen wurde, das Wort „Anfechtungsrecht" und nicht das W o r t „Anfechtungsanspruch" zu verwenden. 4. Die Vorschriften der Konkursordnung § 39 sollen nach der gedruckten Zusam- Johow menstellung der Vorschläge für das Einführungsgesetz durch folgende Bestimmung (Nr 2 c) ersetzt werden: „Zur abgesonderten Befriedigung dienen die Grundstücke (diejenigen Gerechtigkeiten, welche ein Blatt im Grundbuche erhalten können), die in das Schiffsregister eingetragenen Schiffe und Schiffsparten, soweit nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Gesetzes über die Zwangsverwaltung und die Zwangsversteigerung von Grundstücken etc. ein dingliches oder sonstiges Recht auf vorzugsweise Befriedigung aus demselben besteht." (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I, C S. 5; Vorschi. z. S.R. § 6, III S. 6, Motive S. 34.) Hierzu lag der Antrag vor, in dem § 39 der Konkursordnung Kurlbaum a) den Abs. 1 unverändert zu lassen; (Nr 48, 3) b) den Abs. 2 zu fassen: „Den Umfang — bestimmt das die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen betreffende Gesetz". mit der Anmerkung: I „Sollte ein die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen betreffendes | Prot 112516 Gesetz nicht mit dem Bürgerlichen Gesetzbuche in Kraft treten, so wird der Schluß des § 39 zu lauten haben „bestimmt das bürgerliche Recht". In der Kommission bestand kein Zweifel, daß aus dem § 39 die Verweisung auf die Landesgesetze auszuscheiden und die ausschließliche Geltung des Reichsrechtes durch Bezugnahme auf das in Aussicht genommene Vollstreckungsgesetz vorzuschreiben sei. Während aber von einer Seite die Erwähnung der Schiffe u.s.w. neben den Grundstücken für nöthig gehalten wurde, weil man die ersteren nicht wohl mit den letzteren unter die Bezeichnung „unbewegliches Vermögen" zusammenfassen könnte, machte man von anderer Seite geltend, daß nichts entgegen stehe, in dem bezeichneten Gesetz zu bestimmen, daß die Schiffe u.s.w. in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen zu rechnen seien. Im Laufe der Berathung wurde beantragt, in Abs. 1 hinter das Wort „welche" einzuschalten „nach dem die Zwangsvollstrekkung in das unbewegliche Vermögen betreffenden besonderen Gesetze"; statt Abs. 2 vorzuschreiben: „Nach diesem besonderen Gesetze bestimmen sich auch der Umfang der Immobiliarmasse sowie der Umfang und die Rangordnung der aus derselben zu berichtigenden Ansprüche." Dieser Antrag erlangte die Zustimmung der Mehrheit. Man überzeugte sich, daß nunmehr | die in der Sitzung vom 20. ds.Mts. beschlossene Fassung der §§ 755 und | Prot 112517 811 der Civilprozeßordnung (Prot. S. 12460, 12464) entsprechend geändert werden müsse. Es wurde deshalb beschlossen, in beiden Paragraphen die Worte „und in 395
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Schiffe, welche in das Schiffsregister eingetragen sind" zu streichen und sowohl dem § 755 als dem § 811 hinzuzufügen: „Nach diesem besonderen Gesetze bestimmt sich auch, welche Gegenstände in Ansehung der Zwangsvollstreckung zum unbeweglichen Vermögen gehören." 746. Sitzung vom 30. 1. 1888, Schriftführer: Achilles | Die Berathung der die Konkursordnung betreffenden Vorschläge zum Einführungsgesetze an der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt. I. Aus Anlaß des zu § 39 der Konk.O. gestellten, in den Prot. S. 12516 mitgetheilten Antrages verständigte man sich, unter Bezugnahme auf die Berathung der die SS 755 bis 757 der Civilprozeßordnung betreffenden Vorschläge, Prot. S. 12460 ff., der neuen Fassung des gedachten § 39 folgende Anmerkung beizufügen : „Sollte die Voraussetzung nicht zutreffen, welche in der Anmerkung zu den die Aenderung des I Prot! 12520 \ 755 der Civilprozeßordnung betref-1 fenden Vorschriften bezeichnet ist, so würde der § 39 der Konk.O. unverändert aufrecht zu erhalten sein."
I Prot 112519
II. Nach der Zusammenstellung § 14 Art. 1 sollen die §§ 40 und 41 der Konk.O. Johow folgende Fassung erhalten : § 40. „Ein Gläubiger, welcher an einer beweglichen Sache oder an einem Rechte (Nr 2) KO ξ 40 des Gemeinschuldners ein Faustpfandrecht hat, kann aus dem ihm verpfändeten
Gegenstande abgesonderte Befriedigung wegen seiner Pfandforderung verlangen, zunächst wegen der Kosten, dann wegen der Zinsen, zuletzt wegen des Kapitals." (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I C S. 5, 6; Vorschi. z. S.R. S 6, III S. 6, Motive S. 34 ff.) KO $ 41
S 41. „Den Faustpfandgläubigern stehen gleich:
1. diejenigen, welchen nach dem bürgerlichen Gesetzbuche, dem EinführungsgeJohow (Nr 2) setze zu demselben oder dem Handelsgesetzbuche an gewissen Gegenständen ein gesetzliches Pfandrecht zusteht, in Ansehung dieser Gegenstände; 2. diejenigen, welche etwas zum Nutzen einer Sache verwendet haben, wegen des den noch vorhandenen Vortheil nicht übersteigenden Betrages ihrer Forderung aus der Verwendung in Ansehung der zurückbehaltenen Sache; I Proti 12521 3. diejenigen, welchen nach dem Handelsgesetz- | buche an gewissen Gegenständen ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, in Ansehung dieser Gegenstände; 4. diejenigen, welche durch Pfändung ein Pfandrecht erlangt haben, in Ansehung der gepfändeten Gegenstände." (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I, C, S. 6; Vorschi. z. S.R. § 6, III S. 6, Motive S. 34 ff.) 21 . Im Zusammenhang hiermit stehen die unter §§ 25 und 120 der Zusst. gemachten Vorschläge, nach welchen in dem Einführungsgesetze bestimmt werden soll: Johow §25. „Die im S 14 des Vereinszollgesetzes vom 1. Juli 1869 (Bundes-Gesetzbl. (Nr 2) S. 317) vorgeschriebene Haftung der zurückgehaltenen oder in Beschlag genomme21
Der Antrag unter a) stammt von Kurlbaum aus dem Teilentwurf zum EG, die Aufhebung der Ziff. 3 war von v. Schmitt (Antrag Nr. 3), diejenige von Ziff. 5 von Gebhard (vgl. dessen Teilentwurf) beantragt. Der Antrag von Johow war in Nr. 13 wie folgt begründet: Die Nr. 2 bis 6 des § 41 sind durch § 521 Abs. 1, §§ 536, 543, 574, 628 des Entw. gedeckt. Dagegen bleibt Nr. 7 hier zu decken, zu vergi. Prot. S. 4199, weil das Zurückbehaltungsrecht wegen Verwendungen im Entwürfe weder dahin qualifizirt ist, daß es auch im Konkurse Geltung hätte, noch zu einem gesetzlichen Pfandrechte gemacht ist.
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Protokolle der 1. Kommission
nen zollpflichtigen Sachen ist als gesetzliches Pfandrecht anzusehen. Dasselbe geht allen anderen Pfandrechten vor." (S.R. § 1, Motive S. 8; Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I § 1.) § 120. „Unberührt bleiben die Landesgesetze, nach welchen den Staatskassen, den Gemeinden und anderen öffentlichen Verbänden die wegen öffentlicher Abgaben zurückgehaltenen oder in Beschlag genommenen beweglichen zollpflichtigen und steuerpflichtigen Sachen für diese Abgaben haften. Die Haftung ist als gesetzliches Pfandrecht anzusehen. Dasselbe geht allen Pfandrechten für privatrechtliche Forderungen vor." I (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter II § 55; S.R. § 9, Motive S. 42 ff.) Hierzu lagen folgende Anträge vor: 1. der Antrag, a) den § 40 der Konk.O. zu fassen: „Ein Gläubiger, welcher an einer beweglichen Sache oder an einem Rechte des Gemeinschuldners ein durch Rechtsgeschäft oder durch Pfändung begründetes oder gesetzliches Pfandrecht hat, kann aus dem pp. (wie im Entwürfe) wegen des Kapitals. Dem Vermiether steht jedoch in Ansehung des Miethzinses das Recht auf abgesonderte Befriedigung aus den eingebrachten Sachen des Miethers, an welchen er ein gesetzliches Pfandrecht hat, nur zu wegen des laufenden und des für das letzte Jahr vor der Eröffnung des Konkursverfahrens rückständigen Miethzinses." b) den § 41 der Konk.O. zu fassen : „Den Pfandgläubigern stehen gleich 1. die Reichskasse pp. (wie in der Konkursordnung §41 Nr. 1 bis) zoll- und steuerpflichtigen Sachen; 2. diejenigen, welche etwas zum Nutzen einer Sache verwendet haben, pp. (wie im Entwürfe § 41 Nr. 2, konform mit Konkursordnung § 41 Nr. 7) zurückbehaltenen Sache; diejenigen, welchen nach dem Handelsgesetzbuche an gewissen Gegenständen ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, in Ansehung dieser Gegenstände." (konform mit dem Entwürfe § 41 Nr. 3.) I c) die §§ 25 und 120 des Entwurfes zu streichen.
Johow (Nr 2)
| Prot 1 12522
v. Weber (Nr 43,1)
v. Weber (Nr 43, 2)
I Prot 1 12523
Zur Begründung des Antrages war demselben nachstehende Anmerkung beigefügt: a) Bei der vorgeschlagenen Fassung des § 40 K.O. wird vorausgesetzt, daß in den v. Weber Uebergangsbestimmungen ausgesprochen werden wird, daß für die Geltendma- (Nr 43, 3) chung des Rechtes auf abgesonderte Befriedigung auf Grund eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erworbenen Pfandrechtes an beweglichen Sachen oder Rechten des Gemeinschuldners die Vorschriften der Konkursordnung (§ 40) und des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung §§ 14 bis 16 maßgebend bleiben. b) Der letzte Satz des vorgeschlagenen § 40 soll die Harmonie mit dem Prinzipe v. Weber des § 521 Abs. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Vorschrift der Konk.O. § 41 (Nr 43, 3) Nr. 4, deren Aufrechterhaltung bei der Berathung und Beschlußfassung über § 521 B.G.B, vorausgesetzt worden (Prot. S. 2113 fg.), herstellen. Die von der Vorschrift der Konk.O. § 41 Nr. 2 und 4 (verbis „sofern die . . . Sachen sich noch auf dem Grundstück befinden") in einem Punkte (in Betreff der heimlich oder gegen Widerspruch entfernten Gegenstände) abweichende, das Pfandrecht ausdehnende Vorschrift des § 521 Abs. 1 Satz 3 B.G.B, ebenso, wie die das Pfandrecht rücksichtlich der der Pfändung nicht unterworfenen Sachen einschränkende Vorschrift des § 521 Abs. 1 Satz 2 B.G.B, (welche beide Vorschriften nach § 543 B.G.B, auch für das 397
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 1 12524 Pfandrecht des Verpächters gelten) wird auch dem | Konkurse gegenüber künftig zu gelten haben. c) Es dürfte vorzuziehen sein, rücksichtlich der im § 41 Ziffer 1 der Konk.O. bezeichneten Forderungen öffentlicher Abgaben es bei den Vorschriften der Konkursordnung zu lassen. Der im Entwürfe vorgeschlagene § 25 erschöpft rücksichtlich der Reichsgesetze nicht jene Vorschrift, da sich das Vereinszollgesetz vom 1. Juli 1869 § 14 nur auf Zölle, also wohl nicht auf die Branntwein- und Zucker-Steuern, welche im inneren Verkehr erhoben werden, bezieht. Der § 120 setzt landesgesetzliche Vorschriften, welche zum Theil nicht vorhanden sind, sondern erst gegeben werden müßten, an die Stelle der reichsgesetzlichen Vorschrift, schafft also ohne Noth eine augenblickliche, durch Landesgesetzgebung in manchen Bundesstaaten erst auszufüllende Lücke. Es scheint endlich auch nicht unbedenklich, die Vorschriften über das Pfandrecht (vergi, insbesondere §§ 1156, 1157, 1158, 1159) auf das Verhältniß des Staates oder der sonstigen öffentlichen Kassen rücksichtlich der wegen des Zoll- und Steuerinteresse nach den bestehenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften in amtlicher Verwahrung befindlichen Gegenstände durch Bezeichnung jener Vorrechte als gesetzliches Pfandrecht anwendbar zu machen. Kurlbaum (Nr 48,4)
2. der Antrag N r . 1 des § 41 der Konk.O. zu belassen; b) Nr. 1 der Zusst. (§ 41) zuzusetzen: „; das nach Maßgabe des § 521 bestehende Pfandrecht kann wegen desjenigen Miethzinses oder Pachtzinses nicht geltend geI Prot 1 12525 | macht werden, welcher auf eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Eröffnung Kurlbaum des Verfahrens entfällt." (Nr 54, 2) für den Fall der Annahme des Antrages 1 a, b : den zweiten Satz des § 40 nach dem Antrage zu Nr. 1 der Zusst. zu fassen und dem § 709 Abs. 2 der C.P.O. folgende Fassung zu geben: „Das Pfandrecht gewährt dem Gläubiger im Verhältniß zu anderen Gläubigern dieselben Rechte wie ein durch Vertrag erworbenes Pfandrecht (es geht Vorzugsrechten vor, welche für den Fall eines Konkurses den Pfandrechten nicht gleichgestellt sind). v. Mandry 3. der Antrag, (Nr 61) a ) den § 40 der Konk.O. unverändert zu lassen; b) im § 41 der Konk.O. den Eingang zu fassen: „Den Faustpfandgläubigern im Sinne des § 40 stehen gleich:" die Nr. 1 zu fassen: 1. „Diejenigen, welchen an gewissen Gegenständen ein gesetzliches oder ein durch Pfändung erlangtes Pfandrecht zusteht, in Ansehung dieser Gegenstände; das nach Maßgabe des § 521 bestehende Pfandrecht. . ." (wie in dem Antrage 2). Dem Antrage waren folgende Bemerkungen beigefügt: „Der meines Erachtens an sich gerechtfertigten Umgestaltung nach Antrag 1 steht entgegen, daß im B.G.B. §2125 mit den Worten auf die Konk.O. verwiesen ist: I Prot 112526 „sowie Gläubiger, welche im Konkurse | den Faustpfandgläubigern gleichstehen." Für „im Sinne des § 40", vergi. Einführungsgesetz §§ 14 und 15. Die Paragraphen 14 bis 16 des Einf.Ges. können auch bei solcher Fassung der §§ 40 und 41 unbedenklich aufgehoben bzw. durch die von anderer Seite vorgeschlagene Bestimmung ersetzt werden." 4. der Antrag a) den Eingang des in der Zusst. formulirten § 40 dahin zu fassen: „Ein Gläubiger, welcher durch Vertrag an einer beweglichen Sache ein Faustpfandrecht erworben hat, kann aus der ihm verpfändeten Sache abgesonderte Befriedigung . . ." a)
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Protokolle der 1. Kommission b) in den $ 41, wie derselbe in der Zusst. gefaßt ist, eine neue Nr. 1 folgenden Inhaltes einzuschalten: „diejenigen, welche durch Vertrag an einem Rechte des Gemeinschuldners ein Pfandrecht erworben haben, in Ansehung des verpfändeten Rechtes." Die Ergebnisse der Berathung waren: 1. In Ansehung des § 40 wurde nach Ablehnung der Anträge 1 a und 4 a beschlossen, die Fassung der Konk.O. unverändert zu lassen. Die Mehrheit war der Ansicht : Die Konk.O. verstehe unter Faustpfandrecht nur das durch Vertrag an einer beweglichen Sache oder an einem Rechte begründete Pfandrecht. In dem B.G.B, dagegen werde sowohl das vertragsmäßige als auch das gesetzliche Pfandrecht an einer beweglichen Sache, nicht aber auch das Pfandrecht an | einem Rechte, als | Prot 1 12527 Faustpfandrecht bezeichnet. Dieser Widerspruch sei indessen nur formaler Natur und ohne praktische Bedeutung. Denn Niemand werde nach dem Inkrafttreten des B.G.B, bezweifeln, daß ein nach dessen Vorschriften an einer beweglichen Sache oder an einem Rechte durch Vertrag entstandenes Pfandrecht von dem § 40 der Konk.O. betroffen werde. Eine Aenderung dieses Paragraphen aber bloß um deswillen vorzunehmen, um denselben mit der Ausdrucksweise des B.G.B, in Einklang zu bringen, erscheine nicht rathsam, weil dadurch allzuscharf in das System der Konk.O. eingegriffen und in Folge dessen die Handhabung anderer Vorschriften, welche die gegenwärtige Fassung des § 40 zur Voraussetzung haben, erschwert werden würde. 2. In Ansehung des § 41 entschied die Mehrheit sich dafür, den Eingang nach dem Antrag 3 b durch Einschaltung der Worte „im Sinne des § 40" hinter dem Worte „Faustpfandgläubigern" zu ergänzen, damit kein Zweifel bleibe, daß mit diesem Worte in dem § 41 derselbe Begriff verbunden werde wie in dem § 40. Die Prüfung der einzelnen Nummern des §41 (in der Fassung der Konk.O.) führte zu folgenden Beschlüssen: Nr. 1 wurde aus den in der Anm. c zu dem Antrage 1 b dargelegten Gründen unverändert gelassen. Man hielt es jedoch, unter Hinweisung auf die Begründung der sachenrechtlichen Vorschläge zum Einführungsgesetze S. 8 (Ziff. 3 Abs. 5) und S. 43 (III Abs. 4), mit Rücksicht auf das geltende Recht, namentlich das preußische Ausführungsgesetz zur Konk.O. vom 6. März 1879 §6, für nöthig, dem §41 der Konk.O. als Abs. 21 hinzuzufügen : | Proti 12528 Die im ersten Absätze unter Nr. 1 bezeichneten Rechte gehen den unter Nr. 2 bis χ und den in § 40 bezeichneten Rechten vor. Nr. 2 bis 6 sind in der Zusammenstellung unter Ziff. 1 zusammengefaßt, weil die Gläubiger, welche der § 41 hier den Faustpfandgläubigern gleichstellt nach den Vorschriften des B.G.B. §§ 521, 532, 536, 543, 574, 628 ein wirkliches Pfandrecht haben. Diese Methode wurde im Allgemeinen gebilligt. Was indessen den Inhalt und die Fassung der erforderlichen Bestimmung anlangt, so wurde dem Antrage 3 b, unter Streichung der als entbehrlich erachteten Worte „in Ansehung dieser Gegenstände" der Vorzug vor dem Vorschlage der Zusst. zugestanden. Die Angabe der reichsrechtlichen Quellen der gesetzlichen Pfandrechte in der Zusst. bezweckt, die Landesgesetzgebungen an der Schaffung neuer gesetzlicher Pfandrechte zu hindern. Die Mehrheit war der Ansicht, daß dieser Zweck hier außer Betracht bleiben müsse, weil die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung auf dem Gebiete des Privatrechtes in dem dritten Abschnitte des Einführungsgesetzes ihre grundsätzliche Regelung finden werde, an sich aber jene Angabe entbehrlich sei. 399
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Der Antrag berücksichtigt an dieser Stelle neben dem gesetzlichen Pfandrechte auch das durch Pfändung erlangte Pfandrecht. Man war einverstanden, daß hierdurch eine kürzere und übersichtlichere Fassung des § 41 ermöglicht werde. Die Zusammenstellung übergeht die in der Konk.O. Nr. 4 enthaltene zeitliche I Prot 1 12529 Beschränkung des Pfandrechtes des Vermiethers in Ansehung der Miethzins-1 forderung. Nach den Anträgen 2 b und 3 b soll eine entsprechende Vorschrift der zum Ersätze der Nr. 2 bis 6 der Konk.O. dienenden Bestimmung hinzugefügt und zugleich auf das Pfandrecht des Verpächters ausgedehnt werden. In letzterer Hinsicht weichen beide Anträge auch von dem Antrag 1 a ab, da dieser nur das Pfandrecht des Vermiethers erwähnt. Die Kommission beschloß den Zusatz in der Fassung des Antrages 2 b. Dabei war erwogen: Das B.G.B, beschränkte das Pfandrecht des Vermiethers an den eingebrachten Sachen des Miethers in dem § 521 Abs. 5, wenn dasselbe mit dem Pfändungspfandrechte eines anderen Gläubigers kollidire, ähnlich wie die Konk.O. im § 41 Nr. 4 für den Fall einer Kollision mit den Konkursgläubigern. Die Vorschriften des B.G.B, seien an sich auch im Konkurse anzuwenden. Auch sei es nicht zweifelhaft, daß die Beschränkung des Pfandrechtes, welche außerhalb des Konkursfalles durch den Zeitpunkt der Pfändung bestimmt werde, für den Konkursfall auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens abzustellen sei. Dies müsse aber mit Rücksicht auf die beschränkte Fassung des Abs. 5 des zitirten § 521 in dem Gesetze ausgedrückt werden, da man nicht darauf rechnen könne, daß die Praxis in der Eröffnung des Konkursverfahrens einen der Pfändung hier gleichstehenden Akt erblicken werde. Neben dem Miethzinse sei hier der Pachtzins besonders zu erwähnen, weil nach dem B.G.B. § 532, abweichend von der Konk.O. § 41 Nr. 2, das dem Verpächter an den eingebrachten Sachen des Pächters zustehende Pfandrecht derselben zeitlichen Beschränkung unterliege wie gemäß § 521 Abs. 5 das Pfandrecht des Vermiethers. I Prot 1 12530 Daß |das dem Verpächter eines landwirtschaftlichen Grundstückes beigelegte Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Pächters und an den Früchten des Grundstückes dieser Beschränkung nicht unterworfen sei, bilde eine in dem § 543 des B.G.B, bestimmte Ausnahme von der Regel des § 532; auf diese Ausnahme in dem beschlossenen Zusätze hinzuweisen, erscheine entbehrlich. Bei Nr. 7 wurde die Beibehaltung der Fassung des § 41 mit Rücksicht auf die Ausführungen in dem Prot. S. 4199 von keiner Seite beanstandet. In Nr. 8 wurden die Worte „Pfandrecht oder" sowie die Worte „in Ansehung dieser Gegenstände" in Folge des Beschlusses zu Nr. 2 bis 6 gestrichen. Nr. 9 ist durch diesen Beschluß gedeckt. Der § 41 erhält demnach die Fassung: Den Faustpfandgläubigern im Sinne des § 40 stehen gleich : 1. Die Reichskasse, die Staatskassen und die Gemeinden, sowie die Amts-, Kreisund Provinzialverbände wegen öffentlicher Abgaben in Ansehung der zurückgehaltenen oder in Beschlag genommenen zoll- und steuerpflichtigen Sachen; 2. diejenigen, welchen an gewissen Gegenständen ein gesetzliches oder ein durch Pfändung erlangtes Pfandrecht zusteht; das nach Maßgabe des § 521 des bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Pfandrecht kann wegen desjenigen Miethzinses oder Pachtzinses nicht geltend gemacht werden, welcher auf eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Eröffnung des Verfahrens entfällt; I Prot 112531 3. diejenigen, welche etwas zum Nutzen einer | Sache verwendet haben, wegen des den vorhandenen Vortheil nicht übersteigenden Betrages ihrer Forderung aus der Verwendung, in Ansehung der zurückbehaltenen Sache; 400
Protokolle der 1. Kommission
4. diejenigen, welchen nach dem Handelsgesetzbuche an gewissen Gegenständen ein Zurückbehaltungsrecht zusteht. Die im ersten Absätze unter Nr. 1 bezeichneten Rechte gehen den unter 2 bis 4 und den im § 40 bezeichneten Rechten vor. 3. Im Laufe der Berathung wurde die Frage aufgeworfen, ob die Vorschriften der Konk.O. $ 41 auch außerhalb des Konkurses gelten. Man war einverstanden, daß die unter Nr. 1 bezeichneten Rechte ihrem Zwecke gemäß auch außerhalb des Konkurses den ihnen von dem § 41 beigelegten absoluten Vorzug haben müßten. Es wurde deshalb beschlossen, den Vorschriften über die Abänderung der Konk.O. unmittelbar folgend nachstehende Vorschrift einzustellen : Die Vorschrift des § 41 Abs. 2 der Konkursordnung findet auch außerhalb des Konkurses Anwendung. Im Uebrigen wurde eine Entscheidung der gestellten Frage für entbehrlich erachtet. Man war der Ansicht: Bei N° = 2 der neuen Fassung erledige sich die gestellte Frage dadurch, daß die hier den Faustpfandgläubigern gleichgestellten Gläubiger nach dem B.G.B., bezw. nach dem Handelsgesetzbuche und der C.P.O. ein wirkliches Pfandrecht haben. Die Vorschrift unter Nr. 3 sei, wie aus dem Prot. S. 4199 sich ergebe, überhaupt nur auf den Konkursfall berechnet. In Ansehung der Nr. 4 dagegen gehöre die Frage dem Handels-1 rechte an. I P r o t ! 12532 Durch die gefassten Beschlüsse wurden die §§ 25 und 120 der Zusst. als erledigt angesehen. Ein näheres Eingehen auf die Vorschläge zu den §§14 bis 17 des Einführungsgesetzes zur Konk.O. blieb der Berathung der Uebergangsbestimmungen vorbehalten. III. Zu § 43 der Konk.O. war die Bestimmung vorgeschlagen „Der § 43 der v. Mandry (Nr 52, 2) Konk.O. wird aufgehoben." In der Kommission überwog die Ansicht, daß, weil das Absonderungsrecht, welches die Konk.O. hier den Nachlaßgläubigern und Vermächtnißnehmern zugestehe, in dem B.G.B. § 2150 ganz anders geregelt bezw. abgelehnt sei, die Vorschrift des § 43 der Konk.O. nicht beibehalten werden könne. Es wurde deshalb beschlossen, an Stelle dieser Vorschrift in den § 43 folgende Bestimmung aufzunehmen: Ist der Konkurs über das Vermögen eines Erben eröffnet, so bestimmen sich die Rechte der Nachlaßgläubiger in Ansehung des Nachlasses nach den Vorschriften des § 2150 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. IV. Der § 98 der Konk.O. soll nach der Zusst. folgende Fassung erhalten: „Das Gericht kann die zwangsweise Vorführung und die Haft des Schuldners anordnen. Dasselbe kann alle zur Sicherung der Masse dienenden einstweiligen Anordnungen treffen. Es kann insbesondere ein allgemeines Veräußerungsverbot an den Schuldner erlassen. Wird das Verbot öffentlich |bekannt gemacht, so finden auf Pfandrechte und Hypothekenrechte, welche im Wege der Zwangsvollstreckung oder des Arrestes nach der Bekanntmachung des Verbotes erworben oder eingetragen worden sind, die Vorschriften des § 12 entsprechende Anwendung. Bei der Abweisung des Eröffnungsantrages sind die angeordneten Sicherheitsmaßregeln aufzuheben." (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I, C. S. 6; Anm. zu § 837 K.E. unter II.)
Johow (Nr 2 c) KO § 98
|Proti 12533
Von anderer Seite war beantragt, Abs. 1 Satz 3 zu fassen: „Wird das Verbot Kurlbaum öffentlich bekannt gemacht, so finden in Ansehung der im Wege der Zwangsvoll- (Nr 48, 5) streckung oder Arrestvollziehung zu begründenden Pfandrechte die Vorschriften des § 12 entsprechende Anwendung." Die Fassung der Zusst. weicht von der Fassung der Konk.O. nur darin ab, daß sie 401
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
„finden" statt „findet" und „Vorschriften" statt „Bestimmung" setzt. Der Antrag dagegen bezweckt außerdem, den § 98 Abs. 1 Satz 3 vollständig an die Ausdrucksweise des B.G.B, anzuschließen. Die Mehrheit der Kommission hielt es indessen nicht für angezeigt, so weit zu gehen; sie entschied sich dafür, nur die durch die in der vorigen Sitzung beschlossene Ergänzung des § 12 (Prot. S. 12511) gebotene Aenderung des § 98 vorzunehmen, daß gesetzt wird „finden . . . die Bestimmungen des § 12 entsprechende Anwendung." Johow V. Für den § 106 der Konk.O. wird in der Zusst. folgende Fassung vorgeschlagen : (Nr 2) „Ein von dem Konkursgerichte in Gemäßheit des § 98 erlassenes allgemeines VerI Proti 12534 äuße- | rungsverbot sowie die Eröffnung des Konkursverfahrens ist in das Grundbuch einzutragen: 1. bei denjenigen Grundstücken (und denjenigen unter die Vorschrift des § 781 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches fallenden Berechtigungen), als deren Eigenthümer der Gemeinschuldner im Grundbuche eingetragen ist; 2. bei den sonstigen für den Gemeinschuldner im Grundbuche eingetragenen Rechten, wenn nach der Art des Rechtes und den obwaltenden Umständen die Unterlassung der Eintragung eine Beeinträchtigung der Konkursgläubiger befürchten ließe. Das Konkursgericht hat von Amtswegen das Grundbuchamt um die Eintragung zu ersuchen. Die vorstehenden Vorschriften gelten auch für die Wiederaufnahme des Konkursverfahrens (§ 184). Bei der Aufhebung und bei der Einstellung des Konkursverfahrens (§§ 151, 191) hat das Konkursgericht von Amtswegen das Grundbuchamt um Löschung der in Gemäßheit der vorstehenden Vorschriften eingetragenen Vermerke zu ersuchen." (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I, C S. 6, 7; Vorschi. z. S.R. § 6, III S. 7, Motive S. 35 ff.) 22 Kurlbaum Von anderer Seite war beantragt, den § 106 zu fassen: „Die Eintragung der (Nr 50,1) Eröffnung des Konkursverfahrens in das Grundbuch erfolgt auf Antrag des Konkursverwalters. Im Falle der Aufhebung des Verfahrens erfolgt die Löschung des I Prot 1 12535 eingetragenen Vermerkes auf | Antrag des Gemeinschuldners." (Uebergangsbestimmung vorbehalten.) Die Kommission beschloß, den S 106 der Konk.O. durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: Ein von dem Konkursgerichte in Gemäßheit des § 98 erlassenes allgemeines Veräußerungsverbot sowie die Eröffnung des Konkursverfahrens ist in das Grundbuch einzutragen: 1. bei denjenigen Grundstücken, als deren Eigenthümer der Gemeinschuldner im Grundbuche eingetragen ist; 2. bei den für den Gemeinschuldner im Grundbuche eingetragenen Rechten an einem Grundstücke oder an einem eingetragenen Rechte, wenn nach der Art des Rechtes und den obwaltenden Umständen durch die Unterlassung der Eintragung eine Beeinträchtigung der Konkursgläubiger zu besorgen ist. Das Konkursgericht hat, soweit ihm solche Grundstücke oder Rechte bekannt sind, das Grundbuchamt von Amtswegen um die Eintragung zu ersuchen. Die Ein22
Begründung von Johow in Nr. 13: Die vorgeschlagene Fassung des § 106 bedarf insofern der Ergänzung, daß auch das allgemeine Veräußerungsverbot des § 98 Berücksichtigung findet.
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Protokolle der 1. Kommission tragung kann auch von dem Konkursverwalter bei dem Grundbuchamte beantragt werden. Die Gründe waren : Die in der Zusst. Abs. 1 Nr. 1, 2 vorgeschlagenen Bestimmungen fänden im Wesentlichen ihre Rechtfertigung in den Ausführungen der Motive S. 36 und der Prot. S. 3709; der Erwähnung der Berechtigungen neben den Grundstücken sei nach der Vorschrift des B.G.B. § 781 Abs. 2 entbehrlich. Bei den Berathungen, aus welchen der § 837 her- [vorgegangen sei, habe man |Proti 12536 vorausgesetzt, daß die Konkurseröffnung und das allgemeine Veräußerungsverbot, welches ihr vorhergehen könne, ohne Verzug in das Grundbuch einzutragen seien. Diese Voraussetzung aber könne sich nur erfüllen, wenn dem Konkursgerichte die Verpflichtung auferlegt werde, von Amtswegen die Eintragung der Konkurseröffnung oder des Veräußerungsverbotes bei der Buchbehörde zu beantragen. Eine Vorschrift die auf die Legitimation des Konkursverwalters zur Stellung des Antrages hinweise, genüge dem Bedürfnisse nicht, weil die Nothwendigkeit, die Eintragung zu betreiben, regelmäßig schon in einer Zeit sich ergebe, in welcher ein Verwalter noch gar nicht bestellt sei. Da indessen das Gericht nicht die Aufgabe habe, nach Grundstücken und eingetragenen Rechten des Gemeinschuldners zu forschen, so müsse seine Verpflichtung auf die ihm bekannten Grundstücke und Rechte desselben beschränkt werden. Stelle sich erst nach der Konkurseröffnung heraus, daß solche Gegenstände vorhanden seien, so sei das Eingreifen des Verwalters am Platze. Es erscheine daher zweckmäßig, die Eintragung auch auf den Antrag des Verwalters zuzulassen; daraus folge, daß dieser auch nach Maßgabe des § 74 der Konk.O. zur Beantragung verpflichtet sei. Irgendwelche praktische Unzuträglichkeit sei nicht zu besorgen, wenn im konkreten Falle die Eintragung sowohl von dem Gerichte als von dem Verwalter nachgesucht werde. Einer Vorschrift, wie solche unter Abs. 3 der Zusst. vorgeschlagen werde, bedürfe es nicht, da die entsprechende Anwendung des § 106 auf den Fall der Wiederaufnahme des Konkurses nach § 184 Abs. 2 nicht zweifelhaft sein könne. I Bei der Aufhebung des Veräußerungsverbotes oder des Konkurses sei die Mit- | Prot 1 12537 Wirkung des Gerichtes zur Herbeiführung der Löschung nicht gerade nothwendig. Sie erscheine aber zweckmäßig und entspreche in allen Fällen, in welchen das Veräußerungsverbot, ohne daß es zum Konkurse komme, oder die Konkurseröffnung auf erhobene Beschwerde aufgehoben werde, der billigen Rücksicht gegen den Gemeinschuldner. Dies brauche aber nicht besonders vorgeschrieben zu werden, da nach den §§151 und 191 der Konk.O. der § 106 auf die Fälle der Aufhebung und der Einstellung des Konkursverfahrens entsprechende Anwendung finde. 747. Sitzung vom 13. 2. 1888, Schriftführer : Achilles
|Die Berathung der die Konk.O. betreffenden Vorschläge zum Einführungsge- |Proti 12539 setze an der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt. 1. Für den § 178 der Konk.O. wird folgende Fassung vorgeschlagen : „Der rechts- Kurlbaum kräftig bestätigte Zwangsvergleich ist wirksam für und gegen alle nicht bevorrechtig- (Nr 4) ten Konkursgläubiger, auch wenn dieselben nicht am Konkursverfahren oder an der Beschlußfassung über den Vergleich nicht Theil genommen oder gegen den Vergleich gestimmt haben. Die Rechte der Gläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Gemeinschuldners werden nicht berührt. Gegen den Anspruch aus einem Pfandrechte kann der Zwangsvergleich nicht geltend gemacht werden." (Antrag 4 zum Einf.Ges.) 403
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 1 12540
Die beiden ersten Sätze stimmen mit der jetzigen Fassung | der Konk.O. überein. Neu ist der dritte Satz. Die Aufnahme dieses Satzes wurde von einer Seite als entbehrlich bezeichnet, weil derselbe sich von selbst verstände. Von anderer Seite wurde in dem Vorschlage eine nicht unbedenkliche Deklaration der Konk.O. gesehen. Die Mehrheit war der Ansicht: Der Einwand, daß die Forderung einem im Konkurse des persönlichen Schuldners geschlossenen Zwangsvergleiche unterliege, dürfe als unvereinbar mit dem Zwecke des Pfandrechtes gegen den dinglichen Anspruch des Gläubigers nicht zugelassen werden. Das Gesetz müsse dies aber ausdrücklich bestimmen. Denn, wenn es schwiege, würde bei der Schärfe, mit welcher das B.G.B, in den §§ 1084 und 1160 die Regel ausspreche, daß der Eigenthümer gegen den Anspruch aus dem Pfandrechte auch die dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung zustehenden Einreden geltend machen könne, die Anwendung dieser Regel auch auf den Einwand des Zwangsvergleiches zu besorgen sei. Diese Besorgniß liege um so näher, als die Konk.O. die Rechte des Gläubigers gegen Mitschuldner und Bürgen ausdrücklich von der Wirkung des Zwangsvergleiches ausnehme, mithin der Auffassung Raum gebe, als solle das Pfandrecht, sofern die H a f t u n g des Eigenthümers nicht in den Bereich der Bürgschaft falle, der Regel unterstellt bleiben. Nicht zweifelhaft sei übrigens, daß der Gläubiger, wenn das Pfandrecht an einem zur Konkursmasse gehörenden Gegenstande bestehe, als Absonderungsberechtigter nicht zu den Konkursgläubigern gehöre und folglich von dem Vergleiche nicht betroffen werde. Eine besondere Bestimmung sei daher nur nöthig, um den Pfandgläubiger gegen die Berufung dritter Personen auf den Zwangsvergleich zu schützen. Der Frage endlich, I Prot 1 12541 inwiefern die Theilnahme des Pfandgläubi- | gers an der Schließung des Zwangsvergleiches als Verzicht auf das Pfandrecht anzusehen sei, werde hier nicht vorgegriffen. Die Kommission beschloß hiernach die Annahme des Vorschlages in folgender Fassung: . . . nicht berührt; auch kann der Zwangsvergleich gegen den Anspruch aus einem Pfandrechte von einem Dritten nicht geltend gemacht werden. Johow 2. Der § 180 der Konk.O. soll nach der Zusst. folgenden Wortlaut erhalten: (Nr 2) „Soweit die Leistungen aus dem Vergleiche noch nicht fällig sind, findet eine Eintragung derselben in das Grundbuch im Wege der Zwangsvollstreckung nur im Falle eines Arrestgrundes und nur in Gemäßheit des § 1132 des Bürgerlichen Gesetzbuches statt." (S. R. § 6, III S. 7, Motive S. 38; Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I, C S. 7.) Kurlbaum Hierzu lag der Antrag vor, die Vorschrift so zu fassen: „Für die Forderungen aus (Nr 50,2) d e m Vergleiche wird eine Hypothek in Ermangelung einer Eintragungsbewilligung nur als Zwangshypothek oder Arresthypothek begründet." (Uebergangsbestimmung vorbehalten.) Die Kommission beschloß, zur Herstellung der wünschenswerthen Harmonie zwischen dem B.G.B, und der Konk.O., dem § 180 nachstehende Fassung zu geben: Für die Forderungen aus dem Vergleiche kann eine Hypothek in Ermangelung einer Eintragungsbewilligung nur nach den Vorschriften über Zwangshypothek und Arresthypothek begründet werden. I P r o t i 12542
| 3. Die §§ 202 bis 206 der Konk.O. handeln von dem Konkursverfahren über einen Nachlaß. 404
Protokolle der 1. Kommission
Beantragt war, den § 203 dahin zu ergänzen, daß er lautet: „Die Eröffnung des v. Mandiy Verfahrens setzt, unbeschadet der Vorschrift des S 2150 des B.G.B., die Ueberschul- (Nr 57,1) dung des Nachlasses voraus." 23 Die Ergänzung besteht in den Worten „unbeschadet der Vorschrift des § 2150 des B.G.B." In die Berathung des Antrages wurde der Vorschlag unter Art. 4 des § 14 der Zusst. mit hineingezogen. Nach diesem Vorschlage soll in die Konk.O. hinter § 206 folgende Bestimmung als § 206 a eingestellt werden: „Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (Rechtes) über den Nachlaßkonkurs werden von der Konkursordnung nicht berührt." (Antrag 3 zum Einf.Ges. A, 10 S. 3.) Hierzu lagen die Anträge vor: a) die Bestimmungen so zu fassen: „In Ansehung des Nachlaßkonkurses treten, soweit das Bürgerliche Gesetzbuch über den Nachlaßkonkurs Vorschriften enthält, diese Vorschriften an die Stelle der Vorschriften der Konkurs-Ordnung." b) an die Stelle der vorgeschlagenen Bestimmung dem § 12 des Einführungsgesetzes als ersten Artikel die Vorschrift einzuschalten: „Soweit das Bürgerliche Gesetzbuch Vorschriften über den Konkurs (, insbesondere über den Nachlaßkonkurs,) enthält, welche von den Vorschriften der Konkursordnung abweichen, treten die (dem Bürgerlichen Gesetzbuche widersprechenden) Vorschriften der Konkursordnung außer Kraft."
Schmitt (Nr 3)
v. Mandry (Nr 52,2) v.Weber (Nr 49, 2)
I Dem Antrage b waren folgende Bemerkungen beigefügt: „Die im Entwürfe als | Prot 1 12543 § 206 a vorgeschlagene Vorschrift hat, was ihre Fassung anlangt, gegen sich, daß man einestheils von einer später erlassenen Gesetzesvorschrift nicht wohl sagen kann, sie bleibe von einer älteren Vorschrift unberührt, sondern diese Ausdrucksweise nur auf schon bestehende Vorschriften in ihrem Verhältnisse zu neuen Vorschriften paßt, und daß, wenn man auch hiervon absieht, anderentheils es doch auch nicht richtig ist, daß die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Nachlaßkonkurs von der Konkursordnung nicht berührt würden. Diese Vorschriften sind ja nur fragmentarische und werden durch die Konkursordnung allenthalben ergänzt, also doch berührt. Bestimmt soll werden (vergi, die Begründung des Antrages in Nr. 6 der Anträge zum Einführungsgesetze), daß die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über den Nachlaßkonkurs, soweit sie von den Vorschriften der Konkursordnung abweichen (vergi, insonderheit §§ 2113, 2117, 2128, 2150 Abs. 1, 3, 4), der Konkursordnung vorgehen. Dies würde aber im Anschluß an die Fassung des Beschlusses zum § 10 der Zusst., Prot. S. 12329, besser so (wie oben vorgeschlagen) ausgedrückt, daß die abweichenden Vorschriften der Konkursordnung außer Kraft treten. Außerdem ist zu beachten, daß das Bürgerliche Gesetzbuch noch andere, von der Konkursordnung abweichende Vorschriften enthält, welche diesen vorgehen müssen, insbesondere §§ 1361, 1399 Abs. 2, 1424 Abs. 2 verbunden mit §1431 auch § 2150 Abs. 2 (soweit sich diese letzteren Vorschriften auf den Konkurs des Erben beziehen) und daß, wenn man eine Spezialbestimmung über den Nachlaßkonkurs giebt, das Verhältniß der anderen die Konkursordnung modifiziren-1 den Vorschrif- | Prot 1 12544 ten des Bürgerlichen Gesetzbuches verdunkelt wird. Hält man eine Klarstellung hinsichtlich des Nachlaßkonkurses für erforderlich, 23
Begründung des Antrags Nr. 57, 1 : Für die Fassung, speziell für die Beschränkung auf Abs. 1 des § 2150 E I und für den Singular vergi. E I § 2109. 405
Einführungsgesetz zura Bürgerlichen Gesetzbuch
so dürfte es vorzuziehen sein, die Vorschrift zu verallgemeinern. Sie kann dann aber nicht in der Form eines in die Konkursordnung einzuschaltenden Paragraphen erfolgen, sondern muß in einen besonderen Artikel, am Besten wohl im Eingange des Paragraphen aufgenommen werden." Die Kommission beschloß, den § 203 der Konkursordnung unverändert zu lassen und eine dem § 206 a oder den Anträgen a und b entsprechende Vorschrift weder in die Konkursordnung noch in das Einführungsgesetz einzustellen. Die Gründe waren : Aus der zu § 10 der Zusst. beschlossenen Vorschrift Prot. S. 12329, ergebe sich mit voller Deutlichkeit, daß die den Konkurs betreffenden Vorschriften des B.G.B, den Bestimmungen der Konk.O. vorgehen, da jeder Zweifel ausgeschlossen sei, daß die letztere durch jene Vorschriften abzuändern bezweckt sei. Das, was nach der Zusst. unter § 206 a und nach den Anträgen a und b ausgesprochen werden solle, sei also nur eine Konsequenz aus der gedachten allgemeinen Vorschrift. Dieselbe Konsequenz sei aber nicht allein in Ansehung der Konk.O. zu ziehen, sondern in ähnlicher Weise bei anderen Reichsgesetzen, in welche das B.G.B, eingreife. Die Handhabung der Konk.O. würde allerdings erheblich erleichtert werden, wenn eine den Vorschlägen entsprechende Bestimmung aufgenommen würde. Allein dieser Vortheil wiege nicht schwer gegenüber der Verdunkelung, welche die zu § 10 der Zusst. beschlossene allgemeine Vorschrift durch eine denselben Zweck hinsichtlich der I Prot 1 12545 Konk.O. | verfolgende Sonderbestimmung erleiden müßte. Daß der § 203 unter der Herrschaft des B.G.B, nur unbeschadet der Vorschriften des § 2150 zur Anwendung kommen könne, sei nach dem Gesagten nicht zweifelhaft. Eine Ergänzung des § 203 in diesem Sinne, bloß um die Konk.O. in Einklang mit dem B.G.B, zu setzen, erscheine aber schon deshalb nicht rathsam, weil dann noch eine Reihe anderer Paragraphen der Konk.O. in ähnlicher Weise ergänzt werden müßte. Die Herstellung einer derartigen Harmonie müsse einer späteren allgemeinen Revision der Konk.O. vorbehalten bleiben. v. Mandry 4. Ein Antrag, den § 204 der Konkurs-Ordnung dahin zu fassen: „Die Eröffnung (Nr 57,2) des Verfahrens wird nicht dadurch gehindert, daß dem Erben noch das Recht, die Erbschaft auszuschlagen, zusteht." 24 wurde in Folge des zu § 203 gefaßten Beschlusses von dem Antragsteller zurückgezogen. Schmitt 5. Für die §§ 205 und 206 der Konkurs-Ordnung wird in der Zusst. folgende (Nr 3) Fassung vorgeschlagen ; § 205. „Zu dem Antrage auf Eröffnung des Verfahrens ist jeder Erbe oder Nachlaßpfleger und jeder Nachlaßgläubiger berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Erben oder Nachlaßpflegern gestellt, so ist derselbe zuzulassen, wenn die Ueberschuldung glaubhaft gemacht wird. Das Gericht hat die übrigen Erben oder Nachlaßpfleger nach Maßgabe des § 97 Abs. 2, 3 zu hören." (Antrag 3 zum Einf.Ges. unter A, 8 S. 3;Vorschl.z. Erbr. § 1, Motive S. 1137.) I Prot 1 12546
| § 206. „Ein Zwangsvergleich kann nur auf den Vorschlag aller Erben oder Nachlaßpfleger geschlossen werden." (Antrag 3 zum Einf.Ges. unter A, 8 S. 3; Motive z. Erbr. S. 1137.)25 24 25
Begründung des Antrags Nr. 57,2: Für die Fassung vgl. Ε I § 2029. Zu diesem Antrag von v. Schmitt kommen noch hinzu der unter 6. enthaltene Antrag zu einem ξ 205 a und ferner der Antrag zu einem § 206 a: „Die Vorschriften des bürgerlichen
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Protokolle der 1. Kommission Gesetzbuches (Rechte) über den Nachlaßkonkurs werden von der Konkursordnung nicht berührt." Der Gesamtantrag war in Nr. 6 wie folgt begründet: Diskordanzen zwischen dem bürgerl. Gesetzbuche und der Konkursordnung finden sich in den Bestimmungen, welche hier und dort den Nachlaßkonkurs betreffen oder doch mitbetreffen; im Uebrigen findet sich eine Differenz nur bei den Vorschriften über Nachlaßpflege. Anlangend die Letztere (§§ 2010 ff. KE, SS 205, 206 Konk.O.), so geht die Konk.O. noch in Berücksichtigung des Landesrechts, bei der Nachlaßpflege davon aus, sowohl für Real- als Personal-Kuratel vorzusehen, während der K E nur Personal-Kuratel kennt. Um diese Diskordanz zu beseitigen, genügt es, in der K O §§ 205, 206 vom Nachlaßpfleger zu reden, vergi, die Bemerkungen zu § 220 CPO. Da der Fall einer Mehrheit von Nachlaßpflegern nicht ausgeschlossen ist ( § S 1614, 1704 K.E.), erscheinen die diesen Fall besonders vorsehenden Bestimmungen der SS 205, 206 aus dem Gesichtspunkte des Erbrechts wenigstens keiner Modifikation bedürftig. — Die Vorschriften, welche den Nachlaßkonkurs betreffen, zerfallen in solche, welche für den Nachlaßkonkurs allein gelten ( S S 2 0 2 - 2 0 6 K O ; SS 2043, 2 0 6 0 - 2 0 7 0 , 2074 Abs. 2, 2079, 2081 Abs. 2, 2095, 2096, 2098 Nr. 4, 2099, 2100 K.E.) (vergi. S 494a KE), und in solche, welche für alle Arten des Konkurses, also auch für den Nachlaßkonkurs gelten (die übrigen Bestimmungen der K O , die übrigen Bestimmungen des K.E., welche allgemein vom Konkurse sprechen). Der K.E. enthält, wo er vom Nachlaßkonkurse redet, in der Regel materielle Vorschriften, doch nicht ausschließlich, vergi, ζ. Β. SS 2091, 2092; die KO umfaßt das materielle (Buch I) und formale Konkursrecht (Buch II, das zweite Buch enthält nebenher auch materielle Bestimmungen). Das Verhältnis des K.E. zur K O in Ansehung des Nachlaßkonkurses ist das, daß die Vorschriften des Ersteren jenen der Letzteren, die theils ergänzt, theils geändert werden, vorgehen; die Bestimmungen des KE berühren insbesondere nahezu alle materiellen Vorschriften der Konkursordnung, die Voraussetzungen und Wirkungen des Nachlaßkonkurses, daher dann, wenn die K O an jeder einzelnen Stelle in Konkordanz mit dem bürgerl. Gesetzbuch gebracht werden sollte, sich stereotyp der Zusatz nöthig machte, soweit das bürgerl. Recht oder Gesetzbuch nicht anders bestimmt; dies gilt selbst von den SS 203, 206 KO. Unter solchen Umständen ist, da die Bestimmungen über den Nachlaßkonkurs nun einmal in zwei Gesetzen und in jedem derselben in erheblicher Ausdehnung niedergelegt sind, auch das Zweckmäßige dieser Teilung auf der Hand liegt, um in angemessener Weise die Konkordanz herbeizuführen, ein Schlußparagraph zur K O ( S 206 a) erforderlich und ausreichend, dahin: „Die Vorschriften des bürgerl. Gesetzbuches (Rechtes) über den Nachlaßkonkurs werden von der Konkursordnung nicht berührt." Was endlich den § 1 des Einf.-Gez. z. Erbrecht betrifft, soweit er die K O berührt, so kann: a) die in Abs. 1 vorgeschlagene Aufhebung der SS 204, 205 K O nicht mehr Platz greifen, da diejenigen Vorschriften des ursprünglichen und revid. Erbrechts-Entwurfs, welche die gedachten Paragraphen der K O zu ersetzen bestimmt waren ( § S 352 Abs. 4; 368 Abs. 1 und 3, 391, 393) keine Aufnahme in den KE gefunden haben, bezw. was das Absonderungsrecht der Legatare pp. anlangt, auf Grund eines anderen Prinzips ( S 2100 KE) ersetzt sind. b) der Abs. 2 (Mot. ζ. Erbrechtsentwurf S. 1137) wird, jedenfalls wenn die Konkursordnung im Ganzen revidirt wird, besser als § 205 a der K O eingestellt. c) Der dritte Absatz beruhte auf demjenigen Schutze, welchen der Erbrechtsentwurf in den SS 384 bis 386, 388 Abs. 3 den eigenen Gläubigern eines Schuldners dagegen gewähren wollte, daß dieser ihm vor der Eröffnung des Konkurses oder vor Beginn der Zwangsvollstreckung über bezw. sein Vermögen angefallene Erbschaften (oder Vermächtnisse) ausschlug und hierdurch seinen Gläubigern Befriedigungsobjekte entzog. Da indessen die Kommission beschloß, die Frage über die actio Pauliana in diesem Falle ( S S 22 ff. K O ; R.Ges. v. 21. Juli 1879 über die Anfechtung der Rechtshandlungen des Schuldners außerhalb des Konkurses, der Wissenschaft und Praxis zu überlassen, insbesondere die bezüglichen Vorschriften der K O (folgerecht auch des Anfechtungsgesetzes vom 21. Juli 1879) in keiner Weise zu ergänzen oder zu ändern (Prot. S. 11187—11194, insbesondere S. 11187 Ziff. 4 und 5, S. 11190 Ziff. 7, S. 11194 zu S 388 Abs. 3), - so entfällt Abs. 3 § 1 Einf.Ges. z. Erbrecht als gegenstandslos. (Fortsetzung der Fn. auf S. 408)
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Hierzu lagen die Anträge vor: Schmitt a) den § 205 unter Abstrich des zweiten Absatzes zu fassen: „Zu dem Antrage auf (Nr 51,1—2) Eröffnung des Verfahrens ist jeder Erbe, jeder Miterbe für seinen Erbtheil und jeder Nachlaßgläubiger berechtigt."
Bemerkung: I. Die Frage, ob ein Schuldner mit Rücksicht auf seine Gläubiger in der Disposition über die Ausschlagung der ihm vor Eröffnung des Konkurses oder Beginn der Zwangsvollstreckung über bezw. in sein Vermögen gewordenen Anfalle von Todeswegen irgendwie gehindert ist (actio Pauliana), bezieht sich nicht auf den Pflichtteilsanspruch, da dieser sofort definitiv (ohne das Stadium eines vorgängigen provisorischen Erwerbs) erworben wird, § 1944 KE, folgerecht in Ansehung desselben nur von Verzicht oder Uebertragung des Erworbenen bezw. auf das Erworbene die Rede sein kann und Verzicht wie Uebertragung den allg. Vorschriften über die Anfechtung der Rechtshandlungen nach Maßgabe der KO und des Anfechtungsgesetzes unterliegen. — Im Zusammenhange hiermit stehen die besonderen Fragen, welche sich nach dieser Richtung aus der Konstruktion des Pflichttheilsrechtes gemäß §§ 1933 — 1935, 1954 des KE ergeben. Man wird anzunehmen haben, daß die Ausschlagung oder Annahme des dem Pflichttheilsberechtigten im Sinne der erwähnten §§ zugedachten, den Pflichttheilsanspruch im Falle der Annahme ausschließenden Vermögens den Grundsätzen über die actio Pauliana nicht unterliegt, wenn sich auch der KE hierüber nicht ausdrücklich erklärt. Dasselbe wird zu gelten haben, wenn der Pflichttheilsberechtigte einer nicht gerechtfertigten Entziehung des Pflichttheils gegenüber (§§ 1942 ff.) sich der Reaktion enthält oder begiebt. Die aufgeworfene Frage bezieht sich aber auf Erbschaften und Vermächtnisse, in welch letzterer Beziehung die §§ 384—386, 388 zu ergänzen gewesen sein würden, wenn sie angenommen worden wären. Erfolgt der Anfall erst nach der Konkurseröffnung pp., so ist die Frage für diesen Konkurs gegenstandslos, da ein solcher Anfall in keinem Falle zur Konkursmasse gehört (arg. voce, welches ihm zur Zeit der Eröffnung des Konkursverfahrens gehört in ξ 1 Abs. 1 KO). Erfolgte der Anfall vorher, so ist die Frage, ob den Gläubigern das Anfechtungsrecht gegen die Ausschlagung zusteht, davon abhängig, ob ein angefallenes, aber noch nicht definitiv erworbenes Recht zur Konkursmasse gehört. Ueber diese Frage waren die Ansichten von jeher getheilt; sie blieben es auch in der Kommission für den Kommissionsentwurf, bei dem ein Theil der Mitglieder verneinte, ein anderer bejahte und weiterhin die Grundsätze der actio Pauliana schlechthin anwenden wollte, ein dritter (Mittelweg des Erbrechtsentwurfs §§ 384—386, 388) zwar auch bejahte, aber zugleich die allg. Grundsätze der actio Pauliana modifiziren wollte. Die Kommissionsmehrheit beschloß aber unter Ablehnung des Mittelwegs und jeder Ergänzung oder Erläuterung der allgemeinen Bestimmungen über die actio Pauliana und das Inventarrecht (Prot. S. 11187 Nr. 4, 5; S. 11190 zu 7) die Frage, ob ein derg. Anfall zur Konkursmasse gehöre bezw. seine Ausschlagung anfechtbar sei, der Wissenschaft und Praxis zu überlassen — vorbehaltlich nochmaliger Erwägung für den (nicht eingetretenen) Fall weiterer Anregung, Prot. S. 11190 zu 7. So wie die Sache hiernach dermalen liegt, ist also Abs. 3 ξ 1 Einf.Ges. z. Erbr. gegenstandslos. d) Die Vorschrift des Abs. 4 erledigt sich durch die §§ 1927 und 2068 KE. — Nach dem letzteren können alle Nachlaßverbindlichkeiten in jedem Nachlaßkonkurse liquidiert werden und werden in der dort angegebenen Rangordnung befriedigt. — Nach dem § 1927 steht der in Ermangelung anderer Erben berufene Fiskus als gesetzlicher Erbe sonstigen Erben gleich (abgesehen von der mangelnden Ausschlagungsbefugniß pp.) und giebt es keinen erblosen Nachlaß, weshalb dann auch die Anomalie eines Nachlaßkonkurses von Amtswegen und insoweit die Ausnahme von §§ 95 und 203 KO entfällt. Von v. Mandry war in Nr. 52, 2 zu § 206 KO beantragt: Die nach der gedruckten Zusammenstellung S. 26 als § 206, 1 beantragte generelle Vorschrift dahin zu fassen: In Ansehung des Nachlaßkonkurses treten, soweit das bürgerliche Gesetzbuch über den Nachlaßkonkurs Vorschriften enthält, diese Vorschriften an die Stelle der Vorschriften der Konkurs - Ordnung. 408
Protokolle der 1. Kommission
und den § 206 durch die Vorschrift zu ersetzen : „Der § 206 der Konkurs-Ordnung ist aufgehoben." Dem Antrage waren folgende Bemerkungen beigegeben : „Es ist die Frage, ob aus dem vorgeschlagenen Zusatzparagraphen 206 a genügend deutlich erhellt, daß diejenigen Bestimmen der Konkurs-Ordnung aufgehoben sind, welche die auf einem dem Prinzipe des Bürgerlichen Gesetzbuches § 2051 Satz 2 entgegengesetzten Prinzipe beruhenden Landesrechte (preuß. Landrecht pp.) berücksichtigen; es sind die §§ 205, 206 der Konkurs-Ordnung. Es dürfte angemessener sein, diese Vorschriften so zu fassen, daß jener Zweifel ausgeschlossen ist. Die von dem Rechte, den Nachlaßkonkurs zu beantragen, handelnden Vorschriften des § 205 Abs. 1 Konk.O. werden im Allgemeinen beizubehalten sein, da das Bürgerliche Gesetzbuch solche Vorschriften voraussetzt und nur für einzelne Fälle modifiziert oder ersetzt. Dagegen bedarf es an diesem Or- | te keiner Bestimmungen über den Konkurs, betreffend die Vor- oder | Prot 1 12547 Nacherbschaft, die verkaufte pp. Erbschaft und die einem Nachlaßpfleger unterstellte Erbschaft, da hierüber die §§ 498 Abs. 3, 1835, 1837 Abs. 2, 2064 des Bürgerlichen Gesetzbuches Bestimmungen enthalten, welche der Zusatzparagraph 206 a Konk.O. aufrecht erhält. Das Gleiche wird gelten von den besonderen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über gewisse Beschränkungen des Antragsrechtes des Erben und der Nachlaßgläubiger. Der § 206 Konk.O. hat nur noch Gegenstand für den Fall einer Mehrheit von Nachlaßpflegern; allein das Entsprechende dürfte sich schon aus den Vorschriften des Familienrechts ergeben." b) den § 205 der Konkurs-Ordnung zu fassen: „Zu dem Antrage auf Eröffnung Kurlbaum des Verfahrens ist der Erbe oder Nachlaßpfleger sowie jeder Nachlaßgläubiger (Nr 54, 3) berechtigt." und an Stelle des § 206 einzuschalten: „Sind mehrere Erben vorhanden, so finden die Vorschriften der §§ 202 bis 205 a in Ansehung des Erbtheiles eines jeden Erben entsprechende Anwendung." Der Antrag b wurde angenommen; die übrigen Vorschläge sind hierdurch erledigt. Die Mehrheit war der Ansicht: Die Gründe, auf welchen die Beschlüsse und Nr. 3 beruhen, seien hier nicht zutreffend. Bei der Art und Weise, wie das Bürgerliche Gesetzbuch die Verhältnisse regele, auf welche sich die §§ 205 und 206 der Konk.O. beziehen, bliebe die Tragweite dieser Paragraphen dunkel, wenn die- | selben nicht | Prot 1 12548 geändert würden. Ueber die Richtung, in welcher die Aenderung vorzunehmen sei, bestehe im Allgemeinen kein Zweifel. Die Antragberechtigung des Nachlaßpflegers werde freilich in dem Antrage a mit Rücksicht auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches §§ 1652, 1743 übergangen. Allein es erscheine für das Verständniß des Gesetzes rathsam, auch in diesem Punkte formelle Uebereinstimmung der Konk.O. mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch herzustellen, und dabei des Falles, daß mehrere Nachlaßpfleger vorhanden seien, nicht zu erwähnen, da, wenn in einem solchen Falle der Antrag nicht von allen Nachlaßpflegern gestellt werde, die Entscheidung, ob und inwiefern der Antrag Berücksichtigung verdiene, von den einschlagenden Vorschriften des Vormundschaftsrechts abhänge. Im Uebrigen komme nur die Fassung in Frage. In dieser Hinsicht aber verdiene der Antrag b den Vorzug, zumal er dadurch, daß er den Fall einer Mehrheit von Erben in einem besonderen Paragraphen am Schlüsse der Vorschriften über den Nachlaßkonkurs ordne, den Standpunkt, welchen das Bürgerliche Gesetzbuch in dem §2119 einnehme, deutlicher hervortreten lasse, als es in der Zusst. und dem Antrage a geschehe. Die Erwähnung eines § 205 a 409
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch bezieht sich auf einen weiteren, noch nicht zur Beschlußfassung gelangten Antrag und ist von der Art der Erledigung dieses Antrages abhängig. 6. In der Zusammenstellung wird vorgeschlagen, in die Konkurs-Ordnung folgende Vorschrift unter § 205 a einzustellen: Schmitt „Die in dem Verfahren des erbschaftlichen Gläubigeraufgebotes angemeldeten (Nr 3) Forderungen gelten, sofern die Anmeldung den Vorschriften | der Konkursordnung IProti 12549 entspricht, als auch im Nachlaßkonkurse angemeldet und sind in die tabellarische Nachweisung nach Maßgabe des § 128 Abs. 2 aufzunehmen." (Antrag 3 zum Einf.Ges. unter A, 9 S. 3; Vorschi. z. Erbr. § 1; Motive S. 1137) Hierzu lagen die Anträge vor: v. Weber a) die einzustellende Vorschrift in folgender Fassung zu beschließen: „Die in dem (Nr 49,1) erbschaftlichen Aufgebotsverfahren (§§ 2120 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches) angemeldeten Forderungen der Nachlaßgläubiger gelten, sofern das Aufgebotsverfahren vor dem Konkursgerichte (vor demselben Gerichte, vor welchem der Nachlaßkonkurs anhängig ist,) stattgefunden hat und die Anmeldung " (wie in der Zusst.) Dem Antrage war eine Anmerkung beigefügt, welche lautet: „Regelmäßig wird nach § 2121 des Bürgerlichen Gesetzbuches und § 202 der Konk.O. Identität des für das Aufgebotsverfahren zuständigen Nachlaßgerichtes (zu vergi, die Anmerkung zu § 2121 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) und des Konkursgerichtes vorhanden sein. Ausnahmen sind aber denkbar, z. B. in Folge doppelten Domizils und daraus folgenden doppelten allgemeinen Gerichtsstandes des Erblassers oder in Folge abweichender Beurtheilung des Vorhandenseins eines solchen allgemeinen Gerichtsstandes beim Aufgebotsverfahren und bei dem Konkursverfahren. Für den Fall aber, wenn Aufgebots- und Konkursverfahren vor verschiedenen Gerichten stattgefunden haI Prot 1 12550 ben, erscheint die im Entwürfe vorge-1 schlagene Vorschrift nicht passend." Kurlbaum b) den § 205 a zu fassen : „Ist vor Eröffnung des Konkursverfahrens auf Grund des (Nr 54, 4) Aufgebotes der Nachlaßgläubiger das Ausschlußurtheil erlassen, so gelten diejenigen Forderungen, welche durch das Ausschlußurtheil vorbehalten sind, als im Nachlaßkonkurse angemeldet, sofern das Ausschlußurtheil von dem Konkursgerichte erlassen ist." oder eventuell: „Die in dem Verfahren des Aufgebotes der Nachlaßgläubiger angemeldeten und nicht ausgeschlossenen Forderungen gelten als auch im Nachlaßkonkurse angemeldet, sofern das Aufgebot von dem Konkursgerichte erlassen und das Verfahren nicht vor der Eröffnung des Konkursverfahrens ohne Erlassung des Ausschlußurtheiles erledigt ist." Die Kommission beschloß, in die Konkurs-Ordnung einen § 205 a in der Fassung des eventuellen Antrags b mit der Maßgabe einzustellen, daß in Zeile 1 hinter „Verfahren" die Präposition „wegen" eingeschaltet wird und in Zeile 4 die Worte „von dem Konkursgerichte" ersetzt werden durch die Worte „von demselben Gerichte, bei welchem der Konkurs anhängig wird,". Durch diesen Beschluß ist das Allegat in der beschlossenen Fassung des § 206 (S. 12547) genehmigt. Die Gründe waren: Ueber die Zweckmäßigkeit einer Vorschrift, welche denjenigen, der seine Forderung im Aufgebotsverfahren angemeldet habe, von der Anmeldung im Konkurse entbinde, könne ein Zweifel nicht bestehen. Fraglich könne nur sein, inwiefern diese I Prot 1 12551 Vergünstigung ei-1 ner Beschränkung bedürfe. 410
Protokolle der 1. Kommission Gegen die Beschränkung auf den Fall der Identität des Konkursgerichtes mit dem Aufgebotsgerichte w e r d e z w a r geltend gemacht, daß, w e n n beide Gerichte nicht mit einander identisch seien, das Konkursgericht die Akten des Aufgebotsgerichtes einfordern werde. Allein es sei zu bezweifeln, ob dies in allen Fällen erfolgen werde, indem die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sei, daß das Konkursgericht von dem Aufgebotsverfahren keine Kenntniß erlangt habe. An sich aber passe die vorgeschlagene Bestimmung nicht, wenn das Aufgebotsgericht nicht zugleich das Konkursgericht sei. In diesem P u n k t e müsse daher den Anträgen a und b der V o r z u g vor dem der Zusst. gegeben w e r d e n . Nicht minder gerechtfertigt sei die Beschränkung der Vergünstigung auf diejenigen Fälle, in welchen die angemeldete F o r d e r u n g nicht durch das Urtheil im A u f g e botsverfahren ausgeschlossen sei. In dieser Hinsicht genüge es, auf den § 2128 des B.G.B, zu verweisen. Ebensowenig k ö n n e die Vergünstigung Platz greifen, wenn das anhängig gewordene Aufgebotsverfahren vor der K o n k u r s e r ö f f n u n g rückgängig geworden sei, d. h. in a n d e r e r Weise als durch Urtheil seine Beendigung g e f u n d e n habe. In einem solchen Fall seien die Anmeldungen mit dem V e r f a h r e n selbst f ü r den später, vielleicht erst nach J a h r e n e r ö f f n e t e n Konkurs als erledigt anzusehen. N u r wenn das Aufgebotsverfahren z u r Zeit der K o n k u r s e r ö f f n u n g noch schwebe oder durch U r theil beendet sei, k ö n n e die Anmeldung im K o n k u r s e durch die Anmeldung im Aufgebotsverfahren ersetzt werden. D a ß diese Anmeldung den Vorschriften der K o n k . O . entsprechen müsse, sei mit Rücksicht auf die V o r s c h r i f t des § 2126 Abs. 1 des B.G.B, nicht zu bestimmen. | D a s | Prot 1 12552 im Aufgebotsverfahren nicht interessirende V o r r e c h t müsse, wenn es im Konkurse berücksichtigt werden solle, dort nachträglich angemeldet werden. 7. N a c h der Zusst. ( § 1 4 Art. 4) soll das Einführungsgesetz bestimmen: „Die V o r schrift des § 214 der K o n k u r s o r d n u n g findet auch auf den Liquidator einer Erwerbsgesellschaft der im § 659 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Art A n w e n dung." (Obi. R. § 12 S. 4) V o n a n d e r e r Seite w a r beantragt : Kurlbaum im § 2 1 4 der K o n k . O . zweimal statt „eingetragene Genossenschaft" zu setzen (Nr 59,1) „juristische Person," dagegen den § 14 Art. 4 der Zusst. abzulehnen. Die Kommission beschloß, den Vorschlag der Zusst. abzulehnen und den § 214 der K o n k . O . unverändert zu lassen. Die Mehrheit w a r der Ansicht: D e r § 659 des B.G.B, ergebe mit genügender Deutlichkeit, daß die Vorschrift des § 2 1 4 der K o n k . O . auch auf den Liquidator einer Erwerbsgesellschaft anzuwenden sei. D a g e g e n empfehle es sich nicht, dieser Vorschrift auch die Mitglieder des V o r standes o d e r die Liquidatoren einer juristischen Person zu unterwerfen. In dieser Beziehung sei der Begründung der Vorschläge z u m Einführungsgesetze vom Standpunkte des allgem. Theiles S. 190 ff. im Wesentlichen beizutreten. 8. Der Art. 5 des § 14 der Zusst. lautet: „Die Vorschriften der K o n k u r s o r d n u n g über die Konkursverwaltung bleiben unberührt." (F.R.B., III. 2 Art. 2 S. 11, Motive S. 109 gedr. | Abänderungsantr. unter N r . 26 | Prot 1 12553 S. 15) D e r Vorschlag hat sich durch die zu § 10 der Zusst. beschlossene Vorschrift, Prot. S. 12329, erledigt. Vergi, gedr. Abänderungsanträge a. a. O . 411
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch TE-EG 9. Der Art. 1 des § 15 der Zusst. lautet: „Die Vorschrift des § 5 Nr. 2 des EinfühS 15 rungsgesetzes zur Konkursordnung wird aufgehoben." (F.R.B., III, 3 S. 11, Motive S. 192) Es war beantragt, diesen Artikel zu streichen. 26 D i e Streichung wurde beschlossen. Die Mehrheit ging davon aus, die bestehenden landesrechtlichen Vorschriften, welche der § 5 Nr. 2 cit. aufrecht erhalte, würden dadurch gegenstandslos, daß das B.G.B, eine Verpflichtung zu einer Anzeige des ehelichen Güterrechtes nicht bestimme, im Uebrigen aber sei nicht zu besorgen, daß ein Bundesstaat, etwa im Wege der Polizeigesetzgebung, eine solche Verpflichtung künftighin neu einführen werde, jedenfalls werde das Bürgerliche Gesetzbuch durch derartige Vorschriften nicht berührt. Man hielt deshalb das Fortbestehen des § 5 N r . 2 f ü r unschädlich, indem zugleich darauf hingewiesen wurde, daß die Vorschrift während der Uebergangszeit noch praktisch werden könnte. 10. Der Art. 2 der Zusst. lautet: An die Stelle des § 6 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung tritt die nachfolgende Bestimmung: „Auf Vereine und registrirte Gesellschaften, welche auf Grund der bayerischen Gesetze vom 29. April 1869, betr. die privatrechtliche Stellung der Vereine sowie der Erwerbs- und Wirthschafts-Gesellschaften, bestehen, I Prot 1 12554 finden die | SS 193, 194, auf die erwähnten registrirten Gesellschaften auch die S S 196, 214 der Konkursordnung entsprechende Anwendung." (Allg. Theil Β, II, 3 S. 11 Begr. S. 192) v. Weber Beantragt war, den Artikel 2 zu streichen, eventuell den Schluß zu fassen : „finden (Nr 49, 3) Jig 193, 194, 196 auf die erwähnten registrirten Gesellschaften auch der S 214 der Konkursordnung entsprechende Anwendung." Die Mehrheit entschied sich für die Streichung des Artikels, da sie sich nicht zu überzeugen vermochte, daß ein Bedürfniß für eine Aenderung des S 6 des Einf.Ges. zur Konk.O. vorhanden sei. Kurlbaum (Nr 59, 2)
v. "Weber (Nr 49,4)
11. Zu § 15 der Zusst. lagen ferner folgende Anträge vor : einen Art. 3 des Inhalts einzustellen: „Die Vorschriften der SS 14, 15, 16 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung finden auf Pfandrechte, welche nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches erworben werden, keine Anwendung." Dem Antrage war folgende Anmerkung beigefügt: „In dem zu S S 40, 41 der Konk.O. gestellten Antrage, Prot. S. 12520 ist davon ausgegangen, daß für die Geltendmachung von nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche erworbenen Pfandrechten als Absonderungsrechten im Konkurse künftig lediglich die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, nicht die davon mehrfach abweichenden Vorschriften der Konk.O. S 40 und des Einführungsgesetzes SS 14 bis 16, Platz greifen sollen, letztere Vorschriften jedoch für die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen GesetzI Prot 1 12555 buches begründeten Pfandrechte maßgebend bleiben. In der Anmerkung zu | den gedachten Anträgen ist d a f ü r eine in die Uebergangsbestimmungen aufzunehmende Vorschrift in Aussicht genommen. Indessen fragt sich doch, der Fassung der Vorschriften des Einführungsgesetzes gegenüber, ob es nicht vorzuziehen ist, die Vorschriften der S S 14 bis 16 des Einführungsgesetzes f ü r nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches erworbene Pfandrechte ausdrücklich außer Kraft zu setzen. Deshalb wird obiger Antrag zur Erwägung gestellt." a)
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Der Antrag von Kurlbaum bezieht sich auf die Streichung des gesamten § 15.
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Protokolle der 1. Kommission
b) zwei Artikel des Inhaltes einzustellen : Art. 3. „Die §§14 bis 16 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung werden aufgehoben." Art. 4. Der § 17 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung wird dahin geändert: „Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Bestimmungen zu treffen, nach welchen den Inhabern von Schuldverschreibungen, welche von Gemeinden oder anderen Verbänden, von Korporationen, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Genossenschaften über eine Anleihe ausgestellt sind, ein Vorrecht vor nicht bevorrechtigten Konkursgläubigern, deren Forderungen später entstehen, dadurch gewährt werden kann, daß die zu bevorrechtigenden Forderungen in ein öffentliches Schuldenbuch eingetragen werden." (Beschränkung des § 17 auf die jetzige Nr. 3) Dem Antrage waren folgende Bemerkungen beigefügt: „I. Im Antrage, welcher unter Nr. 1, S. 12522, 12523 mitgetheilt ist, ist zugleich die Vorschrift vorgeschlagen: „Die Vorschriften der §§ 14, 15, 16 des Einf.Ges. zur Konk.O. finden auf Pfandrechte, welche | nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches erworben werden, keine Anwendung." Nach den dem Antrage beigefügten Bemerkungen wird davon ausgegangen, daß mit dem Inkrafttreten des B.G.B, in Ansehung erst zu begründender Pfandrechte jene Vorschriften keine Anwendung mehr finden können, dieselben aber für die zu dieser Zeit bereits begründeten Pfandrechte von Bedeutung bleiben. Dies klar zu stellen ist der Zweck des Antrages. In der Sitzung vom 30. Januar 1888 ist bei der Berathung der auf Aenderung der §§ 40, 41 der Konk.O. gerichteten Anträge (Prot. S. 12526 ff.) auch der oben bezeichnete Vorschlag besprochen und dabei erkannt worden, daß der Vorschlag zweierlei enthalte: 1. Die Aufhebung der zitirten §§ 14, 15, 16 f ü r die Zukunft, 2. die Konservirung derselben für die Vergangenheit. Letzteres erschien als das Wichtigere und, da es sich hierbei um eine Uebergangsbestimmung handelt, so wurde beschlossen, diese Angelegenheit bei der Berathung der Uebergangsbestimmungen zu erledigen (S. 12532). Dort werde dann auch zu prüfen sein, ob es ausdrücklicher Aufhebung der zitirten §§14 bis 16 überhaupt bedürfe, ob nicht der Beschluß zum § 10 der Zusst., Prot. S. 12329, genüge. Wenn hieran festgehalten wird, so wird anheimgestellt, auch die Berathung des gegenwärtigen Antrages bis zur Berathung der Uebergangsbestimmungen zu vertagen. In Ansehung der Aufhebungsfrage ist zu berücksichtigen, daß die zit. §§ 14 bis 16 systematisch nicht in das Einf.Ges. zur Konk.O., sondern | in diese selbst gehört hätten; sie enthalten ja die nähere Bestimmung, was im § 40 der Konk.O. mit dem Ausdrucke „Faustpfandgläubiger" gemeint ist. Der § 40 K.O. führt den technischen Ausdruck „Faustpfandgläubiger" ein zur Bezeichnung derjenigen Konventionalpfandrechte, welche im Konkurse das Recht abgesonderter Befriedigung gewähren. Mit dem Gebrauche des Ausdruckes „Faustpfandgläubiger" allein war diese Absicht nicht zu erreichen, weil jener besondere Sinn mit dem bezeichneten Ausdrucke bis dahin nicht verbunden war. Man mußte daher im Hinblick auf das damalige bürgerliche Recht, welches ganz unerkennbare Pfandrechte kannte, die besonderen Voraussetzungen bestimmen, unter denen das Pfandrecht im Konkurse wirken sollte. Gegenwärtig ist so zu operiren, wie wenn die zit. §§14 bis 16 in der K.O. selbst ständen. Im Bürgerlichen Gesetzbuche ist das Konventionalpfandrecht an beweglichen Sachen und an Rechten im Sinn der Kodifikation geordnet und sind die Voraussetzungen der Entstehung eines solchen Pfandrechtes so bestimmt, daß letzteres als ein 413
Johow (Nr 67)
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Faustpfandrecht im Sinne der § 40 der K.O. und der §§ 14 bis 16 des Einf.-Gesetzes zur K.O. anzusehen ist, also kein Grund mehr vorhanden ist, für das im Konkurse wirksame Pfandrecht besondere Voraussetzungen aufzustellen. Ständen die zit. §§14 bis 16 in der K.O. (im Anschluß an § 40), so würden sie unzweifelhaft aufzuheben sein, da der § 40 K.O. künftig — abgesehen von den bereits unter dem bisherigen Rechte begründeten Pfandrechten — nur solche Konventionalpfandrechte treffen I Prot 1 12558 kann, welche in Gemäß- | heit der Vorschriften des B.G.B, entstanden sind, das Bestehenbleiben der zit. §§ 14—16 also nur irre führen könnte. Ich bin daher jetzt auch der Meinung, daß es rathsam ist, die zit. §§14 bis 16 aufzuheben. Eine solche Vorschrift würde nachträglich dem zweiten Abschnitt des Einf.Ges. zum B.G.B, an passender Stelle einzuverleiben und dem gegenwärtigen Antrage entsprechend zu fassen sein. Es bleibt noch zu prüfen, ob in Ansehung der vor dem Inkrafttreten des B.G.B, begründeten Konventionalpfandrechte eine Uebergangsbestimmung erforderlich ist. Wird nichts bestimmt, so würden solche Pfandrechte, sofern sie den Voraussetzungen des §40 K.O. in Verbindung mit den §§ 14 bis 16 des Einf.Ges. zur K.O. entsprechen, auch ferner im Konkurse wirksam sein, da es sich hier um materielles, nicht um formales Konkursrecht handelt. Die K.O. bezweckte zwar mit ihrem § 40, in Verbindung mit den zit. §§14 bis 16, insofern rückwirkende Kraft, als bereits begründete Pfandrechte, welche den hier bestimmten Voraussetzungen nicht entsprechen, kein Absonderungsrecht im Konkurse haben. Bei dieser Wirkung der Einführung der Konk.O. verbleibt es auch ferner, ohne daß ein Anlaß vorläge, dies auszusprechen. Es kann sich nur fragen, ob die Einführung des B.G.B, es erforderlich mache oder in hohem Grade angemessen erscheinen lasse, bereits bestehenden Faustpfandrechten im Sinne des § 40 K.O. deshalb, weil sie den Vorschriften des B.G.B.s. über die Begründung eines Konventionalpfandrechtes an beweglichen Sachen und an Rechten nicht entsprechen, die Wirkung im Konkurse ausdrücklich zu I Prot 1 12559 ent- | ziehen. Diese Frage würde ich verneinen, weil die Gründe für jene Rückwirkungstendenz der Konk.O. hier nicht zutreffen. II. Anders liegt die Sache in Ansehung des § 17 des Einf.Ges. zur Konk.O. Derselbe enthält für ganz bestimmte Rechtsverhältnisse, welche man nicht reichsrechtlich ausgestalten wollte, einen Vorbehalt für die Landesgesetze. Die Landesgesetze können danach zu Gunsten der Inhaber gewisser Schuldverschreibungen, welche von Gemeinden oder anderen Verbänden, von Korporationen, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien oder Genossenschaften ausgestellt sind, Bestimmungen treffen, nach welchen diesen Inhabern unter gewissen Voraussetzungen ein Faustpfandrecht (Nr. 1 und 2) oder ein Vorrecht im Konkurse (Nr. 3) gewährt wird. Nur die vorbehaltenen pfandrechtlichen Bestimmungen stehen, wie die §§ 14 bis 16 im Zusammenhange mit § 40 der Konk.O. und ergänzen die §§14 bis 16. Das unter Nr. 3 bezeichnete Vorrecht im Konkurse geht seinen besonderen Weg. A. In Ansehung der vorbehaltenen pfandrechtlichen Bestimmungen fragt es sich vor Allem, ob die Vorschriften des B.G.B, über die Begründung des Konventionalpfandrechtes an beweglichen Sachen und an Rechten ausreichen, um auch denjenigen Bedürfnissen zu genügen, welche durch Nr. 1 und 2 des zit. § 17 gedeckt werden. Ist die Frage zu bejahen, so muß der Vorbehalt beseitigt werden, um Irrungen zu vermeiden. Wäre die Frage zu verneinen, so dürfte der Vorbehalt sich künftig nicht auf den Konkurs beschränken. Denn dadurch würde nur erreicht, daß Pfandrechte, IProti 12560 welche den vorbehaltenen Landesgesetzen gemäß künftig begründet |werden, ein Absonderungsrecht im Konkurse behalten. Diese Pfandrechte würden aber außerhalb des Konkurses nicht als Pfandrechte wirken, sofern sie nicht den Vorschriften 414
Protokolle der 1. Kommission des B.G.Bs, über die Begründung des Konventionalpfandrechtes an beweglichen Sachen oder an Rechten entsprächen. Für solche anomale, nur im Konkurse, aber nicht außerhalb des Konkurses wirkende Pfandrechte besteht nicht nur kein Bedürfniß, sie müssen vielmehr als verwirrend vermieden werden. Hieraus ergiebt sich, daß auch in diesem Falle die Nr. 1 und 2 des § 17 des Einf.Ges. zur K.O. aufzuheben, aber dadurch zu ersetzen wären, daß ein entsprechender Vorbehalt für die Landesgesetze in den dritten Abschnitt des Einf.Ges. zum B.G.B., welches das Verhältniß des B.G.Bs, zu den Landesgesetzen regelt, aufgenommen würde. M. E. ist aber die aufgeworfene Frage zu bejahen und deshalb der Vorbehalt f ü r die Landesgesetze, was die Nr. 1 und 2 des zit. § 17 betrifft, ohne Ersatz zu beseitigen. Hierfür sprechen folgende Erwägungen: 1. Die N r . 1 verhält sich über landesgesetzliche Bestimmungen, nach welchen den Inhabern der von Schuldnern der bezeichneten Kategorieen ausgestellten Pfandbriefe oder ähnlicher auf Grund erworbener Forderungen von denselben ausgestellter Werthpapiere an solchen Forderungen ein Faustpfandrecht im Sinne des zit. § 40 in doppelter Weise gewährt werden kann, nämlich: a) entweder dadurch, daß einem Vertreter sämmtlicher Inhaber allein oder in Gemeinschaft mit dem Aussteller die Ausübung des Gewahrsams der über die Forderungen lautenden Urkunden übertragen wird, oder I b) dadurch, daß auf diesen Urkunden die Gewährung des Pfandrechtes vermerkt | Prot 1 12561 wird. Das Pfandobjekt besteht hiernach aus Forderungen, über welche Urkunden vorhanden sind. Zu den Forderungen im Sinne dieser Vorschrift wird man auch die nach den geltenden Rechten ohne eine Forderung wirksamen Hypotheken und die Grundschulden zu rechnen haben. Nach Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches kommt, was die unter a gedachte Verpfändungsweise betrifft, f ü r die Verpfändung einer verbrieften Forderung in diesem weiteren Sinne und f ü r die Erhaltung des Pfandrechtes die Urkunde nur bei solchen Rechten in Betracht, zu deren Uebertragung die Uebergabe der Urkunde an den Erwerber erforderlich ist, § 1208. Dies sind die Briefhypothek (§1112), die Grundschuld (§§ 1136, 1138), der Wechsel und andere indossabele Papiere (§ 1225) und die Inhaberpapiere (§ 1226). Für die Verpfändung solcher Rechte gelten die Bestimmungen des § 1147 über die Verpfändung beweglicher Sachen. Daß der Erwerber des Pfandrechtes bei der nach § 1147 Abs. 1 erforderlichen Einräumung und Ergreifung der Inhabung nicht persönlich zu handeln braucht, sondern auch durch einen Vertreter handeln und auch ferner die Inhabung durch einen Anderen ausüben kann, ist zweifellos. Außerdem ist im § 1147 Abs. 3 bestimmt: „Die zur Begründung des Pfandrechtes erforderliche Einräumung und Ergreifung der Inhabung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß das Pfand unter dem Mitverschlusse des Verpfänders bleibt oder daß ein Dritter dasselbe f ü r den Pfandgläubiger und den Eigenthümer innehat." Auch der Inhabungsvertreter des Pfandgläubigers kann ohne Zweifel die Inhabung unter Mitverschluß des Verpfänders ausü- I ben. In Ansehung der zu verpfändenden Briefhypotheken, Grundschul- | Prot 1 12562 den, Wechsel, sonstigen indossabelen Papiere und Inhaberpapiere bedarf es somit in Zukunft keines Vorbehaltes f ü r die Landesgesetze, die unter a gedachte Verpfändungsweise f ü r wirksam zu erklären. In Ansehung anderer Forderungen, über welche Urkunden vorhanden sind, für deren Verpfändung aber nach dem B.G.B, die Urkunde nicht in Betracht kommt, den Landesgesetzen, auch ferner die unter a gedachte Verpfändungsweise offen zu halten, besteht kein Bedürfniß. Dies gilt insbesondere von Hypotheken, über welche kein Hypothekenbrief wohl aber eine andere Urkunde existirt, denn die Pfandbriefaussteller brauchen, wenn ihnen solche H y p o 415
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
theken zur Unterlage angeboten werden, nur zur Bedingung zu machen, daß nachträglich ein Hypothekenbrief ausgefertigt werde, was nach § 1106 des B.G.Bs, zulässig ist. Für die künftige Zulassung der unter b gedachten Verpfändungsweise, nämlich der Vermerkung des gewährten Pfandrechtes auf der Urkunde über das verpfändete Recht, kann ein Bedürfniß nicht behauptet werden; dieselbe würde aber auch das Bedenken gegen sich haben, daß dadurch die pfandrechtlichen Vorschriften des B.G.Bs, eine prinzipwidrige Durchkreuzung erleiden würden. 2. Nach Nr. 2 des zit. § 17 können landesgesetzliche Bestimmungen bestehen, nach welchen den Inhabern von Schuldverschreibungen, welche von den unter Nr. 1 bezeichneten Schuldnern über eine Anleihe ausgestellt sind, an gewissen beweglichen körperlichen Sachen ein Faustpfandrecht im Sinne des § 40 der K.O. dadurch gewährt werden kann, daß einem Vertreter sämmtlicher Inhaber allein oder in GeI Prot 1 12563 | meinschaft mit dem Aussteller die Ausübung des Gewahrsams der Sachen übertragen wird. Ein solcher Vorbehalt für die Landesgesetze hat angesichts des § 1147 B.G.Bs, fortan keinen Zweck mehr. B. Unter Nr. 3 sind in dem zit. § 17 des Einf.Ges. zur K.O. landesgesetzliche Bestimmungen vorbehalten, nach welchen den Inhabern von Schuldverschreibungen, welche von den unter Nr. 1 bezeichneten Schuldnern über eine Anleihe ausgestellt sind, ein Vorrecht vor nicht bevorrechtigten Konkursgläubigern, deren Forderungen später entstehen, dadurch gewährt werden kann, daß die zu bevorrechtigenden Forderungen in ein öffentliches Schuldbuch eingetragen werden. Dies ist lediglich eine Vorschrift des Konkursrechtes, welche mit dem B.G.B, in keiner Weise kollidirt. Das Bedürfniß, welches bei der Berathung der Konkursordnung zur Aufnahme der Nr. 3 des § 17 in das Einführungsgesetz zur Konk.O. geführt hat, wird auch noch jetzt fortbestehen. Diese Bestimmung ist deshalb m. E. aufrecht zu erhalten. Nach alldem würde der § 17 des Einführungsgesetzes zur Konk.O. unter Streichung der Nr. 1 und 2 auf den Inhalt der Nr. 3 zu beschränken sein. Zu Uebergangsbestimmungen giebt der zit. § 17 m. E. keinen Anlaß. Dies versteht sich in Ansehung der sachlich aufrecht zu erhaltenden Nr. 3 von selbst. In Ansehung der auf Grund des § 17 Nr. 1, 2 vor dem Inkrafttreten des B.G.Bs, erworbenen pfandrechtlichen Absonderungsrechte im Sinne des § 40 der Konk.O. aber ist aus den unter I im letzten Absatz entwickelten Gründen etwas Besonderes nicht zu bestimmen; dieselben können bis zu ihrem Erlöschen auch ferner im Konkurse wirksam bleiben." I Prot 1 12564
| Die Kommission nahm den Antrag b an, indem sie im Allgemeinen die von dem Antragsteller dargelegten Gründe billigte. In Ansehung der Aufhebung der §§ 14 bis 16 wurde zwar von einer Seite hervorgehoben, ein Bedenken könne vielleicht darin gefunden werden, daß nach dem § 14 Abs. 2 Nr. 1 das Absonderungsrecht ohne Uebergabe der Sache auch dann bestehe, wenn nach den Reichsgesetzen oder den Landesgesetzen die Uebergabe von Konnossementen und ähnlichen Papieren über Waaren und andere bewegliche Sachen der Uebergabe derselben gleichsteht, daß reichsgesetzlich eine solche Gleichstellung nur stattfinde in Ansehung der an Order lautenden Dispositionspapiere (H.G.B. §§ 302, 303, 309 Abs. 2 Nr. 2), die Landesgesetze also noch von Werth bleiben könnten in Ansehung von Dispositionspapieren, welche nicht an Order lauten. Es wurde ferner, anlangend die Aufhebung der Vorschriften im § 17 Nr. 1, 2 hervorgehoben, daß die Ausführungen des Antragstellers, die dort den Landesgesetzen vorbehaltenen Einrichtungen würden gedeckt durch die Vorschriften des B.G.Bs., insbe416
Protokolle der 1. Kommission
sondere im § 1147 Abs. 3, § 1206 Abs. 2, § 1208 des Entw., anfechtbar seien. Man erwog indessen, daß anlangend die V e r p f ä n d u n g eines nicht an O r d e r lautenden Dispositionspapieres, die Vorschriften des B.G.Bs, die V e r p f ä n d u n g des Rechtes aus dem Papiere in einer dem Bedürfnisse des Verkehres voraussichtlich genügenden Weise regele, wenn auch die W a a r e selbst von der P f a n d h a f t nicht ergriffen werde, überdies bei der Revision des H.G.Bs, die etwa noch e m p f u n d e n e Lücke gedeckt werden könne, w ä h r e n d Vorbehalte f ü r das Landesrecht gerade auf diesem Gebiete mißlich seien, daß ferner anlangend das gegen die A u f h e b u n g der N r . 1 und 2 des § 1 7 erhobene Bedenken, zur Zeit nicht ersichtlich sei, daß die betreffenden landesrecht- I liehen Institute mit den Vorschriften des künftigen Reichsrechtes nicht w ü r - | Prot 1 12565 den auskommen können, daß endlich aber bei der Berathung des dritten Abschnittes des Einf.Ges. z u m B.G.B, auf gegebene A n r e g u n g noch weiter g e p r ü f t werden könne, ob in dem einen oder dem anderen der in Rede stehenden Fälle ein Bedürfniß zur Aufrechterhaltung von landesgesetzlichen Vorschriften über die Begründung von Konventionalpfandrechten a n z u e r k e n n e n sei, hierbei aber das P f a n d r e c h t in allen seinen W i r k u n g e n , nicht in der Beschränkung auf den K o n k u r s in's Auge zu fassen sein w ü r d e , so daß die A u f h e b u n g der §§ 14 bis 16 und des § 17 N r . 1, 2 unter allen Umständen zu erfolgen habe. 748. Sitzung vom 20. 2. 1888, Schriftführer: Börner I Die Berathung des Einführungsgesetzes w a n d t e sich zu den die Aenderung des Strafgesetzbuches und der S t r a f p r o z e ß o r d n u n g betreffenden Vorschlägen (§§ 16 bis 18 der gedruckten Zusammenstellung). 1. U n t e r § 16 ist die A u f n a h m e einer Bestimmung dahin beantragt: „Die V o r - Schmitt Schriften des Strafgesetzbuches und der S t r a f p r o z e ß o r d n u n g über die H a f t u n g des (Nr 3) Nachlasses oder der Erben eines Verurtheilten wegen der diesen treffenden Geldstrafen und Kosten finden, soweit nicht aus dem Gesetze ein Anderes sich ergiebt, auf die in anderen Reichsgesetzen vorgesehenen Geldstrafen und Ver-1 pflichtungen | Prot 1 12568 des Verurtheilten z u r Kostentragung in Strafsachen entsprechende Anwendung. Ein Gleiches gilt in Ansehung der Vollstreckung von Einziehungen gegen den N a c h l a ß oder die Erben. Beruht die Einziehung, Geldstrafe oder Verpflichtung z u r Kostentragung auf Landesgesetz, so bestimmt sich die H a f t u n g des Nachlasses o d e r der Erben des Verurtheilten nach dem Landesgesetze." (Antrag 3 z u m Einf.Ges. unter A, 11 S. 3, 4; Vorschi. z. Erbr. § 2, Motive S. 1131, 1132, 1136, 875, 876). 27 H i e r z u lagen die U n t e r a n t r ä g e vor: a) die Bestimmung abzulehnen, b) f ü r den Fall, d a ß eine Vorschrift a u f g e n o m m e n werden sollte, den ersten Satz des ersten Absatzes dahin zu beschließen: „Die Vorschriften des Strafgesetzbuches und der S t r a f p r o z e ß o r d n u n g über die H a f t u n g des Nachlasses f ü r Geldstrafen und Kosten finden auf die in anderen Gesetzen bestimmte Verpflichtung z u r Bezahlung von Geldstrafen und zur Kostentragung in Strafsachen entsprechende A n w e n d u n g , soweit nicht aus diesen Gesetzen ein Anderes sich ergiebt." 27
Der Antrag war in Nr. 6 wie folgt begründet: Der neue Vorschlag enthält nur Fassungsänderungen. Der Antrag, in § 34 No. 6 St. G.B. das Wort „Kurator" mit dem Worte „Pfleger" zu vertauschen, ist in der Voraussetzung unterlassen, daß bezüglicher Antrag im Einführungsgesetz zum Familien-Rechte, wo sedes materiae, gestellt werden wird.
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Kurlbaum (Nr 59, 2) v. Mandry (Nr 69, 1)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Den zweiten Satz des ersten Absatzes und den zweiten Absatz zu streichen.
I Prot 1 12569
v.Weber (Nr 60,1) I Prot 1 12570
Die Kommission entschied für Ablehnung der Bestimmung, indem sie davon ausging: Der Antrag greife in das strafrechtliche Gebiet über. Ob für eine verwirkte Geldstrafe der Nachlaß | bzw. die Erben des Verurtheilten hafteten, hänge von der Tragweite der Strafandrohung ab. Diese Tragweite sei, soweit nicht etwas Besonderes bestimmt sei, der Tendenz der einzelnen Strafvorschrift zu entnehmen. Es erscheine daher schon an sich zweifelhaft, ob eine Erstreckung der übrigens nicht unangefochten gebliebenen Bestimmung des § 30 des Strafgesetzbuches auf die in den anderen Reichsgesetzen angedrohten Geldstrafen gerechtfertigt oder auch nur am Platze sei. Aber selbst wenn die Erstreckung unbedenklich wäre, so biete doch jedenfalls die Kodifikation des bürgerlichen Rechtes keinen hinreichenden Anlaß hierzu. Aehnliche Erwägungen machten sich geltend hinsichtlich der angeregten Erstreckung der Vorschriften des Strafgesetzbuchs und der Strafprozeßordnung über die Wirkung von Konfiskationsurtheilen gegenüber dem Nachlasse und über die Haftung für Untersuchungskosten bei dem Ableben des Delinquenten. Ein Eingehen auf den im Abs. 2 des Antrages in Aussicht genommenen Vorbehalt für die Landesgesetze aber erledige sich, wenn im Uebrigen geschwiegen werde. Auch hier handele es sich um strafrechtliche Gesichtspunkte, und nicht jedes öffentlich-rechtliche Partikulargesetz, welches durch die eine oder andere Bestimmung den Privatrechtskreis berühre, falle nothwendig mit diesen Bestimmungen unter das Kodifikationsprinzip. 2. Beantragt war: den § 55 Abs. 2 des Strafgesetzbuches dahin zu fassen: „Gegen denselben können jedoch nach | Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften die zur Besserung und Beaufsichtigung geeigneten Maßregeln getroffen werden. Die Unterbringung in einer geeigneten Familie, in einer Erziehungsanstalt oder Besserungsanstalt kann nur erfolgen, nachdem durch Beschluß der Vormundschaftsbehörde die Begehung der Handlung festgestellt und die Unterbringung für zulässig erklärt ist." 28
Der Antrag steht im Zusammenhange mit den im Abs. 1 und 3 des § 124 der gedruckten Zusammenstellung des Einführungsgesetzes vorgeschlagenen Bestimmungen, welche dahin lauten: TE-EG Abs. 1 : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Bes§ 1 2 4 serung und Beaufsichtigung einer Person betreffen, welche wegen einer von ihr begangenen Handlung nach § 55 des Strafgesetzbuches nicht strafrechtlich verfolgt werden kann. Die Unterbringung einer solchen Person in einer geeigneten Familie, in einer Erziehungsanstalt oder Besserungsanstalt kann jedoch nur erfolgen, nachdem durch Beschluß der Vormundschaftsbehörde die Begehung der Handlung festgestellt und mit Rücksicht auf die Gefahr weiterer sittlicher Verwahrlosung die Unterbringung für zulässig erklärt hat." 28
Unter Nr. 60, 2 war von v. Weber beantragt: Dagegen den § 124 Abs. 1 und 3 des Entwurfs zu streichen, und den in dem jetzigen Art. 1 § 17 des Entwurfes vorgeschlagenen Zusatz zu § 56 des StGB, so wie den Abs. 2 des S 124 des Entwurfes mit § 125 des Entwurfs zu verbinden. (Der in Art. 1 des § 17 des Entwurfs vorgeschlagene Zusatz zu § 56 des StGB gehört seinem Inhalte nach nicht nothwendig in das StGB. Vielmehr steht die Bestimmung in genauem Zusammenhange mit dem in $ 125 des Entwurfs enthaltenen Vorbehalte für die Landesgesetze und dasselbe ist mit der Bestimmung des zweiten Absatzes des § 124 des Entwurfs der Fall. Es erscheint zu umständlich, diese drei aus einem Prinzip folgenden, unter sich zusammenhängenden Vorschriften in drei verschiedene Paragraphen zu vertheilen, zumal es sich dabei um Vorschriften von sehr untergeordneter Bedeutung handelt. Die Wortfassung, welche der § 125 zu erhalten hat, wenn der Vorschlag angenommen wird, wird sich später feststellen lassen.)
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Protokolle der 1. Kommission Abs. 3: „Die Vorschriften des § 55 Abs. 2 des Strafgesetzbuches werden aufgehoben." Dem Antrage war die Bemerkung beigefügt: I „Die in § 124 des Entwurfs Abs. 1, 3 enthaltene Aenderung des § 55 Abs. 2 des Strafgesetzbuches dürfte nach der Anlage des Entwurfs besser im § 17 ihre Stelle finden. Eine Aufhebung des § 55 Abs. 2 erscheint dabei nicht nöthig. Der erste Satz kann unverändert bleiben, er schließt sich passend dem ersten Absätze des Paragraphen an. Nur der zweite Satz des Abs. 2 hat eine Modifikation zu erleiden, wie sie der Abs. 1 Satz 2, des § 124 des Entwurfs ausdrückt. Die Fassung des letzteren kann aber der kürzeren Ausdrucksweise des Strafgesetzbuches noch näher gebracht werden." Im Wesentlichen dem Antrage gemäß wurde beschlossen, zu bestimmen : Der § 55 Abs. 2 des Strafgesetzbuches wird dahin geändert: Gegen denselben können jedoch nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften die zur Besserung und Beaufsichtigung geeigneten Maßregeln getroffen werden. Die Unterbringung in eine Familie, Erziehungsanstalt oder Besserungsanstalt kann nur erfolgen, nachdem durch Beschluß des Vormundschaftsgerichtes die Begehung der Handlung festgestellt und die Unterbringung für zulässig erklärt ist. Die Bestimmungen im Abs. 1 und 3 des § 124 galten damit als erledigt. Man war der Ansicht : Wenn der Abs. 2 des § 55 des Strafgesetzbuches durch eine andere Vorschrift zu ersetzen sei, so entspreche es der bisher befolgten Methode, die Aenderung unmittelbar I vorzunehmen und nicht den im § 124 Abs. 3 eingeschlagenen Weg zu betreten, wenngleich für den letzteren systematische Gründe sprechen möchten. Im Vordergrunde stehe die Frage, ob ein Hinweis auf die fernere Geltung der im Abs. 2 Satz 1 des § 55 angezogenen landesgesetzlichen Vorschriften geboten sei. Diese Frage sei aus den in den gedruckten Aenderungsvorschlägen des Referenten des Familienrechtes S. 8 —10 dargelegten Gründen zu bejahen. Verkennen lasse sich insbesondere nicht, daß in Ermangelung eines solchen Hinweises die betreffenden Vorschriften, soweit sie die Beschränkung des Einspruchsrechtes des gesetzlichen Vertreters zum Gegenstande haben, gegenüber den §§ 1546, 1685 des Bürgerlichen Gesetzbuches außer Kraft treten würden, und daß alsdann in Ansehung der unter elterlicher Gewalt stehenden Kinder in Folge der beschränkten Tragweite des auf ein Verschulden des Inhabers der elterlichen Gewalt abstellenden § 1546 eine Lücke gegeben sein würde. Greife man aber einmal ein, so empfehle sich auch die im Anschlüsse an die §§ 1546, 1685 sowie an das preußische Gesetz vom 13. März 1878 § 1 beantragte Einbeziehung der Unterbringung in eine Familie; nur sei dabei der Hinweis darauf, daß die Familie eine geeignete sein müsse, wegzulassen, da es sich hier nicht um die Ermächtigung zu dieser Unterbringung, sondern um eine nähere Bestimmung des bei derselben einzuhaltenden Verfahrens handele. Ferner werde angemessen klargestellt, daß der Satz 2 des Abs. 2 des § 55 nur eine Beschränkung des Landesrechtes enthalte und nicht eine unmittelbar anwendbare reichsgesetzliche Bestimmung sei. Dagegen bedürfe, weil | selbstverständlich, besonderer Hervorhebung nicht, daß die Unterbringung in eine Familie, Erziehungs- oder Besserungsanstalt die Gefahr weiterer sittlicher Verwahrlosung des Kindes voraussetze. Die Vertauschung des Ausdruckes „Vormundschaftsbehörde" mit dem Ausdrucke „Vormundschaftsgericht" sei durch die Sprachweise des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuches geboten. 3. Der Vorschlag (§ 17 Art. 1) zu bestimmen: Der § 56 Abs. 2 des Strafgesetzbuches erhält folgenden Zusatz: „Die Landesgesetze können bestimmen, daß der Vorstand der Anstalt in Ansehung der Sorge für 419
v. Weber IProti 12571
| Prot 1 12572
| Prot 1 12573
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
die Person des Angeschuldigten bis zu dessen Entlassung aus der Anstalt die Pflichten und Rechte eines Pflegers hat." (F.R.B., II S. 8, Motive S. 92, 93; gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 22 S. 13 ff.) Kurlbaum wurde einem gestellten Antrage entsprechend abgelehnt. Zugleich galt damit der (Nr 59,1) Antrag als abgelehnt, die Vorschrift hier zwar zu streichen, aber als $ 124 a zu Planck bestimmen: „Die Landesgesetze können bestimmen, daß der Vorstand der Erzie(Nr 63,1) hungs- oder Besserungsanstalt, in welche ein Angeschuldigter auf Grund des § 56 Abs. 2 Strafgesetzbuches gebracht ist, in Ansehung der Sorge f ü r die Person des Angeschuldigten bis zu dessen Entlassung aus der Anstalt die Pflichten und Rechte eines Pflegers hat." Maßgebend war: Der Vorschlag habe den Fall im Auge, daß ein unter elterlicher Gewalt stehender Minderjähriger auf Grund des § 56 Abs. 2 des Strafgesetzbuches I Prot 1 12574 freigesprochen worden sei, | und bezwecke, den Landesgesetzen die Möglichkeit zu gewähren, den Inhaber der elterlichen Gewalt die Sorge für die Person des Minderjährigen zu entziehen und diese Sorge in die H ä n d e des Vorstandes der Anstalt, in welche der Minderjährige untergebracht sei, zu legen. Hinsichtlich bevormundeter Minderjähriger erledige sich jedes Eingreifen in der fraglichen Richtung durch die in der N o t e zu § 1634 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches (§ 125 der gedruckten Zusammenstellung des Einführungsgesetzes) vorbehaltene Bestimmung. Der Vorschlag gehe zu weit. Es genüge, daß der Vorstand der Anstalt, wie es die Verhältnisse schon an sich mit sich brächten, der thatsächliche Pfleger sei. Selbstverständlich sei nicht minder, daß der Inhaber der elterlichen Gewalt dem Zwangsurtheile in allen Stücken sich zu fügen habe. Soweit aber bei der Vollziehung dieses Urtheiles eine Sorge für die Person des Kindes seitens des Inhabers der elterlichen Gewalt noch möglich sei, müsse dieselbe diesem auch verbleiben. In Betracht komme namentlich das Vertretungsrecht in den persönlichen Angelegenheiten und das Recht zur Beschwerde bei unangemessener Behandlung des Kindes. Die elterliche Gewalt sei ein Recht, das nur aus den zwingensten Gründen zu beschränken sei. Einverstanden war man, daß in Folge des vorstehenden Beschlusses auch die entsprechende, auf den Fall des § 55 des Strafgesetzbuches bezügliche Bestimmung im § 124 Abs. 2 der gedruckten Zusammenstellung des Einführungsgesetzes nicht mehr haltbar sei und daher als abgelehnt zu gelten habe. I Prot 1 12575
Die Bestimmung lautet dahin: „Die Landesgesetze können bestimmen, | daß für die Dauer einer nach Maßgabe der im ersten Absätze (vergi. Prot. S. 12570) bezeichneten landesgesetzlichen Vorschriften unter öffentlicher Aufsicht stattfindenden Erziehung in Ansehung der Sorge für die Person des Untergebrachten die mit der Aufsicht über denselben betraute Behörde die Pflichten und Rechte eines Pflegers hat." 4. Beantragt war (§ 17 Art. 2) : An die Stelle des § 65 des Strafgesetzbuches tritt folgende Vorschrift: § 65. „Der Verletzte, welcher das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist selbständig zu dem Antrage auf Bestrafung berechtigt. Solange der Verletzte minderjährig ist, hat der gesetzliche Vertreter desselben, welchem die Sorge für die Person obliegt, unabhängig von der eigenen Befugniß des Verletzten, das Recht, den Antrag zu stellen. Bei bevormundeten Geisteskranken und Taubstummen ist der Vormund der zur Stellung des Antrages Berechtigte." (F.R.B., II S. 8, Motive S. 93 ff.) Dazu lagen die Anträge vor: 420
Protokolle der 1. Kommission a)Abs. 1 unverändert zu belassen; Kurlbaum Abs. 2 unverändert, mit dem Z u s ä t z e : „Das Gleiche gilt in Ansehung des Pflegers, (Nr 59,4) welcher einem Volljährigen nach Maßgabe des § 1739 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestellt ist, innerhalb seines Wirkungskreises." |Abs. 3 „Bei Personen, welche wegen Geisteskrankheit entmündigt o d e r nach | Prot 1 12576 Maßgabe des § 1727 des Bürgerlichen Gesetzbuches des vormundschaftlichen Schutzes f ü r bedürftig erklärt o d e r nach Maßgabe des § 1737 unter vorläufige V o r mundschaft gestellt sind, ist der gesetzliche Vertreter zur Stellung des Antrages berechtigt." b) den Absatz 2 dahin zu fassen: „Solange der Verletzte minderjährig o d e r nach Maßgabe des § 1727 B.G.B, des vormundschaftlichen Schutzes f ü r bedürftig erklärt ist, hat der gesetzliche Vertreter desselben, (welcher die Sorge f ü r die Person hat,) unabhängig von der eigenen Befugniß des Verletzten, das Recht, den Antrag zu stellen." den Absatz 3 dahin zu fassen: „Bei bevormundeten Geisteskranken ist der gesetzliche Vertreter, (welcher die Sorge f ü r die Person hat,) der zur Stellung des Antrags Berechtigte." eventuell dahin: „Bei Personen, welche wegen Geisteskrankheit entmündigt oder welche geisteskrank und dieserhalb unter vorläufige V o r m u n d s c h a f t gestellt sind, (ist der gesetzliche Vertreter, welcher die Sorge f ü r die Person hat,) der zur Stellung des Antrags Berechtigte." Beschlossen w u r d e : D e r § 6 5 des Strafgesetzbuchs wird dahin geändert: D e r Verletzte, welcher das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist selbständig zu dem Antrage auf Bestrafung berechtigt. Solange der Verletzte minderjährig oder nach Maßgabe des § 1727 des Bürgerlichen Gesetzbuches des vormundschaftlichen Schutzes f ü r bedürftig er- | klärt ist, hat der gesetzliche Vertreter desselben, unabhängig von der eigenen Befugniß des Verletzten, das Recht, den A n t r a g zu stellen. Bei Personen, welche wegen Geisteskrankheit entweder entmündigt o d e r nach Maßgabe des § 1737 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unter V o r m u n d s c h a f t gestellt sind, ist der gesetzliche Vertreter der zur Stellung des Antrags Berechtigte. Die G r ü n d e w a r e n : a) D e m H a u p t a n t r a g e gemäß den Absatz 2 des § 65 des Strafgesetzbuches dahin zu ändern, daß nicht von dem gesetzlichen Vertreter im Allgemeinen, sondern von dem gesetzlichen Vertreter, welchem die Sorge f ü r die Person obliegt, gesprochen werde, müsse Bedenken getragen werden. Die Aenderung laufe auf eine Deklaration des Strafgesetzbuches hinaus, welches auch schon bisher mit dem Falle zu rechnen gehabt habe, daß die Sorge f ü r die Person und die Sorge f ü r das V e r m ö g e n eines Minderjährigen verschiedenen gesetzlichen Vertretern obliege. D a z u k o m m e , daß der Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches der grundsätzlichen A b g r e n z u n g der Wirkungskreise der mehreren Vertreter in einem solchen Falle (vergi. § 1653) sich enthalte, vielmehr davon ausgehe, daß die konkreten U m s t ä n d e zu ergeben hätten und ergeben w ü r d e n , welcher der Vertreter im einzelnen Falle thätig zu werden habe. Mit Rücksicht hierauf müsse ein Eingreifen abgelehnt werden, w e n n auch die Vorschriften des Strafgesetzbuchs durch den bei Erlassung desselben bestehenden Mangel der Rechtseinheit beeinflußt seien und dieser Mangel durch das Bürgerliche Gesetzbuch geheilt werde. b) D e n Minderjährigen mit d e m Antrage unter 2 a diejenigen Personen gleichzustellen, welche nach § 1727 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuches des Vorm u n d - I schaftlichen Schutzes f ü r bedürftig erklärt sind, stehe nicht nur mit der 421
Planck (Nr 72 a—b)
| Proti 12577
| Prot 1 12578
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Vorschrift des § 71 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs im Einklang, sondern werde auch sonst der Stellung dieser Personen gerecht, denen für ihre Person das Antragsrecht zu entziehen (Antrag 1), es an zureichenden Gründen fehle. Die dementsprechende Aenderung des Absatz 2 des § 65 des Strafgesetzbuchs schließe von selbst in sich, daß die Erwähnung der Taubstummen im Absatz 3 des § 65 wegzufallen habe. c) Der unter 1 beantragte Zusatz zu dem Absatz 2 des § 65 sei weder nöthig noch unbedenklich. d) Der Ausdruck „bevormundete Geisteskranke" müsse mit Rücksicht auf die nach § 1737 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs statthafte vorläufige Bevormundung dahin verdeutlicht werden, daß sowohl entmündigte Geisteskranke als solche Personen gemeint seien, über welche in Folge eines auf Entmündigung wegen Geisteskrankheit gestellten Antrages eine vorläufige Vormundschaft angeordnet worden sei. Außerdem werde durch die zu Absatz 3 des § 65 beschlossene Fassung im Anschlüsse an das System des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuchs klargestellt, daß es nur auf die Entmündigung bezw. auf die Stellung unter vorläufige Vormundschaft ankomme. e) Den verschiedenen Streitfragen näher zu treten, zu denen der § 65 des Strafgesetzbuchs im Uebrigen geführt habe, liege für die Kommission kein Anlaß vor. v. Mandry 5. Beantragt war (Nr 69) a) in § 170 des Strafgesetzbuchs zu setzen: „Wer bei Eingehung anzufechten, wird, wenn aus einem dieser Gründe die Ehe für ungültig erklärt ist, mit Gefängniß ", b) in § 171 des Strafgesetzbuchs I Prot 1 12579 Abs. 1 : | „Ein Ehegatte, welcher eine neue Ehe eingeht, bevor seine Ehe aufgelöst oder für ungültig erklärt ist, ingleichen " Abs. 3: „ . . . . v o n welchem eine der beiden Ehen aufgelöst oder für ungültig erklärt worden ist." Der Antrag wurde in Erwägung abgelehnt, daß für die Herstellung eines Einklanges der Fassung der §§ 170, 171 des Strafgesetzbuchs mit der Sprachweise des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein zwingendes Bedürfniß nicht obwalte, zumal da Mißverständnisse nicht zu besorgen seien. 6. Der Antrag unter § 17 Artikel 3 lautet : Hinter § 170 des Strafgesetzbuches wird folgende Vorschrift eingestellt: § 17 a. „Mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder Gefängnißstrafe bis zu einem Jahre wird bestraft: 1. wer gegen das Verbot des § 1237 des Bürgerlichen Gesetzbuches eine Ehe schließt; 2. die Frau, welche gegen das Verbot des § 1241 des Bürgerlichen Gesetzbuches eine Ehe schließt, sowie derjenige, welcher mit ihr die Ehe schließt, wenn er bei der Eheschließung von dem Hindernisse Kenntniß hatte." (Vergi. Anm. 1 unter I zu Buch IV Abschn. 1 Titel 1, IV §§ 1250 ff., K.E.) Die beantragte Bestimmung entspricht einem früheren Beschlüsse (Prot. S. 6061—6063) und wurde von keiner Seite beanstandet. Ebenso billigte man die der Bestimmung gegebene Stellung, da dieselbe sich am besten dem § 170 des Strafgesetzbuchs anschließe. I Proti 12580
| 7. Abgelehnt wurde, den § 182 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs — § 17 Artikel 4 — dahin zu ändern: „Die Verfolgung tritt nur auf Antrag desjenigen gesetzlichen Vertreters der Verführten ein, welchem die Sorge für die Person obliegt. Die Eltern 422
Protokolle der 1. Kommission haben jedoch die Befugniß, den Antrag zu stellen, auch dann, wenn ihnen das Recht der Sorge für die Person unter Ausschluß der Vertretung zusteht. (F.R.B., II S. 9, Motive S. 96) Man war der Ansicht, daß eine Klarstellung der verschiedenen Zweifeln Raum gebenden Bestimmung des Strafgesetzbuchs wie im Uebrigen, so auch in der hier angeregten Richtung besser einer späteren Revision des Strafgesetzbuches vorbehalten bleibe. 8. Annahme fand der Vorschlag — § 17 Artikel 4 —, den § 195 des Strafgesetzbuchs dahin zu fassen: „Sind Ehefrauen beleidigt, so haben sowohl die Beleidigten als deren Ehemänner das Recht, auf Bestrafung anzutragen." (F.R.B., II S. 9, Motive S. 96 ff.) Die Annahme erfolgte aus den in den Motiven des Einführungsgesetzes des Familienrechtes S. 96, 97 dargelegten Gründen. 9. Abgelehnt wurde der Vorschlag — § 17 Artikel 4 —, den § 235 des Strafgesetzbuches folgende Fassung zu geben: „Wer eine minderjährige Person durch List, Drohung oder Gewalt denjenigen Personen, welchen als Eltern, Vormündern oder Pflegern die Sorge für die Person in thatsächlicher Beziehung obliegt, entzieht, wird mit Gefängniß und, wenn die Handlung in der Absicht geschieht, die Person zum Betteln oder zu gewinnsüchtigen oder unsittlichen | Zwecken oder Beschäftigungen | Prot 1 12581 zu gebrauchen, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft." (F.R.B., II S. 9, Motive S.97) Man hielt die angeregte Verdeutlichung nicht f ü r unbedingt geboten, da schon die bisherige Fassung des § 235, sofern der Begriff des Entziehens richtig verstanden werde, eine andere Auslegung nicht gestatte. 10. Der Vorschlag — § 17 Artikel 4 —, den § 237 des Strafgesetzbuches dahin zu fassen: „Wer eine minderjährige, unverehelichte Frauensperson mit ihrem Willen, jedoch ohne Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters und desjenigen Elterntheiles, dessen Einwilligung zur Eheschließung nach den Vorschriften des §§ 1238, 1239 des Bürgerlichen Gesetzbuches erforderlich ist, entführt, um sie zur Unzucht oder zur Ehe zu bringen, wird mit Gefängniß bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein." 29 führte zu dem Beschlüsse: Der § 237 des Strafgesetzbuchs wird dahin geändert: W e r eine minderjährige, unverehelichte Frauensperson mit ihrem Willen, jedoch ohne Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und desjenigen Elterntheiles, dessen Einwilligung zur Eheschließung erforderlich ist, entführt, um sie zur Unzucht oder zur Ehe zu bringen, wird mit Gefängniß bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Der Beschluß beruhte im Wesentlichen auf den in den Motiven zu dem Einführungsgesetze des Familienrechtes S. 97, 98 und in den gedruckten Aenderungsvorschlägen des Referenten dazu S. 14 angegebenen Gründen. Die Worte „nach den Vorschriften der §§ 1238, 1239 des Bür-1 gerlichen Gesetzbuches" wurden weggelas- | Prot 1 12582 sen, weil sie einerseits entbehrlich, andererseits auch insofern nicht ganz unbedenklich seien, als zugleich Ausländer, für welche die §§ 1238, 1239 keine Geltung hätten, zu berücksichtigen seien. 11. Der Vorschlag — § 17 Artikel 5 —, eine Bestimmung dahin zu treffen : „Unter Vormündern im Sinne des § 174 Nr. 1, des § 181 Nr. 2, des § 247 Absatz 1 und des 29
Der Vorschlag ist dem EG-Teilentwurf von Planck entnommen. 423
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch § 263 Absatz 4 des Strafgesetzbuches sind solche Vormünder und Pfleger zu verstehen, welchen die Sorge für die Person des Pflegebefohlenen obliegt."(F.R.B., II S. 9, Motive S. 94 ff., 96,98) wurde mit Rücksicht auf den von der Kommission Prot. S. 12577 unter Ziffer 4 lit. a eingenommenen Standpunkt zurückgezogen. 12. Der Vorschlag — § 17 Artikel 6 — : „An die Stelle des durch den § 67 des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 ersetzten § 337 des Strafgesetzbuches tritt nachfolgende Vorschrift: Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher zu den religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung schreitet, bevor ihm nachgewiesen worden ist, daß die Ehe vor dem Standesbeamten geschlossen sei, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft." (F.R.B., II S. 9, Motive S. 99) steht im Zusammenhange mit der Bestimmung im § 34 der gedruckten Zusammenstellung des Einführungsgesetzes, welche Bestimmung dahin geht, daß das GeI Prot 1 12583 setz über | die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 aufgehoben werde. Der Referent des Familienrechtes erklärte, daß er den § 34 nicht mehr aufrechtzuerhalten gesonnen sei und daher auch den gegenwärtigen Vorschlag fallen lasse. TE-EG 13. Es lag der Vorschlag vor — S 18 Artikel 1 —, zu fassen: 30 § 18 a ) d e n § 22 Nr. 2 der Strafprozeßordnung: „wenn er Ehemann der beschuldigten oder verletzten Person ist oder gewesen ist oder ihm als gesetzlichem Vertreter derselben die Sorge für die Person obliegt oder obgelegen hat;" (F.R.B., III 4 Art. 1 S. 12, Motive S. 110 ff.) b) den § 22 Nr. 3 der Strafprozeßordnung: „wenn er mit dem Beschuldigten oder mit dem Verletzten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist;" c) den § 51 Abs. 1 Nr. 3 der Strafprozeßordnung: „diejenigen, welche mit dem Beschuldigten in gerader Linie verwandt oder verschwägert, oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert sind." (Allg. Theil Β, II, 5 S. 11, Begr. S. 194) Der Antrag unter a wurde aus demselben Grunde, wie der Vorschlag unter 11, zurückgezogen; die Anträge unter b und c sind durch den zu § 11 Prot. S. 12333 gefaßten Beschluß erledigt. 14. Anläßlich des Vorschlages — § 18 Art. 1 —, den § 149 Abs. 2 der StrafprozeßI Prot 1 12584 Ordnung zu fassen: „Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter ei-1 nes Angeklagten, welchem die Sorge für die Person obliegt." (F.R.B., III, 4 Art. l.S. 12, Motive S. 111) wurde beschlossen: Der § 149 Absatz 2 der Strafprozeßordnung wird dahin geändert: Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten. Der Beschluß beruht auf den Gründen der Motive zum Einführungsgesetz des Familienrechtes S. 111 ; die Ausscheidung der Worte „welchem die Sorge für die Person obliegt" entspricht den Erwägungen unter Ziffer 4 lit. a, S. 12577).
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Von Kurlbaum lag der Antrag vor, den § 18 zu streichen.
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Protokolle der 1. Kommission
15. Der Vorschlag — §18 Art. 2 —, eine Bestimmung dahin aufzunehmen: „Unter dem gesetzlichen Vertreter im Sinne des § 137 Abs. 2, des § 140 Abs. 2 Nr. 2, des § 268 und des § 340 Abs. 1 der Strafprozeßordnung ist derjenige gesetzliche Vertreter zu verstehen, welchem die Sorge für die Person obliegt." (F.R.B., III, 4 Art. 2 S. 12, Motive S. 111). wurde — vergi. Ziffer 11 — fallen gelassen. 16. Der Vorschlag unter § 18 Art. 3 geht dahin, zu bestimmen: „Ist derjenige, welcher nach den §§ 414, 435 der Strafprozeßordnung als Privatkläger aufzutreten oder als Nebenkläger sich anzuschließen berechtigt ist, geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so wird die Befugniß zur Erhebung der Privatklage oder zur Anschließung als Nebenkläger durch denjenigen gesetzlichen Vertreter desselben wahrgenommen, welchem die Sorge für die Per-1 son obliegt. I Prot 1 12585 Das Recht, auf Grund des § 443 der Strafprozeßordnung sich einer öffentlichen Klage als Nebenkläger anzuschließen, wird durch denjenigen gesetzlichen Vertreter des Verletzten ausgeübt, welchem die Sorge für das Vermögen desselben obliegt. Hat derjenige gesetzliche Vertreter, welchem die Sorge für die Person obliegt, eine Privatklage erhoben und ist der Verletzte berechtigt, die Zuerkennung einer Buße zu verlangen, so ist derjenige gesetzlicher Vertreter, welchem die Sorge für das Vermögen obliegt, befugt, sich dem eingeleiteten Verfahren als Nebenkläger anzuschließen." (F. R. B.; III, 4 Art. 3 Seite 12, Motive S. 111 ff.) Die Kommission lehnte ab, eine Aenderung des § 414 der Strafprozeßordnung in der beantragten Richtung vorzunehmen, worauf der Vorschlag, soweit er sich mit dem § 435 und dem § 443 der Strafprozeßordnung befaßt, von dem Referenten des Familienrechtes fallen gelassen wurde. Man war der Ansicht: Wie zu § 65 des Strafgesetzbuches (Ziffer 4 lit. a, S. 12577), so habe auch hier die Frage auf sich zu beruhen, welchem Vertreter die Befugniß zur Erhebung der Privatklage zukomme, wenn die Sorge für die Person und die Sorge für das Vermögen des Verletzten in den Händen verschiedener gesetzlicher Vertreter ruhe. Es verbleibe daher nur noch die Frage, ob mit dem Vorschlage dem Abwesenheitspfleger die Befugniß zur Erhebung der Privatklage für den Abwesenden schlechthin zu entziehen sei. Die Berechtigung eines solchen Vorgehens sei an sich nicht zweifellos. Es könne dies aber auf sich beruhen, da zu einer Deklaration des § 414 der Strafprozeßordnung in der einen oder anderen Richtung kein hinreichender Grund vorliege. 117. Der Vorschlag — § 18 Artikel 4 —, zu bestimmen: „Die Vorschriften der I P r o t ! 12586 §§ 334 und 480 der Strafprozeßordnung über die Einleitung einer Güterpflege werden durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht berührt." (F.R.B., III, 4 Art. 5 S. 12, Motive S. 114) wurde zurückgezogen. 749. Sitzung vom 25. 2. 1888, Schriftführer:
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Börner
I Die Berathung des Einführungsgesetzes wurde fortgesetzt.
I P r o t i 12587
1. Zu dem Vorschlage (§19 Art. 1 ) : den § 11 Abs. 2 der Gewerbeordnung aufzuheben 31 , lagen die Anträge vor:
TE-EG S 19
Der Antrag auf Streichung des § 11 Abs. 2 der Gewerbeordnung stammt von Planck aus dessen EG-Teilentwurf.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Kurlbaum (Nr 62, 3)
a) dem Vorschlage nicht stattzugeben; b) dem § 11 Abs. 2 folgenden Inhalt zu geben: „Inwieweit, wenn eine Ehefrau V selbständig ein Gewerbe betreibt, zur Wirksamkeit der in Angelegenheiten ihres ^ r ' Gewerbes vorgenommenen Rechtsgeschäftes und der in Rechtsstreitigkeiten, welche auf diese Angelegenheit sich beziehen, erlassenen Urtheile gegenüber dem Ehemanne und im Verhältnisse zu dessen Rechten an dem Vermögen der Ehefrau die Einwilligung oder Genehmigung des Ehemannes zu dem Geschäftsbetriebe oder zu I Prot 1 12588 dem Rechtsgeschäft te oder der Prozeßführung der Ehefrau erforderlich ist, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts (des Bürgerlichen Gesetzbuches)." Die Kommission beschloß, den $ 11 Abs. 2 der Gewerbeordnung in seiner jetzigen Fassung zu belassen, dem § 11 aber als Absatz 3 die Bestimmung beizufügen : In Ansehung des von einer Ehefrau selbständig betriebenen Gewerbes finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über das von einer Ehefrau selbständig betriebene Erwerbsgeschäft Anwendung. Die Gründe waren: a) Die Vorschrift des Abs. 2 des $ 11 der Gewerbeordnung werde, abgesehen von dem zweiten Satze, durch die einschlagenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht völlig gegenstandslos. Die Vorschrift erstrecke sich auf alle Frauen, welche in Deutschland selbständig ein Gewerbe betreiben, ohne Unterschied, ob sie Reichsangehörige oder Ausländerinnen seien; sie habe somit auch für diejenigen Frauen Geltung, auf welche die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches den internationalrechtlichen Grundsätzen gemäß Anwendung nicht zu finden hätten. Gegen eine Streichung des Absatzes 2 spreche außerdem, daß dieselbe für die Uebergangszeit leicht zu Zweifeln und Streitigkeiten in Ansehung derjenigen ein Gewerbe betreibenden Ehefrauen Anlaß geben könnte, welche dem landesrechtlichen Güterrechte gemäß, unter welchem sie leben, grundsätzlich in der Geschäftsfähigkeit beschränkt seien. Bewende es, wie voraussichtlich zu bestimmen sein werde, bei dem bestehenden Güterstande auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches und würde der § 11 Abs. 2 der Gewerbeordnung aufgehoben, so liege das MißI Prot 1 12589 | verständniß nahe, als solle in Ansehung der Geschäftsfähigkeit dieser Ehefrauen das landesrechtliche Güterrecht schlechthin, ohne die im § 11 Abs. 2 der Gewerbeordnung enthaltene Modifikation, maßgebend sein. Habe man es aber bei dem Abs. 2 des § 11 in der Hauptsache zu belassen, so empfehle es sich auch nicht, den Satz 2 dieses Absatzes, dessen künftige Bedeutungslosigkeit sich von selbst ergebe, besonders aufzuheben. b) Der Streichungsvorschlag habe seinen Grund — Mot. des Einf.Ges. zum Familienrechte S. 86 — darin, daß der § 11 Abs. 2 der Gewerbeordnung eine Auslegung erfahren habe, nach welcher derselbe mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (vergi. §§ 1307, 1310, 1356, 1417, 1431 Abs. 1) nicht in vollem Einklänge stehen würde. Ein Grund, künftighin eine Verschiedenheit obwalten zu lassen, sei nicht vorhanden. Es frage sich demnach nur, ob, die Richtigkeit jener Auslegung vorausgesetzt, darauf vertraut werden dürfe, daß die zu § 10 der gedr. Zusst. Prot. S. 12329 beschlossene Bestimmung ohne Weiteres ergeben werde, daß das Bürgerliche Gesetzbuch insoweit ändernd und ergänzend eingreife. In dieser Beziehung beständen nicht ungewichtige Zweifel. Die Annahme liege nicht fern, der S 11 Abs. 2 der Gewerbeordnung erweise sich gegenüber den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches als eine Spezialbestimmung, die durch die letzteren nicht berührt werde. Diese Annahme finde insbesondere eine Unterstützung darin, daß das Bürgerliche Gesetzbuch im Allgemeinen den Betrieb eines Erwerbsgeschäftes, zu 426
Protokolle der 1. Kommission
welchem auch der Betrieb der Landwirtschaft u.s.w. gehöre, ins Auge fasse, während die Gewerbeordnung nur von dem dem Gewerbebetriebe angehörenden Erwerbsgeschäfte handele. Es verdiene daher eine besondere Klarstellung der maßgebenden Bedeutung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches den | Vorzug. Diese | Prot 1 12590 Klarstellung habe aber nicht entsprechend dem Antrage unter b, der nicht erschöpfend sei, sondern in der beschlossenen Weise zu erfolgen. Wenn hinsichtlich der gewählten Fassung erinnert worden sei, daß nicht von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, sondern von den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu sprechen gewesen wäre, so könne dies nicht für richtig erachtet werden. Im Uebrigen solle nicht unbenommen sein, der Frage, ob in den bisher beschlossenen Vorschriften die hinsichtlich des Hinweises auf das Bürgerliche Gesetzbuch und auf das bürgerliche Recht sich findende Verschiedenheit für die einzelnen Fälle eine allenthalben zutreffende sei, nochmals näher zu treten. 2. Es lag der Antrag vor, der vorstehend unter 1 beschlossenen Bestimmung die v. Mandry Anmerkung beizufügen: „Inwieweit der Inhalt des Bürgerlichen Gesetzbuches die (Nr 65,1) Aenderung oder Aufhebung einzelner Vorschriften der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung oder des Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches oder der diese Gesetze ergänzenden oder abändernden Reichsgesetze als zweckmäßig erscheinen läßt, ist bei der Revision des Handelsgesetzbuches zu entscheiden." (Anm. Die Frage, ob es angeht, im Einführungsgesetze des Handelsgesetzbuches u.s.w. nicht zu erwähnen, wird nahe gelegt durch den § 11 der Gewerbeordnung und die zu diesem Paragraphen gestellten Anträge; denn § 11 berührt sich aufs Engste mit Artikel 6 des Handelsgesetzbuches.) 32
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Ferner lag von v. Mandry der Antrag Nr. 65, 2 vor, dem § 53 als Nr. 1 einzufügen: 1. die landesgesetzlichen Vorschriften, welche nur eine Ergänzung der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung oder der sogenannten Nürnberger Novellen oder des Allgemeinen Deutschen Handels-Gesetzbuches enthalten; und dieser Nr. 1 die Anmerkung beizufügen: „Inwieweit der Inhalt des Bürgerlichen Gesetzbuches die Ausschließung oder Einschränkung des in Nr. 1 bestimmten Vorbehaltes (nach einzelnen Richtungen hin) als zweckmäßig erscheinen läßt, ist bei der Revision des Handelsgesetzbuches zu entscheiden. (Hier folgt im Antrag jetzt die oben in Klammern beigefügte Anm. Diese ist im handschriftlichen Antrag Nr. 65 wie folgt weitergeführt:) Wird Nichts bestimmt, so finden die allgemeinen Vorschriften über das Verhältniß des bürgerlichen Gesetzes einmal zu den Reichsgesetzen (§ 8 der Vorl. Zusst.) und dann zu den Landesgesetzen (§ 40 der gedruckten Zusst.) Anwendung. — Dies ergiebt bezüglich des § 8 der Vorl.Zusst. ein wichtiges Resultat: aber es ist immerhin auffallend, daß bei den übrigen Reichsgesetzen einzelne Vorschriften ausdrücklich aufgehoben bezw. geändert werden, in Ansehung des Handelsgesetzbuches pp. dagegen nicht. Der Grund f ü r diese verschiedene Behandlung, daß nämlich einer anderweiten Revision des H G B nicht vorgegriffen werden soll, sollte mindestens angedeutet werden — ähnlich wie dies in gewisser Beschränkung bezüglich der K O beschlossen ist. Diese Andeutung enthält die zu § 11 beantragte Anmerkung. — Bezüglich der handelsrechtlichen Landesgesetze ist das durch die Anwendung der generellen Regel (§ 40) sich ergebende Resultat meines Erachtens unrichtig, weil dem Sinne des § 2 des R.Einf.Ges. vom 5. Juni 1869 widersprechend, mindestens aber von sehr zweifelhafter Richtigkeit. Hier erscheint eine Entscheidung geboten, welche zu § 53 in der Weise vorgeschlagen wird, daß die betreffenden pp. Landesgesetze aufrecht erhalten, aber zugleich der künftigen Revision des Handelsgesetzbuches die definitive Entscheidung vorbehalten wird. — Für die Fassung vergi. §§ 1 und 2 des Reichs-Einführungs-Gesetzes vom 5. Juni 1869. O b die unter 1. beantragte Anmerkung nicht besser zu einem anderen Paragraphen des Einführungsgesetzes angefügt wird, wird anheimgegeben.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch I Prot 1 12591
Die Kommission erkannte die Berechtigung des dem | Antrage zu G r u n d e liegenden G e d a n k e n s an, w a r aber der Ansicht, daß der Inhalt der A n m e r k u n g zu verallgemeinern sei u n d die A n m e r k u n g selbst eine geeignetere Stellung bei der zu § 10 der gedr. Zusst. P r o t . S. 12329 beschlossenen Bestimmung finde. Es w u r d e demgemäß beschlossen, dieser Bestimmung die A n m e r k u n g beizufügen : Die durch das Bürgerliche Gesetzbuch erforderlich werdenden Aenderungen der W e c h s e l o r d n u n g u n d des Handelsgesetzbuches sowie verschiedener mit denselben im Z u s a m m e n h a n g e stehender Reichsspezialgesetze sind in Folge der Beschlüsse des Bundesraths der späteren Revision jener Gesetze vorbehalten.
3. Vorgeschlagen w a r (§ 19 Abs. 2), den § 108 der G e w e r b e o r d n u n g dahin zu fassen: „ D a s Arbeitsbuch wird dem Arbeiter durch die Polizeibehörde desjenigen Ortes, an welchem er zuletzt seinen dauernden Aufenthalt gehabt hat, wenn aber ein solcher im Gebiete des Deutschen Reiches nicht stattgefunden hat, von der Polizeibehörde des von ihm zuerst erwählten Deutschen Arbeitsortes kosten- und stempelfrei ausgestellt. Die Ausstellung erfolgt auf A n t r a g oder mit Zustimmung desjenigen gesetzlichen Vertreters, welchem die Sorge f ü r die Person obliegt. Steht die Sorge f ü r die Person unter Ausschluß der V e r t r e t u n g nicht dem gesetzlichen Vertreter, sondern einem Anderen zu, so ist auch dessen Zustimmung erforderlich. Ist die Erklärung eines Elterntheiles, dessen Zustimmung es hiernach bedarf, nicht zu beI Prot 1 12592 schaffen, o d e r verweigert derselbe die | Zustimmung ohne genügenden G r u n d und z u m Nachtheile des Arbeiters, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung desselben ergänzen. V o r der Ausstellung ist nachzuweisen, daß der Arbeiter z u m Besuche der Volksschule nicht m e h r verpflichtet ist, und glaubhaft zu machen, daß bisher ein Arbeitsbuch f ü r ihn noch nicht ausgestellt war." (F.R.B. I, 5 Art. 2 S. 6, Motive S. 86 ff.) Kurlbaum D a z u lag der A n t r a g vor, den § 108 Satz 2 der G e w e r b e o r d n u n g zu fassen: „Die (Nr 62,3 b) Ausstellung erfolgt auf A n t r a g oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Ist die E r k l ä r u n g des gesetzlichen Vertreters nicht zu beschaffen oder verweigert derselbe die Z u s t i m m u n g ohne . . . ergänzen, sofern der Inhaber der elterlichen Gewalt der V e r t r e t e r ist." Einvernehmen bestand, d a ß mit Rücksicht auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in dem ersten Halbsatze des Satz 2 des § 108 der G e w e r b e o r d n u n g statt „des Vaters o d e r V o r m u n d e s " zu setzen sei „des gesetzlichen Vertreters", und daß in dem zweiten Halbsatze dieses Satzes nicht bloß von dem Vater, sondern von dem mit der gesetzlichen Vertretung bekleideten Inhaber der elterlichen Gewalt zu reden sei. Einig w a r man ferner, daß der von der Kommission in der vorigen Sitzung Prot. S. 12577 Ziffer 4 lit. a eingenommene S t a n d p u n k t nicht gestatte, im Besonderen auf denjenigen gesetzlichen Vertreter abzustellen, welcher die Sorge f ü r die Person habe. Abgelehnt w u r d e der in dem Vorschlage enthaltene Zusatz, nach welchem in den Fällen, in welchen die thatsächliche Fürsorge f ü r die Person nicht dem gesetzlichen Vertreter, sondern einem Anderen zustehe, auch dessen ZustimI P r o t ! 12593 m u n g zu der Ausstellung des Arbeitsbuches | erforderlich sein solle (Motive des Einf.Ges. z u m Familienrechte S. 87). M a n sah in dem Zusätze eine nicht unbedingt erforderliche und in ihrer Berechtigung nicht ganz zweifellose Deklaration des § 108 der G e w e r b e o r d n u n g . Beschlossen w u r d e demgemäß, im Wesentlichen dem gestellten Antrage entsprechend : a) der erste u n d dritte Satz des § 108 der G e w e r b e o r d n u n g bleibt unverändert; b) der zweite Satz erhält folgende Fassung: Die Ausstellung erfolgt auf Antrag oder mit Z u s t i m m u n g des gesetzlichen Vertreters; ist der Inhaber der elterlichen 428
Protokolle der 1. Kommission Gewalt der gesetzliche Vertreter und ist dessen Erklärung nicht zu beschaffen oder wird dessen Zustimmung ohne genügenden Grund und zum Nachtheile des Arbeiters verweigert, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung ergänzen. 4. Vorgeschlagen war (§19 Artikel 2), den § 131 Absatz 1 der Gewerbeordnung dahin zu ändern : „Wird von demjenigen gesetzlichen Vertreter, welchem die Sorge für die Person obliegt, und wenn die Sorge für die Person unter Ausschluß der Vertretung nicht dem gesetzlichen Vertreter, sondern einem Anderen zusteht, zugleich von diesem für den Lehrling oder, sofern der letztere volljährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Berufe übergehen werde, so gilt das Lehrverhältniß, wenn der Lehrling nicht früher entlassen wird, nach Ablauf von vier Wochen als aufgelöst. Den Grund der Auflösung hat der Lehrherr in dem Arbeitsbuche zu vermerken. (F.R.B. I, 5 Art. 2 S. 7, Motive S. 87) I Dazu war beantragt, den Eingang des §131 der Gewerbeordnung lediglich | Prot 1 12594 dahin zu ändern : „Wird von dem gesetzlichen Vertreter des Lehrlings oder, sofern Kurlbaum u.s.w." (Nr 62, 3 c) Die Kommission ließ sich von ähnlichen Erwägungen, wie zu Ziff. 3, leiten und genehmigte den vorstehenden Antrag, womit der weitergehende Vorschlag abgelehnt war. 5. Zu dem § 133 Abs. 2 ist (§ 19 Art. 2) eine Fassungsänderung dahin angeregt: „Für die Zahlung der Entschädigung sind als Selbstschuldner mitverhaftet derjenige Elterntheil, welchem die Sorge für die Person in thatsächlicher Beziehung obliegt, falls jedoch der Mutter auf Grund des § 1506 des Bürgerlichen Gesetzbuches neben dem Vater das Recht der Sorge für die Person zusteht, nur der Vater des Lehrlinges, sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet oder welcher ihn in Arbeit genommen hat, obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fortsetzung eines Lehrverhältnisses noch verpflichtet war. Hat der Entschädigungsberechtigte erst nach Auflösung des Lehrverhältnisses von der Person des Arbeitgebers, welcher den Lehrling verleitet oder in Arbeit genommen hat, Kenntniß erhalten, so erlischt gegen diese der Entschädigungsanspruch erst, wenn derselbe nicht innerhalb vier Wochen nach erhaltener Kenntniß geltend gemacht ist." (F.R.B. I, 5 Art. 2 S. 7, Motive S. 88; gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 18 S. 13) Daneben lagen die Anträge vor: a) im § 133 Abs. 2 der Gewerbeordnung nur hinter „Lehrlings" einzuschalten Kurlbaum „sofern er die Sorge für | die Person des Lehrlinges, wenn auch ohne Vertretungsbe- (Nr 62) fugniß, hat;" | Prot 1 12595 b) den Eingang des Absatz 2 des § 133 der Gewerbeordnung dahin zu fassen: „Für v. Mandry die Zahlung der Entschädigung sind als Selbstschuldner mit verhaftet der Inhaber der (Nr 69, 3) elterlichen Gewalt, wenn er die Sorge für die Person hat, sowie derjenige Arbeitgeber . . ." Beschlossen wurde, in dem Eingange des § 133 Abs. 2 der Gewerbeordnung hinter „Lehrling" die Worte einzuschalten, „sofern er die Sorge für die Person des Lehrlings hat." Vorschlag und Anträge galten damit als erledigt. Man war der Ansicht: Der Zweck der selbstschuldnerischen Verhaftung des Vaters des Lehrlinges im §133 Abs. 2 der Gewerbeordnung sei, wie in den Motiven des Einführungs-Gesetzes zum Familienrechte S. 88 mit Recht hervorgehoben werde, der, darauf hinzuwirken, daß der Vater vermöge seines Erziehungsrechtes den Lehrling zur Rückkehr in die 429
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Lehre veranlasse, sowie zu verhindern, daß der Vater unter Mißbrauch des Erziehungsrechtes den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleite oder doch in seinem Vorhaben unterstütze. Dieser Gesichtspunkt schließe nothwendig in sich, daß der Vater nicht schlechthin, sondern nur dann haften dürfe, wenn er wirklich das Erziehungsrecht besitze, mithin die thatsächliche Sorge für die Person des Lehrlings habe. Sei diese Sorge ihm, ζ. B. wegen Mißbrauches, entzogen, so lasse sich ihm die in Rede stehende Haftung nicht ansinnen. Unerheblich sei dabei, ob der Vater neben der thatsächlichen Sorge für die Person auch das Vertretungsrecht in den persönliI Prot 1 12596 chen Angelegenheiten des Lehrlings habe. Dies im Gesetze | besonders hervorzuheben, sei kein Bedürfniß. Bedenken müsse aber getragen werden, dem Vater in der fraglichen Hinsicht die Mutter, falls dieser die Sorge für die Person des Lehrlings obliege, gleichzustellen. Erfahrungsgemäß sei die Autorität, welche die Mutter gegenüber den Kindern thatsächlich auszuüben vermöge, eine geringere, als diejenige, welche dem Vater zur Seite stehe, so daß auch aus diesem Grunde die Zuordnung eines Beistandes für die Mutter im § 1538 vorgesehen sei. 6. Der Vorschlag zu § 137 der Gewerbeordnung ( § 1 9 Art. 2) bezweckt eine Aenderung der Absätze 2 und 3 des § 137 dahin: Die Arbeitskarten werden auf Antrag oder mit Zustimmung desjenigen gesetzlichen Vertreters, welchem die Sorge für die Person obliegt, durch die Ortspolizeibehörde kosten- und stempelfrei ausgestellt. Steht die Sorge für die Person unter Ausschluß der Vertretung nicht dem gesetzlichen Vertreter, sondern einem Anderen zu, so ist auch dessen Zustimmung erforderlich. Ist die Erklärung desjenigen Elterntheiles, dessen Zustimmung es hiernach bedarf, nicht zu beschaffen, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung desselben ergänzen. Sie haben den Namen, Tag und Jahr der Geburt sowie die Religion des Kindes, den Namen, Stand und letzten Wohnort derjenigen, deren Antrag oder Zustimmung zur Ausstellung der Arbeitskarten erforderlich ist, und außerdem die zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht (§ 135) getroffenen Einrichtungen anzugeben. Der Arbeitgeber hat die Arbeitskarte zu verwahren, auf amtliches Verlangen IProti 12597 jederzeit vorzulegen und am Ende des Arbeitsverhältnisses dem im ersten | Absätze gedachten gesetzlichen Vertreter wieder auszuhändigen. Ist die Wohnung desjenigen Elterntheiles, an welchen die Aushändigung erfolgen soll, nicht zu ermitteln, so erfolgt die Zustellung der Arbeitskarte an den anderen Elterntheil oder den sonstigen nächsten Angehörigen des Kindes." (F.R.B. I, 5 Art. 2 S. 7, Motive S. 87) Kurlbaum Daneben war beantragt, den § 137 Abs. 2, 3, zu fassen: „Die Arbeitskarten wer(Nr 62, 3) Jen auf Antrag oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters durch . . . ausgestellt; ist die Erklärung des gesetzlichen Vertreters nicht zu beschaffen, so kann . . . ergänzen, sofern der Inhaber der elterlichen Gewalt der Vertreter ist. Sie haben den Namen, T a g und Jahr der Geburt, sowie die Religion und den Wohnsitz des Kindes, den Namen, Stand und Wohnsitz des gesetzlichen Vertreters und außerdem die zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht (§ 135) getroffenen Einrichtungen anzugeben. Der Arbeitgeber h a t . . . am Ende des Arbeitsverhältnisses dem gesetzlichen Vertreter wieder auszuhändigen. Ist die Wohnung des gesetzlichen Vertreters nicht zu ermitteln, so erfolgt die Zustellung der Arbeitskarte an die nächsten Angehörigen des Kindes." Das Ergebniß der Berathung war: a) Der Absatz 2 Satz 1 des § 137 der Gewerbeordnung erhält folgende Fassung: 430
Protokolle der 1. Kommission
Die Arbeitskarten werden auf Antrag oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters durch die Ortspolizei kosten- und stempelfrei ausgestellt; ist der Inhaber der elterlichen Gewalt der gesetzliche Vertreter und ist dessen Erklärung nicht zu beschaffen, | so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung ergänzen. | Prot 1 12598 b) Der Absatz 2 Satz 2 des § 137 erfährt lediglich die Aenderung, daß statt „des Vaters oder Vormundes" gesetzt wird „des gesetzlichen Vertreters." c) Der Absatz 3 des § 137 wird dahin gefaßt: Der Arbeitgeber hat die Arbeitskarte zu verwahren, auf amtliches Verlangen jederzeit vorzulegen und am Ende des Arbeitsverhältnisses dem gesetzlichen Vertreter wieder auszuhändigen. Ist der Inhaber der elterlichen Gewalt der gesetzliche Vertreter und ist dessen Wohnung nicht zu ermitteln, so erfolgt die Zustellung der Arbeitskarte an den anderen Elterntheil oder den sonstigen nächsten Angehörigen des Kindes. Die beschlossenen Aenderungen entsprechen im Wesentlichen den unter Ziffer 3 zu § 108 der Gewerbeordnung, S. 12593, vorgenommenen Aenderungen und beruhen auf den gleichen Erwägungen. Von den in dem Antrage enthaltenen weiteren Aenderungen glaubte man dagegen Abstand nehmen zu sollen, da dieselben in den Bereich der Revision der Gewerbeordnung fielen. 7. Der Vorschlag (§ 19 Art. 3), zu bestimmen: Planck „Die Vorschriften des § 130 der Gewerbeordnung bleiben unberührt" 33 wurde mit Rücksicht auf die zu § 10 der gedr. Zusst. Prot. S. 12329 beschlossene Bestimmung zurückgezogen. 8. Der Vorschlag des § 20 geht dahin: „An die Stelle des § 2 des Gesetzes über die TE-EG Freizügigkeit vom 1. November 1867 (Reichs-Gesetzbl. S. 55) tritt folgende Vor- «20 schrift: |Wer die aus der Reichangehörigkeit folgenden Befugnisse in Anspruch nimmt, | Prot 1 12599 hat auf Verlangen den Nachweis seiner Reichsangehörigkeit und, sofern er unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft steht, den Nachweis der Genehmigung desjenigen zu erbringen, welchem die Sorge für die Person in thatsächlicher Beziehung obliegt. Eine Ehefrau bedarf der Genehmigung des Ehemannes." (F.R.B. I, S. 4, MotiveS. 81 ff.) Dazu lag der Antrag vor, der vorgeschlagenen Bestimmung folgende Fassung zu Kurlbaum geben : „Wer . . . den Nachweis der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zu (Nr 62, 4) erbringen. Eine Ehefrau bedarf der Genehmigung des Ehemannes; einer anderen Genehmigung bedarf sie nicht." Beschlossen wurde folgende Fassung: Wer die aus der Reichsangehörigkeit folgenden Befugnisse in Anspruch nimmt, hat auf Verlangen den Nachweis seiner Reichsangehörigkeit und, sofern er unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, den Nachweis der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zu erbringen. Eine Ehefrau bedarf der Genehmigung des Ehemannes. Man war einverstanden, daß es bei der gegenwärtigen Fassung des § 2 des Freizügigkeitsgesetzes, welcher von väterlicher, vormundschaftlicher oder ehelicher Gewalt spreche, nicht verbleiben könne, und ging im Uebrigen davon aus, daß es richtiger sei, die geforderte Genehmigung als einen Akt der Vertretung und nicht als Ausfluß der thatsächlichen Fürsorge für die Person zu behandeln. Dabei überzeugte man sich zugleich, daß dieser Gesichtspunkt dazu führe, daß, wenn eine Ehefrau un33
Dieser Vorschlag ist dem EG-Teilentwurf zum Familienrecht entnommen.
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I Prot 112600 |ter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft stehe, neben der Genehmigung des Ehemannes auch die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters erforderlich sei, mithin insoweit dem Antrage nicht beigetreten werden könne, aber eine Trennung der Vorschriften in zwei Absätze sich empfehle. Schmitt 9. Unter § 21 ist vorgeschlagen: „Der § 16 des Gesetzes, betr. die Organisation (Nr 3) der Bundeskonsulate sowie der Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln, vom 8. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 137) erhält folgenden Zusatz: Zur Mitwirkung bei der Errichtung von Verfügungen von Todeswegen als verhandelnde oder zweite Notare sind nur diejenigen Wahlkonsuln befugt, welche dazu vom Bundeskanzler besonders ermächtigt sind." (Antrag 3 zum Einf.Ges. unter A, 14; Mot. zum Erbr. S. 1130; Anm. zu § 1929 K.E.)
Dazu war beantragt, in dem Gesetz vom 8. November 1867, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, einzufügen als v. Mandry § 17 a. Abs. 1 : Zur Mitwirkung . . . als verhandelnder oder zweiter Notar sind nur (Nr 69, 4) (zu ergänzen aus der gedr. Zusammenstellung) Abs. 2: Bei der Errichtung solcher Verfügungen finden die Vorschriften des § 17 keine Anwendung. Beschlossen wurde, dem Gesetze vom 8. November 1867 folgende Bestimmung einzufügen : Einem Wahlkonsul steht in Ansehung der Errichtung einer Verfügung von ToIProti 12601 deswegen das im § 16 |bezeichnete Recht der Notare nur dann zu, wenn dasselbe ihm von dem Reichskanzler besonders beigelegt ist. Auf die Errichtung einer Verfügung von Todeswegen finden nicht die Vorschriften des § 17, sondern die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. Erwogen war: Der Vorschlag des § 21 entspreche in sachlicher Hinsicht einem bereits gefaßten Beschlüsse (vergi, die Anmerkung zu § 1929 des Entw. des B.G.B.). Es handele sich in Folge dessen nur um die Fassung und Stellung der Bestimmung. Anders verhalte es sich mit dem Antrage. Derselbe bezwecke zugleich klarzustellen, daß, wenn ein Konsul in Ausübung der Rechte des Notars eine Verfügung von Todeswegen aufnehme, nicht die Vorschriften des § 17 des Gesetzes vom 8. November 1867, sondern die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches in Ansehung der zu beobachtenden Form maßgebend seien. Auf das bisherige Recht gesehen, sprächen gewichtige Gründe dafür, daß der § 17 des erwähnten Gesetzes seiner Tendenz nach auch für die Aufnahme einer Verfügung von Todeswegen ausschließliche Geltung beansprucht habe, soweit eine solche Aufnahme nach Landesrecht durch den Konsul als Notar habe in Frage kommen können. Hieraus lasse sich ableiten, daß, sofern nicht ein Anderes bestimmt werde, der § 17 vermöge seiner Natur als Spezialvorschrift durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Errichtung einer Verfügung von Todeswegen der zu § 10 der gedr. Zusst. Prot. S. 12329 beschlossenen Bestimmung gemäß nicht berührt werde, — eine Folgerung, die allerdings ebenso wie die Voraussetzung derselben bei der Berathung nicht ohne Widerspruch geblieben sei. Es brauche indessen hierauf nicht näher eingegangen zu I Proti 12602 werden. Auch wenn der § 17 an sich als | eine Spezialbestimmung aufzufassen sei, fehle es gegenwärtig doch an hinreichenden Gründen, diese Bestimmung in Ansehung der Errichtung einer Verfügung von Todeswegen aufrecht zu erhalten. Wenn künftighin, vermöge der dem Vorschlage des § 21 entsprechenden Bestimmung, nur Berufskonsuln oder besonders qualifizirte Wahlkonsuln zur Aufnahme einer solchen 432
Protokolle der 1. Kommission Verfügung ermächtigt seien, so erscheine es ebenso angemessen als unbedenklich, die Beobachtung der im Allgemeinen für die Errichtung einer Verfügung von T o d e s wegen seitens eines Notars als nothwendig erkannten Formen auch in Ansehung der von den Konsuln aufgenommenen Verfügungen von Todeswegen zu erfordern. 750. Sitzung vom 29. 2. 1888, Schriftführer : Börner I Prot 112603 I Die Berathung des Einführungsgesetzes wurde fortgesetzt. 1. D e r Vorschlag (§ 22) : „Das Gesetz, betr. die vertragsmäßigen Zinsen, vom 14. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 159) wird aufgehoben." (Obi. R. § 1) fand, namentlich mit Rücksicht auf die zu beseitigenden Bestimmungen in den §§ 2, 5 TE-EG dieses Gesetzes, Genehmigung (vergi, dazu §§ 248, 358, 420 des Entwurfes des §22 Bürgerlichen Gesetzbuches; Prot. S. 593 bis 595, 1201 ff.). D e r im § 4 des Gesetzes enthaltene Vorbehalt in Betreff der Vorschriften für die gewerblichen Pfandleihanstalten wird durch den § 99 der gedruckten Zusammenstellung, die Billigung desselben vorausgesetzt, gedeckt. 2. Vorgeschlagen war (§ 2 3 ) : „An die Stelle des § 17 Abs. 1 des Gesetzes, betreffend die Quartierleistung für die bewaffnete Macht während des Friedenszustandes, I vom 25. Juni 1868 (Bundes-Gesetzbl. S. 523) tritt die nachfolgende Vorschrift: Die Entschädigungsansprüche für gewährtes Naturalquartier sowie alle Nachforderungen sind bei dem Gemeindevorsteher beziehungsweise der vorgesetzten KommunalAufsichtsbehörde anzumelden. Sie erlöschen, wenn sie nicht spätestens im Laufe desjenigen Kalenderjahres angemeldet werden, welches auf das J a h r folgt, in dem die Zahlungsverpflichtung begründet worden ist." (Allg. Theil B, 1,1 S. 6, Motive S. 46 ff.) Dazu war für den Fall, daß die beantragte Aenderung beschlossen werde, beantragt, den Absatz 2 desselben Paragraphen zu streichen, also zu setzen : „An Stelle des § 17 des Gesetzes . . . tritt die nachfolgende Vorschrift:" Die Kommission lehnte den Vorschlag in der Erwägung ab, daß kein Bedürfniß bestehe, in der in Folge stehenden Richtung deklaratorisch einzugreifen. D e r nur eventuell gestellte Antrag erledigt sich dann von selbst. 3. D e r Vorschlag ( § 2 4 ) : „Der § 6 3 Abs. 2 Satz 3 und der § 6 5 des Gesetzes, betreffend die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften, vom 4. Juli 1868 (Bundes-Gesetzbl. S. 415) werden aufgehoben." (Allg. Theil § 9 Abs. 2 N r . 1 S. 2, Motive S. 45 ff., 50 ff.) hatte zu dem Gegenantrage Anlaß gegeben : „Die Aufhebung des § 63 Abs. 2 Satz 3 des erwähnten Gesetzes abzulehnen, eventuell densel-| ben durch folgende Bestimmung zu ersetzen: Bei kündbaren Forderungen findet die Vorschrift des § 158 Abs. 4 B.G.B. Anwendung." Die Kommission erklärte sich gegen den Vorschlag. Man hielt die Besonderheit, welche die Vorschrift des § 63 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes vom 4. Juli 1868 gegenüber dem § 158 Abs. 4 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches aufweise (Mot. des Einf.Ges. z. Allg. T h . S. 50), für zu unbedeutend, als daß eine besondere Aufhebung bezw. Aenderung der Vorschrift angemessen erscheine, wobei von einer Seite noch darauf hingewiesen wurde, daß der dem Bundesrathe zur Zeit vorliegende, die Revision jenes Gesetzes betreffende Entwurf die Vorschrift nicht mehr enthalte. Die Aufhebung des § 65 des erwähnten Gesetzes wurde abgelehnt, weil derselbe dem Artikel 149 des Handelsgesetzbuchs entspreche und, sofern der letztere, wie bei der 433
TE-EG $23 I Prot! 12604
v. Mandry (Nr 69, 5)
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Planck (Nr 76, 1) I Prot 112605
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Revision des Handelsgesetzbuchs zu erörtern sein werde, in Kraft erhalten werden sollte, es richtiger auch bei jenem zu bewenden habe. 4. Der Vorschlag in § 25, Prot. S. 12521, ist bereits durch Beschluß, Prot. S. 12532 erledigt. TE-EG 5. Beantragt war (§26), den §11 des Gesetzes über die Erwerbung und den §26 Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 355) dahin zu ändern: „Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und die noch unter elterlicher Gewalt stehenden Kinder, auf die letzteren jedoch nur dann, I Prot 1 12606 | wenn dem Inhaber der elterlichen Gewalt als gesetzlichem Vertreter der Kinder die Sorge für die Person zusteht." (F.R.B. I, 2 Art. 1 S. 5, Motive S. 83) Planck Der Referent des Familienrechtes, von welchem der Vorschlag ausgegangen war, (Nr 76, 2a) hatte nachträglich folgende Fassung des § 11 beantragt: „Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, in Ansehung deren dem Elterntheile, welchem die Staatsangehörigkeit verliehen wird, die gesetzliche Vertretung in persönlichen Angelegenheiten kraft elterlicher Gewalt zusteht, auf Töchter jedoch nur dann, wenn sie weder verheirathet sind, noch verheirathet waren." v. Mandry Außerdem lag der Antrag vor, den § 11 dahin zu fassen: „Insofern nicht bei der (Nr 69,6) Verleihung der Staatsangehörigkeit eine Ausnahme gemacht wird, erstreckt sich die Verleihung an den Ehemann zugleich auf die Ehefrau, die Verleihung an einen Elterntheil zugleich auf diejenigen Kinder, welche unter der elterlichen Gewalt desselben stehen und nicht verheirathet waren oder sind." Bei der Berathung hatten verschiedene Stimmen sich dafür erhoben, daß die Kommission nicht die Aufgabe habe, ein staatsrechtliches Gesetz, wie es dasjenige vom 1. Juni 1870 sei, auf etwa vorzunehmende Aenderungen hin der Prüfung zu unterziehen. Die Mehrheit trat jedoch dieser Auffassung nicht bei und entschied für I Prot 1 12607 eine Aenderung der | Fassung des § 11 dahin : Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen minderjährigen Kinder, in Ansehung deren dem Aufgenommenen oder Naturalisirten die gesetzliche Vertretung kraft elterlicher Gewalt zusteht, auf Töchter jedoch nur dann, wenn sie weder verheirathet sind noch verheirathet waren. Die Gründe des Beschlusses waren (vergi. Mot. des Einf.-Gesetzes zum Familienrecht S. 83): Während der § 3 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 den Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Geburt lediglich an die Vaterschaft bezw. bei unehelichen Kindern an die Mutterschaft knüpfe, stelle der § 11 bei der Verleihung der Staatsangehörigkeit in Ansehung der Kinder auf die väterliche Gewalt ab. An die Stelle der väterlichen Gewalt trete nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche die elterliche Gewalt. Es müsse demgemäß auch der § 11 jenes Gesetzes eine entsprechende Erweiterung erfahren; die Verleihung der Staatsangehörigkeit an die Mutter habe sich, soweit nicht eine besondere Ausnahme gemacht sei, auf die in ihrer elterlichen Gewalt befindlichen Kinder zu erstrecken. Der Umstand, daß schon nach dem Rechte zur Zeit der Erlassung des Gesetzes vom 1. Juni 1870 in einzelnen Rechtsgebieten das Institut der elterlichen Gewalt der Mutter bestanden habe, ohne daß in dem Gesetze hierauf Rücksicht genommen worden sei, falle als Gegengrund nicht ins Gewicht. Das Gesetz habe sichtbar an den in dem weitaus größten Theile Deutschlands bestehenden Rechtszustand angeknüpft. Zu berücksichtigen sei außerdem, daß die 434
Protokolle der 1. Kommission M u t t e r auf | G r u n d der elterlichen Gewalt in V e r t r e t u n g der Kinder die Verleihung | Prot 1 12608 der Staatsangehörigkeit an dieselben beantragen könne, ohne daß hierzu die G e n e h migung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich sei. D e r Schwerpunkt der Erweiterung des § 11 liege, wie nicht verkannt werde, auf dem Gebiete der Fälle, in welchen der Angehörige eines Bundesstaates in dem Staatsverband eines anderen Bundesstaates a u f g e n o m m e n werde, da in Ansehung der zu naturalisirenden Ausländer die Frage, inwieweit sich Kinder derselben in deren väterlicher oder elterlicher Gewalt befinden, den von der Kommission a n g e n o m m e n e n internationalrechtlichen Grundsätzen zufolge in Gemäßheit des ausländischen Rechtes zu beantworten sei. T r e t e man aber einmal an eine A e n d e r u n g des § 11 heran, so empfehle sich auch, entsprechend der T e n d e n z desselben, klarzustellen, daß es nicht lediglich darauf a n k o m m e , daß überhaupt die elterliche Gewalt des betreffenden Elterntheiles beg r ü n d e t sei, sondern darauf, daß der Elterntheil k r a f t der elterlichen Gewalt auch die Vertretungsbefugniß hinsichtlich der Kinder habe, die elterliche Gewalt mithin nicht auf die N u t z n i e ß u n g und Verwaltung beschränkt sei. Dabei verstehe es sich von selbst und bedürfe deshalb keiner besonderen H e r v o r h e b u n g , daß es sich um die Vertretungsbefugniß in den persönlichen Angelegenheiten handele. Ferner sei, und z w a r gleichfalls dem Sinne des § 11 gemäß, die in Ansehung der verheiratheten oder verheirathet gewesenen minderjährigen T ö c h t e r beschlossene Ausnahme zu machen, da solche T ö c h t e r , abgesehen davon, daß sie aus der Familiengemeinschaft der Eltern in der Regel ausgeschieden seien, die Staatsangehörigkeit des Ehemannes und nicht mehr diejenige der Eltern theilten. I 6. D e r Vorschlag (§ 26), betreffend eine Aenderung des § 19 des Gesetzes vom 1. Juni 1870, ging dahin, den § 19 zu fassen: „Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine A u s n a h m e gemacht wird, zugleich auf die E h e f r a u und die noch unter elterlicher Gewalt stehenden Kinder, auf die letzteren jedoch nur dann, w e n n d e m Inhaber der elterlichen Gewalt als gesetzlichem Vertreter der Kinder die Sorge f ü r die Person zusteht." (F.R.B., I, 2 Art. 1 S. 5, Motive S. 83) D a z u lagen die Anträge vor: a) an Stelle des § 19 zu bestimmen: „Insofern nicht bei der Entlassung eine A u s n a h m e gemacht wird, erstreckt sich die Entlassung des Ehemannes zugleich auf die E h e f r a u , die Entlassung eines Elterntheiles zugleich auf diejenigen Kinder, welche unter der elterlichen Gewalt desselben stehen und nicht verheirathet sind o d e r waren. Auf Kinder, welche unter der elterlichen Gewalt der Mutter stehen, findet die V o r s c h r i f t des ersten Absatzes keine Anwendung, w e n n zu dem Antrage der M u t t e r auf Entlassung der Kinder die G e n e h m i g u n g eines Beistandes erforderlich sein würde." b) seitens des Referenten des Familienrechtes, den Vorschlag n u n m e h r in folgender Fassung a n z u n e h m e n : „Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die E h e f r a u und auf diejenigen Kinder, in Ansehung derer dem Elterntheil, welcher entlassen wird, die gesetzliche V e r t r e t u n g (u.s.w. wie im Antrage unter a). I Auf Kinder, welche unter der elterlichen Gewalt der Mutter stehen, findet . . . u.s.w. wie im Antrage unter a)." Das Ergebniß der Berathung w a r der Beschluß, den § 19 dahin zu ändern: Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die E h e f r a u und auf diejenigen Kinder, in Ansehung deren dem Entlassenen die gesetzliche V e r t r e t u n g k r a f t elterlicher Gewalt zusteht, auf T ö c h t e r jedoch nur dann, wenn sie w e d e r verheirathet sind noch verheirathet waren. 435
I P r o t i 12609 TE-EG 526
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Planck (Nr 76,2 b)
I P r o t i 12610
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Auf Kinder, welche unter elterlicher Gewalt der Mutter stehen, findet die Vorschrift des ersten Absatzes keine Anwendung, wenn zu dem Antrage der Mutter auf Entlassung der Kinder die Genehmigung eines Beistandes erforderlich sein würde. Die in dem ersten Absätze der vorstehenden Bestimmung enthaltene Aenderung entspricht der zu § 11 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 unter Ziffer 5, S. 12607 vorgenommenen Aenderung. Der Absatz 2 hat seinen Grund in folgenden Vorschriften des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuches: Nach § 1507 kann die Mutter, welche ihre Entlassung aus dem Staatsverbande beantragt, gleichzeitig für die in ihrer elterlichen Gewalt befindlichen Kinder in Vertretung derselben die Entlassung aus dem Staatsverbande beantragen, ohne daß es der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes dazu bedarf. Wenn aber der Mutter in Gemäßheit des § 1538 ein Beistand bestellt ist, so bedarf sie nach § 1541 verb, mit § 1657 der Genehmigung dieses Beistandes zu dem Antrage auf Entlassung der Kinder aus dem Staatsverbande auch dann, wenn sie selbst zugleich ihre Entlassung betreibt. Man war der Ansicht, I Proti 12611 die letztere Gestaltung nöthige zu der beschlossenen Einschränkung | der Bestimmung des Abs. 1. Dabei hielt man eine unmittelbare Entscheidung der Frage nicht f ü r geboten, ob die Entlassung der unter der elterlichen Gewalt der Mutter stehenden Kinder auch dann eintrete, wenn die Entlassung der Mutter nur die Folge der Entlassung des Vaters sei. TE-EG 7. Vorgeschlagen war (§ 26), den § 21 Abs. 2 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 dahin S 26 zu ändern : „Der hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und die noch unter elterlicher Gewalt stehenden Kinder, soweit sie sich bei dem Ehemanne oder dem Inhaber der elterlichen Gewalt befinden und dem letzteren als gesetzlichen Vertreter der Kinder die Sorge f ü r die Person zusteht." (F.R.B., I, 2 Art. 1 S. 5, Motive S. 83) v. Mandry (Nr 69,6) Planck (Nr 76,2 c)
Hierzu war beantragt: a) den Vorschlag dahin anzunehmen : „Der hiernach eingetretene . . . (wie in dem Vorschlage) . . . Kinder, soweit sie sich bei dem Ehemanne beziehungsweise Elterntheile befinden."
b) seitens des Referenten des Familienrechtes, an Stelle des § 21 Abs. 2 nunmehr beschließen : „Der hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und diejenigen Kinder, in Ansehung derer dem Elterntheile, welcher die Staatsangehörigkeit verliert, die gesetzliche Vertretung in persönlichen Angelegenheiten kraft elterlicher Gewalt zusteht, soweit sie sich bei dem Ehemanne bezw. dem Elterntheil befinden, auf Töchter jedoch nur dann, wenn sie I Prot 112612 weder ver-| heirathet sind noch verheirathet waren." zu
Die Kommission entschied mit Rücksicht auf die zu §§ 11 und 19 des Gesetzes vom 1. Juni 1870 vorgenommenen Aenderungen für folgende Fassung : Der hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, in Ansehung deren dem Ausgetretenen die gesetzliche Vertretung kraft elterlicher Gewalt zusteht, soweit dieselben bei dem Ehemanne beziehungsweise dem Elterntheile sich befinden, auf Töchter jedoch nur dann, wenn sie weder verheirathet sind noch verheirathet waren. TE-EG §27
8. Abgelehnt wurde der Vorschlag (§27 Art. 1 ) : An die Stelle des §18 des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 360) treten folgende Vorschriften: „Eheliche Kinder theilen, vorbehaltlich der Vorschrift des § 20, den Unterstützungswohnsitz des Vaters, 436
Protokolle der 1. Kommission
an Kindesstatt angenommene Personen den Unterstützungswohnsitz des Annehmenden. Alle diese Kinder behalten den bezeichneten Unterstützungswohnsitz, bis sie denselben nach den Vorschriften des § 22 Nr. 2 und der §§ 23 bis 27 verloren oder einen anderweiten Unterstützungswohnsitz nach den Vorschriften der §§ 9 bis 14 erworben haben. Dies gilt, vorbehaltlich der Vorschrift des S 19, auch dann, wenn der Vater oder der Annehmende gestorben ist. Die Vorschriften des ersten Satzes des ersten Absatzes finden auf legitimirte Kinder und an Kindesstatt angenommene Personen keine (Anwendung, wenn die |Proti 12613 Legitimation oder Annahme an Kindesstatt erst nach zurückgelegtem vierundzwanzigsten Lebensjahre derselben erfolgt ist." (F.R.B., I, 3 Art. S. 5, Motive S. 84 ff.; gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 17b S. 12 ff.) Die Kommission hielt die angeregten Aenderungen theils für unnöthig, theils für nicht unbedenklich und erkannte im Besonderen nicht an, daß ein zwingendes Bedürfniß dafür vorliege, die Vorschrift mit dem $ 40 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Einklang zu setzen. Zu der angeregten Einbeziehung der Adoption durch eine Frau war von einer Seite noch bemerkt worden, daß, da die Adoption künftighin nicht mehr, wie bisher in verschiedenen Staaten, Gnadensache sei, vielmehr im Wege des einfachen Rechtsgeschäftes sich vollziehe, es sich fragen könne, ob es überhaupt angemessen sei, daß die Adoption auch seitens eines Mannes, wie dies nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche in Verbindung mit dem § 18 der Fall sein werde, einen Unterstützungswohnsitz begründen könne. Es wurde dies jedoch nicht weiter verfolgt. 9. Abgelehnt wurde nicht minder der Vorschlag (§ 27 Art. 2) : „Der § 20 des Gesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 6. Juni 1870 erhält folgenden Zusatz: § 20 Abs. 2. Der Scheidung steht es gleich, wenn die Ehe für (nichtig oder) ungültig erklärt ist." (F.R.B., I, 3 Art. 2 S. 6, Motive S. 85) I Man war der Ansicht, daß auch nach der gegenwärtigen Vorschrift des § 20 des | Prot 112614 erwähnten Gesetzes, zumal im Hinblick auf die §§ 1562—1567 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, im Wesentlichen das gleiche Resultat sich ergebe. 10. Es lagen die Anträge vor: „In dem Gesetze, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadensersatze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken u.s.w. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen, vom 7. Juni 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 207) werden a) der § 3 Nr. 1 Satz 2 dahin geändert: War der Getödtete vermöge Gesetzes verpflichtet, einem Anderen Unterhalt zu gewähren, so kann dieser insoweit Ersatz fordern, als ihm in Folge des Todesfalles der Unterhalt entzogen worden ist; die Vorschriften des § 723 Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. b) die Absätze 2 und 3 des § 7 dahin : Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches § 724 Abs. 6 und 7, sowie, wenn die Verpflichtung zur Entrichtung einer Rente auf der Bestimmung des § 3 Nr. 1 Satz 2 beruht, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches § 724 Absatz 2, 3, 4 finden (entsprechende) Anwendung.'' Beschlossen wurde, in dem Gesetze vom 7. Juni 1871 : a) den § 3 Nr. 1 Satz 2 durch die Bestimmung zu ersetzen : ; außerdem finden die Vorschriften des § 723 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung; 437
v. Mandry (Nr 77)
v. Mandry (Nr 69, 7 a)
I Prot I 12615
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch b) an die Stelle des ganzen § 7 die Bestimmung treten zu lassen : Auf die Entschädigung finden die Vorschriften des § 724 und des § 726 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung. Man trat dem Antragsteller darin bei, daß kein ausreichender Grund vorliege, die geringen Verschiedenheiten, welche die in dem Antrage bezeichneten Vorschriften des Gesetzes vom 7. Juni 1871 gegenüber den einschlagenden Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zeigten, aufrechtzuerhalten, glaubte aber, daß die Harmonie richtiger und erschöpfender durch die beschlossenen Vorschriften herbeigeführt werde. TE-EG 11. Dem Vorschlage unter § 28, den Satz 3 des § 8 des Gesetzes vom 7. Juni 1871 § aufzuheben 34 , wurde zwar nicht stattgegeben, im sachlichen Einklänge mit demselben aber beschlossen, an die Stelle des Satz 3 des § 8 die Vorschrift zu setzen: Im Uebrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Verjährung Anwendung. Man ging davon aus: Der für die Ablehnung des zu § 65 des Gesetzes vom 4. Juli 1868 gestellten entsprechenden Antrages (Ziff. 3) maßgebend gewesene Gesichtspunkt, S. 12605, treffe hier nicht zu. Es handele sich um ein rein civilrechtliches Gesetz, und die Materie, welche dasselbe behandele, enthalte nichts, was die Aufrechterhaltung der in dem § 8 Satz 3 sich findenden Abweichung von dem § 166 des Bürgerlichen Gesetzbuches rechtfertigt. Angemessener erscheine es aber, den § 8 I Prot 112616 Satz 3 nicht einfach aufzuheben, sondern an dessen | Stelle einen Hinweis darauf aufzunehmen, daß sowohl in der hier fraglichen Hinsicht, als auch sonst, soweit § 8 Satz 1, 2 nicht etwas Besonderes enthalte, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Verjährung Anwendung zu finden hätten. v. Mandry (Nr 69,7b)
12. Es lag der Antrag vor, in § 9 des Gesetzes vom 7. Juni 1871 „a) den Eingang des Abs. 1 dahin zu fassen: Die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes, nach welchen u.s.w. b) den Abs. 2 zu streichen." Der Antrag unter b fand schlechthin Annahme, der Antrag unter a dahin, daß der Eingang des Abs. 1 lauten soll: Gesetzliche Vorschriften, nach welchen u.s.w.
Erwogen war: Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche der § 9 Abs. 1 des Gesetzes vom 7. Juni 1871 im Auge habe, würden mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches hinfällig. Es kämen nur noch Reichsgesetze, darunter die Unfallversicherungsgesetze und namentlich das Bürgerliche Gesetzbuch in Betracht. Die Streichung des § 9 Abs. 1 ohne Ersatz möge mit Rücksicht hierauf naheliegen. Allein eine solche Streichung könnte das Mißverständniß erwecken, als sollten für die in dem Gesetze behandelten Tödtungen und Körperverletzungen lediglich die Bestimmungen dieses Spezialgesetzes maßgebend und die Anwendung der Vorschriften des sonstigen Reichsrechtes bei c u l p a des Unternehmers u.s.w. ausgeschlossen sein. Der Antrag unter a betrete den richtigen Weg; es werde aber besser im Allgemeinen I Prot 112617 von „gesetzlichen Vorschriften" gesprochen, statt | von den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes, zu denen auch die Bestimmungen des Gesetzes vom 7. Juni 1871 gehörten. Anlangend den Abs. 2, so habe derselbe nur für die in Abs. 1 aufrechterhaltenen Landesgesetze Bedeutung gehabt, denen er eine nicht unwichtige Schranke gezogen habe. Die Tragweite der einschlagenden reichsgesetzlichen Bestimmungen und insbesondere der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches könne schlechter34
438
Der Vorschlag stammt von Gebhard aus dessen EG-Teilentwurf zum AT.
Protokolle der 1. Kommission dings nicht durch die in Abs. 2 bezeichneten Bestimmungen des Gesetzes vom 7. Juni 1871 eingeengt bezw. korrigirt werden. 751. Sitzung vom 3. 3. 1888, Schriftführer:
Struckmann
| D i e Berathung des Einführungsgesetzes an der H a n d der gedruckten Zusam- | Prot 112619 menstellung w u r d e fortgesetzt. 1. Die §§ 29, 30 der Zusammenstellung wurden zusammen berathen. Dieselben lauten: § 29. Das Gesetz, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthums in der U m g e b u n g von Festungen, vom 21. D e z e m b e r 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 459) erleidet folgende Aenderungen : 1. D e r § 37 erhält folgende Fassung: „Die Entschädigung ist, soweit sie in | Rente gewährt wird, als ein mit dem Eigenthum an dem Grundstücke verbundenes Recht (§ 788 des Bürgerlichen Gesetzbuches) anzusehen. Soweit die Entschädigung in Kapital gewährt wird, haftet der Anspruch auf dieselbe denjenigen Berechtigten, f ü r welche das Grundstück in dem Zeitpunkte der Entstehung des Entschädigungsanspruches belastet ist, nach dem Maße der f ü r dieselben eintretenden Beeinträchtigung. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die H a f t u n g insoweit nicht eintritt, als nach einem von der landesgesetzlich zuständigen Behörde ausgestellten Zeugnisse die eingetretene Beschränkung des Eigenthumes jenen Berechtigten unschädlich ist."
TE-EG §29
Johow (Nr 2) | Prot 1 12620
2. D e m § 44 wird als letzter Absatz folgende Vorschrift h i n z u g e f ü g t : „Auf den Johow Entschädigungsanspruch findet die Vorschrift des § 37 Abs. 2 entsprechende Anwen- (Nr 2) dung." (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I § 6 a S. 7 ff.; Anm. zu Buch III K.E. unter II S. 221) § 30. In das Gesetz über die Kriegsleistungen vom 13. Juni 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 129) wird hinter § 33 folgende Vorschrift eingefügt: § 33. „Soweit nach den Vorschriften dieses Gesetzes f ü r die Benutzung, Beschädigung o d e r Entziehung einer Sache Entschädigung | zu gewähren ist, haftet der Anspruch auf die letztere denjenigen Berechtigten, f ü r welche die Sache in dem Zeitpunkte der Entstehung des Entschädigungsanspruches belastet ist, nach dem Maße der f ü r dieselben eintretenden Beeinträchtigung. Die Landesgesetze können bestimmen, daß diese H a f t u n g insoweit nicht eintritt, als nach einem von der landesgesetzlich zuständigen Behörde aufgestellten Zeugnisse eine Beeinträchtigung des Berechtigten nicht anzunehmen ist." (Antrag 2 z u m Einf.Ges. unter I § 6 b, S. 8; Anm. zu Buch III des K.E. unter II S. 221). Den Vorschlägen waren folgende Bemerkungen beigefügt: „Das Rayongesetz und das Kriegsleistungsgesetz bestimmen staatliche Entschädigungspflichten lediglich gegenüber den Eigenthümern, deren Sachen in Benutzung g e n o m m e n , beschädigt o d e r e n t z o g e n sind. Eine analoge Behandlung des staatlichen Eingriffes mit einem Delikte in Ansehung der Entschädigungspflicht, welche Pflicht nach dem System des Entw. dem Reiche gegenüber einem jeden einzelnen Realberechtigten gesondert obliegen w ü r d e , ist nach jenen Reichsgesetzen als ausgeschlossen anzusehen. M a n wird deshalb, da o f f e n b a r die Rechte der Realberechtigten nicht ohne eine jede Entschädigung beeinträchtigt werden sollten, von dem Prinzipe der Surrogation ausgehen und in diesem Sinne die im § 37 des Rayongesetzes den Landesgesetzen vorbehaltene Frage lösen müssen. Die mit dem Surrogationsprinzipe verbundene 439
TE-EG § 30 Johow (Nr 2) | Prot 1 12621
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 112622 S c h w i e r i g k e i t in Ansehung der Gebrauchsrechte, welche nach ihrem ursprünglichen Inhalte eine G e l d f o r d e r u n g nicht als Gegenstand erhalten können und sich deshalb in eine A r t von hypothekarischem Rechte umsetzen müssen, und die fernere Schwierigkeit, daß die reichsgesetzliche Entschädigung den Schaden aller Betheiligten nicht nothwendig deckt und deshalb event, eine K ü r z u n g (pro rata) einzutreten hat, werden nicht der Löschung durch spezielle Vorschriften bedürfen. W i r d die Entschädigung d u r c h Begründung einer dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstückes als solchem zu zahlenden Rente geleistet, so tritt die Besonderheit ein, daß auch die künftig entstehenden Realrechte auf die Rente sich erstrecken. Diese Besonderheit wird am besten d a d u r c h hervorgehoben, daß das Rentenrecht des Eigenthümers als Bestandtheil des Eigenthumes bezeichnet wird. Soweit die Entschädigung nach den bezeichneten Gesetzen in Kapital erfolgt, bedürfen nur diejenigen Berechtigten des Schutzes, f ü r welche das G r u n d s t ü c k z u r Zeit der Entstehung des Entschädigungsanspruches bereits belastet war. Mit dem im § 11 der Aenderungsanträge vorgeschlagenen Vorbehalte zu Gunsten der Landesgesetze harmonirt der hier hinzugefügte Vorschlag, daß eine Erstreckung der Rechte der RealI Prot 1 12623 berechtigten landesgesetzlich ausgeschlossen werden kann, w e n n ein | Unschädlichkeitsattest der zuständigen Behörde feststellt, d a ß die Realberechtigten von dem Abbruche an d e m Gegenstande ihres Rechts materiell nicht getroffen werden." V o n anderen Seiten waren zu den §§ 29, 30 der Zusst. folgende Anträge gestellt, v. Mandry (Nr 70)
I. 1 zu § 29 D e r § 37 (des Gesetzes v o m 21. D e z e m b e r 1871, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthumes in der U m g e b u n g von Festungen) erhält folgende Fasa)
Abs. 1. Besteht im Zeitpunkte des Eintrittes der Eigenthumsbeschränkung an dem Grundstücke eine H y p o t h e k o d e r eine Grundschuld oder eine Reallast o d e r ein Nießbrauch, so erstreckt sich dieses Recht auf die Entschädigungs-Rente und auf den Entschädigungsanspruch; die Vorschriften der §§ 303 bis 306 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. Abs. 2. Besteht im Zeitpunkte des Eintritts der Eigenthumsbeschränkung an dem Grundstücke ein Erbbaurecht o d e r eine Grunddienstbarkeit oder eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit und wird dieses Recht durch den Eintritt der Beschränk u n g beeinträchtigt, so ist der Eigenthümer verpflichtet, im Verhältnisse zu der ihm in Rente o d e r Kapitalzahlung z u k o m m e n d e n Entschädigung den Berechtigten zu entschädigen. Für diesen Anspruch haftet dem Berechtigten k r a f t Pfandrechtes die Entschädigungsrente und der Entschädigungsanspruch des Eigenthümers; die V o r I P r o t i 12624 Schriften der §§ 303 bis 306 des | Bürgerlichen Gesetzbuches finden entsprechende Anwendung. b) D e m § 44 wird als letzter Absatz folgende Vorschrift hinzugefügt: Auf den Entschädigungsanspruch finden die Vorschriften des § 37 entsprechende Anwendung. v. Mandry (Nr 70)
2. zu § 30 : § 33 a des Gesetzes vom 13. Juni 1873 über die Kriegsleistungen: „Soweit f ü r die Benutzung, Beschädigung o d e r Entziehung einer Sache, an welcher dingliche Rechte dritter Personen bestehen, Entschädigung zu gewähren ist, finden die Vorschriften des § 37 des Gesetzes vom 21. D e z e m b e r 1871, betreffend die Beschränkungen . . . , entsprechende Anwendung." (Anm. Die vorstehenden Anträge stehen im Wesentlichen auf demselben Standp u n k t e wie die Vorschläge der Zusammenstellung; sie halten es aber f ü r nicht 440
Protokolle der 1. Kommission angezeigt, hinauszugehen über die Regelung der Frage, wie es sich verhalte, wenn zur Zeit des Eingriffes Rechte dritter Personen vorhanden sind, erachten es dagegen für nöthig, die Art der Haftung bezüglich des Entschädigungsanspruches näher zu bestimmen, auch dafür zu sorgen, daß durch die Haftung der Entschädigungsverpflichtete nicht in Schaden kommen kann. In Ansehung der in der letzteren Beziehung durch Verweisung angezogenen §§ 303 bis 306 des Bürgerlichen Gesetzbuches, vergi. § 1070 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Das Vorkaufsrecht ist absichtlich nicht erwähnt.) I Eventuell d. h. für den Fall, daß mit dem Vorschlage der Zusammenstellung auf | Prot 112625 ein Unschädlichkeitszeugniß rekurrirt werden soll, wird beantragt, zu bestimmen (§ 37 Abs. 2 Satz 2 und § 33 a Satz 2): „Die Haftung tritt insoweit nicht ein, als nach einem von der landesgesetzlich zuständigen Behörde ausgestellten Zeugniß . . . unschädlich ist (. . . nicht anzunehmen ist)." 3. als Nachtrag zu den Anträgen unter I, 1 u. 2 : v. Mandry in erster Linie (Nr 71 ) neben den Zusätzen zu § 37 und § 44 des Ges. vom 21. Dezember 1871 und § 30 des Ges. vom 13. Juni 1873 zu beschließen: a) in § 51 der Gewerbe-Ordnung vom 1. Juni 1883 als Abs. 3 einzufügen: „Auf den Entschädigungsanspruch finden die Vorschriften des § 3 7 des Ges. vom 21. Dezember 1871, betr. die Beschränkungen . . . , entsprechende Anwendung." b) im Reichsgesetz vom 13. Februar 1875 über die Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden, als § 16a einzufügen: „Soweit für die Benutzung, Beschädigung oder Entziehung einer Sache, an welcher dingliche Rechte dritter Personen bestehen, Entschädigung zu gewähren ist, finden die Vorschriften des § 37 des Gesetzes vom 21. Dezember 1871, betreffend . . . entsprechende Anwendung." in zweiter Linie dem Gesetze vom 13. Juni 1873 keine Vorschrift, | — weder die in der gedr. Zusst. |Prot 1 12626 § 30, noch die im Antrage I unter 2 beantragte — hinzuzufügen (Antn. Vorbehalten wird, zu dem landesrechtlichen Vorbehalte — §§ 55 ff. der gedr. Zusst. — eine dem Antrage I unter 1 a inhaltlich entsprechende Vorschrift für alle Fälle der Zwangs-Enteignung zu beantragen. Sollte der Antrag angenommen werden, so könnte nachträglich bestimmt werden, daß in den im Antrage I unter 1, 2 sowie in den oben unter a und b herausgehobenen Reichsgesetzen auf diese Bestimmung des Einführungsgesetzes verwiesen werde. Ausdehnung der betr. Vorschrift auf die Reblauskrankheit, die Viehseuche, den Verkehr mit Nahrungsmitteln pp. betr. Reichsgesetze vergi. Begründung zum Einf.Ges., betr. das Recht der Schuldverhältnisse — S. 3 und 4 — wird absichtlich nicht beantragt.) 4. Eventuell wird v. Mandry a) in Antrag I, 1 lit. a Abs. 1 der zweite Halbsatz dahin geändert: „; der Berech- (Nr 81) tigte muß jedoch die Leistung, welche an den im Rayonkataster bezeichneten Besitzer (Eigenthümer) des Grundstücks bewirkt ist, gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß auch die Hypothek oder die Grundschuld oder die Reallast oder der Nießbrauch im Rayonkataster verzeichnet ist." b) in Antrag I, 1 lit. a Abs. 2 der zweite Halbsatz des zweiten Satzes dahin geändert; „; der Berechtigte muß jedoch die Leistung, | welche an den im Rayonkata- | Prot 1 12627 ster bezeichneten Besitzer (Eigenthümer) bewirkt ist, gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß auch das Erbbaurecht oder die Grunddienstbarkeit oder die beschränkte persönliche Dienstbarkeit im Rayonkataster verzeichnet ist." 441
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
c) zu § 9 Abs. 3 des Rayongesetzes vorgeschlagen: „. . . die Namen der Besitzer (Eigenthümer) der einzelnen Grundstücke und die an denselben bestehenden Realberechtigungen;" d) zu § 12 des Rayongesetzes vorgeschlagen: „.. . — sowie im Besitze oder den Rechtsverhältnissen, in Benutzung oder Bestimmung der Grundstücke nachgetragen werden." (Anm. Der eventuelle Antrag ist durch die Ausführungen in Entsch. des R.G. Bd. 17 Nr. 8 hervorgerufen. § 36 Abs. 4 des Rayongesetzes spricht allerdings nur von Zahlung der einzelnen Raten der Rente; es wird aber, wenn überhaupt dem Bedenken Rechnung getragen werden soll, eine Verallgemeinerung angezeigt sein. Nur eventuell wird der Antrag gestellt, weil die nothwendig werdenden Aenderungen der §§ 9 und 12 des Rayongesetzes bedenklich sind.) Planck (Nr 76, 3—4)
II. 1. zu § 29: D e r § 37 (des Gesetzes vom 21. Dezember 1871, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen) erhält folgende Fassung: „Das Recht auf die zur Entschädigung gewährte Rente ist als ein mit dem I Prot 1 12628 | Eigenthum an dem Grundstücke verbundenes Recht (§ 788 B.G.B.) anzusehen. Ist die Entschädigung in Kapital zu gewähren, so steht, wenn das Grundstück zur Zeit der Entstehung des Entschädigungsanspruchs (oder: des Eintritts der Beschränkung) mit einem Nießbrauch belastet war, dem Nießbraucher an dem Entschädigungsanspruche der Nießbrauch nach Maßgabe der Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung zu (vergi. § 1002 B.G.B.) und haftet, wenn das Grundstück zu der bezeichneten Zeit mit einer Hypothek, Grundschuld oder Reallast belastet war, der Entschädigungsanspruch dem Hypotheken-, Grundschuld- oder Realgläubiger nach Maßgabe der Vorschriften (des § 1070 Abs. 2 B.G.B.) über die Haftung der Forderung aus einer Gebäudeversicherung. Besteht in dem Zeitpunkte . . . (u.s.w. wie Antrag I, 1 a zu § 37 Abs. 2) . . . zu entschädigen. Wegen dieses Anspruchs steht dem Berechtigten, wenn die Entschädigung in Kapital zu gewähren ist, ein gesetzliches Pfandrecht an dem Entschädigungsanspruche zu." b) Hinter §44 wird folgende Bestimmung als § 4 4 a eingeschaltet: „War das Grundstück, in Ansehung dessen nach § 44 Entschädigung geleistet wird, zur Zeit der Entstehung des Entschädigungsanspruchs mit einem der im § 37 Abs. 2, 3 beI Prot 1 12629 zeichneten Rechte belastet, so | finden die Vorschriften der § 37 Abs. 2 und 3 entsprechende Anwendung." a)
2. zu §30: den § 33 a des Ges. vom 13. Juni 1873 dahin zu fassen: „Soweit nach den Bestimmungen dieses Gesetzes für die Benutzung oder Beschädigung eines Grundstücks Ersatz zu leisten ist, haftet der Entschädigungsanspruch, wenn zur Zeit der Entstehung desselben das Grundstück mit einer Hypothek, Grundschuld oder Reallast belastet war, dem Hypothek-, Grundschuld- oder Reallastgläubiger nach Maßgabe der Bestimmungen über die Haftung der Forderungen wegen Miethzinsen und Pachtzinsen aus der Vermiethung oder Verpachtung des belasteten Grundstückes (vergi. § 1067 Nr. 4 und § 1069 B.G.B.). Soweit nach den Bestimmungen dieses Gesetzes für die Entziehung einer beweglichen Sache Entschädigung zu leisten ist, steht, wenn zur Zeit der Entstehung des Entschädigungsanspruches ein Pfandrecht an der Sache bestand, dem Pfandgläubiger ein Pfandrecht an dem Entschädigungsanspruche zu." Planck 3. A. Für den Fall, daß allgemeine Bestimmungen über die Rechte derjenigen (Nr 84) 442
Protokolle der 1. Kommission gegeben werden sollen, welchen dingliche Rechte an einer Sache zustehen, für deren Entziehung oder Beschädigung kraft Reichsgesetzes dem Eigenthümer eine Entschädigung gewährt wird, werden folgende Bestimmungen vorgeschlagen: | „Ist auf | Prot 1 12630 Grund eines Reichsgesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen (der im öffentlichen Interesse erfolgenden) Entziehung, Beschädigung oder Benutzung derselben oder wegen Beschränkung seines Eigenthums eine Entschädigung zu gewähren, so gelten, sofern das Gesetz nicht ein Anderes ergiebt, in Ansehung derjenigen, welchen (dingliche) Rechte an der Sache zustehen, folgende Bestimmungen : a) Ist die (betreffende) Sache ein Grundstück und wird als Entschädigung eine Rente gewährt, so ist das Recht auf diese Rente als ein mit dem Eigenthume an dem Grundstücke verbundenes Recht (§ 788 B.G.B.) anzusehen. Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 (des Rayongesetzes vom 21. Dezember 1871) bleibt jedoch unberührt. b) Ist dem Eigenthümer eines Grundstückes wegen Entziehung desselben oder wegen einer sich nicht auf die Früchte desselben beziehenden Beschädigung oder wegen Beschränkung seines Eigenthumes eine Entschädigung in Kapital zu gewähren, so haftet der Entschädigungsanspruch, wenn zur Zeit der Entstehung desselben das Grundstück mit Hypotheken, Grundschulden oder Reallasten belastet ist, dem Hypotheken-, Grundschuld- oder Reallastgläubiger nach Maßgabe der Vorschriften des § 1070 B.G.B, über die Haftung der Forderung aus einer Gebäudeversicherung und steht, wenn zu der bezeichneten Zeit das Grundstück mit einem Nießbrauche belastet war, dem Nießbraucher der Nießbrauch an dem Entschädigungsanspruche nach Maßgabe der Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung zu (vergi. | § 1002 B.G.B.). | Prot 1 12631 c) Ist dem Eigenthümer eines Grundstückes wegen Benutzung desselben oder wegen einer sich auf die Früchte desselben beziehenden Beschädigung Entschädigung zu gewähren, so haftet der Entschädigungsanspruch, wenn zur Zeit der Entstehung desselben das Grundstück mit einer Hypothek, Grundschuld oder Reallast belastet war, den Hypotheken-, Grundschuld- oder Reallastgläubigern nach Maßgabe der für die Haftung der Forderungen wegen Miethzinsen und Pachtzinsen aus der Vermiethung oder Verpachtung des Grundstücks geltenden Grundsätze. d) Ist in den unter a bis c bezeichneten Fällen das Grundstück zur Zeit der Entstehung des Entschädigungsanspruches mit anderen als den dort bezeichneten Rechten belastet und werden diese Rechte durch den die Entschädigungspflicht begründenden Umstand beeinträchtigt, so ist der Eigenthümer verpflichtet, im Verhältniß zu der ihm in Rente oder Kapital zukommenden Entschädigung den Berechtigten zu entschädigen. Wegen dieses Anspruches steht dem Berechtigten, wenn die Entschädigung in Kapital zu gewähren ist, ein gesetzliches Pfandrecht an dem Entschädigungsanspruche des Eigenthümers zu. e) Ist dem Eigenthümer einer beweglichen Sache wegen Entziehung oder Beschädigung derselben eine Entschädigung zu gewähren, so steht, wenn die Sache mit einem Pfandrechte belastet war, dem Pfandgläubiger ein gesetzliches Pfandrecht an dem Entschädigungsanspruche, wenn die Sache mit einem Nießbrauche belastet war, dem I Nießbraucher der Nießbrauch an dem Entschädigungsanspruche nach Maß- | Prot 1 12632 gäbe der Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung zu (vergi. § 1002 B.G.B.)." (Anm. Bei den vorstehenden Anträgen ist davon ausgegangen, daß der Entschädigungsanspruch wegen Benutzung sowie wegen einer sich auf die Früchte der Sache beziehenden Entschädigung, wenn die Sache mit einem Nießbrauche oder antichretischen Pfandrechte belastet ist, nicht dem Eigenthümer, sondern dem Nießbraucher 443
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
bezw. Pfandgläubiger zusteht, und sind deshalb f ü r diesen Fall keine besonderen Bestimmungen vorgeschlagen.) Planck (Nr 84)
B. Eventuell werden folgende Aenderungen des Antrages unter II, 1,2 beantragt: a) Der vorgeschlagene erste Absatz des § 37 des Rayongesetzes erhält folgenden Zusatz: „Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 bleibt unberührt." b) Der § 44 a erhält folgenden Zusatz: „Soweit jedoch die Entschädigung wegen Beschädigung der Früchte zu leisten ist, haftet der Entschädigungsanspruch den Hypotheken-, Grundschuld- oder Reallastgläubigern nur nach Maßgabe der über die H a f t u n g von Forderungen wegen Mieth- oder Pachtzinsen aus der Vermiethung oder Verpachtung des Grundstückes geltenden Grundsätze." c) In dem § 33 a des Gesetzes vom 13. Juni 1873 ist im ersten Absatz hinter „des Grundstückes" einzuschalten „dem Eigenthümer desselben" und erhält der zweite Absatz folgende Fassung: I Prot 1 12633 | „Soweit nach den Bestimmungen dieses Gesetzes dem Eigenthümer einer beweglichen Sache wegen Entziehung oder Beschädigung derselben eine Entschädigung zu gewähren ist, steht, wenn die Sache . . . (u.s.w. wie unter A, e)." Johow (Nr 83)
HI. von Seiten des Urhebers der Vorschläge §§ 29, 30 der Zusst. : i. f ü r den Fall, daß die im § 29 der Zusst. unter Nr. 1 vorgeschlagene Fassung des zweiten Absatzes des § 37 (des Rayongesetzes) nicht gebilligt werden sollte, werden an Stelle desselben folgende Vorschriften vorgeschlagen : „Ist die Entschädigung in Kapital zu gewähren, so erstrecken sich diejenigen Rechte, mit welchen das Grundstück zur Zeit der Entstehung der Entschädigungsforderung belastet ist, auch auf die Entschädigungsforderung. Kann aber ein solches Recht an einer Forderung nicht bestehen, so hat der Eigenthümer aus der ihm zu gewährenden Entschädigung dem Berechtigten f ü r die demselben erwachsende Beeinträchtigung verhältnißmäßig Ersatz zu leisten; dem Berechtigten steht wegen dieses Ersatzanspruches ein gesetzliches Pfandrecht an der Entschädigungsforderung des Eigenthümers zu. Die nach den Vorschriften des zweiten Absatzes eintretende Belastung der Entschädigungsforderung des Eigenthümers erlischt, wenn diese Forderung von dem Eigenthümer vor der Beschlagnahme eingezogen wird, die Vorschriften des § 1069 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches finden entsprechende Anwendung. I Prot 1 12634 | Die Landesgesetze können bestimmen, daß die im zweiten Absätze bezeichnete Belastung der Entschädigungsforderung insoweit nicht eintritt, als nach einem von der landesgesetzlich zuständigen Behörde ausgestellten Zeugnisse die eingetretene Beschränkung des Eigenthumes einem Berechtigten unschädlich ist." 2. Im Falle der Annahme des unter 1 eventuell Vorgeschlagenen würde der § 44 (des Rayongesetzes) dahin zu fassen sein: „Auf den Entschädigungsanspruch finden die Vorschriften des § 37 Abs. 2 bis 4 entsprechende Anwendung." 3. Zu § 30 der gedruckten Zusammenstellung: „Im Falle der Annahme des unter III. 1. eventuell Vorgeschlagenen würde der § 33 a (des Kriegsleistungsgesetzes) eine analoge Fassung zu erhalten haben." 4. Sollte zu §§ 29, 30 der gedruckten Zusammenstellung beschlossen werden, eine über die dort bezeichneten Reichsgesetze hinausgehende allgemeine Vorschrift aufzunehmen, so wird für dieselbe folgende Fassung vorgeschlagen: „Ist nach einem Reichsgesetze f ü r die im öffentlichen Interesse erfolgte Benutzung, Beschädigung oder Entziehung einer Sache dem Eigenthümer derselben Entschädigung zu gewähren, so erstrecken sich diejenigen Rechte, mit welchen die Sache belastet ist, auch auf die Entschädigungsforderung des Eigenthümers. Kann aber ein solches Recht an einer Forderung nicht bestehen, so hat der Eigenthümer aus der ihm zu gewährenden 444
Protokolle der 1. Kommission
Entschädigung dem Berechtigten für die demselben erwachsende Beeinträchtigung verhältnißmäßig Ersatz zu leisten; dem Berechtigten steht wegen dieses Er- |Proti 12635 satzanspruches ein gesetzliches Pfandrecht an der Entschädigungsforderung des Eigenthümers zu. Die nach den Vorschriften des ersten Absatzes eintretende Belastung der Entschädigungsforderung des Eigenthümers erlischt, wenn diese Forderung von dem Eigenthümer vor der Beschlagnahme eingezogen wird; die Vorschriften des § 1069 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches finden entsprechende Anwendung. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthumes in der Umgebung von Festungen, vom 21. Dezember 1871, Reichs-Gesetzbl. S. 459, nach welchen die Entschädigung dem jeweiligen im Rayonkataster bezeichneten Besitzer des Grundstückes zu zahlen ist, bleiben unberührt. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die im ersten Absätze bezeichnete Belastung der Entschädigungsforderung insoweit nicht eintritt, als nach einem von der landesgesetzlich zuständigen Behörde ausgestellten Zeugnisse die erfolgte Benutzung, Beschädigung oder Entziehung der Sache einem Berechtigten unschädlich ist." Im Laufe der Berathung erklärte der Urheber der Anträge unter II, daß er die eventuellen Anträge unter II, 3 A als prinzipale Anträge stelle. Die Berathung führte zu folgenden Beschlüssen : 1. In den zweiten Abschnitt des Einführungsgesetzes sollen folgende Vorschriften eingestellt werden : I Ist auf Grund eines Reichsgesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen der im | Prot 1 12636 öffentlichen Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder Beschränkung des Eigenthumes eine Entschädigung zu gewähren und steht zur Zeit der Entstehung des Entschädigungsanspruches einem Dritten ein Recht an der Sache zu, für welches nicht eine besondere Entschädigung gewährt wird, so wird diesem Rechte auch der Entschädigungsanspruch unterworfen. Besteht das Recht in einer Hypothek, Grundschuld oder Reallast und ist die Entschädigung wegen Benutzung des Grundstückes oder wegen Entziehung oder Beschädigung der Früchte zu gewähren, so finden die Vorschriften des § 1069 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung. Besteht das Recht in einem Nießbrauche, so finden die Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung Anwendung. Wird durch die dem Entschädigungsanspruche begründete Maßregel ein Recht an der Sache beeinträchtigt, welches an einer Forderung nicht bestehen kann, so hat der Eigenthümer aus der ihm zu gewährenden Entschädigung dem Berechtigten wegen der Beeinträchtigung verhältnißmäßigen Ersatz zu leisten. Dem Berechtigten steht wegen dieses Ersatzanspruches ein gesetzliches Pfandrecht an dem Entschädigungsanspruche des Eigenthümers mit dem Range des beeinträchtigten Rechtes zu. Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 des Gesetzes, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthumes in der Umgebung von Festungen, vom 121. | Prot 1 12637 Dezember 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 459) bleibt unberührt. Die Vorschrift des § 37 desselben Gesetzes wird aufgehoben. 2. Der in dem Antrage unter III, 1 Abs. 3 vorgeschlagene landesgesetzliche Vorbehalt wegen Ausstellung eines Unschädlichkeitszeugnisses soll bei Gelegenheit der Berathung des § 109 der gedruckten Zusammenstellung erledigt werden. 3. Die Entscheidung der Frage, ob die unter 1 Abs. 1, 2 beschlossenen Vorschriften in Ermangelung landesgesetzlicher Vorschriften auch dann Anwendung finden sollen, wenn auf Grund eines Landesgesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benut445
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch zung der Sache oder wegen Beschränkung des Eigenthumes eine Entschädigung zu gewähren ist, soll im Zusammenhange mit der Berathung über den landesgesetzlichen Vorbehalt wegen der Zwangsenteignung (§§ 55 ff. der Zusst.) erfolgen. Erwogen war: 1. Während die Frage, inwieweit der Eigenthümer einer Sache im öffentlichen Interesse einen Eingriff in sein Eigenthum sich gefallen lassen müsse, dem öffentlichen Rechte angehöre, sei dagegen die Frage, welche Rechte anderen Realberechtigten an der dem Eigenthümer wegen des Eingriffs zu gewährenden Entschädigung zustehen, eine nach Maßgabe der Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu lösende privatrechtliche Frage. Daß diese Auffassung auch den hier einschlagenden Reichsgesetzen zu Grunde liege, ergebe sich klar aus dem § 37 des Rayongesetzes vom 21. Dezember 1871, welches, soviel das Verhältniß des entschädigungsberechtigten Eigenthümers zu anderen Realberechtigten betreffe, ausdrücklich auf die Vorschriften I Proti 12638 der Landesgesetze verweise. Die übrigen | hier in Betracht kommenden Reichsgesetze enthielten zwar einen solchen ausdrücklichen Hinweis nicht; indessen könne es nicht zweifelhaft sein, daß dieselben in der hier fraglichen Beziehung auf derselben Auffassung beruhten. An die Stelle der Landesgesetze trete demnächst das Bürgerliche Gesetzbuch. Das letztere enthalte aber f ü r die hier in Rede stehenden Fälle, in welchen dem Eigenthümer einer Sache wegen eines im öffentlichen Interesse erfolgenden Eingriffs in das Eigenthum eine Entschädigung zu gewähren sei, keine allgemeine Vorschrift, welche die Rechte anderer Realgläubiger an der dem Eigenthümer zu gewährenden Entschädigung bestimme. Für eine Reihe spezieller Fälle sei allerdings das Surrogationsprinzip anerkannt (vergi. §§ 238, 368 Abs. 3, 1002, 1029, 1067 Nr. 5, 1070, 1183 bis 1185, 1219, 1226, 1290, 1349, 1373 Abs. 2, 1414, 1510 Satz 2, 1519, 2081 Nr. 2); allein ob auf Grund dieser speziellen Vorschriften in Verbindung mit dem § 1 des Gesetzbuchs oder an der H a n d allgemeiner Rechtsgrundsätze die Jurisprudenz zu einer angemessenen Regelung der hier in Rede stehenden, ganz anders liegenden Fälle gelangen könne und werde, unterliege den erheblichsten Zweifeln, um so mehr, als die Kommission f ü r den Fall eines an dem Gegenstande eines Nießbrauchs begangenen Delikts das Prinzip der Surrogation ausdrücklich abgelehnt und für den Fall der Zwangsenteignung und der Ablösung des dem Nießbrauche unterliegenden Gegenstandes die Aufnahme eines Vorbehalts für die Landesgesetzgebungen in das Einführungsgesetz in Aussicht genommen habe (vergi. Prot. S. 4594 bis 4596, 4599 bis 4602, 4681, 12069, 12070). Insbesondere sei in Ermangelung besonderer Vorschriften eine angemessene Regelung des Falles, wenn das Realrecht ein solches sei, I Proti 12639 welches an einer Forderung nicht bestehen könne, ζ. Β. | eine Grunddienstbarkeit, durch die Jurisprudenz kaum zu erwarten. Unter diesen Umständen sei eine besondere Regelung der hier in Rede stehenden Fälle mindestens in hohem Maße räthlich. Entschließe man sich aber zu einer solchen Regelung, so sei es angemessener, sich nicht auf den Fall des Rayongesetzes zu beschränken, sondern eine allgemeine, alle hier einschlagenden Reichsgesetze umfassende Vorschrift zu geben, da die Sachlage auch in anderen Fällen, in welchen dem Eigenthümer einer Sache wegen eines im öffentlichen Interesse erfolgenden Eingriffs kraft reichsrechtlicher Bestimmung eine Entschädigung zu gewähren sei, ähnlich liege und auch künftige derartige Reichsgesetze zu berücksichtigen seien. Anlangend die Fälle, in welchen der Eingriff auf Grund eines Landesgesetzes erfolge, so werde bei der Regelung der Vorbehalte für die Landesgesetzgebungen Vorsorge zu treffen sein, die betreffenden Vorbehalte so zu fassen, daß die Landesgesetzgebungen in der Lage seien, f ü r die betreffende vorbehaltene Materie das 446
Protokolle der 1. Kommission Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und den anderen Realberechtigten zu regeln. Eine damit zusammenhängende, demnächst zu lösende Frage sei, ob es sich empfehle, auch f ü r jene Fälle eine allgemeine, in Ermangelung landesgesetzlicher V o r schriften anwendbare reichsgesetzliche Vorschrift zu geben. 2. Bei der Art der Regelung müsse zwischen solchen Realrechten, welche an einer F o r d e r u n g bestehen könnten, u n d solchen, deren Gegenstand eine F o r d e r u n g nicht sein könne, unterschieden werden. In Ansehung der ersten Kategorie von Rechten f ü h r e die A n e r k e n n u n g des Surrogationsprinzipes zu einem angemessenen Resultate. Für den Fall, d a ß das Recht in einer H y p o t h e k , Grundschuld o d e r Reallast bestehe und die Entschädigung wegen Benutzung des Grundstücks oder wegen Entziehung oder Beschädigung der Früchte zu | gewähren sei, empfehle es sich jedoch, wegen der | Prot 1 12640 Analogie zwischen jener Entschädigung und den Mieth- oder Pachtzinsen die V o r schriften des § 1069 Abs. 1 des B.G.B, f ü r entsprechend anwendbar zu erklären. Dagegen treffe diese Analogie bei Entschädigungen wegen Eingriffs in die Substanz oder wegen Beschränkung des Eigenthumes nicht zu. Den § 1069 Abs. 1 auch f ü r diese Fälle f ü r entsprechend anwendbar zu erklären, w ü r d e das Interesse der Realberechtigten in hohem Maße zu gefährden drohen. Andererseits fehle es aber im Hinblick auf den Schutz, welchen der § 838 des B.G.B, dem Entschädigungspflichtigen gegenüber einem nicht eingetragenen Realberechtigten gewähre, an einem Bedürfnisse, im Anschlüsse an die Vorschrift des § 1070 Abs. 2 Satz 2 den weitergehenden Schutz der §§ 303 bis 306 des B.G.B, zu gewähren. Anlangend sodann den Fall, wenn das Realrecht in einem Nießbrauch bestehe, so w ü r d e in Ermangelung einer besonderen Vorschrift nach § 1028 des B.G.B, der Nießbraucher berechtigt sein, die F o r d e r u n g allein einzuziehen. Im Interesse der Sicherung des Eigenthümers sei es jedoch angemessener, nach Analogie des § 1002 die Vorschriften über den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden Forderung (§§ 1033 ff.) zur A n w e n d u n g zu bringen. Aus den Vorschriften über den Nießbrauch an einer Forderung (§ 1023) ergebe sich zugleich von selbst die entsprechende Anw e n d u n g der §§ 303 bis 306 des B.G.B., so daß es auch hier besonderer Vorschriften z u m Schutze des Entschädigungsverpflichteten nicht bedürfe. Eine Konsequenz des Surrogationsprinzips sei es, daß die N a t u r des beeinträchtigten Realrechts an dem Entschädigungsanspruche nicht geändert werde. Insbesond e r e behalte eine H y p o t h e k diesen C h a r a k t e r auch in Ansehung des haftenden [Prot 112641 Entschädigungsanspruchs, was namentlich wegen des Ranges und der Art der Geltendmachung des Rechtes von Bedeutung sei. W e r d e durch die den Entschädigungsanspruch begründende Maßregel ein Recht an der Sache beeinträchtigt, welches an einer F o r d e r u n g nicht bestehen könne, so lasse sich in einem solchen Falle der G e d a n k e des Surrogationsprinzips nur in der Art verwirklichen, d a ß dem Berechtigten ein Anspruch auf Leistung verhältnißmäßigen Ersatzes aus der Entschädigung gegenüber dem Eigenthümer gewährt und zugleich wegen dieses Ersatzanspruchs ein gesetzliches P f a n d r e c h t an dem Entschädigungsanspruche des Eigenthümers nach dem R a n g e des beeinträchtigten Rechtes beigelegt werde. Im Hinblick auf § 1208 des B.G.B, seien besondere Vorschriften z u m Schutze des Entschädigungspflichtigen auch f ü r diesen Fall nicht erforderlich. Eine besondere Regelung des Falles, wenn die Entschädigung in einer Rente gewährt werde, sei durch ein Bedürfniß nicht geboten. N u r die Vorschriften des § 36 des Rayongesetzes könnten zu einer solchen Regelung Anlaß geben und z w a r w ü r d e es sich dabei um eine Deklaration des Abs. 4 des § 36 handeln. Z u einer solchen biete aber die E i n f ü h r u n g des Bürgerlichen Gesetzbuchs um so weniger Anlaß, als das Reichsgericht (Entsch. dess. in Civils. Bd. X V I I N r . 8) bereits zu der Frage, wie der 447
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch zitirte Abs. 4 zu verstehen sei, Stellung g e n o m m e n habe. Es genüge, diesen Abs. 4 als Spezialvorschrift ausdrücklich aufrecht zu erhalten. D u r c h die u n t e r 1 bis 3 gefaßten Beschlüsse galten die §§ 29, 30 der Zusst. nebst I Prot 112642 den dazu gestellten An-| trägen als erledigt. 2. Die B e r a t h u n g w a n d t e sich sodann dem ξ 31 der Zusst. zu. Derselbe lautet: TE-EG S 31 „ U n b e r ü h r t bleibt die V o r s c h r i f t des § 62 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 61), nach welcher einem Reichsbeamten behufs zwangsweiser Versetzung in den Ruhestand nöthigenf alls ein besonderer K u r a t o r bestellt werden kann. U n b e r ü h r t bleiben die Vorschriften der die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten betreffenden Gesetze, nach welchen z u r D e c k u n g bestimmter Ansprüche des Reichsfiskus an die Beamten denselben an ihrem Diensteinkommen über die durch § 288 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gezogene Schranke hinaus Abzüge gemacht werden können." (F.R. S 1, Motive S. 9; Obi. R. § 3) 35 D e m Abs. 1 des Vorschlages ist folgende A n m e r k u n g beigefügt: „Für den Fall der A n n a h m e des im § 10 der Zusammenstellung enthaltenen Prinzips ist die Streichung dieses Vorschlags beantragt (vergi, gedr. Abänderungsantr. unter N r . 1 S. 1)." v. Mandry Zu dem § 31 w a r außerdem folgender Antrag gestellt: „§ 6 Abs. 2 des Gesetzes (Nr 71,1) betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, v o m 31. M ä r z 1873 wird aufgehoben." eventuell wird durch die Bestimmung ersetzt: I P r o t ! 12643 I „Die V o r s c h r i f t des § 311 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet A n w e n d u n g . " (Anm. § 311 des Bürgerlichen Gesetzbuches soll dasselbe generell aussprechen, was § 6 Abs. 2 f ü r die Reichsbeamten bestimmen will — Prot. S. 11748 u n d 11749 —. Bei der Verschiedenheit des Wortlautes und da der Sinn des § 6 nicht zweifellos ist, k ö n n t e aber eine Abweichung angenommen und das Verhältniß unrichtig aufgefaßt werden.) D e r vorstehende eventuelle Antrag fand im Hinblick auf die demselben beigefügten Bemerkungen die Billigung der Kommission. D e r Vorschlag des § 31 Abs. 1 der Zusst. w u r d e mit Rücksicht auf den zu § 10 der Zusst. gefaßten Beschluß (Prot. S. 12329 ff.) z u r ü c k g e z o g e n , der Abs. 2 des § 3 1 abgelehnt. M a n w a r in letzterer Beziehung der Ansicht, daß, auch w e n n die im Abs. 2 bezeichneten Vorschriften nicht bloß von einer Verneinung der Zahlungspflicht, sondern von einem Kompensationsrechte handeln sollten, ein besonderer Vorbehalt doch Angesichts des beschlossenen allgemeinen Grundsatzes über das Verhältniß des B.G.B, zu den Reichsgesetzen entbehrlich sei. TE-EG 5 32
3. D e r § 32 der Zusst. lautet: Die §§ 12, 14 des Impfgesetzes vom 8. April 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 31) werden durch folgende Vorschriften ersetzt: § 12. „Eltern, V o r m ü n d e r oder Pfleger, welchen die Sorge f ü r die Person in I Prot 1 12644 thatsächlicher | Beziehung obliegt, sowie Pflegeeltern sind gehalten, auf amtliches E r f o r d e r n mittels der vorgeschriebenen Bescheinigungen (§ 10) den Nachweis zu f ü h r e n , daß die I m p f u n g ihrer Kinder und Pflegebefohlenen erfolgt oder aus einem gesetzlichen G r u n d e unterblieben ist." (F.R.B. I, 4 S. 6, Motive S. 85) 35
Abs. 1 stammt von Planck, Abs. 2 von Kurlbaum.
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Protokolle der 1. Kommission
§ 14. „Eltern, Vormünder, Pfleger und Pflegeeltern, welche den nach § 12 ihnen obliegenden Nachweis zu führen unterlassen, werden mit einer Geldstrafe bis zu zwanzig Mark bestraft. Die im § 12 bezeichneten Eltern, Vormünder und Pfleger, sowie Pflegeeltern, deren Kinder und Pflegebefohlene ohne gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung oder der ihr folgenden Gestellung (§ 5) entzogen geblieben sind, werden mit Geldstrafe bis zu fünfzig Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bestraft." (F.R.B. I, 4 S. 6 Motive S. 85) Die zu § 32 gemachten Vorschläge wurden in Konsequenz der für ähnlich liegende Fälle bereits gefaßten Beschlüsse zurückgezogen. 4. Der § 33 der Zusst. lautet: „1. An die Stelle des § 39 Abs. 2 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 45) tritt die nachfolgende Vorschrift: Die Vorschriften der Civilprozeßordnung, welche den allgemeinen Gerichtsstand der I Militärpersonen regeln, finden auch dann Anwendung, wenn bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, deren Entscheidung nicht nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung zu erfolgen hat, oder Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit dem allgemeinen Gerichtsstande zugewiesen sind.
TE-EG §33 Gebhard | Prot 1 12645
2. Die Vorschriften des § 41 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 bleiben Planck unberührt. 3. Die Vorschriften des § 44 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 bleiben in Kraft. Das Gleiche gilt von der Vorschrift des § 39 Abs. 3 des bezeichneten Gesetzes mit der Maßgabe, daß die Landesgesetzgebung unbehindert ist, neue Vorschriften im Sinne des § 39 Abs. 3 zu erlassen.36 4. Die Vorschriften des § 44 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 finden entsprechende Anwendung auf alle zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes oder Fahrzeuges der Kaiserlichen Marine gehörenden, sowie auf alle anderen an Bord eines solchen befindlichen Personen während der Zeit, in welcher dieselben sich an Bord dieses Schiffes oder Fahrzeuges außerhalb eines inländischen Hafens befinden. Die Frist, mit deren Ablauf die letztwillige Verfügung außer Wirksamkeit tritt, beginnt von dem Tage, an welchem das Schiff oder Fahrzeug in einen inländischen Hafen zurückgekehrt ist oder der Verfügende aufgehört hat, zu demselben zu gehören oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Gewalt des Feindes entlassen ist."37 I (Allg. Theil Β, I, 2 S. 6 Motive S. 145, 152 ff.; F. R. § 2 S. 1, Motive S. 10; gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 2 S. 1; Antrag 3 zum Einf.Ges. unter A, 12, 13 S. 4; 36
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Begründung von v. Schmitt in Nr. 6 : Die vorgeschlagene Aufrechthaltung des § 44 R.M.Ges. hat wenigstens indirekt die Billigung der Kommission bereits gefunden, Prot. S. 9852, 9854; Note zu § 1881 K.E. Ob dieselbe auszusprechen, hängt von dem gegenüber den Reichsgesetzen zu befolgenden Systeme ab; das EG z. Erbrecht glaubte eine Vorschrift entbehren zu können, weil § 3 ausdrücklich von der Voraussetzung ausgeht, daß § 44 des R.M.Ges. aufrecht bleibt. Zu § 19 Abs. 3 d. R.M.Ges. vergi. Prot. S. 9854 und Note zu § 1881 KE. Hierdurch erledigt sich § 5 des Einführungsgesetzes z. Erbrecht. Diese Fassung entsprach wörtlich einer von dem Referenten der Kaiserlichen Admiralität, Wirklichen Admiralitätsrath Pereis, mit Schreiben vom 11. 3. 1987 mitgetheilten und als wünschenswerth bezeichneten Formulierung. (Vgl. Antrag Nr. 5 von v. Schmitt). — Zur Begründung des Antrags war auf Prot. I, S. 9852, 9854 und auf die Note zu § 1881 KE verwiesen.
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Schmitt (Nr 3)
Schmitt (Nr 3)
| Prot 112646
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Antrag 5 zum Einf.Ges. S. 5 unter d, Erbr. §§ 3, 5, Motive S. 1133 ff.; Anm. zu § 1929 K.E.)
Der Nr. 2 ist folgende Anmerkung beigefügt: „Für den Fall der Annahme des im § 10 der Zusst. enthaltenen Prinzips ist die Streichung der Nr. 2 beantragt (vergi, gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 2 S. 1)." Zu der Nr. 3 ist bemerkt: „Für den Fall der Annahme des im § 10 der Zusammenstellung enthaltenen Prinzips ist beantragt, Satz 1 der Nr. 3 zu streichen und Satz 2 dahin zu fassen: Die Landesgesetzgebung kann auch nach Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs neue Vorschriften im Sinne des § 39 Abs. 3 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 erlassen." (Antrag 5 zum Einf.Ges. S. 5 unter c) Es lagen außerdem folgende Anträge vor: v. Mandry 1. a) „§ 41 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 findet auf Angehörige der (Nr 74, 2) Kaiserlichen Marine entsprechende Anwendung." b)„§ 45 Abs. 2 Satz 2 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 wird aufgehoben." eventuell wird durch die Bestimmung ersetzt: „Die Vorschrift des § 311 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet Anwendung." IProti 12647 (Anm. Zu lit. b vergi, die Bemerkung zu dem | Antrage zu § 31 der Zusst., Prot. S. 12642 Zu lit. a. Prot. S. 8181 verweist allerdings bezüglich Ausfüllung der Lücke auf die Reichs-(Spezial-)Gesetzgebung. Indessen ist die Sachlage doch wohl dadurch geändert, daß nachträglich zu § 44 R.M. Ges. die Ausfüllung einer ähnlichen Lücke durch das Einführungsgesetz beschlossen worden ist — Anm. zum B.G.B. § 1929. „Entsprechende" Anwendung, weil auch die Abgrenzung des Kreises der Marineangehörigen, auf welche § 41 Anwendung finden soll, aus § 41 erfolgen soll. — Beabsichtigt ist hier nicht Einschaltung in das R.M. Ges., vergi, auch den gedr. Antrag zu § 44 des R.M. Ges.) Planck 2. zu Nr. 4 (Nr 82) a ) d e n ersten Satz am Ende dahin zu fassen: „. . . Hafens oder als Kriegsgefangene oder Geißeln in der Gewalt des Feindes sich befinden." b) den Eingang des zweiten Satzes dahin zu fassen: „Die Frist mit deren Ablauf die letztwillige Verfügung ihre Gültigkeit verliert, beginnt . . . (u.s.w. wie in der Zusammenstellung). (Vergi. § 44 Nr. 1 Abs. 2 und Nr. 5 Abs. 1 des Reichsmilitärgesetzes.) Das Ergebniß der Berathung war: 1. Der Vorschlag unter Nr. 1 wurde von dem Urheber desselben in der Erwägung zurückgezogen, daß kein Bedürfniß vorliege, das Verhältniß der § 39 Abs. 2 des I Prot 1 12648 Reichsmilitärgesetzes zu den Vorschriften der C.P.O.|(§ 15, §21 Abs. 2 das.) zu deklarieren. 2. Der Vorschlag unter Nr. 2 wurde mit Rücksicht auf den zu § 10 der Zusst. beschlossenen allgemeinen Vorbehalt (Prot. S. 12329 ff.) ebenfalls zurückgezogen. 3. Der eventuelle Antrag unter 1 b wurde in Konsequenz des zu § 6 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten gefaßten Beschlusses, S. 12643, angenommen. 4. Der Antrag unter 1 a fand nicht die Zustimmung der Kommission. Man war der Ansicht, daß eine Ausdehnung des § 41 des Reichsmilitärgesetzes auf die Angehörigen der Kaiserlichen Marine durch das B.G.B, nicht veranlaßt sei. 5. Anlangend den Vorschlag unter Nr. 3, so verständigte man sich dahin, die beantragten Vorschriften nicht aufzunehmen. Daß die Vorschriften des § 44 des Militärgesetzes in Kraft blieben, könne im Hinblick auf den zu § 10 der Zusst. 450
Protokolle der 1. Kommission beschlossenen allgemeinen Vorbehalt, S. 12329, nicht zweifelhaft sein. Anlangend aber die Deklaration des § 39 Abs. 3 des Reichsmilitärgesetzes (vergi, die Anm. zu § 1929 des B.G.B.), so sei dieselbe im Hinblick auf den inzwischen zu § 4 der Zusst. gefaßten Beschluß (Prot. S. 12320) als entbehrlich zu erachten. Wenngleich jener Beschluß direkt auf die Reichsgesetze sich nicht beziehe, so werde durch denselben doch ein reichsgesetzlicher Sprachgebrauch sanktionirt. Es könne deshalb darauf vertraut werden, daß der $ 39 Abs. 3 eine dem Vorschlage entsprechende Auslegung erfahren werde. 6. Der Vorschlag unter Nr. 4, welcher durch einen früheren Beschluß der Kommission veranlaßt ist, (vergi. Anm. 1 zu § 1929 des B.G.B.; Prot. S. 9854), gelangte in folgender Fassung zur Annahme : I Die Vorschriften des § 44 des Reichs-Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 (Reichs- | Prot 1 12649 Gesetzbl. S. 45) finden entsprechende Anwendung auf die Personen, welche zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes oder Fahrzeuges der Kaiserlichen Marine gehören, solange das Schiff oder Fahrzeug außerhalb eines inländischen Hafens sich befindet oder die Personen als Kriegsgefangene oder Geißeln in der Gewalt des Feindes sind, ingleichen auf andere an Bord eines solchen Schiffes oder Fahrzeuges genommenen Personen, solange dasselbe außerhalb eines inländischen Hafens sich befindet und die Personen an Bord sind. Die Frist, mit deren Ablauf die letztwillige Verfügung ihre Gültigkeit verliert, beginnt von dem Tage, an welchem das Schiff oder Fahrzeug in einen inländischen Hafen zurückgekehrt ist oder der Verfügende aufgehört hat, zu demselben zu gehören oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Gewalt des Feindes entlassen ist. Man ging davon aus, daß den zur Besatzung gehörenden Personen, solange das Schiff oder Fahrzeug außerhalb eines inländischen Hafens sich befinde, die Privilegien des § 44 des Reichsmilitärgesetzes auch dann zur Seite stehen müßten, wenn dieselben nicht an Bord, insbesondere wenn dieselben zum Zwecke eines Kampfes am Lande ausgeschifft seien. 752. Sitzung vom 5. 3. 1888, Schriftführer : Struckmann I Die Berathung des Einführungsgesetzes an der Hand der gedruckten Zusam- | Prot 112651 menstellung wurde fortgesetzt. 1. Der § 34 der Zusst. lautet: „Das Reichsgesetz über die Beurkundung des Perso- TE-EG nenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23) wird S 34 aufgehoben." (F.R. § 3 S. 1, Motive S. 11 ff.; gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 3 S. 1 ff.) Dem § 34 ist folgende Anmerkung beigefügt: „Der Vorschlag beruht auf der Voraussetzung, daß zugleich mit dem Bürgerlichen Gesetzbuche ein neues Personenstandsgesetz in Kraft treten und im Zusammenhange mit der Berathung dieses Gesetzes auch das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (BundesGesetzbl. S. 599) neu redigirt werden wird. | Entgegengesetztenfalls ist beantragt, im | Prot 1 12652 Einführungsgesetze die §§ 28—43, 52, 53 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 aufzuheben und das Gesetz vom 4. Mai 1870 dahin zu ändern und zu ergänzen: 1. An die Stelle des § 7 des Gesetzes vom 4. Mai 1870 tritt folgende Vorschrift: § 7. „Zur Eheschließung ist erforderlich, daß die Verlobten vor dem Beamten bei gleichzeitiger Anwesenheit persönlich und in Gegenwart von zwei Zeugen den Willen der Eheschließung erklären, und daß hierauf die Ehe von dem Beamten für geschlossen erklärt wird. Die Erklärungen können nicht unter Beifügung einer Bedingung oder Zeitbestimmung erfolgen." 451
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
2. Hinter § 7 des Gesetzes vom 4. Mai 1870 wird folgende Vorschrift eingeschaltet: § 7 a. „Der Beamte soll bei der Eheschließung an die Verlobten einzeln und nach einander die Frage richten : ob sie erklären, daß sie die Ehe mit einander eingehen wollen, und, nachdem diese Frage von den Verlobten bejaht ist, aussprechen, daß er kraft des Gesetzes sie nunmehr für rechtmäßig verbundene Eheleute erkläre. Als Zeugen sollen bei der Eheschließung Personen, welchen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, während der für den Verlust dieser Rechte im Urtheile bestimmten Zeit, sowie Minderjährige nicht zugezogen werden. Personen, welche I Prot 1 12653 mit einem der | Verlobten, dem Beamten oder mit einander verwandt oder verschwägert sind, dürfen als Zeugen zugezogen werden." 3. Der § 8 des Gesetzes vom 4. Mai 1870 wird dahin geändert: § 8. „Wenn ein Beamter außerhalb seines Amtsbezirkes oder bei der Schließung seiner eigenen Ehe als Beamter handelt, so gilt er nicht als ein nach § 1 zur Vornahme einer Eheschließung ermächtigter Beamter." 4. Hinter § 8 wird folgende Vorschrift eingeschaltet: § 8 a. „Eine Ehe, welche von einem nach Maßgabe des § 1 zur Vornahme von Eheschließungen ermächtigten Beamten geschlossen worden ist, ist wegen Mängel in der Form nur dann nichtig, wenn die Eheschließung nicht unter Beobachtung der Vorschriften der §§ 7, 8 erfolgt ist." Eventuell sind zum Einführungsgesetze noch Anträge auf Ergänzung und Aenderung in Ansehung einzelner anderer Vorschriften des Gesetzes vom 6. Februar 1875 und 4. Mai 1870 vorbehalten (vergi, gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 29 S. 15 ff.; F.R.B. IV S. 13 ff., Motive S. 115 ff.; Anm. zu Buch IVTitel 1, III, K.E.S. 357). Es lagen zu dem § 34 außerdem folgende Anträge vor: Planck I. Für den Fall, daß der zu § 34 gestellte prinzipale Antrag nicht angenommen (Nr 66,1— 4) wird, werden außer den in der Anmerkung zu §34 enthaltenen Anträgen noch folgende Anträge auf Aenderung des Gesetzes vom 6. Februar 1875, betreffend Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, gestellt: I Prot 1 12654 1. Der § 44 Abs. 2 erhält folgende Fassung: | „Für die Anordnung desselben ist jeder Standesbeamte zuständig, vor welchem nach dem § 1246 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Ehe geschlossen werden kann." 2. Der zweite Absatz des § 50 erhält folgende Fassung: „Wird eine lebensgefährliche Krankheit, welche einen Aufschub der Eheschließung nicht gestattet, ärztlich bescheinigt, so kann der Standesbeamte (§ 1246 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) auch ohne Aufgebot die Eheschließung vornehmen." 3. Der § 55 erhält folgende Fassung: „Ist eine Ehe für ungültig erklärt oder ist in einem Rechtsstreite, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, das Nichtbestehen der Ehe festgestellt oder ist eine Ehe vor dem Tode eines der Ehegatten aufgelöst, so ist dies am Rande der über die Eheschließung bewirkten Eintragung zu vermerken." 4. Der § 69 erhält folgende Fassung: „Ein Standesbeamter, welcher unter Außerachtlassung der in diesem Gesetze und in den §§ 1231 bis 1249 des Bürgerlichen Gesetzbuches gegebenen Vorschriften eine Eheschließung vollzieht, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft." v. Mandry (Nr 74, 3)
II. Zu dem Gesetze vom 6. Februar 1875 folgende Aenderungen zu beschließen : 1. Die §§18 bis 38, § 40 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 werden durch folgende Vorschriften ersetzt: 452
Protokolle der 1. Kommission
§ 2 8 . „In Ansehung der Erfordernisse der Eheschließung und in Ansehung der rechtlichen Folgen einer gegen die gesetzlichen Vorschriften geschlos-|senen Ehe, kommen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zur Anwendung." 2. D e r $ 39 des Gesetzes . . . wird dahin geändert: „Alle Vorschriften, welche das Recht der Eheschließung weiter beschränken, als durch das Bürgerliche Gesetzbuch geschieht, sind aufgehoben." 3. Die §§41 bis 43 des Gesetzes . . . werden durch folgende Vorschrift ersetzt: § 4 1 . „In Ansehung der Zuständigkeit zur Mitwirkung bei der Eheschließung komfnen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (eventuell: die §§ 1245 bis 1247 des Bürgerlichen Gesetzbuches) zur Anwendung." 4. Die §§ 52 und 53 des Gesetzes . . . werden durch folgende Vorschrift ersetzt: § 52. „In Ansehung (des Aktes) der Eheschließung kommen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (eventuell: die §§ 1248 und 1249 des Bürgerlichen Gesetzbuches) zur Anwendung." Man verständigte sich zunächst dahin, daß, entsprechend dem bisher gegenüber den bestehenden Reichsgesetzen befolgten Verfahren das Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 nicht überhaupt aufzuheben und einer vollständigen Revision von Seiten der Kommission zu unterziehen sei, sondern die Aufgabe der letzteren sich auf die Vornahme der durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches nothwendig gewordenen Aenderungen des bezeichneten Gesetzes zu beschränken habe.
|Proti 12655 v. Mandry (Nr 74, 3) v. Mandry (Nr 74, 3)
v. Mandry (Nr 74, 3)
Von diesem Ausgangspunkte aus wurde beschlossen, folgende das Gesetz vom 6. Februar 1875 betreffende Vorschriften in das Einführungsgesetz aufzunehmen: Das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes | und die Eheschließung | Prot 1 12656 vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23) erleidet folgende Aenderungen : 1. Die §§ 28 bis 40 werden durch folgende Vorschrift ersetzt: In Ansehung der Erfordernisse der Eheschließung und in Ansehung der rechtlichen Folgen einer gegen die gesetzlichen Vorschriften bewirkten Eheschließung finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. 2. Die §§ 41 bis 43 werden durch folgende Vorschrift ersetzt: In Ansehung der Mitwirkung des Standesbeamten bei der Eheschließung finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. 3. Der § 44 Abs. 2 wird dahin geändert: Für die Anordnung desselben ist jeder Standesbeamte zuständig, vor welchem nach dem § 1246 des Bürgerlichen Gesetzbuches die Ehe geschlossen werden kann. 4. Der § 50 Abs. 2 wird dahin geändert: Wird eine lebensgefährliche Krankheit, welche einen Aufschub der Eheschließung nicht gestattet, ärztlich bescheinigt, so kann der Standesbeamte (§ 1246 des Bürgerlichen Gesetzbuches) auch ohne Aufgebot die Eheschließung vornehmen. 5. Die §§ 52, 53 werden durch folgende Vorschrift ersetzt: In Ansehung der Vornahme der Eheschließung finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. 6. Der § 55 wird dahin geändert: Ist eine Ehe für ungültig erklärt oder ist in einem Rechtsstreite, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, das Nichtbe-| stehen der Ehe festgestellt oder ist eine Ehe vor | Prot 1 12657 dem Tode eines der Ehegatten aufgelöst, so ist dies am Rande der über die Eheschließung bewirkten Eintragung zu vermerken. Anlangend die §§ 28 bis 43, 52, 53 des Gesetzes vom 6. Februar 1875, so ging man davon aus, daß es im Anschlüsse an die bisher befolgte Methode den Vorzug ver453
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch diene, sich nicht einfach auf die Aufhebung jener Vorschriften zu beschränken, sondern dieselben durch die beschlossenen, einen Hinweis auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches enthaltenden Vorschriften zu ersetzen. Auf der anderen Seite erachtete man es nicht als räthlich, die betreffenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches speziell zu bezeichnen. Der Zweck einer solchen speziellen Bezeichnung, die praktische Handhabung des Gesetzes für die Standesbeamten zu erleichtern, könne im Wege einer Instruktion f ü r die Standesbeamten in genügender Weise erreicht werden. Der Antrag unter II, 2, den §39 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 in der vorgeschlagenen Art durch eine besondere Vorschrift zu ersetzen, fand keinen Anklang. Man war der Ansicht, daß in Ansehung der bürgerlichen Beschränkungen der Eheschließung der Hinweis auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs genüge, in Ansehung der polizeilichen Beschränkungen der Eheschließung aber jedes aus der Aufhebung des § 39 etwa herzuleitende Bedenken durch das Gesetz über die Aufhebung der polizeilichen Beschränkungen der Eheschließung vom 4. Mai 1868 (Bundes-Gesetzbl. S. 55) sich erledige. Die zu den §§ 44, 50, 55 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 in dem Antrage unter 1 , 1 — 3 vorgeschlagenen Aenderungen erfuhren keinen Widerspruch. Insbesondere wurden die Aenderungen des § 55 Abs. 1, welche theils durch den Sprachgebrauch des Bürgerlichen Gesetzbuches, nach welchem der Ausdruck „Ungültigkeit" auch die I Prot 1 12658 Nich-| tigkeit begreift, theils durch die Vorschriften der §§ 1271, 1256, 1464 des Bürgerlichen Gesetzbuches hervorgerufen sind, gebilligt. Absatz 2 des § 55 ist im Hinblick auf die Vorschriften des § 1440 Absatz 1 und des § 1452 des Bürgerlichen Gesetzbuchs f ü r die Zukunft gegenstandslos geworden und kann nur noch f ü r solche Fälle in Betracht kommen, welche nach dem bisherigen Rechte zu beurtheilen sind. Die in dem Antrage I, 4 vorgeschlagene Aenderung des § 69 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 wurde mit Rücksicht auf die beschlossenen, eine Verweisung auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches enthaltenden Aenderungen jenes Gesetzes als entbehrlich angesehen. Von einer Seite waren zu dem Gesetze vom 6. Februar 1875 noch die diesem Protokolle als Anlage beigefügten Bemerkungen eingereiht. Dieselben gaben zu Erinnerungen und weiteren Anträgen keinen Anlaß. 2. Die Berathung wandte sich sodann den in der Anmerkung zum § 34 der Zusst. vorgeschlagenen Aenderungen und Ergänzungen des Gesetzes, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870, zu. Man überzeugte sich, daß, da die bisherige Uebereinstimmung jenes Gesetzes mit dem Gesetze vom 6. Februar 1875 in den in den Anträgen bezeichneten Richtungen durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches beseitigt werde, es angemessen sei, nunmehr jenes Gesetz mit diesen V o r schriften in Einklang zu bringen, zumal die letzteren in den in Rede stehenden Richtungen sich im Wesentlichen nur als eine Deklaration des Gesetzes vom 6. Februar 1875 darstellten. Insbesondere sei es rathsam, im Anschlüsse an die V o r schriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auch darüber eine Vorschrift aufzunehmen, IProti 12659 wann eine Ehe, welche von einem nach Maßgabe des § 1 des Gesetzes vom | 4. Mai 1870 zur Vornahme von Eheschließungen ermächtigten Beamten geschlossen worden, wegen Formmangels nichtig sei, da die Vorschrift des § 1250 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches sich auf die hier fraglichen im Auslande geschlossenen Ehen nicht beziehe. Aus diesen Gründen wurden die in den Anträgen als §§ 7, 7 a, 8, 8 a vorgeschlagenen Bestimmungen von der Kommission genehmigt, jedoch mit der Maßgabe, daß die in dem jetzigen § 8 des Gesetzes vom 4. Mai 1870 sich findende Vorschrift wegen ihrer hervorragenden prinzipiellen Bedeutung, insbesondere auch gegenüber 454
Protokolle der 1. Kommission dem Auslande, beibehalten und die neue als § 8 vorgeschlagene Bestimmung als Absatz 2 hinzugefügt werden soll. Demgemäß wurde beschlossen, in das Einführungsgesetz folgende Vorschriften aufzunehmen: Die §§ 7, 8 des Gesetzes, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (BundesGesetzbl. S. 599) werden durch folgende Vorschriften ersetzt und ergänzt: § 7. (wie der in der Anmerkung 1 zu § 34 der Zusst. unter 1 vorgeschlagene § 7 o b e n S . 12652). § 7 a. (wie der in der Anmerkung 1 zu § 34 der Zusst. unter 2 vorgeschlagene § 7 a o b e n S . 12652, 12658). § 8. Die Ehe erlangt mit dem Abschlüsse vor dem Beamten bürgerliche Gültigkeit. W e n n ein Beamter außerhalb seines Amtsbezirkes oder bei der Schließung seiner eigenen Ehe als Beamter handelt, so gilt er nicht als ein nach § 1 zur Vornahme einer Eheschließung ermächtigter Beamter. 8a. (wie der in der Anmerkung 1 zu § 34 der Zusst. unter 4 vorgeschlagene § 8 a | Prot 1 12660 oben S. 12653). Die vorstehend zu dem Gesetze vom 4. Mai 1870 beschlossenen Vorschriften sollen der im Uebrigen bei der Anordnung des zweiten Abschnittes des Einführungsgesetzes befolgten Methode entsprechend chronologisch eingereiht werden. 3. Der § 35 der Zusst., welcher lautet: „Das Gesetz, betreffend das Alter der TE-EG Großjährigkeit vom 17. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 71) wird aufgehoben." S 35 (Allg. Theil S 9 Abs. 2 Nr. 3 S. 2, Begr. S. 57). wurde in der Erwägung abgelehnt, daß eine besondere Aufhebung des in Rede stehenden Gesetzes im Hinblick auf die zu § 10 der Zusst. beschlossene Vorschrift (Prot. S. 12329) überflüssig sei. 4. Auch der im § 36 der Zusst. enthaltene Vorschlag: „Das Gesetz, betreffend den TE-EG Wucher, vom 24. Mai 1880 (Reichs-Gesetzbl. S. 119) bleibt unberührt." § 36 (Obl.R § 2, Anm. zu § 747 K.E.) fand nicht die Zustimmung der Kommission, da das Fortbestehen jenes Gesetzes neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche nach dem zu § 10 der Zusst. beschlossenen allgemeinen Vorbehalte nicht zweifelhaft sein könne, um so weniger, als der § 358 des Bürgerlichen Gesetzbuches auf die reichsgesetzlichen Vorschriften über den Wucher verweise. Mit Rücksicht auf die dem § 747 des Bürgerlichen Gesetzbuches beigefügte Anmerkung, nach welcher das hier fragliche Gesetz im Einführungsgesetze aufrechterhalten werden soll, hielt man es aber für angezeigt, in einer Anmerkung zu dem bezeichneten allgemeinen Vorbehalte darauf hinzuweisen, daß jenes Gesetz durch diesen Vorbehalt ge-| deckt und deshalb ein besonderer Vorbehalt als | Prot 1 12661 entbehrlich erachtet sei. In gleicher Weise soll in Ansehung des § 39 Absatz 3 und des § 44 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 (vergi. Prot. S. 12647, 12648) wegen der dem § 1929 des Bürgerlichen Gesetzbuches beigefügten Anmerkung verfahren werden. 5. Die §§ 37, 38 der Zusst., welche lauten : § 37. „Der § 16 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und TE-EG Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung, vom 20. April 1881 (Reichs-Gesetzbl. § 3 7 S. 85) wird aufgehoben." (Allg. Theil Β, I, 3 S. 6, Begr. S. 146) § 38. „Der § 18 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und TE-EG Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 17. § Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 237) wird aufgehoben." 455
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
(Allg. Theil Β, 14 S. 6, Begr. S. 146,147) wurde aus den Gründen der Motive S. 146, 147 sachlich genehmigt; doch hielt man es für angemessener, dem Gedanken im Anschlüsse an die gegenwärtigen Fassungen der in den §§ 37, 38 bezeichneten Bestimmungen durch folgende Vorschriften Ausdruck zu geben : 1. Der § 16 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung, vom 20. April 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 85) wird dahin geändert: Nicht abgehobene Theilbeträge des Wittwen- und Waisengeldes verjähren binnen vier Jahren; die Verjährung beginnt mit dem Schlüsse des Jahres, in welchem die I Prot 112662 Theilbeträge fällig ge-| worden sind. 2. Der § 18 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 17. Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 237) wird dahin geändert: Nicht abgehobene Theilbeträge u.s.w. (wie unter 1). TE-EG 6. Der Vorschlag des 5 39 der Zusst., welcher dahin geht: „Vorschriften der S 39 Reichsgesetze, nach welchen die Einziehung oder die Enteignung einer beweglichen Johow Sache stattzufinden hat, sind dahin zu verstehen, daß der Uebergang des Eigenthu(Nr 2) mes auf den Fiskus, wenn derselbe die Sache bereits innehat, mit dem die Einziehung oder die Enteignung aussprechenden Beschlüsse oder Unheile, anderenfalls mit der Erlangung der Inhabung erfolgt. Im letzteren Falle hat der Beschluß oder das Urtheil bis zur Erlangung der Inhabung die Wirkung eines im Interesse des Fiskus erlassenen gerichtlichen Veräußerungsverbotes." (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I § 2 S. 1 ; S.R. § 2, Motive S. 8 ff.) wurde mit Rücksicht auf den zu § 16 der Zusst. gefaßten, eine ähnliche Frage betreffenden Beschluß (Prot. S. 12567 ff.) zurückgezogen. TE-EG 7. Der § 118 der Zusst. enthält folgenden Vorschlag: „Unberührt bleiben die §118 Landesgesetze, durch welche in den Fällen der §§ 1105, 1123 des Bürgerlichen Johow Gesetzbuches die Aufgebotsfristen und die Art der Bekanntmachung des Aufgebotes (Nr 2) anders bestimmt wird, als die Vorschriften der Civilprozeßordnung ergeben." I Prot 1 12663 | (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter II § 60; Anm. zu §§ 1105, 1123 K.E.) Johow Von Seiten des Referenten des Sachenrechtes war beantragt, statt jenes Vorschla(Nr 68) ges Folgendes zu bestimmen : „In die Civilprozeßordnung wird hinter § 827 folgender Vorschlag eingestellt: § 827 a. In Ansehung der Aufgebote von Hypotheken und Grundschulden sowie von abhanden gekommenen oder vernichteten Hypothekenbriefen und Grundschuldbriefen — §§ 1103, 1104, 1123, 1136 des Bürgerlichen Gesetzbuches — können die Art der Bekanntmachung des Aufgebotes und die Aufgebotsfrist durch Landesgesetz anders bestimmt werden, als in den §§ 825, 827 vorgeschrieben ist." eventuell eine solche Vorschrift in das Einführungsgesetz zur Civilprozeßordnung als § 10a einzustellen. Dem Antrage waren folgende Bemerkungen beigefügt: „Bei nochmaliger Erwägung scheint mir, daß ich diesem sachlich bereits beschlossenen Vorbehalte (vergi, die Anmerkungen zu den §§ 1105 und 1123 des Entw. des B.G.B.) in meinem bisherigen Vorschlag nicht die richtige Stelle angewiesen habe, da der Vorbehalt nicht sowohl das Verhältniß der Landesgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuche als deren Verhältniß zur Civilprozeßordnung betrifft. In Ansehung des im § 873 des Entw. des B.G.B, geordneten Aufgebotsverfahrens zum Zwecke der Ausschließung des bisherigen Eigenthümers eines Grundstückes ist 456
Protokolle der 1. Kommission
ein solcher Vorbehalt nicht beschlos-| sen und auch nicht erforderlich, da solche | Prot 1 12664 Aufgebote voraussichtlich nur selten vorkommen werden. In den Uebergangsbestimmungen des Einführungsgesetzes wird, wie ich annehme, ein Aufgebot unbekannter Realinteressenten vorzuschreiben sein; ob in Ansehung dieses Aufgebotes ein Vorbehalt für die Landesgesetze rathsam sei, kann gegenwärtig dahingestellt bleiben, da eine derartige Vorschrift jedenfalls im Zusammenhange der Uebergangsbestimmungen ihren Platz erhalten müßte. Die landesgesetzlichen Aufgebotsvorschriften, welche im Bereiche der den Landesgesetzen gänzlich vorzubehaltenden Materien bestehen, bedürfen im Hinblick auf § 11 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung keines besonderen Vorbehaltes." Der Antrag erfuhr sachlich keinen Widerspruch. Auf gegebene Anregung wurde jedoch beschlossen, den beantragten Vorbehalt auch auf das Aufgebot von Grundstücken (§ 873 des B.G.B.) auszudehnen, da das Aufgebot sehr kleiner Grundstücke nicht selten vorkomme und unverhältnißmäßige Kosten verursachen könne. Anlangend die Stellung der Vorschrift, so einigte man sich dahin, dieselbe als § 850 b in die C.P.O. einzustellen. Demgemäß soll der Eingang der Nr. 67 des § 10 der vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse zum Einführungsgesetz dahin geändert werden: Hinter den § 850 der Civilprozeßordnung werden folgende Vorschriften als 850 a, 850b eingeschaltet: hinter dem S 850 a wird sodann folgende Vorschrift hinzugefügt: S 850 b. In Ansehung der Aufgebote von Grundstücken, Hypotheken und Grundschulden sowie von abhanden | gekommenen oder vernichteten Hypothekenbriefen | Prot 112665 und Grundschuldbriefen (§§ 873, 1003, 1104, 1123, 1136 des Bürgerlichen Gesetzbuches) können die Art der Bekanntmachung des Aufgebotes und die Aufgebotsfrist durch Landesgesetz anders bestimmt werden, als in den §§ 825, 827 vorgeschrieben ist. 8. Unter Bezugnahme auf den Prot. S. 12333, 12334 sich findenden Vorbehalt wurde im Laufe der Berathung der Antrag gestellt, den zu § 11 der gedr. Zusammenstellung gefaßten Beschluß, betreffend die Anwendung der Vorschriften des B.G.B, über Verwandtschaft und Schwägerschaft auf die Reichsjustizgesetze (Prot. S. 12333), auch auf das Gesetz, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, vom 21. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 277) mit Rücksicht auf den § 3 Nr. 2 jenes Gesetzes und den engen Zusammenhang desselben mit den Vorschriften des § 24 Nr. 2 der Konk.O. auszudehnen. Dem Antrage wurde in der Art stattgegeben, daß der Schluß des Beschlusses zu § 11 derZusst. (Prot. S. 12333) dahin geändert werden soll: die Strafprozeßordnung, die Konkursordnung oder das Gesetz vom 21. Juli 1879, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens (Reichs-Gesetzbl. S. 277), bestimmt sind. 9. Zu erledigen war sodann noch folgender Antrag : Den Eingang des die Aenderungen und Ergänzungen der C.P.O. enthaltenden Beschlusses zu § 12 der Zusst. des Einführungsgesetzes, Prot. S. 12337, zu fassen: „Die Vorschriften der Civilprozeßordnung werden | durch die nachfolgenden Vor- |Prot 1 12666 Schriften nach Maßgabe der den letzteren gegebenen Bezeichnungen ersetzt und ergänzt." und sodann die einzelnen Bestimmungen ohne weitere Einleitung nur mit der Paragraphenbezeichnung folgen zu lassen. (Die Ueberschriftsänderung der Ehesachen schließt sich an den geänderten ersten Paragraphen an. Die einzelnen Paragraphen werden vollständig aufzunehmen sein.) 457
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Zur Unterstützung des Antrags wurde insbesondere auf den von dem Gesetze, betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften, vom 11. Juni 1870 eingeschlagenen ähnlichen Weg hingewiesen. Der Antrag fand im Prinzip die Billigung der Kommission mit der Maßgabe, daß das Prinzip möglichst auch in Ansehung der zu anderen Reichsgesetzen beschlossenen Aenderungen und Ergänzungen durchgeführt werden soll. Man war der Ansicht, durch die vorgeschlagene Methode werde in ausreichend klarer Weise zum Ausdruck gebracht, daß die neuen Vorschriften den betreffenden Reichsgesetzen an der der Bezifferung entsprechenden Stelle als Theil des Ganzen eingefügt werden und mit den übrigen Vorschriften jener Gesetze ein systematisches Ganze bilden sollen. Durch diese Art der Methode erlangten die neuen Vorschriften, die aus ihrer örtlichen Stellung in dem alten Gesetze und aus dem Zusammenhange mit den übrigen Vorschriften des letzteren sich ergebende Bedeutung, wie andererseits diese V o r schriften künftig im Zusammenhange mit den neuen Vorschriften auszulegen sein würden und dadurch unter Umständen eine andere Bedeutung wie bisher gewinnen könnten. Anlage zum Protokolle vom 5. 3. 1888, vergi. S. 12658. Bemerkungen zu den §§25 und 26 des
Standesbeamtungsgesetzes.
