Der Tatbestand des § 613 a BGB [1 ed.] 9783428464739, 9783428064731


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German Pages 383 Year 1988

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Der Tatbestand des § 613 a BGB [1 ed.]
 9783428464739, 9783428064731

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JOACHIM PIETZKO

Der Tatbestand des § 613 a BGB

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 96

Der Tatbestand des § 613 a BGB

Von

Dr. Joachim Pietzko

Duncker & Humblot . Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek

Pietzko, Joachim:

Der Tatbestand des §613a BGB I von Joachim Pietzko. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1988 (Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht; Bd. 96) Zugl.: Köln, Univ., Diss., 1987 ISBN 3-428-06473-9 NE:GT

Alle Rechte vorbehalten © 1988 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Volker Spiess GmbH, Berlin 30 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISBN 3-428-06473-9

Meinen Eltern und Herrn Rechtsanwalt Klaus Mathy in Dankbarkeit

Vorwort Obwohl bereits 15 Jahre seit Inkrafttreten des § 613a BGB verstrichen sind, zeigt die Vielzahl der neueren höchstrichterlichen Entscheidungen und wissenschaftlicher Abhandlungen zum Betriebsübergang, daß z.Z. noch keine gesicherte Auffassung über Inhalt, Umfang und Auslegung des § 613a BGB besteht. Die Ursachen für die bestehende Rechtsunsicherheit sind vielschichtig. Die Hauptverantwortung dürfte indes den Gesetzgeber treffen, welcher sowohl durch einen zu unbestimmten Gesetzeswortlaut als auch durch die fehlende Harmonisierung des § 613a BGB mit anderen Rechtsgebieten (Erbrecht, Konkursrecht, KSchG etc.) einen erheblichen Interpretationsbedarf geschaffen hat. Hinzu kommt, daß mögliche Auswirkungen (z.B. als Sanierungshemmnis im Konkurs) sowie bestimmte Umgehungsstrategien (z.B. Betriebsstillegungen) im Hinblick auf die neu geschaffene Regelung des § 613a BGB im Jahre 1972 noch nicht bekannt waren. Die Arbeitsgerichtsbarkeit - vor allem das Bundesarbeitsgericht - welche dadurch in die Funktion eines Ersatzgesetzgebers gedrängt wird, kann dieser atypischen Aufgabenzuweisung aus Gründen der Arbeitsüberlastung häufig nicht gerecht werden. Es verwundert daher nicht, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit gleichermaßen der Versuchung ausgesetzt sind, diesen weiten Interpretationsspielraum in bezug auf § 613a BGB durch eine einseitige, interessenorientierte Auslegung auszufüllen oder aber bestimmte Umgehungs- oder Ausweitungstaktiken durchzusetzen. Vor diesem Hintergrund erscheint es gerechtfertigt, der Vielzahl von wissenschaftlichen Abhandlungen über den Betriebsübergang eine weitere hinzuzufügen. Sie ist der Versuch, drei Ziele miteinander in Einklang zu bringen: - die Zusammenfassung des aktuellen Meinungsstandes unter besonderer Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, - die Analyse der tatbestandlichen Struktur des § 613a BGB, um die Möglichkeiten einer einseitigen, interessenorientierten Interpretation einzuschränken sowie - die Darstellung und rechtliche Beurteilung aktueller Umgehungs- oder Ausweitungsstrategien in bezug auf § 613a BGB. Die Arbeit hat der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Köln im Winter 1986 als Inaugural-Dissertation vorgelegen. Sie wurde im Juli 1986

VIII

Vorwort

abgeschlossen. Referent war Herr Prof. Dr. Peter Hanau, das Korreferat übernahm Prof. Dr. Manfred Lieb. Für den Druck ist die Arbeit in allen wesentlichen Punkten auf den neuesten Stand gebracht worden. Bis Dezember 1987 erschienene Rechtsprechung und Literatur sind in den Fußnoten und - soweit möglich - in den Text eingearbeitet. Mein Dank gilt an erster Stelle meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Peter Hanau, der diese Arbeit angeregt, betreut und deren Fortschreiten mit besonderem Interesse und Wohlwollen verfolgt hat. Seine vielfältigen auch kritischen - Anregungen waren mir ein ständiger Ansporn und haben das Gelingen dieser Arbeit entscheidend gefördert. Herrn Prof. Dr. Manfred Lieb schulde ich Dank für die übernahme des Korreferates. Weiterhin ist es mir ein persönliches Anliegen, Frau Gabriele Vogel, Herrn Stefan Przygode sowie Herrn Richard Kricke für ständige Diskussionsbereitschaft Dank zu sagen. Schließlich gilt mein Dank den Herausgebern für die Aufnahme der Arbeit in das Verlagsprogramm.

Joachim pz'etzko

Inhaltsveneichnis Kapitell Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang Teil A Tatbestandliche Voraussetzungen I.

1

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Funktion und tatbestandliche Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Schwierigkeiten bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

2

Der Betriebsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

3

1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

a) Geltung des sog. "allgemeinen Betriebsbegriffes" . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anwendung eines eingeschränkten Betriebsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . .

3 3 4

2. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Kritik am eingeschränkten Betriebsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Die Ausgangshypothese der h.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einwände gegen die Ausgangshypothese der h.A. . . . . . . . . . . . . . . aaa) Die tatbestandliche Systematik des § 613a BGB . . . . . . . . . . .. bbb) Untauglichkeit als Abgrenzungskriterium . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Sinnentleerung des Schutzzwecks des § 613a BGB . . . . . . . . . . b) Gründe für die Geltung des allgemeinen Betriebsbegriffes . . . . . . . . . . .. aal Fehlender Hinweis des Gesetzgebers. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Konsequenzen aus der ratio legis des § 613 a BGB . . . . . . . . . . . . ..

4 4 5 6 6 6 7 7 7 8

III. Der Begriff des Betriebsteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

8

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

8

II.

2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 9 a) Der relative Betriebsteilbegriff des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 b) Die Anwendung des § 4 BetrVG'72 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 10 c) Gefährdung des Arbeitsplatzes als Kennzeichen des Betriebsteils . . . . . . . d) Die Lehre vom Funktionszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zum Begriff des Betriebsteils nach der Rechtsprechung des BAG aal Die Charakterisierung des Betriebsteils als Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung . . . . . . . . . . . . . . bb) Der relative Betriebsteilbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Der Betriebsteil als organisatorische Einheit. . . . . . . . bbb) Der Grundsatz der Relativität des Betriebsteilbegriffes .

11 11

. . . . . .. 12 . . . . . .. 12 . . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

.. 12 .. 12 .. 13 .. 13

x

Inhaltsverzeichnis b) Zur Geltung des § 4 BetrVG'72 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Die Argumentation für die Anwendung des § 4 BetrVG'72 . . . . . .. bb) Kritik. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Die Gefahrdung der Arbeitsplätze als Kriterium des Betriebsteils . . . . .. aal Zufalligkeit der Differenzierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Förderung der Rechtsunsicherheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Vernachlässigung der komplementären Schutzfunktion des § 613a BGB und der §§ 111 ff. BetrVG'72 . . . . . . . . . . . . . .. d) Zur Lehre vom Funktionszusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

14 14 15 16 16 17 17 18

4. Eigener Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

18

IV. Der Tatbestand des Betriebsübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

19

1. Die Lehre von der Betriebsidentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Voraussetzungen des Betriebsüberganges nach der Lehre von der Betriebsidentität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Unzulässige Bezugnahme auf die Rechtsprechung des RAG. . . . . .. bb) Praktische Konsequenzen: Untauglichkeit als Abgrenzungskriterium

20

2. Der Erwerb der betrieblichen Fortführungsmöglichkeit als Kriterium des Betriebsübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Darstellung der Voraussetzungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Fehlende Kriterien zur Unterscheidung der Nutzungsvon der Fortführungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Erforderlichkeit einer Präzisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 3. Eigener Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Auslegungsziel: Das Wesen des Betriebsübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Voraussetzungen der Betriebsidentität zum übergangszeitpunkt (= Erwerb der identischen Möglichkeit der Betriebsfortführung) . . . . . . aal Ausgangspunkt: Anknüpfung an anerkannte, unbestrittene Fallkonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Betriebsneugründung nach erfolgter Stillegung . . . . . . . . . .. bbb) Rechtslage bei der Zwangsversteigerung eines Betriebsgrundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Besonderheiten des übergangs eines Dienstleistungsbetriebes. bb) Zwischenergebnis: Die Differenzierung nach neutralen und individualisierenden Betriebsmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Die sog. "neutralen (vertretbaren)" Betriebsmittel . . . . . . . . bbb) Die sog. ,,individualisierenden (unvertretbaren)" Betriebsmittel cc) Schlußfolgerung: Die übernahme individualisierender Betriebsmittel als Voraussetzung des Betriebsübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . .. dd) überpriifung der Schlußfolgerung: Keine Eröffnung von Umgehungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Die Bedeutung der Betriebsgemeinschaft im Rahmen des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

20 20 20 21 22 22 25 26 27 27 27 29 29 29 30 31 31 31 32 32 33 34 34

Inhal tsverz eichnis

XI

bb) Sonderfall 1: Die Anwendbarkeit des § 613a BGB bei Ablehnung der Weiterbeschäftigung der Gesamtbelegschaft . . . . . . . . . . . . . . aaa) § 613a BGB als Ausdruck eines "alle-oder-keinen" Grundsatzes bbb) Das Prinzip des Gleichlaufs von Betrieb und Arbeitsverhältnis. cc) Sonderfall 2: Zur Anwendbarkeit des § 613a BGB bei der ausschließlichen Ubernahme eines Belegschaftsteils . . . . . . . . . . .. aaa) Darstellung der Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bbb) Keine Anwendbarkeit des § 613a BGB auf die Abwerbung von Arbeitnehmern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. dd) Die Ubernahme eines Belegschaftsteils als Mittel zur Herbeiführung des Betriebsübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis: Die Stufenleiter des Betriebsübergangs . . . . . . . . . . . . . . . .. V.

35 35 36 37 37 38 39 40

Annex: Der Betriebsübergang im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Funktionsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

41

2. Generelle Anwendbarkeit des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

42

3. Öffentlich-rechtliche Funktionsnachfolge bei gleichzeitigem Ubergang des betrieblichen Substrats . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

4. Öffentlich-rechtliche Funktionsnachfolge als bloße Aufgabenübertragung .. a) Die Auffassung Däublers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

43 44 44

Teil B Besondere Probleme in Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang:

I.

II.

Der Vollzug des Betriebsübergangs durch einen oder mehrere Dritte

46

Einleitung..............................................

46

1. Aufzählung der problematischen Fallgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Fehlende Identität von Veräußerer und bisherigem Betriebsinhaber (Pächterfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Mehrheit von Veräußerern (Bündel von Rechtsgeschäften) . . . . . . . . . .

47 47 47

2. Zuordnung der Fragestellung zum Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang ..

48

Fallgruppe 1: Fehlende Identität des Ubertragenden mit dem bisherigen Betriebsinhaber (Pächterfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

49

1. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Erforderlichkeit der Identität von Veräußerer und ehemaligem Betriebsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die schutzzweckorientierte Auslegung des § 613a BGB . . . . . . . . . . ..

49

2. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grammatikalische/historische Auslegung. . . . . . . . . . . . b) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aal Zum Vorwurf der Systemwidrigkeit . . . . . . . . . . . . bb) Vergleich des § 613a BGB mit den §§ 25 HGB, 151 II

50 51 51 51 52

. . . . . . . . . . . . . . . . VVG

. . . . .

. . . . .

. . . . .

. . . . .

.. .. .. .. ..

49 49

XII

Inhaltsverzeichnis c) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

53 54

III. Fallgruppe 2: Mehrheit von Veräußerern (Bündel von Rechtsgeschäften) . . . ..

54

1. Die restriktive Auslegung des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

55 55

a) Fehlende Kreditmöglichkeit für sanierungsbedürftige Betriebe. . . . . . .. b) Entsprechende Heranziehung des Grundsatzes ,nemo plus juris transferre potest quam ipse habet' . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Gefahr einer unzulässigen Ausdehnung des § 613 a BGB . . . . . . . . . . .. 2. Kritik an der restriktiven Auslegung des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . .. a) Unvermeidbarkeit möglicher Nachteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Identität der übertragungsakte bei einem Betriebsübergang durch einen bzw. mehrere Veräußerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Entsprechende Heranziehung der Rechtsprechung zu § 419 BGB zur Vermeidung einer unzulässigen Ausdehnung des § 613a BGB . . . . . . . .

56 56

3. Argumentation für die wirtschaftliche Betrachtungsweise. . . . . . . a) übertragbarkeit der Ergebnisse aus der Pächterfall-Entscheidung b) Konsequenzen aus dem Schutzzweck des § 613a BGB . . . . . . . c) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 58 58 59

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

.. .. .. ..

Teil C Die Betriebsstillegung als möglicher Umgehungstatbestand des § 613a BGB I.

11.

55 55

57 57

60

Darstellung der Problematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

60

1. Die tatbestandliche Alternativität zwischen Betriebsstillegung und Retriebsinhaberwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60

2. Die Gefahr der Umgehung des § 613a BGB durch sog. "Scheinstillegungen".

61

3. Einteilung der möglichen Umgehungstatbestände in zwei Fallgruppen . . . .. a) Die Liquidationsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die Phase nach Eintritt des effektiven Stillstandes. . . . . . . . . . . . . . ..

62 62 62

Die Anwendbarkeit des § 613 a BGB während der Liquidationsphase . . . . . . .

63

1. Existenz eines Betriebes i.S.d. allgemeinen Betriebsbegriffes . . . . . . . . . ..

63

2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Auffassung des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Ansicht Hillebrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zubilligung eines Wiedereinstellungsanspruches . . . . . . . . . . . . . . . . .

64 64 65 66

3. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Zur Auffassung des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Bedeutung der Sonderkonstellation der Entscheidung des BAG v.27.9.1984 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unbillige Ergebnisse für den Betriebsinhaber bei einem Scheitern der Verkaufsverhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .•

66 66

b) Kritik an der Ansicht Hillebrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zum Lösungsvorschlag des LAG Berlin und des LAG Baden-Württemberg .

68 69

66 67

Inhaltsverzeichnis aal überflüssigkeit der Zubilligung eines Wiedereinstellungsanspruchs bb) Die tatbestandliche Unbestimmtheit des Wiedereinstellungsanspruchs cc) Keine Anwendbarkeit des § 613a BGB auf den Wiedereinstellungsanspruch . . . . . . . . . . . . . . .

XIII 69 70 70 71 71 72

4. Eigener Lösungsvorschlag . . . . . a) Die materielle Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Die prozessuale Rechtslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage nach Ablauf der 3-Wochenfrist des § 4 KSchG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) ZuIässigkeit einer erneuten Kündigungsschutzklage bei einer vorherigen, rechtskräftigen Klageabweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Die Auffassung Beckers . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Die Ansicht Berkowskys . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

73 73 74

III. Die Anwendbarkeit des § 613a BGB auf eine Betriebsveräußerung nach Eintritt des effektiven Stillstandes der betrieblichen Tätigkeit . . . . . . . . . . . . ..

75

72

1. Die Lehre von der Umgehungsabsicht . . . . . . . . . . . .

75

2. Die Lehre von der objektiven Funktionswidrigkeit

77

3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

4. Indizien für bzw. gegen das Fehlen der ernsthaften Stillegungsabsicht . . a) Zeitablauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zwischen Betriebsinhaber und späterem Erwerber. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) überwiegende Identität der Belegschaft . . . . . d) Abschluß und Durchführung eines Sozialplanes

78 78 79 80 80

Teil D Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des 1. Kapitels

Kapitel 2 Der Wechsel des Betriebsinhabers Teil A Tatbestandliche Voraussetzungen

83

I.

Funktion des Betriebsinhabers i.S.d. § 613 a BGB . . . . . . . .

83

II.

Der Begriff des Betriebsinhabers/wechsels .. .

84

1. Die betriebliche Leitungsmacht . . . . . . . . a) Der Betriebsinhaber als Rechtsinhaber . b) Der Betriebsinhaber als Betriebsbesitzer

84 84 85

2. Die Betriebsführung im eigenen Namen ...

86

3. Ergebnis: Die Charakteristika des Betriebsinhaberwechsels

86

III. Abgrenzung der Tatbestandsmerkmale Betriebsübergang und Betriebsinhaberwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Teilidentität zwischen Betriebsinhaberwechsel und Betriebsübergang . . . . .

87 87

XIV

Inhal tsverzeichnis 2. Ergänzungsfunktion des Betriebsinhaberwechsels: Erforderlichkeit eines Vollzugsaktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

87

3. Die eigenständige Bedeutung des Betriebsinhaberwechsels

89

Teil B Besondere Probleme in Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel: Die Anwendbarkeit des § 613a BGB im Gesellschaftsrecht, insbesondere zur Enthaftung des aus einer Personenhandelsgesellschaft ausscheidenden Gesellschafters

91

I.

Der Tatbestand des Betriebsinhaberwechsels im Gesellschaftsrecht (allgemein)

91

11.

Die Enthaftungsproblematik hinsichtlich des ausscheidenden Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

1. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

92

2. Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Begrenzung der Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters analog § 613a I, 11 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Parallelität zwischen dem Betriebsinhaberwechsel und dem Ausscheiden eines Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) § 613a 11 BGB als generelles Enthaftungsprivileg bei fehlendem Einfluß auf die Betriebsführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch die analoge Heranziehung des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ablehnung der analogen Anwendung des § 613a BGB . . . . . . . . . . . ..

93

3. Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Zu den Voraussetzungen einer Gesetzesanalogie . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Zur Möglichkeit einer Rechtsanalogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Fehlende Verallgemeinerungsfähigkeit des § 613a 11 BGB . . . . . . . bb) Fehlinterpretation des § 613a II BGB als allgemeingültiges Enthaftungsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) § 613a 11 BGB als haftungsbegründende Vorschrift. . . . . . .. bbb) Die ratio legis des § 613a 11 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Keine Wertungswidersprüche bezüglich anderer Fallkonstellationen .... aal Vergleich zwischen dem Ausscheiden eines Gesellschafters und der Auflösung der Gesellschaft. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Kein Wertungswiderspruch beim sukzessiven Ausscheiden mehrerer Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teil C Betriebsaufspaltung und Arbeitnehmerleihe als möglicher Umgehungstatbestand I.

93 94 94 95 96 97 97 98 98 98 99 99 101 101 102

104

Einleitung..............................................

104

1. Grundsätzliches zur Betriebsaufspaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

104

2. Die Anwendbarkeit des § 613a BGB im Rahmen der Betriebsaufspaltung ..

105

11.

Inhaltsverzeichnis

XV

3. Darstellung der atypischen, problematischen Fallkonstellationen . . . . . . .. a) Fallkonstellation 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Fallkonstellation 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107 107 107

Zur Fallgruppe 1: Die absprachegemäße Aufrechterhaltung der Arbeitgebersteilung und die Arbeitnehmerleihe durch die Besitzgesellschaft . . . . . . . . . . . ..

108

1. Anwendbarkeit des § 613a BGB ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

108

2. Geltung des AüG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

110

111. Zur Fallgruppe 2: Die Rechtslage bei Widerspruch der Arbeitnehmer . . . . . ..

111

1. Zulässigkeitsschranken durch öffentlich-rechtliche Vorschriften . . . . . . . .

111 111 111 112 112

a) Unzulässige Arbeitsvermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung i.S. d. AüG . . . . aal Der Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung . . . . . bb) Die Gewerbsmäßigkeit der Arbeitnehmerüberlassung

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

. . . .

.. .. .. ..

2. Erforderlichkeit der Zustimmung der Arbeitnehmer Teil D Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des 2. Kapitels

113

115

Kapitel 3 Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft Teil A Tatbestandliche Voraussetzungen

117

Einleitung..............................................

117

1. Die Abstraktheit des Rechtsgeschäftsbegriffes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117

2. Disharmonie zwischen Wortlaut und Gesetzeszweck . . . . . . . . . . . . . . . .

118

3. Ungenauigkeit der Formulierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

119

Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

119

1. Das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als Auffangtatbestand und Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

119

2. Das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als Abgrenzung zum Betriebsübergang kraft Gesetzes . • . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

120

3. Das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als Oberbegriff für alle dem Betriebsübergang ggf. zugrundeliegenden Vertragsgestaltungen . . . . . . . . .

121

111. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

121

I.

11.

1. Zur Interpretation des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB als Auffangtatbestand und Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . ..

a) Verfehlter Ausgangspunkt der Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aal Die historischen Grundlagen der h.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

121 121 122

XVI

Inhal tsverzeichnis bb) Bewertung der historischen Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

122

b) Unzutreffende Charakterisierung des § 613a BGB als Auffangtatbestand . aal Gefahr einer Aushöhlung zivilrechtlicher Rechtsinstitute . . . . . . . . bb) Kritik an der Entscheidung des BAG v. 6.2.1985 . . . . . . . . . . . . . cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Inhaltliche Unrichtigkeit der Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aal Prämisse 1: Zuordnung des § 613a BGB zur Einzelrechtsnachfolge . bb) Prämisse 2: Gegenseitiger Ausschluß von Rechtsgeschäft und Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Prämisse 3: überflüssigkeit des § 613a BGB neben der Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

123 124 125 126 127 127

130 132

2. Zur Auslegung des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB als Abgrenzung zum Betriebsübergang kraft Gesetzes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

132

3. Zur Interpretation des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB als Oberbegriff für alle dem Betriebsübergang ggf. zugrundeliegenden Vertragsgestaltungen ...

133

IV. Eigener Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

134

1. Ausgangspunkt: Wesen und Funktion des Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . a) Das Wesen des Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Funktion des Rechtsgeschäfts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

134 134 135 136

2. Inhalt des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Auslegungsmöglichkeiten: Betriebsmittel oder Betriebsinhaberwille . . .. b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Parallelität zwischen Betriebsübergang und Rechtsgeschäft . . . . . .. bb) Bestätigung durch die ratio legis des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . .

136 136 136 137 137

3. Rechtsnatur des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als zweiseitiges Rechtsgeschäft. .. aal Vertrag zwischen dem bisherigen und dem zukünftigen Betriebsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Betriebsübergang aufgrund eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts mit einem Dritten (Pächterfall) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Betriebsübergang durch mehrere Veräußerer (Bündel von Rechtsgeschäften) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

138 138

128

138 139 139

b) Das aal bb) cc)

Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als einseitiges Rechtsgeschäft. . .. 141 Funktion des Rechtsgeschäfts. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 141 Vergleich des § 419 BGB mit § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . .. 142 Bedeutung des Schutzzwecks des § 613a BGB für die Charakterisierung des Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 c) Annex: Betriebsübergang kraft Gesetzes/durch Hoheitsakt . . . . . . . . .. 143 4. Auswirkungen von Unwirksamkeits- und Nichtigkeitsgründen auf die Anwendbarkeit des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Nichtigkeit des gesamten Rechtsgeschäftes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aal Der Betriebsübergang auf den nichtberechtigten Inhaber . . . . . . . . aaa) Gefährdung des Schutzzwecks des § 613a BGB . . . . . . . . . . bbb) Der Grundsatz des Vertrauensschutzes . . . . . . . . . . . . . . . .

144 144 144 145 146

Inhaltsverzeichnis ccc) Parallelität zwischen dem fehlerhaft vollzogenen Betriebsübergang und dem fehlerhaften (faktischen) Arbeitsverhältnis. . .. bb) Die Rückübertragung des Betriebes auf den bisherigen Inhaber .... b) Teilnichtigkeit des Rechtsgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonderfall: Betriebsübergang bei geschäftsunfähigen bzw. beschränkt geschäftsfähigen Betriebserwerbern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XVII

147 147 149 149

Teil B Besondere Probleme in Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft: Die Harmonisierung des § 613a BGB mit speziell geregelten Rechtsgebieten I.

151

Die Anwendbarkeit des § 613a BGB im Erbrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

151

1. Unmittelbarer Betriebsübergang auf den (die) Erben . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzliche und testamentarische Erbfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Erbfolge durch Erbvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Sonderfall der Hoferbfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

152 152 152 153

2. Mittelbarer Betriebsübergang auf den Erben bei einer zwischenzeitlichen BetriebsinhabersteIlung eines Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Fehlerhafter Vollzug der Arbeitgebererbfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Einleitung....................................... aaa) Kondiktion des gezahlten Lohnes/Zahlung des noch ausstehenden Arbeitsentgelts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Neueinstellungen/Kündigungen durch den vermeintlichen Erben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Lösung der fehlerhaften Arbeitgebererbfolge nach Vertrauensschutz- und Rechtscheingrundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Das zwei Phasen-Modell Walkers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Stellungnahme.................................... aaa) Kritik an der Auffassung Stumpfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Keine Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG . . . . . (2) Unbestimmtheit der angewandten Grundsätze . . . . . . . . (3) Fehlende Zurechenbarkeit des Vertrauenstatbestandes . .. bbb) Kritik am Lösungsvorschlag Walkers. . . . . . . . . . . . . . . . .. (1) Unzulässige Ausdehnung der Rechtsfolgen der Lehre über das fehlerhafte Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Unzureichende Begründung der analogen Anwendung des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. dd) Eigener Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Die kollidierenden Wertungsgesichtspunkte . . . . . . . . . . . .. (1) Erbrechtliche Wertungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Arbeitsrechtliche/praktische Wertungen . . . . . . . . . . . . (3) Zwischenergebnis........................... bbb) Interessenabwägung durch Orientierung an vergleichbaren Kollisionsfällen im Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . .. ccc) Lösungsweg: § 613a BGB in zweifacher analoger Anwendung. b) Betriebsübergang bei Vor- und Nacherbschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 2 Pi"tzko

154 154 154 155 155 155 155 156 156 156 156 156 157 158 158 159 160 160 160 161 161 162 163 164

XVIII

Inhaltsverzeichnis c) Anwendbarkeit des § 613a BGB im Rahmen der Auseinandersetzung einer Miterbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 165 d) Annex: Betriebsübergang auf den Vermächtnisnehmer . . . . . . . . . . . .. 167

11.

3. Betriebsfortführung durch den Testamentsvollstrecker. . . . . . . . . . . . . .. a) Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Modifizierungen bei Fortführung eines Handelsgeschäfts

168

Anwendbarkeit des § 613a BGB im Konkurs

169

l. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

169

2. Der Betriebsübergang während des Konkursverfahrens. . . . . . . . . . . . . .. a) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Die konkursrechtliche Auffassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Fehlen eines Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB . . . . . . . . .. bbb) Gleichstellung des §613aBGBmitden §§25 HGB,419 BGB . ccc) Verletzung zwingender konkursrechtlicher Grundsätze . . . . . ddd) Vereitelung der ratio legis des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . eee) Billigkeitsargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die arbeitsrechtliche Ansicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Rechtsgeschäftliche Verwertung durch den Konkursverwalter. bbb) Fehlende Vergleichbarkeit des § 613a BGB mit den §§ 25 HGB, 419BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ccc) Konkursrechtliche Gegenargumentation . . . . . . . . . . . . . . . ddd) Erforderlichkeit des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse im Konkurs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. eee) Billigkeitsargumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ,.... cc) Die differenzierende Auffassung des BAG . . . . . . . . . . . . . . . b) Bewertung, Kritik und Auswirkung der Rechtsprechung des BAG .. aal Der Zeitpunkt der übernahmehaftung des Erwerbers . . . . . . . . bb) Rechtsunsicherheitin Bezug auf verfallbare Ruhegeldanwartschaften. cc) Auswirkungen der Rechtsprechung des BAG/§ 613a BGB als Achilles-Ferse der Betriebssanierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Vertragliche Vereinbarungen zwischen Betriebserwerber und Arbeitnehmern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (1) Billigkeitskontrolle durch das BAG . . . . . . . . . . . . . . . (2) Kritik an der gerichtlichen Billigkeitskontrolle . . . . . . .. bbb) Das Lemgoer-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ccc) Vorgezogene Rationalisierungskündigungen durch den bisherigen Betriebsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ddd) Zulässigkeit und Erforderlichkeit der Sanierungskündigung auf Druck des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Zulässigkeit und Erforderlichkeit der Sanierungskündigung (a) Der Wortlaut des § 613a IV BGB . . . . . . . . . . . . . , (b) Vergleichbarkeit der Sanierungskündigung mit der Druckkündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (c) Vereinbarkeit mit der ratio legis des § 613a IV BGB . (d) Bewußte Regelungslücke im Rahmen des Insolvenzrech ts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Konkretisierung und Grenzen der Sanierungskündigung ., c) Änderung der Rechtslage durch die Entscheidung des EuGH v. 7.2.1985.

167 167

170 170 170 170 171 171 172 172 172 173 173 174 174 175 175 175 176 177 179 180 181 182 183 184 186 186 186 187 188 189 190 191

Inhaltsverzeichnis

XIX

aal Unmittelbare Bindungswirkung des Urteils . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Mittelbare Bindungswirkung über eine Vorlagepflicht zum EuGH . .. 3. Zur Anwendbarkeit des § 613a BGB in den verschiedenen Stadien des Konkursverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Betriebsveräußerung vor Konkursantragfnach AntragsteIlung vor Konkurseröffnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Betriebsübergang nach Ablehnung der Konkurseröffnung mangels Masse i.S.v. § 107 KO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Betriebsübergang auf den Konkursverwalter. . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Betriebsinhaberwechsel im Rahmen der Einstellung des Konkursverfahrens nach § 204 KO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

191 192 193 193 194 195 196

IU. Betriebsveräußerungen während des Vergleichsverfahrens. . . . . . . . . . . . . ..

196

1. Grundsätzliche Anwendbarkeit des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

196

2. Erforderlichkeit der teleologischen Reduktion der Ubernahmehaftung des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Stundungsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Quoten- und Liquidationsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Außergerichtlicher Vergleich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

197 198 198 199

. . . .

. . . .

.. .. .. ..

IV. Betriebsübergang als Folge der Zwangsvollstreckung in ein Betriebsgrundstück .

199

1. Zwangsversteigerung eines Betriebsgrundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Das Wesen der Zwangsversteigerung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

V.

b) Handlungsalternativen des Erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

200 200 201

2. Zwangsverwaltung des Betriebsgrundstücks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... a) Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Betriebsfortführung durch den Schuldner ... . . . . . . . . . . . . . . . bb) Betriebsfortführung durch den Zwangsverwalter. . . . . . . . . . . . .. c) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Konsequenzen für die Anwendbarkeit des § 613a BGB . . . . . . . . . . . .

201 201 202 202 202 203 205

Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft im Rahmen der öffentlichrechtlichen Funktionslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

206

Teil C Die Bedeutung des § 613a BGB im Rahmen des Internationalen Privatrechts: Umgehung der Rechtsfolgen des § 613a BGB durch Rechtswahl oder Betriebsverlegung? I.

Einleitung

208 208

1. Die Problembereiche des Betriebsinhaberwechsels bei Auslandsberiihrung .. 208 a) Problembereich 1: Betriebsübergang im Inland - Rechtswahl ... . . . .. 209 b) Problembereich 2: Betriebsinhaberwechsel im Ausland - Rechtswahl . .. 210 c) Problembereich 3: Der grenzüberschreitende Betriebsübergang . . . . . . . 210 2*

xx

Inhaltsverzeichnis 2. Gefahr der Umgehung des § 613a BGB .. a) Großbritannien .... . b) Niederlande . . . . . . . . c) Schweiz . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis .... .

II.

210

211 212 212 212

Die arbeitsrechtliche Anknüpfung des Betriebsinhaberwechsels . ....... . (Rechtslage bis zum 1.9.1986) . . . . .

213

1. Meinungsstand

214

2. Stellungnahme a) Anknüpfung an das Vertragsstatut des übernahmevertrages zwischen den Betriebsinhabern . . . . . . . . . . . . b) Geltung des Territorialitätsprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die lex loci laboris als eigenständige Kollisionsnorm für den Betriebsinhaberwechsel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Die Ausdehnung des Arbeitsvertragsstatuts auf den Betriebsübergang aal Einwände gegen die Anknüpfung an das Arbeitsvertragsstatut . bb) Zurückweisung der vorgebrachten Einwände . . . . . . . . . . . . . cc) Präzisierung der lex loci laboris in Hinblick auf die Sonderkonstellation des grenzüberschreitenden Betriebsübergangs dd) Ergebnis . . . . . . . . . . . . .

215 215 216 217 218 219 219 221 223

III. Zur Rechtslage seit dem 1.9.1986 ...

223

IV. Konsequenzen des vorgeschlagenen Lösungsweges für die angeführten Problembereiche . . . . . . . . . . . . . . .

225

1. Betriebsinhaberwechsel im Inland .

225

2. Betriebsübergang im Ausland ....

225

3. Der grenzüberschreitende Betriebsinhaberwechsel

225

Teil D Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des 3. Kapitels

226

Kapitel 4 ZuIässigkeit, Rechtsnatur, Tatbestand und Rechtsfolgen des Widerspruchsrechts Teil A Zur Zulässigkeit des Widerspruchsrechts des Arbeitnehmers I.

229

Einleitung...................

229

1. Das Urteil des BAG v. 17.5.1984 ..

232

2. Das erwachende Interesse an einer kollektiven Ausübung des Widerspruchsrechts .

232

3. Schlußfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

233

Inhaltsverzeichnis 11.

überprüfung der Rechtsprechung des BAG zur beim Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Wortlaut des § 613a BGB . . . . . . . . . a) Lückenhaftigkeit des Wortlauts . . . . . . b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . .

Zu lässigkeit des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

XXI

.. .. .. ..

234 234 234 234

2. Die Entstehungsgeschichte des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Zur historischen Auslegung des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Bedeutung der Begründung des Regierungsentwurfes zu § 613a BGB . aal Die Anlehnung an die einschlägige Rechtsprechung. . . . . . . . . . .. bb) Ablehnung eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates in Bezug auf den Betriebsübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

235 235 237 237 238

c) Der Entwurf des Arbeitsgesetzbuches von 1977 . . . . . . . . . . . . . . . . .

238

3. Die systematische Auslegung des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die systematische Begründung des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die (bisherigen) systematischen Einwände gegen das Widerspruchsrecht in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

240 240

aal Allgemeine systematische Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Parallelität zwischen § 571 BGB und § 613a BGB. . . . . . . . . . . .. cc) § 613a BGB als lex specialis zu § 613 S.2 BGB . . . . . . . . . . . . .. aaa) Die historischen Grundlagen des § 613 S. 2 BGB . . . . . . . . . bbb) Die Auslegung des § 613 S. 2 BGB in Bezug auf Arbeitsverträge. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. (1) Ausnahme 1: Die erbrechtliche Gesamtrechtsnachfolge .. (2) Ausnahme 2: Die rechtsgeschäftliche Betriebsnachfolge .. ccc) Schlußfolgerungen hinsichtlich des Widerspruchsrechts . . . . . c) Die Unvereinbarkeit des Widerspruchsrechts mit der tatbestandlichen Systematik des § 613 a BG B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aal Umkehrung des Regel·Ausnahmeverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . bb) Widersprüchliche Auslegung des Tatbestandsmerkmals ,durch Rechts· geschäft' i.S.v. § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Haftungsrechtliche Unverträglichkeit des § 613a 11 BGB mit einem nach Vollzug des Betriebsinhaberwechsels erklärten Widerspruch. ..

240 241 243 243

4. Teleologische Auslegung des § 613a BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) § 613a BGB als einseitiger Eingriff in die Vertragsfreiheit des Betriebs· erwerbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aal Die Zwangsübertragung der Arbeitsverhältnisse als Produkt einer umfassenden Güterabwägung widerstreitender Interessen . . . . . . .. bb) Verstoß der Rechtsprechung des BAG gegen zwei anerkannte Ziele des§613aBGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Funktion 1: Die Erhaltung des rechtlichen Status quo . . . . .. bbb) Funktion 2: § 613a BGB als Lückenausfüllung zur Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

251

5. Verfassungsrechtliche Argumentation. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Die Verletzung von Grundrechten der Arbeitnehmer durch die Zwangsübertragung der Arbeitsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

259

b) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

259

240

244 244 245 246 248 248 248 249

251 251 251 254 254 255

259

XXII

Inhaltsverzeichnis aal Schutzumfang des Art. 12 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Fehlender Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 GG . . . . bbb) § 613a BGB als rechtmäßige Schranke der Berufsausübungsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Keine Verletzung des Art. 1 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aaa) Widersprüchliche Charakterisierung des § 613a BGB als Schutzund Eingriffsnorm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Bedeutung der tatbestandlichen Struktur des § 613a BGB ... ccc) Vergleich mit der Gesamtrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . dddl, Ausschluß der ObjektsteIlung des Arbeitnehmers durch Zubilligung einer Kündigungsmöglichkeit nach § 626 BGB . .. (1) Das Abfindungsinteresse des Arbeitnehmers. . . . . . . . .. (2) Keine zeitweilige Tätigkeit beim Betriebserwerber . . . . .. (3) Einschränkung der Entscheidungsfreiheit des Arbeitnehmers bei Nichtanerkennung des Widerspruchsrechts . . . . . . . . (4) Unzumutbarkeit des Arbeitsplatzverlustes beim Betriebsveräußerer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

6. Unzulässige richterliche Rechtsfortbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die aal bb) cc)

259 259 261 261 261 262 262 263 263 264 264 265 266 266

Zulässigkeitsvoraussetzungen der richterlichen Rechtsfortbildung . .. Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . .. Legitimation des Fortbildungsergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfassungsmäßigkeit des Forbildungsergebnisses . . . . . . . . . . . ..

267 267 268 270

b) Bewertung der Rechtsprechung des BAG zum Widerspruchsrecht anhand der angeführten Zulässigkeitskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

270

7. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

271

Teil B Besondere Probleme in Zusammenhang mit dem Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers: (Exkurs) Rechtsnatur, Ausübung und Rechtsfolgen des Widerspruchsrechts I.

11.

272

Die Rechtsnatur des Widerspruchsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

272

1. Ausgangspunkt: Die Rechtsprechung des BAG . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

273

2. Abwägung zwischen der Vertrags- und Gestaltungsrechtslösung . . . . . . . ..

274

3. Konkretisierung des Widerspruchsrechts als Gestaltungsrecht a) Vergleich des Widerspruchsrechts mit einern Optionsrecht . . . . . . . . . . b) Parallelität des Widerspruchsrechts mit § 569a BGB . . . . . . . . . . . . . .

276 277 277

c) Ähnlichkeit des Widerspruchsrechts mit dem Ausschlagungsrecht nach den §§ 1944 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Analogie zu § 626 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

278 279

Ausübung und Ausgestaltung des Widerspruchsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . ..

281

1. Die Erklärung des Widerspruchs durch den Arbeitnehmer. . . . . . . . . . . ..

a) Geschäftsfähigkeit - Zugang (Adressat) - Vertretung. . . . . . . . . . . ..

281 281

aal Geschäftsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

281

Inhaltsverzeichnis

XXIII

bb) Zugang (Adressat) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Vertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eindeutigkeit (Auslegung) - Schweigen als Zustimmung . . . . . . . . . . . aa) Eindeutigkeit der Widerspruchserklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Schweigen als Zustimmung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Form - Begründung - Bedingung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Form/Begründung.................................. bb) Bedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. Zeitpunkt des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ordnungsgemäße Information durch die Arbeitgeber. . . . . . . . . . . . .. aa) Umfang der Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Art und Weise der Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Informationspflicht oder Informationsobliegenheit? . . . . . . . . . . . Rechtsmißbrauch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

281 282 283 283 284 286 286 286 287 289 289 290 291 292

2. Die nachträgliche Beseitigung der Widerspruchserklärung . . . . . . . . . . . .. a) Widerruf - Widerrufsvorbehalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Rechtslage bei Unterlassung des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . .

292 292 293 293

3. Ausschluß des Widerspruchsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Abschluß befristeter bzw. auflösend bedingter Arbeitsverträge . . . . . . . b) Verzicht des Arbeitnehmers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

294 294 295

c) Ausschluß des Widerspruchsrechts in Betriebsvereinbarung oder Tarifvertrag. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

296

111. Die Rechtsfolgen des Widerspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

296

1. Ex tunc oder ex nunc Wirkung des Widerspruchs? . . . . . . . . . . . . . . . . ..

296

b)

c)

d) e)

f)

2. Rechtslage zwischen dem ehemaligen Betriebs(·teil)inhaber und dem widersprechenden Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. a) Fehlende Beschäftigungsmöglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Betriebsbezogenheit des Kündigungsschutzes . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Unternehmensbezogenheit des Kündigungsschutzes. . . . . . . . . . .. aaa) Analyse der Urteilsbegründung der Entscheidung des BAG v.17.5.1984 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bbb) Schlußfolgerungen in Bezug auf den widersprechenden Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Konzernbezogenheit des Kündigungsschutzes. . . . . . . . . . . . . . .. b) Soziale Auswahl. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aa) Soziale Auswahl zwischen den widersprechenden Arbeitnehmern. .. bb) Anwendbarkeit des § 1 III KSchG auf von der Betriebsteilveräußerung nicht betroffene Arbeitnehmer .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. aaa) Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bbb) Stellungnahme. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. ccc) Eigener Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Vorrang der Änderungskündigung vor einer Beendigungskündigung .... d) Anhörung des Betriebsrates nach § 102 BetrVG' 72 . . . . . . . . . . . . . .. e) Die Kündigung besonders geschützter Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . .

299 300 300 301 301 302 304 304 305 305 305 306 307 307 308 308

XXIV

Inhal tsverzeichnis aal Betriebsratsmitglieder .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) (Tarifvertraglich) altersgesicherte Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . ..

308 309

3. Rechtslage zwischen dem neuen Betriebsinhaber und dem widersprechenden Arbeitnehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

310

4. Sonstige Rechtsfolgen für den widersprechenden Arbeitnehmer. . . . . . . .. a) Vorübergehender Einsatz des widersprechenden Arbeitnehmers beim neuen Betriebsinhaber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Sperrfrist nach § 119 AFG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

311 311 312

5. Rechtsfolgen des Widerspruchs für die betroffenen Betriebsinhaber . . . . . . a) Gewährleistungsansprüche analog der §§ 459 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtung nach § 119 11 BG B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. c) Wegfall der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. d) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

312 313 314 314 315

Teil C Der kollektive Widerspruch als möglicher Umgehungstatbestand

316

I.

Einleitung

316

11.

Meinungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

317

1. Darstellung der unterschiedlichen Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

317

2. Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Zielsetzungen eines kollektiven Widerspruches . . . . . . . . . . . . . . . aal Zielsetzung 1: Der kollektive Widerspruch als Druckmittel für materielle Vergünstigungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. bb) Zielsetzung 2: Der kollektive Widerspruch als Mittel zur Verhinderung des Betriebsüberganges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. cc) Zielsetzung 3: Der kollektive Widerspruch als Mittel zur Vermeidung des konkreten Arbeitgeberwechsels . . . . . . . . . . . . .. b) Die möglichen Auswirkungen des kollektiven Widerspruchs . . . . . . . . .

318 318

IH. Eigener Lösungsvorschlag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

320

1. Ausgangspunkt: Analyse vergleichbarer kollektiver Druckmittel . . . . . . . .

320 320 321

a) Die kollektive Änderungskündigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. b) Das kollektive Zurückbehaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..

318 318 319 319

2. Konsequenzen für das kollektive Widerspruchsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 321 a) Rechtsmißbräuchlichkeit des kollektiven Widerspruchsrechts als Druckmittel zur Durchsetzung zusätzlicher Vergünstigungen. . . . . . . . . . . .. 321 b) Der kollektive Widerspruch als Mittel zur Vereitelung des Betriebsüberganges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 c) Das kollektive Widerspruchsrecht als Mittel zur Ablehnung eines konkreten Arbeitgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 323 aal Grundsätzliches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 bb) Zur Notwendigkeit der Einbeziehung der Auswirkungen des kollektiven Handeins in die Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 cc) Schlußfolgerung................................... 325

Inhaltsverzeichnis

XXV

IV. Infonnation, Organisation und Vertretung der Belegschaft durch den Betriebsrat oder die Gewerkschaft . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 1. Infonnation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

326

2. Vertretung der Arbeitnehmer . . . . . . . .

327

3. Organisation des kollektiven Widerspruchs.

327

Teil D Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des 4. Kapitels

329

Literaturverzeichnis

332

Abkürrungsverzeichnis A.

a.A., (A.A.) a.a.O. abi. AcP a.E. A.F. AFG AGB AiB AK Anh. AP ArbG AR.-Bi. ArbR ArbRdGgw ARS ARST Art. AüG AuR AWD BAG BAGE BayOblG BB BerGes VR BetrAVG BetrVG BGB BGB/AT BGH BGHZ Bi. BIStSozArbR BR BSG BT/DS B.v. BVerfG

Auflage andere(r) Ansicht am angegebenen Ort ablehnend( er) Archiv für civilistische Praxis (Zeitschrift) am Ende alte Fassung Arbeitsförderungsgesetz Arbeitsgesetzbuch Arbeitsrecht im Betrieb (Zeitschrift) Alternativkommentar zum BGB Anhang Arbeitsrechtliche Praxis - Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts Arbeitsgericht Arbeitsrecht-Blattei Arbeitsrecht Arbeitsrecht der Gegenwart (Zeitschrift) Arbeitsrechtsammlung Arbeitsrecht in Stichworten (Zeitschrift) Artikel Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Arbeit und Recht (Zeitschrift) Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters Bundesarbeitsgericht Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts, amtliche Sammlung Bayerisches Oberlandesgericht Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Berichte der deutschen Gesellschaft für Völkerrecht Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bürgerliches Gesetzbuch/ Allgemeiner Teil Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Blatt Blätter für Steuerrecht, Sozialversicherung und Arbeitsrecht (Zeitschrift) Der Betriebsrat (Zeitschrift) Bundessozialgericht Bundestags-Drucksache Beschluß vom Bundesverfassungsgericht

Abkürzungsverzeichnis BVerfGE

XXVII

bzw.

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, amtliche Sammlung beziehungsweise

DB ders. DGB d.h. Die Mitbestimmung Diss. DJT DVBl.

Der Betrieb, Wochenschrift für Betriebswirtschaft derselbe Deutscher Gewerkschaftsbund das heißt Die Mitbestimmung (Zeitschrift) Dissertation Deutscher Juristen Tag Deutsches Verwaltungsblatt

EG EGBGB Einf. Einl. ErbR EuGH EuR EWG EWGV EWiR EzA

Europäische Gemeinschaft Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch Einführung Einleitung Erbrecht Europäischer Gerichtshof Europa-Recht (Zeitschrift) Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht

f. (ff.) FS Fußn.

folgende (fortfolgende) Festschrift Fußnote

GG ggf. GK GK(HGB) GmbHG GmbHR GrundS.

Grundgesetz gegebenenfalls Gemeinschaftskommentar Großkommentar zum Handelsgesetzbuch Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH Rundschau (Zeitschrift) Grundsätze

h.A. h.M. HöfeO

herrschende Auffassung herrschende Meinung Höfeordnung

IAR i.E. InfStW InsolvenzR IPR IPRax IRLR i.S.d. i.S.v. i.V.m.

Internationales Arbeitsrecht im Ergebnis Information für Steuer- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift) Insolvenzrecht Internationales Privatrecht Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) Industrials Relations Law Report im Sinne des (der) im Sinne von in Verbindung mit

JA JheringsJ ahrb

Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Jherings Jahrbuch

XXVIII

Abkürzungsverzeichnis

Jura JuS JW JZ

Juristische Ausbildung (Zeitschrift) Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristische Wochenschrift Juristenzeitung

KO KSchG KTS

Konkursordnung Kündigungsschutzgesetz Konkurs·, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen (Zeitschrift)

LAG LG LM LS LSGNW

Landesarbeitsgericht Landgericht Lindenmaier/Möhring, Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Leitsatz Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen

MDR MitbestGspr. MüKo m.w.N.

Monatsschrift für Deutsches Recht Mitbestimmungsgespräch (Zeitschrift) Münchner Kommentar mit weiteren Nachweisen

NJW Nr. NWB NZA

Neue juristische Wochenschrift Nummer Neue Wirtschaftsbriefe Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht

OLG

Oberlandesgerich t

RabelsZ

RGZ RWS

Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, begründet von Ernst Rabel Reichsarbeitsgericht Entscheidungen des Reichtsarbeitsgerichts, amtliche Sammlung Recht der Arbeit (Zeitschrift) Randnummer(n) Das Bürgerliche Gesetzbuch mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes (Kommentar) Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht Wirtschaft Steuern

S. SAE Slg. sog. Sp.

Seite/Satz Sammlung Arbeitsrechtlicher Entscheidungen Sammlung sogenannte(n) Spalte

SchR SchR/BT SchwOR

Schuldrecht Schuldrecht/Besonderer Teil schweizerisches Obligationenrecht

StudK

Studienkommentar

TV TVG

Testamtentsvollstrecker Tarifvertragsgesetz

u.a. überbl.

unter anderem überblick

RAG RAGE RdA Rdnr. RGRK

Abkürzungsver~eichnis

XXIX

UmwG Urt.v. u.U.

Umwandlungsgesetz Urteil vom unter Umständen

VAA VersR Vgl. (vgl.) VgIO VVG

Veröffentlichungen der Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht im Deutschen Anwaltsverein Versicherungsrecht (Zeitschrift) Vergleiche Vergleichsordnung V ersicherungsvertragsgeset~

WM

Wertpapier·Mitteilungen (Zeitschrift)

z.B. ZfA ZGR ZHR ZiP ZPO ZRP

zum Beispiel Zeitschrift für Arbeitsrecht Zeitschrift für Unternehmens· und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Konkursrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Rechtspolitik ~um Teil Gesetz über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung Zeitschrift für Zivilprozeß

~.T.

ZVG ZZP

KAPITELl

Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang TeilA

Tatbestandliehe Voraussetzungen I. Einleitung § 613a BGB ordnet den Eintritt in die Arbeitsverhältnisse an, wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil auf den Erwerber als neuen Inhaber übergeht. Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang stellt damit den wesentlichen Anknüpfungspunkt für die Anwendbarkeit des § 613a BGB dar.

1. Funktion und tatbestandliche Struktur Die Funktion des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang besteht anerkanntermaßen darin zu gewährleisten, daß die übertragung einer Sachgesamtheit bzw. einzelner Betriebsmittel nicht vom Regelungsbereich des § 613a BGB erfaßt wird.' Für die daraus resultierende Abgrenzung des Betriebsübergangs von der Veräußerung einer Sachgesamtheit sind zwei Feststellungen vonnöten. Zunächst einmal muß die Existenz eines Betriebes bzw. Betriebsteils positiv festgestellt werden. Liegt bereits vor dem übertragungsakt lediglich eine Sachgesamtheit vor, wie das z.B. nach einer rechtmäßig durchgeführten Betriebsstillegung der Fall ist 2 , findet § 613a BGB von vornherein keine An1 BAG SAE 1986, 160, (164); BAG OB 1985,2409, (2410); BAG OB 1976,391;LAG Hamburg BB 1985,1667, (1668); LAG Hamm, Urt. v. 19.4.1985,16 (10) 1501/83 (insoweit unveröffentlicht); LAG Kiel OB, 1978, 1406; Bracker, Betriebsverfassung S. 21; Falkenberg, OB 1980, 783; Fischer, Betriebsübergang S. 32; Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf Rdnr_ 569; v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1979.329, (332 f.); Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 19; Meilicke, OB 1982, 1168; Posth, Probleme S. 76; Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 9/85, S. 664; Seiter, Betriebsinhaberwechsel, S. 55; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 34 ff.; Weber, BB 1983,1536 f.; Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 82. 2 BAG ZiP 1987,1072, (1074); BAG NZA 1987, 523; BAG ZiP 1986, 1595, (1598 m.w.N.); BAG DB 1985,2407, (2409); BAG OE 1985,2409, (2411); BAG ZiP 1985,698, (701); BAG AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969; BAG AP Nr. 4 zu § 613a BGB (unter 1a); BAG ZiP 1980,669, (671); LAG Berlin, Urt. 11.11.1983, 11 Sa 99/83, (unveröffentlicht); LAG Berlin, Urt. 17.11.1983, 7 Sa 102/83, (unveröffentlicht); LAG Berlin, OB 1979,

2

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

wendung. Die Tatbestandsmerkmale Betrieb bzw. Betriebsteil bilden somit die äußerste Grenze des tatbestandlichen Anwendungsbereiches des § 613a BGB. Erst nachdem der Bestand eines Betriebes bzw. Betriebsteils bejaht wor· den ist, stellt sich die Frage nach dem ,Ob' des Betriebsübergangs. Es ist dann erneut zu entscheiden, ob der Betrieb bzw. Betriebsteil selbst oder nur eine Sachgesamtheit aus dem Betrieb übertragen worden ist. Daraus ergibt sich, daß das Kriterium des Betriebsübergangs sowohl die Feststellung eines existenten BetriebesJBetriebsteils als auch die Feststellung des übergangs umfaßt. Aufgrund der tatbestandlichen Systematik, d.h. der notwendigen, nachrangigen Abgrenzungsfunktion beider Merkmale ist es ge· rechtfertigt, den Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB als einen zweistufigen Tatbestand zu charakterisieren. 2. Die Schwierigkeiten bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang Obwohl das Auslegungsziel, die Abgrenzung zur übertragung einer bloßen Sachgesamtheit vorgegeben ist, bestehen in Rechtsprechung und Literatur z.T. erhebliche Unterschiede in Bezug auf die konkrete Umschreibung, Fest· legung sowie Ein· und Abgrenzung des Betriebsübergangs. 3 Verantwortlich für diese Differenzen ist zum einen die Verwendung uno scharfer Begriffe wie Betrieb oder Betriebstei1. 4 Zum anderen hat der Gesetzgeber offenbar bewußt auf deren Konkretisierung verzichtet. s Insoweit ist nicht ganz zu Unrecht der Vorwurf mangelnder gesetzgeberischer Sorgfalt erhoben worden. 6 Dies gilt um so mehr, als gerade die Unbestimmtheit der gesetzlichen Terminologie als Ansatzpunkt gewählt wird, um durch einseitige, interessenorientierte Interpretationen den tatbestandlichen Anwendungsbereich des § 613a BGB entweder einzuschränken oder auszudehnen. 7 Die aus derartigen Bemühungen resultierende Rechtsunsicherheit 8 führt dazu, daß häufig erst nach einer letztinstanzlichen Entscheidung des BAG feststeht, ob auf den Erwerb bestimmter Betriebsmittel § 613a BGB Anwendung findet 608; LAG Düsseldorf. Urt. V. 25.2.1982. 14 Sa 1413/81 (unveröffentlicht); LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; LAG Hamburg DB 1985, 1667, (1668); LAG Hamm ZiP 1984, 1270f.; LAG Hamm ZiP 1984,481, (482); LAG Hamm OB 1985,2052, (2053); vgl. im übrigen die Darstellung in Kapitel 1 Teil C. 3 Posth, Probleme S. 70. 4 Steckhan, FS Schnorr V. Carolsfeld (1974) 463, (472). 5 Fischer, Betriebsübergang S. 22; Hadding/Häuser, Anmerk., SAE 1978, 54, (55); Posth, Probleme S. 70; ähnlich: Sulzberger-Schmitt, übergang S. 19. 6 So: Kraft, FS BAG (1979), 299, (302); Fischer, Betriebsübergang S. 23 Fußn.2; Schwerdtner, Anmerk. SAE 1978,60 wirft dem Gesetzgeber sogar einen miserablen Ge· setzgebungsstil vor. 7 Steckhan, FS Schnorr v. Carolsfeld (1974) 463, (472). 8 Lieb, ArbR § 2 13 S. 18 spricht von einem verworrenen Rechtszustand.

Teil A: Struktur und Auslegung

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oder nicht. 9 Allerdings ist dem Gesetzgeber zuzugeben, daß angesichts der unterschiedlichen Betriebsformen (z.B.: Produktions-, Dienstleistungsbetriebe, Mischformen etc.) sowie der vielfältigen Möglichkeiten zur Regelung eines Betriebsübergangs, eine Auslegung, die das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang über ein bestimmtes Maß hinaus spezifiziert, weder möglich noch sinnvoll ist. Denn andernfalls bestünde die Gefahr, daß über eine starre und statische Definition der von § 613a BGB bezweckte sozialstaatliche Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse durch atypische übertragungsformen unterlaufen wird. Bedarf damit § 613a BGB einer wesensimmanenten Flexibilität, kann das Ziel einer sachgerechten Auslegung nur darin liegen, das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang soweit zu konkretisieren, daß die Anwendbarkeit des § 613a BGB vom Makel der Zufälligkeit und Unvorhersehbarkeit befreit wird.

