Die Bedeutung der objektiven Zurechnung beim Betrug [1 ed.] 9783428532070, 9783428132072

Nikolai Harbort befasst sich mit einigen bis heute ungeklärten Problemen des Betrugstatbestandes und schlägt eine Lösung

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Die Bedeutung der objektiven Zurechnung beim Betrug [1 ed.]
 9783428532070, 9783428132072

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Strafrechtliche Abhandlungen Neue Folge · Band 213

Die Bedeutung der objektiven Zurechnung beim Betrug

Von

Nikolai Harbort

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

NIKOLAI HARBORT

Die Bedeutung der objektiven Zurechnung beim Betrug

Strafrechtliche Abhandlungen · Neue Folge Begründet von Dr. Eberhard Schmidhäuser (y) em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Hamburg

Herausgegeben von Dr. Dr. h. c. (Breslau) Friedrich-Christian Schroeder em. ord. Prof. der Rechte an der Universität Regensburg

und Dr. Andreas Hoyer ord. Prof. der Rechte an der Universität Kiel

in Zusammenarbeit mit den Strafrechtslehrern der deutschen Universitäten

Band 213

Die Bedeutung der objektiven Zurechnung beim Betrug

Von

Nikolai Harbort

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Zur Aufnahme in die Reihe empfohlen von Prof. Dr. Andreas Hoyer, Kiel Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel hat diese Arbeit im Jahre 2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsund Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT

Alle Rechte vorbehalten # 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7271 ISBN 978-3-428-13207-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit hat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der ChristianAlbrechts-Universität zu Kiel im Sommersemester 2008 als Dissertation vorgelegen. Das Manuskript wurde im September 2008 abgeschlossen. Danken möchte ich zuerst Herrn Professor Dr. Andreas Hoyer für die hervorragende Betreuung der Arbeit und die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Er gewährte mir sowohl bei der Themenauswahl als auch bei der Umsetzung alle erdenkliche wissenschaftliche Freiheit und war dabei gleichzeitig stets ein hilfsbereiter Zuhörer, der mir viele gute Ratschläge und Hinweise gab. Auch sehr herzlich danke ich Herrn Professor Dr. Manfred Heinrich für die intensive Beschäftigung mit der Thematik und für die Erstellung des Zweitgutachtens. Dank gebührt ferner der Landesgraduiertenförderung des Landes SchleswigHolstein, die mich während der Anfertigung der Arbeit mit einem Stipendium unterstützt hat, sowie dem Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT für den Druckkostenzuschuss. Bei Herrn Professor Dr. Dr. Friedrich-Christian Schroeder und Herrn Professor Dr. Andreas Hoyer bedanke ich mich für die Aufnahme der Arbeit in die Schriftenreihe „Strafrechtliche Abhandlungen, Neue Folge“. Meiner langjährigen Freundin Anke danke ich für ihre Unterstützung während der ganzen Zeit des Promotionsvorhabens. Mein größter Dank gilt jedoch meinen lieben Eltern, die mich all die Jahre in jeder Hinsicht unterstützt haben und die immer für mich da sind. Ihnen widme ich diese Arbeit. Kiel, im Juli 2009

Nikolai Harbort

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

A. Viktimologie und objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Objektive Zurechnung bei leichtgläubigem Opferverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

1. Häufig diskutierte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

a) Abzahlungs- und Kreditgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

b) Spekulative Geldanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

c) Haustürgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

d) Abergläubisch motivierte Geschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

2. Ansatzpunkt Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

a) Überwiegend vertretene Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

b) Die Ansicht Ellmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

c) Von Arzt vorgeschlagene Einschränkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

d) Die Ansicht Dörfners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

28

e) Diskussion über ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung . . . . . . . . . . . .

29

f) Exkurs: Einschränkung aufgrund von Wahrheitspflichten . . . . . . . . . . . . . . .

31

(1) Die Ansicht Kindhäusers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

(2) Diskussion über ein Abstellen auf Wahrheitspflichten . . . . . . . . . . . . . .

32

3. Ansatzpunkt Tatsachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

a) Überwiegend vertretene Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

b) Die Ansicht Hilgendorfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

c) Diskussion über ein Ansetzen bei dem Tatsachenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . .

33

4. Ansatzpunkt Kausalität der Täuschung für den Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

a) Herrschende Meinung: Äquivalenztheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

b) Naucke: Adäquanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

c) Diskussion über ein Ansetzen bei der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

5. Ansatzpunkt objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

a) Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

b) Kurth: Begrenzung durch objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39

10

Inhaltsverzeichnis c) Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . .

40

(1) Generelle Bedenken gegen objektive Zurechnung bei § 263 StGB . . (a) Existenz des Rechtsinstitutes der objektiven Zurechnung . . . . . . . (b) Anwendbarkeit auf Vorsatzdelikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Schutzzweck der Norm als Teil der objektiven Zurechnung . . . . . (d) Anwendbarkeit auf § 263 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41 41 41 42 44

(2) Bedenken gegen objektive Zurechnung in der konkreten Fallgruppe (a) Probleme des BT nicht mit AT-Instrumenten lösen . . . . . . . . . . . . . (b) Fahrlässiges Opferverhalten kann Zurechnung nicht beseitigen . . (c) Auch eine plumpe Täuschung beinhaltet eine rechtlich missbilligte Gefahr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Objektive Zurechnung wird deliktsspezifisch verändert . . . . . . . . (e) Auch Ansetzen bei objektiver Zurechnung ist eine teleologische Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45 45 46

(3) Ergebnis der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

6. Sind bei leichtgläubigem Opferverhalten Einschränkungen vorzunehmen? . .

52

47 48 49

a) Position der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

b) Position der vorherrschenden Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

c) Vergleich mit anderen europäischen Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

54

d) Abwägung gesellschafts- und kriminalpolitischer Gesichtspunkte . . . . . .

56

7. Entwicklung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58

a) Eigenverantwortliche Selbstgefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

59

(1) Eigenverantwortliche Selbstgefährdungen in der Literatur . . . . . . . . . .

59

(2) Eigenverantwortliche Selbstgefährdungen in der Rechtsprechung . . (a) Wissensvorsprung des Verursachers der Selbstgefährdung . . . . . . (b) Schutzzweck des Straftatbestandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60 61 62

(3) Konsequenzen für die Betrugsstrafbarkeit bei leichtgläubigem Opferverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Analyse des Schutzzwecks des Betrugstatbestandes . . . . . . . . . . . . (b) Wann hat das Opfer ein ausreichendes Bewusstsein für die Gefahr? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63 63 64

b) Abgrenzung von Verantwortungsbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

(1) Abgrenzung von Verantwortungsbereichen in der Literatur . . . . . . . . .

66

(2) Abgrenzung von Verantwortungsbereichen in der Rechtsprechung . . .

67

(3) Konsequenzen für die Betrugsstrafbarkeit bei leichtgläubigem Opferverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

c) Zusammenfassung der entwickelten Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

8. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen leichtgläubigen Opferverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

Inhaltsverzeichnis

11

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

1. Häufig diskutierte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

a) Vage Zweifel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

b) Konkrete Zweifel im Zeitpunkt der Vertragsanbahnung . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

c) Konkrete Zweifel im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

2. Ansatzpunkt Irrtum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

a) Überwiegend vertretene Irrtumsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

72

b) Die Wahrscheinlichkeitstheorie nach Giehring und Krey . . . . . . . . . . . . . . .

72

c) Die Ansicht Amelungs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

d) Die Ansicht von R. Hassemer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73

e) Diskussion über ein Ansetzen bei dem Irrtumsmerkmal . . . . . . . . . . . . . . . .

74

3. Ansatzpunkt Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

a) Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

b) Die tatbestandsrelevante Kausalität nach Blei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

c) Die Ansicht Kracks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

d) Diskussion über ein Ansetzen bei der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

4. Ansatzpunkt objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

a) Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

b) Die Ansicht Beckempers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

80

c) Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . .

80

5. Sind bei zweifelnden Opfern Einschränkungen vorzunehmen? . . . . . . . . . . . . .

81

a) Position der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

b) Position der vorherrschenden Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

82

c) Abwägung gesellschafts- und kriminalpolitischer Gesichtspunkte . . . . . .

82

6. Entwicklung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

7. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen zweifelnder Opfer . . . . . . . . . .

87

B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer . .

88

I. Häufig diskutierte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

1. Deliktisch erlangter Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88

2. Von der Rechtsordnung missbilligter Einsatz von Arbeitskraft . . . . . . . . . . . . .

89

3. Nichtige Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

4. „Gutes“ Geld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

12

Inhaltsverzeichnis II. Ansatzpunkt Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

1. Überwiegend vertretene Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

90

2. Die Ansichten von Mitsch und Hecker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

3. Diskussion über ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . .

91

III. Ansatzpunkt Vermögensverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

1. Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

2. Die Ansicht von Bergmann und Freund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

3. Diskussion über ein Ansetzen bei der Vermögensverfügung . . . . . . . . . . . . . . .

93

IV. Ansatzpunkt Vermögensschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

1. Der juristische Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

2. Der rein wirtschaftliche Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

3. Der juristisch-ökonomische Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

4. Der personale Vermögensbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

5. Die Position der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

6. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis des Vermögensschadens

98

V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

1. Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

2. Die Ansicht von Gröseling . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 3. Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . 100 VI. Sind bei dem Einsatz „guten“ Geldes Einschränkungen vorzunehmen? . . . . . . . . 101 VII. Entwicklung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 1. Rechtlich missbilligte Gefahrschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Behandlung des Aspektes in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 b) Behandlung des Aspektes in der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 c) Anwendung der Erkenntnisse auf die vorliegende Fallgruppe . . . . . . . . . . . 105 2. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen unredlich handelnder Opfer . . . . 107 C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke . . . . . . . 109 I. Häufig diskutierte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Verfehlung des vereinbarten Verwendungszweckes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 2. Verfehlung sonstiger Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110

Inhaltsverzeichnis

13

II. Ansatzpunkt Täuschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 1. Überwiegend vertretene Definition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 2. Die Ansichten von Mitsch und Arzt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Die Ansichten von Merz und Graul . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 4. Diskussion über ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . 112 III. Ansatzpunkt Vermögensschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Die Theorie der unbewussten Selbstschädigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2. Die das Erfordernis der unbewussten Selbstschädigung ablehnende Ansicht

113

3. Die Kombinationstheorie der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 4. Die Position der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 5. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis eines Vermögensschadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 IV. Ansatzpunkt funktionaler Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 2. Erfordernis eines funktionalen Zusammenhanges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3. Diskussion über das Erfordernis eines funktionalen Zusammenhanges . . . . . 118 V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 1. Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2. Die Ansicht Rengiers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . 121 VI. Sollten bei Zweckverfehlungen Einschränkungen vorgenommen werden? . . . . . 121 VII. Entwicklung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Rechtlich missbilligte Gefahrschaffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 2. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen der Zweckverfehlung . . . . . . . . . . 126 D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 I. Häufig diskutierte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Falsche Darstellung des vorzutragenden Sachverhaltes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Falsche Angaben zur rechtlichen Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 II. Ansatzpunkt Tatsachenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Überwiegende Literaturansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Die Position der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130

14

Inhaltsverzeichnis 3. Die Ansicht Lackners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Tatsachenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 III. Ansatzpunkt Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Die ältere Reichsgerichtsrechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Diskussion über ein Ansetzen bei der Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 IV. Ansatzpunkt subjektiver Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Die Ansicht Lenckners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 3. Diskussion über ein Ansetzen im subjektiven Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 1. Die Position der herrschenden Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Die Ansichten von Seier, Kretschmer, Piech und Jänicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 3. Die Ansicht der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4. Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . 138 VI. Sind bei Fällen des Prozessbetruges Einschränkungen vorzunehmen? . . . . . . . . . 139 VII. Entwicklung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Der Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 2. Die Abgrenzung der verschiedenen Verantwortungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . 142 VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen des Prozessbetruges . . . . . . . . . . . . 143

E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 I. Häufig diskutierte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 1. Rechtsgeschäftlich erteilte Verfügungsmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 2. Tatsächliche Verfügungsmacht durch Einräumung von Gewahrsam . . . . . . . . 146 3. Verfügungen ohne vom Opfer eingeräumte Zugriffsmöglichkeit . . . . . . . . . . . 147 4. Verfügungsmacht kraft hoheitlicher Stellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Ansatzpunkt Zurechnung der Vermögensverfügung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 1. Die Lagertheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 2. Die Befugnistheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 3. Diskussion über die vorgeschlagenen Zurechnungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 150

Inhaltsverzeichnis

15

III. Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 1. Der Vorschlag Rengiers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 2. Diskussion über die Einbeziehung von Kriterien der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 IV. Entwicklung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 1. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 2. Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 V. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen des Dreiecksbetruges . . . . . . . . . . 157 F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialadäquater Täuschungen“ . . . . . . 159 I. Häufig diskutierte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Werbeanpreisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 2. Floskeln bei Kaufverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 II. Ansatzpunkt Täuschungshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Zugrundelegung der gängigen Täuschungsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Herrschende Meinung: keine „ernsthafte“ Behauptung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Sozialadäquanz als Auslegungsmaxime? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 4. Sonderdogmatik für den Bereich der Produktwerbung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 5. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Täuschungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 III. Ansatzpunkt Tatsachenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Zugrundelegung der gängigen Tatsachendefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 2. Werbeanpreisungen als bloße Werturteile? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 3. Die Ansicht Hilgendorfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 4. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Tatsachenbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 IV. Ansatzpunkt Irrtumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 1. Überwiegend vertretene Irrtumsdefinition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 2. Die Ansicht Kühnes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 3. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Irrtumsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 V. Ansatzpunkt Vermögensschaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 1. Die Schadensberechnung nach den Grundsätzen der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 2. Die Ansicht Schmollers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 3. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis eines Vermögensschadens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

16

Inhaltsverzeichnis VI. Ansatzpunkt Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 1. Überwiegendes Verständnis: die Tatbestandserfüllung indiziert die Rechtswidrigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 2. Bockelmann, Herzberg: § 263 StGB als offener Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . 170 3. Diskussion über ein Ansetzen auf der Rechtswidrigkeitsebene . . . . . . . . . . . . . 171 VII. Ansatzpunkt objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 1. Die Position der herrschenden Meinung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 2. Die Ansicht von Jänicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 VIII. Sollten vorliegend Strafbarkeitseinschränkungen vorgenommen werden? . . . . . . 173 IX. Entwicklung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 X. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen „sozialadäquater Täuschungen“

175

G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Täuschungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 I. Häufig diskutierte Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 1. „Rechnungsähnliche Angebote“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 2. Wettmanipulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 3. Fordern eines überhöhten Preises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 II. Ansatzpunkt Täuschungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Herrschende Lehre: Verhalten mit Erklärungswert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 2. Die Ansicht der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3. Der „normative“ Täuschungsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 4. Konkludente Täuschung als vorsätzliche Irrtumsverursachung . . . . . . . . . . . . . 182 5. Diskussion über die einzelnen Täuschungsbegriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 III. Ansatzpunkt objektive Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 1. Verlagerung der normativen Erwägungen auf die Ebene der objektiven Zurechnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 2. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 IV. Entwicklung von Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Erlaubtes Risiko . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

Inhaltsverzeichnis

17

2. Berücksichtigung der Eigenverantwortlichkeit des Opfers . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 3. Abgrenzung der verschiedenen Verantwortungsbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 V. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen konkludenter Täuschungen . . . . 190 Ergebnis der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205

Abkürzungsverzeichnis a.A.

anderer Ansicht

a.F.

alte Fassung

AT

Allgemeiner Teil

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGH

Bundesgerichtshof

BGHSt

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes in Strafsachen – Amtliche Sammlung

BT

Besonderer Teil

BT-Drucks.

Drucksache des deutschen Bundestages

DJZ

Deutsche Juristenzeitung

GA

Goldtdammer’s Archiv für Strafrecht

GG

Grundgesetz

JA

Juristische Arbeitsblätter

JR

Juristische Rundschau

Jura

Juristische Ausbildung

JuS

Juristische Schulung

JW

Juristische Wochenschrift

JZ

Juristenzeitung

MDR

Monatsschrift für deutsches Recht

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

NStZ

Neue Zeitschrift für Strafrecht

OLG

Oberlandesgericht

RG

Reichsgericht

RGSt

Entscheidungen des Reichsgerichtes in Strafsachen – Amtliche Sammlung

Schufa

Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung

StGB

Strafgesetzbuch

STV

Strafverteidiger

u. a.

unter anderem, unter anderen

Vgl.

vergleiche

wistra

Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht

ZIS

Zeitschrift für internationale Strafrechtsdogmatik

Abku¨rzungsverzeichnis Zit.

Zitierweise

ZPO

Zivilprozessordnung

ZRP

Zeitschrift für Rechtspolitik

ZStW

Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft

19

Einleitung Der Tatbestand des § 263 StGB enthält eine Vielzahl von Merkmalen, anhand derer zu bestimmen ist, ob ein Betrug im strafrechtlichen Sinne vorliegt. Als Tathandlung des § 263 StGB wird gemeinhin die Täuschung über Tatsachen angesehen.1 Diese Täuschung über Tatsachen muss des Weiteren als Zwischenerfolg zu einem Irrtum des Opfers geführt haben, auf Grund dessen das Opfer eine Vermögensverfügung vorgenommen hat, die zu einem Vermögensschaden geführt hat.2 Über die Auslegung dieser Merkmale besteht in einer Vielzahl von Fällen Uneinigkeit, trotz der scheinbar detaillierten Beschreibung des Betrugstatbestandes geht es dabei zumeist darum, dass dem Wortlaut nach eigentlich unter § 263 subsumierbare Fallgruppen als nicht strafwürdig angesehen werden. Die Diskussion beschränkt sich dabei weitgehend darauf, eine einschränkende Auslegung bestimmter Tatbestandsmerkmale zu fordern. Vielfach finden sich im Rahmen dieser Diskussionen Vorschläge, bestimmte Tatbestandsmerkmale derart einzuschränken, dass Bedenken an der Vereinbarkeit mit dem eigentlichen Wortsinn bestehen. Einige dieser Themenbereiche sollen hier aufgegriffen werden. Dabei wird zu untersuchen sein, ob die geforderten zum Teil normativ motivierten Einschränkungsvorschläge mit dem Wortsinn der Tatbestandsmerkmale vereinbar sind. In diesem Rahmen soll auch die Bedeutung, die das allgemeine Korrektiv der objektiven Zurechnung für derartige Fälle spielen könnte, untersucht werden. Die objektive Zurechnung hat in der bisherigen Betrugsdogmatik kaum Bedeutung. Ob dies gerechtfertigt ist oder ob eine Einbeziehung nicht doch dazu führen könnte, die Tatbestandsmerkmale des § 263 StGB von zum Teil notwendigen, aber dem Wortsinn widersprechenden Wertungen zu befreien, soll in der vorliegenden Arbeit erwogen werden. Ein Aspekt, der in der Lehre der objektiven Zurechnung eine gewichtige Rolle spielt, ist der der Opfermitverantwortung. So unterbricht etwa eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung oder -schädigung den Zurechnungszusammenhang. 3 Auch im Rahmen des § 263 StGB findet der Aspekt der Opfermitverantwortung eine etwa von der Lehre der Viktimologie offen angesprochene Berücksichtigung. Darüber hinaus fließen derartige Gesichtspunkte, wie noch zu zeigen sein wird, auch in anderen Themenbereichen versteckt in die von Rechtsprechung und herrschender Lehre vorgenommenen Wertungen ein. Dargestellt werden im Folgenden zunächst die unter Viktimodogmatikern erörterten Fallgruppen des besonders leichtgläubi1 LK-Tiedemann § 263, Rn. 7; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 5; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 7; Wessels / Hillenkamp, Rn. 493. 2 S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 5; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 5. 3 Vgl. Roxin AT 1 § 11, Rn. 107 ff.; Wessels / Beulke, Rn. 185 ff.

22

Einleitung

gen oder des an der Wahrheit zweifelnden Opfers. Anschließend wird der Themenbereich der rechts- und sittenwidrigen Geschäfte untersucht werden. Hilfreich kann dort neben dem Aspekt der Opfermitverantwortung auch die im Rahmen der objektiven Zurechnung zu stellende Frage sein, ob eine rechtlich missbilligte Gefahr vorliegt.4 Unter diesem Aspekt werden anschließend ferner Fälle alltäglicher und als sozialadäquat empfundener Täuschungen wie etwa übertriebene Werbeaussagen oder die Behauptung, man habe noch weitere Kaufinteressenten, zu erörtern sein. Ferner werden unter diesem Aspekt auch konkludente Täuschungen, insbesondere die in neuerer Zeit vielfach diskutierten Fälle von rechnungsähnlichen Angeboten, zu untersuchen sein.5 Interessante Gesichtspunkte beisteuern könnte die Lehre von der objektiven Zurechnung auch in Fällen der Zweckverfehlung. Beim sogenannten Dreiecksbetrug lassen sich eventuell Aspekte der objektiven Zurechnung nutzbar machen, wenn man etwa die Frage stellt, ob das Opfer selber in zurechenbarer Weise die Gefahr begründet hat, dass ein anderer seine Vermögensgüter preisgeben könnte.6 In Fällen des Prozessbetruges könnten schließlich durch eine Einbeziehung der Zurechnungslehre neue Gesichtspunkte gewonnen werden, etwa wenn man die dort entwickelte Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche übertragen würde.7 Durch diese Untersuchungen soll deutlich werden, dass in vielerlei Hinsicht Aspekte der objektiven Zurechenbarkeit auch für den Betrugstatbestand hilfreich sein können. Der Nutzen einer Einbeziehung dieses Korrektivs des Allgemeinen Teils liegt zum einen in dem Gewinn eines neuen Blickwinkels, der einige Probleme in einem klareren Licht erscheinen lässt. Zum anderen kann durch die Verlagerung von Problemen in den Bereich der objektiven Zurechnung die hinter den Einschränkungsbedürfnissen liegende normative Wertung berücksichtigt werden, ohne diese hinter – derartigen Wertungen eigentlich unzugänglichen – Tatbestandsmerkmalen zu verstecken.

Vgl. Roxin AT 1 § 11, Rn. 53 ff.; Wessels / Beulke, Rn. 182 ff. Vgl. BGHSt 47, 1 (5) = NStZ 2001, 430 (430 f.); Baier JA 02, 364 (364 ff.); Geisler NStZ 2002, 86 (86 ff.); Hoffmann GA 03, 610 (610 ff.); Pawlik StV 03, 297 (297). 6 Vgl. dazu schon Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (825). 7 Vgl. zur objektiven Zurechnung beim Prozessbetrug auch Seier ZStW 102, 563 (573). 4 5

A. Viktimologie und objektive Zurechnung Die Viktimologie untersucht die Rolle von Verbrechensopfern und versucht, unter Berücksichtigung und Bewertung des Opferverhaltens Rückschlüsse für die Auslegung von Straftatbeständen zu gewinnen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, ob die Betrachtung des Opfers nicht auch das Verhalten des Täters in einem anderen Licht erscheinen lassen kann.1 Dieser Ansatz ähnelt dem im Rahmen der objektiven Zurechnung bekannten Gesichtspunkt der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung. Aus diesem Grunde liegt es nahe, viktimologische Auslegungsansätze daraufhin zu untersuchen, ob derartige Aspekte nicht besser im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung erörtert werden könnten. Diskutiert werden unter viktimologischen Gesichtspunkten innerhalb des Betrugstatbestandes bislang vor allem Fälle, in denen das Opfer besonders leichtgläubig war,2 oder Fälle, in denen das Opfer selber Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der Behauptung des Täters hegt. Als möglicher Anknüpfungspunkt wird bei dem Problemkreis des zweifelnden Opfers vor allem das Irrtumsmerkmal gesehen,3 bei besonders leichtgläubigen Opfern reichen die vorgeschlagenen Anknüpfungspunkte von dem Täuschungsmerkmal4 über die Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum5 bis hin zur objektiven Zurechnung.6 Aufgrund der also (scheinbar) gebotenen unterschiedlichen dogmatischen Verortung werden die beiden Problemkreise im Folgenden getrennt voneinander behandelt.

I. Objektive Zurechnung bei leichtgläubigem Opferverhalten Tatbestandliche Einschränkungen werden in Fällen diskutiert, in denen dem Opfer eine besondere Leichtgläubigkeit vorzuwerfen ist. Dabei wird von Befürwortern derartiger Einschränkungen eine Vielzahl von Beispielsfällen genannt, die den unterschiedlichsten Lebensbereichen entstammen. Um die nachfolgende Darstellung anschaulicher zu gestalten, sollen zunächst einige Fallgruppen dargestellt werSchüler-Springorum, Honig-Festschrift, 201 (209). Kurth, Das Mitverschulden des Opfers beim Betrug, S. 160 ff.; Ellmer, Betrug und Opfermitverantwortung, S. 271 ff. 3 Vgl. Amelung GA 1977, 1 (7); R. Hassemer, Schutzbedürftigkeit des Opfers und Strafrechtsdogmatik, S. 131 ff. 4 Ellmer, S. 287. 5 Naucke, Peters-Festschrift, 109 (118). 6 Kurth, S. 167 f. 1 2

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den, in denen dem Opfer besondere Leichtgläubigkeit vorgeworfen wird. Darauf folgt eine Darstellung der verschiedenen Einschränkungsvorschläge, die im Anschluss kritisch gewürdigt werden.

1. Häufig diskutierte Fallgruppen a) Abzahlungs- und Kreditgeschäfte Hervorgehoben werden in diesem Zusammenhang immer wieder Fälle, in denen etwa ein Kaufhaus oder ein Versandhändler Waren gegen eine geringe Anzahlung an Kunden herausgibt, ohne dessen Liquidität vorher geprüft zu haben. In derartigen Fällen, so der Vorwurf viktimologischer Ansätze, lasse sich der Verkäufer aus Gründen der Profit- und Umsatzsteigerung auf ein bewusst unsicheres Geschäft ein, Zahlungsausfälle seien einkalkuliert, oftmals beständen sogar eigens dafür errichtete Mahn- und Rechtsabteilungen. 7 Für einen strafrechtlichen Schutz derartiger Vorgehensweisen bestehe jedoch kein Bedürfnis, der Strafrechtsweg könne daher versperrt werden, das Opfer könne auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden.8 Die Einbeziehung derartiger Fallgruppen in den Schutzbereich des Strafrechtes würde darüber hinaus – so die Befürworter von Einschränkungen – eher zu einer Ermutigung für weitere potentielle Opfer zu derartigen Praktiken führen, wenn ein Strafverfahren als Druckmittel bereitstünde.9 Ähnlich gelagert sind ebenfalls als Beispiele für eine Berücksichtigung viktimologischer Erkenntnisse genannte Fälle des Kreditbetruges. Auch dort entspricht es der gängigen Praxis einiger vor allem kleinerer Banken, Kredite ohne ausreichende Sicherheiten und Liquiditätsprüfungen zu vergeben, oft sind auch hier Teilausfälle einkalkuliert und werden in Form von höheren Zinsen an die Kunden weitergegeben.10 Dabei wird der Verzicht auf Sicherheiten zum Teil sogar als Werbemittel eingesetzt.11 Für die Ausklammerung dieser Fallgruppe aus dem Bereich strafrechtlichen Schutzes werden die selben Erwägungen wie bei Warenabsatzgeschäften angeführt. Beiden Fallgruppen ist gemeinsam, dass aus Gründen der Profitsteigerung bewusst leichtsinnig gehandelt wird, der Glaube an die uneingeschränkte Liquidität der Kunden somit immer mit einem hohen Maße an Leichtgläubigkeit behaftet ist.

7 Vgl. Naucke, Zur Lehre vom strafbaren Betrug, S. 145 ff.; Kurth, S. 183 ff.; R. Hassemer, S. 165. 8 Kurth, S. 185. 9 Vgl. Arzt JuS 1974, 693 (698). 10 Vgl. zu dieser Fallgruppe auch R. Hassemer, S. 165; Kurth, S. 185. 11 Frehsee Kriminalistik 79, 321 (326); Artz JuS 1974, 693 (694).

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b) Spekulative Geldanlagen Ein weiteres Beispiel für besondere Leichtgläubigkeit auf Opferseite sind nach Angaben von Vertretern viktimologischer Ansätze hochspekulative Geldanlagen wie etwa bestimmte Warentermingeschäfte, da dort oftmals in der Aussicht auf hohe Gewinne bewusst große Risiken eingegangen würden.12 Diskutiert wird in diesem Zusammenhang vor allem über den Verkauf von Optionen, bei denen der Käufer für eine gewisse Gebühr das Recht erwirbt, zu einem späteren Zeitpunkt Aktien oder Rohstoffe zu dem beim Abschluss der Option gültigen Marktpreis zu erwerben oder zu verkaufen. Wird bei derartigen Geschäftsmodellen eine Provision von mehr als einhundert Prozent verschwiegen, so stellt sich die Frage, ob der Verkäufer sich wegen Betruges durch Unterlassen strafbar gemacht hat.13 Dies wird von Vertretern viktimologischer Ansätze abgelehnt, da den Opfern die Risiken derartiger Geschäfte bekannt seien und bei einem Verzicht auf weitere Erkundigungen auch das Risiko der Zahlung hoher Provisionen bewusst einkalkuliert werde.14 Wer in der Aussicht auf guten Profit, Nervenkitzel und Abenteuer ein kalkuliertes Risikogeschäft abschließe, solle im Falle des Misslingens nicht lamentieren, er sei Opfer eines gewissenlosen Betrügers geworden.15 Vielmehr sei es in derartigen Konstellationen Ausdruck der wirtschaftlichen Eigenverantwortlichkeit, dass es jedem selbst obliege, sich ausreichend zu informieren und seine Chancen und Risiken abzuwägen.16 c) Haustürgeschäfte Als weiteres Beispiel für besondere Leichtgläubigkeit werden Fälle angeführt, in denen das Opfer an seiner Haustür von Verkäufern aufgesucht wird, deren Behauptungen es großzügig Glauben schenkt. Genannt werden etwa Fälle, in denen Teppiche an der Haustür zu erstaunlich niedrigen Preisen als echt verkauft werden, oder in denen ein Verkäufer dem Wohnungsinhaber ohne Anhaltspunkte erklärt, dieser leide unter einer Blutdruckstörung, wogegen das angebotene Massagegerät helfen würde.17 Wer in derartigen Fällen an die Echtheit des Teppichs beziehungsweise an das Vorliegen von durch einen Blick erkannten Blutdruckstörungen glaubt, handele leichtgläubig, da man wissen soll und könne, dass derartige Behauptungen wohl nicht stimmen werden.18 Vgl. Ellmer, S. 263; Kurth, S. 186; Seelman NJW 1980, 2545 (2545 ff.). Vgl. dazu OLG Hamburg NJW 1980, 2593 (2593); OLG München NJW 1980, 794 (794); BGHSt 30, 177 (177); das OLG Hamburg verneinte eine Strafbarkeit unter Betonung der Eigenverantwortlichkeit der Anleger während das OLG München sowie der BGH einen Betrug bejahten. 14 Vgl. Felber Kriminalistik 1984, 112 (115); Ellmer, S. 263; Kurth, S. 186 ff. 15 R. Hassemer, S. 163. 16 Vgl. Kurth, S. 184 ff. 17 Naucke, Peters-Festschrift, 109 (113, 119). 12 13

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d) Abergläubisch motivierte Geschäfte Weitere Konstellationen, in denen der Blick des Opfers für die eigentlich auf der Hand liegende Unwahrheit getrübt ist, sind Fälle des Okkultismus, bei denen Dienste wie etwa das Vorhersagen der Zukunft oder das Vertreiben von Hexen zugesagt werden.19 Der Grund für die fehlende Kritikfähigkeit der Betroffenen ist hier in einem persönlichen Defizit, nämlich einem übersteigerten Aberglauben zu sehen. Gleichwohl wird in derartigen Konstellationen zum Teil erwogen, sie nicht aus dem Schutzbereich des § 263 StGB herauszunehmen, da es sich Untersuchungen zufolge um eine oftmals nicht änderbare Schwäche handele.20

2. Ansatzpunkt Täuschung An welcher Stelle eine Einschränkung des Tatbestandes für die oben genannten Fallgruppen erfolgen könnte, wird von Vertretern viktimologischer Ansätze unterschiedlich beurteilt. Einige sprechen sich für ein Ansetzen bereits bei der Tathandlung aus. Die Tathandlung des § 263 StGB wird beschrieben als Vorspiegelung falscher oder Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen. Zusammenfassen lassen sich diese Merkmale unter dem Oberbegriff der Täuschung über Tatsachen.21 a) Überwiegend vertretene Definition Überwiegend wird eine Täuschung verstanden als Einwirken auf das Vorstellungsbild einer Person, durch die eine Fehlvorstellung über die Realität erregt werden kann.22 Besondere Anforderungen an die Art der Einwirkung existieren nicht, sie kann vielmehr durch jedes Verhalten erfolgen, das einen Erklärungswert hinsichtlich von Tatsachen besitzt.23 b) Die Ansicht Ellmers Eine den Täuschungsbegriff weiter einschränkende Ansicht vertritt Ellmer. Danach sollen durch § 263 StGB nur Täuschungshandlungen von einem gewissen Naucke, Peters-Festschrift, 109 (119). Vgl. Ellmer, S. 258. 20 Kurth, S. 232 f. 21 LK-Tiedemann § 263, Rn. 7; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 5; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 7; Wessels / Hillenkamp, Rn. 493. 22 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 6; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10. 23 Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 11. 18 19

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Grad an Gefährlichkeit erfasst werden. Dieser Grad an Gefährlichkeit soll nur dann gegeben sein, wenn dem Opfer unter Berücksichtigung seiner individuellen Fähigkeiten keine grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden kann.24 Ellmer begründet diese Einschränkung durch das Hervorheben der Rolle, die Vertrauen seiner Meinung nach für den Tatbestand des § 263 StGB spielt.25 Er erkennt danach zwar die Prämisse der herrschenden Meinung an, § 263 StGB schütze ausschließlich das Vermögen,26 spricht sich jedoch für eine Berücksichtigung von Vertrauensschutzgedanken im Rahmen der Beurteilung des Handlungsunrechtes bei der Tathandlung aus.27 Von einer derartigen Einbeziehung des Vertrauens verspricht er sich „eine exaktere normative Erfassung der Tathandlung des Betruges“.28 Zudem werde dadurch „der Lüge als täterbezogenem Begriff das Vertrauen als opferbezogener Begriff gegenübergestellt“.29 Dass Vertrauen nicht per se schutzwürdig sei, verdeutlicht Ellmer in einer anschließenden Analyse der Struktur des Vertrauensschutzes; gestützt auf einen der Ethik entnommenen Grundsatz, wonach Vertrauen nicht stets eine Tugend und Misstrauen nicht stets ein Laster sei, es vielmehr auch blindes Vertrauen und gesundes Misstrauen gebe,30 spricht er sich dafür aus, eine Grenze zu ziehen, ab der Vertrauen als schutzwürdig zu bezeichnen ist.31 Schutzwürdig ist danach Vertrauen nur dann, wenn es etwa durch Kontrolle oder länger währende Bekanntschaft begründet ist, oder aber es mangels Zeit oder erforderlicher Fachkompetenz notwendig ist, dem Gegenüber zu vertrauen.32 Ein Abstellen gerade auf das Kriterium der groben Fahrlässigkeit begründet Ellmer damit, dass auch im Zivilrecht in Teilbereichen der nur leicht fahrlässige Umgang mit eigenen Gütern gestattet sei, ein grob fahrlässiger Umgang jedoch nicht akzeptiert werde.33 Einen subjektiven, auf die individuellen Fähigkeiten des Opfers abstellenden Maßstab hält er für erforderlich, da anderenfalls gerade die Schwachen aus dem Schutzbereich herausgenommen würden.34

Vgl. Ellmer, S. 287. Vgl. Ellmer, S. 271. 26 Vgl. zum Rechtsgut des § 263 StGB: BGHSt 3, 99 (102); 16, 220 (221); 34, 199 (203); SK-Hoyer § 263, Rn. 7; LK-Tiedemann § 263, Rn. 18; Lackner / Kühl § 263, Rn. 2; NK-Kindhäuser § 263, Rn. 10 ff.; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 1. 27 Vgl. Ellmer, S. 272. 28 Ellmer, S. 272. 29 Ellmer, S. 273. 30 Vgl. dazu Schottlaender, Theorie des Vertrauens, S. 7. 31 Vgl. Ellmer, S. 277. 32 Vgl. Ellmer, S. 275 f. 33 Vgl. Ellmer, S. 284. 34 Vgl. Ellmer, S. 283. 24 25

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c) Von Arzt vorgeschlagene Einschränkungen Ebenfalls für eine Restriktion bei dem Täuschungsmerkmal spricht sich Arzt aus.35 Eine Restriktion gerade hier hält er für sachgerecht, da es nahe liege, in Fällen, in denen der Zusammenhang zwischen Täuschung und Schädigung gelockert sei, bei der Täuschung anzusetzen.36 Der Sache nach laufe es dabei darauf hinaus, den schweizerischen Rechtszustand zu übernehmen. Angeführt wird dazu ein Zitat des schweizerischen Bundesgerichts aus dem Jahre 1946. Danach soll „wer allzu leichtgläubig auf eine Lüge hereinfällt, wo er mit einem Mindestmaß an Aufmerksamkeit durch Überprüfung der falschen Angaben sich selbst hätte schützen können, nicht den Strafrichter anrufen“.37 In einem Zusatz stellte das Gericht damals jedoch klar, dass „diese Rechtsprechung keinen Freibrief dazu geben soll, auf die Gutgläubigkeit und Unvorsichtigkeit des Gegners zu spekulieren“.38 Arzt fordert denn auch in einer Relativierung der Ausgangsthese, schwache Opfer dürften durch Einschränkungen nicht schutzlos gestellt bleiben.39 Aus diesem Grunde sieht er für Restriktionen nur einen sehr geringen Spielraum, der keine grundlegenden Neugestaltungen sondern lediglich eine Feinsteuerung bewirken könne.40 d) Die Ansicht Dörfners Auch Dörfner spricht sich für eine Einschränkung des Täuschungsmerkmales aus. Aus seiner Sicht ist demnach eine normative Bewertung vor allem unter dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit des Opfers erforderlich.41 Die von Ellmer vorgeschlagenen Einschränkungen hält er jedoch für eine zu weit gehende unzulässige teleologische Reduktion;42 vielmehr sei lediglich eine Feinsteuerung vorzunehmen, die darin liege, auch bei einer ausdrücklichen Täuschungshandlung wie bei einer konkludenten Täuschung nach dem jeweiligen Erklärungswert zu fragen.43

35 36 37 38 39 40 41 42 43

Arzt MschrKrim 1984, 105 (112); Arzt / Weber § 20, Rn. 49. Arzt MschrKrim 1984, 105 (112). BGE IV 126 (128). BGE IV 126 (128). Arzt / Weber § 20, Rn. 49. Vgl. Arzt / Weber § 20, Rn. 5 f., 49. Döpfner, Der Restaurationsbetrug, S. 162. Döpfner, S. 174 f. Döpfner, S. 176.

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e) Diskussion über ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung Fraglich ist, ob sich die dargestellten, bei der Täuschungshandlung ansetzenden Ansichten als haltbar erweisen. Außen vor bleiben soll an dieser Stelle noch, ob dem Anliegen einer Einschränkung der Betrugsstrafbarkeit in derartigen Fällen generell zugestimmt werden kann. Zu dem Ansatz Dörfners kann gesagt werden, dass ein Verhalten mit Erklärungswert auch bei Zugrundelegung der herrschenden Meinung für die ausdrückliche Täuschung konstitutiv ist.44 Eine über die Sichtweise der herrschenden Meinung hinausgehende Einschränkung kann in der Ansicht Dörfners somit nicht gesehen werden, sodass auf sie nicht näher eingegangen werden muss. Den anderen bei dem Täuschungsmerkmal ansetzenden Ansichten kann zum einen entgegengehalten werden, dass es bei dem Problem leichtgläubigen Opferverhaltens um eine Bewertung des Verhaltens des Opfers geht, und dass es ausgehend davon nicht gerade naheliegend erscheint, bei dem einzigen Tatbestandsmerkmal des § 263 StGB anzusetzen, welches allein das Täterverhalten bewertet.45 Wie wenig der Täuschungsbegriff allein das Problem zu erfassen vermag, wird dementsprechend deutlich, wenn beispielsweise Ellmer ausführt, eine Täuschung liege nur dann vor, wenn der Irrtum des Opfers nicht auf grober Fahrlässigkeit beruhe;46 denn es zeigt sich dadurch, dass die Beurteilung des Opferverhaltens im Rahmen des Täuschungsbegriffes es notwendig macht, schon hier weitere Tatbestandsmerkmale des § 263 StGB einzubeziehen und mit dem Täuschungsbegriff zu vermengen. Das gewichtigste Argument gegen ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung ergibt sich jedoch aus dem Wortlaut selber, die Vorschläge von Arzt und Ellmer überdehnen, wie im Folgenden gezeigt werden wird, den Begriff der Täuschung und sind mithin als teleologische Reduktionen zu bewerten: Teleologische Reduktionen sind Einschränkungen, die über die Grenze des möglichen Wortsinns hinausgehen und die der Sache nach die Einführung weiterer Tatbestandsmerkmale bewirken.47 Unzulässig sind derartige Reduktionen, wenn sie gegen das Gewaltenteilungsprinzip verstoßen.48 Ob eine Einschränkung über die Grenzen des Wortsinnes hinausgeht, lässt sich anhand einer Einteilung möglicher Bedeutungen eines Begriffes in verschiedene Gruppen ermitteln. Dem Begriffskern sind all diejenigen Fälle zuzuordnen, auf die der Begriff mit Sicherheit anwendbar ist, zweifelhafte Fälle werden dem sogenannten Begriffshof zugeordnet, Fälle in denen der Begriff mit Sicherheit nicht anwendbar ist, werden als außerhalb von Begriffskern und Begriffshof liegend bezeichnet.49 Eine teleologische RedukTröndle / Fischer § 263, Rn. 10; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 11. So auch Jänicke, Gerichtliche Entscheidungen als Vermögensverfügung im Sinne des Betrugstatbestandes, S. 278; Schünemann NStZ 1986, 439 (442, Fn. 98). 46 Vgl. Ellmer, S. 287. 47 Hillenkamp, Vorsatztat und Opferverhalten, S. 136; Hruschka JR 1968, 454 (454); Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 376; Ellmer, S. 287 f.; Wittig, Das tatbestandsmäßige Verhalten des Betruges, S. 236. 48 Brandenburg, Die teleologische Reduktion, S. 75 ff.; Wittig, S. 235. 44 45

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tion liegt danach vor, wenn die geforderten Einschränkungen bei dem Begriffskern anzusiedelnde Fälle aus der Betrugsstrafbarkeit herausnehmen; dies wäre hier der Fall, wenn nach dem natürlichen Sprachgebrauch auch leicht durchschaubare Behauptungen mit Sicherheit als Täuschungen zu bewerten wären. Arzt selber sieht seinen Vorschlag nur als eine sich noch in den Grenzen des Wortsinnes bewegende teleologische Tatbestandsinterpretation.50 Unterstützung für diese Sichtweise erhält er von Wittig, die anführt, der Umgangssprachgebrauch sei zu vage, um eindeutig festzustellen, dass auch leicht durchschaubare Lügen als Täuschung anzusehen seien.51 Dieser Sichtweise muss widersprochen werden. Im Bereich der Täuschungshandlung mag es einige Unsicherheiten geben, etwa darüber, ob ein bestimmter Umstand tatsächlich behauptet wurde oder nicht. Dass es sich jedoch, sofern ein Umstand tatsächlich behauptet wurde, um eine Täuschung handelt, wenn sich die Behauptung als falsch erweist, gehört zu dem sicheren Kern des Wortverständnisses. Nicht jede falsche Behauptung, sondern nur schwer durchschaubare ausreichen zu lassen, hieße, den einzig sicheren Rückschluss, den der Sprachgebrauch auf den Inhalt der Täuschungshandlung zulässt, aufzugeben. Das Vorliegen einer Täuschung davon abhängig zu machen, ob bei dem Opfer ein als schutzwürdig zu empfindendes Vertrauen festzustellen ist, oder ob das Opfer ganz generell als leichtgläubig bezeichnet werden muss, hieße somit, weitere, nicht aus dem Begriff der Täuschung herzuleitende Merkmale in den Tatbestand des § 263 StGB einzufügen. Aus diesem Grunde handelt es sich bei den vorgeschlagenen Einschränkungen im Bereich der Täuschungshandlung um teleologische Reduktionen,52 was im übrigen mit Ellmer auch ein Vertreter derartiger Einschränkungen anerkennt.53 Mit dieser Feststellung ist zwar noch nicht gesagt, dass die vorgeschlagenen Reduktionen per se unzulässig wären, sie wären jedoch als unnötig abzulehnen, wenn die Möglichkeit bestünde, Einschränkungen an anderer Stelle im Wege der Auslegung vorzunehmen. Abschließend kann somit festgehalten werden, dass das Täuschungsmerkmal keinen Spielraum liefert, im Wege der Auslegung Einschränkungen aufgrund der Leichtgläubigkeit des Opfers vorzunehmen. Ob an anderer Stelle ein Ansatzpunkt für die geforderten Einschränkungen durch eine Tatbestandsauslegung besteht, soll im folgenden näher untersucht werden. Nur wenn sich herausstellen würde, dass eine Einschränkung durch Auslegung nicht möglich ist, müsste eine Auseinandersetzung mit der Frage erfolgen, ob eine teleologische Reduktion vorliegend zulässig wäre.

49 Vgl. Hillenkamp, S. 136 f.; Ellmer, S. 287 f.; die Bezeichnungen Begriffskern und Begriffshof stammen von Philip Heck, Begriffsbildung und Interessenjurisprudenz, 1932, S. 52. 50 Vgl. Arzt MschrKrim 1984, 105 (112 f.). 51 Wittig, S. 236. 52 So im Ergebnis auch Schünemann NStZ 1986, 439 (442); Hennings, Teleologische Reduktion des Betrugstatbestandes aufgrund von Mitverantwortung des Opfers, S. 166; Döpfner, S. 174 f. 53 Vgl. Ellmer, S. 287.

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f) Exkurs: Einschränkung aufgrund von Wahrheitspflichten (1) Die Ansicht Kindhäusers Einen weit über die dargestellten Einschränkungsvorschläge hinausgehenden Ansatz bietet Kindhäuser.54 Sein Ansatz ist nicht an viktimologischen Erkenntnissen orientiert, kann aber gleichwohl neben vielen anderen Konstellationen auch in Fällen leichtgläubigen Opferverhaltens zu Einschränkungen führen und soll deshalb an dieser Stelle dargestellt werden. Kindhäuser geht, ähnlich wie auch Ellmer und Arzt davon aus, eine Täuschung setze mehr voraus, als eine bloß wahrheitswidrige Behauptung. Deshalb muss seiner Ansicht nach ein weiteres Kriterium erfüllt sein, um von einer strafrechtlich relevanten Täuschung zu sprechen. Dieses Kriterium sieht er in dem Erfordernis des Bestehens einer Wahrheitspflicht des Täters gegenüber dem Opfer.55 Begründet wurde dieses Erfordernis von Kindhäuser zunächst durch ein von der herrschenden Meinung abweichendes Rechtsgutsverständnis beim Betrug. Danach schützt § 263 StGB nicht das Vermögen allein,56 sondern sei vielmehr ein vermögensschädigendes Freiheitsdelikt.57 Die Freiheit des Opfers kann jedoch nach Kindhäusers früherer Einschätzung nicht durch jede wahrheitswidrige Behauptung verletzt werden, sondern nur durch solche, die unerlaubt den Handlungsspielraum des Täters zu Lasten des Opfers ausweiten; nur in diesen Fällen sei ein Recht auf Wahrheit des Opfers anzunehmen.58 Ein Recht auf Wahrheit setzt demnach einen Grund voraus, ein solcher Grund wird insbesondere bei leicht durchschaubaren Lügen regelmäßig nicht vorliegen.59 Die These, der Betrug sei ein vermögensschädigendes Freiheitsdelikt hat Kindhäuser inzwischen aufgegeben.60 Gleichwohl hält er an dem Erfordernis einer Wahrheitspflicht fest, begründet dies jedoch nun mit der Konstruktion des Betrugs als mittelbare Täterschaft.61 Danach ist, um eine derartige mittelbare Täterschaft zu begründen, mehr als eine einfache Lüge notwendig, dieses mehr könne in einer gegenüber dem Opfer bestehenden Pflicht zur Wahrheit gesehen werden. Als Kriterium der Differenzierung zwischen straflosen Lügen und einer strafbaren Täuschung soll nach Kindhäuser das Verantwortungsprinzip der objektiven Zurechnung dienen.62 54 Kindhäuser ZStW 103, 398 (398 ff.); ähnlich neuerdings auch Pawlik, Das unerlaubte Verhalten beim Betrug, S. 65 ff.; Munoz GA 2005, 129 (129 ff.). 55 Kindhäuser ZStW 103, 398 (403). 56 So aber die ganz herrschende Meinung, vgl.: BGHSt 3, 99 (99); 16, 220 (220); 16, 321 (325); 16, 367 (372); SK-Hoyer § 263, Rn. 7; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 1 / 2; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 3; Bockelmann, Kohlrausch-Festschrift, 226 (240). 57 Kindhäuser ZStW 103, 398 (398). 58 Vgl. Kindhäuser ZStW 103, 398 (399). 59 Vgl. Kindhäuser ZStW 103, 398 (403 ff.). 60 Kindhäuser, Bemmann-Festschrift, S. 339 (354 Fn. 40). 61 Kindhäuser, Bemmann-Festschrift, S. 339 (354). 62 Kindhäuser, Bemmann-Festschrift, S. 339 (354 f.); eine ähnliche Sichtweise vertritt ferner auch Pawlik, S. 65 ff.

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(2) Diskussion über ein Abstellen auf Wahrheitspflichten Gegen ein Abstellen auf Wahrheitspflichten können im Wesentlichen dieselben Einwände angeführt werden, die schon den anderen bei dem Täuschungsmerkmal ansetzenden Vorschlägen entgegengehalten werden konnten. Wie dort bereits verdeutlicht wurde, stellt der Umstand, dass eine falsche Behauptung eine Täuschung ist, den einzig sicheren Rückschluss dar, den der Wortlaut zulässt. Nicht jede falsche Behauptung, sondern nur solche genügen zu lassen, bei denen den Täter gleichzeitig Wahrheitspflichten treffen, hieße somit ebenfalls, weitere nicht dem Tatbestand zu entnehmende Merkmale hinzuzufügen. Auch hier läge mithin eine teleologische Reduktion vor, die nur dann in Betracht käme, wenn etwaige Einschränkungen nicht anders vorgenommen werden könnten. Der Ansatz Kindhäusers ist somit – wie auch die anderen bei dem Täuschungsbegriff ansetzenden Vorschläge – nicht geeignet, leichtgläubiges Opferverhalten im Wege der Auslegung zu berücksichtigen.

3. Ansatzpunkt Tatsachen Ein weiterer Vorschlag zur Erfassung leichtgläubigen Opferverhaltens setzt an bei dem Begriff der Tatsache. Auch dieser Ansatz soll nun dem überwiegenden Verständnis des Tatsachenbegriffs gegenübergestellt und diskutiert werden. a) Überwiegend vertretene Definition Überwiegend werden Tatsachen definiert als gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse, die empirisch überprüfbar und damit grundsätzlich dem Beweis zugänglich sind.63 Große Schwierigkeiten bereitet die Abgrenzung zu bloßen Werturteilen. In einigen Fallgruppen werden in Rechtsprechung und herrschender Lehre dabei durchaus Aspekte der Opfermitverantwortung berücksichtigt.64 Bei allen Abgrenzungsproblemen im einzelnen – auf die an späterer Stelle noch näher einzugehen sein wird65 – besteht dabei jedoch innerhalb der herrschenden Meinung Einigkeit darin, dass über den Tatsachenbegriff weder dem Einfältigen noch dem Leichtfertigen der strafrechtliche Schutz entzogen werden kann.66 63 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 8; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 6; Krey / Hellmann, BT II, S. 201; Lackner / Kühl § 263, Rn. 4 f.; LK-Tiedemann § 263, Rn. 9 f. 64 Vgl. dazu nur die Ausführungen in SK-Hoyer § 263, Rn. 20 f. und Tröndle / Fischer § 263, Rn. 8. 65 Vgl. dazu Gliederungspunkt F. III. 1. und F. III. 2. 66 Vgl. Tröndle JR 1974, 221 (224); LK-Tiedemann § 263, Rn. 93; SK-Hoyer § 263, Rn. 22.

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b) Die Ansicht Hilgendorfs Hilgendorf hingegen unternimmt an dieser Stelle einen inhaltlich an die Konzeption von Ellmer angelehnten Einschränkungsversuch, der bislang wenig Beachtung gefunden hat.67 Hilgendorf sieht in der weiten Tatsachendefinition der herrschenden Meinung nur einen ersten Schritt zur Bestimmung betrugsrelevanter Tatsachen. In einem zweiten Schritt ist seiner Ansicht nach zu fragen, ob die Aussage nach Einschätzung eines durchschnittlich gebildeten und geschäftserfahrenen Bürgers als zweifelhaft anzusehen ist. Sofern dies bejaht wird, liegt danach grundsätzlich keine betrugsrelevante Tatsache vor.68 Diese Sichtweise soll anschließend in einem dritten Schritt allerdings teilweise wieder relativiert werden, indem zu fragen ist, ob das Opfer geistig zurückgeblieben oder aus Altersgründen oder sonstigen Gesichtspunkten als in einer besonderen Schwächesituation befindlich angesehen werden kann.69 Ist dies zu bejahen, so soll in einem vierten Schritt in Anlehnung an die Kriterien Ellmers gefragt werden, ob das Opfer unter Berücksichtigung seiner individuellen Fähigkeiten grob fahrlässig gehandelt hat.70 c) Diskussion über ein Ansetzen bei dem Tatsachenbegriff Hilgendorf selber sieht in seinem Ansatz ein gut geeignetes Instrument, dem „viktimodogmatischen Ansatz bei § 263 StGB mit vergleichsweise geringem begrifflichen Aufwand Rechnung zu tragen“. Gegen die von ihm vorgeschlagenen Einschränkungen spricht jedoch, dass dem Begriff der Tatsache vom Wortlaut her weder zu entnehmen ist, dass ein Durchschnittsbürger die Behauptung nicht als zweifelhaft empfinden dürfte, noch dass bei geistig schwachen oder bei alten Menschen eine Fahrlässigkeitsprüfung vorzunehmen ist. Vielmehr entspricht es dem gängigen Sprachgebrauch, allein den Umstand, dass im Gegensatz zu einem Werturteil der Wahrheitsgehalt klar und unmissverständlich feststellbar ist, als charakteristisch für den Tatsachenbegriff anzusehen. Eine Einbeziehung zusätzlicher Kriterien verwischt somit die eigentlich klaren Konturen und schränkt den Begriff der Tatsache über das eigentliche Wortverständnis hinaus ein. An die Stelle des Wortlautes tritt bei einer Einbeziehung der Kriterien Hilgendorfs vielmehr eine normative Abwägung, die unabhängig von der eigentlichen Bedeutung des Tatsachenbegriffes ist. Dies wird umso deutlicher, wenn man die Kriterien Hilgendorfs auf die von ihm selber als mögliche Anwendungskonstellation angedeutete Fallgruppe der Anpreisungen71 anwendet. Ein Flugblatt mit völlig übertriebenen Anpreisungen enthielte beispielsweise bei Zugrundelegung der Kriterien Hilgendorfs keine 67 68 69 70 71

Hilgendorf, Tatsachenaussagen und Werturteile im Strafrecht, S. 199 ff. Hilgendorf, S. 199 f. Hilgendorf, S. 202. Hilgendorf, S. 202. Vgl. Hilgendorf, S. 200.

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Tatsachen, sofern es einem verständigen Bürger ausgehändigt würde. Gelangte ein derartiges Flugblatt stattdessen zu einem geistig Schwachen, so würden nach den von Hilgendorf aufgestellten Kriterien aus denselben Behauptungen, die vorher reine Werturteile waren, wieder Tatsachen. Eine derartig normativ geprägte Auslegung sprengt den Rahmen dessen, was der Tatsachenbegriff an Auslegungsspielraum beinhaltet. Der Vorschlag Hilgendorfs überdehnt somit den Begriff der Tatsache und verbindet mit ihm Wertungen, für die der Begriff keinen Ansatzpunkt liefert und die er nicht zu leisten im Stande ist. Aus diesen Gründen ist auch der Tatsachenbegriff nicht als geeigneter Ansatz für Einschränkungen bei leichtfertigem Opferverhalten anzusehen. 4. Ansatzpunkt Kausalität der Täuschung für den Irrtum Einen Ansatz für mögliche Einschränkungen könnte jedoch die notwendige Verbindung zwischen der Täuschung des Täters und einem Irrtum des Opfers bieten. a) Herrschende Meinung: Äquivalenztheorie Ganz überwiegend wird als Bindeglied zwischen der Täuschung und dem Irrtum Kausalität im Sinne der Äquivalenztheorie als ausreichend empfunden.72 Die Täuschung des Täters muss danach den Irrtum lediglich verursacht haben, ob die Verursachung auch eine wahrscheinliche Folge der Täuschungshandlung darstellte, oder ob nur eine extreme Leichtgläubigkeit des Opfers dies ermöglichte, soll danach unerheblich sein. b) Naucke: Adäquanz Einen an das Merkmal der Kausalität anknüpfenden Ansatz verfolgt Naucke.73 Um zu verhindern, dass das Strafrecht zu einem „luxusartigen Dienst“ wird, der „Anhänglichkeit und Bequemlichkeit begünstigt“, schlägt er vor, anstelle der Äquivalenz auf die Adäquanz der Täuschungshandlung für den Irrtum abzustellen.74 Im Rahmen der Adäquanz will Naucke jedoch nicht, wie unter Vertretern der Adäquanztheorie allgemein angenommen, nach der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts nach allgemeiner Lebenserfahrung fragen,75 sondern stattdessen auf einen umfassend ausgebildeten Idealbürger abstellen.76 Zu fragen wäre danach, ob die 72 Tröndle / Fischer § 263, Rn. 36; SK-Hoyer § 263, Rn. 81; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 32; LK-Tiedemann § 263, Rn. 93; Krack / Loos JuS 1995, 204 (207). 73 Naucke, Peters-Festschrift, 109 (109 ff.). 74 Naucke, Peters-Festschrift, 109 (115 ff.). 75 Vgl. zur Adäquanztheorie im Allgemeinen nur Roxin, AT I, § 11, Rn. 39 ff. 76 Vgl. Naucke, Peters-Festschrift, 109 (115).

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Täuschung allgemein geeignet wäre, bei einem derartigen Idealbürger einen Irrtum hervorzurufen, entscheidend wäre also ein rein objektiver Maßstab.77 Ob eine Täuschung geeignet wäre, bei einem Idealbürger einen Irrtum herbeizuführen – so gesteht Naucke offen ein – ist demnach Ausdruck einer normativen Wertung.78 c) Diskussion über ein Ansetzen bei der Kausalität Fraglich ist, ob dem Ansatz Nauckes zugestimmt werden kann. Naucke selbst sieht in der Beschränkung der herrschenden Meinung auf die Äquivalenztheorie ein Verwischen der Unterschiede zwischen den Kernfällen und den Randfällen des Betruges.79 Die Einbeziehung von Adäquanzgesichtspunkten kann darüber hinaus seiner Meinung nach etwas erreichen, was weder der Täuschungsbegriff noch der Irrtumsbegriff leisten kann, nämlich den Täuschenden, den zu Täuschenden und die Situation gleichzeitig zu betrachten.80 Den Vorteil seines Ansatzes sieht Naucke zudem auch darin, dass er die Intensität der Täuschung ebenso wie die Gründe für die Täuschungsanfälligkeit des Opfers bewerten kann.81 In der Literatur ist der Vorschlag Nauckes, bei dem Kausalitätsmerkmal anzusetzen, überwiegend auf Ablehnung gestoßen,82 es finden sich jedoch auch vereinzelt zustimmende Beiträge.83 Gegen den Vorschlag Nauckes kann zunächst der auch ganz generell gegen die Adäquanztheorie vorgebrachte Einwand angeführt werden, dass er die Frage der Erfolgsverursachung mit der der Erfolgszurechnung vermengt,84 sich heute jedoch weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass es sich hierbei um unterschiedliche Prüfungsschritte handelt.85 Danach ist im ersten Schritt allein die Kausalität festzustellen, was mit Hilfe der Bedingungstheorie am besten möglich ist. Erst im zweiten Schritt ist dann zu fragen, ob der eingetretene Erfolg dem Täter objektiv zurechenbar ist. Nach heute gängigem Verständnis sind die im Rahmen der Adäquanztheorie relevanten Gesichtspunkte somit eigentlich im Rahmen der Frage der objektiven Zurechenbarkeit zu erörtern. Gegen den Vorschlag Nauckes wird ferner vorgebracht, die Wirklichkeit zeige, dass gerade auch plumpe Täuschungen geeignet seien, einen Irrtum hervorzurufen. Daher seien Irrtümer auf Grund von plumpen Täuschungen nicht inadäquat und damit auch vom Boden der Vgl. Naucke, Peters-Festschrift, 109 (118 f.). Vgl. Naucke, Peters-Festschrift, 109 (118). 79 Vgl. Naucke, Peters-Festschrift, 109 (111). 80 Vgl. Naucke, Peters-Festschrift, 109 (118). 81 Vgl. Naucke, Peters-Festschrift, 109 (118). 82 Vgl. nur Hillenkamp, S. 87 ff.; Ellmer, S. 157 f.; Kurth, S. 159 ff.; Gauger, Die Dogmatik der konkludenten Täuschung, S. 99. 83 Vgl. etwa Seelmann JuS 1982, 268 (270). 84 So auch Gauger, S. 99. 85 Vgl. dazu Roxin, AT I, § 11, Rn. 43 ff.; Roxin, Honig-Festschrift, 133 (136); Jescheck / Weigend, AT, S. 275 ff.; Triffterer, Bockelmann-Festschrift, 201 (213). 77 78

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Adäquanztheorie her als kausal anzusehen.86 Der Adäquanzbegriff könne daher das von Naucke mit ihm verbundene Anliegen nicht leisten.87 Diesem Einwand kann entgegengehalten werden, dass Naucke von der allgemeinen Adäquanztheorie gerade dadurch abweicht, dass er nicht allein fragt, ob die Täuschung nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet wäre, den Irrtum hervorzurufen, sondern dass er stattdessen einen umfassend ausgebildeten und geschäftlich erfahrenen Idealbürger zugrundelegt.88 Aus diesem Blickwinkel erscheint es als folgerichtig, Irrtümer bei plumpen Täuschungen als inadäquat anzusehen. Legt man also tatsächlich die Kriterien zugrunde, die Naucke mit dem Adäquanzbegriff verbindet, so erweist sich der Vorwurf, der Begriff könne die gewünschten Einschränkungen nicht leisten, als unberechtigt. Aus dem von Naucke vorausgesetzten besonderen Verständnis des Adäquanzmerkmals ergibt sich jedoch ein anderer, bedeutsamer Gesichtspunkt. Naucke gebraucht den allgemeinen Begriff der Adäquanz mit einem Verständnis, welches von dem zumindest bei dessen Anhängern auch für andere Delikte Geltung beanspruchenden Begriffsinhalt abweicht. Zudem scheint Naucke der Ansicht zu sein, nur im Rahmen des Betrugstatbestandes müsse der Adäquanzbegriff gelten, während ansonsten die Bedingungstheorie zur Bestimmung von Kausalität ausreichen würde. Ein derartiges Vorgehen widerspricht dem allgemeinen Rechtsinstituten zugrundeliegenden Gedanken, dass einige Begriffe gerade für alle Delikte einheitlich zu bestimmen sein sollten. Zu Recht wird Naucke daher vorgeworfen, eine „deliktsspezifische Zersplitterung“ des allgemeinen Merkmals der Kausalität zu bewirken89 und damit gegen das „Gesetz der logischen Stabilität“ zu verstoßen.90 Ferner wird gegen die Ansicht Nauckes von Hillenkamp der Vorwurf erhoben, es handele sich um eine teleologische Reduktion.91 Dagegen könnte man zunächst anführen, der Begriff der Kausalität beinhalte keinen einheitlichen Wortsinn, wie schon das diesbezüglich unterschiedliche Verständnis von Zivilrecht92 und Strafrecht zeige.93 Ferner ist höchst zweifelhaft, ob Institute des Allgemeinen Teils, die ja gerade dazu führen, dass der Tatbestand etwa mangels Kausalität überhaupt nicht erfüllt ist, als teleologische Reduktion betrachtet werden können.94 Beides bedarf an dieser Stelle jedoch keiner Vertiefung, da auch Hillenkamp eingesteht, generell könne die Anwendung der Adäquanztheorie nicht als teleologische Reduktion verstanden werden.95 Eine teleologische Reduktion sieht Vgl. Hillenkamp, S. 87; Hennings, S. 157; Kurth, S. 164 f. Vgl. Hillenkamp, S. 87. 88 So auch Ellmer, S. 157. 89 Vgl. Kindhäuser ZStW 103, 398 (405). 90 Vgl. Ellmer, S. 157. 91 Hillenkamp, S. 147. 92 Im Zivilrecht entspricht es der herrschenden Meinung die Kausalität nach der Adäquanztheorie zu bestimmen; vgl.: BGHZ 3, 261 (261); Palandt-Heinrichs vor § 249, Rn. 58. 93 So Wittig, S. 305. 94 Vgl. dazu unten Gliederungspunkt A. I. 5. c) (2) (e). 95 Hillenkamp, S. 147. 86 87

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Hillenkamp jedoch darin, dass Naucke nicht das gängige Verständnis von Adäquanz zugrundelegt, sondern es durch sein eigenes ersetzt.96 Diesem Einwand ist zuzustimmen. Eine deliktsspezifische Auslegung eines allgemeinen Rechtsinstitutes, welche sich mit dem diesbezüglich grundsätzlichen Verständnis nicht mehr deckt, bedeutet, deliktsspezifische Probleme zu verlagern und zu einer versteckten, eigentlich den Tatbestand des Deliktes auslegenden Wertung zu kommen. Die Wortlautgrenze wird dadurch umgangen, da Einschränkungen an ein nur vorgeblich allgemeines Merkmal geknüpft werden. Ein derartiges Vorgehen entspricht nicht dem Verständnis der Rechtsinstitute des Allgemeinen Teils als Haftungsgrundlage,97 sondern macht sie vielmehr zu einem speziell eingesetzten Institut zur Haftungsbeschränkung. Die von Naucke vorgeschlagene betrugsspezifische Verwendung der Adäquanztheorie stellt daher eine teleologische Reduktion dar und ist als solche abzulehnen, sofern die vorgeschlagenen Einschränkungen auch im Wege der Auslegung erreicht werden können. Auch das Erfordernis der Kausalität bietet somit keinen Ansatzpunkt, ohne die Vornahme einer teleologischen Reduktion zu einer Einschränkung des § 263 StGB bei leichtgläubigem Opferverhalten zu gelangen.

5. Ansatzpunkt objektive Zurechnung Ein weiterer Ansatzpunkt für Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten könnte jedoch das allgemeine Erfordernis der objektiven Zurechnung sein. Um dies zu untersuchen, wird zunächst wiederum die Position der herrschenden Meinung in Bezug auf das Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung dargestellt. Anschließend wird die diesbezüglich von Kurth vorgeschlagene Einschränkung über das Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung vorgestellt und zum Anlass genommen, sich im Rahmen der anschließenden Diskussion über den Vorschlag Kurths eingehend mit der Frage der Anwendbarkeit dieses Rechtsinstitutes im Rahmen des Betrugstatbestandes auseinander zu setzen. a) Die Position der herrschenden Meinung In der älteren Strafrechtsdogmatik bestand weitgehend Einvernehmen, dass die Kausalität die objektiven Anforderungen an das Täterverhalten vollumfänglich beschreibt. Unbillige Ergebnisse sollten vor allem durch eine Verneinung des Vorsatzes in den betreffenden Fällen vermieden werden. So führte etwa Welzel noch 1969 anhand des Schulfalles des Neffen, der seinen Erbonkel in einen Wald schickt, damit dieser dort vom Blitz getroffen werde, aus, dass der Vorsatz den zur Einwirkung auf das Geschehen mächtigen Willen voraussetze, eine Strafbarkeit bei 96 97

Vgl. Hillenkamp, S. 147. Vgl. zu diesem Begriff Honig, Frank-Festschrift I; 174 (195 ff.).

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einem tatsächlich eingetretenen Tod durch Blitzschlag also am Vorsatz scheitere.98 Derartige Argumentationen stießen auf Bedenken, da etwa in dem angeführten Beispielsfall der Neffe den Tod des Onkels in der tatsächlich eingetretenen Weise wollte. Mehr und mehr setzte sich daher die Erkenntnis durch, dass das Problem der Vermeidung unbilliger Ergebnisse in bestimmten Fallgruppen nicht ausschließlich im Rahmen des Vorsatzes gelöst werden kann, sondern es schon im Bereich des objektiven Tatbestandes das Erfordernis von normativen Beschränkungen gibt. Um derartige Beschränkungen leisten zu können, wurde die Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelt. Von der Kausalität getrennte normative Zurechnungserwägungen machte Honig schon im Jahre 1930.99 Die erste ausführlichere Auseinandersetzung mit diesem Problemkreis lieferte Hardwig 1957, er forderte insbesondere, nicht jede Verursachung, sondern nur die „einer Steuerungspflicht und Steuerungsmöglichkeit unterliegende“ einzubeziehen.100 Eine erste umfassende Konzeption zu dem, was heute unter der Lehre der objektiven Zurechnung verstanden wird, machte Roxin 1970.101 In der Rechtsprechung wurde die Lehre von der objektiven Zurechnung bislang lediglich in einigen Fällen, vor allem bei Fahrlässigkeitsdelikten, übernommen.102 Bei Vorsatzdelikten tendiert die Rechtsprechung nach wie vor zu einer Lösung im subjektiven Tatbestand über die Rechtsfigur der Abweichung zwischen vorgestelltem und tatsächlichem Kausalverlauf,103 greift in diesem Zusammenhang jedoch inzwischen auch auf Kriterien der objektiven Zurechnung zurück.104 In der Literatur ist die Lehre der objektiven Zurechnung heute weitgehend anerkannt.105 Sie lässt sich auf die Grundformel reduzieren, dass ein Erfolg dem Täter nur dann objektiv zugerechnet werden kann, wenn er ein unerlaubtes Risiko geschaffen hat, welches sich im konkreten Erfolg realisiert hat.106 Unter den Begriffen des unerlaubten Risikos und der Realisierung des Risikos wurden wiederum verschiedene Themenbereiche kategorisiert, in denen eine Zurechnung scheitern sollte.107 Relevant für die hier zu behandelnden Fälle des leichtgläubigen Opferverhaltens könnten insbesondere die Fallgruppen der eigenverantVgl. Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 66 ff. Honig, Frank-Festschrift I, 174 (179 ff.). 100 Hardwig, Die Zurechnung. Ein Zentrales Problem des Strafrechts, S. 143 ff. 101 Roxin, Honig-Festschrift, 133 (133 ff.). 102 BGHSt 32, 262 (262); BGH NStZ 1985, 22 (25) bezüglich eigenverantwortlicher Selbstgefährdungen; BGHSt 11, 1 (1 ff.) zu § 222 StGB BGHSt 33, 61 (61 ff.) zu § 229 StGB; BGH NJW 1971, 152 (152) zu § 227 StGB. 103 Vgl. BGHSt 7, 325 (325 ff.); 14, 193 (193 ff.); 23, 133 (133 ff.); NStZ 2001, 29 (29 ff.). 104 Wessels / Beulke, AT § 7, Rn. 260. 105 Schroeder, Androulakis-Festschrift, 2003, 651 (668) formuliert, die Lehre von der objektiven Zurechnung sei seit Mitte der achtziger Jahre in allen gängigen Lehrbüchern und Kommentaren zum deutschen Strafrecht anerkannt. 106 Vgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 47; Wessels / Beulke, Rn. 179. 107 Zu einer genauen Darstellung dieser Themenbereiche vgl. etwa Roxin, AT I, § 11, Rn. 53 ff. 98 99

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wortlichen Selbstgefährdung108 und die der Zuordnung zu einem fremden Verantwortungsbereich109 sein. Beiden Fallgruppen ist gemeinsam, dass sie sich nicht vollständig aus den Oberbegriffen des erlaubten Risikos und der Erfolgsrealisierung herleiten lassen. So sind etwa auch Fälle denkbar, in denen trotz der Schaffung eines unerlaubten Risikos die Zurechnung scheitern soll, weil das Opfer sich eigenverantwortlich selbstgefährdet hat. Um dies zu erreichen, wurde von Vertretern der objektiven Zurechnungslehre als weiteres Kriterium das des bereits aus dem Zivilrecht bekannten Schutzzwecks der Norm entwickelt, in dessen Rahmen sich Aspekte wie eine Selbstgefährdung oder die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen behandeln lassen.110 Die größte Bedeutung hat die Lehre von der objektiven Zurechnung bislang im Bereich der Fahrlässigkeitsdelikte, ihre Anwendbarkeit auch im Rahmen von Vorsatzdelikten ist umstritten, wird überwiegend jedoch anerkannt.111 Die Hauptanwendungsbereiche der objektiven Zurechnung sind die Tötungs- und Körperverletzungsdelikte, überwiegend wird sie jedoch bei allen Verletzungsdelikten, also auch beim Betrug für anwendbar gehalten.112 Der genaue Umfang einer Einbeziehung von Zurechnungsgesichtspunkten bei § 263 StGB ist noch weitgehend ungeklärt, jedoch liegen vereinzelte Vorschläge zu der Einbeziehung von Gesichtspunkten der objektiven Zurechnung beim Betrug in einigen Konstellationen vor.113 Abschließend lässt sich die Position der herrschenden Meinung bei allen Unsicherheiten im Detail jedoch wohl dahingehend beschreiben, dass zumindest in der vorliegenden Fallgruppe des leichtgläubigen Opferverhaltens kein Entfallen der objektiven Zurechenbarkeit anzunehmen sei.114 b) Kurth: Begrenzung durch objektive Zurechnung Demgegenüber soll nach Ansicht Kurths eine besondere Leichtgläubigkeit des Opfers in bestimmten Fällen die objektive Zurechnung entfallen lassen.115 Anders als Naucke will Kurth dabei jedoch nicht auf einen objektiven Maßstab abstellen, sondern die individuellen Fähigkeiten des Opfers berücksichtigen.116 Zur BegrünVgl. etwa Wessels / Beulke, Rn. 185 ff.; Roxin, AT I, § 11, Rn. 106 ff. Roxin, AT I, § 11, Rn. 137 ff. 110 Vgl. zu dieser Konzeption Roxin, AT I, § 11, Rn. 105 ff.; auf die teilweise Überschneidung der verschiedenen Oberbegriffe und die daraus resultierende abweichende Einordnung des Schutzzwecks der Norm durch einige Autoren soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden, vgl. dazu jedoch weiter unten unter Gliederungspunkt A. I. 5. c) (1) (c). 111 Vgl. dazu unten unter Gliederungspunkt A. I. 5. c) (1) (b). 112 So etwa Roxin, AT I, § 11, Rn. 53; vgl. zur ausführlichen Erörterung dieser Frage unten unter Gliederungspunkt A. I. 5. c) (1) (d). 113 Vgl. etwa Rengier, Roxin-Festschrift, 810 (819 ff.); Manzano in Schünemann, MadridSymposium, 219 (219 ff.); Gonzales in Schünemannn, Strafrechtssystem und Betrug, 115 (115 ff.); Kurth, S. 169 ff. 114 Vgl. SK-Hoyer § 263, Rn. 81; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 36. 115 Kurth, S. 160 ff. 108 109

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dung stellt Kurth auf den Schutzzweck der Norm ab.117 Bei der Ermittlung des Schutzzwecks will er neben dem Sinn und Zweck der Norm auch allgemeine Prinzipien wie das ultima-ratio-Prinzip und das Prinzip der Eigenverantwortlichkeit heranziehen.118 Das Ergebnis stellt sich für ihn danach als eine Wertung dar, die aufgrund einer Abwägung zwischen Schutzwürdigkeits-, Geeignetheits-, und Erforderlichkeitserwägungen zu erfolgen hat.119 Eine genauere Ausdifferenzierung dieses Ansatzes versucht Kurth dadurch zu erreichen, dass er bestimmte Fallgruppen entwickelt, in denen es nicht dem Schutzzweck der Norm entsprechen soll, die eingetretene Rechtsgutsverletzung zu verhindern und in denen infolge dessen eine Strafbarkeit mangels objektiver Zurechenbarkeit des Irrtums zu der von dem Täter verübten Täuschung entfallen soll.120 c) Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung Im folgenden soll untersucht werden, ob dem Ansatz Kurths zugestimmt werden kann. Gegen ein Ansetzen bei dem Kriterium der objektiven Zurechnung wurde eine Vielzahl von Argumenten vorgetragen. Bestritten wird dabei zum Teil schon die generelle Anwendbarkeit des Rechtsinstituts der objektiven Zurechnung auf den Betrugstatbestand.121 Daneben ist innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung umstritten, ob auch der Aspekt des Schutzzwecks der Norm davon umfasst ist oder ob dieser bei den jeweiligen Tatbestandsmerkmalen zu behandeln ist.122 Gegen ein Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung speziell in Fällen besonderer Leichtgläubigkeit wurde zudem der Einwand erhoben, man könne Probleme des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches nicht mit Rechtsinstituten des Allgemeinen Teils lösen.123 Ferner wird der Einwand erhoben, eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhanges in Fällen besonderer Leichtgläubigkeit mache aus einer Mitverantwortung des Opfers eine alleinige.124 Darüber hinaus wird behauptet, auch eine leicht durchschaubare Täuschung stelle eine Vgl. Kurth, S. 166 f. Kurth, S. 171; vgl. zu dem Vorschlag, Fälle besonderer Leichtgläubikeit anhand des Kriteriums des Schutzzwecks der Norm zu behandeln auch die kurzen Ausführungen von Seelmann JuS 1982, 268 (270); Kurth zustimmend auch Manzano in Schünemann, MadridSymposium, 219 (224). 118 Kurth, S. 172, 177 ff. 119 Kurth, S. 175. 120 Vgl. Kurth, S. 183 ff. 121 Vgl. etwa Hillenkamp, S. 26; Gonzales in Schünemann, Strafrechtssystem und Betrug, 115 (123). 122 Für eine Behandlung bei den einzelnen Tatbestandsmerkmalen vgl. etwa Frisch, Tatbestandsmäßiges Verhalten und Zurechnung des Erfolges, S. 35; Wittig, S. 139 f. 123 Vgl. Ellmer, S. 161; Schünemann in Schünemann, Strafrechtssystem und Betrug, 51 (69), Hennings, S. 162. 124 Vgl. Hillenkamp, S. 44, 55; Ellmer, S. 164. 116 117

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rechtlich missbilligte Gefahr dar und könne die Zurechnung somit nicht ausschließen.125 Wie schon gegenüber der Ansicht Nauckes findet sich daneben auch gegenüber der von Kurth vorgeschlagenen Einschränkung der Einwand, das allgemeine Merkmal der objektiven Zurechnung werde deliktsspezifisch verändert.126 Zuletzt sieht sich auch der von Kurth vorgebrachte Ansatz dem Einwand ausgesetzt, es handele sich um eine unzulässige teleologische Reduktion.127 All diese Einwände sollen im Folgenden der Reihe nach ausführlich auf ihre Stichhaltigkeit hin überprüft werden. (1) Generelle Bedenken gegen objektive Zurechnung bei § 263 StGB Zunächst soll dabei auf die generellen Bedenken gegen eine Einbeziehung des Kriteriums der objektiven Zurechnung im Rahmen des Betrugstatbestandes eingegangen werden. (a) Existenz des Rechtsinstitutes der objektiven Zurechnung Wie bereits dargestellt, entspricht es inzwischen der ganz überwiegenden Meinung im Schrifttum, dass die Erfolgszurechnung schon objektiv mehr voraussetzt als bloße Kausalität.128 Sehr vereinzelt wird jedoch basierend auf einem finalen Verständnis des Handlungsbegriffes vorgebracht, es handele sich bei den im Rahmen der objektiven Zurechnung diskutierten Fällen ausnahmslos um Probleme des Vorsatzes.129 Um nicht den Rahmen der Arbeit zu sprengen, soll auf diese generelle Diskussion nicht näher eingegangen werden, stattdessen wird im Folgenden diesbezüglich die Position der herrschenden Meinung zugrundegelegt. (b) Anwendbarkeit auf Vorsatzdelikte Vereinzelt wird die Anwendbarkeit auf Vorsatzdelikte mit der Behauptung bestritten, in derartigen Fällen seien entweder alle unter Zurechnungsgesichtspunkten erörterten Aspekte vom Vorsatz erfasst, dann liege eine Straftat vor, oder der Vorsatz erfasse diese Aspekte eben nicht, dann scheitere eine Strafbarkeit zumindest aus vollendetem Delikt.130 Nach ganz überwiegender Ansicht ist das 125 Vgl. Krack, List als Straftatsbestandsmerkmal, S. 67 f.; Ellmer, S. 162; Hennings, S. 161; Gauger, S. 101. 126 Ellmer, S. 164. 127 Vgl. etwa Schünemann NStZ 1986, 439 (442); Ellmer, S. 154. 128 Vgl. dazu Gliederungspunkt A. I. 5. a). 129 Vgl. Struensee GA 1987, 97 (98 ff.); Baumann / Weber / Mitsch, AT, § 14, Rn. 79; Ramirez, Kaufmann-Gedenkschrift, 213 (235 f.); Küpper, Grenzen der normativierenden Strafrechtsdogmatik, S. 85 ff. 130 Vgl. Kaufmann, Jescheck-Festschrift, 251 (261 f.); Koriath, Grundlagen strafrechtlicher Zurechnung, S. 535 f.; Küpper, S. 91 ff.; Hirsch, Köln-Festschrift, 399 (404 ff.).

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Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung auch auf Vorsatzdelikte anwendbar,131 da eine Reduzierung der Gesichtspunkte auf ein reines Vorsatzproblem viele Konstellationen wie etwa den bereits dargestellten Erbonkelfall nicht befriedigend lösen können.132 Auch diese Problematik soll hier nicht umfassend erörtert werden, auch hier wird im Folgenden die Sichtweise der herrschenden Meinung, dass das Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung auch auf Vorsatzdelikte anwendbar ist, zugrundegelegt. (c) Schutzzweck der Norm als Teil der objektiven Zurechnung Über die richtige Einordnung des Topos „Schutzzweck der Norm“ werden verschiedene Ansichten vertreten. Die genaue dogmatische Einordnung ist auch für die nachfolgende Diskussion von Bedeutung, sie hat beispielsweise Einfluss auf die Frage, ob der noch zu behandelnde Einwand, das Vorliegen einer Täuschung impliziere, dass eine rechtlich missbilligte Gefahr vorliegt,133 sich als stichhaltig erweist. In der Literatur wird ganz überwiegend angenommen, dass die Frage, ob das Erfassen eines Erfolges vom Schutzzweck der Norm gedeckt wird, eine Frage der objektiven Zurechnung ist.134 Unklarheit besteht ausgehend von dieser Prämisse über die genaue Stellung der Schutzzweckprüfung im Rahmen der objektiven Zurechnung. Hauptsächlich wird dabei eine auf Roxin zurückgehende Konzeption vertreten, wonach die Frage nach dem Schutzbereich eine gesondert zu stellende und unabhängig von der rechtlich missbilligten Gefahr und deren Realisierung stehende ist.135 Nach dieser Konzeption ist in einem ersten Schritt zu klären, ob es sich um eine rechtlich missbilligte Gefahr handelt, im zweiten ob sich diese realisiert hat und erst danach, ob auch der Schutzzweck der Norm Erfolge der eingetretenen Art erfasst. Eine andere Konzeption integriert den Topoi des Schutzzwecks der Norm in die Frage, ob eine rechtlich missbilligte Gefahr vorliegt.136 Danach genügt nicht jede Missbilligung durch die Rechtsordnung, sondern es muss gerade eine dem Schutz des durch den Straftatbestand geschützten Rechtsguts dienende Verhaltensnorm überschritten worden sein, damit von einer rechtlich missbilligten Gefahr gesprochen werden kann. Eine dritte Konzeption integriert den Aspekt des Schutzzwecks der Norm in die Frage nach der Realisierung des 131 Vgl. Roxin, AT, § 11, Rn. 44 ff.; Otto, Maurach-Festschrift, 91 (96); Wolter GA 1977, 257 (257 f.); Ebert Jura 1979, 561 (561 ff.); Kienapfel JZ 1984, 751 (752); Maiwald JuS 1984, 439 (440); Stree JuS 1985, 179 (181); Kratzsch, Verhaltenssteuerung und Organisation im Strafrecht, S. 360 ff.; Eschenbach Jura 1992, 637 (641). 132 Vgl. dazu Gliederungspunkt A. I. 5. a). 133 Vgl. dazu Krack, S. 67 f.; Ellmer, S. 162; Hennings, S. 161; Gauger, S. 101. 134 Vgl. dazu schon unter Gliederungspunkt A. I. 5. a). 135 Vgl. Roxin, Honig-Festschrift, 133 (141); Roxin, Gallas-Festschrift, 241 (243); Roxin, Tröndle-Festschrift, 177 (185); Roxin, AT I, § 11, Rn. 105 ff.; vgl. zu dieser Konzeption auch Ebert Jura 1979, 561 (575); Stratenwerth / Kuhlen, Strafrecht 1, S. 98 f. 136 Vgl. Wessels / Beulke, AT, Rn. 182.

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missbilligten Risikos.137 Danach ist zu fragen, ob sich tatsächlich das missbilligte Risiko oder ein anderes, nicht vom Schutzzweck der Norm gedecktes Risiko realisiert hat. Alle drei Konzeptionen kommen jedoch zu gleichen Ergebnissen, sofern sie richtig angewandt werden. Es muss somit nicht entschieden werden, welcher Konzeption zu folgen ist; wichtig ist allein, sich stets den Unterschied zwischen der generellen Frage nach der Missbilligung durch die gesamte Rechtsordnung – nach der erstgenannten Konzeption – und der Reduzierung des Begriffes der rechtlich missbilligten Gefahr auf vom Schutzzweck umfasste Gefahren – nach der zweiten und dritten Konzeption – zu verdeutlichen und bei der Argumentation zu berücksichtigen. Eine grundsätzlich von der dargestellten Sichtweise der herrschenden Lehre abweichende Konzeption hat Frisch entwickelt.138 Danach sollen die Fragen nach dem Schutzzweck der Norm und danach, ob eine rechtlich relevante Gefahr vorliegt, schon bei dem tatbestandsmäßigen Verhalten erörtert werden. Die Bedeutung der Lehre von der objektiven Zurechnung soll sich danach allein auf die Frage erstrecken, ob sich die Gefahr im konkreten Erfolg realisiert hat. Die von ihm vorgeschlagene Konzeption hält er für erforderlich, um zu verhindern, dass das Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung zu einer „Superkategorie des Strafrechts“ wird.139 Zudem sei es für den einzelnen Bürger wichtig zu erfahren, ob sein Verhalten rechtlich einwandfrei war oder nicht.140 Die Konzeption von Frisch ist jedoch schwerwiegenden Bedenken ausgesetzt. Zum einen kann auch eine klare Trennung zwischen rechtlich missbilligter Gefahr und deren Realisierung im Rahmen der objektiven Zurechnung dem Bürger deutlich machen, ob sein Verhalten rechtlich einwandfrei war oder nicht.141 Ferner bietet, wie bereits dargelegt wurde, insbesondere der Täuschungsbegriff schon vom Wortlaut her keinen Ansatzpunkt, um normative Erwägungen im Wege der Auslegung zu berücksichtigen.142 Allein das Beispiel des Betrugstatbestandes verdeutlicht somit, dass die von Frisch vorgeschlagene Konzeption letztlich dazu führt, Tatbestandsmerkmale durch normative Kategorien aufzublähen, die mit dem Wortsinn nichts gemeinsam haben. Aus diesem Grunde soll der Diskussion im Folgenden die von der herrschenden Meinung vorgeschlagene Konzeption zugrunde gelegt werden. Im Rahmen der kritischen Würdigung kann es dabei jedoch durchaus hilfreich sein zu analysieren, auf welcher Konzeption einzelne Argumente beruhen beziehungsweise ob sie mit der zugrunde gelegten Konzeption der herrschenden Meinung übereinstimmen. Besonders bei der Diskussion des Einwands, schon die Täuschung impliziere eine rechtlich missbilligte Gefahr, wird dies genauestens zu berücksichtigen sein.143 137 Vgl. S / S-Lenckner vor § 13, Rn. 95 / 96; Jescheck / Weigend, AT, S. 287 f.; LKJescheck vor § 13, Rn. 64 ff. 138 Frisch, S. 31 ff. 139 Frisch, S. 31. 140 Frisch, Roxin-Festschrift, 212 (234). 141 So auch Roxin, AT I, § 11, Rn. 52. 142 Siehe dazu unter A. I. 2. e).

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(d) Anwendbarkeit auf § 263 StGB Umstritten ist ferner, ob das Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung generell auf den Betrugstatbestand anwendbar ist. Ein Großteil der Literatur äußert sich nicht explizit zu dieser Frage, nimmt jedoch stillschweigend an, dass im Rahmen von § 263 StGB allein die Bedingungstheorie genüge.144 Andere Autoren wiederum sprechen sich nicht explizit für eine Einbeziehung des Rechtsinstitutes der objektiven Zurechnung aus, fordern jedoch in verschiedenen Konstellationen eine inhaltlich an den Kriterien dieses Rechtsbegriffes orientierte Auslegung des Täuschungsmerkmales.145 Einige Autoren gehen demgegenüber von der Anwendbarkeit des Rechtsinstitutes der objektiven Zurechnung beim Betrug aus und sprechen sich in verschiedenen Fallgruppen für eine Unterbrechung des Zurechnungszusammenhanges aus.146 Gegen die Anwendbarkeit der objektiven Zurechnung beim Betrug könnte sprechen, dass § 263 StGB die Besonderheit aufweist, dass im Tatbestand die Kausalkette detailliert beschrieben wird. Aus diesem Umstand könnte man schließen, dass diese genaue Beschreibung weitere normative Erwägungen überflüssig mache.147 Diesen Bedenken kann jedoch entgegengehalten werden, dass auch § 263 StGB trotz der detaillierten Beschreibung ein Erfolgsdelikt ist.148 Zudem weist die Bedingungstheorie auch beim Betrug die typischen Unzulänglichkeiten auf. Als Beispiel dafür kann angeführt werden, dass eine Vielzahl von Verfassern einen funktionalen Zusammenhang zwischen der Täuschung und dem Irrtum oder zwischen dem Irrtum und der Vermögensverfügung fordern.149 Ferner zeigen auch die zumindest die Kriterien der objektiven Zurechnung aufgreifenden Ansichten, dass der Betrugstatbestand genügend Anlass bietet, über die Einbeziehung normativer Erwägungen nachzudenken. Aus diesen Gründen sprechen unabhängig davon, ob bei leichtgläubigem Opferverhalten der Zurechnungszusammenhang unterbrochen ist, zumindest keine grundlegenden Bedenken gegen die Anwendbarkeit der Lehre von der objektiven Zurechnung auf den Betrugstatbestand.

Vgl. dazu unten unter Gliederungspunkt A. I. 5. c) (2) (c). Vgl. Tröndle / Fischer § 263, Rn. 36; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 77; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT I, § 41, Rn. 67. 145 Vgl. Kindhäuser, Bemmann-Festschrift, S. 339 (354); Pawlik, S. 65; Gonzales in Schünemann, Strafrechtssystem und Betrug, 115 (134). 146 Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (820); Eisele ZStW 116, 15 (22); Jänicke, S. 289 f.; Manzano in Schünemann, Madrid-Symposium, 213 (221 ff.); Seier ZStW 102, 563 (573); Ebert Jura 1979, 561 (561 f.). 147 So etwa Protzen wistra 2003, 208 (211), der den Betrugstatbestand als „vertypte objektive Zurechnung“ bezeichnet. 148 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 5; NK-Kindhäuser § 263, Rn. 68. 149 Vgl. nur Cramer JZ 1971, 415 (415 f.); Lenckner NJW 1971, 599 (599 f.); Weidemann GA 1967, 238 (238 ff.); zu der Erörterung derartiger Ansätze vgl. Gliederungspunkt C. IV. 143 144

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(2) Bedenken gegen objektive Zurechnung in der konkreten Fallgruppe Wie bereits dargelegt, finden sich neben den vorliegend erörterten allgemeinen Bedenken eine Vielzahl von Argumenten, die sich speziell gegen eine Lösung des Problems des leichtgläubigen Opferverhaltens über das Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung richten. Auch diese sollen im Folgende kritisch gewürdigt werden. (a) Probleme des BT nicht mit AT-Instrumenten lösen Gegen ein Ansetzen bei dem Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung bei leichtgläubigem Opferverhalten wird angeführt, es handele sich dabei um ein Problem des Besonderen Teils des Strafgesetzbuches, welches nicht mithilfe eines Instrumentes des Allgemeinen Teils gelöst werden könne.150 Zur Begründung dafür wird angeführt, die Zurechnungslehre trage die Tendenz zur Verallgemeinerung in sich, da ihre Aufgabe darin bestehe, Kriterien zu schaffen, die für alle Delikte des Besonderen Teils Geltung haben, zu einer Festlegung ganz spezifischer Tatbestandsbereiche sei sie daher nicht in der Lage, so dass das Problem des leichtgläubigen Opferverhaltens vielmehr in einer streng tatbestandsbezogenen Analyse gelöst werden müsse.151 Gegen diese Argumentation lässt sich einwenden, dass sie die von der herrschenden Meinung zugrundegelegte Bedeutung von Schutzbereichsüberlegungen im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung verkennt. Danach ist der Schutzzweck der Norm natürlich durch eine streng tatbestandsbezogene Auslegung zu ermitteln. Gleichwohl werden danach bestimmte Aspekte bei der objektiven Zurechnung im Allgemeinen Teil angesiedelt, sofern die den Schutzbereichserwägungen zugrundeliegende Fragestellung verallgemeinerungsfähig ist.152 Um eine derart verallgemeinerungsfähige Frage handelt es sich auch bei dem Aspekt der Opfermitverantwortung, da die Frage ob ein Mitverschulden des Opfers sich auf die Strafbarkeit auswirken kann, eine allgemeine ist, die bei einer Vielzahl von Delikten zu beantworten ist.153 Aus diesem Grunde erscheint es konsequent, ja eigentlich unvermeidbar, den Aspekt der Opfermitverantwortung allgemein zu behandeln.154 Dass dabei natürlich der Schutzzweck durch eine tatbeVgl. Ellmer, S. 161; Wittig, S. 323; Hennings, S. 161. Vgl. Ellmer, S. 163. 152 Vgl. zur Bedeutung des Schutzzecks der Norm bei der objektiven Zurechnung auch Gliederungspunkt A. I. 5. c) (1) (c). 153 Vgl dazu auch Schünemann in Schünemann, Strafrechtssystem und Betrug, 51 (61), der von einem einzelne Straftatbestände übergreifenden Aspekt spricht und in der Viktimologie einen dogmatischen Zwilling der objektiven Zurechnung sieht, der jedoch den danach eigentlich konsequenten Schritt, viktimodogmatische Erkenntnisse über die objektive Zurechnung einzubeziehen, nicht geht. 154 Zu einem anderen Ergebnis lässt sich lediglich gelangen, sofern man mit Frisch den Aspekt des Schutzzwecks der Norm aus dem Bereich der objektiven Zurechnung herausnimmt und ihn stattdessen allein innerhalb der Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale für 150 151

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standsspezifische Auslegung ermittelt werden muss, ist nach dem Verständnis der herrschenden Meinung kein Widerspruch. Der Einwand, es handele sich um ein spezielles Problem des Besonderen Teils, welches daher auch dort zu lösen sei, erweist sich somit als unbegründet. (b) Fahrlässiges Opferverhalten kann Zurechnung nicht beseitigen Gegen ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung bei leichtgläubigem Opferverhalten führt insbesondere Ellmer an, ein nur fahrlässiges Opferverhalten könnte nicht bewirken, dass ein vom Täter vorsätzlich verwirklichter Erfolg diesem nicht zugerechnet werden könne.155 Zur Begründung dessen führt er aus, anderenfalls entstehe der Eindruck, das Verhalten des Opfers werde negativer bewertet als dasjenige des Täters, es komme mithin zu einer unangemessenen Abwertung des Opfers.156 Gegen diesen Einwand spricht, dass eine Unterbrechung der Zurechnung nicht gleichbedeutend damit ist, das Opferverhalten als negativer zu bewerten. Vielmehr besagt eine Unterbrechung der Zurechnung nur, dass dem Opferverhalten ein Stellenwert zukommt, der es nicht mehr zulässt, den Erfolg als alleiniges Werk des Täters anzusehen. Zudem spricht gegen das von Ellmer vorgebrachte Argument, dass dadurch generell die Möglichkeit verneint wird, im Rahmen der objektiven Zurechnung bei Vorsatzdelikten die verschiedenen Verantwortungssphären gegeneinander abzuwägen.157 Eine derartige Konsequenz steht im Widerspruch zu der in der Lehre von der objektiven Zurechnung vorherrschenden Dogmatik,158 ohne dass dazu näher Stellung genommen wird. Das von Ellmer vorgebrachte Argument ist daher nicht geeignet, eine Unterbrechung der Zurechnung zu verneinen, allenfalls ließe es sich heranziehen, um sich generell gegen Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten auszusprechen. Dies möchte indes auch Ellmer nicht, vielmehr spricht er sich, wie bereits dargestellt, ebenfalls für Einschränkungen, wenn auch am Täuschungsmerkmal, aus. Warum aber ein Ansetzen am Täuschungsmerkmal nicht in gleichem Maße wie ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung dem Einwand ausgesetzt sein soll, es führe zu einer unangemessenen Abwertung des Opfers, ist nicht ersichtlich. Der Einwand Ellmers widerspricht mithin auch den von ihm selbst formulierten Einschränkungsvorschlägen. Ellmer setzt sich mit dem vorgebrachten Einwand in Widerspruch zu seiner sonstigen Argumentation. Speziell mit einem Ansetzen bei der objektiven Zurechnung hat der Einwand jedenfalls nichts zu tun, sodass er nicht geeignet ist, den Vorschlag Kurths zu entkräften.

relevant hält. Zu den Bedenken gegen die Konzeption von Frisch siehe Gliederungspunkt A. I. 5. c) (1) (c). 155 Ellmer, S. 162. 156 Vgl. Ellmer, S. 164. 157 Ähnlich auch Jänicke, S. 254. 158 Vgl. nur Roxin, AT I, § 11, Rn. 106 ff.

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(c) Auch eine plumpe Täuschung beinhaltet eine rechtlich missbilligte Gefahr Gegen eine Lösung über das Rechtsinstitut der objektiven Zurechnung wird ferner vorgebracht, dieses sei bei einer konsequenten Anwendung überhaupt nicht zur Vornahme der geforderten Einschränkungen geeignet, da auch eine plumpe Täuschung eine rechtlich missbilligte Gefahr beinhalte und mithin die Zurechnung nicht ausschließe.159 Zur Begründung dessen wird zunächst vorgebracht, der qualitative Unterschied zwischen einer einfachen Täuschung und einer schwer durchschaubaren sei nicht ersichtlich.160 Diesem Einwand kann jedoch entgegengehalten werden, dass er letztlich nur die normative Frage betrifft, ob Einschränkungen vorzunehmen sind oder nicht. Eine Aussage über die generelle Eignung des Rechtsinstitutes der objektiven Zurechnung zur Behandlung dieses Problems ist damit nicht verbunden. Vielmehr macht der dargestellte Einwand deutlich, dass es sich bei der Frage, ob die Voraussetzungen für ein Entfallen der Zurechenbarkeit gegeben sind und insbesondere ob eine rechtlich missbilligte Gefahr vorliegt, um das Ergebnis eines Wertungsaktes handelt. Dieser Wertungsakt ist jedoch unabhängig von der Frage nach der generellen Eignung zur Vornahme von Einschränkungen und soll daher erst im Anschluss geprüft werden, nachdem der richtige Standort für etwaige Einschränkungen ermittelt wurde.161 Als weiteres Argument, warum auch bei einer leicht durchschaubaren Täuschung eine rechtlich missbilligte Gefahr vorliegen soll, wird von Ellmer angeführt, auch in derartigen Fällen sei ein Verstoß gegen die §§ 123, 826 BGB gegeben, das Vorliegen einer rechtlich missbilligten Gefahr sei ferner anhand der gesamten Rechtsordnung zu bestimmen, sodass dadurch die rechtliche Missbilligung der Gefahr begründet werde.162 Um dieses Argument zu analysieren, sind die bereits dargestellten methodischen Konzeptionen zur Behandlung des Aspektes des Schutzzwecks der Norm innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung heranzuziehen. 163 Danach kann der Aspekt des Schutzzwecks der Norm zum einen in die Lehre von der objektiven Zurechnung integriert werden, indem die Frage, ob eine rechtlich missbilligte Gefahr vorliegt, anhand der gesamten Rechtsordnung beurteilt wird und erst anschließend an die Frage nach der Realisierung der missbilligten Gefahr quasi in einem dritten Prüfungsschritt nach dem Schutzzweck der Norm gefragt wird. Eine andere Möglichkeit liegt darin, bei der Frage danach, ob ein rechtlich missbilligtes Risiko vorliegt, nur auf die konkrete Deliktsnorm abzustellen und dabei den Aspekt des Schutzzwecks der Norm zu berücksichtigen. Ferner kann die Prüfung des Schutzzwecks der Norm auch in die Frage integriert werden, ob sich das vom Täter gesetzte Risiko realisiert hat. All diese Vorgehensweisen führen wie bereits dar159 160 161 162 163

Vgl. Ellmer, S. 162; Hennings, S. 161; Gauger, S. 101; Krack, S. 67. Krack, S. 67 f. Vgl. dazu insbesondere unten unter Gliederungspunkt A. I. 6. d). Vgl. Ellmer, S. 162. Vgl. dazu Gliederungspunkt A. I. 5. c) (1) (c).

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gestellt bei konsequenter Anwendung zu den gleichen Ergebnissen. Da Ellmer bei der Bestimmung des rechtlich missbilligten Risikos die gesamte Rechtsordnung heranzieht, muss er danach gesondert den Schutzzweck der Norm untersuchen. Dies tut er dann auch, wenngleich ohne auf die bestehenden anderen Konzeptionen näher einzugehen, weiter unten bei der Frage des Risikozusammenhanges.164 Die dort angestellten Erörterungen behandeln letztlich wieder die Kernfrage, ob der Schutzzweck der Norm derartige Fälle erfasst oder nicht, liefern jedoch keine neuen Erkenntnisse für die Diskussion über den richtigen Standort etwaiger Einschränkungen. Festgehalten werden kann, dass man durchaus zu dem Ergebnis kommen kann, es liege ein rechtlich missbilligtes Risiko vor. Dies besagt jedoch dann noch nicht, dass eine Unterbrechung der Zurechnung nicht möglich ist, da bei einem derartigen Vorgehen der Aspekt des Schutzzwecks der Norm gesondert zu untersuchen ist. Ob eine rechtlich missbilligte Gefahr vorliegt, hängt somit davon ab, welcher Konzeption man folgt, hat jedoch auf die Frage der Unterbrechung des Zurechnungszusammenhanges selber keinen Einfluss. Auch die These, es liege ein rechtlich missbilligtes Risiko vor, ist somit nicht geeignet, Zweifel an einem Ansetzen bei der objektiven Zurechnung zu begründen. (d) Objektive Zurechnung wird deliktsspezifisch verändert Des weiteren wird, wie schon gegenüber der Ansicht Nauckes auch gegen ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung der Vorwurf erhoben, um Einschränkungen zu begründen, werde das Merkmal der objektiven Zurechnung deliktsspezifisch verändert.165 Danach beinhalte ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung in gleicher Weise wie der beim Kausalitätsmerkmal ansetzende Vorschlag Nauckes die Gefahr, gegen das Gesetz der logischen Stabilität zu verstoßen, da es versäumt worden sei, den notwendigen und konsequenten Schritt zur Verallgemeinerung zu tun.166 Gegenüber Naucke hat sich dieser Einwand als zum Teil berechtigt erwiesen.167 Kurth setzt jedoch anders als Naucke nicht bei der Kausalität, sondern bei der objektiven Zurechnung und dort speziell bei dem Gesichtspunkt des Schutzzwecks der Norm an. Das Wesen des Schutzzwecksgedankens liegt jedoch gerade darin, dass bei der Prüfung auf die jeweilige Norm abzustellen ist. Der Grund, warum dieser Aspekt trotzdem bei dem allgemeinen Merkmal der objektiven Zurechnung anzusiedeln ist, liegt darin, dass die Prüfung bei der Auslegung der jeweiligen Deliktsnorm allgemeine Aspekte wie etwa den Aspekt der Selbstgefährdung oder 164 Vgl. Ellmer, S. 162; fehlgehend insoweit die Kritik von Jänicke, S. 266 ff., der den Vorwurf erhebt, es werde die Definition des auf die gesamte Rechtsordnung abstellenden Verfahrens angewandt, dann aber der entscheidende zweite Schritt unterschlagen, sodass es letztlich zu einer von keiner der Konzeptionen zum Schutzzweck der Norm getragenen Lösung komme. 165 Vgl. Ellmer, S. 164. 166 Vgl. Ellmer, S. 164. 167 Vgl. Gliederungspunkt A. I. 4. c).

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den der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche berücksichtigt, die für alle Delikte gelten. Jegliche deliktsspezifische Auslegung der einzelnen Normen aus dem Bereich der objektiven Zurechnung verbannen zu wollen, würde diese Besonderheit des Aspektes des Schutzzwecks der Norm verkennen. Zuzugeben ist dem Einwand jedoch, dass gleichwohl gewissermaßen „Rahmenbedingungen“ existieren, sodass es nicht nur um eine isolierte Auslegung der Deliktsnorm geht. Als Beispiel dafür kann der vielfach bei dem Aspekt der Selbstgefährdung angeführte Grundsatz dienen, dass eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung grundsätzlich erst dort beginnen kann, wo der sich selbst Gefährdende das Risiko im selben Maße übersieht wie der Mitwirkende.168 In derartige allgemein zu dem Aspekt des Schutzzwecks der Norm entwickelte „Rahmenbedingungen“ müsste auch eine bei leichtgläubigem Opferverhalten ansetzende Lösung eingepasst werden. Eine solche Auseinandersetzung mit allgemeinen Vorgaben lässt Kurths Ansatz in der Tat vermissen. Dies führt jedoch nicht dazu, dass Einschränkungen über den Aspekt des Schutzzwecks der Norm im Rahmen der objektiven Zurechnung per se eine Sonderbehandlung darstellen. Vielmehr bedarf es stattdessen einer genaueren Anpassung der Opfermitverantwortungsaspekte an die allgemeinen Vorgaben. Inwieweit in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten vorgenommen werden können, wird dabei an späterer Stelle im Rahmen einer umfassenden Erarbeitung tauglicher Kriterien zu erörtern sein.169 Eine Behandlung des Aspektes des leichtgläubigen Opferverhaltens über die Lehre von der objektiven Zurechnung führt somit nicht zu einer deliktsspezifischen Andersbehandlung, vielmehr muss in diesem Rahmen eine Lösung gefunden werden, die in Übereinstimmung mit den allgemeinen Grundsätzen steht. Der Vorwurf, es finde eine deliktsspezifische Veränderung statt, trifft somit zwar möglicherweise den Ansatz Kurths insgesamt, da er versäumt hat, in den von ihm aufgestellten Fallgruppen eine Anpassung an die allgemein im Rahmen des Schutzzwecks der Norm geltenden Grundsätze vorzunehmen, vermag seinen Vorschlag, den Aspekt des leichtgläubigen Opferverhaltens im Rahmen des Rechtsinstituts der objektiven Zurechnung zu behandeln, jedoch nicht zu entkräften. (e) Auch Ansetzen bei objektiver Zurechnung ist eine teleologische Reduktion Gegen ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung wird jedoch des weiteren vorgebracht, es handele sich auch bei diesem Ansatz um eine teleologische Reduktion.170 Wie bereits erörtert, kann auch bei der Verwendung allgemeiner Rechtsinstitute in jedem Fall eine teleologische Reduktion vorliegen, sofern diese nicht in 168 Vgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 113; BGHSt 32, 262 (265); 36, 1 (17); BGHSt NStZ 1984, 452 (452); 1985, 25 (25 f.); 1986, 266 (266 f.). 169 Siehe dazu weiter unten unter Gliederungspunkt A. I. 7. 170 Vgl. Ellmer, S. 164; Döpfner, S. 213.

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der allgemein gültigen Weise angewandt werden, da es sich in derartigen Fällen um eine versteckte Auslegung des Tatbestandes handelt, bei der die Wortlautgrenze dadurch umgangen wird, dass Einschränkungen an ein vorgeblich allgemeines Merkmal geknüpft werden.171 Ein solches Vorgehen ist jedoch, wie bereits im vorstehenden Absatz erörtert wurde, in einem Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung nicht per se zu sehen. Nimmt man vielmehr bei der Behandlung der einzelnen Fälle leichtgläubigen Opferverhaltens eine genaue Anpassung an die allgemeinen, zum Aspekt des Schutzzwecks der Norm entwickelten Grundsätze an, so liegt in einer Einschränkung bei leichtgläubigem Opferverhalten gerade keine deliktsspezifische Sonderbehandlung. Eine teleologische Reduktion kann unter diesen Voraussetzungen in einer Anwendung der Lehre von der objektiven Zurechnung auf Fälle des leichtgläubigen Opferverhaltens nicht gesehen werden. Eine teleologische Reduktion könnte in dem vorliegenden Einschränkungsvorschlag somit nur dann gesehen werden, wenn die Lehre von der objektiven Zurechnung insgesamt eine teleologische Reduktion darstellen würde. Roxin sieht in der Analyse des Schutzzwecks der Norm im Rahmen der objektiven Zurechnung eine teleologische Reduktion, da mit ihrer Hilfe Verhaltensweisen aus dem Tatbestand eliminiert würden, die dem Deliktstyp nicht entsprächen, obwohl der Tatbestand seinem Wortlaut nach erfüllt wäre.172 Demgegenüber erscheint es jedoch durchaus auch denkbar, den im Rahmen der objektiven Zurechnung zu erörternden Schutzzweck der Norm ähnlich wie die Kausalität als allgemeines Erfordernis zu begreifen, welches bei jedem Tatbestand eingreift, sodass bei einem fehlenden Schutzzweckzusammenhang nicht davon gesprochen werden könnte, dass der objektive Tatbestand eigentlich erfüllt sei.173 Gestützt wird eine solche Sichtweise durch das Verständnis, welches Honig, einer der ersten, der Zurechnungsgedanken im Strafrecht etablierte, von diesem Rechtsinstitut hatte. Danach stellt die objektive Zurechnung ein konstitutives Tatbestandsmerkmal dar und bildet folglich die Grundlage, die eine Haftung erst ermöglicht.174 Ähnlich argumentiert auch Wolter, indem er hervorhebt, dass es sich bei dem Schutzzweck der Norm um ein sämtliche Straftatbestände betreffendes Zurechnungsprinzip handele, sodass keine teleologische Reduktion des einzelnen Tatbestandes anzunehmen sei.175 Für eine solche Sichtweise spricht, dass sich, wie bereits im vorherigen Absatz dargelegt wurde, eine etwaige Zurechnungsunterbrechung nur zum Teil aus einer Auslegung der jeweiligen Deliktsnorm ergibt. Den „Rahmen“, innerhalb dessen sich eine Zurechnungsunterbrechung aus dem Schutzzweck der jeweiligen Deliktsnorm ergeben kann, liefern vielmehr die allgemeinen und für alle Delikte geltenden, im Bereich der Lehre von der objektiven Zurechnung – und dort speziell bei der Frage nach dem Schutzzweck der Norm – aufgestellten Grundsätze. Diese Grundsätze 171 172 173 174 175

Siehe dazu bereits Gliederungspunkt A. I. 4. c). Vgl. Roxin, Klug-Festschrift, 303 (312). Ähnlich auch Jänicke, S. 256. Honig, Frank-Festschrift I, 174 (195 ff.). Wolter in Schünemann, Grundfragen des modernen Strafrechtssystems, 103 (117).

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können tatsächlich als eine für alle Delikte geltende Haftungsgrundlage angesehen werden. Da bei einer Schutzzwecksprüfung im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung derartige Grundsätze berücksichtigt werden müssen, handelt es sich – anders als bei Schutzzweckerwägungen direkt bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen der Deliktsnorm – nach der hier vertretenen Auffassung um keine teleologische Reduktion. Daher kann in einem Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung weder unter dem Gesichtspunkt einer Sonderbehandlung entgegen den allgemeinen Grundsätzen, noch unter Berücksichtigung allgemeiner Erwägungen zu dem Schutzzweckzusammenhang im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung eine teleologische Reduktion gesehen werden. (3) Ergebnis der Diskussion Die vorstehende Analyse der gegenüber einem Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung vorgebrachten Einwände zeigt, dass diese allesamt nicht geeignet sind, die Richtigkeit des Ansatzes zu widerlegen. Es kann somit festgehalten werden, dass einem Ansetzen bei der objektiven Zurechnung keine grundlegenden Bedenken entgegenstehen. Festgehalten werden kann daher zum einen, dass die Lehre von der objektiven Zurechnung auch im Rahmen des Betrugstatbestandes anwendbar ist. Ferner erweist sich ein Rückgriff auf diese Lehre speziell bei der zugrundeliegenden Konstellation des leichtgläubigen Opferverhaltens als hilfreich. Die Vorteile, die darin liegen, können zum einen darin gesehen werden, dass durch diese Verlagerung auf eine allgemeine Ebene eine Überdehnung des Wortlautes der besonderen Tatbestandsmerkmale des § 263 StGB verhindert werden kann. Die Analyse der anderen möglichen Ansatzpunkte für etwaige Einschränkungen hat gezeigt, dass es sich dabei ausnahmslos um teleologische Reduktionen handelt. Ein Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung ist somit die einzige Möglichkeit, zu Einschränkungen zu gelangen, ohne teleologische Reduktionen vorzunehmen. Zum anderen werden für die Lösung des Problems des leichtgläubigen Opferverhaltens klare allgemeine Vorgaben entwickelt, die es in einen über bloße – speziell im Rahmen des § 263 StGB entwickelte – Billigkeitserwägungen hinausgehenden größeren Zusammenhang einordnen können. Dass es sich bei dem Problem der Opfermitverantwortung nicht um ein spezielles Problem des Betrugstatbestandes, sondern um ein allgemeines bei einer Vielzahl von Delikten auftretendes handelt, ist auch unter Viktimologen weitgehend anerkannt.176 Die Verlagerung dieses Problems in den Allgemeinen Teil hin zu der Lehre von der objektiven Zurechnung, wo die Einbeziehung von die Opferseite berücksichtigenden Aspekten im übrigen weitgehend anerkannt ist,177 stellt mithin eine konsequente Schlussfolgerung aus dieser Erkenntnis dar. Zudem könnte dadurch ein gewichtiger Einwand, den Gegner viktimologischer Ansätze oftmals vorbringen, 176 177

Vgl. nur Schünemann in Schünemann, Strafrechtsystem und Betrug, 51 (61). Vgl. nur Roxin, AT I, § 11, Rn. 107 ff. zur Selbstgefährdung.

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entkräftet werden. Beispielsweise Frisch wirft etwa den Vertretern viktimologischer Ansätze vor, das von diesen zur Begründung von Einschränkungen angeführte Subsidiaritätsprinzip müsse bei jedem Tatbestand in einem immer neuen Gewand erscheinen.178 Diesem Einwand ist zuzustimmen. Es ist nicht erklärlich, warum der Aspekt der Opfermitverantwortung unter Berufung auf das Subsidiaritätsprinzip des Strafrechts beim Betrug etwa zu einer Verneinung des Täuschungsmerkmales führen sollte, während bei anderen Delikten die gleichen Erwägungen an anderen speziellen Tatbestandsmerkmalen festgemacht werden könnten. Derartige Bedenken können ausgeräumt werden, indem man das Problem der Opfermitverantwortung konsequent auf eine allgemeine Ebene verlagert. Das Institut der objektiven Zurechnung und insbesondere der Aspekt des Schutzzwecks der Norm bietet dafür den geeigneten Ansatzpunkt und liefert gleichzeitig allgemeingültige Vorgaben. Aus diesen Gründen bietet die Lehre von der objektiven Zurechnung den geeigneten Standort, um Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten vorzunehmen, sofern diese erforderlich sind. Nachdem somit der geeignete Standort für etwaige Einschränkungen gefunden ist, wird nun in einem nächsten Schritt erörtert, ob und bejahendenfalls aus welchen Gründen Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten tatsächlich notwendig sind. Anschließend wird dann in einem dritten Schritt gegebenenfalls zu erörtern sein, welche allgemeinen Vorgaben die Lehre von der objektiven Zurechnung diesbezüglich macht. Unter Berücksichtigung dessen werden dann Kriterien zur Problemlösung zu erarbeiten sein.

6. Sind bei leichtgläubigem Opferverhalten Einschränkungen vorzunehmen? Im Folgenden soll nun zunächst erörtert werden, ob in Fällen von leichtgläubigem Opferverhalten aus kriminalpolitischer Sicht Bedenken gegen Einschränkungen bestehen. Dabei wird zunächst die Position der deutschen Rechtsprechung zu diesem Thema dargestellt. Danach wird die in der Literatur diesbezüglich vorherrschende Meinung zusammengefasst. Anschließend kann speziell bei dem vorliegenden Problem leichtgläubigen Opferverhaltens ein Vergleich mit der diesbezüglichen Rechtslage in anderen europäischen Ländern weitere Erkenntnisse beisteuern. In einem vierten Schritt werden dann sämtliche diesbezüglich diskutierten Argumente erörtert, um dabei zur Bestimmung der eigenen Position zu gelangen. a) Position der Rechtsprechung Die Position der deutschen Rechtsprechung zu der Frage der Relevanz leichtgläubigen Opferverhaltens ist schwierig zu bestimmen. Zum Teil wird in derartigen 178

Frisch, Bockelmann-Festschrift, 647 (656).

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Fallgestaltungen die Leichtgläubigkeit des Opfers schlichtweg nicht erörtert,179 andere Entscheidungen erkennen wiederum zumindest Aspekte der Viktimologie, wie etwa die Relevanz der Opfermitverantwortung oder die Notwendigkeit der Abgrenzung von Verantwortungsbereichen, an.180 Eine konsequente Berücksichtigung leichtgläubigen Opferverhaltens lässt sich insgesamt nicht ausmachen, jedoch sollen im Folgenden einige relevante Entscheidungen dargestellt werden. Im Jahr 1986 stellte der BGH erstmals klar, dass der Umstand, dass das Opfer bei hinreichend sorgfältiger Prüfung die Täuschung hätte erkennen können, seiner Ansicht nach unerheblich ist.181 Diese Sichtweise hat in jüngeren Entscheidungen jedoch einige Einschränkungen erfahren. So verneinte etwa das OLG Koblenz einen Prozessbetrug, da die Behauptung, es gebe die eigene Rechtsansicht stützende Gerichtsentscheidungen, objektiv in keiner Weise geeignet sei, einen Irrtum des Richters herbeizuführen, weil das Gericht zur eigenverantwortlichen Rechtsermittlung verpflichtet sei.182 Übertrüge man das Kriterium der objektiven Geeignetheit auf Fälle leichtgläubigen Opferverhaltens, so müsste auch dort in einer Vielzahl von Fällen eine Täuschung abgelehnt werden. Es kann indes bezweifelt werden, ob das OLG Koblenz derartige Auswirkungen tatsächlich gewollt hat, vielmehr schien es um eine isoliert zu betrachtende Lösung von Fällen des Prozessbetruges zu gehen.183 Jedoch hat der BGH im Jahre 2001 den Fall rechnungsähnlich aufgemachter Angebote zur Veröffentlichung von Todesanzeigen im Internet zum Anlass genommen, um klarzustellen, dass es nicht zu dem vom Betrugstatbestand geschützten Rechtsgut gehört, sorglose Menschen gegen die Folgen ihrer eigenen Sorglosigkeit zu schützen.184 Dass der BGH in dem vorliegenden Fall anders als in bereits früher entschiedenen Fällen rechnungsähnlicher Angebote zu einer Betrugsstrafbarkeit gelangte, wurde damit begründet, dass bei der Frage, ob eine Täuschung vorliegt, auf die vom Erklärungsempfänger zu erwartenden (hier aufgrund der Trauersituation eingeschränkten) – typisierten – Sorgfaltspflichten abgestellt wurde,185 und mithin erstmals die Rolle des Opfers eine Berücksichtigung fand. Festgehalten werden kann somit, dass in der Rechtsprechung erste Tendenzen einer Berücksichtigung leichtgläubigen Opferverhaltens durchaus erkennbar sind, jedoch von einer durchgängigen Berücksichtigung noch nicht gesprochen werden kann.

Vgl. LG Mannheim NJW 1993, 1488 (1488) BGH vom 17. 12. 2002 – 1StR 412 / 02. Vgl. BGHSt 47, 1 (4 f.); OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364). 181 BGHSt 34, 199 (201). 182 OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364). 183 Wie problematisch derartig partielle Lösungen sind, wird an dem dargestellten Fall mehr als deutlich, er mag somit als weiteres Argument für ein Trennung normativer Erwägungen von einzelnen Tatbestandsmerkmalen dienen. Zu dem Versuch, in Fällen des Prozessbetruges zu überzeugenderen Lösungen zu gelangen, siehe unter Gliederungspunkt D. 184 BGHSt 47, 1 (4). 185 BGHSt 47, 1 (7), zu einem näheren Eingehen auf die Problematik rechnungsähnlicher Angebote vgl. Gliederungspunkt G. 179 180

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b) Position der vorherrschenden Lehre Nach Ansicht der vorherrschenden Lehre kann auch durch Behauptung gänzlich unwahrscheinlicher Umstände ein Betrug verübt werden.186 Andererseits soll bei „marktschreierischen“ Anpreisungen keine Betrugsstrafbarkeit vorliegen, angeblich weil es sich nicht um „ernsthafte“ Tatsachenbehauptungen handele.187 Nicht zu verkennen ist jedoch, dass in derartigen Fällen ebenfalls die Leichtfertigkeit des Opfers eine gewichtige Rolle spielt.188 Festgehalten werden kann jedoch, dass zumindest offen dem Aspekt der Leichtgläubigkeit des Opfers keine Relevanz zugesprochen wird.

c) Vergleich mit anderen europäischen Ländern Rechtsprechung und vorherrschende Lehre in Deutschland sprechen sich, wie bereits dargestellt, insgesamt eher gegen eine Berücksichtigung der Opfermitverantwortung bei Leichtgläubigkeit aus. Dies stellt im Vergleich zu anderen europäischen Ländern die Ausnahme dar. Am ehesten entspricht noch die Rechtslage in England dieser Sichtweise. Dort genügt jede Unehrlichkeit („dishonesty“), um eine Strafbarkeit zu begründen,189 selbst größte Leichtgläubigkeit des Opfers vermag den Betrugsvorwurf nicht zu entkräften.190 Auch in Österreich steht die leichte Erkennbarkeit der Unwahrheit einer Begründung der Betrugsstrafbarkeit nicht entgegen, mag die Lüge auch noch so plump gewesen sein, es sei denn, sie war zur Irrtumserregung völlig untauglich.191 Demgegenüber werden in Frankreich sehr detaillierte Anforderungen an die Täuschungshandlung gestellt, die dortige Konstruktion wird vielfach als Gegenmodell zu der Extremposition Deutschlands dargestellt.192 Erfasst werden lediglich „manœuvres frauduleuses“, also nur bestimmte betrügerische Machenschaften.193 Wann eine derart qualifizierte Täuschung vorliegt, dass von einem manœuvre frauduleux gesprochen werden kann, ist durch eine umfangreiche Rechtsprechung näher ausgestaltet.194 Eine einfache 186 Vgl. SK-Hoyer § 263, Rn. 22; LK-Tiedemann § 263, Rn. 93; Tröndle JR 1974, 224; Krack / Loos JuS 1995, 204 (208); Müller-Christmann JuS 1988, 108 (110 f.). 187 Vgl. LK-Tiedemann § 263, Rn. 14; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 9; SK-Hoyer § 263, Rn. 27; Hirsch ZStW 74, 78 (130); Kindhäuser, LPK-StGB, § 263, Rn. 60.; eine umfassende Erörterung der Problematik marktschreierischer Anpreisungen findet sich unter Gliederungspunkt F. 188 So auch Mühlbauer NStZ 2003, 650 (652). 189 LK-Tiedemann vor § 263, Rn. 87. 190 Hennings, S. 86. 191 Vgl. Ellmer, S. 210; Leukauf / Steininger § 146, Rn. 12; Kienapfel, BT II, S. 276. 192 Vgl. Danecker ZStW 108, 577 (588 f.). 193 Vgl. LK-Tiedemann vor § 263, Rn. 63. 194 Vgl. dazu die ausführliche Darstellung in Walter, Betrugsstrafrecht in Frankreich und Deutschland, S. 80 ff.

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Lüge, bei der das Opfer Anlass gehabt hätte, misstrauisch zu werden, soll jedenfalls nicht genügen.195 Angelehnt an dieses französische Betrugsmodell ist die Rechtslage in Belgien und den Niederlanden. Auch dort besteht weitgehend Einigkeit, dass eine Lüge im Geschäftsverkehr nur dann strafbar ist, wenn sie geeignet ist, auch einen vorsichtigen Menschen zu überlisten.196 In Italien wird von dem Opfer ein Mindestmaß an Klugheit erwartet, bei offensichtlicher Unwahrscheinlichkeit der Vortäuschung kommt eine Betrugsstrafbarkeit ebenfalls nicht in Betracht.197 Die Schweiz geht bezüglich der Täuschungshandlung einen Mittelweg, verglichen mit Deutschland auf der einen und dem französischen Modell auf der anderen Seite.198 Gefordert wird dort ähnlich dem deutschen Recht eine Vorspiegelung von Tatsachen, dadurch muss jedoch darüber hinaus eine „arglistige“ Irreführung des Opfers stattfinden.199 Arglist ist nach Ansicht des Schweizer Bundesgerichts dann abzulehnen, wenn der Gegner falsche Angaben ohne Mühe auf ihre Richtigkeit überprüfen kann,200 da nicht den Strafrichter anrufen soll, wer allzu leichtgläubig auf eine Lüge hereinfällt. 201 Inhaltlich liegt das Modell der Schweiz damit letztlich wieder auf einer Linie mit dem französischen Modell. Ähnlich zu der deutschen Betrugskonzeption mit einem weiten Täuschungsbegriff ist auch Art 248 des spanischen Strafgesetzbuches. Dort wird vollständig auf die Beschreibung der tatbestandsmäßigen Täuschungshandlungen verzichtet, eine Eingrenzung findet jedoch dadurch statt, dass die Täuschung hinreichend sein muss, um bei dem Opfer einen Irrtum hervorzurufen.202 Ob dies der Fall ist, wird dort anhand der Lehre von der objektiven Zurechnung bestimmt.203 Nicht zurechenbar ist ein Irrtum etwa auch dann, wenn er auf fahrlässigem Opferverhalten beruht.204 Auch in Spanien entfällt somit die Betrugsstrafbarkeit in einigen Fällen fahrlässigen Opferverhaltens. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in dem weit überwiegenden Teil der europäischen Nachbarländer Aspekte des Opfermitverschuldens – insbesondere einer besonderen Leichtgläubigkeit des Opfers – stärker berücksichtigt werden. Dies wird dort zumeist über einen gesetzlich enger gefassten Täuschungsbegriff erreicht, jedoch zeigt gerade der Vergleich zu Spanien, dass selbst bei einer gesetzWalter, S. 80 ff.; Hennings, S. 83. Vgl. Schaffmeister, Das niederländische Strafgesetzbuch, S. 157; Dannecker ZStW 108, 577 (588); Faure ZStW 108, 527 (530); Hennings, S. 84. 197 LK-Tiedemann vor § 263, Fn. 106; Ellmer, S. 227; Perrez, Der Betrug im italienischen und schweizerischen Strafrecht, S. 36 ff. 198 Stratenwerth, Schweizerisches Strafrecht Band I, § 10, Rn. 16 ff.; Trechsel, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Art 148, Rn. 7. 199 Vgl. Art. 148 Schweizerisches StGB. 200 BGE 72 IV 12 (12). 201 BGE 73 IV 225 (225). 202 Vgl. LK-Tiedemann vor § 263, Rn. 72. 203 Manzano in Schünemann, Madrid-Symposium, 213 (217). 204 Vgl. Manzano in Schünemann, Madrid-Symposium, 213 (217). 195 196

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lich sehr weit gefassten Täuschungshandlung eine Berücksichtigung nicht ausgeschlossen ist. Dass dort entsprechend der hier favorisierten Lösung der Ansatzpunkt bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung gesehen wird, mag als weiteres Argument auch für eine Einbeziehung dieses Korrektivs in den deutschen Betrugstatbestand gesehen werden. Je weiter der jeweilige Täuschungsbegriff gefasst ist, desto größer ist das Bedürfnis, an anderer Stelle detailliertere Wertungen vorzunehmen. Dass auch der deutsche Täuschungsbegriff verglichen mit den meisten europäischen Nachbarländern sehr weit gefasst ist, hat der Vergleich gezeigt. Inhaltlich stellt sich die Frage, welche Gründe es dafür gibt, dass Deutschland im Gegensatz zu vielen europäischen Nachbarländern keine Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten vornimmt. Eine Besonderheit, die derartige Unterschiede erklären könnte, scheint das in Deutschland verfassungsrechtlich vorgegebene Sozialstaatsprinzip zu sein.205 Zu bedenken ist jedoch, dass in Frankreich, einem Land mit ähnlicher sozialer Ausprägung, trotzdem Einschränkungen vorgenommen werden, während etwa in England, einem Land mit eher wirtschaftsliberaler Ausrichtung, ein Betrug auch bei noch so leichtgläubigem Opferverhalten möglich ist. Zudem kann, wie insbesondere ein Blick auf die vorgestellten relevanten Fallgruppen zeigt, die Leichtgläubigkeit nicht unbedingt mit sozialer Schwäche gleichgesetzt werden.206 Das Sozialstaatsprinzip in der hiesigen Ausprägung kann somit zwar als eine nationale Besonderheit im Hinterkopf behalten werden, spricht jedoch nicht generell gegen eine Berücksichtigung leichtgläubigen Opferverhaltens. Ob Einschränkungen sinnvoll sind, ist somit im Rahmen einer sich anschließenden gesellschafts- und kriminalpolitischen Abwägung zu erörtern. Aus rechtsvergleichender Sicht bleibt jedenfalls festzuhalten, dass Deutschland im Verhältnis zu seinen europäischen Nachbarländern eine ungewöhnlich weitgehende Betrugsstrafbarkeit vorsieht. d) Abwägung gesellschafts- und kriminalpolitischer Gesichtspunkte Gegen eine Berücksichtigung leichtgläubigen Opferverhaltens im Tatbestand des Betruges wird eine Vielzahl von Einwänden vorgebracht. Diese sollen zunächst dargestellt und anschließend auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden, um dadurch eine Antwort auf die Frage zu erhalten, ob aus gesellschafts- und kriminalpolitischer Sicht Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten als wünschenswert erscheinen. Als Einwand dagegen wird zunächst vorgebracht, Einschränkungen führten dazu, dass die Täuschung von Dummen straflos bliebe und nur die Täuschung eines intelligenten Menschen zu einer Betrugsstrafbarkeit führen könne.207 Zudem würde die Straflosigkeit dazu führen, dass besonders leichtgläuSo LK-Tiedemann vor § 263, Rn. 94. Vgl. dazu etwa die Fallgruppe der Abzahlungs- und Kreditgeschäfte unter Gliederungspunkt A. I. 1. a). 207 Vgl. Gauger, S. 100. 205 206

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bige Menschen noch mehr in Gefahr gerieten, Ziel von Betrügern zu werden.208 Ferner wird vorgebracht, erkläre man die Täuschung eines Leichtgläubigen für straflos, so entstehe dadurch ein Klima, in dem jeder in dem anderen einen potentiellen Feind sehen müsse.209 Außerdem erscheine es kriminalpolitisch unerträglich, wenn das Opfer neben dem Schaden auch noch den Spott ertragen müsste, der durch einen Freispruch hervorgerufen würde.210 All diese Einwände laufen letztlich auf den Vorwurf hinaus, die Vornahme von Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten beinhalte „sozialdarwinistische“ Tendenzen und schütze strukturell schwache Opfer nicht in ausreichendem Maße.211 Darüber hinaus wird vorgebracht, eine Abschichtung einfacher Täuschungen führe zu Unsicherheiten bei der Rechtsanwendung und sei daher auch mangels gangbarer Abgrenzungskriterien nicht praktikabel.212 Im folgenden wird nunmehr vor allem der Einwand untersucht werden, Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten seien letztlich eine inakzeptable Form des „Sozialdarwinismus“. Sollte sich dieser Einwand als nicht stichhaltig erweisen, so wäre es Aufgabe des darauffolgenden Abschnittes, zu einer Erarbeitung praktikabler Abgrenzungskriterien beizutragen. Ob Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten tatsächlich vor allem strukturell schwache Opfer träfen, soll anhand der am Anfang der Arbeit dargestellten Fallgruppen analysiert werden.213 Die erste angesprochene Fallgruppe beispielsweise behandelt Abzahlungsund Kreditgeschäfte. Die dortigen Opfer, vor allem große Warenhäuser und Banken, beziehen in ihre Kalkulation mit ein, dass bei einem gewissen Anteil der Kunden die vorgetäuschte Liquidität nicht der Wahrheit entspricht. Oftmals werden selbst einfachste Selbstschutzmaßnahmen, wie etwa die Abfrage von Schufa-Einträgen, aus Gründen der Umsatzsteigerung ignoriert. In derartigen Fällen von strukturell schwachen Opfern zu sprechen, die einen besonderen Schutz durch das Strafrecht benötigen, erscheint nicht angebracht. Vielmehr kann dort darauf vertraut werden, dass die Gesellschaft derartige Probleme innerhalb kürzester Zeit von alleine wird lösen können. Die Warenhäuser und Banken würden entweder ihre Praxis mangelnder Liquiditätsprüfungen umgehend aufgeben oder sie müssten nunmehr einkalkulieren, im Falle des Zahlungsausfalles allein auf den Zivilrechtsweg verwiesen zu werden. Das Strafrecht als ultima ratio ist in derartigen Fällen jedoch nicht erforderlich. Ähnliches gilt für hochspekulative Geldanlagen wie beispielsweise Warentermingeschäfte. Investoren, die derartige Geldanlagen wählen, können ebenfalls nicht einer Gruppe besonders schützenswerter, strukturell benachteiligter Personen zugeordnet werden. Vielmehr kalkuliert, wer auf derartige 208 209 210 211 212 213

Vgl. Krack, S. 70; Tröndle JA 1974, 221 (224). S / S-Lenckner / Eisele vor § 13, Rn. 70 b. Vgl. Tröndle JA 1974, 221 (224). R. Hassemer, S. 155. Hillenkamp, S. 88 ff. Vgl. dazu Gliederungspunkt A. I. 1.

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Anlagemodelle zurückgreift, sein Risiko sehr bewusst. Dass die gesamte Anlagesumme bei einer gegenläufig zu der eigenen Prognose verlaufenden Marktentwicklung verloren gehen kann, ist dabei von vornherein bekannt. Dementsprechend wird gerade diese Investitionsform nur von Anlegern gewählt, die sich selber einen großen Sachverstand bei der Vorhersage der Börsenentwicklung zusprechen würden. Von derartigen Investoren kann daher ohne weiteres verlangt werden, sich ebenso gut, wie sie sich über die vermutliche weitere Entwicklung der Märkte informieren, auch über etwaige Provisionen bei Optionsscheinen zu informieren. Ein strafrechtlicher Schutz ist auch hier nicht erforderlich, durch sich nunmehr umfassend informierende Anleger würden sich derartige Geschäftspraktiken auf dem Wege von Angebot und Nachfrage erledigen, in Extremfällen bliebe immer noch der Zivilrechtsweg. Etwas anders gelagert erscheinen hingegen die beiden letztgenannten Beispiele. Bei Haustürgeschäften ließe sich sicherlich differenzieren, ob im Einzelfall gerade die mangelnden Fähigkeiten des Opfers ausgenutzt wurden. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass eine Vielzahl der für Haustürgeschäfte entwickelten „Verkaufstricks“ gerade darauf abzielt, bei geschäftlich unerfahrenen und eher einfach strukturierten Menschen zum Erfolg zu führen. Auch in den Fällen abergläubisch motivierter Geschäfte wird mit dem Aberglauben eine Schwäche des Opfers ausgenutzt, die dieses für derartige Angriffe besonders verwundbar macht. Würde man also in diesen beiden Fallgruppen stets Einschränkungen der Betrugsstrafbarkeit vornehmen, so könnte man mit einiger Berechtigung einen nicht zu verhehlenden Sozialdarwinismus und einen zu sehr zurückgenommenen Opferschutz kritisieren. Vielmehr erscheint es in derartigen Fällen geboten, den Opfern zumindest ein gewisses Maß an Schutz zu bieten, sofern diese aus einer nicht änderbaren Schwäche heraus handeln. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Vorwurf, die Vornahme von Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten benachteilige strukturell schwache Opfer, nicht immer berechtigt ist. Aus gesellschafts- und kriminalpolitischer Sicht erscheinen vielmehr Einschränkungen in gewissem Umfang geboten, insbesondere dann, wenn das Opfer selber in der Lage ist, sich in ausreichendem Maße zu schützen, da in derartigen Fällen kein Bedürfnis für strafrechtlichen Schutz besteht. Dies ist bei der Entwicklung tauglicher Abgrenzungskriterien zu berücksichtigen. 7. Entwicklung von Kriterien Nachdem nun festgestellt wurde, dass keine grundlegenden Bedenken bestehen, zumindest in engen Grenzen Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten vorzunehmen, wird nun zu erörtern sein, anhand welcher Kriterien zu bestimmen ist, ob ein Irrtum dem Täter objektiv zugerechnet wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten allgemeinen Grundsätze nicht unbeachtet bleiben dürfen, diese können vielmehr eine Art Rahmen bilden, der auf der Suche nach geeigneten Kriterien von Nutzen

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sein kann. Relevant für die hier zu erörternden Konstellationen leichtgläubigen Opferverhaltens können insbesondere die innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung angeführten Kategorien der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung und der Abgrenzung von Verantwortungsbereichen sein. Diese sollen zunächst dargestellt werden, um danach zu untersuchen, welche Aspekte bei leichtgläubigem Opferverhalten von Nutzen sein können. a) Eigenverantwortliche Selbstgefährdung Als zentrales Argument für die Einbeziehung des Opferverhaltens wird von Vertretern viktimologischer Ansätze angeführt, grundsätzlich obliege es dem Opfer selber, seine Rechtsgüter vor Beeinträchtigungen zu schützen.214 Auch speziell bei dem Problemkreis leichtgläubigen Opferverhaltens wird die Eigenverantwortung des Opfers immer wieder betont.215 Innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung spielt der Aspekt der Eigenverantwortlichkeit des Opfers eine gewichtige Rolle. Die meisten damit verbundenen Problemkreise werden dort unter dem Oberbegriff der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung diskutiert. Die im Rahmen der objektiven Zurechnung mit diesem Oberbegriff verbundenen Probleme sollen zunächst dargestellt werden. Unterschieden wird dabei zwischen der Behandlung der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung in der Literatur und in der Rechtsprechung. Anschließend soll in einem dritten Schritt analysiert werden, welche Aspekte speziell in den Fällen leichtgläubigen Opferverhaltens herangezogen werden können. (1) Eigenverantwortliche Selbstgefährdungen in der Literatur In der Literatur hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass ein Erfolg dem Täter dann nicht zugerechnet werden kann, wenn er auf einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung des Opfers beruht.216 Als Beispiel für eine derartige Konstellation wird von Roxin angeführt, dass A dem B zur Überquerung eines Sees bei brüchigem Eis rät. Wenn der leichtsinnige, aber die Gefahr durchaus überblickende B dabei zu Tode komme, so sei dies dem A nicht zuzurechnen, obwohl er eine weit über das normale Maß hinausgehende gefährliche Ursache gesetzt habe.217 Begründet wird die Straflosigkeit der Verursachung eigenverantwortlicher Selbstgefährdungen vor allem mit einem Vergleich zur Teilnahme an einer Selbstverletzung: Selbstverletzungen sind für das Opfer tatbestandslos,218 folglich kann Arzt MschrKrim 1984, 105 (112 f.); Ellmer, S. 237 ff. Vgl. nur Ellmer, S. 237 ff.; Kurth, 182; Naucke, Peters-Festschrift, 109 (109 ff.); Döpfner, S. 162. 216 Vgl. S / S-Cramer / Sternberg-Lieben § 15, Rn. 164; SK-Rudolphi vor § 1, Rn. 79; Roxin, § 11, Rn. 107. 217 Roxin, AT I, § 11, Rn. 107. 214 215

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auch die Teilnahme an einer Selbstverletzung nicht bestraft werden.219 Wenn jedoch sogar die Teilnahme an einer Selbstverletzung straflos ist, so muss die Teilnahme an einer bloßen Selbstgefährdung erst recht straflos sein.220 Die Grenze zwischen einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung und einer Fremdgefährdung wird dort gesehen, wo das Opfer das Risiko nicht in dem selben Maße überblickt wie der Täter.221 Jedoch wird in konsequenter Fortführung des Vergleiches zur Teilnahme an der Selbstverletzung verlangt, dass der Wissensvorsprung so erheblich ist, dass dem Hintermann eine Tatherrschaft kraft überlegenen Wissens zufällt.222 Nicht ausreichend, um eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung abzulehnen, ist somit eine bloß relative Wissensdifferenz, solange der sich Gefährdende von der Gefahr genug weiß, als dass es nach allgemeinen Maßstäben für ihn unvernünftig ist, sich ihr auszusetzen.223 (2) Eigenverantwortliche Selbstgefährdungen in der Rechtsprechung In der Rechtsprechung blieb der Gedanke, dass die Teilnahme an einer Selbstgefährdung zwingend straflos sein muss, sofern man die Teilnahme an einer Selbstverletzung für straflos hält, lange Zeit unberücksichtigt. So wurde in der Entscheidung BGHSt 7, 112 (112 ff.) anlässlich eines bei einer Motorradwettfahrt tödlich verunglückten Opfers eine fahrlässige Tötung durch den Überlebenden angenommen. Damals stellte der BGH klar, dass seiner Ansicht nach eine fahrlässige Tötung auch dann vorliegen könne, wenn das Opfer infolge eigenen Verschuldens tödlich verunglückt.224 Maßgeblich dafür, so die damalige Sichtweise, sei allein die Kausalität.225 Auch in der Entscheidung BGHSt 17, 359 (359 ff.) – ein Klinikseelsorger hatte sich freiwillig zu einem mit Pocken infizierten und in Quarantäne befindlichen Arzt begeben und war anschließend durch eine Infizierung an der Krankheit gestorben – hat der BGH den Arzt, der sich schuldhaft in seine missliche Lage gebracht hatte, wegen fahrlässiger Tötung bestraft. Auch dort wurde im Tat218 Sogar die Selbsttötung ist nach inzwischen einhelliger Meinung straflos, vgl. RGSt 70, 313 (315); BGHSt 32, 367 (371); S / S-Eser vor § 211; Rn. 33; Tröndle / Fischer vor § 211, Rn. 10; Bottke, Suizid und Strafrecht, S. 13 ff.; Herzberg JA 85, 132 (132 f.); Roxin, DreherFestschrift, 331 (337); Schmitt, Maurach-Festschrift 1972, 113 (113 ff.), die Verletzung eigener anderer Rechtsgüter wie etwa dem eigenen Vermögen ist daher erst recht straflos. 219 Für die Teilnahme am Suizid vgl. BGHSt 2, 150 (152); 6, 147 (154); 13, 162 (167); 19, 135 (137); 24, 342 (342); Roxin, Dreher Festschrift, 331 (337 ff.); Schmitt, Maurach Festschrift 1972, 113 (113 ff.). 220 So SK-Rudolphi vor § 1, Rn. 79; Roxin, AT I, § 11, Rn. 107. 221 Roxin, AT I, § 11, Rn. 113; S / S-Cramer / Sternberg-Lieben § 15, Rn. 167; SK-Rudolphi vor § 1, Rn. 79 b. 222 SK-Rudolphi vor § 1, Rn. 79 b. 223 Vgl. NK-Puppe vor § 13. Rn. 198; Puppe Jura 1998, 21 (31). 224 BGHSt 7, 112 (112). 225 BGHSt 7, 112 (114).

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bestand alleine die Kausalität als ausreichend erachtet, die Bedeutung der Kenntnis des Seelsorgers um die mit einem Besuch des Arztes verbundenen Gefahren wurde lediglich bei der Frage nach einer etwaig vorliegenden rechtfertigenden Einwilligung erörtert.226 Die gleiche Linie verfolgte der BGH zunächst auch im Falle des durch die Abgabe von Heroin verursachten Todes eines Konsumenten. Noch in der Entscheidung BGH NStZ 1981, 350 (350 ff.) lautete die Devise, dass sich wegen fahrlässiger Tötung strafbar mache, wer durch die Abgabe von Heroin den Tod eines Heroinabhängigen verursacht, sofern ihm bekannt ist, dass der Käufer sich das Rauschgift injizieren wird und er um die Gefährlichkeit des Stoffes weiß. Bereits drei Jahre später erfolgte jedoch die Abkehr von den bis dahin geltenden Grundsätzen. In der Entscheidung BGHSt 32, 262 (262 ff.) – der Angeklagte hatte dem später Verstorbenen eine Spritze verschafft, damit dieser sich Heroin injizieren konnte – stellte der BGH erstmals fest, dass eigenverantwortlich gewollte und verwirklichte Selbstgefährdungen nicht dem Tatbestand unterfallen, wenn sich das bewusst eingegangene Risiko realisiert. Diesen Grundsatz vertritt der BGH seither in ständiger Rechtsprechung,227 entwickelte jedoch im Folgenden zwei Einschränkungen, die auch für eine Anwendung der Zurechnungslehre auf den Betrugstatbestand von Bedeutung sein können. (a) Wissensvorsprung des Verursachers der Selbstgefährdung Schon in der Entscheidung BGHSt 32, 262 (262 ff.) stellte der BGH fest, dass die Strafbarkeit des sich an der Selbstgefährdung Beteiligenden dort beginnt, wo er das Risiko besser erfasst.228 Wann ein derart überlegenes Sachwissen anzunehmen ist, hängt nach Ansicht des BGH von den Umständen des Einzelfalles ab und unterliegt in erster Linie der Würdigung des Tatrichters.229 Wie genau die vom BGH vorausgesetzten Anforderungen aussehen, soll daher anhand einiger Gerichtsentscheidungen verdeutlicht werden. In der Entscheidung BGHSt 36, 1 (1 ff.) war ein HIV-Infizierter angeklagt, der ohne Schutzmittel Sexualverkehr ausgeübt hatte. Die jeweiligen Opfer wussten nichts von der HIV-Infektion, waren sich aber darüber bewusst, sich als Homosexuelle in einer Risikogruppe zu befinden und somit in hohem Maße unvorsichtig zu handeln. Der BGH hat in diesem Fall ein überlegenes Sachwissen angenommen, da nur der Angeklagte von seiner Infektiösität wusste.230 In der Entscheidung BGH JR 2003, 428 (428 ff.) hatte ein Arzt einem Heroinabhängigen Heroinersatzmittel verschrieben, die dieser nach den Regeln ärztlicher Kunst nicht hätte erhalten dürfen. Dass auch die HeroinBGHSt 17, 359 (360). BGHSt 36, 1 (17 f.); 37, 179 (180); BGH NStZ 1985, 319 (319); BGH NStZ 1986, 266 (267); BGH NStZ 1987, 406 (406 f.); BGH NStZ 1992, 489 (489); BGH NStZ 2001, 207 (207). 228 Vgl. BGHSt 32, 262 (265). 229 BGH NStZ 2001, 205 (206). 230 BGHSt 36, 1 (17). 226 227

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ersatzmittel ein hohes Suchtpotenzial enthielten, war nur dem Arzt, nicht jedoch dem Heroinabhängigen bekannt. Auch in diesem Fall hat der BGH ein derart überlegenes Sachwissen angenommen, dass eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung entfiel.231 Der Entscheidung BGH NStZ 1985, 25 (25 ff.) lag der Fall zugrunde, dass ein eingehend mit der Wirkung von Nachtschattengewächsen vertrauter Angeklagter einen Stechapfeltee zubereitete, die Konsumenten jedoch vor dem Genuss genau über die berauschende Wirkung aufklärte. Die Verantwortlichkeit für ein anschließend im Rauschzustand verunglücktes Opfer lehnte der BGH hier jedoch ab, da dem Opfer die wesentlichen Gesichtspunkte bekannt waren.232 Auch in der Entscheidung BGH NStZ 2001, 205 (205 ff.) lehnte der BGH die Verantwortlichkeit des Verkäufers für den Tod des Konsumenten von hoch konzentriertem Heroin ab, da dieser vor der Gefahr gewarnt hatte. Ausdrücklich verdeutlicht wurde in diesem Zusammenhang, dass ein über die Gefährlichkeit aufgrund der erhöhten Konzentration hinausgehendes, weitergehendes Sachwissen der Angeklagten unbeachtlich sei, da allein das Wissen um die erhöhte Konzentration für den Konsumenten ausreiche, um die Intensität der Gefahr zu erkennen.233 Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass der BGH bei Wissensvorsprüngen generell geneigt ist, ein die Eigenverantwortlichkeit des Opfers ausschließendes überlegenes Sachwissen anzunehmen. Nicht ausreichend ist auch nach Ansicht des BGH jedoch ein im Detail überlegenes Wissen, sofern die wesentlichen Gesichtspunkte bekannt sind. (b) Schutzzweck des Straftatbestandes Eine weitere Einschränkung der Grundsätze der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung entwickelte der BGH anhand des Schutzzweckes des jeweiligen Straftatbestandes. So kann nach Ansicht des BGH durch die Abgabe von Heroin die leichtfertige Verursachung des Todes des Konsumenten im Sinne des § 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG durchaus auch dann vorliegen, wenn eine fahrlässige Tötung im Sinne des § 222 StGB aufgrund der Eigenverantwortlichkeit des Opfers entfällt.234 Dies folgt nach Ansicht des BGH aus dem anders gearteten Schutzzweck des Betäubungsmittelrechtes: Während § 222 StGB in erster Linie auf den Schutz des Einzelnen abzielt, soll durch die betäubungsmittelrechtlichen Strafnormen Schäden vorgebeugt werden, die der Allgemeinheit aus dem verbreiteten Konsum von Drogen entstehen.235 Ein Widerspruch ist in dieser unterschiedlichen Bewertung der Zurechnung ein und desselben Taterfolges danach nicht zu sehen, da strafrechtliche Verantwortlichkeit stets die Verantwortlichkeit unter einem bestimmten recht231 232 233 234 235

BGH JR 2003, 428 (430). Vgl. BGH NStZ 1985, 25 (26). Vgl. BGH NStZ 2001, 205 (206) = BGH JR 2001, 246 (248). BGHSt 37, 179 (182); BGH JR 2001, 246 (247) = BGH NStZ 2001, 205 (206). Vgl. BGHSt 37, 179 (182).

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lichen Aspekt nach den geltenden normativen Voraussetzungen darstelle.236 Diese Feststellung scheint insofern beachtlich, als dadurch die Möglichkeit eingeräumt wird, speziell auf den jeweiligen Tatbestand abgestimmte Modifikationen der allgemeinen Zurechnungslehre vorzunehmen. Der Topos der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung liefert danach zwar allgemeine Vorgaben, die stets zu beachten sind, lässt daneben jedoch Raum, speziell aus dem Schutzzweck der jeweiligen Norm resultierende Besonderheiten zu berücksichtigen. Insgesamt kann festgehalten werden, dass sowohl innerhalb der Literatur als auch in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung unter bestimmten Voraussetzungen den Zurechnungszusammenhang unterbrechen kann. Zu welchen Ergebnissen die dabei entwickelten Kriterien bezogen auf die Problematik des leichtgläubigen Opferverhaltens im Rahmen des § 263 StGB führen, wird in dem folgenden Abschnitt zu analysieren sein. (3) Konsequenzen für die Betrugsstrafbarkeit bei leichtgläubigem Opferverhalten (a) Analyse des Schutzzwecks des Betrugstatbestandes Wie im vorherigen Abschnitt dargelegt wurde, besteht zwischen Rechtsprechung und Literatur insoweit Einigkeit, als dass grundsätzlich eine strafrechtliche Haftung ausgeschlossen ist, wenn das Opfer die Risiken seiner Handlung in ausreichendem Maße überblickt und mithin eigenverantwortlich handelt. Zudem sind bei der Erörterung jedoch auch die Besonderheiten des jeweiligen Tatbestandes zu berücksichtigen, aus denen sich weitere Einschränkungen ergeben können. Diese Vorgaben werden auf das Problem leichtgläubigen Opferverhaltens zu übertragen sein. Begonnen werden soll dabei mit einigen Überlegungen zum Schutzzweck des § 263 StGB und dem sich daraus ergebenden Mindestmaß an Schutz, der gewährleistet werden muss. Geschützt werden soll durch den Betrugstatbestand vor allem das Vermögen des Einzelnen, daneben müssen jedoch auch Regeln aufgestellt werden, die den reibungslosen Ablauf des Geschäftsverkehrs gewährleisten. Würde man nun eine Betrugsstrafbarkeit allein dann ablehnen, wenn das Opfer gewisse Gefahren überblickt hat, so würde das Ziel der Gewährleistung eines reibungslosen Ablaufes des Geschäftsverkehrs massiv unterlaufen, da gewisse Risiken sich ohne umständliche Nachprüfungen nicht vermeiden ließen. Dieser Umstand macht es notwendig, neben dem Bewusstsein des Opfers für die Gefahr zunächst objektiv das Vorliegen einer bestimmten Situation zu fordern, in der Einschränkungen der Betrugsstrafbarkeit nicht zu allzu großen Hemmnissen des Geschäftsverkehrs führen würden. Eine solche Situation wird immer dann angenommen werden können, wenn objektiv eine Lage besteht, in der das Verhalten des Opfers als so leichtfertig bezeichnet werden muss, dass sein Schutz für den ordnungsgemäßen Ablauf 236

Vgl. BGH JR 2001, 246 (247) = BGH NStZ 2001, 205 (206).

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

des Geschäftsverkehrs nicht erforderlich erscheint. Dies lässt sich in sämtlichen der angeführten Beispielsfälle annehmen: Wer an der Haustür kühnsten Versprechungen von Hausierern Glauben schenkt, handelt ebenso leichtfertig wie derjenige, der Waren oder Gelder herausgibt, ohne Sicherheiten zu verlangen oder vorher zumindest eine Schufa-Anfrage zu stellen. Gleiches gilt auch für ein Opfer, das an die übernatürlichen Fähigkeiten seines Gegenübers glaubt, sowie natürlich auch für den unbedarften Abschluss hochkomplexer Risikogeschäfte. Die sich aus dem Schutzzweck des Betrugstatbestandes ergebende Grundvoraussetzung für Zurechnungsausschlüsse auf Grund von eigenverantwortlichen Selbstgefährdungen, nämlich dass das Opfer objektiv zumindest leichtfertig gehandelt hat, ist somit in sämtlichen der angeführten Beispielsfälle erfüllt. Um eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung annehmen zu können, müssen daneben jedoch weitere in dem subjektiven Empfinden des Opfers liegende Voraussetzungen erfüllt sein. (b) Wann hat das Opfer ein ausreichendes Bewusstsein für die Gefahr? Damit bei einem objektiv zumindest leichtfertigen Verhalten des Opfers von einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung gesprochen werden kann, muss das Opfer das Bewusstsein gehabt haben, eine Gefahr einzugehen. Klar ist in diesem Zusammenhang, dass es nicht darum gehen kann, ob das Opfer die Gefahr in dem selben Maß übersieht wie der Täter, eine etwaige Verwirklichung des Betrugstatbestandes steht schließlich überhaupt erst in Rede, wenn der Täter bei dem Opfer durch eine Täuschung einen Irrtum verursacht hat. Die Voraussetzungen dafür, dass Rechtsprechung und herrschende Lehre trotz des überlegenen Wissens des Täters eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung annehmen, können – wie bereits dargestellt wurde – so zusammengefasst werden, dass dem Opfer die die Gefahr begründenden wesentlichen Gesichtspunkte bekannt gewesen sein müssen.237 Dies muss somit neben dem objektiv leichtfertigen Handeln des Opfers der Fall sein, damit von einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung gesprochen werden kann. Exemplarisch soll auch dies daher für die eingangs dargestellten Beispiele analysiert werden: Gibt das Opfer etwa Geld oder Waren heraus, ohne eine ausreichende Liquiditätsprüfung vorzunehmen, so geschieht dies nicht, weil dem Unternehmer die damit verbundenen Risiken verborgen geblieben sind, vielmehr werden Zahlungsausfälle in einem gewissen Prozentsatz der Fälle bewusst einkalkuliert, wie in der Praxis eigens dafür eingerichtete Mahn- und Rechtsabteilungen sowie formularmäßig gestellte Strafanzeigen belegen. In derartigen Fällen ist der das Risiko begründende wesentliche Gesichtspunkt der fehlenden Liquiditätsprüfung bekannt, so dass eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung angenommen werden kann. Gleiches gilt auch für Fälle von hochspekulativen Geldanlagen wie etwa Warentermingeschäften, bei denen die genaue Höhe der Provision verschwiegen wird. Es handelt sich bei den Opfern in derartigen Konstellationen nahezu ausnahmslos um Investoren mit hohem Sachverstand, die sich umfassend 237

Vgl. dazu die Gliederungspunkte A. I. 7. a) (1) und (2).

I. Objektive Zurechnung bei leichtgla¨ubigem Opferverhalten

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mit der jeweiligen Marktentwicklung beschäftigen und Chancen und Risiken genau gegeneinander abwägen. Derart qualifizierte Investoren wissen auch, dass ein gewisses Risiko bezüglich der Höhe der jeweiligen Provisionen besteht. Solche Risiken werden gesehen und – sofern sich der Anleger nicht weiter informiert – bewusst in Kauf genommen. Schwieriger zu beurteilen sind hingegen diejenigen Fälle, in denen das Opfer sich an der Haustür wertlose Gegenstände „aufschwatzen“ lässt. Mit der Annahme von Eigenverantwortlichkeit ist hier Zurückhaltung geboten, da es sich oftmals um „Verkaufstricks“ handelt, die darauf abgestimmt sind, Menschen mit mangelnder Kritikfähigkeit ausfindig zu machen und zu täuschen. Ob das Opfer tatsächlich das nötige Bewusstsein für die Gefahr hatte, muss hier im Einzelfall genau geprüft werden. Keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung wird demgegenüber angenommen werden können, wenn jemand es aus abergläubischen Motiven als sinnvoll erachtet, zum Teil erhebliche Geldbeträge dafür auszugeben, dass etwa vermeintliche Hexen vertrieben werden. Der Aberglaube führt in derartigen Konstellationen bei den betroffenen Personen zu einem völligen Ausfall der Kritikfähigkeit, sodass den Opfern das Ausbleiben einer ihre Zahlung ausgleichenden Gegenleistung verborgen bleibt. Zusammengefasst werden kann an dieser Stelle, dass sich unter Zugrundelegung der sich aus der objektiven Zurechnung ergebenden Kriterien für eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung ein Zurechnungsausschluss nicht in sämtlichen Konstellationen ergibt, die gemeinhin als Beispielsfälle für Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten angeführt werden. Neben dem Umstand, dass das Opfer objektiv zumindest leichtfertig gehandelt hat, ergibt sich aus der Analyse der allgemeinen Vorgaben vielmehr, dass ihm des weiteren in subjektiver Hinsicht die die Gefahr begründenden wesentlichen Gesichtspunkte bekannt gewesen sein müssen. b) Abgrenzung von Verantwortungsbereichen Ein Ansatzpunkt für einen weitergehenden Zurechnungsausschluss könnte sich aus dem Gesichtspunkt der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche ergeben. Innerhalb der viktimodogmatischen Literatur wird vielfach angedeutet, dass es bei der Frage von Strafbarkeitseinschränkungen auch um eine Trennung der Verantwortungsbereiche des Täters und des Opfers geht.238 Auch von anderen Autoren wird vielfach auf die Bedeutung der Abgrenzung von Verantwortungsbereichen für die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 263 StGB hingewiesen.239 Im Folgenden soll daher auch hier dargestellt werden, welche allgemeinen Vorgaben die Lehre von der objektiven Zurechnung diesbezüglich hervorbringt. Unterschieden wird dabei wiederum zwischen der Behandlung dieses Gesichts238 239

Vgl. Kurth, S. 163, 182; Ellmer, S. 186 f. Vgl. nur Wittig, S. 249 ff.; Krack, S. 54 f.

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

punktes in Literatur und Rechtsprechung, um anschließend zu analysieren, welche Rückschlüsse sich daraus für Fälle leichtgläubigen Opferverhaltens ergeben. (1) Abgrenzung von Verantwortungsbereichen in der Literatur Nach der in der Literatur vorherrschenden Sichtweise ergibt sich aus dem Schutzzweck der Norm ein Ausschluss der objektiven Zurechenbarkeit auch für diejenigen Fälle, in denen die Verhinderung eines Erfolges in den Verantwortungsbereich eines anderen fällt.240 Darüber, wann dies der Fall ist, lassen sich jedoch keine gesicherten und allgemein anerkannten Aussagen machen, da dieser Topos dogmatisch noch nicht hinreichend ausgearbeitet ist.241 Teilweise kann es zu Überschneidungen mit eigentlich unter dem Stichwort der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung angesiedelten Fällen kommen, eine genaue Abgrenzung ist jedoch weder möglich noch notwendig.242 Als Paradebeispiel für die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen führt Roxin in seinem Lehrbuch die Entscheidung BGHSt 4, 360 (360 ff.) an: Ein LKW mit defekten Rückleuchten wird nachts von der Polizei angehalten, die alsbald die Sicherung mit einer Taschenlampe übernimmt. Die Polizei weist den Fahrer des LKW an, vor ihr her zur nächstgelegenen Tankstelle zu fahren, nimmt die Taschenlampe jedoch schon vor der Abfahrt von der Straße, woraufhin ein anderer Lastwagen den jetzt wieder unbeleuchteten LKW rammt. Der Lehre von der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche folgend ist der nun eingetretene Erfolg dem Fahrer des LKW nicht zurechenbar, da das weitere Geschehen in den Verantwortungsbereich der Polizei gefallen ist, nachdem sie einmal die Verkehrssicherung übernommen hatte.243 Als weiteres in der Literatur angeführtes Beispiel findet sich das eines Beifahrers, der den Fahrer zu einer riskanten Fahrweise animiert. Sollte es nun durch die riskantere Fahrweise zu einem Unfall kommen, so wäre dieser dem Beifahrer trotz seines Verursachungsbeitrages nicht zuzurechnen, da es allein dem Verantwortungsbereich des Fahrers obliegt, für einen sicheren Betrieb des Fahrzeuges zu sorgen.244 Kratzsch, einer der ersten Autoren, der sich näher mit der Fallgruppe der Abgrenzung von Verantwortungsbereichen auseinandergesetzt hat, sah darüber hinaus speziell bei Vermögensdelikten viel Raum für diesen Topos, da es dort in Umkehrung zu der sonstigen strafrechtlichen Aufgabenverteilung prinzipiell Sache des Rechtsgutsträgers ist, die Erhaltung des betreffenden Rechtsguts zu organisieren, während ein Schutz durch das Strafrecht nur für Ausnahmefälle zur Verfügung steht.245 Den Vgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 137; S / S-Lenckner / Eisele vor § 13, Rn. 101 / 101 a. Roxin, AT I, § 11, Rn. 138. 242 S / S-Cramer / Sternberg-Lieben § 15, Rn. 164. 243 So Roxin, AT I, § 11, Rn. 137; LK-Schroeder § 16, Rn. 24; Kindhäuser, LPK-StGB, vor § 13, Rn. 150. 244 Vgl. S / S-Lenckner / Eisele vor § 13, Rn. 101 / 101 a. 245 Kratzsch, Oehler-Festschrift, 65 (73); Kratzsch, S. 363 f. 240 241

I. Objektive Zurechnung bei leichtgla¨ubigem Opferverhalten

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Grund dafür sieht Kratzsch darin, dass der Rechtsgutsträger in diesem Bereich über genügend Instrumente zum Selbstschutz verfügt, als Konsequenz schlägt er vor, nur dann eine Verantwortlichkeit des Täters für das Vermögen des Opfers anzunehmen, wenn das Opfer entweder zur Kontrolle selber nicht in der Lage ist oder wenn Kontrollmaßnahmen mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden wären.246 Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung letztlich immer von einem Wertungsakt abhängt, zu wessen Verantwortungsbereich man die Verhinderung eines bestimmten Erfolges zählt. Die dargestellten Anmerkungen und Beispiele aus der Literatur können bei dieser Wertung als Anhaltspunkte berücksichtigt werden. (2) Abgrenzung von Verantwortungsbereichen in der Rechtsprechung In der Rechtsprechung ist die Abgrenzung von Verantwortungsbereichen als Zurechnungsausschluss bislang nicht anerkannt, Berücksichtigung findet dieser Topos bislang nur als versteckt hinter der Tatbestandsauslegung stehender Wertungsakt.247 In der bereits angesprochenen Entscheidung BGHSt 4, 360 (360 ff.) wird vom BGH zwar ausführlich diskutiert, in wessen Verantwortungsbereich der eingetretene Erfolg fällt, dies geschieht jedoch im Rahmen der Schuld und das Ergebnis lautet im Gegensatz zu der dargestellten Literaturansicht, dass der Fahrer des LKW auch für Erfolge dieser Art eintreten muss. (3) Konsequenzen für die Betrugsstrafbarkeit bei leichtgläubigem Opferverhalten Untersucht werden soll nun, ob unter dem Topos der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche ein weiterer Zurechnungsausschluss zu begründen ist, als dies nach den Grundsätzen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung angenommen werden konnte. Zu beachten ist dabei natürlich auch hier der Schutzzweck des Betrugstatbestandes, der, wie bereits ausgeführt wurde, darin liegt, das Vermögen des Einzelnen zu schützen sowie den reibungslosen Ablauf des Geschäftsverkehrs zu gewährleisten. Ein reibungsloser Ablauf des Geschäftsverkehrs, der nicht durch unbegrenzte Nachforschungsobliegenheiten gehemmt wird, wird dadurch in ausreichendem Maße geschützt, dass nur bei objektiv leichtfertigem Handeln des Opfers ein Zurechnungsausschluss überhaupt in Betracht kommt.248 Ein ausreichender Kratzsch, Oehler-Festschrift, 65 (75); Kratzsch, S. 365. Als Beispiel speziell aus dem Bereich der Betrugsdelikte siehe nur BGHSt 47, 1 (1 ff.) und die darin vorgenommene subjektive Bestimmung des Täuschungsbegriffes in Fällen rechnungsähnlicher Angebote. 248 Vgl. dazu Gliederungspunkt A. I. 7. a) (3) (a). 246 247

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

Schutz des Vermögens des Einzelnen wurde bis jetzt über das Kriterium der Eigenverantwortlichkeit gewährleistet, da so lediglich diejenigen Fälle ausgeschieden wurden, in denen das Opfer die Gefahren in ausreichendem Maße überblickt hat und sich deswegen selber hätte schützen können. Fraglich ist, ob sich vor diesem Hintergrund aus dem Gesichtspunkt der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche eine weitere Rücknahme des Schutzes des Vermögens des Einzelnen ergeben könnte. Konkret geht es dabei um die Frage, ob allein die objektive Leichtfertigkeit des Opfers ausreicht, um ihm allein die Verantwortung für seinen Irrtum zuzuschreiben. Zu beachten sind dabei sämtliche bereits erörterten kriminalpolitischen Erwägungen.249 Die dort vorgenommene Wertung hat ergeben, dass es unbillig wäre, ein die Gefahr nicht überblickendes Opfer schutzlos zu stellen, nur weil es objektiv leichtfertig gehandelt hat. Geschützt werden muss durch den Betrugstatbestand vielmehr auch beziehungsweise allen voran der „Dumme“. Zusammenfassend lässt sich daher sagen, dass dem Topos der Abgrenzung von Verantwortungsbereichen nach der hier vorgenommenen Wertung für die Fallgruppe leichtgläubigen Opferverhaltens keine eigenständige Bedeutung zukommt.250 c) Zusammenfassung der entwickelten Kriterien Für die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen bei leichtgläubigem Opferverhalten Einschränkungen vorzunehmen sind, ist der Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit von entscheidender Bedeutung. Die strafbarkeitsausschließende Wirkung von eigenverantwortlichem Opferverhalten ist inzwischen in Rechtsprechung und Literatur allgemein anerkannt.251 Die Übertragung der zur Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten Kriterien auf den Betrugstatbestand ergibt folgendes: Die objektive Zurechnung und damit die Strafbarkeit entfällt überall dort, wo das Opfer objektiv zumindest leichtfertig gehandelt hat und es subjektiv über das nötige Bewusstsein für die eingegangene Gefahr verfügt.252

Vgl. dazu Gliederungspunkt A. I. 6. d). Wer kriminalpolitisch zu einer anderen Wertung gelangt, dem böte das Instrument der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche hingegen das richtige dogmatische Fundament zu weitergehenden Strafbarkeitseinschränkungen, da hier normative Wertungen vorgenommen werden können, ohne den Wortsinn einzelner Tatbestandsmerkmale zu überdehnen. 251 Vgl. dazu die Ausführungen unter Gliederungspunkt A. I. 7. a). 252 Vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. a) (3). 249 250

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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8. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen leichtgläubigen Opferverhaltens Insgesamt kann festgehalten werden, dass sich weder der Täuschungsbegriff253 noch der Begriff der Tatsache254 noch die Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum255 als Ansatzpunkt für Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten eignen. Die an diesen Standorten ansetzenden Vorschläge überdehnen allesamt den Wortsinn der Tatbestandsmerkmale und stellen deshalb teleologische Reduktionen dar. Ein Bedürfnis zu derartigen Tatbestandsreduktionen besteht indes nicht, da sich mit dem Merkmal der objektiven Zurechnung ein Ansatzpunkt bietet, um auf dem Wege der Auslegung zu Einschränkungen zu gelangen. Die Lehre von der objektiven Zurechnung ist auch im Rahmen des Betrugstatbestandes von Bedeutung. Bedenken gegen die Anwendbarkeit auf § 263 StGB256 und gegen die Anwendbarkeit in der konkreten Fallgruppe257 vermögen nicht zu überzeugen. Die Auseinandersetzung mit den von Rechtsprechung und Literatur vorgebrachten kriminalpolitischen Argumenten sowie ein Vergleich mit der Rechtslage in europäischen Nachbarländern hat ergeben, dass es sinnvoll wäre, in engen Grenzen Einschränkungen bei leichtgläubigem Opferverhalten vorzunehmen.258 Dies kann im Rahmen der von der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten Kriterien erfolgen. Dabei kommt dem Merkmal der Eigenverantwortlichkeit eine entscheidende Bedeutung zu.259 Ein Zurechnungsausschluss aufgrund einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung kann demnach dann angenommen werden, wenn das Opfer objektiv leichtfertig gehandelt hat und es subjektiv das nötige Bewusstsein für die eingegangene Gefahr hatte.260

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers Als zweites Anwendungsfeld der Viktimologie wurden bislang Fälle diskutiert, in denen das Opfer selbst an dem Wahrheitsgehalt der ihm vorgetragenen Tatsachen zweifelt. Auch hier soll zunächst eine Kategorisierung von in Frage kommenden Fallgruppen erfolgen, anschließend wird, dem Aufbau des ersten Teiles folgend, der Meinungsstand zu diesem Problemkreis dargestellt und kritisch gewürdigt werden. Danach wird auch in dieser Konstellation der Frage nachzugehen sein, 253 254 255 256 257 258 259 260

Vgl. Gliederungspunkt A. I. 2. Vgl. Gliederungspunkt A. I. 3. Vgl. Gliederungspunkt A. I. 4. Vgl. Gliederungspunkt A. I. 5. (1). Vgl. Gliederungspunkt A. I. 5. (2). Vgl. Gliederungspunkt A. I. 6. Vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. a). Vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. a) (3).

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

inwieweit die Lehre von der objektiven Zurechnung bei der Problemlösung weiterhelfen kann.

1. Häufig diskutierte Fallgruppen Auch in Fällen von bereits zweifelnden Opfern gibt es eine Vielzahl denkbarer Konstellationen. Aus dieser Bandbreite sollen auch hier exemplarisch einige herausgegriffen und vorgestellt werden. Strukturell lässt sich bei den in Frage kommenden Konstellationen folgende Aufteilung erkennen, die für die Lösung des Problems von Bedeutung sein kann: Zum einen sind Fälle denkbar, in denen das Opfer an den Angaben des Täters zweifelt, ohne dass objektiv Gründe dafür vorliegen. Daneben sind jedoch auch Konstellationen denkbar, in denen das Opfer im Zeitpunkt der Vertragsanbahnung Kenntnis von besonderen Umständen erhält, die bei ihm Zweifel an dem Wahrheitsgehalt der vorgetragenen Tatsachen auslösen. Ferner ist es auch möglich, dass das Opfer aufgrund gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen Zahlungen an das Opfer erbringt, obwohl es möglicherweise sogar schon auf konkreten Anhaltspunkten beruhende Zweifel an den vorgetragenen anspruchsbegründenden Tatsachen hegt. Im Folgenden sollen nun einige Beispielsfälle angeführt werden, die sich unter diesen Oberbegriffen zusammenfassen lassen. a) Vage Zweifel Als Beispiel für vage, nicht auf konkreten Anhaltspunkten beruhende, Zweifel wird in der Literatur unter anderem ein Gebrauchtwagenkauf angeführt, bei dem sich der Käufer darüber im Klaren ist, dass ein derartiges Geschäft eine große Gefahr birgt, Opfer einer Täuschung zu werden, und der infolge dessen die ihm vorgetragenen Tatsachen anzweifelt, ohne dass dazu ein bestimmter Anlass besteht.261 Derartige vagen Zweifel sollen soweit ersichtlich auch nach Ansicht derjenigen Autoren, die sich für Einschränkungen bei Zweifeln aussprechen, nicht genügen.262 b) Konkrete Zweifel im Zeitpunkt der Vertragsanbahnung Im täglichen Wirtschaftsleben sind des weiteren jedoch viele Fälle denkbar, in denen jemand im Laufe der Vertragsanbahnung Kenntnis von Umständen erlangt, die ihn an dem Wahrheitsgehalt der Behauptungen seines Gegenübers zweifeln lassen. In dem der Entscheidung BGH wistra 1990, 305 (305 f.) zugrundeliegenden 261 262

Vgl. R. Hassemer, S. 134. Vgl. Amelung GA 1977, 1 (7 ff.); R. Hassemer, S. 134 f.

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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Fall gab ein Bankkunde in einem der Kreditvergabe vorangehenden Gespräch gegenüber dem Sachbearbeiter der Sparkasse an, er sei Erbe eines Fürstenhauses. Der Sachbearbeiter wurde während der Verhandlungen skeptisch über den persönlichen Hintergrund des Angeklagten, bewilligte jedoch gleichwohl die Auszahlung eines Kredites. In der Literatur wird als Beispiel ferner oft der Fall angeführt, dass jemandem ein Gebrauchtwagen im Laufe der Vertragsverhandlungen als unfallfrei beschrieben wird, die Besichtigung des Fahrzeuges jedoch ergibt, dass die Kühlerhaube neu überlackiert wurde.263 Genannt werden des weiteren auch Fälle von Abzahlungsgeschäften, in denen der Lieferant weiteren Warenbestellungen eines Kunden nachkommt, obwohl dieser noch mit der Zahlung vorheriger Lieferungen im Verzug ist.264 In derartigen Fällen sind eindeutige Verdachtsmomente vorhanden, die dazu führen, dass das Opfer zu zweifeln beginnt. Wenn es jedoch trotz der bestehenden Zweifel den Abschluss des Geschäftes tätigt, dann – so die Argumentation vornehmlich viktimologisch orientierter Ansätze – sei eine Betrugsstrafbarkeit mangels Schutzbedürftigkeit des Opfers abzulehnen.265 c) Konkrete Zweifel im Rahmen gesetzlicher oder vertraglicher Verpflichtungen Ferner sind auch Fälle denkbar, in denen über Tatsachen getäuscht wird, die, ihre Richtigkeit vorausgesetzt, geeignet wären, einen Anspruch gegenüber dem Opfer zu begründen. Genannt werden kann diesbezüglich der in jüngerer Zeit vom BGH entschiedene Kassenarzt-Fall.266 Ein Zahnarzt, der aufgrund einschlägiger Vorstrafen keine kassenärztliche Zulassung erhalten hatte, setzte einen anderen, über eine derartige Zulassung verfügenden Zahnarzt als „Strohmann“ ein und rechnete über diesen die Behandlung zahlreicher Patienten ab. Die für die Abrechnung zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) war bereits frühzeitig durch eine anonyme Anzeige über dieses Vorgehen informiert worden, ohne dass jedoch der Name des Arztes genannt wurde, über den die Abrechnung stattfand. Einige Zeit später erfolgte eine erneute anonyme Anzeige, in der auch der Name des Strohmannes genannt wurde. Die KZV zahlte auch nach der ersten Anzeige die geforderten Beträge aus, nach der zweiten Anzeige behielt sie aufgrund der nunmehr verdichteten Zweifel zumindest einen Teilbetrag der geforderten Summe bis zur abschließenden Klärung des Sachverhaltes ein. Vergleichbar damit ist auch eine von R. Hassemer gebildete Abwandlung des Deputatkohlefalles.267 In dem Vgl. R. Hassemer, S. 134. Vgl. dazu R. Hassemer, S. 175. 265 Vgl. Amelung GA 1977, 1 (1 ff.); R. Hassemer, S. 137 ff.; Blei, BT II, 12. Auflage, S. 227. 266 BGH wistra 2003, 142 (142 ff.) = BGH NJW 2003, 1198 (1198 ff.). 267 Zum Deputatkohlefall siehe BGHSt 2, 325 (325 ff.); zu der Abwandlung siehe R. Hassemer, S. 169 f. 263 264

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

Deputatkohlefall konnten Bergleute aufgrund eines Tarifvertrages kostenlos die Zuteilung von Kohle zum Eigengebrauch verlangen, der Angeklagte hatte jedoch eine weit über seinen Eigenverbrauch hinausgehende Menge geordert. R. Hassemer wandelt diese Ausgangssituation nun dahingehend ab, dass dem zuständigen Zechenbeamten bekannt ist, dass der Angeklagte bei der Größe seiner Wohnung die georderte Menge an Kohle kaum wird verbrauchen können, oder dass dieser bereits mehrfach bei der Weiterveräußerung der Deputatkohle ertappt worden ist und dass dem Zechenbeamten aufgrund dessen Zweifel kommen, trotz derer er die georderte Menge zuteilt. Der Unterschied derartiger Fälle gegenüber den eingangs dargestellten Konstellationen liegt vor allem darin, dass bei einem Zutreffen der Angaben jeweils ein Anspruch des Behauptenden bestünde. Für das Opfer ist es in derartigen Fällen somit nicht ohne weiteres möglich, von den Zahlungen Abstand zu nehmen, da es sich dadurch einem schwer kalkulierbaren und unter Umständen hohen Prozessrisiko aussetzen würde. Diese Besonderheit wird im weiteren Verlauf der Untersuchung zu berücksichtigen sein.

2. Ansatzpunkt Irrtum Unter Befürwortern von Einschränkungen in Fällen wie den soeben dargestellten findet sich eine Vielzahl von Vorschlägen, an welchem Tatbestandsmerkmal diese festgemacht werden könnten. Ganz überwiegend wird dabei ein Ansetzen bei dem Merkmal der Erregung eines Irrtums für richtig befunden.268 a) Überwiegend vertretene Irrtumsdefinition Ein Irrtum wird überwiegend verstanden als ein Auseinanderfallen von Vorstellung und Wirklichkeit.269 Zweifel des Opfers stehen der Annahme eines Irrtums danach solange nicht entgegen, wie das Opfer die Wahrheit der Behauptung für möglich hält.270 b) Die Wahrscheinlichkeitstheorie nach Giehring und Krey Dieser Sichtweise ist als erster Giehring entgegengetreten, der ausgehend von Schutzbedürftigkeitserwägungen die These aufstellte, ein Irrtum im Sinne des § 263 StGB liege nur dann vor, wenn das Opfer die Richtigkeit einer Tatsache je268 Vgl. etwa Giehring GA 1973, 1 (1 ff.); Amelung GA 1977, 1 (1 ff.); R. Hassemer, S. 113 ff. 269 SK-Hoyer § 263, Rn. 62; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 33; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 33; Mitsch; BT 2, S. 451; Blei, BT II, 12. Auflage, S. 229; LK-Tiedemann § 263, Rn. 77. 270 Frisch, Bockelmann-Festschrift, 647 (663); Hillenkamp, S. 18 ff.; Maurach / Schroeder / Maiwald § 41, Rn. 61; Gössel, BT II, § 21, Rn 81; Wessels / Hillenkamp, Rn 510.

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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denfalls für wahrscheinlicher halte als ihre Unrichtigkeit, wenn also eine sogenannte überwiegende Wahrscheinlichkeit anzunehmen sei.271 Begründet wurde diese Sichtweise vor allem damit, dass das Angriffsmittel der List in dem Maße an Gefährlichkeit verliere, in dem die Zweifel des Opfers an Intensität gewinnen.272 Das Kriterium der Wahrscheinlichkeit wurde durch einen Vergleich mit der Abgrenzung von Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit gewonnen.273 Der Sichtweise Giehrings stimmten im Folgenden Dästner und Sonnen zu.274 Eine Modifizierung erfuhr das Kriterium der Wahrscheinlichkeit durch Krey, der bis zu der zwölften Auflage in seinem Lehrbuch forderte, das Opfer müsse die Richtigkeit der behaupteten Tatsache für wahrscheinlich halten, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit – wie von Giehring vorgeschlagen – sei jedoch nicht erforderlich.275 c) Die Ansicht Amelungs Einen ebenfalls bei dem Irrtumsmerkmal ansetzenden Vorschlag lieferte Amelung. Seiner Ansicht nach ergibt sich aus Überlegungen zur Schutzwürdigkeit des Opfers und zur Subsidiarität des Strafrechtes, dass bei einem zweifelnden Opfer kein Betrug anzunehmen sei.276 Für ein Ansetzen bei dem Irrtumsmerkmal spricht seiner Meinung nach dabei, dass dem Begriff anderenfalls keine eigenständige Bedeutung zukommen würde.277 Im Gegensatz zu Vertretern der eingangs dargestellten Wahrscheinlichkeitstheorie sieht Amelung jedoch nicht die Intensität des Irrtums als ausschlaggebend an, vielmehr kommt es seiner Meinung nach darauf an, ob objektiv konkrete Anhaltspunkte gegeben sind, auf denen der Zweifel basiert.278 d) Die Ansicht von R. Hassemer Einen von der Begründung her ähnlichen Vorschlag machte im Folgenden auch R. Hassemer. Aus dem Prinzip der Eigenverantwortlichkeit ergibt sich seiner Meinung nach, dass jeder grundsätzlich verpflichtet ist, seine Güter ohne Inanspruchnahme strafrechtlichen Schutzes zu schützen.279 Eine derart hohe Gefahr271 272 273 274 275 276 277 278 279

Giehring GA 1973, 1 (22). Giehring GA 1973, 1 (18). Giehring GA 1973, 1 (19 f.). Dästner ZRP 1976, 36 (37); Sonnen wistra 1982, 123 (127). Krey, BT 2, 12. Auflage, Rn. 373. Amelung GA 1977, 1 (6). Amelung GA 1977, 1 (2). Amelung GA 1977, 1 (6 f.). Vgl. R. Hassemer, S. 35.

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

intensität, dass ein Einsatz des Strafrechtes gerechtfertigt ist, sieht er bei Zweifeln des Opfers unter gewissen Voraussetzungen als nicht gegeben an.280 Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen die Strafbarkeit entfallen soll, stellt R. Hassemer im Gegensatz zu Amelung auf rein kognitive Elemente ab.281 Dies ist seiner Meinung nach notwendig, da die Frage, ob das Opfer schutzbedürftig ist, nicht anhand objektiver Gesichtspunkte, sondern allein anhand der subjektiven Einstellung des Opfers zu seinen Zweifeln zu klären sei.282 Unterschieden werden soll dabei zwischen von dem Irrtumsbegriff umfassten rein diffusen Zweifeln, die bei einer ganzen Reihe von Austauschgeschäften allein aufgrund einer abstrakten Wahrscheinlichkeit der Unwahrheit bestünden,283 und einen Irrtum ausschließenden konkreten Zweifeln, bei denen das Opfer an der Wahrheit einer ganz bestimmten relevanten Tatsache zweifelt.284 Als Beispiel für diffuse Zweifel wird Skepsis eines Banksachbearbeiters genannt, die dieser jedem einen Kredit beantragenden Kunden allein aufgrund bekannter Statistiken entgegenbringt, konkret – so R. Hassemer – werde der Zweifel hingegen dann, wenn er sich durch besondere Umstände des Einzelfalles wie etwa eine manipulierte Gehaltsabrechnung verdichte.285 e) Diskussion über ein Ansetzen bei dem Irrtumsmerkmal Gegen die soeben dargestellten Einschränkungsvorschläge werden eine Reihe kriminalpolitisch und normativ orientierter Einwände vorgebracht. Auf diese Einwände soll an dieser Stelle noch nicht näher eingegangen werden,286 vielmehr soll hier zunächst die Frage beantwortet werden, ob der Irrtumsbegriff der richtige Ort ist, die vorgeschlagenen Einschränkungen vorzunehmen, sofern man diese für richtig hält. Von der derartige Einschränkungen ablehnenden herrschenden Meinung wird gegen das Entfallen eines Irrtums bei Zweifeln des Opfers stets vorgebracht, auch das zweifelnde Opfer schenke der Behauptung letztlich Glauben und irre sich somit.287 Dieser Einwand erscheint vom Wortlaut her kaum widerlegbar und wirft daher nahezu zwangsläufig die Frage auf, ob die vorgeschlagenen Einschränkungen nicht als den Tatbestand begrifflich überschreitende teleologische Reduktionen angesehen werden müssen. Amelung selber stellt die Behauptung auf, sein Vorschlag sei vom Wortlaut des Irrtumsbegriffes umfasst,288 Giehring und R. HasseVgl. R. Hassemer, S. 51. R. Hassemer, S. 153. 282 R. Hassemer, S. 153. 283 R. Hassemer, S. 133. 284 R. Hassemer, S. 134. 285 R. Hassemer, S. 135. 286 Vgl. dazu unten unter Gliederungspunkt A. II. 5. c). 287 Vgl. Maurach / Schroeder / Maiwald, BT I § 41, Rn. 61; Hillenkamp, S. 18 ff.; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 40. 288 Vgl. Amelung GA 1977, 1 (4); Amelung, Eser-Festschrift, 3 (20). 280 281

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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mer gehen auf diese Frage soweit ersichtlich nicht ein. In der sich mit den Einschränkungsvorschlägen auseinandersetzenden Literatur wurde dagegen überwiegend angenommen, dass es sich um teleologische Reduktionen handelt. So meint etwa Jänicke, die von den Autoren letztlich vorgenommene Gesamtbetrachtung gehe weit über das hinaus, was gemeinhin begrifflich mit dem Irrtumsmerkmal verbunden werde.289 Frisch führt speziell adressiert an Amelung und R. Hassemer, die vornehmlich auf die Subsidiarität des Strafrechts abstellen, an, einzelne Gesetzesbegriffe dienten nicht der Durchsetzung allgemeiner Prinzipien.290 Hillenkamp sieht in den Vorschlägen eine Begriffsbildung, die den Wortlaut nicht interpretiert, sondern ersetzt.291 Ob dem so ist, soll im Folgenden näher untersucht werden. Wie bereits im ersten Teil dieses Abschnittes näher ausgeführt wurde, liegt eine teleologische Reduktion vor, wenn dem Begriffskern eines Wortes unterfallende Fälle aus dem Tatbestand herausgenommen werden sollen.292 Ein Irrtum wird im Grundsatz verstanden als eine Fehlvorstellung von der Realität, also als eine unzutreffende Annahme. Begrifflich denkbar ist von diesem Ausgangspunkt her einerseits, dass das Opfer seine Zweifel letzten Endes überwindet und gleichwohl an die Wahrheit der angenommenen Tatsache glaubt; andererseits ist auch denkbar, dass die Zweifel dazu führen, die Annahme dahingehend abzuschwächen, dass sie nur noch als bloße Vermutung zu bezeichnen ist. Eine derart falsche Vermutung könnte mit guten Gründen als außerhalb des Begriffskernes angesehen werden, so dass eine teleologische Reduktion abzulehnen wäre. Die von Amelung vorgenommene Differenzierung ist jedoch eine grundlegend andere. Entscheidend sein soll danach nämlich nicht, bei welchem Opfer eine Fehlvorstellung zur bloßen Vermutung abgeschwächt wurde, sondern vielmehr, welches Opfer den Irrtum aufgrund der Zweifel hätte beheben können.293 Dies läuft, wie Hillenkamp bereits richtig festgestellt hat, auf die These hinaus, wer auf eine bestimmte Art irre, der irre nicht.294 Eine derartige Deutung kann nicht als von dem Wortsinn umfasst angesehen werden. Vielmehr wird dadurch an die Stelle des Wortlautes eine normative Wertung gestellt, die völlig isoliert von dem Begriff des Irrtums ist. Ähnliches gilt für die von Giehring, Krey und R. Hassemer gemachten Vorschläge. Diese stellen auf den ersten Blick zwar auf die Intensität der Fehlvorstellung ab und könnten somit zunächst als ein Versuch der Abgrenzung von Vermutungen zu Irrtümern erscheinen. Betrachtet man die dahinterstehende Argumentation jedoch einmal näher, so wird schnell deutlich, dass es den Autoren letztlich nicht allein darauf ankommt, die Intensität der Zweifel zu bewerten, sondern dass eine allgemeine Bewertung der Schutzwürdigkeit des Opfers vorgenommen wird, die mehr auf Gepflogenheiten des Wirtschaftsverkehrs und die daraus resultierende sinnvolle Tragweite des 289 290 291 292 293 294

Vgl. Jänicke, S. 219. Vgl. Frisch, Bockelmann-Festschrift, 647 (656). Hillenkamp, S. 23. Siehe dazu Gliederungspunkt A. I. 2. e). So auch Hillenkamp, S. 139. Vgl. Hillenkamp, S. 139.

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

Betrugstatbestandes basiert als auf der Intensität der Zweifel selber.295 Das Abstellen auf die Intensität der Zweifel erscheint aus diesem Blickwinkel als vorgeschoben, dahinter stehen auch hier normative Erwägungen, die mit dem Merkmal des Irrtums in keinerlei Zusammenhang stehen. Die vorgeschlagenen Einschränkungen sind somit allesamt als teleologische Reduktionen anzusehen. Der Irrtumsbegriff ist folglich nicht der richtige Ansatzpunkt, um die geforderten Einschränkungen im Wege der Auslegung vorzunehmen. Eine teleologische Reduktion des Irrtumsbegriffes käme allenfalls dann in Betracht, wenn die weitere Untersuchung ergeben sollte, dass im Wege der Auslegung auch an keiner anderen Stelle Einschränkungen bei Zweifeln des Opfers möglich wären. 3. Ansatzpunkt Kausalität Ein weiterer Ansatzpunkt, an dem Einschränkungen bei Zweifeln des Opfers an dem Wahrheitsgehalt der Behauptungen des Täters vorgeschlagen werden, ist die Kausalität des Irrtums für die vom Opfer vorgenommene Vermögensverfügung. a) Die Position der herrschenden Meinung Wie bereits im ersten Abschnitt dargestellt, genügt für die Kausalität zwischen Täuschung und Irrtum Ursächlichkeit im Sinne der Äquivalenztheorie. 296 Dies gilt im gleichen Maße auch für die Kausalität zwischen dem Irrtum und der Vermögensverfügung.297 Die Ursächlichkeit eines Irrtums für die Vermögensverfügung kann demnach nur dann entfallen, wenn der Umstand, über den sich das Opfer geirrt hat, für dessen Entscheidung über die Vermögensverfügung völlig irrelevant war.298 Zweifel des Opfers sind danach für die Annahme von Kausalität irrelevant. b) Die tatbestandsrelevante Kausalität nach Blei Demgegenüber will Blei auch bei Zweifeln des Opfers die Kausalität verneinen.299 Inhaltlich hält er dabei die von Amelung gemachten Einschränkungsvorschläge für überzeugend, er stimmt jedoch mit der herrschenden Meinung dahingehend überein, dass das Vorliegen eines Irrtums nicht zu bestreiten ist. Stattdessen entfällt aus seiner Sicht die „tatbestandsrelevante“ Kausalität, sofern Zweifel 295 Vgl. dazu die Ausführungen von Giehring GA 1973, 1 (18); R. Hassemer, S. 35 ff. und Krey, BT 2, 12. Auflage, Rn. 373. 296 Siehe Gliederungspunkt A. I. 4. a). 297 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 77; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 52. 298 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 77; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 52. 299 Blei, BT II, 12. Auflage, S. 227.

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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dem Opfer Gelegenheit gegeben hätten, sich vor dem Schaden selber zu bewahren.300 c) Die Ansicht Kracks Auch Krack hält im Zusammenhang mit dem Problemfeld der zweifelnden Opfer den Aspekt der Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung für entscheidend. Seiner Ansicht nach ist bei Zweifeln des Opfers folgendermaßen zu differenzieren: Entweder das Opfer stelle seine Zweifel letzten Endes zurück, so dass Kausalität zu bejahen sei, oder aber das Opfer koppele seine Entscheidung völlig von dem bezweifelten Umstand ab, sodass der Irrtum letztlich nicht kausal für die Vermögensverfügung geworden sei.301 Der Täter habe zwar auch in diesem Fall die Vermögensverfügung des Opfers verursacht, es fehle jedoch an der für § 263 StGB erforderlichen irrtumsvermittelten Kausalität,302 die Handlung des Opfers sei vielmehr als eigenverantwortliche Selbstgefährdung anzusehen.303 Die Grenze, ab der von einer Abkopplung der Entscheidung des Opfers von seiner Fehlvorstellung auszugehen ist, will Krack anhand der Intensität der Fehlvorstellung ziehen, er bemüht dazu ähnlich wie bereits zuvor Giehring den Begriff der überwiegenden Wahrscheinlichkeit.304 Halte das Opfer im Zeitpunkt der Vermögensverfügung die erklärte Tatsache nur für möglich und das Gegenteil für wahrscheinlicher, so sei von einer Abkopplung der Entscheidung auszugehen, habe es hingegen die Zweifel zurückgestellt und halte deshalb im Zeitpunkt der Vermögensverfügung die Richtigkeit der behaupteten Tatsache für überwiegend wahrscheinlich, so sei Kausalität zu bejahen.305 d) Diskussion über ein Ansetzen bei der Kausalität Auch die bei dem Merkmal der Kausalität ansetzenden Vorschläge sollen im Folgenden kritisch gewürdigt werden. Nachgegangen werden soll dabei auch hier zunächst der Frage, ob es sich bei Einschränkungen an dieser Stelle um teleologische Reduktionen handeln würde. Das Erfordernis von Kausalität im Sinne der Äquivalenztheorie stellt allgemein keine teleologische Reduktion, sondern eine generelle Voraussetzung dar, welches eine strafrechtliche Haftung erst ermöglicht.306 Eine teleologische Reduktion könnte in den Einschränkungsvorschlägen folglich nur dann gesehen werden, wenn sie von dem gängigen Verständnis von 300 301 302 303 304 305 306

Blei, BT II, 12. Auflage, S. 227. Vgl. Krack, S. 45; Krack JR 2003, 382 (386). Krack, S. 45. Krack JR 2003, 382 (386). Krack JR 2003, 382 (386). Vgl. Krack JR 2003, 382 (386). Vgl. nur Jähnicke, S. 256.

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

Kausalität abweichen würden und diese deliktsspezifisch neu bestimmen würden.307 Bei einer Anwendung der zur Bestimmung von Kausalität üblicherweise herangezogenen Äquivalenztheorie entfällt die Kausalität, wenn ein Verhalten hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele.308 Blei hingegen stellt die These auf, die „tatbestandsrelevante“ Kausalität entfalle, sofern Zweifel dem Opfer Gelegenheit gegeben hätten, sich vor dem Schaden selber zu bewahren. Diese Gegenüberstellung zeigt, dass die üblicherweise zur Bestimmung von Kausalität herangezogene Formel keinerlei Beziehung zu der von Blei aufgestellten Formulierung aufweist. Blei formuliert stattdessen einen Satz, der allein innerhalb des Betrugstatbestandes Geltung beansprucht, und macht dies zudem deutlich, indem er die von ihm geforderte Kausalität eine „tatbestandsrelevante“ nennt. Bleis Vorschlag muss somit ebenfalls als teleologische Reduktion angesehen werden, die abzulehnen ist, sofern Einschränkungen auch ohne diese möglich sind. Anders verhält es sich hingegen mit dem von Krack vorgebrachten Vorschlag. Krack teilt das allgemeine Verständnis von Kausalität im Sinne der Äquivalenztheorie, seine Folgerung, die Kausalität entfalle, wenn der Irrtum für das Opfer nicht entscheidungserheblich gewesen sei, deckt sich dementsprechend mit der herrschenden Meinung.309 Näher betrachtet werden soll hier jedoch die von ihm aufgestellte Behauptung, ein die Wahrheit der vorgetragenen Tatsache für unwahrscheinlich haltendes Opfer koppele seine Entscheidung völlig von seinem Irrtum ab, sodass auch hier der Irrtum nicht entscheidungserheblich geworden sei. Ob dies tatsächlich der Bewusstseinslage eines Opfers in einer derartigen Situation entspricht, kann bezweifelt werden. Als Beispiel dafür mag hier der Fall eines Opfers dienen, welchem vorgespiegelt wird, es könne ein von Rembrandt stammendes Gemälde erwerben. Hält nun das Opfer die Behauptung, das Gemälde stamme von Rembrandt, für in hohem Maße unwahrscheinlich, entschließt sich jedoch trotzdem zum Kauf des für ihn ansonsten uninteressanten Gemäldes, um sich die – wenn auch kleine – Chance zu wahren, einen echten Rembrandt zu kaufen, so mag die daraufhin vorgenommene Vermögensverfügung zwar – wie Krack mit Recht festgestellt hat – als eigenverantwortliche Selbstgefährdung einzuordnen sein, an der Ursächlichkeit des Irrtums ändert dies jedoch nichts. Das Opfer hätte das Gemälde nicht gekauft, wenn es nicht der Fehlvorstellung erlegen wäre, es könnte sich um einen echten Rembrandt handeln. Es wird mithin deutlich, dass die Entscheidung des Opfers auch bei größter Intensität seiner Zweifel nicht zwingend von der Möglichkeit der Richtigkeit der behaupteten Tatsache abgekoppelt ist. Vielmehr stehen die Frage, welche Motive das Opfer für seine Vermögensverfügung hatte und wie intensiv seine Zweifel waren, unabhängig zueinander. Ein Ausschluss der Kausalität kann sich somit durch das von Krack angebotene Kriterium der Abkopplung der Entscheidung von den Behauptungen des Täters in Fällen von zweifelnden Opfern 307 Dass ein derartiges Vorgehen eine teleologische Reduktion darstellen würde, wurde unter Gliederungspunkt A. I. 4. c) dargelegt. 308 Vgl. BGHSt 1, 332 (333); Wessels / Beulke, Rn. 156. 309 Vgl. zur Position der herrschenden Meinung Gliederungspunkt A. II. 3. a).

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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nicht ergeben. Auch der von Krack gemachte Vorschlag ist mithin nicht geeignet, Einschränkungen bei zweifelnden Opfern vorzunehmen. Die von ihm vorgenommene Herleitung der Straffreiheit aus den Grundsätzen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung310 kann jedoch im Folgenden innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung aufgegriffen werden.

4. Ansatzpunkt objektive Zurechnung Da keiner der soeben dargestellten Vorschläge sich als geeignet erwiesen hat, innerhalb der vom Wortlaut des Tatbestandes vorgegebenen Grenze Einschränkungen vorzunehmen, soll nun geprüft werden, ob auch bei dem Problem des zweifelnden Opfers ein Blick auf die Lehre von der objektiven Zurechnung weiterhilft. Betrachtet werden kann dabei ein in jüngerer Zeit von Beckemper geäußerter Vorschlag.311 Dieser soll nach einer kurzen Darstellung der Position der herrschenden Meinung vorgestellt werden. In einer sich daran anschließenden Diskussion soll dann erörtert werden, ob Einschränkungen bei Zweifeln des Opfers über das Institut der objektiven Zurechnung tatsächlich möglich sind. Gegebenenfalls ist dann auch hier zu erörtern, in welchen Grenzen Einschränkungen kriminalpolitisch sinnvoll wären und welche Kriterien aus der Zurechnungslehre entwickelt werden können. a) Die Position der herrschenden Meinung Wie bereits im ersten Abschnitt dargelegt wurde, ist die Lehre von der objektiven Zurechnung inzwischen zwar weitgehend anerkannt, ihre genaue Bedeutung für den Betrugstatbestand jedoch noch ungeklärt.312 Ein Ausschluss der Zurechnung bei Zweifeln des Opfers wird bislang in keinem der gängigen Fachkommentare erwogen,313 allgemein wird von der Zurechenbarkeit ausgegangen, wenn ein vom Täter geschaffenes unerlaubtes Risiko sich im konkreten Erfolg realisiert hat.314 Von den unter dieser Grundformel kategorisierten Fallgruppen könnten hier wiederum die der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung und die der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche von Bedeutung sein.

Vgl. Krack JR 2003, 382 (386). Vgl. Beckemper / Wegner NStZ 2003, 315 (315 f.). 312 Siehe Gliederungspunkt A. I. 5. a). 313 Vgl. Tröndle / Fischer § 263, Rn. 33 a; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 38 ff.; SKHoyer § 263, Rn. 68 ff. 314 Vgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 47; Wessels / Beulke, Rn. 179. 310 311

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

b) Die Ansicht Beckempers Einen Vorschlag zur Lösung der Fälle zweifelnder Opfer über die Lehre von der objektiven Zurechnung lieferte Beckemper. Ihrer Ansicht nach scheidet ein Betrug mangels Zurechenbarkeit der Vermögensverfügung aus, wenn von dem Opfer auf Grund seiner Zweifel erwartet werden kann, dass es sich gegen den Anreiz zur Vermögensverfügung selber schützt.315 Hergeleitet wird dieses Ergebnis aus dem innerhalb der Zurechnungslehre bekannten Prinzip der Eigenverantwortlichkeit,316 dieses allein wird jedoch im Bereich der Selbstschädigungsdelikte als zu vage empfunden, um allein zu einer Lösung zu führen.317 Als „Hilfsprinzip“ wird daher das aus dem Bereich des Nötigungstatbestandes bekannte Prinzip der Selbstbehauptung herangezogen.318 Entscheidend ist danach im Rahmen des § 240 StGB für das Vorliegen eines empfindlichen Übels, ob von dem Opfer erwartet werden kann, dass es der Drohung, mit der es konfrontiert ist, standhält.319 Übertragen auf den Betrugstatbestand bedeutet dies, dass zu fragen ist, ob von dem Opfer auf Grund der Zweifel erwartet werden kann, sich selbst zu schützen.320 c) Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung Mit dem Ansatz Beckempers steht nunmehr auch für die Fallgruppe zweifelnder Opfer ein Vorschlag im Raum, im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung zu einer Lösung zu gelangen. Dieser könnte im Folgenden weiter ausgearbeitet werden, sofern keine Bedenken gegen ein Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung bei zweifelnden Opfern bestehen. Dass generell keine Bedenken bezüglich der Anwendbarkeit der Lehre von der objektiven Zurechnung auf den Betrugstatbestand bestehen, wurde bereits im ersten Abschnitt dargelegt.321 Speziell bezogen auf die vorliegende Fallgruppe böte ein Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung den Vorteil, dass Einschränkungen vorgenommen werden könnten, ohne den Wortlaut des Tatbestandes zu überdehnen. Zudem liegen auch der Fallgruppe zweifelnder Opfer allgemeine Erwägungen zugrunde, es geht letztlich um die Bewertung der Mitverantwortung des Opfers und der Gewichtung von dessen Eigenverantwortung bezüglich eigener Rechtsgüter. Dass diese allgemeinen Erwägungen letztlich der Grund für die Diskussion über Strafbarkeitseinschränkungen bei zweifelnden Opfern sind, wird auch von bei dem Beckemper / Wegner NStZ 2003, 315 (316). Beckemper, Durchsetzbarkeit des Verteidigerkonsultationsrechts und die Eigenverantwortlichkeit des Beschuldigten, S. 225 ff. 317 Beckemper / Wegner NStZ 2003, 315 (316). 318 Beckemper, S. 233 ff. 319 Vgl. BGHSt 31, 195 (195 ff.); BGH NStZ 1982, 287 (287); S / S-Eser § 240, Rn. 9. 320 Beckemper / Wegner NStZ 2003, 315 (315 f.). 321 Vgl. Gliederungspunkt A. I. 5. c) (1). 315 316

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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Irrtumsmerkmal oder der Kausalität ansetzenden Autoren anerkannt.322 Ein Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung böte somit wie schon in der Fallgruppe leichtgläubigen Opferverhaltens den Vorteil, die hinter den Überlegungen stehenden allgemeinen Gesichtspunkte in einen größeren Rahmen einordnen zu können. Einwänden wie dem von Frisch, dass derartige Erwägungen in jedem Tatbestand in einem neuen Gewand erscheinen müssten,323 wären auch für diese Fallgruppe mit einem Male entkräftet. Zudem ist der Aspekt der Opfermitverantwortung innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung weit ausdifferenziert. Die dort bereits vorliegenden Erkenntnisse bieten mithin einen reichhaltigen Fundus, der auf dem Weg zu einer differenzierten Lösung des Problems von Nutzen sein kann. Festgehalten werden kann somit, dass auch in Fällen zweifelnder Opfer ein Ansetzen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung sinnvoll erscheint. Damit nicht auch eine derartige Lösung dem Vorwurf der teleologischen Tatbestandsreduktion ausgesetzt ist, muss sie sich an den allgemein im Rahmen der objektiven Zurechnung bestehenden Vorgaben orientieren. Eine Entwicklung geeigneter Abgrenzungskriterien zwischen den zu einem Zurechnungsausschluss führenden Fällen und denen, in denen Zweifel letztlich unbeachtlich sind, wird Aufgabe des letzten Teils dieses Abschnittes sein. Vorher soll allerdings auch hier der Frage nachgegangen werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang aus kriminalpolitischer Sicht Einschränkungen bei zweifelnden Opfern geboten erscheinen.

5. Sind bei zweifelnden Opfern Einschränkungen vorzunehmen? Um zu beurteilen, ob aus kriminalpolitischer Sicht Einschränkungen geboten erscheinen, soll auch hier mit einer Darstellung der Position der Rechtsprechung zu diesem Thema begonnen werden. Danach wird die in der Literatur diesbezüglich vorherrschende Meinung zusammengefasst. Anschließend werden dann diesbezüglich diskutierte Argumente erörtert, um dabei zur Bestimmung der eigenen Position zu gelangen. a) Position der Rechtsprechung In der Rechtsprechung stießen die eingangs dargestellten Einschränkungsvorschläge überwiegend auf Ablehnung, bis heute hat sich vielmehr die Tendenz herausgebildet, Zweifel solange als irrelevant anzusehen, wie das Opfer die Wahrheit der behaupteten Tatsache noch für möglich hält.324 Begründet wird diese Sichtweise damit, dass das Opfer trotz seiner Zweifel, seien sie auch noch so erheblich, 322 Vgl. Giehring GA 1973, 1 (22); Amelung GA 1977, 1 (6); R. Hassemer, S. 35; Blei, BT II, 12. Auflage, S. 227; Krack JR 2003, 382 (386). 323 Frisch, Bockelmann-Festschrift, 647 (656). 324 BGH wistra 2003, 142 (143) = BGH NJW 2003, 1198 (1199).

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A. Viktimologie und objektive Zurechnung

der List des Täters zum Opfer fällt.325 Diese konsequente Ablehnung der Bedeutung von Zweifeln für die Annahme eines Irrtums ist jedoch erst in jüngerer Zeit erkennbar und kann zudem noch nicht als gefestigt bezeichnet werden, da der BGH selber klarstellt, er wolle zu der Frage nicht abschließend Stellung nehmen, sondern neige lediglich zu dieser Sichtweise.326 Bis zu dieser Entscheidung war völlig offen, ab welcher Intensität von Zweifeln das Vorliegen eines Irrtums zu verneinen wäre, der BGH begnügte sich meist mit der Formulierung, dass jedenfalls dann ein Irrtum vorliegt, wenn das Opfer die Möglichkeit der Unwahrheit für geringer hält.327 Der Ansatz, dass bei geringerer Wahrscheinlichkeit der Unwahrheit ein Irrtum vorliegt, kann mittlerweile als ständige Rechtsprechung bezeichnet werden, doch auch diese Sichtweise vertrat der BGH nicht immer in letzter Konsequenz. So wurde im Jahre 1992 anlässlich von Bestellungen durch einen zahlungsunfähigen Geschäftsmann entschieden, für einen Irrtum sei dann kein Raum, wenn das Opfer mit der schlechten Vermögenslage auch nur gerechnet habe.328 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Position der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu der Frage der Relevanz von Zweifeln des Opfers als noch nicht abschließend geklärt angesehen werden muss. Als relativ sicher lässt sich jedoch festhalten, dass jedenfalls, solange das Opfer die Wahrheit der Behauptung für wahrscheinlicher hält, aus Sicht des BGH eine Betrugsstrafbarkeit gegeben ist, darüber hinaus ist die Tendenz erkennbar, dies auch noch bei einer größeren Intensität von Zweifeln anzunehmen. b) Position der vorherrschenden Lehre In der Literatur stießen die Einschränkungsvorschläge bei Zweifeln des Opfers ganz überwiegend auf Ablehnung, begründet wurde dies zumeist damit, dass, sofern das Opfer die behauptete Tatsache für möglich hält und daraufhin eine Vermögensverfügung vornimmt, es sich unabhängig von der Intensität der Zweifel letztlich für die Möglichkeit der Richtigkeit der behaupteten Tatsache entscheide und damit irre.329 c) Abwägung gesellschafts- und kriminalpolitischer Gesichtspunkte Gegen eine Berücksichtigung von Zweifeln des Opfers im Hinblick auf eine etwaige Betrugsstrafbarkeit wird eine Vielzahl von Einwänden vorgebracht. Diese BGH wistra 2003, 142 (143) = BGH NJW 2003, 1198 (1199). Vgl. BGH wistra 2003, 142 (143) = BGH NJW 2003, 1198 (1199). 327 Vgl. BGH wistra 1990, 305 (305); BGH wistra 1992, 95 (97); BGHSt 47, 84 (88). 328 Vgl. BGH wistra 1992, 298 (298); ähnlich auch BGH wistra 1988, 25 (26). 329 LK-Tiedemann § 263, Rn. 86; Joecks § 263, Rn. 41; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT I, § 41, Rn. 62; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 40; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 33 a; Frisch, Bockelmann-Festschrift, 647 (663). 325 326

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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sollen auch hier zunächst dargestellt und auf ihre Stichhaltigkeit überprüft werden, um dadurch auch für Fälle zweifelnder Opfer eine Antwort auf die Frage zu erhalten, ob aus gesellschafts- und kriminalpolitischer Sicht Einschränkungen wünschenswert erscheinen. Gegen eine Berücksichtigung von Zweifeln des Opfers wird zunächst vorgebracht, eine Abgrenzung anhand der Intensität der Zweifel sei aus praktischer Sicht nicht durchführbar.330 Zudem wird angeführt, die Vornahme von Einschränkungen bei zweifelnden Opfern sei eine rein wirtschaftspolitische Entscheidung, zu der § 263 StGB keine Ermächtigung liefere.331 Ferner werden auch hier sozialstaatliche Bedenken vorgebracht, so hält es etwa Achenbach für mit der sozialstaatlichen Schutzaufgabe unvereinbar, zunächst das Fehlverhalten des Opfers zu analysieren.332 Wieder andere argumentieren frei aus dem eigenen Gerechtigkeitsempfinden, so hält es etwa Hellmann für nicht sachgerecht, den Täter straffrei zu stellen, da ihm zumindest ein Mitverschulden an dem Vermögensschaden des Opfers zur Last zulegen ist.333 Hillenkamp hält Einschränkungen für eine einseitige Verschiebung der Verantwortung vom Täter zum Opfer.334 Diese gegen Einschränkungen bei Zweifeln des Opfers vorgebrachten Argumente sollen im folgenden näher betrachtet werden. Hinten angestellt werden kann dabei der Einwand, es fehlten taugliche Abgrenzungskriterien. Sollten sich Einschränkungen insgesamt als kriminalpolitisch wünschenswert herausstellen, so wäre es auch hier Aufgabe des letzten Teiles des Abschnittes, an der Erarbeitung tauglicher Abgrenzungskriterien mitzuwirken. Dem Einwand, § 263 StGB enthalte keine Ermächtigung zu den vorgeschlagenen Einschränkungen kann entgegengehalten werden, dass er bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung ansetzende Einschränkungen nicht träfe. Anders als bei einem Ansetzen bei dem Irrtumsmerkmal oder bei der Kausalität handelt es sich nämlich nicht um eine teleologische Reduktion, sondern um eine allgemeine Strafbarkeitsvoraussetzung.335 Normative Gesichtspunkte sind bei der Ermittlung der Zurechenbarkeit selbstverständlich zu berücksichtigen. Zu auf sozialstaatlichen Erwägungen basierenden Einwänden kann gesagt werden, dass das Problem der Vornahme von Rechtsgeschäften trotz Zweifeln kein nur bei sozial schwachen Menschen auftretendes Phänomen ist, sondern dass sich derartige Konstellationen vielmehr durch alle Bereiche des Wirtschaftssystems ziehen.336 Beachtlich ist dabei, dass gerade auch größere Wirtschaftsunternehmen oftmals bewusst unter Zweifeln leisten, so etwa wenn trotz bestehender Zahlungsrückstände weiter an einen Kunden geliefert wird.337 Ein Eintreten für Einschrän330 Vgl. LK-Tiedemann § 263, Rn. 86; BGH wistra 2003, 142 (143) = BGH NJW 2003, 1198 (1199). 331 Frisch, Bockelmann-Festschrift, 647 (663 ff.); LK-Tiedemann § 263, Rn. 86. 332 Achenbach Jura 1984, 602 (603). 333 Krey / Hellmann, BT 2, Rn. 373. 334 Hillenkamp, S. 35. 335 Siehe dazu unter Gliederungspunkte A. II. 4. c). 336 Vgl. als Beispiel dafür die unter Gliederungspunkt A. II. 1. angeführten Konstellationen.

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kungen bei Zweifeln des Opfers kann somit nicht gleichgesetzt werden damit, sozial schwachen Opfern den Schutz zu versagen. Den Einwänden, es sei nicht sachgerecht beziehungsweise zu einseitig, bei einer sowohl durch fahrlässiges Opferverhalten als auch durch den Täter herbeigeführten Vermögensschädigung den Täter straffrei zu stellen, kann entgegengehalten werden, dass es bei einer sowohl vom Täter als auch von dem Opfer verschuldeten Situation genauso wenig einleuchtend scheint, lediglich den Beitrag des Täters zu bewerten. Es erscheint somit aus diesem Blickwinkel betrachtet sinnvoll, weder die eine noch die andere Extremposition einzunehmen, sondern eine möglichst genaue Differenzierung der Einzelfälle vorzunehmen. Abzuwägen ist dabei aus kriminalpolitischer Sicht einerseits, wie umfassend man Opferschutz gewährleisten will. Zu beachten ist dabei, dass man dem Opfer in gewissem Umfang zubilligen muss, den Angaben des Täters trotz Zweifeln zu vertrauen, da umfassende Nachforschungspflichten ein nichtgewolltes Hemmnis des Wirtschaftslebens darstellen würden.338 Diesen Gesichtspunkten gegenüberzustellen sein wird der Stellenwert der Eigenverantwortlichkeit jedes Einzelnen für seine Rechtsgüter. Diese Abwägung wird bei der Entwicklung tauglicher Abgrenzungskriterien zu berücksichtigen sein. Festgehalten werden kann aus kriminalpolitischer Sicht jedoch, dass der Berücksichtigung von Zweifeln des Opfers bei einer möglichen Betrugsstrafbarkeit keine grundsätzlichen Bedenken entgegen stehen. Die dabei vorzunehmenden Einschränkungen sollten sich jedoch in engen Grenzen bewegen, um das im Geschäftsverkehr notwendige Maß an Vertrauen in die Redlichkeit des Geschäftspartners zu schützen.

6. Entwicklung von Kriterien Da also aus kriminalpolitischer Sicht keine Einwände bestehen, zumindest in engen Grenzen Zweifel des Opfers zu berücksichtigen, wird es nun Aufgabe des folgenden Abschnittes sein, geeignete Kriterien zu entwickeln, anhand derer bestimmt werden kann, ob eine Vermögensverfügung dem Täter objektiv zurechenbar ist. Zu berücksichtigen sein werden dabei neben den sich aus kriminalpolitischen Gesichtspunkten ergebenden Vorgaben auch die im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten allgemeinen Grundsätze. Auch hier werden diese Grundsätze als eine Art Rahmen herangezogen werden können, der bei der Suche nach geeigneten Kriterien hilfreich sein kann. Relevant für die vorliegenden Konstellationen zweifelnder Opfer kann wieder die innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung angeführte Kategorie der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung sein. Zurückgegriffen werden kann dabei auf die Darstellung des Gesichtspunktes innerhalb des ersten Absatzes,339 es kann somit gleich mit der 337 338 339

Siehe dazu Gliederungspunkt A. II. 1. a). So auch Amelung GA 1977, 1 (7). Siehe die Gliederungspunkte A. I. 7. a).

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Übertragung der dort gewonnenen Erkenntnisse auf Fälle zweifelnder Opfer begonnen werden. Der Umstand, dass ein an der Wahrheit einer Behauptung zweifelndes Opfer sich möglicherweise eigenverantwortlich selbstgefährdet, wird von Befürwortern von Einschränkungen als Hauptargument herangezogen.340 Dass auch im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung der Aspekt der Eigenverantwortlichkeit eine gewichtige Rolle spielt, wurde bereits im ersten Abschnitt dargelegt.341 Schon im Rahmen des Problems leichtgläubigen Opferverhaltens wurden dabei die allgemeinen Vorgaben, die innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung bezüglich einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung bestehen, auf den Betrugstatbestand übertragen. Aus einer auch den Schutzzweck des § 263 StGB einbeziehenden Analyse ergab sich dabei, dass die objektive Zurechnung auf Grund der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung des Opfers entfällt, wenn das Opfer zum einen objektiv leichtfertig gehandelt hat und des weiteren in subjektiver Hinsicht das nötige Bewusstsein bezüglich der eingegangenen Gefahr hatte. Dies müsste auch bei einem zweifelnden Opfer angenommen werden können, damit auch dort dem Täter der Irrtum des Opfers objektiv nicht zugerechnet werden kann. Dies soll im Folgenden anhand der eingangs dargestellten Fallgruppen analysiert werden.342 Betrachtet man nun zunächst die Konstellation vager Zweifel, so kann festgestellt werden, dass objektiv überhaupt keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel bestehen, sondern dass das Opfer allein auf Grund der abstrakten Gefahr, betrogen zu werden, zweifelt. Nimmt das Opfer nun trotz seiner derart vagen Zweifel das Geschäft vor, so kann sein Verhalten objektiv keinesfalls als leichtfertig bezeichnet werden, sodass für einen Zurechnungsausschluss wegen einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung des Opfers kein Raum bleibt. Anders zu beurteilen ist die Situation bei auf konkreten Verdachtsmomenten beruhenden Zweifeln. Hier liegt objektiv eine Situation vor, in der weitere Nachprüfungen geboten sind. Kauft also beispielsweise jemand einen als unfallfrei beschriebenen Gebrauchtwagen ohne weitere Nachprüfungen, obwohl er auf Grund der überlackierten Kühlerhaube argwöhnisch geworden ist, so handelt er deshalb objektiv leichtfertig. Ferner kennt der Käufer in dieser Situation auch die das Risiko begründenden wesentlichen Gesichtspunkte, er hat mithin auch das nötige Bewusstsein für die Gefahr. Eine Vermögensverfügung, die ein Opfer vornimmt, obwohl es auf konkreten Verdachtsmomenten beruhende Zweifel hegt, denen es nicht nachgeht, ist dem Täter daher auf Grund der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung des Opfers objektiv nicht zuzurechnen. Schwierigkeiten ergeben sich ausgehend von den bis jetzt anhand der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten Kriterien für Fälle, in denen das Opfer zwar konkrete Zweifel an der Richtigkeit der Aussagen des Täters hat, sich jedoch bereits innerhalb eines gesetzlichen oder vertraglichen Schuldverhältnisses zu ihm befindet. Hier ist es dem Opfer nicht ohne wei340 Vgl. Giehring GA 1973, 1 (22); Amelung GA 1977, 1 (6); R. Hassemer, S. 35; Blei, BT II, 12. Auflage, S. 227; Krack JR 2003, 382 (386). 341 Vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. a). 342 Zu der Darstellung der Fallgruppen siehe Gliederungspunkt A. II. 1.

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teres möglich, von der Vermögensverfügung Abstand zu nehmen, da es sich dadurch einem Prozessrisiko aussetzt. Allein die bis jetzt erarbeiteten Kriterien der objektiven Leichtfertigkeit des Opfers und des dazukommenden Bewusstseins, eine Gefahr einzugehen, genügen hier nicht, um das Problem angemessen zu lösen, es zeigt sich vielmehr die Erforderlichkeit, auch die Motive, die das Opfer für seine Selbstgefährdung hat, in die Untersuchung einzubeziehen. Beckemper tut dies, indem sie zusätzlich zu den im Rahmen der objektiven Zurechnung bekannten Grundsätzen als „Hilfsprinzip“ das aus den Nötigungsdelikten bekannte Selbstbehauptungsprinzip heranzieht und fragt, ob es dem Opfer zumutbar ist, von der Vermögensverfügung Abstand zu nehmen.343 Für die Heranziehung derartiger „Hilfsprinzipien“ besteht bei der Lehre von der objektiven Zurechnung jedoch kein Bedürfnis. Die dort entwickelten Grundsätze liefern mittlerweile genug Anhaltspunkte, um aus der Lehre von der objektiven Zurechnung selber eine Lösung zu entwickeln. Herangezogen werden können hier vom BGH anlässlich von Retterschäden entwickelte Grundsätze. In der Entscheidung BGHSt 39, 322 (322 ff.) begab sich das Opfer in ein vom Täter in Brand gesetztes Haus, um entweder seinen noch dort befindlichen kleinen Bruder oder zumindest Sachwerte zu retten. Obwohl in diesem Fall dem Opfer durchaus klar war, dass es sich Gefahren erheblicher Ausmaße aussetzte, lehnte der BGH eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung ab, weil das Opfer ein „einsichtiges Motiv“ gehabt habe, sich zu gefährden. Anders formuliert bedeutet dies, dass eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung dann nicht angenommen werden kann, wenn es dem Opfer nicht zugemutet werden kann, in einer vom Täter verursachten Situation auf die Selbstgefährdung zu verzichten. Bei gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen wird es dem Opfer in der Regel nicht zumutbar sein, es auf ein Gerichtsverfahren mit unklarem Ausgang ankommen zu lassen, das Prozessrisiko stellt mithin ein „einsichtiges Motiv“ für die Selbstgefährdung dar, auch wenn das Opfer auf Grund konkreter Verdachtsmomente zweifelt. Nur in wenigen Ausnahmefällen, etwa wenn derart klare Beweise vorliegen, dass nahezu kein Prozessrisiko mehr vorliegt, wird dies anders sein. In derartigen Fällen werden sich die Zweifel des Opfers in der Regel jedoch schon zur Gewissheit verdichtet haben, sodass schon ein Irrtum abzulehnen wäre. Für die Anwendung der Lehre von der objektiven Zurechnung bliebe dann kein Raum. Festgehalten werden kann, dass sich aus den Grundsätzen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung grundsätzlich immer dann ein Ausschluss der objektiven Zurechenbarkeit ergibt, wenn das Opfer auf Grund von konkreten Verdachtsmomenten zweifelt, da es in derartigen Fällen objektiv leichtfertig gehandelt hat und zusätzlich in subjektiver Hinsicht auch über das nötige Bewusstsein verfügte, eine Gefahr einzugehen. Aus einer darüber hinaus vorzunehmenden Bewertung der Motive, die das Opfer zur Vornahme seiner Selbstgefährdung bewegt haben, ergibt sich jedoch, dass trotz konkreter Zweifel kein Zurechnungsausschluss anzunehmen ist, wenn das Opfer durch die Selbstgefährdung einem unüberschaubaren Prozess343

Vgl. Beckemper, S. 233 ff.; Beckemper / Wegner NStZ 2003, 315 (316).

II. Objektive Zurechnung bei Zweifeln des Opfers

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risiko entgehen will. In diesem Fall hat das Opfer ein „einsichtiges Motiv“ für seine Selbstgefährdung gehabt.

7. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen zweifelnder Opfer Abschließend kann festgehalten werden, dass weder der Irrtumsbegriff344 noch die Kausalität zwischen Irrtum und Vermögensverfügung345 als Ansatzpunkt für Einschränkungen bei Zweifeln des Opfers geeignet sind. Ein Ansetzen bei dem Merkmal des Irrtums überschreitet die Grenze der Auslegung des Wortlautes und stellt deshalb eine teleologische Reduktion dar.346 Das Merkmal der Kausalität bietet, sofern man dessen allgemeine Bedeutung zugrundelegt, keinen Ansatzpunkt, Einschränkungen bei Zweifeln vorzunehmen, da auch eine angezweifelte Behauptung durchaus ursächlich für eine Vermögensverfügung sein kann.347 Legt man den Begriff der Kausalität hingegen, wie zum Teil vorgeschlagen, in betrugsspezifischer Weise aus, so handelt es sich wiederum um eine teleologische Reduktion.348 Der einzige Ansatzpunkt, bei dem Einschränkungen ohne Reduktionen des Tatbestandes möglich sind, ist somit das allgemeine Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit.349 Bereits im Rahmen der Erörterung des Problems leichtgläubigen Opferverhaltens wurde diesbezüglich festgestellt, dass die Zurechnung auf Grund einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung entfällt, wenn das Opfer objektiv leichtfertig gehandelt hat und subjektiv das Bewusstsein hatte, eine Gefahr einzugehen.350 Einzuschränken ist dieser Grundsatz jedoch insoweit, als dass die Eigenverantwortlichkeit des Opfers auch dann entfällt, wenn es ein „einsichtiges Motiv“ dafür hatte, sich selbst zu gefährden.351 Ausgehend von diesen Grundsätzen ergibt sich, dass dem Täter grundsätzlich eine Vermögensverfügung des Opfers objektiv nicht zurechenbar ist, wenn dieses auf Grund von konkreten Verdachtsmomenten an den Aussagen des Täters gezweifelt hat. Trotz derartig konkreter Zweifel bleibt es jedoch bei einer objektiven Zurechnung, wenn sich das Opfer durch das Unterlassen der Vermögensverfügung einem Prozessrisiko ausgesetzt hätte, da dieser Umstand ein einsichtiges Motiv für die vorgenommene Selbstgefährdung darstellt.352

344 345 346 347 348 349 350 351 352

Vgl. Gliederungspunkt A. II. 2. Vgl. Gliederungspunkt A. II. 3. Vgl. Gliederungspunkt A. II. 2. e). Vgl. Gliederungspunkt A. II. 3. d). Vgl. Gliederungspunkt A. II. 3. d). Vgl. Gliederungspunkt A. II. 4. c). Vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. a). Vgl. Gliederungspunkt A. II. 6. Vgl. Gliederungspunkt A. II. 6.

B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer Ein weiterer Problemkreis, in dem die Lehre von der objektiven Zurechnung von Nutzen sein kann, sind Fälle ihrerseits rechts- oder sittenwidrig handelnder Opfer. Auch in diesem Bereich sind eine Vielzahl unterschiedlicher Fälle denkbar, auch hier soll daher zunächst eine Benennung verschiedener in Rechtsprechung und Literatur diskutierter Konstellationen vorgenommen werden, bevor dann die Darstellung des Meinungsstandes folgt.

I. Häufig diskutierte Fallgruppen Da Einschränkungen bei rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfern ganz überwiegend im Rahmen der Frage nach dem bei § 263 StGB zugrunde zu legenden Vermögensbegriffes diskutiert werden,1 erscheint es sinnvoll, bei der Vorstellung in Betracht kommender Fallgruppen eine Unterteilung anhand der vom Opfer eingebrachten Vermögenswerte vorzunehmen. Denkbar sind diesbezüglich vier unterschiedliche Konstellationen: Zum einen kann das Opfer um seinerseits deliktisch erlangten Besitz gebracht werden, ferner kann es seine Arbeitskraft in einer Weise einbringen, die von der Rechtsordnung nicht anerkannt ist. Darüber hinaus ist denkbar, dass das Opfer um einen nichtigen, weil aus einem sittenwidrigen oder verbotenen Geschäft stammenden Anspruch gebracht wird, oder dass es „gutes“ Geld zur Erfüllung eines solchen Geschäftes weggibt.2 Zu diesen vier Bereichen sollen im Folgenden Beispielsfälle angeführt werden.

1. Deliktisch erlangter Besitz Als Beispiel für ein um deliktisch erlangten Besitz gebrachtes Opfer kann der Fall angeführt werden, dass das Opfer einen Fernseher zum Verkauf anbietet, den es zuvor gestohlen hat. Verschwindet nun ein vermeintlicher Käufer mit dem Gerät entsprechend seinem von Anfang an bestehenden Plan, anstatt es wie vereinbart am Monatsende zu bezahlen, so ist fraglich, ob er dadurch einen Betrug gegenüber und zu Lasten des Diebes begangen hat.3 Dies wird zum Teil abgelehnt, da dem 1 2

Vgl. zur Darstellung dieser Ansätze weiter unten unter Gliederungspunkt B. IV. Zu dieser Einteilung vgl. auch Hillenkamp, S. 103 f.

I. Ha¨ufig diskutierte Fallgruppen

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Dieb die Rechtsposition des Besitzes an der Sache nicht zustehe und es sich mithin nicht um eine von § 263 StGB erfasste Vermögensposition handele.4

2. Von der Rechtsordnung missbilligter Einsatz von Arbeitskraft Bezüglich eines rechtlich missbilligten Einsatzes von Arbeitskraft wurde früher vielfach über Fälle diskutiert, in denen ein Freier eine Prostituierte durch Vortäuschung von Zahlungswilligkeit zur Vornahme sexueller Handlungen gebracht hat.5 Vielfach wurde in derartigen Konstellationen ein Vermögensschaden abgelehnt, da eine zivilrechtliche Forderung der Prostituierten aufgrund der Sittenwidrigkeit des Vertrages ausschied und sich das Strafrecht dazu nicht in Widerspruch setzen dürfe.6 Derartige Fälle haben sich durch Einführung des Prostitutionsgesetzes zum 1. 1. 2002 erledigt, da seitdem Prostituierte einen gesetzlich festgeschriebenen Zahlungsanspruch haben; dennoch sind auch jetzt noch Konstellationen denkbar, in denen das Opfer um den Lohn für rechtlich missbilligte Arbeitseinsätze geprellt wird. Als Beispiel dafür kann etwa ein Auftragskiller genannt werden, der nach Ausführung der Tötung sein Geld nicht erhält. Auch in dieser Konstellation müsste nach der oben dargestellten Sichtweise auf Grund des Widerspruchs der Handlung zur Rechtsordnung ein Vermögensschaden ausscheiden. Im Rahmen des § 253 StGB hatte der BGH ferner zu entscheiden, ob dem Opfer durch das unentgeltliche Schmuggeln von Zigaretten ein Schaden entstanden ist. Dies wurde dort ebenfalls verneint, da nach Ansicht des BGH Handlungen, die der Erfüllung strafbarer Tatbestände dienen, kein wirtschaftlicher Wert innewohnt.7

3. Nichtige Ansprüche Für die Konstellation, in der das Opfer um eine nichtige Forderung gebracht wird, soll folgender Fall angeführt werden: A veräußert Waren, die er zuvor gemeinsam mit B gestohlen hat, für 5.000 Euro. Statt der vereinbarten fünfzig Prozent des Erlöses gibt er B anschließend nur 2000 Euro mit der Begründung, er habe lediglich 4.000 Euro erzielen können. B gibt sich damit zufrieden.8 Einige Autoren und in jüngerer Zeit auch die Rechtsprechung halten in einer derartigen Konstellation einen Betrug ebenfalls für nicht gegeben; begründet wird dies zu3 Vgl. zu diesem Beispiel Kühl JuS 1989, 505 (510); Hillenkamp, 40 Probleme aus dem Strafrecht BT, S. 159. 4 Vgl. Gallas, Beiträge zur Verbrechenslehre, S. 249 f. = Gallas, Eb. Schmidt-Festschrift, 401 (426); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 95. 5 Vgl. BGHSt 4, 373 (373); BGH NStZ 1987, 407 (407); Tenckhoff JR 1988, 126 (126 ff.). 6 Vgl. BGHSt 4, 373 (373); BGH NStZ 1987, 407 (407). 7 Vgl. BGH NStZ 2001, 534 (534). 8 Vgl. zu diesem Beispielsfall Kühl JuS 1989, 505 (512); BGHSt 2, 364 (364 ff.).

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B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

meist damit, eine gemäß § 138 BGB nichtige Forderung dürfe nicht zu dem Vermögen im Sinne von § 263 StGB gehören, da sich sonst das Strafrecht in Widerspruch zu der Gesamtrechtsordnung stellen würde.9

4. „Gutes“ Geld Als Beispiel für die letztgenannte Konstellation, in der das Opfer „gutes“ Geld – also einen unabhängig von seinen verwerflichen Zielen stehenden Wert – einbüßt, können Fälle genannt werden, in denen ein Rauschgiftkäufer um den Kaufpreis geprellt wird, etwa indem ihm dafür Schokolade statt Haschisch übergeben wird.10 Ferner kann diesbezüglich der Fall angeführt werden, dass jemand sich zum Schein zur Ausführung eines Auftragsmordes bereit erklärt und so an das Geld des Auftraggebers gelangt.11 Die Rechtsprechung nimmt in derartigen Konstellationen eine Betrugsstrafbarkeit an,12 eine Vielzahl anderer Autoren geht demgegenüber jedoch auch hier davon aus, dass der eingebüßte Geldbetrag auf Grund der Ziele des Opfers als nicht vom Betrugstatbestand umfasst angesehen werden muss.13

II. Ansatzpunkt Täuschung Gefragt werden soll nun auch hier, an welchem Tatbestandsmerkmal sich etwaige Einschränkungen vornehmen ließen. Im Folgenden sollen daher die diesbezüglich gemachten verschiedenen Vorschläge vorgestellt werden. Ein erster Vorschlag spricht sich für ein Ansetzen schon bei dem Täuschungsmerkmal aus. Auf ihn soll zunächst – nach einer kurzen Zusammenfassung des von der herrschenden Meinung zugrunde gelegten Täuschungsbegriffes – näher eingegangen werden.

1. Überwiegend vertretene Definition Wie bereits im ersten Abschnitt erläutert, wird eine Täuschung überwiegend verstanden als Einwirken auf das Vorstellungsbild einer Person, durch die eine Fehl9 Vgl. Lenckner JZ 1967, 105 (108); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 93; NK-Kindhäuser § 263, Rn. 234; LK-Tiedemann § 263, Rn. 138; BGH NJW 2003, 3283 (3284); anders noch BGHSt 2, 364 (365). 10 Vgl. dazu BGH JR 2003, 163 (163 f.) = BGH NJW 2002, 2117 (2117 f.) = BGH NStZ 2003, 151 (151 f.). 11 Vgl. dazu KG Berlin NJW 2001, 86 (86 f.). 12 BGH JR 2003, 163 (163) = BGH NJW 2002, 2117 (2117) = BGH NStZ 2003, 151 (152); KG Berlin NJW 2001, 86 (86 f.). 13 Cramer JuS 1966, 472 (477); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 150; Seelmann JuS 1982, 509 (509); Barton StV 1987, 484 (485).

II. Ansatzpunkt Ta¨uschung

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vorstellung über die Realität erregt werden kann.14 Eine derartige Einwirkung kann danach durch jedes Verhalten erfolgen, das einen Erklärungswert hinsichtlich von Tatsachen besitzt,15 eine Beschränkung auf bestimmte Verhaltensweisen oder Täuschungsinhalte existiert nicht; auch gegenüber einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer kann demnach eine Täuschung vorliegen.

2. Die Ansichten von Mitsch und Hecker Demgegenüber will Mitsch unter bestimmten Voraussetzungen das Vorliegen einer Täuschung verneinen, wenn das Opfer mit seiner Preisgabe von Gütern missbilligenswerte Zwecke verfolgt.16 Ein Ansetzen schon bei dem Merkmal der Täuschung hält er für sinnvoll, da die Einordnung des Problems bei dem Vermögensbegriff durch die herrschende Meinung seiner Ansicht nach den Blick auf die eigentliche Frage nach der Schutzwürdigkeit des Opfers verstellt.17 Demgemäß spricht er sich dafür aus, solche Täuschungsinhalte aus dem Betrugstatbestand auszuklammern, bei denen das Opfer des strafrechtlichen Schutzes vor der Täuschungen nicht würdig ist.18 Als Beispiel führt er insbesondere Fälle an, in denen das Opfer mit der Leistung einen illegalen Zweck verfolgt, so soll etwa die vorgespiegelte Ausführungsbereitschaft des vermeintlichen Profikillers keine Täuschung sein, da das Opfer in diesem Fall wisse, dass es keinen Anspruch auf die Gegenleistung habe und sich mithin bewusst selbst schädige.19 Dieser Ansicht hat sich jüngst Hecker angeschlossen, der sich ebenfalls für eine derartige normative Interpretation des Täuschungsmerkmales ausspricht und fordert, bei illegaler Zweckverfolgung des Opfers eine betrugsrelevante Täuschung abzulehnen.20 3. Diskussion über ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung Bei der Diskussion der den Täuschungsbegriff bei rechts- oder sittenwidrigem Opferverhalten einschränkenden Ansichten kann weitgehend auf die Ausführungen zu Einschränkungen des Täuschungsbegriffes bei leichtgläubigem Opferverhalten verwiesen werden,21 insbesondere kann auch hier der Vorwurf erhoben werden, es handele sich um eine teleologische Reduktion. Wie bereits dargelegt, stellt die Annahme, dass – sofern ein Umstand tatsächlich behauptet wurde – es sich um eine 14 15 16 17 18 19 20 21

Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 6; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10. Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 11. Vgl. Mitsch, BT 2, S. 439. Mitsch, BT 2, S. 440. Mitsch, BT 2, S. 439. Mitsch, BT 2, S. 442. Vgl. Hecker JuS 2001, 228 (231). Siehe dazu Gliederungspunkt A. I. 2. e).

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B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

Täuschung handelt, wenn sich die Behauptung als falsch erweist, den Kern des Wortverständnisses dar. Nicht jede falsche Behauptung als Täuschung anzusehen, sondern nur solche, die geeignet sind, das Opfer in einer Weise zu schädigen, bei der dieses schutzwürdig erscheint, hieße mithin, den einzig sicheren Rückschluss, den der Sprachgebrauch auf den Inhalt der Täuschungshandlung zulässt, aufzugeben. An die Stelle des Wortlautes würde bei einem derartigen Vorgehen ein Wertungsakt gestellt, der davon völlig unabhängig wäre. Hecker gesteht dies offen ein, indem er von einer „normativen Interpretation“ spricht.22 Auch Mitsch lässt anklingen, dass sich sein Ansatz von dem eigentlichen Begriff der Täuschung entfernt hat, indem er fordert, es müsse sich dabei um eine „tatbestandsmäßige“ Täuschung handeln.23 Es kann somit festgehalten werden, dass das Täuschungsmerkmal keinen Spielraum liefert, im Wege der Auslegung Einschränkungen aufgrund missbilligten Opferverhaltens vorzunehmen. Ein Bedürfnis nach einer teleologischen Reduktion des Täuschungsbegriffes käme darüber hinaus nur dann in Betracht, wenn anders etwaige Einschränkungen nicht auf mit dem Wortlaut in Einklang stehender Weise vorgenommen werden könnten. Dies wird im Folgenden zu untersuchen sein.

III. Ansatzpunkt Vermögensverfügung Als anderer möglicher Ansatzpunkt wird das Erfordernis einer Vermögensverfügung in Erwägung gezogen. Auch der dort ansetzende Vorschlag soll im Folgenden der Position der herrschenden Meinung gegenübergestellt und kritisch gewürdigt werden. 1. Die Position der herrschenden Meinung Nach ganz überwiegender Ansicht erfordert die Annahme eines Betruges als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal, welches den Irrtum und den Vermögensschaden verbindet, eine Vermögensverfügung des Opfers.24 Eine Vermögensverfügung soll danach anzunehmen sein bei jedem Tun, Dulden oder Unterlassen, welches sich unmittelbar vermögensmindernd auswirkt.25 Dies wird überwiegend getrennt von der Frage nach dem richtigen Vermögensbegriff beurteilt und somit auch bei rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfern grundsätzlich bejaht.26 Vgl. Hecker JuS 2001, 228 (231). Mitsch, BT 2, S. 442. 24 Vgl. RGSt 47, 151 (152); BGHSt 14, 170 (170 ff.); LK-Tiedemann § 263, Rn. 97; Lackner / Kühl § 263, Rn. 21; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 54. 25 BGHSt 14, 170 (171); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 55. 26 Vgl. etwa die Darstellung in S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 54 ff. und Tröndle / Fischer § 263, Rn. 40; dagegen die Vermögensbegriffe schon bei dem Erfordernis der Vermögensverfügung diskutierend u. a. SK-Hoyer § 263, Rn. 85 ff. 22 23

IV. Ansatzpunkt Vermo¨gensschaden

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2. Die Ansicht von Bergmann und Freund Eine andere Definition des Begriffes der Vermögensverfügung schlagen hingegen Bergmann und Freund vor.27 Auch sie halten ein Ansetzen bei dem Vermögensbegriff für verfehlt, da es den Blick auf die eigentliche Frage nach der Schutzwürdigkeit des Opfers verstelle, stattdessen fordern sie daher, den Begriff der Verfügung so auszulegen, dass von einer „schutzwürdigen“ Vermögensverfügung nur gesprochen werden kann, wenn die konkrete Verhaltensweise als von der Rechtsordnung gebilligt anzusehen ist.28 3. Diskussion über ein Ansetzen bei der Vermögensverfügung Auch die Verortung des Problems bei dem Begriff der Verfügung überzeugt jedoch nicht. Zwar stellt die Einführung des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmales der Vermögensverfügung an sich schon eine teleologische Reduktion dar, dies bedeutet jedoch nicht, dass deswegen bei der Auslegung des Merkmales der Wortlaut außer acht bleiben darf. Argwohn bezüglich der Frage, ob diese Grenze beachtet wurde, weckt dabei schon die von Bergmann und Freund verwendete Formulierung der „schutzwürdigen“ Verfügung,29 die bereits deutlich macht, dass es nicht um den Begriff der Verfügung selber geht, sondern dass davon unabhängige Gesichtspunkte in die Beurteilung einfließen sollen. Geht man stattdessen jedoch einmal von dem Wortlaut des Begriffes der Verfügung selber aus, so kann festgehalten werden, dass es sich bei den geforderten Verhaltensweisen um Verschiebungen wertvoller Positionen handelt. Ob das Opfer dabei schutzwürdig ist, oder ob sein Schutz aufgrund einer missbilligten Zwecksetzung als nicht erwünscht erscheint, steht in keinem Zusammenhang dazu. Auch der Begriff der Verfügung eignet sich daher nicht, Einschränkungen bei rechts- oder sittenwidrigem Opferverhalten vorzunehmen.

IV. Ansatzpunkt Vermögensschaden Wie bereits angedeutet, wird das Problem rechts- oder sittenwidrigen Opferverhaltens ganz überwiegend im Rahmen der Frage behandelt, ob das Opfer einen Vermögensschaden erlitten hat. Maßgeblich dafür ist, welchen der innerhalb der Literatur entwickelten Vermögensbegriffe man zugrunde legt. Diese sollen im Folgenden zunächst dargestellt werden, anschließend wird auch die Position der Rechtsprechung aufgezeigt und – soweit möglich – einem der Vermögensbegriffe zugeordnet. Im Anschluss daran folgt dann auch hier eine Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis eines Vermögensschadens. 27 28 29

Bergmann / Freund JR 1988, 189 (191 ff.). Bergmann / Freund JR 1988, 189 (192); Bergmann / Freund JR 1991, 357 (358). Bergmann / Freund JR 1991, 357 (358).

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B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

1. Der juristische Vermögensbegriff Im neunzehnten Jahrhundert wurde überwiegend ein streng juristischer Vermögensbegriff vertreten. Danach umfasste der im Rahmen des § 263 StGB zugrunde zu legende Vermögensbegriff nur entweder nach zivil- oder öffentlich-rechtlichen Vorschriften bestehende subjektive Rechte,30 auf den wirtschaftlichen Wert kam es nicht an.31 In neuerer Zeit erhielt dieser Vermögensbegriff Zuspruch von Pawlik, der für sich in Anspruch nimmt, ihn durch eine strafrechtseigene Bestimmung der Vermögensrechte neu formuliert zu haben.32 Übereinstimmend mit dem bisherigen juristischen Vermögensbegriff geht er jedoch davon aus, dass rechtswidriger Besitz kein Vermögensbestandteil sein kann,33 sodass etwa der um den Fernseher geprellte Dieb nicht betrogen im Sinne des § 263 StGB wäre. Der rechtlich missbilligte Einsatz von Arbeitskraft gehört wie auch jeder andere Einsatz von Arbeitskraft aus dieser Perspektive ebenfalls nicht zum Vermögen, da es sich dabei nicht um ein subjektives Recht handelt,34 die Leistung der Prostituierten oder des Auftragskillers wäre folglich auch nicht erfasst. Ferner wären auch Ansprüche aus rechts- oder sittenwidrigen Geschäften nicht erfasst, da sie nach zivilrechtlichen Regeln nichtig wären, die Weggabe von Geld müsste dagegen nach streng juristischer Betrachtung als Vermögensschaden gelten, so dass lediglich in der letzten der dargestellten Fallgruppen ein Betrug zu bejahen wäre. 2. Der rein wirtschaftliche Vermögensbegriff Wenn man den juristischen Vermögensbegriff mit seiner rein rechtlichen Betrachtung als eine mögliche Extremposition zur Bestimmung des durch § 263 StGB geschützten Vermögens ansieht, so kann als genaues Gegenteil dessen eine rein wirtschaftliche Herangehensweise gesehen werden. So ist nach dem wirtschaftlichen Vermögensbegriff unabhängig von der rechtlichen Bewertung all das zum Vermögen zu zählen, was wirtschaftlich betrachtet als wertvoll anzusehen ist.35 Auch rechtswidrig erlangter Besitz wäre danach erfasst,36 ebenso in rechtswidriger Weise zur Verfügung gestellte Arbeitskraft, sofern sie unter Umständen erfolgt, die im Wirt30 Vgl. Köstling, Abhandlung aus dem Strafrecht, S. 143; Merkel, Lehre vom strafbaren Betrug, S. 101; Hälschner, Das preußische Strafrecht, S. 354 ff.; Binding, Lehrbuch des deutschen Strafrechts, S. 237. 31 Bittner MDR 1972, 1000 (1001 f.); Winkler, Der Vermögensbegriff beim Betrug und das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot, S. 177 ff. 32 Vgl. Pawlik, S. 258 ff. 33 Vgl. Binding, S. 240; Hirschberg, Der Vermögensbegriff im Strafrecht, S. 327; Foth GA 1966, 39; Pawlik, S. 260. 34 Vgl. SK-Hoyer § 263, Rn. 89; differenzierend Pawlik, S. 261. 35 Vgl. Krey / Hellmann, BT 2, Rn. 428 ff.; Bruns, Mezger-Festschrift, 335 (343 f.); Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 91; Haft, BT I, S. 97; Wessels / Hillenkamp, § 13, Rn. 531. 36 Krey / Hellmann, BT 2, Rn. 436; Kühl, JuS 1989, 505 (511).

IV. Ansatzpunkt Vermo¨gensschaden

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schaftsleben üblicherweise eine Gegenleistung bedingen würden.37 Wegen ihrer Rechts- oder Sittenwidrigkeit nichtige Forderungen wären erfasst, sofern sie tatsächlich realisierbar wären,38 und der Einsatz redlich erlangten Geldes zu rechtlich missbilligten Zwecken wäre natürlich erst recht geschützt.39 3. Der juristisch-ökonomische Vermögensbegriff Zwischen diesen beiden Extrempositionen finden sich nun zwei differenzierend betrachtende Ansätze. Der erste, der von der herrschenden Lehre vertretene juristisch-ökonomische Vermögensbegriff geht im Grundsatz von einer wirtschaftlichen Herangehensweise aus, ergänzt diese jedoch um einige als unumgänglich empfundene rechtliche Bewertungen.40 Einigkeit besteht danach darin, dass wegen ihrer Rechts- oder Sittenwidrigkeit nichtigen Forderungen kein Vermögenswert zukommt, selbst wenn sie wirtschaftlich betrachtet wertvoll sein sollten.41 Der Grund dafür liegt darin, dass es von Vertretern dieser Ansicht als unerträglicher Wertungswiderspruch zum Zivilrecht empfunden würde, wenn man den nach §§ 134, 138 BGB nicht anerkannten Werten im Strafrecht Bedeutung zumessen würde.42 Auch der rechtswidrige Einsatz von Arbeitskraft soll danach keine Beachtung finden, da derartigen Handlungen die rechtliche Legitimation fehle.43 Uneins sind sich Vertreter dieses Vermögensbegriffes hingegen bei der Bewertung rechtswidrig erlangten Besitzes und des Einsatzes „guten“ Geldes zu missbilligten Zwecken. Im Falle rechtswidrig erlangten Besitzes wird dabei zum Teil auf den possessorischen Besitzschutz im Zivilrecht verwiesen (§§ 859 ff. BGB) und daraus der Schluss gezogen, auch im Rahmen des § 263 StGB müsste, um den allgemeinen Rechtsfrieden zu wahren, ein Besitzschutz stattfinden.44 Überwiegend wird dies wegen der Vorläufigkeit des possessorischen Besitzschutzes jedoch abgelehnt, entscheidend sei vielmehr die endgültige rechtliche Güterzuordnung, so dass rechtswidrigem Besitz kein Vermögenswert zukomme.45 Was die Hingabe „guten“ Geldes 37 Krey / Hellmann, BT 2; Rn. 439; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 67; Kühne ZRP 1975, 184 (185 f.). 38 Krey / Hellmann, BT 2, Rn. 442. 39 Vgl. Kühl, JuS 1989, 505 (509). 40 Franzheim GA 1960, 169 (277); Gutmann, MDR 1963, 3 (5); Lenckner JZ 1967, 105 (107); Wessels / Hillenkamp, Rn. 532 ff.; LK-Tiedemann § 263, Rn. 132; SK-Hoyer § 263, Rn. 121 ff. 41 Vgl. Franzheim GA 1960, 269 (277); Kühl JuS 1989, 505 (507); Cramer JuS 1966, 472 (475); Kindhäuser / Wallau NStZ 2003, 151 (152); Mitsch JuS 2003, 122 (122). 42 Kühl JuS 1989, 505 (508); LK-Tiedemann § 263, Rn. 138 ff. 43 Vgl. Kühl JuS 1989, 505 (507); Cramer JuS 1966, 472 (475). 44 Vgl. Seelmann JuS 1982, 509 (509); Blei, BT II, 12. Auflage, S. 218. 45 Cramer, Vermögensbegriff und Vermögensschaden im Strafrecht, S. 100, 225 ff.; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 95; Gallas, S. 249 = Gallas, Eb. Schmidt-Festschrift, 401 (426).

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B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

zu missbilligten Zwecken angeht, so wird zum Teil davon ausgegangen, dass dieses vom Vermögen erfasst sei, da es sich ja um eine redlich erlangte Vermögensposition handele.46 Eine Vielzahl anderer Autoren sieht das Geld im Widerspruch sowohl zu einem rein wirtschaftlichen als auch zu einem juristischen Vermögensbegriff jedoch ebenfalls nicht als Bestandteil des Vermögens an, da das Opfer in derartigen Fällen wisse, dass es keinen Anspruch auf die Gegenleistung habe und sich mithin bewusst selbst geschädigt habe.47

4. Der personale Vermögensbegriff Auch der personale Vermögensbegriff geht im Grundsatz von einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise aus und ergänzt diese um einige rechtliche Bewertungen; darüber hinaus halten Vertreter eines personalen Vermögensbegriffes jedoch auch die Einbeziehung einer subjektiven Komponente für notwendig. Danach gehören zum Vermögen einer Person auch die Zwecke, die sie mit einem Rechtsgeschäft verfolgt,48 geschützt wird also in einem gewissen Maße auch die Dispositionsfreiheit. Bedeutung erlangt diese Differenzierung vor allen Dingen bei der Frage, ob die Verfehlung von Zwecken, die das Opfer mit dem Rechtsgeschäft verfolgt hat, als Schaden anzusehen ist. Auf dieses Problem wird an späterer Stelle gesondert eingegangen werden.49 Für die Fallgruppe der rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer ergeben sich letztlich aus der Einbeziehung subjektiver Komponenten keine Besonderheiten: An der wirtschaftlichen Betrachtung festhaltend, werden vielmehr der rechtswidrige Einsatz von Arbeitskraft,50 der rechtswidrige Besitz51 und der Einsatz „guten“ Geldes52 als Bestandteil des durch § 263 StGB geschützten Vermögens angesehen; wegen ihrer Rechts- oder Sittenwidrigkeit nichtige Forderungen sollen hingegen nicht erfasst werden, um keinen Widerspruch zu den §§ 134, 138 BGB zu verursachen.53

46 LK-Tiedemann § 263, Rn. 138; Lackner / Kühl § 263, Rn. 35; Tenkhoff JR 1988, 126 (126 ff.); Zieschang, Hirsch-Festschrift, 831 (845); Rengier, BT 1, § 13, Rn. 60. 47 Cramer JuS 1966, 472 (477); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 150; Seelmann JuS 1982, 509 (509); Barton StV 1987, 484 (485). 48 Vgl. Alwart JZ 1986, 563 (564 f.); Bockelmann, BT 1, § 11 A. II. 3. e), cc); Bockelmann, Mezger-Festschrift, 363 (378); Geerds, Wirtschaftsstrafrecht und Vermögensschutz, S. 125 ff.; Hardwig GA 1956, 6 (17); Otto, Die Struktur des strafrechtlichen Vermögensschutzes, S. 34 ff. 49 Vgl. dazu Gliederungspunkt C. 50 Schmidhäuser, BT, § 11, Rn. 31. 51 Schmidhäuser, BT, § 11, Rn. 33. 52 Schmidhäuser, BT, § 11, Rn. 31; Otto, S. 295. 53 Schmidhäuser, BT, § 11, Rn. 31; Otto, S. 230.

IV. Ansatzpunkt Vermo¨gensschaden

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5. Die Position der Rechtsprechung Der BGH vertrat anfänglich in Fortführung der reichsgerichtlichen Rechtsprechung54 einen rein wirtschaftlichen Vermögensbegriff. So stellte er etwa in der Entscheidung BGHSt 2, 364 (364 ff.) anlässlich eines durch einen Komplizen beim Weiterverkauf der Beute übervorteilten Diebes fest, dass sowohl der rechtswidrige Besitz als auch eine Forderung aus einem rechtswidrigen Geschäft Bestandteil des Vermögens sein können. Schon wenig später mehrten sich jedoch die Entscheidungen, die sich einer differenzierteren Betrachtung zuwendeten. So sollte etwa vor Einführung des Prostitutionsgesetzes der Hingabe einer Dirne, also deren sittenwidrigem Arbeitseinsatz, kein Vermögenswert zukommen, nicht geschützt werden sollte darüber hinaus ihr nach § 138 BGB nichtiger Zahlungsanspruch.55 Diese Sichtweise hat der BGH im Folgenden bestätigt. So entschied er etwa im Jahre 2001 anlässlich der Kurierfahrt eines Schmugglers, dass rechtswidrigen Arbeitseinsätzen kein Vermögenswert zukomme,56 im Jahre 2003 verneinte er den Vermögenswert eines zivilrechtlich nicht bestehenden Rückforderungsanspruches eines um sein Entgelt geprellten Drogendealers.57 Ausdrücklich offen ließ der BGH in diesem Zusammenhang, ob er an der in BGHSt 2, 364 (364 ff.) getroffenen Feststellung, rechtswidrigem Besitz komme ein Vermögenswert zu, weiter festhalten würde, sofern dies entscheidungserheblich wäre.58 Bezüglich des Einsatzes „guten“ Geldes zu rechts- oder sittenwidrigen Zwecken wurde schon anlässlich von Fällen aus dem Rotlichtmilieu untergerichtlich entschieden, dass der Geldzahlung des Freiers anders als der Leistung der Prostituierten ein Vermögenswert zukomme.59 Dies hat der BGH bezüglich der Zahlung an einen vermeintlichen Auftragskiller ausdrücklich bestätigt.60 Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Position der Rechtsprechung nicht mehr als rein wirtschaftlich betrachtet werden kann, vielmehr sieht auch der BGH inzwischen in einigen Konstellationen das Bedürfnis, eine wirtschaftliche Betrachtung durch rechtliche Erwägungen zu korrigieren. Im Ergebnis entspricht die heutige Sichtweise des BGH in etwa dem, was überwiegend auch von Vertretern eines juristisch-ökonomischen Vermögensbegriffes für richtig erkannt wird.61 Insgesamt ergibt die Betrachtung der verschiedenen Vermögensbegriffe, dass vielfach das Bedürfnis gesehen wird, wirtschaftliche Bewertungen mit der Gesamtrechtsordnung in Einklang zu bringen. Darüber hinaus wird es vor allem bezüglich Vgl. dazu nur RGSt 44, 230 (231 ff.). BGHSt 4, 373 (373); BGH NStZ 1987, 407 (407). 56 BGH NStZ 2001, 534 (534). 57 BGH NJW 2003, 3283 (3284). 58 BGH NJW 2003, 3283 (3284). 59 OLG Hamburg NJW 1966, 1525 (1525); OLG Köln NJW 1972, 1823 (1824). 60 BGH JR 2003, 163 (163) = BGH NJW 2002, 2117 (2117) = BGH NStZ 2003, 151 (152). 61 So auch Küper, BT, S. 345; a.A. SK-Hoyer § 263, Rn. 93. 54 55

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B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

des Einsatzes „guten“ Geldes zu missbilligten Zwecken zum Teil für notwendig erachtet, eine über rein rechtliche Gesichtspunkte hinausgehende normative Einschränkung vorzunehmen, indem diesem auch nach zivilrechtlichen Grundsätzen wertvollen Gut der Schutz durch den strafrechtlichen Vermögensbegriff abgesprochen werden soll. Ob sich das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens zu den für notwendig erachteten rechtlichen und normativen Einschränkungen eignet, wird im Folgenden zu erörtern sein. 6. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis des Vermögensschadens Auch hier soll in der folgenden Diskussion die Frage in den Vordergrund gestellt werden, ob die vorgestellten Einschränkungen des strafrechtlichen Vermögensbegriffes als teleologische Reduktionen anzusehen sind. Dafür müsste es sich bei den Fällen, die aus der Betrugsstrafbarkeit herausgenommen werden sollen, um Fälle handeln, die eindeutig dem Begriff des Vermögens unterfallen und somit zu dem sogenannten Begriffskern gehören. Keine teleologische Reduktion läge hingegen vor, wenn es sich schon nach dem Wortlaut um Zweifelsfälle handeln würde, die dementsprechend nur dem Begriffshof zuzuordnen wären.62 Ausgehend vom Wortsinn des Begriffes Vermögen scheint es zunächst unzweifelhaft möglich, all dass als Vermögen anzusehen, was wirtschaftlich wertvoll ist. Andererseits wäre es ausgehend davon auch möglich – abstellend auf die rechtliche Billigung der Position – nur das als Vermögen anzusehen, was zivilrechtlich anerkannt und damit auf legalem Wege durchsetzbar wäre, denn es erscheint keineswegs als widersprüchlich, den Satz aufzustellen, Vermögen sei nur das, was einer Person rechtlich zusteht. Fälle wirtschaftlich wertvoller, aber rechtlich nicht anerkannter Werte können somit nicht dem unzweifelhaften Begriffskern zugeordnet werden, sondern stellen gerade Zweifelsfälle – also im Begriffshof liegende Fälle – dar. Ausgehend davon handelt es sich bei Einschränkungen in den erstgenannten drei Fallgruppen, also bei rechtswidrigem Besitz, rechts- oder sittenwidrig eingesetzter Arbeitskraft und unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten nichtigen Forderungen nicht um teleologische Reduktionen. Derartige Positionen können vielmehr vom Wortlaut her entweder als Vermögen angesehen werden oder nicht. Anders zu beurteilen ist hingegen die letztgenannte Konstellation, also der Einsatz „guten“ Geldes zu rechtsoder sittenwidrigen Zwecken. Dort handelt es sich um eine sowohl nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten als auch nach zivilrechtlicher Bewertung wertvolle Position, da das Opfer den Wert auf redliche Weise erworben hat. „Gutes“ Geld stellt damit unzweifelhaft einen Vermögensbestandteil des Opfers dar.63 Der Grund dafür, dass in derartigen Konstellationen über Einschränkungen diskutiert wird, liegt dementsprechend nicht darin, dass tatsächlich an der Vermögenszugehörigkeit 62 63

Allgemein zum Begriff der teleologischen Reduktion siehe Gliederungspunkt A. I. 2. e). So auch Hillenkamp, S. 105.

V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung

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gezweifelt wird, sondern darin, dass die Schutzwürdigkeit des Opfers aufgrund von dessen Zielen angezweifelt wird.64 Die Ziele des Opfers stehen in keinem Zusammenhang zu dem Begriff Vermögen. Ob ein rechtlich missbilligte Ziele verfolgendes Opfer als schutzwürdig anzusehen ist, hat nichts damit zu tun, dass es mit dem Einsatz seines zuvor in redlicher Weise erlangten Geldes ein Vermögensgut einsetzt. Die Behauptung, ein „gutes“ Geld einsetzendes Opfer erleide keinen Vermögensschaden, nimmt somit dem Begriffskern unterfallende Fälle aus und ist daher als teleologische Reduktion anzusehen. Festgehalten werden kann, dass die Nichterfassung von rechtlich nicht anerkannten Werten wie rechtswidrigem Besitz, rechtswidrigem Einsatz von Arbeitskraft oder zivilrechtlich nichtigen Forderungen durch den strafrechtlichen Vermögensbegriff mit dem Wortlaut vereinbar ist. Derartige Fälle können, sofern man eine juristische Betrachtung oder zumindest juristische Korrekturen einer wirtschaftlichen Betrachtung für geboten hält, somit durchaus anhand des Vermögensbegriffes gelöst werden. Diese Fälle können bei der folgenden Analyse somit außer acht bleiben. Da Einschränkungen anhand eines Tatbestandsmerkmales des § 263 StGB möglich sind, kommt hier der Lehre von der objektiven Zurechnung als allgemeinem Korrektiv keine Bedeutung zu. Weiterverfolgt werden soll jedoch die letztgenannte Fallgruppe, also der Einsatz „guten“ Geldes zu missbilligten Zwecken. Einschränkungen in diesen Fällen können nicht ohne weiteres anhand des Vermögensbegriffes vorgenommen werden, da es sich dabei um die Wortlautgrenze überschreitende teleologische Reduktionen handeln würde. Hier könnte die Lehre von der objektiven Zurechnung weiterhelfen.

V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung Bei der Frage, ob die Lehre von der objektiven Zurechnung in Fällen des Einsatzes „guten“ Geldes zu missbilligten Zwecken weiterhelfen könnte, soll nach einer kurzen Darstellung der Position der herrschenden Meinung auf einen Vorschlag Gröselings näher eingegangen werden, der in derartigen Fällen Einschränkungen über die Lehre von der objektiven Zurechnung vorsieht. In einer anschließenden Diskussion soll geklärt werden, ob ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung hier tatsächlich in Frage kommt.

1. Die Position der herrschenden Meinung Auch bei dem Einsatz „guten“ Geldes zu missbilligten Zwecken wird bislang weder in den gängigen Fachkommentaren noch in der Rechtsprechung über einen Ausschluss der objektiven Zurechnung nachgedacht.65 Allgemein gilt, dass ein Er64

Vgl. Hecker JuS 2001, 228 (229); Otto, S. 293.

100

B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

folg dem Täter nur dann zugerechnet werden kann, wenn sich ein vom Täter geschaffenes unerlaubtes Risiko in dem konkreten Erfolg realisiert hat.66 Ausgehend von dieser Formel haben sich – wie bereits im ersten Teil der Arbeit dargestellt – verschiedene Untergruppen herausgebildet, wann von einer Unterbrechung der Zurechenbarkeit auszugehen ist.67 Interessant für das vorliegende Problem könnte insbesondere die Fallgruppe des erlaubten Risikos sowie wiederum die der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung sein.

2. Die Ansicht von Gröseling Einen in diese Richtung gehenden Vorschlag macht Gröseling. Ihrer Ansicht nach liefert die Verknüpfung von Täuschung und Irrtum den richtigen Ansatzpunkt, eine wertende Betrachtung vorzunehmen.68 Zu erörtern ist dort danach insbesondere, ob die objektive Zurechenbarkeit des Irrtums mangels Schaffung eines rechtlich missbilligten Risikos entfällt.69 Bei der Frage, ob ein rechtlich missbilligtes Risiko vorliegt, wägt sie im Folgenden die in Rechtsprechung und Literatur ausgetauschten wertenden Gesichtspunkte gegeneinander ab und kommt dabei zu dem Ergebnis, zur Vermeidung rechtsfreier Räume sei es erforderlich, auch die Verleitung des Opfers zu einer Zahlung zu rechtlich missbilligten Zwecken als rechtlich missbilligte Gefahr anzusehen, so dass ein Ausschluss der Zurechenbarkeit letztlich nicht in Betracht kommt.70

3. Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung Mit dem von Gröseling vorgebrachten Ansatz steht somit auch in dieser Fallgruppe schon ein erster Vorschlag im Raum, im Rahmen von der Lehre von der objektiven Zurechnung zu einer Lösung zu gelangen. Dieser Vorschlag soll im Folgenden ausgearbeitet werden, sofern sich der Standort der objektiven Zurechnung als geeignet zur Behandlung des vorliegenden Problems erweist. Für eine Verlagerung auch dieser Fallgruppe auf die allgemeine Ebene der objektiven Zurechnung spricht zum einen, dass nur so eine ergebnisoffene Diskussion über die Schutz65 Vgl. Tröndle / Fischer § 263, Rn. 64 ff.; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 78 ff.; SKHoyer § 263, Rn. 88 ff.; OLG Hamburg NJW 1966, 1525 (1525); OLG Köln NJW 1972, 1823 (1823 f.); BGH JR 2003, 163 (163) = BGH NJW 2002, 2117 (2117) = BGH NStZ 2003, 151 (151 f.). 66 Vgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 47; Wessels / Beulke, Rn. 179. 67 Siehe dazu Gliederungspunkt A. I. 5. a); eine gute Zusammenfassung der Fallgruppen liefert Roxin, AT I, § 11, Rn. 53 ff. 68 Gröseling NStZ 2001, 515 (516). 69 Gröseling NStZ 2001, 515 (517). 70 Gröseling NStZ 2001, 515 (517 f.).

VI. Sind bei dem Einsatz „guten“ Geldes Einschra¨nkungen vorzunehmen?

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würdigkeit des Opfers geführt werden kann, ohne dass das Ergebnis stets dem Vorwurf der teleologischen Reduktion des Tatbestandes ausgesetzt ist. Ferner kann so das Problem in einen über bloße Billigkeitserwägungen hinausgehenden größeren Rahmen eingeordnet werden: Die Frage der Schutzbedürftigkeit eines seinerseits rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfers ist eine allgemeine, welche im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung einer auch über den Betrugstatbestand hinausgehend Gültigkeit beanspruchenden Lösung zugeführt werden kann. Auch der von einigen Autoren in der vorliegenden Fallgruppe für maßgeblich gehaltene Aspekt der Eigenverantwortlichkeit71 könnte durch die Verlagerung auf die Ebene der objektiven Zurechnung in einen schon bestehenden allgemeinen Rahmen eingeordnet werden. Die bei der Lehre von der objektiven Zurechnung bekannten Gesichtspunkte können somit auch hier, wie schon in den vorher diskutierten Konstellationen, wertvolle Beiträge zur Problemlösung liefern. Der Vorschlag Gröselings, die vorliegende Problematik bei der Frage der objektiven Zurechenbarkeit zu behandeln, verdient somit vom Ansatz her Zustimmung. Näher betrachtet werden muss jedoch die These Gröselings, entscheidend für die Behandlung des Problemkreises rechts- oder sittenwidrig handelnder Opfer sei schon die Frage der Zurechnung des Irrtums zu der Täuschung des Täters. Zweifel daran erscheinen angebracht, da die Tatsache, dass das Opfer über einen bestimmten Umstand irrt, noch nichts über seine Ziele aussagt; erst das Tätigen einer auf den rechts- oder sittenwidrigen Zweck gerichteten Vermögensverfügung bewirkt stattdessen das Bekenntnis des Opfers zu unredlichen Zielen. Deutlich wird mithin, dass es in dem vorliegenden Problemkreis nicht um die Zurechnung des Irrtums gehen kann, sondern dass stattdessen die Frage der Zurechnung der Vermögensverfügung maßgeblich ist. Ausgehend davon kann der Vorschlag Gröselings, das Problem rechts- oder sittenwidrig handelnder Opfer bei der Frage der objektiven Zurechenbarkeit zu verorten, aufgegriffen werden. Erreicht werden muss dabei jedoch eine von Gröseling nicht vorgenommene Anpassung an die allgemeine Dogmatik der Lehre von der objektiven Zurechnung. Zunächst soll jedoch auch hier erörtert werden, welche Argumente aus kriminalpolitischer Sicht für beziehungsweise gegen Strafbarkeitseinschränkungen sprechen.

VI. Sind bei dem Einsatz „guten“ Geldes Einschränkungen vorzunehmen? Ob eine Einschränkung der Betrugsstrafbarkeit bei dem Einsatz „guten“ Geldes zu rechtlich missbilligten Zwecken kriminalpolitisch sinnvoll erscheint, soll zunächst abstrakt erörtert werden, um eine klare Trennung normativer Gesichtspunkte von den Vorgaben der Lehre von der objektiven Zurechnung zu erreichen. Die dabei gewonnenen Ergebnisse werden jedoch später, etwa bei der Frage, ob ein 71 Vgl. Cramer JuS 1966, 472 (477); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 150; Seelmann JuS 1982, 509 (509); Barton StV 1987, 484 (485).

102

B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

rechtlich missbilligtes Risiko vorliegt, zu berücksichtigen sein. Maßgeblich für die Beurteilung ist, ob das Opfer in der vorliegenden Konstellation aus rechts- und kriminalpolitischer Sicht als schutzwürdig angesehen werden kann. Dagegen spricht folgendes: Das Geschäft, welches das Opfer mit seiner Geldzahlung bezweckt, wird von der Rechtsordnung missbilligt und erfüllt unter Umständen, wie etwa im Falle der Beauftragung eines vermeintlichen Killers, seinerseits einen Straftatbestand. Würde man vor diesem Hintergrund das Opfer als schutzwürdig ansehen, so würde man dessen Vertrauen in die Abwicklung dieses Geschäftes schützen und damit letztlich das missbilligte Geschäft stabilisieren.72 An einer derartigen Stabilisierung kann die Rechtsordnung jedoch kein Interesse haben, zumal dadurch unter Umständen Gefahren für andere durch das Strafrecht geschützte Rechtsgüter entstünden. Dass ein derartiger Effekt in der Tat der sonstigen Rechtsordnung widerspräche, liegt auf der Hand. Gemäß § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB könnte die Einziehung des Geldes angeordnet werden, so dass dem sein Geld Einsetzenden keine zweite Chance zur Verwirklichung seiner missbilligten Ziele zukäme.73 Auch § 817 S. 2 BGB hat die Funktion, das Vertrauen in rechtlich missbilligte Geschäfte zu destabilisieren.74 Die Annahme einer Betrugsstrafbarkeit würde den damit bezweckten Effekt unterlaufen, da dem Opfer dadurch ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 StGB erwachsen würde. Dass ein Opfer bei der Vornahme rechts- oder sittenwidriger Geschäfte grundsätzlich nicht schutzwürdig ist, wird darüber hinaus im allgemeinen sowohl von der Rechtsprechung als auch von Vertretern des in der Literatur herrschenden juristisch-ökonomischen Vermögensbegriffes anerkannt.75 Mit Recht kann man jedoch kritisieren, es sei willkürlich, den missbilligten Zweck auf der einen Seite – beispielsweise bei der vom Auftragskiller vorgenommenen Leistung – zu berücksichtigen, während auf der anderen Seite – etwa beim Auftraggeber – dies nicht der Fall sein soll.76 Diese Differenzierung lässt sich nur durch die Zwänge des Wortlautes bei einer Diskussion im Rahmen der Vermögensbegriffe erklären. Solche Zwänge bestehen – wie bereits dargelegt – nicht bei einer Verortung des Problems bei der objektiven Zurechnung. Allein aus kriminalpolitischer Sicht müsste von daher die Annahme der Straflosigkeit in dieser Fallgruppe auch bei Vertretern der herrschenden Meinung Zustimmung erfahren. Die von ihnen etwa gegen die Betrugsstrafbarkeit bei der Übervorteilung eines Auftragskillers vorgebrachten Argumente bezüglich der Schutzwürdigkeit des Opfers gelten in gleichem Maße auch für den Auftraggeber. Vor diesem Hintergrund zeigt sich somit, dass – sofern man sich von einem Ansetzen bei den Vermögensbegriffen löst – aus kriminalpolitischer Sicht einiges dafür spricht, auch bei dem Einsatz „guten“ Geldes zu missbilligten Zwecken eine EinSo auch Bergmann / Freund JR 1991, 357 (358). So auch SK-Hoyer § 263, Rn. 131; Kindhäuser / Wallau NStZ 2003, 151 (152 f.); Mitsch JuS 2003, 122 (124); a.A. BGH NJW 2003, 3283 (3285). 74 Bergmann / Freund JR 1991, 357 (358). 75 Vgl. Gliederungspunkt B. IV. 76 So Bergmann / Freund JR 1988, 189 (192); kritisch auch SK-Hoyer § 263, Rn. 134. 72 73

VII. Entwicklung von Kriterien

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schränkung der Betrugsstrafbarkeit vorzunehmen. Im Folgenden soll daher nun geprüft werden, inwieweit dies im Einklang mit den allgemeinen Vorgaben der Lehre von der objektiven Zurechnung möglich ist.

VII. Entwicklung von Kriterien Wie bereits angedeutet, können für das vorliegende Problem vor allem die im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung bekannten Aspekte der Erforderlichkeit einer rechtlich missbilligten Gefahrschaffung und der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung von Bedeutung sein. Zunächst wird sich die folgende Betrachtung daher der Frage widmen, ob es bei der Täuschung eines sein „gutes“ Geld einsetzenden, dabei jedoch rechts- oder sittenwidrige Zwecke verfolgenden Opfers an der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung durch den Täter fehlt und eine Vermögensverfügung des Opfers ihm daher objektiv nicht zurechenbar ist. Im Anschluss daran wird dann zu erörtern sein, ob sich auch aus dem Aspekt der Eigenverantwortlichkeit ein Zurechnungsausschluss ergibt.

1. Rechtlich missbilligte Gefahrschaffung Wie bereits im ersten Abschnitt dargestellt, erfordert die objektive Zurechenbarkeit neben der Risikoverwirklichung, dass der Täter überhaupt eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat.77 In einem ersten Schritt wird nun vorgestellt werden, was in Literatur und Rechtsprechung gemeinhin darunter verstanden wird. Anschließend wird dann festzustellen sein, welche Konsequenzen sich daraus für die vorliegende Fallgruppe ergeben und wie unter dem Aspekt der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung eine mit den allgemeinen Vorgaben in Einklang stehende Lösung erzielt werden kann. a) Behandlung des Aspektes in der Literatur In früherer Zeit wurde die Frage, ob das Opfer eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat, von der Literatur überwiegend im Rahmen der bei der Kausalität ansetzenden Adäquanztheorie behandelt. Als ursächlich angesehen wurden danach nur solche Verhaltensweisen, die allgemein geeignet schienen, einen Erfolg zu verursachen; unbeachtet blieben hingegen all diejenigen Handlungen, die nur zufällig einen Erfolg ausgelöst haben.78 Heute hat sich jedoch weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, dass das von der Adäquanztheorie verfolgte Anliegen besser im RahZur objektiven Zurechnung im Allgemeinen vgl. Gliederungspunkt A. I. 5. a). Kries ZStW 9, 528 (528 ff.); Engisch, Die Kausalität als Merkmal der strafrechtlichen Tatbestände, 1931, S. 41 ff. 77 78

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B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

men der Lehre von der objektiven Zurechnung verfolgt werden kann.79 Die dort erfolgte Weiterentwicklung der Adäquanztheorie hat eine Vielzahl von Gesichtspunkten und Grundsätzen hervorgebracht, die im Folgenden insoweit dargestellt werden sollen, als sie für das vorliegende Problem relevant werden können. Roxin nennt als Untergruppen, in denen keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen wurde, zum einen Fälle, in denen keine nennenswerte Gefahr, sondern nur ein alltägliches Minimalrisiko geschaffen wurde,80 ferner Tatbestände, in denen eine Gefahr aus rechtlichen Gründen unbeachtlich ist, da es sich um ein erlaubtes Risiko handelt;81 er erkennt jedoch an, dass eine genaue Abgrenzung der beiden Bereiche nicht immer möglich und mangels praktischer Auswirkungen auch nicht nötig ist.82 Als Beispiel für Fälle, in denen überhaupt keine über alltägliche Minimalrisiken hinausgehende Gefahr geschaffen wurde, wird das Lehrbeispiel des Neffen genannt, der seinen Erbonkel bei Gewitter in den Wald schickt.83 Abstrakt formuliert hält Roxin für die Ermittlung, ob eine nennenswerte Gefahr vorliegt, eine Analyse des jeweiligen Straftatbestandes für notwendig, da Deliktszweck und -beschreibung erst die Entscheidung über die Zurechnung determinieren.84 Uneinigkeit besteht innerhalb der Literatur bezüglich des Begriffes des erlaubten Risikos. Bedeutung wird ihm teilweise auch außerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung beigemessen, etwa bei der Frage nach einer rechtfertigenden Einwilligung.85 Auf diesen theoretischen Streit über den Stellenwert des Begriffes des erlaubten Risikos soll hier nicht näher eingegangen werden, es wird im Folgenden die Bedeutung zugrundegelegt, die Roxin und wohl auch die übrige herrschende Meinung dem Begriff innerhalb der Lehre von der objektiven Zurechnung beimessen. Danach ist unter einem erlaubten Risiko ein Verhalten zu verstehen, welches zwar riskant – bezogen auf das später verletzte Rechtsgut –, aber trotzdem generell erlaubt ist.86 Als klassisches Beispiel für derartige Verhaltensweisen wird zumeist das Führen eines Kraftfahrzeuges unter Einhaltung der verkehrsrechtlichen Bestimmungen genannt, kommt es dort trotzdem zu einem Unfall, etwa weil ein Passant unerwartet die Fahrbahn betritt, so ist der dadurch entstandene Schaden dem Fahrer objektiv nicht zurechenbar.87 Wann ein Risiko als erlaubt anzusehen Vgl. etwa Wessels / Beulke, Rn. 171; Roxin, AT I, § 11, Rn. 41. Roxin, AT I, § 11, Rn. 55. 81 Roxin, AT I, § 11, Rn. 65. 82 Roxin, AT I, § 11, Rn. 67. 83 Roxin, AT I, § 11, Rn. 55; vgl. dazu auch S / S-Lenckner / Eisele vor § 13, Rn. 93; SKRudolphi vor § 1, Rn. 62; LK-Jescheck vor § 13, Rn. 66; eine Darstellung des Beispielsfalls erfolgte bereits unter Gliederungspunkt A. I. 5. a). 84 Roxin, AT I, § 11, Rn. 55. 85 S / S-Lenckner vor § 32, Rn. 102; Jescheck / Weigend, AT, § 36 I 1; Maiwald, JescheckFestschrift, 405 (405 ff.). 86 Roxin, AT I, § 11, Rn. 66. 87 S / S-Cramer / Sternberg-Lieben § 15, Rn. 144; Roxin, AT I, § 11, Rn. 66. 79 80

VII. Entwicklung von Kriterien

105

ist, soll unter Abwägung der jeweiligen Interessen für den jeweiligen Straftatbestand zu ermitteln sein.88 b) Behandlung des Aspektes in der Rechtsprechung Die Adäquanztheorie hat sich zwar in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung weitgehend durchgesetzt, fand jedoch bei den Strafgerichten keine Beachtung.89 Dementsprechend wird nach Ansicht der Rechtsprechung in Fällen, bei denen in der Literatur mangels Gefahrschaffung die objektive Zurechnung abgelehnt wird, wie etwa dem Erbonkelfall, stattdessen der Vorsatz aufgrund einer Abweichung zwischen vorgestelltem und tatsächlichem Kausalverlauf verneint.90 Der Aspekt des erlaubten Risikos findet sich hingegen zum Teil auch in der Rechtsprechung wieder, als Beispiel dafür kann etwa der im Bereich der Straßenverkehrsdelikte entwickelte Vertrauensgrundsatz angeführt werden. Danach kann ein sich an die Verkehrsregeln haltender Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr grundsätzlich darauf vertrauen, dass sich auch die anderen Verkehrsteilnehmer ordnungsgemäß verhalten, ein trotzdem eintretender Unfall kann ihm strafrechtlich nicht zugerechnet werden.91 Dieser Grundsatz geht sogar soweit, dass sich selbst derjenige nicht strafbar macht, der bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges die Hoffnung hegt, es werde zu einem Unfall mit einer für ihn vorteilhaften Schadensabrechnung kommen, sofern er sich in jeder Hinsicht verkehrsgerecht verhält.92 Der Grund für den vom BGH aufgestellten Vertrauensgrundsatz dürfte auch hier in einer Interessenabwägung liegen, die dazu führt, dass die Interessen der Allgemeinheit an der Gewährleistung eines ungehindert fließenden Straßenverkehrs die Interessen des dadurch gefährdeten Einzelnen überwiegen. Festgehalten werden kann, dass auch der BGH die Existenz von Verhaltensweisen anerkennt, die aufgrund ihrer Erlaubtheit nicht zu einer Strafbarkeit führen können. c) Anwendung der Erkenntnisse auf die vorliegende Fallgruppe Nachdem die Bedeutung des Erfordernisses einer rechtlich missbilligten Gefahrschaffung in Rechtsprechung und Literatur und die dort diesbezüglich geltenden Grundsätze dargestellt wurden, wird nun zu erörtern sein, welche Konsequenzen sich daraus für Fälle rechts- oder sittenwidrige Zwecke verfolgender Opfer ergeben. Nicht bezweifelt werden kann zunächst, dass der Täter in derartigen Fällen SK-Rudolphi vor § 1, Rn. 62; Jakobs, AT, 7. Abschn, Rn. 41, 46. Roxin, AT I, § 11, Rn. 39. 90 Vgl. Gliederungspunkt A. I. 5. a) und BGHSt 7, 325 (325); 14, 193 (193 f.); 23, 133 (133 ff.); NStZ 2001, 29 (29 ff.). 91 Vgl. BGHSt 7, 118 (118 ff.). 92 BGH NJW 1999, 3132 (3133). 88 89

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B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

überhaupt eine ins Gewicht fallende Gefahr geschaffen hat. Anders als etwa bei dem dem Erbonkel gegebenen Ratschlag, er solle trotz des Gewitters in den Wald gehen, ist die in Fällen der vorliegenden Art durch die Täuschung bewirkte Vermögensverfügung kein Zufall, sondern wohlkalkuliertes Resultat der Planung des Täters. Fraglich ist somit allein, ob der Täter durch die Täuschung auch eine rechtlich missbilligte Gefahr oder stattdessen nur ein erlaubtes Risiko geschaffen hat. Dies ist, wie sich den Ansätzen von Literatur und Rechtsprechung entnehmen lässt, durch eine Interessenabwägung unter Berücksichtigung des Deliktstyps zu beantworten. Dafür, die vom Täter vorgenommene Täuschung als erlaubt anzusehen, spricht, dass sie in keiner Weise geeignet ist, eine redlich handelnde Person zu einer Vermögensverfügung zu bewegen und dass sie somit einem ordnungsgemäßen Ablauf des Wirtschaftsverkehrs nicht zuwiderläuft. Die Wirkung der Täuschung des Täters bleibt stattdessen beschränkt auf einen Personenkreis, der sich außerhalb des regulären Geschäftsbetriebes bewegt. Zudem hat – wie bereits im Rahmen der Abwägung kriminalpolitischer Gesichtspunkte dargelegt – die Allgemeinheit keinerlei Interesse an dem Schutz des Vertrauens des Opfers in die reibungslose Abwicklung seiner rechts- oder sittenwidrigen Geschäfte, da dadurch die Gefahr für die Rechtsgüter, die das Opfer zu schädigen versucht, unter Umständen sogar noch erhöht würde.93 Aus diesen Gründen erscheint es sowohl unter Berücksichtigung des Normzwecks als auch bei einer Interessenabwägung sinnvoll, das vom Täter durch die Täuschung geschaffene Risiko als erlaubt anzusehen. Eine Täuschung, die nur ein rechts- oder sittenwidrige Zwecke verfolgendes Opfer zu einer Vermögensverfügung bewegen kann, stellt somit keine rechtlich missbilligte Gefahr dar, sodass die Vermögensverfügung dem Täter objektiv nicht zurechenbar ist.

2. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung Obwohl – wie soeben gezeigt wurde – die objektive Zurechenbarkeit schon unter dem Aspekt des Erfordernisses einer rechtlich relevanten Gefahrschaffung entfällt, soll nun noch auf die Frage eingegangen werden, ob sich auch aus den Grundsätzen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung ein Zurechnungsausschluss ergeben könnte. Ein Eingehen auf diesen Gesichtspunkt scheint vor allem deswegen auch hier interessant, weil eine Vielzahl der Befürworter von Einschränkungen in der vorliegenden Fallgruppe als Grund ausdrücklich anführen, das Opfer schädige sich bewusst selber.94 Cramer etwa argumentiert, eine Selbstschädigung liege vor, da das Opfer in derartigen Fällen wisse, dass es keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf die Gegenleistung habe.95 Gefragt werden muss nun, ob dieses WisVgl. Gliederungspunkt B. VI. Cramer JuS 1966, 472 (477); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 150; Seelmann JuS 1982, 509 (509); Barton StV 1987, 484 (485). 95 Cramer JuS 1966, 472 (477). 93 94

VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fa¨llen unredlich handelnder Opfer

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sen des Opfers, keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf die Gegenleistung zu haben, genügt, um dessen Vermögensverfügung als bewusste und damit auch eigenverantwortliche Selbstschädigung anzusehen. Ausgegangen werden soll auch hier von den bereits herausgearbeiteten, auf den allgemeinen Vorgaben der Lehre von der objektiven Zurechnung beruhenden Kriterien, nach denen innerhalb des Betrugstatbestandes zu ermitteln ist, ob ein Zurechnungsausschluss auf Grund einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung angenommen werden kann. Erforderlich ist danach zunächst, dass das Opfer objektiv leichtfertig gehandelt hat, ferner muss es dabei subjektiv das Bewusstsein gehabt haben, eine Gefahr einzugehen, zudem darf es für das Eingehen der Gefahr kein einsichtiges Motiv gehabt haben.96 Wer beispielsweise Geld an einen Drogendealer oder an einen vermeintlichen Auftragskiller zahlt, tut dies, ohne einen zivilrechtlichen Anspruch auf die Gegenleistung zu erhalten. Dieser Umstand macht es objektiv leichtfertig, die Zahlung trotzdem vorzunehmen. Ferner weiß das Opfer, wie bereits Cramer richtig festgestellt hat, dass in einem derartigen Fall wegen der mangelnden Rechtsschutzmöglichkeiten immer die Gefahr besteht, die Gegenleistung nicht zu erhalten, ein von der Rechtsordnung gebilligtes einsichtiges Motiv, trotzdem zu leisten, ist zudem nicht ersichtlich. Die Voraussetzungen für eine die objektive Zurechnung unterbrechende eigenverantwortliche Selbstgefährdung liegen somit ebenfalls vor. Festgehalten werden kann somit, dass in der Weggabe „guten“ Geldes zu missbilligten Zwecken auch eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung liegt. Der Grund dafür, dass in Fällen der vorliegenden Art die objektive Zurechenbarkeit entfällt, liegt jedoch schon in der vorangegangenen Beantwortung der Frage, ob das vom Täter geschaffene Risiko als rechtlich missbilligt anzusehen ist. Lediglich ergänzend kann daher darauf verwiesen werden, dass darüber hinaus auch eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung vorliegt.

VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen unredlich handelnder Opfer Festgehalten werden kann, dass weder der Täuschungsbegriff97 noch das Merkmal der Vermögensverfügung98 geeignet sind, Einschränkungen bei unredlichem Opferverhalten im Wege der Auslegung vorzunehmen. Der Vermögensbegriff99 scheint demgegenüber durchaus geeignet, Einschränkungen vorzunehmen, solange das eingebrachte Gut selber rechtlich nicht anerkannt ist. Schwierigkeiten bereitet dort dementsprechend vor allem die Fallgruppe des Einsatzes „guten“ Geldes zu missbilligten Zwecken. Einschränkungen sind hier mit dem Wortlaut des Begriffes 96 97 98 99

Vgl. dazu die Gliederungspunkte A. I. 7. a) und A. II. 6. Vgl. Gliederungspunkt B. II. Vgl. Gliederungspunkt B. III. Vgl. Gliederungspunkt B. IV.

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B. Objektive Zurechnung bei einem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer

„Vermögen“ nicht zu vereinbaren, da die eingesetzte Position redlich erworben und damit auch von der Rechtsordnung anerkannt ist.100 In derartig gelagerten Fällen kann die Lehre von der objektiven Zurechnung weiterhelfen. Da auch aus kriminalpolitischer Sicht geboten erscheint, dem rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfer den Schutz zu versagen,101 muss eine Täuschung des Täters, die ein redliches Opfer nicht zu einer Vermögensverfügung verleiten kann, als erlaubtes Risiko angesehen werden, sodass die objektive Zurechnung mangels Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr entfällt.102 Darüber hinaus liegt in der Weggabe von Geld zu rechtlich missbilligten Zwecken auch eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers, da es in diesem Fall wegen des Fehlens von zivilrechtlichem Rechtsschutz objektiv leichtfertig handelt und ihm die sich daraus ergebenden Gefahren bewusst sind.103

100 101 102 103

Vgl. Gliederungspunkt B. IV. 6. Vgl. Gliederungspunkt B. V. Vgl. Gliederungspunkt B. VI. 1. Vgl. Gliederungspunkt B. VI. 2.

C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke Neben den bereits erörterten Konstellationen kann die Lehre von der objektiven Zurechnung ferner Bedeutung erlangen in Fällen, in denen das Opfer die von ihm mit einer Leistung verbundenen Zwecke verfehlt. Auch hier soll – dem bisherigen Aufbau folgend – zunächst eine Darstellung einiger Beispielsfälle erfolgen, in denen sich in diesem Zusammenhang Probleme ergeben, bevor dann verschiedene Ansätze zur Problemlösung erörtert werden.

I. Häufig diskutierte Fallgruppen Schwierigkeiten bereitet Rechtsprechung und Literatur vor allem die Bewertung fehlgeschlagener Zwecke, die das Opfer mit der einseitigen Zuwendung von Geldern verfolgt hat.1 Exemplarisch angeführt werden sollen hier einige Fälle des Spendenbetruges. Die vom Opfer mit der jeweiligen Geldzahlung verfolgten Zwecke lassen sich dabei aufteilen in solche, die mit der Verwendung der Leistung in direktem Zusammenhang stehen und solche, die das Opfer unabhängig von der vereinbarten Bestimmung der Geldzahlung verfolgt; dies wird im Folgenden anhand einiger Beispiele veranschaulicht werden.

1. Verfehlung des vereinbarten Verwendungszweckes Als Beispiel für die Verfehlung des vereinbarten Leistungszweckes kann der Fall angeführt werden, dass das Opfer in dem Glauben leistet, der Geldbetrag komme einer Hilfsorganisation zugute, während der Täter das Geld tatsächlich für sich ver1 Die nachfolgenden Ausführungen gelten jedoch in gleicher Weise auch für sogenannte gemischte Verträge, bei denen ein Produkt bewusst zu einem überhöhten Preis gekauft wird, da ein Teil des Geldes karitativen Zwecken zugute kommen soll. Sind jedoch in Fällen gegenseitiger Zuwendungen Leistung und Gegenleistung wirtschaftlich ausgeglichen, so hängt die Beantwortung der Frage, ob trotzdem eine Strafbarkeit nach § 263 StGB in Betracht kommt, allein davon ab, welcher Schadensbegriff bei der Schadensermittlung zugrunde zu legen ist. (vgl. etwa zu einer teilweisen Berücksichtigung individueller Komponenten bei der Schadensermittlung BGHSt 16, 321 (321); 22, 88 (89); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 108 ff.; SK-Hoyer § 263, Rn. 202 ff.; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 85 ff.) Weiterführende Erkenntnisse liefert auch die Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung nicht, sodass auf wirtschaftlich ausgeglichene Geschäfte hier nicht weiter eingegangen werden soll.

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C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

braucht.2 In einem derartigen Fall – so die ganz überwiegende Ansicht – müsse eine Betrugsstrafbarkeit angenommen werden;3 nur vereinzelt wird dies unter Hinweis darauf abgelehnt, dass das Opfer die vermögensmindernde Handlung in dem vollen Bewusstsein vorgenommen hat, keine Gegenleistung dafür zu erhalten.4

2. Verfehlung sonstiger Zwecke Als Beispiel für von dem Verwendungszweck selber unabhängige Zweckverfehlungen kann der Fall angeführt werden, dass jemand einen größeren Geldbetrag spendet, als er es normalerweise getan hätte, weil der Spendensammler wahrheitswidrig in eine Spenderliste eingetragen hatte, auch die Nachbarn hätten große Beträge gespendet.5 Ob in einer derartigen Konstellation von einer Betrugsstrafbarkeit auszugehen ist, ist ebenfalls umstritten. Nur vereinzelt wird dies hier jedoch angenommen, da die Motive des Opfers in diesem Falle nicht als sozial gebilligt angesehen werden.6

II. Ansatzpunkt Täuschung Auch bezüglich dieses Problemkreises finden sich unterschiedliche Vorschläge, anhand welchen Tatbestandsmerkmales etwaige Einschränkungen vorzunehmen sind. Verschiedene Autoren sprechen sich auch hier schon für ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung aus. Diese Vorschläge sollen zunächst dem überwiegenden Verständnis bezüglich der Täuschungshandlung gegenübergestellt werden, anschließend erfolgt eine Diskussion über die Vereinbarkeit mit dem Wortsinn des Begriffes der Täuschung.

1. Überwiegend vertretene Definition Wie bereits erwähnt7 wird eine Täuschung überwiegend verstanden als Einwirken auf das Vorstellungsbild einer Person, durch die eine Fehlvorstellung über die Realität erregt werden kann;8 eine derartige Einwirkung kann durch jedes VerhalVgl. dazu u. a. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 102. Cramer, S. 206 f.; Deutscher / Körner JuS 1996, 296 (302); Maiwald NJW 1981, 2777 (2780); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 101 ff.; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 79; Hilgendorf JuS 1994, 466 (466). 4 Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 111. 5 Vgl. BayObLG NJW 1952, 798 (798). 6 Cramer, S. 206 ff.; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT I, § 41, Rn. 122; Maiwald NJW 1981, 2777 (2780). 7 Vgl. zum Täuschungsbegriff auch die Gliederungspunkte A. I. 2. a) und B. II. 1. 2 3

II. Ansatzpunkt Ta¨uschung

111

ten erfolgen, das einen Erklärungswert hinsichtlich von Tatsachen besitzt,9 eine Beschränkung auf bestimmte Zwecke, über die getäuscht worden sein muss, existiert nicht.

2. Die Ansichten von Mitsch und Arzt Ein davon abweichendes Verständnis des Täuschungsbegriffes fordern Mitsch und Arzt. Mitsch geht – wie bereits angesprochen wurde – davon aus, dass nur bei bestimmten Täuschungsinhalten eine betrugsrelevante Täuschung vorliege. An einer solchen betrugsrelevanten Täuschung soll es danach neben der bereits dargestellten Konstellation rechts- oder sittenwidriger Geschäfte auch dann fehlen, wenn das Opfer weiß, dass es für seine Leistung keine gleichwertige Gegenleistung erhält, da nur solche Tatsachen tatbestandsmäßiger Täuschungsgegenstand sein könnten, die Einfluss auf den Wert des betroffenen Vermögens haben können.10 Demzufolge sind seiner Ansicht nach Zweckverfehlungen des Opfers generell unbeachtlich, solange ihm der vermögensmindernde Charakter seiner Verfügung bekannt ist.11 Ein strafbarer Spendenbetrug wäre danach generell nicht möglich. Ebenfalls auf dieser Linie liegt ein von Arzt gemachter Vorschlag. Danach ist aufgrund des Wissens des Opfers um den vermögensmindernden Charakter des Geschäftes eine Täuschung nicht möglich und § 263 StGB nicht anwendbar.12

3. Die Ansichten von Merz und Graul Auch Merz und Graul verorten das Problem bei der Täuschungshandlung. Merz geht dabei davon aus, dass sich aus dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit ergibt, dass eine Täuschung über „vermögensrelevante“ Tatsachen nicht in jedem Fall der Zweckverfehlung anzunehmen ist.13 Anders jedoch als Mitsch und Arzt scheidet er dadurch nicht sämtliche Fälle der Zweckverfehlung aus dem Betrugstatbestand aus, von einer Strafbarkeit ist seiner Ansicht nach vielmehr immer dann auszugehen, wenn der vom Opfer verfolgte Zweck zur Geschäftsgrundlage geworden ist,14 nur etwa in Fallgestaltungen wie der höheren Spende zur Übertrumpfung des Nachbarn wäre demnach eine Betrugsstrafbarkeit abzulehnen. Ähnlich dazu ist auch ein von Graul eingebrachter Vorschlag, wonach eine betrugsrelevante Täuschung nur dann anzunehmen ist, wenn sie sich auf den objektiven Zweck der Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 6; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10. Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 11. 10 Mitsch, BT 2, § 7, Rn. 38. 11 Mitsch, BT 2, § 7, Rn. 39. 12 Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 111. 13 Merz, Bewusste Selbstschädigung und die Betrugsstrafbarkeit nach § 263 StGB, S. 186. 14 Merz, S. 186 f. 8 9

112

C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

Verfügung bezieht.15 Im Ergebnis bedeutet dies ihrer Meinung nach, dass nur bei von dem vereinbarten Leistungszweck unabhängigen Motiven wie etwa der Übertrumpfung des Nachbarn ein Betrug ausscheiden würde.16

4. Diskussion über ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung Ob sich der Täuschungsbegriff zu den vorgeschlagenen Einschränkungen eignet, soll im Folgenden erörtert werden. Weitgehend kann diesbezüglich auf die Ausführungen zu Einschränkungen anhand des Täuschungsbegriffes bei leichtgläubigem Opferverhalten und bei rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfern verwiesen werden.17 Wie dort bereits dargelegt wurde, ist der Täuschungsbegriff vom Wortlaut her einer wertenden Betrachtung nicht zugänglich, vom Wortsinn her ist schwer bestreitbar, dass die Erklärung falscher Tatsachen eine Täuschung darstellt. Dass es sich bei ihren Vorschlägen um teleologische Reduktionen handelt, sprechen Merz und Graul offen an.18 Bei dem Vorschlag von Mitsch zeigt sich schon durch den Gebrauch des Terminus der „betrugsrelevanten“ Täuschung, dass eine Abkoppelung vom Wortlaut vorgenommen wird. Arzt bestreitet das Vorliegen einer Täuschung und die Anwendbarkeit des § 263 StGB, ohne dem Wortlaut auch nur einen Satz zu widmen. Gerade auch die Beliebigkeit der Ergebnisse der bei dem Täuschungsbegriff ansetzenden Autoren – die einen halten eine Zweckverfehlung für beachtlich, die anderen nicht, ohne dass jemand einen Zusammenhang der Frage mit dem Täuschungsbegriff herstellt – zeigt, dass es sich letztlich um eigenständige Strafwürdigkeitserwägungen handelt. Ein Ansetzen bei dem Begriff der Täuschung stellt demnach eine teleologische Reduktion dar, die nur dann in Betracht käme, wenn an keiner anderen Stelle des Deliktsaufbaus ohne eine solche ein angemessenes Ergebnis erzielt werden könnte.

III. Ansatzpunkt Vermögensschaden Wie schon bei Fällen rechts- oder sittenwidrig handelnder Opfer sieht auch hier die ganz herrschende Ansicht den richtigen Ansatzpunkt bei dem Erfordernis eines Vermögensschadens. Auch auf die in diesem Rahmen vorgebrachten Vorschläge soll im Folgenden näher eingegangen werden.

15 16 17 18

Graul, Brandner-Festschrift, 801 (816). Graul, Brandner-Festschrift, 801 (816 f.). Siehe dazu die Gliederungspunkte A. I. 2. e) und B. II. 3. Merz, S. 191; Graul, Brandner-Festschrift, 801 (813).

III. Ansatzpunkt Vermo¨gensschaden

113

1. Die Theorie der unbewussten Selbstschädigung Nach der Theorie der unbewussten Selbstschädigung liegt kein Schaden im Sinne des § 263 StGB vor, wenn dem Opfer der schädigende Charakter seiner Verfügung bewusst war.19 Vertritt man diese These konsequent und ohne Einschränkungen, wie dies vornehmlich im älteren Schrifttum getan wurde, so ist ein strafbarer Spendenbetrug generell nicht möglich.20

2. Die das Erfordernis der unbewussten Selbstschädigung ablehnende Ansicht Die dazu entgegengesetzte Extremposition lehnt das Erfordernis einer unbewussten Selbstschädigung generell ab und nimmt als Konsequenz dessen in allen Fällen der Zweckverfehlung beim Spendenbetrug einen Schaden an, da das Vermögen des Opfers sich durch die Verfügung vermindert hat.21 Geschützt wird danach außer vor einer Verfehlung des vereinbarten Leistungszweckes auch vor dem Scheitern sonstiger Zwecke wie etwa im Beispielsfall des Übertrumpfens der Großzügigkeit der Nachbarn.

3. Die Kombinationstheorie der herrschenden Meinung Neben diesen nur noch selten vertretenen Extrempositionen finden sich einige differenzierende Ansätze. Die wohl herrschende Meinung im Schrifttum geht grundsätzlich davon aus, ein Betrug erfordere eine unbewusste Selbstschädigung.22 Da das sich daraus ergebende Ergebnis der generellen Straflosigkeit des Spendenbetruges jedoch als kriminalpolitisch unbefriedigend empfunden wird, wird eine Korrektur über die sogenannte Zweckverfehlungslehre vorgenommen. Danach kann auch in der Erfüllung der Zwecke des Opfers eine die eigene Leistung kompensierende Gegenleistung liegen, für beachtlich gehalten werden dabei jedoch nur sozial gebilligte Zwecke.23 Dieser Differenzierung folgend wäre ein Schaden und 19 Rudolphi, Klug-Festschrift, 315 (319); Schröder, NJW 1962, 721 (721); Weidemann GA 1967, 238 (238); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 101 ff. 20 Frank, Strafgesetzbuch, § 263 Anm. IV 1; Gerland, Deutsches Reichsstrafrecht, S. 639 Anm. 1; Liszt, Strafgesetzbuch, S. 671 Anm. 12; heute noch Ellmer, S. 134 ff. 21 BayObLG NJW 1952, 798 (798); Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 370 f.; vgl. auch Herzberg MDR 1972, 93 (93 ff.), der anschließend jedoch zu Strafbarkeitseinschränkungen anhand des Kriteriums der Sozialadäquanz gelangt. 22 Cramer, S. 211 ff.; Cramer JuS 1966, 472 (477); Küper NJW 1970, 2253 (2254); Lenckner NJW 1971, 599 (600); Jecht GA 1963, 41 (44); Schröder NJW 1962, (721 (722); Rudolphi, Klug-Festschrift, 315 (319). 23 Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 1, § 41, Rn. 122; Cramer, S. 212 ff.; Rudolphi, KlugFestschrift, 315 (315).

114

C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

damit eine Betrugsstrafbarkeit anzunehmen, sofern der vereinbarte Leistungszweck nicht eingehalten wird; nicht ausreichend wäre hingegen die Verfehlung des Zweckes, seinen Nachbarn an Spendenbereitschaft nicht nachzustehen, da dieser Zweck nicht als sozial billigenswert empfunden wird.24

4. Die Position der Rechtsprechung Nach Ansicht der Rechtsprechung ist für einen strafbaren Betrug nicht erforderlich, dass das Opfer sich unbewusst selbstgeschädigt hat.25 Die sich daraus eigentlich ergebende Konsequenz, in Fällen einseitiger Vermögenspreisgaben bei jedem Motivirrtum einen Schaden und damit einen Betrug im Sinne des § 263 StGB anzunehmen, wird jedoch ebenfalls so nicht gezogen.26 Vielmehr soll auch nach diesem Ansatz eine Korrektur über die Zweckverfehlungslehre erfolgen, ausgehend davon, dass auch bei einer bewussten Selbstschädigung grundsätzlich ein Schaden vorliegt, wird daher korrigierend die These aufgestellt, dass die Ausgabe des Opfers erst durch die Verfehlung eines sozial anerkannten Zweckes wirtschaftlich unvernünftig und damit zu einem Schaden werde.27 Nicht ausreichend, um einen Schaden zu begründen, soll jedoch jeder bloße Motivirrtum sein; so wurde etwa der Umstand, dass das Opfer irrtümlich davon ausging, der Spendensammler arbeite ehrenamtlich, für unbeachtlich erklärt, da der eigentliche Leistungszweck, der in der Unterstützung wohltätiger Organisationen lag, erfüllt wurde.28 Die vom BGH vor dem Hintergrund der Ablehnung des Erfordernisses einer unbewussten Selbstschädigung erzielten Ergebnisse entsprechen somit weitgehend denen der herrschenden Lehre. Ein Vermögensschaden und damit ein strafbarer Betrug liegt vor, wenn der vereinbarte soziale Zweck verfehlt wird, die Verfehlung sonstiger Zwecke wie das Gleichziehen mit der Spendenbereitschaft des Nachbarn dürfte hingegen nach heutigem Stand wohl auch nach Ansicht der Rechtsprechung nicht mehr zur Annahme eines Vermögensschadens führen.29 Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich zu dem vorliegenden Problem mit dem Streit um das Erfordernis einer unbewussten Selbstschädigung zwei dogmatische Extrempositionen gebildet haben, die je aus den unterschiedlichen Ausgangspunkten heraus gebildeten vermittelnden Positionen sich jedoch im Ergebnis weitgehend entsprechen. Ob die anhand des Vermögensschadensbegriffs vorgeschlagenen Lösungswege sich eignen, um zu einem ausgewogenen und mit dem Vgl. nur S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 102. RGSt 52, 134 (136); 70, 255 (256); BGHSt 19, 37 (45). 26 a.A. noch BayObLG NJW 1952, 798 (798). 27 BGH NJW 1995, 539 (539). 28 BGH NJW 1995, 539 (539). 29 Vgl. BGH NJW 1995, 539 (539); zu an einen sozialen Zweck gekoppelten Austauschverträgen siehe auch BGH wistra 2003, 457 (459). 24 25

III. Ansatzpunkt Vermo¨gensschaden

115

Wortlaut zu vereinbarenden Ergebnis zu gelangen, soll im Folgenden diskutiert werden.

5. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis eines Vermögensschadens Nimmt man den Begriff des Vermögensschadens als Ausgangspunkt, so erscheint es zunächst unzweifelhaft möglich, einen Schaden rein wirtschaftlich als jede Vermögenspreisgabe zu definieren, die nicht durch eine gleichwertige Gegenposition kompensiert wird. Jedoch erscheint es ausgehend davon auch nicht als unmöglich, zusätzlich zu fordern, das Opfer müsse die Vermögensminderung unbewusst herbeigeführt haben; begrifflich wäre es durchaus denkbar, einen Schaden nur in etwas Ungewolltem und nicht etwa in jeder bloßen Vermögensminderung zu sehen.30 Festgehalten werden kann somit, dass es – ausgehend vom Wortlaut – sowohl möglich erscheint, von der Theorie der unbewussten Selbstschädigung auszugehen, als auch eine rein wirtschaftliche Bestimmung vorzunehmen. Weder kann danach beanstandet werden, mangels unbewusster Selbstschädigung die Strafbarkeit in Fällen des Spendenbetruges wegen des Fehlens eines Vermögensschadens immer zu verneinen, noch generell einen Vermögensschaden und damit eine Betrugsstrafbarkeit anzunehmen. Beide Sichtweisen ließen sich mit dem Wortlaut vereinbaren. Schwer erklärlich erscheinen jedoch die Differenzierungen, die herrschende Lehre und Rechtsprechung – ausgehend von ihrem jeweiligen dogmatischen Standpunkt her – vornehmen. Hält man eine unbewusste Selbstschädigung – so wie die Rechtsprechung – für nicht erforderlich, so muss bereits in der Vermögensminderung auch ein Schaden gesehen werden. Warum dies jetzt bei einigen Motivirrtümern auf einmal anders zu bewerten sein soll, lässt sich aus dem Schadensbegriff heraus nicht erklären. Der Begründungsversuch des BGH, erst das Ausbleiben eines mit der Zahlung verfolgten sozialen Zweckes mache aus der Vermögensminderung eine wirtschaftlich unvernünftige Ausgabe und damit einen Schaden,31 überzeugt nicht. Das Vermögen des Opfers mindert sich in gleichem Maße unabhängig davon, ob eine Spende letztlich beispielsweise beim Deutschen Roten Kreuz landet, oder ob der Täter das Geld für sich verbraucht, ein wirtschaftlicher Gegenwert fließt dem Opfer in keinem Fall zu.32 Hält man nun den Umstand, 30 Anders jedoch Hartmann, Das Problem der Zweckverfehlung beim Betrug, S. 61, der bereits das Erfordernis einer unbewussten Selbstschädigung als teleologische Reduktion ansieht. 31 Vgl. BGH NJW 1995, 539 (539). 32 So auch Mitsch, BT 2, § 7, Rn. 39; Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 111; Lackner / Kühl § 263, Rn. 55; Graul, Brandner-Festschrift, S. 801 (812); Herzberg MDR 1972, 93 (94); a.A. jedoch SK-Hoyer § 263, Rn. 221 ff.; NK-Kindhäuser § 263, Rn. 307 ff.; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT 1, § 41, Rn. 107 ff.; Rengier, BT 1, § 13, Rn. 66; Gallas, Eb. Schmidt-Festschrift, S. 401 (435), die auch in der Erreichung sozialer Zwecke einen Vermögenswert erblicken, der die Leistung des Opfers kompensieren kann.

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C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

dass das Opfer von der Vermögensminderung wusste, für unbeachtlich, so ist aus dem Vermögensschadensbegriff heraus nicht erklärlich, warum bei einigen Irrtümern trotzdem kein Schaden im Sinne des § 263 StGB vorliegen soll. Die Gründe dafür, dass in einigen Fällen das Bedürfnis gesehen wird, Einschränkungen der Betrugsstrafbarkeit vorzunehmen, liegen dementsprechend nicht in der Frage nach dem richtigen Verständnis des Begriffes des Schadens, sondern darin, dass das Opfer bei Zweckverfehlungen nur in einigen Konstellationen für schutzwürdig gehalten wird.33 Diese abstrakten Schutzwürdigkeitserwägungen werden dem Schadensbegriff übergestülpt, ohne dass ein Zusammenhang dazu bestünde. Der Satz, ein Schaden bestehe trotz der Vermögensminderung nur dann, wenn das Opfer sozial anerkannte Zwecke verfehlt habe, nicht jedoch bei bloßen Motivirrtümern, löst sich erkennbar von dem eigentlichen Begriff des Schadens und fügt damit nicht in Zusammenhang stehende Erwägungen hinzu. An die Stelle der Frage, wann ein Vermögensschaden vorliegt, wird dadurch vielmehr die Frage gesetzt, in welchen Konstellationen Dispositionen des Opfers geschützt werden sollen. Die aus verfassungsrechtlichen Gründen einzuhaltende Bestimmtheit des Tatbestandes wird durch ein derartiges Vorgehen nicht gewährleistet. Das Ersetzen eines Tatbestandsmerkmales durch Schutzwürdigkeitsüberlegungen ist unzulässig. Dieser Einwand gegen die Differenzierungen der Rechtsprechung trifft in gleichem Maße auch den Ansatz der herrschenden Lehre. Zwar ist auch ihr Ansatzpunkt, ein Schaden im Sinne des § 263 StGB erfordere eine unbewusste Selbstschädigung, vor dem Hintergrund des Wortlautes nicht zu beanstanden; dieser Ansatzpunkt muss jedoch, sofern er eingenommen wird, ebenfalls konsequent fortgeführt werden. Die – die dadurch erzielten Ergebnisse – korrigierende These, auch die Erreichung eines sozial gebilligten außerwirtschaftlichen Zweckes kompensiere eine Leistung des Opfers, geht vor dem Hintergrund des Begriffes des Schadens fehl. Auch hier greift der Einwand, eine Mehrung des Vermögens des Spenders könne selbst bei Zweckerreichung nicht festgestellt werden; auch hier geht es letztlich nicht um den Begriff des Vermögensschadens, sondern um Schutzwürdigkeitsüberlegungen, die mit dem Wortlaut des Tatbestandsmerkmales in keinem Zusammenhang stehen. Auch das Vorgehen der Literatur genügt rechtsstaatlichen Gesichtspunkten somit nicht, zumal hier die Schutzwürdigkeitsüberlegungen sogar strafbegründend wirken. Differenzierungen aufgrund der Schutzwürdigkeit des Opfers lassen sich somit anhand des Tatbestandsmerkmales des Vermögensschadens nicht vornehmen. Im Folgenden soll nun die mit Sicherheit mit dem Wortlaut zu vereinbarende Grundthese der Rechtsprechung zugrunde gelegt werden, ein Schaden erfordere nicht, dass das Opfer sein Vermögen unbewusst gemindert habe, da auf dieser Grundlage zwar ein Schaden generell anzunehmen ist, jedoch gleichwohl weiter die Möglichkeit besteht, Differenzierungen an anderer Stelle vorzunehmen.

33

So auch Ellmer, S. 137; Joecks, Zur Vermögensverfügung beim Betrug, S. 52.

IV. Ansatzpunkt funktionaler Zusammenhang

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IV. Ansatzpunkt funktionaler Zusammenhang Zum Teil wurde schon in früherer Zeit davon ausgegangen, in Fällen des sogenannten Spendenbetruges lägen alle Tatbestandsmerkmale für sich genommen vor, es fehle jedoch an einem notwendigen Bindeglied zwischen den Tatbestandsmerkmalen, dem funktionalen Zusammenhang. Diese Ansätze sollen im Folgenden vorgestellt werden, vorher wird jedoch zur Verdeutlichung dargestellt, welche Verbindung nach ganz überwiegender Ansicht zwischen Täuschung, Irrtum und Schaden nötig ist.

1. Die Position der herrschenden Meinung Ganz überwiegend wird als Bindeglied zwischen der Täuschung, dem Irrtum und dem Vermögensschaden Kausalität im Sinne der Äquivalenztheorie als ausreichend empfunden.34 Die Täuschung des Täters muss danach den Irrtum und den Schaden lediglich verursacht haben, weitere Anforderungen bestehen nicht.

2. Erfordernis eines funktionalen Zusammenhanges Demgegenüber fordern einige Autoren über die bloße Kausalität hinaus das Vorliegen eines funktionalen Zusammenhanges. Rudolphi etwa verneint eine Betrugsstrafbarkeit aufgrund des Fehlens eines funktionalen Zusammenhanges zwischen der Täuschung und dem eingetretenen Schaden grundsätzlich immer dann, wenn dem Opfer die vermögensschädigende Wirkung seiner Handlung bekannt gewesen ist.35 Er begründet diese Sichtweise damit, aus dem Schutzzweck des § 263 StGB ergebe sich, dass ein Betrug nur dann vorliege, wenn die Täuschung das Opfer zum einen zu seiner vermögensmindernden Verfügung motiviert und ihm des weiteren die vermögensschädigende Wirkung verschleiert habe.36 Als Einschränkung zu der sich daraus eigentlich ergebenden Konsequenz der generellen Straflosigkeit des Spendenbetruges greift Rudolphi dann auf den Gedanken der Zweckverfehlungslehre zurück und nimmt eine unbewusste Selbstschädigung auch dann an, wenn dem Opfer verborgen bleibt, dass der von ihm erstrebte soziale Zweck nicht erreicht wird.37 Die von ihm dadurch erzielten Ergebnisse bewegen sich dementsprechend auf einer Linie mit Rechtsprechung und herrschender Lehre, bei Täuschungen über den direkten Verwendungszweck kommt es zur Strafbarkeit, die 34 Tröndle / Fischer § 263, Rn. 36, 52; SK-Hoyer § 263, Rn. 81; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 32, 78; LK-Tiedemann § 263, Rn. 93; BGHSt 24, 257 (260); 24, 386 (389); BGH NStZ 2003, 313 (314 f.). 35 Rudolphi, Klug-Festschrift, 315 (316 f.). 36 Rudolphi, Klug-Festschrift, 315 (317); Rudolphi NStZ 1995, 289 (290). 37 Rudolphi, Klug-Festschrift, 315 (317).

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C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

Verfehlung sonstiger Zwecke bleibt straflos.38 Auch Lenckner fordert für die Annahme einer Betrugsstrafbarkeit einen über bloße Kausalität hinausgehenden funktionalen Zusammenhang, diesen sieht er als unterbrochen an, wenn der Schaden auch eingetreten wäre, wenn die vorgespiegelte Tatsache wahr gewesen wäre, da die Handlung des Opfers in diesem Fall als bewusste Selbstschädigung angesehen werden müsse.39 Diesen Gesichtspunkt stellt Lenckner anders als Rudolphi konsequent in den Vordergrund, so dass demnach in keinem Fall ein strafbarer Spendenbetrug vorliegen kann.40 Herzberg hingegen hält das Kriterium der bewussten Selbstschädigung bei der vorliegenden Problematik nicht für ausschlaggebend, da seiner Meinung nach auch unvernünftige Motive die Entscheidungsfreiheit einschränken können.41 Gleichwohl enthält das Erfordernis eines funktionalen Zusammenhanges seiner Meinung nach einen richtigen Kern, diesen sieht er in dem Gesichtspunkt der Sozialadäquanz.42 Ausgehend davon sieht er unter anderem auch die Verfehlung sonstiger Zwecke noch nicht als ausreichend an, um eine Betrugsstrafbarkeit anzunehmen, da in Fällen wie etwa der falsch ausgefüllten Spenderliste noch nicht der Stempel der Verwerflichkeit verdient sei.43

3. Diskussion über das Erfordernis eines funktionalen Zusammenhanges Ob die Annahme des Erfordernisses eines funktionalen Zusammenhanges zwischen Täuschung, Irrtum und Vermögensschaden geeignet ist, das vorliegende Problem angemessen zu behandeln, soll im Folgenden näher erörtert werden. Zuzugeben ist den Autoren zunächst, dass es folgerichtig erscheint, bei dem Vorliegen aller Tatbestandsmerkmale für sich genommen, das Problem in der Verbindung der einzelnen Merkmale miteinander zu sehen. Die darin zum Ausdruck kommende Sichtweise der Autoren, es müsse mehr erforderlich sein als bloße Kausalität, ließ sich zu damaliger Zeit – die Aufsätze sind allesamt älter als zwanzig Jahre – jedoch begrifflich schwer erfassen. Erkenntnisse über den genauen Zusammenhang der Tatbestandsmerkmale des § 263 STGB lagen nicht vor, die Lehre von der objektiven Zurechnung befand sich noch in den Anfängen ihrer Entwicklung. Vor diesem Hintergrund erschien es nötig, für die vage Annahme, Kausalität allein könne nicht ausreichen, eine Bezeichnung zu finden. Man bediente sich dafür des Rudolphi, Klug-Festschrift, 315 (318). Lenckner NJW 1971, 599 (600). 40 Lenckner NJW 1971, 599 (600). 41 Herzberg MDR 1972, 93 (96). 42 Herzberg MDR 1972, 93 (96). 43 Herzberg MDR 1972, 93 (96); zu der ausführlichen Darstellung und Diskussion seines maßgeblich auf das Kriterium der Sozialadäquanz abstellenden Ansatzes, welcher nur zufällig auch den Fall der falsch ausgefüllten Spenderliste erfasst, siehe im Folgenden Gliederungspunkt F. VI. 38 39

V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung

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Begriffes des funktionalen Zusammenhanges, ohne dass sich dahinter ein dogmatisches Fundament verbarg, welches Erkenntnisse darüber lieferte, was genau darunter zu verstehen ist. Aus heutiger Sicht erscheint es sinnvoll, die von den Autoren vorgenommenen Erwägungen in den nunmehr bestehenden Rahmen einzupassen. Die Lehre von der objektiven Zurechnung in ihrer heutigen Ausprägung behandelt all die Fragen, die die Autoren bei einem etwaig notwendigen funktionalen Zusammenhang festmachen wollten. Der Aspekt der Sozialadäquanz findet Berücksichtigung bei der Frage, ob eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen wurde, der Umstand, dass dem Opfer die schädigende Wirkung seiner Handlung bekannt war, kann bei der Prüfung der Risikoverwirklichung unter dem Topos der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung behandelt werden.44 Sollte es zwischen den einzelnen Merkmalen des § 263 StGB also tatsächlich auch in der vorliegenden Fallgruppe an etwas fehlen, so wäre dies nach heutigem Stand der Strafrechtswissenschaft keine Frage eines funktionalen Zusammenhanges, sondern eine Frage der objektiven Zurechenbarkeit des Schadens zu der Täuschung des Täters. Daher soll nun geprüft werden, inwieweit die Lehre von der objektiven Zurechnung in der vorliegenden Fallgruppe von Nutzen sein kann.

V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung Bezüglich eines Ansetzens bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung kann ein Vorschlag Rengiers aufgegriffen werden, der sich für ein Ansetzen an dieser Stelle ausspricht. Vorher wird auch hier dargestellt, welche Position diesbezüglich die herrschende Meinung einnimmt.

1. Die Position der herrschenden Meinung Allgemein wird im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung davon ausgegangen, dass ein Erfolg dem Täter nur dann zugerechnet werden kann, wenn sich ein vom ihm geschaffenes unerlaubtes Risiko in dem konkreten Erfolg realisiert hat.45 Von den im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten Untergruppen46 könnten auch hier die des erlaubten Risikos sowie die der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung relevant sein. Dies wird jedoch bei Fällen der Zweckverfehlung bei unentgeltlichen Leistungen bislang weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur erwogen.47 Allerdings findet sich in der Vgl. zu dieser Konzeption Roxin, AT I, § 11, Rn. 55 ff. Vgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 47; Wessels / Beulke, Rn. 179. 46 Siehe dazu Gliederungspunkt A. I. 5. a); zu einer Zusammenfassung der Fallgruppen siehe auch Roxin, AT I, § 11, Rn. 53 ff. 47 Vgl. Tröndle / Fischer § 263, Rn. 79 ff.; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 101 ff.; SKHoyer § 263, Rn. 183 ff.; BGH NJW 1995, 539 (539). 44 45

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C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

Literatur eine Vielzahl von Hinweisen darauf, dass es bei der vorliegenden Problematik Parallelen zu im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung relevanten Aspekten gebe. So betont etwa Schmoller, dass bei der Frage, ob in derartigen Fällen von einer Betrugsstrafbarkeit auszugehen sei, letztlich eine auch aus dem Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung bekannte Abgrenzung der verschiedenen Verantwortungsbereiche vorzunehmen sei.48 Auch Graul erkennt an, dass es sich bei Problemen der Zweckverfehlung letztlich um eine normative Zurechnungsfrage handelt.49 Merz geht noch einen Schritt weiter und erkennt ausdrücklich an, dass die von ihm anhand einer teleologischen Reduktion des Täuschungsbegriffes vorgenommene Lösung50 sich auch durch eine Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung erzielen ließe.51 Letztlich zieht er, wie auch Graul und Schmoller, jedoch nicht den Schluss, man müsse in Fällen des Spendenbetruges direkt auf die Lehre von der objektiven Zurechnung zurückgreifen. Für vorzugswürdig halten es die Autoren trotz der aufgezeigten Parallelen vielmehr weiterhin, die dort entwickelten Kriterien lediglich bei der Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale wie dem Täuschungsbegriff52 oder dem Schadensbegriff53 zu berücksichtigen.

2. Die Ansicht Rengiers Einen erstmals die Konsequenz der direkten Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung in Fällen der Zweckverfehlung ziehenden Vorschlag liefert Rengier. In einer kurzen Erörterung der Problematik deutet er an, der Zurechnungszusammenhang sei unterbrochen, wenn die Täuschung des Täters sich auf Umstände erstrecke, die mit dem als Geschäftsgrundlage zugrunde gelegten Leistungszweck nichts zu tun haben.54 Als Beispiel dafür nennt er ausdrücklich den Fall der aufgrund der falschen Spenderliste gezahlten zu hohen Spende; wer aufgrund derartiger Motivationen leiste, setze vielmehr einen eigenen Leistungsmaßstab, der allein in seinen Verantwortungsbereich falle.55

48 49 50 51 52 53 54 55

Schmoller JZ 1991, 117 (127). Graul, Brandner-Festschrift, 801 (819). Zu seinem Lösungsvorschlag sie Gliederungspunkt C. II. 3. Merz, S. 193 f. So Merz, S. 186 f.; Graul, Brandner-Festschrift, 801 (816 f.). So Schmoller JZ 1991, 117 (127). Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (821). Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (821).

VI. Sollten bei Zweckverfehlungen Einschra¨nkungen vorgenommen werden?

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3. Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung Für ein Ansetzen bei der Lehre von der objektiven Zurechnung – wie dies Rengier fordert – spricht, dass sich in der vorangegangenen Untersuchung keines der Tatbestandsmerkmale des § 263 StGB als geeignet erwiesen hat, im Wege der Auslegungen zu Einschränkungen zu gelangen. Nimmt man den Wortlaut ernst, so muss vielmehr in Fällen der vorliegenden Art jedes einzelne Tatbestandsmerkmal als erfüllt angesehen werden. Tut man dies nicht, so setzt man normative Erwägungen an die Stelle des Wortlautes.56 Eine offene, alle normativen Gesichtspunkte einbeziehende Diskussion kann somit nur im Rahmen der Frage nach der objektiven Zurechenbarkeit des Schadens erfolgen. Dort kann ferner, wie schon in den vorangegangenen Problemkreisen geschehen, eine Einordnung der Fälle in einen allgemeinen Rahmen vorgenommen werden. Die oftmals zur Begründung geforderter Strafbarkeitseinschränkungen herangezogenen Aspekte der bewussten Selbstschädigung57 und der Sozialadäquanz58 sind im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung wohlbekannte allgemeine Gesichtspunkte. Die Lehre von der objektiven Zurechnung kann somit auch hier mit den dort bereits entwickelten Kriterien zu einer Problemlösung beitragen. Rengier selber hat eine derartige Anpassung an die Lehre von der objektiven Zurechnung nicht vorgenommen. Sein Vorschlag geht jedoch in die richtige Richtung, eine Behandlung des Problems an dieser Stelle erscheint einem Ansetzen bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen vorzugswürdig. Die noch ausstehende Anpassung der Problematik an die im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung bestehenden Vorgaben soll daher im Folgenden nachgeholt werden. Zuvor ist jedoch auch hier zunächst losgelöst von dogmatischen Erwägungen zu erörtern, in welchem Umfang Strafbarkeitseinschränkungen unter Berücksichtigung aller normativen kriminalpolitischen Gesichtspunkte sinnvoll erscheinen.

VI. Sollten bei Zweckverfehlungen Einschränkungen vorgenommen werden? Rechtsprechung und herrschende Lehre sind sich heute im Ergebnis weitgehend einig, dass bei Fällen der Zweckverfehlung bei unentgeltlichen Leistungen nur solche Zwecke berücksichtigt werden sollten, die zur Geschäftsgrundlage geworden sind, darüber hinausgehende, von dem Opfer mit der Zahlung verbundene Motive dagegen unberücksichtigt bleiben sollten.59 Der Grund für dieses nahezu einhellig als richtig empfundene Ergebnis dürfte darin liegen, dass es auf der einen Seite als Vgl. dazu die Gliederungspunkte C. II. und C. III. Vgl. dazu etwa Rudolphi, Klug-Festschrift, 315 (319); Schröder, NJW 1962, 721 (721); Weidemann GA 1967, 238 (238); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 101 ff. 58 Vgl. Herzberg MDR 1972, 93 (96). 59 Siehe dazu die Gliederungspunkte C. III. 3. und C. III. 4. 56 57

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C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

unbillig empfunden wird, etwa dem etwas übereifrigen Spendensammler gleich das Makel der Strafbarkeit aufzubürden, auf der anderen Seite jedoch das Motiv, Geld zu gemeinnützigen Zwecken einzusetzen, als schutzwürdig angesehen wird. Dieser Wertung ist zuzustimmen. Jeden bloßen Motivirrtum ausreichen zu lassen, hieße, den Rahmen strafbarer Handlungen unermesslich weit auszudehnen, letztlich wäre danach selbst der Pfarrer strafbar, der – um den Spendeneifer der Gemeinde anzuregen – einen größeren Geldschein in den Klingelbeutel legt.60 Geschützt werden muss demgegenüber jedoch das Vertrauen darin, dass eine Spende letztlich dem mit ihr bezweckten Verwendungszweck zugute kommt. Spenden sind gesellschaftspolitisch gewollt und werden dementsprechend gefördert, wie sich schon an den dafür bestehenden Steuervergünstigungen zeigt. Könnten potenzielle Spender jedoch nicht mehr darauf vertrauen, dass die von ihnen gezahlten Beträge letztlich gemeinnützigen Zwecken zugute kommen, so nähme die Spendenbereitschaft insgesamt innerhalb kürzester Zeit rapide ab. Kriminalpolitisch notwendig erscheint es daher, das Vertrauen in den für die Zuwendung vereinbarten Leistungszweck zu schützen. Diese Vorgaben werden bei der Frage, ob bei Zweckverfehlungen ein Zurechnungsausschluss anzunehmen ist, zu berücksichtigen sein.

VII. Entwicklung von Kriterien Ein Zurechnungsausschluss könnte sich vorliegend aus zwei verschiedenen Aspekten ergeben. Zum einen könnte es, sofern die These Herzbergs sich als richtig erweist und Täuschungen wie die der falsch ausgefüllten Spenderliste als sozialadäquat zu bewerten sind,61 an der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung fehlen. Ferner erscheint es bei der vielfach verwendeten Begründung für etwaige Strafbarkeitseinschränkungen über das Erfordernis einer unbewussten Selbstschädigung naheliegend, die Frage, ob eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung vorliegt, einmal näher zu betrachten.

1. Rechtlich missbilligte Gefahrschaffung Wie bereits dargestellt,62 fehlt es an einer rechtlich missbilligten Gefahrschaffung nach überwiegender Literaturansicht unter anderem dann, wenn das vom Täter geschaffene Risiko als erlaubt anzusehen ist.63 Wann ein Verhalten als erlaubt anzusehen ist, ist danach unter Abwägung der jeweiligen Interessen für den jeweiligen Straftatbestand zu bestimmen.64 Auch der BGH erkennt, wie sich beispielsCramer, S. 204; Herzberg MDR 1972, 93 (96); Schmoller JZ 1991, 117 (118). Vgl. Herzberg MDR 1972, 93 (96). 62 Zu einer ausführlichen Darstellung des Aspektes der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung siehe Gliederungspunkt B. VII. 1. 63 Roxin, AT I, § 11, Rn. 65. 60 61

VII. Entwicklung von Kriterien

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weise in dem von ihm aufgestellten Vertrauensgrundsatz in Verbindung mit Straßenverkehrsdelikten zeigt,65 die Existenz von Verhaltensweisen an, die aufgrund einer Interessenabwägung zwischen Einzelinteressen und denen der Allgemeinheit als erlaubt anzusehen sind und die daher nicht zu einer Strafbarkeit führen können. Fraglich ist, ob sich bei Beachtung dieser Grundsätze eine Täuschung des Täters über sonstige Umstände, die das Opfer für seine einseitige Geldzahlung als maßgeblich ansieht, als erlaubt angesehen werden kann. Abzuwägen ist diesbezüglich zwischen den Interessen der Allgemeinheit an dem Schutz des einzelnen und dem Interesse der Allgemeinheit an der Erlaubnis des jeweiligen Verhaltens, ferner sind auch die sich aus dem Schutzzweck des § 263 StGB ergebenden Besonderheiten zu berücksichtigen. Festgestellt werden kann zunächst, dass dem Schutz des Opfers bezüglich seines Vertrauens in die Verwirklichung beliebiger Motive, die in keinem Zusammenhang zu dem vereinbarten Leistungszweck stehen, kein hoher Stellenwert zukommt. Dies ergibt sich bereits aus der zuvor vorgenommenen kriminalpolitischen Wertung, die ergeben hat, dass der Schutz vor Motivirrtümern jeder Art zu einer zu weitgehenden Strafbarkeit führen würde. Ferner rückt das Abstellen auf jedweden Beweggrund des Opfers immer mehr dessen Dispositionsfreiheit in den Mittelpunkt,66 ein Gesichtspunkt zu dessen Schutz § 263 StGB nicht bestimmt ist.67 Diesem geringen Interesse der Allgemeinheit an dem Schutz Einzelner bezüglich der Verwirklichung der von ihnen mit der Spende verbundenen sonstigen Motive müsste jedoch darüber hinaus ein Interesse der Allgemeinheit an der Erlaubtheit der entsprechenden Verhaltensweise gegenüberstehen. Herzberg sieht dies im Falle der falsch ausgefüllten Spenderliste bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der altruistischen und sittlich wertvollen Zwecksetzung des Täters als erfüllt an.68 Bedenken gegen diese Sichtweise sind aus zweierlei Gründen angebracht. Schmoller hält Herzberg entgegen, seine Begründung für die Straflosigkeit gehe fehl, da so impliziert werde, das Verhalten des Täters sei rechtmäßig. Erforderlich und angemessen sei jedoch lediglich, die Handlung als nicht strafbar zu bewerten, da der Täter trotz allem nicht korrekt gehandelt habe.69 Dieser Einwand überzeugt. Anders als in Fällen rechts- oder sittenwidrig handelnder Opfer, wo die Allgemeinheit schon deshalb keinerlei Interesse an dem Schutz des Opfers haben konnte, weil jedes derartige Interesse faktisch zu einer Unterstützung der missbilligten Ziele des Opfers geführt hätte,70 ist es im vorliegenden Fall für SK-Rudolphi vor § 1, Rn. 62; Jakobs, AT, 7. Abschn, Rn. 41, 46. BGHSt 7, 118 (118 ff.); BGH NJW 1999, 3132 (3133). 66 So auch Maiwald NJW 1981, 2777 (2781); Sonnen JA 1982, 593 (594); Rudolphi, KlugFestschrift, 315 (317). 67 Nach heute einhelliger Ansicht schützt § 263 StGB allein das Vermögen, vgl. nur SKHoyer vor § 263, Rn. 2 mit weiterem Nachweis. 68 Herzberg MDR 1972, 93 (96). 69 Schmoller JZ 1991, 117 (127). 70 Zu der Anwendung des Gesichtspunktes des erlaubten Risikos auf Fälle rechts- oder sittenwidrig handelnder Opfer siehe Gliederungspunkt B. VII. 1. c). 64 65

124

C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

die Allgemeinheit grundsätzlich irrelevant, welche Motive das Opfer zu der Spende bringen. Selbstverständlich kann etwa das Opfer nur deswegen spenden, weil es seinem Nachbarn in nichts nachstehen will; es soll diesbezüglich zwar nicht auf strafrechtlichen Schutz vertrauen, rechtlich missbilligt ist dieses Motiv gleichwohl nicht. Aus diesem Grunde bereitet es in der Tat Schwierigkeiten, das Hinwegsetzen des Täters über die wenn auch rechtlich nicht schutzwürdigen Motive des Opfers als völlig korrekt anzusehen. Dies wird umso deutlicher, wenn man den von Herzberg zugrundegelegten Fall dahingehend abwandelt, dass der Spendensammler weitaus weniger sympathisch erscheint. Nimmt man statt der Spende für wohltätige Zwecke etwa an, die Sammlung erfolge für ein gewalttätiges Motto wie „Bomben auf den Irak“ oder für eine weithin als sozialschädlich angesehene Sekte: sollte dann etwa die Sozialadäquanz der falschen Spenderliste wieder entfallen, weil kein sittlicher Wert aufseiten des Täters in der Gesamtbetrachtung mehr zu Buche schlägt? Diese Erwägungen zeigen, dass der Aspekt des erlaubten Risikos hier nicht den Kern des Problems trifft. Der eigentliche Grund dafür, warum in der vorliegenden Konstellation überhaupt über Strafbarkeitseinschränkungen nachgedacht wird, ist vielmehr, wie es die herrschende Lehre nachdrücklich verdeutlicht hat,71 der Umstand, dass dem Opfer die vermögensschädigende Wirkung seines Verhaltens bekannt war und es sich somit bewusst selbstgeschädigt hat. Aus diesem Grunde ist eine Täuschung über von dem Leistungszweck unabhängige Motive nicht als erlaubtes Risiko anzusehen. Auch der oft als Beispiel angeführte Spendensammler, der eine falsch ausgefüllte Spenderliste vorzeigt, schafft somit eine rechtlich missbilligte Gefahr. Ein Zurechnungsausschluss mangels rechtlich missbilligter Gefahrschaffung kommt in Fällen der Zweckverfehlung somit nicht in Betracht.

2. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung Gefragt werden kann jedoch, ob in Fällen der vorliegenden Art ein Zurechnungsausschluss aufgrund einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung anzunehmen ist, weil dem Opfer die schädigende Wirkung seines Verhaltens bewusst war. Wie bereits erarbeitet wurde, ist für eine eigenverantwortliche Selbstschädigung innerhalb des Betrugstatbestandes erforderlich, dass das Opfer objektiv zumindest leichtfertig gehandelt hat und dass es subjektiv das Bewusstsein hatte, eine Gefahr einzugehen. Trotz des Vorliegens dieser Voraussetzungen kann die Eigenverantwortlichkeit einer Selbstgefährdung jedoch entfallen, wenn das Opfer ein einsichtiges Motiv für die Gefährdung hatte.72 Gefragt werden soll nun, ob unter Berücksichtigung dieser Vorgaben in Fällen der Zweckverfehlung eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers angenommen werden kann. Festgehalten wer71 Vgl. Rudolphi, Klug-Festschrift, 315 (319); Schröder, NJW 1962, 721 (721); Weidemann GA 1967, 238; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 101 ff.; Ellmer, S. 134 ff. 72 Vgl. dazu bereits die Gliederungspunkte A. I. 7. a); A. II. 6. und B. VII. 2.

VII. Entwicklung von Kriterien

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den kann diesbezüglich, dass – wenn das Opfer einen Geldbetrag spendet – dies objektiv betrachtet nicht nur leichtfertig – bezogen auf einen bei ihm selbst eintretenden Vermögensschaden – ist, sondern dass der Schadenseintritt sogar sicher ist. Darüber hinaus ist dem einen Geldbetrag spendenden Opfer auch bekannt, dass es dadurch eine schädigende Wirkung in seinem Vermögen herbeiführt, es hat somit auch das nötige Bewusstsein, sich zu schädigen. Nicht bewusst ist dem Opfer dagegen allerdings, dass die von ihm mit der Schädigung verfolgten Zwecke nicht erreicht werden. Fraglich ist, ob auch dieses Wissensdefizit genügt, um die Eigenverantwortlichkeit entfallen zu lassen. Gezeigt wurde diesbezüglich bereits, dass den Zwecken des Opfers bei der Frage, ob eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung vorliegt, eine entscheidende Bedeutung zukommt; so ergab etwa die Analyse der Rechtsprechung des BGH zu Retterschäden, dass die Verfolgung eines einsichtigen Zwecks sogar die Eigenverantwortlichkeit ausschließen kann. Dies muss gleichzeitig bedeuten, dass auch ein Irrtum über einen derartigen Zweck geeignet sein muss, zu einem Ausschluss der Eigenverantwortlichkeit zu führen, da das Opfer dadurch ebenfalls die Freiheit über seine Entscheidung einbüßt. Auch das fehlende Bewusstsein des Opfers bezüglich des Nichterreichens des von ihm verfolgten einsichtigen Zwecks lässt dessen Eigenverantwortlichkeit somit entfallen. Wendet man diese Erkenntnis auf Fälle der Zweckverfehlung an, so ergibt sich daraus, dass keine eigenverantwortliche Selbstgefährdung angenommen werden kann, solange das Opfer über einen einsichtigen Zweck dafür, die Vermögensverfügung trotz der schädigenden Wirkung vorzunehmen, getäuscht wurde. Der Umstand, dass eine Spende dem Empfänger zukommt, dessen Unterstützung das Opfer als sinnvoll erachtet, stellt einen solchen einsichtigen Zweck dar, die Vermögensverfügung trotz der schädigenden Wirkung vorzunehmen. Objektiv betrachtet handelt es sich hierbei um keine sinnlose Schädigung, sondern trotz der negativen Vermögensbilanz um ein vernünftiges, rationales Verhalten. Dieses rationale Verhalten wird jedoch objektiv betrachtet sinnlos, wenn etwa das Geld nicht bei demjenigen ankommt, zu dessen Hilfe es bestimmt ist. Tritt also in einem derartigen Fall der vom Opfer verfolgte einsichtige Zweck nicht ein und war dies von dem Täter von Anfang an so geplant, so hat er demnach dadurch ein überlegenes Wissen, welches es rechtfertigt, ihm und nicht dem Opfer den Vermögensschaden zuzurechnen. Anders zu bewerten sind demgegenüber Fälle der Verfehlung sonstiger Zwecke wie etwa der Übertrumpfung des Nachbarn. Die dort zugrunde liegenden Motive sind nur erklärlich durch die subjektiven Empfindungen des Opfers, objektiv betrachtet besteht kein rationaler Grund, so zu handeln. Allein der Beweggrund, neben den für die Spende vereinbarten Leistungszwecken noch weitere zu verfolgen, stellt demnach keinen einsichtigen Zweck dar, welcher im Falle der Zweckverfehlung zu einem Ausschluss der Eigenverantwortlichkeit führen könnte. Festgehalten werden kann somit, dass dem Täter ein Schaden, den das Opfer erleidet, weil es sich darüber irrt, welchem Verwendungszweck das Geld zugute kommt, objektiv zugerechnet werden kann. Erleidet das Opfer hingegen einen Schaden, weil es sich über Umstände irrt, die außerhalb des direkten Leistungs-

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C. Objektive Zurechnung bei Verfehlung der vom Opfer verfolgten Zwecke

zweckes liegen, so ist dem Täter der Schaden nicht zuzurechnen, es bleibt in diesem Fall vielmehr bei dem Grundsatz, dass das Opfer aufgrund seines Wissens um die schädigende Wirkung eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung vorgenommen hat. Dieses Ergebnis stimmt überein mit dem, was Rechtsprechung und herrschende Lehre anhand des Schadensbegriffes zu erreichen versuchen, auch die Erwägungen, die dem zugrunde liegen – das Bewusstsein des Opfers um die schädigende Wirkung auf der einen und die Erkenntnis, dass nur bestimmte Zwecke schutzwürdig erscheinen, auf der anderen Seite – sind durchweg dieselben. Der Vorteil dieses Ansatzes liegt jedoch darin, dass zum einen die Auslegung des Schadensbegriffes entgegen seinem Wortlaut vermieden wird, zum anderen wird so das Problem der Zweckverfehlung nicht als normative Einzelfalllösung behandelt, sondern es kann in den bezüglich der entscheidenden Gesichtspunkte bekannten allgemeinen Rahmen eingeordnet werden.

VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen der Zweckverfehlung Insgesamt bleibt für Fälle der Zweckverfehlung festzuhalten, dass weder der Täuschungsbegriff73 noch der des Vermögensschadens74 geeignet sind, im Wege der Auslegung zu einer angemessenen Lösung zu gelangen. Dem Vorschlag des Ansetzens bei einem „funktionalen Zusammenhang“ zwischen Täuschung und Schaden75 kann zumindest darin zugestimmt werden, dass die Einschätzung der Autoren, es müsse mehr als bloße Kausalität erforderlich sein, sich als richtig erwiesen hat. Erforderlich ist heute jedoch nicht mehr einen weiteren dogmatisch unbestimmten Rechtsbegriff wie den des funktionalen Zusammenhanges aufzutun, zurückgegriffen werden kann nunmehr vielmehr auf die im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten Erkenntnisse. Betrachtet man den Problemkreis der Zweckverfehlung vor diesem Hintergrund, so zeigt sich, dass entgegen der Auffassung Herzbergs nicht von einer Sozialadäquanz des Verhaltens des Täters auszugehen ist, so dass eine rechtlich missbilligte Gefahrschaffung noch angenommen werden kann.76 Demgegenüber kommt jedoch in der vorliegenden Fallkonstellation dem Topos der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung entscheidende Bedeutung zu.77 Grundsätzlich ist danach festzuhalten, dass dem Täter der Schaden des Opfers nicht zugerechnet werden kann, wenn das Opfer von der schädigenden Wirkung seiner Verfügung wusste. Täuscht der Täter jedoch über den eigentlichen Verwendungszweck der Leistung des Opfers, so wird dadurch das 73 74 75 76 77

Vgl. Gliederungspunkt C. II. 4. Vgl. Gliederungspunkt C. III. 5. Vgl. Gliederungspunkt C. IV. Vgl. Gliederungspunkt C. VII. 1. Vgl. Gliederungspunkt C. VII. 2.

VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fa¨llen der Zweckverfehlung

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Opfer um die Verwirklichung eines einsichtigen Zwecks gebracht, was dessen Eigenverantwortlichkeit beseitigt. Nicht ausreichend dafür ist jedoch die Täuschung über sonstige Umstände, die nur aufgrund des subjektiven Stellenwertes für das Opfer überhaupt eine Bedeutung erlangen. Die Verfehlung derartiger Ziele steht der Annahme von Eigenverantwortlichkeit nicht entgegen, in derartigen Fällen ist somit der eingetretene Schaden dem Täter objektiv nicht zuzurechnen, allein maßgeblich bleibt dort der Umstand, dass das Opfer von der schädigenden Wirkung seines Verhaltens wusste, so dass es sich eigenverantwortlich selbstgefährdet hat.

D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug Als nächster Problemkreis, in dem die Lehre von der objektiven Zurechnung von Bedeutung sein kann, können Fälle des Prozessbetruges genannt werden. Exemplarisch werden auch hier daher einige in Betracht kommende Konstellationen angeführt, bevor dann der Frage nachgegangen wird, an welcher Stelle des Tatbestandsaufbaus sich das Problem festmachen lässt.

I. Häufig diskutierte Fallgruppen Prozessbetrug ist in einer Vielzahl verschiedener Gerichtsverfahren möglich.1 All jene Verfahren mit ihren jeweiligen Besonderheiten hier zu erörtern und einer Lösung zuzuführen, würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Herausgegriffen werden soll daher beispielhaft der Fall eines Prozessbetruges im Zivilprozess. Denkbar ist dort zum einen, dass der Täter den vorzutragenden Sachverhalt zu verfälschen trachtet, um dadurch ein unrichtiges Urteil gegen das Opfer zu erwirken. Ferner ist auch möglich, dass der Täter Behauptungen aufstellt, die in den Bereich der rechtlichen Würdigung fallen. Dieser Unterschied kann bei der Problemlösung von Bedeutung sein und soll daher nicht unbeachtet bleiben. Um beide Konstellationen zu veranschaulichen, folgen nun einige Beispiele.

1. Falsche Darstellung des vorzutragenden Sachverhaltes Eine falsche Darstellung des von den Streitparteien vorzutragenden Sachverhaltes ist in vielerlei Weise möglich. Genannt werden kann etwa die Möglichkeit der Einbringung falscher Beweismittel, wie etwa die Vorlage eines gefälschten Schuldscheines oder die Benennung eines falsch aussagenden Zeugen.2 Daneben ist eine falsche Darstellung auch einfach dadurch möglich, dass der Täter selber vor Gericht die Unwahrheit sagt, ohne dass er dies durch Beweismittel bekräftigt.3 Derartige Verfälschungen des Sachverhaltes, dessen Vortrag Sache der Streitparteien ist, können nach ganz überwiegender Ansicht zu einem strafbaren Prozessbetrug führen.4 1 Zu einer Darstellung der Besonderheiten des Prozessbetruges bei den einzelnen Verfahrensarten vgl. nur Jänicke, S. 318 ff.; 471 ff.; 625 ff. 2 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 51, 70; BGH MDR 1956, 10 (10). 3 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 71.

II. Ansatzpunkt Tatsachenbegriff

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2. Falsche Angaben zur rechtlichen Bewertung Auch Fälle von falschen Angaben zur rechtlichen Bewertung eines Sachverhaltes können auf unterschiedliche Weise erfolgen. Zum einen ist möglich, dass der Täter lediglich die Existenz eines Anspruches behauptet, der nach geltendem Recht so nicht besteht.5 Ferner ist es auch möglich und in einer Vielzahl von Fällen logisch mit der Behauptung eines tatsächlich nicht gegebenen Anspruches verbunden, dass der Täter die Existenz einer – seine Rechtsansicht stützenden – Gesetzesnorm oder Gerichtsentscheidung behauptet.6 Beide Fälle sollen nach ganz überwiegender Ansicht nicht als strafbarer Prozessbetrug anzusehen sein, da es Aufgabe des Richters sei, eine eigenständige rechtliche Bewertung vorzunehmen, und er sich diesbezüglich nicht auf die Angaben der Prozessparteien verlassen dürfe.7

II. Ansatzpunkt Tatsachenbegriff Unterschiedlich beurteilt wird auch in diesem Rahmen, aus welchem Tatbestandsmerkmal hervorgeht, dass ein Prozessbetrug in einigen Konstellationen straflos ist. Ganz überwiegend wird das Problem zumindest teilweise bereits bei dem Tatsachenbegriff verortet. 1. Überwiegende Literaturansicht Tatsachen werden ganz überwiegend definiert als gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse, die empirisch überprüfbar und damit 4 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 70 f.; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 24; in früherer Zeit wurde vielfach die Möglichkeit eines Prozessbetruges generell in Frage gestellt, da der Richter nicht über das Vermögen des Opfers verfüge, sondern darauf kraft seiner hoheitlichen Stellung zurückgreife, vgl. dazu Grünhut JW 1925, 1498 (1498); Grünhut JW 1927, 906 (906); Hamm DJZ 1908, 1020 (1021), auch heute noch werden zum Teil Bedenken gegen diese Konstruktion erhoben, es wird jedoch inzwischen weitgehend anerkannt, dass das Ergebnis der generellen Straflosigkeit eines Prozessbetruges unbillig wäre, vgl. Fahl Jura 1996, 74 (78); Lampe ZStW 77, 262 (264 f.); Hartmann, Die Vermögensverfügung bei Personenverschiedenheit des Getäuschten und des Geschädigten, S. 60 ff.; die Möglichkeit eines strafbaren Prozessbetruges ablehnend in neuerer Zeit jedoch Piech, Der Prozessbetrug im Zivilprozess, S. 194. Wie beim Prozessbetrug als Unterfall des Dreiecksbetruges die Zurechnung der Vermögensverfügung des Richters besser begründbar wäre, soll an späterer Stelle im Rahmen einer generellen Behandlung des Problems des Dreiecksbetruges erörtert werden, vgl. dazu Gliederungspunkt E. 5 Vgl. BGH JR 1958, 106 (106); OLG Stuttgart NJW 1979, 2573 (2573 f.). 6 Vgl. OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364). 7 BGH JR 1958, 106 (106); OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364); Seier ZStW 102, 563 (572 ff.); Seier, Der Kündigungsbetrug, S. 450; Piech, S. 43; Graul JZ 1995, 595 (602); Loos NJW 1980, 847 (848); Müller JuS 1981, 255 (258); Samson JA 1978, 469 (471); a.A. Protzen wistra 2003, 208 (211).

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D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug

grundsätzlich dem Beweis zugänglich sind, davon abzugrenzen sind bloße Werturteile.8 Anhand der Abgrenzung zwischen Tatsachen und Werturteilen soll nach in der Literatur überwiegender Ansicht das Problem des Prozessbetruges zumindest teilweise zu lösen sein. Als Tatsachen angesehen werden können danach zunächst Umstände, die zur Verfälschung des Entscheidungssachverhaltes vorgetragen werden, solange sie dem Beweis zugänglich sind;9 zu differenzieren sein soll hingegen hinsichtlich falscher Rechtsangaben: Nicht vom Tatsachenbegriff erfasst sind demnach reine Rechtsauffassungen, wie etwa die bloße Behauptung, man habe einen bestimmten Anspruch; eine derartige Aussage soll vielmehr ein reines Werturteil darstellen.10 Als Tatsache zu bewerten sein soll dagegen jedoch der Fall, dass das Opfer behauptet, es gäbe seine Ansicht stützende Entscheidungen oder Gesetze. In diesem Fall – so wird vornehmlich argumentiert – sei der Umstand empirisch nachprüfbar, sodass ihm die Tatsachenqualität nicht abzusprechen sei.11

2. Die Position der Rechtsprechung Ähnlich zu der in der Literatur überwiegenden Ansicht verläuft auch die Position der Rechtsprechung bezüglich des Tatsachenbegriffes. Unproblematisch als Tatsache angesehen wird ein empirisch nachprüfbarer Umstand, der auf den vorzutragenden Sachverhalt einwirkt.12 Rechtsauffassungen in reiner Form werden dementsprechend nicht als Tatsachen angesehen, sodass durch deren Behauptung kein Prozessbetrug möglich ist.13 Ebenfalls kein Betrug vorliegen soll nach Ansicht der Rechtsprechung zwar auch dann, wenn der Täter zusätzlich die Existenz von seine Rechtsauffassung stützenden, tatsächlich jedoch nicht existierenden Gesetzesnormen oder Gerichtsentscheidungen behauptet, jedoch wird das Vorliegen einer Tatsache in dieser Konstellation nicht bestritten.14

8 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 8 f.; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 6 f.; Lackner / Kühl § 263, Rn. 4 f.; LK-Tiedemann § 263, Rn. 9 f. 9 S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 51; Piech, S. 34. 10 SK-Hoyer § 263, Rn. 19; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 8. 11 Vgl. SK-Hoyer § 263, Rn. 19; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 8; Protzen wistra 2003, 208 (209). 12 Vgl. RGSt 69, 44 (46 ff.); BGH MDR 1956, 10 (10); BGHSt 24, 257 (260) = NJW 1972, 545 (545); OLG Stuttgart NJW 1979, 2573 (2573). 13 BGH JR 1958, 106 (106); OLG Stuttgart NJW 1979, 2573 (2574). 14 Vgl. OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364), zu der Begründung des OLG Koblenz um trotzdem eine Betrugsstrafbarkeit zu verneinen siehe unten unter Gliederungspunkt D. V. 3.

II. Ansatzpunkt Tatsachenbegriff

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3. Die Ansicht Lackners Lackner will demgegenüber neben den durch Rechtsprechung und herrschende Lehre anhand des Tatsachenbegriffes aus dem Bereich der Betrugsstrafbarkeit ausgeschiedenen Fällen auch bei der Behauptung von tatsächlich nicht existierenden Rechtssätzen oder Entscheidungen das Vorliegen einer Tatsache ablehnen. Er begründet diese Sichtweise damit, von einer betrugsrelevanten Tatsache könne nur gesprochen werden, wenn es sich um einen der „gerichtlichen“ Beweisführung zugänglichen Umstand handele.15

4. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Tatsachenbegriff Untersucht werden soll nun, ob die vorgeschlagenen Einschränkungen anhand des Tatsachenbegriffes geeignet sind, das Problem des Prozessbetruges angemessen zu behandeln. Der Schwerpunkt der Untersuchung soll dabei auch hier wieder bei der Frage liegen, ob sich die gemachten Vorschläge mit dem Wortlaut vereinbaren lassen. In jedem Fall mit dem Wortlaut vereinbar ist es, wenn Rechtsprechung und herrschende Lehre auf die grundsätzliche Beweisbarkeit eines Umstandes abstellen und dementsprechend bei zur Verfälschung des Entscheidungssachverhaltes vorgetragenen falschen Behauptungen einen Betrug annehmen, sofern die Behauptungen empirisch nachprüfbar sind. Der Umstand, dass eine Tatsache vorliegt, wenn etwas empirisch nachprüfbar ist, deckt sich vollständig mit dem, was umgangssprachlich unter einer Tatsache verstanden wird.16 Dem folgend erscheint es ferner vertretbar, von dem Täter im Zivilprozess vorgetragene reine Rechtsauffassungen als bloße Werturteile anzusehen, da es gerade nicht immer empirisch nachprüfbar ist, ob etwa bei Zugrundelegung eines bestimmten Sachverhaltes ein Anspruch besteht. Das Ergebnis hängt dort vielmehr von einem unter Umständen auch mit Wertungen verbundenen Subsumtionsakt ab. Nicht mit dem Wortlaut vereinbaren lässt sich hingegen der von Lackner vorgebrachte Vorschlag, auf die „gerichtliche“ Beweisbarkeit abzustellen und dementsprechend beispielsweise auch die Behauptung, es gebe die eigene Rechtsansicht stützende Gerichtsentscheidungen, nicht als Tatsachenbehauptung anzusehen. Ein Abstellen auf die gerichtliche Beweisbarkeit, damit von einer betrugsrelevanten Tatsache gesprochen werden kann, findet im Wortlaut keine Stütze. Der Umstand, ob etwas dem gerichtlichen Beweis zugänglich ist, ist unabhängig davon, ob es sich um eine Tatsache handelt. Die Regelung, welche Umstände dort dem Beweis zugänglich sein können, beruht auf gänzlich anderen Erwägungen. Die Prüfung, ob etwas gerichtlich beweisbar wäre, nun – wie es Lackner vorschlägt – mit der Frage, ob eine Tatsache vorliegt, zu vermengen, verbindet somit etwas mit dem Tatsachenbegriff, was in 15 LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 12; so auch Kühl in Lackner / Kühl § 263, Rn. 5; vgl. auch Samson JA 1978, 468 (471). 16 Vgl. dazu auch schon die Ausführungen unter Gliederungspunkt A. I. 3. c).

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D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug

dessen Wortlaut nicht angelegt ist. Lackner selbst gesteht diese Abkoppelung vom Wortlaut ein, indem er von „betrugsrelevanten“ Tatsachen spricht. Der von Lackner gemachte Vorschlag, auf die gerichtliche Beweisbarkeit einer Tatsache abzustellen, stellt somit eine teleologische Reduktion dar. Ausgehend vom Wortlaut muss stattdessen auch das Vorliegen von Gerichtsentscheidungen oder Gesetzesnormen als Tatsache angesehen werden, da es sich um empirisch nachprüfbare Umstände handelt.17 Festgehalten werden kann somit, dass Rechtsprechung und herrschender Lehre darin zuzustimmen ist, dass nur bei Behauptungen reiner Rechtsurteile keine Täuschung über Tatsachen vorliegt. Der von Lackner gemachte Vorschlag, auch die Behauptung des Vorliegens nachprüfbarer rechtlicher Umstände – wie etwa der Existenz von Gerichtsentscheidungen – aus dem Tatsachenbegriff auszuscheiden, ist hingegen abzulehnen, da er sich nicht mit dem Wortlaut vereinbaren lässt. Dies bedeutet, dass sich das Problem des Prozessbetruges über den Tatsachenbegriff nur zum Teil lösen lässt: Die von Rechtsprechung und herrschender Lehre vorgenommene Ausscheidung reiner Rechtsbehauptungen aus dem Bereich der Betrugsstrafbarkeit lässt sich anhand des Tatsachenbegriffes begründen. Diese Fallgruppe soll daher hier nicht weiterverfolgt werden. Offen bleibt hingegen an dieser Stelle weiter die Frage, wie sich vielfach für notwendig gehaltene Einschränkungen bei der Behauptung von „Rechtstatsachen“ begründen ließen. Dieser Frage soll im Folgenden nachgegangen werden, hier könnte die Lehre von der objektiven Zurechnung weiterhelfen. Zunächst sollen jedoch bei anderen Tatbestandsmerkmalen des § 263 StGB ansetzende Vorschläge näher betrachtet werden.

III. Ansatzpunkt Kausalität Das Reichsgericht verneinte in seiner anfänglichen Rechtsprechung einen Prozessbetrug mit einer bei der Kausalität ansetzenden Begründung. Auch dieser Vorschlag soll, obwohl er so nicht mehr vertreten wird, kurz vorgestellt und erörtert werden. 1. Die Position der herrschenden Meinung Zur Verdeutlichung wird wiederum zunächst vorangestellt, was nach überwiegender Ansicht unter der Kausalität zwischen Täuschung, Irrtum und Vermögensschaden verstanden wird. Ganz überwiegend wird Kausalität im Rahmen des Betrugstatbestandes, wie auch in anderen Bereichen inzwischen allgemein üblich, allein anhand der Äquivalenztheorie beurteilt,18 darüber hinausgehende Gesichts17 So auch Seier ZStW 102, 563 (570); Piech, S. 41; Protzen wistra 2003, 208 (209); Graul JZ 1995, 595 (602). 18 Tröndle / Fischer § 263, Rn. 36, 52; SK-Hoyer § 263, Rn. 81; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 32, 78; LK-Tiedemann § 263, Rn. 93; BGHSt 24, 257 (260); 24, 386 (389); BGH NStZ 2003, 313 (314 f.).

III. Ansatzpunkt Kausalita¨t

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punkte wie etwa die Adäquanz des eingetretenen Erfolges bleiben unberücksichtigt.

2. Die ältere Reichsgerichtsrechtsprechung Das Reichsgericht ging in seiner Rechtsprechung zunächst davon aus, dass ein Prozessbetrug zwar durch die Einbringung falscher Beweismittel, nicht aber durch sonstige falsche Behauptungen begangen werden könne, da der Richter letztere zu prüfen habe.19 In diesem Falle – so die Begründung des Reichsgerichtes – sei das Opfer nicht geschädigt durch die Täuschung, sondern dadurch, dass der Richter die ihm obliegende Funktion nicht ordnungsgemäß erfüllt habe.20 Abgesprochen wurde der Täuschung des Täters mithin bereits die Ursächlichkeit für den Schaden des Opfers; diese Sichtweise ließ sich jedoch mit der auch vom Reichsgericht sonst vertretenen Bedingungstheorie schwer vereinbaren, was das Reichsgericht im Jahre 1934 dazu veranlasste, von seiner anfänglichen Rechtsprechung abzurücken und die Möglichkeit eines Prozessbetruges auch bei unbewiesenen falschen Behauptungen anzuerkennen.21

3. Diskussion über ein Ansetzen bei der Kausalität Die zunächst vom Reichsgericht eingenommene Position soll jedoch nun einmal näher betrachtet werden. Festgestellt werden kann zunächst, wie auch das Reichsgericht später selber eingestanden hat, dass an der Kausalität im Sinne der Bedingungstheorie auch dann nicht gezweifelt werden kann, wenn der Täter sich auf das bloße Behaupten falscher Tatsachen beschränkt und keine falschen Beweismittel einführt.22 Die Bedingungstheorie stellt ferner nach heute einhelliger Meinung die richtige Methode zur Bestimmung der Kausalität dar, zusätzliche Erwägungen sind erst anschließend im Rahmen der Frage nach der objektiven Zurechenbarkeit anzustellen.23 Das Reichsgericht sah den Grund dafür, die Vermögensschäden des Opfers nicht als Werk des Täuschenden, sondern des Richters zu bewerten, darin, dass dieser seine Pflichten vernachlässigt hatte. Die Ausführungen des Reichsgerichts laufen also letztlich auf die Frage hinaus, in wessen Verantwortungsbereich die Verhinderung eines Schadens fällt, ein Gesichtspunkt, der im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung bekannt und umfassend erörtert ist.24 19 RGSt 1, 227 (228); 2, 91 (91 f.); 5, 321 (322 ff.); 16, 193 (195 f.); 20, 391 (392); 29, 291 (292); 36, 114 (114). 20 RGSt 1, 227 (229). 21 RGSt 69, 44 (47 f.). 22 So auch Kretschmer GA 2004, 458 (462); Seier, ZStW 102, 563 (566). 23 Vgl. nur Roxin, AT I, § 11, Rn. 41, 44 ff. 24 Vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. b). sowie Roxin, AT I, § 11, Rn. 137.

134

D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug

Festgehalten werden kann somit, dass der vom Reichsgericht geäußerte Gedanke einen Aspekt behandelt, der aus heutiger Sicht im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung zu erörtern ist. Die Idee des Reichsgerichtes selber, eine Abgrenzung der verschiedenen Verantwortungsbereiche vorzunehmen, erscheint für sich genommen jedoch durchaus erwägenswert, auf sie wird an späterer Stelle weiter einzugehen sein.

IV. Ansatzpunkt subjektiver Tatbestand Ein weiterer Vorschlag spricht sich dafür aus, das Problem des Prozessbetruges beim Vorsatz zu behandeln. Auch dieser Vorschlag soll dem gegenübergestellt werden, was im subjektiven Tatbestand nach überwiegender Ansicht erforderlich ist.

1. Die Position der herrschenden Meinung Bei Zugrundelegung der herrschenden Meinung ist im subjektiven Tatbestand des § 263 StGB neben der dort speziell normierten Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern, der Vorsatz bezüglich aller Elemente des objektiven Tatbestandes erforderlich.25 Der Täter muss also wissen, dass er täuscht, dass das Opfer sich irrt, deswegen über sein Vermögen verfügt und dadurch einen Vermögensschaden erleidet.26 Legt man diese Sichtweise zugrunde, so besteht kein Zweifel, dass in Fällen des Prozessbetruges der Täter Kenntnis von all diesen Umständen hat.

2. Die Ansicht Lenckners Lenckner hingegen meint, es fehle in Fällen der vorliegenden Art am Verwirklichungswillen.27 Er begründet diese Sichtweise damit, dass seiner Ansicht nach von Vorsatz nur gesprochen werden kann, wenn der vom Täter angestrebte Erfolg Ausdruck seiner finalen Tatherrschaft sei, daran fehle es jedoch bei einem Erfolg, der nur unter der Bedingung eintreten könne, dass der Richter pflichtwidrig handele.28

25 26 27 28

S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 164; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 106. Vgl SK-Hoyer § 263, Rn. 262. Lenckner, Der Prozessbetrug, S. 130. Lenckner, S. 130.

V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung

135

3. Diskussion über ein Ansetzen im subjektiven Tatbestand Zuzugeben ist der Ansicht Lenckners, dass sie eine Argumentation aufgreift, die zu der Zeit, als die Arbeit verfasst wurde, zur Lösung von Problemen verwandt wurde, die heute nach im Schrifttum nahezu einhelliger Ansicht im Rahmen der objektiven Zurechnung zu lösen sind.29 So wurde in früherer Zeit etwa auch in dem bereits erwähnten Fall, dass ein Neffe seinen Erbonkel bei Gewitter in den Wald schickt, in der Hoffnung, dieser möge vom Blitz getroffen werden, der Vorsatz verneint, da Vorsatz den zur Einwirkung auf das Geschehen mächtigen Willen voraussetze.30 Ferner besteht auch in der Rechtsprechung nach wie vor die Tendenz, in Fällen atypisch verlaufender Kausalverläufe den Vorsatz zu verneinen.31 Gleichwohl hat sich – wie bereits dargestellt – mittlerweile weitgehend die Einsicht durchgesetzt, dass in Fällen der vorliegenden Art der Vorsatz der falsche Ansatzpunkt ist, da der Täter den konkret eingetretenen Erfolg so wollte. Legt man somit auch hier den heutigen Stand der Strafrechtswissenschaft zugrunde, so sind auch die Erwägungen Lenckners richtigerweise bei dem Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit des Erfolges zu verorten.

V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung Auf dieses Erfordernis der objektiven Zurechnung auch beim Prozessbetrug soll nun näher eingegangen werden. Auffällig ist, dass es hier schon eine Vielzahl von Autoren gibt, die diesen Ansatzpunkt als zur Problemlösung geeignet ansehen32 und dass sich auch in der Rechtsprechung in jüngerer Zeit die Tendenz feststellen lässt, dieses Problem im Rahmen der objektiven Zurechnungslehre zu behandeln.33 Die dort ansetzenden Vorschläge von Rechtsprechung und Schrifttum sollen im Folgenden vorgestellt werden.

1. Die Position der herrschenden Lehre Zur Verdeutlichung sei auch hier eingangs kurz erwähnt, wie diesbezüglich die Position der wohl noch herrschenden Meinung ist. Auch wenn inzwischen in einer Vielzahl von Aufsätzen und Monographien zu dem Thema Prozessbetrug ein AnÄhnlich auch Seier ZStW 102, 563 (573). Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 66 ff.; zu der Darstellung dieses Beispielsfalles vgl. auch Gliederungspunkt A. I. 5. a). 31 Vgl. BGHSt 14, 193 (193); 23, 133 (133 ff.); BGH GA 1955, 123 (123 ff.); BGH NStZ 2001, 29 (29 ff.). 32 Vgl. Seier ZStW 102, 563 (573); Kretschmer GA 2004, 458 (460); Jänicke, S. 578 ff.; Piech, S. 42. 33 Vgl. OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364). 29 30

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D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug

setzen bei der objektiven Zurechnung vorgeschlagen wurde, ist dieser Ansatz bislang von den gängigen Kommentaren und Lehrbüchern nicht übernommen worden.34 Ausgehend davon, dass nach den von der herrschenden Lehre allgemein zur objektiven Zurechnung aufgestellten Grundsätzen dem Täter etwas nur dann zugerechnet werden kann, wenn sich ein vom ihm geschaffenes unerlaubtes Risiko in dem konkreten Erfolg realisiert hat,35 und dass dies unter anderem dann nicht der Fall ist, wenn die Verhinderung des Erfolges in den Verantwortungsbereich eines anderen fällt,36 könnte man auch in dieser Fallgruppe jedoch an einen Zurechnungsausschluss denken.

2. Die Ansichten von Seier, Kretschmer, Piech und Jänicke Die in diese Richtung gehenden Vorschläge sollen nun vorgestellt werden. So meint etwa Seier, ein durch eine Täuschung über Rechtstatsachen verursachter Irrtum des Richters sei dem Täter objektiv nicht zuzurechnen.37 Er begründet diese Sichtweise mit der zivilprozessualen Aufgabenverteilung und dem dort bestehenden Grundsatz „Da mihi factum, dabo tibi ius“, der besagt, dass die Parteien lediglich die Tatsachen beizubringen haben und dass die rechtliche Beurteilung ausschließlich dem Richter obliegt, und schließt daraus, dass eben diese Zuweisung von Verantwortungsbereichen auch entscheidend dafür sei, als wessen Werk Irrtum und daraus resultierender Vermögensschaden anzusehen sind.38 Die Lehre von der objektiven Zurechnung hält er für den richtigen Ansatzpunkt, diesen Erwägungen Rechnung zu tragen, da sich dort seiner Ansicht nach mit der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche inzwischen die richtige Fallgruppe herausgebildet hat.39 Auch Piech stellte in der von ihr verfassten Monographie das Merkmal der objektiven Zurechnung als richtigen Ansatzpunkt heraus. Ihrer Meinung nach wäre es mit der zivilgerichtlichen Aufgabenverteilung nicht vereinbar, dem Täter den Irrtum des Richters zuzurechnen, da dieser den Rechtsausführungen der Parteien niemals glauben dürfe, sondern sie allenfalls als Denkanstöße zur Kenntnis nehmen könne und ein etwaiger Irrtum somit allein in seinen Organisationskreis falle.40 Dem zugestimmt hat im Folgenden auch Kretschmer. Auch er hält den Zurechnungszusammenhang für unterbrochen, wenn der Täter bloß über Rechtstatsachen getäuscht hat. Er begründet diese Sichtweise damit, dass das Gericht die Pflicht habe, das Recht eigenverantwortlich zu ermitteln und dass auch 34 Tröndle / Fischer § 263, Rn. 24; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 69 ff.; SK-Hoyer § 263, Rn. 19; Krey / Hellmann, BT 2, § 11, Rn. 419 ff.; Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 63. 35 Vgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 47; Wessels / Beulke, Rn. 179. 36 Roxin, AT I, § 11, Rn. 137. 37 Seier ZStW 102, 563 (574). 38 Seier ZStW 102, 563 (572 ff.). 39 Seier ZStW 102, 563 (573). 40 Piech, S. 43.

V. Ansatzpunkt objektive Zurechnung

137

ein etwaiger Irrtum des Richters dementsprechend Ausdruck dieser Eigenverantwortlichkeit sei.41 Auch Jänicke hält den Zurechnungszusammenhang bei dem vorliegenden Problemkreis für unterbrochen, im Gegensatz zu den zuvor dargestellten Ansichten sieht er jedoch erst die Stufe der Zurechnung zwischen Irrtum und Vermögensverfügung als maßgeblich an, da erst dort der Bezug zu dem eigentlichen Schutzgut des § 263 StGB hergestellt werden könne.42

3. Die Ansicht der Rechtsprechung Über die Behauptung falscher Rechtstatsachen in einem Zivilprozess hatte im Jahre 2001 auch das Oberlandesgericht Koblenz zu entscheiden. Ein Rechtsanwalt hatte in dem zugrundeliegenden Fall im Rahmen eines mietrechtlichen Gerichtsstreits wahrheitswidrig behauptet, es gäbe mehrere Gerichtsentscheidungen, die das Vorgehen seines Mandanten als gerechtfertigt ansehen würden, es wäre also „durch gerichtliche Entscheidung festgestellt, dass kein Verstoß gegen das Wohnungsbindungsgesetz vorliege“.43 Das Oberlandesgericht Koblenz sah in diesem Verhalten keinen versuchten Betrug, obwohl – wie in dem Beschluss ausdrücklich anerkannt wurde – von dem Rechtsanwalt Tatsachenbehauptungen im Sinne des § 263 StGB aufgestellt wurden. Begründet wurde diese Sichtweise im Anschluss dann auch damit, die Behauptung sei objektiv in keiner Weise geeignet gewesen, bei einem Richter einen Irrtum hervorzurufen, da dieser die Pflicht zur eigenverantwortlichen Rechtsermittlung habe.44 Interpretiert man die knappen Ausführungen dieses Beschlusses, so ist zunächst festzustellen, dass das OLG Koblenz mit seinen Ausführungen wohl kaum die Möglichkeit eines Kausalwerdens der Behauptung für einen Irrtum bestreiten wollte. Dies ergibt sich zum einen daraus, das in diesem Falle zumindest ein nach § 23 Abs. 3 StGB ebenfalls strafbarer untauglicher Versuch in Betracht käme; ferner stellt das OLG Koblenz selber fest, dass der Grund für die Straflosigkeit in der Pflicht zur eigenverantwortlichen Rechtsermittlung, also in einer normativen Erwägung, begründet sei. Vielmehr kann die These, die Behauptung sei aus normativen Gründen objektiv in keiner Weise zur Irrtumserregung geeignet gewesen, nur so verstanden werden, dass auch das OLG Koblenz die objektive Zurechenbarkeit verneinen wollte.45

41 42 43 44 45

Kretschmer GA 2004, 458 (459 f.). Jänicke, S. 587 f. OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364). OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364). So wohl auch Protzen wistra 2003, 208 (209).

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D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug

4. Diskussion über ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung Die von Rechtsprechung und Lehre vorgebrachten Vorschläge, in Fällen der Behauptung falscher Rechtstatsachen bei dem Merkmal der objektiven Zurechnung anzusetzen, sollen nun näher betrachtet werden. Dass generell keine Bedenken gegen ein Ansetzen bei dem Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit auch innerhalb des Betrugstatbestandes bestehen, wurde bereits am Anfang der Untersuchung festgestellt.46 Für ein Ansetzen bei der objektiven Zurechnung auch in dieser Fallgruppe spricht zunächst, dass es sich auch bei dem Problem der Behauptung falscher Rechtstatsachen um einen Bereich handelt, in dem eine Verneinung der Betrugsstrafbarkeit aus dem Wortlaut der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 263 StGB heraus nicht erklärbar wäre. Zudem müssen, anders als etwa bei einem Ansetzen bei dem Begriff der Tatsache, an dieser Stelle normative Erwägungen nicht hinter der vermeintlichen Tatbestandsauslegung versteckt werden, sondern können offen angesprochen werden. Die etwaigen Strafbarkeitseinschränkungen zugrundeliegenden Erwägungen zur Eigenverantwortlichkeit des Richters bei der Rechtsermittlung und zu der Abgrenzung der Verantwortungsbereiche im Zivilprozess können ferner im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung besser bewertet werden. Eine dort vorgenommene Lösung erschöpft sich – anders als eine bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen ansetzende Reduktion – nicht nur darin, anhand isolierter Billigkeitserwägungen entweder zu der einen oder zu der anderen Lösung zu gelangen, vielmehr bestehen im Rahmen der objektiven Zurechnung allgemeine Vorgaben, die bei der Entwicklung einer Lösung heranzuziehen sind. Der Vorteil dieses Vorgehens besteht zum einen in dem Gewinn neuer Gesichtspunkte zur Problemlösung, zum anderen wird eine Lösung erzielt, die sich mit der Behandlung der Aspekte der Abgrenzung von Verantwortungsbereichen und der Eigenverantwortlichkeit außerhalb des Betrugstatbestandes deckt. Das Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit stellt somit auch in Fällen der Behauptung falscher Rechtstatsachen im Zivilprozess den richtigen Ansatzpunkt dar. Zu klären ist in diesem Rahmen jedoch noch, welche der beim Betrugstatbestand erforderlichen Zurechnungsstufen unterbrochen sein könnte. Jänicke meint im Gegensatz zu den restlichen bei der objektiven Zurechnung ansetzenden Vorschlägen, erst die Zurechnung zwischen Irrtum und Vermögensverfügung sei unterbrochen;47 ein Ansetzen bei dieser Zurechnungsstufe hält er für erforderlich, um einen Bezug zu dem Vermögen, dem eigentlichen Schutzobjekt des § 263 StGB, herzustellen.48 Dies überzeugt nicht. Aus der zivilprozessualen Aufgabenverteilung und der daraus resultierenden Pflicht des Richters zur eigenverantwortlichen Rechtsermittlung ergibt sich, dass der Richter sich über Rechtsfragen nicht täuschen lassen darf, sondern dass er sich diesbezüglich ein eigenes Urteil zu bilden hat. Hält man diesen Umstand für so gewichtig, dass man den über Rechtstatsachen täuschenden 46 47 48

Vgl. dazu Gliederungspunkt A. I. 5. c) (1). Jänicke, S. 587. Jänicke, S. 588.

VI. Sind bei Fa¨llen des Prozessbetruges Einschra¨nkungen vorzunehmen?

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Täter deswegen nicht wegen Betruges bestrafen will, so muss man dementsprechend sagen, dass schon der Irrtum nicht Werk des Täters, sondern des seine Pflichten vernachlässigenden Richters ist. Natürlich gilt dies in gleichem Maße auch für die Vermögensverfügung und den daraus resultierenden Enderfolg, den Vermögensschaden, jedoch fehlt es bei dieser Sichtweise bereits an der Zurechenbarkeit auf der ersten Stufe. Insgesamt kann festgehalten werden, dass das Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit den richtigen Ansatzpunkt zu etwaigen Einschränkungen bei der Behauptung falscher Rechtstatsachen darstellt. Objektiv nicht zurechenbar sein könnte dem Täter – sofern der Stellung des Richters im Zivilprozess als Grund einer etwaigen Zurechnungsunterbrechung ein dafür ausreichendes Gewicht zukommt – bereits der durch die Täuschung verursachte Irrtum. Ob dies tatsächlich der Fall ist, wird im Folgenden zu klären sein. Neben der Erörterung kriminalpolitischer Erwägungen wird dabei zu berücksichtigen sein, ob anhand der im Rahmen der objektiven Zurechnung allgemein entwickelten Kriterien ein Zurechnungsausschluss zu begründen ist.

VI. Sind bei Fällen des Prozessbetruges Einschränkungen vorzunehmen? Zunächst soll nun der Frage nachgegangen werden, welche Argumente aus kriminalpolitischer Sicht für beziehungsweise gegen Einschränkungen der dem Wortlaut nach eigentlich bestehenden Betrugsstrafbarkeit in Fällen der Behauptung falscher Rechtstatsachen sprechen. Auffällig ist diesbezüglich zunächst, dass von Gegnern derartiger Einschränkungen keine generellen Bedenken erhoben werden, als Grund für eine anzunehmende Betrugsstrafbarkeit wird zumeist lediglich darauf verwiesen, der Tatsachenbegriff gebe keine Einschränkungen her.49 Für Einschränkungen spricht hingegen, dass es innerhalb einer Gerichtsverhandlung grundsätzlich möglich sein muss, den eigenen Standpunkt möglichst eindrucksvoll darzulegen. Sollte nun jedoch jede im Eifer des Gefechtes aufgestellte falsche Behauptung bezüglich von Rechtstatsachen zu einer Betrugsstrafbarkeit führen, so wäre inzwischen wohl eine Vielzahl der praktizierenden Rechtsanwälte vorbestraft. Die Einschätzung, dass es sich bei derartigen Vorgängen noch nicht um Handlungen handelt, bei denen die Grenze zur Strafwürdigkeit überschritten ist, dürfte im Übrigen auch der Meinung der allermeisten Zivilrichter entsprechen; Weiterleitungen derartiger Fälle an die Staatsanwaltschaften bilden in der Praxis die Ausnahme.50 Zudem erscheint es angesichts der klar voneinander abgrenzbaren Aufgaben der Beteiligten am Zivilprozess unbillig, den Täter wegen etwas zu bestrafen, was völlig in die Verantwortung eines anderen fällt. Auch ein altkluger Passant würde schließlich nicht wegen Körperverletzung bestraft, wenn er bei einem Unfall dem hilfeleistenden Notarzt einen falschen Behandlungstipp gäbe. Letzten Endes würde 49 50

Vgl. Graul JZ 1995, 595 (602 f.); Protzen wistra 2003, 208 (209). Fahl Jura 1996, 74 (76).

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D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug

es ausgehend davon in gewisser Weise sogar eine Herabwürdigung des Gerichtes darstellen, wenn man annähme, eine der Streitparteien könne in von ihr strafrechtlich zu verantwortender Weise den Richter zum Werkzeug für die Kundgabe von – auf falschen rechtlichen Bewertungen beruhenden – unzutreffenden Urteilen machen. Richtigerweise muss das Urteil hingegen, was die darin enthaltene rechtliche Bewertung angeht, auch um einem falschen Bild von der Gerichtsbarkeit vorzubeugen, immer und in vollem Umfang als Werk des Richters angesehen werden. Letztlich verbleibt bezüglich der Behauptung falscher Rechtstatsachen die Erkenntnis, dass – sofern man sich einmal von den Zwängen des Tatsachenbegriffes gelöst hat, bei dem Rechtsprechung und herrschende Lehre das Problem verorten – eigentlich alles dafür spricht, einen Täter nicht in die Verantwortung zu nehmen für Erfolge, die darauf beruhen, dass der Richter pflichtwidrig der Behauptung von Rechtstatsachen durch eine der Streitparteien geglaubt hat. Dass aus kriminalpolitischer Sicht eine Einschränkung geboten scheint, ist im Folgenden bei der Entwicklung von Kriterien zu berücksichtigen, soweit die allgemein im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung bestehenden Vorgaben dies zulassen.

VII. Entwicklung von Kriterien Ausgehend von der Lehre von der objektiven Zurechnung erscheinen vorliegend zwei Gesichtspunkte bedeutsam: Zum einen wird zu fragen sein, ob nicht schon die Eigenverantwortlichkeit des Richters nach allgemeinen Maßstäben zu einem Zurechnungsausschluss führt. Ferner wird zu erörtern sein, ob sich bei einer Abgrenzung der verschiedenen Verantwortungsbereiche unter Berücksichtigung der zivilgerichtlichen Aufgabenverteilung und der durch die Lehre von der objektiven Zurechnung aufgestellten Grenzen ebenfalls ein Ausschluss der objektiven Zurechenbarkeit ergibt. Schon vorweg kann diesbezüglich festgestellt werden, dass sich die beiden Fragen nicht immer ganz voneinander trennen lassen, Überschneidungen sind jedoch – der bereits eingangs dargestellten, überwiegend vertretenen Zurechnungskonzeption folgend – unschädlich.51

1. Der Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit Oftmals wird zur Begründung der Straflosigkeit der Behauptung von Rechtstatsachen im Zivilprozess der Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit angeführt. So verweist etwa das OLG Koblenz in seiner Begründung darauf, der Richter habe die Rechtsermittlung eigenverantwortlich vorzunehmen.52 Kretschmer begründet die von ihm vorgenommene Problemlösung explizit damit, dass das Gericht das 51 Vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. a) und b) sowie S / S-Cramer / Sternberg-Lieben § 15, Rn. 164. 52 OLG Koblenz NJW 2001, 1364 (1364).

VII. Entwicklung von Kriterien

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Recht in eigener Verantwortung ermittele.53 Aufgabe des folgenden Abschnittes ist es nun zu untersuchen, ob der Aspekt der Eigenverantwortlichkeit nach allgemeinen Maßstäben tatsächlich geeignet ist, einen Zurechnungsausschluss zu begründen. Zugrundegelegt werden sollen dabei auch hier die diesbezüglich bis jetzt entwickelten Grundsätze.54 Legt ein Richter die Behauptung von Rechtstatsachen durch eine der Streitparteien bei der Beurteilung der Rechtslage zugrunde, so handelt er dabei objektiv immer im höchsten Maße leichtfertig, da natürlich die Gefahr auf der Hand liegt, dass die Streitpartei die Rechtslage für sich selber positiv darstellen will. Ein Richter, der trotzdem derartige Behauptungen zugrunde legt, hat zudem das erforderliche Bewusstsein, eine Gefahr einzugehen, da jedem Richter natürlich klar ist, dass Parteibehauptungen in höchstem Maße subjektiv sind. Ein einsichtiges Motiv, derartige Gefährdungen einzugehen, hat der Richter grundsätzlich nicht. Eine Ausnahme dazu ergibt sich jedoch aus dem Zivilprozessrecht. Gemäß § 293 ZPO kann ausländisches Recht im Wege der Beweisaufnahme ermittelt werden, sämtliche Erkenntnisquellen dürfen dabei berücksichtigt werden. Der Richter hat sich somit zwar auch hier eine eigene Rechtsansicht zu bilden55 – bezüglich der ihm ein Irrtum unterlaufen kann –, er darf jedoch bei ausländischem Recht Parteibehauptungen bei seiner Entscheidung berücksichtigen. Die dadurch bewirkte Lockerung der Pflicht des Richters zur eigenverantwortlichen Rechtsermittlung geht sogar soweit, dass er in diesem Bereich Ausführungen zur Rechtslage ungeprüft zugrundelegen darf, sofern sie von den Streitparteien übereinstimmend vorgetragen werden.56 Die besonderen Schwierigkeiten, die damit verbunden sind, ausländisches Recht zu ermitteln, stellen hier somit unter gewissen Voraussetzungen ein einsichtiges Motiv für die Gefährdung dar. Abgesehen davon kann jedoch festgehalten werden, dass ein Richter grundsätzlich – was die Ermittlung der Rechtslage angeht – in vollem Umfang eigenverantwortlich handelt. Unterliegt er bei der Rechtsermittlung einem Irrtum, so ist dieser aufgrund der Eigenverantwortlichkeit somit allein ihm und nicht dem Täter zuzurechnen, der Täter mag den Irrtum zwar verursacht haben, objektiv zurechenbar ist er ihm jedoch nicht.

Kretschmer GA 2004, 458 (459). Vgl. dazu insbesondere die Gliederungspunkte A. I. 7. a) und A. II. 6.; erforderlich zur Annahme einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung ist danach ein objektiv leichtfertiges Opferverhalten, das Bewusstsein des Opfers, eine Gefahr einzugehen und das Fehlen eines einsichtigen Motivs des Opfers für seine Gefährdung. 55 Vgl. MüKo-Prütting, ZPO § 293, Rn. 25 ff.; Zöller-Geimer, ZPO, § 293, Rn. 17. 56 Vgl. BAG NJW 1975, 2160 (2160); unbenommen bleibt gemäß § 293 S. 2 ZPO auch für diesen Fall jedoch dass Recht des Richters, weitere Erkenntnisquellen heranzuziehen, sofern er die Parteibehauptungen zur Bildung seiner Rechtsansicht nicht für ausreichend hält. Befreit wird der Richter somit auch bei übereinstimmend vorgetragenen Parteibehauptungen nicht von seiner Pflicht, sich eine eigene Rechtsansicht zu bilden, sondern nur von den ansonsten geltenden Grundsätzen zur Art und Weise der Rechtsermittlung. 53 54

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D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug

2. Die Abgrenzung der verschiedenen Verantwortungsbereiche Neben dem Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit könnte sich ein Zurechnungsausschluss vorliegend auch aus dem ebenfalls im Rahmen der objektiven Zurechnung bekannten Topos der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche ergeben. Danach ist die Zurechenbarkeit auch dann unterbrochen, wenn die Verhinderung eines Erfolges in den Verantwortungsbereich eines anderen fällt.57 Darüber, wann dies im Einzelnen der Fall ist, liegen zur Zeit noch keine gesicherten Erkenntnisse vor, als Beispiele werden in der Literatur die Verkehrssicherung eines Fahrzeuges nach dessen Aufhalten durch die Polizei, das Verhältnis zwischen Fahrer und Beifahrer sowie das Verhältnis zwischen Erstverursacher und einem anschließend einen Kunstfehler begehenden Arzt genannt.58 Zusammenfassend kann gesagt werden, dass insbesondere dann viel Raum für die Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche vorliegt, wenn ein Berufstätiger kraft einer Kompetenzzuweisung in einer Weise für die Abwendung eines Erfolges zuständig ist, dass ihm Außenstehende diesbezüglich nicht hineinzureden haben.59 Ausgehend von diesen Vorgaben müsste die Ermittlung der Rechtslage einschließlich der Überprüfung der zugrundeliegenden Rechtstatsachen allein dem Verantwortungsbereich des Richters zuzuordnen sein, damit sich daraus ein Ausschluss der objektiven Zurechenbarkeit ergibt. Dies ist anhand der Regelungen der Zivilprozessordnung zu bestimmen. Angeführt werden können diesbezüglich zunächst die Grundsätze „Da mihi factum, dabo tibi ius“ und „Jura novit curia“.60 Danach ist die Ermittlung der in Betracht kommenden Rechtssätze und deren Anwendung ausschließlich Sache des Gerichtes.61 Herangezogen werden kann in diesem Zusammenhang auch § 138 ZPO. Festgelegt ist dort, dass die Parteien im Zivilprozess verpflichtet sind, die Wahrheit zu sagen. Dies gilt nach einhelliger Meinung jedoch nur bezüglich des vorzutragenden Sachverhaltes.62 Auch diese Regelung spiegelt mithin wieder, dass die Rechtsermittlung entsprechend der zivilprozessualen Aufgabenverteilung ausschließlich Sache des Richters ist. Eine Ausnahme zu dieser grundsätzlichen Kompetenzverteilung sieht, wie bereits angesprochen wurde, die Zivilprozessordnung hingegen für ausländisches Recht vor. Zwar muss sich der Richter auch in diesem Bereich eine eigene Rechtsansicht bilden, über deren Richtigkeit er sich im Irrtum befinden kann, er darf gemäß § 293 ZPO jedoch im Wege des Freibeweises sämtliche Erkenntnisquellen nutzen; sogar übereinstimmend vor57 Vgl. zu einer ausführlichen Darstellung des Topos der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche Gliederungspunkt A. I. 7. b). 58 Zu den ersten beiden Beispielen vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. b); zu dem letztgenannten Roxin, AT I, § 11, Rn. 141 ff. 59 Roxin, AT I, § 11, Rn. 138. 60 So schon Schröder JR 1958, 106 (107); Seier ZStW 102, 563 (572). 61 MüKo-Prütting, ZPO § 293, Rn. 2 ff.; Stein / Jonas-Leipold, ZPO, vor § 128, Rn. 107 f.; Zöller-Geimer, ZPO, § 293, Rn. 1. 62 Vgl. nur Baumbach / Lauterbach / Albers / Hartmann, ZPO, § 138, Rn. 1 f.

VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fa¨llen des Prozessbetruges

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getragene Parteibehauptungen dürfen ohne weitere Nachprüfungen zugrunde gelegt werden.63 In diesem Bereich obliegt die Rechtsermittlung mithin nicht mehr allein der Verantwortung des Richters, ein Teil der Kompetenz wurde hier vielmehr auf die Streitparteien übertragen. Festgehalten werden kann somit, dass sich aus den zivilprozessualen Regelungen eindeutig ergibt, dass grundsätzlich allein der Richter zuständig ist, die einschlägigen Normen und Gerichtsentscheidungen zu finden und daraus die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. Ausnahmsweise gilt dies jedoch nicht bei der Ermittlung ausländischen Rechtes, in diesem Bereich tragen Richter und Streitparteien die Verantwortung gemeinsam. Überträgt man diese zivilgerichtliche Kompetenzverteilung nun auf die Frage, in wessen Verantwortungsbereich die Verhinderung von – auf falschen Rechtstatsachen beruhenden – Irrtümern des Richters fallen, so muss auch hier dementsprechend anerkannt werden, dass grundsätzlich der Richter allein verantwortlich ist und dem Täter ein von ihm durch das Vorbringen falscher Rechtstatsachen verursachter Irrtum des Richters objektiv nicht zurechenbar ist. Handelt es sich jedoch um ausländische Rechtsnormen, so trägt auch der Täter Verantwortung dafür, dass dem Richter kein Irrtum unterläuft. Spiegelt der Täter also beispielsweise die Existenz einer anwendbaren, für ihn günstigen ausländischen Norm vor, ohne dass dies von der Gegenseite bestritten wird, so ist ihm ein daraus resultierender Irrtum des Richters objektiv zurechenbar.64 Auch aus dem Gesichtspunkt der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche ergibt sich somit eine Unterbrechung der objektiven Zurechnung bei der Behauptung von inländischen Rechtstatsachen. Derartige Behauptungen sind mithin nicht als strafbarer Prozessbetrug zu bewerten. Die an dieser Stelle deutlich hervortretenden Überschneidungen des Aspektes der Eigenverantwortlichkeit mit dem der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche sind unschädlich, beide Gesichtspunkte können nebeneinander zur Begründung des Zurechnungsausschlusses herangezogen werden.

VIII. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen des Prozessbetruges Als Ergebnis der Untersuchung zu Fällen von Falschbehauptungen im Zivilprozess kann festgehalten werden, dass der Tatsachenbegriff nicht geeignet ist, die Grenze zwischen strafbarem Prozessbetrug und anderen nicht strafbaren Falschbehauptungen im Zivilprozess abschließend zu ziehen. Voll umfänglich zu lösen ist aus dem Tatsachenbegriff heraus noch die Fallgruppe der falschen Darstellung des entscheidungserheblichen Sachverhaltes. Dort ergibt sich bereits aus der durch § 138 ZPO festgeschriebenen Wahrheitspflicht, dass keine normativen Korrekturen nötig sind, das Vortragen derartiger falscher Tatsachen führt zur Betrugsstrafbar63 64

BAG NJW 1975, 2160 (2160). So auch schon Piech, S. 43 f.

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D. Objektive Zurechnung beim Prozessbetrug

keit. Nicht vollständig erklärbar ist aus dem Tatsachenbegriff heraus hingegen die Fallgruppe der falschen Angaben zur rechtlichen Bewertung. Während es dort zwar noch mit dem Wortlaut vereinbar ist, reine Rechtsbehauptungen als Werturteile und nicht als Tatsachen anzusehen, kann bei der Behauptung von sogenannten Rechtstatsachen wie der Existenz bestimmter Normen oder Gerichtsentscheidungen die Tatsachenqualität nicht geleugnet werden.65 Aus kriminalpolitischer Sicht notwendige66 und vielfach geforderte Einschränkungen können nach heutigem Verständnis auch nicht durch ein Ansetzen bei der Kausalität67 oder beim Vorsatz68 erklärt werden. Notwendig ist hier ein Rückgriff auf die Lehre von der objektiven Zurechnung. Aus den dort entwickelten Untergruppen der Eigenverantwortlichkeit und der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche ergibt sich jeweils, dass bei der Behauptung falscher Rechtstatsachen bezüglich des inländischen Rechtes dem Täter ein Irrtum des Richters objektiv nicht zurechenbar ist.69 Das Vortragen derartiger Falschbehauptungen ist straflos.

65 66 67 68 69

Vgl. dazu Gliederungspunkt D. II. Vgl. dazu Gliederungspunkt D. VI. Vgl. dazu Gliederungspunkt D. III. Vgl. dazu Gliederungspunkt D. IV. Vgl. dazu die Gliederungspunkte D. VII. 1. und D. VII. 2.

E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug Als weiterer Bereich, in dem die Lehre von der objektiven Zurechnung weiterhelfen kann, können Fälle genannt werden, in denen der aufgrund einer Täuschung Verfügende und der Geschädigte nicht dieselbe Person sind. Das Problem derartiger Konstellationen, so wird überwiegend formuliert, liegt in der Frage, ob dem Opfer die Vermögensverfügung eines Dritten wie eine eigene zugerechnet werden kann.1 Dargestellt werden soll daher im Folgenden, nach welchen Kriterien Rechtsprechung und Literatur diese Zurechnungsfrage lösen wollen, gefragt werden soll dann im Anschluss daran, ob es nicht sinnvoll wäre, die Lehre von der objektiven Zurechnung einzubeziehen. Auch hier soll jedoch die Erörterung des Problems damit beginnen, anhand einiger Beispiele zu verdeutlichen, wann derartige Fragen relevant werden. Wie im vorherigen Abschnitt bereits angedeutet wurde, ist dabei unter anderem auch auf den Fall einzugehen, dass ein Richter im Zivilprozess durch ein täuschungsbedingtes Fehlurteil auf das Vermögen des Opfers einwirkt. Daneben kommen jedoch noch viele weitere Konstellationen in Betracht, von denen einige hier exemplarisch dargestellt werden sollen.

I. Häufig diskutierte Fallgruppen Die in Rechtsprechung und Literatur erörterten Fälle können am sinnvollsten anhand der Beziehung des Dritten zu dem Vermögen, über das er verfügt, unterschieden werden. Zum einen ist dort denkbar, dass der Dritte von dem Opfer zuvor rechtsgeschäftlich die Befugnis erhalten hat, über die entsprechende Vermögensposition zu verfügen. Daneben ist auch möglich, dass das Opfer dem Dritten eine Vermögensverfügung zwar nicht gestattet hat, ihm jedoch dadurch Gelegenheit dazu geboten hat, dass es ihm Allein- oder Mitgewahrsam an einer Sache eingeräumt hat. Im Gegensatz zu diesen beiden Konstellationen ist ferner der Fall denkbar, dass der Dritte allein aufgrund der tatsächlichen Zugriffsmöglichkeit über das Vermögen des Opfers verfügt hat, ohne dass ihm eine besondere Stellung zu der Sache vom Opfer eingeräumt worden war. Als vierte, aus diesem Schema herausfallende, Konstellation kann der Fall eines Prozessbetruges genannt werden, die Zugriffsmöglichkeit des Richters auf das Vermögen des Opfers ergibt sich dort aus seiner hoheitlichen Stellung. Zu diesen vier zu unterscheidenden Grundkonstellationen folgen nun einige Beispiele. 1 SK-Hoyer § 263, Rn. 138; Küper, BT, S. 377; LK-Tiedemann § 263, Rn. 114; Roxin / Schünemann JuS 1969, 372 (375); Amelung GA 1977, 1 (14); Backmann, Die Abgrenzung des Betrugs von Diebstahl und Unterschlagung, S. 129; Otto ZStW 79, 59 (80).

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E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug

1. Rechtsgeschäftlich erteilte Verfügungsmacht Als Beispiele für eine rechtsgeschäftlich erteilte Verfügungsmacht können all diejenigen Geschäfte des täglichen Wirtschaftsverkehrs dienen, in denen ein angestellter Verkäufer für den Ladeninhaber tätig wird. Genannt wird in der Literatur insbesondere der Fall, dass ein in einem Schmuckgeschäft Angestellter einen Ring übergibt, ohne zu bemerken, dass der Täter mit Falschgeld bezahlt.2 In derartigen Konstellationen besteht weitgehend Einigkeit, dass dem Opfer die Vermögensverfügung des Dritten als eigene zuzurechnen ist und dass der Täter sich mithin wegen Betruges strafbar gemacht hat.3

2. Tatsächliche Verfügungsmacht durch Einräumung von Gewahrsam Als Beispiel für Verfügungen eines Dritten, der dazu zwar nicht befugt ist, der dazu jedoch durch den vom Opfer eingeräumten Allein- oder Mitgewahrsam eine besonders gute Möglichkeit hat, kann der vom BGH entschiedene Sammelgaragen-Fall4 angeführt werden. Dort ging es um die Verfügung des Pförtners einer Sammelgarage, der von jedem dort untergestellten Fahrzeug einen Ersatzschlüssel aufbewahrte. Der Pförtner hatte dem Täter einen fremden Autoschlüssel ausgehändigt, weil dieser behauptete, die Eigentümerin sei – wie es zuvor schon einige Male tatsächlich der Fall war – auch diesmal mit der Herausgabe einverstanden. Ob eine derartige Vermögensverfügung dem Opfer zurechenbar ist, ist umstritten. Der BGH nahm dies an, da der Pförtner als der Sache am nächsten stehender Mitgewahrsamsinhaber tatsächlich in der Lage war, über das Fahrzeug zu verfügen.5 Ein Großteil der Literatur stimmte dem im Folgenden zu.6 Zum Teil wird eine so weitgehende Zurechnung von Vermögensverfügungen jedoch auch abgelehnt, von einer Selbstschädigung des Opfers könne stattdessen nur gesprochen werden, wenn es dem Dritten tatsächlich erlaubt habe, Vermögensverfügungen vorzunehmen.7

2 Vgl. zu diesem Fall Schünemann GA 1969, 46 (46); Offermann-Buckhart, Vermögensverfügungen Dritter im Betrugstatbestand, S. 30. 3 Vgl. nur LK-Tiedemann § 263, Rn. 113. 4 BGHSt 18, 221 (221 ff.). 5 Vgl. BGHSt 18, 221 (223 f.). 6 LK-Tiedemann § 263, Rn. 116; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 67; Lenckner JZ 1966, 320 (321). 7 Backmann, S. 140 ff.; Joecks, Zur Vermögensverfügung beim Betrug, S. 132.

I. Ha¨ufig diskutierte Fallgruppen

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3. Verfügungen ohne vom Opfer eingeräumte Zugriffsmöglichkeit Keine vom Opfer eingeräumte Zugriffsmöglichkeit liegt dagegen unter anderem dann vor, wenn eine Zimmerwirtin der Behauptung eines Fremden, der Mieter habe ihm die Benutzung eines in seinem Zimmer befindlichen Gegenstandes gestattet, Glauben schenkt und infolgedessen den Gegenstand herausgibt.8 Gleiches gilt auch für den Fall, dass der Täter einem Dritten in einem Wald gelegenes fremdes Holz verkauft, welches der Dritte in dem Glauben abtransportiert, es habe tatsächlich dem Täter gehört.9 In Fällen wie dem letztgenannten entspricht es der einhelligen Meinung, dass ein Diebstahl in mittelbarer Täterschaft, nicht aber ein Betrug begangen wurde, da keinerlei besondere Nähebeziehung des Dritten zu dem Vermögen bestand.10 Auch in Fällen wie der Herausgabe durch die Vermieterin kommt nach ganz überwiegender Literaturansicht nur ein Diebstahl in Betracht.11 Diese Sichtweise dürfte wohl auch der Ansicht des BGH entsprechen, zumal eine Vermieterin grundsätzlich keinen Gewahrsam an den Sachen des Mieters hat.12 Vereinzelt wird hier jedoch auch die Zurechnung der Vermögensverfügung und damit die Annahme eines Betruges bejaht, da der Dritte faktisch eine bessere Eingriffsmöglichkeit als ein Außenstehender gehabt hat.13

4. Verfügungsmacht kraft hoheitlicher Stellung Die Möglichkeit, über fremdes Vermögen zu verfügen, kommt ferner vielen Amtsträgern kraft ihrer hoheitlichen Stellung zu. Aufgegriffen werden soll hier der schon im Rahmen des Prozessbetruges erörterte Fall des Richters im Zivilprozess. In dem vorherigen Kapitel wurde diesbezüglich bereits festgestellt, dass aufgrund der zivilprozessualen Aufgabenverteilung ein Betrug nur dann überhaupt in Betracht kommt, wenn der Täter den von den Streitparteien vorzutragenden Sachverhalt falsch darstellt. Als Beispiel hierfür wurde dort unter anderem der Fall genannt, dass der Täter falsche Beweismittel einbringt, indem er etwa einen gefälschten Schuldschein vorlegt oder einen falsch aussagenden Zeugen benennt.14 Dem Täter objektiv zuzurechnen ist in derartigen Fällen, wie bereits verdeutlicht wurde, der bei dem Richter verursachte Irrtum. Zurückgestellt worden ist an dieser Vgl. zu diesem Fall OLG Stuttgart JZ 1966, 319 (319 f.). Vgl. zu diesem Fall RGSt 25, 244 (244 f.). 10 Samson JA 1978, 564 (567); Offermann-Buckhart, S. 32; Krack / Radtke JuS 1995, 17 (19). 11 Lenckner JZ 1966, 320 (321); LK-Tiedemann § 263, Rn. 116; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 67; Schünemann GA 1969, 46 (51). 12 Zu dem Abstellen der Rechtsprechung auf die Gewahrsamsverhältnisse vgl. BGHSt 18 221 (223); OLG Stuttgart JZ 1966, 319 (320). 13 Vgl. Schröder ZStW 60, 70 (73); Dreher JR 1966, 29 (30); Dreher GA 1969, 56 (60). 14 Vgl. Gliederungspunkt D. I. 1. 8 9

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E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug

Stelle noch die Frage, ob die Handlung des Richters als eine dem Opfer zurechenbare Vermögensverfügung anzusehen ist. Auf diese Frage soll dieses Kapitel eine Antwort geben. Ganz überwiegend wird in Fällen des Prozessbetruges eine dem Opfer zurechenbare Vermögensverfügung angenommen, da der Richter kraft seiner hoheitlichen Stellung zu dem Eingriff befugt ist.15 Früher wurde diese Konstruktion indes vielfach abgelehnt, da der Richter nicht über Vermögen verfüge, sondern darauf kraft seiner hoheitlichen Stellung zugreife.16 Bedenken, ob sich die Zurechnung der Handlung des Richters zum Opfer begründen lässt, halten sich ferner bis in die heutige Zeit.17 Vereinzelt wird dabei die Möglichkeit eines Prozessbetruges auch heute noch abgelehnt, da der Richter weder für den Täter noch für das Opfer tätig werde und dem Opfer mithin dessen Handlungen nicht als eigene zugerechnet werden könnten.18

II. Ansatzpunkt Zurechnung der Vermögensverfügung Wie bereits angedeutet, wird das Problem derartiger Konstellationen darin gesehen, ob dem Opfer die Vermögensverfügung des Dritten wie eine eigene Verfügung zugerechnet werden kann.19 Dass dies nicht bei jeder fremden Verfügung der Fall ist, ergibt sich dabei schon daraus, dass der Betrugstatbestand den Schutz vor irrtumsbedingten Selbstschädigungen, nicht aber vor reinen Fremdschädigungen bezweckt.20 Wie genau jedoch das Verhältnis des Opfers zu dem verfügenden Dritten aussehen muss, ist umstritten.

1. Die Lagertheorie Rechtsprechung und der überwiegende Teil der Literatur bestimmen anhand der sogenannten Lagertheorie, ob dem Opfer die Verfügung zuzurechnen ist, der Dritte muss danach bildlich gesprochen „im Lager“ des Geschädigten stehen.21 Erkennbar sind innerhalb dieser sogenannten Lagertheorie wiederum zwei unterschiedliche Strömungen. Der BGH und ein ihm folgender Teil der Literatur ziehen die 15 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 69; Küper, BT, S. 377; SK-Hoyer § 263, Rn. 148; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 50. 16 Vgl. Grünhut JW 1925, 1498 (1498); Grünhut JW 1927, 906 (906); Hamm DJZ 1908, 1020 (1021). 17 vgl. Fahl Jura 1996, 74 (78); Lampe ZStW 77, 262 (264 f.); Hartmann, S. 60 ff. 18 Piech, S. 193 f. 19 SK-Hoyer § 263, Rn. 138; Küper, BT, S. 377; LK-Tiedemann § 263, Rn. 114; Roxin / Schünemann JuS 1969, 372 (375); Amelung GA 1977, 1 (14); Backmann, S. 129; Otto ZStW 79, 59 (80). 20 LK-Tiedemann § 263, Rn. 114; SK-Hoyer § 263, Rn. 138. 21 Vgl. LK Tiedemann § 263, Rn. 116; Lenckner JZ 1966, 320 (321); BGHSt 18, 221 (221 ff.).

II. Ansatzpunkt Zurechnung der Vermo¨gensverfu¨gung

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Grenze, ab der jemand „im Lager“ des Opfers steht, anhand der Gewahrsamsverhältnisse. Dem Opfer zurechenbar ist danach ein Verhalten eines Dritten, dem es zuvor Allein- oder zumindest Mitgewahrsam eingeräumt hat, nicht jedoch die Handlung eines bloßen Gewahrsamsdieners.22 Legt man diese Sichtweise zugrunde, so könnte zwar der Pförtner der Sammelgarage aus dem zweiten Beispielsfall, nicht jedoch die Vermieterin aus dem nachfolgenden Beispiel als „im Lager des Opfers stehend“ angesehen werden. Zum Teil wird innerhalb der Literatur jedoch auch dafür plädiert, die Grenze, bis wann jemand im Lager des Geschädigten steht, erheblich weiter zu fassen. Eine besonders gute Zugriffsmöglichkeit auf das Opfervermögen komme schließlich neben den Gewahrsamsinhabern auch anderen der Sache faktisch nahe stehenden Personen, wie etwa Gewahrsamsdienern, zu.23 Zuzurechnen wäre bei dieser Sichtweise etwa auch die Verfügung der Vermieterin, ausscheiden würden lediglich Fälle ohne jede Nähebeziehung, wie etwa bei dem Verkauf von fremdem Holz im Wald. 2. Die Befugnistheorie Ein Teil der Literatur vertritt demgegenüber einen erheblich engeren Ansatz. Entscheidend sein soll danach nicht, in wessen Lager der verfügende Dritte steht, sondern ob er zu Verfügungen rechtlich befugt war.24 Wann dies im einzelnen anzunehmen sein soll, wird von Vertretern dieses Ansatzes wiederum unterschiedlich beurteilt.25 Weitgehende Einigkeit besteht noch darin, dass objektiv irgendeine Art von Verfügungsbefugnis vorliegen muss, ein rein subjektives „Sich-befugt-Fühlen“ des Dritten soll nicht ausreichen, um dem Opfer dessen Verfügung zuzurechnen.26 Einigkeit besteht ferner, dass eine solche Verfügungsbefugnis dem Dritten entweder rechtsgeschäftlich erteilt worden sein kann oder dass sie sich aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben kann.27 Welche genauen Anforderungen im einzelnen an die Befugnis zu stellen sind, ist jedoch umstritten. Während Backmann nur eine Befugnis zur Eigentumsübertragung genügen lässt,28 hält etwa Schünemann es für ausreichend, wenn der Dritte sich aufgrund einer Art Duldungsvollmacht zur Gewahrsamsübertragung befugt fühlen darf.29 Dementsprechend unterschiedlich 22 Vgl. BGHST 18, 221 (223); OLG Stuttgart JZ 1966, 319 (320); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 67. 23 Vgl. Schröder ZStW 60, 70 (73 ff.); Dreher JR 1966, 29 (30); Dreher GA 1969, 56 (60); Lenckner JZ 1966, 320 (321). 24 Otto ZStW 79, 59 (84 f.); Roxin / Schünemann JuS 1969, 372 (375); Schünemann GA 1969, 46 (53 f.); Amelung GA 1977, 1 (14 f.); Samson JA 1978, 564 (565 f.); Joecks, S. 131 ff.; Haas GA 1990, 201 (204 ff.). 25 Zu einer ausführlichen Darstellung aller diesbezüglichen Einzelansichten vgl. Offermann-Buckhart, S. 45 ff. 26 NK-Kindhäuser § 263, Rn. 217; SK-Hoyer § 263, Rn. 150. 27 SK-Hoyer § 263, Rn. 148; 28 Backmann, S. 127 ff.

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E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug

sind die dadurch erzielten Ergebnisse. Während Einigkeit noch darüber besteht, dass eine Verkäuferin30 – wie die des ersten Beispielsfalles – und ein Richter31 – wie in dem vierten Beispielsfall – die nötige Befugnis haben, kommen in dem Sammelgaragen-Fall die einen zur Annahme eines Betruges, da die Eigentümerin den Pförtner in früheren Fällen um die Herausgabe des Schlüssels an den Täter gebeten hatte,32 während andere Autoren keine dafür ausreichende Befugnis annehmen.33 Auch in dem Fall der Herausgabe der Sache durch eine Vermieterin wird dementsprechend zum Teil ein Betrug angenommen, da die Vermieterin, obwohl sie keinen Gewahrsam an den Sachen hatte, davon ausgehen konnte, sie sei zumindest bei einem freundschaftlichen Verhältnis zu der Mieterin zu einem derartigen Verhalten befugt,34 während andere Autoren keine Anhaltspunkte für eine derartige Befugnis sehen.35 3. Diskussion über die vorgeschlagenen Zurechnungskriterien Ob diese beiden Theorien geeignet sind, den Zurechnungszusammenhang zwischen der Verfügung des Dritten und dem geschädigten Opfer richtig zu beschreiben, soll nun untersucht werden. Gegen ein Abstellen auf die sogenannte Lagertheorie spricht zunächst, dass der Begriff des Lagers für sich genommen schwammig und wenig aussagekräftig ist.36 Eine Konkretisierung scheint zwar zunächst durch ein Abstellen auf die Gewahrsamsverhältnisse möglich zu sein, jedoch verschiebt sich dadurch das Problem letztlich nur zu der Frage, ob Gewahrsam vorliegt oder nicht.37 Geht man dort von der einzig sicheren Begriffsbestimmung, einer Ankopplung des Gewahrsamsbegriffes an den zivilrechtlichen Besitz aus, so lassen sich ferner einige Konstellationen nicht angemessen lösen: Es hat grundsätzlich nicht einmal der in einem Laden angestellte Verkäufer Besitz und damit Gewahrsam an den darin befindlichen Gegenständen, ein Betrug schiede mithin in dem erstgenannten Beispielsfall aus; ein Ergebnis, was nach einhelliger Meinung unbillig wäre.38 Ferner vermag die Lagertheorie auch Fälle des Prozessbetruges Schünemann GA 1969, 46 (55). Backmann, S. 135; Schünemann GA 1969, 46 (55). 31 SK-Hoyer § 263, Rn. 143; Offermann-Buckhart, S. 32; Amelung GA 1977, 1 (15). 32 Otto ZStW 79, 59 (81); Schünemann GA 1969, 46 (55). 33 Joecks, S. 132; Backmann sieht ausgehend von der Befugnistheorie in diesem Fall sogar weder Betrug noch Diebtstahl als gegeben an, vielmehr liege nur eine Unterschlagung vor, vgl. Backmann S. 156 ff. 34 Otto ZStW 79, 59 (82). 35 Schünemann GA 1969, 46 (55). 36 So auch Samson JA 1978, 564 (567). 37 Wann Gewahrsam vorliegt, wird in diesem Zusammenhang wiederum höchst unterschiedlich beurteilt. Während etwa Schünemann auf zivilrechtliche Regelungen abstellt, vgl Schünemann GA 69, 46 (53) sprechen sich andere für einen davon unabhängigen Gewahrsamsbegriff aus, vgl. Dreher GA 1969, 56 (57); Gribbohm JuS 1964, 233 (234). 29 30

II. Ansatzpunkt Zurechnung der Vermo¨gensverfu¨gung

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nicht angemessen zu erklären. Der Richter kann dort nicht als im Lager des Opfers stehend bezeichnet werden, richtigerweise steht der Richter weder im Lager des Täters noch des Opfers, er ist ihnen vielmehr neutral zwischengeschaltet. 39 Auch die Befugnistheorie vermag jedoch im Ergebnis nicht zu überzeugen. Auch sie ist in einigen – wenn auch andersgelagerten – Konstellationen zu eng.40 So ist etwa bei ihrer konsequenten Anwendung auch in dem vom BGH entschiedenen Sammelgaragen-Fall keine Befugnis und damit kein Betrug gegeben.41 Um dieses auch von vielen Vertretern der Befugnistheorie als unbillig empfundene Ergebnis zu vermeiden, werden zum Teil weit ins Zivilrecht reichende Begründungen etwaiger Befugnisse konstruiert, beispielsweise indem auf die dort entwickelten Rechtsinstitute der Anscheins- und Duldungsvollmacht abgestellt wird.42 Dies erscheint zweifelhaft. Selbst wenn man anerkennt, dass eine völlige Befreiung des Strafrechts von zivilrechtlichen Wertungen à la Bruns43 nicht möglich ist, so steigen diese Begründungen doch erheblich zu weit ins Zivilrecht ein. Dies zeigt sich zum einen darin, dass die angesprochenen Rechtsinstitute der Anscheins- und Duldungsvollmacht dort keineswegs unumstritten sind,44 man müsste also, um zu einer fundierten Lösung zu gelangen, zivilrechtliche Streitfragen erörtern. Ferner haben sowohl die Anscheins- als auch die Duldungsvollmacht eine Schutzrichtung, die geradezu konträr zu Fällen der vorliegenden Art ist: Beide Rechtsinstitute bezwecken den Schutz gutgläubiger Geschäftgegner bei einem von dem Opfer zumindest fahrlässig verursachten Rechtsschein. Voraussetzung ist dementsprechend in jedem Fall die Gutgläubigkeit des Geschäftsgegners45 – ein Umstand, der bei Täuschungen durch den Täter gerade nicht vorliegt, da der Täter in derartigen Fällen stets weiß, dass das Täuschungsopfer tatsächlich nicht zur Herausgabe der begehrten Sachen an ihn befugt ist, sondern dies nur irrtümlich annimmt.46 Anders als in Fällen, für die die Rechtsinstitute der Anscheins- und Duldungsvollmacht entwickelt wurden, ist der Täter hier nicht der unwissende Geschäftsgegner, der auf Grund seiner Informationsdefizite bezüglich des Innenverhältnisses zwischen Vertreter und Vertretenem auf die Richtigkeit der Angaben seines Gegenübers vertrauen muss; er ist stattdessen derjenige, der die tatsächliche Lage in vollem 38 Dass bei Handlungen eines dazu Bevollmächtigten ein Betrug angenommen werden muss, ist einhellig anerkannt, vgl. LK-Tiedemann § 263, Rn. 116; Küper, BT, S. 377; Offermann-Buckhart, S. 31. 39 Ähnlich auch Fahl Jura 1996, 74 (77 f.); Piech, S. 190. 40 So auch LK-Tiedemann § 263, Rn. 116; Offermann-Buckhart, S. 99. 41 Vgl. zu diesem Ergebnis Joecks, S. 132. 42 Vgl. Schünemann GA 1969, 46 (55); Roxin / Schünemann JuS 1969, 372 (375); ähnlich auch Otto ZStW 79, 59 (81). 43 Vgl. Bruns, Die Befreiung des Strafrechts von zivilistischem Denken, S. 233 ff. 44 Vgl. dazu nur die Ausführungen von Palandt-Heinrichs § 173, Rn. 9 ff. 45 Palandt-Heinrichs § 173, Rn. 11, 14. 46 So auch Offermann-Buckhart, S. 102 f.

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E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug

Umfang überblickt, da er allein weiß, dass er in Wirklichkeit keine Berechtigung zum Empfang der Leistungen des Dritten hat. Festgehalten werden kann somit, dass weder die Lager- noch die Befugnistheorie geeignet ist, den Zurechnungszusammenhang zwischen der Vermögensverfügung des Dritten und dem geschädigten Opfer richtig zu erklären, beide Ansätze stoßen vielmehr in einigen Fallgruppen an ihre Grenzen. Untersucht werden soll daher im Folgenden, ob nicht aus dem System der Lehre von der objektiven Zurechnung heraus besser erklärbar wäre, wann dem Opfer eine Vermögensverfügung eines Dritten zurechenbar ist.

III. Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung Bereits im Vorfeld der Untersuchung, ob eine Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung in Fällen des Dreiecksbetruges sinnvoll ist, kann gesagt werden, dass es sich hier anders als in den bereits besprochenen Bereichen nicht um einen typischen Anwendungsfall dieser Lehre handelt, da anders als bisher hier nicht die Zurechnung eines deliktischen Erfolges zum Täter, sondern einer von einem anderen getätigten Vermögensverfügung zum Opfer in Rede steht. Gleichwohl erscheint es zumindest erwägenswert, ob nicht die Heranziehung einiger der vielen im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten Gesichtspunkte hier weiterhelfen könnte. Einen in diese Richtung gehenden Vorschlag liefert Rengier, dieser soll im Folgenden dargestellt und erörtert werden.

1. Der Vorschlag Rengiers Rengier spricht sich dafür aus, der Konstellation des Dreiecksbetrugs mit Hilfe der Lehre von der objektiven Zurechnung ein weiteres „dogmatisches Fundament“ zu geben.47 Um dies zu erreichen, stellt er die Frage, inwieweit sich die unerlaubte Gefahr, die der Täter durch seine Täuschung geschaffen hat, auch dann noch als Selbstschädigung des Opfers realisiert, wenn ein Dritter über das Vermögen des Geschädigten verfügt.48 Von einer Selbstschädigung des Opfers kann seiner Meinung nach nur die Rede sein, wenn der Dritte sich auf der „Innenseite“ befindet. Ob dies der Fall ist, will er anhand des im Rahmen der objektiven Zurechnung bekannten Gesichtspunktes der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche bestimmen.49 Entscheidend ist seiner Meinung nach danach, ob das Opfer sein Vermögen bewusst der Gefahr ausgesetzt hat, dass Dritte darüber verfügen können, 47 48 49

Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (824). Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (825). Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (825).

III. Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung

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dies sieht er beispielsweise bei einer eine Sache des Mieters herausgebenden Vermieterin zumindest dann als gegeben an, wenn diese schon öfter in Herausgabeakte des Mieters eingeschaltet war.50 Hingegen sei dem Mieter die Verfügung nicht zurechenbar, wenn er der Vermieterin ein solches Verhalten strikt verboten habe, da die Verfügung dann außerhalb des Verantwortungsbereiches des Mieters liege.51 Ob dieser Sichtweise zuzustimmen ist, soll im Folgenden untersucht werden.

2. Diskussion über die Einbeziehung von Kriterien der objektiven Zurechnung Festgestellt werden kann zunächst, dass Rengier selber seinen Vorschlag für „noch erweiterungsfähig und ergänzungsbedürftig“ hält.52 So wird dann auch im Anschluss, sofern sich eine Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung nicht als gänzlich ungeeignet erweist, eine genauere Anpassung an die allgemein im Rahmen dieser Lehre bestehenden Vorgaben erfolgen müssen. Für eine Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung spricht, dass zuvor bereits festgestellt wurde, dass weder die Befugnis- noch die Lagertheorie in allen Fällen einsichtig erklären können, warum ein Zurechnungszusammenhang besteht oder nicht.53 Ausgehend davon ergibt sich durchaus das Bedürfnis, der Konstellation des Dreiecksbetrugs ein anderes – wie Rengier es formuliert – „dogmatisches Fundament“ zu geben. Die Lehre von der objektiven Zurechnung drängt sich dabei schon deshalb als geeigneter Rahmen dafür auf, weil es sich um eine Zurechnungsfrage handelt. Allerdings, so ist zuzugestehen, geht es hier nicht um eine Zurechnung in dem dieser Lehre eigentlich eigenen Sinne, es steht hier – wie bereits angedeutet – nicht die Frage einer Zurechnung eines deliktischen Erfolges zum Täter im Raum, sondern es geht vielmehr darum, ob dem Opfer eine Vermögensverfügung eines Dritten als eigene zugerechnet werden kann. Rengier versucht dies zwar zunächst dadurch zu überspielen, dass er fragt, ob dem Täter der Erfolg „als Selbstschädigung des Opfers“ zurechenbar ist,54 letztlich erkennt auch er jedoch an, dass es um die Zurechnung der Verfügung zum Opfer geht.55 Dass es hier also um eine etwas anders geartete Zurechnungsfrage geht, spricht jedoch nicht generell gegen die Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung. Sie kann demgegenüber vielmehr auch für Zurechnungsfragen der vorliegenden Art sinnvolle Erkenntnisse beisteuern. Festgehalten werden kann somit, dass keine grundlegenden Bedenken gegen eine Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung in Fällen des Dreiecksbetruges bestehen. Aus diesem Grunde soll im Folgenden 50 51 52 53 54 55

Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (825). Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (826). Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (825). Vgl. dazu Gliederungspukt E. II. 3. Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (825). Rengier, Roxin-Festschrift, 811 (826).

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E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug

untersucht werden, welche Rückschlüsse sich aus den Grundsätzen dieser Lehre für Fälle des Auseinanderfallens von Getäuschtem und Geschädigtem ziehen lassen.

IV. Entwicklung von Kriterien Wie Rengier bereits angedeutet hat, kann bei der Frage, ob in Dreieckskonstellationen dem Opfer die Vermögensverfügung eines Dritten zugerechnet werden kann, relevant sein, ob das Opfer sich dieser Gefahr bewusst ausgesetzt hat. Dieser Aspekt kann unter dem Stichwort der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung weiterverfolgt werden. Daneben ist es ferner möglich, dass sich aus sonstigen normativen Erwägungen ergibt, dass dem Opfer die Vermögensverfügung eines Dritten als eigene zurechenbar ist. Darauf kann unter dem Topos der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche näher eingegangen werden. Beide Gesichtspunkte wurden bereits in vorherigen Abschnitten ausführlich dargestellt.56 Hier sollen deshalb nur diejenigen dort in allgemeiner Form entwickelten Gesichtspunkte angeführt werden, die für Fälle der vorliegenden Art von Bedeutung sein können.

1. Eigenverantwortliche Selbstgefährdung Im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung gehen Rechtsprechung und Lehre übereinstimmend davon aus, dass ein Erfolg alleine dem Opfer selber zuzurechnen ist, wenn sich ein von diesem bewusst eingegangenes Risiko realisiert.57 Entscheidend dafür, ob dies angenommen werden kann, ist demnach jedoch nicht, dass das Opfer alles bis ins letzte Detail vorhersieht, ausreichend ist vielmehr, wenn ihm die die Gefahr begründenden wesentlichen Umstände bekannt sind.58 Ausgehend davon ergibt sich für das Problem von Verfügungen Dritter folgendes: In Fällen, in denen das Opfer einem Dritten eine Verfügungsbefugnis erteilt hat, ist dem Opfer bewusst, dass dem Dritten bei anschließenden Verfügungen auch Fehler unterlaufen können. Ein Ladeninhaber beispielsweise bezieht in seine Kalkulation vernünftigerweise ein, dass es von Zeit zu Zeit zu Schäden durch die Annahme von Falschgeld durch seine Verkäufer kommen kann. Dieser Umstand führt im täglichen Wirtschaftsverkehr nun jedoch üblicherweise nicht dazu, dass der Geschäftsinhaber darauf besteht, jede Vermögensverfügung selber vorzunehmen – dies wäre im übrigen auch sinnlos, da ihm ein Irrtum über die Echtheit des vorgelegten Geldes ja in gleicher Weise unterlaufen könnte –, vielmehr nimmt ein Ladeninhaber dieses Risiko bewusst in Kauf, es wird aufgewogen durch die vielen Vgl. insbesondere die Gliederungspunkte A. I. 7. a) und b). Zu einer ausführlichen Darstellung des Gesichtspunktes der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. a). 58 Vgl. BGH NStZ 1985, 25 (26); BGH NStZ 2001, 205 (206) = BGH JR 2001, 246 (248). 56 57

IV. Entwicklung von Kriterien

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Vorteile, die es mit sich bringt, bestimmte Aufgaben auf Angestellte übertragen zu können. Hat also jemand einem Dritten die Verfügungsbefugnis über das eigene Vermögen übertragen, so geht er damit bewusst das Risiko ein, dass der Dritte irrtumsbedingt eine unvorteilhafte Verfügung vornimmt. Das Opfer setzt sich also in diesem Fall bewusst der Gefahr aus, ihm allein ist die Vermögensverfügung daher zurechenbar. Ähnliches gilt für Fälle, in denen das Opfer dem Dritten Allein- oder Mitgewahrsam übertragen hat. Hier entspricht es zwar nicht dem Willen des Opfers, dass der Dritte über den Gegenstand verfügt, gleichwohl ist ihm bewusst, dass die Gefahr besteht. Jeder Eigentümer einer Sache wird sich dementsprechend vernünftigerweise fragen, ob der Dritte ihm vertrauenerweckend genug erscheint, bevor er ihm Gewahrsam überträgt. Der Gewahrsam Übertragende ist sich bewusst, dass er die Sache mit dieser Verhaltensweise bestimmten Gefahren aussetzt. Auch in derartigen Konstellationen hat sich das Opfer somit selbst gefährdet, so dass ihm allein die Vermögensverfügung zurechenbar ist. Die Ausführungen zu Fällen der Gewahrsamsübertragung müssen jedoch in gleichem Maße für Personen gelten, die – einen an das Zivilrecht gekoppelten Gewahrsamsbegriff zugrundegelegt – als bloße Gewahrsamsdiener erscheinen würden. Auch die Übergabe einer Sache an einen Boten birgt die Gefahr, dass dieser über den Gegenstand verfügt, auch hier ist dies dem Opfer bewusst. Allein darauf und nicht etwa auf die Frage, welchen Gewahrsamsbegriff man zugrundelegt, kommt es in derartigen Fällen an. Auch hier hat sich das Opfer bewusst der Gefahr ausgesetzt, so dass nur ihm die Vermögensverfügung zuzurechnen ist. Anders zu beurteilen sind hingegen Fälle, in denen das Opfer dem Dritten keine besondere Zugriffsmöglichkeit eingeräumt hat. Zwar begründet etwa auch im Fall der Herausgabe von Sachen durch die Vermieterin das Opfer eine Gefahr, indem es sich aus der Wohnung entfernt und die dort befindlichen Gegenstände somit nicht mehr beaufsichtigen kann; es handelt sich dabei jedoch im Gegensatz zu den bis hierhin besprochenen Konstellationen nur um die allgemeine, stets bestehende Gefahr eines Zugriffs von außen, die auch in jedem anderen Fall der Gewahrsamslockerung besteht, etwa wenn jemand sein Fahrrad abstellt und sich entfernt. Das Eingehen einer derartigen Gefahr rechtfertigt es nicht, dem Opfer „Vermögensverfügungen“ eines Dritten als eigene zuzurechnen. Auch in Fällen von Vermögensverfügungen kraft einer hoheitlichen Stellung lässt sich aus dem Grundsatz der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung keine Zurechnung der Vermögensverfügung zum Opfer herleiten. Natürlich ist zwar auch beispielsweise bei einem Zivilprozess dem Opfer bewusst, dass die Gefahr einer Verfügung des Richters über sein Vermögen besteht, das Opfer kann sich hier der Gefahr jedoch nicht entziehen: Entweder es wurde mit einer Klage überzogen, obwohl tatsächlich kein Ansprüche begründender Sachverhalt vorlag, oder es wurde selber zur Klage genötigt, weil tatsächlich gegebene Ansprüche nicht anerkannt wurden. In beiden Fällen ist sich das Opfer zwar der Gefahr bewusst, es hat sich ihr jedoch nicht freiwillig und damit nicht eigenverantwortlich ausgesetzt. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich aus dem Gesichtspunkt der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung ergibt, dass dem Opfer Vermögensverfügungen Dritter zugerechnet werden können, sofern das Opfer dem Dritten entweder die Befug-

156

E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug

nis zu Verfügungen erteilt oder ihm – sei es durch Gewahrsamsübertragung oder eine sonstige Übergabe der Sache – eine besonders gute Zugriffsmöglichkeit eingeräumt hat. In allen anderen Konstellationen lässt sich unter Berücksichtigung der allgemein im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten Grundsätze zur eigenverantwortlichen Selbstgefährdung keine Zurechnung fremder Vermögensverfügungen zum Opfer begründen.

2. Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche Dies bedeutet jedoch noch nicht, dass in den anderen Konstellationen eine Zurechnung zum Opfer ausscheidet, vielmehr ist nun zu erörtern, ob sich aus dem Topos der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche eine weitergehende Zurechnung ergibt. Grundsätzlich ist ein Erfolg danach auch dann nur dem Opfer zurechenbar, wenn es aus normativen Gründen als allein verantwortlich dafür anzusehen ist.59 Darüber, wann dies im Einzelnen der Fall ist, liegen zur Zeit zwar noch keine gesicherten Erkenntnisse vor;60 als Indizien können jedoch unter anderem Zuweisungen durch gesetzliche Regelungen angesehen werden.61 Im einzelnen ergibt sich daraus folgendes: In Fällen, in denen das Opfer dem Dritten keinerlei bessere Zugriffsmöglichkeit eingeräumt hat, sind keine normativen Gründe ersichtlich, die dafür sprechen, dem Opfer die Verantwortung für die Verfügung des Dritten zuzuschreiben. Das Opfer ist in diesem Falle in keiner Weise gefahrerhöhend tätig geworden, es hat es einzig und allein unterlassen, sein Vermögen besser gegen Zugriffe von außen zu schützen. Verfügungen von Personen, denen das Opfer keine besondere Zugriffsmöglichkeit eingeräumt hat, können ihm somit nicht als eigene zugerechnet werden, der Täter hat in diesem Fall einen Diebstahl in mittelbarer Täterschaft, nicht aber einen Betrug begangen. Schwieriger zu beurteilen sind hingegen Fälle, in denen der Dritte kraft seiner hoheitlichen Stellung über das Vermögen des Opfers verfügt. Auch dort ist kein Verhalten des Opfers ersichtlich, welches es rechtfertigt, ihm allein die Verantwortung für die Verfügung zu übertragen, in einen Zivilprozess kann es beispielsweise, wie bereits dargestellt, völlig unverschuldet verstrickt worden sein. Gleichwohl sind Verfügungen eines Hoheitsträgers dem Verantwortungsbereich desjenigen zuzuordnen, über dessen Vermögen der Hoheitsträger verfügt. Dies ergibt sich aus den gesetzlichen Regelungen, die Hoheitsträgern die Möglichkeit dazu einräumen. Kraft Gesetzes ist zum Beispiel der Richter ermächtigt, vollstreckbare Titel gegen das Opfer auszustellen. Tut er dies, so ist sein Verhalten nicht als eine Einwirkung von außen anzusehen, die Handlung des Richters ist vielmehr durch gesetzliche Bestimmungen dem Verantwortungsbereich des Opfers zugewiesen. Aus der durch Gesetze 59 Zu einer ausführlichen Darstellung des Topos der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche siehe Gliederungspunkt A. I. 7. b). 60 Roxin, AT I, § 11, Rn. 138. 61 Vgl. dazu schon Gliederungspunkt D. VII. 2.

V. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fa¨llen des Dreiecksbetruges

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vorgenommenen Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche ergibt sich somit, dass Verfügungen von Hoheitsträgern kraft der ihnen eingeräumten Befugnisse dem Opfer als eigene Vermögensverfügung zuzurechnen sind. Insgesamt ergibt die Anwendung der im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung allgemein entwickelten Vorgaben auf das Problem des Dreiecksbetrugs somit, dass dem Opfer Verfügungen dazu Befugter oder vom Opfer anders mit besonderen Zugriffsmöglichkeiten ausgestatteter Personen aufgrund der von ihm dadurch vorgenommenen eigenverantwortlichen Selbstgefährdung zuzurechnen sind. Daneben ergibt sich aus der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche, dass auch Verfügungen von dazu durch Gesetz befugten Hoheitsträgern dem Opfer als eigene zuzurechnen sind.

V. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen des Dreiecksbetruges Die Untersuchungen zu Fällen des sogenannten Dreiecksbetrugs haben ergeben, dass weder die Lager- noch die Befugnistheorie geeignet sind, den Zurechnungszusammenhang zwischen der von einem Dritten vorgenommenen Vermögensverfügung und dem Opfer richtig zu beschreiben, beide Theorien versagen stattdessen bei der Erklärung einiger in diesem Rahmen vorkommender Konstellationen.62 Weiterhelfen kann in diesem Zusammenhang ein Rückgriff auf die Lehre von der objektiven Zurechnung. Ein dahingehender Vorschlag Rengiers hat sich dabei als grundsätzlich richtig erwiesen.63 Die weitere Ausarbeitung dieses Ansatzes führte in Fällen des Dreiecksbetrugs zu folgenden Ergebnissen: Hat das Opfer dem verfügenden Dritten die Befugnis zu Verfügungen erteilt oder hat es ihm entweder durch Einräumung von Gewahrsam oder auf sonstige Weise eine besonders gute Zugriffsmöglichkeit bezüglich des Vermögenswertes eingeräumt, so ergibt sich aus den Grundsätzen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung, dass dem Opfer die Vermögensverfügung des Dritten zurechenbar ist.64 Kommt dem Dritten dagegen kraft seiner hoheitlichen Stellung eine Verfügungsbefugnis zu, so ergibt eine Abgrenzung der verschiedenen Verantwortungsbereiche, dass dem Opfer die Vermögensverfügung zurechenbar ist.65 Nicht zugerechnet werden kann dem Opfer dagegen, wenn der Dritte nur zufällig die Gelegenheit hatte, auf das Vermögen des Opfers zuzugreifen, ohne dass das Opfer ihm eine besondere Möglichkeit dazu eingeräumt hat. In diesen Fällen ist die Einwirkung des Dritten als von außen kommender Eingriff zu werten, der Täter hat einen Diebstahl in mittelbarer Täterschaft begangen.66 Die so durch einen Rückgriff auf die allgemein im Rahmen der 62 63 64 65 66

Vgl. dazu Gliederungspunkt E. II. Vgl. dazu Gliederungspunkt E. III. Vgl. dazu Gliederungspunkt E. IV. 1. Vgl. dazu Gliederungspunkt E. IV. 2. Vgl. dazu Gliederungspunkt E. IV. 1. und 2.

158

E. Objektive Zurechnung beim Dreiecksbetrug

Lehre von der objektiven Zurechnung geltenden Grundsätze entwickelten Ergebnisse unterscheiden sich dabei kaum von denen der herrschenden Meinung, der Vorteil dieses Ansatzes liegt jedoch in einer besseren Begründung dieser Ergebnisse.

F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialadäquater Täuschungen“ Sinnvolle Gesichtspunkte beisteuern kann die Lehre von der objektiven Zurechnung auch im Bereich sogenannter „sozialadäquater Täuschungen“. Zu erörtern sind in diesem Rahmen Fälle, in denen nach nahezu einhelliger Meinung aufgrund der Verkehrsüblichkeit der vom Täter vorgenommenen Verhaltensweise eine Betrugsstrafbarkeit ausscheiden muss. Verdeutlicht werden soll die Diskussion auch hier zunächst anhand einiger Beispielsfälle. Anschließend wird dann zu fragen sein, wie Einschränkungen des Betrugstatbestandes in derartigen Fällen dogmatisch zu begründen sind.

I. Häufig diskutierte Fallgruppen Das Spektrum derartiger Fälle ist weit gefächert, in nahezu allen Bereichen des Wirtschaftslebens sind verkehrsübliche Verhaltensweisen denkbar, die begrifflich problemlos unter den Betrugsstraftatbestand subsumiert werden könnten. Genannt werden können im Einzelnen zunächst einige Fälle aus dem Bereich der Produktwerbung. Daneben haben sich etwa auch innerhalb von Kaufverhandlungen eine Vielzahl von Floskeln herausgebildet, die hier als Beispiele herhalten können.

1. Werbeanpreisungen Im Rahmen der Produktwerbung finden sich viele übertriebene Werbeaussagen, die Palette reicht dort von Behauptungen, es handele sich um die „meistgelesene Illustrierte“, über die Einordnung des eigenen Produktes als das am „weißesten waschende Weißwaschmittel“1 bis zu sehr fundierten Angaben, wie der angeblich auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden Behauptung, eine Creme bewirke eine Haarverdoppelung oder lasse den Anwender in fünf Minuten um zehn Jahre jünger aussehen.2 In den ersten beiden Beispielen entspricht es der einhelligen Meinung, dass eine Betrugsstrafbarkeit unangebracht wäre,3 in dem letztgenannten Fall hingegen wird überwiegend eine Betrugsstrafbarkeit angenommen.4 Zu diesen Beispielen vgl. nur Mitsch, BT 2, § 7, Rn. 18; SK-Hoyer § 263, Rn. 18. Zu diesem Fall siehe BGHSt 34, 199 (199 ff.). 3 BGH wistra 1992, 255 (256); Hirsch ZStW 74, 78 (130); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 9; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 8. 1 2

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F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

2. Floskeln bei Kaufverhandlungen Bei Kaufverhandlungen haben sich mit der Zeit eine Vielzahl wohlbekannter Verhandlungstricks herausgebildet. Als Beispiel dafür können etwa die Behauptungen eines Verkäufers dienen, ein anderer Interessent biete einen höheren Kaufpreis oder er habe eigentlich gar kein Interesse an dem Abschluss des Geschäftes.5 Ferner kann auch die Behauptung eines besonders geschäftstüchtigen Verkäufers in einem Warenhaus angeführt werden, der angibt, im Lager seien auf Grund des Käuferansturmes von einem Produkt nur noch wenige Exemplare vorhanden.6 In der Literatur besteht in derartigen Fällen – soweit sie überhaupt für erörterungswürdig gehalten werden – Einigkeit, dass eine Betrugsstrafbarkeit nicht angebracht wäre, zur Begründung wird angeführt, in engen Grenzen müsse im Geschäftsleben auch ein Bluff erlaubt sein.7 Diese Sichtweise dürfte auch der diesbezüglichen Ansicht der Justiz entsprechen, obwohl derartige Fälle wohl täglich vorkommen, ist es bislang – soweit ersichtlich – nie zu Anklagen gekommen.

II. Ansatzpunkt Täuschungshandlung Unterschiedlich beurteilt wird, aus welchem Tatbestandsmerkmal hervorgehen soll, dass einige der soeben vorgestellten Verhaltensweisen straflos sind. Ein großer Teil der diesbezüglichen Vorschläge spricht sich dabei schon für ein Ansetzen bei dem Täuschungsbegriff aus. Die dort ansetzenden Vorschläge werden im Folgenden aufgegriffen, zunächst erfolgt zur Verdeutlichung jedoch eine kurze Darstellung der grundsätzlich üblichen Täuschungsdefinition.

1. Zugrundelegung der gängigen Täuschungsdefinition Überwiegend wird eine Täuschung verstanden als Einwirken auf das Vorstellungsbild einer Person, durch die eine Fehlvorstellung über die Realität erregt werden kann.8 Besondere Anforderungen an die Art der Einwirkung existieren nicht, sie kann vielmehr durch jedes Verhalten erfolgen, das einen Erklärungswert hinsichtlich von Tatsachen besitzt.9 Legt man diese Definition zugrunde, so besteht 4 BGHSt 34, 199 (201); S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 9; LK-Tiedemann § 263, Rn. 15; a.A. Hecker, Strafbare Produktwerbung im Lichte des Gemeinschaftsrechts, S. 328 f. 5 Diese beiden Beispiele stammen von Bockelmann ZStW 69, 269 (272); vgl. dazu auch Herzberg MDR 1972, 93 (96); Schmoller JZ 1991, 117 (127). 6 Vgl. dazu Kühne, Geschäftstüchtigkeit oder Betrug?, S. 63. 7 Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 36; Herzberg MDR 1972, 93 (96); Schmoller JZ 1991, 117 (127); Bockelmann ZStW 69, 269 (272); Bockelmann ZStW 79, 28 (32). 8 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 6; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10. 9 Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 11.

II. Ansatzpunkt Ta¨uschungshandlung

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eigentlich kein Zweifel daran, dass sowohl der Verkäufer, der behauptet, noch weitere Interessenten zu haben, als auch das sein Produkt bewerbende Unternehmen, welches behauptet, es handle sich um das meistgekaufte, eine Täuschung verübt haben. In beiden Fällen wird in einer Weise auf das Vorstellungsbild von Personen eingewirkt, die geeignet ist, bei diesen Fehlvorstellungen zu erregen. Eine Täuschung müsste somit bei Zugrundelegung dieser Definition in jedem Fall angenommen werden.

2. Herrschende Meinung: keine „ernsthafte“ Behauptung Ein Großteil der Literatur geht zwar grundsätzlich von der eben angesprochenen Täuschungsdefinition aus, kommt jedoch trotzdem zu einer Verneinung einer Täuschungshandlung im Sinne des § 263 StGB. Als Grund für dieses Ergebnis wird vor allem bezüglich von Werbeanpreisungen argumentiert, die Behauptungen könnten nach allgemeiner Verkehrsauffassung nicht als ernsthaft verstanden werden.10 Die Grenze soll nach dieser Ansicht danach gezogen werden, wie substantiiert die Behauptungen vorgetragen werden, die auf scheinbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Behauptung einer durch das Produkt zu bewirkenden Haarverdoppelung soll demnach etwa als ernsthaft anzusehen sein, die einfache Behauptung, das Produkt sei das meistverkaufte oder qualitativ beste, hingegen nicht.11

3. Sozialadäquanz als Auslegungsmaxime? Zum Teil wird stattdessen auch der Gesichtspunkt der Sozialadäquanz direkt zur die Einschränkung des Täuschungsbegriffes tragenden Auslegungsmaxime erklärt. So führen etwa Arzt und Weber in ihrem Lehrbuch aus, verkehrsübliche Täuschungen müssten aus § 263 StGB herausgenommen werden,12 zur dogmatischen Erfassung berufen sie sich auf einen von Lackner zu dem Problem der Abgrenzung konkludenter Täuschungen von einem bloßen Unterlassen entwickelten Ansatz, wonach eine Täuschung abzulehnen ist, wenn die geschäftsspezifische Risikoverteilung ergibt, dass das Opfer selber das Informationsrisiko trägt,13 den sie auf Fälle ausdrücklicher Täuschungen übertragen wollen.14 Eine Verdeutlichung dahingehend, wann im einzelnen bei Zugrundelegung dieser Kriterien das Vorliegen einer Täuschungshandlung abzulehnen ist, erfolgt von den Autoren jedoch nicht. 10 LK-Tiedemann § 263, Rn. 14; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 9; SK-Hoyer § 263, Rn. 27; Hirsch ZStW 74, 78 (130); Kindhäuser, LPK-StGB, § 263, Rn. 60. 11 Vgl. LK-Tiedemann § 263, Rn. 14 f.; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 9. 12 Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 36. 13 Vgl. LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 29. 14 Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 36.

162

F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

4. Sonderdogmatik für den Bereich der Produktwerbung? Auch Hecker verortet das Problem bei der Täuschungshandlung.15 Der überwiegenden Ansicht, die darauf abstellt, ob etwas nach der Verkehrsauffassung als ernsthaft behauptet anzusehen ist, wirft er jedoch vor, dass sie ansonsten die Verkehrsauffassung für irrelevant hält und stattdessen darauf abstellt, ob die Aussage im Einzelfall zu einem Irrtum führen konnte.16 So ist seiner Meinung nach unter dieser Prämisse nicht erklärbar, warum die herrschende Meinung beispielsweise in anderen Fällen von Behauptungen, denen nur besonders leichtgläubige Menschen Glauben schenken können, eine Täuschung annimmt, da auch hier nach allgemeinen Maßstäben die Irrtumserregungseignung fehle.17 Das Kriterium der Verkehrsauffassung hält er jedoch gleichwohl für geeignet, zumindest in Fällen der Produktwerbung zu einer Lösung zu führen. Seiner Meinung nach ergibt sich aus einer Analyse von europarechtlichen Vorgaben, dass auch übertriebene Werbung uneingeschränkt möglich sein muss, die Umsetzung dieser Vorgabe will er durch die Einführung einer „betrugsstrafrechtlichen Sonderdogmatik“ für den Bereich der Produktwerbung erreichen.18 Als Folge dessen – so meint er – müsse bei Falschbehauptungen durch Werbung eine Täuschung immer dann abgelehnt werden, wenn sie nach der Verkehrsauffassung nicht zur Irrtumserregung geeignet war, dies sieht er unter anderem auch dann als erfüllt an, wenn unter der Anführung angeblich vorliegender wissenschaftlicher Erkenntnisse beispielsweise eine Haarverdoppelung in fünf Minuten versprochen werde.19 Die gleiche Behauptung im Rahmen einer individuellen Kaufverhandlung soll jedoch demgegenüber als strafbarer Betrug zu werten sein, da es dort nicht darauf ankomme, wie der Verkehr die Angaben versteht, sondern welche Vorstellung bei dem Opfer selbst hervorgerufen werde.20

5. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Täuschungsbegriff Die verschiedenen bei dem Täuschungsbegriff ansetzenden Vorschläge sollen nun kritisch gewürdigt werden. Gegen den Ansatz der wohl herrschenden Lehre, die einerseits zwar jedes Verhalten mit Erklärungswert ausreichen lässt, welches bei einer bestimmten Person einen Irrtum erregen kann, die jedoch dann bei Werbeanpreisungen nach der generellen Irrtumserregungseignung unter Zugrundelegung der Verkehrsanschauung fragt, spricht, dass es – wie bereits Hecker richtig 15 16 17 18 19 20

Hecker, S. 342. Hecker, S. 226. Hecker, S. 226. Hecker, S. 328 f. Hecker, S. 328 f. Hecker, S. 329.

II. Ansatzpunkt Ta¨uschungshandlung

163

ausgeführt hat21 – wenig einsichtig ist, warum nur in diesem, nicht aber in allen anderen Bereichen die Verkehrsauffassung ausschlaggebend sein soll. Hier werden von der herrschenden Lehre die selber aufgestellten Grundsätze verbogen. Auch Hecker vermag jedoch nicht einsichtig zu erklären, warum es bei Produktwerbung gerade für die Auslegung des Täuschungsbegriffes auf die Verkehrsanschauung ankommen sollte. Möglicherweise kann in den von ihm angeführten gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Wettbewerbsrechtes zwar ein Grund dafür liegen, warum übertriebene Werbung auch in Deutschland keine Betrugsstrafbarkeit auslösen sollte, ein Ansetzen bei dem Täuschungsbegriff erklärt es indes nicht. Gegen das von Hecker und der herrschenden Lehre zur Bestimmung des Täuschungsbegriffes angeführte Kriterium der Irrtumserregungseignung nach der Verkehrsanschauung spricht ferner, dass es gegen den Wortlaut verstößt. § 263 StGB verlangt, dass eine Täuschung bei einem konkreten Opfer zu einem Irrtum geführt hat, nicht jedoch, dass sie dazu auch bei jedem anderen Menschen geeignet gewesen wäre. Wer mehr fordert, bewirkt eine teleologische Reduktion des Tatbestandes. Für eine derartige Reduktion besteht, wie noch zu zeigen sein wird, kein Bedürfnis. Nicht zugestimmt werden kann indes auch dem Vorschlag von Arzt und Weber. Ganz abgesehen davon, dass natürlich auch dieser Ansatz eine teleologische Reduktion darstellt, kann hier schon die dogmatische Herleitung bezweifelt werden. Arzt und Weber erweitern vorliegend einen Vorschlag Lackners, den dieser selber nur zur Bestimmung konkludenter, nicht aber ausdrücklicher Täuschungen heranziehen wollte.22 Als Begründung für die Erweiterung auch auf ausdrückliche Täuschungen wird von Arzt und Weber das Stichwort der Sozialadäquanz angeführt. Dieser Argumentation liegt ein Verständnis des Aspektes der Sozialadäquanz zugrunde, welches ganz überwiegend auf Ablehnung gestoßen ist. Bedeutung als eigenständige Auslegungsmaxime wird dem Aspekt vielmehr in der von Arzt und Weber gewählten Form nicht zuerkannt.23 Vielmehr hat sich heute weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Aspekt der Sozialadäquanz in erster Linie im Rahmen der objektiven Zurechnung zu berücksichtigen ist; dort ist unter dem Schlagwort des erlaubten Risikos inzwischen eine exaktere und differenziertere Behandlung des Problems möglich.24 Festgehalten werden kann somit, dass trotz aller Begründungsversuche ein Ansetzen bei der Täuschungshandlung nicht überzeugt. Die Frage, ob die eingangs angeführten Verhaltensweisen zu einer Betrugsstrafbarkeit führen sollten, muss stattdessen an anderer Stelle geklärt werden. Das Vorliegen einer Täuschung ist hier nicht zu bestreiten.

Vgl. Hecker, S. 226. Vgl. LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 29; zu einer Diskussion diese Ansatzes vgl. Gliederungspunkt G. II. 3. und 5. 23 Vgl. nur S / S-Lenckner / Eisele vor § 13, Rn. 70; Roxin, Klug-Festschrift, 303 (310 ff.). 24 Roxin, Klug-Festschrift, 303 (310 ff.). 21 22

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F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

III. Ansatzpunkt Tatsachenbegriff Als weiteres Tatbestandsmerkmal, an dem die vorliegende Diskussion oftmals festgemacht wird, kann der Tatsachenbegriff des § 263 StGB genannt werden. Der Streit entfacht sich in diesem Rahmen vornehmlich bei dem Problem der Abgrenzung zu bloßen Werturteilen, die dort ansetzenden Vorschläge sollen nun im Einzelnen näher betrachtet werden.

1. Zugrundelegung der gängigen Tatsachendefinition Tatsachen werden üblicherweise definiert als gegenwärtige oder vergangene Verhältnisse, Zustände oder Geschehnisse, die empirisch überprüfbar und damit grundsätzlich dem Beweis zugänglich sind.25 Schwierigkeiten bereitet in diesem Zusammenhang die Abgrenzung zu bloßen Werturteilen, ein Werturteil wird dabei grundsätzlich immer dann angenommen, wenn sich eine Aussage auf die Kundgabe einer Meinung beschränkt, sodass eine empirische Nachprüfung gerade nicht möglich ist.26 Legt man diese Definition zugrunde, so ist in den eingangs angeführten Beispielsfällen auch das Vorliegen von Tatsachenbehauptungen nicht bestreitbar: Ob etwa eine Illustrierte die am meisten gelesene ist oder ob beispielsweise ein Verkäufer noch weitere Kaufinteressenten hat, ist ohne Probleme empirisch nachprüfbar. Ginge man also strikt von der Tatsachendefinition der herrschenden Meinung aus, so wäre in diesem Rahmen bei den vorgestellten Beispielen kein Raum, Fälle von als sozialadäquat angesehenen Täuschungen aus dem Betrugstatbestand auszuscheiden.

2. Werbeanpreisungen als bloße Werturteile? Teilweise werden jedoch trotz Zugrundelegung der soeben dargestellten Definition andere Ergebnisse erzielt. In dem Lehrbuch von Maurach, Schroeder und Maiwald lässt sich nachlesen, je tatsachenlosgelöster und allgemeiner eine Angabe sei, desto mehr spreche für die Vermutung eines Werturteils.27 Tiedemann meint, durch die Einordnung als bloßes Werturteil könne beispielsweise die Behauptung, das beste Waschmittel der Welt zu verkaufen, ausgeschieden werden, gibt jedoch selber zu bedenken, dass dieser Umstand durchaus empirisch nachprüfbar ist.28 Das dadurch offenbar auch bei ihm ausgelöste Unbehagen versucht er anschließend zu 25 Vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 8; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 6; Krey / Hellmann, BT II, S. 201; Lackner / Kühl § 263, Rn. 4 f.; LK-Tiedemann § 263, Rn. 9 f. 26 Tröndle / Fischer § 263, Rn. 8; Lackner / Kühl § 263, Rn. 5; Maurach / Schroeder / Maiwald, BT I, § 41, Rn. 30; LK-Tiedemann § 263, Rn. 14. 27 Maurach / Schroeder / Maiwald, BT I, § 41, Rn. 33. 28 LK-Tiedemann § 263, Rn. 14.

III. Ansatzpunkt Tatsachenbegriff

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zerstreuen, indem er zusätzlich darauf verweist, derartige Behauptungen könnten nicht als ernstgemeint verstanden werden.29 Laut Tröndle / Fischer enthalten reklamehafte Anpreisungen grundsätzlich keine „täuschungsgeeigneten“ Tatsachen, selbst wenn sie Tatsachenaussagen im eigentlichen Sinne seien.30

3. Die Ansicht Hilgendorfs Noch einen Schritt weiter geht Hilgendorf. Auch er hält die Abgrenzung der Tatsachen von bloßen Werturteilen für den geeigneten Standort zur Problemlösung, spricht sich jedoch offen dafür aus, anhand der Verkehrsanschauung zu bestimmen, ob eine Tatsache vorliegt. Entscheidend ist seiner Meinung nach demzufolge, ob eine Aussage objektiv als zweifelhaft empfunden werden musste, etwa weil sie einen offenkundig subjektiven Charakter hatte.31 Allein diese Sichtweise hält Hilgendorf jedoch für unangemessen, wenn es um Behauptungen gegenüber geistig Schwachen geht; als Korrektur ist seiner Meinung nach deshalb in einem weiteren Schritt zu fragen, ob das Opfer unter Berücksichtigung seiner konkreten geistigen Fähigkeiten dazu in der Lage gewesen wäre, die Subjektivität der Aussage zu erkennen.32 Ausgehend von diesem Vorschlag müsste Werbung grundsätzlich als bloßes Werturteil verstanden werden, sofern sie von einem durchschnittlich entwickelten Beobachter wahrgenommen wird, dies soll insbesondere auch in dem als Beispiel angeführten „Haarwuchsmittel-Fall“ anzunehmen sein.33

4. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Tatsachenbegriff Gefragt werden soll nun, ob der Ansatzpunkt des Tatsachenbegriffs geeignet für die vorgeschlagenen Einschränkungen ist. Wie bereits dargelegt wurde, gehört der Umstand, dass etwas empirisch beweisbar ist, zu dem Kern dessen, was nach natürlichem Sprachgebrauch unter einer Tatsache zu verstehen ist.34 Auch der Teil der Lehre, der sich dafür ausspricht, das Problem im Rahmen der Abgrenzung von Tatsachen zu Werturteilen zu lösen, erkennt diese Feststellung grundsätzlich an.35 Die Behauptung, Werbeanpreisungen seien auch dann als Werturteile anzusehen, wenn sie Tatsachenbehauptungen enthalten, stellt somit eine Durchbrechung der von den Autoren selber grundsätzlich für richtig gehaltenen Betrugsdogmatik dar LK-Tiedemann § 263, Rn. 14. Vgl. Tröndle / Fischer § 263, Rn. 8. 31 Vgl. Hilgendorf, S. 200; vgl. zu der Ansicht Hilgendorf auch schon die Ausführungen unter Gliederungspunkt A. I. 3. b) und c). 32 Hilgendorf, S. 201. 33 Hilgendorf, S. 194. 34 Vgl. dazu schon die Ausführungen unter den Gliederungspunkten A. I. 3. c) und D. II. 4. 35 Vgl. LK-Tiedemann § 263, Rn. 14; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 8. 29 30

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F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

und setzt zudem an die Stelle des Wortlautes normative Erwägungen zur Schutzwürdigkeit der jeweiligen Opfer. Noch deutlicher wird dieses Vorgehen bei dem Ansatz Hilgendorfs, der vorschlägt, eine auch die individuelle Schutzbedürftigkeit des Opfers berücksichtigende Ausdifferenzierung vorzunehmen, ohne auch nur ansatzweise belegen zu können, welchen Zusammenhang seine Überlegungen zu dem Tatsachenbegriff aufweisen. Keiner der vorgebrachten Ansätze kann somit den Zusammenhang seiner Erwägungen mit dem Tatsachenbegriff herstellen. Hintergrund der von den Autoren angestellten Überlegungen sind stattdessen ausnahmslos normative Gesichtspunkte zu dem Rahmen des Verkehrsüblichen und zu der Schutzbedürftigkeit jeweiliger Opfer. Derartige Überlegungen sollten jedoch nicht mit dem für sich genommen klar definierbaren Tatsachenbegriff vermengt werden. Auch dieses Tatbestandsmerkmal ist mithin nicht der geeignete Standort zur Problemlösung.

IV. Ansatzpunkt Irrtumsbegriff Ein weiterer zu erörternder Vorschlag setzt bei dem Irrtumsmerkmal an, auch er soll im Folgenden aufgegriffen und dem überwiegenden Verständnis des Irrtumsbegriffs gegenübergestellt werden. 1. Überwiegend vertretene Irrtumsdefinition Ein Irrtum wird überwiegend verstanden als jedes Auseinanderfallen von Vorstellung und Wirklichkeit.36 2. Die Ansicht Kühnes Demgegenüber geht Kühne davon aus, die Fehlvorstellung müsse sich auf die Sache selber beziehen, welche Gegenstand der Leistung des Täuschenden ist;37 nicht ausreichend sein soll demgegenüber ein bloßer Irrtum über die Marktlage.38 Kühne begründet diese Sichtweise durch eine Analyse des Schutzzwecks des § 263 StGB: Nicht verhindert werden solle durch die Norm seiner Ansicht nach der „tägliche wirtschaftliche Kampf um den persönlichen Vorteil“, Informationen über die Marktlage stünden ferner allen Marktteilnehmern in gleicher Weise offen, so dass diesbezüglich kein Schutzbedürfnis anzunehmen sei.39 Aus diesem Grunde spricht 36 SK-Hoyer § 263, Rn. 62; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 33; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 33; Mitsch; BT 2, S. 451; Blei, BT II, 12. Auflage, S. 229; LK-Tiedemann § 263, Rn. 77. 37 Kühne, S. 63. 38 Kühne, S. 64. 39 Kühne, S. 64.

V. Ansatzpunkt Vermo¨gensschaden

167

sich Kühne dafür aus, Fehlvorstellungen in diesem Bereich nicht als tatbestandsmäßige Irrtümer anzusehen, der Irrtumsbegriff des § 263 StGB ist seiner Ansicht nach vielmehr insoweit einzuschränken.40

3. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Irrtumsbegriff Fraglich ist, ob der Ansatz Kühnes als mit dem Wortlaut des § 263 StGB vereinbar angesehen werden kann. Nach natürlichem Sprachgebrauch ist ein Irrtum jedenfalls dann gegeben, wenn jemand eine Fehlvorstellung über die Realität hat. Dies ist zunächst zweifellos unabhängig davon, worauf sich die Fehlvorstellung bezieht, ein Irrtum liegt somit dem Wortlaut nach auch bei einer Fehleinschätzung der Marktlage vor. Eine Beschränkung auf bestimmte Irrtümer im Rahmen des § 263 StGB lässt sich ferner auch nicht aus dem Tatbestand der Deliktsnorm ableiten, gefordert wird lediglich die Erregung oder Unterhaltung eines Irrtums, eine Einschränkung hinsichtlich möglicher Bezugspunkte wird nicht genannt. Aus diesem Grunde handelt es sich auch bei dem Vorschlag Kühnes um eine teleologische Reduktion,41 die von ihm angestellten Schutzwürdigkeitsüberlegungen sind unabhängig davon, ob das Opfer einem Irrtum unterlegen ist. Auch der Irrtumsbegriff ist somit nicht als geeigneter Standort anzusehen, um das Problem „sozialadäquater“ Täuschungen im Wege der Auslegung angemessen zu würdigen.

V. Ansatzpunkt Vermögensschaden Ein weiterer Vorschlag zur Lösung der Problematik „sozialadäquater“ Täuschungen setzt bei dem Erfordernis eines Vermögensschadens an.

1. Die Schadensberechnung nach den Grundsätzen der herrschenden Meinung Ob das Opfer einen Schaden erlitten hat, wird nach ganz überwiegender Ansicht nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung bestimmt. Danach ist ein Schaden anzunehmen, wenn das Vermögen des Opfers nach seiner Verfügung unter Berücksichtigung der ihm dadurch unmittelbar zufließenden Gegenwerte geringer ist als vorher.42 Maßgeblich dafür, welcher Wert einer nicht in Bargeld bestehenden Gegenleistung zukommt, ist dabei grundsätzlich der Verkehrswert.43 Ausgehend

Kühne, S. 64. So auch Hecker, S. 260. 42 Tröndle / Fischer § 263, Rn. 71; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 106; Wessels / Hillenkamp, BT 2, § 13, Rn. 538; BGHSt 3, 99 (102); 16, 220 (221); 34, 199 (201). 40 41

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F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

von dieser Betrachtung müsste in den eingangs dargestellten Beispielsfällen ausnahmslos ein Schaden angenommen werden, sofern die Produkte zu überhöhten Preisen angeboten worden sind.

2. Die Ansicht Schmollers Eine davon abweichende Bewertung schlägt Schmoller vor. Seiner Meinung nach ist das „normativ gefärbte“ Merkmal des Vermögensschadens der richtige Ansatzpunkt, um der grundsätzlichen Eigenverantwortlichkeit des Opfers für seine Vermögensverfügungen Rechnung zu tragen.44 Aus der seiner Ansicht nach dort vorzunehmenden Abgrenzung der Verantwortungsbereiche ergibt sich für ihn, dass beispielsweise eine aufgrund der Behauptung eines Verkäufers, es gebe noch weitere Kaufinteressenten, vorgenommene Vermögensverfügung niemals einen Vermögensschaden begründen kann;45 auch die Behauptung, dass schon viele weitere Personen ein Produkt erworben hätten, soll demnach nicht genügen.46 Die von ihm angeführten Beispiele hält Schmoller nicht für abschließend,47 denkbar wäre mithin, durch das von ihm vorgeschlagene Verfahren sämtliche Fälle von als verkehrsüblich empfundenen Täuschungen aus dem Betrugstatbestand auszuscheiden.

3. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis eines Vermögensschadens Gefragt werden soll nun jedoch, ob der von Schmoller vorgebrachte Vorschlag, Fälle von verkehrsüblichen Täuschungen bei der Schadensermittlung auszuscheiden, sich als haltbar erweist. Gegen diesen Ansatz spricht, dass er die gleiche Schwäche wie die vorher dargestellten Ansätze aufweist: Es wird keine Begründung dafür geliefert, warum die Erwägungen gerade bei dem für maßgeblich gehaltenen Tatbestandsmerkmal relevant sein sollen. Als Begründung dafür, das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens als richtigen Ansatzpunkt anzusehen, verweist Schmoller stattdessen lediglich darauf, dieses Merkmal sei auch ansonsten vielfach normativ gefärbt.48 Eine kritische Reflexon darüber, ob denn die von 43 S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 108; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 74; zu einer Darstellung von zum Teil vorgeschlagenen anderen, normativ geprägten Bewertungsmaßstäben, die für den vorliegenden Problemkreis jedoch keine Rolle spielen vgl. SK-Hoyer § 263, Rn. 184 ff. 44 Schmoller JZ 1991, 117 (127). 45 Schmoller JZ 1991, 117 (127 f.). 46 Schmoller JZ 1991, 117 (128). 47 Schmoller JZ 1991, 117 (128). 48 Vgl. Schmoller JZ 1991, 117 (127).

VI. Ansatzpunkt Rechtswidrigkeit

169

anderen Autoren vorgeschlagenen normativen Auslegungsversuche überhaupt angebracht sind, unterbleibt jedoch ebenso49 wie ein Eingehen auf die Frage, was eine Abgrenzung von Verantwortungsbereichen mit der Schadensberechnung zu tun hat. Der Wortlaut des Begriffes Schaden lässt diese Verbindung indes nicht erahnen. Wie das Opfer wirtschaftlich gestellt ist, ist ausgehend vom Wortlaut nicht abhängig davon, wer die Verantwortung dafür trägt, dass das Opfer sich hat täuschen lassen. Die von Schmoller gelieferten Stichworte der Eigenverantwortlichkeit und der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche legen es stattdessen vielmehr nahe, dass Zurechnungserwägungen im Raume stehen, denn beide Gesichtspunkte erfahren üblicherweise im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung eine Würdigung. Dieses Vorgehen sollte auch hier eingehalten werden, sofern sich die von Schmoller angeführten Gesichtspunkte als entscheidend erweisen. Festgehalten werden kann somit, dass der Schadensbegriff des § 263 StGB nicht der geeignete Standort ist, als verkehrsüblich empfundene Täuschungen aus dem Bereich der nach § 263 StGB strafbaren Handlungen auszusondern.

VI. Ansatzpunkt Rechtswidrigkeit Zum Teil findet sich innerhalb des Problemkreises „sozialadäquater“ Täuschungen auch der Vorschlag, im Rahmen der Rechtswidrigkeitsprüfung zu einer Lösung zu gelangen.

1. Überwiegendes Verständnis: die Tatbestandserfüllung indiziert die Rechtswidrigkeit Allgemein gilt, dass die Verwirklichung des Tatbestandes einer Deliktsnorm grundsätzlich auch die Rechtswidrigkeit indiziert,50 dass diese im Ausnahmefall doch nicht vorliegt, muss demnach durch einen speziellen Erlaubnissatz belegt werden.51 Teilweise wird als Ausnahme dieser grundsätzlichen Deliktsform auch die Existenz sogenannter offener Tatbestände anerkannt; der Grund dafür soll darin liegen, dass es in einigen Bereichen nicht möglich erschien, alle Unrechtsmerkmale durch den Tatbestand abschließend festzulegen, das Unrecht soll daher dort erst durch eine positive Feststellung der Rechtswidrigkeit ermittelt werden.52 Als 49 Zu der Bereinigung des Tatbestandsmerkmals des Vermögensschadens um einige andere nicht dort hingehörende normative Erwägungen siehe auch Gliederungspunkt B. IV. zu dem Problemkreis rechts- oder sittenwidrigen Opferverhaltens und C. III. zu Fällen der Zweckverfehlung. 50 Wessels / Beulke, § 5, Rn. 122; S / S-Lenckner / Eisele vor § 13, Rn. 66. 51 Wessels / Beulke, § 8, Rn. 270 ff. 52 BGHSt 35, 270 (275); Welzel, Das deutsche Strafrecht, S. 82 f.; Welzel JZ 1952, 19 (19 f.); Wessels / Beulke, § 8, Rn. 286; a.A. Roxin, AT I, § 10, Rn. 43; S / S-Lenckner / Eisele

170

F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

Beispiele für derartige offene Tatbestände werden überwiegend die §§ 240, 253 StGB genannt,53 dem Betrugstatbestand soll diese Besonderheit jedoch nicht zukommen. Im Rahmen des § 263 StGB ist zwar zusätzlich zu prüfen, ob der vom Täter erstrebte Vermögensvorteil rechtswidrig war, woran es fehlt, wenn er einen fälligen einredefreien Anspruch auf die Leistung hat;54 ansonsten wird jedoch nach überwiegendem Verständnis die Rechtswidrigkeit indiziert, sofern der Täter das Opfer durch eine Täuschung zu einer irrtumsbedingten Vermögensverfügung veranlasst, die dieses in seinem Vermögen schädigt. Da in keinem der eingangs dargestellten Beispielsfälle ein Anspruch auf die Leistung des Opfers bestand, wäre danach auch hier durch das Verhalten des Täters die Rechtswidrigkeit indiziert.

2. Bockelmann, Herzberg: § 263 StGB als offener Tatbestand Eine andere Konzeption des Betrugstatbestandes fordert demgegenüber Bockelmann. Seiner Meinung nach ergibt sich daraus, dass in gewissen Grenzen nicht nur Druck, sondern auch ein Bluff erlaubt sein müsse, dass neben den §§ 240, 253 StGB auch § 263 StGB als offener Tatbestand angesehen werden muss.55 Danach soll nicht schon die Täuschung des Täters allein die Rechtswidrigkeit indizieren, erforderlich sei vielmehr, dass die Täuschung zusätzlich den Rahmen des Verkehrsüblichen übersteige.56 Als Beispiele für Täuschungen, die diesen Rahmen nicht überschreiten, führt er insbesondere die auch hier eingangs angeführten Fälle der Behauptung eines Verkäufers an, noch weitere Interessenten zu haben oder noch nicht recht zum Verkauf entschlossen zu sein. In derartigen Konstellationen sei – so Bockelmann – die Täuschung nicht rechtswidrig gewesen, so dass aus diesem Grund die Strafbarkeit entfalle.57 Der Ansicht Bockelmanns stimmte im Folgenden Herzberg zu. Auch er hält den Tatbestand des § 263 StGB für offen, auch er geht davon aus, dass die Rechtswidrigkeit dort nicht indiziert wird, sondern nur gegeben ist, wenn eine bestimmte Grenze überschritten ist.58 Zur Bestimmung dieser Grenze stellt er anders als Bockelmann jedoch nicht allein auf die Verkehrsüblichkeit ab; zu fragen ist seiner Ansicht nach vielmehr, ob die Täuschung zu dem angestrebten Zweck der Vorteilsverschaffung als verwerflich anzusehen sei.59 Diese vor § 13, Rn. 66; Jakobs, AT, § 6, Rn. 61, die die Existenz offener Tatbestände generell ablehnen und die Rechtswidrigkeitsprüfung bei den entsprechenden Normen als Ergänzung des Tatbestandes begreifen. 53 BGHSt 35, 270 (275); Wessels / Beulke, § 8, Rn. 286. 54 BGHSt 3, 160 (162); 19, 206 (215 f.); BGH wistra 1982, 68 (68 f.); BGH NJW 2003, 3283 (3284); SK-Hoyer § 263 Rn. 274; Mitsch, BT 2, § 7, Rn. 122. 55 Bockelmann ZStW 69, 269 (272). 56 Bockelmann ZStW 69, 269 (272). 57 Bockelmann ZStW 69, 269 (272). 58 Herzberg MDR 1972, 93 (96).

VI. Ansatzpunkt Rechtswidrigkeit

171

Verwerflichkeit sieht auch er jedoch unter anderem dann nicht als gegeben an, wenn der Verkäufer fälschlicherweise behauptet, er habe noch andere Interessenten oder sei noch nicht zum Verkauf entschlossen; derartige Handlungen sollen daher mangels Rechtswidrigkeit straflos sein.60

3. Diskussion über ein Ansetzen auf der Rechtswidrigkeitsebene Ob dem Vorschlag, das Problem „sozialadäquater“ Täuschungen auf der Rechtswidrigkeitsebene zu lösen, zugestimmt werden kann, soll im Folgenden näher betrachtet werden. Bockelmann selber räumt ein, dass die dogmatische Konstruktion des offenen Tatbestandes aufgrund der Gesetzesbindung durch Art. 103 Abs. 2 GG bedenklich ist, da die Entscheidung darüber, was Recht und was Unrecht ist, in diesem Fall nicht durch das Gesetz, sondern von dem Richter getroffen wird.61 Diese Bedenken gegen das Verständnis eines Tatbestandes als offen versucht er jedoch im Anschluss daran durch die Behauptung zu zerstreuen, der Unterschied zu geschlossenen Tatbeständen sei nur graduell, da auch fast alle Tatbestandsmerkmale normativ zu verstehen seien und mithin dort in ähnlicher Weise die Entscheidung über die Strafbarkeit in der Hand des Richters liege.62 Dieser Argumentation kann nicht zugestimmt werden. Selbst wenn auch bei der Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale normative Gesichtspunkte Berücksichtigung finden sollten, so wird dem Richter jedoch durch die abschließende Beschreibung des strafbaren Verhaltens im Tatbestand zumindest ein Rahmen vorgegeben, den er zu beachten hat. Wird nun demgegenüber jedoch auf eine abschließende Beschreibung des Deliktes verzichtet und ein Tatbestand stattdessen als offen konstruiert, so kann der Richter ohne vorgegebenen Rahmen seine Entscheidung über die Strafbarkeit treffen. Trotz dieser Bedenken muss hier jedoch nicht abschließend geklärt werden, ob die Existenz „offener“ Tatbestände generell anerkannt werden kann. Bei § 263 StGB spricht schon die sehr detaillierte Auflistung verschiedener Tatbestandsmerkmale gegen die Annahme, es könnte sich um einen offenen Tatbestand handeln. Ferner weist § 263 StGB entgegen der §§ 240, 253 StGB, denen ein derartiger Deliktscharakter zumeist zugesprochen wird, nicht das tatbestandlich normierte Erfordernis der Verwerflichkeit auf. Zumindest bei § 263 StGB kommt daher ein Verständnis des Tatbestandes als offen nicht in Betracht, eine sozialadäquate Tatbestandserfüllung kann es hier nicht geben. Werden also im Rahmen des Betrugstatbestandes einzelne Tatbestandsmerkmale als zu weit empfunden, so muss eine Begrenzung schon innerhalb des Tatbestandes selber erfolgen. Die Möglichkeit zu einem derartigen Vorgehen besteht nach heutigem Verständnis durch das allgemeine Korrektiv der Lehre von der objektiven Zurechnung. Dort ent59 60 61 62

Herzberg MDR 1972, 93 (96). Herzberg MDR 1972, 93 (96). Vgl. Bockelmann ZStW 69, 269 (272). Vgl. Bockelmann ZStW 69, 269 (273).

172

F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

spricht es inzwischen der in der Lehre einhelligen Meinung, dass innerhalb des Tatbestandes auch zu prüfen ist, ob der Täter durch sein Verhalten überhaupt eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat – unter diesem Gesichtspunkt könnten die von Bockelmann und Herzberg angesprochenen Aspekte behandelt werden.

VII. Ansatzpunkt objektive Zurechnung Einen in diese Richtung gehenden Vorschlag liefert Jänicke. Dieser soll im Folgenden mit der Position der herrschenden Meinung verglichen und anschließend diskutiert werden.

1. Die Position der herrschenden Meinung Wie bereits dargestellt, wird im allgemeinen im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung davon ausgegangen, dass ein Erfolg dem Täter nur dann zugerechnet werden kann, wenn sich ein von ihm geschaffenes unerlaubtes Risiko in dem konkreten Erfolg realisiert hat.63 Von den unter dieser Formel entwickelten Untergruppen64 könnte hier insbesondere die des erlaubten Risikos relevant sein. Gleichwohl wird dem Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit in der vorliegenden Fallgruppe zumeist keine Bedeutung zugemessen, als Ansatzpunkt für Erörterungen des Problemkreises wird stattdessen vorwiegend der Täuschungs- oder der Tatsachenbegriff gewählt.65 Allerdings finden sich auch bei Vertretern von an anderer Stelle ansetzenden Vorschlägen vielfach Hinweise auf die Nähe des Problems zu Aspekten der objektiven Zurechnung, ohne dabei jedoch die Konsequenz der Einbeziehung dieses Rechtsinstituts zu ziehen.66

2. Die Ansicht von Jänicke Einen direkt bei der Lehre von der objektiven Zurechnung ansetzenden Vorschlag liefert Jänicke. Seiner Ansicht nach ergibt sich die Lösung für Fälle übertriebener Werbeaussagen und für Überredungsfloskeln durch eine Zuordnung zu den Prinzipien der objektiven Zurechnung.67 Eine bei einzelnen TatbestandsmerkVgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 47; Wessels / Beulke, Rn. 179. Siehe dazu Gliederungspunkt A. I. 5. a); zu einer Zusammenfassung der Fallgruppen siehe auch Roxin, AT I, § 11, Rn. 53 ff. 65 Vgl. dazu die Gliederungspunkte F. II und F. III. 66 Vgl. etwa Schmoller JZ 1991, 117 (127), der das Problem in einer Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche sieht und Hecker, S. 321, der eingesteht, es gehe letztlich um die Frage, ob ein erlaubtes Risiko vorliegt. 67 Jänicke, S. 201. 63 64

VIII. Sollten vorliegend Strafbarkeitseinschra¨nkungen vorgenommen werden?

173

malen ansetzende teleologische Reduktion hält er bei einem derartigen Vorgehen für entbehrlich,68 eine Ausarbeitung der von ihm vorgeschlagenen Einordnung des Problems zu den gängigen Zurechnungstopoi erfolgt jedoch nicht.

3. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit Gefragt werden soll nun, ob auch in Fällen sogenannter „sozialadäquater Täuschungen“ ein Rückgriff auf die Lehre von der objektiven Zurechnung, wie Jänicke es vorschlägt, sinnvoll ist. Dafür spricht, dass auch bei diesem Problemkreis vom Wortlaut her sämtliche in § 263 StGB normierten Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Alle bei einzelnen Tatbestandsmerkmalen ansetzenden Vorschläge stellen somit, wie bereits dargelegt, teleologische Reduktionen dar. Aus diesem Grunde erscheint es naheliegend, auch hier etwaige Einschränkungen anhand des allgemeinen Erfordernisses der objektiven Zurechenbarkeit vorzunehmen. Nur so können normative Erwägungen klar benannt werden, ohne sie hinter einer vermeintlichen Tatbestandsauslegung zu verstecken. Zudem hat sich, wie bereits dargestellt, heute weitgehend die Erkenntnis durchgesetzt, dass es sich bei dem Gesichtspunkt der Sozialadäquanz um einen Aspekt handelt, der sinnvoller Weise unter dem Stichwort des erlaubten Risikos im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung einzuordnen ist.69 Dort wurde in diesem Zusammenhang inzwischen eine Vielzahl von Gesichtspunkten herausgearbeitet, die helfen können, auch dieses Problem in einen über bloße Billigkeitserwägungen hinausgehenden allgemeinen Rahmen einzuordnen. Aus diesem Grunde kann dem Ansatz Jänickes, das Problem „sozialadäquater Täuschungen“ über eine Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung zu lösen, grundsätzlich zugestimmt werden. Im Folgenden soll daher die von ihm selber nicht vorgenommene Einordnung des Problems in den bei diesem Rechtsinstitut anerkannten Rahmen erfolgen. Zunächst soll jedoch auch hier einmal abstrakt betrachtet werden, was aus kriminalpolitischer Sicht für beziehungsweise gegen Einschränkungen der Betrugsstrafbarkeit spricht.

VIII. Sollten vorliegend Strafbarkeitseinschränkungen vorgenommen werden? Im Ergebnis besteht in Rechtsprechung und Literatur Einigkeit, dass sowohl die beispielhaft angeführten Floskeln bei Kaufverhandlungen als auch einfache übertriebene Werbeanpreisungen keine Betrugsstrafbarkeit auslösen sollten. Der Grund für diese Sichtweise dürfte darin liegen, dass derartige Verhaltensweisen in unse68 69

Jänicke, S. 202. Vgl. dazu schon Gliederungspunkt F. II. 5.

174

F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

rem Wirtschaftssystem gängige und gemeinhin anerkannte Gepflogenheiten darstellen. Würden all diese Täuschungen zu einer Betrugsstrafbarkeit führen, so wäre mithin der Kreis strafbarer Handlungen zu weit ausgedehnt; unzählige allgemein als bloß geschäftstüchtig empfundene Verhaltensweisen würden sanktioniert. Andererseits sollte aus kriminalpolitischer Sicht jedoch die Grenze dessen, was als verkehrsüblich aus dem Betrugstatbestand herausgenommen wird, nicht zu weit gefasst werden, um das Vertrauen in die grundsätzliche Redlichkeit des Geschäftsverkehrs nicht zu unterlaufen. Wird die Grenze bloßer Anpreisungen und Floskeln etwa dadurch überschritten, dass der Täter seine Behauptung in besonderer Weise glaubhaft zu machen trachtet, wie dies beispielsweise bei der auf angeblichen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhenden Behauptung einer Haarverdoppelung der Fall ist, so spricht einiges dafür, hier keinen Zurechnungsausschluss mehr anzunehmen. Allgemein betrachtet ist aus kriminalpolitischer Sicht somit eine Abwägung zwischen dem, was als bloße Geschäftstüchtigkeit erlaubt sein muss, und dem, was zum Schutz der Redlichkeit des Geschäftsverkehres verboten bleiben muss, nötig. Diese soeben skizzierte Abwägung wird bei der Entwicklung von zur Problemlösung geeigneten Kriterien zu berücksichtigen sein.

IX. Entwicklung von Kriterien Zu fragen ist nun, unter welchen Voraussetzungen in Fällen der vorliegenden Art ein Irrtum des Opfers dem Täter nicht zugerechnet werden kann, obwohl dieser ihn durch eine Täuschung verursacht hat. Wie bereits an anderer Stelle dargelegt wurde, ist dafür zunächst erforderlich, dass der Täter überhaupt eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen hat.70 Dies ist unter anderem dann nicht der Fall, wenn es sich um ein erlaubtes Risiko handelt.71 Um ein derartiges erlaubtes Risiko könnte es sich vorliegend handeln. Zusammengefasst werden soll daher zunächst nochmals, was in Rechtsprechung und Literatur gemeinhin darunter verstanden wird. Als ein erlaubtes Risiko wird in der Literatur üblicherweise ein Verhalten bezeichnet, welches zwar riskant – bezogen auf das später verletzte Rechtsgut –, aber trotzdem generell erlaubt ist.72 Wann dies der Fall ist, soll unter Abwägung der jeweiligen Interessen für den jeweiligen Straftatbestand zu ermitteln sein.73 Auch der BGH erkennt die Existenz von Verhaltensweisen an, die aufgrund ihrer Erlaubtheit nicht zu einer Strafbarkeit führen können. Als Beispiel kann in diesem Zusammenhang die Rechtsprechung zu Unfällen im Straßenverkehr dienen; ein verkehrsgerechtes Verhalten ist danach selbst dann nicht strafbar, wenn es mit der 70 Zu einer ausführlichen Darstellung des Gesichtspunktes der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung und insbesondere des dort zu berücksichtigenden Aspektes des erlaubten Risikos siehe Gliederungspunkt B. VII. 1. 71 Roxin, AT I, § 11, Rn. 65. 72 Roxin, AT I, § 11, Rn. 66. 73 SK-Rudolphi vor § 1, Rn. 62; Jakobs, AT, 7. Abschn., Rn. 41, 46.

X. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fa¨llen „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

175

Hoffnung auf einen Unfall verbunden wird.74 Ausgehend von diesen Grundsätzen muss die vom Täter vorgenommene Täuschungshandlung mithin als erlaubt anzusehen sein, damit die objektive Zurechenbarkeit entfällt. Der erste Schritt zur Bestimmung des erlaubten Risikos ist stets eine Analyse, ob – ähnlich zu den verkehrsrechtlichen Vorschriften – auch in dem zu untersuchenden Bereich spezielle Erlaubnis- oder Verbotssätze existieren. Zu denken wäre hier insbesondere an wettbewerbsrechtliche Vorschriften. Durch ein derartiges Vorgehen kann ein erstes grobes Raster dessen erstellt werden, was als erlaubt angesehen werden muss. Speziell bezogen auf die eingangs erwähnten Beispielsfälle lässt sich aus dem Wettbewerbsrecht jedoch weder eine explizite Erlaubnis noch ein Verbot herleiten. Erforderlich ist hier daher in einem zweiten Schritt, eine Abwägung zwischen den jeweiligen Interessen unter besonderer Berücksichtigung des Schutzzwecks des Betrugstatbestandes vorzunehmen. Zu berücksichtigen sind dabei die zuvor dargestellten kriminalpolitischen Erwägungen, wonach ein Ausgleich zwischen dem, was als bloße Geschäftstüchtigkeit erlaubt sein muss, und dem, was zum Schutz der Redlichkeit des Geschäftsverkehres verboten bleiben muss, erreicht werden muss. Der Schutzzweck des § 263 StGB zielt darauf ab, das Vermögen einzelner zu schützen und dadurch gleichzeitig einen reibungslosen Ablauf des Geschäftsverkehrs zu gewährleisten. Dieses Anliegen erfordert es nicht, beispielsweise bloße Floskeln bei Kaufverhandlungen unter Strafe zu stellen; derartiges Verhandlungsgeschick ist nicht geeignet, den reibungslosen Ablauf des Geschäftsverkehrs zu unterlaufen. Gleiches gilt für Werbung, solange sie sich darauf beschränkt, das eigene Produkt in den höchsten, wenn auch nicht immer ganz der Wahrheit entsprechenden Tönen zu loben, ohne jedoch allzu detaillierte und als besonders glaubwürdig hervorgehobene Angaben zu machen. Festgehalten werden kann somit, dass sowohl bei individuellen Vertragsverhandlungen als auch bei der Produktwerbung gewisse Floskeln und Werbemuster in engen Grenzen als erlaubt anzusehen sind, selbst wenn dabei falsche Behauptungen aufgestellt werden. Durch ein derartiges Vorgehen bewirkte Irrtümer des Opfers sind dem Täuschenden somit mangels Schaffung einer rechtlich missbilligten Gefahr nicht zuzurechnen.

X. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen „sozialadäquater Täuschungen“ Als Ergebnis der Untersuchung zu Fällen „sozialadäquater Täuschungen“ bleibt festzuhalten, dass erst die Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung eine angemessene Lösung ermöglicht, ohne die ansonsten gängige Betrugsdogmatik zu verbiegen. Bei Zugrundelegung der üblichen Definitionen zu den Merkmalen der Täuschung,75 der Tatsache,76 des Irrtums77 und des Vermögensschadens78 74 Vgl. BGH NJW 1999, 3132 (3133); zu einer ausführlichen Darstellung der Position der Rechtsprechung siehe Gliederungspunkt B. VII. 1. b). 75 Zu einem Ansetzen bei dem Täuschungsbegriff siehe Gliederungspunkt F. II.

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F. Objektive Zurechnung und das Problem „sozialada¨quater Ta¨uschungen“

besteht kein Zweifel an dem Vorliegen dieser Tatbestandsmerkmale. Die diesbezüglich vorgeschlagenen Ausnahmen für Fälle „sozialadäquater Täuschungen“ überzeugen nicht, da sie an die Stelle des Wortlautes normative Erwägungen stellen und sich gleichzeitig in Widerspruch zu den ansonsten zugrundegelegten Definitionen der Tatbestandsmerkmale setzen. Auch ein Ansetzen auf der Rechtswidrigkeitsebene überzeugt nicht; der Tatbestand des § 263 StGB kann entgegen Bockelmann und Herzberg nicht als offen verstanden werden, so dass Begrenzungen in jedem Fall schon auf der Tatbestandsebene erfolgen müssen.79 Eine derartige Begrenzung kann durch die Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung vorgenommen werden.80 Nach den dort bekannten Grundsätzen ist die objektive Zurechenbarkeit bei einfachen Verhandlungsfloskeln und unsubstanziierten Werbeslogans abzulehnen, da es an der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung fehlt und die Täuschung vielmehr ein erlaubtes Risiko darstellt.81

76 77 78

Zu einem Ansetzen bei dem Tatsachenbegriff siehe Gliederungspunkt F. III. Zu einem Ansetzen bei dem Irrtumsbegriff siehe Gliederungspunkt F. IV. Zu einem Ansetzen bei dem Begriff des Vermögensschadens siehe Gliederungspunkt

F. V. 79 80 81

Vgl. Gliederungspunkt F. VI. Vgl. Gliederungspunkt F. VII. Vgl. Gliederungspunkt F. IX.

G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Täuschungen Betrachtet werden soll schlussendlich auch das Problem der Abgrenzung konkludenter Täuschungen von einem unter Umständen straflosen Unterlassen. Möglicherweise ließe sich dort die Auslegung des Täuschungsbegriffes durch eine Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung von einigen zum Teil recht unübersichtlichen normativen Erwägungen befreien. Begonnen werden soll die Analyse auch hier mit der Herausarbeitung einiger Beispielsfälle.

I. Häufig diskutierte Fallgruppen Zu der Abgrenzung konkludenter Täuschungen von einem bloßen Unterlassen existiert mittlerweile eine sehr umfangreiche Kasuistik, deren vollständige Darstellung hier zu weit führen würde. Herausgegriffen werden sollen hier daher stellvertretend zwei Fallgruppen, die in der juristischen Fachwelt und auch in der Öffentlichkeit ein besonderes Echo erfahren haben. Es handelt sich dabei zum einen um die Versendung „rechnungsähnlicher Angebote“, zum anderen um die Manipulation von Sportwetten. Diesen beiden Bereichen soll zur Verdeutlichung das Beispiel des bloßen Forderns eines überhöhten Preises entgegengestellt werden, da in diesem Bereich weitgehende Einigkeit besteht, dass noch keine Betrugsstrafbarkeit vorliegen soll. 1. „Rechnungsähnliche Angebote“ In dem der BGH-Entscheidung BGHSt 47, 1 (1 ff.) aus dem Jahre 2001 zugrundeliegenden Fall hatte der Angeklagte systematisch aus verschiedenen Tageszeitungen Todesanzeigen herausgesucht und den jeweils als nächste Angehörige aufgeführten Personen etwa drei Tage nach dem Erscheinen der Anzeige ein Schreiben geschickt, welches äußerlich für eine Rechnung typische Merkmale enthielt; beigefügt war darüber hinaus ein bereits vorausgefüllter Überweisungsträger. Überschrieben war das Schreiben dagegen durchaus zutreffend als Insertionsofferte, auf der Rückseite befand sich ferner kleingedruckt der Hinweis, dass das Schreiben ein Angebot zu einer erneuten Veröffentlichung in einem dazu von dem Angeklagten eingerichteten Internetportal darstellte. Wie von dem Angeklagten erwartet, erkannte ein Großteil der Empfänger nicht den Angebotscharakter der Schreiben und überwies den geforderten Betrag in der Annahme, es handele sich um die Rech-

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G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Ta¨uschungen

nung der bereits erschienenen Todesanzeige aus der Tageszeitung. Ähnlich gelagert war auch ein bereits 1979 von dem BGH zu entscheidender Fall. Dort war Geschäftsleuten ein äußerlich als Rechnung gestaltetes Angebot über Veröffentlichungen in einem privaten Branchenbuch zugesandt worden.1 Der BGH lehnte damals eine daraus resultierende Betrugsstrafbarkeit ab, da eine Täuschung nicht ohne weiteres dadurch gegeben sei, dass die Adressaten das Angebot missverstanden und sich der Angeklagte dies planmäßig zunutze machte.2 In der eingangs dargestellten Entscheidung aus dem Jahre 2001 gelangte der BGH demgegenüber zu der Annahme einer Betrugsstrafbarkeit, da auch in einem äußerlich verkehrsgerechten Verhalten – so der BGH – eine Täuschung liegen könne, sofern die Irrtumserregung der Zweck der Handlung gewesen sei.3 2. Wettmanipulationen Eine in letzter Zeit zunehmend ins Blickfeld geratene Konstellation stellt die Manipulation von Sportwetten dar. Bereits im Jahre 1961 hatte der BGH diesbezüglich den Fall zu entscheiden, dass jemand sich direkt nach Beendigung eines Pferderennens von einem Kontaktmann telephonisch den Gewinner mitteilen ließ und anschließend in einem Wettbüro eine „Spätwette“ platzierte, noch bevor dort das amtliche Ergebnis einging.4 Damals lehnte der BGH eine Betrugsstrafbarkeit ab, da die Annahme, wer eine Wette eingehe, erkläre damit stillschweigend, das Ergebnis noch nicht zu kennen, ein willkürliches Konstrukt sei und mithin keine Täuschungshandlung angenommen werden könne.5 Achtzehn Jahre später ging es um einen Angeklagten, der Reiter bestochen hatte, ihr Pferd langsam zu reiten, und der anschließend auf deren Konkurrenten gesetzt hatte.6 In diesem Fall stellte der BGH fest, dass jedenfalls die stillschweigende Erklärung, die Geschäftsgrundlage der Wette nicht manipuliert zu haben, jedem Vertragsangebot zu entnehmen sei; ein strafbarer Betrug liege mithin vor.7 Im Jahre 2006 hatte der BGH dann über den als Fall Hoyzer bekannt gewordenen Fußball-Wettskandal zu entscheiden: Der Angeklagte hatte Schiedsrichter bestochen, damit sie Spiele zu einem vorher vereinbarten Ergebnis hin manipulierten, und anschließend die entsprechenden Wetten platziert.8 Der BGH nahm in diesem Fall entgegen dem Antrag des Sitzungsvertreters der Bundesanwaltschaft einen Betrug mit der Begründung an, dass derjenige, der eine Wette abschließe, damit gleichzeitig stillschweigend erkläre, 1 2 3 4 5 6 7 8

BGH NStZ 1997, 186 (186); ähnlich auch OLG Frankfurt NStZ 1997, 187 (187). Vgl. BGH NStZ 1997, 186 (186). BGHSt 47, 1 (5). BGHSt 16, 120 (120 ff.). BGHSt 16, 120 (121). BGHSt 29, 165 (165 ff.). Vgl. BGHSt 29, 165 (168). BGH NJW 2007, 782 (782 ff.).

II. Ansatzpunkt Ta¨uschungsbegriff

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nicht an Manipulationen beteiligt zu sein, und damit täusche, wenn dies doch der Fall sei.9

3. Fordern eines überhöhten Preises Diesen beiden Beispielsfällen gegenübergestellt werden soll nun der Fall, dass jemand im Rahmen von Kaufverhandlungen durch die Forderung eines überhöhten Kaufpreises bei seinem Gegenüber die Fehlvorstellung hervorruft, der geforderte Preis sei marktgerecht.10 In Konstellationen dieser Art besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass eine Betrugsstrafbarkeit unangemessen wäre; zumeist wird deswegen schon das Vorliegen einer konkludenten Täuschung abgelehnt.11

II. Ansatzpunkt Täuschungsbegriff Ganz überwiegend wird das Problem, ob in Fällen der soeben vorgestellten Art eine Betrugsstrafbarkeit anzunehmen sein soll, bei dem Merkmal der Täuschung verortet. Im Folgenden soll daher näher dargelegt werden, welche Voraussetzungen nach den verschiedenen Sichtweisen jeweils zur Annahme einer konkludenten Täuschung erfüllt sein müssen.

1. Herrschende Lehre: Verhalten mit Erklärungswert Nach ganz überwiegender Ansicht muss einem Verhalten, damit man es als konkludente Täuschung bewerten kann, ein Erklärungswert zukommen.12 Ein Erklärungswert soll danach immer dann angenommen werden können, wenn der Rechtsverkehr ein Verhalten unter Zugrundelegung objektiver Maßstäbe trotz des Fehlens einer ausdrücklichen Erklärung als Kundgabe eines bestimmten Bedeutungsinhaltes versteht;13 zu berücksichtigen sein soll jedoch ferner die Risikoverteilung in der spezifischen Geschäftssituation.14 Ausgehend davon wird zumeist in dem Abschluss einer Wette stets die stillschweigende Erklärung gesehen, den Wettgegenstand nicht manipuliert zu haben beziehungsweise das betreffende Ergebnis Vgl. BGH NJW 2007, 782 (783). Vgl. zu diesem Beispiel nur SK-Hoyer § 263, Rn. 43. 11 Vgl. LK-Tiedemann § 263, Rn. 35; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 16 d und 17 c; Bay ObLG NJW 1994, 1078 (1078 ff.); OLG Stuttgart NStZ 1985, 503 (503); Jecht GA 1963, 41 (42 f.); Maaß, Betrug verübt durch Schweigen, S. 128 ff. 12 Herzberg, Die Unterlassung im Strafrecht und das Garantenprinzip, S. 72; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 14 / 15; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 10; Rengier, BT I, § 13, Rn. 5. 13 Vgl. Rengier, BT I, § 13, Rn. 5. 14 S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 14 / 15. 9

10

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G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Ta¨uschungen

noch nicht zu kennen, so dass bei Wettmanipulationen immer eine konkludente Täuschung vorläge.15 Keine falsche Erklärung könnte demgegenüber bei „rechnungsähnlichen Angeboten“ angenommen werden; hier ergibt sich bei genauer Lektüre stets die zutreffende Erklärung, dass es sich nur um ein Angebot zu einem Vertragsschluss handelt. In derartigen Fällen ließe sich daher, allein darauf abstellend, ob objektiv ein Erklärungswert vorliegt, keine konkludente Täuschung annehmen. Zum Teil wird jedoch – da dieses Ergebnis als unbillig empfunden wird – in Anlehnung an die nachfolgend darzustellende Rechtsprechung des BGH das Vorliegen einer Erklärung durch den subjektiven Willen des Täters, einen Irrtum hervorzurufen, begründet.16 Keine unzutreffende Erklärung soll hingegen in dem Fordern eines überhöhten Preises liegen, aus der geschäftsspezifischen Risikoverteilung soll sich vielmehr entnehmen lassen, dass der Käufer für die Ermittlung des Marktpreises selbst zuständig ist.17

2. Die Ansicht der Rechtsprechung Auch nach Ansicht der Rechtsprechung muss einem Verhalten ein Erklärungswert zukommen, damit man es als konkludente Täuschung bewerten kann.18 Übereinstimmung mit der herrschenden Lehre besteht grundsätzlich auch darin, dass bei der Bestimmung des Erklärungswertes neben der Verkehrsanschauung auch dem rechtlichen Rahmen des Geschäftes Bedeutung zukommt, sodass letztlich neben faktischen auch normative Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.19 Grundlage jeden Rechtsgeschäftes ist nach Ansicht des BGH die Erwartung, dass keine vorsätzliche Manipulation des Vertragsgegenstandes durch den Vertragspartner in Rede stehe; die Erklärung dies nicht getan zu haben sei – so der BGH – demnach Bestandteil des Abschlusses jedes Wettvertrages,20 sodass zumindest bei einer Einwirkung auf den Wettgegenstand durch den Wettenden selbst stets von einer konkludenten Täuschung und der daraus resultierenden Betrugsstrafbarkeit auszugehen sei.21 Speziell für Fälle „rechnungsähnlicher Angebote“ hat der BGH 15 S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 16 d; siehe auch Wersdörfer JZ 1962, 451 (451); Mittelbach JR 1961, 506 (506). 16 Vgl. Tröndle / Fischer § 263, 16; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 16 c; a.A. Wessels / Hillenkamp, BT 2, § 13, Rn. 499. 17 Vgl. LK-Tiedemann § 263, Rn. 35; S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 16 d und 17 c; Jecht GA 1963, 41 (42 f.); Maaß, S. 128 ff. 18 BGHSt 3, 69 (71); 16, 120 (121); 47, 1 (3); BGH NStZ 1982, 70 (70); BGH NJW 1995, 539 (539 f.). 19 BGH NJW 2007, 782 (784). 20 Vgl. BGH NJW 2007, 782 (784). 21 Ausdrücklich offen gelassen wurde in diesem Zusammenhang, ob nach diesen Maßstäben entgegen der früheren Entscheidung BGHSt 16, 120 (120 ff.) auch ein bloßes Sonderwissen des Täters über den Wettausgang zur Annahme einer konkludenten Täuschung genügen würde, vgl. BGH NJW 2007, 782 (785).

II. Ansatzpunkt Ta¨uschungsbegriff

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zudem eine Modifikation des von ihm ansonsten zugrundegelegten objektiven Täuschungsbegriffes vorgenommen. Ausreichend zur Annahme einer falschen Erklärung soll demnach auch eine inhaltlich richtige Erklärung sein, sofern sie subjektiv dazu bestimmt ist, bei dem Adressaten eine Fehlvorstellung hervorzurufen.22 Auch ein äußerlich verkehrsgerechtes Verhalten kann demnach eine Täuschung beinhalten, sofern der Täter die Eignung zur Irrtumserregung planmäßig, also mit direktem Vorsatz bezüglich einer Irrtumserregung, einsetzt.23 Nicht ausreichend zur Annahme einer für eine konkludente Täuschung vorausgesetzten falschen Erklärung soll auch nach Ansicht der Rechtsprechung demgegenüber etwa die bloße Forderung eines überhöhten Kaufpreises sein, sofern keine gesetzlich vorgeschriebenen Tax- oder Listenpreise existieren.24

3. Der „normative“ Täuschungsbegriff Entgegen Rechtsprechung und herrschender Lehre vertritt ein Teil der Literatur einen rein normativen Täuschungsbegriff.25 Gemeinsam ist den so ansetzenden Vorschlägen, dass auf das faktische Element des Vorliegens einer Erklärung vollständig verzichtet wird; ausreichend sein soll in tatsächlicher Hinsicht vielmehr allein die Irrtumsverursachung.26 Wann im einzelnen bei der Verursachung eines Irrtums eine konkludente Täuschung angenommen werden kann, soll dann in einem zweiten Schritt anhand normativer Kriterien bestimmt werden. In dem Verfahren der Entwicklung der entscheidenden normativen Gesichtspunkte bestehen zwischen den einzelnen Ansätzen einige Unterschiede, die dadurch erzielten Ergebnisse stimmen jedoch weitgehend überein. Der älteste, rein normativ ansetzende Vorschlag geht zurück auf Lackner. Seiner Ansicht nach ist allein anhand der geschäftsspezifischen Risikoverteilung zu ermitteln, ob eine konkludente Täuschung vorliegt.27 Grundsätzlich ist dabei seiner Meinung nach davon auszugehen, dass jeder Vertragspartner sein eigenes Risiko trägt, eine konkludente Täuschung soll demnach nur dann angenommen werden können, wenn ein besonderer Grund für einen Übergang des Risikos ersichtlich ist.28 Krack hingegen sieht die Funktion des Täuschungsbegriffes darin, festzulegen, wann dem Täter ein Irrtum des Opfers zuzurechnen ist.29 Wann dies der Fall ist, will er anhand von aus dem Rahmen der BGHSt 47, 1 (5). BGHSt 47, 1 (5). 24 Bay ObLG NJW 1994, 1078 (1078 f.); OLG Stuttgart NStZ 1985, 503 (503). 25 LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 29; MünchKomm-Hefendehl § 263, Rn. 86 ff.; Krack, S. 51 ff.; Joecks § 263, Rn. 31 ff.; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 12 a; Pawlik, S. 100 ff.; Pawlik, Lampe-Festschrift, 694 (708); Wittig, S. 326 ff. 26 LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 28; Krack, S. 56; SK-Hoyer § 263, Rn. 42 ff.; Krey / Hellmann, BT 2, § 11, Rn. 338 ff. 27 LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 29. 28 LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 29. 22 23

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G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Ta¨uschungen

objektiven Zurechnung bekannten Gesichtspunkten bestimmen; eine Täuschung soll danach ein Verhalten sein, welches die rechtlich missbilligte Gefahr einer Fehlvorstellung in sich birgt.30 Eine Einbeziehung von Kriterien der objektiven Zurechnung in die Auslegung des Täuschungsbegriffes hält er der direkten Anwendung dieses Rechtsinstituts gegenüber für vorzugswürdig, da auch die Lehre von der objektiven Zurechnung seiner Ansicht nach nichts anderes als eine Tatbestandsauslegung darstellt.31 Auch Pawlik will die Lehre von der objektiven Zurechnung für die Auslegung des Täuschungsbegriffes nutzbar machen und nimmt eine konkludente Täuschung ausgehend davon immer dann an, wenn der Täter die Integrität der Opfersphäre missachtet hat.32 Die durch derartige Vorgehensweisen erzielten Ergebnisse unterscheiden sich kaum von denen der herrschenden Meinung. Rechnungsähnliche Angebote sollen zumindest unter bestimmten Umständen als konkludente Täuschung zu werten sein,33 ebenso der Abschluss einer Wette bei vorheriger Manipulation des Wettgegenstandes.34 Nicht als Täuschung zu bewerten sein soll auch bei einer rein normativen Betrachtung hingegen das bloße Fordern eines überhöhten Kaufpreises, da dort der Käufer allein verantwortlich für den ihm unterlaufenden Irrtum sei.35

4. Konkludente Täuschung als vorsätzliche Irrtumsverursachung Bockelmann vertritt demgegenüber die These, zur Annahme einer konkludenten Täuschung genüge die Irrtumsverursachung, sofern die Handlung mit dem Vorsatz zur Irrtumserregung erfolgt sei.36 Noch einen Schritt weiter gehen Mahnkopf / Sonnenberg; ausreichend sein soll ihrer Meinung nach jede Art der Irrtumsverursachung, da dort wo ein Irrtum entstanden sei, stets auch eine Täuschung vorliege.37 Auch Arzt und Weber sprechen sich in ihrem Lehrbuch dafür aus, allein die Verursachung eines Irrtums genügen zu lassen, weitergehende Anforderungen halten auch sie nicht für erforderlich.38 Legt man diese Sichtweise zugrunde, so wäre in Krack, S. 54. Krack, S. 55 f. 31 Krack, S. 30, Fn. 55. 32 Vgl. Pawlik, S. 4; 113 ff.; siehe auch Pawlik STV 2003, 297, (297). 33 Vgl. Krack JZ 2002, 613 (614); Pawlik StV 2003, 297 (297 ff.); Tröndle / Fischer § 263, Rn. 16. 34 Vgl. Krack ZIS 2007, 103 (105 ff.); Tröndle / Fischer § 263, Rn. 18; NK-Kindhäuser § 263, Rn. 133; siehe auch LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 43, der auch im „Spätwettenfall“ eine sich aus der Risikoverteilung ergebende konkludente Täuschung sieht. 35 Vgl. SK-Hoyer § 263, Rn. 43; LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 46; Tröndle / Fischer § 263, Rn. 21. 36 Bockelmann, Eb. Schmidt-Festschrift, 437 (440); Bockelmann NJW 1961, 1934 (1935). 37 Vgl. Mahnkopf / Sonnenberg NStZ 1997, 187 (187). 38 Vgl. Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 35. 29 30

II. Ansatzpunkt Ta¨uschungsbegriff

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sämtlichen unter dem Stichwort der Wettmanipulation angesprochenen Konstellationen, also insbesondere auch bei der Platzierung einer Spätwette, deren Ausgang schon bekannt ist, eine konkludente Täuschung anzunehmen.39 Auch in Fällen „rechnungsähnlicher Angebote“ müsste stets von einer konkludenten Täuschung ausgegangen werden.40 Bei konsequenter Anwendung dieser Sicht wäre ferner jedoch auch in vielen weiteren Konstellationen wie etwa der des bloßen Forderns eines überhöhten Kaufpreises eine Täuschung anzunehmen.41

5. Diskussion über die einzelnen Täuschungsbegriffe Erörtert werden soll nun, welches Verständnis des Begriffes der konkludenten Täuschung vorzugswürdig ist. Ausgangspunkt der Überlegungen soll dabei wieder die Frage sein, inwieweit sich die Vorschläge mit dem Wortlaut des § 263 StGB in Einklang bringen lassen. Betrachtet werden soll zunächst die Position von Rechtsprechung und herrschender Lehre. Nicht zu beanstanden ist vor dem Hintergrund des Wortlautes und der durch diesen gemäß Art 103 Abs. 2 GG gesetzten Grenze zunächst, zur Bestimmung einer konkludenten Täuschung auf den Erklärungswert eines Verhaltens abzustellen. Bedenklich erscheint jedoch das Verfahren, mit dem Rechtsprechung und herrschende Lehre anschließend zu bestimmen versuchen, welcher Erklärungswert einem Verhalten zukommt: Neben faktischen Gesichtspunkten sollen zumindest auch rechtliche Gesichtspunkte entscheidend sein.42 Ein derartiges Vorgehen überzeugt nicht. Ob eine Erklärung vorliegt, muss anhand der tatsächlichen Umstände bestimmt werden, die rechtliche Situation und andere normative Gesichtspunkte sind dabei unerheblich. Wer anders ansetzt, sieht sich zu Recht dem Einwand ausgesetzt, er nehme die Fiktion einer Erklärung vor;43 der Bezug zum Wortlaut wird aufgegeben, wenn man anhand rechtlicher Wertungen bestimmen will, ob eine Erklärung vorliegt oder nicht. Bestimmt man hingegen anhand rein tatsächlicher Umstände, wann eine Erklärung vorliegt, so lässt sich etwa in den beispielhaft angeführten Konstellationen von Wettmanipulationen keine Erklärung des Täters entnehmen, den Wettgegenstand nicht manipuliert zu Vgl. dazu Bockelmann NJW 1961, 1934 (1935). Vgl. dazu Mahnkopf / Sonnenberg NStZ 1997, 187 (188). 41 Bockelmann schlägt zur Begrenzung des von ihm vertretenen weiten Täuschungsbegriffes eine Korrektur auf der Rechtswidrigkeitsebene vor, vgl. Bockelmann ZStW 69, 269 (272). Ein derartiges Vorgehen wurde schon bei der Besprechung des Problems ausdrücklicher als sozialadäquat empfundener Täuschungen verworfen, siehe dazu Gliederungspunkt F. VI. 3.; normative Begrenzungen an dieser Stelle müssen bei konkludenten Täuschungen aus den gleichen Erwägungen ausscheiden. Mahnkopf / Sonnenberg und Arzt / Weber halten Begrenzungen des von ihnen zugrundegelegten weiten Täuschungsbegriffes hingegen scheinbar nicht für notwendig. 42 Vgl. dazu die Darstellung von Rechtsprechung und herrschender Lehre unter Gliederungspunkt G. II. 1. und 2. 43 So etwa LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 30. 39 40

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G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Ta¨uschungen

haben. Dieser Umstand liegt vielmehr – ausgehend von der Verkehrsanschauung als der tatsächlichen Lebenswirklichkeit – weit außerhalb dessen, was sich die Beteiligten beim Abschluss einer Sportwette üblicherweise zusichern. Auch in Fällen „rechnungsähnlicher Angebote“ müsste eine konkludente Täuschung abgelehnt werden, ein genaues Studium des Schreibens ergäbe dort schließlich stets die zutreffende Erklärung, lediglich einen Vertragsschluss anbieten zu wollen. Diese anscheinend überwiegend als unbillig empfundenen Ergebnisse lassen sich jedoch auch nicht dadurch vermeiden, dass man anstatt auf den Erklärungswert eines Verhaltens allein auf normative Gesichtspunkte abstellt, wie ein Teil der Lehre es fordert. Eine derartige bewusste Abkoppelung vom Wortlaut wird der durch Art. 103 Abs. 2 GG gezogenen Grenze nicht gerecht, es wird vielmehr strafbegründend auf vom Wortlaut losgelöste Kriterien abgestellt. Als einzige Möglichkeit, auch in Fällen wie etwa dem der „rechnungsähnlichen Angebote“ oder dem der Manipulation von Sportwetten das Vorliegen einer konkludenten Täuschung zu begründen, verbleibt somit, jede Irrtumsverursachung grundsätzlich als taugliche Täuschungshandlung zu akzeptieren. Hiergegen wird eingewandt, der Umstand, dass in § 263 StGB mit der Vorspiegelung falscher oder Unterdrückung oder Entstellung wahrer Tatsachen verschiedene Täuschungsformen normiert sind, verdeutliche, dass nicht bloß die Irrtumsverursachung ausreichen könne.44 Dieser Einwand trifft die Ansätze von Mahnkopf / Sonnenberg und Arzt / Weber. Lediglich die Verursachung eines Irrtums kann als Tathandlung des § 263 StGB nicht genügen, sonst wäre die dort vorgenommene Aufzählung in der Tat nicht erforderlich gewesen. Nicht entkräften lässt sich mit diesem Einwand hingegen der Vorschlag Bockelmanns, eine vorsätzliche Irrtumsverursachung zu fordern. Ausgehend vom Wortlaut erscheint durchaus nicht ausgeschlossen, dass durch die in § 263 StGB gewählte Formulierung lediglich klargestellt werden sollte, dass die Zweckrichtung der Handlung für die Annahme einer Täuschung entscheidend sein soll. Da der Täter jedoch gemäß § 15 StGB ohnehin Vorsatz bezüglich der Verursachung eines Irrtums haben muss, scheint es des weiteren naheliegend, dass eine Täuschung mehr erfordert als eine bloß billigend in Kauf genommene Irrtumsverursachung. Als Modifizierung der von Bockelmann vertretenen Sichtweise ist somit eine konkludente Täuschung nur dann anzunehmen, wenn der Täter mit der Absicht zur Irrtumsverursachung handelt.45 Diese Sichtweise lässt sich mit dem Wortlaut des § 263 StGB ohne weiteres vereinbaren. Ihr Vorteil besteht darin, bei der Bestimmung des Begriffs der konkludenten Täuschung von rein faktischen Gegebenheiten auszugehen und dadurch klare, nachvollziehbare Ergebnisse zu liefern. Allerdings erfasst, wie bereits angedeutet wurde, diese relativ weite Fassung 44 Vgl. Tönnies, Die Ausdehnung des Täuschungsbegriffes durch die Konstruktion des Betruges durch schlüssiges Verhalten, S. 23; SK-Hoyer § 263, Rn. 23. 45 Inhaltlich übereinstimmend ist dieses Verständnis des Täuschungsbegriffes im Übrigen mit dem, was der BGH beschränkt auf „rechnungsähnliche Angebote“ als richtig erachtet: trotz des Fehlens einer falschen Erklärung soll ein Verhalten dort als Täuschung anzusehen sein, „wenn die Irrtumserregung Zweck der Handlung ist“, vgl. BGHSt 47, 1 (5).

III. Ansatzpunkt objektive Zurechnung

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des Täuschungsbegriffes möglicherweise auch Fälle, bei denen eine Betrugsstrafbarkeit unangebracht wäre. Dadurch notwendig werdende Begrenzungen im Einzelfall könnten jedoch durchaus auch in einem anderen Rahmen erfolgen, genannt werden kann hier insbesondere das Kriterium der objektiven Zurechnung. Ein dahingehender Vorschlag soll im Folgenden erarbeitet werden. Es bleibt somit festzuhalten, dass die Annahme einer konkludenten Täuschung lediglich erfordert, dass der Täter eine zur Irrtumserregung geeignete Handlung in der Absicht vornimmt, bei dem Opfer eine Fehlvorstellung zu verursachen.46

III. Ansatzpunkt objektive Zurechnung Wie bereits angedeutet, erfasst ein derart weit gefasster Täuschungsbegriff möglicherweise auch Fälle, bei denen eine Betrugsstrafbarkeit unangebracht wäre. Als Beispiel genannt werden kann hier die eingangs dargestellte Konstellation des bloßen Forderns eines überhöhten Kaufpreises. Obwohl in dieser Konstellation eine Betrugsstrafbarkeit nach einhelliger Meinung nicht sachgerecht wäre, ist von einer konkludenten Täuschung auszugehen, wenn der Verkäufer mit der Forderung des überhöhten Preises die Absicht verfolgt hat, sein Gegenüber von dessen Marktüblichkeit zu überzeugen. Erforderlich scheint daher auch hier ein Korrektiv, das im Wege einer Feinsteuerung derartige Konstellationen aus dem Bereich des nach § 263 StGB Strafbaren ausscheidet. Diese Funktion könnte vorliegend dem allgemeinen Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit zukommen.

1. Verlagerung der normativen Erwägungen auf die Ebene der objektiven Zurechnung Wie bereits dargestellt, muss eine Täuschung des Täters einen Irrtum nicht bloß verursacht haben, dieser muss ihm vielmehr auch objektiv zurechenbar sein. Daran fehlt es nach den allgemeinen Grundsätzen, wenn der Täter entweder keine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen oder wenn sich eine von ihm geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr nicht in dem konkreten Erfolg realisiert hat.47 Von den im 46 Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Täterverhalten auf das Vorstellungsbild des Opfers einwirken muss. Die Verursachung einer Fehlvorstellung durch Veränderung des Vorstellungsgegenstandes, beispielsweise durch Entfernung von Gegenständen aus einem Lager des Opfers kann nicht genügen, da sonst Betrugsfälle denkbar wären, gegen die man sich – wie etwa Krack richtig formuliert hat – besser durch Alarmanlagen als durch Aufmerksamkeit schützen könnte, vgl. Krack, S. 59; diese Sichtweise entspricht im übrigen der nahezu einhelligen Meinung im Schrifttum, vgl. S / S-Cramer / Perron § 263, Rn. 37; SK-Hoyery § 263, Rn. 24; Bockelmann, Eb. Schmidt-Festschrift, 437 (439); a.A. Arzt / Weber, BT, § 20, Rn. 46. 47 Zu einer allgemeinen Darstellung der Lehre von der objektiven Zurechnung vgl. Gliederungspunkt A. I. 5. a).

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G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Ta¨uschungen

Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung entwickelten Kriterien könnten vorliegend vor allem drei relevant sein: In einigen Fällen könnte der Täter kein rechtlich missbilligtes, sondern nur ein erlaubtes Risiko geschaffen haben. Ferner sind Fälle der fehlenden Risikorealisierung denkbar, etwa weil die Verhinderung von Irrtümern in den Verantwortungsbereich des Opfers fällt oder weil dieses sich eigenverantwortlich selbstgefährdet hat. Diese Gesichtspunkte sollen im Folgenden weiter ausgearbeitet werden; zunächst soll jedoch der Gedanke, eine Begrenzung über die Lehre von der objektiven Zurechnung herbeizuführen, als solcher zur Diskussion gestellt werden.

2. Diskussion über ein Ansetzen bei dem Erfordernis der objektiven Zurechenbarkeit Für eine Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung spricht, dass – wie bereits ausgeführt wurde – das Problem, welche Verhaltensweisen im Einzelnen eine Betrugsstrafbarkeit auslösen sollen, nicht abschließend anhand des Täuschungsbegriffes gelöst werden kann, ohne Widersprüchlichkeiten und Divergenzen zum Wortlaut auszulösen.48 Die Konsequenz daraus, nämlich ein Differenzierungen im Einzelfall weitgehend außer Acht lassender weiter Täuschungsbegriff, macht spätere Begrenzungen nötig. Das allgemeine Korrektiv der objektiven Zurechenbarkeit ist der dafür geeignete Standort, da nur so normative Gesichtspunkte berücksichtigt werden können, ohne den Bezug einzelner Tatbestandsmerkmale zum Wortlaut aufzugeben. Die Parallelen des Problems zu im Rahmen der objektiven Zurechnung relevanten Gesichtspunkten wurden auch von anderen Autoren gesehen.49 Als Argument dafür, eine umfassende Lösung trotzdem anhand des Täuschungsbegriffes vorzunehmen, wird vorgebracht, eine Verlagerung des Problems zu der Frage der objektiven Zurechenbarkeit führe hier nicht weiter, da auch ein Ansetzen an dieser Stelle letztlich nichts anderes als eine Tatbestandsauslegung sei.50 Diese Sichtweise verkennt die tatsächliche Bedeutung des Erfordernisses der objektiven Zurechnung. Natürlich sind bei der Frage, ob dem Täter ein Irrtum des Opfers objektiv zurechenbar ist, die Besonderheiten des Betrugstatbestandes und insbesondere dessen Schutzzweck zu berücksichtigen. Daneben existieren im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung jedoch auch eine Vielzahl von eigenständigen Erwägungen, die für die Problemlösung neue, weiterführende Gesichtspunkte beisteuern können. Festgehalten werden kann mithin, dass die teilweise Verlagerung des Problems, unter welchen Voraussetzungen ein Verhalten eine Betrugsstrafbarkeit auslöst, vor allem zwei nennenswerte Vorteile bietet: Erstens wird so eine Überfrachtung des Täuschungsbegriffes mit davon losgelösten normativen Erwägungen verhindert. Zweitens können im Rahmen der objektiven 48 49 50

Siehe dazu Gliederungspunkt G. II. 5. Vgl. nur Krack, S. 30, Fn. 55. Krack, S. 30, Fn. 55.

IV. Entwicklung von Kriterien

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Zurechnung bekannte allgemeine Gesichtspunkte helfen, das Problem in einen über eine bloße Einzelfalllösung hinausgehenden größeren Rahmen zu stellen und einer Lösung zuzuführen. Aus diesen Gründen erscheint es sachgerecht, die Lehre von der objektiven Zurechnung in die Problemlösung einzubeziehen.

IV. Entwicklung von Kriterien Nachdem nun feststeht, dass die Lehre von der objektiven Zurechnung vorliegend weiterhelfen kann, soll jetzt analysiert werden, welche Rückschlüsse im Einzelnen sich dabei ergeben. Wie bereits erwähnt, wird dabei vor allem auf die Gesichtspunkte des erlaubten Risikos, der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung und der Angrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche näher einzugehen sein. 1. Erlaubtes Risiko In der Literatur wird ein Verhalten als erlaubtes Risiko bezeichnet, welches zwar riskant bezogen auf das später verletzte Rechtsgut, aber trotzdem generell erlaubt ist.51 Wann dies im Einzelnen der Fall ist, soll unter Abwägung der jeweiligen Interessen für den jeweiligen Straftatbestand zu ermitteln sein.52 Auch der BGH erkennt die Existenz von Verhaltensweisen an, die aufgrund ihrer Erlaubtheit nicht zu einer Strafbarkeit führen können: so soll etwa ein verkehrsgerechtes Verhalten im Straßenverkehr grundsätzlich selbst dann nicht strafbar sein, wenn es mit der Hoffnung auf einen Unfall verbunden ist.53 Überschritten sein soll die Grenze des Erlaubten demgegenüber auch bei äußerlich verkehrsgerechtem Verhalten, wenn beispielsweise ein Auffahrunfall provoziert wird, indem andere zu einer Fehleinschätzung des eigenen Verhaltens verleitet werden.54 Sofern eine Verhaltensweise – ausgehend von diesen Grundsätzen – als erlaubt anzusehen ist, entfällt mithin die objektive Zurechenbarkeit mangels rechtlich missbilligter Gefahrschaffung. Schon im vorherigen Abschnitt wurde diesbezüglich festgestellt, dass es ausdrückliche Täuschungen gibt, die sich völlig im Rahmen des Verkehrsüblichen bewegen und die nicht geeignet sind, den reibungslosen Ablauf des Geschäftsverkehrs zu unterlaufen.55 Dieser Grundsatz muss natürlich in gleicher Weise auch für konkludente Täuschungen gelten. Prüft man vor diesem Hintergrund etwa die Beispielsfälle der „rechnungsähnlichen Angebote“, so ergibt sich dafür folgendes: Anders als bei 51 Roxin, AT I, § 11, Rn. 66; zu einer ausführlichen Darstellung des Aspektes des erlaubten Risikos siehe auch Gliederungspunkt B. VII. 1. 52 SK-Rudolphi vor § 1, Rn. 62; Jakobs, AT, 7. Abschn., Rn. 41, 46. 53 BGH NJW 1999, 3132 (3133). 54 BGH NJW 1999, 3132 (3133). 55 Vgl. dazu Gliederungspunkt F. IX.

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G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Ta¨uschungen

üblichen Werbe- oder Verkaufsfloskeln sind Briefe, die bei nur flüchtiger Lektüre als Rechnung erscheinen, durchaus eine ernstzunehmende Gefahr für den Geschäftsverkehr. Würde sich herumsprechen, dass derartige Verhaltensweisen erlaubt sind, so würden sowohl Geschäfts- als auch Privatleute mit einer Vielzahl derartiger Schreiben immer ausgefeilteren Inhaltes konfrontiert, die genaue Lektüre all dieser Offerten nähme dementsprechend beträchtliche Zeit in Anspruch. Zudem wird in diesen Fällen – verglichen mit der Rechtsprechung des BGH zu Verkehrsunfällen – vom Täter mit dem Schreiben nicht bloß eine vage Hoffnung auf einen Irrtum des Opfers verbunden, der Täter provoziert es hier vielmehr bewusst zu einer Fehleinschätzung. Dadurch ist die Grenze des Erlaubten überschritten. Auch das Wetten auf ein Ereignis, dessen Ausgang schon im Vorfeld manipuliert wurde, ist ausgehend von diesen Grundsätzen schwerlich als erlaubt anzusehen. Auch in diesem Fall hat der Täter den Irrtum des Wettpartners durch sein vorhergehendes Verhalten bewusst provoziert und dadurch die Grenze des Verkehrsüblichen überschritten. Schwieriger zu beurteilen sind vor diesem Hintergrund Fälle sogenannter „Spätwetten“. In einer den Schutzzweck des Betrugstatbestandes berücksichtigenden Abwägung der jeweiligen Interessen ist dort nun festzustellen, ob § 263 StGB auch vor derartigen Angriffen schützen soll. Dies wird man der Entscheidung des BGH entsprechend wohl verneinen müssen, da der Täter sich hier darauf beschränkt, sich einen Wissensvorsprung zu verschaffen. Allein das Verschaffen eines Wissensvorsprunges genügt jedoch nicht, um von einer Provokation eines Irrtums zu sprechen, es entsteht somit trotz der Kenntnis des Wettausganges durch den Abschluss einer Spätwette keine rechtlich missbilligte Gefahr. Auch das Fordern eines überhöhten Preises stellt demnach ein erlaubtes Risiko dar, ein derartiges Verhalten entspricht vollständig dem innerhalb von Kaufverhandlungen verkehrsüblichen, sodass von einer rechtlich missbilligten Gefahrschaffung nicht gesprochen werden kann. Festgehalten werden kann somit, dass auch im Bereich konkludenter Täuschungen Verhaltensweisen denkbar sind, die aufgrund ihrer Verkehrsüblichkeit als erlaubt anzusehen sind. Als Beispiel dafür kann das bloße Fordern eines überhöhten Kaufpreises dienen. Daneben ergibt eine Analyse des Schutzzweckes des § 263 StGB, dass die Norm nicht vor dem einfachen Ausnützen von Wissensvorsprüngen schützen soll. Auch die in der Hoffnung, das Gegenüber werde den Ausgang des Rennens noch nicht kennen, abgeschlossene „Spätwette“ stellt demnach ein Beispiel für erlaubte Risiken dar. In diesen beiden Konstellationen entfällt mithin die objektive Zurechnung des Irrtums zu dem Verhalten des Täters und damit eine mögliche Betrugsstrafbarkeit. Nicht gesagt ist damit, dass in Fällen wie den verbliebenen, in denen eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen wurde, die Zurechenbarkeit bejaht werden muss; vielmehr muss nun geprüft werden, ob sich aus anderen Aspekten ein Zurechnungsausschluss ergibt.

IV. Entwicklung von Kriterien

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2. Berücksichtigung der Eigenverantwortlichkeit des Opfers Gefragt werden kann etwa, ob sich das Opfer nicht in einigen Fallgestaltungen eigenverantwortlich selbstgefährdet hat. Von einem eigenverantwortlichen Handeln in diesem Sinne kann immer dann ausgegangen werden, wenn sich ein von dem Opfer bewusst eingegangenes Risiko realisiert hat.56 Speziell für den Betrugstatbestand ergibt sich daraus, wie bereits herausgearbeitet wurde, dass ein Zurechnungsausschluss immer dann in Betracht kommt, wenn das Opfer objektiv zumindest leichtfertig gehandelt hat und es subjektiv das Bewusstsein hatte, eine Gefahr einzugehen. Trotz des Vorliegens dieser Voraussetzungen kann die Eigenverantwortlichkeit einer Selbstgefährdung jedoch entfallen, wenn das Opfer ein einsichtiges Motiv für die Gefährdung hatte.57 Liest das Opfer beispielsweise eine Insertionsofferte nicht vollständig, so besteht zunächst kein Zweifel daran, dass dieses Verhalten objektiv leichtfertig ist. In aller Regel ist dem Opfer ferner auch bewusst, dass es durch ein derartiges Verhalten ein Irrtumsrisiko eingeht. Anders mag dies lediglich in besonderen Ausnahmesituationen sein. Werden etwa gezielt nahe Angehörige eines kurz zuvor Verstorbenen angeschrieben, wie dies in dem vom BGH im Jahre 2001 zu entscheidenden Fall gegeben war, so ist es durchaus denkbar, dass gerade diese Zielgruppe aufgrund der momentanen Schwächesituation das nötige Bewusstsein für die Gefährdung nicht aufbringt. Dies stellt dann jedoch die Ausnahme dar und bedarf einer gesonderten Begründung. Das Motiv für die jeweiligen Opfer, die an sie gerichteten rechnungsähnlichen Angebote nicht vollständig zu lesen, dürfte in dem Ziel, Zeit zu sparen, liegen. Als einsichtiges Motiv kann dieses Ziel gewertet werden, wenn der Text so gefasst ist, dass sich der Angebotscharakter erst durch ein längeres Studium des Schreibens erschließt, etwa weil es sich über viele Seiten erstreckt oder weil die wesentlichen Informationen nur in kleingedruckten Geschäftsbedingungen zu finden sind. Handelt es sich dagegen um ein Angebotsschreiben normaler Länge, so kann ein Zu-Ende-Lesen des Textes erwartet werden. Der Zweck, auch den dafür notwendigen kurzen Zeitraum einzusparen, wird hier auf eigene Gefahr verfolgt, ein einsichtiges Motiv liegt darin nicht. Festgehalten werden kann damit, dass auch bei der Problematik „konkludenter Täuschungen“ der Gesichtspunkt der Eigenverantwortlichkeit weiterhilft. Für Fälle rechnungsähnlicher Angebote ergibt sich daraus beispielsweise, dass grundsätzlich eine eigenverantwortliche Selbstgefährdung angenommen werden kann, sofern der Angebotscharakter leicht erkennbar ist. 3. Abgrenzung der verschiedenen Verantwortungsbereiche Schlussendlich können sich auch aus dem im Rahmen der objektiven Zurechnung bekannten Gesichtspunkt der Abgrenzung verschiedener Verantwortungs56 Zu einer ausführliche Darstellung des Gesichtspunktes der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung vgl. Gliederungspunkt A. I. 7. a). 57 Vgl. dazu insbesondere die Gliederungspunkte A. I. 7. a) und A. II. 6.

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G. Objektive Zurechnung bei konkludenten Ta¨uschungen

bereiche weitere Erkenntnisse ergeben. Danach entfällt die objektive Zurechnung auch dann, wenn die Verhinderung eines Erfolges in den Verantwortungsbereich eines anderen fällt.58 Dies hängt, wie bereits dargestellt wurde, letztlich immer von einem Wertungsakt ab, bei dem alle normativen und kriminalpolitischen Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.59 Denkbar wäre es, an dieser Stelle letzte Korrekturen vorzunehmen, sofern trotz rechtlich missbilligter Gefahrschaffung durch den Täter und fehlender Eigenverantwortlichkeit des Opfers eine Betrugsstrafbarkeit unbillig erschiene. Berücksichtigt werden könnten an dieser Stelle auch die von Vertretern normativer Ansätze unter dem Stichwort der Risikoverteilung angestellten Erwägungen;60 jedoch ist zu beachten, dass grundsätzlich schon die rechtlich missbilligte Gefahrschaffung durch den Täter den Übergang der Verantwortung zu ihm begründet, sodass allenfalls Korrekturen in Ausnahmefällen möglich erscheinen. Für die angeführten Beispielsfälle ergeben sich daher auch bei einer Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche keine Veränderungen. Wer etwa eine Wette abschließt, obwohl er zuvor den Wettgegenstand manipuliert hat, schafft eine rechtlich missbilligte Gefahr und hat damit auch den dadurch bei seinem Wettpartner verursachten Irrtum zu verantworten. Insgesamt kann festgehalten werden, dass unter dem Stichwort der Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche der Aspekt der spezifischen Risikoverteilung eines Geschäftes berücksichtigt werden kann, sofern sich daraus trotz einer rechtlich missbilligten Gefahrschaffung durch den Täter eine alleinige Verantwortung des Opfers für den ihm unterlaufenen Irrtum ergibt.

V. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fällen konkludenter Täuschungen Insgesamt ergeben sich für Fälle konkludenter Täuschungen somit folgende Erkenntnisse: Weder ein rein normativ ansetzender Täuschungsbegriff noch ein Abstellen auf den Erklärungswert einer Handlung kann die Tathandlung des Betruges zutreffend beschreiben. Ein Abstellen auf normative Gesichtspunkte bei der Auslegung des Täuschungsbegriffes bewirkt eine Abkoppelung vom Wortlaut im strafbegründenden Bereich und ist daher unzulässig. Ein Abstellen auf den Erklärungswert einer Handlung erweist sich als zu eng, sofern man das Kriterium tatsächlich ernst nimmt. Versuche einer Einbeziehung normativer Gesichtspunkte bei der Bestimmung des Erklärungswertes bewirken dagegen eine ebenfalls unzulässige Fiktion einer in Wirklichkeit nicht vorliegenden Erklärung. Zugrundegelegt werden muss daher ein weiter, normative Erwägungen gänzlich außer acht lassender Täuschungsbegriff. Als konkludente Täuschung anzusehen ist danach jedes zur Irrtumserregung geeignete Verhalten, welches in der Absicht vorgenommen wird, 58 59 60

Vgl. Roxin, AT I, § 11, Rn. 137; S / S-Lenckner / Eisele vor § 13, Rn. 101 / 101 a. Vgl. dazu die Gliederungspunkte A. I. 7. b) und A. II. 6. b). Vgl. dazu nur LK-Lackner (10. Auflage) § 263, Rn. 29 ff.

V. Zusammenfassung der Erkenntnisse zu Fa¨llen konkludenter Ta¨uschungen

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bei dem Opfer eine Fehlvorstellung zu verursachen.61 Begrenzungen dieses weiten Täuschungsbegriffes können anschließend auf der Ebene der objektiven Zurechnung vorgenommen werden.62 Ausgehend davon ergibt sich, dass dem Täter ein Irrtum des Opfers trotz der Vornahme einer konkludenten Täuschung nicht zurechenbar ist, wenn eine Verhaltensweise aufgrund ihrer Verkehrsüblichkeit als erlaubt anzusehen ist.63 Als Beispiel hierfür kann insbesondere das bloße Fordern eines überhöhten Kaufpreises angesehen werden. Ferner ist ein Zurechnungsausschluss aufgrund der Eigenverantwortlichkeit des Opfers anzunehmen, wenn das Opfer bestimmte Irrtumsrisiken bewusst eingeht.64 Dies ist unter anderem grundsätzlich dann der Fall, wenn das Opfer eine leicht als Angebot erkennbare vermeintliche Rechnung nur flüchtig liest, um Zeit zu sparen. In Einzelfällen kommt darüber hinaus ein Zurechnungsausschluss in Betracht, wenn die geschäftsspezifische Risikoverteilung ergibt, dass ein Irrtum trotz der rechtlich missbilligten Gefahrschaffung durch den Täter allein in den Verantwortungsbereich des Opfers fällt.65

61 62 63 64 65

Zu diesen Erkenntnissen vgl. Gliederungspunkt G. II. 5. Vgl. Gliederungspunkt G. III. 2. Vgl. Gliederungspunkt IV. 1. Vgl. Gliederungspunkt IV. 2. Vgl. Gliederungspunkt IV. 3.

Ergebnis der Untersuchung Als Ergebnis der Untersuchung kann festgehalten werden, dass dem Erfordernis der objektiven Zurechnung im Rahmen des § 263 StGB eine große Bedeutung zukommt, die in Rechtsprechung und herrschender Lehre bislang nur teilweise gesehen wird. Weiterhelfen kann die Lehre von der objektiven Zurechnung insbesondere dann, wenn das Opfer ein gewisses Maß an Mitverschulden trifft. Daneben bietet die Lehre von der objektiven Zurechnung vielfach Möglichkeiten, normative Gesichtspunkte in die strafrechtliche Bewertung einfließen zu lassen. Fasst man die durch die Anwendung der Lehre von der objektiven Zurechnung im Rahmen des Betrugstatbestandes gewonnenen Erkenntnisse zusammen, so ergibt sich dabei folgendes: Es fehlt an einer rechtlich missbilligten Gefahrschaffung, wenn die Täuschung des Täters in keiner Weise geeignet ist, eine redlich handelnde Person zu einer Vermögensverfügung zu bewegen. Eine Vermögensverfügung, die nur ein seinerseits rechts- oder sittenwidrig handelndes Opfer vornehmen kann, ist dem Täter mithin objektiv nicht zuzurechnen.1 Mangels rechtlich missbilligter Gefahrschaffung nicht zurechenbar ist dem Täter ferner schon ein Irrtum, wenn er sich mit einer von ihm vorgenommenen ausdrücklichen oder konkludenten Täuschung völlig im Rahmen dessen bewegt, was als verkehrsüblich anzusehen ist.2 Trotz einer rechtlich missbilligten Gefahrschaffung entfällt die objektive Zurechenbarkeit auf Grund einer eigenverantwortlichen Selbstgefährdung durch das Opfer, wenn dieses objektiv zumindest leichtfertig gehandelt hat, subjektiv das Bewusstsein dafür hatte, eine Gefahr einzugehen, und es ferner kein einsichtiges Motiv für die Selbstgefährdung gab.3 Wendet man diese Erkenntnis auf problematische Fallkonstellationen an, so ergibt sich, dass in Fällen leichtgläubigen Opferverhaltens die objektive Zurechnung des Irrtums zu dem Täter entfällt, wenn dem Opfer bewusst war, dass es ein bestimmtes Irrtumsrisiko eingegangen ist.4 Zweifelt das Opfer an dem Wahrheitsgehalt der Aussagen des Täters, so gefährdet es sich ebenfalls bewusst selber, wenn die Zweifel auf konkreten Verdachtsmomenten beruhen.5 In Fällen der Verfehlung der vom Opfer mit einem Geschäft verfolgten Zwecke kann eine die Zurechnung der Vermögensverfügung zum Täter ausschließende Eigenverantwortlichkeit angenommen werden, sofern dem Opfer – wie bei bewusst einseitigen Leistungen üblich – die schädigende Wirkung seines Verhaltens bekannt 1 2 3 4 5

Siehe dazu Gliederungspunkt B. VII. 1. Siehe dazu die Gliederungspunkte F. IX. und G. IV. 1. Vgl. dazu insbesondere die Gliederungspunkte A. I. 7. a) und A. II. 6. Vgl. Gliederungspunkt A. I. 8.; siehe dazu ferner Gliederungspunkt G. IV. 2. Vgl. Gliederungspunkt A. II. 7.

Ergebnis der Untersuchung

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ist und es sich lediglich über Umstände irrt, die außerhalb des direkten Leistungszweckes liegen.6 Bei dem Problemkreis des Prozessbetruges bringt ein Blick auf die eigenverantwortliche Stellung des Richters die Erkenntnis, dass die Behauptung nicht existenter Rechtssätze oder Gerichtsentscheidungen nicht zu einer Betrugsstrafbarkeit führen kann, Irrtümer des Richters in diesem Bereich sind ihm alleine, nicht aber dem Täter zuzurechnen.7 Schlussendlich lässt sich aus den Grundsätzen der eigenverantwortlichen Selbstgefährdung entnehmen, dass in Fällen des sogenannten Dreiecksbetruges dem Opfer eine fremde Vermögensverfügung zuzurechnen ist, sofern es dem Dritten entweder die Befugnis dazu erteilt hat oder ihm eine besondere Zugriffsmöglichkeit eingeräumt hat. In diesen Fällen hat das Opfer die Gefahr von Verfügungen Dritter eigenverantwortlich selbst verursacht.8 Verfügt stattdessen ein Hoheitsträger, beispielsweise ein Richter im Zivilprozess, über das Vermögen des Opfers, so hat das Opfer diese Verfügung zwar nicht eigenverantwortlich verursacht; zu einer Zurechnung kommt es hier gleichwohl trotzdem, da die Verfügungen des Richters durch gesetzliche Bestimmungen dem Verantwortungsbereich des Opfers zugewiesen sind.9 Mit diesen durch die Einbeziehung der Lehre von der objektiven Zurechnung gewonnenen Erkenntnissen soll nicht der Anspruch erhoben werden, jedes der angesprochenen Probleme bis ins letzte Detail zu lösen – eine weitergehende Ausdifferenzierung wäre ein Thema weiterer Arbeiten. Was jedoch diese Untersuchung zeigen soll, ist, dass die Lehre von der objektiven Zurechnung viele Möglichkeiten bietet, den in der bis jetzt vorherrschenden Auslegung vielfach widersprüchlichen Betrugstatbestand von einigen Unstimmigkeiten zu befreien.

6 7 8 9

Vgl. Gliederungspunkt C. VII. 2. Vgl. Gliederungspunkt D. VII. 1. Vgl. Gliederungspunkt E. IV. 1. Vgl. Gliederungspunkt E. IV. 2.

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Sachwortverzeichnis Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche – allgemeine Bedeutung im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung 65 ff. – bei konkludenten Täuschungen 189 f. – bei leichtgläubigem Opferverhalten 67 f. – beim Dreiecksbetrug 156 f. – beim Prozessbetrug 142 ff. Abwägung gesellschafts- und kriminalpolitischer Gesichtspunkte 56 f.; 82 f.; 101 f.; 121 f.; 131 f.; 173 f. Adäquanztheorie 34 Äquivalenztheorie 34 ausländisches Betrugsstrafrecht 54 ff. Befugnistheorie 149 Begriffshof 29 Begriffskern 29 Deputatkohle-Fall 72 Dreiecksbetrug 145 ff. eigenverantwortliche Selbstgefährdung – allgemeine Bedeutung im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung 59 ff. – bei konkludenten Täuschungen 189 – bei leichtgläubigem Opferverhalten 63 ff. – beim Dreiecksbetrug 154 f. – bei rechts- oder sittenwidrigem Opferverhalten 106 – bei Zweckverfehlungen 124 f. – bei Zweifeln des Opfers 84 f. – beim Prozessbetrug 140 Erklärungswert 189 erlaubtes Risiko 174; 187 f. Fallgruppen – abergläubisch motivierte Geschäfte 26

– Abzahlungs- und Kreditgeschäfte 24 – falsche Angaben zur rechtlichen Bewertung im Zivilprozess 144 – falsche Darstellung des vorzutragenden Sachverhaltes im Zivilprozess 128 – Floskeln bei Kaufverhandlungen 160 – Fordern eines überhöhten Kaufpreises 179 – Haustürgeschäfte 25 – konkrete Zweifel bei gesetzlichen oder vertraglichen Verpflichtungen 71 – konkrete Zweifel im Zeitpunkt der Vertragsanbahnung 70 – Prellung des Opfers um deliktisch erlangten Besitz 88 – Prellung des Opfers um einen missbilligten Einsatz von Arbeitskraft 89 – Prellung des Opfers um „gutes“ Geld 90 – Prellung des Opfers um nichtige Ansprüche 89 – rechnungsähnliche Angebote 177 – spekulative Geldanlagen 25 – vage Zweifel 70 – Verfehlung des vereinbarten Leistungszweckes 109 – Verfehlung sonstiger Zwecke 110 – Verfügungen Dritter bei rechtsgeschäftlich erteilter Verfügungsmacht 146 – Verfügungen Dritter bei tatsächlicher Verfügungsmacht durch Einräumung von Gewahrsam 146 – Verfügungen Dritter bei Verfügungsmacht kraft hoheitlicher Stellung 147 – Verfügungen Dritter ohne vom Opfer eingeräumte Zugriffsmöglichkeit 147 – Werbeanpreisungen 159 – Wettmanipulationen 178 funktionaler Zusammenhang 117 ff. Irrtumsbegriff 72 ff.; 166 f.

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Sachwortverzeichnis

Kausalität 34 ff.; 76 ff.; 132 ff. konkludente Täuschungen 177 ff. Lagertheorie 148 Lehre von der objektiven Zurechnung siehe objektive Zurechnung leichtgläubiges Opferverhalten 23 ff. Motorradwettfahrt-Fall 60 normativer Täuschungsbegriff 181 objektive Zurechnung – Anwendbarkeit auf § 263 StGB 44 – Anwendbarkeit auf Vorsatzdelikte 41 – bei konkludenten Täuschungen 185 ff.; 187 ff. – bei leichtgläubigem Opferverhalten 37 ff.; 84 ff. – bei rechts- oder sittenwidrig handelnden Opfern 99 ff.; 103 ff. – bei sozialadäquaten Täuschungen 172 ff. – bei Zweckverfehlungen 119 ff.; 122 ff. – bei Zweifeln des Opfers 79 ff.; 84 ff. – beim Dreiecksbetrug 152 f.; 140 ff. – beim Prozessbetrug 135 ff.; 140 ff. – Existenz des Rechtsinstitutes 41 Opfermitverantwortung 23 Prozessbetrug 128 ff. rechtlich missbilligte Gefahrschaffung – allgemeine Bedeutung im Rahmen der Lehre von der objektiven Zurechnung 103 ff. – bei „sozialadäquaten Täuschungen“ 179 f. – bei Zweckverfehlungen 122 f. rechtswidriges Opferverhalten 88 ff. Rechtswidrigkeit 169 ff. Retterschäden 86

Sammelgaragen-Fall 146 Schutzzweck der Norm 42 f. Selbstbehauptungsprinzip 86 Selbstgefährdung siehe eigenverantwortliche Selbstgefährdung sittenwidriges Opferverhalten 88 ff. Sozialadäquanz 161; 163; 174 f.; 187 f. sozialadäquate Täuschungen 159 ff. tatbestandsrelevante Kausalität 76 Tatsachenbegriff 32 ff.; 129 ff.; 164 ff. Täuschungsbegriff 26 ff.; 90 ff.; 110 ff.; 160 ff.; 179 ff. teleologische Reduktion 29 f.; 49 ff. Verantwortungsbereiche siehe Abgrenzung verschiedener Verantwortungsbereiche Vermögensbegriff 93 ff. – juristischer Vermögensbegriff 94 – juristisch-ökonomischer Vermögensbegriff 95 – personaler Vermögensbegriff 96 – wirtschaftlicher Vermögensbegriff 94 Vermögensschaden 93 ff.; 112 ff.; 167 ff. – Kombinationstheorie 113 – Theorie der unbewussten Selbstschädigung 113 Vermögensverfügung 92; 148 f. Viktimologie 23 Wahrheitspflichten 31 ff. Wahrscheinlichkeitstheorie 72 Zimmerwirt-Fall 147 Zweckverfehlungen 109 ff. Zweckverfehlungslehre 113 f. Zweifel des Opfers 69 ff.