Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933: Band 3/ Teil 3 USA [Reprint 2020 ed.] 9783110966930, 9783908255185

Essential for collections of German Literature and German-American Studies. (Newsletter. Society for American-German Stu

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German Pages 556 Year 2001

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Table of contents :
INHALT
VORWORT
ABKÜRZUNGEN
AUTOREN
KURT ENOCH
CLAIRE GOLL
BERNARD GUILLEMIN
ANNA KROMMER
ANTON KUH
NOMI RUBEL
HELENE SCHEU-RIESZ
JOHANNES STEEL
LUDWIG ULLMANN
SAMMEL- UND THEMATISCHE AUFSÄTZE
LYRIKERINNEN IM AMERIKANISCHEN EXIL
DER APHORISMUS IM EXIL
DIE DEUTSCHSPRACHIGE VERLEGEREMIGRATION IN DEN USA NACH 1933
VORTRAGSTÄTIGKEIT DER EXILSCHRIFTSTELLER IN DEN USA: ERNST TOLLER, THOMAS MANN, KLAUS MANN, ERIKA MANN, EMIL LUDWIG
GIBT ES EINE RÜCKKEHR AUS DEM EXIL?
DOROTHY THOMPSON. EINE SCHLÜSSELFIGUR DER WELT DES EXILS
ANTI-NAZI-FILME DES DEUTSCHEN EXILS
DIE REZEPTION DER EXILLITERATUR IN DER MARXISTISCHEN DEUTSCH-AMERIKANISCHEN PRESSE: DER ARBEITER, DEUTSCHES VOLKSECHO, VOLKSFRONTTHE GERMAN AMERICAN
WARTESAAL LISSABON 1940 - 1941
DER «JEWISH CLUB OF 1933, INC.» - EIN DEUTSCHES KULTURZENTRUM AM PAZIFISCHEN OZEAN
DIE AMERICAN GUILD FOR GERMAN CULTURAL FREEDOM UND DIE DEUTSCHE AKADEMIE IM EXIL
CONGRESS FOR CULTURAL FREEDOM
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Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933: Band 3/ Teil 3 USA [Reprint 2020 ed.]
 9783110966930, 9783908255185

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Diese Veröffentlichung wurde gefördert durch: Deutsche Forschungsgemeinschaft, Bonn-Bad Godesberg Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Wien

DEUTSCHSPRACHIGE EXILLITERATUR SEIT 1933 BAND 3

USA HERAUSGEGEBEN VON JOHN M. SPALEK, KONRAD FEILCHENFELDT UND SANDRA H. HAWRYLCHAK TEIL 3

K G - SAUR VERLAG BERN UND MÜNCHEN 2002

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Deutschsprachige Exilliteratur seit 1933. - Bern ; München : Saur Bd. 1 u.d.T.: Deutsche Exilliteratur seit 1933 ISBN 3-907820-43-6 Bd. 3. USA / hrsg. von John M. Spalek ... Teil 3 - (2002) ISBN 3-908255-18-X

© Gedruckt auf säurefreiem Papier / Printed on acid-free paper Alle Rechte vorbehalten / All Rights Strictly Reserved K.G. Saur Verlag AG Bern und München, 2002 Printed in the Federal Republic of Germany Jede Art der Vervielfältigung ohne Erlaubnis des Verlags ist unzulässig. Druck/Binden: Strauss Offsetdruck Mörlenbach ISBN 3-908255-18-X

INHALT Vorwort

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Abkürzungen

xi AUTOREN

Kurt Enoch. Von Roland Jaeger (Los Angeles) Ciaire Göll. Von Andreas Kramer (Univ. of London, Goldsmith College) . Bernard Guillemin. Von Annette Daigger (Univ. des Saarlandes) Anna Krommer. Von Christoph Haacker (Wuppertal) Anton Kuh. Von Oliver Bentz (Univ. Stuttgart) Nomi Rubel. Von Karlheinz Kärgling (Magdeburg) Helene Scheu-Riesz. Von Christiane Dreher (Köln) Johannes Steel. Von Georg Schütte (Fulbright-Commission, Berlin) Ludwig Ulimann. Von Susanne Alge (Berlin)

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SAMMEL- UND THEMATISCHE AUFSÄTZE Lyrikerinnen im amerikanischen Exil. Von Sigrid Bauschinger (Univ. of Massachusetts, Amherst) Der Aphorismus im Exil. Von Friedemann Spicker (Königswinter) Die deutschsprachige Verlegeremigration in den USA nach 1933. Von Ernst Fischer (Univ. Mainz) Vortragstätigkeit der Exilschriftsteller in den USA. Von Helga Schreckenberger (Univ. of Vermont) Gibt es eine Rückkehr aus dem Exil? Von Wulf Köpke (Texas A & M Univ.) Dorothy Thompson. Eine Schlüsselfigur der Welt des Exils. Von Kerstin Feller (Johannesburg, S. Africa) Anti-Nazi-Filme des deutschen Exils. Von Jan-Christopher Horak (Hollywood Entertainment Museum, Los Angeles) Die Rezeption der Exilliteratur in der marxistischen deutsch-amerikanischen Presse: Der Arbeiter, Deutsches Volksecho, Volksfront, The German American. Von Reinhard K. Zachau (Univ. of the South, Sewanee) Wartesaal Lissabon 1940-1941. Von Christina Heine Teixeira (CanifoMadeira, Portugal) Der «Jewish Club of 1933, Inc.» — ein deutsches Kulturzentrum am Pazifischen Ozean. Von Johanna W. Roden (Univ. of California, Long Beach) Die American Guild for German Cultural Freedom und die Deutsche Akademie im Exil. Von Brita Eckert und Werner Berthold (Die Deutsche Bibliothek, Frankfurt) Congress for Cultural Freedom. Von Michael Hochgeschwender (Univ. Tübingen)

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VORWORT Der vorliegende dritte Teilband schließt sich den zwei vorausgehenden Bänden an und setzt die Darstellung der deutschsprachigen Exilliteratur in den USA fort. Im Unterschied zu den zwei ersten Bänden, deren Inhalt aus Aufsätzen über einzelne Autoren bzw. Persönlichkeiten des Exils bestand, werden im dritten Teilband auch thematische Aufsätze gebracht. Die als thematisch bezeichneten Beiträge behandeln typologische Genres (z.B. die Lyrikerinnen im Exil), Gruppierungen (z.B. die Verleger im Exil), Organisationen (z.B. die American Guild for German Cultural Freedom), und Themen (z.B. die Rückkehr aus dem Exil). Der folgende vierte Teilband wird ebenfalls aus Autorenaufsätzen und thematischen Beiträgen bestehen. Wie schon in den früheren Bänden betont, wird der Begriff «Exilliteratur» weiterhin weit gefaßt, wie das z.B. aus Aufsätzen von Feller und Hochgeschwender in dem vorliegenden Band hervorgeht. Es trifft ferner für den dritten Teilband zu, daß fast siebzig Jahre nach dem Beginn des Exils, immer wieder neue Nachlaßfunde gemacht werden konnten, die zu Aufsätzen über Exilautoren und Exilautorinnen führen, an deren Existenz vor einem Jahrzehnt noch nicht hatte gedacht werden können. Somit gilt für unsere Bandreihe nach wie vor das Wort «work in progress». Die große Zahl der Autoren und Themen des deutschsprachigen literarischen Exils in den U.S.A. unterstreicht noch einmal die Tatsache, daß der weitaus größte Teil der Schriftsteller (im weitesten Sinne), Verleger, und Ubersetzer im amerikanischen Exil eine vorübergehende oder permanente Heimat fanden. Ein Beweis dafür ist die Gesamtliste der «Exiljahre in den U.S. A.», die für den vierten Teilband zusammengestellt wird und die über 400 Namen anführen wird. Im Vergleich zu den Autoren im Kalifornien- bzw. New York-Band werden in dem Band USA immer wieder jüngere und unbekanntere Autoren behandelt, wobei gerade diese jüngeren Autoren und Autorinnen von dem Karrierenbruch des Jahres 1933 bzw. 1938 besonders betroffen waren. Der damit verbundene Generationsunterschied erklärt auch den Unterschied in der Behandlung der jeweiligen Autoren. Ein Aufsatz über einen im Jahre 1933 schon arrivierten Autor setzt um das Jahr 1933 an, denn das Werk vor 1933 wird als bekannt vorausgesetzt. Bei Autoren der jüngeren Generation gilt diese Voraussetzung nicht, deshalb wird eine umfassende bzw. vollständige Darstellung gebracht, die auch ihre Jugend, Ausbildung und frühe literarische Versuche einschließt. Zwei Beispiele für die jüngere Generation in dem vorliegenden Band sind die Biographien und Werkstudien von Nomi Rubel und Anna Krommer, deren Leben als Frauen und Schriftstellerinnen von tiefgehenden Brüchen, unfreiwilligem Aufenthalt in verschiedenen Ländern, gezeichnet ist. Ihre Entwicklung als

VORWORT Schriftstellerinnen beginnt erst mit dem Exil und ist fast ausschließlich von dieser Erfahrung geprägt. Ahnliches, doch auf eine andere Art, ließe sich von Johannes Steel sagen, der um 1933 erst 24 Jahre alt war. Steel ist nicht nur einer der jüngeren Autoren, sondern ein Ausnahmefall in mehrfacher Hinsicht. Er ist schon seit 1934 (nachdem er den Röhm-Putsch vorausgesagt sagt) ein berühmter amerikanischer Journalist und einer der führenden Radiokommentatoren in den USA, der als Emigrant schon 1933 über uneingeschränkte Kenntnis des Englischen verfügte. Er ist der einzige, dem es gelang, schon in der frühen dreißiger Jahren Millionen von Zuhörern zu erreichen. Er dürfte auch der einzige Exilant gewesen sein, der im Jahre 1946 als Kandidat für den U.S. Kongreß aus N e w York aufgestellt wurde. Unter den Aufsätzen, die bisher unbekannte Themen bringen, sind zu nennen: «Wartesaal Lissabon» von Christina Teixeira, der die Ubergangssituation auf der Flucht aus Europa nach den U.S.A. für etwa 80 Personen dokumentiert (mit genauen Aufenthaltsdaten in Lissabon). Neue Informationen und Einsichten bringt auch der Aufsatz von Kerstin Feller über Dorothy Thompson, die zurecht als Schlüsselfigur innerhalb des deutschsprachigen Exils dargestellt wird. In dieser Hinsicht folgt dieser Beitrag der Linie des Aufsatzes über den amerikanischen Verleger Ben Huebsch, den Helfer und Freund vieler in die U S A emigrierter Schriftsteller (Werfel, Feuchtwanger, Zweig), der schon im Kalifornien-Band vorgestellt wurde. Zwei weitere amerikanische Persönlichkeiten, die ebenfalls eine Würdigung verdienten, wären Alvin Johnson (der Begründer der New School for Social Research in N e w York) und Oswald Garrison Villard (der Herausgeber der Zeitschrift The Nation). Bemerkenswert an dem Aufsatz von Ernst Fischer, ist, wie er selber hervorhebt, daß die emigrierte Verlegergeneration eine Erfolgsstory darstellt, eine Tatsache, die bisher in dem Maße nicht bekannt war und eine neue Einsicht darstellt. In Hinsicht auf Erfolg wäre die Verlegergeneration als Gruppe vielleicht mit den Exilanten in Hollywood zu vergleichen (Drehbuchautoren wie Georg Froeschel und Frederick Kohner; Regisseure wie Fritz Lang und Billy Wilder; Produzenten wie Otto Preminger; und literarische Agenturen wie Paul Kohner). Zwei Aufsätze setzen Themen fort, die schon in früheren Bänden Beiträge erhalten haben. Der Aufsatz über die American Guild for German Cultural Freedom von Brita Eckert und Werner Berthold setzt die Darstellung von Hilfsorganisationen fort, die mit den Aufsätzen über das Emergency Rescue Committee und dem European Film Fund (im Kalifornienband) begonnen hatte. Die Darstellung von Jan-Christopher Horak über den Anti-Nazi-Film ist ein weiterer Beitrag über das Thema Film, indem er den Aspekt der Filmproduktion betont, die den Kampf gegen Nazi-Deutschland unterstützt.