11. Der Betriebsbegriff 1. Meinungsstand Die Auslegung des Betriebsbegriffes i.S.v. § 613a BGB ist umstritten.

a) Geltung des sog. "allgemeinen Betriebsbegriffes" Ein Teil der Landesarbeitsgerichte lO sowie die überwiegende Ansicht in der Literatur l1 geht im Rahmen des § 613a BGB von der Geltung des von Jacobi 12 entwickelten und inzwischen modifizierten 13 allgemeinen BetriebsbeFischer, Betriebsübergang S. 21 f. LAG Berlin, Urt. v. 11.11.1983, 11 Sa 99/83 (unveröffentlicht); LAG Frankfurt ZiP 1982,351, (352); LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985,305, (306); inzwischen allerdings auch: BAG ZiP 1986. 1595, (1596); differenzierend: BAG ZiP 1988,44, (50). 11 Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975, 305; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 185; Bracker, Betriebsverfassung S. 20; Dehmer, Betriebsspaltung S. 235 Rdnr. 849; Eich, DB 1980, 255, (258); Erman/Küchenhoff, § 613a BGB Rdnr. 13; Falkenberf! DB 1980, 783; Fischer, Betriebsübergang S. 25; Frohner, BlStSozArbR 1978,257, (258); Fuchs, Betriebsnachfolge S. 7 ff.; Gaul, BB 1979,1666, (1667); ders., GRUR 1981,379, (382); Hess, DB 1976, 1154, (1156); Hess/Kropshofer, § 1 KO Rdnr. 61; Hohmann, NWB, Fach 26, 1885, (1886); Kraft, FS BAG (1979), 299, (303); Lauer, InfStW (1983), 58; Lutz, Konkursverwalter S. 4 ff.; Meilicke, DB 1982, 1168 f.; Palme, BlStSozArbR 1977, 386; Posth, Probleme S. 71; Roemheld, Anmerk. SAE 1981,221 f.; ders., BB 1976,845, (846); MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 22; ders., ZiP 1983, 272, (273); Schuster/Bekkerle, NZA 1985, 16; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 49; Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 10; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 19 f.; Weber, BB 1983,1536. 12 Jacobi, Betrieb und Unternehmen S. 8; ders., Grundlagen S. 286 hat den Betrieb ursprünglich definiert als eine Vereinigung von personellen, sachlichen und immateriellen Mitteln zur fortgesetzten Verfolgung eines von einem oder mehreren Rechtssubjekten gesetzten technischen Zwecks. 13 Mit der Anmerkung des Persönlichkeitswertes der Arbeit und der verfassungsrechtlichen Verankerung der Würde des Menschen im Grundgesetz wurde die Betriebsdefinition 9

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Pi~tzko

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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griffes aus. Danach wird der Betrieb i.S.v. § 613a BGB als Einheit von Betriebsmitteln charakterisiert, mit deren Hilfe ein Unternehmer zusammen mit seinen Mitarbeitern eine bestimmte arbeitstechnische Zielsetzung verfolgt.

b) Anwendung eines eingeschränkten Betriebsbegriffes Demgegenüber befürwortet das BAG 14 und ein Teil der Literatur 15 die Anwendung eines eingeschränkten Betriebsbegriffes für § 613a BGB. Zwar gelte im Arbeitsrecht anerkanntermaßen der allgemeine Betriebsbegriff, jedoch sei in Hinblick auf den Betriebsinhaberwechsel eine Modifizierung erforderlich. Da § 613a BGB den übergang der Arbeitsverhältnisse als Rechtsfolge anordne, könne dieses Kriterium nicht gleichzeitig als tatbestandliche Voraussetzung des Betriebsübergangs und damit des Betriebes in Betracht kommen. 16 Unter einem Betrieb i.S.v. § 613a BGB könne deshalb nur die Summe der im Betrieb zusammengefaßten materiellen und immateriellen Betriebsmittel verstanden werden. 2. Stellungnahme

a) Kritik am eingeschränkten Betriebsbegriff Da eine Legaldefinition des Betriebsbegriffes nicht besteht l7 , das Tatbestandsmerkmal Betrieb jedoch in verschiedenen Gesetzen angewandt wird 18 , Jacobis zunehmend kritisiert, da sie die Arbeitnehmer als persönliche Betriebsmittel auf dieselbe Ebene mit sachlichen Betriebsmitteln stellte, vgl. Darstellung: Fischer, Betriebsübergang S. 25 m.w.N.; Gaul, Betriebsinhaberwechsel S. 18 f.; Hartmann, Arbeitsverhältnisse S. 21; Hueck/Nipperdey I § 16 11 S. 92 f.; a.A.: Bomgräber, Arbeitsverhältnis S. 34, der die Kritik an dem Betriebsbegriff Jacobis deshalb für unberechtigt hält, weil ihm kein wertender, sondern nur ein funktioneller Inhalt zukomme. 14 BAG DB 1985, 2409, (2410); BAG ZiP 1986, 388, (392); BAG DB 1985,2410, (2411); BAG ZiP 1985, 1158, (1159); BAG ZiP 1985, 1088, (1089); BAG ZiP 1985,698, (700); BAG, Urt. v. 18.1.1984, 5 AZR 425/81, (unveröffentlicht); BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; BAG NJW 1980, 83 f.; BAG DB 1980, 164; LAG Düsseldorf, Urt. v. 25.2. 1982, 14 Sa 1413/81 (unveröffentlicht); LAG Hamm, Urt. v. 19.4.1985, 16 (10) 1501/ 83 (unter 11 4 a, insoweit unveröffentlicht); LAG Niedersachsen DB 1982, 1174; OLG Frankfurt AP Nr. 33 zu § 513a BGB; allerdings lassen sich trotz dieser eindeutigen Aussage in einigen Entscheidungen Anlehnungen an den allgemeinen Betriebsbegriff nicht verkennen, so: BAG DB 1985,2459, (2460); BAG DB 1985,2407, (2408); BAG ZiP 1985, 1158, (1159); inzwischen ausdrücklich: BAG ZiP 1987, 734, (735); BAG ZiP 1986, 1595, (1596); differenzierend: BAG ZiP 1988,44, (50). 15 Bauer, Unternehmensveräußerung S. 19 f.; ders., in Hölters S. 272 Rdnr. 3; Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 184; Bulla, RdA 1976, 233, (235 f.); Häuser, Anmerk, SAE 1986, 31, (32); Kerscher/Köhler, Betriebsveräußerung S. 16; Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (72); Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (564); i.E. identisch: Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 34; Herschel, ZfA 1977, 219, (223,235); Jülicher, ZfA 1980, 121, (235). . 16 17

Nachweise in Fußnote 14. Bulla, RdA 1976,233, (236).

Teil A: Struktur und Auslegung

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gehen Rechtsprechung und Literatur grundsätzlich von der Geltung des allgemeinen Betriebsbegriffes aus. 19 Eine Modifizierung soll unbestrittenermaßen nur dann erfolgen, wenn dies von der ratio legis der jeweiligen Norm geboten ist. 2o aa) Die Ausgangshypothese der h.A. Das BAG rechtfertigt die Anwendung des eingeschränkten Betriebsbegriffes mit der überlegung, daß der Eintritt in die Arbeitsverhältnisse Rechtsfolge und nicht tatbestandliche Voraussetzung des Betriebsübergangs sei. 21 Hinter diesem Argument verbirgt sich - größtenteils unausgesprochen die Furcht vor einer Umgehung des § 613a BGB. Würde die übernahme der Arbeitsverhältnisse zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des Betriebsübergangs gehören, könnte ein unseriöser Erwerber die Anwendbarkeit des § 613a BGB dadurch umgehen, daß er einen Teil der Arbeitnehmer nicht weiterbeschäftigte. 22 Ein solches Ergebnis würde dem Schutzzweck des § 613a BGB zuwiderlaufen, der gerade verhindern will, daß der Erwerber lediglich die leistungsfähigen Arbeitnehmer übernimmt und die Weiterbeschäftigung der restlichen Arbeitnehmer ablehnt (Verbot einer Negativauslese). 23 Um einer solchen Aushöhlungsgefahr des § 613a BGB entgegenzuwirken, darf nach Auffassung der h.A. das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang 18 VgI. Nachweise bei: Fischer, Betriebsübergang S. 24; Fuchs, Betriebsnachfolge S. 4; Fuß, Angestellte S. 3; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 19. 19 BAG AP Nr. 4 zu § 111 BetrVG'72; BAG AP Nr. 2 zu § 4 BetrVG'72; BAG ZiP 1981,646 f.; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 19; Bracker, Betriebsverfassung S. 20; Bulla, RdA 1976,233, (236); ErmanjKüchenhoff, § 613a BGB Rdnr. 13; Fischer, Betriebsübergang S. 25; Frohner, BIStSozArbR 1978, 257, (258); Fuchs, Betriebsnachfolge S. 4 ff.; Hess, DB 1976, 1154, (1155); Sulzberger-Schmitt, übergang S. 19. 20 Everhardt, BB 1976, 1611, (1612); Fischer, Betriebsübergang S. 24; Frohner, BIStSozArbR 1978, 257, (258); Heinze, DB 1980, 205, (207); Neumann-Duesberg, AR.-Bl. Betrieb I C I; Steckhan, FS Schnorr v. Carolsfeld (1974) 462, (472); Sulzberger-Schmitt, Ubergang S. 19; für den Betriebsteil: v. Hoyningen-HuenejlVindbichler, RdA 1977, 329, (331 ). 21 Nachweise in Fußnote 14. 22 BAG, Urt. v. 18.1.1984,5 AZR 425/81 (unveröffentlicht, unter II 3): ,Der übergang der Arbeitsverhältnisse ist Rechtsfolge , nicht Tatbestandsvoraussetzung. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Beklagte alle oder nur einen Teil der im Hotelbetrieb früher Tätigen weiterbeschäftigte'; auch: BAG ZiP 1985, 1088, (1089), sowie: Griebeling, EWiR § 613a BGB, 10/85, S. 854; im Ergebnis ebenso: Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 42; Käppler, Anmerk. EzA Nr. 30 zu § 613a BGB (BI. 185). 23 BAG ZiP 1987, 731, (732); 529, (530); BAG AP 18, 11, 2,1 zu § 613a BGB; BAG ZiP 1983, 1377, (1381); LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984,12 Sa 100/83, (insoweit unveröffentlicht, unter 3.1.2.); LAG Berlin ZiP 1983, 116, (1117); LAG Berlin DB 1979,608; LAG Düsse1dorf, Urt. v. 25.2.1982, 14 Sa 1413/81 (unveröffentlicht); LAG Düsseldorf DB 1975, 1848, (1849); LAG Frankfurt ZiP 1982,619; LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985, 305, (307); ArbG Hamm ZiP 1980, 1133; aut;h: BGH AP Nr. 26 zu § 613a BGB; zustimmend: Backhaus, DB 1985, 1131; Berkowsky, DB 1983,2683 f.: HaddingjHäuser, Anmerk. SAE 1979,86; Hanau, Gutachten DJT S. E 39; v. Hoyningen HuenejWindbichler, RdA 1979, 329, (332 f.); Steckhan, FS Schnorr v. Carolsfeld (1974) 463, (468); Stratmann, Anmerk. SAE 1976, 78.

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Kap. I: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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nicht die übernahme der Arbeitsverhältnisse als Voraussetzung umfassen. Mit dieser Auslegung wird daher eine eventuelle Umgehungsmöglichkeit auf der zweiten Stufe des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang ausgeschlossen. Offenbar hält es das BAG für widersprüchlich, wenn zur Feststellung der Existenz eines Betriebes u.a. auf den Bestand der Arbeitsverhältnisse abgestellt (1. Stufe), andererseits für die Feststellung des Betriebsübergangs (2. Stufe) ausschließlich an die übertragung der materiellen und immateriellen Betriebsmittel angeknüpft wird. Das BAG paßt deshalb die Tatbestandsmerkmale Betrieb und Betriebsübergang inhaltlich einander an, um sich nicht dem Vorwurf einer widersprüchlichen Auslegung auszusetzen. Der wahre Grund für die Verwendung des eingeschränkten Betriebsbegriffes besteht daher in der Hypothese, daß die Kriterien Betrieb und Betriebsübergang inhaltlich einander entsprechen müssen. bb) Einwände gegen die Ausgangshypothese der h.A. Gegen die inhaltliche Gleichsetzung der Tatbestandsmerkmale Betrieb und Betriebsübergang bestehen erhebliche Bedenken.

aaa) Die tatbestandliche Systematik des § 613a BGB Der erste Einwand basiert auf der tatbestandlichen Systematik des § 613a BGB. Wie bereits dargelegt 24 , handelt es sich bei dem Kriterium Betriebsübergang um einen zweistufigen Tatbestand. Das heißt, die Frage, ob ein Betrieb vorliegt, muß von der Frage, ob ein Betrieb übergegangen ist, getrennt werden. Beide Merkmale dienen zwar dem einheitlichen Ziel der Abgrenzung von der Veräußerung einer Sachgesamtheit, allerdings im Rahmen einer logisch nachgeordneten, zwingenden Prüfungsreihenfolge. Diese innere tatbestandliche Systematik wird durch die inhaltliche Gleichstellung beider Merkmale nivelliert. Den Besonderheiten der Abgrenzungstufe Betrieb (1. Stufe) wird nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn dessen Auslegung von vornherein den Abgrenzungsbedürfnissen des Betriebsübergangs (2. Stufe) angepaßt wird. Insofern ist die Auslegung der h.A. dem Einwand der Systemwidrigkeit ausgesetzt.

bbb) Untauglichkeit als Abgrenzungskriterium Die Konsequenzen einer solchen Systemwidrigkeit zeigen sich darin, daß der eingeschränkte Betriebsbegriff die Tauglichkeit des Tatbestandsmerkmals Betrieb als Abgrenzungskriterium entwertet. Wird z.B. ein stillgelegter Betrieb veräußert, so gehen die materiellen und immateriellen Betriebsmittel auf den Erwerber über. Konsequenterweise müßte die Anwendbarkeit des 24

Vgl.: Darstellung in Kapitell Teil All.

Teil A: Struktur und Auslegung

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§ 613a BGB bejaht werden, obwohl die Veräußerung eines stillgelegten Betriebes als klassisches Beispiel für die Veräußerung einer Sachgesamtheit angesehen wird. 25

ccc) Sz·nnentleerung des Schutzzwecks des § 613a BGB Schließlich führt die Auslegung der h.A. dazu, daß der Schutzzweck des

§ 613a BGB sinnentleert wird. Es ist nämlich nicht ersichtlich, wie und warum § 613a BGB den Schutz des Bestandes an Arbeitsverhältnissen beim blo-

ßen Vorliegen materieller und immaterieller Betriebsmittel realisieren soll.26 Ein Betrieb ohne Arbeitnehmer ist - wie u.a. das BAG selbst ausgeführt hat - arbeitsrechtlich irrelevant. 27 Damit erweist sich die Ausgangshypothese der h.A., das Erfordernis der inhaltlichen Identität der Tatbestandsmerkmale Betrieb und Betriebsübergang als unzutreffend. Zwar müssen beide Kriterien miteinander harmonieren, jedoch sind entsprechende Unterschiede gemäß der jeweiligen Abgrenzungsfunktion zulässig und erforderlich. 28 Der besonderen Abgrenzungsfunktion des Tatbestandsmerkmals Betrieb wird der eingeschränkte Betriebsbegriff - wie dargelegt - nicht gerecht. Vielmehr beeinträchtigt die inhaltliche Gleichsetzung beider Tatbestandsmerkmale dessen Tauglichkeit als Abgrenzungskriterium. Angesichts dieser Konsequenz kann dem eingeschränkten Betriebsbegriff nicht zugestimmt werden.

b) Gründe für die Geltung des allgemeinen Betriebsbegnffes aa) Fehlender Hinweis des Gesetzgebers Betrachtet man die §§ 613a BGBJ122 BetrVG'72 in historischem Zusammenhang, so ist festzustellen, daß bereits der Gesetzgeber des Betriebsverfassungsgesetzes von 1952 keine Notwendigkeit für eine Legaldefinition des Betriebsbegriffes gesehen hat, da dieser Begrifff schon durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt sei. 29 An der Anerkennung des allgemeinen Be25 Nachweise in Fußnote 2, außerdem z.B.: Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (262 f.); Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2a; Schaub, Handbuch § 118 11 1 S. 703; ders., ArbRdGgw 18 (1981) 71, (75); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 55 f.; bereits vor Geltung des § 613a BGB: BVerwGE 20, 78, (80 f.). 26 Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975,305, (306); Eich, OB 1980,255, (258); Herschel, AuR 1975,382, (383); Hess, OB 1976, 1154, (1155); Käppler, Anmerk. EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; Palme, BlStSozArbR 1977,386; Roemheld, Anmerk. SAE 1981,221, (222); i.d.S.: Gaul, BB 1979, 1666, (1669); MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 22; Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 10. 27 BAG BB 1979, 1501; BAG NJW 1980,83; ebenso Beisel/Klumpp, Untemehmenskauf Rdnr_ 485. 28 Vgl. zur besonderen Funktion des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang: Die Darstellung in Kapitell Teil A IV 3 c bb bbb. 29 Bulla, RdA 1976, 233, (236).

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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triebsbegriffes hat sich seitdem nichts geändert. 3o Hätte der Gesetzgeber im Hinblick auf § 613a BGa eine Modifizierung des allgemeinen Betriebsbegriffes für erforderlich gehalten, so hätte diese Absicht mit Rücksicht auf dessen nahezu unbestrittene Geltung eines entsprechenden Hinweises bedurft. Die Tatsache, daß ein solcher Hinweis unterlassen wurde, zeigt, daß der Gesetzgeber die Anwendung des allgemeinen Betriebsbegriffes im Rahmen des § 613a BGB als selbstverständlich vorausgesetzt hat. bb) Konsequenzen aus der ratio legis des § 613a BGB Des weiteren ist die Einbeziehung der Arbeitnehmer in den Betriebsbegriff des § 613a BGB unumgänglich notwendig, um den äußersten, möglichen Anwendungsbereich des § 613a BGB zu kennzeichnen. Da bei einem Vorliegen einer bloßen Sachgesamtheit eine Gefährdung von Arbeitsplätzen ausgeschlossen ist, kommt die Heranziehung des § 613a BGB ernsthaft nur dann in Frage, wenn feststeht, daß Arbeitsverhältnisse bestehen, die durch einen Betriebsübergang in ihrem Bestand gefährdet werden könnten. 31 Diesem Erfordernis wird jedoch nur der allgemeine Betriebsbegriff gerecht, der u.a. den Bestand von Arbeitsverhältnissen für den Bestand eines Betriebes fordert. Somit ist das Tatbestandsmerkmal Betrieb i.S.v. § 613a BGB durch den allgemeinen Betriebsbegriff auszulegen.

III. Der Begriff des Betriebsteils 1. Einleitung Grundsätzlich unterscheidet sich der übergang eines Betriebes von dem eines Betriebsteils dadurch, daß in letzterem Fall der Veräußerer einen Restbetrieb fortführt. 32 Offen bleibt bei dieser Feststellung, wodurch sich der Betriebsteil i.S.v.

§ 613a BGB von einer Sachgesamtheit abgrenzt. Bedeutung besitzt diese Ab-

grenzung vor allen Dingen im Rahmen des Kreditsicherungswesens. Für die

Nachweise in Fußnote 19. Nachweise in Fußnote 26. 32 So: BAG AP Nr. 2 zu § 613a BGB; LAG Frankfurt ARST 1984, 115; LAG Niedersachsen DB 1982, 1174 f.; Etzel, NWB, Fach 26, 1545, (1546); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 52; zu Recht weist Loritz, RdA 1987,65, (66) darauf hin, daß dieses Abgrenzungskriterium zu pauschal ist. Denn danach fande § 613a BGB keine Anwendung, wenn lediglich florierende Betriebsteile veräußert und der Restbetrieb liquidiert würde. Konsequenterweise sollte darauf abgestellt werden, ob dem bisherigen Betriebsinhaber im Zeitpunkt der Veräußerung ein Restbetrieb als solcher verbleibt, unabhängig davon, ob dieser fortgeführt, stillgelegt oder liquidiert wird. 30 31

Teil A: Struktur und Auslegung

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kreditierende Bank, die sich häufig sämtliche Vermögenswerte des Betriebes zur Sicherung übertragen läßt, stellt sich in erster Linie die Frage, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen sie selbst aufgrund einer derartigen Vorgehensweise nach § 613a BGB in Anspruch genommen werden kann. 33 Darüber hinaus ist die Anwendbarkeit des § 613a BGB bei der Verwertung der zur Sicherheit übertragenen Betriebsmittel zu berücksichtigen. Ist die Verwertung der Betriebsmittel mit der unsichtbaren Hypothek des § 613a BGB belastet 33a , besteht die Möglichkeit, daß eine Veräußerung nur unter Preis oder gar nicht durchgeführt werden kann. Auf diese Weise besteht die Gefahr, daß die Sanierung notleidender Betriebe durch die Gewährung von Realkrediten erheblich erschwert wird. 34 Zwar sind derartige Konsequenzen bisher empirisch nicht nachgewiesen worden 35 , jedoch ist die Möglichkeit solcher Reaktionen nicht auszuschließen, weshalb ein praxisnahes Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit besteht. 2. Meinungsstand Der Komplexität der Materie entspricht die Vielzahl der vertretenen Ansichten. War bezüglich des Tatbestandsmerkmals Betrieb das Meinungsspektrum auf zwei divergierende Auffassungen beschränkt, so bestehen in Hinblick auf das Kriterium Betriebsteil eine Vielzahl unterschiedlicher Lösungsvorschläge, die z.T. zueinander fließende übergänge aufweisen. Im wesentlichen lassen sich dabei vier Auffassungen unterscheiden:

a) Der relative Be triebs teilb egriff des BAG Der erstmalig mit der Präzisierung des Betriebsteilbegriffes befaßte 5. Senat des BAG hat in seiner Entscheidung vom 2.10.1974 36 vor allen Dingen dem Schutzzweck des § 613a BGB Rechnung tragen wollen. Um die umfas33 Diese Frage hat sich in Zusammenhang mit der Stillegung der Siegerländer-Kupferwerke (SKW) Ende 1983 gestellt. Zehn Gläubigerbanken hatten sich kurz vor dem Zusammenbruch in einem Pool-Vertrag sämtliche Vermögenswerte der SKW übertragen bzw. abtreten lassen. Als der Sicherungsfall eintrat und ein Konkursverfahren mangels Masse nicht eröffnet wurde, ließen die Banken die SKW durch einen Pool-Treuhändler zeitweilig fortführen, um Zeit für Obernahmeverhandlungen mit Interessenten zu finden. (Quelle: Spiegel Nr. 2 vom 7.1.1985); vgl. dazu inzwischen: Die Entscheidung des ArbG Siegen ZiP 1985, 1048 (nicht rechtskräftig) m. Anmerk. Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 14/ 85 S. 761 f. sowie ausführlich zu diesem Fragenkomplex: Darstellung in Kapitel 2 Teil A

III 2.

Vgl.: Wank, ZfA 1987,355, (405). LAG Hamm ZiP 1984,481, (483); ebenso: LAG Hamm, Urt. v. 17.11.1983, 10 Sa 1278/83 (unveröffentlicht). 35 Vgl.: BAG DB 1985,2407, (2408). 36 BAG AP Nr. 1 zu § 613a BGB. 33a 34

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

sende Gewährleistung des sozialstaatlichen Bestandsschutzes der Arbeitsver· hältnisse nicht durch eine allzu eingrenzende Definition zu gefährden, hat er den Betriebsteil i.S.v. § 613a BGB als jeden Teil eines Betriebes charakteri· siert, der Gegenstand rechtsgeschäftlicher Veräußerung sein kann. 37 Diese Kennzeichnung des Betriebsteils ist in der Literatur überwiegend als konturlos und konkretisierungsbedürftig abgelehnt worden. 38 Ohne auf die geäußerte Kritik ausdrücklich Bezug zu nehmen, hat der 5. Senat des BAG in seinem Urteil vom 22.5.1985 39 die erforderliche Präzisierung nachgeholt. Im Anschluß an Fischer 40 kennzeichnet das BAG den Betriebsteil i.S.v. § 613a BGB (grundsätzlich) als eine Vielfalt von Gegenständen, die in ihrer Gesamtheit innerhalb des Betriebes eine bestimmte Teilaufgabe wahrnehmen und nicht nur untergeordnete Hilfsfunktionen ausüben. 41 Allerdings komme u.U. bereits eine einzige Anlage oder Maschine als Betriebsteil in Betracht. D.h., die Größe und die Organisationsdichte des jeweiligen Betriebes sollen letziich darüber entscheiden, ob der oder die veräußerten Gegenstände als Betriebsteil i.S.v. § 613a BGB anzusehen sind. 42 Das BAG stellt damit auf einen relativen Betriebsteilbegriff ab, der an die Größe und die Organisationsdichte des bestehenden Betriebes anknüpft.

b) Die Anwendung des § 4 BetrVG'72 Eine weitere Auffassung fordert die Anwendbarkeit des § 4 BetrVG'72 im Rahmen des § 613a BGBY Danach soll ausschließlich die übertragung eines selbständigen, betriebsratsfähigen Betriebsteils i.S.v. § 4 BetrVG'72 von der Regelung des § 613a BGB erfaßt werden. Die Notwendigkeit einer entspre37 Zustimmend: LAG Niedersachsen OB 1982. 1174; LAG Hamm, Urt. v. 23.3.1983. 2 Sa 1232/82, (unter II 2a, unveröffentlicht); Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 184;]au: emig/Schlechtriem, § 613a BGB Anmerk. 2b; Palme, BlStSozArbR 1977, 386; Simon, ZfA 1987,311, (325); Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 11. 38 Bauer, Unternehmensveräußerung S. 20; Fischer, Betriebsübergang S. 34; Herschel, AuR 1975,382, (384); Kraft, FS BAG (1979) 299, (303); Lutz, Konkursverwalter. S. 7; MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 24; Schuster/Beckerle, NZA 1985, 16, (17); Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (564); Sulzberger-Schmitt, übergang S. 36 ff.; ähnlich: Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 53, der die Definition des BAG als äußerste Grenze des Betriebsteilbegriffes anerkennen will. 39 BAG OB 1985,2409, (2010) = ZiP 1985. 1343 ff.; ähnlich: BAG SAE 1986,160, (164); In der Entscheidung BAG ZiP 1988,44. (51) wird nunmehr eine Verknüpfung beider Betriebsteildefinitionen vorgenommen. 40 Fischer, Betriebsübergang S_ 38 ff. 41 BAG OB 1985, 2409, (2410); Fischer, Betriebsübergang S. 38; das LAG Hamm ZiP 1987,91, (98) spricht von einer "Teilorganisation". 42 BAG OB 1985,2409, (2410); Fischer, Betriebsübergang S. 40. 43 Hasford, BB 1973,526, (528); Herschel, AuR 1975,382, (384); Krejci, Arbeitsvertrag S. 244ff.: Mayer-Maly, AR.-BI. Tendenzbetrieb I H III 6; ders., BB 1973, 761, (769); tendenziell auch: Everhardt BB 1976, 1611, (1613); Kehrmann, MitbestGspr. 1975,88, (89); ArbG Hamm ZiP 1980, 1133. (1135), die ohne ausdrücklichen Bezug auf § 4 BetrVG'72 die organisatorische Eigenständigkeit des Betriebsteiles betonen.

Teil A: Struktur und Auslegung

11

chenden Anwendung des § 4 BetrVG'72 wird zum einen aus der historischen Verbundenheit des § 613a BGB mit dem Betriebsverfassungsgesetz von 1972 gefolgert. Da § 613a BGB über § 122 BetrVG'72 in das BGB eingefügt worden sei, handele es sich bei § 613a BGB wesensmäßig um eine betriebsverfassungsrechtliche Norm, welche in diesem Sinne auszulegen sei. 44 Zum anderen soll durch die Heranziehung des § 4 BetrVG'72 einer weiteren Zersplitterung des Betriebsteilbegriffes vorgebeugt werden. 45

c) Gefährdung des Arbeitsplatzes als Kennzeichen des Betrz'ebsteils Einen gänzlich anderen Anknüpfungspunkt für die Bestimmung des Betriebsteils i.S.v. § 613a BGB wählt Seiter. 46 Für ihn ist die ratio legis des § 613a BGB ausschlaggebend. Die Tatsache, daß § 613a BGB den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse gewährleiste, dürfe bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals Betriebsteil nicht unberücksichtigt bleiben. Die übertragung eines Betriebsteils müsse deshalb regelmäßig dann bejaht werden, wenn an die veräußerten Betriebsmittel Arbeitsplätze gebunden seien, für die nach der Ausgliederung keine Verwendung mehr im Restbetrieb bestehe. 47

d) Die Lehre vom Funktionszusammenhang Die auf Birk 48 zurückgehende Lehre vom Funktionszusammenhang will insbesondere der Abgrenzungsfunktion des Tatbestandsmerkmals Betriebsteil von der Veräußerung einer Sachgesamtheit Rechnung tragen. 49 Ein Betriebst eil ist demnach im Gegensatz zur Sachgesamtheit ein funktionierendes Einzelelement aus einem Gesamtkomplex, das einem abgrenzbaren Leistungszweck dient, dem aus diesem Grund ein wirtschaftlicher Eigenwert zukommt und an dem eine Anzahl von Arbeitsplätzen hängt. 50 Zusätzlich wird darauf hingewiesen, daß sich der Funktionszusammenhang nicht zu einem Bulla, RdA 1976, 233, (236 f.); Mayer-Maly - wie Fußnote 43 -. Hasford, BB 1973,526, (528); Herschel, AuR 1975,382, (384) weist zusätzlich auf die Rechtsprechung zur RAG zur Selbständigkeit des Betriebsteiles hin vgl.: RAG ARS 4, 396. 46 Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 52, ebenso: Brack er, Betriebsverfassung S. 120 ff.; Kerscher/Köhler, Betriebsveräußerung S. 16; Posth, Probleme S. 74 ff.; ähnlich: Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 40. 47 Seiter, Betriebsinhaberwechsel, S. 52. 48 Birk, Anmerk. EzA Nr. 1 zu § 613a BGB (BI. 11). 49 1m Ergebnis ebenso: Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 486; Groß, Fortführungsgesellschaft S. 271; Heinze, DB 1980,205, (207); v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1977, 329, (333);Kraft, FS BAG (1979), 299, (304); Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (73); Schwerdtner, FS G. Müller (1981),557, (564); Wendling, Betriebsübergangund Arbeitsverhältnis S. 85; ähnlich mittlerweile der 2. Senat des BAG, BAG ZiP 1986,388, (392). 50 Nachweise in Fußnote 49. 44 45

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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eigenständigen Subsystem i. S. eines selbständigen Betriebsteils verdichten muß. 51 3. Stellungnahme

a) Zum Begriff des Betriebsteils nach der Rechtsprechung des BAG aa) Die Charakterisierung des Betriebsteils als Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung Was den ursprünglichen Betriebsteilbegriff des BAG betrifft, so ist diese Auslegung in der Literatur zu Recht auf Ablehnung gestoßen. 52 Der Definition des Betriebsteils i.S.v. § 613a BGB als Teil eines Betriebes, der Gegenstand einer rechtsgeschäftlichen Veräußerung sein kann, ist entgegenzuhalten daß das zu erläuternde Tatbestandsmerkmal Betriebsteil in der Definition selbst verwandt wird. Diese Doppelverwendung führt i.E. dazu, daß der Begriff Betriebsteil durch sich selbst erklärt wird. Eine solche zirkuläre Begriffesbestimmung trägt jedoch nichts zur Konkretisierung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches des § 613a BGB bei. 53 Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit wird durch die Unbestimmtheit des zweiten Teils der Definition verstärkt. Denn es ist nicht ersichtlich, welche Teile eines Betriebes von einer rechtsgeschäftIichen Veräußerung ausgenommen sein könnten. 54 Aufgrund dessen kann der Tatbestand des § 613a BGB nach Belieben ausgedehnt werden. 55 So z.B. müßte ein Student, der aus einem Schreibbüro eine Schreibmaschine erworben hat, die bisher an dieser Schreibmaschine arbeitende Sekretärin weiterbeschäftigen, weil sich die Schreibmaschine als Teil eines Betriebes darstellt, der Gegenstand einer rechtsgeschäftIichen Veräußerung ist. Angesichts derartiger Unzulänglichkeiten kann diese Definition auch nicht als äußerste Grenze des tatbestandlichen Anwendungsbereiches des § 613a BGB aufrechterhalten werden. 56 bb) Der relative Betriebsteilbegriff Zu klären ist deshalb, ob die vom BAG in der Entscheidung vom 22.5. 1985 57 vorgenommene Charakterisierung des Betriebsteils überzeugen kann. 51

52 53

54 55 56

Birk, Anmerk. EzA Nr. 1 zu § 613a BGB (BI. 11). Nachweise in Fußnote 38. Sulzberger-Schmitt, Ubergang S. 36. Herschel, Au& 1975,382, (384). In diesem Sinne: Kraft, FS BAG (1979) 299, (304). A.A.: Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 54.

Teil A: Struktur und Auslegung

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aaa) Der Betriebsteil als organisatorische Einheit Soweit das BAG den Betriebsteil als eine organisatorische Teileinheit, bestehend aus einer Vielzahl von Gegenständen kennzeichnet, der innerhalb des Betriebes eine bestimmte Teilaufgabe und nicht nur eine untergeordnete Hilfsfunktion zukommt,57a ist dem BAG inhaltlich zuzustimmen. Die Begriffe Teilorganisation bzw. Teilaufgabe bringen in der Tat - was im einzelnen noch darzulegen sein wird s8 - die Grundzüge des Betriebsteils in Abgrenzung zur bloßen Sachgesamtheit zum Ausdruck. Was fehlt, sind jedoch zusätzliche Kriterien oder zumindest Indizien für die Unterscheidung der Teilaufgabe von der Hilfsfunktion. Außerdem bleibt offen, was das Wesen der organisatorischen Teileinheit innerhalb des Betriebes ausmacht. Insofern haftet auch dieser Definition eine gewisse tatbestandliche Unbestimmtheit an. S8a

bbb) Der Grundsatz der Relativität des Betriebsteilbegriffes Abzulehnen ist jedoch die Auffassung des BAG, daß die Eigenschaft einer Sachgesamtheit als Betriebsteil ausschließlich von der Größe und Organisationsdichte des jeweiligen Betriebes abhänge und u.U. sogar ein Einzelgegenstand vom Regelungsbereich des § 613a BGB erfaßt werde. S9 Eine deartige betriebsspezifische Individualisierung des Betriebsteilbegriffes führt zu unzumutbaren Ergebnissen. Gegen die Annahme, ein Einzelgegenstand könne als Betriebsteil i.S.v.

§ 613a BGB angesehen werden, sprechen bereits die grundsätzlichen Ausfüh-

rungen des BAG. Weder besteht die Maschine aus einer Vielfalt von Gegenständen noch weist sie eine eigenständige Teilorganisation auf. Insofern sind die Ausführungen des BAG in sich widersprüchlich. Hinzu kommt, daß Kleinbetriebe bei einer derartigen Differenzierung willkürlich benachteiligt werden. Da in Großbetrieben einzelne Produktionsmittel regelmäßig eine untergeordnete Bedeutung besitzen, könnte z.B. eine fabrik unbelastet von einer möglichen Anwendbarkeit des § 613a BGB ihre Betriebsmittel veräußern. Demgegenüber müßten Kleinbetriebe aufgrund des Damokles-Schwertes des § 613a BGB bei der übertragung einzelner Maschinen etc. entweder Preisreduzierungen hinnehmen oder gänzlich auf die Veräußerung verzichten. 6o Eine solche Ungleichbehandlung von Groß- und Kleinbetrieben läßt sich mit Art. 3 GG nicht in Einklang bringen. 57 BAG DB 1985, 2409, (2410). 57a Vgl. inzwischen auch: LAG Hamm, ZiP 1987, 91, (98) sowie BAG SAE 1986, 160, (164). 58 Vgl.: Darstellung in Kapitell Teil A III 4. 58a Ebenso: Loritz, RdA 1987, 65, (66/67). 59 So auch: Willemsen, ZiP 1986,477, (481).

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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Schließlich ist die Situation des potentiellen Käufers zu berücksichtigen. Will dieser ausschließlich einzelne Gegenstände des betrieblichen Anlagevermögens erwerben, ist er gezwungen, sich über Größe und Organisationsdichte des veräußernden Betriebes zu informieren, um das Risiko eines unbeabsichtigten Eintritts in die Arbeitsverhältnisse zu vermeiden. Die Auslegung des BAG belastet auf diese Weise die Verkehrsfähigkeit von Einzelgegenständen mit einer Nachforschungsobliegenheit des Erwerbers. Diese Beeinträchtigung wiegt um so schwerer, als wegen der totalen Relativität des Betriebsteilbegriffes der Rechtscharakter des durchgeführten Erwerbsvorgangs ohnehin erst nach einer gerichtlichen Entscheidung feststünde. Dadurch werden die bereits überlasteten Arbeitsgerichte durch die Unbestimmtheit der eigenen Rechtsprechung zu einem regelmäßigen Teilnehmer betrieblicher Veräußerungsgeschäfte. Aus den genannten Gründen ist deshalb mit der h. Literaturansicht davon auszugehen, daß eine einzelne Anlage oder Maschine nicht als Betriebsteil i.S.v. § 613a BGB angesehen werden kann. 61

b) Zur Geltung des § 4 Betr VG '72 Ein

taugliches

Abgrenzungskriterium

könnte

§ 4 BetrVG'72 im Rahmen des § 613a BGB darstellen.

die Anwendung des

aa) Die Argumentation für die Anwendung des § 4 BetrVG'72 Für eine solche Anwendung wird angeführt, daß § 613a BGB durch § 122 BetrVG'72 in das BGB eingefügt worden und damit als betriebsverfassungsrechtliche Norm anzusehen sei. 62 Des weiteren müsse berücksichtigt werden, daß § 613a BGB u.a. auch der Erhaltung des Betriebsratsamtes diene. 63 Da 60 Vgl.: BAG AP Nr. 18 zu § 613a BGB (unter II 3 cl: ,Dem Senat sind aus seiner Rechtsprechung Fälle bekannt, in denen Betriebsveräußerungen an den haftungsrechtlichen Folgen des § 613a BGB gescheitert sind'. 61 Im Ergebnis ebenso: BAG AP Nr. 2 zu § 613a BGB; Bauer, in Hölters S. 272 Rdnr. 6; Birk, Anmerk. EzA Nr. 1 zu § 613a BGB; Eich, DB 1980,255, (258); Everhardt, BB 1976, 1611, (1613); Falkenberg, DB 1980, 783; Herschel, AuR 1975,382, (384); Hess, DB 1976, 1154, (1155); v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1977,329, (332 f.); Kehrmann, MitbestGspr. 1975, 88, (8~); Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 20; Kraft, FS BAG (1979) 299, (304); Melllcke, DB 1982, 1168; Oberhofer, BR 1977,303, (305); Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2a; MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 24; ders., Handbuch § 118 II 1 S. 703; ders., ArbRdGgw 18 (1981) 71, (74); Schuster/Bekkerle, NZA 1985, 16, (17); Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (564); Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 10; Weber, BB 1983, 1536; a.A. allerdings: Simon, ZfA 1987,311, (325) mitrunzutreffendem Hinweis auf die ratio legis des § 613a BGB; zur Frage, ob ein einzelnes Mietshaus als ein Betrieb anzusehen ist und dessen Veräußerung nach § 613a BGB zu einem Eintritt in das bestehende Arbeitsverhältnis mit einem Hausmeister führt, siehe: BAG ZiP 1988,44 ff. 62 Nachweise in Fußnoten 43, 44.

Teil A: Struktur und Auslegung

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insofern § 613a BGB und dem Betriebsverfassungsgesetz von 1972 ein identischer Zweck zugrundeliege, sei eine entsprechende Heranziehung des § 4 BetrVG'72 geboten. Dies um so mehr, als in der Praxis ohnehin hauptsächlich selbständige, betriebsrats fähige Teilbetriebe veräußert würden. 64 bb) Kritik Einer solchen Argumentation steht bereits die überschrift des § 122 BetrVG'72 ,Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches' entgegen. 6S Es entspricht des allgemein praktizierten Gesetzgebungstechnik im Rahmen einer Kodifikation, daneben auch andere Gesetze zu ändern oder einzufügen. 66 § 613a BGB ist demnach eine zivilrechtliche und keine betriebsverfassungsrechtliche Norm. 67 Diesem Ergebnis widerspricht auch nicht der Hinweis auf die teilweise identische Schutzrichtung des § 613a BGB und des Betriebsverfassungsgesetzes. Der Gesetzgeber wollte durch die Schaffung des § 613a BGB primär eine individualrechtliehe Lücke im BGB schließen, weshalb § 613a BGB als allgemeine Arbeitnehmerschutzvorschrift charakterisiert wird. Der Schutz des Fortbestandes des Betriebsrates ist gleichsam als Nebenzweck an diesen Individualschutz angekoppelt und kann deshalb als bloße Annexregelung den zivilrechtlichen Charakter des § 613a BGB nicht ändern. 68 Außerdem ist zu berücksichtigen, daß selbständige Betriebe i.S.v. § 4 BetrVG'72 bereits vom allgemeinen Betriebsbegriff erfaßt werden. 69 Die Heranziehung des § 4 BetrVG'72 im Rahmen des § 613a BGB hätte damit zur Folge, daß die Tatbestandsmerkmale Betrieb und Betriebsteil identisch wären. Dem Tatbestandsmerkmal Betriebsteil muß jedoch eine eigenständige Bedeutung zukommen, da sich ansonsten dessen Normierung erübrigt hätte. Vgl. Darstellung bei: v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1977, 329, (332). Darauf weist Bauer, Unternehmensveräußerung S. 20 L hin. 65 Bracker, Betriebsverfassung S. 32; Hanau, Funktionsnachfolge S. 61; Lepke, BB 1979,526, (527 f.);Schwerdtner, Anmerk. SAE 1978,60, (61); Sulzberger-Schmitt, Ubergang S. 24; Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 62. 66 So ausdrücklich: BAG AP Nr. 11 zu § 613a BGB; weitere Beispiele für diesen Gesetzgebungsstil bei: Hadding/Häuser, Anmerk. SAE 1979,86; vgl.: Herschel, Anmerk. AP Nr. 1 zu § 613a BGB. 67 BAG AP Nr. 21, 11, 1 zu § 613a BGB; BAG DB 1976, 152; LAG Berlin EzA Nr. 15 zu § 613a BGB; ArbG Lörrach BB 1979,989 mit Anmerk. Dauenheimer; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 22; ders., in Hölters S. 273 Rdnr. 8; Bieler, BB 1981,435, (436); Bracker, Betriebsverfassung S. 32; Hadding/Häuser, Anmerk. SAE 1978, 86; Herschel, Anmerk. AP Nr. 21 zu § 613a BGB; Kraft, FS BAG (1979) 299, (303); Kraft/Geppert, Anmerk. AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG'72; Lepke, BB 1979,526, (527 f.); Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (73); Schreiber, RdA 1982, 137, (140); Schuster/Beckerle, NZA 1985, 16; Schwerdtner, Anmerk. SAE 1978,60, (61); ders., FS G. Müller (1981) 557, (564); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 36, 51. 6S So: v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1977,329, (332); Derleder, AuR 1976, 129, (130); Lepke, BB 1979,526, (527f.); Sulzberger-Schmitt, Ubergang S. 27; Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 71 L 69 Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 38. 63

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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Darüber hinaus besäße die Anerkennung des betriebsverfassungsrechtlichen Charakters des § 613a BGB die Konsequenz, daß sowohl nicht betriebsratsfähige Betriebe als auch Tendenzbetriebe sowie leitende Angestellte von der Regelung ausgeschlossen wären. 7o Eine derartige Einschränkung des Anwendungsbereiches in sachlicher und personeller Hinsicht ist jedoch mit dessen Charakter als allgemeine Arbeitnehmerschutzvorschrift unvereinbar. 71 Der Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse darf weder von der Betriebsratsfähigkeit 72 noch von der Tendenzeigenschaft eines Teilbetriebes abhängenY Ebensowenig ist eine Differenzierung zwischen Arbeitnehmern und Angestellten nach der ratio legis des § 613a BGB zulässig. 74 Eine Anwendung des § 4 BetrVG'72 im Rahmen des § 613a BGB kommt daher nicht in Betracht.

c) Die Gefährdung der Arbeitsplätze als Kriterium des Betriebsteils Bedenken bestehen ebenfalls gegenüber der Literaturansicht, die eine Betriebsteilveräußerung dann bejaht, wenn dadurch Arbeitsplätze gefährdet werden. aa) Zufälligkeit der Differenzierung übernimmt ein Erwerber Betriebsmittel von einem größeren Betrieb, der durch diesen Verkauf eventuell gefährdete Arbeitnehmer weiterbeschäftigen kann, so wäre nach dieser Auffassung § 613a BGB nicht einschlägig. Demgegenüber müßte § 613a BGB bei einem kleineren Betrieb, der über keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit verfügt, angewandt werden. Der Regelungsbereich hängt damit ausschließlich von der Größe des jeweiligen Betriebes ab 75, was zu willkürlichen, zufälligen Ergebnissen führt. VgJ.: Fischer, BB 1971, 1203; Hartmann, Arbeitsverhältnis S. 123 ff. So: BAG AP Nr. 11 zu § 613a BGB; Schreiber, RdA 1982, 137, (140). 72 BAG AP Nr. 1 zu § 613a BGB; BAG AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG'72; BAG BB 1980, 1585; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 22; ders, in Hölters S. 273 Rdnr. 8; Fischer, Betriebsübergang S. 35; Heinze, DB 1980,205, (207); Herschel, Anmerk. AP Nr. 21 zu § 613a BGB; Müko/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 22; ders., ArbRdGgw 18 (1981) 71, (73); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 51 f. 73 BAG AP Nr. 3 zu § 99 BetrVG'72 m. Anmerk. Kraft/Geppert; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 22; ders., in Hölters S. 273 Rdnr. 8: Neumann·Duesberg, NJW 1973, 268, (269); Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2a; Palme, BlStSozArbR 1977,386; Schaub - wie vor -; Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (560 f.). 74 Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975,305, (306); Hadding/Häuser, Anmerk. SAE 1979, 86 f.; Heinze, DB 1980, 205, (207 f.); v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1977, 329, (334); Jauemig/Schlechtriem, § 613a BGB Anmerk. 2a; Kehrmann, MitbestGspr. 1975,88, (90); Lepke, BB 1979,526, (527 f.); Neumann·Duesberg, NJW 1972, 665; Palme, BlStSozArbR 1977,386; Schaub, ZiP 1984, 272, (275); ders., Handbuch § 118 14 S. 702; Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (562); Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 20;. v. Stebut, DB 1975, 2438, (2442); a.A.: Ermann/Küchenhoff, § 613a BGB Rdnr. 3 f. 70 71

Teil A: Struktur und Auslegung

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bb) Förderung der Rechtsunsicherheit überdies besteht die Möglichkeit einer Arbeitsplatzgefährdung auch bei einer bloßen übertragung einzelner Betriebsmittel. 76 Veräußert ein Betrieb z.B. seinen Fuhrpark, so mögen die Arbeitsplätze der Fahrer deshalb gefährdet sein, trotzdem kann kein Betriebs-( teil- )inhaberwechsel bejaht werden, weil § 613a BGB auf die Veräußerung von Einzelgegenständen keine Anwendung findet. 77 Das Kriterium der Arbeitsplatzgefährdung führt somit zu einer erheblichen Unsicherheit in Bezug auf die tatbestandliche Reichweite des § 613a BGB. cc) Vernachlässigung der komplementären Schutz funktion des § 613a BGB und der §§ 111 ff. BetrVG'72 Die dargestellten Nachteile können auch nicht mit dem Hinweis auf den Charakter des § 613a BGB als Arbeitnehmerschutzvorschrift gerechtfertigt werden. Eine solche Argumentation überdehnt den Schutzzweck des § 613a BGB, der lediglich verhindern soll, daß einzelnen Arbeitnehmern anläßlich eines Betriebsinhaberwechsels die Weiterbeschäftigung verweigert oder gekündigt wird. Andere mögliche Gefährdungen des Arbeitsplatzes, wie z.B. bei der Veräußerung von Betriebsmitteln anläßlich einer Betriebsstillegung, werden ausschließlich von den § § 111 ff. BetrVG'72 erfaßt. Insofern bilden die §§ 111 ff. BetrVG'72 und § 613a BGB eine komplementäre Schutzfunktion. 78 Dadurch, daß diese Ansicht den Betriebsteil pauschal danach bestimmen will, ob nach einer Veräußerung von Betriebsmitteln eine Arbeitsplatzgefährdung eintritt, wird die unterschiedliche Regelungsfunktion beider Vorschriften ignoriert und damit der Schutzzweck des § 613a BGB in unzulässiger Weise ausgedehnt. 79 Daher kann dieser Auffassung ebenfalls nicht zugestimmt werden.

Dagegen zu Recht: Sulzberger-Schmitt, Ubergang S. 23 ff. So: Bauer, Unternehmensveräußerung S. 20; ders., in Hölsters S. 274 Rdnr. 12. 77 Nachweise in Fußnote 61. 78 BAG ZiP 1983, 1377, (1381 1. Sp.) = EzA Nr. 34 zu § 613a BGB; BAG DB 1980, 164; LAG Frankfurt ZiP 1982,619, (621); Eich, DB 1980, 255, (258 f.); Käppler, Anmerk. EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; Posth, Probleme S. 181; v. Stebut, DB 1975,2438, (2441); Tschöpe, Widerspruch S. 99 ff.; WiedemannjWillemsen, RdA 1979,418, (421); vgl. BT/DS 1786, S. 59. 79 LAG Berlin, Urt. v. 11.11.1983, 11 Sa 99/83 (unveröffentlicht): ,Diese Vorschrif· ten (gemeint sind die Absätze des § 613a BGB - Anmerk. des Verfassers) regeln lediglich die Folgen eines Betriebsübergangs, bürden jedoch einem Unternehmer nicht die Verpflichtung auf, die Stillegung eines Betriebes zu verhindern. um ihn als funktionsfähigen Betrieb mit allen rechtlichen Konsequenzen aus § 613a BGB übernehmen zu können'; ebenso: Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 55; vgl.: BAG DB 1985, 2409, (2411). 75 76

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

18

d) Zur Lehre vom Funktionszusammenhang Im Gegensatz zu den bisher angeführten Lösungsvorschlägen stellt sich die Lehre vom Funktionszusammenhang ausdrücklich dem Problem der Abgrenzung des Betriebsinhaberwechsels von der Veräußerung einer Sachgesamtheit. Da zusätzlich darauf verwiesen wird, daß ein Betriebsteil i.S.v. § 613a BGB keine organisatorische Eigenständigkeit aufweisen muß 80 , vermeidet diese Auffassung eine dem Schutzzweck zuwiderlaufende Einschränkung des § 613a BGB. Im Ausgangspunkt kann daher der Lehre vom Funktionszusammenhang zugestimmt werden. Allerdings genügt die vorgeschlagene Abgrenzung dem erstrebten Ziel nicht. Jedes Betriebsmittel verfügt über einen wirtschaftlichen Eigenwert und wird innerhalb eines Betriebes funktional eingesetzt. Da dieselben Kriterien nach der Lehre vom Funktionszusammenhang den Betriebsteil i.S.v. § 613a BGB charakterisieren sollen, fehlt eine entsprechende Präzisierung, wodurch sich der Eigenwert und der Funktionszusammenhang des Betriebsteils von dem des Betriebsmittels unterscheidet. 81 Die Lehre vom Funktionszusammenhang ist damit bei der Verwirklichung des selbst gesetzten Zieles gleichsam auf halbem Wege stehen geblieben. Eine sachgerechte Bestimmung des Betriebsteilbegriffes sollte daher versuchen, den richtigen Ansatzpunkt weiterzuentwickeln. 4. Eigener Lösungsvorschlag Das Problem der Bestimmung des Tatbestandsmerkmals Betriebsteil i.S.v.

§ 613a BGB besteht darin, daß bei einer entsprechend extensiven Betrach-

tungsweise alle in einem Betrieb vorhandenen Produktions- bzw. Betriebsmittel aufgrund ihrer Betriebszugehörigkeit als Betriebsteile angesehen werden können. Da die Veräußerung einzelner Betriebsmittel - wie dargelegt 82 nicht von § 613a BGB erfaßt wird, muß der Betriebsteilbegriff gegenüber den bloßen Betriebsmitteln zusätzliche Merkmale aufweisen. 83 Produktions- und Betriebsmittel werden ausschließlich durch ihren immanenten Gebrauchszweck charakterisiert. Ein LKW oder ein Fuhrpark eines Möbelhauses dient lediglich dem Transport der verkauften Möbel. Demgegenüber gewährleisten die in der Transportabteilung des Möbelhauses zusammenge faßten Betriebsmittel, wie z.B. Fuhrpark, Büroeinrichtung, Werkstatt, Kundenkartei, bestehende Verträge etc. die gesamte Organisation, Durchführung und Aufrechterhaltung des Möbelversandes. Dieser gemeinsame, übergeord80

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Birk, Anmerk. EzA Nr. 1 zu § 613a BGB. So im Ausgangspunkt: Fischer, Betriebsübergang S. 39. Nachweise in Fußnote 61. Ähnlich: v. Hoyningen-HuenejWindbichler RdA 1977,329, (333).

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nete und übergreifende Zweck wird erst durch die funktionale Zusammenfassung verschiedener Betriebsmittel ermöglicht und geht über den Gebrauchszweck eines jeden einzelnen Betriebsmittels hinaus. 84 Deshalb kommt diesem funktionalen Zusammenschluß von Betriebsmitteln regelmäßig ein höhrer wirtschaftlicher Eigenwert zu als der Summe der wirtschaftlichen Werte der einzelnen Produktionsmittel. In diesem Unterschied ist ein tragfähiges Kriterium für die Abgrenzung des Betriebsteils von der Sachgesamtheit/Einzelgegenstand zu sehen. Ein Betriebsteil ermöglicht die Verfolgung eines Leitungszwecks, der durch den Einsatz eines oder mehrerer gleichartiger Betriebsmittel allein nicht realisiert werden kann. 85 Erforderlich ist vielmehr eine Zusammenfassung einer Mehrzahl unterschiedlicher Betriebsmittel, die die Erreichung eines arbeitstechnischen Zwecks ermöglichen, der durch die Gebrauchstauglichkeit der einzelnen Betriebsmittel allein nicht zu verwirklichen ist. Zugleich bringt die Anknüpfung an diesen übergeordneten und übergreifenden Leistungszweck zum Ausdruck, daß eine organisatorische Eigenständigkeit des Betriebsteils i.S.v. § 613a BGB nicht erforderlich ist. 86 Der Betriebsteil i.S.v. § 613a BGB kann daher definiert werden als eine Zusammenfassung mehrerer, ungleichartiger Betriebsmittel zur Erreichung eines betrieblichen Leistungszwecks, der über den immanenten Gebrauchszweck eines jeden einzelnen Betriebsmittels hinausgeht und an der zumindest ein Arbeitsplatz hängt. 87

IV. Der Tatbestand des Betriebsübergangs Ist nach den bisher herausgearbeiteten Kriterien festgestellt worden, daß ein Betrieb bzw. Betriebsteil (1. Stufe) vorliegt, so stellt sich auf der 2. Stufe die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang bejaht werden kann.

84 In diesem Sinne: LAG Kiel DB 1978, 1406; wohl auch: Loritz, RdA 1987,65, (68), der davon ausgeht, daß einem Betriebsteil ein eigenständiges unternehmerisches Teilprodukt zukommen müsse. Dieses Kriterium dürfte für Produktionsbetriebe der hier vorgeschlagenen Charakterisierung entsprechen. 85 In Anlehnung die Terminologie des BAG DB 1985,2409, (2410) kann der jedem Produktionsmittel immanente Gebrauchszweck als Hilfsfunktion und der übergreifende, darüber hinausgehende Leistungszweck als Teilaufgabe bezeichnet werden. 86 Damit wird eine inhaltliche Annäherung an § 4 BetrVG'72 vermieden, so daß die Gefahr einer unzulässigen Einschränkung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches des § 613a BGB nicht besteht. 87 Ähnlich: Willemsen ZiP, 1986,447, (481 f.) der auf den Wertschöpfungsgedanken abstellt; Loritz, RdA 1987,65, (68); Gaul, in Boewer, Aktuelle Aspekte, S. 140, (145); vgl. auch: Simon, ZfA 1987, 311, (326).

4 Pietzko

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsiibergang

1. Die Lehre von der Betriebsidentität

a) Voraussetzungen des Betriebsüberganges nach der Lehre von der Betriebsidentität Die strengsten tatbestandlichen Anforderungen an den Betriebsübergang stellt die Lehre von der Betriebsidentität. 88 Erforderlich soll sein, daß der Erwerber den Betrieb bzw. Betriebsteil unverändert mit der ursprünglichen Belegschaft und dem gleichen Produktionsziel fortführt, mithin die Identität des Betriebes gewahrt bleibt. 89 Die Lehre von der Betriebsidentität stellt damit entscheidend auf die identische Verwendung des Betriebes bzw. Betriebsteils durch den Erwerber ab. Die Charakterisierung des Betriebsübergangs durch das Kriterium der Betriebsidentität soll sich daraus ergeben, daß der Gesetzgeber in der Begründung des Regierungsentwurfes zu § 613a BGB ausdrücklich auf die bisherige Rechtsprechung Bezug genommen habe. 90 Vor Geltung des § 613a BGB habe insbesondere das RAG 91 die Erhaltung der Betriebsidentität als Voraussetzung des Betriebsübergangs gewertet. 92 Folglich müsse aufgrund dieser gesetzgeberischen Verweisung das Merkmal der Betriebsidentität nunmehr auch im Rahmen des § 613a BGB berücksichtigt werden. 93

b) Stellungnahme aa) Unzulässige Bezugnahme auf die Rechtsprechung des RAG Gegen die Heranziehung von Stellungnahmen aus der Rechtsprechung zur Rechtslage vor Geltung des § 613a BGB bestehen bereits prinzipielle Bedenken, weil der Gesetzgeber die ursprünglich unsichere Rechtslage in Bezug auf Tatbestand und Rechtsfolgen des Betriebsinhaberwechsels beseitigen und nicht übernehmen wollte. 94 Des weiteren ist der Hinweis in der Begründung 88 Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975,305 f.; Borbowski/Gaul, 11 K I Rdnr. 5-12 S. 199ff.; Everhardt, BB 1976, 1611, (1613); Gaul, GRUR 1987,590, (591); ders., in Boewer, Aktuelle Aspekte, S. 140, (149); Hasford, BB 1973,526, (527); Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 20 ff.; Krejci, Arbeitsvertrag S. 247; Roemheld, Anmerk. SAE 1976, 199; LAG Berlin BB 1978,608; LAG Hamm DB 1975,305 f.; ArbG Hamm DB 1975, 1993, (1994); ebenso: Gaul, BB 1979, 1661, (1669), der allerdings das Merkmal der Betriebsidentität nicht zu formal verstanden wissen will. 89 Nachweise in Fußnote 88. 90 Vgl.: Begründung des Regierungsentwurfes BT/DS 1786, S. 56; ,... diese Vorschrift lehnt sich an die einschlägige Rechtsprechung an .. .' 91 RAGE 4, 288 f. 92 Vgl. dazu: Galperin, BB 1952,322 ff. m.w.N. 93 So: Hasford, BB 1973,526, (527 f.). 94 Ähnlich: Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 53, der eine Auslegung des § 613a BGB durch ältere Stellungnahmen aus der Zeit vor dessen Geltung für bedenklich hält.