Gebhard 11. Das Standesbeamtungsgesetz enthält in den §§ 25 und 26 die nachstehenden (Nr73) Bestimmungen: I Prot 112669 § 25. Die Anerkennung eines unehelichen Kindes darf in das Geburtsregister nur dann eingetragen werden, wenn dieselbe vor dem Standesbeamten oder in einer gerichtlich oder notariell aufgenommenen Urkunde erklärt ist. § 26. Wenn die Feststellung der Abstammung eines Kindes erst nach Eintragung des Geburtsfalles erfolgt oder die Standesrechte durch Legitimation, Annahme an Kindesstatt oder in anderer Weise eine Veränderung erleiden, so ist dieser Vorgang, sofern er durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird, auf Antrag eines Betheiligten am Rande der über den Geburtsfall vorgenommenen Eintragung zu vermerken. Der § 25 spricht sich darüber nicht aus, welche Rechtswirkungen der Anerkennung eines unehelichen Kindes nach dem bürgerlichen Rechte zukommen müssen, wenn sie eine Anerkennung im Sinne des Paragraphen sein solle. Das preußische I Prot 1 12670 Gesetz vom 9. März 1874 gedachte in § 21 nur des Anerkenntnisses der Va-\ terschaft zu einem unehelichen Kinde; die dem Entwurf des preußischen Gesetzes beigegebenen Motive rechtfertigen die Vorschrift, daß der Standesbeamte befugt sein solle, bei der Anzeige über die Geburt eines unehelichen Kindes auch die natürliche Vaterschaft einzutragen, falls dieselbe gleichzeitig bei der Anzeige der Geburt persönlich anerkannt oder durch eine gerichtliche oder notarielle Urkunde nachgewiesen werde, mit dem Hinweise darauf, daß der hauptsächlichste Zweck der Eintragung einer Geburt darin bestehe, die Abstammung des Kindes festzustellen. In dem Reichsgesetze ist von der Anerkennung eines unehelichen Kindes schlechthin die Rede, um neben der Anerkennung der Vaterschaft auch die dem französischen Rechte eigene Anerkennung der Mutterschaft zu treffen. Der § 25 stellt reichsrechtlich fest, einmal, daß die Anerkennung vor dem Standesbeamten erfolgen könne, sodann, daß eine Anerkennung in das Standesregister nur dann eingetragen werden dürfe, wenn sie vor dem Standesbeamten oder in einer gerichtlich oder notariell aufgenommenen Urkunde erklärt ist; — in das die Voraussetzungen und die Wirkungen der Anerkennung beherrschende vielgestaltige Lan458
Protokolle der 1. Kommission
desrecht ist in keiner Weise eingegriffen. Mit dem Inkrafttreten des bürgerlichen Gesetzbuches schwindet dieses Landesrecht. Es ist fortan in Ansehung der Erfordernisse und der Wirkungen nur noch mit der Gestalt zu rechnen, in welcher die Anerkennung unehelicher Kinder nach Maßgabe des Gesetzbuches vorkommen kann. Dieser veränderten Sachlage gegenüber entsteht die | Frage, ob es künftighin | Prot 112671 noch angezeigt erscheint, reichsrechtlich den Standesbeamten die Befugniß beizulegen, Anerkenntnisse behufs der Eintragung entgegenzunehmen und reichsrechtlich anzuordnen, daß gerichtlich oder notariell beurkundete Anerkenntnisse nach Maßgabe des § 26 durch Randvermerk im Geburtsregister in Bezug zu nehmen seien. Für die Verneinung läßt sich geltend machen, daß das G.B. eine Anerkennung, durch welche zwischen dem Anerkennenden und dem unehelichen Kinde ein Eltern- oder Kindesverhältniß begründet wird, nicht kennt, bei den Funktionen aber, welche der Anerkennung im Uebrigen zukommen können, ein praktisches Bedürfniß, derselben das Standesregister zu öffnen, schwerlich vorliegt. 1. Die außereheliche Zeugung schafft zwischen dem Erzeuger und dem Kinde keine Familienverbindung; der Umstand, daß die unterstellte natürliche Verwandtschaft eine Unterhaltspflicht des unehelichen Vaters begründet (§ 1571) und ein Ehehinderniß bildet (§ 1236), ändert hieran nichts. Einer Anerkennung der unehelichen Vaterschaft kommt weder in der einen noch in der anderen Hinsicht die Bedeutung einer dispositiven Willenserklärung zu; die Anerkennung der Vaterschaft kann im Besonderen auch in Ansehung der Unterhaltspflicht nur als Beweismittel von Belang sein. Vergi. Mot. zum Entw. des F.R. S. 1677, 1678; Prot. S. 7886.— 2. Die Legitimation durch nachfolgende Ehe setzt nur voraus, daß der Ehemann innerhalb der im § 1580 bezeichneten Empfängniß-| zeit des vor der Ehe geborenen | Prot 1 12672 Kindes mit der Ehefrau den Beischlaf vollzogen hat; der Eintritt der Legitimation setzt nicht voraus Anerkennung der Vaterschaft von Seiten des Ehemannes ; §§ 1579, 1580; Prot. S. 7943 ff. Es genügt somit die Thatsache der Eheschließung und die mögliche Vaterschaft. Sollte der Vater vor oder nach Eingehung der Ehe das Kind mit dessen Zustimmung als das seinige anerkannt haben, so hat die Anerkennung nur die Bedeutung eines Beweismittels für den Beischlaf innerhalb der Empfängnißzeit, aber keine den Personenstand selbst ergreifende Wirkung. (Prot. S. 7947, 7948).— 3. Die Ehelichkeitserklärung kann nach § 1585 nur auf den das Bekenntniß der Vaterschaft enthaltenden Antrag des Vaters erfolgen. Der Antrag des Vaters muß in gerichtlicher oder notarieller Form gestellt werden (§ 1591). Das Bekenntniß ist rechtsgeschäftliche Erklärung,— Anerkennung der außerehelichen Vaterschaft, analog der Anerkennung der Ehelichkeit eines Kindes durch den Ehemann (Prot. S. 8063). Die Ehelichkeitserklärung selbst ist freier Akt der Staatsgewalt. Die Ehelichkeitserklärung ist unwirksam, wenn ein gesetzliches Erforderniß fehlt (§ 1593) ; der Antrag des Vaters kann nichtig, er kann anfechtbar sein und angefochten werden (§ 1600; Prot. S. 8065—8067, 8119), aber die Unwirksamkeit der Ehelichkeitserklärung kann nicht geltend gemacht werden auf Grund der Behauptung, daß der in der Erklärung als der Vater bezeichnete nicht der wirkliche Vater sei (§ 1593). D a es bei der Ehelichkeitserklärung nur auf das-| jenige Bekenntniß der Vaterschaft ankommt, | Prot 112673 welches in dem Antrage des Vaters enthalten ist, so steht eine der Eintragung im Standesregister empfängliche Anerkennung nicht in Frage. 4. In dem Vorstehenden war von der Anerkennung der unehelichen Vaterschaft die Rede. Nach § 1472 erlischt das Recht des Ehemannes, die Ehelichkeit des Kindes anzufechten, wenn er dasselbe durch ausdrückliche Willenserklärung als das seinige 459
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anerkennt. Diese Anerkennung ist ihrer juristischen Natur nach ein einseitiges Rechtsgeschäft, bei welchem der rechtsgeschäftliche Wille darauf gerichtet sein muß, daß das Kind unter allen Umständen, selbst wenn es in Wirklichkeit nicht von dem Ehemanne erzeugt sein sollte, doch als ein eheliches Kind zu gelten hat (Prot. S. 7471). Das Prot, stellt (S. 7472) dahin, ob durch die Anerkennung positiv ein neues Rechtsverhältniß zwischen dem Ehemanne und dem Kinde geschaffen werde, ähnlich dem Falle einer Adoption, oder ob die Anerkennung, analog dem Falle der Genehmigung einer anfechtbaren Ehe, die Bedeutung eines Verzichtes auf das Anfechtungsrecht habe, durch welchen das bisher zwischen dem Ehemanne und dem Kinde bestehende Statusverhältniß nur zu einem unanfechtbaren werde. Mag man der einen oder der anderen Meinung folgen, so wird eine Anerkennung dieser Art nicht sowohl unter den von der Anerkennung eines unehelichen Kindes handelnden § 25, als vielmehr unter den § 26 zu subsumiren sein. Die Lage des Kindes erheischt übrigens in solchen Fällen keine besondere Fürsorge. Ergiebt der Geburtseintrag für I Prot 1 12674 sich bezw. in Verbindung mit | dem Heirathsregister, daß das Kind während der Ehe oder innerhalb 300 Tagen nach Auflösung der Ehe geboren worden ist, so genügt dies im Hinblick auf § 1471 zum Beweise der Ehelichkeit. Daß der Ehemann die Anerkennung in öffentlicher Urkunde erklärt und dadurch die Grundlage für einen Randvermerk schafft, welcher auf die Thatsache verweist, daß das Anfechtungsrecht erloschen sei, wird selten vorkommen. Sollte der Beschluß der Kommission dahin gehen, daß das Standesbeamtungsgesetz aufzuheben und dadurch eine neues, gleichzeitig mit dem G.B. ins Leben tretendes Gesetz zu ersetzen sei, so dürften überwiegende Gründe dafür sprechen, in den neuen Entwurf eine Vorschrift nicht aufzunehmen, welche den Standesbeamten die Befugniß beilegt, in Ansehung unehelicher Kinder, deren Geburt nach § 22 des Standesbeamtungsgesetzes im Geburtsregister beurkundet ist, bei oder nach der Eintragung des Geburtsfalles Anerkenntnisse des unehelichen Vaters entgegen zu nehmen, und nicht zu bestimmen, daß derartige Anerkenntnisse, sofern sie gerichtlich oder notariell beurkundet sind, am Rande der über den Geburtsfall vorgenommenen Eintragung zu vermerken seien. Wird dagegen die Aufhebung des Standesbeamtungsgesetzes nicht beschlossen und die zur Zeit zu lösende Aufgabe auf die Vornahme solcher Aenderungen beschränkt, welche durch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs schlechthin nothwendig werden, so möchte es gerathen erscheinen, den § 25, dessen Fassung übrigens in Ansehung der Frage, welcher Standesbeamte zuständig und wie die Eintragung vorzunehmen sei, zu mannichfachen Meinungsverschiedenheiten Anlaß gegeben hat, unI Prot 1 12675 geändert zu | lassen und die Entscheidung, ob und inwieweit derselbe gegenstandslos wird, der Auslegung anheimzustellen. Es kommt in dieser Beziehung Folgendes in Betracht. Der § 25 wird dahin ausgelegt, daß er sich auch auf die Anerkennung der Mutterschaft zu Findelkindern bezieht, von welchen im Geburtsregister nicht die Geburt nach § 22, sondern die Auffindung nach § 24 beurkundet ist. Des Weiteren wird, wenigstens von Sicherer S. 117 angenommen, daß nicht nur zulässig ist, die Anerkennung ehelicher Findelkinder, sofern sie durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird, in analoger Anwendung des § 26 am Rande der über den Fund vorgenommenen Eintragung zu vermerken, sondern daß den Eltern auch ermöglicht sei, in analoger Anwendung des § 25 die Anerkennung des ehelichen Findelkindes vor dem Standesbeamten zu erklären und als Randeintragung oder in der Form einer selbstständigen Eintragung beurkunden zu lassen. Hier gewinnt die Anerkennung eine besondere Bedeutung. Zwar handelt es sich bei der Mutter, welche das uneheliche Findelkind, bei dem Elterntheile, welcher das eheliche Findelkind anerkennt, nicht um eine Willenserklärung, welche Standesrechte des Kindes begründet, sondern an 460
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sich nur um ein Beweismittel zur Geltendmachung des Rechtsverhältnisses; vergi. Motive zum Entw. des Familienrechts S. 1618. Eine solche Anerkennung dient aber der Feststellung der Identität des Findlings und seiner Abstammung, ihre Erklärung vor dem Standesbeamten behufs der Eintragung und die Vermerkung von öffentlichen Urkunden, welche die Anerkennung enthalten, sind am Platze. Einer ersatzlosen\ Aufhebung des § 25 würden auch andere | Prot 1 12676 Bedenken entgegenstehen. Die Frage, ob der Landesgesetzgebung gestattet sei, ein Mehreres in die Register zu bringen, als das Reichsgesetz anordnet, ist hinsichtlich des Inhaltes der im Reichsgesetze vorgeschriebenen Eintragungen bei der Berathung des § 22 des Gesetzes im Reichstage berührt worden, aber nicht zum Austrage gelangt (stenogr. Prot. S. 1008 f.). Der Entwurf der Ausführungsverordnung des Bundesraths bestimmte in § 9, daß die Eintragungen in das Register nichts weiter enthalten dürften, als das, was dem Gesetze und der Ausführungsverordnung vorgeschrieben sei. In der Ausführungsverordnung selbst findet sich eine solche Bestimmung nicht. Wahrscheinlich erachtete man es im Hinblick auf verschiedene partikulare materiellrechtliche Vorschriften für bedenklich, den Bundesregierungen den Erlaß bezüglicher Ergänzungsvorschriften abzuschneiden. Mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erledigen sich diese Anstände; es würde nichts im Wege stehen, die gebotenen und die gestatteten Eintragungen nach Umfang und Inhalt festzustellen, und im Uebrigen vorzuschreiben, daß ein Mehreres nicht eingetragen werden dürfe. Beschränkt man sich zur Zeit auf die Vornahme schlechthin nothwendiger Aenderungen, so dürfte kaum Neigung bestehen, in der erwähnten Hinsicht einzugreifen. Wird aber der Landesgesetzgebung eine solche Schranke nicht gezogen, so würde die einfache Aufhebung des § 25 die Rechtseinheit nicht gewährleisten und überdies zur Folge haben, daß die reichsrechtliche Beschränkung der zu berücksichtigenden Urkunden auf gerichtliche und notarielle Akte in Wegfall käme. III. Der Entwurf des Familienrechtes enthielt in den §§ 456, 430, 441 Bestimmun- | Prot 112677 gen betreffend die Vermerkung der Legitimation durch Ehelichkeitserklärung, der Annahme an Kindesstatt und der Wiederaufhebung des durch die letztere begründeten Verhältnisses. Diese Bestimmungen wurden als zum Standesbeamtungsgesetze gehörig im Bürgerlichen Gesetzbuche nicht aufgenommen (Prot. S. 8086; 8087; 8000; 8051). Bleibt das Standesbeamtungsgesetz bei Bestand, so wird für diese Vermerke § 26 genügen. III. Das Reichsgesetz schreibt nicht vor, daß Aenderungen des Vor- oder Familiennamens, welche nach den öffentlichen Vorschriften der Landesgesetze zulässiger Weise erfolgen, in dem Geburtsregister zu vermerken seien. Verschiedene Landesgesetze haben in Anlehnung an den § 26 die Eintragung von Randvermerken für derartige Fälle angeordnet und den Vollzug des Näheren geregelt. Für die Eintragung solcher Vermerke sprechen, mindestens in Ansehung des Familiennamens gute Gründe. Der Name kennzeichnet den Einzelnen in seinen individuellen Beziehungen. Ist das Standesregister dazu bestimmt, diejenigen Thatsachen evident zu halten, welche für die Person in Bezug auf die Bestimmung ihrer Individualität maßgebend und für ihr Verhältniß zur Familie und zur bürgerlichen Gesellschaft von entscheidendem Einfluß sind, so gehört dazu auch die Evidenthaltung des Namens. Hierzu kommt, daß Verwirrung besteht, wenn ein und dieselbe Person in den verschiedenen, sie betreffenden Eintragungen unter verschiedenen Namen aufgeführt wird. Da es sich indessen auch hier um eine nicht durch Vorschriften des Gesetzbuchs | veran- |Proti 12678 laßte Aenderung des Gesetzes handelt, so wird von einer Bestimmung im Einführungsgesetze abzusehen sein. 461
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IV. Die Frage, ob und inwiefern Eintragungen auf Grund von Urtheilen ausländischer Gerichte erfolgen können, wird von den Kommentatoren aus dem Gesichtspunkte beantwortet, daß die Eintragung sich als eine besondere Art der Vollziehung des Urtheils qualifizire. Eine württemb. V.O. vom 20. Dezember 1875 bestimmt in § 19 Abs. 2, daß solche Eintragungen jedenfalls nur nach vorgängiger oberamtsgerichtlicher Anordnung vorgenommen werden dürfen. Die in Rede stehenden Vermerke beurkunden ihrer Natur nach nicht, daß der dem Urtheile entsprechende Rechtszustand sich verwirklicht habe; sie verweisen nur auf die Thatsache, daß ein Urtheil des betreffenden Inhalts ergangen sei. Es handelt sich nicht um Vollstreckung des Urtheils, wohl aber darum, ob dasselbe im Inlande anzuerkennen sei. Die Prüfung dieser Frage dem Standesbeamten zu überlassen, ist in hohem Maße bedenklich. Wenn früher oder später der reichsgesetzlichen Regelung solcher Eintragungen näher getreten wird, so möchte sich empfehlen, die Feststellung der Voraussetzungen der Eintragung dem Gerichte erster Instanz, in dessen Bezirk der Standesbeamte den Amtssitz hat, dergestalt zu übertragen, daß der Standesbeamte den Vermerk nur auf Grund der von dem Gerichte ertheilten Genehmigung bewirken darf. Das Gericht hätte dabei nach den für die freiwillige Gerichtsbarkeit geltenden Grundsätzen zu verfahren. Eine gleiche gerichtliche Vorprüfung würde vorzuschreiben sein hinsichtlich der Frage, ob Vermerke vorgenommen werden sollen, durch welche eine im Auslande erfolgte Legitimation durch Ehelichkeitserklärung oder Annahme an Kindesstatt oder Wiederaufhebung des Adoptiwerhältnisses verlautbart wird. 753. Sitzung vom 10. 3. 1888, Schriftführer: Struckmann I Proti 12679 | Die Berathung des Einführungsgesetzes an der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt, und zwar wandte die Berathung sich denjenigen Vorschlägen zu, welche das Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuches zu den Landesgesetzen betreffen (§§ 40 ff. der Zusst.) TE-EG I. Der § 40 der Zusst. lautet: „Die privatrechtlichen Vorschriften der Landesge§ setze treten außer Kraft, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist. Reichsgesetzliche Vorschriften, welche nur für das Reichsland Elsaß-Lothringen erlassen sind, gelten, sofern sie nicht die Abänderung oder Ergänzung allgemeiner, in dem Reichslande eingeführter Reichsgesetze zum Gegenstande haben, im Sinne des vorstehenden Absatzes als Landesgesetze." (Allg. Theil S 10, Begr. S. 15 ff., 58 ff.) I Prot 1 12680 | Dazu lagen folgende Anträge vor : v. Mandry 1. a) Abs. 1. „Die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze treten außer (Nr 79,1) Kraft. Sie bleiben jedoch insoweit in Kraft, als aus dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder aus diesem Gesetze (oder aus einem anderen Reichsgesetze) sich ergiebt, daß sie neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche in Kraft bleiben sollen." (Fassung in möglichstem Anschlüsse an den Beschluß zu § 10 der Zusst., S. 12639. Die in (. . .) stehenden Worte beziehen sich auf die in der Begründung zum Einf.Ges., Allg. Theil S. 31 und 32 erwähnten Landesgesetze.) b) Abs. 2. „Die landesgesetzlichen Vorschriften in Angelegenheiten der nichtstreitigen Rechtspflege bleiben in Kraft. Sie treten jedoch insoweit außer Kraft, als aus dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder aus diesem Gesetze die Aufhebung sich ergiebt." (Anm. Der in S 135 der gedruckten Zusammenstellung proponine Vorbehalt bedarf meines Erachtens einer Erweiterung — vergi, auch Prot. S. 11226. Wird ihm solche zu Theil, so stellt es sich heraus, daß eine prinzipielle Abgrenzung der im 462
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ersten Absätze des § 40 aufgestellten generellen Norm in Frage steht und daß deshalb der äußere Anschluß an diese Norm angezeigt ist. Anheimgegeben wird, die Berathungbis zur Berathung von § 135 auszusetzen.) c) für den Fall, daß eine dem Abs. 2 des § 40 | entsprechende Vorschrift beschlos- | Prot 1 12681 sen werden sollte, dieselbe als besonderen Paragraphen (§ 40 a) einzustellen, unter Streichung der Worte „im Sinne des vorstehenden Absatzes." 2. Den zweiten Absatz des § 40 zu streichen. Derscheid Dem Antrage unter 2 waren folgende Bemerkungen beigefügt: (Nr 75) „a) Daß Vorschriften, welche im Wege der Reichsgesetzgebung nur für ElsaßLothringen erlassen sind, im Sinne des § 40 Abs. 1 als Landesgesetze gelten, bedarf keiner ausdrücklichen Bestimmung. Der Umstand, daß in Elsaß-Lothringen sowohl die Reichs- als die Landesgesetzgebung dem Reiche zusteht, kann die Unterscheidung von Reichs- und Landesrecht im einzelnen Falle kaum erschweren; Geltungsgebiet und Inhalt eines Gesetzes werden jedesmal das Richtige ergeben. Auch im §511 der C.P.O. und in dem Gesetze, betreffend die Anwendung abgeänderter Reichsgesetze auf landesgesetzliche Angelegenheiten Elsaß-Lothringens, vom 7. Juli 1887 (R.G.B1. S. 377) ist von einer solchen Bestimmung abgesehen. b) Sofern reichsgesetzliche, nur für Elsaß-Lothringen erlassene Vorschriften die Abänderung oder Ergänzung allgemeiner, im Reichslande eingeführter Reichsgesetze zum Gegenstand haben, sollen dieselben zufolge der im § 40 Abs. 2 getroffenen Ausnahme als Reichsgesetze gelten. In dieser Allgemeinheit ist die Ausnahme nicht richtig, wie schon das Gesetz über die Einführung des Handelsgesetzbuchs in ElsaßLothringen, vom 19. Juni 1872, und die beabsichtigten Aenderungen der daselbst einzuführenden Gewerbeordnung beweisen. Eine Bestimmung ist aber auch in der vorlie-| genden Hinsicht entbehrlich und würde wegen der Verschiedenartigkeit der Fälle schwer zu formuliren sein. Was insbesondere das Reichsbeamtengesetz vom 31. |Prot 1 12682 März 1873 betrifft, so gilt dasselbe in Elsaß-Lothringen in zweifacher Eigenschaft, als Reichsgesetz für die dortigen Reichsbeamten und als Landesgesetz für die ElsaßLothringischen Landesbeamten, sowie für die Lehrer und Lehrerinnen an öffentlichen Schulen. Dies giebt das Einführungsgesetz vom 23. Dezember 1873 (Gesetzbl. für Elsaß-Lothringen S. 479) im Eingang zu erkennen; die weiteren Bestimmungen dieses Einführungsgesetzes enthalten nur Landesrecht. Die Reichsgesetze vom 21. April 1886 (R.G.B1. S. 80) und vom 25. Mai 1887 (R.G.B1. S. 194), durch welche das Reichsbeamtengesetz abgeändert ist, gelten für die Reichsbeamten in Elsaß-Lothringen ohne Weiteres kraft der Publikation im Reichsgesetzblatt; dagegen sind dieselben hinsichtlich der Landesbeamten sowie der Lehrer und Lehrerinnen auf Grund des oben erwähnten Gesetzes vom 7. Juli 1887 durch Kaiserliche Verordnung vom 21. November 1887 (Gesetzblatt für Elsaß-Lothringen S. 85) für anwendbar erklärt. Der Grund, weshalb auch die als Landesrecht geltenden Vorschriften des Reichsbeamtengesetzes nicht von der Aufhebung durch das Bürgerliche Gesetzbuch betroffen werden, liegt darin, daß dieselben öffentliches Recht bilden. c) Die Frage, auf welche Weise, abgesehen von der Einwirkung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, die für Elsaß-Lothringen erlassenen Gesetze | aufgehoben werden kön- | Prot 1 12683 nen, steht hier nicht zur Erörterung und ist im Wesentlichen entschieden durch das Gesetz vom 2. Mai 1877, wonach, ungeachtet der erweiterten Befugnisse des Landesausschusses, die Erlassung von Landesgesetzen im Wege der Reichsgesetzgebung vorbehalten bleibt und die auf Grund dieses Vorbehaltes erlassenen Landesgesetze nur im Wege der Reichsgesetzgebung aufgehoben oder geändert werden können." Die Berathung des § 40 führte zu folgendem Ergebnisse : 463
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1. Der erste Absatz des § 40 wurde in folgender Fassung angenommen : Die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze treten außer Kraft, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze bestimmt ist, daß sie in Kraft bleiben sollen. Die Mehrheit war der Ansicht, daß das Kodifikationsprinzip, welches der erste Absatz des § 40 gegenüber den privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze zum Ausdruck zu bringen bezweckt, durch die in dem Antrage unter 1 a vorgeschlagene Fassung zu sehr abgeschwächt werden würde, da jene Fassung in Ansehung der Frage, inwieweit neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze in Kraft geblieben seien, eine weitgehende Auslegung herauszufordern scheine, während es dem Charakter des Bürgerlichen Gesetzbuchs als einer Kodifikation des bürgerlichen Rechts entspreche, daß die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze nur insoweit unberührt blieben, als sie durch einen I Prot 1 12684 Vorbehalt geschützt seien. Dieser dem § 40 Abs. 1 zu Grun-| de liegende Gedanke (vergi. Motive S. 15) werde durch die beschlossene Fassung noch schärfer zum Ausdrucke gebracht, als durch den Vorschlag des § 40 Abs. 1. Zugleich werde durch den Zusatz der Worte „in dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze" der Zweifel, ob und inwieweit durch das Kodifikationsprinzip auch solche landesgesetzlichen Bestimmungen getroffen würden, welche in bereits erlassenen Reichsgesetzen in Bezug genommen seien, in dem Sinne erledigt, daß dieselben ebenfalls außer Kraft treten, sofern sie nicht durch einen auf die betreffende Materie sich beziehenden allgemeinen oder besonderen Vorbehalt geschützt seien. Der Standpunkt der Motive S. 32, 58, welcher die Entscheidung davon abhängig machen wolle, ob die Absicht des verweisenden Reichsgesetzes dahin gehe, der partikularrechtlichen Vorschrift kraft Reichsrechts die Geltung zu sichern, sei nicht haltbar, da die in den betreffenden Reichsgesetzen enthaltenen Vorbehalte nicht mit Rücksicht auf das dem Bürgerlichen Gesetzbuche zu Grunde liegende Kodifikationsprinzip gemacht seien, den betreffenden Reichsgesetzen daher die Entscheidung der Frage, ob und inwieweit die in Bezug genommenen partikularrechtlichen Vorschriften neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche Geltung behalten sollten, fern gelegen habe. Diese Frage sei vielmehr durch das gegenwärtige Einführungsgesetz, und zwar in dem beschlossenen Sinne, zu entscheiden. Selbstverständlich würden übrigens durch das Kodifikationsprinzip solche landesgesetzliche Vorschriften nicht berührt, welchen ausnahmsweise reichsgesetzliche Kraft beigelegt sei, da es sich in solchen Fällen überhaupt nicht mehr um ein Landesgesetz, sondern um ein Reichsgesetz handele (vergi, ζ. Β. § 75 Abs. 2 des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875). I Prot 1 12685
Der Ausdruck „Privatrechtliche Vorschriften" im Sinne |der Motive S. 16 ff. erfuhr keinen Widerspruch. Insbesondere herrschte Einvernehmen, daß darunter nur die materiellen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu verstehen seien. 2. Der Antrag unter 1 b fand, nachdem ein im Laufe der Berathung gestellter Antrag, die Berathung jenes Antrags bis zur Beschlußfassung über den § 135 zur Zusst. auszusetzen, abgelehnt war, ebenfalls nicht die Zustimmung der Kommission. Man besorgte, die Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung als Absatz 2 des § 40 könne zu der mißverständlichen Auslegung führen, daß die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze insoweit, als dieselben sich als ein Bestandtheil der Gesetzgebung über die sogenannte freiwillige Gerichtsbarkeit darstellten, daß insbesondere solche Vorschriften, welche bestimmen, daß es zur Entstehung, Aenderung oder Aufhebung privatrechtlicher Verhältnisse einer von den Organen der freiwilli464
Protokolle der 1. Kommission gen Gerichtsbarkeit vorzunehmenden Beurkundung, Bestätigung oder einer sonstigen Amtshandlung bedürfe (vergi. Motive S. 17, 18), von dem Kodifikationsprinzipe nicht berührt würden. Ob und inwieweit in Ansehung solcher dem Gebiete der sogenannten freiwilligen Gerichtsbarkeit angehörenden landesgesetzlichen Vorschriften, welche keinen privatrechtlichen Charakter hätten, ein besonderer Vorbehalt angemessen sei, bleibe der Berathung des § 135 der Zusst. vorbehalten, jedoch ohne Präjudiz für die Frage, ob und inwieweit auch in dieser Beziehung eine einheitliche reichsgesetzliche Regelung durch ein besonderes Gesetz angezeigt sei (vergi, die Anm. 1 zu Buch IV des Entw.). 3. Absatz 2 des § 40 wurde in Gemäßheit des Antrags unter 2 abgelehnt. Man ging davon aus, daß bei jedem einzelnen nur für Elsaß-Lothringen erlassenen Ge-| setze |Prot 1 12686 geprüft werden müsse, ob dasselbe als Reichsgesetz oder als Landesgesetz erlassen sei. Ein Bedürfniß gegenüber dem Kodifikationsprinzipe des § 40 Abs. 1 durch eine positive Vorschrift, wie sie der Vorschlag des § 40 Abs. 2 enthalte, einzugreifen, liege nicht vor. II. Der Vorschlag des § 41 der Zusst. geht dahin: „In Ansehung der Landesherren TE-EG und der Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie der Mitglieder der Fürstli- S 41 chen Familie Hohenzollern finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur insoweit Anwendung, als nicht besondere Vorschriften der Hausverfassungen (Hausgesetze, Observanzen) oder der Landesgesetze abweichende Bestimmungen enthalten. Die Vorschrift des ersten Absatzes findet jedoch, unbeschadet der im ersten Absätze bezeichneten besonderen Vorschriften, welche die Eheschließung durch einen Bevollmächtigten gestatten, auf die Vorschriften der §§ 1245, 1248, 1249 und des § 1440 Absatz 3 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches keine Anwendung." (Allg. Theil § 8, Begr. S. 20, 21, 30, 31; F.R. S 4, Motive S. 22 ff.; gedr. Abänderungsantr. unter Nr. 4 S. 2) Absatz 1 des § 41 wurde aus den Gründen der Motive S. 20, 21, 30, 31, jedoch mit der Modifikation angenommen, daß hinter dem Worte „Hausverfassungen" der Zusatz, „(Hausgesetze, Observanzen)" gestrichen werden soll, weil dieser, auch in den Einführungsgesetzen zu den Reichsjustizgesetzen fehlende Zusatz den Anschein erwecken könne, als ob die auf Hausgesetzen im engeren Sinne, d. h. einseitigen Bestimmungen des Haupts | der Familie oder auf Observanzen beruhenden Vor- | Prot 1 12687 Schriften auch dann wirksam sein sollten, wenn nach der betreffenden Hausverfassung derartige Vorschriften der Wirksamkeit entbehrten. In dieser Hinsicht sei aber die betreffende Hausverfassung allein maßgebend. Anlangend den Absatz 2 des § 41, so erfuhr derselbe zwar sachlich keinen Widerspruch. Die Mehrheit hielt jedoch die Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung für entbehrlich, weil die letztere durch das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 §§ 72, 77, welches mit den auf das Bürgerliche Gesetzbuch verweisenden Vorschriften des Einführungsgesetzes (Prot. S. 12656) neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche in Kraft bleibe, bereits gedeckt sei. Absatz 2 des § 41 wurde demgemäß abgelehnt. Der im Laufe der Berathung gestellte Antrag, die zu § 41 Absatz 1 beschlossene Vorschrift nach dem Vorgange der Reichsjustizgesetze in den ersten Abschnitt des Einführungsgesetzes als Art. 2 einzustellen, fand nicht die Zustimmung der Kommission. Die Mehrheit war der Ansicht, daß, da die hier in Rede stehenden Vorschriften dem Landesrechte angehörten, es sich mithin um einen landesgesetzlichen Vorbehalt handele, die beschlossene Vorschrift systematisch in den Abschnitt über das Verhält465
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niß des Bürgerlichen Gesetzbuches zu den Landesgesetzen gehöre und kein genügender Grund vorliege, davon abzuweichen. TE-EG §42 Planck Schmitt (Nr 5) I Prot 1 16688
Planck
III. Die Berathung wandte sich sodann dem § 42 der Zusst. zu, welcher lautet: „In Ansehung des Güter- und Familienrechtes der vormals reichsständischen, seit 1806 mittelbar gewordenen Familien bleiben die | Vorschriften der Hausverfassungen (Hausgesetze, Observanzen) und der Landesgesetze nach Maßgabe der in diesem Gesetze enthaltenen Vorschriften unberührt. Unberührt bleiben die (auf Hausverfassungen beruhenden) Vorschriften, welche betreffen : 1. den Erwerb des Familiennamens von Seiten der Ehefrau und deren Kinder;
Planck
2. das eheliche Güterrecht bei standesmäßigen Ehen, diese Vorschriften jedoch nur insoweit, als der Inhalt derselben nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches auch durch Ehevertrag vereinbart werden kann, und mit der Maßgabe, daß ein solcher Güterstand, soweit derselbe von dem gesetzlichen Güterstande des Bürgerlichen Gesetzbuches abweicht, in Ansehung der Wirksamkeit gegenüber einem Dritten einem vertragsmäßigen Güterstande gleichsteht;
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3. die besonderen mit der Ebenbürtigkeit verbundenen Vermögensrechte, sowie die Voraussetzungen, von welchen die Fortdauer oder der Erwerb dieser Rechte abhängig ist;
Planck
4. die Ausschließung oder die Beschränkung der elterlichen Gewalt der Mutter bei standesmäßigen Ehen;
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5. in Ansehung der Vormundschaft über ebenbürtige Familienmitglieder die gesetzliche Vormundschaft, die Berufung zur Vormundschaft, die Bestellung und I Prot 1 12689 Zuziehung eines Gegenvormundes, die Geschäftsvertheilung | unter mehrere Mitvormünder, die Ansprüche des als Vormund über das volljährige Familienhaupt berufenen Agnaten an das Stammgut, die Nothwendigkeit der Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes oder der Genehmigung des Gegenvormundes, die Mitwirkung des Gemeindewaisenrathes, die Voraussetzungen der befreiten Vormundschaft (die Anordnung einer Stammgutskuratel) sowie die Mitwirkung eines Familienrathes an Stelle oder neben der Vormundschaftsbehörde und die Bildung, Zusammensetzung und das Verfahren eines solchen Familienrathes; Schmitt 6. die gesetzliche Erbfolge mit Einschluß des Pflichttheiles sowie den Erbverzicht; (Nr 5) in Ansehung der Nachlaßgläubiger sind jedoch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches maßgebend; Schmitt 7. die Stammgüter, Familienfideikommisse und Familienstiftungen, jedoch in (Nr 5) nicht weiterem Umfange, als in Ansehung derselben durch das gegenwärtige Gesetz auch den Landesgesetzen Raum gelassen ist.38 38
Der Antrag von v. Schmitt war wie folgt begründet (Nr. 78) : Nach Protokoll vom 6. 10. 1881 S. 7, 8 ist beschlossen, über die Autonomie des Adels mit der Folge zu schweigen, daß dieselbe, soweit sie noch besteht, in gleichem Umfange wirkungslos wird, wie das Gesetzgebungsrecht der einzelnen Bundesstaaten, jedoch unter dem Vorbehalte, im Einführungsgesetze die Autonomie des Adels innerhalb gewisser Schranken aufrecht zu halten. Der ^11 des Einführungsgesetzes zum allg. Theil giebt hierfür einen von den Redaktoren der besonderen Theile auszufüllenden Rahmen in Ansehung der Autonomie des hohen Adels. Dem entspricht in Ansehung des Erbrechts der Vorschlag unter Nr. 30 (oben unter Ziff. 6 und 7). — Nach den Motiven zum Einführungsgesetz des allg. Theils, S. 29, 30 wird für erforderlich erachtet, auch die Autonomie des niederen Adels in Ansehung von Stamm-
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Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Wirksamkeit der Observanzen ausschließen und die Wirksamkeit autonomischer Verfügungen von deren Vorlage an den Landesherrn, von landesherrlicher Bestätigung oder von staatlicher Verkündung abhängig machen." (Allg. Theil § 11 S. 2, Begr. S. 21 ff.; F.R. § 6 S. 2, Motive S. 29 ff.; gedr. Abänderungsantr. unter N r . 5 S. 2 ff.; Antrag 5 zum Einf.Ges. unter B, 30 S. 4) Dazu lagen folgende Anträge vor: 11. den § 42 mit folgendem Inhalte zu beschließen: „Unberührt bleiben die VorSchriften der Landesgesetze, welche den vormals reichsständischen oder reichsritterschaftlichen Familien oder den diesen Familien landesgesetzlich gleichgestellten Familien (in Ansehung der Güter und der Familienverhältnisse) Autonomie zuerkennen, sowie die Vorschriften der Landesgesetze, welche die autonomen Bestimmungen (Hausgesetze, Observanzen) der bezeichneten Familien ergänzen oder ersetzen. Doch steht der Landesgesetzgebung nicht zu, die Autonomie über den U m f a n g hinaus zu erstrecken, in welchem dieselbe im Zeitpunkte des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches den bezeichneten Familien zusteht; auch sind zur Wirksamkeit der nach diesem Zeitpunkt ergehenden Hausgesetze staatliche Bestätigung und staatliche Bekanntmachung erforderlich."
Gebhard
|Proti 12690 γ Mandry (Nr 79, 2)
2. Den § 42 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Unberührt bleiben die das Planck Güter- und Familienrecht der vormals reichsständischen seit 1806 mittelbar gewor- (Nr 86) denen Familien betreffenden, auf Hausverfassungen, Hausgesetzen, Observanzen oder Landesgesetzen beruhenden Vorschriften. Vorschriften dieser Art können durch autonomische Verfügungen oder im Wege der Landesgesetzgebung künftig nur insoweit getroffen werden, als sie bisher im Wege autonomischer Verfügungen getroffen werden konnten. Unberührt bleiben . . ." (wie im 3. Absatz des § 42) Die Berathung wurde zunächst auf die Frage beschränkt, in welcher Art das Verhältniß des B.G.B, zu dem Sonderrechte der vormals reichsständischen Familien (des hohen | Adels) geregelt werden solle. | Prot 1 12691 Der prinzipielle Standpunkt des § 42 der Zusammenstellung, daß zu Gunsten des bezeichneten Sonderrechtes eine Ausnahme von dem Kodifikationsprinzipe zu machen, daß andererseits jenes Sonderrecht nicht reichsgesetzlich zu regeln, insbesondere den auf der Autonomie des hohen Adels beruhenden Vorschriften keine reichsgesetzliche, von der Landesgesetzgebung unabhängige Geltung zu sichern sei, wurde im Hinblick auf die Ausführungen in den Motiven zu den Vorschlägen des Referenten des allgemeinen Theils S. 24 ff. von keiner Seite bekämpft. Gegen die Emanzipirung des in Rede stehenden Sonderrechts von der Landesgesetzgebung durch Reichsrecht wurde insbesondere geltend gemacht, daß dadurch in einer Materie, welche eine staatsrechtliche Bedeutung f ü r die einzelnen Staaten habe, die Landesgesetzgebung beschränkt werden würde. U m so bedenklicher sei es, reichsgesetzlich einzugreifen, als in die Reichsverfassung eine das Sonderrecht des hohen Adels reichsgesetzlich sichernde Vorschrift nicht aufgenommen sei.
giitern und Familienfideikommissen zu wahren. Werde auch die Frage bejaht, so dürfte gleichwohl der in den §§ 14, 15 des Einführungsgesetzes zum Erbrecht enthaltene Hinweis auf die Landesgesetze genügen; denn die Autonomie des niederen Adels beruht seit der Auflösung des alten Bundes auf Landesrecht. Fraglich kann sein, ob nicht ein Gleiches für die Autonomie des hohen Adels in Ansehung von Stammgütern pp. zu sagen und darum der Vorschlag Nr. 30, y (vgl. oben Ziff. 7 Abs. 1) zu beseitigen wäre.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Auf Grund vorstehender Erwägungen wurde, vorbehaltlich der Entscheidung der Frage, ob und inwieweit nach Maßgabe des § 42 Abs. 2, 3 und der Anträge der Vorbehalt zu Gunsten des Sonderrechts des hohen Adels gewissen Beschränkungen zu unterwerfen sei, die Aufnahme folgender Vorschrift beschlossen : In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter der ehemals reichsständischen, seit 1806 mittelbar gewordenen Häuser bleiben die Vorschriften der Landesgesetze sowie nach Maßgabe der Landesgesetze die Vorschriften der Hausverfassungen unberührt. Anlangend die Fassung, so war die Mehrheit der Ansicht, daß, da das Standesrecht des hohen Adels auf zwei Rechtsquellen, nämlich theils auf autonomischen I Prot 1 12692 Satzun-| gen (den Hausverfassungen), theils unmittelbar auf Landesgesetz beruhe, in dem Vorbehalte zum Ausdrucke gebracht werden müsse, daß sowohl die auf Landesgesetz als die auf Hausverfassungen beruhenden Vorschriften unberührt blieben. Um jedoch das sonst nicht ausgeschlossene Mißverständniß zu beseitigen, als solle den Hausverfassungen durch den Vorbehalt reichsgesetzlich eine von der Landesgesetzgebung unabhängige Geltung gesichert werden, erachtete man es als rathsam, durch die Einschaltung der Worte „nach Maßgabe der Landesgesetze" darauf hinzuweisen, daß die Autonomie des hohen Adels, wie bisher, so auch künftig nach jeder Richtung der Landesgesetzgebung untergeordnet sei und von der letzteren demgemäß auch gänzlich entzogen werden könne. Die Weglassung des Zusatzes „(Hausgesetze, Observanzen)" erfolgte aus ähnlichen Gründen, aus welchen in dem zu § 41 der Zusammenstellung beschlossenen Vorbehalte jener Zusatz weggelassen ist, S. 12686, 12687. Die Bezeichnungen der Familien, zu deren Gunsten der Vorbehalt gemacht ist, schließt sich dem Sinne des Art. XIV der Bundesakte vom 8. Juni 1815 an. 754. Sitzung vom 12. 3. 1888, Schriftführer : Struckmann I Prot 1 12693
11. Die in der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung des § 42 der gedruckten Zusammenstellung der Vorschläge zum Einführungsgesetze wurde fortgesetzt. Dieselbe führte zu folgenden weiteren Beschlüssen: 1. Der in der vorigen Sitzung zu Gunsten des Sonderrechtes des hohen Adels beschlossene Vorbehalt soll reichsgesetzlich weder nach Maßgabe des Antrags unter 1 Abs. 2 Satz 1 und des Antrags unter 2 Abs. 2 (Prot. S. 12690) negativ noch nach Maßgabe des § 42 Abs. 2 der gedruckten Zusammenstellung, S. 12688,12689, positiv in sachlicher Hinsicht beschränkt werden. Erwogen war: Wenngleich es an sich nah liege, das Sonderrecht der ehemals reichsständischen Familien in Ansehung ihrer Familienverhältnisse und ihrer Güter nur in dem bisherigen Umfange zu erhalten und deshalb der Landesgesetzgebung die Schranke zu I Prot 1 12694 ziehen, daß sie weder die Autonomie des hohen Adels über den bisherigen Um-| fang hinaus erstrecken noch auch unmittelbar dem Sonderrechte eine über den bisherigen Umfang der autonomischen Verfügungsgewalt hinausgehende Ausdehnung geben könne, so falle doch gegen eine derartige Regelung entscheidend ins Gewicht, daß der Umfang, in welchem gegenwärtig den in Rede stehenden Familien das Autonomierecht zustehe, ein unsicherer und vielfach bestrittener und es im hohen Maße mißlich sei, einen so zweifelhaften Rechtszustand dauernd zu Sanktioniren und der Landesgesetzgebung die Möglichkeit gänzlich abzuschneiden, da, wo es angemessen sei, einzugreifen und einen befriedigenderen Rechtszustand herbeizuführen. Lege man der Landesgesetzgebung in der vorgeschlagenen Art Fesseln an, so laufe dieselbe bei der Unsicherheit, welche in Ansehung des Umfangs der autonomischen 468
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Verfügungsgewalt bestehe, Gefahr, daß die von ihr erlassenen Vorschriften als ungültig angefochten würden. Auf der anderen Seite werde im Hinblick auf jene Unsicherheit der Zweck, welchen die Anträge durch die vorgeschlagene Beschränkung zu erreichen beabsichtigten, doch nur in einer sehr unvollkommenen Art erreicht. Daß die Landesgesetzgebung dem Sonderrecht des hohen Adels auf Grund des beschlossenen Vorbehalts eine unangemessene Ausdehnung geben werde, sei nach den auf diesem Gebiete gemachten Erfahrungen nicht zu besorgen. Von selbst verstehe es sich übrigens, daß, soweit dem Sonderrechte des hohen Adels durch besondere nach dem Einführungsgesetze neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche in Kraft bleibenden Reichsgesetze Schranken gezogen seien, wie insbesondere durch das Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875, es bei diesen Schranken auch künftig sein Bewenden habe. Auch der von dem §42 der Zusst. eingeschlagene |Weg, den Vorbehalt positiv | Prot 112695 durch die nähere Bezeichnung der Gegenstände, auf welche derselbe sich solle erstrecken können, zu begrenzen (vergi. Prot. S. 12688, 12689), empfehle sich nicht, da einestheils die einschlagenden Vorschriften der einzelnen Hausverfassungen sich vollständig kaum übersehen ließen, anderentheils durch eine solche positive Begrenzung in die bestehenden Hausverfassungen zu tief eingegriffen und für die betreffenden Familien die Nöthigung herbeigeführt werden würde, ihre Hausverfassungen einer vollständigen Revision zu unterziehen. Auch Art. XIV der Bundesakte vom 8. Juni 1815 habe das der Autonomie überlassene Gebiet nicht durch eine nähere Bezeichnung der Gegenstände positiv begrenzt. Inwieweit gutgläubige Dritte gegen die mit dem Güterrechte des hohen Adels verbundenen Veräußerungsbeschränkungen im Interesse der Verkehrssicherheit nach Maßgabe der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu schützen seien, bleibe späterer Prüfung im Zusammenhange mit der Berathung über die Vorbehalte in Ansehung des Rechts der Stammgüter, Fideikommisse und Lehen vorbehalten. 2. Abs. 3 des § 42 der Zusst. wurde auf Grund des in der vorigen Sitzung gefaßten Beschlusses durch die Einschaltung der Worte „nach Maßgabe der Landesgesetze" als erledigt angesehen. Der Antrag unter 1 Abs. 2 Satz 2, reichsgesetzlich zu bestimmen, daß zur Wirksamkeit der nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erlassenen autonomischen Verfügungen staatliche Bestätigung und staatliche Bekanntmachung erforderlich sei, wurde zurückgezogen. 3. Der in der vorigen Sitzung zu Gunsten des hohen Adels beschlossene Vorbehalt soll auch auf die vormals reichsritterschaftlichen Familien (vergi. Antrag unter 1 Abs. 1,1 Prot. S. 12690) ausgedehnt und demgemäß im Anschlüsse an die Ausdrucks- | Prot 112696 weise des Art. XIV der Bundesakte in jenem Vorbehalte hinter den Worten „der ehemals reichsständischen seit 1806 mittelbar gewordenen Häuser" eingeschaltet werden „sowie des ehemaligen Reichsadels." Dagegen wurde der Antrag unter 1 Abs. 1 insoweit, als er den Vorbehalt auch auf die dem ehemaligen Reichsadel landesgesetzlich gleichgestellten Familien auszudehnen bezweckt, abgelehnt. Die Mehrheit war der Ansicht, daß kein genügender Grund vorliege, in das hier in Rede stehende Sonderrecht des ehemaligen Reichsadels, wie dasselbe sich auf Grund des Art. XIV der Bundesakte nach Maßgabe der Landesgesetze gestaltet habe, einzugreifen, zumal in Ansehung einzelner Familien der Zweifel bestehe, ob sie den vormals reichsständischen oder nur den vormals reichsritterschaftlichen Familien angehörten. Dagegen sei die Sachlage in Ansehung des landsässigen Adels eine 469
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch wesentlich andere, da dessen Sonderrecht nicht seine geschichtliche Grundlage in der Deutschen Bundesakte, sondern lediglich in der Landesgesetzgebung habe und diesem Adel keineswegs die gleiche historische Bedeutung zukomme, wie dem ehemaligen Reichsadel. Inwieweit ein Bedürfniß vorhanden sei, die auf autonomischen Verfügungen des landsässigen Adels beruhenden Vorschriften über Stammgüter und Familienfideikommisse nach Maßgabe der Landesgesetze aufrechtzuerhalten, bleibe der P r ü f u n g bei Gelegenheit der Berathung der §§ 44 ff. der Zusst. vorbehalten. Durch die in der vorigen und in dieser Sitzung zu § 42 der Zusst. gefaßten Beschlüsse galten der § 42 und die dazu gestellten Anträge als erledigt. I Proti 12697
| II. Die Berathung wandte sich sodann dem § 43 der Zusst. zu, welcher lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über den Erwerb und Verlust des Adels." ( F . R . S 5 S . 2, MotiveS. 28.) Der Vorschlag wurde abgelehnt. Man ging davon aus, daß der Vorbehalt einerseits entbehrlich sei, da die Vorschriften über den Erwerb und den Verlust des Adels zweifellos dem öffentlichen Rechte angehörten, andererseits den Standpunkt des Bürgerlichen Gesetzbuchs, daß für das bürgerliche Recht die Verschiedenheit des Standes nicht in Betracht komme, zu verdunkeln drohe (vergi. Prot. S. 6072 bis 6074).
Schmitt III. Die §§ 44 bis 48 der Zusst. wurden zusammen berathen. Dieselben lauten : (Nr 5) § 44. „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die StammgüTE-EG ter des Adels mit Einschluß der Vorschriften über den Erbverzicht adeliger Töchter. § 44 Unter Stammgütern im Sinne dieses Gesetzes sind die nach einer besonderen Sukzessionsordnung, jedoch in Ansehung der Gläubiger des letzten Eigenthümers ungetrennt von dem allgemeinen Nachlasse desselben vererblichen Güter zu verstehen." (Antrag 5 zum Einf.Ges. unter B, 24 S. 2; Erbr. § 14, Motive S. 1211 ff.; F.R. Motive S. 26 ff.; S.R. Motive S. 210 ff.; Anm. unter I, e zu Buch III §§ 778 ff. K.E.) I Prot 1 12698
| § 45. „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Familienfideikommisse. TE-EG Unter Familienfideikommissen im Sinne dieses Gesetzes sind die nach einer be§ 45 sonderen Sukzessionsordnung und in Ansehung der Gläubiger des letzten Besitzers getrennt von dem Nachlasse desselben vererblichen Allodialgüter zu verstehen." (Antrag 5 zum Einf.Ges. unter B, 25 S. 3; Erbr. § 15, Motive S. 1221 ff.; F.R. Motive S. 21 ff., 26; S.R. Motive S. 210 ff.; Anm. unter I, e zu Buch III §§ 778 ff., K.E.)
TE-EG § 46. „Für die Familienfideikommisse, welche nach dem Inkrafttreten des Bürger§ 46 liehen Gesetzbuches errichtet werden, gelten die folgenden Vorschriften. Ein Familienfideikommiß kann nur mit der Maßgabe errichtet werden, daß der jeweilige Besitzer das beschränkte Eigenthum an dem Gute hat; die Errichtung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Form. Die Nachfolge in das Familienfideikommiß kann immer nur einem einzigen Familiengliede f ü r das ganze Gut zu Theil werden. Daß dieselbe Person mehrere Familienfideikommisse besitzt und daß mehrere Glieder derselben Familie verschiedene Familienfideikommisse besitzen, ist nicht ausgeschlossen. Familienfideikommisse können durch die übereinstimmende Erklärung sämmtliI Prot 1 12699 cher | zur Zeit lebender Betheiligten (Familienschluß) geändert oder aufgehoben werden. Die Erklärungen bedürfen der gerichtlichen oder notariellen Form. Die 470
Protokolle der 1. Kommission A u f h e b u n g o d e r A e n d e r u n g kann landesgesetzlich v o n staatlicher G e n e h m i g u n g abhängig gemacht werden." (Antrag 5 z u m Einf.Ges. unter B, 26 S. 3; Erbr. § 16, Motive S. 1221 ff.; S.R. M o t i v e S . 2 1 0 ff.) 3 9 § 47. „In Rechtsgebieten, in w e l c h e n das Institut des Familienfideikommisses bis TE-EG z u m Inkrafttreten des Bürgerlichen G e s e t z b u c h e s nicht bestanden hat, kann dasselbe S 4 7 nicht e i n g e f ü h r t w e r d e n . " (Antrag 5 z u m Einf.Ges. unter B, 27 S. 3; Erbr. § 17, M o t i v e S. 1223 ff.) § 48. „ U n b e r ü h r t bleiben die V o r s c h r i f t e n der L a n d e s g e s e t z e über Lehen. TE-EG N a c h d e m Inkrafttreten des Bürgerlichen G e s e t z b u c h e s k ö n n e n Privatlehen nicht § n e u errichtet w e r d e n . U n b e r ü h r t bleiben auch die V o r s c h r i f t e n der L a n d e s g e s e t z e über allodifizirte L e h e n ; insofern j e d o c h das L a n d e s g e s e t z die U m w a n d l u n g v o n Lehen in Familienf i d e i k o m m i s s e , S t a m m g ü t e r o d e r A n e r b e n g ü t e r v e r o r d n e t o d e r zuläßt, f i n d e n auf diese Familienfideikommisse, S t a m m g ü t e r und A n e r b e n g ü t e r die V o r s c h r i f t e n der §§ 4 4 bis 4 6 (49 bis 52), 1129 bis 134 des g e g e n w ä r t i g e n G e s e t z e s A n w e n d u n g . " | Prot 1 12700 (Antrag 5 z u m Einf.Ges. unter B, 29, S. 4; Erbr. § 18, M o t i v e S. 1228 ff.; F.R. M o t i v e S. 2 2 ; S.R. M o t i v e S. 210 ff.; A n m . unter I, e z u Buch III §§ 778 ff. K.E.) 4 0 D a z u lagen f o l g e n d e A n t r ä g e vor : v. Mandry 1. z u 44 bis 48 der gedruckten Z u s a m m e n s t e l l u n g , (Nr 79, 3) a) in erster Linie z u bestimmen: § 44. „ U n b e r ü h r t bleiben die V o r s c h r i f t e n der L a n d e s g e s e t z e über die S t a m m g ü -
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Hier folgt im handschriftlichen Antrag N r . 5 von v. Schmitt noch: § 28 (neu). Auf Stiftungen, welche ausschließlich dem Vortheile von Angehörigen einer oder mehrerer Familien gewidmet sind (Familienstiftungen), finden die Vorschriften des § 26 Abs. 4 (auch des § 27) dieses Gesetzes entsprechende Anwendung. Die Landesgesetze können den Kreis der zur Theilnahme an dem Familienschlusse berechtigten Familienangehörigen begrenzen und Mehrheitsbeschlüsse für zulässig erklären. Die Anträge von v. Schmitt waren wie folgt in N r . 78 begründet: § 44 (§14 des Erbrechtsteilentwurfs; Mot. S. 1211 — 1220). Der zweite Satz des zweiten Absatzes und der dritte Absatz des 5 14 sind in dem neuen Vorschlage weggelassen. D e r letztere würde gegenüber den neu formulierten Vorschriften über Anerbenrecht nicht mehr passen; derselbe und Abs. 3 Satz 2 dürften aber auch entbehrlich sein, denn da den Landesgesetzen, abgesehen von der Vorschrift des Abs. 1 Satz 1 Raum gelassen ist, können dieselben auch innerhalb des reichsgesetzlichen Begriffes des Stammgutes, nähere Vorschriften treffen; was aber der dritte Absatz besagt, ergiebt sich schon aus den vorhergehenden Worten „jedoch in Ansehung der Gläubiger des letzten Eigenthümers ungetrennt von dem allgemeinen Nachlasse desselben vererblichen Güter." Zu §§ 45—47 (SS 15—17 des Erbrechts-Einführungsgesctzentwurfs; Mot. S. 1221 — 1228). In S 15 Abs. 1 ist das W o r t „deutschrechtliche" als aus Absatz 2 entnehmbar weggeblieben. Ebenso ist in S 15 Absatz 2 der zweite Satz aus denselben Gründen weggelassen, welche f ü r die gleiche Weglassung in S 14 Abs. 2 maßgebend waren. Ebenda ist vor „Güter" eingeschaltet „Allodial", um den Gegensatz zu den Lehen anzudeuten. — In §17 ist der engere, dem Kommissionsbeschluß mehr entsprechende Auszug „in Rechtsgebieten, in welchen u.s.w." gesetzt, um auszuschließen, daß das Familienfideikommiß in Gebietstheilen eines Bundesstaates, in welchen es nicht bestanden hat, neu eingeführt werde, weil dasselbe in anderen Gebietstheilen desselben Bundesstaates bisher bestand resp. zulässig war. — In den SS 15, 16 ist der Ausdruck „Inhaber" mit dem Ausdrucke „Besitzer" vertauscht, um Gleichheit der Fassung zu erzielen. — Im Uebrigen haben die S S 15—17 nur Fassungsänderungen erfahren. 471
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch ter des Adels (mit Einschluß der Vorschriften über den Erbverzicht adeliger Töchter), über Familienfideikommisse und über Lehen." und die §§ 45 bis 48 zu streichen, b) eventuell : α) in § 44 den Absatz 2 zu streichen; ß) in § 45, a. in Absatz 1 zu setzen: „ . . . über die adeligen und den adeligen gleichgestellten Familienfideikommisse." b. den Absatz 2 zu streichen, γ) in § 46, a. die Absätze 1, 2, 3, zu streichen; b. den Absatz 4 dahin zu fassen: „Familienfideikommisse können durch die übereinstimmende Erklärung sämmtliI Prot 1 12701 eher zur Zeit | lebender Betheiligten (Familienschluß) aufgehoben werden. Die Erklärungen bedürfen der gerichtlichen oder notariellen Form. Zur Wirksamkeit des Familienschlusses ist staatliche Genehmigung erforderlich." d. in § 47, den Paragraphen zu streichen. Gebhard 2. a) den in dem Antrage unter l a vorgeschlagenen § 4 4 wie folgt zu fassen: (Nr 85) „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Stammgüter (mit Einschluß der Vorschriften über den Erbverzicht der Töchter), über die Familienfideikommisse, die Lehen und die Rechtsverhältnisse abgelöster Lehen. Nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches können Privatlehen nicht mehr errichtet werden. Unberührt bleiben ferner nach Maßgabe der Landesgesetze die auf Autonomie und Observanz beruhenden Vorschriften über Stammgüter und Familienfideikommisse." b) eventuell, falls die §§ 44 bis 48 zur Annahme gelangen sollten, folgende Aenderungen eintreten zu lassen : α) in § 44 Abs. 1 : Strich der Worte „des Adels" und „adeliger", ß) als § 45 a einzuschalten : „Unberührt bleiben nach Maßgabe der Landesgesetze I Prot 1 12702 die auf | Autonomie und Observanz beruhenden Vorschriften über Stammgüter und Familienfideikommisse." γ) in § 48 Abs. 3: „Unberührt bleiben auch die Vorschriften der Landesgesetze über die Rechtsverhältnisse abgelöster Lehen und die Umwandlung derselben in Stammgüter, Familienfideikommisse oder Anerbengüter. Sofern das Landesgesetz die Umwandlung verordnet oder zuläßt, finden die Vorschriften der §§ 44, 45, 45 a, des § 46 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 (der §§ 49 bis 52), 129 bis 134 des Einführungsgesetzes entsprechende Anwendung." Das Ergebniß der Berathung war, daß folgende Vorschrift in das Einführungsgesetz aufgenommen werden soll : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Familienfideikommisse und Lehen, einschließlich der allodifizirten Lehen, sowie über die Stammgüter. Im Uebrigen fanden die in den §§ 44 bis 48 der Zusst. und in den Anträgen gemachten Vorschläge nicht die Zustimmung der Kommission. Gegen die Aufnahme eines das Recht der Fideikommisse und der Lehen, einschließlich der allodifizirten Lehen, sowie die Stammgüter betreffenden Vorbehaltes überhaupt, wurde von keiner Seite Widerspruch erhoben. Anlangend insbesondere die Stammgüter, so verkannte man nicht die Bedenken, welche namentlich vom 472
Protokolle der 1. Kommission Standpunkte der Einheitlichkeit des bürgerli-| chen Rechtes aus und wegen der U n - | Prot 112703 bestimmtheit des Begriffs der Stammgüter gegen die Ausdehnung des Vorbehalts auf dieses einer gleichmäßigen Ausbildung nach allgemein anerkannten objektiven Kriterien ermangelnde Institut sich erheben ließen. Man war jedoch der Ansicht, daß die Rücksicht auf den bestehenden Rechtszustand und die Rücksicht auf die sozialen und wirthschaftlichen Zwecke des Instituts der Stammgüter als überwiegend anzusehen seien. Dazu komme, daß die Institute der Familienfideikommisse und der Stammgüter häufig der Art mit einander verschmolzen seien, daß es zweifelhaft bleibe, ob die betreffenden Güter den Charakter eines Familienfideikommisses oder eines Stammgutes hätten. Mit Rücksicht auf die verschiedene Ausbildung, welche das Institut der Stammgüter in den einzelnen Ländern erfahren habe, sei es auch unthunlich, in dem Vorbehalte den Begriff der Stammgüter reichsgesetzlich näher zu begrenzen. Auch die Konk.O. § 45 und der § 5 N r . 1 des Einführungsgesetzes zur Konk.O. haben von einer solchen Begriffsbestimmung Umgang genommen. Im Einzelnen wurde sodann erwogen: 1. Eine Einschränkung des Vorbehalts auf die Stammgüter des Adels könne als angemessen nicht erachtet werden, um so weniger, als nach dem bestehenden Rechte unter Umständen auch den Gütern nichtadeliger Personen die Stammgutseigenschaft beiwohnen könne, insbesondere in den Fällen, wenn Güter gewisser Art (Rittergüter u. dgl.) von nicht adeligen Familien erworben würden. Damit erledige sich zu gleich der im § 44 Abs. 1 der Zusst. sich findende, ohnehin wegen des allgemein lautenden Vorbehalts als entbehrlich zu erachtende Zusatz „mit Einschluß der Vorschriften über den Erbverzicht adeliger Töchter." I 2. Eine Begriffsbestimmung des Familienfideikommisses (§ 45 Abs. 2 der Zusst.) | Prot 1 12704 sei einerseits entbehrlich, andererseits, hingesehen auf solche Rechte, welche das Institut der Familienfideikommisse und der Stammgüter mehr oder weniger mit einander verschmolzen hätten, bedenklich. Ein Bedürfniß, besonders zum Ausdruck zu bringen, daß der Vorbehalt sich nur auf die deutschrechtlichen Familienfideikommisse, nicht auch auf das römischrechliche Familienfideikommiß beziehe (vgl. Antrag unter l b . ) liege nicht vor, da in dieser Richtung ein Zweifel um so weniger aufkommen könne, als in der beschlossenen Vorschrift die Familienfideikommisse im Zusammenhange mit den Lehen und Stammgütern erwähnt würden. 3. Die in Preußen der Rheinischen und Westfälischen Ritterschaft zustehenden besonderen Rechte, welche in nicht korrekter Sprachweise als autonomisch bezeichnet zu werden pflegten, geben zu einer speziellen Vorschrift keinen Anlaß. Es genüge in Betreff derselben der auf die Stammgüter sich beziehende Vorbehalt, zumal unter diesen auch andere als ererbte Güter verstanden werden könnten. 4. Daß nach Maßgabe der Landesgesetze auch die auf Autonomie und Observanz beruhenden Vorschriften über Stammgüter und Familienfideikommisse unberührt blieben (vgl. Antrag unter 2 Abs. 3), bedürfe im Hinblick auf den allgemein lautenden Vorbehalt, nach welchem die landesgesetzlichen Vorschriften über Familienfideikommisse und über die Stammgüter unberührt bleiben sollen, keiner besonderen Hervorhebung. Durch jenen Vorbehalt würden auch die autonomischen Vorschriften solcher nicht zu dem hohen Adel oder zu der Reichsritterschaft gehörenden Familien gedeckt, welchen durch die Landesgesetzegebung in Anse-| hung der Fami- | Prot 1 12705 lienfideikommisse und der Stammgüter das Recht der Autonomie eingeräumt sei, da auch diese Vorschriften, wenngleich nur mittelbar, auf Landesgesetz beruhen und es der Landesgesetzgebung unbenommen bleibe, die Voraussetzungen f ü r die Entstehung der hier fraglichen Normen zu bestimmen. 5. Der Neuerrichtung von Familienfideikommissen nach Maßgabe des § 46 der 473
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Zusst. reichsgesetzlich Schranken zu ziehen, sei wegen der daraus sich ergebenden und nothwendig zu Unzuträglichkeiten, insbesondere zu einer Erschwerung der H a n d h a b u n g der Gesetze, f ü h r e n d e n Rechtsverschiedenheit zwischen den alten und neuen Fideikommissen bedenklich, andererseits durch ein dringendes Bedürfniß nicht geboten. Ebensowenig liege ein genügender Anlaß vor, nach dem Vorschlage des § 47 der Zusst. die E i n f ü h r u n g des Instituts des Familienfideikommisses in solchen Gebieten, in welchen dasselbe bis z u m Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht bestanden habe, reichsgesetzlich zu verbieten. D e r Beschluß der K o m mission v o m 23. O k t o b e r 1874 sei nicht im Sinne eines solchen reichsgesetzlichen Verbotes zu verstehen. U m so mehr müsse man Bedenken tragen, den Vorbehalt in Ansehung der Familienfideikommisse zu beschränken, als, wie bereits hervorgehoben, die A b g r e n z u n g der Familienfideikommisse von den Stammgütern eine o f t zweifelhafte und unsichere sei. 6. Anlangend das im § 48 Abs. 2 der Zusst. vorgeschlagene reichsgesetzliche V e r b o t der Errichtung neuer Privatlehen, so habe dasselbe, hingesehen auf den bestehenden Rechtszustand, nur eine geringe praktische Bedeutung u n d fehle es deshalb an einem genügenden Anlasse, reichsgesetzlich in dieser Hinsicht einzugreifen, zumal eine scharfe Abgrenzung der Privatlehen von den übrigen Lehen mit Schwierigkeiten verbunden sei. I Prot 1 12706 | 7. Absatz 3 Satz 2 des S 48 der Zusst. und Satz 2 des Antrags unter 2 b, γ wurden durch die zu den §§ 44 bis 48 der Zusst. im Uebrigen gefaßten Beschlüsse als erledigt angesehen. 8. Vorbehalten blieb, z u m Schutze gutgläubiger Dritter gegen die mit den Instituten des Familienfideikommisses, der Lehen und der Stammgüter verbundenen V e r f ü gungsbeschränkungen noch eine geeignete Vorschrift in das Einführungsgesetz aufzunehmen. 755. Sitzung vom 14. 3. 1888, Schriftführer: Struckmann D i e Berathung des Einführungsgesetzes an der H a n d der gedruckten Z u s a m m e n stellung w u r d e fortgesetzt. I. Im Anschlüsse an die zu den §§ 41 bis 48 der Zusst. gefaßten Beschlüsse waren noch folgende Anträge eingebracht: Planck 1. hinter § 4 8 folgenden Paragraphen einzuschalten: „ W e n n durch eine nach (Nr 89,1) Maßgabe der § § 4 1 bis 48 (eventi. 42 bis 48) unberührt bleibende Vorschrift die V e r ä u ß e r u n g eines Gegenstandes verboten ist, so finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung." I Prot 1 12708 2. folgende V o r s c h r i f t zu beschließen: | „Soweit nach den in Gemäßheit der Art. Johow • · · (d. h. der Beschlüsse zu §§ 42 bis 48 der gedr. Zusst.) geltenden Vorschriften (Nr 88) Sachen oder Rechte an Sachen unveräußerlich sind, finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über gesetzliche Veräußerungsverbote, welche nur z u m Schutze des Interesses bestimmter Personen dienen, Anwendung." D e r A n t r a g unter 2 w a r von folgender Bemerkung begleitet: „Die Vorschrift des § 107 Abs. 3 B.G.B, ist von der Anwendbarkeit dadurch ausgeschlossen, d a ß sie nur auf die z u m Schutze persönlicher Ansprüche bestehenden Veräußerungsverbote sich bezieht, der vorstehende A n t r a g aber durchweg dingliche Rechte der Anwärter betrifft, den letzteren also im Konkurse ein Aussonderungsrecht oder ein Absonderungsrecht zusteht, w o d u r c h sie von der Einlassung auf den Konkurs befreit werden. Es bedarf daher keiner besonderen Ausschließung der Anwendbarkeit des zit. Abs. 3." 474
Protokolle der 1. Kommission Beschlossen wurde die folgende Vorschrift: W e n n die Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes nach den in den Art. . . . (den Beschlüssen zu §§ 41 bis 48 der gedr. Zusst. Prot. S. 12686 ff.) bezeichneten Vorschriften unzulässig oder nur beschränkt zulässig ist, so finden gleichwohl die zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, im Bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften entsprechende Anwendung. Erwogen war: In Ermangelung einer entgegenstehenden Vorschrift | würden auf Grund der zu | Prot 1 12709 den §§ 41 bis 48 der gedr. Zusst. beschlossenen Vorbehalte auf dem danach der Landesgesetzgebung und der Autonomie überlassenen Gebiete auch solche landesgesetzliche oder autonomische Vorschriften unberührt bleiben, welche mit den Grundsätzen des B.G.B, über den Schutz gutgläubiger Dritter nicht im Einklang ständen. Eine derartige Durchbrechung grundlegender Prinzipien des B.G.B, sei jedoch mit der Verkehrssicherheit nicht vereinbar, andererseits durch den Zweck der betreffenden Vorbehalte nicht geboten, da derselbe trotz der beschlossenen Beschränkung in ausreichender Weise erreicht werde. Die Beschränkung sei um so unbedenklicher, als dieselbe, namentlich in solchen Gebieten, in welchen das Grundbuchsystem durchgeführt sei, überwiegend dem geltenden Rechte entspreche. Auf der anderen Seite müsse man Anstand nehmen, in die betreffenden Sonderrechte weiter einzugreifen, als dies durch die Rücksicht auf die Verkehrssicherheit geboten sei. Der Antrag unter 2 gehe in dieser Hinsicht über das Bedürfniß hinaus. Derselbe wolle den Zweck dadurch erreichen, daß er den hier fraglichen Veräußerungsverboten den Charakter relativer Veräußerungsverbote im Sinne des § 107 des B.G.B, beilege. Durch eine derartige Vorschrift werde indessen ohne N o t h in solche Rechte eingegriffen, nach welchen das Veräußerungsverbot einen absoluten Charakter habe, insbesondere der Veräußerer selbst auf die Unwirksamkeit der Veräußerung sich berufen könne. Ein so weitgehender Eingriff werde durch die Rücksicht auf die Verkehrssicherheit nicht geboten. Es genüge, wenn der gutgläubige Dritte nach Maßgabe der zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten ableiten, im B.G.B, enthaltenen Vorschriften geschützt werde, möge nun das Veräußerungsverbot | nach den | Prot 112710 einschlagenden landesgesetzlichen oder autonomischen Bestimmungen einen absoluten oder nur relativen Charakter haben. Der Antrag unter 2 sei aber auch in anderer Richtung bedenklich, weil das relative Veräußerungsverbot nach dem § 107 Abs. 3 des B.G.B, gegenüber den Konkursgläubigern seine Wirkung verliere, mithin die Veräußerung des betreffenden Gegenstandes im Konkursverfahren nicht hindere, den Anwärtern aber ein gegenwärtiges, die Veräußerung hinderndes dingliches Recht zustehe. Anlangend die Fassung, so entspreche es der Ausdrucksweise des B.G.B., die hier einschlagenden Vorschriften zum Schutze des guten Glaubens Dritter durch den Ausdruck „Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten" zusammenzufassen (vergi. § 107 Abs. 1 Satz 2, § 135 Satz 2, §192 Abs. 2 des B.G.B.). Der Ausdruck „Gegenstand" statt der Worte „Sachen oder Rechte an Sachen" (vergi. Antrag unter 2) verdiene den Vorzug, weil derselbe nach der Sprachweise des B.G.B, auch die Forderungen mitumfasse (vgl. § 107 Abs. 1 Satz 2 des B.G.B.). Zweifelhaft könne es sein, ob auch der zu § 4 1 der gedr. Zusst. beschlossene Vorbehalt (Prot. S. 12686) der in Rede stehenden Beschränkung unterworfen werden solle, da bei jenem Vorbehalte auch staatliche Interessen in Betracht kämen. Indessen könne dieser Gesichtspunkt gegenüber dem vorwiegend privatrechtlichen Charakter des durch jenen Vorbehalt geschützten Sonderrechts um so weniger als 475
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
durchschlagend erachtet werden, als auf dem Gebiete des Privatrechtsverkehrs auch das Staatsgut den Vorschriften zum Schutze des guten Glaubens unterworfen sei. Die Ausdehnung der Beschränkung auf den bezeichneten Vorbehalt sei namentI Prot 112711 | lieh mit Rücksicht auf solche Fälle durch die Verkehrssicherheit geboten, in welchen der dem Veräußerungsverbote unterliegende Gegenstand bereits in den Verkehr, in die Hände Dritter gelangt sei.
TE-EG S Johow (Nr 2)
I Prot 112712
II. In Veranlassung der zu §§41 bis 48 der Zusst. beschlossenen landesgesetzlichen Vorbehalte wurde von einer Seite die Tragweite des Ausdrucks „Landesgesetze" im Hinblick auf das gemeine Recht angeregt. Man war allseitig einverstanden, daß jener Ausdruck auch das Gemeine Recht umfasse, dies aber eines besonderen Ausdrucks nicht bedürfe, da der Zusammenhang zur Genüge ergebe, daß unter Landesgesetz im Gegensatze zu den Reichsgesetzen jede andere Rechtsnorm zu verstehen sei. III. Die Berathung wandte sich darauf dem § 49 der Zusst. zu, welcher lautet: „Unberührt bleiben die Landesgesetze, welche bei Begründung von Hypotheken und Grundschulden an den zu einem Stammgute, einem Familienfideikommisse oder einem Lehen gehörenden Grundstücken die Einschränkung zulassen, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke nur im Wege der Zwangsverwaltung verlangen könne. (Einkünftehypothek)" (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter II § 43, S.R. § 50, Motive S. 217; Anm. 3 zu § 1062 K.E.) Zu dem Vorschlage waren folgende schriftliche Bemerkungen eingereicht: „Es kann nicht die Rede davon sein, die Bestellung einer Revenüenhypothek bezw. Grundschuld in der Weise zuzulassen, daß die Betheiligten den Berechtigten durch ausschließliche Verweisung auf den Weg der Zwangsverwal-| tung beschränken. Eine solche gesetzliche Beschränkung findet sich im Entwürfe in Ansehung von Rechten auf Befriedigung aus einem Grundstücke, wenn das Recht des Eigenthümers auslösend bedingt oder betagt ist, zu § 871 Abs. 2 des Entwurfs. In einer ähnlichen Lage befinden sich die Eigenthümer von Stammgütern pp. Wird denselben überhaupt nach Landesrecht die Bestellung von Hypotheken und Grundschulden gestattet, welche mit dem Rechte des Bestellers endigen, so müssen die Landesgesetze auch die unzweckmäßige Versteigerung des zeitlich begrenzten Rechtes des Bestellers abwenden können. Sollte das Landesrecht hierüber schweigen, so ergiebt eine solche Einschränkung sich vielleicht schon aus dem alsdann zur Abwendung gelangenden jus commune des § 871 Abs. 2. Die Beschränkung der Pfandrechte am Grundstücke bleibt eine gesetzliche und wird deshalb mit Eintritt des unbeschränkten Eigenthums wegfallen." 41 41
Diese Begründung bezieht sich auf die §§ 49 — 53. — Im metallographierten Antrag Nr. 13 ist ferner noch unter 2. folgendes enthalten: Im Prot. S. 3770 ist bemerkt: Insoweit den Agnaten bei Lehen und Fideikommissen ein Vorkaufsrecht mit limitirtem Preise nach Landesrecht zustehe, werde die Freiheit des Landesrechtes, in dieser Richtung zu bestimmen durch die Ueberweisung jener Rechtsinstitute an die Partikulargesetzgebung im Einführungsgesetze zu wahren sein. — Das Rechtsverhältniß der bestehenden Lehen und Fideikommisse ist in den Uebergangsbestimmungen zu regeln. Ueber die Zulässigkeit der Neubegründung wird zu § 15 der Vorschläge zum Einführungsgesetze vom Standpunkt des Erbrechtes zu beschließen sein. Findet keine Einschränkung des Vorbehaltes statt, so werden alle landesrechtlichen Vorschriften, welche zur Förderung jener Rechtsinstitute erlassen sind oder künftig erlassen werden, unberührt bleiben. Vom Standpunkte des Sachenrechtes bedarf es mithin keines besonderen Vorschlages in der oben angedeuteten Richtung. Uebrigens hat nicht ermittelt werden können, daß ein gesetzliches Vorkaufsrecht der Agna-
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Protokolle der 1. Kommission Der Vorschlag, welcher im Anschlüsse an die Anmerkung 3 zu Buch III Abschnitt 9 Zit. 1 SS 1062 ff. des B.G.B, die zu den §§ 41 bis 48 der Zusst. beschlossenen Vorbehalte dahin zu verdeutlichen bezweckt, daß auf dem nach jenen Vorbehalten der Landesgesetzgebung bezw. der Autonomie iiberlassenen Gebiete — abweichend von den Vorschriften des B.G.B. — die Begründung einer Hypothek oder Grundschuld an einem Grundstücke, dessen Belastung nach Maßgabe des betreffenden Sonderrechtes unzulässig oder nur beschränkt zulässig ist, mit der in dem Vorschlage bezeichneten Beschränkung gestattet sein soll, wurde sachlich von keiner Seite bekämpft und in folgender, den Gedanken des Vorschlags schärfer | zum Ausdruck bringenden Fassung angenommen: Unberührt bleiben die Landesgesetze, welche die Beschränkung einer Hypothek oder Grundschuld an einem Grundstücke, dessen Belastung nach den in den Art. . . . (den Beschlüssen zu §§ 41 bis 48 der gedr. Zusst. Prot. S. 12686 ff.) bezeichneten Vorschriften unzulässig oder nur beschränkt zulässig ist, dahin gestattet, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke nur im Wege der Zwangsverwaltung verlangen kann. Die vorgeschlagene technische Bezeichnung „Einkünftehypothek" wurde theils als entbehrlich theils im Hinblick auf die Grundschuld als nicht völlig zutreffend erachtet. Anlangend den Ausdruck „nur im Wege der Zwangsverwaltung", so ging man davon aus, daß das Gesetz über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen keinen Zweifel darüber lassen werde, daß im Wege der Zwangsverwaltung nur aus den Nutzungen des Grundstückes Befriedigung verlangt werden könne (vgl. § 1099 des B.G.B.). Die beschlossene Vorschrift soll der zu I beschlossenen Vorschrift vorangestellt werden. IV. Der § 50 der Zusst. lautet: „Reallasten, Hypotheken und Grundschulden können für den aus einem bestimmten Stammgutsverbande, Familienfideikommißverbände oder Lehnsverbande jeweils Berechtigten begründet werden. (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter I S 44; S.R. S 51, Motive S. 219)" Der Vorschlag wurde abgelehnt. Man war der An-| sieht, daß es auch für solche Rechte, nach welchen dem jeweiligen Besitzer das beschränkte Eigenthum zustehe, soweit es sich um dessen Buchung als Gläubiger handele, einer besonderen Bestimmung nicht bedürfe. In derselben Weise ferner, wie das Eigenthum an dem Gute, seien auch die sonstigen zu dem Fideikommisse, Lehen oder Stammgute gehörenden oder die Eigenschaften derselben habenden Rechte, insbesondere auch Kapitalien f ü r den gegenwärtigen Besitzer oder Genußberechtigten, unter Angabe der Fideikommißqualität u.s.w. in das Grundbuch einzutragen. Im Falle des Todes des eingetragenen Besitzers liege die Sache ähnlich wie im Falle der gewöhnlichen Erbfolge. Eine Abweichung von den allgemeinen Grundsätzen sei insbesondere auch vom Standpunkte des zeitigen Besitzers aus bedenklich, da demselben die Vortheile der Legitimation durch das Grundbuch entzogen würden, wenn die Eintragung f ü r den jeweils Berechtigten erfolge. V. Der im § 51 der Zusst. enthaltene Vorschlag, welcher dahin geht: „Soweit nach den Landesgesetzen die Wirksamkeit von Anwärterrechten von der Eintragung der Anwärter in das Grundbuch abhängig ist, tritt an dessen Stelle die Eintragung in ein von der zuständigen Behörde zu führendes Anwärterbuch." ten mit limitirtem Preise vorkomme. Die Limitation kann auch wohl nur rechtsgeschäftlich gedacht werden. 477
| Prot I I 2713
TE-EG S 50 Johow (Nr 2) |Prot 112714
TE-EG §51 Johow (Nr 2)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter II § 45, S.R. § 52, Motive S. 217 ff.) wurde zurückgezogen. TE-EG VI. Der § 52 der Zusst., lautend: |„In Prozessen zwischen dem eingetragenen §52 Eigenthümer des Grundstückes, welches zu einem Stammgut, einem FamilienfideiI Proti 12715 kommisse oder einem Lehen gehört, und dritten Personen über das Grundstück sind Johow die ergehenden gerichtlichen Urtheile auch gegen die Anwärter wirksam. Die Vorschrift des ersten Absatzes findet auf diejenigen auf Grundstücke einge(Nr 2) tragenen Rechte, welche zu einem Stammgut, einem Familienfideikommisse oder einem Lehen gehören, entsprechende Anwendung." (Antrag 2 zum Einf.Ges. unter II, 46; S.R. § 53, Motive S. 219 ff.) fand nicht die Zustimmung der Kommission. Die Mehrheit hielt einen so tiefgehenden Eingriff an das zum Theil abweichende geltende Recht (vergi, insbesondere Preuß. A.L.R. II, 4 II 117 ff.) in Ermangelung eines dringenden praktischen Bedürfnisses für bedenklich. Einvernehmen bestand, daß die hier einschlagenden landesgesetzlichen Vorschriften durch die zu den §§ 41 bis 48 der Zusst. beschlossenen allgemeinen Vorbehalte gedeckt seien. TE-EG S 53
VII. Der § 5 3 der Zusst. hat folgenden Wortlaut : „Unberührt bleiben : ι. die landesgesetzlichen Vorschriften über das Binnenschiffahrtsrecht; 2. die landesgesetzlichen Vorschriften über das Versicherungsrecht; 3. die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verlagsrecht." (Allg. Theil § 12, Begr. S. 71)
v. Mandry (Nr 65,2)
Dazu lagen folgende Anträge vor : 1. dem § 53 a) als Nr. 1 einzufügen : I Prot 112716 | „1. die landesgesetzlichen Vorschriften, welche nur eine Ergänzung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung oder der sogenannten Nürnberger Novellen oder des Allgemeinen Deutschen Handels-Gesetzbuches enthalten." b) dieser Nr. 1 die Anmerkung beizufügen : „Inwieweit der Inhalt des Bürgerlichen Gesetzbuches die Ausschließung oder Einschränkung des in Nr. 1 bestimmten Vorbehaltes (nach einzelnen Richtungen hin) als zweckmäßig erscheinen läßt, ist bei der Revision des Handelsgesetzbuches zu entscheiden." v. Mandry (Nr 87)
2. der Verbesserungsantrag : a) die im Antrage 1 unter lit. a beantragte Vorschrift dahin zu fassen: „1. die handelsrechtlichen, nur eine Ergänzung der Wechselordnung oder der Nürnberger Novellen oder des Handelsgesetzbuches enthaltenden Vorschriften der Landesgesetze;" b) die im Antrage 1 unter lit. b beantragte Note dahin zu fassen: „Die durch das Bürgerliche Gesetzbuch nöthig werdende Aenderung oder Aufhebung der im § 53 Ziff. 1 bezeichneten landesgesetzlichen Vorschriften ist der späteren Revision des Handelsgesetzbuches und der Wechselordnung vorbehalten."
Planck 3. den § 53 im Anschlüsse an die Fassung des | Eingangs des § 54 der Zusst. dahin (Nr 89, 2) z u fassen: „Unberührt bleiben die besonderen (oder . . . (wie im § 54) . . .) VorschrifI Prot 112717 ten der Landesgesetze : 1. über das Binnenschiffahrtsrecht, 2. über das Versicherungsrecht, 3. über das Verlagsrecht." Der Antrag unter 1 war von folgenden Bemerkungen begleitet: „Bezüglich der 478
Protokolle der 1. Kommission handelsrechtlichen pp. L a n d e s g e s e t z e ist das durch die A n w e n d u n g der generellen Regel (§ 40) sich ergebende Resultat meines Erachtens unrichtig, weil d e m Sinne des § 2 des R . E i n f . G e s . v o m 5. J u n i 1869 widersprechend, mindestens aber von sehr zweifelhafter Richtigkeit. H i e r erscheint eine Entscheidung geboten, welche zu § 53 in der Weise vorgeschlagen wird, daß die b e t r e f f e n d e n L a n d e s g e s e t z e aufrecht erhalten, aber zugleich der künftigen Revision des H a n d e l s g e s e t z b u c h e s die definitive Entscheidung vorbehalten wird. Für die F a s s u n g vergi. § 1 und 2 des R . E i n f . G e s . v o m 5. J u n i 1869." M a n verständigte sich dahin von der A u f n a h m e landesgesetzlicher V o r s c h r i f t e n in den im § 53 der Zusst. und in den Anträgen bezeichneten Richtungen z u r Zeit abzusehen, d a z u f o l g e der Beschlüsse des Bundesraths d a v o n a u s z u g e h e n sei, daß vor dem Inkrafttreten des B . G . B , das Wechselrecht und das H a n d e l s r e c h t einer besonderen Revision unterzogen und bei dieser Revision auch die V o r s c h r i f t e n über die Binnenschifffahrt, die V e r s i c h e r u n g und den V e r l a g s v e r t r a g vervollständigt werden würden. N u r f ü r den Fall, wenn | jene V o r a u s s e t z u n g sich nicht verwirklichen sollte, | Prot 112718 würde demnächst in den bezeichneten Richtungen durch das E i n f ü h r u n g s g e s e t z z u m B.G.B. V o r s o r g e zu treffen sein und f ü r diesen Fall das E i n f ü h r u n g s g e s e t z zugleich die durch das B . G . B , nothwendig w e r d e n d e n A e n d e r u n g e n und E r g ä n z u n g e n des Wechselrechts und Handelsrechts aufnehmen müssen. U m diesen S t a n d p u n k t der K o m m i s s i o n erkennbar zu machen, w u r d e beschlossen, dem Abs. 1 der Anm. z u Art. . . . (Beschluß zu § 10 der gedr. Zusst.; Prot. 12639) des E i n f ü h r u n g s g e s e t z e s folgenden Z u s a t z b e i z u f ü g e n : In Gemäßheit dieser Beschlüsse ist zugleich d a v o n a u s g e g a n g e n , daß bei der gedachten Revision das H a n d e l s g e s e t z b u c h durch V o r s c h r i f t e n über die Binnenschiffahrt, die V e r s i c h e r u n g und den V e r l a g s v e r t r a g zu vervollständigen sein w e r d e und daß das neue Wechselrecht und H a n d e l s r e c h t gleichzeitig mit d e m Bürgerlichen G e s e t z b u c h e in K r a f t trete. Sollte die V o r a u s s e t z u n g sich nicht verwirklichen, so w ü r d e n die A e n d e r u n g e n und E r g ä n z u n g e n , welche die nach dem O b i g e n besonders zu revidirenden G e s e t z e in F o l g e der E i n f ü h r u n g des Bürgerlichen G e s e t z b u c h e s nothwendig erleiden müssen, im E i n f ü h r u n g s g e s e t z e z u m Bürgerlichen G e s e t z b u c h e zu bestimmen und in dem letzteren zugleich vorzuschreiben sein, daß die in den §§ 2 bis 4 des Reichsgesetzes v o m 5. J u n i 1869, b e t r e f f e n d die E i n f ü h r u n g der Allgemeinen D e u t s c h e n W e c h s e l o r d n u n g u.s.w. (Bundesgesetzbl. S. 179), vorbehaltenen L a n d e s g e s e t z e sowie innerhalb gewisser G r e n z e n die V o r s c h r i f t e n der L a n d e s g e s e t z e über die | Binnenschifffahrt, die V e r s i c h e r u n g und den V e r l a g s v e r t r a g unberührt | Prot 112719 blieben. VIII. Im § 54 der Zusst. ist f o l g e n d e r das A g r a r r e c h t betreffender V o r b e h a l t b e a n t r a g t : „ U n b e r ü h r t bleiben die b e s o n d e r e n ( o d e r die von den allgemeinen V o r Schriften des bisherigen Privatrechtes abweichenden) V o r s c h r i f t e n der L a n d e s g e setze, welche die Gemeinheitstheilung, die Z u s a m m e n l e g u n g v o n G r u n d s t ü c k e n , die R e g u l i r u n g der gutsherrlich-bäuerlichen Rechtsverhältnisse und die A b l ö s u n g von Dienstbarkeiten und Reallasten regeln. D i e auf die A b l ö s u n g von Reallasten sich beziehenden L a n d e s g e s e t z e finden j e d o c h keine A n w e n d u n g auf die in den §§ 857, 863 des Bürgerlichen G e s e t z b u c h e s bezeichneten Renten. Dieser V o r b e h a l t umfaßt insbesondere die E r w e r b u n g des Eigenthumes an G r u n d s t ü c k e n , die B e g r ü n d u n g und A u f h e b u n g von anderen Rechten an G r u n d s t ü c k e n und die Berichtigung des Grundbuches." (Antrag 2 z u m Einf.Ges. unter II § 9; S . R . § 26, Motive S. 94 f f . ; A n m . unter I, d zu Buch III §§ 778 ff. K . E . ) 479
TE-EG § 54 Johow (Nr 2)
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Dem Vorschlage sind folgende Bemerkungen beigefügt: „Zu vergi. Note 1 zur Ueberschrift des achten Abschnittes (Buch III) S. 298. Zu Satz 2:Zu vergi. Prot. S. 4889. Zu Satz 3 : Der Schlußpassus des früheren § 26, in welchem auf die Bestimmungen I Prot 112720 des S.R. Entw. §§ 129, 130, 245, 360, 371 hingewiesen wird, ist nach | den Beschlüssen zu diesen Paragraphen Prot. S. 3941 ff., 3946, 4408, 4866, 4867 wegzulassen. Die Kommission hat die Rechtsveränderungen bei den agrarischen Prozeduren dem Eintragungsprinzip nicht unterwerfen und die Landesgesetzgebungen nicht binden wollen, Prot. S. 3943. In dem dritten Satze sollen die hieraus sich ergebenden Befugnisse der Landesgesetzgebung vorbehalten werden." v. Mandry Von anderer Seite war beantragt, den § 54 dahin zu fassen : (Nr 87,2) „Abs. 1 Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, welche . . . betreffen, insbesondere auch soweit dieselben die Erwerbung des Eigenthums, die Begründung und Aufhebung von anderen Rechten an Grundstücken und die Berichtigung des Grundbuchs regeln. Abs. 2 Die die Ablösung betreffenden Landesgesetze finden keine Anwendung auf durch Reichsgesetz begründete Rechte." Beschlossen wurde die Aufnahme folgender Vorschrift: Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, welche die Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung von Grundstücken, die Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse und die Ablösung von Dienstbarkeiten und Reallasten betreffen, insbesondere auch insoweit, als die Vorschriften auf die Erwerbung des Eigenthums die Begründung und Aufhebung von anderen Rechten an Grundstücken und die Berichtigung des Grundbuches sich beziehen. Die auf die Ablösung sich beziehenden landesgesetzlichen Vorschriften finden keine Anwendung auf die durch Reichsgesetz begründeten Rechte. I Prot 112721 | In sachlicher Hinsicht ergaben sich, namentlich auch in Ansehung der Tragweite des Vorbehalts, keine Meinungsverschiedenheiten. Insbesondere war man einverstanden, daß unter den Vorschriften über die Ablösung von Dienstbarkeiten und Reallasten, auch solche Vorschriften zu verstehen seien, welche das Rechtsverhältniß der in Folge der Ablösung begründeten Renten, z. B. das denselben beigelegte Vorzugsrecht oder im Falle der Dismembration des belasteten Grundstückes die Repartition der Rentenlast auf die Besitzer der Trennstücke, sei es im Verhältnisse zu einander, sei es im Verhältnisse zu dem Berechtigten, beträfen. Es blieb jedoch vorbehalten, bei Gelegenheit der Berathung der §§ 106, 109 der gedr. Zusammenstellung darauf zurückzukommen, ob eine Verdeutlichung des Vorbehalts in der bezeichneten Richtung sich empfehle. Anlangend die Fassung des Vorbehalts im Eingange, so erklärte die Mehrheit sich gegen den im § 54 vorgeschlagenen Zusatz „besonderen" oder „die von den allgemeinen Vorschriften des bisherigen Privatrechtes abweichenden" vor dem Worte „Vorschriften", da ein solcher Zusatz zu dem Mißverständnisse Veranlassung geben könnte, als ob der Vorbehalt nicht auch diejenigen auf das Agrarrecht sich beziehenden landesgesetzlichen Vorschriften umfasse, welche zwar inhaltlich von dem bisherigen allgemeinen Privatrechte nicht abweichen, nach der Absicht der betreffenden Gesetze aber nicht lediglich den Charakter einer Verweisung auf das jus commune haben, sondern einen Bestandtheil des Spezialrechtes bilden sollten. Auch könne ein derartiger Zusatz den Anschein erwecken, als ob die Landesgesetze gehindert seien, auf dem hier in Rede stehenden Gebiete solche neue Vorschriften zu geben, welche I Prot 1 12722 mit den allgemeinen Vorschriften des bisherigen Privatrechts im Ein-| klänge ständen. Die Aufnahme des zweiten Absatzes der beschlossenen Vorschrift, welcher den 480
Protokolle der 1. Kommission
zweiten Satz des § 54 auf alle durch Reichsgesetz begründeten Rechte ausdehnt (vergi, außer den §§ 857, 863, des B.G.B, insbesondere noch § 971 Abs. 3 daselbst und § 36 des Rayongesetzes vom 21. Dezember 1871 — Reichsgesetzbl. S. 459 —), hielt man gegenüber dem allgemein lautenden Vorbehalte des ersten Absatzes zur Vermeidung von Mißverständnissen für rathsam. 756. Sitzung vom 17. 3. 1888, Schriftführer: von Liebe I Die Berathung des Einführungsgesetzes wurde fortgesetzt. Die §§ 55 bis 62 der Zusammenstellung betreffen die Zwangsenteignung. Der § 55 lautet: „Unberührt bleiben die besonderen (oder wie im § 54) Vorschriften der Landesgesetze über die Zwangsenteignung von Grundstücken, von Grundstücksbestandtheilen und von Rechten an Grundstücken, soweit nicht in den §§ 56 bis 62 ein Anderes bestimmt ist." 42 Es war beantragt, dem § 55 mit Vorbehalt der Entscheidung über die Aufnahme beschränkender Vorschriften folgende dem zu § 54 beschlossenen Vorbehalte entsprechende allgemein lautende Fassung zu geben: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Zwangsenteignung." 43 Dieser Antrag wurde angenommen. Man hatte erwogen: Die Enteignungsmacht des Staates und die Verpflich-| tung eines jeden Einzelnen, welche dieser Macht entspreche, seien publizistischer Natur und würden durch die Aufhebung der privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze nicht berührt. Ein Hinübergreifen der Vorschriften über die Zwangsenteignung in das Gebiet des Privatrechtes finde um deswillen statt, weil der Staat bei dem Expropriationsverfahren sich nicht darauf beschränke, einen Zwang zu einem Thun oder Unterlassen gegen den Einzelnen auszuüben, sondern so weit gehe, umgestaltend in die privaten Rechtsverhältnisse einzugreifen. Ein solches Eingreifen der Staatsaktion sei nicht bloß, wie die Vorlage anzunehmen scheine, in Ansehung des dinglichen Rechtsverhältnisses der Grundstücke denkbar. Auch andere Vermögensgegenstände, insbesondere bewegliche Sachen, könnten durch die Expropriationswirkung berührt werden. Die Anschauung, daß in anderen Fällen eine Aenderung im Rechte nicht beabsichtigt und nicht herbeigeführt werde, vielmehr der Staat in Ausübung eines Staatsnothrechtes auf thatsächliche Eingriffe durch Wegnahme oder Vernichtung von Sachen sich beschränke, sei nicht haltbar. Es sei mithin der Vorbehalt zu Gunsten aller die Zwangsenteignung im Allgemeinen betreffenden Vorschriften zu machen. Eine genügende Begrenzung des Vorbehaltes ergebe sich aus dem Begriffe der Zwangsenteignung, welcher in der Wissenschaft und in der Rechtsanwendung hinreichend feststehe. Ob in Ansehung des die Voraussetzung der beabsichtigten Rechtsänderung bildenden Enteignungsverfahrens irgend welche reichsgesetzliche Anforderungen zu stellen seien, bleibe bei der Berathung der folgenden Paragraphen zu erwägen.
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Zu den §§ 5 5 — 6 2 war von Johow in Nr. 13 angemerkt: Prot. S. 4601, 4602 ist auf das bei der Zwangsenteignung häufig vorkommende Surrogatsprinzip hingewiesen. Die Vorschläge lassen in dieser Richtung den Landesgesetzen freie Hand, zu vergi. Begründung bei Schubert, Vorlagen der Redaktoren, EG, 1986, S. 458 ff. Als Abs. 2 sollte nach dem Antrag Nr. 9 1 , 1 bestimmt werden: „In Ansehung des Entschädigungsanspruches finden, wenn die Landesgesetze nicht Anderes bestimmen, die Vorschriften des Art. 30 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechende Anwendung."
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I Prot. I 12723 T E - E G § 55 Johow (Nr 2)
v. Mandry (Nr 9 1 , 1 ) Prot. 112724
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch TE-EG § 56 I Prot. 1 12725 Johow (Nr 2) v. Mandry (Nr 911)
Der § 56 der Zusst. lautet: „Die Einleitung des Verfahrens auf Enteignung | eines bestimmten Grundstückes wird auf Ersuchen der zuständigen Behörde in das Grundbuch eingetragen." Der Antrag auf Streichung des § 56 war gestellt und fand Annahme. Erwogen war : Aus der Grundbuchordnung werde sich ergeben, daß das Grundbuch der Eintragung über das Schweben des Enteignungsverfahrens nicht verschlossen sei. In der Wahl der Mittel, diesen Umstand zur allgemeinen Kenntniß zu bringen, in der Bestimmung des Zeitpunktes, in welchem für die Kundbarmachung zu sorgen sei, und der Folgen, welche an die Unterlassung einer gebotenen Kundbarmachung sich knüpften, bleibe besser die vollständige Freiheit der Landesgesetzgebungen gewahrt. Die Aufnahme einer einzelnen Prozedurnorm, während das Verfahren im Allgemeinen reichsgesetzlich nicht geregelt werde, sei ohne praktischen Werth und auch nicht unbedenklich, weil unklar bleibe, welche behördliche Verfügung nach den einzelnen Enteignungsgesetzen als Einleitung des Verfahrens anzusehen sei. Die §§ 57 bis 59 der Zusst. wurden bei der Berathung zusammengefaßt. Dieselben lauten :
Johow (Nr 2) TE-EG S 57
§ 57. „Zur Herbeiführung der besonderen Wirkungen der Zwangsenteignung bedarf es eines die Zwangsenteignung aussprechenden Beschlusses (Unheiles) der nach den Landesgesetzen hierfür zuständigen Behörde." TE-EG § 58 § 58. „Bezweckt die Enteignung Uebertragung des Eigenthumes auf den Unternehmer, so erwirbt derselbe das Eigenthum mit der Zustellung des EnteignungsbeI Prot. 1 12726 Schlusses an die | in dem Enteignungsverfahren als bisherigen Eigenthümer auftretende Partei. Gleichzeitig erlöschen die übrigen Rechte an dem Grundstücke, soweit sie nicht in dem Beschlüsse vorbehalten sind." TE-EG § 59
§ 59. „In Ansehung der zwangsweise erfolgenden Begründung von Benutzungsrechten zu Gunsten des Unternehmers oder der Befreiung eigener Grundstücke des Unternehmers von solchen Rechten finden die vorstehenden Vorschriften entsprechende Anwendung. Ein zwangsweise auferlegtes Benutzungsrecht entsteht jedoch erst mit der auf Ersuchen der zuständigen Behörde erfolgenden Eintragung desselben in das Grundbuch."
Zu § 58 war folgender Zusatz beantragt: „Der Zustellung des Enteignungsbeschlusses steht die Eröffnung desselben an die Partei zu Protokoll gleich." Daneben war der Antrag auf Streichung44 aller drei Paragraphen gestellt. Dieser Antrag fand Annahme. Man war der Ansicht : Es möge richtig sein, daß der staatliche Akt, durch welchen die beabsichtigte Rechtsveränderung herbeigeführt werde, einem dinglichen und nicht einem obligatorischen Rechtsgeschäfte (Zwangskauf) zu vergleichen sei. Jedenfalls bedürfe es nicht der Aufnahme besonderer Vorschriften zur Herbeiführung einer solchen Beurtheilung. Die Aufnahme von Vorschriften, welche auf den Eintritt der Rechtsänderung sich bezögen, habe daneben das Bedenken gegen sich, daß in die einzelnen partikularen Enteignungsgesetze leicht in störender Weise eingegriffen werde. Es I Prot. 1 12727 lasse sich nicht unbedingt ver-1 theidigen, daß die Vorlage ein Minimum von VorausJohow (Nr 90, 1) v. Mandry (Nr 91 I I )
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Ursprünglich war von v. Mandry in Nr. 87, 4 beantragt, in § 58 Satz 1 zu setzen: „an die in dem Enteignungsverfahren als Eigenthümer auftretende Partei. Mit dem Eigenthume des bisherigen Eigenthümers erlöschen . . . " ; § 59 Abs. 2 sollte gestrichen werden.
Protokolle der 1. Kommission
Setzungen aufstelle, welches allgemeine Geltung verdiene. Ebensowenig könne man aber behaupten, daß die aufgestellten Voraussetzungen nach allen Richtungen genügten. Wenn ein Landesgesetz den Eintritt der Rechtsänderung bis zur Zahlung der Entschädigung oder bis zur Berichtigung des Grundbuches hinausschiebe, so würde eine reichsgesetzliche Verfrühung des Eintrittes der Rechtsänderung nicht gerechtfertigt sein. Der § 60 der Zusst. lautet: „Die für den Enteignungsbeschluß zuständige Behörde hat das zuständige Grundbuchamt sofort um entsprechende Berichtigung des Grundbuches zu ersuchen." Von einer Seite war die Streichung des Wortes „sofort", von anderer Seite die Streichung des ganzen Paragraphen beantragt. 45 Der letztere Antrag wurde aus ähnlichen Gründen angenommen, aus welchen die Streichung des § 56 beschlossen ist.
TE-EG § 60 Johow (Nr 2) Johow (Nr 90, 2) v. Mandry (Nr 91, 1) TE-EG
Der § 61 der Zusst. lautet: „Rechtsgeschäftliche Veräußerungen bleiben in ihren Voraussetzungen und Wirkungen den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches §61 auch dann unterstellt, wenn sie zu Zwecken eines mit dem Rechte der Zwangsenteig- Johow (Nr 2) nung ausgestatteten Unternehmens erfolgen. Die gesetzlichen Vorkaufsrechte und Wiederkaufsrechte finden bei einer solchen rechtsgeschäftlichen Veräußerung nicht statt." Es war beantragt, den zweiten Absatz des § 61 dahin zu ergänzen: „Gesetzliche Johow Vorkaufsrechte, gesetzliche Wiederkaufsrechte und solche Rechte, welche auf (Nr 90, 3) Grund der in Gemäßheit des Art . . . (d. h. der Be- | schlüsse zu §§ 42 bis 48 der I Prot. I 12728 gedruckten Zusammenstellung) geltenden Vorschriften aus der Unveräußerlichkeit des Gegenstandes sich ergeben, können gegen die im ersten Absätze bezeichneten rechtsgeschäftlichen Veräußerungen nicht geltend gemacht werden." Von anderer Seite war die Streichung des § 61 beantragt. Der Streichungsantrag v. Mandry (Nr 91 I I ) wurde angenommen. Man war der Ansicht: Wenn eine rechtsgeschäftliche Veräußerung mit einer Enteignung nur durch die Uebereinstimmung des Zweckes in Verbindung stehe, wie in dem ersten Absätze der Vorlage vorausgesetzt werde, so sei die vorgeschlagene Vorschrift an sich selbstverständlich. Wenn aber, wie es ζ. B. nach dem preußischen Gesetze vom 11. Juni 1874 der Fall sei, eine bestimmte, nach der Entscheidung der zuständigen Behörde zu gewärtigende Enteignung ganz oder theilweise durch eine Einigung der Betheiligten ersetzt werde, so sei es gerechtfertigt, diese Einigung als einen Theil des Enteignungsverfahrens anzusehen. Die Einigung der Betheiligten und deren Folgen unterliegen alsdann der Landesgesetzgebung ebenso wie die Enteignung selbst. Nach Lage der Landesgesetzgebung werde überall bestimmt werden können, was als ein Theil des Enteignungsverfahrens angesehen werden müsse. Von einer Seite war die Aufnahme folgender Vorschriften als § 61 a beantragt: „Ist auf Grund eines Landesgesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen Interesse erfolgten Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder wegen Beschränkung des Eigenthumes eine Entschädigung zu gewähren, und steht zur Zeit der Entstehung des Entschädigungsanspruches einem Dritten ein Recht an der Sache zu, für | welches nicht eine besondere Entschädigung gewährt 45
Als § 60 a sollte nach dem Antrag von v. Mandry (Nr. 87, 6) bestimmt werden : „In Ansehung des Entschädigungsanspruches finden, soweit die Landesgesetze nicht ein Anderes bestimmen, die Vorschriften des Art. 30 Abs. 1 und 2 dieses Gesetzes entsprechende Anwendung."
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Johow (Nr 9 0 , 4 )
I Prot. 1 12729
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
wird, so finden die Vorschriften des Artikel. . d. h. der Beschlüsse zu §§ 29, 30 der Zusst., Prot. S. 12636, Abs. 1, 2 entsprechende Anwendung." V o n anderer Seite waren folgende Fassungen vorgeschlagen : a) „Ist auf Grund eines Landesgesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder wegen Beschränkung des Eigenthumes eine Entschädigung zu gewähren, so finden die Vorschriften des A r t . . . (Prot. S. 12636) Abs. 1, 2 entsprechende Anwendung, soweit nicht nach den Landesgesetzen die Entschädigung wegen ihrer Geringfügigkeit dem Eigenthümer ohne Rücksicht auf Rechte Dritter auszuzahlen ist." b) „In Ansehung des Entschädigungsanspruches finden, wenn die Landesgesetze nichts Anderes bestimmen, die Vorschriften des Art. — (Prot. S. 12636) Abs. 1, 2 dieses Gesetzes entsprechende Anwendung." Die Kommission beschloß die Aufnahme folgender Vorschrift: Ist auf Grund einer landesgesetzlichen Vorschrift dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder wegen Beschränkung des Eigenthumes eine Entschädigung zu gewähren, so finden, soweit nicht die Landesgesetze ein Anderes bestimmen, die Vorschriften des Art. (d. h. die für den Fall reichsgesetzlicher Enteignungen Prot. S. 12636 Abs. 1, 2 beschlossenen Vorschriften) entsprechende Anwendung. Man war der Ansicht, daß durch die beschlossene Vorschrift, welche sachlich den gestellten Anträgen entspricht, eine nicht seltene Lücke der Landesgesetze in geeigI Prot. 1 12730 neter | und mit den reichsgesetzlichen Vorschriften übereinstimmender Weise ausgefüllt werde. Einverständniß bestand, daß der Vorschrift, wie auch schon früher, Prot. S. 12637, in Aussicht genommen, nur eine subsidiäre Geltung beizumessen sei. TE-EG § 62 Der § 62 der Zusst., welcher lautet: „Unberührt bleibt das preußische Gesetz zur Johow (Nr 2) Ergänzung der Gesetze vom 7. Oktober 1865 und 7. April 1869, die Errichtung von
v. Mandry trigonometrischen Marksteinen betreffend, vom 3. Juni 1873." wurde einem gestellten Antrage gemäß gestrichen, weil derselbe einen speziellen Enteignungsfall behandelt, welcher durch den aufgenommenen allgemeinen Vorbehalt gedeckt wird.
(Nr 91 I I )
TE-EG § 63 Der § 63 der Zusst., welcher lautet: „Unberührt bleiben die Landesgesetze, welJohow che die Verhältnisse bei dem Wiederaufbau durch Naturgewalt zerstörter Gebäude (Nr 2) unter den Betheiligten im öffentlichen Interesse regeln." 45 a
entspricht der Anm. zu ξ 1070 des Entw. Abs. 1. V o n anderer Seite war die Fassung beantragt: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, welche f ü r den Fall, daß zerstörte Gebäude in anderer Lage wiederhergestellt werden, die Rechte an den betheiligten Grundstücken regeln." Die letztere Fassung fand Beifall. Man war der Ansicht : Der hier in Rede stehende Fall lasse sich zwar unter Umständen dem Vorbehalte zu Gunsten der Vorschriften über die Zwangsenteignung und unter Umständen vielleicht noch passender dem I Prot. 1 12731 Vorbehalte zu Gunsten der | Vorschriften über die Zusammenlegung von Grundstükken unterstellen, doch bleibe eine Verdeutlichung und eine f ü r alle Umstände passende Bestimmung höchst wünschenswerth. Die Zerstörung der Gebäude brauche 45a
Begründung des Antrags in Nr. 13: Zu vergi. Note 1 zu § 1070 des Entw. S. 304. Der partikulären Retablissementsgesetze ist in den Mot. des S.R.-Entw. S. 1638 unter d) gedacht. In den Vorschlägen zum Einführungsgesetze vom Standpunkte des allgemeinen Theils § 12 Nro. 2 ist das (im zweiten Absätze der allegirten Note erwähnte) Landesversicherungsrecht aufrechterhalten. Nach der beigegebenen Begründung S. 70 soll der Vorbehalt sich auf das gesamte öffentliche Versicherungswesen beziehen.
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Protokolle der 1. Kommission
nicht gerade unmittelbar durch Naturgewalt herbeigeführt zu sein. Es empfehle sich deshalb die beschlossene etwas weitere Fassung. Der § 64 der Zusst. lautet: „Unberührt bleiben die besonderen (oder wie im § 54) Vorschriften derjenigen Landesgesetze, welche das Wasserrecht, mit Einschluß des Mühlenrechtes, des Flötzrechtes und Flößereirechtes, der Vorschriften zur Beförderung der Bewässerung und Entwässerung der Grundstücke sowie des Deichrechtes und Sielrechtes regeln, soweit nicht in den §§ 65 bis 70 ein Anderes bestimmt ist." 46 Es war beantragt, den § 64 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften des Wasserrechtes mit Einschluß des Mühlenrechtes, des Flötzrechtes und des Flößereirechtes, der Vorschriften zur Beförderung der Bewässerung oder Entwässerung von Grundstücken, des Deichrechtes und des Sielrechtes, sowie der Vorschriften über das Eigenthum an verlassenen oder ausgetrockneten Flußbetten, an entstehenden Inseln und Anlandungen." Die Kommission beschloß die Aufnahme folgender Vorschriften: § a. Unberührt bleiben die Landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Wasserrechte angehören, mit Einschluß des Mühlenrechtes, des Flötzrechtes | und des Flößereirechtes sowie der Vorschriften zur Beförderung der Bewässerung und Entwässerung von Grundstücken und über Anlandungen, entstehende Inseln und verlassene Flußbetten. § b. Unberührt bleiben die Vorschriften der landesgesetze, welche dem Deichund Sielrechte angehören. Man war der Ansicht : Der Ausdruck „Wasserrecht" habe einen feststehenden Sinn und diene somit zur genügenden Begrenzung des Vorbehaltes. Der Deutlichkeit wegen sei indessen auf gewisse Kategorien von Vorschriften, als dem Gebiete des Wasserrechtes angehörend, hinzuweisen. Diese Hinweisung dürfe insbesondere in Ansehung der Vorschriften über Alluvion, neu entstehende Inseln und verlassene Flußbetten nicht fehlen. Ob das Deichrecht und Sielrecht passender Weise dem Begriffe des Wasserrechtes unterstellt werden könne, sei zweifelhaft. Es empfehle sich deshalb die Aufnahme eines besonderen Vorbehaltes.
TE-EG § 64 Johow (Nr 2)
| Prot 1 12732
Der § 65 der Zusst., welcher lautet: „Ausschließende Geltung behalten die Vor- TE-EG § 65 Schriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Erwerbung von Rechten an beweg- Johow liehen Sachen." (Nr 2) 46
Begründung von Johow in Nr. 13: 1. In § 3 Abs. 3 des S.R.-Entw. wurde das des freien Abflusses ermangelnde Wasser f ü r einen Bestandtheil des Grundstückes erklärt, in oder auf welchem dasselbe sich befindet. Die Aufnahme einer solchen Vorschrift ist abgelehnt, weil man annahm, aus derselben könne eine Beschränkung des f ü r die Landeswassergesetzgebungen zu bestimmenden Vorbehaltes hergeleitet werden, Prot. S. 3313, da das Wasserrecht sich auch auf die Rechtsverhältnisse der Landseen, Teiche und der auf einem Grundstücke befindlichen Quellen beziehe, Prot. S. 3330, 3331. Der Vorbehalt zu Gunsten des Landeswasserrechtes in § 21 ist so allgemein gefaßt, daß auch die bezeichneten Rechtsverhältnisse der Regelung durch die Landesgesetze offen bleiben. Ein ausdrücklicher Hinweis hierauf wird deshalb nicht erforderlich sein. — 2. In den Mot. des S.R.-Entw. S. 610 ist ausgeführt, daß Veränderungen des unterirdischen Wasserlaufs durch Erdarbeiten, welche ein Nachbar, insbesondere behufs Anlegung von Brunnen, vornimmt, nicht f ü r die anderen Nachbarn rechtsverletzend sind. Diese Ansicht ist zwar nicht als unbedingt richtig anerkannt, jedoch die Aufnahme einer Entscheidung abgelehnt. Man nahm an, der in das Einführungsgesetz f ü r das Landeswasserrecht aufzunehmende und der im § 866 des Entw. enthaltene Vorbehalt werde genügen. Z u vergi. Prot. S. 3864.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
wurde einem gestellten Antrage gemäß gestrichen,47 Man war der Ansicht: Eine Beschränkung, welche den Landesgesetzen eine jede Bestimmung über das rechtliche Schicksal des eingefangenen Wassers untersage, insoweit solches als selbständiger Gegenstand eines Rechtes in Betracht komme, sei nicht unbedenklich, I Prot 1 12733 wenn man berück-1 sichtige, daß das Gefäß, welches das Wasser einschließe, ein sehr großes sein und in einer Vertiefung der Erdoberfläche bestehen könne. Ueber die Erstreckung des Rechtes am Grundstücke auf das in dem Grundstücke abgeschlossene Wasser als einen Bestandtheil des Grundstückes, an welchem mithin auch nach der Trennung die früheren Rechte bestehen blieben, sei eine Vorschrift nicht aufgenommen, zu vergi. Prot. S. 3312 ff., 3330. Wie man aber auch die Frage nach dem Eigenthum des Wassers in Seen, Teichen u. s. w. entscheiden möge, ob dem Grundstückseigenthümer das Eigenthum an dem Wasser als einem Bestandtheile seines Grundstückes zugesprochen, oder ob das Wasser einstweilen für eine res nullius gehalten werde, jedenfalls dürften die Landesgesetzgebungen an einer von dem Ergebnisse des Bürgerlichen Gesetzbuches abweichenden Regelung nicht gehindert werden.
I Proti 12735
757. Sitzung vom 19. 3. 1888, Schriftführer : von Liebe | Die Berathung des Einführungsgesetzes wurde fortgesetzt. 1. Die §§ 66 bis 70 der Zusst. lauten:
TE-EG § 66
§ 66.
Johow „Die Rechtsverhältnisse aller wasserbedeckten Grundstücke unterliegen an sich (Nr 2) jgj. g l e i t e n Beurtheilung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, insbesondere des Grenz- und Nachbarrechtes, wie alle übrigen Grundstücke, jedoch mit Vorbehalt der durch die wasserrechtlichen Sondervorschriften eingeführten Beschränkungen oder Belastung des Eigenthumes. Befindet sich auf der Grenze zwischen zwei Grundstücken ein ständig fließendes IProti 12736 Gewässer, so wird im Falle eines Grenz- |streites als Grenze eine Linie vermutet, welche, in der Stromrichtung laufend, einen jeden Anlieger im Verhältniß der Uferlänge ein gleiches Stück des Flußbettes zutheilt." (S. R. § 29, Motive S. 104 ff.) S 67. TE-EG § 67 Wenn bei einem öffentlichen Flusse — im Sinne des Landeswasserrechtes — der Johow v o n ¿gm Nasser verlassene Boden (Anlandung, Insel, verlassenes Flußbett) ohne (Nr 2) w e ¡ t e r e s Jem Eigenthümer eines Ufergrundstückes zufällt, so sind die einzelnen Flächenabschnitte des Flußbettes, welche sich bei Anwendung des § 66 Abs. 2 ergeben, als Bestandtheile der Ufergrundstücke zu beurtheilen, jedoch unbeschadet der aus dem Landeswasserrechte sich ergebenden Eigenthumsbeschränkungen." (S.R. §30, MotiveS. 109 ff., 115.) TE-EG § 6 8
§68.
Johow „Trifft die Voraussetzung des § 67 nicht zu, so ist das Eigenthum an einem (Nr 2) öffentlichen Gewässer nach dem Landesrechte in Verbindung mit § 112 Abs. 2 dieses Gesetzes zu beurtheilen. Soweit das durch allmähliches Zurücktreten der Uferlinie in Folge natürlicher Erhöhung der Ufer oder natürlicher Erniedrigung des Wasserspiegels einem solchen 47
Die Streichungsanträge stammen von v. Mandry (Nr. 91 II) und von Planck (Nr. 92).
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Protokolle der 1. Kommission
öffentlichen Gewässer abgenommene feste Land nach dem Wasserrechte ohne Weiteres I den Anliegern zufällt, wird der jeweilige Zuwachs so behandelt, als habe er von | Prot 1 12737 jeher zu dem Ufergrundstücke gehört. Im Uebrigen geht in den Fällen in welchen nach dem Wasserrechte in Flächenabschnitt eines solchen öffentlichen Gewässers, insbesondere eine neuentstandene Insel, ein verlassenes Flußbett u. dergl., einer bestimmten Person zukommt, das Eigenthum an dem Flächenabschnitt auf diese Person mit der auf Ersuchen der zuständigen Behörde erfolgenden Eintragung in das Grundbuch über." (S.R. § 31, Motive S. 109 ff., 117 ff, 132) § 69. TE-EG S 69 „Soweit die Wassergesetze über das trocken gelegte Bett eines Privatflusses — im Johow Sinne dieser Gesetze — zu Gunsten gewisser anderer Personen verfügen, vollzieht sich der Eigenthumswechsel in entsprechender Weise wie bei der Zwangsenteignung." (S.R. S 32, MotiveS. 123 ff.) § 70. TE-EG § 70 „Ob und wieweit die Eigenthümer von Privatflüssen in der Benutzung des flie- Johow 2 ßenden Wassers beschränkt sind, ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen." ) S. R. S 33, Motive S. 123 ff, 126 ff.) Es war beantragt, die §§66 bis 70 durch folgende Bestimmung | zu ersetzen: | Prot 1 12738 „Soweit bei einem öffentlichen Flusse oder einem Privatgewässer (nach den Landes- Planck gesetzen) der von dem Wasser verlassene Boden (Anlandung, Insel, verlassenes (Nr 92,2) Flußbett) dem Eigenthümer eines Ufergrundstückes zusteht oder mit dem Zeitpunkte, in welchem er vom Wasser befreit wird, ohne Weiteres zufällt, gilt derselbe als wesentlicher Bestandtheil desjenigen Ufergrundstücks, dessen Eigenthümer er zusteht oder zufällt." 48 Der Referent des Sachenrechtes, von welchem die das Wasserrecht betreffenden Vorschläge ausgehen bemerkte: Die Vorlage habe bezweckt, eine Beurtheilung der Rechtsverhältnisse aller wasserbedeckten Grundstücke nach einheitlichen mit den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches im Einklänge stehenden Gesichtspunkten, ungeachtet der Aufrechterhaltung der positiven Besonderheiten der Landesgesetze, herbeizuführen. Man habe indessen ein solches Eingreifen in das partikulare Recht für bedenklich erachtet. Hiernach seien die §§ 66 bis 70 nicht mehr zu halten und würden zurückgezogen. Die Kommission erkannte die Richtigkeit dieser Bemerkung an und lehnte auch den gestellten Antrag aus der gleichen Rücksicht ab. Rücksichtlich dieses Antrages wurde zugleich erwogen, daß derselbe das, was mit ihm beabsichtigt werde, die Erstreckung aller Belastungen auf den Zuwachs, nur mittelbar und in einer nicht unanfechtbaren Weise ausdrücke. 2. Die §§71 bis 77 der Zusst., welche das Bergrecht betreffen, lauten 49 :
48 49
Von v. Mandry lag der Antrag Nr. 91 II vor, den § 66 zu streichen. In Nr. 9 0 , 5 — 7 lag folgender Antrag von Johow vor : 5. Im § 71 wird statt „§§ 72 bis 76" gesetzt: „§§ 72 bis 77" (vergi, unter No. 7). 6. Im § 72 wird hinter „ausgeschlossen" eingeschaltet „und nicht dem Staate vorbehalten" (vergi. § 111 der gedr. Zusst.). 7. Der § 77 wird durch folgende Vorschriften ersetzt: § 77. Die Vorschrift des § 71 erstreckt sich auch auf diejenigen Landesgesetze, durch welche das Recht zum Kohlenberg-
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch TE-EG § 71
§ 71.
I Prot 1 12739 „Unberührt bleiben die besonderen (oder |wie im §54) Vorschriften der das Johow Bergrecht regelnden Landesgesetze, soweit nicht in den §§ 72 bis 76 ein Anderes (Nr 2) bestimmt ist." (S. R. § 34, Motive S. 134 ff., 155; Anm. unter I c, zu Buch III §§ 778 ff K.E.) TE-EG § 72
§ 72.
Johow „Eine ausschließende Berechtigung auf Gewinnung von Mineralien, welche nach (Nr 2) j e n Berggesetzen von dem Verfügungsrechte des Eigenthümers ausgeschlossen sind, — Bergbauberechtigung (Bergwerkseigenthum, Bergbaurecht) — entsteht durch die von der zuständigen Bergbehörde ertheilte Verleihung." (S.R.§ 35, MotiveS. 164 ff.) TE-EG § 73
Johow (Nr 2)
§ 73.
„Wo nach den Berggesetzen die Vereinigung zweier oder mehrerer Bergwerke zu e ; n e m einheitlichen Ganzen (Konsolidation), die reale Theilung des Feldes eines Bergwerks in selbständige Felder und der Austausch von Feldestheilen zwischen angrenzenden Bergwerken der Bestätigung der Bergbehörde bedarf, tritt die bestätigte Veränderung in Wirksamkeit mit der auf Ersuchen der zuständigen Bergbehörde erfolgten Eintragung der Veränderung in das Grundbuch." (S.R. § 36, Motive S. 164 ff., 171).
TE-EG S 74
§ 74.
I Prot 1 12740 „Unberührt von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches bleiben die Johow besonderen Vorschriften der Berggesetze, nach welchen | in den Fällen des § 73 und (Nr 2) j n j e m F a l l e j e r Umwandelung einer Gewerkschaft des älteren Bergrechtes in eine Gewerkschaft des neueren Bergrechtes die Rechte der Hypothekengläubiger und anderer Realberechtigten Beschränkungen und Aenderungen erleiden," (S.R.§ 38, MotiveS. 171 ff.) TE-EG § 75
§ 75.
Johow „Wenn nach den Berggesetzen gegen einen Gewerkschaftsbeschluß den Gewer(Nr 2) k e n binnen einer bestimmten Frist die Klage auf Aufhebung des Beschlusses zusteht, so findet auf Grund des Gewerkschaftsbeschlusses eine Einschreibung in das Grundbuch erst nach Ablauf der Klagefrist statt. Innerhalb der Frist ist der Gewerke, welcher Klage erhoben hat, befugt, die erfolgte Erhebung der Klage im Grundbuche vermerken zu lassen. Die Eintragung des Vermerkes erfolgt auf Grund beigebrachter Bescheinigung der Gerichtsschreiberei des zuständigen Prozeßgerichtes, oder im Falle der Klageerhebung vor einem statutenmäßigen Schiedsgerichte auf Grund der Bescheinigung des Schiedsgerichtes, daß die Klage erhoben sei. Von der Löschung des Vermerkes findet auf Grund des angefochtenen Gewerkschaftsbeschlusses die Einschreibung nicht statt." (S.R. § 39, Motive S. 175 ff.)
bau zwar nicht von dem Verfügungsrechte des Eigenthümers des Grundstückes ausgeschlossen, aber bergrechtlichen Normen und Beschränkungen unterworfen, auch die Abtrennung des Rechtes zum Kohlenbergbau von dem Eigenthume an dem Grundstücke gestattet und geregelt ist. — Das von dem Eigenthume an dem Grundstücke abgetrennte Recht zum Kohlenbergbau (Kohlenabbaurecht) erhält ein Blatt im Grundbuche. § 77 a entspricht dem sogleich mitgetheilten § b. 488
Protokolle der 1. Kommission
§ 76. TE-EG § 76 „Die Uebertragung von Antheilen an | Gewerkschaften des neueren Rechtes auf Johow einen Anderen bestimmt sich nach den Berggesetzen." (Nr 2) (S.R. § 44, Motive S. 178 ff.) IProt 112741 TE-EG < 77 §77. „Unberührt bleiben die Landesgesetze, welche vorschreiben, daß ein Grundstück Johow mit der vererblichen und veräußerlichen Berechtigung zur Gewinnung von Minera- (Nr 2) lien, welche nicht durch das Bergrecht von dem Verfügungsrechte des Eigenthümers ausgeschlossen sind (Abbaurecht), belastet werden kann, und den Inhalt des Abbaurechtes näher bestimmen — Auf das Abbaurecht finden die Vorschriften der §§ 962, 964, 965 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung." (S.R. § 37, Motive S. 165,167 ff.)
Der Referent des Sachenrechtes zog die §§ 71—77 zurück und beantragte an Johow Stelle dieser §§ zu bestimmen: Sa. „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, welche dem Bergrechte angehören, mit Einschluß derjenigen Vorschriften, durch welche das Recht zum Kohlenbergbau zwar nicht von dem Verfügungsrechte des Eigenthümers des Grundstückes ausgeschlossen, aber bergrechtlichen Normen und Beschränkungen unterworfen, auch die Abtrennung des Rechtes zum Kohlenbergbau von dem Eigenthume an dem | Grundstücke gestattet und geregelt ist. I Prot 112742 Die verliehene Bergbauberechtigung und das von dem Eigenthume an dem Grundstücke abgetrennte Recht zum Kohlenbergbau (Kohlenabbaurecht) erhalten ein Blatt im Grundbuche." „Unberührt bleiben die Landesgesetze, welche die Belastung eines Grundstückes mit der vererblichen und veräußerlichen Berechtigung zur Gewinnung von Mineralien, die bergrechtlichen Normen und Beschränkungen nicht unterliegen, (Abbaurecht) gestatten und den Inhalt des Abbaurechtes näher bestimmen. Auf das Abbaurecht finden die Vorschriften der §§ 962, 964, 965 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung." Außerdem war beantragt: Die § 71—77 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften des Bergrechts mit Einschluß der Vorschriften über die Abtrennung des dem Eigenthümer eines Grundstückes zustehenden Rechtes zum Abbau gewisser in dem Grundstücke enthaltener Mineralien von dem Eigenthume." Man verständigte sich über Folgendes : Es sei allerdings ein Zweifel in der Richtung möglich, ob der Komplex von Vorschriften, | welche man als Bergrecht bezeichne, ein so fest geschlossenes Ganzes bilde, daß ein allgemein lautender Vorbehalt zu Gunsten der dem Bergrechte angehörende partikularen Vorschriften weder zu eng noch zu wenig begrenzt erscheine. Bei näherer Betrachtung erscheine ein solcher Zweifel indessen nicht als begründet. Den Kern des Bergrechtes, soweit solches dem bürgerlichen Rechte angehört, bildeten Vorschriften, welche gewisse Mineralien von dem Verfügungsrechte des Grundeigenthümers ausschlössen, die Begründung, Veränderung und Aufhebung sowie den Inhalt des Bergwerkseigenthums regelten und auf die Gewerkschaft und deren Verfassung, auf die Rechtsverhältnisse zwischen dem Bergbautreibenden und den Grundbesitzern und auch wohl auf eine besondere Ersatzpflicht der Bergwerksei489
Johow (Nr 90, 7)
Kurlbaum (Nr 93,1)
| Prot 112743
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
genthiimer in Ansehung des anderen Bergwerken verursachten Schadens und auf die Rechtsverhältnisse der Bergarbeiter sich bezögen. Auch die Vorschriften über die grundbuchliche Behandlung und die Zwangsvollstreckung in bergrechtliche Gerechtsame seien hierher zu zählen. Sei ein Mineral dem Verfügungsrechte des Eigenthümers zwar nicht entzogen, aber doch seine Gewinnung den bergrechtlichen Normen und Beschränkungen unterstellt und könne außerdem das Recht auf die Gewinnung von Eigenthum abgetrennt werden und hierdurch selbständigen Bestand erlangen, so könne der bergrechtliche Charakter der auf solche Verhältnisse sich beziehenden Vorschriften nicht um deswillen in Zweifel gezogen werden, weil nicht ein verliehenes Bergwerkseigenthum in Frage stehe. In Sachsen, Altenburg und Preußen (mit Beschränkung auf die vormals sächsischen Landestheile) sei die GewinI Prot 1 12744 nung von Kohlen in dieser Weise gere- | gelt; ob auch die Gewinnung von anderen Mineralien, insbesondere von Eisen, soweit diese Mineralien der Verfügung des Eigenthümers nicht entzogen sind (vergi, preuß. Berggesetz von 1865 §211), in einigen Gebieten gleichwohl bergrechtlichen Normen unterliegen, könne dahin gestellt bleiben. Jedenfalls würden durch einen allgemeinen Vorbehalt auch alle Vorschriften betroffen, welche die Gewinnung gewisser Mineralien bergrechtlichen Normen unterwerfen, auch wenn das Mineral der Verfügung des Grundeigenthümers nicht entzogen ist. Weitere Beschränkungen seien in Ansehung des partikularen Bergrechtes ebensowenig zu bestimmen, wie in Ansehung des partikularen Wasserrechtes, da der Begriff des Bergrechtes eine genügende Begrenzung enthalte. Hierauf wurde beschlossen zur Aufrechterhaltung des partikularen Bergrechtes lediglich folgende allgemeine Vorschrift aufzunehmen : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Bergrechte angehören. Die Anträge galten, insoweit sie das Bergrecht im eigentlichen Sinne betreffen, als erledigt. Es ist jedoch zugleich ein Vorbehalt vorgeschlagen, welcher eine selbständige Bedeutung hat. In Sachsen und vielleicht auch noch in anderen Gebieten kommen vererbliche und veräußerliche Berechtigungen vor, ein Grundstück zur Gewinnung von Bodenbestandtheilen, welche dem Verfügungsrechte des Eigenthümers nicht entzogen sind, insbesondere von Steinen und Thon zu benutzen, ohne daß die Ausübung eines solchen Rechtes bergrechtlichen Normen und Beschränkungen unterworfen ist. Man war der Ansicht, daß zwar ein allgemeines Bedürfniß nicht I Prot 1 12745 vorliege, welches die Zulassung | der rechtsgeschäftlichen Begründung eines derartigen qualifizirten Benutzungsrechtes unter Befreiung von den in Ansehung der Dienstbarkeiten gesetzten Schranken verlange, zu vergi. Prot. S. 3316, 3321, 3729 bis 3731, daß hingegen auf partikulare Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen sei, welche für eine solche qualifizirte Benutzung von Grundstücken eine ähnliche Begünstigung verlangten, wie solche im Entwürfe der Benutzung eines Grundstückes zum Haben eines Bauwerkes zu Theil geworden ist. Unterstellen die Landesgesetze die Ausübung eines solchen Rechtes den bergrechtlichen Normen und Beschränkungen, so seien dieselben nach dem beschlossenen allgemeinen Vorbehalte in der Lage, die Begründung der fraglichen Berechtigungen und den Inhalt derselben zu regeln. Man nahm an, daß auch ohne landesgesetzliche Einbeziehung in das Gebiet des Bergrechtes die partikulare Begünstigung der fraglichen Benutzungsrechte gewahrt werden müssen, daß indessen in Ansehung der Begründung, der Aufhebung und des Schutzes eine Gleichbehandlung mit dem Erbbaurechte gerechtfertigt sei; insbesondere wurde hervorgehoben, daß eine ähnliche Kundbarmachung der fraglichen Berechtigungen durch das Grundbuch nothwendig sei und die Entscheidung hierüber nicht den Landesgesetzen überlassen werden könne. 490
Protokolle der 1. Kommission
Mit Rücksicht auf die vorstehenden Erwägungen wurde die Aufnahme folgender, sachlich dem Antrage 1 entsprechender Vorschriften beschlossen : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstückes mit dem vererblichen und veräußerlichen Rechte zur Gewinnung eines den bergrechtlichen Vorschrifte nicht unterliegenden Minerals gestatten und den Inhalt dieses Rechtes näher bestimmen. Die Vorschriften der §§ 962, 964, 965 des Bürgerlichen | Gesetzbuches finden entsprechende Anwendung. I Prot 1 12746 3. Der § 78 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Eigen- TE-EG $ 78 tümer von Grundstücken in der Ausübung der Jagd und der Fischerei auf denselben Johow (Nr 2) beschränkt werden und die Ausübung der Jagd und der Fischerei geordnet wird. Diese Gesetze bleiben namentlich auch unberührt von der Vorschrift des S 187 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die Jagd oder Wildfolge in fremdes Gebiet findet nicht statt. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über den Ersatz des Wildschadens." (S.R. S 42, Motive S. 183 ff; Anm. unter Ib zu Buch III §§ 778 ff. d. E.) Es war beantragt; a) den § 78 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften des Jagdrechtes und des Fischereirechtes mit Einschluß der Vorschriften über den Ersatz des Wildschadens." b) den Abs. 1 dahin zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Jagd und die Fischerei, mit Einschluß der Vorschriften über den Wildschaden."
Kurlbaum (Nr 93,2) v. Mandry (Nr 94, 1)
als Abs. 2 beizufügen: „Der Erwerb des Eigenthums an den Sachen auf welche v. Mandry sich das Jagdrecht und das Fischereirecht bezieht, unterliegt den Vorschriften des (Nr 94, 1) Bürgerlichen Gesetzbuches." die Absätze 2 bis 4 zu streichen. Der Referent des Sachenrechtes bemerkte, daß der Abs. 3, | welcher mit dem | Prot 1 12747 gestrichenden § 163 des Sachenrechtsentwurfes zusammenhänge (zu vergi. Prot. S. 4091 bis 4093) nicht weiter von ihm aufrecht erhalten werde. Beschlossen wurde, lediglich folgenden allgemeinen Vorbehalt aufzunehmen : Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Jagd und Fischerei mit Einschluß der Vorschriften über den Ersatz des Wildschadens. Erwogen war: Die Ausdrucksweise der Vorlage, welche nur die Vorschriften, durch welche das Grundeigenthum beschränkt und die Vorschriften, durch welche die Ausübung der Jagd u. s. w. geregelt werde, aufrecht erhalte, setze die Konstruktion des Jagdrechtes als einer Beschränkung des Eigenthums voraus, welche anzuerkennen keine Veranlassung vorliege. Sie sei überdies zu eng. Durch dieselbe würden Vorschriften über den Erwerb des Eigenthums an Gegenständen der Jagd u. s. w. nicht betroffen werden. Wenn man auch von einem Jagdrechte und Fischereirechte nicht in gleichem Sinne reden könne, wie von einem Wasserrechte oder Bergrechte und wenn aus diesem Grunde auch der Anschluß an die Redeweise der betreffenden früheren Vorbehalte nicht angänglich sei, so könne man doch die aufrecht zu erhaltenden Vorschriften durch die Hinweisung auf ihren Gegenstand — „über Jagd und Fischerei" — zusammenfassen und genügend abgrenzen. Nur in Ansehung der Vorschriften über den Ersatz des Wildschadens bleibe ein Zweifel möglich und dieser sei durch die ausdrückliche Einschließung dieser Vorschriften zu beseitigen. Daß die Vorschrift des § 187 in Ansehung der Selbstverteidigung gegen Schädigungen durch das 491
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Wild nicht unberührt bleibe durch ein ausschließliches Jagdrecht, sei bei der gewählten Fassung nicht zu verkennen. I Prot 1 12748 | Durch die engere Fassung des § 78 Abs. 1 und durch den Antrag b Abs. 2 solle der Vorbehalt dahin beschränkt werden, daß der Erwerb des Eigenthumes an den Gegenständen der Jagd und der Fischerei nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sich bestimme. Zur Rechtfertigung dieser Beschränkung sei auf die Unzuträglichkeiten hingewiesen, welche sich ergeben würden, wenn die gleichartige Handlung je nach Verschiedenheit der Jagdgesetze, in dem einen Gebiete als Eigentumsvergehen (Diebstahl, Unterschlagung) zu beurtheilen wäre, in anderen Gebieten nur als Jagdvergehen aufgefaßt würde. Hierin sei indessen kein genügender Grund zu finden, die Eigenthumsfrage der partikulären Gesetzgebung zu entziehen, denn unverkennbar sei, daß die Regelung der Eigenthumsfrage den Zwecken der Spezialgesetzgebung über Jagd und Fischerei diene, auch lasse sich vertheidigen, daß partikuläre Eigenthumsnormen über Zueignung nicht zu einer strafrechtlichen Beurtheilung führen könnten, welche von der nach den reichsrechtlichen Eigenthumsnormen eintretenden Beurtheilung abweiche, weil anderenfalls durch die Landesgesetzgebungen in das einheitliche Strafrecht eingegriffen sein würde. Werde die Eigenthumsfrage der Landesgesetzgebung nicht entzogen, so sei auch die Bestimmung über die Jagd- oder Wildfolge nicht entzogen, ohne daß es einer Verdeutlichung in dieser Beziehung bedürfe. TE-EG § 79 4. Der § 79 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die Vorschriften Johow der Landesgesetze über Zwangsrechte und Bannrechte und über Realgewerbebe(Nr 2) rechtigungen, soweit derartige Rechte noch begründet werden können oder noch I Prot 1 12749 | bestehen, sowie über die Ablösung solcher Rechte. Die Begründung eines Zwangsrechtes und Bannrechtes und einer Realgewerbeberechtigung durch Ersitzung oder durch unvordenkliche Verjährung findet nicht mehr statt. Die rechtsgeschäftliche Belastung eines Grundstückes mit einer Zwangspflichtigkeit und Bannpflichtigkeit ist unzulässig." (S.R. S 60 Motive 241 ff., Anm. unter Id zu Buch III §§ 778 ff. d. E.) Kurlbaum Es war beantragt, den § 79 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen (Nr 93, 3) Vorschriften über Zwangsrechte, Bannrechte und Realgewerbeberechtigungen, jedoch unbeschadet der Vorschriften der Gewerbeordnung." v. Mandry (Nr 94,2)
Von anderer Seite war die Streichung der Absätze 2, 3 beantragt. Die Kommission beschloß die Aufnahme folgenden Vorbehaltes : Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Zwangsrechte, Bannrechte und Realgewerbeberechtigungen, unbeschadet der Vorschriften der Gewerbeordnung. Die Absätze 2.3. des § 79 wurden gestrichen. Erwogen war: Wenn die Institute der Zwangsrechte, Bannrechte und Realgewerbeberechtigungen der Landesgesetzgebung vorbehalten würden, so sei dieser Vorbehalt dahin auszulegen, daß den Einschränkungen, welche die fraglichen Institute durch die Gewerbeordnung bereits erlitten hätten, kein Eintrag geschehen solle; es erscheine indessen zweckmäßig, dies zu verdeutlichen. Die Verweisung auf die EinschränkunI Prot 1 12750 gen der Gewerbeordnung werde genügen. Sollten diese Einschränkungen durch | ein künftiges Reichsgesetz erweitert werden, so würde damit zugleich die Tragweite des Vorbehaltes sich beschränken. Die Regelung der Ablösung falle unverkennbar unter den Vorbehalt und brauche nicht besonders erwähnt werden. 492
Protokolle der 1. Kommission
Ein Bedürfniß, den Vorbehalt nach Maßgabe des § 79 Abs. 2 zu beschränken, liege nicht vor. Es könne den Landesgesetzen überlassen werden, wie für die Ablösung der bestehenden Rechte zu sorgen, so auch der Entstehung der fraglichen Rechte im Wege der partikularrechtlich noch zugelassenen Ersitzung u. s. w. entgegenzutreten. Der Abs. 3 des § 79 solle die rechtsgeschäftliche Verknüpfung der passiven Seite der Zwangsrechte und Bannrechte mit dem Eigenthume eines Grundstückes verhindern. Es sei indessen nicht ersichtlich, daß eine solche Verknüpfung zu großen Unzuträglichkeiten führe, und sei eine Beschränkung des Vorbehaltes um so weniger geboten, als die Zulassung derartiger Rechtsgeschäfte in dem bestehenden Rechte wohl nur sehr ausnahmsweise vorkomme. Von den Bannrechten und Zwangsrechten, welche Verbietungsrechte seien, müßte übrigens solche Berechtigung unterschieden werden, welche einem Gewerbetreibenden das Recht gäben, von anderen Personen positiv die Abnahme seiner gewerblichen Leistungen zu verlangen, zu vergi, preuß. A.L.R. I 23 §§ 56, 58 (Krugverlagsrecht). Rechte dieser Art würden durch den beschlossenen Vorbehalt überall nicht getroffen. Die Belastung eines Grundstückes mit einem nach der Ausdrucksweise der preußischen Gesetze als Verlagsrecht bezeichneten Rechte sei nach den Vorschriften des Entwurfes nicht zugelassen. Dagegen stehe der Uebernahme einer obligatorischen Verbindlichkeit des angedeu-| teten Inhalts nichts entgegen (zu vergi. | Prot 1 12751 preuß. G. über die polizeilichen Verhältnisse der Gewerbe vom 7. September 1811 S 54). 5. Der § 80 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben, soweit nicht ein TE-EG§ 80 Anderes bestimmt ist: 1. Die landesgesetzlichen Vorschriften über die Anstellung der Beamten, die Beendigung des Dienstverhältnisses und über die Rechte und Pflichten, welche aus der Anstellung zwischen dem Dienstherrn und zwischen dem Beamten und dessen Hinterbliebenen entstehen; 2. Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen wegen bestimmter Ansprüche des Landesfiskus an die Beamten denselben an ihrem Diensteinkommen über die durch § 288 des Bürgerlichen Gesetzbuches gezogene Schranke hinaus Abzüge gemacht werden können; 3. Die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche öffentlichen Beamten, auch außer den in den §§ 468, 469 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Fällen, die Betheiligung an den unter ihrer Leitung oder Aufsicht stattfindenden Verkäufen, Verpachtungen oder anderen Verträgen sowie der Eintritt in solche Rechtsgeschäfte untersagt wird. Die civilrechtliche Wirkung dieser Verbote, sofern nach dem betreffenden Landesgesetze eine solche stattfindet, bestimmt sich nach den Vorschriften des § 468 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches; 4. Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die dem Beamten gegenüber Dritten obliegenden Amtspflicht feststellen; I 5. Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche bestimmen, daß für den Schaden, | Prot 1 12752 den ein Beamter durch Verletzung der ihm landesgesetzlich obliegenden Amtspflicht unter den Voraussetzungen des § 736 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches einem Dritten zugefügt hat, der Geschäftsführer in erster Reihe haftbar ist." (Allg. Theil § 17, Begr. S. 104 ff; Obi. R §§ 3, 6; vergi. F.R. § 13, Motive S. 80 und gedr. Abänderungsantr. Nr. 12 S. 11 ; Anm. zu § 736 K.E.) Es war beantragt, den § 80 zu fassen : „Unberührt bleiben Kurlbaum 1. Die landesgesetzlichen Vorschriften über die Rechte und Verbindlichkeiten der ( N r 93> 4 ) 493
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Beamten aus ihrem Amtsverhältnisse sowie über die Ansprüche der Hinterbliebenen eines Beamten wegen der ihnen als solchen zustehenden Bezüge; 2. die landesgesetzlichen Vorschriften, welche bestimmen, daß ein Beamter wegen des aus einer fahrlässigen Pflichtverletzung entstandenen Schadens erst dann in Anspruch genommen werden kann, wenn der Beschädigte auf andere Weise Ersatz des Schadens nicht erlangen kann." a) Zu Nr. 1 des § 80 wurde folgende Fassung beschlossen: Unberührt bleiben, soweit nicht durch Reichsgesetz eine besondere Bestimmung getroffen ist, die Vorschriften der Landesgesetze über die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten der Beamten aus dem Amtsverhältnisse mit Einschluß der Ansprüche der Hinterbliebenen. Erwogen war: Die Fassung des Vorbehaltes sei so zu wählen, daß die Hereinziehung offenbar publizistischer Verhältnisse vermieden werde. Deshalb sei von der Anstellung der I Proti 12753 Beamten und | der Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zu reden. Durch die Hinweisung auf die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten der Beamten mit Einschluß der Ansprüche der Hinterbliebenen werde die privatrechtliche Seite des durch die Anstellung entstehenden Verhältnisses erschöpfend bezeichnet. Unter Beamten seien immer öffentliche Beamte zu verstehen; im Uebrigen sei die Frage nach der Beamteneigenschaft aus dem maßgebenden Reichs- oder Landesrechte zu beantworten (zu vergi. Prot. S. 12324). b) Die Nr. 2 des § 80 wurde abgelehnt. Man war der Ansicht, daß der zu Nr. 1 beschlossene Vorbehalt genüge und in der Dienstpragmatik das Nöthige zum Schutze der fiskalischen Ansprüche vorgesehen werden könne. c) Die Nr. 3 des § 80 wurde abgelehnt. Man war der Ansicht: Der unter Nr. 3 vorgeschlagene Vorbehalt habe nur insofern eine besondere Bedeutung, als die Landesgesetze nach demselben an die Nichtbeachtung von Anweisungen, welche Beamten die Betheiligung an gewissen Rechtsgeschäften untersagen, die privatrechtliche Wirkung des § 468 Abs. 2, 3 knüpfen könnten. Durch die Disziplinargewalt könne indessen derartigen Anweisungen genügender Nachdruck gegeben werden. Ein Bedürfniß für einen Vorbehalt der vorgeschlagenen Art liege mithin nicht vor. Daneben komme in Betracht, daß die Bestimmung zivilrechtlicher, auf andere Personen sich erstreckender Rechtsfolgen für den Verkehr störend sei. Ein Kontrahiren der Beamten mit sich selbst oder mit untergeschobenen Personen könne übrigens durch Begrenzung der zu ertheilenden Vollmacht verhindert werden. d) Die Nr. 4 des § 80 wurde abgelehnt. Man war der Ansicht: I Prot 1 12754 Aus dem zu Nr. 1 beschlossenen Vorbehalt ergebe sich, daß | dem Beamten besondere Verbindlichkeiten auferlegt werden könnten. Es sei nicht zu bezweifeln, das diese Verbindlichkeiten ähnlich wie in dem Falle eines pactum in favorenti tertii gestaltet werden und für dritte Personen in Verbindung mit der Vorschrift des § 736 des Bürgerlichen Gesetzbuches selbständige Ansprüche begründen könnten. e) Die Nr. 5 des § 80 und die Nr. 2 des Antrages gestatten den Landesgesetzen, eine Ermäßigung der Haftung eines Beamten gegenüber den Vorschriften des § 736 d. E. eintreten zu lassen. Der Antrag geht weiter als die Vorlage und will bei allen fahrlässigen Pflichtverletzungen den Landesgesetzen die Anwendung des Prinzipes der subsidiären Haftung der Beamten freigeben. 494
Protokolle der 1. Kommission
Die Kommission entschied sich für den Vorschlag des Antrages, weil eine so weit gehende Begrenzung der Haftung der Beamten sehr wohl im öffentlichen Interesse liegen könne und den Landesgesetzgebungen — auch in Ansehung der Vormundschaftsrichter § 1702 d. E. — nicht verwehrt sein dürfe. Sie mache es möglich, wie es in dem preuß. A.L.R. geschehen sei (§§ 89—91 II 10), jede Amtspflicht auch gegenüber Dritten wirken zu lassen. Es wurde beschlossen, in einem besonderen Absatz oder in einem besonderen Artikel zu bestimmen: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften (u.s.w. wie in dem Antrage unter Nr. 2 vorgeschlagen ist). 758. Sitzung vom 21. 3. 1888, Schriftführer:
Achilles
I Die Berathung der Vorschläge zu dem Entwürfe eines Einführungsgesetzes an |Prot 1 12755 der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt. TE-EG § 81 1. Der § 81 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung des Staates und der Gemeinden für den Schaden, welchen Beamten durch eine bei Ausübung staatsrechtlicher Befugnisse begangene widerrechtliche, zum Schadensersatze verpflichtende Handlung Jemandem zufügen." (Allg. Theil S 18, Motive S. 111.) Hierzu lag der Antrag vor, die aufzunehmende Vorschrift zu fassen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung des Staates, der Gemeinden und anderer kommunaler Verbände für den Schaden, | welchen ein Beamter (durch eine) in Ausübung von Befugnissen des öffentlichen Rechtes (begangene widerrechtliche Handlung) verursacht hat." Die Kommission beschloß die Aufnahme folgender Vorschrift: Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Haftung des Staates, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände) für den von ihren Beamten zugefügten Schaden, unbeschadet der Vorschriften der §§ 46, 63 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die Gründe waren : Die Vorschrift rechtfertige sich im Allgemeinen aus den Gründen der Motive. Vorausgesetzt werde, daß der Staat, die Gemeinde u. s. w. dem Dritten, welchem von einem ihrer Beamten ein Schaden zugefügt worden, nicht schon gemäß § 46 in Verbindung mit § 63 des B.G.B ersatzpflichtig sei. Diese Ersatzpflicht dürfe als lediglich dem Privatrechte angehörig von der Landesgesetzgebung weder ausgeschlossen noch beschränkt werden. Es liege aber kein Grund vor, die Ausdehnung der Haftung des Staates u. s. w. für Handlungen der Beamten auf das Gebiet des öffentlichen Rechtes den Bundesstaaten zu verwehren. Die Verpflichtung, welche durch die bezüglichen Gesetze begründet werde, könne allerdings als eine privatrechtliche bezeichnet werden. Ihre Grundlage aber habe sie in staatsrechtlichen Rücksichten. Von diesem Gesichtspunkte aus erscheine es nicht angemessen, den beschlossenen Vorbehalt auf die Fälle zu beschränken, in welchen der Beamte widerrechtlich gehandelt und sich selbst dem Dritten schadensersatzpflichtig gemacht habe. Auch empfehle es sich nicht, die Befugnisse näher zu kennzeichnen, in deren Ausübung die Handlung begangen sein müsse. Vielmehr sei die Bestimmung der Grenze, bis zu welcher die | Haftung sich erstrecken solle, ohne Bedenken der Landesgesetzgebung zu überlassen.
Kurlbaum (Nr 93, 5) I ^ r o t * 12^56
| Prot 1 12757
2. Der § 82 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzli- TE-EG § 82 chen Vorschriften, nach welchen zur Wirksamkeit der Verpfändung erforderlich ist: 495
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch 1. bei der Verpfändung von Bezügen eines Beamten oder einer Militärperson an Diensteinkommen, Wartegeldern oder Pensionen, eine Benachrichtigung der auszahlenden Kasse durch Vorlegung einer öffentlichen Urkunde und 2. bei Bestellung von Amtskautionen durch Niederlegung von Werthpapieren die Ertheilung eines Empfangscheines über die Niederlegung." (S.R. § 44, Motive S. 206.) Kurlbaum Hierzu lag der Antrag vor, anstatt dieser Bestimmung folgende Vorschrift aufzu(Nr 93,6) nehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen durch die gegenüber einer Behörde erfolgende Leistung einer Sicherheit für die Verbindlichkeit aus einer Amtsführung oder einem Gewerbebetriebe ein Pfandrecht für die bekannten oder unbekannten Gläubiger begründet wird." (Zu vergi. Art. 104 des Hessischen Einf.-Ges. zur C.P.O.) Im Laufe der Berathung wurde vorgeschlagen, in Ersatz dieses Antrags Folgendes zu bestimmen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Rechtsverhältnisse aus einer Sicherheitsleistung, welche auf Grund einer im öffentlichen Rechte beruhenden Verpflichtung wegen der Führung eines Amtes oder wegen des Betriebes eines Gewerbes erfolgt." I Prot 1 12758
| Dieser Vorschlag wurde unter Streichung des § 82 angenommen. Die Mehrheit war der Ansicht: Die Bestimmung des § 82 unter Nr. 1 sei durch die Vorschriften des B.G.B. §§ 1208 und 1211 in Verbindung mit § 311 gedeckt und deshalb entbehrlich. Nicht minder entbehrlich erscheine die Bestimmung unter Nr. 2. Die Landesgesetze, welche sie aufrecht erhalten wolle, bezweckten, ebenso wie die entsprechende Vorschrift des Reichsgesetzes vom 2. Juni 1869 (B.G.B1. S. 161) § 6, die Sicherheitsbestellung der Beamten nicht sowohl zu erschweren als vielmehr zu erleichtern. Die beabsichtigte Erleichterung aber werde von dem B.G.B, ganz allgemein zugelassen, indem nach §1147 Abs. 3 ein Faustpfandrecht auch dadurch begründet werden könne, daß einem Dritten (also auch der Hinterlegungsstelle) die Inhabung für den Pfandgläubiger und den Eigenthümer eingeräumt werde. Ein Vorbehalt für die Landesgesetze sei indessen nach einer anderen Richtung erforderlich. Nicht bloß das Gesetz, betreffend die Kautionen der Bundesbeamten, vom 2. Juni 1869, sondern auch die Kautionsgesetze der Bundesstaaten enthalten eine Reihe privatrechtlicher Vorschriften, welche aus Gründen des öffentlichen Rechtes gegeben und deshalb in Kraft zu lassen seien. Von besonderer Wichtigkeit seien in dieser Hinsicht die Grundsätze des preußischen Gesetzes, betreffend die Kautionen der Staatsbeamten, vom 25. März 1873 §§ 1, 10, daß auch solche Beamte, welchen vermöge ihres Amtes die Annahme, die Aufbewahrung oder der Transport fremder, nicht dem Staate gehörender Gelder obliegt, Kautionen zu leisten haben und die Amtskaution „für alle von dem kautionspflichtigen Beamten aus seiner AmtsfühIProti 12759 rung zu |vertretenden Schäden und Mängel an Kapital und Zinsen" also nicht nur dem Staate, sondern auch dritten Personen hafte. Daß das hessische Gesetz, die Ausführung der C.P.O. u. s. w. betreffend, vom 4. Juni 1879 Art. 104 eine ähnliche Vorschrift habe, sei bereits oben angedeutet. Das preußische Gesetz entbinde überdies den Staat von der Verpflichtung, „im Falle des Konkurses die verpfändeten Werthpapiere in die Konkursmasse einzuliefern" (§ 11). Ob freilich diese Vergünstigung noch in vollem Umfange bestehe, könne nach der Konk.-O. § 117 in Frage gestellt werden. Allein in der gegenwärtigen Kodifikation liege kein Grund, die privatrechtliche Seite des Rechtsverhältnisses aus der von den Staatsbeamten geleisteten Sicherheit zu regeln. Vielmehr empfehle es sich, aus Rücksicht auf das öffent496
Protokolle der 1. Kommission liehe Recht der Bundesstaaten die mit demselben eng z u s a m m e n h ä n g e n d e Regelung dieses Verhältnisses sowie des analogen Verhältnisses, welches durch die Sicherheitsleistung f ü r die Verbindlichkeiten aus dem Betriebe eines Gewerbes entstehe, der Landesgesetzgebung vorzubehalten. 3. D e r § 83 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die Vorschriften TE-EG § 83 der Landesgesetze, welche die Beschlagnahme u n d Einziehung der Akten, Register, Johow (Nr 2) Dienstsiegel und anderer Dienstgegenstände der N o t a r e und Gerichtsvollzieher sowie der von Beamten unter Benutzung amtlicher Kenntnißnahme hergestellten Schriften, Zeichnungen, Modelle und dergleichen betreffen." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter II § 58; S. R. § 12 Motive S. 44 ff.) I Die Mehrheit entschied sich f ü r die von einer Seite beantragte Streichung dieser I P r o t i 12760 Bestimmung, indem sie davon ausging, daß insoweit, als die aufrechtzuerhaltenden Kurlbaum Vorschriften der Landesgesetze nicht lediglich dem öffentlichen Rechte angehören, (Nr 95, 1) dem Bedürfnisse durch den zu § 55 hinsichtlich der Eintragung beschlossenen V o r behalt (Prot. S. 12723) genügt werde. TE-EG ξ 84 4. D e r § 84 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben: 1. die landesgesetzlichen Vorschriften über das Kirchenpatronatrecht; 2. die landesgesetzlichen Vorschriften über die kirchliche Baulast und über die Verpflichtung zur Errichtung u n d Erhaltung von Schulhäusern sowie z u r Anschaff u n g von z u m Schulgebrauche dienenden Gegenständen; 3. die landesgesetzlichen Vorschriften über die Rechte, welche Geistlichen, sonstigen Kirchenbeamten und Lehrern an einer mit dem Amte verbundenen P f r ü n d e zustehen." (Allg. Theil S 15, Begr. S. 82 ff.) 5 0 Beantragt w a r , folgende Bestimmung zu beschließen: „ U n b e r ü h r t bleiben die landesrechtlichen Vorschriften, welche dem Kirchenrechte angehören." Die Kommission beschloß die Streichung des § 84 und die Ablehnung des Antrages. Erwogen w a r : Sehe man auch die geschichtliche Entwickelung, so erscheine das Kirchenrecht als ein gegen das bürgerliche Recht abgeschlossenes Gebiet. V o m Standpunkte des modernen Rechtes sei es nicht zweifelhaft, daß die Vorschriften über das Verhältniß des Staates zur Kirche dem öffentlichen Rechte angehören. Dasselbe gelte auch von den- I jenigen Vorschriften, welche die inneren Verhältnisse der Kirche (Verfassung | Prot 112761 und Verwaltung) regeln. Dagegen seien die Vorschriften über die privatrechtlichen Beziehungen der Kirche zu dritten Personen sowie die Vorschriften, durch welche privatrechtliche (vermögensrechtliche und persönliche) Verhältnisse der Kirchenangehörigen geordnet werden, dem bürgerlichen Rechte zuzurechnen. Bei dieser Unterscheidung b e d ü r f e es an dieser Stelle keiner das Kirchenrecht betreffenden Bestimmung. Das Schweigen des Gesetzes habe die Bedeutung, daß die Vorschriften der ersten und zweiten Kategorie in K r a f t bleiben, die Vorschriften der dritten Kategorie dagegen außer K r a f t treten, soweit sie nicht durch das B.G.B, aufrecht erhalten werden. (Vgl. §§ 42 ff.) Es fallen also namentlich die eherechtlichen Vorschriften der Landesgesetze, die Privilegien der Kirche in Ansehung der V e r j ä h rung, der Ersitzung u. s. w. (Vgl. Mot. S. 83 ff 5 1 ).
50 51
Von v. Mandrywar in Nr. 94,1 beantragt, die Ziff. 1 zu streichen. Wiedergegeben bei Schubert (Hrsg.), Vorlagen zum EG, 1986, S. 107 ff. 497
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
IProti 12762
TE-EG § 85 Gebhard Schmitt (Nr 3)
Die Gegenstände des Kirchenrechtes, welche der § 84 betreffe, gehören im Allgemeinen der zweiten Kategorie (dem inneren Kirchenrechte) an. Das Patronatsrecht sei kein Privatrecht, sondern ein in der Kirchenverfassung sich gründendes Individualrecht, welches seine öffentlichrechtliche Natur nicht dadurch verliere, daß es für den Patron vermögensrechtliche Pflichten und Rechte begründe. Ebenso sei das Pfründenrecht als Theil des inneren Kirchenrechtes anzusehen, ohne daß Etwas darauf ankommen könne, daß die Rechte des Pfründners an Ansehung der Pfründe einen privatrechtlichen Charakter haben. Was endlich die Kirchenbaulast anlange, so frage es sich allerdings, ob dieselbe überall in Deutschland als eine öffentliche Last aufzufassen sei. Der Zweifel betreffe indessen nur die auf den | Grundstücken ruhende Baulast. In großen Gebieten des Reiches werde diese Last in das Gebiet der öffentlichen (gemeinen) Lasten fallen. Für diejenigen Gebiete aber, in welchen die Baulast den Charakter einer rein privatrechtlichen Reallast habe, bedürfe es gleichwohl eines Vorbehaltes für die Landesgesetze nicht, weil es sich hier nur um bestehende subjektive Rechte handele, welche durch die gegenwärtige Kodifikation nicht aufgehoben werden. Aus diesem Grunde müsse auch die Schullast hier auf sich beruhen. 5. Der § 85 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlic hen Vorschriften, welche die Wirksamkeit von Schenkungen an Mitglieder religiös e r Orden oder ordensähnlicher Kongregationen von staatlicher Genehmigung abhäjjgjg machen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Todeswegen der Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Wird die Genehmigung ertheilt; so gilt sie als schon vor dem Erbfalle ertheilt; im Falle der Versagung der Genehmigung ist eine solche Person als vor dem Erblasser gestorben anzusehen; die Vorschrift des §2154 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechende Anwendung, ohne Unterschied, ob eine solche Person im Falle der Genehmigung als gesetzlicher oder als eingesetzter Erbe berufen sein würde." 52 52
Die Neufassung des Gebhard'schen § 16 stammt von v. Schmitt. Zur Begründung ist in Nr. 6 angeführt: Erbrecht der Religiösen (vergi. Mot. ζ. allgem. Theil Abschn. II, Tit. 1, II, S. 43—46; Mot. zu § 16 E G - A T S . 103—104; Motive zum Erbrechtstheilentwurf S. 75, 385, 386, 552, 1 1 4 8 - 1 1 5 2 , 1156—1158; Prot. S. 1617, 8911, 9747, 9748. - Die Frage, was Rechtens sein soll in Ansehung von Erwerben von nicht deutschen Religiösen oder von Religiösen im Auslande (im engern oder weiteren Sinne), gehört dem internationalen Privatrechte an.) : In Ansehung der Rechts- und Erwerbsfähigkeit von Religiösen handelt es sich um zwei Fragen: Um die Frage der Fähigkeit resp. Unfähigkeit überhaupt, und um die rechtlichen Folgen, welche sich an die gesetzliche Beantwortung dieser Frage knüpfen. I. Die Frage der Rechtsfähigkeit von Mönchen und Nonnen ist eine allgemeine; ihre Beantwortung ist Aufgabe des allg. Theils des bürgerlichen Gesetzbuchs. Sie verliert einen allgem. Charakter auch dann nicht, wenn man sich für Beschränkungen nur in Ansehung des nicht onerosen Erwerbs solcher Personen entscheidet; denn auch so berührt dieselbe mehrere Rechtsgebiete, das Gebiet des unentgeltlichen Erwerbs unter Lebenden (Schenkung im oblig. und dingl. Sinn) und das Gebiet des Erwerbs von Todeswegen. Den besonderen Theilen des bürgerl. Gesetzbuchs gehört nur die Normierung der rechtlichen Folgen jener allgemeinen Entscheidung im einzelnen Falle an, dem Erbrechte für Erwerbe von Todeswegen. Dies ist auch die Auffassung der Redaktoren und der Kommission gewesen (vergi, die in der Anm. allegirten Stellen), und wenn der Entwurf eines EG-Erbrecht weiter ging, so geschah es nur der Vollständigkeit wegen; er konnte in Ansehung der von ihm zu erledigenden zweiten Frage Vorschläge nicht machen, ohne Stellung zur Frage über die Rechts- und Erwerbsfähigkeit der Religiösen überhaupt genommen zu haben. (Forts. S. 499)
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Protokolle der 1. Kommission (Allg. Theil § 16, Begr. S. 103 ff.; Antrag 3 zum Einf. Ges. unter Β 17 und Anm. S. 6; Erbr. §§ 8, 9, Motive | S. 1148 ff.) | Prot 1 12763 In der Sache selbst hat die Kommission, abweichend von einzelnen Landesrechten, aber in Uebereinstimmung mit den bezüglichen Vorschlägen der Redaktoren des allgem. Theils (Mot. zu Abschn. II. Titel 1,1, S. 43 — 46) und des Erbrechts (EG S S 8 Abs. 2; 9 Abs. 2), sich dahin entschieden, eine allgemeine absolute Rechtsunfähigkeit der Religiösen nicht anzunehmen. Sie beschloß in der Sitzung vom 10. Oktober 1881: „im Einführungsgesetze den Landesgesetzen vorzubehalten, die Erwerbsfähigkeit der Religiösen in Ansehung des erbrechtlichen Erwerbs und des Erwerbs durch Schenkungen unter Lebenden zu beschränken" (Prot. S. 17). — Diesem Beschlüsse entspricht 5 16 des EG-AT. Fraglich kann nur sein, ob in Abweichung von dem Kommissionsentwurfe auch in Ansehung von Pflichttheilsansprüchen vom Anfalle gesprochen werden soll. „Anfall" ist provisorischer Erwerb, der bei Erbschaften und Vermächtnissen vorkommt (§§ 1819 Abs. 1; 1977Abs. 1), während der Pflichttheilsanspruch sofort definitiv erworben wird, einer Spaltung in provisor, und définit. Erwerb nicht unterliegt; daher die Verschiedenheit der Fassungen in §§ 1819 Abs. 1 und 1944 Abs. 1 und die Vermeidung des Wortes „Anfall" an der letzteren Stelle. Es empfiehlt sich daher statt dessen der Ausdruck „Erwerb von Todeswegen" (Ueberschrift des Titel 1 Abschn. 6 Buch V), welcher alle Fälle deckt. Daß darunter Erbschaften, Vermächtniß- und Pflichttheilsansprüche begriffen sind, ist für sich klar, ergiebt sich aber auch aus dem neu vorgeschlagenen Abs. 2. — Der doppelte Relativsatz kann vermieden werden. Daß die Worte „Schenkung an" in dem engeren, den Vertrag zu Gunsten Dritter ausschließenden Sinn verstanden werden könnten, ist nicht zu besorgen. Das Gegentheil ergiebt sich daraus, daß zugleich von Rechtsgeschäften von Todeswegen ganz allgemein, mit Einschluß des Erbvertrags zu Gunsten Dritter gesprochen wird, ferner aus der Natur der Sache. In der That ist der Ausdruck „Schenkung an Religiose" durch Vertrag zu Gunsten Dritter auch sprachlich korrekt. — Wenn der eventi. Vorschlag dahin geht, die bezüglichen Vorschriften für Schenkungen und Erwerb von Todeswegen je in einen besonderen Absatz aufzunehmen, so war hierfür nicht blos der Vorgang des § 61, sondern auch die Erwägung maßgebend, daß in Ansehung der rechtlichen Folgen hinsichtlich der Erwerbe von Todeswegen ausführliche Vorschriften geboten erscheinen, während solche für Schenkungen ganz entbehrlich sein dürften (vergi, die Fassung des Vorschlags des Redaktors des AT bei SS 13 und 16); denn die Bindung aus der Schenkung als einem zweiseitigen Rechtsgeschäft tritt schon mit dem Abschlüsse des letzteren ein, nicht erst, wie in dem besonderen Falle des § 61 Abs. 2 Satz 1 mit dem Gesuche um staatliche Genehmigung. Hieran ändert der Umstand nichts, daß das Geschäft selbst noch von staatlicher Genehmigung abhängig ist. II. Ist der Erwerb von Erbschaften, Vermächtniß- und Pflichttheilsansprüchen für Religiose von staatlicher Genehmigung abhängig gemacht, so handelt es sich um ein im einzelnen Falle eintretendes Schwebeverhältniß. Dieses ist durch erbrechtliche Vorschriften zu normieren, und zwar durch reichsgesetzliche Vorschriften, weil die Regelung des Erbganges überhaupt in Frage steht. — Sachlich werden die Bestimmungen des § 61 Abs. 2 S. 2 und des § 2104 Abs. 2 zum Vorbilde zu dienen haben, jedoch mit Berücksichtigung des Umstandes, daß es sich dort, wie in den Fällen des § 13 des EG-AT nur um Berufung auf Grund einer Verfügung von Todeswegen handelt, hier aber auch um Berufung aus dem Gesetze, indem der Religipse nicht wieder als Verwandter für Intestaterbfolge und Pflichttheilsrecht in Betracht kommt, und u. A. selbst als gesetzlicher Vermächtnißnehmer. Eine bloße Allegation der SS 61 und 2104 wäre daher zu eng; für den Fall der Genehmigungsverweigerung bei Berufung aus dem Gesetze hat S 1925 K.E. zum Muster zu dienen; dieser paßt indessen auch für Verfügungen von Todeswegen, vgl. S S 1709 d und 1819a K.E. und so dürfte neben den Worten „ist eine solche Person als vor dem Erbfalle gestorben anzusehen" die weiteren Worte „und wird, wenn der Anfall auf einer Verfügung von Todeswegen beruht, diese unwirksam" entfallen können; eventi, wären sie beizufügen. Bei der Allegation des S 2104 Abs. 2 K.E. wird ein bezüglicher Zusatz nicht entbehrlich sein. — Hiermit entfallen die S S 8 Abs. 2 und 9 Abs. 2 des EG-ER, soweit sie sich auf Religiose beziehen; das Allegat des S 306 TE-ErbR ist, da dieser Paragraph dem Abstriche unterlag, gegenstandslos geworden. 499
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Kurlbaum Hierzu lag der Antrag vor, den $ 85 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen: (Nr 95,2) „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen ausschließen oder beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Ist die staatliche Genehmigung zu einem rechtsgeschäftlichen Erwerbe erforderlich, so ist das Rechtsgeschäft zwar gültig, die Wirksamkeit desselben aber von der Genehmigung abhängig. Wird die Genehmigung versagt, so wird das Rechtsgeschäft unwirksam. Wird die zu einem Erwerbe von Todeswegen erforderliche Genehmigung versagt, so ist die Person, welche erwerben sollte, als vor dem Erbfalle verstorben anzusehen. In Ansehung einer der Person angefallenen Erbschaft findet bis zur Versagung der Genehmigung die Vorschrift des §2154 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Wird die Genehmigung ertheilt, so gilt sie als schon vor dem Rechtsgeschäfte oder vor dem Erbfalle ertheilt." Die Kommission beschloß, unter Ablehnung der weiter gehenden Vorschläge, die Einstellung folgender Vorschriften in das Einführungsgesetz : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Wirksamkeit von Schenkungen an Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen von staatlicher Genehmigung abhängig machen. I Prot 1 12764 | Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche bestimmen, daß Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen von Todeswegen nur mit staatlicher Genehmigung erwerben können. Wird die Genehmigung ertheilt, so gilt sie als schon vor dem Erbfalle ertheilt; wird die Genehmigung versagt, so ist die zum Erwerbe berufene Person als vor dem Erblasser gestorben anzusehen; der § 2154 des Bürgerlichen Gesetzbuches findet entsprechende Anwendung. Man war einverstanden, daß eine Bestimmung, wie sie der § 85 Abs. 1 vorschlage, nöthig sei, um die übermäßige Anhäufung von Vermögen in der todten Hand zu verhindern. Dagegen hielt die Mehrheit die beantragte Ausdehnung der Vorschrift auf den onerosen Erwerb unter Lebenden für zu weitgehend, weil hierdurch die Religionen thatsächlich vermögensunfähig gemacht werden würden, dies aber mit den Grundsätzen des B.G.B, nicht im Einklang stände. Auch machte man geltend, daß die Ausdehnung der Vorschrift ihren Zweck nicht erreichen würde, da erfahrungsgemäß zur Umgehung der Erwerbsbeschränkungen, welchen Orden u. s. w. unterliegen, viel häufiger dritte Personen, als Angehörige des Ordens vorgeschoben zu werden pflegten. Im Übrigen war die Mehrheit der Ansicht: Der Absatz 2 des Antrages sei entbehrlich, weil nicht zu besorgen sei, daß die Anwendung der Vorschriften des B.G.B, auf das Erforderniß der staatlichen Genehmigung für eine Schenkung zu einem unangemessenen Ergebnisse führen werde. Einer Regelung bedürfe dieses Erforderniß nur in Beziehung auf den Erwerb von Todeswegen. In dieser Hinsicht schließe sich die beschlossene Regelung an die Fassung des § 62 Abs. 3 bezw. des § 1972 des B.G.B, an. Die Schlußworte des I Prot I I 2765 Vorschlages der Zusammenstellung, „ohne (Unterschied . . . " seien wegzulassen, weil, wenn die entsprechende Anwendung des §2154 vorgeschrieben werde, ein Mißverständniß nicht zu besorgen sei. Ein Grund, nur den Absatz 2 dieses Paragraphen in Bezug zu nehmen, könne bei dem Inhalte der Bestimmung als vorliegend nicht anerkannt werden.
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Protokolle der 1. Kommission 759. Sitzung vom 23. 3. 1888, Schriftführer: Achilles I Die Berathung der Vorschläge zu dem Entwürfe eines Einführungsgesetzes an | Prot 1 12767 der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt. I. Die §§ 86 bis 90 der Zusst. lauten: § 86. „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über ausschließliche TE-EG § 86 Berechtigungen an Begräbnißstätten und an Stühlen, Bänken, Ständen und derglei- Johow chen in gottesdienstlichen Gebäuden, soweit nicht in den §§87 bis 90 ein Anderes (Nr 2) bestimmt ist." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter II § 47; S.R. § 55, Motive S. 229 ff.) § 87. „Berechtigungen dieser Art, denen landes- | gesetzlich Wirksamkeit gegen TE-EG § 87 Dritte beiwohnt, bedürfen, so lange der Begräbnißplatz oder das gottesdienstliche |Proti 12868 Gebäude seiner Bestimmung dient, weder zu ihrer Begründung noch zur Erlangung Johow 2 oder zur Erhaltung der Wirksamkeit gegen Dritte der Eintragung in das Grundbuch. ) Die Eintragung derselben in das Grundbuch ist unzulässig. Solche Berechtigungen können fortan weder durch Ersitzung noch durch unvordenkliche Verjährung erworben werden." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter II § 48; S.R. § 56, Motive S. 238 ff., 241.) § 88. „Wenn der Begräbnisplatz oder das gottesdienstliche Gebäude für seine TE-EG §88 bisherige Bestimmung geschlossen und zu freier Verfügung veräußert wird, so kann Johow 2 die gegen Dritte wirksame Berechtigung gleichwohl nicht geltend gemacht werden ) gegen diejenigen, welche bei oder nach der Veräußerung das Grundstück oder ein Recht an demselben erworben haben. Der Berechtigte erlangt aber durch die Veräußerung des bisherigen Begräbnißplatzes oder des bisherigen gottesdienstlichen Gebäudes gegen den Veräußerer einen Anspruch auf Schadensersatz." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter II § 49; S.R. § 57, Motive S. 238 ff.) § 89. „Jeder Berechtigte hat gegen die Korporation, welcher der Begräbnißplatz oder das gottesdienstliche Gebäude gehört, den Anspruch auf Eintragung der Berechtigung in ein von der Korporation zu führendes Buch (Grabstellen- | und Erbbegräbnißregister, Kirchenstuhlregister u. s. w.). Die Eintragung der Berechtigung in das Buch macht vollen Beweis gegen die Korporation." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter II § 50; S.R. § 58, Motive S. 238 ff., 241.)
TE-EG § 89 Johow (Nr 2 ) ' ^ r o t *127f)9
§ 90. „Selbständige veräußerliche und vererbliche Berechtigungen der im § 86 TE-EG § 90 bezeichneten Art können nicht ein Blatt im Grundbuche erhalten. Die Uebertragung Johow 2 und die Belastung derselben sowie die Zwangsvollstreckung in dieselben, soweit die ) eine oder die andere zulässig, erfolgen bei dem Mangel besonderer landesgesetzlicher Regelung nach den hierüber in Ansehung der Forderungen geltenden reichsrechtlichen Vorschriften." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter II, § 51 ; S.R. § 59, Motive S. 238 ff., 241.) Hierzu lag der Antrag vor, die §§86 bis 90 durch folgende Vorschrift zu ersetzen : Kurlbaum „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über das Recht zur Benut- (Nr 95, 3) zung eines Platzes in einem dem öffentlichen Gottesdienste gewidmeten Gebäude oder auf einer öffentlichen Begräbnißstätte." Der Antrag wurde unter Einschaltung der Worte „eines Platzes" hinter dem Worte „oder" von der Kommission angenommen. Die Mehrheit war der Ansicht: Die in Rede stehenden Berechtigungen seien, ungeachtet ihrer privatrechtlichen Seite, doch von öffentlichrechtlichen (kirchlichen, polizeilichen) Einrichtungen dergestalt abhängig und beeinflußt, daß es nicht angemessen sein würde, sie ohne 501
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Proti 12770 Weiteres dem Sachenrechte des Bür-| gerlichen Gesetzbuches zu unterwerfen. Der Vorschlag, ihre Regelung der Landesgesetzgebung zu belassen, müsse daher gebilligt werden. Dagegen sei ein Bedürfniß zur Beschränkung dieses Vorbehaltes durch reichsrichterliche Bestimmungen, wie solche in den §§ 87 bis 90 vorgeschlagen werden, nicht anzuerkennen. Man dürfe sich freilich nicht verhehlen, daß die Landesgesetze bei unbeschränkter Zuständigkeit in der Lage seien, das Eintragungsprinzip des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf die gedachten Benutzungsrechte auszudehnen. Allein hierin sei ein erheblicher Uebelstand nicht zu erblicken, da die Besorgniß, daß die Gesetzgebung der Bundesstaaten diesen Weg betreten möchte, durch die bisherigen Erfahrungen nicht gerechtfertigt sei. Es bedürfe somit nur eines Vorbehaltes, durch welchen die landesgesetzliche Regelung der in dem § 86 bezeichneten Rechte aufrecht erhalten werde. Diesen Vorbehalt aber bringe der Antrag mit der beschlossenen Einschaltung besser zum Ausdruck als der Vorschlag der Zusammenstellung. TE-EG § 91 II. Der §91 der Zusst. lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Verwaltung und Beaufsichtigung juristischer Personen. Unberührt bleiben desgleichen die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Wirksamkeit von Rechtsgeschäften unter Lebenden, durch welche juristische Personen Rechte erwerben, sowie den Anfall von Erbschaften und Vermächtnissen an solche Personen von staatlicher Genehmigung abhängig machen; die Vorschriften des § 62 Abs. 3 und des § 2154 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches finden entsprechende Anwendung. 53 I Prot 1 12771 | Inländische Handelsgesellschaften, eingetragene Genossenschaften, eingeschriebene Hülfskassen und sonstige Personenvereine, welche auf Grund reichsgesetzlicher Vorschrift die Fähigkeit besitzen, Vermögensrechte zu haben, unterliegen landesgesetzlichen Beschränkungen der im Abs. 1 Satz 2 erwähnten Art nicht. Dasselbe gilt von Stiftungen, deren juristische Persönlichkeit auf reichsgesetzlicher Vorschrift beruht, sowie von Versicherungsgesellschaften, welchen in dem Bundesstaate, in welchem sie ihren Sitz haben, juristische Persönlichkeit durch landesherrliche Entschließung verliehen ist." (Allg. Theil § 13, Begr. S. 70 ff.; Antrag 3 zum Einf. Ges. unter B, 17 und Anm. S. 6; Erbr. §§ 8, 9 Motive S. 1148 ff.) Hierzu lagen die Anträge vor: Kurlbaum 1. der Antrag, folgende Vorschrift einzustellen : „Unberührt bleiben die landesge(Nr 95,4) setzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen, soweit nicht Vorschriften der Reichsgesetze entgegenstehen." 54 (Die weiteren Vorschriften vorbehalten), v. Mandry 2. der Antrag, (Nr 99,1) a ) Jen ersten Satz des ersten Absatzes dahin zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die in Ansehung der Verwaltung juristischer Personen auszuübende Aufsicht." b) den zweiten Absatz zu streichen. v. Mandry (Nr 97, 2)
Die Kommission beschloß die Aufnahme folgender Vorschriften : Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Verwaltung und I Prot 1 12772 Beaufsichtig gung juristischer Personen. 53 54
Der letzte Satzteil stammt aus dem Antrag Nr. 3 , 1 7 von v. Schmitt. In Nr. 95, 4 war von Kurlbaum als Satz 2 noch beantragt: Die Vorschriften des ¡ 85 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung.
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Protokolle der 1. Kommission
Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Ist zu einem Erwerbe von Todeswegen staatliche Genehmigung erforderlich, so finden die Vorschriften des (zu § 85 der Zusst. Prot. S. 12763, 12764 beschlossenen) Art. . . Abs. 2 Satz 2 entsprechende Anwendung. Auf juristische Personen, deren juristische Persönlichkeit auf besonderer reichsgesetzlicher Vorschrift beruht, finden die Vorschriften des zweiten Absatzes keine Anwendung. Erwogen war: Die Einstellung der Vorschrift des § 91 Abs. 1 Satz 1 entspreche dem in der Anm. zu § 63 des B.G.B, mitgetheilten Beschlusses der Kommission. Ein ausreichender Grund zur Aufhebung oder Einschränkung dieses Beschlusses sei nicht beigebracht. Dem Bedenken, daß die beschlossene Vorschrift der Landesgesetzgebung eine Handhabe zu ungerechtfertigten Eingriffen in die Verwaltung juristischer Personen biete, könne ein entscheidendes Gewicht nicht beigelegt werden. Dem Staate als der Quelle der juristischen Persönlichkeit müsse nicht bloß die Aufsicht über die Verwaltung der Körperschaften und Stiftungen, sondern auch die Möglichkeit zustehen, die Verwaltung selbst durch öffentliche Beamte führen zu lassen. Es genüge, in dieser Hinsicht auf die zutreffenden Ausführungen der Motive S. 74, 75 zu verweisen. Gegenüber dem Vorschlage des § 91 Abs. 1 Satz 2 sei man einverstanden, daß die Landesgesetzgebung zur Verhinderung der Vermögensanhäufung in der Hand juristischer Personen die nöthige Freiheit behalten müsse. Fraglich sei nur, ob der Zweck erreicht werde, wenn | das Gesetz den Erwerb nach näherer Bestimmung des Vor- I P r o t 112773 schlages von der staatlichen Genehmigung abhängig machen dürfe. Diese Frage sei rücksichtlich des Erwerbes von Todeswegen jedenfalls insoweit zu verneinen, als der Vorschlag darauf abziele, die Genehmigung desjenigen Bundesstaates für ausreichend zu erklären, in dessen Gebiete die juristische Person ihren Sitz habe, so daß die juristische Person auf Grund einer solchen Genehmigung auch die in einem anderen Bundesstaate belegenen Vermögensstücke der Erbschaft oder auch die Erbschaft eines einem anderen Bundesstaate angehörenden Erblassers erwerben könne. Die Frage, ob ein Erwerb für die todte Hand zugelassen werden solle, müsse für das Gebiet eines jeden Bundesstaates diesem allein überlassen werden. Ob nicht auch in Ansehung des Erwerbes durch Rechtsgeschäft unter Lebenden der Vorschlag in gleicher Richtung verstanden werden könne, möge dahingestellt bleiben. Dadurch, daß die Genehmigung als zu dem Erwerbe von Rechten erforderlich bezeichnet werde, sei klar gestellt, daß die Genehmigung desjenigen Bundesstaates erforderlich sei, dessen Herrschaft das zu erwerbende Recht unterliege. Für die Bundesstaaten sei es aber zur Aufrechthaltung des bestehenden Rechtszustandes außerdem erforderlich, den Erwerb der juristischen Personen durch Gesetz ein für allemal beschränken zu können. Denn, wenn nach § 42 des Bürgerlichen Gesetzbuches die juristische Persönlichkeit eines Personenvereines sich nach den Gesetzen des Ortes bestimme, an welchem der Verein seinen Sitz habe, so verlieren die Landesgesetze, nach welchen gewissen Personenvereinen die juristische Persönlichkeit nur durch Gesetz verliehen werden kann (ζ. B. preußische Verfassungsurkunde Art. 13) gegenüber den in einem anderen Bundesstaate begründeten Korporationen einen gro|ßen Theil ihrer Wirkung, welche letztere in vollem Umfange nur durch das | Prot 1 12774 gesetzliche Verbot gewisser Erwerbungen wieder hergestellt werden könne. Sei die staatliche Genehmigung erforderlich, so entstehe derselbe Schwebezustand wie in dem Falle des § 85 der Zusammenstellung. Es rechtfertige sich mithin die bezügliche Vorschrift, welche in der Sitzung vom 21. v. Mts. (Prot. S. 12764) zu 503
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diesem Paragraphen beschlossen sei, zur entsprechenden Anwendung zu bringen. Anlangend den Absatz 2 des § 91, so sei den Motiven S. 79 darin beizupflichten, daß Körperschaften und Stiftungen, deren juristische Persönlichkeit auf besonderer reichsgesetzlicher Vorschrift beruhe, landesgesetzlichen Erwerbsbeschränkungen nicht unterworfen werden können. Es sei jedoch nicht angemessen, hier die in der Zusammenstellung aufgeführten Personenvereine namhaft zu machen, weil dieselben insoweit, als ihnen juristische Persönlichkeit nicht zukomme, dem Rechte der natürlichen Personen unterliegen und folglich in der Erwerbsfähigkeit von der Landesgesetzgebung nicht beschränkt werden dürfen. Der Versicherungsgesellschaften sei hier nicht zu gedenken, um der in Aussicht genommenen Regelung des Versicherungsrechtes nicht vorzugreifen. TE-EG § 92 III. Der §92 der Zusst. lautet: „Unberührt bleiben die Landesgesetze, durch Johow welche (Nr 2) J dem Fiskus sowie gewissen Körperschaften und Stiftungen das Recht beigelegt wird, zur Sicherung ihrer Forderungen die Eintragung einer Hypothek auf die Grundstücke des Schuldners zu verlangen; 2. vorgeschrieben wird, daß im Falle der Nr. 1 die Eintragung der Hypothek auf das Ersuchen einer bestimmten Behörde zu erfolgen hat. I Prot 1 12775
| Die Hypothek kann in einem solchen Falle nur als Sicherungshypothek eingetragen werden." (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter II § 54; Anm. 1 zu Buch III Abschn. 9 Tit. 1 §§ 1062 ff. K.R.)
Beantragt war: a) Nr. 2 zu streichen, vorbehaltlich einer Vorschrift für die Grundbuchordnung; b) in Absatz 1 Nr. 1 zu setzen: „.. . zur Sicherung ihnen zustehender Forderungen. Der Vorschlag der Zusammenstellung wiederholt sachlich die in den Sitzungen vom 1. Dezember 1884undvom 17. Juni 1885 beschlossenen, in der Anmerkung zur Ueberschrift des ersten Titels im neunten Abschnitte des dritten Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches mitgetheilten Bestimmungen (Prot. S. 4960—4965, 6254, 6259). Die Mehrheit hielt es nicht für angemessen, diese Bestimmungen durch Versetzung der Nr. 2 in die Grundbuchordnung zu theilen. Dagegen billigte sie die von einer Seite im Laufe der Berathung vorgeschlagene Anwendung der die Ermäßigung einer Zwangshypothek wegen übermäßiger Belastung der Grundstücke des Schuldners ermöglichenden Vorschriften des § 1131 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf den vorliegenden Fall. Im Uebrigen verständigte man sich, die Bestimmung in dem Einführungsgesetze wie folgt zu fassen : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche dem Fiskus oder einer anderen juristischen Person das Recht beigelegt wird, zur Sicherung gewisser ihnen zustehender Forderungen die Eintragung einer Hypothek an den Grundstücken des Schuldners in das Grundbuch zu verlangen, und vorgeschrieben wird, daß die Eintragung der Hypothek auf das Ersuchen einer bestimmten Behörde I Prot 1 12776 zu er-| folgen hat. Die Hypothek kann nur als Sicherungshypothek eingetragen werden. Die Vorschrift des § 1131 findet entsprechende Anwendung. Kurlbaum (Nr 95, 5) v. Mandry (Nr 99, 2)
TE-EG §93 IV. Der §93 der Zusst. lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen VorSchmitt schriften, nach welchen das gesetzliche Erbrecht des Fiskus anderen Personen als (Nr 3) Jeff, Fiskus zusteht, insbesondere als nutzbares Regal verliehen ist. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Körper504
Protokolle der 1. Kommission
Schäften oder Stiftungen in Ansehung des Vermögens der von ihnen verpflegten Personen ein Erbrecht zustehen." (Antrag 3 zum Einf.-Ges. unter B, 18 S. 7; Erbr. §§ 10, 11, Motive S. 1158 ff.; Anm. zu § 1974 K.E.) Beantragt war: a) in Abs. 1 zu setzen. „ . . . nach welchen das gesetzliche Erbrecht des Fiskus v. Mandry anderen Personen als dem Fiskus zustehen kann;" (Nr 99, 3) b) den Abs. 2 wie folgt zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen juristische Personen in Ansehung der in Anstalten derselben aufgenommenen und verstorbenen Personen ein Erbrecht, ein Pflichttheilsanspruch oder ein Recht auf die in die Anstalt gebrachten Sachen zusteht." Die vorgeschlagenen Bestimmungen sind bereits in der Sitzung v. 7. Januar 1887 (Prot. S. 10119, 10120, Anm. zu § 1974 des B.G.B.) beschlossen und in der Anla-| ge | Prot 1 12777 näher begründet. Die heutige Berathung beschränkte sich daher im Wesentlichen auf die Fassung. Hierbei ergab sich Einverständniß, daß die Schlußworte des Abs. 1 „insbesondere . . . ist" als entbehrlich zu streichen seien. Gegenüber dem Abs. 2 war man der Ansicht, im Sinne der beschlossenen Bestimmungen liege es, den Vorbehalt für die Landesgesetze so weit zu fassen, daß von demselben alle in dem Antrage b bezeichneten Fälle betroffen würden, und es komme nur darauf an, daß die verstorbene Person von dem Fiskus oder der Anstalt verpflegt oder unterstützt worden sei. Man verständigte sich demgemäß, die beschlossenen Bestimmungen in folgender Fassung dem Einführungsgesetze einzuverleiben: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen das gesetzliche Erbrecht des Fiskus anderen Personen als dem Fiskus zusteht. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen dem Fiskus oder einer anderen juristischen Person in Ansehung des Nachlasses einer verpflegten oder unterstützten Person ein Erbrecht, ein Pflichttheilsanspruch oder ein Recht auf bestimmte Sachen zusteht. I Anlage zum Protokolle vom 23. 3. 1888
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Begründung
Schmitt (Nr 6)
des in der Zusammenstellung unter § 93 in Bezug genommenen Antrages 3 Β18:55 55
Die Begründung von v. Schmitt in Nr. 6 beginnt folgendermaßen: „B. Erbrecht juristischer Personen. I. Zuwendungen von Todeswegen an bestehende juristische Personen (§§ 8, 9). Nachdem die Vorschriftenn dieser §§, soweit sie sich auf die Errichtung von Stiftungen durch Verfügungen von Todeswegen beziehen, in das bürgerl. Gesetzb. selbst aufgenommen sind (§ 61), handelt es sich an dieser Stelle nunmehr um Zuwendungen an bestehende juristische Personen. — Nachdem ferner der Vorbehalt für die Landesgesetze, den Anfall von Erbschaften und Vermächtnissen an bestehende juristische Personen von staatlicher Genehmigung abhängig zu machen, in § 13 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 des EG-AT Aufnahme gefunden hat, ist der dasselbe bezielende Abs. 2 des $ 8 des EG-ER ersetzt. Das mit hierher bezügliche Allegat des § 306 TE-ErbR in § 9 Abs. 2 des EG-ER hat wegzufallen, da die betreffende Bestimmung des ErbR dort gestrichen und in § 61 des K.E. nicht reproduzirt ist. Insoweit endlich das EG-ER in § 8 Abs. 3 und in § 9 Abs. 1 Vorschriften enthält, welche landesgesetzliche Beschränkungen der Dispensationsbefugniß der Vertreter juristischer Personen zulassen, sind dieselben durch § 13 Abs. 1 S. 1 des E G - A T gedeckt, vgl. die Motive hierzu, insbesondere S. 74 a. E. i. V. m. den §§ 43, 44 Abs. 4, 59, 60 K.E. Was die erst
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Anlangend das landesrechtlich anderen Personen zustehende Erbrecht des Fiskus, so wird die von der Kommission bereits beschlossene Fassung vorgeschlagen. D a indessen der Fiskus auch einsetzungsfähig ist, dürfte von dem gesetzlichen Erbrecht des Fiskus zu sprechen sein (§ 1974 des E.) Der Ausdruck „Das dem Fiskus in Ermangelung anderer Erben zustehende Erbrecht" (vergi. § 49 Abs. 2 des E.) ist wegen der gleich folgenden W o r t e „anderen Personen, als dem Fiskus zusteht" weniger passend, auch nicht zutreffend, da eben in dem vorausgesetzten Falle dem Fiskus kein Erbrecht zusteht. Man müßte sagen „nach welchen das Erbrecht, welches in Ermangelung anderer Erben dem Fiskus zustehen würde, anderen Personen als dem Fiskus zusteht." Da von dem gesetzlichen Erbrecht des Fiskus die Rede, so versteht sich wohl die volle Anwendbarkeit des § 1974 auf die an Stelle des Fiskus erbberechtigte juristische Person von selbst und kann deshalb der zweite Satz des § 11 entfallen. Die in der Sitzung vom 7. Januar 1887 mehrfach betonte Nothwendigkeit einer Bestimmung im Einf. Ges., wonach im Konkurse über einen dem Fiskus angefallenen Nachlaß auch die Pflichttheilsberechtigten, Vermächtnißnehmer und Auflagenberechtigten liquidiren können, ist durch § 2117 des E. gegenstandslos geworden. Betreffend das Erbrecht gewisser juristischer Personen in den Nachlaß der von ihnen verpflegten Personen, so sollte nach § 10 Abs. 1 „Gemeinden, Korporationen I Prot 1 12780 oder anderen Personenvereinen, Stiftungen, Kassen und Anstalten" | nach dem Kommissions-Beschlusse (Prot. S. 10120) Körperschaften und Stiftungen, insbesondere Kassen und Anstalten", nach der Anm. zu § 1974 „Gemeinden, sonstigen Korporationen, Stiftungen und Anstalten" gesetzt werden. N a c h den Beschlüssen zu §§ 41 ff. des E. dürfte genügen, der Körperschaften und Stiftungen zu erwähnen. Steht das fragliche Erbrecht nach einzelnen Landesrechten auch „dem Zuchthause" zu, das keine juristische Person f ü r sich ist, sondern nur eine Staatsanstalt, so dürfte doch nicht zweifelhaft sein, daß in diesem Falle der Fiskus erbberechtigt ist. Eventuell könnte man setzen „juristische Personen." Der Einf. Ges. Entw. § 10 versteht unter „Erbrecht" ein solches im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (§§ 1749, 1750 des E.) und bezeichnet dasselbe ausdrücklich als ein gesetzliches Erbrecht (§§ 1964 ff des E.); er läßt dem Landesgesetz freien Raum, dieses Erbrecht als ein neben anderen gesetzlichen Erbrechten konkurrirendes oder dieselben ausschließendes, als ein festes ähnlich dem Vertragserbrechte, vergi. §§ 1951 —1953 des E., oder der Verfügung von Todeswegen beseitigbares oder beschwerbares zu bestimmen. Damit soll aber auch die Tragweite des landesgesetzlichen Vorbehaltes begrenzt, m. a. W . das
angezogenen Bestimmungen auf den Fiskus Bezügliches enthalten, ist theils gegenstandslos geworden, insofern Nr. 1927 des K.E. auf einem anderen Standpunkt steht, als der TEErbR, theils ersetzt durch $ 62 K.E. So erübrigt nur die auf die erbrechtlichen Folgen der Ertheilung oder Versagung der staatlichen Genehmigung bezügliche Vorschrift in § 9 Abs. 2 des EG-ER: „Auf juristische Personen finden die Bestimmungen Anwendung, welche für Anfälle von Erbschaften und Vermächtnissen an eine Leibesfrucht gelten." Diese Vorschrift wird durch den eventi, zu § 16 Abs. 1 des EG-AT beantragten Zusatzes gedeckt. Die Ausdehnung des Zusatzes auf Rechtsgeschäfte unter Lebenden ist aus denselben Gründen wie bei § 16 EG-AT unterlassen. Da es sich wie in § 61 um juristische Personen handelt, wird es angemessen sein, kurzweg auf diesen Paragraphen zu verweisen. — Der Erwerb ausländischer jurist. Personen bleibt, weil das internationale Privatrecht berührend, außer Betracht. II. Berufung juristischer Personen zur Erbfolge aus dem Gesetze, EG-ErbR §§ 10, 11. Vgl. die Mot. ζ. Erbrechts-Theilentwurf, S. 625, 627, 628, 1152 — 1155, 1158, 1159; Prot. S. 10066, 10119, 10120 und die Note zu § 1927 KE. Anlangend das landesrechtlich anderen Personen zustehende Erbrecht des Fiskus,. . ." (wie oben im Protokoll).
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Protokolle der 1. Kommission
Bürgerliche Gesetzbuch maßgebend sein, insbesondere in Ansehung des Pflichttheilsanspruches, welcher als gesetzliche Beschwerung jeden Erben, den gesetzlichen wie den eingesetzten verpflichtet erscheinen läßt. Daß indessen auf das fragl. Erbrecht, soweit nicht die innerhalb der Landeskompetenz getroffenen Modifikationen reichen, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung zu finden haben, und zwar jene über das gesetzliche Erbrecht, kann nach der beschlossenen Fassung des Vorbehaltes (ein Erbrecht, welches das Gesetz giebt), nicht zweifelhaft sein. Ob es nach den Beschlüssen der Kommission über das Pflichttheilsrecht noch angemessen erscheint, den landesrechtlichen Vorbehalt in Ansehung des | Pflicht- | Prot 1 12781 theilsanspruches zu beschränken, ist zweifelhaft. Insoweit die geltenden Landesgesetze selbst nur mit Vorbehalt des Pflichttheilsrechtes disponiren, ist die Beschränkung gegenstandslos; sie wird thatsächlich nicht von großem Belange sein, da in den bezüglichen Fällen der Nachlaß unbedeutend sein wird, es kann endlich dem Landesrecht, wenn überhaupt ein Vorbehalt solcher Art gemacht wird, überlassen werden, die beregte Frage mit zu entscheiden, um so mehr als anderen Falls reichsgesetzliche Uebergangs-Vorschriften nicht zu entbehren wären, welche immerhin mißlich sein würden. 760. Sitzung vom 26. 3. 1888, Schriftführer: Achilles I Die Berathung der Vorschläge für den Entwurf eines Einführungsgesetzes an | Prot 1 12783 der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt. TE-EG § 94 Der § 94 der Zusst. lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zulässigkeit des Konkurses über das Vermögen der im § 15 Nr. 4 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung bezeichneten juristischen Personen." (Allg. Theil § 14, Begr. S. 80 ff.) Die Kommission beschloß, unter Billigung der Motive, die Aufnahme der Vorschrift in folgender Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Zulässigkeit des Konkurses über das Vermögen der im § 15 Nr. 4 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung bezeichneten juristischen Personen beschränken oder ausschließen. Der § 95 lautet: „Auf Stiftungen, welche ausschließlich dem Vortheile von Angehörigen einer oder mehrerer Familien | gewidmet sind (Familienstiftungen) finden die Vorschriften des § 46 Abs. 4 (und des § 47) dieses Gesetzes entsprechende Anwendung. Die Landesgesetze können den Kreis der zur Theilnahme an dem Familienschlusse berechtigten Familienangehörigen begrenzen und Mehrheitsbeschlüsse für zulässig erklären." (Antrag 5 zum Einf. Ges. unter B, 28 S. 4) Der Vorschlag war schon bei Berathung der Vorschriften über die juristischen Personen gemacht, aber dahin beschieden worden: „Der Entwurf und die Anträge beabsichtigten in erster Reihe, wegen der nahen Verwandtschaft der Familienstiftung mit dem Familienfideikommiß Fürsorge dafür zu treffen, daß beide Institute in den aus dem Entwürfe ersichtlichen Beziehungen gleichmäßigen Grundsätzen unterstellt würden. Diese Erwägung führe aber dazu, zunächst die Beschlüsse über das Familienfideikommiß abzuwarten und dann zu prüfen, ob Anlaß vorhanden sei, die betreffenden Vorschriften in dem Einführungsgesetze auf die Familienstiftung auszudehnen. Der Redaktor des Erbrechtes wurde beauftragt, die fragliche Ausdehnung seinerzeit zur Berathung zu bringen." (Prot. S. 3190, 3193, 3194, 3204, 3205).
TE-EG $ 95 Schmitt (Nr 5)
I Prot! 12784
Mit Rücksicht auf die zu den §§ 45 bis 47 der Zusst. gefaßten Beschlüsse schlägt Schmitt der Redaktor jetzt vor, dem § 95 folgende Fassung zu geben: „Unberührt bleiben die (Nr 98) 507
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen eine ausschließlich dem Vortheile von Angehörigen einer oder mehrerer Familien gewidmete Stiftung (FamilienstifI Prot 1 12785 tung) durch Beschluß Betheiligter (Familienschluß) geändert oder auf-| gehoben werden kann." eventuell den § 95 jetzt zu streichen. V o n anderer Seite war beantragt, den § 95 ohne Ersatz zu streichend Dieser Antrag wurde angenommen. Man war der Ansicht: der § 95 in der ursprünglichen Fassung habe sich dadurch erledigt, daß die Kommission das Institut des Familienfideikommisses nicht geregelt, sondern die Regelung ohne Beschränkung der Landesgesetzgebung überlassen habe (Prot. S. 12702 ff.). Die jetzt von dem Referenten vorgeschlagene Bestimmung aber müsse f ü r entbehrlich erachtet werden, da die landesgesetzlichen Vorschriften, welche sich auf das Erlöschen der Stiftungen beziehen, schon nach dem § 62 des B.G.B, von der gegenwärtigen Kodifikation unberührt bleiben. Hiergegen werde zwar darauf hingewiesen, daß die Familienstiftung nicht überall in Deutschland unbestritten als juristische Person angesehen werde, daß namentlich unter der Herrschaft des preußischen A.L.R. die rechtliche Natur einer solchen Stiftung zweifelhaft sei, zumal die Königliche O r d e r vom 23. Mai 1845, welche die Familienstiftungen für juristische Personen erkläre, nicht durch die Gesetzsammlung verkündet sei und daher nicht Gesetzeskraft erlangt habe. Allein ein entscheidendes Gewicht könne diesem Bedenken nicht beigelegt werden. Denn wenn wirklich eine der Order vom 23. Mai 1845 widersprechende Auffassung in der preußischen Praxis sich Anerkennung verschaffen sollte, so würde Nichts entgegenstehen, den bestehenden Familienstiftungen im Wege der Landesgesetzgebung juristische Persönlichkeit beizulegen und hierdurch die Fortgeltung der bezüglichen Vorschriften des A.L.R. II 4 und des I Prot 1 12786 Gesetzes über Familienschlüsse u. s. w. v o m | 15. Februar 1840 sicher zu stellen. TE-EG § 96
Der § 96 lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Befugniß der Abwehr von Bienen in einer von den Vorschriften des § 187 des Bürgerlichen Gesetzbuches abweichenden Weise regeln." (Allg.TheilS 19, Begr. S. 112) Kurlbaum Die Mehrheit entschied sich für die beantragte Streichung, des § 96, indem sie (Nr 95,7) davon ausging, daß es mit dem Zwecke der gegenwärtigen Kodifikation nicht in Einklang stände, wenn die Bundesstaaten ermächtigt würden, das reichsgesetzlich gewährleistete Recht der Selbstvertheidigung gegen Thiere in Ansehung der Bienen im Wege der Landesgesetzgebung auszuschließen nur zu beschränken. Auch wurde hervorgehoben, daß ein von den Bienenwirthen gewünschtes Verbot der Abwehr von Bienen durch T ö d t u n g derselben praktisch vielfach ohne Erfolg bleiben müßte, da die Identität der getödteten Bienen nur selten bewiesen werden könnte.
TE-EG § 97
Der § 97 lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche, falls Thiere oder Menschen widerrechtlicherweise Grundstücke betreten, die Befugniß gewähren, die Thiere zu pfänden oder den Personen im Wege der Pfändung Sachen wegzunehmen. Sofern es sich nicht um die Pfändung von Thieren handelt, ist das Pfändungsrecht nur zugelassen, wenn die pfändende Person durch ihr Verhalten eine mit Strafe bedrohte Handlung begangen oder dem Grundstücke Schaden zugefügt hat."
I Prot 1 12787
| (Allg. Theil § 20, Begr. S. 113 ff.) 56
Der Streichungsantrag stammt von Kurlbaum (Nr. 95, 6) und von v. Mandry (Nr. 97, 3). — Auch v. Schmitt hatte in seinem Antrag Nr. 78 bezweifelt, ob es in der Tat Bedürfnis sei, die beschränkende Vorschrift des § 17 des Erbrechts-Teilentwurfs auf Familienstiftungen auszudehnen.
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Protokolle der 1. Kommission Hierzu lag der Antrag vor, dem § 97 die Fassung zu geben: „Unberührt bleiben Kurlbaum die landesgesetzlichen Vorschriften über Pfändungen in den Fällen des widerrechtli- (Nr 95, 8) chen Betretens von Grundstücken durch Menschen oderThiere." In der Kommission überwog die Meinung, daß die Frage, ob und inwieweit die Selbsthülfe im Wege der Pfändung zum Schutze von Wald und Feld zu gestatten sei, zweckmäßig nur in Verbindung mit dem Vorschlage unter § 105 entschieden werden könne. Es wurde deshalb beschlossen: den § 9 7 hier zu streichen und über die Zulassung der Pfändung bei der Berathung des § 105 zu befinden. Der § 98 lautet: „Unberührt bleibt die Vorschrift des preußischen Gesetzes über das Staatsschuldbuch vom 20. Juli 1883, nach welcher Verfügung über im Staatsschuldbuch eingetragene Forderungen, wie Abtretung, Verpfändungen, gegenüber dem Staate nur durch Eintragung in das Staatsschuldbuch Wirksamkeit erlangen." (Obi. R. § 4; vergi, auch gedr. Abänderungsantr. z. F.R. unter Nr. 14 S. 11) Es lagen die Anträge vor: 1. folgende Vorschrift aufzunehmen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Einrichtung von Staatsschuldbüchern, insbesondere die VorSchriften, welche die Verfügung über die in das Staatsschuldbuch eingetragenen Forderungen be-1 treffen."
TE-EG § 98
Kurlbaum (Nr 95, 9) | Prot 1 1278 8
2. den § 98 dahin zu fassen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesge- Planck setze, welche die Eintragung von Gläubigern des Staates in ein Staatsschuldbuch und (Nr 96) die hierbei stattfindenden Rechtsverhältnisse regeln." 3. statt dessen zu bestimmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen V o r - v.Mandry Schriften über die Eintragung von gegen den Staat oder kommunale Körperschaften (Nr 97, 4) begründeten Forderungen in ein öffentliches Buch (Staatsschuldbuch, Gemeindeschuldbuch);" eventuell beizufügen : „und über die Wirkungen einer solchen Eintragung." Im Laufe der Berathung wurde der Antrag 3, soweit er die Ausdehnung des Vorbehaltes auf die Schulden der kommunalen Körperschaften bezweckt, von dem Antragsteller zurückgezogen. Die Kommission beschloß die Aufnahme folgender Bestimmung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Eintragung gewisser Gläubiger des Staates in ein Staatsschuldbuch und die aus der Eintragung sich ergebenden Rechtsverhältnisse regeln. Erwogen war: Die preußische Staatsschuldbucheinrichtung diene dem Interesse des Staatskredites; sie sei eine Einrichtung des öffentlichen Rechtes, welche von der Kodifikation des Bürgerlichen Rechtes unberührt bleibe. In diese Einrichtung dürfe auch | nicht | Proti 12789 dadurch eingegriffen werden, daß das Bürgerliche Gesetzbuch privatrechtliche V o r schriften, welche das Gesetz vom 20. Juli 1883 enthalte, beseitige oder ändere. Soweit die landesgesetzliche Regelung allgemeine Rechtsnormen dispositiver N a t u r ersetze, behalte sie schon nach dem von dem Bürgerlichen Gesetzbuche anerkannten Grundsatze der rechtsgeschäftlichen Aktionsfreiheit ihre Geltung. Sie müsse aber auch insoweit, als sie gegen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs von zwingender N a t u r gerichtet sei, aufrecht erhalten werden, weil diese Regelung zur zweckmäßigen Durchführung der Einrichtung erforderlich bezw. durch die Rücksicht auf die Finanzverwaltung geboten sei. Der Vorbehalt könne aber nicht auf das preußische Gesetz vom 20. Juli 1883 beschränkt, er müsse vielmehr allgemein gefaßt und dahin festgestellt werden, daß die landesgesetzlichen Vorschriften unberührt bleiben, welche die Eintragung gewisser Gläubiger des Staates in ein Staatsschuld509
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
buch und die aus der Eintragung sich ergebenden Rechtsverhältnisse regeln. Selbstverständlich beziehe dieser Vorbehalt sich nicht auf die Rechtsverhältnisse zwischen den Staatsgläubigern und dritten Personen; die Rechtsverhältnisse seien auch durch das preußische Gesetz nicht berührt. TE-EG § 99
Der § 99 lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, betreffend das Pfandleihgewerbe und den Geschäftsbetrieb der öffentlichen Pfandleihanstalten und Pfandleiher sowie der öffentlichen Rückkaufshändler." (Obi. R. § 5).
Kurlbaum Beantragt war, den Vorbehalt so zu fassen : „Unberührt bleiben die landesgesetz(Nr 95,10) lichen Vorschriften, welche die Rechtsgeschäfte der gewerblichen Pfandleiher und
der Pfandleihanstalten betreffen." I Prot 1 12790
Die Motive fanden die Zustimmung der Kommission | in dem Sinne, daß die Regelung der privatrechtlichen Seite des Geschäftsbetriebes der gewerblichen Pfandleiher und der Pfandleihanstalten den Landesgesetzen verbleiben müsse. Auch bestand Einverständniß, daß sich der Vorbehalt auf die Ausübung und Bethätigung des Geschäftsbetriebes vorgenommenen Rechtsgeschäfte zu beschränken habe. Eine Erwähnung der Rückkaufhändler hielt man für unnöthig, weil schon nach der Gewerbeordnung § 34 Abs. 2 der gewerbsmäßige Ankauf beweglicher Sachen mit Gewährung des Rückkaufrechtes als Pfandleihgewerbe gilt. Auf Grund dieser Erwägungen entschied sich die Kommission in sachlichem Anschlüsse an den gestellten Antrag für die Aufnahme folgender Bestimmung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher und der Pfandleihanstalten betreffen.
TE-EG § 100
Der § 100 lautet: „Unberührt bleibt die in Landesgesetzen den Polizeibehörden übertragene Befugniß, die Räumungsfristen bei Wohnungsmiethen zu regeln." (Ob. R. § 7.)
Kurlbaum Beantragt war, den Vorbehalt so zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetz(Nr 95, 11) lichen Vorschriften über die bei der Räumung gemietheter Wohnungen zu gewäh-
renden und einzuhaltenden Fristen." Die Kommission beschloß aus den Gründen der Motive die Aufnahme folgender Bestimmung: Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Fristen, binnen welcher eine gemiethete Wohnung bei Beendigung des Miethverhältnisses von dem Miether zu räumen ist. I Prot I 12791 Diese Fassung wurde gewählt, um klarzustellen, daß | die Beendigung des Miethverhältnisses sich nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche bestimme, der Landesgesetzgebung daher nur die Bestimmung der im Falle der Beendigung des Verhältnisses Platz greifenden Räumungsfristen zustehe. TE-EG § 101
Der S 101 lautet: „Unberührt bleiben die privatrechtlichen Vorschriften der Gesindeordnungen und der anderen das Gesindewesen betreffenden landesgesetzlichen Vorschriften, soweit sie betreffen : 1. den Begriff des Gesindes; 2. den Abschluß des Gesindedienstvertrages, insbesondere die Form desselben und die Bedeutung des bei dem Vertragsabschlüsse zu gebenden Daraufgeldes, unbeschadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Fähigkeit Minderjähriger zum Abschlüsse von Dienstverträgen und über die Befugniß der Ehefrauen, Gesinde anzunehmen und demselben zu kündigen, sowie sich selbst als Dienstbote zu verdingen (§§ 68, 1277, 1278); den Vorzug des älteren unter mehreren von einem Dienstboten auf die gleiche Zeit abgeschlossenen Dienstverträgen und die 510
Protokolle der 1. Kommission
Verpflichtung des Dienstboten, diejenige Dienstherrschaft, welche hiernach zurücktreten muß oder freiwillig zurücktritt, zu entschädigen; den Anspruch der Dienstherrschaft gegen eine andere Dienstherrschaft auf Rückkehr eines Dienstboten in ihren Dienst, wenn die letztere mit demselben den Dienstvertrag ohne den Nachweis darüber abgeschlossen hat, daß er den früheren Dienst rechtmäßig verlassen hat; 3. die gegenseitigen Verpflichtungen des Gesindes und der Dienstherrschaft, insbesondere die | Verpflichtung der letzteren, für Verpflegung und Kur des er- | Prot 1 12792 krankten Gesindes, ohne Rücksicht auf eine Verschuldung der Herrschaft, während einer bestimmten Zeit zu sorgen; die Beschränkung der Haftung des Gesindes auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, die Haftung der Dienstboten gegenüber dem Dienstherrn für Handlungen der von ihnen zu ihrer aushülfsweisen Vertretung im Dienste bestellten Personen, insoweit diese Haftung milder geregelt ist, als durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches; die Haftung des Gesindes für Schadensersatz im Falle der Verschweigung bemerkter Untreue des Nebengesindes; die der Herrschaft zustehende Befugniß der Zurechtweisung des Gesindes wegen Verfehlungen in seinen Dienstverrichtungen und wegen ungebührlichen Betragens; 4. die Dienstantrittszeiten und Abzugszeiten; 5. die zulässige Dauer des Gesindedienstverhältnisses, unbeschadet der Vorschrift des § 564 des Bürgerlichen Gesetzbuches; 6. die Beendigungsgründe des Gesindedienstvertrages, unbeschadet der Vorschriften der Konkursordnung über den Einfluß des Konkurses über das Vermögen des Dienstherrn auf einen von ihm abgeschlossenen Gesindedienstvertrag, insbesondere die Verpflichtung ländlicher Dienstboten, den mit dem Gutsherrn oder dem Pächter eines Gutes abgeschlossenen Dienstvertrag auch bei einem Wechsel in der Person des Gutsherrn oder des Pächters auszuhalten; 7. die stillschweigende Erneuerung des Gesindedienstvertrages; |8. die Gründe zum Rücktritte von dem Vertrage vor dem Dienstantritte und | Prot 1 12793 während des Dienstes und die Rechtsfolgen des Rücktrittes; die Rechtsfolgen des Verzuges des Dienstantrittes und der Annahme des Dienstboten, sowie schuldloser Verzögerung des Dienstantrittes; die bei grundloser Weigerung des Dienstantritts oder der Annahme des Gesindes sowie bei grundlosem Austritte und grundloser Entlassung des Gesindes eintretenden Rechtsfolgen, insbesondere den gegen das Gesinde eintretenden Zwang zum Antritte oder zur Fortsetzung des Dienstes ; 9. die Verpflichtung der Dienstherrschaft, dem Gesinde bei dessen Austritte ein Abgangszeugniß zu ertheilen; 10. das Recht der Herrschaft, wegen seiner Schadensersatzansprüche an abgehendes Gesinde das Dienstbuch durch Hinterlegung bei der Polizeibehörde zurückzuhalten. Unberührt bleiben ferner die im ersten Absatz erwähnten landesgesetzlichen Vorschriften, soweit sie betreffen: 11. die Schadensersatzpflicht der Gesindemäkler, welche vorsätzlich einer Dienstherrschaft einen untauglichen Dienstboten empfohlen haben; die Schadensersatzpflicht einer Dienstherrschaft, oder eines Gesindemäklers, welche einen Dienstboten verleiten, einen von ihm abgeschlossenen Dienstvertrag zu brechen; I Die Verpflichtung des Dienstherrn, welcher dem Gesinde bei dessen Abgange | Proti 12794 wissentlich ein unwahres Zeugniß über dessen Verhalten während des Dienstes ausgestellt hat, zum Ersätze des hierdurch dem nachfolgenden Dienstherrn verursachten Schadens. Unberührt bleiben landesgesetzliche Vorschriften, nach welchen die das Gesinde511
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Kurlbaum (Nr 100,1)
Planck (Nr 101)
IProti 12795
v. Mandry (Nr 102)
wesen betreffenden Vorschriften auf gewisse Klassen nicht zum Gesinde gerechneter ländlicher Arbeiter und auf die Knechte der Stromschiffer Anwendung finden sollen." (Obi. R § 8) Es lagen die Anträge vor: 1. den § 101 durch folgende Vorschriften zu ersetzen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über den Gesindedienstvertrag, unbeschadet der Vorschriften des § 564 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher ein Gesinde zum Verlassen seines Dienstes verleitet oder einem Gesinde ein unwahres Dienstzeugniß ertheilt." 2. den § 101 dahin zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Gesindedienstvertrag (und die daraus entspringenden Rechte und Verpflichtungen) betreffen, einschließlich derjenigen, welche den Begriff des Gesindes bestimmen oder die Anwendung der das Gesindewesen betreffenden Vorschriften auf gewisse Klassen nicht zum Gesinde gerechneter ländlicher Arbeiter und auf die Knechte der Stromschiffer vorschreiben, unbeschadet jedoch der Vorschriften des § 564 und derjenigen | Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, welche den Abschluß eines Vertrages von Seiten einer in der Geschäftsfähigkeit beschränken Person oder einer Ehefrau betreffen. Unberührt bleiben auch die landesgesetzlichen Vorschriften, welche betreffen die Schadensersatzpflicht der Gesindemäkler. .." (wie Nr. 11 des § 101) 3. den Paragraphen in der Fassung des Antrages 1 zu beschließen, doch mit der Aenderung in Abs. 1 : „unbeschadet der Vorschriften der §§ 68, 564, 1277 des Bürgerlichen Gesetzbuchs." (zu vergi. Motive zum Einführungs-Gesetz, betreffend das Recht der Schuldverhältnisse S. 32, 33)
4. den Absatz 2 des in den Anträgen 1 und 3 vorgeschlagenen (Paragraphen wie folgt zu fassen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze: 1. über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher Gesinde zu widerrechtlichem Verlassen des Dienstes verleitet; 2. über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher Gesinde, das einen Dienst widerrechtlich angetreten oder widerrechtlich verlassen hat, vor erfolgter Aufhebung der dem Gesinde obliegenden Verbindlichkeiten in Kenntniß dieser Thatsachen in Dienst nimmt; 3. über die Verpflichtung des Dienstherrn, einem nachfolgenden Dienstherrn den Schaden zu ersetzen, welchen er demselben durch Ausstellung eines unwahren I Prot 1 12796 | Dienstzeugnisses zugefügt hat." Die Kommission beschloß die Einstellung folgender Bestimmungen: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Gesinderechte angehören, unbeschadet der Vorschriften der §§ 64 bis 71, des § 224 Abs. 2 und der §§ 564, 711 bis 713, 1277 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Unberührt bleiben insbesondere auch die Vorschriften der Landesgesetze über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher Gesinde zu widerrechtlichem Verlassen des Dienstes verleitet oder in Kenntniß eines noch bestehenden Gesindedienstverhältnisses in Dienst nimmt oder welcher ein unrichtiges Gesindedienstzeugniß ertheilt. Erwogen war: Den Motiven S. 19 ff. müsse darin beigetreten werden, daß das Gesinderecht der 512
Protokolle der 1. Kommission Regelung durch die Landesgesetzgebung vorzubehalten sei. Es erscheine jedoch nicht angemessen, die landesgesetzlichen Vorschriften, welche hiernach unberührt bleiben, im Einzelnen zu kennzeichnen, weil hierbei leicht die eine oder die andere Vorschrift übersehen werden könne. Vielmehr sei, im Einklänge mit der von der Kommission bisher befolgten Methode, das vorbehaltene Gebiet prinzipiell zu bestimmen, so daß Zweifel, welche im Einzelnen sich ergeben können, in dem maßgebenden Prinzipe ihre Lösung finden müssen. Das Prinzip, welches hier auszusprechen sei, bestehe in der Unterstellung des Gesinderechtes unter die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung. Der Ausdruck „Gesinderecht" zur Bezeichnung der in Betracht kommenden Rechtsnormen sei allgemein verständlich. Daß er mißverstanden werden könnte, sei mit Rücksicht auf ähnliche der Rechtssprache geläufige Wortbildungen nicht zu besorgen. I Der Vorbehalt dürfe aber im Interesse der Rechtseinheit nicht weiter greifen, als | Prot 1 12797 das praktische Bedürfniß erfordere. Demgemäß seien die Vorschriften des B.G.B, über die Geschäftsfähigkeit (§§ 64 bis 71), über die H a f t u n g für das Verschulden von Gehülfen (§ 224 Abs. 2), über die Maximaldauer des Dienstvertrages (§ 564), über die in den §§711 bis 713 festgesetzte Haftpflicht und über die Zustimmung des Ehemannes zu einem Rechtsgeschäfte, durch welches die Ehefrau zu einer in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet werden soll (§ 1277), gegen abändernde Bestimmungen im Gebiete des Gesinderechtes sicher zu stellen. Eine weitere Einschränkung des Vorbehaltes sei nicht erforderlich. Dagegen könne es sich fragen, ob nicht gewisse Konsequenzen desselben auszusprechen seien. Einer besonderen Hervorhebung der in dem Antrage 2 erwähnten Einzelheiten bedürfe es nicht, da die beschlossene Fassung des Vorbehaltes klar erkennen lasse, daß die Landesgesetzgebung ermächtigt sei, nicht nur den Dienstvertrag und dessen Inhalt zu regeln, sondern auch den Begriff des Gesindes festzustellen und darüber zu befinden, welche Vorschriften f ü r das Gesinde überhaupt oder f ü r einzelne Kategorien desselben gelten sollen. Dagegen erscheine es rathsam, nach dem Vorschlage des Antrages 4 die Schadensersatzpflicht der in demselben bezeichneten Personen in dem Gesetze hervorzuheben, weil bei dem Mangel einer ausdrücklichen Vorschrift es zweifelhaft erscheinen könnte, ob die Landesgesetzgebung auf Grund des allgemeinen Vorbehaltes befugt wäre, diesen Gegenstand in den Bereich ihrer Regelung zu ziehen. Die Aufrechterhaltung landesgesetzlicher Vorschriften, welche denjenigen für entschädigungspflichtig erklären, welcher Vertrags- | brüchig gewordenes | Prot 1 12798 Gesinde in Kenntniß des Sachverhaltes in Dienst nimmt, wurde mit Rücksicht auf den § 19 des Badischen Gesetzes vom 3. Februar 1868, betreffend die Rechtsverhältnisse der Dienstboten, beschlossen. Bei der Berathung war von einer Seite geltend gemacht worden, daß Vorschriften dieses Inhaltes vom legislativen Standpunkte aus anfechtbar seien und deshalb in den Vorbehalt nicht eingeschlossen werden sollten. Die Kommission war aber nicht der Ansicht, daß, wenn das Gesinderecht der landesgesetzlichen Regelung überlassen bleibe, kein genügender Grund vorliege, den Vorbehalt in dieser einen Richtung zu beschränken und damit in geltendes Landesrecht reichsgesetzlich einzugreifen. Der § 102 lautet: „Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, für den mit der Ueber- TE-EG § 102 lassung eines Gutes in Verbindung stehenden Leibgedingsvertrag, Leibzuchtsvertrag, Kurlbaum Altentheilsvertrag oder Auszugsvertrag Vorschriften zu erlassen, welche in Erman- (Nr 1) gelung einer entgegenstehenden Vereinbarung für das Schuldverhältniß zwischen den Vertragschließenden maßgebend sind." (Antrag 1 zum Einf. Ges. unter 2 § a; Anm. zu Buch II Abschn. II Tit. 14, §§ 660 ff. K.E.) 513
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Kurlbaum Beantragt war, den § 102 so zu fassen : „ U n b e r ü h r t bleiben die Vorschriften der (Nr 100,2) Landesgesetze über den mit der Ueberlassung eines Gutes in Verbindung stehenden Leibgedingsvertrag, Leibzuchtsvertrag, Altentheilsvertrag o d e r Auszugsvertrag." I Prot 112799 Die Kommission beschloß, dem bereits f r ü h e r be-1 schlossenen Vorbehalte (Anm. zu § 660 des B.G.B.) folgende Fassung zu geben: U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche f ü r den mit der Ueberlassung eines Gutes in Verbindung stehenden Leibgedingsvertrag, Leibzuchtsvertrag, Altentheilsvertrag o d e r Auszugsvertrag das Schuldverhältniß zwischen den Vertragschließenden insoweit regeln, als eine besondere Vereinbarung nicht g e t r o f fen wird. 761. Sitzung vom 28. 3. 1888, Schriftführer: Achilles I Prot 1 12801
I Die Berathung der Vorschläge f ü r den Entwurf eines Einführungsgesetzes an der H a n d der gedruckten Zusammenstellung w u r d e fortgesetzt.
TE-EG § 103 D e r § 103 der Zusst. lautet: „In Ansehung der von einem Bundesstaate zu SchuldKurlbaum verschreibungen auf Inhaber ausgestellten Zinsscheine o d e r Rentenkupons kann die (Nr 1) A n w e n d u n g des § 697 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches auch durch Landesgesetz ausgeschlossen werden." (Antrag 1 zum Einf.-Ges. unter 4 § c, Anm. zu § 697 K.E.) I Prot 1 12802 Die A u f n a h m e dieser Bestimmung in das Einführungsgesetz ist bereits in der Kurlbaum Sitzung vom 28. O k t o b e r 1887, | P r o t . S. 11857, beschlossen worden. (Vergi, die (Nr 100, 3) Anm. zu § 697). Z u m Zwecke der Uebereinstimmung mit der Fassung der bisher beschlossenen Vorbehalte w u r d e eventuell folgende Fassung beantragt: „ U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen in Ansehung der von dem Bundesstaate zu Schuldverschreibungen auf Inhaber ausgestellten Zinsscheine o d e r Rentenkupons die A n w e n d u n g der § 697 Abs. 1 des B.G.B, ausgeschlossen ist." Dabei w u r d e jedoch zu Gunsten der Fassung der Zusammenstellung bemerkt, die jetzt beantragte Fassung scheine ihrem W o r t l a u t e nach auf bereits ausgestellte Schuldverschreibungen hinzuweisen, rücksichtlich deren es sich doch nur um bereits begründete subjektive Rechte handele. Die Kommission theilte dieses Bedenken nicht u n d beschloß, die Bestimmung z u m Z w e c k e der leichteren Erkennbarkeit ihrer Bedeutung in folgender Fassung aufzunehmen : „ U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen in Ansehung der von dem Bundesstaate zu Schuldverschreibungen auf Inhaber ausgestellten Zinsscheine oder Rentenkupons der im § 697 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichnete Anspruch ausgeschlossen ist, auch w e n n die Ausschließung in den Zinnsscheinen oder Rentenkupons nicht erklärt ist. v. Mandry (Nr 99, 4)
Es lag ferner der A n t r a g vor, hinter § 103 als § 103 a die Bestimmung e i n z u f ü g e n : j n Ansehung der von einem Bundesstaate ausgestellten Schuldverschreibungen auf Inhaber kann durch Landesgesetz vorgeschrieben werden, daß unter zu bezeichnenI Prot 1 12803 den Voraus-1 Setzungen die Umschreibung auf den N a m e n eines bestimmten Berechtigten und die W i e d e r a u f h e b u n g der Umschreibung zu erfolgen habe." (Vergi, zu § 7 0 0 die §§ 1670—1672 des K.E., die Prot. S. 11861 ff., übrigens auch Motive zum Einf. Ges., das Recht der Schuldverhältnisse betr., S. 91—99.) D e r Antrag richtet sich gegen die Vorschriften des B.G.B. § 700 Satz 1, nach welcher der Aussteller einer Schuldverschreibung auf Inhaber, deren Umschreibung auf den N a m e n eines bestimmten Berechtigten nur durch den Aussteller erfolgen kann, zu einer solchen Umschreibung nicht verpflichtet ist. In der Kommission w u r d e geltend gemacht, dem praktischen Bedürfnisse, dessen Befriedigung der An;
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Protokolle der 1. Kommission trag bezwecke, könne dadurch genügt werden, daß der Staat in Ansehung der von ihm auszustellenden Schuldverschreibungen entweder durch Gesetz oder durch die Anleihebedingungen die Verpflichtung zur Umschreibung auf den Namen übernehme. Diese Auffassung fand indessen Widerspruch. Es wurde ausgeführt: Durch Gesetz könne nach dem B.G.B, eine Verbindlichkeit des Fiskus gegenüber dessen Gläubigern überhaupt nicht geschaffen werden; wollte man aber auch diesen Entstehungsgrund anerkennen, so würde man auch der Aufhebung der Verbindlichkeit durch Gesetz die Anerkennung nicht versagen dürfen, eine gesicherte Rechtsstellung der Staatsgläubiger mithin nicht erreichen. Die Verweisung auf die Anleihebedingungen hingegen sei einerseits nicht genügend, weil die Ausschließung zwingender Vorschriften des B.G.B, durch Rechtsgeschäft unzulässig sei, andererseits unpraktisch, weil dieser Weg zu einer vollständigen Regelung des Rechtsverhältnisses in den Schuldverschreibun-1 gen nöthigen würde. | Prot 1 12804 Die Mehrheit war der Ansicht : Der Antrag bezwecke gleichwie der Vorschlag unter § 98 der Zusst., den Bundesstaaten die Möglichkeit zu gewähren, die von dem Staate auf den Inhaber ausgestellten Schuldverschreibungen in Schuldforderungen auf den Namen des Gläubigers umzuschreiben, sowie die auf diese Weise umgeschriebenen Schuldtitel wieder in Inhaberpapiere umzuwandeln. Habe nun die Kommission in der Sitzung vom 26. 3. 1888 (Prot. S. 12788) beschlossen, zur Erreichung dieses Zweckes, mit Rücksicht auf die in Preußen und Sachsen bestehende Schuldbucheinrichtung, diese Einrichtung und deren landesgesetzliche Regelung unberührt zu lassen, so könne sie ohne inkonsequent zu werden, in Ansehung der in anderen Bundesstaaten bestehenden Einrichtung der Umschreibung auf den Papieren selbst nicht abweichend verfahren. Denn vom Standpunkte der Reichsgesetzgebung seien beide Einrichtungen von gleicher Bedeutung. Aus diesem Grunde wurde die zu § 98 beschlossene Bestimmung dahin ergänzt, daß sie lautet: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Eintragung gewisser Gläubiger des Staates in ein Staatsschuldbuch oder die Verpflichtung des Staates zur Umschreibung der von demselben auf den Inhaber ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Namen eines bestimmten Berechtigten sowie die aus einer solchen Eintragung oder Umschreibung sich ergebenden Rechtsverhältnisse regeln. Durch diesen Beschluß erachtete der Antragsteller den gestellten Antrag für erledigt, indem er aus-1 drücklich bemerkte, daß ihm die Absicht, das Institut der | Prot 1 12805 sogenannten Außerkurssetzung vorzuschlagen, durchaus ferngelegen habe. Der § 104 lautet: „Unberührt bleiben die besonderen Vorschriften der Landesge- TE-EG § 104 setze (Aufruhrgesetze), welche die Verbindlichkeit zum Ersätze des bei Tumulten, Aufläufen oder bei einem Aufruhr verursachten Schadens sowie das Rückgriffsrecht der hiernach zum Schadensersatz Verpflichteten betreffen." (Obi. R. § 9) Beantragt war folgende Bestimmung: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Kurlbaum Landesgesetze über den Ersatz des bei einem Tumulte, Auflauf oder Aufruhr ent- (Nr 100,4) standenen Schadens." Man war einverstanden, daß die sogenannten Aufruhrgesetze der Bundesstaaten, so wünschenswerth an sich eine reichsgesetzliche Regelung sein möge, bei der obwaltenden Verschiedenheit der öffentlich-rechtlichen Einrichtungen, mit welchen sie in dem engsten Zusammenhange stehen, nicht durch reichsgesetzliche Vorschriften 515
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch ersetzt werden könnten, sondern in Kraft bleiben müßten. Während daher insoweit die Motive S. 99 ff. gebilligt wurden, erfuhren die Ausführungen S. 102 daselbst Widerspruch. Man war der Ansicht, daß die Vorschriften der Landesgesetze über die Haftung der Anstifter und Theilnehmer sowie über die Art und den Umfang des zu leistenden Schadensersatzes nur insoweit außer Kraft träten, als sie nur in der Verweisung auf die im Allgemeinen geltenden Gesetze bestehen. Gegen die vorgeI Prot 112806 schlagenen Fassungen wurde namentlich einge-| wendet, daß das Wort „Tumult" durch das der neueren Gesetzgebung geläufige Wort „Zusammenrottung" zu ersetzen sei. Man verständigte sich, die Vorschrift in folgender Fassung aufzunehmen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über den Ersatz des Schadens, welcher bei einer Zusammenrottung, einem Auflaufe oder einem Aufruhre entstanden ist." TE-EG § 105
Der § 105 lautet: „Unberührt bleiben die besonderen Vorschriften der Feld- und Forstpolizeigesetze und der Forststrafgesetze über den bei Entwendungen und anderen Verfehlungen gegen diese Gesetze zu leistenden Werthersatz oder das Ersatzgeld (Pfandgeld), über die Verjährung des Anspruchs auf Werthersatz oder Ersatzgeld und über das Verhältniß dieses Anspruches zu dem Ansprüche auf Schadensersatz; über die Haftung bestimmter Personen (des Ehemannes, der Eltern, Pflegeeltern, Vormünder, Dienstherrn, Arbeitsherrn pp.) in Ansehung des aus Verfehlungen anderer (der Ehefrau, der Kinder, Pflegekinder, Pflegebefohlenen, Dienstboten, Gesellen, Lehrlinge pp.) gegen diese Gesetze entstandenen Anspruchs auf Werthersatz, Ersatzgeld oder Schadensersatz; über die unmittelbare oder aushülfsweise Haftung des Eigenthümers von Thieren aus Weidefreveln oder wegen Uebertrittes der Thiere auf fremde Grundstücke; sowie über die Art der Haftung mehrerer für I Prot 1 12807 eine Verfehlung gegen die genannten | Gesetze haftbaren Personen." Kurlbaum Es lag der Antrag vor, den § 105 dahin zu fassen: „Unberührt bleiben die V o r (Nr 100, 5) schriften der Landesgesetze über den im Falle der Zuwiderhandlung gegen Feldpolizeigesetze oder Forstpolizeigesetze zu leistenden Schadensersatz (Werthersatz, Ersatzgeld, Pfandgeld)." Zugleich mit dem § 105 wurde der bisher nicht erledigte § 97, vergi. Prot. S. 12786, 12787, berathen. Beschlossen wurde, in das Einführungsgesetz zwei Artikel des Inhaltes einzustellen: Art. χ. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über das zum Schutze von Grundstücken und deren Erzeugnissen gestattete Recht der Pfändung von Sachen und über die Entrichtung von Pfandgeld oder Ersatzgeld. Art. y. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Schadensersatzpflicht in den Fällen des Zuwiderhandelns gegen die zum Schutze von Grundstücken erlassenen Strafgesetze. Erwogen war: Zu Art. χ. Bereits bei der Berathung des allgemeinen Theils habe die Kommission sich dafür entschieden, die Zulassung und Regelung des Privatpfändungsrechtes der Landesgesetzgebung vorzubehalten. Es könne sich demnach jetzt nur fragen, ob und nach welcher Richtung dieser Vorbehalt zu beschränken sei. Da das Pfändungsrecht geschichtlich seinen Ausgang von der Schutzbedürftigkeit der Land- und Forstwirthschaft nehme, so liege es nahe, die Pfändung nur in den Fällen zu gestatten, in welchen ein Feld- oder ein Waldgrundstück unbefugt betreten werde. Allein einI Prot 1 12808 | mal sei die Abgrenzung dieser Kategorieen gegen andere Kategorieen von Grundstücken nicht selten mit praktischen Schwierigkeiten verbunden; sodann aber falle ins Gewicht, daß Landesgesetze wie die preußische Feldpolizeiordnung vom 1. No516
Protokolle der 1. Kommission
vember 1847 und das preußische Feld- und Forstpolizeigesetz vom 1. April 1880 die Pfändung wegen des Betretens anderer als Feld- und Waldgrundstücke nicht ausschließen. Es erscheine daher nicht angemessen, durch Reichsgesetz eine bezügliche Beschränkung einzuführen. Auch die Entscheidung darüber, ob nur Thiere oder auch andere Sachen gepfändet werden dürfen, können ohne Bedenken der Landesgesetzgebung überlassen bleiben. Den Ausführungen der Motive (Allg. T h . Einf. Ges.) S. 129, daß in Fällen, in welchen es sich nicht um die Pfändung von Thieren handele, die Pfändung nur zu gestatten sei, wenn die Person, gegen welche sie sich richte, eine strafbare Handlung begangen oder dem Grundstücke Schaden zugefügt habe, sei nicht beizupflichten. Die Bedürfnißfrage könne auch f ü r diese Fälle richtig nur von der Landesgesetzgebung gewürdigt werden. Eine Beschränkung sei nur insofern am Platze, als die Festnahme einer Person nur nach Maßgabe des B.G.B. § 189 Abs. 3 f ü r zulässig zu erachten sei. Durch das Pfändungsrecht werde der Regel nach f ü r den Berechtigten die Befugniß begründet, anstatt des nachweisenden Schadensersatzes einen durch das Gesetz bestimmten Geldbetrag (Pfandgeld, Ersatzgeld) zu fordern. Diese Forderung hänge so eng mit dem Pfändungsrechte zusammen, daß ohne sie das letztere seinen praktischen Werth nicht behaupten könnte. Die Regelung des Pfandgeldes und des Ersatzgeldes müsse daher ebenfalls der Landesgesetzgebung ver-| bleiben (Vergi. Mot. zum | Prot 1 12809 Obi. R. Einf. Ges. S. 103 ff.). Zu Art. y. Der Vorschlag der Zusst. § 105 finde insoweit, als er das Pfandgeld und das Ersatzgeld betreffe, in dem Art. χ seine Erledigung; im Uebrigen sei er in den Motiven S. 102 ff. sachlich gerechtfertigt. Die Fassung dagegen entspreche wegen der Einzelheiten welche sie enthalte, nicht der bisher von der Kommission befolgten Methode. Nach dieser Methode müsse das Prinzip, welches f ü r den Vorbehalt maßgebend sei, in dem Gesetze zum Ausdrucke gebracht werden. In erster Linie handele es sich um den Schutz von Feld- und Forstgrundstücken. Es sei indessen hier ebensowenig wie in dem Falle des Art. χ der Vorbehalt auf diese Grundstücke zu beschränken. Der Zweck des Vorbehaltes werde nur erreicht, wenn der Landesgesetzgebung die Bestimmung der Schadensersatzpflicht für alle diejenigen Fälle zugestanden werde, in welchen ein Verstoß gegen ein zum Schutze von Grundstücken erlassenes Strafgesetz vorliege. Der Einwand, daß nicht in allen Staaten besondere Gesetze der Art (Fort- und Feldpolizeigesetze) beständen, erscheine nicht von Belang, da die Landesgesetzgebung nicht behindert sei, auf diesem Gebiete thätig zu werden, falls nicht die Gesetze über das Pfandgeld und das Ersatzgeld (Art. x) dem Bedürfnisse genügten. Die §§ 106 und 107 lauten: TE-EG§106 § 106. „Unberührt bleiben die Landesgesetze, durch welche das Eigenthum an Johow (Nr 2) Grundstücken im öffentlichen Interesse belastet wird." I (Antrag 2 zum Einf. Ges. unter II § 7; S.R. § 8, Motive S. 42) | Prot 112810 § 107. „Unberührt bleiben die Landesgesetze, durch welche das Eigenthum im TE-EG§ 107 öffentlichen Interesse beschränkt wird. Johow Unberührt bleiben insbesondere : (Nr 1. die Landesgesetze, durch welche die Veräußerung von Grundstückstheilen zum Zwecke der Erhaltung geschlossener Besitzungen oder eines Mindestmaßes der einzelnen Grundstücke verboten wird. 2. die Landesgesetze, durch welche das Grundstückseigenthum im Interesse der Waldkultur beschränkte wird, mit Einschluß derjenigen, welche von den Vorschriften des § 855 Abs. 2 und des § 861 des Bürgerlichen Gesetzbuches abweichen; 517
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Prot 112811
Johow (Nr 90, 8)
Kurlbaum (Nr 100,6) I Prot 112812
Kurlbaum (Nr 100,7 u. 105,1)
3. Die Landesgesetze, durch welche die Belastung eines Grundstückes mit einem Vorkaufsrechte für unzulässig erklärt oder beschränkt wird ; 4. die Landesgesetze, durch welche die Begründung gewisser Grunddienstbarkeiten oder gewisser beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten für unzulässig erklärt oder beschränkt wird; 5. die Landesgesetze; durch welche die Begründung von Reallasten oder von gewissen Reallasten für unzulässig erklärt oder beschränkt wird, jedoch unbeschadet der Vorschriften der §§ 857 bis | 860, 863 des Bürgerlichen Gesetzbuches; 6. die Landesgesetze, durch welche die Belastung eines Grundstückes mit einem unkündbaren Kapitale oder die Ausschließung des Kündigungsrechtes über eine bestimmte Zeit hinaus für unzulässig erklärt wird. (Antrag zum Einf. Ges. unter II § 8 ; S.R. § 7, Motive S. 39 ff.; Anm. 1 unter III zu S 787 K.E.; Anm. zu Buch III Abschn. 7 Tit. 1 SS 966 ff und Tit. 3 S S 1044 ff. K.E.; Anm. zu Buch III Abschn. 8 §§ 1051 ff. K.E.)57 Der Referent hat vorgeschlagen, dem S 106 hinzuzusetzen: „Unberührt bleiben ferner diejenigen Landesgesetze, nach welchen die auf Grund der Ablösung von Grundlasten öffentlichen Rechtes oder der Ablösung der staatlichen Oberlehnsherrlichkeit an den Fiskus oder an vermittelnde Institute (Rentenbanken, Landrentenbanken u. dgl.) zu entrichtenden Ablösungsrenten und Allodifikationsgelder das Vorrecht der Steuern haben und weder zu ihrer Begründung noch zur Erhaltung der Wirksamkeit gegen Dritte der Eintragung in das Grundbuch bedürfen, sowie diejenigen Landesgesetze, welche die in Ansehung solcher Ablösungsrenten und Allodifikationsgelder bei der Zertheilung des Grundstückes eintretenden Rechtsverhältnisse regeln." Außerdem lagen die Anträge vor, I. der Antrag, 11. den § 106 zu streichen und den dazu beantragten Zusatz eventuell zu fassen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die in Folge ¿ e r Ablösung von Rechten an einem Grundstücke an den Fiskus oder ein zur Beförderung solcher Ablösungen bestimmtes Institut (Rentenbank, Tilgungskasse) zu entrichtenden Ablösungsrenten der Eintragung in das Grundbuch nicht bedürfen und das Vorrecht der Staatssteuern haben, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die in Ansehung solcher Renten im Falle der Zertheilung des belasteten Grundstückes eintretenden Verhältnisse regeln." 2. anstatt des S 107 zu bestimmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Belastung eines Grundstückes mit einem Vorkaufsrechte oder Erbbaurechte oder mit gewissen Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten oder Reallasten ausgeschlossen oder beschränkt, oder die Ausschließung der Kündigung einer Hypothek oder Grundschuld über eine bestimmte Zeit hinaus untersagt ist; ingleichen die Vorschriften, nach welchen die Rechte des Eigenthümers eines einem Waldgrundstücke benachbarten Grundstückes in Ansehung der auf der Grenze oder auf dem Waldgrundstücke stehenden Bäume
57
Begründung in Nr. 13: Zu Abs. 2 Nr. 1 zu vergi. Note 1 III zu $787 des Entw. S. 223. — Zu Abs. 2 Nr. 2 zu vergi. Prot. S. 11947; Mot. zum S.R.-Entw., S. 261 ff. — Zu Abs. 2 Nr. 3 zu vergi. Prot. S. 3753, 3769. — Zu Abs. 2 Nr. 4 zu vergi. Note 1 zu der Ueberschrift des ersten Titels des siebenten Abschnittes (Buch III) S. 276 und zu der Ueberschrift des dritten Titels desselben Abschnittes S. 296. — Zu Abs. 2 Nr. 5, 6 zu vergi. Note 1 zu der Ueberschrift des ersten Abschnittes (Buch III) S. 298 und Prot. S. 4889.