VORWORT

ix

Der Aufsatz von Helga Schreckenberger über die Vortragsreisen der Exilschriftsteller in den USA zeigt (was auch für Johannes Steel zutrifft), daß die Exilschriftsteller in den dreißiger Jahren eine wichtige öffentliche Rolle spielten. Schreckenberger wählt bewußt diejenigen Autoren aus (Thomas Mann, Erika Mann, Ernst Toller u.a.), die vor einem amerikanischen Publikum Vorträge in englischer Sprache hielten, die den Zweck hatten, die Zuhörer über Hitler und Nazi-Deutschland aufzuklären. Auch wenn zahlreiche andere Exilschriftsteller Vorträge und Lesungen hielten (z.B. Oskar Maria Graf, Gerhart Seger, Manfred George), so fand dies meist vor Exilgruppen statt und meist in deutscher Sprache, z.B. vor dem New World Club in New York, der Literarischen Gesellschaft in Chicago, oder dem Jewish Club of 1933 in Los Angeles. Der Aufsatz von Wulf Köpke beschreibt die Typologie der Rückkehrprobleme bei Exilschriftstellern. Er betont dabei die Verknüpfung der psychologischen und politischen Probleme, wie auch das «Nachexil» der Nichtrückkehrer. Der Beitrag von Michael Hochgeschwender, der sinnvollerweise den Band abschließt, führt aus der Problematik der Exilzeit in die Nachkriegsperiode, aus dem Kampf gegen den Nationalsozialismus zu den neuen Konstellationen des Kalten Krieges. Die Verfasser der einzelnen Aufsätze haben Personen und Instituten, die ihnen mit Auskünften und Materialien geholfen haben, bereits ihren Dank in den Anmerkungen der jeweiligen Beiträge ausgesprochen. Die Herausgeber möchten an dieser Stelle ferner den Instituten und Personen, die das Unternehmen als Ganzes gefördert haben, danken: das Deutsche Exilarchiv der Deutschen Bibliothek in Frankfurt, insbesondere Frau Dr. Brita Eckert, Frau Mechthild Hahner und Frau Sylvia Asmus; das Department of Special Collections der State University of New York at Albany, insbesondere Frau Dorothy Christiansen und Frau Mary Osielski; Stiftung Archiv der Akademie der Künste, Berlin, insbesondere Frau Christina Moeller; das Department of Special Collections, Boston University, insbesondere Dr. Howard B. Gotlieb; das Leo Baeck Institute (jetzt Teil des Center for Jewish History), New York; das Department of Special Collections, University of Southern California, insbesondere Frau Marje Schuetze-Coburn; wir möchten schließlich Frau Dr. Claudia (Schulze) Christophersen danken, die alle Aufsätze in diesem Band kritisch mitgelesen hatte, für die Schlußkorrektur verantwortlich war und die Ubersetzung eines Aufsatzes von Jan-Christopher Horak ins Deutsche besorgte, und last but not least Prof. Dr. h.c. Klaus G. Saur für die freundliche Gegenlektüre des verlagsgeschichtlichen Beitrags von Ernst Fischer. Für die finanzielle Unterstützung, die den vorliegenden Band ermöglichte, danken wir den Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bonn, und möchten Herrn Dr. Manfred Briegel, der das Projekt schon lange mit Wohlwollen begleitete, und Herrn Dr. Thomas Wiemer, einen persönlichen Dank aussprechen.

ABKÜRZUNGEN Anm. Aufbau (NY) Aufl. Ausg. Bd./Bde. Bl. CA d.i. dass. ders. dies. Diss. DLA ebda. ERC f./ff. Hrsg./hrsg. LBI N.F. Nr. NY o.D. o.J. o.O. s. S./SS. s.a. s.o. s.u. Sp. SUNYA tr. u. u.a. u.d.T. Ubers./übers. Univ. V.

Verf. vgl. zit.

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Anmerkung Aufbau/Reconstruction (NY) Auflage Ausgabe Band/Bände Blatt California das ist dasselbe derselbe dieselbe Dissertation Deutsches Literaturarchiv, Marbach/Neckar ebenda Emergency Rescue Committee folgende Herausgeber/herausgegeben Leo Baeck Institute (NY) Neue Folge Nummer New York ohne Datum ohne Jahr ohne Ort siehe Seite/Seiten siehe auch siehe oben siehe unten Spalte State University of New York at Albany translated/ translator und unter anderem/und andere unter dem Titel Ubersetzer/übersetzt Universität/University von Verfasser/Verfasserin vergleiche zitiert

AUTOREN

KURT ENOCH ROLAND JAEGER Das moderne Taschenbuch hat — ausgehend von deutschen Vorläufern im 19. Jahrhundert—in den dreißiger Jahren seinen internationalen Siegeszug angetreten und als Massenmedium nicht nur wirtschaftliche Erfolge erzielt, sondern auch einen kulturgeschichtlich relevanten Beitrag zur Verbreitung und Popularisierung von Literatur und Bildungsgut geleistet.1 Ein nicht unbedeutender Teil dieser Entwicklung geht auf Kurt Enoch zurück, der 1936 aus Deutschland zunächst nach Frankreich und 1940 schließlich in die Vereinigten Staaten emigriert ist.2 In Amerika gehörte der aus Hamburg stammende Verleger nach dem Zweiten Weltkrieg zu den Pionieren des qualitätvollen Taschenbuchs. Während die spätere Laufbahn von Kurt Enoch in Deutschland kaum bekannt ist, weiß man in den USA wiederum wenig über sein früheres Wirken in Europa. Gerade in der Zusammenschau beider Lebensabschnitte ergibt sich jedoch eine der bemerkenswertesten Biographien der Verlags- und Buchhandelsgeschichte des 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus dürfte es sich bei Enoch um eine der erfolgreichsten Exilkarrieren überhaupt handeln. Der Aufbau (NY) stellte daher 1960 ein Porträt des Verlegers auch an den Anfang einer Artikelserie mit Geschichten von Erfolg und Leistung. Einige Europäer, die in Amerika ihren Weggingen? Kurt Enoch, am 22. November 1895 in Hamburg geboren, stammte aus einem liberalen jüdischen Elternhaus. Sein Vater Oscar Enoch (1860-1934), der in der Hansestadt zunächst Antiquariatsbuchhändler war, erwarb 1884 eine kleine Druckerei mit Verlagsabteilung. Bis zum Ersten Weltkrieg baute Enoch senior diesen Betrieb zu einem Unternehmen mit über hundert Angestellten aus und erweiterte ihn um ein Auslieferungslager für andere Buch- und Zeitschriften-Verlage. Daneben etablierte er verschiedene Verlagsbuchhandlungen mit jeweils eigenem Programm, das von Trivialliteratur über Geschichtswerke bis zu Stadtplänen reichte. Gemeinsam mit seinem jüngsten Bruder, einem gelernten Buchhändler, gründete Oscar Enoch zudem 1913 in Hamburg einen belletristischen Verlag, den Gebrüder Enoch Verlag. Aufgrund dieser familiären Vorprägung übten die kreativen Herausforderungen und kulturellen Auswirkungen des Druckens und Verlegens auf Kurt Enoch schon früh eine große Anziehungskraft aus. Nach der Schulzeit absolvierte er in Berlin ein kurzes Praktikum bei der Gsellius'schen Buchhandlung und vertiefte seine literarische Bildung an der dortigen Universität. Nach dreijährigem Militärdienst im Weltkrieg wandte sich Enoch allerdings dem Studium der Nationalökonomie zu, das er 1921 an der neugegründeten Hamburger Universität mit einer Dissertation über Die Bodenpolitik im Hafengebiet Hamburgs vorzeitig abschloß. Denn die gesundheitliche Verfassung seines Vaters, der unter den Belastungen der Kriegszeit sowie dem frühen Tod des Bruders und Geschäftspartners gelitten hatte, machte seinen Eintritt in das Familienunternehmen erforderlich. Schrittweise übernahm Kurt Enoch, inzwischen verheiratet, die Geschäftsführung und wurde 1923 mit achtundzwanzig Jahren persönlich haftender Gesellschafter von Verlag und Vertriebsfirma. Die eigenständig geführte Druckerei war zuvor verkauft

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KURT

ENOCH

worden, um die unternehmerischen Kräfte zu konzentrieren. Oscar Enoch zog sich daraufhin aus dem Tagesgeschäft zurück, stand aber bis zu seinem Tod 1934 dem Sohn noch beratend zur Seite. Der Gebrüder Enoch Verlag hatte bislang vorwiegend populäre Unterhaltungsliteratur produziert. Zu den Bestsellern gehörten die eher anspruchslosen «Zeitromane» von Anny Wothe-Mahn und die sich engagiert gebenden «sozialen Romane» von Arthur Zapp. Kurt Enochs erklärtes Ziel war es daher, dem Unternehmen ein anspruchsvolleres Profil zu geben. Ein Devisendarlehen eines englischen Verwandten seiner Frau ermöglichte es ihm, damit bereits während der Inflationszeit zu beginnen. Im Bereich der Literatur förderte Enoch vor allem regionale Talente seiner eigenen Generation. So brachte er von Hans Leip, einem Vertreter des literarischen Nachwuchses in Hamburg, unter anderem die Erzählung Der Nigger aufScharhörn (1927) heraus. Weitere Verlagsautoren aus der Hansestadt waren Ludwig Benninghoff mit seinen historischen Romanen Sturm aus Schwaben (1931) und Gustav Adolf(1932) sowie der auch als Ubersetzer und Lyriker tätige Ernst Sander mit dem Roman Lehrjahre des Herzens (1931). Zu den Werken jüngerer auswärtiger Schriftsteller zählten der biographische Heine-Roman v4 ¿Mstw (1924) von Ludwig Diehl, der Abenteuerroman DerKampf um die Kupfergrube (1924) von Friedrich R. Nord und der Roman Der Schakal—ein Kampfum die Zukunft (1924) von Egon Frey. Anfang der dreißiger Jahre erschienen im Gebrüder Enoch Verlag Studienrat Hancke (1930) von Karl Blitz, eine Auseinandersetzung mit der Schulreform, und Marschieren — nicht träumen (1931) von Emil Beizner, eine Aufarbeitung des Weltkriegserlebnisses. Der aus heutiger Sicht bedeutendste Autor des Verlages jedoch war Klaus Mann (1906-1949) .4 Über das bei Enoch erschienene Erstlingswerk Vor dem Leben (1925) des damals gerade achtzehnjährigen Sohnes von Thomas Mann heißt es in dessen autobiographischem Roman Der Wendepunkt: «Ein unternehmungslustiger junger Verleger in Hamburg... erklärte sich bereit, den Band herauszubringen. Ich zeichnete einen Vertrag mit Optionsklausel, Vorschuß und allem Zubehör». Ebenfalls im Gebrüder Enoch Verlag folgten Klaus Manns erster Roman Derfromme Tanz. Das Abenteuerbuch einer Jugend (1926), seine Kindernovelle (1926) und die politische Essay-Broschüre Heute und Morgen. Zur Situation desjungen geistigen Europas (1927). Darüber hinaus gab Klaus Mann hier zusammen mit dem Lyriker und Erzähler Willi R. Fehse eine zweibändige A ntbologie jüngster Lyrik (1927 und 1929) heraus. Da auf dem Buchmarkt damals eine Konjunktur für Anthologien herrschte, beauftragte Enoch außerdem den Schriftsteller Ernst Glaeser mit der Herausgabe einer Sammlung von Texten namhafter Autoren und Journalisten unter dem Titel Fazit. Ein Querschnitt durch die deutsche Publizistik (1929). Neben diesen Originalveröffentlichungen bemühte sich der Verleger um eine Internationalisierung seines literarischen Programms, indem er Ubersetzungen von fremdsprachigen Erfolgsromanen herausbrachte. Darunter befanden sich Werke von Maurice Bedel und Panait Istrati aus dem Französischen, Edna Ferber und Margaret Kennedy aus dem Amerikanischen, Otto Runge aus dem Dänischen und Eira Hellberg aus dem Schwedischen. Einen eher landeskundlichen Blick über die Grenze hingegen vermittelten die von Friedrich W. Dahncke betreuten Auswahlbände der Reihe Ausfernen