Teil A: Struktur und Auslegung

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des Regierungsentwurfes zu allgemein gehalten, um als spezieller Verweis auf die Rechtsprechung des RAG angesehen werden zu können. 95 Außerdem betrifft die Entscheidung des RAG vom 30.11.1929 96 die Auslegung des Tatbestandsmerkmals Rechtsnachfolge i.S.v. § 2 AngKSchG. 97 In seiner Rechtsprechung zu § 2 AngKSchG hat das RAG jedoch nicht mit der gebotenen Sorgfalt zwischen Betrieb und Unternehmen unterschieden 98 , so daß eine übernahme dieser Terminologie des RAG im Rahmen des § 613a BGB zugleich die Gefahr einer Verwässerung des Betriebsbegriffes mit sich bringen würde. Selbst wenn diese Bedenken außer acht gelassen werden, ergibt sich aus dem Urteil des RAG vom 30.11.1929 kein Votum für die Lehre von der Betriebsidentität. Das RAG 99 führt wörtlich aus: ,Freilich muß die Identität des Betriebes gewahrt sein, für die zwar der Wechsel der Arbeitnehmerschaft und des Betriebsinhabers gleichgültig sind, jedoch die wesentliche übernahme der Betriebseinrichtung von Bedeutung ist.' Das RAG kennzeichnet demnach durch die übernahme der wesentlichen Betriebsmittel. Weitergehende tatbestandliche Einschränkungen, wie sie die Vertreter der Lehre von der Betriebsidentität fordern (z.B. übernahme der gesamten Belegschaft, Weiterführung der ursprünglichen Produktion etc.), lassen sich diesem Urteil nicht entnehmen. Die Lehre von der Betriebsidentität entbehrt damit einer stichhaltigen Begründung. bb) Praktische Konsequenzen: Untauglichkeit als Abgrenzungskriterium Darüber hinaus müssen die praktischen Konsequenzen einer solchen Auslegung des § 613a BGB berücksichtigt werden. 95 Diese TextsteIle in der Begründu~g des Regierungsentwurfes hat inzwischen den Charakter eines Orakelspruches aus Delphi angenommen. Hadding/Häuser, Anmerk. SAE 1979,86 ziehen sie heran, um zu begründen, daß auch leitende Angestellte der Regelung des § 613a BGB unterfallen. Das LAG Hamm ZiP 1982,991, (995) sieht darin einen Verweis auf die Rechtsprechung zu den §§ 25 HGB, 419 BGB im Konkurs. Das BAG ZiP 1983, 1377, (1379) interpretiert diese TextsteIle als eine Bezugnahme auf die Rechtsprechung vor Geltung des § 613a BGB zum übergang der Arbeitsverhältnisse. SäckerlJoost, DB 1978, 1030, (1033, 1. Sp.) begründen unter Bezugnahme auf diese TextsteIle die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Ruheständlern im Rahmen des § 613a BGB. Schließlich komplettiert Schreiber, RdA 1982, 137, (141) das Meinungsspektrum, indern er darauf hinweist, daß vor Geltung des § 613a BGB keine einheitliche, einschlägige Rechtsprechung bestanden habe. Vgl. zur zutreffenden Auslegung der TextsteIle: Die Darstellung in Kapitel 4 Teil A 11 2 b aa. 96 RAGE 4, 288 ff. 97 Gesetz über die Fristen für die Kündigung von Angestellten vorn 9.7.1926. 98 Vgl.: RAGE 1,7, (10f.); RAGE I, 153, (157); RAGE 4, 288, (289 f.); RAG ARS 13,313, (318); RAG ARS 16, 112, (113 f.); RAG ARS 15,573, (576); so wird die Rechtsprechung des RAG interpretiert von Gaul, Betriebsinhaberwechsel S. 42. 99 RAGE 4, 288, (290).

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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Bisher ist es nicht gelungen, eindeutige Kriterien zu entwickeln, die angeben, welche nachträglichen Maßnahmen des Erwerbers bei der Betriebsfortführung zugleich die betriebliche Identität beeinträchtigen. 100 Auf diese Weise würde über die Anwendbarkeit des § 613a BGB im Einzelfall größtenteils Unklarheit herrschen. Wesentliche Veränderungen zieht allerdings erfahrungsgemäß die Veräußerung eines Betriebsteils nach sich. IOI Dies hätte zur Folge, daß § 613a BGB nach dieser Auffassung Betriebsteilübertragungen nicht mehr erfassen würde, was bereits dessen Wortlaut widerspricht. Hinzu kommt, daß die Anknüpfung an die tatsächliche Verwendung des Betriebes durch den Erwerber diesem eine einfache Möglichkeit zur Umgehung des § 613a BGB eröffnet. Der Erwerber brauchte lediglich die Produktion umzustellen oder Teile der Belegschaft nicht weiterzubeschäftigen. Da solche Maßnahmen die Betriebsidentität beeinträchtigen, wäre einer Umgehung des § 613a BGB Tür und Tor geöffnet. 102 Es käme einer vollkommenen Aushöhlung des § 613a BGB gleich, wenn der Erwerber durch eine Negativauslese unter den Arbeitnehmern die Anwendbarkeit des § 613a BGB ausschließen könnte, obwohl dessen Schutzzweck gerade darauf abzielt, derartige Praktiken anläßlich eines Betriebsinhaberwechsels zu unterbinden. Folglich ist die Lehre von der Betriebsidentität mit dem Schutzzweck des

§ 613a BGB unvereinbar.

2. Der Erwerb der betrieblichen Fortführungsmöglichkeit als Kriterium des Betriebsübergangs

a) Darstellung der Voraussetzungen Nach der h.A. in Rechtsprechung l03 und Literatur lO4 ist der Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB dadurch charakterisiert, daß abgesehen vom Wechsel Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 53; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 32 m.w.N. Birk, Anmerk. EzA Nr. 1 zu § 613a BGB;Posth, Probleme S. 77; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 33. 102 Bauer, Unternehmensveräußerung S. 24; Posth, Probleme S. 77; Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (73); Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (566); Seiter, Betriebsinha· berwechsel S. 53; vgl.: Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 20. 103 BAG ZiP 1987, 1072, (1074); BAG ZiP 734, (735); BAG ZiP 731, (733); BAG NZA 1987,458; BAG ZiP 1986, 1595; BAG DB 1985,2459, (2460f.); BAG DB 1985, 2409, (2410); BAG ZiP 1985, 1158, (1159); BAG AP Nr. 31 zu § 613a BGB (unter Ib); BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB (unter 1); BAG AP Nr. 14 zu § 613a BGB (unter 1I 1 a); BAG Al' Nr. 11 zu § 613a BGB (unter 3 a); BAG AP Nr. 2 zu § 613a BGB (unter 1 a); LAG Baden-Württemberg BB 1985, 123; LAG Baden-Württemberg DB 1979,2331; LAG Berlin, Urt. v. 11.11.1983,11 SA 99/83 (unveröffentlicht); LAG Bremen AP Nr. 30 zu § 613a BGB; LAG Düsseldorf DB 1979,2182; LAG Düsseldorf DB 1979, 702, (703); LAG Frankfurt ZiP 1982,351, (352); LAG Hamm, Urt. v. 19.4.1985,16 (10) Sa 1501/ 83 (insoweit unveröffentlicht); LAG Hamm, Beschl. v. 12.1.1979,3 Ta BV 91/78 (unveröffentlicht); LAG Hamm DB 1979, 1365; LAG Niedersachsen DB 1982, 1174, (1175); LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985,305, (306); ArbG Flensburg ARST 1980, 159; ArbG Hamm ZiP 1980, 1130, (1135). 100 101

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des Inhabers ,alles beim alten bleibt'. lOS Dabei soll es allerdings nicht auf die identische Verwendung des Betriebes durch den Erwerber ankommen. Als entscheidend wird angesehen, daß dieser durch die übernahme der wesentlichen Betriebsmittel in die Lage versetzt wird, den Betrieb so fortzuführen wie der bisherige Betriebsinhaber. 106 Das Wesen des Betriebsübergangs ist somit nach dieser Ansicht durch den Erwerb der betrieblichen Fortführungsmöglichkeit gekennzeichnet. Von dem übergang der betrieblichen Fortführungsmöglichkeit wird dann ausgegangen, wenn die wesentlichen materiellen und immateriellen Betriebsmittel, d.h. das wesentliche betriebliche Substrat l07 , auf den Erwerber übertragen worden ist. Dafür sollen folgende Indizien sprechen: 1. Die übernahme der Produktionsmittel, der Räumlichkeiten und sonstigen Einrichtungsgegenstände lO8 , 2. der Erwerb des Warenlagers 109 , 3. die übertragung von Patent- und Gebrauchsmusterrechten 110, 4. die Erftillung noch nicht durchgeführter Aufträge und der Eintritt in bestehende Verträge 111 , 104 Bauer, in Hölters S. 272 Rdnr. 5; Falkenberg, DB 1980, 783; Heinze, DB 1980, 205, (207 f.); v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1977,329, (332); Kraft, FS BAG (1979) 299, (304); Lauer, InfStW (1983) 58; MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 37; Schaub, ZiP 1984, 272, (273); Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (565 f.); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 54; Weber, BB 1983, 1536; Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 76 f. 105 So: BAG AP Nr. 4 zu § 613a BGB mit abI. Anmerk. Mayer-Maly, zustimmend jedoch: Bieler, BB 1981, 435, (436); Heckelmann, ZfA 1973, 425, (474); Herschel, BIStSozArbR 1979,33, (35); ders., ZfA 1977, 219, (236); ders., AuR 1975,382, (383); ders., AP Nr. 42 zu § 613a BGB; Schreiber, RdA 1982, 137, (142). 106 Nachweise in Fußnoten 103 und 104. 107 BAG ZiP 1985, 698, (700); LAG Rheinland·Pfalz ZiP 1985, 305, (306); Birk, EWiR § 613a BGB, 1/87, S. 33, (34); Schaub, ZiP 1984, 272, (274); vgl. dazu: Roemheld, BB 1976,845, (847). 108 LAG Bremen BB 1986, 1643 f.; außerdem Nachweise in Fußnote 99; allerdings tre· ten die sächlichen Betriebsmittel, insbesondere Büroeinrichtungen und Werkzeuge, bei der Veräußerung eines Dienstleistungsbetriebes in ihrer Bedeutung zurück, so: BAG DB 1985, 2459 ff.; zu weitgehend allerdings für die bloße übernahme leerer Geschäftsräume: LAG Hamburg DB 1986, 1576, dazu: Kracht, EWiR § 613a BGB, 6/86, S. 1091 f. sowie Loritz, RdA 1987,65, (67 f.); zutreffend daher: LAG Frankfurt DB 1987,894 = NZA 1987, 561. 109 Z.B.: LAG Frankfurt ARST 1984, 115; ArbG Hamm ZiP 1980, 1130, (1135). 110 LAG Hamm, Urt. v. 29.3.1983, 2 Sa 1232/82, (unveröffentlicht); LAG Hamm DB 1979,1365; Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (73); Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 78. m BAG ZiP 1986, 1595, (1597); BAG DB 1985,2459, (2460); BAG ZiP 1986,388, (391); BAG ZiP 1985,698, (700); BAG AP Nr. 31,2 zu § 613a BGB; LAG Baden-Württemberg BB 1985, 123; LAG Düsseldorf DB 1978, 702; LAG Düsseldorf DB 1976,2067; LAG Frankfurt ARST 1984, 115; LAG Frankfurt ZiP 1982,351, (353); LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; LAG Frankfurt AuR 1978, 281; LAG Hamm ZiP 1984, 1270, (1273); LAG Kiel DB 1978, 1406; LAG Niedersachsen DB 1982, 1174, (1175); Everhardt, BB 1976, 1611, (1613); Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (73); Seiter, Be-

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang 5. die übernahme des Kundenstammes 112,

6. die Fortführung der ursprünglichen Produktion 113 , 7. die Fortführung des Betriebes unter der identischen Firma. 114

Da andererseits für den Erwerb der Fortführungsmöglichkeit ausschließlich die übertragung der tatsächlichen Sachherrschaft über das Betriebsvermögen im Vordergrund steht, ist es nach der h.A. nicht erforderlich, 1. daß der übernehmer das Eigentum an den Produktionsmitteln übernimmt. Es genügt, daß die Nutzungsmöglichkeit durch Pacht, Nießbrauch, Leasing, Miete etc. vermittelt wird 115 , 2. daß das gesamte Betriebsvermögen auf den Erwerber übertragen wird. Einzelne Gegenstände können ohne Einfluß auf die Anwendbarkeit des § 613a BGB von der Veräußerung ausgenommen werden, solange die Nutzungsmöglichkeit insgesamt nicht beeinträchtigt wird,116 3. daß der Erwerber den Betrieb tatsächlich unverändert fortführt bzw. fortführen kann oder will. Eine geplante Betriebsstillegung oder Produktionsumstellung durch den Erwerber schließt § 613a BGB nicht aus 117 ,

triebsinhaberwechsel S. 54; Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 78; bei der Veräußerung von Dienstleistungsbetrieben soll dem Eintritt in bestehende Verträge entscheidende Bedeutung zukommen, so: BAG DB 1985,2459, (2460); BAG ZiP 1985, 1158, (1159); BAG ZiP 1985,698, (700); BAG AP Nr. 11 zu § 613a BGB (unter 3 a). 112 BAG DB 1985,2459, (2460); BAG ZiP 1986,388, (391); LAG Baden-Württemberg BB 1985, 123; LAG Hamburg DB 1986, 1576 f.; LAG Hamm ZiP 1984, 1270, (1273); LAG Niedersachsen DB 1982, 1174, (1175); vgl. auch: BAG ZiP 1987, 1072, (1074); BAG ZiP 734, (736), wonach die übernahme und Erhaltung des Kundenstammes bei einem Ladengeschäft entscheidend von der Beibehaltung des Warensortiments abhängt. 113 LAG Berlin DB 1984, 1404; LAG Bremen AP Nr. 30 zu § 613a BGB; LAG Frankfurt AuR 1978,93; LAG Hamm DB 1979,1365, (1366). 114 BAG AP Nr. 31 zu § 613a BGB; LAG Frankfurt ARST 1984, 115; LAG Kiel DB 1978, 1406; vgl.: LAG Hamm ZiP 1984, 1271, (1272); allerdings wird zu Recht darauf hingewiesen, daß die fehlende Firmenübernahme nicht als Indiz gegen das Vorliegen eines Betriebsübergangs angeführt werden kann, so: LAG Hamm DB 1979, 1365, (1366); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 54. 115 BAG ZiP 1987,1072, (1073); BAG ZiP 734, (735); BAG DB 1985,2407 (2409); BAG NZA 1985,393; BAG ZiP 1985,698, (700); BAG AP Nr. 14 zu § 613a BGB; LAG Berlin EzA Nr. 35 zu § 613a BGB; LAG Hamm ZiP 1987,91, (98); OLG Frankfurt AP Nr. 33 zu § 613a BGB; ArbG Berlin DB 1975, 1993, (1994); ArbG Wuppertal DB 1979, 220. 116 BAG ZiP 1987, 1072, (1073); BAG ZiP 800, (801); BAG ZiP 734, (735); BAG NZA 1987,452; BAG NZA 1986, 1595, (1597); BAG DB 1985,2459, (2460); BAG ZiP 1986,388 (392); BAG DB 1985,2409, (2410); BAG DB 1985,2407, (2409); BAG ZiP 1985,1158; (1159); BAG ZiP 1985, 1088, )1089), BAG ZiP 1985,698, (700); BAG AP Nr. 31,24,14,2 zu § 613a BGB; LAG Baden-Württemberg ZiP 1984, 1401, (1402); LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984, 12 Sa 100/83 (unter 3.4.; insoweit unveröffentlicht); LAG Berlin Urt. v. 11.11.1983,11 Sa 99/83 (unveröffentlicht); LAG Berlin ARST 1981, 15; LAG Bremen AP Nr. 30 zu § 513a BGB; LAG Düsseldorf DB 1979,2182; LAG Düsseldorf DB 1976,2067; LAG Frankfurt BB 1983, 1535 f.; LAG Hamburg BB 1985, 1667, (1668); LAG Hamburg DB 1986, 1576 f.; LAG Hamm ZiP 1987,91, (98); LAG Hamm ZiP 1984, 1270, (1271); LAG Hamm DB 1979, 1365; LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985,303, (306); ArbG Flensburg ARST 1980, 159; Bauer, in Hölters S. 272 Rdnr. 5; Becher-Schaffner, BlStSozArbR 1975,305; Bomgräber, Arbeitsverhältnis S. 48; Derleder/AK § 613a BGB Rdnr. 2; Etzel"NWB Fach 26,1545, (1546); Groß, Fortführun~sgesellschaft S. 271; Lauer, InfStW (1983),58; Hohmann, NWB, Fach 26, 1885, (1886); Schaub ZiP 1984,272,

Teil A: Struktur und Auslegung

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4. daß es sich um einen wirtschaftlich gesunden Betrieb handelt. Auch auf sanierungsbedürftige Betriebe f"mdet der Tatbestand des § 613a BGB uneingeschränkt Anwendung, selbst auf die Gefahr hin, daß an dessen Rechtsfolgen die Sanierung scheitern sollte. 1I8 Oerartige Konsequenzen hat der Gesetzgeber nach Ansicht des BAG bewußt in Kauf genommen ll9 , 5. daß bestimmte wirtschaftlich wesentliche Güter fehlen, sofern die Betriebsveräußerer lediglich einen Austausch zu Modernisierungszwecken beabsichtigt und sich diese Austauschabsicht bereits manifestiert hat. 1I9a

Außerdem bringt die ausschließlich Anknüpfung an die Ubertragung der wesentlichen Betriebsmittel zum Ausdruck, daß es für das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB irrelevant ist, ob der Erwerber einzelne Arbeitnehmer oder die gesamte Belegschaft weiterbeschäftigen will bzw. tatsächlich übernimmt. Nach Auffassung des BAG ergibt sich aus der tatbestandlichen Systematik des § 613a BGB, daß der Ubergang der Arbeitsverhältnisse Rechtsfolge und nicht tatbestandliche Voraussetzung des Betriebsübergangs ist. 120

b) Stellungnahme Es erscheint zweifelhaft, ob die Auslegung der h.A. in dieser Form den tatbestandlichen Anwendungsbereich des § 613a BGB sachgerecht kennzeichnet. (273); ders., ArbRdGgw 19 (1981) 71, (73); Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (565); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 54; Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 10. 117 BAG ZiP 1987,731, (733); BAG OB 1985,2409, (2410); BAG ZiP 1985, 1088, (1089); BAG ZiP 1985, 698, (700 f.); BAG NZA 1985,393; BAG NZA 1985,593; BAG AP Nr. 11,2 zu § 613a BGB; LAG Hamburg OB 1986,1576; LAG Hamm ZiP 1987,91, (98); Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 43; Bürger/Oehmann/Stübig, Betriebsübergang S. 1; Falkenberg, OB 1980, 783; Gaul, in Boewer, Aktuelle Aspekte. S. 140, (144); Groß, Fort· führungsgesellschaft S. 271; Hadding/Häuser, Anmerk. SAE 1979, 86, (87); Heinze, OB 1980, 205, (208); Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf Rdnr. 564; v. Hoyningen-Huene / Windbichler, RdA 1977, 329, (332); Jülicher, ZfA 1980, 121, (235 f.); Kehrmann, MitbestGespr. 1975,88, (89); Kraft, FS BAG (1979),299, (304), MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 37; Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (566); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 54; Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 77; Willemsen, EWiR § 613a BGB, 2/85. S. 279. 118 BAG OB 1985,2459, (2460); BAG NZA 1985,393; BAG AP Nr. 14 zu § 613a BGB; LAG Hamm ZiP 1987,91, (98). 119 VgI.: BAG AP Nr. 18 zu § 613a BGB; BAG ZiP 1983, 1377, (1380); LAG Berlin ZiP 1983, 1116, (1117); LAG Frankfurt ZiP 1982.619, (621) mit abI. Anmerk. Westhelle; Fuß, Angestellte S. 122 ff. 119a BAG ZiP 1986, 1595, (1597 f.) = NZA 1987, 123 ff.; dazu: Birk, EWiR § 613a BGB, 1187, S. 33 f. 120 Nachweise in Fußnoten 14, 15; a.A. allerdings: LAG Berlin OB 1984, 1404, (1405); LAG Oüsse1dorf OB 1979,2182; LAG Frankfurt BB 1983, 1535 f.; LAG Frankfurt AuR 1978, 93; LAG Niedersachsen OB 1982,1174 f.; Herschel, Anmerk. AP Nr. 42 zu § 613a BGB; v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1977,329, (333); die die Weiter· beschäftigung der Arbeitnehmer zumindest als Indiz für den Betriebsübergang ansehen. Oies erscheint deshalb konsequent, weil ein Betriebsübernehmer regelmäßig ein Interesse an der Erhaltung der Betriebsgemeinschaft besitzen wird, vgI. dazu: Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 54; Eich, OB 1980, 255, (258); v. Hoyningen·Huene/Windbichler, RdA

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

aa) Fehlende Kriterien zur Unterscheidung der Nutzungsvon der Fortführungsmöglichkeit Betriebsmittel werden regelmäßig wegen der ihnen immanenten Nutzungsund Verwertungsmöglichkeit erworben. Die übertragung der Nutzungsmöglichkeit an einzelnen Betriebsmitteln eröffnet allerdings - wie bereits dargelegt121 - noch keine Möglichkeit zur Betriebsfortführung. So z.B. kann man zwar mit einer erworbenen Druckmaschine drucken, jedoch keine Druckerei fortführen. Erst nach der übernahme einer bestimmten Anzahl von Betriebsmitteln überschreitet der Erwerber die Grenze von der bloßen Nutzungsmöglichkeit an den Betriebsmitteln zu der betrieblichen Fortführungsmöglichkeit durch die Betriebsmittel. Anhand der angeführten positiven und negativen Indizien lassen sich zwar relativ eindeutige Betriebsübergänge feststellen, in Grenzfällen versagen sie jedoch als alleinige Bewertungsgrundlage. Dies liegt darin begründet, daß das Wesen der Grenzüberschreitung von der Nutzungs- zur Fortführungsmöglichkeit nach wie vor ungeklärt ist. Da nicht feststeht, ob es sich dabei um einen rein quantitativen oder gar qualitativen Unterschied handelt, fehlt es an entsprechenden Kriterien, um zwischen beiden Fallkonstellationen unterscheiden zu können. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit läßt sich am Beispiel der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks ersehen. Obwohl die nachfolgend angeführten Gerichte den Betriebsübergang einheitlich durch den Erwerb der betrieblichen Fortführungsmöglichkeit kennzeichnen, lassen sich gleichwohl divergierende Ausführungen in Bezug auf die Bedeutung des Betriebsgrundstücks für den Betriebsübergang feststellen. So geht z.B. das LAG Berlin 122 davon aus, daß bei einem Produktionsbetrieb das Betriebsgrundstück und die auf ihm stehenden Maschinen zu den wesentlichen Bestandteilen des Betriebsvermögens gehören. Demgegenüber betont der 5. Senat des BAG, daß bei einem Betriebsgrundstück die Arbeitsplätze nicht an das Betriebsgrundstück, sondern an die Produktionsmaschinen und Einrichtungsgegenstände gebunden seien, weshalb das Grundstück lediglich als unwesentlicher Bestandteil des Betriebsvermögens anzusehen sei. 123 Der 2. Senat des BAG bejaht schließlich einen Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB selbst dann, wenn der Betrieb ohne das Grundstück nicht funktionsfähig und das Grundstück ein wesentlicher Bestan'dteil der Betriebsmittel gewesen wäre. 124 1977,329, (333); Kaestel, BB 1978,155; Konzen, ZfA 1978,451, (502); Kraft, FS BAG (1979) 299 f.; Schulin, ZfA 1981, 577, (674). 121 Nachweise in Fußnote 61. 122 LAG Berlin, Urt, v. 13.2.1984, 12 Sa 100/83 (unter 4.1.; insoweit unveröffentlicht). 123 BAG DB 1985,2409, (2410); BAG AP Nr, 2 zu § 613a BGB. 124 BAG ZiP 1985,698, (700).

Teil A: Struktur und Auslegung

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bb) Erforderlichkeit einer Präzisierung Die Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Anwendbarkeit des § 613a BGB kann aus zwei Gründen nicht hingenommen werden: Zum einen hat der Gesetzgeber dem Betriebsinhaber ein Wahlrecht zwischen der Betriebsveräußerung und der Betriebsstillegung eingeräumt. 125 Diesem Wahlrecht entsprechen die unterschiedlich ausgestalteten Arbeitnehmerschutzvorschriften des § 613a BGB und der §§ 111 ff. BetrVG'72. 126 Würde die Veräußerung einer Sachgesamtheit anläßlich einer Betriebsstillegung als Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB qualifiziert, so würde das Wahlrecht des Betriebsinhabers inhaltlich ausgehöhlt. Es besteht deshalb die Gefahr, daß § 613a BGB sich auf diese Weise zu einer Vorschrift entwickelt, die Betriebsstillegungen verhindert. 127 Zum anderen sind derartige Konsequenzen verfassungsrechtlich nicht unbedenklich. Obwohl dies teilweise angezweifelt worden ist l28 , stellt § 613a BGB eine verfassungsmäßige Sozialbindung des Eigentums i.S.d. Art. 14 GG dar. 129 Die Veräußerungsschwierigkeiten, die durch dessen Anwendbarkeit entstehen, sind vom Gesetzgeber billigend in Kauf genommen worden und von der Sozialbindung des Art. 14 GG umfaßt. 130 Dies gilt jedoch nur für den Fall, daß tatsächlich ein Betriebsinhaberwechsel vollzogen wird. Treten dieselben Auswirkungen wegen der dargestellten Abgrenzungsschwierigkeiten bereits bei der Veräußerung einer Sachgesamtheit auf, wird in die verfassungsrechtlich garantierte Dispositionsfreiheit des Eigentümers 131 in unzulässiger Weise eingegriffen. Die Auslegung der h.A. ist daher als ergänzungsbedürftig anzusehen. Die erforderliche Konkretisierung soll im folgenden vorgenommen werden. 3. Eigener Lösungsvorschlag

a) Auslegungsziel: Das Wesen des Betriebsübergangs Zunächst einmal gilt es, das Auslegungsziel, d.h. das Wesen des Betriebsübergangs, zu präzisieren. Nachweise in Fußnote 78. In diesem Sinne: BAG ZiP 1983, 1377, (1381). 127 Nachweise in Fußnote 79. 128 Galperin, Regierungsentwurf S. 11. 129 So: Bauer, Unternehmensveräußerung S. 18 f. m.w.N.; Fuß, Angestellte S. 123 ff.; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 36 f. m.w.N.; Das BAG hat in der Entscheidung AP Nr. 1 zu § 613a BGB die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des § 613a BGB ausdrücklich offengelassen. 130 Vgl.: Nachweise in Fußnote 119. 131 Vgl. dazu: BVerfGE 24,367, (389); 31,229, (239); 50, 290, (339 f.). 125

126

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsiibergang

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Das BAG stellt darauf ab, daß bis auf den Wechsel des Inhabers ,alles beim alten bleibt,132 bzw. der Erwerber muß den Betrieb so fortführen können wie der bisherige Inhaber. 133 Die Kernaussage dieser Ausführungen läuft dar· auf hinaus, daß der Betrieb bzw. Betriebsteil nahezu unverändert auf den Erwerber übergeht. Dies bringt auch die Formulierung zum Ausdruck, der Erwerber müsse das wesentliche betriebliche Substrat übernehmen. l34 Zu Recht weist deshalb Herschel 135 darauf hin, daß sich bei einem Betriebsübergang nicht der Betrieb bewegt, sondern lediglich dessen Rechtsträger oder Inhaber ausgetauscht wird. Tritt somit der Erwerber an die Stelle des bisherigen Inhabers, handelt es sich bei den angeführten Definitionen lediglich um Umschreibungen dafür, daß derselbe Betrieb auf den neuen Inhaber übergeht. Es darf sich weder um eine Betriebsneugründung noch um eine Betriebszerschlagung handeln. Vielmehr muß der vorherige mit dem übernommenen Betrieb identisch sein, was in neueren Entscheidungen sogar ausdrücklich anerkannt wird. 136 Aufgrund dessen weist diese Auslegung der h.A. eine gewisse Parallelität zu der bereits dargestellten Lehre von der Betriebsidentität auf. 13 ? Allerdings besteht insofern ein wesentlicher Unterschied, als die Lehre von der Betriebsidentität an die tatsächliche Weiterverwendung des Betriebes durch den Erwerber anknüpft. Danach muß der Betrieb insgesamt (äußerlich) unverändert fortgeführt werden. Die Lehre von der Betriebsidentität stellt damit auf die Identität in der Betriebsfortführung ab. Im Gegensatz dazu hält es die h.A. für entscheidend und ausreichend, daß der Erwerber mit den übernommenen Betriebsmitteln den Betrieb unverändert fortführen könnte, wenn er wollte. Irrelevant ist es deshalb, ob und ggf. in welcher Form der ursprüngliche Betrieb vom Erwerber tatsächlich weiterbetrieben, verändert oder gar stillgelegt wird. 138 Das Abstellen auf den Erwerb der Möglichkeit zur Betriebsfortführung auf den neuen Inhaber veranschaulicht, daß für die h.A. die Betriebsidentität in der Ubemahme das Wesen des Betriebsübergangs LS.v. § 6I3a BGB ausmacht. Bestätigt wird dieses Verständnis des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang durch die komplementäre Schutzfunktion des § 6I3aBGB und der §§ IU ff. BetrVG'72. 139 Nachweise in Fußnote 105. Nachweise in Fußnoten 103 und 104. 134 Vgl. z.B.: Schaub, ZiP 1984,272, (274). 135 jülieher, ZfA 1980, 121, (237); Hersehel, ZfA 1977,219, (236); ders. BlStSozArbR 1979,33, (35); auch: Heinze, DB 1980,205. 136 BAG DB 1985,2409, (2411 unter II 3 c bb); BAG ZiP 1985,698, (701 unter II 2); LAG Düsseldorf ZiP 1984, 745, (746); so auch: Griebeling, EWiR § 613a BGB, 10/85, S.853. 137 V gl.: Darstellung in Kapitell Teil A IV 1 a. 138 Nachweise in Fußnote 117; vgl.: Bracker, Betriebsverfassung S. 18: ,Es bedeutet eine rechtslogische Unmöglichkeit, daß der Erwerber etwas erhält, was der Veräußerer gar nicht gehabt hat.' 139 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil A III 3 c ce. 132 133

Teil A: Struktur und Auslegung

29

Da die Arbeitnehmer bei einer Veränderung der betrieblichen Identität im Rahmen der Betriebsfortführung über die §§ 111 ff. BetrVG'72 geschützt werden, können derartige Maßnahmen konsequenterweise den Regelungsbereich des § 613a BGB weder tangieren noch dessen Heranziehung erfordern bzw. ausschließen. Das Erfordernis der Betriebsidentität ist folglich ausschließlich punktuell auf den Ubernahmezeitpunkt begrenzt. Insofern ist es gerechtfertigt, die Interpretation der h.A. als eine Art modifizierte Identitätstheorie zu charakterisieren.

b) Die Voraussetzungen der Betriebsidentität zum Ubergangszeitpunkt (= Erwerb der identischen Möglichkeit der Betriebsfortführung) Ausgehend von dieser Präzisierung des Wesens des Betriebsübergangs ist zu klären, durch welche Kriterien der Erwerb der betrieblichen Fortführungsmöglichkeit gekennzeichnet ist. Möglich erscheinen zwei Ergebnisse: Zum einen könnte sich die Veräußerung einer Sachgesamtheit von dem Betriebsübergang ausschließlich durch die Quantität der übernommenen Betriebsmit· tel unterscheiden. In einem solchen Fall ließe sich ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB nur unter Bezugnahme auf einen konkreten Einzelfall kennzeichnen. Zum anderen besteht die Möglichkeit, daß zwischen beiden Fallkonstellationen zumindest auch ein qualitativer Unterschied besteht. Bei einem solchen Ergebnis wären das bzw. die konkreten Abgrenzungskriterien zu benennen. aa) Ausgangspunkt: Anknüpfung an anerkannte, unbestrittene Fallkonstellationen Als Ausgangspunkt der Untersuchung ist an Fallkonstellationen anzuknüpfen, bei denen anerkannt ist, daß trotz der Ubertragung einer Anzahl von Betriebsmitteln generell kein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB vorliegt.

aaa) Betriebsneugründung nach erfolgter Stillegung Ist ein Betrieb rechtswirksam stillgelegt worden und werden anschließend die Betriebsmittel ggf. sogar en bloc veräußert, liegt unbestritten eine Betriebsneugründung vor. l40 Dies gilt selbst für den Fall, daß der Erwerber mit den ehemaligen Betriebsmitgliedern auf demselben Betriebsgrundstück mit denselben Betriebsmitteln eine identische Produktion aufnimmt. 141 Obwohl Nachweise in Fußnote 2. Z.B.: Schaub, Handbuch § 11811 3 S. 704; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 55; LAG Berlin, Urt. v. 17.11.1983,7 Sa 102/83 (unveröffentlicht); LAG Berlin, Urt. v. 11. 11.1983,11 Sa 99/83 (unveröffentlicht).' 140 141

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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der Erwerber mit den übernommenen Betriebsmitteln einen arbeitstechnischen Zweck verfolgen kann und für außenstehende Dritte schwerlich ein Unterschied festzustellen sein wird, findet § 613a BGB keine Anwendung. Der Grund besteht darin, daß mit den übernommenen Betriebsmitteln keine Betriebsfortführung, sondern lediglich eine Betriebsneugründung ermöglicht wird. Es fehlt an der Betriebsidentität, da der ursprüngliche Betrieb durch die Stillegung untergegangen ist. Damit stellt sich die Frage, was die Betriebsstillegung konkret bewirkt hat. Verglichen mit dem ehemaligen Betrieb muß der neugegründete Betrieb trotz der vollständigen übertragung der gegenständlichen Betriebsmittel ein Defizit aufweisen. Bei einer Betriebsstillegung werden regelmäßig die Firma gelöscht l42 , die betriebliche Organisation wird aufgelöst 143 , Restaufträge werden abgewikkelt 144, der Kundenstamm orientiert sich wegen des Stillstandes anderweitig, und die Geschäftsbücher verlieren ihre Bedeutung. Die Betriebsstillegung hat damit zur Folge, daß bestimmte Betriebsmittel vom Erwerber nicht übernommen werden können und ein Betriebsübergang ohne diese oder Teile dieser Betriebsmittel ausgeschlossen ist.

bbb) Rechtslage bei der Zwangsversteigerung eines Betriebsgrundstücks Eine vergleichbare Situation besteht bei der Zwangsversteigerung eines Betriebsgrundstücks. Mit dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung erwirbt der Ersteher das Eigentum an dem Betriebsgrundstück, den wesentlichen Bestandteilen sowie dem Zubehör und den vom Grundstück abgetrennten Erzeugnissen, sofern letztere im Eigentum des Schuldners stehen. 145 Auf diese Weise geht häufig das wesentliche betriebliche Substrat auf den Ersteher über. Dies gilt insbesondere dann, wenn der auf dem Grundstück geführte Betrieb schwerpunktmäßig der Bodennutzung zuzurechnen ist. 146 Gleichwohl liegt anerkanntermaßen kein Betriebsübergang vor. Als Begründung wird u.a. 147 angeführt, daß der Erwerber mit den ersteigerten Betriebsmitteln den Betrieb nicht wie der bisherige Inhaber fortführen könne. 148 Dazu bedürfe es (zumindest z.T.) der übertragung der Geschäftsbücher, des Kundenstammes, des good will und des know hows, des Eintritts in besteHamburg BB 1985.1667; LAG Hamm ZiP 1984, 1270, (1272). Nachweise in Fußnoten 283, 284. 144 Nachweise in Fußnote 298. 145 Richardi, RdA 1976,56, (58 f.); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 140. 146 Blomeyer, Zwangsvollstreckung § 84 111 2 a. 147 Zur Frage, ob bei der Zwangsversteigerung eines Betriebsgrundstückes das Tatbe· standsmerkmal durch Rechtsgeschäft ist erfüllt, vgl. Darstellung in Kapitel 3 Teil B IV 1 a. 148 Fischer, Betriebsübergang S. 92 f.; Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 69 f.; Richardi, RdA 1976,56, (58); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 140. 142

143

LAG Vgl.: Vgl.: Z.B.:

Teil A: Struktur und Auslegung

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hende Aufträge und Verträge sowie der Erhaltung der betrieblichen Organisation und der übertragung der Patent- und Urheberrechte. 149 Ebenso wie bei der Betriebsstillegung zeigt sich daher bei der Zwangsversteigerung eines Betriebsgrundstücks, daß trotz der übertragung wesentlicher, gegenständlicher Betriebsmittel die tatbestandlichen Voraussetzungen des Betriebsübergangs i.S.v. § 613a BGB nicht erfüllt sind.

ccc) Besonderheiten des Ubergangs eines Dienstleistungsbetriebes Die Feststellung, daß der Betriebsübergang von der übertragung bestimmter Betriebsmittel abhängig ist, wird besonders anschaulich bei der Veräußerung von Dienstleistungsbetrieben bestätigt. Veräußert z.B. eine Reinigungsfirma ihre u. U. minimalen gegenständlichen Betriebsmittel und überläßt sie die bisher genutzten BÜforäume dem Erwerb er, liegt die übernahme eines Betriebsübergangs fern. überspitzt ausgedrückt ließe sich formulieren, daß man durch den Erwerb von Schrubber und Wischlappen nicht zum Inhaber einer Reinigungsfirma wird. Zu Recht wird deshalb in neueren Entscheidungen des BAG betont, daß gerade bei Dienstleitungsbetrieben die übertragung des good will, des know how, des Kundenstammes der Firma sowie der Eintritt in bestehende Verträge als Voraussetzungen des Betriebsübergangs von besonderer Bedeutung sind. 150 Demgegenüber soll es nicht erforderlich sein, daß die gegenständliche Betriebsausstattung wie Büroeinrichtung, Werkzeug etc. vom Erwerber übernommen wird. 151 Somit zeigt sich gerade am Beispiel der Dienstleistungsbetriebe, daß selbst die vollständige übertragung bestimmter Betriebsmittel nicht in der Lage ist, den Betriebsübergang herbeizuführen. 152 bb) Zwischenergebnis: Die Differenzierung nach neutralen und individualisierenden Betriebsmitteln Aufgrund dieser Feststellungen lassen sich die Betriebsmittel in zwei Gruppen einteilen:

aaa) Die sog. "neutralen (vertretbaren)" Betriebsmittel Die erste Gruppe der Betriebsmittel ist dadurch gekennzeichnet, daß allein durch deren übernahme ein übergang der betrieblichen Fortführung nicht Vgl.: Die Aufzählung bei Fischer, Betriebsübergang S. 92 f. BAG DB 1985,2459, (2460); BAG ZiP 1985, 1158, (1159); BAG ZiP 1985,698, (700); BAG AP Nr. 11 zu § 613a BGB; ebenso: Etzel, NWB, Fach 26,1545, (1546); vgl. auch: LAG Frankfurt ARST 1984,14. 151 BAG DB 1985,2459, (2460). 152 Willemsen, ZiP 1986, 447, (482) spricht von einer Entmaterialiserung des Betriebsbegriffes bei Dienstleistungsbetrieben. 149 150

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

bewirkt werden kann. Es handelt sich hierbei um die gegenständlichen, materiellen Betriebsmittel, wie z.B. Produktionsmaschinen, Warenvorräte, Betriebsgrundstücke (sofern sie keine betriebsspezifischen Besonderheiten aufweisen) etc. Da derartige Gegenstände des Betriebsvermögens regelmäßig von jedem beliebigen Dritten erworben werden können, d.h. vertretbar bzw. marktgängig sind, besitzen sie nicht die Fähigkeit, die Identität eines Betriebes zu kennzeichnen. 1s2a Dies zeigt sich insbesondere in Zusammenhang mit der Veräußerung von Dienstleistungsbetrieben bzw. bei der Betriebsstillegung. Obwohl der Erwerber u.U. diese Betriebsmittel sämtlich übernimmt, kann er den Betrieb nicht so fortführen wie der bisherige Inhaber. Zudem zeigt das Beispiel der Betriebsstillegung, daß die Existenz dieser Betriebsmittel durch die Durchführung der Betriebsstillegung nicht beeinträchtigt wird. Wegen der fehlenden Eigenschaft, die Identität eines Betriebes zu bestimmen, können diese Betriebsmittel als neutrale (vertretbare) Betriebsmittel bezeichnet werden.

bbb) Die sog. "individualisierenden (unvertretbaren)" Betriebsmittel Im Gegensatz zur ersten Gruppe besteht das Charakteristische der zweiten Gruppe der Betriebsmittel darin, daß sie den jeweiligen Betrieb individualisieren. Dazu gehören z.B. die betriebliche Organisation,152b das know how, der good will, der Kundenstamm, der Firmenname, bestehende Verträge und Aufträge, Geschäftsbücher etc. Diese Betriebsmittel können nicht von jedem beliebigen Dritten erworben werden, d.h. sie sind nicht vertretbar bzw. marktgängig. Außerdem erlöschen sie überwiegend bei einer Betriebsstillegung. 152C Bei Dienstleistungsbetrieben stellen sie regelmäßig allein das wesentliche Betriebsvermögen dar, während sie in Bezug auf Produktionsbetriebe erst zusammen mit der übernahme der neutralen Betriebsmittel den Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB bewirken. Aufgrund der Tatsache, daß diese Betriebsmittel die Identität des Betriebes kennzeichnen, ist es gerechtfertigt, von individualisierenden (unvertretbaren) Betriebsmitteln zu sprechen. cc) Schlußfolgerung: Die übernahme individualisierender Betriebsmittel als Voraussetzung des Betriebsübergangs Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich, daß sowohl bei Produktionsals auch bei Dienstleistungsbetrieben ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB 152a In diesem Sinne: BAG ZiP 1987. 734, (737) "Von untergeordneter Bedeutung ist die übernahme der Ladeneinrichtung, da von ihr nicht entscheidend die betriebliche Organisation abhängt." 152b Vgl. hierzu: BAG ZiP 1987, 734, (737). 152c Vgl. dazu aqch: Loritz, RdA 1987,65, (71).

Teil A: Struktur und Auslegung

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ohne die gleichzeitige übernahme individualisierender Betriebsmittel nicht vollzogen werden kann. Der Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB unterscheidet sich deshalb von der Veräußerung einer Sachgesamtheit dadurch, daß im letzteren Fall keine übernahme individualisierender Betriebsmittel erfolgt. Daraus läßt sich die Regel ableiten, daß ein Betriebsübergang nach § 613a BGB zumindest auch die übernahme individualisierender Betriebsmittel erfordert. Damit ist zugleich festgestellt, daß zwischen der Veräußerung einer gegenständlichen Sachgesamtheit und dem Betriebsübergang auch ein qualitativer Unterschied besteht. Die individualisierenden Betriebsmittel stellen das Bindeglied dar, welches einer bloßen Sachgesamtheit den Charakter eines Betrie· bes bzw. Betriebsteils verschafft und deren übertragung zugleich den Betriebsübergang charakterisiert. 153 dd) überprüfung der Schlußfolgerung: Keine Eröffnung von Umgehungsmöglichkeiten Allerdings kann diese Schlußfolgerung nur dann aufrechterhalten werden, wenn durch das Erfordernis der übernahme zumindest eines Teils der individualisierenden Betriebsmittel für unseriöse Erwerber keine Möglichkeit zur Umgehung des § 613a BGB eröffnet wird. Eine solche Gefahr besteht jedoch nur bei einer überbetonung des angeführten Kriteriums. Es ist nämlich keinesfalls erforderlich, daß alle oder der wesentliche Teil der individualisierenden Betriebsmittel auf den Erwerber übertragen werden. Unter Umständen reicht bereits die Bindegliedwirkung eines einzigen individualisierenden Betriebsmittels in Kombination mit der übernahme neutraler Betriebsmittel aus, um den Betriebsinhaberwechsel zu vollziehen. Dies ist bei Produktionsbetrieben regelmäßig dann der Fall, wenn ein Großteil der gegenständlichen Betriebsmittel en bloc veräußert wird. Dies läßt sich anhand eines Beispiels veranschaulichen: 154 Erwirbt ein Krankenhaus von einer Bäckerei ausschließlich die Räumlichkeiten und die Produktionsmaschinen, um in Zukunft mit eigenem Personal den Eigenbedarf zu produzieren, fehlt es an der übertragung individualisierender Betriebsmittel. § 613a BGB findet keine Anwendung. 155 Im Hinblick auf den bisherigen Inhaber liegt eine Betriebsstillegung vor. Die Arbeitnehmer werden über die § 111 ff. BetrVG'72 geschützt. Tritt das Krankenhaus jedoch in Lieferverträge des bisherigen Inhabers ein oder aber öffnet es die Bäckerei zeitweilig dem Publikumsverkehr, um einen ggf. produzierten überschuß gewinn-

153 So wohl auch: Griebeling, EWiR § 613a BGB, 12/85, S. 858, der für den Betriebsübergang zutreffenderweise die Ubernahme markanter Teile der alten Firma fordert. 154 In Anlehnung an: LAG Frankfurt ARST 1984, 115. 155 Im Ergebnis ebenso: Bauer, in Hölters S. 272 Rdnr. 6.

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

bringend abzusetzen, dann erfolgt dies unter Ausnutzung des bestehenden Kundenstammes. In beiden Fällen käme § 613a BGB zur Anwendung. 156 Folglich ist ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB zwingend nur dann ausgeschlossen, wenn überhaupt keine individualisierenden Betriebsmittel vom Erwerber übernommen werden. Ist diese Voraussetzung allerdings erfüllt, liegt keine unzulässige Umgehung, sondern eine legale Tatbestandsvermeidung des § 613a BGB vor. § 613a BGB behält auf diese Weise die notwendige, immanente Flexibilität, um auch atypische Sachverhaltsgestaltungen zu erfassen, ohne gleichzeitig einen Ansatzpunkt für neue Umgehungsstrategien zu bieten.

c) Die Bedeutung der Betriebsgemeinschaft im Rahmen des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang Zweifelhaft erscheint, ob das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang zusätzlich voraussetzt, daß der Erwerber die bis dahin bestehende Betriebsgemeinschaft aufrechterhält, indem er alle oder einige der Arbeitsverhältnisse übernimmt. aa) Grundsätzliches § 613a BGB dient dem sozialstaatlichen Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse. Dem Erwerber soll es verwehrt werden, aus der Betriebsgemeinschaft junge leistungsfähige Fachkräfte auszuwählen und zu übernehmen, während alte und kranke Arbeitnehmer, Schwangere, Schwerbehinderte sowie Betriebsratsmitglieder ggf. schutzlos blieben. 157 § 613a BGB enthält damit ein Verbot der Negativauslese. Würde die übernahme der Arbeitsverhältnisse als tatbestandliche Voraussetzung des Betriebsübergangs i.S.v. § 613a BGB anerkannt, bestünde eine doppelte Möglichkeit zur Umgehung des § 613a BGB.

Zum einen könnte der Erwerber - was z.T. praktiziert worden ist 158 - die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer als Neueinstellung deklarieren. Da kein Eintritt in die bisherigen Arbeitsverhältnisse vorläge, käme § 613a BGB nicht zur Anwendung. Zum anderen würde sich der Erwerber regelmäßig darauf berufen, daß er gerade nicht alle Arbeitnehmer weiterbeschäftigt habe und deshalb von einer Atifrechterhaltung der Betriebsgemeinschaft keine Re156 A.A. in Bezug auf die Bedeutung des Kundenstammes: LAG Baden·Württemberg BB 1985, 123; zu weitgehend allerdings: LAG Hamburg DB 1986, 1576 f. 157 Nachweise in Fußnote 23. 158 Dazu: BAG ZiP 1987, 800ff.; LAG Düsseldorf DB 1986.918. (919); vgl. außerdem den Tatbestand in den Entscheidungen: BAG AP Nr. 14 zu § 613a BGB; BAG DB 1976,152 f.; LAG Düsseldorf DB 1978, 702; LAG Frankfurt ZiP 1982,351; LAG Schles· wig-Holstein DB 1978, 1406.

Teil A: Struktur und Auslegung

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de sein könne. Auf diese Weise würde die praktizierte Negativauslese den beabsichtigten Schutz vor einer Negativauslese vereiteln. 159 Die Aufrechterhaltung der Betriebsgemeinschaft bzw. die Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer kann daher nicht als notwendige tatbestandliche Voraussetzung des Betriebsübergangs anerkannt werden. Dem BAG ist zuzustimmen, wenn es ausführt, daß der übergang der Arbeitsverhältnisse Rechtsfolge und nicht Tatbestandsvoraussetzung des Betriebsübergangs i.S.v. § 613a BGB ist. 160 bb) Sonderfall 1: Die Anwendbarkeit des § 613a BGB bei Ablehnung der Weiterbeschäftigung der Gesamtbelegschaft Es stellt sich allerdings die Frage, ob dieser Grundsatz auch für den Sonderfall gilt, daß der Erwerber der Betriebsmittel die übernahme der gesamten Belegschaft ablehnt, z.B. weil er den Betrieb mit eigenem Personal fortführen will.

aaa) § 613a BGB als Ausdruck eines "alle-ader-keinen" Grundsatzes Stellt man den Schutz der Arbeitnehmer vor einer Negativauslese als primäre gesetzgeberische Intention in den Vordergrund 161, läge in der Ablehnung der Weiterbeschäftigung der Gesamtbelegschaft keine Verletzung der ratio legis des § 613a BGB. Der Erwerber träfe keine Negativauslese, da er von vornherein keinen einzigen Arbeitnehmer übernehmen will. Bei einer derartigen Interpretation würde der Schutzzweck des § 613a BGB i.S.e. ,alleoder-keinen' Prinzips verstanden. 162 Die Rechtfertigung für die Anordnung der Rechtsfolgen des § 613a BGB bestünde darin, daß der Erwerber sich durch die Weiterbeschäftigung der leistungsfähigen Arbeitnehmer den Vorteil einer eingearbeiteten Betriebsgemeinschaft verschafft. 163 Aufgrund dieses Vorteils würde es dem Erwerber verwehrt, sich des gleichzeitig ergebenden Nachteils (= übernahme der weniger leistungsfähigen Arbeitnehmer) zu entziehen. Verzichtet der übernehmer jedoch gänzlich auf den Vorteil einer beNachweise in Fußnote 22. BAG ZiP 1987,800, (801); BAG ZiP 529, (530); LAG Hamm ZiP 1987,91, (98) weitere Nachweise in Fußnoten 14 und 15; vgl. auch: Lutz, Konkursverwalter S. 11. 161 So z.B. die eindringlichen Darstellungen bei: BAG AP Nr. 18 zu § 613a BGB; LAG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.1982, 14 Sa 1413/83 (unveröffentlicht); LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985,305, (307). 162 In diese Richtung tendiert: Seiter, Anmerk. AP Nr. 1 zu § 613a BGB, wenn er aus· führt: ,Zu überlegen wäre aber, ob der Gesetzgeber nicht nach dem Prinzip des guten und des schlechten Tropfens verfahren wollte'. Eine ähnliche Motivation des Gesetzgebers legt das LAG Hamm ZiP 1984,481, (483) der Regelung des § 613a BGB zugrunde. 163 Das Interesse des Erwerbers an der Aufrechterhaltung der Betriebsgemeinschaft wird z.B. betont: Bomgräber, Arbeitsverhältnis S. 54, im übrigen wie Nachweise in Fußnote 116 a.E. 159

160

5 Pietzko

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

stehenden Betriebsgemeinschaft, bestünde nach dieser Interpretation keine Veranlassung, ihn nach § 613a BGB in die Arbeitsverhältnisse eintreten zu lassen. 164

bbb) Das Prinzip des Gleichlaufs von Betrieb und Arbeitsverhältnis Nach der ratio legis des § 613a BGB soll der Bestand der Arbeitsverhältnisse umfassend und lückenlos 165 gesichert werden. Der Schutz vor einer Negativauslese stellt lediglich eine spezielle Ausprägung dieses Schutzzwecks dar. Des weiteren ist der Betrieb i.S.v. § 613a BGB als Einheit von Betriebsmitteln charakterisiert worden, mit deren Hilfe ein Unternehmer zusammen mit seinen Mitarbeitern einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck verfolgt. 166 Demgegenüber besteht das Wesen des Betriebsübergangs darin, daß das wesentliche betriebliche Substrat, d.h. letztlich der Arbeitsplatz des Arbeitnehmers, auf den Erwerber übergeht. 167 Die ursprüngliche Einheit Betrieb wird deshalb durch di,e übertragung der Betriebsmittel gespalten. § 613a BGB ordnet somit durch die überleitung der Arbeitsverhältnisse lediglich die Wiederherstellung der ursprünglichen betrieblichen Einheit an. Vereinfacht ausgedrückt folgen die Arbeitsverhältnisse dem Arbeitsplatz. 167a Die Regelung des § 613a BGB basiert deshalb seinem Grundgedanken nach nicht auf einem ,alle-oder-keinen' Prinzip, sondern auf dem Grundsatz des Gleichlaufs von Betrieb (Arbeitsplatz) und Arbeitsverhältnis. 168 Der Gesetzgeber konnte die Arbeitsverhältnisse nicht unmittelbar mit dem Betrieb als solchem verknüpfen, weil der Betrieb selber kein Träger von Rechten und Pflichten sein kann. 169 Der Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse wird demnach solange gewährt, als der durch den Betrieb bzw. Betriebsteil verkörperte Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers fortbesteht. 17o 164 Daß derartige Fallkonstellationen durchaus Praxisrelevanz besitzen, zeigt ein Beispiel aus Köln. Dem Inhaber einer Apotheke wurde wegen Zahlungsunfähigkeit und Manipulation mit Medikamenten die Betriebserlaubnis entzogen. Die Apotheke wurde, nachdem sie eine Zeitlang geschlossen war, an einen anderen Apotheker verkauft, der mit seiner eigenen Belegschaft den Apothekenbetrieb fortführte. Die Weiterbeschäftigung der Mitarbeiter des Veräußerers lehnte der Erwerber mangels Bedarf ab. Der vor dem ArbG Köln anhängige Rechtsstreit ist - soweit bekannt - bislang noch nicht entschieden. (Quelle: Kölner Stadtanzeiger, Silvesterausgabe 1985, S. 18). 165 So: BAG OB 1985,2459, (2460); BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; LAG Hamm, Urt. v. 19.4.1985,16 (10) Sa 1501/83 (unter 114 a bb, insoweit unveröffentlicht). 166 V gl.: Darstellung in Kapitel 1 Teil A 11 1 a. 167 Nachweise in Fußnote 107. 167a So: Herschel, Anmerk. AP Nr. 42 zu § 613a BGB; Loritz, RdA 1987,65, (68). 168 Fischer, Betriebsübergang S. 52 spricht insoweit zutreffend von einer ,Quasi-Akzessorietät' von Betrieb und Arbeitsplatz; vgl. auch: Besgen, AiB 1986,131. 169 BAG ZiP 1987, 731, (733)" ... es ist doch gerade Sinn und Zweck des §613aBGB den Arbeitnehmern den Arbeitsplatz für den Fall zu erhalten, daß der funktionsfähige Betrieb auf den Erwerber übergeht"; LAG Berlin EzA Nr. 15 zu § 613a 8GB; Fuß, Angestellte S. 8 und 12; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 17; Steckhan, FS Schnorr v. Carolsfeld (1974) 463, (474). 170 So: LAG Hamm OB 1985,1915; Schreiber, RdA 1982,137, (142 m.w.N.).

