Der Sophist: Zweisprachige Ausgabe [2 ed.] 9783787323036, 9783787306565

Ausgangspunkt des zum Spätwerk zählenden Dialogs ist die Fragestellung nach einer Wesensbestimmung des Sophisten, des St

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German Pages 215 [268] Year 1985

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Der Sophist: Zweisprachige Ausgabe [2 ed.]
 9783787323036, 9783787306565

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PLATON

Der Sophist

übersetzt von OTTO APELT Neu bearbeitet und herausgegeben von REINER WIEHL

Griechisch-deutsch

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Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet abrufbar über ‹http://portal.dnb.de›. ISBN: 978-3-7873-0656-5 ISBN eBook: 978-3-7873-2303-6

© Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 1985. Alle Rechte vorbehalten. Dies gilt auch für Vervielfältigungen, Übertragungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, soweit es nicht §§  53 und 54 UrhG ausdrücklich gestatten. www.meiner.de

INHALT

Einleitung des Herausgebers . . . . . . . . . . . . . . .

VII

Literaturübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

X LII

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Gliederung des Dialoges

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XLVII

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Platon 2

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Der Sophist

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3

Anmerkungen

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Register

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208

E I N L E I T U N G D E S H E RA U S G E B E R S

I Otto Apelt hatte in seiner Einleitung zur Ausgabe des „Sophistes" in der „Philosophischen Bibliothek", die hier nunmehr zweisprachig, zugleich aber in Übersetzung und Erläuterungen weitgehend umgearbeitet erscheint, eine Art Beweis der Echtheit dieses Plato-Dialoges unternom­ men. Nicht ganz zufällig berief sich dieser Beweis nur auf jene Stellen in der „Metaphysik" des Aristoteles, aus denen Plato als der Autor dieses Dialoges zu erschließen ist, also nur auf einen, wenn auch den nächstliegenden Aspekt der Wirkungsgeschichte des „Sophistes". Dieser Echtheitsbeweis, der sich im besonderen gegen den ent­ sprechenden Zweifel Friedrich Ueberwegs richtete, mutet heutzutage kaum weniger kurios an als Ueberwegs Zweifel selbst. Dieser Zweifel, das Bedürfnis seiner Zu­ rückweisung und die Beschränkung der Mittel dieser Zurückweisung sind aber charakteristisch für eine Phase der Plato-Forschung, die sich zwar um die chronologische Ordnung der Plato-Dialoge verdient gemacht hat, auf der anderen Seite aber durch die Einseitigkeit philo­ sophischer Aspekte und Methoden und durch die man­ gelnde Reflexion ihrer eigenen philosophischen Voraus­ setzungen in ihren philosophischen Deuturigsmöglich­ keiten außerordentlich limitiert blieb. Daß die Echtheit eines Werkes wie des „ Sophistes" bezweifelt werden konn­ te, dürfte allerdings in der langen Geschichte philosophi­ scher Zweifel gegen die Echtheit dieses oder jenes Werkes von Plato ein Extremfall bleiben. Denn sowohl durch seinen philosophischen Inhalt als auch durch seine be­ sonders nachhaltige Wirkungsgeschichte1) muß dieser 1 Diese reicht von Aristoteles über den Neuplatonismus (ins­ besondere Plotin), über Nikolaus von Cues und Hegel bis zum Neukantianismus und zu Heidegger.

VIII

Einleitung des Herausgebers

Dialog als eines der wichtigsten Zeugnisse der Philosophie Platos gezählt werden. Daß es gerade der philosophische Sinngehalt ist, der diesen Dialog als ein Werk Platos aus­ weist, hatte auch Apelt sehr wohl erkannt und sich mehr­ mals an einer kritischen philosophischen Deutung des „ Sophistes" versucht2), der wohl zusammen mit dem „ Parmenides" zu den schwierigsten Werken Platos zählt. Apelt war ein bedeutender Philologe, aber seine philo­ sophischen Interpretationsversuche mußten scheitern. Denn der Urteilsbegriff, den er seiner Auslegung zu­ grundelegte, war dem extremen Empirismus und Psycho­ logismus seiner Zeit allzu verhaftet, um zu einem ange­ messenen Verständnis des antiken Logos-Denkens im all­ gemeinen und der Platonischen Dialektik im besonderen zu gelangen. So kam Apelt über der Beschäftigung mit dem „Sophistes" zu dem Resultat, daß die Dialektik und Logik an der Philosophie Platos das Mangelhafte und Verbesserungswürdige sei, daß deren Wahrheit vielmehr in ihrer „Weltanschauung" liege, welche den Blick auf das Ewige, Wahre, Schöne und Gute richte3) . In Apelts Plato-Deutung war geradezu ein System von unbefragten Vorurteilen über das Wesen des Begriffes, ja des Logischen überhaupt eingegangen, welches sich nicht zuletzt auch in seiner Ü bersetzung und Kommen­ tierung des „Sophistes" niederschlagen mußte. Doch ist hinzuzufügen, daß diese Vorurteile seiner „Sophistes"­ Ausgabe, die 1922 in 2. unveränderter Auflage erschien, keine partikularen sind, sondern sich fast immer in kri­ tischen Auseinandersetzungen mit dem dialektischen Denken im allgemeinen und mit Platos Dialektik im besonderen wiederholen, sobald eine empirische und formal-logische Grundlage zum Ausgangspunkt der Kri­ tik gemacht wird. So ist es kein Zufall, daß sich gerade in der angelsächsischen Plato-Literatur so oft dieselben kri­ tischen Einwände gegen Platos „ Logik" finden wie bei Apelt4). Die schon klassisch zu nennenden Bestandteile 2 s. Literaturverzeichnis 3 Platon. Aufsätze p. 9 f. u. 45

'Vgl. R. Robinson, Platos Earlier Dialectic ( 1 953)