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Protokolle der 1. Kommission und Sträucher abweichend von den Vorschriften des § 855 Abs. 2 und des § 861 des B.G.B, bestimmt werden.' II. Der Antrag 1. in erster Linie I a) den § 106 und den ersten Absatz des § 107 zusammenfassen und dahin zu formuliren: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche das Eigenthum oder ein anderes Recht an einem Grundstücke im öffentlichen Interesse belastet oder beschränkt wird." b) im zweiten Absätze in Nr. 2 zu ändern: „die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche das Eigenthum oder ein anderes Recht an einem Grundstücke im Interesse. . . c) hinter Nr. 3 folgende Bestimmung einzustellen : „Die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Vorschrift des § 26 der Reichsgewerbeordnung auf gewisse dem § 26 nicht unterliegende gewerbliche Unternehmungen ausgedehnt wird." d) die Nr. 4 und 5 zu fassen: „Die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Belastung eines Grundstückes mit gewissen Grunddienstbarkeiten oder mit gewissen beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten oder mit Reallasten f ü r unzulässig erklärt oder beschränkt wird; doch finden diese Vorschriften keine Anwendung auf die durch Reichsgesetz begründeten Rechte." 2. eventuell, d. h. für den Fall der Ablehnung der im § 106 und in Abs. 1 des § 107 vorgeschlagenen prinzipiellen Regelung a) der im Antrag I unter 2 als § 107 vorgeschlagenen Bestimmung als zweiten Absatz beizufügen: „Die Vorschriften finden keine Anwendung auf die durch Reichsgesetz begründeten | Rechte." b) die in der gedruckten Zusammenstellung in § 107 Nr. 1 und 2 und oben unter Ziffer 1 als Nr. 4 vorgeschlagenen Vorschriften als selbständige Paragraphen aufzunehmen und die Nr. 2 der gedruckten Zusammenstellung dahin zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Forstrechte angehören, insbesondere die Vorschriften, durch welche das Eigenthum oder ein anderes Recht an einem Grundstücke im Interesse der Waldkultur beschränkt wird, mit Einschluß derjenigen, w e l c h e . . . " 3. an geeigneter Stelle die Vorschrift einzustellen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung gewisser Grunddienstbarkeiten und beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten den Inhalt und das Maß der Befugniß näher bezeichnen." (Vergi. Sachenrechts-Entwurf §§ 268, 351 ; dazu Prot. S. 4489, 4826) Die Ergebnisse der Berathung waren: Zu § 106. Die Kommission beschloß, die Bestimmung unter Ablehnung des von dem Referenten vorgeschlagenen Zusatzes zu streichen. Die zu § 106 gestellten Anträge sind hierdurch erledigt. Bei der Beschlußfassung war erwogen: Das Recht der Bundesstaaten, das Grundeigenthum im öffentlichen Interesse zu belasten, namentlich Steuern und Abgaben auf den Grundbesitz zu legen, gehöre | d e m öffentlichen Rechte an und bleibe deshalb von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches unberührt. Würde dies hier ausdrücklich ausgesprochen, so würde in Ansehung anderer öffentlicher Vorschriften, welche in dem Einführungsgesetze keine Erwähnung fänden, das Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuches zu dem Landesrechte in bedenklicher Weise verdunkelt werden. Soweit bei der Zwangsversteigerung den öffentlichen und gemeinen Lasten ein Vorrecht vor den privatrechtlichen Belastungen der Grundstücke einzuräumen sei, müßten die erforderli519
v. Mandry (Nr 1041) |Proti 12813
v. Mandry (Nr 104)
| Prot 112814
| P r o t i 12815
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch chen Bestimmungen dem Gesetze über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vorbehalten bleiben. Der Antrag II 1 a verfolge nach der ihm von dem Antragsteller gegebenen Erläuterung einen besonderen Zweck: er wolle die Landesgesetzgebung ermächtigten, im Gebiete des Nachbarrechtes obligatorische Verpflichtungen des Eigenthümers zu Gunsten eines anderen Eigenthümers im öffentlichen Interesse zu begründen und zu regeln. Eine besondere Bedeutung könne nach der obigen Ausführung dem Antrage nur insoweit beigelegt werden, als es sich um die privatrechtliche Seite des Nachbarrechtes handele. In dieser Hinsicht aber werde dem praktischen Bedürfnisse durch den § 866 des Bürgerlichen Gesetzbuches Rechnung getragen. Eine Erweiterung des Vorbehaltes, welchen der § 866 bestimme, würde mit dem Zwecke der Kodifikation sich nicht vereinigen lassen. Der von dem Referenten vorgeschlagene Zusatz war von demselben mit dem Bemerken fallen gelassen, der Zusatz erscheine entbehrlich, weil die betreffenden Vorschriften der Landesgesetze, soweit sie nicht unter den zu § 54 beschlossenen I Prot 112816 agrarrechtlichen Vor-| behalt fallen (Prot. S. 12721), als dem Besteuerungsrechte angehörend von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches unberührt bleiben und für die Zwangsvollstreckung durch das dieselbe regelnde Gesetz, mit Beschränkung in Ansehung der Rückstände, aufrecht zu erhalten seien. Zu § 107. Der erste Absatz wurde in folgender Fassung beschlossen: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche das Eigenthum im öffentlichen Interesse beschränkt wird. Auch gegen diesen Vorbehalt war eingewendet, daß derselbe das öffentliche Recht betreffe. Die Mehrheit war indessen der Ansicht, daß es sich hier zum Theil um privatrechtliche Vorschriften handele, welche zwar in dem öffentlichen Interesse ihre Rechtfertigung fänden, dem öffentlichen Rechte aber nicht angehörten. Darüber, daß der Landesgesetzgebung die Befugniß, das Eigenthum im öffentlichen Interesse zu beschränken, verbleiben müsse, bestand Einverständniß. Eine Beschränkung des Vorbehaltes auf das Eigenthum an Grundstücken wurde mit Rücksicht auf den in § 848 bestimmten Inhalt des Eigenthumes von der Mehrheit abgelehnt. Andererseits hielt dieselbe die ausdrückliche Ausdehnung auf andere Rechte als das Eigenthum für entbehrlich, schon weil wegen dieser Rechte andere noch zu berathende Vorschriften genügen werden, welche den Landesgesetzen freie Hand lassen, den Inhalt und das Maß solcher Rechte zu bestimmen. (Zu vergi. Anm. zu § 966 des B.G.B.) Der zweite Absatz des § 107 beruht größtentheils auf Vorbeschlüssen. 1. Nach der Anmerkung zu §787 des Bürgerlichen Gesetzbuches sollte das I Prot 112817 Einführungsgesetz bestimmen, | daß die Landesgesetze unberührt bleiben, welche die Zertheilung gewisser Grundstücke im öffentlichen Interesse untersagen oder beschränken. Diese Fassung fand ebenso wie die Fassung der Zusammenstellung Widerspruch. Man hielt die Beschränkung des Vorbehaltes durch Angabe der Zwecke des Dismembrationsverbotes für nicht angemessen, indem man davon ausging, daß, wenn die Landesgesetzgebung ein solches Verbot erlasse, damit zugleich feststehe, daß dasselbe im öffentlichen Interesse erlassen sei, hiernach aber der besondere Zweck nicht in Betracht kommen könne. Die Mehrheit entschied sich für folgende Fassung: Unberührt bleiben insbesondere 1. die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Theilung von Grundstücken untersagen oder beschränken. 2. Zu Nr. 2 des § 107 wurde in Erledigung des in der Sitzung vom 7. November 520
Protokolle der 1. Kommission 1887 (Prot. S. 11947) gemachten Vorbehaltes beschlossen, in das Einführungsgesetz einen besonderen Artikel des Inhaltes einzustellen: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Rechte des Eigenthümers des einem Waldgrundstücke benachbarten Grundstückes in Ansehung der auf der Grenze oder auf dem Waldgrundstücke stehenden Bäume und Sträucher anders als im § 855 Abs. 2 und im $ 861 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmt werden. In Konsequenz dieses Beschlusses wurde die Nr. 2 der Zusammenstellung gestrichen. 762. Sitzung vom 5. 4. 1888, Schriftführer: von Liebe
I Die in der vorigen Sitzung abgebrochene Berathung des S 107 der gedruckten | Proti 12819 Zusammenstellung der Vorschläge zum Einführungsgesetze wurde fortgesetzt. Dieselbe führte zu folgenden weiteren Ergebnissen : I. der in der vorigen Sitzung zu dem ersten Absätze des § 107 gefaßte Beschluß wurde von einer Seite angefochten. Die Kommission gestand die Wiederaufnahme der Berathung zu. Man gelangte zu dem Beschlüsse, die frühere Fassung, Prot. S. 12816, in folgenderWeise zu ändern: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche das Eigenthum in Ansehung thatsächlicher Verfügungen im öffentlichen Interesse beschränkt wird. und die zu dem zweiten Absätze bereits beschlossenen und noch zu beschließenden Vorschriften mit Weglassung | des Wortes „insbesondere" als besonderen Artikel | Prot 1 12820 nachfolgen zu lassen. Erwogen war: Bei erneueter Prüfung erscheine die in voriger Sitzung beschlossene Vorschrift als zu weit gehend. Durch dieselbe würde den Landesgesetzgebungen die Macht gegeben werden, den Inhalt des wichtigsten der Rechte an Sachen, des Eigenthumes, zu bestimmen. Soweit reiche das publizistische Bedürfniß der Einzelstaaten nicht. In der Voraussetzung des öffentlichen Interesses sei eine genügende Schranke nicht gegeben. Auch wenn man diese Voraussetzung in dem engeren Sinne verstehe, daß diejenigen Vorschriften nicht als im öffentlichen Interesse ergangen zu gelten hätten, welche, wie die nachbarrechtlichen Vorschriften, indem sie das private Recht der einen Person beschränkten, das private Recht einer anderen Person erweiterten, so würden doch nach der früher beschlossenen Vorschrift die Landesgesetzgebungen zu Eingriffen in den privaten Rechtsverkehr ermächtigt sein, deren Gestattung mit Rücksicht auf die nothwendige Einheitlichkeit des bürgerlichen Rechtes unzulässig erscheine. Die Beschränkung der rechtlichen Verfügungsmacht habe Einfluß nicht nur auf den zunächst betroffenen Eigenthümer, sondern auch auf andere Personen, deren Rechtserwerb gehindert werde. Bei dem früher beschlossenen allgemein lautenden Vorbehalte würde den Einzelgesetzgebungen nicht verwehrt sein, ganze Rechtsinstitute, wie Pfandrecht, Nießbrauch pp. für ihren Bereich zu unterdrücken und, bis zum Aeußersten fortschreitend, das Eigenthum in der Hand des gegenwärtigen Eigenthümers unveräußerlich zu machen. Es sei denkbar, daß die Zulassung gewisser Arten der Belastung einer Sache durch das partikulare volkswirthschaftliche Interesse nicht verlangt | oder auch wohl widerrathen werde. Ob mit Rücksicht auf | Prot 1 12821 diese Möglichkeit ein Vorbehalt gerechtfertigt sei, könne nur im Hinblick auf die einzelne Art der Belastung geprüft werden. Anders liege die Sache in Ansehung der gesetzlichen Beschränkungen, welche auf die thatsächlichen Verfügungen des Eigenthümers über die Sache sich bezögen. 521
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Durch solche Beschränkungen werde der private Rechtsverkehr nicht berührt. Solche Beschränkungen würden durch das Interesse der öffentlichen Verwaltung geboten und dieses werde durch örtliche Verschiedenheiten verschieden bestimmt. Dahin gehören namentlich die Beschränkungen rücksichtlich der Bebauung und der Waldkultur (Bauordnungen, Forstordnungen). Eine Folge der beschlossenen Aenderung des ersten Absatzes sei es, daß die Vorschriften des zweiten Absatzes nicht mehr als Beispiele oder Konsequenzen zu dem ersten Absatz bezeichnet werden könnten; dieselben gäben vielmehr die allein der Landesgesetzgebung vorbehaltenen Beschränkungen des Eigenthumes. II. Der Vorschlag in § 107 Abs. 2 Nr. 3 der Zusst. und der noch weiter gehende Vorschlag des Antrages I 2, welcher den Landesgesetzgebungen die Ausschließung nicht nur des dinglichen Vorkaufsrechtes, sondern auch des Erbbaurechtes frei geben will, wurden abgelehnt. Man war der Ansicht, die vorgeschlagenen Vorbehalte seien nicht gerechtfertigt, weil lokale Gründe für die Abschaffung oder Abschwächung der in Betracht kommenden reichsgesetzlichen Institute nicht ersichtlich seien. III. Zu § 107 Abs. 2 Nr. 4 bis 6 und zu den Anträgen I 2 und II 1 c d wurde I Prot 1 12822 beschlossen, der vorstehend un- | ter I mitgeteilten Vorschrift anzuschließen: 2. die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Belastung eines Grundstückes mit gewissen Grunddienstbarkeiten oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten oder mit Reallasten ausgeschlossen oder beschränkt oder in Ansehung gewisser Grunddienstbarkeiten und beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten der Inhalt und das Maß der Befugnisse näher bestimmt sind; 3. die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Belastung eines Grundstückes mit einer unkündbaren Hypothek oder Grundschuld oder die Ausschließung des Kündigungsrechtes über eine bestimmte Zeit hinaus untersagt ist. Die Vorschriften des ersten Absatzes Nr. 2, 3 finden keine Anwendung auf die durch Reichsgesetz begründeten Rechte. Die Vorbehalte zu Gunsten der landesgesetzlichen Vorschriften, welche Einschränkungen der Belastung der Grundstücke mit Dienstbarkeiten, Reallasten und Hypotheken enthalten, sind bereits früher beschlossen, zu vergi, die Anm. zu den Ueberschriften Buch III Abschn. 7 Tit. 1, 3 Abschn. 8. Wegen der weiteren Zusätze war erwogen : 1. Durch die bestehenden Vorschriften, welche den Inhalt und das Maß gewisser Grunddienstbarkeiten und beschränkter persönlichen Dienstbarkeiten regeln, werden die vertragsmäßigen Festsetzungen der Betheiligten ergänzt. Wenn man auch nicht wohl annehmen könne, daß die einmal entstandene Servitut ihren vermöge der Ergänzung des begründenden Rechtsgeschäftes durch das Gesetz erlangten Inhalt verlieren müsse, weil das Bürgerliche Gesetzbuch solche ergänzende Vorschriften I Prot 1 12823 nicht enthalte, so ergebe sich doch aus der | Aufhebung jener Vorschriften ein Uebelstand. Bei der Eintragung von Dienstbarkeiten sei zwar die Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung gestattet (§§ 969, 982, 1048 des B.G.B.). Es würde aber kaum zu ertragen sein, wenn bei der Eintragung bereits bestehender Dienstbarkeiten stets der aus dem bisherigen Rechtszustande sich ergebende Inhalt der Dienstbarkeit angegeben werden solle. Ueberdies ergebe sich aus den Landesgesetzen, welche den Inhalt der Dienstbarkeiten bestimmen, vielfach die Unzulässigkeit eines weitergehenden Inhaltes, und, soweit dies der Fall, sei die Landesgesetzgebung schon nach dem früher gefaßten Beschlüsse fortdauernd maßgebend; wolle man aber die Landesgesetze nur nach dieser Richtung aufrecht erhalten, nach der anderen Richtung aber aufheben, so würde leicht Verwirrung entstehen. Diese Gründe für die Auf522
Protokolle der 1. Kommission rechthaltung der landesgesetzlichen Vorschriften über den Inhalt und das Maß der aus einer Dienstbarkeit sich ergebenden Befugnisse paßten auch für neu zu begründende Dienstbarkeiten, wenn auch die Rücksicht auf diese allein, da sie von geringerer Bedeutung seien, zu der beschlossenen Vorschrift vielleicht nicht geführt haben würde. Man sei allerdings nicht in der Lage gewesen, für das ganze Gebiet des Reiches Vorschriften der bezeichneten Art aufzunehmen; dies hindere jedoch nicht, den Landesgesetzgebungen freie Hand zu geben, mit Rücksicht auf die örtlichen Bedürfnisse und Anschauungen anders zu verfahren. 2. Ein jeder Vorbehalt zu Gunsten der Landesgesetze sei dahin zu verstehen, daß denselben gestattet werde, Ausnahmevorschriften gegenüber gewissen Normen des Bürgerlichen Gesetzbuches aufzustellen. Diejenigen Normen, deren Durchbrechung |den Landesgesetzen durch den beschlossenen Vorbehalt gestattet werde, fänden | Prot 1 12824 sich in den Abschnitten über Dienstbarkeiten, Reallasten, Hypotheken und Grundschulden. Eine Durchbrechung anderer reichsgesetzlicher Vorschriften, insbesondere der Vorschriften in den §§ 857 bis 860, 863, § 971 Abs. 3, habe nicht gestattet werden sollen. Die Frage, in welchem Umfange ein Vorbehalt die reichsgesetzlichen Normen den landesgesetzlichen Eingriffen aussetze, sei von allgemeinerer Bedeutung. Vielleicht könne die Beantwortung dieser Frage durch die Aufstellung einer allgemeinen interpretativen Vorschrift erleichtert werden. Hier genüge zunächst die als zweiter Absatz beschlossene Vorschrift, welche der Prot. S. 12720 a. E. beschlossenen Vorschrift entspreche. IV. Der Antrag II 1 c wurde abgelehnt. Man war der Ansicht, daß der im Anfange dieser Sitzung, S. 12819, beschlossene Vorbehalt und der im § 866 des Bürgerlichen Gesetzbuches enthaltene Vorbehalt genügten und diejenigen landesgesetzlichen Vorschriften fortbestehen ließen, für deren Erhaltung der Antrag sorgen wolle. Der § 108 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die Landesgesetze, nach welchen dem zu dauernder Verbesserung eines Grundstückes dem Eigenthümer von einer öffentlichen Anstalt (Landeskultur-Rentenbank) zu gewährenden Darlehen oder den statt der Verzinsung und Rückzahlung desselben zu leistenden Tilgungsrenten, sofern hierfür Sicherheit in Hypotheken oder Grundschulden bestellt wird, das Vorzugsrecht vor allen anderen auf privatrechtlichen Titeln beruhenden Be-1 lastungen des Grundstückes durch die landesgesetzlich zustehende Behörde gewährt oder für eingeräumt erklärt werden kann."
TE-EG 5 108 Johow (Nr 2)
| Prot 1 12825
Es war beantragt, den § 108 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Kurlbaum Vorschriften, nach welchen der Rang der einem öffentlichen Kreditinstitute als (Nr 105,2) Reallast zustehenden zeitlich beschränkten Geldrente auf Grund des Nachweises einer entsprechenden dauernden Verbesserung des belasteten Grundstückes durch Beschluß der landesgesetzlich zuständigen Behörde vor anderen (vor der Verbesserung begründeten) Belastungen des Grundstückes bestimmt werden kann. Zu der Aenderung der Rangordnung ist außer dem Beschlüsse der Behörde die Eintragung in das Grundbuch erforderlich. Wird durch die Aenderung eine Briefhypothek oder eine Grundschuld betroffen, so ist zu der Eintragung die Vorlegung des Hypothekenbriefes oder Grundschuldbriefes nicht erforderlich." Die Kommission beschloß die Aufnahme folgender Vorschriften : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn eine öffentliche Kreditanstalt zur Verbesserung eines Grundstückes ein Darlehen gegeben hat, der wegen dieses Darlehens an dem Grundstücke begründeten Geldrente, Hypothek oder Grundschuld der Vorrang vor anderen Belastungen des Grundstük523
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
kes zustehen soll, sofern der Vorrang in das Grundbuch eingetragen ist, und nach welchen, wenn durch die Aenderung des Ranges eine Briefhypothek oder GrundI Prot 1 12826 schuld betroffen ist, zu der Eintragung die | Vorlegung des Hypothekenbriefes oder Grundschuldbriefes nicht erforderlich ist. Der Vorschlag des Vorbehaltes ist veranlaßt durch das preußische Gesetz, betreffend die Einrichtung von Landeskultur-Rentenbanken vom 13. Mai 1879, §§ 6, 11, 13, 14; das bayrische Gesetz, betreffend die Landeskulturrentenanstalt vom 21. April 1884 Art. 7, 12 und das sächsische Gesetz, die Errichtung einer Landeskulturrentenbank betreffend, vom 26. November 1861 nebst Ergänzungsgesetz vom 1. Juni 1872. Man war der Ansicht: Eine Begünstigung der zu Meliorationszwecken gegebenen Darlehne in den Grenzen der angeführten Gesetze sei unbedenklich und könne das gemeine Wohl fördern. Die im Range zurückgesetzten Berechtigten erhielten durch die Melioration eine Ausgleichung der Minderung ihrer Sicherheit und würden somit nicht beeinträchtigt. Der Antrag wolle die Beschränkung der Begünstigung auf zeitlich begrenzte Rentenbelastungen, und die Zurücksetzung im Range zu einer vorübergehenden machen. Durch die Beifügung einer solchen Beschränkung würde indessen in störender Weise in das geltende Recht eingegriffen werden. Die Berücksichtigung des dem Antrage zu Grunde liegenden Gesichtspunktes bleibe deshalb besser den Landesgesetzgebungen überlassen. Die Rangveränderung treffe die derzeit Berechtigten, ohne daß es einer rechtsgeschäftlichen Bewilligung der in ihrem Range Beeinträchtigten bedürfe. Das in dem Antrage aufgestellte Erforderniß der Eintragung des Vorranges habe mithin zwar für die zunächst Betroffenen keine besondere Bedeutung; Kenntniß von dem Vorgange I Prot 1 12827 würden dieselben nach | den landesgesetzlichen Verfahrensvorschriften jedenfalls erlangen. Es sei indessen wünschenswerth, daß die Schwächung der eingetragenen Rechte im Grundbuche ersichtlich gemacht werde, damit spätere Erwerber dieser Rechte von dem wirklichen Rangverhältnisse Kenntniß erlangen könnten. Im Falle der Briefhypothek und der Grundschuld enthalte eine solche Eintragung allerdings keine vollständige Kundbarmachung, welche vielmehr nur durch gleichzeitige Vermerkung auf dem Hypothekenbriefe oder Grundschuldbriefe erfolgen könne. Der Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches gehe davon aus, daß eine Eintragung in das Grundbuch ohne gleichzeitige Berichtigung des vorgelegten Briefes nicht zulässig sei (zu vergi. Anm. zu § 1107 unter II). Soweit dürfe man indessen hier nicht gehen, weil sonst das Erforderniß der Eintragung zu störend wirken würde.
763. Sitzung vom 7. 4. 1888, Schriftführer : von Liebe | Die Berathung des Einführungsgesetzes an der Hand der gedruckten Zusammenstellung wurde fortgesetzt. Es lag der Antrag vor, der zu § 4 der Zusammenstellung, Prot. S. 12320, 12321 beschlossenen Vorschrift: „Soweit in dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze die Regelung den Landesgesetzen vorbehalten oder bestimmt ist, daß die Landesgesetze unberührt bleiben oder daß landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden können, bleiben die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft und können neue landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden." Planck folgenden Zusatz zu geben: „Soweit jedoch Reichsgesetze, welche neben dem (Nr 109,1) Bürgerlichen Gesetzbuche und diesem Gesetze in Kraft bleiben (oder: andere Reichsgesetze als das Bürgerliche Gesetzbuch und dieses Gesetz), der Erlassung
I Proti 12829
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Protokolle der 1. Kommission
landesgesetzlicher Vorschriften entgegenstehen, bleibt dieselbe (auch in den im ersten Satze bezeichneten Fällen) ausgeschlossen." 58 Die Kommission beschloß der mitgetheiken früher be-|schlossenen Vorschrift (Prot 1 12830 anzufügen: „;ein neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche und diesem Gesetze in Kraft bleibendes Reichsgesetz kann jedoch durch Landesgesetz nicht aufgehoben oder geändert werden." Man hatte erwogen : Bei den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Einführungsgesetzes, durch welche gewisse Materien der landesgesetzlichen Regelung vorbehalten würden, könne leicht ein Zweifel darüber entstehen, in welchem Umfange den Landesgesetzgebungen freie Hand gelassen sei. Der Vorbehalt könne denkbarer Weise soweit reichen, daß den Landesgesetzen bei der Regelung der vorbehaltenen Materie die Durchbrechung aller überhaupt bestehenden reichsrechtlichen Normen gestattet sei, gleichviel ob dieselben in dem Bürgerlichen Gesetzbuche und in dem Einführungsgesetze oder in sonstigen Reichsgesetzen sich finden. Daß die Vorbehalte, welche das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche bringe, an sich nicht in einem so weiten Sinne zu verstehen seien, lasse sich freilich daraus ableiten, daß durch das Einführungsgesetz das Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuches — nicht sonstiger Reichsgesetze — zu dem bestehenden Landesrechte geregelt werden solle; immerhin bleiben mit Rücksicht auf die allgemeine Fassung der Vorbehalte die Aufnahme einer interpretativen Vorschrift wünschenswerth. Die Fassung der in dem Antrage vorgeschlagenen Vorschrift sei nicht ganz unanfechtbar; jedenfalls werde dem Zwecke des Antrages durch den beschlossenen kürzeren Zusatz vollständig genügt. Mit dem im Eingange mitgetheiken Antrage war für den Fall der Annahme desselben der weitere Antrag verbunden, einige Aenderungen solcher früh-1 her |Prot 1 12831 beschlossenen Vorschriften vorzunehmen, welche die zu Gunsten der Landesgesetze gemachten Vorbehalte zu Gunsten der Reichsgesetze einschränken. Da nach dem gefaßten Beschlüsse nur noch das Bürgerliche Gesetzbuch gegen die allgemeine Fassung der Vorbehalte in Schutz zu nehmen ist, wurden folgende Aenderungen beschlossen: 1. Die zu § 79 der Zusst., Prot. S. 12749, beschlossene Vorschrift soll lauten : Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Zwangsrecht, Bannrechte und Realgewerbeberechtigungen. unter Weglassung der Schlußworte „unbeschadet der Vorschriften der Gewerbeordnung." 2. Die zu § 80 der Zusst., Prot. S. 12752, beschlossene Vorschrift soll lauten : Unberührt bleiben, soweit nicht durch das Bürgerliche Gesetzbuch (statt „durch Reichsgesetz") eine besondere Bestimmung getroffen ist, die Vorschriften der Lan58
Für den Fall der Annahme dieses Antrags war von Planck in Nr. 109, 2 beantragt : a) in dem Art. 45 die Worte : „(unbeschadet der Vorschriften der Gewerbeordnung)" zu streichen. b) In dem Art. 46 statt der Worte: „soweit nicht durch Reichsgesetz eine besondere Bestimmung getroffen ist" zu setzen: „soweit nicht durch das Bürgerliche Gesetzbuch oder dieses Gesetz eine besondere Bestimmung getroffen ist.", c) in dem Art. 37 Abs. 2 statt der Worte: „auf die durch Reichsgesetz begründeten Rechte" zu setzen: „auf die durch das Bürgerliche Gesetzbuch begründeten Rechte" oder: „auf die in den §§ 857 — 860 und 863 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Rechte", d) dem letzten Absätze des zu § 107 gefaßten Beschlusses eine dem Antrage unter e) entsprechende Fassung zu geben.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
desgesetze über die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten der Beamten aus dem Amtsverhältnisse, mit Einschluß der Ansprüche der Hinterbliebenen. 3. Der zweite Absatz der zu § 54 der Zusst., Prot. S. 12720, beschlossenen Vorschrift soll lauten : Die auf die Ablösung sich beziehenden landesgesetzlichen Vorschriften finden keine Anwendung auf die in den §§ 857 bis 860, 863 und im § 971 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten (statt: „durch Reichsgesetz begründeten") Rechte. 4. Der zweite Absatz der zu $ 107 der Zusst., Prot. S. 12822, beschlossenen Vorschrift soll dahin geändert werden : I Prot 1 12832 Diese Vorschriften finden keine Anwendung u.s.w. | (wie vorstehend unter Nr. 3). TE-EG § 109 Der § 109 der Zusst. lautet : Johow „Unberührt bleiben die Landesgesetze, welche für den Fall der Abveräußerung (Nr 2) eines Theiles von einem Grundstücke 1. vorschreiben, daß dieser Theil durch Uebertragung auf ein anderes Grundbuchblatt von den Belastungen des Stammgrundstückes unter der Voraussetzung frei werde, daß diese Befreiung nach dem Zeugnisse der zuständigen Behörde den Berechtigten unschädlich ist; 2. die für die Ertheilung des Unschädlichkeitszeugnisses zuständige Behörde bestimmen; 3. die Voraussetzungen regeln, unter welchen das Zeugniß ertheilt werden darf. Der im ersten Absätze bestimmte Vorbehalt findet entsprechende Anwendung auf diejenigen Landesgesetze, welche für den Fall der Theilung des mit einer Reallast belasteten Grundstückes die Vertheilung der Reallast auf die einzelnen Grundstücke unter der Voraussetzung zulassen, daß nach dem Zeugnisse der zuständigen Behörde die Vertheilung dem Reallastberechtigten unschädlich ist. Der im ersten Absätze bestimmte Vorbehalt findet ferner entsprechende Anwendung auf diejenigen Landesgesetze, welche für den Fall, daß von dem Eigenthümer des mit dem Rechte eines Dritten belasteten Grundstückes auf eine Grunddienstbarkeit oder auf ein dem jeweiligen Eigenthümer des Grundstückes zustehendes Vorkaufsrecht oder auf eine dem jeweiligen Eigenthümer des Grundstückes zustehende I Prot 1 12833 Reallast verzichtet wird, | die Löschung des durch den Verzicht aufzuhebenden Rechtes ohne Einwilligung des Dritten unter der Voraussetzung zulassen, daß nach dem Zeugnisse der zuständigen Behörde die Löschung dem Dritten unschädlich ist." (Bemerkungen. Zu Abs. 1. Zu vergi. Anm. 1 II zu § 787 des Entw. S. 223, § 44 des S.R.-Entw. undS.339bis341 der Mot. zu S.R. = Entw. Zu Abs. 2. Zu vergi. Anm. 1 zu § 1056 des Entw. S. 299; Mot. des S.R.-Entw. S. 1406 und insbesondere Prot. S. 4863. Die Fassung des Vorbehaltes hindert die Landesgesetzgebungen nicht, vorzuschreiben, daß das Stammgrundstück aushülflich verhaftet bleibt. Zu Abs. 3. Zu vergi. Anm. 1 zu § 977 des Entw. S. 279. Den Grundstücksparzellen werden alle subjektiv-dinglichen Rechte, also auch subjektiv-dingliche Verkaufsrechte und Reallasten gleichzusetzen sein.) Es war beantragt: Kurlbaum 1. den § 109 zu fassen; „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, (Nr 105, 3) nach welchen eine Reallast, Hypothek oder Grundschuld im Falle der Veräußerung eines Theiles des belasteten Grundstückes in Ansehung des veräußerten oder des zurückbehaltenen Theiles durch Beschluß der landesgesetzlich zuständigen Behörde aufgehoben werden kann, wenn nachgewiesen wird, daß die Aufhebung dem Be526
Protokolle der 1. Kommission rechtigten unschädlich ist. Die A u f h e b u n g einer Reallast kann in Ansehung der einzelnen Theile des Grundstückes auch in der Weise erfolgen, daß jeder Theil nur mit einem Theile der Reallast belastet bleibt. Die Löschung des aufgehobenen Rechtes erfolgt | auf G r u n d des Beschlusses der | Prot 1 12834 Behörde. Zu der Löschung einer Briefhypothek oder Grundschuld ist die Vorlegung des Hypothekenbriefes oder Grundschuldbriefes nicht erforderlich. Im Sinne der Vorschrift des ersten Satzes des ersten Absatzes gilt der im Art. 30 der vorl. Zusst. (Beschluß zu den §§ 29, 30, Prot. S. 12619 bis 12642) bezeichnete Entschädigungsanspruch des Eigenthümers als Theil des Grundstückes." 2. H i n t e r § 109 folgende Vorschrift einzustellen: „Die Landesgesetze können Johow vorschreiben, daß in den Fällen des Artikels 30 der vorl. Zusst. (zu vergi. Antrag 1 (Nr 90, 9) Abs. 3) der Entschädigungsanspruch des Eigentümers frei bleibt von jedem Ansprüche eines Berechtigten, f ü r dessen Recht an der Sache die jenen Entschädigungsanspruch begründende Maßregel nach dem Zeugnisse der zuständigen Behörde unschädlich ist; die Vorschriften des S 109 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung." 3. D e n zweiten Satz des ersten Absatzes des Antrages 1 dahin zu fassen: „In Planck Ansehung einer Reallast kann auch bestimmt werden, daß jeder Theil des G r u n d - (Nr 110) stückes nur mit einem Theile der Reallast belastet bleibt, oder daß die Reallast auf dem zurückbehaltenen Theile in vollem Betrage haften bleibt, der veräußerte Theil aber mit dem auf denselben entfallenden Theil der Reallast zu Gunsten des Eigenthümers des zurückbehaltenen Theiles belastet wird." Die Kommission beschloß die A u f n a h m e folgender Vorschriften : Art. a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschrif-1 ten, nach welchen | Prot 1 12835 1. im Falle der V e r ä u ß e r u n g eines Theiles eines Grundstückes dieser Theil von den Belastungen des Grundstückes befreit wird, 2. im Falle der Theilung eines mit einer Reallast belasteten Grundstückes die Reallast auf die einzelnen Theile des Grundstückes vertheilt wird, 3. im Falle des Verzichtes auf ein dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstükkes zustehendes Recht an einem anderen Grundstücke dieses G r u n d s t ü c k von der Belastung auch ohne Einwilligung derjenigen befreit wird, f ü r welche das erstere G r u n d s t ü c k belastet ist, 4. im Falle des Artikels 30 der vorl. Zusst. (d. h. der zu den §§ 29, 30 der Zusst. Prot. S. 12619 bis 12642 beschlossenen Vorschriften) der dem Eigenthümer zustehende Entschädigungsanspruch von dem einem Dritten in Ansehung desselben zustehenden Rechte befreit wird, w e n n von der zuständigen Behörde festgestellt wird, daß die eintretende Befreiu n g den Berechtigten unschädlich ist, und nach welchen in solchen Fällen zur Löschung einer Briefhypothek o d e r Grundschuld die V o r l e g u n g des H y p o t h e k e n b r i e fes oder des Grundschuldbriefes nicht erforderlich ist. Art. b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle der Theilung eines für den Fiskus mit einer Reallast belasteten Grundstückes nur ein Theil des Grundstückes mit der Reallast belastet bleibt und die übrigen Theile des Grundstückes mit Reallasten für den jeweiligen Eigenthümer des ersteren | Thei- | Prot 1 12836 les belastet werden. Die Vorschriften des Artikels a entsprechen im Wesentlichen den f r ü h e r e n Beschlüssen, zu vergi, die in den dem § 109 der Zusst. beigefügten Bemerkungen allegirten Anm. U e b e r die f r ü h e r e n Beschlüsse geht die Vorlage nur insoweit hinaus, als mit Recht den Grundstücksparzellen alle subjektiv-dinglichen Rechte gleichgesetzt werden. D a n e b e n w a r e n folgende Einzelheiten zur Sprache g e k o m m e n : 527
Einführungsgesetz zura Bürgerlichen Gesetzbuch
1. Eine Berücksichtigung des in dem Antrage 1 einbezogenen Falles, daß Liberirung nicht des veräußerten, sondern des zurückbehaltenen Theiles gewünscht wird, hielt man nicht für erforderlich, weil die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften, zu vergi. Mot. zum Sachenrechts-Entwurf S. 339 bis 341, auf diesen Fall keine Rücksicht nehmen und das Bedürfniß einer Erleichterung auch dieser Art der Parzellirung nicht ersichtlich ist. 2. Der Antrag 1 will nur die Befreiung der veräußerten Parzelle von Hypotheken, Grundschulden und Reallasten, nicht aber von anderen Belastungen erleichtern. Man war der Ansicht : Freilich würden durch die Befreiung der Parzelle, wirthschaftlich betrachtet, Reallasten, Hypotheken und Grundschulden nur in der Sicherheit eines in vollem Umfange bestehen bleibenden Anspruches, andere Belastungen dagegen in der Substanz des Rechtes selbst getroffen, sofern sie nicht ihrer Natur nach nur an dem einen oder dem anderen Theile des Grundstückes fortbestehen könnten (B.G.B. § 975). Doch sei in vielen Fällen eine wirthschaftliche Unschädlichkeit auch bei solchen Belastungen denkbar und jedenfalls die Nichtbeschränkung des Vorbehaltes in Ansehung der aufzuhebenden Belastungen deshalb unbedenklich, weil anzunehmen sei, I Prot 1 12837 | daß in den bedenklichen Fällen die Unschädlichkeit nicht werde festgestellt werden. 3. Zur Sprache kam: Spezielle Vorschriften über die Art und Weise, wie die Liberirung sich vollziehe, seien besser zu vermeiden, damit das bestehende Landesrecht nicht angetastet werde. Einer Liberirung ohne gleichzeitige entsprechende Berichtigung des Grundbuches ständen besondere Bedenken nicht entgegen. Die Richtigstellung des Grundbuches sei sowohl in der Weise ausführbar, daß die Uebertragung der Belastungen auf das Grundbuchblatt der veräußerten Parzelle unterbleibe, als auch in der Weise, daß die übertragenen Belastungen nachträglich gelöscht werden. 4. Die Bestimmung der für die Ertheilung des Unschädlichkeitszeugnisses zuständigen Behörde und der Voraussetzungen, von welchen die Liberirung abhängt, bleibt bei der allgemeinen Fassung des Vorbehaltes den Landesgesetzen überlassen und braucht nicht besonders erwähnt zu werden. 5. Das preußische Gesetz vom 27. Juni 1860 (G.S.S. 384) behandelt als besonderen Fall der Unschädlichkeit denjenigen, in welchem an Stelle des veräußerten und zu befreienden Grundstückstheiles ein anderes Grundstück dem belasteten Grundstücke hinzugefügt wird. An sich ist die in der Hinzufügung liegende Vergrößerung des belasteten Grundstückes ebenso wie die Verbesserung desselben als eine der verschiedenen Voraussetzungen für Ertheilung des Zeugnisses der Unschädlichkeit anzusehen. Eigenthümlich ist diesem Falle nur, daß das hinzugefügte Grundstück, wenn die Abtrennung allen Betheiligten unschädlich sein soll, allen Belastungen des Hauptgrundstückes nach Maßgabe der bei diesem bestehenden Rangordnung unterliegen muß; das erwähnte Gesetz enthält deshalb hierauf bezügliche Vorschriften. I Proti 12838 Diese Art der | Belastung der zugeschriebenen Parzelle ergiebt sich jedoch für das Bürgerliche Gesetzbuch aus dem Grundsatze, daß der hinzugefügte Theil in dem Hauptgrundstücke aufgeht (§ 787) und für Hypotheken, Grundschulden und Reallasten das Grundstück in seinem jeweiligen Bestände haftet (§ 1067 Nr. 1, §§ 1071, 1108, 1136, 1051. Vergi. Prot. S. 3688, 4953, 5035, 5036). Eine besondere Vorschrift oder ein Vorbehalt ist daher auch in dieser Beziehung um so weniger erforderlich, als durch Rechtsgeschäft die erforderliche Belastung jedenfalls hergestellt werden kann. 6. Bei den Beschlüssen zu den §§ 29, 30 der Zusammenstellung ist Prot. S. 12637 in Aussicht genommen, an dieser Stelle einen Vorschlag zu erledigen, welcher in dem früher geregelten reichsrechtlichen Expropriationsfalle den Landesgesetzen eine Er528
Protokolle der 1. Kommission
leichterung des Expropriaten in Ansehung der Verfügung über den Entschädigungsanspruch vorbehalten will. Dieser Vorschlag ist in Antrag 2 wiederholt. Nach den früher beschlossenen Vorschriften stehen den Realberechtigten nicht selbständige Entschädigungsansprüche, sondern nur Rechte an dem Entschädigungsanspruche zu, welche den Eigenthümer in der Verfügung über diesen Anspruch mehr oder weniger beschränken. Dabei ist es möglich, daß die Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder die Beschränkung des Eigenthums materiell die Realberechtigten überall nicht beeinträchtigt. Diese Unschädlichkeit ist leicht von der zuständigen Behörde festzustellen. Man war der Ansicht: Es empfehle sich, den Landesgesetzen die Freiheit zu lassen, dem expropriirten Eigenthümer in der vorgeschlagenen, die schnelle Erledigung der Entschädigungsfrage befördernden Weise zu Hülfe zu kommen. Eine Beschränkung des Vorbehaltes auf den Fall, wenn der staatliche Eingriff ein Grundstück und nicht eine bewegliche Sache betroffen habe (zu vergi. Antrag 1 Abs. 3), er-1 scheine nicht geboten. |ProtI 12839 7. Der beschlossene Art. b (zu vergi. Antrag 3) trägt den Vorschriften des sächsischen Rechtes (Gesetz, die Errichtung einer Landeskulturrentenbank betreffend, vom 26. November 1861 und Ergänzungsgesetz vom 1. Juni 1872) Rechnung, nach welchen bei der Abveräußerung von Parzellen nur das Hauptgrundstück der Rentenbank rentenpflichtig bleibt, wogegen die Trennstücke dem jeweiligen Eigenthümer des Hauptgrundstückes beitragspflichtig werden, aber die Sicherheit der Rentenbank dadurch ausgeglichen wird, daß derselben die mit dem Eigenthume des Hauptgrundstückes verbundenen Rechte auf Rentenleistungen, welche die Trennstücke belasten, haften. 764. Sitzung vom 9. 4. 1888, Schriftführer:
von
Liebe
I Die Berathung des Einführungsgesetzes an der Hand der gedruckten Zusam- | Prot 1 12841 menstellung wurde fortgesetzt. TE-EG § 110 Der § 110 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die Landesgesetze, Johow welche das Recht, Tauben zu halten, beschränken und Tauben, welche diesen Be- (Nr 2) schränkungen zuwider gehalten und im Freien betroffen werden, dem freien Zueignungsrechte unterwerfen." 59 Es war beantragt, den § 110 zu fassen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Kurlbaum Landesgesetze über das Recht, Tauben zu halten und im Freien betroffene Tauben (Nr 108,1) eines Anderen sich zuzueignen." I Der Vorbehalt ist sachlich bereits beschlossen, zu | vergi. Anm. zu §903 des | Prot 1 12842 Bürgerlichen Gesetzbuches und Prot. S. 4089—4091. Man entschied sich für folgende Fassung: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Zueignung der im Freien betroffenen nicht herrenlosen Tauben." Durch diese Fassung soll mit größerer Deutlichkeit darauf hingewiesen werden, daß den Landesgesetzen eine Ausdehnung des Zueignungsrechtes auf die Zueignung einer nicht herrenlosen Sache gestattet werden soll.
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Begründung im Antrag Nr. 13: Zu vergi. Note 1 zu § 903 des Entw. S. 258, Motive zu § 162 des S.R.-Entw. S. 836 bis 838, Begründung zu den vom Standpunkte des allgem. Theiles gemachten Vorschlägen S. 113 und Motive zum Entw. des allgem. Theiles Abschnitt II Tit. 4 II S. 11, 12 (Schubert, Vorlagen, AT, Bd. 2, 1981, S. 435 f.). - Eine Beschränkung des Vorbehaltes zu Gunsten der Haltung von Brieftauben oder auch Ziertauben, wie solche durch einen Verein für Taubenzucht angeregt war, ist nicht für angemessen gehalten.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
TE-EG §111 Der §111 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die bestehenden Johow Landesgesetze, durch welche (Nr 2) J gewisse nutzbare Rechte (Regalien), 2. das Recht auf Zueignung von Grundstücken, welche noch nicht in das Eigenthum einer Person gelangt sind, dem Staate vorbehalten wird. Die Verleihung eines Regalienrechtes an eine Privatperson zu vererblichem und veräußerlichem Rechte ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen. Die Erwerbung durch Ersitzung oder durch unvordenkliche Verjährung findet jedoch nicht statt. Verliehene Regalienrechte erhalten ein Blatt im Grundbuche." 60 (S.R.§ 13, MotiveS. 46 ff). Er war beantragt, v. Mandry 1. den § 111 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, (Nr 107,1) welche sich auf die Regalien beziehen." Kurlbaum 2. den § 111 zu fassen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze (Nr 108,2) über die bestehenden Regalien und über | das Recht auf Zueignung von GrundstükI P r o t ! 12843 ken, welche noch nicht in das Eigenthum einer Person gelangt sind."
Die Kommission beschloß, nur folgenden allgemein lautenden Vorbehalt aufzunehmen : „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Regalien." Erwogen war: Normen privatrechtlicher Natur kämen nur in Ansehung der sogenannten niederen oder nutzbaren Regalien vor, welche in der neueren Zeit allein „Regalien" genannt zu werden pflegen. Inwieweit die auf diese Art von Regalien sich beziehenden Vorschriften privatrechtlicher Natur seien, bleibe allerdings nach einigen Richtungen zweifelhaft. Dem Akte der Uebertragung auf einen Privaten und der Regelung der Rechtsstellung eines solchen Erwerbers sowie des auf das besondere Privatrechtsgut sich beziehenden Rechtsverkehres könne zum großen Theil ein privatrechtlicher Charakter nicht abgesprochen werden. Es sei mithin die Aufnahme eines Vorbehaltes erforderlich, wenn das partikulare Regalienrecht unangetastet bleiben solle. Die Beseitigung dieses partikularen Rechtes erscheine wegen der publizistischen Seite des Regalienrechtes bedenklich. Ob das dem Staate vorbehaltene Recht auf Zueignung bisher herrenlos gewesener Grundstücke als ein Regal oder als ein schon bestehendes Recht an Grundstücken solcher Art zu betrachten sei, hänge von dem Inhalte des Gesetzes ab; für den zweiten Fall sei klar, daß ein besonderer Vorbehalt nicht erforderlich sei, demzufolge das fragliche Recht einer besonderen Erwähnung nicht bedürfe. Die allgemeine Fassung des Vorbehaltes entspreche der I Prot 1 12844 bisherigen Verfahrensweise. Eine Einschränkung des | Vorbehaltes durch Ausschließung des Erwerbes eines Regalienrechtes durch Ersitzung oder durch unvordenkliche Verjährung oder durch Ausschließung der Neubegründung regaler Rechte erscheine nicht geboten und auch nicht unbedenklich. Von einer Seite wurde bemerkt, daß die in den sachenrechtlichen Motiven zum Einführungsgesetze S. 47 Anm. 4 a. E. berührte Frage durch die Gesetzgebung entschieden sei, zu vergi, preuß. Ges. vom 1. August 1855 betr. die Entbürdung der Städte u. s. w. (Ges.-S., S. 579) § 7. Die §§ 112 bis 115 der Zusammenstellung wurden zusammen berathen. Dieselben lauten: 60
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Begründung im Antrag Nr. 13: Zu Abs. 1 Nr. 2 zu vergi. Prot. S. 3908, 3947, Mot. zum S.R.-Entw. S. 713 bis 717, 828, 829. - Zu Abs. 3: Nach § 781 Abs. 2 des Entw. ist die Buchungsfähigkeit der verliehenen Regalienrechte auszusprechen.
Protokolle der 1. Kommission § 112. „Ein Grundstück wird dadurch, daß es einem öffentlichen Zwecke, insbe- TE-EG § 112 sondere dem gemeinen Gebrauche gewidmet ist, dem Eigenthume nicht entzogen. Johow W o derartige Grundstücke bisher als dem Eigenthume entzogen galten, werden (Nr 2) dieselben fortan als im Eigenthume des Reiches, des Staates oder der sonstigen öffentlichen Gemeinschaft stehend betrachtet, deren Zwecken sie dienen." (S.R. § 14, MotiveS. 50 ff.) § 113. „Ist die Verwendung eines Grundstückes zu öffentlichen Zwecken, insbe- TE-EG § 113 sondere zum gemeinen Gebrauche vollzogen, so findet die Durchführung privat- Johow 2 rechtlicher Ansprüche, welche mit dem gegebenen Zwecke nicht vereinbar sind, ) nicht statt. Die Vorschrift des ersten Absatzes gilt auch dann, wenn die Verwendung zu Gunsten eines | dem öffentlichen Interesse dienenden und obrigkeitlich genehmigten | Prot 1 12845 Privatunternehmers, ζ. B. einer Privateisenbahnanlage, geschehen ist. Inwieweit und von wem demjenigen, dessen Recht auf diese Weise undurchführbar geworden ist, Entschädigung zu leisten sei, bestimmt sich nach den Landesgesetu zen. (S.R. S 15, Motive S. 54 ff.) §114. „Unberührt bleiben die Landesrechte, welche den gemeinen Gebrauch TE-EG §114 sowie die Verleihung besonderer Gebrauchsbefugnisse regeln. Johow Ob, inwieweit und von wem denjenigen, deren Interesse durch eine veränderte (Nf Verwendung eines dem gemeinen Gebrauche dienenden Grundstückes Abbruch geschieht, Entschädigung zu leisten sei, bestimmt sich nach den Landesgesetzen." (S.R. S 16, Motive S. 57 ff.) § 115. „Das einem Bundesstaate oder einer demselben unterworfenen offendi- TE-EG S 115 chen Gemeinschaft zustehende Eigenthum an einem Grundstücke der im § 1 1 2 Johow bezeichneten Art kann einer anderen öffentlichen Gemeinschaft durch Landesgesetz (N r 2) oder durch Beschluß der nach dem Landesgesetze zuständigen Behörde übertragen werden." (S.R. § 17, Motive S. 59 ff.) Es war beantragt, Planck die §§ 112 bis 115 durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Unberührt bleiben (Nr 103,2) die landesgesetzlichen Bestimmungen über die dem gemeinen Gebrauch gewidmeten Grundstücke." I Die Kommission beschloß, die §§112 bis 114 ohne Ersatz zu streichen und den | Prot 1 12846 § 115 in folgender Fassung aufzunehmen : Durch Landesgesetz kann das dem Staate zustehende Eigenthum an einem Grundstücke, einer Gemeinde oder einem anderen Kommunalverbande (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbande) und das einem Kommunalverbande zustehende Eigenthum an einem Grundstücke dem Staate oder einem Kommunalverbande übertragen werden. Erwogen war 1. Die sogenannten res communes omnium, aer, aqua profluens, welche durch ihre natürliche Beschaffenheit der Beherrschung durch menschliche Willkür sich entzögen, gäben überall keinen Anlaß zur Aufstellung besonderer Rechtsnormen, mithin auch keinen Anlaß zur Aufnahme eines Vorbehaltes. Rechne man zu diesen Sachen das Meer und die Meeresgestade nicht, so würden die hierauf sich beziehenden Vorschriften durch den Vorbehalt des Landeswasserrechtes gewahrt. In Ansehung der dem gemeinen Gebrauche dienenden Sachen (res publicae) sei 531
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
ein Vorbehalt f ü r die Landesgesetze insofern nicht erforderlich, als es Rechtsnormen des öffentlichen Rechtes seien, kraft welcher eine Sache zum gemeinen Gebrauche dergestalt bestimmt werde, daß es unmöglich sei, solange die betreffende Bestimmung währe, durch Rechtsgeschäft oder Rechtshandlungen den gemeinen Gebrauch zu hindern oder zu beschränken. Bei den dem gemeinen Gebrauch gewidmeten Sachen trete ferner, solange diese Verwendung dauere, die Eigenthumsfrage in den Hintergrund und habe deren I Prot 1 12847 Lösung ein nur geringes | praktisches Interesse. Auch wo die res in usu publico positae als res nullius betrachtet würden, ergebe sich hieraus keine Lücke; die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Rechtsschicksal der dem gemeinen Gebrauche gewidmeten Sachen nach der Aufhebung des gemeinen Gebrauches bestimmten und diese Sachen an den Staat, die Gemeinde u.s.w. fallen ließen, blieben jedenfalls in Kraft. Die Herbeiführung einer einheitlichen reichsrechtlichen Lösung der Eigenthumsfrage erscheine deshalb nicht erforderlich. Ein Eingreifen in den partikularen Rechtszustand sei auch wegen ihrer weittragenden Konsequenz nicht rathsam. Dazu komme, daß der Lösungsversuch der Vorlage doch nicht vollständig zum Ziele führe und ein gewisses Dunkel in Ansehung der Frage, wer Eigenthümer sei, bestehen lasse. Werde geschwiegen, so bleibe es in Ansehung der gegenwärtig als res nullius behandelten Sachen bei dem zeitigen Rechtszustande, weil das Bürgerliche Gesetzbuch keine Bestimmung enthalte, durch welche eine Aenderung in der bisherigen Beantwortung der Eigenthumsfrage herbeigeführt werde. Finde künftig die Widmung einer Sache zum öffentlichen Gebrauche stau, so habe dieselbe keine Wirkung in Ansehung der Eigenthumsfrage, weil es an einer Rechtsnorm fehle, welche die fragliche Widmung in dieser Weise wirken lasse. In zwei Richtungen werde allerdings das einfache Schweigen zu Abänderungen des Landesrechtes führen können. Erstlich könne nicht ferner von einer absoluten Verkehrsunfähigkeit der res publicae die Rede sein, in deren Folge obligatorische wie dingliche Rechtsgeschäfte, welche auf die res publicae sich bezögen, der Nichtigkeit anheim fielen. Die Anwendung der I Prot 1 12848 Vorschriften | über Rechtsgeschäfte, welche juristisch unmögliche Leistungen betreffen, werde zu einem angemessenen und genügenden Ergebnisse führen. Zweitens würden diejenigen landesgesetzlichen Vorschriften fallen, welche dem Einzelnen in Ansehung des Gemeingebrauches eine privatrechtliche Rechtsstellung und Ansprüche (actiones populares) wegen Verletzung der Vorschriften über den Gebrauch öffentlicher Sachen gewähren. Dieses Resultat sei aber auch nur wünschenswerth und entspreche dem Zuge der modernen Rechtsentwicklung, zu vergi. Material betreffend Schuldverhältnisse aus unerlaubten Handlungen S. 156 bis 161. Die administrative und polizeiliche Regelung des Staates genüge. Die Abschaffung des Systems der actiones populares, welches die Vorlage nicht habe antasten wollen (§114 Abs. 1), sei von Einfluß auf die im § 114 Abs. 2 berührte Entschädigungsfrage, welche künftig nur dann in einem dem Beschädigten günstigen Sinne beantwortet werden könne, wenn derselbe auf gesetzliche Vorschriften sich zu berufen vermöge. Die Vorschriften des § 113 seien, soweit erforderlich, durch den Vorbehalt in Ansehung des Enteignungsrechtes gedeckt. 2. Die im § 113 vorgeschlagene Vorschrift entspreche einem praktischen Bedürfnisse, sei indessen nicht auf res publicae zu beschränken, sondern auf Grundstücke im Allgemeinen auszudehnen und in ihrer Fassung der sonst gebrauchten Redeweise anzupassen. TE-EG § 116 Der § 116 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die Landesgesetze, Johow durch welche die im § 846 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Eintragung (Nr 2) und Löschungen nur auf Ersuchen des Vollstreckungsgerichtes | zugelassen werden." I Proti 12849 532
Protokolle der 1. Kommission
(Anm. zu § 846 K.E.) Es war beantragt, den § 116 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, Kurlbaum (Nr 108,3) nach welchen die — erfolgen." Für die schon früher beschlossene Vorschrift wurde der Fassung des Antrages der Vorzug gegeben. Der § 117 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben die Landesgesetze, Johow (Nr 2) durch welche 1. bei einem gemeinschaftlichen, mit einem Gebäude versehenen Grundstücke TE-EG 5 117 eine derartige gegenseitige Belastung der Antheile der Miteigenthümer zugelassen wird, daß den einzelnen Miteigenthümern das Recht zusteht, bestimmte Räume (Theile) des Gebäudes ausschließlich zu benutzen; 2. für den Fall einer solchen Belastung die Anwendung der Vorschriften des § 767 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches ausgeschlossen und das Gemeinschaftsverhältniß der Miteigenthümer näher bestimmt wird." (Anm. zu § 949 K.E.) 61 Es war beantragt, Kurlbaum den §117 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, (Nr 108,4) nach welchen bei einem im Miteigenthum stehenden, mit einem Gebäude versehenen Grundstücke die Antheile der Miteigenthümer in der Weise belastet werden können, daß einem Jeden der jeweiligen Miteigenthümer das Recht zusteht, bestimmte Theile des Gebäudes ausschließlich zu | benutzen, und durch welche für den Fall pp." | Prot 1 12850 Die Vorschrift ist bereits beschlossen. Die Kommission entschied sich für die Fassung des Antrages 62 . D e r § 118 der Zusammenstellung ist Prot. S. 12662 bis 12665 bereits erledigt. Der S 119 der Zusammenstellung lautet: „Unberührt bleiben diejenigen landesge- TE-EG § 119 setzlichen Vorschriften, durch welche für die Verpfändung beweglicher Sachen an gewisse Staatsbehörden, Banken, Darlehnskassen, Kreditanstalten, Versorgungsanstalten und ähnliche Anstalten, an Pfandleiher und Pfandleihanstalten. 1. die Gültigkeit der Verpfändung außer der Uebergabe der Sache noch von der Eintragung des Geschäftes in ein Pfandbuch oder von der Aushändigung eines Pfandscheines abhängig gemacht; 2. eine erleichterte Art des Pfandverkaufes zugelassen wird. Die vertragsmäßige Wirksamkeit der amtlich veröffentlichten Bedingungen, welche bei den von einer Behörde oder einer Verkehrsanstalt abzuschließenden Pfandverträgen und Kautionsverträgen Anwendung finden sollen, wird nicht berührt." (S.R. § 43; Motive S. 200 ff, 204 ff, 208 ff.) Es war beantragt, 1. den § 119 zu streichen, eventuell zu fassen: „Unberührt bleiben die Vorschrif- Kurlbaum ten der Landesgesetze über die den öffentlichen Kreditanstalten in Ansehung der (Nr 108,5) Veräußerung von Pfändern zustehenden besonderen Rechte" 61
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In der Begründung weist Johow noch auf die Motive zum Sachenrechts-Teilentwurf, S. 1 0 6 5 - 1 0 6 7 , 1 0 7 3 - 1 0 7 9 , 1081,1082, 1091 hin. Von v. Mandry war in Nr. 104 III beantragt, hinter § 117 einzufügen: § 117 a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung gewisser Grunddienstbarkeiten an beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten den Inhalt und das Maß der Befugnisse näher bezeichnen. (Vergi. Sachenrechts-Entw. §§ 268, 351; dazu Prot. I, S. 4489, 4826; Bemerkungen zu Antrag Nr. 13).
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
2. an Stelle des § 119 Abs. 1 Ziffer 2 zu setzen: „2. das dem Gläubiger behufs der I Prot 1 12851 Befriedigung über ein Faustpfand zustehende Verfügungsrecht | geregelt wird." Die Kommission beschloß, den S 119 ohne Ersatz zu streichen.63 Erwogen war: Die Vorschriften des § 119 Abs. 1 sei nur insoweit von Belang, als sie landesgesetzliche Ausnahmen von zwingenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zulassen wolle und als nicht schon durch den zum § 99, Prot. S. 12790, beschlossenen Vorbehalt zu Gunsten der den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher und der Pfandleihanstalten betreffenden Vorschriften den Landesgesetzgebungen freie H a n d gelassen sei. Hiernach komme aber nur in Frage, ob eine ausnahmsweise landesgesetzliche Erweiterung der Verfügungsmacht des Pfandgläubigers über das Pfand mit Ueberschreitung der im Bürgerlichen Gesetzbuche der Privatautomie gesetzten Grenzen zuzulassen sei. Diese Grenzen seien indessen soweit gesteckt, daß das Bedürfniß eines Vorbehaltes kaum anzuerkennen sei. Auch das Erforderniß der Zuziehung eines zuständigen öffentlichen Beamten bei dem Pfandverkaufe bilde keine drückende Fessel. Es stehe nichts entgegen, daß den Beamten der öffentlichen Anstalt die Zuständigkeit durch die Landesgesetze verliehen werde. Dazu komme, daß durch den zum § 99 gefaßten Beschluß für die Pfandleihanstalten zur Genüge gesorgt sei und daß die übrigen im ersten Absätze des § 119 genannten Institute, wenn dieselben ihren Geschäftsbetrieb auf die Annahme von Pfändern erstreckten, soweit dies der Fall sei, den Charakter von Pfandleihanstalten im Sinne jenes Beschlusses annehmen, daß ferner, soweit die betreffenden Institute als Kaufleute im Sinne des Handelsgesetzbuches anzusehen seien, die Vorschriften des Handelsgesetzbuches ihre Geltung behaupteten. I Prot 1 12852 | Der zweite Absatz des § 119 berühre eine Frage von allgemeinerer Bedeutung, nämlich die Frage nach der Wirkung der Publikation derjenigen Bedingungen, welche öffentliche Behörden oder Anstalten ihren mit Privatpersonen einzugehenden Verträgen zu Grunde zu legen haben. Ein praktisches Bedürfniß der Zulassung von Ausnahmevorschriften gegenüber den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Rechtsgeschäfte und Verträge, insbesondere von Vorschriften, welche eine Fiktion der allgemeinen Kenntniß des Bekanntgemachten enthielten oder die publizirten Bedingungen ohne Rücksicht auf den rechtsgeschäftlichen Willen entscheidend sein ließen, sei nicht ersichtlich. In Ansehung der im Abs. 3 erwähnten Kautionsverträge komme der zum § 82 der Zusammenstellung, Prot. S. 12757, beschlossene Vorbehalt in Betracht, welcher Vorbehalt genüge. Von einer Seite war bemerkt : Der Pfandschein könne zwar nicht zum Orderpapiere gemacht werden, da es an der nöthigen gesetzlichen Ermächtigung fehle; dagegen werde nach § 685 des Bürgerlichen Gesetzbuches nichts entgegenstehen, daß der Pfandschein zum Inhaberpapiere gemacht werde und seien hiernach die Ausführungen der sachenrechtlichen Motive zum Einführungsgesetz S. 207 zu berichtigen. Die Bemerkung blieb ohne Widerspruch. Die §§ 120, 121 der Zusammenstellung gelten nach Prot. S. 12521, 12662 als erledigt. 64
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Der Streichungsantrag stammt von v. Mandry (Nr. 107, 2) und war mit Hinweis auf Art. 58 der Vorl. Zusst. begründet. Zu den §§ 120, 21 lagen Streichungsanträge von v. Mandry (107, 2 unter Hinweis auf Prot. S. 12532 und 12662) und von Kurlbaum (Nr. 108, 6) vor.
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Protokolle der 1. Kommission D e r § 121 der Zusst. lautet: „Bei der auf G r u n d eines Landesstrafgesetzes stattfin- TE-EG < 121 denden Einziehung einer beweglichen Sache ist in Ansehung der Eigenthumserwer- Johow bung der § 39 dieses Gesetzes entsprechend anzuwenden." (Nr 2) 765. Sitzung vom 11. 4. 1888, Schriftführer: von Liebe I Prot 1 12855 I Die Berathung des Einführungsgesetzes w u r d e fortgesetzt. I. D e r § 122 der Zusst. lautet: „ U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen V o r schriften, welche den Besitz gewisser Sachen einem Jeden untersagen oder deren Beschlagnahme und Vernichtung verfügen." (S.R.S 11, M o t i v e S . 43 ff.) D e r Antrag auf Streichung des § 122 w a r gestellt und w u r d e angenommen 6 5 . Erwogen w a r : Die Vorschriften, deren Aufrechterhaltung der Vorschlag bezwecke, würden sich dem Vorbehalte zu Gunsten der landesgesetzlichen Vorschriften über Zwangsenteignung oder dem Vorbehalte zu Gunsten derjenigen landesgesetzlichen Vorschriften unterstellen lassen, durch welche der Eigenthümer — auch einer be-|weglichen Sache — in Ansehung der thatsächlichen V e r f ü g u n g e n über die Sache beschränkt wird. Jedenfalls genügten die bezeichneten Vorbehalte, zumal der Z w e c k der Verbotsgesetze, auf welche der § 122 hinweise, in vielen Fällen auch durch Vorschriften polizeilicher N a t u r sich erreichen lasse. Verstehe man den § 122 so, daß unter denselben Vorschriften fielen, welche gewisse Sachen außer V e r k e h r setzten und somit die Gültigkeit von Rechtsgeschäften berührten, welche auf die Sache sich bezögen, so w ü r d e der Vorschlag zu verwerfen sein, denn durch den vorgeschlagenen Vorbehalt w ü r d e n die Landesgesetzgebungen zu weitgehenden und störenden Eingriffen in den Rechtsverkehr ermächtigt werden, ohne daß ein Bedürfniß einer derartigen Ermächtigung ersichtlich sei, zu vergi, übrigens Prot. S. 3314.
TE-EG § 122 Johow (Nr 2)
| P r o t i 12856
II. D e r § 123 der Zusst. lautet: „Innerhalb solcher Grenzpfarreien, deren Bezirk sich in das Ausland erstreckt, TE-EG § 123 bleibe f ü r die Form derjenigen Eheschließungen, f ü r welche ein Standesbeamter nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nicht zuständig, dagegen nach dem bestehenden Rechte die Zuständigkeit des Geistlichen begründet ist, das bestehende Recht maßgebend." (F. R. § 9, Motive S. 79; gedr. Abänderungsantr. unter N r . 8 S. 8) D e r von dem Referenten des Familienrechtes vorgeschlagene § 123 w u r d e zurückgezogen 6 6 mit Rücksicht darauf, daß nach dem f r ü h e r e n Beschlüsse, Prot. S. 12655, davon abgesehen ist, das Reichsgesetz vom 6. Februar 1875, betreffend die B e u r k u n d u n g des Personenstandes aufzuheben und durch ein neues Gesetz zu ersetzen, und daß mithin der § 75 des a n g e f ü h r t e n | Gesetzes, welchem der Vorschlag des | Prot 1 12857 Referenten sich angeschlossen hatte, seine Geltung behält. III. V o n einer Seite w a r beantragt: 1 a) H i n t e r § 123 folgende V o r s c h r i f t e i n z u f ü g e n : § 123 a. „ U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen v. Mandry die Errichtung eines Verzeichnisses des V e r m ö g e n s jedes Ehegatten oder eines der (Nr 106,1) Ehegatten von Amtswegen angeordnet werden kann, w e n n binnen bestimmter Frist 65
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Streichungsanträge lagen vor von v. Mandry (Nr. 107, 2 unter Hinweis auf Axt. 67 Abs. 1 Vorl. Zusst.) und von Kurlbaum (Nr. 108,6) vor. Streichungsanträge lagen vor von v. Mandry (Nr. 107, 2 unter Hinweis auf Art. 8 Vorl. Zusst.) und von Kurlbaum (Nr. 108,6). 535
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
v. Mandry (Nr 111,1)
v. Mandry (Nr 106,2 u. 1H>2)
I Prot 1 12858
IProti 12859
nach Eingehung der Ehe ein solches Verzeichniß nicht von den Ehegatten errichtet ist." eventuell „Unberührt bleiben in Württemberg die landesgesetzlichen Vorschriften. . ." b) für den Fall, daß eine Begrenzung des Vorbehaltes für nöthig erachtet werden sollte, als zweiten Absatz beizufügen: „Die landesgesetzlichen Vorschriften finden keine Anwendung, wenn durch Ehevertrag Trennung der Güter oder Allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart ist." 2. hinter S 128 folgende Vorschriften einzufügen : § 128 a. „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen !> 6 ) Gegen die Vorschrift erhob sich kein Widerspruch. XVI. Die Art. 19, 20 und 21 wurden nicht beanstandet.
446. Sitzung vom 2. 12. 1895 | I . Die Komm, ging in der heutigen Sitzung zunächst auf das St.G.B. zurück, | Ρ II 6, 585 indem sie in die Berathung des Antrags eintrat: im Art. 16 als § 145 a d. St.G.B. die Vorschrift einzustellen: Jacubezky W e r im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die (Nr 72) Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, ohne die erforderliche Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr bringt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Theile des Nennwerths der ausgegebenen Schuldverschreibungen gleichkommen kann, mindestens aber einhundertfünfzig Mark beträgt. Die gleiche Strafe trifft den Aussteller, wenn er den Bestimmungen zuwiderhandelt, unter denen die Genehmigung erfolgt ist. (Vergi. § 6 d. Ges., betr. die Inhaberpapiere mit Prämien, vom 8. Juni 1871.) oder: „Wer im Inlande Schuldverschreibungen auf den Inhaber ausstellt, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre und zugleich mit Geld31
Ferner lag der Antrag Nr. 64,5 von Gebhard vor, in § 113 Abs. 1 Satz 1 und 2: statt „von dem Vater oder Vormund" zu sagen: „von dem gesetzlichen Vertreter gefordert werden. Dieser . . . Minderjährigen, sondern an ihn . . Satz 3 : „Kann auch gegen den Willen des gesetzlichen Vertreters die Aushändigung .. 801
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
strafe bis zu zwanzigtausend Mark bestraft, wenn er die Schuldverschreibungen ohne die erforderliche Genehmigung des Bundesraths in den Verkehr bringt. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt ausschließlich die Geldstrafe ein." (Vergi. H.G.B. Art. 249b.) Der Antrag wurde ohne Widerspruch in der Gestalt angenommen, daß als Thatbestand des Delikts das „Ausstellen und in den Verkehr Bringen" bezeichnet und daß als Strafe Geldstrafe von mindestens dreihundert Mark bis zum Betrage des fünften Theiles des Nennwertes der ausgegebenen Schuldverschreibungen angedroht werden soll. Die im Abs. 2 des in erster Reihe vorgeschlagenen Paragraphen enthaltene Erweiterung des Thatbestandes wurde nicht aufgenommen. ι Ρ II 6,586
I II. Zu Art. 18 wurde nachträglich der Antrag gestellt: den § 26 d. Gew.O. durch den Zusatz zu vervollständigen : „Auf die Schadloshaltung finden die für die Entschädigung wegen Beschränkung des Eigenthums geltenden Vorschriften des Art. 31 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch Anwendung." (Vergi. S. 581 bis 583 unter XII.) Der Antrag wurde abgelehnt.
ι Ρ II 6, 587
I III. Zu Art. 22, welcher das Reichs-Ges., betr. die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, v. 4. Mai 1870 zum Gegenstande hat, lagen nachstehende Anträge vor:
1. Die im Art. 22 aufzunehmenden Aenderungen des Ges. v. 4. Mai 1870 wie folgt festzustellen : §3 Abs. 1 Satz 1. Der Eheschließung soll ein Aufgebot vorhergehen. § 7. Die Ehe wird dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor dem Beamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit einander eingehen zu wollen und daß hierauf der Beamte die Ehe für geschlossen erklärt. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden. § 7 a. Der Beamte soll bei der Eheschließung in Gegenwart von zwei Zeugen etc. (wie im § 1303 des B.G.B. — B.R. —, jedoch mit der Aenderung, daß im Abs. 2 statt „mit dem Standesbeamten" gesetzt wird „mit dem Beamten"). § 8. Die Ehe erlangt mit dem Abschlüsse vor dem Beamten bürgerliche Gültigkeit. Als Beamter im Sinne des § 1 gilt auch derjenige, welcher, ohne die erforderliche Ermächtigung zu besitzen, das Amt eines nach Maßgabe des § 1 ermächtigten Beamten öffentlich ausübt, es sei denn, daß die Verlobten den Mangel der amtlichen Befugniß bei der Eheschließung kennen. § 8 a. Eine Ehe, welche vor einem nach Maßgabe des § 1 zur Vornahme von Eheschließungen ermächtigten Beamten oder vor einer nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 als hierzu ermächtigt geltenden Person geschlossen wird, ist wegen Formmangels nur dann nichtig, wenn bei der Eheschließung die im § 7 vorgeschriebene Form nicht beobachtet worden ist. Ist die Ehe in das Heirathsregister eingetragen worden etc. (wie im § 1309 Abs. 2 d. B . G . B . - B . R . - ) . v. Mandry 2. Den § 9 d. Ges. v. 4. Mai 1870 dahin zu ändern: „Die über die geschlossene Ehe (Nr 75) in die Register einzutragende Urkunde (Heirathsurkunde) soll enthalten etc. (wie im §9)-" Zu den Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 588 — 590. Gebhard (Nr 64, 2)
IV. Zu Art. 23 vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 590. ι Ρ II 6, 590
|VI. Der Art. 24 enthält die bezüglich des Haftpflichtges. v. 7. Juni 1871 für 802
Protokolle der 2. Kommission
nöthig erachteten Aenderungen. Der Entw. nimmt eine Neufassung der §§ 3, 7, 8, 9 in Aussicht. Theilweise weitergehend sind die nachstehenden Anträge: 1. Die im Art. 24 aufzunehmenden Aenderungen des Haftpflichtges. wie folgt Gebhard festzustellen: (Nr 64,4) §3. Im Falle einer Körperverletzung sind zu ersetzen die Kosten der Heilung sowie der Vermögensschaden, welchen der Verletzte dadurch erleidet, daß in Folge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. Der Anspruch wird I nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren hat. §4. Im Falle der Tödtung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der versuchten | Ρ II 6,591 Heilung zu ersetzen und demjenigen, welchem die Verpflichtung oblag, die Kosten der Beerdigung zu tragen, diese Kosten zu erstatten. Der Pflichtige hat auch den Schaden zu ersetzen, welchen der Getödtete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war. Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadensersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; der Anspruch wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Anderer dem Dritten Unterhalt zu gewähren hat. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war. Die Vorschrift des § 249 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) findet Anwendung. § 5. (Wie § 4 des Haftpflichtges.) § 6. Die in den § § 1 , 2 bezeichneten Unternehmer sind nicht befugt, die Anwendung der in den §§ 1 bis 4 enthaltenen Bestimmungen etc. (wie im § 5 des Haftpflichtges.). § 7. Der Schadensersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse des Verletzten ist für die Zukunft durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten. Das Gleiche gilt von dem nach § 4 Abs. 2 einem Dritten zu gewährenden Schadensersatze. Die Vorschriften des § 828 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) sowie die Vorschriften des § 293 b, des § 648 Nr. 6 und des § 749 Abs. 3 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Auf die nach § 4 Abs. 2 zu entrichtende Geldrente findet auch die Vorschrift des § 749 Abs. 1 Nr. 2 der Civilprozeßordnung Anwendung. § 8. Die Forderungen auf Schadensersatz (§§ 1 bis 4) verjähren etc. (wie in dem im Art. 24 vorgesehenen § 8, jedoch mit der Aenderung, daß statt „§ 3 Nr. 1" gesetzt wird „§ 4 Abs. 2"). § 9. (Wie der im Art. 24 vorgesehene § 9.) 2. Die §§ 3, 4, 7 des Haftpflichtges. sollen im Art. 24 wie folgt festgestellt werden : v. Mandry § 3. (Wie der im Antrag 1 vorgeschlagene § 3.) (Nr 68, 2 u. § 4. Wie der im Antrag 1 vorgeschlagene § 4, jedoch mit der Aenderung, daß der Abs. 2 lautet: I Stand der Getötete . . . entzogen, so findet der § 829 Abs. 2 des Bürgerlichen | Ρ II 6, 592 Gesetzbuchs (B.R.) Anwendung. 803
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
§ 7. Auf die Entschädigung finden die Vorschriften des § 828 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) Anwendung. (Die Paragraphen der C.P.O., welche in dem Antrag 1 vorgeschlagenen § 7 Abs. 2 angeführt sind, sollen nicht hier zitirt, sondern es soll in den betreffenden Paragraphen auf das Haftpflichtges. verwiesen werden.) Jacubezky 3. zu den §§ 3, 4, 7 des Haftpflichtges. in der Fassung des Antrags 1 werden (Nr 69,1 ) folgende Aenderungen vorgeschlagen : der Satz 2 des § 3, der Satz 1 Halbsatz 2 und der Satz 3 des § 4 Abs. 2 sollen nicht aufgenommen werden; im § 7soll der Abs. 2 die Fassung erhalten: „Die Vorschriften des § 828 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) sowie des § 2 9 3 c und des §648 Nr. 6 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt f ü r die dem Verletzten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 3 Satz 2 und f ü r die dem Dritten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 1 Nr. 2 der Civilprozeßordnung." Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 592—596. IΡ II 6, 596 I VII. Dem Art. 25 wurde, einem Antrage gemäß, die Fassung gegeben : Jacubezky Der § 6 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeam(Nr 70, 1) ten, vom 31. März 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 61) wird aufgehoben.
VIII. Der Art. 26, welcher eine Erweiterung des Anwendungsgebiets des § 44 des Reichsmilitärges. v. 2. Mai 1874 enthält, wurde unbeanstandet angenommen. Jacubezky IX. Der Art. 27 wurde aus denselben Gründen wie der gleichliegende Art. 25 (Nr 70, 2) dahin beschlossen: „Der § 4 5 Abs. 2 Satz 2 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai
1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 45) wird aufgehoben." X. Der Art. 28 betrifft das Reichs-Ges. v. 6. Februar 1875. Nach dem Entw. sollen die §§ 28 bis 43, 52, 53 d. Ges. gestrichen, an ihrer Stelle aber drei Ersatzparagraphen aufgenommen werden, welche zusammenfassend auf die an die Stelle getretenen Vorschriften des B.G.B, verweisen, und zwar f ü r die §§ 28 bis 40 der § 28, f ü r die §§ 41 bis 43 der § 41, f ü r die §§ 52, 53 der § 52. Aenderungen, meist nur redaktioneller Natur, sind ferner zu den §§ 44, 50, 55 vorgesehen. Bei der Berathung des Familienrechts sind zu dem in Rede stehenden Gesetze bereits Aenderungen der §§ 44, 50 sowie die Streichung des § 51 beschlossen worden; vergi, die Anmerkung zu B.R. § 1301 unter 1, 2 und 3 bezw. die übereinstimmende Anmerkung zu Entw. II § 1225 unter 1, 2 und 3. Es lagen die Anträge vor : Gebhard I. den Art. 28 zu fassen: „Das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes (Nr 64,7) u n d di e Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 33) erleidet folgende Aenderungen : I. Die Vorschriften der §§ 28 bis 43, 51 bis 53 werden aufgehoben. II. Die Vorschriften der §§ 44, 50, 55 werden durch folgende Bestimmungen ersetzt : § 44. Für die Anordnung des Aufgebots ist jeder Standesbeamte zuständig, vor welchem nach § 1305 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) die Ehe geschlossen werden kann. (Anm. zu B.R. § 1301 unter 1.) § 50. Der Standesbeamte soll ohne Aufgebot die Eheschließung nur vornehmen, IΡ II 6, 597 wenn ihm ärztlich bescheinigt wird, | daß die lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten den Aufschub der Eheschließung nicht gestattet. (Anm. zu B.R. § 1301 unter 2.) 804
Protokolle der 2. Kommission § 52. (Wie der im Art. 28 vorgesehene § 52.) § 55. (Wie der im Art. 28 vorgesehene § 55.) 2. im Art. 28 zu bestimmen: Jacubezky I. Die §§ 28 bis 40, 42, 43, 51 bis 53 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 werden aufgehoben. II. Die §§ 41, 44, 50, 55, 69, 75, 82 werden in folgenderWeise geändert: § 41. Für die Eheschließung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs maßgebend. § 44. Für die Anordnung des vor der Eheschließung zu erlassenden Aufgebots etc. (wie im § 44 nach Antrag 1). § 50. (Wie § 50 nach Antrag 1.) § 55. Ist eine Ehe f ü r nichtig erklärt etc. (wie in dem im Art. 28 vorgesehenen S 55). § 69. Ein Standesbeamter, welcher unter Außerachtlassung der in dem Bürgerlichen Gesetzbuch und in diesem Gesetze gegebenen Vorschriften eine Eheschließung vollzieht, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft. § 75 Abs. 1. Die W o r t e „nach den Vorschriften dieses Gesetzes" werden ersetzt durch die Worte „nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs". § 82. Die kirchlichen Verpflichtungen in Beziehung auf T a u f e und Trauung werden durch dieses Gesetz und durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Eheschließung nicht berührt. Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 597. IXI. Es war weiter beantragt: I Ρ II 6, 598 als Art. 28 a die Bestimmung aufzunehmen : In das Gesetz, betreffend die Anfech- Gebhard tung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, (Nr 64, 8) vom 21. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 277) wird folgende Vorschrift eingestellt: § 3 a. H a t der Erbe aus dem Nachlasse Pflichttheilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt, so kann ein Nachlaßgläubiger, der im Konkursverfahren über den Nachlaß dem Empfänger der Leistung im Range vorgehen oder gleichstehen würde, die Leistung in gleicher Weise anfechten wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben. Eine nach den §§ 1950, 1951, 1966 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) eingetretene Beschränkung des Rechtes des Gläubigers bleibt außer Betracht, wenn der Gläubiger dem Empfänger der Leistung im Range vorgehen würde. Die Vorschrift ist nach der Anmerkung zu B.R. § 1994 unter IV — Entw. II § 1891 unter IV — bei der Berathung des Erbrechts beschlossen worden; (vergi. V S. 831 und 832 unter I). Der Antrag wurde daher ohne Widerspruch angenommen. XII. Es war ferner beantragt: als Art. 28 a die Bestimmung aufzunehmen: In das Gesetz über die Konsularge- Jacubezky richtsbarkeit vom 10. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 197) wird folgende Vorschrift (Nr 67, 3) aufgestellt: § 3 a. Testamente können in den Konsulargerichtsbezirken durch eine unter Angabe des Ortes und Tages der Ausstellung eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung des Erblassers errichtet werden. Für ein gemeinschaftliches Testament gilt die Vorschrift des § 2241 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.). Ein nach Abs. 1 errichtetes Testament gilt als nicht errichtet, wenn sich der Erblasser zu dauerndem Aufenthalt in das Inland begeben hat, seit seiner Ankunft im Inlande drei Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt. Die Vorschriften des § 2224 Abs. 2, 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) finden Anwendung. 805
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
(Wegen der Schutzgebiete vergi. § 2 d. Reichs-Ges. betr. die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1888.)
Die Berathung des Antrags wurde im Einverständnisse mit dem Antragsteller vorerst ausgesetzt. Gebhard
XIII. Auf die A r t . 29, 30 b e z o g e n sich die A n t r ä g e :
(Nr 64,9)
a)
d e n Art. 29 zu fassen: „Der § 16 Abs. 2 des Gesetzes betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung vom 20. April IΡ II 6,599 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 85) wird aufgehoben." eventuell:| Der § 16 Abs. 2 etc. wird dahin geändert: „Der Anspruch auf Rückstände des Wittwen- und Waisengeldes verjährt in vier Jahren. Der Beginn der Verjährung bestimmt sich nach § 196 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.)." Gebhard b) den Art. 30 zu fassen: „Der § 18 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge (Nr 64,10) für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 17. Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 237) wird aufgehoben." eventuell: „Der S 18 Abs. 2 etc. wird dahin geändert: „Der Anspruch auf Rückstände des Wittwen- und Waisengeldes verjährt in vier Jahren. Der Beginn der Verjährung bestimmt sich nach § 196 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.)." Die Anträge a und b wurden in der prinzipalen Gestalt gebilligt; man hatte erwogen, daß durch die %% 192, 196 d. B.G.B. (B.R.) die in dem Art. 29 und 30 vorgesehenen Spezialvorschriften vollständig gedeckt werden. II. Fassung der Regelung in der Vorl.Zusst.32 Art. 1. Das Bürgerliche Gesetzbuch tritt mit dem . . . . in Kraft. Art. 2. Gesetz im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches und dieses Gesetzes ist jede Rechtsnorm. Art. 3. Soweit in dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze die Regelung den Landesgesetzen vorbehalten oder bestimmt ist, daß die Landesgesetze unberührt bleiben oder daß landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden können, bleiben die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft und können neue landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden. Art. 4. * Wenn in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften verwiesen ist, welche durch das Bürgerliche Gesetzbuch oder dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden, so treten die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches oder dieses Gesetzes an die Stelle jener Vorschriften. *) Die Redaktionskommission wird mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob der nach den Motiven beabsichtigte Sinn klaren Ausdruck gefunden hat oder eine Verdeutlichung zweckmäßig erscheint.
Art. 5. Als Bundesstaat im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches und dieses Gesetzes gilt auch das Reichsland Elsaß-Lothringen. Art. 6* gestrichen. *) Vorbehalten bleibt die Prüfung der Frage, ob in den Uebergangsvorschriften, etwa hinter Art. 118, eine Vorschrift aufzunehmen ist, die das Rechtsverhältniß derjenigen Ehegatten 32
Von einem Abdruck der ZustRedKom. wird aus Platzgründen abgesehen; diese entspricht weitgehend dem E II. Soweit die ZustRedKom. zum Verständnis der Prot. II von Bedeutung ist, ist deren Fassung in den Prot. II mitgeteilt.
806
Vorl. Zusst. der Beschlüsse regelt, welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs dauernd von Tisch und Bett geschieden sind.
Art. /gestrichen. Art. 8* gestrichen. *) Vorausgesetzt wird, daß über die Kraftloserklärung von Aktien, sowie darüber, ob und inwieweit die Vorschriften der §§ 783, 789 bis 791 entsprechende Anwendung auf Aktien finden, bei der Revision des H.G.B. Entscheidung getroffen werden wird.
Art. 9. Die Vorschriften der Reichsgesetze bleiben in Kraft. Sie treten jedoch insoweit außer Kraft, als aus dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder aus diesem Gesetze die Aufhebung sich ergiebt. Art. 10. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Verwandtschaft und Schwägerschaft finden auch insoweit Anwendung, als Wirkungen der Verwandtschaft oder Schwägerschaft durch das Gerichtsverfassungsgesetz, die Civilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung, die Konkursordnung oder das Gesetz, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, vom 21. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 277) bestimmt sind. Art. 10a. Das Gerichtsverfassungsgesetz wird in folgender Weise ergänzt und geändert: § 13 erhält folgenden Absatz 2 : Für Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, die dem Gebiete des Bürgerlichen Gesetzbuchs angehören und für die nicht Vorschriften der Landesgesetze vorbehalten sind, kann die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten nicht durch Landesgesetze begründet werden.* *) Die Redaktionskommission wird mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob durch die Fassung des Zusatzes mit genügender Klarheit ausgedrückt ist, daß die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten durch die Landesgesetzgebung für Streitigkeiten über alle Rechtsverhältnisse begründet werden kann, die einem Gebiete angehören, für welches ein Vorbehalt zu Gunsten der Landesgesetze gemacht ist.
§ 14 Nr. 2 erhält folgende Fassung: 2. Gerichte, welchen die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bei der Ablösung von Gerechtigkeiten oder Reallasten, bei Separationen, Konsolidationen, Verkoppelungen, gutsherrlich-bäuerlichen Auseinandersetzungen und dergleichen sowie die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über Rechtsverhältnisse des Nachbarrechts oder gesetzliche Beschränkungen der Ausübung von Grunddienstbarkeiten obliegt.* *) Der Redaktionskommission wird folgende Fassung des § 14 Nr. 2 zur Berücksichtigung überwiesen:
Gerichte, welchen die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bei Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung von Grundstücken, Regulirung der Wege, Ordnung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, Ablösung, Umwandlung oder Einschränkung von Dienstbarkeiten und Reallasten, sowie über Rechtsverhältnisse des Nachbarrechts oder gesetzliche Beschränkungen der Ausübung von Grunddienstbarkeiten obliegt. § 23 Nr. 2 Abs. 1 erhält folgende Fassung: Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Benutzung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der von dem Miether oder dem Untermiether in die Miethräume eingebrachten Sachen. § 202 Abs. 2 Nr. 4 erhält folgende Fassung: Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermiether von Wohnräumen oder anderen Räumen 807
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Benutzung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der von dem Miether oder dem Untermiether in die Miethräume eingebrachten Sachen. Art. 11 bis 15 ausgesetzt. Art. 16. Die Vorschriften des Strafgesetzbuchs werden durch die nachfolgenden Vorschriften nach Maßgabe der den letzteren gegebenen Bezeichnungen ersetzt und ergänzt. §34 Nr. 6:6. Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der Mutter, Mitglied eines Familienraths oder Kurator zu sein, es sei denn, daß es sich um Verwandte absteigender Linie handele und die obervormundschaftliche Behörde oder der Familienrath die Genehmigung ertheile. §55. Wer bei Begehung der Handlung das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet hat, kann wegen derselben nicht strafrechtlich verfolgt werden. § 55 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs wird gestrichen. § 65 Abs. 3. Ist der Verletzte wegen Geisteskrankheit entmündigt, so ist der gesetzliche Vertreter der zur Stellung des Antrages Berechtigte.* *) Der Redaktionskommission ist folgende Fassung zur Berücksichtigung überwiesen: Bei Geschäftsunfähigen und bei Minderjährigen, welche das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben, ist der gesetzliche Vertreter der Antragsberechtigte.
Im § 191 Abs. 1 und 3 werden die Worte: „aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt worden ist," ersetzt durch die Worte: „aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist." Im § 238 werden die Worte : „für ungültig erklärt worden ist" ersetzt durch die Worte : „für nichtig erklärt worden ist". Im § 235* werden die Worte: „ihren Eltern oder ihrem Vormunde" ersetzt durch die Worte : „ihren Eltern oder ihrem Vormunde oder Pfleger". *) Der Antrag 65,2 zu § 195 ist der Red.Kom. überwiesen.
Im § 2 3 7 werden hinter den Worten „oder ihres Vormundes" die Worte „oder Pflegers" eingeschaltet. Nachtrag. Im Artikel 16 wird folgende Vorschrift als § 145a eingestellt: Wer im Inlande Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, ohne die erforderliche Genehmigung des Bundesraths ausstellt und in Verkehr bringt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Theile des Nennwerths der ausgegebenen Schuldverschreibungen gleichkommen kann, mindestens aber dreihundert Mark beträgt. Art. 17. Die Strafprozeßordnung erleidet folgende Aenderungen : §11 erhält folgende Fassung: Ein Deutscher, welcher das Recht der Exterritorialität genießt, sowie ein im Auslande angestellter Beamter des Reichs oder eines Bundesstaats, behält in Ansehung des Gerichtsstandes den Wohnsitz, welchen er in dem Bundesstaate hatte, dem er angehört. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes gilt als Wohnsitz die Hauptstadt dieses Staates. Ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Gerichtsbezirk im Wege der Justizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Gehört der Deutsche einem Bundesstaate nicht an, so gilt als sein Wohnsitz ein durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmender Gerichtsbezirk der Stadt Berlin. — Diese Vorschriften finden auf Wahlkonsuln keine Anwendung. 808
Vorl. Zusst. der Beschlüsse
§ 149 Abs. 2 erhält folgende Fassung: Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten. Art. 18. Die Gewerbeordnung erleidet folgende Aenderungen: §11 erhält folgende Fassung: Das Geschlecht begründet in Beziehung auf die Befugniß zum selbständigen Betriebe eines Gewerbes keinen Unterschied. Betreibt die Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhältnisse ausländische Gesetze maßgebend sind, im Inlande selbständig ein Gewerbe, so finden die Vorschriften des § 1390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Wird das Gewerbe mit Einwilligung des Mannes betrieben, oder gilt die Einwilligung des Mannes nach diesen Vorschriften als ertheilt, so kann die Ehefrau in Angelegenheiten des Gewerbes selbständig Rechtsgeschäfte abschließen. Für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Gewerbebetriebe haftet das Vermögen der Frau ohne Rücksicht auf die sich aus den güterrechtlichen Verhältnissen ergebenden Rechte des Mannes ; im Falle des Bestehens einer ehelichen Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen. Hat die Ehefrau den Wohnsitz nicht im Inlande, so ist der Einspruch des Mannes gegen den Betrieb des Gewerbes und der Widerruf der ertheilten Einwilligung in das güterrechtliche Register des Bezirks einzutragen, in dem das Gewerbe betrieben wird.* *) Mit Rücksicht auf die Fassung des § 1390 Abs. 1 des B.G.B, wird zu erwägen sein, ob der Abs. 2 Satz 2 und 3 nicht eine andere Fassung, etwa dahin erhalten müssen: Wird das Gewerbe . . . . ertheilt, so haftet für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Gewerbebetriebe ihr Vermögen ohne Rücksicht. .
§ 107 Satz 4 und 5 werden dahin geändert: Die Aushändigung erfolgt an den gesetzlichen Vertreter, sofern dieser es verlangt oder . . . . Mit Genehmigung der Gemeindebehörde des im § 108 bezeichneten Ortes kann die Aushändigung des Arbeitsbuches auch an die mit der gesetzlichen Vertretung nicht betraute Mutter oder an einen sonstigen Angehörigen oder unmittelbar an den Arbeiter erfolgen. § 108 erhält folgende Fassung: Das Arbeitsbuch wird dem Arbeiter durch die Polizeibehörde desjenigen Ortes, an welchem er zuletzt seinen dauernden Aufenthalt gehabt hat, wenn aber ein solcher im Gebiete des Deutschen Reiches nicht stattgefunden hat, von der Polizeibehörde des von ihm zuerst erwählten Deutschen Arbeitsortes kosten- und stempelfrei ausgestellt. Die Ausstellung erfolgt auf Antrag oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Ist der Inhaber der elterlichen Gewalt der gesetzliche Vertreter und ist dessen Erklärung nicht zu beschaffen oder wird dessen Zustimmung ohne genügenden Grund und zum Nachtheile des Arbeiters verweigert, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung ergänzen. Vor der Ausstellung ist nachzuweisen, daß der Arbeiter zum Besuche der Volksschule nicht mehr verpflichtet ist, und glaubhaft zu machen, daß bisher ein Arbeitsbuch für ihn noch nicht ausgestellt war. Im § 110 werden die Worte „seines Vaters oder Vormunds" ersetzt durch die Worte „seines gesetzlichen Vertreters". § 113 wird dahin geändert, daß im Abs. 4 Satz 1 und 2 statt „von dem Vater oder Vormunde" gesetzt wird: „von dem gesetzlichen Vertreter gefordert werden. Dieser . . . . Minderjährigen, sondern an ihn . . . " und daß im Satz 3 gesetzt wird: „kann auch gegen den Willen des gesetzlichen Vertreters die A u s h ä n d i g u n g . . . . " § 131 Abs. 1 erhält folgende Fassung: Wird von dem gesetzlichen Vertreter des 809
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Lehrlings oder, sofern der letztere großjährig ist, von ihm selbst dem Lehrherrn die schriftliche Erklärung abgegeben, daß der Lehrling zu einem anderen Gewerbe oder anderen Berufe übergehen werde, so gilt das Lehrverhältniß, wenn der Lehrling nicht früher entlassen wird, nach Ablauf von vier Wochen als aufgelöst. Den Grund der Auflösung hat der Lehrherr in dem Arbeitsbuche zu vermerken. § 133 Abs. 2 erhält folgende Fassung* : Für die Zahlung der Entschädigung sind als Selbstschuldner mitverhaftet der Vater des Lehrlings, sofern er die Sorge für die Person des Lehrlings hat, sowie derjenige Arbeitgeber, welcher den Lehrling zum Verlassen der Lehre verleitet oder welcher ihn in Arbeit genommen hat, obwohl er wußte, daß der Lehrling zur Fortsetzung eines Lehrverhältnisses noch verpflichtet war. Hat der Entschädigungsberechtigte erst nach Auflösung des Lehrverhältnisses von der Person des Arbeitgebers, welcher den Lehrling verleitet oder in Arbeit genommen hat, Kenntniß erhalten, so erlischt gegen diese der Entschädigungsanspruch erst, wenn derselbe nicht innerhalb vier Wochen nach erhaltener Kenntniß geltend gemacht ist. *) Die Beschlußfassung über den Antrag, dem § 26 der Gewerbeordnung folgenden Zusatz zu geben: „Auf den Entschädigungsanspruch finden die Vorschriften über die Enteignung Anwendung" ist ausgesetzt.
Art. 19. Der §2 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 55) wird dahin geändert: Wer die aus der Reichsangehörigkeit folgenden Befugnisse in Anspruch nimmt, hat auf Verlangen den Nachweis seiner Reichsangehörigkeit und, sofern er unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, den Nachweis der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zu erbringen. — Eine Ehefrau bedarf der Genehmigung des Ehemannes. Art. 20. Die Vorschriften der §§ 16, 17 des Gesetzes, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln, vom 8. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 137) werden wie folgt ergänzt: Einem Wahlkonsuln steht in Ansehung der Errichtung einer Verfügung von Todeswegen das im § 16 bezeichnete Recht der Notare nur dann zu, wenn dasselbe ihm von dem Reichskanzler besonders beigelegt ist. Auf die Errichtung einer Verfügung von Todeswegen finden nicht die Vorschriften des § 17, sondern die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches Anwendung. Art. 21. Das Gesetz, betreffend die vertragsmäßigen Zinsen, vom 14. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 159) wird aufgehoben. Art. 22. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 599) werden durch die nachfolgenden Vorschriften nach Maßgabe der den letzteren gegebenen Bezeichnungen ersetzt und ergänzt. § 3. Der Eheschließung soll ein Aufgebot vorhergehen. § 7. Die Ehe wird dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor dem Beamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit einander eingehen zu wollen und daß hierauf der Beamte die Ehe für geschlossen erklärt. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden. § 7a. Der Beamte soll bei der Eheschließung in Gegenwart von zwei Zeugen an die Verlobten einzeln und nach einander die Frage richten, ob sie die Ehe mit einander eingehen wollen, und, nachdem die Verlobten die Frage bejaht haben, aussprechen, daß er kraft Gesetzes sie für rechtmäßig verbundene Eheleute erkläre. 810
Vorl. Zusst. der Beschlüsse Als Zeugen sollen Personen, die der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt sind, während der Zeit, für welche die Aberkennung der Ehrenrechte erfolgt ist, sowie Minderjährige nicht zugezogen werden. Personen, die mit einem der Verlobten, mit dem Beamten oder mit einander verwandt oder verschwägert sind, dürfen als Zeugen zugezogen werden. §8. Als zur Eheschließung ermächtigter Beamter (§1) gilt auch derjenige, welcher, ohne die erforderliche Ermächtigung zu besitzen, das Amt eines nach Maßgabe des § 1 ermächtigten Beamten öffentlich ausübt, es sei denn, daß die Verlobten den Mangel der amtlichen Befugniß bei der Eheschließung kennen. § 8 a. Eine Ehe, welche vor einem nach Maßgabe des § 1 zur Vornahme von Eheschließungen ermächtigten Beamten oder vor einer nach Maßgabe des $ 8 Abs. 2 als hierzu ermächtigt geltenden Person geschlossen wird, ist wegen Formmangels nur dann nichtig, wenn bei der Eheschließung die im § 7 vorgeschriebene Form nicht beobachtet worden ist. Ist die Ehe in das Heirathsregister eingetragen worden und haben die Ehegatten nach der Eheschließung zehn Jahre als Ehegatten mit einander gelebt, so ist die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen. § 9. Die über die geschlossene Ehe in die Register einzutragende Urkunde (Heirathsurkunde) soll enthalten In den §§11, 12 wird entsprechend den Aenderungen des § 9 statt „muß" „soll" gesetzt werden. Art. 23. Die Vorschriften des Gesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 355) werden durch die nachfolgenden Vorschriften nach Maßgabe der den letzteren gegebenen Bezeichnungen ersetzt: §11. Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen minderjährigen Kinder, in Ansehung deren dem Aufgenommenen oder Naturalisierten die gesetzliche Vertretung kraft elterlicher Gewalt zusteht, auf Töchter jedoch nur dann, wenn sie weder verheirathet sind noch verheirathet waren. § 14a. Die Entlassung eines Staatsangehörigen, der unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft steht, kann von dem gesetzlichen Vertreter nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts beantragt werden. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich, wenn der Vater oder die Mutter die Entlassung für sich und zugleich kraft elterlicher Gewalt für ein Kind beantragt. Erstreckt sich der Wirkungskreis eines der Mutter bestellten Beistandes auf die Sorge für die Person des Kindes, so bedarf die Mutter in einem solchen Falle der Genehmigung des Beistandes zu dem Antrag auf Entlassung des Kindes. §19. Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, in Ansehung derer dem Entlassenen die gesetzliche Vertretung kraft elterlicher Gewalt zusteht, auf Töchter jedoch nur dann, wenn sie weder verheirathet sind noch verheirathet waren. Auf Kinder, welche unter elterlicher Gewalt der Mutter stehen, findet die Vorschrift des ersten Absatzes keine Anwendung, wenn zu dem Antrage der Mutter auf Entlassung der Kinder die Genehmigung eines Beistandes erforderlich sein würde. § 21 Abs. 2. Der hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, in Ansehung deren dem 811
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Ausgetretenen die gesetzliche Vertretung kraft elterlicher Gewalt zusteht, soweit dieselben bei dem Ehemanne beziehungsweise dem Elterntheile sich befinden, auf Töchter jedoch nur dann, wenn sie weder verheirathet sind noch verheirathet waren. Art. 24. Die Vorschriften des Gesetzes, betreffend die Verbindlichkeiten zum Schadensersatze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken usw. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen, vom 7. Juni 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 207) werden durch die nachfolgenden Vorschriften nach Maßgabe der den letzteren gegebenen Bezeichnungen ersetzt: § 3. Im Falle einer Körperverletzung sind zu ersetzen die Kosten der Heilung sowie der Vermögensschaden, welchen der Verletzte dadurch erleidet, daß in Folge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. § 4. Im Falle der Tödtung hat der Ersatzpflichtige die Kosten der versuchten Heilung zu ersetzen und demjenigen, welchem die Verpflichtung oblag, die Kosten der Beerdigung zu tragen, diese Kosten zu erstatten. Der Pflichtige hat auch den Schaden zu ersetzen, welchen der Getödtete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war. Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadenersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt oder aber noch nicht geboren war. § 5 wie § 4 des Gesetzes. § 6. Die in den SS 1, 2 bezeichneten Unternehmer sind nicht befugt, die Anwendung der in den §§ 1 bis 4 u.s.w. wie im § 5. § 7. * Der Schadensersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse des Verletzten ist für die Zukunft durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten. Das Gleiche gilt von nach § 4 Abs. 3 einem Dritten zu gewährenden Schadensersatze. Die Vorschriften des § 828 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie des § 293 c und des § 648 Nr. 6 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt für die dem Verletzten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 3 Satz 2 und für die dem Dritten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 1 Nr. 2 der Civilprozeßordnung. *) Die Red.-Kom. wird mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob, statt auf die in dem § 7 angeführten Paragraphen der Civilprozeßordnung zu verweisen, diese Paragraphen selbst nach Maßgabe des § 7 zu ergänzen sind.
§ 8. Die Forderungen auf Schadensersatz (§§ 1 bis 4) verjähren in zwei Jahren vom Tage des Unfalls an. Gegen denjenigen, welchem der Getödtete Unterhalt zu gewähren hatte (§ 4 Abs. 2), beginnt die Verjährung mit dem Todestage. Im Uebrigen finden die Vorschriften des B.G.B, über die Verjährung Anwendung. Art. 25. Der § 6 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 21. März 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 61) wird aufgehoben. 812
Vorl. Zusst. der Beschlüsse
Art. 26. Die Vorschriften des § 4 4 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 45) finden entsprechende Anwendung auf die Personen, welche zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes oder Fahrzeuges der Kaiserlichen Marine gehören, solange das Schiff oder Fahrzeug außerhalb eines inländischen Hafens sich befindet oder die Personen als Kriegsgefangene oder Geißeln in der Gewalt des Feindes sind, ingleichen auf andere an Bord eines solchen Schiffes oder Fahrzeuge genommene Personen, solange dasselbe außerhalb eines inländischen Hafens sich befindet und die Personen an Bord sind. Die Frist, mit deren Ablaufe die letztwillige Verfügung ihre Gültigkeit verliert, beginnt von dem Tage, an welchem das Schiff oder Fahrzeug in einen inländischen H a f e n zurückgekehrt ist oder der Verfügende aufgehört hat, zu jenem zu gehören, oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Gewalt des Feindes entlassen ist. Art. 27. Der § 4 5 Abs. 2 Satz 2 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 45) wird aufgehoben. Art. 28. Das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 erleidet folgende Aenderungen: Die §§ 28 bis 40, 42, 43, 51 bis 53 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 werden aufgehoben. Die §§ 41, 44, 50, 55, 69, 75, 82 werden in folgenderWeise geändert: § 41. Für die Eheschließung sind die Vorschriften des B.G.B, maßgebend. § 44. Für die Anordnung des vor der Eheschließung zu erlassenden Aufgebots ist jeder Standesbeamte zuständig, vor welchem nach § 1305 des B.G.B, die Ehe geschlossen werden kann. § 50. Der Standesbeamte soll ohne Aufgebot die Eheschließung nur vornehmen, wenn ihm ärztlich bescheinigt wird, daß die lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten den Aufschub der Eheschließung nicht gestattet. 5 55. Ist eine Ehe für nichtig erklärt oder ist in einem Rechtsstreite, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, das Nichtbestehen der Ehe festgestellt oder ist eine Ehe vor dem T o d e eines der Ehegatten aufgelöst, so ist dies am Rande der über die Eheschließung bewirkten Eintragung zu vermerken. § 69. Ein Standesbeamter, welcher unter Außerachtlassung der in dem Bürgerlichen Gesetzbuch und in diesem Gesetze gegebenen Vorschriften eine Eheschließung vollzieht, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft. In dem § 75 Abs. 1 werden die Worte „nach den Vorschriften dieses Gesetzes" ersetzt durch die Worte „nach den Vorschriften des B.G.B." §82. Die kirchlichen Verpflichtungen in Beziehung auf T a u f e und Trauung werden durch dieses Gesetz und durch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Eheschließung nicht berührt. Art. 28a. In dem Gesetze vom 21. Juli 1879, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens (Reichs-Gesetzbl. S. 277) wird folgende Vorschrift eingestellt: § 3 a . H a t der Erbe aus dem Nachlasse Pflichttheilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt, so kann ein Nachlaßgläubiger, der im Konkursverfahren über den Nachlaß dem Empfänger der Leistung im Range vorgehen oder gleichstehen würde, die Leistung in gleicher Weise anfechten wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben. Eine nach den §§ 1950, 1951, 1966 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingetretene 813
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Beschränkung des Rechtes des Gläubigers bleibt außer Betracht, wenn der Gläubiger dem Empfänger der Leistung im Range vorgehen würde. Art. 29. Der § 16 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung, vom 20. April 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 58) wird aufgehoben. Art. 30. Der § 18 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 17. Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 237) wird aufgehoben. Art. 31. '''Ist auf Grund eines Reichsgesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder wegen Beschränkung des Eigenthums eine Entschädigung zu gewähren und ist die Sache mit dem Rechte eines Dritten belastet, für welches nicht eine besondere Entschädigung gewährt wird, so stehen dem Dritten, soweit sein Recht beeinträchtigt wird, an dem Entschädigungsanspruche dieselben Rechte zu, wie im Falle des Erlöschens seines Rechtes durch Zwangsversteigerung an dem Erlöse. Ist die Entschädigung wegen Entziehung, Beschädigung oder Benutzung eines Grundstücks oder wegen Beschränkung des Eigenthums an einem Grundstücke zu gewähren, so finden auf den Entschädigungsanspruch die Vorschriften des § 1112 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Erhebt ein Berechtigter innerhalb der im § 1112 bestimmten Frist Widerspruch gegen die Zahlung der Entschädigung an den Eigenthümer, so kann der Eigenthümer und jeder Berechtigte die Eröffnung eines Vertheilungsverfahrens nach den für die Vertheilung des Erlöses im Falle der Zwangsversteigerung geltenden Vorschriften beantragen. Die Zahlung hat in diesem Falle an das für das Vertheilungsverfahren zuständige Gericht zu erfolgen. Ist das Recht des Dritten eine Reallast, eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld, so erlischt die Haftung des Entschädigungsanspruchs, wenn der beschädigte Gegenstand wiederhergestellt oder für die entzogene bewegliche Sache Ersatz beschafft ist. Ist die Entschädigung wegen Benutzung des Grundstücks oder wegen Entziehung oder Beschädigung von Früchten und Zubehörstücken zu gewähren, so finden die Vorschriften des § 1107 Abs. 2 Satz 1, und des § 1108 Abs. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 des Gesetzes, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen, vom 21. Dezember 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 459) bleibt unberührt. Die Zahlung ist jedoch auf Ersuchen des für das Vertheilungsverfahren zuständigen Gerichts an dieses zu leisten. Der §37 desselben Gesetzes erhält folgende Fassung: Ist das Grundstück mit einem Rechte belastet, welches durch die Beschränkung des Eigenthums beeinträchtigt wird, so kann der Berechtigte bis zum Ablauf eines Monats nach der ihm von dem Eigenthümer gemachten Mittheilung von der Beschränkung des Eigenthums die Eröffnung des Vertheilungsverfahrens beantragen. *) Der Antrag 29 Ziff. 8 [nicht einschlägig; Hrsg.] zu Abs. 1 Satz 2 wird der Red.Komm. zur Prüfung überwiesen. Diese soll auch prüfen, ob der 1. Satz des 3. Absatzes nicht als selbstverständlich fortgelassen werden kann.
Art. 32. Die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze treten außer Kraft, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuche oder in diesem Gesetze bestimmt ist, daß sie in Kraft bleiben sollen. Art. 32a. Die privatrechtlichen Bestimmungen der Staatsverträge, welche vor dem 814
Vorl. Zusst. der Beschlüsse
Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs zwischen einem Bundesstaate und einem ausländischen Staate geschlossen worden sind, bleiben in Kraft. Art. 33. In Ansehung der Landesherren und der Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie der Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches nur insoweit Anwendung, als nicht besondere Vorschriften der Hausverfassungen oder der Landesgesetze abweichende Bestimmungen enthalten. Art. 34. In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter der ehemals reichsständischen seit 1806 mittelbar gewordenen Häuser sowie des ehemaligen Reichsadels bleiben die Vorschriften der Landesgesetze sowie nach Maßgabe der Landesgesetze die Vorschriften der Hausverfassungen unberührt. Art. 35. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Familienfideikommisse und Lehen, einschließlich der allodifizirten Lehen, sowie über die Stammgüter. Art. 36. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Beschränkung einer Hypothek oder Grundschuld an einem Grundstücke, dessen Belastung nach den in den Artikeln 33 bis 35 bezeichneten Vorschriften unzulässig oder nur beschränkt zulässig ist, dahin gestatten, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke nur im Wege der Zwangsverwaltung verlangen kann. Art. 37. Wenn die Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes nach den in den Artikeln 33 bis 35 bezeichneten Vorschriften unzulässig oder nur beschränkt zulässig ist, so finden gleichwohl die zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, im Bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften entsprechende Anwendung. Art. 38.'' Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Bergrechte angehören. *) Die Entscheidung über den Antrag, dem Artikel 38 den in dem Antrage 1 Ziffer 5 (Prot. II, Bd. 6, S. 469) vorgeschlagenen Zusatz zu geben, ist ausgesetzt bis zur Erledigung des Art. 31.
Art. 39. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Wasserrechte angehören, mit Einschluß des Mühlenrechtes, des Flötzrechtes und des Flößereirechtes sowie der Vorschriften zur Beförderung der Bewässerung und Entwässerung der Grundstücke und der Vorschriften über Anlandungen, entstehende Inseln und verlassene Flußbetten. Art. 40. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Deich- und Sielrechte angehören. Art. 41*Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Gemeinheitstheilung, die Zusammenlegung von Grundstücken, sowie die Regulirung der Feldwege (oder: der Wege), die Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse, die Ablösung, Umwandlung oder Einschränkung von Dienstbarkeiten und Reallasten betreffen, insbesondere auch insoweit als die Vorschriften auf die Erwerbung des Eigenthumes, die Begründung und Aufhebung von anderen Rechten an Grundstücken und die Berichtigung des Grundbuchs sich beziehen. Das Gleiche gilt von den Vorschriften, nach welchen die aus der Regulirung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse und der Ablösung von Dienstbarkeiten und Reallasten, sowie aus der Ablösung der Oberlehnsherrlichkeit des Staates entstandenen Ablösungsrenten und sonstigen Reallasten des Staates oder einer besonderen Anstalt von der Eintragung in das Grundbuch befreit sind. 815
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Die auf die Ablösung sich beziehenden landesgesetzlichen Vorschriften finden keine Anwendung auf die in den §§ 897 bis 903, und im § 1006 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Rechte. *) Die Redaktionskommission wird beauftragt, die Fassung der zu dem Artikel 41 beschlossenen Aenderungen und Zusätze einer näheren Prüfung zu unterziehen.
Art. 42. "'Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Zwangsenteignung. Ist auf Grund einer landesgesetzlichen Vorschrift dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder wegen Beschränkung des Eigenthums eine Entschädigung zu gewähren, so finden, soweit nicht die Landesgesetze ein Anderes bestimmen, die Vorschriften des Artikel 31 Abs. 1 bis 3 entsprechende Anwendung. *) Der Ausdruck „Zwangsenteignung" ist in dem Sinne gemeint, daß darunter jede im öffentlichen Interesse erfolgende Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder Beschränkung des Eigenthums verstanden wird. Die Redaktionskommission wird mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob dies noch einer Verdeutlichung bedarf.
Art. 43. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Jagd und Fischerei, jedoch unbeschadet der Vorschrift des § 943 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Art. 43a. Besteht in Ansehung eines Grundstücks ein zeitlich nicht begrenztes Nutzungsrecht, so finden die Vorschriften des § 758 des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Eigenthümers der Nutzungsberechtigte tritt. Art. 43 b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens auch dann eintritt, wenn der Schaden durch jagdbare Thiere anderer als der im § 820 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Gattungen angerichtet wird, 2. für den Wildschaden, der durch ein aus einem Gehege ausgetretenes jagdbares Thier angerichtet wird, der Eigenthümer oder der Besitzer des Geheges verantwortlich ist; 3. der Eigenthümer eines Grundstücks, wenn das Jagdrecht auf einem anderen Grundstücke nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht auf seinem Grundstück ausgeübt werden darf, für den auf dem anderen Grundstück angerichteten Wildschaden auch dann haftet, wenn er die ihm angebotene Pachtung der Jagd abgelehnt hat; 4. der Wildschaden, der an Gärten, Obstgärten, Weinbergen, Baumschulen und einzelstehenden Bäumen angerichtet wird, dann nicht zu ersetzen ist, wenn die Herstellung von Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen; 5. die Verpflichtung zum Schadensersatze im Falle des § 820 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abweichend bestimmt wird; 6. die Gemeinde an Stelle der Eigenthümer der zu einem Jagdbezirke vereinigten Grundstücke zum Ersätze des Wildschadens verpflichtet und zum Rückgriff auf die Eigenthümer berechtigt ist oder an Stelle der Eigenthümer oder des Verbandes der Eigenthümer oder der Gemeinde oder neben ihnen der Jagdpächter zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist; 7. der zum Ersätze des Wildschadens Verpflichtete Erstattung des geleisteten Ersatzes von demjenigen verlangen kann, welcher in einem anderen Bezirke zur Ausübung der Jagd berechtigt ist. 816
Vorl. Zusst. der Beschlüsse Art. 43 c. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Grundsätze, nach denen der Wildschaden festzustellen ist, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, nach denen der Anspruch auf Eratz des Wildschadens innerhalb einer bestimmten Frist bei der zuständigen Behörde geltend gemacht werden muß. Art. 44. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Zwangsrechte, Bannrechte und Realgewerbeberechtigungen. Art. 45. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Regalien. Art. 46. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Gesinderechte angehören, unbeschadet der Vorschriften der §§ 100 bis 111, 127, 272, 610, 615, 816, 826 Abs. 2, 1343. Unberührt bleiben insbesondere die Vorschriften der Landesgesetze über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher Gesinde zum widerrechtlichen Verlassen des Dienstes verleitet oder in Kenntniß eines noch bestehenden Gesindedienstverhältnisses in Dienst nimmt oder welcher ein unrichtiges Gesindedienstzeugniß ertheilt. Art. 47. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher und der Pfandleihanstalten betreffen. Das Gleiche gilt von den landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen öffentlichen Pfandleihanstalten das Recht zusteht, die bei ihnen verpfändeten Sachen dem Eigenthümer nur gegen Bezahlung der auf die Sache gegebenen Darlehen herauszugeben. Art. 48. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Wirksamkeit von Schenkungen an Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche bestimmen, daß Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen von Todeswegen nur mit staatlicher Genehmigung erwerben können. Wird die Genehmigung ertheilt, so gilt sie als schon vor dem Erbfalle ertheilt; wird die Genehmigung versagt, so ist die zum Erwerbe berufene Person als vor dem Erblasser gestorben anzusehen; der § 2020 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. Art. 48a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen eine Religionsgesellschaft und eine geistliche Gesellschaft Rechtsfähigkeit nur durch eine im Wege der Gesetzgebung erlassene besondere Norm erlangen kann. Art. 48b. Unberührt bleiben die besonderen Vorschriften der Landesgesetze über die Verfassung solcher Vereine, deren Rechtsfähigkeit auf staatlicher Verleihung beruht. Art. 49. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Beaufsichtigung juristischer Personen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Ist zu einem Erwerbe an Todeswegen staatliche Genehmigung erforderlich, so finden die Vorschriften des Artikel 48 Abs. 2 Satz 2 entsprechende Anwendung. Absatz 3 gestrichen. Art. 49a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche sich auf das Erlöschen oder die Umwandlung der Stiftungen beziehen. Art. 50 gestrichen. 817
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 51 gestrichen. Art, 52. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, sofern sie bestimmen, von welchen Vorgängen in den nicht nach den Vorschriften der (Zivilprozeßordnung zu erledigenden Rechtsstreitigkeiten die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die Klagerhebung und an die Rechtshängigkeit geknüpften Wirkungen abhängen. In Ermangelung solcher landesgesetzlicher Vorschriften finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung.* *
Die Redaktionskommission wird mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob der Art. 52 in das Einführungsgesetz der Civilprozeßordnung (Art. 12 des Entw.) zu versetzen sei.
Art. 53. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Rechtsverhältnisse aus einer Sicherheitsleistung, welche auf Grund einer im öffentlichen Rechte beruhenden Verpflichtung wegen der Führung eines Amtes oder wegen des Betriebes eines Gewerbes erfolgt. Art. 53a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Zahlungen aus öffentlichen Kassen an der Kasse in Empfang zu nehmen sind. Art. 54. Unberührt bleiben, soweit nicht durch das Bürgerliche Gesetzbuch eine besondere Bestimmung getroffen ist, die Vorschriften der Landesgesetze über die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten der Beamten, Geistlichen und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten aus dem Amtsverhältnisse, mit Einschluß der Ansprüche der Hinterbliebenen. Art. 54a. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, durch welche die Aufrechnung gegen Ansprüche der Beamten, der Geistlichen und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten, sowie deren Hinterbliebenen auf Besoldung, Wartegeld, Ruhegehalt, Wittwen- und Waisengeld abweichend von der Vorschrift des § 388 des B.G.B, zugelassen wird. Art. 54b. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, welche die Uebertragbarkeit der Ansprüche der Beamten, Geistlichen und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten und deren Hinterbliebenen auf Besoldung, Wartegeld, Ruhegehalt, Wittwen- und Waisengeld beschränken. Art. 55. gestrichen. (Vergi. § 824 Abs. 1 Satz 2 des B.G.B.) Art. 55a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Verantwortlichkeit der Beamten f ü r die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehülfen sowie die landesgesetzlichen Vorschriften über die H a f t u n g der zur amtlichen Feststellung des Werthes von Grundstücken bestellten Sachverständigen wegen Verletzung ihrer Berufspflicht. Art. 56. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die H a f t u n g des Staates, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände) für den von ihren Beamten in Ausübung der ihnen anvertrauten öffentlichen Gewalt zugefügten Schaden sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Recht des Beschädigten, von dem Beamten Schadensersatz zu verlangen, insoweit ausschließen, als eine solche H a f t u n g besteht. (Anm. Die Kommission geht davon aus, daß auch die im § 11 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 27. Januar 1877 bezeichneten Vorschriften der Landesgesetze in dem im § 11 Abs. 2 bestimmten Umfange unberührt bleiben, glaubt aber, daß es nicht erforderlich ist, dies ausdrücklich auszusprechen.) Art. 57. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Ein818
Vorl. Zusst. der Beschlüsse tragung gewisser Gläubiger des Bundesstaats in ein Staatsschuldbuch und die aus einer solchen Eintragung sich ergebenden Rechtsverhältnisse, die U e b e r t r a g u n g oder Belastung einer eingetragenen F o r d e r u n g sowie die Befugniß einer E h e f r a u zur selbständigen Stellung von Anträgen bei der Staatsschuldbuchbehörde regeln. Die Befugniß einer Ehefrau zur selbständigen Stellung von Anträgen tritt jedoch nicht ein, w e n n ein V e r m e r k zu Gunsten des Ehemanns in dem Staatsschuldbuch eingetragen ist. Ein solcher V e r m e r k ist auf Antrag der Ehefrau oder auf A n t r a g des Ehemanns unter Einwilligung der Ehefrau einzutragen. Die E h e f r a u ist dem E h e m a n n e gegenüber verpflichtet, die Eintragung des Vermerks zu bewilligen, wenn sie nach Maßgabe des unter ihnen bestehenden Güterstandes über die Forderungen nicht ohne Einwilligung des Ehemannes zu verfügen berechtigt ist. Art. 5 7 a. U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Bundesstaat o d e r die ihm angehörenden juristischen Personen des öffentlichen Rechtes z u r Umschreibung der von ihnen ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber verpflichten und die sich aus der Umschreibung einer solchen Schuldverschreibung ergebenden Rechtsverhältnisse einschließlich der Kraftloserklärung regeln. Art. 57 b. U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche bestimmen, d a ß zur Beurkundung des in dem § 370 des B.G.B, bezeichneten Vertrags hinsichtlich der in dem Bundesstaate gelegenen Grundstücke außer den Gerichten und N o t a r e n auch andere Behörden und Beamte des Bundesstaates zuständig sind. Art. 58. U n b e r ü h r t bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Fristen, binnen welcher eine gemiethete W o h n u n g bei Beendigung des Miethverhältnisses von dem Miether zu räumen ist. Art. 59. U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche f ü r den mit der Ueberlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedingsvertrag, Leibzuchtsvertrag, Altentheilsvertrag oder Auszugsvertrag das Schuldverhältniß zwischen den Vertragschließenden insoweit regeln, als eine besondere Vereinbar u n g nicht getroffen wird. Art. 59a. U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Gültigkeit der U n t e r z e i c h n u n g einer von dem Bundesstaat o d e r einer ihm angehörenden juristischen Person des öffentlichen Rechts ausgestellten Schuldverschreibung auf den Inhaber von der Beobachtung einer besonderen Form abhängig machen. Art. 60. U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen in Ansehung der von dem Bundesstaate oder von einer ihm angehörenden juristischen Person des öffentlichen Rechts zu Schuldverschreibungen auf Inhaber ausgestellten Zins- oder Rentenscheine der in dem § 789 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichnete Anspruch ausgeschlossen ist, auch wenn die Ausschließung in dem Zinsscheine oder R e n t e n k u p o n nicht erklärt ist. Art. 61. U n b e r ü h r t bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Kraftloserklärung und Zahlungssperre in Ansehung der in dem § 792 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten U r k u n d e n . Das Gleiche gilt von den landesgesetzlichen Vorschriften, welche f ü r die K r a f t loserklärung der im § 793 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten U r k u n d e n ein anderes V e r f a h r e n als das Aufgebotsverfahren bestimmen. Art. 61a. U n b e r ü h r t bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der U n t e r n e h m e r eines Eisenbahnbetriebes oder eines anderen mit gemeiner G e f a h r 819
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
verbundenen Betriebs für die aus dem Betrieb entstehenden Gefahren über die rechtsgesetzlich bestimmte Haftung hinaus einzustehen hat. Art. 61 b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach denen derjenige, welcher ein dem öffentlichen Gebrauche dienendes Grundstück zu einer Anlage oder einem Betriebe benutzen darf, für den Schaden verantwortlich ist, der in Folge der aus der Anlage oder dem Betriebe für den öffentlichen Gebrauch entstehenden Gefahren eintritt. Art. 62. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über das zum Schutze von Grundstücken und deren Erzeugnissen gestattete Recht der Pfändung von Sachen und über die Entrichtung von Pfandgeld oder Ersatzgeld. Art. 63. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Schadensersatzpflicht in den Fällen des Zuwiderhandelns gegen die zum Schutze von Grundstücken erlassenen Strafgesetze. Art. 64. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über den Ersatz des Schadens, welcher bei einer Zusammenrottung, einem Auflaufe oder einem Aufruhre entstanden ist. Art. 65. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über den Anspruch auf Rückerstattung von öffentlichen Abgaben und Kosten eines Verfahrens, zu deren Entrichtung eine Verpflichtung nicht bestanden hat. Art. 65a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung der in dem Bundesstaate belegenen Grundstücke bestimmen, daß die zu Rechtsgeschäften der im § 858 bezeichneten Art erforderliche Einigung der Parteien, für diese auch dann bindend ist, wenn die Erklärung von einer anderen Behörde oder einem anderen Beamten des Bundesstaates als dem Grundbuchamte, einem Gerichte oder einem Notar beurkundet ist. Das Gleiche gilt von den landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung der in dem Bundesstaate belegenen Grundstücke bestimmen, daß in den Fällen der §§910 und 1000 die Einigung der Parteien auch vor einer anderen Behörde oder vor einem anderen Beamten des Bundesstaates als dem Grundbuchamte einem Gerichte oder einem Notar erklärt werden kann. Art. 65 b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung der in dem Bundesstaate belegenen Grundstücke bestimmen, daß es im Falle der Versteigerung solcher Grundstücke vor einem Notar zu der Auflassung eines versteigerten Grundstücks vor dem Notar, sofern diese in dem Versteigerungstermine selbst stattfindet, der gleichzeitigen Anwesenheit beider Theile nicht bedarf. Art. 65c. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Uebertragung eines Grundstücks, das in das Grundbuch nicht eingetragen ist, und nach den Vorschriften der Grundbuchordnung nicht eingetragen zu werden braucht, sofern das Grundstück auch nach der Veräußerung nicht eingetragen zu werden braucht. Art. 66. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche das Eigenthum in Ansehung thatsächlicher Verfügungen im öffentlichen Interesse beschränktwird. Art. 66a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Eigenthum an Grundstücken zu Gunsten der Nachbarn noch anderen als den in dem Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Beschränkungen unterwerfen. Art. 66b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 820
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die Vorschrift des § 26 der Gewerbeordnung auf Eisenbahn-, Dampfschiffahrts- und ähnliche Verkehrsunternehmungen erstreckt wird. Art. 67. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die Rechte des Eigenthiimers des einem Waldgrundstücke benachbarten Grundstückes in Ansehung der auf der Grenze oder auf dem Waldgrundstücke stehenden Bäume und Sträucher anders als in dem § 895 und in dem § 908 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmt werden. Art. 68. Durch Landesgesetze kann das dem Staate zustehende Eigenthum an einem Grundstücke einer Gemeinde oder einem anderen Kommunalverbande (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbande) und das einem Kommunalverbande zustehende Eigenthum an einem Grundstücke dem Staate oder einem Kommunalverbande übertragen werden. Art. 68a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen das Recht zur Aneignung eines nach § 913 des Bürgerlichen Gesetzbuches aufgegebenen Grundstücks nicht dem Fiskus, sondern einer bestimmten anderen Person zusteht. Art. 69. Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Zueignung der im Freien betroffenen nicht herrenlosen Tauben. Art. 70. * Unberührt bleiben 1. die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Theilung von Grundstücken untersagt oder beschränken; 2. die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Belastung eines Grundstückes mit gewissen Grunddienstbarkeiten oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten oder mit Reallasten ausgeschlossen oder beschränkt oder in Ansehung gewisser Grunddienstbarkeiten oder beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten Inhalt und Maß derselben näher bestimmt sind; 3. die landesgesetzlichen Vorschriften nach welchen die Belastung eines Grundstücks mit einer unkündbaren Hypothek oder Grundschuld untersagt oder die Ausschließung des Kündigungsrechtes des Eigenthümers bei Hypothekenforderungen und Grundschulden zeitlich beschränkt und bei Rentenschulden nur für eine kürzere als die im § 1187 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Zeit zugelassen ist. Die Vorschrift des ersten Absatzes unter Nr. 2 findet keine Anwendung auf die in den §§ 897 bis 903, 1006 Abs. 2, 1007 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches bezeichneten Rechte.* *) Die Beschlußfassung über den Antrag 23 Ziffer 5 zu Art. 70 ist ausgesetzt, desgleichen über den Antrag 1 Ziffer 31 zu § 70 a.
Art. 71. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstückes mit dem vererblichen und veräußerlichen Rechte zur Gewinnung eines den bergrechtlichen Vorschriften nicht unterliegenden Minerales gestatten und den Inhalt dieses Rechtes näher bestimmen. Die Vorschriften der §§ 859, 860, 861, 1000, 1002 des Bürgerlichen Gesetzbuches finden entsprechende Anwendung. Art. 72. * Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über das Recht zur Benutzung eines Platzes in einem dem öffentlichen Gottesdienste gewidmeten Gebäude oder eines Platzes auf einer öffentlichen Begräbnißstätte. *) In dem Art. 54 soll auch das Pfründenrecht als der Landesgesetzgebung vorbehalten erwähnt werden. 821
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 73. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß jedem der Miteigenthümer eines mit einem Gebäude versehenen Grundstücks die ausschließliche Benutzung eines Theiles des Grundstücks eingeräumt ist, das Gemeinschaftsverhältniß näher bestimmen und die Anwendung der §§ 737 bis 739 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie des § 14 Abs. 2 der Konkursordnung ausschließen. Art. 74. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen dem Fiskus oder einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechtes und einer, unter der Verwaltung einer öffentlichen Behörde stehenden Stiftung das Recht zusteht, zur Sicherung gewisser Forderungen die Eintragung einer Hypothek an den Grundstücken des Schuldners in das Grundbuch zu verlangen, und nach welchen die Eintragung dieser Hypothek auf das Ersuchen einer bestimmten Behörde zu erfolgen hat. Die Hypothek kann nur als Sicherungshypothek eingetragen werden. Die Hypothek entsteht mit der Eintragung. Art. 75. * Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn eine öffentliche Kreditanstalt zur Verbesserung eines Grundstückes ein Darlehen gegeben hat, der wegen dieses Darlehens an dem Grundstücke begründeten Geldrente, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld der Vorrang vor anderen Belastungen des Grundstückes zustehen soll. Dritten gegenüber ist der Vorrang nur nach Maßgabe des § 877 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wirksam. *) Es wird vorausgesetzt, daß die Grundbuchordnung eine Vorschrift enthalten wird, nach welcher zur Eintragung des Vorranges einer nach Art. 75 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche begründeten Geldrente, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, soweit durch sie eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld betroffen wird, die Vorlegung des Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs nicht erforderlich ist.
Art. 76. * Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. im Falle der Veräußerung eines Theiles eines Grundstückes dieser Theil von den Belastungen des Grundstückes befreit wird, 2. im Falle der Theilung eines mit einer Reallast belasteten Grundstückes die Reallast auf die einzelnen Theile des Grundstückes vertheilt wird, 3. im Falle des Verzichtes auf ein dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstükkes zustehende Recht an einem anderen Grundstücke dieses Grundstück von der Belastung auch ohne Einwilligung derjenigen befreit wird, für welche das erstere Grundstück belastet ist, 4. im Falle des Artikel 31 der dem Eigenthümer zustehende Entschädigungsanspruch von dem einem Dritten in Ansehung desselben zustehenden Rechte befreit wird, wenn von der zuständigen Behörde festgestellt wird, daß die Befreiung den Berechtigten unschädlich ist. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle der Theilung eines für den Staat oder eine öffentliche Anstalt mit einer Reallast belasteten Grundstückes nur ein Theil des Grundstückes mit der Reallast belastet bleibt und die übrigen Theile des Grundstückes mit Reallasten für den jeweiligen Eigenthümer des ersteren Theiles belastet werden. *) Es wird vorausgesetzt, daß die Grundbuchordnung eine Vorschrift enthalten wird, nach welcher in den Fällen des Art. 76 Abs. 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche zur Löschung einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld die Vorlegung des Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefes nicht erforderlich ist. 822
Vorl. Zusst. der Beschlüsse
Art. 77. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß zerstörte Gebäude in anderer Lage wiederhergestellt werden, die Rechte an den betheiligten Grundstücken regeln. Art. 77a. * Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Versicherung, sowie über den Verlagsvertrag. *) Die Versetzung der Vorschriften des Art. 77 a an eine andere Stelle bleibt der Redaktionskommission überlassen.
Art. 78 gestrichen. Art. 78a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die religiöse Erziehung der Kinder. Art. 78 b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die öffentliche Zwangserziehung minderjähriger Kinder; die Zwangserziehung ist jedoch, unbeschadet der Vorschriften des § 56 des Strafgesetzbuchs, nur zulässig, wenn sie von dem Vormundschaftsgericht auf Grund des S 1645 oder § 1816 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für erforderlich erklärt wird. Die Landesgesetze können die Entscheidung darüber, ob das Kind in einer Familie oder in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt unterzubringen sei, der Verwaltungsbehörde übertragen, falls die Unterbringung auf öffentliche Kosten zu erfolgen hat. Art. 79. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. der Vorstand einer unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehenden Erziehungs- oder Verpflegungsanstalt oder ein Beamter alle oder einzelne Rechte und Pflichten eines Vormundes für diejenigen Minderjährigen hat, welche in der Anstalt oder unter der Aufsicht des Vorstandes oder des Beamten in einer von ihm ausgewählten Familie oder Anstalt erzogen oder verpflegt werden, und der Vorstand der Anstalt oder der Beamte auch nach der Beendigung der Erziehung oder der Verpflegung bis zur Volljährigkeit des Mündels diese Rechte und Pflichten behält, unbeschadet der Befugniß des Vormundschaftsgerichts, einen anderen Vormund zu bestellen; 2. die Vorschriften unter Nr. 1 bei unehelichen Minderjährigen auch dann gelten, wenn diese unter der Aufsicht des Vorstandes oder des Beamten in der mütterlichen Familie erzogen oder verpflegt werden; 3. der Vorstand einer unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehenden Erziehungs- oder Verpflegungsanstalt oder ein von ihm zu bezeichnender Angestellter der Anstalt oder ein Beamter vor den nach § 1754 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Vormünder berufenen Personen zum Vormunde der unter Nr. 1, 2 bezeichneten Minderjährigen bestellt werden kann; 4. im Falle einer nach den Vorschriften unter Nr. 1 bis 3 stattfindenden Bevormundung ein Gegenvormund nicht zu bestellen ist und dem Vormunde die nach S 1830 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässigen Befreiungen zustehen. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften auf die Vormundschaft über Volljährige findet nicht statt. Art. 80. Der Artikel 80 gestrichen. Art. 81. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen dem Fiskus oder einer anderen juristischen Person in Ansehung des Nachlasses einer verpflegten oder unterstützten Person ein Erbrecht, ein Pflichttheilsanspruch oder ein Recht auf bestimmte Sachen zusteht. 823
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 82. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen das gesetzliche Erbrecht des Fiskus anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechtes zusteht. Art. 82 a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die dem Fiskus nach § 42 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zukommende Anfallsberechtigung einer anderen juristischen Person des öffentlichen Rechts zusteht. Art. 82 b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Ermittelung des Ertragswerthes eines Landguts. Art. 83. * Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Anerbenrecht in landwirthschaftliche und forstwirthschaftliche Grundstücke nebst deren Zubehör. Der Eigenthümer eines dem Anerbenrecht unterliegenden Grundstücks ist jedoch berechtigt, von Todeswegen über das Grundstück (frei) zu verfügen. *) 1. Der Vorbehalt in Betreff des Anerbenrechts bezieht sich auch auf die im Artikel 87 bezeichneten Fälle. Die Redaktions-Kommission soll prüfen, ob dies noch einer Verdeutlichung bedarf. 2. Das nach Artikel 83 Satz 2 dem Eigenthümer eines dem Anerbenrechte unterliegenden Grundstücks reichsrechtlich zustehende Recht, von Todeswegen über das Grundstück zu verfügen, umfaßt auch das Recht, das Anerbenrecht in das Grundstück durch Verfügung von Todeswegen (oder: durch letztwillige Verfügung) auszuschließen oder zu beschränken.
Art.
84—S7gestrichen.
Art. 87a. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei der Errichtung einer Verfügung von Todeswegen der verhandelnde Richter an Stelle des Gerichtsschreibers oder der zwei Zeugen eine besonders dazu bestellte Urkundsperson, der verhandelnde Notar an Stelle der zwei Zeugen einen zweiten Notar zuziehen kann. Auf die Urkundsperson und den zweiten Notar finden die Vorschriften der §§ 2208 und 2210 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 87b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 2221 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Testament auch von einem zur Vornahme von Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für die Gemeinde bestellten Beamten errichtet werden kann. Art. 87c. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Vorschriften des § 2225 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Testamente der Gesandten des Bundesstaats und der zu der Gesandtschaft gehörenden, im Dienste des Bundesstaats stehenden Personen mit der Maßgabe Anwendung finden, daß an die Stelle des Reichskanzlers die landesgesetzlich bestimmte Behörde des Bundesstaats tritt. Art. 88. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen das Nachlaßgericht auch unter anderen als den im § 1938 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Voraussetzungen die Anfertigung eines Nachlaßverzeichnisses sowie bis zu dessen Vollendung die erforderlichen Sicherungsmaßregeln, insbesondere die Anlegung von Siegeln, von Amtswegen anordnen kann. Art. 89. * Artikel 89 ist gestrichen. *) Es wird vorausgesetzt (oder: für wünschenswerth erachtet), daß die in der Anmerkung II zu § 2034 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Vorschrift entsprechend dem Art. 89 des Entwurfs des Einf.-Gesetzes erweitert wird. 824
Vorl. Zusst. der Beschlüsse
Art. 90. Artikel 90 ist gestrichen. Art. 91* (Art. 91 Abs. 3.) Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn in Gemäßheit der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine gerichtliche oder notarielle Beurkundung erforderlich ist, in dem Bundesstaate entweder nur die Gerichte oder nur die Notare für die Beurkundung zuständig sind. Die Landesgesetze können die (in § 1979 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehene) Zuständigkeit des Nachlaßgerichts zur Aufnahme des Inventars ausschließen. *) Es wird vorausgesetzt, daß in dem Gesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Vorschriften aufgenommen werden, welche dem Art. 91 Abs. 1, 2 und 6 des Entw. des Einf. Gesetzes entsprechen.
Art. 91a. Durch die Vorschriften der §§ 2208 bis 2220, 2250 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Artikels 87 a des Einführungsgesetzes werden die allgemeinen Vorschriften der Landesgesetze über die Errichtung der gerichtlichen oder notariellen Urkunden nicht berührt; die Nichtbefolgung einer solchen Vorschrift hat, unbeschadet der Vorschriften über die Folgen des Mangels der sachlichen Zuständigkeit, keinen Einfluß auf die Gültigkeit der Verfügung von Todeswegen. Art. 91b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen für die dem Nachlaßgerichte (und dem Vormundschaftsgerichte) obliegenden Verrichtungen andere als gerichtliche Behörden oder Beamte für zuständig erklärt werden. Sind durch die Landesgesetze die Verrichtungen des Nachlaßgerichts einer anderen Behörde als dem Amtsgericht übertragen, so ist für die Abnahme des im § 1983 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgeschriebenen Offenbarungseids das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Nachlaßbehörde ihren Sitz hat. Art. 91 c. Die Bestimmung der Stellen, bei welchen eine Hinterlegung erfolgen kann, sowie die Abgrenzung der sachlichen und örtlichen Zuständigkeit dieser Stellen bleibt den Landesgesetzen vorbehalten. Die Landesgesetze haben auch darüber zu entscheiden, ob für die Fälle des § 1786 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Hinterlegungsstelle bestehen solle. Die Landesgesetze können über die Hinterlegung nähere Bestimmungen treffen, insbesondere den Nachweis der Empfangsberechtigung regeln und vorschreiben, daß das Eigenthum der hinterlegten Gelder und Werthpapiere gegen die Verpflichtung zur Rückerstattung auf den Fiskus oder die als Hinterlegungsstelle bestimmte Anstalt übergeht, daß der Verkauf der hinterlegten Sachen von Amtswegen angeordnet werden kann, sowie daß der Anspruch auf Rückerstattung nach dem Ablauf einer gewissen Zeit oder unter sonstigen Voraussetzungen zu Gunsten des Fiskus oder der Hinterlegungsanstalt erlischt. Die nach den §§ 376, 1155, 1254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Gläubiger zustehende Befugniß, das Recht auf den hinterlegten Betrag, während dreißig Jahren geltend zu machen, kann durch landesgesetzliche Vorschriften nicht beschränkt werden. Der Zeitraum, mit dessen Ablauf das nach den §§ 376, 1155, 1254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Schuldner oder Hinterleger zustehende Recht zur Rücknahme erlöschen soll, muß mindestens ein Jahr betragen, gerechnet von dem Zeitpunkte, in welchem das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erloschen ist. Von einer gerichtlichen Anordnung kann die Hinterlegung nicht abhängig gemacht werden. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die Hinterlegungsstellen auch andere Sachen als Geld, Werthpapiere oder sonstige Urkunden und Kostbarkeiten anzuneh825
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men haben. Im Falle einer solchen Bestimmung finden auf Schuldverhältnisse, welche auf die Leistung derartiger anderer Sachen gerichtet sind, die Vorschriften der SS 366 bis 376 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 92. Die Wirkungen einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Todeserklärung werden, soweit nicht in den folgenden Absätzen ein Anderes bestimmt ist, nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt. Die Befugniß des Ehegatten der für todt erklärten Person, nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine neue Ehe zu schließen, richtet sich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Vorschriften der §§ 1333 bis 1337 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung. Die Wirkungen, welche nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Todeserklärung in Ansehung des Aufhörens der Vormundschaft, der Beendigung der elterlichen Gewalt in der Person ihres Inhabers und der Beendigung des Amtes des Vormundes zukommen, werden für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach dessen Vorschriften beurtheilt. Das Gleiche gilt bezüglich der Pflegschaft und bezüglich des Amtes des Gegenvormunds, Pflegers, Beistands oder des Mitglieds eines Familienraths. Art. 93. Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches anhängigen Verfahren, welches eine Todeserklärung oder Verschollenheitserklärung oder die Einweisung der muthmaßlichen Erben eines Verschollenen in den Besitz oder Genuß des Vermögens desselben bezweckt, ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Auch die Wirkungen der Entscheidung bestimmen sich nach den bisherigen Gesetzen und im Falle der Todeserklärung nach den Vorschriften des Artikel 92. Art. 94. Ist nach den bisherigen Gesetzen eine Verschollenheitserklärung oder eine vorläufige Einweisung der muthmaßlichen Erben des Verschollenen in den Besitz oder Genuß des Vermögens desselben erfolgt, so sind die bisherigen Gesetze auch für die Todeserklärung sowie für die endgültige Einweisung maßgebend; im Falle der Todeserklärung findet die Vorschrift des Artikel 92 Satz 2 entsprechende Anwendung. Nachtrag. I. An geeigneter Stelle sollen folgende Vorschriften aufgenommen werden: 1. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Rentengüter. 2. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Erbpachtrecht und ähnliche vererbliche und veräußerliche Nutzungsrechte in den Großherzogthümern Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz. Für diese Rechte gelten die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften. Die für den Erwerb des Eigenthums geltenden Vorschriften finden auf den Erwerb eines bestehenden Rechtes dieser Art entsprechende Anwendung. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den auf Grund des öffentlichen Rechtes zum Unterhalte verpflichteten Verbände und Anstalten mit der Unterhaltspflicht zusammenhängende Ansprüche gegen die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche zur Gewährung des Unterhalts gesetzlich verpflichteten Personen geben.* *) Die Redaktionskommission wird beauftragt, die Fassung des Beschlusses unter Nr. 3, insbesondere in der Richtung zu prüfen, ob nicht statt der Worte „mit der Unterhaltspflicht im Zusammenhange stehender Ansprüche" zu setzen ist „einen Anspruch auf Ersatz des gewährten Unterhalts."
II. Von der Kommission wird anerkannt, daß die Landesgesetze auf Grund der 826
Vorl. Zusst. der Beschlüsse
für Lehen, Stammgüter und Fideikommisse gemachten Vorbehalte auch zu Vorschriften berechtigt sind, nach welchen die Nachfolge in solche Güter nicht allen Kindern zusteht, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche als eheliche gelten, nach welchen insbesondere auch die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes mit Wirkung für die Nachfolge in solche Güter anders geregelt werden kann, wie in dem Bürgerlichen Gesetzbuche. Eine besondere Vorschrift hierüber soll aber nicht aufgenommen werden. III. In den Artikel 70 Abs. 1 soll folgende Vorschrift als Nr. 1 a eingefügt werden „die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die getrennte Veräußerung von Grundstücken, die bisher zusammen bewirthschaftet sind, beschränken. Art. 94 a* Soweit die nach den bisherigen Gesetzen erfolgte Verschollenheitserklärung oder Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen keinen Einfluß auf Rechtsverhältnisse hat, auf die sich die Wirkungen der Todeserklärung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erstrekken, ist nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Todeserklärung nach dessen Vorschriften zulässig; die Wirkungen beschränken sich auf diese Rechtsverhältnisse. *) In dem Artikel 92 soll (soweit erforderlich) bestimmt werden, daß eine vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgte Todeserklärung auch im Falle des § 912 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Wirkungen eines auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Todeserklärung hat.
Art. 95. Auf eine Person, welche das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht zurückgelegt, aber vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches die rechtliche Stellung einer volljährigen oder für volljährig erklärten Person erlangt hat, finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches an dessen Vorschriften über die Volljährigen Anwendung. Art. 96. Auf eine Person, welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches nach den Vorschriften des Französischen oder des Badischen Rechtes emanzipirt oder der Gewalt entlassen ist, finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches an, wenn die Person zu dieser Zeit das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Volljährigen, anderenfalls die Vorschriften desselben über die Minderjährigen Anwendung. Art. 97. Auf eine Person, welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches wegen Geisteskrankheit entmündigt ist, finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches an dessen Vorschriften über die entmündigten Geisteskranken Anwendung. Die nach den Vorschriften des Französischen oder des Badischen Rechtes für einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes verliert von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches an ihre Wirkung. Art. 98. Auf eine Person, welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches wegen Verschwendung entmündigt oder für welche nach den Vorschriften des Französischen oder des Badischen Rechtes wegen Verschwendung die Bestellung eines Beistandes angeordnet ist, finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches an dessen Vorschriften über die entmündigten Verschwender Anwendung. Art. 99. Auf eine Person, über welche, weil sie taub, blind oder stumm ist, vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches eine Vormundschaft angeordnet ist, finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an dessen Vorschriften 827
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über Volljährige Anwendung, die nach § 1888 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einen Pfleger f ü r ihre Person und ihr Vermögen erhalten haben. Art. 100. In Ansehung eines Rechtsverhältnisses, für welches das Französische oder das Badische Recht maßgebend ist, bleiben, sofern vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches ein Wohnsitz erwählt ist, die Vorschriften des Französischen und des Badischen Rechtes über den erwählten Wohnsitz unberührt. Art. 100a.""Soweit nicht in den Artikeln 100b bis 100e ein Anderes bestimmt ist, finden die Vorschriften der §§ 22 bis 50 sowie der §§ 82 bis 85 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden juristischen Personen Anwendung. *) Die Redaktionskommission wird mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob der Art. 100 a nicht als selbstverständlich entbehrt werden kann.
Art. 100b. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Realgemeinden und ähnlichen Verbänden, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirthschaftlichen Grundstücken, an Mühlen, Brauhäusern und ähnlichen Anlagen berechtigt sind. Es macht keinen Unterschied, ob die Realgemeinden oder sonstigen Verbände juristische Personen sind oder nicht und ob die Berechtigung der Mitglieder an Grundbesitz geknüpft ist oder nicht. Art. 100c. Unberührt bleiben die Vorschriften der Bayerischen Gesetze vom 29. April 1869, betreffend die privatrechtliche Stellung der Vereine sowie der Erwerbsund Wirthschaftsgenossenschaften in Ansehung derjenigen Vereine und registrirten Gesellschaften, welche auf Grund dieser Gesetze beim Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehen. Art. lOOd. Unberührt bleiben die Vorschriften des Sächsischen Gesetzes vom 15. Juni 1868, betreffend die juristischen Personen, in Ansehung derjenigen Personenvereine, welche beim Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs die juristische Persönlichkeit durch Eintragung in das Genossenschaftsregister erlangt haben. Art. 100 e. ""Soweit nach den Artikeln lOObbis 100 d die Vorschriften der Landesgesetze in Kraft bleiben, können sie auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geändert werden. *) Die Redaktionskommission wird mit der P r ü f u n g der Frage beauftragt, ob der § 100 e nicht mit Rücksicht auf Art. 3 überflüssig ist. Sie soll dabei insbesondere erwägen, ob es sich nicht empfiehlt, in allen Fällen, in welchen nach den Vorschriften des IV. Abschnitts, die bisherigen Gesetze für bestehende Rechtsverhältnisse maßgebend bleiben, diese Gesetze aber auch künftig im Wege der Landesgesetzgebung sollen geändert werden können, dieselbe Ausdrucksweise zu gebrauchen. Art. 101. Die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches bestehenden Verfügungsbeschränkungen bleiben in Kraft, unbeschadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten. Art. 102. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Anspruchsverjährung finden auch auf die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches entstandenen, noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Der Beginn sowie die H e m m u n g und Unterbrechung der Verjährung bestimmen sich jedoch f ü r die Zeit vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches nach den bisherigen Gesetzen. 828
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Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche kürzer als nach den bisherigen Gesetzen, so wird die kürzere Frist von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches an berechnet. Wenn jedoch die in den bisherigen Gesetzen bestimmte und in Ansehung des Beginnes nach diesen Gesetzen zu berechnende längere Frist früher abläuft als die im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmte kürzere Frist, so ist die Verjährung mit jenem früheren Zeitpunkte vollendet. Art. 103. Ein Schuldverhältniß, welches vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches entstanden ist, wird nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt. Art. 103a. Für ein vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenes Mieth-, Pacht- oder Dienstverhältniß gelten, wenn es nicht für den ersten Termin nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gekündigt wird, für welchen die Kündigung (nach den bisherigen Gesetzen) zulässig ist, von diesem Termin an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Nachtrag. Im III. Abschnitt soll an geeigneter Stelle folgende Vorschrift aufgenommen werden : Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Waldgenossenschaften. Art. 104. Wird eine vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs vermiethete oder verpachtete Sache nach diesem Zeitpunkte veräußert oder mit dem Rechte eines Dritten belastet, so stehen dem Miether oder Pächter dem Erwerber der Sache oder des Rechtes gegenüber die im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Rechte zu. Die sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden weitergehenden Rechte des Miethers oder Pächters bleiben unberührt, unbeschadet der Vorschrift des Artikel 103 a. Art. 104a. Hat ein aus einem Schuldverhältniß entstehender Anspruch nach den bisherigen Gesetzen durch Eintragung in ein öffentliches Buch Wirksamkeit gegen Dritte erlangt, so bleibt er nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs Dritten gegenüber wirksam. Art. 104b. Auf eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Gemeinschaft nach Bruchtheilen finden von diesem Zeitpunkt an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 105. Auf die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgestellten Schuldverschreibungen auf Inhaber finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die Vorschriften der §§ 783, 784, 785, 787, 790 und § 791 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Bei den auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen, sowie bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen, sind jedoch in Ansehung der Kraftloserklärung und der Zahlungssperre die bisherigen Gesetze maßgebend. Die Außerkurssetzung findet nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr statt, eine vorher stattgefundene Außerkurssetzung verliert mit diesem Zeitpunkte ihre rechtliche Wirkung. Die Verjährung der Ansprüche aus den vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber bestimmt sich, unbeschadet der Vorschriften des § 787 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach den bisherigen Gesetzen. Das Gleiche gilt für die Verjährung der Ansprüche aus Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen, die nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu einem vor diesem Zeitpunkte ausgestellten Inhaberpapier ausgegeben werden, und für die Frist, innerhalb welcher die Scheine dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt werden müssen. 829
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhängiges, die Kraftlosigkeit oder Zahlungssperre bezweckendes Verfahren ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen; auch die Wirkungen des Verfahrens bestimmen sich nach den bisherigen Gesetzen. Soweit nach den Vorschriften des ersten bis vierten Absatzes die bisherigen Gesetze Anwendung finden, können diese auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Landesgesetze geändert werden. Art. 105a. Auf die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgegebenen Urkunden der im § 793 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art finden, sofern der Schuldner nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet ist, von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die Vorschriften des § 793 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, sowie des Artikel 61 Abs. 2 dieses Gesetzes Anwendung. Art. 106. Auf Eigenthum und Besitz, welche zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehen, finden von diesem Zeitpunkte an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Miteigenthum, bei welchem die Sache den Miteigenthümern nicht nach Bruchtheilen zusteht, sowie die zu dieser Zeit an Sachen und Rechten bestehenden sonstigen Rechte bleiben mit dem aus den bisherigen Gesetzen sich ergebenden Inhalte bestehen. Besteht zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein von dem Grundeigenthume gesondertes Eigenthum an stehenden Erzeugnissen, insbesondere an Bäumen, so verbleiben dem Berechtigten die sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden Befugnisse. Für ein zu dieser Zeit bestehendes Erbbaurecht gilt die Vorschrift des § 1002 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Art. 107. Auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht vollendete Ersitzung einer beweglichen Sache finden die Vorschriften des Artikel 102 entsprechende Anwendung. Art. 108. * Das zum Zwecke der Anlegung der Grundbücher einzuhaltende Verfahren sowie der Zeitpunkt, in welchem das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen ist, wird für jeden Bundesstaat durch landesherrliche Verordnung bestimmt. Ist das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen, so ist die Anlegung auch für solche zu dem Bezirke gehörende Grundstücke, welche noch kein Blatt im Grundbuche erhalten haben, als erfolgt anzusehen, soweit nicht bestimmte Grundstücke durch besondere Anordnung ausgenommen sind. *) Vorausgesetzt wird, daß die Grundbuchordnung eine Vorschrift enthalten wird, nach welcher durch landesherrliche Verordnung bestimmt wird, ob bisher geführte Bücher als Grundbücher im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten sollen.
Art. 109. Eine Grunddienstbarkeit, die zu der Zeit besteht, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bedarf zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung. Die Eintragung hat jedoch zu erfolgen, wenn sie von dem Berechtigten oder von dem Eigenthümer des belasteten Grundstücks verlangt wird; die Kosten sind von demjenigen zu tragen und vorzuschießen, welcher die Eintragung verlangt. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß die bestehenden Grunddienst830
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barkeiten oder einzelne Arten zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs bei der Anlegung des Grundbuchs oder später in das Grundbuch eingetragen werden müssen. Die Bestimmung kann auf einzelne Grundbuchbezirke beschränkt werden. Art. 109a/' Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß gesetzliche Pfandrechte, die zu der Zeit bestehen, in welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs während einer zehn Jahre nicht übersteigenden, von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an zu berechnenden Frist nicht der Eintragung bedürfen. Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß die als Rechte an einem Grundstücke bestehenden Miethrechte und Pachtrechte zur Erhaltung ihrer Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen. *) Die Redaktionskommission soll prüfen, ob der Ausdruck „landesherrliche Verordnung" mit Rücksicht auf Elsaß-Lothringen und die freien Städte, durch einen anderen Ausdruck zu ersetzen ist.
Art. 110. Der Erwerb und Verlust des Eigenthums sowie die Begründung, Uebertragung, Belastung und Aufhebung eines anderen Rechtes an einem Grundstücke oder eines Rechtes an einem solchen Rechte erfolgen auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches solange nach Maßgabe der bisherigen Gesetze, bis das Grundbuch f ü r das Grundstück als angelegt anzusehen ist. Das Gleiche gilt von der Aenderung des Inhalts der Rechte. Ist eine nach den bisherigen Gesetzen begonnene Ersitzung zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, noch nicht vollendet, so finden, wenn der Besitzer als der Berechtigte in das Grundbuch eingetragen wird, auf die Ersitzung nach § 885 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Vorschriften des Artikel 102 entsprechende Anwendung. Nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches kann ein nach dessen Vorschriften unzulässiges Recht nicht mehr begründet werden. Auf die Aufhebung eines zu der Zeit, in welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, an einem Grundstücke oder an einem Rechte an einem Grundstücke bestehenden Rechte finden auch f ü r die spätere Zeit die bisherigen Gesetze solange Anwendung, bis das Recht in das Grundbuch eingetragen ist. Art. 110a. Das nach § 913 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Fiskus zustehende Aneignungsrecht erstreckt sich auf alle Grundstücke, die zu der Zeit herrenlos sind, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist. Die Vorschrift des Artikel 68 a findet Anwendung. Art. III. Die bisherigen Gesetze über den Schutz im Besitze einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit finden auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches solange Anwendung, bis das Grundbuch f ü r das dienende Grundstück als angelegt anzusehen ist. Von der Zeit an, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, finden, wenn der Besitzer eines Grundstücks in der Ausübung einer Grunddienstbarkeit gestört wird, mit welcher das Halten einer dauernden Anlage auf dem belasteten Grundstücke verbunden ist, die f ü r den Besitzschutz geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs so lange entsprechende Anwendung, als Dienstbarkeiten dieser Art nach Artikel 109 zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs der Eintragung nicht bedürfen. Das Gleiche gilt für 831
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Grunddienstbarkeiten anderer Art mit der Maßgabe, daß der Besitzschutz nur gewährt wird, wenn die Dienstbarkeit in jedem der drei letzten Jahre vor der Störung mindestens einmal ausgeübt worden ist. Art. 112. Ein zu der Zeit, in welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, an einem Grundstücke bestehendes Pfandrecht wird für die spätere Zeit als Hypothek ohne Hypothekenbrief und, wenn der Betrag der Forderung, für welche das Pfandrecht besteht, nicht bestimmt ist, als Sicherungshypothek im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs beurtheilt. Ist das Pfandrecht dahin beschränkt, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke nur im Wege der Zwangsverwaltung verlangen kann, so bleibt diese Beschränkung bestehen. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein nach dem ersten Absätze als Hypothek ohne Hypothekenbrief zu beurtheilendes Pfandrecht als Briefhypothek oder als Sicherungshypothek und eine über das Pfandrecht früher ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches zu beurtheilen seien. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß zu Gunsten eines Pfandrechts, welches nach Abs. 1, 3 als Sicherungshypothek zu beurtheilen ist, kraft Gesetzes eine Vormerkung im Sinne des § 1163 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als im Grundbuch eingetragen gelten solle. Art. 113. Eine zu der Zeit, in welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, an einem Grundstücke bestehende Grundschuld wird für die spätere Zeit als Grundschuld und eine über die Grundschuld früher ertheilte Urkunde als Grundschuldbrief im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches beurtheilt. Die Vorschrift des Artikel 112 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Art. 114 gestrichen. Art. 115. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß auf ein an einem Grundstücke bestehendes vererbliches und übertragbares Nutzungsrecht die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und auf den Erwerb eines solchen Rechtes die für den Erwerb des Eigenthums an einem Grundstücke geltenden Vorschriften Anwendung finden. *) Es wird vorausgesetzt, daß die Grundbuchordnung eine Bestimmung enthalten wird, nach welcher ein vererbliches und übertragbares Nutzungsrecht auf das nach Artikel 115 die für Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung finden, ein besonderes Blatt im Grundbuch erhalten soll.
Art. 116. Soweit nach den Artikeln 106 bis 115 für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches die bisherigen Gesetze maßgebend sind, können diese auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches durch Landesgesetz geändert werden. Nachtrag. I. An geeigneter Stelle soll ein Vorbehalt aufgenommen werden, durch welchen das Preußische Gesetz vom 19. August 1895, betreffend das Pfandrecht an Privateisenbahnen und Kleinbahnen und die Zwangsvollstreckung in dieselben aufrecht erhalten wird. Für die Fassung dieses Vorbehalts werden der Redaktionskommission folgende Anträge zur Berücksichtigung überwiesen. a) Unberührt bleiben die besonderen landesgesetzlichen Vorschriften über den Eigenthumserwerb und die Belastung von Eisenbahnen, einschließlich der Kleinbahnen. b) Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze, nach welchen bei Pri832
Vorl. Zusst. der Beschlüsse
vateisenbahnen, mit Einschluß der Kleinbahnen, die den Bahnunternehmern gewidmeten Grundstücke, beweglichen Sachen und Rechte nebst den aus dem Betrieb entstandenen Forderungen einen einheitlichen Gegenstand (Bahneinheit) bilden, die Vorschriften, nach welchen bei solchen Eisenbahnen im Falle der Ausstellung von Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber von einer Versammlung der Gläubiger Beschlüsse mit Wirkung für und gegen alle Gläubiger gefaßt werden können, sowie die Vorschriften über die Zwangsliquidation zum Zwecke der Befriedigung der Gläubiger, denen ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus den Bestandtheilen der Bahneinheit zusteht. c) Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Behandlung der einem Eisenbahnunternehmer gewidmeten Grundstücke und sonstiger Vermögensgegenstände als Einheit (Bahneinheit) über die Veräußerung und Belastung einer solchen Bahneinheit oder ihrer Bestandtheile, insbesondere die Belastung im Falle der Ausstellung von Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber und die sich dabei ergebenden Rechtsverhältnisse, sowie über die nach dem Erlöschen der Genehmigung für das Eisenbahnunternehmen eintretende Liquidation (zum Zwecke der Befriedigung der Gläubiger, denen ein Recht auf abgesonderte Befriedigung zusteht). II. An geeigneter Stelle, etwa als Artikel 110 b soll folgende Vorschrift eingestellt werden : Das Rangverhältniß eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstandenen Rechtes bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Bei Rechten an Grundstücken und Rechten an einem solchen Rechte gilt dies auch dann, wenn sie nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs, aber vor der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, entstanden sind. Für eine Aenderung des Rangverhältnisses eines Rechtes an einem Grundstück oder eines Rechtes an einem solchen Rechte gilt das Gleiche wie für eine Aenderung des Inhaltes des Rechtes. III. Der Antrag, in dem Artikel 91b die Worte : „oder Beamte" zu streichen, ist der Redaktionskommission zur Prüfung überwiesen. Art. 117. '' Die Gültigkeit einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossenen Ehe wird nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt. Eine nach diesen Gesetzen ungültige Ehe ist jedoch, sofern die Ehegatten zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch als Ehegatten mit einander leben, nur dann nichtig und kann nur dann für nichtig erklärt werden, wenn sie auch nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nichtig oder anfechtbar ist. Die im § 1324 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Anfechtung bestimmte Frist beginnt nicht vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs. *) Die Redaktionskommission wird mit der näheren Prüfung der Fassung der Sätze 2 und 3, insbesondere auch in der Richtung beauftragt, ob daraus genügend klar hervorgeht, welchen Einfluß die verschiedene Behandlung der Nichtigkeit, Ungültigkeit und Anfechtbarkeit nach bisherigem Rechte und nach dem Rechte des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat und wie sich das Verhältniß, je nach Verschiedenheit der Fälle gestaltet.
Art. 118. In Ansehung einer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Ehe bestimmen sich für die spätere Zeit die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander, insbesondere die gegenseitige Unterhaltspflicht, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die Wirkungen einer beständigen oder zeitweisen Trennung von Tisch und Bett, auf die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erkannt worden ist, bestimmen sich nach den bisherigen Gesetzen. 833
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 119. Der Güterstand einer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Ehe bestimmt sich auch für die spätere Zeit nach den bisherigen Gesetzen. Dies gilt insbesondere auch von den erbrechtlichen Wirkungen des Güterstandes. Soweit die Ehefrau nach dem für den Güterstand maßgebenden Rechte in Folge des Güterstandes oder der Ehe in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bleibt diese Beschränkung so lange bestehen, als der bisherige Güterstand besteht. Soweit in Gemäßheit des ersten Absatzes für den ehelichen Güterstand das Französische oder das Badische Recht maßgebend ist, bleiben auch die Vorschriften des Französischen und des Badischen Rechtes über das Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Ehegatten unberührt. Durch Ehevertrag kann eine nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Regelung des Güterstandes getroffen werden, auch wenn nach den bisherigen Gesetzen die Schließung eines Ehevertrags nach der Eingehung der Ehe unzulässig ist. Die bisherigen Gesetze können auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Landesgesetz geändert werden. Art. 120. * (Für die Ehescheidung sind nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs dessen Vorschriften maßgebend.) Wegen eines Verschuldens des einen Ehegatten, das vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs begangen worden ist, kann nach diesem Zeitpunkte auf Scheidung nur erkannt werden, wenn wegen des Verschuldens auch nach den bisherigen Gesetzen Scheidung oder Trennung von Tisch und Bett zulässig war. *) Angenommen ist der Antrag 2 Ziff. 18 unter Streichung des Absatzes 1. — Als sachlich damit übereinstimmend betrachtet und der Redaktionskommission zur Berücksichtigung überwiesen, ist der der obigen Fassung zu Grunde gelegte Antrag 44 Ziff. 2.
Art. 121. Das Rechtsverhältniß zwischen Eltern und ehelichen Kindern bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an dessen Vorschriften auch dann, wenn das Kind vorher geboren ist. Dies gilt auch in Ansehung des Vermögens, welches von dem Kinde vorher erworben ist. Art. 122. Ist der Vater oder die Mutter vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Ansehung der Sorge für die Person oder der Sorge für das Vermögen des Kindes durch eine Anordnung der zuständigen Behörde beschränkt, so bleibt diese Beschränkung auch für die spätere Zeit in Kraft; in Ansehung der Aufhebung der Anordnung finden die Vorschriften des § 1650 des Bürgerlichen Gesetzbuches entsprechende Anwendung. Ist dem Vater oder der Mutter durch Anordnung der zuständigen Behörde die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes entzogen worden, so kann die Aufhebung der Anordnung verlangt werden, wenn ein die Entziehung der Nutznießung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs rechtfertigender Grund nicht vorliegt. Art. 123. Hat der Vater vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches in zulässiger Weise die Mutter von der Vormundschaft über das Kind ausgeschlossen oder der Mutter einen Beistand zugeordnet, so wird die Anordnung des Vaters für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches als Anordnung der Bestellung eines Beistandes für die Mutter im Sinne des § 1665 des Bürgerlichen Gesetzbuches beurtheilt. Art. 124. Ist nach Maßgabe der bisherigen Gesetze eine Ehe geschieden oder in Folge Todeserklärung aufgelöst oder auf Trennung der Ehegatten von Tisch und 834
Vorl. Zusst. der Beschlüsse Bett erkannt, so sind für die Beurtheilung, welchem Elterntheile die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder zusteht, die bisherigen Gesetze maßgebend, die Vorschriften des § 1615 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und des § 1616 des Bürgerlichen Gesetzbuches finden jedoch Anwendung. Art. 125. Inwieweit die Kinder aus einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches geschlossenen ungültigen Ehe als eheliche Kinder anzusehen sind und inwieweit der Vater und die Mutter die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Art. 126. Das Rechtsverhältniß der unehelichen Kinder bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches an auch in Ansehung der vorher geborenen Kinder, mit Einschluß derjenigen, welche nach den Vorschriften des Französischen oder des Badischen Rechtes anerkannt sind, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. In Ansehung der vorher geborenen Kinder bestimmt sich jedoch das Recht, den Familiennamen des Vaters zu führen, sowie die Unterhaltungsverpflichtung des Vaters nach den bisherigen Gesetzen. Inwieweit uneheliche, vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches empfangene Kinder, auch wenn sie nicht legitimirt sind, die rechtliche Stellung ehelicher Kinder und inwieweit der Vater und die Mutter solcher Kinder die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Art. 127. Inwieweit die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches legitimirten Kinder oder an Kindesstatt angenommenen Personen die rechtliche Stellung ehelicher Kinder und inwieweit der Vater und die Mutter die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Art. 127a. Soweit nach den Artikeln 124 bis 127 die bisherigen Gesetze maßgebend bleiben, können sie auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geändert werden. Art. 128. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über Vormundschaften und Pflegschaften finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches an auch auf die bestehenden Vormundschaften und Pflegschaften Anwendung. Die bisherigen Vormünder und Pfleger verbleiben in ihrem Amte, sofern nicht die Vormundschaft oder Pflegschaft mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches nach dessen Vorschriften beendigt wird. Das Gleiche gilt im Geltungsbereiche der Preußischen Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 in Ansehung der bestehenden Familienräthe und deren Mitglieder. Art. 129. Die erbrechtlichen Verhältnisse werden, wenn der Erblasser vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorben ist, nach den bisherigen Gesetzen, wenn der Erblasser später gestorben ist, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs beurtheilt. Für den ersten Fall bleiben auch die Vorschriften der Landesgesetze über das erbschaftliche Liquidationsverfahren unberührt. Die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches erfolgte Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen wird nach den bisherigen Gesetzen auch dann beurtheilt, wenn der Erblasser nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches gestorben ist. Dies gilt auch in Ansehung der Bindung des Erblassers bei einem Erbvertrage oder bei einem gemeinschaftlichen Testamente. Die Errichtung und Wirkung eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches geschlossenen Erbverzichtsvertrages sind nach den bisherigen Gesetzen zu beurtheilen. Wer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Fähigkeit zur Er835
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
richtung einer Verfügung von Todeswegen erlangt und eine solche Verfügung errichtet hat, behält die Fähigkeit, auch wenn er das nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erforderliche Alter noch nicht erreicht hat. Die Vorschriften des § 2206 finden auch auf ein Testament Anwendung, das ein nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorbener Erblasser vor diesem Zeitpunkte errichtet hat. III. Revision der ZustRedKom. (RedVorl.) bzw. der VorlZust.33 447. Sitzung vom 7. 12. 1895 IΡ II 6, 599
I Die Komm, wandte sich nunmehr der zweiten Berathung der bis jetzt behandelten Vorschriften des Entw. d. E.G. zu. Man einigte sich dahin, in eine Erörterung dieser Vorschriften nur insoweit einzutreten, als ein Antrag vorliege, und beschloß, einen Antrag, welcher schon früher der Beschlußfassung der gegenwärtigen Komm, unterstellt war, nur dann zum Gegenstand einer erneuten Berathung zu machen, wenn die Komm, die Wiederaufnahme der Berathung besonders beschließe; (vergi. S. 106 im Eingange zu Prot. 410). I. Der Art. 4 lautet in der Fassung der Redaktionsvorlage: „Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften verwiesen ist, welche durch das Bürgerlichen Gesetzbuch oder durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder dieses Gesetzes."
Jacubezky Es war beantragt, den Art. 4 zu fassen : „Sind in einem Gesetze, das neben dem (Nr 82,1) Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft bleibt, Vorschriften für anwendbar erklärt, welche durch das Bürgerliche Gesetzbuch oder durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden, so treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder dieses Gesetzes. Für ein in Kraft bleibendes Landesgesetz gilt dies nur insoweit, als nicht aus dem Gesetze sich ein Anderes ergiebt." Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. IΡ II 6,600
Jacubezky (Nr 82,2)
I II. Zu Art. 10 war beantragt: die Vorschrift zu streichen. Die Komm, lehnte die Wiederaufnahme der Berathung ab. III. Zu Art. 18 war beantragt: im § 11 d. Gew.O. den Abs. 2 durch folgende Bestimmungen zu ersetzen : Betreibt eine Ehefrau, für deren v güterrechtliche Verhältnisse ausländische Gesetze maßgebend sind, im Inlande selbständig ein Gewerbe, so ist es auf ihre Geschäftsfähigkeit in Angelegenheiten des Gewerbes ohne Einfluß, daß sie Ehefrau ist. In Ansehung des Vermögens der Frau, an welchem kraft des Güterstandes dem Manne Rechte zustehen, und, wenn eine eheliche Gütergemeinschaft besteht, in Ansehung des gemeinschaftlichen Vermögens, finden die Vorschriften des § 1390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) Anwendung. Soweit nach diesen Vorschriften die Frau der Zustimmung des Mannes nicht bedarf, haftet für ihre Verbindlichkeiten ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die dem Manne kraft des Güterstandes zustehenFür den EG-Entwurf wird nicht zwischen E II und E II rev. unterschieden; es liegt vielmehr nur eine einzige Fassung zweiter Lesung (E II) vor. Grundlage der Beratungen waren entweder die ZustRedKom (in den Prot. II „Red.Vorl." genannt — sie ist, soweit zum Verständnis der Prot. II notwendig, hier mitabgedruckt) oder die Vorl. Zust. (ab Art. 97), die unter II. wiedergegeben ist.
836
Protokolle der 2. Kommission (2. Lesung) den Rechte; im Falle des Bestehens einer ehelichen Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen. H a t die Frau den Wohnsitz nicht im Inlande, so ist der Einspruch des Mannes gegen den Betrieb des Gewerbes und der Widerruf der ertheilten Einwilligung in das güterrechtliche Register des Bezirkes einzutragen, in dem das Gewerbe betrieben wird. I Die nähere Prüfung des Antrags wurde der Red.Komm, überwiesen.
| Ρ II 6, 601
IV. Zu Art. 24 war beantragt: im Art. 24 den Abs. 2 des § 7 d. Ges. v. 7. Juni 1871 Jacubezky durch folgende Vorschriften zu ersetzen : (Nr 82, 3) Die Vorschriften des 5 828 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt von der Vorschrift des § 648 N r . 6 und für die dem Verletzten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 3, f ü r die dem Dritten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 1 Nr. 2 der Civilprozeßordnung. Ist bei der Beurtheilung des Verpflichteten zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt worden, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urtheile bestimmten Sicherheit verlangen. Der nur redaktionelle Antrag, welcher von der nach S. 594 angenommenen Fassung darin abweicht, daß er den Inhalt des § 293 c d. C.P.O. übersetzt, wurde der Red.Komm, überwiesen. V. Eine Ergänzung des Entw. bezweckte der nachfolgende, schon bei der ersten Berathung in einer sachlich etwas abweichenden Fassung gestellte, dort aber (S. 598 unter XII) ausgesetzte Antrag : hinter dem Art. 28 die Vorschrift aufzunehmen : In das Gesetz über die Konsular- Jacubezky gerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 197) wird folgende Vorschrift (Nr 82, 4) eingestellt: § 3 a. Testamente können in den Konsulargerichtsbezirken durch eine unter Angabe des Ortes und Tages der Ausstellung eingenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung des Erblassers errichtet werden. Für ein gemeinschaftliches Testament gilt die Vorschrift des § 2241 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.). Die Komm, lehnte mit 10 gegen 8 Stimmen den Antrag ab. I VI. Es lag der Antrag vor :
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als Art. 30a die Vorschrift einzustellen: In dem Gesetze, betreffend das Reichs- v. Mandry schuldbuch, vom 31. Mai 18 91 wird der $ 9 dahin geändert : (Nr 8 3 I) Eine Ehefrau wird zu Anträgen ohne Zustimmung des Ehemanns zugelassen. Die Ehefrau hat nicht das Recht zur selbständigen Stellung von Anträgen, wenn ein Vermerk zu Gunsten des Ehemanns im Reichsschuldbuch eingetragen ist. Ein solcher Vermerk ist einzutragen, wenn die Ehefrau oder mit deren Zustimmung der Ehemann die Eintragung beantragt. Die Ehefrau ist dem Ehemanne gegenüber zur Ertheilung der Zustimmung verpflichtet, wenn sie nach dem unter ihnen bestehenden güterrechtlichen Verhältniß über die Buchforderung nur mit Zustimmung des Ehemanns verfügen kann. Die Komm, billigte den Antrag. j VII. Der dem Art. 31 Abs. 3 entsprechende Art. 31 b Abs. 1 d. Red.Vorl. lautet: | ΡΙΓ6, 605 „Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 des Gesetzes, betreffend die Beschränkungen des Jacubezky Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen, vom 21. Dezember 1871 (Nr 83,5) (Reichs-Gesetzbl. S. 459) wird durch die Vorschriften der Art. 3 1 , 3 1 a nicht berührt. 837
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Die als Entschädigung zu entrichtende Rente ist jedoch, sofern nach diesen Vorschriften ein Vertheilungsverfahren stattfindet, auf Ersuchen des für das Verfahren zuständigen Gerichts an dieses zu leisten." Es war beantragt, den Satz 2 zu fassen: „Findet nach diesen Vorschriften ein Vertheilungsverfahren statt, so ist die Entschädigung auf Ersuchen des für das Verfahren zuständigen Gerichts an dieses zu leisten, soweit sie zur Zeit der Stellung des Ersuchens noch aussteht." Die Komm, nahm den Antrag an. Jacubezky VIII. Zu Art. 34 war beantragt: den Schluß des Art. 34 zu fassen: „bleiben die (Nr 83,6) Vorschriften der Landesgesetze und der in Gemäßheit der Landesgesetze geltenden Hausverfassungen unberührt." Der Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen. IΡ II 6,606 IIX. Dem Art. 35 ist in der Red.Vorl. nachstehende Anmerkung beigefügt: „Von der Kommission wird anerkannt, daß die Landesgesetze auf Grund der für Lehen, Stammgüter und Fideikommisse gemachten Vorbehalte auch zu Vorschriften berechtigt sind, nach welchen die Nachfolge für solche Güter nicht allen Kindern zusteht, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch als eheliche gelten, nach welchen insbesondere auch die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes mit Wirkung für die Nachfolge in solche Güter anderes geregelt werden kann, als in dem Bürgerlichen Gesetzbuche. Eine besondere Vorschrift hierüber soll aber nicht aufgenommen werden." Es lag der Antrag vor, die Anmerkung zu streichen. Von anderer Seite wurde für den Fall, daß die Anmerkung beibehalten werden sollte, beantragt: statt „mit Wirkung für die Nachfolge" zu setzen „in Ansehung der Nachfolge". Beide Anträge wurden der Red.Komm. überwiesen. X. Der Art. 36 lautet in der Red.Vorl. : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld an einem Grundstücke, dessen Belastung nach den in den Artikeln 33 bis 35 bezeichneten Vorschriften unzulässig oder nur beschränkt zulässig ist, dahin gestatten, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke lediglich im Wege der Zwangsverwaltung suchen kann." Jacubezky Es war beantragt: die Worte „unzulässig oder" zu streichen. (Nr 82, 7) D e r Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. I Ρ II 6, 607
IXI. Der Art. 37 lautet in der Red.Vorl.: „Ist die Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes nach den in den Artikeln 33 bis 35 bezeichneten Vorschriften unzulässig oder nur beschränkt zulässig, so finden gleichwohl die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung." Jacubezky Es war beantragt: den Schluß der Bestimmung zu fassen: „so finden auf einen (Nr 82, 8) Erwerb, dem diese Vorschriften entgegenstehen, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs etc. (wie in der Red.Vorl.)" Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. XII. Der Art. 37b d. Red.Vorl. lautet: Unberührt bleiben die Gesetze der Großherzogthümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz über das Erbpachtrecht und ähnliche vererbliche und veräußerliche Nutzungsrechte. Für diese Rechte gelten die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die für den Erwerb des Eigenthums geltenden Vorschriften des Bürgerlichen 838
Protokolle der 2. Kommission (2. Lesung)
Gesetzbuchs finden auf den Erwerb eines bestehenden Rechtes dieser Art entsprechende Anwendung. Es war beantragt: 1. den Abs. 1 Satz 1 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Erbpachtrecht in denjenigen Bundesstaaten, in denen solche Rechte bestehen." 2. den Abs. 1 Satz 2 unter Streichung des Abs. 2 zu fassen : „Die Vorschriften des Jacubezky (Nr 82, 9) § 1002 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) finden entsprechende Anwendung." 3 4 Man beschloß, den Vorbehalt allgemein zu fassen, und überließ die Formulirung der Red.Komm., welche mit der näheren Prüfung des Antrags 1 beauftragt wurde. Der Antrag 2 wurde angenommen. IXIII. Der den Abs. 2 des Art. 41 ersetzende Abs. 3 des Art. 37c d. Red.Vorl. I Ρ II 6,608 lautet: „Die landesgesetzlichen Vorschriften über die Ablösung finden keine Anwen- Jacubezky dung auf die in den §§ 897 bis 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichneten (Nr 82, 10) Rechte und die in den §§ 1006, 1007 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichneten Unterhaltungspflichten." Es war beantragt: im Art. 37c Abs. 3 statt „auf die in . . . . bezeichneten Rechte" zu setzen „auf die nach den §§ 897, 901, 902 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) zu entrichtenden Geldrenten." Der nur redaktionelle Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen. XIV. Der den Art. 70 Abs. 1 N r . 2, Abs. 2 ersetzende Art. 37 e d. Red.Vorl. lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit gewissen Grunddienstbarkeiten oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten oder mit Reallasten untersagen oder beschränken oder den Inhalt und das Maß gewisser Grunddienstbarkeiten oder beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten näher bestimmen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf die in den §§ 897 bis 903 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichneten Rechte und auf die in den §§ 1006, 1007 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichneten Unterhaltspflichten." Es war beantragt: im Abs. 2 der vorstehenden Vorschrift statt „auf die in . . . . bezeichneten Rechte" zu setzen „auf die nach den §§ 897, 901, 902 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) zu entrichtenden Geldrenten"; Auch dieser Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen. Des Weiteren war beantragt: den Schluß des Art. 37e Abs. 1 d. Red.Vorl. zu v. Mandry fassen: „oder den Inhalt oder das Maß gewisser Grunddienstbarkeiten oder be- (Nr 83 II 1) schränkter persönlicher Dienstbarkeiten oder Reallasten näher bestimmen." IΡ II 6 , 6 0 9
I Der Antrag wurde angenommen. XV. Der Art. 75 (vergi. S. 439 unter VII) ist in der Red.Vorl. als Art. 37g eingestellt und lautet daselbst: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche einer Geldrente, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, die dem Staate oder einer öffentlichen Anstalt wegen eines zur Verbesserung des belasteten Grundstücks gewährten Darlehns zusteht, den V o r r a n g vor anderen Belastungen des Grundstücks einräumen. Zu Gunsten eines Dritten finden die Vorschriften des § 877 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) Anwendung." Begründung des Antrags Nr. 82, 9: Vergi. Art. 45 c, Art. 106 Abs. 4. Die auf die Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen, auf die Haftung wegen Unmöglichkeit der Herausgabe und auf den Ersatz von Verwendungen bezüglichen Vorschriften des B.G.B, müssen Anwendung finden. 839
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
v. Mandry (Nr 83 II 2)
Es war beantragt : 1. ¡ m Art. 37g neben dem Staate und den öffentlichen Anstalten die „öffentlichen Körperschaften" aufzuführen; 2. im Art. 37g die Darlehen „des Staates oder einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes" zu erwähnen. Die Komm, lehnte beide Anträge ab, da sie sich nicht davon zu überzeugen vermochte, daß ein Bedürfniß für die beantragte Erweiterung der Vorschrift bestehe.
XVI. Der Art. 76 Abs. 2 (vergi. S. 440 unter VIII) ist in der Red.Vorl. als Art. 37 i eingestellt und lautet daselbst: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle der Theilung eines für den Staat oder eine öffentliche AnI stalt mit einer Reallast belasteten Grundstücks nur ein Theil des Grundstücks mit der Reallast belastet bleibt und dafür zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers dieses Theiles die übrigen Theile mit Reallasten belastet werden." v. Mandry Es war beantragt : (Nr 83 II 3) 1. im Art. 37 i statt „für den Staat oder eine öffentliche Anstalt" zu setzen „für den Staat oder eine öffentliche Körperschaft oder Anstalt" ; 2. im Art. 37 i statt „für den Staat oder eine öffentliche Anstalt" zu setzen „für den Staat oder eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes". Die Anträge wurden abgelehnt; vergi, vorstehend unter XV. XVII. Der Art. 42 (vergi. S. 470 und 471 unter V) ist in der Red.Vorl. als Art. 45 d eingestellt und lautet daselbst: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die im öffentlichen Interesse erfolgende Entziehung, Beschädigung oder Benutzung einer Sache, Beschränkung des Eigenthums, Entziehung oder Beschränkung von Rechten. Auf die nach landesgesetzlicher Vorschrift wegen einer solchen Zwangsenteignung zu gewährende Entschädigung zu gewährende Entschädigung finden die Vorschriften der Art. 31,31a Anwendung, soweit nicht die Landesgesetze ein Anderes bestimmen." Jacubezky Es war beantragt: im Satz 2 des Art. 45 d statt „wegen einer solchen Zwangsent(Nr 82,11) eignung" zu setzen „wegen eines solchen Eingriffs". Der Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen, nachdem der Antragsteller erklärt hatte, daß seiner Absicht auch dann Genüge geleistet werde, wenn man in seinem Antrage das Wort „Zwangsenteignung" hinter „Eingriffs" in Parenthese beifüge. XVIII. Der Art. 45g d. Red.Vorl. enthält den nach S. 441 unter X beschlossenen allgemeinen Vorbehalt: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Versicherungsrecht angehören." IΡ II 6,611
Es lag der Antrag vor, dem Art. 45 g den Zusatz beizufügen : I „soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine besondere Bestimmung getroffen ist." Der Antrag wurde gebilligt und zugleich die Red.Komm, beauftragt, zu prüfen, ob ein entsprechender Zusatz auch an anderen Stellen zu machen sei. XIX. Der Art. 45k d. Red.Vorl. (vergi. S. 409 und 410 unter XI) lautet: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Verantwortlichkeit der Beamten für die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehülfen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung der zur amtlichen Feststellung des Werthes von Grundstücken bestellten Sachverständigen wegen Verletzung ihrer Berufspflicht." 840
Protokolle der 2. Kommission (2. Lesung) Hierzu war beantragt: den Abs. 2 des Art. 45 k in einen besonderen Artikel aufzu- Jacubezky nehmen. Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. X X . Der Art. 54 (vergi. S. 408 und 409 unter VII) ist in der Red.Vorl. als Art. 451 eingestellt und lautet daselbst: „Unberührt bleiben, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine besondere Bestimmung getroffen ist, die landesgesetzlichen Vorschriften über die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten der Beamten, der Geistlichen und der Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten aus dem Amtsverhältnisse, mit Einschluß der Ansprüche der Hinterbliebenen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Pfründerecht." Hierzu war beantragt: den Abs. 2 des Art. 451 in einen besonderen Artikel aufzunehmen. Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. X X I . Der Art. 47 a d. Red.Vorl. enthält den nach S. 553 unter X beschlossenen Vorbehalt in der Fassung: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Behandlung der einem Eisenbahnunternehmen gewidmeten Grundstücke und sonstigen Vermögensgegenstände als Einheit (Bahneinheit), über die Veräußerung und Belastung einer solchen Bahneinheit oder ihrer Bestandtheile, insbesondere die Belastung im Falle der Ausstellung von Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber, und die sich dabei ergebenden Rechtsverhältnisse sowie über die Liquidation zum Zwecke der Befriedigung der Gläubiger, denen ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus den Bestandtheilen der Bahneinheit zusteht." I Hierzu war beantragt: im Art. 4 7 a statt „die sich dabei ergebenden Rechtsver- ι Ρ II 6,612 hältnisse" zu setzen „die sich aus der Belastung oder den Schuldverschreibungen Jacubezky ergebenden Rechtsverhältnisse". (Nr 82,13) Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. X X I I . Zu dem auf S. 604 mitgetheilten Art. 47 d. Red.Vorl. war beantragt: den Jacubezky Abs. 2 Satz 1 zu fassen: „Soweit nach diesen Vorschriften eine Ehefrau berechtigt ist, (Nr 82, 14) zum Zwecke einer Verfügung über eine ihr zustehende Buchforderung selbständig Anträge bei der das Schuldbuch führenden Behörde zu stellen, ist dieses Recht ausgeschlossen, wenn ein Vermerk zu Gunsten des Ehemanns im Schuldbuch eingetragen ist." Die beantragte Fassung wurde als zu eng bezeichnet, weil sie den Fall nicht berücksichtige, daß die Frau über eine ihr verpfändete Forderung verfüge. Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. X X I I I . Der Art. 49 lautet in der Fassung der Red.Vorl. : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Beaufsichtigung juristischer Personen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Wird die nach dem Landesgesetze zu einem Erwerbe von Todeswegen erforderliche Genehmigung ertheilt, so gilt sie als vor dem Erbfall ertheilt; wird sie verweigert, so gilt die zum Erwerbe berufene Person als vor dem Erbfalle gestorben; die Vorschrift des § 2020 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) findet entsprechende Anwendung." A. Hierzu war beantragt: im Abs. 2 Satz 2 des Art. 49 statt „so gilt die zum Jacubezky Erwerbe berufene Person als vor dem Erbfalle gestorben" zu setzen „so gilt die (Nr 82,15) juristische Person in Ansehung des Anfalls als nicht vorhanden." Der Antrag, welcher die für mißlich erachtete Fiktion, daß eine juristische Person als gestorben gelten solle, vermeiden will, wurde der Red.Komm. überwiesen. 841
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Struckmann B. Des Weiteren wurde beantragt: (Nr 49) i. dem A n . 49 als Abs. 3 beizufügen: | Die Vorschriften des Abs. 2 finden auf IΡ II 6,613 juristische Personen, deren Rechtsfähigkeit auf reichsgesetzlichen, neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche bestehenden Vorschriften beruht, keine Anwendung. 2. eventuell, d. h. für den Fall, daß die Aufnahme einer Vorschrift überhaupt beliebt werden sollte, die im Antrag 1 vorgeschlagene Bestimmung zu fassen: „Die einem anderen Bundesstaat angehörenden juristischen Personen, deren Rechtsfähigkeit auf einem neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche geltenden Reichsgesetze beruht, können in dem Erwerbe von Rechten nicht weitergehenden Beschränkungen unterworfen werden, als die dem Bundesstaate selbst angehörenden juristischen Personen derselben Art." 3. im Antrage 2 die W o r t e : „neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche geltenden" zu streichen; 4. im Antrage 2 den Satz: „deren Rechtsfähigkeit beruht" zu streichen. I Ρ II 6, 615
I Die Komm, lehnte zunächst die Anträge 3 und 4 ab und nahm dann mit 10 gegen 7 Stimmen den Antrag 1 an.
I Ρ II 6, 616
IXXIV. Der Art. 62 (vergi. S. 431 bis 433 unter I) ist in der Red.Vorl. als Art. 52a eingestellt und lautet daselbst: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das zum Schutze der Grundstücke und der Erzeugnisse von Grundstücken gestattete Recht der Pfändung von Sachen, mit Einschluß der Vorschriften über die Entrichtung von Pfandgeld oder Ersatzgeld." Hierzu war beantragt: im Art. 52a statt „über das zum Schutze der Grundstücke und der Erzeugnisse von Grundstücken gestattete Recht der Pfändung" zu setzen „über die zum Schutze der Grundstücke und der Erzeugnisse von Grundstücken gestattete Pfändung". Der Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen. X X r V a Der Art. 53 lautet in der Fassung der Red.Vorl.: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Rechtsverhältnisse, welche sich aus einer auf Grund des öffentlichen Rechtes wegen der Führung eines Amtes oder wegen eines Gewerbebetriebs geleisteten Sicherheit ergeben."
Jacubezky (Nr 82,17)
ten
Hierzu war beantragt: im Art. 53 statt „geleisteten Sicherheit" zu setzen „erfolgSicherheitsleistung". Der Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen.
XXV. Die nach S. 482 unter Β beschlossene Bestimmung (Antrag § b auf S. 481 und 482 unter III) ist in der Red.Vorl. als Art. 53d eingestellt und lautet daselbst: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Staat sowie Verbände und Anstalten, die auf Grund des öffentlichen Rechtes zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet sind, Ersatz der für den Unterhalt gemachten Aufwendungen von denjenigen verlangen zu können, welche nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterhaltspflichtig sind." v. Mandry (Nr 83, 4)
Es lagen die Anträge vor: 1. im Art. 53 d statt „der Staat sowie Verbände und Anstalten" zu setzen „der Staat, sowie Körperschaften, Verbände und Anstalten";
Jacubezky 2. den Schluß des Art. 53d zu fassen: „Ersatz der für den Unterhalt gemachten (Nr 82, 18) Aufwendungen von der Person, welcher sie Unterhalt gewährt haben, und von
denjenigen verlangen können, welche nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterhaltspflichtig sind." 842
Protokolle der 2. Kommission (2. Lesung)
I D e r A n t r a g 1 w u r d e mit Rücksicht auf den oben unter X V mitgetheilten Be- | Ρ II 6,617 Schluß zu dem daselbst angeführten A n t r a g 1 zurückgezogen. D e r Antrag 2 w u r d e angenommen. XXVI. D e r Art. 60 (vergi. S. 419 und 420 unter V, VI) lautet in der Fassung der Red.Vorl.: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber, die der Bundesstaat oder eine ihm a n g e h ö r e n d e Körperschaft, Stiftung o d e r Anstalt des öffentlichen Rechtes ausstellt: 1. Die Gültigkeit der Unterzeichnung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängt, auch wenn die Form in der U r k u n d e nicht bestimmt ist; 2. der im § 789 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichnete Anspruch ausgeschlossen ist, auch w e n n die Ausschließung in dem Zins-, Renten oder Gewinnantheilscheine nicht bestimmt ist." Jacubezky H i e r z u w a r beantragt: (Nr 82,19) 1. in N r . 1 statt „die F o r m " zu setzen „dieses E r f o r d e r n i ß " ; 2. in N r . 2 den Schluß zu fassen: „auch wenn die Ausschließung in dem Zins- oder dem Rentenscheine nicht bestimmt ist." D e r Antrag 1 ist nur redaktionell und w u r d e der R e d . K o m m , überwiesen. D e r Antrag 2 w u r d e angenommen.
XXVII. Art. 60 a lautet: | „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, IΡ II 6,618 welche den Bundesstaat oder ihm angehörende Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes abweichend von der Vorschrift des § 791 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) zur Umschreibung der von ihnen ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber verpflichten u n d die sich aus der Umschreib u n g einer solchen Schuldverschreibung ergebenden Rechtsverhältnisse, mit Einschluß der Kraftloserklärung, regeln." H i e r z u w a r beantragt: im Art. 60 a statt „verpflichten und die sich aus der U m - Jacubezky schreibung einer solchen Schuldverschreibung ergebenden" zu setzen „auf den N a - (Nr 82, 20) men eines bestimmten Berechtigten verpflichten und die sich aus der Umschreibung ergebenden". D e r nur redaktionelle Antrag w u r d e der Red.Komm, überwiesen.
448. Sitzung vom 9. 12. 1895 I. Die das Hinterlegungswesen betreffenden Bestimmungen (vergi. S. 461 bis 463 u n t e r I) sind in der Red.Vorl. in den Art. 91 c, 91 d und 91 e eingestellt. D e r Art. 91 e lautet: „Die Landesgesetze können bestimmen, daß die Hinterlegungsstellen auch andere Sachen als Geld, Werthpapiere und sonstige U r k u n d e n sowie Kostbarkeiten a n z u n e h m e n haben. Im Falle einer solchen Bestimmung finden auf Schuldverhältnisse, die auf Leistung derartiger Sachen gerichtet sind, die Vorschriften der §§ 366 bis 376 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) Anwendung." Es w a r beantragt: den Art. 91 e dem Art. 9 1 c als Abs. 2 in folgender Fassung Jacubezky b e i z u f ü g e n : „Ist durch Landesgesetz bestimmt, d a ß anzunehmen haben, so (Nr 82,22) finden Anwendung." D e r Antrag, welcher keine sachliche Aenderung bezweckt, w u r d e der Red.K o m m . überwiesen. II. D e r Antrag, einen Vorbehalt f ü r das Sparkassenwesen a u f z u n e h m e n , kann keinem Kommissionsmitglied namentlich z u g e o r d n e t werden (Prot. II, Bd. 6, S. 618—620). 843
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
I Ρ II 6,620
I III. Der Art. 97 ist in der Vorl. Zus. in unveränderter Fassung aufgenommen.
Jacubezky (Nr 84,1)
Es war beantragt : den Art. 91 o Abs. 2 d. Red.Vorl. (Art. 97 Abs. 2 des Entw. und der Vorl. Zus.) und den Art. 91 q d. Red.Vorl. (Art. 99 des Entw. und der Vorl. Zus.) durch folgende Vorschriften zu ersetzen : Art. 91 q. Eine vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines körperlichen Gebrechens oder wegen Geistesschwäche angeordnete Vormundschaft ist von diesem Zeitpunkt an ohne Einfluß auf die Geschäftsfähigkeit des Bevormundeten. Die nach den französischen oder den badischen Gesetzen f ü r einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes verliert mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung. Art. 128 Abs. 1 Satz 2. Eine vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen eines körperlichen Gebrechens oder wegen Geistesschwäche angeordnete Vormundschaft gilt von diesem Zeitpunkt an als eine nach § 1888 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) angeordnete Pflegschaft. (Der vorgeschlagene Abs. 1 des Art. 91 q ist nur für den Fall beantragt, daß nicht das Aufhören einer dem B.G.B, fremden Beschränkung der Geschäftsfähigkeit mit den Mot. S. 248 f ü r selbstverständlich erachtet wird.) Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 620—622.
I Ρ II 6,622
IIV. Die in Betreff des Anerbenrechts beschlossenen Bestimmungen (vergi. S. 509 bis 515) sind in der Red.Vorl. als Art. 80 a eingestellt. Der Art. 8 0 a l a u t e t : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Anerbenrecht in Ansehung landwirthschaftlicher und forstwirthschaftlicher Grundstücke nebst deren Zubehör. Die Landesgesetze können jedoch das Recht des Erblassers, über das dem Anerbenrecht unterliegende Grundstück von Todeswegen zu verfügen, nicht beschränken."
Jacubezky (Nr 82, 21)
Es war beantragt : als Art. 80b folgende Vorschrift aufzunehmen: „Die Landesgesetze können vorschreiben, daß ungeachtet der Geltendmachung des Rechtes des Anerben die anderen Erben das im § 2036 Abs. 1 des B.G.B. (B.R.) bestimmte Recht behalten, sofern nicht der außer dem Grundstück und dem Zubehöre vorhandene Nachlaß getheilt wird. Die einem Miterben aus dem Grundstück und dem Zubehöre gewährte Abfindung gilt als zum Nachlasse gehörend; die Vorschriften der §§ 1967 bis 1969 des B.G.B. (B.R.) finden entsprechende Anwendung." im Falle der Ablehnung dieses Vorschlags dem Art. 80 a Abs. 1 den Zusatz beizufügen: „mit Einschluß der Vorschriften, welche f ü r den Fall, daß in Ansehung eines zu dem Nachlasse gehörenden Grundstücks das Anerbenrecht ausgeübt wird, die H a f t u n g der Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten abweichend von den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmen."
I Ρ II 6,625
I Am Schlüsse der Erörterung ergab sich, daß die überwiegende Mehrheit die Aufnahme der in dem Antrage vorgeschlagenen Erweiterung des Vorbehalts nicht f ü r nothwendig hielt. Dem entsprechend wurde der Antrag sowohl in der prinzipalen als in der eventuellen Fassung abgelehnt. V. Die Art. 93, 94 haben in der Red.Vorl. die Fassung erhalten: Art. 93. Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhängiges 844
Protokolle der 2. Kommission (2. Lesung)
Verfahren, das eine Todeserklärung, eine Verschollenheitserklärung oder die Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen zum Gegenstande hat, ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Nach diesen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen der Entscheidung; im Falle der Todeserklärung finden jedoch die Vorschriften der §§ 92 a, 92 b Anwendung. Art. 94. Ist vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Verschollenheitserklärung oder die vorläufige Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen erfolgt, so sind die bisherigen Gesetze auch für die Todeserklärung sowie f ü r die endgültige Einweisung maßgebend; im Falle der Todeserklärung finden die Vorschriften der Artikel 92 a, 92 b Anwendung. Jacubezky Es war beantragt : (Nr 84, 2) die Art. 93, 94 in folgender Fassung in einem Artikel zu verbinden: Ein zur Zeit etc. (wie im Art. 93 Abs. 1 d. Red.Vorl.). Ist vor dem Inkrafttreten etc. (wie im Art. 94 Halbsatz 1 d. Red.Vorl.). Nach den bisherigen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen der nach Abs. 1 oder Abs. 2 ergehenden Entscheidung. Im Falle der Todeserklärung finden die Vorschriften der Art. 92 a, 92 b Anwendung. Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. I VI. Es war beantragt: im Art. 94a d. Red.Vorl. den Eingang zu fassen: „Soweit ι Ρ II 6 , 6 2 6 die im Anschluß an eine Verschollenheitserklärung oder an eine vorläufige Einwei- Jacubezky sung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens des Ver- (Nr 84, 3) schollenen nach Art. 94 (bezw. nach Abs. 2 des oben unter V beantragten Artikels) ergehende Entscheidung ohne Einfluß etc. (wie im Art. 94 a). Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. VII. Es war beantragt: den Satz 2 des Art. 102 Abs. 2 Vorl. Zus. zu fassen: „Läuft Jacubezky jedoch die in den bisherigen Gesetzen bestimmte längere Frist früher ab, als die mit (Nr 84, 4) dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs beginnende kürzere Frist, so ist die Verjährung mit dem Ablaufe der längeren Frist vollendet." Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. VIII. Der Art. 105 hat auf Grund der Beschlüsse der Komm, (vergi. S. 505 bis 509 unter III) in der Vorl. Zus. folgende Fassung erhalten (vergi, oben S. 829). ι Ρ II 6 , 6 2 7 I Hierzu war beantragt: a) im Art. 105 Abs. 3 Satz 2 statt „und für die Frist, innerhalb welcher die Scheine Jacubezky dem Aussteller zur Einlösung vorgelegt werden müssen" zu setzen „und, wenn in den (Nr 84, 5) bisherigen Gesetzen oder nach ihren Vorschriften in der Schuldverschreibung eine Vorlegungsfrist bestimmt ist, f ü r diese Frist". (Für die nach dem Inkrafttreten des B.G.B, ausgegebenen Zinsscheine gelten der § 784 Abs. 1 Satz 2 und die §§ 788, 789 d. B.G.B. (B.R.). Der § 789, der den § 784 Abs. 1 Satz 2 ergänzt, setzt das Bestehen einer Vorlegungsfrist voraus. D e r § 786 d. B.G.B. (B.R.) gilt, soweit er nicht ausgeschlossen wird, gleichfalls.) b) den Abs. 4 des Art. 105 in folgender Fassung als Art. 105b einzustellen: „Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhängiges Verfahren, das die Kraftloserklärung einer Schuldver- | Schreibung auf den Inhaber oder einer Urkunde der im § 793 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichneten Art oder die Zahlungssperre f ü r eine solche Schuldverschreibung oder Urkunde zum Gegenstande hat, ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Nach diesen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen des Verfahrens und der Entscheidung." 845
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
IΡ II 6,628
Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 628.
IΡ II 6,629
| Z u Art. 106 Vorl. Zus. lagen die Anträgevor:
Jacubezky (Nr 84,6)
1. den Art. 106 durch nachstehende Vorschriften zu ersetzen : Art. 106. Auf ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehendes Besitzverhältniß finden von diesem Zeitpunkt an, unbeschadet der Vorschrift des Artikel 111, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 106a. Für das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Eigenthum gelten von diesem Zeitpunkt an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Ein nach den bisherigen Gesetzen entstandenes besonderes Eigenthum an stehenden Erzeugnissen eines Grundstücks, insbesondere an Bäumen, sowie ein Miteigenthum, bei welchem die Sache den Miteigenthümern nicht nach Bruchtheilen zusteht, bleibt bestehen. Art. 106 b. Für den Inhalt der zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Rechte, mit denen eine Sache oder ein Recht belastet ist, bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend, soweit sich nicht aus den Artikeln 112, 113 ein Anderes ergiebt. Für ein nach den bisherigen Vorschriften begründetes Erbbaurecht gelten die Vorschriften des § 1002, für die nach den bisherigen Vorschriften begründeten Grunddienstbarkeiten gelten die Vorschriften der §§ 1005 bis 1012 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.). Danckelmann 2. als Satz 2 des Abs. 2 des Art. 106 zu bestimmen: „Die Vorschriften des $ 1005 (Nr 80) Satz 1 und der SS 1008, 1009, 1010, 1011 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) finden Anwendung." 3. in der Sitzung wurde der weitere Antrag gestellt: im Art. 106 Abs. 3 nach den Worten „gesondertes Eigenthum" einzuschalten: „an einzelnen Stockwerken oder sonstigen Räumen eines Gebäudes oder". Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 629—631. IΡ II 6,631
|X. Nach der Vorl. Zus. soll an geeigneter Stelle, etwa als Art. 110a, folgende Vorschrift aufgenommen werden : Das Rangverhältniß eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstandenen Rechtes bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Bei Rechten an Grundstücken und Rechten an einem solchen Rechte gilt dies auch dann, wenn sie nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs, aber vor der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, entstanden sind. — Für eine Aenderung des Rangverhältnisses eines Rechtes an einem Grundstück oder eines Rechtes an einem solchen Rechte gilt das Gleiche wie für eine Aenderung des Inhalts des Rechtes. Jacubezky Es war beantragt: den vorstehenden Artikel durch folgende Vorschriften zu (Nr 84, 7) ersetzen: Art. 106c. Das Rangverhältniß eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstandenen Rechtes bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Art. 110 Abs. 1 Satz 2. Die bisherigen Gesetze sind auch für den Rang eines vor diesem Zeitpunkte begründeten Rechtes sowie für eine Aenderung des Inhalts oder des Ranges des Rechtes maßgebend. Der Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen. Jacubezky XI. Zu Art. 112 der Vorl. Zus. lag der Antrag vor:
(Nr 84, 8) ! IΡ II 6,632 846
j j e s ^ ^ 112 zu fassen: „Ein zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als
Protokolle der 2. Kommission (2. Lesung) angelegt anzusehen ist, bestehendes Pfandrecht an einem Grundstücke gilt von dieser Zeit an als eine Hypothek, bei welcher die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist; ist der Betrag der Forderung, f ü r welche das Pfandrecht besteht, nicht bestimmt, so gilt das Pfandrecht als Sicherungshypothek." die Abs. 3, 4 des Art. 112 zu fassen: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein nach Abs. 1 nicht als Sicherungshypothek geltendes Pfandrecht an einem Grundstück als Sicherungshypothek gelten oder daß die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht als ausgeschlossen und eine über das Pfandrecht ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief gelten soll. Für ein Pfandrecht, das als Sicherungshypothek gilt, kann durch Landesgesetz dem Gläubiger das Recht, die Löschung der Hypothek zu verlangen, wenn sie sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, mit derselben Wirkung eingeräumt werden, welche der im § 1163 des B.G.B. (B.R.) bezeichneten Vormerkung zukommt." Der Antrag wurde der Red.Komm. überwiesen. XIV. Zu Art. 110 Vorl. Zus. war beantragt, den Abs. 2 zu fassen: | „Eine vor der | Ρ II 6, 633 Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, begonnene Ersitzung wird nach § 885 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) fortgesetzt, wenn der Besitzer als der Berechtigte in das Grundbuch eingetragen wird; die Vorschriften des Artikel 102 finden entsprechende Anwendung." I Die Komm, lehnte den Antrag auf Aenderung des Art. 110 ab.
| Ρ II 6,634
XV. Zu Art. 117 Vorl. Zus. war beantragt: die Sätze 2, 3 des vorstehenden Art. 117 durch folgenden Abs. 2 zu ersetzen: Jacubezky „Eine nach den bisherigen Gesetzen ungültige Ehe ist als von Anfang an gültig (Nr 84,9) anzusehen, wenn die Ehegatten zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Ehegatten mit einander gelebt haben und der Grund, auf welchem die Ungültigkeit beruht, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Nichtigkeit oder die Anfechtbarkeit der Ehe nicht zur Folge gehabt oder diese Wirkung verloren haben würde. H ä n g t die Gültigkeit der Ehe von dem Ablaufe der im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Anfechtungsfrist ab, so beginnt diese nicht vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Ein Formmangel, wegen dessen eine vor dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 6. Februar 1875 geschlossene Ehe nichtig ist, steht der Nichtbeobachtung der im § 1302 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) vorgeschriebenen Form gleich; ist die | Eheschließung in das zur Beurkundung der Eheschließung bestimmte Buch oder Register eingetragen worden, so findet die Vorschrift des S 1309 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) entsprechende Anwendung." Man überwies den Antrag der Red.Komm.
IΡ II 6,635
Bei der Berathung wurde darauf hingewiesen, daß nach S. 575 unter III als Abs. 2 Jacubezky des Art. 117 folgende in die Vorl. Zus. aus Versehen nicht eingestellte Vorschrift (Nr 84, 9) beschlossen worden sei: „Die nach den bisherigen Gesetzen erfolgte Ungültigkeitserklärung einer Ehe steht der Nichtigkeitserklärung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche gleich." Gegen die Aufnahme dieser Bestimmung erhob sich kein Widerspruch. XVI. Zu Art. 118 Vorl. Zus. war beantragt : Jacubezky den Abs. 2 als Art. 120 a einzustellen und demselben folgenden Zusatz beizufü- (Nr 84,10) gen: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bis zum T o d e des einen Ehegatten fortbestehende T r e n n u n g in Ansehung des gesetzlichen Erbrechts des 847
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
überlebenden Ehegatten und der in den §§ 2054, 2242, 2253 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bestimmten Wirkungen der Auflösung der Ehe gleichstehen soll." Man war mit dem sachlichen Inhalte des vorgeschlagenen Zusatzes einverstanden. IΡ II 6,636
Jacubezky (Nr 84,11) Jacubezky (Nr 84,12)
|XVII. Der Artikel 128 Abs. 2 Satz 1 lautet in der Vorl. Zus., mit dem Entw. übereinstimmend: „Die bisherigen Vormünder und Pfleger verbleiben in ihrem Amte, sofern nicht die Vormundschaft oder Pflegschaft mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach dessen Vorschriften beendigt wird." Es war beantragt: im Art. 128 Abs. 2 den Satz 1 zu fassen: „Die bisherigen Vormünder und Pfleger verbleiben im Amte." Der Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen. XVIII. Zu Art. 129 Abs. 2 war beantragt: den Satz 3 zu fassen: „Für einen vor J e m Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossenen Erbverzichtsvertrag und für einen vor diesem geschlossenen Vertrag, durch den ein Erbverzichtsvertrag aufgehoben worden ist, gelten die bisherigen Gesetze." Der Antrag wurde ohne Widerspruch gebilligt. XIX. Zu Art. 121 war beantragt : dem Art. 121 als Abs. 2 beizufügen : „Die elterliche Nutznießung am Vermögen des Kindes steht demjenigen (der Eltern) nicht zu, welcher in Folge einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gegen ihn ausgesprochenen Ehescheidung nach den bisherigen Gesetzen von dem Rechte auf Nutznießung ausgeschlossen ist." Die Kommission lehnte den Antrag ab. Prot. II, Bd. 6, S. 650 f f . , 742 f f . enthalten keine Anträge. IV. Fassung der Regelung im E II/E III35 Erster Abschnitt Allgemeine Vorschriften Art. 1 E Ii/Art. 1 E III*. Das Bürgerliche Gesetzbuch tritt mit dem . . . in Kraft. Art. 2 E Ii/Art. 2 E III. Gesetz im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und dieses Gesetzes ist jede Rechtsnorm. Art. 3 E Ii/Art. 3 E III. Soweit in dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder in diesem Gesetze die Regelung den Landesgesetzen vorbehalten oder bestimmt ist, daß landesgesetzliche Vorschriften unberührt bleiben oder erlassen werden können, bleiben die bestehenden landesgesetzlichen Vorschriften in Kraft und können neue landesgesetzliche Vorschriften erlassen werden. Art. 4 E Ii/Art. 4 E III. Soweit in Reichsgesetzen oder in Landesgesetzen auf Vorschriften verwiesen ist, welche durch das Bürgerliche Gesetzbuch oder durch dieses Gesetz außer Kraft gesetzt werden, treten an deren Stelle die entsprechenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches oder dieses Gesetzes. 35
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Eine E II rev.-Fassung existiert für das EG nicht. — Aus Platzgründen wurde darauf verzichtet, die Fassung des E III vollständig wiederzugeben, zumal sich E II und E III nur geringfügig voneinander unterscheiden. Bei den Bestimmungen des E II, die vom Bundesrat geändert worden sind, ist ein Sternchen angebracht. Die Änderung selbst ist aus der Drucksache des Bundesrats Nr. 10 vom 20.1.1896 (unten S. 942 ff.) zu entnehmen.
Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε II/E III)
Art. 5 E Ii/Art. 5 E III. Als Bundesstaat im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und dieses Gesetzes gilt auch das Reichsland Elsaß-Lothringen. 36 Zweiter Abschnitt. Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Reichsgesetzen Art. 6 E Ii/Art. 31 E III. Die Vorschriften der Reichsgesetze bleiben in Kraft. Sie treten jedoch insoweit außer Kraft, als aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder aus diesem Gesetze die Aufhebung sich ergiebt. Art. 7 E II/Art. 32 E III. Soweit in dem Gerichtsverfassungsgesetze, der (Zivilprozeßordnung, der Strafprozeßordnung, der Konkursordnung und in dem Gesetze, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, vom 21. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 277) an die Verwandtschaft oder die Schwägerschaft rechtliche Folgen geknüpft sind, finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Verwandtschaft oder Schwägerschaft Anwendung. Art. 8 E II/Art. 33 E III"·. Das Strafgesetzbuch wird dahin geändert: I. Im § 34 Nr. 6 werden die Worte: „Vormund, Nebenvormund, Kurator, gerichtlicher Beistand oder Mitglied eines Familienraths" ersetzt durch die Worte: „Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der Mutter, Mitglied eines Familienraths oder Kurator". II. Der § 55 Abs. 2 fällt weg. III. An die Stelle des § 65 treten folgende Vorschriften: Der Verletzte, welcher das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist selbständig zu dem Antrag auf Bestrafung berechtigt. Solange er minderjährig ist, hat unabhängig von seiner eigenen Befugniß auch sein gesetzlicher Vertreter das Recht, den Antrag zu stellen. Ist der Verletzte geschäftsunfähig oder hat er das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so ist sein gesetzlicher Vertreter der zur Stellung des Antrags Berechtigte. IV. Als § 145 a wird folgende Vorschrift eingestellt: „Wer im Inlande Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, ohne die erforderliche Genehmigung des Bundesraths ausstellt und in Verkehr bringt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Theile des Nennwerths der ausgegebenen Schuldverschreibungen gleichkommen kann, mindestens aber dreihundert Mark beträgt." V. Im § 171 Abs. 1 und Abs. 3 werden die Worte: „aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt worden ist" ersetzt durch die Worte: „aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist". VI. An die Stelle des § 195 tritt folgende Vorschrift: „Ist eine Ehefrau beleidigt worden, so hat sowohl sie als ihr Ehemann das Recht, auf Bestrafung anzutragen." VII. Im § 235 werden die Worte: „ihren Eltern oder ihrem Vormunde" ersetzt durch die Worte : „ihren Eltern, ihrem Vormunde oder ihrem Pfleger". VIII. Im § 237 werden die Worte: „ihrer Eltern oder ihres Vormundes" ersetzt durch die Worte: „ihrer Eltern, ihres Vormundes oder ihres Pflegers". IX. Im § 238 werden die Worte: „für ungültig erklärt worden ist" ersetzt durch die Worte : „für nichtig erklärt worden ist." 36
Hier folgen in E III die Bestimmungen des Internationalen Privatrechts (unter S. 942 ff.). 849
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 9 E Ii/Art. 34 E III. Die Strafprozeßordnung wird dahin geändert: I. Der S 11 Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: Gehört ein Deutscher einem Bundesstaate nicht an, so gilt als sein Wohnsitz ein durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmender Gerichtsbezirk der Stadt Berlin. II. An die Stelle des § 149 Abs. 2 tritt folgende Vorschrift : Daselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten. Art. 10 E Ii/Art. 35 E III. Die Gewerbeordnung wird dahin geändert: I. Der § 11 Abs. 2 fällt weg; als 5 11 a werden folgende Vorschriften eingestellt: Betreibt eine Ehefrau, für deren güterrechtliche Verhältnisse ausländische Gesetze maßgebend sind, im Inlande selbständig ein Gewerbe, so ist es auf ihre Geschäftsfähigkeit in Angelegenheiten des Gewerbes ohne Einfluß, daß sie Ehefrau ist. Soweit die Frau in Folge des Güterstandes in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt ist, finden die Vorschriften des § 1390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Hat die Frau ihren Wohnsitz nicht im Inlande, so ist der Einspruch des Mannes gegen den Betrieb des Gewerbes und der Widerruf der ertheilten Einwilligung in das Güterrechtsregister des Bezirks einzutragen, in welchem das Gewerbe betrieben wird. Betreibt die Frau das Gewerbe mit Einwilligung des Mannes oder gilt die Einwilligung nach § 1390 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als ertheilt, so haftet für die Verbindlichkeiten der Frau aus dem Gewerbebetriebe ihr Vermögen ohne Rücksicht auf die dem Manne kraft des Güterstandes zustehenden Rechte ; im Falle des Bestehens einer ehelichen Gütergemeinschaft haftet auch das gemeinschaftliche Vermögen. II. Im § 107 Abs. 1 werden 1. im Satz 4 die Worte: „an den Vater oder Vormund, sofern diese es verlangen" ersetzt durch die Worte: „an den gesetzlichen Vertreter, sofern dieser es verlangt", 2. im Satz 5 die Worte: „an die Mutter" ersetzt durch die Worte: „an die zur gesetzlichen Vertretung nicht berechtigte Mutter". III. Im § 108 treten an die Stelle des Satz 3 folgende Vorschriften: „Die Ausstellung erfolgt auf Antrag oder mit Zustimmung des gesetzlichen Vertreters. Steht die gesetzliche Vertretung kraft elterlicher Gewalt dem Vater oder der Mutter zu und ist die Erklärung des Vertreters nicht zu beschaffen oder verweigert dieser die Zustimmung ohne genügenden Grund und zum Nachtheile des Arbeiters, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung ergänzen." IV. Im § 110 Abs. 1 werden die Worte: „seines Vaters oder Vormunds" ersetzt durch die Worte: „seines gesetzlichen Vertreters". V. Im § 113 tritt an die Stelle des Abs. 4 folgende Vorschrift: „Ist der Arbeiter minderjährig, so kann das Zeugniß von dem gesetzlichen Vertreter gefordert werden. Dieser kann verlangen, daß das Zeugniß an ihn, nicht an den Minderjährigen ausgehändigt werde. Mit Genehmigung der Gemeindebehörde des im § 108 bezeichneten Ortes kann auch gegen den Willen des gesetzlichen Vertreters die Aushändigung unmittelbar an den Arbeiter erfolgen." VI. Im § 131 Abs. 1 Satz 1 werden die Worte: „von dem Vater oder Vormunde" ersetzt durch die Worte: „von dem gesetzlichen Vertreter". VII. Im § 133 Abs. 2 Satz 1 werden die Worte: „der Vater des Lehrlings" ersetzt durch die Worte: „Der Vater des Lehrlings, sofern er die Sorge für die Person des Lehrlings hat,". Art. 11 E Ii/Art. 36 E III. Der § 2 des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 55) wird dahin geändert: 850
Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε II/E III)
Wer die aus der Reichsangehörigkeit folgenden Befugnisse in Anspruch nimmt, hat auf Verlangen den Nachweis seiner Reichsangehörigkeit und, sofern er unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, den Nachweis der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zu erbringen. Eine Ehefrau bedarf der Genehmigung des Ehemanns. Art. 12 E Ii/Art. 37 E III. Das Gesetz, betreffend die Organisation der Bundeskonsulate, sowie die Amtsrechte und Pflichten der Bundeskonsuln, vom 8. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 137) wird dahin ergänzt: I. Der § 16 erhält folgenden Abs. 2: Einem Wahlkonsul steht in Ansehung der Errichtung einer Verfügung von Todeswegen das im Abs. 1 bezeichnete Recht der Notare nur dann zu, wenn das Recht ihm von dem Reichskanzler besonders beigelegt ist. II. als § 17 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Auf die Errichtung einer Verfügung vom Todeswegen finden nicht die Vorschriften des § 17, sondern die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 13 EII/Art. 38 E III. Das Gesetz, betreffend die vertragsmäßigen Zinsen, vom 14. November 1867 (Bundes-Gesetzbl. S. 159) wird aufgehoben. Art. 14 E Ii/Art. 39 E III. Das Gesetz, betreffend die Eheschließung und die Beurkundung des Personenstandes von Bundesangehörigen im Auslande, vom 4. Mai 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 599) wird dahin geändert: I. In dem § 3 Abs. 1 Satz 1, dem § 9, dem § 11 Abs. 2 und dem § 12 Abs. 1 Satz 2 wird das Wort: „muß" ersetzt durch das Wort: „soll". II. An die Stelle der §§ 7, 8 treten folgende Vorschriften: § 7. Die Ehe wird dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor dem Beamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit einander eingehen zu wollen, und daß hierauf der Beamte die Ehe für geschlossen erklärt. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden. § 7 a. Der Beamte soll bei der Eheschließung in Gegenwart von zwei Zeugen an die Verlobten einzeln und nach einander die Frage richten, ob sie die Ehe mit einander eingehen wollen, und, nachdem die Verlobten die Frage bejaht haben, aussprechen, daß er kraft Gesetzes sie für rechtmäßig verbundene Eheleute erkläre. Als Zeugen sollen Personen, die der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt sind, während der Zeit, für welche die Aberkennung der Ehrenrechte erfolgt ist, sowie Minderjährige nicht zugezogen werden. Personen, die mit einem der Verlobten, mit dem Beamten oder mit einander verwandt oder verschwägert sind, dürfen als Zeugen zugezogen werden. § 8. Als zur Eheschließung ermächtigter Beamter (§ 1) gilt auch derjenige, welcher, ohne ein solcher Beamter zu sein, das Amt eines solchen öffentlich ausübt, es sei denn, daß die Verlobten den Mangel der amtlichen Befugniß bei der Eheschließung kennen. § 8 a. Eine Ehe, die vor einem zur Eheschließung ermächtigten Beamten (§ 1) oder vor einer im § 8 einem solchen Beamten gleichgestellten Person geschlossen wird, ist wegen Formmangels nur dann nichtig, wenn bei der Eheschließung die im § 7 vorgeschriebenen Form nicht beobachtet worden ist. Ist die Ehe in das Heirathsregister eingetragen worden und haben die Ehegatten nach der Eheschließung zehn Jahre als Ehegatten mit einander gelebt, so ist die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen. Art. 15 E Ii/Art. 40 E III. Das Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der 851
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870 (Bundes-Gesetzbl. S. 355) wird dahin geändert: I. An die Stelle des § 11 treten folgende Vorschriften : „Die Verleihung der Staatsangehörigkeit erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen minderjährigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Aufgenommenen oder Naturalisirten kraft elterlicher Gewalt zusteht. Ausgenommen sind Töchter, die verheirathet sind oder verheirathet gewesen sind. II. Als § 14 a werden folgende Vorschriften eingestellt: Die Entlassung eines Staatsangehörigen, der unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft steht, kann von dem gesetzlichen Vertreter nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts beantragt werden. Die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist nicht erforderlich, wenn der Vater oder die Mutter die Entlassung für sich und zugleich kraft elterlicher Gewalt für ein Kind beantragt. Erstreckt sich der Wirkungskreis eines der Mutter bestellten Beistandes auf die Sorge für die Person des Kindes, so bedarf die Mutter in einem solchen Falle der Genehmigung des Beistandes zu dem Antrag auf Entlassung des Kindes. III. An die Stelle des § 19 treten folgende Vorschriften: Die Entlassung erstreckt sich, insofern nicht dabei eine Ausnahme gemacht wird, zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Entlassenen kraft elterlicher Gewalt zusteht. Diese Vorschrift findet keine Anwendung auf Töchter, die verheirathet sind oder verheirathet gewesen sind, sowie auf Kinder, die unter der elterlichen Gewalt der Mutter stehen, falls die Mutter zu dem Antrage auf Entlassung der Kinder nach § 14 a Abs. 2 Satz 2 der Genehmigung des Beistandes bedarf. IV. An die Stelle des § 2 1 Abs. 2 treten folgende Vorschriften: „Der hiernach eingetretene Verlust der Staatsangehörigkeit erstreckt sich zugleich auf die Ehefrau und auf diejenigen Kinder, deren gesetzliche Vertretung dem Ausgetretenen kraft elterlicher Gewalt zusteht, soweit sich die Ehefrau oder die Kinder bei dem Ausgetretenen befinden. Ausgenommen sind Töchter, die verheirathet sind oder verheirathet gewesen sind." Art. 16 E Ii/Art. 41 E III. Das Gesetz, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken u. s. w. herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen, vom 7. Juni 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 207) wird dahin geändert: I. An die Stelle des § 3 treten folgende Vorschriften : § 3. Im Falle der Tödtung ist der Schadenersatz (§§ 1 und 2) durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung sowie des Vermögensnachtheils zu leisten, den der Getödtete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war. Der Ersatzpflichtige hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen. Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadenersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. 852
Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε II/E III) Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war. § 3 a. Im Falle einer Körperverletzung ist der Schadenersatz (§§ 1 und 2) durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachtheils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß in Folge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. II. Im § 5 werden die Worte : „der in den §§ 1 bis 3 enthaltenen Bestimmungen" ersetzt durch die Worte: „der in den §§ 1 bis 3 a enthaltenen Bestimmungen." III. In die Stelle der §§ 7, 8 treten folgende Vorschriften: § 7. Der Schadenersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse des Verletzten sowie der nach § 3 Abs. 2 einem Dritten zu gewährende Schadenersatz ist für die Zukunft durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten. Die Vorschriften des S 828 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des § 648 Nr. 6 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt für die dem Verletzten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 3 und für die dem Dritten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 1 Nr. 2 der Civilprozeßordnung. Ist bei der Verurtheilung des Verpflichteten zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt worden, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urtheile bestimmten Sicherheit verlangen. § 8. Die Forderungen auf Schadenersatz (§§ 1 bis 3 a) verjähren in zwei Jahren von dem Unfall an. Gegen denjenigen, welchem der Getödtete Unterhalt zu gewähren hatte (§ 3 Abs. 2), beginnt die Verjährung mit dem Tode. Im Uebrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung Anwendung. 37 Art. 17 E Ii/Art. 42 E III. Der § 6 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten, vom 31. März 1873 (Reichs-Gesetzbl. S. 61) wird aufgehoben. Art. 18 E Ii/Art. 43 E III. Die Vorschriften des § 44 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 45) finden entsprechende Anwendung auf Personen, die zur Besatzung eines in Dienst gestellten Schiffes der Kaiserlichen Marine gehören, solange das Schiff sich außerhalb eines inländischen Hafens befindet oder die Personen als Kriegsgefangene oder Geißeln in der Gewalt des Feindes sind, ingleichen auf andere an Bord eines solchen Schiffes genommene Personen, solange das Schiff sich außerhalb eines inländischen Hafens befindet und die Personen an Bord sind. Die Frist, mit deren Ablaufe die letztwillige Verfügung ihre Gültigkeit verliert, beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem das Schiff in einen inländischen Hafen zurückkehrt oder der Verfügende aufhört, zu dem Schiffe zu gehören, oder als Kriegsgefangener oder Geißel aus der Gewalt des Feindes entlassen wird. Den Schiffen stehen die sonstigen Fahrzeuge der Kaiserlichen Marine gleich. Art. 19 E Ii/Art. 44 E III. Der § 45 Abs. 2 Satz 2 des Reichsmilitärgesetzes vom 2. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 45) wird aufgehoben. Art. 20 E Ii/Art. 45 E III. Das Gesetz über die Beurkundung des Personenstandes 37
Vom Bundesrat ist hier noch ein veränderter § 9 eingefügt worden. 853
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und die Eheschließung vom 6. Februar 1875 (Reichs-Gesetzbl. S. 23) wird dahin geändert: I. Die §§ 28 bis 40, 42, 43, 51 bis 53 werden aufgehoben. II. An die Stelle der §§ 41, 44, 50, 55 treten folgende Vorschriften: § 41. Für die Eheschließung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs maßgebend. § 44. Für die Anordnung des vor der Eheschließung zu erlassenden Aufgebots ist jeder Standesbeamte zuständig, vor dem nach § 1305 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Ehe geschlossen werden kann. § 50. Der Standesbeamte soll ohne Aufgebot die Eheschließung nur vornehmen, wenn ihm ärztlich bescheinigt wird, daß die lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten den Aufschub der Eheschließung nicht gestattet. § 55. Ist eine Ehe f ü r nichtig erklärt oder ist in einem Rechtsstreite, der die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, das Nichtbestehen der Ehe festgestellt oder ist eine Ehe vor dem T o d e eines der Ehegatten aufgelöst, so ist dies am Rande der über die Eheschließung bewirkten Eintragung zu vermerken. III. Im § 69 werden die W o r t e : „in diesem Gesetze" ersetzt durch die Worte: „in diesem Gesetze und in dem Bürgerlichen Gesetzbuche". IV. Im § 75 Abs. 1 werden die Worte: „nach den Vorschriften dieses Gesetzes" ersetzt durch die Worte : „nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs". V. Im § 82 werden die Worte: „durch dieses Gesetz" ersetzt durch die Worte: „durch die Vorschriften dieses Gesetzes und des Bürgerlichen Gesetzbuchs". Art. 21 E III: —. In das Gesetz, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, vom 21. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 277) wird folgende Vorschrift eingestellt: § 3 a. H a t der Erbe aus dem Nachlasse Pflichttheilsansprüche, Vermächtnisse oder Auflagen erfüllt, so kann ein Nachlaßgläubiger, der im Konkursverfahren über den Nachlaß dem Empfänger der Leistung im Range vorgehen oder gleichstehen würde, die Leistung in gleicher Weise anfechten wie eine unentgeltliche Verfügung des Erben. Eine nach den §§ 1950, 1951, 1966 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingetretene Beschränkung des Rechtes des Gläubigers bleibt außer Betracht, wenn der Gläubiger dem Empfänger der Leistung im Range vorgehen würde. Art. 22 E II/Art. 46 E III. Der § 16 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung, vom 20. April 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 58) wird aufgehoben. Art. 23 E II/Art. 47 E III. Der § 18 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen von Angehörigen des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, vom 17. Juni 1887 (Reichs-Gesetzbl. S. 237) wird aufgehoben. Art. 24. E II/Art. 48 E III. Der § 9 des Gesetzes, betreffend das Reichsschuldb u c h , v o m 3 1 . Mai 1891 (Reichs-Gesetzbl. S. 321) wird dahin geändert:"' Eine Ehefrau wird zu Anträgen ohne Zustimmung des Ehemanns zugelassen. Die Ehefrau bedarf der Zustimmung des Ehemannes, wenn ein Vermerk zu dessen Gunsten eingetragen ist. Ein solcher Vermerk ist einzutragen, wenn die Ehefrau oder mit deren Zustimmung der Ehemann die Eintragung beantragt. Die Ehefrau ist dem Ehemanne gegenüber zur Ertheilung der Zustimmung verpflichtet, wenn sie nach dem unter ihnen bestehenden Güterstand über die Buchforderung nur mit Zustimmung des Ehemanns verfügen kann. 854
Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε II/E III)
Art. 25 E Ii/Art. 49 E III. Der § 8 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Personen des Soldatenstandes des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine vom Feldwebel abwärts, vom 13. Juni 1895 (Reichs-Gesetzbl. S. 261) wird aufgehoben. Art. 26 E Ii/Art. 50 E III. Ist auf Grund eines Reichsgesetzes dem Eigenthümer einer Sache wegen der im öffentlichen Interesse erfolgenden Entziehung, Beschädigung oder Benutzung der Sache oder wegen Beschränkung des Eigenthums eine Entschädigung zu gewähren und steht einem Dritten ein Recht an der Sache zu, für welches nicht eine besondere Entschädigung gewährt wird, so hat der Dritte, soweit sein Recht beeinträchtigt wird, an dem Entschädigungsanspruche dieselben Rechte, die ihm im Falle des Erlöschens seines Rechtes durch Zwangsversteigerung an dem Erlöse zustehen. Art. 27 E Ii/Art. 51 E III. Ist in einem Falle des Artikel 26 die Entschädigung dem Eigenthümer eines Gründstücks zu gewähren, so finden auf den Entschädigungsanspruch die Vorschriften des § 1112 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. Erhebt ein Berechtigter innerhalb der im § 1112 bestimmten Frist Widerspruch gegen die Zahlung der Entschädigung an den Eigenthümer, so kann der Eigenthümer und jeder Berechtigte die Eröffnung eines Vertheilungsverfahrens nach den für die Vertheilung des Erlöses im Falle der Zwangsversteigerung geltenden Vorschriften beantragen. Die Zahlung hat in diesem Falle an das für das Vertheilungsverfahren zuständige Gericht zu erfolgen. Ist das Recht des Dritten eine Reallast, eine Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld, so erlischt die Haftung des Entschädigungsanspruchs, wenn der beschädigte Gegenstand wiederhergestellt oder für die entzogene bewegliche Sache Ersatz beschafft ist. Ist die Entschädigung wegen Benutzung des Grundstücks oder wegen Entziehung oder Beschädigung von Früchten oder von Zubehörstücken zu gewähren, so finden die Vorschriften des § 1107 Abs. 2 Satz 1 und des § 1108 Abs. 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. An. 28 E Ii/Art. 52 E III. Die Vorschrift des § 36 Abs. 4 des Gesetzes, betreffend die Beschränkungen des Grundeigenthums in der Umgebung von Festungen, vom 21. Dezember 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 459) wird durch die Vorschriften der Artikel 26, 27 nicht berührt. Findet nach diesen Vorschriften ein Vertheilungsverfahren statt, so ist die Entschädigung auf Ersuchen des für das Verfahren zuständigen Gerichts an dieses zu leisten, soweit sie zur Zeit der Stellung des Ersuchens noch aussteht. Die Vorschrift des $ 37 desselben Gesetzes wird dahin geändert: Ist das Grundstück mit einem Rechte belastet, welches durch die Beschränkung des Eigenthums beeinträchtigt wird, so kann der Berechtigte bis zum Ablauf eines Monats, nachdem ihm der Eigenthümer die Beschränkung des Eigenthums mitgetheilt hat, die Eröffnung des Vertheilungsverfahrens beantragen. Dritter Abschnitt. Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Landesgesetzen Art. 29 E II/Art. 53 E III. Die privatrechtlichen Vorschriften der Landesgesetze treten außer Kraft, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder in diesem Gesetz ein Anderes bestimmt ist. Art. 30 E Ii/Art. 54 E III. Unberührt bleiben die Bestimmungen der Staatsverträge, die ein Bundesstaat mit einem ausländischen Staate vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossen hat. 855
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 31 E Ii/Art. 55 E III. In Ansehung der Landesherren und der Mitglieder der landesherrlichen Familien sowie der Mitglieder der Fürstlichen Familie Hohenzollern finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur insoweit Anwendung, als nicht besondere Vorschriften der Hausverfassungen oder der Landesgesetze abweichende Bestimmungen enthalten. Art. 32 E II*/Art. 56 E III. In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter der ehemals reichsständischen, seit 1806 mittelbar gewordenen Häuser sowie des ehemaligen Reichsadels bleiben die Vorschriften der Landesgesetze und nach Maßgabe der Landesgesetze die Vorschriften der Hausverfassungen unberührt. Art. 33 E Ii/Art. 57 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Familienfideikommisse und Lehen, mit Einschluß der allodifizirten Lehen, sowie über Stammgüter. Art. 34 E Ii/Art. 58 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld an einem Grundstücke, dessen Belastung nach den in den Artikeln 31 bis 33 bezeichneten Vorschriften nur beschränkt zulässig ist, dahin gestatten, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke lediglich im Wege der Zwangsverwaltung suchen kann. Art. 35 E Ii/Art. 59 E III. Ist die Veräußerung oder Belastung eines Gegenstandes nach den in den Artikeln 31 bis 33 bezeichneten Vorschriften unzulässig oder nur beschränkt zulässig, so finden auf einen Erwerb, dem diese Vorschriften entgegenstehen, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entsprechende Anwendung. Art. 36 E I P / A r t . 60 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Rentengüter. Art. 37 E Ii/Art. 61 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Erbpachtrecht, mit Einschluß des Büdnerrechts und des Häuslerrechts, in denjenigen Bundesstaaten, in welchen solche Rechte bestehen. Die Vorschriften des § 1002 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden auf diese Rechte entsprechende Anwendung. Art. 38 E Ii/Art. 63 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Wasserrecht angehören, mit Einschluß des Mühlenrechts, des Flötzrechts und des Flößereirechts sowie der Vorschriften zur Beförderung der Bewässerung und Entwässerung der Grundstücke und der Vorschriften über Anlandungen, entstehende Inseln und verlassene Flußbetten. Art. 39 E Ii/Art. 64 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Deich- und Sielrecht angehören. Art. 40 E II/Art. 65 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Bergrecht angehören. Ist nach landesgesetzlicher Vorschrift wegen Beschädigung eines Grundstücks durch Bergbau eine Entschädigung zu gewähren, so finden die Vorschriften der Artikel 26, 27 Anwendung, soweit nicht die Landesgesetze ein Anderes bestimmen. Art. 41 E Ii/Art. 66 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit dem vererblichen und veräußerlichen Rechte zur Gewinnung eines den bergrechtlichen Vorschriften nicht unterliegenden Minerals gestatten und den Inhalt dieses Rechtes näher bestimmen. Die Vorschriften der §§ 859, 860, 861, 1000, 1002 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. 856
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Art. 42 E Ii/Art. 67 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Jagd und Fischerei unbeschadet der Vorschrift des § 943 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Ersatz des Wildschadens. Art. 43 E Ii/Art. 68 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Grundsätze, nach welchen der Wildschaden festzustellen ist, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Anspruch auf Ersatz des Wildschadens innerhalb einer bestimmten Frist bei der zuständigen Behörde geltend gemacht werden muß. Art. 44 E Ii/Art. 69 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens auch dann eintritt, wenn der Schaden durch jagdbare Thiere anderer als der im § 820 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Gattungen angerichtet wird; 2. für den Wildschaden, der durch ein aus einem Gehege ausgetretenes jagdbares Thier angerichtet wird, der Eigenthümer oder der Besitzer des Geheges verantwortlich ist; 3. der Eigenthümer eines Grundstücks, wenn das Jagdrecht auf einem anderen Grundstücke nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht auf seinem Grundstück ausgeübt werden darf, für den auf dem anderen Grundstück angerichteten Wildschaden auch dann haftet, wenn er die ihm angebotene Pachtung der Jagd abgelehnt hat; 4. der Wildschaden, der an Gärten, Obstgärten, Weinbergen, Baumschulen und einzelstehenden Bäumen angerichtet wird, dann nicht zu ersetzen ist, wenn die Herstellung von Schutzvorrichtungen unterblieben ist, die unter gewöhnlichen Umständen zur Abwendung des Schadens ausreichen; 5. die Verpflichtung zum Schadensersatz im Falle des § 820 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abweichend bestimmt wird; 6. die Gemeinde an Stelle der Eigenthümer der zu einem Jagdbezirke vereinigten Grundstücke zum Ersätze des Wildschadens verpflichtet und zum Rückgriff auf die Eigenthümer berechtigt ist oder an Stelle der Eigenthümer oder des Verbandes der Eigenthümer oder der Gemeinde oder neben ihnen der Jagdpächter zum Ersätze des Schadens verpflichtet ist; 7. der zum Ersätze des Wildschadens Verpflichtete Erstattung des geleisteten Ersatzes von demjenigen verlangen kann, welcher in einem anderen Bezirke zur Ausübung der Jagd berechtigt ist. Art. 45 E Ii/Art. 70 E III. Besteht in Ansehung eines Grundstücks ein zeitlich nicht begrenztes Nutzungsrecht, so finden die Vorschriften des § 820 des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verpflichtung zum Ersätze des Wildschadens mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Eigenthümers der Nutzungsberechtigte tritt. Art. 46 E Ii/Art. 71 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Regalien. Art. 47 E Ii/Art. 72 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Zwangsrechte, Bannrechte und Realgewerbeberechtigungen. Art. 48 E II/Art. 73 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Versicherungsrecht angehören, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuche besondere Bestimmungen getroffen sind. 857
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 49 E Ii/Art. 74 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Verlagsrecht angehören. Art. 50 E Ii/Art. 75 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung des Staates, der Gemeinden und anderer Kommunalverbände (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände) für den von ihren Beamten in Ausübung der diesen anvertrauten öffentlichen Gewalt zugefügten Schaden sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Recht des Beschädigten, von dem Beamten den Ersatz eines solchen Schadens zu verlangen, insoweit ausschließen, als der Staat oder der Kommunalverband haftet. Art. 51 E Ii/Art. 76 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung der Beamten für die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehülfen. Art. 52 E Ii/Art. 77 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Haftung der zur amtlichen Feststellung des Werthes von Grundstücken bestellten Sachverständigen für den aus einer Verletzung ihrer Berufspflicht entstehenden Schaden. Art. 53 E I P / A r t . 78 E III. Unberührt bleiben, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine besondere Bestimmung getroffen ist, die landesgesetzlichen Vorschriften über die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten der Beamten, der Geistlichen und der Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten aus dem Amtsverhältnisse, mit Einschluß der Ansprüche der Hinterbliebenen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Pfründenrecht. Art. 54 E Ii/Art. 79 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Uebertragbarkeit der Ansprüche der im Artikel 53 Abs. 1 bezeichneten Personen auf Besoldung, Wartegeld, Ruhegehalt, Wittwen- oder Waisengeld beschränken, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Aufrechnung gegen solche Ansprüche abweichend von der Vorschrift des § 388 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulassen. Art. 55 E Ii/Art. 80 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Beaufsichtigung juristischer Personen. Art. 56 E I P / A r t . 81 E III. Unberührt bleiben die besonderen Vorschriften der Landesgesetze über die Verfassung solcher Vereine, deren Rechtsfähigkeit auf staatlicher Verleihung beruht. Art. 57 E Ii/Art. 82 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Waldgenossenschaften. Art. 58 E Ii/Art. 83 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen eine Religionsgesellschaft oder eine geistliche Gesellschaft Rechtsfähigkeit nur im Wege der Gesetzgebung erlangen kann. Art. 59 E Ii/Art. 84 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 42 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Vermögen des aufgelösten Vereins an Stelle des Fiskus einer Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes anfällt. Art. 60 E II/Art. 85 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Erlöschen oder die Umwandlung von Stiftungen. Art. 61 E I P / A r t . 86 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch juristische Personen beschränken oder 858
Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε II/E III)
von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Wird die nach dem Landesgesetze zu einem Erwerbe von Todeswegen erforderliche Genehmigung ertheilt, so gilt sie als vor dem Erbfall ertheilt; wird sie verweigert, so gilt die juristische Person in Ansehung des Anfalls als nicht vorhanden; die Vorschrift des § 2020 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. Die Vorschriften des Abs. 1 finden keine Anwendung auf juristische Personen, deren Rechtsfähigkeit auf reichsgesetzlichen, neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche bestehenden Vorschriften beruht. 38 Art. 62 E Ii/Art. 87 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Wirksamkeit von Schenkungen an Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Mitglieder religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen nur mit staatlicher Genehmigung von Todeswegen erwerben können. Die Vorschriften des Artikel 61 Abs. 1 Satz 2 finden entsprechende Anwendung. 3 9 Art. 63 E Ii/Art. 89 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zum Schutze der Grundstücke und der Erzeugnisse von Grundstücken gestattete Pfändung von Sachen, mit Einschluß der Vorschriften über die Entrichtung von Pfandgeld oder Ersatzgeld. Art. 64 E Ii/Art. 90 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Rechtsverhältnisse, welche sich aus einer auf Grund des öffentlichen Rechtes wegen der Führung eines Amtes oder wegen eines Gewerbebetriebs erfolgten Sicherheitsleistung ergeben. Art. 65 E Ii/Art. 91 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Fiskus, eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes oder eine unter der Verwaltung einer öffentlichen Behörde stehende Stiftung berechtigt ist, zur Sicherung gewisser Forderungen die Eintragung einer H y pothek an Grundstücken des Schuldners zu verlangen, und nach welchen die Eintragung der Hypothek auf Ersuchen einer bestimmten Behörde zu erfolgen hat. Die Hypothek kann nur als Sicherungshypothek eingetragen werden; sie entsteht mit der Eintragung. Art. 66 E Ii/Art. 92 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Zahlungen aus öffentlichen Kassen an der Kasse in Empfang zu nehmen sind. Art. 67 E II/Art. 93 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Fristen, bis zu deren Ablaufe gemiethete Räume bei Beendigung des Miethverhältnisses zu räumen sind. Art. 68 E II/Art. 94 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Geschäftsbetrieb der gewerblichen Pfandleiher und der Pfandleihanstalten betreffen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen öffentlichen Pfandleihanstalten das Recht zusteht, die ihnen verpfändeten Sachen dem Berechtigten nur gegen Bezahlung des auf die Sache gewährten Darlehens herauszugeben.
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Art. 62 Abs. 2 ist im E III entfallen. Vom Bundesrat ist ein Art. 62 a (entsprechend Art. 88 E III) eingefügt worden.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 69 E Ii/Art. 95. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Gesinderecht angehören, unbeschadet der Vorschriften der §§ 100 bis 111, 127, 272, 610, 615, 816 des § 826 Abs. 2 und des § 1343 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher Gesinde zum widerrechtlichen Verlassen des Dienstes verleitet oder in Kenntniß eines nach bestehenden Gesindeverhältnisses in Dienst nimmt oder ein unrichtiges Dienstzeugniß ertheilt. Art. 70 E Ii/Art. 96. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über einen mit der Ueberlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altentheils- oder Auszugsvertrag, soweit sie das sich aus dem Vertrag ergebende Schuldverhältniß f ü r den Fall regeln, daß nicht besondere Vereinbarungen getroffen werden. Art. 71 E Ii/Art. 97. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Eintragung von Gläubigern des Bundesstaats in ein Staatsschuldbuch und die aus der Eintragung sich ergebenden Rechtsverhältnisse, insbesondere die Uebertragung und Belastung einer Buchforderung, regeln. Soweit nach diesen Vorschriften eine Ehefrau berechtigt ist, selbständig Anträge zu stellen, ist dieses Recht ausgeschlossen, wenn ein Vermerk zu Gunsten des Ehemanns im Schuldbuch eingetragen ist. Ein solcher Vermerk ist einzutragen, wenn die Ehefrau oder mit ihrer Zustimmung der Ehemann die Eintragung beantragt. Die Ehefrau ist dem Ehemanne gegenüber zur Ertheilung der Zustimmung verpflichtet, wenn sie nach dem unter ihnen bestehenden Güterstand über die Buchforderung nur mit Zustimmung des Ehemanns verfügen kann. Art. 72 E Ii/Art. 98 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die öffentlichen Sparkassen, unbeschadet der Vorschriften des § 793 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Anlegung von Mündelgeld. Art. 73 E Ii/Art. 99. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei Schuldverschreibungen auf den Inhaber, die der Bundesstaat oder eine ihm angehörende Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentliches Rechtes ausstellt: 1. die Gültigkeit der Unterzeichnung von der Beobachtung einer besonderen Form abhängt, auch wenn eine solche Bestimmung in die Urkunde nicht aufgenommen ist; 2. der im § 789 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichnete Anspruch ausgeschlossen ist, auch wenn die Ausschließung in dem Zins- oder Rentenscheine nicht bestimmt ist. Art. 74 E I I / A r t . 100. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Bundesstaat oder ihm angehörende Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes abweichend von der Vorschrift des § 791 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichten, die von ihnen ausgestellten, auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen auf den Namen eines bestimmten Berechtigten umzuschreiben, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die sich aus der Umschreibung einer solchen Schuldverschreibung ergebenden Rechtsverhältnisse, mit Einschluß der Kraftloserklärung, regeln. Art. 75/Art. 101 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Kraftloserklärung und die Zahlungssperre in Ansehung der im § 792 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Urkunden. 860
Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε II/E III) Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für die Kraftloserklärung der im § 793 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Urkunden ein anderes Verfahren als das Aufgebotsverfahren bestimmen. Art. 76 E Ii/Art. 102 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Staat sowie Verbände und Anstalten, die auf Grund des öffentlichen Rechtes zur Gewährung von Unterhalt verpflichtet sind, Ersatz der für den Unterhalt gemachten Aufwendungen von der Person, welcher sie den Unterhalt gewährt haben, sowie von denjenigen verlangen können, welche nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterhaltspflichtig waren. Art. 77 E Ii/Art. 103 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über den Anspruch auf Rückerstattung mit Unrecht erhobener öffentlicher Abgaben oder Kosten eines Verfahrens. Art. 78 E Ii/Art. 104 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen der Unternehmer eines Eisenbahnbetriebs oder eines anderen mit gemeiner Gefahr verbundenen Betriebs für den aus dem Betrieb entstehenden Schaden in weiterem Umfang als nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs verantwortlich ist. Art. 79 E Ii/Art. 105 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen, wenn ein dem öffentlichen Gebrauche dienendes Grundstück zu einer Anlage oder zu einem Betriebe benutzt werden darf, der Unternehmer der Anlage oder des Betriebs für den Schaden verantwortlich ist, der bei dem öffentlichen Gebrauche des Grundstücks durch die Anlage oder den Betrieb verursacht wird. Art. 80 E Ii/Art. 106 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Verpflichtung zum Ersätze des Schadens, der durch das Zuwiderhandeln gegen ein zum Schutze von Grundstücken erlassenes Strafgesetz verursacht wird. Art. 81 E Ii/Art. 107 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Verpflichtung zum Ersätze des Schadens, der bei einer Zusammenrottung, einem Auflauf oder einem Aufruhr entsteht. Art. 82 E Ii/Art. 108 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die im öffentlichen Interesse erfolgende Entziehung, Beschädigung oder Benutzung einer Sache, Beschränkung des Eigenthums und Entziehung oder Beschränkung von Rechten. Auf die nach landesgesetzlicher Vorschrift wegen eines solchen Eingriffs zu gewährende Entschädigung finden die Vorschriften der Artikel 26, 27 Anwendung, soweit nicht die Landesgesetze ein Anderes bestimmen. Art. 83 E Ii/Art. 109 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß zerstörte Gebäude in anderer Lage wiederhergestellt werden, die Rechte an den betheiligten Grundstücken regeln. Art. 84 E Ii/Art. 110 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche im öffentlichen Interesse das Eigenthum in Ansehung thatsächlicher Verfügungen beschränken. Art. 85 E Il/Art. I l i E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Behandlung der einem Eisenbahn- oder Kleinbahnunternehmen gewidmeten Grundstücke und sonstiger Vermögensgegenstände als Einheit (Bahneinheit), über die Veräußerung und Belastung einer solchen Bahneinheit oder ihrer Bestandt e i l e , insbesondere die Belastung im Falle der Ausstellung von Theilschuldverschreibungen auf den Inhaber, und die sich dabei ergebenden Rechtsverhältnisse sowie 861
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
über die Liquidation zum Zwecke der Befriedigung der Gläubiger, denen ein Recht auf abgesonderte Befriedigung aus den Bestandtheilen der Bahneinheit zusteht. Art. 86 E I P / A r t . 112 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gemeinheitstheilung, die Zusammenlegung von Grundstücken, die Regulirung der Wege, die Ordnung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse sowie die Ablösung, Umwandlung oder Einschränkung von Dienstbarkeiten und Reallasten. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften, welche sich auf den Erwerb des Eigenthums, auf die Begründung, Aenderung und Aufhebung von anderen Rechten an Grundstücken und auf die Berichtigung des Grundbuchs beziehen. Art. 87 E Ii/Art. 113 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die dem Staate oder einer öffentlichen Anstalt in Folge der Ordnung der gutsherrlichbäuerlichen Verhältnisse oder der Ablösung von Dienstbarkeiten, Reallasten oder der Oberlehnsherrlichkeit zustehenden Ablösungsrenten und sonstigen Reallasten zu ihrer Begründung und zur Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen. Art. 88 E Ii/Art. 114 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit gewissen Grunddienstbarkeiten oder beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten oder mit Reallasten untersagen oder beschränken, sowie die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Inhalt und das Maß solcher Rechte näher bestimmen. Art. 89 E Ii/Art. 115 E III. Die in den Artikeln 86 bis 88 bezeichneten landesgesetzlichen Vorschriften finden keine Anwendung auf die nach den §§ 897, 901, 902 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu entrichtenden Geldrenten und auf die in den §§ 1006, 1007 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Unterhaltspflichten. Art. 90 E I P / A r t . 116 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit einer unkündbaren Hypothek oder Grundschuld untersagen oder die Ausschließung des Kündigungsrechts des Eigenthümers bei Hypothekenforderungen und Grundschulden zeitlich beschränken und bei Rentenschulden nur für eine kürzere als die im § 1187 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Zeit zulassen. Art. 91 E I P / A r t . 117 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche einer Geldrente, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, die dem Staate oder einer öffentlichen Anstalt wegen eines zur Verbesserung des belasteten Grundstücks gewährten Darlehns zusteht, den Vorrang vor anderen Belastungen des Grundstücks einräumen. Zu Gunsten eines Dritten finden die Vorschriften des § 877 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 92 E I P / A r t . 118 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Theilung eines Grundstücks oder die getrennte Veräußerung von Grundstücken, die bisher zusammen bewirthschaftet worden sind, untersagen oder beschränken. Art. 93 E I P / A r t . 119 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle der Veräußerung eines Theiles eines Grundstücks dieser Theil von den Belastungen des Grundstücks befreit wird, wenn von der zuständigen Behörde festgestellt wird, daß die Rechtsänderung für die Berechtigten unschädlich ist. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen unter der gleichen Voraussetzung : 862
Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε I I / E III)
1. im Falle der Theilung eines mit einer Reallast belasteten Grundstücks die Reallast auf die einzelnen Theile des Grundstücks vertheilt wird; 2. die Falle der Aufhebung eines dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstücks an einem anderen Grundstücke zustehenden Rechtes die Zustimmung derjenigen nicht erforderlich ist, zu deren Gunsten das Grundstück des Berechtigten belastet ist; 3. im Falle des Artikel 26 der dem Eigenthümer zustehende Entschädigungsanspruch von dem einem Dritten an dem Ansprüche zustehenden Rechte befreit wird. Art. 94 E Ii/Art. 120 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle der Theilung eines für den Staat oder eine öffentliche Anstalt mit einer Reallast belasteten Grundstücks nur ein Theil des Grundstücks mit der Reallast belastet bleibt und dafür zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers dieses Theiles die übrigen Theile mit gleichartigen Reallasten belastet werden. Art. 95 E IP/Art. 121 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Rechte des Eigenthümers eines Grundstücks in Ansehung der auf der Grenze oder auf dem Nachbargrundstücke stehenden Bäume und Sträucher für den Fall, daß das Nachbargrundstück ein Waldgrundstück ist, abweichend von den Vorschriften des § 895 und des § 908 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmen. 40 Art. 96 E II/Art. 123 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Eigenthum an Grundstücken zu Gunsten der Nachbarn noch anderen als den im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Beschränkungen unterwerfen. Art. 97 E II/Art. 124 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Vorschrift des § 26 der Gewerbeordnung auf Eisenbahn-, Dampfschiff ahrts- und ähnliche Verkehrsunternehmungen erstrecken. Art. 98 E II/Art. 125 E III. Durch Landesgesetz kann das dem Staate an einem Grundstücke zustehende Eigenthum auf einen Kommunalverband und das einem Kommunalverband an einem Grundstücke zustehende Eigenthum auf einen anderen Kommunalverband oder auf den Staat übertragen werden. Art. 99 E II/Art. 126 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Uebertragung des Eigenthums an einem Grundstücke, das im Grundbuche nicht eingetragen ist und nach den Vorschriften der Grundbuchordnung auch nach der Uebertragung nicht eingetragen zu werden braucht. 41 Art. 100 E II/Art. 143 Abs. 2 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen es bei der Auflassung eines Grundstücks der gleichzeitigen Anwesenheit beider Theile nicht bedarf, wenn das Grundstück durch einen Notar versteigert worden ist und die Auflassung noch in dem Versteigerungstermine stattfindet. Art. 101 E II/Art. 128 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen das Recht zur Aneignung eines nach §913 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgegebenen Grundstücks an Stelle des Fiskus einer bestimmten anderen Person zusteht. Art. 102 E II/Art. 129 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Recht zur Aneignung der einem Anderen gehörenden, im Freien betroffenen Tauben. 40 41
V o m Bundesrat ist ein Art. 95 a (entsprechend Art. 122 E III) eingefügt worden. V o m Bundesrat ist ein Art. 99 a (entsprechend Art. 127 E III) eingefügt worden. 863
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Art. 103 E IIVArt. 130 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß jedem der Miteigentümer eines mit einem Gebäude versehenen Grundstücks die ausschließliche Benutzung eines Theiles des Gebäudes eingeräumt ist, das Gemeinschaftsverhältnis näher bestimmen und die Anwendung der §§ 737 bis 739 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie des § 14 Abs. 2 der Konkursordnung ausschließen.42 Art. 104 E Ii/Art. 132 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Recht zur Benutzung eines Platzes in einem dem öffentlichen Gottesdienste gewidmeten Gebäude oder auf einer öffentlichen Begräbnißstätte. Art. 105 E Ii/Art. 133 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die religiöse Erziehung der Kinder. Art. 106 E Ii/Art. 134 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangserziehung Minderjähriger. Die Zwangserziehung ist jedoch, unbeschadet der Vorschriften des § 56 des Strafgesetzbuchs, nur zulässig, wenn sie von dem Vormundschaftsgericht auf Grund des § 1645 oder des § 1816 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnet wird. Die Landesgesetze können die Entscheidung darüber, ob der Minderjährige in einer Familie oder in einer Erziehungs- oder Besserungsanstalt unterzubringen sei, einer Verwaltungsbehörde übertragen, wenn die Unterbringung auf öffentliche Kosten zu erfolgen hat. Art. 107 E II/Art. 135 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen 1. der Vorstand einer unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehenden Erziehungs- oder Verpflegungsanstalt oder ein Beamter alle oder einzelne Rechte und Pflichten eines Vormundes für diejenigen Minderjährigen hat, welche in der Anstalt oder unter der Aufsicht des Vorstandes oder des Beamten in einer von ihm ausgewählten Familie oder Anstalt erzogen oder verpflegt werden, und der Vorstand der Anstalt oder der Beamte auch nach der Beendigung der Erziehung oder der Verpflegung bis zur Volljährigkeit des Mündels diese Rechte und Pflichten behält, unbeschadet der Befugniß des Vormundschaftsgerichts, einen anderen Vormund zu bestellen; 2. die Vorschriften der Nr. 1 bei unehelichen Minderjährigen auch dann gelten, wenn diese unter der Aufsicht des Vorstandes oder des Beamten in der mütterlichen Familie erzogen oder verpflegt werden ; 3. der Vorstand einer unter staatlicher Verwaltung oder Aufsicht stehenden Erziehungs- oder Verpflegungsanstalt oder ein von ihm bezeichneter Angestellter der Anstalt oder ein Beamter vor den nach § 1754 des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Vormünder berufenen Personen zum Vormunde der in Nr. 1, 2 bezeichneten Minderjährigen bestellt werden kann; 4. im Falle einer nach den Vorschriften der Nr. 1 bis 3 stattfindenden Bevormundung ein Gegenvormund nicht zu bestellen ist und dem Vormunde die nach § 1830 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässigen Befreiungen zustehen. Art. 108 E II/Art. 62 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Anerbenrecht in Ansehung landwirthschaftlicher und forstwirthschaftlicher Grundstücke nebst deren Zubehör.