Teil A: Struktur und Auslegung

37

Geht somit durch die übernahme der Betriebsmittel die betriebliche Fortführungsmöglichkeit auf den Erwerber über, findet § 613a BGB selbst dann Anwendung, wenn der Erwerber die gesamte Belegschaft nicht weiterbeschäftigen will. Der dargestellte Grundsatz behält auch in diesem Sonderfall seine uneingeschränkte Gültigkeit. cc) Sonderfall 2: Zur Anwendbarkeit des § 613a BGB bei der ausschließlichen übernahme eines Belegschaftsteils

aaa) Darstellung der Problematik Ein entgegengesetztes Problem ergibt sich dann, wenn ein potentieller neuer Arbeitgeber auftritt, der ausschließlich einen Teil einer bisherigen Belegschaft weiterbeschäftigen will, ohne gleichzeitig (wesentliche) Betriebsmittel zu übernehmen. l71 In der Regel wird es sich um besonders qualifizierte Fachkräfte handeln. Zu denken ist in diesem Zusammenhang an wissenschaftliche Forschungsteams oder Künstlergruppen. Kennzeichnend für diese Fallkonstellation ist es, daß die erworbenen Betriebsmittel entweder gänzlich unbedeutend sind oder die gegenständliche Arbeitsgrundlage (z.B. Labor etc.) von dem neuen Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird. übernimmt der neue Arbeitgeber lediglich einige Arbeitnehmer aus solchen Betriebsgemeinschaften, ist zu klären, ob die ausgeschlossenen Arbeitnehmer sich auf § 613a BGB berufen können. Auf den ersten Blick erscheint die Annahme eines Betriebsübergangs naheliegend. Der Betriebsbegriff i.S.v. § 613a BGB wird durch zwei Elemente charakterisiert, nämlich das funktionelle Zusammenwirken von Arbeitskräften und Betriebsmitteln. Reicht für den Betriebsübergang die Veräußerung der Betriebsmittel aus, erscheint es nur konsequent, daß für die Weiterbeschäftigung eines Belegschaftsteils nichts anderes gilt. Auch in Hinblick auf den Schutzzweck des § 613a BGB könnte dessen Heranziehung geboten sein. Denn wechselt der überwiegende Teil der Belegschaft zu einem neuen Arbeitgeber, müssen die nicht übernommenen Arbeitnehmer u.U. mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen, wenn dem bisherigen Inhaber wegen des Belegschaftswechsels die Betriebsfortführung nicht möglich erscheint. Insofern besteht ggf. eine Arbeitsplatzgefährdung für die von der Weiterbeschäftigung ausgeschlossenen Arbeitnehmer.

171 Vgl. dazu: BAG DB 1985,2409 ff.; LAG BerJin EzA Nr. 35 zu § GI3a BGB;Posth, Probleme S. 75.

5*

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

bbb) Keine Anwendbarkeit des § 613a BGB auf die Abwerbung von Arbeitnehmern Gleichwohl findet § 613a BGB auf diese Fallkonstellation keine Anwendung. In seinem Urteil vom 22.5.1985 stellt der 5. Senat des BAG erneut die tatbestandliche Systematik des § 613a BGB in den Vordergrund. Der übergang der Arbeitsverhältnisse sei Rechtsfolge und nicht Tatbestandsvoraussetzung des § 613a BGB. Die Weiterbeschäftigung eines Belegschaftsteils ohne die gleichzeitige übertragung wesentlicher Betriebsmittel unterfalle deshalb nicht dem Regelungsbereich des § 613a BGB. Eine bloße Funktionsnachfolge reiche nicht aus. l72 Diese Argumentation ist zwar inhaltlich zutreffend, schließt jedoch nur eine unmittelbare Heranziehung des § 613a BGB aus. Aufgrund der dargestellten Arbeitsplatzgefährdung könnte eine analoge Anwendung erforderlich sein. Entscheidend ist deshalb, ob die ratio legis des § 613a BGB die dargestellte Fallkonstellation erfaßt. Die Charakterisierung des Schutzzweckes des § 613a BGB bedarf in Bezug auf seine Grenzen der Präzisierung. Anerkanntermaßen können die Rechtsfolgen des § 613a BGB nicht durch Vereinbarungen zwischen Erwerber und Veräußerer modifiziert oder ausgeschlossen werden. 173 Insoweit besitzt § 613a BGB zwingenden Charakter.I 74 Demgegenüber hält die h.A. in Rechtsprechung und Literatur sogar nachteilige Änderungen des Arbeitsvertrages zwischen dem Erwerber und den Arbeitnehmern grundsätzlich für zulässig. 175 Für die Arbeitnehmer als Begünstigte besteht deshalb die Möglichkeit, über den ihnen durch § 613a BGB gewährten Schutz zu disponieren. § 613a BGB führt zu keinem gesetzgeberischen Zwangsschutz. Daraus ergibt sich, daß § 613a BGB ausschließlich den Schutz vor Fremdgefohrdung bezweckt, wohingegen mögliche Selbstbenachteiligungen durch § 613a BGB nicht untersagt sind. überträgt man diese Grundsätze auf das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang, so ist festzustellen, daß eine Fremdgefährdung der Arbeitsplätze 172 BAG DB 1985, 2409, (2410); bereits zuvor: LAG Frankfurt ARST 1985, 158; ebenso: Besgen, AiB 1986,131, (132); Herschel, Anmerk. AP Nr. 42 zu § 613a BGB; Loritz, RdA 1987,65, (69). 173 BAG AP Nr. 31, 27, 14,5,4,2 zu § 613a BGB; LAG Düsseldorf DB 1981, 1095; LAG Düsseldorf DB 1978, 702; LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1981,202; ArbG Köln DB 1977, 2146; zustimmend: Falkenberg, DB 1980, 783, (784); WiedemannjWillemsen, RdA 1979,418, (422). 174 Z.B.: BAG AP Nr. 2 zu § 613a BGB; Everhardt, BB 1976, 1611, (1613); Frohner, BIStSozArbR 1978, 257, (259); HaddingjHäuser, Anmerk. SAE 1978,54, (56); Herschel, Film und Recht 1977,81, (85). 175 Nachweise in Fußnote 174; vgl. dazu: Die Darstellung in Kapitel 3 Teil B II 2 b cc aaa.

Teil A: Struktur und Auslegung

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lediglich durch die Veräußerung der Betriebsmittel möglich ist. Aus diesem Grund ordnet der Gesetzgeber nur für diesen Fall den Gleichlauf von Betrieb und Arbeitsverhältnis an. Im Gegensatz dazu ist nach § 613 S. 2 BGB der Anspruch auf die Dienstleistung im Zweifel nicht übertragbar. Demnach ist die ausschließliche übernahme eines Belegschaftsteils ohne Mitwirkung der betroffenen Arbeitnehmer nicht möglich. Diese müssen ihr bestehendes Arbeitsverhältnis kündigen und mit dem anderen Arbeitgeber neue Arbeitsverträge abschließen. Bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation wird nicht der Arbeitsplatz von den Arbeitnehmern entfernt (= Betriebsübergang), sondern die Arbeitnehmer entfernen sich von ihrem Arbeitsplatz. 17sa Der Tatbestand einer Fremdgefährdung durch die Betriebsinhaber ist damit nicht erfüllt. Vielmehr handelt es sich bei der ausschließlichen Weiterbeschäftigung eines Belegschaftsteils um einen Fall der Abwerbung. Folglich ist dem BAG i.E. zuzustimmen, wenn es ausführt, daß die übernahme eines Belegschaftsteils als solche nicht vom Regelungsbereich des § 613a BGB erfaßt wird. dd) Die übernahme eines Belegschaftsteils als Mittel zur Herbeiführung des Betriebsübergangs Es bleibt daher festzuhalten, daß die Feststellung des BAG auch in Sonfällen ihre Gültigkeit behält. Der übergang der Arbeitsverhältnisse ist Rechtsfolge und nicht Tatbestandsvoraussetzung des Betriebsübergangs. In diesem Zusammenhang darf jedoch nicht der Zweck dieser Auslegung außer acht gelassen werden. Der Erwerber der Betriebsmittel soll die Anwendbarkeit des § 613a BGB nicht dadurch ausschließen können, daß er sich darauf beruft, er habe lediglich einen Teil der Belegschaft bzw. überhaupt keinen Arbeitnehmer des Betriebes weiterbeschäftigt bzw. weiterbeschäftigen wollen. 176 Die Auslegung des BAG dient damit einem schutzzweckorientierten Einwendungsausschluß des Erwerbers. Diese Funktion schließt es jedoch nicht aus, die tatsächliche Weiterbeschäftigung einiger Arbeitnehmer als Indiz l77 bzw. als Mittel zur Herbeiführung des Betriebsübergangs i.S.v. § 613a BGB anzusehen. Es ist nämlich zu berücksichtigen, daß die betriebliche Organisation, das know how und in Spezialbetrieben (z.B. bei der Herstellung von Computer-Software) u.U. auch der good will von den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern wesentlich mitgetragen wird. l77a Insofern wird der Betrieb auch durch die vorhandene Ähnlich: Loritz, RdA 1987,65, (69). Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil A 11 2 a aa sowie in Kapitell Teil A IV 3 c

175a

aa.

176 177

177a

Nachweise in Fußnote 120. So: Loritz, RdA 1987,65, (70).

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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Belegschaft individualisiert. Aus diesem Grund kann gerade die übernahme einer bloßen Sachgesamtheit, die als solche nicht von § 613a BGB erfaßt wird, durch die gleichzeitige Weiterbeschäftigung eines Belegschaftsteils erst zum Erwerb der betrieblichen Fortführungsmöglichkeit führen. Bei einer funktionalen Betrachtungsweise 17s steht damit die Aufrechterhaltung einer bestehenden Betriebsgemeinschaft der übernahme individualisierender Betriebsmittel gleich. D.h. durch die tatsächliche Weiterbeschäftigung zumindest eines Teils der Belegschaft, kann die Veräußerung einer bloßen Sachgesamtheit (= neutrale Betriebsmittel) den Charakter eines Betriebsübergangs annehmen. l79 Hierin liegt keine Verletzung der Menschenwürde der Arbeitnehmer. Diese werden nicht in diskriminierender Weise den sachlichen Betriebsmitteln gleichgestellt. Vielmehr handelt es sich lediglich um eine wertneutrale rechtliche Würdigung, die aus der tatsächlichen Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer im veräußerten Betrieb gefolgert wird. Folglich ist die Interpretation des BAG teilweise zu modifizieren. Zwar ist der Eintritt in die Arbeitsverhältnisse Rechtsfolge und nicht tatbestandliche Voraussetzung des ß"etriebsübergangs (weshalb sich der Erwerber nicht auf die fehlende oder unvollständige übernahme der Arbeitsverhältnisse berufen kann), allerdings kann durch die tatsächliche Weiterbeschäftigung der bestehenden Belegschaft bzw. Belegschaftsteile die Veräußerung einer Sachgesamtheit den Charakter eines Betriebsübergangs i.S.v. § 613a BGB annehmen. lSO Es besteht damit ein Unterschied zwischen dem übergang der Arbeitsverhältnisse als Rechtsfolge des § 613a BGB und der tatsächlichen Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmer als mögliches tatbestandliches Element eines Betriebsübergangs.

d) Ergebnis: Die Stufenleiter des Betriebsübergangs Aus den bisherigen Ergebnissen lsl läßt sich daher folgende Stufenleiter des Betriebsübergangs i.S.v. § 613a BGB ableiten: 1. Grundvoraussetzung für den Betriebs- bzw. Betriebsteilübergang ist der Bestand eines Betriebes i.S.d. allgemeinen Betriebsbegriffes. 2. Die Veräußerung eines Einzelgegenstandes bzw. mehrerer gleichartiger Betriebsmittel wird auf keinen Fall vom Regelungsbereich des § 613a BGB erfaßt. 3. Erforderlich ist vielmehr die übernahme mehrerer ungleichartiger Betriebsmittel, welche die Erreichung eines arbeitstechnischen Zweckes, der über den immanenten GeVgl. zur Terminologie: LAG Berlin EzA Nr. 35 zu 613a BGB. Im Ergebnis ebenso: LAG Bremen BB 1986, 1643, (1644); Herschel, Anmerk. AP Nr. 42 zu § 613a BGB; Willemsen, ZiP 1986,447, (481 a.E.). 180 In diesem Sinne: ArbG Kaiserslautern ARST 1980, 191. 181 V gl. Darstellung in: Kapitell Teil A II 2 b (Betriebsbegriff) ; Kapitel I Teil A III 4 (Betriebsteilbegriff); Kapitell Teil A IV 3 b ce (Betriebsübergang); Kapitell Teil A IV 3 c dd (Betriebsübergang~. 178

179

Teil A: Struktur und Auslegung

41

brauchszweck eines jeden einzelnen Betriebsmittels hinausgeht, ermöglichen und an denen zwnindest ein Arbeitsplatz hängt. 4. Die übertragung der Betriebsmittel führt allerdings nur dann zum Erwerb der identischen betrieblichen Fortf"lihrungsmöglichkeit, wenn zumindest auch individualisierende Betriebsmittel übernommen worden sind oder aber der Erwerber zwnindest einen Teil der bestehenden Belegschaft tatsächlich (faktisch) weiterbeschäftigt. 5. Sind die Vorausetzungen 3 und 4 erfilllt, liegt je nach dem Umfang der übertragenen Betriebsmittel ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang vor.

Freilich sind mit dieser Stufenleiter nicht sämtliche Unsicherheiten bei der Feststellung des Betriebsübergangs i.S.v. § 613a BGB behoben. So z.B. kann für die dritte Voraussetzung keine allgemein gültige juristische Definition gefunden werden. Die Frage, wieviele und welche Betriebsmittel übertragen werden müssen, damit die Erreichung eines übergreifenden arbeitstechnischen Zwecks ermöglicht wird, läßt sich ausschließlich anhand eines konkreten Einzelfalles feststellen. Dabei kommt - insoweit ist dem BAG 182 zuzustimmen - der Größe und der Organisationsdichte des jeweiligen Betriebes u. U. eine besondere Bedeutung zu. Derartige quantitative und betriebsspezifische Umstände entziehen sich jedoch von vornherein einer abstrakten, generalisierenden juristischen Begrifflichkeit. 183 Der Vorteil der Stufenleiter des Betriebsübergangs besteht deshalb - wie bereits erwähnt l84 - darin, das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang von dem Makel der Zufälligkeit zu befreien und ein Mindestmaß an Vorhersehbarkeit und Rechtssicherheit zu gewährleisten.

v. Annex: Der Betriebsübergang im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Funktionsnachfolge 1. Einleitung Werden Aufgaben bzw. öffentliche Dienstleistungen einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf einen anderen Rechtsträger übertragen, spricht man von öffentlich-rechtlicher Funktionsnachfolge. 185 Dieser Oberbegriff umfaßt insgesamt vier unterschiedliche Modalitäten. Zum einen kann bezüglich des erwerbenden Rechtsträgers differenziert werden. In Betracht kommt entweder eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts 186 oder aber eine na-

BAG DB 1985,2409, (2410). Vgl. z.B.: LAG Bremen AP Nr. 30 zu § 613a BGB; LAG Hamm ZiP 1984, 1270 ff. 184 V gl.: Darstellung in Kapitel 1 Teil A I 2. 185 Krejci, Arbeitsvertrag S. 62 ff. 186 Dazu ausführlich: Hanau, Funktionsnachfolge S. 5 ff.; BAG EzA Nr. 5 zu § 613a BGB; BAG AP Nr. 13 zu § 613a BGB. 182

183

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

türliche bzw. juristische Person des Privatrechts. 18? Im letzteren Fall liegt eine Privatisierung vor, die hauptsächlich aus Gründen der Kostendämpfung durchgeführt wird. 188 Zum anderen besteht die Möglichkeit, danach zu unterscheiden, ob lediglich die Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Körperschaft 189 oder zusätzlich betriebliches Substrat vom Erwerber übernommen wird. 190 In Bezug auf alle vier Fallkonstellationen stellt sich die Frage nach der unmittelbaren bzw. analogen Anwendbarkeit des § 613a BGB. 2. Generelle Anwendbarkeit des § 613a BGB Generelle Bedenken gegen die Heranziehung des § 613a BGB ergeben sich aus § 130 BetrVG'72. Danach findet das Betriebsverfassungsgesetz von 1972 auf Verwaltungen des Bundes, der Länder, der Gemeinden und sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts keine Anwendung. Da § 613a BGB über § 122 BetrVG'72 in das BGB eingefügt worden ist, könnte die Ausschlußwirkung des § 130 BetrVG'72 sich gleichfalls auf § 613a BGB erstrecken. Dagegen spricht jedoch, daß § 613a BGB - wie bereits dargelegt 191 - trotz seiner betriebsverfassungsrechtlichen Herkunft als zivilrechtliche Norm anzusehen ist. Außerdem würde die Unanwendbarkeit des § 613a BGB auf öffentlich-rechtliche Körperschaften eine ungerechtfertigte Privilegierung darstellen, wenn diese sich allein aufgrund ihres Status den Rechtsfolgen des § 613a BGB entziehen können. Das gesetzgeberische Ziel einer umfassenden Gewährleistung des sozialstaatlichen Bestandsschutzes l92 der Arbeitsverhältnisse verträgt keine Lücke in Bezug auf öffentlich-rechtliche Körperschaften. Folglich ist von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 613a BGB im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Funktionsnachfolge auszugehen. 193

187 Z.B.: BAG NJW 1980, 2149 ff.; LAG Berlin EzA Nr. 15 zu § 613a BGB; LAG Hamm BB 1977, 296;vgl.: ArbG Lübeck BB 1979,989. 188 Vgl. dazu Beispiele bei: BorelI, Privatisierung S. 36 ff. 189 Z.B.: BAG AP 9,5 zu § 1 KSchG 1969 - Betriebsbedingte Kündigung. 190 Nachweise in Fußnote 187; außerdem: BAG EzA Nr. 5 zu § 613a BGB; BAG AP Nr. 13 zu § 613a BGB; ArbG Lübeck 1979,989 m. Anmerk. Dauenheimer. 191 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil A III 3 b bb sowie Nachweise in Fußnote 67. 192 Nachweise in Fußnote 165. 193 So: Hanau, Funktionsnachfolge S. 61.

Teil A: Struktur und Auslegung

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3. Öffentlich-rechtliche Funktionsnachfolge bei gleichzeitigem übergang des betrieblichen Substrats Erfolgt die öffentlich-rechtliche Funktionsnachfolge bei gleichzeitiger übertragung der Betriebsmittel, was z.B. bei der Privatisierung von kommunalen Eigenbetrieben (Krankenhäusern, Kindergärten, Schlachthöfen etc.) der Fall sein wird, so ist der Tatbestand des Betriebsübergangs i.S.d. § 613a BGB erfüllt. 194 Dessen Anwendbarkeit hängt deshalb entscheidend davon ab, ob die Funktionsnachfolge auf rechtsgeschäftlicher Grundlage vollzogen worden ist. Die übertragung eines kommunalen Eigenbetriebes auf einen privaten Unternehmer wird regelmäßig auf einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung beruhen. 195 § 613a BGB findet dann uneingeschränkt Anwendung. Im Gegensatz dazu wird der Betriebsübergang von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft auf eine andere erfahrungsgemäß durch Gesetz bzw. Hoheitsakt vollzogen. 196 Da in einem solchen Fall das Tatbestandsmerkmal durch Rechtsgeschäft nicht erfüllt ist l97 , scheidet eine unmittelbare Heranziehung des § 613a BGB aus. In Frage käme allenfalls eine analoge Anwendung. 198 4. Öffentlich-rechtliche Funktionsnachfolge als bloße Aufgabenübertragung Umstritten ist die Rechtslage, wenn im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Funktionsnachfolge lediglich eine Aufgabenübertragung vorgenommen wird. Ein solcher Fall liegt z.B. vor, wenn eine öffentlich-rechtliche Körperschaft eine private Reinigungsfirma mit der Durchführung von Reinigungsarbeiten betraut, die bisher von der Körperschaft eigenständig vorgenommen worden sind. 199 Die Besonderheit dieser Fallkonstellation besteht darin, daß die für einen Dienstleistungsbetrieb typischen Betriebsmittel, wie z.B. Kundenstamm, Firma, Rechtsbeziehungen zu Dritten etc., nicht bestehen. 2OO Eine übertragung individualisierender Betriebsmittel und damit ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB ist deshalb ausgeschlossen. 201 194 Däubler, Privatisierung S. 147; Frohner, BIStSozArbR 1978, 257, (258 f.); SchusterfBeckerle, NZA 1985,16, (17); sowie Nachweise in Fußnote 176. 195 Z.B.: LAG Berlin EzA Nr.15 zu § 613a BGB; LAG Hamm DB 1977, 296. 196 BAG EzA Nr. 5 zu § 613a BGB; BAG AP Nr. 13 zu § 613a BGB. 197 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitel 3 Teil B V. 198 Vgl. zur Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 613a BGB: Die Darstellung in Kapitel 3 Teil A III 1 a. 199 BAG AP Nr. 9, 5 zu § 1 KSchG 1969 - Betriebsbedingte Kündigung; Schusterf Beckerle, NZA 1985,16, (17). 200 So: Däubler, Privatisierung S. 148 f. 201 Die h.A. sieht in einem solchen Vorgehen eine Stillegungs- bzw. Rationalisierungsmaßnahme, so: BAG AP Nr. 9, 5 zu § 1 KSchG 1969 - Betriebsbedingte Kündigung;

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

a) Die Auffassung Däublers Dieses Ergebnis wird von Däubler als willkürlich abgelehnt. 202 Würde § 613a BGB auf die Privatisierung öffentlich-rechtlicher Dienstleistungen keine Anwendung finden, käme es zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Dienstleistungsbetrieben. 203 Hinzu komme, daß durch die Privatisierung der Dienstleistung die Arbeitsplätze derjenigen Arbeitnehmer gefährdet werden, die bisher mit der Durchführung der entsprechenden Dienstleistung betraut worden seien. Insofern erfordere gerade die gesetzgeberische Intention, den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse zu gewährleisten, die Heranziehung des § 613a BGB. 204

b) Stellungnahme Die Stellungnahme Däublers vermag nicht zu überzeugen. Eine willkürliche Ungleich behandlung zwischen privaten und öffentlichrechtlichen Dienstleistungsbetrieben liegt nicht vor. Wie bereits Frohner 2os ausgeführt hat, gehen Rechtsprechung und Literatur einheitlich von einer Betriebs-( teil- )stillegung aus, wenn ein Betriebsinhaber Produkte oder Dienstleistungen, die er bisher selbst hergestellt oder durchgeführt hat, sich aus Kostengrunden anderweitig beschafft. Wird lediglich die Funktion verlagert, geht nämlich der Betrieb nicht in seiner organisatorischen Einheit auf den Erwerber über, sondern er wird aufgelöst. Lediglich die von dem stillgelegten Betrieb ausgeübte Funktion bzw. Aufgabe bleibt insofern erhalten, als diese nunmehr von dem anderen Betrieb übernommen wird. 206 Für öffentlichrechtliche Dienstleistungen kann nichts anderes gelten, weshalb das BAG derartige Sachverhaltskonstellationen ausschließlich unter dem Aspekt der Betriebsstillegung gewürdigt hat. 207 Was die Schutzbedürftigkeit der bisher mit der Dienstleistung betrauten Angestellten betrifft, so entspricht es der h.A. in Rechtsprechung und Literatur, daß Stillegungen gerade nicht vom Regelungsbereich des § 613a BGB erfaßt werden. 2os Dies gilt um so mehr, als die Angestellten im öffentlichen Dienst gegenüber Rationalisierungsmaßnahmen Fangmann, AuR 1979. 126, (128); Frohner, BlStSozArbR 1978, 257, (258 f.); unklar: Göller, Anmerk. AP Nr. 5 zu § 1 KSchG 1969 - Betriebsbedingte Kündigung. 202 Däubler, Privatisierung S. 148 f.; i.E. ebenso: Posth, Probleme S. 75. 203 Däubler, Privatisierung S. 148 f. 204 Däubler, Privatisierung S. 149. 205 Frohner, BlStSozArbR 1978,257, (258 f.) m.w.N. 206 So: BAG ZiP 1985, 1348, (1350) = DB 1985,2409; LAG Frankfurt ARST 1985, 158. 207 Nachweise in Fußnote 201. 208 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil A III 3 c cc mit Nachweisen in Fußnote 78 sowie Darstellung'in Kapitell Teil A II 2 a bb bbb mit Nachweisen in Fußnote 25.

Teil A: Struktur und Auslegung

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tarifvertraglich geschützt werden. 209 Insofern fehlt es an einer Lücke im Bestands schutz der Arbeitsverhältnisse, die u.U. eine analoge Heranziehung des § 613a BGB erforderlich machen könnte. Es bleibt daher festzuhalten, daß die bloße Aufgabenübertragung im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Funktionsnachfolge nicht der Regelung des § 613a BGB unterfällt.2l°

Nachweise bei: Frohner, BlStSozArbR 1978, 257, (262). So auch: Griebeling, EWiR, § 613a BGB, 10/85 S. 853 f., der den Begriff der Funktionsnachfolge in Hinblick auf § 613a BGB insgesamt für zu unbestimmt hält. 209

210

TeilB

Besondere Probleme in Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang Der Vollzug des Betriebsübergangs durch einen oder mehrere Dritte

I. Einleitung Der Gesetzgeber erwähnt im Normtext des § 613a BGB lediglich den ,anderen Inhaber'. Aufgrund dessen kann § 613a BGB unmittelbar nicht entnommen werden, welche tatbestandlichen Anforderungen an den bzw. die übertragenden zu stellen sind. 211 Allerdings legt die Formulierung ,auf einen anderen Inhaber' die Vermutung nahe, daß der Gesetzgeber den Idealfall vor Augen hatte, daß der Veräußerer und der bisherige Betriebsinhaber identisch sind und deshalb der Betrieb gleichsam uno acto auf den Erwerber übergeht. 212 Dieser Idealfall liegt jedoch in der Realität regelmäßig nicht vor. Vielmehr können die dingliche Berechtigung am Betriebsvermögen einerseits und die Betriebsinhaberschaft andererseits auseinanderfallen und verschiedenen natürlichen oder juristischen Personen zustehen. 213 Häufig wird diese Situation bei sanierungsbedürftigen bzw. konkursreifen Betrieben bestehen, die ihr gesamtes Vermögen zur Sicherheit übereignet, abgetreten oder belastet haben, um die Betriebsfortführung aufrechterhalten zu können. 214 Angesichts der bestehenden Unklarheit über die Person des Veräußerers verwundert es nicht, daß sich zwei Fallgruppen herauskristalliert haben, bei 211 BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; LAG Berlin DB 1979,608; ArbG Berlin BB 1975, 1993; Bracker, Betriebsverfassung S. 37; Fischer, Betriebsübergang S. 50; Heinze, DB 1980, 205, (208); Kraft, FS. BAG (1979) 299, (306); Posth, Probleme S. 80 f.; MüKo/ Schaub, § 613a BGB Rdnr. 33; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 46; Sulzberger·Schmitt, übergang S. 73. 212 So: BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984, 12 Sa 100/83, (unter 3.1.1.; insoweit unveröffentlicht); LAG Hamm ZiP 1984,481, (482); Hadding/ Häuser, Anmerk. SAE 1978,54, (56 f.); dieselben, Anmerk. SAE 1979, 86, (87); Lüke, Anmerk. AP Nr. 24 zu § 613a BGB; a.A.: Kraft, FS BAG (1979) 299, (306), der darauf hinweist, daß diese Vorstellung im Gesetz keinen Niederschlag gefunden hat. 213 BAG DB 1985,2407, (2408); LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984,12 Sa 100/83 (unter 3.2.; insoweit unveröffentlicht); LAG Frankfurt BB 1983, 1535; LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985,305, (307); Backhaus, DB 1985,1131, (1132 f.); vgl. auch: Schaub, ZiP 1984, 272, (274). 214 Vgl. Darstellung: Henckel, ZiP 1980,2 ff.

Teil B: Fehlende Identität von Veräußerer und Inhaber

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denen aufgrund des Auseinanderfallens des bisherigen Inhabers und des übertragenden die Anwendbarkeit des § 613a BGB in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist. 1. Aufzählung der problematischen Fallgruppen

a) Fehlende Identität von Veräußerer und bisherigem Betriebsinhaber (Pächterfall)215 Verpachtet der Verpächter erstmals einen Betrieb oder wird nach Ablauf der Pachtzeit der Betrieb unmittelbar vom Erst- auf den Zweitpächter übertragen, unterfallen beide FallgestaItungen unbestrittenermaßen dem Regelungsbereich des § 613a BGB. 216 Wird allerdings der Betrieb nach Ablauf der Pachtzeit unmittelbar vom Verpächter auf den Zweitpächter übertragen, ohne daß der Verpächter zumindest kurzzeitig die Leitung des Betriebes an sich genommen hat 217 , so erscheint die Anwendbarkeit des § 613a BGB zweifelhaft. Denn der Betriebsübergang ist nicht von dem bisherigen Betriebsinhaber, sondern von dem Verpächter als dinglich Berechtigtem vollzogen worden. Folglich stellt sich bei den sog. ,Pächterfällen' die Frage, ob § 613a BGB die Identität des Veräußerers mit dem bisherigen Betriebsinhaber voraussetzt.

b) Mehrheit von Veräußerern (Bündel von RechtsgeschäftenJ218 Da im Wirtschafts- und Arbeitsleben der Betriebsinhaber regelmäßig nicht Alleineigentümer des Betriebsvermögens ist, sondern seine Nutzungsberechtigung an den Betriebsmitteln u.a. auch aus Anwartschaften, Leasing-, Pacht-, Miet- und Lizenzverträgen etc. ableitet 219 , muß der Erwerber eines Betriebes üblicherweise ein Bündel von Rechtsgeschäften 220 abschließen, um den Betriebsübergang herbeizuführen. Diese Fallgruppe stellt im Vergleich zu dem Pächterfall insofern eine Steigerung dar, als nicht nur Veräußerer und ehema215 Die Terminologie ist in Anschluß an die Entscheidung BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB gewählt worden. 216 Z.B.: Liessem, Betriebsverpachtung S. 42 ff.; Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2 c; MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 32; ders., ZiP 1984,272, (274 f.); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 46; Gleiches gilt für den Rückfall des Betriebes an den Verpächter, so: LAG Baden-Württemberg BB 1985, 123; ArbG Bamberg ARST 1975, 89; ArbG Wilhe1mshaven ARST 1982,94. 217 Bei diesen Fällen läge ein Betriebsübergang vom Erstpächter auf den Verpächter und alsdann ein Betriebsübergang vom Verpächter auf den Zweitpächter vor. 218 Vgl. zur Terminologie ,Bündel von Rechtsgeschäften': LAG Frankfurt ZiP 1982, 351. 219 LAG Berlin, Urt. v.13.2.1984, 12 Sa 100/82 (unter 3.1; insoweit unveröffentlicht); Backhaus, DB 1985, 1131, (1132). 220 LAG Frankfurt ZiP 1982,351 ff.; Backhaus, DB 1985, 1131 ff.

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

liger Betriebsinhaber auseinanderfallen, sondern dem Erwerber zusätzlich eine Vielzahl unterschiedlicher Veräußerer gegenüberstehen. Daraus ergibt sich die weiterführende Fragestellung, ob § 613a BGB voraussetzt, daß der Betriebsübergang durch einen einzigen übertragenden vollzogen wird oder auch bei einer Vielzahl von Veräußerern von dessen Anwendbarkeit auszugehen ist. 2. Zuordnung der Fragestellung zum Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang In Rechtsprechung221 und Literatur 222 wird der Schwerpunkt der Problematik überwiegend in der Frage gesehen, ob § 613a BGB ein unmittelbares Rechtsgeschäft zwischen den Betriebsinhabern voraussetzt. Konsequenterweise werden die angeführten Fallgruppen in Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal ,durch Rechtsgeschäft' erörtert. Diese Zuordnung des Problemschwerpunktes erscheint verfehlt. 223 Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft bezieht sich ausschließlich auf die Art und Weise, in der der Betriebsübergang vollzogen werden muß (= rechtsgeschäftlich). Da sich das Kriterium durch Rechtsgeschäft lediglich auf das Wie des Betriebsübergangs bezieht, ist ihm kein Anhaltspunkt in Bezug auf die Frage zu entnehmen, wer den Betriebsinhaberwechsel bewirken soll. Dies gilt vor allen Dingen deshalb, weil sowohl in dem Pächterfall durch den Abschluß des Pachtvertrages als auch bei einem Bündel von Rechtsgeschäften der Betriebsübergang auf einer vertraglichen Grundlage beruht. 224 Die Antwort auf die Frage, wer den Betriebsübergang vollziehen muß, läßt sich daher nur durch die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals ermitteln. 225

Z.B.: BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB. Z.B.: Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 46 m.w.N. 223 Bereits Nipperdey hat in NJW 1967,1985, (1990) darauf hingewiesen, daß der Begriff der Unmittelbarkeit selbst äußerst unbestimmt ist und deshalb häufig die Sicht auf den Kern des Problems verdeckt. 224 Vgl.: BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; LAG Frankfurt ZiP 1982,351 ff.; insoweit ist der Kritik von Meilicke, DB 1982, 1168 zuzustimmen. 225 Zu Recht sehen daher HaddingjHäuser, Anmerk. SAE 1978,54, (56 f.); Lüke, Anmerk. AP Nr. 24 zu § 613a BGB, Schwerdtner, EWiR § 613a BGB 9/85, S. 664; Soergelj Kraft, § 613a BGB Rdnr. 15.den Schwerpunkt der Problematik in der Frage, ob § 613a BGB die Identität des Verfügenden mit dem bisherigen Betriebsinhaber voraussetzt. 221

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Teil B: Fehlende Identität von Veräußerer und Inhaber

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II. Fallgrupp'~ 1: Fehlende Identität des Ubertragenden mit dem bisherigen Betriebsinhaber (Pächterfall) 1. Meinungsstand 226

a) Erforderlichkeit der Identität von Veräußerer und ehemaligem Betriebsinhaber Das LAG Baden-Württemberg in einer älteren Entscheidung 227 und ein Teil der Literatur 228 vertreten die Ansicht, daß die Anwendbarkeit des § 613a BGB die Identität des übertragenden mit dem bisherigen Betriebsinhaber voraussetzt. Dies folge bereits aus dem Wortlaut des § 613a BGB 229 sowie aus dem allgemeinen Betriebsbegriff. 230 Da die Existenz eines Betriebes i.S.d. allgemeinen Betriebsbegriffes das Vorhandensein eines Inhabers beinhalte, könne sich der Betriebsübergang nur zwischen den beiden Inhabern vollziehen. 231 Außerdem entspreche das Identitätserfordernis nicht nur der tatbestandlichen Struktur des § 613a BGB 232 , sondern ergebe sich zusätzlich aus § 613a 11 BGB. Die dort geregelte Weiterhaftung des ehemaligen Betriebsinhabers sei nur dann gerechfertigt, wenn dieser den Betriebsübergang herbeiführe. 233

b) Die schutzzweckorientierte Auslegung des § 613a BGB Demgegenüber sind nach Auffasung des BAG 234 und der überwiegenden Literaturansicht 235 die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 613a BGB 226 Teilweise ist in Erwägung gezogen worden. die Anwendbarkeit des § 613 a BG B in den Pächterfällen dadurch zu begründen, daß der Betrieb für eine logische Sekunde an den Verpächter zurückgefallen sei (ArbG Wuppertal OB 1979, 220; Meilicke, OB 1982,1168; Kraft, FS BAG (1979),299,306). Dieser Lösungsvorschlag ist jedoch auf Ablehnung gestoßen. Zum einen, weil der Verpächter zu keinem Zeitpunkt die tatsächliche Leitung über den Betrieb übernommen hat (so: MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 33; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 49; Liessem, Betriebsverpachung S. 49); zum anderen, weil der Verpächter, ohne jemals Betriebsinhaber gewesen zu sein der Haftung des § 613a II BGB unterliegen würde (so: Liessem, Betriebsverpachung S. 49). Oa im übrigen die Vertreter dieses Lösungsvorschlages dessen Tauglichkeit in Hinblick auf die Pächterfälle selbst offenlassen, soll dieser Vorschlag im folgenden außer Betracht bleiben. 227 LAG Baden-Württemberg BB 1976, 1607. 228 Hadding/Häuser, Anmerk. SAE 1978,54, (56); Lüke, Anmerk. AP Nr. 24 zu § 613a BGB; Roemheld, Anmerk. SAE 1981, 221; Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (567f.). 229 LAG Baden-Württemberg BB 1976, 1607: ,Hätte der Gesetzgeber gewollt, daß es nicht auf ein Rechtsgeschäft zwischen den beiden einanderfolgenden Inhabern ankommt, so hätte er dies ohne Zweifel durch eine entsprechende Wortwahl deutlich gemacht'. 230 Roemheld, Anmerk. SAE 1981,221. 231 Roemheld, ebenda. 232 Lüke, Anmerk. AP Nr. 24 zu § 613a BGB. 233 Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (567 f.).

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

selbst dann erfüllt, wenn Veräußerer und bisheriger Betriebsinhaber nicht identisch sind. Begründet wird diese Auffassung damit, daß das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft ausschließlich der Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge diene und aus diesem Grunde nach § 613a BGB kein unmittelbares Rechtsgeschäft zwischen den Betriebsinhabern erforderlich sei. 236 Außerdem befinde sich der Zweitpächter, der den Betrieb vom Verpächter übertragen bekommt, in derselben Situation wie ein Betriebskäufer. Aus diesem Grunde könne für die Betriebspacht nichts anderes gelten als für die Betriebsveräußerung. 237 Andernfalls bestünde in Hinblick auf den Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse eine empfindliche Lücke, die mit der ratio legis des § 613a BGB nicht zu vereinbaren sei. 238 2. Stellungnahme Die Frage, ob nach § 613a BGB erforderlich ist, daß der Betriebswechsel durch den bisherigen Inhaber vollzogen wird, läßt sich nur durch die Ausle-

234 BAG ZiP 1987, 734, (737); BAG NZA 1987,458; BAG AP Nr. 24 (noch offengelassen in Nr. 3, 4) zu § 613a BGB; ebenso: LAG Berli.n DB 1979,608; LAG Frankfurt ZiP 1982,351; LAG Hamburg DB 1986, 1576f.; LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985,305, (307); OLG Frankfurt AP Nr. 33 zu § 613a BGB; ArbG Berlin BB 1975, 1993; ArbG Lörrach DB 1977,501; ArbG Wuppertal DB 1979,220; begrenzt auf die Pächterfälle: LAG Hamm ZiP 1984,481 fL 235 Backhaus, DB 1985, 1131, (1133);Bauer, UnternehmensveräußerungS.37 ff.;ders., in Hölters S. 280 Rdnr. 28; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 489 unter b; Besgen, AiB 1986, 131, (133); Bracker, Betriebsverfassung S. 37; Fischer, Betriebsübergang S. 51 fL; Heinze, DB 1980,205, (208); Hohmann, NWB, Fach 26; 1885, (1886); Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf Rdnr. 567; Jauemig/Schlechtriem, § 613a BGB Anmerk. 2 b; Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 23; Kraft, FS BAG (1979) 299, (306); Liessem, Betriebsverpachtung S. 50 L; Meilicke, DB 1982,1168 L; Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2 c; Posth, Probleme S. 80 f.; MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 33; ders., Handbuch § 11811 3 S. 704; Schreiber, RdA 1982, 137, (142 f.); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 46; ders., EWiR §613aBGB, 5/87, S. 563f.; Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 15; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 63; Vollkommer, Anmerk. AP Nr. 19 zu § 613a BGB; i.E. ebenso: Hirschberg, ZfA 1982, 505, (560); Kreutz, ZfA 1977, 447, (490); Probst, Konkurs S. 68 L; eine analoge Anwendung des § 613a BGB befürwortet: Mayer-Maly, Anmerk. AP Nr. 4 zu § 613a BGB. 236 So: BAG AP Nr. 24 ,zu § 613a BGB; auf dieses Argument wird aus systematischen Gründen in Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft in Kapitel 3 Teil A 111 1 eingegangen. Es bleibt im folgenden unberücksichtigt. 237 So: LAG Berlin BB 1979,608; ArbG Berlin BB 1975, 1993; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 63 f.; vgl.: Hirschberg, ZfA 1982, 505, (560 f.), der darauf hinweist, daß es keinen Unterschied machen darf, ob der Verpächter nach Ende der Pachtzeit den Betrieb selbst weiterführt oder unmittelbar an den Zweitpächter weiterverpachtet; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 46, der geltend macht, daß es nicht gerecht sei, den Zweitpächter besser zu stellen, weil dieser keinen Vertrag mit seinem unmittelbaren Vorgänger abgeschlossen habe. 238 BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; LAG Berlin BB 1979,608; ArbG Berlin BB 1975, 1993; ArbG Lörrach DB 1977, 501; Fischer, Betriebsübergang S. 51; Kraft, FS BAG (1979) 299, (306);Posth, Probleme S. 80f.;MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 33.

Teil B: Fehlende Identität von Veräußerer und Inhaber

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gung des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang sowie aus dem Schutzzweck des § 613a BGB ermitteln.

a) Grammatikalische/historische Auslegung § 613a BGB erwähnt lediglich den anderen Inhaber als Erwerber der Betriebsmittel. Auch in den Gesetzgebungsmaterialien findet sich kein Hinweis darauf, daß sich der Gesetzgeber des Problems des Auseinanderfallens der Eigentümerstellung und Betriebsinhaberschaft bewußt gewesen ist. 239 Aus diesem Grunde wird der Wortlaut des § 613a BGB überwiegend als neutral bzw. interpretationsfähig angesehen. 24o Es scheint ein indifferentes Schweigen des Gesetzgebers vorzuliegen.

Allerdings hat die Auslegung des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang ergeben, daß § 613a BGB an den Erwerb der betrieblichen Fortführungsmöglichkeiten anknüpft, welche ihrerseits durch die übertragung bestimmter Betriebsmittel bedingt ist. 241 Entscheidend ist damit allein, daß das wesentliche betriebliche Substrat auf den Erwerber übertragen wird. Insofern steht für den Betriebsübergang ausschließlich der Erwerber im Vordergrund. Dies erscheint auch deshalb konsequent, weil er der Adressat der u.u. außerordentlich belastenden Anordnungen des § 613a BGB ist. Knüpft § 613a BGB somit schwerpunktmäßig auf den Rechtserwerb beim neuen Inhaber an, kann konsequenterweise die Person des Veräußerers keine Rolle spielen. 242 Der fehlende Hinweis auf die Person des Veräußerers im Normtext des

§ 613a BGB stellt unter diesen Voraussetzungen kein indifferentes, sondern

ein beredtes Schweigen dar. Der Gesetzgeber bringt damit zum Ausdruck, daß die Anwendbarkeit des § 613a BGB von der Person des übertragenden unabhängig ist.

b) Systematische Auslegung aa) Zum Vorwurf der Systemwidrigkeit

Lüke 243 und Schwerdtner 244 leiten das Erfordernis der Identität von Veräußerer und bisherigem Inhaber zum einen aus der Rechtsfolge des § 613a BGB (= übergang der Arbeitsverhältnisse) und zum anderen aus § 613a 11 BGB ab. Gerade der übergang der Arbeitsverhältnisse vom bisherigen Be239

240 241 242 243 244

Vgl.: BT/DS VI 1786, S. 59. Vgl.: Nachweise in Fußnote 211. Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil A IV 2 a. So: Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 18; Fischer, Betriebsübergang S. 52. Lüke, Anmerk. AP Nr. 24 zu § 613a BGB. Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (567 L).

6 Pietzko

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

triebsinhaber und dessen Weiterhaftung nach § 613a 11 BGB würden unter Beweis stellen, daß dieser den Betriebsübergang herbeiführen müsse. Jede andere Auslegung müsse als systemwidrig angesehen werden. Dieser Vorwurf der Systemwidrigkeit erweist sich als nicht überzeugend. Der übergang der Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB stellt lediglich eine Funktionsbeschreibung dar, auf welche Weise der Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse realisiert wird. Als bloßer Funktionsbeschreibung kann der Rechtsfolge des § 613a BGB jedoch kein Anhaltspunkt über die tatbestandlichen Voraussetzungen des Betriebsübergangs entnommen werden. Was die Regelung des § 613a BGB betrifft, so ist die Weiterhaftung des bisherigen Inhabers nicht deshalb angeordnet worden, weil dieser an der Vollziehung des Betriebsinhaberwechsels mitwirkt. Vielmehr will § 613a 11 BGB einer unbilligen Privilegierung des bisherigen Inhabers vorbeugen. 245 Gäbe es § 613a 11 BGB nicht, verlöre der bisherige Inhaber mit dem Betriebsübergang seine Arbeitgeberstellung und bräuchte z.B. für rückständige Löhne nicht zu haften. Dieses Ergebnis erscheint für solche Leistungen der Arbeitnehmer unbillig, die dem ehemaligen Arbeitgeber noch in seiner Eigenschaft als Betriebsinhaber zugute gekommen sind, und wird über § 613a 11 BGB korrigiert. 246 bb) Vergleich des § 613a BGB mit den §§ 25 HGB, 151 II VVG Aufschlußreicher erscheint in systematischer Hinsicht ein Vergleich des

§ 613a BGB mit den §§ 25 HGB, 151 11 VVG.

Sowohl § 15111 VVG als auch § 25 HGB setzen den übergang eines Betriebes auf einen anderen Inhaber voraus. 247 Außerdem ergibt sich aus dem Wortlaut beider Vorschriften, daß der Inhaberwechsel eine rechtsgeschäftliche Grundlage besitzen muß. Hinzu kommt, daß § 151 11 VVG den Schutz des neuen Betriebsinhabers 248 bezweckt, während § 25 HGB den Schutz der Gläubiger des bisherigen Inhabers gewährleisten will. 249 Insofern können bei245 Z.B.: MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 57; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 101; vgJ.: Schriftlichen Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT/DS VI 1786 S.67. 246 Nachweise in Fußnote 245. 247 Nach § 151 II VVG liegt ein Betriebsübergang dann vor, wenn sich die Identität des Inhabers ändert und nach außen sichtbar in Erscheinung tritt (dazu: BGH VersR 1966, 353, 354, AG Köln VersR 1981, 227; Johannsen, in Bruck/Möller/Johannsen, § 151 VVG Anmerk. D 36; Martin/Prölls, § 151 VVG Anmerk. 4). Der Erwerb eines Handelsgeschäftes, welches regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Betriebes erfüllen wird, ist dann gegeben, wenn das Handeslgeschäft durch einen anderen Inhaber tatsächlich fortgeführt wird (dazu: Baumbach/Duden/Hopt, § 25 HGB Anmerk. 1 D; GK/ Würdinger, § 25 HGB Anmerk. 5). Demgegenüber tritt das Erfordernis der Firrnenfortführung zusehends in den Hintergrund (so: Schmidt, NJW 1982, 1648); vgJ. dazu neuerdings: BGH NJW 1986,581. 248 BGH VersR 1966,353, (354); BGHZ 36, 44ff.;Johannsen, in Bruck/Möller/Johannsen, § 151 VVG,Anmerk. D30. 249 VgJ. dazu: Baumbach/Duden/Hopt, § 25 HGB Anmerk. 1 B.

Teil B: Fehlende Identität von Veräußerer und Inhaber

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de Normen als Schutz vorschriften charakterisiert werden. Vergleicht man die §§ 151 11 VVG, 25 HGB mit § 613a BGB, so ist festzustellen, daß es sich bei allen drei Normen um Schutzvorschriften handelt, die tatbestandlich zudem an nahezu identische Voraussetzungen anknüpfen. Aufgrund dieser Parallelität 250 ist es gerechtfertigt - ungeachtet der unterschiedlichen gesetzlichen Zuordnung der Vorschriften - die Auslegung des §§ 151 11 VVG, 25 HGB bezüglich der Reichweite des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang auf § 613a BGB zu übertragen. 25t Nach unbestrittener Auffassung liegt ein Betriebsübergang i.S.v. § 151 11 VVG selbst dann vor, wenn nicht der bisherige Inhaber (= Versicherungsneh. mer), sondern der Verpächter den Betrieb auf den Zweitpächter über· trägt. 252 In Hinblick auf § 25 HGB hat der BGH in seinem Urteil vom 16.l. 1984 253 dessen Anwendbarkeit auch bei einer Weiterverpachtung durch den Verpächter auf den Zweitpächter bejaht. Als Begründung hat der BGH darauf hingewiesen, daß es mit dem Sinn und Zweck des § 25 HGB unvereinbar sei danach zu differenzieren, ob sich die Aufeinanderfolge der Unternehmensträger unmittelbar oder nur mittelbar über einen Zwischenerwerber hinweg vollziehe. 254 Kommt es somit für die § § 151 11 VVG, 25 HGB nicht auf die Identität des Veräußerers mit dem bisherigen Betriebsinhaber an, kann für § 613a BGB nichts anderes gelten.

c) Teleologische Auslegung § 613a BGB dient dem umfassenden Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse anläßlich eines Betriebsübergangs. 255 Würde § 613a BGB bei einer unmittelbaren Weiterverpachtung durch den Verpächter keine Anwendung finden, wäre der soziale Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse lückenhaft. 256 Obwohl für die betroffenen Arbeitnehmer zwischen der Betriebsveräußerung bzw. der Erst- und Zweitverpachtung kein Unterschied besteht 257 , stünde im letzteren Fall die übernahme der Arbeitsverhältnisse im Belieben des Zweit· 250 § 151 11 VVG wird deshalb u.a. auch als ein gesetzgeberisches Vorbild für § 613a BGB angesehen, vgl. dazu: Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 31 m.w.N. 251 So für § 151 11 VVG: Heinze, OB 1980,205, (208); a.A.: Lüke, Anmerk. AP Nr. 24 zu § 613a BGB. 252 Statt vieler: BGH VersR 1953, 102; LG Ansbach VersR 1961,588; LG Oarmstadt MOR 1965,211; AG Neumarkt VersR 1967, 772;johannsen, in Bruck/Möller/Johannsen § 151 VVG Anmerk. 0 36 m.w.N.; Martin/Prölls § 151 VVG Anmerk. 4 m.w.N. 253 BGH WM 1984,474. 254 BGH, ebenda. 255 Nachweise in Fußnote 156. 256 BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; LAG Berlin OB 1979, 608; Probst, Konkurs S. 68. 257 LAG Berlin OB 1979,608; ArbG Berlin BB 1975, 1993; Sulzberger·Schmitt, über· gang S. 73.

6*

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

pächters. Abgesehen davon, daß ein solches Ergebnis der ratio legis des § 613a BGB widerspricht, würde auf diese Weise die Möglichkeit geschaffen, § 613a BGB durch Scheinverpachtungen zu umgehen, was im Interesse eines umfassenden Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse zu verhindern ist. 258

d) Ergebnis Somit ergibt die grammatikalische, systematische und teleologische Ausle· gung, daß die Anwendbarkeit des § 613a BGB keine Identität des Veräußerers mit dem bisherigen Betriebsinhaber voraussetzt.

In. Fallgruppe 2: Mehrheit von Veräußerem (Bündel von Rechtsgeschäften) Zu klären bleibt deshalb nur noch, ob das Vorliegen eines Betriebsübergangs dann verneint werden muß, wenn der Betriebsinhaberwechsel durch eine Vielzahl von Veräußerern vollzogen worden ist. Die Anwendbarkeit des § 613a BGB bei einer derartigen Fallkonstellation ist umstritten. Das LAG Hamm 259 und ein Teil der Literatur 260 befürworten eine restriktive Auslegung des § 613a BGB und lehnen eine Ausweitung der Grundsätze aus der Pächterfall-Entscheidung ab. Im Gegensatz dazu knüpfen das BAG261 , der BGH262 sowie die r.lehrzahl der Landesarbeitsgerichte 263 an eine wirtschaftliche Betrachtungsweise an. 264 Die Anwendbarkeit des § 613a In diesem Sinne: BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; Fischer, Betriebsübergang S. 52. LAG Hamm ZiP 1984,481 ff.; ebenso: LAG Hamm, Urt. v. 17.11.1983,10 Sa 1278/83 (unveröffentlicht); a.A. allerdings: LAG Hamm BB 1985, 1915 sowie LAG Hamm DB 1979, 1365, (1366). 260 Bauer, Unternehmensveräußerung S. 30; ders., in Hölters S. 280 Rdnr. 26; Meilicke, DB 1982, 1168, (1169 in Fußn. 6 a); Weber, BB 1983, 1536; i.E. ebenso: Schaub, ZiP 1984,272, (274 l.Sp.). 261 BAG BB 1987, 1604, (1605); BAG NZA 1987,458; BAG DB 1985,2407 f. = ZiP 1985,1343 ff.: BAG ZiP 1986,388, (391 f.); BAG DB 1985,2459, (2460); BAG DB 1985,2409, (2410); BAG ZiP 1986, 1001 (1003); bereits vorher: BAG DB 1981, 1140; Kritisch gegenüber der Rechtsprechung des BAG; Birk, EWiR § 613a BGB, 1/87, S. 33, (34). 262 BGH ZiP 1985, 1156. 263 LAG Baden-Württemberg BB 1985,123, (124), LAG Baden·Württemberg ZiP 1984, 1402; LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984, 12 Sa 100/83 (unter 3.1., insoweit unveröffentlicht); LAG Berlin ARST 1981, 15; LAG Düsseldorf ZiP 1984, 745, (746); LAG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.1982, 14 Sa 1413/81 (unveröffentlicht); LAG Frankfurt BB 1983, 1535; LAG Frankfurt ZiP 1982,351 ff.; LAG Hamm BB 1985, 1915; LAG Hamm DB 1979, 1365 f.; LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985, 305, (307); sowie: LSG NW ZiP 1984, 215, (216); einschränkend: LAG Nürnberg ARST 1981, 111. 264 Ebenso: Backhaus, DB 1985, 1131, (1133 L); Beisel/Klumpp, Unternehmens kauf Rdnr. 489 unter a;Everhardt, BB 1976, 1611, (1613); Griebeling, EWiR § 613a BGB, 11/ 258

259

Teil B: Fehlende Identität von Veräußerer und Inhaber

55

BGB wird bei einer Vielzahl von Veräußerern dann bejaht, wenn die Kette oder das Bündel der übertragungsakte auf den übergang eines funktionsfähigen Betriebes gerichtet sind. 265 1. Die restriktive Auslegung des § 6I3a BGB

Die Befürworter einer restriktiven Auslegung des § 6I3a BGB begründen die Unanwendbarkeit des § 6I3a BGB im wesentlichen mit drei Argumenten:

a) Fehlende Kredz"tmäglichkeit für sanierungsbedürftige Betriebe Das LAG Hamm befürchtet, daß die Kreditgeber eines sanierungsbedürftigen Betriebes bei der Verwertung der zur Sicherheit übertragenen Betriebsmittel wegen des möglichen Eingreifens des § 6I3a BGB finanzielle Einbußen hinnehmen müssen und deshalb von einer weiteren Kreditierung Abstand nehmen. Die Rechtsfolgen des § 6I3a BGB würden auf diese Weise die Sanierung notleidender Betriebe verhindern und dadurch dem Interesse an der Arbeitsplatzerhaltung entgegenwirken. 266

b) Entsprechende Heranziehung des Grundsatzes ,nemo plus juris transferre potest quam ipse habet' Weber 267 weist darauf hin, daß die jeweils dinglich Berechtigten ausschließlich die Nutzungsberechtigung an den einzelnen Betriebsmitteln, auf keinen Fall jedoch einen funktionsfähigen Betrieb übertragen könnten. Dies sei vielmehr dem bisherigen Inhaber vorbehalten. c) Gefahr einer unzuliissigen Ausdehnung des § 613a BGB Bauer 268 und Meilicke 269 halten es schließlich für unzumutbar, daß der Erwerber von Einzelgegenständen aus verschiedenen Quellen nur deshalb mit dem übergang der Arbeitsverhältnisse rechnen muß, weil die Gegenstände 85 S. 855 f.; Groß, Fortführungsgesellschaft S. 272; Häuser, Anmerk. SAE 1986,31, (32); v. Hoyningen-Huene, Anmerk. AP Nr. 41 zu § 613a BGB; Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 18; Lauer, InfStW (1983) 58, (59); Mohrbutter, KTS 1983,1, (8 f.); Loritz, RdA 1987,65, (72); Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2 c; Schaub, Handbuch § 118 II 3 S. 703; Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 9/85 S. 664; v. Stebut, DB 1975,2438, (2439); Willemsen, EWiR § 613a BGB, 1/85 S. 148. 265 BAG in Fußnote 261. 266 LAG Hamm ZiP 1984,481, (483). 267 Weber, BB 1983,1536, (1537). 268 Bauer, Unternehmensveräußerung S. 30; ders., in Hölters S. 280 Rdnr. 26. 269 Meilicke, DB 1982, 1168, (1169 in Fußnote 6 a).

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

früher einmal dem Betrieb gedient haben. Eine solche Rechtsunsicherheit könne nicht akzeptiert werden. 2. Kritik an der restriktiven Auslegung des § 613a BGB Faßt man den Grundtenor der angeführten Argumente zusammen, so wenden sich diese insgesamt gegen die Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Abgrenzung des Betriebsübergangs von der Veräußerung einer Sachgesamtheit. Wegen der nicht absehbaren, nachteiligen Konsequenzen soll eine unzulässige Ausdehnung des § 613a BGB auf die Veräußerung von Sachgesamtheiten vermieden werden. Einer solchen Gefahr kann jedoch, wie die Entwicklung der Stufenleiter des Betriebsübergangs gezeigt hat,270 durch eine sachgerechte Auslegung des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang begegnet werden. Bestehende Abgrenzungsschwierigkeiten rechtfertigen es allerdings nicht, von der Heranziehung der in Rede stehenden Norm prinzipiell Abstand zu nehmen. Bereits aus diesem Grunde erweist sich die dargestellte Argumentation als nicht stichhaltig. Im einzelnen ist der restriktiven Auslegung des §613a BGB folgendes entgegenzuhalten:

a) Unvermeidbarkeit möglicher Nachteile Es erscheint zunächst einmal zweifelhaft, ob die Kreditgeber bei der Vergabe von Krediten die Risiken bzw. Bedingungen in Bezug auf die zukünftige Verwertung der angebotenen Sicherheiten einkalkulieren können bzw. wollen. 271 üblicherweise wird ein Kredit gewährt, um auf diese Weise den sanierungsbedürftigen Betrieb am Leben zu erhalten. Die Kreditinstitute vertrauen deshalb in erster Linie darauf, daß die Rückzahlung aus den Erträgen der Betriebsfortführung erfolgt. Die für die Zukunft schwerlich im voraus zu bestimmende Verwertbarkeit der übertragenen Sicherheiten dürfte daher regelmäßig an Bedeutung gegenüber den Erfolgaussichten der Betriebssanierung zurückstehen. Doch selbst, wenn man die befürchteten Schwierigkeiten bei der Verwertung der Sicherheiten als zutreffend unterstellt, lassen sich die daraus ggf. resultierenden Nachteile nicht über die Unanwendbarkeit des § 613a BGB beseitigen. Die Veräußerung der gesamten zur Sicherheit übertragenen Betriebsmittel durch den Kreditgeber wird häufig den Tatbestand der Vermögensübernahme i.S.v. § 419 BGB erfüllen. Infolgedessen würde zumindest § 419 BGB sich als Verwertungshindernis auswirken.