Roland Jaeger

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Ländern, während sich in dem BuchJugend im Land der Jugend (1925) von Fritz Zielesch die damalige Amerika-Begeisterung der jungen Generation spiegelte. Einen weiteren Schwerpunkt des Gebrüder Enoch Verlages bildeten illustrierte Werke. Das erste Buch, das Kurt Enoch überhaupt publizierte, präsentierte in bibliophiler Aufmachung ZwolfLijhograpbienzu Christian Morgensterns Grotesken (1923, Neue Folge 1925) des Hamburger Graphikers und Illustrators Hans Reyersbach (1898-1977). Ein unternehmerisches Wagnis, zumal für einen alpenfernen Verlag aus Hamburg, war auch die Publikation Wunder des Schneeschuhs (1925). Dabei handelte es sich um das erste kinematographisch, also den Bewegungsablauf in Form von Filmstreifen illustrierende Sportbuch mit einer wissenschaftlichen Abhandlung über das moderne System des Skilaufens. Die Bilder entstammten überwiegend den damals populären Sportfilmen des Regisseurs Arnold Fanck, der gemeinsam mit Hannes Schneider, einem Skilehrer und Meisterläufer, auch Herausgeber des Buches war. Vom Verlag gleichermaßen als Sportund Photobuch beworben fand diese Veröffentlichung bei Presse und Publikum eine derart gute Resonanz, daß insgesamt vier Auflagen verkauft werden konnten. Durch Ubersetzungen ins Französische, Italienische, Englische und Japanische und eine Ausgabe in den USA (bei Charles Scribner) fand das Werk sogar internationale Verbreitung. An diesen Uberraschungserfolg knüpfte der Verlag mit dem von Baader/Schneeberger bearbeiteten und wiederum mit kinematographischen Reihenbildern illustrierten Band Sprunglauf Langlauf {\92ty an. Zu Weihnachten 1931 folgte noch Das Bilderbuch des Skiläufers mit einer Einführung in die neue Bewegungs-Photographie von Arnold Fanck. Da Kurt Enoch selbst passionierter Wintersportler war, baute er dieses Segment seines Verlagsprogramms weiter aus. Auf großen Zuspruch bei der sportbegeisterten Nachkriegsgeneration stieß er mit den Büchern des Alpinisten, Schriftstellers und Photographen Henry Hoek. Neben eher unterhaltenden Bänden gehörten dazu vor allem die vier Hoek-Enoch-Bergbücher (1931-1936) über Schweizer Alpengebiete, die sich durch eine moderne typographische und photographische Ausstattung auszeichneten. Weitere Phototitel des Verlages waren der Bildband See, Sand, Sonne (1930) des Hamburger Photographen Arvid Gutschow (1900-1984), der mit seinen sachlichen Ansichten von norddeutschen Küsten und Stränden zu den stilbildenden Publikationen dieses Genres zählte, und das von dem Architekten Fritz Schumacher eingeleitete Buch Hamburg (1930), das ein modernes Porträt der Hansestadt in Aufnahmen von Albert Renger-Patzsch (1897-1966) bot. Zu den photographisch illustrierten Büchern des Gebrüder Enoch Verlages gehörten schließlich noch der von Rolf Voigt zusammengestellte Band Hände. Eine Sammlung von Handabbildungen großer Toter und Lebender (1929) und das eigenwillige zweibändige Werk Hand undPersönlichkeit. Einführung in das System derHandlebre (1931) von Marianne Raschig. Mit der Gestaltung der Schutzumschläge für seine Verlagsprodukte beauftragte Enoch unter anderem den Gebrauchsgraphiker Georg Salter (1897-1967), der später in die USA emigrierte und dort ein bedeutender Buchdesigner wurde, und den aus den Niederlanden stammenden Avantgarde-Künstler Cesar Domela-Nieuwenhuis (19001992), der 1933 von Berlin nach Paris übersiedelte.

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KURT

ENOCH

Im Verlauf der zwanziger Jahre war es Enoch somit gelungen, ein zwar nicht durchweg hochrangiges, aber doch punktuell interessantes Verlagsprogramm aufzubauen. Die wirtschaftliche Basis dafür bildeten allerdings die Einnahmen aus dem Kommissionsgeschäft und der Zeitschriftenkolportage seines Vertriebsunternehmens, die es dem Verleger auch ermöglichten, die Weltwirtschaftskrise zu überstehen. Uber seine eigene Firma hinaus engagierte sich Enoch im Börsenverein der Deutschen Buchhändler (heute «des deutschen Buchhandels») und im Deutschen Verlegerverein, deren Mitglied er von 1922-1936 war. Er schrieb Artikel für das Börsenblattfür den Deutschen Buchhandel und wirkte in literarischen Gesellschaften und Organisationen mit, darunter im P E N Club. Außerdem knüpfte er zunehmend internationale Verlagskontakte, aus denen schließlich eine Kooperation erwuchs, die für sein weiteres Leben große Bedeutung erlangen sollte: Im Jahr 1931 versuchten britische Geschäftsleute, Enoch als Partner für eine zeitgemäße Konkurrenzunternehmung zu der 1841 von dem Leipziger Verleger Bernhard Tauchnitz begründeten «Collection of British and American Authors», kurz «Tauchnitz-Edition» genannt, zu gewinnen. Denn diese traditionsreiche Paperback-Bibliothek mit ihren über 5000 kostengünstigen Reprints britischer und amerikanischer Literaturtitel, von denen die meisten sogar noch lieferbar waren, galt inzwischen hinsichtlich Auswahl und Aufmachung als veraltet und unattraktiv. Ihr Monopol sollte daher mit einem modernen Buchmarketing gebrochen werden, zumal durch die Weltwirtschaftkrise nun eine verstärkte Nachfrage nach billigen, broschierten Büchern entstanden war. Enoch nahm das Angebot an und wurde Teilhaber des zu diesem Zweck 1932 gegründeten Unternehmens The Albatross Modem Continental Library. Er koordinierte von Hamburg aus Vertrieb und Werbung, während sich ein zweites Büro in Paris unter der Leitung von Christian Wegner, einem früheren Tauchnitz-Angestellten, um das Programm kümmerte. Dritter Teilhaber der Firma war der Brite John Holroyd-Reece. Die charakteristische Gestaltung der neuen Bücherreihe wurde Hans Mardersteig (18921977) übertragen. Die Albatross-Library bedeutete den entscheidenden Schritt ins moderne Taschenbuchzeitalter und nahm in verschiedener Hinsicht das Konzept der 1935 in England von Allen Lane, einem weiteren Pionier des Paperbacks, begründeten Penguin Books vorweg. Das Unternehmen brachte es auf 400 Titel und konnte 1935 sogar die konkurrierende Tauchnitz-Edition übernehmen. 6 Dieser berufliche Erfolg wurde für Enoch jedoch durch den Aufstieg des Nationalsozialismus überschattet. Bereits Ende der zwanziger Jahre hatte er den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland mit Sorge registriert. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten mußte er erfahren, wie sich einige seiner besten Kunden, seiner Verlegerkollegen und selbst seiner Angestellten von ihm abwendeten. Auch im gesellschaftlichen Umgang in seiner vermeintlich liberalen Heimatstadt Hamburg erlebte Enoch manche persönliche Enttäuschung. Gleichwohl konnte er seine Verlagsaktivitäten zunächst noch relativ unbehelligt fortsetzen, weil er keinen der nun verfemten Autoren verlegt hatte (die Rechte an den Klaus Mann-Titeln waren bereits 1929 an den S. Fischer Verlag gegangen) und vor allem, weil seine Verbindung mit dem britischen Albatross-Konzern für willkommene Deviseneinnahmen sorgte. In realistischer Einschätzung der sich verstärkenden Vorbehalte gegenüber «jüdischen»

Roland Jaeger

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Verlegern hatte Enoch seine literarischen Ambitionen ohnehin zurückgestellt und sich nun auf ideologisch weniger angreifbare Titel sowie seinen Buch- und Zeitschriftenvertrieb konzentriert. Zu den Bedrängnissen der Zeit traten private Sorgen: 1934 starb sein Vater, wenige Monate später auch seine Frau. Angesichts der Verhältnisse in Deutschland schickte Enoch seine beiden Töchter, die zuletzt bei der aus Krankheitsgründen in Davos lebenden Mutter gewohnt hatten, in ein von amerikanischen Quäkern für deutschjüdische Flüchtlinge in Holland errichtetes Internat. Sein Bruder, ein Ingenieur der Petrochemie, wanderte damals bereits in die USA aus, da er für sich in Deutschland keine berufliche Perspektive mehr sah. Die weitere politische Entwicklung machte schließlich auch die Emigration von Kurt Enoch unumgänglich. Um sie durchführen zu können, wurde eine Vereinbarung getroffen, die nach den Worten des Verlegers «although made under pressure, could still be considered as tolerable»: Sein Geschäftspartner Christian Wegner (1893-1965) wechselte von Paris nach Hamburg und erwarb den Gebrüder Enoch Verlag und die Verlagsauslieferung Oscar Enoch, so daß Enoch aus dem Erlös sowohl die «Reichsfluchtsteuer» bezahlen, als auch im Ausland lagernde Albatross-Tauchnitz-Bücher übernehmen konnte, die ihm dort als Startkapital dienen sollten. Wenngleich diese individuelle Regelung unter den obwaltenden Umständen notgedrungen einvernehmlich erfolgte, so ist der Vorgang doch auch im Zusammenhang mit der damaligen «Arisierung» jüdischen Eigentums zu sehen.7 Der Hamburger Gebrüder Enoch Verlag wurde daraufhin in den Christian Wegner Verlag und das Kommissionsgeschäft in Grossohaus Wegner umgewandelt. Am 8. August 1936 emigrierte Kurt Enoch nach Paris. Sein Vorhaben, dort die Albatross-Tauchnitz-Aktivitäten modifiziert fortzuführen, mußte er aufgeben, als seine Partnerschaft mit John Holroyd-Reece 1938 wegen unterschiedlicher Geschäftsauffassungen auseinanderging. Inzwischen hatte Enoch jedoch die Firma Continenta, die vor allem den Export von Albatross-Tauchnitz-Titeln betrieb, sowie später in London die Imperia Ltd. für den Vertrieb französischer und englischer Bücher in England gegründet. Beide Unternehmungen zeitigten erste, wenngleich bescheidene Resultate und brachten dem Verleger vor allem wertvolle Erfahrungen im Umgang mit den Strukturen ausländischer Buchmärkte. Auch privat begann sich Enochs Leben im Exil zu konsolidieren: Er heiratete seine zweite Frau Marga, die er noch in Hamburg kennengelernt hatte, und es gelang ihm, seine Mutter und seine Schwester aus Deutschland nach Paris zu holen. Sein berufliches Ziel jedoch blieb es, wieder verlegerisch tätig zu werden — wobei er sich aber nicht als Exilverleger verstand. Eine solche Möglichkeit deutete sich an, als er bei einem Besuch in London mit Allen Lane, dem Begründer der inzwischen erfolgreich gestarteten Penguin Books, zusammentraf. Die beiden Verleger entwickelten daraufhin gemeinsame Pläne für eine Edition französischsprachiger Taschenbücher für den britischen Markt. Der Ausbruch des Krieges im Herbst 1939 machte dieses Projekt jedoch zunichte. Nach vorübergehender Internierung in französischen Lagern wurde Enoch im Dezember 1939 freigelassen und schmiedete sogar schon wieder Pläne für eine gemeinsame Edition mit dem Pariser Verlagshaus Hachette. Die Besetzung Frankreichs