Einleitung des Herausgebers

IX

dieser Art Kritik bilden den Vorwurf: Plato halte Begriff und Idee in ihrem unterschiedlichen Wesen nicht ausein­ ander, er verkenne die „natürliche" Richtung des Urteils, ja, er stelle dieses geradezu auf den Kopf, indem er Er­ kenntnis des vorhandenen Seienden und Vergleichung der Begriffe zur Bestimmung dieses Seienden durchein­ anderbringe; er unterscheide (noch) nicht zwischen Da­ sein und Sosein, Existenz und Bestimmtheit, und vor allem nicht zwischen Qualität und Modalität des Urteils5) . Aus diesen grundsätzlichen logischen Irrtümern sollten sich dann die partikularen Argumentationsfehler erklären lassen, die sich in Platos Dialogen so reichlich zu finden scheinen. Die kritischen Argumente dieser Art gegen Platos Logik und Ontologie scheinen zeitlos geworden zu sein6) und treten in ihrer Wiederholung meist unter Berufung auf Kants „Kritik der reinen Vernunft" auf. Auch hierin stellt Apelts Plato-Interpretation keinen Einzelfall dar. Gleichwohl kann seine Plato-Deutung so wenig unter diejenige der Schule des Neu-Kantianismus subsumiert werden wie Deutungen dieser Art überhaupt. Apelt selbst hatte sich sogar ausdrücklich von der neukantianischen Plato-Auffassung distanziert. Diese neukantianische Plato­ Deutung von H. Cohen und P. Natorp, welche die Pla­ tonische Idee im Sinne einer wissenschaftstheoretischen methodischen Hypothese auffaßte, blieb von Anfang an nicht unwidersprochen, geriet aber schließlich geradezu in Verruf, als sich, besonders nach dem ersten Weltkrieg, ein philosophisches Bewußtsein der Entfremdung zwischen Philosophie und positiver Wissenschaft durchsetzte, welches sich gegen die Beherrschung seiner Begriffe durch die der Wissenschaft wandte und eine Deutung der an­ tiken Metaphysik am Leitfaden neuzeitlicher Wissen­ schaftsbegriffe ebenso historisch als unangemessen wie philosophisch als unzureichend empfinden mußte. Und doch zeigt sich die bleibende Bedeutung der Plato-For·

5

6

Vgl. 0. Apelt, cit. loc. p. 268-269 Eine neuerliche Applikation bei W. G. Runciman; Platos later Epistemology ( 1 962)

X

Einleitung des Herausgebers

schung des Neu-Kantianismus, sein tiefes Plato-Verständ­ nis, im Kontrast gegen die zuvor beschriebene einseitige Messung der Platonischen Idee am Maße des empirischen Allgemeinbegriffes, welche sich nicht einmal im Grunde auf Kant berufen darf7) . Die Auffassung der Idee als Hypothesis versetzt diese unmißverständlich in eine andere Dimension gegenüber dem Unmittelbaren derart, daß ihr logisches Verhältnis zu jeder Art von unmittel­ barer Gegebenheit sich dialektisch gestaltet. So ist es schließlich kein Zufall, daß die heutige Plato-Forschung in Deutschland gerade durch solche Arbeiten wesentlich angeregt und belebt worden ist, die mehr oder weniger direkt aus der Schule der Neu-Kantianismus hervorge­ gangen sind. So sind durch diese Arbeiten neue Deutungs­ möglichkeiten gerade auch für den „Sophistes" erschlos­ sen worden. Schon 1 909 erschien in den von H. Cohen und P. Natorp herausgegebenen „Philosophischen Arbeiten" das Plato-Buch des jungen N. Hartmann : „Platos Logik des Seins". Hartmann unternahm es hier, die Platonische Ideenlehre am Leitfaden des Korrelationsverhältnisses des Nichtseins und Seins zu interpretieren, und zwar die­ ses Korrelationsverhältnis als Methode verstanden. Auf diese Weise mußte der „ Sophistes" , der ja das Verhältnis des Seienden ( -ro ..6 yoti;; xocl 7tp 0e:oc('t''YJ't'E:, 1) d 7t'otV't'OC7t'OCO'LV wc; if)..'Yj 6Wc; O'Oq>LO"'t'ljV ; 0e:otL : O u8otµ.wc; t8LW't''YJV" µ.ocv6&.vc.:i y0cp a )..eye:Lc;, wc; 7t'otv't'oc; 8e:L 't'OLoi:l't'oc; e:!votL 't'6 ye: eoi:t : 'Eolxoi:'t'ov yoüv. Se : 'Ex't'pfoecr0ov oe ye &7to tjc; �q.io6YJp tx:rjc;, o µev t7tl. 6&:Aoi:n&v 7t'ou xoi:l. 7t'O't'otµouc; xoi:l :Alµvoi:c;, 't'oc sv 't'OU't'otc; �eoi:t : Tl µ�v ; Se : '0 oe ye s7tl. ['t'Yjv] y:rjv xoi:l. 7to't'oi:µouc; e't'epouc; oi:ü 't'LVotc;, 7t'AOU't'ou xoi:l. ve6't'YJ't'Oc; ofov :Aetµwvoi:c; &q;i06vouc;, 't'&v 't'OU't'otc; 6peµµoi:'t'OI: zetpwcr6µevoc;. E>eoi:t : Ilwc; :Aeyetc; ;