270

271

Vgl.: Darstellung in Kapitell Teil A IV 3 d. So: BAG DB 1985,2407, (2408).

Teil B: Fehlende Identität von Veräußerer und Inhaber

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b) Identität der Ubertragungsakte bei einem Betriebsübergang durch einen bzw. mehrere Veräußerer Ebensowenig vennag der Einwand Webers zu überzeugen, daß die unter· schiedlichen Veräußerer lediglich das Eigentum an den einzelnen Betriebs· mitteln, nicht jedoch den funktionsfähigen Betrieb als solchen übertragen können. Dem deutschen Sachenrecht ist eine rechtsgeschäftliche Gesamtrechtsnachfolge - außerhalb des Gesellschaftsrechts 272 - unbekannt. 273 Dies hat zur Folge, daß ein Betrieb nicht uno acto auf einen anderen Inhaber übertragen werden kann. Vielmehr erfordert der sachenrechtliche Spezialitätsgrundsatz, selbst wenn der Betriebsinhaber Alleineigentümer ist, daß die Berechtigung an jedem Einzelgegenstand getrennt auf den Erwerber zu übertragen ist. 274 Der Betriebsinhaber handelt in einem solchen Fall deshalb nicht als ein Gesamtveräußerer, sondern tritt rechtlich gegenüber dem Erwerber als eine Vielzahl Einzelberechtigter auf. Die Tatsache, daß dem Erwerber faktisch nur ein einziger Veräußerer gegenübersteht, wenn der Betriebsinhaber Alleineigentümer ist, stellt lediglich eine Erleichterung der Vertragsgestaltung dar. Eine Änderung des Spezialitätengrundsatzes tritt durch diese faktische Besonderheit nicht ein. Folglich besteht zwischen einer Betriebsveräußerung durch einen einzigen bzw. durch mehrere übertragende bei rechtlicher Betrachtungsweise kein Unterschied. Eine Differenzierung zwischen beiden Fallkonstellationen ist deshalb unzulässig.

c) Entsprechende Heranziehung der Rechtsprechung zu § 419 BGB zur Vermeidung einer unzuliissigen Ausdehnung des § 613a BGB Was die Möglichkeit einer unzulässigen Ausdehnung des § 613a BGB auf einen sukzessiven Erwerb der Betriebsmittel im Rahmen einer Betriebsneugründung betrifft, soll dieser Gefahr in Anlehnung an § 419 BGB begegnet werden. 275

Vgl. dazu: Darstellung in Kapitel 3 Teil A 111 1 c bb. So: LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984,12 Sa 100/83 (unter 3.2.; insoweit unveröffentlicht); LAG Diisseldorf, Urt. v. 25.2.1982, 14 Sa 1413/81 (unveröffentlicht); Bauer, in Hölters S. 278 Rdnr. 23; Backhaus, DB 1985, 1131, (1133); Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975,305, (306); Schaub, Handbuch § 118 11 4 S. 705. 274 Bauer, SachenR § 28 11 S. 267;]auemigjVoUkommer, § 433 BGB Anmerk. 5 c; Richardi, RdA 1976,56, (57); MüKojSchaub, § 613a BGB Rdnr. 27; ders., Handbuch § 118 11 4 S. 705; ders., ArbRdGgw 18 (1981) 71, (74). . 275 So: BAG DB 1985, 2407, (2408): ,Der Senat befindet sich mit dieser Auffassung auch in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH zur Haftung des Vermögensübernehmers durch § 419 BGB'; ebenso: BAG ZiP 1986, 1001, (1003); bereits vorher i.d.S.: Everhardt, BB 1976, 1611, (1613). 272

273

58

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

Der BGH in st. Rechtsprechung 276 und die überwiegende Literaturansicht 277 gehen auch dann von einer Vermögensübernahme i.S.v. § 419 BGB aus, wenn zwischen den einzelnen übertragungsakten ein zeitlicher und sachlicher Zusammenhang besteht und sie insgesamt auf eine einheitliche Vermögensübernahme hinauslaufen. Diese Rechtsprechung läßt sich auf § 613a BGB übertragen. Als zusätzliches Kriterium bei einer Vielzahl von Veräußerern ist deshalb zu fordern, daß die jeweiligen Rechtsgeschäfte auf den übergang eines funktionsfähigen Betriebes abzielen. 278 Somit erweist sich die Begründung für die restriktive Auslegung des § 613a BGB insgesamt als nicht stichhaltig. 3. Argumentation für die wirtschaftliche Betrachtungsweise

a) Ubertragbarkeit der Ergebnisse aus der Pächterfall-Entscheidung Bei der sog. "Pächterfall-Entscheidung" ist das Erfordernis einer Identität von Veräußerer und Betriebsinhaber u.a. deshalb verneint worden, weil das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang ausschließlich auf den Erwerb der betrieblichen Fortführungsmöglichkeiten beim neuen Inhaber abstellt. 279 Diese Begründung läßt ebenfalls Rückschlüsse auf das Problem einer Vielzahl von Veräußerern zu. Denn steht für § 613a BGB allein die übertragung der betrieblichen Leitungsmacht im Vordergrund, so kann es weder von Bedeutung sein, wer noch wieviele Personen als Veräußerer an dem Vollzug des Betriebsübergangs mitwirken.

b) Konsequenzen aus dem Schutzzweck des § 613a BGB Des weiteren spricht der Schutzzweck des § 613a BGB für dessen Anwendbarkeit bei einer Vielzahl von Veräußerern. Würde der Vollzug des Betriebsübergangs aus dem Regelungsbereich des § 613a BGB ausgeschlossen, hätte dies eine innere Aushöhlung des § 613a BGB zur Folge. Da im heutigen Wirtschaftsleben erfahrungsgemäß der Betriebsinhaber nicht Alleineigentümer aller Betriebsmittel ist, würde § 613a BGB die Mehrzahl aller Betriebsübergänge nicht erfassen 280 und quasi zu einer leeren Hülle denaturieren. Ein solches 276 BGH NJW 1985, 1331; BGH NJW 1978, 1520; BGH NJW 1971,422; BGH WM 1968,1405; BGH WM 1962,94. 277 Jauemig/Stümer, § 419 BGB Rdnr. 3 c; MüKo/Möschel, § 419 BGB Rdnr. 35; Palandt/Heinrichs, § 419 BGB Anmerk. 3 b. 278 So: BAG DB 1985, 2407 f.; BAG ZiP 1986, 1001, (1003); LE. ebenso: Beisel/ Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 489 unter a; Kritisch dazu: Willemsen, ZiP 1986,477, (485). 279 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil B Il 2 a. 280 BAG DB 1985,2407, (2408); Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 9/85 S.664.

Teil B: Fehlende Identität von Veräußerer und Inhaber

59

Ergebnis läßt sich mit der gesetzgeberischen Intention eines umfassenden Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse nicht in Einklang bringen. Außerdem bestünde eine einfache Möglichkeit, die Rechtsfolgen des § 613a BGB durch eine Zerspliterung des Betriebsvermögens auf Strohmänner und eine nachfolgende einheitliche übertragung auf den eigentlichen Erwerber zu vermeiden. 281 Diesen Nachteilen bzw. Umgehungsmöglichkeiten kann wirksam nur durch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise der erfolgten übertragungsakte begegnet werden, so daß der h.A. 282 in Rechtsprechung und Literatur zuzustimmen ist.

c) Ergebnis § 613a BGB findet auch dann Anwendung, wenn der Betriebsübergang durch eine Vielzahl von Veräußerern vollzogen wird, sofern die einzelnen übertragungsakte bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise auf die übernahme eines funktionsfähigen Betriebes abzielen.

281 BAG DB 1985,2407, (2408); BAG ZiP 1986,388, (392); Everhardt, BB 1976, 1611, (1613); Mohrbutter, KTS 1983, 1, (9). 282 Nachweise in Fußnoten 261-264.

Teile

Die Betriebsstillegung als möglicher Umgehungstatbestand des § 613a BGB I. Darstellung der Problematik 1. Die tatbestandliche Alternativität zwischen Betriebsstillegung und Betriebsinhaberwechsel In Rechtsprechung283 und Literatur 284 ist allgemein anerkannt, daß eine rechtswirksame Betriebsstillegung die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Produktionsgemeinschaft voraussetzt. Ist die Produktionsgemeinschaft aufgelöst, scheidet die Anwendbarkeit des § 613a BGB auf die Veräußerung eines stillgeelgten Betriebes deshalb aus, weil ein Eintritt des Erwerbers in einen funktionierenden, bestehenden Betrieb nicht möglich ist. Die Veräußerung eines stillgelegten Betriebes stellt damit lediglich die übertragung einer Sachgesamtheit dar. 285 Dies gilt selbst dann, wenn der Erwerber der Betriebsmittel ehemalige Mitglieder des stillgelegten Betriebes erneut einstellt; in diesem Fall übernimmt der Erwerber keinen bestehenden, sondern er gründet einen neuen, eigenen Betrieb. 286 Betriebsstillegung 283 BAG ZiP 1987, 1072, (1073); BAG ZiP 734, (735); BAG ZiP 731, (733); BAG NZA 1987, 458;BAG ZiP 1986, 1595, (1598); BAG DB 1983,503; BAG DB 1983,2635; BAG AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969; BAG AP Nr. 15,8 zu § 13 KSchG; LAG Berlin DB 1979, 1608f.; LAG Hamm ZiP 1984, 1270; bereits früher: RAG ARS 4, 71, (72); RAG ARS 6,411, (414); RAG ARS 9, 21, (22); RAG ARS 9, 502, (503); RAG ARS 10, 183, (184 f.); RAG ARS 13,443, (444 f.); RAG ARS 14,289, (290); RAG ARS 26, 52. 284 Dietz/Richardi, § 111 BetrVG'72 Rdnr. 26 m.w.N.; GK/Etzel, § 15 KSchG Rdnr. 79; Fitting/Auffarth/Kaiser, § 111 BetrVG'72 Rdnr. 13; Galperin/Löwisch, § 103 BetrVG'72 Rdnr. 50; § 106 BetrVG'72 Rdnr. 54; Gnade/Kehrmann/Schneider/Blanke, § 111 BetrVG'72 Rdnr. 13; Herschel/Löwisch, § 15 KSchG Rdnr. 44; Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (261); Hueck, § 15 KSchG Rdnr. 67; ders., FS BAG (1979) 243, (268); NeumannDuesberg, AR.-BI. Betrieb III B I a; Hueck/Nipperdey, II/2, § 74 C I 2 a S. 1474; Rohlfing/Rewolle/Bader, § 15 KSchG Rdnr. 9; Windbichler, Anmerk. SAE 1984,145, (146). 285 Nachweise auf die Rechtsprechung in Fußnote 2, außerdem: Bauer, Unternehmensveräußerung S. 32, 100; Fitting/Auffarth/Kaiser, § 111 BetrVG'72 Rdnr. 19; Herschel/ Löwisch, § 15 KSchG Rdnr. 49; Hueck, § 15 KSchG Rdnr. 68 a; Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (263); Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 21 f.; Schaub, Handbuch § 118 II 1 S. 703; ders., ArbRdGgw 18 (1981) 71, (75), Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 55 f. 286 BAG AP Nr. 4 zu § 613a BGB, LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; Bürger/ Oehmann/Stübig, Betriebsübergang S. 2; Groß, Fortführungsgesellschaft S. 271; Kuhn/ Uhlenbruck (10. A.), § 1 KO Rdnr. 80 q; Lauer, nfStW (1983) 58 f.; Schaub, Handbuch § 118 II 3 S. 704; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 55; Wiedemann/Willemsen, RdA 1979, 418, (421); Griebeling, EWiR § 613a BGB, 11/85 S. 856: ,Wer die Trümmer einsammelt, erwirbt keinen Betrieb'; vgl. auch: Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 22,

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

61

und Betriebsinhaberwechsel schließen sich folglich gegenseitig aus 287 und stehen demnach zueinander im Verhältnis tatbestandlicher Altemativität. 288

2. Die Gefahr der Umgehung des § 613a BGB durch sog. "Scheinstillegungen"

Aufgrund dieses tatbestandlichen Alternativverhältnisses von Betriebsstillegung und Betriebsübergang ist in der Literatur289 vermehrt darauf hingewiesen worden, daß sich die Betriebsstillegung zu einem Einfallstor zur Umgehung des § 613a BGB entwickeln könnte. Ein Interesse an einer solchen Umgehung des § 613a BGB besitzen - worauf Uhlenbruck 290 bereits frühzeitig aufmerksam gemacht hat - vornehmlich konkurs reife Betriebe, für die eine Stillegung u.U. ein kostengünstiges Sanierungskonzept darstellt. Da der Erwerber eines in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Betriebes regelmäßig nicht daran interessiert ist, den Betrieb mit einem ,personellen Wasserkopf'291 zu übernehmen, würde die kurzfristige Vorschaltung einer Scheinstillegung eine beliebige Reduzierung der Belegschaft ermöglichen. 292 Die Tatsache, daß als Preis für eine Umgehung des § 613a BGB ggf. die Zahlung von Sozialplanabfindungen in Kauf genommen werden muß, wird häufig nicht als Hindernis empfunden, da gerade in massearmen Konkursen das Vermögen des Gemeinschuldners nicht ausreicht, die Sozialplanansprüche der Arbeitnehmer in angemessenem Umfang zu befriedigen. 293 Daß diese Flucht vor einer Umgehung des § 613a BGB begründet ist, die die Unanwendbarkeit des § 613a BGB wirtschaftlich begründen. Dem Erwerber solle nicht zugemutet werden, zusätzlich zur Ubernahme eines wirtschaftlich angeschlagenen Betriebes noch für die Altersverbindlichkeiten einstehen zu müssen; für eine derartige Interpretation des § 613a BGB liegt jedoch kein Anhaltspunkt vor. 287 Ausdrücklich: BAG AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969 mit zust. Anmerk. Meisel, ebenso: BAG DB 1985,2407, (2409); Griebeling, EWiR § 613a BGB, 11/85 S. 856; Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 14/85, S. 862; Wickler, Arbeitgeberkündigung und Betriebsinhaberwechsel, S. 142 f. 288 In diesem Sinne: Tschöpe, Widerspruch S. 99 ff. 289 Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 187; Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 45; Derle· der, AuR 1976, 125, (136); Däubler, ArbR II S. 360; Ehlers, Der Arbeitgeber 1984, 196; Everhardt, BB 1976,1611, (1613); Frohner, BlStSozArbR 1978,257, (258); Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (262); Henckel, ZGR 1984, 225, (237 f.); Heinze, DB 1980,205, (211); Käppler, Anmerk. EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 20 L; Kehrmann, MitbestGspr. 1975,88, (89); Metzke, AuR 1986, 78, (79 f.); OberhoJer, BR 1977,303, (311 ff.);Probst, Konkurs. S. 73 L; Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (571); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 55; ders., Anmerk. AP Nr. 5 zu § 613a BGB. 290 Uhlenbruck, Die GmbH und Co KG in der Krise, S. 299. 291 Vgl. Darstellung: BAG EzA Nr. 34 zu § 613a BGB (unter V 2); Loritz, RdA 1987, 65, (70). 292 Probst, Konkurs S. 74. 293 So: LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984, 12 Sa 100/83 (unter 4.3.6.; insoweit unveröf· fentlicht); Loritz, RdA 1987, 65, (70); Käppler, Anmerk. EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; Probst, Konkurs S. 74.

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

belegen Beispiele aus der Rechtsprechung, bei denen der Verdacht der Umgehung des § 613a BGB nahegelegen hat 294 bzw. vom zuständigen Gericht selbst in Erwägung gezogen worden ist. 295 3_ Einteilung der möglichen Umgehungstatbestände in zwei Fallgruppen Da derartige Praktiken der gesetzgeberischen Intention und dem zwingenden Charakter 296 des § 613a BGB zuwiderlaufen, ist es erforderlich, einer Umgehung des § 613a BGB durch sachgerechte Abgrenzungskriterien entgegenzuwirken. Dieses Ziel läßt sich nur dann realisieren, wenn man berücksichtigt, daß eine Betriebsstillegung in tatsächlicher Hinsicht in zwei Phasen verläuft:

a) Die Liquidationsphase Die Liquidationsphase ist dadurch gekennzeichnet, daß mit dem planmäßigen Abbau von Personal und Betriebsmitteln zwar begonnen, allerdings die Verfolgung des Betriebszweckes noch nicht vollständig eingestellt worden ist. 297 Dies kommt insbesondere dadurch zum Ausdruck, daß mit einer (Rest-)Belegschaft noch nicht erfüllte Aufträge abgewickelt werden. 298 Der ursprüngliche Betriebszweck wird somit - wenn auch ggf. in erheblich reduziertem Umfang - noch weiterverfolgt. 299 Außerdem werden in dieser Phase die Stillegungskündigungen zum voraussichtlichen Stillegungszeitpunkt vom Arbeitgeber ausgesprochen.

b) Die Phase nach Eintritt des effektiven Stillstandes 3°O Demgegenüber ist die Phase des effektiven Stillstandes dadurch charakterisiert, daß die Verfolgung des ursprünglichen Betriebszweckes vollständig aufgegeben worden ist, d.h. der Betrieb tatsächlich stillsteht bzw. eingestellt wor294 LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB mit abI. Anmerk. Käppler; LAG Schleswig-Holstein DB 1978,1406 mit abI. Hinweis: Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 55. 295 BAG ZiP 1985, 698 Cf.; LAG Berlin DB 1984, 1404; LAG Berlin ZiP 1983, 1116; LAG Hamm ZiP 1984, 1270; ArbG Hamm ZiP 1980, 1133, vgl.: BAG DB 1980, 1601 f. 296 Nachweise in Fußnote 174. 297 Vgl.: BAG AP Nr. 4 zu § 613a BGB; LAG Berlin DB 1984, 1404; LAG Berlin ZiP 1983,1116 f.; LAG Berlin DB 1979,608; LAG Bremen AP Nr. 30 zu § 613a BGB; LAG Schleswig-Holstein DB 1978, 1406. 295 Vgl.: BAG DB 1983,2635; BAG DB 1983,503; BAG AP Nr. 15 zu § 13 KSchG; LAG Berlin DB, 1979, 1608 f.; RAG ARS 26, 297, (300); RAG ARS 14,489, (491). 299 BAG DB 1983, 504, (505). 300 Vgl.: BAG DB 1980, 1601; LAG Hamm ZiP 1984, 1270 ff.; LAG Hamm ZiP 1984, 481 ff.; LAG Ramm DB 1979, 1365 f.; LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; ArbG Hamm ZiP 1980, 1133.

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

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den ist. In der Regel wird dieser Zeitpunkt mit dem in den Stillegungskündigungen genannten Datum der voraussichtlichen Stillegung übereinstimmen. Zwar werden häufig noch Aufräum- und Wartungsarbeiten durchgeführt, diese Tätigkeiten stehen der Annahme eines effektiven Stillstandes jedoch nicht entgegen, da darin keine Weiterführung bzw. keine Wiederaufnahme des ursprünglichen Betriebszweckes zu sehen ist. 301 Für jede der beiden Phasen ist getrennt zu untersuchen, ab wann und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Anwendbarkeit des § 613a BGB wegen der vorausgegangenen Stillegungsmaßnahmen ausgeschlossen ist.

ll. Die Anwendbarkeit des

§ 613a BGB während der Liquidationsphase 1. Existenz eines Betriebes i.S.d. allgemeinen Betriebsbegriffes Während der Liquidationsphase sind zwar die einzelnen Maßnahmen zur Betriebsstillegung eingeleitet, jedoch noch nicht vollständig durchgeführt wor worden. Der Betrieb befindet sich gleichsam erst auf dem Weg zur Stillegung. Da der Arbeitgeber zusammen mit den noch vorhandenen Arbeitnehmern und Betriebsmitteln die ursprüngliche Tätigkeit (ggf. reduziert) aufrechterhält, liegt - wie das BAG selbst ausgeführt hat 302 - definitions gemäß ein Betrieb i.S.d. allgemeinen Betriebsbegriffes vor. In der Literatur wird deshalb auch zu Recht vom Vorliegen eines Liquidationsbetriebes gesprochen. 303 Diese Feststellung wird durch den Begriff der Betriebsstillegung bestätigt. Eine rechtswirksame Betriebsstillegung liegt nach der h.A. dann vor, wenn die Betriebsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern aufgelöst wird und ihren sichtbaren Ausdruck darin findet, daß der Unternehmer die Erzeugung von Sachwerten in der ernsthaften Absicht einstellt, die Weiterverfolgung des bisherigen Betriebszieles dauernd oder für eine der Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeit aufzugeben. 304 An eine rechtswirksame Betriebsstillegung sind folglich kumulativ zwei Anforderungen zu stellen: 304a 301 BAG AP Nr. 8 zu § 13 KSchG; LAG Hamm ZiP 1984, 1270 f.; RAG ARS 13, 139, (143); zu den weiteren Anzeichen einer Betriebsstillegung: Loritz, RdA 1987,65, (71). 302 BAG DB 1983,503, (505), i.E. ebenso: BAG NZA 1985, 393, (394 unter 2a). 303 Windbichler, Anmerk. SAE 1984, 145, (146). 304 So die Grundsatzentscheidungen: RGZ 113, 87, (89); RG JW 1928 II S. 1933 f.; diese Definition ist in der Folgezeit von RAG und BAG ohne inhaltliche Änderung übernommen worden und wird in der Literatur nahezu ausnahmslos anerkannt; einschränkend: Neumann-Duesberg, AR.-Bl. Betrieb III B I la, der darauf hinweist, daß diese Definition nur auf Produktions betriebe paßt, Dienstleistungsbetriebe jedoch ebenfalls erfaßt werden müssen. 304a Zusammenfassend: BAG ZiP 1987, 1072, (1073); BAG ZiP 734, (735); BAG ZiP 731, (733); BAG NZA 1987,458; BAG ZiP 1986,1595, (1598) jeweils m.w.N.

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

1. in tatsächlicher, objektiver Hinsicht die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit bzw. deren Stillstand 3OS ,

2. in voluntativer, subjektiver Hinsicht die ernsthafte Absicht, die betriebliche Zweckverfolgung auf unbestimmte Zeit aufzugeben. 306 Da in der Liquidationsphase - selbst wenn sie fortgeschritten ist - der urspriingliche Betriebszweck noch weiterverfolgt wird, liegt eine rechtswirksame Betriebsstillegung deshalb nicht vor, weil das Tatbestandsmerkmal des Betriebsstillstandes nicht erfüllt ist. Auf die ggf. schwierige Ermittlung oder Feststellung einer ernsthaften Stillegungsabsicht auf seiten des Betriebsinhabers kann verzichtet werden. Besteht somit während der Liquidationsphase (noch) ein funktionsfähiger Betrieb, kann eine Betriebsmittelveräußerung entsprechend der dargestellten Stufenleiter 307 durchaus die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Betriebsübergangs i.S.v. § 613a BGB erfüllen. Eine Umgehung des § 613a BGB erscheint daher nur über dessen Rechtsfolgen möglich. Denn erweisen sich die ausgesprochenen Stillegungskündigungen als bestandskräftig, so gehen die Arbeitsverhältnisse zwar nach § 613a BGB auf den neuen Inhaber über, enden jedoch zu dem vorgesehenen Kündigungszeitpunkt. 308 Insofern besteht der Schwerpunkt der Problematik bei einem Betriebsübergang während der Liquidationsphase in der Frage, ob die Stillegungskündigungen rechtswirksam sind bzw. bleiben. 2. Meinungsstand

a) Die Auffassung des BAG In seiner Entscheidung vom 27.9.1984 309 hat das BAG die während der Liquidationsphase ausgesprochenen Stillegungskündigungen bei nachfolgender Betriebsveräußerung i.S.d. § 1 II KschG als sozialwidrig angesehen. Der Arbeitgeber hatte den Arbeitnehmern schriftlich mit der Begrundung gekündigt, daß er den Betrieb zu einem bestimmten Zeitpunkt stillegen müs305 Die vollkommene Betriebseinstellung wird von Dietz/Richardi, § 111 BetrVG'72 Rdnr. 31 und Hueck, Anmerk. AP Nr. 11 zu § 102 BetrVG'72 als das erste und zugleich wichtigste Element der Betriebsstillegung bezeichnet; das Merkmal der BetriebseinsteIlung wird ebenfalls betont von: BAG ZiP 1984, 1524, (1525); LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984, 12 Sa 100/83 (unter 6.2.; insoweit unveröffentlicht); RAG ARS 14, 289, (291); 6, 411, (416); sowie: Metzke, AuR 1986, 78, (80). 306 Das Merkmal der ernsthaften Stillegungsabsicht dient der Abgrenzung der Betriebsstillegung von der äußerlich identischen Betriebspause bzw. Betriebsunterbrechung. 307 V gl. Darstellung in Kapitell Teil A IV 3 d. 308 So ausdrücklich: LAG Berlin ZiP 1983,1116, (1117 unter III). 309 BAG ZiP 1985, 698ff. = BB 1985, 1333 = DB 1985, 1399;vgl. inzwischen auch: BAG ZiP 1986, 388 ff. allerdings für die Phase nach Eintritt des effektiven Stillstandes.

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungs tatbestand

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se, falls sich nicht zwischenzeitlich ein Käufer für den Betrieb finden lasse. Aus dieser Begründung hat das BAG geschlossen, daß dem Inhaber z.Z. des Kündigungszugangs der endgültige und ernsthafte Wille zur Stillegung gefehlt habe und die Kündigungen deshalb nicht als betriebsbedingt i.S.v. § 1 11 KSchG angesehen werden könnte. Auf die Frage, ob zusätzlich ein Verstoß gegen § 613a BGB bzw. ein Umgehungstatbestand vorliege, komme es daher nicht an. 310

b) Dz'e Ansicht Hillebrechts Einen anderen, objektiven Anknüpfungspunkt zur Bestimmung der Sozial· widrigkeit der Stillegungskündigungen wählt dagegen Hillebrecht 311 , indem er an die ständige Rechtsprechung des BAG zur Betriebsstillegung anknüpft. Nach der Rechtsprechung des BAG braucht der Betriebsinhaber mit dem Ausspruch der Kündigung nicht zu warten, bis die Betriebsstillegung vollstän· dig durchgeführt worden ist. Vielmehr soll ihm bereits dann ein betriebsbe· dingtes Kündigungsrecht zustehen, wenn die Stillegung greifbare Formen angenommen hat. 312 Da anerkanntermaßen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Kündigungen die Rechtslage im Zeitpunkt des Kündigungszugangs maßgebend ist 313 , sollen nachfolgende betriebliche Änderungen, wie z.B. eine Verzögerung des ins Auge gefaßten Stillegungszeitpunktes, deren Wirksamkeit nicht tangieren. 314 Diese Rechtsprechung ist nach Auffassung Hillebrechts auf das Problem einer Betriebsveräußerung während der Liquidationsphase übertragbar. Hat die Betriebsstillegung im Zugangszeitpunkt bereits greifbare Formen angenommen, sollen die Stillegungskündigungen selbst für den Fall rechtswirksam bleiben, daß vor dem endgültigen Stillegungszeitpunkt eine Betriebsveräußerung erfolgt. 315

Zum Verhältnis des § 1 II KSehG im Verhältnis zu § 613a IV BGB siehe: BAG NJW 1986, 2008, (2009). 310 BAG ZiP 1985, 698, (702); vgl. zu dieser Frage nunmehr: BAG NJW 1986,2008, (2009). 311 Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (263). 312 BAG ZiP 1987, 734, (735); BAG ZiP 1985, 698, (702); BAG ZiP 1984,1524, (1525); BAG EzA Nr. 34 zu § 613a BGB; BAGE 6,1, (5); BAG, Urt. v. 2.4.1981, 2 AZR 882/78 (unveröffentlicht); BAG AP Nr. 19 zu § 1 KSehG - Betriebsbedingte Kündigung; Berkowsky, Betriebsbedingte Kündigung Rdnr. 98 ff.; Gröninger, FS Hersehel (1982) 163, (168); Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (262); RohlfingfRewollefBader, § 15 KSehG Rdnr. 21 a. 313 Z.B.: BAGE 6, 1 (unter III 1); BAGE 30, 86 (unter V) m.w.N.; BAG ZiP 1985, 698, (701). 314 Vgl.: BAG AP Nr. 8 zu § 15 KSehG 1969 (unter II 1 b); BAG AP Nr. 8, 15 zu § 13 KSehG. 315 Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (263).

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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c) Zubilligung eines Wiedereinstellungsanspruches Einen dritten Lösungsweg befürworten schließlich das LAG Berlin 316 und das LAG Baden·Württemberg317 • Zwar gehen beide Gerichte gleichermaßen von der Rechtswirksamkeit der Stillegungskündigungen aus, jedoch wird den gekündigten Arbeitnehmern wegen des nachträglich erfolgten Betriebsübergangs ein Wiedereinstellungsanspruch zugebilligt. Dieser Wiedereinstellungsanspruch soll über § 613a BGB auch dem Betriebserwerber gegenüber geltend gemacht werden können, so daß i.E. ein übergang der Arbeitsverhältnisse erreicht wird. 318 3. Stellungnahme

a) Zur Auffassung des BAG Der Ansicht des BAG, daß Stillegungskündigungen durch die nachfolgende Betriebsveräußerung unwirksam werden, ist zwar im Ergebnis 319 , nicht jedoch in der Begründung zuzustimmen. Eine generelle Verneinung der ernsthaften und endgültigen Stillegungsabsicht des Betriebsinhabers, wenn dieser nachweislich einen Betriebsübergang als Alternative zur Bestriebsstillegung ins Auge faßt, führt zu willkürlichen und unbilligen Ergebnissen. aal Bedeutung der Sonderkonstellation der Entscheidung des BAG vom 27.9.1984 Dem Urteil des BAG vom 27.9.1984 hat insoweit eine besondere Fallkonstellation zugrundegelegen, als der Betriebsinhaber von vornherein erkennbar zum Ausdruck gebracht hat, daß er den Betrieb entweder stillegen oder veräußern wolle. Eine solche Verhaltensweise entspricht nicht dem Regelfall. üblicherweise wird der Entschluß zur Betriebsstillegung erst dann gefaßt, wenn vorausgegangene Verkaufsverhandlungen gescheitert sind. Nimmt der potentielle Käufer erst mit dem bisherigen Betriebsinhaber Kontakt auf, nachdem bereits erste Stillegungsmaßnahmen in der Absicht der endgültigen Betriebsaufgabe eingeleitet worden sind, müßte konsequenterweise von der Rechtswirksamkeit der Stillegungskündigungen ausgegangen werden. Denn zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs verfügt der Arbeitgeber über die erforderliche Stillegungsabsicht. Die Stillegungskündigungen wären damit rechtswirksam, ohne daß überhaupt eine Stillegung erfolgt. LAG Berlin ZiP 1983, 1116 f. LAG Baden-Württemberg ZiP 1984, 1401, (1402). 318 Ebenso: Willemsen, ZiP 1986,477, (484); mit Einschränkungen: Loritz, RdA 1987, 65, (71). 319 V gl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil C II 4 a. 316

317

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

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Dieses Ergebnis erscheint deshalb besonders bedenklich, weil auf diese Weise eine einfache Möglichkeit zur Umgehung des § 613a BGB geschaffen würde. Der Betriebsinhaber bräuchte die Stillegung lediglich zum Schein einleiten und nachzuweisen, daß die Kontaktaufnahme mit dem Erwerber erst nach dem Kündigungszugang erfolgt ist. Dazu bedarf es nicht einmal eines kollusiven Zusammenwirkens der beiden Betriebsinhaber. Vielmehr könnte der bisherige Arbeitgeber die Scheinstillegung auch allein einleiten, um den Betrieb durch den Personalabbau für eine kurzfristige Veräußerung marktfähig zu machen. 32o Eine derartige Vorgehensweise dürfte von seiten der Arbeitnehmer schwerlich zu beweisen sein. bb) Unbillige Ergebnisse für den Betriebsinhaber bei einem Scheitern der Verkaufsverhandlungen Desweiteren sind auch die Konsequenzen zu berücksichtigen, die eintre· ten, wenn die Verkaufsverhandlungen scheitern, und der Betrieb tatsächlich stillgelegt wird. Nach Auffassung des BAG sind die Stillegungskündigungen unwirksam, weil der Betriebsinhaber durch die angekündigten und zwischenzeitlich durchgeführten Verkaufsverhandlungen seinen fehlenden Willen zur Betriebsstillegung nach außen dokumentiert hat. 321 Scheitern die übernah· meverhandlungen und kommt es zur Betriebsstillegung, hat dies zur Folge, daß der Arbeitgeber den Arbeitnehmern erneut kündigen muß, wodurch das Arbeitsverhältnis u.U. um eine erhebliche Zeitspanne verlängert wird. Aufgrund der Lohnfortzahlungspflicht wird der Betriebsinhaber für diese Zeit· spanne mit finanziellen Mehraufwendungen belastet. Es tritt eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses ein, die dazu führt, daß der Arbeitgeber die Arbeitnehmer ohne eine entsprechende Beschäftigungsmöglichkeit bezahlen muß. Damit wird der Arbeitgeber für seine Bemühungen um die Erhaltung der Arbeitsplätze gleichsam bestraft. 321a Um derartige Nachteile zu vermeiden, bleibt dem Betriebsinhaber nur die Möglichkeit, nach Ausspruch der Stillegungskündigungen das Risiko eventueller Verkaufsverhandlungen zu meiden, wodurch i.E. dem Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse entgegengewirkt wird. 322 Beide Kritikpunkte zeigen, daß die Anknüpfung an die ernsthafte und endgültige Stillegungsabsicht zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Stillegungskündigung während der Liquidationsphase zu unbilligen Ergebnissen 320 Vgl. zu dem Interesse des Betriebsinhabers den Betrieb durch Personalabbau marktfähig zu machen: Hanau, ZiP 1984, 141, (142 f.); Henckel, ZGR 1984,225, (234); Hilger, ZGR 1984,258, (260). 321 BAG ZiP 1985,698, (702). 32la Ähnlich: Loritz, RdA 1987,65, (71). 322 So inzwischen auch: Bauer, EWiR § 613a BGB, 3/85 S. 280; Willemsen, ZiP 1986, 477, (483f.);Loritz RdA, 1987,65, (71); Wank, Anmerk. SAE 1986,151, (154).

7 Pietzko

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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führt. Insbesondere muß es dem Arbeitgeber im Interesse der Arbeitsplatzer. haltung ermöglicht werden, jede Chance zur Betriebsveräußerung wahrzunehmen. Folglich kann dem Betriebsinhaber der ernsthafte Wille zur Betriebsstillegung selbst dann nicht abgesprochen werden, wenn er zu erkennen gibt, daß er den Betrieb entweder veräußern oder stillegen will.

b) Kritik an der Ansicht Hillebrechts Der Ansicht Hillebrechts ist nur dann zu folgen, wenn die Rechtsprechung des BAG zur Betriebsstillegung (= greifbare Formen) tatsächlich auf das Problem des Betriebsübergangs während der Liquidationsphase entsprechend angewandt werden kann. Der Rechtsprechung des BAG, daß eine betriebsbedingte Kündigung der Belegschaft bereits dann zulässig ist, wenn die Stillegung greifbare Formen angenommen hat, liegen wirtschaftliche Erwägungen zugrunde. Da im Kündigungsrecht die Rechtswirksamkeit von Kündigungen nach der Rechtslage im Zeitpunkt des Kündigungszugangs beurteilt wird 323 , müßte der Betriebsinhaber bis zur vollständigen Durchführung der Betriebsstillegung warten, um den Arbeitnehmern unter Einhaltung der Kündigungsschutzfristen kündigen zu können. Ein solches Ergebnis würde eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung für den Betriebsinhaber darstellen. Denn er wäre bis zum Ablauf der Kündigungsschutzfrist mit der Pflicht zur Lohnfortzahlung belastet, ohne daß irgendeine Beschäftigungsmöglichkeit bestünde. 324 Um eine solche künstliche Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses sowie wirtschaftlich unsinnige Vermögensopfer auszuschließen, ermöglicht die h.A. dem Betriebsinhaber eine vorgezogene Kündigung zum voraussichtlichen Stillegungszeitpunkt. 325 Obwohl im Zeitpunkt des Kündigungszugangs die Stillegung noch nicht durchgeführt ist, soll dies unschädlich sein, wenn der Stillegungserfolg zu einem bestimmten Zeitpunkt mit hinreichender Wahrscheinlichkeit feststeht. Das einschränkende Erfordernis, daß die Stillegung bereits greifbare Formen angenommen haben muß, soll einen voreiligen Gebrauch des Kündigungsrechts vermeiden. Dem Betriebsinhaber wird damit aufgrund wirtschaftlicher Nachweise in Fußnote 299. BAG ZiP 1985,698, (702); BAG EzA Nr. 34 zu § 613a BGB; BAG AP Nr. 15 zu § 15 KSchG mit zust. Anmerk. Dietz; LAG Berlin. Urt. v. 13.2.1984.12 Sa 100/83 (unter 6.2.; insoweit unveröffentlicht). 325 Nachweise in Fußnote 312; eine vergleichbare Interessenabwägung nimm t die h.A. vor, wenn sie davon ausgeht, daß eine rechtswirksame Kündigung auch dann vorliegt, wenn sich der Zeitpunkt des Betriebsstillstandes z.B.: durch Abwicklungsarbeiten verzögert. Da der Stillegungszeitpunkt nur ungefähr vorherbestimmt werden kann, soll eine Stillegungsverzögerung nicht dazu führen, daß der Betriebsinhaber erneut unter Einhaltung der Kündigungsschutzfristen kündigen muß, so: BAG AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969 (unter 11 1 b); BAG AP Nr. 8, 15 zu § 13 KSchG; LAG Berlin DB 1979, 1609; RAG ARS 14,289, (291);Dietz/Richardi, § 111 BetrVG'72 Rdnr.31;GK/Etzel, § 15 KSchG Rdnr. 81,102 a;Herschel/Löwisch, § 15 KSchG Rdnr. 44; Hueck, § 15 KSchG Rdnr. 68 a. 323

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Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

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Billigkeitserwägungen gestattet, vorsorglich 326 zum voraussichtlichen Stillegungszeitpunkt kündigen zu können. 327 Diese Bevorzugung des Betriebsinhabers ist indes nur dann gerechtfertigt, wenn die eingeleiteten Maßnahmen tatsächlich zur Betriebsstillegung führen. Geschieht dies nicht, etwa weil vor der endgültigen Durchführung der Stillegung eine Betriebsveräußerung erfolgt, so verliert diese Bevorzugung ihre innere Rechtfertigung und die ausgesprochenen Kündigungen werden gegenstandslos. 328 Da den Arbeitnehmern mangels einer erfolgten Stillegung objektiv Unrecht geschieht 329 , müssen sie sich erfolgreich darauf berufen können, daß weder zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs noch zu einem späteren Zeitpunkt die geplante Betriebsstillegung durchgeführt worden ist. Dies hat das BAG in seiner Entscheidung vom 24.4.1980 330 zutreffend dahingehend zusammengefaßt, daß die Stillegungskündigungen durch den Eintritt der tatsächlichen Betriebsstillegung bedingt sind. Die betriebsbedingten Kündigungen anläßlich einer geplanten Betriebsstillegung bedürften ihrerseits der rechtlichen Legitimation durch die Stillegung und können diese nicht herbeiführen. 331 Daraus ergibt sich zum einen, daß die Rechtsprechung des BAG (= greifbare Formen) nicht auf den Fall der Betriebsveräußerung während der Liquidationsphase übertragbar ist. Zum anderen ist festzuhalten, daß die Stillegungskündigungen unabhängig vom Willen des Betriebsinhabers deshalb i.S.d. § 1 II KschG sozialwidrig sind, weil es objektiv zu keiner Betriebsstillegung kommt.

c) Zum Lösungsvorschlag des LAG Berlin und des LAG Baden-Württemberg aa) überflüssigkeit der Zubilligung eines Wiedereinstellungsanspruches Gegen diese Ansicht spricht zunächst einmal, daß die Begründung der Anwendbarkeit des § 613a BGB über die Zubilligung eines Wiedereinstellungsanspruchs sich deshalb als unnötige Hilfskonstruktion erübrigt, weil die StilBAG AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969 (unter III 1). Nachweise in Fußnote 312. 328 BAG AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969; Herschel/Löwisch, § 15 KSchG Rdnr. 55. 329 Vgl.: Hueck, FS Hedemann (1958) 131, (142), allerdings zum vergleichbaren Fall der Verdachtskündigung. 330 BAG AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969; zustimmend: Heckelmann, Anmerk. SAE 1981,55, (57); Herschel/Löwisch, § 15 KSchG Rdnr. 55, (57); Hueck, § 15 KSchG Rdnr. 74; Meisel, Anmerk. AP Nr. 8 zu § 15 KSchG 1969; LE. ebenso: Käppler, Anmerk. EzA 30 zu § 613a BGB; MiiKo/Schwerdtner, vor § 620 BGB Rdnr. 222, der darauf hinweist, daß die Basis für die negative Prognose wegfällt. 331 So ausdrücklich: BAG ZiP 1984, 1524, (1525). 326

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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legungskündigungen - wie soeben dargelegt - bei nachfolgender Betriebsveräußerung als sozialwidrig anzusehen sind. 332 bb) Die tatbestandliche Unbestimmtheit des Wiedereinstellungsanspruches 333 Darüber hinaus ist in Betracht zu ziehen, daß die tatbestandlichen Voraussetzungen des Wiedereinstellungsanspruches äußerst unterschiedlich beurteilt werden. Teilweise wird bei der Änderung der Sachlage zugunsten des Arbeitnehmers nach Kündigungszugang lediglich auf die Möglichkeit eines solchen Anspruchs verwiesen 334 , teilweise wird dem Arbeitnehmer ein Wiedereinstellungsanspruch einschränkungslos zugestanden 335 , während überwiegend darauf abgestellt wird, ob eine Wiedereinstellung des gekündigten Arbeitnehmers ohne Schädigung der Interessen des Arbeitgebers möglich ist 336 , und die Aufrechterhaltung der Kündigung unter diesen Umständen für den Arbeitnehmer eine besondere Härte darstellen würde. 337 Schließlich wird allgemein auf die Erforderlichkeit einer Interessenabwägung verwiesen. 338 Angesichts dieser erheblichen Unterschiede wird der Arbeitnehmer durch den nur eventuell eingreifenden Anspruch auf Wiedereinstellung nicht in gleichem Maße geschützt, als wenn er sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung berufen kann. cc) Keine Anwendbarkeit des § 613a BGB auf den Wiedereinstellungsanspruch überdies ist selbst die Zubilligung eines uneingeschränkten Wiedereinstellungsanspruches bei nachfolgender Betriebsveräußerung nicht geeignet, den Schutzzweck des § 613a BGB, die Förderung des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse, zu realisieren. Als Anspruch gegenüber dem ehemaligen Betriebsinhaber entfaltet er keinerlei Schutzwirkung, da dieser aufgrund der Betriebsveräußerung häufig über keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr verfü332

licht).

LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984. 12 Sa 100/83 (unter 6.2.; insoweit unveröffent·

333 Das BAG hat in der Entscheidung NJW 1985,342 die Anerkennung eines Wiedereinstellungsanspruches ausdrücklich offen gelassen. 334 Schaub, Handbuch § 131 I S. 821; Maus, § 1 KSchG Rdnr. 223; ArbG Münster EzA Nr. 19 zu § 1 KSchG. 335 LAG Berlin ZiP 1983, 1116 f.; LAG Baden·Württemberg ZiP 1984, 1401, (1402); Bobrowsky/Gaul, 11 L III Rdnr. 16 f.; Herschel/Löwisch, § 1 KSchG Rdnr. 158. 336 Insbesondere wird darauf hingewiesen, daß der Arbeitgeber den Arbeitsplatz inzwischen nicht anderweitig besetzt haben darf. 337 LAG Düsseldorf BB 1976, 1226; GK/Becker, § 1 KSchG Rdnr. 310; Hueck, § 1 KSchG Rdnr. 156; Nikisch, § 51 V 2 S. 767 Fußnote 69; ähnlich: LAG Düsseldorf DB 1952,700. 338 Hambitzer, NJW 1985,2239, (2240).

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

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gen wird. 339 Gegenüber dem Erwerber kann dieser Anspruch unmittelbar nicht geltend gemacht werden 34o , da § 613a BGB nur bestehende Arbeitsverhältnisse erfaßt. 341 Zwar erscheint eine analoge Anwendung des § 613a BGB auf den Wiedereinstellungsanspruch möglich, jedoch stellt die Erforderlichkeit dieser erneuten Hilfskonstruktion zur Begründung der Anwendbarkeit des § 613a BGB den unzutreffenden Lösungsansatz dieser Ansicht unter BeweIS.

Mithin ist der Lösungsweg dieser Auffassung ebenfalls abzulehnen. 4. Eigener Lösungsvorschlag Die Beurteilung der Bestandskraft der Stillegungskündigungen bei einer Betriebsveräußerung während der Liquidationsphase ergibt sich im wesentlichen aus der Zusammenfassung der dargestellten Ergebnisse.

a) Die materielle Rechtslage Der Betriebsinhaber verfügt selbst dann über den ernsthaften und endgültigen Willen zur Betriebsstillegung, wenn er wahlweise eine Betriebsstillegung oder eine Betriebsveräußerung ins Auge faßt. Aufgrund der Abhängigkeit der Betriebsstillegung von dem vorherigen Scheitern der Verkaufsverhandlungen, schließt der Wille zur Betriebsveräußerung den Willen zur Betriebsstillegung nicht aus. Kommt daher keine Betriebsveräußerung zustande, und wird der Betrieb infolgedessen tatsächlich stillgelegt, bleiben die ausgesprochenen Kündigungen rechtmäßig, sofern nicht andere Unwirksamkeitsgründe eingreifen. Wird dagegen der Betrieb vor Eintritt des effektiven Stillstandes veräußert, sind die Kündigungen i.S.d. § 1 11 KSchG als sozialwidrig anzusehen. Dieses Ergebnis resultiert aus dem Begriff der Betriebsstillegung. Eine rechtswirksame Betriebsstillegung setzt neben der ernsthaften Stillegungsabsicht zusätzlich den Stillstand der betrieblichen Tätigkeit voraus. 342 Da wegen der Betriebsveräußerung der Stillstand der betrieblichen Tätigkeit zu keinem Zeitpunkt eintritt, sind die ausgesprochenen Kündigungen unabhängig vom Willen des Betriebsinhabers bereits aus diesem Grunde rechtsunwirksam. 343 Ebensowenig kommt es daher auf die Frage an - insoweit ist dem BAG zuzustimmen 344 - ob zusätzlich eine Verletzung des § 613a IV BGB vorliegt. Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (263). Vgl.: Berkowsky, DB 1983, 2683, (2688). 341 Z.B.: BAG DB 1980, 1601, (1602); Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2 d; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 56; Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 20. 342 Vgl.: Darstellung in Kapitell Teil C II 1. 343 Im Ergebnis ebenso: Metzke, AuR 1986, 78, (80). 339

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Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

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b) Die prozessuale Rechtslage Zweifelhaft erscheint allerdings, ob prozessuale Hindernisse einer gerichtlichen Geltendmachung der Rechtsunwirksamkeit der Stillegungskündigungen entgegenstehen könnten. aa) Zulässigkeit der Kündigungsschutzklage nach Ablauf der 3-Wochenfrist des § 4 KSchG Erfolgt die Betriebsveräußerung während der 3-Wochenfrist des § 4 KSchG, bestehen für den Arbeitnehmer keine prozessualen Schwierigkeiten in Bezug auf die Zu lässigkeit einer Kündigungsschutzklage. Ist die Betriebsveräußerung jedoch erst nach Ablauf der 3-Wochenfrist des § 4 KSchG realisiert worden, bestehen Bedenken, ob eine Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers noch möglich ist. In Betracht kommt allenfalls, die Klage nach § 5 KSchG nachträglich zuzulassen. Dies setzt voraus, daß der Arbeitnehmer trotz der ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert gewesen ist, die Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen nach Kündigungszugang zu erheben. Typischerweise erfaßt § 5 KSchG Fallkonstellationen, bei denen der Arbeitnehmer, wie z.B. bei Urlaubsabwesenheit, Krankheit etc. 345 , faktisch nicht in der Lage gewesen ist, die Kündigungsschutzklage rechtzeitig einzureichen. Seinem ursprünglichen Sinn nach findet § 5 KSchG deshalb keine Anwendung, wenn der Betriebsinhaberwechsel erst nach Ablauf der Frist des § 4 KSchG vollzogen wird. Denn die Arbeitnehmer sind faktisch nicht daran gehindert, die Unwirksamkeit der Kündigungen gerichtlich feststellen zu lassen. Allerdings besitzen sie bis zu dem Zeitpunkt, in dem sie von der Betriebsveräußerung erfahren, keinen Anlaß, an der Rechtmäßigkeit der Stillegungskündigungen zu zweifeln. Die Arbeitnehmer beurteilen die Rechtslage durchaus zutreffend, wenn sie bis dahin von der Erfolglosigkeit einer Kündigungsschutzklage ausgehen. 346 Da den Arbeitnehmern auch bei strengsten Sorgfaltsanforderungen eine bis dahin aussichtslose Klage nicht zugemutet werden kann, ist dieser Fall einer faktischen Verhinderung der Klageerhebung in der Person des Arbeitnehmers gleichzustellen. 347 Die Kündigungsschutzklage ist daher gemäß § 5 KSchG nachträglich zuzulassen. 348 BAG ZiP 1985, 698 ff. GK/Friedrich, § 5 KSchG Rdnr. 17 ff.; Hueck, § 5 KSchG Rdnr. 2 ff. 346 Aus diesem Grunde greift der Grundsatz, daß die irrige Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage eine nachträgliche Zulassung der Klage i.S.v. § 5 KSchG nicht rechtfertige (Nachweise bei: Berkowsky, DB 1983,2683,2688 in Fußn_ 65) nicht ein. 347 So: BAG NJW 1986,2008 (unter B I a.E.); Berkowsky, DB 1983,2683, (2688); Wickler, Arbeitgeberkühdigung und Betriebsinhaberwechsel, S. 149 f. 344 345

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

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bb) Zulässigkeit einer erneuten Kündigungsschutzklage bei einer vorherigen, rechtskräftigen Klageabweisung Besonders problematisch erscheint die Rechtslage, wenn die Arbeitnehmer zwar eine Kündigungsschutzklage erhoben haben, diese Klage jedoch rechtskräftig abgewiesen worden ist und danach erst die Betriebsveräußerung vollzogen wird. In dem vorangegangenen Rechtsstreit wird dieser Umstand man· gels entsprechender Anhaltspunkte für einen Betriebsübergang regelmäßig nicht berücksichtigt worden sein. Vielmehr werden sich die Klagen der Arbeitnehmer entweder gegen eine Verletzung der sozialen Auswahl bei einer abschnittsweise durchzuführenden Betriebsstillegung349 bzw. auf die Erhal· tung eines Restmandates des Betriebsrates wegen der möglichen Abwicklung von Restarbeiten 350 etc. richten. Wird eine solche Kündigungsschutzklage rechtskräftig abgewiesen, stellt sich die Frage, inwieweit die materielle Rechtskraft des Urteils einer erneuten Kündigungsschutzklage wegen der erfolgten Betriebsveräußerung entgegensteht.

aaa) Die Auffassung Beckers Becker351 bejaht in dieser Situation einen Wiedereinstellungsanspruch des Arbeitnehmers. Dieser Lösungsvorschlag vermag nicht zu überzeugen. Abgesehen von den bereits dargestellten Einwänden gegen die Anerkennung eines Wiedereinstellungsanspruches bei einer nachträglichen Änderung der Rechtslage zugunsten des Arbeitnehmers 352 , käme als Rechtsgrundlage für einen solchen Anspruch lediglich eine Schadensersatzpflicht des bisherigen Betriebsinhabers in Betracht. Ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers scheidet allerdings dann aus, wenn dieser im Zeitpunkt des Kündigungszugangs noch keinen Kontakt mit dem Erwerber aufgenommen hat bzw. ihm ein solcher Kontakt nicht nachgewiesen werden kann. 353 Damit wäre der beabsichtigte Schutz der Ar· beitnehmer äußerst lückenhaft.

348 Selbstverständlich bleibt es den Arbeitnehmern unbenommen, sich gleichzeitig auf die Verletzung des § 613a IV BGB zu berufen. Nach dem Urteil des BAG vom 31.1.1985 NZA 1985, 593 ff. = ZiP 1985, 1088 ff. handelt es sich bei § 613a IV BGB um einen selb· ständigen Unwirksamkeitsgrund, der nicht den § § 4, 5 KSchG unterfällt; bestätigt in: BAG ZiP 1986, 795 ff.; sowie BAG NJW 1986, 2008 f.; nach Auffassung des ArbG Pforzheim ZiP 1986, 264, (265) - unter Hinweis auf LAG Hamm, U. v. 25.7.1986, 16 Sa 1892/85 - kann jedoch die Geltendmachung des § 613a IV BGB als selbständiger Kündigungs· grund nach Ablauf von sechs Monaten verwirkt sein; dazu: Seiter, EWiR § 613a BGB, 4/87, S. 451 f. 349 Z.B.: BAG DB 1983,503 f. 350 Z.B.: BAG DB 1983,2635 f. 351 GK/Becker, § I KSchG Rdnr. 328. 352 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil C II 3 C. 353 So: Berkowsky, DB 1983, 2683, (2688).