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durch deutsche Truppen setzte aber auch diesem Vorhaben ein baldiges Ende. Entschlossen, seinem Gastland notfalls militärisch zu dienen, trat Enoch in das Prestataire Corps ein. Als die Lage in Frankreich aussichtslos wurde, entschloß er sich jedoch zur Emigration in die USA. Von dort aus hatte sich sein Bruder bereits um ein Einreisevisa für ihn bemüht und dafür auch die Fürsprache von Thomas Mann gewonnen. Mit Hilfe des von Varian Fry koordinierten Emergency Rescue Committee gelang Enoch aus Südfrankreich die dramatische Flucht über die Pyrenäen nach Spanien und Portugal. Von Lissabon aus reiste er schließlich in die Vereinigten Staaten — mit demselben Schiff wie Franz und Alma Werfel sowie Heinrich und Golo Mann. Am 13. Oktober 1940 traf Enoch mit seiner Frau, seinen beiden Töchtern und seiner Schwester in den USA ein (seine Mutter konnte er 1941 nachholen). Angesichts seiner späteren Karriere in Amerika verdient seine damalige Ausgangslage in Erinnerung gerufen zu werden, die Enoch in seinen Memoiren wie folgt beschreibt: Analyzing m y situation, it was not a very pretty picture: I was forty-five years of age with a young wife and two teenage daughters and responsible for my seventy-two-yearold mother, still in France. All of us had arrived with nothing but what we had on our persons and I had to assume that all our European belongings and assets were lost, or at least inaccessible for an indefinite period.... My knowledge of English left much to be desired and our legal status was uncertain. Except for some business contacts I had had no personal connection with Americans. My only assets were my professional knowledge and experience, a certain reputation in the publishing world and an unbroken confidence in myself.8

Kurt Enoch entschied sich in New York zu bleiben, das ihm als Zentrum des amerikanischen Verlagswesens am ehesten eine berufliche Betätigung bieten konnte. Hier kam es zur Begegnung mit gleichfalls exilierten deutschen Verlegern, darunter Fritz Landshoff, Gottfried Bermann und Kurt Wolff. Auch seinen ehemaligen Hamburger Freund Hans Reyersbach, der wenig später als H.A. Rey mit seinen «Curious George»Kinderbüchern in Amerika sehr bekannt werden sollte, traf er nun wieder.9 Vor allem aber informierte sich Enoch in Gesprächen mit amerikanischen Verlegern über den amerikanischen Buchmarkt, auf dem der Erfolg der britischen Penguin-Paperbacks inzwischen ebenfalls zur Gründung von Taschenbuchverlagen (z.B. Pocket Books, 1939) geführt hatte. Die Zeit war also reif für das broschierte Serienbuch in Großauflage. Nachdem sich eine beratende Zusammenarbeit mit Günther Koppeil von der Alliance Book Corporation nicht aussichtsreich entwickelte, brachte eine an den früheren Kontakt in Europa anknüpfende Begegnung mit dem britischen Taschenbuch-Verleger Allen Lane für Enoch die entscheidende berufliche Wende: Er trat 1941 in die Penguin Books Inc. ein, die die englischen Penguin Books und die zugehörige Sachbuchserie Pelican Books in den USA vertreiben sollte. 1942 wurde Enoch Vizepräsident dieser Firma, 1945 stieg er zum Präsidenten und Teilhaber auf, nachdem der bisherige Geschäftsführer Ian Ballantine zu dem neu gegründeten Taschenbuchverlag Bantam Books gewechselt war. Enochs Partner bei Penguin Books Inc. wurde Victor Weybright, ein früherer Zeitschriftenverleger mit publizistischen Erfahrungen auf dem amerika-

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nischen und britischen Markt. Gemeinsam mit Weybright kaufte er schließlich Ende 1947 die restlichen Anteile der englischen Muttergesellschaft auf und benannte die ehemalige amerikanische Tochter von Penguin Books in The New American Library of World Literature um. Aus Penguin Books wurde nun der Serientitel «Signet», aus Pelican Books die Sachbuchreihe «Mentor». Unter dem Dachnamen The New American Library (NAL) entwickelte sich dieses Unternehmen mit seinen Imprints nicht nur zum größten und erfolgreichsten Taschenbuchverlag der Vereinigten Staaten, sondern setzte auch international neue Maßstäbe für diese Buchgattung. Denn mit seinem Konzept des «quality paperbacks» übertrug Enoch die Tradition europäischer «Volksausgaben» (Tauchnitz-Edition, Reclams Universal-Bibliothek, Sammlung Göschen u.a.) und seine eigenen TauchnitzAlbatross-Erfahrungen erfolgreich auf die modernen Anforderungen des amerikanischen Massenmarkts.10 Der NAL-Slogan lautete «Good Reading for the Millions». Die Liste der Autoren war beeindruckend, zumal Enoch auch Texte von solchen Schriftstellern nachdruckte, die für den Massengeschmack als zu anspruchsvoll galten, darunter William Faulkner, James Joyce, Virginia Wolff, J.D. Salinger, Ignazio Silone und Tennessee Williams. Die Mentor-Sachbücher mit Autoren und Denkern wie Margaret Mead, Ruth Benedict und Sir Isaiah Berlin machten Fachgebiete wie Philosophie, Geschichte, Religion und Wissenschaften einem breiten Publikum zugänglich. Die 1952 begründete (und von den Verlegern über sieben Jahre hinweg subventionierte) Reihe «New World Writing» bot zudem ein Forum für Originaltexte jüngerer Autoren, darunter Joseph Heller, Samuel Beckett und Jack Kerouac. Wie schon zuvor in seinen Hamburger Jahren widmete Enoch auch der Gestaltung von Buchumschlägen besondere Aufmerksamkeit. Darüber hinaus entwickelte er neue Formen des Marketings, des Buchvertriebs und der Präsentation seiner Reihen in den Buchhandlungen. Im Frühjahr 1949 kehrte Enoch, der 1948 amerikanischer Staatsbürger geworden war, erstmals nach Europa zurück, um dort den amerikanischen Buchvertrieb wiederaufzubauen. Er kam bei dieser Gelegenheit auch nach Hamburg, ohne jedoch noch einmal das Büro seiner früheren Firma aufzusuchen. Mit seiner Hamburger Zeit hatte Enoch abgeschlossen, wenngleich nicht ohne Bitternis. Allerdings besuchte er in der Hansestadt den aufstrebenden Rowohlt Verlag, der im folgenden Jahr mit seinen nach amerikanischem Vorbild konzipierten rororo-Paperbacks die Taschenbuchidee wieder nach Deutschland zurückbringen sollte. Auf zahlreichen Reisen etablierte Enoch damals Vertriebsagenturen und Partnerschaften in Europa und Asien, insbesonders in Indien und Japan. Sein Unternehmen betätigte sich auch im weltweiten Lizenzhandel und stellte seit 1953 auf der Frankfurter Buchmesse aus. 11 Kurt Enoch stieg so zu einer einflußreichen und geachteten Persönlichkeit des amerikanischen Verlagswesens auf und setzte sich auf nationaler wie internationaler Ebene für die Belange des Buches und des Kulturaustausches ein. Vor allem aber galt er als «spokesman for the paperback revolution». In dieser Rolle hielt er Vorträge und verfaßte Fachbeiträge zur Bedeutung des Taschenbuchs. Sein 1954 in The Library Quarterly veröffentlichter Aufsatz The Paper-bound Book Twmtktb-CbTturyPMisbingPbenomenon gilt als ein Standardtext über diese damals durchaus noch umstrittene Buchgattung:

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KURT ENOCH Today the inexpensive paper-bound book is the most widely discussed phenomenon of publishing. It is attacked as a threat to hard-cover publishing and a menace to morals or praised as a revolutionary cultural technique that brings books to a new audience of millions who could not buy them before. Everyone agrees that paper-bound books exert a dynamic influence on contemporary American publishing.... To the degree that inexpensive paper-bound book publishers are able to contribute to the objective of bringing books to the millions at low cost without in the process sacrificing the tough independence and diversity of thought or the rich variety that books have always meant, they will be participating in an encouraging and significant cultural revolution — another demonstration that in a maturing America we are learning to achieve in matters of the mind and the arts, as we have already achieved in the economic area, the broad and general distribution of goods that are a vital factor in the dynamic expansion of a free society.12

In der New American Library waren nach zehn Jahren über eintausend Titel erschienen, fünfzig davon hatten sich jeweils über eine Million Mal verkauft, einzelne Erfolgstitel wie George Orwells 1984 erreichten sogar mehrere Millionen Exemplare. Angesichts dieses Wachstums entschlossen sich die beiden Eigentümer Enoch und Weybright aus Altersgründen, das Unternehmen 1960 an die Times Mirror Company, Los Angeles, zu verkaufen, die sich damals von einem reinen Zeitungskonzern in den Buchmarkt erweitern wollte.13 Zu dieser Zeit hatten sich allerdings auch die Gemeinsamkeiten der beiden Partner, die ohnehin eher im beruflichen als persönlichen Bereich lagen, aufgebraucht und es wurden zwischen ihnen Unterschiede in der Beurteilung der zukünftigen Entwicklung des Verlagswesens deutlich. Victor Weybright hat dies später in seinen Lebenserinnerungen recht klar zum Ausdruck gebracht.14 Nach dem Verkauf von NAL blieb Kurt Enoch noch bis 1964 geschäftsführend für das als Tochterfirma der Times Mirror Gruppe weitergeführte Unternehmen tätig, außerdem wurde er in den Aufsichtsrat des Konzerns berufen. Als Times Mirror auch die World Publishing Company übernahm, kümmerte sich Enoch um den Ausbau der Buchverlagsabteilung des Konzerns, für die er unter anderem den Kunstbuchverlag Harry N. Abrams erwarb. Gegen Ende seiner Berufslaufbahn kehrte «Mr. Paperback» damit noch einmal zum «hard-cover book» zurück. Uber seine Firmenaktivitäten hinaus wurde Enoch als Repräsentant der amerikanischen Buchbranche im Jahr 1961 zum Direktor des American Book Publisher Council, der Vorgängerorganisation der Association of American Publishers, gewählt. In dieser Funktion nahm er 1962 auch an einer kulturpolitisch bedeutsamen Delegationsreise der amerikanischen Buchindustrie in die Sowjetunion teil. Außerdem wurde Enoch 1965 Direktor des Franklin Book Program, das den Aufbau des Verlagswesens in Entwicklungsländern förderte, und 1968 Ratsmitglied im National Book Committee, das sich dem «wider and wiser use of books» verschrieben hatte. Darüber hinaus engagierte er sich — durch den Holocaust und seine eigene Biographie für das Schicksal der Juden sensibilisiert—für den Aufbau des Staates Israel. Besondere Verdienste erwarb er sich bei der Unterstützung des israelischen Druck- und Verlagswesen sowie der Gewinung amerikanischer Aussteller für die Jerusalem Book Fair.