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Der

27

Sophist als Händler

sich ernähren und Gebrauch machen, im Verkauf mittels Geld umsetzt? Th : Wie meinst du das ? F : In Beziehung auf die Seele ist es vielleicht nicht klar, denn das andere ist uns doch verständlich. Th : Ja. F : Wir wollen also sagen : wenn die gesamte Musik von 224 Stadt zu Stadt wandert, hier gekauft, dort eingeführt und verkauft21) wird, ebenso Malereien und Gauklerkunst und viele andere Unterhaltungen für die Seele, die teils zur Ergötzung, teils zur ernsten Beschäftigung eingeführt und verkauft werden, so können wir doch mit nicht geringe­ rem Recht den, der solche Ware einführt und verkauft, einen Großkaufmann nennen als den Verkäufer von Nah­ rungsmitteln und Getränken. Th : Das ist sehr wahr, was du sagst. F : Wirst du nicht auch dem, der Wissen aufkauft und b es von Stadt zu Stadt gegen Geld verhandelt, denselben Namen zusprechen ? Th : Ganz gewiß. F : Könnte man nun nicht mit größtem Recht von diesem Seelenwarengroßhandel den einen Teil als Schau­ stellung bezeichnen, während wir den anderen mit einem Namen benennen müssen, der nicht weniger lächerlich ist, als der vorher gebrauchte, wenn er auch, da es ein Verkauf von Wissen ist, mit diesem Geschäft irgendwie verschwistert ist. Th : Ja doch. F : Von diesem Wissenshandel ist der eine Teil, der des Wissens der übrigen Künste, mit einem bestimmten Na­ men zu bezeichnen, der andere Teil, der sich auf die Tu­ gend bezieht, dagegen mit einem anderen. Th : Sicher. F : Kunstverkauf dürfte wohl auf den Teil der übrigen Künste passen. Für den anderen aber, der sich auf die Tugend bezieht, bemühe'! du dich, den Namen zu bestim­ men. 1 1.

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Die Arten der Belehrung

man da mit Recht eine andere Kunst nennen als die der Belehrung ? Th : Nein, keine. F : Gut, weiter. Ist nun von der Kunst der Belehrung zu b sagen, daß es eine Art von ihr gibt oder mehrere, zwei aber hauptsächlich ? ü berlege ! Th : Das tue ich. F : Auf folgende Weise finden wir sie vielleicht am schnellsten. Th : Auf welche ? F : Indem wir die Unwissenheit daraufhin ansehen, ob sie vielleicht in der Mitte einen Einschnitt enthält. Denn wenn sie eine zweifache ist, dann muß offensichtlich auch die Kunst der Belehrung zwei Teile haben, je einen für jeden Teil von ihr. Th : Wie ? Wird dir das von uns Gesuchte schon sicht­ bar ? c F : Ja, ich glaube von der Unwissenheit eine große und schwer abzugrenzende Art zu erkennen, die allen ihren anderen Teilen die Waage hält. Th : Und welche wäre das ? F : Daß man, was man nicht weiß, zu wissen glaubt; denn darauf beruhen wohl unsere Irrwege im Nach­ denken34) . Th : Das ist wahr. F : Und diesem Teil der Unwissenheit allein ist meiner Meinung nach der Name Unverstand zuzusprechen. Th : Ja, gewiß. F : Welchen Namen also muß man dem Teil der Beleh­ rungskunst geben, der davon befreit ? d Th : Ich glaube, alles andere, lieber Gast, ist handwerkliche Ausbildung, dieses aber wird, hier bei uns wenigstens, Erziehung genannt. F : Auch sonst fast überall, wo Griechen sind, Theaitet. Doch müssen wir nun noch weiter darauf achten, ob es ein nicht weiter teilbares Ganzes ist oder noch eine 1ei­ lung zuläßt, die einer Bezeichnung wert ist. Th : Ja, darauf müssen wir achten. ·

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II A A T O N O E

E O I E T H E

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Kritik der überlieferten Ontologie e

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kamen aber später auf den Gedanken, es sei am sichersten, beides zu verknüpfen und zu sagen, das Seiende sei so­ wohl Vieles wie Eines und werde durch Feindschaft und Liebe zusammengehalten. Denn sich trennend wird es doch beständig wieder zusammengeführt, so sagen die gestrengeren Musen. Die nachgiebigeren aber sahen von dem Gebot, daß dies sich beständig so verhalten solle, ab und behaupten, daß abwechselnd das All bald Eines sei

und einander befreundet durch die Macht der Aphrodite, 243 bald wieder Vieles und miteinander befeindet durch einen Streit. Ob nun mit alledem einer von ihnen Wahres ge­ sprochen habe oder nicht, ist schwer zu entscheiden, und es scheint wenig am Platze zu sein, mit so berühmten und altehrwürdigen Männern über so große Fragen zu rech­ ten. Das aber darf man, ohne Anstoß zu erregen, ausspre­ chen Th : Was ? F : Daß sie uns viele einfach übersehen und allzu wenig Rücksicht auf uns genommen haben. Denn ohne sich da­ b rum zu kümmern, ob wir ihren Worten auch folgen oder zurückbleiben, führt ein jeder seine eigene Sache zu Ende69) . Th : Wie meinst du das ? F : Wenn einer von ihnen sich mit den Worten hören läßt, es sei oder es sei geworden oder es werde Vieles oder Eines oder Zwei, und wiederum Warmes mit Kaltem ge­ mischt, und irgendwo anders legt einer Trennungen und Verbindungen zugrunde, kannst du, Theaitet, bei den Göttern, davon jeweils etwas verstehen, was gemeint ist ? Ich jedenfalls glaubte damals, als ich noch jünger war, dieses Nichtseiende, das uns jetzt so in Schwierigkeiten bringt, wenn man es ausspricht, genau zu verstehen ; jetzt aber siehst du, in welcher Ratlosigkeit wir über es sind. c Th : Ja, ich sehe es. F : Vielleicht aber machen wir bald nicht weniger über das Seiende dieselbe Erfahrung in unserer Seele. Wir sagen zwar, daß wir bei diesem keine Schwierigkeiten haben und daß wir verstehen, wenn einer es ausspricht,