74

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

bbb) Die Ansicht Berkowskys Im Gegensatz dazu hält Berkowsky 354 die Stillegungskündigungen für be· stands kräftig. Da eine Restitutionsklage nach § 580 ZPO ausscheide, stehe die Rechtskraft des Urteils einer erneuten Kündigungsschutzklage entgegen. Zutreffenderweise geht Berkowsky bei der Bestimmung der Reichweite der materiellen Rechtskraft von dem sog. "punktuellen Streitgegenstandsbegriff" aus, der im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens überwiegend vertreten wird. 355 Gegenstand der Kündigungsschutzklage ist damit die konkret zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgesprochene Kündigung. 356 Dieser Streitgegenstandsbegriff hat zur Folge, daß sich die Arbeitnehmer nach rechtskräftiger Klageabweisung nicht auf andere Unwirksamkeitsgründe berufen können, unabhängig davon, ob sie im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung den Arbeitnehmern bekannt gewesen sind oder nicht. 357 Allerdings besitzt diese Präklusionswirkung der materiellen Rechtskraft zeitliche Grenzen. Wie das BAG 358 im Anschluß an die Rechtsprechung des Reichsgerichts 359 ausführt, erfaßt die materielle Rechtskraft ausschließlich Tatsachen, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorgelegen haben. Anders verhält es sich - wie u.a. § 767 II ZPO für Leistungsurteile zum Ausdruck bringt - im Hinblick auf Tatsachen, die erst nachträglich eingetreten sind, und deshalb im ersten Verfahren überhaupt nicht berücksichtigt werden konnten. Diese Tatsachen unterfallen - wie im Zivilprozeßrecht anerkannt ist 360 - nicht der Präklusionswirkung der materiellen Rechtskraft. 361 Bestätigt wird dieses Ergebnis durch folgende überlegung. Kann der Arbeitgeber, ungehindert durch die materielle Rechtskraft eines der Kündigungsschutzklage stattgebenden Urteils, erneut wegen eines nachträglich eingetretenen Umstandes kündigen 362 , muß es umgekehrt möglich sein, daß sich der Arbeitnehmer bei einem klageabweisenden Urteil erfolgreich auf nachträglich entstandene Unwirksamkeitsgründe berufen kann. Andernfalls wäre die prozessuale Waffengleichheit der Parteien nicht gewährleistet. Erfolgt daher die Betriebsveräußerung erst nach Eintritt der Rechtskraft eines klageabweisenden Urteils, steht dessen materielle Rechtskraft einer Klage wegen der fehlenden Betriebsstillegung nicht entgegen. Berkowsky, DB 1983, 2683, (2688). Z.B.: GK/Friedrich, § 4 KSchG Rdnr. 225 m.w.N.; Hueck, § 4 KSchG Rdnr. 48 m.w.N. 356 Nachweise in Fußnote 355. 357 GK/Friedrich, § 4 KSchG Rdnr. 262 m.w.N. 358 BAG AP Nr. 11 zu § 626 BGB (BI. 562). 359 RGZ 144,220. 360 Z.B.: BGH NJW 1980,2754 m.w.N.; BGHZ 37, 375. 361 BAG AP Nr. 11 zu § 626 BGB; GK/Friedrich, § 4 KSchG Rdnr. 226 m.w.N.; vgl. auch: Hueck, § 15 KSchG Rdnr. 66 m.w.N. 362 GK/Friedrich, § 4 KSchG Rdnr. 266 m.w.N. 354

355

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

75

m. Die Anwendbarkeit des § 613a BGB auf eine Betriebsveräußerung nach Eintritt des effektiven Stillstandes der betrieblichen Tätigkeit Ist die ursprüngliche betriebliche Tätigkeit zum Ruhen gekommen, besteht der äußere Anschein einer vollständig durchgeführten Betriebsstillegung. Diesem äußeren Schein können allerdings zwei unterschiedliche Intentionen des Betriebsinhabers zugrundeliegen. Zum einen kann die Einstellung der betrieblichen Tätigkeit Ausdruck bzw. Maßnahme einer ernsthaften und endgültigen Betriebsstillegung sein. In diesem Fall findet § 613a BGB auf die Veräußerung der Betriebsmittel keine Anwendung. Aufgrund des tatbestandlichen Alternativverhältnisses von Betriebsstillegung und Betriebsübergang363 , fehlt es bei einer rechtswirksamen Betriebsstillegung an dem ersten Erfordernis der Stufenleiter des Betriebsübergangs 364 , da ein funktionsfähiger Betrieb nicht mehr besteht. Zum anderen besteht die Möglichkeit, daß der Betriebsstillstand lediglich als Betriebsunterbrechung oder Betriebspause zu charakterisieren ist. Eine solche Betriebspause wäre dann lediglich erfolgt, um den äußeren Schein einer Betriebsstillegung zur Umgehung des § 613a BGB auszunutzen. Im Gegensatz zur Betriebsveräußerung während der Liquidationsphase erscheint daher eine innere Aushöhlung des § 613a BGB über dessen tatbestandliche Voraussetzungen möglich. Es stellt sich deshalb die Frage, auf welche Weise dieser Umgehungsgefahr begegnet werden kann. In Rechtsprechung und Literatur werden in diesem Zusammenhang zwei unterschiedliche Lösungsvorschläge vertreten. 1. Die Lehre von der Umgehungsabsicht Ursprünglich hat das BAG 365 und ihm folgend der überwiegende Teil der Landesarbeitsgerichte 366 sowie der Literatur 367 einen BetriebsinhaberwechseI nach Eintritt des effektiven Stillstandes nur dann bejaht, wenn die vorausgegangene Stillegung ausschließlich zum Zweck erfolgt ist, die Anwendbarkeit des § 613a BGB auszuschließen. Nach dieser Auffassung ist § 613a Vgl.: Darstellung in Kapitell Teil C I 1. Vgl.: Darstellung in Kapitell Teil A IV 3 d. 365 BAG AP Nr. 1 zu § 613a BGB; BAG DB 1980, 1601. (1602) jeweils obiter dicta. 366 LAG Diisseldorf, Urt. v. 25.2.1982, 14 Sa 1413/81 (unveröffentlicht); LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; LAG Hamm ZiP 1984, 1270; ArbG Hamm ZiP 1980, 1133, (1135). 367 Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 187; Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 55; Däubler, ArbR 11 S. 360; Henckel, ZGR 1984, 225, (23 7f.); Hillebrecht, VAA (1983), S. 112; Kehnnann, MitbestGspr. 1975, 88, (89); Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 22; Loritz, RdA 1987,65, (71); Probst, Konkurs S. 73; Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (75 f.); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 55 f.; ders., Anmerk. AP Nr. 5 zu § 613a BGB. 363

364

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

76

BGB somit nur dann einschlägig, wenn das Motiv einer Scheinstillegung darin bestanden hat, die Rechtsfolgen des § 613a BGB zu umgehen. Es erscheint jedoch zweifelhaft, ob das BAG weiterhin in letzter Konse· quenz an dem Tatbestandsmerkmal der Umgehungsabsicht festhält. In der Entscheidung vom 27.9.1984 368 hat es das BAG ausdrücklich dahingestellt sein lassen, ob eine Betriebsstillegung zur Umgehung des § 613a BGB vorgenommen worden ist. Vielmehr hat das BAG § 613a BGB deshalb für anwendbar gehalten, weil eine ernsthafte Stillegungsabsicht des Betriebsinhabers nicht feststellbar gewesen ist. Zwar bezieht sich dieses Urteil - wie bereits dargelegt - auf eine besondere Fallkonstellation einer Betriebsveräußerung während der Liquidationsphase, jedoch hat der Vorsitzende Richter des erkennenden Senats in einer eigenen Stellungnahme ausgeführt, daß das BAG in Zukunft auf das Merkmal der ernsthaften Stillegungsabsicht abstellen will, um eine Umgehung des § 613a BGB zu vermeiden. 369 Diese stillschweigende Reduktion des Kriteriums der Umgehungsabsicht auf das Merkmal der fehlenden Stillegungsabsicht entspricht im Ergebnis der Rechtsprechung der Landesarbeitsgerichte, die zwar formal das Merkmal der Umgehungsabsicht herangezogen, inhaltlich jedoch lediglich konkret geprüft haben, ob eine ernsthafte Stillegungsabsicht vorgelegen hat oder nicht. 37o Auch in der Literatur finden sich z.B. Stellungnahmen, in denen von der fehlenden Stillegungsabsicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer Umgehungsabsicht geschlossen wird. 371 Aufgrund dessen ist die Lehre von der Umgehungsabsicht dahingehend zu konkretisieren, daß eine Umgehung des § 613a BGB vorliegt, wenn eine ernsthafte Stillegungsabsicht des Betriebsinhabers nicht feststellbar ist. Diese Reduktion des Kriteriums der Umgehungsabsicht erscheint auch mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 613a BGB geboten. Denn erfolgt die Scheinstillegung aus anderen Gründen als zur Umgehung des § 613a BGB 372 und erfolgt der Betriebsübergang gleichsam bei Gelegenheit einer solchen V orgehensweise, erfordert der Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse ebenfalls die Heranziehung des § 613a BGB. Außerdem läßt sich in der Praxis die Motivation des Betriebsinhabers, § 613a BGB durch eine Scheinstillegung zu umgehen, schwerlich nachweisen. 373

BAG ZiP 1985,698, (702 f.). Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (262); abweichend allerdings: Hillebrecht, VAA (1983) S. 112; So inzwischen auch: BAG ZiP 1986.388 ff. 370 LAG Hamm, Urt. v. 23.3.1983, 2 Sa 1282/82 (unveröffentlicht); LAG Frankfurt ZiP 1982, 351, (353); vgl. auch: LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; ArbG Hamm ZiP 1980, 1133 ff. 371 Vgl. z.B.: Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 54; Probst, Konkurs S. 73. 372 Z.B. aus steuer- oder haftungsrechtlichen Gründen. 373 So: Henckel, 'zGR 1984, 225, (238); Käppler, Anmerk. EzA Nr. 30 zu § 613a BGB. 368

369

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

77

2. Die Lehre von der objektiven Funktionswidrigkeit Einen anderen Ansatzpunkt wählen das LAG Berlin 374 und Käppler 375 , um einer Aushöhlung des § 613a BGB durch Scheinstillegungen vorzubeugen. Nach dieser Ansicht bleibt § 613a BGB dann anwendbar, wenn die vorausgegangene Stillegung gemessen am Schutzzweck des § 613a BGB als objektiv funktionswidrig eingestuft werden muß. Objektiv funktionswidrig ist eine Betriebsstillegung nach der Auffassung Käpplers dann, wenn von vornherein die Wiederaufnahme des Betriebes durch einen Dritten geplant ist, und die Wiederaufnahme sich sachlich als Fortführung des Betriebes darstellt. 376 Diese Charakterisierung der objektiven Funktionswidrigkeit stimmt mit der Rechtsprechung des LAG Berlin überein, welches § 613a BGB analog anwenden will, wenn ein Betrieb nicht endgültig, sondern allenfalls vorübergehend stillgelegt werden soll, da § 613a BGB ansonsten in objektiv funktionswidriger Weise umgangen wird. 377 Somit findet nach der Lehre von der objektiven Funktionswidrigkeit

§ 613a BGB dann Anwendung, wenn eine ernsthafte Stillegungsabsicht des

Betriebsinhabers nicht vorliegt.

3. Stellungnahme Vergleicht man beide Auffassungen miteinander, so ist festzustellen, daß unabhängig von der unterschiedlichen Terminologie beide Ansichten ein identisches Abgrenzungskriterium heranziehen, nämlich das Vorliegen bzw. Fehlen einer ernsthaften und endgültigen Stillegungsabsicht. Der scheinbare Widerspruch zwischen beiden Ansichten beruht darauf, daß beide Auffassungen das Problem der Umgehung des § 613a BGB von zwei unterschiedlichen Ausgangspunkten her gelöst haben, die allerdings i.E. auf ein identisches Abgrenzungskriterium hinauslaufen. Entsprechend der Alternativität von Betriebsstillegung und Betriebsübergang hat die Lehre von der Umgehungsabsicht ihren Lösungsweg vom Stillegungsbegriff her entwickelt, während die Lehre von der objektiven Funktionswidrigkeit den Schutzzweck des § 613a BGB als Ausgangspunkt gewählt hat. Lediglich die unterschiedliche Terminologie hat die Identität beider Ansichten verdeckt.

374 LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984, 12 Sa 100/83 (unter 5; insoweit unveröffentlicht); LAG Berlin ZiP 1983,1116 f. 375 Käppler, Anmerk. EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; in diesem Sinne wohl auch: Posth, Probleme S. 86; Sehwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (571); vgl.: Hersehel, Anmerk. EzA Nr. 14 zu § 1 KSchG - Betriebsbedingte Kündigung. 376 Käppler, in Fußnote 375. 377 LAG Berlin ZiP 1983,1116 f.

78

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

Folglich ist § 613a BGB auf Betriebsveräußerungen nach Eintritt des effektiven Stillstandes dann anwendbar, wenn eine ernsthafte Stillegungsabsicht des Betriebsinhabers nicht feststellbar ist. 4. Indizien für bzw. gegen das Fehlen der ernsthaften Stillegungsabsicht Ob eine Betriebsstillegung von einem entsprechenden Stillegungswillen des Betriebsinhabers getragen ist, läßt sich nicht anhand einer generellen Regel entscheiden. Maßgebend sind vielmehr die jeweiligen Umstände des Einzelfalles. Möglich erscheint es jedoch, Indizien aufzuzeigen, die gegen bzw. für das Vorliegen einer Stillegungsabsicht sprechen.

a) Zeitablauf Bereits das RAG 378 hat darauf hingewiesen, daß ein ernsthafter Wille zur Betriebsstillegung fehlt, wenn der Betrieb nahezu ohne Unterbrechung fortgeführt wird. 379 Wird daher ein Betrieb unmittelbar nach Einstellung der betrieblichen Tätigkeit veräußert und neu gegründet, so ist zu vermuten, daß der Wille zur endgültigen Betriebsaufgabe nicht vorgelegen hat und deshalb eine Betriebsfortführung und keine Betriebsstillegung vorliegt. 380 Allerdings ist das Indiz des Zeitablaufs zwischen Betriebseinstellung und Betriebsveräußerung deshalb mit besonderer Vorsicht heranzuziehen, weil es bisher nicht gelungen ist, die Zeitspanne anzugeben, nach deren Ablauf die Vermutungswirkung entfällt. So z.B. haben das LAG Bremen 381 LAG Düsseldorf382 LAG Hamm 383 LAG Berlin384 BAG385

2 3 20 30 30

Tage Tage Tage Tage Tage

3'18 RAG ARS 7, 163, (166); RAG ARS 7, 502. (503); RAG ARS 6, 312, (314); RAG ARS 17,20, (21); RAG ARS 26, 52. 379 Zustimmend: BAG ZiP 1986. 1595, (1598); BAG ZiP 1986,388, (392); BAG ZiP 1986,795, (797 1. Sp.); BAG DB 1985,2407, (2409); BAG ZiP 1985,698, (701); LAG Frankfurt BB 1983, 1536 f.; GK/Etzel, § 15 KSchG Rdnr. 88; Griebeling, EWiR § 613a BGB, 11/85 S. 856; Hillebrecht, ZiP 1985, 257, (261); Hueck, § 15 KSchG Rdnr. 69; Hueck/Nipperdey, I, § 65 I Fußn. 53; Käppler, Anmerk. EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; Neumann-Duesberg, AR.-BI., Betrieb III B lid; Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 14/85 S. 862; Seiter, EWiR § 613a BGB, 1/86 S. 351, (352). 380 Nachweise in Fußnote 379. 381 LAG Bremen AP Nr. 30 zu § 613a BGB. 382 LAG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.1982, 14 Sa 1413/81 (unveröffentlicht). 383 LAG Hamm DB 1979, 1365. 384 LAG Berlin, DB 1984, 1404 f. 385 BAG ZiP 1986,388, (393).

Teil C: Betriebsstillegung als Umgehungstatbestand

79

des betrieblichen Stillstandes für eine rechtswirksame Betriebsstillegung nicht als ausreichend erachtet, während andererseits das LAG Kie1 386 LAG Frankfurt 3S7 LAG Berlin 388 ArbG Hamm 389 LAG Hamm 390

14 15 21 45 60

Tage Tage Tage Tage Tage

des betrieblichen Stillstandes u.a. zum Anlaß genommen haben, um die Anwendbarkeit des § 613a BGB auszuschließen. Das Kriterium des Zeitablaufs kann somit nicht als alleiniges, ausschlagebendes Kriterium für den fehlenden Stilllegungswillen herangezogen werden. Allerdings ist an der Regel festzuhalten: Je kürzer die Zeitspanne zwischen dem Eintritt des betrieblichen Stillstandes und der Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit bemessen ist, desto eher ist vom Vorliegen eines Betriebsübergangs auszugehen.

b) Zeitpunkt der Kontaktaufnahme zwischen Betriebsinhaber und späterem Erwerber Nehmen Veräußerer und Erwerber erst nach dem Eintritt des effektiven Stillstandes die Vertragsverhandlungen auf, und kommt es im Anschluß daran zur Betriebsmittelveräußerung, so stellt selbst die sofortige Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit durch den Erwerber kein Indiz für eine Scheinstillegung dar. Im Kündigungsschutzrecht ist anerkannt, daß eine rechtswirksame Betriebsstillegung auch dann vorliegt, wenn die Stillegung auf unbestimmte Zeit geplant ist und die baldige Wiedereröffnung nur durch unvorhergesehene Umstände ermöglicht wird. 391 Da es keinen Unterschied machen kann, wer den Betrieb wiedereröffnet, fehlt es dann nicht an der ernsthaften Stillegungsabsicht, wenn die Betriebsveräußerung als ein unvorhergesehener, nicht eingeplanter Umstand anzusehen ist. Faßt der Betriebsinhaber jedoch erkennbar von vornherein den Entschluß, den Betrieb entweder zu veräußern oder stillzulegen 392 bzw. hat er bereits während der Liquidationsphase die Vertragsverhandlungen mit dem späteren Erwerber aufgenommen, so ist eine fehlende Stillegungsabsicht auch dann zu LAG Kiel DB 1978, 1406. LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB. 388 LAG Berlin, Urt. v. 11.11.1983, 11 Sa 99/83 (unveröffentlicht). 389 ArbG Hamm ZiP 1980, 1133. 390 LAG Hamm ZiP 1984, 1270. 391 RAG ARS 4,71; RAG ARS 14,389; RAG ARS 17,323; Dietz/Richardi, § 111 BetrVG'72 Rdnr. 29; Hueck/Nipperdey, I § 65 VI; Neumann-Duesberg, AR.-BI. Betrieb III B I 1 b. 392 BAG ZiP 1985,698 ff. 386

387

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

80

vermuten, wenn die Betriebsveräußerung erst nach Eintritt des' effektiven Stillstandes realisiert wird. Diese Vermutung wird insbesondere dann verstärkt, wenn als Erwerber eine juristische Person oder Personenhandelsgesellschaft auftritt, die erst unmittelbar vor der Betriebsveräußerung als Auffanggesellschaft gegründet worden ist. 393

c) Uberwiegende Identität der Belegschaft Stellt der Erwerber überwiegend Arbeitnehmer des zuvor stillgelegten Betriebes ein und verfolgt er im wesentlichen einen identischen Betriebszweck, besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, daß es sich um einen sog. "Abstauber"394 handelt, wahrscheinlicher erscheint es jedoch unter diesen Voraussetzungen, daß Veräußerer und Erwerber die Erhaltung der Produktionsgemeinschaft beabsichtigt haben. 395 Bei der Weiterbeschäftigung eines erheblichen Teils der ursprünglichen Belegschaft besteht folglich der äußere Schein einer fehlenden Stillegungsabsicht.

d) Abschluß und Durchführung eines Sozialplanes Da die Erforderlichkeit eines Sozialplanes nach den §§ 111 ff. BetrVG'72 selbst von der Durchführung einer Stillegung abhängt, kann der Abschluß eines Sozialplans nicht als Indiz für eine ernsthafte Stillegungsabsicht gewertet werden. Dies gilt um so mehr, als der Abschluß eines Sozialplanes bei konkursreifen Betrieben - wie bereits dargelegt396 - häufig keinen ausreichenden Arbeitnehmerschutz gewährleistet. Etwas anderes muß jedoch dann gelten, wenn der Sozialplan die Ansprüche der Arbeitnehmer in ausreichendem Maße befriedigt. Ist dies der Fall, so kann der Abschluß und die Durchführung des Sozialplanes durchaus als Indiz für eine ernsthafte Stillegungsabsicht gewertet werden. 397 Vgl.: LAG Frankfurt EzA Nr. 30 zu § 613a BGB; LAG Frankfurt BB 1983,1535. Als Abstauber wird derjenige bezeichnet, der durch gezielte Marktbeobachtung preisgünstig stillgelegte Betriebe erwirbt, so: LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984,12 Sa 100/83 (unter 5.; insoweit unveröffentlicht). 395 Darauf, daß der Wechsel der Belegschaft für eine Stillegungsabsicht bzw. deren Identität gegen eine Stillegungsabsicht spricht, weisen hin: BAG AP Nr.15 zu § 13 KSchG; LAG Berlin, Urt. v. 13.2.1984, 12 Sa 100/83 (unter 4.3.3.; insoweit unveröffentlicht); RAG ARS 26, 52; Derleder, AuR 1976, 129, (135); Dietz/Richardi, § 111 BetrVG'72 Rdnr. 28; GK/Etzel, § 15 KSchG Rdnr. 81; Hueck/Nipperdey, II/2 § 72 C I 2 a; Maus, § 15 KSchG Rdnr. 40; Neumann-Duesberg, AR.-BI. Betrieb III B 18 a; Wickler, Arbeitgeberkündigung und Betriebsinhaberwechsel S. 144. 396 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil C I 2. 397 Vgl.: ArbG Hamm ZiP 1980. 1133. (1135),das in dem Empfang der Sozialplanab· findung und der Geltendmachung der Rechte aus § 613a BGB durch den Arbeitnehmer eine unzulässige Doppelbegünstigung und einen Verstoß gegen § 242 BGB (venire contra factum proprium) sieht. Dieser Argumentation kann deshalb nicht gefolgt werden, weil gerade bei Scheinstillegungen die Durchführung eines massearmen Sozialplanes nicht zum Ausschluß des § 613a BGB führen darf. Ansonsten wäre der Umgehung des § 613a BGB Tür und Tor geöffnl;t. Vgl. in diesem Zusammenhang auch: Hillebrecht, VAA (1983), S. 112; sowie Gaul, in Boewer, Aktuelle Aspekte, S. 140, (161). 393 394

TeilD

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des 1. Kapitels 1. Der Betriebsbegriff

Unter einem Betrieb i.S.v. § 613a BGB versteht man die Einheit von Betriebsmitteln, mit deren Hilfe der Unternehmer zusammen mit seinen Mitarbeitern eine bestimmte arbeitstechnische Zielsetzung verfolgt (= allgemeiner Betriebsbegriff). 2. Der Betriebsteilbegriff Betriebsteil i.S.v. § 613a BGB ist eine Zusammenfassung mehrerer, ungleichartiger Betriebsmittel zur Erreichung eines betrieblichen Zwecks, der über den immanenten Gebrauchszweck eines jeden Betriebsmittels hinausgeht und an dem eine Anzahl von Arbeitsplätzen hängt. 3. Der Tatbestand des Betriebsübergangs Die Voraussetzungen des Betriebsübergangs sind folgender Stufenleiter zu entnehmen: a) Grundvorausetzung für den Betriebs- bzw. Betriebsteilübergang ist der Bestand eines Betriebes i.S.d. allgemeinen Betriebsbegriffes. b) Die Veräußerung eines Einzelgegenstandes bzw. mehrerer gleichartiger Betriebsmittel wird auf keinen Fall vom Regelungsbereich des § 613a BGB erfaßt. c) Erforderlich ist vielmehr die übernahme mehrerer ungleichartiger Betriebsmittel, welche die Erreichung eines arbeitstechnischen Zwecks, der über den immanenten Gebrauchszweck eines jeden einzelnen Betriebsmittels hinausgeht, ermöglichen und an denen zumindest ein Arbeitsplatz hängt. d) Die übertragung der Betriebsmittel führt allerdings nur dann zum Erwerb der identischen betrieblichen Fortführungsmöglichkeit, wenn zumindest auch individualisierende Betriebsmittel übernommen worden sind oder aber der Erwerber zumindest einen Teil der bestehenden Belegschaft faktisch weiterbeschäftigt.

e) Sind die Voraussetzungen c und d erfüllt, liegt je nach dem Umfang der übertragenen Betriebsmittel ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang vor.

82

Kap. 1: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsübergang

f) Ergänzung: Ein Betriebsübergang i.S.v. § 613a BGB liegt auch dann vor, - wenn der ehemalige Inhaber und der Veräußerer nicht identisch sind bzw. - wenn der Betriebsübergang durch eine Vielzahl von Veräußerern vollzogen wird. 4. Öffentlich-rechtliche Funktionsnachfolge Im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Funktionsnachfolge ist ein Betriebsübergang nur dann gegeben, wenn betriebliches Substrat auf den neuen Inhaber übertragen wird. Eine bloße Aufgabenüberleitung von der öffentlichen Hand auf einen privaten Unternehmer fällt nicht in den Regelungsbereich des § 613a BGB. 5. Umgehung durch Scheinstillegungen Es besteht die Gefahr, daß § 613a BGB durch sog. "Scheinstillegungen" umgangen wird. Dieser Gefahr ist wie folgt zu begegnen: a) Findet der Betriebsübergang während der sog. "Liquidationsphase" statt, ist § 613a BGB ohne weiteres einschlägig. Bereits ausgesprochene Stillegungskündigungen (zum vorgesehenen Stillegungszeitpunkt) sind mangels eines betrieblichen Erfordernisses unwirksam. Sollte die 3-WochenFrist des § 4 KSchG abgelaufen sein, sind die Kündigungsschutzklagen der betroffenen Arbeitnehmer nach § 5 KSchG nachträglich zuzulassen. b) Erfolgt die Veräußerung der Betriebsmittel nach Eintritt des effektiven Stillstandes der betrieblichen Tätigkeit, ist § 613a BGB anwendbar, sofern eine ernsthafte, endgültige Stillegungsabsicht nicht feststellbar ist. Eine spezielle Umgehungsabsicht bezüglich der Rechtsfolgen des § 613a BGB ist nicht erforderlich.

KAPITEL 2

Der Wechsel des Betriebsinhabers TeilA

Tatbestandliehe Voraussetzungen I. Funktion des Betriebsinhabers i. S. d. § 613a BGB Für die Anwendbarkeit des § 613a BGB ist als zweites Tatbestandsmerkmal ein SubjektswechselI , d_h. der Wechsel des Betriebsinhabers erforderlich. Der Gesetzgeber bringt dies dadurch zum Ausdruck, daß er vom Ubergang der Arbeitsverhältnisse auf einen ,anderen Inhaber' spricht. Die Anknüpfung an den neuen Inhaber ist vom Gesetzgeber deshalb gewählt worden, weil der Betrieb als solcher keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und somit nicht als Träger der Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen in Betracht kommt. 2 Eine rechtliche Zuordnung der Arbeitsverträge, d.h. die Stellung als Arbeitgeber, kann nur gegenüber einer natürlichen oder juristischen Person vorgenommen werden. Aus diesem Grunde weist das BAG zu Recht darauf hin, daß Arbeitgeber und Betriebsinhaber regelmäßig identisch sind. 3 Diese Funktion des Betriebsinhabers als Zurechnungssubjekt für die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis unterstreicht erneut die tatbestandliche Systematik des § 613a BGB. Fallen durch die Veräußerung der Betriebsmittel die Betriebsinhaberschaft und die ArbeitgebersteIlung auseinander, wird über § 613a BGB die Wiederherstellung der Identität angeordnet. Insofern kann § 613a BGB auch der Grundsatz der Identität von Betriebsinhaberschaft und Arbeitgeberstellung entnommen werden. 4

1 BAG AP Nr. 4 zu § 613a BGB; Bieler, BB 1981,435, (436); Heckelmann, ZfA 1973, 425, (474); Herschel, AuR 1975,382, (383); ders., ZfA 1977, 219, (236); ders., BlStSozArbR 1979,33, (35); Schreiber, RdA 1982, 137, (142). 2 LAG Berlin EzA Nr. 35 zu § 613a BGB; Eich, DB 1980, 255, (257); Fuß, Angestellte S. 8 und 12 ; Herschel, ZfA 1977,219, (236); Steckhan, FS Schnorr v. Carolsfeld (1974) 436, (463). 3 BAG. Urt. v. 18.1.1984,5 AZR 425/81 (unter I a. unveröffentlicht); ebenso: Sulzberger-Schmitt, übergang S. 43. 4 Dieser Grundsatz stellt die Kehrseite des Prinzips des Gleichlaufs von Betrieb und Arbeitsplatz dar; vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil A IV 3 c bb bbb.

8 Pietzko

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

11. Der Begriff des Betriebsinhabers/wechsels Als Betriebsinhaber wird allgemein derjenige bezeichnet, der über die betriebliche Leitungsmacht verfügtS und den Betrieb im eigenen Namen führt. 6 Obwohl es sich bei dieser Begriffsbestimmung um eine gebräuchliche Definition handelt, fehlen ergänzende Hinweise über die inhaltlichen Anforderungen an beide Elemente des Betriebsinhaberbegriffes. Ebensowenig besteht eine Charakterisierung des Wesens der Betriebsinhaberschaft. In Bezug auf beide Fragen ist jedoch eine hinreichende Rechtsklarheit vonnöten, zum einen, um in Grenzfällen die Feststellung des Betriebsinhaberwechsels zu erleichtern, zum anderen, um ggf. über die Analogiefähigkeit des § 613a BGB entscheiden zu können. Aus diesem Grunde sollen im folgenden beide Elemente des Betriebsinhaberbegriffes in ihrem Aussagegehalt präzisiert werden. 1. Die betriebliche Leitungsmacht

a) Der Betriebsinhaber als Rechtsinhaber Die betriebliche Leitungs- und Organisationsbefugnis beruht auf zwei Grundlagen. Einerseits resultiert sie aus der Nutzung des Betriebsvermögens 7 , andererseits aus dem Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern. 8 Die Nutzungsbefugnis über das Betriebsvermögen kann sich aus einer dinglichen Rechtsposition (Eigentum, Anwartschaftsrecht, Sicherungsübereig5 BAG DB 1985,2411, (2412): " .. der maßgebliche Anknüpfungs- und Schwerpunkt des § 613a BGB in der tatsächlichen übernahme des Betriebs und der arbeitstechnischen Organisations- und Leitungsmacht liege'. Ebenso: BAG ZiP 1988,44, (51); BAG NZA 1987,458, (459); LAG Hamm ZiP 1987,91, (99); LAG Berlin EzA Nr. 35 zu § 613a BGB; LAG Düsseldorf DB 1986,918; Birk, Anmerk. EzA Nr. 1 zu § 613a BGB, ders., BB 1976, 1227, (1228); ders., ZGR 1984,23, (31); ders., EWiR § 613a BGB, 1/87, S. 33 f.; Bracker, Betriebsverfassung S. 38; Dehmer, Betriebsaufspaltung S. 235 Rdnr. 849; Fischer, Betriebsübergang S. 42 f.; Galpenn, Regierungsentwurf S. 8; Hartmann, Arbeitsverhältnis S. 21,26; Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 17; Schaub, Handbuch § 18 I 1 S. 65; Walker, Arbeitgebererbfolge S. 58; Willemsen, Anmerk. AP Nr. 38 zu § 613a BGB; kritisch: Posth, Probleme S. 85, der darauf hinweist, daß sich häufig in einem überschuldeten Betrieb nicht feststellen lassen wird, wer die betriebliche Leitungsmacht innehat, der Betriebsinhaber oder der Gläubiger. Vgl. dazu auch: ArbG Siegen ZiP 1985,1048. 6 BAG DB 1985,2411; LAG Berlin EzA Nr. 35 zu § 613a BGB; LAG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.1982, 14 Sa 1413/81 (unveröffentlicht); LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985,305, (307); Bauer, Unternehmensveräußerung S. 25; ders., in Hölters S. 275 Rdnr. 14, Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 41; Etzel, NWB, Fach 26,1545, (1546); Groß, Fortführungsgesellschaft S. 270 f.; Hartmann, Arbeitsverhältnis S. 26; Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 17; Posth, Probleme S. 84; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 17 f.; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 43 f.; Willemsen, Anmerk. AP Nr. 38 zu § 613a BGB. 7 Z.B.: Backhaus, DB 1985,1131, (1132); Fuchs, Betriebsnachfolge S. 41. 8 LAG München ARST 1983,61; Ga/penn, Regierungsentwurf S. 8; in diesem Sinne: Fischer, Betriebsüllergang S. 42 f.; Fuchs, Betriebsnachfolge S. 41.

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nung etc.) oder aber aus einer schuldrechtlichen Legitimation (Miet-, Pacht-, Lizenzverträge etc.) ergeben. 9 Das Weisungsrecht gegenüber den Arbeitnehmern wird überwiegend aus den bestehenden Arbeitsverträgen abgeleitet. lo Da der Betriebsinhaber zugleich Arbeitgeber ist 11 , besitzt damit die betriebli· che Leitungsmacht regelmäßig rechtliche Wurzeln. Insofern kann der Be· triebsinhaber in der Mehrzahl aller Fälle vereinfachend als Rechtsinhaber be· zeichnet werden.

b) Der Betn:ebsinhaber als Betriebsbesitzer Allerdings kennzeichnet die Beschreibung des Betriebsinhabers als Rechts· inhaber nicht das Wesen der Betriebsinhaberschaft. Aus der Tatsache, daß die betriebliche Leitungsmacht regelmäßig eine rechtliche Legitimation besitzt, darf nicht geschlossen werden, daß es sich dabei um eine tatbestandliche Voraussetzung zum Erwerb der BetriebsinhabersteIlung handelt. Liegt z.B. dem Erwerb der Betriebsmittel ein unwirksames Rechtsgeschäft zugrunde bzw. erfolgt deren übergang durch verbotene Eigenmacht, ist strittig, ob das Tatbestandsmerkmal durch Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB er· füllt ist. 12 Es wird jedoch nicht in Zweifel gezogen, daß in diesen Fällen auch ohne eine rechtliche Legitimation ein Wechsel des Betriebsinhabers stattge· funden hat. Der übergang der betrieblichen Leitungsmacht ist damit nicht davon abhängig, ob die übertragung der Nutzungsmöglichkeit an den Betriebsmitteln rechtmäßig, rechtsunwirksam oder rechtswidrig erfolgt. Viel· mehr bewirkt bereits die bloß faktische bzw. tatsächliche Nutzung des Be· triebsvermögens durch eine andere Person den Betriebsinhaberwechsel. Glei· ches gilt für das betriebliche Weisungsrecht. Aus der tatbestandlichen Syste· matik des § 613a BGB geht hervor, daß die Rechte und Pflichten aus den Ar· beitsverhältnissen als Rechtsfolge erst mit dem Vollzug des Betriebsinhaber· wechsels übergehen. Die übertragung des betrieblichen Weisungsrechts als eine tatbestandliche Voraussetzung des Betriebsinhaberwechsels kann deshalb zumindest in Bezug auf § 613a BGB keine arbeitsvertragliche Grundlage be· sitzen. Es reicht demnach für das betriebliche Weisungsrecht ebenfalls aus, daß es durch den Erwerber faktisch ausgeübt wird. Es bleibt daher festzuhalten, daß es für das Tatbestandsmerkmal Betriebs· inhaberwechsel unerheblich ist, auf welche Weise der neue Inhaber die be· triebliche Leitungsmacht erlangt hat. Entscheidend ist ausschließlich, daß eine andere Person als der bisherige Inhaber das Betriebsvermögen faktisch nutzt und das betriebliche Weisungsrecht tatsächlich ausübt. Das Wesen des Backhaus, DB 1985, 1131, (1132). Lieb, ArbR § 2 I S. 16 m.w.N. in Fußnote l. 11 BAG, Urt. v. 18.1.1984,5 AZR 425/81 (unter I a. unveröffentlicht). 12 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitel 3 Teil A IV 3 b.

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

Betriebsinhaberwechsels besteht somit in der Erlangung der tatsächlichen Gewalt über den Betrieb. Aus diesem Grunde weist der Betriebsinhaber Ähnlichkeit mit dem Besitzer i.S.v. § 854 BGB auf. Es besteht lediglich in soweit ein Unterschied, als § 854 BGB auf den Besitz an einer einzelnen Sache abzielt, während sich ein Betrieb aus einer Sachgesamtheit zusammensetzt. Da dieser quantitative Unterschied keine Wesensverschiedenheit zwischen Besitz und Betriebsinhaberschaft begründet, kann der Betriebsinhaber analog § 854 BGB als Betriebsbesitzer charakterisiert werden. 2. Die Betriebsführung im eigenen Namen Diese Parallele zum Besitzrecht spiegelt sich ebenfalls in dem zweiten Kriterium des Betriebsinhaberwechsels, der Betriebsführung im eigenen Namen, wider. Das LAG Rheinland-Pfalz 13 betont, daß eine Betriebsführung im eigenen Namen dann vorliegt, wenn der Erwerber den Betrieb als eigenen führe und keine fremdbestimmten Zwecke verfolge. Ergänzend wird z.T. darauf hingewiesen, daß die Zuweisung des Betriebsergebnisses 14 und das unmittelbare Handeln für eigene RechnungiS zusätzlich die Betriebsführung im eigenen Namen kennzeichnen. Im Gegensatz zur betrieblichen Leitungsmacht als objektive Voraussetzung des Betriebsinhaberwechsels stellt das Kriterium der Betriebsführung im eigenen Namen ein subjektives Erfordernis dar. Anhand der angeführten Indizien zeigt sich, daß der Betriebsinhaber den Betrieb als ihm gehörend besitzen und deshalb über eine Art ,animus rem sibi habendi' verfügen muß. 16 Vervollständigt man die Parallele zum Besitzrecht, so ist der Betriebsinhaber analog § 872 BGB als unmittelbarer Eigenbesitz er des Betriebes anzusehen. 3. Ergebnis: Die Charakteristika des Betriebsinhaberwechsels Zusammenfassend lassen sich aus den bisherigen Ergebnissen das Wesen bzw. die Charakteristika des Betriebsinhaberwechsels i.S.v. § 613a BGB ableiten:

LAG Rheinland-Pfalz ZiP 1985,305, (307 1. Sp.). LAG Nürnberg ARST 1982, 82; Birk, Anmerk. EzA Nr.1 zu § 613a BGB; ders., Anmerk. AP Nr. 10 zu § 613a BGB; Posth, Probleme S. 85; Steckhan, FS Schnorr v. Ca. rolfsfeld (1974) 463, (479 f. in Fußnote 39 a.E.). 15 LAG Nürnberg ARST 1982,82; Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf Rdnr. 564; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 41. 16 Im Ergebnis ebenso: Willemsen, ZiP 1986,477, (484). 13

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Analog §§ 854,872 BGB ist erforderlich. daß: 1. der Besitz, d.h. die tatsächliche Gewalt über den Betrieb auf eine andere Person als den bisherigen Inhaber übergeht, 2. und diese Person den Betrieb als ihm gehörend besitzt bzw. die tatsächliche Gewalt ausübt. 3. Es ist unerheblich. ob die Erlangung des betrieblichen Eigenbesitzes rechtlich legitimiert ist oder nicht.

llI. Abgrenzung der Tatbestandsmerkmale Betriebsübergang und Betriebsinhaberwechsel Ein Betriebsübergang ist - wie dargelegt 17 - dann gegeben, wenn der Erwerber den Betrieb so fortführen kann wie der bisherige Inhaber, wozu die Nutzungsmöglichkeit an dem Betriebsvermögen übertragen werden muß. Die Erlangung der betrieblichen Leitungsmacht als eine Voraussetzung des Betriebsinhaberwechsels stellt gleichfalls auf dieses Kriterium ab. Damit besteht zwischen bei den Tatbestandsmerkmalen zum Teil eine inhaltliche überschneidung. Es stellt sich deshalb die Frage, welche Bedeutung beiden Kriterien im Rahmen des § 613a BGB zukommt und in welcher Form sie voneinander abzugrenzen sind.

1. Teilidentität zwischen Betriebsinhaberwechsel und Betriebsübergang Zwischen beiden Tatbestandsmerkmalen besteht insofern eine inhaltliche Teilidentität, als der übergang der betrieblichen Leitungsmacht ohne die übertragung der Nutzungsberechtigung an den materiellen und immateriellen Betriebsmitteln nicht denkbar ist. Der Betriebsübergang ist deshalb Grundlage des Betriebsinhaberwechsels bzw. der erste Vorgang, der zur Herbeiführung des Wechsels des Betriebsinhabers erforderlich ist. 18 2. Ergänzungsfunktion des Betriebsinhaberwechsels: Erforderlichkeit eines Vollzugsaktes Darüber hinaus besitzt das Tatbestandsmerkmal des Betriebsinhaberwechsels gegenüber dem Kriterium des Betriebsübergangs eine konkretisierende Funktion. Durch das Erfordernis der tatsächlichen Innehabung der betriebliVgl.: Darstellung in Kapitell Teil A IV 2 a. Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 17; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 25; ders., in Hölters S. 275 Rdnr. 14. 17

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chen Leitungsmacht wird klargestellt, daß der bloße Erwerb der Berechtigung zur Nutzung der Betriebsmittel noch nicht zum übergang der Arbeitsverhältnisse nach § 613a BGB führt. Denn der Rechtserwerb - unabhängig davon, ob er im Wege der Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge erfolgt - muß zusätzlich durch einen faktischen Vollzugsakt ergänzt werden, um den Betriebsinhaberwechsel zu begründen. § 613a BGB setzt damit als zweites Element voraus, daß der Erwerber der Betriebsmittel die tatsächliche Gewalt über den Betrieb übernimmt und ausübt. Fehlt es an diesem Erfordernis, verfügt der Erwerber lediglich über die Berechtigung zur Betriebsführung, ist jedoch noch nicht ,Herr des Betriebes'.19 Diese Feststellung ist zunächst einmal für den Zeitpunkt von Bedeutung, in dem die Rechtsfolgen des § 613a BGB eintreten. Durch schuldrechtliche bzw. dingliche Verträge kann lediglich das Recht zur Betriebsführung übertragen werden. Da der erforderliche faktische Vollzugsakt, d.h. die übernahme der betrieblichen Leitungsmacht, nicht rechtsgeschäftlich vorgenommen werden kann, ist daher der Zeitpunkt des oder der Vertragsabschlüsse für die Heranziehung des § 613a BGB irrelevant. Die Rechtsfolgen des § 613a BGB treten vielmehr in dem Moment ein, in dem der Erwerber der Betriebsmittel die tatsächliche Leitung des Betriebes übernimmt. 2o Außerdem wird durch das Kriterium des Vollzugsaktes die Frage beantwortet, unter welchen Voraussetzungen Kreditinstitute bei der übertragung des Betriebsvermögens als Sicherheit damit rechnen müssen, über § 613a BGB selbst in Anspruch genommen zu werden.21 Die Heranziehung des § 613a BGB ist auch bei einer vollständigen Sicherungsübereignung bzw. Sicherungsabtretung solange ausgeschlossen, als dem Kreditnehmer bzw. Arbeitgeber die Betriebsführung weiterhin überlassen bleibt. Erst wenn das Kreditinstitut bei Eintritt des Sicherungsfalles, etwa um eine günstigere Verwertung des Betriebes zu gewährleisten, selbst für einen bestimmten Zeitraum die faktische Leitung des Betriebes an sich nimmt 22 , kommt § 613a BGB zur Anwendung. Vgl.: Richardi, RdA 1976,56, (59). So: LAG München ARST 1983, 61; LAG Düsseldorf DB 1986, 918; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 42; Bürger/Oehmann/Stübig, Betriebsübergang S. 3; Groß, Fortführungsgesellschaft S. 271; Hohmann, NWB, Fach 26, 1885, (1886); Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 19; Oberhafer, BR 1983,573, (575); Schaub, Handbuch § 118 II 4 S. 705; Sulzberger-Schmitt, übergang S. 56; unzutreffend daher: LAG Schleswig-Holstein NZA 1987,561; vgl. dazu neuerdings: BAG ZiP 1988,44, (52). welches klarstellt, daß bereits der bloße Ubergang der betrieblichen Leitungsmacht die Rechtsfolgen des § 613a BGB auslöst. Für die Frage nach dem Haftungszeitpunkt ist es dagegen unerheblich, ob der Betriebserwerber von der betrieblichen Leitungsmacht tatsächlich Gebrauch macht oder die Ausübung auf einen späteren Zeitpunkt verlegt. 21 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitell Teil A III 1; sowie neuerdings: ArbG Siegen ZiP 1985,1048 mit Anmerkung Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 14/85, S. 862. 22 So: Steckhan, FS Schnorr v. Carolsfeld (1974) 463, (479 f. in Fußnote 39); Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 14/85, S. 861, (862); ähnlich: Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 79. Zweifelhaft erscheint die Rechtslage, wenn die kreditierende(n) Bank(en) den Betrieb durch einen Treuhänder fortführen lassen. (Vgl. dazu Dar19

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Ein solches Verhalten ist den privaten Kreditinstituten, wie aus § 24 I Ziff. 9 KWG hervorgeht, nicht untersagt. Anders verhält es sich allerdings in Bezug auf öffentlich-rechtliche Kreditinstitute, denen eine zeitweilige Betriebsübernahme, z.B. nach § 3 SparkG i.V.m. § 31 Nr. 10 SparkVO, nicht möglich ist. 23 3. Die eigenständige Bedeutung des Betriebsinhaberwechsels Eigenständige Bedeutung besitzt das Tatbestandsmerkmal des Betriebsinhaberwechsels zum einen deshalb, weil es das Erfordernis des Rechtssubjektwechsels vorschreibt. 24 Dadurch bringt der Gesetzgeber seinen Willen zum Ausdruck, daß Veränderungen in der betrieblichen Führungsspitze ohne Identitätswechsel unmittelbar nicht vom Regelungsbereich des § 613a BGB erfaßt werden. Ferner verdeutlicht vor allen Dingen das voluntative Element der Betriebsführung im eigenen Namen, daß der Konkurs-, Vergleichs- 25 und Zwangs verwalter 26 , sowie der Testamentsvollstrecker 27 grundsätzlich nicht als Betriebsinhaber angesehen werden können. Zwar üben sie die betriebliche Leitungsmacht aus, werden jedoch nicht als Eigenbesitzer des Betriebes tätig. Weder verfügen sie über den notwendigen ,animus rem sibi habendi', noch führen sie den Betrieb unmittelbar für eigene Rechnung. 28 Die angeführten Verwalter handeln daher nicht als Betriebsinhaber, sondern für den Betriebsinhaber. Eine Ausnahme besteht allerdings hinsichtlich des Treuhänders. Der Treuhänder übt nicht nur die tatsächliche Gewalt über den Betrieb aus, sondern er wird im Außenverhältnis als Eigenbesitzer tätig und handelt unmittelbar für eigene Rechnung. Die Tatsache, daß er im Innenverhältnis den Treugebern stellung in Kapitell Fußn. 33). Das ArbG Siegen ZiP 1985, 1048 f. differenziert in einem solchen Fall nach der Intensität der Einflußnahme der Banken auf den Treuhänder. Dieser dürfe nicht zum bloßen Strohmann werden, der nach außen noch als Geschäftsinhaber erscheine, aber intern nur die Stellung eines abhängigen Verwalters habe, und zwar so, daß der ganze Gewinn dem Sicherungsnehmer (Bank) zufließe, Verluste jedoch von ihm getragen und die Haftung auch bei mangelnder Deckung abgelehnt werde. Zu Recht weist Schwerdtner, EWiR § 613a BGB, 14/85, S. 861 f. darauf hin, daß diese Abgrenzung wenig sachdienlich erscheint. Da ein Betriebsinhaber in der Leitung des Betriebes niemals von Einflüssen Dritter frei ist (vgl.: Posth, Probleme S. 85), lassen sich schwerlich Kriterien angeben, mit deren Uberschreitung die Grenze zum Betriebsinhaberwechsel überschritten wird. Insofern ist an dem Kriterium der Innehabung der unmittelbaren betrieblichen Leitungsmacht festzuhalten; LE. inzwischen ebenso: LAG Hamm ZiP 1987,91 ff. 23 LAG Hamm ZiP 1984,481, (482). 24 Nachweise in Fußnote 1. 25 Vgl. dazu ausführlich: Die Darstellung in Kapitel 3 Teil B II 3c; i.E. ebenso: BAG NJW 1987, 1966 (unter II 1), allerdings mit der Begründung, daß es an einem rechtsgeschäftlichen Betriebsübergang fehle, da der Konkursverwalter sein Amt kraft eines Staatsaktes (§ 78 KO) ausübe. 26 Vgl. dazu ausführlich: Die Darstellung in Kapitel 3 Teil B IV 2 d. 27 Vgl. dazu ausführlich: Die Darstellung in Kapitel 3 Teil B I 3. 28 Vgl. dazu: Holzapfel/Pöllath, Unternehmenskauf Rdnr. 565.

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

ggf. zur Gewinnabführung, Rechnungslegung etc. verpflichtet ist, ändert nichts an der Rechtslage im Außenverhältnis. Demnach findet § 613a BGB Anwendung, wenn ein Treuhänder den Besitz übernimmt. 29

29 BAG NZA 1985,393; LAG Hamm ZiP 1987,91 ff.; Beisel/Klumpp, Unternehmens· kauf Rdnr. 489 unter a; Besgen, AiB 1986, 131, (132); Groß, Fortführungsgesellschaft S. 270; MiiKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 28; ders., ZiP 1984,272, (274);ders., ArbrdGgw 18 (1981) 71, (74); Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 44; Willemsen, EWiR § 613a BGB, 2/85, S. 279; Willemsen, ZiP 1986,477, (484).

TeilB

Besondere Probleme in Zusammenhang mit dem Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel Die Anwendbarkeit des § 613a BGB im Gesellschaftsrecht, insbesondere zur Enthaftung des aus einer Personenhandelsgesellschaft ausscheidenden Gesellschafters

I. Der Tatbestand des Betriebsinhaberwechsels im Gesellschaftsrecht (allgemein) Aufgrund des Erfordernisses des Identitätswechsels läßt sich im Regelfall ohne weiteres feststellen, ob Veränderungen in der betrieblichen Führungsspitze bzw. der Rechtsform des Unternehmens als ein BetriebsinhaberwechseI zu qualifizieren sind. Ein Wechsel des Rechtssubjekts liegt anerkanntermaßen vor bei einer: 3o (1) Verschmelzung durch Aufnahme (§ 339 I S. 2 Nr. 1 AktG) (2) Verschmelzung durch Neubildung (§ 339 I S. 2 Nr. 1 AktG) (3) Vermögensübertragung von einer AG/KaAG auf die öffentliche Hand (§ 359 AktG) (4) Vermögensübertragung einer AG auf eine VVaG (§ 360 AktG) (5) übertragende Umwandlung (§§ 1-56 UmwG) (6) übernahme einer Personenhandelsgesellschaft durch einen Einzelgesellschafter 31 (§ 142 HGB)

Allerdings werden diese Fälle eines gesllschaftsrechtlichen Betriebsinhaberwechsels nur dann vom Regelungsbereich des § 613a BGB erfaßt, wenn sie gleichzeitig auf einer rechtsgeschäftlichen Grundlage beruhen. Die h.A. in Rechtsprechung und Literatur verneint dies mit der Begründung, daß das Kriterium durch Rechtsgeschäft in § 613a BGB ausschließlich der Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge diene. Da die angeführten Fallgruppen ausnahms30 So: Bauer, Unternehmensveräußerung S. 26 und 116; ders., in Hölters S. 276 Rdnr. 16; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 144 f.; sowie ausführlich: Schramm, Willensbeteiligung S. 119 ff., 127 ff. 31 Der ursprüngliche Betriebsinhaber, die Personenhandelsgesellschaft (§ 124 HGB), erlischt, während der Betrieb von dem ehemaligen Gesellschafter als neuem Inhaber fortgeführt wird; vgl. dazu: Bauer, Unternehmungsveräußerung S. 28; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 490.

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los der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge zuzuordnen seien 32 , könne § 613a BGB nicht zur Anwendung kommen. 33 Diese Auffassung ist jedoch - wie im einzelnen noch darzulegen sein wird 34 - als unzutreffend zurückzuweisen. Der Tatbestand des Betriebsinhaberwechsels wird dagegen allgemein abgelehnt bei der formändernden Umwandlung (§§ 362-393 AktG, §§ 57-65 UmwG)35, der Eingliederung einer AG (§§ 319,320 AktG)36 sowie dem Anteils erwerb an einer Kapitalgesellschaft. 37

ll. Die Enthaftungsproblematik hinsichtlich des ausscheidenden Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft 1. Einleitung Tritt ein persönlich haftender Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus, ergibt sich mittelbar aus § 159 HGB, daß er für sog. "Altverbindlichkeiten" , d.h. für Gesellschaftsschulden, die bis zum rechtswirksamen Austrittszeitpunkt entstanden sind, haftet. 38 Da § 159 HGB zusätzlich festlegt, daß eine Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters bei Dauerschuldverhältnissen selbst dann erfolgt, wenn die einzelnen Teilverbindlichkeiten erst nach seinem Austritt fällig werden, führt die Regelung des § 159 HGB zu einer Endloshaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters. 39 Ein derartiger Automatismus der Endloshaftung wird allgemein als unzumutbar abgelehnt. Der ausgeschiedene Gesellschafter besitzt keinerlei Einfluß auf die Geschicke der Gesellschaft mehr. 4o Nach dem Prinzip des Gleich32 Dies gilt auch für die übernahme der Personenhandelsgesellschaft durch einen Gesellschafter nach § 142 HGB, welche allgemein der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge zugerechnet wird, Nachweise in Fußnote 96. 33 VgI. dazu: Darstellung in Kapitel 3 Teil A II 1. 34 V gI. dazu: Darstellung in Kapitel 3 Teil A III 1 c bb. 35 Bauer, Unternehmensveräußerung S. 116; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 490;Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 1 c bb. 36 So: Bauer, in Hölters S. 276 Rdnr. 17; ausführlich: Schramm, Willensbeteiligung S. 115 f. 37 Bauer, Unternehmensveräußerung S. 28; ders., in Hölters S. 278 Rdnr. 22; Beisel/ Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 495; Bomgräber, Arbeitsverhältnis S. 51; Oberhofer, BR 1983, 573; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 40. 38 Statt vieler: BGHZ 36, 224; BGH BB 1972, 1112; RGZ 125,418; RGZ 140, 10; Baumbach/Duden/Hopt, § 128 HGB Anmerk. 5 A; Schlegelberger/Gessler, § 128 HGB Rdnr. 30; Wexel, BB 1981,1401, (1402). 39 BAG SAE 1978,117, (118); BAG ZiP 1983, 715, (718f.), BGHAPNr. 2,5, 7,zu § 128 HGB; Koch, NJW 1984,833; Schlegelberger/Gessler, § 128 HGB Rdnr. 31; Steindorff/Roth, AR.-BI. Juristische Person, Anmerk. zu Entsch. 19; Ulmer, BB 1983, 1865; Wexel, BB 1981,1401, (1402).

Teil B: § 613a BGB im Gesellschaftsrecht

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laufs von Haftung und Verantwortung ist aus diesem Grunde eine Endhaftung geboten. 41 Eine Korrektur des § 159 HGB ist vor allen Dingen deshalb möglich, weil der Gesetzgeber bei der Schaffung des § 159 HGB sich dieser Enthaftungsproblematik bei Dauerschuldverhältnissen nicht bewußt gewesen und folglich die Regelung des § 159 HGB als lückenhaft anzusehen ist. 42 Umstritten ist jedoch in Rechtsprechung und Literatur, auf welche Weise eine Korrektur des § 159 HGB erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang ist u.a. in Erwägung gezogen worden, § 613a BGB analog heranzuziehen43 mit der Folge, daß der ausgeschiedene Gesellschafter gemäß § 613a 11 BGB nur für solche Verbindlichkeiten haftet, die vor seinem Ausscheiden entstanden sind und spätestens ein Jahr später fällig werden. Voraussetzung für die entsprechende Anwendung des § 613a BGB ist jedoch, daß das Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters dem Wechsel des Betriebsinhabers gleichgestellt werden kann.

2. Meinungsstand44 a) Die Begrenzung der Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters analog § 613a I, II BGB Die überwiegende Ansicht in der Literatur45 bejaht die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 613a I, 11 BGB. Zur Begründung werden im wesentlichen drei Argumente angeführt: 40 Vgl. zu diesem Kriterium: BGH AP Nr. 5 zu § 128 HGB; Bauer, BB 1980,635 f.; Beitzke, Anmerk. AP Nr. 2 zu § 128 HGB;Herminghausen, DB 1979,1409; Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (411 f.); Wexel, BB 1981,1401, (1402); Wiedemann, Anmerk. AP Nr. 1 zu § 128 HGB. 41 So z.B.: BGH AP Nr. 2, 5, 7 zu § 128 HGB; BAG AP Nr.4 zu § 128 HGB (anders noch: BAG AP Nr. 1 zu § 128 HGB); Bauer, BB 1980,635 f.; Wiesner, ZiP 1983, 1032. 42 So im Anschluß an Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (398 fL): BAG ZiP 1983, 715, (719); BAG AP Nr. 5 zu § 128 HGB; Koch NJW 1984,833, (836); Lieb, ZGR 1985, 124, (129). 43 Eine unmittelbare Anwendung des § 613a BGB ist lediglich von v. Stebut, ZGR 1981, 183, 205 ff. befürwortet worden. Da durch das Ausscheiden eines Gesellschafters die Identität der PersonenhandeisgeseUschaft unberührt bleibt (so: BGHZ 44, 229, 231), fehlt es an dem für die unmittelbare Anwendung des § 613a BGB erforderlichen Subjektswechsels. Die Auffassung von v. Stebuts würde deshalb ohne Not gesicherte gesellschaftsrechtliche Grundlagen aufgeben und ist deshalb zu Recht auf Ablehnung gestoßen (so: BAG ZiP 1983, 715, 718 f.; Koch, NJW 1984,833,837; Wiesner, ZiP 1983, 1032, 1035 m.w.N.). 44 Im folgenden soU die Darstellung ausschließlich auf die Frage der analogen Anwendung des § 613a BGB in Bezug auf die Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters begrenzt bleiben. 45 Bauer BB 1980, 635, (636); Baumbach/Duden/Hopt, § 128 HGB Anmerk. 5 B; Beitzke, Anmerk. AP Nr. 2 zu § 128 HGB; ders., Anmerk., SAE 1978, 119; Bobrowsky/ Gaul, Arbeitsrecht K II Rdnr. 31; Dehmer, Betriebsaufspaltung S. 241 Rdnr. 874; Herminghausen, DB 1979, 1409, (1412); Herschel, ZfA 1977, 219, (236 f.); ders., BlStSoz-

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

aa) Parallelität zwischen dem Betriebsinhaberwechsel und dem Ausscheiden eines Gesellschafters Zum einen sei eine analoge Anwendung des § 613a BGB deshalb geboten, weil der Austritt aus einer Gesellschaft und der Betriebsinhaberwechsel in den wesentlichen Grundstrukturen übereinstimmen. Zwar liege beim Ausscheiden eines Gesellschafters kein Subjektswechsel im engeren Sinne vor, da die Identität der Gesellschaft nach § 124 HGB durch den Austritt nicht tangiert werde, ebenso sei zuzugeben, daß der Wechsel ei· nes Rechtsträgers mit dem Austritt eines Gesellschafters auf den ersten Blick nicht miteinander verglichen werden könnte, jedoch stünden diese Unterschiede einer Wesensgleichheit nicht entgegen. 46 So dürfe z.B. der Begriff des Eintritts in einen Betrieb nicht überbetont werden. Entscheidend für den Erwerber sei, daß der Betrieb immobil bleibe und sich nur eine Änderung in der Führungsspitze ergebe. 47 Da der persönlich haftende Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft als funktioneller Arbeitgeber anzusehen sei, bewirke dessen Ausscheiden nicht nur eine Veränderung in der Führungsspitze, sondern es liege zusätzlich ein Subjektswechsel im weiteren Sinne vor. 48 Darüber hinaus besitze der ausgeschiedene Gesellschafter in gleicher Weise wie der bisherige Betriebsinhaber ein Interesse an seiner Enthaftung. 49 Diese Enthaftung könne dem ausgeschiedenen Gesellschafter auch mit Rücksicht auf den Schutzzweck des § 613a BGB zugebilligt werden. Die Personenhandelsgesellschaft behalte ihre Identität, weshalb der Bestand der Arbeitsverhältnisse nicht gefährdet sei. Da den Arbeitnehmern der Arbeitsplatz erhalten bleibe, könne dem ausscheidenden Gesellschafter die Enthaftung nach § 613a BGB nicht verwehrt werden. so bb) § 613a 11 BGB als generelles Enthaftungsprivileg bei fehlendem Einfluß auf die Betriebsführung Zum anderen müsse berücksichtigt werden, daß § 613a BGB dem ehemaligen Betriebsinhaber deshalb das Enthaftungsprivileg zubillige, weil dieser ArbR 1979 33, (34f.); Höfer/Kemper/Küpper, BB 1979; 1673; Höfer/Küpper, DB 1983, 2085, (2086); Koch, NJW 1984,833 ff.; Reuter, gern. Anmerk. zu AP Nr. 4, 5,6,7 zu § 128 HGB; Steindorff/Roth, AR.-Bl. Jur.Person, Anmerk. zu Entsch. 19; Ulmer, BB 1983, 1865; Wiedemann, Anmerk. AP Nr. 1 zu § 128 HGB; Wiesner, ZiP 1983, 1032, (1036); begrenzt auf arbeitsrechtliche Ansprüche: lflmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (419 f.); vgl. für die Umwandlung: Binz, GmbGR 1978, 145, (151). 46 Herschel, BIStSozArbR 1979,33, (34 f.). 47 Herschel, ebenda, mit Hinweis auf: Herschel, ZfA 1977, 219, (236); ähnlich: Vollmer, DB 1978,921, (923). 48 Herschel, ebenda; vgl.: v. Stebut, ZGR 1981, 183, (205 f.). 49 Ulmer, BB 1983, 1865, (1869). 50 Beitzke, Anmerk. SAE 1978, 119; Ulmer, BB 1983,1865, (1869) weist zusätzlich darauf hin, daß die Arbeitnehmer durch andere gesetzliche Normen, wie z.B. die §§ 59 Nr. 3 a KO; 141 a ff. AFG sowie Sozialansprüche hinreichend geschützt seien.