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1968 zog sich Kurt Enoch, inzwischen dreiundsiebzig Jahre alt, vom aktiven Berufsleben zurück, übte aber weiterhin noch beratende Funktionen im Verlagswesen aus. Zeitlebens sportlich veranlagt widmete er sich an seinem Wohnsitz in den Catskill Mountains nun dem Golfspiel und bis ins hohe Alter seiner besonderen Passion, dem Fliegen (bereits 1947 hatte er sich seinen Kindheitstraum erfüllt und einen Pilotenschein gemacht). Außerdem betätigte er sich als Förderer der Künste, unterstützte die Metropolitan und die New York City Opera, das New York City Ballet und das Museum of Modern Art in New York sowie das Los Angeles Music Center, zu dessen Gründungsmitgliedern er gehörte. Im Ruhestand hielt Enoch aber auch noch einmal Rückschau auf seine Anfänge in Hamburg: 1969 brachte er das von 1921 bis 1930 geführte Journal seines Vaters als Faksimile heraus,15 später schrieb er seine eigenen Lebenserinnerungen, die 1984 von seiner zweiten Frau posthum als Privatdruck veröffentlicht worden sind. Diese Memoirs of Kurt Enoch, die von seiner Jugend in Hamburg bis zur Wiederbegegnung mit seiner Heimatstadt im Jahr 1949 reichen, stellen nicht nur eine verlagsgeschichtlich bedeutsame Informationsquelle, sondern auch eine menschlich einnehmende wie zeitgeschichtlich aufschlußreiche Autobiographie des Exils dar. Nicht zuletzt vermittelt sich in dem Buch jene konstruktive Lebenseinstellung, die die Grundlage für den—allen Widrigkeiten zum Trotz—bemerkenswerten Werdegang des Verlegers gewesen ist. Denn Kurt Enoch zeichnete sich nicht nur durch unternehmerisches Gespür, organisatorisches Talent und wirtschaftlichen Pragmatismus aus, sondern auch durch den Mut Neuland zu betreten, ein ausgeprägtes Unabhängigkeitsbedürfnis und den starken Willen, sich gegenüber widerstrebenden Umständen zu behaupten. Seine Vitalität ging dabei mit einem Selbstvertrauen und einer Ausgeglichenheit einher, die auch auf seine jeweiligen Mitstreiter inspirierend wirkten. Bei allem Einsatz für das eigene Fortkommen verlor Enoch zudem nie das übergeordnete Engagement für die Gemeinschaft aus dem Auge, im Buchwesen wie in der Gesellschaft. Kurt Enoch ist am 15. Februar 1982 auf Puerto Rico gestorben. Sein beruflicher Teilnachlaß, der die Jahre von 1960-1978 dokumentiert, befindet sich in der New York Public Library. Dort fand 1982 auch eine Gedenkveranstaltung für den Verleger statt, bei der namhafte Weggefährten des amerikanischen Verlagswesens sprachen und ihre persönliche wie professionelle Wertschätzung für den Verstorbenen zum Ausdruck brachten. Fritz H. Landshoff erinnerte bei dieser Gelegenheit auch an die Hamburger Frühzeit von Kurt Enoch, die in den Vereinigten Staaten weitgehend unbekannt geblieben ist. Hingegen seien «Kurt's professional accomplishments and his outstanding contribution to the development of the paperback industry in this country... recognized historical facts which are a part of the history of Publishing».16

Anmerkungen Eine erste Fassung dieses Beitrags erschien unter dem Titel «Kurt Enoch (1895-1982) und der Gebrüder Enoch Verlag (1913-3 8)», ,4 MS dem A ntiquariat, Nr. 5 (2000), S. A288-A300 (mit einer Bibliographie der Veröffentlichungen des Gebrüder Enoch Verlags, Hamburg).

KURT ENOCH Vgl. Heinz Friedrich, «Die Taschenbuch-Story», in Arbeitsgruppe Taschenbuchverlage (Hrsg.), DÄS Taschenbuch Lexikon (Frankfurt/M: Buchhändler-Vereinigung, 1998), S. 9-20. Vgl. die Kurzbiographie bei Werner Röder u. Herbert A. Strauss (Hrsg.), Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nado 1933 (München/NYAxjndon/Paris: K.G. Saur, 1980), Bd. I, S. 159. «Geschichten von Erfolg und Leistung. Einige Europäer, die in Amerika ihren Weg gingen. Kurt Enoch-Pionier der Taschenbücher», Aufbau(NY), XXVI, Nr. 18,29. Apr. 1960,S. 93f. Vgl. Uwe Naumann (Hrsg.), «Ruhe gibt es nicht, bis zum Schluß». Klaus Mann (1906-1949). Bilder undDokumente (Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 1999), S. 56 und 73; Sabine Walter,«ePoems (NY: Editions Hemispheres, 1947) enthält im zweiten Teil Claires Gedichte an Yvan. In amerikanischen Zeitschriften und Verlagen publizierte sie außerdem über Rilke.13 Darüber hinaus setzte Ciaire Göll ihre journalistische Tätigkeit fort und schrieb in den Jahren des amerikanischen Exils eine große Anzahl von Feuilletons und Theaterund Filmkritiken. Ihre Beiträge erschienen in New Yorker Exilzeitschriften und -Zeitungen, zunächst im Aufoau, später dann in La Voix de France, Pourla Victoirexmd France-A mérique.14 (Diese Zeitschriften brachten gelegentlich auch Vor- oder Teilabdrucke ihrer literarischen Arbeiten, so erschien ein Kapitel aus Education barbare im Oktober 1941 im Aufbau.) Diese journalistischen Arbeiten zeigen, daß Ciaire Göll sich mit der zeitgenössischen amerikanischen Massenkultur ebenso auseinandersetzte wie mit den anspruchsvolleren Produktionen und Aktivitäten der stetig wachsenden französisch- und deutschsprachigen Exilgemeinde. Durch ihre Auftragsarbeiten für diese von der Gaullistischen Partei finanzierten Zeitungen sah sich Ciaire Göll zuweilen nicht nur intellektuell unterfordert (so haßte sie die Westernfilme, die sie sich am Times Square anzuschauen und zu besprechen hatte), sondern gelegentlich auch in ein moralisches Dilemma versetzt, wenn etwa der Herausgeber, Henri Torres, von ihr forderte, relativ unkontroverse Rezensionen mit gaullistischen Tönen zu versehen. Eine veröffentlichte Notiz Ciaire Gölls aus dem Jahr 1944 gibt über ihre Haltung hierzu Aufschluß: «J'adore le General, mais astiquer les boutons de son uniforme parce que le Parti Gaulliste finance le Journal... non!» (Meiner Seele Töne, S. 261) Zwar ist Ciaire Gölls antifaschistische Haltung unstrittig, doch diese Äußerung läßt vermuten, daß sie sich parteipolitisch oder ideologisch nicht gebunden fühlte. Es ist unwahrscheinlich, daß Ciaire Göll sich über die j ournalistische Arbeit hinaus im New Yorker Exil sonstwie politisch oder humanitär betätigt oder einzelne Texte zu propagandistischen Zwecken zur Verfügung gestellt hat (wie es Yvan mit seinem Gedicht «Croix de Lorraine» tat). Hierüber kann allerdings erst die Aufarbeitung relevanter Dokumente und Quellen Aufschluß geben. Es gibt jedoch Hinweise darauf, daß sich Ciaire Göll in New York für verfolgte und bedrohte Schriftstellerkollegen einsetzte. Im Oktober 1940 wandte sie sich an Langston Hughes, Paul Robeson und Richard Wright, der wie die Gölls im Columbia HeightsViertel in Brooklyn wohnte. Sie bat Hughes, sich gemeinsam mit ihr für René Maran, «left writer» und «colored man» im besetzten Frankreich, einzusetzen und bei der Vermittlung einer Einladung zu Vorlesungen an einem «colored College» behilflich zu sein. Ein französisches Komitee, das sich bemühe, französischsprachige Schriftsteller nach Amerika zu bringen, habe ihr mitgeteilt, es sei «duty of the american colored men to do something for Maran».15 Im New Yorker Exil behielt Ciaire Göll ihren wachen Blick für latenten und offenen Rassismus bei, den sie in den Romanen der zwanziger

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Jahre thematisiert hatte. Richard Wright, der mit einer Jüdin verheiratet war, ging auf Anraten Ciaire Gölls 1946 nach Paris. {Ich, S. 177) Fragt man nach der Art der Verarbeitung des amerikanischen Exils im Werk Ciaire Gölls, so muß zunächst festgehalten werden, daß eine exiltypische Perspektive von Fremdheit, Marginalität und Außenseitertum in allen ihren Schriften stets spürbar ist und oft ausdrücklich zum Thema gemacht wird. Heimatlosigkeit, die Tatsache, «keine Wurzeln und kein Zuhause» (Ich, S. 170) zu haben, ist ein Leitmotiv. Als junges Mädchen und als Frau, als Jüdin, als Ausländerin und als Schriftstellerin hatte sie am eigenen Leib und von frühester Zeit an Ausgrenzungs- und Unterdrückungsmechanismen konkret erfahren. Daher erscheint die Emigration nach Amerika als eine weitere Etappe eines lebenslangen Daseins ohne eine bedeutungsstiftende Bindung an «Heimat», «Vaterland» oder «Muttersprache». Unter Anspielung auf die Figur in Yvans Exillyrik, an der ihr Mann exemplarisch die Erfahrung von Heimat- und Ortlosigkeit darstellt, beschreibt sich Ciaire Göll als Jean sans Terre bzw. Johann Ohneland. (Ich, S. 168) Eine der wenigen expliziten Bemerkungen zur Exilproblematik spielt charakteristischerweise auf die jüdische Tradition an. Die persönliche Erfahrung von Heimatlosigkeit wird von Ciaire Göll universalisiert: «Diese Erde bietet keinem Volk Sicherheit. Früher oder später sind wir alle Vertriebene.» (Ich, S. 79) Aspekte der Fremdheit oder Nichtidentität haben mit Ciaire Gölls früher Erfahrung des religiösen Außenseitertums (Traumtänzerin, S. 9) zu tun. Eine Identifikation des Kindes Ciaire mit der ererbten jüdischen Kulturtradition wurde von der Mutter verhindert.16 Erst im amerikanischen Exil, während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Europa beginnt Ciaire Göll sich ausdrücklich mit dieser Tradition auseinanderzusetzen. Eines ihrer Erinnerungsbücher spricht auch von Fremdheit in Bezug auf die Sprache, was mit dem Haß auf die sadistische Mutter eng verbunden ist. In Traumtänzerin beschreibt Ciaire Göll, wie sie als junges Mädchen nach einer besonders strengen Züchtigung durch die Hand der Mutter in eine Art Koma verfiel, in dem sich Alp- und Wunschtraum mit Halluzinationen mischen: die Mutter ist tot, und untermalt von zwanghafter Klaviermusik spricht das Kind «einen langen Monolog in den erlernten, lebenden Sprachen, Italienisch, Englisch, Französisch wurden zu einer neuen Sprache. Die Muttersprache hatte ich verlernt, verdrängt. Nur das ironische deutsche Wort fiel mir ein. Die Buchstaben des Wortes waren aus hohen Eisenstangen, hinter denen sich meine schlimmste Feindin verbarg.» (Traumtänzerin, S. 145) Unter diesem Aspekt ist es aufschlußreich, daß Ciaire Göll ihr autobiographisches Romanprojekt Ende der dreißiger Jahre zwar in deutscher Sprache begann, Education barbare aber 1941 in französischer Sprache veröffentlichte, was eine weitere Distanz zur «Muttersprache» herstellt. Auf ihr Exil zurückblickend schreibt Ciaire Göll: «|T|n Amerika begnügten wir uns damit, zu überleben und am Kampf gegen den Faschismus teilzunehmen.» (Ich, S. 201) Ein Aspekt dieses Kampfes bestand darin, nachdem die Möglichkeit zur raschen Rückkehr nach Paris mit der Kapitulation Frankreichs endgültig verschlossen war, das öffentliche Bewußtsein in Amerika für den Konflikt in Europa zu schärfen und nach dem Kriegseintritt der USA Ende 1941 wachzuhalten. Hierzu zählen die Feuilletons und literarischen Beiträge Ciaire Gölls in Exilzeitungen ebenso wie die Tätigkeit Yvans, der