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V o m Bundesrat ist ein Art. 103 a (entsprechend Art. 131 E III) eingefügt worden.
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Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε II/E III) Die Landesgesetze können das Recht des Erblassers, über das dem Anerbenrecht unterliegende Grundstück von Todeswegen zu verfügen, nicht beschränken. Art. 109 E Ii/Art. 136 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Grundsätze, nach denen in den Fällen des § 1500 Abs. 2, 3 und der §§ 2026, 2286 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Ertragswerth eines Landguts festzustellen ist. Art. 110 E II/Art. 137 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 1914 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Stelle des Fiskus eine Körperschaft, Stiftung oder Anstalt des öffentlichen Rechtes gesetzlicher Erbe ist. Art. 111 E II/Art. 138 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen dem Fiskus oder einer anderen juristischen Person in Ansehung des Nachlasses einer verpflegten oder unterstützten Person ein Erbrecht, ein Pflichttheilsanspruch oder ein Recht auf bestimmte Sachen zusteht. Art. 112 E II/Art. 139 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen das Nachlaßgericht auch unter anderen als den im § 1938 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Voraussetzungen die Anfertigung eines Nachlaßverzeichnisses sowie bis zu dessen Vollendung die erforderlichen Sicherungsmaßregeln, insbesondere die Anlegung von Siegeln, von Amtswegen anordnen kann. Art. 113 E II/Art. 140 E III. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die V o r schriften des § 2225 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Testamente der Gesandten des Bundesstaats und der zu der Gesandtschaft gehörenden, im Dienste des Bundesstaats stehenden Personen Anwendung finden. An die Stelle des Reichskanzlers tritt die landesgesetzlich bestimmte Behörde. Art. 114 E II/Art. 141 E III. Die Landesgesetze können bestimmen, daß für die Beurkundung von Rechtsgeschäften, die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs gerichtlicher oder notarieller Berurkundung bedürfen, entweder nur die Gerichte oder nur die Notare zuständig sind. Art. 115 E II/Art. 142 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung der in dem Gebiete des Bundesstaats liegenden Grundstücke bestimmen, daß für die Beurkundung des im § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Vertrags sowie für die nach § 858 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zur Bindung der Betheiligten erforderliche Beurkundung der Erklärungen außer den Gerichten und Notaren auch andere Behörden und Beamte zuständig sind. Art. 116 E I I V A r t . 143 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung der in dem Gebiete des Bundesstaats liegenden Grundstücke bestimmen, daß die Einigung der Parteien in den Fällen der § § 9 1 0 , 1000 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur vor dem Grundbuchamt oder daß sie auch vor einer anderen Behörde als vor dem Grundbuchamt oder einem Gericht erklärt werden kann. Art. 117 E II/Art. 144 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Hinterlegungsstellen. Die Landesgesetze können bestimmen, daß die Anlegung von Mündelgeld nach § 1786 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei den Hinterlegungsstellen des Bundesstaats nicht stattfindet. Art. 118 E II/Art. 145 E III. Die Landesgesetze können über die Hinterlegung 865
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
nähere Bestimmungen treffen, insbesondere den Nachweis der Empfangsberechtigung regeln und vorschreiben, daß die hinterlegten Gelder und Werthpapiere gegen die Verpflichtung zur Rückerstattung in das Eigenthum des Fiskus oder der als Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt übergehen, daß der Verkauf der hinterlegten Sachen von Amtswegen angeordnet werden kann sowie daß der Anspruch auf Rückerstattung mit dem Ablauf einer gewissen Zeit oder unter sonstigen Voraussetzungen zu Gunsten des Fiskus oder der Hinterlegungsanstalt erlischt. In den Fällen des § 376, des § 1155 Abs. 3 und des § 1254 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs muß dem Hinterleger die Rücknahme des hinterlegten Betrags mindestens während eines Jahres von dem Zeitpunkt an gestattet werden, mit welchem das Recht des Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt. Von einer gerichtlichen Anordnung kann die Hinterlegung nicht abhängig gemacht werden. Art. 119 E Ii/Art. 146 E III. Ist durch Landesgesetz bestimmt, daß die Hinterlegungsstellen auch andere Sachen als Geld, Werthpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten anzunehmen haben, so finden auf Schuldverhältnisse, die auf Leistung derartiger Sachen gerichtet sind, die Vorschriften der §§ 366 bis 376 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 120 E IP/Art. 147 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen für die dem Vormundschaftsgericht oder dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen andere als gerichtliche Behörden zuständig sind. Sind durch Landesgesetz die Verrichtungen des Nachlaßgerichts einer anderen Behörde als dem Amtsgericht übertragen, so ist für die Abnahme des im § 1983 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgeschriebenen Offenbarungseids das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Nachlaßbehörde ihren Sitz hat. Art. 121 EII/Art. 148 E III. Die Landesgesetze können die Zuständigkeit des Nachlaßgerichts zur Aufnahme des Inventars ausschließen. Art. 122 E Ii/Art. 149 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei der Errichtung einer Verfügung von Todeswegen der Richter an Stelle des Gerichtsschreibers oder der zwei Zeugen eine besonders dazu bestellte Urkundsperson, der Notar an Stelle der zwei Zeugen einen zweiten Notar zuziehen kann. Auf die Urkundsperson und den zweiten Notar finden die Vorschriften der §§ 2208 bis 2210 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 123 EIP/Art. 150 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 2221 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Testament auch vor einem zur Vornahme von Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für die Gemeinde bestellten Beamten errichtet werden kann. Art. 124 E II/Art. 151 E III. Durch die Vorschriften der §§ 2208 bis 2219, 2250 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Artikel 122 dieses Gesetzes werden die allgemeinen Vorschriften der Landesgesetze über die Errichtung gerichtlicher oder notarieller Urkunden nicht berührt. Ein Verstoß gegen eine solche Vorschrift ist, unbeschadet der Vorschriften über die Folgen des Mangels der sachlichen Zuständigkeit, ohne Einfluß auf die Gültigkeit der Verfügung von Todeswegen. Art. 125 E II/Art. 152 E III. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für die nicht nach den Vorschriften der Civilprozeßordnung zu erledigenden Rechtsstreitigkeiten die Vorgänge bestimmen, mit denen die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs an die Klagerhebung und an die Rechtshän866
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gigkeit geknüpften Wirkungen eintreten. Soweit solche Vorschriften fehlen, finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung. Vierter Abschnitt.
Uebergangsvorschriften
Art. 126 Ε II/Art. 153 E III. Wer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs das einundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, aber für volljährig erklärt ist oder sonst die rechtliche Stellung eines Volljährigen erlangt hat, steht von dieser Zeit an einem Volljährigen gleich. Art. 127 EII/Art. 154 E III. Wer nach den französischen oder den badischen Gesetzen emanzipirt oder aus der Gewalt entlassen ist, steht von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an, wenn er zu dieser Zeit das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, einem Volljährigen, anderenfalls einem Minderjährigen gleich. Art. 128 EII/Art. 155 E III. Wer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Geisteskrankheit entmündigt ist, steht von dieser Zeit an einem nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Geisteskrankheit Entmündigten gleich. Art. 129 EII/Art. 156 E III. Wer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Verschwendung entmündigt ist, steht von dieser Zeit an einem nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen Verschwendung Entmündigten gleich. Dasselbe gilt von demjenigen, für welchen nach den französischen oder den badischen Gesetzen wegen Verschwendung die Bestellung eines Beistandes angeordnet ist. Art. 130 E I P / A r t . 157 E III. Die Vorschriften des französischen und der badischen Gesetze über den erwählten Wohnsitz bleiben für Rechtsverhältnisse, die sich nach diesen Gesetzen bestimmen, in Kraft, sofern der Wohnsitz vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erwählt worden ist. Art. 131 EII/Art. 158 E III. Die Wirkungen einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Todeserklärung bestimmen sich nach den bisherigen Gesetzen, soweit sich nicht aus den Artikeln 132, 133 ein Anderes ergiebt. Art. 132 E Ii/Art. 159 E III. Der Ehegatte einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs für todt erklärten Person kann nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine neue Ehe eingehen, auch wenn die Wiederverheirathung nach den bisherigen Gesetzen nicht zulässig sein würde. Die Vorschriften der §§ 1333 bis 1337 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. Art. 133 E Ii/Art. 160 E III. Soweit nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Folge einer Todeserklärung die elterliche Gewalt des Verschollenen, die Vormundschaft, die Pflegschaft sowie das Amt als Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand oder Mitglied eines Familienraths endigt, gelten diese Vorschriften von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an auch für eine vorher erfolgte Todeserklärung. Art. 134 E I P / A r t . 161 E III. Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhängiges Verfahren, das eine Todeserklärung, eine Verschollenheitserklärung oder die Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen zum Gegenstande hat, ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Ist vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Verschollenheitser867
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klärung oder die vorläufige Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen erfolgt, so sind die bisherigen Gesetze auch f ü r die Todeserklärung sowie f ü r die endgültige Einweisung maßgebend. N a c h den bisherigen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen der nach Abs. 1, Abs. 2 ergehenden Entscheidungen. Im Falle der Todeserklärung finden die Vorschriften der Artikel 132,133 Anwendung. Art. 135 E II/Art. 162 E III. Soweit eine nach den bisherigen Gesetzen erfolgte oder nach Artikel 134 Abs. 2 zulässige endgültige Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens des Verschollenen ohne Einfluß auf Rechtsverhältnisse ist, auf die sich die Wirkungen der Todeserklärung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erstrecken, ist nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Todeserklärung nach dessen Vorschriften zulässig; die Wirkungen beschränken sich auf diese Rechtsverhältnisse. Art. 136 E Ii/Art. 163 E III. Auf die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden juristischen Personen finden von dieser Zeit an die V o r schriften der §§ 22 bis 50, 82 bis 85 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, soweit sich nicht aus den Artikeln 137 bis 139 ein Anderes ergiebt. Art. 137 E Ii/Art. 164 E III. In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Realgemeinden und ähnlichen Verbände, deren Mitglieder als solche zu Nutzungen an land- und forstwirthschaftlichen Grundstücken, an Mühlen, Brauhäusern und ähnlichen Anlagen berechtigt sind. Es macht keinen Unterschied, ob die Realgemeinden oder sonstigen Verbände juristische Personen sind oder nicht und ob die Berechtigung der Mitglieder an Grundbesitz geknüpft ist oder nicht. Art. 138 E Ii/Art. 165 E III. In Kraft bleiben die Vorschriften der bayerischen Gesetze, betreffend die privatrechtliche Stellung der Vereine sowie der Erwerbs- und Wirthschaftsgesellschaften, vom 29. April 1869 in Ansehung derjenigen Vereine und registrirten Gesellschaften, welche auf Grund dieser Gesetze zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehen. Art. 139 E Ii/Art. 166 E III. In Kraft bleiben die Vorschriften des sächsischen Gesetzes vom 15. Juni 1868, betreffend die juristischen Personen, in Ansehung derjenigen Personenvereine, welche zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Genossenschaftsregister erlangt haben. 43 Art. 140 E Ii/Art. 168 E III. Eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Verfügungsbeschränkung bleibt wirksam, unbeschadet der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten. Art. 141 E Ii/Art. 169 E III. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung finden auf die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstandenen, noch nicht verjährten Ansprüche Anwendung. Der Beginn sowie die H e m m u n g und Unterbrechung der Verjährung bestimmen sich jedoch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach den bisherigen Gesetzen. Ist die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche kürzer als nach den bisherigen Gesetzen, so wird die kürzere Frist von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an berechnet. Läuft jedoch die in den bisherigen Gesetzen be43
V o m Bundesrat ist ein Art. 139 a E II (entsprechend Art. 167 E III) eingefügt worden.
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stimmte längere Frist früher als die im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmte kürzere Frist ab, so ist die Verjährung mit dem Ablaufe der längeren Frist vollendet. Art. 142 E Ii/Art. 170 E III. Für ein Schuldverhältniß, das vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstanden ist, bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend. Art. 143 E Ii/Art. 171 E III. Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehendes Mieth-, Pacht- oder Dienstverhältniß bestimmt sich, wenn nicht die Kündigung nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs f ü r den ersten Termin erfolgt, für den sie nach den bisherigen Gesetzen zulässig ist, von diesem Termin an nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Art. 144 E Ii/Art. 172 E III. Wird eine Sache, die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs vermiethet oder verpachtet war, nach dieser Zeit veräußert oder mit einem Rechte belastet, so hat der Miether oder Pächter dem Erwerber der Sache oder des Rechtes gegenüber die im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Rechte. Weitergehende Rechte des Miethers oder Pächters, die sich aus den bisherigen Gesetzen ergeben, bleiben unberührt, unbeschadet der Vorschrift des Artikel 143. Art. 145 E Ii/Art. 173 E III. Auf eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Gemeinschaft nach Bruchtheilen finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 146 E I I / A r t . 174 E III. Von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten f ü r die vorher ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber die Vorschriften der §§ 783 bis 785, 787, 790 und des § 791 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Bei den auf Sicht zahlbaren unverzinslichen Schuldverschreibungen sowie bei Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen bleiben jedoch f ü r die Kraftloserklärung und die Zahlungssperre die bisherigen Gesetze maßgebend. Die Verjährung der Ansprüche aus den vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgestellten Schuldverschreibungen auf den Inhaber bestimmt sich, unbeschadet der Vorschriften des § 787 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, nach den bisherigen Gesetzen. Art. 147 E II/Art. 175 E III. Für Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine, die nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs f ü r ein vor dieser Zeit ausgestelltes Inhaberpapier ausgegeben werden, sind die Gesetze maßgebend, welche für die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgegebenen Scheine gleicher Art gelten. Art. 148 E II/Art. 176 E III. Die Außerkurssetzung von Schuldverschreibungen auf den Inhaber findet nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr statt. Eine vorher erfolgte Außerkurssetzung verliert mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung. Art. 149 E I I / A r t . 177 E III. Von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten f ü r vorher ausgegebene Urkunden der im § 793 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art, sofern der Schuldner nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet ist, die Vorschriften des § 793 Abs. 2 Satz 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des Artikel 75 Abs. 2 dieses Gesetzes. Art. 150 E I I / A r t . 178 E III. Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhängiges Verfahren, das die Kraftloserklärung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder einer Urkunde der im § 793 des Bürgerlichen 869
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Gesetzbuchs bezeichneten Art oder die Zahlungssperre für ein solches Papier zum Gegenstande hat, ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Nach diesen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen des Verfahrens und der Entscheidung. Art. 151 E Ii/Art. 179 E III. Hat ein Anspruch aus einem Schuldverhältnisse nach den bisherigen Gesetzen durch Eintragung in ein öffentliches Buch Wirksamkeit gegen Dritte erlangt, so behält er diese Wirksamkeit auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Art. 152 E II/Art. 180 E III. Auf ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehendes Besitzverhältniß finden von dieser Zeit an, unbeschadet des Artikel 162, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 153 E II/Art. 181 E III. Auf das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Eigenthum finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Steht zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Eigenthum an einer Sache Mehreren nicht nach Bruchtheilen zu oder ist zu dieser Zeit ein Sondereigenthum an stehenden Erzeugnissen eines Grundstücks, insbesondere an Bäumen, begründet, so bleiben diese Rechte bestehen. Art. 154 E II/Art. 182 E III. Das zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Stockwerkseigenthum bleibt bestehen. Das Rechtsverhältniß der Betheiligten unter einander bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Art. 155 E II/Art. 183 E III. Rechte, mit denen eine Sache oder ein Recht zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs belastet ist, bleiben mit dem sich aus den bisherigen Gesetzen ergebenden Inhalt und Range bestehen, soweit sich nicht aus den Artikeln 163 bis 166 ein Anderes ergiebt. Von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an gelten jedoch für ein Erbbaurecht die Vorschriften des § 1002, für eine Grunddienstbarkeit die Vorschriften der §§ 1005 bis 1012 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Art. 156 E II/Art. 184 E III. Ist zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Ersitzung des Eigenthums oder Nießbrauchs an einer beweglichen Sache noch nicht vollendet, so finden auf die Ersitzung die Vorschriften des Artikel 141 entsprechende Anwendung. Art. 157 E II/Art. 185 E III. Das Verfahren, in welchem die Anlegung der Grundbücher erfolgt, sowie der Zeitpunkt, in welchem das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen ist, werden für jeden Bundesstaat durch landesherrliche Verordnung bestimmt. Ist das Grundbuch für einen Bezirk als angelegt anzusehen, so ist die Anlegung auch für solche zu dem Bezirke gehörende Grundstücke, die noch kein Blatt im Grundbuche haben, als erfolgt anzusehen, soweit nicht bestimmte Grundstücke durch besondere Anordnung ausgenommen sind. Art. 158 E II/Art. 186 E III. Eine Grunddienstbarkeit, die zu der Zeit besteht, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bedarf zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung. Die Eintragung hat jedoch zu erfolgen, wenn sie von dem Berechtigten oder von dem Eigenthümer des belasteten Grundstücks verlangt wird, die Kosten sind von demjenigen zu tragen und vorzuschießen, welcher die Eintragung verlangt. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß die bestehenden Grunddienstbarkeiten oder einzelne Arten zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öf870
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fentlichen Glauben des Grundbuchs bei der Anlegung des Grundbuchs oder später in das Grundbuch eingetragen werden müssen. Die Bestimmung kann auf einzelne Grundbuchbezirke beschränkt werden. Art. 159 E Ii/Art. 187 E III. Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß gesetzliche Pfandrechte, die zu der Zeit bestehen, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs während einer zehn Jahre nicht übersteigenden, von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an zu berechnenden Frist nicht der Eintragung bedürfen. Durch landesherrliche Verordnung kann bestimmt werden, daß Miethrechte und Pachtrechte, welche zu der in Abs. 1 bezeichneten Zeit als Rechte an einen Grundstück bestehen, zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen. Art. 160 E Ii/Art. 188 E III. Der Erwerb und Verlust des Eigenthums sowie die Begründung, Uebertragung, Belastung und Aufhebung eines anderen Rechtes an einem Grundstück oder eines Rechtes an einem solchen Rechte erfolgen auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach den bisherigen Gesetzen, bis das Grundbuch als angelegt anzusehen ist. Das Gleiche gilt von der Aenderung des Inhalts und des Ranges der Rechte. Ein nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unzulässiges Recht kann nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr begründet werden. Ist zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, der Besitzer als der Berechtigte im Grundbuch eingetragen, so finden auf eine zu dieser Zeit noch nicht vollendete, nach § 885 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Ersitzung die Vorschriften des Artikel 141 entsprechende Anwendung. Die Aufhebung eines Rechtes, mit dem ein Grundstück oder ein Recht an einem Grundstücke zu der Zeit belastet ist, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, erfolgt auch nach dieser Zeit nach den bisherigen Gesetzen, bis das Recht in das Grundbuch eingetragen wird. Art. 161 E Ii/Art. 189 E III. Das nach § 913 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Fiskus zustehende Aneignungsrecht erstreckt sich auf alle Grundstücke, die zu der Zeit herrenlos sind, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist. Die Vorschrift des Artikel 101 findet entsprechende Anwendung. Art. 162 E I P / A r t . 190 E III. Die bisherigen Gesetze über den Schutz im Besitz einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit finden auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, bis das Grundbuch f ü r das belastete Grundstück als angelegt anzusehen ist. Von der Zeit an, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, finden zum Schutze der Ausübung einer Grunddienstbarkeit, mit welcher das Halten einer dauernden Anlage verbunden ist, die für den Besitzschutz geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung, solange Dienstbarkeiten dieser Art nach Artikel 158 zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen. Das Gleiche gilt f ü r Grunddienstbarkeiten anderer Art mit der Maßgabe, daß der Besitzschutz nur gewährt wird, wenn die Dienstbarkeit in jedem der drei letzten Jahre vor der Störung mindestens einmal ausgeübt worden ist. Art. 163 E Ii/Art. 191 E III. Ein zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, an einem Grundstücke bestehendes Pfandrecht gilt von 871
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dieser Zeit an als eine Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist. Ist der Betrag der Forderung, für die das Pfandrecht besteht, nicht bestimmt, so gilt das Pfandrecht als Sicherungshypothek. Ist das Pfandrecht dahin beschränkt, daß der Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke nur im Wege der Zwangsverwaltung suchen kann, so bleibt diese Beschränkung bestehen. Art. 164 E Ii/Art. 192 E III. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein Pfandrecht, welches nach Artikel 163 nicht als Sicherungshypothek gilt, als Sicherungshypothek oder als eine Hypothek gelten soll, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist, und daß eine über das Pfandrecht ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief gelten soll. Art. 165 E I P / A r t . 193 E III. Durch Landesgesetz kann für ein Pfandrecht, das nach den Artikeln 163, 164 als Sicherungshypothek gilt, bestimmt werden, daß dem Gläubiger das Recht, die Löschung der Hypothek zu verlangen, wenn sie sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, in gleicher Weise zusteht, wie wenn zur Sicherung des Rechtes eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen wäre. Art. 166 E I P / A r t . 194 E III. Eine zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bestehende Grundschuld gilt von dieser Zeit an als Grundschuld im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs; und eine über die Grundschuld ertheilte Urkunde als Grundschuldbrief. Die Vorschrift des Artikel 163 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Art. 167 E Ii/Art. 195 E III. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß auf ein an einem Grundstücke bestehendes vererbliches und übertragbares Nutzungsrecht die sich auf Grundstücke beziehenden Vorschriften und auf den Erwerb eines solchen Rechtes die für den Erwerb des Eigenthums an einem Grundstücke geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung finden. 44 Art. 168 E II/Art. 197 E III. Die Gültigkeit einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossenen Ehe bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Eine nach den bisherigen Gesetzen nichtige oder ungültige Ehe ist als von Anfang an gültig anzusehen, wenn die Ehegatten zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch als Ehegatten mit einander leben und der Grund, auf dem die Nichtigkeit oder die Ungültigkeit beruht, nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Nichtigkeit oder die Anfechtbarkeit der Ehe nicht zur Folge haben oder diese Wirkung verloren haben würde. Die für die Anfechtung im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmte Frist beginnt nicht vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Die nach den bisherigen Gesetzen erfolgte Ungültigkeitserklärung einer Ehe steht der Nichtigkeitserklärung nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche gleich. Art. 169 E II/Art. 198 E III. Die persönlichen Rechtsbeziehungen der Ehegatten zu einander, insbesondere die gegenseitige Unterhaltspflicht, bestimmen sich auch für die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Ehen nach dessen Vorschriften. Art. 170 E I P / A r t . 199 E III. Für den Güterstand einer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Ehe bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die erbrechtlichen 44
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Vom Bundesrat ist ein Art. 167 a (entsprechend Art. 196 E III) eingefügt worden.
Entwurf des Einführungsgesetzes (Ε II/E III) Wirkungen des Güterstandes und von den Vorschriften der französischen und der badischen Gesetze über das Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Ehegatten. Eine nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Regelung des ehelichen Güterstandes kann durch Ehevertrag auch dann getroffen werden, wenn nach den bisherigen Gesetzen ein Ehevertrag unzulässig sein würde. Soweit die Ehefrau nach den für den bisherigen Güterstand maßgebenden Gesetzen in Folge des Güterstandes oder der Ehe in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bleibt diese Beschränkung in Kraft, solange der bisherige Güterstand besteht. Art. 171 E Ii/Art. 200 E III. Die Scheidung erfolgt von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften. Hat sich ein Ehegatte vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Verfehlung der in den §§ 1550 bis 1553 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art schuldig gemacht, so kann auf Scheidung nur erkannt werden, wenn die Verfehlung auch nach den bisherigen Gesetzen ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund war. Art. 172 E Ii/Art. 201 E III. Für die Wirkungen einer beständigen oder zeitweiligen Trennung von Tisch und Bett, auf welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erkannt worden ist, bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften, nach denen eine bis zu dem Tode eines der Ehegatten fortbestehende Trennung in allen oder einzelnen Beziehungen der Auflösung der Ehe gleichsteht. Art. 173 E Ii/Art. 202 E III. Das Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und einem vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geborenen ehelichen Kinde bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften. Dies gilt insbesondere auch in Ansehung des Vermögens, welches das Kind vorher erworben hat. Art. 174 E Ii/Art. 203 E III. Ist der Vater oder die Mutter zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Sorge für die Person oder für das Vermögen des Kindes durch eine Anordnung der zuständigen Behörde beschränkt, so bleibt die Beschränkung in Kraft. Das Vormundschaftsgericht kann die Anordnung nach § 1650 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufheben. Ist dem Vater oder der Mutter die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes durch Anordnung der zuständigen Behörde entzogen, so hat das Vormundschaftsgericht die Anordnung auf Antrag aufzuheben, es sei denn, daß die Entziehung der Nutznießung nach § 1645 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gerechtfertigt ist. Art. 175 E Ii/Art. 204 E III. Hat der Vater vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Grund der bisherigen Gesetze die Mutter von der Vormundschaft über das Kind ausgeschlossen oder der Mutter einen Beistand zugeordnet, so gilt die Anordnung des Vaters von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an als Anordnung der Bestellung eines Beistandes für die Mutter im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Art. 176 E Ii/Art. 205 E III. Ist auf Grund der bisherigen Gesetze eine Ehe geschieden oder in Folge der Todeserklärung eines der Ehegatten aufgelöst oder ist auf Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett erkannt worden, so bestimmen sich das Recht und die Pflicht der Eltern, für die Person der gemeinschaftlichen Kinder zu sorgen, nach den bisherigen Gesetzen; die Vorschriften des § 1615 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und des § 1616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden jedoch Anwendung. 873
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Art. 177 E Ii/Art. 206 E III. Inwieweit die Kinder aus einer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossenen nichtigen oder ungültigen Ehe als eheliche Kinder anzusehen sind und inwieweit der Vater und die Mutter die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Art. 178 E I F / A n . 207 E III. Die rechtliche Stellung eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geborenen unehelichen Kindes bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften; für das Recht des Kindes, den Familiennamen des Vaters zu führen, sowie für die Unterhaltspflicht des Vaters bleiben jedoch die bisherigen Gesetze maßgebend. Inwieweit einem vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs außerehelich erzeugten Kinde aus einem besonderen Grunde, insbesondere wegen Erzeugung im Brautstande, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes zukommt und inwieweit der Vater und die Mutter eines solchen Kindes die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Die Vorschriften des Abs. 1 gelten auch für ein nach den französischen oder den badischen Gesetzen anerkanntes Kind. Art. 179 E Ii/Art. 208 E III. Inwieweit ein vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs legitimirtes oder an Kindesstatt angenommenes Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes hat und inwieweit der Vater und die Mutter die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Art. 180 E II/Art. 209 E III. Auf eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Vormundschaft oder Pflegschaft finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Ist die Vormundschaft wegen eines körperlichen Gebrechens angeordnet, so gilt sie als eine nach § 1888 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnete Pflegschaft. Ist die Vormundschaft wegen Geistesschwäche angeordnet, ohne daß eine Entmündigung erfolgt ist, so gilt sie als eine nach § 1888 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Vermögensangelegenheiten des Geistesschwachen angeordnete Pflegschaft. Die bisherigen Vormünder und Pfleger bleiben im Amte. Das Gleiche gilt im Geltungsbereiche der preußischen Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 für den Familienrath und dessen Mitglieder. Art. 181 E IP/Art. 210 E III. Die nach den französischen oder den badischen Gesetzen für einen Gesetzesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes verliert mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung. 45 Art. 182 EII/Art. 212 E III. Für die erbrechtlichen Verhältnisse bleiben, wenn der Erblasser vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorben ist, die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über das erbschaftliche Liquidationsverfahren. Art. 183 E Ii/Art. 213 E III. Die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgte Errichtung oder Aufhebung einer Verfügung von Todeswegen wird nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt, auch wenn der Erblasser nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs stirbt. Das Gleiche gilt für die Bindung des Erblassers bei einem Erbvertrag oder einem gemeinschaftlichen Testamente, sofern der Erbvertrag oder das Testament vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs errichtet worden ist. 45
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Vom Bundesrat ist ein Art. 181 a E II (entsprechend Art. 211) eingefügt worden.
Beratungen im Bundesrat
Art. 184 E Ii/Art. 214 E III. Wer vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen erlangt und eine solche Verfügung errichtet hat, behält die Fähigkeit, auch wenn er das nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch erforderliche Alter noch nicht erreicht hat. Die Vorschriften des § 2206 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden auf ein Testament Anwendung, das ein nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gestorbener Erblasser vor diesem Zeitpunkt errichtet hat. 46 Art. 185 E II/Art. 216 E III. Die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgte Errichtung eines Erbverzichtsvertrags sowie die Wirkungen eines solchen Vertrags bestimmen sich nach den bisherigen Gesetzen. Das Gleiche gilt von einem vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschlossenen Vertrage, durch den ein Erbverzichtsvertrag aufgehoben worden ist. Art. 186 E II/Art. 217 E III. Soweit nach den Vorschriften dieses Abschnittes die bisherigen Landesgesetze maßgebend bleiben, können sie nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Landesgesetz auch geändert werden.
D. Bundesrat (Justizausschuß und Plenum) I. Anträge1 1. Zusammenstellung der Anträge der Bundesregierungen zum Entwürfe des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche Zweiter Abschnitt. Verbältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Reichsgesetzen Art. 7. Hessen wünscht, den Art. 7 zu streichen. Art. 8. Bayern beantragt: Dem nach Nr. IV in das Strafgesetzbuch einzustellenden S 145 a folgenden zweiten Absatz hinzuzufügen: Die gleiche Strafe trifft den Aussteller, wenn er den Bestimmungen zuwiderhandelt, unter denen die Genehmigung erfolgt ist. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, den unter Nr. IV des Art. 8 in das Strafgesetzbuch eingestellten § 145 a dahin zu ändern, daß statt „ohne die erforderliche Genehmigung des Bundesraths" gesetzt wird: „ohne die erforderliche Genehmigung." Art. 20a. Bayern beantragt, als Art. 20 a einzuschalten: In das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 197) wird folgende Vorschrift eingestellt: § 3 a. Testamente können in den Konsulargerichtsbezirken durch eine unter Angabe des Ortes und Tages der Ausstellung eigenhändig geschriebene und unterschriebene Erklärung des Erblassers errichtet werden. Für ein gemeinschaftliches Testament gilt die Vorschrift des § 2241 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. — Eventuell dieser Bestimmung folgenden zweiten Absatz hinzuzufügen: Ein nach Abs. 1 errichtetes Testament gilt als nicht errichtet, wenn sich der Erblasser zu 46 1
Vom Bundesrat ist ein Art. 184 a E II (entsprechend Art. 215 E III) eingefügt worden. Bei den folgenden Anträgen handelt es sich um handschriftliche Metallographien. Die Anträge von Braunschweig und Sachsen zum IPR sind bei Hartung/Korkiscb wiedergegeben. — Uber die Verhandlungen im Justizausschuß vgl. unten S. 909 ff. die Berichte von Heller und Schicker. 875
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
dauerndem Aufenthalt in das Inland begeben hat, seit seiner Ankunft im Inlande drei Monate verstrichen sind und er noch lebt. Die Vorschriften des § 2224 Abs. 2, 4 finden Anwendung. Dritter Abschnitt. Verbältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Landesgesetzen Art. 32. Sachsen beantragt, nach den Worten „der ehemals reichsständischen" fortzufahren: „Häuser, die seit 1806 mittelbar geworden oder durch Beschlüsse des vormaligen Deutschen Bundes hinsichtlich ihrer persönlichen und Familien-Rechte den seit 1806 mittelbar gewordenen reichsständischen Häusern gleichgestellt worden sind, sowie des ehemaligen Reichsadels u.s.w... .". Württemberg wünscht, daß hinter den Worten : „Des ehemaligen Reichsadels" die Worte eingefügt werden : „und des vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Landesgesetze dem ehemaligen Reichsadel gleichgestellten landsäßigen Adels". Oldenburg geht davon aus, daß durch Art. 32 dem mittelbar gewordenen hohen Adel das Recht, innerhalb der landesgesetzlichen Schranken autonomische Verfügungen zu treffen, nicht genommen wird. Art. 33. Baden beantragt a) die Bemerkungen der Denkschrift (S. 205, 206), welche die Geltung der Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezüglich der ehelichen Abstammung auf dem Gebiete des Fideikommiß-, Lehen- und Stammgüterrechts, zu streichen und b) dem Art. 33 folgenden Zusatz zu geben: „Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Ehe und Abstammung bleiben ausschließlich maßgebend." — In zweiter Linie wird beantragt, diesen Zusatz zu fassen: „Hinsichtlich der ehelichen Abstammung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs §§ 1571 bis 1580 ausschließlich maßgebend." Hessen will, daß entweder im Art. 33 die landwirthschaftlichen Erbgüter ausdrücklich aufgeführt werden oder in der für das Einführungsgesetz in Aussicht genommenen Denkschrift hervorgehoben wird, Art. 33 finde auch auf landwirtschaftliche Erbgüter Anwendung. Art. 36. Preußen beantragt beizufügen: „und über die dem Preußischen Gesetze, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen, vom 26. April 1886 unterliegenden Güter." Art. 37. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, den Satz 2 zu streichen oder ihn zu fassen: „Sobald diese Rechte zur Entstehung gelangt sind, finden auf sie die Vorschriften des § 1002 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung." Art. 37 a. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, folgenden Art. 37 a einzustellen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das nicht unter die im Art. 37 bezeichneten Rechte fallende bäuerliche Nutzungsrecht an Grundstücken in denjenigen Bundesstaaten, in welchen dies Recht besteht." Art. 38. Sachsen-Meinigen setzt voraus, daß der Vorbehalt des Wasserrechts sich auch auf die Bestimmungen über die Bodenverbesserungsverbände zur Bewässerung und Entwässerung von Grundstücken erstreckt." Art. 39 a. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, folgenden Art. 39 a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Wegerecht angehören." Art. 40. Sachsen-Meiningen setzt voraus, daß das Rechtsverhältniß der Gewerkschaften dem Landesrechte vorbehalten bleibt. Art. 43 bis 45. Reußä. L. wünscht, die Art. 43 bis 45 zu streichen. Art. 44. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen: I. hinter 876
Beratungen im Bundesrat Nr. 1 einzuschalten: „1 a) der Wildschaden nicht zu ersetzen ist, welcher an Forst-, Wiesen- oder Weidengrundstücken oder an eingemietheten Früchten angerichtet wird; 1 b) der Wildschaden, welcher an gewissen Feld- und Gartenerzeugnissen angerichtet wird, nur zu ersetzen ist, wenn er in einer bestimmten Jahreszeit angerichtet oder nicht unerheblich ist; 1 c) der Schaden, welcher durch Rehwild angerichtet wird, nur zu ersetzen ist, wenn er nicht unerheblich ist;" — II. in Nr. 4 nach dem Worte „Obstgärten" die Worte einzuschalten „gartenähnlichen Anlagen"; III. als Nr. 4 a zu bestimmen: „4 a) die Verpflichtung zum Schadensersatz nicht eintritt, wenn der Beschädigte den Ersatzpflichtigen ohne genügenden Grund an der Herstellung von Schutzvorrichtungen gehindert hat, die zur Abwendung des Schadens unter gewöhnlichen Umständen geeignet sind und gegen das Interesse des Beschädigten nicht verstoßen;" Art. 49a. Sachsen-Koburg-Gotha beantragt, als Art. 49 a zu bestimmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die dingliche Sicherung der Inhaber von Pfandbriefen und ähnlichen Werthpapieren, die der Schuldner auf Grund erworbener Forderungen ausstellt." — Im Falle der Ablehnung dieses Vorschlags wird beantragt, in den Motiven zum Einführunsgesetze des Bürgerlichen Gesetzbuchs an geeigneter Stelle zum Ausdruck zu bringen, daß der in dem Einführungsgesetze zur Konkursordnung (§ 17) ausgesprochene Vorbehalt f ü r die Landesgesetzgebung bestehen bleibe. Art. 52 a. Württemberg bemerkt, von dem Antrag, „im Einführungsgesetze zu bestimmen, daß die Landesgesetzgebung auch jetzt noch in der Lage sei, die im § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz erwähnte Vorentscheidung einzuführen", könne dann abgesehen werden, wenn vom Bundesrath anerkannt würde, daß die Erlassung einer landesgesetzlichen Vorschrift, welche die Inanspruchnahme eines Beamten wegen Verletzung der Amtspflicht von der Vorentscheidung einer Verwaltungsbehörde abhängig macht, auch in denjenigen Bundesstaaten, in welchen entsprechende Bestimmungen zur Zeit des Inkrafttretens des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht bestanden haben, zulässig ist und durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht ausgeschlossen wird. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, als Art. 52 a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Ersatzpflicht eines Beamten wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung der ihm einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht nur eintritt, wenn die Verletzung der Amtspflicht durch die zuständige Behörde festgestellt ist." Art. 53. Preußen beantragt, am Schlüsse des Abs. 2 beizufügen: „sowie über die Kirchen- und Schulbaulast." Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, im Abs. 1 statt „aus dem Amtsverhältnisse" zu sagen: „aus dem Dienstverhältnisse." Art. 55. Baden erachtet es f ü r unentbehrlich, sicherzustellen, daß die Auflösung von Vereinen aus öffentlich-rechtlichen Gründen dem Landesrechte vorbehalten ist. Art. 56. Württemberg wünscht, das W o r t „besondere" zu streichen oder aber diejenigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzeln namhaft zu machen, welche auf die in Frage stehenden Vereine unbedingt Anwendung finden sollen. Art. 57 a, Sachsen-Koburg-Gotha beantragt, als Art. 57 a folgende Bestimmung aufzunehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die durch die Zusammenstellung von Grundstücken begründeten Gemeinschaften an Wegen, Plätzen, Gräben und ähnlichen Anlagen." Art. 61. Preußen beantragt, den Abs. 2 zu streichen. Bayern beantragt, den Abs. 2 zu streichen. 877
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Hessen beantragt, den Abs. 2 zu streichen. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, dem Abs. 2 als zweiten Halbsatz folgende Vorschrift hinzuzufügen: " . . a u c h diese juristischen Personen sind jedoch den landesgesetzlichen Vorschriften unterworfen, welche den Erwerb von Rechten an landwirtschaftlichen" (eventuell „gewissen") „Grundstücken durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen." Hamburg schlägt vor, folgenden Zusatz zu machen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Grundeigenthum durch Ausländer beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen." Art. 69. Bayern beantragt, die Anführung des § 610 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu streichen. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, 1. hinter „angehören" einzuschalten: „oder welche das Dienstverhältniß gewisser land- und forstwirthschaftlicher Arbeiter den Vorschriften des Gesinderechts entsprechend regeln", 2. die Anführung des § 610 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu streichen. Art. 70. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz schlagen vor, die Worte „mit der Ueberlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden" zu streichen oder durch die Worte zu ersetzen: „mit einem Grundstück in Verbindung stehenden." Art. 83 a. Bayern beantragt, als Artikel 83 a die Bestimmung einzuschalten, daß unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs (§§ 870, 884 des Bürgerlichen Gesetzbuchs), die nicht auf Grund der Bewilligung desjenigen erfolgt, dessen Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung oder dessen Recht durch die Berichtigung des Grundbuchs betroffen wird, auch ohne die Erlassung einer einstweiligen Verfügung erfolgen kann. Art. 86. Preußen beantragt, im Art. 86 statt der Worte: „Zusammenlegung von Grundstücken" zu setzen: „Zusammenlegung (Separation, Konsolidation, Verkoppelung), von Grundstücken, mit Einschluß der durch ein Auseinandersetzungsverfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten." Baden nimmt an, daß unter „Zusammenlegung von Grundstücken" auch die „Verlegung" (Anweisung eines Grundstücks an Stelle eines anderen, namentlich bei Feldbereinigungen) und die Neueintheilung von Grundstücken durch Aenderung der Grenzen oder Umlegung (Baufluchtregulirung) inbegriffen ist. Es beantragt, 1. diese Auslegung zu Protokoll festzustellen, 2. das Stichwort „Agrarrecht" im Register hierher zu vermeiden. Hessen wünscht, in der Denkschrift zum Einführungsgesetze klarzustellen, daß auch die Vorschriften über „Feldbereinigung" aufrecht erhalten bleiben. Art. 89 a. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz schlagen vor, als Art. 89 a zu bestimmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Begründung und Aufhebung einer Dienstbarkeit an einem Grundstücke, das im Grundbuch nicht eingetragen ist und nach den Vorschriften der Grundbuchordnung auch nicht eingetragen zu werden braucht." Art. 90. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, den ersten Satz zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit einer Hypothek oder Grundschuld untersagen oder beschränken oder die Ausschließung" u.s.f. Art. 92. Preußen beantragt, den Art. 92 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Veräußerung eines Grundstücks untersagen 878
Beratungen im Bundesrat
oder beschränken oder welche die Belastung eines Grundstücks über eine bestimmte Werthgrenze hinaus verbieten." Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz wünschen, auch jene landesgesetzlichen Vorschriften aufrechtzuerhalten, welche die Zusammenlegung von Grundstücken untersagen oder beschränken. Lippe will, daß bestimmt wird. „Unberührt bleibt das in (Westfalen und) Lippe geltende Kolonatsrecht." — Für den Fall der Ablehnung dieses Vorschlags wird beantragt, den Art. 92 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen V o r schriften, welche die Theilung von Grundstücken untersagen oder beschränken." Art. 95. Württemberg wünscht, daß als Abs. 2 beigefügt wird: „Das Gleiche gilt zu Gunsten eines mit Obstbäumen besetzten Grundstücks in Ansehung des § 895." Art. 96. Preußen beantragt, am Schlüsse beizufügen: „oder das Recht des N o t h wegs zum Zwecke der Verbindung eines Grundstücks mit einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn gewähren." Art. 100. Oldenburg beantragt, nach dem W o r t e : „Grundstück" die Worte „gerichtlich oder" hinzuzusetzen. Art. 101 a. Bayern beantragt, als Art. 101a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen ein Grundstück eingezogen werden kann, wenn der Eigenthümer den Besitz aufgegeben hat, seit der Aufgabe des Besitzes ein bestimmter Zeitraum verstrichen ist und während dieses Zeitraums die von dem Grundstücke zu entrichtenden öffentlichen Abgaben nicht entrichtet worden sind." Art. 104a. Sachsen-Meinigen schlägt vor, folgende Bestimmung aufzunehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Scheidung der Ehe durch den Landesherrn, sofern keiner der Ehegatten der katholischen Kirche angehört und der Ehemann in dem betreffenden Lande die Staatsangehörigkeit und einen Wohnsitz hat." Reuß ä. L. beantragt, die Bestimmung aufzunehmen, daß die Entscheidung über den Fortbestand des Landesherrlichen Ehescheidungsrechts in den Bundesstaaten, in welchen solches bisher in Geltung war, der Landesgesetzgebung vorbehalten bleibt. Art. 107. Elsaß-Lothringen schlägt vor, in N r . 1 nach den Worten: „für diejenigen Minderjährigen" die Worte „oder Geisteskranken" einzuschalten. Art. 108. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, dem Abs. 1 hinzuzufügen: „Dies gilt insbesondere von den Vorschriften über die von dem Anerben seinen Geschwistern zu gewährenden Abfindungen und Unterhaltsleistungen, über das Recht auf Altentheil aus dem Grundstück so wie über die Interimswirthschaft." Braunschweig will einen Vorbehalt aufnehmen, welcher das Recht des aufheirathenden Ehegatten und die Interimswirthschaft aufrecht erhält. Waldeck ist der Ansicht, es empfehle sich am Schlüsse des Abs. 1 hinzuzufügen: „einschließlich der damit zusammenhängenden Bestimmungen über die Gewährung von Abfindungen und Leibzuchten, über das Insitz- und Alimentationsrecht der Geschwister des Anerben sowie über die Interimswirthschaft." — Im Falle der Ablehnung dieses Vorschlags wird beantragt, zu Protokoll des Bundesraths festzustellen, daß Art. 108 unter dem „Anerbenrecht" das Anerbenrecht im weitesten Sinne versteht. Schaumburg-Lippe will dem Abs. 2 beifügen: „unbeschadet etwa gemäß Art. 92 des Einführungsgesetzes bestehender Vorschriften." Lippe will für den Fall, daß sein zu Art. 92 in erster Linie gestellter Antrag nicht gebilligt wird, den Art. 108 fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen V o r 879
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Schriften über das Anerbenrecht, über die Abfindung der jüngeren Geschwister durch Brautschätze und die Interimswirthschaft, soweit dieselbe die Verwaltung des Guts (Kolonats) im Interesse des Anerben bezweckt." Art. 112 a. Württemberg beantragt, an geeigneter Stelle folgenden Vorbehalt einzustellen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei dem Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft, auch wenn der andere Ehegatte ein Verlangen nicht stellt, ein Verzeichniß des eingebrachten Gutes zu errichten, das Verzeichniß der zuständigen Behörde einzureichen hat und für den Fall, daß die Einreichung binnen bestimmter Frist nicht erfolgt, die Aufnahme des Verzeichnisses durch eine Behörde oder einen Notar angeordnet ist." Art. 116. Preußen beantragt, den Art. 116 am Schlüsse zu fassen: „ . . . Gesetzbuchs außer vor dem Grundbuchamt auch vor Gericht oder vor einem Notar oder vor einer anderen Behörde oder einem anderen Beamten erklärt werden." Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, statt: „nur vor dem Grundbuchamt. . . erklärt werden" zu setzen: „außer vor dem Grundbuchamt auch vor einer anderen Behörde oder vor einem Notar erklärt werden." Oldenburg stellt den Antrag, den Landesgesetzen auch vorzubehalten, die Auflassung vor Gericht oder Notar zuzulassen. Art. 120 Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, im Abs. 2 statt „einer anderen Behörde als dem Amtsgericht" zu setzen: „einer nicht gerichtlichen Behörde". Art. 123. Preußen beantragt, nach den Worten „bestellten Beamten" einzuschalten : „oder vor einer anderen Person". Vierter Abschnitt. Uebergangsvorschriften Art. 137a. Preußen beantragt, als Art. 137 a zu bestimmen: „In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden landschaftlichen (ritterschaftlichen) Kreditinstitute." Art. 162. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, im Abs. 2 für den Fall der Annahme ihres Antrags zu Art. 70 statt: „Artikel 158" zu setzen: „Artikel 89 a oder 158". Art. 165. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz wollen hinter dem Worte „Weise" einschalten „zusteht". Art. 166 a. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz wollen als Art. 166 a folgende Vorschrift aufnehmen: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß eine zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, an einem Grundstücke bestehende Hypothek, für deren Wirksamkeit nach den bisherigen Gesetzen das Bestehen einer Forderung nicht erforderlich ist, als Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefes nicht ausgeschlossen ist, als Sicherungshypothek oder als Grundschuld gelten soll, und daß die über die Hypothek ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief oder als Grundschuldbrief gelten soll." Art. 167. Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz beantragen, die in der Anmerkung zum Artikel 167 ausgesprochene Voraussetzung dahin zu ergänzen, daß auch die Aufnahme einer Vorschrift in die Grundbuchordnung vorausgesetzt wird, nach welcher außer der Eintragung des Nutzungsrechts auf das für dieses bestimmte Grundbuchblatt nicht auch noch die Eintragung auf das für das belastete Grundstück bestimmte Grundbuchblatt erforderlich ist, wenn das belastete Grundstück wegen Entfreiung von der Buchungspflicht in das Grundbuch nicht eingetragen ist. Art. 170. Lippe beantragt folgenden Zusatz: „Unberührt bleiben diejenigen Güterverhältnisse der Eheleute und Kinder, welche auf Grund einer gesetzlichen allge880
Beratungen im Bundesrat
meinen Gütergemeinschaftsordnung bestehen, sofern die Ehe, durch welche sie begründet sind, vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgeschlossen worden ist." Elsaß-Lothringen beantragt in erster Linie den Abs. 2 zu streichen. — In zweiter Linie wird beantragt, dem Abs. 2 beizufügen: „Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Vorschriften über die Vermögensabsonderung zu treffen, die im Falle der Errichtung eines Ehevertrags einzutreten hat." Art. 178. Elsaß-Lothringen schlägt vor, im Abs. 1 statt „für die Unterhaltspflicht des Vaters" zu setzen : „für die Erforschung der Vaterschaft und für die Unterhaltspflicht des Vaters." Art. 179 a. Bayern beantragt, in dem Falle, daß die Bestimmung des § 1785 Nr. 5 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs unverändert angenommen werden sollte, als Artikel 179 a die Bestimmung einzuschalten, daß es für Werthpapiere, die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs von der Landesregierung zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt worden sind, der im § 1785 Nr. 5 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Erklärung des Bundesraths nicht bedarf. Art. 180. Elsaß-Lothringen beantragt, im Abs. 2 nach den Worten: „Das Gleiche gilt. . ." fortzufahren: „für die Gegenvormünder, wenn das Vormundschaftsgericht dies für erforderlich erachtet, sowie im Bereiche der . . Art. 180a. Preußen beantragt, als Art. 180 a zu bestimmen: „In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen auf den Inhaber lautende Schuldverschreibungen gewisser Grundkreditinstitute zur Anlegung von Mündelgeldern für geeignet erklärt sind." Art. 181. Baden beantragt, den Art. 181 zu fassen: „Die nach den Vorschriften des französischen oder des badischen Rechts für einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes behält auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung nach Maßgabe der bisherigen Gesetze." eventuell dahin: „Die nach den Vorschriften des französischen oder des badischen Rechts für einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes verliert ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung.", subventuell dahin: „Auf eine Person, für welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach den Vorschriften des französischen oder des badischen Rechts wegen Geistesschwäche die Bestellung eines Beistandes angeordnet ist, finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an dessen Vorschriften über entmündigte Geistesschwache Anwendung." Art. 184 a. Preußen beantragt, als Art. 184 a zu bestimmen: „In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Mitglieder gewisser ritterschaftlicher Familien die Erbfolge in ihren Nachlaß ordnen können, ohne durch das Pflichttheilsrecht beschränkt zu sein."
2. Anträge und Bemerkungen Badens (31. 12.1895) I. Zu Art. 33 (früher 35) erhellt aus der Entstehungsgeschichte, daß die Tragweite des gemachten Vorbehalts schon verschiedenen Auffassungen ausgesetzt war und es kann auch in der Bemerkung der Denkschrift zum Familienrecht (IV S. 205/6) eine sichere Lösung nicht gefunden werden, abgesehen davon, daß Baden mit deren Inhalt nicht übereinstimmt. Es wird beantragt, unter Strich der bezeichneten Stelle der Denkschrift, dem Art. 33 des Einführungsgesetzes einen Zusatz in folgender Fassung zu geben: „Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Ehe und Abstammung bleiben ausschließlich maßgebend", eventuell dahin: „Hinsichtlich der ehelichen Ab881
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stammung sind die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs §§ 1571 — 80 ausschließlich maßgebend." II. Zu Art. 55 f f . (früher 49 f f . ) wird, nachdem aus Gründen der formellen Technik des Gesetzes eine der Anmerkung II Ziff. 2 zu § 21 des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Aufrechthaltung der landesgesetzlichen Vorschriften über Schließung und Auflösung der Vereine unterblieben und im § 40 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Auflösungsrecht in engere Schranken gebannt ist, es für unentbehrlich erachtet, noch sonst in einer prägnanten Weise sicherzustellen, daß die Auflösung aus öffentlich-rechtlichen Gründen daneben verbleibt. III. Zu Art. 86 (früher 41 f f . ) wird angenommen, daß unter „Zusammenlegen von Grundstücken" auch die „Verlegung" (Anweisung eines Grundstücks an Stelle eines andern, namentlich bei Feldbereinigungen) und die Neueintheilung von Grundstükken durch Aenderung der Grenzen oder Umlegung, wie eine solche in Ortsstraßengesetzen vorgesehen ist, inbegriffen ist. Bei dieser Auslegung, welche die städtischen Grundstücke und Baufluchtregulirungen einbezieht, ergiebt sich der Antrag: 1. die Uebereinstimmung bezüglich derselben Auslegung zu Protokoll festzustellen, 2. das Stichwort „Agrarrecht" im Register hierher bezüglich zu vermeiden. IV. So lange das Bürgerliche Gesetzbuch nicht in Kraft gesetzt ist, besteht in Baden die Möglichkeit nicht, einen Geistes schwachen, d. h. eine Person, auf welche bad. L.R. S. 489, nicht wohl aber L.R. S. 499 zutrifft, zu entmündigen und es würde bei unveränderter Annahme des Artikels 181 eine Zwischenzeit entstehen, während welcher die bisher Verbeistandeten — zu ihrem eigenen Schaden — frei über ihr Vermögen verfügen könnten. Zur Abhilfe wird eine Aenderung des Artikels 181 dahin beantragt: „Die nach den Vorschriften des französischen oder des badischen Rechts für einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes behält auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung nach Maßgabe der bisherigen Gesetze.", eventuell dahin: „Die nach den Vorschriften des französischen oder des badischen Rechts für einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes verliert ein Jahr nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung.", subeventuell dahin : „Auf eine Person, für welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach den Vorschriften des französischen oder des badischen Rechts wegen Geistesschwäche die Bestellung eines Beistandes angeordnet ist, finden von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an dessen Vorschriften über entmündigte Geistesschwache Anwendung." 3. Anträge Bayerns vom 6. 1. 1896 Die Anträge zu Art. 8, 20 a, 61, 69, 83 a, 101 a und 179 a sind vollständig in der „Zusammenstellung" wiedergegeben. 4. Antrag von Braunschweig (2. 1. 1896) Dem Reichs-Justizamt erwidern wir auf das sehr gefällige Schreiben vom 26. v. M. N° 3928 ganz ergebenst, daß wir gegen den das Verhältniß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu den Landesgesetzen betreffenden dritten Abschnitt des Entwurfs eines Einführungsgesetzes, wie er von der Kommission für die zweite Lesung festgestellt worden ist, Erinnerungen nur in einer Beziehung zu erheben haben. Wir sind der Ansicht, daß durch die vorgeschlagene Fassung der im höchsten Maße wünschenswerthe Fortbestand des im hiesigen Herzogthume geltenden bäuerlichen Rechts nicht genügend gesichert worden ist, und beehren uns, in dieser Hinsicht Folgendes Nähere auszuführen : 882
Beratungen im Bundesrat
Nach der allgemeinen Begründung zum Dritten Buche des ersten Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs (Motive III S. 4 ff.) sollen verschiedene Rechtsmaterien, darunter das bäuerliche Güterrecht in dem bürgerlichen Gesetzbuche nicht geregelt, sondern der Zuständigkeit der Landesgesetzgebungen belassen werden; die Regelung des Verhältnisses der nicht kodificirten Sonderrechte zum Gesetzbuche soll im Einführungsgesetze erfolgen. In dem letzteren (erster Entwurf Abschnitt 3) werden indeß nicht die das häuerliche Güterrecht betreffenden Vorschriften des Partikularrechts im Allgemeinen, sondern davon nur (cf. artt. 59, 70 N° 1, 83 — 87) diejenigen vorbehalten, welche den Leibzuchts vertrag, das Verbot der Theilung von Grundstükken und das Anerbenrecht betreffen. Daß damit die Fortexistenz der sonstigen dem bäuerlichen Güterrecht angehörigen Rechtsinstitute hat negirt werden sollen, ist nicht ersichtlich, und im Hinblick auf die allgemein lautende Aeußerung der obgedachten Motive um so weniger anzunehmen, als die Begründung der artt. 83—87 des ersten Entwurfs eines Einführungsgesetzes einen abweichenden Standpunkt nicht erkennen läßt und vielmehr auf der Annahme zu beruhen scheint, daß das bäuerliche Güterrecht sich in den Rechtsnormen erschöpfe, welche in den cit. artt. 59, 70 N° 1, 83—87 berührt werden. Letzteres ist jedoch nicht der Fall, es kommen auch noch diejenigen Bestimmungen in Frage, welche das Recht des aufheirathenden Ehegatten, sowie das Institut der Interimswirthschaft regeln. Der zweite Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie der zweite Entwurf des Einführungsgesetzes scheinen bezüglich des bäuerlichen Güterrechts denselben Standpunkt wie die ersten Entwürfe einzunehmen. Insbesondere entsprechen den vorerwähnten artt. des ersten Entwurfs im Wesentlichen die artt. 37d, 53c, 80a des vorliegenden Entwurfs des Einführungsgesetzes. Sonstige Vorschriften bezüglich des bäuerlichen Güterrechts sind auch hier nicht gegeben. Eine unzweideutige Stellungnahme des Entwurfs zu den gedachten Bestimmungen des bäuerlichen Güterrechts ist daher auch zur Zeit noch nicht vorhanden. Das Recht des aufheirathenden Ehegatten nach unserem Bauernrecht (Mitbesitz und Mitgenuß: eine Gemeinschaft, bei welcher die Antheile der Betheiligten aber durchaus ungleich sind, Anspruch auf Leibzucht, Veräußerungsbeschränkung nach § 4 des Gesetzes N° 11 vom 28. März 1874) und das dadurch begründete Verhältniß der Ehegatten in Ansehung ihres Vermögens unterscheidet sich inhaltlich von allen in dem zweiten Entwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuchs geordneten ehelichen Güterständen erheblich. Durch Wahl eines dieser Güterstände in dem Ehevertrage vermöchten sich daher die Ehegatten einen gleichartigen Ersatz des Verhältnisses nicht zu schaffen, welches zur Zeit unsere Bauern mittels Aufheirathung auf einen Hof gewohnt sind, vertragsmäßig zu begründen. Ob solcher Effect aber durch specialisirte Ehepacten noch unter der Herrschaft des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs zu erzielen wäre, erscheint trotz der vom Entwürfe adoptirten Vertragsfreiheit der Eheleute bezüglich ihrer Güterverhältnisse (§1331, Mot. zum Entwurf I, Β. IV S. 141, 305) im höchsten Grade zweifelhaft. Endlich ist die Vorschrift des § 1332 Bürgerlichen Gesetzbuches Entwurf II bedeutsam, wonach durch Verweisung auf ein nicht mehr geltendes Gesetz der eheliche Güterstand in Zukunft nicht mehr soll bestimmt werden können. Um das Institut der Interimswirthschaft auch noch ferner aufrecht zu erhalten, bieten die Vorschriften des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs, betreffend das eheliche Güterrecht, noch weniger eine Handhabe. Denn zur Errichtung des Interimswirthschaftsvertrages giebt einmal zwei am häufigsten, aber doch nicht allein der Fall der Wiederverheirathung der aufgeheiratheten Wittwe Anlaß, und sodann handelt es sich in Fällen der letzteren Art u. A. um die Begründung eines Rechts des 883
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Interimswirths an einer nicht der Wittwe, sondern einem Dritten gehörigen Sache, wozu die Wittwe allein durch die Bestimmungen des bäuerlichen Sonderrechts legitimirt wird. Auch auf die sonstigen Vorschriften des Entwurfs läßt sich das Institut der Interimswirthschaft nicht stützen. Dasselbe aber ebenso wie das Recht des aufheirathenden Ehegatten dereinst noch neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche in Geltung zu erhalten, erscheint uns als dem Interesse der Bewahrung eines kräftigen Bauernstandes dienlich, und deshalb als empfehlenswerth, das Einführungsgesetz noch durch einen entsprechenden Vorbehalt zu ergänzen. Braunschweig, d. 21. Dezember 1895. Herzogl. Braunschw. Lüneb. Staats-Ministerium. gez. (Spies) 5. Antrag von Elsaß-Lothringen (31.12. 1895) Euerer Durchlaucht beehre ich mich unter Bezugnahme auf das gefällige Schreiben vom 26. v. Mts. R. J. A. Nr. 3928 und die inzwischen hierher gelangte Bundesraths-Drucksache Nr. 128 ganz ergebenst mitzutheilen, daß der Entwurf eines Einführungsgesetzes zu dem Bürgerlichen Gesetzbuche mir zu nachstehenden Bemerkungen Anlaß gibt: 1. Zu Art. 107. Nach Art. 31 des in Elsaß-Lothringen geltenden Gesetzes vom 30. Juni 1838 über die Geisteskranken sind den Verwaltungs- und Aufsichtskommissionen der Pflegehäuser oder öffentlichen Irrenanstalten bezüglich der in den Anstalten untergebrachten, nicht entmündigten Personen gewisse vormundschaftliche Rechte eingeräumt. Dieselben haben, sofern nicht auf Betreiben der Angehörigen dieser Personen ein Vermögensverwalter für sie bestellt wird, die Verrichtungen eines einstweiligen Vermögensverwalters auszuüben und mit deren Wahrnehmung eines ihrer Mitglieder zu beauftragen. Dieses Mitglied hat insbesondere die Aufgabe, die Forderungen des Geisteskranken einzuziehen, aus den eingehenden Beträgen dessen Schulden zu tilgen, Mieth- und Pachtverträge für denselben abzuschließen u. A. m. Da die fürsorglichen Maßnahmen, welche hier zu Gunsten der Geisteskranken getroffen sind, sich praktisch sehr bewährt haben, so besteht diesseits der Wunsch, deren Anwendbarkeit auch für die Zukunft sicher zu stellen, zu welchem Behufe der Vorbehalt der Ziffer 1 des Art. 107 entsprechend zu erweitern wäre. 2. Zu Art. 170. Das eheliche Güterrecht des französischen Rechts ist von demjenigen des Bürgerlichen Gesetzbuchs grundsätzlich so verschieden, daß die Zulassung des Uebergangs von einem System in das andere im Gebiete des französischen Rechts voraussichtlich zu großen praktischen Schwierigkeiten führen wird. Es möchte sich daher empfehlen, unter Wiederherstellung der Ersten Lesung den zweiten Absatz zu streichen. Eventuell möchte der Landesgesetzgebung jedenfalls das Recht vorbehalten werden, Vorschriften über die Vermögensabsonderung zu treffen, die im Falle der Errichtung eines Ehevertrags einzutreten hat. Zu 3. Art. 178. Nach dem Eingange des ersten Absatzes bestimmt sich die rechtliche Stellung eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geborenen unehelichen Kindes von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften. Diese Bestimmung läßt die Folgerung zu, daß von dem Inkrafttreten des Gesetzbuchs an auch die Vaterschaft nach dessen Vorschriften (§ 1695) festgestellt werden kann, so daß die vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geborenen unehelichen Kinder auch in denjenigen Gebieten, wo zur Zeit die Verfolgung der Vaterschaft unzulässig ist, in Zukunft auf Feststellung der Vaterschaft klagen könnten. Allerdings soll diese Folgerung nach den Motiven dadurch ausgeschlossen sein, daß nach dem weiteren Inhalte des Artikels für die Unterhalts884
Beratungen im Bundesrat
pflicht des Vaters die bisherigen Gesetze maßgebend bleiben. Es muß aber bezweifelt werden, ob die Absicht des Gesetzes durch letztere Bestimmung erreicht wird. Denn die Unterhaltspflicht ist nach französischem Recht die rechtliche Folge der Vaterschaft. Ist letztere — sei es durch freiwillige Anerkennung, sei es durch gerichtliches Urtheil, soweit ein solches erwirkt werden kann — festgestellt, dann tritt auch die Unterhaltspflicht ein. Um den Willen des Gesetzes in wirksamer Weise zum Ausdrucke zu bringen, dürfte somit zu bestimmen sein, daß auch für die Erforschung der Vaterschaft die bisherigen Gesetze maßgebend bleiben. 4. Zw Art. 180. Zum zweiten Absätze entsteht die Frage, ob unter den Vormündern, die im Amte bleiben, auch die Gegenvormünder zu verstehen sind. Ist diese Frage — wie diesseits angenommen wird — zu bejahen, so würden in Elsaß-Lothringen, woselbst zur Zeit für jeden Vormund ein Gegenvormund zu bestellen ist, bei zahlreichen Vormundschaften Gegenvormünder im Amte bleiben, zu deren Bestellung unter der Herrschaft des Bürgerlichen Gesetzbuchs kein hinreichender Anlaß mehr gegeben wäre. Es möchte daher eine Einschränkung angezeigt sein. Auf Grund der vorstehenden Bemerkungen gestatte ich mir Ew. Durchlaucht ganz ergebenst zu ersuchen, dem Bundesrathsausschusse für Justizwesen folgende Anträge zu unterbreiten : 1. Im Art. 107 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch Ziff. 1 Zeile 3 hinter dem Worte „Minderjährigen" noch einzuschieben: „oder Geisteskranken". 2. Im Art. 170 den zweiten Absatz zu streichen; eventuell nachstehenden Zusatz dazu zu machen: „Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Vorschriften über die Vermögensabsonderung zu treffen, die im Falle der Errichtung eines Ehevertrags einzutreten hat." 3. Im Art. 178 Abs. 1 Zeile 4 statt „für die Unterhaltspflicht des Vaters" zu setzen: „für die Erforschung der Vaterschaft und für die Unterhaltspflicht des Vaters." 4. Im Art. 180 Abs. 1 hinter den Worten : „Das Gleiche gilt. . fortzufahren: „für die Gegenvormünder, wenn das Vormundschaftsgericht dies für erforderlich erachtet, sowie im Bereiche der Preußischen Vormundschaftsordnung . . . " Der Kaiserliche Statthalter in Elsaß-Lothringen. In Vertretung gez. (Puttkamer)
6. Antrag Hamburgs Zu § 61 wird folgender Zusatz vorgeschlagen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Grundeigenthum durch Ausländer beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen." Motive. Der Erwerb von Grundeigenthum seitens Angehöriger fremder Nationen ist in vielen Staaten verboten bezw. an eine ausdrückliche staatliche Erlaubniß geknüpft. Schon mit Rücksicht auf die Reciprocität dürfte es sich empfehlen, eine gleiche Bestimmung im Deutschen Reiche zuzulassen. Für einen großen Staat wird eine andere Rücksicht als diese auf die Gegenseitigkeit kaum in Betracht kommen, anders für einen kleinen. In Hamburg, wo viele Ausländer ihr Brod suchen und auswärtige Gesellschaften in großer Zahl Niederlassungen haben, wird es als Bedürfniß empfunden, verhindern zu können, daß mit der Zeit ein großer und vielleicht der werthvollste Theil des städtischen Bodens in das Eigenthum von Ausländern übergehe. Das bestehende Gesetz von 1863 macht den Erwerb von Grundeigenthum seitens solcher Personen, die nicht zu den Angehörigen des vormaligen Deutschen Bundes gehören, von einer Genehmigung des Senats abhängig, und wenn diese 885
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Genehmigung auch bisher in der Regel ertheilt worden ist, so hat sich doch das Gesetz mehrfach als nützlich zur Verhütung von Mißbräuchen erwiesen. 7. Anträge von Hessen-Darmstadt (2. 1. 1896) Dem Reichs-Justizamt beehrt sich das unterzeichnete Ministerium mit Bezug auf das gefälligste Schreiben vom 26. November v. Js. Nr. 3928 im Nachstehenden die Erinnerungen ganz ergebenst mitzutheilen, zu welchen der Entwurf eines Einführungsgesetzes zu dem Bürgerlichen Gesetzbuch und zwar der Gesammtentwurf, wie er schließlich aus den Berathungen der Kommission hervorgegangen ist, der Großherzoglichen Regierung Anlaß gegeben hat. Zu Artikel 7. Dieser Artikel dürfte zu streichen sein. Die Bestimmung ist im Hinblick auf Art. 4 entbehrlich und zudem insofern nicht unbedenklich, als sie leicht zu der irrigen Auffassung verleiten kann, daß eben nur bei den speziell aufgeführten Reichsgesetzen, nicht aber auch bei anderen Gesetzen, die an die Verwandtschaft oder Schwägerschaft rechtliche Folgen knüpfen, die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Verwandtschaft und Schwägerschaft Anwendung zu finden haben. Zu Art. 33. Das hessische Gesetz vom 11. September 1858 gestattet die Errichtung einer Art bäuerlicher Familienfideikommisse, die die Bezeichnung „landwirthschaftliche Erbgüter" führen. Um jedem Zweifel darüber zu begegnen, daß dieses Gesetz in Kraft bleibt, dürfte es angezeigt sein, entweder in dem angezogenen Artikel auch die landwirtschaftlichen Erbgüter ausdrücklich aufzuführen oder in der für das Einführungsgesetz in Aussicht genommenen Denkschrift hervorzuheben, daß die betreffende Bestimmung auch auf jene Güter Anwendung findet. Zu Artikel 61. Es fehlt an einem zureichenden Grunde, den Vorschriften des Abs. 1 gemäß Abs. 2 die Anwendung dann zu versagen, wenn es sich um juristische Personen handelt, die ihre Rechtsfähigkeit andern reichsrechtlichen Vorschriften als denjenigen des Bürgerlichen Gesetzbuchs verdanken. Es wird daher beantragt, den Absatz 2 zu streichen. Zu Artikel 86. In Hessen wie auch anderwärts in Süddeutschland ist das ge. sammte Verfahren, das die Zusammenlegung von Grundstücken innerhalb einer Gemarkung oder eines Gemarkungstheils zum Gegenstand hat, gesetzlich mit der Bezeichnung „Feldbereinigung" belegt worden. Zur Begegnung von Zweifeln und Mißverständnissen dürfte es sich demzufolge empfehlen, in der bereits erwähnten Denkschrift klar zu stellen, daß die Bestimmung in Art. 86 auch die partikularen Normen über „Feldbereinigung" umfaßt und aufrecht erhält. Der Eingang des Art. 86 sollte wie folgt gefaßt werden: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Gemeinheitstheilung, die Zusammenlegung von Grundstücken oder die Feldbereinigung, die Regulierung der Wege" etc. Antrag von Hessen-Darmstadt (9.1. 1896) Der § ζ der von der Königlich preußischen Regierung vorgeschlagenen Vorschriften über das internationale Privatrecht soll nicht aufgenommen werden, dagegen soll vorbehalten bleiben, eine gleichlautende Bestimmung in das in Aussicht genommene Reichsgesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit demnächst einzustellen. 8. Antrag von Lippe-Detmold (2. 1.1896) Der mit geehrtem Schreiben des Reichs-Justizamts vom 26. November 1895, 886
Beratungen im Bundesrat
Nr. 3928, hierher gelangte Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche giebt uns zu folgenden Bemerkungen und Anträgen Anlaß. D a nach dem Einführungsgesetze das neue Gesetzbuch nur die Bestimmungen des bisher geltenden gemeinen Privat-Rechts ersetzt, aber die seit Anfang dieses Jahrhunderts in hiesigem Lande erlassenen Gesetze auf dem Gebiete der sogenannten freiwilligen Gerichtsbarkeit und des jetzt sogenannten Verwaltungsrechts unberührt läßt, so wird die Aenderung im Allgemeinen wenig Schwierigkeiten hervorrufen. N u r hinsichtlich der bisher geltenden allgemeinen Gütergemeinschaft und des Kolonatsrechts sind Bedenken hervorgetreten, welche nach unserer Ansicht besondere Berücksichtigung verdienen. 1. Bekanntlich bildet im hiesigen Lande die allgemeine eheliche Gütergemeinschaft auf Grund der Verordnung von 1786 die Regel. Diese wird durch das neue Zivilgesetzbuch im ganzen Umfange aufgehoben, indem darin ein vollständiges neues System des ehelichen Güterrechts aufgestellt ist. In dem Einführungsgesetz ist eine Uebergangsbestimmung für diejenigen Länder, wo bereits ein bestimmtes eheliches Güterrecht gilt, nicht getroffen. Es würde bei uns aber bedenkliche Folgen haben, wenn die sämmtlichen bestehenden Gütergemeinschaften mit den daraus hervorgehenden Rechten der Kinder, namentlich auch bei vormundschaftlicher Verwaltung, sofort nach dem neuen Gesetze behandelt würden. Hiernach scheint eine weitere Bestimmung erforderlich, welche etwa dahin lauten müßte: „Unberührt bleiben diejenigen Güterverhältnisse der Eheleute und Kinder, welche auf Grund einer gesetzlichen allgemeinen Gütergemeinschaftsordnung bestehen, sofern die Ehe, durch welche sie begründet sind, vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgeschlossen ist." 2. Das Einführungsgesetz enthält in den Artikeln 37 d, 53 c und 80 a Bestimmungen, welche die Untheilbarkeit der Kolonate, die Leibzucht und das Anerbenrecht schützen würden, ohne daß die sonstigen Einrichtungen des Kolonatsrechtes Berücksichtigung gefunden haben. Das Anerbenrecht läßt sich aber nicht durchführen, wenn nicht die Abfindung der Geschwister durch Brautschätze und die Interimswirthschaft als vormundschaftliche Verwaltung f ü r den Anerben beibehalten werden, ebenso wird die Untheilbarkeit gefährdet, wenn die verfrühte Erbfolge nicht gesetzlich, statt nur vertragsmäßig bestehen bleibt. Auch ist der Satz des Artikels 37 d „der Grundstücke, die bisher zusammen bewirthschaftet sind," eine ungenügende Bezeichnung der untrennbar vereinigten Grundstücke, wie sie den Bestand eines Kolonats bilden. Das westfälische und lippische Kolonatsrecht hat für die Landwirthschaft und die Erhaltung eines wohlhabenden Bauernstandes die größte Bedeutung. Es ist daher möglichst zu vermeiden, daß Bestimmungen des neuen Gesetzes Eingriffe in dasselbe ermöglichen oder eine Quelle von Streitigkeiten über die Anwendbarkeit des alten oder neuen Rechts werden. Hiernach ist es dringend wünschenswerth, in das Einführungsgesetz die Bestimmung aufzunehmen: „Unberührt bleibt das in (Westfalen und) Lippe geltende Kolonatsrecht." Sollte diese Fassung nicht annehmbar sein, so würde beantragt werden müssen zu Artikel 37 d, daß die ursprüngliche Fassung: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Theilung von Grundstücken untersagen oder beschränken," wieder hergestellt und zu Artikel 80 a, daß bestimmt werde : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Anerbenrecht, über die Abfindung der jüngeren Geschwister durch Brautschätze und die Interimswirthschaft, soweit dieselbe die Verwaltung des Guts (Kolonats) im Interesse des Anerben bezweckt."
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9. Abänderungsanträge von Mecklenburg-Schwerin (3. 1. 1896) 1. Im Art. 8 unter 4 statt „ohne die erforderliche Genehmigung des Bundesraths" zu setzen: „ohne die erforderliche staatliche Genehmigung". — Der Antrag folgt aus der vom Justizausschuß beschlossenen Aenderung des B.G.B. § 780. 2. Im Art. 37Satz 2 zu streichen, eventuell ihn zu fassen: „Sobald diese Rechte zur Entstehung gelangt sind, finden auf sie die Vorschriften des § 1002 des B.G.B, entsprechende Anwendung." Ob und inwieweit die Vorschriften für Grundstücke auf die im Art. 37 bezeichneten Rechte Anwendung zu finden haben, kann zutreffend nur in Berücksichtigung des materiellrechtlichen Charakters dieser Rechte und von derjenigen Stelle beantragt werden, welcher die Feststellung dieses rechtlichen Charakters überwiesen ist. Jedenfalls dürfte es an einem genügenden Grunde fehlen, für das Erbpachtrecht in der gedachten Beziehung eine von dem allgemeinen Grundsatze des Art. 167 abweichende Bestimmung zu treffen. Sollten jedoch Bedenken gegen die Streichung des Satzes 2 bestehen, so dürfte jedenfalls zum Ausdruck zu bringen sein, daß die Entstehung des ErbpachtrecKts pp. — wie auch von der Kommission nach Prot. S. 8986 anerkannt worden ist — sich nach dem Landesrecht richtet, und daß insbesondere aus der Bezugnahme des § 1002 des B.G.B, nicht gefolgert werden darf, daß für den ersten Erwerb eines solchen Rechts die Auffassung erforderlich sei. 3. Als Art. 37a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das nicht unter die im Art. 37 bezeichneten Rechte fallende bäuerliche Nutzungsrecht an Grundstücken in denjenigen Bundesstaaten, in welchen dies Recht besteht." Das bäuerliche Nutzungsrecht oder die sog. bäuerliche oder schlechte Leihe, welche nicht unter den Begriff des Erbpachtsrechts fällt, gewährt dem Hauswirth kein dingliches Recht an dem Gehöft, sondern im Wesentlichen nur ein obligatorisches, aber grundsätzlich unkündbares Pachtrecht gegen den Gutsherrn (vergi, hierüber die diesseitige Bemerkung Nr. 159 sub IX zum Entw. I des B.G.B. — Mecklenb. Bemerk. Bd. I, S. 171 ff.). Dieses eigenthümliche Recht hat durch das Einführungsgesetz keine Berücksichtigung gefunden. Durch den Art. 155 wird es nicht gewahrt, da es keinen dinglichen Charakter hat, und die Vorschrift des Art. 142 würde nur die Aufrechterhaltung des einem bestimmten Hauswirth beim Inkrafttreten des B.G.B, zustehenden Nutzungsrechts gewährleisten, nicht aber auch diejenigen Rechtsverhältnisse sichern, welche durch Neuverleihung erledigter Gehöfte entstehen, da diese eben keine Schuldverhältnisse sein würden, welche vor dem Inkrafttreten des B.G.B, entstanden sind. Zu solcher Wiederverleihung ist der Gutsherr aber nach landesgesetzlicher Vorschrift in jedem Falle der Erledigung des Geschäfts verpflichtet, mag diese durch Tod, Abmeierung oder Unfähigkeit des Hauswirths, durch Rückgabe des Gehöfts oder Ablauf des Kontrakts eingetreten sein. Und zwar ist das Gehöft wieder zu verleihen, bei Ablauf des Kontrakts dem bisherigen Hauswirth, sonst dem nächsten nach besonderer bäuerlicher Erbfolgeordnung berufenen Anerben und erst in Ermangelung eines solchen einem von dem Gutsherrn auszuwählenden Dritten. Würden mit dem Inkrafttreten des B.G.B, die bezüglichen Vorschriften der Landesgesetze außer Kraft gesetzt, so würde es in jedem Falle der Erledigung des Gehöfts zur Einziehung desselben zu Gunsten des Gutsherrn, also zur Bauernlegung kommen. Von welcher Bedeutung das allein für Mecklenburg-Schwerin sein würde, mag daraus entnommen werden, daß dort am Ende des Jahres 1894 noch 713 bäuerliche Besitzstellen der gedachten Art vorhanden gewesen sind. Zweifellos dürfte der Entwurf eine solche einschneidende, nicht nur die Rechte der bisherigen Hauswirthe 888
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und ihrer Angehörigen schwer verletzende, sondern auch die agrarischen Verhältnisse ganzer Landestheile erschütternde Wirkung nicht beabsichtigt haben. Aber die Fassung der angezogenen Bestimmungen des Entwurfs in Beihalt des Art. 29 läßt diese Deutung zu und wird dieser deshalb durch Aufnahme der vorgeschlagenen Bestimmung zu begegnen sein. 4. Als Art. 39 a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen V o r schriften, welche dem Wegerecht angehören." Die Vorschriften über die öffentlichen, dem Gemeingebrauch dienenden Wege gehören zum großen Theil dem öffentlichen Recht an und unterfallen schon insoweit dem Landesrecht. Das Wegerecht enthält aber auch privatrechtliche Bestimmungen. Insbesondere gehören hierher die Beschränkungen und Verpflichtungen, denen die Eigenthümer der anstoßenden Grundstücke im Interesse des öffentlichen Verkehrs unterliegen. Die Regelung dieser privatrechtlichen Verhältnisse dürfte aus den gleichen Gründen der Regelung der Landesgesetzgebung vorzubehalten sein wie die des Wasserrechts. Dabei wird davon ausgegangen, daß ungeachtet der Bemerkung der Motive Bd. II S. 765 zum Entw. I eines B.G.B, durch die Art. 38 und 39 a in dem Gebiete des gemeinen Rechts auch die römischrechtlichen Interdikte in Kraft erhalten werden, durch welche dem Einzelnen ein klagbares Recht auf die Benutzung dem Gemeingebrauche dienender Wasserläufe oder Wege gewährt wird (vergi. Mecklenb. Bemerk, zum Entw. I, Bd. II S. 258 bis 265). 5. Im Art. 44 die Bestimmungen einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften nach welchen : . . . 1 a) der Wildschaden nicht zu ersetzen ist, welcher an Forst-, Wiesen- oder Weidegrundstücken oder an eingemietheten Früchten angerichtet wird; — 1 b, der Wildschaden, welcher an gewissen Feld- und Gartenerzeugnissen angerichtet wird, nur zu ersetzen ist, wenn er in einer bestimmten Jahreszeit angerichtet oder nicht unerheblich ist; — 1 c, der Schaden, welcher durch Rehwild angerichtet wird, nur zu ersetzen ist, wenn er nicht unerheblich ist; . . . 4. der Wildschaden, der an Gärten, Obstgärten, gartenähnlichen Anlagen, Weinbergen (u.s.f. wie der Entwurf); 4 a, die Verpflichtung zum Schadensersatz nicht eintritt, wenn der Beschädigte den Ersatzpflichtigen ohne genügenden Grund an der Herstellung von Schutzvorrichtungen gehindert hat, die zur Abwendung des Schadens unter gewöhnlichen Umständen geeignet sind und gegen das Interesse des Beschädigten nicht verstoßen;" . . . a) Ein Bedürfniß zum Ersätze des Wildschadens ist nur hervorgetreten hinsichtlich des Schadens an Feld- und Gartengrundstücken. Auch die lebhafte Agitation für die gesetzliche Regelung des Wildschadens, welche seiner Zeit an einzelnen Arten aufgetreten ist, hat sich, soweit von hier aus übersehen werden kann, nur auf den an Feld- und Gartengrundstücken angerichteten Wildschaden stützen können. Für den Ersatz des Wildschadens an Forstgrundstücken sowie an Wiesen- und Weidegrundstücken besteht ein Bedürfniß regelmäßig nicht. Dazu kommt, daß die zutreffende Schätzung eines Wildschadens an den gedachten Grundstücken eine überaus schwierige Aufgabe ist, deren Lösung auch die Reichsgesetzgebung billiger Weise nur denjenigen Bundesstaaten ansinnen sollte, in welchen ein wirkliches Bedürfniß hierf ü r hervorgetreten ist. Für Forstgrundstücke kommt auch in Betracht, daß die Besitzer dieser Grundstücke — wie z. B. in Mecklenburg — vielfach selbst jagdberechtigt sind. Nach § 820 Abs. 1 Satz 2 des B.G.B, erstreckt sich die Pflicht zum Ersatz des Wildschadens auf den Schaden, welchen die Thiere „an den getrennten, aber noch nicht eingeernteten Erzeugnissen des Grundstücks anrichten." O b Früchte, welche 889
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auf dem Grundstück, auf welchem sie gewonnen sind, in Miethen gelagert werden, als „eingeerntete" Früchte anzusehen sind, dürfte u. M. zweifelhaft sein und sich nur nach den besonderen örtlichen Verhältnissen zutreffend entscheiden lassen. Die Verpflichtung des Jagdberechtigten zum Ersätze des an diesen Früchten angerichteten Wildschadens würde jedoch in hohem Grade unbillig erscheinen, und empfiehlt es sich deshalb, in der gedachten Beziehung der Landesgesetzgebung freie Hand zu lassen. b) Hinsichtlich verschiedener Feldgewächse — wohin namentlich gehören: Klee, Seradella, Lucerne, Spörgel, Senf, Lupinen und ähnliche Futter- sowie Gründüngungsgewächse — ist ein Wildschaden außerordentlich schwer festzustellen, und wenn derselbe zu einer Zeit eintritt, in welchem sich die Pflanze noch im Anfangsstadium ihrer E n t w i c k l u n g befindet, wird selbst rücksichtlich eines nachweisbaren Schadens regelmäßig die Annahme berechtigt sein, daß derselbe bis zur Ernte wieder auswachsen wird. Es dürfte aber nicht gerechtfertigt sein, wegen der Feststellung solcher minimalen Schäden ein so komplizirtes und kostspieliges Verfahren eintreten zu lassen, wie es die ordnungsmäßige Feststellung eines Wildschadens bedingt. Der Landesgesetzgebung wird deshalb die Befugniß zu gewähren sein, in Berücksichtigung der in Frage stehenden Kulturgewächse und ihrer Entwicklungsstadien eine Beschränkung der Ersatzpflicht auf erhebliche Beschädigungen eintreten zu lassen. c) Bereits in der diesseitigen Bemerkung Nr. 39 zu § 820 (II 758) des Entw. II eines B.G.B. (Mecklenb. Bemerk. S. 39) ist erwähnt worden, daß „Rehwild" nicht überall als Schadenwild betrachtet werden kann. Man wird daher, wenn anders nicht für die Aufstellung grundloser und chikanöser Ersatzansprüche eine leichte H a n d habe geboten werden soll, für die Ersatzpflicht hinsichtlich des durch Rehwild verursachten Schadens das Erforderniß aufstellen dürfen, daß der Schaden kein geringfügiger ist. W o in dieser Beziehung die Grenze zu ziehen ist, wird der Entscheidung der Landesgesetzgebung in Berücksichtigung der in Betracht kommenden örtlichen Verhältnisse zu überlassen sein. d) In der Nr. 4 des Art. 44 werden auch „gartenähnliche Anlagen" zu berücksichtigen sein z. B. Parks, Kirchhofsanlagen, Gemüseplantagen in der Nähe der Städte u. dergl. e) Der Art. 44 Nr. 4 enthält eine besondere Ausgestaltung der Vorschrift des § 249 des B.G.B, in Ansehung des Wildschadens. Jene Vorschrift reicht aber, wie die praktische Erfahrung beweist, nicht aus. Auch der Jagdberechtigte, welcher Vorkehrungen gegen den Uebertritt des Wildes auf das Grundstück des eventuell Ersatzberechtigten zu treffen wünscht, wird dagegen zu schützen sein, daß er hierin nicht durch die Chikane des Ersatzberechtigten gehindert wird (vgl. auch § 6 Nr. 2 der Mecklenburg-Schwerinschen Verordnung, betr. den Ersatz des Wildschadens vom 14. Februar 1894). Diesem Gedanken sucht die unter 4 a vorgeschlagene Vorschrift Rechnung zu tragen. 6. Als Art. 52 a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen V o r schriften, nach welchen die Ersatzpflicht eines Beamten wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung der ihm einem Dritten gegenüber obliegenden Amtspflicht nur eintritt, wenn die Verletzung der Amtspflicht durch die zuständige Behörde festgestellt ist." — Bei der Berathung des § 824 des B.G.B, im Justizausschuß ist konstatirt worden, daß, auch abgesehen von der Vorschrift des § 11 des Einf. Ges. zum G.V.G. unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, durch welche die gerichtliche Belangung eines Beamten von der Vorentscheidung einer Verwaltungsbehörde abhängig gemacht wird (vgl. z. B. das Preußische Gesetz über die Zulässigkeit des Rechtsweges in Beziehung auf polizeiliche Verfügungen vom 11. Mai 1842 890
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§ 6). Diese Ansicht dürfte damit gerechtfertigt werden können, daß nach § 13 des G.V.G. die Landesgesetzgebung die Entscheidung der Frage, ob sich ein Beamter der Verletzung seiner Amtspflicht schuldig gemacht hat, der gerichtlichen Kognition entziehen kann, indem sie für dieselbe eine Verwaltungsbehörde oder ein Verwaltungsgericht f ü r zuständig erklärt. Dieser W e g würde aber der Landesgesetzgebung verschlossen werden, wenn — wie sich aus der vorläufigen Zusammenstellung der Beschlüsse der Kommission S. 78 ergiebt — dem § 13 des G.V.G. die Bestimmung hinzugefügt werden sollte: „Für Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, die dem Gebiete des B.G.B, angehören und für die nicht Vorschriften der Landesgesetze vorbehalten sind, kann die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten nicht durch Landesgesetz begründet werden." Diesseits besteht nun freilich die H o f f n u n g , daß diese Vorschrift nicht die Zustimmung der Mehrheit der verbündeten Regierungen finden wird. Sollte dies gleichwohl der Fall sein, so wird, um der angedeuteten Folgerung zu begegnen, der Landesgesetzgebung die Befugniß zuzuerkennen sein, die matenellrechüiche Existenz des im § 824 des B.G.B, anerkannten Ersatzanspruchs von der Entscheidung einer Verwaltungsbehörde abhängig zu machen. 7. Im Art. 53 Abs. 1 statt: „aus dem Amtsverhältnisse" zu setzen: „aus dem Dienstverhältnisse", weil erstere Bezeichnung nicht alle hierher gehörigen Fälle trifft. Sie paßt insbesondere nicht f ü r die Lehrer an den Mecklenburgischen ritterschaftlichen Landschulen, welche zu dem zur Unterhaltung der Schule verpflichteten Gutsherrn in einem civilrechtlichen, aber durch besondere landesgesetzliche Vorschriften geregelten Dienstverhältnisse stehen. 8. Dem Art. 61 als 2. Halbsatz hinzuzufügen: „. . . auch diese juristischen Personen sind jedoch den landesgesetzlichen Vorschriften unterworfen, welche den Erwerb von Rechten an landwirtschaftlichen" (eventuell : „gewissen") „Grundstücken durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen." Wie bereits in den diesseitigen Bemerkungen zum Entw. I eines Einf. Ges. (Mecklenb. Bemerk. Bd. II S. 272—275) näher ausgeführt worden ist, giebt es landesgesetzliche Beschränkungen des Grunderwerbs durch juristische Personen, welche theils auf öffentlich-rechtlichen, theils auf agrarpolitischen Gesichtspunkten beruhen. Es ist dort insbesondere erwähnt worden, daß nach der Mecklenburgischen Landesverfassung der Erwerb ritterschaftlicher Landgüter durch juristische Personen ausgeschlossen ist, weil mit diesen Gütern die Landstandschaft und sonstige eine persönliche Ausübung seitens des Eigenthümers erfordernde öffentlichrechtliche Befugnisse verbunden sind, sowie daß nach Mecklenburgischem Recht Handelsgesellschaften und Erwerbs- und Wirthschaftsgenossenschaften außer den gedachten ritterschaftlichen Gütern auch keine „bäuerlichen" Grundstücke erwerben können, weil letztere damit ihrem Zwecke, als landwirthschaftliche Familienstellen zu dienen, entfremdet werden würden. Diese Vorschriften würden rücksichtlich derjenigen reichsgesetzlichen juristischen Personen, deren Rechtsfähigkeit wie die der Handelsgesellschaften und der Genossenschaften nicht auf dem B.G.B, beruht, durch den Abs. 2 des Art. 61 außer Kraft gesetzt werden. Für diese Aenderung des bisherigen Rechts (vgl. § 3 B. 4 des Gesetzes vom 5. Juni 1869 betr. die Einführung des H.G.B, als Bundesgesetz) fehlt es an einem praktischen Bedürfniß. Der damit bewirkte Eingriff in das öffentliche bezw. Agrarrecht eines Bundesstaates dürfte aber auch nicht unbedenklich sein. Es dürfte daher der Abs. 2 des Art. 61, wie vorgeschlagen, zu ergänzen sein. 9. Im Art. 69 1. hinter „angehören" einzuschalten: „oder welche das Dienstver891
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hältniß gewisser land- und forstwirthschaftlicher Arbeiter den Vorschriften des Gesinderechts entsprechend regeln," . . 2 . das Zitat des § 610 des B.G.B, zu streichen. a) In der diesseitigen Bemerkung Nr. 33 zum Entw. II des B.G.B. (Mecklenb. Bemerk, ζ. Ε. II S. 32 f.) ist ausgeführt worden, daß die Vorschriften des B.G.B, über die Fälligkeit des Dienstlohns und die Kündigungsfristen für die Mehrzahl der Dienstverträge der land- und forstwirthschaftlichen Arbeiter nicht passen, daß vielmehr zwecks Berücksichtigung der in dieser Beziehung durch die örtlichen und klimatischen Verhältnisse bedingten Verschiedenheiten ein landesgesetzlicher Vorbehalt in das Einf. Gesetz aufgenommen werden müsse. Dem dort Ausgeführten kann noch hinzugefügt werden, daß nicht nur die Fälligkeit des in Naturalemolumenten bestehenden Dienstlohns einer einheitlichen Regelung für das Reich widerstrebt, sondern daß sich auch vielfach die Fälligkeit des Geldlohns für die einzelnen Abschnitte des Jahres verschieden bestimmt, weil der Umfang der Dienste nicht während des ganzen Jahres der gleiche ist. Beispielsweise hat nach der Mecklenburgischen Gesinde-Ordnung für das platte Land vom 25. August 1894 bei Auflösung des Dienstverhältnisses während des vom 24. Oktober ab laufenden Dienstjahres der Dienstbote nur Anspruch auf je ein Viertel des Lohns für die Zeit vom 24. Oktober bis Ostern und von Ostern bis zum 24. Juni, dagegen auf 2 Viertel für die Zeit vom 24. Juni bis zum 24. Oktober. Nach den Prot. S. 8804, 8805 hat die Kommission die Aufnahme des diesseits gewünschten Vorbehalts abgelehnt, jedoch nach diesseitiger Ansicht aus nicht stichhaltigen Gründen. Denn die Annahme, daß bei der Eingehung des Dienstvertrags eine stillschweigende Unterwerfung unter die Ortssitte insoweit werde angenommen werden können, als nicht ein gegentheiliger Wille der Parteien erhelle, versagt aus dem Grunde, weil auch im land- und forstwirthschaftlichen Betriebe von der Ortssitte abweichende Dienstverträge vorkommen, und deshalb Mangels ausdrücklicher Vereinbarung der Parteien im einzelnen Falle immerhin der Zweifel übrig bleibt, welcher Vertragsnorm sich die Betheiligten haben unterwerfen wollen. Es muß indessen zugegeben werden, daß in Mecklenburg nur hinsichtlich gewisser land- und forstwirthschaftlicher Arbeiter ein Bedürfniß für eine besondere Regelung des Dienstverhältnisses anzuerkennen sein dürfte, nämlich nur hinsichtlich derjenigen Arbeiter, welche, wie die Hoftagelöhner, Deputatknechte und dergl., ihre ganze Arbeitskraft dem Dienstherrn zur Verfügung stellen und von diesem Wohnung erhalten. Die Aehnlichkeit des Verhältnisses dieser Arbeiter mit demjenigen des ländlichen Gesindes hat eine im Wesentlichen gleiche Regelung seitens der Gesetzgebung veranlaßt. Insbesondere findet auf beide die zwar von dem § 606 Satz 2 des B.G.B, abweichende, aber für einen geregelten und gesicherten landwirtschaftlichen Betrieb unentbehrliche Vorschrift Anwendung, nach welcher bei einem Wechsel in der Person des Dienstherrn der Dienstverpflichtete Mangels anderweitiger Vereinbarung bis zum nächsten Umzugstermin im Dienste zu bleiben hat. Die Landwirtschaft hat aber ein dringendes Interesse daran, daß in diese Verhältnisse durch das B.G.B, nicht störend eingegriffen werde, und dürfte sich damit die vorgeschlagene Bestimmung rechtfertigen. — b) Für die Streichung des Citats des § 610 kann lediglich Bezug genommen werden auf die in der Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen zum Entwurf II Heft I S. 35 wiedergegebene Begründung des Bayerischen Antrags zum § 610. 10. Im Art. 70 entsprechend dem nach Prot. S. 8874 gestellten prinzipalen Antrage die Worte: „mit der Ueberlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden" zu streichen, eventuell dafür zu setzen : „mit einem Grundstücke in Verbindung stehenden" . . ., um auch die Fälle zu treffen, in welchen der Leibgedings- bezw. Altentheilsvertrag nicht mit einer Ueberlassung des Grundstücks an den Gehöftsfol892
Beratungen im Bundesrat
ger in Verbindung steht, wie ζ. B., wenn dieser durch Erbfolge das Gehöft erworben hat und sich mit der Wittwe des verstorbenen Besitzers wegen des dieser kraft Gesetzes zustehenden Altentheilsrechts (vgl. zu § 9 der Mecklb. Schwerin. Verordnung, betr. die Intestaterbfolge in die Bauerngüter der Domänen, vom 24. Juni 1869) vereinbart. 11. Als Art. 89a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Begründung und Aufhebung einer Dienstbarkeit an einem Grundstücke, das im Grundbuch nicht eingetragen ist und nach den Vorschriften der G.B.O. auch nicht eingetragen zu werden braucht." Die Vorschrift soll einen Ersatz bieten für die in der diesseitigen Bemerkung zum Entw. II des B.G.B. Nr. 53 sub. II beantragte Bestimmung (Mecklb. Bemerk. S. 63). Wenn die Kommission nach den Prot. S. 9049 ein Bedürfniß für eine Vorschrift verneint hat, welche die Begründung einer Grunddienstbarkeit an einem von der Buchungspflicht entfreiten Grundstücke ohne zuvorige Eintragung des letzteren ermöglicht, so kann dem diesseits nicht zugestimmt werden. Denn auch wenn es sich nur um ein einzelnes Grundstück, welches mit der Dienstbarkeit belastet werden soll, handelt, kann doch die Buchung desselben ganz erhebliche Schwierigkeiten und Kosten veranlassen, welche zu dem Werthe der Dienstbarkeit nicht im Verhältniß stehen würden. Dagegen mag vielleicht zuzugeben sein, daß ein Bedürfniß für eine reichsgesetzliche Regelung der aufgeworfenen Frage zu verneinen ist, und daß es sich umsomehr empfiehlt, dieselbe der landesgesetzlichen Regelung zu überweisen, als nach dem Abs. 2 des § 11 der G.B.O. die Frage, welche Grundstücke von der Buchungspflicht zu befreien sind, in der Hauptsache der Entscheidung der Landesregierungen überwiesen werden wird. — Einer Aufnahme der in der angezogenen Bemerkung sub. Nr. I beantragten Vorschriften bedarf es in Beihalt der Art. 155 bis 186 nicht mehr. 12. Im Art. 90 den ersten Satz zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit einer Hypothek oder Grundschuld untersagen oder beschränken oder die Ausschließung" u.s.f. — Es ist zu eng, wenn der Entwurf nur die landesgesetzlichen Vorschriften aufrecht erhalten will, welche die Belastung eines Grundstücks mit einer unkündbaren Hypothek oder Grundschuld untersagen. Aus agrarpolitischen Erwägungen, namentlich im Interesse der Erhaltung eines leistungsfähigen ländlichen Grundbesitzes, ist vielfach die Belastung landwirthschaftlicher Grundstücke auch mit kündbaren Hypotheken und Grundschulden innerhalb einer gewissen Grenze untersagt. Diese gesetzlichen, im volkswirthschaftlichen Interesse liegenden Beschränkungen der Verschuldbarkeit werden umsomehr aufrecht zu erhalten sein, als nach §§ 133, 1120 des B.G.B, eine vertragsmäßige Beschränkung der Verschuldbarkeit unwirksam sein würde. 13. Den Art. 92 zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Zusammenlegung von Grundstücken, die Theilung eines Grundstücks . . . untersagen oder beschränken." — Bereits wiederholt ist diesseits für die Aufnahme eines Vorbehalts in das Einführungsgesetz zu Gunsten der landesgesetzlichen Vorschriften eingetreten, welche die Zusammenlegung von Grundstücken, d. h. sowohl die Vereinigung mehrerer Grundstücke zu einem neuen, als die Hinzuschlagung eines Grundstücks oder Grundstückstheils zu einem Grundstück, untersagen oder beschränken (vergi. Mecklb. Bemerk, zum Entw. I Bd. I S. 177; zum Entw. II S. 55). Die Motive, auf denen diese Vorschriften beruhen, sind theils öffentlichrechtliche — die Grundstücke sind wegen ihrer öffentlichrechtlichen Beziehung, z. B. wegen der mit derselben verbundenen Landstandschaft oder weil sie zu einem verschiedenen Kataster steuern, in ihrer Individualität zu erhalten; theils volkswirth893
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
schaftliche — es sollen die Grundstücke als selbständige wirthschaftliche Nahrungsstellen erhalten werden; theils technisch-juristische — der Verbindung steht der Umstand entgegen, daß dem Besitzer an dem einem Grundstück Eigenthum an dem anderen nur Nutzeigenthum zusteht (vgl. Mecklb. Bemerk, z. Entw. II S. 56 sub. II). Diese Motive erheischen fortdauernde Anerkennung durch die Gesetzgebung, und können die Gründe, welche die Mehrheit der Kommission nach Prot. S. 8901, 8902 zur Ablehnung der beantragten Vorschrift bestimmt haben, nicht für stichhaltig erachtet werden. Insbesondere dürfte die Erwägung, daß es wünschenswerth sei, wenn der wirtschaftlichen Einheit der verbundenen Grundstücke auch die rechtliche entspreche, für die Fälle nicht zutreffen, in welchen durch die landesgesetzliche Beschränkung der Zusammenlegung in erster Linie die wirthschaftliche Vereinigung der Grundstücke verhindert werden soll. Wird der Art. 92 wie vorgeschlagen ergänzt, so dürften gleichwohl im Art. 86 die Worte: „die Zusammenlegung von Grundstücken" stehen bleiben können, weil der Art. 86 eine an sich zulässige Zusammenlegung voraussetzt. 14. Dem Art. 108 Abs. 1 hinzuzufügen: „Dies gilt insbesondere von den Vorschriften über die von dem Anerben seinen Geschwistern zu gewährenden Abfindungen und Unterhaltsleistungen, über das Recht auf Altentheil aus dem Grundstück so wie über die Interimswirthschaft." — Diese Ergänzung dürfte sich zur Abschneidung der hinsichtlich der Tragweite des Art. 108 hervorgetretenen Zweifel empfehlen. 15. Im Art. 116 statt „nur vor dem Grundbuchamt" u.s.f. zu setzen: „außer vor dem Grundbuchamt auch vor einer anderen Behörde oder vor einem Notar erklärt werden." — Die Aenderung folgt aus der beschlossenen Aenderung der §§910, 1000 des B.G.B. 16. Im Art. 120 Abs. 2 statt „einer anderen Behörde als dem Amtsgericht" zu setzen: „einer nicht gerichtlichen Behörde." — Sind durch Landesgesetz die Verrichtungen des Nachlaßgerichts einem Landgericht übertragen — wie z. B. nach jetzi•gem Mecklenburgischen Recht hinsichtlich der Eigenthümer und Eigenthümerinnen ritterschaftlicher Landgüter, deren Ehegatten und minderjährigen Kinder —, so fehlt es an jedem Anlaß, in Abweichung von der Regel nicht das Nachlaßgericht, sondern das mit der Sachlage weniger vertraute Amtsgericht für die Leistung des Offenbarungseides aus § 1983 des B.G.B, für zuständig zu erklären. 17. Im Art. 162 Abs. 2 für den Fall der Annahme des obigen Antrags Nr. 10 statt „Artikel 158" zu setzen: "Artikel 89 a oder 158." 18. Im Art. 165 wird hinter „Weise" einzuschalten sein „zusteht". 19. Als Art. 166 a wird die Vorschrift einzuschalten sein: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß eine zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, an einem Grundstücke bestehende Hypothek, für deren Wirksamkeit nach den bisherigen Gesetzen das Bestehen einer Forderung nicht erforderlich ist, als Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefes nicht ausgeschlossen ist, als Sicherungshypothek oder als Grundschuld gelten soll, und daß die über die Hypothek ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief oder als Grundschuldbrief gelten soll." Die Mecklenburgische Hypothek ist rechtswirksam, auch wenn eine durch sie zu sichernde Forderung nicht besteht. Es erscheint deshalb als zweifelhaft, ob dieselbe als „Pfandrecht" im Sinne der Art. 163, 164 aufgefaßt werden kann. Auf der anderen Seite würde es sehr bedenklich sein, wenn auch diejenigen Mecklenburgischen Hypotheken, welchen thatsächlich eine durch die Hypothek gesicherte Forderung zu Grunde liegt, als Grundschulden behandelt werden müßten. Es wird deshalb der Landesgesetzgebung vorzubehalten sein, in Würdigung der einzelnen Fälle zu be894
Beratungen im Bundesrat stimmen, ob eine Hypothek des bisherigen Rechts als Hypothek mit Hypothekenbrief, als Sicherungshypothek (ζ. B. im Falle der Kautionshypothek) oder als Grundschuld nach Maßgabe des B.G.B, behandelt werden soll. Dadurch dürfte auch am wirksamsten die Einführung des neuen Rechts gefördert und der aus dem gleichzeitigen Nebeneinanderbestehen zweier Hypothekensysteme zu befürchtenden Verwirrung und Rechtsunsicherheit vorgebeugt werden können. 20. Die in der Anmerkung zum Artikel 167 ausgesprochene Voraussetzung ist dahin zu ergänzen, daß auch die Aufnahme einer Vorschrift in die G.B.O. vorausgesetzt wird, nach welcher außer der Eintragung des Nutzungsrechts auf das für dieses bestimmte Grundbuchblatt nicht auch noch die Eintragung auf das für das belastete Grundstück bestimmte Grundbuchblatt erforderlich ist, wenn das belastete Grundstück wegen Entfreiung von der Buchungspflicht in das Grundbuch nicht eingetragen ist (vgl. Mecklb. Bemerk. N° 43 sub b zum Entwurf II S. 48). Antrag von (14. 1. 1896)
Mecklenburg-Schwerin
zum
Entwurf
eines
Einfuhrungsgesetzes
An geeigneter Stelle ist in das Einführungsgesetz die Vorschrift aufzunehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die nicht unter die im Art. 37 bezeichneten Rechte fallenden bäuerlichen Nutzungsrechte in Ansehung derjenigen Grundstücke, hinsichtlich welcher diese Rechte beim Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehen." Eventuell den Eingang zu fassen: „In Kraft bleiben die bisherigen Gesetze über die u.s.f." 10. Antrag von Oldenburg (3. 1. 1896) Auf das sehr gefällige Schreiben Seiner Durchlaucht des Herrn Reichskanzlers vom 26./29. November v. Js., betreffend den von der Kommission für die II. Lesung des Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuchs festgestellten dritten Abschnitt des Entwurfs eines Einführungsgesetzes — R.J.A. 3928 — beehrt sich das unterzeichnete Staatsministerium ganz ergebenst Folgendes zu erwidern: 1. Zu Artikel 65c des mitgetheilten Entwurfes (gleichlautend Artikel 100 des von der Kommission festgestellten Entwurfs — Drucksache Nr. 128 des Bundesraths —) wird beantragt: nach dem Worte „Grundstück" die Worte „gerichtlich oder" hinzuzufügen, und zwar aus folgenden Gründen: Die Bestimmung des Preußischen Gesetzes für die Rheinprovinz vom 14. Juli 1893 zu III, § 5 a, daß „die in einem Versteigerungsprotokoll abgegebenen Auflassungserklärungen als gleichzeitig auch dann anzusehen sind, wenn die Vollziehung der Verhandlung von beiden Theilen zu verschiedenen Zeiten bewirkt wird", ist auch den Grundbuchgesetzen für das Fürstenthum Birkenfeld, welche wegen der gleichartigen Verhältnisse mit den Grundbuchgesetzen für die Rheinprovinz thunlichst übereinstimmen, durch Gesetz vom 13. April 1894 hinzugefügt worden, nur das statt „Versteigerungsprotokoll" gesetzt ist: „gerichtlichen Versteigerungsprotokoll", weil im Fürstenthum Birkenfeld ein Notariat nicht besteht und für die Versteigerungen von Grundstücken die Amtsgerichte ausschließlich zuständig sind. Dieselben Gründe, welche für die Kommission II. Lesung nach Ausweis der Protokolle S. 8885 bis 8887 zur Annahme des Artikels 65 c (bezw. Artikel 100) des Entwurfes eines Einführungsgesetzes geführt haben, machen auch für das Fürstenthum Birkenfeld diesen Vorbehalt nothwendig, müssen indessen, um hier seine Anwendung zu ermöglichen, dazu führen, ihn auf gerichtliche Versteigerungsprotokolle auszudehnen, 895
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch und diese Ausdehnung wird für das Fürstenthum Birkenfeld auch für den Fall seine Bedeutung behalten, daß demnächst das Notariat eingeführt werden sollte, da voraussichtlich auch dann die Zuständigkeit der Amtsgerichte zur Beurkundung der Versteigerungen von Grundstücken wird beibehalten werden. 2. Sollte demnächst der Antrag des Ausschusses des Bundesraths für Justizwesen zu Nr. 23, in Betreff der Fassung des § 910 des Bürgerlichen Gesetzbuches (Auflassung nur vor dem Grundbuchamt) zur Annahme gelangen, (in welchem Falle eine Aenderung des Artikels 116 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes geboten sein würde,) so wird beantragt: Diesen Artikel 116 so zu fassen, daß den Landesgesetzen auch vorbehalten wird, die Auflassung vor Gericht oder Notar zuzulassen; und wird der zu 1 gestellte Antrag auch für diesen Fall aufrecht erhalten. 3. Zu Artikel 34 wird diesseits davon ausgegangen, daß durch diesen Artikel dem mittelbar gewordenen hohen Adel das Recht, innerhalb der landesgesetzlichen Schranken auch ferner autonomische Verfügungen zu treffen, von Reichswegen nicht genommen werde. 11. Anträge von Preußen Die Anträge zu Art. 36, 53, 61, 86, 92, 96, 116, 123, 137 a, 180 a und 184 a sind vollständig in der „Zusammenstellung" enthalten. 12. Antrag von Reuß ä. L. (4. 1. 1896) Euer Durchlaucht beehren wir uns auf die sehr gefällige Zuschrift vom 26. November v. Js., den dritten Abschnitt des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch betr. ganz ergebenst zu erwidern, wie es uns erwünscht sein und zweckmäßig erscheinen würde, wenn an Stelle der Bestimmungen in Art. 43 a—43 c die landesgesetzlichen Vorschriften über Wildschaden ausnahmslos aufrecht erhalten würden, und beantragen wir, Art. 43 a bis 43 c zu streichen und dafür im Art. 43 zu sagen: „Ueberhaupt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Jagd und Fischerei einschließlich der Vorschriften über den Ersatz des Wildschadens und der Grundsätze, nach welchen dieser festzustellen ist." Außerdem gestatten wir uns, an dieser Stelle auf den bereits früher in unserem Schreiben vom 22. Mai v. Js. zu § 1459 des Entwurfs einer Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgesprochenen Wunsch, die Erhaltung des Landesherrlichen Ehescheidungsrechts betr., zurückzukommen und beantragen, in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch die Bestimmung aufzunehmen, daß die Entscheidung über den Fortbestand des Landesherrlichen Ehescheidungsrechts in den Bundesstaaten, in welchen solches bisher in Geltung war, der Landesgesetzgebung vorbehalten bleibt. Antrag von Reußä. L. (11. 1. 1896) Ew. Durchlaut beehren wir uns auf die gefällige Zuschrift vom 26. November v. Js. im Anschluß an unser Schreiben vom 4. d. Mts. noch das Folgende ergebenst zu erwidern: Wir sind auch jetzt noch der schon früher von uns zur Geltung gebrachten Ansicht, daß wir die Regelung der Vorschriften über die Zulassung, Schließung und Auflösung der Vereine in allen Stücken der Landesgesetzgebung vorbehalten wissen möchten, zumal durch die in den Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgenommenen Bestimmungen die Befugnisse der Staatsverwaltung ohne erkennbare Nöthigung wesentlich beeinträchtigt werden. Dies erscheint uns aber um so bedenk896
Beratungen im Bundesrat
licher, als wir einer etwaigen Abhülfe hiergegen auf dem Weg einer Ausnahmegesetzgebung Sympathien nicht entgegenzubringen vermöchten. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge erlauben wir uns in Verfolg dieser unserer Auffassung der Berathung des Justizausschusses des Bundesraths einen Vorschlag dahin zu unterbreiten, daß in den Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch ein Artikel aufgenommen werde mit etwa folgender Fassung: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Bestimmungen, nach welchen die Vereine ausnahmlos durch staatliche Verleihung Rechtsfähigkeit erlangen." Eine derartige Bestimmung würde nicht nur der in den einzelnen Bundesstaaten verschiedenen historischen Entwickelung des Vereinsrechts entsprechen, sondern auch dem diesseitigen Bedürfniß vollständig genügen und dabei den Vorzug haben, daß bei der nicht zu verkennenden Schwierigkeit einer Scheidung der öffentlichrechtlichen Vorschriften von den privatrechtlichen Normen die Entscheidung über die Frage der Zulassung eines Vereins in die Hand einer Behörde gelegt werden könnte, somit aber die nach dem Entwurf möglichen Kollisionen zwischen den Verwaltungs- und Justizbehörden ausgeschlossen würden. Bei der Aufnahme einer solchen Bestimmung in das Einführungsgesetz würden zwar die Vorschriften des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs zweiter Lesung auch für die Vereine, welche durch staatliche Verleihung ihre Rechtsfähigkeit erlangt haben, zur Geltung kommen, wogegen die §§ 49—69 in denjenigen Bundesstaaten außer Anwendung zu bleiben haben würden, in welchen die „eingetragenen Vereine" landesgesetzlich ausgeschlossen wären. 13. Antrag des Königreichs Sachsen (2.1. 1896) Dem Reichs-Justizamt beehrte sich das unterzeichnete Ministerium in Beantwortung des gefälligen Schreibens vom 26. November v. Js. — 3928 — ergebenst mitzutheilen, daß von der Königlich Sächsischen Regierung zu Art. 34 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich (Art. 32 der Bundesrathsdrucksache Nr. 128 Session von 1895) der Antrag gestellt wird, hinter den Worten „der ehemals reichsständischen" so fortzufahren: „Häuser, die seit 1806 mittelbar geworden oder durch Beschlüsse des vormaligen Deutschen Bundes hinsichtlich ihrer persönlichen und Familien-Rechte den seit 1806 mittelbar gewordenen reichsständischen Häusern gleichgestellt worden sind, sowie des ehemaligen Reichsadels u.s.f." Dieser Antrag beruht auf den Gründen, die unter H des Anhangs der Anlage zum diesseitigen Schreiben vom 20. März 1891, zu N° 1243, dargelegt worden sind und ist dringend nothwendig, um dem Hause Schönburg seine derzeitige, auf dem Bundesbeschlusse vom 7. August 1828 beruhende Rechtsstellung zu sichern. Königlich Sächsisches Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, gez.: v. Netzsch. Der Antrag zu § 68 Abs. 2, hinter den Worten „öffentlichen Pfandleihanstalten" einzuschalten: „sowie Banken", datiert vom 14. 1. 1896. 14. Antrag von Sachsen-Coburg-Gotha (3. 1. 1896) Euerer Durchlaut beehren wir uns in Erledigung des hochgeneigten Schreibens vom 26. November 1895 — R.J.A. Nr. 3928 — zum Entwürfe eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (II. Lesung) ganz ergebenst folgende Anträge zu unterbreiten : I. Als Artikel 49 a ist folgende Bestimmung aufzunehmen: „Unberührt bleiben die 897
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch landesgesetzlichen Vorschriften über die dingliche Sicherung der Inhaber von Pfandbriefen und ähnlichen Werthpapieren, die der Schuldner auf Grund erworbener Forderungen ausstellt." Vgl. Protokolle S. 4159, 4354—58; Entwurf I eines Einführungsgesetzes Axt. 14; Anmerkung zum Bürgerlichen Gesetzbuch II. Lesung im Buch III Abschnitt IX Titel II. Im Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha besteht das Gesetz, betreffend die Sicherstellung der Rechte der Besitzer von Pfandbriefen vom 4. April 1885, das im Wesentlichen dem in der Session von 1879/80 dem Reichstage vorgelegten Gesetzentwurfe über die gleiche Materie nachgebildet ist. Das Gesetz hat sich bewährt und wird deshalb solange, als eine reichsgesetzliche Regelung des Gegenstandes nicht erfolgt ist, aufrecht zu erhalten sein. Die Kommission für die zweite Lesung des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat in der Anmerkung vor § 1258 (n. F.) zum Ausdruck gebracht, daß diese Regelung durch ein besonderes Reichsgesetz vorbehalten bleibe, die Protokolle S. 4357 ergeben indessen, daß die Kommission selbst das Zustandekommen eines solchen Gesetzes bis zu dem Zeitpunkte des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Sicherheit nicht erwartet, da es nach dem Art. 6 (n. F.) des Entwurfs II eines Einführungsgesetzes erheblichen Zweifeln unterliegen kann, ob nach dem Willen des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Ziffern 1 und 2 des § 17 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung vom 10. Februar 1877 auch künftig in Kraft bleiben sollen, eine Unsicherheit der Gesetzgebung in der vorliegenden Materie aber im Interesse des Staates und der Betheiligten vermieden werden muß, so rechtfertigt sich die Aufnahme eines gleichen Vorbehaltes, wie er für das Versicherungsrecht und das Verlagsrecht vorgeschlagen worden ist. Die gesetzgeberische Lage ist bei diesen Materien die gleiche. Findet der Antrag Annahme, so würde die Möglichkeit gewährt werden, in dem zur Berathung noch ausstehenden Spezialgesetze betreffend die Aenderung der Reichsjustizgesetze den § 17 Ziff. 1 und 2 des Einführungsgesetzes zur Konkursordnung den Vorschlägen des ersten Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche entsprechend zu streichen. — Eventuell wird beantragt, in den Motiven zum Einführungsgesetze des Bürgerlichen Gesetzbuchs an geeigneter Stelle zum Ausdruck zu bringen, daß der in dem Einführungsgesetze zur Konkursordnung (§17 cit.) ausgesprochene Vorbehalt für die Landesgesetzgebung bestehen bleibe. II. wird beantragt, als Art. 57a folgende Bestimmungen aufzunehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die durch die Zusammenlegung von Grundstücken begründeten Gemeinschaften an Wegen, Plätzen, Gräben und ähnlichen Anlagen." Das Gothaische Recht regelt die Vertretung der Gesammtheit derjenigen Interessenten, welche an den durch die Zusammenlegung von Grundstücken begründeten gemeinschaftlichen Anlagen betheiligt sind, in dem Gesetze vom 1. August 1887. Die Interessentschaft, welcher der Charakter einer Korporation des öffentlichen Rechts nicht zukommt, ist Subjekt der Rechte, ihre Vertretung ist gesetzlich geregelt. Der Tendenz des Artikel 86 (n. F.) des Entwurfs II zum Einführungsgesetze ist zu entnehmen, daß der Entwurf die vorliegende Materie nicht berühren, der Landesgesetzgebung vielmehr hier freien Spielraum gewähren will. Der Wortlaut des § 86 bringt diesen Gedanken jedoch nicht zum Ausdruck. Denn weder handelt es sich hier um die Zusammenlegung von Grundstücken, welche bereits beendet ist, noch um die Regulirung lediglich von Wegen. Auch Gräben, Triften, Brücken, Stollen, Trankstätten, Schafwäschen, Weideplätze, Flachsrösten, Gruben, Brüche u. dergl. mehr kommen in Frage. Wenn daher die Fassung des Art. 86 nicht erweitert wird, empfiehlt sich die Annahme des gestellten Antrages. 898
Beratungen im Bundesrat
Gotha, den 3. Januar 1896. Herzoglich Sächsisches Staatsministerium, gez. (von Strenge) Anträge Sachsen-Coburg und Gothas 1. Dem Axt. 43 als zweiten Absatz hinzuzufügen : „In denjenigen Rechtsgebieten, in welchen vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Anspruch auf Ersatz des Wildschadens gesetzlich ausgeschlossen war, können diese Vorschriften bis zum Zustandekommen eines Landesgesetzes im Wege der Verordnung geregelt werden." 2. Im Art. 45 statt „Nutzungsrecht" zu setzen: „Recht auf Ueberlassung des Gebrauchs und des Fruchtgenusses", eventuell in den Motiven zu dem Einführungsgesetze den Ausdruck „Nutzungsrecht" in diesem Sinne zu erläutern. 3. Als Art. 49 a folgende Bestimmung aufzunehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die dingliche Sicherung der Inhaber von Pfandbriefen und ähnlichen Werthpapieren, die der Schuldner auf Grund erworbener Forderungen ausstellt." — Eventuell in den Motiven an geeigneter Stelle zum Ausdruck zu bringen, daß der in dem Einführungsgesetze zur Konkursordnung vom 10. Februar 1877 (Seite 393 des Reichs-Gesetzblatts) ausgesprochene Vorbehalt für die Landesgesetzgebung bestehen bleibe. 4. Im Art. 86 nach „Zusammenlegung von Grundstücken" einzuschalten: „und die dadurch begründeten Gemeinschaften an Wegen, Plätzen, Gräben und ähnlichen Anlagen", eventuell in den Motiven zum Ausdruck zu bringen, daß die „Zusammenlegung von Grundstücken" die Ordnung dieser Rechtsverhältnisse in sich schließe. 15. Antrag von Sachsen-Meiningen (30.12.1895) Ew. Durchlaut beehren wir uns auf die gefällige Zuschrift vom 26. v. Mts. — R.J.A. Nr. 3928 — ergebenst zu erwidern, daß wir es aus den in unserem Schreiben vom 5. Mai d. Js. dargelegten Gründen für sehr wünschenswerth halten, daß die Möglichkeit einer Ehescheidung aus landesherrlicher Machtvollkommenheit, da wo sie besteht, auch nach Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs erhalten bleibe. Es werden wohl alle, welche die Institution aus Erfahrung kennen, darin übereinstimmen, daß sie unter Umständen eine große Wohlthat ist, und durch die — wenn gleich erweiterte — Möglichkeit der Ehescheidung durch richterliches Urtheil nicht ersetzt werden kann. Der Abbruch, welcher durch den Vorbehalt dieses Rechtes der erstrebten Rechtseinheit geschieht, dürfte bei der großen Anzahl unberührt gelassener landesherrlicher Bestimmungen dem gegenüber kaum in die Wagschale fallen; der Rücksicht auf katholische Ehen könnte aber durch Beschränkung des Rechtes auf nicht katholische Rechnung getragen werden. Wir erlauben uns daher, der Berathung des Justiz-Ausschusses des Bundesrathes einen Vorschlag dahin zu unterbreiten, daß in den Entwurf des Einführungsgesetzes ein Artikel aufgenommen werde mit etwa folgender Fassung : „Unberührt bleiben die landesrechtlichen Vorschriften über die Scheidung der Ehe durch den Landesherrn, sofern keiner der Ehegatten der katholischen Kirche angehört und der Ehemann in dem betreffenden Lande die Staatsangehörigkeit und einen Wohnsitz hat." Die ausdrückliche Voraussetzung der Staatsangehörigkeit und des Wohnsitzes dürfte sich empfehlen, um Zweifel über die Zuständigkeit auszuschließen. Im übrigen sind diesseits Erinnerungen gegen den von der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs festgestellten dritten 899
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Abschnitt des Entwurfs eines Einführungsgesetzes nicht vorzubringen. Wir setzen dabei voraus, daß der Vorbehalt des Wasserrechts für die Landesgesetzgebung sich auch erstrecke auf die landesrechtlichen Bestimmungen über Bildung von Bodenverbesserungsverbänden zur Bewässerung und Entwässerung von Grundstücken und dgl., wie auch ohne Zweifel die Bestimmungen über die Rechtsverhältnisse der Gewerkschaften mit dem Bergrecht dem Landesrecht vorbehalten worden sind. Herzogliches Staatsministerium, gez. (Heim) 16. Erinnerungen der Fürstlich Schaumburg-Lippischen Regierung (7. 1.1896) Artikel 80 a. Abs. 1. „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Anerbenrecht in Ansehung landwirthschaftlicher und forstwirtschaftlicher Grundstücke nebst deren Zubehör." — Abs. 2. „Die Landesgesetze können jedoch das Recht des Erblassers, über das dem Anerbenrechte unterliegende Grundstück von Todeswegen zu verfügen, nicht beschränken." — Es ist hier die Frage aufzuwerfen, ob der auf bäuerliche Grundstücke bezügliche § 12 Abs. 2 des hiesigen bäuerlichen Gesetzes vom 11. April 1870 auch gegenüber der Vorschrift des Abs. 2, Art. 80 a des Entwurfes in Kraft bleiben würde. Daß diejenigen Erwägungen, welche dem Gesetzgeber zur Aufstellung von Bestimmungen über das Verbot der Theilung von bäuerlichen Grundstücken ohne Genehmigung der Verwaltungsbehörden veranlaßt haben, auch zutreffen, wenn es sich um eine Verfügung von Todeswegen handelt, kann nicht zweifelhaft sein. Nun besagt der Art. 37 d des Entwurfs: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Theilung eines Grundstücks oder die getrennte Veräußerung von Grundstücken, die bisher zusammen bewirthschaftet worden sind, untersagen oder beschränken." Daß dieser Artikel auch eine solche Vorschrift, durch welche eine Theilung von Grundstücken durch Testament verboten wird, an und für sich schützen will, darf wohl angenommen werden. Zweifelhaft kann aber immerhin erscheinen, ob eine derartige Vorschrift auch gegenüber der besonderen Bestimmung in Abs. 2 des Art. 80 a Wirkung behält, wie denn ja auch in denjenigen Bestimmungen des bäuerlichen Gesetzes, durch welche einem Hofseigenthümer freies Verfügungsrecht über den Hof gewährt wird — SS 21, 60 1. cit. —, eine Andeutung dahin, daß auch gegenüber diesen Bestimmungen die Vorschriften über Theilung von bäuerlichen Grundstücken Beachtung zu finden haben, nicht für überflüssig gehalten ist. Die Kommissionsberathungen lassen bezüglich dieses Punktes keine völlige Klarheit gewinnen — cfr. Prot. S. 9029 ff. Es wird daselbst zur Begründung des Abs. 2 lediglich gesagt: — cfr. 1. cit. pag. 9037 — „Diese Verfügungsfreiheit entspreche nicht allein allen neueren Gesetzen, sondern sei auch ein nothwendiges Schutzmittel gegen die Nachtheile, die im einzelnen Falle mit dem Anerbenrechte verbunden sein könnten. Dem Eigenthümer des Grundstückes müsse die Möglichkeit gegeben werden, den besonderen thatsächlichen Verhältnissen, die ihm am besten bekannt seien, durch eine Verfügung von Todeswegen Rechnung zu tragen, sei es durch die Ausschließung, sei es durch anderweite Regelung des Anerbenrechts." Aus dem Inhalte der Kommissionsberathungen geht ferner hervor, daß mit der Vorschrift in Abs. 2 Art. 80 a nichts wesentlich Anderes hat geschaffen werden sollen, als was in dem Artikel 83 Abs. 2 des Entwurfs I. Lesung, an dessen Stelle Art. 80 a getreten ist, ausgedrückt ist: „Dem Erblasser kann jedoch durch Landesgesetz nicht das Recht entzogen werden". „Ziff. 1) das Anerbenrecht durch Verfügung von Todeswegen auszuschließen oder zu beschränken; 900
Beratungen im Bundesrat
Ziff. 2) an Stelle der im Gesetze als Anerbe bestimmten Personen einen Anderen aus dem im Gesetze bestimmten, jene Person einschließenden Kreise von Personen als Anerben zu benennen". Die Motive zu dem gedachten Artikel 83 lassen sich nun über diese Bestimmungen folgendermaßen aus : „Das moderne Anerbenrecht bezwecke lediglich den Gefahren vorzubeugen, welche im Falle der Intestaterbfolge aus einer nach den allgemeinen Vererbungsgrundsätzen erfolgenden, für die Erhaltung des Guts in der Familie unzweckmäßigen Theilung des Nachlasses entstehen. Ein Eingriff in die Verfügungsfreiheit des Eigenthümers von Todeswegen ist daher durch die Tendenz des Anerbenrechts nicht geboten". — Es wird dann weiter dort erwogen: „Jede Beengung in dieser Richtung würde zudem dadurch sich umgehen lassen, daß der Eigent ü m e r das Gut durch ein Rechtsgeschäft unter Lebendenweggiebt oder einen auf die Veräußerung desselben gerichteten obligatorischen Vertrag eingeht." Schien aus der ersterwähnten Bemerkung der Motive hervorzugehen, daß eine absolut unbeschränkte Verfügungsfreiheit des Hofseigenthümers bezüglich des Hofsgrundstücks gewährleistet werden solle, so darf andererseits aus der weiteren Bemerkung entnommen werden, daß der Entwurf bei Aufstellung jener Bestimmung an die Möglichkeit einer Theilung eines Grundstücks durch Testament trotz entgegenstehender landesgesetzlicher Normen nicht gedacht hat. Immerhin dürfte, um bezüglich dieser für das Landesrecht bedeutsamen Motive alle Zweifel abzuschneiden, ein Zusatz zu Abs. 2 Art. 80 c etwa folgenden Inhalts: „unbeschadet etwa gemäß Art. 37 d des Einführungsgesetzes bestehenden Vorschriften" gerechtfertigt sein und soll die Aufnahme eines derartigen Zusatzes hiermit ausdrücklich von uns beantragt sein. 17. Anträge von Waldeck und Pyrmont (23. 12. 1895) Euerer Durchlaucht beehre ich mich in Erwiderung des hochgeneigten Schreibens vom 26. November d. Js. — N° 3928 — ganz ergebenst Folgendes vorzutragen: Nach dem Wortlaut des Artikels 108 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch kann es zweifelhaft erscheinen, ob der Ausdruck „Anerbenrecht" in einem engeren oder weiteren Sinne verstanden sein soll; ob also nur die landesgesetzlichen Vorschriften über die eigentliche Erbfolge (Gutsnachfolge) oder auch diejenige Bestimmungen des Landesrechts aufrecht erhalten bleiben sollen, welche die Abfindungen der Geschwister des Anerben, die ihnen für den Fall der Noth zustehende Insitz- und Alimentationsberechtigung (Zufluchtsrecht) die dem abtretenden Gutsbesitzer gesetzlich zu gewährende Leibzucht, sowie das für den Fall der Unfähigkeit des Anerben zur Gutsantretung unter gewissen Voraussetzungen Platz greifende Recht der Interimswirthschaft betreffen. M. E. ist es unerläßlich, die Bestimmungen des partikularen Anerbenrechts in diesem weiteren Umfange aufrecht zu erhalten, da das Recht auf Abfindung, Insitz, Leibzucht sowie die Interimswirthschaft seiner Natur nach, wie insbesondere im diesseitigen Landesgebiet mit dem Gutsnachfolgerecht in einem innigen organischen Zusammenhange stehen, ein einheitliches Ganzes bilden und deshalb wie bisher der einheitlichen Regelung durch die Landesgesetzgebung unterstehen müssen. Wollte man die bisher bestandenen gesetzlichen Rechte der Eltern und Geschwister des Anerben lediglich der freien Vereinbarung der Betheiligten überlassen, so würden dadurch sowohl die Interessen der Berechtigten wie diejenigen des Anerben gefährdet und insbesondere der Zweck des Anerbenrechts — die Aufrechterhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes — in hohem Maße gefährdet werden. Ich sehe von einer eingehenden Begründung der vorstehend ausgesprochenen 901
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Ansicht ab, da ich wohl annehmen darf, daß unter dem Ausdruck „Anerbenrecht" in Artikel 108 a. a. O. auch die bezeichneten damit untrennbar zusammenhängenden Rechte inbegriffen sein sollen, obwohl das Sitzungsprotokoll (N° 440) der Kommission für die zweite Lesung des Bürgerlichen Gesetzbuchs hierüber einen späteren Aufschluß nicht ergiebt. In jedem Falle dürfte es sich empfehlen, dem Artikel 108 am Schlüsse des Absatz 1 einen Zusatz zu geben, dahin „einschließlich der damit zusammenhängende Bestimmungen über die Gewährung von Abfindungen und Leibzuchten, über das Insitz- und Alimentationsrecht der Geschwister des Anerben sowie über die Interimswirthschaft." Sollte indessen aus Gründen, die sich meiner Beurtheilung entziehen, ein derartiger Zusatz in das Gesetz selbst nicht aufgenommen werden können, so würde in dem Protokoll, welches die demnächstige Beschlußfassung des Bundesraths über das Einführungsgesetz behandelt, ausdrücklich die Tragweite des Artikel 108 dahin festzulegen sein, daß darin das Anerbenrecht in dem angegebenen weiteren Umfange zu verstehen ist. Der Landesdirektor der Fürstenthümer Waldeck und Pyrmont, gez. (von Saldern) 18. Anträge von Württemberg (28.12. 1895) Mit dem unter dem 26. November d. Js. an das K. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten gerichteten und von diesem dem K. Staatsministerium übergebenen geschätzten Schreiben hat der Herr Reichskanzler den von der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs durchberathenen und demnächst auch Seitens der Redaktionskommission in der Fassung festgestellten Dritten Abschnitt des Entwurfs eines Einführungsgesetzes, welcher sich auf das Verhältniß des Gesetzbuchs zu den Landesgesetzen bezieht, unter dem Ersuchen mitgetheilt, etwaige Erinnerungen gegen den von der Kommission festgestellten Abschnitt bis zum 5. Januar k. Js. an das Reichs-Justizamt gelangen zu lassen. Nachdem inzwischen der vollständige von der Kommission festgestellte Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch dem Bundesrath zur Beschlußfassung übergeben worden ist, (Drucksachen des Bundesraths Nr. 128 von 1895) beehrt sich das K. Staatsministerium dem hochlöblichen Reichs-Justizamt von der Stellungnahme der K. Württembergischen Staatsregierung zu dem Dritten Abschnitt dieses Entwurfs mit Nachstehendem ganz ergebenst Mittheilung zu machen: 1. Zu Art. 32 des Entwurfs (Art. 34 des I. Lesung) ist dem von der K. Regierung in der Aeußerung gegenüber dem Herrn Reichskanzler vom 4. Dezember 1890 (gedruckter Auszug S. 61, 62) ausgesprochenen Wunsche nach Ausdehnung des Vorbehalts auf den durch die Landesgesetzgebung dem ehemaligen Reichsadel gleichgestellten landsässigen Adel nicht Rechnung getragen. Nach dem Dafürhalten der K. Regierung reicht jedoch dasjenige, was von der Mehrheit der Kommission zur Begründung der eingenommenen ablehnenden Haltung geltend gemacht worden ist (Prot. S. 8785, 8786), nicht aus, um die Beseitigung eines von dem landsässigen Adel in Württemberg wohlerworbenen, seit längster Zeit in unbeanstandeter Geltung stehenden Rechts herbeizuführen. Dabei ist insbesondere darauf hinzuweisen, daß den Familien des landsässigen Adels keineswegs, wie die Motive zu dem Entwurf I S. 157 annehmen, durch den Vorbehalt des Art. 35 (jetzt Art. 33) Genüge geschieht, da die für dieselben aus der Autonomie erwachsenden Befugnisse durch die in Ansehung der Stammgüter und und Familienfideikommisse gemäß Art. 35 ermöglichten Verfügungen nicht gedeckt werden. Die von dem Entwurf aufgestellte Unterscheidung zwischen landsässigem Adel und Reichsadel begründet daher für den ersteren eine empfindliche Rechtsschmälerung, sie hat aber überdies alle diejenigen 902
Beratungen im Bundesrat
Unzuträglichkeiten im Gefolge, auf welche schon in der Aeußerung vom 4. Dezember 1890, und neuerdings von der Minderheit der Kommission (Prot. S. 8783, 8784) aufmerksam gemacht worden ist. Die K. Regierung glaubt im Hinblick hierauf dem Wunsche nach einer Gleichstellung des landsässigen Adels mit dem ehemaligen Reichsadel wiederholt Ausdruck geben zu sollen. Diesem Wunsche wäre in der Hauptsache entsprochen, wenn in Art. 32 des neuen Entwurfs (Art. 34 des Entwurfs I) hinter den Worten „des ehemaligen Reichsadels" die W o r t e eingefügt würden: „und des vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Landesgesetze dem ehemaligen Reichsadel gleichgestellten landsässigen Adels." (Vergi. Prot. S. 8782). 2. Nach Art. 56 des Entwurfs (Art. 49 a der vorläufigen Aufstellung) bleiben unberührt die besonderen Vorschriften der Landesgesetze über die Verfassung solcher Vereine, deren Rechtsfähigkeit auf staatlicher Verleihung beruht (zu vergi, die Zusammenstellung der Aeußerungen der Bundesregierungen H e f t 1 S. 10 oben). Was unter den besonderen Vorschriften im Sinne des Art. 56 zu verstehen ist, erscheint nicht klar und ist auch aus den Kommissionsprotokollen (S. 8837/39) nicht mit ausreichender Bestimmtheit zu entnehmen. Da vorauszusehen ist, daß sich bei dieser Sachlage aus der Vorschrift des Art. 56 in der Praxis zahlreiche Zweifel und Streitfragen ergeben werden, so möchte es sich empfehlen, das Wort „besondere" in Art. 56 zu streichen oder aber diejenigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs einzeln namhaft zu machen, welche auf die in Frage stehenden Vereine unbedingt Anwendung finden sollen. 3. Bezüglich der H a f t u n g der Beamten aus einer Verletzung der Amtspflicht hat das K. Staatsministerium in dem Schreiben an das Hochlöbliche Reichsjustizamt vom 9. Oktober 1894 zu § 824 (nach der früheren Redaktion zweiter Lesung § 762) des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Wunsch ausgesprochen, daß im Einführungsgesetz an geeignetem Orte festgestellt werde, es sei die Landesgesetzgebung auch jetzt noch in der Lage, die in § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz erwähnte Vorentscheidung zur Einführung zu bringen. Die Kommission hat die Aufnahme einer Bestimmung hierüber in das Einführungsgesetz abgelehnt, davon ausgehend, es genüge die erfolgte protokollarische Feststellung ihrer Anschauung, daß der § 11 des Einführungsgesetzes in seiner Geltung durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht berührt werde (Prot. S. 2913, 2914). Dabei hat nach den Protokollen (S. 8858, 8859 vgl. mit S. 8499 f.) die Auffassung Vertretung und Anerkennung gefunden, daß auch in denjenigen Bundesstaaten, in denen entsprechende Bestimmungen zur Zeit des Inkrafttretens des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht bestanden haben, die Erlassung einer landesgesetzlichen Vorschrift, welche die Inanspruchnahme eines Beamten wegen Verletzung der Amtspflicht von der Vorentscheidung einer Verwaltungsbehörde abhängig macht, jetzt noch zulässig sei und durch die materiellrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch in Zukunft nicht ausgeschlossen sein werde. Falls diese Rechtsauffassung von Seiten des Bundesraths als zutreffend bestätigt würde, wäre die K. Regierung in der Lage, von der Aufnahme einer ausdrücklichen Bestimmung hierüber in das Einführungsgesetz absehen zu können. 4. Unberücksichtigt geblieben ist der von der K. Regierung gestellte Antrag, es möge die Regelung des Rechtszustandes hinsichtlich der Beseitigung überhängender Zweige und übergreifender Wurzeln auch abgesehen von Waldgrundstücken der Landesgesetzgebung vorbehalten werden. Es hat insbesondere der zu Art. 67 des Entwurfs I eines Einführungsgesetzes gestellte Antrag, die zu Gunsten der Waldgrundstücke getroffene Bestimmung auf die mit Obstbäumen besetzten Grundstücke auszudehnen, keine Annahme gefunden. Die für die Ablehnung dieses Antrags gel903
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
tend gemachten Gründe (Kommissionsprot. S. 8890, 8891) können jedoch als durchschlagend nicht anerkannt werden, nach Lage der Sache muß die K. Regierung vielmehr wünschen, daß dem Art. 67, jetzt Art. 95 des Entwurfs des Einführungsgesetzes als Abs. 2 die Bestimmung beigefügt werde: „Das Gleiche gilt zu Gunsten eines mit Obstbäumen besetzten Grundstücks in Ansehung des § 895". 5. Zu Art. 78 ff. des Entwurfs I. Lesung hat die K. Regierung eine Bestimmung des Inhalts vorgeschlagen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Errichtung eines Verzeichnisses des Vermögens jedes Ehegatten oder eines der Ehegatten von Amtswegen angeordnet werden kann, wenn binnen bestimmter Frist nach Eingehung der Ehe ein solches Verzeichniß von den Ehegatten nicht errichtet ist." Die Aufnahme einer solchen Bestimmung ist von der Kommission abgelehnt worden; bei der Bedeutung, welche der in Frage stehenden Einrichtung nach den in Württemberg bestehenden Verhältnissen zukommt, muß die K. Regierung jedoch an dem Wunsche festhalten, daß wenigstens in Beziehung auf den Güterstand der Errungenschaftsgesellschaft an geeigneter Stelle des Einführungsgesetzes eine Bestimmung aufgenommen werde, welche besagt, daß „unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei dem Güterstand der Errungenschaftsgesellschaft, auch wenn der andere Ehegatte ein Verlangen nicht stellt, ein Verzeichniß des eingebrachten Gutes zu errichten und das Verzeichniß der zuständigen Behörde einzureichen und für den Fall, daß die Einreichung binnen bestimmter Frist nicht erfolgt, die Aufnahme des Verzeichnisses durch eine Behörde oder einen Notar angeordnet ist." (Zu vgl. Prot. 8915). Im Uebrigen hat die K. Regierung in Beziehung auf die Bestimmungen des Dritten Abschnitts des Entwurfs eines Einführungsgesetzes in der Fassung der Bundesraths-Drucksache Nr. 128 eine Erinnerung nicht zu erheben. Weiterer Antrag Württembergs zu dem Entwurf des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche. Für den Fall der Ablehnung des Antrags Württembergs zu Art. 32 nach Art. 185 folgenden Paragraphen einzuschalten : § 185 a. „In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter desjenigen landsässigen Adels, welcher zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem ehemaligen Reichsadel gleichgestellt ist, bleiben die Vorschriften der Landesgesetze und nach Maßgabe der Landesgesetze die Hausverfassungen in Kraft."
II. Erste Lesung im Justizausschuß des Bundesrates 1. Beschlüsse des Justiz-Ausschusses des Bundesraths, betreffend den Entwurf des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch Erste Sitzung vom 14. Januar 1896 1. Der Herr Vorsitzende theilt mit, daß die Absicht bestehe, dem Reichstage die Materialien zum dritten Abschnitt des Einführungsgesetzes, d. h. die einschlägigen Stellen der Motive zum Entwurf 1. Lesung und der Protokolle 2. Lesung, vorzulegen. 2. Der Ausschuß ist damit einverstanden, daß die in das Referat von Sachsen fallenden Artikel des Entwurfs wegen der heutigen Behinderung des Königlich sächsischen Herrn Bevollmächtigten ausgesetzt bleiben, ebenso die Bestimmungen über das internationale Privatrecht. 904
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3. Der Art. 1 des Entwurfs wird dahin geändert: „Das Bürgerliche Gesetzbuch tritt an einem durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths festzusetzenden Tage, spätestens am . . . gleichzeitig mit einem Gesetze, betreffend Aenderung des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung, einem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, einer Grundbuchordnung und einem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kraft. 4. Zu Art. 15 Nr. Iwird das Einverständniß des Ausschusses darüber festgestellt, daß für die Entscheidung der Frage, bezüglichen welcher minderjährigen Kinder einem Naturalisirten kraft elterlicher Gewalt die gesetzliche Vertretung zusteht, nach Maßgabe der Grundsätze des internationalen Privatrechts das ausländische Recht maßgebend sei. 5. Im Art. 22 mußte das Citat aus dem Reichsgesetzblatt statt S. 58 lauten: S. 85. 6. Bezüglich der Bedeutung der Art. 31, 32 wird Folgendes als Ansicht des Ausschusses festgestellt: Wenn durch die nach diesen Artikeln aufrecht erhaltenen besonderen Vorschriften der Hausverfassungen oder der Landesgesetze subsidiär auf das allgemeine bürgerliche Recht verwiesen wird, ist es Auslegungsfrage, ob sich die Verweisung auf das bisherige oder das jeweilig geltende allgemeine bürgerliche Recht bezieht; im ersten Falle bleiben in den Grenzen des Vorbehalts auch die bisherigen Vorschriften des allgemeinen bürgerlichen Rechts in Kraft. 7. Zu Art. 32 wird der Antrag Bayerns, im Art. 32 den ehemals reichsständischen, seit 1806 mittelbar gewordenen Häusern die diesen Häusern landesgesetzlich gleichgestellten Häuser gleich zu behandeln, mit folgenden Beschränkungen und Erläuterungen angenommen: Der Vorbehalt hat nur die Bedeutung, daß den zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bereits landesgesetzlich gleichgestellten Häusern ihre bisherigen Rechte in Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter erhalten bleiben. Der Vorbehalt beschränkt sich auf die privatrechtliche Regelung der Familien- und Güterverhältnisse, erstreckt sich aber nicht auf die öffentlich rechtliche Stellung der in Betracht kommenden adeligen Häuser. — Der in der Zusammenstellung der Anträge der Bundesregirung S. 3 mitgetheilte Antrag Sachsens wird sachlich angenommen, vorbehaltlich der redaktionellen Prüfung, ob derselbe nicht durch die auf Antrag Bayerns angenommene Bestimmung gedeckt ist. — Die in der Zusammenstellung S. 3 mitgetheilte Annahme Oldenburgs wird als zutreffend anerkannt. 8. Zu Art. 45, welcher im Voraus berathen wird, erkennt der Ausschuß als seine Ansicht an, daß ein in Ansehung eines Grundstücks bestehendes zeitlich nicht begrenztes Nutzungsrecht im Sinne dieses Artikels nicht vorliegt, wenn Jemand nur einen Anspruch auf den Reingewinn oder einen Theil des Reingewinns hat, den der das Grundstück nutzende Eigenthümer oder Dritte aus der Nutzung zieht. Eine erläuternde Bemerkung in diesem Sinne soll in die Materialien, die im Reichstage mitgetheilt werden, Aufnahme finden. 9. Es wird Einverständniß darüber festgestellt, daß, falls das in Aussicht genommene Reichsgesetz über die dingliche Sicherung der Inhaber von Pfandbriefen und ähnlichen Werthpapieren, die der Schuldner auf Grund erworbener Forderungen ausstellt, nicht gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft treten sollte, reichsgesetzlich für die Aufrechterhaltung der diesen Gegenstand regelnden Landesgesetze Fürsorge zu treffen sein wird. 10. Zu Art. 33 wird mit Rücksicht auf den Antrag Bayerns (Zusammenstellung 905
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
S. 4) als Ansicht des Ausschusses anerkannt, daß der Art. 33, entsprechend anderen allgemeinen Vorbehalten des Einführungsgesetzes, der Landesgesetzgebung volle Freiheit für die zweckmäßige Regelung der Familienfideikommisse, Lehen und Stammgüter wahrt, daß danach die Landesgesetzgebung insbesondere auch befugt ist, die in dem bayerischen Antrage bezeichnete Anordnung zu treffen. 11. Zu Art. 36 wird der Antrag Preußens (Zusammenstellung S. 5) angenommen, nach welchem dem Art. 36 die Worte beizufügen sind: „und über die dem preußischen Gesetze, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen, vom 26. April 1886 unterliegenden Güter." 12. Zu Art. 37 erklärt sich der Ausschuß mit derjenigen Auffassung des Satzes 2 einverstanden, welche der Antrag beider Mecklenburg (Zusammenstellung S. 5) deutlicher zum Ausdruck zu bringen bezweckt. 13. Die zu Art. 38 und 40 von Sachsen-Meiningen ausgesprochenen Voraussetzungen werden als zutreffend anerkannt. 14. Mit Rücksicht auf die unter Art. 52a mitgetheilte Bemerkung Württembergs (Zusammenstellung S. 8) wird die in derselben vertretene Auffassung des § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom Ausschusse als zutreffend anerkannt. 15. Zu Art. 53 wird der Antrag Preußens, am Schlüsse des Abs. 2 beizufügen: „sowie über die Kirchen- und Schulbaulast", sachlich angenommen. — Im Abs. 1 soll es statt „aus dem Amtsverhältnisse" heißen: „aus dem Amts- oder Dienstverhältnisse". 16. Im Art. 56 wird das Wort „besonderen" gestrichen. 17. Im Art. 61 wird Abs. 2 gestrichen. 18. Im Anschluß an Art. 61 wird beschlossen, folgende Vorschrift in den Entwurf aufzunehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Grundeigenthum durch Ausländer beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen." 2. Sitzung vom 15. Januar 1896.1. Theil 1. Im Artikel 16 hat die Nr. III zu lauten: „An die Stelle der §§ 7, 8, 9 treten folgende Vorschriften." Ferner wird unter III folgender § 9 eingeschaltet: § 9. „Die gesetzlichen Vorschriften, nach welchen außer den in diesem Gesetze vorgesehenen Fällen der Unternehmer eine in den § § 1 , 2 bezeichneten Anlage oder eine andere Person, insbesondere wegen eines eigenen Verschuldens, für den bei dem Betriebe der Anlage durch Tödtung oder Körperverletzung eines Menschen entstandenen Schaden haftet, bleiben unberührt." 2. Art. 21 wird gestrichen. 3. Im Art. 86 Satz 1 hat der Eingang zu lauten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zusammenlegung von Grundstücken, ferner über die Gemeinheitstheilung, die Regulirung . . .". — Ferner ist am Schlüsse des Satz 1 nach dem Worte „Reallasten" fortzufahren: „mit Einschluß der durch ein solches Verfahren begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten". — Den Herren Kommissarien wird jedoch anheimgegeben, diese Worte gegebenenfalls in Satz 2 einzuschalten. 906
Beratungen im Bundesrat In den Materialien soll klargestellt werden, daß unter Zusammenlegung von Grundstücken auch die Separation, Konsolidation, Verkoppelung und die Feld- und Flurbereinigung und die Verlegung und Neueintheilung von Grundstücken durch Aenderung oder Umlegung der Grenzen, insbesondere auch bei mit Gebäuden versehenen Grundstücken (Baufluchtregulirung), verstanden werden. Klarzustellen ist weiter, daß das Wort „Gemeinheitstheilung" im weitesten Sinne des Wortes aufzufassen ist, so daß darunter alle Theilungen einer Gemeinheit fallen, mag es sich um Eigenthum der politischen oder der Real-Gemeinde oder um privates Eigenthum handeln. 4. Als Art. 87a soll bestimmt werden: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Begründung und Aufhebung einer Dienstbarkeit an einem Grundstücke, das im Grundbuche nicht eingetragen ist und nach den Vorschriften der Grundbuchordnung auch nicht eingetragen zu werden braucht." 5. Dem Art. 95 wird als Abs. 2 beigefügt: „Das Gleiche gilt zu Gunsten eines mit Obstbäumen besetzten Grundstücks in Ansehung des § 895." 6. Dem Art. 96 wird am Schlüsse beigefügt: „oder das Recht des Notwegs zum Zwecke der Verbindung eines Grundstückes mit einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn gewähren." 7. Im Art. 100 werden am Schlüsse, nach dem Worte „Grundstück" die Worte „gerichtlich oder" eingeschaltet. 8. In den Materialien soll klargestellt werden, daß die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen ein Grundstück, wenn der Eigenthümer es aufgiebt und die öffentlichen Abgaben nicht entrichtet, zu Gunsten der Staatskasse eingezogen werden kann, unberührt bleiben, weil sie dem öffentlichen Recht angehören. 9. Das Citat des § 14 Abs. 2 der Konkursordnung im Art. 103 soll von den Herren Reichskommissarien übersetzt werden. 10. Die Tragweite des Art. 108 Abs. 1 soll in den Materialien im Sinne der in der Zusammenstellung der Beschlüsse des Justizausschusses vom 11. Januar 1896 enthaltenen Konstatirung klargestellt werden. 11. Art. 116 hat am Schlüsse zu lauten: „. . . Gesetzbuchs außer vor dem Grundbuchamt auch vor Gericht oder vor einem Notar oder vor einer anderen Behörde oder einem anderen Beamten erklärt werden." 12. Im Art. 120 Abs. 2 ist statt „einer anderen Behörde als dem Amtsgericht" zu setzen: „einer nicht gerichtlichen Behörde." 13. Zu Art. 123 wird der Antrag Preußens in dem Sinne angenommen, daß die Landesgesetze für gewisse Ausnahmefälle zur Aufnahme der Nottestamente auch andere Personen als die in Art. 123 bezeichneten ermächtigen können. — Die Fassung wird den Herren Reichskommissarien überlassen. — In den Materialien soll die Begründung des Beschlusses aufgenommen werden. 14. In Art. 130 Zeile 1 wird das Wort „des" in „der" geändert. 15. Als Art. 137a wird folgende Vorschrift aufgenommen: „In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die zur Zeit des Inkrafttretens des B.G.B, bestandenen landschaftlichen (ritterschaftlichen) Kreditanstalten." Die Herren Reichskommissare sollen erwägen, ob nicht das Wort „über" die Tragweite des Vorbehalts in einer seinen Absichten nicht entsprechenden Weise eingeschränkt wird. 907
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2. Sitzung vom 15. Januar. II. Theil 1. Art. 92 hat zu lauten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Theilung eines Grundstücks oder die getrennte Veräußerung von Grundstücken, die bisher zusammen bewirthschaftet worden sind, untersagen oder beschränken oder die Veräußerung eines Grundstücks im Ganzen beschränken oder welche die Belastung eines Grundstücks über eine bestimmte Werthgrenze hinaus verbieten. — Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Vereinigung mehrerer Grundstücke zu einem Grundstück oder die Hinzuschlagung eines Grundstücks zu einem anderen Grundstück untersagen oder beschränken." — Die Fassung wurde den Herren Reichskommissarien überlassen. — Man war darüber einig, daß durch diese Fassung die Frage nicht beantwortet wird, ob die Landesgesetze das Recht haben, die wirthschaftliche Vereinigung von Grundstücken aus öffentlich-rechtlichen Gründen zu untersagen. 2.1m Art. 162 Abs. 2 wird statt „Art. 158" gesetzt „Artikel 89 a oder 158". 3. Im Art. 165 wird hinter dem Wort „Weise" eingeschaltet: „zusteht" und nach dem Worte „Gläubiger" die Worte: „einer gleich- oder nachstehenden Hypothek derselben Art". — Die Herren Reichskommissare sollen die Fassung nochmals prüfen. 4. Der von Mecklenburg-Schwerin vorgeschlagene Artikel 166a wurde angenommen; es sollen jedoch die Herren Reichskommissare erwägen, ob nicht durch eine Aenderung des Artikels 164 der angenommene Artikel 166 a entbehrlich wird. 2. Sitzung vom 15. Januar 1896. — III. Theil 1. Man war einig, daß der Landesgesetzgebung nach Art. 186 das Recht zusteht, Vorschriften über die Vermögensabsonderung zu treffen, die im Falle der Errichtung eines Ehevertrages einzutreten hat. 2. Zu Art. 174 Abs. 2 bestand Einverständniß, daß unter der „Anordnung der zuständigen Behörde" auch das Erkenntniß eines Gerichts zu verstehen ist. 3. Im Art. 178 wird statt „für die Unterhaltspflicht des Vaters" gesetzt: „für die Erforschung der Vaterschaft und für die Unterhaltspflicht des Vaters". 4. Als Art. 179a oder an geeigneter Stelle soll bestimmt werden : „In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen gewisse Werthpapiere zur Anlegung von Mündelgeldern für geeignet erklärt sind." 5. Zu Art. 180 wurde den Herren Reichskommissaren die Prüfung der Frage überwiesen, ob eine Verdeutlichung des Art. 180 im Sinne des Antrags von ElsaßLothringen angezeigt ist. 6. Art. 181 erhält folgende Fassung: „Die nach den Vorschriften des französischen oder des badischen Rechts für einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes verliert sechs Monate nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung." Dritte Sitzung vom 16. Januar 1896 1. Als Art. 184a wird folgende Vorschrift aufgenommen: „In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Mitglieder gewisser ritterschaftlicher Familien die Erbfolge in ihrem Nachlaß ordnen können, ohne durch das Pflichttheilsrecht beschränkt zu sein." 908
Beratungen im Bundesrat
2. Der Antrag Württembergs, als Art. 185a folgende Vorschrift aufzunehmen: „In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter desjenigen landsässigen Adels, welcher zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches dem ehemaligen Reichsadel gleichgestellt ist, bleiben die Vorschriften der Landesgesetze und nach Maßgabe der Landesgesetze die Hausverfassungen in Kraft.", wird sachlich, vorbehaltlich der Stellung und Fassung der Vorschrift, in dem Sinne angenommen, daß den landesgesetzlich privilegierten Familien nach Maßgabe der Landesgesetze auch das Recht zustehen soll, künftig sich neue Hausverfassungen zu geben oder die bestehenden abzuändern. 3. Im Art. 8 Nr. 4 ist statt „ohne die erforderliche Genehmigung des Bundesraths" zu setzen „ohne die erforderliche staatliche Genehmigung". 4. Der in der Zusammenstellung S. 12 unter Art. 83a mitgetheilte Antrag Bayerns wird bis zur Berathung der Aenderungen der Civilprozeßordnung zurückgestellt. 5. Die Herren Reichskommissare werden ermächtigt, etwaige weitere Druckfehler und Redaktionsversehen, als die bereits vom Justiz-Ausschusse berichtigten, zu berichtigen. Die Berichtigungen sollen in die Zusammenstellung der Beschlüsse der Reichskommissare aufgenommen werden. 6. Es wurde zur Berathung der Vorschriften über das internationale Privatrecht übergegangen. Als Grundlage dienten die von Preußen vorgeschlagenen Bestimmungen. Die §§ a bis d wurden unbeanstandet angenommen. Zu § d wird den Reichskommissaren die Prüfung überwiesen, ob die Bestimmung durch den in der 2. Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu § 21 Abs. 3 beschlossenen Zusatz entbehrlich geworden ist. Der § e wurde angenommen, nachdem als Ansicht des Ausschusses festgestellt war, daß die Bestimmung des § e Abs. 1 Satz 2 durch den § χ keine Einschränkung erfährt, vielmehr unbedingte Geltung hat. Die §§ f bis ρ wurden angenommen. Ebenso der § q; jedoch sollte Abs. 2 in der Fassung berücksichtigt werden, daß bei der Annahme an Kindesstatt auch die Einwilligung der Frau des Anzunehmenden nothwendig ist. Die §§ rund s wurden angenommen. Zu § t wurde der Antrag auf Streichung des Satzes 2 den Reichskommissaren zur Prüfung unter Hinzuziehung eines Vertreters des Auswärtigen Amts überwiesen. Die §§ u bis y wurden angenommen. Zu § ζ wurde der Antrag, den § ζ in das Gesetz über Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu verweisen, den Reichskommissaren mit dem Auftrage überwiesen, denselben gemeinsam mit einem Vertreter des Auswärtigen Amts in Erwägung zu nehmen. 7. Die Bestimmungen über das internationale Privatrecht sollen ohne besondere Ueberschrift in den ersten Abschnitt hinter Art. 5 eingestellt werden. 8. Im Titel des Einführungsgesetzes sollen die Worte „für das Deutsche Reich" fortfallen. 2 a. Bericht von Heller vom 14. 1. 1896 über die Beratungen im Justizausschuß Der Ausschuß des Bundesrats für Justizwesen begann heute die Berathung des Entwurfs des Einführungsgesetzes und erledigte in einer siebenstündigen Sitzung 909
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
den Entwurf bis zum Artikel 69. Morgen soll die Berathung fortgesetzt und wo möglich beendigt werden; am Freitag würde sodann die zweite Lesung stattfinden. Die Artikel 8, 9, 14, 20, über die Sachsen Bericht zu erstatten hat, samt den darauf bezüglichen Anträgen mit Einschluß des Antrags Bayerns auf Einstellung eines neuen Artikels 20 a wurden übrigens bis morgen zurückgestellt, weil der Geheime Rat Rüger verhindert war, an der Sitzung teilzunehmen, und der für ihn eingetretene Sächsische Gesandte Graf von Hohenthal sich nicht in der Lage befand, den Bericht zu erstatten. — Es ist mir nicht möglich, schon heute über den Verlauf und das Ergebniß der Berathung erschöpfend zu berichten, weil mir die dazu nöthige Zeit nicht mehr übrig geblieben ist. Ich beschränke mich deshalb darauf, vorläufig das Ergebniß der Bayerischen Anträge und Anregungen zur Kenntniß höchster Stelle zu bringen, und will hiebei das, was ich über die Berathung des Artikels 32 zu berichten habe, deshalb voranstellen, weil es sich als nothwendig erwiesen hat, hiezu für die zweite Lesung weitere Instruktion zu erbitten. Der Art. 32 gehört zu den Artikeln, über die ich Bericht zu erstatten hatte. — Die Annahme Oldenburgs, daß durch die Bestimmung dem mittelbar gewordenen hohen Adel das Recht, innerhalb der landesgesetzlichen Schranken autonomische Verfügungen zu treffen, nicht genommen wird, wurde einstimmend als zutreffend anerkannt im Hinblick auf die rechtliche Bedeutung, die nach dem Artikel 3 des Entwurfs dem im dritten Abschnitte gebrauchten Ausdrucke „unberührt bleiben" zukommt. — Zu einer langen Diskussion gaben die Anträge Sachsens und Württembergs und insbesondere der Unterantrag Anlaß, den ich nach der telegraphischen Weisung des K. Staatsministeriums des Königl. Hauses und des Äußern vom 12. ds. Mts. zu dem Antrage Sachsens zu stellen hatte. — Was zunächst den Antrag Sachsens betrifft, so wurde zwar einstimmig anerkannt, daß die wohlerworbenen Rechte des Hauses Schönburg durch den Vorbehalt des Artikels 32 gedeckt werden müssen. Dagegen gingen die Meinungen darüber auseinander, ob zu diesem Zwecke eine Aenderung der Fassung des Artikels nothwendig sei oder ob schon die dermalige Fassung genüge. In dem letzteren Sinne sprach sich insbesondere der als Reichskommissar an der Berathung teilnehmende Geheime Rath Professor Dr. Gebhard, Mitglied der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs, aus, unter Hinweis auf die historischen Verhältnisse des Hauses Schönburg und die Gründe, welche zu dem das Haus betreffenden Beschlüsse der Bundesversammlung vom 7. August 1828 geführt haben. Schließlich überwog indes die Ansicht, daß es doch, um die sehr naheliegenden Zweifel über den Kreis der von dem Vorhalte betroffenen Häuser auszuschließen, nothwendig sei, die Bestimmung im Sinne des sächsischen Antrages zu ergänzen; die Fassung blieb, insbesondere wegen des Bayerischen Unterantrags noch vorbehalten. Den Unterantrag begründete ich nach Maßgabe der aus dem K. Staatsministerium des Königlichen Hauses und des Äußern stammenden Referatsnote Nr. 288 I vom 12. ds. Mts. und unter Verwertung des aus der Note dieses Staatsministeriums an das Staatsministerium des Innern vom 2. Dezember 1895 Nr. 15652 I, die Steuerund Umlagenfreiheit der Standesherren betreffend, zu entnehmenden Materials. Auch in Beziehung auf den Unterantrag wurde, insbesondere auch von dem Vorsitzenden namens der Preußischen Regirung anerkannt, daß die wohlerworbene Rechtsstellung der Häuser, um die es sich vom Standpunkte der Bayerischen Regirung handelt, geschützt werden müsse. Insoweit der Antrag Bayerns also bezweckt, den Besitzstand dieser Häuser hinsichtlich der ihnen durch landesrechtliche Verfügung beigelegten Vorrechte in Ansehung ihrer Familienverhältnisse und Güter zu erhalten, müsse ihm entsprochen werden. Auf allseitigen Widerspruch dagegen stieß 910
Beratungen im Bundesrat
der Antrag, weil nach seiner Fassung angenommen würde, daß er über diesen Zweck hinausgehe. Nach der in der Instruktion vorgezeichneten Fassung des Unterantrags im Zusammenhalte mit der schon oben in Bezug genommenen Bedeutung des Ausdrucks „unberührt bleiben" war ich auch selbst nicht im Zweifel darüber, daß dem Antrage eine umfassende Bedeutung beizugeben sei, daß nämlich der Vorbehalt sich nicht auf die Rechte der Familien beschränken soll, welche in der Zeit von 1806 bis jetzt oder bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs den ehemals reichsständischen, seit 1806 mittelbar gewordenen Häusern gleichgestellt wurden oder gleichgestellt worden sein werden, sondern daß dadurch zugleich auch das Recht vorbehalten werden sollte, etwa noch in Zukunft eine solche Gleichstellung adeliger Häuser landesrechtlich eintreten zu lassen. Unter diesen Umständen hielt ich mich nicht für berechtigt, den Antrag auf diejenigen Häuser zu beschränken, die „vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs" jene Gleichstellung erfahren haben, zumal ich nicht zu beurtheilen vermag, ob nicht etwa unter den in die Bayerische Adelsmatrikel eingetragenen Familien auch jetzt noch solche sind, deren Gleichstellung mit den ehemals reichsständischen Familien künftig noch in Frage kommen könnte. Ich erklärte deshalb, daß ich — vorbehaltlich der Einholung weiterer Instruktion — den Antrag in der ihm gegebenen Fassung und in der ihm zukommenden Bedeutung aufrechterhalten müsse. Preußen, Baden und Hessen sprachen sich mit Entschiedenheit gegen den Antrag in diesem Umfange aus. Es würde ein äußerst gefährlicher Schritt sein, durch die Annahme dieses Antrags nicht bloß der Bayerischen Regierung, sondern — was ja die selbstverständliche Folge sein würde — jeder Landesregirung die Befugniß zuzuerkennen, auch in Zukunft Adelsfamilien mit dem Rechte der Autonomie zu begnadigen. Es läge darin eine überaus starke Provokation für den Reichstag, die ganze Bestimmung kritisch zu prüfen und der Erfolg würde voraussichtlich der sein, daß der Artikel 32 auch insoweit ernstlich gefährdet würde, als er nur die Erhaltung wohlerworbener Rechte bezweckt. Der Badische Gesandte bezeichnete es überhaupt als unzulässig, Familien, die nicht ehemals reichsständisch waren, zum Hohen Adel zu erheben; der Kreis des Hohen Adels sei historisch abgeschlossen. Auch Sachsen erklärte, daß es dem Bayerischen Antrage nur in der erörterten Beschränkung zustimmen könnte. Der Vertreter Hessens, Ministerialrat Dr. Dittmar stellte hierauf den Antrag, den Sächsischen Antrag in Verbindung mit dem Bayerischen in folgender Fassung anzunehmen: „In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter der Häuser, die ehemals reichsständisch gewesen und seit 1806 mittelbar geworden oder die hinsichtlich ihrer Familienverhältnisse und ihrer Güter durch Beschlüsse des vormaligen Deutschen Bundes oder vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs landesgesetzlich diesen Häusern für gleichberechtigt erklärt worden sind, sowie des ehemaligen Reichsadels . . . " — Bei der nun folgenden Abstimmung wurde der Antrag Bayerns in seiner ursprünglichen, unbeschränkten Fassung gegen die Stimme Bayerns abgelehnt, in der in dem Antrage Dr. Dittmars ausgedrückten beschränkten Bedeutung dagegen einstimmig angenommen. Der Antrag Sachsens wurde gleichfalls einstimmig angenommen. Die Fassung blieb vorbehalten; über sie wird bei der zweiten Lesung Beschluß gefaßt werden, nachdem die Reichskommissarien den Beschluß redigiert und die von ihnen beschlossene Fassung vorgelegt haben werden. — Ich erlaube mir nunmehr, um gnädigste Instruktion für die bei der zweiten Lesung einzunehmende Haltung gehorsamst zu bitten. Sie müßte spätestens am kommenden Freitag vormittags zehn Uhr in meinen Händen sein, um nicht verspätet einzutreffen. Württemberg hatte seinem auf den Artikel 32 bezüglichen Antrag einen weiteren Antrag folgen lassen, von dem ich annehmen darf, daß er auch schon höchster Stelle 911
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch zugekommen sein wird. Der Regirungsdirektor von Schicker hielt zunächst den primären Antrag aufrecht; instruktionsgemäß befürwortete ich seine Annahme. Preußen erklärte sich gegen ihn und gestand die Berücksichtigung der besonderen Württembergischen Verhältnisse nur in der Form einer in den vierten Abschnitt gehörigen „Übergangsvorschrift", also in der Gestalt des eventuellen Antrag auf Einstellung eines Art. 185 a zu. Auch Baden sprach sich gege den primären Antrag aus, seine Stellung zu dem eventuellen sich vorbehaltend. Der primäre Antrag wurde gegen Bayern und Württemberg abgelehnt, der eventuelle wurde zum vierten Abschnitte des Entwurfs zurückgestellt. — Der Artikel 32 war hiemit erledigt. Was die übrigen Anträge und Bemerkungen Bayerns, soweit sie bis jetzt erledigt wurden, betrifft, so erlaube ich mir, in Kürze folgendes zu berichten: 1. Die auf die Artikel31 bis 33 bezügliche Voraussetzung wurde einstimmig als zutreffend bezeichnet; dies wurde als Beschluß des Ausschusses zu Protokoll festgestellt. — 2.) Auch das zum Artikel 33 bezüglich der zu einem Lehen oder zu einem Fideikommisse gehörigen Schuldverschreibungen auf den Inhaber Bemerkte wurde als richtig anerkannt, jedoch als durch die Fassung des Artikels ganz unzweifelhaft gedeckt bezeichnet. — 3.) Der Absatz 2 des Artikels 61 wurde gestrichen. — 4.) Der Antrag zum Artikel 69, die Anführung des § 610 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu streichen, wurde gegen die Stimme Bayerns abgelehnt.
2 b. Bericht von Heller vom 17.1.1896 Uber die Beratungen im Justizausschuß Wie ich schon telegraphisch zu berichten mir erlaubte, beendete der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen in der gestern abgehaltenen Sitzung die Berathung des Entwurfs des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche. Die Sitzung begann mit der Berathung des Antrags Preußens auf Einstellung eines neuen Art. 184a und des weiteren Antrags Württembergs auf Einstellung eines neuen Art. 185a, der für den — wie ich am 14. d. Mts. schon berichtet zu haben glaube, in der Ausschußsitzung am 14. eingetretenen — Fall der Ablehnung des zum Art. 32 gestellten Antrags eingebracht worden war. — Der Antrag Preußens, der bezweckt, der Eingabe des Ritterrats der Genossenschaft des rheinischen ritterbürtigen Adels vom 14. Dezember 1895 die zur Erhaltung der Einrichtungen der Genossenschaft erforderliche Berücksichtigung zuzuwenden, wurde gegen die Stimme Badens angenommen; die Eingabe des Ritterraths galt als hiedurch erledigt. — Mit dem gleichen Stimmenverhältniß wurde der Antrag Württembergs (Art. 185 a) angenommen. Zu einer längeren Erörterung hatte übrigens bei der Berathung dieses Antrages die Frage Anlaß gegeben, welche Tragweite, namentlich im Hinblick auf den Art. 186, der Württembergische Antrag habe. Von Württembergischer Seite selbst wurde hierbei ohne weiteres zugegeben, daß, was sich ja schon aus der Fassung ergiebt, nur die Familien des landsässigen Adels davon getroffen sein sollen, die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem ehemaligen Reichsadel gleichgestellt sind; es steht bei der Württembergischen Regierung sogar fest, daß der Kreis der Familien, bezüglich deren eine solche Gleichstellung überhaupt in Frage kommen konnte, schon jetzt endgültig geschlossen ist. Dagegen wurde allseitig anerkannt, daß wenn etwa eine dieser Familien von der Befugniß, sich eine Hausverfassung zu geben, bis zum Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht Gebrauch gemacht haben sollte, sie es noch nach diesem Zeitpunkte thun könne. Uebereinstimmung bestand endlich auch darüber, daß der sachliche Inhalt des gewissen Familien des landsässigen Adels landesgesetzlich ertheilten Privilegiums nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht mehr erweitert werden könne. 912
Beratungen im Bundesrat Zu keinem völlig abschließenden Ergebnisse dagegen kam der Ausschuß in der Frage, inwieweit im übrigen die auf die privilegirten Familien bezüglichen Landesgesetze künftig noch sollten geändert werden können, inwieweit dies ferner bei den Hausverfassungen zulässig sein sollte. Die Beantwortung der Frage war dadurch erschwert, daß in dieser Beziehung der Unterschied zwischen der Bestimmung des Art. 3 und der des Art. 186 nicht ganz klar und unzweideutig ist, namentlich im einzelnen Falle sehr zweifelhaft sein kann, ob es sich um die „Aenderung" eines Landesgesetzes oder um die „Erlassung einer neuen landesgesetzlichen Vorschrift" handelt. Hiemit hing die Frage zusammen, welche Stellung im System des Einführungsgesetzes der sachlich beschlossenen Bestimmung angewiesen sei. Württemberg erklärte, sich mit der Aufnahme der Bestimmung unter die Uebergangsvorschriften zu begnügen; ich glaubte, mich mehr zu der Aufnahme in den dritten Abschnitt neigen zu sollen, namentlich weil der zum Art. 32 angenommene Bayerische Antrag einige innere Verwandtschaft in jener Frage mit dem Württembergischen hat und ich davon, daß der Württembergische Antrag in den vierten Abschnitt aufgenommen würde, eine unerwünschte Wirkung auf die endgültige Stellung des Bayerischen Antrags fürchtete. Nach längerer Diskussion, in der auch die Meinungen der übrigen Ausschußmitglieder getheilt waren, beschloß man, außer der Fassung der Vorschrift auch die Frage ihrer Stellung zunächst der Erwägung der Reichskommissarien zu unterstellen, zumal auch diese nach den von ihnen abgegebenen Erklärungen verschiedener Meinungen zu sein schienen. Die Art. 185, 186 wurden ohne weitere Erörterung einstimmig angenommen. — Der Ausschuß kehrte hierauf zu den in der Sitzung vom 14. d. Mts. wegen der Abwesenheit des Geheimen Raths Dr. Rüger zurückgestellten Artikeln 8, 9, 14, 20, 78 bis 85, 105 bis 107 zurück. — Bei dem Art. S wurde die von Bayern und Mecklenburg übereinstimmend beantragte Aenderung des in das Strafgesetzbuch einzustellenden § 145 a als nothwendige Folge der zum § 780 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs beschlossenen Aenderung ohne weiteres genehmigt. Die von Bayern allein beantragte Hinzufügung eines zweiten Absatzes wurde — im wesentlichen aus den in der Kommission entscheidend gewesenen Gründen gegen die Stimmen Bayerns, Württembergs und Badens abgelehnt. — Die Artikel 9, 14, 20 wurden ohne Diskussion unverändert angenommen. Ich begründete sodann den Antrag Bayerns auf Ergänzung des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 durch Einstellung eines neuen Artikels 20 a in den Entwurf des Einführungsgesetzes. Gegen den Antrag sprach sich der Kommissar Küntzel aus, auch Baden erklärte ihn nicht unterstützen zu können; obwohl Baden ein Freund des holographischen Testaments im allgemeinen sei, halte es diese Form doch weder für nothwendig noch für geeignet als Besonderheit für die Kolonialgerichtsbezirke und die Schutzgebiete. Sachsen sprach sich gleichfalls gegen den Antrag aus. Obwohl der Kommissar Dr. Planck den Antrag warm befürwortete, wurde er gegen die Stimmen Bayerns und Lübecks abgelehnt. Für Preußen war der entscheidende Grund offenbar der, daß hinsichtlich der — von ihm perhorrescirten — Zulassung des eigenhändigen Testaments als ordentlicher Testamentsform dem Reichstage auch nicht durch eine so beschränkte Einführung dieser Form ein Stützpunkt f ü r weiter gehende Anträge gegeben werden dürfe. Zu den Art. 78 bis 83 wurde das Wort nicht ergriffen; sie wurden unverändert angenommen. Zur Berathung kam der Antrag Bayerns auf Einstellung eines neuen Artikels 83 a. Die materielle Seite der Frage war schon bei der Berathung der §§ 870, 884 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Sitzung des Ausschusses vom 15. 913
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Oktober vor.Js. erörtert worden 2 ; der Antrag war damals sachlich gebilligt worden. Es handelte sich daher, abgesehen von der Fassung, um die Frage, ob die Bestimmung im Entwurf des Einführungsgesetzes oder anderswo unterzubringen sei. Ich empfahl zunächst die Aufnahme in das Einführungsgesetz. Da ich jedoch aus einer Besprechung der Sache mit dem K. Ministerialrath Jacubezky wußte, daß dieser an die Kommission den Antrag gebracht hat, eine entsprechende Vorbehaltsbestimmung in das ohnehin mehrfach zu ändernde Einführungsgesetz zur Civilprozeßordnung aufzunehmen, diesen Antrag auch schon vor einiger Zeit zur Kenntniß des K. Staatsministeriums gebracht, einen diese Art der Regelung mißbilligenden Bescheid aber nicht empfangen hat, so gab ich eventuell die Zurückstellung des Antrags bis zur Berathung der Abänderung des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung anheim. Der Ausschuß entschied sich dahin, nachdem insbesondere auch das Mitglied der Kommission, Geheimrath Professor Dr. Gebhard, diese Art der Regelung empfohlen hatte. — Die Artikel 84, 85 wurden ohne Widerspruch unverändert angenommen. Die das landesherrliche Ehescheidungsrecht betreffenden Anträge von SachsenMeinigen und Reuß ä. L. (Zusammenstellung der Anträge der Bundesregierungen Art. 104a) wurden von diesen Regierungen nicht vertreten, von keinem der Ausschußmitglieder aufgenommen und deshalb als erledigt erachtet. — Die Artikel 105, 106 wurden von keiner Seite beanstandet und unverändert angenommen. — Zum Artikel 107 lag der Antrag Elsaß-Lothringens vor, den der Ministerialrath Leoni vom Ministerium der Reichslande befürwortete. Der Geheime Rath Dr. Rüger als Berichterstatter sprach sich gegen den Antrag aus, im wesentlichen aus den auf der Stellungnahme Bayerns zu dem Antrage zugrundeliegenden Erwägungen. Auch der Kommissar Professor Dr. von Mandry erhob ernstliche Bedenken. Der Antrag fand auch sonst keine Unterstützung. Die Darlegung der eventuellen Stellung Bayerns gab dem Vertreter des Antrags keinen Anlaß zur Stellung eines Eventualantrags. Der Antrag wurde einstimmig abgelehnt, der Art. 107 fand unverändert Annahme. Zur Berathung kam sodann der in der Zusammenstellung der Anträge der Bundesregirung als Artikel 112 a bezeichnete Antrag Württembergs, betreffend die Aufnahme eines Verzeichnisses des eingebrachten Guts bei der Errungenschaftsgemeinschaft. Der Antrag wurde von anderer Seite nicht unterstützt und gegen die Stimme Württembergs abgelehnt. — Es erübrigte nun — abgesehen von den Bestimmungen über das internationale Privatrecht — nur noch der Antrag Sachsens zum Art. 68 Abs. 2, der von Mecklenburg-Schwerin zum Ersatz des in der Sitzung am 14. d. Mts. zurückgezogenen Antrags auf Einstellung eines neuen Art. 37a eingebrachte neue Antrag und der Antrag Bayerns auf Aufnahme des Vorbehalts, daß durch die Landesgesetze bestimmt werden kann, eine oder die andere der in den §§ 1097 bis 1188 des (Entwurfs des) Bürgerlichen Gesetzbuchs festgesetzten Formen der Belastung von Grundstücken finde keine Anwendung. — Was zunächst diesen Antrag betrifft, so brachte ich ein, nachdem ich mich darüber vergewissert hatte, daß Sachsen ihn unterstützen werde. Er fand jedoch keine weitere Unterstützung, namentlich auch nicht von Württemberg, und wurde als ein ganz und gar unzulässiger und unmöglicher Eingriff in die Rechtseinheit gegen die Stimmen Bayerns und Sachsens abgelehnt. Der Antrag Sachsens zum Art. 68 Abs. 2 wurde damit begründet, daß die Leipziger Bank und die Allgemeine Kreditanstalt in Leipzig ein ähnliches Privileg wie die öffentlichen Pfandleihanstalten besitzen, unter gewissen Voraussetzungen verpfän2
Vgl. Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 355 f.
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Beratungen im Bundesrat
dete Sachen nur gegen Ersatz des Pfandschillings herauszugeben. Der Antrag wurde von anderer Seite nicht unterstützt, von dem Kommissar Struckmann nachdrücklichst bekämpft. Auch ich glaubte nicht für ihn eintreten zu sollen, weil ein so weitgehendes Privilegium auch Privatanstalten einzuräumen mir in hohem Grade bedenklich schien und irgend eine Bayerische Bank meines Wissens ein ähnliches Vorrecht nicht genießt. Die telegraphische Instruktion des K. Staatsministeriums des K. Hauses und des Aeußeren vom 16. d. Mts., die die Vertretung Bayerns anweist, dem Antrage zuzustimmen, kam erst mehrere Stunden nach dem Schlüsse der gestrigen Sitzung zu meiner Kenntniß. Der Antrag wurde hienach gegen die Stimme Sachsens abgelehnt; der Art. 68 wurde unverändert angenommen. Der Antrag Mecklenburg-Schwerins gab zu einer langen Diskussion Anlaß. Aus der Begründung des Antrags durch den Ministerialrath Langfeld ging hervor, daß es sich hauptsächlich darum handelt, die Bestimmungen des Mecklenburgischen Landrechts aufrechtzuerhalten, die bestimmen, daß gewisse nicht veräußerliche und nicht vererbliche bäuerliche Nutzungsrechte an Grundstücken nach ihrem Heimfalle von dem Grundeigenthümer wieder anderweit verliehen werden müssen, die also das sogenannte Bauernlegen verhindern sollen. Man war allgemein der Ansicht, daß für Mecklenburg ein dringendes Bedürfniß nach Aufrechterhaltung dieser Bestimmungen bestehe, nahm jedoch Anstoß an der ganz allgemeinen und darum bedenklichen Fassung des Vorbehalts, erklärte sich übrigens bereit, dem Wunsch Mecklenburgs entgegenzukommen, wenn es gelingt, der Bestimmung einen etwas greifbareren Inhalt zu geben. Der Ministerialrath Langfeld zog hierauf den Antrag zurück unter dem Vorbehalt, ihn nach Benehmen mit den Reichskommissarien in einer einwandtfreien Form wieder einzubringen. Hiermit war der Inhalt des Entwurfs erledigt, der Ausschuß ging deshalb nunmehr über zur Berathung der nach Nr. 61 der vom Ausschusse beschlossenen Aenderungen des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs in diesem zu streichenden §§ 2361 bis 2390.
Der Vorsitzende leitete die Berathung des Gegenstandes ein mit einer kurzen Mittheilung über die Stellung der Preußischen Regierung zu den Bestimmungen des Entwurfs und über die Art der Entstehung der von diesem grundsätzlich abweichenden 3 , nun als Abänderungsantrag Preußens vorliegenden Bestimmungen §§ a bis ζ und gab dem Ausschusse die Entscheidung darüber anheim, ob die Bestimmungen des Entwurfs oder die von Preußen vorgeschlagenen der Berathung zugrundezulegen seien. Ich verwies auf den dem Ausschusse zur Genüge bekannten Standpunkt, den die K. Bayerische Regierung in der Frage der gesetzlichen Regelung des internationalen Privatrechts einnimmt, legte kurz die Stellung Bayerns zu den Abänderungsvorschlägen Preußens dar und beantragte, diese der Berathung zur Grundlage dienen zu lassen. Der Vertreter Hessens stimmte dem Antrage zu. Für Sachsen, das am 14. d. Mts. Bemerkungen und weitgehende Abänderungsvorschläge zu den Anträgen Preußens hatte vertheilen lassen, und für Württemberg erklärten der Geheime Rath Dr. Rüger und der Regierungsdirektor von Schicker, daß ihre Regierungen im allgemeinen auf dem Standpunkte des Entwurfs stehen, daß sie jedoch, da das Festhalten an diesem grundsätzlichen Standpunkte kaum Aussicht auf Erfolg habe, dem bayerischen Vorschlage nicht entgegentreten wollten. Baden und Lübeck sprachen sich vorbehaltlos für die Annahme der Preußischen Vorschläge aus. Der Vorsitzende stellte fest, daß es nach diesen Erklärungen die einstimmige Ansicht des Ausschusses sei, die §§ 2361 bis 2390 des Entwurfs nicht weiter in Betracht zu ziehen, 3
Vgl. hierzu Hartwig/Korkisch, aaO., S. 215 ff. 915
Einführungsgesetz z u m Bürgerlichen Gesetzbuch
sondern f ü r erledigt zu erachten. Bei der Einzelberathung der Preußischen V o r schläge wurden die §§ a, b, c ohne Widerspruch angenommen. — Bei dem § d warf der als K o m m i s s a r an der Berathung teilnehmende Ministerialrath J a c u b e z k y die Frage auf, ob diese Bestimmung nicht durch den bei der endgültigen Feststellung des Ausschußantrages zum Entwürfe des Bürgerlichen Gesetzbuchs beschlossenen Zusatz zum § 21 Abs. 3 entbehrlich geworden sei. M a n einigte sich dahin, die Prüfung dieser Frage den Reichskommissaren zu überweisen, und unter dem Vorbehalte endgültiger Beschlußfassung bei der zweiten Lesung den § d vorläufig anzunehmen. Bei dem § e brachte ich nach Maßgabe der Instruktion das Verhältniß dieser Bestimmung z u m § χ zur Sprache mit dem Wunsch der Klarstellung. D e r für Lübeck das Referat führende Oberlandesgerichtspräsident Sieveking erklärte, bei der Ausarbeitung der Vorschläge sei die Meinung einstimmig dahin gegangen, daß die Bestimmung des Absatzes 1 S a t z 2 durch den § χ nicht berührt werden, sondern insbesondere auch für Eheverträge, Testamente und Erbverträge uneingeschränkt gelten soll. D e r K o m m i s s a r Börner fügte dem bei, daß die Bestimmung nur in diesem Sinne verstanden werden könne, gehe aus dem Absätze 2 des § e unzweideutig hervor. Dieser schließe die Anwendung des Satzes 2 von Absatz 1 für g a n z bestimmt bezeichnete Rechtsgeschäfte aus; für alle nicht hiezu gehörigen Rechtsgeschäfte gelte er also. Ich glaubte mich als durch diese Aufklärung befriedigt erklären zu sollen; der Ausschuß erachtete sie für zutreffend. Württemberg beantragte übrigens, im Abs. 1 S a t z 2 nach den Worten „ E s genügt j e d o c h " einzuschalten „sofern nicht diese Gesetze entgegenstehen". D e r Vorsitzende sprach sich gegen den Antrag aus und betonte, daß er sich auf eine sachliche Aenderung der Preußischen Anträge nicht einlassen könnte, es müßte denn das Auswärtige Amt, unter dessen maßgebendem Einflüsse die Anträge festgestellt wurden, seine ausdrückliche Zustimmung geben. Württemberg z o g seinen Antrag hierauf zurück, und der § e wurde unverändert einstimmig angenommen. G e g e n die §§ f bis k wurde eine Erinnerung nicht erhoben. D e r Ausschuß nahm sie mit Einstimmigkeit an. — Bei dem § l beantragte Württemberg, auch die Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett zu berücksichtigen. N a c h d e m der K o m missar Börner die Gründe kurz dargelegt hatte, aus denen dies nicht geschehen war, wurde der Antrag gegen die Stimmen Sachsens und Württembergs abgelehnt und der § 1 einstimmig ohne Aenderung angenommen. — D e n §§ m bis ρ stimmte der Ausschuß ohne Diskussion einstimmig zu. — Bei dem § q machte ich instruktionsgemäß auf das in Abs. 2 hinsichtlich des Erfordernisses der Einwilligung des Ehegatten des Anzunehmenden untergelaufene Fassungsversehen aufmerksam. D i e Berichtigung der Fassung wurde den Kommissaren empfohlen. — Zu den §§ r, s ergriff niemand das W o r t ; sie wurden ohne Aenderung angenommen. — Bei dem § t beantragte ich die Streichung des zweiten Satzes. Der Präsident Sieveking gab zu, daß die Bestimmung nicht unbedenklich sei. Sie sei jedoch auf Wunsch des Auswärtigen Amtes mit besonderer Rücksicht auf den Art. 10 Abs. 2 der Konvention über die Regulierung von Hinterlassenschaften zwischen dem Deutschen Reiche und Rußland vom 12. November / 31. Oktober 1874 aufgenommen worden. D i e Beibehaltung der Bestimmung sei nützlich; sie könne zur Abschließung von Verträgen führen und dabei könne man sie dann gegen das Versprechen der Gegenseitigkeit aufgeben. Ich hielt den Antrag aufrecht; Württemberg und Sachsen unterstützten ihn. D e r Ausschuß beschloß, den Antrag den Kommissaren zur Prüfung unter Zuziehung eines Vertreters des Auswärtigen Amtes zu überweisen. — D i e §§ u bis y wurden ohne Widerspruch unverändert angenommen. — Bei dem § ζ wurde aus Anlaß des Antrags Hessens, die Bestimmung in das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen 916
Beratungen im Bundesrat
Gerichtsbarkeit zu versetzen, zunächst ohne Widerspruch festgestellt, daß die Bestimmung nur eine Verfahrensvorschrift enthält, daß sie materiell den Anspruch des Anderen unberührt lassen soll. Mit Rücksicht hierauf wurde der Antrag von mehreren Seiten, namentlich auch von dem Kommissar Börner unterstützt. Es wurde beschlossen, auch diesen Antrag den Kommissaren zur Prüfung unter Zuziehung eines Vertreters des Auswärtigen Amts zu überweisen. Der Antrag, die Bestimmungen über das internationale Privatrecht ohne besondere Ueberschrift in den ersten Abschnitt hinter den Art. 5 einzustellen, wurde einstimmig angenommen. — Der Ausschuß beschloß endlich, auch im Titel des Einführungsgesetzes die Worte „für das Deutsche Reich" zu streichen. — Hiemit war die erste Lesung des Entwurfs beendigt, die zweite soll, wie ich schon telegraphisch zu berichten mir erlaubte, Montag, den 20. d. Mts. stattfinden. Die Abänderungsanträge Braunschweigs waren im Ausschusse nicht vertreten worden. 2 c. Bericht von Heller vom 18. 1. 1896 über die Beratungen im Justizausschuß Sowohl die Zusammenstellungen der von dem Justizausschusse des Bundesraths in den Sitzungen vom 14., 15., 16. d. Mts. zu dem Entwürfe des Einführungsgesetzes gefaßten Beschlüsse als die Zusammenstellung der Beschlüsse der Reichskommissarien bezüglich der Fassung der vom Ausschusse beschlossenen Aenderungen des Entwurfs habe ich vorzulegen mir erlaubt. Die Ergebnisse der Ausschußberathung sind hierdurch zur Kenntniß des K. Staatsministeriums gekommen. Was den Verlauf der Berathung betrifft, so habe ich bisher nur über die Sitzung vom 16. d. Mts. und im übrigen nur soweit berichtet, als Anträge oder Bemerkungen Bayerns Gegenstand der Berathung waren. Hiernach liegt mir noch ob, die Berichterstattung über die Sitzungen des Ausschusses vom 14. und 15. d. Mts. zu vervollständigen. In der Sitzung vom 14. d. Mts. machte der Vorsitzende, Staatssekretär Nieberding, zunächst die in der Zusammenstellung der Beschlüsse des Justizausschusses vom 14. d. Mts. unter Nr. 1 bezeichnete Mitteilung. Er bemerkte dazu : In der Sitzung des Justizausschusses vom 11. d. Mts. habe er die von Bayerischer Seite gestellte Frage, ob beabsichtigt sei, dem Entwürfe des Einführungsgesetzes eine Denkschrift beizufügen, verneint. Bei nochmaliger Erwägung der Sache sei er indes zu der Überzeugung gekommen, daß es doch ratsam sei, dem Reichstage wenigstens zum dritten Abschnitte des Gesetzentwurfs einiges Auslegungsmaterial zu geben. Dabei bestehe vielleicht die Möglichkeit, auch aus der Beratung des Entwurfs im Justizausschusse einiges in die Materialien unterzubringen, namentlich in der Weise, daß die die Redaktionskommission für den Justizausschuß bildenden ständigen Mitglieder der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs bei der Fassung ihrer Redaktionsbeschlüsse sich auch über die eine oder andere der im Ausschusse als der Erklärung bedürftig bezeichneten Fragen in ihrem Sitzungsprotokolle äußern und das Protokoll den Materialien hinzugefügt wird. Zur allgemeinen Besprechung des Entwurfs ergriff niemand das Wort. Zu dem auf den Artikel 1 bezüglichen Antrage bemerkte der Vorsitzende, auch die Einführungsgesetze zum Gerichtsverfassungsgesetze, zur Zivilprozeßordnung und zur Konkursordnung müßten voraussichtlich an mehreren Stellen geändert werden. Man habe es aber nicht für notwendig befunden auch diese Gesetze im Artikel 1 ausdrücklich zu nennen, sondern angenommen, daß die Erwähnung des Hauptgesetzes die des Einführungsgesetzes mitumfasse. Die Bestimmung würde außerdem auch eine zu schleppende Fassung erhalten. Der Artikel 1 wurde in der Fassung des Antrags ohne Widerspruch angenommen. 917
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Zu den Artikeln 2 bis 5 ergriff niemand das Wort; der Ausschuß stimmte ihnen ohne Aenderung zu. Der Antrag zu Artikel 5 a f f . wurde bis zur Berathung der Bestimmungen über das internationale Privatrecht zurückgestellt. In welcher Weise er hiebei erledigt wurde, habe ich am 17. d. Mts. berichtet. — Der Artikel 6 fand ohne Diskussion unverändert Annahme. — Dem zum Artikel 7 von Hessen gestellten Antrag auf Streichung trat der Kommissar Professor Dr. Gebhard entgegen im wesentlichen aus den Gründen, die in der 444. Sitzung der Kommission für die Beibehaltung der Bestimmung geltend gemacht worden waren 4 , übrigens zugebend, daß auch der Antrag auf Streichung manches für sich habe. Der Antrag wurde von keinem der anderen Ausschußmitglieder unterstützt; der Artikel 7 wurde gegen die Stimme Hessens angenommen. — Über die Berathung des Artikels 8 und über ihr Ergebniß habe ich am 17. d. Mts. das Erforderliche berichtet, ebenso über die Artikel 9, 14, 20. — Die Artikel 10 bis 13 wurden ohne Widerspruch unverändert angenommen. Bei dem Artikel 15 warf der Vertreter Württembergs die Frage auf, nach welchem Rechte — ob nach dem deutschen oder nach dem ausländischen — zu entscheiden sei, bezüglich welcher minderjährigen Kinder einem Naturalisirten kraft elterlicher Gewalt die gesetzliche Vertretung zustehe. Im Einklänge mit der Darlegung des Kommissars Börner war der Ausschuß einstimmig der Meinung, daß für die Beantwortung dieser Frage das Recht maßgebend sei, dem der Naturalisirte vor der Naturalisation in familienrechtlicher Beziehung unterstand. Bei dem Artikel 16 machte ich darauf aufmerksam, daß nach dem Artikel 24 des Entwurfs erster Lesung auch der § 9 des Gesetzes vom 7. Juni 1871 geändert werden sollte und daß nach Seite 9176 der Protokolle auch die Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs die Aenderung des § 9 beschlossen hat; ich ersuchte um Aufklärung darüber, warum der § 9 nun im Entwürfe steht. Die Kommissarien waren nicht in der Lage, befriedigende Auskunft sofort zu geben; der Vorsitzende der Kommission Küntzel sprach die Vermuthung aus, daß der § 9 auf Vorschlag der Redaktionskommission gestrichen worden sei. In der Sitzung vom 15. d. Mts. theilte jedoch der Kommissar Professor Dr. Gebhard mit, daß der § 9 des Gesetzes vom 7. Juni 1871 nur in Folge eines Versehens im Artikel 16 fehle. Demgemäß wurde beschlossen, ihn in der von der Kommission beschlossenen Fassung in den Artikel 16 wieder einzustellen. Die Artikel 17 bis 19, 21 bis 30 wurden ohne Diskussion unverändert angenommen. Uber die Berathung des Bayerischen Antrags (Art. 20 a) auf Ergänzung des Gesetzes vom 10. Juli 1879 über die Konsulargerichtsbarkeit habe ich am 17. d. Mts. schon berichtet. In welcher Weise die von Bayern hinsichtlich der Bedeutung der Artikel 31, 32 ausgesprochenen Voraussetzung vom Ausschusse gebilligt wurde, glaube ich schon in meinem Berichte vom 14. d. Mts. angedeutet zu haben. Die darauf bezügliche Feststellung findet sich unter Nr. 6 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Ausschusses vom 14. d. Mts. Dem Artikel 31 stimmte der Ausschuß ohne Aenderung zu; hinsichtlich des Artikels 32 habe ich meinem Berichte vom 14. d. Mts. folgendes hinzuzufügen: Der Ministerialrat Leoni sprach im Auftrage des Statthalters von Elsaß-Lothringen den Wunsch aus, daß, nachdem das Sonderrecht des hohen Adels in Folge der Auflösung des Deutschen Bundes die in der Bundesakte enthaltene Gewährleistung verloren hat, nunmehr eine reichsrechtliche Grundlage dafür geschaffen und demgemäß der landesrechtliche Vorbehalt des Artikels 32 durch eine 4
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Vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 664 (hier Art. 10).
Beratungen im Bundesrat
positive reichsrechtliche Bestimmung ersetzt werde. Ein Bedürfniß hierfür bestehe um so mehr, als die Güter vieler Familien des hohen Adels in verschiedenen Bundesstaaten zerstreut sind, als ferner nur eine vom Reichsrechte errichtete Schranke gegen eine Aufhebung oder Schmälerung der Sonderrechte durch die Landesgesetzgebung schützen könne. Einen bestimmten Antrag stellte Leoni nicht. Der Ausschuß nahm die Erklärung zur Kenntniß; das Wort dazu ergriff niemand. Bei dem Artikel 33 zog Baden seine Anträge zurück. Der Antrag Bayerns, zu dessen Begründung ich auf die Bestimmung in § 43 Nr. 2 des Edikts über die Familienfideikommisse vom 26. Mai 1818 Bezug nahm, erledigte sich, wie ich schon berichtet zu haben glaube, durch die in Nr. 10 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Ausschusses vom 14. d. Mts. enthaltene Feststellung. Hessen hielt in erster Reihe seinen Zusatzantrag wegen der landwirtschaftlichen Erbgüter aufrecht, erklärte indes, sich eventuell damit begnügen zu wollen, daß als Ansicht des Ausschusses festgestellt würde, die Erbgüter fielen entweder unter die Fideikommisse oder unter die Anerbengüter. Preußen erhob Bedenken gegen beide Anträge. Eine Konstatierung der bezeichneten Alternative sei an sich nicht wohl möglich, weil damit die Frage im Grunde doch nicht beantwortet sei, durch welche Bestimmung die Erbgüter getroffen seien. Bei dem äußerst geringen Umfange, in dem sowohl in Hessen als in Bayern von der Errichtung landwirthschaftlicher Erbgüter Gebrauch gemacht wurde, bestehe aber auch kein Bedürfniß nach einem Vorbehalte. Ich glaubte mich dem hessischen Antrage eventuell in der Richtung anschließen zu sollen, daß er ausdrücklich auf das Bayerische und auf das Hessische Gesetz über die landwirtschaftlichen Erbgüter abgestellt würde. Der Antrag fand jedoch in keiner Form Unterstützung von anderer Seite und wurde gegen die Stimmen Bayerns und Hessens abgelehnt. Die Artikel 34, 35 wurden unverändert angenommen, der Artikel 36 mit dem Antrage Preußens, betreffend das Gesetz über die Beförderung deutscher Ansiedlungen vom 26. April 1886. — Den Antrag Mecklenburgs in seiner ersten Richtung bezeichnete Jacubezky als auf einem Mißverständniß beruhend, in seiner zweiten Richtung als eine die Bedeutung des § 1002 verdunkelnde und darum nicht rathsame Aenderung. Mecklenburg begnügte sich mit der unter Nr. 12 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Ausschusses vom 14. d. Mts. enthaltenen Feststellung, die der Ausschuß für unbedenklich erachtete. — Den Antrag auf Einstellung eines neuen Artikels 3 7 a zog Mecklenburg unter dem Vorbehalte der Einbringung eines verbesserten Antrags zurück. Dieser Antrag ist im weiteren Verlaufe der Berathung eingebracht worden; ich habe darüber am 17. d. Mts. berichtet. Bei der bevorstehenden zweiten Lesung wird der Antrag voraussichtlich in der Form eingebracht werden, die die Reichskommissarien in der Anordnung zu Nr. 35 der Zusammenstellung ihrer Beschlüsse5 vorschlagen. Die zu den Artikeln 38, 40 von Meiningen ausgesprochenen Voraussetzungen wurden allseitig als zutreffend anerkannt. Beide Artikel, ferner der Artikel 39 wurden unverändert angenommen. — Der Antrag Mecklenburgs auf Einstellung eines neuen Artikels 39a wurde von mehreren Seiten bekämpft. Der Vorbehalt sei viel zu allgemein; es würden ζ. B., was doch nicht beabsichtigt sein könne, auch die Wegeservituten darunter fallen. Das Wegerecht in dem von dem Antrage damit verbundenen Sinne sei in der Hauptsache öffentliches Recht. Soweit aber privatrechtliche Verpflichtungen etwa schon bestehen, sei ja ohnehin zweifellos, daß sie durch die
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Vgl. unten S. 952 (unter Nr. 35).
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht berührt werden. Dafür aber, daß die Verhältnisse auch in Zukunft auf privatrechtlichem Wege geregelt werden können, bestehe kein Bedürfniß; man möge das Erforderliche für die Zukunft auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts vorkehren. Der Antrag wurde einstimmig abgelehnt. — Die Artikel 41, 42 wurden ohne Diskussion angenommen. — Der Antrag Sachsen-Coburg-Gothas zum Artikel 43 wurde von keiner Seite unterstützt und einstimmig abgelehnt; der Artikel 43 wurde unverändert angenommen. Auch die Anträge Mecklenburgs zum Artikel 44 wurden abgelehnt. Der Ministerialrath Jacubezky hatte die „eingemietheten" Früchte als unter die „eingeernteten" Früchte im Sinne des § 820 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs fallend, die Nr. 4 a des Antrags als schon durch die Nr. 4 des Entwurfs gedeckt, der Antrag Nr. II als allenfalls annehmbar, die übrigen Anträge aber als unannehmbar bezeichnet. Der Artikel 44 blieb hiernach unverändert. — Der Antrag Sachsen-Coburg-Gothas zum Artikel 45, auf dessen Annahme der an der Berathung theilnehmende Staatminister Strenge großen Werth legte, erledigte sich mit Zustimmung des Antragstellers durch die in Nr. 8 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Ausschusses vom 14. d. Mts. enthaltene Feststellung. Der Kommissar Struckmann hatte den Antrag hauptsächlich deshalb bekämpft, weil er sich nach seiner Fassung auch auf dingliche Rechte beziehen würde. Auch der Artikel 45 wurde hiernach unverändert angenommen. Der auf die Artikel 43 bis 45 bezügliche Antrag von Reuß ä. L. war durch die Beschlußfassung über diese Artikel erledigt. — Den Artikeln 46 bis 49 ertheilte der Ausschuß einhellig die Zustimmung. Der Antrag Sachsen-Coburg-Gothas auf Einstellung eines neuen Artikels 49a wurde auf Vorschlag des Vorsitzenden, der mittheilte, daß der Entwurf eines Reichsgesetzes über die Sicherung der Inhaber von Pfandbriefen und ähnlichen Werthpapieren im Reichs-Justizamte schon ausgearbeitet sei, durch die in Nr. 9 der Zusammenstellung der Beschlüsse des Ausschusses vom 14. d. Mts. enthaltene Feststellung erledigt; der Staatsminister Strenge erklärte sich dadurch befriedigt. — Die Artikel 50, 51, 52 wurden ohne Widerspruch angenommen. Bei der Besprechung der in der Zusammenstellung der Anträge der Bundesregierung unter Artikel 52 a mitgetheilten Bemerkung Württembergs zum § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze wurde die Auffassung Württembergs einstimmig als zutreffend anerkannt; Mecklenburg zog mit Rücksicht hierauf seinen Antrag zurück. — Der Artikel 53 wurde mit dem Antrage Preußens und mit dem Antrage Mecklenburgs, in dem es übrigens heißen soll, „aus dem Amts- oder Dienstverhältnisse", einstimmig angenommen. — Dem Artikel 54 gab der Ausschuß ohne Aenderung die Zustimmung, auch der Artikel 55 wurde unverändert angenommen, nachdem Baden den von den Kommissarien als völlig überflüssig bezeichneten Antrag zurückgenommen hatte. — Der Artikel 56 wurde mit der von Württemberg beantragten Fassungsänderung, für die sich namentlich der Ministerialrath Dr. Dittmar im Interesse der Fernhaltung von Zweifeln aussprach, angenommen, der Artikel 57 unverändert. — Den Antrag auf Einstellung eines neuen Artikels 57a zog Sachsen-Coburg-Gotha zurück zu Gunsten des Preußischen Antrags zum Artikel 86. — Ohne Widerspruch wurden unverändert angenommen die Artikel 58, 59, 60. Bei dem Artikel 61 wurde die von Preußen, Bayern und Hessen beantragte Streichung des Absatzes 2 einstimmig beschlossen, wodurch der Antrag Mecklenburgs erledigt war, und der Antrag Hamburgs, den der Präsident Sieveking dringendst zur Annahme empfahl, gleichfalls einstimmig angenommen. Der Kommissar Professor Dr. Gebhard hatte um deswillen Bedenken erhoben, weil das Bürgerliche Gesetzbuch auf dem Standpunkt der Rechtsgleichheit für Inländer und Ausländer 920
Beratungen im Bundesrat
stehe. — Die Artikel 62 bis 67 blieben unverändert; über die Erledigung des Artikels 68 habe ich schon am 17. d. Mts. berichtet. 2 d. Bericht von Heller vom 19. 1.1896 Bei dem Beginne der Sitzung des Ausschusses für Justizwesen am 15. d. Mts. kam der Vorsitzende der Kommission für die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf den in der vorigen Sitzung vom Ausschusse angenommenen Artikel 21 des Entwurfs des Einführungsgesetzes zurück. Er gab anheim, diesen Artikel aus dem Entwürfe auszuscheiden, weil voraussichtlich auch einige andere Bestimmungen des Gesetzes vom 21. Juli 1879, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, würden geändert werden müssen; die Aenderung dieses Gesetzes könne man mit der Aenderung der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung verbinden. Der Ausschuß beschloß einstimmig in diesem Sinne und setzte sodann die Berathung des Entwurfs des Einführungsgesetzes fort. Der zum Artikel 69 von Bayern und Mecklenburg gestellte Antrag, die Anführung des S 610 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu streichen, wurde gegen die Stimme Bayerns abgelehnt. Gegen den Antrag, den ich im Sinne der Instruktion begründete, sprachen sich der Kommissar Dr. Planck und der Vorsitzende aus. Der § 610, der den schwächeren Theil schütze, gereiche dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu hoher Ehre; seine Streichung im Artikel 69 würde einen Sturm der Entrüstung hervorrufen. Im Reichstage würden sich alle Parteien beeilen, ihn wiederherzustellen. Auch der weitere Antrag Mecklenburgs fand keine Unterstützung im Ausschusse und wurde abgelehnt. Der Kommissar Küntzel führte aus, es bestehe keinerlei Bedürfniß für einen solchen Vorbehalt; das Landesrecht könne den Begriff „Gesinde" so weit greifen als es will, aber Personen, die es selbst nicht zum Gesinde rechnet, diesen gleichwohl rechtlich gleichzustellen, dafür bestehe kein Grund. Der Artikel 69 blieb hiernach unverändert. Auch der Artikel 70 wurde ohne Aenderung angenommen. Den von Mecklenburg dazu bestellten Antrag erachtete der Ausschuß unter Zustimmung des Mecklenburgischen Vertreters als erledigt durch die in der Sitzung des Ausschusses vom 11. d. Mts. erzielte Verständigung über den Begriff „Anerbenrecht" (Art. 108 des Entwurfs). Der Vorsitzende bemerkte hierzu, daß auch die Kommission beabsichtige, sich zu Protokoll über den Begriff, den der Entwurf mit dem Ausdrucke „Anerbenrecht" verbindet, auszusprechen, und daß dieses Protokoll den Materialien zum Entwurf werde beigefügt werden. — Den Artikeln 71 bis 77 stimmte der Ausschuß ohne Widerspruch zu. Uber die Erledigung der Artikel 78 bis 85 und des Bayerischen Antrags auf Einstellung eines neuen Artikels 83a habe ich schon am 17. d. Mts. berichtet. Die zum Artikel 86 gestellten Anträge veranlaßten eine längere Diskussion. Der Antrag Preußens wurde sachlich nicht beanstandet, doch hielt man es für zweckmäßiger, sich im Text des Artikels mit dem Ausdruck „Zusammenlegung von Grundstücken" zu begnügen und das zur näheren Bestimmung des damit verbundenen Begriffs Erforderliche in die Materialien zum Entwurf zu verweisen. Für den Fall, daß beschlossen worden wäre, nach dem Antrage Preußens (und Badens) die Erläuterung in den Gesetzestext aufzunehmen, hatte ich beantragt, auch den der Bayerischen Gesetzessprache eigenthümlichen Ausdruck „Flurbereinigung" hinzuzufügen; das nämliche hatte Hessen beantragt bezüglich des dort üblichen Ausdrucks „Feldbereinigung". Der Antrag Badens, soweit er hierdurch nicht schon erledigt war, fand sachlich gleichfalls Zustimmung; doch wurde auch hierbei beschlossen, den Inhalt in 921
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
die in den Materialien zu gebende Erklärung zu verlegen. Daß der Ausdruck „Zusammenlegung" sich nicht bloß auf landwirthschaftliche Grundstücke beziehe, soll außerdem dadurch angedeutet werden, daß die Worte „Zusammenlegung von Grundstücken" vorangestellt werden. Den von Sachsen-Coburg-Gotha als Artikel 5 7 a gestellten, dort zu Gunsten des Antrags Preußens zum Artikel 86 zurückgezogenen Antrage und dem damit übereinstimmenden Theile des Antrags Preußen beschloß man stattzugeben; die Stellung der danach in den Artikel einzufügenden Worte wurde den Reichskommissarien überlassen. Schließlich wurde als einstimmige Ansicht des Ausschusses festgestellt, daß der Ausdruck „Gemeinheitstheilung" auch die „Gemeindegrundtheilung" im Sinne der Bayerischen Gemeindeordnungen vom 29. April 1869 umfaßt; auch das soll in den Materialien klargestellt werden. Mit diesen Abänderungen und Vorbehalten wurde der Artikel 86 einstimmig angenommen. — Zu den Artikeln 87—89 ergriff niemand das Wort; sie wurden ohne Aenderung angenommen. Der Antrag Mecklenburgs auf Einstellung eines neuen Artikels 89 a wurde, nachdem Preußen und Bayern die Zustimmung erklärt hatten, mit Stimmenmehrheit angenommen. — Den Antrag Mecklenburgs zum Artikel 90 zog der Ministerialrath Langfeld zu Gunsten des Antrags Preußens zum Artikel 92 zurück; der Artikel 90 wurde sodann einstimmig angenommen. Dies geschah ferner bezüglich des Artikels 91. Die zum Artikel 92 vorliegenden Anträge Preußens, Mecklenburgs und Lippes führten zu langen Erörterungen. Dem Antrage Preußens trat zunächst Hessen entgegen, hauptsächlich aus politischen Gründen. Die Bestimmung würde im Reichstage eine Agrardebatte größten Ausmaßes hervorrufen, die die Parteien gegeneinander verstimmen und dadurch das Zustandekommen des nationalen Werkes gefährden würde. Auch Baden erklärte sich gegen den Antrag insoweit, als dadurch die Heimstättengesetzgebung der reichsrechtlichen Regelung entzogen werden würde. Ernstliche Bedenken hat Baden ferner gegen die Zulässigkeit des unbedingten Verbots der Veräußerung eines Grundstücks überhaupt; höchst zweifelhaft sei ihm der sozialpolitische Werth der Aufstellung einer Verschuldungsgrenze. Der Vertreter des Preußischen Landwirthschaftsministeriums, Geheimer Oberregierungsrath Hermes, gab die Berechtigung eines Theils der geäußerten Bedenken zu und änderte den Preußischen Antrag, soweit er die Veräußerung eines Grundstücks im ganzen betrifft, dahin ab, daß diese landesrechtlich „beschränkt" werden könne. Den die Beleihungsgrenze betreffenden Theil des Antrags hielt er dagegen aufrecht. Ich sprach mich für die Annahme dieses modifizirten Antrags aus mit dem Beifügen, daß ich nach meiner Instruktion dem Antrage auch in seiner ursprünglichen Fassung hätte zustimmen können. Auch Sachsen erhob keine Bedenken gegen die weiter gehende Fassung des Preußischen Antrags; Württemberg erklärte sich für die einschränkende Fassung. Was den Antrag Mecklenburgs betrifft, so war man darüber einig, daß die Frage, ob aus Gründen des öffentlichen Rechts die wirthschaftliche Vereinigung von Grundstücken landesrechtlich untersagt werden könne, im Einführungsgesetze nicht zu beantworten sei. Im übrigen war man geneigt, dem Antrage entgegenzukommen, soweit es nothwendig ist, um diejenigen landesrechtlichen Bestimmungen vorzubehalten, deren Zweck es insbesondere ist, landwirthschaftliche Einheiten als selbständige wirthschaftliche Nahrungsstellen zu erhalten. In diesem Sinne wurde der Antrag einstimmig angenommen; die Fassung blieb den Kommissarien überlassen. Der Preußische beschränkte Antrag wurde als Zusatz zum Artikel 92 ebenfalls einstimmig angenommen. Der Eventualantrag Lippes galt als hierdurch erledigt, der primäre Antrag blieb bis zur Berathung des Artikels 108 vorbehalten. 922
Beratungen im Bundesrat
Den Artikeln 93, 94 ertheilte der Ausschuß ohne Diskussion die Zustimmung. — Der Artikel 95 wurde mit dem Antrage Württembergs angenommen. Preußen hatte sich gegen diesen Antrag erklärt wegen des Mangels eines Bedürfnisses; in den Obstgegenden Preußens halte man die Bestimmung des § 895 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für genügend. — Der Artikel 96 erhielt durch einstimmigen Beschluß den von Preußen beantragten Zusatz. — Die Artikel 97 bis 99 wurden ohne Aenderung angenommen, der Artikel 100 mit der von Oldenburg beantragten Einschaltung der Worte „gerichtlich oder" hinter dem Worte „Grundstück", der Artikel 101 unverändert. Zur Berathung kam hierauf der Antrag Bayerns auf Einstellung eines neuen Artikels 101a. Württemberg sprach sich gegen den Antrag aus; die Bestimmung sei nicht unbedenklich, sie gehe zu weit. Übrigens handele es sich um eine dem öffentlichen Rechte angehörende Bestimmung. Im Sinne dieser Auffassung äußerten sich auch die Kommissarien Gebhard und Küntzel. Ich hielt den Antrag aufrecht und führte aus, daß es zweifelhaft sei, ob die Bestimmung dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Rechte angehört und daß der Vorbehalt deshalb nothwendig sei. Der Vorsitzende bemerkte, die Aufnahme der Bestimmung in den Entwurf sei vom eigenen Standpunkte Bayerns aus nicht rathsam. Die Bestimmung würde im Reichstage, namentlich von den Sozialdemokraten, ohne Zweifel angegriffen und voraussichtlich abgelehnt werden. Die Lage sei für Bayern dann schlimmer, als wenn die Sache im Einführungsgesetze übergangen wird. Es werde der Bayerischen Regierung nicht schwerfallen, die Bestimmung nöthigen Falls so auszugestalten, daß sie als unzweifelhaft dem öffentlichen Rechte angehörend angesehen werden muß. Der Antrag wurde gegen die Stimme Bayerns abgelehnt; dagegen beschloß der Ausschuß, in den Materialien der Ansicht Ausdruck zu geben, daß die Bestimmung dem öffentlichen Rechte angehört. Der Artikel 102 wurde unverändert angenommen, der Artikel 103 unter dem Vorbehalte, daß der Schluß anders gefaßt werde, weil der von der Kommission für den § 14 der Konkursordnung in Aussicht genommene Absatz 2 vom Ausschusse noch nicht beschlossen ist und auch vorläufig noch nicht beschlossen werden kann. — Dem Artikel 104 ertheilte der Ausschuß ohne Diskussion die Zustimmung. — Über das Ergebnis der Berathung des Antrags Bayerns wegen eines die landesrechtliche Ausschließung der einen oder anderen Form der Belastung von Grundstücken ermöglichenden Vorbehalts habe ich schon berichtet, ebenso über die Erledigung der Artikel 104 bis 107. — Die sämmtlichen zum Artikel 108 vorliegenden Anträge wurden als durch die in der Sitzung des Ausschusses vom 11. d. Mts. getroffene Feststellung erledigt erachtet. Der Artikel selbst wurde hiernach ohne Aenderung angenommen. — Auch die Artikel 109 bis 115 nahm der Ausschuß ohne Aenderung an, den Artikel 116 mit dem Antrage Preußens, die Artikel 117 bis 119 unverändert, den Artikel 120 mit dem Antrage Mecklenburgs, die Artikel 121, 122 ohne Aenderung. Der Antrag Preußens, zum Artikel 123 hat die besonderen Verhältnisse einiger Nordseeinseln im Auge. Der Gemeindevorsteher ist dort nicht immer eine Persönlichkeit, welche die zur Errichtung eines Testaments erforderliche Befähigung besitzt; es pflegt dort in Nothfällen der Pfarrer angegangen zu werden. Der Antrag wurde nur wegen seiner allzu allgemeinen Fassung beanstandet und in dem Sinne angenommen, daß die in Frage kommende Person landesgesetzlich im voraus allgemein dazu ermächtigt sein müsse, Nothtestamente zu errichten. — Die Artikel 124 bis 137 nahm der Ausschuß unverändert an. — Dem Antrage Preußens auf Einstellung eines die bestehenden landschaftlichen (ritterschaftlichen) Kreditinstitute betreffenden neuen Artikels 137a wurde von keiner Seite widersprochen; der Ausschuß 923
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch nahm ihn an vorbehaltlich der Prüfung — zunächst durch die Kommissarien, ob die Fassung allgemein genug sei, um auch die Reglements pp. dieser Anstalten zu umfassen. — Den Artikeln 138 bis 161 ertheilte der Ausschuß ohne Diskussion die Zustimmung. Der Antrag Mecklenburgs zum Artikel 162 wurde im Hinblick auf die beschlossene Einstellung des neuen Artikels 89a angenommen, die Artikel 163, 164 blieben unverändert; in Artikel 165 wurde der von Mecklenburg gerügte Druckfehler und auf Anregung des Ministerialraths Jacubezky das Fassungsversehen verbessert, das nach dem Worte „Gläubiger" die Worte „einer gleich- oder nachstehenden Hypothek dieser Art" ausgeblieben sind. Die Fassung wurde übrigens auch sonst als der Verbesserung bedürftig bezeichnet. — Der Artikel 166 wurde unverändert angenommen. Dem von Mecklenburg beantragten Artikel 166a stimmte der Ausschuß zu unter Vorbehalt der Prüfung der Frage, zunächst durch die Reichskommissare, ob die Bestimmung nicht durch eine Aenderung des Artikels 164 entbehrlich gemacht werden könne. — Den Artikel 167 nahm der Ausschuß ohne Aenderung an; die Berathung des dazu vorliegenden Antrags Mecklenburgs wurde der Berathung über den Entwurf der Grundbuchordnung vorbehalten. — Die Artikel 168, 169 gaben zu keiner Bemerkung Anlaß, sie wurden einstimmig angenommen. Der zum Artikel 170 vorliegende Antrag Lippes wurde als auf einem Mißverständnisse beruhend als erledigt erachtet. Mit Bezug auf den Antrag Elsaß-Lothringens wurde als einstimmige Ansicht des Ausschusses festgestellt, daß schon nach dem Artikel 186 die Landesgesetzgebung berechtigt ist, Vorschriften über die Vermögensabsonderung zu treffen, die im Falle der Errichtung eines Ehevertrags einzutreten hat. Der Ministerialrath Leoni erklärte sich für hierdurch befriedigt und zog den Antrag in beiden Richtungen zurück. Die Artikel 171 bis 173 wurden unverändert angenommen, ohne daß dazu das Wort ergriffen worden war. Bei dem Artikel 174, den der Ausschuß gleichfalls unverändert annahm, wurde auf Anregung Württembergs das Einverständniß darüber festgestellt, daß in Abs. 2 unter der „Anordnung der zuständigen Behörde" auch die Entscheidung eines Gerichts verstanden ist. — Die Artikel 175 bis 177 wurden ohne Diskussion unverändert angenommen, der Artikel 178 mit dem Antrage Elsaß-Lothringens, der Artikel 179 ohne Aenderung. — Zu welchem Ergebnisse die Berathung des Antrags Bayerns auf Einstellung eines neuen Artikels 179a und des Antrags Preußens auf Einstellung eines neuen Artikels 180a führte, habe ich schon berichtet. Darüber, ob es im Artikel 180 einer ausdrücklichen Bestimmung im Sinne des Antrags von Elsaß-Lothringen bedürfe, waren die Meinungen der Kommissare getheilt. Man beschloß deshalb, ihnen die nähere Prüfung der Frage zu überweisen, den Artikel 180 aber vorläufig unverändert anzunehmen. — Gegen den von Baden zum Artikel 181 in erster Reihe gestellten Antrag wurde von mehreren Seiten Bedenken erhoben, im wesentlichen aus den Gründen, die auch die beiden Kommissionen zur Ablehnung einer solchen Vorschrift bestimmt hatten. Der in zweiter Linie gestellte Antrag dagegen wurde angenommen, nachdem der Badische Gesandte die Dauer der dort bezeichneten Ubergangsfrist auf sechs Monate eingeschränkt hatte. — Die Artikel 182, 183, 184 nahm der Ausschuß ohne Diskussion einstimmig in der Fassung des Entwurfs an. 3. Bericht von Schicker über die Sitzungen des Justizausschusses vom 14. —16.1. 1896 Am 14. Januar begannen die Berathungen des VI. Ausschusses in oben bezeichnetem Betreff unter dem Vorsitz des Staatssekretärs Nieberding. Außer den Ausschuß924
Beratungen im Bundesrat
mitgliedern nahmen Theil die Redaktoren und Referenten der Kommission für das B.G.B, sowie deren Vorsitzender, der Referent des Reichs-Justizamts, ein Kommissar des Preuß. landw. Ministeriums, der Koburg-Gothaische Staatminister Strenge (dieser nur theilweise) und der Elsaß-Lothringische Ministerial-Rath Leoni. — Der Vorsitzende erklärte zunächst, von der Absicht, dem Einführungsgesetz keine Denkschrift beizugeben, abgekommen zu sein, bat aber mit Anträgen in Bezug auf dieselbe sparsam zu sein. Auch solle davon ausgegangen werden, daß Beschlüssen über Bemerkungen in der Denkschrift nur nach Thunlichkeit zu entsprechen sei. Ich gelangte erst im Laufe der Sitzung in den Besitz der Instruktionen vom 13. d. Mts. Mangels derselben glaubte ich Veranlassung zu haben, zu Art. 1 anzufragen, ob es nothwendig und räthlich erscheine, im Art. 1 das Inkrafttreten von dem Schicksal der Novellen zu den im Preuß. Antrage bezeichneten 6 Gesetzen abhängig zu erklären. Die Absicht, erst nach dem Zustandekommen derselben das B.G.B, in Kraft treten zu lassen, kann man auch sonst erklären und verwirklichen. Ministerialrath Dittmar entgegnete, manche Bestimmungen des B.G.B, seien ohne diese weiteren Gesetze unausführbar, und der Vorsitzende bemerkte, dieser Satz des Abs. 1 solle einen Druck auf den Reichstag ausüben, damit dieser nicht unannehmbare Forderungen bei den genannten 6 Gesetzen mache. Obwohl von der Richtigkeit dieses Gedankens nicht überzeugt, hielt ich mich doch zur Stellung eines Antrags für nicht legitimirt. Eine Anfrage des Ministerialraths Dittmar, ob nicht auch die Einführungsgesetze zu den Prozeßgesetzen aufzuführen seien, wurde vom Vorsitzenden deshalb verneint, weil es selbstverständlich sei, daß auch die Einführungsgesetze dazu gehören. — Die Art. 1 — 5 fanden keinen Widerspruch. — Die nach Art. 5 aufzunehmenden Bestimmungen über das internationale Privatrecht wurden zunächst ausgesetzt, weil der K. Sächsische Bevollmächtigte noch Anträge dazu einbringen will. — Art. 6 blieb unbeanstandet. Der Hessische Antrag auf Streichung des Art. 7fand keine Unterstützung. — Da der Sächsische Bevollmächtigte Geheimer Rath Dr. Rüger am 1. und einem Theile des 2. Tages nicht theilnehmen konnte, wurde auf Wunsch des Grafen Hohenthal die Berathung der in das Referat des Dr. Rüger fallenden Artikel aufgeschoben. Es blieben also zunächst ausgesetzt Art. 8 u. 9, 14 u. 20. Die Art. 10, 11, 12, 13 blieben unbeanstandet. — Zu Art. 16 fragte Ministerialrath v. Heller an, warum der § 9 des Gesetzes vom 7. Juni 1871 weggelassen sei. Es wurde ihm versichert, daß dies nicht aus Versehen, sondern deshalb geschehen sei, weil es sich von selbst verstehe. — Zu Art. 15 ZA verlangte ich eine Feststellung, ob bei den Naturalisationen nicht das bisherige ausländische Recht für die Frage entscheidend sein solle, auf wen sich die Vertretung kraft elterlicher Gewalt erstrecke, und wie dies beurtheilt werden solle, wenn das betr. ausländische Recht diese Rechtsbegriffe nicht habe. Es wurde entgegnet, allerdings werde das ausländische Recht maßgebend sein müssen, wenn dieses den bezeichneten Rechtsbegriff nicht habe, dann müsse man eben nach der Analogie entscheiden. Meinem Verlangen, eine diesbezügliche Bemerkung in die Denkschrift aufzunehmen, wurde entgegengehalten, daß die Denkschrift zu den Art. 6, 28 nichts enthalten solle. Art. 17, 18, 19 wurden angenommen. Art. 20und der Bayerische Antrag Art. 20a wurden ausgesetzt. — Art. 21 war nicht beanstandet. — In Art. 22 wurde das falsche Allegai berichtigt. Die Art. 23 — 30 wurden nicht beanstandet. Zu den Art. 31 — 33 sprach Ministerialrath v. Heller die in der anliegenden Zusammenstellung S. 3 notirte Voraussetzung der Bayerischen Regierung aus. Wenn z. B. eine Hausverfassung bestimme, daß subsidiär das gemeine Recht anzuwenden sei, so solle letzteres nicht durch das B.G.B, ersetzt werden. Ministerialrath Gebhard 925
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bestätigte diese Annahme, Geheimrath Planck schränkte dies aber dahin ein, daß es darauf ankomme, was in dem betreffenden Familienstatut gemeint sei. Ministerialrath v. Heller war damit einverstanden und begnügte sich mit der Feststellung zum Sitzungsprotokoll. Zu Art. 32 wurde zunächst die von Oldenburg ausgesprochene Voraussetzung (S. 3, 4) als zutreffend erklärt. Anlangend den Sächsischen Antrag, so hielt Ministerialrath v. Heller denselben für zu eng. Er beantragte, die Worte „durch Beschlüsse des vormaligen Deutschen Bundes" zu streichen. Denn diesen Bundesbeschlüssen ständen die Dekrete der Landesherrn gleich, durch welche einzelne Familien den seit 1806 Mediatisirten gleichgestellt worden seien, was in Bayern zutreffe bezüglich der Grafen Pappenheim, Giech, Rechberg-Rothenlöwen, Fugger-Kirchberg-Weißenhorn, Quandt-Wyckradt-Kuy, Pückler-Limburg und Törring. Das Recht einer solchen Gleichstellung komme den Landesherrn auch jetzt noch zu. — Der Vorsitzende erwiderte: Soweit es sich darum handele, den Besitzstand einzelner Familien des hohen Adels zu erhalten, sei er mit dem Bayerischen Antrag einverstanden, aber die Befugniß der Landesherrn, weitere Familien in dieser Weise zu privilegiren, könne er nicht anerkennen. — Ich erklärte, dem Antrag, bei dem auch Württembergischer Adel betheiligt sei, insoweit beizutreten, als es sich um die Erhaltung der diesen Familien zustehenden Privatrechte handele, alle weiteren Fragen gehörten dem öffentlichen Recht an und seien hier nicht zu entscheiden. Der Badische Bevollmächtigte erklärte: Keine Regierung beanspruche das Recht, einen neuen hohen Adel zu schaffen, sondern es komme nur vor, daß deklarirt werde, einzelne Familien stünden nach den von Alters vorliegenden Verhältnissen dem hohen Adel gleich. Die Regierungen können nur einen neuen landsässigen Adel schaffen. Geheimrath Gebhard legte dar: Bezüglich verschiedener Familien, so ζ. B. des Grafen.. . [?] sei von dem Deutschen Bunde anerkannt worden, daß sie dem hohen Adel gleichstehen. Dies treffe auch bezüglich des Hauses Schönburg zu. Gegen den Bayerischen Antrag aber bestünden große Bedenken. Der Art. 31 habe nur solchen hohen Adel im Auge, der nicht mehr neu geschaffen werden könne. — Ministerialrath Dittmar unterbreitete folgenden Antrag: „In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter der Häuser, die ehemals reichsständisch gewesen und seit 1806 mittelbar geworden oder die hinsichtlich ihrer Familienverhältnisse und ihrer Güter durch Beschlüsse des vormaligen Deutschen Bundes oder vor dem Inkrafttreten des B.G.B, landesgesetzlich diesen Häusern gleichberechtigt erklärt worden sind, sowie des ehemaligen Reichsadels pp." Der Vorsitzende schlug vor, nur materiell abzustimmen, die Formulirung aber vorzubehalten. Es wurde sodann der weitestgehende Antrag Bayerns abgelehnt; der Bayerische Antrag mit Beschränkung auf die Familienverhältnisse und Güter der vor dem Inkrafttreten des B.G.B, zum hohen Adel gehörenden Familien angenommen. Dadurch war der Sächsische Antrag gedeckt. — Die Nr. 7 der anliegenden Zusammenstellung der Beschlüsse stellt des Näheren die Auffassung fest, von welcher der Ausschuß ausgeht. Demnächst kam der Württembergische Antrag zu Art. 32 zur Verhandlung. Ich vertrat denselben instruktionsgemäß mit Entschiedenheit und betonte, daß es ein nobile officium des Reichs als des Nachfolgers in die Gesetzgebungsgewalt des Staats Württemberg sei, die an den landsässigen Adel vor 50 Jahren verliehene Autonomie in vollem Umfang zu wahren. Vorsorglich hatte ich den in der Anlage als Art. 185a enthaltenen Eventualantrag, dessen Formulirung vom Reichs-Justizamt herrührt, eingebracht. Nach der Ansicht einiger Kommissionsmitglieder soll derselbe in Hin926
Beratungen im Bundesrat
blick auf Art. 186 das Gleiche besagen, wie der primäre Antrag. Andere und darunter das Reichs-Justizamt deduziren aus dem Unterschied der Fassung, daß nach dem Eventualantrag nicht nur keine landesgesetzlichen Vorschriften geschaffen werden können, welche neue Privilegien schaffen, sondern auch keine neuen Hausverfassungen gemacht werden können. N u r zeitgemäße Revision der bereits bestehenden Gesetze und Hausverfassungen sei zulässig, was thatsächlich wenig Unterschied machen würde. — Zur Diskussion und Abstimmung sollte allerdings zunächst nur der primäre Antrag stehen. — D e r Badische Bevollmächtigte erklärte aber, daß seine Regierung sowohl gegen den primären, als den eventuellen Antrag sei. Alles Nöthige sei durch Art. 33 gedeckt. — Professor D r . von Mandry befürwortete den primären Antrag, weil der eventuelle ungenügend sei, da er das Entstehen neuer Hausverfassungen hindere. Bei der Abstimmung erhielt der primäre Antrag nur die Stimmen von Bayern und Württemberg. D e r Eventualantrag bleibt vorbehalten. Ich bemerke schon jetzt, daß die Diskussion des Eventualantrags später dieser Angelegenheit eine andere Wendung gab. Ministerialrath Leoni erklärte N a m e n s des Statthalters von Elsaß-Lothringen: Nicht die Vorschriften der Landesgesetze, sondern das gemeine Recht hätten in Art. 32 aufrechterhalten werden müssen. D e r hohe Adel leide unter der Verschiedenheit der Landesrechte. Dies solle der wohlwollenden Erwägung anheimgestellt, ein Antrag aber nicht gestellt werden. — D a aber ein Antrag nicht gestellt war, konnte dies zu keinem Ziele führen. D i e Anträge Badens zu Art. 33 wurden nach der ablehnenden Haltung des Ausschusses in der letzten Sitzung nicht weiter verfolgt. — Bezüglich des Antrags Hessens zu Art. 33 wurde konstatirt, daß nur in Bayern und Hessen gleichartige Gesetze über landwirthschaftliche Erbgüter aus den fünfziger Jahren bestehen und daß dieselben nur sehr selten praktisch geworden seien. Ministerialrath Dittmar bestand aber auf den Anträgen, weil diese Gesetze doch noch praktische Geltung erlangen könnten. Er wurde darin von dem Bayerischen Bevollmächtigten unterstützt. — V o n verschiedenen Seiten wurde aber auf die Unbestimmtheit des sonst nirgends bekannten Begriffs der landwirthschaftlichen Erbgüter hingewiesen. Dies mache auch die eventuell gewünschte Konstatirung in der Denkschrift unthunlich. Man könnte nur die beiden Gesetze von Bayern und Hessen aufrechterhalten. Aber auch dies könne nicht zugemuthet werden, ohne daß man diese Gesetze genau kenne. D e r Vorsitzende lehnte die Unterstützung von Vorbehalten für Landesgesetze ab, welche bisher nicht praktisch geworden seien. Die auch von mir geltend gemachte Ansicht, daß die Vorbehalte zu Gunsten der Familienfideikommisse und des Anerbenrechts den agrarischen Bedürfnissen genügen, hatte die Oberhand. Die hessischen Anträge wurden abgelehnt. D i e Bayerische Anregung S . 4 auf Art. 33 wurde damit als erledigt betrachtet, daß der Vorbehalt nach seiner Fassung dem Bayerischen Wunsch genüge. Dabei blieb zwischen dem Bayerischen und den Badischen Bevollmächtigten Meinungsverschiedenheit, ob solche Schuldverschreibungen z u m Fideikommiß gehören, oder nur zu Gunsten desselben bestehen. Die Art. 34—36 blieben ungeändert. — D i e Anträge Mecklenburgs zu Art. 37 fanden dadurch ihre Erledigung, daß die Bestimmung des § 1002 des B.G.B, nicht auf die Entstehung der dort bezeichneten Rechte (landesherrliche Verleihung) Anwendung finde. D e r von Mecklenburg beantragte Art. 37a wurde von mir als Referenten instruktionsmäßig beanstandet, da es zu weit gehe, durch die Einstellung eines Vorbehalts in diesen Abschnitt auch noch die N e u b e g r ü n d u n g solcher eigenthümlicher bäuerlicher 927
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Nutzungsrechte, wie der sog. schlichten Leihe durch neue Gesetze zu ermöglichen. Darauf erklärte Ministerialrath Langfeld die Zurückziehung des Antrags unter dem Vorbehalt, einen anderen Antrag, welcher nur das Bestehende erhalte, zum nächsten Abschnitt einzubringen. Der Antrag Mecklenburgs Art. 39a wurde von mir instruktionsgemäß beanstandet. Auch von anderer Seite wurde das Bedürfniß verneint. Soweit noch privatrechtliche Verpflichtungen zu Leistungen für Wege vorkommen, werden dieselben nicht berührt. Neue solche zu begründen, sei nicht veranlaßt. — Der Antrag fand keine Unterstützung. Die zu Art. 40 von Sachsen-Meinigen ausgesprochene Voraussetzung wurde als zweifellos zutreffend anerkannt. — Art. 41 und 42 wurden nicht beanstandet. Der Antrag von Reuß ä. L. auf Streichung der Art. 43—4i wurde als durch die Beschlüsse zu § 820 des B.G.B, erledigt erklärt. — Der Antrag von Sachsen-Koburg-Gotha, welcher auf S. 6 der Zusammenstellung nachgetragen ist, wurde von mir als Referenten beanstandet und fand keine Unterstützung. Der Antrag von Sachsen-Koburg-Gotha zu Art. 45 wurde von dem Staatsminister Strenge unter Darlegung der speziellen Verhältnisse des Domaniums in Koburg mit der Besorgniß begründet, daß man das Recht auf neue Revenuen aus den Grundstükken als Nutzungsrecht gelten lassen würde. Ich bestritt, daß letzteres nach der sonstigen Ausdrucksweise möglich sei. Auch von den Kommissionsmitgliedern wurde dies bestätigt. — Staatsminister Strenge begnügte sich mit einer Konstatirung zum Protokoll. Die Anträge Mecklenburgs zu Art. 44 wurden sämmtlich abgelehnt. Bei der Berathung wurde festgestellt, daß das Wort „eingemiethet" in dem Antrag I I a durch das Wort „geerntet" gedeckt ist, sofern das Verbrachtsein an die endgültige Lagerstätte damit gemeint ist. Die Art. 43—45 wurden unverändert angenommen. — Der Antrag von SachsenKoburg-Gotha auf Einschaltung eines Art. 49a wurde von Staatsminister Strenge dringend empfohlen, weil sonst die Gültigkeit des Koburg-Gothaischen Gesetzes über die Sicherung der Inhaber von Pfandbriefen in Frage gestellt werde, und er beharrte dabei anfangs trotz der Hinweisung darauf, daß der Entwurf eines Reichsgesetzes über den gleichen Gegenstand bereits fertig sei und mit dem B.G.B, gleichzeitig in Kraft gesetzt werden solle. Er meinte, es müsse eben doch mit der Möglichkeit des Scheiterns des Entwurfs gerechnet werden. Ich wies darauf hin, daß man doch unmöglich schon jetzt diesen Fall durch eine ausdrückliche Bestimmung im Einführungsgesetz gleichsam als wahrscheinlich hinstellen könne. Schließlich beruhigte sich Staatsminister Strenge mit dem zu Protokoll zu nehmenden Versprechen, daß dann, wenn das bezeichnete Reichsgesetz nicht mit dem B.G.B, in Kraft treten könne, rechtzeitig für Aufrechterhaltung der bezüglichen Landesgesetze gesorgt werde (Zusammenstellung Nr. 9). Art. 50—52 wurden nicht beanstandet. — Zu Art. 52 a wurde die von Württemberg gewünschte protokollarische Bestätigung seiner Auffassung über die Zulässigkeit der Erlassung eines Gesetzes auf Grund des § 11 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz beschlossen (s. Nr. 14 des 1. Protokolls). Geheim- und Justizrath Küntzel legte übrigens noch näher dar, daß die gegentheilige Ansicht irrig und auch in der neueren Literatur aufgegeben sei. — Im Hinblick hierauf verfolgte auch der Mecklenburgische Vertreter seinen Antrag nicht weiter. Dem Antrag Preußens zu Art. 53 wurde von den Vertretern von Bayern und Hessen entgegengehalten, daß er deshalb überflüssig sei, weil die öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen zu Kirchen- und Schulbauten gar nicht in Frage kommen, die 928
Beratungen im Bundesrat bestehenden privatrechtlichen nicht aufgehoben werden und ein Bedürfniß nach Bestellung neuer diesbezüglicher Verpflichtungen privatrechtlicher Natur nicht bestehe. — Geheimer Oberjustizrath Kiintzel vertrat aber den Preußischen Antrag mit dem Wunsche, daß die betreffenden Verpflichtungen nicht zum Theil dem neuen, zum Theil dem alten Recht unterstellt werden. Auf meine Bemerkung, daß auch die Bauten an Pfarrhäusern, Meßner- und Lehrerhäusern gedeckt sein müssen, wurde allseitig anerkannt, daß die Fassung „Kirchen- und Schulbaulast" auch die Baulast an diesen Häusern umfasse. — Dem Antrag Mecklenburgs wurde durch Annahme der Fassung „aus dem Amts- oder Dienstverhältnisse" stattgegeben. Art. 54 wurde nicht beanstandet. — Dem Antrag Bayerns zu Art. 55 wurde allseitig entgegengehalten, daß schon durch die Bestimmung des § 71 Abs. 3 des B.G.B., durch die Denkschrift, sowie die Protokolle der Kommission außer Zweifel gestellt sei, was Baden noch feststellen wolle. — Der auf S. 10 der Zusammenstellung nachgetragene Antrag von Reuß ä. L.6 wurde im Hinblick auf die Beschlüsse zum B.G.B, als erledigt betrachtet. — Zu Art. 56 vertrat ich den Württembergischen Antrag auf Streichung des Wortes „besondere". Obwohl Geheimer Oberjustizrath Küntzel dagegen eintrat, wurde die Streichung beschlossen. — Art. 57 wurde nicht beanstandet. — Der Antrag von Sachsen-Koburg-Gotha auf einen Art. 57 a wurde von mir als überflüssig beanstandet, weil Art. 86 auch dessen Inhalt decke. Der Antrag wurde zurückgezogen. — Die Art. 58, 59, 60 wurden nicht beanstandet. Zu Art. 61 zog Mecklenburg seinen Antrag zurück. — Gegen die Anträge von Preußen, Bayern und Hessen auf Streichung des Abs. 2 des Art. 61 erklärten sich Graf Hohenthal und ich, während die Vertreter von Preußen und Bayern betonten, daß sie auf die Streichung großen Werth legen müßten, da sonst die Wirkung der Amortisationsgesetze durch Bildung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung und dergleichen umgangen werden könnte, und da auch für die gewerblichen Gesellschaften die völlig gleiche Behandlung ohne Rücksicht auf ihren Sitz insolange nicht thunlich sei, als die Organisation der verschiedenen Bankinstitute nicht reichsgesetzlich geregelt sei. Letzteres mache auch eine vom Vertreter Hessens angeregte Bestimmung unmöglich, daß die juristischen Personen, welche einem andern Bundesstaat angehören, nicht ungünstiger behandelt werden dürften. — Die Streichung des Abs. 2 wurde mit Mehrheit beschlossen. Dem Antrag Hamburgs zu Art. 61 wurde von Geheimrath Gebhard opponirt und die Beschränkung des Grundeigenthumserwerbs durch Ausländer als eine veraltete Maßregel bezeichnet. Darauf erwiderte ich ihm, daß allerdings Deutschland sich bemühe, durch Staatsverträge den Deutschen den Grunderwerb im Ausland zu ermöglichen, daß aber dieses Ziel durch Landesgesetze, welche vorbehaltlich der Verträge solche Beschränkungen anordnen, nur gefördert werde, weil man dann eine Gegenleistung gewähren könne, und daß man in Amerika mit dem Grunderwerb durch Engländer sehr schlechte Erfahrungen gemacht habe, und in Deutschland solche noch machen könne. — Der Vorsitzende trat dem Antrag bei, der Vertreter von Hessen regte eine Aenderung der Fassung an. Diese wurde der Redaktionskommission zur Erwägung verstellt; der Antrag aber angenommen. Die Art. 62—67 blieben unverändert. — Der Art. 68 wurde zurückgestellt. — Der Antrag Bayerns zu Art. 69 fand keine Unterstützung, ebensowenig der Antrag Mecklenburgs. — Ich stellte sodann die Anfrage, welches das Ergebniß der der Kommission aufgetragenen Erwägungen darüber sei, wie gegen die Doppelbelastung der zur Versicherung ihrer Arbeiter gezwungenen Arbeitgeber und Dienstherrn einerseits 6
Vgl. oben S. 896.
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durch die Versicherungsbeiträge, andererseits durch die Haftung aus § 610 Vorsorge zu treffen sei. Ministerialrath v. Jacubezky erklärte, die Kommission sei dazu gelangt, eine solche Vorsorge sei nicht veranlaßt. Der Arbeitgeber versichere eigentlich gar nicht die Arbeiter, sondern sich selbst. Ich wies nach, daß diese Ansicht eine unrichtige sei, und daß nur für diejenigen Arbeitgeber, welche unter § 95 Unfallversicherungsgesetz von 1884 und die analogen Bestimmungen der anderen Unfallversicherungsgesetze fallen, eine solche Doppelbelastung nicht eintrete. Indessen verfolgte ich die Sache nicht weiter, da die Instruktion hierüber nichts enthält und der richtige Ausweg in der Ausdehnung und Ergänzung der Versicherungsgesetze liegen dürfte. Fortsetzung am 15. Januar. Vor der Fortsetzung bei Art. 70 erklärten die Kommissionsmitglieder, daß sie sich von der Unrichtigkeit ihrer in der ersten Sitzung bei Art. 16 abgegebenen Versicherung in Betreff des § 9 des Haftpflichtgesetzes überzeugt hätten, dieser § 9 sei wirklich aus Versehen weggeblieben. Es wurde beschlossen, den fraglichen § 9 einzusetzen (Nr. 1 des 2. Protokolls). Zu Art. 21 beantragte der Vorstand der Kommission die Ausscheidung desselben und Verweisung in die Novelle zur Konkursordnung, weil noch weitere Aenderungen des Gesetzes vom 21. Juli 1879 nothwendig seien, und es mißlich wäre, die Aenderungen in verschiedenen Gesetzen zu zerstreuen. Dem Antrag wurde stattgegeben. Der Antrag Mecklenburgs zu Art. 70 wurde im Hinblick auf die Erörterung in der Ausschußsitzung vom 11. Januar (s. Bericht) über die Bedeutung des Vorbehalts in Betreff des Anerbenrechts zurückgezogen. — Die Art. 71—77 wurden nicht beanstandet. Die Art. 78 — 80 ausgesetzt. — Zu Art. 86 erklärte ich instruktionsgemäß den Preußischen Antrag als zwar sachlich unbedenklich, aber unnöthig. — Geheimrath Hermes erwiderte, daß in einzelnen Rechtsgebieten die vorgeschlagenen erläuternden Ausdrücke termini technici seien. Die Worte „mit Einschluß pp." aber seien deshalb nothwendig, weil solche „gemeinschaftliche Angelegenheiten" als Folgen eines Auseinandersetzungsverfahrens sich noch nach langer Zeit ergeben könnten und ein besonderes preußisches Gesetz sich damit befasse. Dr. Dittmar vertrat den Antrag Hessens, Ministerialrath von Heller verlangte, daß man, wenn einmal verschiedene andere technische Ausdrücke erläuternd in einer Klammer angeführt werden, dies auch mit dem in Bayern üblichen Ausdruck „Flurbereinigung" geschehe. — Ich schlug vor, alle Erläuterungen in die Denkschrift zu verweisen. Der Vorsitzende anerkannte das Verlangen Hessens und Bayerns als begründet, wenn man nicht die Klammer ganz weglasse und die Erläuterungen in die Denkschrift aufnehme. — Der badische Bevollmächtigte vertrat sodann den badischen Antrag, wogegen der Vorsitzende die Bedeutung des Art. 86 als eines ausschließlich agrarischen behauptete und bestritt, daß ein Bedürfniß bestehe, für die Zwecke der Bauordnungen einen Vorbehalt zu machen. Das Preußische Gesetz über die Baufluchten bedürfe keines solchen Vorbehalts. Der Vertreter Badens legte aber für Baden das Bedürfniß dar, übrigens erinnerte er nichts dagegen, wenn man in dem die Enteignung betreffenden Artikel eine entsprechende Erweiterung vornehme. — Professor Dr. von Mandry theilte mit, daß seinerzeit das Württembergische Staatsministerium gleichfalls einen Vorbehalt wegen der Württembergischen Bauordnung angeregt habe. Man sei aber davon ausgegangen, daß es sich dabei um öffentliches, nicht erst zu wahrendes Recht handle. Übrigens könne man dadurch helfen, daß man im Art. 86 die Zusammenlegung der Grundstücke voranstelle, und dann mit „ferner" fortfahre. — Diese Aende930
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rung wurde beschlossen. — Ministerialrath v. Heller machte sodann geltend, daß der Ausdruck „Gemeinheitstheilung" nicht den Fall der Bayerischen Gemeindeordnung decke, wenn Grundeigenthum der Gemeinde vertheilt werde. Nach einer Spezialbestimmung gehe das Eigenthum an dem Vertheilten mit der Genehmigung der Vertheilung an die Bürger über. Dies solle gewahrt werden. Auf den Vorschlag des Vorsitzenden wurde beschlossen, in der Denkschrift klarzustellen, daß auch die Vertheilung von Grundeigenthum der Gemeinde unter den Begriff der Gemeinheitstheilung falle (s. näher Nr. 3 des 2. Protokolls). Die Art. 87—89 blieben unverändert. — Dem Mecklenburgischen Antrag Art. 89a opponine ich instruktionsgemäß. Da aber der Vorsitzende sich dafür erklärte, weil durch diesen Antrag allgemeine Interessen nicht berührt würden, fand der Antrag die Mehrheit. — Der Mecklenburgische Antrag zu Art. 90 wurde als durch den Preußischen zu Art. 92 gedeckt erklärt, letzterer Artikel aber zurückgestellt. Die Art. 93 und 94 blieben unverändert. — Zu Art. 95 vertrat ich den Württembergischen Antrag mit Energie. Ich kritisirte zunächst die Bemerkungen in den Protokollen der Kommission und erklärte es für unerfindlich, warum man zu Gunsten der Waldbäume Vorbehalte machen wolle, nicht aber zu Gunsten der Obstbäume, und wie man sich nicht scheue, einen so ungemessenen Vorbehalt wie den in Art. 96 aufzunehmen, dagegen den kein anderes Land belästigenden Vorbehalt des Art. 95 zu beanstanden. Auch wies ich die Unrichtigkeit der Behauptung der Kommission nach, daß die Anwendung des § 895 im Einzelfall den gleichen genügenden Schutz gewähre. Der Vorsitzende bekämpfte den Antrag, da in Preußen ein Bedürfniß nach einer solchen Bestimmung nicht empfunden werde, obwohl in großen Theilen der Monarchie der Obstbau ebenso wichtig sei als in Württemberg. — Die Vertreter von Sachsen, Bayern und Hessen stimmten dem Antrag aus Bundesfreundlichkeit zu. Der Vertreter von Baden erklärte dagegen stimmen zu müssen, er müsse aber anerkennen, daß das Württembergische Gesetz über das landwirthschaftliche Nachbarrecht ein so ausgezeichnetes sei, daß wohl noch die Möglichkeit bestehe, daß andere Staaten es auch in diesem Punkte nachahmen möchten. — Der Württembergische Antrag erhielt die Mehrheit, was sonderbarer Weise den Vorsitzenden ärgerlich stimmte. Den Antrag Preußens zu Art. 96, welcher damit motivirt wurde, daß die Enteignung in Preußen nur aus Gründen des öffentlichen Wohles zulässig sei, wurde angenommen. Die Art. 97—99 wurden nicht beanstandet. Der Antrag Oldenburgs zu Art. 100 wurde von mir als Referenten empfohlen und fand Annahme. Art. 101 wurde nicht beanstandet. — Gegen den Antrag Bayerns Art. 101a machte ich unter Erinnerung an die Diskussion dieses Gegenstandes bei der Berathung des B.G.B, geltend, daß Bayern das gewünschte Ergebniß durch neue dem öffentlichen Recht angehörende Bestimmungen erreichen könne. Die Kommissionsmitglieder Gebhard und Küntzel machten die schon bei den Kommissionsverhandlungen vorgebrachten Bedenken gegen eine privatrechtliche Vorschrift im Sinne des Bayerischen Wunsches geltend. — Der Vorsitzende pflichtete der von mir geltend gemachten Anschauung bei und äußerte das Bedenken, daß die beantragte Einschaltung zu Beschlüssen führen könnte, welche das Fortbestehen der in Bayern geltenden Bestimmung gefährden. Ministerialrath v. Heller begnügte sich sodann mit der in Nr. 8 des 2. Protokolles bezeichneten Klarstellung in den Materialien und zog den Antrag zurück. — Art. 102 wurde nicht beanstandet. Zu Art. 103 machte ich darauf aufmerksam, daß das Allegat „§ 14 Abs. 2 der Konkursordnung" nicht bestehen bleiben könne, weil dieser § 14 einen Abs. 2 erst in 931
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der Novelle zur Konkursordnung erhalten solle. (Vergi. Anm. zu § 737 des B.G.B.). Man war darüber einig, daß dieses Allegat durch Angabe des Inhalts der fraglichen Bestimmung zu ersetzen sei. — Der Art. 104 wurde nicht beanstandet. Die Anträge zu Art. 104 a und die Art. 105 —107 wurden ausgesetzt. Die sämmtlichen Anträge zu Art. 108 in Betreff des Anerbenrechts und der damit zusammenhängenden Institute wurden als durch die Erörterungen in der Sitzung vom 11. Januar 7 erledigt betrachtet und beschlossen, die Tragweite des Art. 108 hiernach in den Materialien zu erläutern. — Die Art. 109—115 blieben unbeanstandet, der Württembergische Antrag Art. 112 a wurde ausgesetzt. Der Preuß. Antrag zu Art. 116, durch welchen auch die Anträge von Mecklenburg und Oldenburg gedeckt werden, wurde ohne Widerspruch als Konsequenz der Beschlüsse zu §§ 910 und 1000 des B.G.B, angenommen. — Die Art. 117—119 wurden nicht beanstandet. — Der Antrag Mecklenburgs zu Art. 120 wurde ohne Widerspruch angenommen. Art. 121 und 122 wurden nicht beanstandet. Gegen den Preuß. Antrag zu Art. 123 wurde von Ministerialrath Dr. Dittmar und mir eingewendet, daß er doch zu allgemein gehalten sei. Der Antrag wurde damit motivirt, daß sich auf den Inseln in der Nordsee häufig kein Beamter finde, der ein Nothtestament aufnehmen könne; bisher hätten die Geistlichen ausgeholfen. Es sei nicht beabsichtigt, jede beliebige Person zur Aufnahme zu ermächtigen, sondern nur auch andere Personen als Beamte dafür aufzustellen. Dies wurde nicht beanstandet. Die Formulirung wurde den Kommissaren aufgetragen. — Die Art. 124—129 wurden nicht beanstandet. In Art. 130 wurde in Zeile 1 statt „des" gesetzt „der". Die Art. 131 — 137 wurden nicht beanstandet. — Den Preußischen Antrag zu Art. 137a erläuterte Geheimrath Hermes durch Angabe der verschiedenen zu wahrenden Bestimmungen. Graf Hohenthal bemerkte, daß es auch in Sachsen derartige Einrichtungen gebe, sie hießen aber Kreditvereine. Man beschloß statt „Kreditinstitute" zu setzen „Kreditanstalten". Die Art. 138 — 164 wurden ohne Widerspruch angenommen. In Art. 165 wurde das fehlende Wort „zusteht" eingesetzt. Abgesehen hiervon aber war mir der Artikel so unverständlich erschienen, daß ich mehrere Kommissare, auch den Vorsitzenden der Kommission um eine Erläuterung gebeten hatte, ohne eine solche erhalten zu können. Ja, Geheimer Oberjustizrath Küntzel verneinte sogar meine Frage, ob unter „dem Gläubiger" ein nachstehender gemeint sei. Ich brachte deshalb die Sache im Ausschuß zur Sprache und nun stellte sich heraus, daß wirklich nach „dem Gläubiger" die Worte „einer nachstehenden Hypothek" aus Versehen weggeblieben sind. Es wurde beschlossen, die Fassung zu berichtigen und deren Verbesserung den Kommissaren anheimzustellen. Demnächst gelangten die Anträge Preußens, Mecklenburgs und Lippes zu Art. 92 zur Verhandlung. Geheimer Oberjustizrath Küntzel motivine den Antrag Preußens damit, daß man noch nicht übersehen könne, wohin auf dem Gebiet der Agrarpolitik das Bedürfniß führe, daß man aber freie Hand behalten wolle. Der Mecklenburgische Bevollmächtigte machte das Bedürfniß geltend, daß der Aufsaugung des Klein7
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Unter Nr. IV der Ausschußbeschlüsse vom 11. 11. 1896 heißt es: „Der Reindruck der Denkschrift darf beginnen, wenn bis nächsten Montag dem Reichs-Justizamt keine Bedenken bekannt gegeben sind. — Gelegentlich dieses Beschlusses wurde Einverständniß darüber konstatirt, daß Art. 108 des Entwurfs des Einführungsgesetzes unter dem Anerbenrechte das Anerbenrecht im weitesten Sinne des Wortes begreift, also einschließlich des Rechtes der Abfindung der miterbenden Geschwister durch Leibzucht oder Zufluchtsrecht und die Interimswirthschaft, soweit sie nicht das Familienrecht betrifft. Das Recht des aufheirathenden Ehegatten als besonderes Güterrecht soll nicht darunter fallen."
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besitzes durch den Großbesitz entgegengewirkt und ein Stand ansässiger Landarbeiter erhalten werde. — Ministerialrath Dr. Dittmar trat dem Preußischen Antrag entgegen, weil er nicht Vorbehalte für die Erhaltung bestehender Institute, sondern für Projekte fordere, über die man sich noch nicht klar sei. Das B.G.B, würde durch die Aufrüttelung solcher Projekte gefährdet und wenn es zu Stande gekommen sein würde, und dieser Art. 92 bliebe bestehen, so würden daraus für die Regierungen unliebsame Anforderungen entstehen. — Der Badische Bevollmächtigte führte aus: Soweit der Preußische Antrag die Theilung beschränken wolle, könne seine Regierung zustimmen. Soweit er die Güterschlächterei unterbinden wolle, gehe er jedenfalls darin zu weit, daß er die Befugniß zur völligen Untersagung der Veräußerung fordere. Die Begründung des Heimstättenrechts solle man dem Reich überlassen. Daß durch Ziehung einer Verschuldungsgrenze den Landwirthen aufgeholfen werden könne, sei äußerst zweifelhaft. — Geheimrath Hermes erklärte: Die Preuß. Regierung habe noch kein bestimmtes Agrarprogramm im Auge, wolle aber Vorsorge treffen. Die wirthschaftliche Verschiedenheit in den einzelnen Theilen des Reichs sei zu groß, als daß das Reich die Zuständigkeit übernehmen könnte. Der Antrag könnte allerdings insofern beschränkt werden, als die gänzliche Untersagung der Veräußerung gestrichen würde, aber Veräußerungsbeschränkungen bestünden bereits. Für eine Verschuldungsgrenze bestehe kein Bedürfniß. Von besonderem Gewicht sei die Regelung der Absonderung der Erben. Ferner komme in Frage die Beschränkung der Belastung des Grundbesitzes auf Amortisations-Hypotheken. — Geheimer Rath Dr. Rüger erklärte: Sachsen beanstande die Preußische Forderung nicht. Hinsichtlich des Mecklenburgischen Antrags führt er eine Erklärung des Mecklenburgischen Bevollmächtigten herbei, daß er unter Zusammenlegung nur die grundbuchmäßige Vereinigung mehrerer Grundstücke zu Einem verstanden wissen wolle. — Ich erklärte, daß die Württembergische Regierung allerdings die nach dem Preußischen Antrag möglichen Beschränkungen der Verkehrsfreiheit zu weitgehend finde. Wenn aber die Befugniß zur gänzlichen Untersagung der Veräußerung fallen gelassen werde, dann werde dies Bedenken abgeschwächt. Man dürfe jedenfalls gerade auf diesem Gebiet der Agrarpolitik, wo Reformen dringend und in der Diskussion bereits vorgearbeitet seien, die Vorbehalte der Landesgesetzgebung nicht auf die Erhaltung bereits bestehender Einrichtungen beschränken, zumal diese Reformen nur durch die Landesgesetze vorgenommen werden könnten, wie die Erfahrung in Preußen zeige, wo man für einzelne Provinzen Gesetze erlassen habe. — Der Vorsitzende bemerkte, daß die grundbuchmäßige Vereinigung mehrerer Grundstücke zu Einem in das Grundbuch gehöre. — Geheimrath Hermes schlug im Laufe einer langen Diskussion vor, dem Art. 92 des Entwurfs beizufügen: „oder die Veräußerung eines Grundstücks im Ganzen beschränken oder welche die Belastung eines Grundstücks über eine bestimmte Werthgrenze hinaus verbieten." — Dieser Antrag wurde schließlich angenommen. Der Mecklenburgische Antrag erhielt die in Nr. 1 des 2. Prot. II. Theil bezeichnete Fassung. Beschränkungen öffentlich-rechtlicher Natur soll dadurch nicht vorgegriffen werden. — Dem Mecklenburgischen Antrag zu Art. 166a wurde von einem Theil der Kommissare entgegengehalten, daß er schon durch die Fassung des Entwurfs gedeckt sei. Andererseits wurde das bezweifelt. Bei dieser Sachlage wurde der Antrag angenommen, den Kommissaren aber aufgetragen, ob nicht durch eine Aenderung des Art. 164 der Art. 166 a entbehrlich werde. Der Antrag Mecklenburgs zu Art. 167 wurde zur Berathung der Grundbuchordnung verwiesen. — Bei Art. 168 fanden meine instruktionsmäßigen Bemängelungen der Fassung keinen Beifall. — Art. 169 wurde nicht beanstandet. 933
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Der Antrag Lippes zu Art. 170 wurde als gegenstandslos erachtet. Der Antrag 1 von Elsaß-Lothringen wurde nach kurzer Diskussion zurückgezogen, also auch der eventuelle Antrag unter der Voraussetzung, daß die Materialien die Befugniß der Landesgesetzgebung feststellen, das bestehende Recht entsprechend zu revidiren. — Art. 171 —173 wurden nicht beanstandet. — Zu Art. 174 wurde auf meine Anregung als zweifellos festgestellt, daß auch die Anordnung durch gerichtliches Erkenntniß eine Anordnung der zuständigen Behörde im Sinne des Entwurfs sei. — Die Art. 175—177 wurden nicht beanstandet. — Der Antrag Elsaß-Lothringens zu Art. 178 wurde angenommen. — Art. 179 wurde nicht beanstandet. Der Antrag Bayerns Art. 179a und der Antrag Preußens Art. 18Öa wurden zusammen diskutirt. Der Referent befürwortete den ersteren Antrag, indem er ihn dahin deklarirte, daß die Wirkung der vor dem B.G.B, erlassenen Bestimmungen eine nach dem Inkrafttreten des letzteren fortdauernde sein solle, aber nur innerhalb des betreffenden Staatsgebiets. Ministerialrath v. Heller bemerkte, daß dem praktischen Bedürfniß in Bayern auch der Preußische Antrag genügen würde, da aber auch andere Staaten interessirt sein könnten, so empfehle sich die Annahme des Preußischen Antrags unter Ersetzung der Worte „auf Creditinstitute" durch „gewisse Werthpapiere". — Ministerialrath Dr. Dittmar erklärte: Ohne eine solche Bestimmung müßten alle Vorschriften über die Geldanlagen vom Bundesrath revidirt werden. Bei den Anlagen der kleineren Staaten würden sich dann wohl manche Anstände ergeben und die Verweigerung der Zulassung derselben würde auf die betreffenden Institute eine unheilvolle Wirkung üben. — Geheimrath Hermes erklärte : Ohne die beantragte Bestimmung würde für etwa 3 Milliarden Anlagen ein vacuum entstehen. Die Preußische Regierung lasse keine Anlagen bei Hypothekenbanken zu. Das werde bei der Neuregelung durch den Bundesrath leicht Schwierigkeiten ergeben. — Ich erklärte instruktionsgemäß, gegen beide Anträge zu stimmen, die mit dem ursprünglichen Gedanken des § 1785 Nr. 5 in Widerspruch stünden. — Geheimer Oberjustizrath Küntzel präzisirte noch den Unterschied der beiden Anträge: Der Bayerische wolle die landesrechtliche Bestimmung an Stelle einer Entschließung des Bundesraths treten lassen, ermögliche aber auch dem Bundesrath die Zurückziehung der Zulassung; der Preußische Antrag erhalte die bisher getroffenen Bestimmungen unabhängig von dem Bundesrath auf unbestimmte Dauer in Kraft, allerdings auch nur für das Landesgebiet, und ermögliche nur eine zeitgemäße Revision, nicht aber die Zulassung weiterer Arten von Papieren. — Die Mittheilung, daß Preußen wohl die Anlagen bei Hypothekenbanken beanstanden würde, eröffnete eine solche Aussicht, daß die Mehrheit für den Preußischen Antrag mit der obenbezeichneten Ausdehnung auf „gewisse Werthpapiere" stimmte. Die Diskussion des Antrags von Elsaß-Lothringen zu Art. 180 ergab, daß die Kommissionsmitglieder nicht einig waren über den Sinn des Artikels. Denselben wurde daher eine Verdeutlichung anheimgestellt. — Von den 3 Anträgen Badens zu Art. 181 wurden der 1. und 3. vom Referenten sowohl als von anderen Seiten beanstandet, der Badische Bevollmächtigte stellte deshalb den 2. Antrag in erste Linie. Auch dieser blieb zwar nicht ohne den Einwand der Überflüssigkeit, er fand aber Annahme, nachdem in demselben die Frist von 1 Jahr auf 6 Monate reduzirt worden war. Die Art. 182— 184 wurden nicht beanstandet. Fortsetzung am 16. Januar Geheimrath Struckmann begründete den Preuß. Antrag Art. 184a, indem er im wesentlichen das vorbrachte, was in der Eingabe der Rheinischen Ritterschaft enthalten ist. Die in derselben bezeichnete Stiftung würde ohne den beantragten Vorbehalt 934
Beratungen im Bundesrat ihren Zwweck verfehlen. Die Kinder der betr. Familien würden den Pflichttheil und die Abfindung für denselben aus der Stiftung nebeneinander bekommen. Der Vorbehalt schließe übrigens die Erlassung anderer Bestimmungen, als solche aus, welche eine zeitgemäße Revision bilden. — Ich erklärte die Zustimmung erst, nachdem mir der Vorsitzende zugesagt hatte, für den Württ. Antrag Art. 185a zu stimmen. Die Vertreter von Bayern und Sachsen stimmten zu, derjenige von Baden dagegen. — Der Antrag wurde angenommen. Darauf wurde der Württ. Art. 185 a zur Diskussion gestellt. Ich reproduzirte die zu Art. 32 dargelegten Gründe für die Wahrung der Privilegien des bestehenden Württ. Adels und erklärte, daß nach meiner Auffassung der Artikel in dieser Fassung dem Landesrecht zwar nicht eine Erweiterung der Privilegien, wohl aber eine zeitgemäße Revision ermögliche, und daß er nicht nur den Bestand der erlassenen Hausverfassungen erhalte und deren Revision ermögliche, sondern auch denjenigen privilegierten Familien, welche bisher von ihrem Privileg keinen Gebrauch gemacht haben, die Errichtung von neuen Hausverfassungen gestatte. Eine Vermehrung der privilegirten Familien solle nicht als zulässig beansprucht werden. Es wäre auch eine Beschränkung, welche den bisher Privilegirten die Benutzung ihrer noch nicht benutzten Privilegien verwehre, als eine nicht begründete Schmälerung ihrer Rechte anzusehen, welche die Rechtsgleichheit mit ihren privilegirten Standesgenossen aufhöbe. — Der Vorsitzende erklärte, dem Württ. Antrag in seinem Ganzen von mir proponirten Umfang zuzustimmen. Nun kam aber die begreifliche Frage, warum bei dieser Auffassung und Formulirung des Vorbehalts derselbe nicht wie nach dem Württembergischen Antrag in Art. 32 angeschlossen werden solle, da doch für die Standesherren und die Reichsritterschaft auch nichts Weiteres verlangt werde; ja es wurde sogar bemerkt, daß die Bewegungsfreiheit der Landesrechte behufs Anpassung an das bestehende Recht durch Einstellung in Art. 33 besser gewahrt werde, während von anderer Seite angenommen wurde, daß bei Einstellung in den Art. 32 die Landesgesetzgebung die Privilegien erweitern könnte. — An der hieran sich anknüpfenden Diskussion betheiligte ich mich, um den Art. 185 a nicht zu gefährden, nur mit der Bemerkung, daß die Frage der Einstellung in Art. 32 oder 185a der Württembergischen Regierung gleichgültig sei, da sie an Erweiterung der Privilegien nicht denke. Der Bevollmächtigte von Baden widersprach sachlich den Württembergischen Anträgen. Die Mehrheit aber nahm den Antrag mit dem Vorbehalt an, daß die Kommission entscheiden solle, ob derselbe nicht an den Art. 32 anzureihen sei. — Art. 186 wurde nicht beanstandet. Man kehrte sodann zu den ausgesetzten Artikeln zurück. Zu Art. 8 Z i f f . 3 wurde auf Anfrage wegen des „Kurators" bemerkt, daß dieser wegen des Landesrechts noch erwähnt sei. — Die Art. 9,14, 20 wurden nicht beanstandet. Dem Antrag Bayerns Art. 20 a wegen des holographischen Testaments im Ausland wurde besonders die entschiedene Erklärung des auswärtigen Amts entgegengesetzt, daß ein Bedürfniß nach diesem Antrag nirgends hervorgetreten und die Nöthigung der Deutschen im Ausland, zum Konsulat zu kommen, ganz erwünscht sei; auch sei die Echtheit des holographischen Testaments im Ausland erst recht nicht zu kontrolliren. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Art. 79—83 wurden nicht beanstandet. — Zu Art. 83 a (Antrag Bayerns) bemerkte Ministerialrath v. Heller, daß man sich allerdings auf den Standpunkt stellen könne, daß das Grundbuchamt, wenn es nach dem Antrag verführe, eine einstweilige Verfügung treffe und daß dann die Vorschrift in das Einführungsgesetz zur Civilprozeßordnung gehöre. — Geheimrath Gebhard theilte mit, daß dies die Auffassung der Kommission sei, und nur deshalb in das Einführungsgesetz zum 935
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
B.G.B, nichts aufgenommen sei. Er behändigte mir auch den diesbezüglichen Antrag. Ministerialrath v. Heller und ich hatten deshalb keine Veranlassung, den Antrag an dieser Stelle weiter zu verfolgen. — Die Anträge auf Art. 104 a wurden als durch die Beschlüsse zum B.G.B, erledigt erklärt. — Art. 105 und 106 wurden nicht beanstandet. Dem Antrag von Elsaß-Lothringen zu Art. 107 wurde entgegengehalten, daß er mit den Grundsätzen des B.G.B., welches eine Bevormundung nicht entmündigter Volljähriger nicht kenne, nicht verträglich sei und im Reichstag bei der dermaligen Stimmung gegen den Irrenanstalts-Verwalter auf Widerstand stoßen würde. Der Antrag wurde abgelehnt. Der in der Zusammenstellung als Art. 112 a eingestellte Württembergische Antrag wegen der Beibringensinventare wurde von mir gerade, weil ich seine geringen Aussichten kannte, mit besonderer Energie und einer sehr herben Kritik der in der Kommission geltend gemachten Gegengründe vertreten. Gleichwohl fand er von keiner Stelle Unterstützung. Am meisten schadete ihm die Erklärung des Hessischen Bevollmächtigten, daß sich in Hessen bei der Errungenschaftsgemeinschaft das Bedürfniß nach einem solchen offiziellen Eintreten der Behörde nicht gezeigt habe. — Der Art. 68 fand keine Beanstandung. Der dazu eingegangene neue Antrag Sachsens wurde damit motivirt, daß auch zwei Bankinstituten Sachsens ähnliche Lösungsansprüche eingeräumt seien. Ich erwiderte, daß eine solche Singularität die Ausdehnung des Vorbehalts nicht rechtfertige. Diese Ansicht wurde allseitig getheilt und der Antrag abgelehnt. Nun kam der anliegende neue Antrag Mecklenburgs wegen der besonderen bäuerlichen Nutzungsrechte zur Verhandlung. Die darauf bezüglichen, für Württemberg bedeutungslosen Erörterungen dürfen wohl ungeschildert bleiben, um so mehr, als sie damit endeten, daß dem Mecklenburgischen Bevollmächtigten anheimgestellt wurde, noch mit seiner Regierung sich ins Benehmen zu setzen und dann nach Berathung mit den Kommissaren einen neuen Antrag einzubringen. Man ging hierauf zu der Berathung über das in das Einführungsgesetz zu versetzende internationale Privatrecht über. Von einer ordnungsmäßigen Berathung kann dabei aber keine Rede sein. Preußen wollte von dem ursprünglichen Entwurf überhaupt nichts mehr wissen, weil bei dem auf politischen Erwägungen beruhenden entschiedenen Widerspruch von Annahme der Kommissionsvorschläge keine Rede mehr sein könne. Ich machte den entgegengesetzten Standpunkt mit der durch die Instruktion vom 2. Januar bezeichneten Einschränkung 8 geltend. Sachsen9 hatte die in der Anlage enthaltenen ganz neuen Vermittelungsvorschläge eingebracht, der Bevollmächtigte verzichtete aber auf deren Vertretung. Die Vertreter von Bayern und Baden traten mit Entschiedenheit für die Preußischen Anträge ein. Auch die Vertreter der Hansestädte kamen auf ihre so eingehenden Anträge nicht zurück. So konnte nur mit Mühe verhindert werden, daß entgegen dem Antrag des Badischen Bevollmächtigten die preußischen Anträge en bloc angenommen wurden. Es war bei der allgemeinen Stimmung und der Eile des Aufrufs der §§ des Preußischen Antrags kaum mehr Zeit auf Einzelnes einzugehen. Uber den Kommissionsentwurf wurde mit Stimmenmehrheit zur Tagesordnung übergegangen. Die Art. a—d des Preußischen Antrags wurden ohne nähere Diskussion angenommen. Zu Art. d (vergi. § 2364 des Kommissions-Antrags) stellte ich den instruktionsgemäßen Antrag, fand aber keine Unterstützung. — Auf Anregung des Präsidenten Dr. Sieveking wurde festgestellt, daß die Bestimmung des § e Abs. 1 Satz 2 durch § χ keine Einschränkung erfahre. Den von mir instruktionsgemäß gestellten Vgl. oben S. 915 f. den Berichten von Heller. Der Antrag von Sachsen ist wiedergegeben bei Hartwig/Korkisch,
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aaO., S. 397 ff.
Beratungen im Bundesrat
Antrag auf Wiederherstellung der Worte „sofern nicht diese Gesetze entgegenstehen" fand keine Unterstützung. — Zu § d machte Ministerialrath Jacubezky nachträglich das Bedenken geltend, ob die Bestimmung nach den Beschlüssen des Bundesraths zu § 21 bestehen zu bleiben habe. Die Prüfung dieses Einwands wurde schleunigst der Kommission überwiesen. Zu § l stellte ich den Antrag auf Wiedereinfügung der Trennung von Tisch und Bett. Der Antrag fand zwar Unterstützung seitens der Kommissare und des Sächsischen Bevollmächtigten, aber nicht der Mehrheit. Zu § q wurde von Ministerialrath v. Heller angeregt, daß bei der Annahme an Kindesstau auch die Einwilligung der Frau des Annehmenden zu erfordern sei. Auch diese Frage wurde der Kommission überwiesen. Die §§ r u. s wurden nicht beanstandet. — Gegen den 2. Satz des § t wurde von Ministerialrath v. Heller das Bedenken geltend gemacht, daß dieser Rechtssatz Repressalien des Auslands hervorrufen möchte. Geheimrath [?] 10 bezeichnete diesen Satz als einen unausführbaren, weil niemand nach 2 verschiedenen Rechten beerbt werden könne. Da der Vorsitzende erklärte, daß in dieser Sache ohne das Auswärtige Amt nicht beschlossen werden könne, so wurde die Frage den Kommissionsmitgliedern unter Zuziehung eines Vertreters des Auswärtigen Amts überwiesen. Zu § u stellte ich den Antrag, statt „die deutschen Gesetze" zu setzen „die Gesetze eines anderen Staates". Auch hierbei fand ich keine Unterstützung. § y wurde unverändert angenommen. Zu § ζ machte Ministerialrath Dr. Dittmar darauf aufmerksam, daß dieser § die irrige Auslegung provozire, als ob die Ausfolge der Erbschaft durch Vermittlung der deutschen Behörden den Rechtsansprüchen materiell präjudizire, was doch nicht gemeint sei. Uberhaupt gehöre die Vorschrift nicht hierher, sondern in das Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit. Auch darüber kam man damit hinweg, daß man beschloß, daß Auswärtige Amt zu sondiren, ob es auf die Bestimmung Werth lege. Zum Schluß stellte der Vorsitzende die zweite Berathung schon für Montag in Aussicht. III. Zweite Lesung im Justizausschuß des Bundesrates 1. Zusammenstellung der Beschlüsse zu dem Entwürfe eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche 4. Sitzung vom 20. Januar 1896. 2. Lesung Die in der Zusammenstellung der Beschlüsse der Reichskommissare enthaltenen Vorschläge werden mit nachstehenden Aenderungen und Ergänzungen genehmigt: 1. Im Titel des Gesetzes werden die Worte „zu dem Bürgerlichen Gesetzbuche" umgeändert in die Worte „zum Bürgerlichen Gesetzbuche". 2. Im Art. 5d erhält der Satz 1 folgende Fassung: „Ein einem fremden Staate angehörender und nach dessen Gesetzen rechtsfähiger Verein, der die Rechtsfähigkeit im Inlande nur nach den Vorschriften des § 2 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erlangen könnte, gilt als rechtsfähig, wenn seine Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundesraths anerkannt ist." 3. In den Art. 5 m, 5n, 5 o werden die Worte „nach deutschen Gesetzen" ersetzt durch die Worte „nach den deutschen Gesetzen". 10
Der Name ist nicht zu entziffern.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
4. Im Art. 5p hat der Halbs. 2 zu lauten: „es können jedoch nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind". 5. Im Art. 5q Abs. 2 werden die Worte „mit dem das Kind" ersetzt durch die Worte „zu dem das Kind". 6. Im Art. 8 wird der § 145 a dahin geändert, daß statt der Worte „in Verkehr" die Worte „in den Verkehr" gesetzt werden. 7. Im Art. 32 Abs. 1 (Fassung der Reichskommissare) werden die Worte „welche diesen Häusern in Ansehung der" ersetzt durch die Worte „welche diesen Häusern bezüglich der". 8. Der Art. 123 hat zu lauten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 2221 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Stelle des Vorstehers oder neben dem Vorsteher eine andere amtlich bestellte Person zuständig ist." 9. Art. 165 hat zu lauten: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein Gläubiger, dessen Pfandrecht zu der im Artikel 163 bezeichneten Zeit besteht, die Löschung eines im Range vorgehenden oder gleichstehenden Pfandrechts, falls dieses sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, in gleicher Weise zu verlangen berechtigt ist, wie wenn zur Sicherung des Rechtes auf Löschung eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen wäre." 10. Im Art. 178 Abs. 1 (Fassung der Reichskommissare) werden nach dem Worte „Familiennamen" die Worte „des Vaters" eingeschaltet. Man war sich einig, daß als Vater im Sinne des Art. 5p und des Art. 178 nicht nur derjenige gilt, von welchem feststeht, daß er der Erzeuger des Kindes ist, sondern — nach Maßgabe der Landesgesetze — auch derjenige, welcher innerhalb der Empfängnißzeit mit der Mutter den Beischlaf vollzogen hat. 2. Bericht von Heller über die Sitzung des Justizausschusses vom 20. 1. 1896 Der Ausschuß des Bundesraths für Justizwesen nahm heute die zweite Lesung des Entwurfs des Einführungsgesetzes vor. Als Grundlage der Berathung diente die Zusammenstellung der Beschlüsse der Reichskommissarien über die Fassung der vom Ausschusse bei der ersten Lesung beschlossenen Aenderungen des Entwurfs. 11 Die Nr. 1 bis 7 der Zusammenstellung (Titel, Art. 1, 8, 16, 21, 22, 24) wurden ohne weitere Erörterung genehmigt. Zur Nr. S (Art. 32) beantragte ich, in Absatz 1 auf Zeile 8, 9 die Worte „vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs" zu streichen. Zur Begründung legte ich nochmals den Standpunkt der Bayerischen Regierung in der Frage der landesgesetzlichen Gleichstellung adeliger Häuser mit den vormals reichsständisch gewesenen und seit 1806 mittelbar gewordenen Häusern dar. Der Antrag fand, wie nach dem Verlaufe der Berathung bei der ersten Lesung vorauszusehen war, keine Unterstützung und wurde gegen die Stimme Bayerns abgelehnt. Die von den Reichskommissarien vorgeschlagene Fassung des Artikels 32 wurde sodann einstimmig angenommen. Zu Nr. 9 (Art. 36) lag der Antrag Hessens, betreffend das Bayerische12 und das 11
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Von einem Abdruck dieser Zusammenstellung wird hier abgesehen, da sie weitgehend mit dem Antrag des Justizausschusses vom 20. 1. 1896 übereinstimmt (vgl. unten S. 942 ff.). Abweichungen werden, soweit nothwendig, in den folgenden Fußnoten mitgeteilt. Der Antrag von Hessen-Darmstadt lautet: Dem Art. 36 in der Fassung vom 14. 1. 1896
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Beratungen im Bundesrat
Hessische Gesetz über die landwirthschaftlichen Erbgüter, vor, den ich unterstützte. Die Kommissarien Planck und Struckmann sowie der Vorsitzende sprachen sich gegen den Antrag aus. Es wurde insbesondere als bedenklich bezeichnet, durch Annahme des Antrags für die jenen Gesetzen unterliegenden Güter die für das Anerbenrecht in Artikel 108 Abs. 2 ausdrücklich getroffene Beschränkung auszuschließen. Außerdem wurde mit Rücksicht darauf, daß von den Gesetzen in so auffallend wenigen Stellen Gebrauch gemacht worden ist, das Bestehen eines Bedürfnisses nach dem Vorbehalte bestritten und betont, daß es im Interesse des ohnehin schon fast im Ubermaße mit landesrechtlichen Vorbehalten belasteten Entwurfs liege, deren Zahl nicht ohne dringende Noth noch weiter zu vermehren. Von einer Seite wurde übrigens die Anschauung ausgesprochen, die Erbgüter ließen sich wohl auch als Familienfideikommisse im Sinne des Artikels 33 ansehen. Wir hielten den Antrag aufrecht, er fand aber keine weitere Unterstützung und wurde gegen die Stimmen Bayerns und Hessens abgelehnt. Zu den von den Beschlüssen der Reichskommissarien nicht berührten Artikeln 44, 69 hielt der Ministerialrath Langfeld die bei der ersten Lesung gestellten Mecklenburgischen Anträge aufrecht, sie wurden indes ohne weitere Diskussion einstimmig abgelehnt. — Die Nr. 10, 11 wurden nicht beanstandet. Die Nr. 12 betrifft die als Artikel 5 a bis 5 z in den Entwurf einzustellenden Vorschriften des internationalen Privatrechts. Die bei der ersten Lesung aufgeworfene Frage, ob der als Artikel 5 d einzustellende § d im Hinblick auf die jetzige Fassung des § 21 des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht entbehrlich sei, wurde einstimmig verneint. Um indes das Verhältniß der beiden Bestimmungen klarer erkennbar zu machen, wurde dem § d nach mühsamer Redaktionsarbeit folgende Fassung gegeben: „Ein einem fremden Staate angehörender und nach dessen Gesetzen rechtsfähiger Verein, der die Rechtsfähigkeit im Inlande nur nach den Vorschriften des § 21 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erlangen könnte, gilt als rechtsfähig, wenn seine Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundesraths anerkannt ist. (Satz 2 unverändert.)" Die von den Reichskommissarien vorgeschlagene Fassung der §§ q, t sowie die Versetzung des § z, ferner die unter b vorgeschlagene Fassungsänderung, die übrigens nicht, wie es infolge eines Schreibfehlers heißt, den § d, sondern den § i13 betrifft, wurden genehmigt. Eine unerhebliche Fassungsänderung wurde auch am §p vorgenommen. Den Nr. 13 bis 28 (Art. 61, 62a, 86, 90, 91,92, 93, 95,95a, 99a, 100, 103, 103a, 108, 116, 120) ertheilte der Ausschuß ohne Widerspruch die Zustimmung. — Die unter Nr. 29 vorgeschlagene Fassung des Artikels 123 wurde wesentlich vereinfacht. 14 Die Bestimmung wurde in folgender Fassung angenommen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 2221 des
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unter Nr. 11 beizufügen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die dem bayerischen Gesetz, betreffend die landwirthschaftlichen Erbgüter im diesrheinischen Bayern, vom 22. Februar 1855 sowie über die dem hessischen Gesetz, betreffend die landwirthschaftlichen Erbgüter, vom 11. September 1858 unterliegenden Güter." § i Abs. 2 a. E. lautet in der „Zusammenstellung": „auch wenn er nach diesen Gesetzen unzulässig sein würde." Art. 123 lautet in der „Zusammenstellung" : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 2221 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Testament auch oder ausschließlich vor einer Person errichtet werden kann, welche für einen bestimmten Bezirk zur Vornahme von Akten der freiwilligen Gerichtsbarkeit oder zur Vornahme des im § 2221 bezeichneten Aktes bestellt ist."
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Bürgerlichen Gesetzbuchs an Stelle des Vorstehers oder neben dem Vorsteher eine andere amtlich bestellte Person zuständig ist." — Die Nr. 30 bis 33 (Art. 130, 134, 139 a, 162) wurden ohne weitere Erörterung genehmigt. Die unter Nr. 34 vorgeschlagene Fassung des Artikels 165 wurde wegen ihrer Schwerfälligkeit allgemein als unbefriedigend bezeichnet. 15 Nach zahlreichen, aber gleichfalls nicht befriedigenden Verbesserungsversuchen wurden mit Unterbrechung der Sitzung die Reichskommissarien ersucht, die Abänderung der Fassung nochmals in Erörterung zu ziehen. Sie gelangten zu dem Vorschlage folgender Fassung, die sodann einstimmig angenommen wurde: „Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein Gläubiger, dessen Pfandrecht zu der im Artikel 163 bezeichneten Zeit besteht, die Löschung eines im Range vorgehenden oder gleichstehenden Pfandrechts, falls dieses sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, in gleicher Weise zu verlangen berechtigt ist, wie wenn zur Sicherung des Rechtes auf Löschung eine Vermuthung im Grundbuch eingetragen wäre." — Mit der unter Nr. 35 vorgeschlagenen Fassung des neuen Absatzes 2 des Artikels 166 erklärte sich Mecklenburg einverstanden; sie wurde einstimmig genehmigt. Auch mit der in der Anmerkung zu Nr. 35 als Artikel 167a vorgeschlagenen Vorschrift war Mecklenburg befriedigt; sie wurde ebenfalls ohne Widerspruch angenommen. — Die Nr. 36 (Art. 170) wurde von keiner Seite beanstandet. Die Nr. 37 (Art. 178) wurde mit der Maßgabe angenommen, daß hinter „Familiennamen" eingeschaltet wurde „des Vaters". Zugleich wurde auf Anregung Badens das Einverständniß darüber festgestellt, daß in der Bestimmung, soweit sie die Unterhaltspflicht des Vaters betrifft, der Ausdruck „Vater" in einem allgemeinen Sinne gebraucht ist, also nicht nur den bezeichnet, der auf Grund der angefochtenen Vaterschaft zum Unterhalt des Kindes verpflichtet ist, sondern auch den, der, wie ζ. B. nach dem badischen Rechte, wegen der nachgewiesenen Beiwohnung die Unterhaltspflicht hat. Den Nr. 38 bis 41 (Art. 180, 181, 181a, 184a) ertheilte der Ausschuß ohne Widerspruch die Zustimmung. — Endlich wurden noch einige unerhebliche, der besonderen Erwähnung nicht werthe Fassungsverbesserungen einzelner Bestimmungen vorgenommen. Hiermit war die zweite Lesung des Entwurfs beendigt. Der gedruckte Antrag des Ausschusses an den Bundesrath wird morgen abend vertheilt werden; die Beschlußfassung des Plenums wird in der Donnerstag, den 23. d. Mts. stattfindenden Sitzung erfolgen. 3. Bericht von Schicker über die Sitzung des Justizausschusses am 20. 1. 1896 Gestern wurde die zweite Lesung des Entwurfs des Einführungsgesetzes zum B.G.B, vorgenommen, wozu die anliegenden Formulirungen der Beschlüsse erster Lesung seitens der Kommissionsmitglieder vorgelegt waren. Dem K. Staatsministerium sind, wie mir versichert wird, Exemplare der Anträge der Kommissionsmitglieder übersendet worden. Die 2. Lesung beschäftigte sich hauptsächlich mit der Fas15
$ 165 lautet in der „Zusammenstellung": „Durch Landesgesetz kann für den Fall, daß ein Grundstück zu der Zeit, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, mit mehreren Pfandrechten belastet ist, bestimmt werden, daß einer der Gläubiger, dessen Recht einem der Pfandrechte im Range gleich- oder nachsteht, die Löschung dieses Pfandrechts, wenn es sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, in gleicher Weise verlangen kann, wie wenn zur Sicherung des Rechtes auf Löschung eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen wäre."
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sung der Beschlüsse erster Lesung, materiell wurde nur in folgenden Punkten noch verhandelt: 1. In Nr. 8 der Anträge der Kommission ist dem Württembergischen Wunsch zu Art. 32 in weitestgehendem Maß Rechnung getragen. Gleichwohl wurde dies von keiner Seite mehr beanstandet. Dagegen war die Bayerische Regierung durch den Abs. 1 insofern nicht befriedigt, als sie den in dem Bericht vom 17./20. ds. Mts. erwähnten Anspruch auf das Recht zur Schaffung neuen den Standesherrn gleichstehenden hohen Adels nicht gewahrt fand. Ministerialrath v. Heller machte diesen Anspruch neuerdings geltend, fand aber nirgends Unterstützung. Auch ich hielt diesen Anspruch für unbegründet. 2. Nachdem in dem Bericht vom 17./20. ds. Mts. dargelegten Schicksal des Hessischen Antrags zu Art. 33 brachte Hessen zur 2. Lesung zu Art. 36 den in der Anlage enthaltenen Antrag 16 ein. Ministerialrath Dr. Dittmar verlangte energisch, daß angesichts der weitgehenden Vorbehalte zu Gunsten der preußischen agrarpolitischen Pläne auch dem Gesetze Hessens über die Erbgüter der Schutz nicht versagt werde. Er machte darauf aufmerksam, daß das Hessische Gesetz auch in den früher hessischen, nun Preußischen Landestheilen noch gelte und erst jüngst in einem preußischen Gesetze über die Grundbücher berücksichtigt worden sei. Daß nur 2 Erbgüter auf Grund dieses Gesetzes in Hessen u. 4 auf Grund des Bayerischen Gesetzes in Bayern bestehen, könne nicht entscheidend sein. Vielleicht werde künftig mehr Gebrauch von diesen Gesetzen gemacht. Geheimer Justizrath Professor Dr. Planck machte das Bedenken geltend, daß man die Tragweite nicht übersehe. Man könnte alle Güter in Hessen zu Erbgütern machen und die Bestimmung des Art. 108 betr. das Anerbenrecht, daß das Recht zur freien Verfügung über das Gut von Todeswegen nicht beschränkt werden dürfe, umgehen. — Ich erklärte, daß kein Zweifel darüber begründet erscheine, daß die Erbgüter nach dem Hessischen Gesetz, zu deren Errichtung landesherrliche Genehmigung nothwendig sei, unter die Familienfideikommisse fallen, während dies bezüglich der Erbgüter des Bayerischen Gesetzes schon zweifelhaft sei. Schon deshalb könne dem Hessischen Antrag nicht zugestimmt werden. — Dieser Anschauung wurde auch von anderer Seite beigepflichtet. Dabei wurde auch betont, daß die Auffassung des Begriffs „Familienfideikommiß" in bisherigen Landesrechten für die Auslegung des Art. 33 nicht maßgebend sein könne. — Ministerialrath v. Heller nahm sich auch im Interesse Bayerns des Hessischen Antrags an. Im Uebrigen aber fand der letztere keine Unterstützung. 3. Die Nr. 29 der Anträge wurde wegen der weitschichtigen Fassung scharf angegriffen. Die neue nach langen Debatten beschlossene Fassung des Art. 123 geht aus dem gedruckten Ausschußantrag hervor. Es ist nur zu bemerken, daß entsprechend dem Wunsche Hessens die Fassung auch ermöglicht, eine Klasse von Gemeindebamten gesetzlich mit den Funktionen des Ortsvorstehers im Sinne des § 2221 (jetzt 2219) des B.G.B, zu betrauen. 4. Bei Nr. 32 der Anträge regte Geheimrath Hermes zwar an 17 , statt „oder" zu setzen „und", damit man nicht meine, es handle sich um zweierlei verschiedene Institute; er verfolgte die Anregung aber nicht weiter, nachdem Sachsen im Interesse der bei ihm betheiligten Banken die Fassung der Kommission wünschte. Nun schlugen aber die Vertreter von Bayern und Hessen vor, die Worte „landschaftlichen oder
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Vgl.Fn. 12. Es handelt sich um Art. 139 a (vgl. Nr. 31 der Ausschußanträge). 941
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ritterschaftlichen" zu ersetzen durch „öffentliche", und der Bayerische Vertreter begründete dies damit, daß in Bayern demnächst eine Landeskreditkasse geplant werde. Demgegenüber wurde aber doch aufmerksam gemacht, daß neue Banken, auch landschaftliche, künftig sich dem Bürgerlichen Gesetzbuch anzupassen haben. Das verlange auch Preußen nicht anders. Es blieb bei der Fassung der Kommission. 5. Die längste Debatte verursachte die auf meine Anregung in voriger Sitzung beschlossene Verbesserung der Fassung des Art. 165. Der Kommissionsvorschlag Nr. 34 wurde von Ministerialrath Jacubezky bekämpft, namentlich weil er nicht klarstelle, daß es sich nicht um Hypotheken handeln könne, welche nach dem Inkrafttreten des B.G.B, bestellt worden sind. Aber die von ihm vorgeschlagene Fassung war eine furchtbar komplizirte. Endlich überwies man die Frage nochmals der Kommission und trat eine Stunde später wieder zusammen. Erst jetzt kam die Formulirung zu Stande, welche aus der Drucksache ersichtlich ist. 6. Der vielumstrittene, von Ministerialrath Langfeld so zähe vertretene Antrag Mecklenburgs Art. 37als hat endlich bei neuerlicher Berathung mit den Kommissionsmitgliedern die in der Anmerkung auf S. 13/14 der Kommissionsvorschläge enthaltene Gestaltung erhalten. In dieser beschränkten Fassung wurde er nicht mehr beanstandet. Auch ich widersprach nicht, da der Antrag in der That ein dringendes nur Mecklenburg berührendes sozialpolitisches Interesse befriedigt, ohne einen anderen Staat zu beeinträchtigen. Der Ausschußantrag wird wohl schon am Donnerstag zur Verhandlung im Plenum kommen. Wegen der Haltung der Württembergischen Vertretung hierbei habe ich Seine Excellenz dem Herrn Präsidenten des k. Staatsministeriums mündlich Vortrag erstattet. IV. Antrag des Justizausschusses für Justizwesen zum Entwurf eines Einführungsgesetzes zu dem Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich (Nr. 10 der Drucksachen des Bundesraths von 1896) 19 1. Der Artikel 1 erhält folgende Fassung: Das Bürgerliche Gesetzbuch tritt an einem durch Kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundesraths festzusetzenden Tage, spätestens am ...., gleichzeitig mit einem Gesetze, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Civilprozeßordnung und der Konkursordnung, einem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung, einer Grundbuchordnung und einem Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in Kraft. 2. Als Artikel 5 a bis 5 z werden an Stelle der §§ 2361 bis 2390 des Entwurfes des Bürgerlichen Gesetzbuchs folgende Vorschriften in den ersten Abschnitt des Einführungsgesetzes eingestellt: Artikel 5 a (Art. 6 E III). Die Geschäftsfähigkeit einer Person wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Person angehört. Erwirbt ein Ausländer, der volljährig ist oder die rechtliche Stellung eines Volljährigen hat, die Reichsangehörigkeit, so behält er die rechtliche Stellung eines Volljährigen, auch wenn er nach den deutschen Gesetzen nicht volljährig ist. 18 19
Es handelt sich um Art. 167a(vgl.Nr. 35 der Ausschußanträge). Nr. 10 der Bundesrathsdrucksachen von 1896. Der Bericht ist unterzeichnet von Nieberding, von Heller, Dr. Rüger, von Schicker, Dr. von Jagemann, Dr. Dittmar, Dr. Heerwart und Dr. Klügmann.
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Beratungen im Bundesrat Nimmt ein Ausländer im Inland ein Rechtsgeschäft vor, für das er geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, so gilt er für dieses Rechtsgeschäft insoweit als geschäftsfähig, als er nach den deutschen Gesetzen geschäftsfähig sein würde. Auf familienrechtliche und erbrechtliche Rechtsgeschäfte sowie auf Rechtsgeschäfte, durch die über ein ausländisches Grundstück verfügt wird, findet diese Vorschrift keine Anwendung. Artikel 5b (Art. 7 E III). Ein Ausländer kann im Inlande nach den deutschen Gesetzen entmündigt werden, wenn er seinen Wohnsitz oder, falls er keinen Wohnsitz hat, seinen Aufenthalt im Inlande hat. Artikel 5c (Art. 8 E III). Ein Verschollener kann im Inlande nach den deutschen Gesetzen für todt erklärt werden, wenn er bei dem Beginne der Verschollenheit ein Deutscher war. Gehörte der Verschollene bei dem Beginne der Verschollenheit einem fremden Staate an, so kann er im Inlande nach den deutschen Gesetzen mit Wirkung für diejenigen Rechtsverhältnisse, welche sich nach den deutschen Gesetzen bestimmen, sowie mit Wirkung für das im Inlande befindliche Vermögen für todt erklärt werden; die Vorschriften des § 2343 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung. Hatte ein verschollener ausländischer Ehemann seinen letzten Wohnsitz im Inland und ist die im Inlande zurückgebliebene oder dahin zurückgekehrte Ehefrau Deutsche oder bis zu ihrer Verheirathung mit dem Verschollenen Deutsche gewesen, so kann auf ihren Antrag der Verschollene im Inlande nach den deutschen Gesetzen ohne die im Abs. 2 bestimmte Beschränkung für todt erklärt werden. Artikel 5d (Art. 9 E III). Ein einem fremden Staate angehörender und nach dessen Gesetzen rechtsfähiger Verein, der die Rechtsfähigkeit im Inlande nur nach den Vorschriften des §21 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erlangen könnte, gilt als rechtsfähig, wenn seine Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundesraths anerkannt ist. Auf nicht anerkannte ausländische Vereine der bezeichneten Art finden die Vorschriften über die Gesellschaft sowie die Vorschrift des § il Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Artikel 5 e (Art. 10 E III). Die Form eines Rechtsgeschäfts bestimmt sich nach den Gesetzen, welche für das den Gegenstand des Rechtsgeschäfts bildende Rechtsverhältnis maßgebend sind. Es genügt jedoch die Beobachtung der Gesetze des Ortes, an dem das Rechtsgeschäft vorgenommen wird. Die Vorschrift des Abs. 1 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Rechtsgeschäft, durch das ein Recht an einer Sache begründet oder über ein solches Recht verfügt wird. Artikel 5 f (Art. 11 E III). Aus einer im Auslande begangenen unerlaubten Handlung können gegen einen Deutschen nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. Artikel 5 g (Art. 12 E III). Die Eingehung der Ehe wird, sofern auch nur einer der Verlobten ein Deutscher ist, in Ansehung eines jeden der Verlobten nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem der Verlobte angehört. Das Gleiche gilt für Ausländer, die im Inland eine Ehe eingehen. In Ansehung der Ehefrau eines nach Artikel 5 c Abs. 3 für todt erklärten Ausländers wird die Eingehung der Ehe nach den deutschen Gesetzen beurtheilt. Die Form einer Ehe, die im Inlande geschlossen wird, bestimmt sich ausschließlich nach den deutschen Gesetzen. Artikel 5 h (Art. 13 E III). Die persönlichen Rechtsbeziehungen deutscher Ehegat943
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ten zu einander werden nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, auch wenn die Ehegatten ihren Wohnsitz im Auslande haben. Die deutschen Gesetze finden auch Anwendung, wenn der Mann die Reichsangehörigkeit verloren, die Frau sie aber behalten hat. Artikel 5 i (Art. 14 E III). Das eheliche Güterrecht wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Ehemann zur Zeit der Eheschließung ein Deutscher war. Erwirbt der Ehemann nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit oder haben ausländische Ehegatten ihren Wohnsitz im Inlande, so sind für das eheliche Güterrecht die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Mann zur Zeit der Eingehung der Ehe angehörte; die Ehegatten können jedoch einen Ehevertrag schließen, auch wenn er nach diesen Gesetzen unzulässig sein würde. Artikel 5 k (Art. 15 E III). Haben ausländische Ehegatten oder Ehegatten, die nach der Eingehung der Ehe die Reichsangehörigkeit erwerben, den Wohnsitz im Inlande, so finden die Vorschriften des § 1420 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung; der ausländische gesetzliche Güterstand steht einem vertragsmäßigen gleich. Die Vorschriften der §§ 1342, 1347, 1390 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung, soweit sie Dritten günstiger sind als die ausländischen Gesetze. Artikel 51 (Art. 16 E III). Für die Scheidung der Ehe sind die Gesetze des Staates maßgebend, dem der Ehemann zur Zeit der Erhebung der Klage angehört. Eine Thatsache, die sich ereignet hat, während der Mann einem anderen Staate angehörte, kann als Scheidungsgrund nur geltend gemacht werden, wenn die Thatsache auch nach den Gesetzen dieses Staates ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund ist. Ist zur Zeit der Erhebung der Klage die Reichsangehörigkeit des Mannes erloschen, die Frau aber Deutsche, so finden die deutschen Gesetze Anwendung. Auf Scheidung kann auf Grund eines ausländischen Gesetzes im Inlande nur erkannt werden, wenn auch nach den deutschen Gesetzen die Scheidung zulässig sein würde. Artikel 5 m (Art. 17 E III). Die eheliche Abstammung eines Kindes wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Ehemann der Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes Deutscher ist oder, falls er vor der Geburt des Kindes gestorben ist, zuletzt Deutscher war. Artikel 5η (Art. 18 E III). Das Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und einem ehelichen Kinde wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn der Vater und, falls der Vater gestorben ist, die Mutter die Reichsangehörigkeit besitzt. Das Gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit des Vaters oder der Mutter erloschen, die Reichsangehörigkeit des Kindes aber bestehen geblieben ist. Artikel 5 o (Art. 19 E III). Das Rechtsverhältniß zwischen einem unehelichen Kinde und dessen Mutter wird nach den deutschen Gesetzen beurtheilt, wenn die Mutter eine Deutsche ist. Das Gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit der Mutter erloschen, die Reichsangehörigkeit des Kindes aber bestehen geblieben ist. Artikel 5 p (Art. 20 E III). Die Unterhaltspflicht des Vaters gegenüber dem unehelichen Kinde und seine Verpflichtung, der Mutter die Kosten der Entbindung und des Unterhalts zu ersetzen, wird nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Mutter zur Zeit der Geburt des Kindes angehört; es können jedoch nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind. 944
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Artikel 5q (Art. 21 E III). Die Legitimation eines unehelichen Kindes sowie die Annahme an Kindesstatt bestimmt sich, wenn der Vater zur Zeit der Legitimation oder der Annehmende zur Zeit der Annahme die Reichsangehörigkeit besitzt, nach den deutschen Gesetzen. Gehört der Vater oder der Annehmende einem fremden Staate an, während das Kind die Reichsangehörigkeit besitzt, so sind die Legitimation und die Annahme unwirksam, wenn die nach den deutschen Gesetzen erforderliche Einwilligung des Kindes oder eines Dritten, zu dem das Kind in einem familienrechtlichen Verhältnisse steht, nicht erfolgt ist. Artikel 5 r (Art. 22 E III). Eine Vormundschaft oder eine Pflegschaft kann im Inland auch über einen Ausländer, sofern der Staat, dem er angehört, die Fürsorge nicht übernimmt, angeordnet werden, wenn der Ausländer nach den Gesetzen dieses Staates der Fürsorge bedarf oder im Inland entmündigt ist. Das deutsche Vormundschaftsgericht kann vorläufige Maßregeln treffen, so lange eine Vormundschaft oder Pflegschaft nicht angeordnet ist. Artikel 5 s (Art. 23 E III). Ein Deutscher wird, auch wenn er seinen Wohnsitz im Auslande hatte, nach den deutschen Gesetzen beerbt. Hat ein Deutscher zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Auslande gehabt, so können die Erben sich in Ansehung der Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten auch auf die an dem Wohnsitze des Erblassers geltenden Gesetze berufen. Erwirbt ein Ausländer, der eine Verfügung von Todeswegen errichtet oder aufgehoben hat, die Reichsangehörigkeit, so wird die Gültigkeit der Errichtung oder der Aufhebung nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem er zur Zeit der Errichtung oder der Aufhebung angehörte; auch behält er die Fähigkeit zur Errichtung einer Verfügung von Todeswegen, selbst wenn er das nach den deutschen Gesetzen dazu erforderliche Alter noch nicht erreicht hat. Die Vorschrift des Artikels 5 e Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt. Artikel 5 t (Art. 24 E III). Ein Ausländer, der zur Zeit seines Todes seinen Wohnsitz im Inlande hatte, wird nach den Gesetzen des Staates beerbt, dem er zur Zeit seines Todes angehörte. Ein Deutscher kann jedoch erbrechtliche Ansprüche auch dann geltend machen, wenn sie nur nach den deutschen Gesetzen begründet sind, es sei denn, daß nach dem Rechte des Staates, dem der Erblasser angehörte, für die Beerbung eines Deutschen, welcher seinen Wohnsitz in diesem Staate hatte, die deutschen Gesetze ausschließlich maßgebend s ind. Artikel 5u (Art. 25 E III). Gelangt aus einem im Ausland eröffneten Nachlasse für die nach den dortigen Gesetzen berechtigten Erben oder Vermächtnißnehmer durch Vermittelung deutscher Behörden Vermögen ins Inland, so kann ein Anderer der Herausgabe nicht aus dem Grunde widersprechen, daß er als Erbe oder Vermächtnißnehmer einen Anspruch auf das Vermögen habe. Artikel 5 ν (Art. 26 E III). Sind nach dem Rechte eines fremden Staates, dessen Gesetze in dem Artikel 5a Abs. 1, dem Artikel 5g Abs. 1, dem Artikel 5 i Abs. 2, dem Artikel 51 Abs. 1 und dem Artikel 51 für maßgebend erklärt sind, die deutschen Gesetze anzuwenden, so finden diese Gesetze Anwendung. Artikel 5w (Art. 27 E III). Die Vorschriften der Artikel 5 t, 5n, des Artikels 5s Abs. 1 und der Artikel 51, 5 ν finden keine Anwendung auf Gegenstände, die sich nicht in dem Gebiete des Staates befinden, dessen Gesetze nach jenen Vorschriften maßgebend sind, und die nach den Gesetzen des Staates, in dessen Gebiete sie sich befinden, besonderen Vorschriften unterliegen. Artikel 5χ (Art. 28 E III). Gehört eine Person keinem Staate an, so werden ihre 945
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Rechtsverhältnisse, soweit die Gesetze des Staates, dem eine Person angehört, für maßgebend erklärt sind, nach den Gesetzen des Staates beurtheilt, dem die Person zuletzt angehört hat, und, wenn sie auch früher einem Staate nicht angehört hat, nach den Gesetzen des Staates, in welchem sie ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines Wohnsitzes ihren Aufenthalt hat oder zu der maßgebenden Zeit gehabt hat. Artikel 5 y (Art. 29 E III). Die Anwendung eines ausländischen Gesetzes ist ausgeschlossen, wenn die Anwendung gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde. Artikel 5 z (Art. 30 E III). Unter Zustimmung des Bundesraths kann durch Anordnung des Reichskanzlers bestimmt werden, daß gegen einen ausländischen Staat sowie dessen Angehörige und ihre Rechtsnachfolger ein Vergeltungsrecht zur Anwendung gebracht wird. 3. Der Artikel 8 erhält folgende Fassung: Das Strafgesetzbuch wird dahin geändert: I. Im § 34 Nr. 6 werden die Worte : „Vormund, Nebenvormund, Kurator, gerichtlicher Beistand oder Mitglied eines Familienraths" ersetzt durch die Worte: „Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der Mutter, Mitglied eines Familienraths oder Kurator". II. Der §55 Abs. 2 fällt weg. III. An die Stelle des § 65 treten folgende Vorschriften : Der Verletzte, welcher das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist selbständig zu dem Antrage auf Bestrafung berechtigt. Solange er minderjährig ist, hat unabhängig von seiner eigenen Befugniß auch sein gesetzlicher Vertreter das Recht, den Antrag zu stellen. Ist der Verletzte geschäftsunfähig oder hat er das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so ist sein gesetzlicher Vertreter der zur Stellung des Antrages Berechtigte. IV. Als § 145 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Wer im Inlande Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, ohne die erforderliche staatliche Genehmigung ausstellt und in den Verkehr bringt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Theile des Nennwerths der ausgegebenen Schuldverschreibungen gleichkommen kann, mindestens aber dreihundert Mark beträgt. V. Im § 171 Abs. 1 und Abs. 3 werden die Worte: „aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt worden ist", ersetzt durch die Worte: „aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist". VI. An die Stelle des § 195 tritt folgende Vorschrift: Ist eine Ehefrau beleidigt worden, so hat sowohl sie als ihr Ehemann das Recht, auf Bestrafung anzutragen. VII. Im § 235 werden die Worte; „ihren Eltern oder ihrem Vormunde" ersetzt durch die Worte: „ihren Eltern, ihrem Vormunde oder ihrem Pfleger". VIII. Im § 237 werden die Worte: „ihrer Eltern oder ihres Vormundes" ersetzt durch die Worte : „ihrer Eltern, ihres Vormundes oder ihres Pflegers". IX. Im § 238 werden die Worte: „für ungültig erklärt worden ist" ersetzt durch die Worte : „für nichtig erklärt worden ist". 4. Der Artikel 16 erhält folgende Fassung: Das Gesetz, betreffend die Verbindlichkeit zum Schadenersatze für die bei dem Betriebe von Eisenbahnen, Bergwerken 946
Beratungen im Bundesrat u . s . w . herbeigeführten Tödtungen und Körperverletzungen, vom 7. Juni 1871 (Reichs-Gesetzbl. S. 207) wird dahin geändert: I. An die Stelle des S 3 treten folgende Vorschriften: § 3. Im Falle der Tödtung ist der Schadenersatz 1 und 2) durch Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung sowie des Vermögensnachtheils zu leisten, den der Getödtete dadurch erlitten hat, daß während der Krankheit seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten war. Der Ersatzpflichtige hat außerdem die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen, dem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen. Stand der Getödtete zur Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten insoweit Schadenersatz zu leisten, als der Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein, wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war. § 3 a. Im Falle der Körperverletzung ist der Schadenersatz (§§ 1 und 2) durch Ersatz der Kosten der Heilung sowie des Vermögensnachtheils zu leisten, den der Verletzte dadurch erleidet, daß in Folge der Verletzung zeitweise oder dauernd seine Erwerbsfähigkeit aufgehoben oder gemindert oder eine Vermehrung seiner Bedürfnisse eingetreten ist. II. Im § 5 werden die Worte: „der in den §§ 1 bis 3 enthaltenen Bestimmungen" ersetzt durch die Worte: „der in den §§ 1 bis 3 a enthaltenen Bestimmungen". III. An die Stelle der §§ 7, 8, 9 treten folgende Vorschriften: § 7. Der Schadenersatz wegen Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit und wegen Vermehrung der Bedürfnisse des Verletzten sowie der nach § 3 Abs. 2 einem Dritten zu gewährende Schadenersatz ist für die Zukunft durch Entrichtung einer Geldrente zu leisten. Die Vorschriften des § 828 Abs. 2 bis 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und des § 648 Nr. 6 der Civilprozeßordnung finden entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt für die dem Verletzten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 3 und für die dem Dritten zu entrichtende Geldrente von der Vorschrift des § 749 Abs. 1 Nr. 2 der Civilprozeßordnung. Ist bei der Verurtheilung des Verpflichteten zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt worden, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urtheile bestimmten Sicherheit verlangen. § 8. Die Forderungen auf Schadenersatz (§§ 1 bis 3 a) verjähren in zwei Jahren von dem Unfall an. Gegen denjenigen, welchem der Getödtete Unterhalt zu gewähren hatte (§ 3 Abs. 2), beginnt die Verjährung mit dem Tode. Im Uebrigen finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung Anwendung. § 9. Die gesetzlichen Vorschriften, nach welchen außer den in diesem Gesetze vorgesehenen Fällen der Unternehmer einer in den §§ 1, 2 bezeichneten Anlage oder eine andere Person, insbesondere wegen eines eigenen Verschuldens, für den bei dem Betriebe der Anlage durch Tödtung oder Körperverletzung eines Menschen entstandenen Schaden haftet, bleiben unberührt. 947
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5. Der Artikel 21 wird gestrichen. 6. Der Artikel 22 erhält folgende Fassung: Der § 16 Abs. 2 des Gesetzes, betreffend die Fürsorge für die Wittwen und Waisen der Reichsbeamten der Civilverwaltung, vom 20. April 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 85) wird aufgehoben. 7. Der Artikel 24 erhält folgende Fassung: Der § 9 des Gesetzes, betreffend das Reichsschuldbuch, vom 31. Mai 1891 (Reichs-Gesetzbl. S. 321) wird dahin geändert: Eine Ehefrau wird zu Anträgen ohne Zustimmung des Ehemanns zugelassen. Die Ehefrau bedarf der Zustimmung des Ehemanns, wenn ein Vermerk zu dessen Gunsten eingetragen ist. Ein solcher Vermerk ist einzutragen, wenn die Ehefrau oder mit ihrer Zustimmung der Ehemann die Eintragung beantragt. Die Ehefrau ist dem Ehemanne gegenüber zur Ertheilung der Zustimmung verpflichtet, wenn sie nach dem unter ihnen bestehenden Güterstand über die Buchforderung nur mit Zustimmung des Ehemanns verfügen kann. 8. Der Artikel 32 erhält folgende Fassung: In Ansehung der Familienverhältnisse und der Güter derjenigen Häuser, welche vormals reichsständisch gewesen und seit 1806 mittelbar geworden sind oder welche diesen Häusern bezüglich der Familienverhältnisse und der Güter durch Beschluß der vormaligen deutschen Bundesversammlung oder vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Landesgesetz gleichgestellt worden sind, bleiben die Vorschriften der Landesgesetze und nach Maßgabe der Landesgesetze die Vorschriften der Hausverfassungen unberührt. Das Gleiche gilt zu Gunsten des vormaligen Reichsadels und derjenigen Familien des landsäßigen Adels, welche vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem vormaligen Reichsadel durch Landesgesetz gleichgestellt worden sind. 9. Der Artikel 36 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Rentengüter und über die dem preußischen Gesetze, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen, vom 26. April 1886 unterliegenden sonstigen Güter. 10. Der Artikel 53 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben, soweit nicht in dem Bürgerlichen Gesetzbuch eine besondere Bestimmung getroffen ist, die landesgesetzlichen Vorschriften über die vermögensrechtlichen Ansprüche und Verbindlichkeiten der Beamten, der Geistlichen und der Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten aus dem Amts- oder Dienstverhältnisse, mit Einschluß der Ansprüche der Hinterbliebenen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über das Pfründenrecht. 11. Der Artikel 56 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über die Verfassung solcher Vereine, deren Rechtsfähigkeit auf staatlicher Verleihung beruht. 12. Der Artikel 61 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen. Wird die nach dem Landesgesetze zu einem Erwerbe von Todeswegen erforderliche Genehmigung ertheilt, so gilt sie als vor dem Erbfall ertheilt; wird sie verweigert, so gilt die juristische Person in Ansehung des Anfalls als nicht vorhanden; die Vorschrift des § 2020 des Bürgerlichen Gesetzbuchs findet entsprechende Anwendung. Absatz 2 fällt weg. 13. Als Artikel 62 a [Art. 88 E III] wird folgende Vorschrift eingeschaltet: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Grundstücken durch Ausländer von staatlicher Genehmigung abhängig machen. 948
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14. Der Artikel 86 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zusammenlegung von Grundstücken, über die Gemeinheitstheilung, die Regulirung der Wege, die Ordnung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse sowie «¿er die Ablösung, Umwandlung oder Einschränkung von Dienstbarkeiten und Reallasten. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften, welche die durch ein Verfahren dieser Art begründeten gemeinschaftlichen Angelegenheiten zum Gegenstande haben oder welche sich auf den Erwerb des Eigenthums, auf die Begründung, Aenderung und Aufhebung von anderen Rechten an Grundstücken und auf die Berichtigung des Grundbuchs beziehen. 15. Der Artikel 90 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks über eine bestimmte Werthgrenze hinaus untersagen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Belastung eines Grundstücks mit einer unkündbaren Hypothek oder Grundschuld untersagen oder die Ausschließung des Kündigungsrechts des Eigenthümers bei Hypothekenforderungen und Grundschulden zeitlich beschränken und bei Rentenschulden nur für eine kürzere als die im § 1187 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Zeit zulassen. 16. Der Artikel 91 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche einer Geldrente, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, die dem Staate oder einer öffentlichen Anstalt wegen eines zur Verbesserung des belasteten Grundstücks gewährten Darlehns zusteht, den Vorrang vor anderen Belastungen des Grundstücks einräumen. Zu Gunsten eines Dritten finden die Vorschriften der §§ 877, 878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. 17. Der Artikel 92 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche 1. die Veräußerung eines Grundstücks beschränken; 2. die Theilung eines Grundstücks oder die getrennte Veräußerung von Grundstükken, die bisher zusammen bewirthschaftet worden sind, untersagen oder beschränken ; 3. die nach §875 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Vereinigung mehrerer Grundstücke oder die nach § 875 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Zuschreibung eines Grundstücks zu einem anderen Grundstück untersagen oder beschränken. 18. Der Artikel 93 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle der Veräußerung eines Theiles eines Grundstücks dieser Theil von den Belastungen des Grundstücks befreit wird, wenn von der zuständigen Behörde festgestellt wird, daß die Rechtsänderung für die Berechtigten unschädlich ist. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen unter der gleichen Voraussetzung: 1. im Falle der Theilung eines mit einer Reallast belasteten Grundstücks die Reallast auf die einzelnen Theile des Grundstücks vertheilt wird; 2. im Falle der Aufhebung eines dem jeweiligen Eigenthümer eines Grundstücks an einem anderen Grundstücke zustehenden Rechtes die Zustimmung derjenigen nicht erforderlich ist, zu deren Gunsten das Grundstück des Berechtigten belastet ist; 3. im Falle des Artikel 26 der dem Eigenthümer zustehende Entschädigungsan949
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spruch von dem einem Dritten an dem Ansprüche zustehenden Rechte befreit wird. 19. Der Artikel 95 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Rechte des Eigenthümers eines Grundstücks in Ansehung der auf der Grenze oder auf dem Nachbargrundstücke stehenden Bäume und Sträucher für den Fall, daß das Nachbargrundstück ein Waldgrundstück ist, abweichend von den Vorschriften des § 895 und des § 908 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmen. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die Rechte des Eigenthümers eines Grundstücks in Ansehung derauf der Grenze oder auf dem Nachbargrundstücke stehenden Obstbäume abweichend von den Vorschriften des § 895 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmen. 20. Als Artikel 95 a [Art. 122 E III] wird folgende Vorschrift eingestellt: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Recht des Nothwegs zum Zwecke der Verbindung eines Grundstücks mit einer Wasserstraße oder einer Eisenbahn gewähren. 21. Als Artikel 99 a [Art. 127 E III] wird folgende Vorschrift eingestellt: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Begründung und Aufhebung einer Dienstbarkeit an einem Grundstücke, das im Grundbuche nicht eingetragen ist und nach den Vorschriften der Grundbuchordnung nicht eingetragen zu werden braucht. 22. Der Artikel 100 wird hier gestrichen (vergi. Nr. 26). 23. Der Artikel 103 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche für den Fall, daß jedem der Miteigenthümer eines mit einem Gebäude versehenen Grundstücks die ausschließliche Benutzung eines Theiles des Gebäudes eingeräumt ist, das Gemeinschaftsverhältniß näher bestimmen, die Anwendung der §§ 737 bis 739 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausschließen und für den Fall des Konkurses über das Vermögen eines Miteigenthümers dem Konkursverwalter das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, versagen. 24. Als Artikel 103 a [Art. 131a] wird folgende Vorschrift eingestellt: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Kirchenbaulast und die Schulbaulast. 25. Der Artikel 108 wird als Artikel 37 a eingestellt. 26. Der Artikel 116 erhält folgende Fassung (vergi. Nr. 22): Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche in Ansehung der in dem Gebiete des Bundesstaats liegenden Grundstücke bestimmen, daß die Einigung der Parteien in den Fällen der SS 910, 1000 des Bürgerlichen Gesetzbuchs außer vor dem Grundbuchamt auch vor Gericht, vor einem Notar, vor einer anderen Behörde oder vor einem anderen Beamten erklärt werden kann. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen es bei der Auflassung eines Grundstücks der gleichzeitigen Anwesenheit beider Theile nicht bedarf, wenn das Grundstück durch ein Gericht oder einen Notar versteigert worden ist und die Auflassung noch in dem Versteigerungstermine stattfindet. 27. Der Artikel 120 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen für die dem Vormundschaftsgericht oder dem Nachlaßgericht obliegenden Verrichtungen andere als gerichtliche Behörden zuständig sind. Sind durch Landesgesetz die Verrichtungen des Nachlaßgerichts einer anderen 950
Beratungen im Bundesrat Behörde als einem Gericht übertragen, so ist für die Abnahme des im § 1983 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgeschriebenen Offenbarungseids das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Nachlaßbehörde ihren Sitz hat. 28. Der Artikel 123 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen im Falle des § 2221 des Bürgerlichen Gesetzbuchs an Steile des Vorstehers oder neben dem Vorsteher eine andere amtlich bestellte Person zuständig ist. 29. Der Artikel 130 erhält folgende Fassung: Die Vorschriften ¿erfranzösischen und der badischen Gesetze über den erwählten Wohnsitz bleiben für Rechtsverhältnisse, die sich nach diesen Gesetzen bestimmen, in Kraft, sofern der Wohnsitz vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs erwählt worden ist. 30. Der Artikel 134 erhält folgende Fassung: Ein zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs anhängiges Verfahren, das eine Todeserklärung, eine Verschollenheitserklärung oder die Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen zum Gegenstande hat, ist nach den bisherigen Gesetzen zu erledigen. Ist vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Verschollenheitserklärung oder die vorläufige Einweisung des muthmaßlichen Erben in den Besitz oder Genuß des Vermögens eines Verschollenen erfolgt, so sind die bisherigen Gesetze auch für die Todeserklärung sowie für die endgültige Einweisung maßgebend. Nach den bisherigen Gesetzen bestimmen sich auch die Wirkungen der nach Abs. 1, 2 ergehenden Entscheidungen. Im Falle der Todeserklärung finden die Vorschriften der Artikel 132, 133 Anwendung. 31. Als Artikel 139 a [Art. 167 E III] wird folgende Vorschrift eingestellt: „In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden landschaftlichen oder ritterschaftlichen Kreditanstalten betreffen. " 32. Der Artikel 162 erhält folgende Fassung: Die bisherigen Gesetze über den Schutz im Besitz einer Grunddienstbarkeit oder einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit finden auch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung, bis das Grundbuch für das belastete Grundstück als angelegt anzusehen ist. Von der Zeit an, zu welcher das Grundbuch als angelegt anzusehen ist, finden zum Schutze der Ausübung einer Grunddienstbarkeit, mit welcher das Halten einer dauernden Anlage verbunden ist, die für den Besitzschutz geltenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung, solange Dienstbarkeiten dieser Art nach Artikel 99a oder Artikel 158 zur Erhaltung der Wirksamkeit gegenüber dem öffentlichen Glauben des Grundbuchs nicht der Eintragung bedürfen. Das Gleiche gilt für Grunddienstbarkeiten anderer Art mit der Maßgabe, daß der Besitzschutz nur gewährt wird, wenn die Dienstbarkeit in jedem der drei letzten Jahre vor der Störung mindestens einmal ausgeübt worden ist. 33. Der Artikel 165 erhält folgende Fassung: Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß ein Gläubiger, dessen Pfandrecht zu der im Artikel 163 bezeichneten Zeit besteht, die Löschung eines im Range vorgehenden oder gleichstehenden Pfandrechts, falls dieses sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, in gleicher Weise zu verlangen berechtigt ist, wie wenn zur Sicherung des Rechtes auf Löschung eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen wäre. 34. Der Artikel 166 erhält folgende Fassung: Eine zu der Zeit, zu welcher das 951
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Grundbuch als angelegt anzusehen ist, bestehende Grundschuld gilt von dieser Zeit an als Grundschuld im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs und eine über die Grundschuld ertheilte Urkunde als Grundschuldbrief. Die Vorschrift des Artikel 163 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung. Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, daß eine zu der im Abs. 1 bezeichneten Zeit bestehende Grundschuld als eine Hypothek, für welche die Ertheilung des Hypothekenbriefes nicht ausgeschlossen ist, oder als Sicherungshypothek gelten soll, und daß eine über die Grundschuld ertheilte Urkunde als Hypothekenbrief gelten soll. 35. Als Artikel 167 a [Art. 196 E III] wird folgende Vorschrift eingestellt: In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen in Ansehung solcher Grundstücke, bezüglich deren zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein nicht unter den Artikel 37 fallendes bäuerliches Nutzungsrecht besteht, nach der Beendigung des Nutzungsrechts ein Recht gleicher Art neu begründet werden kann und der Gutsherr zu der Begründung verpflichtet ist. 36. Der Artikel 170 erhält folgende Fassung: Für den Güterstand einer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden Ehe bleiben die bisherigen Gesetze maßgebend. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die erbrechtlichen Wirkungen des Güterstandes und von den Vorschriften der französischen und der badischen Gesetze über das Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Ehegatten. Eine nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässige Regelung des Güterstandes kann durch Ehevertrag auch dann getroffen werden, wenn nach den bisherigen Gesetzen ein Ehevertrag unzulässig sein würde. Soweit die Ehefrau nach den für den bisherigen Güterstand maßgebenden Gesetzen in Folge des Güterstandes oder der Ehe in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bleibt diese Beschränkung in Kraft, solange der bisherige Güterstand besteht. 37. Der Artikel 178 erhält folgende Fassung: Die rechtliche Stellung eines vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs geborenen unehelichen Kindes bestimmt sich von dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften; für die Erforschung der Vaterschaft, für das Recht des Kindes, den Familiennamen des Vaters zu führen, sowie für die Unterhaltspflicht des Vaters bleiben jedoch die bisherigen Gesetze maßgebend. Inwieweit einem vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs außerehelich erzeugten Kinde aus einem besonderen Grunde, insbesondere wegen Erzeugung im Brautstande, die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes zukommt und inwieweit der Vater und die Mutter eines solchen Kindes die Pflichten und Rechte ehelicher Eltern haben, bestimmt sich nach den bisherigen Gesetzen. Die Vorschriften des Abs. 1 gelten auch für ein nach den französischen oder den badischen Gesetzen anerkanntes Kind. 38. Der Artikel 180 erhält folgende Fassung: Auf eine zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Vormundschaft oder Pflegschaft finden von dieser Zeit an die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Ist die Vormundschaft wegen eines körperlichen Gebrechens angeordnet, so gilt sie als eine nach § 1888 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs angeordnete Pflegschaft. Ist die Vormundschaft wegen Geistesschwäche angeordnet, ohne daß eine Entmündigung erfolgt ist, so gilt sie als eine nach ξ 1888 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Vermögensangelegenheiten des Geistesschwachen angeordnete Pflegschaft. Die bisherigen Vormünder und Pfleger bleiben im Amte. Das Gleiche gilt im Geltungsbereiche der preußischen Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 für den 952
Beratungen im Reichstag
Familienrath und dessen Mitglieder. Ein Gegenvormund ist zu entlassen, wenn nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Gegenvormund nicht zu bestellen sein würde. 39. Der Artikel 181 erhält folgende Fassung: Die nach den französischen oder den badischen Gesetzen f ü r einen Geistesschwachen angeordnete Bestellung eines Beistandes verliert mit dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ihre Wirkung. 40. Als Artikel 181a [Art. 211 E III] wird folgende Vorschrift eingestellt : In Kraft bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen gewisse Werthpapiere zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind. 41. Als Artikel 184a [An. 215 E III] wird folgende Vorschrift eingestellt: Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Mitglieder gewisser ritterschaftlicher Familien bei der Ordnung der Erbfolge in ihrem Nachlaß durch das Pflichttheilsrecht nicht beschränkt sind, bleiben in Ansehung derjenigen Familien in Kraft, welchen dieses Recht zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs zusteht. 42. Der Titel des Gesetzes hat zu lauten: Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche.
E. Reichstag I. Anträge zur 1. Lesung in der XII. Kommission Antrag Nr. 11 von Schröder Dem Art. 86 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch folgenden Zusatz zu geben: „Pfandbriefanstalten und Immobiliengesellschaften, die in einem Bundesstaat domizilirt sind, sind berechtigt, Immobilien in jedem anderen Bundesstaat unter denselben Voraussetzungen wie die einheimischen Institute zu erwerben." Antrag Nr. 18 von Dr. Bachem. Bumiller. Lieber (Montabauer).
Gröber (Württemberg).
Letocha.
Dr.
B. Im Einführungsgesetz. 1. Art. 9 Satz 1 des Einführungsgesetzes wie folgt zu fassen: „Ein einem fremden Staate oder einem deutschen Schutzgebiete angehörender und nach dessen Gesetzen rechtfähiger Verein erlangt die Rechtsfähigkeit im Inlande durch Beschluß des Bundesraths. In den Fällen des § 40 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann er durch Beschluß des Bundesraths aufgelöst werden." 2. Dem Art. 86 des Einführungsgesetzes als Abs. 2 hinzuzufügen : „Die Vorschriften des Abs. 1 finden keine Anwendung auf juristische Personen, deren Rechtsfähigkeit auf reichsgesetzlichen Vorschriften beruht." Nr. 20 von Dr. Cuny zum Art. 86 des Einführungsgesetzes folgenden zweiten Absatz hinzuzufügen: „Die einem anderen Bundesstaat angehörenden juristischen Personen, deren Rechtsfähigkeit auf einem Reichsgesetze beruht, können nicht weitergehenden Beschränkungen im Erwerbe von Rechten unterworfen werden, als die dem Bundesstaate selbst angehörenden juristischen Personen derselben Art." Nr. 30 von Frohme. Stadthagen. Art. 80, 82, 83, 84, 86, 87, 165, 166, 167 zu streichen. Antrag Nr. 31 von Gröber (Württemberg).
Marbe. 953
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
1. Den Art. 80 in folgender Fassung anzunehmen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Beaufsichtigung der Stiftungen, insoweit es sich um die Einsichtnahme und Prüfung der Vermögensübersichten handelt. Ueber Stiftungen einer staatlich anerkannten Religionsgesellschaft steht die Beaufsichtigung den Aufsichtsbehörden der Religionsgesellschaft zu." 2. Den Art. 83 zu streichen. 3. Dem Art. 84 folgenden Abs. 2 hinzuzufügen: „Fällt nach landesgesetzlicher Vorschrift das Vermögen von Vereinen staatlich anerkannter Religionsgesellschaften bei ihrer Auflösung an den Fiskus, so tritt an die Stelle des Fiskus eine von der Aufsichtsbehörde der Religionsgesellschaft bezeichnete Körperschaft, Stiftung oder Anstalt." 4. Dem Art. 85 als Satz 2 hinzuzufügen: „Ueber das Erlöschen und die Umwandlung von Stiftungen zu religiösen Zwecken, welche unter der Aufsicht einer staatlich anerkannten Religionsgesellschaft oder einer öffentlichen Behörde stehen, entscheidet die Aufsichtsbehörde der Religionsgesellschaft." 5. Zu Art. 86: a) den Art. 86 zu streichen, b) im Falle der Ablehnung des zu a) gestellten Antrages dem Art. 86 als Abs. 2 die in Nr. 18 der Kommissions-Drucksachen vorgeschlagene Bestimmung hinzuzufügen. 6. Den Art. 87 zu streichen. Antrag Nr. 35 von Gröber (Württemberg): Z i f f . 12: in hit. 95 des Einführungsgesetzes außer den §5 610 und 615 auch noch die §§ 607a, 610a, 617a aufzunehmen. (Ziff. 6, 8 und 11 dieser Anträge.) Antrag Nr. 38 von Gröber ( Württemberg): Z i f f . 5: den Axt. 95 des Einführungsgesetzes zu streichen. (Der Antrag Ziff. 12 auf Nr. 35 der Kommissions-Drucksachen wird zurückgezogen.) Nr. 40 von Frohme, Stadthagen: Art. 94 des Einführungsgesetzes zu streichen. Antrag Nr. 41 von Himburg. Freiherr v. Maltzan IV. zu Art. 39 des Einführungsgesetzes als III. einzuschalten: Dem § 67 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung des Personenstandes ist folgender Absatz 1 voranzustellen: „Ein Geistlicher, welcher eine Eheschließung ohne die in § 1299 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderte Bescheinigung vornimmt, wird mit Geldstrafe bis zu 1000 Mark oder Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft." Ferner demselben Paragraph als letzten Absatz hinzuzufügen : „Ein Geistlicher, welcher es unterläßt, dem zuständigen Standesbeamten innerhalb von drei Tagen die Nachricht über eine von ihm auf Grund der §§ 1299 b und c geschlossene Ehe zugehen zu lassen, wird mit Geldstrafe bis zu 300 Mark bestraft." V. Im Einführungsgesetz bez. dem Gesetz vom 6. Februar 1875, betreffend Beurkundung des Personenstandes, diejenigen redaktionellen Aenderungen vorzunehmen, welche sich aus vorstehenden Anträgen ergeben. Antrag Nr. 45 von Gröber (Württemberg). Letocha. Dr. Lieber (Montabauer). Marbe: 3. Im Falle der Annahme des § 823 unter b) gestellten Antrags den Art. 75 des Einführungsgesetzes wie folgt zu fassen: „Unberührt bleiben die über die Bestimmung des § 823 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinausgehenden landesgesetzlichen Vorschriften u.s.w. (wie im Entwurf)." Antrag Nr. 46 von Gröber (Württemberg) : . . . 11. (redaktionell) den Art. 76 des Einführungsgesetzes wie folgt zu fassen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Beamten 954
Beratungen im Reichstag für die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehülfen in weiterem Umfange als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch haften." 12. (redaktionell) den Art. 77 des Einführungsgesetzes in folgender Fassung anzunehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die zur amtlichen Feststellung des Werths von Grundstücken bestellten Sachverständigen für den aus einer Verletzung ihrer Berufspflicht entstandenen Schaden in weiterem Umfange als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch haften." Antrag Nr. 49 von Frohme, Stadthagen: Ziff. 15: Art. 95 des Einführungsgesetzes aufzuheben. Antrag Nr. 58 von Bachem:'m Art. 143 des Einführungsgesetzes den ersten Absatz zu streichen, eventuell: in Art. 143 des Einführungsgesetzes, Abs. 1 Zeile 3 statt „außer vor dem Grundbuchamte" etc. zu sagen: „außer vor dem Grundbuchamte, vor Gericht oder vor einem Notar auch vor einer anderen Behörde oder vor einem anderen Beamten erklärt werden kann." Antrag Nr. 59 von Bachem: als Art. 56a des Einführungsgesetzes einzufügen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen Mitglieder gewisser ritterschaftlicher Familien bei der Ordnung der Erbfolge in ihren Nachlaß durch das Pflichttheilsrecht nicht beschränkt sind." Sodann: den Art. 215 des Einführungsgesetzes zu streichen. Antrag Nr. 60 von Pauli: Der Entwurf eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche wird abgeändert, wie folgt: 37. Art. 199 Abs. 1 wird ersetzt durch nachstehende Bestimmungen: „Der Gesetzliche Güterstand des Bürgerlichen Gesetzbuches ist auch für die bei seinem Inkrafttreten bestehenden Ehen maßgebend unter folgenden Beschränkungen: 1. Die bei Inkrafttreten des Gesetzbuches abgeschlossenen Eheverträge bleiben in Kraft. Dritten gegenüber wirken sie nach Maßgabe des § 1356 des Bürgerlichen Gesetzbuches nur, wenn sie im Güterrechtsregister eingetragen sind. 2. Die Ehefrau, welche nach den bisherigen Gesetzen die Verwaltung ihres Vermögens ihrem Mann überlassen mußte, hat auf eigene Verwaltung des bisher eingebrachten und errungenen Vermögens keinen Anspruch, vielmehr bleibt das beim Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches in der Hand des Mannes befindliche Vermögen der Ehefrau in seiner Verwaltung. — Dagegen hat die Ehefrau das Recht, Vermögen, welches ihr künftig anfallen wird, selbständig zu verwalten. 3. Die Nutznießung des Ehemannes am Vermögen seiner Frau und die Gütergemeinschaft der Ehegatten (in jeder Form) an künftigem Vermögen hört auf mit dem Tage des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches. 4. Der Ehemann, welcher auf Grund des bisherigen gesetzlichen Güterstandes das Vermögen seiner Frau verwaltet hat, ist ihr zur Rechnungsstellung innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches verpflichtet. Verweigert er dieselbe innerhalb der genannten Frist, so kann die Frau sofortige Herausgabe alles bisher Eingebrachten und Errungenen verlangen. 5. Schulden, welche der Ehemann vor Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches gemacht hat, belasten das Vermögen der Ehefrau nach Maßgabe der Bestimmungen der Landesgesetzgebung, welchen die Ehegatten bisher unterworfen waren. — Für alle nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches eingegangenen Verpflichtungen des Ehemannes haftet das Frauengut nicht." 38. Dem Abs. 2 des Art. 199 wird folgender neuer Absatz hinzugefügt: „Ehegatten, welche den bisherigen gesetzlichen Güterstand beibehalten wollen, können ohne 955
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Abschluß eines diesbezüglichen Ehevertrages ihre Absicht durch Vormerkung im Güterrechtsregister rechtsgültig kund geben." 39. Abs. 3 des Art. 199 wird abgeändert wie folgt: „Soweit die Ehefrau nach den f ü r den bisherigen Güterstand maßgebenden Gesetzen in Folge des Güterstandes in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bleibt diese Beschränkung mit Bezug auf die in der Verwaltung des Mannes bleibenden Bestandtheile ihres Vermögens in Kraft, solange diese Verwaltung dauert." 40. Als Abs. 4 des Art. 199 wird hinzugefügt: „Die Vorschriften über die erbrechtlichen Wirkungen des bisherigen Güterstandes und insbesondere die Vorschriften der französischen und badischen Gesetze über das Verfahren bei Vermögensabsonderungen unter Ehegatten bleiben in Kraft, soweit das bisherige Güterrecht diesen Bestimmungen gemäß beibehalten wird." Antrag Nr. 66,2 c von Gröber: Die Art. 41 und 104 des Einführungsgesetzes zu streichen. Antrag Nr. 67 von Gröber (Württemberg) : Im Art. 32 des Einführungsgesetzes die Worte: „und in dem Gesetze, betreffend die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Konkursverfahrens, vom 21. Juli 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 277)" zu streichen. Antrag Nr. 69 von Gröber: 1. Zum 1. Abschnitt „Besitz": in Art. 33 des Einführungsgesetzes hinzuzufügen: IX. Im § 246 werden die W o r t e „oder Gewahrsam" gestrichen. 4. den Art. 60 des Einführungsgesetzes dahin abzuändern: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Rentengüter." 7. Zu §§ 894, 907: I. den Art. 121 Satz 1 des Einführungsgesetzes zu streichen; II. im Einführungsgesetz hinter Art. 181 folgende Vorschrift als Art. 181a einzusetzen: „Bei Grundstücken, welche zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuches mit Wald bestockt sind, finden bezüglich der Waldbäume die Vorschriften des § 894 und des § 907 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches erst von der nächsten Verjüngung des Waldes, spätestens nach Ablauf von zwanzig Jahren, Anwendung." Antrag Nr. 71 von Gröber: „Als Art. 45 a in das Einführungsgesetz folgende Bestimmung aufzunehmen: „Der Art. 3 des Reichsgesetzes vom 24. Mai 1880 (ReichsGesetzbl. S. 109), betreffend den Wucher, wird aufgehoben." Antrag Nr. 75 von Letocha. Gröber (Württemberg). Wasserrecht. In Art. 63 des Einführungsgesetzes die Eingangsworte dahin abzuändern: „Der demnächstigen reichsgesetzlichen Regelung bleiben vorbehalten die Vorschriften, welche dem Wasserrecht angehören, mit Einschluß u.s.w." Antrag Nr. 98 von Gröber zu §1417: im Einführungsgesetz hinter Art. 199 folgende neue Vorschrift als Art. 199 a aufzunehmen : „Wird innerhalb zwanzig Jahren nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Ehevertrag vor Gericht abgeschlossen, so hat dessen Aufnahme gebührenfrei zu erfolgen. Das Gleiche gilt, wenn innerhalb dieser Frist die bei dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehende Regelung des güterrechtlichen Verhältnisses durch Ehevertrag aufgehoben oder geändert wird." Antrag Nr. 113 von Größer:Zum ersten Titel des fünften Buches, den Art. 138 des Einführungsgesetzes zu streichen und statt dessen 956
Beratungen im Reichstag
a) an einer geeigneten Stelle des Bürgerlichen Gesetzbuches folgende Vorschriften aufzunehmen, etwa in § 1944 als Abs. 2: „Personen, welche den Erblasser verpflegt und unterstützt haben, können vom Erben Ersatz der aufgewendeten Kosten auch dann beanspruchen, wenn die Verpflegung und Unterstützung unentgeltlich erfolgte. Oeffentlichen Anstalten, welche den Erblasser zur Verpflegung aufgenommen haben, steht f ü r ihre Ersatzforderung ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Erblassers zu." b) zugleich die Voraussetzung auszusprechen, daß der vorbezeichneten Ersatzforderung an den Erben ein Vorzugsrecht im Konkurs eingeräumt werde. Antrag Nr. 114 von Frohme, Stadthagen: 1. Die Erwartung auszusprechen, daß in dem Gesetze, betreffend Aenderungen der (Zivilprozeßordnung, eine Bestimmung Aufnahme finde, durch welche dem Richter die Befugniß ertheilt wird, dem Schuldner Ratenzahlungen zu gestatten, 2. in Art. 3, 53 oder an einer anderen Stelle des Einführungsgesetzes diejenigen privatrechtlichen Bestimmungen der Landesgesetzgebung ausdrücklich aufzuführen, die nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches noch in Geltung bleiben sollen. 3. in Art. 29 des Einführungsgesetzes nach „guten Sitten" einzufügen: „die öffentliche Ordnung", 4. Art. 30 des Einführungsgesetzes zu streichen, 5. Art. 72 des Einführungsgesetzes zu streichen. Antrag Nr. 116 von Gröber:lm
Einführungsgesetz Art. 45 als Ziff. III hinzuzufü-
III. „Der § 67 wird aufgehoben." — im Falle der Ablehnung dieses Antrags als Ziff. III zu bestimmen: III. „Der § 67 erhält folgenden Abs. 2: Straflosigkeit tritt ein, wenn der Geistliche oder Religionsdiener im Falle einer lebensgefährlichen, einen Aufschub der Eheschließung nicht gestattetenden Krankheit zu den religiösen Feierlichkeiten einer Eheschließung schreitet." II. Berichte von Heller (Bayern) über die Beratungen der XII. Kommission in erster Lesung1 Bericht vom 3. 3. 1896 Den Art. SO beantragten Frohme und Stadthagen zu streichen (No. 30 der Drucksachen). Stadthagen machte zur Begründung des Antrags geltend, die Bestimmung sei nicht privatrechtlicher Natur, sondern habe den Zweck, gewisse Vorschriften des öffentlichen Rechts aufrechtzuerhalten. Diese würden zwar, da das Bürgerliche Gesetzbuch das öffentliche Recht überhaupt nicht berührt, auch im Falle der Streichung des Artikels bestehen bleiben; aber sie würden dann wenigstens nicht reichsrechtlich sanktionirt werden. Dies dürfte um so weniger geschehen, als es sich — wenigstens f ü r Preußen — hauptsächlich um Vorschriften handele, die nur gegen Arbeitervereine angewendet werden. Es lag zu dem Artikel ferner der Antrag Gröber, Marbe (No. 31 der Drucksachen Z i f f . 1) vor. Gröber verwies darauf, daß nach dem Entwürfe erster Lesung auch die „Vorschriften der Landesgesetze" über die „Verwaltung juristischer Personen" unberührt bleiben sollten. Ein großer Theil der Gründe, aus denen die Kommission f ü r die zweite Lesung diesen Theil der Vorschrift strich, spreche dafür, auch den Vorbehalt hinsichtlich der die Beaufsichtigung betrefDie Hinweise in den folgenden Fn. sind den handschriftlichen Protokollen der XII. Kommission entnommen. — Vgl. auch unten S. 993 den Nachweis der Artikel, die in den Kommissionsberichten der Reichstags-Kommission enthalten sind.
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Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
fenden Vorschriften zu beschränken. Die Vereine einer weitergehenden Beaufsichtigung im privatrechtlichen Sinne zu unterwerfen, als es nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Reichsspezialgesetze geschieht, sei überhaupt nicht erforderlich. Hinsichtlich der Stiftungen aber müsse genau festgestellt werden, was unter Beaufsichtigung im Sinne der Bestimmung zu verstehen ist. Die Beaufsichtigung dürfte nur darin bestehen, daß die Verwendung des Stiftungsvermögens zu dem Stiftungszwecke überwacht wird. Bei Stiftungen, die einer staatlich anerkannten Religionsgesellschaft gehören, reiche hierzu die Aufsichtstätigkeit der kirchlichen Aufsichtsorgane hin. Daß daneben die Bestimmungen über die Beaufsichtigung der Vereine und der Stiftungen, soweit sie öffentlichrechtlicher Natur sind, unberührt bleiben, verstehe sich von selbst. Der Kommissar Professor Gebhard sprach sich gegen beide Anträge aus. Der Art. 80 habe nur das Aufsichtsrecht im Auge, das Ausfluß der Staatshoheit ist. Wie dies geübt werden soll, müsse dem Landesgesetz überlassen werden. Richtig sei, daß die Bestimmungen des öffentlichen Rechts über das Aufsichtsrecht des Staats auch ohne ausdrücklichen Vorbehalt unberührt bleiben. Aus diesem Gesichtspunkte sei die Bestimmung vielleicht nicht unbedingt nothwendig. Aber aus Gründen der Vorsicht könne man auf sie nicht wohl verzichten. Gewisse Funktionen der öffentlichen Aufsicht seien so beschaffen, daß es zweifelhaft sein kann, ob sie nicht in das Gebiet des Privatrechts fallen, ζ. B. die Bestimmung, daß die Regierung zu den Versammlungen des Vorstands oder zu den Generalversammlungen einen Kommissar abordnen kann, und dergl. Im Falle der Streichung des Artikels sei daher die Entstehung von Zweifeln zu befürchten. Gegen den Antrag Gröber, soweit er die Beaufsichtigung der Stiftungen betrifft, bemerkte er, die Verfassung der Stiftungen bestimme sich bei dem Mangel reichsrechtlicher Vorschriften nach den Landesgesetzen; diese müssen daher auch die Beaufsichtigung regeln können. Das in dem Antrage Zugelassene reiche in keiner Weise aus. Der Antrag enthalte einen Eingriff in das öffentliche Recht, zu dem die Reichsgesetzgebung nicht befugt sei. Aus im wesentlichen gleichen Gründen sprach sich auch der Abgeordnete v. Cuny gegen die Anträge aus. Der Kommissar Professor Dr. Planck erörterte im Anschlüsse an die Ausführung Dr. Gebhards gleichfalls das Verhältniß der Bestimmung des Art. 80 zu den einschlägigen Bestimmungen des öffentlichen Rechts, betonte dabei jedoch nicht mit dem gleichen Nachdrucke wie jener, daß die Bestimmung hauptsächlich den Zweck habe, der Entstehung der Zweifel vorzubeugen, da sich bei der Flüssigkeit der Grenze zwischen öffentlichem und bürgerlichem Rechte auf diesem Gebiete ergeben können, und stellte als seine persönliche Anschauung hin, daß es im Grunde genommen gleichgültig sei, ob das Einführungsgesetz die Bestimmung enthält oder nicht. Seine Darlegung hatte die Wirkung, daß Gröber erklärte, er werde nun für den Antrag auf Streichung stimmen, und daß sich auch der Abgeordnete v. Bennigsen in diesem Sinne äußerte, da es ja im Falle der Streichung bei den, vom Entwürfe nicht berührten, Bestimmungen des öffentlichen Rechts bleibe. Die Abstimmung ergab die Streichung des Artikels gegen sieben Stimmen. Der Art. 81 wurde nicht beanstandet. — Den Antrag auf Streichung des Art. 82 (No. 30 der Drucksachen) zogen Frohme und Stadthagen zurück. Auch von anderer Seite lag ein Antrag zu dem Artikel nicht vor. Den Art. 83 zu streichen, war sowohl von Frohme und Stadthagen als von Gröber beantragt (No. 30, 31 Z i f f . 2 der Drucksachen). Stadthagen bezeichnete die Bestimmung als eine Verletzung des Grundsatzes der Religionsfreiheit, Gröber machte darauf aufmerksam, daß die Bestimmung erst bei der zweiten Lesung in den Entwurf aufgenommen wurde, und vermißte in den dem Entwürfe beigegebenen „Materia958
Beratungen im Reichstag
lien" die Anführung von Gründen, die geeignet wären, von der Notwendigkeit der Bestimmung zu überzeugen. Der Kommissarius Dr. Gebhard gab den Aufschluß, daß es sich um eine Bestimmung der Preußischen Verfassung handle, in die einzugreifen kein Anlaß bestehe. Die Abgeordneten v. Buchka und v. Cuny erklärten ihre und ihrer politischen Freunde Zustimmung zu dem Artikel; v. Cuny machte dabei darauf aufmerksam, daß die Bestimmung sich auch auf die religiösen Orden beziehe, daß es sich daher nur um einen Gegenstand größter Meinungsverschiedenheit handle und daß man den Kampf um diese Frage jetzt nicht entzünden solle. Der Vorsitzende Spahn erklärte sich für die Streichung; die Bestimmung der Preußischen Verfassung gehöre dem öffentlichen Rechte an und bleibe deshalb unberührt, die Streichung des Artikels sei eine Konsequenz der Streichung des Art. 80. Der Staatssekretär Nieberding verwies hiergegen darauf, daß die Bestimmung der Preußischen Verfassung auch von der Erlangung der „Korporationsrechte" handle, also auch privatrechtlichen Inhalts sei. Die Kommission entschied sich mit erheblicher Mehrheit für die Aufrechterhaltung des Artikels 83. Der Antrag Frohme, Stadthagen (No. 30 der Drucksachen), den Art. 84 im Interesse der Rechtseinheit zu streichen, wurde von anderer Seite nicht unterstützt. Gegen den Antrag Gröber (No. 31 der Drucksachen Z i f f . 3), den der Antragsteller lediglich durch Hinweis auf die seinem Antrage zum Art. 80 zugrundeliegende Anschauung begründete, bemerkte Dr. Gebhard, der Antrag sei gegenstandslos, soweit er etwa öffentlichrechtliche Vorschriften im Auge habe; er sei aber auch unnöthig vom privatrechtlichen Standpunkte aus, weil die Vereine freie Hand haben, über ihr Vermögen Bestimmung zu treffen. Wenn es aber mangels einer solchen Verfügung an den Fiskus fällt, dann müsse dem Landesrecht vorbehalten bleiben, anderweitig darüber zu verfügen. Die Kommission lehnte mit großer Mehrheit den Antrag Gröber ab und hielt den Art. 84 aufrecht. Zu dem nämlichen Ergebnisse führte die Berathung des Art. 85 und des dazu vorliegenden Antrags Gröber (No. 31 der Drucksachen Z i f f . 4), den der Antragsteller ebenfalls nur durch den Hinweis auf den Grundgedanken seines Antrags zum Art. 80 begründete. Bezüglich des Art. 86 wurde zuerst der von Frohme, Stadthagen und von Gröber (No. 30, 31 Z i f f . 5^gestellte Antrag auf Streichung diskutiert. Stadthagen befürwortete die Streichung vom Standpunkte der Rechtsgleichheit. Gröber wendete sich namentlich gegen die sogenannten Amortisationsgesetze. Diese seien Erzeugnisse einer längst überwundenen Periode und müßten beseitigt werden. Er verwies auf die Verworrenheit des Rechtszustands, auf die Leichtigkeit der Umgehung, sowie darauf, daß in der Literatur Vertreter aller politischen Richtungen ihnen das Recht des Fortbestands absprechen. Der Kommissar Dr. Gebhard trat für die Aufrechterhaltung der Bestimmung, insbesondere auch hinsichtlich der Amortisationsgesetze ein, indem er den ihnen zugrundeliegenden berechtigten Gedanken des näheren ausführte. Auch der Abgeordnete v. Cuny sprach sich für die Aufrechterhaltung des Artikels aus. Für den Fall der Annahme des Artikels lagen vor der Antrag Schröder (No. 11 der Drucksachen), der Antrag von Cuny (No. 20 der Drucksachen) und der Antrag Gröber (No. 31 der Drucksachen Ziffer 5) mit dem Antrage Bachem und Genossen (No. 18 der Drucksachen Β Ziffer 2). Am weitesten gehen die Anträge v. Cuny und Gröber; der Abgeordnete v. Cuny änderte übrigens den seinigen dahin ab, daß er ihn beschränkte auf die einem anderen Bundesstaat angehörigen juristischen Personen, deren Rechtsfähigkeit auf einem „neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche bestehenden" Reichsgesetze beruht, so daß also die juristischen Personen, die auf Grund der Bestimmungen 959
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Rechtsfähigkeit erlangt haben, namentlich die eingetragenen Vereine, nicht darunter fallen. Die sämtlichen Anträge bezwecken in erster Linie die Beseitigung des Preußischen Gesetzes über die Erwerbung von Grundeigenthum für Korporationen und andere juristische Personen des Auslandes vom 4. Mai 1846 (Ges.-Samml. S. 235), auf das sich ferner beziehen das Preußische Gesetz vom 23. Februar 1870 (Ges.-Sammlung S. 118) und der Allerhöchste Erlaß vom 14. Februar 1882 (Ges.-Samml S. 18). Die Antragsteller sind auch einig darüber, daß die vom Reichsgerichte in den Gründen eines Urtheils vom 14. April 1882 (Entsch. in Zivilsachen Bd. V I S. 134 ff.) beiläufig ausgesprochene Ansicht, jene Bestimmungen seien durch den Art. 3 der Reichsverfassung beseitigt, nicht richtig ist. Sie bezeichnen es aber als eine unabweisbare Forderung der Gerechtigkeit, daß jene für das bürgerliche Erwerbsleben innerhalb der deutschen Bundesstaaten bestehende Rechtsungleichheit beseitigt werde, wozu die Schaffung des einheitlichen bürgerlichen Rechts die beste Gelegenheit biete. Der Abgeordnete v. Cuny erklärte bei der Begründung seines Antrags, er wolle die Frage sofort in grundsätzlicher Weise lösen, während der Abgeordnete Schröder bemerkte, er wolle sich zunächst damit begnügen, die Rechtsungleichheit für die deutschen außerpreußischen Hypothekenbanken zu beseitigen, für die das Bedürfniß ganz besonders dringend sei. Namens der Preußischen Regierung äußerte sich in ausführlicher Darlegung der vortragende Rath im Landwirthschaftsministerium, Geheimer Oberregierungsrath Hermes. Das Ziel der Anträge sehe auch die Preußische Regierung als erstrebenswerth an; es werde in absehbarer Zeit auch erreicht werden. Solange jedoch nicht ein einheitliches Hypothekenbankgesetz besteht, müsse er sich entschieden gegen die Anträge aussprechen, weil von ihrer Annahme unzweifelhafte Mißstände zu befürchten seien. Die nachgesuchte Erlaubniß sei einer außerpreußischen Hypothekenbank, soweit seine Kenntnisse reichen, noch niemals verweigert worden. Die fragliche Bestimmung sei aber die einzige, die der Preußischen Regierung die Möglichkeit gewährt, auf die Geschäftsgebarung außerpreußischer Hypothekenbanken einigermaßen einzuwirken. Dies sei um so nöthiger, als nicht in allen Bundesstaaten die Hypothekenbanken einer staatlichen Beaufsichtigung unterliegen. Die Preußische Regierung erachte es namentlich im agrarischen Interesse für ihre Pflicht, auf dieses Mittel nicht zu verzichten. Sie habe damit auch schon nicht unerhebliche Erfolge erzielt, namentlich in der Richtung einer Ermäßigung des bei einzelnen Hypothekenbanken noch übermäßigen — zum Theile verschleierten — Zinsfußes. Im Anschlüsse hieran sprach sich auch Professor Dr. Gebhard für die Ablehnung der Anträge aus; es verdiene den Vorzug, die Lösung der Frage der Spezialgesetzgebung vorzubehalten. Dies empfahl auch der Staatssekretär Nieberding. Die früheren Versuche zur Schaffung eines einheitlichen Pfandbriefgesetzes seien hauptsächlich an dem Mangel eines einheitlichen Hypothekenrechts gescheitert. Sobald dieses Hinderniß beseitigt sein wird, werde das Reichs-Justizamt nicht säumen, den schon in der Ausarbeitung begriffenen Gesetzentwurf zum Zwecke seiner Vorlage an die gesetzgebenden Körperschaften zum Abschlüsse zu bringen. Unter allen Umständen werde noch vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Reichstag mit diesem Gegenstande befaßt werden. Bis dahin möge man die Lösung der durch die Anträge aufgeworfenen Frage verschieben. — Die Fortsetzung der Berathung wurde auf morgen vertagt. Bericht vom 4. 3. 1896 . . . Die Berathung der zum Art. 86 gestellten Zusatzanträge wurde fortgesetzt. Der Abgeordnete Schröder erklärte, daß er trotz der Mittheilung des Staatssekretärs über die in sicherer Aussicht stehende Vorlage eines Gesetzentwurfs über die Pfand960
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briefinstitute seinen Antrag aufrechterhalte. Das schon jetzt Erreichbare müsse man auch schon jetzt in Sicherheit bringen. Das Verfahren der Preußischen Regierung sei eine mittelbare Beschränkung des Geschäftsbetriebs der außerpreußischen Hypothekenbanken, den unmittelbar zu verbieten oder einzuschränken die Preußische Regierung nicht berechtigt wäre. Auch der Abgeordnete Gröber hielt an dem Antrag Bachem und Genossen fest; er verwies dabei auf den Art. 49 Abs. 3 des Entwurfs erster Lesung sowie auf dessen Begründung in den Motiven des Entwurfs und tadelte die partikularistische Haltung der Preußischen Regierung. Der Staatssekretär Nieberding bemerkte hiergegen, im Entwurf erster Lesung seien die juristischen Erwägungen hauptsächlich in den Vordergrund getreten, während in den späteren Stadien des Entwurfs auch die wirthschaftlichen Gesichtspunkte mehr in den Kreis der Erwägung gezogen wurden, und von diesem Standpunkte aus sei der Stellungnahme der Preußischen Regierung die innere Berechtigung nicht abzusprechen. Er bitte darum wiederholt, die Lösung der Frage zu verschieben, bis die in Aussicht stehende Spezialgesetzgebung Gelegenheit dazu gibt. Im Anschlüsse hieran erörterte der Kommissar Professor Dr. Gebhard im Besonderen noch die Bedenken, zu denen der weite Umfang des Antrags Bachem und Genossen namentlich deshalb Anlaß gebe, weil er auch die eingetragenen Vereine, die durch Verleihung der Staatsgewalt rechtsfähig gewordenen Vereine und die Stiftungen umfaßt. Der Antrag sollte daher mindestens in der gleichen Weise eingeschränkt werden, wie es bei dem Antrage von Cuny geschah. Gegen die sämtlichen Anträge erklärte sich der Abgeordnete Vielhaben; die Frage sei eigentlich nur theoretischer Natur, ein praktisches Bedürfniß habe nicht durch einen einzigen Fall nachgewiesen werden können. Die Abstimmung ergab die Annahme des Antrags Bachem und Genossen mit zehn gegen neun Stimmen. Von den bei der Abstimmung fehlenden zwei Kommissionsmitgliedern würde das eine (Pole) für den Antrag, das andere (Konservativer) dagegen gestimmt haben; das Ergebniß würde sohin auch bei vollzähliger Besetzung der Kommission das gleiche gewesen sein. Die übrigen Zusatzanträge waren hierdurch erledigt. Der Art. 86 im ganzen aber wurde einstimmig abgelehnt. Ohne erhebliche Diskussion wurde hierauf, entsprechend den Anträgen Frohme, Stadthagen (No. 30 der Drucksachen) und Gröber (No. 31 der Drucksachen) der Art. 87 mit 12 gegen 7 Stimmen2 abgelehnt. — Die Art. 163 bis 167 blieben unbeanstandet, da die Abgeordneten Frohme, Stadthagen ihren Antrag auf Streichung der Art. 165, 166, 167 zurückzogen und andere Anträge nicht vorlagen. Auch der Art. 9 hat als genehmigt zu gelten. Bericht vom 10. 3. 1896 Zu einer längeren Erörterung gab der Antrag Frohme, Stadthagen auf Streichung des Art. 94 des Entwurfs des Einführungsgesetzes Anlaß. Stadthagen führte aus, es sei nothwendig, daß auch auf dem durch diese Bestimmung der landesrechtlichen Regelung vorbehaltenen Gebiete einheitliches Reichsrecht geschaffen, daß insbesondere mit den landesrechtlichen Bestimmungen aufgeräumt werde, welche den Pfandleihern und Pfandleihanstalten Privilegien ertheilt haben, die diese zum Wucher förmlich autorisiren. Die öffentlich-rechtlichen Bestimmungen der § 34, 38 der Gewerbeordnung würden auch im Falle der Streichung des Artikels unberührt bleiben. Der Kommissar Professor Dr. Gebhard erläuterte den Umfang des durch die Bestimmung aufgestellten Vorbehalts und dessen Verhältniß zu den Bestimmungen der Gewerbeordnung und legte eingehend dar, daß die bestehenden landesgesetzlichen 2
Nach dem Protokoll der Kommission mit 11 gegen 8 Stimmen.
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Bestimmungen in erster Reihe den Schutz der wirthschaftlich Schwachen gegen die Darleiher im Auge haben und daß deshalb ihr Fortbestand im Interesse der Darlehnsnehmer liege, die die Antragsteller schützen wollen. Selbstverständlich seien die Pfandleiher daneben auch den Wuchergesetzen unterworfen. Der Abgeordnete Gröber gab die Richtigkeit dieser Ausführung im allgemeinen zu, glaubte jedoch, das Bestehen eines Bedürfnisses wenigstens dafür annehmen zu sollen, daß die Höhe des Zinssatzes einer reichsrechtlichen Beschränkung unterworfen werde. Stadthagen beantragte hierauf für den Fall der Ablehnung des Antrags auf Streichung, dem Abs. 1 hinzuzufügen : „Jedoch darf ein Zinssatz von mehr als acht vom Hundert nicht zugelassen werden." Dieser Antrag wurde von mehreren Seiten insbesondere mit dem Hinweise darauf bekämpft, daß bei kleinen, auf kurze Zeit gegebenen Darlehen die Forderung weit höherer Zinsen wirthschaftlich durchaus gerechtfertigt sein und nicht sofort als Wucher angesehen werden könne. Die Abstimmung ergab die Ablehnung des Zusatzantrags gegen vier Stimmen und die Annahme des unveränderten Art. 94 gegen zwei Stimmen. Die Kommission trat hierauf in die Berathung der Bestimmungen über den Dienstvertrag (§§ 604 bis 620) ein, und beschloß zunächst die hierauf bezüglichen Anträge Gröber (No. 3.5 der Drucksachen Z i f f . 6 bis 11, No. 38 der Drucksachen Z i f f . 1 bis 5), insbesondere die Frage einer allgemeinen Besprechung zu unterziehen, ob der Art. 95 des Entwurfes des Einführungsgesetzes 3 beizubehalten oder auch die Regelung des Gesinderechts im Bürgerlichen Gesetzbuch zu versuchen sei. Der Abgeordnete Gröber führte aus, der Zweck seiner Anträge sei, das Gesinderecht wenigstens in der Hauptsache reichsrechtlich zu regeln. Seine Anträge enthielten die zu diesem Zwecke nothwendigen sowie eine Anzahl weiterer Bestimmungen über Einzelheiten, die sich wegen der besonderen Natur des Gesindeverhältnisses auf der Grundlage der allgemeinen Bestimmungen über den Dienstvertrag nicht wohl in zweckmäßiger Weise regeln ließen. Betrete man diesen Weg, so könne man unbedenklich die landesrechtlichen Gesindeordnungen aufheben, die ohnehin zum größten Theile veraltet und nicht würdig seien, aufrechterhalten zu werden. Ausgeschlossen blieb selbstverständlich die Regelung der polizeilichen und strafrechtlichen Seite. Auch der Abgeordnete Stadthagen sprach sich in langem Vortrag dahin aus, daß die reichsgesetzliche Regelung des Gesinderechts dringend nothwendig sei. Ganz unentbehrlich sei insbesondere die Feststellung des Begriffs „Gesinde" und seine Abgrenzung von dem Begriffe „gewerbliche Arbeiter". Die Lösung dieser Aufgabe sei keineswegs unmöglich; die bunte Menge der in Deutschland bestehenden Gesindeordnungen weise, was ihren privatrechtlichen Inhalt betrifft, in allem Wesentlichen eine große Übereinstimmung auf. Die Kommissarien Struckmann und Gebhard rechtfertigten den Standpunkt des Entwurfs und legten dar, daß die Mannigfaltigkeit der maßgebenden wirthschaftlichen und sozialen Verhältnisse, der Anschauungen und Gewohnheiten eine Regelung des Gesinderechts durch Reichsgesetz unmöglich mache. Zu den Landesgesetzgebungen sei zu vertrauen, daß sie an die bestehenden Gesindeordnungen die bessernde Hand anlegen. Der Abgeordnete v. Dziembowski, im Prinzip der reichsrechtlichen Regelung zugethan, lehnte sie für jetzt ab, weil sie sich nur zum Gegenstand eines Spezialgesetzes eigne. Der Abgeordnete v. Cuny erklärte, er nehme, vorbehaltlich der Einzelheiten, den Gedanken des von Gröber in seinem
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Zum folgenden vgl. auch die Berichte über die Beratungen des Dienstvertragsrechts bei Jakobs/Schubert, Recht der Schuldverhältnisse II, S. 754 ff., 759 f., 762 ff., 772, 777 ff., 779 ff.
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neueren Antrage zurückgezogenen Antrags No. 35 der Drucksachen Z i f f . 12 auf. Die Fortsetzung der Berathung wurde auf morgen vertagt. 4 Anhang51 Ausführungen eines Mitgliedes der XII. Kommission des Reichstags zur Begründung des Antrages auf Streichung des Artikels 95 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch und der damit zusammenhängenden Eventualanträge Die Nothwendigkeit der Aufhebung der Gesindeordnungen ergiebt sich aus einer objektiven Betrachtung der historischen Entwicklung des Gesindes, des Begriffs „Gesinde", sowie der jetzigen Rechtslage des Gesindes. Eine Uebersicht über die partikularrechtlichen Bestimmungen in Betreff einer Fürsorge in Krankheits- und Unfallsfällen des Gesindes drängt nicht minder zur Ueberzeugung von der Nothwendigkeit reichsgesetzlicher Regelungen dieser Materie. Nachstehend soll deshalb eine Darstellung der geschichtlichen Enwicklung des Gesindes, eine Darlegung des heutigen Begriffs „Gesinde", eine Uebersicht über den in Deutschland auf dem Gebiete des Gesinderechts herrschenden Rechtszustand und endlich eine Uebersicht des auf dem Gebiete des Gesindekranken- und Unfallrechts herrschenden Zustandes zu geben versucht werden. Geschichtliche Entwicklung des Gesindestandes und Gesinderechts Der Begriff des Gesindes im modernen Sinne existirte in ältester Zeit nicht. Das rührt daher, daß eine Arbeitstheilung noch nicht vorhanden war; was für Haus und Hof, für Bereitung des Essens und Trunks; für Anfertigung der Kleidung u.s.w. erforderlich war, wurde von Leibeigenen, Hörigen, Sklaven und auch Solchen, die verarmt waren und als freie Leute sich in die Schutzherrschaft und Gewalt eines Schutzherrn begeben hatten, unterschiedslos verrichtet. Gasindi und Sindmani scheint zuerst als Bezeichnung für Diejenigen angewendet worden zu sein, die sich besonders zu Sind-, zu Botendiensten während der Raub- und Raufzüge eigneten und insbesondere, die zur Ausübung von Handarbeiten, welche eine besondere Fähigkeit erheischen, unfähig waren. Derselbe Name wurde aber sehr bald auch auf alle Handarbeiter; die im Haus und in der Wirthschaft meist unter der Leitung der Hausfrau jegliche Hantirung verrichteten, angewandt. Eine strenge Scheidung zwischen häuslicher, landwirtschaftlicher und gewerblicher Arbeit bestand nicht: alles Erforderliche wurde im Haushalt bereitet. Erst seit etwa dem 6. Jahrhundert findet sich mehr und mehr eine Arbeitstheilung innerhalb der einzelnen Hausgemeinschaft in der Weise, daß besonders vorgebildete oder geschickte Mitglieder der Hausgemeinschaft ausschließlich oder fast ausschließlich nur zu gewerblichen Arbeiten 4
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Bei den Protokollen findet sich folgende als Manuskript gedruckte Schrift: „Ausführungen eines Mitgliedes der XII. Kommission des Reichstags zur Begründung des Antrags auf Streichung des Artikels 95 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch und der damit zusammenhängenden Eventualanträge" (24 doppelspaltige Seiten). Verfasser dieser Übersicht dürfte Stadthagen sein. Aus Platzgründen ist es nicht möglich, das gesamte Schriftstück in der Edition wiederzugeben. Es werden im Anhang lediglich abgedruckt die Seiten 1—6. Die folgenden Seiten enthalten einen detaillierten Überblick über das partikuläre Gesinderecht. Vgl. Fn. 4.
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verwendet wurden. Aber auch diese waren zu Diensten und Verrichtungen jeder Art verpflichtet. Zur Leistung der Arbeit, zur Hingabe ihrer gesammten Arbeitskraft waren die Genossen der Hausgemeinschaft als Leibeigene, als Hörige, oder in Folge der Herrschaftsgewalt, in die sie sich zu ihrem Schutz begeben hatten, verbunden. Die Hingabe der gesammten Arbeitskraft entsprach den damaligen wirthschaftlichen Bedürfnissen, da jede Hausgemeinschaft für sich alles Erforderliche selbst produzirte. Langsam lösten sich und lösen sich noch heute aus diesen zu allen Hantirungen Verpflichteten die besonderen Berufsstände heraus, die nur zu gewerblichen, nur zu landwirtschaftlichen, oder nur zu häuslichen Diensten verbunden waren. Auf dem Lande lag die Möglichkeit, daß der Arbeiter sich allmählich selbstständig machen und nur noch zu bestimmten Zeiten zu Diensten verpflichtet sei, im Interesse des Herrn und der Leibeigenen selbst. Der landwirtschaftliche Betrieb bedarf nicht gleichmäßig das ganze Jahr hindurch ebenso viel Hände. Die Verpflichtung des Herrn, während der arbeitslosen Zeit seinen Knecht zu ernähren, ward lästig. Der Herr ging gern darauf ein, die Dienste des Knechts nur zu bestimmter Zeit in Anspruch zu nehmen. Die so frei gewordene Zeit verwendete der Knecht zu Arbeiten, die ihn nach und nach selbstständig machten und ihn in die Möglichkeit setzten, sich von seiner Leibeigenschaft loszukaufen. Auch die dann noch verbliebenen Dienste suchte er durch Geld abzulösen : die Ablösung lag häufig auch im Interesse des Herrn : die Dienste konnte er zu vielen Zeiten, wo die Landwirtschaft darniederlag, nicht gebrauchen, wohl aber immer das Lösegeld. Aus diesen Leibeigenen und aus solchen Freien, die verarmt waren, setzte sich im wesentlichen das Gesinde im 13. Jahrhundert zusammen. Erst in dieser Zeit treffen wir in ganz Deutschland einen besonderen Gesindestand. In derselben Zeit tauchen die ersten Vorschriften für Gesindeverhältnisse auf. Solche finden sich in fast allen Stadtrechten und sind im wesentlichen die gleichen. Solche Regelung findet sich ζ. B. im Stader Stadtrecht (1279), im Lübecker Stadtrecht (1158), im Sachsenspiegel (1240), im Hamburger Stadtrecht (1270), im Stadtrecht von Haimburg (1244), im ostfriesischen Landrecht, im Wiener Stadtrecht (1340), im Stadtrecht von München (1347), im Rechtsbrief von Passau, in der Friedenskonstitution von Rudolf I. (1281), im Brünner Schöffenbuch (1281), im Rügianer Landgebrauch, im Stadtrecht von Enns (1212) und anderen mehr. (Die in Klammern beigesetzten Zahlen geben das muthmaßliche Geburtsjahr der einzelnen Stadt- und Landrechte an.) Die Rechtsverhältnisse waren nach diesen Rechten im wesentlichen in ganz Deutschland für das Gesinderecht im 13. Jahrhundert dieselben, waren aber nicht vom Staat, sondern durch die einzelnen Stadt- und Landrechte geregelt. Das Gesindeverhältniß beruht danach im dreizehnten Jahrhundert auf einem Vertrag, der durch symbolische Handlungen abgeschlossen wird. Ein Zwang zum Dienstantritt oder zur Annahme des Gesindes bestand nicht. Wer den Vertrag nicht begann, war nur dem Andern gegenüber zu einer Geldbuße (meist in der Höhe des Lohns oder des halben Lohns bestehend) verbunden. Allmählich wurde bei zunehmendem Mangel an Dienstboten der Dienstbote, der den Dienst nicht antrat, mit Geld- und Gefängnißstrafe, auch mit Verbannung aus der Stadt und mit Untersagung der Annahme anderer Dienste in der Stadt bedroht. Die Auflösung des Dienstverhältnisses, das gewöhnlich auf ein Jahr geschlossen wurde, konnte vor Ablauf der Zeit vom Gesinde insbesondere verlangt werden, wenn es Gelegenheit zur Begründung eines eigenen Hausstands fand oder „unbillige Behandlung" erlitt. Auch der Dienstherrschaft steht vorherige Entlassung aus „erheblichen Gründen" zu. Ueber die Berechtigung zur Aufhebung des Dienstverhältnisses vor Ablauf der Vertragszeit entschieden „biderbe" oder „erbere" (ehrbare) „Männer", meist die Nach964
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barn. Muthwilliges Verlassen des Dienstes wird mit Verlust des Lohns und privater oder öffentlicher Buße bedroht. Viele Stadtrechte betonen die Verpflichtung der Dienstherrschaft, den Lohn pünktlich zu zahlen. Der säumige Dienstherr muß Entschädigung, auch hier und da Buße zahlen. Während einer Krankheit muß der Dienstherr als Schutzherr vielfach auch dann eine Zeit lang das Gesinde pflegen, wenn die Krankheit nicht durch den Dienst verursacht ist. Desgleichen haftet der Dienstherr für Schaden, den das Gesinde ohne sein Verschulden an seinem Vermögen erlitten hat, z. B. für dem Dienstboten gestohlene oder geraubte Sachen (Sachsenspiegel, III, 6 § 3, bayerisches Landrecht und andere mehr). Das, was den Gesindevertrag in dieser Zeit wesentlich vor allen anderen Dienstverträgen unterschied, waren folgende Umstände: Im Gegensatz zu den unfreien Dienstverhältnissen (Leibeigenschaft, Hörigkeit) war er ein Vertrag mit jemandem, der rechtlich frei über seine Arbeitskraft verfügen, sie daher verdingen konnte. Auf Lebzeiten durfte der Vertrag nicht geschlossen werden, weil niemand über seine Freiheit, der Grundlage der Möglichkeit, einen Arbeitsvertrag zu schließen, verfügen darf. (Eine Glosse zum Sachsenspiegel, II, 33, drückt dies so aus : „nun möchst Du fragen, ob einer sein arbeit mege vermyten ewiglich? Ich glaube; neyn. Wenn so dies wer, so wer eynen sein Freiheit unnytz".) Im Gegensatz zu den unfreien Gewaltverhältnissen bestand die Gegenleistung für die Dienste in Kost, Nahrung, meist auch Kleidung, und in einem Geld- oder Naturallohn, dessen Höhe der freien Vereinbarung der Parteien überlassen war. (Erst von Ende des 15. Jahrhunderts ab kamen zu Ungunsten des Gesindes Lohntaxen auf und begann eine polizeiliche Aufsicht über das Gesinde.) Im Gegensatz zu allen übrigen freien Arbeitsverträgen ist ferner der Gesindevertrag nicht auf einzelne, abgegrenzte Leistungen, sondern auf unbestimmte ungemessene Leistungen gerichtet: Das Gesinde hat seine Arbeitskraft herzugeben, für welche Verrichtungen immer der Herr sie begehrt. Das Gesinde unterliegt endlich der hausherrlichen Gewalt des Dienstherrn. Diese Herrschaftsgewalt hat sich leider auf den heutigen Tag erhalten. Sie fand ihre Begründung darin, daß die gesammte Arbeitskraft ohne Rücksicht darauf, welche Dienste durch sie zu leisten seien, vermiethet war und daß das Gesinde zur Hausgemeinschaft gehörte, über welche dem Hausherrn die Gerichtsbarkeit und Zucht zustand, aber denen gegenüber ihm auch die Verpflichtung oblag, sie vor Angriffen Dritter zu schützen. Dem Gesinde gegenüber stand dem Herrn nicht die volle Herrschaftsgewalt und darum nicht das maßlose Züchtigungsrecht zu, das sonst aus der Stellung des Hausvaters abgeleitet wird. Das damalige Züchtigungsrecht hängt auch mit der Scheu vor dem obrigkeitlichen Eingreifen in die inneren Angelegenheiten des Hauses zusammen. Heute sind all' diese Gründe für ein Züchtigungsrecht gefallen. Trotzdem, werde ich weiterhin darthun, blüht heute das Züchtigungsrecht in ausgedehntem Maße und daneben die Strafgewalt des Staats gegen das Gesinde in ganz Deutschland: das mittelbare Züchtigungsrecht, durch die Hungerpeitsche und die Polizei ausgeübt. Dem Hausherrn stand kein unbeschränktes Züchtigungsrecht zu; der Dienstbote galt nicht als Sklave. Allgemein wird in den Land- und Stadtrechten die Regel aufgestellt, die Züchtigung dürfe nur eine leichte sein, sie dürfe nur maßvoll angewendet und dürfe nicht so ausgeübt werden, daß sie dem Recht mißbehagt. Einige Rechte endlich verbieten bei Strafen jegliche Ausübung des Züchtigungsrechts. Vom 16. Jahrhundert ab wurde die Lage des Gesindestandes erheblich verschlechtert. Aus dem Stande lösten sich immer mehr freie Gewerbe heraus. Hatte der Mangel an Dienstboten zur Besserung ihrer Lage zunächst geführt, so suchten jetzt die Rittergutsbesitzer, die die politische Macht in Händen hatten, durch staatliche Aus965
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Wanderungsverbote und durch neue Zwangsdienste die Zahl des Gesindes zu mehren, ihren Lohn durch Taxen zu beschneiden, ihre Rechtlosigkeit durch Einführung polizeilicher Ueberwachung, Gesindebücher und andere Maßregeln zu erhöhen. Die Staatsgewalt wird seit dem 16. Jahrhundert gegen das Gesinde mobil gemacht. Das Gesinde war trotz der vielen Wunden, die die Niederwerfung des Bauernaufstandes den arbeitenden Klassen geschlagen hatte, noch kräftig genug, die Hauptangriffe der Großgrundbesitzer abzuwehren. Zu Statten kam ihm, daß die Städte naturgemäß das Aufkommen der damals beginnenden Hausindustrie begünstigten, und das durch Ausbreitung der Hausindustrie die Möglichkeit erleichtert wurde, aus dem Qesindestand zu selbständiger Thätigkeit überzugehen. Im 16. Jahrhundert wurde aber dennoch zur Dämpfung der von der Ritterschaft erhobenen Klagen über Vertragsbruch die Reichsgesetzgebung erfolgreich angerufen. Waren doch die Fürsten selbst als Großgrundbesitzer gleichfalls an Erwerb und Festhaltung billiger Arbeitskräfte interessili. Das Reich (1530) auf dem Reichstag zu Augsburg, sodann durch Reichspolizeiordnungen von 1548 und 1577) führte Dienstzeugnisse für das Gesinde ein (aus ihnen haben sich die heutigen Gesindedienstbiicher entwickelt) und schlug den Ortsbehörden vor, feste Lohntaxen für das Gesinde einzuführen, über welche hinaus kein Gesinde gelohnt werden dürfe. Seitdem scheiden aus dem Gesindeverhältniß die Tagelöhner (die kein Dienstbuch führen und nicht auf eine längere Zeit sich verdingen) aus und können auch heute zum Gesinde keinesfalls mehr gerechnet werden. Aus dem Gesindestand floß im 16. und im Anfang des 17. Jahrhunderts eine große Anzahl nach den Städten oder trat in neue Industriezweige ein. Klöppeln, Spinnen und Zwirnen wurden in Folge des Beginns der Entwicklung der modernen Fabrikindustrie gesuchte Beschäftigungen. Auf der anderen Seite wurde der Mangel insbesondere an landwirtschaftlichen Arbeitskräften außerordentlich fühlbar. Die Großgrundbesitzer setzten an den verschiedensten Orten Erschwerungen und Verbote der neuen Beschäftigung durch. So war bereits im Jahre 1608 im sächsischen Erzgebirge dem, der körperlich dienstfähig war, das Klöppeln von Spitzen verboten; wem das Klöppeln gestattet wurde, sollte ein Schutzgeld zahlen u.s.w. Der dreißigjährige Krieg (1618 bis 1648) schaffte dem Gesinde vorübergehend eine bessere Stellung. Es hatte nichts zu verlieren gehabt und verlor nichts. Hie und da pachtete oder kaufte das Gesinde sogar von verarmten Häuslern gegen billiges Geld Land ab. Die Entwicklung der Hausindustrie legte es dem Häusler nahe, seine Kinder nicht mehr in fremde Dienste zu geben, sondern mit Spinnen, Klöppeln, Stricken zu Haus zu beschäftigen. Die Sehnsucht des Landarbeiters ging dahin, sich oder wenigstens die Seinigen auf eigene Füße zu stellen, von dem Druck, unter dem er in seinem Leben gestanden, seine Familie zu befreien. Die Entwicklung der Industrie verhieß ihm Bewegungsfreiheit. Der Krieg hatte viele landwirtschaftlichen Betriebe zerstört, ihre Bearbeitung unmöglich gemacht; manch einer aus dem Gesindestand war der Werbetrommel gefolgt und hatte etwas sich eigen gemacht. Je besser alle diese Umstände für das Gesinde wirkten, desto ungünstiger hatte der Krieg auf die Lage der Gutsbesitzer gewirkt. Aufbau vieler Gebäude und Scheunen waren nothwendig. Der Mangel an Gesinde ließ die Gesindelöhne enorm steigen: theilweise wurde als Lohn neben Kost die Hälfte des Gehaltes eines Stadtbeamten gezahlt. Es trat überdies damals ein kolossaler Getreidepreissturz ein (in Leipzig z. B. kostete der Weizen im Jahre 1622: 12,52, im Jahre 1660: 6,66, der Roggen im Jahre 1622: 8,70, im Jahre 1660: 5,11 Reichsmark). Diese „Nothlage" veranlaßte die Großgrundbesitzer zu brutalen Hilfsmitteln, um Arbeitskräfte anderer für sich arbeiten zu lassen. Der Staat als größter Grundbesitzer unterstützte sie eifrig. Die Mittel waren derart gewalthätig, daß z. B. die Ausführung der kursächsischen Gesindeordnung vom 23. Mai 1651 966
Beratungen im Reichstag aus „Furcht eines Aufstandes an den Grenzen" hinausgeschoben werden mußte. Erbittert tobte der Kampf zwischen den Rittergutsbesitzern und dem Gesinde. Verzweifelt focht das Letztere um seine Rechte und seine soziale und rechtliche Stellung. Ihm standen im großen und ganzen die Städte, die ordentlichen Gerichte, ja selbst Universitäten, wie Wittenberg und Leipzig, mannhaft zur Seite. Das mannhafteste Sträuben half nichts. Am Ende des 17. Jahrhunderts hatte die Ritterschaft der verschiedenen Landestheile Deutschlands, die Hand in Hand in diesem Kampf unter Beihilfe des Reichs im 17. und 18. Jahrhunden vorgingen, folgende gesetzliche Mittel durchgesetzt, um den Mangel an Arbeitskräften zu heben und den Arbeitslohn und die Lage des Gesindes zu verschlechtern. Es sind an den meisten Orten Taxordnungen eingeführt: die Annahme und Hingabe eines höheren Lohnes wird mit harten Strafen (Gefängniß bei Wasser und Brod, Karrenschieben und Geldstrafe; noch 1769 wird in Preußen hierfür Zuchthaus angedroht) bedroht. Die Auswanderung wurde dem gemeinen Stande womöglich verboten oder erheblich erschwert, desgleichen das Ergreifen eines anderen Gewerbes. Wer als Lehrling in eine Innung aufgenommen werden will, muß in Kursachsen erst 2, an einigen Orten 4 Jahre Gesindedienste verrichtet haben. Ja, weiter darüber hinausgehend, werden Bauern und Gemeinden zu Zwangsgesindedienst verpflichtet. Darnach muß jedes Kind, welches überhaupt körperlich zu dienen fähig ist, dem Gerichtsherrn, dem Rittergutsbesitzer während einer gewissen Zeit (gewöhnlich 2 Jahre) unentgeltlich oder gegen schmalen Tagelohn Gesindedienste leisten und landwirtschaftliche Arbeiten verrichten. Ferner müssen die Bauerngemeinden die vom Rittergutsbesitzer verlangten Knechte und Mägde auf eigene Kosten stellen. Das Züchtigungsrecht war vom 15. Jahrhundert ab allmählich in Fortfall gekommen, weil die Unterwerfungs- und Schutzverhältnisse, auf denen es beruhte, nicht mehr vorhanden waren. So erging ζ. B. unter dem 8. August 1682 für Chemnitz der kurfürstliche Befehl, dem Pächter bei Strafe „anzudeuten, daß er hinführo das Gesinde und die Fröner mit Schlägen zu verschonen, an denselben auch keine Gewalt oder Ungebühr auszuüben habe". Seit dem 18. Jahrhundert lebte das Züchtigungsrecht wieder auf und wurde staatlich anerkannt. Daneben setzten die Gutsbesitzer das mittelbare Züchtigungsrecht des Staats gegen das Gesinde durch: wer dem „Herrn" nicht gehorsam war, wurde von ihm geschlagen, vom Staate überdies mit Geld- und Gefängnißstrafen belegt. Endlich entzog der Staat mehr und mehr den unterthänigen Knecht dem ordentlichen Richter. Im 19. Jahrhundert fällt die Leibeigenschaft und die Erbunterthänigkeit, allmählich auch der Zwangsgesindedienst und die Lohntaxen. Im übrigen bleibt es aber bezüglich des Rechts des Gesindes im wesentlichen beim alten. Der heutige Gesindevertrag schafft genau wie der Vertrag des Zwangsgesindes und des Leibeigenen in den früheren Jahrhunderten ein Unterwürfigkeitsverhältniß zur Herrschaft (dieser Name ist bezeichnenderweise bis auf den heutigen Tag geblieben), ein Herrschaftsverhältniß des Arbeitgebers über das Gesinde. Der heutige Gesindevertrag enthält der historischen und wirtschaftlichen Entwicklung Hohn sprechende Bestandtheile eines Vertrags, der aus einer längst vergangenen Rechtsund Wirthschaftsperiode in unsere Zeit hineinragt. Es ist die frühere väterliche Gewalt, der tatsächliche und wirtschaftliche Zusammenhang der Mitglieder einer Hausgemeinschaft und der Familie ein anderer geworden, Unterwerfungs- und Schutzverträge, auf denen das Mittelalter beruhte, sind auf allen anderen Gebieten geschwunden — nur das Gesinderecht ist, soweit es sich gegen das Gesinde richtet, im wesentlichen das alte geblieben. Die Pflichten des Gesindes sind sogar noch erhöht, und die Pflichten, die der mittelalterliche Hausherr als Schutzherr hatte, sind gefallen. 967
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Welches Gesinderecht gilt heute im Deutschen Reiche? Die Reichsgesetzgebung hat sich bislang nicht mit dem Gesindevertrag beschäftigt. Nur nebenher hat sie durch einige Bestimmungen auch in das Gesinderecht eingegriffen. Der Inhalt dieser Bestimmungen ist folgender: Ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitgegenstandes ist das Amtsgericht zur Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Herrschaft und Gesinde zuständig, sofern diese Streitigkeiten während der Dauer des Dienstverhältnisses entstehen (§ 23 des Gerichtsverfassungsgesetzes). Unberührt von dieser Bestimmung bleiben aber die Vorschriften der einzelnen Landesgesetzgebung, welche für Streitigkeiten zwischen Herrschaft und Gesinde eine Vorentscheidung der Polizeibehörde verlangen und das Eingreifen der Polizeibehörde zu Gunsten der Herrschaft zulassen. Das Lohnbeschlagnahmegesetz vom 21. Juli 1869 findet auch auf das Gesindeverhältniß Anwendung: der Dienstlohn ist unpfändbar. Die Rechtsprechung erachtet es aber für zulässig, daß die Herrschaft wegen Gegenforderungen die Lohnzahlung verweigert. Dieser Zustand wird durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht beseitigt. Für den Fall, daß die Herrschaft in Konkurs fällt, bestimmt die Reichskonkursordnung, daß das bereits vorher angetretene Dienstverhältniß als die Konkursmasse verpflichtend weiter geht, aber von jedem Theile mit der vertragsmäßigen, oder wenn diese kürzer ist mit der gesetzmäßigen Frist, gekündigt werden kann, sofern es nach dem Vertrage überhaupt noch über die Zeit hinaus zu bestehen hat. Ist das Dienstverhältniß noch nicht angetreten, so hat der Konkursverwalter dem Gesinde zu leisten, was die Erben zu leisten hätten, wenn der Gemeinschuldner am Tage des veröffentlichten Konkurses gestorben wäre. Wegen der letztjährigen Rückstände am Lohn, Kostgeld und anderen Dienstbezügen hat das Gesinde ein Konkursvorrecht. Das zur Bewirthschaftung eines Grundstücks gehaltene Gesinde hat ferner ein den Hypotheken vorgehendes Recht auf Befriedigung aus dem Grundstück des Dienstherrn, wenn es ein zur Landwirtschaft bestimmtes Gut ist. Ferner kann nach § 35 der Gewerbeordnung das Geschäft eines Gesindevermiethers demjenigen untersagt werden, welcher wegen aus Gewinnsucht begangener Vergehen oder Verbrechen gegen das Eigenthum oder wegen Vergehen oder Verbrechen gegen die Sittlichkeit bestraft worden ist. Das Reichsstrafgesetzbuch erklärt einen Diebstahl und eine Unterschlagung, falls der Thäter in häuslicher Gemeinschaft der geschädigten Person als Gesinde sich befindet und falls nur Sachen von unbedeutendem Werth entwendet sind, für Vergehen, die nur auf Antrag verfolgt werden können und bei denen die Zurücknahme des Strafantrags zulässig ist. Das falsche Anfertigen, die Verfälschung von Dienstbüchern oder Zeugnissen, sowie den wissentlichen Gebrauch solcher Urkunden bedroht § 363 des Strafgesetzbuchs mit Haft oder Geldstrafe bis 150 Mark. Da das Strafgesetzbuch im übrigen keine besonderen Bestimmungen über das Dienstverhältniß getroffen hat, haben sich die einzelnen Landesgesetzgebungen — allerdings meiner Ueberzeugung nach mit Unrecht — für berechtigt erachtet, die Dienstboten mit Strafen wegen verweigerten Dienstantritts, wegen unberechtigten Dienstaustritts, wegen Ungehorsam im Dienst u.s.w. zu bedrohen. Das Reich hat ferner bezüglich der Dienstboten in § 33, Nr. 5, und in § 85 des Gerichtsverfassungsgesetzes die Bestimmung getroffen, daß Dienstboten unfähig sein sollen, das Amt eines Schöffen oder eines Geschworenen zu bekleiden: Es hat sie also nach dieser Richtung hin den Personen gleichgestellt, denen wegen gemeiner Verbrechen durch Gericht die Ehrenrechte aberkannt sind. Durch das Invaliditäts- und Altersversicherungsgesetz endlich sind durch das Reich die über 16 Jahre alten Dienstboten für versicherungspflichtig erklärt. — Weitere direkte Bestimmungen hat das Reich in Bezug auf Dienstboten nicht getroffen. Wohl aber ist durch die Gewerbeordnung der gesammte Kreis gewerblicher Arbeiter, die 968
Beratungen im Reichstag von vielen Landesgesetzgebungen auch als „Gesinde" behandelt wurden, aus dem Kreis des Gesindes herausgehoben. Es hat keine Landesgesetzgebung mehr das Recht, gewerbliche Arbeiter, ζ. B. Kellner, Gärtner, als Gesinde zu behandeln. Diejenigen Bestimmungen in landesgesetzlichen Gesindeordnungen, welche dennoch gewerbliche Arbeiter als Gesinde bezeichnen, sind nicht mehr giltig. So ζ. B. zählt die Gesindeordnung für Frankfurt a. M. vom 5. März 1822 als zum Gesinde gehörig auf: „Kellner und Marqueurs in den Wirths- und Kaffeehäusern, Knechte und Miethkutscher, alle männlichen Dienstboten der Handwerker, die nicht als Gesellen oder Lehrlinge eingeschrieben sind". Diese gehören jetzt sämmtlich zweifellos zu den gewerblichen Arbeitern. Das Gleiche gilt von den „Küpern, Gärtnern, Marqueurs", die noch die Gesindeordnung für die mecklenburgische Stadt Wesenberg vom 22. April 1884 als Gesinde erachtet wissen will. Desgleichen gehören die „Gärtner, Kellner, Marqueurs, Laufburschen, Kellnerinnen, Zapfmägde" zu den gewerblichen Arbeitern und auch in der freien Stadt Bremen nicht mehr zum Gesinde, wiewohl die Bremer Gesindeordnung vom 25. Februar 1868 diese Kategorien Arbeiter noch als Dienstboten bezeichnet. Die neuere Bremer Gesindeordnung vom 22. Juni 1894 läßt hierüber keinen Zweifel. Durch die stets fortdauernde Loslösung einiger Gewerbe aus dem Gesindestand und durch den Widerspruch, in dem das Gesinderecht mit der modernen Entwicklung steht, ist ein eigenthümlich zwieschlächtiges Verhältniß für diejenigen Arbeiter geschaffen, die theils Gesindedienste, theils gewerbliche Verrichtungen leisten. So ist ζ. B. der „Dienstbote" eines Gastwirths, der regelmäßig auch in dessen Gewerbebetriebe thätig ist, die Gastzimmer reinigt oder Gästen die Speisen zuträgt, im Gewerbe des Gastwirths thätig und daher gerwerblicher Gehilfe desselben. Das er deshalb ζ. B. krankenversicherungspflichtig ist (der gewerbliche Gehilfe, nicht aber der Dienstbote unterliegt der Krankenversicherung in Deutschland), hat ständig das preußische Oberverwaltungsgericht anerkannt. Solch Arbeiter, der halb Dienstbote, halb gewerblicher Gehilfe ist, unterliegt nach richtiger, von der Praxis aber überwiegend nicht getheilten Ansicht überhaupt nur den Bestimmungen der Gewerbeordnung, nicht denen der Gesindeordnungen. Diese Kategorie von Arbeitern ist nirgends von den Bestimmungen der Gewerbeordnung ausgeschlossen. Ihnen deren günstigeren Bestimmungen, ζ. B. bezüglich der Lohnzahlung, bezüglich der Gleichheit der Kündigungsfristen für beide Vertragstheile, bezüglich der Klagen vor dem Gewerbegericht ohne vorherige Anrufung der Polizei u.s.w. versagen, heißt das Reichsgesetz zu Gunsten eines Landesgesetzes verletzen. Der Zwitterzustand, der dadurch geschaffen wird, daß die Gesindeverhältnisse leider noch immer nicht den für gewerbliche Arbeiter gegebenen gesetzlichen Bestimmungen angepaßt sind, berechtigt keineswegs, dem Theil des Gesindes, der zugleich gewerblicher Arbeiter ist, die vortheilhafteren Bestimmungen der Gewerbeordnung vorzuenthalten. Es beweist nur, daß die einzelnlandrechtliche Sondergesetzgebung gegen das Gesinde, gegen die wirthschaftlichen Bedürfnisse der Zeit und gegen Geist und Buchstaben der Reichsgesetzgebung verstößt und daß eine Nothwendigkeit nicht nur zu einer reichsgesetzlichen Definition des Begriffs „Gesinde, sondern auch zur Aufhebung der Sonderbestimmungen, die gegen das Gesinde gerichtet sind, vorliegt. In der Praxis brechen die Klagen dieser zwieschlächtig behandelten Arbeiterkategorien nicht ab. Insbesondere beschweren sich Restaurationsbedienstete und Gärtner über die unsichere und falsche Praxis. In Braunschweig ist gar in einem Erkenntniß vom 23. Mai 1848 ein Braumeister, der auch zur Aufwartung der Gäste herangezogen wurde, vom Oberappellationsgericht als zum Gesinde gehörig gerechnet. Dasselbe Gericht rechnet noch in einem Erkenntniß vom 29. April 1876 einen gewerblichen Gärtner 969
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
zum Gesinde. Andere Gerichte haben mit Recht strikt entgegenstehende Erkenntnisse gefällt. Wer rechnet heute zum Gesinde ? Eine direkt für ganz Deutschland giltige gesetzliche Bestimmung, wer heute als Gesinde zu erachten ist, existirt nicht. Für den heutigen Begriff des Gesindes ist die geschichtliche Entwicklung des Gesinderechtes, auf die oben ausführlich eingegangen wurde, und der Inhalt der in den verschiedenen Theilen Deutschlands bestehenden Gesindeordnungen (das sind gegen 100) maßgebend. Die Merkmale, welche den Gesindevertrag darnach von allen anderen Verträgen unterscheiden, sind folgende vier. 1. Der Gesindevertrag kann nur „auf längere Zeit", also nicht für vorübergehende oder täglich kündbare Verhältnisse geschlossen werden. Deshalb gehören Tagelöhner (seit spätestens der Reichspolizeiordnung von 1570), Reinmachefrauen, Stiefelputzer, Näherinnen u.s.w. nicht zum Gesinde. 2. Alle anderen Arbeitsverträge beziehen sich auf den Beruf oder das Gewerbe des Arbeitgebers oder auf bestimmte einzelne Dienstleistungen. Der Gesindevertrag bezieht sich nur auf Dienste im Haushalt, nicht auf solche im Beruf oder Gewerbe des Dienstherrn. Nicht zum Gesinde gehören daher ζ. B. Handlungsgehilfen, -Lehrlinge, -Diener, Hausdiener eines Geschäfts, Markthelfer Komtoirboten, Schreiber, ferner Gewerbegehilfen, Gewerbelehrlinge (letztere sind allerdings zur Verrichtung häuslicher Dienste nach § 126 der Gew.-Ordn. verbunden), Schiffer, Bergarbeiter, Kellner, Kellnerinnen, Laufburschen, Köche in Restaurants oder Hotels, Krankenwärter in Krankenanstalten. Trotzdem sind hier und da Hausdiener eines Hotels und Hausdiener eines Kaufmanns, falls sie zugleich für den Haushalt thätig sind, von einigen Gerichten zum Gesinde gerechnet. Eine sehr erhebliche Ausnahme von der Regel, daß das Gesinde nicht für einen Beruf oder ein Gewerbe, sondern nur für die Haushaltung angenommen sein muß, besteht für den landwirthschaftlichen Betrieb. Landwirtschaftliche Dienste wurden bis zu Beginn dieses Jahrhunderts überwiegend von Hörigen, Leibeigenen, Erbunterthanen und Solchen verrichtet, die durch Gesetz zur Verrichtung solcher Arbeiten gezwungen waren. Die damaligen Gesindeordnungen, ζ. B. die preußische, welche mit dem Landrecht vom 1. Juni 1794 in Kraft trat, kannte den Begriff „Gesinde" nur für Arbeiter, die „häusliche Dienste" zu verrichten hatten. Zugleich mit oder unmittelbar nach Aufhebung der Leibeigenschaft, Hörigkeit, Erbunterthänigkeit, der Zwangsdienste u.s.w. setzten aber die Gesindeordnungen fest, daß das Gesinde „häusliche und ivirthschaftliche Dienste" zu verrichten habe. Unter diesen „wirtschaftlichen Diensten" sind nur landwirtschaftliche zu verstehen. Für die Einbeziehung landwirtschaftlicher Arbeiter in den Begriff des Gesindes wird geltend gemacht, daß bei der Landwirtschaft Hausstand und Wirthschaftsbetrieb nach fortlebender Anschauung des Volkes zusammenfallen. Es gehören daher l a n d w i r t schaftliche Arbeiter zum Gesinde, falls die übrigen Voraussetzungen für den Begriff eines Gesindes vorliegen, falls sie also auf längere Zeit (nicht gegen tägliche Löhnung und willkürliche Entlassung hin) angenommen und in den Haushalt des Dienstherrn aufgenommen sind. Es rechnet demnach unter diesen Voraussetzungen ζ. B. zum Gesinde : der Hirt, der Pferdeknecht, der Ackerknecht, der Gärtner, die Magd, die Melkerin. Hingegen gehören beispielsweise nicht zum Gesinde : die Tagelöhner, die Instleute Ost- und Westpreußens, denen ein Gutsbesitzer Wohnung und Land gegen die Verpflichtung, sich den für das Gut geforderten Tagelöhnerdiensten gegen Vergütung zu unterziehen, einräumt, die Dienstgärtner, Dreschgärtner und Arbeitsgärtner der Provinzen Brandenburg, Pommern und Schlesien, die Einlieger (Kowornicks) der Provinz Posen. 3. Erfordert der Begriff des Gesindes, daß das Gesinde in 970
Beratungen im Reichstag die Familie, in den Haushalt des Dienstherrn aufgenommen ist. Es läßt sich nun allerdings billig bestreiten, daß der ländliche Arbeiter vom Großgrundbesitzer in dessen Haushalt aufgenommen werde. Dem Rittergutsbesitzer liegt es fern, den für ihn in seinem landwirthschaftlichen Betriebe arbeitenden Knecht, Schäfer, Hirt in seiner Familie aufzunehmen, mit ihm gemeinsam zu essen u.s.w. Desto mehr spricht er von einem patriarchalischen Verhältniß zu „seinen" Arbeitern. Diesen wird das patriarchalische Verhältniß, ihre Zugehörigkeit zur Familie nur durch ihre nahezu rechtlose Stellung und durch den Empfang von Scheltworten und Prügeln fühlbar. Der Begriff einer Familie, der im Mittelalter noch die gesammten, durch Abstammung und Heimath verwandten Glieder derselben, sowie diejenigen Personen als Erwerbsgemeinschaft umfaßte, welche für Haus oder Wirthschaft thätig waren, ist völlig verändert. Ein Zusammenleben der Herrschaft mit ihren Arbeitern hat aufgehört. Die Schutzpflichten des Familienoberhauptes sind untergegangen. Trotzdem betrachtet die Rechtsprechung noch heute diejenigen ländlichen Arbeiter als in den Haushalt aufgenommen und deshalb als zum Gesinde gehörig, die im Hause des Dienstherrn wohnen und von ihm beköstigt werden. Zweifellos nicht zum Gesinde gehörig werden alle von Aktiengesellschaften, Korporationen, Vereinen u.s.w. angestellten Arbeiter, selbst wenn sie lediglich häuslichen Dienst verrichten, gerechnet. Denn Aktiengesellschaften u.s.w. können keine Familien, keinen Haushalt haben. 4. Alle anderen Arbeiter sind nur zu mehr oder weniger zeitlich oder der Art nach abgegrenzten Thätigkeiten verpflichtet. Das Gesinde ist zu ungemessenen, ja selbst zu solchen im Haushalt oder der Wirthschaft vorkommenden Arbeiten verpflichtet, deren Uebernahme es bei Eingehung des Vertrags ausdrücklich unter Zustimmung der Herrschaft abgelehnt hat. An Stelle des angeblich rechtlich „freien" Antrags treten Gesindebestimmungen, die das Gesinde der Herrschaftsgewalt des Dienstherrn unterwerfen. Einige Gesindeordnungen (ζ. B. in Schleswig-Holstein, den Herz o g t ü m e r n Oldenburg und Lübeck, Schwarzburg-Sondershausen, Stadt Lübeck) sprechen ausdrücklich davon, daß der Dienstvertrag eine „persönliche Unterwürfigkeit" des Dienstboten nach sich ziehe. Andere setzen ein gleiches Verhältniß durch die Festsetzung von Pflichten des Gesindes fest, die dieses in ein sklavenähnliches Abhängigkeitsverhältniß von der Dienstherrschaft setzt. In vortheilhaftem Gegensatz zu dem heute in Deutschland giltigen Begriff eines Gesindes steht in Deutschland nur Ein Gesetzbuch: der Code civil vom Jahre 1803 (art. 1779, 1780). Dem Zuge und Ziele der Zeit und ihrer ökonomischen Entwicklung entsprechend, behandelt er den Gesindevertrag nicht als eine besondere Art von Verträgen, sondern rechnet ihn wie alle anderen Arbeitsverträge zu den Verträgen, durch welche „Dienste für eine bestimmte Zeit oder für eine bestimmte Unternehmung verdungen" sind. Der Code civil hat in Deutschland für Elsaß-Lothringen und für Theile der Rheinprovinz Geltung. Das Gesinderecht ist aber für die Rheinprovinz durch die Gesindeordnung vom 19. August 1844 neu geregelt und dadurch die Giltigkeit des Code civil für das Gesinderecht der Rheinprovinz aufgehoben. Aehnlich steht es in Baden. Das dem Code civil nachgebildete badische Landrecht (vom Jahre 1809) enthält in seinem Artikel 1779 dem Code civil entsprechende Bestimmungen. Diese sind jedoch durch die badische Gesindeordnung außer Geltung gesetzt. Die Ansicht der herrschenden Klasse neigt dahin, alle, die körperliche Arbeiten verrichten, selbst die gewerblichen Arbeiter, dem Gesinde gleich, und dies selbst möglichst rechtlos zu stellen. Durch diese Neigung ist es erklärlich, daß (1884) der Kommissionsbericht des Reichstags über das Unfallversicherungsgesetz auf Seite 8 „von dem gewerblichen und sonstigen Gesinde" spricht. Daß Rechtsunsicherheit bei 971
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
den verschiedenartigen Begriffsbestimmungen bestehen muß, liegt auf der Hand. Sie muß noch vermehrt werden, wenn, wie es die Motive wollen und auch die Kommissionsbeschlüsse nicht verhindern, jedem Partikularstaat die Begriffsbestimmung des Gesindes auch ferner überlassen sein soll. Es liegt in dieser Ausschließung des Gesinderechts von der einheitlichen Gestaltung des Civilrechts die Gefahr, daß auch der Kreis der gewerblichen und sonstigen Arbeiter wieder unter die Gesindeordnungen gezogen werde. Wird eine einheitliche Regelung dieser Verhältnisse unterlassen, so würde die rechtliche Ausnahmestellung, unter der heute in Deutschland IV2 Millionen in häuslichen Betrieben beschäftigte und viele Millionen anderer zum Gesinde gerechneter, insbesondere ländlicher Arbeiter seufzen, noch verlängert und verschärft werden. Ja die Gefahr liegt nahe, daß dann selbst gewerblichen Arbeitern ihre in Jahrzehnte langen Kämpfen mühsam errungenen schmalen Rechte durch die Landesgesetzgebungen entrissen werden. Auf Seite aller Arbeiter besteht das natürliche und lebhafte Bestreben, die Rechtsverhältnisse des Gesindes denen der gewerblichen Arbeiter durch Reichsgesetz völlig gleichzustellen und hat zu dahin gehenden Anträgen wiederholt geführt. Die Forderung der rechtlichen Gleichstellung der landwirthschaftlichen Arbeiter und Dienstboten mit den gewerblichen Arbeitern und Beseitigung der Gesindeordnungen ist eine wirthschaftliche und rechtliche Nothwendigkeit. Die wirthschaftliche Entwicklung u. a. drängt auf Beseitigung der durch nichts mehr gerechtfertigten sklavenartigen Stellung des Gesindes. Wird dies gerade jetzt verweigert, so erringt die Ueberzeugung immer mehr Platz, daß die herrschende Klasse, insbesondere die der Großgrundbesitzer, dem entgegen die Erhaltung der gegenwärtigen Rechtlosigkeitslage und eine noch größere Knechtung erstrebe, um die Arbeitskraft insbesondere der ländlichen Arbeiter für sich gegen möglichst niedrigen Lohn und unter möglichst drückenden Arbeitsbedingungen noch besser ausbeuten zu können. Ein einfacher Ueberblick über die heute giltigen Begriffsbestimmungen bezüglich des Gesindes zeigt die Gefahr, die in der Aufrechterhaltung des partikularrechtlichen Gesetzgebungsrechts auf diesem Gebiet l i e g t . . . Bericht vom 14. 3. 1896 Die Berathung des Antrags Frohme, Stadthagen auf Einschaltung eines neuen § 610 e (Nr. 44 der Drucksachen Z i f f . 17) und des Antrags Gröber auf Einschaltung eines neuen § 610 a (Nr. 35 der Drucksachen Z i f f . 8) führte zur Ablehnung des zuerst genannten Antrags und zu dem Beschlüsse, eine dem Antrage Gröber entsprechende Bestimmung im Sinne einer Beschränkung des im Art. 95 des Entwurfs des Einführungsgesetzes enthaltenen landesrechtlichen Vorbehalts in das Einführungsgesetz aufzunehmen. Bericht vom 18. 3.1896 Der Art. 78 des Einführungsgesetzes blieb unbeanstandet. Hinsichtlich des Art. 95 erklärte der Abgeordnete Gröber, daß er mit Rücksicht auf die Beschlüsse der Kommission über seine, einzelne Bestimmungen des Gesinderechts betreffenden Anträge, seinen Antrag auf Streichung (Nr. 38 der Drucksachen Z i f f . 5) zurückziehe und auf seinen früheren Antrag (Nr. 35 der Drucksachen Z i f f . 12) in dem Sinne zurückkomme, daß die Redaktionskommission beauftragt werde, zu erwägen, welche weitere Bestimmungen des sechsten Titels etwa in den Art. 95 aufzunehmen seien. Er beantragte ferner, dem Artikel als zweiten Absatz eine Bestimmung des Inhalts hinzuzufügen, daß die Landesgesetzgebung hinsichtlich der dem Gesinde von der Dienstherrschaft in Krankheitsfällen zu gewährenden Kur und Verpflegung nicht 972
Beratungen im Reichstag unter das Maß des im Bürgerlichen Gesetzbuche in dieser Beziehung Bestimmten herabgehen dürfe, endlich als dritten Absatz die schon in der fünfzehnten Sitzung beschlossene, das Züchtigungsrecht des Dienstberechtigten ausschließende Bestimmung anzureihen. Die Abgeordneten Frokme und Stadthagen dagegen hielten ihren Antrag auf Streichung des Art. 95 aufrecht, weil trotz der Ablehnung des größten Theils ihrer Anträge die Bestimmungen des Entwurfs über den Dienstvertrag auch für das Gesindeverhältniß vollständig ausreichten, sohin kein Grund dafür bestehe, die Regelung des Gesinderechts der Landesgesetzgebung vorzubehalten. Ferner beantragten sie, der schon beschlossenen Bestimmung über das Züchtigungsrecht hinzuzufügen: „Das Züchtigungsrecht, soweit es in der Seemannsordnung zugelassen ist, wird aufgehoben", weil die Praxis von der Anschauung ausgehe, daß wenigstens den Schiffsjungen gegenüber ein Züchtigungsrecht des Schiffers durch die Seemannsordnung nicht ausgeschlossen sei. Diesen Antrag zogen die Antragsteller für die erste Lesung zurück, nachdem Struckmann unter Zustimmung mehrerer Kommissionsmitglieder ausgeführt hatte, daß die Seemannsordnung ein eigenes Züchtigungsrecht des Schiffers nicht anerkenne, sondern nur etwa in Frage kommen könne, ob der Schiffer nicht unter Umständen kraft des von dem Vater des Schiffsjungen ihm etwa übertragenen Erziehungsrechts auch zur Züchtigung befugt sei, daß der Gegenstand aber auf keinen Fall hierher gehöre, sondern im zweiten Abschnitte des Entwurfs durch eine die Seemannsordnung erläuternde Bestimmung erledigt werden müßte. Uebrigens seien die Arbeiten zur Revision der Seemannsordnung in vollem Gange. Im übrigen bestehe kein Grund dafür, der in dem Art. 95 aufzunehmenden Bestimmung über den Ausschluß des Züchtigungsrechts eine über das Gesindeverhältniß hinausgehende Fassung zu geben, weil — abgesehen von dem im elterlichen Erziehungsrechte enthaltenen Züchtigungsrechte, um das es sich hier überhaupt nicht handele — das geltende Recht auf dem Gebiete des Bürgerlichen Rechts nur noch im Gesinderecht ein Züchtigungsrecht kenne. Dem entsprechend beantragte der Abgeordnete Enneccerus, die Bestimmung zu fassen: „Eine Züchtigung des Gesindes steht der Dienstherrschaft nicht zu." Dieser Antrag, mit dem sich Gröber einverstanden erklärt, wurde einstimmig angenommen. Das gleiche geschah hinsichtlich des den Vorbehalt wegen der Krankenpflege betreffenden Antrags Gröber. Die Prüfung der Frage, ob und welche weiteren Bestimmungen des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs etwa in den Art. 95 aufzunehmen seien, wurde der Redaktionskommission überwiesen. Vorbehaltlich späterer endgültiger Beschlußfassung hierüber wurde der Art. 95 mit den beschlossenen zwei weiteren Absätzen im Ganzen gegen zwei Stimmen angenommen. Bericht vom 15. 4. 1896 Die Anträge Gröber zu den Art. 76, 77 des Entwurfs des Einführungsgesetzes (Nr. 46 der Drucksachen Ziff. 11, 12) wurden der Redaktionskommission überwiesen.6 Struckmann und Jacubezky hatten sich übrigens gegen die Aenderungen ausgesprochen. Die Art. 67, 68 waren nicht beanstandet, bezüglich des Art. 69 bestand Einverständniß darüber, daß die Nr. 7 zu streichen sei wegen der beschlossenen Hinzufügung einer entsprechenden Bestimmung zum § 819, die Art. 70, 104, 105, 106, 7 07wurden ohne Widerspruch unverändert angenommen. Bericht vom 16. 4. 1896 . . . Die Abstimmung ergab die Ablehnung des Antrags gegen vier Stimmen. Die 6
Ferner wurde der Antrag Nr. 45,3 von Gröber zu Art. 75 angenommen (Protokoll vom 15. 4. 1896). 973
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
Frage etwaiger Verbesserung der Fassung des Art. 123 wurde der Redaktionskommission überwiesen. 7 Zur Berathung kamen hierauf die Anträge Gröber auf Streichung des Art. 121 Abs. 1 des Entwurfs des Einführungsgesetzes und Einsetzung eines neuen Art. 181a} Der Sitzung weiter beizuwohnen war ich durch eine gleichzeitige Sitzung des Justizausschusses des Bundesrathes und eine an diese sich anschließende Plenarsitzung des Bundesraths verhindert. Später erfuhr ich, daß nach langer Diskussion beide Anträge abgelehnt wurden, sowie daß die §§ 892 bis 901 sowie der Art. 122 unverändert angenommen wurden, nachdem (ungedruckte) Abänderungsanträge zum § 895 und zum Art. 1229 abgelehnt worden waren. Bericht vom 17. 4. 1896 Als ersten Gegenstand der Berathung bezeichnete der Vorsitzende den Art. 60 des Entwurfs des Einführungsgesetzes. Da in der Tagesordnung für die gestrige Sitzung, in der dieser Artikel ebenfalls schon stand, ihm die Art. 56, 57, 58, 59 vorangingen und diese in der Tagesordnung für die heutige Sitzung überhaupt nicht mehr stehen, muß, zumal Abänderungsanträge zu ihnen nicht gestellt worden sind, angenommen werden, daß sie als genehmigt zu gelten haben. Zum Art. 60 lag der Antrag Gröber (Nr. 69 der Drucksachen Z i f f . 4) vor. Zur Begründung bemerkte der Antragsteller, die ausdrückliche Erwähnung des Preußischen Ansiedlungsgesetzes vom 26. April 1886 sei nicht nothwendig; seine Aufrechterhaltung werde schon durch den für „die landesgesetzlichen Vorschriften über Rentengüter" gemachten Vorbehalt erreicht. Sollte übrigens die von ihm beantragte Streichung die Wirkung haben, daß die Geltung jenes Gesetzes für die Zukunft erlischt, so sei ihm das gleichgültig. Auf keinen Fall könne er sich dazu verstehen, daß dieses politisch höchst anstößige Ausnahmegesetz durch die ausdrückliche Erwähnung im Einführungsgesetze gewissermaßen reichsrechtlich sanktioniert werde. Die Entgegnungen des Staatssekretärs Nieberding und des Kommissars Dr. Gebhard sowie des Abgeordneten Enneccerus, die sich gegen den Antrag aussprachen, bestimmten den Antragsteller zu der Erklärung, daß man eine Aenderung des Artikels, durch die die Aufhebung der Gesetze herbeigeführt werde oder sein Fortbestand wenigstens in Frage gestellt sein würde, abstehen und sich damit begnügen wolle, daß dem Art. 60 eine die ausdrückliche Erwähnung des Gesetzes vermeidende und dadurch den politischen Anstoß beseitigende Fassung gegeben wird. Er ziehe deshalb seinen Antrag zurück und beantrage Ueberweisung des Artikels an die Redaktionskommission. Dies wurde ohne Widerspruch beschlossen. . . . Nachzutragen habe ich, daß die in der Tagesordnung für die heutige Sitzung nach dem § 912 aufgeführten Art. 60 bis 66, 89, 108, 111, 112, 118, 121 bis 126, 128, 141 bis 143, 181, 185 bis 187, 189 des Entwurfs des Einführungsgesetzes, soweit sie nicht durch förmliche Beschlußfassung erledigt wurden, als stillschweigend genehmigt zu gelten haben. 10 Bericht vom 21. 4. 1896 Zur Berathung kam hierauf der Antrag Letocha, Gröber zum Art. 63 des Ent7
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Vgl. hierzu den vollständigen Bericht bei Jakobs/Schubert, Sachenrecht I, S. 462 f. — Der Antrag, den Art. 123 evtl. zu verdeutlichen, stammt von Stadthagen. Antrag Nr. 69,7. Dieser Antrag stammt von v. Cuny (Protokoll vom 16. 4. 1896). Der Antrag Nr. 58 von Bachem zu Art. 143 war abgelehnt worden (Protokoll vom 17. 5. 1896).
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Beratungen im Reichstag wurfs des Einführungsgesetzes (Nr. 75 der Drucksachen). Die Kommission war einig darüber, daß die reichsgesetzliche Regelung des gesammten Wasserrechts dringend zu wünschen, ja auf die Dauer ganz unentbehrlich sei. Die Antragsteller überzeugten sich jedoch davon, daß ihr Antrag deshalb nicht annehmbar sei, weil nach ihm die privatrechtlichen Bestimmungen der Landesgesetze über das Wasserrecht mit dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuches außer Wirksamkeit treten würden, und da es bei der außerordentlichen Schwierigkeit reichsrechtlicher Regelung der Materie ganz ausgeschlossen ist, daß bis dahin ein entsprechendes Reichsgesetz zustandekommt, ein völliges vacuum platzgreifen würde. Sie zogen daher den Antrag zurück zu Gunsten des Antrags des Abgeordneten Kauffmann, in einer Resolution den Wunsch auszusprechen, daß „die reichsgesetzliche Regelung des gesammten Wasserrechts thunlichst bald in Erwägung gezogen werde". Diesen Antrag nahm die Kommission einstimmig an. Bericht vom 16. 5. 1896 Zum Art. 134-warf der Vorsitzende die Frage auf, ob nicht, nachdem der § 1643 durch die Streichung des Abs. 2 eine wesentliche Einschränkung erfahren hat, der Art. 134 in dem Sinne zu ändern sei, daß landesgesetzlich die Zwangserziehung zulässig bleiben soll, auch wenn die strengeren Voraussetzungen des § 1643 Abs. 1 nicht vorliegen, v. Mandry sprach sich dafür aus, in die bestehenden Landesgesetze in dieser Beziehung nicht einzugreifen. Der badische Gesandte v. Jagemann drückte sein lebhaftes Bedauern über die Streichung des § 1643 Abs. 2 aus und bat, doch jedenfalls die Landesgesetzgebung nicht zu stören. Der Abgeordnete Gröber trat dem entgegen; die Konsequenz der Aenderung des § 1643 müsse auch für die Landesgesetzgebung gezogen werden, der Art. 134 sei daher unverändert anzunehmen. Für die Aufrechterhaltung des weiter gehenden Landesrechts erklärte sich der Abgeordnete v. Stumm; er beantragte demgemäß, im Abs. 1 des Art. 134 die Worte „auf Grund des § 1643 oder des § 1814 des Bürgerlichen Gesetzbuchs" zu streichen. Die Kommission entschied sich jedoch mit großer Mehrheit für die unveränderte Annahme des Art. 134. Bericht vom 19. 5. 1896 Zur Berathung kam sodann der Antrag Gröber auf Streichung des Art. 138 des Entwurfs des Einführungsgesetzes (Nr. 113 der Drucksachen). Der Antragsteller bemerkte, die nach der Bestimmung unberührt bleibenden Landesgesetze, die meist aus alter Zeit herrührten, paßten nicht in unser heutiges Erbrecht. Um die Zwecke dieser Bestimmungen zu erreichen, bedürfe es nicht der Einräumung eines Erbrechts; der von ihm vorgeschlagene Weg sei einfacher und praktischer. In Frankfurt a. M. sei er geltendes Recht. Börner sprach sich gegen den Antrag aus. Das Erbrecht der Anstalten stehe zum Teil mit ihrer Organisation in Zusammenhang. Seine Beseitigung würde gewissen Anstalten unter Umständen die erforderlichen Mittel entziehen. Die im Art. 138 enthaltene Regelung schneide zugleich unangenehme Prozesse ab. Der Antrag wurde gegen drei Stimmen abgelehnt. Bericht vom 20. 5. 1896 Bevor die Kommission zu den auf das Erbrecht bezüglichen Bestimmungen des Entwurfs des Einführungsgesetzes überging, ergriff der Preußische Bevollmächtigte, Geheimrath Küntzel das Wort zu einer auf den Art. 62 bezüglichen Bemerkung. Die Preußische Regierung gehe von der Anschauung aus, daß diese Bestimmung der Landesgesetzgebung auch in der Beantwortung der Frage freie Hand lasse, was als Zugehör eines Anerbengutes zu betrachten sei, daß also der § 16 des vom preußi975
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sehen Herrenhause gestern angenommenen Anerbengesetzes durch den Art. 62 nicht berührt werde. Dieser Auffassung wurde von keiner Seite widersprochen. . . . Zum Art. 215 lag der Antrag Bachem (Nr. 59 der Drucksachen) vor, den wegen der Abwesenheit des Antragstellers der Vorsitzende Spahn begründete unter Hinweisung auf den Inhalt eines an die Kommission gelangten Antrags des Ritterraths der Genossenschaft des rheinischen ritterbürtigen Adels. In dieser ist ausgeführt, daß eine große Zahl adeliger Familien der Rheinprovinz das durch die Kabinetsordre vom 16. Januar 1836 und die Verordnung vom 21. Januar 1837 ihnen verliehene freie Dispositionsrecht nicht ausübt, daß diese Familien unter den Vorbehalt des Art. 215 daher nicht fallen. Es dürfe ihnen aber die Möglichkeit nicht genommen werden, in Zukunft nach dem Wegfalle der bestehenden Hindernisse der Genossenschaft beizutreten und so jenes Recht auszuüben. Auch sei nach dem Stiftungsstatute die Genossenschaft berechtigt, auch andere adelige Familien, die nicht zu den ritterbürtigen Geschlechtern der Rheinprovinz gehören, aber dem Stande der adeligen Rittergutsbesitzer angehören, in die Genossenschaft aufzunehmen. Der Kommissar Gebhard sprach sich gegen den Antrag aus. Er sei bedenklich und würde auch mit dem Art. 56 nicht in Einklang stehen, wenn noch nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein solches Adelsprivilegium geschaffen werden könnte. In gleichem Sinne äußerte sich v. Cuny, zugleich beantragte er aber die Streichung des Art. 215, weil es sich hier nicht um Familien des hohen Adels handle und das Fortbestehen des Privilegs überhaupt nicht gerechtfertigt sei. Auch v. Bennigsen trat dem Antrage entgegen; der Art. 215 enthalte das äußerste, was zugestanden werden könne. Der Abgeordnete v. Stumm befürwortete den Antrag, während Schröder sich gleichfalls ablehnend äußerte. Die Abstimmung ergab die Ablehnung des Antrags, dagegen die Annahme des Art. 215 je mit großer Stimmenmehrheit. — Der Art. 216 blieb unangefochten— 1 1 Zum Art. 29 lag der Antrag Frohme, Stadthagen (Nr. 114 der Drucksachen Z i f f . 3) vor, zu dessen Begründung Stadthagen ausführte, daß die Verweisung auf die „guten Sitten" und den „Zweck eines deutschen Gesetzes" zu eng sei und nicht genüge, um ζ. B. die Geltendmachung eines Anspruchs aus der Sklaverei oder solcher Ansprüche, die auf einen im Auslande begangenen Eingriff in das Koalitionsrecht der Arbeiter beruhen, in Deutschland auszuschließen. Der Kommissar Gebhard empfahl unter Darlegung der Gründe, aus denen die Kommission für die zweite Lesung die in dem Antrage entsprechende Fassung des Entwurfs erster Lesung nicht beibehielt, es bei der vorliegenden Fassung zu belassen, deren Aenderung auch eine Aenderung des § 134 nach sich ziehen müßte, v. Cuny unterstützte den Antrag. Die Kommission lehnte ihn mit großer Mehrheit ab. Der Antrag Frohme, Stadthagen auf Streichung des Art. 30 (Nr. 114 der Drucksachen Z i f f . 4), dessen Anwendung nur zu Ungerechtigkeiten gegen Unschuldige führen werde und auf keinen Fall in die Hände des Reichskanzlers und des Bundesraths ohne Mitwirkung des Reichstags gelegt werden könne, wurde gegen 2 Stimmen abgelehnt, nachdem Gebhard die politische Unentbehrlichkeit der Bestimmung dargelegt hatte. Bei dem Art. 31 kam die von Frohme, Stadthagen beantragte, die Civilprozeßordnung betreffende Resolution (Nr. 114 der Drucksachen Z i f f . 1) zur Berathung. Zu ihrer Begründung verwies Stadthagen auf die von der Kommission bei früherer Gelegenheit beschlossene Resolution wegen der richterlichen Gewährung einer Frist 11
Ferner war von Dziembowski-Pomian noch beantragt, in Art. 151 die §§2206, 2215 zu zitieren und am Schlüsse des letzten Satzes zu sagen: „unbeschadet der Vorschriften der §§ 2216 und 2217 des Bürgerlichen Gesetzbuches."
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zur Räumung einer Wohnung. Die gleichen sozialpolitischen und Billigkeitsgründe sprächen für die Gestattung von Teilzahlungen bei Geldforderungen. Der Kommissar Gebhard verwies auf den § 14 Abs. 2 Nr. 4 des Einführungsgesetzes zur (Zivilprozeßordnung und bemerkte, die Kodifikation des Bürgerlichen Rechts ergebe keinen schicklichen Anlaß, diese Frage wieder aufzugreifen. Unter allen Umständen müßte die richterliche Befugniß in gewisse Grenzen eingeschränkt werden; wie diese zu gestalten wäre, könne man dermalen nicht wohl weiter erörtern. Stadthagen änderte hierauf den Antrag dahin ab, daß „der Reichskanzler ersucht werde, in Erwägung zu ziehen, ob nicht in das Gesetz, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung, eine Bestimmung aufzunehmen sei, durch welche . . . zu gestatten". Vielhaben unterstützte diesen Antrag, die Kommission lehnte ihn gegen drei Stimmen ab. Der Abgeordnete v. Dziembowski beantragte in einer Resolution den Wunsch auszusprechen, daß für die ersten fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Richter das Recht gegeben werde, die Kosten eines Rechtsmittels niederzuschlagen, wenn es sich um eine Rechtsfrage bei der Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs handelt. Er verwies auf den § 6 des Gerichtskostengesetzes, dem der gleiche Gedanken zugrundeliege und führte aus, wie oft in der Uebergangszeit irrige Rechtsanschauungen der Untergerichte zur Einlegung von Rechtsmitteln nöthigen werden und wie die Herbeiführung von Entscheidungen der letzten Instanz im allgemeinen Interesse des Volkes liege. Gebhard erkannte die dem Antrage zugrunde liegende wohlwollende Absicht an, empfahl jedoch, von der Verfolgung des Gedankens abzusehen, weil er sich nicht denken könne, daß die Anregung einen Erfolg haben werde. Auch der Abgeordnete Vielhaben äußerte sich ablehnend. Die Bestimmung würde eine Menge von Prozessen hervorrufen, weil jeder darauf rechnen werde, daß von der Bestimmung zu seinen Gunsten werde Gebrauch gemacht werden. Auch Stadthagen sprach sich gegen den Antrag aus. Dieser wurde gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt. Eine im Laufe der Diskussion von dem Abgeordneten Kauffmann gestellte Frage gab dem Staatssekretär Nieberding Anlaß zu der Erklärung, daß die Revision der Civilprozeßordnung selbstverständlich auch die Revision der entsprechenden Kostenvorschriften nach sich ziehen werde. Ob die Revision weiter gehen werde, als es durch die Revision der Civilprozeßordnung geboten sein wird, namentlich ob eine Ermäßigung der Sätze stattfinden werde, könne er dermalen nicht sagen. Voraussetzung hierfür wäre jedenfalls die gleichzeitige Ermäßigung der Anwaltsgebühren. Kauffmann bemerkte hierzu, er halte es für selbstverständlich, daß unter die Revision des Gerichtskostengesetzes auch die Revision der Anwaltsgebührenordnung hergehen müsse. Bei dieser müsse aber hauptsächlich auf eine bessere Ausgleichung der Sätze im Verhältniß zu der sachlichen Bedeutung des Rechtsstreits Bedacht genommen werden. Zum Art. 33 lag der Antrag Gröber (Nr. 69 der Drucksachen Ziff. 1 ) vor, zu dessen Begründung der Antragsteller bemerkte, angesichts der Terminologie des Bürgerlichen Gesetzbuchs würde es zu Verwirrung führen, wenn im § 246 des Strafgesetzbuchs neben dem „Besitze" die Hervorhebung des „Gewahrsams" als etwas besonderes stehen bliebe. Der Antrag wurde gegen wenige Stimmen abgelehnt, nachdem Gebhard ausgeführt hatte, daß der Begriff des „Gewahrsams" aus dem Strafrechte selbst zu entwickeln sei. Sowenig dieser Begriff bisher dem Partikularrechte gegenüber zu Zweifeln Anlaß gab, werde er es auch dem Bürgerlichen Gesetzbuch gegenüber thun. „Gewahrsam" komme übrigens nicht bloß noch an anderen Stellen des Strafgesetzbuchs (§§ 350, 367 Nr. 1), sondern auch in anderen Gesetzen vor, ζ. B. in den SS 712, 713 der Civilprozeßordnung. An diesen Stellen der Civilprozeßordnung 977
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habe die Kommission für die zweite Lesung des Bürgerlichen Gesetzbuchs das Wort absichtlich stehen lassen. Zur Begründung des zum Art. 45 gestellten Antrags (Nr. 116 der Drucksachen Ziff. 2, 3) bezeichnete der Antragsteller Gröberes als höchst inkonsequent, daß der Staat auf die Vornahme eines Aktes eine Strafe setzt, dem er jede rechtliche Wirksamkeit abspricht. Die Bestimmung des § 67 des Personenstandsgesetzes sei nur erklärlich aus dem Kampfzwecke des Gesetzes. Die Bestimmung habe überdies zu einer Reihe von Auslegungszweifeln geführt, ζ. B. ob sie auch Anwendung findet, wenn der Geistliche bei einer in der Form des Tridentinums vor sich gehenden Eheschließung nur passive Assistenz leistet. Am ungerechtesten aber sei die Bestimmung für Fälle, in denen der Geistliche, nur seiner kirchlichen und Gewissenspflicht folgend, in articulo mortis, um z. B. ein Konkubinat noch in eine christliche Ehe umzuwandeln, die kirchliche Eheschließung vornimmt, v. Cuny sprach sich mit Lebhaftigkeit gegen den Antrag aus. Der § 67 sei nicht kirchenfeindlich, sondern habe hauptsächlich den Zweck, im Interesse der Verlobten einen indirekten Zwang auf die Geistlichen auszuüben, damit jene gegen den Irrtum geschützt werden, als seien sie durch die kirchliche Eheschließung rechtlich Eheleute geworden. Stadthagen befürwortete den Antrag Ziff. 2 ; der § 67 habe eine Berechtigung nur für die Uebergangszeit gehabt. Dem Antrag Ziff. 3 könne er nicht zustimmen, weil er prinziplos sei. Der Kommissar Gebhard empfahl die Ablehnung beider Anträge, die des primären aus den von dem Abgeordneten v. Cuny geltend gemachten Gründen, die des eventuellen hauptsächlich deshalb, weil es bedenklich sei, daß Straflosigkeit immer schon dann eintreten müßte, wenn es nicht gelingt nachzuweisen, der Geistliche habe sich dessen bewußt sein müssen, daß eine lebensgefährliche Krankheit nicht vorlag. Man müsse an die Möglichkeit denken, daß der Kranke genest, die bürgerliche Eheschließung aber gleichwohl nachträglich nicht erfolgt. Der Antrag Ziff. 2 wurde mit neun gegen neun Stimmen abgelehnt, den Antrag Ziff. 3 nahm die Kommission mit zehn gegen acht Stimmen an. Den Antrag auf Einschaltung eines neuen Art. 45a (Nr. 71 der Drucksachen) zog der Antragsteller Gröber für die erste Lesung zurück. Bei dem Art. 53 kam der die Aufzählung der in Kraft bleibenden privatrechtlichen Bestimmungen der Landesgesetze betreffende Antrag Frohme, Stadthagen (Nr. 114 der Drucksachen Ziff. 2) zur Berathung. Er wurde gegen zwei Stimmen abgelehnt, nachdem Gebhard die Ausführung als „ein Ding der Unmöglichkeit" bezeichnet hatte. Endlich wurde auch der Antrag Frohme, Stadthagen auf Streichung des Art. 72 (Nr. 114 der Drucksachen Ziff. 5) gegen zwei Stimmen abgelehnt. Gegen die Begründung Stadthagens, daß keinerlei berechtigtes Interesse daran bestehe, die antiquierten Einrichtungen der in dem Artikel bezeichneten Art fortbestehen zu lassen, hatte Gebhard ausgeführt, daß die Entstehung neuer solcher Rechte reichsrechtlich schon ausgeschlossen sei, daß es sich um Rechte von im Absterben begriffenen Rechtseinrichtungen handle, die man ihrem natürlichen Auflösungsprozesse überlassen könne. Von Reichs wegen einzugreifen, sei auch bedenklich, weil die Wirkungen schwer übersehbar seien; die noch bestehenden Rechte hingen vielfach mit den politischen und wirthschaftlichen Verhältnissen der Einzelstaaten zusammen. Hiermit war die erste Lesung der beiden Gesetzentwürfe beendigt....
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III. Beschlüsse I. Lesung (Vorlage der Redaktionskommission)12 Art. 12 Abs. 7/In Satz 1 a. E. heißt es statt: „der Verlobte": „er" Art. 16 Abs. 4 : Auf Scheidung sowie auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft kann auf Grund eines ausländischen Gesetzes im Inlande nur erkannt werden, wenn sowohl nach dem ausländischen Gesetze als nach den deutschen Gesetzen die Scheidung zulässig sein würde. Art. 33. II. Der Art. 55 erhält folgende Fassung: Wer bei Begehung der Handlung das zwölfte Lebensjahr nicht vollendet hat, kann wegen derselben nicht strafrechtlich verfolgt werden. Gegen denselben können jedoch nach Maßgabe der landesgesetzlichen Vorschriften die zur Besserung und Beaufsichtigung geeigneten Maßregeln getroffen werden. Die Unterbringung in eine Familie, Erziehungsanstalt oder Besserungsanstalt kann nur erfolgen, nachdem durch Beschluß des Vormundschaftsgerichtes die Begehung der Handlung festgestellt und die Unterbringung für zulässig erklärt ist. Art. 39. II. An die Stelle der §§ 7, 8 treten folgende Vorschriften : § 7. Die Ehe wird dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor dem Beamten persönlich und bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit einander eingehen zu wollen. Der Beamte muß zur Entgegennahme der Erklärungen bereit sein. Die Erklärungen können nicht unter einer Bedingungen oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden. § 7 a. Der Beamte soll bei der die Verlobten einzeln und nach einander eingehen wollen, und, aussprechen, daß sie kraft Gesetzes Absatz 2 unverändert.
Eheschließung in Gegenwart von zwei Zeugen an einander die Frage richten, ob sie die Ehe mit nachdem die Verlobten die Frage bejaht haben, nunmehr rechtmäßig verbundene Eheleute seien.
§ 8. Unverändert. § 8 a. Absatz 1 unverändert. Ist die Ehe in das Heirathsregister eingetragen worden und haben die Ehegatten nach der Eheschließung zehn Jahre oder, falls einer von ihnen vorher gestorben ist, drei Jahre als Ehegatten mit einander gelebt, so ist die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn bei dem Ablaufe der zehn Jahre oder zur Zeit des Todes der einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist. Art. 45 II. § 55. Ist eine Ehe . . . aufgelöst oder ist nach § 1557a des Bürgerlichen Gesetzbuchs die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so ist dies am Rande der über die Eheschließung bewirkten Eintragung zu vermerken. — Wird die eheliche Gemeinschaft nach der Aufhebung wiederhergestellt, so ist dies auf Antrag am Rande zu vermerken. III. Der $ 67 erhält folgenden Absatz 2 (neu): Eine strafbare Handlung ist nicht vorhanden, wenn der Geistliche oder der Religionsdiener im Falle einer lebensgefährlichen, einen Aufschub nicht gestattenden Erkrankung eines der Verlobten zu den religiösen Feierlichkeiten der Eheschließung schreitet. V. gestrichen. Art. 60. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Rentengüter und Ansiedelungsstellen. Art. 69 Nr. 7gestrichen. 12
Die folgende Übersicht ist aus Platzgründen auf die Änderungen beschränkt.
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Art. 75. Unberührt bleiben die über die Bestimmung des § 823 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinausgehenden landesgesetzlichen Vorschriften... Art. 78. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die Beamten für die von ihnen angenommenen Stellvertreter und Gehülfen in weiterem Umfange als nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche haften. Art. 80 gestrichen. Art. 86, S7gestrichen. Art. 95. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Gesinderecht angehören. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften über die Schadensersatzpflicht desjenigen, welcher Gesinde zum widerrechtlichen Verlassen des Dienstes verleitet oder in Kenntniß eines noch bestehenden Dienstverhältnisses in Dienst nimmt oder ein unrichtiges Dienstzeugniß ertheilt. Die Vorschriften der §§ 100 bis 111, 127, 272, 609a bis 610a, 615, 618, 815, des S 825 Abs. 2 und des § 1341 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung, die Vorschriften des § 609a jedoch nur insoweit, als die Landesgesetze, dem Gesinde nicht weitergehende Ansprüche gewähren. Ein Züchtigungsrecht steht dem Dienstberechtigten dem Gesinde gegenüber nicht zu. Art. 119 Abs. 2 Z i f f . 3: in den Fällen des § 1111 des Bürgerlichen Gesetzbuches und des Artikel 50 dieses Gesetzes der dem Eigenthümer zustehende Entschädigungsanspruch von dem einem Dritten an Ansprüche zustehenden Rechte befreit wird. Art. 123. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Eigenthum an Grundstücken zu Gunsten der Nachbarn noch anderen als den im Bürgerlichen Gesetzbuche bestimmten Beschränkungen unterwerfen. Dies gilt insbesondere auch von den Vorschriften, nach welchen Anlagen sowie Bäume und Sträucher nur in einem bestimmten Abstände von der Grenze gehalten werden dürfen. In Art. 134 Abs. 1 ist auch § 55 des Strafgesetzbuchs zitiert. Art. 139a. E.:„.. . anordnen kann oder soll." Art. 140 gestrichen. Art. 149. Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen bei der Errichtung einer Verfügung von Todeswegen der Richter an Stelle des Gerichtsschreibers oder der zwei Zeugen eine besonders dazu bestellte Urkundsperson zuziehen kann. Auf die Urkundsperson finden die Vorschriften der §§ 2206 bis 2208 des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung. Art. 183 a. E.: „.. . Vorschriften der §§ 1004 bis 1011a des Bürgerlichen Gesetzbuchs. Art. 199 a. (neu): Wird innerhalb zwanzig Jahren nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein Ehevertrag vor Gericht abgeschlossen, so hat dessen Aufnahme gebührenfrei zu erfolgen. Art. 200. Die Scheidung und die Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erfolgenvon dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs an nach dessen Vorschriften. Hat sich ein Ehegatte vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Verfehlung der in den §§ 1548 bis 1551 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art schuldig gemacht, so kann auf Scheidung oder auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nur erkannt werden, wenn die Verfehlung auch nach den bisherigen Gesetzen ein Scheidungsgrund oder ein Trennungsgrund war.
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Beratungen im Reichstag IV. Anträge zur 2. Lesung in der XII. Kommission Antrag Nr. 109, 3 von Lerno: nach Art. 141 des Einführungsgesetzes einzuschalten folgenden Artikel 141a: „Die Landesgesetze können bestimmen, daß in Ansehung der in dem Gebiete des Bundesstaates liegenden Grundstücke für die Beurkundung des in Art. 307 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Vertrages Satz 2 dieses Paragraphen keine Anwendung finde." Antrag Nr. 118 von v. Buchka: . . . 6. Im § 109 zwischen Abs. 3 und Abs. 4 folgende Bestimmung hinzuzufügen: „Verweigert der Vertreter die Ermächtigung ohne ausreichenden Grund, so kann sie auf Antrag des Minderjährigen durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Der Vertreter kann die Ermächtigung in einem solchen Falle nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurücknehmen oder einschränken." eventuell für den Fall der Ablehnung dieser Bestimmung: dem Art. 95 des Einführungsgesetzes folgende Bestimmung hinzuzufügen: „Die Landesgesetze können bestimmen, daß, wenn einem Minderjährigen oder einer ihm gleichgestellten Person die Ermächtigung, in Dienst oder in Arbeit zu treten, von dem gesetzlichen Vertreter ohne ausreichenden Grund verweigert wird, die Ermächtigung durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden kann." . . . VI. im Einführungsgesetze. 1. im Art. 45 die Nr. III in der Fassung der Kommissionsbeschlüsse zu streichen. 2. Die Nr. 7 des Art. 69 des Entwurfs wiederherzustellen. 3. Den Art. 140 des Entwurfs wiederherzustellen. 4. In Art. 183 vorletzte Zeile statt der Worte „bis 1011 a" zu setzen : „bis Tausenden. 5. Den Art. 199a zu streichen. Antrag Nr. 119 von v. Buchka: Die Art. 86 und 87 des Einführungs-Gesetzes in der Fassung des Entwurfs wiederherzustellen. Antrag Nr. 121 von Spahn zum Einführungsgesetz: 1. in Art. 9 Satz 1 : nur nach den Vorschriften der §§ 21, 21 a 2. in Art. 21 Absatz 2 : so ist die Legitimation oder die Annahme 3. in Art. 23 Absatz 3 Satz 1 : das nach den deutschen Gesetzen erforderliche Alter 4. in Art. 31 Satz 2 : als sich aus . . die Aufhebung ergiebt. 5. in Art. 34 Nr. I: Im § 11 Absatz 1 treten an die Stelle der Sätze 2, 3 folgende Vorschriften : In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes gilt die Hauptstadt des Heimathstaats als ihr Wohnsitz; ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von der Landesjustizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Gehört ein Deutscher einem Bundesstaate nicht an, so gilt als sein Wohnsitz die Stadt Berlin; ist die Stadt Berlin in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Bezirk von dem Reichskanzler durch allgemeine Anordnung bestimmt. 6. in Art. 39 § 8 a Absatz 1 Satz 1 : . . . oder falls einer von ihnen vorher verstorben ist, bis zu dessen Tode, jedoch mindestens drei Jahre als Ehegatten, 7. in Art. 45 § 44 : geschlossen werden darf, 8. in Art. 75 s Unberührt bleiben die über die Vorschrift des § 823 Absatz 4 . . . von dem Beamten den Ersatz, 9. in Art. 95 den Satz 3 des Absatz 1 als Absatz 2 und den Absatz 2 als Absatz 3 zu stellen, 981
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
10. in Axt. 153¡ Wer zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch nicht das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet h a t . . . Antrag Nr. 122 von v. Roon: . . . V. Zu Art. 39 des Einführungsgesetzes als III einzuschalten: Dem § 67 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung des Personenstandes ist folgender Absatz 1 voranzustellen: „Ein Geistlicher, welcher eine Eheschließung ohne die im § 1299 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderte Bescheinigung vornimmt, wird mit Geldstrafe bis zu 1000 Mark oder mit Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft." Ferner demselben Paragraph als letzten Absatz hinzuzufügen: „Ein Geistlicher, welcher es unterläßt, dem zuständigen Standesbeamten innerhalb von 3 Tagen die Nachricht über einen von ihm auf Grund der §§ 1299 b und c geschlossenen Ehe zugehen zu lassen, wird mit Geldstrafe bis zu 300 Mark bestraft." VI. Im Einführungsgesetz bezw. dem Gesetz vom 6. Februar 1875, betreffend Beurkundung des Personenstandes, diejenigen redaktionellen Aenderungen vorzunehmen, welche sich aus vorstehenden Anträgen ergeben. Antrag Nr. 123 von v. Dziembowski-Pomian zum Einführungsgesetz . . . 18. An einer von der Redaktionskommission zu bestimmenden Stelle: Neuer Artikel. Landesgesetze können den Beginn des Wirtschaftsjahres auch für einzelne landwirthschaftliche Betriebe abweichend von der Vorschrift des § 99 a des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmen. Antrag Nr. 125, 6c von Gröber (im Falle der Annahme des Antrages zu a) als Art. 45a des Einführungsgesetzes folgende Bestimmung aufzunehmen: „Der Art. 3 des Reichsgesetzes vom 24. Mai 1880, betreffend den Wucher (RGBl. S. 109), wird aufgehoben." Antrag Nr. 129, 7von Gröber:Zu §§ 894,907: a) in Art. 121 des Einführungsgesetzes den Abs. 1 zu streichen; b) hinter Art. 181 des Einführungsgesetzes folgende neue Vorschrift als Art. 181a aufzunehmen: „Bei Grundstücken, welche zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Wald bestockt sind, finden bezüglich der Bäume und Sträucher die Vorschriften des § 894 und des § 907 Abs. 2, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erst von der nächsten Verjüngung des Waldes ab Anwendung." Antrag Nr. 131 von v. Buchka: Für den Fall der Ablehnung des Antrags — Nr. 118 IV., 4 der Kommissions-Drucksachen — im Art. 134 des Einführungsgesetzes den zweiten Satz des ersten Absatzes zu streichen, eventuell in diesem zweiten Satz die Worte: „auf Grund des § 1643 oder des S 1814 des Bürgerlichen Gesetzbuchs" zu streichen. Antrag Nr. 133, 6 von Frohme, Stadthagen: folgender Resolution ihre Zustimmung zu geben: „Die Kommission spricht die Erwartung aus, daß in dem Gesetz, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung, der Kreis der unentbehrlichen Gegenstände erweitert, mindestens auf alle zum Erwerb oder Beruf des Schuldners unentbehrlichen Gegenstände erweitert, mindestens auf alle zum Erwerb oder Beruf des Schuldners unentbehrlichen Gegenstände ausgedehnt und klarer bezeichnet werde." Antrag Nr. 135, 3 von Dziembowski-Pomian: die Kommission wolle beschließen folgende Resolution: „Es wird die Erwartung ausgesprochen, daß gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuche eine Reichshinterlegungsordnung in Kraft tritt, unter Anerkennung des Grundsatzes, daß dem Hinterleger ein Klagrecht gegen den Staat zusteht." Antrag Nr. 136, 6 von Frohme, Stadthagen zu § 609 a: Prinzipaliter: An einer Stelle 982
Beratungen im Reichstag
des Einführungsgesetzes folgenden Passus aufnehmen zu wollen: Art. (y): § 1 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 erhält folgenden Zusatz: „4. In einer häuslichen Gemeinschaft, falls das Dienstverhältnis ein dauerndes ist, das die Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nimmt. " (Für den Fall der Annahme dieser Krankenversicherungspflicht des Gesindes reichsgesetzlich statuirenden Vorschriften würde § 609 a entbehrlich, aber verschiedene redaktionelle Aenderungen des Krankenversicherungsgesetzes erforderlich werden.). . . 12. Art. 95 des Einführungsgesetzes zu streichen, eventuell: Dem Art. 95 als Satz 2 (entsprechend § 2 der Bremer Gesindeordnung vom 22. Juni 1894) einzufügen: „Unter Gesinde (Dienstboten) sind diejenigen Personen zu verstehen, welche sich einem Anderen unter Eintritt in seine Hausgenossenschaft zur fortlaufenden Verrichtung von häuslichen Diensten und Arbeiten gegen Vergütung verpflichtet haben." 16. Als einen Artikel des Einführungsgesetzes (etwa als Art. 41a) festzusetzen: „§ 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 wird aufgehoben." Antrag Nr. 139 von Gröber: den Art. 86 und 87 des Einführungsgesetzes, falls dieselben nach dem Antrag v. Buchka wiederhergestellt werden sollten, folgende Fassung zu geben : Art. 86: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche den Erwerb von Rechten durch juristische Personen beschränken oder von staatlicher Genehmigung abhängig machen, soweit diese Vorschriften Gegenstände im Werth von mehr als [dreitausend'"'] Mark betreffen. Wird die demgemäß nach den Landesgesetzen zu einem Erwerbe von Todeswegen erforderliche Genehmigung ertheilt, so gilt « U.S.W. .
* Anmerkung. Vorbehalten wird der Antrag, diese dem alten preußischen Rechte entnommene Beschränkung auf eine dem heutigen Geldwerth entsprechende Summe zu erweitern.
Art. 87 als Abs. 3 hinzuzufügen: „Mitglieder solcher religiöser Orden oder ordensähnlicher Kongregationen, bei denen kein Gelübde auf Lebenszeit oder auf unbestimmte Dauer abgelegt werden, unterliegen den Vorbehalten des Abs. 1 und 2 nicht." Antrag Nr. 141 von v. Dziembowski-Pomian : Art. 60 des Einführungsgesetzes wie folgt zu fassen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über Rentengüter; aufgehoben werden jedoch diejenigen Vorschriften, wonach die Genehmigung zur Ansiedelung und Rentengutsbildung wegen der persönlichen Vehältnisse des Ansiedlers (Religion, Abstammung) verweigert werden kann. — Unberührt bleiben die Vorschriften des Gesetzes vom 26. April 1886, betreffend die Beförderung deutscher Ansiedelungen bis zum 1. Januar 1910." Antrag Nr. 142 von v. Cuny: In das Einführungsgesetz folgenden Art. 97 a aufzunehmen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Rückzahlung und Umwandlung zinstragender Staatsschulden, für welche Inhaberpapiere ausgegeben oder welche in ein Staatschuldbuch eingetragen sind. Antrag Nr. 147, 5 von Gröber, den Art. 85 des Einführungsgesetzes zu streichen. Antrag Nr. 153 von Gröber: Im Einführungsgesetz den Art. 199 a wie folgt zu fassen : „Wird innerhalb zehn Jahren nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Verweisung auf dessen Vorschrift der Güterstand der Gütertrennung, der Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft (vertragsmäßig) bestimmt, so erfolgt die Aufnahme des Vertrags stempelfrei, und wenn der Vertrag vor Gericht geschlossen wird, Stempel- und kostenfrei, 983
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
es sei denn, daß der Werth des Vermögens beider Ehegatten 30 000 Mark nicht übersteigt." Antrag Nr. 154 von Himburg: 1. hinter Art. 117 des Einführungsgesetzes folgenden Art. 117a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden landschaftlichen oder ritterschaftlichen Kreditanstalten betreffen." und den Art. 167 des Einführungsgesetzes zu streichen. 2. im § 1783 Ziff. 4 des Entwurfs hinter den Anfangsworten „in verbrieften Forderungen" einzuschalten: „gegen eine inländische landschaftliche oder ritterschaftliche Kreditanstalt", und in Ziff. 5 desselben Paragraphen die Worte „insbesondere Pfandbriefen" zu streichen. 3. im Falle der Ablehnung des Antrags unter Nr. 2 dem Art. 135 des Einführungsgesetzes folgende Ziff. 5 hinzuzufügen: „5. gewisse Werthpapiere zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind." und den Art. 211 zu streichen. Antrag Nr. 155 von Lemo (Unter-Antrag zu Art. 199a des Einführungs-Gesetzes): Für den Fall der Annahme des Antrags Gröber — Nr. 153 der KommissionsDrucksachen — : die in demselben enthaltene Summe des Vermögenswerthes auf 10 000 Mark festzusetzen. Antrag Nr. 156vonFrohme, Stadthagen: 1. in Art. 1 des Einführungsgesetzes als spätesten Termin des Inkrafttretens des Gesetzbuchs den 1. Januar 1905 zu bezeichnen. 2. in Art. 20 den letzten Satz („es können jedoch nicht weiter gehende Ansprüche geltend gemacht werden als nach den deutschen Gesetzen begründet sind") zu streichen. 3. in Art. 34 II der Vorschrift: „Dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten" hinzuzufügen: „sowie von der Mutter eines minderjährigen Angeklag«
ten . 4. in Art. 35, III den zweiten Satz folgendermaßen zu fassen: „Ist die Erklärung des gesetzlichen Vertreters nicht zu beschaffen oder verweigert dieser die Zustimmung ohne genügenden Grund und zum Nachtheile des Arbeiters, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung ergänzen." (Durch diese Aenderung würde die in der Praxis recht fühlbar gewordene Lücke ausgefüllt werden, daß in dem Fall, in dem die Zustimmung des Vormunds zur Ausstellung des Arbeitsbuchs nicht zu beschaffen ist, eine Instanz zur Ergänzung der Zustimmung nach bestehender [unserer Ueberzeugung nach irriger] Anschauung nicht vorhanden ist. Ferner würde durch den Antrag für denselben Zweck dieselbe Instanz [Gemeindebehörde] eingesetzt werden). 5. Art. 55, 56, 57, 61, 62, 72, 83 zu streichen. 6. zu Art. 65 folgenden Zusatz zu beschließen: „Jedoch finden unter Abänderung des § 154 a der Gewerbeordnung auf das Verhältniß der Bergarbeiter lediglich die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der in den §§ 105 bis 153 für das Arbeitsverhältniß gewerblicher Arbeiter gegebenen Vorschriften Anwendung." 7. dem Art. 94, ersten Satz, zuzufügen: „Jedoch darf ein höherer Zinsfuß als 8 % nicht zugelassen werden". 8. als Art. (x) des Einführungsgesetzes festzusetzen: „§ 32, Satz 1, der Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 („der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, vor Empfang seiner Auslagen und Gebühren die Handakten dem Auftraggeber herauszugeben") erhält folgende Fassung: „Der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, vor Empfang 984
Beratungen im Reichstag
seiner Auslagen und Gebühren die Handakten dem Auftraggeber herauszugeben, es sei denn, daß der Rechtsanwalt einer Partei, welcher das Armenrecht bewilligt ist, beigeordnet worden ist." 9. als Art. (x) des Einführungsgesetzes festzusetzen: „Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Inverbindungtreten von Vereinen, welche politische Zwecke verfolgen, verbieten, werden aufgehoben." Vereinigungen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, welche zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen sich gebildet haben, unterliegen keiner landesgesetzlichen Vorschrift. 10. folgender Resolution ihre Zustimmung zu ertheilen: Der Reichstag spricht die Erwartung aus, daß 1. die Arbeitsverhältnisse, durch welche Jemand sich verpflichtet, einen Theil seiner geistigen oder körperlichen Arbeitskraft für die häusliche Gemeinschaft, ein wirthschaftliches oder gewerbliches Unternehmen gegen einen vereinbarten Lohn zu verwenden, 2. das Bergrecht, 3. das Jagd- und Fischereirecht, 4. das Versicherungsrecht, 5. das Verlagsrecht, 6. das Wasserrecht und die Vorschriften über Bewässerung und Entwässerung von Grundstücken, baldthunlichst für ganz Deutschland einheitlich geregelt werden. Antrag Nr. 158 von v. Dziembowski-Pomian: 1. zu Artikel 12 des Einführungsgesetzes folgende Resolution: Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, bei der Königlich preußischen Regierung dahin zu wirken, daß die Standesbeamten ermächtigt werden, die Eheschließung von Reichsangehörigen mit russischen Unterthanen ohne ministerielle Genehmigung vorzunehmen, sobald die Nupturienten dem Standesamt glaubhaft nachweisen, daß sie sich kirchlich trauen lassen wollen. 2. zu Artikel 149 des Einführungsgesetzes folgenden neuen Absatz: Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, wonach unter gewissen Voraussetzungen ein Testament auch von einem Dorfgericht aufgenommen werden kann. Landesgesetze können bestimmen, daß der Vorstand einer Dorfgemeinde an Stelle des Dorfgerichts treten kann. 3. in Artikel 145 oder 146 folgenden neuen Absatz: Aufgehoben werden diejenigen Vorschriften, welche den Rechtsweg für die Ansprüche gegen die Hinterlegungsstellen ausschließen oder beschränken. Antrag Nr. 159, 2 von Gröber (Württemberg) : in Artikel 1 des Einführungsgesetzes als Tag des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs den 1. Januar 1900 festzusetzen. V. Berichte von Heller (Bayern) über die Beratungen der XII. Kommission in zweiter Lesung Beriebt vom 10.6. 1896 . .. Ohne Diskussion wurden auch die Anträge Gröber zum § 84 und auf Streichung des Art. 85 des Einführungsgesetzes 13 einstimmig angenommen. Hieran wurde sogleich die Berathung der auf die Art. 83, 86, 87 des Entwurfs des Einführungsgesetzes bezüglichen Anträge gereiht. Den Antrag Frohme, Stadthagen auf Streichung des Art. 83 (Nr. 156 der Drucksachen Z i f f . 5) lehnte die Kommission gegen die Stimme der Antragsteller ab. Nach der Abstimmung bemerkte Gröber, daß nach seiner persönlichen Meinung die im Art. 83 bezeichneten landesgesetzlichen Vorschriften durch das Gesetz vom 3. Juli 1869, 13
Antrag Nr. 147,5. 985
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung, aufgehoben seien. Zu den Art. 86, 87 lagen der Antrag v. Buchka (Nr. 119 der Drucksachen Z i f f . 2), den der Abgeordnete Himburg sich aneignete, und die auf dem Kompromiß 14 beruhenden Anträge Gröber (Nr. 139 der Drucksachen). Bezüglich dieser bemerkte der Antragsteller, daß sie nicht von ihm allein, sondern auch von seinen Fraktionsgenossen gestellt seien. Der Staatssekretär Nieberding erklärt, daß die Preußische und die Bayerische Regierung keinen Grund haben, den Anträgen Gröber nicht zuzustimmen. Er nehme an, daß auch die übrigen Regierungen keine Bedenken hegen werden. Der Abgeordnete v. Bennigsen brachte seine und seiner Fraktionsgenossen Zustimmung zum Ausdrucke. Von anderer Seite wurde das Wort nicht ergriffen. Die Anträge Gröber wurden, wie ich schon telegraphisch zu berichten mit erlaubte, mit vierzehn gegen sechs Stimmen angenommen. Dagegen stimmten die zwei Mitglieder der Freisinnigen Volkspartei, die zwei Sozialdemokraten und zwei der Konservativen. Diese beiden hatten, wie ich auf Befragen von ihnen erfuhr, irrthümlich so gestimmt; sie hatten die Fragestellung des Vorsitzenden mißverstanden.. . . Bericht vom 11. 6. 1896 . . . Hiermit war die zweite Lesung des Entwurfs des Bürgerlichen Gesetzbuchs beendigt; die Kommission ging zur Berathung der auf den Entwurf des Einführungsgesetzes bezüglichen Anträge über. Die redaktionellen Anträge des Vorsitzenden (Nr. 121 der Drucksachen, Einführungsgesetz Ziff. 1 bis 10) wurden ohne Widerspruch angenommen. Die auf den Art. 1 bezüglichen Anträge wurden zurückgestellt. Den zum Art. 12 gestellten Antrag auf eine die Eheschließung zwischen Reichsangehörigen und Russischen Unterthanen betreffende Resolution (Nr. 158 der Drucksachen Z i f f . 1 ) zog der Antragsteller zurück, nachdem der Preußische Bevollmächtigte Geheimrath Küntzel bemerkt hatte, daß die bestehende Praxis auf dem preußischen Gesetze vom 13. März 1854 beruhe, daß dessen Ausführung hier nicht wohl Gegenstand der Kognition sein könne, der Antragsteller sich deshalb an die Preußische Regierung wenden oder die Sache im Preußischen Abgeordnetenhause zur Sprache bringen möge. Den zum Art. 20 gestellten Antrag (Nr. 156 der Drucksachen Z i f f . 2) begründete Stadthagen damit, daß der beanstandete Satz eine Ungerechtigkeit gegen die Ausländerin bilde, deren heimisches Recht die Geltendmachung weiter gehender Ansprüche gestattet. Der Kommissar Gebhard führte aus, die Bestimmung habe wohl nur Bedeutung hinsichtlich der exceptio plurium concumbentium. Schon aus dem Art. 29 ergebe sich eigentlich, daß diese Einrede auch zulässig sei gegen eine Ausländerin, deren heimisches Recht diese Einrede nicht zuläßt. Zur Ausschließung jeden Zweifels habe man die ausdrückliche Bestimmung des Schlußsatzes für rathsam befunden. Sie beruhe auf dem Gedanken, daß der Deutsche gegen das im Vergleiche mit dem deutschen Rechte ungünstigere Recht des Auslands geschützt werden müsse. Der Antrag wurde mit großer Mehrheit abgelehnt. Den Antrag zum Art. 34 (Nr. 156 Z i f f . 3) zog Stadthagen zurück, nachdem Gebhard und der Vorsitzende bemerkt hatten, daß das praktische Bedürfniß im wesentlichen schon durch die Bestimmung Nr. II gedeckt sei, daß übrigens der Antrag im Hinblick auf die §§ 1612,1661 gegenstandslos sei. 14
Vgl. hierzu Jakobs/Schubert, 1978, S. 338 f., 410 ff.
986
Beratung, Materialien zur Entstehungsgeschichte des BGB,
Beratungen im Reichstag
Der Antrag Frohme, Stadthagen zum Art. 35 (Nr. 156 Z i f f . 4), in dem statt „Vaters" zu setzen ist „Vertreters", wurde einstimmig angenommen; Gebhard war ihm nicht entgegengetreten. Zur Begründung des Antrags auf Streichung der Art. 55, 56, 57, 61, 62, 72 (Nr. 156 Z i f f . 5) bemerkte Stadthagen lediglich, der Grund des Antrags ergebe sich aus dem Inhalt der Artikel von selbst. Lenzmann stimmte dem Antrage zu; diese Artikel seien „die Verlustliste der deutschen Rechtseinheit." Der Antrag wurde gegen vier Stimmen15 (zwei Sozialdemokraten, zwei von der Freisinnigen Volkspartei) abgelehnt. Der Antrag v. Buchka zum Art. 45 (Nr. 118 der Drucksachen Z i f f . VI 1) wurde von keiner Seite aufgenommen und galt damit als erledigt. Den Antrag v. Dziembowski zum Art. 60 (Nr. 141 der Drucksachen) lehnte die Kommission gegen die Stimme des Antragstellers ab. Gröber erklärte auch hier, er sei der Ansicht, daß das Reichsgesetz vom 3. Juli 1869 über die Gleichberechtigung der Konfessionen den im Abs. 1 Satz 2 des Antrags bezeichneten landesgesetzlichen Bestimmungen, soweit sie die Religion betreffen, entgegenstehe. Der Antrag Frohme, Stadthagen zum Art. 65 (Nr. 156 der Drucksachen Z i f f . 6) wurde nach kurzer Entgegnung Gebhards gegen drei Stimmen 16 abgelehnt. Der Antrag v. Buchka zum Art. 69 (Nr. 118 der Drucksachen Z i f f . VI 2) ist durch die Beschlüsse der Kommission zum § 819 a erledigt. Den schon bei der ersten Lesung gestellten Antrag Frohme, Stadthagen zum Art. 94 (Nr. 156 der Drucksachen Z i f f . 7) lehnte die Kommission ohne Diskussion gegen fünf Stimmen 17 ab. Der Antrag Frohme, Stadthagen zum Art. 95 (Nr. 136 der Drucksachen Z i f f . 12) war in seinem primären Theile ebenfalls schon bei der ersten Lesung gestellt. Der eventuelle Theil schließt sich mit einigen, übrigens nicht unwesentlichen Abweichungen an die in der Bremischen Gesindeordnung enthaltene Definition an; Stadthagen gab anheim, die Definition der Bremischen vollständig anzupassen, falls die Kommission dies vorziehen sollte. Zur Begründung des Antrags beabsichtigte er, eine von ihm verfaßte übersichtliche Darstellung des deutschen Gesinderechts zum Protokolle zu übergeben, damit sie dem Kommissionsberichte als besondere Beilage angefügt werde. Gegen dies Verfahren, das ganz ungewöhnlich sei, wurde Widerspruch erhoben. Auf den Vorschlag des Vorsitzenden einigte sich die Kommission unter Zustimmung Stadthagens dahin, daß die Ausarbeitung als besondere Drucksache an alle Reichstagsmitglieder vertheilt, auch den Kommissionsmitgliedern als solchen, sowie den Vertretern der Regierungen zugehen und im Kommissionsberichte erwähnt wird, jedoch mit dem Bemerken, daß sie in der Kommission nicht Gegenstand der Erörterung gewesen sei. Zugleich mit diesen Anträgen wurden die auf die Krankenversicherungspflicht pp. des Gesindes bezüglichen Anträge Frohme, Stadthagen (Nr. 136 der Drucksachen Z i f f . 6) zur Berathung gestellt. Der Kommissar Gebhard sprach sich gegen die sämmtlichen Anträge aus; sie wurden theils gegen zwei, theils gegen vier Stimmen abgelehnt. Zur Begründung des Antrags auf Einschaltung eines neuen Art. 97a (Nr. 142 der Drucksachen) bemerkte der Antragsteller v. Cuny, ohne diesen Vorbehalt würde bei 15 16 17
Nach dem Protokoll gegen drei Stimmen. Nach dem Protokoll gegen vier Stimmen. Nach dem Protokoll gegen sechs Stimmen. 987
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
künftigen Konvertierungen verzinslicher Staatsschulden das in Preußen bisher üblich gewesene Verfahren, den Inhabern der Schuldverschreibungen das Präjudiz der Zustimmung zur Umwandlung zu stecken, auf Schwierigkeiten stoßen; nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs würde es nicht wohl zulässig sein. Der Kommissar Gebhard empfahl die Annahme des Antrags. Man könne vielleicht sagen, die bezüglichen landesgesetzlichen Vorschriften seien öffentliches Recht und darum schon als solches vorbehalten; aber die Bestimmung sei jedenfalls rathsam, um mögliche Zweifel auszuschließen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen. Den Antrag zum Art. 117 (Nr. 154 der Drucksachen Z i f f . 1) zog der Antragsteller Himburg auf eine ihn befriedigende kurze Erwiderung des Staatssekretärs Nieberding zurück. Dem Antrage lag das nämliche Mißverständniß über die Bedeutung der „Uebergangsbestimmungen" zugrunde wie dem zum Art. 135 gestellten Antrage. Der Antrag Gröber zum Art. 121 (Nr. 129 der Drucksachen Z i f f . 7) ist die Erneuerung eines schon bei der ersten Lesung gestellten Antrags in abgeschwächter Gestalt. Der Kommissar Gebhard sprach sich im wesentlichen aus den schon bei der ersten Lesung geltend gemachten Gründen gegen den Antrag aus. Die unter großer Unaufmerksamkeit vor sich gehende Abstimmung ergab die Annahme des Antrags mit der Mehrheit von einer Stimme. Ob sich hierbei nicht der eine oder andere Abgeordnete über die Fragestellung geirrt hat, möchte ich dahingestellt sein lassen. Den Antrag v. Buchka zum Art. 134 (Nr. 131 der Drucksachen) nahm der Abgeordnete v. Stumm in seiner eventuellen Gestalt wieder auf. Der Kommissar Gebhard empfahl dringend seine Annahme im Interesse der Landesgesetzgebungen, die die Zwangserziehung auch in anderen als den nach dem Strafgesetzbuche und nach dem § 1643 zulässigen Fällen mit günstigem Erfolge eingeführt haben. Der Badische Gesandte sprach sich in gleichem Sinne aus. Die Abgeordneten Lenzmann und Himburg äußerten sich zustimmend; Gröber verhielt sich ablehnend. Die Kommission nahm den Antrag gegen sieben Stimmen (vier vom Zentrum, der Pole, die zwei Sozialdemokraten) an. Der Antrag v. Buchka zum Art. 140 (Nr. 118 der Drucksachen Z i f f . VI3) ist durch die Beschlüsse über das eigenhändige Testament erledigt. Der Antrag Lemo zum Art. 141 (Nr. 109 der Drucksachen Z i f f . 3) wurde ohne Diskussion gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt. Den zum Art. 145 oder 146 gestellten Antrag (Nr. 158 der Drucksachen Ziff. 3) zog der Antragsteller v. Dziembowski zurück, nachdem sich die Kommissare Gebhard und Planck unter Hinweis auf den § 13 des Gerichtsverfassungsgesetzes gegen ihn ausgesprochen hatten. Bei der bevorstehenden Revision dieses Gesetzes werde zu erwägen sein, ob es nicht möglich sei, den Begriff der bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die schlechthin vor die ordentlichen Gerichte gehören, zu bestimmen. Der Antrag betreffe nur eine Einzelheit; bezüglich dieser solle man dieser Entscheidung der Frage im ganzen jetzt nicht vorgreifen. Im gleichen Sinne sprach sich v. Bennigsen aus.18 Den Antrag zum Art. 149 (Nr. 158 der Drucksachen Z i f f . 2) zog der Antragsteller mit Rücksicht auf die Kommissionsbeschlüsse über das eigenhändige Testament gleichfalls zurück. — Der Antrag v. Buchka zum Art. 183 (Nr. 118 der Drucksachen Z i f f . VI 4) ist durch den Beschluß zum § 1011a erledigt. Zu dem bei der ersten Lesung beschlossenen Art. 199a lagen vor der Antrag v. 18
Der Antrag Nr. 158,3 zu Art. 145 und 146 von Dziembowski-Pomian^/ax worden.
988
zurückgezogen
Beratungen im Reichstag Buchka (Nr. 118 der Drucksachen Z i f f . VI 5) auf Streichung, ferner der Abänderungsantrag Gröber (Nr. 153 der Drucksachen) und der Unterantrag Lemo (Nr. 155 der Drucksachen). Die Anträge gaben zu einer langen Diskussion Anlaß, in der namentlich der Abgeordnete v. Stumm mit besonderer Hartnäckigkeit für den Antrag Gröber eintrat. Der Staatssekretär Nieberding ergriff wiederholt das Wort und betonte ganz besonders die dem Beschlüsse der ersten Lesung wie dem Antrag Gröber entgegenstehenden verfassungsmäßigen Bedenken. Auch ich bemühte mich, die Kommission davon zu überzeugen, daß die Bestimmung, möge sie in dieser oder in jener Gestalt angenommen werden, einen unzulässigen Uebergriff der Reichsgesetzgebung in das Besteuerungsrecht der Einzelstaaten enthalte, daß die Bestimmung übrigens höchst ungleichmäßig wirken würde und daß, wenigstens was Bayern betrifft, angesichts der die Abschließung von Eheverträgen zu außerordentlich erleichternden Entwicklung der Gebührengesetzgebung nicht das geringste Bedürfniß nach einer solchen reichsrechtlichen Bestimmung bestehe. In gleichem Sinne sprach sich vom Mecklenburgischen Standpunkte der Ministerialrath Langfeld aus. Für die Streichung der bei der ersten Lesung beschlossenen Bestimmung erklärten sich v. Cuny, Lerno, Himburg und v. Bennigsen und zwar hauptsächlich aus verfassungsmäßigen Rücksichten, Lenzmann auch wegen Mangels eines Bedürfnisses. Gröber hielt seinen Antrag aufrecht, Lerno empfahl eventuell die Annahme seines Unterantrags, während sich die Abgeordneten v. Dziembowski und Himburg eventuell dafür aussprachen, von einer Unterscheidung nach dem Vermögen ganz abzusehen. Die Abstimmung ergab die Annahme des Unterantrags Lerno und die Streichung des Schlußsatzes des Antrags Gröber, sodann aber die Ablehnung des hiernach abgeänderten Antrags Gröber und die Streichung des bei der ersten Lesung beschlossenen Art. 199 a. Bei der letzten Abstimmung war die Mehrheit sehr groß; bei der Abstimmung über den Antrag Gröber war sie nicht erheblich 19 . Die Anträge Frohme, Stadthagen auf Einschaltung eines den § 32 der Rechtsanwaltsordnung ändernden neuen Artikels (Nr. 156 der Drucksachen Z i f f . 8), eines neuen Artikels zur Abänderung einiger Bestimmungen des öffentlichen Vereinsrechts der Einzelstaaten (Nr. 156 der Drucksachen Ziff. 9) und eines auf den § 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom. 6. Juli 1884 bezüglichen neuen Artikels (Nr. 136 der Drucksachen Z i f f . 16) wurden nach unerheblicher Diskussion abgelehnt, der Abs. 1 des Antrags Nr. 156 Ziff. 9 gegen vier Stimmen, weil auch Lenzmann und Kauffmann dafür stimmten, der Abs. 2 und die übrigen Anträge gegen die Stimmen der Antragsteller. Die Kommission kehrte sodann zum Art. 1 zurück; zu diesem lagen vor der Antrag Frohme, Stadthagen, als spätesten Termin des Inkrafttretens des Gesetzbuchs den 1. Januar 1905 zu bezeichnen (Nr. 156 der Drucksachen Z i f f . 1) und der Antrag Gröber, den 1. Januar 1900 schlechthin als Tag des Inkrafttretens festzusetzen. Frohme und Stadthagen zogen ihren Antrag zu Gunsten des Antrags Gröber zurück. Dagegen beantragte v. Dziembowski, den 15. September 1900 zu wählen. Gröber bemerkte in Bezug auf seinen Antrag, die Frist bis zu dem von ihm vorgeschlagenen Einführungstage sei etwas kurz, aber sie werde genügen, um nicht nur die erforderlichen Nebengesetze, sondern auch die Landesausführungsgesetze rechtzeitig zur Verabschiedung zu bringen. Der Staatssekretär Nieberding erklärte, die Nähe des Einführungstermins vom 1. Januar 1900 stellte dem Reich und den Einzelstaaten eine 19
Vgl. Sten. Berichte über die Verhandlungen des Reichstags (9/IV 1895/97), 3. Anlagenband, 1896, S. 2115 ff.
989
Einfiihrungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch
große Aufgabe. Er werde das Seinige thun, um sie rechtzeitig zu lösen, und nehme an, daß auch die Regierungen der Bundesstaaten der Wahl des 1. Januar 1900 zustimmen werden. Der Antrag v. Dziembowski wurde gegen die Stimme des Antragstellers abgelehnt, der Antrag Gröber wurde einstimmig angenommen. Ich hatte dem Staatssekretär anheimgegeben, sich etwa für den 1. Januar 1901 auszusprechen, er hatte es aber abgelehnt. Ein kurzer Einführungstermin werde vortheilhaft wirken auf das Tempo der Behandlung der Neben- und Ausführungsgesetze in den parlamentarischen Körperschaften. Auch werde es viel leichter sein, bei dem Reichstage nöthigen Falls eine nachträgliche Verschiebung des Einführungstermins durchzusetzen, als jetzt schon die Hinausschiebung des Termins über den 1. Januar 1900. Da ich von den anwesenden Vertretern Württembergs, Badens und Hessens Unterstützung gleichfalls nicht zu erwarten hatte und bei der mir bekannten Stimmung der Kommission auch bei dieser ein Erfolg ausgeschlossen war, so unterließ ich es, in die Diskussion einzugreifen, zumal mir eine Weisung hinsichtlich des Einführungstermins nicht zugegangen war. Die Kommission nahm schließlich die von Frohme, Stadthagen beantragten Resolutionen (Nr. 133 der Drucksachen Z i f f . 6, Nr. 156 der Drucksachen Z i f f . 10), vorbehaltlich ihrer Redaktion an, die erste mit erheblicher Mehrheit, die zweite einstimmig. Der Antrag v. Dziembowski auf Annahme einer Resolution (Nr. 135 der Drucksachen Z i f f . 2) war durch Ablehnung des Antrags auf Einschaltung eines neuen § 585 a erledigt. VI. 1. Anträge im Plenum des Reichtags Antrag Nr. 465 von Auer und
Genossen:...
26. zu § 609a: 1. principaliter: an einer Stelle des Einführungsgesetzes folgenden Passus aufnehmen zu wollen: Artikel (y): § 1 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 in der Fassung der Novelle vom 10. April 1892 erhält folgenden Zusatz: „4. in einer häuslichen Gemeinschaft, falls das Dienstverhältniß ein dauerndes ist, das die Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nimmt." 2. für den Fall der Annahme dieses Antrags § 609a zu streichen. 27. Artikel 95 des Einführungsgesetzes zu streichen, eventuell: dem Artikel 95 als Satz 2 zuzufügen: „Unter Gesinde (Dienstboten) sind diejenigen Personen zu verstehen, welche sich einem Anderen unter Eintritt in seine Hausgenossenschaft zur fortlaufenden Verrichtung von häuslichen Diensten und Arbeiten gegen Vergütung verpflichtet haben." Antrag Nr. 469 von v. Mirbach: die §§819 und 819 a des Bürgerlichen Gesetzbuchs und den Artikel 67 von den Worten: „des Bürgerlichen Gesetzbuchs" ab sowie die Artikel 68, 69 und 70 des Einführungsgesetzes zu streichen. Antrag Nr. 470 von v. Manteuffel, Himburg, v. Staudy: 1. hinter Artikel 59 des Einführungsgesetzes folgenden Artikel 59a einzuschalten: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, welche die zur Zeit des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestehenden landschaftlichen oder ritterschaftlichen Kreditanstalten betreffen." und den Artikel 167 des Einführungsgesetzes zu streichen; 990
Beratungen im Reichstag
3. in §1783 Ziffer 3 des Entwurfs hinter den Anfangsworten „in verbrieften Forderungen" einzuschalten: „gegen eine inländische landschaftliche oder ritterschaftliche Kreditanstalt" und in Ziffer 5 desselben Paragraphen die Worte „insbesondere Pfandbriefen" zu streichen; 4. im Falle der Ablehnung des Antrags unter Nr. 3; dem Artikel 135 des Einführungsgesetzes folgende Ziffer 5 hinzuzufügen: „5. gewisse Werthpapiere zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind." und den Artikel 211 zu streichen. Antrag Nr. 469 von Auer und Gen. : 77. in Artikel 3, 53 oder an einer anderen Stelle des Einführungsgesetzes diejenigen privatrechtlichen Bestimmungen der Landesgesetzgebung ausdrücklich aufzuführen, die nach Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs noch in Geltung bleiben sollen; 78. in Artikel 20 des Einführungsgesetzes den letzten Satz („es können jedoch nicht weitergehende Ansprüche geltend gemacht werden, als nach den deutschen Gesetzen begründet sind") zu streichen; 79. in Artikel 29 des Einführungsgesetzes nach „guten Sitten" einzufügen: „die öffentliche Ordnung"; 80. in Artikel 34 II der Vorschrift: „dasselbe gilt von dem gesetzlichen Vertreter eines Angeklagten" hinzuzufügen: „sowie von der Mutter eines minderjährigen Angeklagten"; 81. Artikel 55 zu streichen; 82. Artikel 56 zu streichen; 83. Artikel 57zu streichen; 84. Artikel 61 zu streichen; 85. Artikel62 zu streichen; 86. zu Artikel 65 folgenden Zusatz zu beschließen: „Jedoch finden unter Abänderung des % 154a der Gewerbeordnung auf das Verhältniß der Bergarbeiter lediglich die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der in den §§ 105 bis 153 für das Arbeitsverhältniß gewerblicher Arbeiter gegebenen Vorschriften Anwendung." 87. Artikel 72 zu streichen; 8 8. Artikel 83 zu streichen; 89. dem Artikel 94, erstem Satz, zuzufügen: „Jedoch darf ein höherer Zinsfuß als 8 Prozent nicht zugelassen werden." 90. in Artikel 134 des Einführungsgesetzes, Absatz 1 hinter dem Wort: „Vormundschaftsgericht" und vor den Worten: „angeordnet werden" einzuschalten: „auf Grund des § 1643 oder des § 1814 des Bürgerlichen Gesetzbuchs"; 91. als Artikel(x) des Einführungsgesetzes festzusetzen: „§ 32 Satz 1 der Rechtsanwaltsordnung vom 1. Juli 1878 („Der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, vor Empfang seiner Auslagen und Gebühren die Handakten dem Auftraggeber herauszugeben") erhält folgende Fassung: „Der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, vor Empfang seiner Auslagen und Gebühren die Handakten dem Auftraggeber herauszugeben, es sei denn, daß der Rechtsanwalt einer Partei, welcher das Armenrecht bewilligt ist, beigeordnet worden ist." 92. als Artikel(x) des Einführungsgesetzes festzusetzen: „Die landesgesetzlichen Vorschriften, welche das Inverbindungtreten von Vereinen, welche politische Zwecke verfolgen, verbieten, werden aufgehoben. — Vereinigungen von Arbeitgebern oder Arbeitnehmern, welche zum Behufe der Erlangung günstiger Lohn- und Arbeitsbedingungen sich gebildet haben, unterliegen keiner landesgesetzlichen Vorschrift." 93. als einen Artikel des Einführungsgesetzes (etwa Artikel 41 a) festzusetzen: „§ 95 des Unfallversicherungsgesetzes vom 6. Juli 1884 wird aufgehoben." 991
Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch 94. folgender Resolution zuzustimmen: Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen : baldthunlichst eine Novelle zum Gewerbegerichtsgesetz vorzulegen, durch welche die Zuständigkeit der Gewerbegerichte auf Streitigkeiten aller Arbeitnehmer ausgedehnt wird, die einen Theil ihrer geistigen oder körperlichen Arbeitskraft für die häusliche Gemeinschaft, ein gewerbliches oder ein wirthschaftliches Unternehmen gegen Entgelt verwenden. Antrag Nr. 473 von v. Roon, Schall 4. zu Artikel39des Einführungsgesetzes als III einzuschalten: dem § 67 des Gesetzes vom 6. Februar 1875 Uber die Beurkundung des Personenstandes ist folgender Absatz 1 voranzustellen: „Ein Geistlicher, welcher eine Eheschließung ohne die im § 1299 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs erforderte Bescheinigung vornimmt, wird mit Geldstrafe bis zu 1000 Mark oder mit Gefängniß bis zu 6 Monaten bestraft." ferner demselben Paragraph als letzten Absatz hinzuzufügen: „Ein Geistlicher, welcher es unterläßt, dem zuständigen Standesbeamten innerhalb von drei Tagen die Nachricht über eine von ihm auf Grund der §§ 1299 b und c geschlossene Ehe zugehen zu lassen, wird mit Geldstrafe bis zu 300 Mark bestraft." Antrag Nr. 485 von Lieber und Gen. : im Einführungsgesetz Artikel 55 als Absatz 2 hinzuzufügen: „Das Gleiche gilt in Ansehung der Mitglieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vormaligen Kurhessischen und des vormaligen Herzoglich Nassauischen Fürstenhauses." Antrag Nr. 486 von v. Stumm-Halberg, Pauli: für den Fall der Annahme unseres Antrages Nr. 446 Ziffer 1 im Einführungsgesetz a) den Artikel 67 wie folgt zu fassen: „Unberührt bleiben die Vorschriften der Landesgesetze über Jagd und Fischerei mit Einschluß der Vorschriften über den Ersatz des Wildschadens." b) die Artikel 68, 69, 70 zu streichen. Antrag Nr. 489 von Spahn: für den Fall der Streichung des $ 819a dem Artikel 69 des Einführungsgesetzes als Nr. 7 hinzuzufügen: „der zum Ersätze des Wildschadens Verpflichtete Erstattung des geleisteten Ersatzes von demjenigen verlangen kann, welcher in einem anderen Bezirke zur Ausübung der Jagd berechtigt ist." Antrag Nr. 495 von Lieber und Gen. : im Einführungsgesetze als Artikel Ja einzuschieben, was folgt: „In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in welchen durch Klage oder Widerklage ein Anspruch auf Grund des Bürgerlichen Gesetzbuchs geltend gemacht ist, wird die Verhandlung und Entscheidung letzter Instanz im Sinne des § 8 des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze dem Reichsgerichte zugewiesen." Antrag Nr. 496 von Lieber und Gen. : im Einführungsgesetze, Artikel 86 Absatz 1, statt „dreitausend" zu setzen: „fünftausend". Antrag Nr. 499 von Gröber, Lieber; Marbe: in Artikel 134 des Einführungsgesetzes den Absatz 1 in folgender Fassung anzunehmen : „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangserziehung Minderjähriger. Die Zwangserziehung ist jedoch, unbeschadet der Vorschriften der §§ 55, 56 des Strafgesetzbuchs, nur zulässig, wenn sie von dem Vor992
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mundschaftsgericht auf Grund des § 1643 oder des § 1814 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder in Fällen, in welchen sie zur Verhütung des völligen sittlichen Verderbens des Kindes sich als nothwendig erweist und der Inhaber der elterlichen Gewalt das Einverständniß erklärt hat, angeordnet wird." 2. Angenommen wurden die Anträge Nr. 485 (Art. 55 Abs. 2), 495 (Art. 5 a), 496 (Art. 86) und 499 (Art. 134; gegenüber dem Antrag in leicht geänderter Fassung). Ferner wurde in Art. 20 des Entwurfs hinter dem Wort „Kosten" „der Schwangerschaft" eingefügt (handschriftlicher Antrag von Spahn). 20
Anhang: Nachweis der Artikel, die in den Kommissionsberichten (Aktenstücke Nr. 440—440 d) behandelt worden sind Art.
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1 12 16 29 30 33 34 35 39 41a 45 45 a 55—57 60 61
2108 2108 2109 2109 2109 f. 2110 2110 2110 2012 2110 2110 f. 2118 2111 2111 f. 2112
63 65 69 72 75 76,77 80-87 94 95 97 a 107 117a 119 121 123
2002 2112 2112 2112 1991 ff. 2113 1947 ff. 2113 2113 2113 1991 2113,2115 2113 1998,2113 2114
134 135 139 140 141a 143 145, 146 149 151 167 183 199a 200 211 215
2079 2080 2114 2105 1965,2114 1999 2114 2114 2114 2115 2115 2115 ff. 2117 2078 ff., 2115 2117
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Vgl. Sten. Berichte RT (9/IV 1895/97), Bd. 4 der Verhandlungen, 1896, S. 2717 ff.
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Zur Benutzung der Edition Die Edition folgt innerhalb der Quellenteile zum Internationalen Privatrecht und zum Einführungsgesetz zum BGB der bisherigen Gliederung. Für die C P O - , K O und FGG-Quellen ließ sich diese Gliederung nicht mehr in allen Einzelheiten beibehalten. Aus gegebenem Anlaß sei noch einmal auf die Zielsetzung der Gesamtedition hingewiesen (vgl. dazu im Einführungsband, 1978, S. 2 ff.), grundsätzlich nur die bisher nicht publizierten Texte, beschränkt auf die Arbeiten des Reichsjustizamts, in den Gesetzgebungskommissionen sowie im Bundesrat und Reichstag, wiedergegeben. Dies bedeutet, daß die Quellen über die zum Teil umfangreichen Diskussionen über die Vorlagen in den einzelnen Bundesstaaten nur insoweit dokumentiert werden, wie sie in den „Zusammenstellungen der Äußerungen der Bundesregierungen" und in den Anträgen der im Justizausschuß vertretenen Bundesstaaten enthalten sind. Jeder, der auf diese Texte zurückgreifen möchte, sei auf die Bestände der einschlägigen Staatsarchive verwiesen. Eine Ausweitung der Edition auf diese Quellen mußte schon deswegen unterbleiben, weil dies die Finanzierung des Gesamtwerks unmöglich gemacht hätte.
Quellen der Edition Civilprozeßordnung: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichskanzleramt Nr. 700; Reichsjustizamt Nr. 8107—8117, 8325 — 8326. — Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München: MJu 12816—12819 (Verhandlungen im Bundesrat und in der Reichstagskommission). Konkursordnung: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 3501, 3502. — Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 10610, 10611. — Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, MJu 12847, MA 76699 (Verhandlungen im Bundesrat u n d in der Reichstagskommission). — Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichstag, N r . 949. Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit: Zentrales Staatsarchiv Potsdam, Reichsjustizamt, Nr. 4786; Reichstag, Nr. 917. — Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem, Rep. 84 a, Nr. 800, 801. — Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, MA 76742 (Verhandlungen im Bundesrat und in der Reichstagskommission).
Teil C Gesetze, betreffend Aenderungen der (Zivilprozeßordnung, des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Strafprozeßordnung und des Einführungsgesetzes zur (Zivilprozeßordnung vom 17. 5. 1898 1 I. Erste Reformversuche (1881 — 1885) 1. Schreiben des Staatssekretärs des Reichsjustizamts vom 1. 12. 1881 an die Bundesregierungen Der achte Deutsche Anwaltstag, welcher im September d. Js. in Heidelberg abgehalten worden ist, hat über die Erfahrungen, welche bis jetzt Seitens des Anwaltsstandes auf dem Gebiete der Reichs-Justizgesetze gemacht sind, verhandelt. Diese Verhandlungen haben, wie aus den gedruckt vorliegenden Berichten und Protokollen zu ersehen ist2, zu dem Ergebniß geführt, daß — was die Civil-Prozeß-Ordnung anlangt — eine Reihe von Vorschriften als solche bezeichnet sind, welche sich in der Praxis nicht bewährt, vielmehr als so wenig zweckmäßig herausgestellt hätten, daß eine baldige Remedur geboten erscheine. Bei Prüfung der Frage, inwieweit die von dem Anwaltstage erhobenen Beschwerden Beachtung verdienten, wird davon auszugehen sein, daß es nicht in der Absicht liegen kann, schon jetzt wieder in eine Diskussion über die Prinzipien, welche dem durch die Civil-Prozeß-Ordnung geregelten Verfahren zu Grunde gelegt sind, einzutreten. Die seit dem Inkrafttreten des Gesetzes abgelaufene Zeit ist jedenfalls zu kurz, als daß einem abschließenden Urtheile darüber, ob in jenen Prinzipien eine Aenderung geboten erscheine, die Möglichkeit gegeben wäre. Hiernach möchte ich die von dem Anwaltstage gefaßten Beschlüsse insoweit, als sie auf einem Widerstreben gegen wesentliche Grundsätze des neuen Verfahrens beruhen oder einen Eingriff in dieselben zur Folge haben würden, nicht in Berücksichtigung zu ziehen empfehlen. Das Gleiche gilt von solchen Punkten, hinsichtlich deren der Anwaltstag nicht sowohl über das Gesetz selbst, als vielmehr über dessen Anwendung durch die Gerichte oder über das Bestehen von Controversen Klage geführt hat. Dagegen dürfte denjenigen Beschwerden eine Prüfung nicht zu versagen sein, welche unter Anerkennung der neugeschaffenen Grundlage des Prozeßverfahrens sich lediglich gegen Einzelnheiten richten. Ist es richtig, daß diese oder jene einzelne Vorschrift der Civil-Prozeß-Ordnung sich als unzweckmäßig erwiesen hat, so wird auf ihre Abänderung Bedacht zu nehmen sein, um so mehr, als sonst leicht das Gesetzgebungswerk im Ganzen der Gefahr einer unrichtigen Beurtheilung ausgesetzt wird. Demnach erachte ich es für geboten, schon jetzt wenigstens Ermittlun1
2
Zum folgenden vgl. J. Damrau, Die Entwicklung der Prozeßmaximen seit der der Reichszivilprozeßordnung von 1877, Paderborn 1975, S. 43 ff., 121 ff., 163 ff. und Schubert, Einleitung, oben S. 5 ff. Aus Platzgründen war es nicht möglich, unter I. und II. sämtliche einschlägigen Schreiben usw. wiederzugeben. Vgl. Verhandlungen des 8. Deutschen Anwaltstages zu Heidelberg 1881, Beilage zur J W 1881, Heft 22 (separate Paginierung).
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I. Erste Reformversuche (1881-1885) gen darüber eintreten zu lassen, ob und in wie weit nach Maßgabe vorbezeichneter Beschränkung die von dem Anwaltstage vertretenen Wünsche auf Abänderung oder Ergänzung einzelner Vorschriften der Civil-Prozeß-Ordnung in weiteren Kreisen getheilt werden und inwieweit gegebenenfalls, sei es in der auf dem Anwaltstage vorgeschlagenen sei es in sonstiger Weise, eine sachgemäße Abhülfe geschaffen werden könne. In dieser Richtung dürften meines Erachtens bezüglich der bemängelten Bestimmungen der Civil-Prozeß-Ordnung nachstehende Punkte in's Auge zu fassen sein: 1. D e r allgemeine Gerichtsstand bestimmt sich nach der Vorschrift der Civil-Prozeß-Ordnung (§ 13) nach dem Wohnsitze, ohne Unterschied, ob derselbe im Inlande oder im Auslande belegen ist; wenn ein solcher nicht vorhanden, nach dem Aufenthaltsorte im Deutschen Reiche, und wenn es auch an diesem gebricht, nach dem letzten Wohnsitze (§18). Hierbei ist wieder zwischen Inland und Ausland nicht unterschieden. Während die Anwälte bezeugen, daß diese Vorschriften insoweit, als es sich um vermögensrechtliche Ansprüche handelt, als ausreichend befunden seien, halten sie eine Ergänzung derselben für Statusprozesse für erforderlich. Zur Begründung eines in diesem Sinne von ihnen empfohlenen Zusatzes zu dem § 24, welcher bekanntlich bezüglich vermögensrechtlicher Ansprüche gegen Personen, welche im Deutschen Reiche keinen Wohnsitz haben, einen besonderen Gerichtsstand eingeführt hat, weisen sie darauf hin, daß zwar in den Motiven zur Civil-Prozeß-Ordnung ( § 1 3 des Entwurfs) die H o f f n u n g ausgesprochen sei, daß die über den allgemeinen Gerichtsstand aufgestellten Grundsätze eine dem Rechtsbedürfnisse der Gegenwart entsprechende Fortbildung des internationalen Rechts fördern würden, daß aber bezüglich der Statusklagen diese Erwartung zur Zeit nicht erfüllt sei, indem die ausländischen Gesetzgebungen in diesen Fällen vielfach die Zuständigkeit ihrer Gerichte auf ihre Staatsangehörigen beschränkten. Berücksichtigt man, daß im § 568 der C P O die Ehestreitigkeiten abgesehen von dem im Absatz 2 daselbst hervorgehobenen Ausnahmefalle an dasjenige Gericht gewiesen sind, vor dem der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, so scheint das Bedenken, daß bezüglich der im Auslande wohnenden Deutschen die Rechtsverfolgung unter Umständen ungebührlich gehemmt sei, der Begründung nicht zu entbehren. 2. D e r § 94 der C P O schreibt vor: „Die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt ist unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird". — Diese Bestimmung wird von dem Anwaltstage als verfehlt bezeichnet, in dem das praktische Bedürfniß das Gegentheil erheische. Dem Uebelstande, daß im Verfolg eines nur des Kostenpunktes wegen eingelegten Rechtsmittels die in der Hauptsache ergangene Entscheidung für unrichtig erklärt würde, gleichwohl aber nicht beseitigt werden könne, wird durch den Vorschlag einer Vorschrift zu begegnen versucht, daß der höhere Richter die Entscheidung in der Hauptsache seiner Prüfung nicht mehr unterstellen dürfe. 3. D i e in den §§ 152 ff. über die Zustellungen gegebenen Vorschriften werden als einer Modifikation im Sinne einer Vereinfachung des jetzigen Verfahrens, welches überaus weitläufig, schwerfällig und kostspielig sei, dringend bedürftig bezeichnet. Bestimmte Vorschläge, wie diesem Bedürfnisse zu entsprechen, sind allerdings nicht gemacht. Es ist nur die Meinung ausgesprochen, daß sich eine Einrichtung ermöglichen lasse, welcher im Falle der Zustellung durch die Post die Mitwirkung des Gerichtsvollziehers ganz zu entbehren sein werde. Eventuell wird darauf hingewiesen, daß es sich empfehlen möchte, bei Zustellungen durch Vermittelung des 995
Änderungen der Civilprozeßordnung
Gerichtsschreibers die Beauftragung der Post obligatorisch zu machen bzw. damit einen bei dem Gerichte angestellten Unterbeamten zu betrauen. Vielleicht ließe sich hierbei auch in Frage stellen, ob nicht eine entsprechende Abänderung des § 40 des Gerichtskostengesetzes im Sinne einer Kostenminderung, und zugleich einer Erweiterung der Fälle angezeigt erscheine, in welchen die Vermittelung des Gerichtsschreibers behufs der Zustellung zugelassen ist. 4. Die Vorschrift im § 162, wonach Zustellungen in einem anhängigen Rechtsstreite an den für die Instanz bestellten Prozeßbevollmächtigten geschehen müssen, wird als eine nicht zweckentsprechende bezeichnet. Zur Begründung werden namentlich Fälle angeführt, wo im amtsgerichtlichen Prozesse der Bevollmächtigte nach ungünstigem Ausgang es einzurichten wußte, daß sein Aufenthalt nicht zu ermitteln war. Da die vorgeschlagene Modifikation, — die Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten als obligatorisch nur dann aufrecht zu erhalten, wenn dieser ein Anwalt und wenn seine Vollmacht dem Gegner mitgetheilt sei, — nicht wohl angänglich erscheinen kann, so dürfte eventuell eine Zusatzbestimmung zu § 162 zu erwägen sein, welche sich darauf beschränkt, im Falle, daß der Prozeßbevollmächtigte nicht ermittelt werden kann, die Zustellung an die Partei selbst zuzulassen. 5. Die Bestimmung des § 430, wonach beim Nichterscheinen des Schwurpflichtigen in dem zur Eidesleistung bestimmten Termine die Folge, daß der Eid als verweigert gelte, durch Versäumnißurtheil festzustellen ist, wird um deswillen angefochten, weil sie nach den gemachten Erfahrungen böswilligen Schuldnern eine Handhabe zur Verschleppung des Prozesses biete. Zur Abhülfe ist empfohlen, von der Feststellung der Folgen der Eidesversäumniß durch Zwischenurtheil abzusehen und vorzuschreiben, daß der Eid als verweigert anzunehmen sei, so daß alsbald in der Hauptsache Urtheil ergehen kann, zugleich aber gegen das letztere, soweit es auf der Eidesversäumniß beruht, den Einspruch beziehungsweise einen Restitutionsweg offen zu lassen. 6. Zum § 646 ist bemerklich gemacht, daß trotz eingetretener Rechtskraft des Unheils dann das Zeugniß hierüber nicht zu erlangen sei, wenn der Gegner innerhalb der Nothfrist bei dem für das Rechtsmittel zuständigen Gerichte zum Zwecke der Terminbestimmung einen Schriftsatz eingereicht habe. Dies sei ein fühlbar gewordener Mangel, indem häufiger Fälle vorkämen, wo lediglich zu dem Zwecke, dadurch die Zwangsvollstreckung länger hinauszuschieben, ein Schriftsatz zum Zwecke der Terminbestimmung eingereicht, die Zustellung desselben aber nicht bewirkt werde. Neben sehr eingreifenden Abänderungsvorschlägen, welche darauf hinauslaufen, daß die Einlegung des Rechtsmittels nicht mehr an die Zustellung des betreffenden Schriftsatzes, sondern statt dessen an die Einreichung desselben bei Gericht geknüpft werde, ist auch der Vorschlag gemacht, nach dem Vorgange früherer Gesetze ζ. B. der Hannoverschen bürgerlichen Prozeß-Ordnung, dem hervorgehobenen Uebelstande durch die Einführung eines Registers abzuhelfen, welches behufs Eintragung der eingelegten Rechtsmittel bei dem Gerichte erster Instanz, beziehungsweise — soweit die Revision in Frage steht — dem Oberlandesgerichte zu führen wäre. 7. Die Vorschrift des § 781, wonach, wenn der Schuldner die Verpflichtung zur Ableistung des Offenbarungseides bestreitet, „durch Urtheil" über den Widerspruch zu entscheiden ist, wird bekämpft, weil sie in Folge der dadurch gegebenen Möglichkeit der Anfechtung mit dem Rechtsmittel der Berufung dem Schuldner eine ungerechtfertigte Handhabe biete, sich seiner Verpflichtung auf längere Zeit zu entziehen.
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Zur Abhülfe ist eine dahin führende Aenderung empfohlen, daß die Entscheidung über den Widerspruch nur mit der sofortigen Beschwerde angefochten werden kann. Indem ich mich der H o f f n u n g hingebe, daß Euere Excellenz den oben von mir angedeuteten Gesichtspunkten zustimmen werden, gestatte ich mir demgemäß das ganz ergebenste Ersuchen um eine gefällige Aeußerung darüber, in wie weit auf Grund der in dem dortigen Verwaltungsgebiete gemachten Erfahrungen die vorbezeichneten Erinnerungen als berechtigt und zutreffend anerkannt werden. Zugleich darf ich ebenmäßig bemerken, daß ich mit Anführung der fraglichen Punkte dem erlauchtesten Ermessen Euerer Excellenz in keiner Weise vorzugreifen beabsichtige und daß ich es mit besonderem Dank anerkennen würde, wenn Hochdieselben Veranlassung nehmen möchten, gegebenenfalls auf etwaige andere, bei der praktischen Handhabung der Civil-Prozeß-Ordnung hervorgetretene Uebelstände aufmerksam zu machen. (gez. v. Schelling) 2. Schreiben des preußischen Justizministers vom 14. 1. 1882 an das Reichsjustizamt Die Berichte der Preußischen Justizbehörden über die bei Anwendung der Deutschen Prozeßordnungen gewonnenen Erfahrungen bezeichnen übereinstimmend das Verfahren bei Zustellungen als komplizirt, umständlich und unsicher und erklären eine baldige Aenderung für geboten. Von der einen Seite sucht man nachzuweisen, daß das in den altländischen Provinzen Preußens früher beobachtete Verfahren allen Anforderungen genügt habe und wünscht demgemäß einfach die Rückkehr zu diesem Verfahren. Von der anderen Seite wird mit mehr Recht anerkannt, daß ein erheblicher Theil der die Zustellungen betreffenden Vorschriften mit der Struktur des Prozesses zusammenhängt und nur mit dieser zugleich geändert werden kann. Ich habe aus allen diesen Berichten die Ueberzeugung gewonnen, daß die Vorwürfe, welche gegen das jetzige Verfahren erhoben werden, zum Theil begründet sind, soweit sie die von Amtswegen angeordneten Zustellungen betreffen, und ich bin zugleich der Ansicht, daß sich wesentliche Erleichterungen und Vereinfachungen innerhalb des Rahmens einer kurzen Novelle herbeiführen lassen, ohne die Grundlagen des prozessualischen Verfahrens anzutasten. Bei Regelung des Zustellungswesens lag die schwierige Aufgabe darin, die im Parteiauftrage bewirkten Zustellungen in einer Weise zur Ausführung zu bringen, daß im Falle prozessualischer Streitigkeiten beide Parteien in der Lage sind, Nachweise über den Inhalt des zugestellten Schriftstücks und über die Art der Zustellung zu führen. Nachdem diese Aufgabe in befriedigender Weise gelöst war, schien es ein unbedenklicher Akt der Gesetzespolitik zu sein, die für die Erledigung der Parteiaufträge zweckmäßig befundenen Vorschriften unverändert auch für die Vornahme der Zustellungen gelten zu lassen, welche von Amtswegen angeordnet werden. Die hierdurch erreichte Einheitlichkeit des Verfahrens ist ein erheblicher Vorzug. Sie muß insoweit beibehalten werden, daß der Dienst der ausführenden Beamten einfach und gleichmäßig geordnet werden kann. Nach diesen Gesichtspunkten habe ich einen Gesetzentwurf aufstellen lassen, dessen Tendenz sich darauf beschränkt, in Bezug auf den Zustellungsakt und die Zustellungsurkunde einfachere Formen für diejenigen Zustellungen einzuführen, welche von den Gerichten und Staatsanwaltschaften angeordnet sind. Indem ich mich beehre, Euerer Exzellenz 10 Exemplare des Entwurfs zur geneigten Kenntnißnahme und Prüfung zu überreichen, gestatte ich mir zur Erläuterung der Einzelbestimmungen Folgendes ganz ergebenst zu bemerken: 99 7
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Die Vereinfachung des Verfahrens wird dadurch erstrebt, daß die Vorschriften der Absätze 2 und 3 des § 173 Civil-Prozeß-Ordnung für von Amtswegen angeordnete Zustellung außer Anwendung bleiben. 1. Die Anordnung, daß die Zustellungsurkunde auf die Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf einen mit derselben zu verbindenden Bogen zu setzen ist (§ 173 Abs. 2, § 177 Civil-Prozeß-Ordnung), dient zur Führung des Nachweises, daß das übergebene Schriftstück mit der Urschrift übereinstimmt und wird bei den auf Antrag einer Partei bewirkten Zustellungen durch eine gleich sichere und gleich zweckmäßige Anordnung kaum ersetzt werden können. Sie erscheint aber entbehrlich, wenn die Behörde, welche die Zustellung veranlaßt, unter ihrer Aufsicht das zu übergebende Schriftstück anfertigen und dem Zustellungsbeamten aushändigen läßt. Der Entwurf schlägt deshalb vor, die angeführten Bestimmungen aufzuheben und den Identitätsnachweis dadurch zu führen, daß die Zustellungsurkunde die Bezeichnung des zu übergebenden Schriftstücks und seine Geschäftsnummer enthält. Der Zweck der Zustellung, ein bestimmtes Schriftstück in die Hand einer bestimmten Person gelangen zu lassen und darüber der betreibenden Behörde einen Nachweis zu erbringen, wird auch auf diese Weise sicher erreicht werden. — Die vorgeschlagene Bestimmung vermindert das Schreibwerk und vereinfacht das Verfahren. Die Gerichte pflegen, — um die Akten stets vollständig zu halten und um die Gefahr des Verlustes oder der Fälschung zu vermeiden —, zum Zwecke der Zustellung nicht die wirklichen Urschriften, sondern besonders gefertigte Abschriften an die Gerichtsvollzieher herauszugeben. Es bedarf dann sogar mehrerer solcher, für die Zustellung als Urschriften geltenden Abschriften, wenn ein und dasselbe Schriftstück mehreren Personen zugestellt werden soll und diese Zustellungen nicht durch denselben Gerichtsvollzieher bewirkt werden können. Die Besorgniß, daß das Verfahren an Sicherheit verliere, darf für ausgeschlossen gelten. Der Vorschlag entspricht dem bis zur Organisation bei der Mehrzahl deutscher Gerichte üblichen Verfahren. 2. Bei den auf Parteibetrieb bewirkten Zustellungen hat auch der Empfänger ein wesentliches Interesse, Abschrift der Zustellungsurkunde zu erhalten, zunächst, um daraus zu ersehen, wer den Gerichtsvollzieher mit der Zustellung beauftragt hat, und sodann, um über den Zustellungsakt selbst einen Nachweis zu besitzen, der im Falle prozessualischer Streitigkeiten über die Zustellung von großer Wichtigkeit sein kann. An solchen Gründen wird es regelmäßig fehlen, wenn die Zustellung auf amtliche Anordnung bewirkt ist. Die anordnende Behörde ist aus dem übergebenen Schriftstück selbst zu ersehen. Streitigkeiten über die Zeit oder die Legalität der Zustellung werden kaum vorkommen, da einerseits die eingehenden Zustellungsurkunden einer amtlichen Prüfung unterzogen werden, andererseits es sich nur in verhältnißmäßig seltenen Fällen um Wahrung von Parteirechten handeln kann. Allerdings sind auch bei amtlichen Zustellungen Fälle denkbar, in welchen es für den Betheiligten wünschenswerth sein kann, die Zeit der Uebergabe amtlich festgestellt zu sehen, namentlich, wenn in seiner Abwesenheit zugestellt ist und es sich um Wahrung von Nothfristen handelt. Eine solche Feststellung kann er aber auch durch gerichtliche Auskunft erlangen und es erscheint jedenfalls nicht erforderlich, wegen solcher Einzelfälle oder um dem Empfänger die Möglichkeit einer sofortigen Kontrolle der Richtigkeit der Zustellungsurkunde zu verschaffen, die Vorschrift, nach welcher dem Empfänger eine beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde zu übergeben ist, beizubehalten. Für die Mehrzahl der Deutschen Gerichte war diese Vorschrift eine Neuerung, zu deren Einführung, so lange alle Zustellungen von Amtswe998
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gen veranlaßt wurden, sich ein Bedürfniß nicht gezeigt hat. Es werden demnach dem Vorschlage keine Bedenken entgegenstehen, für amtliche Zustellungen die Uebergabe einer Abschrift der Zustellungsurkunde in Wegfall zu bringen und demgemäß die Bestimmungen des §174 Nr. 6 und des $ 178 Absatz 2 Civil-Prozeß-Ordnung abzuändern. Ich wiederhole, daß ich es als eine wesentliche Eigenschaft und einen entscheidenden Vorzug des Entwurfs ansehe, daß derselbe keinen Angriff auf die Grundlagen der Civil-Prozeß-Ordnung enthält und in seiner engbegrenzten Zweckbestimmung auch keinen Anlaß zu solchem Angriff bietet. Wenn Ew. Exzellenz diese Tendenz und auch den Grundgedanken des Entwurfs an sich billigen und seiner Ausführung nähertreten wollten, würde es für mich erwünscht sein, bei Berathung der Angelegenheit mich durch einen Kommissar betheiligen zu können. Einer gefälligen Mittheilung über Ew. Exzellenz geneigte Entschließung darf ich ganz ergebenst entgegensehen. (gez. Friedberg) Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausführung der von Amtswegen angeordneten Zustellungen § 1. In den vor die ordentlichen Gerichte gehörigen Rechtssachen, auf welche die Civilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung oder die Konkursordnung Anwendung findet, kommen bei der Ausführung von Zustellungen, welche von Amtswegen angeordnet sind, an Stelle der §§ 173 bis 175, 177, 178 der Civilprozeßordnung die nachstehenden Vorschriften zur Anwendung: § 2. Ueber die Zustellung ist eine Urkunde aufzunehmen. Dieselbe muß enthalten: 1. Ort und Zeit der Zustellung; 2. die Bezeichnung des zu übergebenden Schriftstücks und seine Geschäftsnummer; 3. die Bezeichnung der Behörde, von welcher die Anordnung ausgeht; 4. die Bezeichnung der Person, an welche zugestellt werden soll; 5. die Bezeichnung der Person, welcher zugestellt ist; in den Fällen der §§ 166, 168, 169 C.P.O. die Angabe des Grundes, durch welchen die Zustellung an die bezeichnete Person gerechtfertigt wird; wenn nach § 167 a.a.O. verfahren ist, die Bemerkungen, wie die darin enthaltenen Vorschriften befolgt sind; 6. im Falle der Verweigerung der Annahme die Erwähnung, daß die Annahme verweigert und das zu übergebende Schriftstück am Orte der Zustellung zurückgelassen ist; 7. die Bemerkung, daß das Schriftstück übergeben ist; 8. die Unterschrift des die Zustellung vollziehenden Beamten. Die Zustellungsurkunde ist der Behörde zu überliefern, welche die Zustellung angeordnet hat. § 3. Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgt, so hat der Gerichtsvollzieher zu bescheinigen, daß das seiner Geschäftsnummer und Adresse nach zu bezeichnende Schriftstück der Postanstalt übergeben ist. Die Bescheinigung kann auch von dem Gerichtsschreiber und wenn die Anordnung von der Staatsanwaltschaft ausgeht, dem Büreaubeamten der Staatsanwaltschaft ausgestellt werden. § 4. Wird durch die Post zugestellt, so hat der Gerichtsvollzieher einen durch sein Dienstsiegel verschlossenen mit der Bezeichnung der anordnenden Behörde und mit der Adresse der Person, an welche zugestellt werden soll, versehenen und mit der 999
Änderungen der Civilprozeßordnung Geschäftsnummer des zu übergebenden Schriftstücks bezeichneten Briefumschlag, in welchem das zu übergebende Schriftstück enthalten ist, der Post mit dem Ersuchen zu übergeben, die Zustellung einem Postboten des Bestimmungsortes aufzutragen. D a ß die Uebergabe in der bezeichneten Art geschehen, ist von dem Gerichtsvollzieher zu bezeugen. Die dem Gerichtsvollzieher durch vorstehende Bestimmungen überwiesenen O b liegenheiten k ö n n e n auch von dem Gerichtsschreiber und wenn die A n o r d n u n g von der Staatsanwaltschaft ausgeht, von dem Büreaubeamten derselben w a h r g e n o m m e n werden. § 5. Die Zustellung durch den Postboten erfolgt in Gemäßheit der Bestimmungen der §§ 165 bis 170 der Civilprozeßordnung. U e b e r die Zustellung ist von dem Postboten eine U r k u n d e a u f z u n e h m e n , welche den Bestimmungen des § 2 N o . 1, 5, 6, 8 entsprechen und die Uebergabe des seinem Verschlusse, seiner Aufschrift und seiner Geschäftsnummer nach bezeichneten Briefumschlages bezeugen muß. Die U r k u n d e ist von dem Postboten der Postanstalt und von dieser der Behörde zu überliefern, welche die Zustellung angeordnet hat. § 6. Dieses Gesetz tritt am
in K r a f t .
Schreiben des preußischen Justizministers vom 13. 3. 1882 an das Reichsjustizamt Ew. Exzellenz habe ich mich beehrt, in meinem ganz ergebensten Schreiben vom 14. J a n u a r d. J. die G r ü n d e zur geneigten E r w ä g u n g zu unterbreiten, welche es mir räthlich erscheinen lassen, einerseits die Vorschriften der Civilprozeßordnung über die von Amtswegen zu bewirkenden Zustellungen einer bessernden A e n d e r u n g unverzüglich zu unterwerfen, andererseits aber das gesetzgeberische V o r g e h e n auf dem Gebiet des Civilprozesses vorläufig auf eine Abänderung jener Vorschriften zu beschränken und insbesondere auch die auf Betreiben der Parteien erfolgenden Zustellungen in dem z u r Zeit aufgestellten Gesetzentwurf von einer Berücksichtigung auszuschließen. Im Gegensatz hierzu hat der in der gefälligen Zuschrift Ew. Exzellenz vom 27. v. M. (Nr. 163) erwähnte Anwaltstag bei seiner die Zustellungen betreffenden E r ö r t e r u n g im Wesentlichen n u r mit den auf Betreiben der Parteien erfolgenden Zustellungen sich beschäftigt. Insoweit empfiehlt es sich jedoch meines g a n z ergebensten Dafürhaltens die Berathung über den Gegenstand nicht von den Berathungen zu trennen, welche in A n k n ü p f u n g an die Verhandlungen des Anwaltstages, Ew. Exzellenz mittels des geehrten Schreibens vom 1. D e z e m b e r v. J. innerhalb der in diesem Schreiben bezeichneten G r e n z e n f ü r eine auf den gesammten U m f a n g der Civilprozeßordnung sich erstreckende Revision der letzteren in A n r e g u n g gebracht haben. Meinerseits habe ich, von dem W u n s c h geleitet, dieser A n r e g u n g eine entsprechende Folge zu geben, die behufs einer solchen Revision erforderlichen Vorarbeiten angeordnet. N a c h Beendigung derselben werde ich nicht ermangeln, der Angelegenheit näher zu treten und das Ergebniß Ew. Exzellenz mitzutheilen. D e r Abschluß des dortseits in Aussicht g e n o m m e n e n Revisionswerks dürfte gleichwohl nach der bei f r ü h e r e n ähnlichen Gelegenheiten gemachten E r f a h r u n g e n vor Ablauf einer längeren Zeit nicht erwartet werden können. N u r mit Bedauern w ü r d e ich die, an sich geringfügige und eng bemessene, aber ihrer praktischen Bedeutung nach wichtige u n d darüber wünschenswerthe R e f o r m des f ü r die Zustellungen von Amtswegen gegenwärtig bestehenden V e r f a h r e n s bis zur Erledigung jenes W e r k s hinausgerückt o d e r auch nur von den, jeder vorgängigen Berechnung sich entziehen1000
I. Erste Reformversuche (1881-1885)
den Schicksalen eines, das gesammte Zustellungswesen umfassenden Gesetzentwurfs abhängig gemacht sehen. Falls Ew. Exzellenz, den obigen Andeutungen zustimmend, in die sofortige Berathung des gegenwärtig vorliegenden Gesetzentwurfs einzutreten geneigt sind, gestatte ich mir die ganz ergebenste Bitte, zu derselben den Geheimen Ober-Justizrath Hertz und den Geheimen Justizrath Hoffmann als meine Kommissarien gefälligst zuziehen zu wollen. (gez. Friedberg) 4. Uebersendung eines Gesetzentwurfs zur Reform des Zustellungswesens an die Bundesregierungen durch das Reichsjustizamt (11. 6. 1882) Der Königlich Preußische Herr Justizminister hat aus Anlaß der vielfachen Klagen über die Mängel des durch die Civilprozeßordnung geregelten Zustellungsverfahrens eine alsbaldige Vereinfachung und Erleichterung desselben im Wege der Gesetzgebung — jedoch unter Beschränkung auf die von Amtswegen angeordneten Zustellungen und unbeschadet der schwebenden aber voraussichtlich noch längere Zeit erfordernden Verhandlungen über eine umfassendere Revision der Civilprozeßordnung — in Anregung gebracht. Ich habe mich, vorbehaltlich weiterer Erwägung, ob sich ein gesetzgeberisches Vorgehen in der gedachten Beschränkung zur Zeit empfehle, an der Aufstellung eines entsprechenden Gesetzentwurfs betheiligt, und ist derselbe aus den stattgehabten kommissarischen Berathungen in der aus der Anlage ersichtlichen Gestalt hervorgegangen. Der Entwurf bezweckt, ohne die Grundlagen des prozessualischen Verfahrens und die mit denselben verwachsenen Vorschriften über das Zustellungswesen anzutasten, lediglich für diejenigen Zustellungen, welche von den Gerichten oder Staatsanwaltschaften angeordnet werden, einfachere Formen in Bezug auf den Zustellungsakt und die Zustellungsurkunde einzuführen. Die Vereinfachung wird dadurch erstrebt, daß die Vorschriften in Absatz 2 und 3 des § 1 7 3 der Civilprozeßordnung für die von Amtswegen angeordneten Zustellungen außer Anwendung gesetzt werden. Demgemäß soll ernstlich die Bestimmung, daß die Zustellungsurkunde auf die Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf einen mit derselben zu verbindenden Bogen zu setzen ist (§ 173 Abs. 2, § 177 C.P.O.), wegfallen und die Uebereinstimmung des übergebenen, unter Aufsicht der Behörde gefertigten Schriftstücks mit der bei der letzteren verbleibenden Urschrift dadurch nachgewiesen werden, daß die Zustellungsurkunde die Bezeichnung des übergebenen Schriftstücks und seine Geschäftsnummer enthält. Durch die Aenderung, welche auf das früher bei der Mehrzahl der deutschen Gerichte üblich gewesene Verfahren zurückgreift, soll insbesondere eine erhebliche Verminderung des Schreibwerks erreicht werden. Die zweite vorgeschlagene Aenderung besteht darin, daß von Hinterlassung einer beglaubigten Abschrift der Zustellungsurkunde für den Zustellungsempfänger abgesehen werden soll. Dieselbe wird bei amtlichen Zustellungen für entbehrlich erachtet, weil die anordnenden Behörden schon aus dem übergebenen Schriftstücke selbst zu ersehen sind und ein Streit über die Legalität oder den Zeitpunkt der Zustellung mit Rücksicht auf die stattfindende amtliche Prüfung in der Regel ausgeschlossen sein wird. Ist hiernach einerseits die verhältnißmäßig geringe Tragweite der vorgeschlagenen Reform nicht zu verkennen, so kann andererseits als Vorzug derselben geltend gemacht werden, daß sie keine Aenderung in den Grundlagen der Civilprozeßordnung bewirkt. 1001
Änderungen der Civilprozeßordnung Von weiterem Vorgehen in der Sache wäre es mir sehr erwünscht, darüber unterrichtet zu sein, inwieweit dortseits die alsbaldige Inangriffnahme einer gesetzgeberischen Reform des Zustellungswesens nach Maßgabe des anliegenden Entwurfs für zweckmäßig und empfehlenswerth erachtet wird. Eine gefällige Rückäußerung dieserhalb würde ich mit verbindlichstem Danke erkennen. Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausführung der von Amtswegen Zustellungen
angeordneten
§ 1. In den vor die ordentlichen Gerichte gehörigen Rechtssachen, auf welche die Civilprozeßordnung, die Strafprozeßordnung oder die Konkursordnung Anwendung findet, kommen bei der Ausführung von Zustellungen, welche von Amtswegen angeordnet sind, an Stelle der §§ 173 bis 175, 177, 178 der Civilprozeßordnung die nachstehenden Vorschriften zur Anwendung : § 2. Ueber die Zustellung ist eine Urkunde aufzunehmen. Dieselbe ist der Behörde zu übermitteln, welche die Zustellung angeordnet hat. § 3. Die Urkunde über die Zustellung muß enthalten : 1. O r t und Zeit der Zustellung; 2. die Bezeichnung des zu übergebenden Schriftstücks und seine Geschäftsnummer; 3. die Bezeichnung der Behörde, von welcher die Anordnung ausgeht; 4. die Bezeichnung der Person, an welche zugestellt werden soll; 5. die Bezeichnung der Person, welcher zugestellt ist; in den Fällen der §§ 166, 168, 169 C.P.O. die Angabe des Grundes, durch welchen die Zustellung an die bezeichnete Person gerechtfertigt wird; wenn nach § 167 a.a.O. verfahren ist, die Bemerkung, wie die darin enthaltenen Vorschriften befolgt sind; 6. im Falle der Verweigerung der Annahme die Erwähnung, daß die Annahme verweigert und das zu übergebende Schriftstück am Orte der Zustellung zurückgelassen ist; 7. die Bemerkung, daß das Schriftstück übergeben ist; 8. die Unterschrift des die Zustellung vollziehenden Beamten. § 4. Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgt, so hat der Gerichtsvollzieher zu bescheinigen, daß das seiner Geschäftsnummer und Adresse nach zu bezeichnende Schriftstück der Postanstalt übergeben ist. In der Bescheinigung ist die Zeit, zu welcher und die Postanstalt, bei welcher die Aufgabe geschehen ist, zu bezeichnen. § Wird durch die Post zugestellt, so hat der Gerichtsvollzieher einen durch sein Dienstsiegel verschlossenen, mit der Bezeichnung der anordnenden Behörde und mit der Adresse der Person, an welche zugestellt werden soll, versehenen und mit der Geschäftsnummer des zu übergebenden Schriftstücks bezeichneten Briefumschlag, in welchem das zu übergebende Schriftstück enthalten ist, der Post mit dem Ersuchen zu übergeben, die Zustellung einem Postboten des Bestimmungsortes aufzutragen. Daß die Uebergabe in der bezeichneten Art geschehen, ist von dem Gerichtsvollzieher zu bezeugen. § 6. In den Fällen der §§ 4 und 5 können die dem Gerichtsvollzieher obliegenden Dienstverrichtungen auch von dem Gerichtsschreiber und wenn die Anordnung von der Staatsanwaltschaft ausgeht, von dem Bureaubeamten derselben wahrgenommen werden. § 7. Die Zustellung durch den Postboten erfolgt in Gemäßheit der Bestimmungen der §§ 165 bis 170 der Civilprozeßordnung. 1002
I. Erste Reformversuche (1881-1885) Ueber die Zustellung ist von dem Postboten eine Urkunde aufzunehmen, welche den Bestimmungen des § 3 N o . 1, 5, 6, 8 entsprechen und außerdem die Uebergabe des seinem Verschlusse, seiner Aufschrift und seiner Geschäftsnummer nach bezeichneten Briefumschlages bezeugen muß. Die Urkunde ist von dem Postboten der Postanstalt und von dieser der Behörde zu übermitteln, welche die Zustellung angeordnet hat. § 8. Dieses Gesetz tritt am
in Kraft.
5. Schreiben Bismarcks vom 17. 8. 1884 an das Reichsjustizamt Eine in den letzten Tagen veröffentlichte, von der Handelskammer in Osnabrück an den Herrn Justizminister gerichtete Eingabe, in welcher über das Warten der Parteien und Zeugen bei Gerichtsterminen eine lebhafte und, wie ich glaube, nicht ungerechtfertigte Klage geführt wird, giebt mir Veranlassung, die Aufmerksamkeit Euerer Exzellenz auf einige weitere Uebelstände im Justizwesen, wie sie sich namentlich als eine Folge der neueren Gesetzgebung herausgestellt haben, zu richten. Im Gegensatz zu den altpreußischen bis auf Friedrich Wilhelm I. und Friedrich den Großen zurückreichenden Traditionen tritt in dem jetzigen Verfahren der richterliche Schutz, welcher für den weniger Bemittelten von hoher Bedeutung ist, in den Hintergrund. Durch den Umstand, daß der Prozeßbetrieb und die Zwangsvollstrekkung nicht wie früher bei dem Richter, sondern bei den Anwälten und Gerichtsvollziehern ruht, ist einerseits das gerichtliche Verfahren theurer geworden, während es andererseits gegen den Schuldner eine größere Härte enthält und dem Gläubiger nicht mehr die frühere Sicherheit bietet. Der Anwaltszwang bei Objekten über 300 M. hält in vielen Fällen die Mittelklasssen der Bevölkerung ab, ihr Recht zu suchen, da sich diese ein Armuthszeugniß nicht beschaffen wollen und können. Die Zustellungen, welche in Preußen mit geringen Kosten bei den bewährten Einrichtungen der Post unter richterlicher Aufsicht in vollkommen befriedigender Weise erfolgten, und die Exekutionen, welche früher von den Gerichten besorgt wurden, bilden jetzt die Thätigkeit und Haupteinnahmequelle der Gerichtsvollzieher. In Folge dieser Uebertragung eines großen Theiles der richterlichen Amtsgeschäfte auf Anwälte und Gerichtsvollzieher hat sich die Höhe der Prozeßkosten für das Publikum erheblich gesteigert, ohne daß dadurch die Staatskasse entlastet worden ist. Eben wegen dieser organisatorischen Bestimmungen haben die bisherigen Versuche auf Abminderung der Gerichtskosten die betheiligten Kreise nicht zufrieden gestellt. Zu diesen Uebelständen tritt noch hinzu, daß Anwälte und Gerichtsvollzieher schon aus Geschäftsrücksichten härter gegen den Schuldner verfahren müssen und daß Fälle nicht ausgeblieben sind, in welchen Gläubiger durch Unterschlagungen der Gerichtsvollzieher, wofür der Staat nicht einzustehen hat, ihr Geld verloren haben. 6. Antwort des Reichsjustizamtes vom 25. 8.1884 an Bismarck Mittelst hohen Erlasses vom 17. d. Mts. R 2045/510 haben Euere Durchlaucht mich auf verschiedene im Justizwesen bestehende Mängel aufmerksam gemacht und über die allgemeine Möglichkeit einer legislatorischen Abhülfe meinen Bericht erfordert. Ich erstatte denselben ehrerbietigst wie folgt: I. Die Beseitigung des Anwaltszwanges dürfte sich ohne große Schwierigkeiten und mit verhältnißmäßig geringen Aenderungen der bestehenden Prozeßordnung erreichen lassen. 1003
Änderungen der Civilprozeßordnung
II. Dagegen ist das Gerichtsvollzieher-Institut mit der Struktur der bestehenden Prozeßgesetze auf das Innigste verwachsen; seine Beseitigung würde daher zahlreiche Aenderungen dieser Gesetze und die Umarbeitung ganzer Abschnitte derselben bedingen. Erheblicher als diese legislativen Schwierigkeiten sind die finanziellen Bedenken. Die tüchtigeren Gerichtsvollzieher beziehen zur Zeit eine reichliche, zum Theil sogar außer allem Verhältniß stehende Gebühreneinnahme. Dieselben würden sich mit ihrer Anstellung im Gerichtsdienste als Gerichtsdiener oder Exekutoren nicht abfinden lassen, sondern den Anspruch erheben, daß ihnen aus Staatsmitteln derjenige jährliche Betrag erstattet werde, um welchen ihr künftiges Gehalt gegen ihre bisherige Durchschnitts-Einnahme zurückbleibt. Es dürfte sich deshalb empfehlen, die legislative Reform zunächst auf die Vereinfachung des Zustellungswesens in der Weise zu richten, daß die gewöhnlichen Zustellungen ausschließlich durch die Post erfolgen, gleichzeitig aber im Verwaltungswege die Anstellung von Gerichtsvollziehern auf Gebühren einzustellen, die Neuanstellungen vielmehr — was nach dem Gesetze zulässig ist — gegen festes Gehalt unter Vereinnahmung der verdienten Gebühren zur Staatskasse zu bewirken. (gez. v. Schelling) 7. Schreiben Bismarcks vom 8. 9.1884 an das Reichsjustizamt Euere Excellenz haben in dem gefälligen Berichte vom 25. d. Mts. — Nr. 2191 — im Allgemeinen eine legislatorische Abhülfe der von mir bezeichneten Uebelstände im Justizwesen in Vorschlag gebracht und es dürfte nunmehr im Einzelnen an die Aufstellung derjenigen Punkte im Gerichtsverfassungsgesetz, der Civil- und der Strafprozeßordnung zu gehen sein, welche abzuändern sind. Auf dem Gebiete der Civilprozeßordnung erscheint mir das Gerichtsvollzieher-Institut in seiner gegenwärtigen Gestaltung als das wesentliche Hinderniß jeder Reform. Ich glaube aber, daß die Frage der Entschädigung der vorhandenen Gerichtsvollzieher durch deren Wiederanstellung im Staatsdienste unter W a h r u n g ihrer früheren Gehalts- und Anciennitätsverhältnisse beseitigt werden kann. Einen Anspruch auf Schadloshaltung f ü r das Aufhören des lucrum's, welches die neue Gesetzgebung ihnen zuwandte, vermag ich nicht anzuerkennen. Ein Einkauf in dieses lucrum, welcher das Aequivalent der Entschädigung bilden würde, hat dem Staat gegenüber nicht stattgefunden. Ich ersuche daher Euere Excellenz ergebenst, die Reformvorschriften in den Grundzügen Behufs weiterer Prüfung aufstellen und an mich gelangen zu lassen. Diese Vorschläge sollen jedoch keineswegs durch mein Schreiben vom 17. d. Mts. — R. 2045 — begrenzt sein, vielmehr ersuche ich Euere Excellenz ergebenst, auch noch sonstige der Abänderung bedürftige Punkte in Anregung zu bringen. (gez. v. Bismarck) 8. Schreiben des Reichsjustizamts vom 28. 11. 1884 an Bismarck Euerer Durchlaucht verfehle ich nicht, auf den Erlaß vom 8. September d. Js. — R. 2179/548 —, in der Anlage Grundzüge zum Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Civilprozeßordnung, ehrerbietigst zu überreichen. Dieselben behandeln : unter A die Beseitigung des Anwaltszwanges im landgerichtlichen Verfahren, unter Β die mit einer Aufhebung des Gerichtsvollzieher-Instituts in Zusammenhang stehende Neuregelung der bezüglichen Funktionen. I. im Allgemeinen, II. hinsichtlich der Zustellungen, 1004
I. Erste Reformversuche (1881-1885) III. hinsichtlich der Zwangsvollstreckung; und unter C. diejenigen Einzelpunkte, auf welche außerdem eine Reform der Civilprozeßordnung m. E. auszudehen sein möchte. Mit den Regierungen der Bundesstaaten mich wegen dieser Reformvorschläge ins Benehmen zu setzen, habe ich als außerhalb des mir ertheilten Auftrags liegend betrachtet. (gez. v. Schelling) Grundzüge für den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Abänderung der Civilprozeßordnung A.
Anwaltszwang
I. Verfahren vor dem Landgerichte. Die in dem Anwaltszwang (Civilprozeßordnung § 74) enthaltene gesetzliche, unbedingte Ausschließung einer jeden Partei von der Befugniß, sich im landgerichtlichen Verfahren selbst zu vertreten, geht über das berechtigte Ziel einer gesicherten Rechtspflege hinaus. O f t sind Klagen zu erheben, bei denen der Erlaß eines Versäumnißurtheils vorauszusehen ist; oft will der Beklagte den Anspruch anerkennen oder sich mit dem Kläger gerichtlich vergleichen. Manche Streitsachen sind rechtlich einfach, thatsächlich und technisch aber so schwierig, daß der unmittelbare Vortrag durch die sachkundige Partei dem Richter bessere Aufklärung verschafft, als der durch einen Anwalt vermittelte Vortrag. Manche Parteien sind auch juristisch befähigt, selbst ihre Rechte vor Gericht wahrzunehmen. Kein innerer Grund besteht, für Streitsachen unter 300 M. — vor dem Amtsgericht — die Prozeßführung der Partei freizugeben und sie für alle höheren Sachen — vor dem Landgericht — auszuschließen oder dafür die Partei in derselben Sache, je nachdem sie erster Instanz vor dem Amtsgericht, oder in der Berufungsinstanz vor dem Landgerichte verhandelt wird, einem verschiedenen Verfahren zu unterwerfen. Die gesetzliche Nöthigung zur Bevollmächtigung eines Anwalts für die landgerichtlichen Prozesse erweckt deshalb mit Recht vielfach Beschwerden, zumal sie zu einer erheblichen Steigerung der Kosten führt. 1. Demnach wird der Anwaltszwang für das landgerichtliche Verfahren zu beseitigen sein, ohne Unterschied ob in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz verhandelt wird. Die Beseitigung des Anwaltszwangs verlangt eine gesetzliche Regelung in zweifacher Hinsicht. In Frage tritt das Recht der Partei zur Vollmachtsertheilung und die Nothwendigkeit von Kautelen zur Aufrechterhaltung eines geordneten Verfahrens. 2. Aus dem Aufgeben des Anwaltszwangs folgt an und für sich nur das Recht der Partei, den Prozeß selbst zu führen. Eine vollständige Freigabe der Bevollmächtigung anderer Personen wird keinenfalls zuzulassen sein, schon um einer Ausdehnung des Unwesens der Winkelkonsulenten vorzubeugen. Im Anschluß an das frühere Preußische Recht (A.G.O. Th. I Tit. 3 §§ 22, 25) werden als Prozeßbevollmächtigte nur folgende Personen auftreten dürfen: a) Rechtsanwälte, welche bei dem Prozeßgerichte zugelassen sind, mit der Maßgabe jedoch, daß, wie bisher nach § 27 Absatz 2 der Rechtsanwaltsordnung, in der mündlichen Verhandlung einschließlich der vor dem Prozeßgericht erfolgenden Beweisaufnahme jeder Anwalt die Ausführung der Parteirechte und auf Grund einer Substitutionsvollmacht des zum Prozeßbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts auch die Vertretung übernehmen kann; die Nothwendigkeit der Beschränkung auf die bei dem Prozeßgerichte zugelassenen Anwälte — die Lokalisierung — ist von dem Anwaltszwang und der Form des Verfahrens unabhängig, wird vielmehr durch allgemeine Rücksichten der Rechtspflege begründet. 1005
Änderungen der Civilprozeßordnung
b) Streitgenossen, c) Ehegatten, d) Bevollmächtigte zur Verwaltung des ganzen Vermögens, Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte sowie Bevollmächtigte zum Betrieb einer Fabrik, eines Gewerbes, einer Niederlassung oder zur Bewirthschaftung oder Verwaltung eines Grundstücks in den Angelegenheiten, auf welche der Auftrag sich erstreckt. Für die Bestimmung der Kategorien zu b bis d ist der Gesichtspunkt leitend, daß diese Personen ebenso gut oder noch besser, als die Partei, zur Prozeßführung für dieselbe befähigt erscheinen. 3. Den hiernach zur Vertretung befugten Personen kann Vollmacht auch für einzelne Prozeßhandlungen ertheilt werden. Es entspricht dies dem bisher auf den Parteiprozeß beschränkten Grundsatz des § 79 Absatz 2 der Civilprozeßordnung. 4. Ebenso wird der Grundsatz des § 84 Absatz 2 zu der Regel zu verallgemeinern sein : daß das Gericht den Mangel der Vollmacht des für eine Partei handelnden Vertreters von Amtswegen zu berücksichtigen hat, sofern nicht die Vertretung durch einen hei dem Prozeßgerichte zugelassenen Rechtsanwalt stattfindet. 5. Jetzt schließt § 86 das Erscheinen eines „Beistandes" der Partei, welcher nicht Anwalt ist, vor den Landgerichten aus. Von dem einzunehmenden Standpunkt aus ergiebt sich von selbst, daß als Beistand der Partei erscheinen kann, wer zur Vertretung derselben als Bevollmächtigter befugt ist. — 6. Zu einem Aufgeben der Grundsätze, auf welche die Civilprozeßordnung das Verfahren selbst aufbaut, nöthigt die Aufhebung des Anwaltszwanges um so weniger, als davon ausgegangen werden darf, daß auch künftig die Vertretung der Parteien durch Anwälte vor den Landgerichten die Regel bilden wird. Insbesondere wird an dem Grundsatze der Unmittelbarkeit der Verhandlung vor dem Gerichte, wobei der Schwerpunkt in der mündlichen Verhandlung liegt, festzuhalten sein, ebenso an der Verhandlungsmaxime und der Regel des Prozeßbetriebes durch die Parteien. Die Möglichkeit aber, daß zur Vertretung ihrer Rechte unfähige Parteien persönlich auftreten, läßt es erforderlich erscheinen, dem Gerichte die zur Sicherung einer geordneten und zweckentsprechenden Rechtspflege in solchem Falle dienlichen Maßnahmen an die Hand zu geben. Von diesem Gesichtspunkt aus wird sich einmal die Vorschrift empfehlen : Leidet die zum Zwecke der Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung bei dem Prozeßgericht eingereichte Klageschrift (C.P. O. §233) an wesentlichen Mängeln oder an Unverständlichkeit, so kann der Vorsitzende des Gerichts die Einreichung einer von einem Rechtsanwalt unterzeichneten Klageschrift anordnen. Eine Anfechtung dieser Anordnung findet nicht statt. Denn die Klage bildet in thatsächlicher wie rechtlicher Beziehung die Grundlage des ganzen Prozesses und muß deshalb sowohl im Interesse der Partei, als auch dem der sachgemäßen Lösung der richterlichen Aufgabe vor gänzlicher Untauglichkeit möglichst bewahrt werden. Dagegen scheint es nicht angezeigt, auch bezüglich anderer Schriftsätze eine ähnliche Maßregel vorzusehen. 7. Von demselben Gesichtspunkt aus empfiehlt sich aber, es nicht bloß dabei zu belassen, daß in der mündlichen Verhandlung das Gericht Parteien, Bevollmächtigten und Beiständen, denen die Fähigkeit zum geeigneten Vortrage mangelt, den weiteren Vortrag untersagen, sowie Bevollmächtigte und Beistände, welche das mündliche Verhandeln vor Gericht geschäftsmäßig betreiben, zurückweisen kann (C.P.O. §§ 143, 144), sondern auch dem Gerichte die Befugniß beizulegen, gleichzeitig mit jener 1006
I. Erste Reformversuche (1881-1885) Untersagung — die meistens mit einer Vertagung der Verhandlung verbunden sein wird — die, einer Anfechtung entzogene, Anordnung zu treffen, daß die betreffende Partei einen Rechtsanwalt zu ihrem Prozeßbevollmächtigten zu bestellen habe, widrigenfalls sie im neu anberaumten Termin als nicht erschienen zu behandeln sein würde. Eine Auflage dieser Art muß, um den geregelten Fortgang des Verfahrens zu sichern, in die Befugniß des Gerichts gelegt werden. Die Württembergische Prozeßordnung von 1868, die einzige neuere in Deutschland in Geltung gewesene Civilprozeßgesetzgebung, welche ein mündliches Verfahren ohne Anwaltszwang vor den Kollegialgerichten durchgeführt hat, enthielt eine entsprechende Bestimmung im Artikel 114 Absatz 2. 8. In Folge Fortfalls des Anwaltszwangs wird endlich noch für eine die Parteirechte schützende Feststellung des in der mündlichen Verhandlung Vorgebrachten zu sorgen sein. Nach § 269 der (Zivilprozeßordnung müssen bei der mündlichen Verhandlung die Anträge, soweit sie nicht in vorher mitgetheilten vorbereitenden Schriftsätzen enthalten sind, aus Schriftsätzen, die dem Protokoll als Anlagen beizufügen sind, verlesen werden. Da die Anfertigung solcher Schriftsätze von der selbst erschienenen Partei oder einem nicht rechtsgelehrten Bevollmächtigten nicht verlangt werden kann, so wird vorzuschreiben sein, daß das Gericht die Anträge einer durch einen Rechtsanwalt nicht vertretenen Partei auf Verlangen in das Protokoll aufzunehmen und folglich mit diesem zu verlesen habe. — Ebenso wird auf Antrag mit wesentlichen Erklärungen einer solchen Partei, welche in den vorbereitenden Schriftsätzen nicht oder abweichend enthalten sind (C.P.O. § 2 70), zu verfahren sein. II. Für das Verfahren vor den Amtsgerichten kann es bei den bisherigen Grundsätzen bewenden, insbesondere auch bezüglich der Freiheit, sich durch jede prozeßfähige Person vertreten zu lassen (§ 75) oder eine solche als Beistand zuzuziehen (§ 86), sowie bezüglich der Befugniß der Rechtsanwälte, vor jedem Amtsgericht als Prozeßbevollmächtigte aufzutreten (R.A.O. §§ 26, 27 Abs. 1). Der Erwägung werth erscheint noch die Frage, ob nicht, in Abänderung des § 23 No. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes, die Zuständigkeit der Amtsgerichte für Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche von der Werthsgrenze von 300 M auf die von 500 M zu erweitern sein möchte. So wünschenswerth sachlich solche Erweiterung sein dürfte, so würde sie allerdings nicht ohne weittragenden Einfluß auf die Gerichtsorganisation der einzelnen Bundesstaaten sein. III. Endlich wird für das Verfahren vor dem Reichsgericht und den Oberlandesgerichten das bisherige Recht aufrechtzuerhalten sein, wonach die Parteien sich durch einen bei dem betreffenden Gericht zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen müssen (C.P.O. § 74, R.A.O. §§ 8, 27). — Einerseits ist zur Wahrung der Rechtspflege und der Rechtseinheit eine juristisch fachkundige Behandlung der Prozeßsachen vor diesen Gerichten geboten; andererseits sind die Parteien, schon wegen weiter Entfernung der Gerichte, in der Regel zur persönlichen Vertretung ihrer Rechte nicht in der Lage. Nach Aufhebung des Anwaltszwanges läge die Gefahr des Ueberhandnehmens von Winkeladvokaten bei den in Rede stehenden Gerichten um so näher, als diese mangels Personalkenntniß nicht einmal von dem Rechte der Zurückweisung genügend Gebrauch zu machen vermöchten. B. Gerichtsvollzieherwesen I. Im Allgemeinen 1. Bei Abschaffung der Gerichtsvollzieher kommt ein Ersatz derselben durch andere Beamte hier nur so weit in Betracht, als es sich um reichsgesetzlich den 1007
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
Gerichtsvollziehern übertragene Funktionen handelt, also um Zustellungen und Vollstreckungen. Die Bestimmung über sonstige, landesrechtlich den Gerichtsvollziehern übertragene Funktionen (ζ. B. Aufnahme von Wechselprotesten, freiwillige Versteigerungen) bleibt der Landesgesetzgebung überlassen. Dies gilt auch von solchen Funktionen, welche sachlich zwar in den Reichsgesetzen vorgesehen sind, deren Uebertragung an die Gerichtsvollzieher aber landesgesetzlich erfolgt ist (Verhaftung, Vorführung, Festnahme, Durchsuchung, Siegelung, Inventur) (vgl. §§ 345, 579 C.P.O.; §§ 50, 134, 229, 235 St.P.O.; §§ 93, 98 K.O. (Vorführung); §§ 127, 128, 162, 230 St.P.O. (Festnahme); §§ 114, 489 St.P.O.; S 98 K.O. (Verhaftung); § 105 St.P.O. (Durchsuchung); § 112 K.O. (Siegelung); § 113 K.O. (Inventur). 2. Die Bestimmung der Dienst- und Geschäftsverhältnisse der mit den Zustellungen, Ladungen und Vollstreckungen zu betrauenden Beamten ist in ξ 155 des Gerichtsverfassungsgesetzes den Landesjustizverwaltungen überlassen. Hierdurch wird erreicht, daß auch die erforderliche Neuorganisation, ohne die Landesgesetzgebung in Anspruch zu nehmen, lediglich durch die Landesjustizverwaltungen erfolgen kann. 3. Die Neuorganisation wird selbstverständlich eine Revision der Gebührengesetzgebung zur Folge haben in dem Sinne, daß, entsprechend dem vereinfachten Verfahren, eine Herabsetzung der Kostenlast möglich sein wird und, entsprechend der amtlichen Stellung der Zustellungs- und Vollstreckungspersonen, die Gebühren zur Staatskasse zu fließen haben (vgl. insbesondere III (Zwangsvollstreckung) No. 7). II. Zustellungen 1. Zur Ausführung der Zustellungen bedarf es besonderer Beamten nicht. Die Zustellung durch die Post hat sich seit längerer Zeit und in steigendem Maße derart bewährt, daß sie zu der regelmäßigen Form der Zustellung gemacht werden kann. Nur für einzelne Fälle der Dringlichkeit oder Schwierigkeit ist die Möglichkeit einer besonderen Zustellung vorzusehen. Für diese Fälle genügen gerichtliche Unterbeamte. Es wird deshalb vorzuschreiben sein, daß die Zustellungen durch die Post, in besonderen Fällen durch die Gerichtsboten erfolgen. 2. Da die Partei nicht unmittelbar die Post um Zustellung ersuchen kann, so muß bei Wegfall der Gerichtsvollzieher, in Erweiterung der für das amtsgerichtliche Verfahren bestehenden Einrichtung (§ 152 Abs. 2, § 154), bei der Parteizustellung der Zustellungsauftrag an den Gerichtsschreiber ergehen, und zwar desjenigen Gerichts, bei welchem die Angelegenheit anhängig ist; der Partei wird aber auch das Recht vorzubehalten sein, sich an den Gerichtsschreiber desjenigen Amtsgerichts zu wenden, in dessen Bezirke die Zustellung erfolgen soll. 3. Aus dem Wegfall der Gerichtsvollzieher ergiebt sich die Nothwendigkeit, daß die Beglaubigung der Abschriften des zuzustellenden Schriftstücks, soweit sie nicht durch den Anwalt zu erfolgen hat (§ 156 Abs. 2), durchden Gerichtsschreiber geschehen muß. 4. Das Zustellungsverfahren ist in mehrfacher Beziehung zu vereinfachen. — Jetzt muß neben der Postzustellungsurkunde (§ 178 Abs. 2) schon darüber eine besondere Urkunde aufgenommen werden, daß seitens des Gerichtsvollziehers beziehungsweise des Gerichtsschreibers der Briefumschlag, in welchem die Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks enthalten ist, der Post mit dem Ersuchen der Zustellung übergeben sei (§ 177). Hierfür ist die Rücksicht maßgebend, daß die Identität 1008
I. Erste Reformversuche (1881-1885) des zuzustellenden und des mittels der Post zugestellten Schriftstücks dargethan wird. Zu diesem Nachweis bedarf es indeß nicht einer solchen Formalität, er kann in einfacherer Weise (namentlich durch H i n z u f ü g u n g einer Geschäftsnummer) erbracht werden. Es ist daher die Urkunde über die Uebergabe des zuzustellenden Schriftstücks in Wegfall zu bringen. 5. Ingleichen ist die Art zu vereinfachen, wie die von dem Postboten über die Zustellung zu errichtende Urkunde aufzunehmen und hiervon abschriftliche Mittheilung dem Zustellungsgegner zu geben ist. Die N a m e n der Personen, f ü r welche, sowie derer, an welche zugestellt werden soll, die Geschäftsnummer zum Nachweise der Identität, desgleichen Unterschrift und Siegel des Gerichtsschreibers lassen sich schon auf den für den Zustellungsgegner bestimmten Briefumschlag setzen, und eine wörtliche Wiedergabe dieses Umschlags kann in der Zustellungsurkunde selbst aufgenommen werden. Demnächst ist dieselbe bei der Zustellung nur noch durch die Angaben zu ergänzen, wo und wann, an wen und wie die Zustellung bewirkt ist (§ 174 Ziff. 1,4—7) und für den Zustellungsgegner Abschrift dieser Angaben auf den Briefumschlag oder einen mit diesem zu verbindenden Bogen zu setzen. 6. Im einzelnen wird es nur geringer Abänderungen der bestehenden Vorschriften über die Zustellungen bedürfen. — In Frage kommt zunächst eine Ausdehnung der Zulässigkeit der Zustellung durch Aufgabe zur Post. Die Regel für eine solche findet sich in § 160, nach welchem das Gericht die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten anordnen kann, mit dem Präjudiz, daß sonst durch Aufgabe zur Post zugestellt wird. Mit der Beseitigung des Anwaltszwangs in landgerichtlichen Prozessen wird es angezeigt erscheinen, die bezeichnete Befugniß des Gerichts auszudehnen und schon dann eintreten zu lassen, wenn die Partei oder der Prozeßbevollmächtigte nicht am Orte des Prozeßgerichts wohnt. 7. Eine zu begünstigende Form der Zustellung bildet, wenn beide Parteien durch Anwälte vertreten sind, die Zustellung von Anwalt zu Anwalt. Die Vorschrift des § 181 wird dahin zu erweitern sein, daß außer dem Empfangsbekenntniß des Anwalts selbst auch das Empfangsbekenntniß seines im Geschäftslokale angetroffenen Gehülfen oder Schreibers genügt. 8. Dadurch daß in der Regel der Gerichtsschreiber des Prozeßgerichts auch die Zustellung zu vermitteln haben wird (Nr. 2), ist die Erleichterung gewährt, in Anlehnung an die Vorschrift der §§ 458, 462 allgemein vorzuschreiben, daß die Einreichung einer Ladung zum Zwecke der Terminsbestimmung zugleich als Auftrag zur Zustellung gilt, sofern nicht die Partei das Gegentheil erklärt hat. Hierdurch wird unnützes H i n und Hersenden des Schriftsatzes zwischen dem Gerichtsschreiber und der Partei vermieden. 9. Eine Beseitigung unnöthigen Schreibwerks wird sich in Folge der Umgestaltung des Zustellungswesens in der Richtung erreichen lassen, daß die Partei den Auftrag zur Zustellung einer Entscheidung geben kann, ohne sich selbst eine Abschrift oder Ausfertigung derselben ertheilen zu lassen. 10. Einer besonderen Vorsorge bedarf nur noch der Fall der Zustellung des eine Forderung betreffenden Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner, wenn mit derselben die Aufforderung zur Abgabe der in § 739 bezeichneten Erklärungen beziehungsweise die Entgegennahme derselben verbunden ist. Da die Postboten hierzu regelmäßig nicht qualifizirt sein werden, so soll die Zustellung im Falle des § 739 stets durch einen Gerichtsboten erfolgen; die Erklärungen des Drittschuldners sollen, soweit 1009
Änderungen der Civilprozeßordnung
sie nicht bei der Zustellung gegenüber dem Gerichtsboten abgegeben werden, vor dem Gerichtsschreiber erfolgen können. Die Erklärung zum Protokoll des Gerichtsboten wird der Partei Nachtheile nicht bereiten, da sie die Erklärung zu unterzeichnen hat. III.
Zwangsvollstreckung
1. Es erscheint weder nöthig noch empfehlenswerth, zu dem System zurückzukehren, nach welchem der Antrag auf Zwangsvollstreckung an das Gericht zu richten und von dem letzteren dieselbe zu verfügen ist. Vielmehr wird, wie bisher die Zwangsvollstreckung auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung zu erfolgen haben. Die richterliche Prüfung der Vollstreckbarkeit erfolgt nur in den bisherigen Ausnahmefällen (in Fällen bedingter Vollstreckbarkeit [§ 664], bei Vollstreckung für und gegen Rechtsnachfolger [§ 665], bei Ertheilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung [§ 669] und die Vollstreckung selbst wird ebenfalls nur in dem bisherigen Umfange von den Gerichten anzuordnen sein. — Das Gericht ordnet also an : die Vollstreckung in Forderungen pp. (§§ 729, 754) und in unbewegliche Sachen (§ 755; vgl. auch § 771 Abs. 4), sowie die Vollstreckung zur Erwirkung von Handlungen und Unterlassungen (SS 773, 774); endlich die Abnahme des Offenbarungseides (SS 780 ff., 789 — Haft —). — Auch bei der bisherigen Zuständigkeit der Gerichte für diese Funktionen bewendet es (Vollstreckungsgericht: SS 684, 729, 755, 780 — Prozeßgericht: SS 773, 774). 2. Soweit aber hiernach eine Anordnung nicht von den Gerichten ausgeht, erfolgt die Zwangsvollstreckung künftig nicht durch verschiedene, von dem Gericht und von einander unabhängige Gerichtsvollzieher, sondern unter Aufsicht des Vollstreckungsgerichts durch einen Vollstreckungsbeamten. — Hierbei ist, ohne den Rechten des Gläubigers zu nahe zu treten, dem Gerichte eine Ueberwachung des Verfahrens insoweit zuzuweisen, als es ungesetzliche Vollstreckungsmaßregeln auch von Amtswegen rückgängig zu machen hat. — Demgemäß hat das Gericht, sobald es von einer ungesetzlichen Maßregel durch Einsicht des Protokolls über die Vollstreckungshandlung oder durch Anzeigen oder sonst Kenntniß erhält, Remedur eintreten zu lassen, ohne erst Anträge, Einwendungen oder Erinnerungen in Gemäßheit des S 685 abzuwarten. Dies empfiehlt sich zum Schutze der vorzugsweise von der Zwangsvollstreckung betroffenen Personen, welche von den gesetzlichen Vorschriften unzureichend unterrichtet sind. Trotz der sonach veränderten amtlichen Stellung der Vollstreckungsbeamten wird es dabei bewenden können, daß der Gläubiger den Auftrag zur Vollstreckung an den Vollstreckungsbeamten richtet, sowie daß er sich hierfür der Vermittelung des Gerichtsschreibers bedient (§ 674). Wie die Bestimmung der Geschäftsverhältnisse der Vollstreckungsbeamten im allgemeinen Sache der Landesjustizverwaltungen ist, so wird diese auch die Bezirke derselben abzugrenzen haben. Im Falle eines Bedürfnisses können die Geschäfte für denselben örtlichen Bezirk nach sachlicher Abgrenzung unter mehrere Vollstrekkungsbeamte vertheilt werden. Wesentlich ist, daß für einen und denselben (sachlichen oder örtlichen) Bereich von Vollstreckungshandlungen nur ein Vollstreckungsbeamter bestellt wird, an welchen alle Aufträge zu Vollstreckungshandlungen zu richten sind. 3. Dieser eine Vollstreckungsbeamte hat sämmtliche in seinen Bereich fallenden Vollstreckungsaufträge zu prüfen. Dagegen wird das Bedürfniß häufig erfordern, daß ihm für die Ausführung der Vollstreckung Hülfsbeamte beigegeben werden, sei 1010
I. Erste Reformversuche (1881-1885)
es daß diese nur f ü r solche Funktionen bestellt sind, oder daß sie zugleich ein anderes Amt bekleiden (vgl. N r . I 2). Immer werden die Hilfsbeamten der Aufsicht des Vollstreckungsbeamten unterstehen. Die Organisation ist auch hier Sache der Landesjustizverwaltung. Dieselbe hat zu bestimmen, welche Vollstreckungshandlungen übertragbar sind, von wem die Uebertragung zu geschehen hat, ob an alle Hülfsbeamte oder nur an einzelne, und in welcher Weise die Uebertragung stattfindet. Die Uebertragung erscheint auf Grund allgemeiner Anordnung zulässig; sie kann auch im einzelnen Fall erfolgen. Wenn aber demgemäß einzelne Vollstreckungshandlungen auf Hülfsbeamte übertragen werden, so gelten die letzteren stets als Vertreter des Vollstreckungsbeamten. — Dies ist geboten, durch das nothwendige Vertrauen des Publikums zu dem mit öffentlichem Amtszeichen zu bekleidenden Beamten. 4. Entscheidend kann nur sein, ob sich der Hülfsbeamte bei der Zwangsvollstrekkung im Besitze der vollstreckbaren Ausfertigung befindet. Ist dies der Fall, so kann dem Schuldner und Dritten gegenüber von dem Gläubiger nicht geltend gemacht werden, daß der Auftrag dem Hülfsbeamten nicht oder nicht vorschriftsmäßig übertragen sei. (vgl. SS 676; 716 Abs. 2; 720 C.P.O.) 5. Nach dem früheren Systeme gerichtlicher Exekutoren, insbesondere in Preußen, war für einen und denselben Bereich von Vollstreckungshandlungen stets nur ein Vollstreckungsbeamter bestellt; alle Gläubiger eines Schuldners mußten sich die Vornahme der Vollstreckungen durch diesen einen Beamten gefallen lassen, der Schuldner stand bei allen ihn treffenden Exekutionen nur diesem einen gegenüber. Dies führte zu dem häufig beklagten Mißstande, daß der Exekutor, dem Einflüsse des Gläubigers völlig entzogen, an einer energischen Wahrnehmung der Rechte desselben kein Interesse hatte, dagegen leicht der Versuchung einer Begünstigung des Schuldners unterlag. Die Beseitigung dieses Mißstandes durch die Gewährung der Möglichkeit einer Auswahl unter mehreren Gerichtsvollziehern in der C.P.O. ist als eine wesentliche Verbesserung anerkannt worden. Diese muß, soweit eine Konkurrenz mehrerer Beamten auch nach der neuen Organisation stattfinden wird, beibehalten werden. Sind daher für denselben Bereich von Amtsverrichtungen mehrere Beamte (d. h. Vollstreckungsbeamte und Hülfsbeamte oder nur mehrere Hülfsbeamte) bestellt, so soll der Gläubiger verlangen können, daß die Vollstreckungshandlung dem von ihm gewählten Beamten zugewiesen werde, sofem dies nicht mit der Ausführung der sonstigen dem letzteren obliegenden Dienstverrichtungen unvereinbar ist. Die nähere Regelung dieses Rechts, insbesondere in der Richtung, wer über die Unvereinbarkeit des neuen Auftrags mit anderen Dienstverrichtungen zu entscheiden hat, ist Sache der Landesjustizverwaltung. Letztere kann übrigens auch in dem Falle der Bestellung von Hülfsbeamten zur Erleichterung des Verkehrs des Publikums mit dem Vollstreckungsbeamten, Anordnungen dahin treffen, daß jeder Hülfsbeamte zur Entgegennahme von Zwangsvollstreckungsaufträgen und Uebermittelung derselben an den Vollstreckungsbeamten verpflichtet wird, so daß er sich durch NichtÜbermittelung haftbar macht. 6. Soll durch das Wahlrecht des Gläubigers unter mehreren Beamten der Zweck, eine prompte Zwangsvollstreckung zu sichern, erreicht werden, so müssen die Beamten daran, daß die Wahl auf sie fällt, persönlich interessili werden. Daher ist davon auszugehen, daß den mit der Vollstreckung betrauten Beamten eine Tantième von den Vollstreckungsgebühren gewährt wird. Reichsgesetzlich wird eine solche Gewährung allerdings nicht vorzuschreiben 1011
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sein, da die Regelung der Dienstverhältnisse, also auch der Dienstbezüge jener Beamten den Landesjustizverwaltungen überlassen bleibt (vgl. oben No. 12, II 4). 7. Mit der vorstehend skizzirten Organisation der mit den Zwangsvollstreckungen zu betrauenden Beamten ist das Verfahren der Vollstreckung, wie es die C.P.O. vorschreibt, völlig vereinbar. Dasselbe wird daher, vorbehaltlich einzelner Modifikationen, dergestalt beizubehalten sein, daß alles dasjenige, was die C.P.O. über den Gerichtsvollzieher bestimmt, auf den Vollstreckungsbeamten bezw. den ihn vertretenden Hülfsbeamten Anwendung findet. Dagegen gewährt die Konzentration des Vollstreckungswesens durch Bestellung eines Vollstreckungsbeamten die Möglichkeit, zur Vermeidung der Gefahr einer Unterschlagung oder Entwerthung eine einheitliche Verwahrungsstelle für Werthgegenstände und ein einheitliches Pfandlokal für gepfändete Sachen einzurichten. Demgemäß sollen 8. Gelder; Werthpapiere und Kostbarkeiten, welche der Vollstreckungsbeamte vom Schuldner in Empfang nimmt oder pfändet, bis deren Ablieferung an den Gläubiger oder in den gesetzlich bestimmten Fällen (vgl. §§ 728, 751, 771 C.P.O.) deren Hinterlegung oder deren Verwerthung erfolgen kann, an einer und derselben Stelle verwahrt werden. Dasselbe gilt von Wechseln und anderen Papieren, welche durch Indossament übertragen werden können. — Ingleichen werden andere bewegliche Sachen in einem von der Landesjustizverwaltung bestimmten Pfandlokale verwahrt. — Die Versteigerung gepfändeter Sachen erfolgt in dem Pfandlokale, sofem nicht der Gläubiger und der Schuldner über einen anderen Ort sich einigen (vgl. §717 Abs. 2 C.P. O.J. Auf den Erlös findet die Vorschrift des ersten Absatzes Anwendung. Die Vorschrift, daß die Versteigerung im Pfandlokale geschehen soll, bezweckt, durch die Konzentration der Versteigerungen an einer Stelle eine größere Betheiligung von Bietungslustigen und höhere Erlöse zu erzielen, als wenn, wie jetzt, einerseits die Versteigerung mangels anderweiter Einigung der Parteien stets in der Gemeinde, wo die Pfändung geschehen ist, erfolgen muß, andererseits in größeren Orten jeder Gerichtsvollzieher an einem ihm beliebigen, oft wenig bekannten Orte zum Verkaufe schreiten darf. Letzterer Umstand hat sich namentlich als ein Nachtheil des gegenwärtigen Zwangsvollstreckungswesens erwiesen, indem derselbe zu einer Verschleuderung der gepfändeten Gegenstände führte, durch welche der Schuldner seine Habe einbüßte, ohne daß der Gläubiger eine deren wahrem Werthe entsprechende Befriedigung erlangte. Die näheren Anordnungen über Verwahrungsstellen und Pfandlokale werden die Landesjustizverwaltungen zu treffen haben; hinsichtlich der letzteren ist nur wesentlich, daß für einen und denselben Bezirk ein Lokal bestimmt ist. Dasselbe kann räumlich in mehrere Stellen zerfallen (ζ. B. für verschiedene Gattungen von Sachen, für verschiedene Stadttheile und dergl.), wofern die Verwaltung und Aufsicht eine einheitliche bleibt. Ebenso kann erforderlichenfalls ein Pfandlokal für mehrere Gemeinden bestimmt werden. 9. Eine stärkere Kontrolle darüber, ob der vollziehende Beamte bei der Zwangsvollstreckung in Folge eines gehörig ertheilten und ihm gehörig übermittelten Auftrags thätig geworden ist, wird ermöglicht, wenn in das über jede Vollstreckungshandlung aufzunehmende Protokoll außer dem bisher vorgeschriebenen Inhalt noch aufgenommen wird: der Name des Auftraggebers und desjenigen, welcher etwa den Auftrag vermittelt hat, sowie bei der Vollstreckung durch einen Hülfsbeamten die Angabe, von wem ihm der Auftrag übertragen worden ist. Es erscheint dies um so erwünschter, als im Interesse des Gläubigers zu verhüten 1012
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ist, daß der Hülfsbeamte sich nicht Vollstreckungshandlungen anmaße, welche ihm nicht haben anvertraut werden sollen. — Im Wege der von den Landesjustizverwaltungen zu erlassenden Dienstinstruktion wird ferner vorgeschrieben werden können, daß zu der Verstärkung der Kontrolle über die Zwangsvollstreckung und zur Ermöglichung einer Remedur ungesetzlicher Maßregeln seitens des Gerichts (s. No. 3) das Protokoll, zwar nicht immer, aber doch in solchen Fällen, in welchen die Gefahr eines ungesetzlichen Vorgehens nahe liegt (Pfändungen von Sachen, welche der Pfändung nur beschränkt unterliegen [§ 175], Hervortreten von Ansprüchen Dritter, Pfändung von Früchten auf dem Halme, Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen, Exmissionen und dgl.) dem Vollstreckungsgericht vorgelegt wird. 10. Durch die veränderte Organisation der Vollstreckungsbeamten vereinfachen sich die Vorschriften über die Anschlußpfändung. — Bisher waren eingehende Bestimmungen darüber nöthig, daß der früher pfändende Gerichtsvollzieher von der späteren Pfändung zu benachrichtigen sei, und auf welchen der mehreren Gerichtsvollzieher der Auftrag zu fernerem Betriebe der Vollstreckung übergehe. In Zukunft richtet dagegen auch bei der Funktion von Hülfsbeamten jeder Auftrag sich an den einen Vollstreckungsbeamten (daher fallen § 727 Abs. 2, in § 728 Abs. 1 Satz 1 und § 751 Abs. 1 fort). Bei dessen Verpflichtung, den früheren Auftraggeber von der Anschlußpfändung zu benachrichtigen, verbleibt es.
C. Besondere Punkte 1. Der allgemeine Gerichtsstand einer Person bestimmt sich zufolge der Civilprozeßordnung (§ 13) nach dem Wohnsitz, ohne Unterschied, ob derselbe im Inland oder im Auslande belegen ist; wenn ein solcher überhaupt nicht vorhanden, nach dem Aufenthaltsort im Deutschen Reiche, und wenn es auch an ihm gebricht, nach dem letzten Wohnsitz (§ 18). Hierbei ist wieder zwischen Inland und Ausland nicht unterschieden. Deutsche, welche nur im Ausland ihren Wohnsitz haben, oder welche keinen Wohnsitz und auch in Deutschland weder einen Aufenthaltsort haben noch früher einen Wohnsitz hatten, können demnach in Deutschland nur vor besonderen Gerichtsständen belangt werden. Solche sind aber f ü r Statussachen und Ehestreitigkeiten (§ 568) nicht gegeben. Da andererseits die ausländischen Gesetzgebungen bezüglich derartiger Prozesse vielfach die Zuständigkeit ihrer Gerichte auf ihre Staatsangehörigen beschränken oder einige dieser Prozeßarten ganz ausschließen, so erscheint gegen die im Auslande lebenden Deutschen die Rechtsverfolgung unter Umständen ungebührlich gehemmt. Der Mißstand ist aus Anlaß besonderer Beschwerden schon vom Auswärtigen Amte anerkannt worden. Er wird dadurch zu heben sein, daß für die Deutschen, welche im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand (§§ 13, 18) haben, ein vom Wohnsitz unabhängiger Gerichtsstand für Ehesachen und sonstige Statusklagen im Inlande geschaffen wird. Derselbe wird an den letzten inländischen Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen in die Hauptstadt des Heimathstaats, eventuell nach Berlin, zu verlegen sein. — In dem den Gerichtsstand für Ehestreitigkeiten betreffenden § 568 wäre dann auf die neue, etwa hinter § 24 einzuschiebende Bestimmung zu verweisen. Ebenso würde ein derselben entsprechender Zusatz dem den Gerichtsstand f ü r das Entmündigungsverfahren regelnden § 594 und dem die Zuständigkeit f ü r die Wiederaufhebung der Entmündigung bestimmenden § 617 hinzuzufügen sein. 2. Im Anschluß hieran dürfte eine fernere Lücke der Civilprozeßordnung, betreffend den Gerichtsstand f ü r Erbschaftsstreitigkeiten über den Nachlaß eines im Aus1013
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lande verstorbenen Deutschen, auszufüllen sein. Nach § 28 das. ist für die bezüglichen Klagen das Gericht zuständig, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. Nach den Ausführungen zu 1 giebt es einen solchen in vielen Fällen im Inlande nicht. Andererseits enthalten verschiedene der vom Reiche geschlossenen Konsularverträge (vgl. den Kons.V. mit Griechenland vom 26. November 1881 [R.G.B1.1882S. 101] Artikel XXIII, den mit Serbien vom 6. Januar 1883 [R.G.B1. S. 62] Artikel XIX, ferner die Konvention mit Rußland über die Regulirung von Hinterlassenschaften vom 12. November/31. Oktober 1874 [R.G.B1. 1875 S. 136] Artikel 10) die Bestimmung, daß alle Ansprüche, welche sich auf Erbrecht oder Nachlaßtheilung hinsichtlich des Vermögens eines in den ausländischen Vertragsstaaten verstorbenen Deutschen beziehen, durch die Gerichte oder zuständigen Behörden Deutschlands entschieden werden sollen. Es erscheint demnach als Bedürfniß für derartige Klagen den in vielen Fällen bisher fehlenden Gerichtsstand im Inland zu schaffen und wird daher für die im § 28 Absatz 1 bezeichneten Klagen bezüglich des Nachlasses eines im Auslande verstorbenen Deutschen ein subsidiärer inländischer Gerichtsstand, entsprechend der zu 1 vorgeschlagenen Erweiterung der über den Gerichtsstand geltenden Vorschriften, bestimmt werden müssen. — Bei der Regelung von Punkt 1 und 2 wird noch nähere Verständigung mit dem Auswärtigen Amte vorausgesetzt. 3. Der § 94 schließt die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt aus, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Nach einem mit dem Wortlaut des Gesetzes im Einklang stehenden Urtheil der Vereinigten Civilsenate des Reichsgerichts vom 18. Oktober 1883 (Entsch. in Civ. S. X S. 309) gilt dieser Satz auch dann, wenn nach der Klage der Kläger befriedigt oder die Hauptsache sonst erledigt ist. Der Ausschluß jedes Rechtsmittels erscheint in solchem Falle aus den Erwägungen, die der Regel zu Grunde liegen, kaum gerechtfertigt und wird in Anbetracht der mitunter bedeutenden Höhe der Kosten vielfach als hart und willkürlich empfunden. Es wird deshalb ein Zusatz zu § 94 befürwortet, wonach gegen die Entscheidung über den Kostenpunkt, sofern die Hauptsache nicht mehr anhängig ist, sofortige Beschwerde stattfindet. 4. Im Auslande zu bewirkende Zustellungen erfolgen gemäß § 182 mittels Ersuchens der zuständigen Behörde des fremden Staates oder des in diesem Staate residirenden Konsuls oder Gesandten des Reichs. Die Bestimmung führt einerseits zu vielfachen Belästigungen der Konsuln und diplomatischen Vertreter des Reichs und genügt andererseits nicht den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs, da jenen Beamten Zustellungsorgane nur in beschränktem Maße zu Gebote stehen, die Zustellungen durch die Behörden des fremden Staats aber häufig auf Hindernisse stoßen und mit bedeutenden Kosten verbunden zu sein pflegen. Die Civilprozeßordnung sieht nun zwar für den Fall, daß die Zustellung gemäß § 182 unausführbar sei oder keinen Erfolg verspreche, die öffentliche Zustellung durch Anheftung an die Gerichtstafel vor (§§ 186 Abs. 2, 187). Die letztere Zustellungsart ist aber thatsächlich ziemlich werthlos, und es empfiehlt sich daher, sofern vom Standpunkte des Auswärtigen Amts keine Bedenken zu erheben sind, im Hinblick auf die Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit der mit einem großen Theile des Auslandes bestehenden Postverbindungen, für die Zustellungen nach dem Auslande nach dem Ermessen des Gerichts die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 161) zu gestatten, und zwar nicht nur in den Fällen, in denen öffentliche Zustellung zugelassen ist, sondern schon dann, wenn die Befolgung der Vorschriften der §§ 182, 185 besonders erschwert oder mit erheblichen Kosten verbunden erscheint. — Zu bemerken ist, daß schon nach der geltenden 1014
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Gesetzgebung in bestimmten Fällen eine im Auslande zu bewirkende Zustellung durch Aufgabe zur Post erfolgt (§ 730 Abs. 2). 5. Das hauptsächlich zum Zwecke der Vermeidung unnöthiger Prozesse in den §§ 628 ff. geregelte Mahnverfahren hat in der Praxis nicht den erwarteten Anklang gefunden, was sich anscheinend zum Theil aus der Leichtigkeit erklärt, das Verfahren zu verschleppen. Als Uebelstand wird vor Allem empfunden, daß nach dem vom Schuldner gegen den Zahlungsbefehl erhobenen Widerspruch das ganze Vorgehen des Gläubigers, selbst bezüglich der vor die Amtsgerichte gehörenden Klageansprüche wirkungslos wird, falls nicht eine der Parteien durch Ladung des Gegners zur mündlichen Verhandlung die Sache weiter betreibt (§ 636). Eine wesentliche Verbesserung und Verhütung leichtfertig erhobener Widersprüche würde darin liegen, wenn das Gericht auf den Widerspruch stets von Amtswegen der Sache Fortgang gäbe. Zu diesem Zwecke wird vorgeschlagen: den § 636 Absatz 2 durch die Bestimmung zu ersetzen : „Die Parteien sind von Amtswegen zur mündlichen Verhandlung zu laden." 6. Behufs Lösung einer in den Bestimmungen über das Arrestverfahren obwaltenden Inkongruenz hat Hamburg unter dem 2. Juni d. Js. bei dem Bundesrath einen Antrag auf Abänderung des § 802 der Civilprozeßordnung gestellt (Drucks, des B.R. No. 73 des S ess. 1883/84) und neue Vorschriften über die Zustellung eines den Arrest anordnenden Urtheils oder Beschlusses vor der Vollziehung des Arrestes vorgeschlagen. Die weitere Behandlung dieser Anregung wird sich mit der gegen wärtig vorbereiteten eingreifenden Revision der Civilprozeßordnung verbinden lassen. 9. Schreiben Bismarcks vom 14. 12. 1884 an den preußischen Justizminister und die Gesandten der Bundesstaaten Schon seit längerer Zeit haben sich im Justizwesen Unzuträglichkeiten herausgestellt, die als eine Folge der neueren Gesetzgebung anzusehen sind. Verschiedene Uebelstände, welche bei der praktischen Anwendung der Civilprozeßordnung zu Tage getreten sind, haben um so mehr meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen, als dieselben besonders die ärmeren Klassen der Bevölkerung treffen und das allgemeine Vertrauen auf den vom Staate zu gewährenden Schutz erschüttern. Eine Hauptursache möchte nach den gemachten Beobachtungen darin zu suchen sein, daß der Prozeßbetrieb und die Zwangsvollstreckung nicht, wie nach Altpreußischem Recht und nach der Mehrzahl der früheren Prozeßordnungen bei dem Richter, sondern bei den Anwälten und Gerichtsvollziehern ruht. In Folge dieser Bestimmungen ist einerseits das Beschreiten des Rechtsweges erheblich erschwert und das gerichtliche Verfahren theurer geworden, während es andererseits gegen den Schuldner eine größere Härte enthält und auch dem Gläubiger nicht mehr die frühere Sicherheit bietet. Des Kaisers Majestät hat auf meinen Vortrag zu genehmigen geruht, daß ich einleitende Schritte bei den verbündeten Regierungen thue, um eine Revision der Civilprozeßordnung im Wege der Reichsgesetzgebung anzubahnen und das gerichtliche Verfahren mit denjenigen Grundsätzen in Einklang zu bringen, welche sich auf dem wirtschaftlichen Gebiete bereits als richtig bewährt haben. Hierzu bedarf ich vor Allem der Kenntniß der Auffassung Euerer Excellenz und ich gestatte mir dieselbe zunächst über folgende Punkte zu erbitten, indem ich der Bezeichnung sonstiger Uebelstände auf dem hier vorliegenden Gebiete mit verbindlichem Danke entgegensehen würde. 1015
Änderungen der Civilprozeßordnung 1. D e r A n w a l t s z w a n g v o r d e m Landgerichte geht über das berechtigte Ziel einer gesicherten R e c h t s p f l e g e hinaus und die gesetzliche N ö t h i g u n g z u r Bevollmächtig u n g eines Anwalts f ü r die landgerichtlichen P r o z e s s e hat mit R e c h t B e s c h w e r d e n h e r v o r g e r u f e n . E s f r a g t sich, o b nicht dieser A n w a l t s z w a n g f ü r das landgerichtliche V e r f a h r e n beseitigt werden k a n n ohne Unterschied, ob in erster I n s t a n z o d e r in der B e r u f u n g s i n s t a n z verhandelt wird. D a b e i w ü r d e keine völlige F r e i g a b e der Bevollm ä c h t i g u n g in Aussicht zu nehmen sein, vielmehr w ü r d e n nur Rechtsanwälte in d e m bisherigen U m f a n g e , s o d a n n Streitgenossen, E h e g a t t e n , Generalbevollmächtigte, P r o k u r i s t e n , Betriebsleiter im Allgemeinen und im Einzelnen bevollmächtigt w e r d e n d ü r f e n und es w e r d e n die B e s t i m m u n g e n g e g e n die Winkelkonsulenten aufrecht z u erhalten sein. Im Anschluß hieran werden auch P e r s o n e n , welche als Bevollmächtigte auftreten d ü r f e n , als Beistände einer Partei zugelassen w e r d e n müssen u n d es wird V o r s o r g e z u treffen sein, daß A n t r ä g e einer nicht vertretenen Partei auf V e r l a n g e n v o n d e m G e r i c h t in das Protokoll a u f g e n o m m e n werden. 2. F ü r d a s V e r f a h r e n v o r den Amtsgerichten wird es im Allgemeinen bei den bisherigen G r u n d s ä t z e n bewenden k ö n n e n ; d o c h erscheint es wünschenswerth, die d e m Richter hinsichtlich der A u f n a h m e von Parteierklärungen g e g e b e n e Willkür auf d a s f ü r das V e r f a h r e n vor den Landgerichten gesetzte M a ß zu b e s c h r ä n k e n . 3. V o r den Oberlandesgerichten, d e m O b e r s t e n Landesgericht in Bayern und vor d e m Reichsgericht wird der A n w a l t s z w a n g beizubehalten sein. 4. Eine b e s o n d e r e Belästigung des Publikums und eine erhebliche V e r t h e u e r u n g der P r o z e s s e f ü r dasselbe liegt in dem durch die Civilprozeßordnung eingeführten Z w a n g der Zustellung durch Gerichtsvollzieher. Die Zustellung durch die P o s t , welche sich einerseits seit längerer Zeit und in steigendem M a ß e bewährt hat und andererseits mit nur geringen K o s t e n verknüpft ist, kann z u r regelmäßigen F o r m erhoben u n d daneben f ü r besondere Fälle die Zustellung durch Gerichtsboten z u g e lassen w e r d e n . E s wird aber a u c h einer Vermittelung der Postzustellung durch die Gerichtsschreiberei o d e r durch sonstige B e a m t e nicht bedürfen, vielmehr wird der f r ü h e r e , in den meisten Bundesstaaten bewährte Z u s t a n d a n z u b a h n e n u n d den G e richten selbst diese Vermittelung von A m t s w e g e n z u übertragen sein. N e b e n derselben k a n n die leichtere F o r m der Zustellung von A n w a l t zu A n w a l t beibehalten und noch dahin vereinfacht werden, daß außer dem E m p f a n g s b e k e n n t n i ß des Anwalts selbst auch n o c h dasjenige seines im G e s c h ä f t s l o k a l e a n g e t r o f f e n e n G e h ü l f e n genügt. 5. D i e Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g ist nicht ferner den Gerichtsvollziehern z u überlassen, ihre Leitung und U e b e r w a c h u n g vielmehr den Gerichten zu übertragen. Letztere w e r d e n , wie früher, d a f ü r z u sorgen haben, daß in gesetzlicher und in der v o m G e s e t z g e b e r beabsichtigten humanen W e i s e verfahren wird. D e r Richter soll stets durch Einsicht des P f ä n d u n g s p r o t o k o l l s in der L a g e sein, R e m e d u r eintreten zu lassen, o h n e d a ß erst eine B e s c h w e r d e , zu welcher sich die ärmeren K l a s s e n nur selten verstehen, abzuwarten ist. Auch ist d e m Richter die Wahl des V o l l z i e h u n g s b e amten z u z u w e i s e n und der B e z u g einer T a n t i e m e des letzteren v o n den Vollstrekk u n g s g e b ü h r e n auszuschließen. Eine A b h ü l f e erscheint namentlich auch e r f o r d e r lich, u m die Entwerthung der g e p f ä n d e t e n G e g e n s t ä n d e durch die A r t der Versteiger u n g und eine U n t e r s c h l a g u n g des erzielten Erlöses z u verhindern. E s wird sich deshalb empfehlen, f ü r je einen kleineren B e z i r k ein allgemeines P f ä n d u n g s l o k a l zu bestimmen, in welches die g e p f ä n d e t e n Sachen z u schaffen und in welchem sie zu versteigern sind, um eine größere K o n k u r r e n z v o n K a u f l u s t i g e n z u sichern. A u c h wird es z w e c k m ä ß i g sein, daß Seitens eines Gerichtsbeamten eine s u m m a r i s c h e T a x e der g e p f ä n d e t e n G e g e n s t ä n d e a u f g e n o m m e n wird, welche erreicht sein muß, wenn 1016
I. Erste Reformversuche (1881-1885)
der Zuschlag erfolgen soll. Der Erlös wird bis zur Ablieferung an den Gläubiger in gerichtliche Verwahrung genommen werden müssen. Außer diesen bei einer Reform der Civilprozeßordnung meines Erachtens zu befolgenden Grundzügen werden noch einige minder bedeutende Punkte ins Auge zu fassen sein. So wird es erforderlich werden, für die Deutschen, welche im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand haben, einen vom Wohnsitze unabhängigen Gerichtsstand f ü r Ehesachen und sonstige Statusklagen im Inlande zu schaffen. Im Anschluß hieran müsse entsprechend auch ein inländischer subsidiärer Gerichtsstand f ü r Erbschaftsstreitigkeiten bezüglich des Nachlasses eines im Auslande verstorbenen Deutschen gebildet werden. Gegenwärtig hat sich der Mangel solcher Gerichtsstände bereits mehrfach fühlbar gemacht. Die von Seiner Majestät dem Kaiser erstrebte Reform wird von selbst eine gleiche bezüglich der Gerichtskosten nach sich ziehen. W e n n es auch nicht erforderlich ist, auf diese schon in dem gegenwärtigen Stadium näher einzugehen, so wird doch eine Beschwerde gegen die Entscheidung über den Kostenpunkt, wenn die Hauptsache nicht mehr anhängig ist, zu gewähren sein. Der Mangel einer solchen selbständigen Beschwerde ist von vielen Seiten drückend empfunden worden. Endlich läßt sich die bei dem Mahnverfahren oft beklagte Verschleppung dadurch beseitigen, daß im Falle eines Widerspruchs gegen den Zahlbefehl das Gericht die Parteien von Amtswegen zu der mündlichen Verhandlung zu laden hat. . . , 3 Die von mir erbetene Mittheilung hat den Zweck, mich darüber zu vergewissern in wie weit und in welcher Form es f ü r mich als Reichskanzler rathsam sein wird, mit bestimmten Anträgen im Sinne der Allerhöchsten Intention vorzugehen. Damit länger wie nöthig zu warten, ist schon um deshalb nicht rathsam, weil die vorbereitenden Erwägungen in den ministeriellen Kreisen nicht geheim geblieben sind und den Gegnern der Regierungen schon jetzt den Anlaß geboten haben, gegen zweifellose Uebelstände auf dem Gebiete unserer Justiz-Gesetzgebung demonstrativ aufzutreten, um sich das Verdienst der Initiative beizulegen und aus der Verstimmung im Volke über einzelne Einrichtungen Kapital f ü r Partei-Interessen zu schlagen. Euere Excellenz würden mich durch eine gefällige Aeußerung zu besonderem Danke verpflichten. (gez. Bismarck) 10. Antwort des preußischen Justizministers vom 31. 12. 1884 an Bismarck Euere Durchlaucht haben in der geehrten Zuschrift vom 14. Dezember d. Js. R. 3072/35354 auf die Unzuträglichkeiten hingewiesen, welche sich als eine Folge der neueren Gesetzgebung sowohl auf dem Gebiete der Civilprozeßordnung als dem des Strafverfahrens im Laufe der Jahre herausgestellt, und meine Aeußerung darüber erfordert: in wie weit und in welcher Form es für Hochdieselben als Reichskanzler rathsam sein ,werde, mit bestimmten Anträgen vorzugehen, um nach den Intentionen Sr. Majestät des Kaisers bei den verbündeten Regierungen eine Revision jener Reichsgesetzgebung anzubahnen. Indem ich dieser an mich gerichteten Aufforderung in der nachfolgenden Darlegung zu entsprechen bemüht sein werde, bitte ich um die Erlaubniß, derselben einige Bemerkungen allgemeiner N a t u r voranschicken zu dürfen. Die durch die Reichsgesetzgebung des Jahres 1879 bewirkte Umgestaltung des bisher in Preußen geltend gewesenen Civil- und Strafprozesses, und die damit im Zusammenhang stehende, vielfach sogar dadurch bedingte Umgestaltung unserer bis dahin bestandenen Gerichtsverfassung mußte es mir vom Anbeginn meines Amtes als 3
Hier folgen Vorschläge zur Reform des Strafprozeßrechts. 1017
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
Justizminister als Pflicht erscheinen lassen, den Wirkungen nachzugehen, welche jene Reformen in ihrer praktischen Ausführung auf das Staats- und Rechtsleben in Preußen ausübten. Schon nach wenigen Jahren der Beobachtung konnte ich mich nach den im Justizministerium gemachten eigenen Erfahrungen, wie nach den Berichten, welche mir theils in einzelnen Rechtsangelegenheiten, theils als Generalberichte der Präsidenten und Oberstaatsanwälte zugingen, der Ueberzeugung nicht verschließen, daß die Reichsjustizgesetzgebung des Jahres 1879 uns Preußen Vieles genommen, was wir bis dahin Besseres besessen hatten, und daß der Gewinn der Rechtseinheit auf diesen Gebieten durch Neuerungen erkauft worden sei, welche den hergebrachten Rechtsanschauungen und Rechtsgewohnheiten in unserm Lande, nicht minder bei Laien, wie bei den Juristen, vielfach zuwider laufen, ja nicht selten geradezu als eine Verschlechterung gegen den früheren Zustand empfunden, und bedauert werden. W e n n ich nichts desto weniger diesen wohl-erkannten Unzuträglichkeiten gegenüber bisher eine absolute Zurückhaltung rücksichtlich eigener Anträge auf eine Revision jener Reichsgesetzgebung beobachten zu müssen geglaubt habe, so ist dies geschehen, weil ich die im Deutschen Reich neuerlangte Rechtseinheit durch all zu frühe Anträge auf Abänderungen zu beeinträchtigen fürchtete, vor Allem aber weil ich noch nicht mit voller Zuversicht den Zeitpunkt für gekommen erachtete, um auf Grund der inzwischen gesammelten praktischen Erfahrungen an eine Revision jener Reichsjustizgesetze gehen zu dürfen. Solche Erwägungen waren es auch, von denen ich geleitet wurde, als ich in einem an Se: Majestät den Kaiser im Januar 1882 erstatteten Generalbericht, in dem ich manche Beschwerden, die schon damals gegen die Justizgesetze hervorgetreten waren, nicht verschwiegen hatte, mich doch schließlich dahin aussprach : „daß nach der großen Umgestaltung, welche die Reichsjustizgesetze auf dem ganzen Gebiete der Rechtspflege zur Folge gehabt, zur Zeit kein Bedürfniß dringender sei, als das nach Ruhe in der Gesetzgebung!" Des Kaisers Majestät geruhten in einem auf jenen Generalbericht an mich gerichteten Erlaß vom 27. Februar 1882 diese meine Auffassung mit den Worten zu billigen, „daß wenn auch hie und da Abhülfe und Besserung angezeigt erscheinen möge, doch werde abgewartet werden können, daß zunächst die Erfahrungen das Bedürfniß zweifelsfrei bestätige und den sicheren Weg zu dessen Befriedigung erweise, da Se. Majestät mit mir einverstanden sei, daß zur Zeit Ruhe in der Gesetzgebung erwünscht sei." Seit der Erstattung jenes Berichtes und dem darauf ergangenen Allerhöchsten Bescheid sind mehrere Jahre, in denen weitere praktische Erfahrungen gewonnen worden sind, verflossen, und wenn Euere Durchlaucht jetzt den Zeitpunkt für gekommen erachten, um die bessernde Hand zunächst an einige der hauptsächlichst eine Abhülfe erheischenden Bestimmungen über Reichsjustizgesetze zu legen, so wollen Hochdieselben Sich überzeugt halten, daß ich, so weit der Justizminster eines Einzelnstaates dazu beizutragen vermag, bemüht sein werde, eine solche von Euerer Durchlaucht ausgehende Initiative zur Reform der Justizgesetzgebung nach besten Kräften zu unterstützen und zu fördern. Nach diesen vorangeschickten allgemeinen Bemerkungen wende ich mich zur Beantwortung der in der geneigten Zuschrift behandelten Einzelnfragen, indem ich mich bei Beantwortung derselben dem Gange anschließe, welchen Hochdero Schreiben genommen, die Bezeichnung einiger anderer auf dem hier begrenzten Gebiete sonst noch in Betracht kommenden Punkte aber dem Schluß dieser meiner Ausführung vorbehalte.
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I. Erste Reformversuche (1881-1885) Α.
Civilprozeßordnung
Einleitung. Das durch die Deutsche Civilprozeßordnung eingeführte Prozeßverfahren weicht von dem in Preußen bis dahin geltend gewesenen so wesentlich ab, daß es als wenig wahrscheinlich gelten konnte: es möchte sich dieser Theil der Reichsjustizgesetzgebung leicht bei uns einleben. Es war darum eigentlich überraschend, daß schon die ersten Jahresberichte der Präsidenten sich fast einstimmig gerade über das neue Civilprozeßverfahren günstig aussprachen, und diese gute Meinung der Praktiker über den neuen Civilprozeß hat sich der Art erhalten, daß auch heute noch dieser Theil der Reichsgesetzgebung f ü r denjenigen gilt, der am wenigsten einer nahen Reform bedürftig sei. 1. Prozeßbetrieb. Nichts desto weniger sind in der praktischen Anwendung auch dieses Gesetzbuches Mißstände zu Tage getreten, welche sich nicht fortleugnen lassen, und eine Hauptursache derselben wird allerdings darin zu suchen sein, daß der Prozeßbetrieb nicht, wie es nach Altpreußischem Recht der Fall war, bei den Gerichten, sondern einzig und allein in den Händen der Anwälte ruht. Darum trete ich auch Euerer Durchlaucht darin bei, daß wenn eine Revision des Civilprozesses in Angriff genommen werden soll, sie bei diesem Punkte einzusetzen haben wird. 2. Anwaltszwang. Es wird dies aber, meines ergebensten Dafürhaltens nicht in der Weise geschehen dürfen, daß man den radikalen Versuch machte, den Anwaltszwang im landgerichtlichen Verfahren principiell zu beseitigen. Denn dies würde auf nichts anderes, als auf den Versuch hinauslaufen: das Grundprinzip des neuen Prozeßrechts: die Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Verfahrens vor dem erkennenden Richter überhaupt, zu beseitigen. Der Anwaltszwang ist so sehr Voraussetzung des in der Deutschen Civilprozeßordnung aufgebauten Prozesses, er durchzieht und durchdringt so sehr alle Abschnitte, Titel, ja die einzelnen Paragraphen des ganzen Gesetzbuches, daß ohne eine Reform desselben an Haupt und Gliedern eine isolirte Reform des darin geregelten Anwaltszwanges meines Erachtens eine gesetzgeberische Unmöglichkeit sein würde. N u n gehe ich darum aber keineswegs so weit, daß ich meinen möchte, der Anwaltszwang, wie ihn die Civilprozeßordnung geregelt hat, vertrüge überhaupt keine Modifikation; ich erkenne vielmehr bereitwillig an, daß die Starrheit, mit welcher das Prinzip darin durchgeführt ist, mancher Aenderung fähig, ja bedürftig sei. So könnte, um nur Einiges hervorzuheben, es für zulässig erklärt werden, daß die Partei zur Prozeßführung zugelassen werde, wenn Anwälte die Uebernahme der Vollmacht verweigern, und das Gericht die Rechtsverfolgung an sich nicht f ü r aussichtslos erachtet; es könnte ferner eine rechtsverständige Partei von der jetzt bestehenden Verpflichtung, sich trotz eigener Rechtsverständigkeit eines Anwalts bedienen zu müssen, befreit werden; weiter könnte einem den Klageanspruch anerkennenden Beklagten, sowie dem zu einem Vergleich vor Gericht bereiten Beklagten nachgelassen werden, diese Erklärungen allein, und ohne die Mittelsperson eines Anwalts abzugeben, und es könnte auch vielleicht sogar ein Kreis von Personen gefunden werden, denen die Vertretung der Partei vor Gericht als Bevollmächtigte derselben nachgelassen werden dürfte. Derartige und vielleicht noch andere Modifikationen und Milderungen in dem jetzt allzu starr durchgeführten Prinzipe des Anwaltszwanges halte ich für wohl zulässig; nur möchte ich davon abrathen: als Ausgangspunkt der einzuleitenden 1019
Änderungen der Civilprozeßordnung
Reform von dem Grundsatz auszugehen: es müsse mit dem ganzen Princip des Anwaltszwanges gebrochen werden! 3. Amtsgerichtlicher Prozeß. Der von Euerer Durchlaucht f ü r das Verfahren vor den Amtsgerichten in Aussicht genommenen Modifikation pflichte ich um so unbedenklicher bei, als sie in die eigentliche Struktur des amtsgerichtlichen Prozesses nicht eingreift, und in der Mehrzahl der Fälle sich als eine, wie ich glaube, nützliche Aenderung erweisen kann. Unter Umständen freilich, wenn nämlich die Partei in ihren Angaben wechselt, kann das Schreibwerk dadurch vermehrt werden, doch wird dieser ausnahmsweise mögliche Nachtheil durch die von der Aenderung in der Regel zu erhoffenden Vortheile überwogen werden. 4. Anwaltszwang bei den Oberlandesgerichten. Darüber: daß vor den Oberlandesgerichten und vor dem Reichsgericht der Anwaltszwang beibehalten werde, wird gewiß allgemeines Einverständniß herrschen. 5. Zustellungswesen. In vollem Einverständniß befinde ich mich mit der Ansicht, daß das Zustellungswesen, wie es in der Civilprozeßordnung geregelt ist, sich in der Praxis nicht bewährt habe. Die dagegen von Anfang an vorgebrachten Klagen sind allmählig so dringend geworden, daß sie mich ausnahmsweise bestimmten, aus meiner sonst beobachteten Zurückhaltung heraus zu treten und in einem mit dem Reichsjustizamt gepflogenen Schriftwechsel auf die Nothwendigkeit einer Gesetzesänderung hinzuweisen. W e n n ich hierbei nicht so weit gegangen bin: einfach die Zustellung durch die Post an Stelle der Zustellung durch Gerichtsvollzieher zu empfehlen, so ist dies geschehen, weil ich eine für nothwendig erachtete Reform doch nur auf das dringendst Nothwendige zu beschränken wünschte. Wird aber eine Reform des Civilprozeßverfahrens überhaupt in umfassenderer Weise in Angriff genommen, so wird man bei ihr gerade das Zustellungswesen von Grund aus reformiren dürfen, und ich schließe mich in dieser Beziehung den Vorschlägen Euerer Durchlaucht rückhaltlos an. 6. Gerichtsvollzieher. Ebenso pflichte ich einer Zurückübertragung des von der Civilprozeßordnung in die H a n d des Gerichtsvollziehers gelegten Theils der Zwangsvollstreckung an die Gerichte, und an Vollstreckungsbeamte, die nur im Auftrage und nach Weisung des Gerichts handeln, unbedingt bei. Freilich wird eine solche Aenderung des bestehenden Zustandes das zahlreiche Personal der jetzt angestellten Gerichtsvollzieher schwer heimsuchen, und man wird, da eine ausreichende Entschädigung für die sie treffenden Verluste ihnen vom Staate schwerlich wird gewährt werden können, der Staatsregierung eine große Zahl neuer Unzufriedener, ja unter Umständen nicht gering zu achtender politischer Gegner schaffen. — Indessen halte ich den Gewinn, welcher von dieser Aenderung unseres Gerichtswesens erwartet werden darf, f ü r so wichtig, daß die mit der Neuerung verknüpften Mißstände von derselben nicht werden abhalten dürfen. — Zur Einrichtung der von Euerer Durchlaucht erwähnten Pfändungslokale wird es übrigens meines Dafürhaltens nicht einer gesetzlichen Bestimmung bedürfen, eine solche vielmehr durch einfache Anordnung der Justizverwaltung geschaffen werden können. 7. Gerichtsstand in Ehe- und Status-Sachen. Was endlich die in der geehrten Zuschrift bezeichneten Nebenpunkte anlangt, so wird es meines Erachtens unschwer sein, die zu 6 bezeichnete Lücke in der Gesetzgebung rücksichtlich des Gerichtsstandes in Ehesachen und sonstigen Statusklagen für Deutsche, welche im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand haben, so wie 1020
I. Erste Reformversuche (1881-1885)
8. Gerichtsstand in Erbschaftsstreitigkeiten, rücksichtlich eines Gerichtsstandes für Erbschaftsstreitigkeiten eines im Ausland verstorbenen Deutschen, durch ergänzende Vorschriften auszufüllen. 9. Gerichtskosten. Ob dagegen die bisher erörterten Reformen nothwendigerweise zugleich eine solche bezüglich der Gerichtskosten nach sich ziehen werden, und ob endlich die Konstruktion des 10. Mahnverfahrens in der von Euerer Durchlaucht in Aussicht genommenen Weise sich wird ergänzen lassen, diese Fragen werden erst dann mit Zuverlässigkeit zu übersehen sein, wenn die darauf abzielenden Vorschriften in der concreten Gestalt formulirter Paragraphen vorliegen. . . ,4 (gez. Friedberg) 11. Preußischer Entwurf vom Juli 18 85 zu einer CPO-Novelle Entwurf eines Gesetzes, betreffend Abänderung der Civilprozeßordnung anderer reichsgesetzlicher Vorschriften,5
und einiger
Artikel I An die Stelle der Ziffer 1 des § 23 des Gerichtsverfassungsgesetzes treten die folgenden Worte: „1) Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswerth die Summe von vierhundert Mark nicht übersteigt." Artikeln Die Civilprozeßordnung wird in der folgenden Weise abgeändert: 1) Der § 213, der dritte Absatz des § 214, der zweite Absatz des § 233, der zweite Absatz des § 634 und der § 744 werden aufgehoben. Der dritte Absatz des § 212 tritt als § 213 und der zweite Absatz des § 743 als § 744 an die Stelle der aufgehobenen Bestimmungen. 2) Als § 23 a hinter § 23, als dritter Absatz des § 28, als zweiter bis fünfter Absatz des § 75, als erster Absatz des § 440 vor dem bisher ersten, nunmehr zweiten Absatz dieses Paragraphen, als zweiter Absatz des § 632, als § 637 a hinter § 637, als erster Absatz des § 685 vor dem bisher ersten, nunmehr zweiten Absatz dieses Paragraphen, als zweiter Absatz des § 720, als zweiter und dritter Absatz des § 721, als § 809 a hinter § 809 und als zweiter Absatz des § 865 werden die nachstehend mit den angegebenen Ziffern bezeichneten Bestimmungen eingeschaltet. 3) An die Stelle der folgenden Bestimmungen: § 36 Ziffer 2, erster Absatz des § 83, zweiter Absatz des § 87, § 107 Ziffer 3, §§ 152 bis 156, erster Absatz des § 161, § 162, § 166, S 171, §§ 173 bis 180, zweiter Absatz des § 181, § 190, erster Absatz des S 221, § 288, § 356, § 430, § 458, erster Absatz des § 470, dritter Absatz des § 540, vierter Absatz des § 578, § 636, § 637, zweiter Absatz des § 674, erster Absatz des § 682, erster Absatz des S 697, erster Absatz des § 712, § 715 Ziffern 1, 3, 4, 5 und 8, §716, zweiter Absatz des § 717, § 719, zweiter Absatz des § 727, zweiter Absatz des § 730, § 732 und zweiter und dritter Absatz des § 739 treten die nachstehend mit den angegebenen Ziffern bezeichneten Vorschriften. Der zweite Teil des Schreibens bezieht sich auf die Strafprozeßordnung. Dieser Entwurf ist vom Justizministerium nicht versandt worden.
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Änderungen der Civilprozeßordnung
§ 23 a. Für Ehesachen eines Deutschen, welcher nicht zu den im ersten Absatz des § 1 6 bezeichneten Personen gehört, aber seinen Wohnsitz nur im Auslande hat, und f ü r Klagen in anderen nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten gegen einen solchen Deutschen ist, sofern f ü r die Rechtsstreitigkeit an dem Wohnsitz des Deutschen ein Gerichtsstand nicht begründet ist, das Gericht des letzten Wohnsitzes, welchen derselbe im Heimathsstaat gehabt hat, zuständig. In Ermangelung eines solchen gilt die Hauptstadt des Heimathsstaats als letzter Wohnsitz. Die Schlußbestimmung des ersten Absatzes des S 16 findet Anwendung. 5 28 Absatz 3. Insofern für Klagen der in den vorstehenden Bestimmungen bezeichneten Art, welche den Nachlaß eines Deutschen betreffen, der zur Zeit seines Todes einen allgemeinen Gerichtsstand vor deutschen Gerichten nicht gehabt hat, ein Gerichtsstand bei einem Gerichte des Staats, in welchem er sich zur Zeit seines Todes aufgehalten hat, nicht begründet ist, finden die Bestimmungen des § 23 a entsprechende Anwendung. Als im Bezirke des hiernach zuständigen Gerichts befindlich gilt der Nachlaß auch dann, wenn sich derselbe im amtlichen Besitz des deutschen Konsuls im Auslande befindet. § 36 Ziffer 2. 2) wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke oder, weil Zweifel über den durch den Heimathsstaat bestimmten Gerichtsstand bestehen, ungewiß ist, welches Gericht f ü r den Rechtsstreit zuständig ist. § 75 Absatz 2 bis 5. In Ehesachen können vor den Landgerichten die Parteien den Rechtsstreit ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt selbst führen. Im Verfahren vor dem Landgericht kann eine Person, welche die Befähigung zum Richteramt besitzt, sich selbst vertreten, auch als Bevollmächtigter für die Ehefrau und f ü r solche Personen, mit welchen sie in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Adoption verbunden oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder im zweiten Grade verschwägert ist, den Rechtsstreit führen. Im Verfahren vor dem Landgericht ist eine Partei zur eigenen Wahrnehmung ihrer Gerechtsame zuzulassen, sofern sich ihre Erklärungen darauf beschränken, daß auf einen Anspruch verzichtet, ein Anspruch anerkannt, die Klage, der Einspruch oder die Berufung zurückgenommen oder der Rechtsstreit durch Vergleich beseitigt werden soll. Kann im Falle des § 33 der Rechtsanwaltsordnung im Verfahren vor dem Landgericht, nach dem Ermessen des Gerichts der Partei nicht ein Rechtsanwalt beigeordnet werden, so ist derselben durch Beschluß des Gerichts zu gestatten, ohne Vertretung durch einen Rechtsanwalt zu verhandeln. In diesem Falle darf die Partei den Prozeß auch durch eine prozeßfähige Person, welche nicht Rechtsanwalt ist, als Bevollmächtigten führen. § 83 Absatz 1. Dem Gegner gegenüber erlangt die Kündigung des Vollmachtsvertrages erst durch die Anzeige des Erlöschens der Vollmacht, in Anwaltsprozessen erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts oder, soweit § 74 a der Partei gestattet, ohne Vertretung durch einen Anwalt zu verhandeln, durch die Anzeige der dahin gehenden Absicht, rechtliche Wirksamkeit. Die Anzeige ist mit der Urkunde über die Zustellung derselben zu den Gerichtsakten einzureichen. § 87 Absatz 2. Die Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten; in den vor dem Amtsgericht verhandelten Prozessen, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswerth die Summe von zweihundert Mark nicht übersteigt, jedoch nur dann, wenn nach dem Ermessen des Gerichts die Vertretung durch einen Rechtsanwalt wegen Krankheit, Abwesenheit oder amtli1022
I. Erste Reformversuche (1881-1885) cher Dienstverhältnisse der Partei n o t h w e n d i g w a r , o d e r w e n n u n d soweit die Führ u n g des Prozesses d u r c h die Partei selbst ebenfalls zu erstattende Kosten v e r a n l a ß t haben w ü r d e . Reisekosten eines auswärtigen Anwalts w e r d e n n u r insoweit erstattet, als die Z u z i e h u n g nach dem Ermessen des Gerichts z u r z w e c k e n t s p r e c h e n d e n R e c h t s v e r f o l g u n g o d e r Rechtsvertheidigung n o t h w e n d i g w a r . D i e Kosten m e h r e r e r Rechtsanwälte sind n u r insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen, o d e r als in d e r P e r s o n des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten mußte. § 107 Ziffer 3. 3) das Recht, d a ß ihr z u r vorläufig unentgeltlichen B e w i r k u n g v o n V o l l s t r e c k u n g s h a n d l u n g e n ein Gerichtsvollzieher u n d , insoweit eine V e r t r e t u n g d u r c h Anwälte g e b o t e n ist, z u r vorläufig unentgeltlichen W a h r n e h m u n g ihrer Rechte ein Rechtsanwalt beigeordnet w e r d e . § 152. Die Zustellungen erfolgen d u r c h die Post. Eine Zustellung k a n n d e r Post n u r d u r c h den Gerichtsschreiber des Gerichts, bei w e l c h e m das V e r f a h r e n stattfindet o d e r stattfinden soll, ü b e r t r a g e n w e r d e n . D i e Partei, welche eine Zustellung v e r a n lassen will, hat die V e r m i t t e l u n g des Gerichtsschreibers n a c h z u s u c h e n . § 153. Die mündliche E r k l ä r u n g einer Partei sowie die Einreichung einer L a d u n g z u m Z w e c k e d e r T e r m i n s b e s t i m m u n g g e n ü g t , um den Gerichtsschreiber z u r U e b e r t r a g u n g d e r Zustellung an die P o s t zu ermächtigen. Ist d u r c h die P o s t eine Zustellung, als v o n einer Partei veranlaßt, bewirkt w o r d e n , so w i r d bis z u m Beweis des Gegentheils a n g e n o m m e n , daß die V e r m i t t e l u n g des Gerichtsschreibers v o n d e r Partei nachgesucht ist. § 154. Die d u r c h einen Rechtsanwalt vertretene Partei hat d e m Gerichtsschreiber neben d e r U r s c h r i f t des zuzustellenden Schriftstücks eine der Z a h l der P e r s o n e n , welchen zuzustellen ist, entsprechende Z a h l von Abschriften sowie eine f ü r die Gerichtsakten bestimmte Abschrift zu übergeben. Diese Abschriften müssen d u r c h den R e c h t s a n w a l t beglaubigt sein. W e r d e n von einer nicht d u r c h einen Rechtsanwalt vertretenen Partei bei d e r N a c h s u c h u n g d e r V e r m i t t e l u n g des Gerichtsschreibers die im v o r a n g e h e n d e n Absatz bezeichneten Abschriften nicht übergeben, so sind dieselben auf Kosten der Partei z u fertigen. Die dem Gerichtsschreiber überreichten o d e r v o n A m t s w e g e n gefertigten A b schriften sind d u r c h den Gerichtsschreiber zu beglaubigen. D e r Gerichtsschreiber h a t die Zustellungen, deren V e r m i t t e l u n g bei ihm n a c h g e sucht ist, in eine Liste e i n z u t r a g e n u n d die Zeit, in welcher ihm die U r s c h r i f t des zuzustellenden Schriftstücks z u g e g a n g e n ist, sowie die N u m m e r , mit welcher die Zustellung in die Liste eingetragen ist, auf d e r U r s c h r i f t und auf den Abschriften zu vermerken. §155. Eine Zustellung, welche von A m t s w e g e n o d e r auf A n o r d n u n g des Gerichts zu b e w i r k e n ist, geschieht d u r c h die U e b e r g a b e einer A u s f e r t i g u n g o d e r beglaubigten Abschrift des amtlichen Schriftstücks. In allen übrigen Fällen erfolgt die Zustellung d u r c h U e b e r g a b e einer in G e m ä ß h e i t des § 154 beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks. § 156. Die A u s f e r t i g u n g o d e r die beglaubigte Abschrift des Schriftstücks wird in einem mit dem Gerichtssiegel verschlossenen Briefumschlag z u r Post gegeben. Auf d e m Briefumschlag ist a u ß e r der Adresse d e r P e r s o n , welcher zugestellt w e r d e n soll, v o n d e m Gerichtsschreiber mit seiner U n t e r s c h r i f t u n t e r Bezeichnung der G e s c h ä f t s n u m m e r der Ausfertigung, beziehungsweise d e r N u m m e r der Zustellungsliste (§ 154 1023
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Abs. 3) zu vermerken, daß von Amtswegen, beziehungsweise auf den Antrag oder auf Veranlassung der näher zu bezeichnenden Partei zuzustellen sei. In den letzteren Fällen ist auch der für die Partei handelnde Prozeßbevollmächtigte zu benennen. Zugleich mit dem Briefe ist der Post ein Formular der Zustellungsurkunde zu übergeben, in welchem der zum Zwecke der Zustellung zu übergebende Brief durch vollständige Abschrift des Briefumschlags bezeichnet ist. § 161 Absatz 1. Der Zustellungsbevollmächtigte ist bei der nächsten gerichtlichen Verhandlung oder, wenn die Partei vorher dem Gegner einen Schriftsatz zustellen läßt, in diesem zu benennen. Die Benennung muß im ersteren Falle durch Aufnahme in das Protokoll, im letzteren durch die auf der Gerichtsschreiberei niedergelegte, zu den Gerichtsakten zu nehmende Abschrift des Schriftsatzes festgestellt werden. Wird ein Zustellungsbevollmächtigter in dieser Weise nicht benannt, so können alle späteren Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung in der Art bewirkt werden, daß der Gerichtsschreiber das zu übergebende Schriftstück unter der Adresse der Partei nach ihrem Wohnort zur Post giebt. Die Zustellung wird mit der Aufgabe zur Post als bewirkt angesehen, selbst wenn die Sendung als unbestellbar zurückkommt. § 162. Zustellungen, welche in einem anhängigen Rechtsstreit geschehen sollen, müssen an den für die Instanz bestellten Prozeßbevollmächtigten erfolgen. Als solcher gilt für die Zustellungen nur derjenige Prozeßbevollmächtigte, dessen Vollmacht zu den Gerichtsakten abgegeben ist (§ 76 Absatz 1). An denselben müssen die Zustellungen solange erfolgen, als nicht die Anzeige, durch welche die Kündigung dem Gegner gegenüber rechtliche Wirksamkeit erlangt hat (§ 83 Absatz 1), zu den Gerichtsakten abgereicht ist. § 166. Wird die Person, welcher zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung nicht angetroffen, so kann die Zustellung in der Wohnung an einen zu der Familie gehörenden erwachsenen Hausgenossen oder an eine in der Familie dienende erwachsene Person oder in demselben Hause an den daselbst wohnenden und zur Annahme der Zustellung bereiten Hauswirth oder Vermiether erfolgen. An den Hauswirth oder Vermiether soll die Zustellung erst dann erfolgen, wenn keine andere Person angetroffen wird, an welche die Zustellung erfolgen kann. Befindet sich die Person, welcher zugestellt werden soll, nicht auf freiem Fuße, so erfolgt die Zustellung an den Vorsteher der Anstalt, in welcher sie sich befindet, oder an einen während der gewöhnlichen Geschäftsstunden in dem Geschäftslokal desselben angetroffenen Bediensteten. § 171. Soll die Zustellung an einem Sonntag oder allgemeinen Feiertag ausgeführt werden, so ist die Verweigerung der Annahme der Zustellung begründet, sofern nicht in dem auf den Briefumschlag gesetzten Vermerk des Gerichtsschreibers bescheinigt ist, daß nach Anordnung des Gerichtsvorsitzenden die Zustellung auch an einem Sonntag oder allgemeinen Feiertag stattfinden dürfe. Im Falle begründeter Verweigerung der Annahme ist die Zustellung an dem folgenden Werktage auszuführen. § 173. Ueber die Zustellung ist von dem Postboten des Bestimmungsorts eine Urkunde aufzunehmen. Die Zustellungsurkunde ist dem Gerichtsschreiber zu übermitteln. § 174. Die Zustellungsurkunde muß enthalten : 1. Ort und Zeit der Zustellung, 2. die Bezeichnung des zum Zwecke der Zustellung übergebenen, zurückgelassenen oder niedergelegten Briefs (§ 156 Abs. 2), 1024
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3. die Bezeichnung der Person, welcher zugestellt ist; in den Fällen der §§ 166, 168, 169 die Angabe des Grundes, durch welchen die Zustellung an die bezeichnete Person gerechtfertigt wird; wenn nach § 167 verfahren ist, die Bemerkung, wie die darin enthaltenen Vorschriften befolgt sind; 4. im Falle einer unbegründeten Verweigerung der Annahme die Erwähnung, daß die Annahme verweigert und der zu übergebende Brief am Orte der Zustellung zurückgelassen ist; 5. die Unterschrift des die Zustellung vollziehenden Beamten. §175. Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 161) erfolgt, so hat der Gerichtsschreiber als Urkunde über die erfolgte Zustellung eine amtliche Bescheinigung auszustellen, welche unter Angabe der Geschäftsnummer der zuzustellenden Ausfertigung, beziehungsweise der N u m m e r der Zustellungsliste (§ 154 Absatz 2) ergiebt, daß die Zustellung von Amtswegen, auf den Antrag welcher Partei sie nach Anordnung des Gerichts, oder auf Veranlassung welcher Partei sie erfolgt, sowie zu welcher Zeit, unter welcher Adresse und bei welcher Postanstalt die Aufgabe geschehen ist. § 176. Ergiebt die Urkunde über die Zustellung offenbare Mängel der Zustellung, so hat der Gerichtsschreiber auf schleunige Beseitigung derselben von Amtswegen hinzuwirken. § 177. Der Gerichtsschreiber hat die Urkunde über die Ausführung einer von Amtswegen oder nach Anordnung des Gerichts bewirkten Zustellung den Akten beizufügen. § 178. Urkunden über die auf Veranlassung einer Partei erfolgte Zustellung sind von dem Gerichtsschreiber mit der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks zu verbinden und der Partei, welche die Zustellung veranlaßt hat, auf Erfordern auszuhändigen. Enthält das Schriftstück eine Ladung, so ist die Zustellungsurkunde mit der zu den Akten des Gerichts zu nehmenden Abschrift des Schriftstücks zu verbinden; der Partei ist die Urschrift des Schriftstücks mit einer Abschrift der Zustellungsurkunde sogleich nach dem Eingange der letzteren auszuhändigen. § 179. Erfolgt im Falle des ersten Satzes des § 178 die Entnahme des zuzustellenden Schriftstücks und der Zustellungsurkunde durch die Partei nicht innerhalb Jahresfrist nach der Zustellung, so brauchen dieselben nicht länger aufbewahrt zu werden. 5 180. Die Ausführung der Zustellungen kann auch durch Gerichtsvollzieher erfolgen, insoweit die Landesjustizverwaltung denselben diese Amtsthätigkeit zuweist oder sofern ihnen dieselbe im einzelnen Falle von dem Gericht auf Antrag einer Partei oder von Amtswegen besonders aufgetragen wird. Auf die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher und die Beurkundung dieser Zustellung finden die Vorschriften der§§ 156,162,165 bis 171, 173, 174,176 bis 179 entsprechende Anwendung. § 181 Absatz 2. Zum Nachweise der Zustellung genügt das mit Datum und Unterschrift versehene schriftliche Empfangsbekenntniß des Anwalts, welchem zugestellt worden ist, oder eines Gehülfen oder Schreibers desselben, welcher bescheinigt, daß die Zustellung an ihn im Geschäftslokale des Anwalts erfolgt sei, und daß dieser ihn zur Annahme von Zustellungen ermächtigt habe. § 190. Insoweit durch die Zustellung eine Frist gewahrt und der Lauf der Verjährung oder einer Frist unterbrochen wird, treten die Wirkungen der Zustellung bereits mit der Uebergabe des zuzustellenden Schriftstücks an den Gerichtsschreiber oder mit der Ueberreichung des Gesuchs, welches die Zustellung eines demselben beige1025
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fügten Schriftstücks mittels Ersuchens anderer Behörden oder mittels öffentlicher Bekanntmachung betrifft, unter der Voraussetzung ein, daß auf der Grundlage der gemachten Angaben die Zustellung demnächst bewirkt wird. § 221 Absatz 1. Stirbt in Anwaltsprozessen der Anwalt einer Partei oder wird derselbe unfähig, die Vertretung der Partei fortzuführen, so tritt eine Unterbrechung des Verfahrens ein, bis der bestellte neue Anwalt von seiner Bestellung dem Gegner Anzeige macht, oder bis die Partei, welche auf Grund des § 75 befugt ist, ohne Vertretung durch einen Anwalt zu verhandeln, ihre dahingehende Absicht dem Gegner anzeigt. Die Anzeige ist mit der Urkunde über Zustellung derselben zu den Gerichtsakten einzureichen. § 288 Absatz 1. Die Zustellung der Urtheile erfolgt auf Antrag der Parteien nach den f ü r die Zustellung von Amtswegen gegebenen Vorschriften. Der Partei, welche die Zustellung beantragt hat, ist nach deren Ausführung eine Ausfertigung des Urtheils mit einem von dem Gerichtsschreiber auf Grund der Akten ausgefertigten Zeugniß über die auf ihren Antrag erfolgte Zustellung und über den Zeitpunkt derselben auszuhändigen. §356. Die Beeidigung des Zeugen erfolgt nach dem Abschluß seiner Vernehmung. In Gebieten jedoch, in denen vor dem 1. Oktober 1879 die Beeidigung der Zeugen vor der Vernehmung zu erfolgen hatte, kann es bei diesem Verfahren auch ferner sein Bewenden behalten. Der Richter darf eine Mehrheit von Zeugen gleichzeitig beeidigen. Die Parteien können auf die Beeidigung verzichten. § 430. Erscheint der ordnungsmäßig geladene Schwurpflichtige in dem zur Eidesleistung bestimmten Termine nicht, und hat derselbe auch keine nach dem Ermessen des Gerichts ausreichende Entschuldigung beigebracht, so ist auf Antrag durch Beschluß des Prozeßgerichts auszusprechen, daß der Eid als verweigert angenommen werde. Der Beschluß kann ohne mündliche Verhandlung erlassen werden. Der Beschluß ist derjenigen Partei, welche bei Verkündung desselben nicht anwesend war, von Amtswegen zuzustellen. In demselben ist zugleich ein Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen. Sofern der Schwurpflichtige sich in diesem Termin zur Eidesleistung bereiterklärt, ist mit Abnahme des Eides zu verfahren. Einem Antrage, die durch den Beschluß ausgesprochene Folge des Ausbleibens aufzuheben, kann unter Aufhebung des nach Maßgabe des zweiten Absatzes bestimmten Termins zur mündlichen Verhandlung und mit einer der im § 441 bezeichneten Anordnungen einmal stattgegeben werden. § 440 Absatz 1. Das Prozeßgericht bestimmt die Zeit der Eidesleistung. Zu dem bestimmten Termin sind die Parteien von Amtswegen zu laden. Dem Schwurpflichtigen ist die Ladung selbst zuzustellen, auch wenn er als Prozeßpartei durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten wird. § 458. Nach erfolgter Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung hat der Gerichtsschreiber für die Zustellung der Klage Sorge zu tragen. $ 470 Absatz 1. Anträge und Erklärungen einer Partei sind auch außer den Fällen des § 146 auf Antrag durch Aufnahme in das Protokoll festzustellen, insofern das Gericht die Feststellung für angemessen erachtet. § 540 Absatz 3. Das Gericht ist zu einer Abänderung seiner durch Beschwerde angegriffenen Verfügung nicht befugt. Im Falle einer Beschwerde gegen den nach 1026
I. Erste Reformversuche (1881-1885) § 99 erlassenen Festsetzungsbeschluß findet indessen der § 534 Anwendung, sofern die Beschwerde nach ihrem ganzen Umfang f ü r begründet erachtet wird. §578 Absatz 4. Ein Versäumnißurtheil kann gegen den Beklagten nicht erlassen werden. § 632 Absatz 2. Die Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner erfolgt von Amtswegen. Dem Gläubiger ist nach Ausführung der Zustellung eine Ausfertigung des Zahlungsbefehls mit einem von dem Gerichtsschreiber auf Grund der Akten ausgefertigten Zeugniß über die erfolgte Zustellung und den Zeitpunkt derselben auszuhändigen. § 636. Gehört eine wegen des Anspruchs zu erhebende Klage vor die Amtsgerichte, so wird, wenn rechtzeitig Widerspruch erhoben ist, durch Beschluß des Gerichts Termin zur mündlichen Verhandlung der Sache bestimmt. §637. Gehört eine wegen des Anspruchs zu erhebende Klage vor die Landgerichte, so hat das Gericht den Gläubiger von dem rechtzeitig erhobenen Widerspruch in Kenntniß zu setzen und dem Schuldner auf Verlangen eine Bescheinigung darüber zu ertheilen, daß er rechtzeitig Widerspruch erhoben habe. Die Wirkungen der Rechtshängigkeit erlöschen, wenn nicht binnen einer sechsmonatigen Frist, welche von dem Tage der Benachrichtigung von der Erhebung des Widerspruchs läuft, die Klage bei dem zuständigen Gericht erhoben wird. § 637a. Wird ein Zahlungsbefehl wegen eines Wechselanspruchs nachgesucht, so finden die §§ 626 bis 637 mit den folgenden Maßgaben Anwendung: Dem Gesuch müssen drei Abschriften der die Verfolgung des Anspruchs im Wechselprozeß begründenden Urkunden beigefügt werden, von welchen die eine mit der Ausfertigung des Zahlungsbefehls zu verbinden ist. In dem Zahlungsbefehl ist auszusprechen, daß die Zahlung gegen den in Abschrift beigefügten Wechsel zu erfolgen habe. Die Frist ist auf drei Tage zu bestimmen. Im Falle der Zuständigkeit des Amtsgerichts f ü r die nach erhobenem Widerspruch zu verhandelnde Sache wird die Klage als im Wechselprozeß erhoben angesehen. Die Frist, mit deren Ablauf die Wirkungen der Rechtshängigkeit nach § 637 erlöschen, ist eine einmonatige. § 674 Absatz 2. Der Gläubiger kann wegen Ertheilung des Auftrags zur Zwangsvollstreckung die Mitwirkung des Gerichts in Anspruch nehmen. Der von dem Gericht beauftragte Gerichtsvollzieher gilt als von dem Gläubiger beauftragt. § 682 Absatz 1. Der Gerichtsvollzieher hat über jede Vollstreckungshandlung ein Protokoll aufzunehmen, welches alsbald dem Gericht zur Kenntnißnahme vorgelegt werden muß § 685 Absatz 1. Das Vollstreckungsgericht hat das von dem Gerichtsvollzieher bei der Zwangsvollstreckung zu beobachtende Verfahren von Amtswegen zu überwachen. § 697 Absatz 1. Die Kosten der Zwangsvollstreckung fallen, soweit sie nothwendig waren (§ 87), dem Schuldner zur Last; sie sind zugleich mit dem zur Zwangsvollstreckung stehenden Anspruch beizutreiben. Die Kosten einer zum Zwecke der Zwangsvollstreckung auf Verlangen des Gläubigers von dem Gerichtsvollzieher gemachten Reise gelten nicht als nothwendige Kosten der Zwangsvollstreckung. §712 Abs. 1. Die Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners befindlichen körperlichen Sachen wird dadurch bewirkt, daß der Gerichtsvollzieher dieselben in amtliche Verwahrung nimmt. Die amtliche Verwahrung erfolgt durch den Gerichts1027
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Vollzieher oder durch die von demselben damit betrauten Personen. Werthpapiere und Kostbarkeiten sind alsbald nach der Pfändung zur weiteren Verwahrung für den Gerichtsvollzieher an das Vollstreckungsgericht abzuliefern. Die Landesjustizverwaltung kann auch bei anderen Gegenständen die Verwahrung für den Gerichtsvollzieher in einer amtlich beaufsichtigten Pfandkammer anordnen. Für die in gerichtliche Verwahrung oder in die Pfandkammer aufgenommenen Sachen haftet dem Beschädigten für den Fall der Beschädigung oder des Verlustes durch Schuld eines Beamten der Staat, vorbehaltlich des Rückgriffs gegen den eine Beschädigung oder den Verlust derselben verschuldenden Beamten. § 71 i Ziffern 1, 3, 4, 5, 8. 1, die Kleidungsstücke, die Betten, das Haus- und Küchengeräth, insbesondere die Heiz- und Kochöfen, soweit diese Gegenstände für den Schuldner, seine Familie und sein Gesinde erforderlich sind; 3, eine Milchkuh oder nach der Wahl des Schuldners statt einer solchen zwei Ziegen oder zwei Schafe nebst dem zum Unterhalt oder zur Streu für dieselben auf zwei Wochen erforderlichen Futter und Stroh, sofern die bezeichneten Thiere für die Ernährung des Schuldners, seiner Familie und seines Gesindes erforderlich sind; 4, bei Künstlern, Handwerkern und Handarbeitern, auch wenn dieselben aus der Kunst, dem Handwerk oder der Handarbeiter Erwerb nur neben einem anderen Beruf suchen, sowie bei Fabrikarbeitern und bei Hebammen die zur persönlichen Ausübung des Berufs erforderlichen Gegenstände. 5, bei Personen, welche Landwirtschaft betreiben, das nach dem Gutachten eines zuzuziehenden Sachverständigen zum Wirthschaftsbetrieb erforderliche Geräth, Vieh- und Feldinventarium nebst dem nöthigen Dünger sowie die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, welche nach dem Gutachten des Sachverständigen zur Fortsetzung der Wirthschaft bis zur nächsten Ernte erforderlich sind. Die Landesjustizverwaltung kann über die Auswahl der Sachverständigen maßgebende Bestimmungen treffen; 8, die zum Betrieb einer Apotheke erforderlichen Geräthe, Gefäße und Waaren. § 716. Die gepfändeten Sachen sind öffentlich zu versteigern, nachdem sie durch den Gerichtsvollzieher oder einen anderen vom Gericht bezeichneten Beamten abgeschätzt worden sind. Bei Kostbarkeiten muß die Schätzung durch einen vom Gerichtsvollzieher zugezogenen Sachverständigen erfolgen. Die Versteigerung geschieht durch den pfändenden Gerichtsvollzieher, soweit dieselbe nicht von dem Gericht einem anderen Beamten übertragen wird. Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern. Die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von Seiten des Schuldners, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. Die gerichtliche Ueberwachung (5 685 Absatz 1) erstreckt sich insbesondere auch auf die rechtzeitige und gehörige Ablieferung des Geldes an den Gläubiger. Kann dieselbe nicht alsbald erfolgen, so ist die einstweilige Ablieferung des Geldes zur gerichtlichen Verwahrung anzuordnen. § 717Abs. 2. Die Versteigerung erfolgt in der Gemeinde, in welcher die Pfändung geschehen ist, sofern nicht der Gläubiger und der Schuldner über einen anderen Ort der Versteigerung sich einigen oder das Vollstreckungsgericht einen solchen bestimmt. § 719. Die Versteigerung wird eingestellt und die Freigabe der nicht versteigerten Gegenstände erfolgt, sobald der Erlös zur Befriedigung des Gläubigers und zur Deckung der Kosten der Zwangsvollstreckung hinreicht, sowie ferner, wenn die 1028
I. Erste Reformversuche (1881-1885) Versteigerung unter Zustimmung des Gläubigers länger als drei Monate nach der Pfändung hinausgeschoben wird. § 720Absatz 2. Der dritte Absatz des § 716 findet entsprechende Anwendung. 5 721 Absatz 2 und 3. Wird bei der Versteigerung anderer Gegenstände die Schätzung nicht erreicht, so ist der Zuschlag zu versagen und die Versteigerung in einem neuen Termin zu wiederholen. Die wiederholte Versteigerung ist nicht vor Ablauf einer Woche vorzunehmen. Bei derselben ist der Zuschlag für das Meistgebot auch dann zu ertheilen, wenn dasselbe die Schätzung nicht erreicht. Unter Zustimmung des Gläubigers und Schuldners kann der Zuschlag für das geringere Gebot schon im ersten Termin erfolgen, auch der zweite Termin nach kürzerer Frist anberaumt werden. § 727 Absatz 2. Ist die erste Pfändung durch einen anderen Gerichtsvollzieher bewirkt, so ist diesem eine Abschrift des Protokolls auszuhändigen. In das Protokoll ist ein Vermerk über die erfolgte Aushändigung aufzunehmen. § 730Abs. 2. Die Zustellung des Beschlusses an den der deutschen Gerichtsbarkeit unterstehenden Drittschuldner geschieht von Amtswegen. Nach erfolgter Zustellung ist der Beschluß mit einem Vermerk des Gerichtsschreibers darüber, wann derselbe dem Drittschuldner zugestellt worden ist, dem Schuldner zuzustellen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich wird. An Stelle einer an den Schuldner im Auslande zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post. Der Gläubiger ist durch den Gerichtsschreiber von der erfolgten Zustellung an den Drittschuldner und an den Schuldner zu benachrichtigen. § 732. Die Pfändung von Forderungen aus Wechseln und anderen Papieren, welche durch Indossament übertragen werden können, wird dadurch bewirkt, daß der Gerichtsvollzieher diese Papiere in amtliche Verwahrung nimmt. Die Papiere sind alsbald zur weiteren Verwahrung für den Gerichtsvollzieher an das Vollstrekkungsgericht abzuliefern. Bedarf es zur Erhaltung der Rechte aus dem Wechsel der Präsentation desselben und der Aufnahme eines Protests, so hat das Gericht auf Antrag des Vollstreckungsschuldners die Aushändigung des Wechsels an den von diesem beauftragten, zur Aufnahme des Protests fähigen Beamten unter der Verpflichtung desselben zur Rückgabe des Wechsels mit dem aufgenommenen Protest in die amtliche Verwahrung anzuordnen. Auf Antrag des Gläubigers ist dieser von dem Gericht zu ermächtigen, den Auftrag zur Präsentation und Aufnahme des Protests im Namen des Schuldners zu ertheilen, sofern der Schuldner damit säumig ist. In diesem Fall findet die Bestimmung über Anordnung der Herausgabe des Wechsels zum Zwecke der Protesterhebung entsprechende Anwendung. § 739 Absatz 2 und 3. Das Verlangen des Gläubigers muß zugleich mit dem Gesuche um die Pfändung angebracht werden. Das Gericht hat eine entsprechende Aufforderung in den Pfändungsbeschluß aufzunehmen. Der Drittschuldner haftet dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden. Der Drittschuldner kann verlangen, daß seine Erklärungen durch den Gerichtsschreiber des Amtsgerichts, in dessen Bezirk er sich aufhält, zu Protokoll genommen, und daß die von ihm schriftlich oder zu Protokoll abgegebenen Erklärungen durch den Gerichtsschreiber dem Gläubiger portopflichtig übersandt werden. § 809a. Auf Antrag kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung angeordnet 1029
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werden, daß die Vollziehung des Arrestbefehls beginnen darf, ohne daß dieser zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Den Beschluß, durch welchen die Anordnung getroffen wird, hat die Partei, welche den Arrest erwirkt hat, zustellen zu lassen. Die Zustellung desselben sowie des Arrestbefehls muß dem Gericht innerhalb einer in dem Beschluß zu bestimmenden Frist nachgewiesen werden. Erfolgt der Nachweis in der bestimmten Frist nicht, so ist der Arrest von Amtswegen aufzuheben. § 865 Absatz 2. Soll die Zustellung im Inlande erfolgen, so ist die Vermittelung des Gerichtsschreibers des zuständigen Gerichts nachzusuchen. Artikel III Die §§ 37 und 38 der Strafprozeßordnung erhalten die folgende Fassung: §37. Auf das Verfahren bei Zustellungen finden die Vorschriften der Civilprozeßordnung über Zustellungen mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die Thätigkeit des Gerichtsschreibers durch Beamte der Staatsanwaltschaft in Gemäßheit von Anordnungen der Landesjustizverwaltung geübt werden kann. §38. Die bei dem Strafverfahren betheiligten Personen, denen die Befugniß beigelegt ist, Zeugen und Sachverständige unmittelbar zu laden, haben wegen der Zustellung die Vermittelung des Gerichtsschreibers nachzusuchen.
II. Von der Wiederaufnahme der Reformüberlegungen 1890 bis zur Einsetzung der CPO-Kommission von 1895 1. Schreiben des Reichsjustizamts vom 1 1 . 6 . 1 8 9 0 an den preußischen Justizminister Unter dem 14. Dezember 1884 hat der Herr Reichskanzler an die Königlich Preußischen Gesandten innerhalb des Deutschen Reichs ein Rundschreiben erlassen, in welchem dieselben beauftragt wurden, mit den Regierungen, bei denen sie beglaubigt waren, einen vertraulichen Meinungsaustausch darüber herbeizuführen, ob nicht mehrere grundsätzliche Abänderungen der Civilprozeßordnung für angezeigt zu erachten sein möchten. Der Herr Reichskanzler ging hierbei davon aus, es habe die Civilprozeßordnung in ihrer praktischen Anwendung Uebelstände zu Tage treten lassen, deren Hauptursache darin zu suchen sei, daß der Prozeßbetrieb und die Zwangsvollstreckung nicht bei den Richtern, sondern bei den Anwälten und den Gerichtsvollziehern ruht. Im Einzelnen wurde eine Umgestaltung der Prozeßordnung vornehmlich nach den Richtungen in Anregung gebracht, daß der Anwaltszwang in dem Verfahren vor den Landgerichten beseitigt, daß der Zwang der Zustellung durch den Gerichtsvollzieher aufgehoben und die von Amtswegen vermittelte Zustellung durch die Post zur regelmäßigen Form erhoben, und daß ferner die Zwangsvollstreckung nicht den Gerichtsvollziehern überlassen, ihre Leitung und Ueberwachung vielmehr den Gerichten übertragen werden sollte, wobei dem Richter die Auswahl des Vollziehungsbeamten zuzuweisen sei. Eine weitere Folge ist der geplanten Revision der Civilprozeßordnung, nachdem von den Regierungen der einzelnen Bundesstaaten schriftliche Aeußerungen über die zur Erwägung gestellten Vorschläge eingegangen waren, nicht gegeben worden. Dagegen ist die Wiederaufnahme des damaligen Reformplanes jetzt von dem Königlich Württembergischen Justizministerium in einem an mich gerichteten vertrauli1030
II. Reformüberlegungen 1890-1895 c h e n Schreiben in A n r e g u n g gebracht w o r d e n . D a s b e z e i c h n e t e Ministerium hat hierbei darauf h i n g e w i e s e n , w i e die W ü r t t e m b e r g i s c h e Staatsregierung seiner Zeit es als w ü n s c h e n s w e r t h b e z e i c h n e t habe, daß der v o n d e m H e r r n R e i c h s k a n z l e r in A u s s i c h t g e n o m m e n e V e r s u c h einer B e s e i t i g u n g der dermaligen Gestaltung des P r o zeßbetriebs u n d des Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n s g e m a c h t w e r d e . D a s Ministerium hat ferner der E r w ä g u n g a n h e i m g e g e b e n , ob nicht die in gleicher R i c h t u n g sich b e w e g e n d e n A n t r ä g e der Reichstagsmitglieder K u l e m a n n & G e n . und Rintelen & G e n . ( D r u c k s a c h e n des Reichstags N o . 52 v o n 1 8 8 8 / 8 9 1 u n d N o . 15 v o n 1890 2 ) vielleicht A n l a ß g e b e n k ö n n t e n , an d e n früheren R e f o r m p l a n w i e d e r a n z u k n ü p f e n . Für m e i n e E r w i d e r u n g an das K ö n i g l i c h W ü r t t e m b e r g i s c h e Justizministerium w ü r d e es v o n erheblichster B e d e u t u n g sein, w e n n ich v o n der A n s c h a u u n g in K e n n t niß g e s e t z t w ü r d e , w e l c h e E u e r e E x c e l l e n z Sich nach den in der P r e u ß i s c h e n M o n a r chie g e m a c h t e n E r f a h r u n g e n über die N o t h w e n d i g k e i t und d e r z e i t i g e D u r c h f ü h r 1
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Gemeint ist der Antrag von Kulemann auf Änderung des § 155 G V G und der §§ 162, 164, 173, 179, 294, 457, 458, 477, 514, 662 und 671 C P O sowie auf Einfügung drei neuer Bestimmungen (§§ 99 a, 470 a und b). Gemeint ist der Antrag von Rintelen vom 6. 5. 1890, der wie folgt lautet: „ 1. daß die Zustellungen vom Amtswegen erfolgen, mit den Maßgaben, a) daß der Partei die Besorgung der Zustellung von Ladungen, Schriftsätzen, Urtheilen, Arrestbefehlen und einstweiliger V e r f ü g u n g an die Gegenpartei zu überlassen ist, wenn sie erklärt, für die Zustellung selbst Sorge tragen zu wollen, in welchem Fall jedoch die zur Erstattung der Prozeßkosten verurtheilte Partei die durch die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher erwachsenen Kosten nicht zu tragen hat; b) daß Urtheile, gegen welche der Einspruch, die Berufung oder die Revision zulässig ist, von Amtswegen erst dann zugestellt werden, wenn eine Partei die Zustellung beantragt; c) daß die Nothfristen durch Uebergabe des zuzustellenden Schriftsatzes an die Gerichtsschreiberei gewahrt werden ; d) daß die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über Zustellung durch Vermittelung des Gerichtsschreibers in Wegfall kommen; 2. daß bei Zustellungen von Amtswegen die Form der Zustellung vereinfacht wird, und zwar in der Art, a) daß die Vorschriften des § 173 Absatz 2 und 3 der Zivilprozeßordnung, betreffend die Stelle, wohin die Zustellungsurkunde zu setzen und betreffend die Uebergabe einer beglaubigten Abschrift der Zustellungsurkunde, in Wegfall kommen; b) daß in der Zustellungsurkunde die Uebergabe des seiner Adresse und der Geschäftsnummer nach bezeichneten Schriftstücks bezeugt werden und die Unterschrift der Person, an welche zugestellt ist, oder der Grund, weshalb dieselbe nicht gegeben werden konnte, enthalten sein muß; wogegen die Vorschriften des § 174 Nr. 2 und 3 der Zivilprozeßordnung, betreffend die Bezeichnung der Person oder des Gerichts, für welche, und der Person, an welche zugestellt werden soll, in Wegfall kommen; c) daß bei Zustellungen durch die Post die Vermittelung des Gerichtsvollziehers in Wegfall kommt; daß das Ersuchen an die Post durch trennbare Einfügung eines, soweit möglich, ausgefüllten Formulars der Postzustellungsurkunde in den der Post übergebenen Brief bewirkt wird, und daß an Stelle der Bescheinigung der Aufgabe zur Post die Bescheinigung des Gerichtsschreibers tritt, daß er die aufzugebenden Briefe behufs Beförderung zur Post dem Gerichtsdiener übergeben habe; d) daß, wenn mehreren an demselben O r t wohnenden Personen gleichlautende Schriftstücke durch den Gerichtsvollzieher zuzustellen sind, die Zustellung auf Einer U r kunde (Kurrende, Umlauf) beurkundet werden kann; e) daß die Zustellungsurkunden zu den Akten genommen werden. 3. daß f ü r die von Amtswegen zuzustellenden Schriftstücke Schreibgebühren und Zustellungsgebühren bei den Gerichtskosten nicht berechnet werden." 1031
Änderungen der Civilprozeßordnung barkeit einer Reform der bezeichneten Art gebildet haben, und dies um so mehr als in den früheren Stadien über die Stellung, welche die Königlich Preußische Staatsregierung zu der Frage einnimmt, hierher nichts mitgetheilt ist. Euerer Excellenz würde ich mich hiernach zu verbindlichstem Danke verpflichtet wissen, wenn Hochdieselben mir durch eine geneigte Rückäußerung zu erkennen geben möchten, ob und inwieweit nach Hochdero Auffassung den angeregten Abänderungen des Prozeßverfahrens, — der Beseitigung des Anwaltszwanges, der Aufhebung des Prozeßbetriebes durch die Parteien, sowie der Umgestaltung des Zustellungswesens und des Zwangsvollstreckungsverfahrens —, näher zu treten wäre.
2. Antwort des preußischen Justizministers vom 19. 7. 1890 an das Reichsjustizamt Ew. Excellenz beehre ich mich auf das gefällige Schreiben vom 11. Juni d. J. R.J.A. Nr. 1256 ergebenst zu erwidern, daß es sich nach meiner Auffassung empfiehlt, den Anregungen wegen theilweiser Abänderung der Civilprozeßordnung Folge zu geben, die Reform jedoch zur Zeit auf die Beseitigung allseitig anerkannter Mängel zu beschränken. Von diesem Standpunkt aus glaube ich weder die in dem Schreiben des Herrn Reichskanzlers vom 14. Dezember 1884 in Aussicht genommene Aufhebung des Anwaltszwanges im landgerichtlichen Verfahren noch auch eine anderweite Gestaltung des Zwangsvollstreckungsverfahrens befürworten zu sollen. Was den Anwaltszwang betrifft, so ist derselbe bei Aufrechterhaltung der das Verfahren nach der Civilprozeßordnung beherrschenden Prinzipien der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit meines Erachtens nicht zu entbehren; eine allgemeine Aufhebung desselben könnte daher ohne Schädigung der Rechtspflege nicht ohne gleichzeitige tiefgreifende Aenderungen in der Struktur des Prozesses erfolgen; auch bedürfte es ernster Erwägung, ob damit nicht auch eine Beschränkung der freien Advokatur Hand in Hand gehen müßte. Die Frage, ob es für zulässig zu erachten, rechtsverständige Parteien und einzelne Kategorien von Rechtsstreitigkeiten vom Anwaltszwange auszunehmen, kann meines Erachtens vorläufig auf sich beruhen, weil ein dringendes Bedürfniß zu solchen, wenig in das Gewicht fallenden, Modifikationen der Prozeßordnung schwerlich nachweisbar sein würde. Die den Gerichtsvollziehern im Zwangsvollstreckungsverfahren gewährte selbständige Stellung hat allerdings in den ersten Jahren nach Einführung der Reichs-Justizgesetze zu vielen Klagen Veranlassung gegeben; diese Klagen haben sich jedoch nach meinen Wahrnehmungen von Jahr zu Jahr vermindert, und es sind, nachdem sich die Gerichtsvollzieher mit ihren Aufgaben vertraut gemacht, die guten Seiten der Institution mehr und mehr zur Anerkennung gelangt. Ich bezweifle daher, daß eine Reorganisation des Zwangsvollstreckungsverfahrens in der Richtung, daß die Leitung desselben in der früheren Weise den Richtern übertragen wird, gegenwärtig besonderen Sympathien begegnen würde. Jedenfalls darf, wie ich glaube, nach den bisherigen Erfahrungen die weitere Entwicklung der bestehenden Einrichtungen zunächst noch abgewartet werden. Dagegen trete ich der Ansicht bei, daß das Zustellungswesen, wie es in den Reichs-Justizgesetzen geregelt ist, einer baldigen Reform dringend bedarf, und daß es wünschenswerth ist, eine solche Reform — entsprechend der vom Reichstage auf den Antrag Rintelen beschlossenen Resolution — ohne Zögern vorzubereiten. Als dabei ins Auge zu fassende Ziele sind in den Reichstagsverhandlungen bezeichnet: 1. daß die Zustellungen grundsätzlich vom Amtswegen zu erfolgen haben; 1032
II. Reformüberlegungen 1890-1895
2. daß die Form der Zustellung vereinfacht wird, und 3. daß für die von Amtswegen erfolgenden Zustellungen besondere Gebühren nicht berechnet werden. Sollte das Verlangen, daß die Zustellungen von Amtswegen bewirkt werden, dahin zu verstehen sein, daß es auch f ü r diejenigen Zustellungen, welche die (Zivilprozeßordnung dem Betrieb der Parteien zuweist, künftig eines Parteiantrages nicht bedürfen, vielmehr der Offizialbetrieb eintreten soll, so greift die Aenderung f u n d a mental in den Gang des Prozesses ein, und es würde daher eine anderweite Kodifikation der darauf bezüglichen Vorschriften nicht wohl zu umgehen sein. Ein derartiger Eingriff in das geltende Prozeßrecht scheint mir, soweit es sich um den Anwaltsprozeß handelt, nicht hinreichend gerechtfertigt zu sein; auch würde der Versuch eines solchen Eingriffs voraussichtlich dem einmüthigen Widerspruch der Rechtsanwälte begegnen. Unter diesen Umständen würde ich, um das Gelingen der Reform nicht zu erschweren, für zweckmäßig halten, im Anwaltsprozeß es dabei zu belassen, daß die Zustellungen in den Fällen, in welchen sie gegenwärtig auf Betrieb der Parteien stattfinden, auch künftig nur auf ihren Antrag erfolgen. Der Antrag könnte formlos gestellt, und der Einreichung einer Ladung zur Terminsbestimmung die Bedeutung eines stillschweigenden Antrags auf Zustellung beigelegt werden. Die Zustellung von Amtswegen würde von diesem Standpunkt aus nur den Sinn haben, daß die Ausführung des Zustellungsgeschäfts Offizialpflicht des Gerichts ist, hiermit aber die Konsequenz zu verbinden sein, daß die durch Zustellung von Schriftstücken zu wahrenden Nothfristen künftig durch Stellung eines ausreichend begründeten Antrags auf Zustellung als gewahrt gelten. Eine andere Stellung bezüglich der eben erörterten Frage nehme ich in Ansehung des amtsgerichtlichen Prozesses ein. Hier erscheint mit die Einführung des Offizialbetriebes im vollen Umfange durchaus angezeigt. Das Nebeneinanderbestehen des Offizialbetriebs in den minder wichtigen, vom Anwaltszwange befreiten Sachen und des Parteibetriebs in den erheblicheren, dem Anwaltszwange unterliegenden Rechtsstreitigkeiten würde zugleich Gelegenheit bieten, die praktischen Vorzüge des einen und des anderen Verfahrens gegeneinander abzuwägen, und auf diese Weise den Boden f ü r eine weitergreifende Reform des Anwaltsprozesses, wenn sie sich demnächst als nothwendig ergeben sollte, zu ebnen. In den gerichtlichen Zustellungsverfahren würde meines Erachtens die Mitwirkung eines Gerichtsvollziehers der Regel nach entbehrlich sein. Die Bewirkung der Zustellungen könnte ohne erhebliche Bedenken den Gerichtsschreibern übertragen und angeordnet werden, daß sich dieselben dazu, falls nichts Anderes beantragt wird, der Post zu bedienen haben. Auch eine Vereinfachung der Zustellungsurkunden ist, wie ich meine, ohne Schwierigkeiten zu erreichen. Anhaltspunkte bietet nach dieser Richtung hin der im Reichstage vom Abgeordneten Rintelen gestellte Antrag. D a ß neben der gerichtlichen Zustellung die Zustellung von Anwalt zu Anwalt beizubehalten wäre, wird einer besonderen Rechtfertigung nicht bedürfen. Gegen den Wegfall der Gebühren und die Nichterhebung der Auslagen für die Zustellung habe ich von dem Standpunkt des Justizressorts nichts zu erinnern. Aber der Ausfall dieser Gebühren und Auslagen sowie die sonstigen, von mir f ü r zweckmäßig erachteten Aenderungen im Zustellungswesen führen unverkennbar eine nicht unerhebliche finanzielle Mehrbelastung des Staates herbei. Vielen Gerichtsvollziehern, die zur Zeit wegen des gewährleisteten Mindesteinkommens von 1800 M. keinen Anspruch gegen die Staatskasse zu erheben haben, wird künftig ein Zuschuß gezahlt werden müssen, weil die Einnahmen aus den Zwangsvollstreckungen jenes Mindesteinkommen nicht erreichen werden. Auch wird sich ein nicht 1033
Änderungen der Civilprozeßordnung
gering anzuschlagender Mehrbedarf an Gerichtsschreibern ergeben, wenn in ihre Hand die wesentlichsten Geschäfte des Zustellungswesens gelegt werden. Mit Rücksicht hierauf glaube ich mein Urtheil über die Durchführbarkeit der Reform von dem Ergebniß der Prüfung der finanziellen Seite der Sache seitens des Herrn Finanzministers abhängig machen zu müssen. Schließlich gestatte ich mir die ergebenste Mittheilung, daß mein Herr Amtsvorgänger die Zuschrift des Herrn Reichskanzlers vom 14. Dezember 1884 in einem an denselben gerichteten Schreiben vom 29. Dezember 1884 beantwortet hat. 3. Schreiben des Reichsjustizamts vom 25. 3. 1891 an den preußischen Justizminister (Ubersendung des Entwurfs einer CPO-Novelle) Eure Excellenz haben in dem gefälligen Schreiben vom 19. Juli v. Js. — I 1878 — eine Reform des in den Reichs-Justizgesetzen geregelten Zustellungswesens im Anschluß an die vom Reichstag auf den Antrag Rintelen am 30. Juni v. Js. beschlossene Resolution als dringlich anerkannt und die Gewogenheit gehabt, die hierbei nach Hochdero Auffassung ins Auge zu fassenden Ziele näher zu bezeichnen. Auch ich erachte die thunlichst zu beschleunigende Beseitigung der auf dem Gebiete des Zustellungswesens hervorgetretenen Mängel und Härten für wünschenswerth und trete den Ausführungen Euerer Excellenz über die Richtung, in welcher die Reform sich zu bewegen haben würde, im Wesentlichen bei. Insbesondere bin auch ich der Ansicht, daß behufs Erzielung einfacherer Formen für den Nachweis der Zustellungen die Besorgung der letzteren, auch insoweit sie von den Parteien zu betreiben sind, der Regel nach den Gerichtsschreibern zu übertragen sein wird. Diese würden hierbei als Organe des Gerichts von Amtswegen fungieren, und sich behufs Bewirkung der Zustellung in der Regel der Post und nur ausnahmsweise der Gerichtsvollzieher zu bedienen haben. Die Bestimmung darüber, welches dieser Organe der Gerichtsschreiber im einzelnen Falle in Anspruch nehmen soll, möchte ich indessen nicht, wie Euere Excellenz für angezeigt zu halten scheinen, der Partei überlassen. Vielmehr dürfte meines Erachtens die Ausführung der Zustellungen der Einwirkung der Partei zu entziehen und demgemäß auch die Auswahl des Zustellungsorganes dem Gerichtsschreiber selbst zu übertragen sein. Dabei wird die Zulässigkeit der Verwendung von Gerichtsvollziehern im Interesse der Einheitlichkeit des Verfahrens auf die in dem Amtsgerichtsbezirke des Gerichtsschreibers vorzunehmenden Zustellungen zu beschränken sein, da für andere Fälle ein Bedürfniß zur ausnahmeweisen Heranziehung der Gerichtsvollzieher kaum eintreten wird. Neben der gerichtlichen Zustellung wird meiner Ansicht nach für gewisse Fälle die Zustellung durch seitens der Parteien zu beauftragende Gerichtsvollzieher mit der Maßgabe beibehalten werden müssen, daß dabei die Vermittelung des Auftrags durch den Gerichtsschreiber und das Ersuchen der Post durch den Gerichtsvollzieher um Bewirkung der Zustellung auszuschließen wäre. Diese Zustellungsart wird sogar allein anwendbar sein in denjenigen Fällen, in denen ein Gericht mit der die Zustellung erfordernden Angelegenheit nicht befaßt ist und es daher nicht angezeigt erscheint, einem Gerichtsschreiber die Besorgung zu übertragen (vgl. C.P.O. §§ 702 5 , 744). Auch für die in § 38 der Strafprozeßordnung vorgesehenen Fälle erachte ich die Ausschließung des Gerichtsschreibers und die Beibehaltung der Zustellung durch den von der Partei beauftragten Gerichtsvollzieher schon deshalb für zweckmäßig, weil die Mitwirkung des Gerichtsschreibers bei der geladenen Person die irrthümliche Annahme einer amtlichen Ladung hervorrufen könnte. Insbesondere wird aber der 1034
II. Reformüberlegungen 1890-1895
Partei die bei der gerichtlichen Zustellung nicht gegebene Möglichkeit erhalten werden müssen, die Zwangsvollstreckung gleichzeitig mit den nach §§671, 672 der Civilprozeßordnung erforderlichen Zustellungen vornehmen zu lassen und wird deshalb für diese Fälle die Wahl zwischen den beiden Zustellungsarten zuzulassen sein. Hieraus dürfte weiter die Nothwendigkeit folgen, die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher im Auftrage der Partei für die Urtheile und Beschlüsse, insoweit ihre Zustellung dem Parteibetriebe unterliegt, allgemein zuzulassen, da es bedenklich sein möchte, die Zulässigkeit und Rechtsgültigkeit des erwähnten Zustellungsmodus im einzelnen Falle von der Vollstreckbarkeit der zuzustellenden Entscheidung abhängig zu machen. Noch weiter zu gehen und f ü r alle dem Parteibetrieb unterliegenden Zustellungen die Wahl zwischen der Zustellung durch Gerichtsvollzieher und der gerichtlichen freizulassen, halte ich nicht f ü r angezeigt, weil das Nebeneinanderbestehen der beiden Zustellungsarten mit Rücksicht auf die Nothwendigkeit, ihre Wirkungen bezüglich der Unterbrechung der Verjährung und der Fristen verschieden zu regeln, meines Erachtens nach Möglichkeit zu beschränken ist. Im Interesse einer Einschränkung der Zustellungen durch den Gerichtsvollzieher im Auftrage der Partei dürfte es sich ferner empfehlen, die zur Erstattung der Prozeßkosten verurtheilte Gegenpartei von der Verpflichtung zur Tragung der durch eine derartige Zustellung erwachsenen Mehrkosten in denjenigen Fällen zu befreien, in welchen die Zustellung bei dem Gerichtsschreiber hätte beantragt werden können. Daß außerdem die Zustellung von Anwalt zu Anwalt beizubehalten wäre, erscheint auch mit zweifellos. Mit Rücksicht auf einen in der Praxis fühlbar gewordenen Uebelstand möchte sich jedoch eine Ergänzung der bezüglichen Vorschriften empfehlen, welche dem Zustellungsempfänger den selbständigen Nachweis der Zustellung ermöglicht. Was den Betrieb der Zustellungen anlangt, so trete ich Euerer Excellenz darin bei, daß derselbe im Anwaltsprozesse den Parteien in dem bisherigen Umfange zu belassen sein würde. Indessen möchte ich auch f ü r den amtsgerichtlichen Prozeß die Einführung des Offizialbetriebes bezüglich der Zustellungen in vollem Umfange nicht f ü r angezeigt erachten, weil die hiermit verbundene Durchführung des Offizial-Prozeßbetriebes eine umfassende selbständige Kodifikation des amtsgerichtlichen Verfahrens erfordern und über den Rahmen einer das Zustellungswesen betreffenden Reform hinausgehen würde. Dagegen würde meines Erachtens eine möglichst weitgehende Ausdehnung der in beschränktem Umfange schon jetzt bestehenden Verpflichtung des Gerichts zur Bestimmung der zur Fortsetzung des Verfahrens erforderlichen Termine von Amtswegen und die Uebertragung aller Ladungen auf den Gerichtsschreiber den Parteien bereits eine erhebliche Erleichterung in der Prozeßführung vor den Amtsgerichten gewähren, ohne in die Prinzipien der Civilprozeßordnung allzu tief einzugreifen. Der Wegfall der gerichtlichen Gebühren und die Nichterhebung der baaren Auslagen f ü r die gerichtlichen Zustellungen würde namentlich f ü r die Prozesse über geringere Objekte, f ü r welche die Nebenkosten von größerer Bedeutung sind, eine erhebliche Entlastung der Parteien mit sich bringen und dürfte daher als ein wesentliches Glied der in Aussicht genommenen Reform zu betrachten sein. Von der Nichterhebung möchten, außer den in § 80 b des Gerichtskostengesetzes f ü r die von Amtswegen bewirkten Zustellungen bereits ausgeschlossenen Schreibgebühren, noch die übrigen Auslagen f ü r die im Ausland oder mittels öffentlicher Bekanntmachung bewirkten Zustellungen ausdrücklich auszunehmen sein. Von diesem Gesichtspunkte aus habe ich die zur geneigten Kenntnißnahme beigefügten Grundzüge eines Gesetzes, betreffend die Abänderung von Bestimmungen 1035
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der Civilprozeßordnung, des Gerichtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher aufstellen lassen. In der Annahme, daß dieselben, abgesehen von den im Vorstehenden begründeten Abweichungen, im Allgemeinen der in dem gefälligen Schreiben vom 19. Juli v. Js. zum Ausdruck gebrachten Auffassung entsprechen möchten, darf ich mich einstweilen einer näheren Erläuterung der einzelnen Punkte enthalten. Da es für mich von hohem Werthe sein würde, vor weiterem Vorgehen über die Stellung Euerer Excellenz zu den aus der Anlage sich ergebenden Vorschlägen unterrichtet zu sein, würde es mich zu besonderem Danke verpflichten, wenn Hochdieselben die aufgestellten Grundzüge einer Prüfung unterziehen und mir das Ergebniß geneigtest mittheilen wollten. Falls Euere Excellenz die aufgestellten Grundzüge als eine geeignete Grundlage für die in Aussicht genommene Reform ansehen und dieselben namentlich auch vom finanziellen Standpunkte für durchführbar erachten sollten, möchte im Interesse der Erzielung einer Verständigung über die einzelnen Punkte die Einleitung kommissarischer Berathungen sich empfehlen. Die Theilnahme an diesen Berathungen beabsichtige ich demnächst noch dem Reichs-Postamt, entsprechend einem schon früher hierher gerichteten Ersuchen desselben, und dem Auswärtigen Amt anheimzugeben. Das letztere Ressort ist bei der Angelegenheit insofern betheiligt, als die Reform auf das durch das Gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 geregelte Verfahren einwirken würde und gleichzeitig vielleicht auch eine Abänderung und Ergänzung der Vorschriften der Civilprozeßordnung über die Zustellungen im Auslande (§§ 182 ff.) in Frage kommen könnte. . . . Schließlich gestatte ich mir, für den Fall des Einverständnisses Euerer Excellenz mit den in Vorschlag gebrachten kommissarischen Berathungen den Geheimen Ober-Regierungsrath Freiherrn von Seckendorff und den Regierungsrath Grzywacz als Kommissarien ergebenst zu bezeichnen. (gez. Bosse) Grundzüge eines Gesetzes, betreffend die Abänderung von Bestimmungen der Civilprozeßordnung, des Gerichtskostengesetzes und der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher Artikel 1. An die Stelle der §§ 152 bis 156 der Civilprozeßordnung treten folgende Bestimmungen: § 152. Die Zustellung besteht, wenn eine Ausfertigung zugestellt werden soll, in deren Uebergabe, in den übrigen Fällen in der Uebergabe einer beglaubigten Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks. § 153. Die Zustellungen werden durch den Gerichtsschreiber desjenigen Gerichts besorgt, bei welchem die die Zustellung erfordernde Angelegenheit anhängig ist oder werden soll. § 154. Die Partei hat die Besorgung der von ihr zu betreibenden Zustellungen bei dem Gerichtsschreiber zu beantragen. Die mündliche Stellung des Antrags genügt. Die Einreichung eines eine Zustellung erfordernden Schriftsatzes bei dem Gerichte gilt im Zweifel zugleich als Antrag auf Besorgung der Zustellung durch den Gerichtsschreiber. Das Gleiche gilt von Anträgen und Erklärungen zu Protokoll des Gerichtsschreibers, welche eine Zustellung erfordern. Der mündlich gestellte Antrag ist vom Gerichtsschreiber in den Akten zu beurkunden. Wird der Antrag schriftlich oder durch Einreichung eines zuzustellenden Schriftsatzes gestellt, so ist die Zeit des Eingangs auf dem Antrag oder dem Schriftsatz zu vermerken. 1036
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Ist eine Zustellung durch den Gerichtsschreiber besorgt, so wird bis zum Beweise des Gegentheils angenommen, daß dieselbe auf Antrag der Partei erfolgt sei. § 155. Soll ein Schriftsatz zugestellt werden, so hat die Partei neben der Urschrift eine der Zahl der Personen, welchen zuzustellen ist, entsprechende Zahl von Abschriften bei dem Gericht einzureichen. Sollen andere Schriftstücke zugestellt werden, so läßt der Gerichtsschreiber die erforderlichen Ausfertigungen oder Abschriften anfertigen, soweit dieselben nicht von der die Zustellung betreibenden Partei mit dem Antrag überreicht werden. Die Abschriften sind durch den Gerichtsschreiber, falls sie von Rechtsanwälten oder in Anwaltsprozessen zum Zwecke der Zustellung eingereicht werden, durch den Anwalt zu beglaubigen. § 156. Der Gerichtsschreiber hat die Post um die Zustellung zu ersuchen oder einen Gerichtsvollzieher mit derselben zu beauftragen. Einen Gerichtsvollzieher soll er nur beauftragen, wenn die Zustellung am Orte seines Amtssitzes oder innerhalb des Amtsgerichtsbezirks, in welchem sein Amtssitz liegt, zu bewirken ist. Der Gerichtsschreiber hat das zu übergebende Schriftstück in einem durch das Gerichtssiegel verschlossenen, mit der Adresse der Person, an welche zugestellt werden soll, sowie mit einer Geschäftsnummer versehenen Briefumschlage der Post oder dem Gerichtsvollzieher zur Zustellung auszuhändigen. Sofern die Zustellung auf Betreiben einer Partei erfolgt, ist auf dem Briefumschlag auch der Name des Antragstellers zu vermerken. Die auf dem Briefumschlag angegebene Geschäftsnummer ist in den Akten zu vermerken. Artikel 2. Hinter § 158 der Civilprozeßordnung wird folgender § 158 a eingeschaltet: § 158 a. Die Zustellung f ü r einen Gefangenen erfolgt an den Gefängnißvorsteher. Artikel 3. Der erste Absatz des § 160 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: W o h n t eine Partei weder am Orte des Prozeßgerichts noch innerhalb des Amtsgerichtsbezirks, in welchem das Prozeßgericht seinen Sitz hat, so kann, falls sie nicht einen in diesem Orte oder Bezirke wohnhaften Prozeßbevollmächtigten bestellt hat, das Gericht anordnen, daß sie eine daselbst wohnhafte Person zum Empfange der f ü r sie bestimmten Schriftstücke bevollmächtige. Diese Anordnung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. Artikel 4. D e r erste Absatz des § 161 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Der Zustellungsbevollmächtigte ist bei der nächsten gerichtlichen Verhandlung oder, wenn die Partei vorher dem Gegner einen Schriftsatz zustellen läßt, in diesem zu benennen. Geschieht dies nicht, so können alle späteren Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung in der Art bewirkt werden, daß der Gerichtsschreiber das zu übergebende Schriftstück unter der Adresse der Partei nach ihrem Wohnorte zur Post giebt. Die Zustellung wird mit der Aufgabe zur Post als bewirkt angesehen, selbst wenn die Sendung als unbestellbar zurückkommt. Artikel 5. An die Stelle der §§ 173 bis 175 der Civilprozeßordnung treten folgende Bestimmungen : § 173. Der die Zustellung bewirkende Postbote oder Gerichtsvollzieher hat O r t und Zeit der Zustellung auf dem zu übergebenden Briefumschlage zu bescheinigen und über die Zustellung eine Urkunde aufzunehmen. Die Zustellungsurkunde ist an den die Zustellung besorgenden Gerichtsschreiber 1037
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abzuliefern, und zwar im Falle der Zustellung durch die Post durch Vermittelung der Postanstalt. Der Gerichtsschreiber hat die Zustellungsurkunde zu prüfen und, falls er sie ordnungsgemäß befindet, zu den Akten zu nehmen. § 174. Die Zustellungsurkunde muß enthalten : 1. O r t und Zeit der Zustellung; 2. die Bezeichnung des Briefumschlags unter Angabe des Verschlusses und wörtlicher Wiedergabe der Aufschrift einschließlich der Bescheinigung über O r t und Zeit der Zustellung; 3. Die Bezeichnung der Person, welcher zugestellt ist; in den Fällen der §§ 166, 168, 169 die Angabe des Grundes, durch welchen die Zustellung an die bezeichnete Person gerechtfertigt wird; wenn nach § 167 verfahren ist, die Bemerkung, wie die darin enthaltenen Vorschriften befolgt sind; 4. im Falle der Verweigerung der Annahme die Erwähnung, daß die Annahme verweigert und der übergebende Briefumschlag am Orte der Zustellung zurückgelassen ist; 5. die Unterschrift des die Zustellung vollziehenden Beamten. 5 175. Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 161) erfolgt, so ist die Aufnahme einer Zustellungsurkunde nicht erforderlich. Der Gerichtsschreiber hat in den Akten zu bescheinigen, zu welcher Zeit, unter welcher Adresse und Geschäftsnummer und bei welcher Postanstalt die Aufgabe geschehen ist. Artikel 6. Hinter § 175 der Civilprozeßordnung wird folgender § 175 a eingeschaltet: § 175 a. Der Gerichtsschreiber hat den Antragsteller von der erfolgten Zustellung zu benachrichtigen. Enthält das zugestellte Schriftstück einer Terminsbestimmung, so ist auch Zeit und O r t des Termins dem Antragsteller mitzutheilen. Artikel 7. An die Stelle der §§ 176 bis 181 und des § 190 der Civilprozeßordnung treten folgende Bestimmungen. § 176. In den im Gesetze besonders hervorgehobenen Fällen finden Zustellungen durch unmittelbar von den Parteien zu beauftragende Gerichtsvollzieher statt. Auf diese Zustellungen finden die vorstehenden Bestimmungen entsprechende Anwendung, soweit nicht aus den Vorschriften der §§ 177 bis 179 sich Abweichungen ergeben. § 177. Die Partei hat dem Gerichtsvollzieher die Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks und eine der Zahl der Personen, welchen zuzustellen ist, entsprechende Zahl von Abschriften zu übergeben. Die Zeit der Uebergabe ist auf der Urschrift und den Abschriften zu vermerken und der Partei auf Verlangen zu bescheinigen. Die Beglaubigung der Abschriften geschieht bei den auf Betreiben von Rechtsanwälten oder in Anwaltsprozessen zuzustellenden Schriftstücken durch den Anwalt, im Uebrigen durch den Gerichtsvollzieher. Einer Beurkundung des mündlich ertheilten Auftrags bedarf es nicht. § 178. Die Zustellungsurkunde ist auf die Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf einen mit derselben zu verbindenden Bogen zu setzen. Eine durch den Gerichtsvollzieher beglaubigte Abschrift der Zustellungsurkunde ist auf das bei der Zustellung zu übergebende Schriftstück oder auf einen mit demselben zu verbindenden Bogen zu setzen. Die Zustellungsurkunde ist der Partei, f ü r welche die Zustellung erfolgt, zu übermitteln. 1038
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Die Zustellungsurkunde muß den Bestimmungen des § 174 Nr. 1, 3 bis 5 entsprechen und außerdem die Namen der Personen, f ü r welche und an welche zugestellt werden soll, sowie die Bemerkung enthalten, daß eine Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks und der Zustellungsurkunde übergeben ist. §179. Ist die Zustellung durch Aufgabe zur Post (§ 161) erfolgt, so hat der Gerichtsvollzieher über die Zustellung eine von ihm zu unterschreibende Urkunde aufzunehmen. Dieselbe muß die Namen der Personen, für welche und an welche zugestellt werden soll, enthalten und außerdem ergeben, zu welcher Zeit, unter welcher Adresse und bei welcher Postanstalt die Aufgabe geschehen ist. Die Vorschriften des § 178 Absatz 1, 3 finden Anwendung. § 180. Ist eine Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher im Auftrage der Partei bewirkt, obgleich sie bei dem Gerichtsschreiber hätte beantragt werden können, so hat die zur Erstattung der Prozeßkosten verurtheilte Gegenpartei die Mehrkosten nicht zu tragen. § 181. Sind die Parteien durch Anwälte vertreten, so kann die Zustellung von Anwalt zu Anwalt erfolgen. Zum Nachweise der Zustellung genügt sowohl das mit Datum und Unterschrift versehene schriftliche Empfangsbekenntniß des Anwalts, welchem zugestellt worden ist, als auch eine von diesem beglaubigte auf dem übergebenen Schriftstücke befindliche Abschrift des Empfangsbekenntnisses. Im Falle der Zustellung eines Schriftsatzes ist eine für das Prozeßgericht bestimmte Abschrift desselben und seiner Anlagen auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen. Diese Niederlegung erfolgt zugleich mit der Ueberreichung der Urschrift, wenn eine Terminsbestimmung erwirkt werden soll, anderenfalls sofort nach erfolgter Zustellung des Schriftsatzes. § 190. Wird auf einen auf Besorgung der Zustellung durch den Gerichts Schreiber gerichteten Antrag oder auf ein Gesuch, welches die Zustellung mittels Ersuchens anderer Behörden oder Beamten oder mittels öffentlicher Bekanntmachung betrifft, die Zustellung demnächst bewirkt, so treten, insoweit durch die Zustellung eine Frist gewahrt und der Lauf der Verjährung oder einer Frist unterbrochen wird, die Wirkungen der Zustellungen bereits mit der Anbringung des Antrages oder der Ueberreichung des Gesuchs ein. Artikel 8. Der zweite Absatz des § 243 der Civilprozeßordnung wird abgeändert, wie folgt: Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Zustellung eines Schriftsatzes. Artikel 9. Der erste Absatz des § 288 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Die Zustellung der Urtheile erfolgt auf Betreiben der Parteien. Mit der Zustellung kann die Partei einen Gerichtsvollzieher beauftragen. Artikel schaltet:
10. Hinter § 456 der Civilprozeßordnung wird folgender § 456 a einge-
$ 456a. Die Ladungen der Parteien zu den Terminen erfolgen durch den Gerichtsschreiber von Amtswegen. Sofern nicht der Termin von Amtswegen zu bestimmen ist, hat diejenige Partei, welche mündlich verhandeln will, die Bestimmung des Termins bei dem Gerichte zu beantragen. Artikel 11. Die §§ 457, 458, 460, 462 der Civilprozeßordnung werden durch folgende Bestimmungen ersetzt: 1039
Änderungen der Civilprozeßordnung
§ 457. Die Klage kann bei dem Gerichte schriftlich eingereicht oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers angebracht werden. Die Aufnahme der Ladung in die Klage ist nicht erforderlich. Die Einreichung oder Anbringung der Klage gilt zugleich als Antrag auf Terminsbestimmung. § 458. N a c h erfolgter Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung hat der Gerichtsschreiber die Parteien zu laden. Dem Beklagten ist mit der Ladung die Klage zuzustellen. Die Zustellung der Ladung an den Kläger ist nicht erforderlich, wenn der Termin ihm bei Einreichung oder Anbringung der Klage mitgetheilt und dies zu den Akten vermerkt worden ist. § 460. Die Klage wird durch die Zustellung (§ 458 Abs. 1) erhoben. Insoweit durch die Erhebung der Klage eine Frist gewahrt und der Lauf der Verjährung oder einer Frist unterbrochen wird, treten diese Wirkungen bereits mit der Einreichung oder Anbringung der Klage ein, sofern die Zustellung demnächst bewirkt wird. § 462. Die Vorschriften der §§ 457, 457, 460Abs. 2 finden entsprechende Anwendung, wenn die Parteien im Laufe des Rechtsstreits zu laden sind, insbesondere zur Verhandlung über einen Zwischenstreit, über den Antrag auf Berichtigung oder Ergänzung eines Urtheils, über den Einspruch, über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder über die Aufnahme eines unterbrochenen oder ausgesetzten Verfahrens, oder wenn eine Intervention oder Streitverkündung erfolgen soll. Ist die gleichzeitige Zustellung eines Schriftsatzes oder eines Protokolls des Gerichtsschreibers mit der Ladung nicht erforderlich, so ist der Antrag auf Terminsbestimmung schriftlich bei dem Gericht einzureichen oder zum Protokolle des Gerichtsschreibers anzubringen. Artikel 12. D e m § 463 der Civilprozeßordnung wird folgender dritter Absatz hinzugefügt: Ist die Mittheilung unmittelbar geschehen, so ist eine für das Prozeßgericht bestimmte Abschrift des Antrags oder der Erklärung und der Anlagen sofort nach erfolgter Mittheilung auf der Gerichtsschreiberei niederzulegen. Artikel 13. D e r erste Absatz des § 471 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: W e r eine Klage zu erheben beabsichtigt, kann unter Angabe des Gegenstandes seines Anspruches bei dem Amtsgerichte, vor welchem der Gegner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, beantragen, daß zum Zwecke eines Sühneversuchs Termin bestimmt werde. Artikel schaltet:
14. Hinter § 471 der Civilprozeßordnung wird folgender § 471 a einge-
§ 471a. Ist nach der Rechtskraft eines in erster Instanz erlassenen Urtheils oder nach Erlassung eines Urtheils in der Berufungsinstanz eine weitere mündliche Verhandlung in erster Instanz erforderlich, so ist Termin zu diesem Zwecke von Amtswegen zu bestimmen, sofern die Voraussetzungen f ü r die Fortsetzung des Verfahrens sich aus den Akten ergeben. Insoweit die Fortsetzung des Verfahrens davon abhängt, daß innerhalb der Berufungsfrist gegen ein in erster Instanz erlassenes Urtheil die Berufung nicht eingelegt worden ist, erfolgt nach Ablauf der Frist die Terminsbestimmung, falls die Akten vom Gerichtsschreiber des Berufungsgerichts nicht eingefordert sind. Wird über ein Gesuch, über welches ohne mündliche Verhandlung entschieden 1040
II. Reformüberlegungen 1890-1895
werden kann, eine mündliche Verhandlung angeordnet, so ist Termin zu diesem Zwecke von Amtswegen zu bestimmen. Artikel 15. Der zweite Absatz des § 476 der Civilprozeßordnung wird abgeändert, wie folgt: Die Zurücknahme erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Zustellung eines Schriftsatzes. Artikel 16. Die §§ 571 und 633 der Civilprozeßordnung werden durch folgende Bestimmungen ersetzt: §571. Der Kläger hat bei dem Amtsgerichte, vor welchem der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, die Anberaumung eines Sühnetermins zu beantragen. Durch die Zustellung des Antrags und der Ladung zum Sühnetermine wird die Verjährung unterbrochen. Die Vorschrift des § 460 Absatz 2 findet entsprechende Anwendung. § 633. Die Anbringung des Gesuchs um Erlassung des Zahlungsbefehls gilt im Zweifel zugleich als Antrag auf Besorgung der Zustellung des Zahlungsbefehls durch den Gerichtsschreiber. Mit der Zustellung des Zahlungsbefehls an den Schuldner treten unbeschadet der Vorschrift des § 190die Wirkungen der Rechtshängigkeit ein. Artikel 17. Der zweite Absatz des § 636 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Jede Partei kann die Bestimmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung beantragen; die Ladungsfrist beträgt mindestens drei Tage. Die Anbringung des Gesuchs um Erlassung des Zahlungsbefehls gilt im Zweifel zugleich als Antrag auf Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung für den Fall, daß der Schuldner rechtzeitig Widerspruch erheben sollte. Artikel 18. Dem § 639 der Civilprozeßordnung wird folgender dritter Absatz hinzugefügt: Die Anbringung des Gesuchs um Erlassung des Vollstreckungsbefehls gilt im Zweifel zugleich als Antrag auf Besorgung der Zustellung des Vollstreckungsbefehls durch den Gerichtsschreiber. Artikel 19. Die §§ 647 und 657 der Civilprozeßordnung werden durch folgende Bestimmungen ersetzt: § 647. Wird ein den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand oder auf Wiederaufnahme des Verfahrens enthaltender Schriftsatz bei dem Gericht eingereicht oder wird ein solcher Antrag zum Protokolle des Gerichtsschreibers angebracht, so kann das Gericht auf Antrag anordnen, daß die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung einstweilen eingestellt werde oder nur gegen Sicherheitsleistung stattfinde, und daß die erfolgten Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Die Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung ist nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, daß die Vollstreckung einen nicht zu ersetzenden Nachtheil bringen würde. Die Entscheidung kann ohne vorgängige mündliche Verhandlung erfolgen. Eine Anfechtung des Beschlusses findet nicht statt. § 657. Wird zum Zwecke der Einlegung des Einspruchs oder eines Rechtsmittels gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil ein Schriftsatz eingereicht oder wird der Einspruch gegen ein solches Urtheil zum Protokolle des Gerichtsschreibers angebracht, so finden die Vorschriften des § 647 entsprechende Anwendung. Artikel 20. Hinter § 672 der Civilprozeßordnung wird folgender § 672 a eingeschaltet: § 672a. Die Partei kann mit den nach §§ 671, 672 erforderlichen Zustellungen einen Gerichtsvollzieher beauftragen. 1041
Änderungen der Civilprozeßordnung
Ist die Zustellung durch den Gerichtsschreiber besorgt, so genügt zum Nachweise der Zustellung eine vom Gerichtsschreiber auf der vollstreckbaren Ausfertigung ertheilte, mit dem Gerichtssiegel versehene Bescheinigung. Artikel 21. Der zweite Absatz des § 705 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Die vollstreckbare Ausfertigung notarieller Urkunden wird von dem Notar ertheilt, welcher die Urkunde verwahrt. Befindet sich die Urkunde in der Verwahrung einer Behörde, so hat diese die vollstreckbare Ausfertigung zu ertheilen. Mit den nach §671 erforderlichen Zustellungen kann der Gläubiger nur einen Gerichtsvollzieher beauftragen, sofern nicht die Urkunde sich in der Verwahrung eines Gerichts befindet. Artikel 22. Der zweite Absatz des § 730 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Der Gläubiger hat den Beschluß dem Drittschuldner zustellen zu lassen. Mit der Zustellung kann er einen Gerichtsvollzieher beauftragen. Im Zweifel gilt die Anbringung des Pfändungsgesuchs zugleich als Antrag auf Besorgung der Zustellung des Beschlusses durch den Gerichtsschreiber. Dieser hat die Zustellung des Beschlusses und einer Abschrift der Zustellungsurkunde an den Schuldner sofort zu besorgen, sofern nicht eine öffentliche Zustellung erforderlich wird. Ist die Zustellung an den Drittschuldner im Auftrage des Gläubigers durch einen Gerichtsvollzieher vorgenommen, so hat der Gerichtsvollzieher die Zustellung an den Schuldner in gleicher Weise zu bewirken oder einen anderen Gerichtsvollzieher um diese Zustellung zu ersuchen. An Stelle einer an den Schuldner im Auslande zu bewirkenden Zustellung erfolgt die Zustellung durch Aufgabe zur Post. Artikel 23. Der zweite Absatz des § 739 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muß in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden. Mit der Zustellung kann der Gläubiger nur einen Gerichtsvollzieher beauftragen. Der Drittschuldner haftet dem Gläubiger für den aus der Nichterfüllung seiner Verpflichtung entstehenden Schaden. Artikel 24. Zwischen die beiden Absätze des § 744 der Civilprozeßordnung wird folgender Absatz eingeschaltet : Die Besorgung der Zustellungen durch den Gerichtsschreiber ist ausgeschlossen. Artikel 25. Der erste Absatz des § 781 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Das Verfahren beginnt mit dem Antrage des Gläubigers auf Bestimmung eines Termins im Leistung des Offenbarungseides. Artikel 26. Der zweite Absatz des § 802 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Den Beschluß, durch welchen ein Arrest angeordnet wird, hat die Partei, welche den Arrest erwirkt hat, zustellen zu lassen. Mit der Zustellung kann sie einen Gerichtsvollzieher beauftragen. Im Zweifel gilt die Anbringung des Arrestgesuchs zugleich als Antrag auf Besorgung der Zustellung des Beschlusses durch den Gerichtsschreiber. Artikel 27. Der zweite Absatz des § 804 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Die widersprechende Partei hat den Gegner unter Mittheilung der Gründe, welche sie für die Aufhebung des Arrestes geltend machen will, zur mündlichen Verhandlung zu laden. Ist das Arrestgericht ein Amtsgericht, so ist der Widerspruch bei dem Gerichte zu erheben und von diesem Termin zur mündlichen Verhandlung zu bestimmen. Artikel 28. Der § 865 der Civilprozeßordnung erhält folgende Fassung: Der Schiedsspruch ist unter Angabe des Tages der Abfassung von den Schiedsrichtern zu unterschreiben und auf der Gerichtsschreiberei des zuständigen Gerichts niederzule1042
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gen. Der Gerichtsschreiber hat die Zustellung des Schiedsspruchs an die Parteien von Amtswegen zu besorgen. Artikel 29. Die §§ 124, 213, der § 214 Abs. 3 und der § 233 Abs. 2 der (Zivilprozeßordnung werden aufgehoben. Artikel30. Der § 80a des Gerichtskostengesetzes erhält folgenden Zusatz: 6. für die Benachrichtigung von der Zustellung und Terminsbestimmung (Civilprozeßordnung § 175 a); 7. f ü r die Bescheinigung über die Zustellung (Civilprozeßordnung § 672 a). Artikel31. Der § 80b des Gerichtskostengesetzes erhält folgende Fassung: Für die Zustellungen werden baare Auslagen nicht erhoben, sofern nicht die Zustellung im Ausland oder mittels öffentlicher Bekanntmachung zu bewirken ist. Die Erhebung der Schreibgebühr f ü r die Ausfertigungen und Abschriften des zuzustellenden Schriftstücks wird hierdurch nicht ausgeschlossen. Artikel32.
Der § 40 des Gerichtskostengesetzes wird aufgehoben.
Artikel33. An die Stelle der §§ 2 und 3 der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher treten folgende Bestimmungen : § 2. Die Gebühr f ü r jede Zustellung b e t r ä g t . . . . 80 Pfennig, in den amtsgerichtlichen und den schöffengerichtlichen Sachen, soweit diese Sachen nicht durch Einlegung eines Rechtsmittels an ein höheres Gericht gebracht sind, . . . . 50 Pfennig, für die Zustellung durch Aufgabe zur Post (Civilprozeßordnung §§ 161, 179), sowie für die im Auftrag eines Anwalts an den Gegenanwalt bewirkte Zustellung die Hälfte jener Sätze. Die Zustellung an den Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Betheiligter (Civilprozeßordnung § 172 Abs. 2) gilt als Eine Zustellung. § 3 . H a t der mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses oder des Ueberweisungsbeschlusses an den Drittschuldner vom Gläubiger beauftragte Gerichtsvollzieher (Civilprozeßordnung §§ 730, 736) die Zustellung an den Schuldner persönlich vorgenommen, obgleich sie mit geringeren Kosten durch einen anderen Gerichtsvollzieher hätte erfolgen können, so erhält er die Mehrkosten nur, wenn er zur persönlichen Vornahme der Zustellung ausdrücklich ermächtigt worden ist. Artikel 34. Hinter den §19 der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher wird folgender § 19 a eingeschaltet : § 19a. Zu den von Amtswegen angeordneten Geschäften im Sinne der §§18 und 19 gehören die vom Gerichtsschreiber dem Gerichtsvollzieher übertragenen Zustellungen auch dann, wenn sie vom Gerichtsschreiber auf Antrag einer Partei besorgt werden. 4. Schreiben des Reichsjustizamts vom 5 . 5 . 1 8 9 2 an den preußischen Justizminister An den Königlichen Staats- und Justizminister H e r r n Dr. von Schelling. Eure Excellenz hatten in dem gefälligen Schreiben vom 17. Februar d. Js. — I 635 —, betreffend die Reform des Zustellungswesens, vorgeschlagen, den Herrn Finanzminister zu den in Aussicht genommenen kommissarischen Berathungen hinzuzuziehen. Auf das demgemäß an den Herrn Finanzminister von hier aus gerichtete Ersuchen hat derselbe in dem — gleichzeitig Euerer Excellenz mitgetheilten — Schreiben vom 17. April d. Js. erwidert 3 , daß er zwar eine thunlichst weitgehende Vereinfa3
Dieser finanzielle Fragen betreffende Schriftwechsel ist aus Platzgründen nicht in die Edition aufgenommen worden.
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Änderungen der Civilprozeßordnung
chung des Zustellungsverfahrens, namentlich auch behufs Verminderung der Kosten, für wünschenswerth halte, daß er es jedoch ablehnen müsse, über die gegenwärtig schon bestehenden Bestimmungen hinaus Kosten der Zustellung unter Befreiung der Parteien von Gebühren und baaren Auslagen auf die Staatskasse zu übernehmen. Er hält es vielmehr für geboten, die Zustellungsgebühren so zu bemessen, daß sie alle dem Staate aus der Reform erwachsenden Unkosten vollständig decken, und er sieht auch keinen Grund dafür, daß den Parteien der Vortheil, welcher der Staatskasse aus der Verminderung der Kosten für die von Amtswegen erfolgenden Zustellungen erwachsen würde, zu Gute zu kommen hätte. Obwohl ich der von dem Herrn Finanzminister anscheinend vertretenen Auffassung, daß eine derartige Behandlung der Angelegenheit den in der Resolution vom 30. Juni 1890 ausgesprochenen Wünschen des Reichstags entsprechen würde, nicht beizupflichten vermag, glaube ich mir von einer weiteren Korrespondenz mit dem genannten Herrn Minister bei der entschieden ablehnenden Haltung desselben einen Erfolg nicht versprechen zu können. Es wird daher nur erübrigen, die Angelegenheiten im Sinne des Herrn Finanzministers weiter zu verfolgen oder aber, wenn bei Betretung dieses Wegs ein befriedigendes Ergebniß von vornherein nicht zu erwarten ist, die Sache bis auf Weiteres ruhen zu lassen. Ich bin geneigt, mich für die letztere Alternative zu entscheiden. Soweit ich dies auf Grund des vorliegenden Materials zu beurtheilen vermag, würde ohne eine Mehrbelastung der Staatskassen eine wesentliche Entlastung der Parteien von Zustellungskosten auch dann nicht anhängig sein, wenn noch eine weitere Vereinfachung des Zustellungsverfahrens im Sinne des gefälligen Schreibens vom 26. Oktober v. Js. und in Verbindung hiermit eine Herabsetzung der Postzustellungsgebühr erzielt werden könnte. Denn die hierin liegende Kostenersparniß würde zum großen Theil wieder aufgewogen werden durch die Mehrkosten, welche im Vergleich zum jetzigen Verfahren durch die Ertheilung der nach den §§ 175 a und 672 a der Grundzüge erforderlichen Benachrichtigungen und Bescheinigungen erwachsen müßten. Auch der Umstand, daß bei der gerichtlichen Zustellung, wie sie nach den Grundzügen geplant wird, eine Abschrift des zuzustellenden Schriftstücks erspart werden würde, kann nicht erheblich ins Gewicht fallen, weil die ersparte Abschrift in vielen Fällen wieder zu anderen Zwecken, so bei einem Urtheil behufs Herstellung der vollstreckbaren Ausfertigung gebraucht werden würde, während gegenwärtig dasselbe Exemplar regelmäßig von der betreibenden Partei für die Zustellung und die Zwangsvollstreckung verwendet wird. Müßte hiernach von einer Entlastung der Parteien im Wesentlichen abgesehen werden, so ist damit die Zweckmäßigkeit der ganzen Reform in Frage gestellt. Denn eine erhebliche Verminderung der gegenwärtig von den Parteien zu tragenden Zustellungskosten ist nicht allein in den Verhandlungen des Reichstags als besonders wünschenswerth bezeichnet worden, sondern auch nach meiner Auffassung als der wesentlichste Punkt der Reform anzusehen. Allerdings würde vielleicht auch ein auf die Vereinfachung des Zustellungsverfahrens sich beschränkendes Vorgehen einzelnen begründeten Klagen abhelfen. Indessen ist doch nicht zu verkennen, daß die gerichtliche Zustellung, durch welche nach der Absicht des Reichstags und nach den Grundzügen dieses Ziel erreicht werden soll, sich mit dem die Civilprozeßordnung beherrschenden Prinzip des Parteibetriebes nur schwer in Einklang bringen läßt und daß daher behufs Lösung dieser Schwierigkeiten zu Aushülfsmitteln gegriffen werden muß, welche an sich nicht unbedenklich sind. Hierher rechne ich namentlich die Vorschrift in § 190 der Grundzüge, wonach durch den Antrag auf Zustellung der Lauf der Verjährung und der Fristen unterbrochen werden soll. Nicht minder fällt 1044
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das Bedenken ins Gewicht, welches Euere Excellenz in dem gefälligen Schreiben vom 26. Oktober v. Js. gegen die beabsichtigte — wenngleich meines Erachtens aus den in den diesseitigen Schreiben vom 25. März v. Js. und 4. Februar d. Js. geltend gemachten Gründen kaum zu vermeidende — Duplizität des Zustellungsverfahrens erhoben haben. Endlich dürfte auch in Betracht kommen, daß die geplante Reform die Stellung der Gerichtsvollzieher herabdrücken und bei diesen Beamten in Folge der Verringerung ihrer Einnahmen, für welche sie nur zum Theil aus den Staatskassen entschädigt werden könnten, Unzufriedenheit erregen würde. In der Besorgniß, daß ihre Interessen durch die Reform gefährdet werden könnten, haben sich bereits Preußische und Bayerische Gerichtsvollzieher an den Reichstag und den Bundesrath mit mehreren Petitionen gewandt, welche durch die Beschlüsse des Reichstags vom 23. März d. Js. und des Bundesraths vom 25. Februar und 31. März d. Js. — §§ 147 und 306 der Protokolle — dem Reichskanzler überwiesen worden sind. Die nach dem Vorstehenden mit der Abänderung des Zustellungsverfahrens verbundenen Mißstände sind hier von vornherein ernstlich erwogen und nur deshalb nicht als durchgreifendes Hinderniß für den Versuch einer den Wünschen des Reichstags entsprechenden Reform angesehen worden, weil diese gleichzeitig die Gelegenheit bieten sollte, den langjährigen Klagen über die Kostspieligkeit des Zustellungsverfahrens abzuhelfen. Ist aber der letztere Zweck zur Zeit nicht zu erreichen, so erscheint es mir räthlich, die Angelegenheit einstweilen auf sich beruhen zu lassen und bis zu einer generellen Revision der Civilprozeßordnung zu vertagen. Vor der weiteren Entschließung lege ich jedoch Werth darauf, zu erfahren, welche Stellung Euere Excellenz bei der veränderten Sachlage zu der Frage einnehmen. Hochdieselben darf ich daher ergebenst ersuchen, die Angelegenheit einer geneigten Prüfung unterziehen und mit das Ergebniß gefälligst mittheilen zu wollen. (gez. Hanauer) 5. Votum des preußischen Justizministers vom 11.9. 1893, betreffend die Revision der Deutschen Civilprozeßordnung Die Deutsche Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 hatte alsbald nach ihrem am 1. Oktober 1879 erfolgten Inkrafttreten, namentlich in den älteren Provinzen, eine Menge von Klagen und Beschwerden wachgerufen, die sich nicht selten zu dem Verlangen alsbaldiger Aenderung des Gesetzes steigerten. Schon nach wenigen Jahren aber stellte es sich heraus, daß die Unzuträglichkeiten, die zu jenen Beschwerden Anlaß gegeben hatten, zu einem großen Theile auf mangelhafter Handhabung des Gesetzes seitens der mit ihm nicht genügend vertrauten Richter beruhten und daß die Klagen vielfach weniger wirklichen Uebelständen als der Ungewohntheit der neuen Prozeßgrundsätze entsprungen waren. Mit Recht konnte daher mein Herr Amtsvorgänger in seinem unter dem 27. Oktober 1887 Seiner Majestät dem Kaiser und Könige erstatteten Berichte über den Zustand der Justizverwaltung und Rechtspflege in Preußen der Hoffnung Ausdruck geben, daß das in der Civilprozeßordnung geregelte Verfahren sich im Großen und Ganzen als eine segensreiche, zur Lösung der Aufgaben einer guten Rechtspflege geeignete Institution dauernd bewähren werde. Die Erfahrungen der folgenden Jahre haben dieses Urtheil nur bestätigt. Allein, wie schon in dem erwähnten Immediatberichte mit dem Bekenntnisse nicht zurückgehalten wurde, daß bei der Handhabung des Gesetzes auch manche Mißstände nicht ausgeblieben seien, so haben auch die in der Zeit seit 1887 gemachten Wahrnehmungen das Vorhandensein solcher Mißstände nicht nur aufs Neue dargethan, sondern diese haben sich im Laufe der Jahre noch verschärft. 1045
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Zum Theil beruhen sie auf Fehlern bei Abfassung des Gesetzes, zum Theil aber auch stützt sich die jetzige abfällige Beurtheilung mancher Vorschriften der Civilprozeßordnung auf Umstände, die erst während ihrer Geltung hervorgetreten sind. Hierher ist vor allem die Entwickelung des Einzelrichterthums und der Rechtsanwaltschaft zu rechnen, die sich vielfach in anderen Bahnen vollzogen hat, als bei der Ausarbeitung des Gesetzes vorausgesetzt wurde. Der Amtsrichter war hierbei als ein in seinem Amtskreise dauernd angesessener, mit Land und Leuten vertrauter, durch das Ansehen der Persönlichkeit wirkender Träger der Gerichtsbarkeit gedacht. Statt dessen hat die Zeitströmung, insbesondere die Ueberschätzung des Lebens in den großen Städten, dahin geführt, daß die Amtsrichter nicht nur ihre Versetzung an ein Landgericht, sondern auch die Vertauschung eines kleinen Amtssitzes mit einem größeren erstreben, und daß daher gerade die nur mit einem Richter besetzten Amtsgerichte sehr häufig von jungen, vielfach wechselnden Richtern verwaltet werden. Es bedarf keiner näheren Ausführung, daß bei aller Tüchtigkeit des Einzelnen die Handhabung des amtsgerichtlichen Verfahrens sich in den Händen solcher Richter anders gestalten muß, als in den Händen von Richtern der oben geschilderten Art. Daher wird es der Prüfung bedürfen, ob nicht die Klagen über die civilprozessuale Thätigkeit der Amtsgerichte eben auf jene Entwickelung zurückzuführen sind. Die Justizverwaltung wird aber, auch wenn jene Prüfung zu einem bejahenden Ergebnisse führen sollte, ohne Härte kaum die Richter dauernd an den kleineren Amtsgerichtssitzen wider ihre Neigung zurückhalten können, und daher vor die Erwägung gestellt, ob nicht jenen Klagen durch eine Aenderung des Verfahrens abgeholfen werden kann. Der Rechtsanwaltschaft ist in der Civilprozeßordnung eine wichtige Mitwirkung bei der Erledigung des Rechtsstreits eingeräumt worden. Diese Mitwirkung könnte sich nur dann segensreich entwickeln, wenn ein verhältnißmäßig kleiner Kreis von Anwälten, getragen von einer strengen Standesauffassung über ihre Bedeutung als ein Organ der Rechtspflege, mit den Gerichten in engster Fühlung, dem Zwecke einer schleunigen und sachlichen Erledigung der Prozesse sich dienstbar machte. Es liegt mir fern, verkennen zu wollen, daß der Stand der Rechtsanwälte in seiner überwiegenden Mehrzahl von strengem Pflichtbewußtsein erfüllt ist. Allein in den großen Städten führt die Ueberzahl der Anwälte und das Vorhandensein einzelner, nicht in gleichem Maße von der Bedeutung des Berufs durchdrungener Elemente in dem Anwaltsstande zu einer die Wirksamkeit der Gerichte vielfach durchkreuzenden und lahm legenden Thätigkeit der Anwaltschaft. Dieser Mißstand bringt eine weit über die Schädigung der einzelnen Parteien hinausreichende nachtheilige Folge mit sich, indem das große Publikum, außer Stande, den Antheil der Gerichte und der Anwälte am Prozesse zu unterscheiden, die Organe der staatlichen Rechtspflege allein für Verschleppung und unsachgemäße Behandlung einzelner Sachen verantwortlich macht. Dazu kommt aber noch, daß sich seit den Jahren, in denen die Civilprozeßordnung im Reichstage berathen wurde (1874—1876), eine tiefgehende Wandlung in den allgemeinen Anschauungen über die Aufgaben des Staats und die Grenzen seiner Wirksamkeit vollzogen hat. Während die Civilprozeßordnung der Thätigkeit der Parteien und ihrer Vertreter, auch im amtsgerichtlichen Prozesse, einen weiten Spielraum gewährt und ihnen insbesondere die Verantwortung für Versäumnisse und für unzweckmäßiges Handeln überläßt, ist in immer steigendem Maße der Gedanke an eine Fürsorgepflicht des Staates, namentlich für die wirthschaftlich und intellektuell niedriger gestellten Bevölkerungskreise, zur Herrschaft gelangt. Diesem Prinzipe wird sich die Gestaltung des Civilprozesses um so weniger entziehen kön1046
II. Reformüberlegungen 1890-1895 nen, als es für gewisse Rechtsstreitigkeiten bereits in dem Gesetze, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 (R.G.B1. S. 141) Anerkennung gefunden hat. Die Abweichungen von dem amtsgerichtlichen Verfahren, wie sie beispielsweise in den §§ 30 bis 34, 39 bis 41, 45, 46, 51, 52, 54, 56 des angeführten Gesetzes bestimmt sind, bewegen sich überwiegend in dieser Richtung. Es erscheint aber als eine nicht zu rechtfertigende Ungleichmäßigkeit, wenn diese Vortheile lediglich den gewerblichen Arbeitgebern und Arbeitern und auch diesen nur für gewerbliche Streitigkeiten gewährt werden. Vielmehr wird es reiflicher Erwägung bedürfen, inwieweit die in dem angeführten Gesetze liegenden Keime für den ordentlichen Prozeß, wenigstens vor den Amtsgerichten, zu fruchtbringender Entwickelung zu fördern sein werden. Es könnte auffallend erscheinen, daß im Gegensatze zu der lebhaften Reformbewegung auf dem Gebiete des Strafprozesses Anregungen zu einer Revision der Civilprozeßordnung nur in geringem Maße hervorgetreten sind. Umfassendere Vorschläge in dieser Hinsicht haben den Reichstag nur zweimal beschäftigt, — in der Session 1888/89 der Antrag Kulemann, betreffend eine Reform des amtsgerichtlichen Verfahrens, der zu irgend einem Ergebnisse nicht führte (Vgl. Verh. des Reichst. VII. Legisl.Per. 4. Sess. 1888/89, Drucks. No. 52; Stenogr. Ber. S. 909—916) und im Jahre 1890 der Antrag Rintelen, betreffend das Zustellungswesen, der Anlaß zur Annahme einer sehr allgemein gefaßten Resolution wurde, Vgl. Verh. des Reichst. VIII. Legisl.Per. 1. Sess. 1890 Drucks. No. 15,98; Stenogr. Ber. S. 209 f, 7 1 2 - 7 1 5 . Im Uebrigen hat sich der Reichstag nur mit Aenderungsvorschlägen bezüglich einzelner Vorschriften der Civilprozeßordnung zu befassen gehabt. Indessen wäre es irrig, wenn man hieraus den Schluß ziehen wollte, daß ein Bedürfniß zur Revision der Civilprozeßordnung nicht anzuerkennen sei. Daß nicht in gleicher Weise, wie beim Strafprozeß, formuline Forderungen auf Aenderungen des Gesetzes erhoben werden, findet seine Erklärung in der größeren technischen Schwierigkeit und in dem geringeren allgemeinpolitischen Interesse der Angelegenheit. In der Fachliteratur haben die Erörterungen über die Revisionsbedürftigkeit der Civilprozeßordnung, namentlich durch Besprechung von einzelnen Unzuträglichkeiten, aber auch durch allgemeinere Erörterungen niemals aufgehört. Vor allem aber kehren in den mir von den Oberlandesgerichtspräsidenten erstatteten GeneralBerichten über den Zustand der Justizverwaltung und der Rechtspflege die Anregungen zu Aenderungen jenes Gesetzes in jeder Berichtsperiode wieder. Nach dem Eindrucke, den ich hieraus gewonnen habe, erscheint es mir als eine unabweisliche Pflicht, einer allgemeinen Revision der Civilprozeßordnung jetzt näher zu treten. Es könnte in Frage kommen, ob die Revision nicht erst später in Verbindung mit denjenigen Aenderungen vorzunehmen sei, denen die Civilprozeßordnung aus Anlaß des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich wird unterzogen werden müssen, und zu denen Vorschläge in dem Entwürfe erster Lesung in Art. 11 des Einführungsgesetzes bereits enthalten sind. Eine zwingende Nothwendigkeit zu einer solchen Verbindung möchte jedoch nicht gegeben sein, da die Revision aus Anlaß des Bürgerlichen Gesetzbuchs zunächst nur diejenigen Punkte zu umfassen haben wird, zu deren Aenderung die anderweite Normirung des Civilrechts Anlaß bietet. Dieselbe wird daher keinesfalls vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs gesetzliche Geltung erlangen können. Sollte dieser Zeitpunkt erst nach einer längeren Reihe von Jahren eintreten, so würde durch die Verbindung der hier angeregten Revision mit dem größeren Gesetzgebungswerke ein unerwünschter Aufschub für die Reform erwachsen. Immerhin aber wird es sich empfehlen, schon jetzt mit den Vorarbeiten für die letztere zu beginnen und je nach deren 1047
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Abschluß und nach dem Fortgang der Arbeiten für das Bürgerliche Gesetzbuch erst demnächst über die Frage der Verbindung oder Trennung der Revision sich schlüssig zu machen. Ein Anlaß, diese Vorarbeiten weiter hinauszuschieben, dürfte nicht vorliegen. Die vierzehn Jahre, während deren die Civilprozeßordnung in Geltung steht, genügen, um ein Urtheil über ihre Reformbedürftigkeit zu ermöglichen und die Einwirkungen früherer Gewöhnungen auf dieses Urtheil, sowie der Einfluß unzureichender Vertrautheit mit der Handhabung des Gesetzes dürften nunmehr überwunden, auch der Streit der Meinungen soweit geklärt sein, daß man hoffen darf, bei Prüfung der Beschwerden zu einem objektiv richtigen Ergebnisse zu gelangen. Dazu tritt noch ein äußerer Umstand, der ein Vorhaben gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt als angezeigt erscheinen läßt. In Oesterreich ist die seit längeren Jahren, bisher erfolglos, betriebene Reform des Civilprozesses durch Vorlegung eines neuen Gesetzentwurfs über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten an den Reichsrath in ein neues Stadium getreten. Die früheren österreichischen Entwürfe von 1876 und 1881 schlössen sich eng an die deutschen gleichartigen Arbeiten an. Auch der neue Entwurf beruht auf der Deutschen Civilprozeßordnung; aber seine Verfasser sind sorgfältig bestrebt gewesen, gerade in den Punkten, auf welche sich die im Deutschen Reiche erhobenen Klagen beziehen, die in jener Prozeßordnung begangenen Fehler zu vermeiden, den in der deutschen Fachliteratur gemachten Vorschlägen Rechnung zu tragen und Besseres an die Stelle zu setzen. Der Entwurf hat sich in Oesterreich günstiger Aufnahme zu erfreuen gehabt und d'em Vernehmen nach sind die Aussichten für das Zustandekommen des Gesetzwerkes günstig. Es würde aber nicht erwünscht sein, wenn Oesterreich unter Benutzung deutscher Erfahrungen zu einer die deutsche Gesetzgebung übertreffenden Civilprozeßordnung gelangen sollte, ohne daß eine Reform des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten auch bei uns in Angriff genommen wäre. Was die formelle Behandlung der Angelegenheit betrifft, so sind es hier nicht, wie bei der Revision der Strafprozeßordnung, in erster Reihe preußische Erfahrungen und Bedürfnisse, die zur Vornahme einer Reform drängen. In den außerpreußischen Bundesstaaten sind die Klagen ebenso lebhaft; auch die dort gemachten Beobachtungen werden bei der Revisionsarbeit werthvolle Anhaltspunkte bieten. Es erscheint daher wünschenswerth, daß die Vorarbeiten zu dem Gesetzgebungswerke seitens des Reichs in die Hand genommen werden und eine demnächstige Vorlage als Präsidialantrag an den Bundesrath gebracht wird. Eine derartige Behandlung der Sache möchte auch der Erledigung innerhalb des Bundesraths förderlicher sein, als die Stellung eines Antrags Preußens. Falls daher das Königliche Staatsministerium meiner Auffassung über die Revisionsbedürftigkeit der Civilprozeßordnung beitreten sollte, würde meines Erachtens von einem solchen Beschlüsse dem Herrn Reichskanzler mit der Anfrage Kenntniß zu geben sein, ob er gewillt sei, die Aufstellung eines Gesetzentwurfs seinerseits in die Wege zu leiten. Unerläßlich dürfte es sein, in der an den Herrn Reichskanzler zu richtenden Mittheilung die Punkte zu bezeichnen, auf welche sich nach Ansicht der Preußischen Staatsregierung eine Prüfung der Reformbedürftigkeit unseres Civilprozeßverfahrens zu erstrecken haben würde. Wenn ich mir gestatte, in Nachstehendem die Aufmerksamkeit des Königlichen Staatsministeriums auf eine Reihe solcher Punkte zu lenken, so geschieht dies, wie bereits angedeutet, nur in dem Sinne, daß bei ihnen eine Prüfung stattzufinden habe, ob eine Aenderung angezeigt, und wie sie zu bewirken sei; eine endgültige Stellungnahme zu den einzelnen Fragen muß ich mir für den Fortgang der gesetzgeberischen Arbeiten vorbehalten. Ebensowenig erhebt 1048
II. Reformüberlegungen 1890-1895
die Aufzählung der einzelnen Punkte Anspruch auf Vollständigkeit. Mit Dank würde ich es begrüßen, wenn etwa einzelne der Herren Staatsminister auf Grund der besonderen Erfahrungen innerhalb ihrer Ressorts Ergänzungen jener Zusammenstellung in Anregung bringen wollten. Als Grundlage für die Zusammenstellung haben mir in erster Linie die bereits oben erwähnten Generalberichte der Oberlandesgerichtspräsidenten gedient. Dabei sind nebensächliche Aenderungen in einzelnen Bestimmungen, die bei Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs demnächst jedenfalls in Betracht zu ziehen sein werden, einstweilen bei Seite gelassen. Vielmehr beschränkt sich die nach der Reihenfolge der zu ändernden Paragraphen geordnete Zusammenstellung nur auf Punkte, denen eine prinzipielle Bedeutung zukommt. Demnach würden meines Dafürhaltens folgende Vorschriften der Civilprozeßordnung als solche zu bezeichnen sein, deren Abänderung in Erwägung zu nehmen sein dürfte. 1. § 74 (Anwaltszwang). In dem streitigen Verfahren vor den Kollegialgerichten wird der Anwaltszwang schon im eigenen Interesse der Prozeßführenden als Regel beizubehalten sein. Das Vorhandensein eines solchen Interesses erhellt am besten aus der Thatsache, daß, wie neuere Ermittelungen ergeben haben, die Parteien sich auch vor den Amtsgerichten in den meisten bedeutenden Rechtsstreitigkeiten freiwillig durch Rechtsanwälte vertreten lassen. — Dagegen kann in Frage kommen, ob nicht die persönliche Anhörung der Partei in einem weiteren Umfange als im § 128 Abs. 4 und im § 132 C.P.O. vorgesehen ist, in den kollegialgerichtlichen Prozeß sich wird einschieben lassen. Vor allem aber verdient das Verlangen ernstliche Prüfung, den Anwaltszwang dort fallen zu lassen, wo für ihn der innere Grund fehlt: bei der Stellung eines Antrags auf Versäumnißurtheil, bei Anerkennung des Klageanspruchs und beim Abschluß von Vergleichen. 2. SS 84 (Nachweis der Vollmacht). Zu vielfachen Unzuträglichkeiten hat es geführt, daß nach den jetzt geltenden Vorschriften der Anwalt im Anwaltsprozesse den Nachweis seiner Bevollmächtigung nur auf Verlangen des Gegners zu führen braucht. Insbesondere ist die Gültigkeit von Zustellungen durch diese Vorschrift in Zweifel gestellt worden, über deren Anwendbarkeit auf einzelne Prozeßhandlungen überdies manche Zweifel bestehen. 3. SS 87 f f . (Kostenerstattungspflicht und Kostenfestsetzung). Die unbedingte Erstattungspflicht bezüglich der Anwaltskosten auch im amtsgerichtlichen Verfahren ist vielfach als eine unerträgliche Belastung der kleinen Streitwerthe in diesem Verfahren empfunden worden. Ueber die Schwerfälligkeit und Kostspieligkeit des jetzigen Kostenfestsetzungsverfahrens wird häufig geklagt; eine Vereinfachung erscheint dringend geboten. 4. SS f f - (Armenrecht). Die übergroße Erleichterung in der Erlangung des Armenrechts und die dadurch erfolgende Belastung der Gerichte und Anwälte, vor allem aber die Benachtheiligung des Gegners, dessen Anspruch auf Kostenersatz im Falle seines Obsiegens nicht zu verwirklichen ist, haben zu häufigen Beschwerden Anlaß gegeben. Es wird erwogen werden müssen, ob nicht der Nachweis der Bedürftigkeit strenger, als in § 109, zu gestalten sei. Ob es ausführbar ist, nach einer mehrfach erhobenen Forderung die Vorprüfung bezüglich der Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, die sich jetzt nur auf die Angaben des Armenrechtsgesuchs (§ 109 Abs. 3) stützen kann, zu einer vorläufigen Sachuntersuchung zu erweitern, erscheint zwar zweifelhaft, wird aber immerhin in den Kreis der Erörterungen gezogen werden können. 1049
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5. §§119 f f . (Mündliche Verhandlung). Es ist nicht meine Absicht, das meines Erachtens durch die Erfahrungen seit dem 1. Oktober 1878 voll bewährte Prinzip der Mündlichkeit an sich irgend wie in Frage zu stellen. Wohl aber erscheint es mir erwägenswerth, ob die Durchführung des Prinzips in der Civilprozeßordnung nicht die praktischen Interessen der theoretischen Folgerichtigkeit in einigen Beziehungen geopfert hat. Die Anwendung der Mündlichkeit hat keinen Zweck bei dem Antrage auf Versäumnißurtheil und beim einfachen Anerkenntniß des Klageanspruchs. Dadurch, daß auf diese numerisch größte Zahl der Verhandlungen auch der volle Apparat der mündlichen Verhandlung angewendet wird, entsteht im Verfahrein vor den Landgerichten eine Verzögerung in der Durchführung unstreitiger Ansprüche gegen säumige Schuldner und eine Vergeudung von Richterkräften, deren Verwendung zur Erledigung anderer Geschäfte bei der starken Ueberlastung vieler größerer Landgerichte in hohem Maße erwünscht sein würde. Es erscheint mir daher der vielfach gemachte, in dem österreichischen Entwürfe zur gesetzgeberischen Formulirung gebrachte Vorschlag sehr beachtenswerth, daß auf die Klage zunächst ein Termin vor einem Einzelrichter mit kurzer Frist anberaumt werde, in dem entweder ein Versäumnißurtheil ergeht, oder ein Anerkenntniß erfolgt oder ein Vergleich geschlossen oder, wenn keine dieser Erledigungen eintritt, Beschluß auf Verweisung zum Streitverfahren vor dem Kollegium erlassen wird. Dieses Vorverfahren könnte vom Anwaltszwange befreit und insoweit den Beschwerden über diesen begegnet werden. Die Civilprozeßordnung selbst kennt, in Durchbrechung der Prinzipien der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit, ein vorbereitendes Verfahren in Rechnungssachen, Auseinandersetzungen und ähnlichen Prozessen (§§ 313—319), das sich in der Praxis bewährt hat. Es fragt sich, ob nicht das sachlich sehr eingeschränkte Anwendungsgebiet dieses Verfahrens eine Erweiterung erfahren könnte. Zweifelhaft ist es, inwieweit dem mehrfach laut gewordenen Verlangen nach einer anderweiten Gestaltung der vorbereitenden Schriftsätze (§§ 120 ff.) wird stattgegeben werden können. Unleugbar entspricht die Entwickelung dieses Prozeßinstituts nicht den Absichten, welche bei Erlaß der Civilprozeßordnung obwalteten. Die Schriftsätze werden, soweit sie nicht zu den sogenannten prozeßbestimmenden gehören, vielfach gar nicht gewechselt; sie haben einen zur Vorbereitung der Verhandlung ungenügenden Inhalt; die für ihren Wechsel bestimmten Fristen (vgl. §§ 244, 245, 484) werden nicht beobachtet; die Zustellung eines Schriftsatzes unmittelbar vor dem Termin hat Vertagungsanträge zur Folge. Der bloße Nachtheil der Kostentragung (§ 90) hat sich als ausreichendes Korrektiv nicht erwiesen, so daß eine Verbindung sachlicher Nachtheile mit der unterlassenen Mittheilung eines vorbereitenden Schriftsatzes in Abänderung des § 120 Abs. 1 in Frage kommen könnte. Auf der anderen Seite wird aber einer weiteren Ausgestaltung der vorbereitenden Schriftsätze vielfach, namentlich in den früher dem französischen Prozeßrecht unterstellten Landestheilen, mit einer gewissen Berechtigung entgegengehalten werden, daß sie die Gefahr einer Entwickelung des Verfahrens zu einem rein schriftlichen in sich schließe. Immerhin wird aber dieser Punkt bei einer Revision der Civilprozeßordnung einer näheren Erwägung unterzogen werden müssen. 6. §§ 152 f f . (Zustellungen). Völlige Uebereinstimmung herrscht bei Richtern, bei Anwälten, sowie überhaupt bei Allen, die mit dem Civilprozeßverfahren in Berührung kommen, in der Richtung, daß das Zustellungswesen, wie es in der Civilprozeßordnung geregelt worden, nicht nur unnütz weitläufig und kostspielig ist, sondern auch durch seinen übertriebenen Formalismus Anforderungen an Parteien und Anwälte stellt, denen diese zu genügen nicht vermögen. Die Sammlung der Entschei1050
II. Reformüberlegungen 1890-1895 düngen des Reichsgerichts in Civilsachen enthält zahlreiche Urtheile, zufolge deren Prozesse lediglich wegen eines Zustellungsmangels zu Ungunsten des einen oder anderen Theils entschieden worden sind. Wenn, wie nicht zu bezweifeln, in manchen dieser Fälle der unterliegenden Partei das materielle Recht zur Seite stand, so stellt sich ein Ergebniß heraus, welches das Rechtsgefühl des Laien und seine Achtung vor der staatlichen Rechtspflege auf das tiefste zu erschüttern geeignet ist. Kann auch der Civilprozeß gewisser fester Formen nicht entbehren, deren Verletzung mit sachlichen Nachtheilen bedroht ist, so ist es doch die Aufgabe einer vernünftigen Prozeßpolitik, diese Formen nach Möglichkeit zu beschränken und sie so zu gestalten, daß ihre Nichtbeachtung leicht vermeidlich ist. Dieser Aufgabe wird die Civilprozeßordnung nicht gerecht. Einer gleichen Ueberzeugung hat der Reichstag bei den Berathungen über den oben erwähnten Antrag Rintelen im Jahre 1890 und durch den aus Anlaß desselben gefaßten Beschluß Ausdruck gegeben. In Verfolg des Beschlusses haben sodann zwischen dem Herrn Staatssekretär des Reichsjustizamts, dem Herrn Finanzminister und mir Verhandlungen über eine Reform des Zustellungswesens geschwebt, die aber zu einem Ergebnisse nicht führten. Der Grund hierfür lag zum Theil darin, daß, wie sich alsbald herausstellte, eine Reform auf dem bezeichneten Gebiete nicht wohl durchführbar erschien ohne gleichzeitige Aenderung anderer Vorschriften der Prozeßordnung, über deren Maß, namentlich soweit die Ersetzung des Parteibetriebes durch den Offizialbetrieb in Frage kommt, im Rahmen einer auf ein Prozeßinstitut beschränkten Reform schwerer eine Verständigung zu erzielen ist, als bei einer Gesammtrevision. Auch die finanzielle Seite der Aenderung, über die bei jenen Verhandlungen die Meinungen auseinander gingen, hängt aufs engste mit der Frage zusammen, ob die Aenderung auf die breitere Grundlage einer Gesammtrevision der Civilprozeßordnung gestellt werden soll. Unter Vorbehalt der näheren Ausführung und Begründung im Falle eines Fortgangs der Gesetzgebungsarbeiten gestatte ich mir als die meines Erachtens n o t w e n digen Aenderungen bezüglich des Zustellungswesens folgende zu bezeichnen: a) Von einer Betheiligung des Gerichtsvollziehers an der Zustellung ist abzusehen; alle Zustellungen erfolgen auf Ersuchen des Gerichtsschreibers durch die Post. b) Die Zustellungen werden sämmtlich vom Gericht angeordnet und überwacht; näherer Prüfung bleibt vorbehalten, ob die Anordnung stets von Amtswegen oder in gewissen Fällen nur auf Parteiantrag zu geschehen hat. c) Die Wahrung von Fristen durch Parteihandlungen erfolgt nicht mehr mittels Zustellung des Schriftsatzes, sondern mittels Einreichung desselben bei Gericht. d) Auch beim Vorhandensein eines Prozeßbevollmächtigten ist die an die Partei selbst erfolgte Zustellung wirksam. 7. §§205, 206 (Verlegung von Terminen und Vertagung von Verhandlungen). Als der größte Krebsschaden des gegenwärtigen Verfahrens muß vom Standpunkte der Justizverwaltung aus der Umfang bezeichnet werden, in dem die Parteien und noch mehr deren Vertreter von der Befugniß Gebrauch machen, durch ihren übereinstimmenden Antrag eine Verlegung des Termins und eine Vertagung der Verhandlung herbeizuführen. Eine mitunter ins Maßlose sich steigernde Verschleppung der Prozesse ist die nächste Folge dieses Unwesens. Das rechtsuchende Publikum, welches nicht begreifen kann, daß dem Gerichte keinerlei Mittel gegen ein solches Verhalten der Anwälte gegeben ist, glaubt die Verzögerung auf ein Verschulden der staatlichen Rechtspflege-Organe zurückführen zu können. Aber auch die Gerichte erleiden durch dasselbe mannigfache Nachtheile. Die Vorbereitung des Vorsitzenden und des Berichterstatters auf die einzelne Sache erweist sich im Falle der Vertagung als eine 1051
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größtentheils nutzlose Arbeit, da zu dem neuen Termine fast immer eine neue Vorbereitung wird erfolgen müssen. Alle noch so zweckmäßigen Dispositionen zur Ausnutzung der Sitzungszeit werden durch den Ausfall einer größeren Sache zufolge Vertagung vereitelt; Fälle, in denen das Kolleg während der zur Verhandlung bestimmt gewesenen Zeit müßig sitzen muß, sind häufig. Eine Beseitigung dieses Uebelstandes und eine dadurch ermöglichte bessere Ausnutzung der Richterkräfte würde bei stark beschäftigten Gerichten der übrigen richterlichen Thätigkeit zu Gute kommen. Alle Versuche der Gerichte, jenen Mißbräuchen zu begegnen, haben sich als erfolglos erwiesen; es ist daher ein Eingreifen der Gesetzgebung nöthig. 8. §291 (Berichtigung des Tatbestandes). Während einerseits vielfach über die Mangelhaftigkeit des Thatbestandes, namentlich der amtsrichterlichen Urtheile, geklagt wird, herrscht Einstimmigkeit darüber, daß das zur Berichtigung des Thatbestandes gegebene Verfahren praktisch werthlos ist. Es fragt sich, ob und in welcher Weise die Garantien für einen zuverlässigen Thatbestand verstärkt werden können. 9. § 297 (Versäumnißurtheil). Vielfach ist es als eine formalistische Folgerung aus dem Mündlichkeitsprinzip bezeichnet worden, daß das Ausbleiben des Beklagten, der in einem früheren Termine der Klage widersprochen hat, in einem Termine, auf welchen die mündliche Verhandlung vertagt ist, oder welche zur Fortsetzung derselben vor oder nach dem Erlasse eines Beweisbeschlusses bestimmt ist, gleichwohl den Erlaß eines Versäumnißurtheils zur Folge hat. Nachdem dieser Grundsatz in § 41 des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte vom 29. Juli 1890, verlassen worden ist, wird eine Erörterung der Frage nicht zu umgehen sein, ob nicht § 297 der Civilprozeßordnung, sei es überhaupt, sei es für das amtsgerichtliche Verfahren gleichfalls entsprechend umzugestalten sei. 10. §356 (Zeugeneid). Die Gründe, welche bei den Verhandlungen über die Revision der Strafprozeßordnung von mir für die gänzliche Beseitigung der Zeugenbeeidigung vor der Vernehmung geltend gemacht sind, müssen zu einer gleichen Maßnahme im Civilprozesse führen. 11. §§ 456 f f . (Verfahren vor den Amtsgerichten). Schon oben wurde die Reformbedürftigkeit des amtsgerichtlichen Verfahrens erwähnt. Während einerseits über zu große, in die Parteidispositionen eingreifende Macht des Richters (§ 464) geklagt wird, werden andererseits über zu geringe Durchführung des Offizialprinzips (ζ. B. bei den für den Prozeßgang wesentlichen Zustellungen, bei Erledigung eines bedingten Endurtheils u. dergl.) Beschwerden geführt. Es wird jedenfalls eine genauere Präzisirung des in der Civilprozeßordnung nur in wenigen Paragraphen behandelten Verfahrens sich empfehlen. Außerdem aber erscheint der vielfach laut gewordene Wunsch nach einer ausgiebigeren Protokollirung des Inhalts der Verhandlungen berechtigt, da in Folge der Bestimmung des § 470 die amtsgerichtlichen Prozeßakten nach mehreren Verhandlungsterminen häufig außer der Klage nichts über den Streitstand enthalten. Tritt dann ein Wechsel des Richters ein, so erregt es bei den Parteien begreifliches Befremden, daß von dem Inhalt der früheren Verhandlungen dem Gerichte nichts bekannt ist. Sogar die im Interesse der Kostenberechnung unerläßliche Feststellung, ob die Verhandlung kontradiktorisch gewesen ist, hat erst im Justizverwaltungswege angeordnet werden müssen. 12. §491 (Geltendmachung neuer Thatsachen und Beweismittel in der Berufungsinstanz). Wie von verschiedenen Seiten bezeugt wird, hat das unbeschränkte Novenrecht in Verbindung mit der geringen Formenstrenge in erster Instanz dahin geführt, daß der Prozeß, namentlich der amtsgerichtliche Prozeß, in der Berufungsinstanz 1052
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auf völlig neuer Grundlage anderweit verhandelt wird. Dies hat nicht nur erhebliche Verzögerungen, sondern auch die thatsächliche Abschneidung einer Instanz zur Folge. Der österreichische Entwurf macht daher einen Versuch, bei voller Wahrung des Rechts der thatsächlichen Nachprüfung für den Berufungsrichter der Geltendmachung neuen Vorbringens in der Berufungsinstanz Grenzen zu ziehen. Es möchte sich empfehlen, die Nützlichkeit einer solchen Beschränkung auch für die deutschen Verhältnisse in Erwägung zu nehmen. 13. § 528 (Zurückverweisung der Sache in die Berufungsinstanz durch das Revisionsgericht). Im Falle der Aufhebung des Urtheils durch das Revisionsgericht ist die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen; nur in zwei eng begrenzten Fällen hat das Revisionsgericht in der Sache selbst zu entscheiden. Die Anwendung dieser beiden Ausnahmefälle wird überdies von dem Reichsgericht, soweit irgend möglich, eingeschränkt, so daß in Fällen der Aufhebung des Urtheils die abermalige Verhandlung in der Berufungsinstanz und die nochmalige Eröffnung der Revisionsinstanz die Regel bildet. Ja selbst Fälle, in denen die Aufhebung und Zurückweisung mehrmals stattgefunden hat, sind nicht selten gewesen. Die Folge ist eine erhebliche Verzögerung der endgültigen Entscheidung und im Falle wiederholter Revisionseinlegung eine Erhöhung der Gebührenlast. Es ist der Wunsch nach einer Rückkehr zum früheren preußischen Rechte, das von dem entgegengesetzten Grundsatze ausging (§17 der Verordnung vom 16. Dezember 1833, G.S.S. 302), geäußert worden. Seine Erfüllbarkeit wird um so eher zu erwägen sein, als auch der österreichische Entwurf die alsbaldige Entscheidung durch das Revisionsgericht zur Regel macht. 14. §§ 555 f f . (Urkundenprozeß). Der nicht zur Verfolgung von Wechselansprüchen dienende Urkundenprozeß hat eine verhältnißmäßig geringfügige Anwendung in der Praxis gefunden. Der Grund dieser Erscheinung, die mit der weitverbreiteten Anwendung des früheren preußischen Mandatsprozesses in um so auffälligerem Widerspruche steht, als letzterer nur auf öffentliche Urkunden gestützt werden durfte, liegt in der unzweckmäßigen Ausgestaltung des Urkundenprozesses durch die Civilprozeßordnung. Die Nothwendigkeit eines förmlichen Prozesses mit mündlicher Verhandlung an Stelle des in der schriftlichen Klage zu stellenden Antrags auf Erlaß eines unbedingten Mandats wird vor allem als Belästigung empfunden. Aber auch sonst wird über eine Reihe von Einzelvorschriften Klage geführt; außerdem entbehrt die Civilprozeßordnung gerade hier der erforderlichen Deutlichkeit, so daß sich eine Reihe von Streitfragen an die in Rede stehende Prozeßform geknüpft haben. Die Schaffung eines einfacheren Verfahrens für die Verfolgung urkundlich liquider Ansprüche, sei es durch Umgestaltung des Urkundenprozesses, sei es durch Einführung eines unbedingten Mandatsverfahrens neben ihm, erscheint als ein Bedürfniß. 15. §§ 593 f f . (Entmündigungsverfahren wegen Geisteskrankheit). In jüngster Zeit sind in weiteren Kreisen — allerdings wachgerufen durch eine künstliche Agitation — lebhafte Besorgnisse darüber laut geworden, ob die bestehenden Vorschriften genügende Garantien dagegen bieten, daß nicht auch geistesgesunde Personen irrthümlich entmündigt werden. Das Herrenhaus hat in seiner Sitzung vom 26. Mai d. Js. einen Beschluß gefaßt, durch den die Staatsregierung zu einer Reform des Entmündigungswesens aufgefordert wird. Stenogr. Berichte S. 246. Zwar habe ich meinerseits noch keinerlei Wahrnehmungen gemacht, nach denen die Gestaltung des Entmündigungsverfahrens im Großen und Ganzen als eine unzulängliche sich ergäbe. Indessen sind bei den Verhandlungen über die Privat-Irrenanstalten, welche 1053
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gegenwärtig zwischen den Herren Ministern der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten, des Innern und mir schweben, seitens des Ersteren auch einzelne Punkte des Entmündigungsverfahrens bezeichnet worden, wie ζ. B. die obligatorische Zuziehung zweier Sachverständiger, in denen eine Gesetzesänderung zweckmäßig sei. Auch habe ich aus jenem Beschlüsse des Herrenhauses Anlaß zu weiteren Erhebungen genommen, von deren Ergebniß ich meine endgültige Stellungnahme zu der Frage abhängig machen möchte. Immerhin aber dürfte sie in den Rahmen der bei einer Revision erwähnenswerthen Punkte aufzunehmen sein. Dabei wird es sich hauptsächlich darum handeln, ob man zu dem früheren System kollegialer Beschlußfassung über jede Entmündigung zurückkehren, und ob man in der Bestimmung über Person und Zahl der zu hörenden Sachverständigen und über die Form ihres Gutachtens das jetzt obwaltende freie richterliche Ermessen einschränken will. 16. §§ 628 f f . (Mahnverfahren). Auch das Mahnverfahren hat bei weitem nicht die Ausdehnung gewonnen, die im Interesse einer schnellen, einfachen, wohlfeilen Schaffung vollstreckbarer Titel gegen säumige Schuldner zu wünschen gewesen wäre. Der Grund ist auch hier in einer unzweckmäßigen Ausbildung des Verfahrens im einzelnen zu erblicken, so in der durch § 634 Abs. 1 bedingten Nöthigung für den Gläubiger, sich in allen Fällen einen Vollstreckungsbefehl ertheilen zu lassen, vor allem aber darin, daß in den Fällen des Widerspruchs keine Umleitung des Verfahrens in den ordentlichen Prozeß stattfindet, vielmehr der weitere Betrieb der Angelegenheit den Parteien überlassen bleibt (§§ 636, 637). Wenn daher ein böswilliger Schuldner gegen den Zahlungsbefehl Widerspruch erhebt, in dem Termine, zu dem ihn der Gläubiger ladet, aber ausbleibt, so ist die Folge des Mahnverfahrens für den Gläubiger, daß er mindestens zwei Wochen später zu einem Versäumnißurtheile gelangt, als wenn er von Anfang an Klage erhoben hätte. Bei der Umgestaltung des Mahnverfahrens könnten zugleich die zahlreichen, aus dem gegenwärtigen Gesetze entstandenen Streitfragen gelöst werden. Zugleich aber ergiebt die allgemeine Beliebtheit, in der das frühere preußische Bagatellmandatsverfahren stand, Anlaß zu der Erwägung, ob nicht bei den zur amtsgerichtlichen Zuständigkeit gehörigen Streitgegenständen das Mahnverfahren aus einem fakultativen in ein obligatorisches umzuwandeln sein dürfte. 17. §§709, 712 (Pfändungspfandrecht). Die zeitlich unbeschränkte Geltung des Pfändungspfandrechts und seine Fortdauer auch bei Entfernung der Zeichen der Pfändung haben vielfach dahin geführt, daß nach der Pfändung der Gläubiger mit Rücksicht auf das ihm nunmehr zustehende Pfandrecht Kredit gewährt. In anderen Fällen sind Vollstreckungstitel im Einverständnisse beider Theile geschaffen worden, um durch die auf Grund derselben zu vollziehende Pfändung dem Gläubiger eine Sicherheit zu verschaffen. Auf diese Weise wird das Verbot der Mobiliarhypothek umgangen und der Kredit gefährdet. Diesem Uebelstand wird — sei es durch zeitliche Begrenzung des Pfändungspfandrechts, sei es durch Abhängigmachung desselben von der Fortdauer der Pfändungszeichen — gesteuert werden müssen. 18. §§ 715, 749 (Unpfändbare Gegenstände). Die vielfach erhobenen Forderungen nach einer Ausdehnung des Kreises der unpfändbaren Gegenstände werden nicht außer Acht gelassen werden dürfen. Namentlich wird hierbei der in der Praxis empfundene Mangel von Vorschriften über die Unpfändbarkeit des Traurings und des Arbeitslohnes unmittelbar nach seiner Auszahlung Beachtung verdienen. 19. §§ 780 f f . (Verfahren bei Abnahme des Offenbarungseides). Die Vorschriften über das Verfahren bei Abnahme des Offenbarungseides haben zu einer Menge von 1054
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Streitfragen Anlaß gegeben, deren befriedigende Lösung noch nicht gelungen ist. Bei größeren Amtsgerichten besteht selbst bei den einzelnen Richtern ein verschiedenes Verfahren. Eine strenge Anwendung der allgemeinen Grundsätze der Civilprozeßordnung auf jenes im Einzelnen nur durch dürftige Vorschriften geregelte Verfahren führt zu einer Weitläufigkeit und Schwerfälligkeit, die zu dem erstrebten Zwecke außer Verhältniß steht. Klarere Ausgestaltung und, soweit nöthig, Vereinfachung des Verfahrens sind dringend erwünscht. 20. §§851 f f . (Schiedsrichterliches Verfahren). Die Vorschriften über Bildung des Schiedsgerichts und die Nothwendigkeit, auch in dieser Hinsicht die gerichtliche Thätigkeit im ordentlichen Prozeßwege anrufen zu müssen (§ 871), haben dazu geführt, daß mitunter Prozesse über Bildung des Schiedsgerichts zu größeren Verwickelungen Anlaß gegeben und eine längere Zeit in Anspruch genommen haben, als wenn die Sache im ordentlichen Prozesse anhängig gemacht worden wäre. Die Wirksamkeit des Rechtsinstituts des Schiedsvertrags erfordert eine Vereinfachung des Verfahrens. Das Königliche Staatsministerium beehre ich mich ergebenst zu ersuchen, über eine allgemeine Revision der Civilprozeßordnung im Sinne der vorstehenden Vorschläge geneigtest Beschluß fassen zu wollen. Abschrift dieses Votums habe ich sämmtlichen Herren Staatsministern zugehen lassen. 6. Schreiben des Reichsjustizamts vom 6. 11. 1893 an Boetticher Euerer Exzellenz beehre ich mich auf das gefällige Schreiben vom 24. September d. Js. — Nr. 1110 C.B. —, betreffend die Revision der Civilprozeßordnung, Folgendes ergebenst zu erwidern. Da die Civilprozeßordnung, wie auch der Herr Justizminister anerkennt, sich im Großen und Ganzen bewährt hat, so könnte vielleicht die Frage aufgeworfen werden, ob überhaupt schon ein ausreichender Anlaß zu einer allgemeinen und grundsätzlichen Revision des Gesetzes vorliegt, pp. Wenn ich hiernach in dem gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit von einer Erörterung der einzelnen Vorschläge absehen darf, so glaube ich doch auf eine Frage schon jetzt eingehen zu müssen, von der meines Erachtens das Schicksal der ganzen Reform wesentlich abhängen wird, auf die Umgestaltung des Zustellungswesens. Wie bereits der Herr Justizminister in seinem Votum unter Nr. 6 näher ausgeführt hat, haben die über diese Frage zufolge des Beschlusses des Reichstags vom 30. Juni 1890 (Sten.Ber. 8. Leg. Per. 1. Sess. S. 712—715) zwischen den betheiligten Ressorts des Reichs und Preußens gepflogenen Verhandlungen zu einem Ergebnisse nicht geführt. Während die damals im Einvernehmen mit dem Herrn Justizminister im Reichs-Justizamt aufgestellten Grundzüge eines Gesetzentwurfs der Betrieb der Zustellungen, abgesehen von einigen Modifikationen im amtsgerichtlichen Verfahren, den Parteien in dem bisherigen Umfange belassen wollten, geht der jetzige Reformplan davon aus, daß die Zustellungen, wenn nicht durchgängig, so doch in der Regel von Amtswegen angeordnet werden sollen. Auch ich bin trotz der Schwierigkeiten, welche einer derartigen Aenderung aus dem Zusammenhang des Zustellungswesens mit dem Prozeßbetriebe erwachsen, der Ansicht, daß dieser Weg geeignet sein wird, die auf dem Gebiete des Zustellungswesens hervorgetretenen Mißstände zu beseitigen. Derselbe erscheint mir aber nur dann gangbar, wenn den von Amtswegen erfolgenden Zustellungen die Kostenfreiheit gesichert und die sich hieraus ergebende Belastung von der Staatskasse übernommen wird. Schon gegenwärtig werden gemäß §§ 40, 80 b des Gerichtskostengesetzes in der Fassung des Gesetzes 1055
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vom 29. Juni 1881 (R.G.B1. S. 178) für die von Amtswegen zu bewirkenden Zustellungen Gebühren und Auslagen von den Parteien nicht erhoben. Wird diese Art der Zustellungen verallgemeinert, so ist die nothwendige Folge davon, daß entweder alle bezüglichen Zustellungen kostenfrei erfolgen oder aber auch für die bisher von Amtswegen bewirkten Zustellungen die Kostenfreiheit wieder beseitigt wird. Daß das Letztere gegenüber der gegenwärtigen Höhe der Gerichtskosten und dem allgemeinen Verlangen nach ihrer Herabsetzung ausgeschlossen ist, wird einer näheren Ausführung nicht bedürfen. Kann hiernach nur die allgemeine Gewährung der Kostenfreiheit in Frage kommen, so würde meines Erachtens zur Zeit eine gründliche Reform des Zustellungswesens überhaupt nicht zu erreichen sein, falls das Königliche Staatsministerium der von dem Herrn Finanzminister in seinem Votum vom 7. Oktober d. Js. vertretenen, jede finanzielle Belastung des Staats ablehnenden Auffassung, an welcher bereits die früheren Verhandlungen über die Reform gescheitert sind, beipflichten sollte. Von der Einleitung einer Revision, welche ohne praktisches Ergebniß bleiben müßte und nur Mißstimmung gegen die Rei'chsverwaltung und ihre gesetzgeberischen Maßnahmen erregen könnte, muß ich unbedingt abrathen. Auf der anderen Seite erscheint mir der Versuch einer Revision der Civilprozeßordnung unter Ausschluß des Zustellungswesens ebenso aussichtslos, als eine Revision unter der vorgedachten Voraussetzung, nachdem der Reichstag in dem Beschlüsse vom 30. Juni 1890 der allgemein verbreiteten Ansicht, daß gerade auf diesem Gebiete die erheblichsten Mißstände hervorgetreten seien, auch seinerseits Ausdruck verliehen hat. Ew. Ex. wollen hieraus gefälligst entnehmen, eine wie große Bedeutung der Kostenfrage innerhalb des Zustellungswesens für die ganze Reform beizumessen ist. Es würde nur eine Selbsttäuschung enthalten, wenn man die Revision in Angriff nehmen wollte, ohne in dieser Frage entscheidende Stellung genommen zu haben. Ich darf daher ergebenst anheimstellen, die hier entwickelten Gesichtspunkte bei der Beschlußfassung des Königlichen Staatsministeriums gefälligst zur Geltung bringen zu wollen, pp. (gez. Nieberding) 7. Ferneres Votum des preußischen Justizministers vom 21. 11. 1893 für das Staatsministerium (Stellungnahme zu den Voten der anderen Minister) Dem in meinem Votum vom 11. September d. Js. gemachten Vorschlag, bei dem Herrn Reichskanzler eine generelle Revision der Civilprozeßordnung in Anregung zu bringen, sind die Herren Staatsminister, welche sich bisher über denselben geäußert haben, ausnahmslos beigetreten. Die weiteren, in den einzelnen Voten enthaltenen Anregungen bezüglich der Punkte, auf welche die Revision ausgedehnt werden soll, geben mir zu nachstehenden ergebensten Bemerkungen Veranlassung. Wie ich schon in meinem früheren Votum anzudeuten mir gestattete, dürfte es gegenwärtig noch nicht an der Zeit sein, zu den reformbedürftigen Punkten durch Einzelvorschläge bestimmte Stellung zu nehmen. Vielmehr wird es genügen, diese Punkte als solche zu bezeichnen, deren Erörterung das Staatsministerium für erwünscht erachtet, um auf Grund des Ergebnisses der Erörterungen demnächst über die Revisionsbedürftigkeit des Gesetzes in den fraglichen Beziehungen sich endgültig schlüssig zu machen. Deneben würde es aber meines Dafürhaltens nicht ausgeschlossen sein, in dem an den Herrn Reichskanzler zu richtenden Schreiben neben solchen Punkten, bezüglich deren das Staatsministerium eine Prüfung der Reformfrage in Anregung bringt, auch besondere weiter gehende Wünsche einzelner Herren Staatsminister zu erwähnen. Von diesem Gesichtspunkte aus möchten zunächst diejenigen Anregungen einer 1056
II. Reformüberlegungen 1890-1895 besonderen Erörterung nicht bedürfen, welche in den Rahmen der bereits früher von mir aufgeführten Reformvorschläge fallen; es wird genügen, wenn in dem Schreiben an den Herrn Reichskanzler auch der etwaige weitere Gesichtspunkt Aufnahme findet. Zu den Punkten, die nicht den Umfang der Revisionsarbeiten über meine Vorschläge hinaus zu erweitern, sondern nur ihren Inhalt näher zu bestimmen bezwecken, zähle ich die Erörterungen in dem Votum des Herrn Finanzministers über Anwaltszwang, über Zustellungswesen, über Verlegung von Terminen und Vertagung von Verhandlungen und über die Erweiterung des Kreises der unpfändbaren Gegenstände, sowie die gleichfalls den letzteren Gegenstand betreffenden Ausführungen des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten über die Unpfändbarkeit eines Sarges. Soll übrigens, entgegen meinem Vorschlage, die Richtung, in der eine Erweiterung der Unpfändbarkeit zu erfolgen haben würde, näher angedeutet werden, so möchte nach den Erfahrungen in meinem Ressort auch die Exemption des Traurings von der Zwangsvollstreckung als eine durch das Volksbewußtsein dringend geforderte Maßregel zu bezeichnen sein. Dem Wunsche des Herrn Finanzministers nach einer Vereinfachung des Urtheilsthatbestandes ist meines Erachtens erst näher zu treten, wenn die Erörterungen über eine etwaige Einschränkung der Mündlichkeit und über eine Umgestaltung der Schriftsätze (No. 5 meines früheren Votums) eine Veränderung der Grundlage des Unheils in Aussicht genommen werden sollte. Gleiches gilt von der seitens des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten befürworteten weiteren Einschränkung des Mündlichkeitsprinzips durch Berücksichtigung gewisser Theile des Akteninhalts auch ohne deren mündlichen Vortrag. — Im Uebrigen stehe ich nicht an, von den in den einzelnen Voten enthaltenen neuen Vorschlägen die folgenden als werthvolle Erweiterungen des von mir skizzirten Revisionsplanes dankbar zu begrüßen: 1. den Vorschlag des Herrn Finanzministers, daß bei der Verurtheilung zur Vornahme einer Handlung zugleich dem Schuldner für den Fall der Nichtvornahme die Zahlung einer Geldsumme an den Gläubiger als Entschädigung auferlegt werden soll; 2. den Antrag des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und MedizinalAngelegenheiten, die Kirchengemeinden in den § 15 No. 4 des Einführungsgesetzes zur Civilprozeßordnung aufzunehmen und sie so von der gewöhnlichen Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen zu eximiren; 3. die Anregung des Herrn Ministers für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, bei Zwangsvollstreckung gegen Landwirthe die Zuziehung Sachverständiger durch die Gerichtsvollzieher ins Auge zu fassen. Dem Königlichen Staatsministerium kann ich daher nur empfehlen, sich mit einer Erörterung auch dieser Punkte bei der Revision einverstanden zu erklären. — Dagegen bin ich nicht ohne Bedenken, eine Beschlußfassung gleichen Inhalts bezüglich der sonstigen in Anregung gebrachten Punkte zu beantragen. — Zwei von denselben: Die Ausdehnung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit und die Hebung der Stellung des Einzelrichters, liegen streng genommen außerhalb des Rahmens einer Revision der Civilprozeßordnung. Jedoch ist, was die erste dieser Fragen betrifft, nicht zu verkennen, daß eine Revision des amtsgerichtlichen Verfahrens in der von mir vorgeschlagenen Richtung auch für jene Frage von Bedeutung sein könnte. Obwohl ich daher an der erst vor Kurzem, in Uebereinstimmung mit der Mehrzahl der Oberlandesgerichts-Präsidenten, dem Herrn Finanzminster gegenüber geltend gemachten Auffassung festhalten muß, daß vom Standpunkte des bestehenden amtsgerichtlichen Verfahrens aus eine Erweiterung der Zuständigkeit nicht für angezeigt zu erachten ist, so glaube ich doch dem Vorschlage, die amtsgerichtliche Kompetenz 1057
Änderungen der Civilprozeßordnung
mit in den Kreis der Erörterung zu ziehen, nicht widersprechen zu sollen, zumal auf diese Weise auch die Wünsche und Anschauungen aus anderen Bundesstaaten zur Kenntniß der Preußischen Staatsregierung gelangen werden. — Dagegen scheint mir, abgesehen von der Zuständigkeitsfrage, die Hebung der Stellung des Einzelrichters eine Maßregel zu sein, die sich lediglich auf dem Gebiete der nicht streitigen Gerichtsbarkeit und des Beamtenrechts zu bewegen hat und daher, weil ausschließlich innerhalb der Grenzen der landesgesetzlichen Zuständigkeit gelegen, bei der Revision der Reichsgesetzgebung außer Betracht bleiben muß. Die von dem Herrn Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten vorgeschlagene Einführung eines Vorverfahrens für die Streitigkeiten aus dem ländlichen Gesinde- und Arbeiterverhältniß würde sich gleichfalls als eine Aenderung nicht sowohl des Verfahrens als vielmehr der Gerichtsverfassung darstellen. Für die Mehrzahl der Streitigkeiten jener Art liegt schon nach § 14 No. 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes die Möglichkeit vor, ein Vorverfahren vor Gemeindegerichten einzuführen. Von dieser Möglichkeit hat die Preußische Landesgesetzgebung keinen Gebrauch gemacht. Es erscheint aber nicht unbedenklich, ohne einen solchen vorgängigen Versuch eine weit einschneidendere Maßregel ähnlichen Karakters in Aussicht zu nehmen. Auch erachte ich es als die wesentlichste Aufgabe einer Revision der Civilprozeßordnung, das ordentliche Verfahren thunlichst leicht zugänglich zu machen. Ein Schritt, wie der vom Herrn Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten vorgeschlagene, würde einerseits ähnliche Forderungen aus anderen Kreisen hervorrufen, andererseits aber das Bestreben wecken, aus den Behörden des Vorverfahrens allmählich Sondergerichte nach Art der Gewerbegerichte, zu entwickeln. Der Erfolg hiervon würde eine immer weitergreifende Abbröckelung von der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte sein. Die hierzu unleugbar in weiteren Kreisen vorhandene Neigung kann ich aber nur als eine der Entwickelung unserer Rechtspflege nicht förderliche Erscheinung bezeichnen und befinde mich daher außer Stande, dem erwähnten Vorschlag meinerseits zuzustimmen. Was schließlich die von dem Herrn Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten gegebenen Anregung bezüglich der Eidesfrage betrifft, so bin ich mit der allgemeinen Tendenz dieser Anregung einverstanden. Ich gestatte mir jedoch, was zunächst die Frage anlangt, ob die Zahl der Meineide zugenommen hat, Folgendes zu bemerken : Nach der deutschen Kriminalstatistik hat betragen die Zahl der 1882 im Deutschen Reich wegen Eidesdelikten verurtheilten Personen 1384 (in Preußen 865 Personen), 1891 1324 bzw. 876 Personen. 4 Eine Zunahme der Eidesdelikte lassen diese Zahlen, namentlich bei Berücksichtigung der Bevölkerungszunahme und der Vermehrung der Prozesse, nicht erkennen, und wenn auch zweifellos zahlreiche Meineide unbestraft bleiben, weil die Ueberführung des Schuldigen nicht gelingt, so fehlt es doch an jedem Anhalt dafür, daß das Verhältniß der straflos bleibenden zu den bestraften Meineiden sich zu Gunsten der ersteren verschoben hätte. — Wenn der Herr Minister der geistlichen, Unterrichtsund Medizinal-Angelegenheiten eine Ausstattung des Aktes der Eidesleistung mit feierlichen Formen für wünschenswerth erachtet, so habe ich schon bei anderem Anlasse ausgesprochen, daß ich einem solchen Vorschlage volle Sympathie entgegenbringe, indessen glaube, daß die jenen Zweck verfolgenden besonderen Anordnungen sich nicht zu gesetzgeberischer Fassung eignen, vielmehr nur im Wege der Justizverwaltung getroffen werden können. Ich vermag auch nicht zuzugeben, daß der Gegensatz zwischen der Preußischen Allgemeinen Gerichtsordnung und der Die statistischen Angaben sind vom Hrsg. aus Platzgründen verkürzt worden. 1058
II. Reformüberlegungen 1890-1895 Deutschen Civilprozeßordnung bezüglich der von Christen zu leistenden Eide ein so weit gehender sei, wie der mehr genannte Herr Minister annimmt. Abgesehen von der wörtlich vorgeschriebenen Eidesbelehrung (Anhang §§ 81, 82, 96 zu I. 10, §§ 188 und 372 A.G.O.), die, in ihrer Fassung von höchst zweifelhaftem Werthe, allmählich beinahe gänzlich außer Gebrauch gekommen war, ist die Abnahme eines Zeugeneides nur in zwei Paragraphen (§§ 202, 204 1 10; siehe auch Anhang des S 85) behandelt, während über das Verfahren bei Abnahme des Schiedseides ursprünglich nur die §§ 370—372 kurze Bestimmungen trafen, die dann allerdings durch die §§ 92—94 des Anhangs eine, aber auch nur sehr kurze, Erweiterung erfuhren. Insbesondere ist die fakultative Zuziehung eines Geistlichen, deren allerdings die Criminalordnung in § 339 gedenkt, in der Allgemeinen Gerichtsordnung nicht vorgeschrieben. V o n einer solchen Maßregel möchte ich mir auch heute einen die Meineide verhütenden Einfluß nur in Ausnahmefällen versprechen, während sie andererseits leicht zur Verzögerung des Rechtsgangs führen kann, als Beweis des Mißtrauens seitens des Gerichts zu Beschwerden Anlaß giebt, und, da den Geistlichen ihr amtliches Einschreiten nicht wohl unentgeltlich angesonnen werden kann, zu einer, die einzelnen Prozesse ungleich, die über kleine Objekte aber recht erheblich treffenden Vertheuerung des Verfahrens Anlaß giebt. Ebensowenig kann ich der obligatorischen Vornahme eines Sühneversuchs vor Ableistung eines Schiedseides das Wort reden. Die Maßregel begegnet in den sehr zahlreichen Fällen, w o der Schwurpflichtige und seine Gegner an verschiedenen Orten wohnen, meist unüberwindlichen Schwierigkeiten; der Sühneversuch müßte in den Fällen, in denen der Eid vor einem beauftragten Richter geleistet werden soll, von diesem, der mit der Sache nicht vertraut ist, vorgenommen werden. In zahlreichen Fällen würde er wiederum eine Verlängerung der Prozeßdauer zur Folge haben. Endlich ist, da der Eid in der Regel durch Urtheil rechtskräftig auferlegt ist, die Aussicht auf Geneigtheit der Parteien zur Sühne in einem solchen Prozeßstadium meist sehr gering. Eignet sich die Sache zum Versuch der Güte, so hat der Prozeßrichter schon jetzt nach § 268 der Civilprozeßordnung auch nach Erlaß eines bedingten Endurtheils hierzu die Machtvollkommenheit. Sonach kann ich eine Aufnahme der angedeuteten Maßnahme als eines Vorschlags des Staatsministeriums in das dem Herrn Reichskanzler zu unterbreitende Verzeichniß revisionsbedürftiger Punkte nicht empfehlen, wogegen ich selbstverständlich gegen die Erwähnung der Wünsche des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten nichts zu erinnern habe. 8. Votum des Vizepräsidenten des Staatsministeriums von Boetticher 29. 11. 1893
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Dem Vorschlage des Herrn Justizministers, eine Revision der Civilprozeßordnung bei dem Herrn Reichskanzler in Anregung zu bringen, stimme ich zu. D a jedoch die Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich wiederum den Anlaß zu einer Abänderung der Civilprozeßordnung in ausgedehntem Maße — und zwar voraussichtlich weit über den ursprünglich beabsichtigten, aus Artikel 11 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes sich ergebenden U m f a n g hinaus — bieten wird, so ist es meines Dafürhaltens rathsam, die jetzt in Angriff zu nehmende Revision auf solche Punkte zu beschränken, für welche das Bedürfniß einer Abänderung besonders dringend ist und Abhülfe im Rahmen einer die leitenden Grundsätze des Prozesses im Wesentlichen unberührt lassenden Novelle geschaffen werden kann. Hierher rechne ich namentlich das Zustellungswesen, das Verfahren vor den Amtsrichtern und das Mahnverfahren. Ebenso halte ich es für nothwendig, der 1059
Änderungen der Civilprozeßordnung
Verschleppung der Prozesse durch die Anwälte im Wege der Gesetzgebung vorzubeugen. Im Uebrigen erkläre ich mich damit einverstanden, daß diese und ebenso die eventuell weiter in Betracht kommenden Fragen nach den Vorschlägen des Herrn Justizministers in dessen Voten vom 11. September und 21. November d. J. zunächst zwischen demselben und dem Herrn Reichskanzler einer eingehenderen Erörterung unterzogen werden, damit eine Grundlage für eine genauere Umgrenzung der geplanten Reform gewonnen werde. — Wenn ich hiernach in dem gegenwärtigen Stadium der Angelegenheit von einer Erörterung der einzelnen Vorschläge absehen darf, so glaube ich doch auf eine Frage schon jetzt eingehen zu müssen, von der meines Erachtens das Schicksal der ganzen Reform wesentlich abhängen wird, nämlich auf die Umgestaltung des Zustellungswesens. Wie bereits der Herr Justizminister in seinem Votum vom 11. September d. J. unter Nr. 6 näher ausgeführt hat, haben die über diese Frage zufolge des Beschlusses des Reichstags vom 30. Juni 1890 (Stenogr. Ber. 8. Leg. Per. 1. Session, S. 712—715) zwischen den betheiligten Ressorts des Reichs und Preußens gepflogenen Verhandlungen zu einem Ergebniß nicht geführt. Während die damals im Einvernehmen mit dem Herrn Justizminister im Reichs-Justizamt aufgestellten Grundzüge eines Gesetzes-Entwurfs den Betrieb der Zustellung, abgesehen von einigen Modifikationen im amtsgerichtlichen Verfahren, den Parteien in dem bisherigen Umfange belassen wollten, geht der jetzige Reformplan davon aus, daß die Zustellungen, wenn nicht durchgängig, so doch in der Regel von Amtswegen angeordnet werden sollen. Auch ich bin trotz der Schwierigkeiten, welche einer derartigen Aenderung aus dem Zusammenhange des Zustellungswesens mit dem Prozeßbetriebe erwachsen, der Ansicht, daß dieser Weg geeignet sein werde, die auf dem Gebiete des Zustellungswesens hervorgetretenen Mißstände zu beseitigen. Derselbe erscheint mir aber nur dann gangbar, wenn den von Amtswegen erfolgenden Zustellungen die Kostenfreiheit gesichert und die sich hieraus ergebende Belastung von der Staatskasse übernommen wird. Schon gegenwärtig werden gemäß §§ 40, 80 b des Gerichtskostengesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 29. Juni 1881 (Reichs-Gesetzbl. S. 178) für die von Amtswegen zu bewirkenden Zustellungen Gebühren und Auslagen von den Parteien nicht erhoben. Wird diese Art der Zustellungen verallgemeinert, so werden entweder alle derartigen Zustellungen kostenfrei erfolgen oder aber auch für die bisher von Amtswegen bewirkten Zustellungen die Kostenfreiheit wieder beseitigt werden müssen. Daß das Letztere gegenüber der gegenwärtigen Höhe der Gerichtskosten und dem allgemeinen Verlangen nach ihrer Herabsetzung ausgeschlossen ist, wird einer näheren Ausführung nicht bedürfen. Kann hiernach nur die allgemeine Gewährung der Kostenfreiheit in Frage kommen, würde meines Erachtens zur Zeit eine gründliche Reform des Zustellungswesens überhaupt nicht zu erreichen sein, falls das Königliche Staatsministerium der von dem Herrn Finanzminister in seinem Votum vom 7. Oktober d. J. vertretenen, jede finanzielle Belastung des Staats ablehnenden Auffassung, an welcher bereits die früheren Verhandlungen über die Reform gescheitert sind, beipflichten sollte. Von der Einleitung einer Revision, welche ohne praktisches Ergebniß bleiben müßte und nur Mißstimmung gegen die Reichsverwaltung und ihre gesetzgeberischen Maßnahmen erregen könnte, muß ich unbedingt abrathen. Auf der anderen Seite erscheint mir der Versuch einer Revision der Civilprozeßordnung unter Ausschluß des Zustellungswesens ebenso aussichtslos, als eine Revision unter der vorgedachten Voraussetzung, nachdem der Reichstag in dem Beschlüsse vom 30. Juni 1890 der allgemein verbreiteten Ansicht, daß gerade auf diesem Gebiete die erheblichsten Mißstände hervorgetreten seien, auch seinerseits Ausdruck verliehen hat. 1060
II. Reformüberlegungen 1890-1895
Da hiernach der Kostenfrage innerhalb des Zustellungswesens eine nahezu ausschlaggebende Bedeutung für die ganze Reform beizumessen ist, glaube ich dem Königlichen Staatsministerium anheimgeben zu sollen, vor jedem weiteren Schritte zunächst hierzu entscheidende Stellung zu nehmen. 9. Berathungen des preußischen Staatsministeriums am 2. 1. 1894 über eine Reform der Civilprozeßordnung Das Staatsministerium trat heute zu einer Sitzung zusammen 5 , in welcher Folgendes berathen und beschlossen wurde: 1-PP2. Der Herr Justizminister hielt Vortrag über die geplante Revision der Civilprozeßordnung. Die letztere sei zwar nach einem wohl durchdachten Plan symmetrisch aufgebaut; der Apparat, mit welchem sie in dem Verfahren vor den Landgerichten funktioniere, sei aber in manchen Sachen zu complicirt und auch zu kostspielig. Eine große Vertheuerung entstehe ζ. B. dadurch, daß auch in Versäumniß- und Anerkenntnißsachen das ganze Richtercollegium verhandele und die Parteien durch Anwälte vertreten sein müssen. Die erste Veranlassung zu der heute vorliegenden Novelle sei eine Resolution gewesen, welche vom Reichstage im Jahre 1890 in Folge eines vom Abgeordneten Rintelen gestellten Antrages angenommen sei und welche das der Vereinfachung vor Allem bedürftige Zustellungsverfahren betroffen habe. Er habe vorgeschlagen, dabei die Gerichtsvollzieher ganz auszuscheiden und die Zustellungen durch die Post zu bewirken, wie dies bereits in dem Gesetze über die Gewerbegerichte geschehen sei. Mit der vorgeschlagenen Aenderung stehe aber eine prinzipielle Vorfrage in Zusammenhang. Durch die Novelle vom 29. Juni 1881 zum Gerichtskostengesetz sei bestimmt, daß für die von Amtswegen bewirkten Zustellungen Gebühren und baare Auslagen nicht zu erheben seien. An die Beseitigung dieser Kostenfreiheit würde nach Ansicht des Herrn Vice-Präsidenten des Staatsministeriums (cf. Votum vom 29. November v. J.) nicht zu denken sein und deshalb nur übrig bleiben, alle Zustellungen künftig kostenfrei zu bewirken. Er sei aber der Ansicht, daß man so weit nicht zu gehen brauche, vielmehr auch ohne eine weitere finanzielle Belastung der Staatskasse, durch Neuregelung der Gebührenfrage eine weitgehende Entlastung des Publikums erzielen könne. Die Kosten der Zustellung durch die Post würden nämlich durchschnittlich an Porto 25 Pf. dazu Behändigungsgebühr der Post wahrscheinlich nur 10 Pf. vielleicht auch 20 Pf. betragen, die Mehrauslagen des Staats aber sich durch eine von diesem zu erhebende Gebühr von durchschnittlich 10 Pf. ausgleichen lassen. Die Selbstkosten des Staats würden also künftig für eine Zustellung höchstens 55 Pf. betragen, während die Kosten einer Parteizustellung gegenwärtig nach sorgfältigen Ermittlungen auf 75 Pf. durchschnittlich zu stehen kämen, mithin würde den Parteien eine Erleichterung von durchschnittlich 20 Pf. zu Gute kommen. Die hieraus sich ergebende Ersparung sei auf 800 000 M. jährlich zu schätzen. Teilnehmer der Sitzung: Graf zu Eulenburg (als Präsident des Staatsministeriums), von Boetticher (Vizepräsident), von Schelling, von Berlepsch, Miquel, von Heyden, Thielen, Bosse, Bronsart von Schellendorf und der Staatssekretär des Reichsjustizamts Nieberding. 1061
Änderungen der Civilprozeßordnung
Er bitte den Herrn Vice-Präsidenten des Staatsministeriums, den prinzipiellen Standpunkt, daß nur die Gewährung der allgemeinen Kostenfreiheit in Frage kommen könne, aufzugeben und der in dem Votum vom 7. Oktober v. J. ausgesprochenen Ansicht des Herrn Finanzministers darin beizustimmen, daß die durch das vereinfachte Verfahren entstehenden persönlichen und sächlichen Aufwendungen durch eine von demjenigen zu tragende Gebühr gedeckt werden müßten, in dessen Interesse die Zustellung erfolge und daß sie nicht der Staatskasse, d. h. der Allgemeinheit zur Last fallen dürften. Der Herr Vice-Präsident führte aus, daß sein Votum auf den Bestimmungen des citirten Gesetzes von 1881 beruhe und daß, wenn künftig die Kosten für Zustellungen von den Parteien getragen werden sollten, ein Hauptmotiv wegfallen würde, den in Rede stehenden Entwurf einzubringen, da derselbe ja doch dem Publikum Erleichterungen schaffen solle. Der Herr Finanzminister setzte auseinander, daß die Kosten der Justizverwaltung in Preußen in letzter Zeit gewaltig gestiegen seien, während dies in andern deutschen Staaten nicht der Fall gewesen sei. Der Grund liege hauptsächlich in der falschen Normirung der Gebühren. Unser ganzes Gebührensystem müsse von Grund aus geändert und der Grundsatz zur Geltung gebracht werden, daß besondere Leistungen des Staats zu Gunsten Einzelner besonders honorirt und daß bei höheren Objekten auch höhere Gebühren gezahlt werden müßten. Bei ganz kleinen Prozessen könne man die Gebühren ganz fallen lassen oder doch erheblich vermindern; man dürfe aber nicht vergessen, daß eine übermäßige Verbilligung der Prozesse zu einer Vermehrung der letzteren und damit auch zu einer Vermehrung des Richterpersonals u.s.w. führe. Er würde es gern sehen, wenn dem Staate aus der Justizverwaltung eine — wenn auch kleine — Nettoeinnahme zufiele. Von der Nothwendigkeit einer Reform der Civil-Prozeßordnung sei er ebenso wie der Herr Justizminister überzeugt und auch mit den Zielen desselben einverstanden. Auf Einzelheiten wolle er heute noch nicht eingehen und sich nur auf den Wunsch beschränken, die Stellung des Einzelrichters gehoben zu sehen. Der Herr Staatssekretär des Reichs-Justizamts nahm an, daß wenn das Staatsministerium sich heute über die Nothwendigkeit einer Revision der Civil-Prozeßordnung schlüssig mache, der Rahmen für eine solche noch offen bleibe. — Das Bürgerliche Gesetzbuch werde voraussichtlich in zwei Jahren fertig gestellt sein und wiederum eine Revision der Civil-Prozeßordnung — und zwar in großem Umfange — nöthig machen. Es würde daher nicht praktisch sein, im Jahre 1895 eine Revision in erheblichem Umfange eintreten zu lassen, welcher man im Jahre 1896 eine zweite folgen lassen müßte. Er empfehle daher, sich jetzt auf das Allernothwendigste zu beschränken und den Kreis der vom Herrn Justizminister vorgeschlagenen Reformen etwas einzuschränken. Es werde am besten der zur Vorbereitung der Reform einzusetzenden Kommission zu überlassen sein, die einer schleunigen Reform bedürftigen Punkte herauszusuchen. Der Herr Justizminister setzte voraus, daß es sich heute nur um ein Programm für die einzuleitenden Revisionsarbeiten handele, wünschte aber doch alle von ihm gemachten Abänderungsvorschläge in der Kommission erörtert zu sehen. — Bei der jetzt ins Auge gefaßten Revision handle es sich um ganz andere Dinge, als bei den später in Folge der Emanation des Bürgerlichen Gesetzbuches vorzunehmenden Aenderungen der Civil-Prozeßordnung; man brauche daher den Umfang der jetzigen Reform nicht zu sehr einzuschränken. Der Herr Finanzminister-was derselben Ansicht und meinte, daß wenn man auch jetzt eine größere Reform vornehme, für welche das Bedürfniß unzweifelhaft vor1062
II. Reformüberlegungen 1890-1895
handen sei, es nicht schwer fallen werde, vom Reichstage die Zustimmung zu den in Folge des Bürgerlichen Gesetzbuches sich als nothwendig herausstellenden Reformen zu erlangen. Dieselben könnten in derselben Reichstagskommission, welche das Bürgerliche Gesetzbuch zu berathen habe, gleichzeitig mit beschlossen werden. Der Herr Staatssekretär des Reichs-Justizamts versicherte, daß es nicht seine Absicht sei, die Abstellung augenscheinlich vorhandener Uebelstände zu vertagen. Er wolle nur einige Punkte aus dem Programm des Herrn Justizministers ausgeschieden sehen, weil in Betreff derselben bei Emanation des Bürgerlichen Gesetzbuches eine abermalige Revision eintreten müßte. Jedenfalls sei er damit einverstanden, daß alle Punkte des Programms des Herrn Justizministers in der Kommission zur Erörterung gelangten, sowie auch daß die Kommission durch Kommissarien des Herrn Finanzministers und des Herrn Justizministers verstärkt werde. Der Herr Minister-Präsident konstatirte als Beschluß des Staatsministeriums, daß dasselbe der Aufforderung, in eine Revision der Civil-Prozeßordnung einzutreten, Folge gebe und dies dem Herrn Reichskanzler schriftlich mittheilen werde; daß dasselbe sich den Beschluß über Einzelheiten der Reform und über eine allgemeine Revision des Kostentarifs von 1881 vorbehalte. Der Herr Kultusminister sprach die Voraussetzung aus, daß der einzusetzenden Kommission das in den Voten der Preußischen Minister enthaltene Material zugänglich gemacht werde, und verzichtete unter dieser Voraussetzung auf eine Erörterung der von ihm in seinem Votum vom 7. Oktober v. J. gemachten Vorschläge zu einer Reform des Eidesrechts. Erklärung des Justizministers bei der die Civilprozeßreform des Staatsministeriums vom 2. Januar 1894
betreffenden
Berathung
Die Civilprozeßordnung ist ein nach einem wohldurchdachten Plan symmetrisch aufgebautes Werk. Das Streben nach Symmetrie hat aber zu manchen allzu kostspieligen und künstlichen Consequenzen geführt. Der dreifache Apparat, mit dem das Verfahren bei den Landgerichten arbeitet — Richterkollegien, Anwälte, Gerichtsvollzieher — ist schon an sich eine kostspielige Einrichtung, die in Frankreich, woher sie stammt, insofern erträglicher war, als die Richterstellen ursprünglich dort Ehrenposten waren und die Besoldungen der Richter, die ζ. B. bei den Gerichten l t e r Instanz mit eintausend Franken begannen, thatsächlich nur eine Auslagenvergütung darstellten. Als eine besonders unnöthige Vertheuerung ist aber zu bezeichnen, daß jener Apparat auch auf die Versäumniß- und Anerkenntnißsachen — und das ist die Mehrzahl aller Sachen auch bei den Landgerichten — Anwendung findet. Auch diese müssen in öffentlicher Sitzung erledigt, der Antrag auf Erlaß des Versäumnißurtheils muß durch einen Anwalt gestellt werden, und wenn der erschienene Beklagte den Anspruch anerkennen will, so kann er dies nur, wenn er durch einen Anwalt sich vertreten läßt. Das Zustellungswesen hat wegen seiner Kostspieligkeit und Weitläufigkeit zu besonderen Beschwerden Anlaß gegeben, welchen insbesondere in einer Resolution des Reichstags Ausdruck gegeben worden ist. An diesen Punkt knüpft sich eine präjudizielle Frage, weshalb ich näher auf ihn eingehe. Nach meinem Vorschlage, welcher sich im Wesentlichen dem Vorgange des Gewerbegerichtsgesetzes anschließt, sollen die Gerichtsvollzieher aus diesem Geschäft ausscheiden, die Zustellungen sollen regelmäßig durch die Post erfolgen und zwar auf Anordnung und unter Kontrolle des Gerichts. Dieser Vorschlag hat im Allgemeinen Zustimmung gefunden, auch der Herr Vice-Präsident des Staatsministeriums ist ihm nicht entgegen; er hält ihn aber nur unter folgender Voraussetzung für ausführbar. Als sich 1063
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
nämlich nach dem Jahre 1879 lebhafte Klagen über die Höhe der Gerichtskosten erhoben, kam man ihnen in einer Novelle von 1881 in einigen, weniger weittragenden Punkten entgegen und bestimmte unter Anderem, daß für die von Amtswegen erfolgenden Zustellungen Gebühren und Auslagen nicht zu erheben seien. Da nun nicht daran zu denken sei, diese Befreiung wieder zu beseitigen, bleibe — so führt der Herr Vice-Präsident aus — da die Zustellungen von Amtswegen nun verallgemeinert werden sollen, nichts anders übrig, als für alle derartige Zustellungen die Kostenfreiheit zu gewähren und die sich hieraus ergebende Belastung auf die Staatskasse zu übernehmen. Der Herr Finanzminister ist dieser Ausführung nicht beigetreten. Er ist der Ansicht, daß die Gebührenfrage erst nach Lösung der materiellen Frage und nicht in so mechanischer Weise, wie es in der Novelle geschehen sei, zu erledigen sei. Vielmehr sei es richtiger, die Gebühren der Höhe des Objekts anzupassen und thunlichst die kleineren Objekte von der Gebühr ganz frei zu lassen. Ich möchte mich der Auffassung des Herrn Finanzministers anschließen. Wenn das Zustellungswesen überhaupt auf eine neue Basis gestellt wird, so werden die dasselbe betreffenden Gebührenbestimmungen, die doch als eine Einheit aufzufassen sind, gegenstandslos; es muß nun eine neue Regelung der Gebühren eintreten und es steht nichts im Wege, sie nach dem Vorschlage des Herrn Finanzministers einzurichten. Die vom Reichstag gewünschte Verbilligung wird zu erreichen sein, wenn daran festgehalten wird, und ich glaube, der Herr Finanzminister wird damit einverstanden sein, daß die durch den Wegfall der Gerichtsvollziehergebühren entstehende Ersparniß dem rechtsuchenden Publikum zu Gute kommen muß, soweit sie nicht zur Deckung der durch die neue Einrichtung dem Staat entstehenden Mehrausgaben erforderlich ist. Daß ein Ersparniß-Ueberschuß verbleiben wird, läßt sich schon jetzt übersehen. Die baaren Auslagen der Postzustellungen bestehen in Porto von durchschnittlich 25 Pf. und in einem Zuschlag, den die Post als Zustellungsgebühr erhebt. Wird die verwickelte Zustellungsurkunde in einen einfachen Behändigungsschein verwandelt, so ist es möglich, daß die Post den Zuschlag auf 10 Pf. ermäßigt. Aber auch wenn sie bei dem jetzigen Satz von 20 Pf. stehen bleibt, stellen sich die Gesammtkosten doch nur auf 45 Pf., bleiben also gegen die jetzigen Kosten einer Parteizustellung, welche durchschnittlich 75 Pf. betragen, noch um 30 Pf. zurück. Die schon erwähnten, für den Staat entstehenden Mehrausgaben, welche diesseits berechnet sind, würden durch eine staatlicherseits zu erhebende Gebühr von durchschnittlich 10 Pf. reichlich abgegolten werden, so daß zur Erleichterung der Parteien ein Rest von 20 Pf. zur Disposition stände, welcher bei der Zahl von 4 Millionen jährlicher Parteizustellungen 80 000 M betragen würde. 10. Schreiben des Präsidenten des Staatsministeriums vom 23. 2.1894 an den Reichskanzler Die Civilprozeßordnung vom 30. Januar 1877 hat sich zwar im Großen und Ganzen bewährt; es sind jedoch eine Reihe einzelner Mißstände — und zwar im Laufe der Jahre in wachsendem Grade — hervorgetreten. Für einen Theil dieser Mißstände ist weniger das Gesetz, als die Entwicklung des Einzelrichterthums und der Rechtsanwaltschaft verantwortlich zu machen, die sich in wesentlich anderen Bahnen vollzogen hat, als man bei Ausarbeitung der Civilprozeßordnung voraussetzte. Andere Mängel des jetzigen Verfahrens sind dagegen allerdings auf den Gesetzesinhalt selbst zurückzuführen. Neben Einzelnheiten kommt hier wesentlich in Betracht, daß sich seit den Jahren, in denen die Civilprozeßordnung berathen wurde, eine tiefgehende Wandlung in den allgemeinen Anschauungen über die Aufgaben des Staates und die Grenzen seiner Wirksamkeit vollzogen hat. Während 1064
II. Reformüberlegungen 1890-1895
die Civilprozeßordnung der Thätigkeit der Parteien und ihrer Vertreter, auch im amtsgerichtlichen Prozesse, einen weiten Spielraum gewährt und ihnen insbesondere die Verantwortung für Versäumnisse und für unzweckmäßiges Handeln überläßt, ist in immer steigendem Maße der Gedanke an eine Fürsorgepflicht des Staates, namentlich für die wirtschaftliche und intellektuell niedriger gestellten Bevölkerungskreise, zur Herrschaft gelangt. Diesem Prinzipe wird sich die Gestaltung des Civilprozesses um so weniger entziehen können, als dasselbe in der Reichsgesetzgebung bereits für gewisse Rechtsstreitigkeiten zufolge des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 (Reichs-Gesetzblatt Seite 141) Anerkennung gefunden hat. Die Frage, ob die Revision der Civilprozeßordnung nicht erst später in Verbindung mit denjenigen Aenderungen in Angriff zu nehmen sei, denen die Civilprozeßordnung aus Anlaß des Inkrafttretens des Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich wird unterzogen werden müssen, glaubt das Staatsministerium verneinen zu müssen. Maßgebend hierfür ist die Erwägung, daß möglicherweise durch die Verbindung der in Aussicht genommenen Revision mit dem größeren Gesetzgebungswerke ein unerwünschter Aufschub für die dringende Beseitigung von Mißständen erwachsen würde, während andererseits, falls die das Bürgerliche Gesetzbuch betreffenden Arbeiten einen unerwartet schnellen und günstigen Verlauf nehmen sollten, eine getrennte Vorbereitung der jetzt in Frage stehenden Punkte der späteren Vereinigung beider Gesetzesvorlagen nicht präjudizire. Ein äußerer Umstand, der ein alsbaldiges Vorgehen gerathen erscheinen lasse, wurde auch in dem Umstände erblickt, daß in Oesterreich gegenwärtig dem Reichsrathe Entwürfe zu Civilprozeßgesetzen vorgelegt sind, deren Zweck es ist, die als richtig anzuerkennenden Grundsätze der Deutschen Civilprozeßordnung auf Oesterreich zu übertragen, zugleich aber die im Deutschen Reiche beobachteten Mängel des Gesetzes zu beseitigen. Es erschien nicht erwünscht, wenn Oesterreich unter Benutzung der in Deutschland gemachten Erfahrungen zu einer die deutsche Gesetzgebung übertreffenden Regelung des Verfahrens in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten gelangen sollte, ehe eine Reform im Deutschen Reiche auch nur in Angriff genommen wäre. Ueber Einzelnheiten der Reform bestimmte Beschlüsse zu fassen, hat das Staatsministerium zur Zeit noch nicht für sachdienlich erachtet. Dagegen enthält die Anlage A die Aufzählung einer Reihe von Einzelfragen, hinsichtlich deren das Staatsministerium eine nähere Erörterung bei den Vorarbeiten zu der in Rede stehenden Revision für zweckmäßig hält. Außerdem hat der Herr Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten vom Standpunkt seines Ressorts nach eine weitergehende Revision des Eidesrechts in Anregung gebracht. Abschrift des hierauf bezüglichen Theiles seines Votums, sowie der Gegenbemerkungen des Herrn Justizministers hierzu gestatte ich mir ergebenst beizufügen. Was die weitere Behandlung der Angelegenheit betrifft, so glaubt das Staatsministerium voraussetzen zu dürfen, daß Eure Exzellenz geneigt sein werden, Selbst die erforderlichen Vorarbeiten zu einer Revision der Civilprozeßordnung in die Wege zu leiten, und daß es Hochderen Intentionen entsprechen würde, eine etwaige Gesetzesvorlage demnächst im Wege eines Präsidial-Antrages an den Bundesrath zu bringen. Für den Fall, daß diese Annahme zutreffen sollte — worüber ich mir eine geneigte Rückäußerung ergebenst erbitte —, gestatte ich mir noch den Ausdruck des Wunsches, daß an den einzuleitenden Gesetzgebungsarbeiten den von ihnen berührten preußischen Ressorts, insbesondere den Herren Ministern der Finanzen und der Justiz, eine Mitwirkung durch Entsendung von Kommissaren eingeräumt werden möge. 1065
Änderungen der Civilprozeßordnung
III. Konferenz über die Revision der Civilprozeßordnung (April/Mai 1895) 1. Einladungsschreiben des Reichsjustizamts vom 27. 10. 1894 zur Theilnahme an den Berathungen zur Reform der Civilprozeßordnung Schon bald nach dem Inkrafttreten der Reichs-Justizgesetze haben die vielfach laut gewordenen Beschwerden über das durch die Civilprozeßordnung geregelte Verfahren bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten der Reichsverwaltung Anlaß gegeben, mit den Bundesregierungen wegen einer etwaigen Aenderung dieses Gesetzes in Verbindung zu treten. Wenn die damals eingeleiteten Erörterungen zu einem Ergebnisse nicht führten, so lag der Grund hauptsächlich darin, daß es für bedenklich erachtet wurde, ein größeres Gesetzgebungswerk, welches in weiten Gebieten des Reichs neue Prozeßgrundsätze zur Geltung gebracht hatte und sich daher erst allmählich einleben konnte, schon nach kurzer Frist einer Revision zu unterwerfen. Seitdem sind jedoch die Klagen über die mit dem neuen Prozeßverfahren verbundenen Unzuträglichkeiten in der Bevölkerung und in Fachkreisen nicht verstummt. Auch der Reichstag ist mehrfach mit Vorschlägen wegen Aenderung des Gesetzes, insbesondere behufs Umgestaltung des Zustellungswesens und des amtsgerichtlichen Verfahrens, befaßt gewesen und hat die Dringlichkeit einer Reform hinsichtlich des ersteren Gegenstandes in einer Resolution vom 30. Juni 1890 anerkannt. Nachdem inzwischen die auf Vereinfachung des Verfahrens und Beschränkung des Parteibetriebes gerichteten Wünsche durch das Gesetz, betreffend die Gewerbegerichte vom 29. Juli 1890 (R.G.B1. S. 141) für die zur Zuständigkeit dieser Gerichte gehörenden Streitigkeiten in befriedigender Weise verwirklicht worden sind, hat das Bedürfniß einer entsprechenden Regelung des ordentlichen Prozesses, namentlich was das Verfahren vor den Amtsgerichten betrifft, sich um so lebhafter fühlbar gemacht. Unter diesen Umständen erscheint es geboten, nunmehr einer Prüfung der Frage näher zu treten, in welcher Weise die wahrgenommenen Mißstände durch Aenderungen der Civilprozeßordnung, ohne Eingriff in die Grundlagen des Gesetzes, zu beseitigen wären. Ob eine solche Revision mit den Aenderungen, welche sich weiterhin aus der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergeben werden, zu verbinden sein möchte, darf der Erwägung einstweilen vorbehalten bleiben. Jedenfalls können, wie mir scheint, die Vorarbeiten für die Revision des Gesetzes alsbald in Angriff genommen werden, nachdem eine fünfzehnjährige Praxis ausreichende Gelegenheit gewährt hat, über die Berechtigung der erhobenen Beschwerden und über den Weg der Abhülfe ein Urtheil zu gewinnen. Vor Einleitung weiterer Schritte wird diesseits beabsichtigt, die hauptsächlich in Betracht kommenden Punkte einer Erörterung mit bewährten Praktikern zu unterziehen. Die zur Erörterung bestimmten Fragen sind aus der in zwei Exemplaren beigefügten Zusammenstellung ersichtlich. Um etwaigen Mißverständnissen vorzubeugen, darf ich ausdrücklich bemerken, daß hiermit lediglich eine Grundlage für die Berathungen geboten, dagegen der späteren Stellungnahme zu den einzelnen Fragen in keiner Weise vorgegriffen werden soll. Den Mitgliedern der Konferenz wird es selbstverständlich unbenommen sein, auch andere Punkte, deren Berücksichtigung sie für wünschenswerth erachten, zur Sprache zu bringen. Der Senat der freien und Hansestadt Hamburg würde mich zu besonderem Danke verpflichten, wenn Hochderselbe die Gewogenheit haben wollte, einen dortigen Rechtsanwalt zu bezeichnen, welcher geeignet und bereit sein würde, sich an der beabsichtigten Erörterung zu betheiligen.
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III. CPO-Revisionskommission 1895
2. Zusammenstellung der für eine Reform des Civilprozesses zur Erörterung gestellten Fragen1 I. Zur Civilprozeßordnung 1. Prozeßbevollmächtigte (§§ 74 fg.) : Prüfung der Vollmacht von Amtswegen auch im Anwaltsprozeß (§84). — Wegen Beschränkung des Anwaltszwanges (§ 74) siehe Nr. 5. 2. Prozeßkosten (§§ 87 fg.) : a) Einschränkung der Pflicht zur Erstattung der Anwaltskosten im amtsgerichtlichen Verfahren (§ 87 Abs. 2). b) Festsetzung des sofort zu ermittelnden Betrages der zu erstattenden Kosten im amtsgerichtlichen Urtheil (vgl. § 49 Nr. 4 des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte vom 29. Juli 1890, R.G.B1. S. 141). c) Anhörung des Gegners als nothwendiger Bestandtheil des Kostenfestsetzungsverfahrens (SS 98, 99). d) Zwangsvollstreckung auf Grund des Kostenfestsetzungsbeschlusses ohne Vollstreckungsklausel, abgesehen von dem Fall einer Rechtsnachfolge (S 702 Nr. 3, SS 702,662,665). 3. Mündliche Verhandlung (SS 119 fg.): Erörterung der Frage, ob es angängig erscheint, die Berücksichtigung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme oder eines vorbereitenden Verfahrens, sowie des erstinstanzlichen Prozeßstoffs in der Berufungsinstanz auch ohne Partei-Vortrag zu gestatten. 4. Zustellungen und Ladungen (§§ 152 fg.): a) Anordnung und Ueberwachung der Zustellungen durch das Gericht von Amtswegen, wobei näher zu prüfen sein wird : aa) ob bezüglich der Urtheile und verkündeten Beschlüsse eine Ausnahme zu machen wäre, entweder in der Weise, daß hier die Zustellung nur auf Parteiantrag zu erfolgen hätte, oder dahin, daß sie auf Parteiantrag auszusetzen sein würde; bb) inwieweit neben der gerichtlichen Zustellung die Zustellung von Anwalt zu Anwalt beizubehalten wäre. b) Abänderung der die Zustellung an den Bevollmächtigten betreffenden Vorschriften ( S S 162—164) dahin, daß ihre Nichtbeachtung die Wirksamkeit der Zustellung nicht beeinträchtigt. c) Ausführung der Zustellungen auf Betreiben des Gerichtsschreibers durch die Post oder durch Gerichtsdiener. d) Vereinfachung des Zustellungsaktes und der Zustellungsurkunde, etwa nach dem Vorbilde der SS 31, 32 des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890. Näherer Prüfung bleibt vorbehalten, ob in die Zustellungsurkunde die Unterschrift des Empfängers aufzunehmen ist, und ob der Kreis der Ersatzzustellungen verringert werden kann. e) Wahrung der Fristen durch die Einreichung des zuzustellenden Schriftsatzes bei Gericht (vgl. C.P.O. § 190, Gewerbegerichts-Gesetz $ 30 Abs. 4). f) Anberaumung der Verhandlungstermine und Ladung zu den Terminen von Amtswegen, vorbehaltlich der Aussetzung auf Parteiantrag.
Diese Zusammenstellung ist in Verhandlungen zwischen dem Reichsjustizamt und dem preußischen Justizministerium in kommissarischen Verhandlungen abgesprochen worden. Die Quellen hierzu sind aus Platzgründen weggelassen worden.
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Wegen Verhütung verspäteter Anträge auf Aufhebung oder Verlegung von Terminen (§ 205) siehe Nr. 21. 5. Verfahrung vor den Landgerichten in erster Instanz (§§ 230 fg.) : Vorverfahren in einem auf die Klage mit kurzer Frist anzuberaumenden, zur Erledigung des Rechtsstreits für den Fall des Vergleichs, Anerkenntnisses oder Versäumniß-Urtheils bestimmten Termine, sei es vor einem Einzelrichter, sei es vor dem Kollegium, in letzterem Falle mit der Maßgabe, daß der Beklagte, wenn er nicht kontradiktorisch verhandeln will, vom Anwaltszwange zu befreien wäre. 6. Urtheil($$ 272 fg.) : a) Erörterung der Frage einer Vereinfachung des Thatbestandes, etwa durch Erweiterung der Bezugnahme auf den Inhalt der Akten (§ 284 Abs. 2). b) Verlängerung der Frist für den Antrag auf Berichtigung des Thatbestandes (§291) bis zum Ablauf einer Woche nach der Zustellung des Urtheils. 7. Vorbereitendes Verfahren (§§ 313 fg.) : Ausdehnung des vorbereitenden Verfahrens auf alle nach dem Ermessen des Gerichts hierzu geeigneten Prozesse. 8. Verfahren vor den Amtsgerichten (§§ 456 fg.) : a) Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens unter möglichster Anlehnung an die für das Verfahren vor den Gewerbegerichten in dem Gesetze vom 29. Juli 1890 getroffenen besonderen Bestimmungen (insbesondere an die Vorschriften in § 41 dieses Gesetzes über das Verfahren in den Terminen zur Fortsetzung der Verhandlung, in den §§ 45, 46 über die Anordnung der Eidesleistung und die Folgen der Versäumung des Schwurtermins, sowie im § 56 über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Urtheile). b) Prüfung der Frage einer ausgiebigeren Protokollirung des Inhalts der Verhandlungen (§ 470). 9. Revision (§§ 507 fg.) : Erörterung der Fragen a) einer Beschränkung des Rechtsmittels, sei es durch Erhöhung des in § 508 Abs. 1 bestimmten Betrages auf 2000 M., sei es durch Ausschluß des Rechtsmittels gegen zwei gleichlautende Entscheidungen der beiden Vorinstanzen (im Anschluß an §485 des dem Reichstag am 29. Oktober 1874 vorgelegten Entwurfs), wobei die Ausnahme des § 509 C.P.O. ebenfalls zu machen wäre. b) der Zulassung der Verwerfung oder Zurückweisung des Rechtsmittels ohne mündliche Verhandlung in den nach dem Ermessen des Gerichts hierzu geeigneten Fällen. c) einer Einschränkung der Befugniß des Revisionsgerichts zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, etwa in Anlehnung an die im § 17 der Preußischen Verordnung vom 14. Dezember 1833 (G.S.S. 302) für die Nichtigkeitsbeschwerde aufgestellten Grundsätze, wonach die Zurückverweisung nur erfolgte, wenn im Falle der ausgesprochenen Vernichtung eine neue Ausmittelung nothwendig war. 10. Beschwerde (§§ 530 fg.): Prüfung der Frage einer Beschränkung der weiteren Beschwerde (§ 531 Abs. 2), etwa im Anschluß an die Vorschriften über die Zulässigkeit der Revision. 11. Urkunden- und Wechselprozeß(§§ 555 fg.) : a) Ausdehnung des Urkundenprozesses auf weitere vermögensrechtliche Ansprüche, insbesondere Pfandklagen. b) Abkürzung der Einlassungsfristen. c) Beseitigung der aus der gegenwärtigen Fassung des Gesetzes sich ergebenden 1068
III. CPO-Revisionskommission 1895 Zweifel, insbesondere hinsichtlich der Folgen der Versäumniß des Beklagten und hinsichtlich des Nachweises der zur Begründung von Nebenforderungen (Protestkosten pp.) dienenden Thatsachen im Wechselprozeß. d) Erörterung der Frage, ob neben dem Urkundenprozeß noch ein besonderes schleuniges Verfahren aus öffentlichen Urkunden nach Art des früheren preußischen Mandatsprozesses (vgl. §§ 1 fg. der preußischen Verordnung vom 1. Juni 1833, G.S.S. 37) einzuführen ist. 12. Verfahren in Ehesachen (§§ 568 fg.): Ausdehnung der Zuständigkeit der deutschen Gerichte auf alle Fälle, in denen der Ehemann ein Deutscher ist, aber im Iniaride keinen allgemeinen Gerichtsstand hat. 13. Entmündigung geisteskranker Personen (§§ 593 fg.): a) Befugniß des nach § 594 zuständigen Amtsgerichts, in geeigneten Fällen das Verfahren auf das Amtsgericht des Aufenthaltsortes zu übertragen. b) Erweiterung der Befugnisse des Staatsanwalts (§ 597 Abs. 3) : Benachrichtigung desselben von den anderweit gestellten Entmündigungs-Anträgen und von allen Terminen; Klarstellung der Berechtigung des Staatsanwalts, jeder Verhandlung beizuwohnen, durch eine ausdrückliche Vorschrift. c) Einschränkung der Ausnahmefälle, in denen die persönliche Vernehmung des zu Entmündigenden unterbleiben kann (§ 598 Abs. 3). 14. Mahnverfahren (§§ 628 fg.) : a) Befugniß des Gerichts, die zweiwöchige Widerspruchsfrist (§ 632) f ü r die landgerichtlichen Sachen bis auf eine Woche abzukürzen; Herabsetzung der Widerspruchsfrist für die amtsgerichtlichen Sachen auf eine Woche unter Zulassung einer weiteren Abkürzung durch den Richter bis auf drei Tage. b) Ladung nach Widerspruch im amtsgerichtlichen Verfahren von Amtswegen (§ 636 Abs. 2). c) Beseitigung des Vollstreckungsbefehls (§ 639) mit der Maßgabe, daß die Zwangsvollstreckung auf Grund des nach Ablauf der Widerspruchsfrist mit der Vollstreckungsklausel zu versehenden Zahlungsbefehls zu erfolgen hätte. 15. Zwangsvollstreckung in körperliche Sachen (§§712 fg.) : a) Zeitliche Begrenzung der Geltung des Pfändungspfandrechts. b) Erörterung der Frage, ob die Fortdauer des Pfändungspfandrechts gegen Dritte von der Erhaltung der Pfändungszeichen (§ 712 Abs. 2) abhängig zu machen ist. c) Erweiterung des Kreises der nach § 715 der Pfändung nicht unterworfenen Sachen: Sicherung des zur Führung eines mäßigen Haushalts erforderlichen Mobiliars, Ausschluß des Traurings und des im Sterbehause befindlichen Sarges von der Pfändung. d) P r ü f u n g der Frage, ob es sich im Hinblick auf § 715 Nr. 5 empfiehlt, dem Gerichtsvollzieher im Falle einer Pfändung bei Landwirthen die Hinzuziehung eines Sachverständigen aufzugeben. Nachtrag: 1. Sicherung der Eigenthumsansprüche dritter Personen an gepfändetem Gelde gegenüber der Vorschrift in § 716 Abs. 2. 2. Ausdehnung des § 749 Abs. 3 auf alle im Privatdienste angestellten Personen ohne Rücksicht auf die „Dauer" des Dienstverhältnisses. 3. Ausdehnung des § 749 Abs. 4 auf die Alimentations-Ansprüche der unehelichen Kinder des Schuldners nebst einer entsprechenden Abänderung des Gesetzes, betreffend die Beschlagnahme des Arbeits- und Dienstlohnes vom 21. Juni 1869. 1069
Änderungen der Civilprozeßordnung
16. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung von Handlungen (§§ 773 fg.): Erörterung der Frage, ob in dem Urtheil auf Vornahme einer Handlung auf Antrag zugleich die Entschädigungsforderung für den Fall der unterbliebenen Vornahme festzustellen ist (vgl. § 51 des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890.) 17. Offenbarungseid(§§ 780 fg.): a) Beseitigung der durch die Fassung des Gesetzes hervorgerufenen Streitfragen : aa) Notwendigkeit der Anwesenheit des Gläubigers in dem Termine zur Eidesleistung, abgesehen von dem Falle des § 783; bb) Entscheidung über den Widerspruch des Schuldners (§781 Abs. 2) durch Beschluß, gegen welchen die sofortige Beschwerde stattfindet. b) Erörterung der Frage, ob und inwieweit ein den Betheiligten zugängliches Verzeichniß der Personen, welche den Offenbarungseid geleistet haben, einzuführen ist (§ 784). 18. Schiedsrichterliches Verfahren (§§851 fg.): Beschlußverfahren für die Streitigkeiten, welche die Ernennung oder Ablehnung eines Schiedsrichters oder das Erlöschen eines Schiedsvertrages betreffen (§ 871). II. Zum
Gerichtsverfassungsgesetz
19. Zuständigkeit der Amtsgerichte (§ 23) : Prüfung der Frage, ob und mit welchen Maßgaben es angängig erscheint, die amtsgerichtliche Zuständigkeit, etwa durch Erhöhung der Werthsgrenze auf den Betrag von 500 M., zu erweitern. III. Zum
Gerichtskostengesetz
20. Zustellungskosten (§§ 40, 80b): Neuregelung der Zustellungskosten unter Wegfall der zur Zeit bestehenden Unterscheidung zwischen Zustellungen von Amtswegen und sonstigen Zustellungen. Möglichst niedrige Bemessung der Gebührensätze, jedoch unter Vermeidung jeder Mehrbelastung der Staatskassen. Dabei wird insbesondere einerseits die Frage einer Entlastung der Streitgegenstände von geringerem Werthe zu erwägen, andererseits zu prüfen sein, ob und inwieweit für einzelne Gattungen von Zustellungen, ζ. B. für die Ladung von Zeugen und Sachverständigen oder für gewisse prozeßleitende Verfügungen, die Kostenfreiheit zu gewähren ist. 21. Gebühr für aufgehobene oder nicht wahrgenommene Verhandlungstermine (§ 48) : Erhebung einer besonderen, im Falle der Schuldlosigkeit der Parteien vom Gericht niederzuschlagenden Gebühr für jeden Verhandlungstermin, welcher auf übereinstimmenden Antrag der Parteien aufgehoben oder verlegt, oder von beiden Parteien versäumt worden ist, ohne daß der Antrag oder eine Anzeige von der Versäumung bis zum Beginn einer kurzen, noch näher zu bestimmenden Frist vor dem Terminstage erfolgt ist. 3. Protokolle über die Verhandlungen (18. 4.—31. 5. 1895) Verzeichniß der Theilnehmer an der Konferenz über die Revision des verfahrens Richter: Dr. Petersen, Reichsgerichtsrath, Dr. Beseler, Präsident des Königlichen Amtsgerichts I zu Berlin 1070
Civilprozeß-
III. CPO-Revisionskommission 1895 Dr. Freiherr Sprecher von Bemegg, Oberlandesgerichtsrath aus Frankfurt a. M. Kirchgessner, Oberlandesgerichtsrath, Vorstand des Königlichen Amtsgerichts zu Würzburg Otto, Geheimer Justizrath und Vortragender Rath im Königlich Sächsischen Justizministerium zu Dresden Pfizer, Oberlandesgerichtsrath in Stuttgart Schember, Oberlandesgerichtsrath in Karlsruhe Rechtsanwälte: Dr. von Wilmowski, Geheimer Justizrath, früher Rechtsanwalt beim Königlichen Kammergericht zu Berlin Bloetn, Justizrath, Rechtsanwalt beim Königlichen Landgericht zu Düsseldorf Kleinschroth, Justizrath, Königlicher Advokat und Rechtsanwalt; stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes der Anwaltskammer zu München Dr. Schröder jr., Rechtsanwalt in Hamburg Kommissarien: Vom Reichs-Justizamt: Freiher von Seckendorf, Geheimer Ober-Regierungsrath, Grzywacz, Geheimer Regierungsrath vom Reichs-Postamt: Dr. Dambach, Wirklicher Geheimer Ober-Postrath Henne, Geheimer Ober-Postrath vom Königlich Preußischen Justizministerium: Vierhaus, Geheimer Ober-Justizrath Schröder, Geheimer Justizrath vom Königlich Preußischen Finanzministerium: Heller, Geheimer Ober-Finanzrath Protokollführer: König, Königlich Preußischer Gerichts-Assessor Reihenfolge der Berathungsgegenstände: A. Zustellungen, Ladungen, Termine (Zusammenstellung 4, 21) B. Verfahren vor den Landgerichten und mündliche Verhandlung (Zus. 5, 7, 3, 6, 1) C. Ehesachen und Entmündigungssachen (Zus. 12,13) D. Zwangsvollstreckung (Zus. 15, 16) E. Offenbarungseid (Zus. 17) F. Schiedsrichterliches Verfahren (Zus. 18) G. Verfahren vor den Amtsgerichten (Zus. 8, 2 a, b, 19) H. Kostenfestsetzung (Zus. 2 c, d) I. Sicherheitsleistung (Erleichterung der Rückgabe einer prozessualischen Sicherheit nach Wegfall ihrer Veranlassung) K. Revision und Beschwerde (Zus. 9,10) L. Urkunden- und Wechselprozeß, Mahnverfahren (Zus. 11, 14) M. Zustellungskosten (Zus. 20)
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Änderungen der (Zivilprozeßordnung 1. Sitzung vom 18. 4.
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Z u der heutigen ersten S i t z u n g w a r e n die in der A n l a g e I verzeichneten Theilnehm e r der K o n f e r e n z vollzählig erschienen. D e r H e r r S t a a t s s e k r e t ä r des Reichs-Justizamts e r ö f f n e t e die S i t z u n g mit einer B e g r ü ß u n g der V e r s a m m l u n g und legte s o d a n n den Z w e c k und die A u f g a b e n der K o n f e r e n z dar. D e r s e l b e betonte dabei, daß die Reichs-Justizversammlung durch die Aufstellung des den Berathungen zu G r u n d e z u legenden P r o g r a m m s (Anlage II) z u d e r F r a g e der N o t h w e n d i g k e i t einer V e r b e s s e r u n g des Civilprozeßverfahrens in keiner W e i s e habe Stellung nehmen wollen, und z w a r w e d e r in dem Sinne, daß die R e f o r m b e d ü r f t i g k e i t in den bezeichneten Punkten überall anerkannt, noch in dem Sinne, daß die N o t h w e n d i g k e i t einer A e n d e r u n g bezüglich anderer P u n k t e verneint w e r d e . E s w e r d e d a h e r auch den Theilnehmern der K o n f e r e n z anheimgestellt, andere als die in das P r o g r a m m a u f g e n o m m e n e n G e g e n s t ä n d e z u r B e s p r e c h u n g z u bringen. W a s den G a n g der V e r h a n d l u n g e n betreffe, so solle die in der A n l a g e III bezeichnete R e i h e n f o l g e eingehalten und jede einzelne F r a g e nach einem einleitenden V o r t r a g e des R e f e r e n t e n z u r allgemeinen E r ö r t e r u n g gestellt werden. Zu Nr. 4 a. D e r erste G e g e n s t a n d d e r B e r a t h u n g bildete die N r . 4 a der Z u s a m menstellung, einschließlich der U n t e r f r a g e n a a und bb. Im L a u f e der V e r h a n d l u n g hierüber n a h m H e r r G e h e i m e r Ober-Justizrath V i e r h a u s V e r a n l a s s u n g , z u erklären, daß auch der Preußische H e r r Justizminister sich die Stellungnahme z u den einzelnen F r a g e n des P r o g r a m m s vorbehalte, und daß d a h e r die v o n den K o m m i s s a r i e n des Justizministeriums a b z u g e b e n d e n E r k l ä r u n g e n der Entschließung des H e r r n Ministers nicht v o r g r e i f e n könnten. D a s Ergebniß der E r ö r t e r u n g der N r . 4 a läßt sich dahin z u s a m m e n f a s s e n , daß v o n den elf T h e i l n e h m e r n aus dem Richter- und Anwaltsstande fünf — Petersen, Beseler, O t t o , K i r c h g e s s n e r und von Sprecher — f ü r die E i n f ü h r u n g des Amtsbetriebes der Zustellungen durch das Gericht sich aussprachen, w ä h r e n d die übrigen sechs — von W i l m o w s k i , Kleinschroth, Bloem, S c h r ö d e r , S c h e m b e r und P f i z e r — die Beibehaltung des bisherigen Zustandes befürworteten. Nr. 4 a a a . V o n den erstgenannten f ü n f H e r r e n , welche sich f ü r die E i n f ü h r u n g des Amtsbetriebes erklärten, erkannte die M e h r z a h l — Petersen, O t t o , K i r c h g e s s n e r u n d v o n S p r e c h e r — an, d a ß bezüglich der Urtheile und verkündeten Beschlüsse eine A u s n a h m e z u m a c h e n sei, wobei beide in N r . 4 a a a a n g e g e b e n e n W e g e als gleichmäÜber die Beratungen berichtete der Hamburger Vertreter dem Senator Dr. Hertz (Vorstand der Verwaltungsabteilung für das Justizwesen) am 1.5. 1895 (StA Hamburg): „. . . Die einzelnen Beratungen verliefen, in Folge sehr geschickter Leitung der Verhandlungen und durch sehr eingehende und sachliche Behandlung der Fragen in außerordentlich angenehmer und instructiver Weise und habe ich die Impression, daß der Herr Staatssecretär nicht nur einem Acte der Höflichkeit entsprach, wenn er bei Schluß der Beratungen erklärte, die Commission habe ihm eine Fülle von Anregungen gegeben, die ihm die Ausarbeitung einer Novelle zur Civilprozeßordnung wesentlich erleichtern würde. — Nicht unerwähnt möchte ich lassen, daß sowohl der Herr Staatssecretär, wie auch der Geh. Oberjustizrath Vierhaus im privaten Gespräche und gelegentlich in der Sitzung sich außerordentlich anerkennend über unsere hamburgischen Justizverhältnisse aussprachen, insbesondere über die Art der Prozeßleitung und Führung, über das Verhältnis unserer Richter und Anwälte unter einander und über das Gerichtsvollzieheramt, sowie, daß Herr Reichsgerichtsrath Petersen mehrfach Gelegenheit nahm, die Urteile unserer hamburgischen Gerichte lobend zu erwähnen." 1072
III. CPO-Revisionskommission 1895 ßig gangbar bezeichnet wurden. H e r r von Sprecher meinte, daß noch weitere Ausnahmen im Zwangsvollstreckungsverfahren, namentlich in den Fällen des § 744 C.P.O., sich als nothwendig erweisen würden. Die ausnahmslose Durchführung des Amtsbetriebes wurde nur von Herrn Beseler empfohlen, jedoch unter der Voraussetzung, daß, falls im unmittelbaren Anschluß an die Zustellung eine Thätigkeit des Gerichtsvollziehers erfolgen solle, letzteren die Zustellung übertragen werde. H e r r Pfizer, der im übrigen den Parteibetrieb befürwortete, wollte gerade für Urtheile und Beschlüsse ausnahmsweise den Amtsbetrieb eingeführt wissen, vorbehaltlich jedoch der Zulassung abweichender Parteianträge. Nr. 4 a bb . Die Frage, inwieweit neben der gerichtlichen Zustellung die Zustellung von Anwalt zu Anwalt zuzulassen sei, wurde von einem Theil der Herrn — von Wilmowski, Schröder, Kleinschroth, Kirchgessner und Schember — dahin beantwortet, daß diese Zustellungsart neben der gerichtlichen Zustellung ganz allgemein zuzulassen sei, während andere — Petersen, Beseler, Bloem, von Sprecher — dieselbe bezüglich der Urtheile und Beschlüsse ausschließen wollten. Die Herrn Otto und Pfizer vertreten die Ansicht, daß bezüglich der vorbereitenden Schriftsätze eine Zustellung überhaupt nicht erforderlich sei, vielmehr die bloße Mittheilung genüge; bezüglich der Urtheile und Beschlüsse erklärten sie sich gegen die Zulassung der Zustellung von Anwalt zu Anwalt. Zu Nr. 4 b. Bezüglich der Zustellungen an den Prozeßbevollmächtigten wollten die H e r r n von Wilmowski, Beseler, Schröder, Kleinschroth und Kirchgessner unterscheiden zwischen den Fällen, wo die Partei, welcher zugestellt werden soll, durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und den Fällen, wo dieselbe einen sonstigen Prozeßbevollmächtigten bestellt hat; in den ersteren müsse die Zustellung an den Anwalt erfolgen, in den letzteren dagegen sei wahlweise die Zustellung an den Bevollmächtigten oder an die Partei selbst zuzulassen. H e r r Bloem schlug folgende Regelung vor: Für die Urtheile sei die Zustellung an die Partei selbst obligatorisch zu machen, in dem Sinne, daß von der Zustellung an die Partei ab der Lauf der Rechtsmittelfristen beginne; außerdem sei in Anwaltsprozessen noch die vorherige Zustellung der Urtheile an den Anwalt vorzuschreiben. Bezüglich der sonstigen Zustellungen solle es dagegen bei den bisherigen Bestimmungen, wonach dieselben an den Prozeßbevollmächtigten zu erfolgen hätten, verbleiben. Die H e r r n Petersen und Pfizer schlössen sich diesem Vorschlage bezüglich der Urtheile an, waren aber hinsichtlich der sonstigen Zustellungen der Ansicht, daß dieselben auch dann für giltig erklärt werden müßten, wenn sie nur an die Partei selbst erfolgt wären. Die Herrn O t t o und Schember erklärten sich dahin, daß ohne Unterscheidung zwischen Urtheils- und sonstigen Zustellungen, die an die Partei selbst erfolgten Zustellungen als genügend angesehen werden müßten. Für das Zwangsvollstrekkungsverfahren wünschte H e r r O t t o die Bestimmung zu treffen, daß hier die Zustellungen niemals an den Prozeßbevollmächtigten als solchen, sondern nur an die Partei selbst oder an den von derselben f ü r das Vollstreckungsverfahren bestellten Bevollmächtigten zu geschehen hätten. Diesem letzteren Vorschlage stimmte auch H e r r Pfizer bei. H e r r Beseler brachte noch in Anregung den § 164 C.P.O. dahin abzuändern, daß bezüglich der Rechtsmittelschriften die Wahl zwischen der Zustellung an den Bevollmächtigten der höheren oder der niederen Instanz freigegeben werde. Zu Nr. 4 c. war man allseitig darüber einverstanden, daß bei den auf Betreiben des Gerichtsschreibers erfolgenden Zustellungen durch die Post die Mitwirkung des 1073
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Gerichtsvollziehers entbehrt werden könne. Andererseits wurde aber auch allgemein der Ansicht Ausdruck gegeben, daß die in Nr. 4 c bezeichneten Zustellungsarten nicht ausschließlich zur Anwendung kommen dürften, da es Fälle gebe, wo die Zustellung durch den Gerichtsvollzieher nicht entbehrt werden könne, so namentlich, wenn sich eine Vollstreckungshandlung unmittelbar an die Zustellung anschließen solle. Nur darin weichen die Meinungen von einander ab, ob diese Ausnahmefälle im Gesetz, wenn auch in allgemeiner Fassung zu bezeichnen seien, oder ob man der Partei die Bestimmung überlassen dürfe, wobei dann als Korrektiv gegen einen Mißbrauch die Vorschrift des § 180 C.P.O. diene, wonach die Partei für den Fall, daß die Angehung des Gerichtsvollziehers sachlich nicht gerechtfertigt war, die Mehrkosten zu tragen verpflichtet ist. Die erste Alternative vertrat Herr Beseler, während die übrigen Herrn sich für die zweite erklärten. Außerdem wurden zu Nr. 4 c noch folgende Vorschläge gemacht. Herr Kirchgessner wünschte, daß außer dem Gerichtsdiener auch jeder andere Gerichtsbedienstete und überhaupt jede mit öffentlichem Glauben versehene Person, namentlich Gemeindebeamte, zur Vornahme von Zustellungen für befähigt erklärt werde. Herr Otto schlug vor, für die Fälle, wo der Empfänger der Zustellung an der Amtsstelle angetroffen werde, jeden Gerichtsbeamten zur Vornahme der Zustellung zu ermächtigen. Herr Bloem befürwortete, für den Fall der Beibehaltung des Parteibetriebes der Zustellungen dem Rechtsanwalt die Befugniß einzuräumen, die Post unmittelbar mit der Ausführung der Zustellung zu beauftragen. 7.U Nr. 4 d. Die sämmtlichen Herrn erklärten sich dahin, daß eine Vereinfachung des Zustellungsaktes nach Vorbild der §§ 31, 32 des Gesetzes, betreffend die Gewerbegerichte, vom 29. Juli 1890 erwünscht sei; sie hielten jedoch, mit Ausnahme der Herrn von Wilmowski und Schröder, eine solche nur dann für durchführbar, wenn der Amtsbetrieb der Zustellungen eingeführt werde. Die Frage, ob die Unterschrift des Empfängers in die Zustellungsurkunde aufzunehmen sei, fand eine verschiedene Beantwortung; sie wurde bejaht von den Herrn Petersen, Pfizer, Kleinschroth, von Sprecher und Schröder, denen sich auch der Herr Kommissar des Reichs-Postamts anschloß, jedoch nur unter der Voraussetzung, daß in den Fällen, wo die Unterschrift nicht zu erlangen sei, die Zustellung gleichwohl durchgeführt werde. Verneint wurde die Frage dagegen von den Herrn von Wilmowski, Otto, Schember, Bloem, Beseler und Kirchgessner. Eine Beschränkung des Kreises der Ersatzzustellungen wurde von keiner Seite befürwortet, dagegen allseitig hervorgehoben, daß die Vorschriften über die Ersatzzustellungen einer Abänderung nach der Richtung hin bedürfen, daß die Ersatzzustellung niemals an den Prozeßgegner des Zustellungsempfängers erfolgen dürfe. Herr Kirchgessner empfahl, die in den §§ 166 und 168 C.P.O. vorgeschriebene Reihenfolge für die Ersatzzustellungen freizugeben und den § 167 C.P.O. dahin abzuändern, daß in den Fällen, wo die Zustellung nach den §§ 166 und 168 nicht ausführbar sei, dieselbe an den zum Empfange von Zustellungen bestellten Gemeindebeamten oder -bediensteten erfolgen solle, welcher zu verpflichten sei, nach Möglichkeit für die baldigste Zustellung an den Adressaten zu sorgen, das zuzustellende Schriftstück bis dahin aufzubewahren und durch Anschlag an die Gemeindetafel von der Zustellung Kenntniß zu geben. Eine Erweiterung des Kreises der Ersatzzustellungen brachte Herr Otto in Anregung, indem er vorschlug, für die Zustellung an Gefangene zu bestimmen, daß die Zustellung an den Vorstand der Anstalt erfolgen dürfe, wenn sie an den Gefangenen 1074
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persönlich im Interesse der Disziplin oder aus anderen Gründen nicht geschehen könne. 2. Sitzung vom 19. 4. 1895 Zu Nr. 4 e. herrschte darüber Einverständniß, daß bei Einführung des Amtsbetriebes der Zustellungen Vorsorge getroffen werden müsse, um die Partei gegen die Folgen verspäteter Zustellung zu schützen. Die überwiegende Mehrzahl der Herrn empfahl zu diesem Zwecke, die Wirkungen der Zustellung für den Fall, daß die Zustellung demnächst erfolge, auf den Zeitpunkt der Einreichung des zuzustellenden Schriftstückes zurückzubeziehen. Nur die Herrn Otto und Pfizer wollten weitergehen und die Wirkungen der Zustellung mit der Einreichung des Schriftstückes endgiltig eintreten lassen. Bezüglich der Frage, welche Wirkungen der Zustellung auf die Einreichung zurückbezogen werden sollten, gingen die Ansichten auseinander. Die einen — von Wilmowski, Bloem, Kleinschroth — wollten die Zurückbeziehung nur hinsichtlich der Wahrung der Prozeßfristen zulassen; andere — von Sprecher und eventuell auch von Wilmowski — auch hinsichtlich der Unterbrechung der Verjährung und anderer Fristen; noch andere — Beseler, Schember, Otto, Petersen — auch noch hinsichtlich der im § 235 C.P.O. aufgeführten Wirkungen der Rechtshängigkeit, wobei jedoch vorbehalten wurde, zu prüfen, ob dies bezüglich aller oder nur bezüglich einzelner derselben der Fall sein solle. In diesem weitesten Umfange wollten auch die Herrn Otto und Pfizer den endgiltigen Eintritt der Wirkungen der Zustellung mit der Einreichung des Schriftstücks stattfinden lassen. Für den Fall der Beibehaltung des Parteibetriebes der Zustellungen hielt man die Möglichkeit der Zurückbeziehung ebenfalls für gegeben, jedoch unter der Voraussetzung, daß für die Ausführung der Zustellung eine von der Einreichung des Schriftstücks ab laufende Frist festgesetzt werde. Gegen die Zweckmäßigkeit der Zurückbeziehung auch in diesem Falle wurden jedoch mehrfach Bedenken geäußert, namentlich von den Herrn von Sprecher, Beseler und Schember. Herr Otto wünschte, daß eine bestimmte Tagesstunde festgesetzt würde, bis zu welcher die Einreichung der zuzustellenden Schriftsätze spätestens zu erfolgen habe. Zu Nr. 4 f . Für die Anberaumung der Verhandlungstermine und die Ladung zu den Terminen von Amtswegen, jedoch unter Beschränkung auf die amtsgerichtlichen Prozesse, erklärten sich die Herrn von Wilmowski, Beseler, Petersen, Otto, Pfizer und Schröder. Bezüglich der Anwaltsprozesse befürwortete nur Herr Petersen eine Aenderung und nur insofern, daß die Ladung zu den anberaumten Terminen von Amtswegen solle erfolgen können, während die Terminsbestimmung bisher nur auf Antrag der Partei stattfinden dürfe. Gegen jede Aenderung erklärten sich die Herrn Kleinschroth, Schember und Bloem, die beiden letzteren, weil sie ein Bedürfniß dazu nicht anerkennen könnten. Die Herrn Otto, Schröder, Beseler, von Wilmowski und Petersen wünschten die Aufnahme einer Bestimmung, daß in denjenigen Fällen, wo die Anordnung einer mündlichen Verhandlung in das Ermessen des Gerichts gestellt sei, die Ladung stets von Amtswegen erfolgen könne. Zu Nr. 21. Daß durch die große Anzahl nutzlos anberaumter Termine Mißstände hervorgerufen würden, deren Beseitigung erwünscht sei, wurde allseits anerkannt, das in Nr. 21 bezeichnete Mittel zur Abhilfe aber von der großen Mehrzahl der Herrn als wirkungslos bezeichnet. Dafür wurden von den Herrn Otto, Petersen und Beseler folgende Maßnahmen vorgeschlagen : 1075
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1. auch im Falle des übereinstimmenden Antrages der Parteien auf Vertagung die Angabe und Glaubhaftmachung sachlicher Gründe zu verlangen und eventuell eine besondere Gebühr zu erheben; 2. die Vereinbarung des Ruhens des Prozesses nur einmal für jede Instanz zu gestatten unter Androhung des Rechtsnachtheils, daß bei Versäumung des später anberaumten Verhandlungstermins die Klage als zurückgenommen gelte; 3. die Vorschrift des § 48 des Gerichts-Kostengesetzes auf den Fall der Terminsverlegung auszudehnen. Herr von Wilmowski erklärte sich gegen die Beschränkung des Ruhenlassens des Prozesses, war aber im übrigen mit den vorstehenden Vorschlägen einverstanden und wollte die Erhebung einer Gebühr nach § 48 Ger.-Kost.-Ges. insbesondere auch dann eintreten lassen, wenn eine Partei mehr als einmal die Vertagung mit der Begründung beantrage, daß sie sich auf die Behauptungen des Gegners nicht erklären könne, oder daß Vergleichsverhandlungen schwebten. Herr Kirchgessner schlug vor, den § 48 des Ger.-Kost.-Ges. dahin zu fassen, daß derjenige, welcher die Verlängerung einer Frist, die Verlegung eines Termins, Vertagung einer Verhandlung, Anberaumung eines Termins zur Fortsetzung einer Verhandlung, den Fortbetrieb des Rechtsstreits nach den Fällen der §§ 202 Abs. 1, 205 Abs. 1, 228 C.P.O. beantrage, die dadurch veranlaßten Kosten und eine Gebühr nach §§ 8 bezw. 18 des Ger.-Kost.-Ges. vorzuschießen habe, zu deren Erstellung der Gegner nur zu verurtheilen sei, wenn einerseits dem Antragsteller (Partei oder Vertreter) kein Verschulden treffe und andererseits den Gegner ein solches treffe oder derselbe zur Tragung aller Streitkosten verurtheilt werde. Die Herrn von Sprecher und Schember äußerten ihre Ansicht dahin, daß auch die in Nr. 21 der Zusammenstellung angedeutete Regelung von Nutzen sein könne, erklärten sich aber auch mit dem Vorschlage des Herrn Otto einverstanden, obgleich derselbe nicht unbedenklich sei. Herr Schröder glaubt, daß dem Mißstande am ehesten ohne Aenderung des Gesetzes dadurch abgeholfen werden könne, daß die Anwälte von der Association und der Substitution zur Terminswahrnehmung häufigeren Gebrauch machten. Eventuell gab er anheim, die Auferlegung der Gebühr des § 48 Ger.-Kost.-Ges. für den Fall des Verschuldens der Partei oder ihres Vertreters obligatorisch zu machen und dieselbe auch in den Fällen der Terminsverlegung zuzulassen. Herr Bloem erklärte sich gegen die sämmtlichen gemachten Vorschläge und wollte dem Gericht nur die Befugniß geben, die Sache für ruhend zu erklären. Die Möglichkeit einer Besserung erblickte er nur in der Aenderung des Systems der Terminsbestimmungen. Herr Pfizer verwarf ebenfalls die sämmtlichen Vorschläge und empfahl seinerseits, die Anberaumung der mündlichen Verhandlung, wenigstens in der Berufungsinstanz, bis zum Abschluß des Schriftwechsels der Parteien auszusetzen. 3. Sitzung vom 21. 4. 1895 Zu Nr. 5. Die Nützlichkeit eines Vorverfahrens wurde von allen Herrn, mit Ausnahme der Herrn Beseler, Kleinschroth und Pfizer, anerkannt; über die Ausgestaltung desselben gingen aber die Ansichten auseinander. Was zunächst die Zweckbestimmung des auf die Klage mit kurzer Frist anzuberaumenden ersten Termines anbelangt, so waren die Herrn Petersen, von Wilmowski und Bloem der Ansicht, daß in demselben bei Einverständniß der Parteien auch eine kontradiktorische Sachverhandlung zugelassen werden solle, während die Herrn 1076
III. CPO-Revisionskommission 1895 Schröder, Schember, Kircbgessner, von Sprecher und Otto für die Beschränkung auf die nichtkontradiktorische Erledigung der Sachen, durch Versäumniß oder Anerkenntnißurtheil, und die Abschließung von Vergleichen eintraten. Herr Otto gab jedoch zur Erwägung anheim, ob nicht auch die Auferlegung eines kompromissarischen Eides und die Urheberbenennung zugelassen werden könne. Bezüglich der Frage, ob der Vortermin vor dem Kollegium oder einem Einzelrichter stattfinden solle, entschieden sich diejenigen Herrn, welche die kontradiktorische Sachverhandlung in demselben zulassen wollten, sowie Herr Schember, für die Abhaltung vor dem Kollegium, die übrigen Herrn dagegen für die Abhaltung durch einen Einzelrichter und zwar die Herrn Otto, von Sprecher und Schröder durch ein Mitglied des Kollegiums, Herr Otto speziell durch die Vorsitzenden desselben. Herr Kircbgessner wollte das Vorverfahren den Amtsgerichten übertragen, und zwar mit Maßgabe, daß dieselben auch die Entscheidung über die Zulässigkeit des Einspruchs gegen ein Versäumnißurtheil zu treffen und bejahenden Falls die Sache, ähnlich wie dies in den §§ 466, 467 C.P.O. für den Fall der sachlichen Unzuständigkeit des Amtsgerichts vorgeschrieben sei, an das Landgericht zu verweisen hätten. Herr Bloem schlug vor, daß auf die Klage gleich zwei Termine anberaumt würden, von denen der erste zu den oben angeführten Zwecken und zum Nachweise der Anwaltsbestellung, der zweite zu kontradiktorischen Verhandlung für den Fall, daß die Sache im ersten Termine ihre Erledigung nicht finde, bestimmt sei. Derselbe Herr brachte weiter in Anregung, das Mahnverfahren, unter Abkürzung der Widerspruchsfrist, obligatorisch zu machen, fand aber mit diesem Vorschlag keine Unterstützung. Die Herrn von Wilmowskiund Schroderwünschten, daß das Vorverfahren nur als ein für den Kläger fakultatives eingeführt werde. Dem Vorschlage, für die nichtkontradiktorische Verhandlung im Vortermine den Beklagten vom Anwaltszwange zu befreien, wurde nur von Herrn Bloem widersprochen. Die Herrn Beseler, Otto und Kleinschroth wünschten, daß der Beklagte in allen Fällen, wo er ein Anerkenntniß erklären wolle, vom Anwaltszwange befreit werde, und zwar auch dann, wenn das Vorverfahren nicht eingeführt werde. Zu Nr. 7. Eine Ausdehnung des vorbereitenden Verfahrens wurde von keiner Seite empfohlen. Herr Otto schlug vor, den beauftragten Richter im vorbereitenden Verfahren zur Vernehmung von Sachverständigen zu ermächtigen. Herr von Wilmowski erklärte sich gegen diesen Vorschlag, während Herr Bloem die Vernehmung nur auf übereinstimmenden Antrag der Parteien zulassen wollte. Herr Petersen regte die Frage an, ob nicht in den Fällen, wo sich in der Berufungsinstanz die Nothwendigkeit der Einleitung eines vorbereitenden Verfahrens herausstelle, die Zurückweisung in die erste Instanz zugelassen werden solle. Herr Schember sprach sich gegen diesen Vorschlag aus. Herr Schröder brachte in Anregung, das vorbereitende Verfahren gemäß den §§313 fg. C.P.O. auch in amtsgerichtlichen Sachen zuzulassen. Vorschlag von Wilmowski zu § 316 Abs. 2 C.P.O.: Herr von Wilmowski schlug vor, durch einen Zuschlag zu § 316 Abs. 2 C.P.O. Vorsorge zu treffen, daß derjenigen Partei, welche im vorbereitenden Verfahren nach Versäumung eines Termins in dem darauf anberaumten neuen Termine nicht erscheine, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den für die Versäumung von Nothfristen in § 211 C.P.O. bestimmten Voraussetzungen gestattet werde. Dieser Antrag wurde befürwortet von den Herrn Schember, Kleinschroth, Petersen und Pfizer, ein Widerspruch gegen denselben von keiner Seite erhoben. 1077
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Zu Nr. 3. befürworteten die Herrn Bloem, von Wilmowski und Petersen eine Aenderung dahin, daß die Berücksichtigung des Ergebnisses einer Beweisaufnahme oder eines vorbereitenden Verfahrens, sowie des Inhalts von Urkunden, welche beiden Parteien bekannt sind, auch ohne mündlichen Vertrag gestattet werde, wenn die Parteien sich darauf bezögen. Die Herrn von Sprecher und Otto wollten in gleicher Weise auch die Bezugnahme auf den erstinstanzlichen Prozeßstoff zulassen. Gegen eine Aenderung des bestehenden Rechts erklärten sich die Herrn von Wilmowski, Beseler, Schröder, Pfizer, Kirchgessner, Kleinschroth und Schember. Zu Nr. 6. Eine Vereinfachung des Thatbestandes im Sinne der Nr. 6 a wurde von keiner Seite befürwortet. Zu Nr. 6 b war man allseits darüber einverstanden, daß die anderweite Bestimmung der Frist für den Antrag auf Berichtigung des Thatbestandes erwünscht sei. Hierfür wurden folgende Vorschläge gemacht. Herr Beseler, dem sich Herr Otto anschloß, wollte die Frist bestimmen für den Fall, daß die Zustellung des Unheils im Parteibetriebe erfolge: auf eine Woche seit Aushang des Urtheilsverzeichnisses oder, wenn die Partei in der mündlichen Verhandlung die Ertheilung einer Urtheilsausfertigung beantragt habe, seit Absendung der Ausfertigung an die Partei, für den Fall der Zustellung des Unheils im Amtsbetriebe : auf eine Woche seit Zustellung des Unheils. Die Herrn Bloem und Kirchgessner wollten die Frist, ohne Unterscheidung zwischen der Zustellung im Amts- oder Parteibetrieb, auf eine Woche seit Zustellung des Urtheils bemessen, jedoch zugleich eine vom Aushang des Urtheilsverzeichnisses ab laufende Maximalfrist festsetzen (die Herr Bloem auf einen Monat angab), innerhalb deren der Berichtigungsantrag spätestens gestellt werden müsse. Herr von Sprecher empfahl eine Frist von zwei Wochen seit dem Aushang des Urtheilsverzeichnisses. Die Herrn Kleinschroth und Pfizer befürworteten die in Nr. 6 b vorgeschlagene Frist von einer Woche seit Zustellung des Urtheils ; Herr Kleinschroth eventuell auch den Vorschlag des Herrn Bloem. Herr Schröder schloß sich dem Vorschlage des Herrn Beseler an, jedoch mit der Maßgabe, daß die Frist auch dann von der Mittheilung der Urtheilsausfertigung ab gerechnet werde, wenn die Ausfertigung nicht im Verhandlungstermine beantragt sei. Zu Nr. 1. Die Prüfung der Vollmacht von Amtswegen auch im Anwaltsprozeß wurde von allen Herrn, mit Ausnahme der Herrn Pfizer, Bloem und Kleinschroth, welche das Bedürfniß zu einer Aenderung nicht anerkannten, befürwortet. (gez. Koening) 4. Sitzung vom 22. 4. 1895 Vorschläge Petersen, Nr. 2 Punkt 2, und Beseler, Nr. 3 Den ersten Gegenstand der heutigen Verhandlung bildeten die eine erweiterte Zulassung der Klageänderung betreffenden Vorschläge der Herrn Petersen, Nr. 2 Punkt 2, und Beseler, Nr. 3. Die Tendenz dieser Vorschläge wurde fast ausnahmslos gebilligt, und die Beibehaltung des bisherigen Rechts nur von Herrn von Wilmowski und, bezüglich der ersten Instanz, auch von Herrn von Sprecher empfohlen. Diejenigen Herrn, welche die erweiterte Zulassung der Klageänderung befürworteten, waren übereinstimmend der Ansicht, daß für die erste Instanz die Aenderung dahin zu treffen sei, daß auch bei einem Widerspruch des Beklagten die Aenderung der Klage dann zugelassen werden 1078
III. CPO-Revisionskommission 1895 könne, wenn durch die Zulassung nach dem Ermessen des Gerichts eine wesentliche Erschwerung der Vertheidigung des Beklagten nicht herbeigeführt werde. Bezüglich der Regelung für die Berufungsinstanz waren die Meinungen verschieden; die Mehrzahl der Herrn — Schember, Beseler, Schröder, Pfizer und Bloem, denen sich auch Herr von Sprecher anschloß, wollte hier die Klageänderung nur bei Einverständniß beider Parteien, in diesem Falle aber ohne weitere Voraussetzungen gestatten, während die übrigen Herrn — Petersen, Otto, Kirchgessner und Kleinschroth — darüber hinaus, in gleicher Weise wie für die erste Instanz die Aenderung der Klage auch bei Widerspruch des Beklagten zulassen wollten, wenn die Vertheidigung des Beklagten dadurch nicht wesentlich erschwert werde. Eine fernere Meinungsverschiedenheit bestand darüber, ob die Zulassung der Klageänderung nur bis zum Schlüsse der ersten mündlichen Verhandlung, auf welche das Urtheil erlassen wird, gestattet werden solle. Für die erste Alternative erklärten sich die Herrn Beseler und Bloem, während die übrigen Herrn die unbeschränkte Zulassung befürworteten. Herr Kleinschroth hielt es für nothwendig, daß dem widersprechenden Beklagten gegen den Beschluß, durch welchen die Klageänderung zugelassen wird, das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben werde. Dem wurde jedoch seitens der Herrn Petersen, Otto, Beseler und Schröder, welche sich für die Unanfechtbarkeit der Entscheidung erklärten, widersprochen. Herr Schröder gab eventuell anheim, die Anfechtung der Entscheidung nur gemäß § 473 C.P.O., zugleich mit dem Urtheil in der Sache selbst, zu gestatten. Die Herrn Kleinschroth und Kirchgessner schlugen vor, die Zulassung der Klageänderung bei Vorhandensein der bestimmten Voraussetzungen für das Gericht obligatorisch zu machen, während die übrigen Herrn das Ermessen des Gerichts entscheiden lassen wollten. Herr Bloem wünschte, daß der Zeitpunkt, mit welchem die Rechtshängigkeit der geänderten Klage eintrete, im Gesetze bestimmt werde. Punkt 1 des Vorschlags Petersen, Nr. 2 Für die vorgeschlagene Ausdehnung der Bestimmung in § 465 Abs. 3 C.P.O. auf das Verfahren vor den Landgerichten erklärten sich folgende Herrn: Beseler, Otto, Pfizer, von Wilmowski, Schember, Schröder, Kirchgessner und von Sprecher; dagegen : die Herrn Bloem und Kleinschroth [vgl. S. 1097], Herr Otto wünschte, daß der Zahl der prozeßhindernden Einreden im § 247 C.P.O. die Einreden der rechtskräftig entschiedenen Sache, der mangelnden Parteifähigkeit und des Schiedsvertrages hinzugefügt würden. Die Herrn Schember und von Wilmowski sprachen sich gegen diese Erweiterung aus. Herr Pfizer schlug vor, für den Fall der Ausdehnung der Bestimmung des § 465 Abs. 3 auf das Verfahren vor den Landgerichten die Vorschrift des § 247 Abs. 1 C.P.O., wonach die prozeßhindernden Einreden gleichzeitig und vor Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache vorzubringen sind, dahin zu ändern, daß nur dann, wenn das Gericht die abgesonderte Verhandlung über prozeßhindernde Einreden angeordnet habe, alle derartigen Einreden gleichzeitig erhoben werden müßten. Herr Petersen erklärte sich gegen diesen Vorschlag. Herr von Sprecher gab zur Erwägung anheim, ob es nicht für den Fall der Ausdehnung des § 465 Abs. 3 C.P.O. angezeigt sein werde, die Bezeichnung „prozeßhindernde" Einreden aufzugeben. Vorschlag von Wilmowski, betreffend die Aenderung der Vorschriften in den §§356 und357 C.P.O. über das Verfahren bei der Beeidigung der Zeugen. 1079
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In Betreff des Vorschlages, an Stelle des Voreides den Nacheid einzuführen, erklärten sich die Herrn Pfizer, Schember, Bloem und Petersen dahin, daß sie den Vorzug des Nacheides nicht anzuerkennen vermöchten. Im übrigen war man übereinstimmend der Ansicht, daß der Einführung des Nacheides grundsätzliche Bedenken nicht entgegenständen. Im Anschluß hieran brachte Herr Geheimrath Vierhaus die Zweifel zur Sprache, welche in der Preußischen Praxis hinsichtlich der im §375 Abs. 2 C.P. O. gedachten allgemein beeidigten Sachverständigen sich nach der Richtung hin erhoben hätten, ob für die Beeidigung derselben besondere landesgesetzliche Bestimmungen vorausgesetzt würden oder in der Civilprozeßordnung selbst eine dispositive Regelung getroffen sei, sowie darüber, ob die allgemeine Beeidigung derselben durch ein Gericht nur für den Bezirk dieses Gerichts oder darüber hinaus für alle Gerichte Geltung habe. Der Preußischen Justizverwaltung sei es erwünscht zu hören, welche Auffassung bezüglich dieser Fragen in den anderen Bundesstaaten bestehe. Die Herrn Kirchgessner und Kleinschroth erklärten hierauf, daß in Bayern, soviel ihnen bekannt, besondere landesgesetzliche Bestimmungen nicht beständen. Es gebe dort allgemein beeidete Sachverständige, welche in Register eingetragen seien, die bei den Amtsgerichten geführt würden. Die Beeidigung gelte nur für den Bezirk des Gerichts, welches dieselbe vorgenommen habe. Herr Otto gab an, daß in Sachsen ebenfalls besondere landesgesetzliche Bestimmungen nicht vorhanden seien. Die Bestellung und Beeidigung der Sachverständigen erfolge regelmäßig durch die Gerichte nur für ihren Bezirk. Es werde aber die Justizverwaltung für befugt erachtet, Sachverständige für das ganze Land zu bestellen, deren Beeidigung dann einem bestimmten Gerichte aufgetragen werde. Bezüglich Württembergs gab Herr Pfizer die Auskunft, daß dort besondere landesgesetzliche Bestimmungen gleichfalls nicht beständen. Wenn Sachverständige von einem Gerichte allgemein beeidigt würden, so werde angenommen, daß die Beeidigung nur für den Bezirk des betreffenden Gerichts gelte. Herr Schember äußerte sich für Baden dahin, daß auch dort, wie in Sachsen, durch die Landesjustizverwaltung Sachverständige für das ganze Land bestellt und durch ein beauftragtes Gericht beeidigt würden. Besondere landesgesetzliche Bestimmungen hierüber gebe es nicht. Herr Schröder erklärte, in Hamburg gebe es, abgesehen von Beamten, denen die Gerichte die Berufung auf den von ihnen geleisteten Diensteid nachließen, Kategorien von beeidigten Personen, denen ebenfalls, wenn sie als Sachverständige vernommen würden, kein spezieller Sachverständigeneid abgenommen, sondern die Berufung auf den generell geleisteten Eid gestattet werde. Hierin gehörten insbesondere die Sachverständigen der Gewerbekammern. Zu Nr. 12 der Zusammenstellung Die Ausdehnung der Zuständigkeit der Deutschen Gerichte auf die in Nr. 12 bezeichneten Fälle wurde allseitig befürwortet. Herr Pfizer wollte jedoch die Ausdehnung beschränkt wissen auf solche Ehen, die im Inlande oder vor einem Deutschen Konsul geschlossen seien. Herr von Wilmowski brachte in Anregung, den Gerichtsstand des § 568 Abs. 2 C.P.O. auch für die Klagen des von seiner Ehefrau verlassenen Ehemannes zuzulassen. Zu Nr. 13 der Zusammenstellung und Punkt 4 des Vorschlags Beseler, Nr. 5 13 a. Der Vorschlag in Nr. 13 a des Programms wurde von allen Herrn, mit 1080
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Ausnahme des Herrn Pfizer, befürwortet; von Herrn Schröder jedoch nur unter der Voraussetzung, daß den Parteien ein Beschwerderecht eingeräumt werde. Herr Kircbgessner empfahl, der Staatsanwaltschaft gegen die Uebertragung des Verfahrens auf das Gericht des Aufenthaltsortes das Beschwerderecht zu geben. Für den Fall, daß das angegangene Gericht die Uebernahme des Verfahrens verweigere, wollten die Herrn Otto und Schember die Entscheidung stets dem Reichsgericht übertragen, während die Herrn Beseler und Petersen sich für die Entscheidung durch das im Instanzzuge zunächst höhere Gericht erklärten. Nr. 13 b. Die Erweiterung der Befugnisse des Staatsanwalts nach der Richtung, daß die Benachrichtigung desselben von den anderweit gestellten Entmündigungsanträgen und von allen Terminen vorgeschrieben werde, wurde allseits empfohlen. Die Mehrzahl der Herrn befürwortete auch das Recht des Staatsanwalts auf Beiwohnung bei allen Verhandlungen; gegen die Einräumung dieses Rechts erklärten sich jedoch die Herrn Beseler, Pfizer und Kleinschroth. Herr von 5/>recÄerwünschte, daß dem Staatsanwalt auch die Befugniß eingeräumt werde, vor Stellung seines Entmündigungsantrages diejenigen Vorerhebungen anzustellen, welche er zum Zwecke der Aufklärung für erforderlich erachte. Nr. 13 c. Eine Einschränkung der Ausnahmefälle des § 598 Abs. 3 C.P.O., in denen die persönliche Vernehmung des zu Entmündigenden unterbleiben kann, wurde von allen Herrn, mit Ausnahme des Herrn von Sprecher, als wünschenswerth bezeichnet und insbesondere die Ausscheidung des Falles, daß das Gericht die Vernehmung als für die zu treffende Entscheidung unerheblich machte, befürwortet. Zumeist wurde durch eine einschränkende Fassung der beiden übrigen Ausnahmefälle empfohlen und hierfür namentlich folgende Vorschläge gemacht: die Abstandnahme von der persönlichen Vernehmung des zu Entmündigenden nur dann zuzulassen, wenn die Vernehmung „unausführbar" (Petersen, Bloem, von Wilmowski, Kleinschroth), bezw. „nach Ueberzeugung des Gerichts unmöglich" sei (Kircbgessner), sowie dann, wenn dieselbe vom Nachtheil (bezw. erheblichem Nachtheil : von Wilmowski und Petersen), für den Gesundheitszustand des zu Entmündigenden sei und dies durch ärztliches Attest (Bloem und von Wilmowski), bezw. durch motivirtes ärztliches Gutachten (Pfizer) oder durch Gutachten eines beamteten Arztes (Kleinschroth), nachgewiesen werde. Dem Vorschlag (Nr. 5. Punkt 4) des Herrn Beseler, daß dem Gerichte die Befugniß eingeräumt werde, den zu Entmündigenden, für den Fall des Nichterscheinens im Vernehmungstermine, zur Bewirkung der Vernehmung auf kurze Zeit in eine Heilanstalt bringen zu lassen, stimmten folgende Herren zu : Pfizer, Schröder, Schember, Petersen, Bloem, von Sprecherund Otto. Letzterer gab jedoch zur Erwägung anheim, ob die Vermittelung der Verwaltungsbehörde für die Unterbringung in die Heilanstalt nicht entbehrt werden könne. Gegen den Vorschlag erklärten sich die Herrn Kircbgessner, Kleinschroth und von Wilmowski; Herr Kleinschroth mit dem Bemerken, daß die Unterbringung in die Heilanstalt jedenfalls nicht ohne Anhörung und gegen den Widerspruch der Interessenten angeordnet werden dürfe. Weitere Vorschläge zu Aenderungen wurden in Beziehung auf folgende Punkte gemacht. Herr Otto wünschte, daß für die Wiederaufhebung der Entmündigung dasjenige Amtsgericht für ausschließlich zuständig erklärt werde, welches den Beschluß über die Entmündigung gefaßt habe (§ 617 Abs. 1 C.P.O.). Herr Schember stellte zur Erwägung, ob es sich nicht empfehle, gesetzliche Vorsorge zu treffen, daß die Unterbringung nicht entmündigter Personen in Heilanstalten mit gerichtlichen Garantien umgeben werde.
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Herr Kirchgessner empfahl, die Zustellung des Beschlusses über die Entmündigung auch an den Entmündigten vorzuschreiben. Die Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten, namentlich durch Einbeziehung der Verschwägerten, befürworteten die Herrn Petersen und Bloem während die Herrn Kirchgessner und von Wilmowski sich dagegen aussprechen. Im übrigen waren sämmtliche Herrn übereinstimmend der Ansicht, daß die Regelung des Entmündigungsverfahrens, wie sie durch die Civilprozeßordnung gegeben sei, sich durchaus bewährt habe, und zu einer grundlegenden Aenderung keinerlei Veranlassung vorliege. 5. Sitzung vom 23. 4. 1895 Zu Nr. 15 a. Die zeitliche Begrenzung der Geltung des Pfändungspfandrechts wurde von sämmtlichen Herrn, mit Ausnahme des Herrn von Wilmowski, befürwortet, von den Herrn Bloem und Petersen jedoch mit dem Bemerken, daß sie in erster Linie die gänzliche Beseitigung des Pfändungspfandrechts wünschten. Von der Mehrzahl der Herrn — Otto, Petersen, Beseler, Schember, Bloem und Kleinschrotb — wurde die Regelung dahin vorgeschlagen, daß eine Frist von sechs Monaten (Bloem, Petersen, Schember, Beseler) oder von einem Jahre (Otto, Kleinschrotb und eventuell auch von Wilmowski) mit der Maßgabe bestimmt werde, daß mit Ablauf derselben das Pfandrecht von selbst erlösche. Herr Kleinschrotb gab eventuell anheim, als Folge des Fristablaufs nur ein Zurücktreten hinter die später entstandenen Pfandrechte eintreten zu lassen. Von den übrigen Herrn wurden folgende Vorschläge gemacht: Herr Kirchgessner empfahl, das Pfandrecht regelmäßig mit Ablauf eines Jahres erlöschen zu lassen, den Parteien aber zu gestatten, durch zu beurkundende Erklärung von dem die Vollstreckungsakten besitzenden Gerichtsvollzieher die Fortdauer desselben bis auf ein weiteres Jahr zu vereinbaren. Herr Schröder schlug vor, die Bestimmung dahin zu treffen, daß den nachpfändenden Gläubigern und auch den sonstigen dinglich Berechtigten das Recht eingeräumt werde, nach Ablauf einer bestimmten Frist von dem Verpfänder zu verlangen, daß er sein Pfandrecht realisire, widrigenfalls dasselbe erlösche. Die Herrn von Sprecher und Pfizer wollten nur für die Belassung der gepfändeten Sachen im Gewahrsam des Schuldners (§ 712 Abs. 2 C.P.O.) eine Frist bestimmen, und zwar Herr von Sprecher in der Weise, daß mit Ablauf der Frist das Pfandrecht erlösche, wenn nicht der Gläubiger die Ueberführung der Sachen in die Pfandkammer beantrage, Herr Pfizer in der Weise, daß nach Ablauf der Frist die Zwangsvollstreckung Fortgang nehme und der Verlust des Pfandrechts nur dann eintreten solle, wenn der Gläubiger die Durchführung der Zwangsvollstreckung (um den Preis der Wegnahme der Sachen durch den Gerichtsvollzieher) nicht wolle. Von verschiedenen Herrn wurde noch darauf hingewiesen, daß die Fälle des Arrestes und der Widerspruchsklage besonders vorgesehen werden müßten, um eine Beeinträchtigung des Gläubigers zu vermeiden. Zu Nr. 15 b. Die Frage, ob die Fortdauer des Pfändungspfandrechts gegen Dritte von der Erhaltung der Pfändungszeichen abhängig zu machen sei (§712 Abs. 2 C.P.O.) wurde nur von den Herrn Pfizer, Kleinschrotb und Bloem bejaht, von den übrigen Herrn dagegen verneint. Für den Fall, daß die jetzige Fassung des § 712 Abs. 2 zu Zweifeln Anlaß gäbe, empfahlen diejenigen Herrn, welche die verneinende Ansicht vertreten, die Klarstellung dadurch zu bewirken, daß am Schlüsse des Absatzes 2 statt: „ersichtlich gemacht ist" gesagt werde : „ersichtlich gemacht worden ist". 1082
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Herr Kirchgessner hielt es für geboten, für den Fall, daß man das Pfandrecht unabhängig von der Erhaltung der Pfändungszeichen fortbestehen lasse, dem Pfandgläubiger gegen Beeinträchtigung seines Rechts durch gutgläubige Dritte Schutz zu gewähren, und schlug zu diesem Zwecke vor, bei den Amtsgerichten ein Verzeichniß der Pfändungen einzuführen, welches die Bedeutung habe, daß gegenüber den darin eingetragenen Pfändungen die Berufung auf den guten Glauben ausgeschlossen sei, indem dann Jedermann mit Einwilligung des Pfandschuldners oder bei glaubhaft gemachtem rechtlichem Interesse mit Erlaubniß des Vollstreckungsgerichts dieses Verzeichniß bezüglich der betreffenden Personen einsehen und bei dem die Vollstreckungsakten besitzenden Gerichtsvollzieher sich Aufschluß über die Pfandgegenstände verschaffen könne. Zu Nr. 15 c. Was die Frage der Erweiterung des Kreises der nach § 715 C.P.O. der Pfändung nicht unterworfenen Sachen betrifft, so waren sämmtliche Herrn zunächst darüber einverstanden, daß jedenfalls der Trauring und der im Sterbehause befindliche Sarg, außerdem aber auch noch andere Sachen, für welche die gleiche ratio zutreffe, so namentlich künstliche Gliedmaßen und Familienbilder von der Pfändung auszuschließen seien. Es wurde aber von den meisten Herrn gewünscht, daß diese Gegenstände im Gesetze nicht einzeln aufgeführt würden, sondern eine allgemeinere Fassung gefunden werde, und hierfür von Herrn Kirchgessner der Vorschlag gemacht, in $ 715 Nr. 1 C.P.O. die Worte hinzufügen: „ferner die bestimmungs- und zweckmäßig nur diesen Personen dienlichen und gehörigen Gegenstände". Für den Fall, daß der Ring im Gesetze ausdrücklich genannt werden soll, wünschte Herr Otto, daß statt „Trauring" : „Ehe- und Verlobungsring" gesetzt werde. Bezüglich der Familienbilder bestand Meinungsverschiedenheit darüber, ob man dieselben ausnahmslos — von Wilmowski, Petersen, Schember, Otto (letzterer auch : „einschließlich des Rahmens") — oder nur dann, wenn sie keinen erheblichen Kunstwerth besäßen — Bloem — oder nur, wenn es sich um Bilder der näheren Angehörigen handeln — Schröder, von Sprecher — von der Pfändung ausschließen solle. Hinsichtlich des dem Schuldner zu belassenen Mobiliars waren die sämmtlichen Herrn, mit Ausnahme der Herrn von Wilmowski und Kleinschroth, welche eine Aenderung des bestehenden Rechts nicht für erforderlich erachteten, übereinstimmend der Ansicht, daß dem Schuldner mehr als nur das Unentbehrliche sichergestellt werden müsse, und man war daher mit der Tendenz des Vorschlages in Nr. 15 c des Programms einverstanden. Die Fassung desselben wurde aber mehrfach bemängelt und dafür vorgeschlagen, zu sagen: „das zur Fortführung eines entsprechendenHuushalts erforderliche Mobiliar" (Kirchgessner) oder: „das zur Führung eines den Standesverhältnissen nach mäßigen Haushalts erforderliche Mobiliar" (Schemher). Herr Bloem empfahl noch, bei der Auswahl der dem Schuldner zu belassenen Stücke die Rücksichtnahme auf die Wünsche des Schuldners vorzuschreiben. Im Anschluß hieran wurde der Vorschlag gemacht, auch einen kleinen Geldbetrag von der Pfändung auszuschließen. Die große Mehrzahl der Herrn war hiermit einverstanden; dagegen erklärten sich nur die Herrn von Wilmowski und Pfizer. Was die Höhe des freizulassenden Betrages anlangt, so wünschen die Herrn Beseler, Schemher, Petersen, Schröder und Otto, daß eine bestimmte Summe, die von Herrn Otto auf drei, von den übrigen Herrn auf fünf Mark angegeben wurde, festgesetzt werde, Herr Bloem wollte die Bestimmung dahin treffen, daß freizulassen sei „soviel als zum Unterhalt des Schuldners und seiner Familie auf die Dauer einer Woche nöthig sei;" Herr Kirchgessner dahin, daß von der Pfändung auszuschließen sei, „ein Geldbetrag, welcher einem Wochenverdienst des Schuldners und seiner Familie 1083
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entspreche oder doch mindestens nach § 8 des Konkursversicherungsgesetzes vom 16. Juni 1887 entsprechen würde." Herr von Sprecher schlug vor, die Ausschließung eines Geldbetrages, (und zwar einer bestimmten Summe für jeden Kopf der Familie) von der Pfändung nur für den Fall vorzuschreiben, daß die in der Nummer 2 des S 715 C.P.O. gedachten Vorräthe nicht oder nicht vollständig vorhanden seien. Weitere Aenderungen des § 715 C.P.O. wurden von Herrn Kircbgessner νorgeschlagen, und zwar: im Eingang des § 715 hinter „Pfändung" die Worte einzuschieben: „selbst mit Einwilligung des Schuldners"; zu Nr. 2: statt „zwei Wochen" zu setzen: „einen Monat"; zu Nr. 3: statt „zwei Wochen" zu setzen „bis zur Zeit der nächsten Ernte"; als Nr. 3 a einzufügen: „alle Gegenstände und Geldbeträge, welche aus Forderungen herrühren, die nach § 749 C.P.O. der Pfändung nicht unterworfen sind;" zu Nr. 4: „Kleingewerbetreibende" hinzuzufügen; zu Nr. 5: die Fassung dahin zu ändern „bei Personen, welche Landwirthschaft betreiben, das unentbehrliche Geräth und Viehinventar, nebst dem nöthigen Dünger, sowie die landwirtschaftlichen Erzeugnisse oder deren Ersatzmittel, soweit sie zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit erforderlich sind, in welche gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden;" zu Nr. 6: hinzufügen die „Gelehrten"; zu Nr. 10: die Fassung, wie folgt zu ändern: „die zum Studium einer Wissenschaft oder Kunst dienenden Bücher und Instrumente." Außerdem wünschte derselbe Herr, daß in § 749 C.P.O. unter Ziffer 3 statt „die fortlaufenden Einkünfte" gesetzt werde: „die einmaligen oder fortlaufenden Einkünfte" und hinzugefügt werde : „ferner solche Bezüge aus Leibgedingen, Gemeinderechten oder Bürgernutzungen." Von diesen Vorschlägen wurde nur der erste, wonach das Verbot der Pfändung im §715 C.P.O. auch für den Fall der Einwilligung des Schuldners ausdrücklich ausgesprochen werden soll, allgemeiner erörtert; und zwar erklärten sich für denselben die Herrn Petersen, Schember, Schröder und von Sprecher, vorbehaltlich jedoch der näheren Prüfung, ob für einzelne Fälle des §715 eine Ausnahme zugelassen werden könne. Zu Nr. Ii d. wurde die obligatorische Zuziehung eines Sachverständigen im Falle der Pfändung bei Landwirthen von keiner Seite, die fakultativen dagegen allgemein befürwortet. Die Mehrzahl der Herrn hielt aber eine ausdrückliche Bestimmung hierüber nicht für erforderlich, da der Gerichtsvollzieher auch ohne eine solche für befugt zu erachten sei, in geeigneten Fällen einen Sachverständigen zuzuziehen. Im Zusammenhange hiermit wurde die weitere Frage angeregt, ob es sich empfehle, im Falle der Pfändung von beweglichem Zubehör eines Grundstückes die Benachrichtigung der Realgläubiger vorzuschreiben. Diese Frage wurde von den Herrn von Wilmowski und Beseler bejaht, jedoch mit der Einschränkung, daß die Benachrichtigung jedenfalls nur bei erheblicher Inanspruchnahme von Zubehörstükken zu erfolgen habe. Bezüglich der Ausführung der Benachrichtigung schlug Herr von Wilmowski vor, daß dem Gerichtsvollzieher aufgegeben werde, von der geschehenen Pfändung dem Vollstreckungsgerichte, Mittheilung zu machen, welches dann seinerseits die Benachrichtigung der Realgläubiger zu veranlassen habe. Uebrigens wurde bemerkt, daß die Frage der Benachrichtigung an Bedeutung verliere, wenn in dem zu erwartenden Gesetze über die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen das Zubehör nur der Zwangsvollstreckung in das Grundstück unterworfen werden sollte (vgl. Anm. 1 zu § 77 i des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs II. Lesung). 1084
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Zu Punkt 1 des Nachtrags zu Nr. 15 der Zusammenstellung Die Aufnahme einer Vorschrift zur Sicherung der Eigenthumsansprüche dritter Personen an gepfändetem Gelde wurde von allen Herrn, mit Ausnahme der Herrn Bloem, Beseler und Kleinschroth, welche das Bedürfniß für eine solche Vorschrift verneinten, befürwortet und hierfür folgende Vorschläge gemacht: zu bestimmen, daß dann, wenn dem Gerichtsvollzieher bei der Pfändung erklärt werde, daß das gepfändete Geld einem Dritten gehöre, die Aushändigung desselben an den Gläubiger erst nach Ablauf einer Woche seit der Pfändung erfolgen dürfe (Otto, von Wilmowski und eventuell auch Bloem) oder das dem Gerichtsvollzieher in diesem Falle aufgegeben werde, dem Vollstreckungsgerichte (Petersen, Pfizer und eventuell auch Beseler, letzterer jedoch nur dann, wenn das Eigenthum des Dritten glaubhaft gemacht sei) oder dem dritten Eigenthümer (von Sprecher) von der geschehenen Pfändung Anzeige zu machen, worauf dann entweder das Vollstreckungsgericht über die Auszahlung oder Hinterlegung des Geldes Anordnung zu treffen habe, oder dem Dritten nur kurze Frist zur etwaigen Erhebung des Widerspruchs gegen die Auszahlung zu gewähren sei. Herr Kircbgessnerwünschte, daß nicht nur bei der Pfändung von Geld, sondern in jedem Falle, wo bei einer Pfändung erklärt wurde, daß die gepfändeten Sachen einem Dritten gehörten, eine Frist von drei Tagen festgesetzt wurde, innerhalb deren der Schuldner oder der durch den Gerichtsvollzieher sofort zu benachrichtigende Dritte ihre Einwendungen gegen die Pfändung nach § 685 C.P.O. bei dem Vollstrekkungsgerichte geltend machen könnten. Die Herrn Schember und Schröder empfahlen, die Bestimmung dahin zu treffen, daß die Aushändigung gepfändeten Geldes an den Gläubiger stets, und insbesondere auch dann, wenn das Eigenthum eines Dritten bei der Pfändung nicht behauptet worden sei, erst nach Ablauf einer bestimmten Frist (Schember:„eine Woche", Schröder: „drei Tage") erfolgen dürfe. Vorschlag Otto, Nr. 8. Herr Otto erklärte, daß der § 712 C.P.O. von den sächsischen Gerichten dahin ausgelegt wurde, daß bei der Pfändung der im Gewahrsam des Schuldners zu belassenden Sachen außer der Anlegung von Siegeln noch ein besonderer Akt der Besitzergreifung durch den Gerichtsvollzieher erforderlich sei. Mit Rücksicht hierauf sei die vorgeschlagene Aenderung des § 712 erwünscht. Die übrigen Herrn erklärten sich übereinstimmend gegen eine Aenderung, weil sie die gedachte Auslegung des § 712 für irrig hielten. Auch der weitere Vorschlag, daß die Pfändung in einer „für jedermann leicht erkennbaren Weise" ersichtlich gemacht werden solle, wurde von keiner Seite befürwortet. Punkt 2 des Nachtrages zu Nr. 15 der Zusammenstellung Die Ausdehnung des § 749 Abs. 3 auf alle im Privatdienste angestellten Personen ohne Rücksicht auf die „Dauer" des Dienstverhältnisses wurde allseits empfohlen, von Herrn Pfizer eventuell auch anheimgegeben, nur die in § 4 Nr. 4 des Gesetzes vom 21. Juni 1869 bestimmte Kündigungsdauer herabzusetzen. Punkt 3 des Nachtrages zu Nr. 15 der Zusammenstellung Die angeregte Ausdehnung des § 749 Abs. 4 auf die Alimentationsansprüche der unehelichen Kinder wurde nur von den Herrn Otto, Pfizer und von Sprecher befürwortet, während alle übrigen Herrn sich gegen dieselbe aussprechen. 6. Sitzung vom 24. 4. 1895 Zu Nr. 16. waren sämmtliche Herrn darüber einverstanden, daß es in mehreren 1085
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Fällen erwünscht sei, wenn zugleich mit der Klage auf Vornahme einer Handlung auch die Geltendmachung der Entschädigungsforderung für den Fall der unterbliebenen Vornahme zugelassen würde. Es wurde jedoch bemerkt, daß diese Frage das materielle Recht berühre und nicht ohne Abänderung des § 239 des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, II. Lesung, gelöst werden könne. 7.U Nr. 17 a. Nr. 17 aa. Die überwiegende Mehrzahl der Herrn sprach sich dahin aus, daß die Anwesenheit des Gläubigers in dem zur Leistung des Offenbarungseides anberaumten Termine nicht zu erfordern sei, wobei Herr Bloem noch bemerkte, daß er ein Gegner des Offenbarungseides überhaupt sei. Für die Nothwendigkeit der Anwesenheit des Gläubigers erklärten sich nur die Herrn Otto und von Sprecher, letzterer jedoch mit der Einschränkung, daß dann, wenn der Schuldner zur Eidesleistung bereit sei, die Annahme des Eides auch in Abwesenheit des Gläubigers erfolgen könne. Herr Schröder brachte in Anregung, ob nicht im Falle des § 783 C.P.O. die Benachrichtigung des Gläubigers von dem Termine zur Eidesabnahme vorgeschrieben werden könne, soweit dieselbe ohne erhebliche Verzögerung sich ausführen lasse. Die übrigen Herrn erklärten sich zunächst gegen diesen Vorschlag, für denselben trat niemand ein. Nr. 17abb. Hinsichtlich der Frage in Nr. 17 a bb war man allseits darüber einverstanden, daß über den Widerspruch des Beklagten (§ 787 Abs. 2 C.P.O.) durch Beschluß zu entscheiden sei, gegen welchen die sofortige Beschwerde stattfinde, und auch darüber herrschte Einverständniß, daß das Gericht vor Abnahme des Eides die Verpflichtung des Schuldners zur Leistung desselben selbst dann von Amtswegen zu prüfen habe, wenn der Schuldner zur Leistung bereit sei. In letzterer Beziehung wollten die Herrn Otto, Kirchgessner, von Wilmowski und Bloem aber noch weiter gehen und die Offizialprüfung des Gerichts schon vor der Anberaumung des Termins zur Eidesleistung eintreten lassen; die Herrn von Wilmowski und Bloem jedoch mit der Einschränkung, daß im Falle des § 784 C.P.O. die Glaubhaftmachung des späteren Vermögenserwerbes erst im Termin selbst zu erfolgen brauche. Vorschlag von Herrn Otto, Nr. 9,§f Für den Vorschlag, welcher ein mehr als einmaliges Ruhenlassen des Verfahrens verhindern will, sprachen sich außer Herrn Otto, nur die Herrn Bloem und Pfizer aus; die übrigen Herrn erklärten sich gegen denselben. Vorschlag Otto, Nr. 9, § dAbsatz 2 Mit dem Vorschlage, im Gesetze ausdrücklich vorzuschreiben, daß in die Ladung zur Leistung des Offenbarungseides auch die Aufforderung zur Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses und in Betreff der Forderungen die Aufforderung zur Bezeichnung des Grundes derselben und der Beweismittel aufgenommen werden müsse, war die Mehrzahl der Herrn einverstanden. Gegen eine solche ausdrückliche Vorschrift erklärten sich die Herrn Kleinschroth, Kirchgessner, Schemher und Schröder. Die Herrn Petersen und Bloem wünschten, daß auch die Haftandrohung für den Fall des Nichterscheinens oder der unbegründeten Eidesverweigerung in die Ladung aufgenommen würde. Die Frage, ob die Ladung von Amtswegen oder durch den Gläubiger zu bewirken sei, wurde von den Herrn Beseler und Pfizer zu Gunsten der ersteren Alternative; von den Herrn Kleinschroth, Schemher und von Wilmowski, Bloem und Schröder dagegen zu Gunsten der letzteren Alternative beantwortet, während Herr Petersen die Ent1086
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Scheidung in Uebereinstimmung mit der sonstigen Regelung der Frage des Amtsoder Parteibetriebes bei den Ladungen getroffen wissen wollte. Vorschlag Schröder, Nr. 6,1 Die zeitliche Beschränkung der in § 784 C. P. O. statuirten befreienden Wirkung der Ableistung des Offenbarungseides wurde von sämmtlichen Herren, mit Ausnahme des Herrn Bloem, befürwortet. Die Frist, nach deren Ablauf der Schuldner auf die frühere Leistung des Eides sich nicht mehr solle berufen dürfen, wurde von den Herrn Beseler, Petersen, Pfizer und Schember drei Jahre angegeben. Herr Beseler regte an, ob dem Gericht die Belehrung des Schuldners über sein Eidesverweigerungsrecht aus § 784 C. P. O. zur Pflicht zu machen sei. Herr von Wilmowskierklärte sich gegen derartige Bestimmung, Herr Pfizeriür eine solche. Der weitere Vorschlag des Herrn Schröder, die Bezugnahme auf die befreiende Wirkung der Ableistung des Offenbarungseides solchen Ansprüchen gegenüber auszuschließen, welche aus Verträgen herrühren, die der Schuldner nach Leistung des Offenbarungseides abgeschlossen hat, wurde nur von den Herrn von Wilmowski und Kleinschroth befürwortet, von letzterem jedoch nur unter der Voraussetzung, daß sich eine Einschränkung dahin treffen lasse, daß die Bezugnahme auf die befreiende Wirkung des früher geleisteten Eides nicht gegenüber allen später entstandenen Ansprüchen, sondern nur gegenüber solchen Forderungen aus bestimmten geschäftlichen Unternehmungen ausgeschlossen werde. Auch Herr von Wilmowski gab zur Erwägung anheim, ob hinsichtlich gewisser Ansprüche, insbesondere der aus der Beschaffung der gewöhnlichen Lebensbedürfnisse entstandenen, eine Einschränkung zu machen sei. Herr Schröder brachte ferner in Anregung, die Formel des Offenbarungseides nach §711 C.P.O. durch die Versicherung, daß der Schuldner auch nicht in der Absicht, seine Gläubiger zu benachtheiligen, etwas bei Seite geschafft habe, zu erweitern. Diese Anregung wurde von keiner Seite befürwortet. Zu Nr. 17 b. wurde zwar die Einrichtung eines Verzeichnisses der Manifestanten von allen Herrn befürwortet, im Einzelnen gingen aber die Ansichten mannigfach auseinander, namentlich darüber, wann und unter welchen Voraussetzungen die Einsichtnahme in das Verzeichniß zu gestatten sei und welche Angaben in dasselbe aufzunehmen seien. Ein Theil der Herrn wollte das Verzeichniß nur denjenigen zugängig machen, die ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme glaubhaft machten — Kleinschroth, Kirchgessner—, oder insbesondere nur denjenigen, welche berechtigt wären, von einem Schuldner die Leistung des Offenbarungseides zu verlangen, und mit Rücksicht auf die Bestimmung des § 784 C.P.O. das Interesse hätten, zu erfahren, ob ihr Schuldner bereits früher den Offenbarungseid geleistet habe — Pfizer, Beseler — ; andere Herrn dagegen wollten die Einsicht jedem — Schröder, von Wilmowski — oder jedem, der irgendein Interesse anzugeben vermöchte — Otto, Petersen, gestatten. Diesen letzteren schloß sich auch Herr von Sprecher an, jedoch mit dem Anheimgeben, für den Fall, daß aus einer so weitgehenden Gestattung der Einsichtnahme eine zu große Belastung der Gerichte zu besorgen sei, die von den Herrn Pfizer und Beseler befürwortete Einschränkung eintreten zu lassen. Die Herrn Bloem und Schember endlich vertraten die Ansicht, daß in der Civilprozeßordnung über die Eröffnung des Verzeichnisses zu anderen Zwecken als denen des Gläubigers, der die Leistung des Offenbarungseides von seinem Schuldner zu verlangen berechtigt ist, Bestimmungen nicht getroffen werden könnten, und gaben anheim, über die Eröffnung zu anderen Zwecken in einem besonderen Gesetze (Bloem) oder im Wege der Justizverwaltung (Schember) Anordnung zu treffen. 1087
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Was den Kreis der in das Verzeichniß aufzunehmenden Personen anlangt, so wollten die Herrn Otto, Pfizer, Beseler, Kleinschroth und Kirchgessner nur diejenigen, welche den Offenbarungseid geleistet haben, die Herrn von Wilmowski und Schröder auch diejenigen, gegen welche zur Erzwingung des Eides die Haft angeordnet worden ist, und Herr Petersen außerdem auch noch diejenigen, welche nur zur Leistung des Eides geladen worden sind, aufgenommen wissen, wobei Herr Petersen jedoch von der Voraussetzung ausging, daß über die Gewährung der Einsicht der Richter und nicht der Gerichtsschreiber zu befinden habe. Vorschlag von Sprecher, Nr. 10 Man war allseits darüber einverstanden, daß es erwünscht sei, daß das in § 665 C.P.O. bezüglich der Urtheile geordnete Verfahren für die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen den Rechtsnachfolger des Schuldners auch bei den Schuldtiteln des § 702 C.P.O. Anwendung finde. Die überwiegende Mehrzahl der Herrn war aber der Ansicht, daß jene Bestimmung auch jetzt schon nach § 703 C.P.O. für die Fälle des § 702 analoge Anwendung zu finden hätte. Es wurde deshalb das Bedürfniß einer Aenderung des Gesetzes zumeist nicht anerkannt, aber anheimgegeben, mit Rücksicht auf die abweichende Praxis namentlich der Rheinischen Gerichte eine Klarstellung vorzunehmen. 7. Sitzung vom 25. 4. 1895 Vorschlag Beseler, Nr. 5 Punkt 6 Mit Ausnahme des Herrn von Sprecher, waren sämmtliche Herrn darüber einverstanden, daß für die nach den §§ 804—807 und 815 C.P.O. zu treffenden Entscheidung das Beschlußverfahren eingeführt werde, jedoch mit der Maßgabe, daß außer dem Falle des § 806, stets die Anhörung des Gegners und auf dessen Antrag auch eine mündliche Verhandlung stattzufinden habe, und zwar sowohl in der ersten als auch in der Beschwerdeinstanz. Bezüglich der Beschwerdeinstanz wünschte Herr Kleinschroth, daß hier die mündliche Verhandlung auch ohne Rücksicht auf den Antrag der Partei für alle diejenigen Fälle obligatorisch gemacht werde, in denen in erster Instanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden habe. Von Herrn Petersen wurde vorgeschlagen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung beizulegen, und ferner anheimzugeben, die Begründung der Beschlüsse vorzuschreiben. Mit dem ersteren Vorschlage erklärten sich die Herrn Kirchgessner, Beseler und Schröders inverstanden. Von verschiedenen Seiten wurde darauf hingewiesen, daß bei Einführung des Beschlußverfahrens für die Fälle der §§ 804 fg. auch der § 802 dahin zu ändern sei, daß die Entscheidung über das Arrestgesuch stets durch Beschluß zu erfolgen habe. Zu Nr. 18. Für diejenigen Streitigkeiten, welche die Ernennung oder Ablehnung eines Schiedsrichters betreffen, wurde die Einführung des Beschlußverfahrens von sämmtlichen Herrn für die das Erlöschen des Schiedsvertrages betreffenden Streitigkeiten von allen Herrn, mit Ausnahme des Herrn Kleinschroth, empfohlen. Herr Schröder schlug vor, auch das Vollstreckungsurtheil aus § 868 C.P.O. durch einen Beschluß zu ersetzen. Dieser Vorschlag wurde von keiner Seite befürwortet. Vorschlag Beseler, Nr. 5 Punkt 5, und Nr. 7 der Reihenfolge der Berathungsgegenstände Mit dem Erlaß von Vorschriften zur Erleichterung der Rückgabe einer prozessualistischen Sicherheit waren sämmtliche Herrn einverstanden. Die überwiegende Mehrheit derselben stimmte auch der von Herrn Beseler vorgeschlagenen Regelung 1088
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mit der Modifikation zu, daß in den Fällen des Arrests und der einstweiligen Verfügung die Entscheidung über die Rückzahlung der Sicherheit stets dem Gericht der Hauptsache zustehen solle, wenn auch die Anordnung der Sicherheitsleistung in Gemäßheit der §§ 799, 820 C.P.O. von einem anderen Gericht getroffen worden sei. Herr Bloem schlug ferner vor, anzuordnen, daß die der Rückgabe widersprechende Partei zugleich mit dem Widerspruch ihre etwaigen Schadensersatzansprüche, soweit sie zu deren Befriedigung die Sicherheit in Anspruch nehmen wolle, geltend zu machen habe. Außerdem wünschte er, daß die Möglichkeit offen gelassen werde, daß das Gericht gleichzeitig mit dem Urtheil in der Hauptsache auch über die Rückgabe der Sicherheit entscheide. Abweichend von der Mehrheit wollten die Herrn von Wilmowski, Kircbgessner und von Sprecher das Verfahren dahin regeln, daß seitens des Gerichts an diejenigen Personen, in deren Interesse die Sicherheitsleistung erfolgt sei, die Aufforderung erlassen werde, binnen einer bestimmten Frist ihre Ansprüche im Wege der Klage geltend zu machen. Falls die Frist verabsäumt wurde, sei durch Beschluß die Rückgabe der Sicherheit anzuordnen. Eventuell waren die genannten Herrn auch mit dem Vorschlage des Herrn Beseler einverstanden; Herr von Wilmowski jedoch mit der Maßgabe, daß vor Erlaß des Beschlusses über den Antrag auf Rückzahlung der Sicherheit der Gegner gehört und bei Widerspruch desselben sofort die mündliche Verhandlung angeordnet werde. Herr Schröder wünschte, daß die zu erlassenden Vorschriften über die Rückgabe der Sicherheit auch auf die Fälle der Sicherheitsleistung durch Stellung von Bürgen ausgedehnt würden. Vorschlag Beseler, Nr. 5 Punkt 1 Der Vorschlag, bei Räumungsklagen, welche auf Beendigung eines Pacht- oder Miethverhältnisses vor Ablauf der Vertragszeit beruhen, die Herabsetzung des Streitwerths unter den im § 8 C.P.O. bestimmten Betrage zu gestatten, fand allseitige Zustimmung. Die Herrn Bloem und Schember wünschten, daß die Herabsetzung auch dann zugelassen werde, wenn mit der Räumungsklage die Klage auf Auflösung des Vertrages verbunden werde. Die Herrn Petersen, von Sprecher und Schröder wollten noch weiter gehen und die Herabsetzung in allen Mieths- und Pachtstreitigkeiten gestatten. Was das Maß der Herabsetzung betrifft, so wollten die Herrn von Wilmowski, Kleinschroth und Kirchgessner und von Sprecher das freie Ermessen des Gerichts entscheiden lassen, während die übrigen Herrn die Festsetzung einer bestimmten Norm befürworteten. Vorschlag Beseler, Nr. 5 Punkt 2 Der Vorschlag, auch für die Alimentationsansprüche unehelicher Kinder den Streitwerth niedriger zu bemessen, als dies nach § 9 C.P.O. zu geschehen hat, wurde ebenfalls von allen Herrn befürwortet und von den Herrn Petersen, Bloem, von Sprecher und Schröder zugleich die Ausdehnung auf alle — gesetzlichen und vertraglichen — Alimentationsansprüche empfohlen. Vorschlag Petersen, Nr. 7Punkt 1 Dem Vorschlage wurde von allen Herrn mit der Maßgabe zugestimmt, daß der Kreis derjenigen Personen, denen als Prozeßpartei eine Entschädigung für Zeitversäumniß zu gewähren sei, durch Hinweis auf die in der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige bezüglich der Zeugen gegebenen Vorschriften bestimmt wurde. 1089
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Die Herrn Schember, von Sprecher und Schröder hielten es für erwünscht, daß auch anderen Personen eine Entschädigung für Zeitversäumniß bei der Kostenfestsetzung gewährt werden dürfe, was jedoch nur möglich sei, wenn unter Aenderung der Gebührenordnung auch den Zeugen die Entschädigung allgemein gewährt werde. Dieselben Herrn wünschten ferner, daß auch die vor Erhebung der Klage der Partei erwachsenen Kosten als Prozeßkosten festgesetzt werden könnten. Dasselbe wurde von Herrn Kirchgessnerbeiürwortet. Vorschlag Beseler, Nr. 5 Punkt 3 Der Vorschlag, den $ 89 C.P.O. dahin zu ändern, daß dem Kläger die Prozeßkosten auch dann zur Last zu legen seien, wenn das Anerkenntniß vom Beklagten zwar nicht sofort, d. h. in der ersten mündlichen Verhandlung, aber doch zu einer Zeit abgegeben werde, wo es nach Lage des Falles noch als „rechtzeitig" erscheine (so bei Interventionsprozessen häufig noch nach erfolgter Beweisaufnahme), wurde nur von den Herrn Petersen, Schröder und Kirchgessner befürwortet. Die beiden ersteren Herrn wollten jedoch die Bestimmung dahin treffen, daß das Gericht, falls der Beklagte nicht in der ersten mündlichen Verhandlung den Anspruch anerkenne, dem Kläger die Kosten auferlegen „könne", aber nicht auferlegen „müsse". Herr Kirchgessner schlug vor, dem § 89 folgende Fassung zu geben: „Hat der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage oder zur Fortsetzung des Rechtsstreits Veranlassung gegeben, so können dem Kläger die Prozeßkosten zur Last gelegt werden." Vorschlag Petersen, Nr. 7 Punkt 2 Der Vorschlag, die Vorschrift des § 94 C.P.O. auf solche Fälle zu beschränken, bei denen noch eine Entscheidung über die Hauptsache ergehen konnte und ergangen ist, wurde von allen Herrn, mit Ausnahme der Herrn Schember, Otto und Bloem, befürwortet. Vorschlag Petersen, Nr. 7 Punkt 3 Zur Beseitigung des in der Begründung des Vorschlages hervorgehobenen Mißstandes schlug Herr Petersen in erster Linie vor, die Bestimmung zu treffen, daß der Streitwerth für jede Instanz besonders durch eine mit der sofortigen Beschwerde anfechtbare Entscheidung festgesetzt werde und die Kostenfestsetzung erst erfolgen dürfe, wenn die Entscheidung über den Streitwerth rechtskräftig geworden sei. Dieser Vorschlag wurde von den Herrn von Wilmowski und Petersen befürwortet. Die übrigen Herrn erklärten sich dagegen für den von Herrn Petersen in zweiter Linie gemachten Vorschlag, der dahin ging, daß eine nachträgliche Berichtigung der der Kostenfestsetzung zu Grunde gelegten Bewertung des Streitgegenstandes auch dann noch die Aenderung des Betrages der von der unterliegenden Partei zu erstattenden Prozeßkosten zur Folge haben solle, wenn der Kostenfestsetzungsbeschluß bereits in Rechtskraft erwachsen sei. Von mehreren Herrn (von Sprecher und Bloem) wurde jedoch gewünscht, daß diese Rückwirkung der Streitwerthsberichtigung auf die Kostenfestsetzung auf eine mit der anderweiten Festsetzung des Streitwerths beginnende Frist beschränkt werde. Herr von Sprecher gab zur Erwägung anheim, ob nicht die Rückwirkung der Streitwerthsberichtigung auf den Betrag der zu erstattenden Kosten nur in dem Falle eintreten solle, daß der Streitwerth erhöht werde und also eine Mehrerstattung von Kosten in Frage stehe, während bei einer Herabsetzung des Streitwerthes die Rückerstattung des von der unterliegenden Partei zu viel gezahlten Betrages auszuschließen sei. 1090
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8. Sitzung vom 26. 4. 1895 Zu Nr. 2 c. Die obligatorische Anhörung des Gegners im Kostenfestsetzungsverfahren wurde von Herrn von Wilmowski und, mit Beschränkung auf die Beschwerdeinstanz, auch von den Herrn Petersen, Pfizer, Bloem, von Sprecher und Schröder e mpfohlen, die übrigen Herrn erklärten sich gegen dieselbe. Herr Beseler schlug vor, für die sofortige Beschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren von der Vorschrift des § 540 Abs. 3 C.P.O. eine Ausnahme zu gestatten und dem Gerichte die Befugniß zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses zu gewähren. Dieser Vorschlag wurde von allen Herrn befürwortet. Herr Kleinschroth wünschte, daß sämmtliche Kostenfestsetzungen als Feriensachen bezeichnet würden. Hiermit war nur Herr von Sprechertinverstanden, während die übrigen Herrn es bei dem bisherigen Zustande, wonach die Kostenfestsetzungen als Feriensachen zu behandeln seien, wenn die Hauptsache Feriensachen sind, belassen wollten. Herr Otto brachte in Anregung, die Kostenfestsetzungen in den von den Kammern für Handelssachen verhandelten Sachen dem Vorsitzenden zu übertragen. Dies wurde von keiner Seite befürwortet, nur Herr Beseler gab eventuell anheim, dem Vorsitzenden fakultativ die Befugniß zum Erlaß der Kostenfestsetzungsbeschlüsse einzuräumen. Zu Nr. 2 d. Mit dem Vorschlage, die Zwangsvollstreckung auf Grund des Kostenfestsetzungsbeschlusses, abgesehen von dem Falle der Rechtsnachfolge, ohne Vollstreckungsklausel zuzulassen, waren sämmtliche Herrn einverstanden. Bezüglich des Falles, daß die Vollstreckbarkeit des Beschlusses von einer vorgängigen Sicherheitsleistung abhängig ist, machten mehrere Herrn geltend, daß die Voraussetzungen der Vollstreckbarkeit in dem Beschlüsse selbst angegeben werden müßten, und wünschten, daß diese, falls es nicht schon jetzt zu geschehen habe, im Gesetze ausdrücklich vorgeschrieben werde. Herr von Sprecher wollte für den Fall der Sicherheitsleistung an der Nothwendigkeit der Vollstreckungsklausel festhalten. Zu Nr. IIa. wurde von sämmtlichen Herrn, außer Herrn Pfizer, befürwortet, daß, wie schon in der Note zu § 1054 des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs II. Lesung, vorgesehen sei, die Ansprüche aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld als Ansprüche auf Zahlung einer Geldsumme zu gelten hätten, und zwar nicht nur in Beziehung auf die Zulassung zum Urkundenprozeß, sondern auch hinsichtlich des Mahnverfahrens und in Beziehung auf die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden. In der letzteren Hinsicht äußerte Herr Bloem den Wunsch, daß die Vollstreckbarkeit der notariellen Urkunden in Anlehnung an das frühere Rheinische Recht verallgemeinert werden möge. Von mehreren Herrn wurde bemerkt, daß die Ausdehnung des Urkundenprozesses auf die Pfandklagen von geringer praktischer Bedeutung sein werde, wenn nicht zugleich das Verfahren des Urkundenprozesses von den dem Kläger namentlich aus der Bestimmung des § 560 Abs. 2 drohenden Gefahren entkleidet werde. Hierfür brachte Herr Kleinschroth in Anregung, dem Kläger das bedingungsweise Abgehen vom Urkundenprozesse zu gestatten, oder zu bestimmen, daß, falls der Klagebeweis nicht mit dem im Urkundenprozesse zulässigen Beweismitteln geführt werden könne, nicht die Klageabweisung eintrete, sondern ein Zwischenurtheil ergehe und der Rechtsstreit in das ordentliche Verfahren übergeleitet werde. Nr. 11 b. und Vorschlag Schröder, Nr. 6 Punkt 2 Die Abkürzung der Einlassungsfristen im Urkundenprozesse wurde allseits be1091
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fürwortet, ebenso auch die Abkürzung der Ladungsfristen im Wechselprozeß auf die Dauer der Einlassungsfristen des Wechselprozesses. Mit Ausnahme des Herrn Kleinschroth waren sämmtliche Herrn auch darüber einverstanden, daß bezüglich der nach Stunden berechneten Fristen eine Ausnahme von der Bestimmung des § 200 Abs. 2 C.P.O. gemacht werde, und zwar dahin, daß, falls das Ende einer derartigen Frist auf einen Sonntag oder allgemeinen Ferientag fällt, nicht die Frist erst mit dem Ablauf des nächstfolgenden Werktages endigt, sondern nur der Sonn- oder Feiertag nicht mitgerechnet wird, sodaß die Frist endigt, sobald die bestimmte Anzahl werktäglicher Stunden abgelaufen ist. Zu Nr. 11 c. Hinsichtlich der Frage, welche Folgen im Urkundenprozesse an die Versäumniß des Beklagten zu knüpfen seien, gingen die Ansichten auseinander. Einige Herrn — Kircbgessner und von Sprecher— wollten diese Folgen dahin bestimmen, daß das thatsächliche Vorbringen des Klägers als zugestanden anzusehen sei, andere — von Wilmowski, Petersen, Bloem, Otto und Pfizer — nur dahin, daß die der Klage beigefügten Urkundenabschriften als mit den Urschriften übereinstimmend zu gelten hätten, sodaß von der Vorlegung der letzteren abgesehen werden könne. Die übrigen Herrn — Kleinschroth, Schember, Schröder und Beseler— waren dagegen der Ansicht, daß die Vorlegung der Originalurkunden auch bei Versäumniß des Beklagten verlangt und geprüft werden müsse, ob die Klage im Urkundenprozesse statthaft sei. Bezüglich der Nebenforderungen an Protestkosten, Provision etc. im Wechselprozeß waren sämmtliche Herrn darüber einverstanden, daß zur Begründung derselben, soweit sie handelsüblich seien, ein Nachweis überhaupt nicht zu erfordern sei. Herr Schröder erklärte, daß aus der Fassung des § 556 C.P.O., wonach die Urkunden in Urschrift oder Abschrift der Klage beigefügt werden müßten, die Rechtsprechung einzelner Gerichte gefolgert habe, daß eine nachträgliche Zustellung der Urkunden selbst dann nicht zulässig sei, wenn dieselbe unter Wahrung der Einlassungsfrist geschehe. Er wünschte, daß die Zulässigkeit der Nachhebung klargestellt werde. Herr Schember schlug vor, für den Fall, daß der Rechtsstreit gemäß § 563 C.P.O. nach Verurtheilung des Beklagten unter Vorbehalt seiner Rechte im ordentlichen Verfahren anhängig bleibe, eine Frist (von sechs Monaten) zu bestimmen, binnen welcher die Ladung zur mündlichen Verhandlung erfolgen müsse. Dies wurde von keinem der anderen Herrn befürwortet. Zu Nr. 11 d. Die Frage, ob neben dem Urkundenprozeß noch ein besonderes schleuniges Verfahren aus öffentlichen Urkunden nach Art des früheren preußischen Mandatsprozesses einzuführen sei, wurde von allen Herrn verneint. Zu Nr. 14 a. Die Abkürzung der Widerspruchsfrist im Mahnverfahren wurde von allen Herrn, mit Ausnahme des Herrn Schember, der ein Bedürfniß dafür nicht anerkannte, empfohlen. Die überwiegende Mehrzahl der Herrn wollte hinsichtlich der Bemessung der Frist zwischen landgerichtlichen und amtsgerichtlichen Sachen nicht unterscheiden, sondern für beide die gleiche Dauer festsetzen; und zwar wurde die letztere zumeist auf eine Woche angegeben, wobei einzelne Herrn — Petersen, von Sprecher und Bloem — noch eine weitere Abkürzung durch das Gericht bis auf drei Tage zulassen wollten. Herr Kirchgessner wollte die Frist auf drei Tage bemessen, wenn die Zustellung im Bezirke des Gerichts, und auf eine Woche, wenn sie außerhalb desselben zu erfolgen habe. Herr Beseler schlug für landgerichtliche Sachen eine Frist von einer Woche und für amtsgerichtliche eine solche von drei Tagen 1092
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oder von einer Woche vor, je nachdem die Zustellung im Bezirke des Gerichts oder außerhalb desselben zu erfolgen habe. Zu Nr. 14 b. Für den Vorschlag, die Ladung nach Widerspruch im amtsgerichtlichen Verfahren von Amtswegen anzuordnen, erklärten sich die Herrn Petersen, Beseler, Otto und Schröder, gegen denselben die Herrn Bloem, Schember, Kirchgessner, von Wilmowski, Pfizer und von Sprecher. Zu Nr. 14 e. Die Beseitigung des Vollstreckungsbefehls wurde von keiner Seite befürwortet. Dagegen waren die Herrn Bloem und Petersen damit einverstanden, daß nach Ablauf der Widerspruchsfrist der Widerspruch nicht mehr berücksichtigt werden dürfe. Vorschlag Beseler zu § 631 Abs. 2 C.P.O. Herr Beseler erklärte, es sei mißlich, wenn nach der Vorschrift des § 631 Abs. 2 C.P.O. wegen der kleinsten Mehrforderungen, namentlich an Zinsen, das Gesuch um Erlaß eines Zahlungsbefehls zurückgewiesen werden müsse. Er schlug daher vor, die Bestimmung des §631 dahin zu ändern, daß, falls zu hohe Zinsen gefordert würden, das Gericht den Zahlungsbefehl unter Abstrich des zu viel geforderten Zinsenbetrages erlassen dürfe. Die Mehrzahl der Herrn erklärte sich gegen diesen Vorschlag und man war schließlich darüber einverstanden, die Regelung dahin zu treffen, daß in allen Fällen, wo dem Gesuche in Ansehung eines Theiles des Anspruchs nicht entsprochen werden könne, die Zurückweisung des Gesuches nur dann zu erfolgen habe, wenn der Antragsteller auf geschehene Benachrichtigung nicht erkläre, daß er von der beanstandeten Mehrforderung Abstand nehme. Vorschlag Otto zu § 629Abs. 2 C.P.O. Herr Otto schlug vor, für das Mahnverfahren neben dem Gerichtsstand des § 629 Abs. 2 auch den des §21 C.P.O. zuzulassen. Hiermit waren sämmtliche Herrn einverstanden. Vorschlag von Sprecher, Nr. 11 Punkt 1 Der Vorschlag wurde nur von den Herrn Petersen und Schröder befürwortet. Die übrigen Herrn erklärten sich gegen denselben. Herr von Sprecher gab eventuell anheim, nur für die höheren Instanzen bei Einverständniß des Beklagten den Nachweis des rechtlichen Interesses an der alsbaldigen richterlichen Entscheidung zu erlassen. Herr Otto brachte in Anregung, ob nicht in § 231 C.P.O. von dem Erforderniß des Interesses an, alsbaldiger Entscheidung abgesehen werden könne. 9. Sitzung vom 27. 4. 1895 Zu Nr. 9. Bezüglich der Frage in Nr. 9 a waren sämmtliche Herrn, mit Ausnahme des Herrn Kleinschroth, der Ansicht, daß eine weitere Vermehrung der Richter und Senate beim Reichsgericht im Interesse der Rechtseinheit möglichst zu vermeiden sei und daher einer Vergrößerung der Geschäftslast des Reichsgerichtes, wie sie namentlich bei dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu erwarten sei, vorgebeugt werden müsse. Was den hierfür in Nr. 9 a vorgeschlagenen Weg der Beschränkung des Rechtsmittels der Revision anlangt, so wurde der Ausschluß der Revision gegen zwei gleichlautende Entscheidungen der beiden Vorinstanzen von keiner Seite befürwortet. Dagegen waren alle Herrn, außer den Herrn Kleinschroth und Kirchgessner, mit einer Erhöhung der Revisionssummen einverstanden und erklärten sich 1093
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bezüglich des Maaßes derselben dahin, daß man noch über 2000 M. hinausgehen könne (Bloem), und zwar bis auf 2500 M. (Schember), über 3000 M. (von Wilmowski, Petersen, Otto, Pfizer) bzw. mindestens 3000 M. (Beseler, Schröder, von Sprecher). Herr Kleinschroth vertrat die Ansicht, daß die bis jetzt gemachten Erfahrungen die Besorgniß, daß bei weiterer Vermehrung der Senate des Reichsgerichts die Rechtseinheit gefährdet werde, nicht rechtfertigen. Er wünschte daher, daß von einer Beschränkung der Revision zunächst noch Abstand genommen werde. Eventuell war er mit einer mäßigen Erhöhung der Revisionssumme einverstanden. Herr Kirchgessner erklärte sich für unbeschränkte Revision und gegen jede Revisionssumme, als dem Rechtsmittelsystem der Civilprozeßordnung widersprechend, und schlug vor, die Entlastung des Reichsgerichts dadurch herbeizuführen, daß dasselbe künftig, gleich der jetzigen Stellung der vereinigten Civilsenate gegenüber sich widersprechenden Urtheilen einzelner Civilsenate, nur bei sich widersprechenden Revisionsurtheilen der Oberlandesgerichte durch seine Entscheidung die Rechtseinheit herzustellen hätte, indem unter dieser Voraussetzung alle Streitigkeiten ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes in I. Instanz von den Amtsgerichten, in II. Instanz von den Landgerichten, und in der Revisionsinstanz von den Oberlandesgerichten zu entscheiden wären, gegen die sich widersprechenden Urtheile der Oberlandesgerichte aber das Reichsgericht anzurufen sei — sei es von dem betreffenden Senate des Oberlandesgerichts selbst, sei es von den Parteien oder sei es vom Reichsanwalte zur Wahrung der Rechts-Einheit und -Fortbildung. Zu Nr. 9 h. wurde die Zulassung der Verwerfung oder Zurückweisung der Revision ohne mündliche Verhandlung nach dem Ermessen des Gerichts nur von den Herrn von Wilmowski und Bloem befürwortet, jedoch von ersteren nur mit Beschränkung auf den Fall der Verwerfung des Rechtmittels als unstatthaft oder nicht in der gesetzlichen Form eingelegt und auf die Zurückweisung in denjenigen Fällen, wo die angefochtene Entscheidung die Einreden der Unzuständigkeit des Gerichts oder der Rechtshängigkeit betraf; von Herrn Bloem mit der Maßgabe, daß den Parteien das Recht eingeräumt werde, gegen den Beschluß über die Zurückweisung oder Verwerfung der Revision die Anordnung der mündlichen Verhandlung zu beantragen. Herr Bloem empfahl ferner, vorzuschreiben, daß die Beschwerdepunkte sämmtlich in der Revisionsschrift bezeichnet werden müßten und die Prüfung des Revisionsgerichts sich auf die angegebenen Punkte zu beschränken habe. Die überwiegende Mehrzahl der Herrn erklärte sich gegen diesen Vorschlag. Herr Petersen gab anheim, nur die Vorschrift des § 384 der Strafprozeßordnung auf die Revision in Civilsachen zu übertragen. Nr. 9 c. Zu Nr. 9 c waren sämmtliche Herrn damit einverstanden, daß die Befugniß des Revisionsgerichts zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht dahin eingeschränkt werde, daß die Zurückverweisung nur dann erfolgen dürfe, wenn im Falle der Aufhebung des Berufungsurtheils eine neue Ausmittlung nothwendig sei. Von mehreren Herrn wurde dabei bemerkt, daß als neue Ausmittlung nur eine neue Beweisaufnahme, nicht aber auch eine nothwendig werdende Ergänzung des thatsächlichen Vorbringens der Parteien anzusehen sei. Herr Schember wollte dem Revisionsgericht die Sachentscheidung fakultativ selbst dann gestatten, wenn eine neue Beweiserhebung erforderlich sei. Von Herrn Petersen wurde vorgeschlagen, dem Revisionsgericht die Befugniß einzuräumen, gegebenen Falls die Sache auch an einen anderen Senat des Berufungsgerichts oder an ein anderes Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Für diesen Vor1094
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schlag sprachen sich die Herrn Bloem und Kleinschroth aus, gegen denselben Herr Beseler, jedoch nur für den Fall der Annahme des Vorschlages in Nr. 9 c. Herr von Wilmowski wünschte, daß dem Revisionsgerichte bei der Entscheidung über die Zulassung oder Zurückweisung des Rechtsmittels die freie Nachprüfung der Auslegung von Urkunden und Willenserklärungen der Parteien gestattet bezw. diese Befugniß durch eine ausdrückliche Bestimmung klargestellt werde. Dieser Vorschlag wurde von keinem der übrigen Herrn befürwortet. Zu Nr. 10. erklärten sich sämmtliche Herrn gegen die Beschränkung der weiteren Beschwerde. Nur Herr Otto brachte in Anregung, für die amtsgerichtlichen Sachen die Angehung des Reichsgerichts auszuschließen. Vorschlag von Sprecher, Nr. 11 Punkt 2 Der Vorschlag, von der nach § 497 C.P.O. erforderlichen Offizialprüfung eine Ausnahme für den Fall zu machen, daß bei dem Nichterscheinen des Berufungsklägers der Berufungsbeklagte das Versäumnißurtheil beantrage, wurde nur von den Herrn von Sprecher, Bloem und Kleinschroth befürwortet; die übrigen Herrn erklärten sich gegen denselben. Der Vorschlag von Sprecher, Nr. 11 Punkt 3 wurde
zurückgezogen.
Nachdem die Berathungen bis zu diesem Punkte gediehen waren, mußten die Verhandlungen mit Rücksicht auf die Geschäftslage des Reichs-Justizamts unterbrochen werden. Der Herr Staatssekretär verabschiedete sich von den Theilnehmern der Konferenz mit Worten des Dankes und behielt sich die Bestimmung des Zeitpunktes für die Fortsetzung der Berathungen vor. 10. Sitzung vom 27. 5. 1895 Zur Fortsetzung der am 27. April unterbrochenen Verhandlungen hatten sich heute die sämmtlichen in der Anlage I zum Protokolle vom 18. April aufgeführten Herrn, mit Ausnahme des Herrn Dambach, wieder eingefunden. Diese Versammlung wurde von dem Herrn Staatssekretär begrüßt und trat sodann in die Besprechung der Nr. 8 a der Zusammenstellung, in Verbindung mit den Vorschlägen Beseler, Nr. 4 und Kirchgessner, Nr. 14 Punkte 5, ein. Das Ergebniß der Erörterung war folgendes. Sämmtliche Herrn waren darüber einverstanden, daß die Uebertragung der Vorschriften in den §§ 41 und 56 des Gewerbegerichts-Gesetzes vom 29. Juli 1890 (über das Verfahren in den Terminen zur Fortsetzung der Verhandlung und über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Urtheile) auf das Verfahren vor den Amtsgerichten sich nicht empfehle. Bezüglich der weiteren Fragen, die Aenderung der Bestimmungen über die Anordnung der Eidesleistung und über die Folgen der Versäumung des Schuldtermins betreffend, gingen die Ansichten auseinander. Was zunächst die Anordnung der Eidesleistung anlangt, so wünschten die Herrn von Wilmowski, Petersen und Otto, daß dieselbe stets durch Beweisbeschluß zu erfolgen habe. Von anderen Herrn — Beseler, von Sprecher, Bloem und Kirchgessner — wurde die Vorschrift in § 45 des Gewerbegerichts-Gesetzes empfohlen, wonach das Gericht nach freiem Ermessen bestimmen kann, ob die Eidesleistung durch bedingtes Urtheil oder durch Beweisbeschluß anzuordnen sei. Für diese letztere Regelung erklärte sich auch Herr Schröder, jedoch nur für den Fall, daß die Schrift in § 428 Abs. 1 C.P.O. aufgehoben werde. Die übrigen Herrn — Schember, Pfizer und Kleinschroth — erklärten sich gegen eine Aenderung des bestehenden Rechts, Herr Kleinschroth mit dem Bemerken, daß 1095
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er eventuell der ausschließlichen Anordnung der Eidesleistung durch Beweisbeschluß vor der Regelung in § 45 des Gewerbegerichts-Gesetzes den Vorzug gebe. — Die Herrn von Wilmowski, Otto, Petersen und Bloem (und eventuell auch Herr Kleinschroth) wollten die von ihnen vorgeschlagenen Aenderungen auch auf die richterlichen Eide ausdehnen, während die übrigen Herrn bezüglich dieser Eide an der Vorschrift in § 439 Abs. 3 C.P.O., wonach dieselben stets durch bedingtes Urtheil aufzuerlegen sind, festhalten wollten. Im übrigen waren sämmtliche Herrn, welche eine Aenderung befürworteten, darüber einverstanden, daß dieselbe nicht nur für das amtsgerichtliche Verfahren, sondern allgemein einzuführen sei. Bezüglich der Frage, welche Folgen an die Versäumung des Schwurtermins zu knüpfen seien, erklärten sich sämmtliche Herrn für eine Aenderung des bestehenden Zustandes, gingen aber in ihren Vorschlägen für die Neuregelung auseinander. Die Herrn Kircbgessner, von Wilmowski und von Sprecher empfahlen die Vorschrift in § 46 des Gewerbegerichts-Gesetzes, die beiden letzteren Herrn jedoch mit der Maßgabe, daß die im Absatz 2 vorgesehene Nothfrist für das Erbieten zur nachträglichen Eidesleistung verlängert werde (von Wilmowski: auf 14 Tage). Andere Herrn — Beseler, Otto, Kleinschroth und Pfizer — befürworteten das im Vorschlag Beseler, Nr. 4, bezeichnete Verfahren; noch andere — Petersen, Schröder und Schemher — wollten bei Versäumung des Schwurtermins bezüglich des von dem Eide betroffenen Theils des Anspruchs Versäumnißurtheil in der Sache selbst ergehen lassen. Herr Bloem endlich schlug die Regelung dahin vor, daß bei Versäumung des ersten Schwurtermins ein neuer Termin zur Eidesleistung anberaumt werde, und, falls auch dieser versäumt werde, der Eid ohne weiteres als verweigert zu gelten habe. Sämmtliche Herrn waren darüber einverstanden, daß die vorgeschlagenen Bestimmungen nicht auf das amtsgerichtliche Verfahren beschränkt, sondern allgemein getroffen würden. Zu Nr. 8 h und Vorschlag Kircbgessner Nr. 14 Punkt 4 Was die Frage einer ausgiebigeren Protokollirung des Inhalts der Verhandlungen im amtsgerichtlichen Verfahren anlangt, so wurde von Herrn Kircbgessner der Vorschlag gemacht, daß der ganze Thatbestand, in kurzer Fassung und unter Zulassung der Bezugnahme auf den Inhalt der Schriftsätze, in das Protokoll aufgenommen werde und dafür der Urtheilsthatbestand wegfalle. Dieser Vorschlag wurde von Herrn Schemher befürwortet, jedoch mit der Maßgabe, daß der Urtheilsthatbestand beibehalten wurde und die Protokollirung der Erklärungen der Parteien dann nicht zu erfolgen brauche, wenn das Urtheil im ersten Verhandlungstermine erlassen werde. Die übrigen Herrn erklärten sich gegen den Vorschlag des Herrn Kirchgessner und wollten eine Aenderung der bestehenden Vorschriften theils überhaupt nicht — Bloem und Schröder — theils nur bezüglich einzelner Punkte eintreten lassen. Die in letzter Hinsicht gemachten Vorschläge gingen dahin, daß durch Aufnahme in das Protokoll festzustellen seien : alle Anträge, Geständnisse und Erklärungen über Annahme oder Zurückschiebung zugeschobener Eide : von Wilmowski, Petersen, Kleinschroth und Pßzer; Gegenstände, Erklärungen über Annahme oder Zurückschiebung zugeschobener Eide, Klage- und Widerklageanträge, soweit dieselben nicht in den Schriftsätzen enthalten sind : Beseler; die Erhebung einer Widerklage und die Erhebung einer Klage durch mündlichen Vortrag: Otto; Aenderungen der Klageanträge, Widerklageanträge und die im Falle der Klageerhebung durch mündlichen Vortrag gestellten Klageanträge : von Sprecher. 1096
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Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 1 Mit dem Vorschlage in Absatz 1, daß die Zustellung unmittelbar durch den Gerichtsschreiber solle erfolgen können, wenn der Zustellungsempfänger bei Gericht erscheint, war man allseits einverstanden. Dagegen erklärten sich, außer Herrn Kirchgessner, sämmtliche Herrn gegen den weiteren Vorschlag, daß bei Verzicht des Zustellungsempfängers auf die Uebergabe des zuzustellenden Schriftstückes die Eröffnung des Inhalts desselben durch den Gerichtsschreiber als Zustellung gelten solle. Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 2 Der Vorschlag wurde nur von Herrn Kirchgessner empfohlen. — Zu Absatz 4 desselben wurde von einzelnen Herrn bemerkt, daß die Einrichtung von Sprechtagen bei den Amtsgerichten zwar erwünscht, die Anordnung hierüber aber nicht durch Gesetz, sondern, unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse, im Wege der Justizverwaltung zu treffen sei. Vorschlag Schröder, Nr. 15 Punkt 5 Der Vorschlag wurde, außer von dem Herrn Antragsteller, von keiner Seite befürwortet. — Dasselbe gilt von dem Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 3 Zu Nr. 2 a. erklärte sich die überwiegende Mehrzahl der Herrn gegen eine Einschränkung der Pflicht zur Erstattung der Anwaltskosten im amtsgerichtlichen Verfahren. Für eine solche sprachen sich nur die Herrn Petersen, Schemher und Bloem aus, und zwar wollten die beiden erstgenannten Herrn die Erstattung nur dann eintreten lassen, wenn die Zuziehung des Rechtsanwalts nach freiem Ermessen des Gerichts zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsvertheidigung nothwendig war, während Herr Bloem die Einschränkung dahin treffen wollte, daß der Gegner nur zur Erstattung einer Quote (etwa eines Drittels) der Anwaltsgebühren verpflichtet werde. Herr Otto brachte in Anregung, bei den niedrigsten Objekten (bis zu 60 M.) die Berechnung von Reisekosten für die Rechtsanwälte auszuschließen. Vorschläge zur Abänderung der die Rechtskonsulenten betreffenden Vorschriften in § 143 C.P.O. Im Anschluß hieran wurde die Frage zur Erörterung gestellt, ob sich eine Abänderung der die geschäftsmäßigen Parteivertreter (Rechtskonsulenten) betreffenden Vorschriften im § 143 C.P.O. empfehle. Die Mehrzahl der Herrn — Petersen, Beseler, Pfizer, Bloem, Kleinschroth und Schröder — sprach sich gegen eine Aenderung aus. Von den übrigen Herrn wurden folgende Vorschläge gemacht: von Herrn von Wilmowski: die Zurückweisung von Rechtskonsulenten nur aus bestimmten Gründen der UnZuverlässigkeit zu gestatten; von Herrn Kirchgessner: im den Fall, daß die Zurückweisung gemäß § 143 Abs. 2 C.P.O. von einem Gerichte erfolge, an dessen Sitze nicht mindestens zwei Rechtsanwälte wohnten, den Zurückgewiesenen ein Beschwerderecht einzuräumen; von Herrn Otto: dem Zurückgewiesenen eine Beschwerde im Justizaufsichtswege zu gestatten; von Herrn von Sprecher: àie Entscheidung über die Zulassung oder Zurückweisung der Justizverwaltung zu übertragen; von Herrn Schember: den Abs. 2 des § 143 C.P.O., als im Widerspruch mit der Gewerbeordnung stehend, ganz zu beseitigen. Auf die Seite 23 der Protokolle [oben S. 1079] ist zu Punkt 1 des Vorschlags Petersen, Nr. 2, hinter dem Absatz 1 hinzuzufügen: Ebenso wurde auch der weitere Vorschlag, daß dem Gericht, an Stelle der in § 248 Abs. 2 C.P.O. vorgesehe1097
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nen Befugniß, das Recht eingeräumt werde, die prozeßhindernden Einreden durch ein gewöhnliches, erst gleichzeitig mit dem Endurtheil anfechtbares, Zwischenurtheil für unbegründet zu erklären, von allen Herrn, mit Ausnahme der Herrn Bloem und Kleinschroth, befürwortet. 11. Sitzung vom 28. 5. 1895 Zu Nr. 2 b. Die Festsetzung des sofort zu ermittelnden Betrages der zu erstattenden Kosten im amtsgerichtlichen Urtheil wurde befürwortet von den Herrn Schember, Kirchgessner, Bloem, Schröder und Kleinschroth, und in der Beschränkung auf die Fälle, wo keine Partei durch einen Anwalt vertreten ist, auch von den Herrn Petersen und von Sprecher. Die vier erstgenannten Herrn wollten die Festsetzung im Urtheil nur fakultativ und unter Zulassung der sofortigen Beschwerde vorschreiben, die drei zuletzt Genannten dagegen obligatorisch und unter Ausschluß der Beschwerde. Die übrigen Herrn — von Wilmowski, Otto, Beseler und Pfizer — erklärten sich gegen den Vorschlag. Herr Schröder wünschte, daß die Gebühr des Anwalts für das Kostenfestsetzungsverfahren beseitigt werde, und brachte ferner in Anregung, für die Kostenberechnung der Parteien an Stelle der spezifizirten Nachweisung der Auslagen einen Pauschalsatz für Auslagen einzuführen. Herr Schember sprach sich gegen diese letztere Anregung aus. Zu Nr. 19 und Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 14 a Die von Herrn Kirchgessner vorgeschlagene Ausdehnung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit auf alle Rechtsstreitigkeiten, die nicht ausdrücklich anderen Gerichten zugewiesen sind, wurde von keinem der anderen Herrn befürwortet. Dagegen fand die in Nr. 19 der Zusammenstellung angeregte Erweiterung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit durch Erhöhung der Werthsgrenze die Zustimmung folgender Herrn : Petersen, Bloem (Erhöhung auf 500 M.); Schember (höchstens 500 M.); von Sprecher (500 M., jedenfalls nicht erheblich mehr); Otto, Beseler (mindestens 500 M.). Herr Bloem wollte den Amtsgerichten außerdem noch die Entscheidung der possessorischen Streitigkeiten, ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwerths, übertragen. Gegen eine Ausdehnung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit erklärten sich die Herrn von Wilmowski, Pfizer, Kleinschroth und Schröder. Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 13 Die Einführung der Revision gegen die von den Landgerichten in der Berufungsinstanz erlassenen Endurtheile wurde befürwortet von den Herrn Kirchgessner und Kleinschroth. Die Herrn Petersen und Bloem äußerten sich dahin, daß die Revision in amtsgerichtlichen Sachen zwar erwünscht, aber nicht nothwendig sei. Die übrigen Herrn erklärten sich gegen die Zulassung der Revision. Vorschlag Bloem, Nr. 12 Für die Ausschließung der Berufung bei geringeren Streitwerten in amts- und landgerichtlichen Sachen erklärten sich die Herrn Bloem und Schember, und zwar wurde die Berufungssumme in amtsgerichtlichen Sachen von beiden Herrn auf 100 M., in landgerichtlichen dagegen von Herrn Bloem auf 1000 und von Herrn Schember auf 500 M. angegeben. Herr Schröder gab anheim, in landgerichtlichen Sachen, jedoch höchstens bei Objekten bis zu 750 M., die Berufung auszuschließen, erklärte sich aber gegen eine Beschränkung der Rechtsmittel in amtsgerichtlichen Sachen. 1098
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Die Herrn Beseler und Pfizer empfahlen den Ausschluß der Berufung bei amtsgerichtlichen Sachen mit einem Streitwerth bis zu 20 M. Die übrigen Herrn waren gegen eine Beschränkung der Berufung. Vorschlag Petersen, Nr. 13 Punkt II Der Vorschlag des Herrn Petersen, dem Reichsgericht die Befugniß einzuräumen, Revisionen, die sich unzweifelhaft als unzulässig oder unbegründet erweisen, ohne mündliche Vehandlung zu verwerfen oder zurückzuweisen, wurde von der Mehrzahl der Herrn — Petersen, Schemher, Schröder, Beseler, Otto, Pfizer und von Sprecher — befürwortet, von den zuletzt genannten vier Herrn jedoch nur für den Fall, daß der Beschluß über die Verwerfung oder Zurückweisung der Revision mit Stimmeneinheit gefaßt werde. Herr von Wilmowski wollte, wie er bereits zu Nr. 9 b der Zusammenstellung (vgl. Protokoll Seite 73) erklärt hatte, dem Reichsgericht die gedachte Befugniß nur einräumen in den Fällen der Verwerfung der Revision als unzulässig oder formwidrig eingelegt und der Zurückweisung derselben, wenn die angefochtene Entscheidung die Einreden der Unzuständigkeit des Gerichts oder der Rechtshängigkeit betraf; Herr Kleinschroth nur in den Fällen, wo die Revision verspätet eingelegt oder die Revisionssumme offenbar nicht vorhanden ist. Die Herrn Kirchgessner und Bloem erklärten sich gegen den Vorschlag. Für den Fall der Annahme seines Vorschlags wünschte Herr Petersen, daß bezüglich des Verfahrens noch die Bestimmung getroffen werde, daß von der Befugniß zur Zurückweisung ohne mündliche Verhandlung nicht vor Ablauf einer zur etwaigen Begründung der Revision offen zu haltenden Frist von zwei bis drei Wochen Gebrauch gemacht werden dürfe, und daß im Falle der Zurückweisung ohne mündliche Verhandlung die Anberaumung eines Verhandlungstermins und die Zustellung der Revisionsschrift an den Gegner zu unterbleiben habe. Im übrigen erachtet er eine Aenderung der Vorschriften über die Begründung der Revision und über den Umfang der Nachprüfung des Revisionsgerichts nicht für erforderlich. Herr Schember hielt dagegen für den Fall der Annahme des Vorschlages Petersen, abgesehen von der Einführung der Offizialladung, eine Aenderung nach der Richtung hin für nothwendig, daß die Begründung der Revision und die Stellung eines Revisionsantrages vorgeschrieben und die Nachprüfung des Reichsgerichts auf die angegebenen Revisionspunkte beschränkt werde. 12. Sitzung vom 29. 5. 1895 Zu Nr. 20. Zu der Frage der anderweiten Bemessung der Zustellungsgebühren unter Vermeidung jeder Mehrbelastung der Staatskassen machten die Herrn Beseler und von Wilmowski folgende Vorschläge, von denen sie meinten, daß dieselben Ersparnisse für die Staatskassen ergeben würden, die zur Ausgleichung der durch niedrige Gebühren bedingten Mindereinnahmen dienen könnten : Herr Beseler: Die Zustellungen durch Gerichtsdiener besorgen zu lassen, die zu Hilfsgerichtsvollziehern bestellt würden und eine besondere Vergütung nicht erhielten; Herr von Wilmowski: die nicht genügend beschäftigten Gerichtsvollzieher bei den kleineren Gerichten, denen zu Erfüllung des garantirten Mindesteinkommens Zuschüsse aus der Staatskasse gezahlt werden müßten, zu anderen Funktionen mit heranzuziehen. Außerdem wiesen die Herrn von Wilmowski und von Sprecher darauf hin, daß sich vielleicht schon durch die Vereinfachung des Zustellungsverfahrens eine niedrige Bemessung der Gebühren ermöglichen lassen werde. Die übrigen Herrn erklärten zumeist, daß sie nicht in der Lage seien, für eine 1099
Änderungen der Civilprozeßordnung
Neuregelung der Zustellungskosten bestimmten Vorschläge zu machen. Die Herrn Kirchgessner und Schröder waren der Ansicht, daß ein Bedürfniß, die Zustellungsgebühren herabzusetzen, nicht vorliege. Zu der Frage der Entlastung der Streitgegenstände von geringerem Werthe sprachen sich nur die Herrn von Wilmowski und von Sprecher aus, und zwar dahin, daß sie eine verschiedene Abstufung der Gebühren nach der Objektshöhe befürworteten. Herr von Sprecher wollte dabei unterscheiden zwischen den amtsgerichtlichen und landgerichtlichen Sachen, Herr von Wilmowski dagegen auch für einen Theil der letzteren die niedrigere Gebühr zulassen. Die Aufhebung der Unterscheidung zwischen Zustellungen von Amtswegen und sonstigen Zustellungen wurde für den Fall der Neuregelung der Zustellungskosten von sämmtlichen Herrn, außer Herrn Pfizer, befürwortet. Letzterer erklärte, daß er vom Standpunkte der württembergischen Einrichtungen aus weder zu der vorliegenden noch zu der übrigen in Nr. 20 angeregten Frage Stellung zu nehmen in der Lage sei, solange nicht bestimmte Vorschläge vorlägen, welche einen Ueberblick über die muthmaßlichen Wirkungen der Neuregelung und eine Beurtheilung der neu zu schaffenden Zustellungsorganisation gestatteten. Was die Frage der Gewährung von Kostenfreiheit für einzelne Gattungen von Zustellungen anlangt, so wurde eine solche nur von Herrn Otto für die von Amtswegen erfolgenden Terminsverlegungen und von Herrn von Sprecher allgemein für die lediglich durch das Gericht selbst veranlaßten Zustellung (ζ. B. für die bei Wiedereröffnung einer geschlossenen mündlichen Verhandlung nothwendig werdenden) gewünscht, die Kostenfreiheit für die Ladung von Zeugen und Sachverständigen dagegen von keiner Seite empfohlen. Herr Otto brachte im Anschluß hieran noch die Anregung, den Zweifel, ob der Gerichtsvollzieher befugt sei, die Gebühr nach § 2 der Gebührenordnung für Gerichtsvollzieher auch dann zu erheben, wenn der Versuch, die Zustellung zu bewirken, fruchtlos geblieben sei, dahin zu entscheiden, daß ihm in diesen Fällen die Gebühr zustehe. Derselbe Herr wünschte ferner die Beseitigung der Vorschrift in § 2 der Geb.-O. für Ger.-Vollz. über die im Auftrage eines Anwalts an den Gegenanwalt bewirkten Zustellungen. Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 6 Der Vorschlag, die Gebührensätze in amtsgerichtlichen Sachen herabzusetzen, wurde außer von Herrn Kirchgessner, nur noch von Herrn Beseler befürwortet, der eventuell eine entsprechende Erhöhung der landgerichtlichen Gebühren anheimgab. Außerdem empfahl Herr Beseler auch eine Herabsetzung der Anwaltsgebühren in amtsgerichtlichen Prozessen. Vorschlag Petersen, Nr. 13 Punkt I Von Herrn Petersen wurde vorgeschlagen, daß in denjenigen Fällen, wo eine Ersatzzustellung an eine zur Empfangnahme nicht befugte Person oder wo eine Zustellung entgegen den Vorschriften der §§ 162—164 C.P.O., an die Partei statt an den Prozeßbevollmächtigten oder an einen unrichtigen Bevollmächtigten erfolgt ist, sowie in den Fällen, wo die Vorschriften über die Beglaubigung der zuzustellenden Abschrift nicht beachtet sind, die Zustellung gleichwohl als wirksam gelten solle, wenn auf Grund der eigenen Erklärungen der Partei festgestellt werde, daß das zuzustellende Schriftstück rechtzeitig bezw. in getreuer Abschrift in die Hände des Zustellungsempfängers gelangt sei. Dieser Vorschlag wurde von sämmtlichen Herrn befürwortet, von den Herrn von Sprecher, Kleinschroth, Beseler und Bloem jedoch mit der Beschränkung, daß die Zustellung unter den gedachten Voraussetzungen nur dann als giltig angesehen 1100
III. CPO-Revisionskommission 1895 werden solle, wenn die Zustellungsurkunde als solche Mängel nicht an sich trage. H e r r Pfizer bemerkte, daß die Wirksamkeit einer solchen an sich ungiltigen Zustellung nur im Verhältniß zum Prozeßgegner, nicht auch gegenüber Dritten, eintreten dürfe. H e r r Kirchgessner wollte noch weitergehen und in allen Fällen einer vorschriftswidrigen Zustellung den durch jedes Beweismittel zu erbringenden Nachweis zulassen, daß das zuzustellende Schriftstück rechtzeitig in die H ä n d e des Zustellungsempfängers gekommen sei. Vorschlag Schröder, Nr. 15 Punkt 1 Der Vorschlag wurde von keinem der anderen Herrn befürwortet. Vorschlag Schröder, Nr. 15 Punkte 2 Mit der Einführung des vorgeschlagenen Zusatzes waren sämmtliche H e r r n einverstanden, jedoch mit der Maßgabe, daß die Verpflichtung zur Rückgabe nicht auf die Generalvollmachten beschränkt, sondern allgemein f ü r alle Vollmachten ausgesprochen werde. Vorschlag Schröder, Nr. 15 Punkt 3 Der Vorschlag in Abs. 1, dem Gerichte die Verpflichtung aufzuerlegen, vor der Bewilligung des Armenrechts dem Gegner Gelegenheit zur Aeußerung über das Gesuch zu geben, fand keine Zustimmung. Bezüglich des weiteren Vorschlags, dem Gerichte zu gestatten, das Armenrecht nur für einen Theil des streitigen Anspruchs zu gewähren, war die überwiegende Mehrzahl der H e r r n der Ansicht, daß dem Gericht diese Befugniß jetzt schon zustehe. Es wurde aber anheimgegeben, falls Zweifel hierüber beständen, eine ausdrückliche Bestimmung im Sinne des Vorschlags zu treffen. H e r r Petersen brachte in Anregung, zur Beseitigung bestehender Zweifel zu bestimmen, daß die Bewilligung des Armenrechts an den Beklagten sich nicht auf die Erhebung einer Widerklage und, in den höheren Instanzen, nicht auf den Anschluß an das Rechtsmittel des Gegners erstrecke. Hiermit waren alle Herrn einverstanden. Vorschlag Schröder, Nr. 15 Punkt 4 Auf die Erörterung dieses Vorschlags wurde seitens des Herrn Antragstellers mit Rücksicht auf die im Artikel 11 des Entwurfs eines Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch unter §§ 627 a, 627 b vorgeschlagenen Ergänzungen der Civilprozeßordnung, verzichtet. Vorschlag Schröder, Nr. 15 Punkt 6 Die Beseitigung des die Rechtsnachfolge feststellenden Versäumnißurtheils in § 2 1 7 Abs. 4 C.P.O. wurde von allen Herrn, mit Ausnahme der Herrn von Wilmowski und Schemher, befürwortet.
13. Sitzung vom 30. 5. 1895 Zu Nr. 6 a. Auf den Wunsch des Herrn Kommissars des Königlich Preußischen Finanzministeriums, welcher der Besprechung der Nr. 6 a der Zusammenstellung in der Sitzung vom 20. April beizuwohnen verhindert gewesen war, wurde die Frage der Vereinfachung des Urtheilsthatbestandes nochmals aufgenommen und von dem genannten H e r r n der Vorschlag gemacht, den $ 284 C.P.O. dahin zu ändern, daß in Nr. 3 des Abs. 1 statt „gedrängte" Darstellung gesagt werde : „vollständige und klare" Darstellung und ferner dem Absatz 3 folgende Fassung gegeben werde: „Bei der 1101
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Darstellung des Thatbestandes ist eine Bezugnahme auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze und auf die zum Sitzungsprotokoll erfolgten Feststellungen zulässig, sofern der Thatbestand dabei den Erfordernissen der Nr. 3 entspricht. In revisionsfähigen Sachen ist ein selbständiger Thatbestand anzufertigen." Für diesen Vorschlag erklärte sich nur Herr Bloem, die übrigen Herrn verblieben dagegen bei ihren früheren, eine Aenderung ablehnenden Erklärungen. Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 12 Die Herabsetzung der Einspruchsfrist auf eine Woche wurde von den Herrn Kirchgessner, Bloem, Otto, Petersen und von Sprecher, die Herabsetzung der Berufungsfrist nur von Herrn Kirchgessnerempfohlen. Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 7 bis 10 Zu Punkt 7 erklärten sich sämmtliche Herrn, außer Herrn Kirchgessner und Bloem — welch' letzterer die Annahme des Vorschlags anheimstellte — gegen die Streichung der Ziffer 4 des § 649 C.P.O. und, mit Ausnahme des Herrn Kirchgessner, auch sämmtliche Herrn gegen die vorgeschlagene Ausdehnung der Vollstreckbarkeitserklärung auf alle Versäumnißurtheile ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes. Zu Punkt 8 sprachen sich ebenfalls sämmtliche Herrn, außer Herrn Kirchgessner, gegen die Streichung des letzten Satzes in § 650 C.P.O. aus. Zu Punkt 9 wurde die vorgeschlagene Aenderung von den Herrn Kirchgessner, Otto und Schröder befürwortet und von Herrn von Wilmowski anheimgestellt, während die übrigen Herrn sich gegen dieselbe erklärten. Der Vorschlag zu Punkt 10 wurde befürwortet von den Herrn Kirchgessner, Bloem, von Sprecher, Kleinschroth und Schröder. Die übrigen Herrn sprachen sich gegen denselben aus. Herr Otto brachte in Anregung, in § 652 Abs. 1 C.P.O. die Worte „auf Antrag" zu streichen, vorbehaltlich jedoch der Prüfung, ob etwa bezüglich der Fälle der §§ 648 und 649 der Antrag beizubehalten sei. Gegen diesen Vorschlag erklärten sich die Herrn Schröder und von Wilmowski. Sämmtliche Herrn waren darüber einverstanden, daß bei einer Erweiterung der amtsgerichtlichen Zuständigkeit auf Objekte über 300 M. die Bestimmung in Ziffer 4 bis 649 C.P.O. auf die höheren Objekte nicht auszudehnen sei. Auf Anfrage des Herrn Geheimrath Vierhaus erklärten sodann noch, mit Ausnahme des Herrn Kirchgessner, alle Herrn übereinstimmend, daß ihrer Ansicht nach das System der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Urtheile, wie es in der Civilprozeßordnung gestattet sei, sich bewährt habe und einer Aenderung, namentlich einer Abschwächung zu Gunsten des Schuldners, nicht bedürfe. Vorschlag Beseler, Nr. 17 Der Vorschlag wurde allseits befürwortet. Vorschlag Schröder, Nr. Ii Punkt 7 Sämmtliche Herrn, mit Ausnahme des Herrn Bloem, waren darüber einverstanden, daß in den Fällen der §§ 690 und 710 C.P.O. dem Kläger die Wahl zu lassen sei, ob er die Klage an die Partei oder an den Prozeßbevollmächtigten derselben zustellen wolle. Falls für das bestehende Recht in dieser Hinsicht Zweifel beständen, wurde eine entsprechende Klarstellung gewünscht. Herr Bloem wollte dagegen vorschreiben, daß die Zustellung ausschließlich an den Prozeßbevollmächtigten erster Instanz zu erfolgen habe. 1102
III. CPO-Revisionskommission 1895
Vorschlag Schröder, Nr. 15 Punkt 8 Außer den Herrn von Sprecher und Pfizer, welche sich gegen eine Aenderung erklärten, waren alle Herrn damit einverstanden, daß im § 739 Abs. 2 C.P.O. die zwingende Vorschrift über die Aufnahme der Aufforderung zur Abgabe der im Absatz 1 gedachten Erklärungen in die Zustellungsurkunde beseitigt und die besondere Zustellung der Aufforderung gestattet werde. Dabei wollte jedoch Herr von Wilmowski für die Aufforderung und für die Abgabe der Erklärungen des Drittschuldners die im § 739 Abs. 1 festgesetzte Frist von zwei Wochen seit Zustellung des Pfändungsbeschlusses bestehen lassen, während die übrigen Herrn für die Abgabe der Erklärungen den Drittschuldner eine Frist von zwei Wochen seit Zustellung der Aufforderung offen halten wollten. Vorschlag Kirchgessner, Nr. 14 Punkt 11 Für den Vorschlag sprachen sich nur die Herrn Kirchgessner und Pfizer aus. Die übrigen Herrn erklärten sich gegen denselben. Die Herrn von Sprecher und Petersen wünschten eine Klarstellung des § 801 C.P.O. dahin, daß die Sicherheitsleistung nur die mangelnde Glaubhaftmachung des Arrestgrundes oder des Arrestanspruchs, nicht aber beides, ersetzen könne. Vorschlag Schemher, Nr. 16 Herr Schemher erklärte sich für den Vorschlag, Herr Pfizer gegen denselben. Die übrigen Herrn enthielten sich der Stellungnahme. 14. Sitzung vom 31. 5. 1895 Vorschlag von Wilmowski, Nr. 1 Die von Herrn von Wilmowski vorgeschlagene Einführung der eidlichen Vernehmung der Parteien an Stelle des Parteieneides wurde von den Herrn Petersen, Bloem und Schröder grundsätzlich befürwortet, und auch die nähere Ausgestaltung der Institution, wie sie in dem Vorschlage vorgesehen ist, im Wesentlichen gebilligt. Herr Bloem wünschte nur, daß der Eid stets über die ganze Aussage der Partei abgenommen und die Beeidigung einzelner Thatsachen ganz ausgeschlossen werde. Herr Schröder wollte neben der Parteivernehmung auch noch das Recht der Zu- und Zurückschiebung der Eide beibehalten und erklärte sich ferner gegen die ausschließliche Anordnung der Eidesleistung durch Beweisbeschluß. Auch Herr Pfizer war im Prinzip dem Vorschlage zugeneigt, hegte aber hinsichtlich der praktischen Gestaltung der Parteivernehmung Bedenken und wollte für dieselbe folgende Grundsätze aufgestellt wissen: 1. jede Partei ist verpflichtet, auf Erfordern des Gerichts oder der Gegenpartei — mit dem Vorbehalt der Beeidigung — sich schriftlich über den Streitgegenstand vernehmen zu lassen; 2. kein Eid darf einer Partei ohne solche vorangegangene Vernehmung auferlegt werden; 3. auch der Eid, welcher auf Grund der Vernehmung auf Antrag der Gegenpartei einer Partei auferlegt wird, unterliegt der Entscheidung und der Formulirung durch das Gericht; 4. wenn die Partei, deren Vernehmung der Gegner beantragt hat, sich dazu nicht herbeiläßt, so hat das Gericht den Letzteren zur Vernehmung und je nach Bedürfniß und Ermessen zum Eid über seine Aussagen zuzulassen; 5. wenn auf Grund der Aussage der vernommenen Partei gegen den antragstellenden Gegner zu entscheiden wäre, so muß die vernommene Partei beeidigt werden; 1103
Änderungen der Civilprozeßordnung
6. der Eid ist durch bedingtes Urtheil aufzuerlegen. Was den letzten Punkt anbelangt, so waren auch die Herrn Petersen und Bloem eventuell damit einverstanden, daß der Eid stets durch bedingtes Urtheil auferlegt werde. Herr von Wilmowski erklärte zur Erläuterung seines Vorschlags noch, daß er unter keinen Umständen die Beeidigung beider Parteien in derselben Instanz gestatten wolle, und bemerkte auf Befragen ferner, daß seiner Ansicht nach auch bei Einführung der Parteivernehmung die Möglichkeit gegeben sei, die Vorschrift in § 428 C.P.O. über die beweisende Kraft des Eides aufrecht zu erhalten. Herr Petersen äußerte sich in gleichem Sinne. Die übrigen Herrn — Otto, von Sprecher; Beseler, Kleinschroth, Kirchgessner und Schember — wollten an dem System des Parteieneides festhalten, und befürworteten mit Ausnahme der Herrn Schember und Beseler, nur insofern eine Aenderung, daß die Anhörung der Partei vor der Formulirung des Eides vorgeschrieben werde. Von Herrn Kleinschroth wurde hierfür insbesondere die Uebernahme der Bestimmungen in den Artikel 455, 456 und 461 der Bayerischen Prozeßordnung vom 29. April 1869 empfohlen. Nachdem hiermit die sämmtlichen zur Erörterung gestellten Fragen erledigt waren, wurden die Verhandlungen von dem Herrn Staatssekretär, unter dem Ausdrucke des Dankes für die Theilnehmer, geschlossen.
4. Anträge der Kommissionsmitglieder Antrag No. 1 von Dr. v. Wilmowski Statt
410—439:
1. Jede Partei kann die eigene eidliche Vernehmung und die der Gegenpartei oder eines Nebenintervenienten oder eines gesetzlichen Vertreters als Zeugen über Thatsachen beantragen. — Die Vernehmung über eine Thatsache, deren Gegentheil das Gericht für erwiesen erachtet, ist unzulässig. — Eine nicht beweispflichtige Partei übernimmt durch den Antrag nicht die Beweispflicht. 2. Die Antretung des Beweises erfolgt durch die Erklärung des Antrags, die Benennung des zu Vernehmenden und die Bezeichnung der bestimmten Thatsache, über welche die Vernehmung stattfinden soll. 3. Auf die Vernehmung der Parteien als Zeugen finden die §§ 339—344, 347, 361 — 365 entsprechende Anwendung. — oder: finden die §§ 345, 346, 348 — 360, 366 keine Anwendung. 4. Durch den Antrag, die Vernehmung oder die Erklärung über die Bereitschaft zur Vernehmung wird die Geltendmachung anderer Beweismittel von Seiten der einen oder anderen Partei nicht ausgeschlossen. Werden andere Beweismittel geltend gemacht, so hat die Parteienvernehmung, falls sie nicht schon erfolgt ist, nur stattzufinden, wenn die Antretung des Beweises durch die anderen Beweismittel erfolglos bleibt. 5. Erachtet das Gericht das Ergebniß der Verhandlungen und einer etwaigen Beweisaufnahme nicht ausreichend, um die Ueberzeugung des Gerichts von der Wahrheit oder Unwahrheit der zu erweisenden Thatsache zu begründen, so kann das Gericht der einen oder anderen Partei auch ohne einen Parteiantrag einen Eid über eine streitige Thatsache auferlegen. 1104
III. CPO-Revisionskommission 1895
6. Der richterliche Eid kann allen Streitgenossen oder gesetzlichen Vertretern, er kann einigen oder einem derselben auferlegt werden. 7. Die Leistung eines Parteieneides erfolgt nur nach der Vernehmung der Partei über die streitige Thatsache, und ist durch Beweisbeschluss anzuordnen. — Eidesnorm gemäss § 424 über bestimmte Thatsachen, oder abgekürzt wie für Zeugen. 8. Die Zulassung einer Parteienbeeidigung über die gesammte Aussage oder über einzelne Thatsachen, die Würdigung der beeidigten und unbeeidigten Thatsachen, sowie der Ablehnung der Vernehmung oder des Eides unterliegt der Beweiswürdigung des Gerichts nach freier Ueberzeugung. (gez. v. Wilmowski, d. 20. 4. 1895) Antrag No. 2 von Dr. Petersen Weiteres Material für die Berathungen über das Verfahren vor Landgerichten. 1. Bezüglich der Behandlung der prozeßhindernden Einreden (§§ 247, 248 der C.P.O.) ist m. E. zu erwägen, ob der in § 465 Abs. 3 dieses Gesetzbuches aufgestellte Grundsatz nicht auch für das Verfahren vor den Landgerichten Geltung erhalten und das in § 248 Abs. 2 vorgesehene durch Rechtsmittel anfechtbare Zwischenurtheil nur dann erlassen werden soll, wenn das Gericht die abgesonderte Verhandlung über die Einreden angeordnet hat. Außerdem möchte ich dem Gericht (statt der in § 248 Abs. 2 Satz 2 vorgesehenen Befugniß) das Recht einräumen, die prozeßhindernden Einreden durch ein gewöhnliches Zwischenurtheil für unbegründet zu erklären, das erst gleichzeitig mit dem Endurtheile angefochten werden darf. 2. Die Klageänderung ist m. E. in weiterem Umfange zu gestatten, indem dem Gerichte die Befugniß eingeräumt wird, die Einrede der Klageänderung zurückzuweisen, wenn eine erhebliche Erschwerung oder Verzögerung der Verhandlung nicht zu besorgen ist. Ferner möchte ich (unter allen Umständen) in der Berufungsinstanz eine freiere Behandlung gestatten und die Vorschrift beseitigen, nach welcher das Gericht die Klageänderung auch dann zurückweisen muß, wenn die erwähnte Gefahr nicht besteht «ni/Beklagter mit der Aenderung einverstanden ist. (gez. Petersen, d. 20. April 1895.) Antrag No. 3 von Dr. Beseler § 235 Zusatz. Das Gericht kann jedoch, ungeachtet des Widerspruchs des Beklagten, bis zum Schlüsse der ersten mündlichen Verhandlung eine Klageänderung zulassen, wenn dadurch nach seinem Ermessen dem Beklagten die Möglichkeit, sich zu vertheidigen, nicht wesentlich erschwert wird. Wird solche Klageänderung zugelassen, so ist auf Antrag des Beklagten die Verhandlung zu vertagen. § 242 Zusatz:γοτ Aenderung der Klage „unzulässige". (gez. Beseler, d. 20. 4. 95) Antrag No. 4 von Dr. Beseler statt §430: folgende Bestimmung: Erscheint der Schwurpflichtige in dem zur Eidesleistung bestimmten Termine nicht, so gilt der Eid als verweigert, der Schwurpflichtige kann sich jedoch innerhalb der Nothfrist von einer Woche zur nachträglichen Eidesleistung erbieten. Diese Erklärung kann zu Protokoll des Gerichtsschreibers abgegeben werden. — Die auf Grund des Nichterscheinens zum ersten Schwurtermine zu treffende Entscheidung ist in einem neuen, sogleich von Amtswegen anzuberaumenden Termine zu erlassen. Derselbe ist für den Fall des rechtzeitigen nachträglichen Erbietens zur Eidesleistung zur Abnahme des Eides und weiteren 1105
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mündlichen Verhandlung bestimmt. Der um Abnahme des Eides ersuchte Richter hat, falls der Schwurpflichtige zum Termine nicht erscheint, erst nach Ablauf der Nothfrist die Akten an das ersuchende Gericht zurückzusenden, bei nachträglichem rechtzeitigen Erbieten zur Eidesleistung aber einen neuen Schwurtermin anzuberaumen. — Erscheint der Schwurpflichtige auch in dem zur nachträglichen Eidesleistung bestimmten Termine nicht, so wird ein weiteres Erbieten hierzu nicht zugelassen. Absatz 4 des § 578 würde dann etwa zu lauten haben: Der Erlass eines Versäumnisurtheils gegen den Beklagten ist ausgeschlossen. (gez. Beseler) Antrag No. 5 von Dr. Beseler 1. Zusatz zu § 8: Daß bei Räumungsklagen, welche auf Beendigung eines Pachtoder Mieths-Verhältnisses vor Ablauf der Vertragszeit beruhen, der Werth des Streitgegenstandes bis auf 1/4 des nach § 8 ermittelten Betrages herabgesetzt werden kann. 2. Zu § 9: Daß die Alimentationsansprüche unehelicher Kinder nicht nach den Grundsätzen des § 9 berechnet werden. 3. Zu § 89:Daß anstatt des Wortes „sofort"gesagt wird: „rechtzeitig". 4. Zu C der Reihenfolge zu § 598: Daß für den Fall des Nichterscheinens des zu Entmündigenden dem Gerichte die Befugniß ertheilt wird, nach Anhörung eines Sachverständigen durch Vermittelung der Verwaltungsbehörde den zu Entmündigenden, um seine Vernehmung bewirken zu können, auf kurze Zeit in eine Heilanstalt bringen zu lassen. 5. Zu I der Reihenfolge als § 105 a zu bestimmen: Über Anträge auf Rückgabe einer bestellten Sicherheit entscheidet das Gericht, welches die Hinterlegung angeordnet oder nachgelassen hat. — Die Entscheidung kann ohne vorherige mündliche Verhandlung erfolgen. — Gegen den die Rückzahlung anordnenden Beschluß findet innerhalb zweier Wochen nach der Zustellung Widerspruch statt. Die widersprechende Partei hat den Gegner unter Mittheilung der Gründe, welche sie gegen die Rückgabe geltend machen will, zur mündlichen Verhandlung zu laden. — Wird solcher Widerspruch nicht erhoben, so wird der Beschluß vollstreckbar, andernfalls ist über die Rückgabe durch Endurtheil zu entscheiden. — Gegen den die Rückgabe der Sicherheit versagenden Beschluß findet Beschwerde statt. 6. Zu §§ 804—807und 815: anzuordnen, daß die auf Grund dieser §§ zu treffenden Entscheidungen ohne vorherige mündliche Verhandlung ergehen können und durch Beschlüsse zu erlassen sind. (gez. Beseler, d. 22. 4. 95) Antrag No. 6 von Dr. Schröder 1. Zu E. Offenbarungseid. Ich möchte beantragen, die im ξ 784 statuirle schützende Wirkung der Ableistung des Offenbarungseides auf eine Frist von etwa 5 Jahren zu beschränken und ferner auszusprechen, daß die Bezugnahme auf diese befreiende Wirkung der Ableistung des Offenbarungseides solchen Ansprüchen gegenüber unzulässig ist, welche aus Verträgen resultiren, die von dem Schuldner nach Leistung des Offenbarungseides abgeschlossen sind. 2. Zu L. Urkunden- und Wechselprozeß. Ich möchte beantragen a) die Ladungsfrist im Wechselprozeß abzukürzen; b) die Einlassungsfrist im Urkundenprozeß abzukürzen; c) von der Bestimmung des § 200 Abs. 2 C.P.O. für solche Fristen eine 1106
III. CPO-Revisionskommission 1895 Ausnahme zu machen, welche — sei es auf Grund Gesetzes, sei es auf richterlicher Verfügung — nach Stunden berechnet werden. (gez. Aug. Schröder) Antrag No. 7 von Petersen In Ansehung der Erstattung und Festsetzung der Prozeßkosten sowie der Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt 1 · §5 87 und 98 der C.P.O. Ob einer Partei, welche durch den Prozeß zu Reisen an den Gerichtssitz oder den Ort der Beweisaufnahme genöthigt worden ist, bei der Kostenfestsetzung eine Entschädigung für Zeitversäumniß, für die Benutzung eines eigenen Fuhrwerks u.s.w. gewährt werden darf, ist bestritten. Das Reichsgericht hat die Frage verneint, weil es sich um eine Schadensersatzforderung handle, zu den Prozeßkosten aber nur die einer Partei erwachsenen Auslagen gehörten. Eine Versagung jeder Entschädigung für Verluste der erwähnten Art ist m. E. unbillig, insbesondere dann nicht zu rechtfertigen, wenn die Partei zu den Personen gehört, welchen, sofern sie als Zeugen vernommen werden, nach § 2 Abs. 3 der Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige eine Entschädigung für Zeitversäumniß gewährt werden muß. Die Verweisung des Ersatzanspruchs in einen besonderen, auf Schadenersatz gerichteten, Prozeß ist aber höchst unzweckmäßig. M. E. könnte Abhülfe durch die Rechtsprechung geschaffen werden, sofern sich das Reichsgericht der gegen seine Auffassung gerichteten Strömung anschließt, was wünschenswerth ist. Ob dies geschehen wird, ist aber zweifelhaft. Deshalb möchte ich eine Bestimmung anregen, durch welche bezüglich nothwendiger Reisen der Partei (§ 87 C.P.O.) die Gewährung einer Entschädigung für Zeitversäumniß wenigstens für solche Fälle vorgesehen wird, in welchen die Partei von ihrer Hände Arbeit lebt, sonach regelmäßig die Zeitversäumniß einen pekuniären Verlust für sie bedeutet. Die Benutzung eines eigenen Fuhrwerks wäre derjenigen eines fremden m. E. in allen Fällen gleichzustellen, in welchen der Partei (ζ. B. einem Landwirth, Fuhrmann u.s.w.) daraus ohne Weiteres ein Verlust erwächst. 2. Nach § 94 der C.P.O. ist die Entscheidung über den Kostenpunkt der Anfechtung durch ein Rechtsmittel entzogen, das nicht zugleich gegen die Entscheidung in der Hauptsache gerichtet ist. Dies gilt nach der bestehenden Rechtsprechung selbst dann, wenn zur Zeit der Entscheidung der Streit über die Hauptsache erledigt, sonach lediglich über die Kosten zu entscheiden war. Die Anfechtung derartiger Entscheidungen ganz auszuschließen, läßt sich aber m. E. nicht rechtfertigen. Deshalb möchte ich empfehlen, die Vorschrift des § 94, die an sich schon Bedenken erregen kann, auf solche Fälle zu beschränken, bei denen noch eine Entscheidung über die Hauptsache ergehen konnte und ergangen ist. 3. § 99 der C.P.O.; §§ 4 und 16 des G.K.G. und § 12 der G.O. für Rechtsanwälte. Nach der bestehenden Gesetzgebung kann es sehr leicht vorkommen und kommt es auch in der That oft vor, daß der Werth des Streitgegenstandes anders (d. h. höher oder niedriger) bestimmt wird, nachdem der Betrag der von der unterliegenden Partei zu erstattenden Prozeßkosten bereits festgesetzt worden ist. In derartigen Fällen hat nach den bestehenden Vorschriften (§§98 — 100) die Aenderung im Werthe des Streitgegenstandes, sofern der Kostenfestsetzungsbeschluß bereits in Rechtskraft erwachsen ist, keinen Einfluß mehr auf den Betrag der zu erstattenden Prozeßkosten. Ihre Wirkung beschränkt sich vielmehr auf die Erhöhung oder Verminderung der Gerichtskosten und Rechtsanwaltsgebühren. M. E. wäre es zu wünschen, daß die Festsetzung des Werthes des Streitgegenstandes, welche doch die Grundlage für die Kostenfestsetzung bildet, anders geregelt und eine Abänderung 1107
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der einmal getroffenen Bestimmung erschwert oder doch an ein Frist gebunden werden könnte. Ist dies nicht ausführbar, so müßte aber eine Berichtigung der in der Kostenfestsetzung zu Grund gelegten Bewerthung des Streitgegenstandes unter allen Umständen die Folge haben, daß auch der Betrag der zu erstattenden Prozeßkosten geändert wird. Die Rechtskraft des Kostenfestsetzungsbeschlusses darf einer derartigen nachträglichen Berichtigung nicht im Wege stehen. Vielmehr muß die Aenderung des Werthes des Streitgegenstandes die Folge haben, daß die zu erstattenden Gerichtskosten und Anwaltsgebühren ihrem wirklichen Betrage nach angesetzt werden. (gez. Petersen, d. 22. April 1895) Antrag No. 8 von Dr. Otto 5 712 C.P.O. soll dahin geändert werden: Die im Gewahrsam des Schuldners befindlichen körperlichen Sachen werden dadurch gepfändet, daß der Gerichtsvollzieher sie in Besitz nimmt. Werden die Sachen im Gewahrsam des Schuldners belassen, so kann die Pfändung dadurch geschehen, daß der Gerichtsvollzieher sie für gepfändet erklärt und Siegel daran anlegt oder die Pfändung sonst in einer für jedermann leicht erkennbaren Weise ersichtlich macht. — Abs. 2 gleich dem jetzigen Abs. 2 Satz 1. (Abs. 2 Satz 2 soll wegfallen, Abs. 3 unverändert bleiben.) (gez. Dr. Otto, d. 24. 4. 95) Antrag No. 9 von Dr. Otto An Stelle der §§ 711, 769 Abs. 2 u. 3, §§ 780—782 sollen folgende Bestimmungen treten : § a. Hat die Pfändung zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt oder steht zu erwarten, daß der Gläubiger durch Pfändung seine Befriedigung nicht vollständig erlangen könne, so ist der Schuldner auf Antrag verpflichtet — fortzufahren wie S 711 —. § b. Wird die vom Schuldner herauszugebende bewegliche Sache oder Quantität bestimmter beweglicher Sachen vom Gerichtsvollzieher nicht vorgefunden, so ist der Schuldner auf Antrag des Gläubigers verpflichtet, den Offenbarungseid — fortzufahren wie § 769 Abs. 2 u. 3 —. §c. = § 780. § d. Der Gläubiger hat die den Antrag begründenden Thatsachen glaubhaft zu machen. Fehlt es hieran, so wird der Antrag zurückgewiesen — Im Falle der Zulassung des Antrages beraumt das Gericht Termin an. Der Schuldner wird geladen, ein Verzeichniß seines Vermögens vorzulegen, in Betreff seiner Forderungen den Grund und die Beweismittel zu bezeichnen sowie den Offenbarungseid zu leisten. Der Gläubiger wird vom Termine benachrichtigt. § e. Im Termine wird über das Vermögensverzeichniß verhandelt und der Eid abgenommen. Bestreitet der Schuldner die Verpflichtung zur Leistung des Eides oder verweigert er die Leistung, so wird hierüber durch Beschluß entschieden. § f . Erscheint der Gläubiger im Termine nicht, so ist auf seinen Antrag ein neuer Termin zu bestimmen. Der Antrag kann nur innerhalb eines Monats seit dem Tage des ersten Termines gestellt werden. Gegen Versäumung des neuen Termines steht dem Gläubiger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß der §§ 211, 212 zu. Erscheint der Schuldner im Termine nicht, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers zur Erzwingung der Eidesleistung die H a f t anzuordnen. § g. Ist der die Einwendungen des Schuldners verwerfende Beschluß rechtskräftig 1108
III. CPO-Revisionskommission 1895 geworden, so hat das Gericht beide Theile anderweit zu laden und, wenn nunmehr der Eid nicht geleistet wird, auf Antrag des Gläubigers zur Erzwingung der Eidesleistung die Haft anzuordnen. Die Bestimmungen in § f finden auch auf den anderweiten Termin Anwendung. (gez. Dr. Otto, d. 23. 4. 95) Antrag No. 10 von Dr. Freiherr Sprecher von Bernegg Zu § 703 möchte ich zu erwägen bitten: ob eine Bestimmung aufzunehmen sei, wonach auf Grund der dort erwähnten Schuldtitel oder einzelner derselben, wenn sie ein Recht an einer Sache zum Gegenstande haben, die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung gegen denjenigen Rechtsnachfolger des Schuldners, an welchen die Sache nach Errichtung des Schuldtitels veräußert ist, nach Maßgabe des § 665 erfolgen kann. (gez. von Sprecher, d. 23. 4. 95) Antrag No. 11 von von Sprecher Ich bitte in geeignete Erwägung ziehen zu wollen, 1. zu §231: ob nicht die Feststellungsklage auch bei Zustimmung des Beklagten für zulässig zu erklären sei, ohne daß es des Nachweises eines rechtlichen Interesses an der alsbaldigen richterlichen Entscheidung bedarf. 2. zu §§ 497, 504 für den Fall, daß die Zustellung von Amtswegen nicht vorgeschrieben werden sollte: ob nicht von der nach § 497 erforderlichen Offizialprüfung eine Ausnahme für den Fall zu machen sei, daß bei dem Nichterscheinen des Berufungsklägers der Berufungsbeklagte das Versäumnißurtheil beantragt. 3. zu §§ 563 Abs. 2, 655 Abs. 2: ob nicht von dem auf Grund des aufgehobenen Urtheils Gezahlten der zur Rückzahlung verurtheilte Kläger gesetzliche Zinsen zu entrichten verpflichtet sein solle. (gez. von Sprecher, d. 25. 4. 95) Antrag No. 12 von Bloem Ich beantrage: Zusatz zu § 472. In Rechtsstreitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche ist die Berufung unzulässig, wenn der Werth des Beschwerdegegenstandes nicht übersteigt a, bei amtsgerichtlichen Urtheilen den Betrag von 100 M., b, bei landgerichtlichen Urtheilen den Betrag von 1000 M. — Die Bestimmungen der §§ 508 und 509 C.P.O. wären analog anzuwenden. (gez. Bloem, d. 6. Mai 1895) Antrag No. 13 von Petersen bezüglich des Zustellungswesens und des Verfahrens in der Revisionsinstanz I. Zustellungswesen Die Vorschriften über die Ersatzzustellung und die Beglaubigung der zuzustellenden Abschrift haben nur den Zweck, einerseits die rechtzeitige Uebergabe des zuzustellenden Schriftstückes zu sichern, andererseits einen genügenden Beweis dafür zu beschaffen, daß dieses Schriftstück wirklich in getreuer Abschrift und rechtzeitig in die Hände des Zustellungsempfängers gelangt ist. Ihre Nichtbeobachtung muß daher zwar dem Erlaß eines Versäumnißurtheils im Wege stehen, sollte aber m. E. nicht in allen Fällen die Wirkung haben, daß der Zustellungsakt unwirksam ist. Wenn durch die eigenen Erklärungen des Zustellungsempfängers feststeht, daß ihm das Zuzustellende rechtzeitig übergeben worden ist, und die übergebene Abschrift auch genau mit der Urschrift übereinstimmt, also der begangene Fehler gar 1109
Änderungen der Civilprozeßordnung
keinen Einfluß gehabt hat, der Zweck der Zustellung vielmehr in vollem Umfange erreicht worden ist, darf der Zustellung, wie mir scheint, die rechtliche Wirkung nicht versagt werden, wie es jetzt leider in gar vielen Fällen geschieht, vielleicht nach der bestehenden Gesetzgebung geschehen muß. Um diesem m. E. ungerechtfertigten Formalismus ein Ende zu machen, möchte ich deshalb eine Bestimmung vorschlagen, nach welcher die Zustellung ungeachtet eines Mangels der erwähnten Art ihre Wirksamkeit behält, wenn feststeht, insbesondere wenn sich aus den eigenen Erklärungen der Partei ergiebt, daß ihr in Folge des Zustellungsaktes das zugestellte Schriftstück rechtzeitig übergeben worden ist. Der aufgestellte Grundsatz ließe sich vielleicht noch in weiterem Umfange durchführen. Ich möchte mich aber auf die Regelung der angeführten Fälle der mangelhaften Ersatzzustellung und Beglaubigung wenigstens vorerst beschränken, da gerade in diesen Richtungen sehr häufig Verstöße vorkommen, welche für den Erfolg der Zustellung ganz bedeutungslos sind, aber doch deren Ungültigkeit und damit nicht selten den Verlust des Prozesses zur Folge haben. Die Einführung des Offizialbetriebs würde den m. E. bestehenden Uebelstand m. E. zwar vermindern, aber nicht beseitigen, deshalb eine Abhülfe nicht überflüssig machen. II. Verfahren in der
Revisionsinstanz
Da durch die m. E. sehr zweckmäßige Beschränkung der Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht voraussichtlich eine Belastung des Reichsgerichts mit einer Mehrheit (durch die Verlängerung der Verhandlungen) herbeigeführt werden wird, halte ich es für wünschenswerth, daß dafür in anderer Richtung eine Ausgleichung erfolgt; sonst ist m. E. zu befürchten, daß die Erhöhung der Revisionssumme ihren Zweck nicht erreichen wird. Ich bin nun zwar noch der Meinung, daß es sich nicht empfiehlt, die Ausschließung der mündlichen Verhandlung in das bloße Ermessen des erkennenden Senates zu stellen. Dagegen möchte ich es, nach nochmaliger Erwägung der Frage, für unbedenklich halten, daß dem Reichsgericht die Befugniß eingeräumt wird, gewisse Revisionen ohne mündliche Verhandlung zu verwerfen oder zurückzuweisen. Auch glaube ich annehmen zu dürfen, daß auf diesem Wege eine nicht unerhebliche Entlastung des Reichsgerichts (ohne Nachtheil für die Sache) herbeigeführt werden kann. Die erwähnte Befugniß müßte m. E. auf solche Fälle beschränkt werden, in welchen sich schon aus den Akten unzweifelhaft ergiebt, daß die Revision unzulässig ist, oder doch eine Gesetzesverletzung nicht vorliegt, sonach die Revision völlig aussichtslos ist. Auch würde, wenn Bedenken gegen die Maßregel bestehen, welche ja eine Abweichung vom Grundsatze der Mündlichkeit enthält, sich vielleicht eine Bestimmung empfehlen, nach welcher sie nur mit einer Mehrheit von 5 (oder sogar 6) Stimmen beschlossen werden darf. Bei einer zweckmäßigen Regelung des Verfahrens könnte auf dem angegebenen Wege auch dem Beklagten in vielen Fällen die Bestellung eines Anwaltes erspart werden; insbesondere würde dies in den meisten von den häufig vorkommenden Fällen der Fall sein, in welchen die Revision erst kurz vor dem Verhandlungstermin zurückgenommen wird. Die lediglich auf Hinausziehung der Vollstreckung berechneten Revisionen würden sich wohl vermindern. (gez. Petersen, d. 19. Mai 1895) Antrag No. 14 von Kirchgessner l. als § 456 a der C.P.O. Zustellungen können durch den Gerichtsschreiber unmittelbar erfolgen, wenn die Person, an welche zugestellt werden soll, bei Gericht erscheint. — Als Zustellung gilt auch die durch den Gerichtsschreiber erfolgte Eröffnung des Inhalts des zuzustellenden Schriftstücks an diese Person durch Vorlesen 1110
III. CPO-Revisionskommission 1895 oder gestattetes Selbstlesen, wenn dieselbe auf Uebergabe dieses Schriftstückes beziehungsweise dessen Ausfertigung oder Abschrift, ausdrücklich verzichtet. — Diese Zustellung oder Eröffnung ist unter Angabe des Tages und der Stunde durch Unterschrift dieser Person und Bestätigung des Gerichtsschreibers zu beurkunden. 2. als Abs. 2 pp. zu § 457 der C.P.O. Gleichzeitig mit der Bestimmung des Termines zur mündlichen Verhandlung sind die Parteien aufzufordern, in demselben persönlich zu erscheinen und alle sachdienlichen Schriftstücke vorzulegen. — Die zu Protokoll des Gerichtsschreibers eingebrachte Klage ist zu diesem Zwecke sofort dem Richter vorzulegen und dessen Verfügung unmittelbar dem anwesenden Kläger nach § 456 a zuzustellen oder zu eröffnen. — Der Termin zur mündlichen Verhandlung ist auf einen möglichst nahen Tag anzuberaumen und soll nicht über eine Woche nach voraussichtlichem Ablaufe der Einlassungsfrist hinaus bestimmt werden. — Für jedes Amtsgericht sind mehrere Wochentage öffentlich bekannt zu geben, an welchen Jedermann bei dem Amtsrichter um Aufschluß in amtsgerichtlichen Angelegenheiten nachsuchen kann. (s.g. Klag- oder Sprechtage) 3. Beisatz zu § 464 der C.P.O. Der Richter hat am Beginne und am Schlüsse der Verhandlung die Sühne zu versuchen. 4. statt des § 470. Der Thatbestand d. i. eine möglichst kurz und klar zusammengefasste Darlegung des Sach- und Streitstandes auf Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien unter Hervorhebung der gestellten Anträge ist nicht in das Urtheil, sondern in das Protokoll aufzunehmen, wobei auf den Inhalt von Schriftsätzen Bezug genommen werden kann. 5. §§45 und 46 des Gesetzes vom 29. Juli 1890 betr. die Gewerbegerichte sind aufzunehmen. 6. dem § 8 und § 18 des R.G.K.Ges. ist beizusetzen: Im amtsgerichtlichen Verfahren mindern sich diese Ansätze um die Hälfte (eventuell ein Drittel). 7. Ziffer 4 des § 649 der C.P.O. zu streichen und als Abs. 2 zu § 649 zu setzen : „Versäumnißurtheile über vermögensrechtliche Ansprüche sind ohne Rücksicht auf den Werth des Streitgegenstandes auf Antrag für vorläufig vollstreckbar zu erkläu
ren. 8. in § 650 der C.P.O. den letzten Satz: „oder wenn sich der Gläubiger erbietet, vor der Vollstreckung Sicherheit zu leisten" zu streichen und als Abs. 2 zu setzen: „Das Gericht kann anordnen, daß der Antragsteller vor der Vollstreckung Sicherheit leiste". 9. in § 651 statt „nicht zu ersehenden Nachtheil" zu sagen „einen schwer zu ersehenden oder schwer zu ermittelnden Nachtheil". 10. in §652 Abs. 2 den Satz „wenn nicht der Gläubiger sich erbietet, vor der Vollstreckung Sicherheit zu leisten" zu streichen, 11. in § 801 in Abs. 2 den ersten Satz zu streichen, und den Abs. 2 also zu fassen : „Selbst wenn der Anspruch und der Arrestgrund glaubhaft gemacht ist, kann das Gericht die Anordnung des Arrestes von einer Sicherheitsleistung abhängig machen." 12. in §304 Abs. 1. Die Einspruchsfrist auf eine Woche und in $ 477 die Berufungsfrist auf zwei Wochen herabzusetzen. 13. Z i f f . 1 und4 des § 123 d. R.G.V.G. folgendermaßen zu fassen: „Die Oberlandesgerichte sind zuständig für die Verhandlung und Entscheidung über die Rechtsmittel Ziffer 1, der Berufung gegen die erstinstanziellen und der Revision gegen die zweitinstanziellen Endurtheile der Landgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ohne Rücksicht auf den Werth des Beschwerdegegenstandes (und §§ 507, 508, 509 d. C.P.O. entsprechend abzuändern), 1111
Änderungen der Civilprozeßordnung
Ziffer 4: der Beschwerde gegen die erstinstanziellen und der weiteren Beschwerde gegen die zweitinstanziellen Entscheidungen der Landgerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. 14. Im Falle dieser Abänderung der Ziff. 1 und4des§ 123 d. R.G.V.G.: a) den § 23 d. R.G.V.G. dahin abzuändern: „Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, welche nicht ausdrücklich anderen Gerichten zugewiesen sind, insbesondere auch Ansprüche aus dem außerehelichen Beischlafe und das Aufgebotsverfahren." und b) als § 501 a d. C.P.O. zu setzen: Auf Antrag kann das Landgericht als Berufungsgericht bei besonderer Verwicklung des Sach- und Streitstandes das Urtheil des Amtsgerichts aufheben und anordnen, daß vor dem Landgerichte als erster Instanz zu verhandeln sei. — In diesem Falle sind die vor dem Amtsgerichte erwachsenen Kosten als ein Theil der bei dem Landgerichte erwachsenen Kosten zu behandeln. (Würzburg, d. 22. Mai 1895. gez. Kirchgessner. K. Oberlandesgerichtsrath.) Antrag No. 15 von Dr. Schröder 1. zu § 72. Einfügung einer dem Abs. 2 des § 73 analogen Bestimmung für den Fall, daß der Dritte dem Streite nicht beitritt. 2. zu § 76. Einfügung eines Zusatzes zu Abs. 1, dem zufolge etwa produzirte Generalvollmachten nach Abnahme gerichtlicher Abschrift zurückgegeben werden sollen. 3. zu §106. Verpflichtung des Gerichts, dem zu Beklagenden Gelegenheit zu geben, sich über den angeblichen Anspruch des das Armenrecht Erbittenden zu äußern. Befugung des Gerichts, dem Antragsteller das Armenrecht für ein der Höhe nach beschränkteres Streitobjekt zu gewähren. 4. zu §§ 129 und 161. für Statusklagen dürften Ausnahmen von den Bestimmungen vorgedachter §§ zu machen sein. 5. zu §§ 132 und 268. Einfügung der Zwangsbestimmung des § 579 Abs. 3, sowie der Bestimmung des § 579 Abs. 2. 6. zu §217 Abs. 4. Beseitigung des die Rechtsnachfolge feststellenden Versäumnißurtheils. Erscheint der als Rechtsnachfolger Geladene nicht, ist die Rechtsnachfolge als zugestanden anzusehen und ohne Weiteres in der Sache selbst zu erkennen. 7. zu § 690 und 710. Aufnahme einer Bestimmung, an wen die Klage zuzustellen ist (an die Partei oder den Anwalt der Partei). 8. zu § 739. Streichung des Satzes: Die Aufforderung zur Abgabe dieser Erklärungen muß in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden. (gez. Dr. Schröder Hamburg, d. 24. 5. 95) Antrag No. 16 von Schember In §14 Ziffer 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes vom 27. Januar 1877 wird die Schlußbestimmung : „und daß der Gerichtsbarkeit des Gemeindegerichts, als Kläger oder Beklagter, nur Personen unterworfen werden dürfen, welche in der Gemeinde den Wohnsitz, eine Niederlassung oder im Sinne der §§ 18, 21 der Civilprozeßordnung den Aufenthalt haben" gestrichen. (gez Schember; d 27 Mai j895) Antrag No. 17 von Dr. Beseler Zu § 688: „In dringenden Fällen kann der Vorsitzende anstatt des Gerichts entscheiden." , TJ 1 Ν (gez. Beseler) 1112
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
IV. 2. BGB-Kommission 1
l. Beratungen erster Lesung 444. Sitzung vom 26. 11. 1895 I VII. Im Entw. I d. E.G. sind Aenderungen des G.V.G. nicht vorgesehen. Bei der | Ρ II 6,564 Berathung des B.G.B, sind jedoch zu den §§ 23 und 202 d. B.G.B. Aenderungen beschlossen worden, die in der Anmerkung zu B.R. § 548 unter 1 und 2 — E. II § 498 unter 1 und 2 — enthalten sind; (vergi. II S. 189 Antrag 3 a und b, S. 193 und 194 unter 4). Die angeführte, dem § 548 (B.R.) beigefügte Anmerkung lautet: In den Entw. des E.G. sollen folgende Vorschriften eingestellt werden. 1. der § 23 Nr. 2 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes wird dahin geändert: „Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermiether von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Benutzung oder Räumung sowie wegen Zurückhaltung der von dem Miether in die Miethräume eingebrachten Sachen " I 2. der § 202 Abs. 2 Nr. 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes wird dahin geändert: | Ρ II 565 „Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermiether von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Benutzung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der von dem Miether in die Miethräume eingebrachten Sachen." Nunmehr waren die Anträge gestellt: 1. in der vorstehenden Neufassung des § 23 Nr. 2 Abs. 1 und des § 202 Abs. 2 Gebhard Nr. 4 d. G.V.G. am Schlüsse zu setzen: „sowie wegen Zurückhaltung der von dem (Nr62,2) Miether oder dem Untermiether in die Miethräume eingebrachten Sachen." 2. die §§ 13, 14 d. G.V.G. zu ergänzen bezw. zu ändern wie folgt: Jacubezky a) dem § 13 als Abs. 2 beizufügen: „Für Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, die (Nr 47, 4 u. dem Gebiete des Bürgerlichen Gesetzbuchs angehören und für die nicht Vorschriften 1) der Landesgesetze vorbehalten sind, kann die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten nicht durch Landesgesetz begründet werden." b) im § 14 der Nr. 2 die Fassung zu geben: „Gerichte, welche die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bei der Ablösung von Gerechtigkeiten oder Reallasten, bei Separationen, Konsolidationen, Verkoppelungen, gutsherrlich-bäuerlichen Auseinandersetzungen und dergleichen sowie die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten über Rechtsverhältnisse des Nachbarrechts oder gesetzliche Beschränkungen der Ausübung von Grunddienstbarkeiten obliegt." 2 3. falls nach dem Antrage 2b eine Aenderung der Nr. 2 des § 14 d. G.V.G. v. Mandry beschlossen werden sollte, die neue Fassung im näheren Anschluß an den dem Art. 41 (Nr 65,1) des Entw. d. E.G. gegebenen Wortlaut dahin zu gestalten: „Gerichte, welche die Im folgenden werden grundsätzlich nur die Anträge wiedergegeben, die sich einem Kommissionsmitglied zuordnen lassen. Ferner wurde aus Platzgründen bei umfangreicheren Beratungen darauf verzichtet, das Beratungsergebnis wiederzugeben. — Die Protokolle der 2. Kommission sind für die Verhandlungen zur Abänderung der C.P.O. nur in Bd. 6 der amtlichen Ausgabe, nicht aber bei Mugdan enthalten. Begründung des Antrags Nr. 65, 1: Übrigens ist der prinzipielle Zusatz zu § 13 des GVG nicht unbedenklich, einmal weil meines Erachtens die Kompetenz der Kommission zu einer solchen Aenderung des GVG zweifelhaft ist und dann weil der Eingriff in das bestehende Verwaltungsrecht der Bundesstaaten sich schwer übersehen läßt. Vgl. ζ. B. Württ. Gesetz über die Verwaltungs-Rechtspflege vom 16. Dezember 1876 Art. 2 Ziff. 3. Werde der Antrag zu § 13 abgelehnt, so unterbleibt besser auch die Aenderung des § 14. 1113
Änderungen der Civilprozeßordnung
Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bei Gemeinheitstheilung, Zusammenlegung von Grundstücken, Regulirung der Wege, Ordnung der gutsherrlichbäuerlichen Verhältnisse, Ablösung, Umwandlung oder Einschränkung von Dienstbarkeiten und Reallasten sowie über Rechtsverhältnisse des Nachbarrechts obliegt." 3 A. Der den geänderten § 23 Nr. 2 Abs. 1, § 202 Abs. 2 Nr. 4 d. G.V.G. ergänzende Antrag 1 wurde gebilligt. Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 565—568. 449. Sitzung vom 20. 12. 1895 IΡ II 6,638
I II. Die Komm, ging nunmehr zur Berathung der früher ausgesetzten (S. 559 unter I, 574 unter I) Art. 11 bis 15 des Entw. d. E.G. über, welche die Aenderungen der C.P.O., der K.O. und der Ausführungsgesetze zu diesen Gesetzen zum Gegenstande haben. Die erste zur C.P.O. vorgeschlagene Aenderung betrifft die §§ 14 bis 17, die von dem Wohnsitz in Ansehung des Gerichtsstandes handeln. Der Entw. d. E.G. ersetzt diese Vorschriften durch einen allgemeinen Hinweis auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechtes (Entw. I §§ 34 bis 40) und wiederholt daneben die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 d. C.P.O., die als lediglich prozessualisch im § 38 des Entw. I keine Aufnahme gefunden hatte. Nachdem der § 38 des Entw. I bei der zweiten Lesung des B.G.B, gestrichen worden, wurde bezüglich der §§14 bis 17 d. C.P.O. in Aussicht genommen, im Art. 11 eine dem § 38 des Entw. I bezw. dem § 16 d. C.P.O. entsprechende Vorschrift aufzunehmen und zwar unter Berücksichtigung des § 6 d. ReichsGes., betr. die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete, in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1888 (Anmerkung zu B.R. § 11 — Entw. II § 21 — Vergi. I S. 40 und 41 unter I, Bd. VI S. 113 unter XI). Nunmehr lagen die Anträge vor:
Jacubezky (Nr 74, 1) v. Mandry (Nr. 87, 1)
1. die §§ 14,15,17 d. C.P.O. zu streichen,
2. die §§14 und 15 sowie den § 17 Abs. 2 d. C.P.O. zu streichen und den § 17 Abs. 1 d. C.P.O. durch die Vorschrift zu ersetzen: „Eine Ehefrau theilt nicht den Wohnsitz des Ehemanns, wenn auf beständige Trennung von Tisch und Bett erkannt ist." Gebhard 3. a) die §§ 14, 15, 17 d. C.P.O. durch den folgenden § 14 zu ersetzen: § 14. Der (Nr 73, 1 - 2 ) Wohnsitz einer Person bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes. b) den § 16 d. C.P.O. zu fassen: „Ein Deutscher, welcher das Recht der Exterritorialität genießt, sowie ein im Auslande angestellter Beamter des Reichs oder eines Begründung des Antrags Nr. 47, 4: Es ist Aufgabe der Reichsgesetzgebung, zu bestimmen, wieweit bei Rechtsverhältnissen, die nach Reichsrecht dem bürgerlichen Rechte angehören, die Ausschließung des Rechtsweges zulässig sein soll. Die vorgeschlagene Beschränkung der Landesgesetzgebung dürfte deswegen zu ernsten Bedenken keinen Anlaß geben, weil die Rechtsverhältnisse, bei welchen ein besonderes Interesse der einzelnen Bundesstaaten an der Ausschließung des Rechtsweges anzuerkennen ist, zugleich solche sind, deren materielle Regelung der Landesgesetzgebung überlassen ist. Wegen der Zuständigkeit für nachbarrechtliche Streitigkeiten vgl. Prot. S. 3593 bis 3596. Ursprünglich war von Jacubezky zu § 13 Abs. 2 in Nr. 47, 4 beantragt: Für Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, die dem Gebiete des Bürgerlichen Gesetzbuchs angehören, kann durch Landesgesetz die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten nur begründet werden, soweit die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch Vorschriften der Landesgesetze ausgeschlossen werden können. 1114
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission ( 1 8 9 5 / 9 6 )
Bundesstaats, behält in Ansehung des Gerichtsstandes von Wohnsitz, welchen er in dem Bundesstaate hatte, dem er angehört. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes gilt als Wohnsitz die Hauptstadt dieses Staates. Ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Gerichtsbezirk im Wege der Justizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Gehört der Deutsche einem Bundesstaate nicht an, so gilt als sein Wohnsitz ein durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmender Gerichtsbezirk der Stadt Berlin. — Diese Vorschriften finden auf Wahlkonsuln keine Anwendung." Der Antrag 2 wurde, soweit er die Aufnahme einer neuen, an die Stelle des wegfallenden Abs. 1 des § 17 tretenden Vorschrift betrifft, zurückgezogen, so daß die Anträge 1, 2 übereinstimmend dahin lauten, daß die §§ 14, 15, 17 d. C.P.O. ersatzlos gestrichen werden sollen. I III. Nach der Anmerkung zu § 51 des B.G.B. (B.R.) — (vergi. S. 208 und 209 | Ρ II 6, 639 unter B) — soll als § 55b in die C.P.O. die Vorschrift eingestellt werden: „Vereine, die nicht rechtsfähig sind, können verklagt werden, wie wenn sie rechtsfähig wären." Hierzu lagen die Anträge vor: 1. die als § 55 b beschlossene Vorschrift als Abs. 2 in den § 19 d. C.P.O. einzu- Jacubezky (Nr 74, 1 - 2 ) stellen; 2. a) dem ersten Titel des zweiten Abschnitts des ersten Buches d. C.P.O. die Ueberschrift zu geben: „Parteifähigkeit. Prozeßfähigkeit"; b) die als § 55 b beschlossene Vorschrift in diesen Titel als § 49 a einzustellen. I 3. vor dem ersten Titel des zweiten Abschnitts des ersten Buches d. C.P.O. einen IΡ II 6, 640 Titel einzuschieben mit der Ueberschrift „Parteifähigkeit" und in diesen Titel fol- Planck gende Vorschrift als § 49a aufzunehmen: „Die Parteifähigkeit bestimmt sich nach (Nr 77) dem bürgerlichen Rechte. — Vereine, die nicht rechtsfähig sind, können verklagt werden, wie wenn sie rechtsfähig wären." oder statt des Abs. 1 des § 49 a zu bestimmen : „Wer rechtsfähig ist, ist parteifähig." Der Antragsteller zu 3 erklärte sich damit einverstanden, daß gemäß dem Antrage 2 nicht ein besonderer Titel „Parteifähigkeit" eingestellt werden, vielmehr die Ueberschrift des jetzigen ersten Titels den Wortlaut „Parteifähigkeit, Prozeßfähigkeit" erhalten und in diesem Titel als § 49 a der bisherige § 55 b an die Spitze gestellt werden solle. Die im § 49 a Abs. 1 des Antrags 3 vorangeschickte allgemeine Bestimmung hielt der Antragsteller jedoch aufrecht. In dieser Gestalt gelangten die Anträge 2, 3 zur Annahme; der Antrag 1 wurde abgelehnt. IV. Zu § 25 war beantragt: den Abs. 2 zu fassen: „Bei den eine Grunddienstbar- Jacubezky keit, eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht betreffenden Klagen ist die Lage des (Nr 74, 2) dienenden oder belasteten Grundstücks entscheidend." Der Antrag, der die bisherige Fassung durch die Erwähnung des Vorkaufsrechts ergänzt, wurde gebilligt. IV. Zu § 28 d. C.P.O. ist im Entw. d. E.G. eine neue Fassung in Aussicht genom- ι Ρ II 6 , 6 4 1 men, in der neben den Erbrechten die Pflichttheilsansprüche gegen den Erben und die Ausgleichungsansprüche unter Miterben hervorgehoben werden. Die hierzu gestellten Anträge lauten ; 1. den § 28 d. C.P.O. zu fassen: „Klagen, welche Erbrechte, Ansprüche des Erben Jacubezky gegen einen Erbschaftsbesitzer oder die im § 2005 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Nr 74, 4) (B.R.) bestimmte Auskunftspflicht, Pflichttheilsansprüche gegen den Erben, Ansprüche aus Vermächtnissen oder anderen Verfügungen von Todeswegen oder die Theilung der Erbschaft zum Gegenstande haben, können vor dem Gericht erhoben 1115
Änderungen der Civilprozeßordnung
werden, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines T o d e s den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat. In dem Gerichtsstande der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer N a c h laßverbindlichkeiten erhoben werden, w e n n sich der N a c h l a ß noch ganz oder theilweise im Bezirke des Gerichts befindet oder wenn mehrere Erben vorhanden sind und als Gesammtschuldner haften." Struckmann 2. im § 28 Abs. 1 d. C . P . O . hinter dem W o r t e „Pflichttheilsansprüche" die W o r t e (Nr 43,1) „gegen die E r b e n " zu streichen. Z u m Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 641—643. I Ρ II 6,643
I VI. 4 Z u § 51 d. C . P . O . bezüglich dessen im Entw. d. E.G. eine Aenderung nicht vorgesehen ist, w a r e n die Anträge gestellt:
Jacubezky
1. die Abs. 2, 3 des § 51 d. C.P.O. zu streichen,
(Nr 74, 5)
v. Mandry 2. den Abs. 3 des § 5 1 d. C.P.O. zu streichen, an Stelle des Abs. 2 aber zu (Nr 87, 2) bestimmen: „Die P r o z e ß f ä h i g k e i t einer Ehefrau wird dadurch, daß sie E h e f r a u ist, nicht beschränkt." 5 I Ρ II 6,644
I Bei der Abstimmung ergab sich eine Mehrheit f ü r die Beibehaltung des Abs. 2 in der im Antrage 2 vorgeschlagenen Gestalt; der Abs. 3 w u r d e gestrichen. VII. N a c h der A n m e r k u n g zu § 1896 d. B.G.B. (B.R.) unter 1 - Entw. II § 1794 unter 1 — (vergi. I V S. 858 unter XIV) soll z u m Ersätze des gestrichenen § 1747 des Entw. I d. B.G.B, folgende Vorschrift als § 5 1 a in die C . P . O . eingestellt w e r d e n : „Wird eine p r o z e ß f ä h i g e Person in einem Rechtsstreite durch einen Pfleger vertreten, so steht sie f ü r den Rechtsstreit einer nicht p r o z e ß f ä h i g e n Person gleich." — Gegen die Einstellung dieser Vorschrift erhob sich kein Widerspruch.
Gebhard VIII. N a c h der A n m e r k u n g zu § 177 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II § 149 — (vergi. I (Nr 73, 3) S. 517 bis 520 unter VIII) soll folgende Vorschrift als § 53 a in die C.P.O. eingestellt
w e r d e n : „Ein V e r t r e t e r kann nicht im N a m e n des Vertretenen mit sich im eigenen N a m e n oder als V e r t r e t e r eines Dritten einen Rechtsstreit f ü h r e n . " Jacubezky H i e r z u lag der A n t r a g vor: den § 53 a in folgender Fassung als § 55 b in die C.P.O. (Nr 74, 6) einzustellen: „Ein V e r t r e t e r kann nicht im N a m e n des Vertretenen mit sich im eigenem N a m e n o d e r als Vertreter eines Dritten einen Rechtsstreit f ü h r e n . " Die Entscheidung erfolgte mit 7 gegen 7 Stimmen durch Stichentscheid des Vorsitzenden zu G u n s t e n der A u f n a h m e des Satzes. IX. N a c h der A n m e r k u n g zu § 913 d. B.G.B. (B.R.) unter 1 — Entw. II § 841 unter 1 — (vergi. III S. 186) soll folgende Vorschrift des § 55 a in die C.P.O. eingestellt w e r d e n : „Soll ein Recht an einem Grundstücke, das von dem bisherigen Eigenthümer 4
5
Von Struckmann war in Nr. 79 beantragt, dem Art. 49 als Abs. 3 hinzuzufügen: „Die Vorschriften des Abs. 2 finden auf juristische Personen, deren Rechtsfähigkeit auf reichsgesetzlichen, neben dem Bürgerlichen Gesetzbuche bestehenden Vorschriften beruht, keine Anwendung." Begründung im Antrag Nr. 87, 2: Abs. 2 wird mit Rücksicht auf die veränderte Fassung des § 11 der Gewerbeordnung — S. 85 der Vorl. Zusst. — nicht vollständig gestrichen werden können. Wird die allgemein Vorschrift, weil für die Regelfälle bedeutungslos, als nicht zulässig erachtet, so möchte es nothwendig sein, den 5 11 der Gewerbeordnung a. E. im Einführungsgesetze durch Wiedereinschiebung der Prozeßfähigkeit zu ergänzen. Ferner lag von v. Mandry noch der Antrag Nr. 87, 3 vor, zu § 55 b: Zweiter Abschnitt. Erster Titel. Parteifähigkeit. Prozeßfähigkeit. § 49 a wie § 55 b.
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IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
nach § 913 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) auf-| gegeben und von dem Aneig- | Ρ II 6,645 nungsberechtigten noch nicht erworben worden ist, im Wege der Klage geltend gemacht werden, so hat der Vorsitzende des Prozeßgerichts auf Antrag einen Vertreter zu bestellen, dem bis zur Eintragung eines neuen Eigenthümers die Wahrnehmung der sich aus dem Eigenthum ergebenden Rechte und Verpflichtungen im Rechtsstreit obliegt." Die Aufnahme dieser Bestimmung wurde nicht beanstandet. X. Bezüglich der Ersetzung des früheren § 55 b durch §49 Abs. 2 vergi, oben unter III. XI. Zu dem im Entw. nicht berührten § 72 d. C.P.O. war der Antrag gestellt: Jacubezky a) im § 72 d. C.P.O. statt „gerichtlich hinterlegt" zu setzen „unter Verzicht auf ( N r · 74> 7 ) das Recht zur Rücknahme hinterlegt"; (Vergi. § 1155 Abs. 1 d. B.G.B. — B.R. — ; S. 165 unter VII. Das Recht des Dritten, in den Streit einzutreten, ist nicht von einer Glaubhaftmachung seines Interesses abhängig, Entsch. d. R.G. in Civils. 34 Nr. 105 S. 403; es ist deshalb unbedenklich, den Verzicht auf das Recht zur Rücknahme zu verlangen). b) als Satz 3 des §72 folgende Vorschrift aufzunehmen: „Soweit keiner der streitenden Gläubiger obsiegt, ist der Beklagte zur Rücknahme des hinterlegten Betrags zu ermächtigen. (Wenn sich herausstellt, daß der hinterlegte Betrag keinem der streitenden Gläubiger gebührt, so ist zugleich festgestellt, daß der Schuldner zur Rücknahme berechtigt ist. Es ist unzweckmäßig, zu verlangen — vergi, ζ. Β. Wilmowski-Levy, C.P.O. u. G.V.G., 5. Aufl., I S. 120 — daß er gegen die beiden angeblichen Gläubiger auf Ertheilung der Zustimmung zur Rücknahme klage). Der Antrag a wurde so, wie er lautet, der Antrag b mit der Maßgabe angenommen, daß gesagt werden solle, der Beklagte sei im fraglichen Falle zur Rücknahme „berechtigt". |XII. Nach der Anmerkung zu § 989d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 916 unter 2 — (vergi. III S. 379 unter VII, 380 unter VIII) sollen die Vorschriften des § 73 d. C.P.O. über die laudatio auctoris wie folgt geändert und vervollständigt werden: 1. Der § 73 soll folgende Aenderungen erleiden : a) Der Eingang erhält die Fassung: „Wer als Besitzer einer Sache verklagt ist, die er auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im § 853 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichneten Art zu besitzen behauptet, kann, wenn er dem mittelbaren Besitzer vor etc. (wie im § 73)"; b) im Abs. 3 sind statt der Worte „im Namen eines Dritten" die Worte „auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im Abs. 1 bezeichneten Art" zu setzen. 12. Als § 73 a wird zum Ersatz eines Theiles des § 944 des Entw. I die Vorschrift eingestellt: „Die Vorschriften des § 73 finden entsprechende Anwendung, wenn Jemand von dem Eigenthümer einer Sache wegen einer Beeinträchtigung des Eigenthums verklagt ist, die er in Ausübung des Rechtes eines Dritten vorgenommen zu haben behauptet." Gegen die Einstellung dieser Vorschriften erhob sich kein Widerspruch. XIII. Nach der Anmerkung zu § 825 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 a — Entw. II $ 763 unter 3 a — (vergi. II S. 671 bis 673 unter I) soll der § 85 Abs. 1 d. C.P.O. den Zusatz erhalten: „Ist zur Zeit der Erlassung des Endurtheils die Genehmigung nicht beigebracht, so hat der einstweilen zur Prozeßführung Zugelassene dem Gegner die durch die einstweilige Zulassung verursachten Kosten und Schäden zu ersetzen". Die Aufnahme dieser Bestimmung wurde nicht beanstandet. 1117
|PII6,646 Gebhard (^r 73, 5)
| Ρ II 6,647
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
Nach der Anmerkung zu § 2344 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II $ 2235 — (vergi. S. 322 unter 21, S. 324 unter II) soll folgende Vorschrift als § 89a in die C.P.O. eingestellt werden : „Hat der Kläger einen auf ihn übergegangenen Anspruch geltend gemacht, ohne dem Beklagten vor der Erhebung der Klage den Uebergang mitzutheilen und auf Verlangen nachzuweisen, so hat er die Prozeßkosten insoweit zu tragen, als sie dadurch entstanden sind, daß der Beklagte durch die Unterlassung der Mittheilung oder des Nachweises zur Bestreitung des Anspruchs veranlaßt worden ist." Die Aufnahme dieser Bestimmung wurde nicht beanstandet. 6 Gebhard XIV. Zu § 95 d. C.P.O. war der Antrag gestellt: den Abs. 4 des § 95 d. C.P.O. zu (Nr 73,7) fassen: „Soweit Streitgenossen in der Sache als Gesammtschuldner haften, haften sie auch für die Kosten als solche." (Vergi. Bingner, Bemerk, zu Entw. II eines B.G.B. § 363.) Der Antrag wurde abgelehnt. XV. Der § 136 d. C.P.O. wurde nach dem Entw. gebilligt.
IΡ II 6, 648
Jacubezky (Nr 76,1)
IΡ II 6,649
XVI. Der Entw. giebt den Abs. 1 des § 139 in unveränderter Fassung wieder, fügt dem Paragraphen aber zwei neue Absätze bei. Nach der Anmerkung zu § 1314 d. B.G.B. (B.R.) —Entw. II § 1235 - (vergi. V S. 134 und 135 unter VI) sollen die Abs. 2, 3 in folgender Fassung als § 139 a eingestellt werden : I Ist die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängig, ob eine Ehe nichtig ist, so hat das Gericht, wenn die Nichtigkeit nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden kann, auf Antrag das Verfahren auszusetzen und, wenn die Nichtigkeitsklage noch nicht erhoben ist, eine Frist zur Erhebung der Klage zu bestimmen; ist die Nichtigkeitsklage erledigt oder innerhalb der bestimmten Frist nicht erhoben, so findet die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens statt. Wird im Laufe eines Rechtsstreits streitig, ob zwischen den Parteien eine Ehe besteht oder nicht besteht, und ist von der Entscheidung dieser Frage die Entscheidung des Rechtsstreits abhängig so hat das Gericht das Verfahren auszusetzen, bis der Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe im Wege der Feststellungsklage erledigt ist. Nunmehr war beantragt: den erwähnten § 139 a als § 141 a in die C.P.O. einzustellen und den zweiten Halbsatz des Abs. 1 durch folgenden Satz 2 zu ersetzen: „Ist die Nichtigkeitsklage erledigt oder wird sie nicht vor dem Ablaufe der bestimmten Frist erhoben oder wird die Erledigung nicht ohne wesentliche Verzögerung betrieben, so findet die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens statt." Der Antrag wurde, soweit er die Stellung der Vorschrift betrifft, der Red.Komm, verwiesen, soweit er durch die veränderte Stellung des Wortes „nicht" im Eingange die Beweislast ändert, gebilligt, im Uebrigen aber abgelehnt. XVII. Nach der Anmerkung zu § 1328 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II S 1251 sowie zu § 1576 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 1492 — (vergi. V S. 134 und 135 unter VI) ist der Berathung des Entw. d. E.G. die Beschlußfassung darüber vorbehalten, ob folgende Vorschriften in die C.P.O. eingestellt werden sollen : § 139 b. Ist die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängig, ob eine im Wege der Anfechtungsklage angefochtene Ehe anfechtbar ist, so hat das Gericht auf Antrag das Verfahren aus-| zusetzen; ist der Rechtsstreit über die Anfechtungsklage erledigt, so findet die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens statt. 6
In Nr. 73, 6 von Gebhard heißt es: § 88. Unverändert wie in C.P.O. die in Z. 25 erwähnte Aenderung des Abs. 2 ist weggefallen. Vgl. Prot. S. 8695, 8696, 8706.
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IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
§ 139 c. Ist die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängig, ob ein Kind, dessen Ehelichkeit im Wege der Anfechtungsklage angefochten ist, unehelich ist, so finden die Vorschriften des § 139 b entsprechende Anwendung. Die Komm, entschied sich für die Aufnahme der Vorschriften, obwohl dieselbe Gebhard von einer Seite mit Rücksicht auf die allgemeine Vorschrift des § 139 d. C.P.O. als (Nr 79, 8) entbehrlich bezeichnet wurden. Mit diesem Beschluß erledigte sich ein Antrag, der dahin ging: a) als § 141b folgende Vorschrift in die C.P.O. aufzunehmen: „Ist die Entschei- Jacubezky dung eines Rechtsstreits davon abhängig, ob eine von der einen Partei im Wege der (Nr 76, 2) Klage angefochtene Ehe für nichtig erklärt wird, so finden die Vorschriften des § 141 a (§ 139 a) Abs. 1 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn die Entscheidung davon abhängig ist, ob ein Kind, dessen Ehelichkeit von der einen Partei im Wege der Klage angefochten worden ist, für unehelich erklärt wird." b) als § 274 a folgende Vorschrift in die C.P.O. aufzunehmen: „Ist der Anspruch Jacubezky des Klägers von der Entscheidung über die Gültigkeit einer Ehe, die von einem (Nr 76,9) Dritten im Wege der Klage angefochten worden ist, oder über die in solcher Weise angefochtene Ehelichkeit eines Kindes abhängig, so ist, wenn das Urtheil vor der Entscheidung über die Gültigkeit der Ehe oder die Ehelichkeit des Kindes erlassen wird, dem Beklagten auf Antrag die Geltendmachung der Nichtigkeit der Ehe oder der Unehelichkeit des Kindes vorzubehalten. — Die Vorschriften des § 274 Abs. 3, 4 finden entsprechende Anwendung. XVIII. Anlangend die von der Berechnung der Fristen handelnden §§ 199, 200 d. C.P.O., so ist der § 199 im Entw. d. E.G. unberührt gelassen, während die für den § 200 in Aussicht genommene Neufassung im Abs. 1, 2 den § 149 des Entw. I d. B.G.B., im Abs. 3 den § 200 Abs. 2 d. C.P.O. wiedergiebt. Es war der Antrag gestellt: Den § 199 d. C.P.O. zu streichen und im § 200 den Jacubezky Abs. 1 (des bisherigen Gesetzestextes) zu fassen: „Für die Berechnung der Fristen (Nr 76, 3) gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs." 7 Dem Antrage wurde in der Erwägung entsprochen, daß die in den §§ 183 ff d. B.G.B. (B.R.) enthaltenen, nach § 182 daselbst auch für gesetzliche Fristen geltenden Auslegungsregeln auch für die prozeßrechtlichen Fristen geeignet und hinreichend seien, so daß daneben nur die Vorschrift des § 200 Abs. 2 d. C.P.O. der Aufrechterhaltung bedürfe. Dem Antrag wurde von der Kommission entsprochen. 450. Sitzung vom 21. 12. 1895 I III. Die Komm, setzte die Berathung des Art. 11 fort. Nach der Anmerkung zu |P II 6,654 § 1937 d. B.G.B. (B.R.) unter II 1 — Entw. II § 1836 unter I 1 — (vergi. V S. 660 und 661 unter VI) soll zum theilweisen Ersätze des § 2057 des Entw. I d. B.G.B, dem § 217 Abs. 2 d. C.P.O. der Zusatz beigefügt werden: „Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet." Die Aufnahme dieser Bestimmung wurde nicht beanstandet. IV. Nach der Anmerkung zu § 1994 d. B.G.B. (B.R.) unter II 1 — Entw. II § 1891 Gebhard unter II 1 — (vergi. V S. 811 unter C) soll der § 219 d. C.P.O. folgenden Abs. 2 (Nr 73, 9) Von v. Mandry war hierzu in Nr. 87, 4 beantragt: Zu § 199 und § 200 wie Antrag Jacubezky Nr. 76, 3, unter der Voraussetzung, daß nicht blos Abs. 1, sondern auch Abs. 2 in der Fassung des Einführungsgesetzes durch den beantragten Abs. 2 ersetzt wird. 1119
Änderungen der Civilprozeßordnung
erhalten: „Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet ist." Hiergegen erhob sich kein Widerspruch. Jacubezky V. Zu § 220 d. C.P.O. lag der Antrag vor: den Eingang des am Art. 11 vorgesehe(Nr 76,4) n e n § 220 d. C.P.O. zu fassen: „Wenn im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei ein Nachlaßpfleger bestellt wird oder ein zur Führung des Rechtsstreits berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden ist, so etc. (wie im Entw.)." Der § 220 wurde in der von dem Antrage vorgeschlagenen Fassung gebilligt. VI. Nach der Anmerkung zu § 255 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 700 unter 2 — (vergi. II S. 792 unter IV) soll folgende Vorschrift des § 230 a in die C.P.O. eingestellt werden: „Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Leistung des Offenbarungseids die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, IΡ II 6,655 welche der Kläger beansprucht, vor-| behalten werden, bis die Rechnung mitgetheilt, das Vermögensverzeichniß vorgelegt oder der Offenbarungseid geleistet ist." Gegen die Aufnahme dieser Bestimmung erhob sich kein Widerspruch. Gebhard (Nr 73,10)
VII. Nach der Anmerkung zu § 277 d. B.G.B. (B.R.) - (vergi. S. 155 unter XIII) — soll folgende Vorschrift als § 230 b in die C.P.O. eingestellt werden : Hat der Kläger für den Fall, daß der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist den erhobenen Anspruch befriedigt, das Recht, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern oder von einem Vertrage zurückzutreten, so kann er verlangen, daß die Frist im Urtheile bestimmt wird. Das Gleiche gilt, wenn der Kläger für den Fall, daß der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist die verlangte Sicherheit leistet, berechtigt ist, die Anordnung einer Verwaltung zu fordern. Hierzu lagen die Anträge vor:
Jacubezky (Nr 85, 1) Jacubezky (Nr 76, 5)
1. im § 230 b Abs. 1 d. C.P.O. statt „oder von einem Vertrage zurückzutreten" zu setzen „oder die Aufhebung eines Vertrags herbeizuführen" : 2. im § 230 b d. C.P.O. dem Abs. 2 folgenden Zusatz zu geben : „und bei der Klage auf Vollziehung einer Auflage nach S 2169 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.)".8 Die Komm, erklärte sich mit den Anträgen 1 und 2 einverstanden.
VIII. Nach der Anmerkung zu § 225 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 - Entw. II § 195 und 2 — (vergi. I S. 244 und 245 unter VII) sollen zum Ersätze des § 190 Abs. 2, 3 des Entw. I d. B.G.B, folgende Vorschriften in die C.P.O. eingestellt werden : § 231 a. Ist die Geltendmachung einer von einer Gegenleistung nicht abhängigen Geldforderung oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines Grundstücks an den Ablauf einer Kündigungsfrist geknüpft, so kann Klage auf VerurtheiIΡ II 6, 656 lung zur | künftigen Zahlung oder Räumung auf Grund der mit der Klage verbundenen oder ihr vorausgegangenen Kündigung erhoben werden. Begründung des Antrags Nr. 85, 1: Vgl. die Bemerkung zu Antrag Nr. 76, 5. Auch das Recht des Bestellers, nach § 624 Abs. 1 des B.G.B. Wandelung oder Minderung zu verlangen, ist zu berücksichtigen. Begründung des Antrags Nr. 76, 5: Das Rückforderungsrecht des Schenkers nach § 521 Abs. 1 und das Kündigungsrecht des Miethers nach § 534 Abs. 1 des B.G.B, sind als Rücktrittsrechte im Sinne des Abs. 1 des § 230 b anzusehen. 1120
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) § 241 b. Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlassung des U n h e i l s fällig werdenden Leistungen Klage auf Verurtheilung erhoben werden. H i e r z u lagen die Anträge vor, 1. den Eingang des § 231 a d. C.P.O. zu fassen: „Ist die Geltendmachung einer Jacubezky nicht von einer Gegenleistung abhängigen G e l d f o r d e r u n g oder die Geltendmachung (Nr 76,6) des Anspruchs auf R ä u m u n g eines Grundstücks oder R ä u m u n g von W o h n r ä u m e n oder anderen Räumen an den Ablauf einer Kündigungsfrist geknüpft, so etc. (wie im S 2 3 1 a ) . " ( V e r g i . B.R. S 572.) 2. in erster Linie: die §§ 231 a, 231 b zu streichen; in zweiter Linie: den § 231 a zu Sohm fassen: „Ist die Geltendmachung . . . an den Ablauf einer Frist geknüpft, so kann (Nr 88) Klage auf Verurtheilung z u r künftigen Zahlung oder R ä u m u n g schon mit dem Beginne der Frist erhoben werden." 3. im Laufe der Berathung w u r d e beantragt: die § § 2 3 1 a , 2 3 1 b d. C.P.O. zu fassen: § 231 a. Ist die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen G e l d f o r d e r u n g o d e r die Geltendmachung des Anspruchs auf R ä u m u n g eines G r u n d stücks oder R ä u m u n g von W o h n r ä u m e n oder anderen R ä u m e n an den Ablauf einer Kündigungsfrist geknüpft, so kann auf künftige Z a h l u n g oder R ä u m u n g auf G r u n d der mit der Klage verbundenen oder ihr vorausgegangenen K ü n d i g u n g geklagt werden. § 231 b. Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlassung des U n h e i l s fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Zahlung erhoben werden. I Die Komm, nahm den Antrag 3 an.
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IIX. Zu § 232 d. C.P.O. lagen die Anträge vor:
| Ρ II 6,658
1. den Abs. 2 des § 232 d. C.P.O. zu fassen: „Die nach den §§ 846, 847 d. B.G.B. Gebhard (B.R.) stattfindende Besitzklage und die Klage, durch welche etc. (wie im § 232)." (Nr 73,11) (Vergi. Bingner, Bemerk, zu Entw. II eines B.G.B. § 919.) 2. den Abs. 2 des § 232 d. C . P . O . zu fassen: „Die im Falle verbotener Eigenmacht Jacubezky dem Besitzer zustehenden Ansprüche auf W i e d e r e i n r ä u m u n g des Besitzes oder auf (Nr 76, 7) Beseitigung | der Störung im Besitze und Unterlassung weiterer Störung k ö n n e n | Ρ II 6,659 nicht mit den Ansprüchen aus dem Rechte selbst in einer Klage verbunden werden." D e r § 232 w u r d e seinem sachlichen Inhalte nach gebilligt; die Anträge w u r d e n der Red.Komm, überwiesen, nachdem zu Gunsten des Antrags 2 bemerkt w o r d e n war, daß er auch die Fälle des S 1013 d. B.G.B. (B.R.) und des Art. 162 des Entw. d. E.G. (B.R.) decke. 9 X. D e r im Art. 11 vorgesehene § 238 d. C.P.O. w u r d e nicht beanstandet. XI. N a c h der A n m e r k u n g zu § 225 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 - Entw. II § 195 unter 3 — (vergi. I S. 264 unter IV) soll z u m Ersätze des § 198 des Entw. I unter A u f h e bung der N r . 1 des § 16 d. E.G. z. C . P . O . folgende V o r s c h r i f t als § 264 a in die C . P . O . eingestellt werden : 9
Im Antrag Nr. 73, 12 u. 13 von Gebhard heißt es: Zu § 236: Die in Ziff. Nr. 39 erwähnten, die SS 401, 402, 1329 des B.G.B, betreffenden Vorbehalte, bezüglich deren zu a außer Prot. S. 789, 790 auch S. 8436, 8437 zu vergleichen ist, haben im Rev. Entw. keine Aufnahme gefunden. — § 293 a. Der in Z. 44 verzeichnete Abs. 2 ist weggefallen. Anm. zu § 225 unter 2. Prot. S. 8391,8392. 1121
Änderungen der Civilprozeßordnung
Thatsachen, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermuthung aufstellt, bedürfen keines Beweises. Der Beweis des Gegentheils ist zulässig, sofern nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch Eideszuschiebung nach Maßgabe der §§ 410 ff. geführt werden. Gegen diese Vorschrift erhob sich kein Widerspruch.
Jacubezky (Nr 74, 8)
I Ρ II 6,660 Struckmann (Nr 93, 2)
IΡ II 6,661
XII. Nach der Anmerkung zu § 806 d. B.G.B. (B.R.) unter a — Entw. II § 745 unter a — (vergi. II S. 717 bis 720 unter I) sollen der § 274 Abs. 4 d. C.P.O. in der im Art. 11 vorgesehenen Fassung, der § 503 Abs. 2, der § 563 Abs. 2 und der § 655 Abs. 2 d. C.P.O. den Zusatz erhalten: „Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes mit der Rechtshängigkeit verbundenen Wirkungen treten zu dieser Zeit ein, auch wenn der Antrag nicht gestellt wird." Hierzu lag der Antrag vor: den Abs. 4 des § 274 d. C.P.O. zu fassen: „In Betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergiebt, daß der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urtheil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und auf Antrag zum Ersätze des Schadens zu verurtheilen, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachten Leistung entstanden ist, sowie über die Kosten anderweit zu entscheiden. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Schadensersatz als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen." (Vergi. C.P.O. § 697 a Abs. 2, II S. 720). Die Komm, nahm die erwähnten Zusätze mit der beantragten Aenderung des Abs. 4 des § 274 an. IXIII. Zu § 293 d. C.P.O. lag der Antrag vor: den Abs. 2 des im Art. 11 vorgesehenen § 293 d. C.P.O. zu fassen : „Die Entscheidung, d a ß e ¡ n e z u r Aufrechnung gebrachte Gegenforderung nicht bestehe, ist bis zur Höhe des Betrags, für welchen die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig." Die Komm, nahm den Antrag an, indem sie den in Busch, Zeitschrift für deutschen Zivilprozeß 16 S. 469 ff., von Seuffert hierfür geltend gemachten Gründen zustimmte. XIV. Nach früheren Beschlüssen ist in Aussicht genommen, folgende Vorschriften in die C.P.O. einzustellen: f 293 a. Das rechtskräftige Urtheil hat die Wirkung, daß das Zuerkannte nicht mehr bestritten, das Aberkannte nicht mehr geltend gemacht werden kann. (Zum Ersätze des Entw. I § 191 Abs. 1 Satz 2. Anmerkung zu § 225 d. B.G. (B.R.) unter 2 - Entw. II § 195 unter 2 - . Vergi. I S. 253ff. unter I, Bd. VI S. 142 und 143 unter XI.) § 293 b. Tritt im Falle der Verurtheilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen nach dem im § 686 Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt eine wesentliche Aenderung derjenigen Verhältnisse ein, welche für die Verurtheilung zur Entrichtung der Leistungen, für die Bestimmung der Höhe derselben oder der Dauer ihrer Entrichtung | maßgebend waren, so ist jeder Theil berechtigt, eine entsprechende Abänderung des Urtheils zu verlangen. Die Abänderung ist nur für die Zeit nach Erhebung der auf die Abänderung gerichteten Klage zulässig. — (Zum Ersätze des Entw. I § 724 Abs. 6 Satz 1 und 2, § 1493. Anmerkung zu § 225 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 195 unter 2 —.Vergi. II S. 624 und 625 unter VI.) 1122
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
§ 293 c. Ist bei einer auf Grund der §§ 828 bis 830 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) erfolgten Verurtheilung zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urtheile bestimmten Sicherheit verlangen. (Anmerkung zu § 828 d. B.G.B. (B.R.) unter 1 — Entw. II § 766 unter 3. —. Vergi. II S. 621, 622 unter V, S. 624, 625 unter VI.) § 293 d. Das rechtskräftige Urtheil wirkt f ü r und gegen die Parteien und diejenigen Personen, welche nach Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien oder Inhaber der in Streit befangenen Sache f ü r eine der Parteien geworden sind. Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. (Zum Ersätze des Entw. I § 192. Anmerkung zu § 225 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 195 unter 2. — Vergi. I S. 257 und 258 unter II.) § 293 e. Durch die Geltendmachung der dem Erben nach den §§ 1991, 1992 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) zustehenden Einreden wird eine unter dem Vorbehalte der beschränkten H a f t u n g ergehende Verurtheilung des Erben nicht ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für die Geltendmachung der Einreden, die im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft dem überlebenden Ehegatten nach dem § 1474 Abs. 2 und den §§ 1991, 1992 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) zustehen. (Anmerkung zu § 1994 d. B.G.B. (B.R.) unter II 2 — Entw. II § 1891 unter II 2. —. Vergi. V S. 784 bis 787 unter XVIII Α, Β und C, S. 789 bis 791 unter G ; VI S. 294 und 295 unter XXI.) § 293 f . Ein Urtheil, das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen gegen den Vorerben als solchen gerichteten Anspruch oder über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand ergeht, wirkt, sofern es vor dem Eintritte der Nacherbfolge rechtskräftig wird, für und gegen den Nacherben. (Zum Ersätze des Entw. I § 1830. Anmerkung zu § 2113 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 2008 unter 2 —. Vergi. V S. 130 unter XIV.) § 293 g. Ein Urtheil, das in einem Rechtsstreite zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht ergeht, wirkt f ü r und gegen den Erben. Das Gleiche gilt von einem Urtheile, das in einem Rechtsstreite zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über einen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch ergeht, wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses zusteht. (Anmerkung zu § 2189 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II § 2083 - . V e r g i . V S. 545.) § 293 h. Die Anerkennung des Urtheils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: 1. wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshülfe zugestellt ist; I 3. wenn die Anerkennung des Urtheils gegen die guten Sitten oder gegen den | Ρ II 6,662 Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde oder wenn das Urtheil auf einem 1123
Änderungen der Civilprozeßordnung ausländischen Gesetze beruht, das die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt; 4. wenn in dem Urtheile zum Nachtheile einer deutschen Partei von den Vorschriften der §§ 2370, 2374, 2375, 2378, 2382, 2383 oder des auf die §§ 2374, 2375 bezüglichen Theiles des § 2376 des Bürgerlichen Gesetzbuches (B.R.) abgewichen ist; 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. (Anmerkung zu § 2390 d. B.G.B. (B.R.) unter 1 - Entw. II § 2265 unter 1 —. Vergi. S. 87 bis 89.) a) Die §§ 293 a, 293 b d. C.P.O. wurden ihrem sachlichen Inhalte nach gebilligt. IΡ II 6,663 I b) Zu § 293 c d. C.P.O. lag der Antrag vor : den Eingang der Vorschrift zu fassen : Jacubezky J s t bei einer auf Grund der §§ 828 bis 830 oder der §§1561 bis 1563 des Bürgerlichen (Nr 76,11) Gesetzbuchs etc. (wie im § 293 c)." Die Komm, billigte den § 293 c mit der beantragten Ergänzung. Gebhard (Nr 73,16)
Jacubezky (Nr 76,12)
v. Mandry (Nr 91,1)
IΡ II 6,664 Jacubezky (Nr 76,10)
Jacubezky (Nr 76,13)
c) Zu § 293 d d. C.P.O. lagen die Anträge vor, ι. Jen Abs. 1 des § 293 d d. C.P.O. zu fassen : „Das rechtskräftige Urtheil wirkt für und gegen die Parteien und diejenigen Personen, welche während der Rechtshängigkeit oder nach Beendigung des Rechtsstreits in Ansehung des in Streit befangenen Gegenstandes Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind. Das rechtskräftige Urtheil wirkt ferner für und gegen diejenigen Personen, welche während der Rechtshängigkeit oder nach Beendigung des Rechtsstreits zum Besitze des in Streit befangenen Gegenstandes gegenüber einer der Parteien nach Maßgabe des § 853 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) berechtigt oder verpflichtet worden sind." 2. den Abs. 1 des § 293 d d. C.P.O. zu fassen : „Das rechtskräftige Urtheil wirkt für gegen die Parteien und diejenigen Personen, welche nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, daß eine der Parteien mittelbarer Besitzer geworden ist." 3. dem 2. Halbsatz des Abs. 1 folgenden Zusatz zu geben: „. . . sowie die Besitzer der in Streit befangenen Sache, welche nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit für eine der Parteien nach Maßgabe des § 840 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) die thatsächliche Gewalt ausgeübt oder nach § 853 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) den Besitz vermittelt haben." Der Antrag 3 wurde vom Antragsteller nicht weiter verfolgt. Mit den Anträgen 1 und 2 erklärte sich die Kommission einverstanden. I d) Zu §293 e d. C.P.O. lag der Antrag vor: die Vorschrift als §276 a in die C.P.O. einzustellen. Zur Begründung machte der Antragsteller geltend, es handele g ¡ m §293 e um eine Voraussetzung der Erlassung des Unheils, nicht um die Wirkung des erlassenen Urtheils. — Die Komm, erklärte sich mit dem Antrag einverstanden und billigte im Uebrigen den sachlichen Inhalt des § 293 e. e) der § 293 f d. C.P.O. wurde nicht beanstandet. f) Zu § 293 g d. C.P.O. lag der Antrag vor: im Abs. 2 des § 293 g statt „wenn dem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses zusteht" zu setzen „wenn der Testamentsvollstrecker zur Führung des Rechtsstreits berechtigt ist". Die Komm, erklärte sich mit dem § 293 g in der Fassung des Antrags einverstanden.
un(j
Jacubezky g) Zu § 293 h lag der Antrag vor: die Vorschrift als § 294 a in die C.P.O. einzustel(Nr 76,14) l e n. — Der § 293 h wurde seinem sachlichen Inhalte nach gebilligt, der Antrag der Red.Komm, überwiesen. 1124
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) XV. Nach der Anmerkung zu § 795 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II S 696 - (vergi. II S. 771 ff. unter II) soll der § 387 d. C.P.O. dahin geändert werden: „Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann." Diese Aenderung des § 387 d. C.P.O. wurde nicht beanstandet. XVI. Nach der Anmerkung zu § 1896 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Anmerkung zu Entw. II § 1794 unter 2 — (vergi. IV S. 858 unter XIV) soll der im Art. 11 vorgesehene § 435 Abs. 2 d. C.P.O. dahin geändert und ergänzt werden: | „Minderjährigen, | Ρ II 6,665 die das sechszehnte Lebensjahr vollendet haben, sowie Volljährigen, die wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt sind, kann über Thatsachen, welche in Handlungen derselben bestehen oder Gegenstand ihrer Wahrnehmung gewesen sind, der Eid zugeschoben oder zurückgeschoben werden, sofern dies vom Gericht auf Antrag des Gegners nach den Umständen des Falles für zulässig erklärt wird. Das Gleiche gilt von einer prozeßfähigen Partei, die in einem Rechtsstreite durch einen Pfleger vertreten wird." Der im Art. 11 vorgesehene § 435 d. C.P.O. wurde mit der beantragten Aenderung und Ergänzung des Abs. 2 angenommen; das Zitat im Abs. 3 „§ 1737 des Bürgerlichen Gesetzbuchs" muß lauten „§ 1884 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.)". XVII. Nach der Anmerkung zu § 470 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II § 413 — (vergi. I S. 739 unter D, II S. 313 Antrag 4) sollen, zugleich zum Ersätze des Entw. I § 402 Satz 3, 4 und des § 403, folgende Vorschriften als § 449 a in die C.P.O. eingestellt werden : Die Beweisaufnahme kann, auch ohne daß die Voraussetzungen des § 447 vorliegen, beantragt werden, wenn Mängel einer Sache oder eines Werkes festzustellen sind, wegen deren der Gegner Gewähr leisten soll. Hat der Erwerber einer Sache dem Veräußerer einen Mangel angezeigt oder die Annahme der Sache wegen Mangelhaftigkeit abgelehnt, so kann auch der Veräußerer die Beweisaufnahme nach Maßgabe des Abs. 1 beantragen. In gleicher Weise ist der Unternehmer eines Werkes zu dem Antrage berechtigt, wenn der Besteller ihm einen Mangel angezeigt, oder die Abnahme des Werkes wegen Mangelhaftigkeit verweigert hat. Die Bestimmung wurde nicht beanstandet. XVIII. Zu § 491 in der im Art. 11 vorgesehenen Fassung lagen die Anträge vor: 1. den Abs. 2 des § 491 d. C.P.O. zu fassen: „Neue Ansprüche dürfen, abgesehen Jacubezky von den Fällen des § 240 Nr. 2, 3, nicht erhoben werden. Wird die Aufrechnung mit (Nr 76,15) einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist getrennte Verhandlung über die Gegenforderung anzuordnen, wenn nicht glaubhaft gemacht wird, daß die Partei ohne ihr Verschulden außer Stande gewesen sei, die Aufrechnung in erster Instanz geltend zu machen." 2. a) im Abs. 2 des § 491 d. C.P.O. in der Fassung des Art. 11 die Sätze 2 und 3 zu streichen. b) eventuell den Eingang des Abs. 2 Satz 2 dahin zu ändern: Wird mit einer Gegenforderung aufgerechnet, so etc. I Die Anträge wurden abgelehnt.