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244

Kritik der Überlieferung: Das Seiende als Vielheit

87

im Unterschied zu jenem, obwohl wir doch bei beiden in einer ganz ähnlichen Lage sind. Th : Vielleicht. . F : Auch von den anderen vorherigen Bestimmungen müssen wir uns dasselbe sagen. Th : Gewiß. 3 1 . F : Diese vielen Bestimmungen wollen wir auch d später in Betracht ziehen, wenn es dir recht ist. Zuvor aber müssen wir das Höchste und erste Ursprüngliche betrachten70) . Th : Wovon sprichst du nun ? Oder ist klar, daß du meinst, wir müssen zuerst das Seiende daraufhin prüfen, was eigentlich diejenigen, die von ihm sprechen, darüber zu offenbaren glauben? F : Du hast die Sache am richtigen Punkt erfaßt, mein Theaitet. Denn ich denke, wir verfahren nun notwendig so, als wären sie selbst zugegen und wir forschten sie fol­ gendermaßen aus : Nun wohl, ihr alle, die ihr erklärt, das All sei das Warme und Kalte oder irgendeine ähnliche Zweiheit, was meint ihr damit von beiden, wenn ihr sagt, e es seien beide und jedes von beiden71) ? Was sollen wir uns unter diesem eurem Sein denken ? Etwa ein Drittes, neben jenen zweien, und sollen wir also nach euch das Ganze als Drei und nicht mehr als Zwei setzen ? Denn wenn ihr von den beiden das eine als seiend denkt, könnt ihr doch nicht sagen, daß beide gleichermaßen sind. Denn auf beide Weise sind die dann eins, aber nicht zwei. Th : Allerdings. F : Aber vielleicht wollt ihr die beiden als seiend be­ zeichnen ? Th : Mag sein. 244 F : „Aber, meine Freunde", sagen wir dann, „auch so dürften wohl die Zwei durch eure Rede offensichtlich Eines werden." Th : Das hast du sehr richtig gesagt. F : Da wir also nicht weiterwissen, so müßt ihr uns ge­ nügend klar machen, was ihr eigentlich damit bezeich­ nen wollt, wenn ihr euch des Ausdrucks seiend bedient.

88

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Die Besserung der Gegner

1 05

F : Oder sollen wir sagen, daß ihm dies beides zwar innewohne, nicht aber in der Seele zu eigen sei ? Th : Auf welche andere Weise könnte ihm dieses inne­ wohnen? F : Wenn es also Vernunft, Leben, Seele ist, kann es dann, so ganz voller Leben, unbewegt in Ruhe dastehen ? b Th : Das scheint mir alles völlig undenkbar zu sein . F : Also auch das Bewegte und die Bewegung muß man als seiend anerkennen. Th : Unweigerlich. F : Es kommt also heraus, Theaitet : Wenn das Seiende unbewegt ist, dann gibt es keine Vernunft, von nichts, Th : Ja, gewiß. in nichts, nirgendwo. F : Und wenn wir andererseits zugeben wollten, daß alles in Umschwung und Bewegung sei, so würden wir eben dasselbe durch diesen Gedanken aus dem Seienden ausschließenB2) . Th : Wie das ? F : Scheint dir, was demselben gemäß und auf gleiche c Weise und in derselben Beziehung ist, ohne Ruhe über­ haupt vorkommen zu können? Th : Keineswegs. F : Wie nun ? Siehst du ohne dies je irgendwo Vernunft sein oder zustandekommen ? Th : Keineswegs. F : Aber auch den muß man doch in jedem Satz be­ kämpfen, der Wissen, Einsicht und Vernunft beseitigen und dabei noch irgendwie auf etwas beharren will. Th : Und wie ! F : Der Philosoph aber, der jenes über alles hochhält, darf deswegen auf gar keinen Fall, weder von denen, die d die Eins oder auch viele Ideen setzen, die Annahme des unbewegten Alls übernehmen, noch denen auch nur ge­ ringstes Gehör schenken, die dem Seienden aufjede Weise Bewegung zukommen lassen wollen, sondern, dem Wunsch der Kinder entsprechend, muß er beides zusam­ men sagen ; das, was unbewegt und was bewegt ist, ist das Seiende wie auch das AllB3) . Th : Das ist sehr wahr.

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IT A A T il N O E

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Die Aporie des Seienden

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sammennimmst und von ihnen auf ihre Gemeinschaft des Seins hinsiehst, sagst du so von beiden, daß sie sind ? c Th : In der Tat scheint uns das Seiende als ein Drittes vorzuschweben, wenn ·wir von Bewegung und Stillstand das Sein aussagen. F : Nicht also ist das Seiende Bewegung und Stillstand zusammen, sondern ein von diesen Verschiedenes. Th : So s cheint es. F: Aufgrund seiner eigenen Natur also steht das Seiende weder still noch bewegt es sich. Th : Das mag zutreffen. F : Wohin soll man seine Ü berlegung noch richten, wenn man etwas Klares darüber feststellen will ? Th : Ja, wohin ? F : Nirgendwohin so leicht, scheint mir. Denn wenn sich d etwas nicht bewegt, muß es dann nicht stillstehen? Oder andererseits, wenn etwas in keiner Weise stillsteht, muß es sich da nicht bewegen ? Das Seiende hat sich uns jetzt außerhalb dieser beiden gezeigt. Ist dies nun überhaupt Th : Das ist das Allerunmöglichste. möglich87) ? F : Wir müssen uns nun dabei an folgendes erinnern. Th : Woran ? F : Als wir über das Nichtseiende gefragt wurden, wo­ bei seine Bezeichnung angebracht sei, befanden wir uns in völliger Ratlosigkeit. Du erinnerst dich doch ? Th : Wie sollte ich nicht ! F : Ist die Ratlosigkeit nun etwa geringer, in der wir e uns jetzt über das Seiende befinden ? Th : Mir, lieber Gast, kommt es so vor, als wäre sie wo­ möglich noch größer. F : Diese Frage mag nun offen bleiben. Da aber das Sei­ ende und das Nichtseiende beide gleichermaßen an un­ serer Ratlosigkeit beteiligt sind, so besteht die Hoffnung, daß in dem gleichen Maße, wie das eine von ihnen deut2 5 1 licher oder undeutlicher hervortreten wird, so auch das andere. Und wenn sich uns keines von beiden für sich zu erkennen geben will, so wollen wir wenigstens den Ge­ dankengang für beide zusammen, so gut wir können, mit Anstand weiterbringenBS ) .

1 10

II A A T Q N O :E

:E O w l :E T H :E

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Die Frage nach der Verbindung der Gattungen

1 15

was aufgrund der Gemeinschaft mit der Bestimmung eines Verschiedenen als verschieden zu bezeichnen92) . Th : Wie das ? c F : Sie müssen doch unbedingt bei allem das „Sein" ge­ brauchen und das „Ohne" und das „Anderes" und das „Fürsich" und tausenderlei verschiedenes, was sie nicht vermeiden und dessen Verknüpfung sie in ihren Reden mcht umgehen können, so daß sie gar keiner Widerlegung durch andere bedürfen, sondern, wie man zu sagen pflegt, den Feind und Widersacher im eigenen Hause haben, der sich aus dem Innern vernehmen läßt, fast wie ein närri­ scher Eurykles93) , den sie, wo sie auch sind, mit sich her­ umtragen. Th : In der Tat, ein treffender und wahrer Vergleich. d F : Wie aber nun, wenn wir allem ein Können zusprechen wollten, sich miteinander zu verbinden ? Th : Das kann sogar ich widerlegen. F : Wie denn ? Th : Weil die Bewegung selbst dann völlig zum Still­ stand käme, und der Stillstand seinerseits selbst bewegt würde, wenn sie beide zusammenkämen. F : Aber das machen doch zwingendste Gründe ganz unmöglich, daß die Bewegung stillstehen und der Still­ stand sich bewegen kann. Th : Zweifellos. F : Also bleibt nur das Dritte übrig94) . Th : Ja. e

253

38. F : Nun ist aber doch eines davon notwendig : es muß entweder alles oder nichts, oder einiges wohl, ande­ res aber nicht sich zu verbinden bereit sein. Th : Ohne Zweifel. F : Die zwei ersten Fälle erwiesen sich ab unmöglich. Th : Ja. F : Jeder also, der richtig antworten will, wird sich für das übriggebliebene Dritte erklären. Th : Ja, gewiß. F : Da also einiges sich zu verbinden bereit ist, anderes nicht, so verhält sich dies wohl beinahe wie bei den Buch-

1 16

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253

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Die dialektische Wissenschaft

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1 17

staben. Denn auch von diesen stimmen einige schlecht zu­ sammen, andere dagegen gut. Th : Ohne Zweifel. F : Die Vokale aber ziehen sich, unterschieden von den anderen, wie ein Band durch alle hindurch, so daß ohne einen von ihnen auch von den anderen keiner mit einem anderen zusammenstimmt95) . Th : Ja, gewiß. F : Weiß nun jeder, welche mit welchem in Gemein­ schaft treten können, oder bedarf es einer Kunst für den, der es hier richtig machen will ? Th : Ja, einer Kunst. F : Was für einer ? Th : Der Sprachkunst. F : Wie aber? Steht es nicht ebenso mit den hohen und tiefen Tönen ? Wer die Kunst besitzt, mit der er erkennt, welche Töne sich verbinden und welche nicht, ist das nicht der Musikalische, wer dies nicht versteht, der Un­ musikalische ? Th : So ist es. F : Und anderes Ähnliches werden wir bei den anderen Künsten, und auch wo keine Kunst ist, finden. Th : Gewiß. F : Und weiter : da wir übereingekommen sind, daß auch die Begriffe in ihrer Mischung sich ebenso zuein­ ander verhalten, bedarf da nicht notwendig eines Wissens beim Durchgehen der Rede, wer auf rechte ·weise zeigen will, welche von den Begriffen mit welchen zusammenklingen und welche einander nicht aufnehmen ? Und ob es also auch durch alle hindurch zusammenhaltende Be­ griffe gibt, so daß sie sich verbinden können, und wieder­ um bei den Trennungen, ob da andere durch die Ein­ heiten hindurch Gründe der Trennung sind9 6 ) ? Th : Wie sollte es da nicht eines Wissens bedürfen, ja vielleicht wohl des höchsten? 39.

F : Welchen Namen sollen wir nun diesem Wissen

geben, Theaitet ? Oder sind wir, bei Zeus, unbemerkt auf die Wissenschaft freier Menschen gestoß en und haben,

1 18

II A A T O N O l:

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254

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Die dialektische Wissenschaft

1 19

während wir nach dem Sophisten suchten, zuerst den Philosophen gefunden ? Th : Wie meinst du das ? d F : Die Trennung nach Begriffen und weder Dasselbe für Verschiedenes noch, was verschieden ist, für dasselbe zu halten, werden wir das nicht für die Sache des dialek­ tischen Wissens erklären97) ? Th : Ja, werden wir sagen. F : Wer also dies Können besitzt, der sieht deutlich eine Idee durch vieles Verschiedene, einzeln voneinander Getrennte hindurch nach allen Seiten ausgespannt, und viele voneinander Verschiedene, die von einer ein­ zigen von außen umfaßt sind, und wiederum eine durch viele Einheiten hindurch in einer Idee verbunden und viele in jeder Hinsicht voneinander getrennt. Das näme lieh heißt, dem Begriffe nach zu unterscheiden wissen, inwiefern jedes Einzelne Gemeinschaft haben kann und inwiefern nicht98) . Th : Auf jeden Fall. F : Aber die Sache der Dialektik wirst du doch keinem andern auftragen als dem, der in reiner und rechter Weise philosophiert. Th : Wie könnte man sie einem anderen überlassen ! F : Den Philosophen also werden wir in einer solchen Gegend finden, wenn wir nach ihm suchen, sowohl jetzt wie später ; doch ist es auch bei ihm schwer, ihn deutlich 254 zu erkennen, wenngleich hier die Schwierigkeit anderer Art ist als bei dem Sophisten. Th : Wie das ? F : Der eine, der sich in die Dunkelheit des Nichtseien­ den flüchtet, der er sich mit Geschick anvertraut, ist we­ gen der Finsternis dieses Ortes schwer erkennbar. Nicht wahr? Th : So scheint es. F : Der Philosoph dagegen, der sich immer der Idee des Seins im Denken hingibt, ist gerade wegen der Hellig­ keit der Stätte alles andere als leicht erkennbar. Denn b das geistige Auge der Vielen erträgt den Anblick des Göttlichen nicht.

1 20



TI A A T ü N O I:

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Ein Modell der Verbindung der Gattungen

121

Th : Gewiß hat e s auch damit seine Richtigkeit, ebenso wie mit dem Vorigen. F : Den Philosophen nun werden wir bald noch deut­ licher zu Gesicht bekommen, wenn es uns dann weiter­ hin erwünscht ist99) . Vom Sophisten ist aber nun ganz offenbar, daß wir nicht eher ruhen dürfen, bis wir ihn deutlich genug vor Augen haben. Th : Schön. 40. F : Da uns nun gelten soll, daß die Begriffe teils miteinander in Gemeinschaft zu treten bereit sind, teils nicht, einige in geringem, andere in großem Umfang, c einige auch durch alle hindurch ohne Widerstand mit allen in Gemeinschaft stehen, so wollen wir in unserer weiteren Erörterung so verfahren, daß wir nicht alle Be­ griffe ins Auge fassen, damit wir nicht durch ihre Menge verwirrt werden100) . Vielmehr wollen wir nur einige von denen, die als die obersten gelten, uns vornehmen und zuerst zusehen, was jeder im einzelnen für sich ist, dann, wie es mit ihrer Fähigkeit zu wechselseitiger Gemein­ schaft steht, damit wir, wenn wir das Seiende und Nicht­ seiende auch nicht in ganzer Klarheit zu erfassen ver­ mögen, so doch nicht ganz und gar ohne Erklärung über sie bleiben, soweit es unsere jetzige Betrachtungsweise zu­ läßt, wenn wir hoffen dürfen, mit unserer Rede, daß das d Nichtseiende wahrhaft nichtseiend ist101) , ungestraft da­ vonzukommen. Th : So müssen wir vorgehen. . F : Die wichtigsten Begriffe, die wir vorher durchgingen, waren doch das Seiende selbst, und Stillstand und Be­ wegung. Th : Bei weitem. F : Diese beiden aber, sagen wir, können sich nicht mit­ einander verbinden. Th : Durchaus nicht. F : Aber das Seiende vermag sich mit beiden zu verbinden ; denn sie sind doch wohl beide ? Th : Wie sollten sie nicht ? F : So sind es also drei. Th : Gewiß.

1 22

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Die Verbindung des Seienden und Nichtseienden

129

Th : Gewiß. F : Laß uns also wiederholen : die Bewegung ist ver­ schieden von dem Verschiedenen, wie sie auch ein ande­ res gegenüber demselben und dem Stillstand war. Th : Ja, notwendig. F : Nicht verschieden ist sie also auch irgendwie ver­ schieden nach unserem jetzigen Nachweis. Th : Ja, richtig. F : Was also nun weiter ? Wollen wir von ihr behaupten, daß sie von den dreien verschieden ist, nicht aber auch d von dem vierten, nachdem wir doch zugestanden haben, daß es fünfsind, über die und an denen wir unsere Unter­ suchung vornehmen wollten ? Th : Wie könnten wir das ? Denn unmöglich können wir die Zahl kleiner sein lassen als gerade erwiesen. F : Ohne Furcht also wollen wir den Satz durchfechten, daß die Bewegung verschieden ist gegenüber dem Seienden. Th : Ohne die geringste Furcht wohl. F : Ist demnach nicht offenbar die Bewegung wahrhaft nicht seiend und seiend, indem sie am Seienden teilhat ? Th : Ganz offensichtlich doch. F : Es hat also notwendig das Nichtseiende ein Sein, sowohl bei der Bewegung, als auch in Beziehung auf alle e Begriffe. Denn in allen ruft die Natur des Verschiedenen das Verschiedene gegenüber dem Seienden hervor und macht jedes zu einem nichtseienden. Und so können wir denn alles überhaupt ebenso mit Recht als nichtseiend bezeichnen, wie auch, weil es am Seienden teilhat, von ihm sowohl Sein als auch Seiendes aussagen. Th : So scheint es. F : Zahlreich ist also bei jedem Begriff das Seiende, un­ ermeßlich an Zahl dagegen das NichtseiendeI06) . Th : So scheint es. F : Auch von dem Seienden selbst muß man also sagen, 257 daß es von dem Anderen verschieden ist. Th : Notwendig. F : Und nichtseiend ist uns also das Seiende, soweit Anderes ist. Denn indem es jenes nicht ist, ist es selbst zwar eines, zahlloses andere aber ist es wiederum nicht.