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als Mitarbeiter im amerikanischen Office of War Information unter der Leitung von Pierre Lazareff — zwangsverpflichtet von der US-Regierung — und gemeinsam mit André Breton und Claude Lévi-Strauss Rundfunkbeiträge redigierte, die nach Frankreich ausgestrahlt wurden. Doch Ciaire Gölls schriftstellerische Aktivitäten im amerikanischen Exil haben insgesamt relativ wenig mit direktem antifaschistischem Kampf zu tun. Wie zahlreiche Emigranten und sicher verstärkt durch ihre Erfahrungen vor der Flucht aus Europa hatte sie das Vertrauen in die Fähigkeit der europäischen Kultur verloren, Humanität und Vernunft als Leitprinzipien menschlichen Verhaltens durchzusetzen. In ihren Augen hatte diese auf die Aufklärung begründete Kultur des Geistes sich als unfähig erwiesen, einer totalitären Politik zu widerstehen. Daraus entwickelte sich bei Ciaire Göll, wie auch bei Yvan, ein klares Bewußtsein für neue, aufstrebende, nichteuropäisch geprägte Kulturen, die sie teilweise aus erster Hand kannte. Amerika, Afrika, die Tropen, Kuba trugen dazu bei, die Hegemonie und den Monopolanspruch der abendländischen Kultur streitig zu machen. Darüber hinaus gab ihr das amerikanische Exil die Möglichkeit, die um 1920 ausgedrückten Hoffnungen auf «Amerika» (neue «barbarische» Kultur, Film, Freiheit) gewissermaßen vor Ort, an der Lebenswirklichkeit des Landes zu überprüfen. All diese Facetten zusammen genommen ergeben für Ciaire Gölls Exilwerk die folgenden miteinander verbundenen Perspektiven: Erforschung der europäischen Vergangenheit, Darstellung der Gegenwart im faschistischen Europa und im freien Amerika, dazu eine Zukunftsperspektive, welche das Zusammenleben von Menschen verschiedener Kulturen, Sprachen und Nationen umreißen soll. Hiermit wird die in den Romanen der zwanziger Jahre entwickelte inter- oder multikulturelle Tendenz ergänzt. Der Akzent scheint dabei zunächst auf der Gegenwart und Zukunft zu liegen, wenn sie davon schreibt, daß es ihr trotz zahlreicher Bekannt- und Freundschaften mit deutschen und französischen Exilanten nicht darauf ankam, in New York einen weiteren «Berliner» oder «Pariser Klub aufzumachen» oder gar den Surrealismus als Modeströmung zu etablieren. Sie wollte «lieber die neue Welt kennenlernen, die sich mir eröffnete». (Ich, S. 175) Dementsprechend lassen sich in Ciaire Gölls in Amerika entstandenem literarischen Werk mehrere Schwerpunkte ausmachen. Zum einen läßt sie sich explizit auf die amerikanische Lebenswirklichkeit ein. Wie bereits in ihren früheren Romanen stehen im Zentrum dieser zumeist kürzeren Texte Figuren am Rande der Gesellschaft, Außenseiter oder auch Emigranten wie sie selbst. Ciaire Göll erlebte in New York «Tiefen eines Elends, das sich mit der langen Tradition europäischer Armut nicht vergleichen läßt». (Ich, S. 177) Wie vielen Exilanten fiel auch ihr die harte und unmenschliche Seite des amerikanischen Kapitalismus auf. Die Tatsache, daß in diesen im Exil entstandenen Geschichten sowohl männliche als auch weibliche Figuren als Protagonisten auftreten, deutet darauf hin, daß es ihr nicht um geschlechterspezifische, sondern um grundsätzliche Aspekte menschlicher Existenz unter den Bedingungen von Heimatlosigkeit und dem Verlust kultureller und sprachlicher Identität geht. Daher behandeln viele ihrer in Amerika entstandenen Geschichten ein Thema, das den meisten Exilanten nur allzu gut bekannt war. Mit der Rolle des Geldes und seinem Einfluß auf individuelle und soziale Verhaltensweisen setzt Ciaire Göll in der 1945

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verfaßten Geschichte «Die Schlange des Dollars» auseinander (der Titel spielt auf das Dollarzeichen $ an). Der Farmer Marten Dubar und seine Partnerin Dolly, die in «freier Ehe» zusammenleben, arbeiten hart, um ihre kleine Farm rentabel zu machen, wobei Marten als der bodenständige, romantische Arbeiter geschildert wird, während die kalkulierende Dolly für die geschäftliche und finanzielle Seite verantwortlich ist. Aufgrund einer Reihe von geschickten Investitionen und klugen Geschäftsentscheidungen gelingt es ihnen, ihre Farm mit großem Profit zu verkaufen und sich eine größere Farm zu kaufen. Auf einer Tanzveranstaltung lernen sie neue Bekannte kennen; die Figur der Maryel, mit der Marten tanzt und die von Dolly als Rivalin wahrgenommen wird, dient dazu, erste Anzeichen einer Distanz zwischen beiden Partnern deutlich zu machen. Im Juli 1944 bekommt Marten von den Behörden einen Gestellungsbefehl, und da jeder Eingezogene nicht nur einen geregelten Monatslohn von $50 bekommt, sondern sich auch gegen seinen Tod versichern kann, hofft Dolly, davon zu profitieren. Die im Todesfall auszuzahlenden $10.000 sind das Vielfache dessen, was die beiden je besessen haben oder erhoffen können. Dazu müssen die beiden aber legal heiraten. Marten lehnt Dollys diesbezüglichen Vorschlag jedoch ab, auf ihre Avancen hin (sie wohnt jetzt in der Nähe des Ausbildungslagers) wird er gewalttätig und verletzt sie. Auf seine Kosten läßt er sie pflegen, aber heiratet ohne Dollys Wissen Maryel, auf deren Namen er die Versicherungspolice überschreiben läßt. Als Dolly davon erfährt, erkrankt sie und will einen Prozeß gegen den vermeintlichen Bigamisten und Verräter anstreben, doch der Prozeß kostet Geld, «das kostbare Geld, das sie so grenzenlos liebt und um dessentwillen sie ihre Seele verkauft hat».17 In dieser Geschichte, einer Variation des Sündenfalls (Schlange!), klagt Ciaire Göll den korrumpierenden Einfluß des «almighty dollar» an, der als Quasi-Religion erscheint. Uber die individualpsychologischen Voraussetzungen hinaus zeigt sie die Folgen der Vergötzung des Geldes, von der Entwertung von Liebe bis hin zur Selbstzerstörung. Das Thema der Liebe ist dabei im Vergleich mit den Liebesidealen aus den Romanen der Pariser Zeit unsentimentaler gefaßt. Andere im Exil entstandene Erzählungen handeln von Einwanderern und Fremden in New York. Zum Teil gehen diese Geschichten auf reale Personen zurück, denen Ciaire Göll begegnet war und mit deren Schicksal sie offenkundig sympathisierte. (Ich, S. 177) Ein Beispiel hierfür ist die 1940 geschriebene Novelle «Blanchisserie Chinoise», die Ciaire Göll Zao Wou-ki gewidmet hat.18 In der Geschichte beschreibt die Autorin die letzten Tage eines tuberkulosekranken chinesischen Immigranten, Lee Young Chum, der in einer Wäscherei in Brooklyn arbeitet und ein Leben in Selbstausbeutung, Armut und Verzicht führt: «Sechzehn Stunden Arbeit in der Wäscherei, um nach zwei Jahren dem Verwandten die Schuld abzubezahlen, und dann ist man endlich soweit, wieder von vorne anzufangen für die Familie.» (Zirkus, S. 11) Lees Halluzinationen und Todesvisionen öffnen die Geschichte von der Gegenwart des Exils auf seine Vergangenheit in China, die entbehrungsreiche Kindheit, die wirtschaftlich bedingte Flucht vom Land in die Sadt, die Tätigkeit als Rikschafahrer in Schanghai, seine Frau Su-Mei, die kürzlich Selbstmord beging, da sie anscheinend nicht länger auf die Rückkehr ihres Mannes warten wollte, und die sechs Kinder, von denen zwei gestorben sind und die übrigen auf Grund der Bürgerkriegswirren nicht mehr zu Hause leben. Lees Hoffnung auf wirtschaftliche

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Vorteile und ein besseres Leben durch Auswanderung haben sich nicht erfüllt; im Gegenteil, die harten Lebens- und Arbeitsbedingungen in Amerika stellen für ihn eine tödliche Bedrohung dar, da sie zur Tuberkuloseerkrankung beigetragen haben. Ciaire Göll stellt die Unterdrückung Lees durch die dampfenden und heißen Wasch- und Trockenmaschinen ebenso eindrucksvoll dar wie die durch seine Mitarbeiter, die ihn wegen seiner sprachlichen Eigenheiten und Unzulänglichkeiten ständig aufziehen. Ciaire Gölls Novelle ist nicht nur ein Beispiel sozialrealistischer Literatur, sondern auch ein Stück Exilliteratur, indem sie die physischen, psychologischen und kulturellen Auswirkungen von Heimatlosigkeit darstellt. Uber das Einzelschicksal hinaus thematisiert Ciaire Göll Ausbeutung und Leiden als universale Bedingung: «Die neue Welt, die alte Qual» (Zirkus, S. 11), die in der Erzählung jedoch nicht einfach ahistorisch vorausgesetzt, sondern am konkreten und genau beobachteten Detail plausibel entfaltet wird.19 Ein weiterer Aspekt der Lebenswirklichkeit in der Neuen Welt, den die Exilautorin Ciaire Göll erforscht, ist die Religion, die als Determinante und Fluchtpunkt individueller Reaktionen auf Armut, Entbehrung und Leiden thematisiert wird. Soziale und wirtschaftliche Mißstände sind hiermit verbunden. Dies kommt in der Erzählung «Schwarze Niobe» (1946) zum Ausdruck, wo das Begräbnis eines schwarzen Kleinkindes seinen hinterbliebenen überlebenden Geschwistern (zwei Töchter arbeiten übrigens in Lees chinesischer Wäscherei) und vor allem der naiv gottvertrauenden Mutter, die hiermit ihr drittes Kind verliert, Hoffnung wider alle Hoffnung gibt. Ein neues Kind ist bereits unterwegs, dessen Schicksal jedoch — so deutet es die Erzählung an — sich kaum von dem der anderen Kinder unterscheiden wird. Interessant an dieser Erzählung ist neben der mythologischen Einrahmung Ciaire Gölls Bemühen, das von den Schwarzen gesprochene Englisch direkt im (original französischen) Erzähltext zu reproduzieren. Hierin kann man den Versuch sehen, sich zum einen auf die sprachliche Wirklichkeit und das durch sprachliche Klischees und religiöse Formeln vorgegebene Weltbild einzulassen, zum anderen dieses Moment in seiner Fremdheit zu belassen. Diese Integration gesprochener Sprache geht möglicherweise auf Anregungen von Ciaire Gölls schwarzen Bekannten und Freunden zurück. In ihren Erinnerungen gibt Ciaire Göll auch Auskunft darüber, wie sie häufig Kirchen und Tempel aller religiösen Richtungen besucht und zahlreichen Gottesdiensten und Begräbnissen beigewohnt hat. [Ich, S. 176) Ihre Schlußfolgerung aus der Beobachtung praktischer Religionsfreiheit und -vielfalt lautet, daß die Religionen eine Flucht in Traum und Vergessen anbieten anstatt zur Revolte gegen Unterdrückung und Ausbeutung aufzurufen. {Ich, S. 177) In den gaullistischen Zeitungen erschienen mehrere Artikel Ciaire Gölls mit ähnlich kritischer Stoßrichtung. {Ich, S. 176) Wie «Schwarze Niobe» bereits andeutete, geht Ciaire Göll im selben Kontext von sozialem Elend und Religion auch den amerikanischen Rassenbeziehungen nach. In New York sammelte sie, unterstützt von Freunden wie Richard Wright, Texte und Dokumente schwarzer Folklore. Ein Beispiel für Ciaire Gölls Nachahmung dieses Tons ist das Gedicht «Chanson de Couleur» (1940), in dem eine schwarze Mutter ihr klagendes Kind, das fragt: «warum bin ich schwarz?», unter Hinweis auf den schwarzen Jesus und die