IΡ Π 6,666
1125
Änderungen der Civilprozeßordnung
451. Sitzung vom 4. 1. 1896 IΡ II 6,667 11. Nach der Anmerkung zu § 806 d. B.G.B. (B.R.) unter a - Entw. II § 745 unter a — (vergi. II S. 717 bis 720 unter I) soll der § 503 Abs. 2 d. C.P.O. den Zusatz erhalten: „Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes mit der Rechtshängigkeit verbundenen Wirkungen treten zu dieser Zeit ein, auch wenn der Antrag nicht gestellt wird." Jacubezky (Nr 76,16)
Es lag der Antrag vor: den dem Abs. 2 des § 503 d. C.P.O. beizufügenden Zusatz fassen: „Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Für die Erstattungspflicht des Klägers gelten die Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung; sie bestimmt sich, auch wenn der Antrag nicht gestellt wird, so, wie wenn der Anspruch zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden wäre." Der Antrag bezweckt nicht, eine sachliche Anderunge des früheren Beschlusses herbeizuführen. IΡ II 6,668 I Der die Fassung des Zusatzes betreffende Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen. zu
II. Nach der Anmerkung zu § 1131 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 — Entw. II § 1054 unter 3 - (vergi. III S. 572 unter II, 767 unter XIV) soll dem § 555 der C.P.O. als Abs. 2 beigefügt werden: „Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld." Gegen die Aufnahme dieser Bestimmung erhob sich kein Widerspruch. III. Nach der Anmerkung zu § 806 d. B.G.B. (B.R.) unter a — Entw. II § 745 unter a — (vergi. II S. 717 bis 720 unter I) soll ein Zusatz des Inhalts, wie solcher oben unter I mitgetheilt ist, auch dem § 563 Abs. 2 d. C.P.O. beigefügt werden. Jacubezky Mit Rücksicht auf den § 697 a Abs. 2 d. C.P.O. war beantragt, den Abs. 2 des (Nr 76,17) ξ 5^3 d. C.P.O. zu fassen: „Soweit sich in diesem Verfahren ergiebt, daß der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urtheil aufzuheben, der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und auf Antrag zum Ersätze des Schadens zu verurtheilen, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist, sowie über die Kosten anderweit zu entscheiden. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Schadensersatz als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen." Der Antrag wurde ohne Widerspruch gebilligt, jedoch mit dem Vorbehalt, eventuell später auf die Frage zurückzukommen, ob statt des Anspruchs auf Schadensersatz ein Anspruch auf Erstattung der ungerechtfertigten Bereicherung zu gewähren sei. IV. Die Berathung wandte sich dem das Verfahren in Ehesachen regelnden Abschnitt I des Buches VI d. C.P.O. zu. Zur Erörterung stand zunächst der § 568 d. C.P.O. IΡ II 6, 669
Gebhard
|1. Die Komm, erklärte sich aus den in den Mot. ζ. Entw. d. E.G. S. 77 ff. entwickelten Gründen mit dem im Art. 11 vorgesehenen Abs. 1 und Abs. 2 Halbsatz 1 des Art. 568 einverstanden. 2. Zu Abs. 2 Halbsatz 2 des § 568 in der Fassung des Art. 11 war beantragt: statt
(Nr 78,1)
1126
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
der W o r t e „die Vorschrift des § 14 Satz 2 findet entsprechende Anwendung" zu bestimmen „die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 findet entsprechende Anwendung; gehört der Ehemann einem Bundesstaate nicht an, so kann die Klage bei dem durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmenden Landgerichte der Stadt Berlin erhoben werden". Die Komm, billigte die Verweisung auf die als § 16 Abs. 1 Satz 3 beschlossene Vorschrift, sowie die beantragte Berücksichtigung des Falles, daß der Ehemann ein Deutscher ist, welcher keinem Bundesstaat angehört. 3. Ein weiterer Antrag ging dahin: den Abs. 3 des § 568 d. C.P.O. zu fassen: „Die Jacubezky Vorschriften des Abs. 2 gelten auch dann, wenn die Reichsangehörigkeit des Ehe- (Nr 92,1) mannes erloschen, die Ehefrau aber Deutsche geblieben ist." als Abs. 4 des § 568 d. C.P.O. zu bestimmen: „Sind beide Ehegatten Ausländer, so können die Scheidungsklage und die Anfechtungsklage im Inlande nur erhoben werden, wenn das inländische Gericht auch nach den Gesetzen des Staates zuständig ist, dem der Ehemann angehört." a) Man erörterte zunächst den Vorschlag, welcher sich auf den, den bisherigen Abs. 2 des § 568 d. C.P.O. erweiternden und verdeutlichenden Abs. 3 des § 568 in der Fassung des Art. 11 bezieht. Der Antrag wurde angenommen. I b) Das Ergebnis der Abstimmung war, daß zunächst in dem Antrage zu Abs. 4 | Ρ II 6,672 die W o r t e „und die Anfechtungsklage" gestrichen wurden und daß sodann der so gestaltete Antrag mit 8 gegen 6 Stimmen angenommen wurde. V. Zu § 570 d. C.P.O. war beantragt: im § 570 d. C.P.O. statt „Ehescheidungs- Jacubezky klage" zu setzen „Scheidungsklage." Die Komm, erklärte sich hiermit einverstanden. (Nr 85,2) VI. Nach der Anmerkung zu § 1556 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 1466 - (vergi. IV S. 436 unter F) sollen die §§ 571, 572 d. C.P.O. dahin geändert werden : 5 Í 71. Der Kläger hat bei dem Amtsgerichte, vor welchem der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, die Anberaumung eines Sühnetermins zu beantragen und zu diesem Termine den Beklagten zu laden. §572. Die Parteien müssen in dem Sühnetermine persönlich erscheinen; Beistände können zurückgewiesen werden. Erscheint der Kläger oder erscheinen beide Parteien in dem Sühnetermine nicht, so muß der Kläger die Anberaumung eines neuen Sühnetermins beantragen und den Beklagten zu dem Termine laden. Erscheint der Kläger, aber nicht der Beklagte, so ist der Sühneversuch als mißlungen anzusehen. Diese Bestimmungen wurden nicht beanstandet. Es war beantragt: dem § 571 d. C.P.O. in der vorstehenden Fassung als Abs. 2 Gebhard beizufügen: Bestimmt sich das für die Klage zuständige Landgericht nach den V o r - (Nr 78, 2) Schriften des § 568 Abs. 2 und 3, so finden die Vorschriften des § 568 Abs. 2 auf die Bestimmung des f ü r den Sühnetermin zuständigen Amtsgerichts entsprechende Anwendung." Der Antrag wurde angenommen. |VII. Nach der Anmerkung zu S 1329 d. B.G.B. (B.R.) unter II 1 - Entw. II | Ρ II 6,673 § 1236 unter II 1 — (vergi. IV S. 66 und 67 unter IX, S. 91 unter VI, S. 99 unter V , S. 437 unter V) sollen zum Ersätze der §§ 1254,1267,1271,1276,1451 des Entw. I d. B.G.B, folgende Vorschriften als § 573 a in die C.P.O. eingestellt werden : „In Ehesachen ist ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Ehegatte prozeßfähig; dies gilt jedoch nicht f ü r einen Rechtsstreit, welcher die Anfechtung der Ehe auf 1127
Änderungen der Civilprozeßordnung
Grund des § 1316 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) zum Gegenstande hat. Für einen geschäftsfähigen Ehegatten wird der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Vertreter geführt. Der gesetzliche Vertreter ist jedoch zur Erhebung der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens sowie zur Erhebung der Ehescheidungsklage nicht befugt; auch kann er die Anfechtungsklage nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erheben. Jacubezky Es lag der Antrag vor: den Abs. 2 Satz 2 des § 573 a d. C.P.O. zu fassen: „Der (Nr 85, 3) gesetzliche Vertreter ist jedoch zur Erhebung der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens nicht befugt; zur Erhebung der Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage bedarf er der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts." (Vergi. Bahr, Gegenentwurf § 1325 Abs. 4.) IΡ II 6, 675
I Der Antrag wurde abgelehnt. — Im Uebrigen wurde der § 573 a nicht beanstandet. Einvernehmen bestand, daß im Abs. 2 statt „Ehescheidungsklage" zu setzen sei „Scheidungsklage". VIII. Der im Art. 11 vorgesehene § 573 a d. C.P.O. wurde nicht beanstandet. — Derselbe erhält die Bezifferung § 573 b. — Einverständniß bestand, daß in der im Paragraphen erwähnten Vollmacht der in Frage stehende Fall speziell angegeben werden müsse. IX. Der im Art. 11 vorgesehene § 575 d. C.P.O. wurde nicht beanstandet. X . Zu dem im Art. 11 vorgesehenen § 575 a d . C.P.O. lagen die Anträge vor:
Gebhard (Nr 78,4)
1. a) den Satz 2 zu streichen; b) den Satz 2 zu fassen: „Zur Zurücknahme der Anfechtungsklage bedarf der Bevollmächtigte des Klägers einer besonderen, hierauf gerichteten Vollmacht." Jacubezky 2. den § 575 a ganz zu streichen. 10 (Nr 85, 5) Die Kommission beschloß, sämtliche Sätze des § 575 a zu streichen. I Ρ II 6, 676 I XI. Zu dem im Art. 11 vorgesehenen § 576 d. C.P.O. war beantragt: Gebhard 1. a) im Abs. 1 des S 576 die Worte „oder die Anfechtungsklage zurückgenommen (Nr 78, 5) hat" zu streichen; IΡ II 6,677 |b) den Abs. 2 des § 576 zu fassen: „Die Vorschriften des ersten Absatzes . . . Gebhard Thatsachen, welche nach § 1316 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) die Anfecht(Nr 78, 5) barkeit begründen, . . . abgewiesen ist oder der Anfechtungsberechtigte zu der Zeit, in welcher jene Thatsachen in dem früheren Rechtsstreite hätten geltend gemacht werden können, die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt hatte." Struckmann (Nr 43, 3)
2. den Abs. 2 des § 576 zu streichen. Der Aenderung des Abs. 1, welche mit der Streichung des § 575 a zusammenhängt, stimmte man ohne Weiteres zu. Die Komm, stimmte der Streichung des Abs. 2 zu. Im Uebrigen wurde der § 576 nicht beanstandet. XII. Die Berathung des § 577 d. C.P.O. gab zu folgender Erörterung Anlaß: Nach der Anmerkung zu % 1554 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II § 1464 — (vergi. IV S. 428 und 429 unter I) ist im Hinblick auf die Vorschriften über die Scheidung wegen Geisteskrankheit beschlossen worden: 10
Begründung des Antrags Nr. 8 5 , 4 : Wenn die Zurücknahme der Anfechtungsklage nicht die Wirkung der Bestätigung der anfechtbaren Ehe hat (vgl. Antrag Nr. 78, 5) so besteht kein Grund, für die Prozeßvollmacht eine andere Vorschrift zu geben als bei der Zurücknahme der Scheidungsklage.
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IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
in die C.P.O. soll als § 581 a folgende Vorschrift eingestellt werden: „Auf Scheidung wegen Geisteskrankheit darf nicht erkannt werden, bevor das Gericht einen oder mehrere Sachverständige über den Geisteszustand des Beklagten gehört hat." Die Entscheidung der Frage, ob die Unanwendbarkeit des § 369 Abs. 4 der C.P.O. auf die von Amtswegen erfolgende Zuziehung von Sachverständigen in Scheidungsprozessen ausdrücklich auszusprechen ist, bleibt der Berathung des Entw. d. E.G. vorbehalten. Es lag der Antrag vor : dem § 581 a d . C.P.O. folgenden Zusatz zu geben: „Auf die Gebhard Zuziehung dieser Sachverständigen findet § 369 Abs. 4 d. C.P.O. keine Anwendung." (Nr 78, 8) Von anderer Seite war beantragt, falls eine Bestimmung über die Nichtanwend- Jacubezky barkeit des S 369 Abs. 4 d. C.P.O. im Sinne der Anmerkung zu B.R. § 1554 für (Nr 85, 5) nothwendig erachtet werden sollte, die Vorschrift zu verallgemeinern und zu diesem Zwecke im § 577 Abs. 1 d. C.P.O. hinter den Worten „Zeugen und Sachverständigen" einzuschalten, sowie über die Bestimmung der zuzuziehenden Sachverständigen durch Einigung der Parteien". 11 Die Anträge wurden abgelehnt und der § 577 in der Fassung des Art. 11 angenommen. IXIII. Nach der Anmerkung zu S 1553 des B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 1463 — | Ρ II 6, 678 (vergi. IV S. 416 und 417 unter e, 418 bis 420 unter I) soll zum Ersätze des § 1444 Abs. 2 des Entw. I sowie zum theilweisen Ersätze des § 1444 Abs. 1 des Entw. I der § 580 d. C.P.O. durch folgende Vorschriften ersetzt werden : § 580. Hat der Kläger die Aussetzung des Verfahrens über eine Ehescheidungsklage beantragt, so darf das Gericht auf Scheidung nicht erkennen, bevor die Aussetzung stattgefunden hat. Das Gleiche gilt, wenn die Scheidung auf Grund des § 1553 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) beantragt ist und die Aussicht auf Aussöhnung der Parteien nicht ausgeschlossen erscheint. Auf Grund dieser Bestimmungen darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf zwei Jahre angeordnet werden. § 580 a. Die Aussetzung des Verfahrens über eine Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens kann das Gericht von Amtswegen anordnen, wenn es die Aussöhnung der Parteien für nicht unwahrscheinlich erachtet. Auf Grund dieser Bestimmung darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf ein Jahr angeordnet werden. Hierzu war beantragt: 1. im vorstehenden § 580 Abs. 1 d. C.P.O. statt „Ehescheidungsklage" zu setzen Gebhard „Scheidungsklage"; (Nr 78,6) 2. im vorstehenden § 580 Abs. 1 d. C.P.O. den Satz 2 zu fassen: | „Auch ohne Jacubezky Antrag des Klägers ist die Aussetzung anzuordnen, wenn die Scheidung auf Grund (Nr 85, 6) des § 1553 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) beantragt ist und die Aussicht auf IΡ 116,679 Aussöhnung der Parteien nicht ausgeschlossen erscheint." Die Anträge haben nur redaktionelle Bedeutung und wurden deshalb unter Billigung des sachlichen Inhalts der §§ 580, 580 a der Red.Komm. überwiesen. Die Komm, schloß sich dieser Anschauung an.
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Begründung des Antrags Nr. 85, 5: Vgl. Anm. zu $ 1554 des B.G.B. Der Antrag wird nur für den Fall gestellt, daß die in der Anmerkung aufgeworfene Frage bejaht wird. Vgl. wegen des Sinnes des ξ 309 Abs. 4 v. Wilmowski-Levy I Anm. 4 zu § 369. 1129
Änderungen der Civilprozeßordnung
Gebhard XIV. Zu § 581 in der Fassung des Art. 11 war beantragt: am Schlüsse des Abs. 2 (Nr 78, 7) statt „Anwendung" zu setzen „entsprechende Anwendung". — Der Antrag wurde der Red.Komm, überwiesen. XV. Der oben unter XII mitgetheilte, neu beschlossene § 581a d. C.P.O. wurde nicht beanstandet. XVI. Nach der Anmerkung zu § 1559 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 1469 — (vergi. IV S. 437 unter IV) soll zum Ersätze des § 1450 des Entw. I folgende Vorschrift als § 581 b in die C.P.O. eingestellt werden: „Wird wegen Ehebruchs auf Scheidung erkannt, so ist in dem Urtheile die Person festzustellen, mit welcher der Ehebruch begangen worden ist, wenn sie sich aus den Verhandlungen ergiebt." Die Vorschrift wurde nicht beanstandet. XVII. Nach der Anmerkung zu § 1329 d. B.G.B. (B.R.) unter II 2a — Entw. II § 1236 unter II 2a — (vergi. IV S. 66 und 67 unter IX, S. 451 unter IV) soll der im Art. 11 vorgesehene § 582 d. C.P.O. dahin geändert werden : Urtheile, durch welche auf Scheidung oder Nichtigkeit der Ehe erkannt ist, sind den Parteien von Amtswegen zuzustellen. Nach dem Eintritte der Rechtskraft des Unheils hat das Prozeßgericht, wenn ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind der Ehegatten vorhanden ist, dem Vormundschaftsgerichte Mittheilung zu machen. Hierzu war beantragt: Gebhard 1. im Abs. 1 des vorerwähnten § 582 d. C.P.O. die Worte „den Parteien" zu (Nr 78,9) streichen; (vergi. C.P.O. § 162 in Verbindung mit § 288.) I Ρ II 6,680 I 2. den Abs. 2 des vorerwähnten § 582 d. C.P.O. als 584 c d. C.P.O. einzustellen. Jacubezky Die Komm, billigte den Antrag 1. — Im Uebrigen wurde der § 582 in der Fassung (Nr 85, 7) (j e s Entw. genehmigt und der Antrag 2 der Red.Komm, überwiesen. XVIII. Nach der Anmerkung zu § 1329 des B.G.B. (B.R.) unter II 2b — Entw. II S 1236 unter II 2 b — (vergi. IV S. 66 und 67 unter IX, S. 451 und 452 unter IV) soll der § 584 d. C.P.O. dahin geändert werden: „Hat der Rechtsstreit die Scheidung, Anfechtung oder Nichtigkeit der Ehe zum Gegenstande, so kann das Gericht auf Antrag eines der Ehegatten durch einstweilige Verfügung für die Dauer des Rechtsstreits das Getrenntleben der Ehegatten gestatten, die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten nach Maßgabe des § 1346 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) ordnen, wegen der Sorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder, soweit es sich nicht um deren gesetzliche Vertretung handelt, Anordnungen treffen und die Unterhaltspflicht der Ehegatten den Kindern gegenüber im Verhältnisse der Ehegatten zu einander regeln. Die einstweilige Verfügung ist zulässig, sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung oder im Falle einer Ehescheidungsklage der Termin zum Sühneversuche bestimmt oder im Wege der Widerklage die Scheidung der Ehe beantragt oder die Ehe angefochten ist. Von der einstweiligen Verfügung hat das Prozeßgericht, wenn ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind der Ehegatten vorhanden ist, dem Vormundschaftsgerichte Mittheilung zu machen. Im Uebrigen gelten für die einstweilige Verfügung die Bestimmungen der §§815 bis 822." Es war beantragt : Gebhard 1. im Abs. 2 des vorstehenden § 584 statt „Ehescheidungsklage" zu setzen „Schei(Nr 76,10 d) dungsklage" und statt „Scheidung der Ehe" „Scheidung"; 1130
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) 2. im vorstehenden § 584 den Schluß des Abs. 1 zu fassen: „.. . und die Beträge Jacubezky festsetzen, welche der Ehegatte, dem die Sorge für die Person der Kinder nicht (Nr 92, 2) zusteht, für den Unterhalt der Kinder zu zahlen hat." I Die Komm, lehnte den Antrag 2, soweit er eine sachliche Aenderung bezweckt, | Ρ II 6, 681 ab. Die Prüfung der Fassung des § 584 wurde der Red.Komm, überwiesen. XIX. Der im Art. 11 vorgesehene § 584 a d. C.P.O. wurde nicht beanstandet. XX. Nach der Anmerkung zu § 1329 d. B.G.B. (B.R.) unter II 3 — Entw. II § 1236 unter II 3 — (vergi. IV S. 66 und 67 unter IX, S. 92 unter VIII, S. 93 unter X) sollen zum Ersätze der §§ 1256, 1269, 1271 des Entw. I als § 584 b folgende Vorschriften in die C.P.O. eingestellt werden: „Das auf eine Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage ergangene Urtheil wirkt, sofern es bei Lebzeiten beider Ehegatten rechtskräftig wird, für und gegen Alle. Ein Urtheil, durch welches die Ehe auf Grund des § 1311 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) für nichtig erklärt wird, wirkt jedoch gegen den Dritten, mit welchem die frühere Ehe geschlossen war, nur dann, wenn er an dem Rechtsstreite Theil genommen hat. Diese Vorschriften gelten auch für ein Urtheil, durch welches das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe festgestellt wird." Die Aufnahme des § 854 b wurde nicht beanstandet. XXI. Nach der Anmerkung zu § 1329 d. B.G.B. (B.R.) unter I — Entw. II S 1236 unter I — (vergi. IV S. 64 bis 66 unter VIII) soll der § 586 d. C.P.O. folgende Fassung erhalten: „Die Klage kann sowohl von jedem der Ehegatten als von dem Staatsanwalt erhoben werden, im Falle des § 1311 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) auch von dem Dritten, mit welchem die frühere Ehe geschlossen war. Im Uebrigen kann die Klage von einem Dritten nur erhoben werden, wenn für ihn von der Nichtigkeit der Ehe ein Anspruch oder von der Gültigkeit der Ehe eine Verbindlichkeit abhängt. I Die von dem Staatsanwalt oder einem Dritten erhobene Klage ist gegen beide | Ρ II 6,682 Ehegatten, die von einem Ehegatten erhobene Klage ist gegen den anderen Ehegatten zu richten." Diese Fassung des § 586 wurde nicht beanstandet. XXII. Der § 587 d. C.P.O. in der Fassung des Art. 11 wurde nicht beanstandet. XXIII. Der § 588 d. C.P.O. ist ersetzt durch den § 1314 des B.G.B. (B.R.) und Gebhard daher aufzuheben. (Nr 78,11 ) XXIV. Der im Art. 11 vorgesehene § 589 a d. C.P.O. wurde nicht beanstandet. XXV. Es lag der Antrag vor: als § 589b soll folgende Vorschrift in die C.P.O. Gebhard aufgenommen werden: „Verzichtet der Kläger bei der mündlichen Verhandlung auf ( N r 78,12) den geltend gemachten Anspruch, so gilt die Klage als zurückgenommen." Der Antragsteller zog den Antrag zurück. XXVI. Der im Art. 11 vorgesehene § 591 a d. C.P.O. wurde nicht beanstandet.
Gebhard (Nr 78,13)
XXVII. Zu § 592 d. C.P.O. in der Fassung des Art. 11 lag der Antrag vor: in dem Gebhard vorerwähnten § 592 statt „die Trennung" zu setzen „die beständige und die zeitwei- ( N r 78> 14) lige Trennung". I Der Antrag wurde zurückgenommen und der § 592 in der Fassung des Art. 11 | Ρ II 6, 683 gebilligt. XXVIII. Es wurde beschlossen: die Vorschriften über das Verfahren in Rechts1131
Änderungen der Civilprozeßordnung
Streitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern zum Gegenstande haben, vor den das Verfahren in Entmündigungssachen betreffenden Vorschriften einzustellen. 452. Sitzung vom 7.1.1896 I. Nach der Erledigung des Abschnitts „Verfahren in Ehesachen" ging die Komm, zunächst zur Berathung der im Art. 11 vorgesehenen §§ 627 a bis 627 c über. Dieselben betreffen die in Aussicht genommenen Ergänzungen der C.P.O. über das Verfahren in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern zum Gegenstande haben. Bei der Berathung des Entw. d. B.G.B, sind bezüglich dieser Materie die nachstehenden Beschlüsse gefaßt worden : 1. Der § 627 a d. C.P.O. soll folgenden, zwischen dem ersten und dem zweiten Satze einzuschaltenden, zum theilweisen Ersätze des § 1476 Satz 1 des Entw. I dienenden Zusatz erhalten: „Der Ehemann ist, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, prozeßfähig. Für den geschäftsunfähigen Ehemann wird der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Vertreter geführt. Der gesetzliche Vertreter kann die Anfechtungsklage nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erheben." (Anmerkung zu § 1576 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 1492 —. Vergi. IV S. 474 und 475 unter VII.) 2. Zum Ersätze des § 1477 des Entw. I soll folgende Vorschrift als § 627 c in die C.P.O. eingestellt werden : „Das auf die Anfechtungsklage in den Fällen der §§ 627 a, 627 b ergangene Urtheil wirkt, sofern es bei Lebzeiten des Ehemanns und des Kindes rechtskräftig wird, für und gegen Alle." (Anmerkung zu § 1580 d. B.G.B. (B.R.) unter 1 — Entw. II § 1495 unter 1 —.Vergi. IV S. 476 unter VIII.) 3. Der bisherige § 627 c d. C.P.O. soll § 627 d werden. (Anmerkung zu § 1580 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 1495 unter 2 - .) 4. Zum Ersätze des § 1632 des Entw. I soll folgende Vorschrift als § 627 e in die C.P.O. eingestellt werden: Ρ II 6, 684 I „Wird die Klage auf Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder auf Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere erhoben, so wirkt das auf eine solche Klage ergangene Unheil, sofern es bei Lebzeiten der Parteien rechtskräftig wird, für und gegen Alle. Ein das Eltern- und Kindesverhältniß oder die elterliche Gewalt feststellendes Urtheil wirkt jedoch gegen einen Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt für sich in Anspruch nimmt, nur dann, wenn er an dem Prozesse Theil genommen hat. Diese Vorschriften finden keine Anwendung auf den Rechtsstreit, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat." (Anmerkung zu § 1750 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II § 1654 —. Vergi. IV S. 742 unter XVIII.) Es waren nunmehr die Anträge gestellt: Gebhard 1. Die §§ 627 a bis 627 e in folgender Gestalt aufzunehmen : 81,1-4) § 627 a Abs. 1 Satz 1 soll lauten: Ist die Anfechtung . . . Ehemanns nach Maßgabe des § 1576 Abs. 1 des B.G.B. (B.R.) durch .. . erfolgt, so finden auf den Rechtsstreit die Vorschriften der §§ 569, 573 b, 575 a des § 577 Abs. 1, der §§ 578, 579 und des $ 581 Abs. 1 entsprechende 1132
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
Anwendung. — Abs. 1 Satz 2, 3, 4 soll die Bestimmungen des auf S. 683 unter 1 erwähnten Zusatzes enthalten. — Abs. 1 Satz 5. (Wie Abs. 1 Satz 2.) — Abs. 2. (Wie Abs. 2.) § 627b. Das Zitat des § 1478 des Bürgerlichen Gesetzbuchs soll lauten „§ 1579 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.)". § 627c. (Wie der auf S. 683 unter 2 erwähnte § 627 c.) § 627 d. Wie der im Art. 11 vorgesehene § 627 c, jedoch mit der Aenderung, daß der Schluß des Abs. 1 lautet: „des § 627 a Abs. 1 Satz 5." §627e. (Wie der auf S. 683 und 684 unter 4 erwähnte § 627 e.) 2. An Stelle der §§ 627 a bis 627 e d. C.P.O. sollen folgende Vorschriften als Jacubezky §§ 592 a bis 592 e eingestellt werden : (Nr 92, 3) § 592 a. Auf einen Rechtsstreit, der die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Eltern- und Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere zum Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§ 569, 573 b, des § 577 Abs. 2 und der §§ 578, 579, 581, 582, 584 a, 589 a entsprechende Anwendung. Wird die Ehelichkeit eines Kindes oder die Anerkennung der Ehelichkeit von dem Ehemanne der Mutter durch Erhebung der Anfechtungsklage angefochten, so finden an Stelle des § 577 Abs. 2 | die Vorschriften des § 577 Abs. 1 entsprechende Anwen- | Ρ II 6,685 dung; die Vorschriften des § 581 Abs. 2 und des § 589 a finden keine Anwendung. Für die im Abs. 2 bezeichneten Anfechtungsklagen ist der Ehemann, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, prozeßfähig. Für einen geschäftsunfähigen Ehemann wird der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Vertreter geführt. Der gesetzliche Vertreter kann die Anfechtungsklage nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erheben. § 592 b. Ist in den Fällen des § 592 a der Beklagte ein Deutscher und hat er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so finden die Vorschriften des § 568 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit des Beklagten erloschen, der Kläger aber Deutscher geblieben ist. (Vergi. B.R. §§ 2379, 2380. Sind die deutschen Gesetze maßgebend, so muß im Inland auch ein Gerichtsstand bestehen.) § 592 c. Mit einer der im § 592 a Abs. 1 bezeichneten Klagen kann eine andere Klage nicht verbunden, gegen sie kann eine Widerklage anderer Art nicht erhoben werden. Mit einer der im § 592 a Abs. 2 bezeichneten Anfechtungsklagen kann nur die andere Anfechtungsklage verbunden, eine Widerklage kann nicht erhoben werden. § 592 d. In den Fällen des § 592 a wirkt das Urtheil, wenn es bei Lebzeiten der Parteien rechtskräftig wird, für und gegen Alle. Ein Urtheil, welches das Bestehen des Eltern- und Kindesverhältnisses oder der elterlichen Gewalt feststellt, wirkt jedoch gegenüber einem Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt für sich in Anspruch nimmt, nur dann, wenn er an dem Rechtsstreite Theil genommen hat. § 592 e. Die Vorschriften der §§ 592 a bis 592 d gelten nicht für einen Rechtsstreit, der die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat. Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 685 f. 1133
Änderungen der Civilprozeßordnung IΡ II 6, 686
I II. Die Komm, trat hierauf in die Berathung des Abschnitts „Verfahren in Entmündigungssachen" ein. Bei der Berathung wurden die verschiedenen Fälle der Entmündigung getrennt erörtert. Dabei ergaben sich sachlich die im Folgenden mitgetheilten Beschlüsse. Jacubezky III. Zu dem im Axt. 11 vorgesehenen § 593 d. C.P.O. war beantragt: den Abs. 1 (Nr 96,1) des § 593 z u fassen: „Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder wegen Geistesschwäche erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts." Der Antrag unterscheidet sich — abgesehen von der Erwähnung der Geistesschwäche — von dem Entw. nur redaktionell. Die Vermeidung des Wortes „nur" wurde gebilligt.
Gebhard IV. Der im Art. 11 vorgesehene § 594 d. C.P.O. enthält eine Aenderung des (Nr 78,15) zweiten Absatzes des bisherigen Gesetzestexts. Hierauf bezog sich der Antrag: im Abs. 2 des § 594 in der Fassung des Art. 11 statt der Worte „die Vorschrift des § 14 IΡ II 6,687 Satz 2 findet entsprechende Anwendung" zu | setzen „die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 findet Anwendung; gehört der zu Entmündigende einem Bundesstaate nicht an, so kann der Antrag bei dem durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmenden Amtsgerichte der Stadt Berlin gestellt werden". Der Antrag, welcher den zu § 16 d. C.P.O. beschlossenen Änderungen Rechnung trägt, wurde gebilligt. V. Der im Art. 11 vorgesehene § 595 d. C.P.O. enthält eine Aenderung des ersten Absatzes des bisherigen Gesetzetexts, während der Abs. 2 des letzteren unverändert wiedergegeben ist. Das Gleiche gilt von den gestellten Anträgen, welche lauten: v. Mandry 1. den Satz 1 des § 595 Abs. 1 in der Fassung des Art. 11 dahin zu ändern: „Der (Nr 101,1) Antrag kann von dem Ehegatten, einem Verwandten oder dem gesetzlichen Vertreter des zu Entmündigenden gestellt werden." Gebhard 2. den Satz 2 des § 595 Abs. 1 in der Fassung des Art. 11 dahin zu ändern: „Von (Nr 78, 16) einem Verwandten kann der Antrag gegen eine Person, welche unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, nicht gestellt werden, gegen eine Ehefrau nur dann gestellt werden, wenn auf beständige oder zeitweilige Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett erkannt ist, oder wenn der Ehemann die Ehefrau verlassen hat oder wenn der Ehemann verschollen ist." Jacubezky 3. den Satz 2 des § 595 Abs. 1 in der Fassung des Art. 11 dahin zu ändern: „Von (Nr 96,2) einem Verwandten kann der Antrag gegen eine Person, welche unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, nicht gestellt werden, gegen eine Ehefrau nur dann gestellt werden, wenn die Ehegatten getrennt leben (oder: wenn die Ehegatten auf Grund gerichtlicher Entscheidung getrennt leben oder der Ehemann die Ehefrau verlassen hat) oder wenn der Ehemann zur Stellung des Antrags dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist." Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 687—689. IΡ II 6,689 Gebhard (Nr 78,17)
I VI. Auf den im Art. 11 vorgesehenen § 603 d. C.P.O. bezogen sich die Anträge : \. j m Abs. 1 des § 603 in der Fassung des Art. 11 die Worte „sofern das Gericht, w e ] c h e s die Entmündigung ausgesprochen hat, für die Anordnung der Vormundschaft über den Entmündigten nicht zuständig ist" als entbehrlich zu streichen; (vergi, die Fassung des § 600) ;
Jacubezky 2. den Schluß des Abs. 1 des im Art. 11 vorgesehenen § 603 dahin zu fassen: „. . . (Nr 96, 3) mitzutheilen und im Falle der Entmündigung wegen Geisteskrankheit, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, demjenigen 1134
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
gesetzlichen Vertreter desselben, welchem die Sorge für die Person zusteht, im Falle der Entmündigung wegen Geistesschwäche dem Entmündigten selbst zuzustellen." den Abs. 2 des im Art. 11 vorgesehenen § 603 zu fassen: „Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit tritt, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, mit der Zustellung des Beschlusses an denjenigen gesetzlichen Vertreter desselben, welchem die Sorge für die Person zusteht, anderenfalls mit der Bestellung des Vormundes, die Entmündigung wegen Geistesschwäche tritt mit der Zustellung des Beschlusses an den Entmündigten in Wirksamkeit." 3. den § 603 in der Fassung des Art. 11 dahin zu ändern: v. Mandry Abs. 1. „ . . . mitzutheilen und, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt (Nr. 101,2) oder Vormundschaft steht, demjenigen gesetzlichen Vertreter desselben, welcher die Sorge für die Person hat, wenn dies nicht der Fall ist und die Entmündigung wegen Geistesschwäche erfolgt, dem Entmündigten selbst von Amtswegen zuzustellen. Abs. 2. Die Entmündigung tritt, wenn nach Abs. 1 eine Zustellung zu erfolgen hat, mit der Zustellung, andernfalls mit der Bestellung des Vormundes in Wirksamkeit." I Dem Antrag 1 wurde stattgegeben. Die Anträge 2, 3 weichen, soweit sie die | Ρ II 6,690 Entmündigung wegen Geisteskrankheit betreffen, vom Entw. nicht ab; soweit sie sich auf die Entmündigung wegen Geistesschwäche beziehen, wurde ihre Berathung einstweilen ausgesetzt. VII. Zu dem im Art. 11 vorgesehenen § 605 d. C.P.O. lagen die Anträge vor: 1. den Abs. 3 des § 605 in der Fassung des Art. 11 dahin zu ändern: „Die Frist Jacubezky beginnt f ü r den Entmündigten im Falle der Entmündigung wegen Geisteskrankheit (Nr 96, 4) mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der Entmündigung Kenntniß erlangt, im Falle der Entmündigung wegen Geistesschwäche mit der Zustellung des Beschlusses, für die übrigen Personen mit dem Zeitpunkt, in welchem die Entmündigung in Wirksamkeit tritt." 2. den Abs. 3 des im Art. 11 vorgesehenen § 605 zu fassen: „Die Frist beginnt für v. Mandry den Entmündigten, wenn ihm nach § 603 Abs. 1 der Beschluß zuzustellen ist, mit der (Nr 101, 3) Zustellung, wenn dies nicht der Fall ist, mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der Entmündigung Kenntniß erlangt hat, für die übrigen Personen mit dem Zeitpunkt, in welchem die Entmündigung in Wirksamkeit getreten ist." Die Vorschriften des Entw. fanden Billigung. Soweit sich die Anträge auf die Entmündigung wegen Geistesschwäche beziehen, wurde ihre Berathung einstweilen ausgesetzt: Dem § 100 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II § 78 — ist eine Anmerkung beigegeben, welche lautet: „Die Vorschriften der Civilprozeßordnung (§§ 605, 609) über das Recht des Entmündigten, selbst die Anfechtungsklage gegen den Entmündigungsbeschluß zu erheben, und die daraus zu ziehenden Folgerungen in Betreff der Gültigkeit der von dem Entmündigten zum Zwecke der Erhebung der Anfechtungsklage ertheilten Vollmacht werden durch den § 100 nicht berührt: es bleibt vorbehalten, dies im Entwürfe des Einführungsgesetzes klarzustellen, sofern es nicht schon aus dem Artikel 9 daselbst genügend hervorgehen sollte." Auf Grund der Erwägung, daß eine Klarstellung der bezeichneten Art entbehrlich Gebhard erscheine (vergi. Entsch. d. R.G. in Civils. 34 Nr. 100 S. 386ff.; 35 Nr. 90 S. 351 ff.), (Nr 78,18) wurde beschlossen, dem in der mitgetheilen Anmerkung gemachten Vorbehalte nicht Folge zu geben. VIII. Der im Art. 11 vorgesehene § 607 d. C.P.O. wurde gebilligt. 1135
Änderungen der Civilprozeßordnung
IΡ II 6,691
IX. In der Anmerkung zu § 19 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II § 9 — ist dem daselbst vorgesehenen § 836q d. C.P.O. eine Anmerkung folgenden Inhalts beigegeben: I Vorbehalten bleibt die Frage, ob der § 611 mit Rücksicht darauf, daß der darin in Bezug genommene § 577 im Artikel 11 des Entwurfs des Einführungsgesetzes geändert wird, ebenfalls eine Aenderung zu erleiden habe, ob insbesondere nur der Abs. 2 des § 577 und daneben noch der § 581 Abs. 2 anzuführen oder ob in dem § 836 q statt auf den § 611 Abs. 1 unmittelbar auf die darin angeführten Vorschriften zu verweisen sei. Mit Rücksicht hierauf waren die Anträge gestellt: Gebhard 1. den Abs. 1 des § 611 d. C.P.O. zu fassen: „Die Vorschriften des § b77 Abs. 2 (Nr 78,19 u n d des § 578 finden entsprechende Anwendung." (Zu dem beizubehaltenden Abs. 2 des § 611 vergi. Wilmowski-Levy, C.P.O. u. G.V.G., 5. Aufl., S. 804.)
Struckmann 2. den Abs. 1 des § 611 d. C.P.O. zu fassen: „Die Vorschriften des § 577 Abs. 2, (Nr 93,4) d e s § 578 und des § 581 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung." Die Komm, billigte den weitergehenden Antrag 2. Gebhard X. Zu dem im Art. 11 vorgesehenen § 613 d. C.P.O. erklärte sich die Komm, mit (Nr 78, 20) der Streichung des Abs. 2, der durch den § 111 Abs. 1 d. B.G.B. (B.R.) ersetzt ist (I S. 68 unter VI), einverstanden. XI. Der im Art. 11 vorgesehene § 616 d. C.P.O. wurde gebilligt. Gebhard XII. Zu § 617 d. C.P.O. in der Fassung des Art. 11 lag der Antrag vor: im Abs. 2 (Nr 78, 21) Halbsatz 2 des im Art. 11 vorgesehenen § 617 statt der Worte: „Die Vorschrift des § 14 Satz 2 findet entsprechende Anwendung" zu bestimmen: „Die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 findet Anwendung; gehört der Entmündigte einem Bundesstaate nicht an, so kann der Antrag bei dem durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmenden Amtsgerichte der Stadt Berlin gestellt werden." Der Antrag, der mit der Aenderung des § 16 d. C.P.O. im Zusammenhange steht, fand Billigung. Die Abs. 1, 3 gelangten nach dem Entw. zur Annahme. XIII. Der im Art. 11 vorgesehene § 620 d. C.P.O. wurde gebilligt. XIV. Man trat nunmehr in die Berathung der Frage ein, welche Vorschriften bezw. welche besonderen Vorschriften für die Entmündigung wegen Geistesschwäche aufzustellen seien. 11. Es war beantragt: behufs der Regelung der Entmündigung wegen Geistesschwäche in die C.P.O. folgende §§ 620 a, 620 b, 620 c einzustellen: § 620 a. Eine Person kann wegen Geistesschwäche nur durch Beschluß des Amtsgerichts entmündigt werden. Der Beschluß wird nur auf Antrag erlassen. § 620 b. Auf die Entmündigung wegen Geistesschwäche finden die Vorschriften der SS 594 bis 620 entsprechende Anwendung, soweit nicht in dem § 620 c ein Anderes bestimmt ist. § 620 c. Der über die Entmündigung zu erlassende Beschluß ist auch dem zu Entmündigenden vom Amtswegen zuzustellen. Der die Entmündigung aussprechende Beschluß tritt mit der Zustellung an den Entmündigten in Wirksamkeit. Die Frist zur Erhebung der Klage auf Anfechtung des Entmündigungsbeschlusses beginnt mit der Zustellung des Beschlusses an den Entmündigten. Jacubezky 2. In Betracht kamen ferner folgende, von einem zweiten Antragsteller gemachte Vorschläge :
IΡ II 6 , 6 9 2 Gebhard (Nr 78, 22)
1136
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
a) der oben unter III mitgetheilte Antrag zu § 593 Abs. 1 ; b) der oben unter VI mitgetheilte Antrag 2 zu § 603 Abs. 1,2; c) der oben unter VII mitgetheilte Antrag 1 zu § 605 Abs. 3. 3. In Betracht kamen des Weiteren folgende, von einem dritten Antragsteller gemachte Vorschläge : a) der oben unter VI mitgetheilte Antrag 3 zu § 603 Abs. 1,2; b) der oben unter VII mitgetheilte Antrag 2 zu § 605 Abs. 3. In die Erörterung wurde endlich auch der nachstehende, von dem Antragsteller zu 1 bezüglich des § 623 d. C.P.O. (Entmündigung wegen Verschwendung) eingebrachte Antrag einbezogen: dem Abs. 1 des § 623 d. C.P.O. den Zusatz beizufügen: „Der die Entmündigung aussprechende Beschluß ist außerdem, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, von Amtswegen demjenigen gesetzlichen Vertreter desselben zuzustellen, welcher die Sorge für die Person hat." Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 692 ff. |XV. Nach der Anmerkung zu § 2260 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II §2152 — | Ρ II 6,694 (vergi. V S. 388 unter II) soll der Abs. 4 des im Art. 11 vorgesehenen § 621 d. C.P.O. gestrichen werden. Zu dem erwähnten Paragraphen waren nachstehende Anträge gestellt: 1.im Abs. 3 d e s § 6 2 1 auch den § 600 d.C.P.O.zu zitiren:
Gebhard (Nr 78, 23)
2. den Abs. 1 des § 621 zu fassen: „Die Entmündigung wegen Verschwendung Jacubezky (Nr 96, 5) oder wegen Trunksucht erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts." den Schluß des Abs. 3 des § 621 zu fassen: „. . . und der §§ 600, 604, im Falle der Trunksucht, wenn der zu Entmündigende die Sicherheit Anderer gefährdet, auch die Vorschriften des § 595 Abs. 2 und des § 597 Abs. 3 entsprechende Anwendung." den letzten Abs. des § 621 durch folgende, als Abs. 4 einzustellende Vorschrift zu ersetzen: „Zur Stellung des Antrags ist auch der Verband berechtigt, welchem im Falle der Verarmung des zu Entmündigenden die gesetzliche Armenlast obliegt." den Abs. 5 des § 621 zu fassen. „Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft findet außer in dem im Abs. 3 bezeichneten Falle der Entmündigung wegen Trunksucht nicht statt." Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 694 f. |XVL Eine zusätzliche Bestimmung war in dem Antrage vorgeschlagen: als ι Ρ II 6, 695 § 621a folgende Vorschrift in die C.P.O. einzustellen: „Das Gericht kann den zu Jacubezky Entmündigenden unter Androhung der Entmündigung zur Besserung ermahnen und (Nr 96, 2) die Beschlußfassung über die Entmündigung aussetzen, wenn Aussicht besteht, daß die Ermahnung Erfolg haben werde." (Vergi, bayr. L.R. I, 7 § 37 Nr. 1 ; WilmowskiLevy, C.P.O. u. G.V.G. II Anm. 1 zu C.P.O. § 621.) Der Antrag wurde abgelehnt: XVII. Zu § 623 d. C.P.O. lag der bereits oben unter XIV mitgetheilte Antrag vor: dem Abs. 1 des § 623d. C.P.O. den Zusatz beizufügen: „Der die Entmündigung aussprechende Beschluß ist außerdem, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, von Amtswegen demjenigen gesetzlichen Vertreter desselben zuzustellen, welcher die Sorge für die Person hat." Der Antrag wurde abgelehnt. IXVIII. Die im Art. 11 vorgesehenen §§ 625, 626 d. C.P.O. wurden gebilligt. XIX. In Betreff der Entmündigung wegen Trunksucht war der Antrag gestellt: 1137
ι Ρ II 6, 696 Gebhard (Nr 78,25)
Änderungen der Civilprozeßordnung 1. Behufs der Regelung der Entmündigung wegen Trunksucht in die C.P.O. folgende §§ 626a, 626b einzustellen: § 626 a. Eine Person kann wegen Trunksucht nur durch Beschluß des Amtsgerichts entmündigt werden. Der Beschluß wird nur auf Antrag erlassen; § 626 b. Auf die Entmündigung wegen Trunksucht finden die Vorschriften über die Entmündigung wegen Geistesschwäche, mit Ausnahme des § 599, entsprechende Anwendung. 2. Daneben kamen von den zur Entmündigung wegen Verschwendung gestellten Anträgen in Betracht: a) der oben unter X V mitgetheilte Antrag 2, betreffend den § 621 Abs. 1, 3, 6; b) der oben unter XVI mitgetheilte Antrag, betreffend die Einschaltung des § 621 a. Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 696 f.
453. Sitzung vom 8.1.1896 IΡ II 6,697 11. Die in der vorigen Sitzung beschlossenen, das Entmündigungsverfahren wegen Trunksucht betreffenden Bestimmungen (S. 696 und 697 unter XIX) sind in der Vorl. Zus. als § 627a d. C.P.O. eingestellt und lauten daselbst: „Auf die Entmündigung wegen Trunksucht finden die Vorschriften über die Entmündigung wegen I Ρ II 6,698 Verschwendung mit Ausnahme des S 621 Abs. 5 entsprechende Anwendung. — | Das Gericht kann den zu Entmündigenden unter Androhung der Entmündigung zur Besserung ermahnen und die Beschlußfassung über die Entmündigung aussetzen, wenn Aussicht besteht, daß die Ermahnung Erfolg haben werde." Jacubezky (Nr 105,1)
Es war beantragt: d e m § 622 d. C.P.O. den Zusatz beizufügen: „Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn nach § 627 a an den zu Entmündigenden eine Ermahnung zur Besserung erlassen wird." Der Antrag wurde abgelehnt. IΡ II 6, 699 |II. Der § 627 d. C.P.O. lautet: „Die Entmündigung einer Person wegen Verschwendung, sowie die Wiederaufhebung einer solchen Entmündigung ist von dem Amtsgerichte öffentlich bekannt zu machen." Jacubezky Die Vorschrift ist im Entw. d. E.G. nicht geändert. Dagegen lag der Antrag vor: (Nr 96,8) i m ξ 627 d. C.P.O. statt „wegen Verschwendung" zu setzen „wegen Geistesschwäche, wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht". Hierzu wurde im Laufe der Berathung der Unterantrag gestellt: vor „Geistesschwäche" einzuschalten „Geisteskrankheit". IΡ II 6,700
I Die Komm, beschloß, die Vorschrift des § 627 auf die Entmündigung wegen Trunksucht zu erstrecken, lehnte aber im Uebrigen die Anträge ab.
IΡ II 6, 701
|IV. Nach der Anmerkung zu § 1131 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 — Entw. II § 1054 unter 3 — (vergi. III S. 572 unter II, 767 unter XIV) soll folgende Bestimmung als § 628 Abs. 2 in die C.P.O. eingestellt werden: „Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstande hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld."
v. Mandry Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet. Ein Antrag, die Vorschrift nicht als (Nr 101,4) Abs. 2, sondern als Zusatz zu Abs. 1 des § 628 anzufügen, wurde der Red.Komm, überwiesen. 1138
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) V. Nach der Anmerkung zu § 828 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 766 unter 1 - (vergi. II S. 621 unter V 1 b, 624 und 625 unter VI, 629) soll der § 648 Nr. 6 d. C.P.O. dahin geändert werden : I „6. Urtheile, welche die Verpflichtung zur Entrichtung von Alimenten oder zur | Ρ II 6, 702 Entrichtung einer nach den §§ 828, 829 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) geschuldeten Geldrente aussprechen, soweit die Entrichtung für die Zeit nach der Erhebung der Klage und für das diesem Zeitpunkte vorausgehende letzte Vierteljahr zu erfolgen hat." Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet. VI. Nach der Anmerkung zu § 548 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 498 — (vergi. II S. 189 Antrag 3 c, S. 193 unter 4) ist folgende veränderte Fassung der Nr. 1 des § 649 d. C.P.O. beschlossen worden: „1. Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermiether von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Benutzung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der von dem Miether in die Miethräume eingebrachten Sachen;" Hierzu war beantragt: hinter „von dem Miether" die Worte: „oder dem Unter- Jacubezky miether" einzuschalten (Nr 96, 7) Der frühere Beschluß wurde nicht beanstandet und der Antrag, welcher dem zu § 23 Nr. 2 Abs. 1 d. G.V.G. gefaßten Beschluß entspricht, angenommen. VII. Nach der Anmerkung zu § 806 d. B.G.B. (B.R.) unter a - Entw. II § 745 unter a (vergi. II S. 717 bis 720 unter I) ist zu § 655 Abs. 2 d. C.P.O. folgender Zusatz beschlossen worden : „Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Die nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes mit der Rechtshängigkeit verbundenen Wirkungen treten zu dieser Zeit ein, auch wenn der Antrag nicht gestellt wird." Hierzu war beantragt: den Abs. 2 des § 655 d. C.P.O. wie folgt zu fassen: „Wird Jacubezky ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert oder (Nr 96, 8) wird die vorläufige Vollstreckbarkeit des Unheils wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben, so ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zum Ersätze des Schadens zu verurtheilen, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Schadensersatz als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen." Die Komm, nahm den Antrag an. IVIII. Nach der Anmerkung zu § 887 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 - Entw. II § 817 | Ρ II 6, 703 unter 3 — (vergi. III S. 68 und 69 unter I, 501 und 502 unter I) soll zum Ersätze des § 833 Abs. 2, 3 des Entw. I der § 658 d. C.P.O. dahin geändert werden: „Ist auf Bewilligung einer Eintragung in das Grundbuch oder einer Löschung im Grundbuch erkannt, so wird das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urtheil durch Eintragung einer Vormerkung vollzogen. Das Gleiche gilt, wenn auf Bewilligung der Eintragung eines Pfandrechts in das Schiffsregister oder der Löschung eines Pfandrechts im Schiffsregister erkannt ist." Dieser Beschluß, durch welchen sich der im Art. 11 vorgesehene § 658 erledigt, wurde nicht beanstandet. IX. Nach der Anmerkung zu § 2390 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 2265 unter 2 - (vergi. S. 86 bis 89) soll der § 661 Abs. 2 d. C.P.O. durch folgende Vorschrift ersetzt werden: „Das Vollstreckungsurtheil ist erst zu erlassen, wenn das 1139
Änderungen der Civilprozeßordnung
Urtheil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Rechte die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Unheils nach § 293 h ausgeschlossen ist." Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet.
Gebhard (Nr 81,8)
Jacubezky (Nr 102,1)
IΡ II 6, 704
Jacubezky (Nr 102,2)
IΡ II 6, 705
X. Der § 664 wurde nach dem Entw. d. E.G. gebilligt. Die diesem Paragraphen in dem Entw. beigefügte Note wurde gestrichen. XI. Zu § 665 lagen die Anträge vor : i. d e n ξ 665 zu fassen: „Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Gläubigers sowie gegen die allgemeinen Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Schuldners und unter Berücksichtigung der §§ 236, 238 gegen denjenigen ertheilt werden, welcher während der Rechtshängigkeit oder nach Beendigung des Rechtsstreits Rechtsnachfolger des Schuldners in Ansehung des in Streit befangenen Gegenstandes oder auf Grund eines zwischen ihm und dem Schuldner bestehenden Rechtsverhältnisses der im § 853 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichneten Art Besitzer dieses Gegenstandes geworden ist, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältniß bei dem Gerichte offenkundig ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird. Ist die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältniß bei dem Gerichte offenkundig, so ist dies in der Vollstreckungsklausel zu erwähnen." 2. den Abs. 1 des § 665 zu fassen: „Eine vollstreckbare Ausfertigung kann für den Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Gläubigers sowie gegen den allgemeinen Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Schuldners und nach Maßgabe der §§ 236, 238, § 293 d gegen denjenigen ertheilt werden, welcher während der Rechtshängigkeit oder nach Beendigung des Rechtsstreits Rechtsnachfolger des Schuldners in | Ansehung des in Streit befangenen Gegenstandes geworden ist oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt hat, daß der Schuldner mittelbarer Besitzer geblieben ist, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältniß bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird." Die Anträge wurden der RedKom. überwiesen. XII. Es folgte die Berathung über den Antrag: folgende Vorschrift als § 665a in ¿¡e C.P.O. einzustellen: „Ist gegenüber dem Vorerben ein nach § 293 e dem Nacherben gegenüber wirksames Urtheil ergangen, so finden auf die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für und gegen den Nacherben die Vorschriften des § 665 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn gegenüber einem Testamentsvollstrecker ein nach § 293 f dem Erben gegenüber wirksames Urtheil ergangen ist, für die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung für und gegen den Erben. Eine vollstreckbare Ausfertigung kann gegen den Erben ertheilt werden, auch wenn die Verwaltung des Testamentsvollstreckers noch besteht." Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 704 f. IXIII. Es folgte die Berathung über den §671 d. C.P.O. in der Fassung des Art. 11. Hierzu lagen die Anträge vor:
Gebhard 1. im Abs. 2 des im Entw. d. E.G. vorgesehenen § 671 d. C.P.O. statt „Inhaber" zu (Nr 81,9) setzen „Besitzer";
Jacubezky 2. den Eingang des Abs. 2 des erwähnten § 671 zu fassen: „Hängt die Vollstrek(Nr 102, 5) kung eines Urtheils seinem Inhalte nach von dem durch den Gläubiger zu beweisenden Eintritt einer Thatsache ab oder handelt es sich um die Vollstreckung eines 1140
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) Urtheils f ü r oder gegen eine der in den §§ 665, 665 a, 670 c, 670 g, 670 k, 670 m bezeichneten Personen, so muß etc." 3. die in dem Antrage 2 vorgeschlagene Bestimmung zu fassen: „Handelt es sich Jacubezky um die Vollstreckung eines Urtheils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 664 (Nr 102, 5) Abs. 1 ertheilt worden ist, oder um die Vollstreckung f ü r oder gegen etc. (wie im Antrage 2). Der Antrag 2 wurde zu Gunsten des Antrags 3 zurückgezogen. XIV. Nach der Anmerkung zu § 705 d. B.G.B. (B.R.) - vergi. II S. 434 bis 436 unter II — ist beschlossen worden, folgende Vorschrift als § 671a in die C.P.O. einzustellen: „Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 692 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich." Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet. XV. Nach der Anmerkung zu $ 51 d. B.G.B. (B.R.) — vergi. S. 207, 208 und 209 unter Β — ist beschlossen worden, folgende Bestimmung als § 671b in die C.P.O. einzustellen : „Zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines nicht rechtsfähigen Vereins genügt ein gegen den Verein erlassenes Urtheil." Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet. |XVI. Nach der Anmerkung zu § 1070 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II §995 - | Ρ II 6, 706 (vergi. III S. 430 und 431 unter VIII, Bd. IV S. 598 und 599 unter XV) ist beschlossen worden, folgende Vorschriften in die C.P.O. einzustellen : § 671 c. Bei dem Nießbrauch an einem Vermögen findet wegen der vor der Bestellung des Nießbrauchs entstandenen Verbindlichkeiten des Bestellers die Zwangsvollstreckung in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände nur statt, wenn der Besteller zu der Leistung und der Nießbraucher zur Gestattung der Zwangsvollstreckung verurtheilt ist. § 671 d. Ist die Bestellung des Nießbrauchs an einem Vermögen erst während der Rechtshängigkeit oder nach der Beendigung eines Rechtsstreits des Bestellers erfolgt, so finden auf die Ertheilung einer gegen den Nießbraucher in Ansehung der dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände vollstreckbaren Ausfertigung des gegen den Besteller erlassenen Urtheils die Vorschriften der §§ 665 bis 668, 671 entsprechende Anwendung. Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet; man war aber einverstanden, daß die Zitate lauten sollen „§§ 665, 666 bis 670". XVII. Nach der Anmerkung zu § 1396 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 1310 — ist beschlossen worden, zum Ersätze der §§ 1314, 1315, 1360, des § 1399 Abs. 2, des § 1424 Abs. 1 und des § 1431 Abs. 1 des Entw. I folgende Vorschriften in die C.P.O. einzustellen. § 671 e. Bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft findet die Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut der Ehefrau nur statt, wenn die Ehefrau zur Leistung und der Ehemann zur Gestattung der Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut verurtheilt ist. § 671 f . Bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft ist zur Zwangsvollstreckung in das Gesammtgut ein gegen den Ehemann, bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft ein gegen den überlebenden Ehegatten erlassenes Urtheil erforderlich und genügend. § 671 g. Ist der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung oder der allgemei1141
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
IΡ II 6, 707
Jacubezky (Nr 105,4)
Jacubezky (Nr 105,3)
nen Gütergemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft erst während der Rechtshängigkeit oder nach der Beendigung eines von der Ehefrau oder gegen sie geführten Rechtsstreits eingetreten, so finden auf die Ertheilung einer für oder gegen den Ehemann in Ansehung des eingebrachten Gutes der Ehefrau oder in Ansehung des Gesammtguts vollstreckbaren Ausfertigung des ergangenen Urtheils die Vorschriften der SS 665 bis 668, 671 entsprechende Anwendung. I Das Gleiche gilt bei der Errungenschaftsgemeinschaft für die Zwangsvollstrekkung in Ansehung des eingebrachten Gutes der Ehefrau. (Vergi. IV S. 135 Anm., 183 unter IV, 205 unter VI, 241 Anm. 1, 263 unter I, 335, 339 unter F, 368 unter III, Bd. V S . 541 unter D.) Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet. Der Antrag: im § 671 f d. C.P.O. die Worte „bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft ein gegen den überlebenden Ehegatten" zu streichen und zum Ersätze den auf die fortgesetzte Gütergemeinschaft bezüglichen Passus im § 671 k einzufügen, wurde der Red.Komm, überwiesen. Ein zu §671 g gestellter Antrag wurde gleichfalls der Red.Komm. überwiesen. Nach demselben soll der § 671 g folgende Fassung erhalten : „Ist der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung, die Errungenschaftsgemeinschaft oder die Fahrnißgemeinschaft erst während der Rechtshängigkeit oder nach der Beendigung eines von der Ehefrau oder gegen sie geführten Rechtsstreits eingetreten, so finden auf die Ertheilung einer in Ansehung des eingebrachten Gutes der Ehefrau vollstreckbaren Ausfertigung des Urtheils für oder gegen den Ehemann die Vorschriften der §§ 665, 666 bis 670 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt für die Ertheilung einer in Ansehung des Gesammtguts vollstreckbaren Ausfertigung, wenn die allgemeine Gütergemeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft oder die Fahrnißgemeinschaft erst während der Rechtshängigkeit oder nach der Beendigung eines von der Ehefrau geführten Rechtsstreits eingetreten ist." XVIII.—XX. Anträge zu den dort genannten Bestimmungen lagen nicht vor.
I Ρ II 6, 709 Jacubezky (Nr 102,4) Jacubezky (Nr 102,4)
XXI. I. . . Ein Antrag: im § 671 ρ statt „einem Testamentsvollstrecker" zu setzen: „dem Testamentsvollstrecker" wurde der Red.Komm. überwiesen.
XXII. Hinsichtlich der Stellung der §§ 671 a bis n, 671 ρ lag der Antrag vor: diese Vorschriften als §§ 670 a bis 670 o in folgender Reihenfolge einzustellen : § 670a = §671 m; § 6 7 0 b = §671 ρ; § 6 7 0 c = §671 η; § 6 7 0 d = § 671 b; § 670e = § 671 a; § 670f = § 671 c; § 670g = § 671 d; § 670h = § 6 7 1 e ; § 670i = § 671 f; § 670k = §671g; §6701 = § 671 h; § 670m = § 671 i; § 670n = §671k; § 670 o = § 6711.12 Die Komm, war, vorbehaltlich einer Nachprüfung des Antrags durch die Red.Komm., mit dem Vorschlag einverstanden. Jacubezky XXIII. Es lag der Antrag vor: als § 672 a folgende Bestimmung aufzunehmen: „Ist (Nr 105,6) ¿¡e Geltendmachung des Anspruchs nach dem Inhalte des Urtheils von einer Zug um Zug oder vorher zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig, so darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Befriedigung des Schuldners in Ansehung der ihm gebührenden Leistung oder sein Annahmeverzug 12
Ferner war in Nr. 102, 4 beantragt: Im § 671 η (670 c) Satz 1, im §671 d (670 g), im §671 g (670 k) Abs. 1 und 2, §671 i (670 m) soll statt „der §§ 665 bis 668, 671" gesetzt werden „der §§ 605 bis 670".
1142
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
durch eine öffentliche Urkunde nachgewiesen und eine Abschrift dieser Urkunde bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird." Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 700 f. I Hiermit erledigten sich zwei weitere Anträge, welche derselbe Antragsteller im | Ρ II 6,711 Zusammenhange mit dem ursprünglichen Antrag eingebracht hatte, lautend: a) als §675 Abs. 2 folgende Vorschrift in die C.P.O. aufzunehmen: „Ist die Jacubezky Geltendmachung des Anspruchs nach dem Inhalte des Urtheils von einer Zug um (Nr 105,7) Zug oder vorher zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig, so kann der Gläubiger den Gerichtsvollzieher beauftragen, die Leistung dem Schuldner so anzubieten, wie es erforderlich ist, um den Schuldner in Verzug der Annahme zu versetzen." b) den im Art. 11 vorgesehenen §676 a nicht aufzunehmen und den § 684 d. Jacubezky C.P.O. unverändert zu lassen. (Nr 105, 7) XXIV. Der § 684 d. C.P.O. wurde in der im Art. 11 vorgesehenen Fassung angenommen. Zu dem im Art. 11 vorgesehenen § 687 d. C.P.O. lagen die Anträge vor: 1. im § 687 d. C.P.O. statt „Inhabung" zu setzen „Besitzlage";
Gebhard (Nr 86,12)
2. den § 687 d. C.P.O. wie folgt zu fassen: „Die Vorschriften des § 686 Abs. 1, 3 finden entsprechende Anwendung, wenn in den Fällen der §§ 664 bis 665 a, 670 e, 670 g, 670 h, 670 m der Schuldner das bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommene Vorliegen der Voraussetzung für die Ertheilung der Vollstreckungsklausel bestreitet, unbeschadet der Befugniß des Schuldners, in diesen Fällen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel in Gemäßheit des § 668 zu erheben." Der Antrag 1 wurde zu Gunsten des Antrags 2 zurückgezogen. Gegen den Antrag 2 erhob sich kein Widerspruch. XXV. Nach der Anmerkung zu § 806 d. B.G.B. (B.R.) unter b - Entw. II § 745 unter b — (vergi. II S. 720 und 721 unter II) soll als § 689 a folgende Bestimmung in die C.P.O. eingestellt werden: „Soweit sich ergiebt, daß die in den §§ 686, 687 bezeichneten Einwendungen begründet sind, ist der Gläubiger zur Erstattung desjenigen, was er durch die Zwangsvollstreckung erlangt hat oder was ihm zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet worden ist, so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf die Erstattung zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre." I Die Komm, war mit dem Beschluß einverstanden und überwies der Red.Komm. | Ρ II 6, 712 nachstehenden Fassungsvorschlag: „Soweit sich ergiebt, daß die in den §§ 686, 687 Jacubezky bezeichneten Einwendungen begründet sind, ist der Gläubiger verpflichtet, dasje- (Nr 105,10) nige, was er durch die Zwangsvollstreckung erlangt hat oder was ihm zur Abwendung der Zwangsvollstreckung geleistet worden ist, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten; die Erstattungspflicht des Gläubigers bestimmt sich so, wie wenn der Anspruch auf die Erstattung zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre." XXVI.—XXIX. Anträge zu den dort aufgeführten Bestimmungen lagen nicht vor. XXX. . . . Die Kommission genehmigte den Antrag: | dem § 695 d. C.P.O. als | Ρ II 6,714 Abs. 3 beizufügen: „Das Recht des Nacherben, die Beschränkung seiner Haftung Jacubezky geltend zu machen, bleibt unberührt, wenn der Vorerbe ohne den Vorbehalt verur- (Nf 102,6) theiltwird." 1143
Änderungen der Civilprozeßordnung XXXI.—XXXII. Anträge zu den dort aufgeführten Bestimmungen lagen nicht vor. I Ρ II 6,715 IXXXIII. Nach der Anmerkung zu § 825 d. B.G.B. (B.R.) unter 3b - Entw. II § 763 unter 3b — (vergi. II S. 672, 673 bis 678 unter II, 680 und 681 unter IV) soll folgende Bestimmung als § 697a in die C.P.O. eingestellt werden: „Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert oder wird die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urtheils wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben, so ist der Gläubiger verpflichtet, dem Schuldner den Schaden zu ersetzen, der ihm durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entsteht. Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn ein nach den §§ 274, 562 unter Vorbehalt ergangenes Urtheil auf Grund des Vorbehalts aufgehoben oder abgeändert wird." Jacubezky Hierzu war beantragt: die Bestimmung zu streichen. (Nr 105,11) Die Komm, war mit der Streichung einverstanden, und zwar im Hinblick auf die zu den §§ 274, 563, 655 gefaßten Beschlüsse. XXXIV. Nach der Anmerkung zu § 1131 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 — Entw. II § 1054 unter 3 — soll folgende Vorschrift als Zusatz zu Nr. 5 des § 702 in die C.P.O. eingestellt werden: „Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstande hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld. (Vergi. III S. 572 unter II, 767 unter XIV.) Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet. IΡ II 6,716
IXXXV. Nach der Anmerkung zu § 1070 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 995 - soll folgende Bestimmung als § 702a in die C.P.O. eingestellt werden: „Bei dem Nießbrauch an einem Vermögen findet auf Grund eines gegen den Besteller vollstreckbaren Titels die Zwangsvollstreckung in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände auch dann statt, wenn der Nießbraucher in einer von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommenen Urkunde die sofortige Vollstreckung in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände bewilligt hat." (Vergi. III S. 431 unter Β, IV S. 598 und 599 unter XV.) Nach der Anmerkung zu § 1396 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 1310 — soll ferner folgende Bestimmung als § 702b in die C.P.O. eingestellt werden: „Bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft findet auf Grund eines gegen die Ehefrau vollstreckbaren Titels die Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut der Ehefrau auch dann statt, wenn der Ehemann in einer von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommenen Urkunde die sofortige Vollstreckung in das eingebrachte Gut bewilligt hat."
Jacubezky (Nr 105, 12)
Hierzu lag der Antrag vor: die §§ 702 a, 702 b d. C.P.O. durch folgende als Abs. 2 des § 702 einzustellende Vorschrift zu ersetzen : „Soweit nach den Vorschriften des § 670 b Abs. 2 und der §§ 670f, §670h, §6701, §670 η die Verurtheilung eines Betheiligten zur Duldung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, daß der Betheiligte in einer von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen Notar innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Rechte unterworfenen Gegenstände bewilligt." 1144
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
Die Komm, hielt sachlich an den früheren Beschlüssen fest. Mit dem die Redaktion betreffenden Vorschlage war man mit Rücksicht auf die Fassung des § 703 einverstanden. XXXVI. Zu § 710 d. C.P.O. lag der Antrag vor: den Eingang des Abs. 1 des § 710 v. Mandry d. C.P.O. zu fassen: „Der Pfändung einer Sache kann ein Dritter, welcher sich nicht (Nr 104,1) im Besitze der Sache befindet oder dessen Besitz nur mittelbarer Besitz ist, auf Grund eines Pfand- oder Vorzugsrechts nicht widersprechen." Der Antrag wurde zurückgezogen. IXXXVII. Nach der Anmerkung zu § 439 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 386 - | Ρ II 6,717 (vergi. I S. 668 und 669 unter VIII, 701 unter XI) soll, zugleich zum Ersätze des § 395 des Entw. I, folgende Vorschrift als § 710a in die C.P.O. eingestellt werden: „Wird ein Gegenstand auf Grund der Pfändung veräußert, so steht dem Erwerber wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der veräußerten Sache ein Anspruch auf Gewährleistung nicht zu." Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet. XXXVIII. Zu § 712 d. C.P.O. lag der Antrag vor: die Vorschrift wie folgt zu v. Mandry fassen: Abs. 1. Die Pfändung der im Besitze des Schuldners befindlichen körperlichen (Nr 91,2) Sachen wird dadurch bewirkt, daß der Gerichtsvollzieher dieselben in Besitz nimmt. Dies gilt nicht von den nur im mittelbaren Besitze des Schuldners befindlichen körperlichen Sachen. — Abs. 2. Im Besitze des Schuldners etc. (wie C.P.O. § 712 Abs. 2). Der Antrag wurde abgelehnt. — Die Komm, war der Ansicht, daß der § 712 in dem im Antrage dargelegten Sinne zu verstehen sei; sie verneinte aber das Bedürfniß, die vorgeschlagene Aenderung vorzunehmen, da der Ausdruck „Gewahrsam" zu begründeten Zweifeln keinen Anlaß gebe. — Durch diesen Beschluß erledigte sich der entsprechende Antrag, im § 713 d. C.P.O. statt „im Gewahrsam" zu setzen „im Besitze". XXXIX. Der im Art. 11 dem § 717 d. C.P.O. beigefügte Abs. 4 wurde mit der v. Mandry Feststellung gebilligt, daß an Stelle der Zitate Entw. I § 1173 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3 (Nr 104, 2) zu allegiren sei B.G.B. (B.R.) § 1224 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2. XL. Zu § 718 d. C.P.O. lagen die Anträge vor: 1. den Abs. 1 des im Entw. d. E.G. vorgesehenen § 718 d. C.P.O. zu fassen: „Dem Gebhard Zuschlag an den Meistbietenden muß ein dreimaliger Aufruf vorausgehen; nach dem (Nr 89, 1) dritten Aufrufe muß der Zuschlag erfolgen. Die Vorschriften des § 152 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) finden Anwendung." 2. den § 718 Abs. 1 d. C.P.O. unverändert zu lassen. I Nachdem durch Eventualbestimmung festgestellt worden war, daß eine Aende- ι Ρ II 6,718 rung des § 718 Abs. 1 im Sinne des Antrags 1 die Majorität nicht für sich habe, wurde sowohl der Antrag 1 als der Antrag 2 abgelehnt und die im Entw. d. E.G. in Aussicht genommene Fassung des Paragraphen gebilligt. 454. Sitzung vom 13. 1. 1896 I. Die Berathung wandte sich dem Antrage zu: als § 705a folgende Vorschrift in Jacubezky die C.P.O. aufzunehmen: „Hat sich der Eigenthümer eines mit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld belasteten Grundstücks in einer nach § 702 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen, so genügt zur Zwangsvollstreckung für einen Rechtsnachfolger des Gläubigers die diesem ertheilte vollstreckbare Ausfertigung, wenn die Rechtsnachfolge in 1145
Änderungen der Civilprozeßordnung
der im § 1139 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bezeichneten Weise aus dem IΡ II 6,719 Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbrief ersichtlich ist. Die | Zustellung der die Rechtsnachfolge nachweisenden öffentlichen Urkunde ist nicht erforderlich, wenn der Rechtsnachfolger als Gläubiger im Grundbuch eingetragen ist. Die Unterwerfung des Eigentümers unter die sofortige Zwangsvollstreckung kann mit der Wirkung erfolgen, daß die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigenthümer des Grundstücks stattfindet; sie bedarf in diesem Falle der Eintragung in das Grundbuch. Bei der Zwangsvollstreckung gegen einen späteren Eigenthümer ist die Zustellung der seinen Erwerb nachweisenden öffentlichen Urkunde nicht erforderlich, wenn er als Eigenthümer im Grundbuch eingetragen ist." (Vergi. Wilmowski-Levy, C.P.O. u. G.V.G. II Anm. 5 zu C.P.O. § 665, andererseits: die preuß. Ges. über Grundeigenthum und Hypothekenrecht, herausgeg. v. Achilles, IV. Aufl. bearbeitet v. Strecker, S. 236, 237; bayr. Ges. v. 23. Febr. 1879 zur Ausführung der C.P.O. u. K . O . Art. 128, 134 Abs. 2.) Zum Ergebnis der Beratungen (grundsätzliche Annahme des Antrags) vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 7 1 9 - 7 2 1 . IΡ II 6,721 I II. Zu § 706 d. C.P.O. lag der Antrag vor : Jacubezky a ) den § 706 d. C.P.O. zu fassen: „Die Landesgesetze können die Zwangsvoll(Nr 107,1) Streckung aus anderen als den im § 702 Nr. 1, 2 bezeichneten Vergleichen, die vor einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten abgeschlossen sind, zulassen. Sie sind nicht gehindert, für Ansprüche aus Rechtsverhältnissen, für welche landesgesetzliche Vorschriften maßgebend oder zugelassen sind, die gerichtliche Zwangsvollstreckung auf Grund anderer als der in den §§ 644, 702 bezeichneten Schuldtitel zuzulassen und insoweit von den Vorschriften dieses Gesetzes abweichende Bestimmungen über die Zwangsvollstreckung zu treffen." b) in den § 15d. E.G. z. C.P.O. folgende Nr. 4 a einzustellen: „die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren für (privatrechtliche) Ansprüche, die zu den öffentlichen Gefällen gehören." Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 721 —723. III.—VI. Anträge zu den dort mitgeteilten Bestimmungen lagen nicht vor. IΡ II 6, 723 I VII. Nach der Anmerkung zu § 406 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 — Entw. II § 355 IΡ II 6,724 unter 3 — (vergi. II S. 472 und 473 zu I 1) soll zum Ersätze | des § 307 des Entw. I Jacubezky folgende Vorschrift als § 7 4 3 a in die C.P.O. eingestellt werden: „Der Ueberwei(Nr 107,2) s u n g s b e s c h l u ß gilt, auch wenn er mit Unrecht erlassen ist, zu Gunsten des Drittschuldners dem Schuldner gegenüber so lange als rechtsbeständig, bis er aufgehoben wird und die Aufhebung zur Kenntniß des Drittschuldners gelangt." — Dieser Beschluß wurde nicht beanstandet. — Ein Antrag, den § 743 a dem § 737 d. C.P.O. anzuschließen, wurde der Red.Komm. überwiesen. V i l i . — X . Anträge zu den dort mitgeteilten Bestimmungen lagen nicht vor. IΡ II 6,725
I X I . Nach der Anmerkung zu § 1393 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II S 1307 — (vergi. I V S. 134 Anm. 182 und 183 unter I, 204 und 205 unter V , 352 und 353 unter e) soll zum Ersätze des § 1298 Halbsatz 2 und des § 1299 Abs. 1, 2 des Entw. I folgende Vorschrift als § 749 b in die C.P.O. eingestellt werden : „Das Recht, welches bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung dem Ehemann an dem eingebrachten Gute zusteht, ist der Pfändung nicht unterworfen. Die von dem Ehemann erworbenen Früchte des eingebrachten Gutes unterliegen der Pfändung nicht, soweit sie zur Erfüllung der in den §§ 1369 bis 1372 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bestimm1146
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) ten Verpflichtungen des Ehemanns, z u r Erfüllung der ihm seiner Frau und seinen V e r w a n d t e n gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht oder zur Bestreit u n g seines standesmäßigen Unterhalts erforderlich sind. D e r Widerspruch kann sowohl von dem Ehemann als von der E h e f r a u nach § 685 geltend gemacht werden." H i e r z u lag der Antrag vor : Jacubezky a) dem Abs. 1 des § 749 b d. C . P . O . folgenden Satz 3 b e i z u f ü g e n : „ H a t der (Nr 107, 3) E h e m a n n einer geschiedenen E h e f r a u Unterhalt zu gewähren, so sind die Früchte auch insoweit der P f ä n d u n g nicht u n t e r w o r f e n , als sie z u r Erfüllung dieser U n t e r haltspflicht erforderlich sind. b) den so gestalteten § 749 b als § 754 c in die C . P . O . einzustellen. D e r von der K o m m , f r ü h e r gefaßte Beschluß w u r d e nicht beanstandet. D e r Antrag a w u r d e aus den von d e m Antragsteller geltend gemachten G r ü n d e n angenommen. D e r Antrag b w u r d e der Red.Komm, überwiesen. XII. N a c h der A n m e r k u n g zu § 1637 d. B.G.B. (B.R.) — Entw. II § 1549 — (vergi. IV S. 551 Anm. 1 ; 582 unter S) soll z u m Ersätze des $ 1534 Satz 1 Halbsatz 2 und des § 1535 des Entw. I folgende Bestimmung als § 749 c in die C . P . O . eingestellt werden : „Das Recht, welches dem V a t e r o d e r der Mutter k r a f t der elterlichen N u t z n i e ß u n g an dem V e r m ö g e n des Kindes zusteht, ist der P f ä n d u n g nicht unterworfen. Das Gleiche gilt von den ihnen nach den §§ 1634, 1635 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) zustehenden Ansprüchen, solange die Ansprüche nicht fällig sind. Auf die P f ä n d u n g der von dem V a t e r oder der Mutter k r a f t der elterlichen N u t z n i e ß u n g erworbenen Früchte finden die Vorschriften des § 749 b mit der M a ß gabe entsprechende A n w e n d u n g , daß die im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche, wenn sie fällig sind, den erworbenen Früchten gleichstehen." I Dieser Beschluß w u r d e nicht beanstandet. D e r Antrag, den Paragraphen als | Ρ II 6, 726 § 743 d in die C.P.O. einzustellen, w u r d e der R e d . K o m m . überwiesen. Jacubezky (Nr 107, 4) XIII. N a c h der A n m e r k u n g zu S 2291 d. B.G.B. (B.R.) unter 1 - Entw. II § 2182 u n t e r 1 — (vergi. V S. 525 bis 527 unter X ) ist beschlossen w o r d e n , z u m theilweisen Ersätze des § 1992 Abs. 2 Satz 2 des Entw. I folgende V o r s c h r i f t als § 749 d in die C . P . O . einzustellen: „ D e r Pflichttheilsanspruch ist der P f ä n d u n g nur unterworfen, w e n n er durch V e r t r a g anerkannt oder rechtshängig geworden ist." Dieser Beschluß w u r d e nicht beanstandet. XIV. N a c h der A n m e r k u n g zu § 2312 d. B.G.B. (B.R.) - Entw. II § 2 2 0 3 (vergi. V S. 573 bis 576 unter III, Bd. V I S. 294 und 295 unter X X I ) soll z u m Ersätze des § 2002 Abs. 2 des Entw. I folgende Vorschrift als § 749 e in die C.P.O. eingestellt werden: Ist der Schuldner als Erbe nach § 2312 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) durch die Einsetzung eines N a c h e r b e n beschränkt, so sind die N u t z u n g e n der Erbschaft der P f ä n d u n g nicht unterworfen, soweit sie zur Erfüllung der dem Schuldner seiner E h e f r a u und seinen V e r w a n d t e n gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht und zur Bestreitung seines eigenen standesmäßigen Unterhalts erforderlich sind. Das Gleiche gilt, w e n n der Schuldner nach § 2312 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) durch die E r n e n n u n g eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist, f ü r seinen Anspruch auf den jährlichen Reinertrag. Die P f ä n d u n g ist unbeschränkt zulässig, wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder ein auch dem N a c h e r b e n oder dem Testamentsvollstrecker gegenüber wirksames Recht geltend gemacht wird. 1147
Änderungen der Civilprozeßordnung
Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn der Antheil eines Abkömmlinges an dem Gesammtgute der fortgesetzen Gütergemeinschaft nach § 1498 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) einer Beschränkung der im Abs. 1 bezeichneten Art unterworfen ist. Jacubezky (Nr 107, 5)
Hierzu lag der Antrag vor : ) i m Abs. 1 Satz 1 des S 749 e d. C.P.O. statt „seiner Ehefrau" zu setzen „seinem Ehegatten" ; b) dem Abs. 1 des § 7 4 9 e d. C.P.O. als Satz 3 beizufügen: „Hat der Schuldner einem geschiedenen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, so sind die Nutzungen oder der Anspruch auf den Reinertrag auch insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als sie zur Erfüllung dieser Unterhaltspflicht erforderlich sind." c) den so gestalteten § 749 e als § 754 e in die C.P.O. einzustellen. Der Antrag a wurde als Berichtigung eines redaktionellen Versehens gebilligt; der Antrag b fand gleichfalls Billigung (vergi, oben unter X I ) ; der Antrag c wurde der Red.Komm. überwiesen. a
X V . Nach der Anmerkung zu § 407 d. B.G.B. (B.R.) unter 1 — Entw. II § 356 unter 1 — (vergi. I S. 404 unter VII) soll zum Ersätze des § 312 Satz 2 des Entw. I in den § 754 d. C.P.O. in der Fassung des Art. 11 zwischen dem Abs. 3 und dem Abs. 4 folgender Absatz eingeschaltet werden : I Ρ II 6, 727 I Ein unveräußerliches Recht ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung insoweit unterworfen, als die Ausübung einem Anderen überlassen werden kann. Nach der Anmerkung zu § 1138 d. B.G.B. (B.R.) unter 4 — Entw. II § 1061 unter 4 — ist ferner beschlossen worden, den im Art. 11 dem § 754 d. C.P.O. beigefügten Abs. 6 dahin zu ändern: „Auf die Zwangsvollstreckung in eine Grundschuld oder eine Rentenschuld finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in eine Forderung, für welche eine Hypothek besteht, entsprechende Anwendung." Jacubezky (Nr 107,6)
Es lag der Antrag vor : a) den im Art. 11 dem § 754 d. C.P.O. beigefügten Abs. 3 zu streichen ; b) den Abs. 6 des § 754 d. C.P.O. in der Fassung des Art. 11 dahin zu ändern: „Auf die Zwangsvollstreckung in eine Reallast, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in eine Forderung, für welche eine Hypothek besteht, entsprechende Anwendung." Die Komm, war mit dem Antrag einverstanden und billigte im Uebrigen den früheren Beschluß. X V I . — X V I I . Anträge zu den dort genannten Bestimmungen lagen nicht vor. X V I I I . Die Berathung der §§ 755 bis 757 d. C.P.O. wurde vorläufig ausgesetzt. X I X . — X X . Anträge zu den dort genannten Bestimmungen lagen nicht vor.
IΡ II 6, 728 | X X I . Zu § 779 d. C.P.O. lag der Antrag vor: dem § 779 d. C.P.O. folgenden Jacubezky Zusatz zu geben: „Ist das Urtheil für vorläufig vollstreckbar erklärt, so gilt mit der (Nr 108,1) Zustellung des Urtheils an den Schuldner die abzugebende Willenserklärung als unter der auflösenden Bedingung abgegeben, daß nicht das Urtheil oder die vorläufige Vollstreckbarkeit aufgehoben wird. Ist die Willenserklärung von einer Gegenleistung abhängig gemacht, so ist die Zustellung einer nach den Bestimmungen der §§ 664, 666 ertheilten vollstreckbaren Ausfertigung erforderlich. Wird dem Schuldner nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden, so ist für IΡ II 6, 729 die Sicherheitsleistung eine | Frist zu bestimmen; die Willenserklärung gilt nicht vor dem Ablaufe der Frist als abgegeben." 1148
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) X X I I . Ein Antrag zu den §§ 779 a, 779 b C.P.O. lag nicht vor. X X I I I . Nach der Anmerkung zu § 159 d. B.G.B. (B.R.) unter 2 — Entw. II § 133 unter 2 — (vergi. I S . 181 bis 183 unter VII, 184 und 185 unter IV) soll zum Ersätze des 5 133 und des § 137 Abs. 2 der § 796 Abs. 2 d. C.P.O. dahin geändert werden: „ D i e Zulässigkeit des Arrestes wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Anspruch ein betagter oder ein bedingter ist, es sei denn, daß der bedingte Anspruch wegen der entfernten Möglichkeit des Eintritts der Bedingung einen gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat. Bedingt im Sinne dieser Vorschrift ist ein Anspruch auch dann, wenn die Bedingung bereits entschieden, das Ergebniß aber noch nicht bekannt ist." I Hierzu war beantragt: den Abs. 2 Satz 2 der Vorschrift als entbehrlich zu strei- IΡ II 6, 730 Jacubezky chen. Die Mehrheit beschloß, an dem früheren Beschlüsse festzuhalten. (Nr 107, 9) X X I V . Die Berathung der §§ 810, 811 d. C.P.O. wurde vorläufig ausgesetzt. X X V . Ein Antrag zu § 822 a C.P.O. lag nicht vor. X X V I . | Z u § 836b d. C.P.O. lag der Antrag vor: die Vorschrift wie folgt zu IΡ II 6, 733 fassen: „In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Gericht für Angehörige eines Bundesstaats durch allgemeine Anordnung im Wege der Landesjustizverwaltung, für andere Verschollene durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers bestimmt." Der Antrag wurde angenommen. X X V I I . Anträge zu den §§ 836 s—w lagen nicht vor. X X V I I I . . . . I Es lag der Antrag vor: hinter dem § 836 dd als § 836 dd 1 folgende IΡ II 6, 736 Bestimmung einzuschalten: „Bei einer Gesammthypothek ist im Falle des § 1154 des Jacubezky Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) auch derjenige antragsberechtigt, welcher auf (Nr 108,2) Grund eines der Hypothek im Range gleich- oder nachstehenden Rechtes abgesonderte Befriedigung aus einem der belasteten Grundstücke verlangen kann und für seinen Anspruch einen vollstreckbaren Titel erlangt hat. In den Fällen der §§ 872, 1088, 1096 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) steht das Antragsrecht Jedem zu, der auf Grund eines der Vormerkung, dem Vorkaufsrecht oder der Reallast im Range gleich- oder nachstehenden Rechtes abgesonderte Befriedigung aus dem Grundstücke verlangen kann und für seinen Anspruch einen vollstreckbaren Titel erlangt hat. Diese Vorschrift findet auf das Pfandrecht an einem Schiffe entsprechende Anwendung, wenn die Voraussetzungen des § 1154 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) vorliegen. Das Aufgebot ist dem Eigenthümer des belasteten Grundstücks oder Schiffes von Amtswegen mitzutheilen." Der Antragsteller modifizierte seinen Antrag dahin, daß der Abs. 2 Satz 2 und im Abs. 3 die Worte „oder Schiffes" zu streichen und daß die Eingangsworte des Abs. 1 zu fassen seien: „Im Falle des § 1154 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) ist auch ein gleich- oder nachstehender Gläubiger, dem das im § 1163 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bestimmte Recht zusteht, und bei einer Gesammthypothek auch derjenige antragsberechtigt, welcher auf Grund etc." Der Antrag wurde angenommen.
XXIX. Zu den §§ 836 ee — 836 qq sind in den Protokollen keine Anträge ent-
halten.
Jacubezky X X X . . . . Zu den §§ 757, 757 a, 811 C.P.O. lagen folgende Anträge vor: I a) den Abs. 2 des vorerwähnten § 7 5 7 d d. C.P.O. zu fassen: „Werden mehrere (Nr 107, 7, Grundstücke des Schuldners mit der Sicherungshypothek als Gesammthypothek 8 u. 10) ι Ρ II 6,739 1149
Änderungen der (Zivilprozeßordnung
IΡ II 6,740 belastet, so kann der Schuldner der | Belastung widersprechen, soweit sie das für die Anlegung von Mündelgeld vorgeschriebene Maß der Sicherheit übersteigt. Der Widerspruch kann nach § 685 geltend gemacht werden." b) den Abs. 3 des vorerwähnten § 757 d. C.P.O. zu streichen; c) im Abs. 1 des § 757 a d. C.P.O. statt „das zu vollstreckende Urtheil oder dessen vorläufige Vollstreckbarkeit" zu setzen „die zu vollstreckende Entscheidung oder ihre vorläufige Vollstreckbarkeit"; d) als § 810 a folgende Vorschrift in die C.P.O. aufzunehmen: „Für die Vollziehung des Arrestes in ein im Schiffsregister eingetragenes Schiff oder eine Schiffspart gelten die Vorschriften des § 810. Ist zur Zeit der Arrestvollziehung die Zwangsversteigerung eingeleitet, so ist eine Abschrift des nach § 727 aufzunehmenden Protokolls dem Vollstreckungsgericht einzureichen. Das durch die Pfändung begründete Pfandrecht beschränkt sich im Verhältnisse zu einem in das Schiffsregister eingetragenen Pfandrecht auf den nach § 803 festgestellten Geldbetrag als Höchstbetrag. Es ist auf den Antrag des Gläubigers in das Schiffsregister einzutragen." Struckmann Des Weiteren war beantragt, den Titel über die Zwangsvollstreckung in das (Nr 94) unbewegliche Vermögen (§§ 755 bis 757) von der Berathung auszunehmen, da die darauf bezüglichen Vorschriften im Zusammenhange mit dem Entw. eines Ges. über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung von der Komm, des Reichs-Justizamts für die zweite Lesung des Entw. eines Ges., betr. die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, bereits beschlossen worden seien. Die Komm, war aus dem von dem Antragsteller geltend gemachten Grunde mit dem letzterwähnten Antrag einverstanden und schied in Konsequenz dessen auch die §§ 810, (810 a), 811 d. C.P.O. von der Berathung aus. XXXI.—XXXV. Einzelnen Kommissionsmitgliedern zuzuordnende Anträge zu den dort genannten Bestimmungen lagen nicht vor. IΡ II 6, 741 IXXXVI. Zu dem im Art. 11 vorgesehenen § 844 d. C.P.O. lagen die Anträge vor: 1. in Abs. 1 statt „Zinsscheine, Rentenkupons oder Gewinnantheilscheine" zu setzen „Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine; Jacubezky 2. a) den Eingang des Abs. 1 zu fassen: „Hat bei einem Werthpapiere, für welches (Nr 108,4) Zinsscheine, Rentenscheine oder Gewinnantheilscheine zuletzt für einen längeren IΡ II 6,742 Zeitraum | als vier Jahre ausgegeben worden sind, der Verlust sich auf diese Scheine erstreckt, so genügt es, wenn etc." b) im Abs. 2 den Schluß des Satzes 1 zu fassen: „. . . vorgelegt seien und eine Anzeige nach § 789 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) in Ansehung dieser Scheine ihr von einem Anderen als dem Antragsteller nicht gemacht worden sei."13 Die Komm, nahm den Antrag 2b an. Im Uebrigen wurde § 844 nach dem Entw. mit den im Antrag 1 bezeichneten Fassungsberichtigungen gebilligt. XXXVII. Die im Art. 11 vorgesehenen §§ 845, 847 d. C.P.O. wurden ihrem sachlichen Inhalte nach nicht beanstandet. Der oben unter XXXVI mitgetheilte, zu § 844 gestellte Antrag 1 wurde auch zu § 845 eingebracht und angenommen. Begründung des Antrags Nr. 108, 4: Vgl. Gutachten S. 27, 28. Daß die Zinsscheine nicht von einem Anderen zur Einlösung vorgelegt worden sind, bietet einen Anhalt dafür, daß das Papier nicht in die Hände eines gutgläubigen Erwerbers gelangt ist, nur dann, wenn sie mit der Haupturkunde abhanden gekommen sind. Anderenfalls ist es leicht möglich, daß jemand die Haupturkunde auf die Vorspiegelung hin in gutem Glauben erworben hat, die fehlenden Zinsscheine seien dem Veräußerer in Verlust gerathen. 1150
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
Des Weiteren war beantragt: als § 847a folgende Bestimmung in die C.P.O. Jacubezky einzustellen: „Meldet der Inhaber der Urkunde seine Rechte unter Vorlegung der (Nr 108,5) Urkunde bei dem Gerichte an, so ist dem Antragsteller die Einsicht der Urkunde binnen einer bestimmten Frist zu gestatten. Auf Antrag des Inhabers der Urkunde ist zur Vorlegung derselben ein Termin zu bestimmen." Die Komm, erklärte sich mit dem Antrag einverstanden. 455. Sitzung vom 21. 1. 1896 II. Folgende unter II. aufgeführte Anträge lassen sich bestimmten Kommissionsmitgliedern zuordnen: I hinter dem § 850a folgende Vorschrift als § 850 b einzustellen: „Ist die Zah- | Ρ II 6,746 lungssperre angeordnet worden, ehe seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes, Jacubezky Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine ausgegeben worden sind, so hat die Be- (Nr 108,6) Stimmung des Aufgebotstermins nach § 843 Abs. 1 in der Weise zu erfolgen, daß | an die Stelle der Fälligkeit des ersten Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheins der Zeitpunkt tritt, in welchem der Schein fällig geworden sein würde, wenn er ausgegeben worden wäre; die Beibringung des im § 843 Abs. 2 vorgeschriebenen Zeugnisses ist nicht erforderlich. 14 ι Ρ II 6, 747
I Der Antrag wurde angenommen. 1
Ferner war beantragt: den § 850 a in folgender Fassung als § 850 c in die C.P.O. einzustellen: „Wird das in Verlust gekommene Papier dem Gerichte vorgelegt oder wird das Aufgebotsverfahren in anderer Weise ohne Erlassung eines Ausschlußurtheils erledigt, so ist die Zahlungssperre von Amtswegen aufzuheben. Das Gleiche gilt, wenn die Zahlungssperre vor der Einleitung des Aufgebotsverfahrens angeordnet worden ist und diese nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hindernisses beantragt wird. Ist das Aufgebot oder die Zahlungssperre öffentlich bekannt gemacht worden, so ist die Erledigung des Verfahrens oder die Aufhebung der Zahlungssperre von Amtswegen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Im Falle der Vorlegung des Papiers ist die Zahlungssperre erst aufzuheben, nachdem dem Antragsteller die Einsicht nach Maßgabe des § 847 a gestattet worden ist. Gegen den Beschluß, durch welchen die Zahlungssperre aufgehoben wird, findet sofortige Beschwerde statt." 15 Die Komm, nahm den Antrag an. I III. Die Berathung wandte sich dem Art. 12 zu, welcher die Aenderungen und Ergänzungen behandelt, die das E.G. z. C.P.O. in Folge der Erlassung des B.G.B. erfahren soll. 1. Zu § 10 dieses Gesetzes lag der Antrag auf Streichung vor. Die Komm, lehnte den Antrag ab.
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Begründung des Antrags Nr. 108, 6: Ist die Zahlungssperre angeordnet, so hat der Inhaber des Papiers, dem die Aushändigung der neuen Zinsscheine unter Berufung auf die Zahlungssperre verweigert wird, sich an das Gericht zu wenden und durch Vorlegung des Papiers die Aufhebung der Zahlungssperre zu erwirken. Die Anträge Nr. 108, 5—7 sind nach Jacubezky einem damals dem Bayr. Landtag vorliegenden Gesetzentwurf entnommen. 1151
Jacubezky (Nr 108,7)
| Ρ II 6, 749 Gebhard (Nr 99,1)
Änderungen der Civilprozeßordnung Jacubezky Der Antrag, den § 10 nur mit der Einschränkung auf die Verbeiständung wegen (Nr 109,1) Geistesschwäche aufrechtzuerhalten, gelangte gleichfalls nicht zur Annahme, da die
in diesem Antrage liegende Änderung für zu geringfügig gehalten wurde. 2. Zu § 11 d. E.G. z. C.P.O. war beantragt: Jacubezky a) die Vorschrift durch folgende Bestimmung zu ersetzen: „Bei Aufgeboten, (Nr 109, 2) welche sich aus Rechtsverhältnissen ergeben, deren Regelung den Landesgesetzen
vorbehalten ist, können die Landesgesetze die Bestimmungen der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren ausschließen oder diese Bestimmungen durch andere Vorschriften ersetzen." Jacubezky b) die Vorschrift zu fassen: „Die Landesgesetze können bei Aufgeboten, deren (Nr 99, 2) Zulässigkeit auf landesgesetzlichen Vorschriften beruht, die Anwendung der Beι Ρ II 6,750 I Stimmungen der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren ausschließen oder diese Bestimmungen durch andere Vorschriften ersetzen." Die Komm, war mit den Anträgen einverstanden und überwies die Fassungsfrage der Red.Komm. IΡ II 6,751 I 4. Es war beantragt: als § 15 a folgende Vorschrift in das E.G. z. C.P.O. aufzuJacubezky nehmen: „Unberührt bleiben die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen die (Nr 109, 3) zur Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit
des Grundbuchs erforderliche einstweilige Verfügung von dem Grundbuchamt erlassen werden kann und die vorläufige Anordnung der Eintragung ohne Anhörung desjenigen zulässig ist, dessen Recht von der Vormerkung oder dem Widerspruche betroffen wird." Auf Antrag des Betroffenen hat das Grundbuchamt demjenigen, welcher die einstweilige Verfügung erwirkt hat, eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher der Betroffene zur mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung vor das Gericht der Hauptsache zu laden ist. Nach fruchtlosem Ablaufe der Frist hat das Grundbuchamt auf Antrag die erlassene Verfügung aufzuheben und die Vormerkung oder den Widerspruch zu löschen." Der Grundgedanke des Antrags fand bei der Mehrheit der Mitglieder Zustimmung. ι Ρ II 6,752 I Um den erhobenen Bedenken Rechnung zu tragen, machte der Antragsteller den weiteren Vorschlag: als § 820a in die C.P.O. folgende Vorschrift aufzunehmen: „Die einstweilige Verfügung, die zur Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs erforderlich ist, kann von dem Amtsgericht, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist, auch ohne die im § 820 Abs. 1 bestimmte Voraussetzung erlassen werden. Die Bestimmung einer Frist, innerhalb welcher der Gegner zur mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung vor das Gericht der Hauptsache zu laden ist, hat nur auf Antrag des Gegners zu erfolgen." Der Antragsteller hielt jedoch in erster Linie seinen ursprünglichen Antrag aufrecht und befürwortete in zweiter Linie, dem § 820 a Satz 1 d. C.P.O. die im ursprünglichen Antrag als Abs. 2 des § 15 a vorgeschlagene Bestimmung beizufügen. Bei der Abstimmung entschied sich die Komm, zunächst dafür, daß, falls auf den Gedanken des Antrags eingegangen werden sollte, eine dem Abs. 2 des § 15 a entsprechende Bestimmung nicht aufgenommen werden solle; sie gab sodann dem Satz 1 des § 820 a den Vorzug vor dem Abs. 1 des § 15 a, so daß der beantragte § 820 a unverändert angenommen war. Dieses Ergebniß wurde in definitiver Abstimmung gebilligt. Gebhard (Nr 99, 3)
5. Zu § 16 d. E.G. z. C.P.O. ist die Aufhebung der Nr. 1 nach der Anmerkung zu 1152
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
§ 225 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 beschlossen worden; (vergi. S. 659 unter XI). Die Aufhebung der Nr. 1 blieb auch jetzt unbeanstandet 16 . XXII. Es lag der Antrag vor: | Ρ II 6,780 das Gerichtskostenges, v. 18. Juni 1878/29. Juni 1881 in nachstehender Weise zu Jacubezky ändern: (Nr 1131) 1. im § 20 soll die Nr. 1 folgende Fassung erhalten: I 1. für eine nicht kontradiktorische mündliche Verhandlung in Ehesachen, in Rechtsstreitigkeiten, welche die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern zum Gegenstande haben, in den vor die Landgerichte gehörigen Entmündigungssachen und in dem Verfahren über die gegen eine Todeserklärung erhobene Anfechtungsklage, sofern der Kläger verhandelt;" (Der § 578 d. C.P.O. ist auch im § 592 a und im § 836 q der Vorl. Zus. für anwendbar erklärt). 2. im § 26 soll a) in der Nr. 2 statt „den Mangel der Prozeßfähigkeit": „den Mangel der Parteifähigkeit, der Prozeßfähigkeit", b) in der Nr. 3 statt §§ 72, 73" : „§§ 72 bis 73 a", c) in der Nr. 4 statt „§§ 217 bis 227": „§§ 141a bis 141c, 217 bis 227" gesetzt werden. 3. der § 27 soll folgenden Abs. 2 erhalten: „Für die Abnahme des Offenbarungseids durch das Prozeßgericht (Civilprozeßordnung § 774 a) wird dieselbe Gebühr erhoben wie für die Abnahme des Eides durch das im § 255 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (B.R.) bestimmte Amtsgericht." (Vergi. II S. 791 und 792 unter i. Die Abnahme des Offenbarungseids ist kein Akt der Zwangsvollstreckung; sie hat auch zu erfolgen, wenn der verurtheilte Verpflichtete sich freiwillig zur Eidesleistung erbietet.) 4. im § 34 soll in der Nr. 1 statt „625" gesetzt werden „§ 625, 627 a"; 5. im § 35 soll gesetzt werden : a) in der Nr. 1 statt „696" : „696 d, 696 e, 696 f Abs. 2" ; b) in der Nr. 2 statt „§§ 736,738": „§ 731 Abs. 3, §§ 736, 737 a Abs. 2, § 738"; c) in der Nr. 4 statt „§ 685": „§§ 685,692 a"; 6. im § 38 Nr. 2 soll hinter der Ziffer „668" eingeschaltet werden „670 d, 670g, 670 i, 670 k, 680 o"; 7. im § 44 soll hinter der Ziffer „850" eingeschaltet werden „850 b, 850 d, 850 e"; im § 44 soll ferner als Abs. 2 folgende Vorschrift aufgenommen werden: „Die gleiche Gebühr wird für die Entscheidung über Anträge auf Anordnung der Zahlungssperre (Civilprozeßordnung §§ 850 a, 850 d) erhoben. Wird die Zahlungssperre gleichzeitig mit der Erlassung des Aufgebots angeordnet, so wird für die Anordnung eine besondere Gebühr nicht erhoben." I 8. im § 47 soll die Nr. 9 folgende Fassung erhalten: „9. über die Bestellung eines | Ρ II 6, 781 Vertreters einer nicht prozeßfähigen oder unbekannten Partei, eines von dem Eigenthümer aufgegebenen Grundstücks oder eines Erben, der die Erbschaft noch nicht angenommen hat (Civilprozeßordnung §§ 55, 55 a, 455, 609, 620, 626, 693, 696 g);" 9. im § 57 Abs. 2 soll statt „§ 174" gesetzt werden „§§ 174, 206 Abs. 2". Gelegentlich der Berathung des Entw. I $ 872 ist in der Anmerkung zu § 913 d. B.G.B. (B.R.) unter 3 — Entw. II § 841 unter 3 — (vergi. III S. 188 unter V) die 16
Von Jacubezkyw&r in Nr. 109, 4 beantragt: Der ξ 16 soll folgende Fassung erhalten: Unberührt bleiben : 1. wie in Nr. 2 , 2 . wie in Nr. 3,3. wie in Nr. 4. Zu § 17 Abs. 2 war von Gebhard in Nr. 99, 4 beantragt: Der Vorbehalt wird in Ansehung der nach dem B.G.B, auszustellenden Urkunden gegenstandslos, behält aber für ältere Hypothekenurkunden Bedeutung. 1153
Änderungen der Civilprozeßordnung
Voraussetzung ausgesprochen worden, daß der § 47 Nr. 9 d. Gerichtskostenges, auf die Fälle der §§ 55 a, 696 g d. C.P.O. erstreckt werde. Der Antrag will das ganze Gerichtskostenges, insoweit ändern und ergänzen, als dies durch das B.G.B, nothwendig erscheint. Die Komm, lehnte es ab, auf den Antrag einzugehen und beschloß, auch die in der Anmerkung zu § 913 vorausgesetzte Ergänzung nicht aufzunehmen. Jacubezky XXIII. Es war beantragt: in einem Schlußartikel die Vorschrift aufzunehmen: (Nr 113 II) „Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch in Kraft. Das Gesetz, betreffend die Abänderung des § 41 der Konkursordnung, vom 9. Mai 1894 (Reichs-Gesetzbl. S. 439) wird aufgehoben. Die landesgesetzlichen Vorschriften über die Vollstreckbarkeit von Hypothekenurkunden bleiben in Ansehung der vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs entstandenen Hypotheken in Kraft." Zum Ergebnis der Beratungen vgl. Prot. II, Bd. 6, S. 781 ff. XIV. Der hier aufgeführte Antrag ist keinem Kommissionsmitglied zuzuordnen. 2. Fassung der Regelung in der Vorläufigen Zusammenstellung (Verfasser: Generalreferent Gottlieb Planck) I. An die Stelle der Artikel 11 bis 15 des Entwurfs des Einführungsgesetzes treten folgende in einem besonderen Gesetze zu treffenden Bestimmungen. Artikel 2.*) (Art. 11.) Die Civilprozeßordnung wird dahin geändert und ergänzt: *) Den Artikel 1 bilden die als Art. 10 a beschlossenen Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes.
1. Die §§14, 15 und 17 werden gestrichen. 2. Der § 16 erhält folgende Fassung*): „Ein Deutscher, welcher das Recht der Exterritorialität genießt, sowie ein im Auslande angestellter Beamter des Reichs oder eines Bundesstaats, behält in Ansehung des Gerichtsstandes den Wohnsitz, welchen er in dem Bundesstaate hatte, dem er angehört. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes gilt als Wohnsitz die Hauptstadt dieses Staats. Ist die Hauptstadt in mehrere Gerichtsbezirke getheilt, so wird der als Wohnsitz geltende Gerichtsbezirk im Wege der Justizverwaltung durch allgemeine Anordnung bestimmt. Gehört der Deutsche einem Bundesstaate nicht an, so gilt als sein Wohnsitz ein durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmender Gerichtsbezirk der Stadt Berlin." Diese Vorschriften finden auf Wahlkonsuln keine Anwendung. *) Der Redaktionskommission bleibt die Prüfung der Frage überlassen, ob eine dem Artikel 9 I des von der Kommission beschlossenen Entwurfs des Einführungsgesetzes gewählt werden soll.
3. Der §25 Abs. 2 erhält folgende Fassung: „Bei den eine Grunddienstbarkeit, eine Reallast oder ein Vorkaufsrecht betreffenden Klagen ist die Lage des dienenden oder belasteten Grundstücks entscheidend." 4. Der § 28 erhält folgende Fassung: „Klagen, welche Erbrechte, Pflichttheilsansprüche gegen den Erben, die Theilung der Erbschaft oder Ansprüche aus Vermächtnissen oder aus anderen Verfügungen von Todeswegen zum Gegenstande haben, können vor dem Gerichte erhoben werden, bei welchem der Erblasser zur Zeit seines Todes den allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat." In dem Gerichtsstande der Erbschaft können auch Klagen wegen anderer Nach1154
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
laßverbindlichkeiten erhoben werden, wenn sich der Nachlaß noch ganz oder theilweise im Bezirke des Gerichts befindet oder wenn mehrere Erben vorhanden sind und als (solche als) Gesammtschuldner haften." 5. Der erste Titel des zweiten Abschnitts erhält folgende Ueberschrift: „Parteifähigkeit, Prozeßfähigkeit" und wird als erster Paragraph dieses Titels folgende Vorschrift eingestellt: § 49 a. Parteifähigkeit ist, wer rechtsfähig ist. — Vereine, die nicht rechtsfähig sind, können verklagt werden, wie wenn sie rechtsfähig wären. 6. Die Absätze 2 und 3 des § 51 werden durch folgende Vorschriften ersetzt: „Die Prozeßfähigkeit einer Ehefrau wird dadurch, daß sie Ehefrau ist, nicht beschränkt." 7. Als § 51 cwird folgende Vorschrift eingestellt: „Wird eine prozeßfähige Person in einem Rechtsstreite durch einen Pfleger vertreten, so steht sie für den Rechtsstreit einer nicht prozeßfähigen Person gleich. 8. Als § 53 a oder § 55 b wird folgende Vorschrift eingestellt: „Ein Vertreter kann nicht im Namen des Vertretenen einen Rechtsstreit mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten führen." 9. Als § 55 a wird folgende Vorschrift eingestellt: „Soll ein Recht an einem Grundstücke, das von dem bisherigen Eigenthümer nach § 841 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgegeben und von dem Aneignungsberechtigten noch nicht erworben ist, im Wege der Klage geltend gemacht werden, so hat dér Vorsitzende des Prozeßgerichts auf Antrag einen Vertreter zu bestellen, dem bis zur Eintragung eines neuen Eigenthümers die Wahrnehmung der sich aus dem Eigenthum ergebenden Rechte und Verpflichtungen im Rechtsstreit obliegt." 10. In §72 werden die Worte: „gerichtlich hinterlegt" ersetzt durch die Worte: „unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt" und wird folgender dritter Satz hinzugefügt: „Soweit keiner der streitenden Gläubiger obsiegt, ist der Beklagte zur Rücknahme des hinterlegten Betrages berechtigt. 11. Im § 73 Abs. 1 wird der Eingang dahin geändert: „Wer als Besitzer einer Sache verklagt ist, die er auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im § 853 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art zu besitzen behauptet, kann, wenn er dem mittelbaren Besitzer vor . . . " und im Abs. 3 die Worte „im Namen eines Dritten" ersetzt durch die Worte: „auf Grund eines Rechtsverhältnisses der im Abs. 1 bezeichneten Art." 12. Als § 73 a wird folgende Vorschrift eingestellt: „Die Vorschriften des § 73 finden entsprechende Anwendung, wenn Jemand von dem Eigenthümer einer Sache wegen einer Beeinträchtigung des Eigenthums verklagt ist, die er in Ausübung des Rechtes eines Dritten vorgenommen zu haben behauptet." 13. Der §85 Abs. 1 erhält folgenden Zusatz: „Ist zur Zeit der Erlassung des Endurtheils die Genehmigung nicht beigebracht, so hat der einstweilen zur Prozeßführung Zugelassene dem Gegner die durch die einstweilige Zulassung verursachten Kosten und Schäden zu ersetzen." 14. Hinter §89 wird folgende Vorschrift als § 89 a eingestellt: „Hat der Kläger einen auf ihn übergegangenen Anspruch geltend gemacht, ohne dem Beklagten vor der Erhebung der Klage den Uebergang mitzutheilen und auf Verlangen nachzuweisen, so hat er die Prozeßkosten insoweit zu tragen, als sie dadurch entstanden sind, daß der Beklagte durch die Unterlassung der Mittheilung oder des Nachweises zur Bestreitung des Anspruchs veranlaßt worden ist." 15. Der § 136 erhält folgende Fassung: Das Gericht kann anordnen, daß mehrere in einer Klage erhobene Ansprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden. 1155
Änderungen der Civilprozeßordnung
Dasselbe gilt, wenn der Beklagte eine Widerklage erhoben hat, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht. Macht der Beklagte die Aufrechnung mit einer solchen Gegenforderung geltend, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht, so kann das Gericht anordnen, daß über die Klage und über die zur Aufrechnung gebrachte Gegenforderung getrennt verhandelt werde; die Vorschriften des § 274 finden Anwendung. 16. Hinter § 139 werden folgende Vorschriften als §§ 139 a, 139 b, 139 c eingestellt: § 139 a. Ist die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängig, ob eine Ehe nichtig ist, so hat das Gericht, wenn die Nichtigkeit nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden kann, auf Antrag das Verfahren auszusetzen und, wenn die Nichtigkeitsklage noch nicht erhoben ist, eine Frist zur Erhebung derselben zu bestimmen; ist die Nichtigkeitsklage erledigt oder innerhalb der bestimmten Frist nicht erhoben, so findet die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens statt. Wird im Laufe eines Rechtsstreits streitig, ob zwischen den Parteien eine Ehe bestehe oder nicht bestehe, und ist von der Entscheidung dieser Frage die Entscheidung des Rechtsstreits abhängig, so hat das Gericht das Verfahren bis dahin auszusetzen, daß der Streit über das Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe im Wege der Feststellungsklage erledigt ist." § 139 b. „Ist die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängig, ob eine im Wege der Anfechtungsklage angefochtene Ehe anfechtbar ist, so hat das Gericht auf Antrag das Verfahren auszusetzen; ist der Rechtsstreit über die Anfechtungsklage erledigt, so findet die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens statt." § 139 c. „Ist die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängig, ob ein Kind, dessen Ehelichkeit im Wege der Anfechtungsklage angefochten ist, unehelich ist, so finden die Vorschriften des § 139 b entsprechende Anwendung." 17. Der § 199 wird gestrichen und der § 200 Abs. 1 erhält folgende Fassung: Für die Berechnung der Fristen gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 18. Der § 217 Abs. 2 erhält folgenden Zusatz: Der Erbe ist vor der Annahme der Erbschaft zur Fortsetzung des Rechtsstreits nicht verpflichtet. 19. Der § 219erhält folgenden zweiten Absatz: „Diese Vorschrift findet entsprechende Anwendung, wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet ist." 20. Der § 220 erhält folgende Fassung: Wenn im Falle der Unterbrechung des Verfahrens durch den Tod einer Partei ein Nachlaßpfleger bestellt wird oder ein zur Führung des Rechtsstreits berechtigter Testamentsvollstrecker vorhanden ist, so kommen die Vorschriften des § 219 und, wenn über den Nachlaß der Konkurs eröffnet wird, die Vorschriften des § 218 in Betreff der Aufnahme des Verfahrens zur Anwendung. 21. Hinter § 230 werden folgende Vorschriften eingestellt : § 230 a. „Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Leistung des Offenbarungseids die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, welche der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgetheilt, das Vermögensverzeichniß vorgelegt oder der Offenbarungseid geleistet ist." 22. § 230 b. Hat der Kläger für den Fall, daß der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist den erhobenen Anspruch befriedigt, das Recht, 1156
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu fordern, oder die Aufhebung eines Vertrages herbeizuführen, so kann er verlangen, daß die Frist im Urtheil bestimmt wird. Das Gleiche gilt, wenn der Kläger für den Fall, daß der Beklagte nicht vor dem Ablauf einer ihm zu bestimmenden Frist die verlangte Sicherheit leistet, berechtigt ist, die Anordnung einer Verwaltung zu verlangen, und bei der Klage auf Vollziehung einer Auflage nach § 2169 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. 23. Hinter § 231 werden folgende Vorschriften eingestellt: §231 a. Ist die Geltendmachung einer nicht von einer Gegenleistung abhängigen Geldforderung oder die Geltendmachung des Anspruchs auf Räumung eines Grundstücks oder Räumung von W o h n r ä u m e n oder anderen Räumen an den Ablauf einer Kündigungsfrist geknüpft, so kann Klage auf künftige Zahlung oder Räumung auf Grund der mit der Klage verbundene oder ihr vorausgegangenen Kündigung erhoben werden. §231 b. Bei wiederkehrenden Leistungen kann auch wegen der erst nach Erlassung des Urtheils fällig werdenden Leistungen Klage auf künftige Zahlung erhoben werden. 24. §232 Abs. 2 erhält folgende Fassung: „Die im Falle verbotener Eigenmacht dem Besitzer zustehenden Ansprüche auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung der Störung im Besitze und Unterlassung weiterer Störung können nicht mit den Ansprüchen aus dem Rechte selbst in einer Klage verbunden werden." § 238 erhält folgende Fassung: „Die Bestimmungen des § 236 Absatz 3 und des § 237 kommen insoweit nicht zur Anwendung, als ihnen Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, entgegenstehen. In einem solchen Falle kann dem Kläger, welcher veräußert oder zedirt hat, der Einwand der nunmehr mangelnden Sachlegitimation entgegengesetzt werden." 25. Hinter §264 wird folgende Vorschrift eingestellt: §264 a. Thatsachen, f ü r deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermuthung aufstellt, bedürfen keines Beweises. D e r Beweis des Gegentheils ist zulässig, sofern nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt. Dieser Beweis kann auch durch Eideszuschiebung nach Maßgabe der §§410 ff. geführt werden. 26. §274 erhält folgende Fassung: Ist von dem Beklagten die Aufrechnung mit einer solchen Gegenforderung geltend gemacht, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusammenhange steht, so kann, wenn nur die Verhandlung über die Forderung zur Entscheidung reif ist, diese unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung erfolgen. Enthält das Urtheil keinen Vorbehalt, so kann die Ergänzung des Unheiles nach Vorschrift des § 292 beantragt werden. Das Urtheil, welches unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung ergeht, ist in Betreff der Rechtsmittel und der Zwangsvollstreckung als Endurtheil anzusehen. In Betreff der Aufrechnung, über welche die Entscheidung vorbehalten ist, bleibt der Rechtsstreit anhängig. Soweit sich in dem weiteren Verfahren ergiebt, daß der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das frühere Urtheil aufzuheben, der Kläger mit dem Ansprüche abzuweisen und auf Antrag zum Ersätze des Schadens zu verurtheilen, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist, sowie über die Kosten anderweit zu entscheiden. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Schadensersatz als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. 1157
Änderungen der Civilprozeßordnung
27. Hinter § 276 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 276 a. Durch die Geltendmachung der dem Erben nach den §§ 1991, 1992 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Einreden wird eine unter dem Vorbehalte der beschränkten Haftung ergehende Verurtheilung des Erben nicht ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für die Geltendmachung der Einreden, die im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft dem überlebenden Ehegatten nach dem § 1474 Abs. 2 und den §§ 1991,1992 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehen. 28. § 293 Abs. 2 erhält folgende Fassung: „Die Entscheidung, daß eine zur Aufrechnung gebrachte Gegenforderung nicht bestehe, ist bis zur Höhe des Betrags, für welchen die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig." 29. Hinter § 293 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 293 a. Das rechtskräftige Urtheil hat die Wirkung, daß das Zuerkannte nicht mehr bestritten, das Aberkannte nicht mehr geltend gemacht werden kann. § 293 b. Tritt im Falle der Verurtheilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen nach dem im § 686 Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt eine wesentliche Aenderung derjenigen Verhältnisse ein, welche für die Verurtheilung zur Entrichtung der Leistungen, für die Bestimmung der Höhe derselben oder der Dauer ihrer Entrichtung maßgebend waren, so ist jeder Theil berechtigt, eine entsprechende Abänderung des Unheils zu verlangen. Die Abänderung ist nur für die Zeit nach Erhebung der auf die Abänderung gerichteten Klage zulässig. s 293 c. Ist bei einer auf Grund der §§ 828 bis 830 oder der §§ 1561 bis 1563 des Bürgerlichen Gesetzbuchs erfolgten Verurtheilung zur Entrichtung einer Geldrente nicht auf Sicherheitsleistung erkannt, so kann der Berechtigte gleichwohl Sicherheitsleistung verlangen, wenn die Vermögensverhältnisse des Verpflichteten sich erheblich verschlechtert haben; unter der gleichen Voraussetzung kann er eine Erhöhung der in dem Urtheile bestimmten Sicherheit verlangen. § 293 d. *) Das rechtskräftige Urtheil wirkt für und gegen die Parteien und diejenigen Personen, welche nach dem Eintritte der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, daß eine der Parteien mittelbarer Besitzer geworden ist. Die Vorschriften zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden entsprechende Anwendung. *) In Betreff der Fassung ist auch der Antrag 73 Ziff. 16 der Redaktionskommission überwiesen.
§ 293 e. Ein Urtheil, das zwischen einem Vorerben und einem Dritten über einen gegen den Vorerben als solchen gerichteten Anspruch oder über einen der Nacherbfolge unterliegenden Gegenstand ergeht, wirkt, sofern es vor dem Eintritte der Nacherbfolge rechtskräftig wird, für und gegen den Nacherben. § 293 f . Ein Urtheil, das in einem Rechtsstreite zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über ein der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht ergeht, wirkt für und gegen den Erben. Das Gleiche gilt von einem Urtheile, das in einem Rechtsstreite zwischen einem Testamentsvollstrecker und einem Dritten über einen gegen den Nachlaß gerichteten Anspruch ergeht, wenn der Testamentsvollstrecker zur Führung des Rechtsstreits berechtigt ist. § 293 g. Die Anerkennung des Urtheils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: 1158
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1. wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshülfe zugestellt ist; 3. wenn die Anerkennung des Urtheils gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde oder wenn das Urtheil auf einem ausländischen Gesetze beruht, das die Rechte der Fremden in unbilliger Weise beeinträchtigt; 4. wenn in dem Urtheile zum Nachtheile einer deutschen Partei von den Vorschriften der §§ 2370, 2374, 2375, 2378, 2382, 2383 oder des auf die §§ 2374, 2375 bezüglichen Theiles des § 2376 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgewichen ist; 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist. 30. §387 erhält folgende Fassung: Der Gegner ist zur Vorlegung der Urkunde verpflichtet, wenn der Beweisführer nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes die Herausgabe oder die Vorlegung der Urkunde verlangen kann. 31. §435 erhält folgende Fassung: Ist eine Partei nicht prozeßfähig, so ist die Zuschiebung oder Zurückschiebung des Eides nur an ihren gesetzlichen Vertreter und nur insoweit zulässig, als die vertretene Partei, wenn sie den Prozeß in Person führte, oder der Vertreter, wenn er selbst Partei wäre, dieselbe zulassen müßte. Minderjährigen, welche das sechszehnte Lebensjahr vollendet haben, sowie Volljährigen, welche wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt sind, kann über Thatsachen, welche in Handlungen derselben bestehen oder Gegenstand ihrer Wahrnehmung gewesen sind, der Eid zugeschoben oder zurückgeschoben werden, sofern dies vom Gericht auf Antrag des Gegners nach den Umständen des Falles für zulässig erklärt wird. Das Gleiche gilt von einer prozeßfähigen Partei, die in einem Rechtsstreite durch einen Pfleger vertreten wird. Auf Volljährige, über welche nach Maßgabe des § 1884 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine vorläufige Vormundschaft angeordnet ist, finden in Ansehung der Zuschiebung oder Zurückschiebung des Eides diejenigen Vorschriften Anwendung, welche nach dem ersten und zweiten Absätze gelten würden, wenn die Entmündigung bereits erfolgt wäre. 32. Hinter §449 wird folgende Vorschrift eingestellt: §449 a. Die Beweisaufnahme kann, auch ohne daß die Voraussetzungen des § 447 vorliegen, beantragt werden, wenn Mängel einer Sache oder eines Werkes festzustellen sind, wegen deren der Gegner Gewähr leisten soll. Hat der Erwerber einer Sache dem Veräußerer einen Mangel angezeigt oder die Annahme der Sache wegen Mangelhaftigkeit abgelehnt, so kann auch der Veräußerer die Beweisaufnahme nach Maßgabe des Abs. 1 beantragen. In gleicher Weise ist der Unternehmer eines Werkes zu dem Antrage berechtigt, wenn der Besteller ihm einen Mangel angezeigt oder die Abnahme des Werkes wegen Mangelhaftigkeit verweigert hat. 33. § 491 erhält folgende Fassung: Die Parteien können Angriffs- und Vertheidigungsmittel, welche in erster Instanz nicht geltend gemacht sind, insbesondere neue Thatsachen und Beweismittel vorbringen. Neue Ansprüche dürfen, abgesehen von den Fällen des § 240 Nr. 2, 3 nicht erhoben werden. Wird von dem Beklagten die Aufrechnung mit einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die hierauf gegründete Entscheidung zurückzuweisen, 1159
Änderungen der Civilprozeßordnung wenn der Beklagte nicht glaubhaft macht, daß er ohne sein Verschulden außer Stande gewesen ist, dieselbe in erster Instanz geltend zu machen. Im Falle einer solchen Zurückweisung finden die Vorschriften der §§ 502, 303 A n w e n d u n g . 34. D e r § 503 Abs. 2 erhält folgenden Zusatz: W i r d der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Erstattung als z u r Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. Für die Erstattungspflicht des Klägers gelten die Vorschriften über die H e r a u s g a b e einer ungerechtfertigten Bereicherung; sie bestimmt sich, auch wenn der A n t r a g nicht gestellt wird, so, wie w e n n der Anspruch zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden wäre. 35. D e r § 555 erhält folgenden Zusatz: Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme z u m Gegenstande hat, gilt auch der Anspruch aus einer H y p o t h e k , einer Grundschuld oder einer Rentenschuld. 36. D e r § 563 Abs. 2 erhält folgende Fassung: Soweit sich in diesem V e r f a h r e n ergiebt, daß der Anspruch des Klägers unbegründet war, ist das f r ü h e r e Urtheil a u f z u h e b e n , der Kläger mit dem Anspruch abzuweisen und auf A n t r a g z u m Ersätze des Schadens zu verurtheilen, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des U r theils o d e r durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist, sowie über die Kosten anderweit zu entscheiden. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Schadensersatz als z u r Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen. 37. D e r § 568 erhält folgende Fassung: Für die Rechtsstreitigkeiten, welche die Scheidung, Nichtigkeit o d e r Anfechtung einer Ehe oder die Feststellung des Bestehens o d e r Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien oder die Herstellung des ehelichen Lebens z u m Gegenstande haben (Ehesachen), ist das Landgericht, bei welchem der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ausschließlich zuständig. Ist der Ehemann ein Deutscher und hat er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so kann die Klage bei dem Landgerichte erhoben werden, in dessen Bezirke er den letzten W o h n s i t z im Inlande gehabt hat, und in Ermangelung eines solchen Gerichtes bei dem Landgerichte der Hauptstadt des Bundesstaates, welchem der E h e m a n n angehört; die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 findet A n w e n d u n g ; gehört der E h e m a n n einem Bundesstaate nicht an, so kann die Klage bei dem durch allgemeine A n o r d n u n g des Reichskanzlers zu bestimmenden Landgerichte der Stadt Berlin erhoben werden. Die Vorschriften des Abs. 2 gelten auch dann, wenn die Reichsangehörigkeit des Ehemannes erloschen, die E h e f r a u aber Deutsche geblieben ist. Sind beide Ehegatten Ausländer, so kann die Scheidungsklage im Inlande nur erhoben werden, wenn das inländische Gericht auch nach den Gesetzen des Staates zuständig ist, dem der E h e m a n n angehört. 38. Im §570 ersetzt.
wird das W o r t „Ehescheidungsklage" durch „Scheidungsklage"
39. D e r § 571 erhält folgende Fassung: D e r Kläger hat bei dem Amtsgerichte, vor welchem der Ehemann seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, die A n b e r a u m u n g eines Sühnetermins zu beantragen und zu diesem T e r m i n e den Beklagten zu laden. Bestimmt sich das f ü r die Klage zuständige Landgericht nach den Vorschriften des § 568 Abs. 2 und 3, so finden die Vorschriften des § 568 Abs. 2 auf die Bestimm u n g des f ü r den Sühnetermin zuständigen Amtsgerichts entsprechende Anwendung. 1160
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40. Der § 572 erhält folgende Fassung: Die Parteien müssen in dem Sühnetermine persönlich erscheinen; Beistände können zurückgewiesen werden. Erscheint der Kläger oder erscheinen beide Parteien im Sühnetermine nicht, so muß der Kläger die Anberaumung eines neuen Sühnetermins beantragen und den Beklagten zu dem Termine laden. Erscheint der Kläger, aber nicht der Beklagte, so ist der Sühneversuch als mißlungen anzusehen. 41. Als § 573 a wird folgende Vorschrift eingestellt: In Ehesachen ist ein in der Geschäftsfähigkeit beschränkter Ehegatte prozeßfähig; dies gilt jedoch nicht für einen Rechtsstreit, welcher die Anfechtung der Ehe auf Grund des § 1316 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Gegenstande hat. Für einen geschäftsunfähigen Ehegatten wird der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Vertreter geführt. Der gesetzliche Vertreter ist jedoch zur Erhebung der Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens sowie zur Erhebung der Scheidungsklage nicht befugt; auch kann er die Anfechtungsklage nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erheben. 42. Als §573 b wird folgende Vorschrift eingestellt: Zur Führung des Rechtsstreites bedarf der Bevollmächtigte des klagenden Ehegatten einer besonderen, auf diesen Rechtsstreit gerichteten Vollmacht. Das Gericht hat den Mangel einer solchen Vollmacht von Amtswegen zu berücksichtigen. 43.*) Der § 575 erhält folgende Fassung: Die Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens, die Scheidungsklage und die Anfechtungsklage können verbunden werden. Die Verbindung einer anderen Klage mit den erwähnten Klagen sowie die Erhebung einer Widerklage anderer Art ist unstatthaft. *) Der $ 575 a des Entwurfs ist gestrichen. 44. Der § 576erhält folgende Fassung: „Der Kläger, welcher mit der Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage abgewiesen ist, kann das Recht, die Scheidung zu verlangen oder die Ehe anzufechten, nicht mehr auf Thatsachen gründen, welche er in dem früheren Rechtsstreite geltend gemacht hat oder welche er in dem früheren Rechtsstreite oder durch Verbindung der Klagen hätte geltend machen können. Ein Gleiches gilt im Falle der Abweisung der Scheidungsklage oder der Anfechtungsklage für den Beklagten in Ansehung der Thatsachen, auf welche er eine Widerklage zu gründen im Stande war." 45. Der § 577 erhält folgende Fassung: Die Vorschriften über die Folgen der unterbliebenen oder verweigerten Erklärung über Thatsachen oder über die Echtheit von Urkunden, die Vorschriften über den Verzicht der Parteien auf die Beeidigung von Zeugen und Sachverständigen, die Vorschriften über die Wirkung eines Anerkenntnisses, eines gerichtlichen Geständnisses und der Erlassung eines Eides sowie die Vorschriften über die Eideszuschiebung und den Antrag, dem Gegner die Vorlegung einer Urkunde aufzugeben, finden in Ansehung solcher Thatsachen, welche die Scheidung oder die Anfechtung der Ehe oder das Recht, die Herstellung des ehelichen Lebens zu verweigern, begründen sollen, keine Anwendung. Auf den Rechtsstreit, welcher die Nichtigkeit der Ehe oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, finden die im ersten Absätze bezeichneten Vorschriften sowohl in Ansehung solcher Thatsachen, welche die Nichtigkeit oder das Nichtbestehen der Ehe, als auch in Ansehung solcher Thatsachen, welche die Gültigkeit oder das Bestehen der Ehe begründen sollen, keine Anwendung. 46. Der § 580 erhält folgende Fassung: Hat der Kläger die Aussetzung des 1161
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Verfahrens über eine Scheidungsklage beantragt, so darf das Gericht auf Scheidung nicht erkennen, bevor die Aussetzung stattgefunden hat. Auch ohne Antrag des Klägers ist die Aussetzung anzuordnen, wenn die Scheidung auf Grund des § 1553 des B.G.B, beantragt ist und die Aussicht auf Aussöhnung der Parteien nicht ausgeschlossen erscheint. Auf Grund dieser Bestimmungen darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf zwei Jahre angeordnet werden. 47. Als § 580 a wird folgende Vorschrift eingestellt: „Die Aussetzung des Verfahrens über eine Klage auf Herstellung des ehelichen Lebens kann das Gericht von Amtswegen anordnen, wenn es die Aussöhnung der Parteien für nicht unwahrscheinlich erachtet. Auf Grund dieser Bestimmung darf die Aussetzung im Laufe des Rechtsstreits nur einmal und höchstens auf ein Jahr angeordnet werden." 48. Der § 581 erhält folgende Fassung: Zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Ehe kann das Gericht Thatsachen, welche von den Parteien nicht vorgebracht sind, berücksichtigen und die Aufnahme von Beweisen von Amtswegen anordnen. Vor der Entscheidung sind die Parteien zu hören. Die Vorschriften des ersten Absatzes finden im Falle der Nichtigkeitsklage sowie im Falle eines Rechtsstreites, welcher die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, auch zum Zwecke der Ermittelung, ob die Ehe nichtig sei oder nicht bestehe, Anwendung. (Der Antrag, das Wort „entsprechende" vor „Anwendung" zu setzen, ist der Redaktionskommission überwiesen.) 49. Als § 581 a wird folgende Vorschrift eingestellt: „Auf Scheidung wegen Geisteskrankheit darf nicht erkannt werden, bevor das Gericht einen oder mehrere Sachverständige über den Geisteszustand des Beklagten gehört hat." 50. Als $ 581 ¿wird folgende Vorschrift eingestellt: „Wird wegen Ehebruchs auf Scheidung erkannt, so ist in dem Urtheile die Person festzustellen, mit welcher der Ehebruch begangen worden ist, wenn sie sich aus den Verhandlungen ergiebt." 51. Der § 582 erhält folgende Fassung: Urtheile, durch welche auf Scheidung oder Nichtigkeit der Ehe erkannt ist, sind den Parteien von Amtswegen zuzustellen. Nach dem Eintritte der Rechtskraft des Urtheils hat das Prozeßgericht, wenn ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind der Ehegatten vorhanden ist, dem Vormundschaftsgerichte Mittheilung zu machen. (Der Antrag, die Worte „den Parteien" zu streichen und den Absatz 2 als § 584 c einzustellen, ist der Redaktionskommission überwiesen.)
52. Der § 584 erhält folgende Fassung: Hat der Rechtsstreit die Scheidung, Anfechtung oder Nichtigkeit der Ehe zum Gegenstande, so kann das Gericht auf Antrag eines der Ehegatten durch einstweilige Verfügung für die Dauer des Rechtsstreits das Getrenntleben der Ehegatten gestatten, die gegenseitige Unterhaltspflicht der Ehegatten nach Maßgabe des § 1346 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ordnen, wegen der Sorge für die Person der gemeinschaftlichen Kinder, soweit es sich nicht um deren gesetzliche Vertretung handelt, Anordnungen treffen und die Unterhaltspflicht der Ehegatten den Kindern gegenüber im Verhältnisse der Ehegatten zu einander regeln. Die einstweilige Verfügung ist zulässig, sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung oder im Falle einer Ehescheidungsklage der Termin zum Sühneversuche bestimmt oder im Wege der Widerklage die Scheidung der Ehe beantragt oder die Ehe angefochten ist. 1162
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
Von der einstweiligen Verfügung hat das Prozeßgericht, wenn ein gemeinschaftliches minderjähriges Kind der Ehegatten vorhanden ist, dem Vormundschaftsgerichte Mittheilung zu machen. Im Uebrigen gelten für die einstweilige Verfügung die Bestimmungen der §§815 bis 822. 53. Als § 584 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Stirbt einer der Ehegatten vor der Rechtskraft des Endurtheiles, so ist der Rechtsstreit in Ansehung der Hauptsache als erledigt anzusehen. 54. Als § 584 b wird folgende Vorschrift eingestellt: Das auf eine Anfechtungsoder Nichtigkeitsklage ergangene Urtheil wirkt, sofern es bei Lebzeiten beider Ehegatten rechtskräftig wird, für und gegen Alle. Ein Urtheil, durch welches die Ehe auf Grund des § 1311 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für nichtig erklärt wird, wirkt jedoch gegen den Dritten, mit dem die frühere Ehe geschlossen war, nur dann, wenn er an dem Rechtsstreite Theil genommen hat. Diese Vorschriften gelten auch für ein Urtheil, durch welches das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe festgestellt wird. 55. Der § 586 erhält folgende Fassung: Die Klage kann sowohl von jedem der Ehegatten als von dem Staatsanwalt erhoben werden, im Falle des § 1311 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch von dem Dritten, mit welchem die frühere Ehe geschlossen war. Im Uebrigen kann die Klage von einem Dritten nur erhoben werden, wenn für ihn von der Nichtigkeit der Ehe ein Anspruch oder von der Gültigkeit der Ehe eine Verbindlichkeit abhängt. Die von dem Staatsanwalt oder einem Dritten erhobene Klage ist gegen beide Ehegatten, die von einem Ehegatten erhobene Klage ist gegen den anderen Ehegatten zu richten. 56. Der $ 587 erhält folgende Fassung: Mit der Nichtigkeitsklage kann eine andere Klage als diejenige, welche die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, nicht verbunden werden. Eine Widerklage ist nur statthaft, wenn sie eine Nichtigkeitsklage oder eine Feststellungsklage der im ersten Absätze bezeichneten Art ist. 57. Der § 588 der C.P.O. wird gestrichen. 58. Als § 589 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Das Versäumnißurtheil gegen den im Termine zur mündlichen Verhandlung nicht erschienenen Kläger ist dahin zu erlassen, daß die Klage als zurückgenommen gelte. 59. Als § 591 a wird folgende Vorschrift eingestellt: Die Vorschriften der §§ 587, 589 a finden auf die Klage, welche die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien zum Gegenstande hat, entsprechende Anwendung. 60. Der § 592 erhält folgende Fassung: Im Sinne dieses Abschnittes ist unter Scheidung auch die Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett zu verstehen. 61. Die^J 627 abis 627cdes Entwurfs werden, vorbehaltlich der Beschlußfassung über die Fassung, unter einer besonderen Ueberschrift hinter § 592 eingestellt. 62. Hinter § 592 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 592 a. *) Auf einen Rechtsstreit, der die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines Elternund Kindesverhältnisses zwischen den Parteien oder die Feststellung des Bestehens oder des Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere zum 1163
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Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§ 569, 573 b, des § 577 Abs. 2 und der §§ 578, 579, 581, 582, 584a, 589 a entsprechende Anwendung. Wird die Ehelichkeit eines Kindes oder die Anerkennung der Ehelichkeit von dem Ehemanne der Mutter durch Erhebung der Anfechtungsklage angefochten, so finden an Stelle des § 577 Abs. 2 die Vorschriften des § 577 Abs. 1 entsprechende Anwendung; die Vorschriften des S 581 Abs. 2 und des § 589 a finden keine Anwendung. Für die im Abs. 2 bezeichneten Anfechtungsklagen ist der Ehemann, auch wenn er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, prozeßfähig. Für einen geschäftsunfähigen Ehemann wird der Rechtsstreit durch den gesetzlichen Vertreter geführt. Der gesetzliche Vertreter kann die Anfechtungsklage nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erheben. *) Sachlich sind die §§ 627 a bis 627 e mit den in dem Antrag Nr. 81 Ziff. 1 — 4 enthaltenen Aenderungen angenommen; jedoch soll auch der § 582 entsprechende Anwendung finden. Der Antrag Nr. 92 Ziff. 3, welcher sachlich in den §§ 592 a, 592 c bis 592 e mit dem gedachten Beschlüsse übereinstimmt, ist der Redaktionskommission überwiesen und der in diesem Antrag neu hinzugefügte § 592 b angenommen. Bei der vorgeschlagenen Fassung ist der Antrag Nr. 92 zu Grunde gelegt.
§ 592 b. Ist in den Fällen des § 592 a der Beklagte ein Deutscher und hat er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so finden die Vorschriften des § 568 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn die Reichsangehörigkeit des Beklagten erloschen, der Kläger aber Deutscher geblieben ist. § 592 c. Mit einer der im § 592 a Abs. 1 bezeichneten Klagen kann eine andere Klage nicht verbunden, gegen sie kann eine Widerklage anderer Art nicht erhoben werden. Mit einer der im § 592 a Abs. 2 bezeichneten Anfechtungsklage kann nur die andere Anfechtungsklage verbunden, eine Widerklage kann nicht erhoben werden. § 592 d. In den Fällen des § 592 a wirkt das Urtheil, wenn es bei Lebzeiten der Parteien rechtskräftig wird, für und gegen Alle. Ein Urtheil, welches das Bestehen des Eltern- und Kindesverhältnisses oder der elterlichen Gewalt feststellt, wirkt jedoch gegenüber einem Dritten, welcher das elterliche Verhältniß oder die elterliche Gewalt für sich in Anspruch nimmt, nur dann, wenn er an dem Rechtsstreite theilgenommen hat. § 592 e. Die Vorschriften der §5 592 a bis 592 d gelten nicht für einen Rechtsstreit, der die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der unehelichen Vaterschaft zum Gegenstande hat. 63. Der § 593 erhält folgende Fassung*): Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder wegen Geistesschwäche erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts. *) Ueber die Entmündigung wegen Geisteskrankheit und Geistesschwäche ist gesondert Beschluß gefaßt. Bei der vorgeschlagenen Redaktion sind beide Arten der Entmündigung zusammengefaßt.
64. Der §594 erhält folgende Fassung: Das Amtsgericht, bei welchem der zu Entmündigende seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, ist ausschließlich zuständig. Gegen einen Deutschen, welcher im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, kann der Antrag bei dem Amtsgerichte gestellt werden, in dessen Bezirke der zu Entmündigende den letzten Wohnsitz im Inlande gehabt hat, und in Ermangelung eines solchen Gerichtes bei dem Amtsgerichte der Hauptstadt des Bundesstaates, welchem er angehört; die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 findet Anwendung; gehört der zu Entmündigende einem Bundesstaate nicht an, so kann der Antrag bei 1164
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) dem durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmenden Amtsgerichte der Stadt Berlin gestellt werden. 65. Der § 595 erhält folgende Fassung: D e r Antrag kann von dem Ehegatten, einem Verwandten oder demjenigen gesetzlichen Vertreter des zu Entmündigenden gestellt werden, welcher die Sorge für die Person hat. V o n einem Verwandten kann der Antrag gegen eine Person, welche unter elterlicher Gewalt oder unter V o r m u n d schaft steht, nicht gestellt werden, gegen eine Ehefrau nur dann gestellt werden, wenn auf Trennung der Ehegatten von Tisch und Bett erkannt ist, oder wenn der Ehemann die Ehefrau verlassen hat, oder wenn der Ehemann zur Stellung des Antrags dauernd außer Stande oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist. In allen Fällen ist auch der Staatsanwalt bei dem vorgesetzten Landgerichte z u r Stellung des Antrages befugt. 66. Der §602 erhält folgenden Zusatz: „Der den Antrag auf Entmündigung zurückweisende Beschluß ist auch dem zu Entmündigenden von Amtswegen zuzustellen." 67. Der §603 erhält folgende Fassung: Der die Entmündigung aussprechende Beschluß ist von Amtswegen der Vormundschaftsbehörde mitzutheilen und, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder Vormundschaft steht, demjenigen gesetzlichen Vertreter desselben zuzustellen, welcher die Sorge für die Person hat. Im Falle der Entmündigung wegen Geistesschwäche ist der Beschluß auch dem Entmündigten selbst (oder: persönlich) zuzustellen. Die Entmündigung wegen Geisteskrankheit tritt, wenn der Entmündigte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, mit der Zustellung des Beschlusses an denjenigen gesetzlichen Vertreter desselben, welchem die Sorge für die Person zusteht, anderenfalls mit der Bestellung des Vormundes, die Entmündigung wegen Geistesschwäche mit der Zustellung des Beschlusses an den Entmündigten in Wirksamkeit. 68. Der § 605 erhält folgende Fassung: Der die Entmündigung aussprechende Beschluß kann im Wege der Klage binnen der Frist eines Monats angefochten werden. Das Recht zur Erhebung der Klage steht dem Entmündigten selbst, demjenigen gesetzlichen Vertreter desselben, welcher die Sorge f ü r die Person hat, und den übrigen im § 595 bezeichneten Personen zu. Die Frist beginnt mit der Entmündigung im Falle der Geisteskrankheit für den Entmündigten mit dem Zeitpunkt, in welchem er von der Entmündigung Kenntniß erlangt hat, für die übrigen Personen mit dem Zeitpunkte, in welchem die Entmündigung in Wirksamkeit getreten ist; im Falle der Entmündigung wegen Geistesschwäche f ü r den gesetzlichen Vertreter des unter elterlicher Gewalt oder unter V o r m u n d schaft stehenden Entmündigten mit dem Zeitpunkte, in welchem ihm der Beschluß zugestellt worden ist, für den Entmündigten selbst und die übrigen Personen mit dem Zeitpunkte, in welchem die Entmündigung in Wirksamkeit getreten ist. 69. Der §607erhält folgende Fassung: Die Klage ist gegen den Staatsanwalt zu richten. Erhebt der Staatsanwalt die Klage, so ist dieselbe gegen denjenigen gesetzlichen Vertreter des Entmündigten, welcher die Sorge für die Person hat, als Vertreter desselben zu richten. H a t eine der im § 595 Abs. 1 bezeichneten Personen die Entmündigung beantragt, so ist dieselbe unter Mittheilung der Klage zum Termine zur mündlichen Verhand1165
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lung zu laden. Dieselbe gilt im Falle des Beitrittes im Sinne des § 59 als Streitgenosse der Hauptpartei. 70. Der § 611 erhält folgende Fassung: „Die Vorschriften des § 577 Abs. 2, des § 578 und des § 581 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung. 71. Der zweite Absatz des § 613 wird aufgehoben. 72. Der § 616 erhält folgende Fassung: Die Wiederaufhebung der Entmündigung erfolgt auf Antrag des Entmündigten oder desjenigen gesetzlichen Vertreters desselben, welcher die Sorge für die Person hat, oder des Staatsanwaltes durch Beschluß des Amtsgerichts. 73. Der § 617erhält folgende Fassung: Für die Wiederaufhebung der Entmündigung ist das Amtsgericht ausschließlich zuständig, bei welchem der Entmündigte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Ist der Entmündigte ein Deutscher und hat er im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so kann der Antrag, sofern die Entmündigung von einem deutschen Gerichte ausgesprochen ist, bei dem Amtsgerichte gestellt werden, in dessen Bezirke der Entmündigte den letzten Wohnsitz im Inlande gehabt hat, und in Ermangelung eines solchen Gerichtes bei dem Amtsgerichte der Hauptstadt des Bundesstaates, welchem er angehört; die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Satz 3 findet Anwendung; gehört der Entmündigte einem Bundesstaate nicht an, so kann der Antrag bei dem durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers zu bestimmenden Amtsgerichte der Stadt Berlin gestellt werden. 74. Der § 620 erhält folgende Fassung: Wird der Antrag auf Wiederaufhebung von dem Amtsgerichte abgelehnt, so kann dieselbe im Wege der Klage beantragt werden. Zur Erhebung der Klage ist derjenige gesetzliche Vertreter des Entmündigten, welcher die Sorge für die Person hat, und der Staatsanwalt befugt. Will der im zweiten Absätze bezeichnete gesetzliche Vertreter die Klage nicht erheben, so kann der Vorsitzende des Prozeßgerichts dem Entmündigten einen Rechtsanwalt als Vertreter beiordnen. Auf das Verfahren finden die Vorschriften der §§606 bis 615 entsprechende Anwendung. 75. Der § 621 erhält folgende Fassung: Die Entmündigung wegen Verschwendung erfolgt durch Beschluß des Amtsgerichts. Der Beschluß wird nur auf Antrag erlassen. Auf das Verfahren finden die Vorschriften des § 594, des § 595 Abs. 1, des § 596, des § 597 Abs. 1, 4 und der §§ 600, 604 entsprechende Anwendung. Eine Mitwirkung der Staatsanwaltschaft findet nicht statt. Die landesgesetzlichen Vorschriften, nach welchen eine Gemeinde oder ein der Gemeinde gleichstehender Verband oder ein Armenverband antragsberechtigt ist, bleiben unberührt. 76. Der § 625 erhält folgende Fassung: Die Wiederaufhebung der Entmündigung erfolgt auf Antrag des Entmündigten oder desjenigen gesetzlichen Vertreters desselben, welcher die Sorge für die Person hat, unter entsprechender Anwendung der §§616 bis 619. Eine Anfechtung des Beschlusses, durch welchen die Entmündigung aufgehoben wird, findet nicht statt. 77. Der §626 erhält folgende Fassung: Wird der Antrag auf Wiederaufhebung 1166
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von dem Amtsgerichte abgelehnt, so kann dieselbe im Wege der Klage beantragt werden. Zur Erhebung der Klage ist derjenige gesetzliche Vertreter des Entmündigten, welcher die Sorge für die Person hat, befugt. Will dieser die Klage nicht erheben, so kann der Vorsitzende des Prozeßgerichts dem Entmündigten einen Rechtsanwalt als Vertreter beiordnen. Die Klage ist gegen denjenigen, welcher die Entmündigung beantragt haue, falls aber dieser verstorben oder sein Aufenthalt unbekannt oder im Auslande ist, gegen den Staatsanwalt zu richten. Auf das Verfahren finden die Vorschriften der §§ 606, 608, 610, 611, 613 bis 615 entsprechende Anwendung. 78. Hinter § 627werden folgende Vorschriften eingestellt: § 627 a. Auf die Entmündigung wegen Trunksucht finden die Vorschriften über die Entmündigung wegen Verschwendung mit Ausnahme des § 621 Abs. 5 entsprechende Anwendung. Das Gericht kann den zu Entmündigenden unter Androhung der Entmündigung zur Besserung ermahnen und die Beschlußfassung über die Entmündigung aussetzen, wenn Aussicht besteht, daß die Ermahnung Erfolg haben werde. 79. Der § 628 Abs. I erhält folgenden Zusatz: „Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstande hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld." 80. Der § 648 Nr. 6 erhält folgende Fassung: „6. Urtheile, welche die Verpflichtung zur Entrichtung von Alimenten oder zur Entrichtung einer nach den §§ 828, 829 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geschuldeten Geldrente aussprechen, soweit die Entrichtung für die Zeit nach der Erhebung der Klage und für das diesem Zeitpunkte vorausgehende letzte Vierteljahr zu erfolgen hat." 81. Der § 649 Nr. 1 erhält folgende Fassung: „1. Streitigkeiten zwischen dem Vermiether und dem Miether oder Untermiether von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Miether und dem Untermiether solcher Räume wegen Ueberlassung, Benutzung oder Räumung, sowie wegen Zurückhaltung der von dem Miether oder dem Untermiether in die Miethräume eingebrachten Sachen;" 82. Der § 655 Abs. 2 erhält folgende Fassung: „Wird ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urtheil aufgehoben oder abgeändert oder wird die vorläufige Vollstreckbarkeit des Unheils wegen Mangels der gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben, so ist der Kläger auf Antrag des Beklagten zum Ersätze des Schadens zu verurtheilen, der dem Beklagten durch die Vollstreckung des Urtheils oder durch eine zur Abwendung der Vollstreckung gemachte Leistung entstanden ist. Wird der Antrag gestellt, so ist der Anspruch auf Schadensersatz als zur Zeit der Zahlung oder Leistung rechtshängig geworden anzusehen." 83. Der § 658 erhält folgende Fassung: „Ist auf Bewilligung einer Eintragung in das Grundbuch oder einer Löschung im Grundbuch erkannt, so wird das für vorläufig vollstreckbar erklärte Urtheil durch Eintragung einer Vormerkung vollzogen. Das Gleiche gilt, wenn auf Bewilligung der Eintragung eines Pfandrechts in das Schiffsregister oder der Löschung eines Pfandrechts im Schiffsregister erkannt ist." 84. Der § 661 Abs. 2 erhält folgende Fassung: „Das Vollstreckungsurtheil ist erst zu erlassen, wenn das Urtheil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Rechte die Rechtskraft erlangt hat. Es ist nicht zu erlassen, wenn die Anerkennung des Urtheils nach § 293 h ausgeschlossen ist." 85. Der § 664 erhält folgenden zweiten Absatz: „Ist die Vollstreckung von einer Zug um Zug oder vorher zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner 1167
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abhängig, so kann der Gläubiger auch ohne den Beweis, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt ist oder sich im Verzuge der Annahme befindet, die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung verlangen, es sei denn, daß die dem Schuldner obliegende Leistung in der Abgabe einer Willenserklärung besteht." 86. Der § 665 Abs. 1 erhält folgende Fassung: „Eine vollstreckbare Ausfertigung kann f ü r den Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Gläubigers sowie gegen den allgemeinen Rechtsnachfolger des in dem Urtheile bezeichneten Schuldners und nach Maßgabe der §§ 236, 238, 293 d gegen denjenigen ertheilt werden, welcher während der Rechtshängigkeit oder nach Beendigung des Rechtsstreits Rechtsnachfolger des Schuldners in Ansehung des in Streit befangenen Gegenstandes geworden ist oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt hat, daß der Schuldner mittelbarer Besitzer geblieben ist, sofern die Rechtsnachfolge oder das Besitzverhältniß bei dem Gericht offenkundig ist oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen wird." 87. Hinter § 665 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 665 a. Ist gegenüber dem Vorerben ein nach § 293 e dem Nacherben gegenüber wirksames Urtheil ergangen, so finden auf die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung f ü r und gegen den Nacherben die Vorschriften des § 665 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn gegenüber einem Testamentsvollstrecker ein nach § 293 f dem Erben gegenüber wirksames Urtheil ergangen ist, für die Ertheilung einer vollstreckbaren Ausfertigung f ü r und gegen den Erben. Eine vollstreckbare Ausfertigung kann gegen den Erben ertheilt werden, auch wenn die Verwaltung des Testamentsvollstreckers noch besteht. 88. Im § 666Abs. 1 und im § 667 wird statt „§§ 664, 665" gesetzt § 664 bis 665 a". 89. Hinter § 670werden folgende Vorschriften eingestellt: § 670 a. Zur Zwangsvollstreckung in das Vermögen eines nicht rechtsfähigen Vereins genügt ein gegen den Verein erlassenes Urtheil. § 670 b. Zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer nach § 692 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft ist ein gegen alle Gesellschafter vollstreckbares Urtheil erforderlich. § 670 c. Bei dem Nießbrauch an einem Vermögen findet wegen der vor der Bestellung des Nießbrauchs entstandenen Verbindlichkeiten des Bestellers die Zwangsvollstreckung in die dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände nur statt, wenn der Besteller zu der Leistung und der Nießbraucher zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurtheilt ist. § 670 d. Ist die Bestellung des Nießbrauchs an einem Vermögen erst während der Rechtshängigkeit oder nach der Beendigung eines Rechtsstreits des Bestellers erfolgt, so finden auf die Ertheilung einer gegen den Nießbraucher in Ansehung der dem Nießbrauch unterliegenden Gegenstände vollstreckbaren Ausfertigung des gegen den Besteller erlassenen Unheils die Vorschriften der §§ 665, 666 bis 670 entsprechende Anwendung. § 670 e. Bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft findet die Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut der Ehefrau nur statt, wenn die Ehefrau zu der Leistung und der Ehemann zur Duldung der Zwangsvollstreckung in das eingebrachte Gut verurtheilt ist. § 670 f . Bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft ist zur Zwangsvollstreckung in 1168
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das Gesammtgut ein gegen den Ehemann erlassenes Urtheil erforderlich und genügend. § 670 g. Ist der Güterstand der Verwaltung und Nutznießung, die Errungenschaftsgemeinschaft oder die Fahrnißgemeinschaft erst während der Rechtshängigkeit oder nach der Beendigung eines von der Ehefrau oder gegen sie geführten Rechtsstreits eingetreten, so finden auf die Ertheilung einer in Ansehung des eingebrachten Guts der Ehefrau vollstreckbaren Ausfertigung des Urtheils für oder gegen den Ehemann die Vorschriften der §§ 665, 666 bis 670 entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt für die Ertheilung einer in Ansehung des Gesammtguts vollstreckbaren Ausfertigung, wenn die allgemeine Gütergemeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft oder die Fahrnißgemeinschaft erst während der Rechtshängigkeit oder nach der Beendigung eines von der Ehefrau geführten Rechtsstreits eingetreten ist. § 670 h. Nach der Beendigung der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft ist vor der Auseinandersetzung die Zwangsvollstreckung in das Gesammtgut nur zulässig, wenn beide Ehegatten zu der Leistung oder der Ehemann zu der Leistung und die Ehefrau zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurtheilt sind. § 670 i. Ist die Beendigung der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft nach der Beendigung eines Rechtsstreits eingetreten, so finden auf die Ertheilung einer in Ansehung des Gesammtguts gegen die Ehefrau vollstreckbaren Ausfertigung des gegen den Ehemann erlassenen Urtheils die Vorschriften der §§ 665, 666 bis 670 entsprechende Anwendung. § 670 k. Die Vorschriften der §§ 670f, 670 h, 670 i finden auf die fortgesetzte Gütergemeinschaft mit der Maßgabe Anwendung, daß an die Stelle des Ehemanns der überlebende Ehegatte, an die Stelle der Ehefrau die antheilsberechtigten Abkömmlinge treten. § 670 l. Zur Zwangsvollstreckung in das der elterlichen Nutznießung unterliegende Vermögen des Kindes ist ein gegen das Kind erlassenes Urtheil genügend. §670 m. Zur Zwangsvollstreckung in einem Nachlaß ist, wenn mehrere Erben vorhanden sind, bis zur Theilung ein gegen alle Erben vollstreckbares Urtheil erforderlich. § 670 n. Unterliegt ein Nachlaß der Verwaltung eines Testamentsvollstreckers, so ist zur Zwangsvollstreckung in den Nachlaß ein gegen den Testamentsvollstrecker vollstreckbares Urtheil erforderlich und genügend. Steht dem Testamentsvollstrecker nur die Verwaltung einzelner Nachlaßgegenstände zu, so ist die Zwangsvollstreckung in diese Gegenstände nur zulässig, wenn der Erbe zu der Leistung, der Testamentsvollstrecker zur Duldung der Zwangsvollstreckung verurtheilt ist. Zur Zwangsvollstreckung wegen eines Pflichttheilsanspruchs ist im Falle des Abs. 1 wie im Falle des Abs. 2 ein sowohl gegen den Erben als gegen den Testamentsvollstrecker vollstreckbares Urtheil erforderlich. § 670 o. Auf die Ertheilung einer für oder gegen den Testamentsvollstrecker vollstreckbaren Ausfertigung eines für oder gegen den Erblasser erlassenen Urtheils finden die Vorschriften der §§ 665, 666 bis 670 entsprechende Anwendung. Auf Grund einer solchen Ausfertigung findet die Zwangsvollstreckung nur in die der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlaßgegenstände statt. 90. Der § 671 Abs. 2 erhält folgende Fassung: „Handelt es sich um die Vollstrekkung eines Urtheils, dessen vollstreckbare Ausfertigung nach § 664 Abs. 1 ertheilt 1169
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worden ist, oder um die Vollstreckung für oder gegen eine der in den §§ 665, 665 a, 670 d, 670 g, 670 i, 670 η bezeichneten Personen, so muß außer dem zu vollstreckenden Urtheile auch die demselben beigefügte Vollstreckungsklausel und, sofern die Vollstreckungsklausel auf Grund öffentlicher Urkunden ertheilt ist, auch eine Abschrift dieser Urkunden vor Beginn der Zwangsvollstreckung zugestellt sein oder gleichzeitig mit Beginn derselben zugestellt werden." 91. Hinter § 676 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 676 a. Ist die Vollstreckung des Urtheiles nach dessen Inhalte von einer Zug um Zug oder vorher zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig und die vollstreckbare Ausfertigung des Urtheiles nicht auf Grund des Beweises ertheilt, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt ist oder sich im Verzuge der Annahme befindet, so darf der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nicht beginnen, ohne dem Schuldner die demselben gebührende Leistung in einer den Verzug der Annahme begründenden Weise anzubieten. 92. Der § 684 erhält folgenden Abs. 4: „Ist die Vollstreckung des Urtheiles nach dessen Inhalte von einer Zug um Zug oder vorher zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängig, so darf das Vollstreckungsgericht eine Vollstreckungsmaßregel nur anordnen, wenn die vollstreckbare Ausfertigung auf Grund des Beweises ertheilt worden ist, daß der Schuldner in Ansehung der ihm gebührenden Leistung befriedigt ist oder sich im Verzuge der Annahme befindet." 93. Der §687 erhält folgende Fassung: „Die Vorschriften des §686 Abs. 1, 3 finden entsprechende Anwendung, wenn in den Fällen der §§ 664 bis 665 a, 670 d, 670 g, 670 i, 670 η der Schuldner das bei der Ertheilung der Vollstreckungsklausel als bewiesen angenommene Vorliegen der Voraussetzung für die Ertheilung der Vollstreckungsklausel bestreitet, unbeschadet der Befugniß des Schuldners, in diesen Fällen Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Vollstreckungsklausel in Gemäßheit des § 668 zu erheben." 94. Hinter § 689wird folgende Vorschrift eingestellt: § 689 a. Soweit sich ergiebt, daß die in den §§ 686, 687 bezeichneten Einwendungen begründet sind, ist der Gläubiger verpflichtet, dasjenige, was er durch die Zwangsvollstreckung erlangt hat oder was ihm zur Abwendung der Zwangsvollstrekkung geleistet worden ist, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten; die Erstattungspflicht des Gläubigers bestimmt sich so, wie wenn der Anspruch auf die Erstattung zur Zeit des Empfanges rechtshängig geworden wäre. 95. Hinter § 690werden folgende Vorschriften eingestellt: § 690 a. Solange ein Veräußerungsverbot der in den §§ 131, 132 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art besteht, soll der Gegenstand, auf welchen es sich bezieht, wegen eines persönlichen Anspruchs oder auf Grund eines in Folge des Verbots unwirksamen Rechtes nicht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden. Auf Grund des Veräußerungsverbots kann nach Maßgabe des § 690 Widerspruch erhoben werden. $ 690 b. Ein Gegenstand, der zu einer Vorerbschaft gehört, soll nicht im Wege der Zwangsvollstreckung veräußert oder überwiesen werden, wenn die Veräußerung oder die Ueberweisung im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach § 2092 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dem Nacherben gegenüber unwirksam ist. Der Nacherbe kann nach Maßgabe des § 690 Widerspruch erheben. 96. Hinter § 692 werden folgende Vorschriften eingestellt: 1170
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5 692 a. Hat der Gläubiger eine bewegliche Sache des Schuldners im Besitz, an der ihm ein Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht für seine Forderung zusteht, so kann der Schuldner der Zwangsvollstreckung in sein übriges Vermögen nach S 685 widersprechen, soweit die Forderung durch den Werth der Sache gedeckt ist. Steht dem Gläubiger ein solches Recht an der Sache auch für eine andere Forderung zu, so ist der Widerspruch nur zulässig, wenn auch diese Forderung durch den Werth der Sache gedeckt ist. § 692 b. Solange der Erbe die Erbschaft nicht angenommen hat, ist eine Zwangsvollstreckung wegen eines Anspruchs, der sich gegen den Nachlaß richtet, nur in den Nachlaß zulässig. Wegen eigener Verbindlichkeiten des Erben ist eine Zwangsvollstreckung in den Nachlaß vor der Annahme der Erbschaft nicht zulässig. 97. Der § 693 Abs. 2 erhält folgende Fassung: „Ist bei einer Vollstreckungshandlung die Zuziehung des Schuldners nöthig, so hat, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen oder wenn der Erbe unbekannt oder es ungewiß ist, ob er die Erbschaft angenommen hat, das Vollstreckungsgericht auf Antrag des Gläubigers dem Erben einen einstweiligen besonderen Vertreter zu bestellen. Die Bestellung hat zu unterbleiben, wenn ein Nachlaßpfleger bestellt ist oder wenn die Verwaltung des Nachlasses einem Testamentsvollstrecker zusteht." 98. Der § 694 wird aufgehoben. 99. Der § 695 erhält folgende Fassung: Der als Erbe des Schuldners verurtheilte Beklagte kann die Beschränkung seiner Haftung nur geltend machen, wenn sie ihm im Urtheile vorbehalten ist. Der Vorbehalt ist nicht erforderlich, wenn der Fiskus als gesetzlicher Erbe verurtheilt wird oder wenn das Urtheil über eine Nachlaßverbindlichkeit gegen einen Nachlaßverwalter oder einen anderen Nachlaßpfleger oder gegen einen Testamentsvollstrecker, dem die Verwaltung des Nachlasses zusteht, erlassen wird. Das Recht des Nacherben, die Beschränkung seiner Haftung geltend zu machen, bleibt unberührt, wenn der Vorerbe ohne den Vorbehalt verurtheilt wird. 100. Der § 696 erhält folgende Fassung: Bei der Zwangsvollstreckung gegen den Erben des Schuldners bleibt die Beschränkung der Haftung unberücksichtigt, bis auf Grund derselben gegen die Zwangsvollstreckung von dem Erben Einwendungen erhoben werden. 101. Hinter §696 werden folgende Vorschriften eingestellt : § 696 a. Der Erbe kann auf Grund der ihm nach den §§ 1991, 1992 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Einreden nur verlangen, daß die Zwangsvollstrekkung für die Dauer der dort bestimmten Fristen auf solche Maßregeln beschränkt wird, die zur Vollziehung eines Arrestes zulässig sind. Wird vor dem Ablaufe der Frist die Eröffnung des Nachlaßkonkurses beantragt, so ist auf Antrag die Beschränkung der Zwangsvollstreckung auch nach dem Ablaufe der Frist aufrechtzuerhalten, bis über die Eröffnung des Konkursverfahrens rechtskräftig entschieden ist. § 696 b. In Ansehung der Nachlaßgegenstände kann der Erbe die Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach § 696 a auch gegenüber den Gläubigern verlangen, die nicht Nachlaßgläubiger sind, es sei denn, daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. § 696 c. Ist eine Nachlaßverwaltung angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet, so kann der Erbe verlangen, daß Maßregeln der Zwangsvollstreckung, die zu Gunsten eines Nachlaßgläubigers in sein nicht zum Nachlasse gehörendes Vermögen 1171
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erfolgt sind, aufgehoben werden, es sei denn, daß er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Im Falle der Nachlaßverwaltung steht dem Nachlaßverwalter das gleiche Recht gegenüber Maßregeln der Zwangsvollstreckung zu, die zu Gunsten eines anderen Gläubigers als eines Nachlaßgläubigers in den Nachlaß erfolgt sind. § 696 d. Die Erledigung der auf Grund der §§ 696 bis 696 c erhobenen Einwendungen erfolgt nach den Bestimmungen der §§ 686, 688, 689. § 696 e. Die Bestimmungen des § 695 Abs. 1 und der §§ 696 bis 696 d finden im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf die den überlebenden Ehegatten nach § 1474 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs treffende H a f t u n g entsprechende Anwendung. § 696 f . Das nach § 2036 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Miterben zustehende Recht kann geltend gemacht werden, ohne daß es eines Vorbehalts im Urtheile bedarf. In Ansehung des dem Erbtheil entsprechenden Theiles einer Nachlaßverbindlichkeit bleiben die Vorschriften des § 695 unberührt. Die Erledigung der Einwendung erfolgt nach den Bestimmungen der §§ 686, 688, 689. § 696 g.*) Soll durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an einem Grundstücke, das von dem bisherigen Eigenthümer nach § 9 1 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs aufgegeben und von dem Aneigenungsberechtigten noch nicht erworben worden ist, geltend gemacht werden, so hat das Vollstreckungsgericht auf Antrag einen Vertreter zu bestellen, dem bis zur Eintragung eines neuen Eigenthümers die Wahrnehmung der sich aus dem Eigenthum ergebenden Rechte und Verpflichtungen im Zwangsvollstreckungsverfahren obliegt. *) Der in der Anmerkung zu § 825 des B.G.B, enthaltene § 967 a der Civilprozeßordnung ist mit Rücksicht auf die zu §§ 274,563,655 gefaßten Beschlüsse gestrichen.
102. Der § 702 Nr. 5 erhält folgenden Zusatz: „Als ein Anspruch, welcher die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstande hat, gilt auch der Anspruch aus einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld." 103. Hinter § 702 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 702 a.*) Soweit nach den Vorschriften des § 670 η Abs. 2 und der §§ 670 c, 670 e, 670 h, 670 k die Verurtheilung eines Betheiligten zur Duldung der Zwangsvollstrekkung erforderlich ist, wird sie dadurch ersetzt, daß der Betheiligte in einer von einem deutschen Gericht oder von einem deutschen N o t a r innerhalb der Grenzen seiner Amtsbefugnisse in der vorgeschriebenen Form aufgenommenen Urkunde die sofortige Zwangsvollstreckung in die seinem Rechte unterworfenen Gegenstände bewilligt. *) Wird die unter Nr. 109 aufgeführte Vorschrift nicht als Zusatz zu § 702, sondern nach dem obigen Vorschlage als § 702a eingestellt, so werden im Eingange des § 703 die Worte: „in dem vorstehenden Paragraphen" zu ersetzen sein durch „in den vorstehenden Paragraphen" oder „in den §§ 702, 702 a".
104. Hinter § 710wird folgende Vorschrift eingestellt: § 710 a. Wird ein Gegenstand auf Grund der Pfändung veräußert, so steht dem Erwerber wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines Mangels der veräußerten Sache ein Anspruch auf Gewährleistung nicht zu. 105. Der § 717erhält folgende Fassung: § 717. Die Versteigerung der gepfändeten Sachen darf nicht vor Ablauf einer Woche seit dem Tage der Pfändung geschehen, sofern nicht der Gläubiger und der Schuldner über eine frühere Versteigerung 1172
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sich einigen oder dieselbe erforderlich ist, um die Gefahr einer beträchtlichen Werthverringerung der zu versteigernden Sache abzuwenden oder um unverhältnißmäßige Kosten einer längeren Aufbewahrung zu vermeiden. Die Versteigerung erfolgt in der Gemeinde, in welcher die Pfändung geschehen ist, sofern nicht der Gläubiger und der Schuldner über einen anderen Ort sich einigen. Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung der zu versteigernden Sachen öffentlich bekannt zu machen. Bei der Versteigerung finden die Vorschriften des § 1224 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung. 106. Der §718 erhält folgende Fassung: § 718. Dem Zuschlage an den Meistbietenden muß ein dreimaliger Aufruf vorausgehen; die Vorschriften des § 152 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden Anwendung. Die Ablieferung einer zugeschlagenen Sache darf nur gegen baare Zahlung geschehen. Hat der Meistbietende nicht zu der in den Versteigerungsbedingungen bestimmten Zeit oder in Ermangelung einer solchen Bestimmung nicht vor dem Schlüsse des Versteigerungstermins die Ablieferung gegen Zahlung des Kaufgeldes verlangt, so wird die Sache anderweit versteigert. Der Meistbietende wird zu einem weiteren Gebote nicht zugelassen; er haftet für den Ausfall; auf den Mehrerlös hat er keinen Anspruch. Wird dem die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger der Zuschlag ertheilt, so ist der Gläubiger von der Verpflichtung zur baaren Zahlung insoweit befreit, als der Erlös nach Abzug der Kosten der Zwangsvollstreckung zu seiner Befriedigung zu verwenden ist, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden. Insoweit der Gläubiger von der Verpflichtung zur baaren Zahlung befreit ist, gilt der Betrag als von dem Schuldner an den Gläubiger gezahlt. 107. Hinter § 703 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 705 a. Hat sich der Eigenthümer eines mit einer Hypothek, einer Grundschuld oder einer Rentenschuld belasteten Grundstücks in einer nach § 702 Nr. 5 aufgenommenen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen und ist dem Rechtsnachfolger des Gläubigers eine vollstreckbare Ausfertigung ertheilt, so ist die Zustellung der die Rechtsnachfolge nachweisenden öffentlichen Urkunde nicht erforderlich, wenn der Rechtsnachfolger als Gläubiger im Grundbuche eingetragen ist. Die Unterwerfung des Eigenthümers unter die sofortige Zwangsvollstreckung kann mit der Wirkung erfolgen, daß die Zwangsvollstreckung aus der Urkunde gegen den jeweiligen Eigenthümer des Grundstücks stattfindet; sie bedarf in diesem Falle der Eintragung in das Grundbuch. Bei der Zwangsvollstreckung gegen einen späteren Eigenthümer ist die Zustellung der seinen Erwerb nachweisenden öffentlichen Urkunde nicht erforderlich, wenn er als Eigenthümer im Grundbuch eingetragen ist. 108. Der § 706 Abs. 2 wird aufgehoben. 109. Der § 731 erhält folgende Fassung: Zur Pfändung einer Forderung, für welche eine Hypothek besteht, ist außer dem Pfändungsbeschlusse die Uebergabe des Hypothekenbriefs an den Gläubiger erforderlich. Wird die Uebergabe im Wege der Zwangsvollstreckung erwirkt, so gilt sie als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher den Brief zum Zwecke der Ablieferung an den Gläubiger wegnimmt. Ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so ist die Eintragung der Pfändung in das 1173
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Grundbuch erforderlich; die Eintragung erfolgt auf Grund des Pfändungsbeschlusses. Wird der Pfändungsbeschluß vor der Uebergabe des Hypothekenbriefs oder der Eintragung der Pfändung dem Drittschuldner zugestellt, so gilt die Pfändung ihm gegenüber mit der Zustellung als bewirkt. Die Pfändung der Ansprüche auf die im § 1143 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Leistungen erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften. Das Gleiche gilt bei einer Sicherungshypothek von der Pfändung der Hauptforderung. 110. Der § 736 Abs. 3 erhält folgende Fassung: „Die Bestimmungen des § 730 Abs. 2, 3 finden auf die Ueberweisung entsprechende Anwendung." 111. Der § 737 Abs. 2 Satz 1 erhält folgende Fassung: „Der Schuldner ist verpflichtet, dem Gläubiger die zur Geltendmachung der Forderung nöthige Auskunft zu ertheilen und ihm die über die Forderung vorhandenen Urkunden herauszugeben." 112. Hinter § 737werden folgende Vorschriften eingestellt: § 737 a. Zur Ueberweisung einer gepfändeten Forderung, für welche eine Hypothek besteht, genügt die Aushändigung des Ueberweisungsbeschlusses an den Gläubiger. Ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so ist zur Ueberweisung an Zahlungsstatt die Eintragung der Ueberweisung in das Grundbuch erforderlich; die Eintragung erfolgt auf Grund des Ueberweisungsbeschlusses. Die Ueberweisung der Ansprüche auf die im § 1143 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Leistungen erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften. Das Gleiche gilt bei einer Sicherungshypothek von der Ueberweisung der Hauptforderung. § 737 b. Wird eine durch ein Pfandrecht an einer beweglichen Sache gesicherte Forderung überwiesen, so kann der Schuldner die Herausgabe des Pfandes an den Gläubiger verweigern, bis ihm Sicherheit für die Haftung geleistet wird, die für ihn aus einer Verletzung der dem Gläubiger dem Verpfänder gegenüber obliegenden Verpflichtungen entstehen kann. 113. Hinter 5 743 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 743 a. *) Der Ueberweisungsbeschluß gilt, auch wenn er mit Unrecht erlassen ist, zu Gunsten des Drittschuldners dem Schuldner gegenüber so lange als rechtsbeständig, bis er aufgehoben wird und die Aufhebung zur Kenntniß des Drittschuldners gelangt. *) Der Redaktionskommission wird die Prüfung der Frage überwiesen, ob die Vorschrift des § 743 a nicht besser in den § 737 zwischen Abs. 1 und 2 einzustellen ist.
114. In dem § 747 wird zwischen dem 1. und 2. Absätze folgender Abs. 2 eingeschaltet: Ist der Anspruch auf Uebertragung des Eigenthums gerichtet, so hat die Auflassung an den Sequester als Vertreter des Schuldners zu erfolgen. Mit dem Uebergange des Eigenthums auf den Schuldner erlangt der Gläubiger eine Sicherungshypothek für seine Forderung. Der Sequester hat die Eintragung der Sicherungshypothek zu bewilligen. 115. Der § 749 erleidet folgende Aenderungen: 1. der Abs. 1 Nr. 2 wird dahin geändert: 2. die auf gesetzlicher Vorschrift beruhenden Alimentenforderungen und die nach § 829 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen der Entziehung einer solchen Forderung zu entrichtende Geldrente; 2. der Abs. 3 erhält folgenden Zusatz: Das Gleiche gilt von der nach § 828 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichtenden Geldrente. 1174
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116. Hinter § 749werden folgende Vorschriften eingestellt: § 749 a. Eine nicht übertragbare Forderung ist der Pfändung nicht unterworfen. Eine nach dem § 393 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht übertragbare Forderung kann jedoch insoweit gepfändet und zur Einziehung überwiesen werden, als der Gegenstand der Leistung der Pfändung unterliegt. Die Pfändung eines Pachtrechts und die Anordnung einer Verwaltung zur Ausübung des Pachtrechts sind zulässig, auch wenn dem Pächter nicht gestattet ist, die Ausübung des Rechtes einem Dritten zu überlassen. § 749 b. Das Recht, welches bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung dem Ehemann an dem eingebrachten Gute zusteht, ist der Pfändung nicht unterworfen. Die von dem Ehemann erworbenen Früchte des eingebrachten Gutes unterliegen der Pfändung nicht, soweit sie zur Erfüllung der in den §§ 1369 bis 1372 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Verpflichtungen des Ehemanns, zur Erfüllung der ihm seiner Frau und seinen Verwandten gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht oder zur Bestreitung seines standesmäßigen Unterhalts erforderlich sind. Hat der Ehemann einer geschiedenen Ehefrau Unterhalt zu gewähren, so sind die Früchte auch insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als sie zur Erfüllung dieser Unterhaltspflicht erforderlich sind. Der Widerspruch kann sowohl von dem Ehemann als von der Ehefrau nach § 685 geltend gemacht werden. § 749 c. Das Recht, welches dem Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutznießung an dem Vermögen des Kindes zusteht, ist der Pfändung nicht unterworfen. Das Gleiche gilt von den ihnen nach den §§ 1634, 1635 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zustehenden Ansprüchen, solange die Ansprüche nicht fällig sind. Auf die Pfändung der von dem Vater oder der Mutter kraft der elterlichen Nutznießung erworbenen Früchte finden die Vorschriften des § 749 b mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche, wenn sie fällig sind, den erworbenen Früchten gleichstehen. § 749 d. Der Pflichttheilsanspruch ist der Pfändung nur unterworfen, wenn er durch Vertrag anerkannt oder rechtshängig geworden ist. § 749 e.*) Ist der Schuldner als Erbe nach § 2312 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Einsetzung eines Nacherben beschränkt, so sind die Nutzungen der Erbschaft der Pfändung nicht unterworfen, soweit sie zur Erfüllung der dem Schuldner seinem Ehegatten und seinen Verwandten gegenüber gesetzlich obliegenden Unterhaltspflicht und zur Bestreitung seines standesmäßigen Unterhalts erforderlich sind. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner nach §2312 des Bürgerlichen Gesetzbuchs durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers beschränkt ist, für seinen Anspruch auf den jährlichen Reinertrag. Hat der Schuldner einem geschiedenen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, so sind die Nutzungen oder der Anspruch auf den Reinertrag auch insoweit der Pfändung nicht unterworfen, als sie zur Erfüllung dieser Unterhaltspflicht erforderlich sind. Die Pfändung ist unbeschränkt zulässig, wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder ein auch dem Nacherben oder dem Testamentsvollstrecker gegenüber wirksames Recht geltend gemacht wird. Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn der Antheil eines Abkömmlinges an dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft nach § 1498 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einer Beschränkung der im Abs. 1 bezeichneten Art unterworfen ist. *) Die Redaktionskommission wird mit der Prüfung der Frage beauftragt, ob die §§ 749 b, 749 c, 749 e nicht besser als §§ 754 c bis 754 e einzustellen sind. 1175
Änderungen der Civilprozeßordnung
117. Im § 754 wird hinter Abs. 2 folgende Vorschrift als Abs. 3 eingeschaltet: „Ein unveräußerliches Recht ist in Ermangelung besonderer Vorschriften der Pfändung insoweit unterworfen, als die Ausübung einem Anderen überlassen werden kann." — Ferner wird an Stelle des Abs. 3 folgende Vorschrift als Abs. 4 eingestellt: „Das Gericht kann bei der Zwangsvollstreckung in unveräußerliche Rechte, deren Ausübung einem Anderen überlassen werden kann, besondere Anordnungen erlassen. Es kann insbesondere bei der Zwangsvollstreckung in Nutzungsrechte eine Verwaltung anordnen; in diesem Falle wird die Pfändung durch Uebergabe der zu benutzenden Sache an den Verwalter bewirkt, sofern sie nicht durch Zustellung des Beschlusses bereits vorher bewirkt ist." Der Abs. 4 wird Abs. 5, und wird folgende Vorschrift als Abs. 6 hinzugefügt: Auf die Zwangsvollstreckung in eine Reallast, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld finden die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in eine Forderung, für welche eine Hypothek besteht, entsprechende Anwendung. 118. Hinter § 754 werden folgende Vorschriften eingestellt : § 754 a. Der Antheil eines Gesellschafters an dem Gesellschaftsvermögen einer nach § 692 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft unterliegt der Zwangsvollstreckung. Der Antheil an den einzelnen zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen ist der Zwangsvollstreckung nicht unterworfen. Die gleichen Vorschriften gelten für den Antheil eines Miterben an dem Nachlaß und den einzelnen Nachlaßgegenständen. § 754 b. Bei dem Güterstande der allgemeinen Gütergemeinschaft, der Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft ist der Antheil eines der Ehegatten an dem Gesammtgut und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen der Zwangsvollstreckung nicht unterworfen. Das Gleiche gilt bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft von den Antheilen des überlebenden Ehegatten und der Abkömmlinge. Nach der Beendigung der Gemeinschaft ist der Antheil an dem Gesammtgute zu Gunsten der Gläubiger des Antheilsberechtigten der Zwangsvollstreckung unterworfen. 119. Im § 774 erhält der Abs. 2 folgende Fasssung*): „Diese Bestimmung kommt im Falle der Verurtheilung zur Eingehung einer Ehe sowie im Falle der Verurtheilung zur Herstellung des ehelichen Lebens nicht zur Anwendung." *) Von einer Aenderung der §§ 755 bis 757, 810, 811 sowie von der Aufnahme von Vorschriften über die Zwangshypothek und die Arresthypothek ist mit Rücksicht darauf abgesehen, daß die Kommission f ü r das Gesetz, betreffend die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen, bereits Beschlüsse in dieser Beziehung gefaßt hat. Die von dieser Kommission beschlossenen Vorschriften werden demnächst in das Gesetz, betreffend Aenderungen der Civilprozeßordnung, einzustellen sein.
120. Hinter § 774 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 774 a. Ist der Schuldner auf Grund der Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zur Leistung eines Offenbarungseides verurtheilt, so erfolgt die Eidesleistung vor dem Prozeßgericht erster Instanz. Auf die Abnahme des Eides finden die Vorschriften der §§ 440 bis 446 Anwendung. Erscheint der Schuldner in dem zur Eidesleistung bestimmten Termine nicht oder verweigert er die Eidesleistung, so ist nach § 774 zu verfahren. Ist der Schuldner zur Erzwingung der Eidesleistung in Haft genommen, so finden die Vorschriften des § 783 Anwendung. 121. Hinter § 779werden folgende Vorschriften eingestellt: 1176
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
§ 779 a. Ist der Schuldner zur Uebertragung des Eigenthums oder zur Bestellung eines Rechts an einer beweglichen Sache verurtheilt, so gilt die Uebergabe der Sache als erfolgt, wenn der Gerichtsvollzieher die Sache zum Zwecke der Ablieferung an den Gläubiger wegnimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner zur Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld oder zur Abtretung oder Belastung einer Hypothekenforderung, Grundschuld oder Rentenschuld verurtheilt ist, für die Uebergabe des Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefs. § 779 b. Auf einen Erwerb, der sich nach den §§ 779, 779 a vollzieht, finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu Gunsten derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, Anwendung. 122. Im § 796 erhält der Abs. 2 folgende Fassung: Die Zulässigkeit des Arrestes wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Anspruch ein betagter oder ein bedingter ist, es sei denn, daß der bedingte Anspruch wegen der entfernten Möglichkeit des Eintritts der Bedingung einen gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat. Bedingt im Sinne dieser Vorschrift ist ein Anspruch auch dann, wenn die Bedingung bereits entschieden, das Ergebniß aber noch nicht bekannt ist. 123. Hinter § 822 wird folgende Vorschrift eingestellt: § 822 a. Erweist sich die Anordnung eines Arrestes .oder einer einstweiligen Verfügung als von Anfang an ungerechtfertigt oder wird die angeordnete Maßregel auf Grund des § 806 Abs. 2 oder des § 820 Abs. 2 aufgehoben, so ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Maßregel oder dadurch entsteht, daß er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken. 124. Hinter § 836 werden folgende Vorschriften eingestellt: 5 836 a. Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Todeserklärung gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. § 836 b. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke der Verschollene den letzten inländischen Wohnsitz hatte. In Ermangelung eines solchen Wohnsitzes wird das zuständige Gericht für Angehörige eines Bundesstaates durch allgemeine Anordnung im Wege der Landesjustizverwaltung, für andere Verschollene durch allgemeine Anordnung des Reichskanzlers bestimmt. § 836 c. Antragsberechtigt ist der gesetzliche Vertreter des Verschollenen sowie Jeder, welcher an der Todeserklärung ein rechtliches Interesse hat. Der gesetzliche Vertreter bedarf zu dem Antrage der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts . § 836 d. Der Antragsteller hat die zur Begründung des Antrags erforderlichen Thatsachen vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu machen. § 836 e. In das Aufgebot ist aufzunehmen: 1. Die Aufforderung an den Verschollenen, sich spätestens im Aufgebotstermine zu melden, widrigenfalls die Todeserklärung erfolgen werde; 2. die Aufforderung an Alle, welche Auskunft über Leben oder Tod des Verschollenen zu ertheilen vermögen, spätestens im Aufgebotstermine dem Gericht Anzeige zu machen. § 836 /. Zwischen dem Tage, an welchem die Einrückung oder die erste Einrükkung des Aufgebots in den Deutschen Reichsanzeiger erfolgt ist, und dem Aufgebotstermine muß ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten liegen. § 836 g. In den Fällen der §§15 bis 17 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann die 1177
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Bekanntmachung des Aufgebots durch öffentliche Blätter unterbleiben. Das Gleiche gilt, wenn seit der Geburt des Verschollenen hundert Jahre verstrichen sind. Unterbleibt die Bekanntmachung durch öffentliche Blätter, so muß zwischen dem Tage, an welchem das Aufgebot an die Gerichtstafel angeheftet worden ist, und dem Aufgebotstermin ein Zeitraum von mindestens sechs Wochen liegen. § 836 h. Jeder Antragsberechtigte kann neben dem Antragsteller oder statt des Antragstellers in das Verfahren eintreten. § 836 i. Das Gericht hat unter Benutzung der in dem Antrag angegebenen Thatsachen und Beweismittel von Amtswegen die zur Feststellung des Sachverhalts erforderlichen Ermittelungen zu veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen. § 836 k. Wird derjenige, welcher sich als der angeblich Verschollene meldet, als solcher von dem Antragsteller nicht anerkannt, so ist das Verfahren auszusetzen. § 836 l. Das Gericht hat die Todeserklärung nur auszusprechen, wenn die zur Begründung derselben erforderlichen Thatsachen für erwiesen erachtet werden. In dem Urtheil ist der Zeitpunkt des Todes nach Maßgabe des § 18 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs festzustellen. § 836 m. Die dem Antragsteller erwachsenen Kosten, welche zur zweckentsprechenden Durchführung des Verfahrens nothwendig waren, fallen, wenn die Todeserklärung erfolgt, dem Nachlasse zur Last. § 836 n. Die Erledigung der Aufgebotsanträge kann durch die Landesjustizverwaltung für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden. Auf Verlangen des Antragstellers erfolgt die Erledigung durch das nach § 836 b zuständige Gericht. Wird das Aufgebot durch ein anderes als das nach § 836 b zuständige Gericht erlassen, so ist das Aufgebot auch durch Anheftung an die Gerichtstafel des letzteren Gerichts öffentlich bekannt zu machen. § 836 o. Die Anfechtungsklage findet außer den Fällen des § 834 Abs. 2 auch dann statt, wenn die Todeserklärung mit Unrecht erfolgt oder der Zeitpunkt des Todes des Verschollenen unrichtig festgestellt ist. § 836 p. Zur Erhebung der Anfechtungsklage ist Jeder berechtigt, der an der Aufhebung der Todeserklärung oder an der Berichtigung des Zeitpunkts des Todes ein rechtliches Interesse hat. Die Anfechtungsklage ist gegen denjenigen zu richten, welcher die Todeserklärung erwirkt hat, falls aber dieser die Klage erhebt oder falls er verstorben oder sein Aufenthalt unbekannt oder im Ausland ist, gegen den Staatsanwalt. § 836 q. Auf das Verfahren über die Anfechtungsklage finden die Vorschriften der §§ 608,610,611, 614 Abs. 1 und des 5 833 entsprechende Anwendung. § 836 r. Die Anfechtungsklage ist, sofern sie nicht auf einen der im § 834 Abs. 2 bezeichneten Gründe gestützt wird, nur innerhalb der Frist von einem Monate zulässig. Die Frist beginnt mit der Erlassung des die Todeserklärung aussprechenden Urtheils. Die mündliche Verhandlung erfolgt nicht vor Ablauf dieser Frist. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zum Zwecke gleichzeitiger Verhandlung und Entscheidung zu verbinden. Die Vorschrift des § 59 findet Anwendung. Wird in Folge einer Anfechtungsklage die Todeserklärung aufgehoben oder eine andere Todeszeit festgestellt, so wirkt das Urtheil für und gegen Alle. § 836 s. Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung des Eigenthümers eines Grundstücks nach §912 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. § 836 t. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist. 1178
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§ 836 u. Antragsberechtigt ist derjenige, welcher das Grundstück seit der im § 912 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Zeit im Eigenbesitze hat. § 836 v. Der Antragsteller hat die zur Begründung des Antrags erforderlichen Thatsachen vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu machen. Ist der Eigenthümer im Grundbuch eingetragen, so ist sein Tod durch Vorlegung der Sterbeurkunde nachzuweisen oder eine Ausfertigung des die Todeserklärung aussprechenden Urtheils beizubringen. § 836 w. In dem Aufgebot ist der bisherige Eigenthümer aufzufordern, sein Recht spätestens im Aufgebotstermin anzumelden, widrigenfalls seine Ausschließung erfolgen werde. § 836 χ. Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung eines Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldgläubigers auf Grund der §§ 1154, 1155 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. § 836 y. Zuständig ist das Gericht, in dessen Bezirke das belastete Grundstück belegen ist. § 836 z. Antragsberechtigt ist der Eigenthümer des belasteten Grundstücks. § 836 aa. Der Antragsteller hat vor der Einleitung des Verfahrens glaubhaft zu machen, daß der Gläubiger unbekannt ist. § 836 bb. Im Falle des § 1154 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der Antragsteller vor der Einleitung des Verfahrens auch glaubhaft zu machen, daß nicht eine das Aufgebot ausschließende Anerkennung des Rechtes des Gläubigers erfolgt ist. Ist die Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber bestellt oder der Grundschuld- oder Rentenschuldbrief auf den Inhaber ausgestellt, so hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, daß die Schuldverschreibung oder der Brief bis zum Ablaufe der im § 786 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Frist nicht vorgelegt und der Anspruch nicht gerichtlich geltend gemacht worden ist. Ist die Vorlegung oder die gerichtliche Geltendmachung erfolgt, so ist die im Abs. 1 vorgeschriebene Glaubhaftmachung erforderlich. Zur Glaubhaftmachung genügt in den Fällen der Abs. 1, 2 die eidliche Versicherung des Antragstellers, unbeschadet der Befugniß des Gerichts, anderweitige Ermittelungen anzuordnen. In dem Aufgebot ist als Rechtsnachtheil anzudrohen, daß die Ausschließung des Gläubigers mit seinem Rechte erfolgen werde. $ 836 cc. Im Falle des § 1155 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der Antragsteller sich vor der Einleitung des Verfahrens zur Hinterlegung des dem Gläubiger gebührenden Betrags zu erbieten. In dem Aufgebot ist als Rechtsnachtheil anzudrohen, daß der Gläubiger nach der Hinterlegung des ihm gebührenden Betrags seine Befriedigung statt aus dem Grundstücke nur noch aus dem hinterlegten Betrage verlangen könne und sein Recht auf diesen erlösche, wenn er sich nicht vor dem Ablaufe von dreißig Jahren nach der Erlassung des Ausschlußurtheils bei der Hinterlegungsstelle melde. Hängt die Fälligkeit der Forderung von einer Kündigung ab, so erweitert sich die Aufgebotsfrist um die Kündigungsfrist. Das Ausschlußurtheil darf erst erlassen werden, wenn die Hinterlegung erfolgt ist. § 836 dd. Die Vorschriften der §§ 836 y bis 836 cc finden auf das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der in den §§ 872, 1088, 1096, 1254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs für die Vormerkung, das Vorkaufsrecht, die Reallast und für das Pfandrecht an Schiffen bestimmten Ausschließung des Berechtigten entsprechende Anwendung. § 836 ee. Im Falle des § 1154 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist auch ein gleich1179
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oder nachstehender Gläubiger, dem das im § 1163 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmte Recht zusteht, und bei einer Gesammthypothek auch derjenige antragsberechtigt, welcher auf Grund eines der Hypothek im Range gleich- oder nachstehenden Rechtes abgesonderte Befriedigung aus einem der belasteten Grundstücke verlangen kann und für seinen Anspruch einen vollstreckbaren Titel erlangt hat. In den Fällen der §§ 872, 1088, 1096 des Bürgerlichen Gesetzbuchs steht das Antragsrecht Jedem zu, der auf Grund eines der Vormerkung, dem Vorkaufsrecht oder der Reallast im Range gleich- oder nachstehenden Rechtes abgesonderte Befriedigung aus dem Grundstücke verlangen kann und für seinen Anspruch einen vollstreckbaren Titel erlangt hat. Das Aufgebot ist dem Eigenthümer des belasteten Grundstücks von Amtswegen mitzutheilen. § 836 f f . Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Ausschließung von Nachlaßgläubigern auf Grund des § 1947 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen. § 836 gg. Zuständig ist das Amtsgericht, welchem die Verrichtungen des Nachlaßgerichts obliegen. Sind diese Verrichtungen einer anderen Behörde als einem Amtsgericht übertragen, so ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirke die Nachlaßbehörde ihren Sitz hat. § 836 hh. Antragsberechtigt ist jeder Erbe, sofern er nicht für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Zu dem Antrage sind auch ein Nachlaßpfleger und ein Testamentsvollstrecker berechtigt, wenn ihnen die Verwaltung des Nachlasses zusteht. Der Erbe und der Testamentsvollstrecker können den Antrag erst nach der Annahme der Erbschaft stellen. § 836 ii. Dem Antrag ist ein Verzeichniß der bekannten Nachlaßgläubiger mit Angabe ihres Wohnorts beizufügen. § 836 kk. Das Aufgebot soll nicht erlassen werden, wenn die Eröffnung des Nachlaßkonkurses beantragt ist. Durch die Eröffnung des Nachlaßkonkurses wird das Aufgebotsverfahren beendigt. 5 836 II. Die Aufgebotsfrist soll höchstens sechs Monate betragen. Das Aufgebot soll den Nachlaßgläubigern, welche dem Nachlaßgericht angezeigt sind und deren Wohnort bekannt ist, von Amtswegen zugestellt werden. Die Zustellung kann durch Aufgabe zur Post erfolgen. § 836 mm. In dem Aufgebot ist den Nachlaßgläubigern, welche sich nicht melden, als Rechtsnachtheil anzudrohen, daß sie von dem Erben insoweit nicht mehr Befriedigung verlangen können, als der Nachlaß durch die Befriedigung der nicht ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird oder der Erbe aus dem Nachlasse nicht mehr bereichert ist. § 836 nn. Die Anmeldung einer Forderung hat die Angabe des Gegenstandes und des Grundes der Forderung zu enthalten. Urkundliche Beweisstücke sind in Urschrift oder in Abschrift beizufügen. Das Gericht hat die Einsicht der Anmeldungen Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht. § 836 oo. Sind mehrere Erben vorhanden, so kommt der von einem Erben gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurtheil auch den anderen Erben zu Statten, soweit sie nicht für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haften. Das Gleiche gilt im Falle der Nacherbfolge für den Vorerben und den Nacherben. §836 pp. Ist eine Ehefrau die Erbin und gehört der Nachlaß zum eingebrachten 1180
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Gute oder zum Gesammtgute, so kann sowohl die Ehefrau als der Ehemann das Aufgebot beantragen, ohne daß die Zustimmung des anderen Theiles erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn der Nachlaß zum Gesammtgute gehört, auch nach der Beendigung der Gemeinschaft. Der von dem Ehemanne gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurtheil kommen der Ehefrau zu Statten. § 836 qq. H a t der Erbe die Erbschaft verkauft, so kann sowohl der Käufer als der Erbe das Aufgebot beantragen. Der von dem einen Theile gestellte Antrag und das von ihm erwirkte Ausschlußurtheil kommen auch dem anderen Theile zu Statten, soweit er nicht für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. Diese Bestimmungen finden entsprechende Anwendung, wenn Jemand eine durch Vertrag erworbene Erbschaft verkauft oder sich zur Veräußerung einer ihm angefallenen oder anderweit von ihm erworbenen Erbschaft in sonstiger Weise verpflichtet hat. $ 836 rr. Die Bestimmungen der §§ 836 gg bis 836 qq finden im Falle der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der nach dem § 1474 Abs. 2 und dem § 1947 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zulässigen Ausschließung von Gesammtgutsgläubigern entsprechende Anwendung. 125. Der §837 erhält folgende Fassung: „Für das Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Kraftloserklärung einer Urkunde gelten die nachfolgenden besonderen Bestimmungen." 126. Hinter § 839wird folgende Vorschrift eingestellt: § 839 a. Die Erledigung der Anträge auf Erlassung des Aufgebots zum Zwecke der Kraftloserklärung eines auf den Inhaber lautenden Papiers kann durch die Landesjustizverwaltung für mehrere Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden. Auf Verlangen des Antragstellers erfolgt die Erledigung durch das nach § 839 zuständige Gericht. Wird das Aufgebot durch ein anderes als das nach § 839 zuständige Gericht erlassen, so ist das Aufgebot auch durch Anfechtung an die Gerichtstafel des letzteren Gerichts öffentlich bekannt zu machen. 127. Der § 842 erhält folgende Fassung: Die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebotes erfolge durch Anheftung an die Gerichtstafel und in dem Lokale der Börse, wenn eine solche am Sitze des Aufgebotsgerichtes besteht, sowie durch dreimalige Einrückung in die im § 187 Abs. 2 bezeichneten Blätter. Das Gericht kann anordnen, daß die Einrückung noch in andere Blätter und zu mehreren Malen erfolge. Betrifft das Aufgebot ein auf den Inhaber lautendes Papier und ist in der Urkunde vermerkt, daß die Öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte andere Blätter zu erfolgen habe, so muß die Bekanntmachung auch durch Einrückung in diese Blätter erfolgen. Das Gleiche gilt, wenn die öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte andere Blätter in den Bestimmungen vorgeschrieben ist, unter welchen die Genehmigung, daß das Papier in den Verkehr gebracht werde, ertheilt worden ist, und bei Schuldverschreibungen, die von einem Bundesstaate aus gegeben sind, wenn die öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte Blätter landesgesetzlich vorgeschrieben ist. 128. Der § 843 erhält folgende Fassung: Bei Werthpapieren, für welche von Zeit zu Zeit Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine ausgegeben werden, ist der Aufgebotstermin so zu bestimmen, daß bis zu demselben der erste einer seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes ausgegebenen Reihe von Zins-, Renten- oder Ge1181
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winnantheilscheinen fällig geworden ist und seit der Fälligkeit desselben sechs Monate abgelaufen sind. Vor Erlassung des Ausschlußurtheils hat der Antragsteller ein nach Ablauf dieser sechsmonatigen Frist ausgestelltes Zeugniß der betreffenden Behörde, Kasse oder Anstalt beizubringen, daß die Urkunde seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes ihr zur Ausgabe neuer Scheine nicht vorgelegt sei und daß die neuen Scheine an einen Anderen als den Antragsteller nicht ausgegeben seien. 129. Der § 844 erhält folgende Fassung: Bei Werthpapieren, für welche Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine zuletzt für einen längeren Zeitraum als vier Jahre ausgegeben sind, genügt es, wenn der Aufgebotstermin so bestimmt wird, daß bis zu demselben seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes von den zuletzt ausgegebenen Scheinen solche für vier Jahre fällig geworden und seit der Fälligkeit des letzten derselben sechs Monate abgelaufen sind. Scheine für Zeitabschnitte, für welche keine Zinsen, Renten oder Gewinnantheile bezahlt werden, kommen nicht in Betracht. Vor Erlassung des Ausschlußurtheils hat der Antragsteller ein nach Ablauf dieser sechsmonatigen Frist ausgestelltes Zeugniß der betreffenden Behörde, Kasse oder Anstalt beizubringen, daß die für die bezeichneten vier Jahre und später etwa fällig gewordenen Scheine ihr nicht vorgelegt seien und eine Anzeige nach § 789 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Ansehung dieser Scheine ihr von einem Anderen als dem Antragsteller nicht gemacht worden sei. Hat in der Zeit seit der Erlassung des Aufgebots eine Ausgabe neuer Scheine stattgefunden, so muß das Zeugniß auch die im § 843 Abs. 2 bezeichneten Angaben enthalten. 130. Der § 845 erhält folgende Fassung: „Bei Werthpapieren, für welche Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine ausgegeben sind, aber nicht mehr ausgegeben werden, ist, wenn nicht die Voraussetzungen der §§ 843, 844 vorhanden sind, der Aufgebotstermin so zu bestimmen, daß bis zu demselben seit der Fälligkeit des letzten ausgegebenen Scheines sechs Monate abgelaufen sind." 131. Hinter § 847wird folgende Vorschrift eingestellt: § 847a.*') Meldet der Inhaber der Urkunde seine Rechte unter Vorlegung der Urkunde bei dem Gerichte an, so ist dem Antragsteller die Einsicht der Urkunde binnen einer bestimmten Frist zu gestatten. Auf Antrag des Inhabers der Urkunde ist zur Vorlegung derselben ein Termin zu bestimmen. *) Für die Fassung des § 847 a wird der Redaktionskommission die Fassung des § 19 des sächsischen Gesetzes vom 6. März 1879 zur Berücksichtigung überwiesen.
132. Im § 848 erhält der Abs. 2 Satz 2 folgende Fassung: „Betrifft das Aufgebot ein auf den Inhaber lautendes Papier und ist in der Urkunde vermerkt, daß die öffentliche Bekanntmachung (des Ausschlußurtheils) durch bestimmte andere Blätter zu erfolgen habe, so muß die Bekanntmachung auch durch Einrückung in diese Blätter erfolgen. Das Gleiche gilt, wenn die öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte andere Blätter in den Bestimmungen vorgeschrieben ist, unter welchen die Genehmigung, daß das Papier in den Verkehr gebracht werde, ertheilt worden ist und bei Schuldverschreibungen, die von einem Bundesstaat ausgegeben sind, wenn die öffentliche Bekanntmachung durch bestimmte Blätter landesgesetzlich vorgeschrieben ist." 133. Der § 849wird aufgehoben. 134. Der § 850 erhält folgenden Abs. 2: Wird das Ausschlußurtheil in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben, so bleiben die auf Grund des Urtheils von dem 1182
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Verpflichteten bewirkten Leistungen auch Dritten, insbesondere dem Anfechtungskläger, gegenüber wirksam, es sei denn, daß der Verpflichtete zur Zeit der Leistung die Aufhebung des Ausschlußurtheils gekannt hat. 135. Hinter § 850 werden folgende Vorschriften eingestellt: § 850 a. Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung eines auf den Inhaber lautenden Papiers, so hat das Gericht auf Antrag an den Aussteller sowie an die in dem Papier und die von dem Antragsteller bezeichneten Zahlstellen das Verbot zu erlassen, an den Inhaber des Papiers eine Leistung zu bewirken, insbesondere neue Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine oder einen Erneuerungsschein auszugeben (Zahlungssperre) ; mit dem Verbot ist die Benachrichtigung von der Einleitung des Aufgebotsverfahrens zu verbinden. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 842 öffentlich bekannt zu machen. Das an den Aussteller erlassene Verbot ist auch den Zahlstellen gegenüber wirksam, welche nicht in dem Papiere bezeichnet sind. Die Einlösung der vor dem Verbot ausgegebenen Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheine wird von dem Verbote nicht betroffen. Ist die sofortige Einleitung des Aufgebotsverfahrens nach § 847 Satz 2 unzulässig, so hat das Gericht die Zahlungssperre auf Antrag schon vor der Einleitung des Verfahrens zu verfügen, sofern die übrigen Erfordernisse für die Einleitung vorhanden sind. Auf den Antrag finden die Vorschriften des $ 824 Abs. 1 Anwendung. Das Verbot ist nach Maßgabe des § 825 öffentlich bekannt zu machen. § 850 b. Ist die Zahlungssperre angeordnet worden, ehe seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheine ausgegeben worden sind, so hat die Bestimmung des Aufgebotstermins nach § 843 Abs. 1 in der Weise zu erfolgen, daß an die Stelle der Fälligkeit des ersten Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheins der Zeitpunkt tritt, in welchem der Schein fällig geworden sein würde, wenn er ausgegeben worden wäre; die Beibringung des im § 843 Abs. 2 vorgeschriebenen Zeugnisses ist nicht erforderlich. $ 850 c. Wird das in Verlust gekommene Papier dem Gerichte vorgelegt oder wird das Aufgebotsverfahren in anderer Weise ohne Erlassung eines Ausschlußurtheils erledigt, so ist die Zahlungssperre von Amtswegen aufzuheben. Das Gleiche gilt, wenn die Zahlungssperre vor der Einleitung des Aufgebotsverfahrens angeordnet worden ist und diese nicht binnen sechs Monaten nach der Beseitigung des ihr entgegenstehenden Hindernisses beantragt wird. Ist das Aufgebot oder die Zahlungssperre öffentlich bekannt gemacht worden, so ist die Erledigung des Verfahrens oder die Aufhebung der Zahlungssperre von Amtswegen durch den Deutschen Reichsanzeiger bekannt zu machen. Im Falle der Vorlegung des Papiers ist die Zahlungssperre erst aufzuheben, nachdem dem Antragsteller die Einsicht nach Maßgabe des § 847 a gestattet worden ist. Gegen den Beschluß, durch welchen die Zahlungssperre aufgehoben wird, findet sofortige Beschwerde statt. § 850 d. Bezweckt das Aufgebotsverfahren die Kraftloserklärung einer Urkunde der im § 793 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art, so finden die Vorschriften der SS 850 a bis 850 c entsprechende Anwendung. Die Landesgesetze können über die Veröffentlichung des Aufgebots und der in den SS 850 a bis 850 c vorgeschriebenen Bekanntmachungen sowie über die Aufgebotsfrist abweichende Vorschriften erlassen. § 850 e. *) Bei Aufgeboten, welche auf Grund der SS 872,912, 1088, 1096, 1146, 1154, 1155, 1177, 1254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergehen, können die Landes1183
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gesetze die Art der Bekanntmachung des Aufgebots und die Aufgebotsfrist anders bestimmen, als in den §§ 825, 827 vorgeschrieben ist. *) Der Redaktionskommission wird die Prüfung der Frage überwiesen, ob es erforderlich ist, den § 1177 mit zu allegiren und ob, wenn dies geschieht, nicht auch der § 836 χ entsprechend zu ergänzen ist.
136. Hinter § 820 wird folgende Vorschrift als § 820 a eingestellt: Die einstweilige Verfügung, die zur Eintragung einer Vormerkung oder eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs erforderlich ist, kann von dem Amtsgericht, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist, auch ohne die im § 820 Abs. 1 bestimmte Voraussetzung erlassen werden. Die Bestimmung einer Frist, innerhalb welcher der Gegner zur mündlichen Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der einstweiligen Verfügung vor das Gericht der Hauptsache zu laden ist, hat nur auf Antrag des Gegners zu erfolgen. Artikel 3. Das Einführungsgesetz
zur Civilprozeßordnung
wird dahin geändert:
1. Der §11 erhält folgende Fassung*): Die Landesgesetze können bei Aufgeboten, deren Zulässigkeit auf landesgesetzlichen Vorschriften beruht, die Anwendung der Bestimmungen der Civilprozeßordnung über das Aufgebotsverfahren ausschließen oder diese Bestimmungen durch andere Vorschriften ersetzen. *) Bei der Fassung des § 11 soll auch der Antrag 99 Ziff. 2 berücksichtigt werden.
2. Der § 15 erhält folgende Fassung: Unberührt bleiben : 1. die landesgesetzlichen Vorschriften über die Einstellung des Verfahrens f ü r den Fall, daß ein Kompetenzkonflikt zwischen den Gerichten und den Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten entsteht; 2. die landesgesetzlichen Vorschriften über das Verfahren bei Streitigkeiten, welche die Zwangsenteignung und die Entschädigung wegen derselben betreffen; 3. die landesgesetzlichen Vorschriften über die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderung gegen den Fiskus, Gemeinden und andere Kommunalverbände (Provinzial-, Kreis-, Amtsverbände), sowie gegen solche Korporationen, deren Vermögen von Staatsbehörden verwaltet wird, insoweit nicht dingliche Rechte verfolgt werden. 3. Im § 16 werden die Vorschriften unter Nr. 1 und 5 bis 8 aufgehoben. 3. Beratungen zweiter Lesung 17 457. Sitzung vom 8. 2. 1896 IΡ II 6, 785
1 1. Zu § 13 d. G.V.G. ist (vergi. S. 566 und 567 unter B) der Beschluß gefaßt worden, daß für Streitigkeiten über Rechtsverhältnisse, die dem Gebiete des B.G.B, angehören und für die nicht Vorschriften der Landesgesetze vorbehalten sind, die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten durch Landesgesetz nicht solle begründet werden können. Die Red.Komm, hat diesen Beschluß Jacubezky nicht aufgenommen. Die Komm, billigte die Nichtaufnahme, indem sie einen Antrag (Nr 114,1) a u f Aufrechterhaltung des früheren Beschlusses mit 12 gegen 6 Stimmen ablehnte. Art. 2 betrifft die C.P.O. 2.—5. Anträge lagen nicht vor. 17
Die Zusammenstellung der Redaktionskommission, die weitgehend mit dem E II übereinstimmt, wird hier aus Platzgründen nicht wiedergegeben.
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IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) I 6. Den auf S. 647 bis 649 unter X V I und XVII vermerkten §§ 139 a, 139 b und | Ρ II 6, 787 139c d. C.P.O. entsprechen in der Red.Vorl. die §§ 141a bis 141c. Hierzu waren nachstehende Anträge gestellt: 1. a) im § 141 a und § 141b statt „so hat das Gericht auf Antrag das Verfahren Wilke (Nr 117) auszusetzen" zu setzen „so kann das Gericht das Verfahren aussetzen"; b) die Vorschriften der §§ 141a, 141b zwischen den §§ 140, 141 d. C.P.O. einzureihen, um klarzustellen, daß der § 141 auch auf sie Anwendung finde; 2. in erster Reihe — in Ausführung des dem Antrag 1 zu Grunde liegenden Jacubezky (Nr 118) Gedankens — a) den § 141a dahin zu ändern: „Hängt die Entscheidung eines Rechtsstreits davon ab, ob eine Ehe nichtig ist, so hat das Gericht, wenn die Nichtigkeit nur im W e g e der Nichtigkeitsklage geltend gemacht werden kann und die Nichtigkeitsklage noch nicht erhoben ist, eine Frist zur Erhebung der Klage zu bestimmen. Wird die Klage nicht vor dem Ablaufe der bestimmten Frist erhoben, so ist die Aufnahme des ausgesetzten Verfahrens zulässig." b) die §§ 141 b, 141 c zu streichen. eventuell : a) dem § 141 a Abs. 1 den Zusatz zu geben: „Wird die Fortsetzung des Verfahrens über die Nichtigkeitsklage wesentlich verzögert, so kann das Gericht auf Antrag die Aussetzung aufheben. b) im § 141 a Abs. 2 hinter den Worten „so hat das Gericht" einzuschalten „auf Jacubezky (Nr 114, 2 u. Antrag"; c) dem S 141 b beizufügen: „Wird die Fortsetzung des Verfahrens über die An- 118) fechtungsklage wesentlich verzögert, so kann das Gericht auf Antrag die Aussetzung aufheben." 18 Die Kom. lehnte sämmtliche Anträge mit Ausnahme des nur als Berichtigung 18
Der Antrag Nr. 114,2 a u. b war wie folgt begründet: Der gefaßte Beschluß nöthigt denjenigen, der sich auf den als zu Recht bestehend geltenden Zustand — die Gültigkeit der Ehe, die Ehelichkeit des Kindes — stützt, in den Rechtsstreit über die Gültigkeit der Ehe und die Ehelichkeit des Kindes zu dem Zwecke einzutreten, um die Erledigung desselben nach § 60 der C.P.O. zu betreiben. Er muß Zeit und Geld aufwenden, um diesen Rechtsstreit der Erledigung zuzuführen, während es in seinem Interesse liegt, daß der Rechtsstreit nicht fortgesetzt wird, daß auch fernerhin die Ehe als gültig, das Kind als ehelich gilt. Dieser Zwang zur Uebernahme der Sorge für die Erledigung des Rechtsstreits Anderer läßt sich innerlich nicht rechtfertigen. Zu der Sorge für den Fortgang des Rechtsstreits über die Gültigkeit der Ehe oder die Ehelichkeit des Kindes ist nicht derjenige, dem der Beschluß sie aufbürdet, sondern derjenige berufen, dessen Recht davon abhängt, daß die Ehe für nichtig, das Kind für unehelich erklärt wird. Hat dieser selbst die Nichtigkeitsklage erhoben, so liegt die Betreibung des Rechtsstreites ohnehin in seiner Hand; wird der Rechtsstreit zwischen anderen Parteien geführt, so mag er dem Kläger, dessen Interesse auch das seinige ist, beitreten und erforderlichen Falles die Betreibung des Verfahrens in seine Hand nehmen. Das Mittel, ihn zur Sorge für den Fortgang des Verfahrens anzuhalten, bietet der $ 141 ; das Gericht, bei dem das ausgesetzte Verfahren anhängig ist, muß berechtigt sein, die Aussetzung, die nur den Zweck hat, die rechtzeitige Erwirkung der Entscheidung über die Gültigkeit der Ehe oder die Ehelichkeit des Kindes zu ermöglichen, aufzuheben, wenn die Erwirkung dieser Entscheidung wesentlich verzögert wird. Der Antrag Nr. 118 war die folgt begründet: Das Bestehen oder Nichtbestehen der Ehe kann nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes sowohl von den Parteien als von Dritten ohne weiteres geltend gemacht werden. Es besteht kein zureichender Grund, die Parteien von Amtswegen zur Erhebung der Feststellungsklage zu nöthigen. 1185
Änderungen der Civilprozeßordnung
angesehenen Eventualantrags 2 b ab und beließ es mit dieser Ausnahme bei dem Entw. 7.—8. Anträge lagen nicht vor. IΡ II 6,790 |9. Zu § 568 d. C.P.O., welcher in der Red.Vorl. von den gefaßten Beschlüssen nicht abweicht, war der Antrag gestellt: Jacubezky 1. im §568 (Nr 114,3) a ) den Satz 2 des Abs. 2 zu fassen: „Das Gleiche gilt, sofern der Ehemann im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand hat, wenn der Ehemann die Reichsangehörigkeit verloren, die Ehefrau sie aber behalten hat, und für die Nichtigkeitsklage und die von der Ehefrau erhobene Anfechtungsklage auch dann, wenn der Ehemann Ausländer, die Eingehung der Ehe aber in Ansehung der Ehefrau nach den deutschen Gesetzen zu beurtheilen ist." b) den Abs. 3 zu fassen: „Sind beide Ehegatten Ausländer, so können die Scheidungsklage und, abgesehen von dem Falle des Abs. 2 Satz 2, die Anfechtungsklage im Inlande nur erhoben werden, wenn das inländische Gericht auch nach den Gesetzen des Staates zuständig ist, dem der Ehemann angehört." 19 Hierzu wurde in der Sitzung beantragt: 2. falls eine Ergänzung des § 568 Abs. 2 im Sinne des Antrags 1 a für angezeigt erachtet werde, hinter dem Abs. 2 des § 568 in der Fassung der Red.Vorl. folgende I Ρ II 6, 791 Vorschrift als Abs. 3 einzustellen: | „Hat eine Deutsche mit einem Ausländer eine Ehe eingegangen und hat dieser im Inlande keinen allgemeinen Gerichtsstand, so kann die Nichtigkeitsklage und die Anfechtungsklage von der Ehefrau bei dem Landgericht erhoben werden, in dessen Bezirke sie den letzten Wohnsitz im Inlande hatte; in Ermangelung eines solchen Wohnsitzes finden die Vorschriften des § 16 Abs. 1 Satz 2, 3 entsprechende Anwendung." A. Die im Antrag 1 a angeregte Vervollständigung des § 568 fand in der im Antrage 2 vorgeschlagenen Gestalt die Billigung der Komm. B. Der Antrag 1 b, den der Antragsteller nach dem vorstehend gefaßten Beschlüsse dahin abänderte, daß statt der Worte „abgesehen von dem Falle des Abs. 2 Satz 2" gesetzt werden solle „abgesehen von dem Falle des Abs. 3", wurde abgelehnt. 10.—28. Anträge lagen nicht vor. IΡ II 6, 801 129. Der nach S. 746 und 747 beschlossene § 850 b ist in der Red.Vorl. als § 850 c in folgender geänderter Fassung eingestellt: „Wird die Zahlungssperre angeordnet, bevor seit der Zeit des glaubhaft gemachten Verlustes Zins-, Renten, oder Gewinn19
Begründung des Antrags Nr. 114, 3 a: Vgl. Art. 12 Abs. 1, 2 des EG. Eine Deutsche, die mit einem Ausländer eine nach den deutschen Gesetzen nichtige oder anfechtbare Ehe eingegangen hat, ist rechtlos, wenn sie die Nichtigkeits- oder die Anfechtungsklage nur im Auslande erheben kann, der Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund des deutschen Rechtes aber dort nicht anerkannt ist. Dies ist insbesondere wichtig für die Anfechtung wegen Irrthums und arglistiger Täuschung (§§1316, 1317 des B.G.B.), der in den romanischen Ländern viel engere Grenzen gezogen sind. Wird die Ehe für nichtig erklärt, so stellt sich heraus, daß die Deutsche niemals aufgehört hat, Deutsche zu sein. Es handelt sich also hier ebenso wie in dem Falle, für den der Satz 2 beschlossen ist, darum, einer Deutschen den deutschen Rechtsschutz zu gewähren. Begründung zu b: Dieselben Gründen, die bei der Scheidungsklage für maßgebend erachtet worden sind, machen es auch bei der Anfechtungsklage, abgesehen von dem Falle, daß sie von einer Ehefrau erhoben wird, in Ansehung deren die Eingehung der Ehe nach den deutschen Gesetzen zu beurtheilen ist, unthunlich, sie im Inlande zuzulassen, wenn das inländische Gericht nach den Gesetzen des Staates, dem der Ehemann angehört, nicht zuständig ist.
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IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
antheilscheine ausgegeben worden sind, so ist die Beibringung des im § 843 Abs. 2 vorgeschriebenen Zeugnisses nicht erforderlich." Gegen diese Aenderung richtete sich der Antrag, den gestrichenen Satz in folgen- Jacubezky der Fassung wieder einzustellen: „. . . so tritt bei der Bestimmung des Aufgebotster- (Nr 115) mins nach § 843 Abs. 1 an die Stelle der Fälligkeit des ersten der ausgegebenen Scheine der Zeitpunkt, in welchem der erste Schein fällig geworden sein würde, wenn er ausgegeben worden wäre." Die Komm, trat den Ausführungen der Red.Komm. bei und entschied sich für die Weglassung des fraglichen Satzes.
4. Fassung der Regelung in der Bundesratsvorlage Entwurf eines Gesetzes, betreffend Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes, der Civilprozeßordnung, der Konkursordnung und der Einführungsgesetze zur Civilprozßordnung und zur Konkursordnung. 2Í r tif et 1. Φα§ ®ertc£)têôeriajïungêgefej3 roirb baffin geänbert: 1. 3m §· 14 Wirb ber Sct)lufs ber 3îr. 2 baí)Ín geänbert: . . . íitib bergíetcfyen forate bie Gñttfcfjeibung öott bürgerlichen SftedEjt§= ftreitigíeiten über 9îecï)t§ôerIjâUniffe be§ SftacÇbarredjtè ober gefejjlidje $8efd)ränfungen ber 2lit§übung bon ©runbbienftbarïeiten obliegt. 2. 3m §. 23 roirb ber 2lbf. 1 ber Dix. 2 baljin geänbert: ©treitigïeiten jroijcijen bem SBermietíjer unb bem SKietÇer ober Untermieter Son SBotjnräumen ober anberen Räumen ober jroifc§en bem Sftietijer unb bem Untermieter fold^er 9îâumeroegenUebertaffung, Senkung ober Räumung, foroie wegen 3urüc!fjaltung ber Don bem SJÎietfjer ober bem Untermieter in bte Sftietfjräume eingebrachten ©adjen. 3. 3m §. 74 roirb folgenbe 9?r. 1 eingeteilt: 1. für bie nad) §. 145a be§ ©trafgefeçbudjâ ftrafbaren föanblungen. ®ie bisherige 3îr. 1 erhält bte Söejeicfjnung Dir. 2. 4. 3m §. 202 2lbf. 2 roirb bie 9?r. 4 baljm geänbert: 4. ©treitigfeiten jroifdjen bem SBermietljer unb bem SKiet^et ober Untermieter bon SBoljnräumen ober anberen Dîaumen ober jtotfc^en bem SKiet^er unb bem Untermieter folder 3täume roegen Ueber= laffung, 93enu|ung ober Räumung, foroie roegen 3urüdEj)attamg ber oon bem SKiet^er ober bem Untermieter in bie SDlietljräume ein= gebrauten Sachen. 2lr t i ï e l 2. (11.) ®te ©ibitprojefjorbnung roirb baljin geänbert: 1. ®ie §§. 14, 15 roerben aufgehoben. 1187
Änderungen der Civilprozeßordnung
2. 3 m §. 16 9ibf. 1 treten an bie ©tette ber er §. 2 8 toirb baf)tn geänbert: klagen, meiere bie geftftellung be§ SrbredEjfê, Slnfprüdje be§ Srben gegen einen ©rbfc^aftêbefi^er, tlnfprudje auê 33ermäd)tniffen ober fonftigen Verfügungen bon ïobeêwegen, ^ßfticf)tt^eii§anfprüci)e gegen ben ®rben ober bie T e i l u n g ber ©rbfdjaft jum ©egenftanbe ^aben, Jönnen bor bem ©eridjt erhoben werben, bet roeldjem ber ©rblaffer jur Beit feine§ £obe§ ben allgemeinen ©erichfêftanb gehabt ^at. 3 n bem ©erichtêftanbe ber ©rbfdfjaft iönnen auá) klagen toegen anberer Dîachlafjberbinblichfeiten erhoben »erben, folange fid) ber Dtodjlafj nod) g a n j ober t^eiltneife im Sßejirie be§ @ertcf)t§ befinbet ober bie borljanbenen mehreren ©rben nocí) afê ®efammtfd)ulbner haften. 6. ®er erfte Site! be§ jmeiten 31bfd)nitt§ erfjâlt folgenbe Ueberfchrift : ^ßarteifähigfeit, ^rojefsfâfyigïeit. 7. Stl8 §· 4 9 a roirb folgenbe S8orfd)rtft eingefteHt: ißarteifa^ig ift, » e r rechtsfähig ift. Vereine, bie nicht rect)tëfâf)tg finb, tonnen berflagt »erben, wie lueitn fie rechtsfähig mären. 8. 3m
5 1 tritt an bie Stelle ber 2lbf. 2, 3 folgenbe Sßorfchrift: ®ie ^roje^fähigieit einer grau tüirb baburch, bafj fie ©hefrau ift, nicht befcfjränft.
9. 9lfê
5 1 a toirb folgenbe SSorfcijrift eingefteHt : SBirb eine projeßfähige ^erfon burd) einen Pfleger bertreten, fo fteht fie für ben 3ted)têftveit einer nicht projefjfähigen $erfon gleich·
10. 3 m §. 54 »erben bie SBorte „ben STCangel ber ^rojefjfühigíeit" erfe^t burdj bie Söorte: „ben SRangel ber $arteifähigfeit, ber ^rojefifähigleit". 1188
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
11. Runter §. 55 »erben folgenbe SSorfcfjriften eingeteilt : §. 55 a. ©oll ein Siecht απ einem ©runbftücfe, ba§ bon bem bisherigen @tgentf)imter ηαφ §. 912 be§ bürgerlichen ©efepuchS aufgegeben unb Don bent 9ineignungêbereie gegen benjenigen 9iedf)tS= nad)foiger beë in bem llrtfjeile bezeichneten @d)ulbner§ unb benjenigen Sßefi^er ber in Streit befangenen Sadje, gegen rueícíje ba§ llrt^eif nací) 293d tuirffam ift, erteilt werben, fofern bie 9íecí)t§nací)fotge ober ba§ Seft^UerijältniB bei bem ©ericfjt offenfunbig ift ober burci) öffent= lici)e Urfunbeit nacfjgeiuiefen wirb. Sft bie 9iedjtSnacf)folge ober baS Söefifeöert)ältniR bei bent ©ericfyt offenfunbig, fo ift bie§ in ber Soliftreciungêflaujel ju erwähnen. 90. hinter §. 665 werben folgenbe ®orfc^riften eingeftelit: §. 665 a. 3ft gegenüber bem SSorerben ein ηαφ §. 293 e bem 9ìacf)erben gegenüber wirffameê Urteil ergangen, fo ftnben auf bie (Erttjeilung einer Dollftrecfbaren Ausfertigung für unb gegen ben SRadjerben bie SBorfdjriften beê §. 665 eutfprafjenbe Slnmenbung. ®a§ ©leiere gilt, wenn gegenüber einem SeftamentSöollftrecfer ein nací) §. 293 f bem (Erben gegenüberroirïfameêUrtfjeil ergangen ift, für bie ©rtíjeilung einer Ooliftrecfbaren Ausfertigung für unb gegen 1205
Änderungen der Civilprozeßordnung
ben erben. ©ine boliftrecfbare Sluêfertigung íann gegen ben (£rben erteilt werben, οηφ wenn bie SBerroaltung be§ £eftament§Boííftrecfer& ηοφ befielt. §. 665 b. Jjpat ^etnanb ba§ Sßermögen eine§ Sinberen burd) Vertrag mit btefem ηαφ ber red)t§!räfttgen geftfteEung einer ermögen einer ηαφ §. 692 be§ ^Bürgerlichen @efe§buch§ eingegangenen ©efettfchaft tft ein gegen alte ©efelifcfjafter ergangenes Urtljeil erforberlid).
§. 668 c. Sei bem SJiieftbrauch an einem SSermögen tft wegen ber bor ber SBefteílung beê 9iiePraucf)§ entftanbeuen SBerbinblichfeiten be§ 58efteííer§ bie Broangëôoïlftrecfung in bie bem Dítepraucí) unteríiegenben @egen= ftänbe oí)ne 9íücfficí)t auf ben 9fiepraud() julaffig, roeun ber SöefteEer ju ber Seiftung unb ber Diiepraudjer jut 2)ulbung ber .Smangi boEftrecíung öerurt^eiit ift. ®a§ ©lettre gilt bei bem SRiepraud} an einer ©rbfc^aft für bie Sftacfjlaperbinblichfeiten. §. 6 6 8 d.
3ft bie Söeftellung beê 9?iefjbrauch§ an einem Vermögen ηαφ ber redf)t§!räftigen geftfteííung einer Sdjulö be§ SBefteííeré erfolgt, fo finben auf bie (Srtfjeilung einer in Slnfetyung ber bem 9iiepraud) unter= liegenben ©egenftanbe Dollftrecfbaren Sluêfertigung be§ llrti)eifê gegen ben «RiePraudjer bie SSorf^riften ber §§. 665, 666 bi§ 668 ent= fprec^enbe Slnwenbung. ®íetc£)e gilt bei bem SÎiepraucf) an einer @rbfcf)aft für bie ©rtfjeilung einer üoßftrecfbaren Ausfertigung beS gegen ben @rblaffer ergangenen Urteils. §. 668 e. *8ei bem ©üterftanbe ber SBerroaltung unb 9?u£nteßung, ber ©r= rungenfc^aftêgemeinf^aft ober ber gahrnijjgemeinfchaft ift bie 3wang§= boEftrecfung in baS eingebrachte ®ut ber ©hefrau n u r juiäffig, wenn 1206
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) bie
©hefrau
ju
ber Seiftung
unb
ber S e e m a n n
jur ©utbung
ber
BtoangSbolíftrecfung in baS eingebrachte © u t öerurtfjeiit ift. §. 6 6 8 f. 35ei bem ©üterftanbe ber allgemeinen ©ütergemeinfchaft, ber ©r= rungenfchaftSgemeinfchaft ober ber gahrnifjgemeinfchaft ift j u r 3wang§= öoliftreciung in baS © e f a m m t g u t ein gegen ben S e e m a n n e r g a n g e n e ! U r t e i l erforberlid) u n b genügenb. §· 6 6 8 g . SöetreiDt bie ©hefrau felbftänbig ein (£rmer6§gcfcf)äft, fo ift j u r 3roangSboIiftrecfung in ba§ eingebrachte © u t unb in baS © e f a m m t g u t ein gegen bie ©hefrau ergangenes Urtfjeii genügenb, eS fei benn, bafj j u r $ e i t beê ©intrittê ber 3îed^tê^ângigïeit ber ©infpruct) beS ©hemannS gegen ben b e t r i e b beS ©rroerbSgefchäftS ober ber SBiberruf feiner ©in® roiííigung ¿u bem b e t r i e b im ©uterrecijtSregifter eingetragen mar. §. 6 6 8 h. 3 f t ber ©üterftanb ber S e r m a t t u n g unb ÜJcujjntefjung, ber ©r= vungenfcijaftsgemeinjcfjaft ober ber gahmifjgemeinfchaft erft eingetreten, nactjbem ein Don ber ©íjefrau ober gegen fie geführter 5Ked)t§ftreit rechtshängig geworben ift, fo finben auf bie ©rtheiiung einer in 2ln= fehung beS eingebrachten ©uteS ber © h e f r n u öottftrecfbaren SíuSfertigung beS UrtfjeiíS f ü r ober gegen ben ©fjemautt bie Sïorfcirafteit ber §§. 6 6 5 , 6 6 6 biê 6 6 8 entfvred)enbe Slninenbung. ® α δ ©ίείφε gilt f ü r bie ©rtheitung einer in ?ínfef)uug beS ®efammt= gutS ootíftrecfbnren SíuSfertigung, roenn bie allgemeine ©ütergemeinfchaft ober bie gahrnijjgemeinfchaft erft eingetreten ift, nachbein ein Don ber © h e f r a u ober gegen fie geführter Dîed)tSftreit rechtshängig geworben ift. 6 6 8 i. ίΚαφ
ber SBeenbigung ber aligemeinen ©ütergemeinfchaft, ber ©r=
rungenfchaftSgemeinfchaft ober SluSeinanberfeÇung
ber
Çaf)rnif?gemeinfci)aft ift
bie âroangStoottftrecfung in
bor
ber
baS ©efammtgut
nur
juläffig, wenn beibe ©begatten j u ber Seiftung ober ber ©hemann ber Seiftung unb
bie ©hefrau
ju
j u r Î î u i b u n g ber BroangSboííftrecfung
öerurtheiit finb. §. 6 6 8 k. 3 f t bie ©eenbigung ber aligemeinen ©ütergemeinfchaft, ber ©rrungen= fchaftSgemeinfchaft ober ber gahrnifígemeinfchaft nach ®eenbtgung eineâ SiechtSftreitS be§ ©hemannS eingetreten, fo finben auf bie ©r= tfjeilung einer in Sinfehung beS ©efammtgutS bollftrectbaren 5lu§= fertigung beS U r t e i l s gegen bie ©hefrau bie 58orfrf)riften ber §§. 6 6 5 , 6 6 6 bis 6 6 8 entfprechenbe Sintnenbung. 1207
Änderungen der Civilprozeßordnung §. 6681.
igm galle ber fortgeben ©ütergemetnfd)aft ift jur gtüangSbott* ftreáung in baS ®efammtgut ein gegen ben Überlebenben ©Ijegatten ergangene^ Urteil erforberücfj unb genügenb. 9ΐαφ ber SBeenbigung ber fortgelegten ©ütergemeinfdjaft ftnben bie Sorfdjriften ber §§. 668 i, 668 k mit ber SÖtafegabe 2lnroenbung, bafj an bie Stette beS ©IjemannS ber iibertebenbe Sfyegatte, an bie ©telle ber ßfjefrau bie anttjeilsberecfytigten Slbfömmtinge treten. §. 668111. 3ur 3mangSbottftrecfung in baS ber etterlidjen Dîu^niejjung unter= liegenbe SSermögen beS SinbeS ift ein gegen baS Iffiinb ergangenes llrt^eii genügenb. 668 η. 3ur _8mangêDoUftrecfung in einen Dcûcfjiafî ift, loenn mehrere @rben öor^anben finb, bis jur Stjeilung ein gegen atte (Erben er= grfngeneS llrtfjeil erforberttcf). §. 668 o. Unterliegt ein Dìacfjlafj ber SSeriualtung eine* SeftamentSbottftrecferS, fo ift jur 3tt"ing§üottftrec{ung in ben Dfadjlafj ein gegen ben lefiamente Dolí ft reefer ergangenes Urteil erforberlidj unb genügenb. Steíjt bent îeftamentêuottftrecfer nur bie SSennaítung einzelner ïîadjtafjgegenftânbe ju, fo ift bie 3tt>angSöoltftrecfung in biefe ©egen= ftänbe nur juläffig, wenn ber Èrbe ju ber Seiftung, ber 2eftamentS= öottftrecfer jur ©ulbung ber ^toangSüottftrecfung berurtíjeilt ift. ^ur .ßroangSbottftreciung loegen etneS ^fíidjttíjeiíSanfprudjS ift im galle beS 2tbf. 1 mie im Satte beS 9lbf. 2 ein fotuof)í gegen ben ©rbeit alé gegen ben ïeftamentSbottftrecÎer ergangenes llrtfjeií er= forberlid). 668 p. Stuf bie ©rt^eilung einer oottftrecfbaren StuSfertigung eines für ober gegen ben (Srblaffer ergangenen llrtfjeilê für ober gegen beit ïeftamentSDottftrecïer finben bie SBorfdjriften ber §§. 665, 666 bis 668 entfpredjenbe Slnroenbung. Stuf @runb einer folgen SluSfertigung ift bie ^roangSöottftrecfung nur in bie ber JBertnaltung beS 2eftamentS= öottftrecferS unterliegenben 9fad)laêgegenftanbe juläffig. ®er
671 2tbf. 2 wirb batjin geänbert: §anbelt eS fidE» um bie SßoUftrecfung eines UrtfjeiíS, beffen Dott= ftreeibare StuSfertigung nací) §. 664 ?íbf. 1 erteilt Horben ift, ober um bie Sßottftrecfung eineS Urteils für ober gegen eine ber in ben §§. 665 bis 665 b, 668 d, 668 h, 668 k, 668 p bejeidjneten ^erfonen, fo mufj außer bem ju üottftrecfenben Urtf)eit aud) bie bemfelben bei= gefügte SSottftrecfungSflaufel unb, fofern bie SottftrecEungSitaufcl auf
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
©ruttb öffentlicher Uríunben erteilt ift, aud) eilte 2lbfci)tift biefer Urfunben bor Seginn ber äwanglüollftredhuig jugefteHt fein ober gíet^jetttg mit Segtun berfelben jugeftellt »erben. 94. 9ll§ §. 676 a wirb folgenbe 5ßorf^rift etngefteüt : Sft im gälte be§ §. 664 2tbf. 2 bie botlftrecfbare 9lu§fertigung be§ llrtïjeifê ntd)t auf ©runb be§ SBeweife§ erteilt, baß ber ©cfyulbner befriebigt ift ober fili) im Serjuge ber Slmtaljme befinbet, fo barf ber ©eridjtsoolíjtefjer bie 3wang§botíftrecíung mdjt beginnen, beöor er bem ©djutbner bie btefem gebüfyrenbe Üeiftung in einer ben Sîerjug ber 2ínnaí)me begrünbenben SSetfe angeboten í)flt. 95. Slfê S- 684 a wirb folgenbe Sorfdjrift eingeftelit: 3m rtaUe be§ 664 ?tbf. 2 barf baë S8oUftrecfung§geri^t eine S?oltftrectungSmaf;reget mir anorbnen, wenn bie Uoilftrccfbare ?lu§= fertigung auf Coruttb beë ÏBewetfeê ertí)eiít worben ift, baß ber Sdjulbner befriebigt ift ober fi ci) im SSerjuge ber Slnnaljme befinbet. 96. 3>er §. 687 Wirb baljitt geänbert: ®ie ®eftimmungeit be§ 686 Slbf. 1, 3 ftitben entfpredjenbe 3in= wenbuttg, wenn in ben fallen ber §§. 664 bi§ 665 b, 668 d, 668 h, 668 k, 668 ρ ber Sdjulbuer ben bet bertírtfjeiíiingber 5tfoIlftrecïung§= ttaufel al§ bewiefeu angenommenen (Eintritt ber SSorausfe^ung für bie (Srtfjeilung ber $oIlftrerfuug§flaufel bestreitet, unbefdiabet ber Sefugittf; be§ Sdjulbnery, iit biefen gälten ©nwenbungert gegen bie .Buläffigfeit ber $ol(ftrecfung&flaufet in ©emäfjfjeit be» 668 ju ergeben. 97. 211δ
689a wirb foígenbe Sorfcijrift eingeftelit: Soweit fiel) ergiel't, baf¡ bie itt ben §§. 686, 687 bezeichneten C£in= wenbungett begriinbet finb, ift ber ©laubiger berpflidjtet, baSjeitige, ma? er buref) bie .ßmangsPoilftrecfung erlangt l)at ober Waë if)tn jnr Slbmenbung ber ^wangëbollftreciung geletftet worben ift, nací) ben S8or= fcfyriften über bie !ç>erau§gabe einer ungered)tfevtigten ^Bereicherung jurüeijuerftatten : bie (Srftattungêpfiidjt beê ©laubiger? beftimmt fid) fo, wie wenn ber 3InfprudE) auf bie ©rftattung jur $eit be§ (Smpfange§ red)t§f)ängig geworben wäre.
98. .Suinter >?. 690 werben folgenbe Sßorfdjriften eingeftelit: §. 690 a. Solange ein Skräufjerungäberbot ber in ben 131, 132 be» ^Bürgerlichen ©cfejjbud)? bejeidjneten Slrt befteljt, foli ber ©egenftanb, auf welken e§ fid) bejiefyt, wegen eine? perfönlidjett 2lnfpntd)§ ober auf Örunb eine? tu yoige beê SSerbotê unwirffanten SRedite? nidf>t im SSege ber |$wang?bolíftrec!ung beräujjert ober überwiefen werben. Stuf ©runb be§ SSeräujjerungSDerbot? fann itad) Sftajjgabe be§ §. 690 äSiberfpruch erhoben werben. 1209
Änderungen der Civilprozeßordnung
§. 690 b. ©in ©egenftanb, ber ju einer Sorerbfrfjaft gehört, foil nicEjt im SBege ber ,3wang§boIIftrechmg üeräußert ober überwiefen werben, wenn bie Veräußerung ober bte lleberweifung im gatte be§ ©ntrittê ber 9ïact)er&foÎge ηαφ §. 2090 be§ ©iirgeríi^en ©efe£ímcf)§ bem 9ίαφ= erben gegenüber unwirïfam ift. Ser 3îac§erbe fann ηαφ SKaßgabe beê §. 690 SBiberÍprucf) ergeben. g. 690 c. ginbet ηαφ §. 668 g bie 3wang§öoliftrecfung in ba§ eingebrachte ©ut ber ©f)efrau ober in baâ ©efammtgut ftatt, fo îann ber mann ηηφ ÜDiaßgabe beê §. 690 SBiberfprud) ergeben, wenn ba§ gegen bie Sfyefrau ergangene Urteil in 2Infef)ung be? eingebrad^ten ©uteê ober be§ ©efammtgutë tf)m gegenüber unwirífam ift. 99. §inter §. 692 »erben folgenbe S3orfci>riften eingeteilt: 692 a. £mt ber ©laubiger eine betnegíicíje Sacfje be§ 3cí)uíbtteré im Vefi£, in Slnfeijung bereit if)m ein ^Sfanbrec^t ober ein 3urücfbeí)altung§redjt für feine gorberung juftefjt, fo fann ber S^ulbner ber 3wang§bott= ftrecfung in fein übriges? Vermögen nací) §. 685 tptber|predjen, foweit bie gorberung burcf) ben S5?ertf) ber ©αφε gebecft ift. ©tefyt bem ©laubiger ein fo(cf)e§ 9iecf)t in 2lnfel)ung ber ©αφε αυφ für eine anbere Sorberung ju, fo ift ber SSiberfpruci) nur julaffig, wenn ακφ biefe gorberung burφ ben SBertf) ber 8αφε gebecft ift. §. 692 b. Solange ber Èrbe bie (Sröfc^aft ηίφί angenommen Çat, ift eine 3wang§boííftrecíung wegen eineê 2ίη)ρηιφ§, ber fid) gegen ben 3Ίαφ= laß richtet, nur in ben 9ίαφίαβ jutäffig. SBegen tiollftrecfung juläffig.
eigener ν ε Λ ί η Μ ί φ ί ε ί ί ε η be§ (Srben ift eine ,3roang§= in ben 9?αφίαβ Dor ber 2ínnaf)me ber ( M ^ a f t ηίφΐ
100. ®er §. 693 Slbf. 2 wirb bafjin geänbert: Sft bei einer Volíftrecfung§f)anblung bie gujieljung be§ ^ u l b n e r ê nötfytg, fo íjat, wenn bie CSrbjrfjaft ηοφ ηίφΐ angenomnun ober wenn ber (£rbe unbefannt ober eê ungewiß ift, ob er bie (Sröfcijaft an= genommen f)at, ba§ SôoIIftrechmgêgericijt auf 2tntrag be§ ©lâubigerê bem ®rben einen einftweiligen bejonberen Vertreter ju beftellen. ®ie Sefteííung í|at ju unterbleiben, ιοεηη ein Siacijla^pfteger befteüt ift ober wenn bie Verwaltung be§ 5Jîacf)iaffeê einem ïeftamentêDoiiftrecfer jufteÇt. 101. ®er §. 694 wirb aufgehoben. 1210
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96)
102. ®er §. 695 wirb baïjtn geänbert: SDer αί§ @rbe beë ©cÇuIbnerë Oerurt^eilte Sefíagte fann bie SBe= fcijränfung feiner Haftung nur geltenb machen, wenn fie ifim im llrt^eite borbeíjaíten ift. ®er 83orbe(jalt ift nicf)t erforberiid), menn ber gtéfuê al§ gefe£= íidjer ©rbe berurtfjeilt wirb ober wenn ba§ Urteil über eine 9íacf)ía§= berbinblicf)!eit gegen einen 9íací)taftberrr»a(ter ober einen nnberen 9ΐαφίο§= Pfleger ober gegen einen Seftamentêboliftrecfer, bem bie S3erwaltung be§ 9Íací)íafíeé juftetjt, erlaffen wirb. ®a§ 9fed)t be§ 9îacf)erben, bie SBefdjränfung feiner !paftung geltenb üu ma^en, bleibt unberührt, nurf) wenn ber Sßorerbe ofjne ben ®or= behalt berurtfjeiit wirb. 103. Ser §. 696 wirb baf)in geanbert: S3ei ber Bwangëboliftrecfung gegen ben ©rben be» ©cf)ulbnerê bleibt bie SSefcijränfung ber Haftung unberücfficf)tigt, bi§ auf örunb berfelben gegen bie 3wang§boIiftrec£ung bon bem Grben ©inwenbungen erhoben werben. 104. hinter
696 werben folgenbe 3$orfdjriften eingeftelit:
§. 696 a. Ser ©rbe fann auf ©runb ber if)m nací) ben §§. 1989, 1990 be§ ^Bürgerlichen ©efepucí)» jufteljenben ©inreben nur beríaitgen, baß bie 3wang§bolíftrecíuug für bie Sauer ber bort bestimmten griffen auf fotcíje SKajjregein befef^ränit wirb, bie jur Sßoiijiefjung eitteë 3trreftel juläffig finb. Söirb bor bem "ülbiaufe ber grift bie ©röffnung be§ •Kadjlafjïonfurfeê beantragt, fo ift auf Antrag bie 93efcf)rän!ung ber Bwangêboïïftrecfung auef) nací) bem 9íbíaufe ber grift aufrecfjtjuerfjalten, bi§ über bie ©röffnung be§ ®onfur*berfaf)ren§ reci)t§!raftig entfd)ieben ift. 696 b. 3η íírtjefjung ber 9íací)íafegegenftanbe fann ber (Sebe bie S8efc^ränfung ber âwangêbollftrecfung nadj §. 696 a au ci) gegenüber ben ©laubigem beríangen, bie nidjt üftacfyíafsgíaubiger fiub, e§ fet benn, baft er für bie üftadjlafjberbinbiicijietten unbefcfjränft í;aftet. §. 696 c. ¡3ft eine 9íad)íafiberwaítung angeorbnet ober ber 9{a^iaj?!on!ur§ eröffnet, fo fann ber ©rbe beríaitgen, baß SOÏafjregeln ber 3wang§= boííftrecfung, bie ju ©unften eine? Sîadjlajjgiâubigerê in fein nidjt jum 5tëaci)ïafie geïjôrenbe? Vermögen erfolgt finb, aufgehoben werben, e§ jet benn, bajj er für bie Sftacfjlafjberbinbliciifetten unbefcfyränft ^aftet. £$m galle ber Síacfjíajioerwaltung ftefjt bem $Wací)íafibermaíter ba§ gleite 9Rec£}t gegenüber SJiafjregeln ber 3wang§boIíftrecíung ju, bie ju ©unften eineê anberen ©lâubigerê at§ etneë -ftacfylaftgläubigerä in ben Sßacljlaft erfoígf finb. 1211
Änderungen der Civilprozeßordnung
§. 696 d. ®ie ©rlebtgung ber auf ®runb ber §§. 696 bi§ 696 c erhobenen ©intoenbungen erfolgt nad) ben ®eftimmungen ber §§. 686, 688, 689. §. 696 e. ®ie «eftimmungen beê §. 695 2Ibf. 1 unb ber §§. 696 bté 696 d ftttben auf bie nad) §. 1472 be§ bürgerlichen @efe^6uc|ê eitt= tretenbe befdjriinïte Haftung, bie beftimmungen be§ §. 695 9ibf. 1 unb ber §§. 696, 696 d finben auf bie nad) ben §§. 413, 1463, 1487, 2161 be§ bürgerlichen ®efefcbuch§ eintretenbe bej^rdnfte Haftung entfpre^enbe Slnroenbung. §. 696 f. Φα§ ηαφ §. 2034 be§ bürgerlichen ©efe£buch§ ben SJÎiterben juftehenbe 9íe^t fann geltenb gemacht werben, oljne bafc eS etne§ S3or= beljaltê int Urteile bebarf. 3n 9ínfeí)ung be§ bem ©rbt^eil ertt= fpredjenben SE^eiteê einer ^aájíaftDerbhtbücfjíett bleiben bie be= ftimmungen beS §. 695 unberührt. ®ie ©rlebigung ber ©inwenbung erfolgt nad) ben Sefttmmungen ber §§. 686, 688, 689. §. 696 g. ©oll bure!) bie 3wang§bottftrecïung ein 9ied)t an einem @runb= ftüde, baê bon bem bisherigen ©igenthümer nad) 912 be§ Sürger= ϋφεη ®efe^buch§ aufgegeben unb öon bem 9Ineignung§berecE)tigten noch nid)t erworben warben ift, geltenb gemalt werben, fo hot baè SSoI£= ftredungêgericht auf Eintrag einen Vertreter ju beftetten, bem bi§ jur ©intragung eine§ neuen ©igenthümer§ bie SBahrnehmung ber jidj au§ bem ©igentljum ergebenbeit fechte unb berpflidhtungen im 3®ang§= bollftredungäßerfahren obliegt. 105. ®er §. 702 5ftr. 5 erteilt folgenben 3ufafe: 2ll§ ein Slnfprud), welcher bie 3ahtung einer ©elbfumme jum ©egens ftanbe hot/ gilt auch Shtfprud) au§ einer §tjpotheí, einer ©runb= fchulb ober einer 3tentenfdjulb. 106. 2tl§ §. 702a Wirb folgenbe borfchrift eingeftellt: (Soweit ηαφ ben borfd)riften ber §§. 668 c, 668 e, 668 i unb be§ §. 668 o Slbf. 2 bie berurtheilung eineê Setheiligten jur ÜDulbung ber 3>t"ang8üoItftredung erforberlich ift, wirb fie baburd) erfe|t, bafj ber betheiligte in einer ηαφ §. 702 9ïr. 5 aufgenommenen Ürfunbe bie fofortige BwwngSüotlftreciung in bie feinem 9ied)te unterworfenen ©egenftanbe bewilligt. 107. ®er §. 703 wirb bahnt geänbert: 3luf bie 3wang§bolIftrecEung au§ ben in ben §§. 702, 702 a er= Wiihnten ©chulbtiteln finben bie beftimmungen ber §§. 662 bté 701 1212
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) ent|"precf)enbe 2Intoenbung, foweit nidjt in ben §§. 7 0 4 btë 7 0 5 b al·metcf)enbe SSorfd^riften engaiten ftnb. 1 0 8 . 3 m §. 7 0 4 werben a) ber 2l6f. 1 baÇin geänbert: SBoIIftreáungébefeljte bebürfen ber SBoffftrecfungâflaufel nur, bie 3wang§bollftreAing
für
einen anbeten
al§
Wenn
ben in bem Söefe^lc
bezeichneten ©laubiger ober gegen einen anberen al§ ben in bent S8e= feljle bezeichneten Scljulbner erfolgen foli. b) im Slbf. 3 an bie ©tede ber SBorte SSoEftredungêïlaufel
alê
eingetreten
„ober
bie bei ber ©rtljeilung ber
angenommene 9íed)t§nadjfoíge" bie
SBorte gefegt: „ober ber bei ber Srt^eilung
ber 33olIftrecfungêf laufet alé bewiefen
angenommene Sintritt ber Sorauêfe^ung für bie ©rtfjeilung ber SSoH= ftretfungltlaufel". 1 0 9 . 3 m §. 7 0 5 2lbf. 5 treten an bie ©tette ber SBorte „eintritt ber ZfyaU fadje, Don melier bie SBolíftreáung auê ber Uríunbe abfängt, ober bie alé eingetreten angenommene 9îedjt§nadjfolge" bie SBorte: „Sintritt ber Sorauêfeguitg für bie (Srt^eilung ber 33oIlftrec!ung§= ilaufel". 1 1 0 . |>inter §. 7 0 5 werben folgenbe SSorfc^riften eingeteilt: §. 7 0 5 a. igmt fxd^ ber ©igentljümer eineê mit einer .§t)pot^ef, einer ®runb= fcfjulb ober einer íftentenfdjutb belüfteten ©runbftüdE§ in einer nací) §. 7 0 2 ÏÏJr. 5 aufgenommenen Urtunbe bev fofortigen ^mangébolí= ftrecEung unterworfen unb ift bem 9îed}tênac£)foiger beé ©laubigeré eine boílftrecíbare Ausfertigung erteilt, fo ift bie Aufteilung ber bie SRec^tênacfifolge na^meifenben öffentlichen Uríunbe nicfjt erfotberüá), wenn ber 9tecf)t§nacf|fotger alé ©laubiger im ©runbbud) eingetragen ift. §. 7 0 5 b. ®er ©gent^ümer ίαηη ftch in einer nad) §. 7 0 2 9lr. 5 auf* genommenen Uríunbe in Shtfeljung einer §Qpotf)ei, einer ©runbfdjulb ober einer ïïientenfçfyulb ber fofortigen 3wangät>oUftrecfung in ber SBeife unterwerfen, bafj bie Bwangêbollftrecfung aué ber Uríunbe gegen ben jeweiligen ©igentÇûmer be§ ©runbftücfS juläfftg fein foli. ®te Unterwerfung bebarf in biefem gaffe ber ©ntragung in ba§ ©runbbud). SBei ber gwangSboIlftreciung gegen einen fpäteren ©gent^ümer, ber im ©rujtbbud) eingetragen ift, bebarf eé nidjt ber Aufteilung ber ben ©rwerb be§ ®igent^um§ na^weifenben öffentlichen Uríunbe. ¡3ft bie fofortige 3roang§öoIlftrecfung gegen ben jeweiligen ©tgen= tourner juläffig, fo ift für bte im §. 7 0 5 Sflbf. 5 bezeichneten Silagen baê ©eridjt juftänbig, in beffen SSejiríe baé ©runbftüá belegen ift. 1213
Änderungen der Civilprozeßordnung
1 1 1 . 3 m §· 7 0 6 wirb a) ber Stbf. 1 batjin geänbert, bajj an bie ©tette ber SBorie „in ben §§. 644, 7 0 2 " bte 2Borte treten: „in ben §§. 644, 702, 7 0 2 a " . b) ber 9t6f. 2 aufgehoben. 1 1 2 . 21I§ §. 7 1 0 a rotrb fotgenbe ©orfcfjrift eingeftettt: SBirb ein ©egenftanb auf ©runb ber ißfänbung berauf?ert, fo ftet)t bem ©rmerber tregen eineê SRangefê im Siedete ober toegen etne§ SDÎangetê ber beräufjerten Sobeê π α φ SKafjgabe be§ S- 1 8 316f. 2 be§ ^Bürgerlichen ©efefcbudjS feftjuftetten. §. 8 3 6 m . ®te
bem Sintragftetter
fpredjenben ®urá)füí)rung
erwadjfenen Soften, ιυείφε
jur
jwec!ent=
be§ 58erfal)ren§ notfytnenbig w a r e n ,
fatten,
wenn bie ï o b e ê e r f i â r u n g erfolgt, bem íiadjlaffe j u r S a f t . §.
836n.
Φ ί ε ©rlebiguitg ber Siufgebot&anträge iann üon ber iíanbe§juftij= fcerwattung f ü r mehrere Ítmtégeridjtébejtrfe einem SímtSgericfyt über= tragen werben. Stuf V e r l a n g e n be§ Stntragftetterê erfolgt bie ©r= lebigung burci) b a s nari) §. 8 3 6 b juftänbige ©eridjt. SSirb ba§ Aufgebot burri) ein anbereë atê baê η α φ §. 8 3 6 b ψ ftänbige ®ericí)t erlaffen, fo ift ba§ Stufgebot aucí) buret) 9tn^eftung a n bie ®ericfyt§tafeí be§ Unteren ©eridjtë offentíid) beíannt j u machen. §. 8 3 6 o . ®ie 2tnfed)tunggfiage finbet aufjer ben gälten be§ §. 8 3 4 9lbf. 2 auá) bann ftatt, Wenn bie S o b e ê e r i t a r u n g mit Unred)t erfolgt ober ber 3 e i t p u n f t be§ $ o b e § beê V e r f a l l e n e n unrichtig feftgefteítt ift. §. 8 3 6 p. 3 u r ©rt)ebung ber Stnfed)tungë!tage ift 3¡eber berechtigt, ber a n ber Stuftjebung ber ï o b e ê e r f l a r u n g ober an ber ^Berichtigung beê 3cit= p u n ! t § beê î o b e ê ein redjtticfjeê Sntereffe hat. ®ie ^ n f e d j t u n g ê f i a g e ift gegen benjenigen j u richten, w e i t e r bie "îobeêertiârung erwirít f)at, fatiê aber biefer bie S t a g e ergebt ober faliê er öerftorben ober fein Síufenttjaít u n b e f a n n t ober im 3tu§tanb ift, gegen ben ( S t a a t s a n w a l t . §. 83.6 q. Stuf ba£ S3erfaf)ren über bie 2inferi)tung8!Iage ftnben bie SBorfc^riften b e r §§. 6 0 8 ,
610,
611,
be§ §. 6 1 4 Stbf. 1
u n b beê §. 8 3 3 ent=
fprerijenbe 9tnwenbung. 1221
Änderungen der Civilprozeßordnung §. 8 3 6 r. ®te Stnfed)tung§!tage ift, fofern fie nidjt auf einen ber im §. 8 3 4 21bf. 2 bezeichneten ©rünbe geftü^jt wirb, n u r innerhalb ber S r i f t bon einem S t o n a t e juläffig. ©te fÇrift beginnt mit ber S r t a f f u n g be§ bie ï o b e ê e r f i d r u n g auêfpredjenben ttrtljeitè. ®ie müitbüdje 3?erhanblung erfolgt nid)t bor Stblauf biefer g r i f t . Mehrere StnfechtungSprojeffe finb j u m ßroecfe gleichzeitiger S?er= hanblung u n b ©ntfc^etbung ju öerbinben. ®ie SSorfdhrift be§ §. 5 9 finbet Stnraenbung. Söirb in golge einer 2tnfedjtung§flage bie £obe§er!lärung aufgehoben ober eine anbere £obe§jeit feftgeftellt, fo ttirit ba§ U r t e i l f ü r unb gegen Stile. §. 8 3 6 s. g ü r baê ?tufgebot§öerfahren ¿um .Qroecfe ber 9(u§fchlief¡ung beê ©igenthiimerl eineS ©runbftiiciê nadj §. 9 1 1 be§ bürgerlichen bud)§ gelten bie nadjfolgenben befonberen beftimmungen. §. 8 3 6 t . 3uftänbig ift ba§ @ericf)t, in beffen b e j i r ï e legen ift. §. 8 3 6 u .
ba§ ©runbftiicí be=
2tntrag§bereci)tigt ift berienige, m e l i e r ba§ ©runbftüc! feit ber im § . 9 1 1 be§ bürgerlichen ®efe|buch§ beftimmten im ©igenbefijje hat. §. 8 3 6 v. ©er Stntragfteller hat bie 5ur b e g r ü n b u n g be§ Slrttragê erforber= Itcfien St^atfad^eit Por ber ©inleitung beê b e r f a h r e n ê glaubhaft ju machen. §. 8 3 6 w. $ n bem Stufgebot ift ber biêt)ertge ©igenthümer aufjuforbern, fein 9îecht fpäteftenä im Slufgebotètermin anjumeíben, mibrigenfaliê feine Stuêfchtiefjung erfolgen toerbe. §. 8 3 6 χ. g i i r ba§ StufgebotSüerfahren jum Specie ber 9luéfd)ltefíung eine® §t)pothefen=, ©runbfcf)ulb= ober 9Íentenfá)ulbglaubiger§ auf © r u n b ber §§. 1 1 5 3 , 1 1 5 4 be§ bürgerlichen ®efe£buch§ gelten bie nachfolgenben befonberen beftimmungen. §. 8 3 6 v. 3uftänbig ift ba§ ©ericf)t, in beffen b e j i r ï e ba§ belaftete ©ruttb= ftüc! belegen ift. §. 8 3 6 z. 9lntrag§bere(htigt ift ber (Sigentljümer be§ belafteten ©runbftüc!!. 3 m Satte be§ §. 1 1 5 3 beê bürgerlichen ©efejjbuchê ift auch e i n im SRange gleicf|= ober nachftefjenber ©laubiger, j u beffen ©unften eine 1222
IV. Beratungen der 2. BGB-Kommission (1895/96) Sßormerfung η α φ §. 1 1 6 2 be§ ^Bürgerlichen ©efeljbudjê eingetragen iff, u n ö bei einer ©efatnmthtypofheï, ©efammtgrunbfdhutb ober ©efammt= rentenjd)ulb aufjerbem berjenige antragêberedjtigt, m e t t e r auf © r u n b eineê im 9îange gteid)= ober nadjftetjenben 9îe