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Die Natur des Verschiedenen

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wagten wir von jedem Teil von ihr, der gegenüber dem Seienden entgegengesetzt ist, zu sagen, daß dies das wahr­ haft Nichtseiende ist. Th : Und damit scheinen wir auch vollkommen die Wahrheit zu sagen, lieber Gast. F : Komme uns also keiner mit der Rede, daß wir das Nichtseiende als Gegenstück des Seienden hinstellten und daraufhin zu sagen wagten, daß es sei110) . Mit einem Gegensatz, ob es ist oder nicht ist, ob es in sich vernünftig oder ganz und gar unerklärlich ist, haben wir es bei ihm schon längst nicht mehr zu tun. Vielmehr mag man, was wir jetzt vom Sein des Nichtseienden gesagt haben, ent­ weder widerlegen und uns zeigen, daß wir damit nicht recht haben, oder solange man das nicht kann, wird man sich dem anschließen müssen, was wir behaupten : daß die Begriffe sich miteinander verbinden, und daß das Seiende und das Verschiedene durch alle und durchein­ ander hindurchgehen, daß das Verschiedene, indem es Anteil nimmt am Seienden, wegen dieser Anteilnahme wohl ist, nicht aber jenes, woran es teilhat, sondern ver­ schieden ; verschieden aber vom Seienden ist es offenbar notwendig nichtseiend. Andererseits dürfte das Seiende wohl, indem es am Verschiedenen teilnimmt, verschie­ den sein von den anderen Gattungen, und indem es so von allen jenen verschieden ist, ist es nicht jedes von ihnen, aber auch nicht alles andere insgesamt außer ihm selbst. Und daher ist das Seiende unbestreitbar wiederum Un­ zähliges bei Unzähligem nicht, und auch das Andere ist im Einzelnen und im Ganzen auf vielfältige Weise, wie es auch auf vielfältige Weise nicht ist. Th : Richtig. F : Und hat nun jemand gegen diese Entgegensetzun­ gen Bedenken, so mag er sich umsehen und etwas Besseres vorbringen als das eben Vorgetragene. Denkt sich aber jemand dabei wer weiß was und hat seine Freude daran, die Sätze bald nach der einen, bald nach der anderen Seite hin- und herzuziehen, so ist seine Mühe die Sache nicht wert, wie unsere jetzigen Sätze deutlich machen. Denn diese Erfindung ist weder geistvoll noch schwierig,

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3e : �'K.OTC&L 't"OLVUV wc; ev XOl:Lp0 VUVO� -roi:c; 't"OLOU't"OLc; 0Leµocx6µe6oc xocl. TCpOcr'Y)VOCyxci�oµev eiiv g't"&pov hepcp µdywcr6ocL. EleocL : II poc; o� 't"L ; 3e : Ilpoc; 't"O 't"OV /...6 yov 'Y)µLv 't"WV i)v't"WV ev 't"L yevwv dvocL. 't"OU't"OU yiXp (j't"&p'YJSevTec;, 't"O µE:v µeyLcr't"OV, (jJLAQ(jQ ­ cplocc; iXv (j't"&p'YJSdµev· E't"L o' ev Tc!> rcocpoV't"L oei: A6yov � � iic; owµo/... oy�croccr6 ocL 't"L TCO't"' fo-rLv, d OE &.cp7Jpe6'Y)µ&v OCU't"O µ'Y]o'

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Die Frage nach dem Logos

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jene andere Aufgabe dagegen, die ist zugleich schwierig und schön. Th : Welche denn ? F : Daß man, wie gesagt, das möglichst111) beiseite läßt, vielmehr dem Gesagten im einzelnen prüfend zu folgen imstande ist, wenn einer ein Verschiedenes irgendwie für d dasselbe erklärt und ein Selbiges für ein Anderes, und zwar in der Beziehung und dem gemäß, was einem von beiden nach seiner Aussage zukommt. Aber Dasselbe als Verschiedenes erscheinen zu lassen und ganz unbestimmt wie, und das Verschiedene als Dasselbe, und das Große als klein, und das Ähnliche als unähnlich, und so Freude daran zu haben, in den Reden immer Gegensätze vorzu­ bringen, das ist keine wahrhafte Untersuchung, sondern der unreife Versuch von jemand, der mit dem Seienden gerade zum erstenmal in Berührung kommt112) . Th : Sehr richtig. F : Und auch der Versuch, alles von allem zu tren­ nen, mein Guter, ist auf andere Weise unangebracht und also auch das Zeichen eines völlig ungebildeten und unphilosophischen Kopfes. Th : Wieso ? F : Weil es die vollkommenste Vernichtung alles Redens und Denkens ist, wenn man jedes von allem anderen ge­ trennt sein läßt. Denn nur durch Verflechtung der Be­ griffe untereinander entsteht uns die Rede; Th : Das ist wahr. F : ü berlege nur, wie sehr zur rechten Zeit wir den Kampf gegen diese Leute aufgenommen und sie gezwun­ gen haben, das eine sich mit dem anderen mischen zu lassen. Th : Inwiefern? F : Angesichts dessen, daß die Rede eine der Gattungen des Seienden ist113) . Denn werden wir dieser beraubt, so werden wir, was das größte ist, auch der Philosophie be­ raubt werden. Ferner aber müssen wir uns nun über die Rede einig werden, was sie eigentlich ist. Wenn wir 44.

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Anmerkungen

gebrauchten . . . Was aber den Wunsch der Kinder betrifft, so weiß ja jeder, die Kinder wünschen sich „alles" ". Indem der Eleate aber den unscheinbar klingenden Unterschied zwischen dem -ro ilv und dem -ro rriXv anbringt, bezeichnet er den Punkt, wo die mythologische Ontologie die Kinderschuhe abstreift und in eine rationale, selbstkritische Ontologie des erwachsenen Denkens hineinwächst. Schematisierend könnte man sagen, daß sich im „Theaitetos" die All-Bewegung auf der Grundlage des Seins der Bewegung selbst widerlegt, im „Sophistes" da­ gegen die All-Ruhe der als ruhend gesetzten Idee. Jedenfalls zeigt sich an der Gattung des Seienden (-ro ilv) , daß sich seine Aussage (o A6yo� -roü ilv-ro�) negativ und kritisch gegen einen absoluten, summarischen und undifferenzierten, gegen den undialektischen Gebrauch des -ro rriXv richtet, und in dieser Nega­ tivität seine Beziehung und Affinität zum Logos hat. 84 S. 1 0 7 . Der unscheinbar klingende Zusatz Zv°' &µ°' -r� x°'l rrpolwµe:v läßt erkennen, daß die arithmologische Aporie der mythologi­ schen Ontologien sich hier am Verhältnis der inhaltlichen Be­ stimmungen der Ruhe und der Bewegung nicht einfach unver­ ändert wiederholt, und verrät damit ein Wissen Platos von der Dialektik zwischen Form und Inhalt (s. Einleitung) . 85 S. 1 07. Es könnte zwar scheinen, als ob sich formal das gegen­ sätzliche Verhältnis der Ruhe und Bewegung nicht grundsätz­ lich von den Grundgegensätzen der mythologischen Ontologien unterscheide, z. B. vom Grundgegensatz der Wärme und Kälte. Wie Kälte hier teils als Abwesenheit und Mangel an Wärme erscheint, teils Alles nur als Mischung von Warm und Kalt ist, so könnte Ruhe einfach als Mangel an Bewegung, d. h. als un­ endlich langsame, unmerkliche Bewegung erscheinen (Theaite­ tos 1 56 c�) , und Alles überhaupt als Mischung von Ruhe und Bewegung. Tatsächlich aber hat die dialektische Gedankenent­ wicklung den Gattungen Ruhe und Bewegung nunmehr eine andere Funktion zugewiesen. Sie stehen im logischen Raum verschiedener Seinsdimensionen, auf deren Grunddifferenz sie nunmehr selbst hinweisen: auf die Grunddifferenz des Seienden und seiner Erkenntnis. So wird dann auch nunmehr aus der arithmologischen Aporie ein anderer negativ-dialektischer Schluß gezogen als früher, der eine Fortentwicklung gegenüber dem früheren darstellt. Den mythologischen Ontologien schlug jede bestimmte Vielheit in Eins, jede gesetzte Eins in Vielheit um, ohne daß ein Begriff von diesem Umschlag möglich wurde. Nunmehr ergibt sich aufgrund der Setzung des Seienden als dritte Gattung neben Ruhe und Bewegung ein Widerspruch zweier Verhältnisse der drei Gattungen: nämlich eines von de1 Form des Weder-Noch, und eines von der Form des Sowohl­ Als-Auch. 86 S. 1 07. Hinweis auf die Möglichkeit, die Gattung des Seienden von den beiden anderen Gattungen als für sich seiend abzutren-

Anmerkungm

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nen durch Versetzung in eine andere Seinsdimension, nämlich in den Bereich der Seele (vgl. Theaitetos 1 86 a) . Daß diese Ver­ setzung eines für sich abgetrennten Eidos in den Bereich der Seele ihre eigenen Aporien hat, ja sogar zu einem asylum igno­ rantiae werden kann, demonstriert Parmenides dem jungen Sokrates vor, in Parmenides 1 32 b 3 ff. 8 7 S. 1 09. Einerseits scheint hier der Widerspruch absolut und un· auflöslich, und insofern scheint die Aporie ein Maximum er· reicht zu haben (vgl. Anm. 85) , nämlich der Widerspruch zwischen einer Notwendigkeit, das Seiende als ein Drittes neben den beiden anderen Gattungen zu setzen, und einer dem ent­ gegenstehenden Unmöglichkeit (&3uvot't'..e7tOV xcx! pii81ov) 234d Schöne, d. ('t"O xcxA6v) 236b, 257d ff. Seele (�ux�) 223e ff. (Nahrung) , 224b (Seelenwarengroßhandel �u­ xe:µ7topix7i 't"exv11) 227c ff. , 2 3 1 b ff. (Reinigung d.), 240d, 246e ff. (gerecht, ungerecht) , 248a ff., 250b, 263d ff. Seiendes ('t"O ilv) 2 1 9b, 234d, 235a (Nachahmung) , 237cff. (Nicht­ seiendes), 238a, 240b ff. (wahrhaft S. ilv't"ooi; ilv) , 240d ff. (Nichtseiendes, falsche Vorstellung) , 242c ff. (Sein d. Seien­ den) , 247e ff. (8Uvcxµ1i;), 248e ff. (schlechthin Seiendes 7tcx\l't"e::>.. wi; ilv) 250a ff. 254d ff. (Ruhe, Bewegung, Dasselbe, d. Verschiedene) , 256a, 256d ff. , 260a ff. , 263b ff. (wahr u. falsch) Sein (oöa[cx, 't"O e:lvcxt) 2 1 9b, 232c, 243d ff., 246a ff., 248af. , 250b, 252c Geworden-Sein ('t"O yev6µevov) 245d Selbigkeit s. Dasselbe Setzung, setzen (0emi;, 't"t0evcxt) 2 1 9e, 222b, 228d, 247e, 248c, 25 l e ( , 266d, 267b, 268a Sokrates, d. J. 2 1 8b Sonderungskunst (8tcxtpenx7J 't"txV1J) 226c, 2 3 1 b Sophist ( aoqita't"�i;) Spiegel (xii't"o7t't"pov) 239c Sprachkunst, Grammatik (ypcxµµcx't"tx7J "ExV1J) 253a Sprichwort (7tcxpoiµ(cx) 23 l c, 26 l c Staatsmann (7to:>..mx6i;) 2 1 6d ( , 268b Stimme (qioov�) 262d, 263e, 267a Streit, Streitkunst (lfpti;, tpta't"IK7J "txV1J) s. Eristik Substantiv (ilvoµcx) 262 a ff. Symmetrie (auµµe:'t"p!cx) 228c-d (Maßlosigkeit &:µe:'t"p(cx) Taucherkunst (xol.uµß1)'t"tx7J "txV1J) 220a Tauschkunst (µe't"cxß:>..1)'t"tK�, &::>..AcxK't"tK7J 't"tX'11l ) 2 1 9d, 223c ff. , 224c Täuschung, Täuschungskunst ( &:7tii't"1), &:7tcx't"1)'t"tx7J 't"exv1l) 240d, 260c, 264d ( s. Irrtum, Schein)

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Register

Teilhabe, teilhaben (xotvwv[oc, µ.e6 e � t