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schwarze Madonna tröstet. Das Glücks- und Heilversprechen des Christentums wird von der realen Ungleichheit und dem realen Elend ad absurdum geführt. 20 Den zweiten Schwerpunkt von Ciaire Gölls Exilliteratur bilden Geschichten, die sich von Thema und Schauplatz her mit der europäischen Gegenwart befassen und einen direkten Beitrag zum antifaschistischen Kampf liefern. «Die geheimnisvollen Barrikaden», 1944 in französischer Sprache geschrieben, aber erst 1946 in France-Amérique veröffentlicht, spielt im von den Nazis besetzten Paris. Die Schikanen der deutschen Besatzer gegenüber der Zivilbevölkerung und ihre Verfolgung von Gegnern werden immer wieder erwähnt. Die Geschichte schildert die Aktivitäten des jungen Monsieur Gabory, der als Besitzer eines Puppentheaters für Kinder eingeführt wird, das leicht verhüllte Satiren und Kritik an Nazis und den französischen Kollaborateuren vorbringt. Das subversive Lachen der Kinder ist den Besatzungsbehörden, den überall präsenten SS-Leuten und Spitzeln ein Dorn im Auge. Im Verlauf der Erzählung wird deutlich, daß Gabory im Untergrund tätig ist. Im Keller seines Hauses vervielfältigt er eine illegale Zeitung der gaullistischen Studenten von Paris. Am Schluß der Erzählung und als dramatischer Höhepunkt wird das Puppentheater von den SS-Männern gestürmt, die Gaborys Mitstreiter erschießen und das Theater anzünden. Als einziger Überlebender in den Flammen beschließt Gabory, lieber kämpfend zu sterben als in den Flammen umzukommen. Mit ihm geht auch die subversive Puppe «Gnalfon» zugrunde, die die Lieblingsfigur der Kinder gewesen war. Die Geschichte endet mit der Gewißheit des Triumphes über die Nazis: «Aber morgen werden sie auferstehen aus ihrer Asche, sie alle... — sie werden auferstehen zum Ruhm von Paris.» (Zirkus, S. 129) Ciaire Gölls Erzählung zollt nicht nur den französischen Widerstandskämpfern Tribut, sondern die «geheimnisvollen Barrikaden» des Kindertheaters können als Allegorie für den künstlerischen Kampf gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft gelesen werden. Da in der Erzählung die Adressaten dieser subversiven Kunst Kinder sind, ist auch eine Zukunftsdimension angedeutet. Das Thema Kindheit bildet auch die Verbindung zum dritten Aspekt von Ciaire Gölls Werk, das sie im amerikanischen Exil vorlegte. Ihr autobiographisch gefärbter Roman Education barbare, dessen deutsche Fassung bereits vor der Flucht aus Europa abgeschlossen war, bildet somit eine Verbindung zwischen den französischen und amerikanischen Jahren. Ciaire Gölls autobiographisches Projekt, in dem sie ihre Kindheit und Jugend und die Bedingungen in Elternhaus und Schule zum Thema macht, wird auch ihr weiteres Romanwerk bis an ihr Lebensende mitbestimmen. Diese Aufarbeitung der eigenen Herkunft, ob in dokumentarischer oder fiktionaler Form, ist in der Exilliteratur nicht ungewöhnlich. Als Motiv für diese biographische Forschung nennt Ciaire Göll: «Die Nazis hatten mir meine Vergangenheit gestohlen.» (Ich, S. 197) Daher steht zu vermuten, daß dieser Aspekt der literarischen Arbeit in Frankreich und im amerikanischen Exil der Rekonstruktion und existentiellen Selbstvergewisserung dienen sollte. Die Stoßrichtung dieser auf deutsch geschriebenen Kindheitserinnerungen ist bereits im Titel Education barbare angedeutet, das als eines der «most startling and disturbing works written in exile» bezeichnet worden ist.21 Das Buch, Ende der dreißiger Jahre in Paris beendet, aber erst 1941 in New York erschienen, ist auf den ersten Blick

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autobiographisch-privat, denn die Hinwendung zur Kindheit und vor allem zur Figur der Mutter stellt keine explizite politische Auseinandersetzung mit der Gegenwart dar. Ciaire Gölls Haltung zu ihrer Mutter, die nach außen hin als kultivierte, großbürgerliche Frau erschien, aber sich gegenüber ihrem Mann und ihren Kindern als perverse, sadistische und zügellose Person erwies, ist bei aller Sachlichkeit, fast Nüchternheit der Darstellung von Enttäuschung, Rebellion und einem teilweise nahezu unerträglichen Haß geprägt. Doch im Privat-Biographischen macht Ciaire Göll Motive fest, die es erlauben, Verbindungslinien von der wagner- und nietzschebegeisterten Mutter zum Faschismus zu ziehen, wie Dagmar Lorenz gezeigt hat. Als Vertreterin einer bestimmten gesellschaftlichen Schicht bildet die Mutter eine Art weibliches Gegenstück zur autoritären Persönlichkeit und steht auch symbolisch für das Versagen der deutschen Kultur. In ihrem außerordentlichem Antibildungsroman Education barbare und der Verurteilung der Mutter führt Ciaire Göll ihre existentielle Heimadosigkeit, die sie im Exil besonders stark empfunden haben wird, auf Erfahrungen im Elternhaus zurück. Gleichzeitig schafft sich die Autorin, auch indem sie französisch schreibt, Distanz zu ihrer «deutschen» Vergangenheit. Am spezifischen, aber universalisierbaren Beispiel arbeitet Ciaire Göll autoritäre Strukturen, bildungsbürgerliche Rituale, den Zusammenhang von Sexualität und Gewalt und gesellschaftlich sanktionierte Ausgrenzungsmechanismen heraus. Ihr Buch verweist auf das barbarische Moment im Zentrum der europäischen Aufklärungstradition. Der Zusammenhang zwischen dieser autobiographischen Darstellung der Kindheit und Ciaire Gölls Erzählungen aus den dreißiger und vierziger Jahren besteht darin, daß eine «radikale Kritik an der unmenschlichen Zivilisationsmaschinerie»22 geübt wird. Eine ähnliche Kritik an globalen und spezifischen Zivilisationsprozessen und Herrschaftsformen wurde in etwa zeitgleich mit der Erstveröffentlichung von Education barabare im amerikanischen Exil von Horkheimer und Adorno begonnen und zur Dialektik der Aufklärung ausgearbeitet. Im amerikanischen Exil thematisiert Ciaire Göll das Leiden von Kindern auch in Gedichten. Mit diesen in Amerika entstandenen Texten reagiert die Autorin auf das Zeitgeschehen, welches sie an anderer Stelle als «Dunkelkammer der Geschichte» (Ich, S. 6) bezeichnet hat. Dennoch läßt sich diese, soweit ich sehe nicht sehr umfangreiche Lyrik kaum als politische Dichtung bezeichnen, wie sie einen Großteil der Exillyrik ausmacht und auch bei Yvan Göll zu finden ist. Dies erklärt auch, warum politische Ereignisse nur selten thematisiert werden und warum die Perspektive auf Kinder vorherrscht. «Während Kinder sterben» von 1943, eines der ganz wenigen Gedichte in deutscher Sprache aus der Zeit des amerikanischen Exils, lautet: Du, wie schuldig wir sind! Dass uns das Heute gehört Vogel und Duft und Wind — Und sie zu Staub zerstört. Dass unser ist dieser Kuss Und dieser Blick in Blau

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30 Mond und Sonne und Ueberfluss — Und ihre Engel sind grau. Beraubt um das Erbe der Sterne Um des Atems leichtes Spiel Um trunkene Tiefe der Ferne Um jungen Lauf zum Ziel. Du, wie schuldig wir sind! Hat unser Lächeln noch Sinn? Da schon ihr Herz gerinnt Mit der ersten Liebe darin.23

Krieg und Schrecken werden nicht ausdrücklich genannt, sind aber indirekt präsent. Die Seite, von der die Gewalt kam, bleibt ungenannt. Möglicherweise hatte Ciaire Göll hier einen Angriff auf einen sogenannten Kindertransport vor Augen oder die Szenerie in einer Stadt nach einem Luftangriff. Wieder erscheinen die Kinder als unschuldige Opfer, während die Uberlebenden, die sich als Sprecher und Publikum identifizieren lassen, schuldig sind. Das Gedicht variiert die von zahlreichen Exilautoren diskutierte Frage nach dem moralischen Recht, aus der relativen Sicherheit des Exils heraus, weitab vom Kriegsgeschehen sprechen zu dürfen. Das Gedicht läßt sich wohl kaum als Poesie des Widerstands gegen eine konkrete Seite oder Partei bezeichnen, eher als Appell an Humanität und Menschlichkeit. Ciaire Göll beharrt auf einer Funktion von Lyrik, die sie bereits in ihren ersten pazifistisch-expressionistischen Gedichten erprobt hatte, wiewohl der Ton trotz der aufgerufenen romantischen Bilder jetzt nüchterner geworden ist. Ciaire Gölls Mutter und ihre beiden Schwestern wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert und in Auschwitz ermordet. Im New Yorker Exil schrieb Ciaire Göll im Jahr 1944, möglicherweise als Reaktion auf Berichte von den nationalsozialistischen Todeslagern, auf französisch das Gedicht «La passion selon Job» 24 , das ein Dokument einer tiefen Erschütterung ist. Der Text, der sich an das Buch Hiob anlehnt, aber auch Elemente der Apokalypse und der jüdischen Gebetstradition zitiert, ist als Oratorium bezeichnet und läßt abwechselnd Chöre, Rezitative und Klagen und die Stimme Gottes zu Wort kommen. Die den Menschen, vorzugsweise Frauen und Kindern zugeordneten Chöre sprechen von der Vertreibung aus der Heimat und Gefangenschaft, vom Auseinanderbrechen der Familien, von Ermordung und der Vernichtung der Leichen. Dieser Wechselgesang kulminiert in einer Intonation der Namen von zehn Vernichtungslagern. Das vor allem von den Kinderstimmen noch intensivierte Ausmaß des erduldeten Leidens läßt an der Existenz Gottes, der dies alles zuläßt, zweifeln. Gottes Antwort schließlich besteht in einem Hinweis auf seine unendliche Macht, welche die Feinde Israels ins Nichts stürzen könnte. Das von den Chören mehrfach wiederholte «à néant» drückt utopische Hoffnung und nihilistische Verzweiflung zugleich aus. Dieser eindrucksvolle Text Ciaire Gölls nimmt in ihrem Werk eine Sonderstellung ein, weil er sich mit der jüdischen Kulturtradition auseinandersetzt und Partei ergreift für das jüdische Volk als das von den Nazis verfolgte Volk.