Teil B: § 613a BGB im Gesellschaftsrecht

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nach erfolgtem Betriebsübergarig keinen Einfluß auf die Betriebsführung mehr besitzeY § 613a 11 BGB bringe somit das Prinzip des Gleichlaufs von Haftung und Verantwortung zum Ausdruck und müsse demnach als Muster für die zeitliche Strukturierung von Dauerschuldverhältnissen angesehen werden. 52 Da ein Gesellschafter nach seinem Austritt keinen Einfluß mehr auf die Geschäftspolitik der OHG oder KG nehmen könne, müsse ihm der allgemeine Rechtsgrundsatz des § 613 11 BGB ebenfalls zugutekommen. 53 cc) Vermeidung von Wertungswidersprüchen durch die analoge Heranziehung des § 613a BGB Zusätzlich wird darauf hingewiesen, daß eine analoge Anwendung des

§ 613a BGB deshalb zwingend erforderlich sei, da andernfalls gravierende

Wertungswidersprüche zu vergleichbaren Fallgestaltungen bestehen würden. 54

So erspare z.B. der Austritt eines Gesellschafters unter Wahrung der Gesellschaftsidentität die komplizierte und kostspielige Auflösung der Gesellschaft verbunden mit einer Neugründung durch die verbleibenden Gesellschafter. Da die übertragung des Betriebes von der aufgelösten auf die neugegründete Gesellschaft zweifelsfrei dem § 613a BGB unterfalle, könne für das Ausscheiden des Gesellschafters nichts anderes gelten. 55 Ähnliche widersprüchliche Ergebnisse ergäben sich bei dem sukzessiven Austritt zweier Gesellschafter aus einer Drei-Personen-Gesellschaft. Die Identität der Gesellschaft würde durch den Austritt des ersten Gesellschafters nicht berührt. § 159 HGB komme deshalb uneingeschränkt zur Anwendung. Würde nach Austritt des zweiten Gesellschafters der verbleibende Gesellschafter das Unternehmen i.S.v. § 142 HGB übernehmen und fortführen, ginge die Gesellschaft unter, und es träte ein Subjektwechsel ein mit der Folge, daß § 613a BGB unmittelbar zugunsten des zweiten Gesellschafters einschlägig sei. Die Anwendbarkeit des § 613a BGB könne jedoch nicht von der Reihenfolge des Ausscheidens abhängen. 56

51 So: Wiedemann, Anmerk. AP Nr. 1 zu § 128 HGB; zustimmend: Bauer, BB 1980, 635, (636); Beitzke, Anmerk. AP Nr. 2 zu § 128 HGB; Hersehel, BlStSozArbR 1979,33; Reuter, gern. Anmerk. zu AP Nr. 4-7 zu § 128 HGB; begrenzt auf arbeitsrechtliche Ansprüche: Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (419). 52 Wiedemann, Anmerk. AP Nr. 1 zu § 128 HGB; Bauer, BB 1980,635, (636), Hersehel, BlStSozArbR 1979,33. 53 Nachweise in Fußnote 43. 54 Herminghausen, DB 1979, 1409, (1410 f.) weist darauf hin, daß diese WertungswiderspTÜche mit den Art. 14,3 GG nicht vereinbar seien. 55 Beitzke, Anmerk. AP Nr. 2 zu § 128 HGB; Reuter, gern. Anmerk. zu AP Nr. 4-7 zu § 128 HGB; Steindorff/Roth, AR.-Bl. Juristische Person, Anmerk. zu Entsch. 19. 56 Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (420); Reuter, gern. Anmerk. zu AP Nr. 4-7 zu § 128 HGB; Höfer/Kemper/Küpper, BB 1979, 1673, (1676).

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

b) Ablehnung der analogen Anwendung des § 613a BGB Im Gegensatz dazu lehnen das BAG 57 , der BGH 58 und ein Teil der Literatur 59 die Begrenzung der Nachhaftung des ausgeschiedenen Gesellschafters analog § 613a BGB ab. Abgesehen davon, daß § 613a BGB keine Schutzvorschrift zugunsten ausgeschiedener Gesellschafter darstelle 60 , scheide eine Analogie bereits deshalb aus, weil die regelungsbedürftigen Probleme beim Austritt eines Gesellschafters und beim Betriebsübergang nicht vergleichbar seien. 61 Dies zeige sich u.a. daran, daß der Gesetzgeber mit der Haftungsregelung des § 613a BGB den Arbeitnehmern einen zusätzlichen Schuldner verschaffen wollte. An dieser Voraussetzung fehle es jedoch beim Austritt eines Gesellschafters. 62 Zudem stelle § 613a BGB eine spezielle arbeitsrechtliche Regelung dar, die auf andere Dauerschuldverhältnisse nicht übertragbar sei. 63 Ebensowenig könne § 613a BGB der allgemeine Rechtsgedanke entnommen werden, daß mit dem Verlust der Einflußmöglichkeit auf die Betriebsführung eine Haftungsbegrenzung verbunden sein müsse. 64 Dies gelte um so mehr, als der Gesetzgeber mit der Kodifizierung des § 613a BGB weder eine derart revolutionierende Haftungsregelung schaffen wollte noch sich einer solchen (möglichen) Interpretation bewußt gewesen sei. 65 57 BAG SAE 1978, 117 = AP Nr.1 zu § 128 HGB; BAG ZiP 1983, 715 = AP Nr. 4 zu § 128 HGB; zustimmend: LAG Frankfurt BB 1983, 1101. 58 BGH AP Nr. 5 zu § 128 HGB. 59 Baumann/Hauth, Jura 1981,94, (107); Birk, Anmerk. EzA Nr. 1 zu § 613a BGB

(BI. 15); Blomeyer/Otto, Einl. BetrAVG Rdnr. 277; Hohmann, NWB, Fach 26, 1885, (1886); Jauernig/Schlechtriem, § 613a BGB Anmerk. 5; Lieb, ZGR 1985,124, (133 ff.); Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 1 c ee; MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 18; ders., Handbuch § 118 IV 5 S. 707; ders., ArbRdGgw 18 (1981) 71, (75); ders., ZiP 1984,272, (273); Wexel, BB 1981, 1401, (1404 f.); als allgemeine Haftungsbegrenzung ebenfalls: Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (408 und417). 60 In diesem Sinne: BAG ZiP 1983, 715, (719); BAG SAE 1978, 117, (118); Wexel, BB 1981, 1401, (1405). 61 So: BAG ZiP 1983, 715, (719). 62 BAG, ebenda; modifizierend: Lieb, ZGR 1985, 124, (135). 63 Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (408 und 417); vgl.: Lieb, ZGR 1985,124, (136). 64 BAG ZiP 1983, 715, (719). 65 Nachweise in Fußnote 63. Das BAG hat seine Ansicht ursprünglich damit begründet, daß der Arbeitnehmer beim Betriebsinhaberwechsel vor einer Verschlechterung der Haftungsgrundlage durch das Widerspruchsrecht geschützt sei. Da er das Widerspruchsrecht beim Gesellschafteraustritt mangels eines Subjektswechsels nicht ausüben könne, dürfe die Enthaftungsregelung des § 613a 11 BGB ebenfalls nicht eingreifen. (In diesem Sinne: BAG SAE 1978, 117, 118). Diese Argumentation vermag deshalb nicht zu überzeugen, weil das Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers diesem nur dann nützt, wenn der ehemalige Be· triebsinhaber über eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit verfügt. Da dies häufig nicht der Fall sein wird, stellt das Widerspruchsrecht keinen effektiven Schutz dar, um dem Arbeitnehmer die Haftungsgrundlage zu erhalten. (So: Beitzke, Anmerk. SAE 1978, 119 f.;Bauer, BB 1980,635,636; Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (420). Aus diesem Grunde hat das BAG in der Entscheidung vom 3.5.1983, (= ZiP 1983, 715 ff.) dieses Argument nicht wiederholt.

Teil B: § 613a BGB im Gesellschaftsrecht

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3. Stellungnahme a) Zu den Voraussetzungen einer Gesetzesanalogie Eine Gesetzesanalogie kommt dann in Betracht, wenn die rechtliche Wertung, die einer Norm zugrundeliegt, gleichennaßen auf einen Sachverhalt zutrifft, der von dem tatbestandlichen Anwendungsbereich der Nonn unmittelbar nicht erfaßt wird. 66 Entscheidende Indizwirkung für die Ennittlung der Wesensgleichheit kommt dabei der Rechtsähnlichkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen 67 und der übertragbarkeit der ratio legis der gesetzlichen Vorschrift ZU. 68 Die Regelung des § 613a BGB knüpft an einen Subjektwechsel an. Zwischen dem neuen und dem bisherigen Betriebsinhaber muß rechtlich gesehen ein Aliud-Verhältnis bestehen. 69 Durch den Austritt eines Gesellschafters wird die Identität der Gesellschaft jedoch nicht verändert. 7o Selbst wenn man die persönlich haftenden Gesellschafter als funktionale Arbeitgeber ansieht, stehen die verbleibenden Gesellschafter im Vergleich zum ursprünglichen Gesellschafterbestand in einem Minus-, keinesfalls jedoch in einem Aliud- Verhältnis. Darüber hinaus ist § 613a BGB geschaffen worden, um eine Lücke im Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse zu schließen. Dem neuen Betriebsinhaber soll es anläßlich des Betriebsübergangs nicht möglich sein, einzelnen Arbeitnehmern zu kündigen bzw. unerwünschte Arbeitnehmer von der übernahme auszuschließen. 71 Die Regelung des § 613a BGB ist in diesen Kontext eingebunden. Eine Analogie kommt deshalb nur in Betracht, wenn die ratio legis des § 613a BGB auf den Fall des Ausscheidens eines Gesellschafters übertragbar ist. Da durch den Austritt eines Gesellschafters der Bestand der Arbeitsverhältnisse nicht gefährdet wird 72 , ist die Anwendbarkeit des § 613a BGB von seinem Schutzzweck her nicht gefordert. 73 Insofern ist es durchaus zutreffend, wenn die Rechtsprechung darauf hinweist, daß § 613a BGB keine Schutzvorschrift zugunsten ausscheidender Gesellschafter sei. 74 Aufgrund dieser erheblichen Unterschiede ist folglich die Möglichkeit einer Gesetzesanalogie ausgeschlossen.

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Larenz, Methodenlehre S. 255 f.; Sauer, Methodenlehre, S. 305; Klug, Logik

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Sauer, Methodenlehre S. 305. Nachweise in Fußnote 61. V gl.: Darstellung in Kapitel 2 Teil A III 3. Nachweise in Fußnote 39. Vgl.: Darstellung in Kapitell Teil A II 2 a aa. Vollmer, DB 1978,921, (923). In diesem Sinne: BaumannfHauth, Jura 1981,84, (107). Nachweise in Fußnote 55.

S. 109 ff. 68 69 10 71

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

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b) Zur Möglichkeit einer Rechtsanalogie Scheidet eine Gesetzesanalogie aus, stellt sich die Frage, ob eine isolierte, rechtsanaloge Anwendung des § 613a 11 BGB zulässig ist. Eine Rechtsanalo· gie wird üblicherweise dann als zulässig erachtet, wenn aus mehreren gesetzli· chen Regelungen ein allgemeiner Rechtsgrundsatz entnommen werden kann, der auf einen nicht geregelten Tatbestand ebenso zutrifft. 7s Bisweilen genügt allerdings auch die KlarsteIlung in einer einzigen Gesetzesbestimmung, so· fern der ratio legis ein verallgemeinerungsfähiger Rechtsgrundsatz zu entneh· men ist. 76 aa) Fehlende Verallgemeinernngsfähigkeit des § 613a 11 BGB Bezogen auf § 613a 11 BGB bestehen bereits erhebliche Bedenken in Hin· blick auf dessen Generalisierbarkeit. § 613a 11 BGB stellt eine spezielle ar· beitsrechtliche Regelung dar, die zudem auf den Sonderfall des Betriebsinha· berwechsels bezogen ist. 77 Spezialnormen sind jedoch anerkanntermaßen nur in seltenen Ausnahmefällen überhaupt analogiefahig. 78 Desweiteren ist die Regelung des § 613a 11 BGB selbst im arbeitsrechtlichen Bereich lückenhaft. Z.B. hat der Gesetzgeber eine Klärung der Haftung für Versorgungsansprüche der Arbeitnehmer ausgespart. 79 Zudem käme eine Verallgemeinerung des § 613a BGB einer Revolutionierung des Haftungsrechts gleich. so Die Enthaf· tung des bisherigen Arbeitgebers stellt jedoch keine die Haftungsproblematik insgesamt reflektierende Entscheidung des Gesetzgebers dar 8 !, was u.a. darin zum Ausdruck kommt, daß die §§ 419 GBG, 25 HGB weder geändert noch eine Harmonisierung des § 613a BGB mit diesen Vorschriften in Erwägung gezogen worden ist. 82 § 613a 11 BGB kann damit kein verallgemeinerungsfähiger Charakter zugebilligt werden.

bb) Fehlinterpretation des § 613a 11 BGB als allgemeingültiges Enthaftungsprinzip Unabhängig davon kann § 613a 11 BGB inhaltlich nicht der allgemeine Grundsatz entnommen werden, daß mit dem Verlust der Einflußmöglichkeit 75 76

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Larenz, Methodenlehre S. 258; Klug, Logik S. 110 f.; Sauer, Methodenlehre S. 31!. So: Larenz, Methodenlehre S. 262. So: Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (408 und 417). Klug, Logik S. 113 f. Lieb, ZGR 1985,124, (135); vgl. neuerdings: BAG NZA 1985, 393. Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (417). Lieb, ZGR 1985, 124, (136). Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (417); Lieb, ZGR 1985, 124, (136).

Teil B: § 613a BGB im Gesellschaftsrecht

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auf das Betriebsgeschehen eine Enthaftung verbunden sein müsse. 83 Die überwiegende Literaturansicht, die § 613a II BGB eine derartige Enthaftungsphilosophie unterstellt, übersieht den zwingenden Anlaß für die Schaffung des § 613a II BGB und verkennt dessen ratio legis.

aaa) § 613a II BGB als haftungsbegründende Vorschrift Im Gegensatz zu den §§ 419 BGB, 25 HGB hat der Gesetzgeber bei § 613a BG B rechtskonstruktiv den Weg eines Schuldnerwechsels bzw. Vertragsübergangs gewählt. 84 Gäbe es § 613a 11 BGB nicht, würde mit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs der Erwerber alleiniger Schuldner der Verbindlichkeiten aus den Arbeitsverhältnissen. Da der bisherige Inhaber seine Arbeitgeberstellung vollständig verliert, käme es zu seinen Gunsten zu einer Art Totalenthaftung. Von dieser Totalenthaftung würden selbst solche Ansprüche erfaßt, die vor dem Betriebsübergang entstanden und fällig geworden sind. Der ehemalige Betriebsinhaber hätte damit nicht einmal für Leistungen einzustehen, die ihm noch als Betriebsinhaber zugute gekommen sind. Um eine derartige unbillige Enthaftung des bisherigen Inhabers über § 613a I BGB zu vermeiden, mußte dessen begrenzte Weiterhaftung in § 613a 11 BGB gesetzlich neu angeordnet werden. 85 Daraus folgt, daß § 613a 11 BGB seiner rechtlichen Struktur nach haftungsbegründenden und keinen enthaftenden Charakter besitzt. Bereits diese Feststellung steht einer Interpretation des § 613a 11 BGB als Enthaftungsnorm entgegen.

bbb) Die ratio legis des § 613a 11 BGB Die enthaftende Wirkung des § 613a 11 BGB resultiert daher aus der zeitlichen Begrenzung der Haftungsanordnung auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs. Ausweislich der Stellungnahme des Bundesrates 86 dient diese zeitliche Limitierung in der Tat dazu, den Betriebsveräußerer von den Risiken der Betriebsfortführung durch den Erwerber freizustellen. Allerdings kann § 613a 11 BGB aufgrund dessen nicht als allgemeine Enthaftungsnorm bei fehlendem Einfluß auf das Betriebsgeschehen ausgelegt werden. Zum einen handelt es sich bei der Risikofreistellung nicht um die einzige Motivation, die § 613a 11 BGB zugrundeliegt. § 613a BGB bezweckt unbeBAG ZiP 1983, 715, (719). Seiter, Betriebsinhaberwechsel S.107 f.; Lieb, ZGR 1985,124, (136). 85 Heinze, DB 1980, 205, (206 f.); MüKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 57; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 101; ders., Anmerk. AP Nr. 12 zu § 613a BGB; Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 34. 86 BT/DS VI/1786 S. 67. 83 84

9 Pietzko

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

strittenermaßen die Aufrechterhaltung des rechtlichen Status quo. Durch den Betriebsübergang soll der Arbeitnehmer weder benachteiligt noch begünstigt werden. 87 Es soll, abgesehen vom Wechsel des Inhabers, alles beim alten bleiben. 88 Eine zeitliche Parallelhaftung beider Betriebsinhaber89 würde gegen diese Intention verstoßen. Durch den Betriebsübergang käme es zu einer wundersamen Schuldnervermehrung zugunsten der Arbeitnehmer. Diese könnten hinsichtlich ihrer zukünftigen Ansprüche auf zwei Haftungssubjekte mit zwei unterschiedlichen Haftungsmassen zurückgreifen. Ein solches Ergebnis wird jedoch bereits im Rahmen des § 419 BGB als rechtspolitisch verfehlt angesehen 90 und soll beim Betriebsübergang durch § 613a 11 BGB vermieden werden. Zum anderen knüpft § 613a BGB an den Arbeitgeber als Haftungssubjekt an. Durch die überleitung des Arbeitsverhältnisses werden die Garanten der Haftung ausgetauscht. Für den bisherigen Inhaber und Arbeitgeber wird den Arbeitnehmern durch den Betriebserwerber ein Haftungssurrogat zur Verfügung gestellt. Die in § 613a 11 BGB ausgesprochene zeitliche Haftungslimitierung wird den Arbeitnehmern somit nur deshalb zugemutet bzw. als zulässig erachtet, weil mit dieser Regelung keine Reduzierung der Haftungssubjekte verbunden ist. Da der Gesetzgeber den neuen Inhaber als gleichwertigen Haftungsersatz für die Arbeitnehmer ansieht, besteht kein legitimes Interesse der Belegschaft mehr an der Weiterhaftung des bisherigen Betriebsinhabers. Mit anderen Worten: Die Enthaftung des § 613a 11 BGB ist von seiner ratio her bedingt durch die Stellung eines Haftungssurrogates. 91 Zusammenfassend läßt sich damit feststellen, daß § 613a 11 BGB die Enthaftung des bisherigen Betriebsinhabers mit Rücksicht auf zwei grundsätzliche Wertentscheidungen des Gesetzgebers zuläßt: (1) Den Ausschluß einer ungerechtfertigten Schuldnervermehrung zugunsten der Arbeitnehmer (Status quo-Argument). (2) Die Zumutbarkeit der Enthaftung des ehemaligen Inhabers aufgrund der Stellung eines gleichwertigen Haftungssubjekts (Haftungssurrogats-Argument). Vgl. dazu: Darstellung in Kapitel 4 Teil A 11 4 b bb aaa. Nachweise in Kapitell Fußnote 105. 89 Vgl. z.B.: § 571 11 BGB sowie § 90 11 des Gesetzentwurfes eines Arbeitsverhältnisgesetzes von 1938 (abgedruckt in: Kapitel 3 Fußnote 9). 90 Vgl. dazu: Darstellung und Nachweise bei: Palandt/Heinrichs, § 419 BGB Anmerk. 1 (am Ende) sowie Anmerk. 3 a. 91 In diesem Sinne wohl: BAG ZiP 1983, 715, (719), das darauf hinweist, daß der Gesetzgeber den Arbeitnehmern einen zusätzlichen Schuldner verschaffen wollte; modifizierend: Lieb, ZGR 1985, 124, (135), der darauf abstellt, daß der ausscheidende Gesellschafter der Gesellschaft regelmäßig ersatzlos sein Kapitel entziehen wird, wodurch die Haftungsgrundlage für die Arbeitnehmer geschmälert wird. Die Uberzeugungskraft dieses Arguments erscheint in dieser Form deshalb zweifelhaft, weil § 613a BGB lediglich auf die Verität, nicht jedoch auf die Bonität des Arbeitsverhältnisses abstellt. (vgl. dazu ausflihrlieh: Die Darstellung in Kapitel 4 Teil A 11 4 b bb bbb). 87 88

Teil B: § 613a BGB im Gesellschaftsrecht

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Folglich beruht § 613a 11 BGB nicht auf dem Grundgedanken des Gleichlaufs von Haftung und Verantwortung. Eine Rechtsanalogie ist damit ebenfalls ausgeschlossen.

c) Keine Wertungswidersprii.che bezüglich anderer Fallkonstellationen Eine Enthaftung des ausscheidenden Gesellschafters analog § 613a BGB ist somit nur dann möglich und geboten, wenn andernfalls dessen Nichtanwendung im Vergleich zu gleichgelagerten Fallkonstellationen, bei denen die Regelung des § 613a 11 BGB einschlägig ist, zu willkürlichen Ergebnissen und unzulässigen Differenzierungen führen würde. aa) Vergleich zwischen dem Ausscheiden eines Gesellschafters und der Auflösung der Gesellschaft Eine willkürliche Differenzierung könnte darin liegen, daß bei einer Betriebsveräußerung im Rahmen der Liquidation einer Gesellschaft § 613a BGB zur Anwendung kommt 92 , während dies beim Austritt eines Gesellschafters nicht der Fall sein soll, obwohl dadurch gerade die kostspielige und umständliche Auflösung der Gesellschaft vermieden wird. 93 Gegen das Vorliegen eines Wertungswiderspruchs bestehen jedoch Bedenken. § 131 Nr. 6 HGB besitzt anerkanntermaßen dispositiven Charakter. Die Gesellschafter können deshalb wählen, ob sie mit der Kündigung eines Gesellschafters die Fortführung oder die Auflösung der Gesellschaft verbinden wollen. Der Gesetzgeber stellt damit zwei rechtlich unterschiedliche, ansonsten allerdings gleichwertige Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung. Stehen folglich zwei rechtlich unterschiedliche Dispositionsmöglichkeiten zur \V ahl, kann eine haftungsrechtliche Gleichbehandlung nicht mit der Begründung gefordert werden, daß die Fortführung der Gesellschaft als wirtschaftlich sinnvollere Maßnahme regelmäßig bevorzugt wird. Denn diese wirtschaftlichen Erwägungen erläutern lediglich den Entscheidungsprozeß, beseitigen jedoch nicht die rechtliche Unterschiedlichkeit beider Gestaltungsmöglichkeiten. 94 Das Verbot einer Ungleichbehandlung kann vielmehr nur dann eingreifen, wenn die zugrundeliegenden Sachverhalte in ihren Grundstrukturen gleichgelagert sind. Demnach setzt das Vorliegen eines Wertungswiderspruches voraus, daß die für den ausscheidenden Gesellschafter geforderte Enthaftung Sofern zwischenzeitlich keine Betriebsstillegung erfolgt. Nachweise in Fußnote 55. 94 In diesem Sinne: Baumann/Hauth, Jura 1981, 94, (106 f.), die darauf hinweisen, daß die Auflösung der Gesellschaft mit dem Ausscheiden eines Gesellschafters nicht gleichgesetzt werden könne. 92 93

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

derjenigen Enthaftung vergleichbar ist, die durch die Anwendbarkeit des § 613a 11 BGB bei einer Betriebsveräußerung anläßlich der Liquidation einer Personenhandelsgesellschaft eintritt. Die Gefahr der Endloshaftung des ausscheidenden Gesellschafters bei Fort· führung der Gesellschaft beruht darauf, daß dieser für Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen akzessorisch weiterhaftet, die vor seinem Ausscheiden begründet und nach seinem Ausscheiden gegenüber der Gesellschaft fällig werden. Insofern erfordert die Vermeidung der Endloshaftung die unmittelbare Enthaftung zugunsten eines einzigen Gesellschafters unter Durchbrechung des Prinzips der Akzessorität der Gesellschafterhaftung. Im Gegensatz dazu treffen die Rechtsfolgen des § 613a 11 BGB bei einer Veräußerung des Betriebes unmittelbar die Personenhandelsgesellschaft selbst. Die einzelnen Gesellschafter werden lediglich mittelbar über den Grundsatz der Akzessorität der Haftung begünstigt. Insofern führt § 613a BGB zu einer mittelbaren Enthaftung aller Gesellschafter aufgrund des Prinzips der akzessorischen Haftung. Die geforderte Enthaftung für den ausgeschiedenen Gesellschafter weist damit strukturell keine Ähnlichkeit mit der Enthaftung auf, die über § 613a 11 BGB bei einer Betriebsveräußerung zur Liquidation der Gesellschaft eintritt. 9s Aufgrund dessen liegt in der Ablehnung der analogen Anwendung des § 613a BGB auf die haftungsrechtlichen Folgen des ausscheidenden Gesellschafters einer Personenhandelsgesellschaft kein Wertungswiderspruch im Vergleich zur Auflösung der Gesellschaft. bb) Kein Wertungswiderspruch beim sukzessiven Ausscheiden mehrerer Gesellschafter Soweit in der Literatur ein Wertungswiderspruch darin gesehen wird, daß bei einem sukzessiven Ausscheiden von zwei Gesellschaftern aus einer Personenhandelsgesellschaft der erste ausscheidende Gesellschafter unbegrenzt haften soll, während zugunsten des zweiten Gesellschafters § 613a 11 BGB einschlägig sein soll, kann dem ebenfalls nicht zugestimmt werden. Die übernahme der Gesellschaft i.S.v. § 142 HGB wird anerkanntermaßen als gesellschaftsrechtliche. Gesamtrechtsnachfolge angesehen bzw. einer solchen gleichgestellt. 96 Der übernehmende Gesellschafter tritt durch die Ge9S In der Literatur wird teilweise vorgeschlagen. eine Enthaftung der persönlich haftenden Gesellschafter einer OHG bzw. KG nach § 613a BGB dadurch zu bewirken, daß die Personenhandelsgesellschaft ihren Betrieb auf eine eigens zu diesem Zweck gegründete GmbH verpachtet (so z.B.: Binz/Rauser, BB 1980,897; Hennerkes/Binz, Die GmbH & Co S. 450 ff.; Zartmann, Betriebsaufspaltung S. 50). Da durch diese Betriebsaufspaltung le· diglich eine mittelbare Enthaftung aller Gesellschafter aufgrund des Prinzips der Akzessorietät der Gesellschafterhaftung eintritt, stellt diese Enthaftungsmöglichkeit ebenfalls keinen Wertungswiderspruch zur Haftung des ausgeschiedenen Gesellschafters dar (a.A. Koch, NJW 1984,833,840; v. Stebut, ZGR 1981,183,194).

Teil B: § 613a BGB im Gesellschaftsrecht

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samtrechtsnachfolge als Vertragspartner an die Stelle der bisherigen Gesellschaft, während diese erlischt. Gleichwohl kommt es nach der Rechtsprechung des BGH zu keiner (gesellschaftsrechtlichen) Enthaftung der ausgeschiedenen Gesellschafter. 97 In seiner Entscheidung vom 6.6.1968 führt der BGH 98 wörtlich aus: ,Eine solche Gesamtrechtsnachfolge (i.S.v. § 142 HGB)99 läßt die Haftung eines zuvor ausgeschiedenen Gesellschaftters in derselben Weise bestehen, wie wenn die Gesellschaft fortbestünde. 1oo In Bezug auf die Haftung der ausgeschiedenen Gesellschafter wird damit der Fortbestand der Gesellschaft fingiert, um auf diese Weise eine Benachteiligung der Gläubiger zu vermeiden. Diese Fiktion des Fortbestandes der Gesellschaft in Bezug auf die Haftung der ausgeschiedenen Gesellschafter muß sich auch hinsichtlich des § 613a BGB auswirken. Die gesellschaftsrechtlichen Wertungen sind gleichermaßen im Arbeitsrecht zu respektieren. Bezüglich der Haftung der ausgetretenen Gesellschafter ist deshalb ebenfalls vom Fehlen des Inhaberwechsels auszugehen mit der Folge, daß § 613a 11 BGB nicht einschlägig ist. IOI Das Vorliegen eines Wertungswiderspruchs beim sukzessiven Ausscheiden mehrerer Gesellschafter aus einer Personenhandelsgesellschaft ist somit ausgeschlossen. Folglich ist als Ergebnis festzuhalten, daß das Problem der Haftungsbegrenzung des ausgeschiedenen Gesellschafters bei Dauerschuldverhältnissen jedenfalls nicht durch eine analoge Heranziehung des § 613a BGB gelöst werden kann.

96 BGHZ 48, 203, (206); BGHZ 44, 229ff.; Baumbach/Duden/Hopt, § 142 Anmerk. 3 a; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 28; ders., in Höhers S. 277 Rdnr. 21; Schaub, ZiP 1984, 272, (273); Schramm, Willensbeteiligung S. 134; GK/Ulmer, § 142 HGB Anmerk. 34, 27. 97 BGHZ 50, 232, (237); BGHZ 48, 203, (206 f.), Baumbach/Duden/Hopt, § 142 HGB Anmerk. 3 c; GK/Ulmer, § 142 HGB Anmerk. 37. 98 BGHZ 50,232, (237). 99 Erläuternde Einfügung durch den Verfasser. 100 Nachweise in Fußnote 97. 101 Für die h.A. im Arbeitsrecht ergibt sich die Unanwendbarkeit des § 613a BGB aus einer anderen überlegung. Danach dient das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge (vgl. dazu: Darstellung in Kapitel 3 Teil All 1). Konsequenterweise erfaßt § 613a BGB nach dieser Ansicht ebenfalls nicht die übernahme der Gesellschaft nach § 142 HGB, die der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge zugerechnet wird (so: Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 493). Allerdings ist diese Interpretation - wie in Kapitel 3 Teil A III 1 im einzelnen dargelegt abzulehnen.

Teile

Betriebsaufspaltung und Arbeitnehmerleihe als möglicher Umgehungstatbestand I. Einleitung 1. Grundsätzliches zur Betriebsaufspaltung Aus zivilrechtlicher Sicht liegt der Betriebsaufspaltung eine bemerkenswert einfache Struktur zugrunde. 102 Das bestehende Unternehmen, meist eine Personenhandelsgesellschaft, überläßt das gesamte betriebliche Anlagevermögen einer neugegründeten Gesellschaft, dem sog. ,Betn'ebsunternehmen', zur Nutzung, während die ursprüngliche Gesellschaft in Folge nur noch als Eigentümerin des Betriebsvermögens, d.h. als sog. ,Besitzunternehmen " nach außen in Erscheinung tritt. 103 Da die Inhaber des Besitzunternehmens erfahrungsgemäß zugleich rechtlich und wirtschaftlich an der Betriebsgesellschaft beteiligt sind, ist die Betriebsaufspaltung üblicherweise durch eine enge personelle Verflechtung zwischen den Unternehmen gekennzeichnet. 104 Je nach der Rechtsform der beteiligten Gesellschaften sowie dem zeitlichen Ablauf der Gründungsakte unterscheidet man die sog. ,echte 105 , unechte l06 , umgekehrte l07 oder kapitalistische Betriebsaufspaltung' .108 Für die Durchführung der Betriebsaufspaltung stehen haftungsrechtliche lo9 und steuerrechtliche llo Dehmer, Betriebsaufspaltung S. 29 Rdnr. 14. Ebenda. 104 Ebenda. lOS Hierbei handelt es sich um die klassische Form der Betriebsaufspaltung. Die beste· hende Personenhandelsgesellschaft verlagert ihre gesamte gewerbliche Aktivität auf die neu gegründete Kapitalgesellschaft; vgl. dazu: Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. A 4-6; Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 28 f. 106 Diese Art der Betriebsaufspaltung liegt dann vor, wenn Besitz und Betriebsgesell· schaft von vornherein als zwei selbständige Unternehmen errichtet werden, vgl. dazu: Köl· ner Handbuch Betriebsaufspaltung/Felix, Rdnr. 13; Zartmann, Betriebsaufspaltung S. 42. 107 Eine umgekehrte Betriebsaufspaltung ist dadurch gekennzeichnet, daß als Ausgangsunternehmen eine Kapitalgesellschaft besteht und als Betriebsunternehmen eine Personengesellschaft gegründet wird, vgI. dazu: Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 29; Zartmann, Betriebsaufspaltung S. 41. 108 Eine bestehende Kapitalgesellschaft verpachtet ihr Betriebsvermögen an eine zweite Kapitalgesellschaft, die von denselben Gesellschaftern beherrscht wird, vgl. dazu: Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. A 14. 109 Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 45 ff.; Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. A 15; Konzen, AuR 1985,341. 102

103

Teil C: Betriebsaufspaltung als Umgehungstatbestand

105

Vorteile im Vordergrund. Zusätzlich spielen jedoch u.U. auch das Interesse an der Unternehmenskontinuitätll 1 oder die Ausschaltung des BetrVG'72 bzw. des MitbestG'76 112 eine Rolle. 2. Die Anwendbarkeit des § 613a BGB im Rahmen der Betriebsaufspaltung l12a Aus arbeitsrechtlicher Sicht, d.h. in Hinblick auf die Anwendbarkeit des

§ 613a BGB, sind vor allen Dingen drei mögliche Typen der Betriebsaufspal-

tung von Bedeutung: 113

Skizze l14 TypA

TypB

TypC

Besitzgesellschan alt Betriebssesellscban .. eu Be.itzgeseliscban ..eu Betriebssesellschaft ..eu Besitzgesellschan ..eu Betriebssesellschan alt

Typ A: Diese Variante ist dadurch gekennzeichnet. daß die ursprüngliche Gesellschaft als Betriebsunternehmen aufrechterhalten und der Betrieb der neugegründeten Ge· seilschaft überlassen wird. Typ B: Die neu errichtete Betriebsgesellschaft setzt den Betrieb fort. Gleichzeitig werden die Vermögensrechte an den Betriebsmitteln auf eine ebenfalls neu gegründete Besitzunternehmung übertragen. Typ C: Das Wesen dieser Gestaltungsmöglichkeit besteht darin, daß die ursprüngliche Gesellschaft den Betrieb ohne Veränderung als Betriebsunternehmen fortführt. Lediglich die betrieblichen Vermögenswerte werden der neuerrichteten Besitzgesellschaft übertragen. 110 Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. A 25 ff.; Kölner Handbuch Betriebsauf spaltung/Felix, Rdnr. 20 ff.; Zartmann, Betriebsaufspaltung S. 51 ff. 111 Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. A 16-20; Ztirtmann, Betriebsaufspaltung S.43. 112 Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 49 ff., Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. A 22-24; Zartmann, Betriebsaufspaltung S. 45 f. l12a siehe dazu auch: Loritz, RdA 1987, 65, (77 f.). 113 So: Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 122 f.; Teichmüller, Betriebsänderung S. 54 f. 114 Skizze in Anlehnung an: Teichmüller, Betriebsänderung S. 54.

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

Bei einer Betriebsaufspaltung i.S.d. Typs A sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 613a BGB erfüllt. l15 Das Betriebsunternehmen kann den Betrieb so fortführen, wie die ursprüngliche Gesellschaft das jetzige Besitzunternehmen. Außerdem übt es als eigenständiger neuer Rechtsträger die betriebliche Leitungsmacht im eigenen Namen aus. Die Tatsache, daß regelmäßig der Gewinn an die Besitzgesellschaft abgeführt werden muß 116, steht der Anwendbarkeit des § 613a BGB nicht entgegen. Denn für das Tatbestandsmerkmal des Betriebsinhaberwechsels ist - wie dargelegtl17 - entscheidend, daß der jeweilige Inhaber unmittelbar für eigene Rechnung handelt, was bei der Betriebsgesellschaft der Fall ist. Die Variante B der Betriebsaufspaltung weist im Vergleich zum Typ A keine wesentlichen Unterschiede auf. Das Betriebsunternehmen führt den Betrieb in identischer Weise fort. § 613a BGB ist demnach ebenfalls einschlägig. Ohne Einfluß bleibt die gleichzeitige, eigentumsrechtliche Neuordnung auf das neuerrichtete Besitzunternehmen. Da der Betriebsübergang keinen Eigentumserwerb voraussetzt 118 , können der Betriebsinhaberwechsel und die Eigentumsübertragung an den Betriebsmitteln an verschiedene Rechtsträger unabhängig voneinander erfolgen. Eine Änderung der Rechtslage ergibt sich lediglich in Bezug auf den Typ C der Betriebsaufspaltung. Im Gegensatz zu den anderen beiden Gestaltungsmöglichkeiten findet bei dieser Form der Betriebsaufspaltung ausschließlich eine vermögensrechtliche Ausgliederung statt. Mit der übertragung der Rechtsinhaberschaft an den einzelnen Betriebsmitteln auf das neu gegründete Besitzunternehmen ist kein übergang der betrieblichen Leitungsmacht verbunden. Die tatsächliche Gewalt über das betriebliche Geschehen verbleibt vielmehr in vollem Umfang bei der ursprünglichen Gesellschaft. Damit ist das Tatbestandsmerkmal des Betriebsinhaberwechsels nicht erfüllt. Typ C der Betriebsaufspaltung wird somit vom Regelungsbereich des § 613a BGB nicht erfaßt. 119

115 So: BAG DB 1981, 1190 mit Anmerk. Löwisch, SAE 1982,18 ff.; ebenso: Bauer, Unternehmensveräußerung 'So 39 f.; ders., in Hölters S. 278 Rdnr. 22; Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 489 unter b; Binz/Rauser, BB 1980,897; Birk, BB 1976, 1227, (1228 f.); ders., ZGR 1984, 23, (31); Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 122; Brandmüller, Betriebsaufspaltung, Rdnr. C 7; Dehmer, Betriebsaufspaltung S. 235 Rdnr. 847; Eich, DB 1980, 255; Hennerkes/Binz, Die GmbH & Co S. 451; Kölner Handbuch Betriebsaufspaltung/Heinemann, Rdnr. 853; Konzen, AuR 1985,341; Liessem, Betriebsverpachtung S. 118; Sahmer, § 122 BetrVG'72 Anmerk. 3; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 44 f.; Teichmüller, Betriebsänderung S. 54; Zartmann, Betriebsaufspaltung S. 49. 116 Vgl.: Birk, BB 1976,1227, (1229). 117 Vgl.: Darstellung in Kapitel 2 Teil A 11 2. 118 Vgl.: Darstellung in Kapitel 2 Teil A 11 1; sowie in Kapitell Teil A IV 2. 119 So: Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 122 f.; Teichmüller, Betriebsänderung S. 54.

Teil C: Betriebsaufspaltung als Umgehungstatbestand

107

3. Darstellung der atypischen, problematischen Fallkonstellationen Obwohl die Anwendbarkeit des § 613a BGB in Bezug auf die verschiedenen Varianten der Betriebsaufspaltung - wie aus den vorangegangenen Ausführungen ersichtlich - grundsätzlich keine Schwierigkeiten bereitet, werden in Rechtsprechung und Literatur zwei atypische Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert, deren Zulässigkeit bzw. Vereinbarkeit mit § 613a BGB teilweise umstritten ist.

a) Fallkonstellation 1 120 Die erste Fallkonstellation ist durch eine besondere vertragliche Abrede zwischen Betriebs- und Besitzgesellschaft gekennzeichnet. Letztere soll weiterhin ihre ArbeitgebersteIlung behalten, die Lohn- und Gehaltzahlung übernehmen und ggf. bestimmte Weisungsbefugnisse (z.B. Vertretungs- und Urlaubsregelungen etc.) ausüben. Gleichzeitig wird vereinbart, daß das Besitzunternehmen als Arbeitgeber die Arbeitnehmer der Betriebsgesellschaft entgeltlich zur Verfügung stellt. Charakteristisch für diese Fallvariante ist somit der vertragliche Ausschluß des übergangs der ArbeitgebersteIlung auf die Betriebsgesellschaft und die Vereinbarung, die Arbeitnehmer an die Betriebsgesellschaft auszuleihen.

b) Fallkonstellation 2 121 Die zweite Fallkonstellation stimmt in den wesentlichen Grundzügen mit der ersten überein. Besitz- und Betriebsgesellschaft vereinbaren ebenfalls eine vergütungspflichtige Arbeitnehmerüberlassung an das Betriebsunternehmen. Allerdings resultiert die Arbeitgeberstellung in diesem Fall - insoweit besteht ein Unterschied - aus der Tatsache, daß die Arbeitnehmer dem übergang des Arbeitsverhältnisses auf das Betriebsunternehmen rechtswirksam widersprochen haben. 122 Die überlassungsabrede stellt deshalb eine Maßnahme dar, die erst durch die Vorgehensweise der Arbeitnehmer erforderlich wird, um eine kontinuierliche Fortführung der Betriebsgesellschaft zu ermöglichen

120 Siehe dazu: BAG AP Nr. 2 zu § 613 BGB m. Anmerk. von v. Hoyningen-Huene; Birk, BB 1976, 1227, (1228); Liessem, Betriebsverpachtung S. 119 ff.; Kölner Handbuch BetriebsaufspaltungfHeinemann, Rdnr.862. 121 Siehe dazu: Birk, BB 1976, 1227, (1229); Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 227 f.; Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. C 10; Dehmer, Betriebsaufspaltung S. 237 f. Rdnr. 858 f.; Liessem, Betriebsverpachtung S. 120 ff. 122 Vgl. zur Zulässigkeit des Widerspruchs der Arbeitnehmer: Die Darstellung in Kapitel4 Teil A. Im folgenden wird aufgrund der Bedeutung der ständigen Rechtsprechung des BAG zum Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer für die Praxis von dessen Zulässigkeit ausgegangen.

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

und betriebsbedingte Kündigungen der widersprechenden Arbeitnehmer zu vermeiden. 123 Die rechtliche Zulässigkeit beider atypischer Varianten soll im folgenden untersucht werden.

II. Zur Fallgruppe 1: Die absprachegemäße Aufrechterhaltung der ArbeitgebersteIlung und die Arbeitnehmerleihe durch die Besitzgesellschaft 1. Anwendbarkeit des § 613a BGB

Zweifelhaft erscheint, ob Betriebs· und Besitzgesellschaft ohne Mitwir· kung der Arbeitnehmer trotz durchgeführter Betriebsaufspaltung rechtswirk· sam vereinbaren können, daß die ArbeitgebersteIlung des Betriebsunterneh· mens erhalten bleibt. Das BAG nimmt zu dieser Frage eine unklare Haltung ein. Mit Urteil vom 17.1.1979 124 hat es über eine von der Deutschen Bundesbahn durchgeführte Betriebsaufspaltung entschieden. Diese hatte den bisherigen Busbetrieb bei gleichzeitiger Veräußerung der Omnibusse auf eine privatrechtlich organisierte Verkehrsgesellschaft übertragen, an der sie selbst beteiligt war. Die Betriebsführung wurde von der Verkehrsgesellschaft wahrgenommen. Allerdings sollte die ArbeitgebersteIlung der Bundesbahn inklusive bestimmter Weisungsrechte erhalten bleiben. Gleichzeitig verpflichtete sich die Deutsche Bundesbahn, der Verkehrsgesellschaft die Dienste ihrer Angestellten zu verschaffen. 125 Das BAG hat in der durchgeführten Betriebsaufspaltung lediglich eine Änderung des Betriebszwecks gesehen, den die Arbeitnehmer entgegen § 613 S. 2 BGB zu akzeptieren hätten. 126 Die Heranziehung des § 613a BGB ist an keiner Stelle der Entscheidung in Erwägung gezogen worden. Dies kann, worauf v. Hoyningen-Huene l27 in einer Urteilsanmerkung zu Recht hinweist, jedenfalls in der Begründung nicht überzeugen. Aus den ver123 Vgl.: Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 227 f., die u.a. auch ein kooperatives Vorgehen von Arbeitgeber und Belegschaft in dieser Form befürworten. 124 BAG AP Nr. 2 zu § 613 BGB. 125 Vgl. zu den einzelnen Absprachen der Deutschen Bundesbahn mit der Verkehrsgesellschaft: Die ausführlichen Sachverhaltsangaben in der Entscheidung BAG AP Nr. 2 zu § 613 BGB. 126 BAG AP Nr. 2 zu § 613 BGB (unter 11 2 a). 127 v. Hoyningen-Huene, Anmerk. AP Nr. 2 zu § 613 BGB, der allerdings das Ergebnis des BAG deshalb für konsequent hält, weil er annimmt, daß das BAG unausgesprochen von einem konkludenten Widerspruch der Arbeitnehmer gegen die Oberleitung der Arbeitsverhältnisse auf die Verkehrsgesellschaft ausgegangen ist.

Teil C: Betriebsaufspaltung als Umgehungstatbestand

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traglichen Vereinbarungen ergibt sich, daß die Bundesbahn den Betriebsteil Omnisbustransport auf die Verkehrsgesellschaft rechtsgeschäftlich übertragen hat. Die betriebliche Leitungsmacht ist von der Verkehrs gesellschaft über· nommen worden. Damit liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 613a BGB vor. Insofern hähtte es durchaus einer Stellungnahme bedurft, ob die Rechtsfolge des § 613a I BGB durch eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Betriebsinhabern abbedungen werden kann. Für eine Ausnahme könnte sprechen, daß die von § 613a BGB vorausge· setzte Gefahrdung der Arbeitsplätze durch den beabsichtigten Ausschluß des Arbeitgeberwechsels gerade nicht gegeben war. Vielmehr sollte den Arbeit· nehmern auf diese Weise der liquidere Schuldner als Haftungssubjekt und Arbeitgeber sowie der sicherere Arbeitsplatz 128 garantiert werden. Aufgrund dessen stellt sich die Frage, ob die Rechtsfalgen des § 613a BGB zugunsten der Arbeitnehmer bzw. bei fehlender Gefährdung des Bestandsschutzes der Arbeitsverhältnisse durch die Betriebsinhaber vertraglich abbedungen werden können. Die praktischen Vorteile einer derartigen Ausnahme leuchten ohne weiteres ein. Gleichwohl ist eine einzelfallbedingte Durchbrechung der Rechtsfolgen des § 613a I BGB abzulehnen. § 613a BGB trifft im Interesse der Rechtssicherheit 129 eine pauschalisierende Regelung. Sie basiert auf der überlegung, daß der Bestandsschutz des Arbeitsverhältnisses am besten bei dem jeweiligen Betriebsinhaber gewährleistet ist. 130 Mit Rücksicht auf die historischen Erfahrungen in Zusammenhang mit dem Betriebsübergang hat der Gesetzgeber der Regelung des § 613a BGB eine abstrakte Gefahr zugrundegelegt, die dem Nachweis der konkreten Ungefährlichkeit für den Bestand des Arbeitsverhältnisses nicht zugänglich ist. Denn andernfalls würde durch die Anerkennung unbestimmter Ausnahmefälle die im Kern zutreffende Wertung des § 613a BGB durchbrochen und die Rechtssicherheit in erheblichem Maße beeinträchtigt. Zudem besitzt § 613a BGB anerkanntermaßen zwingenden Charakter. Die Rechtsfolgen des Betriebsübergangs sollen nicht der Dispositionsfreiheit des Betriebsinhabers unterliegen. l31 Mit der Unabdingbarkeit des § 613aBGB wird gerade der Zweck verfolgt, eine Umgehung der Rechtsfolgen zu vermeiden. Eine solche Umge128 Der Arbeitsplatz bei einem öffentlich·rechtlich organisierten Arbeitgeber wird all· gemein als krisenfest angesehen, vgl. dazu: BAG AP Nr. 21 zu § 613a BGb. 129 Vgl. zur Rechtssicherheit als Regelungsziel des § 613a BGB: Die Darstellung in Kapitel 4 Teil A 11 4 b aa. 130 So: Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 111. 131 Statt vieler: BAG AP Nr. 2 zu § 613 BGB; Bracker, Betriebsverfassung S. 39 m.w.N. in Fußn. 132; v. Hoyningen-Huene, Anmerk. AP Nr. 2 zu § 613 BGB m.w.N.; Jauernig/ Schlechtriem, § 613a BGB Anmerk. 4; Etzel, NWB, Fach 26, 1545, (1547); Holzapfel/ Pöllath, Unternehmenskauf Rdnr. 563; Liessem, Betriebsverpachtung S. 51; MüKo/ Schaub, § 613a BGB Rdnr. 43;Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 1 d; Seiter, Betriebs· inhaberwechsel S. 97.

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

hungsmöglichkeit würde jedoch eröffnet, wenn es im Einzelfall zulässig wäre, den übergang der Arbeitsverhältnisse auszuschließen. Dies gilt im Rahmen der Betriebsaufspaltung insbesondere deshalb, weil durch die enge personelle Verflechtung von Besitz- und Betriebsunternehmen der Bestand der Arbeitsverhältnisse jederzeit nachträglich künstlich gefährdet werden kann. Kündigt z.B. das Betriebsunternehmen die Vereinbarung der Arbeitnehmerleihe auf bzw. macht es von einem vertraglich vorbehaltenen Rücktrittsrecht Gebrauch, verfügt das Besitzunternehmen über keine anderweitige Möglichkeit, die Arbeitnehmer wirtschaftlich zu beschäftigen. Die Arbeitnehmer müssen deshalb mit einer betriebsbedingten Kündigung rechnen, obwohl die Arbeitsplätze bei der Betriebsgesellschaft nach wie vor vorhanden sind. Die Eröffnung derartiger Umgehungsmöglichkeiten läßt sich mit dem Schutzzweck des § 613a BGB nicht vereinbaren. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, daß die Rechtsfolgen des § 613a BGB auch dann nicht durch eine Vereinbarung zwischen den Betriebsinhabern ausgeschlossen werden können, wenn im Zeitpunkt des Inhaberwechsels eine Gefährdung der Arbeitsverhältnisse nicht zu befürchten ist. Erforderlich ist vielmehr die Mitwirkung der Arbeitnehmer. 132 2. Geltung des AüG Desweiteren besteht die Möglichkeit, daß wegen der Verpflichtung zur Arbeitnehmerüberlassung neben § 613a BGB gleichzeitig das AüG zur Anwendung kommt. Voraussetzung dafür ist, daß das Tatbestandsmerkmal der Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. § 1 AüG erfüllt ist. Arbeitnehmer überlassen kann jedoch nur derjenige, der selbst die Stellung eines Leiharbeitgebers innehat. Die Bejahung eines Betriebsinhaberwechsels nach § 613a BGB führt dazu, daß die Arbeitsverhältnisse kraft Gesetzes auf den übernehmer, d.h. die Betriebsgesellschaft, übergehen. Der bisherige Inhaber, d.h. die Besitzgesellschaft, verliert seine ArbeitgebersteIlung, so daß es ihr unmöglich wird, dem Betriebsunternehmen die Arbeitnehmer i.S.d. AüG zu überlassen. Das Betriebsunternehmen leiht sich folglich keine Arbeitnehmer, sondern beschäftigt diese selbst.

132 Eine solche Mitwirkung kann entweder in der Erklärung des Widerspruchs (vgl. dazu die zweite Fallgruppe) oder in dem Abschluß eines dreiseitigen Vertrages bestehen. Der zwingende Charakter des § 613a BGB steht einer solchen Vereinbarung nicht entgegen, da die Arbeitnehmer als Begünstigte über den ihnen gewährten Schutz disponieren können, vgl. dazu ausführlich: Darstellung in Kapitel 3 Teil B 11 2 b cc aaa und in Kapitel 4 Teil B 11 3 b.

Teil C: Betriebsaufspaltung als Umgehungstatbestand

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ill. Zur Fallgruppe 2: Die Rechtslage bei Widerspruch der Arbeitnehmer Widerspricht die Belegschaft kollektiv 133 dem übergang der Arbeitsverhältnisse auf die Betriebsgesellschaft, ergibt sich eine andere Fragestellung. Zwar findet § 613a BGB Anwendung, jedoch haben die Arbeitnehmer den Arbeitgeberwechsel durch die Ausübung des Widerspruchsrechts verhindert. Der erforderliche Mitwirkungsakt zur Aufrechterhaltung der ArbeitgebersteIlung der Besitzgesellschaft liegt somit vor. Die Problematik verlagert sich damit auf die Frage nach der Zulässigkeit der vereinbarten Arbeitnehmerüberlassung. Zu klären ist, ob einer solchen vertraglichen Regelung ggf. öffentlich-rechtliche Vorschriften entgegenstehen und ob die Zustimmung der Arbeitnehmer dazu erforderlich ist. 1. Zulässigkeitsschranken durch öffentlich-rechtliche Vorschriften

a) Unzuliissige Arbeitsvermittlung Denkbar erscheint, daß die Vereinbarung der Arbeitnehmerleihe dem Verbot der Arbeitsvermittlung i.S.d. §§ 13,4 AFG unterfällt. Die Arbeitsvermittlung zielt darauf ab, den Abschluß von Arbeitsverträgen herbeizuführen. 134 Die Besitzgesellschaft will jedoch nicht zur Neubegründung von Arbeitsverträgen mit dem Betriebsübergangsunternehmen beitragen, sondern letzterem lediglich die Arbeitsleistung der Arbeitnehmer zur Verfügung stellen. Die Ausleihe von Arbeitskräften wird deshalb vom Regelungsbereich des AFG nicht erfaßt. 135

b) Gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. AUG In Betracht kommt daher lediglich die Anwendbarkeit des AüG, was in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung ist. Zum einen ist die überlassung der Arbeitnehmer nach § 1 AüG zeitlich begrenzt, was der Intention der Betriebsgesellschaft, die Belegschaft auf Dauer aufrechtzuerhalten, widerspricht. Zum andern bewirkt § 10 AüG automatisch, d.h. kraft Gesetzes den übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Entleiher, wenn dem Verleiher die nach 133 Vgl. zur Zulässigkeit und Grenzen des kollektiven Widerspruchs: Die Darstellung in Kapitel 4 Teil C. 134 So: Dehmer, Betriebsaufspaltung S. 237 Rdnr. 855. 135 So: Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 227; Birk, BB 1976, 1227, (1229); Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. C 10; Dehmer, Betriebsaufspaltung S. 237 Rdnr. 855; Liessem, Betriebsverpachtung S. 121 m.w.N.

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

dem AüG erforderliche Genehmigung fehlt. 136 Da die Besitzgesellschaft als Verleiher regelmäßig über keine entsprechende Genehmigung verfügen wird, besteht die Gefahr einer Aushöhlung des Widerspruchsrechts der Arbeitneh· mer. Denn dem Arbeitnehmer, der wirksam der überleitung des Arbeitsverhältnisses widersprochen hat, wird u.V. über § 10 AüG der unerwünschte Arbeitgeberwechsel aufgezwungen. 137 aa) Der Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung Der Anwendungsbereich des AUG wird nach § 1 AüG zunächst einmal durch den Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung gekennzeichnet. Die Arbeitnehmerüberlassung ist von anderen, zulässigen Formen des drittbezogenen Personaleinsatzes l38 abzugrenzen, die nicht den Vorschriften des AüG unterfallen. Anerkannt sind in diesem Zusammenhang die Erbringung der Arbeitsleistung gegenüber einem Dritten im Rahmen eines Dienstverschaffungsoder Werkvertrages}39 Die im Einzelfall oft schwierige Abgrenzung zwischen der Arbeitnehmerüberlassung und der Dienstverschaffung wird anhand von Indizien vorgenommen, wobei als entscheidendes Kriterium auf die konkrete Organisations- und Weisungsbefugnis abgestellt wird.'40 Steht diese Weisungsbefugnis dem Entleiher zu, ist der Tatbestand der Arbeitnehmerüberlassung erfüllt. Divergieren die vertragliche Vereinbarung zwischen Entleiher und Verleiher und die tatsächliche Durchführung, ist letztere maßgebend. 141 Für die Betriebsaufspaltung folgt daraus, daß solange keine Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. AüG vorliegt, als die Besitzgesellschaft die konkrete arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis ausübt. bb) Die Gewerbsmäßigkeit der Arbeitnehmerüberlassung Läßt sich aus organisatorischen Gründen die übertragung der Weisungsbefugnis auf die Betriebsgesellschaft nicht vermeiden, ist das Tatbestandsmerkmal der Arbeitnehmerüberlassung i.S.d. § 1 AüG erfüllt. Allerdings greift das AüG nur dann ein, wenn die Besitzgesellschaft die Arbeitnehmerleihe zusätz136 BAG AP Nr. 9 zu § 103 BetrVG'72; Konzen, ZfA 1978,451, (503); Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (575). 137 So: Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 228; Simon, ZfA 1987,311, (337). 138 Zum Begriff siehe: Becker, BIStSozArbR 1980,369, (371 f.). 139 Vgl. dazu Darstellung bei: Becker, BIStSozArbR 1980, 369, (371 f.); v. Hoyningen-Huene, BB 1985,1669 ff.; Marschall, RdA 1983, 18, (20 f.). 140 So die h.A.: BAG AP Nr. 2 zu § 1 AUG; BAG EzA Nr. 18 zu § 103 BetrVG'72; BAG EzA Nr. 1 zu § 10 AUG; BayObLG AP Nr. 3 zu § 1 AUG; Becker/Wulfgram, § 1 AUG Rdnr. 39 ff.; Becker/Kreikebaum, Zeitarbeit S. 39 ff.; Franßen/Haesen, § 1 AUG Rdnr. 59 ff.; v. Hoyningen-Huene, BB 1985, 1669, (1671); Göbel, BIStSozArbR 1973, 324, (330 f.); Marschall, RdA 1983, 18, (21). 141 So: Blank u.a.: Betriebsaufspaltung S. 229 m.w.N. in Fußn. 367.

Teil C: Betriebsaufspaltung als Umgehungstatbestand

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lich gewerbsmäßig betreibt. Nach der Definition des BAG handelt gewerbsmäßig, wer die Arbeitnehmerüberlassung nicht nur gelegentlich, sondern auf Dauer betreibt und damit wirtschaftliche Vorteile erzielen will. 142 Erforderlich ist damit insbesondere die Gewinnerzielungsabsicht beim Verleiher. 143 Die Absicht der Gewinnerzielung wird der Besitzgesellschaft regelmäßig fehlen. üblicherweise läßt sich das Besitzunternehmen von der Betriebsgesellschaft nur die ihr anfallenden Personalkosten ersetzen. l44 Es liegt damit lediglich eine Weiterverleihung zum Selbstkostenpreis vor l45 , die die Möglichkeit der Gewinnerzielung aus der Arbeitnehmerüberlassung ausschließt. Unerheblich ist, daß die Besitzgesellschaft häufig über einen Gewinnabführungsvertrag mit dem Betriebsunternehmen erhebliche Gewinne einstreicht. Denn das Kriterium der Gewerbsmäßigkeit i.S.d. AüG ist ausschließlich begrenzt auf die Arbeitnehmerüberlassung als solche. Eine anders geartete, gesamtunternehmerische Gewinnerzielungsabsicht vermag deshalb die fehlende Gewerbsmäßigkeit der Arbeitnehmerüberlassung nicht erbeizuführen. l46 Läßt sich folglich die Besitzgesellschaft von der Betriebsübergangsgesellschaft lediglich die ihr selbst anfallenden Personalkosten ersetzen, sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 AüG nicht erfüllt. 2. Erforderlichkeit der Zustimmung der Arbeitnehmer Unabhängig von der konkreten rechtlichen Ausgestaltung des drittbezogenen Personaleinsatzes (Dienstverschaffungsvertrag, nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung) ist zu fragen, ob derartige Regelungen zusätzlich der Zustimmung der Arbeitnehmer bedürfen. Im Rahmen eines Dienstverschaffungsvertrages stellt das BAG darauf ab, ob die Änderung des Betriebszwecks durch die Besitzgesellschaft in arbeitsvertragliche Rechte des Arbeitnehmers eingreift oder dessen sozialer Status beeinträchtigt wird. 147 Ist dies der Fall, muß der Arbeitnehmer nach Auffassung des BAG seine Zustimmung erklären. Andernfalls bleibt dem Arbeitgeber lediglich die Möglichkeit einer Änderungskündigung. 148 Liegt jedoch kei142 BAG DB 1979,851; Becker/Wul/gram, § 1 AüG Rdnr. 27; Marschall, RdA 1983, 18, (22). 143 Becker, BlStSozArbR 1980,369, (371). 144 Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. C 10; Liessem, Betriebsverpachtung S. 121 f.; ähnlich: Dehmer, Betriebsspaltung S. 297 Rdnr. 858 f., LE. ebenso: Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 229 ff., die allerdings das AüG aus Schutzzwecküberlegungen her· aus nicht anwenden wollen. 145 So: Liessem, Betriebsverpachtung S. 121 f. 146 A.A.: Birk, BB 1976, 1227, (1229). 147 BAG AP Nr. 2 zu § 613 BGB (unter 11 2 alb); zustimmend: Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 227; Dehmer, Betriebsaufspaltung S. 237 Rdnr. 855. 148 So: v. Hoyningen-Huene, Anmerk. AP Nr. 2 zu § 613a BGB.

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

ne Beeinträchtigung der Rechte des Arbeitnehmers vor, geht das BAG davon aus, daß das Besitzunternehmen kraft seines Weisungsrechts befugt ist, den Arbeitnehmer zur Arbeitsleistung bei der Betriebsgesellschaft anzuweisen. 149 Demgegenüber wird in der Literatur die Anerkennung eines Zustimmungserfordernisses überwiegend abgelehnt. 150 Da der frühere Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers durch die Betriebsaufspaltung und die überlassungsvereinbarung nicht modifiziert werde, besitze der Arbeitnehmer kein legitimes Interesse daran, die Erbringung der Arbeitsleistung gegenüber der Betriebsgesellschaft zu verweigern. Auf sein Einverständnis könne es daher nicht ankommen. lSI Beide Auffassungen vermögen in dieser Form nicht zu überzeugen, weil sie das Wesen des Widerspruchsrechts des Arbeitnehmers außer acht lassen. Die ratio des Widerspruchs besteht anerkanntermaßen darin zu verhindern, daß über den Arbeitnehmer und seine Arbeitsleistung wie über eine Ware disponiert wird}S2 Verzichtet man auf ein Zustimmungserfordernis, könnte dieser Schutzzweck des Widerspruchs im Rahmen einer Betriebsaufspaltung ohne weiteres unterlaufen werden. Durch den Abschluß einer entsprechenden überlassungsvereinbarung zwischen den Betriebsinhabern bestünde die Möglichkeit, den Arbeitnehmer zur Tätigkeit bei einem Betriebsinhaber zu verpflichten, demgegenüber der Arbeitnehmer - wie in seiner Widerspruchserklärung zum Ausdruck kommt - gerade nicht seine Arbeitsleistung erbringen wollte. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Begründung eines Leiharbeitsverhältnisses stets der Zustimmung des Arbeitnehmers bedarf. 153 Für die Umwandlung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses in einen Leiharbeitsvertrag kann nichts anderes gelten. Das Einverständnis des Arbeitnehmers ist somit in jedem Fall vonnöten.

BAG AP Nr. 2 zu § 613 BGB (unter II 2 alb). Brandmüller, Betriebsaufspaltung Rdnr. C 10; Birk, BB 1976, 1227, (1229); Liessem, Betriebsverpachtung S. 121; ähnlich: Bauer, Unternehmensveräußerung S. 87 für den Fall eines vorübergehenden Einsatzes des widersprechenden Arbeitnehmers beim Be· triebserwerber bis zum Ablauf der Kündigungsfrist. 151 So: Liessem, Betriebsverpachtung S. 121. 152 Vgl. dazu: Darstellung in Kapitel 4 Teil All 5. 153 Vgl.: v. Hoyningen-Huene, Anmerk. AP Nr. 2 zu § 613 BGB; Palandt/Putzo, Einf. v. § 611 BGB Anmerk. 4 a ee, § 613 BGB Anmerk. 2. 149

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Teil D

Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse des 2. Kapitels 1. Der Begriff des Betriebsinhabers Als Betriebsinhaber ist derjenige anzusehen, der über die betriebliche Leitungsmacht verfügt und den Betrieb im eigenen Namen führt: a) Das Wesen der betrieblichen Leitungsmacht besteht in der faktischen Nutzung der Betriebsmittel und der tatsächlichen Ausübung des Weisungsrechts gegenüber den Arbeitnehmern. b) Im eigenen Namen handelt derjenige, der den Betrieb als sich gehörend führt (animus rem sibi habendi). c) Aufgrund dieser Merkmale kann der Betriebsinhaber analog der §§ 854, 872 BGB als betrieblicher Eigenbesitzer charakterisiert werden. 2. Funktionen des Kriteriums des Inhaberwechsels Das Kriterium des Betriebsinhaberwechsels bringt zum Ausdruck: a) Die Erforderlichkeit der übernahme der betrieblichen Leitungsmacht als Vollzugsakt. Die Rechtsfolgen des § 613a BGB können deshalb erst zu diesem Zeitpunkt eintreten. b) Betriebliche Veränderungen ohne einen Identitätswechsel werden vom Regelungsbereich des § 613a BGB nicht erfaßt. c) Grundsätzlich sind Konkurs-, Vergleichs- und Zwangsverwalter sowie der Testamentsvollstrecker mangels eines entsprechenden Eigenbesitzerwillens nicht als Betriebsinhaber anzusehen. Etwas anderes gilt lediglich bezüglich des Treuhänders. 3. Gesellschaftsrechtliche Vorgänge als Betriebsinhaberwechsel Im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge liegt dann ein Betriebsinhaberwechsel vor, wenn der Betrieb von einem anderen, neuen Inhaber fortgeführt wird. Daran fehlt es bei einer bloß formändernden Umwandlung. Im übrigen hängt die Anwendbarkeit des § 613a BGB von der Erfüllung des Tatbestandsmerkmals durch Rechtsgeschäft ab.

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Kap. 2: Das Tatbestandsmerkmal Betriebsinhaberwechsel

Eine analoge Heranziehung des § 613a BGB zur Lösung der Enthaftungsproblematik des ausscheidenden Gesellschafters aus einer Personengesellschaft ist unzulässig. 4. Anwendbarkeit des § 613a BGB im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Die Betriebsaufspaltung erfüllt regelmäßig die tatbestandlichen Voraussetzungen des Betriebsinhaberwechsels. Die rechtliche Zulässigkeit einer Betriebsaufspaltung in Verbindung mit einer Verpflichtung der Besitzgesellschaft zur Ausleihe der Arbeitnehmer an die Betriebsgesellschaft ist wie folgt zu beurteilen: a) Ohne Mitwirkung der Arbeitnehmer kann der Arbeitgeberwechsel (auch zugunsten der Arbeitnehmer) nicht durch eine Vereinbarung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen ausgeschlossen werden. Die Vereinbarung der Arbeitnehmerleihe geht ins Leere, da die Betriebsgesellschaft über § 613a BGB zwingend in die ArbeitgebersteIlung einrückt. b) Widerspricht die Belegschaft dem übergang der Arbeitsverhältnisse, ist die Vereinbarung der Arbeitnehmerleihe zulässig. Es liegt weder eine unzulässige Arbeitsvermittlung vor, noch greift (regelmäßig) das AüG ein. Erforderlich ist jedoch in jedem Fall die Zustimmung der Arbeitnehmer zu einer derartigen Regelung.

KAPITEL 3

Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft TeilA

Tatbestandliche Voraussetzungen J. Einleitung Als dritte tatbestandliche Voraussetzung hat der Gesetzgeber in § 613a BGB das Erfordernis des rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs aufgestellt. Obwohl der Begriff des Rechtsgeschäfts im BGB häufiger als Tatbestandsmerkmal verwandt wird 1 , bereitet dessen Auslegung Rechtsprechung und Literatur in Bezug auf § 613a BGB z.T. erhebliche Probleme. Diese Schwierigkeiten sind im wesentlichen auf folgende drei Umstände zurückzuführen: 1. Die Abstraktheit des Rechtsgeschäftsbegriffes Zunächst einmal werden die Auslegungsschwierigkeiten durch den Begriff des Rechtsgeschäfts selbst bedingt. Das BGB kennt keine Definition des Rechtsgeschäfts als solches 2 , sondern verwendet diesen Terminus in der Regel i.S. einer Abstraktion aller in der Rechtsordnung formierten Akte, die ihrem Inhalt nach - wie ihn die Rechtsordnung festgelegt hat - auf Begründung, Änderung oder Aufhebung eines Rechtsverhältnisses in Selbstbestimmung des Einzelnen gerichtet sind. 3 Insbesondere wegen dieser abstrakten Rechtsnatur trifft auf den Begriff Rechtsgeschäft die Feststellung des J avolens 4 ,omnis definitio in iure civile periculosa est' zu s , weshalb der Gesetzgeber bereits bei der Kodifizierung des BGB bewußt von einer Konkretisierung Abstand genommen hat. 6 Da er auch bei der Schaffung des § 613a BGB nicht 1 Z.B.: §§ 111,112,115,117 II,125,127,134, 137, 138-144,158, 159, 166 II, 167 11, 173,174, 180-182 BGB etc. 2 Flume, BGBI AT § 2, 1 S. 23; jauemig/jauemig, vor § 104 BGB Anmerk. 1; Larenz, Methodenlehre S. 298. 3 Flume, BGB/AT § 2,1 S. 23;jauemig/jauemig, vor § 104 BGB Anmerk. I;Palandt/ Heinrichs, Uberbl. vor § 104 BGB Anmerk. 1 b; Staudinger/Dilcher, Ein!. §§ 104-185 BGB Rdnr. 4. 4 Digesten, 50,17,202. 5 So: Flume, BGB/AT § 2,5 S. 31.

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Kap. 3: Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft

erläutert hat, welche konkrete Vorstellung er mit dem Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB verbindee, ist dessen immanente Unbestimmtheit in den Normtext des § 613a BGB übernommen worden. 2. Disharmonie zwischen Wortlaut und Gesetzeszweck Diese Unsicherheit wird dadurch verstärkt, daß das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft in einem latenten Widerspruch zum Schutzzweck des § 613a BGB steht. Anerkanntermaßen wollte der Gesetzgeber durch § 613a BGB den Bestand der Arbeitsverhältnisse umfassend schützen. 8 Mit Rücksicht auf diese Intention hätte es nahegelegen, den Wortlaut des § 613a BGB im Sinne eines Auffangtatbestandes auszugestalten. Dies vor allen Dingen deshalb, weil bereits in Form des § 90 des Entwurfes eines Arbeitsverhältnisgesetzes von 1938 9 ein historisches Vorbild bestand, welches das Vorliegen eines Betriebsübergangs ausschließlich von den tatsächlichen Verhältnissen abhängig gemacht hat. 1o Der Gesetzgeber des § 613a BGB ist diesem historischen Vorbild nicht gefolgt. Statt dessen hat er durch die Einfügung des Tatbestandsmerkmals Rechtsgeschäft eine Eingrenzung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches des § 613a BGB bewirkt. Da dieser Eingrenzungseffekt in einem latenten Widerspruch zur ratio legis eines umfassenden Bestandsschutzes des Arbeitsverhältnisses steht, ergeben sich Probleme, das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft so auszulegen, daß sowohl dem Wortlaut als auch dem Gesetzeszweck hinreichend Rechnung getragen wird. Motive zum BGB I S. 126. Vgl. BT/DS VI 1786, S. 59. 8 Z.B.: BGH ZiP 1985, 1156; BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; BAG EzA Nr. 38 zu § 613a BGB; BAG OB 1985,2411, LAG Düsseldorf OB 1986,918 f.; zustimmend: Kehrmann, MitbestGspr. 1975,88, (89); Richardi, RdA 1976,56, (59); Schmitt, BB 1978, 1724; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 42; Vollkommer, Anmerk. AP Nr. 19 zu § 613a BGB. 9 § 90 des Gesetzentwurfes eines Arbeitsverhältnisses von 1938 lautet: Abs. 1: Geht ein Betrieb als Ganzes, wenn auch unter Abstoßung einzelner Teile oder unter Aufgabe einzelner Betriebszweige in andere Hände über, so tritt der neue Unternehmer in die bestehenden Arbeitsverhältnisse mit dem Tage des übergangs ein. Eine abweichende Regelung durch Vereinbarung zwischen dem bisherigen und neuen Inhaber ist nichtig. Abs.2: Der bisherige Unternehmer haftet neben dem neuen Unternehmer für Ansprüche der Gefolgsmänner: (1) als Gesamtschuldner, soweit sie vor dem übergang fällig geworden sind; (2) als Bürge, soweit sie nach dem übergang aber vor dem Zeitpunkt fällig werden, an dem das Arbeitsverhältnis beendet wäre, wenn es am Tage des Betriebsübergangs gekündigt worden wäre. Abs. 3: Die Vorschrift des Abs. 2 ist zwingend. (vgl. dazu: Die Erläuterungen von Jelinek, Bestandsschutz S. 2 ff.; und Krejci, Arbeitsvertrag S. 249 ff.). 10 Vgl. auch: § 25 des Entwurfes eines allgemeinen Arbeitsvertragsgesetzes von 1923 (abgedruckt bei: Jelinek, Bestandsschutz S. 3). 6

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Teil A: Struktur und Auslegung

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3. Ungenauigkeit der Formulierung Schließlich erscheint die Formulierung ,durch Rechtsgeschäft' insgesamt mißglückt. Unbestrittenermaßen kann der Betriebsübergang weder durch ein obligatorisches noch durch ein dingliches Rechtsgeschäft allein bewirkt werden. tl Neben dem Erwerb der Nutzungsberechtigung über die Betriebsmittel muß der übernehmer über die tatsächliche betriebliche Leitungsmacht verfügen. 12 Diese Innehabung der Betriebsführungsbefugnis ist ein tatsächlicher Vorgang, der nicht durch ein Rechtsgeschäft bewirkt werden kann.

11. Meinungsstand Angesichts der geschilderten Schwierigkeiten verwundert es nicht, daß Rechtsprechung und Literatur das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB überwiegend nicht mit einem positiven Bedeutungsgehalt versehen, sondern Zuflucht zu einer Negativabgrenzung suchen. 1. Das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als Auffangtatbestand und Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge

Das BAG 13 und die überwiegende Literaturansicht 14 stellen ausschließlich den Gesetzeszweck in den Vordergrund und bejahen ein Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB dann, wenn der Betriebsübergang nicht durch Gesamtrechtsnachfolge erfolgt. 11 Bauer, Unternehmensveräußerung S. 42; ders.,in Hölters S. 278 Rdnr. 23; Borngräber, Arbeitsverhältnis S. 64; Bürger/Oehmann/Stübig, Betriebsübergang S. 1 f.; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 41; Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 87 f. 12 Vgl.: Darstellung in Kapitel 2 Teil A II l. 13 BAG DB 1985, 2411 f.; BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB; BAG EzA Nr. 38 zu § 613a BGB; ebenso: LAG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.1982,14 Sa 1413/81 (unveröffent.licht); OLG Frankfurt AP Nr. 33 zu § 613a BGB; ähnlich: BGH ZiP 1985, 1156. 14 Backhaus, DB 1985, 1131; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 29; ders., in Höltes S. 279 Rdnr. 24; Becker-Schaffner, BlStSozArbR 1975,305, (306 Fußnoten 10 und 1); Beisel/Klumpp, Unternehmenskauf Rdnr. 488; Blank u.a., Betriebsaufspaltung S. 186; Falkenberg, DB 1980, 783; Fischer, Betriebsübergang S. 44 f., 97; Gamillscheg, ArbR I S. 336; Gaul, BB 1979 1666, (1669); Heinze, DB 1980,205, (208); v. Hoyningen-Huene/ Windbichler, RdA 1977,329, (330); Kehrmann, MitbstGespr. 1975,88, (89); Krejci, Arbeitsvertrag S. 244; Lutz, Konkursverwalter S. 26; Neumann-Duesberg, BB 1971, 769, (770); Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2 c; Palme, BlStSozArbR 1977, 386; MüKo/ Schaub, § 613a BGB Rdnr. 25; ders., ZiP 1984,272, (274); ders., Handbuch § 118 112 S. 703; ders., ArbRdGgw 18 (1981) 71, (74); Schreiber, RdA 1982, 137, (142); Schwerdtner, FS G. Müller (1981) 557, (565); Seiter, DB 1980,877, (878 f.); ders., Betriebsinhaberwechsel S. 42; Simon, ZfA 1987,311, (326); Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 12; Steckhan, FS Schnorr v. Carolsfeld (1974) 463, (467 Fußn. 11); Sulzberger-Schmitt, übergang S. 61 f.; Vollkommer, Anmerk. AP Nr. 19 zu § 613a BGB; Walker, Arbeitgebererbfolge S. 143; Wendling, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 91.

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Kap. 3: Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft

Diese Negativabgrenzung wird im wesentlichen historisch-teleologisch begründet. Der Gesetzgeber habe mit § 613a BGB eine Lücke im Bestandsschutz der Arbeitsverhältnisse schließen wollen. Da bei einem Betriebsinhaberwechsel im Wege der Gesamtrechtsnachfolge der Schutz der Arbeitsverhältnisse hinreichend gewährleistet sei, könne das Merkmal Rechtsgeschäft unter Berücksichtigung dieser Lückenfüller-Funktion nur als Auffangtatbestand interpretiert werden, der jeden Betriebsübergang außerhalb einer Gesamtrechtsnachfolge erfasse. 15 Außerdem wird darauf verwiesen, daß die Richtigkeit dieser Auslegung durch § 613a In BGB bestätigt werde. Wie sich aus der Begründung des Regierungsentwurfes ergebe l6 , sei § 613a In BGB nur aus Gründen der Klarstellung eingefügt worden. Dieser Hinweis in der Begründung des Regierungsentwurfes könne nur dahingehend verstanden werden, daß über § 613a In BGB einer Anwendung des § 613a BGB im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge vorgebeugt werden sollte.17 § 613a In BGB wiederhole damit nur überflüssigerweise, was sich ohnehin aus der Auslegung des § 613a BGB ergebe. 18 2. Das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als Abgrenzung zum Betriebsübergang kraft Gesetzes Im Gegensatz dazu wählt eine zweite Auffassung den Wortlaut des § 613a BGB zum Ansatzpunkt der Auslegung. 19 Die vom Gesetzgeber gewählte Formulierung ,durch Rechtsgeschäft' dürfe nicht dadurch völlig denaturiert werden, daß von diesem Kriterium jeder Betriebsübergang a~ßerhalb der Gesamtrechtsnachfolge erfaßt werde. Eine derartige Interpretation sprenge den Rahmen jeder Wortlautauslegung. 20 Für eine sachgerechte Auslegung könne nur darauf abgestellt werden, daß ein Rechtserwerb durch Rechtsgeschäft und kraft Gesetzes sich gegenseitig ausschlössen. Folglich sei das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn der Betriebsübergang kraft Gesetzes erfolge. 21 15 So insbesondere: BAG in Fußnote 13; außerdem: Schmitt, BB 1978, 1724; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 42; Vollkommer, Anmerk. AP Nr. 19 zu § 613a BGB. 16 Vgl.: BT/DS VI/1786 S. 59. 17 BAG DB 1985,2411, (2412); Gaul, BB 1979, 1666, (1669); Schaub, ArbRdGgw 18, (1981) 71, (74); Seiter, DB 1980,877, (897); Vollkommer, Anmerk. AP Nr. 19 zu § 613a BGB. 18 Schaub, Handbuch § 118 IV 4 S. 707; Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (74); Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 39. 19 LAG Frankfurt ZiP 1982,351, (353);]auernig/Schlechtriem, § 613a BGB Anmerk. 2 b; Liessem, Betriebsverpachtung S. 48 f.; Probst, Konkurs S. 43; Schuster/Beckerle, NZA 1985, 16, (17); ähnlich: v. Stebut, ZGR 1981, 183, (207 f.); ders., DB 1975,2438, (2439), der die Gesamtrechtsnachfolge lediglich als ein mögliches Beispiel für einen gesetzlichen Betriebsübt;rgang anführt. 20 In diesem Sinne: Liessem, Betriebsverpachtung S. 48. 21 Nachweise in Fußnote 19.

Teil A: Struktur und Auslegung

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3. Das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als Oberbegriff für alle dem Betriebsübergang ggf. zugrundeliegenden Vertragsgestaltungen Obwohl die h.A. in Rechtsprechung und Literatur das Tatbestandsmerk· mal Rechtsgeschäft als Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge versteht, zeigen sich gleichwohl Ansätze, den Bedeutungsgehalt dieses Kriteriums positiv zu bestimmen. So z.B. weist das BAG darauf hin, daß es für einen rechts geschäftlichen Betriebsübergang gleichgültig ist, welches bestimmte Rechtsgeschäft im einzelnen zugrundeliegt. 22 In ähnlicher Weise stellt das LAG Düsseldorf fest, daß § 613a BGB ein Rechtsgeschäft gleich welcher Form voraus· setze. 23 In der Literatur werden zur Konkretisierung derartiger Ausführun· gen Kauf-, Pacht-, Schenkungs- und Nießbrauchverträge 24 gleichsam als Musterbeispiel für das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB aufgezählt. 25 Aus diesen Feststellungen läßt sich - ohne daß dies ausdrücklich ausgesprochen wird - die Funktion ableiten, die dem Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB zugebilligt wird. Offenbar soll der Betriebsübergang nach § 613a BGB nicht von einem bestimmten Vertragstypus abhängig gemacht werden. Das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB dient demnach als Oberbegriff für alle Vertragstypen bzw. Vertragsgestaltungen, die u.U. dem § 613a BGB zugrundeliegen können.

m. Stellungnahme 1. Zur Interpretation des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB als Auffangtatbestand und Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge

a) Verfehlter Ausgangspunkt der Abgrenzung Bedenken gegen die Auslegung der h.A. ergeben sich bereits aus den historischen Wurzeln dieser Interpretation. 22 BAG ZiP 1985, 1158, (1159); ebenso: BAG DB 1985.2407 (ein beliebiges Rechtsgeschäft); sowie BAG ZiP 1986, 1598, (1599), das von "einem Rechtsgeschäft" spricht. 23 LAG Diisseldorf ZiP 1984, 745; LAG Diisseldorf DB 1986,918, (919); ähnlich: LAG Berlin EzA Nr. 35 zu § 613a BGB. 24 Statt vieler: BAG ZiP 1985,1158, (1159); Bauer, Unternehmensveräußerung S. 29, v. Hoyningen-Huene/Windbichler, RdA 1979, 329, (330); Palandt/Putzo, § 613a BGB Anmerk. 2 c; MiiKo/Schaub, § 613a BGB Rdnr. 25; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 19, 41; Soergel/Kraft, § 613a BGB Rdnr. 13; WendUng, Betriebsübergang und Arbeitsverhältnis S. 89. 25 Vgl. z.B. auch: Gaul, in Boewer, Aktuelle Aspekte. S. 140, (153/155), der ausführt, daß als Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB ,jede Gestaltungsform in Betracht kommt"; die h.A. (Fußnoten 13, 14) handelt insoweit widersprüchlich. Wenn das Tatbestandsmerkmal durch Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB tatsächlich nur der Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge dient, dann müßten sich derartige Konkretisierungsversuche konsequenterweise erübrigen.

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Kap. 3: Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft

aa) Die historischen Grundlagen der h.A. Das BAG hat das Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB erstmalig in der sog. ,Pächterfall-Entscheidung'26 als Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge interpretiert. In diesem Urteil hat es - wie bereits dargelegt 27 - darüber entschieden, ob ein Betriebsinhaberwechsel nach § 613a BGB auch dann gegeben ist, wenn der Betriebsübergang lediglich aufgrund eines Pachtvertrages zwischen Verpächter und Zweitpächter ohne Einbeziehung des Erstpächters als bisherigem Betriebsinhaber erfolgt. Das BAG hat den Schwerpunkt der Problematik in der Frage gesehen, ob § 613a BGB ein unmittelbares Rechtsgeschäft zwischen den beiden Betriebsinhabem voraussetzt. 28 Da ein solches Rechtsgeschäft zwischen Erst- und Zweitpächter nicht vorlag, hätte an sich eine analoge Anwendung des § 613a BGB nahegelegen. Eine solche Lösung ist dem BAG jedoch durch die Entscheidung vom 8.9.1978 29 versperrt gewesen. In diesem Urteil hat das BAG festgestellt, daß aufgrund des eindeutigen Wortlauts des § 613a BGB eine Analogie dann nicht in Betracht komme, wenn das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft nicht erfüllt sei. 3o Angesichts dieser Ausgangslage konnte das BAG in der Pächterfall-Entscheidung die Heranziehung des § 613a BGB nur über eine Auslegung erreichen, die i.E. das Vorliegen eines Rechtsgeschäfts obsolet macht. 31 Dies ist durch die Interpretation des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB als Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge geschehen. 32 bb) Bewertung der historischen Grundlagen Die Auslegung durch das BAG beruht damit auf zwei Grundlagen. Zum einen basiert sie auf der besonderen Formulierung der Fragestellung, zum anderen resultiert sie aus dem Präjudiz des Analogieverbotes. Beide Voraussetzungen vermögen jedoch nicht zu überzeugen und sind deshalb als unnötige, irreführende Wegweiser zur Auslegung des BAG anzusehen.

26 BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB, bestätigt in: BAG EzA Nr. 38 zu § 613a BGB und BAG DB 1985,2411, (2412); ebenso: LAG Hamm ZiP 1987,91, (98). 27 V gl.: Darstellung in Kapitel 1 Teil B I 1. 28 BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB (unter 11). 29 BAG AP Nr. 13 zu § 613a BGB; ebenso: BAG EzA Nr. 5 zu § 613a BGB (unter 3); a.A.: Jülicher, ZfA 1980, 121, (236), der von einem bloßen obiter dictum des BAG aus· geht. 30 Zustimmend: Bauer, Unternehmensveräußerung S. 30; Bomgräber, Arbeitsverhältnis S. 58; Frohner, BlStSozArbR 1978, 257, (259);Mohrbutter, KTS 1983, 1, (6). 31 Im Ergebnis ebenso: Loritz, RdA 1987,65, (73); vgl.: BAG DB 1985,2411, (2412). 32 A.A.: allerdings: Hirschberg, ZfA 1982, 505, (560), der davon ausgeht, daß das BAG in der Pächterfall-Entscheidung das Tatbestandsmerkmal "durch Rechtsgeschäft" nicht gänzlich aufgeben wollte. So inzwischen auch: BAG DB 1985,2407. Vgl. allerdings: BAG DB 1985,2411 f.

Teil A: Struktur und Auslegung

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Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft bezieht sich ausschließlich auf die Art und Weise, d.h. das Wie des Betriebsübergangs (= rechtsgeschäftlich). Aufgrund dieses begrenzten Aussage- und Bedeutungsgehaltes ist in dem Kriterium Rechtsgeschäft kein Anhaltspunkt darüber enthalten, wer den Betriebsübergang vollziehen muß. Die Frage der Pächterfall-Entscheidung, ob § 613a BGB die Identität des übertragenden mit dem bisherigen Betriebsinhaber voraussetze, hätte deshalb nur durch die Auslegung des Tatbestandsmerkmals Betriebsübergang sachgerecht beantwortet werden können. 33 Das BAG hat somit das zutreffende Ergebnis mit der Auslegung des falschen Tatbestandsmerkmals begründet. Ebensowenig kann dem vom BAG befürworteten Analogieverbot bezüglich des § 613a BGB beim Fehlen eines Rechtsgeschäfts zugestimmt werden. Zu Recht weist Hanau 34 darauf hin, daß eine Analogie erst dort beginnt, wo der Wortlaut endet. Aus diesem Grunde kann die sprachliche Fassung des § 613a BGB einer am Schutzzweck orientierten, analogen Heranziehung nicht entgegenstehen. 35 Folglich resultiert die Auslegung durch das BAG aus zwei unzutreffenden Grundlagen, was zugleich erhebliche Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit des Interpretationsergebnisses aufkommen läßt.

b) Unzutreffende Charakterisierung des § 613a BGB als Auffangtatbestand Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß der Gesetzgeber des § 613a BGB in Abweichung von dem historischen Vorbild des § 90 des Entwurfs eines Arbeitsverhältnisgesetzes von 1938 36 das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft ausdrücklich in den Normtext aufgenommen hat. Selbst wenn man dem modernen Gesetzgeber einen miserablen Gesetzgebungsstil vorwirft 37 , kann bei einer derart bedeutsamen Abweichung nicht von einer unbewußten Entscheidung des Gesetzgebers gesprochen werden. 38 Dies gilt um so mehr, als bei der Novellierung des § 613a BGB im Jahre 1980 in Kenntnis der Diskussion um das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft keine Wortlautanpassung vorgenommen worden ist. 39 Die mit der Einbeziehung des Terminus RechtsgeV gl.: Darstellung in Kapitel I Teil B I 2. Hanau, FS G. Müller (1981) 169 m.w.N.; ders., Funktionsnachfolge S. 8. Die Möglichkeit einer analogen Anwendung des § 613a BGB bejahen ebenfalls: Posth, S. 82; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 48. 35 In diesem Zusammenhang erscheint es besonders widersprüchlich, daß die h.A. einerseits dem Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft einen derart bedeutsamen Stellenwert zubilligt, um daraus ein Analogieverbot zu folgern, andererseits dieses Tatbestandsmerkmal durch die Auslegung als Abgrenzung zur Gesamtrechtsfolge völlig denaturiert. 36 Vgl.: Text in Fußnote 9. 37 So: Schwerdtner, Anmerk. SAE 1978,60. 38 Liessem, Betriebsverpachtung S. 48; Meilicke, DB 1982, 1168, (1169). 33

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Kap. 3: Das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft

schäft verbundene Einengung des Regelungsbereiches des § 613a BGB bringt damit inzidenter den Willen des Gesetzgebers zum Ausdruck, die Voraussetzungen des Betriebsinhaberwechsels zu konkretisieren und gleichzeitig einer uferlosen Ausdehnung vorzubeugen. Aus dieser Präzisierungsfunktion des Tatbestandsmerkmals Rechtsgeschäft folgt, daß der Gesetzgeber § 613a BGB nicht als Auffangtatbestand, gleichsam ,um jeden Preis' auf alle Betriebsübergänge angewandt wissen wollte, die außerhalb der Gesamtrechtsnachfolge vollzogen werden. 4o aa) Gefahr einer Aushöhlung zivilrechtlicher Rechtsinstitute Daß die Gefahr einer Ausdehnung des § 613a BGB ,um jeden Preis' nicht unbegründet ist, zeigt sich an dem Urteil des BAG vom 6.2.1985. 41 Das BAG hat die Anwendbarkeit des § 613a BGB bejaht, obwohl der Betriebserwerber im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geschäftsunfohig gewesen ist. 42 Zur Begründung stützt sich das BAG im wesentlichen auf drei Argumente. Zunächst führt das BAG an, daß das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft i.S.v. § 613a BGB als Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge diene und deshalb auch bei einem unwirksamen Rechtsgeschäft im Rahmen einer Einzelrechtsnachfolge die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 613a BGB als erfüllt anzusehen seien. 43 Außerdem hätten die Arbeitnehmer berechtigterweise auf die Rechtswirksamkeit des Betriebsübergangs vertrauen können, da sie an dem zugrunde1iegenden Rechtsgeschäft nicht beteiligt worden seien. Insofern müsse von einer größeren Schutzwürdigkeit der Arbeitnehmer im Vergleich zu dem Betriebserwerber bzw. Veräußerer ausgegangen werden, die die Rechtsunwirksamkeit verursacht hätten. 44 Schließlich wird darauf verwiesen, daß der geschäftsunfähige Erwerber im Innenverhältnis bei dem Veräußerer Regreß nehmen könne und somit hinreichend geschützt sei. 45

So: Walker, Arbeitgebererbfolge S. 143, der jedoch LE. der h.A. folgt. Meilicke, DB 1982, 1168, (1169); Frohner, BlStSozArbR 1978,257, (258 r.Sp.); Bauer, Unternehmensveräußerung S. 38; Liessem, Betriebsverpachtung S. 48 f., der dieses Ergebnis jedochdamit begründet, daß eine Interpretation des § 613a BGB zur Lösung der von ihm angesprochenen problematischen Fallgruppen nicht erforderlich sei. 41 BAG DB 1985,2411 f. = NZA 1985, 735 ff. mit abI. Anmerkung von v. HoyningenHuene, EWiR § 613a BGB, 15/85 S. 960. 42 Die Vorinstanz hat die Geschäftsunfähigkeit zugunsten des beklagten Erwerbers ohne Beweiserhebung als zutreffend unterstellt, vgl.: Sachverhaitsdarstellung in: BAG DB 1985,2411. 43 BAG DB 1985,2411, (2412 unter B I 3). 44 BAG DB 1985,2411, (2412 unter B 14). 45 BAG DB 1985,2411, (2412 unter B I 5). 39

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bb) Kritik an der Entscheidung des BAG vom 6.2.1985 Eine derartige Aushöhlung des vom Gesetzgeber in den §§ 104 ff. BGB gewährten Schutzes Geschäftsunfähiger bzw. beschränkt Geschäftsfähiger durch die Rechtsprechung des BAG ist abzulehnen. Im Verfassungsrecht wird der Schutz Geschäftsunfähiger zum traditionellen Ordnungsgefüge des Zivilrechts gerechnet. 46 Diese Wertung durchzieht das gesamte Zivilrecht mit der Folge, daß der Schutzbedürftigkeit Minderjähriger vor den Interessen anderer Betroffener der Vorrang eingeräumt wird. So z.B. gehen Rechtsprechung47 und Literatur48 im Gesellschaftsrecht einheitlich davon aus, daß ein Geschäftsunfähiger bzw. beschränkt Geschäftsfähiger nicht als Mitglied einer fehlerhaften Gesellschaft in Anspruch genommen werden darf. 49 Dasselbe Ergebnis wird überwiegend im Arbeitsrecht vertreten. Personen, die den § § 104 ff. BGB unterfallen, sollen nicht als Arbeitgeber eines fehlerhaften Arbeitsverhältnisses zur Lohnfortzahlung verpflichtet sein. so Dem Gedanken des Minderjährigenschutzes im Vertragsrecht korrespondiert eine entsprechend modifizierte Anwendung des Bereicherungsrechts. Es ist allgemein anerkannt, daß Geschäftsunfähige oder beschränkt Geschäftsfähige über das Bereicherungsrecht nicht so gestellt werden dürfen, als sei die fehlgeschlagene rechtsgeschäftliche Vereinbarung rechtswirksam. 51 Aus diesem Grunde findet zugunsten des Minderjährigen die Zweitkondiktionenlehre und nicht die Saldotheorie Anwendung. 52 Es ist daher festzustellen, daß Geschäftsunfähige bzw. beschränkt Geschäftsfähige im rechtsgeschäftlichen Verkehr ungeachtet entgegenstehender Interessen dritter Personen umfassend geschützt werden. 46 Dürig, in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Art. 2 GG Rdnr. 59; in diesem Sinne: GK/ Fischer, § 105 HGB Rdnr. 99; vgI. dazu neuerdings auch: BVerfG ZiP 1986,975 ff. = NJW 1986, 1859 ff. 47 RGZ 145,155, (159); BGHZ 17,160, (167); BGHZ 38, 26, (29). 48 Z.B.: GK/Fischer, § 105 HGB Anmerk. 100; Larenz, SchR 11 § 60 VII; Palandt/ Thomas, § 705 BGB Anmerk. 3 d; Soergel/Schulze v. Lasaulx, § 705 BGB Rdnr. 106; MüKo/Ulmer, § 705 BGB Rdnr. 215. 49 Gestritten wird lediglich darüber, ob der Minderjährige sich zu seinen Gunsten auf seine fehlerhafte GesellschaftersteIlung berufen kann, so z.B.: Nipperdey, MDR 1955, 669 f.; Staudinger/Keßler, § 705 BGB Rdnr.134, 128; Westermann, Handbuch Rdnr. 783. 50 So: Blomeyer, AR.-BI. Arbeitsvertrag/Arbeitsverhältnis V (Mängel) unter C 111 2 a cc; Brox, Grundbegriffe Rdnr. 68; Grossmann/Schneider, Arbeitsrecht Rdnr. 89, Hueck/ Nipperdey, I § 32111 2 S. 190; Käßer, fehlerhafter Arbeitsvertrag S. 154; Ramm, Anfech· tung S. 41; Schaub, Handbuch § 35 IV 4 c S. 145; a.A. allerdings: Nikisch, ArbR § 23,5 S. 219; Siebert, Vertragsverhältnisse S. 88 f.; Simitis, JZ 1964,740, (742); Zöllner, ArbR § 11 II 1 b S. 125 f. 51 Ausdrücklich: BGH MDR 1971,383, (385) - Flugreisefall;Medicus, BR Rdnr. 176

a.E.

52 Z.B.: Esser/Weyers, SchR/BT § 51 II 2 S. 425; Fikentscher, SchR § 100 VI 3 S. 703 f.; Larenz, SchR 11 § 70 III S. 582 f.; MüKo/Lieb, § 818 BGB Rdnr. 109; Medicus, BR Rdnr. 176, Palandt/Thomas, § 818 BGB Anmerk. 6 D c; a.A. allerdings: OLG Köln MDR 1976, 398, (399) sowie RGZ 60, 284, (291); RGZ 86,343, (346); RGZ 163,348, (360 f.).

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Dieser Schutz kann auch nicht mit dem berechtigten Hinweis auf das Vertrauen der Arbeitnehmer auf die Rechtswirksamkeit des Betriebsübergangs unterlaufen werden. Denn das Prinzip des Vertrauensschutzes ist seinerseits zugunsten Geschäftsunfähiger bzw. beschränkt Geschäftsfähiger eingeschränkt. 53 Die Haftung aus eie, die auf dem Grundgedanken enttäuschten Vertrauens beruht 54 , greift zu Lasten Minderjähriger nicht ein. 55 Ebenso verhält es sich hinsichtlich der handelsrechtlichen Grundsätze über den Scheinkaufmann. Der von einem Geschäftsunfähigen oder beschränkt Geschäftsfähigen erzeugte Rechtsschein der Kaufmannseigenschaft wird diesem nicht zugerechnet. 56 Insofern ist, worauf der BGH ausdrücklich hingewiesen hat 57 , davon auszugehen, daß im Zivilrecht der Minderjährigenschutz generell dem allgemeinen Vertrauensschutz anderer Personen vorgeht. 58 Die Entscheidung des BAG vom 6.2.1985 verstößt damit gegen fundamentale zivilrechtliche Grundsätze und beeinträchtigt den Schutz Geschäftsunfähige bzw. beschränkt Geschäftsfähiger. 59 Der vom Gesetzgeber in den §§ 104 ff. BGB vorgesehene Schutz kann auch nicht durch einen möglichen Regreßanspruch des geschäftsunfähigen Betriebserwerbers gegenüber dem Veräußerer ersetzt werden. Denn ein solcher Anspruch würde nur dann eine Gefährdung des Minderjährigen ausschließen, wenn der Veräußerer finanziell liquide ist, woran es jedoch häufig fehlen wird. Der Minderjährigenschutz darf aber nicht von der zufälligen Liquidität des Geschäftspartners abhängen. ce) Zwischenergebnis Aus diesen Ausführungen ergibt sich, daß die Auslegung des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB als Auffangtatbestand und Abgrenzung zur Gesamtrechtsnachfolge zu unbestimmt ist, um eine sachgerechte Konkretisierung des tatbestandlichen Anwendungsbereiches des § 613a BGB zu gewährleisten. Vielmehr ersetzt die h.A. das Tatbestandsmerkmal Rechtsgeschäft durch das Kriterium nicht kraft Gesamtrechtsnachfolge 60 , um auf diese WeiCanaris, Vertrauenshaftung S. 469. Z.B.: Medicus, BGB/AT Rdnr. 453; Palandt/Heinrichs, § 276 Anmerk. 6 A m.w.N. auf die Rechtsprechung des BGH. 55 Fikentscher, SchR § 20 VIII S. 70; Hübner, BGB/AT Rdnr. 591 ; Jauernig/Vollkommer, § 276 BGB Anmerk. VI 3 c;Palandt/Heinrichs, § 276 BGB Anmerk. 6 A a. 56 Baumbach/Duden/Hopt, § 5 HGB Anmerk. 2 E; GK/BTÜggemann, § 5 HGB Anmerk.6. 57 BGHZ 17, 160, (168). 58 Ebenso: GK/Fischer, § 105 HGB Anmerk. 99; Eisenhardt, GeselIR Rdnr. 127. 59 Debong, NZA 1986, 665, (666); v. Hoynin~en-Huene, EWiR § 613a BGB, 15/85, S. 960; ders., Anmerk. AP Nr. 42 zu § 613a BGB (unter 3c); Loritz, RdA 1987, 65, (74); Schröder, NZA 1986,286; vgl. in diesem Zusammenhang die Entscheidungen: BVerwG BB 1985, 123 und BGH NJW 1985,136 ff.; die ebenfalls den Minderjährigenschutz empfindlich einschränken; vgl. dazu allerdings: BVerfG ZiP 1986, 975 ff. = NJW 1986, 1859 ff. 53

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se, falls erforderlich, gänzlich auf das Vorliegen eines Rechtsgeschäfts verzichten zu können. 61 Die Interpretation des Rechtsgeschäfts i.S.v. § 613a BGB stellt deshalb nicht nur eine unzulässige Wortlautkorrektur dar,61a sondern besitzt darüber hinaus die Funktion eines Einfalltores für gerichtliche Billigkeitsentscheidungen. 62

c) Inhaltliche Unrichtigkeit der Auslegung Allerdings müßte der Auslegung der h.A. trotz der aufgezeigten Bedenken dann gefolgt werden, wenn ein Betriebsübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge und durch Rechtsgeschäft sich gegenseitig zwingend ausschließen würden. Die h.A. folgert ein derartiges Ausschlußverhältnis von Gesamtrechtsnachfolge und Rechtsgeschäft aus drei Prämissen: aa) Prämisse 1: Zuordnung des § 613a BGB zur Einzelrechtsnachfolge Die erste Prämisse resultiert aus der Erkenntnis, daß ein Betrieb entweder im Wege der Gesamt- oder Einzelrechtsnachfolge übergehen kann. Da bei einem Betriebsübergang im Wege der Einzelrechtsnachfolge die Betriebsmittel nicht uno acto auf den Erwerber übergehen, sondern einzeln, rechtsgeschäftlieh übertragen werden müssen, wird § 613a BGB wegen seiner tatbestandlichen Struktur automatisch dem Bereich der Einzelrechtsnachfolge zugerechnet. 63 60 Im Ergebnis ähnlich: Liessem, Betriebsverpachtung S. 48, der darauf hinweist, daß durch die Auslegung der h.A. § 613a BGB um eine Subsidiaritätsklausel ergänzt wird, so daß dessen Wortlaut danach lautet: ,Geht ein ... über, so tritt dieser in die Rechte und Pflichten aus den ... bestehenden Arbeitsverhältnissen ein, soweit nicht eine andere gesetzliche Regelung besteht'. 61 A.A.: BAG DB 1985, 2407: ,Damit hat das BAG jedoch nicht entschieden, bei der übernahme eines Betriebes bedürfe es keiner rechtsgeschäftlichen Vereinbarungen mehr. Das Gegenteil ist richtig'. Diese Behauptung ist durch die Entscheidung des BAG DB· 1985,2411 ff. - es handelt sich um denselben Senat - widerlegt worden. 61a v. Hoyningen-Huene, Anmerk. AP Nr. 41 zu § 613a BGB (unter 3a). 62 In diesem Zusammenhang erscheint es äußerst zweifelhaft, ob das BAG in der Entscheidung vom 6.2.1985 tatsächlich gezwungen war, den Arbeitnehmerschutz durch die Aushöhlung des Minderjährigenschutzes zu gewährleisten. Denn war der Betriebserwerber, wie von ihm selbst vorgetragen (vgl.: Sachverhaltsdarstellung BAG NZA 1985, 735) nach § 105 11 BGB lediglich vorübergehend in seiner Geistestätigkeit gestört, hätte das BAG u.V. die zeitweilige Fortführung des Betriebes nach Wegfall dieses Zustandes als eine Bestätigung des unwirksamen Rechtsgeschäfts nach § 141 BGB ansehen können. Allerdings hätte zu diesem Zweck in den Vorinstanzen Beweis darüber erhoben werden müssen, zu welchem Zeitpunkt der beklagte Erwerber seine Geschäftsfähigkeit verloren bzw. wiedererlangt hat. 63 So: BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB (unter 2 cl; Bauer, Vnternehmensveräußerung S. 25ff.; Bauer, in Hölters S. 276 Rdnr. 16, 19; Becker-Schaffner, B1StSozArbR 1975, 305; Gaul, BB 1979,1666, (1669); Kehrmann, MitbestGspr. 1975,88; Kerschner/Köhler, Betriebsveräußerung S. 22 f.; Palme, B1StSozArbR 1977,386; Seiter, Betriebsinhaberwechsel S. 19.

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Eine solche Klassifizierung verkennt jedoch das Wesen des Betriebsinhaberwechsels i.S.v. § 613a BGB. Bei der Einzelrechtsnachfolge vollzieht sich der Betriebsübergang im Regelfall in zwei Schritten. Rechtlich wird dem Erwerber die Nutzungsbefugnis über die Betriebsmittel eingeräumt und faktisch muß der Erwerber die betriebliche Leitungsmacht übernehmen. Vergleicht man diese Erfordernisse mit den Voraussetzungen zum Vollzug des Betriebsinhaberwechsels im Rahmen der Gesamtrechtsnachfolge, läßt sich kein Unterschied feststellen. Durch den Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge geht ausschließlich die Nutzungsberechtigung an den Betriebsmitteln und das Recht zur Betriebsführung auf den Erwerber über. Herr des Betriebes (im tatsächlichen Sinn) ist der Erwerber damit noch nicht. Zwar wird sich die übernahme der betrieblichen Leitungsmacht der Gesamtrechtsnachfolge regelmäßig unmittelbar anschließen, jedoch sind Ausnahmen denkbar. So z.B. besteht die Möglichkeit, daß der Betrieb eine Zeitlang durch einen (gutgläubigen) Scheinerben fortgeführt wird. 64 Während dieser Zeit der fehlerhaften Betriebsfortführung ist der wahre Erbe Betriebseigentümer und der Scheinerbe als Ausübender der betrieblichen Weisungsbefugnisse Betriebsinhaber. Dieses Beispiel veranschaulicht, daß auch im Rahmen der Geasmtrechtsnachfolge der Betriebsinhaberwechsel erst durch die übernahme der betrieblichen Leitungsmacht vollzogen wird. Somit bewirken sowohl die Einzel- als auch die Gesamtrechtsnachfolge lediglich den Erwerb der Berechtigung zur Vollziehung des Betriebsübergangs, nicht jedoch den Betriebsübergang selbst. Dazu bedarf es vielmehr in beiden Fällen der Durchführung eines Vollzugsaktes in Form der übernahme der betrieblichen Leitungsmacht. Weist jedoch der Betriebsinhaberwechsel durch Gesamt- und durch Einzelrechtsnachfolge eine identische tatbestandliche Struktur auf, kann die Vorschrift des § 613a BGB nicht einseitig der Einzelrechtsnachfolge zugerechnet werden. bb) Prämisse 2: Gegenseitiger Ausschluß von Rechtsgeschäft und Gesamtrechtsnachfolge Als zweite Prämisse liegt der h.A. die Annahme zugrunde, daß das gleichzeitige Vorliegen von Rechtsgeschäft und Gesamtrechtsnachfolge ausgeschlossen ist. Begründet wird diese Auffassung damit, daß bei der Gesamtrechtsnachfolge der Vermögensübergang sowie der Eintritt in die Vertragsverhältnisse kraft Gesetzes erfolge. 6s V gl. dazu ausführlich: Darstellung in Kapitel 3 Teil B I 2 a. Z.B.: BAG DB 1985,2411, (2412); BAG AP Nr. 24 zu § 613a BGB (unter 2 cl; Heinze, DB 1980\ 205, (208); Schaub, ArbRdGgw 18 (1981) 71, (74); Schmitt, BB 1976, 1724, (1725); Sulzberger-Schmitt, Ubergang S. 61. 64 65

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Diese Argumentation steht mit den Grundsätzen der allgemeinen Rechtsgeschäftslehre nicht in Einklang. Danach ist anerkannt, daß ein rechtsgeschäftlicher Erfolg nur dann eintritt, wenn er zum einen gewollt und zum anderen die beabsichtigte Rechtsfolge von der Rechtsordnung gebilligt wird. 66 Z.B. geht das Eigentum an einer beweglichen Sache nicht allein deshalb über, weil dieses Ergebnis dem erklärten Parteiwillen entspricht, sondern es kommt hinzu, daß die Rechtsfolge ,Eigentumsübergang' über § 929 BGB vom Gesetzgeber angeordnet wird. 67 Insofern tritt jede Rechtsfolge eines Rechtsgeschäftes kraft Gesetzes ein. Für die Beurteilung, ob ein Rechtserwerb kraft Gesetzes vorliegt, kann daher nicht auf die Rechtsfolgen einer Norm abgestellt werden. Entscheidend muß sein, ob der Tatbestand einer Norm, wie z.B. bei den §§ 946 ff., 965 ff., 1922 ff. BGB, den Rechtserwerb unabhängig vom Erwerberwillen vorsieht. 68 überträgt man diese Grundsätze auf die Gesamtrechtsnachfolge, so ist festzustellen, daß zumindest die gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge 69 tatbestandlich das Vorliegen eines Rechtsgeschäfts voraussetzt. So erfordert z.B. eine rechtswirksame Verschmelzung u.a. nach § 340c AktG jeweils einen Beschluß der Hauptversammlung beider Gesellschaften70 und nach § 341 AktG den Abschluß eines Verschmelzungsvertrages. Gleiches gilt für die übernahme einer Personenhandelsgesellschaft durch einen Gesellschafter i.S.v. § 142 HGB. Diese übernahme wird allgemein als ein Fall der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge angesehen 71 und erfolgt regelmäßig aufgrund einer gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung der Gesellschafter. Wegen dieses rechtsgeschäftlichen Charakters der gesellschaftsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge wendet das gesellschaftsrechtliche Schrifttum überwiegend § 613a BGB sowohl auf die übernahme einer Personenhandelsgesellschaft 72 als auch auf die Verschmelzung und Umwandlung von Unternehmen an. 73 Selbst der 5. Senat des BAG hat in seinem Urteil vom 4.12.1974 aus66 Motive zum BGB I S. 126; Erman/Brox, Einl. § 104 BGB Rdnr. 4; Jauernig/Jauernig, vor § 104 BGB Anmerk. 1; Larenz, BGB/AT § 18 I S. 302; Medicus, BGB/AT Rdnr. 175. 67 Vgl. Larenz, BGB/AT § 18 I S. 302 ff. 68 Erman/Brox, Einl. § 104 BGB Rdnr. 7; Jauernig/Jauernig, vor § 104 BGB Anmerk. 5 b;Palandt/Heinrichs, Uberbl. v. § 104 BGB Anmerk. 1 a. 69 Zur erbrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge vgl.: Darstellung in Kapitel 3 Teil B I. 70 Der Beschluß wird allgemein als Rechtsgeschäft qualifiziert, so: Hübner, BGB/AT Rdnr. 351; RGRK/KTÜger-Nieland, v. § 104 BGB Rdnr. 18; Larenz, BGB/AT § 1811 3 b; Medicus, BGB/AT Rdnr. 205; Soergel/Hefermehl, vor § 116 BGB Rdnr. 68. 71 BGHZ 48, 203, (206); BGHZ 44, 229 ff.; Bauer, Unternehmensveräußerung S. 28; Bauer, in Hölters S. 277 Rdnr. 21; Baumbach/Duden/Hopt, § 142 HGB Anmerk. 3 A; Schaub, ZiP 1984, 272, (273); Schramm, Willensbeteiligung S. 134; GK/Ulmer, § 142 HGB Anmerk. 34, 27. 72 So: Ulmer/Wiesner, ZHR 144 (1980) 393, (420); Reuter, gern. Anmerk. AP Nr. 47 zu § 128 HGB;Höfer/Kemper/Küpper, BB 1979, 1673, (1678). 73 Binz, GmbHR 1978, 145, (151); Böttcher/Zartmann/Kandler, Unternehmensform S. 102; Beuthien/Studk, § 613a BGB Anmerk. 5; Hennerkes/Binz, GmbH & Co S. 452; Kölner Kommentar/Kraft, § 346 AktG Rdnr. 17; Martens, Anmerk. SAE 1976,83, (84);

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drücklich anerkannt, daß die Verschmelzung dem Regelungsbereich des § 613a BGB unterfällt. 74 In dieser Entscheidung heißt es wörtlich: ,Es ist zwar richtig, daß die Verschmelzung zweier Genossenschaften ... zu einem Betriebsübergang führt, dessen arbeitsrechtliche Folgen nach § 613a BGB (a. F.) zu beurteilen sind.