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1947 kehrten die Gölls nach Europa zurück und ließen sich wieder in Paris nieder. Nach dem Tod ihres Mannes, der im Februar 1950 an Leukämie starb, sah Ciaire sich als Nachlaß Verwalterin ihres Mannes und trat als Herausgeberin seiner Werke in Erscheinung. Sie gab die nachgelassenen deutschen und französischen Dichtungen ihres Mannes heraus, dazu eine deutsche Sammelausgabe 1960 und eine französische Sammelausgabe (1968/1970). Zwischen 1952 und 1954 lebte sie noch einmal in New York. Sie hielt an verschiedenen Orten in Amerika Vorträge über Yvan Göll und las aus eigenen Werken. Hier sammelte sie auch Material zu einer lange geplanten Anthologie zeitgenössischer amerikanischer Poesie, die sie ins Französische übersetzte und die 1954 als Sonderheft der Brüsseler Zeitschgrift LeJournal des Poètes erschien. Unter den Autoren waren auch die als Ubersetzer Yvan Gölls hervorgetretenen Louise Bogan, Allan Täte und William Carlos Williams. In den fünfziger, sechziger und siebziger Jahren veröffentlichte Ciaire Göll kontinuierlich eigene Werke. Sie veröffentlichte weiterhin Gedichte (Les larmespétrifiés, 1951, deutsch: Versteinerte Tränen, 1952; Klage um Ivan, 1960) sowie die hymnische Dichtung L'Ignifère (1969). Zahlreiche ältere, in den dreißiger Jahren und im amerikanischen Exil entstandene Prosaarbeiten wurden von ihr für den deutsch- bzw. französischsprachigen Markt überarbeitet und übersetzt. In dieser Zeit erschienen auch weitere Gedicht-Dialoge mit ihrem Mann. In den Bänden Dix milles aubes (1951; deutsch: ZehntausendMorgenröten, 1954), Nouvellespetitesfleuresde St François (1952; deutsch: Neue Blümlein des heiligen Franziskus, 1952), Duo d'amour, Poemes d'amour 1920a 1950 (1959) und L'antirose (1965; dt. DieAntirose, 1967) porträtierte sich Ciaire Göll als aufopfernde Muse und weibliche Stimme eines lyrischen Duos. Sie veröffentlichte auch eine Reihe von Büchern, deren Vorarbeiten ins amerikanische Exil zurückreichen. Hierher gehören die Bände Chansons indiens (1952), Roter Mond, weißes Wild. Lieder der Indianer (1955), Das tätowierte Herz (1957; französisch: Le cœur tatoué, 1958), mit denen sie ihrfrüheresInteresse an der Dokumentation indianischer Dichtung wieder aufnahm. Nachforschungen über ihre Familie ergaben, daß sie als einzige den Holocaust überlebt hatte. Das in Frankreich begonnene Romanprojekt setzte sie seit Ende der fünfziger Jahre fort. Le ciel volé (1958) basiert auf Education barbare und erschien in deutscher Sprache als Dergestohlene Himmel (1962; Taschenbuchausgabe 1988). 1971 erschienen zuerst Ballerine de lapeur. Récit, sodann die deutsche Version Traumtänzerin. Jahre der Jugend. Ungleich größere Resonanz als diese Romane fand Ciaire Gölls allerdings nicht immer zuverlässige Lebensgeschichte La poursuite du vent (1976), die nach Tonbandaufzeichnungen entstand. Die deutsche Ausgabe erschien 1978, nach dem Tod Ciaire Gölls, unter dem nicht autorisierten Titel Ich verzeihe keinem und erhielt den Untertitel Eine literarische Chronique scandaleuse unserer Zeit, was in der literarischen Öffentlichkeit das Bild einer scharfzüngigen «femme fatale» propagiert, die mit ihren ehemaligen Weggefährten und Liebhabern abrechnet. Diese Vermarktungsstrategie zahlte sich offensichtlich aus, denn die Taschenbuchausgabe bei Knaur erhielt den Zusatz «Bestseller». Weitere Sammelausgaben sind Les confessions d'un moineau du siècle (1963; deutsch: Memoiren eines Spatzen desJahrhunderts, 1969), die Erzählungen und Lyrik enthält; Zirkus des Lebens, 1976, die erste deutsche Ausgabe ihrer Erzählungen; und die erhaltene Korrespondenz mit Yvan (1966; erweiterte Neuausgabe 1978). 1967 erscheint

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bei Editions Pierre Seghers der von Georges Cattaui u.a. herausgegebene Band Ciaire Göll, der eine Auswahl ihrer Lyrik, darunter auch eine Anzahl von in Amerika entstandenen Gedichten und Essays über die Autorin enthält. Ciaire Göll starb am 30. Mai 1977 in Paris. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof Père Lachaise. Ihr umfangreicher Nachlaß ist, wie der ihres Mannes zwischen St. Dié-des-Vosges, dem Geburtsort Yvans, und dem Deutschen Literaturarchiv Marbach aufgeteilt. Ciaire Gölls Werk hat lange Zeit im Schatten ihrer Biographie gestanden. Einer angemessenen Beurteilung ihres Werks ist vor allem ihre späte Selbstinszenierung als aufopfernde Ehefrau, Muse und NachlaßVerwalterin Yvans, als lyrische Zweitstimme eines harmonischen «Duo d'amour», als «femme fatale» abträglich gewesen. Dies ist ein weiterer Beleg dafür, daß das Repertoire literarischer Identifikationsmuster und Rollenbilder für Schriftstellerinnen aus Ciaire Gölls Generation eng begrenzt ist. Auch fand man Ciaire Göll selten in Darstellungen zur deutschen Exilliteratur—als Frau, als Jüdin, als mehrsprachige Autorin wurde sie bislang eher am Rande erwähnt. Erst in den letzten Jahren hat hier, auch im Zuge der feministisch orientierten Literatur- und Exilforschung, eine lange überfällige Korrektur stattgefunden. Dies spiegelt sich auch in den Neuauflagen ihrer Romane und Prosa (wie auch denen Yvan Gölls), die Ende der achtziger Jahre vom Argon Verlag vorgelegt wurden. Diese verlegerischen Arbeiten werden jetzt in Zusammenarbeit mit der Herausgeberin Barbara Glauert-Hesse vom Göttinger Wallstein Verlag fortgeführt. Das in mehreren Sprachen vorliegende Werk Ciaire Gölls umfaßt Lyrik, Prosa, Romane, Ubersetzungen aus dem Französischen, Deutschen, Englischen und umgekehrt, dazu zahlreiche Gemeinschaftsarbeiten mit Yvan Göll, Anthologien, Feuilletons und andere journalistische Arbeiten. Dennoch lassen sich einige Grundthemen ausmachen, die in bemerkenswerter Weise konstant bleiben. Ciaire Gölls Schriften zeichnen das Bild einer Gesellschaftsordnung von den 1890er Jahren bis in die Gegenwart, deren Ideale, Werte und Institutionen auf Macht, Gewalt und Unterdrückung gründen und unweigerlich zu Unfreiheit und Selbstverlust führen. Zu den Eigenschaften dieser modernen Gesellschaftsstruktur gehört, folgt man Ciaire Gölls Werk, eine tödliche Dialektik, die aus Menschen Opfer und Täter zugleich machen kann. Dagegen revoltierend, artikuliert sie in ihren Werken den Drang und die Suche nach individueller Freiheit, nach Menschlichkeit und Liebe, nach kultureller, nationaler, religiöser und sprachlicher Identität, nach Uberwindung von universaler Heimatlosigkeit und Fremdheit im Zeitalter des Verlusts traditioneller Sinnbezüge.

Anmerkungen 1 2

ClaireGoll, Traumtänzerin. Jahre derJugend (München: List, 1971), S. 38; im folgenden zitiert als Traumtänzerin mit Seitenzahl. Ciaire Göll, Ich verzeihe keinem. Eine literarische Chronique scandaleuse unserer Zeit (München/Zürich: Knaur, 1980), S. 21; im folgenden zitiert als Ich mit Seitenzahl.

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Claire Göll, «Deutsche im Ausland», in Der gläserne Garten. Prosa von 1917-1939. Hrsg. u. komm. v. Barbara Glauert-Hesse (Berlin: Argon, 1989), S. 38-41; im folgenden zitiert als Garten mit Seitenzahl. Siehe «Icbsehnemichsehrnadi Deinen blauen Briefen»: RainerMaria Rilke— Claire GolL Briefwechsel. Hrsg. v. Barbara Glauert-Hesse (Göttingen: Wallstein, 2000). Moray McGowan, «Black and White? Claire Goll's Der NegerJupiter raubt Europa», in Yvan GoU. — Ciaire Göll. Texts and Contexts. Hrsg. v. Eric Robertson u. Robert Vilain (Amsterdam/Atlanta: Rodopi, 1997), S. 205-218. Die Funktion des Trivialen in Gölls Romanen hat Verena Mahlow einleuchtend beschrieben. « (Lisboa: Editorial Caminho, 1995); Originaltitel: One good Man. U.a. gab es Pläne zur Entführung des Herzogs und der Herzogin von Windsor und von Guido Zernatto. Vgl. Patrick von zur Mühlen, Fluchtweg Spanien-Portugal, S. 141 u. 144. Marta Feuchtwanger zitiert Charles Joy:«... es wurden schon viele Leute entführt. Die portugiesische Regierung sei unparteiisch, sie kümmere sich um nichts; aber sie würde auch nicht einschreiten, wenn jemand entführt wird.» Marta Feuchtwanger, «Die Flucht», in Lion Feuchtwanger, Der Teufel in Frankreich. Tagebuch 1940. Briefe (Berlin: Aufbau, 1992), S. 352; vgl. auch Marta Feuchtwanger, Nur eine Frau. Jahre. Tage. Stunden (München: Langen Müller, 1983), S. 302. Varian Fry, Auslieferung auf Verlangen, S. 235-236. Vgl. Patrick von zur Mühlen, Fluchtweg Spanien—Portugal, S.148: Schreiben v. Charles R. Joy v. 3. Dez. 1941 an Varian Fry. Vgl auch BhgraphischesHandhuch derdeutsd^acMgm Emigration nach 1933. Bd. L Politik, Wirtschaft, öffentliches Leben. Hrsg. v. Werner Röderu. Herbert Strauss (München/NY/London/Paris: K.G. Saur, 1980), S. 322f. Patrick von zur Mühlen, «Spanien als Exil- und Transitland», in Alternative Lateinamerika (s. Anm. 23), S. 15-26, hier S. 21. Patrick von zur Mühlen, Fluchtweg Spanien — Portugal, S. 146. Friedrich Torberg schrieb am 6. Juli 1940 an Willi Schlamm: «Die Angst ist nicht die, von den Portugiesen an längerem Aufenthalt und an der Weiterreise gehindert zu werden, sondern von Hitler. Es gibt keine mehr in Europa. Ich habe ihrer zwei überschritten und hatte keine Sekunde lang ein Gefühl der Veränderung oder Sicherung sondern ich habe mir die Schlagbäume angeschaut und mir gedacht: