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German Pages 127 [128] Year 1989
Der Journalist in der Vedassungsordnung Die Privatfunkordnung
Schriften zu Kommunikationsfragen
Band 12
Der Journalist in der Verfassungsordnung Die Privatfunkordnung Herausgegeben von
Prof. Dr. Rolf Grawert Prof. Dr. Christian Tomuschat
Duncker & Humblot · Berlin
Redaktion: Pro( Dr. Ralf Grawert, Bochum
Cip-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Der Journalist in der Verfassungsordnung. Die Privatfunkordnung I hrsg. von Rolf Grawert; Christian Tomuschat. - Berlin: Duncker u. Humblot, 1989 (Schriften zu Kommunikationsfragen; Bd.l2) ISBN 3-428-06632-4 NE: Grawert, Rolf [Hrsg.]; Beigef. Werk; GT
Alle Rechte vorbehaten
© 1989 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41
Satz: Hagedomsatz, Berlin 46 Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0935-4239 ISBN 3-428-06632-4
Vorwort Vom 5. bis 6. Juni 1987 fand in Pavia das VI. Deutsch-italienische Verfassungsrechtskolloquium statt, dessen Arbeitsergebnisse in Form der erstatteten Referate der hier vorgelegte Band vereinigt 1 • Im Jahre 1977 in Bonn begründet, hat diese rechtsvergleichende Veranstaltung bisher stets in einem zweijährigen Thrnus abwechselnd in der Bundesrepublik Deutschland und in Italien stattgefunden. Tagungsorte waren neben dem Ursprungsort Bonn (1977), Rom (1979), München (1981), Palermo (1983), Karlsruhe (1985) sowie schließlich, wie bereits hervorgehoben, Pavia. Von Anfang an hat eine doppelte Zielsetzung das deutsch-italienische Juristengespräch über die speziellen Probleme des Verfassungsrechts begleitet. Einerseits wurde versucht, die Gegenwartzweier Verfassungen zu erforschen, die in nur geringem zeitlichen Abstand in Reaktion auf eine vorangegangene Epoche der Diktatur und der Unfreiheit entstanden sind. Mit ganz ähnlichen Gewährleistungen materiellrechtlicher Art und jeweils einem Verfassungsgericht als Wahrer der konstitutionellen Grundlagen des Staates ausgestattet, drängen sich die beiden Verfassungsordnungen als Gegenstände der vergleichenden Forschung geradezu auf. Parallelentwicklungen können den gestaltenden Einfluß des Rechts auf die gesellschaftlichen Verhältnisse belegen, während Divergenzen umgekehrt häufig Hinweise auf die prägende Macht der Faktoren des Soziallebens geben. Neben diesem akademischen Interesse stand das Bestreben, einem zu jener Zeit in der Mitte der 70er Jahre deutlich gewordenen Entfremdungsprozeß entgegenzuwirken. Im Kampf gegen den Terrorismus anarchischer Randgruppen hatte die deutsche Staatsgewalt zu drastischen Mitteln gegriffen, dieobwohl angesichtsder entstandenen Notlage rechtsstaatlich durchaus noch vertretbar - jenseits der Grenzen vielfach auf Unverständnis gestoßen waren. Von vielen Beobachtern gerade in den mediterranen Ländern Westeuropas war die Bundesrepublik Deutschland polemisch als ein Land der polizeistaatliehen Exzesse dargestellt worden. Mit der Einrichtung der Kolloquien sollte ein Beitrag zur Überwindung solcher Tendenzen einer Pauschalkritik an der Bundesrepublik geleistet, gleichzeitig aber auch die Chance eröffnet werden, deutsche Rechtsvorstellungen durch ein auf italienischer Seite anzutreffendes Mehr an Liberalität beeinflussen zu lassen.
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Vorwort
Innerhalb eines Jahrzehnts ist eine sehr viel größere Selbstverständlichkeit im gegenseitigen Umgang erreicht worden. Die Spannungen der 70er Jahre sind- zumindest oberflächlich-verschwunden, und im Mittelpunkt des gegenseitigen Interesses stehen heute eher praktische Fragen des Rechtsalltags. Mit Bedacht waren ftir das Kolloquium in Pavia zwei Themen aus dem Medienrecht ausgewählt worden. Sowohl in der Bundesrepublik Deutschland wie auch in Italien hat sich das Medienrecht zunächst selbständig unter dem Einfluß der interessierten Kreise auf der einen, der Rechtsprechung auf der anderen Seite entwickelt. Die entscheidenden Impulse empfing es jeweils von einer Reihe wegweisender Entscheidungen des zuständigen Verfassungsgerichts. Bei dieser nationalen Selbstgenügsamkeit kann es indes in Zukunft nicht mehr sein Bewenden haben. Der ftir das Jahr 1992 angepeilte europäische Binnenmarkt wird vor allem durch die Intensivierung des Niederlassungsrechts und der Dienstleistungsfreiheit nachhaltige Auswirkungen sowohl auf das Berufsrecht der im Mediensektor tätigen Personen wie auch auf die Medienstruktur vor allem bei Rundfunk und Fernsehen haben. Monopole werden sich nur unter Schwierigkeiten aufrechterhalten lassen, wobei hier ganz offensichtlich wirtschaftliche auf politisch-demokratische Ordnungsvorstellungen prallen. Zunächst aber ist im gegenwärtigen Stadium der Entwicklung eine genaue Kenntnis der gewachsenen Rechtslage erforderlich. Diese Information soll mit den vorliegenden Abhandlungen geboten werden. Ein Fazit läßt sich nicht mit wenigen Worten ziehen. Zumindest eine grundlegende Diskrepranz kann man aber aus dem Vergleich sehr deutlich ablesen. Während in der Bundesrepublik Deutschland der Status des Journalisten kaum als akutes verfassungsrechtliches Problem empfunden wird, weil die Rechtsprechung seine Konturen geradlinig aus Art. 5 Abs. 1 GG entwickelt hat, hat sich Italien merkwürdigerweise noch immer nicht vollständig aus den Fesseln eines korporativistischen Denkens lösen können. Hier sind Reste einer Standesordnung erhalten, die sich nur schwer mit den Grundprinzipien der Meinungs- und Pressefreiheit vereinbaren lassen. Man darf daher die Rechtslage in der Bundesrepublik ohne Umschweife als moderner in einem aufgeklärten Sinne bezeichnen. Es bleibt in beiden Ländern die Frage, ob die Freiheit des Journalisten als Kommunikator nicht die Freiheit des einfachen Bürgers neben sich erdrückt. Solche Probleme einer Soziologie der politischen Macht lassen sich freilich mit rechtlichen Mitteln nicht mehr auflösen. Was die Abkehr von einem rein öffentlich-rechtlich geordneten Rundfunksystem angeht, so ist Italien der Bundesrepublik um viele Jahre voraus. Es ist höchst instruktiv zu beobachten, wie von gleichen Prämissen aus, nämlich dem verfassungsrechtlichen Gebot des Plura-
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lismus, die italienische Verfassungsrechtsprechung recht früh schon Differenzierungen getroffen hat, die dem privaten Rundfunk stufenweise die lokale, die regionale und schließlich auch - auf verschlüsselte Weise, aber darum doch nicht weniger sinnenmächtig-die nationale Ebene eröffnet haben. Die vielfaltigen Kautelen, welche in Vollzug der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Landesrundfunkgesetze aufgestellt haben und die den Aufbau einer privaten Wettbewerbsalternative zum öffentlich-rechtlichen System so sehr erschweren, haben in Italien keine echte Parallele. Die Frage, was nun in einem schlichten Sinne "besser" ist, läßt sich auch nach Lektüre der beiden Berichte nicht mit einem einfachen Ja oder Nein beantworten. Immerhin liefert vor allem der italienische Bericht breites Anschauungsmaterial für die Erkenntnis, daß das Rundfunkrecht sich kaum als kristallreine Ableitung aus einem vorgegebenen Normkonzentrat begreifen läßt, sondern in hohem Maße dem Druck wirtschaftlicher wie auch politischer Interessen unterliegt. Die Herausgeber möchten es zum Abschluß nicht versäumen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft wie auch dem italienischen Consiglio Nazianaledelle Ricerche für die großzügige finanzielle Förderung der Tagung ihren Dank auszusprechen. Die Fiduziarische Stiftung "Freiheit der Presse" sowie die Stiftervereinigung der Presse e. V. haben die Drucklegung des Tagungsbandes durch erhebliche Druckkostenbeihilfen ermöglicht; auch dafür sei hier besonders gedankt. Rolf Grawert, Christian Tomuschat
Inhalt Jürgen Hecker:
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Maurizio Pedrazza Gorlero: Journalismus und Journalisten in der pluralistischen Gesellschaft. Verfassungsrechtliche Grundlagen in Italien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Alessandro Pace: Der Rundfunk in Italien unter besonderer Berücksichtigung des Privatfunks
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Herbert Bethge: Privater Rundfunk in der Bundesrepublik Deutschland Verzeichnis der Mitarbeiter
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Der Journalist in der Verfassungsordnung Von Jürgen Becker, Freiburg i. Br.
I. 1. Das geschriebene Recht der Bundesrepublik Deutschland enthält keine Legaldefinition des Begriffs "Journalist". Das gestellte Thema verlangt jedoch eine gewisse Eingrenzung des Personenkreises, der im Mittelpunkt verfassungsrechtlicher Betrachtungen stehen soll. Wo Begriffe fehlen, läßt sich, wenn manlmmanuelKant folgt, die Erkenntnis aus der Anschauung gewinnen: Der klassische Tätigkeitsbereich von Journalisten sind die Massenkommunikationsmittel Presse (Zeitungen und Zeitschriften) und Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen). Aber auch bei Nachrichtenagenturen und Pressediensten, beim Film, in der Werbung sowie in den PR-Abteilungen von Unternehmen, Verbänden, Parteien und Behörden sind Journalisten tätig. Die BerufsbezeichnungJournalist kann deshalb jeder ftir sich in Anspruch nehmen, der in den genannten Medien und Organisationen an der Verbreitung von Informationen, Meinungen und Unterhaltung in Wort, Schrift und Bild beteiligt ist. Journalisten üben in der Bundesrepublik ihren Beruf als freie Journalisten (selbständig oder arbeitnehmerähnlich) oder als Arbeitnehmer (Angestellte oder Beamte) aus. Journalisten arbeiten in privatrechtliehen Wirtschaftsunternehmen, öffentlich-rechtlichen Anstalten sowie in der öffentlichen Verwaltung.
Die sich dynamisch entwickelnden Strukturen der modernen Massenmedien haben zur Unterscheidung gewisser typischer Arbeitsgänge und technischer Aufgaben eine Reihe weiterer, inzwischen allgemein bekannter und gebräuchlicher Berufsbezeichnungen wie Redakteur, Berichterstatter, Moderator, Reporter, Korrespondent etc. hervorgebracht. DerJournalist nimmt in den verschiedenen Medien so verschiedenartige und auch unterschiedliche Aufgaben wahr, daß eine empirische Untersuchung sehr verschiedene Berufsbilder hervorbringt, die sich in der Sammelbezeichnung "Journalist" zusammenftigen1 • Die 1 Vgl. Joseph H. Kaiser, Presseplanung, 1972, S. 46. Der Begriff "Journalismus" steht für das, was unter Massenkommunikation fallt. Er steht ftir die "Systeme und Medien, er steht flir die Ideen und Werte, (und) er steht für die
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Zunft derer, die zur Feder greifen, ist im übrigen heute eine große Familie mit ausgeprägtem Standesbewußtsein: Journalisten schreiben Bücher, und Schriftsteller schreiben für Zeitungen und Zeitschriften. Und was die Presseverlage anbetrifft, so verlegen diese sowohl Presseerzeugnisse wie auch Bücher. Und schließlich gibt es seitens der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erste Versuche in Richtung eigener Programmzeitschriften. 2. Die gesellschaftlich-politische Funktion des Journalisten korrespondiert mit der des Mediums, dem er dient. Die Funktion von Presse und Rundfunk in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik wurde mehrfach höchstrichterlich bestimmt. Die sinngemäße Vbertragung der vom Bundesverfassungsgericht diesen Medien zugeschriebenen Aufgaben ergibt für die Funktion des Journalisten folgendes Bild: Zu dem die freiheitlich-demokratische Staatsordnung konstituierenden Prozeß freier Meinungsbildung 2 trägt er entscheidend beP. Durch "Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachrichten und Meinungen" 4 wirkt er daran mit, eine "freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte, keiner Zensur unterworfene Presse", die "Wesensmerkmal des freiheitlichen Staates" und "für die moderne Demokratie unentbehrlich" ist 5 , zu verwirklichen. Durch freie Berichterstattung im Rundfunk, die für das gesamte öffentliche, politische und verfassungsrechtliche Leben in der Bundesrepublik ebenfalls von grundlegender Bedeutung ist 6 , erfullt er die gleichen Aufgaben 7 • Er hält eine ununterbrochene Diskussion in Gang und erleichtert so dem Bürger Urteil und Entscheidung. Auf diese Weise bildet er ein "ständiges Verbindungsund Kontrollorgan zwischen dem Volk und seinen gewählten Vertretern in Parlament und Regierung" 8 • Diese Funktion hat das BVerfG wiederholt als Erfüllung einer "öffentlichen Aufgabe" charakterisiert9 • Und inzwischen hat es diesen Katalog um die Verwirklichung vitaler Entspannungs- und Unterhaltungsbedürfnisse ergänzt 10 • Personen, die das Werk des Journalismus hervorbringen" (Hermann Boventer, Ethik des Journalismus, 2. Aufl. 1985, S. 14. 2 BVerfGE 7, 198 (208). 3 BVerfGE 10, 118 (121). 4 BVerfGE 10, 118 (121); 12, 205 (260); 20, 162 (176). 5 BVerfGE 20, 162 (174). 6 BVerfGE 13, 54 (80); 35, 202 (221). 7 BVerfGE 57, 295 (319); ebenso jüngst das BVerfG im Vierten Fernsehurteil: ZUM 1986, S . 609. 8 BVerfGE 20, 162 (175). 9 BVerfGE 20, 162 (175), für die Presse; E 21, 162 (329), für den Rundfunk. 10 BVerfGE 59, 231 (257 f.), und jüngst im Vie rten Fernsehurteil: ZUM 1986, s. 609.
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3. Die Funktion des Journalisten in der Verfassungsordnung ist die Quelle für das Standesbewußtsein dieser Zunft. Eine Anlayse des journalistischen Selbstverständnisses wird von der offiziellen Lehrmeinung und Typenlehre kaum Abstriche machen. Sie wird aber das gezeichnete Bild um ein paar kräftige, an Wirklichkeit und Selbsteinschätzung des Journalisten orientierte Facetten ergänzen müssen.
Martin Löffler, der im Februar 1986 verstorbene große Streiter ftir freien und kritischen Journalismus, hat den Journalisten als "Sprachrohr und Gestalter, Medium und Motor des öffentlichen Willens" sowie "scharfciugigen Wächter der Mißstände des öffentlichen Lebens" charakterisiert, ohne den die Demokratie Gefahr liefe, "der Korruption oder der Verführung durch politische Scharlatane zu erliegen". "Wo immer im Staat etwas faul ist", sei der Journalist aufgefordert, "Laut (zu) geben und so nach dem Willen der Verfassung das Amt eines öffentlichen Wächters auszuüben" 11 • "Mißstände aufzudecken und zu korrigieren", "den Politikern auf die Finger schauen" und "sich ftir Werte und Ideale einzusetzen", ist für 70% einer befragten Journalistengruppe die attraktivste Eigenschaft ihres Berufs 12 • Einejüngere Variante journalistischen Selbstverständnisses ist schließlich das Mitempfinden und Eintreten ftir Minderheiten und Randgruppen. Der Trend zu einer "politisierenden Berufsauffassung" soll bei deutschen Journalisten im Vergleich z.B. zu ihren englischen Kollegen besonders ausgeprägt sein 13 • Es gehört zum Journalisten, daß er nicht nur informieren, sondern unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft auch beeinflussen will. Sein Selbstverständnis geht deshalb über die Rolle eines bloßen Vermittlers oder Multiplikators von anderswo entstandenen Meinungen oder geschehenen Ereignissen hinaus. Im richtigen Selbstverständnis liegt das wichtigste Element ftir eine angemessene Ausübung eines Berufs. Der Journalist muß deshalb daraufbedacht sein, daß er seiner Rolle gerecht wird; er sollte z.B. nicht Tendenzen fördern, die zu einer Verschlechterung der gesellschaftlichen Situation beitragen 14 • Es liegt in der Hand von Journalisten, Tatbestände zu bestimmen, die zur öffentlichen Kenntnis gelangen. Die Aufdeckung des Korruptionsskandals um den gewerkschaftseigenen Baukonzern "Neue Heimat", aber auch die publizistische Aufbereitung der weitverzweigten Flickund Parteispendenaffare haben dies in der Bundesrepublik bewiesen. Der Verfassungsauftrag der Presse, 1963, S . 4 f. Boventer (FN 1), S. 420. 13 Ebd. 14 V gl. Kurt Sontheimer, in: Journalisten heute, Dokumentation der Hamburger Medientage 1981, S. 53. 11
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So produzieren Journalisten Meinungen und Auffassungen und üben damit "Führungsfunktionen in der Gesellschaft" aus 15 • Dieser Befund geht über die journalistische Rollenselbstdeutung hinaus. Er zeigt aber, daß Journalisten in der Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik neben Organisationen wie Parteien, Kirchen, Sozialpartnern etc. zu den Meinungsführern in der Gesellschaft gehören 16 • 4. Die Vielfalt journalistischer Tätigkeitsbereiche ist ein Spiegelbild der Vielfalt der Medien. Wie bereits ausgeführt, entziehen sich Typ und Bild des "Journalisten" einer präzisen Abgrenzung und Definition. Seine Herkunft und sein Bildungsgang reflektieren ein sehr breites Spektrum. Das gleiche gilt für seine berufliche Laufbahn. Wir finden in der nach außen geschlossen erscheinenden Gesellschaft der Journalisten den Hochschulabsolventen neben demjenigen, der sich von der Pike heraufgedient hat. Der klassische Einstieg ist das Volontariat bei Tageszeitungen oder in Rundfunkanstalten. Die zweite Möglichkeit, zu einer journalistischen Ausbildung zu kommen, ist das Hochschulstudium, namentlich in Dortmund, München oder an der katholischen Universität Eichstätt. Als besonders solide und praxisnah gilt der Besuch einer der vier in der Bundesrepublik bestehenden Journalistenschulen: der Deutschen Journalistenschule in München, der Hamburger Henri-Nannen-Schule, der Journalistenschule Axel Springer in Berlin und des Kölner Instituts für Publizistik. Eine einheitliche Journalistenausbildung 17 gibt es aber nicht, kann es auch nicht geben, denn aus der besonderen Funktion des Journalisten folgt, daß der "freie Zugang zur Diskussion auch beruflich offenstehen muß" 18 • Dem steht nicht entgegen, daß sich die Auswahl von Journalisten wohl weitgehend durch Kooptation vollzieht 19 • Der Beruf des Journalisten darf nicht, wie bei Anwälten, Ärzten, 15 HelmutSchelsky, Publizistik und Gewaltenteilung, in: ders. (Hrsg.), Systemüberwindung, Demokratisierung und Gewaltenteilung, 1973, S. 99. 16 Elisabeth Noelle-Neumann, Meinungsfl.ihrung in der pluralistischen Gesellschaft, in: Klaus Weigelt (Hrsg.), Werte, Leitbilder, 'fugenden, S. 179. 17 Auf sie einzugehen, würde den Rahmen der Arbeit sprengen. Vgl. daher Jörg Aufermann/Ernst Elitz (Hrsg.), Ausbildungswege zum Journalismus, 1975; Markus Schnurpfeil, Vom Schreiberling zum Dr. journ. ?: Das Parlament, Nr. 14, 4. April1987, S. 12. 18 Ulrich Scheuner, Pressefreiheit: VVDStRL 22 (1965), S. 1 (71). So auch Roman Herzog, in: Maunz/Dii.rig, Kommentar zum Grundgesetz, Art. 5 Rdnr. 141. 19 EHsabeth Noelle-Neumann, (FN 16), S. 190. Übrigens ein Verfahren, das auch in anderen vergleichsweise geschlossenen Berufsgruppen sich mehr und mehr durchsetzt.
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Architekten etc. von staatlicher Ausbildung, Prüfung oder Zulassung abhängig gemacht werden 20 • Ebenso verbieten sich berufsständische Zugangsregelungen oder Qualifikationsanforderungen. Es ist lediglich erlaubt, flir Journalisten an verantwortlicher Stelle, z.B. flir den verantwortlichen Redakteur einer Tageszeitung, zu verlangen, daß er die bürgerlichen Ehrenrechte besitzt und seinen Wohnsitz im Inland hat 21 • Des ungeachtet würde sich eine noch qualifiziertere Journalistenausbildung insgesamt gewiß positiv auf die Qualität unseres Mediensystems auswirken. Der Zugang zu den Medienberufen ist frei. Jeder kann sich Journalist nennen, weil dieser Beruf weder definiert noch geschützt ist. Der Berufsstand des Journalisten ähnelt heute eher dem des Angestellten oder Beamten als dem des freien, wechselfähigen oder gar unternehmerischen Berufstätigen. Es ist deshalb folgerichtig, daß sich Journalisten zur Durchsetzung ihrer sozialen und tarifpolitischen Ziele Gewerkschaften bzw. gewerkschaftsähnlicher Formen der Vertretung bedienen: Mit über 13.000 Mitgliedern ist der 1949 gegründete, aus 12 weitgehend autonomen Landesverbänden bestehende Deutsche Journalisten-Verband (DJV) der größte und einzige medienübergreifende Interessenverband der Journalisten. Man kann den DJV als "berufsständisch organisierte Gewerkschaft außerhalb des DGB bezeichnen, in dessen Landesverbänden sich Journalisten aller Medien und aller Tätigkeitsbereiche organisieren, sofern sie hauptberuflich als Journalisten tätig sind" 22 • Neben dem DJV sind als journalistische Interessenvertretungen zu nennen: die IG Druck und Papier mit ihren Berufsgruppen Deutsche Journalistenunion (DJU) und Verband deutscher Schriftsteller (VS), die Gewerkschaft Kunst, die sich ihrerseits in Kleinstverbände gliedert, unter denen die Rundfunk-, Fernseh-, FilmUnion (RFFU) sich insbesondere flir die Freischaffenden und freiberuflich Tätigen einsetzt. Mit der Gründung der Industriegewerkschaft Medien - Druck und Papier, Publizistik und Kunst im DGB am 3. 12. 1985 wurden die Bemühungen zur Gründung einer einheitlichen Mediengewerkschaft vorerst abgeschlossen. Ein wesentlicher Geburtsfehler dieser neuen Gewerkschaft ist jedoch das Fernbleiben des DJV 23 • So BVerfGE 20, 162 (176). So übereinstimmend die Landespressegesetze. Vgl. auchScheuner (FN 18), S. 71, dort FN 209. 22 Manfred WilkefGundolf Otto, Der Kampf um die Köpfe, 1986, S. 104. Die Autoren geben den derzeit umfassendsten Überblick über die gewerkschaftliche Organisationsstruktur der Medienschaffenden. 23 Ebd., S. 173. 20 21
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n. Das Recht des Journalisten fließt aus nationalen und internationalEm Quellen. Diese sind so vieW.i.ltig wie der Inhalt des gesamten Medienrechts24, weshalb hier nur die wichtigsten herausgegriffen werden können. An der Spitze der nationalen Rechtsquellen steht das Verfassungsrecht mit der zentralen Bestimmung des Art. 5 GG. Als Kernstück der freiheitlichen, demokratischen Verfassungsordnung ist diese Vorschrift gegen Aushöhlung durch den Verfassungsänderungsgesetzgeber weitgehend gesichert (Art. 79 Abs. 3 GG). Unterhalb des Verfassungsrechts gibt es eine Vielzahl allgemeiner Gesetze, die die Ausübung journalistischer Tätigkeit regeln und die gemäß bundesstaatlicher Kompetenzaufteilungentweder dem Bundes- oder Länderrecht zuzuordnen sind. Der Bund hat von seiner ihm gern. Art. 75 Ziff. 2 GG zustehenden Kompetenz, Rahmenvorschriften über die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse und des Films zu erlassen, noch keinen Gebrauch gemacht. Die Landespressegesetze der Länder sind nächst dem Verfassungsrecht die wichtigste Quelle; sie normieren u. a. Auskunftsansprüche, Sorgfaltspflichten, Vorschriften über das Impressum, Recht der Gegendarstellung etc. Auch die Gesetze über die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und die neuen Landesmediengesetze, die die Einrichtung von privatem Rundfunk normieren, sind Landesgesetze und haben natürlich auch Auswirkungen auf die in diesen Anstalten und Unternehmen tätigen Journalisten. Neben dem Landesrecht sind fl.ir den Journalisten in der Praxis folgende Bundesgesetze einschlägig: das Strafrecht, insbesondere das Beleidigungsrecht, das Prozeßrecht einschließlich des Zeugnisverweigerungsrechts der Presse, das Arbeitsrecht mit dem Tendenzschutz fl.ir Pressebetriebe, das bürgerliche Recht mit der zivilrechtliehen Haftung der Presse bei unerlaubten Handlungen, insbesondere bei Persönlichkeitsverletzungen, das Kartellrecht mit dem Pressefusionskontrollgesetz, das Urheber- und Verlagsrecht etc.25 • Zu den internationalen Rechtsquellen gehört der mit dem Rang eines Bundesgesetzes ausgestattete Art. 10 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten 26 und Art. 19 des 24 Unter den Begriff "Medienrecht" kannsubsumiert werden "Die Gesamtheit der rechtlichen Normen ... die ftir die Rechtsverhältnisse der Massenmedien (Presse, Rundfunk, Film, neue Kommunikationstechniken) und der zur Individualkommunikation dienenden Medien (insbesondere Bildschirmtext) im umfassenden S inne bedeutsam sind" (Heinz Georg Bamberger, Einiuhrung in das Medienrecht, 1986, S. 23). 25 Martin Löffler/Reinhart Ricker, Handbuch des Presserechts, 1986, S. 8. 26 BGBI. 1952, II, S. 685.
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im Rahmen der UN beschlossenen und von der Bundesrepublik ratifizierten "internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte" 27 • Und schließlich gilt unmittelbar auch das Recht der EG, namentlich die in Art. 52 ff. und Art. 50 ff. EWG-Vertrag garantierte Niederlassungsfreiheit und der freie Dienstleistungsverkehr. 111. 1. Art. 5 Abs. 1 GG ist in der deutschen Verfassungsordnung die
Grundnorm des Journalisten. Sie stellt den gesamten Freiheits-, Aufga-
ben- und Wirkungsbereich des Journalisten unter einen besonderen "kommunikationsverfassungsrechtlichen Schutz" 28 •
Art. 5 Abs. 1 GG konstituiert und garantiert sämtliche "Grundfunktionen freiheitlicher Kommunikation" 29 : Meinungsfreiheit, Informationsfreiheit, Pressefreiheit, Rundfunkfreiheit 30 und Filmfreiheit 31 • Als Wachtposten gegen bestimmte Einschränkungsmodalitäten hat der Verfassungsgeber das Zensurverbot in Art. 5 Abs. 1 GG mit aufgenommen. Dabei hat sicher eine Rolle gespielt, daß bis in die jüngste Vergangenheit der Kampf um die Kommunikationsgrundrechte, namentlich um Pressefreiheit, aber auch um freie Berichterstattung in Rundfunk und Film vor allem ein Kampf gegen staatliche Zensur gewesen ist. Die in Art. 5 Abs. 1 enthaltenen Grundrechte stehen in engem Zusammenhang, sie setzen sich gegenseitig voraus und überschneiden sich. Nicht alle entstammen der deutschen Grundrechtstradition, sondern sind z.T. "als unmittelbare Reaktion aufdie Verhältnisse während der nationalsozialistischen Diktatur oder auf die Neuerungen der Technik" zu verstehen 32 • Historisch reichen ihre Wurzeln in den BGBl. 1953, II, S. 1534. Rupert Scholz, Pressefreiheit und presserechtliche Selbstkontrolle, in: FS Theodor Maunz, 1981, S. 337. Zu den typischen (klassischen) "Kommunikationsgrundrechten" zählt Scholz neben Art. 5 auch Art. 8 und 9 GG (Koalitionsfreiheit als Verfassungsproblem, 1971, S. 283 ff., 292). 29 Rupert Scholz, Medienfreiheit und Publikumsfreiheit, in: FS Martin Löffler, 1980, s. 355. 30 Das deutsche Recht subsumiert Funk und Fernsehen gleichermaßen unter den Begriff "Rundfunk" (s. z. B. BVerfGE 12, 205 [226]). 31 Die aufgezählten Grundrechte wurden ergänzt durch die in Art. 5 Abs. 3 GG verbürgte Freiheit der Kunst, der Wissenschaft, der Forschung und der Lehre, die hier jedoch unberücksichtigt bleiben können. 32 ChristianStarck, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Art. 5 Rdnr. 3; vgl. auch Franz Schneider, Presse- und Meinungsfreiheit nach dem Grundgesetz, 1962, s. 65ff. 27
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"Gesamtbereich geistiger Freiheit", aus dem sich Gedanken-, Schreib-, Rede- und Meinungsfreiheit und schließlich die Pressefreiheit (historisch Preßfreiheit) als jüngere Freiheitsverbürgungen verselbständigt haben 33 • Seit Erfmdung der Druckerpresse Mitte des 15. Jh. und dem Erscheinen der ersten Tageszeitung (in Deutschland 1660) ist der Kampf um die Freiheit der Presse zum "Kernstück des Kampfes um die Freiheit" überhaupt geworden. In den meisten Ländern der Erde geht dieser Kampf heute weiter 34 • Die durch technische Entwicklungen realisierbar gewordene Berichterstattung durch Rundfunk und Film hat beide Medien rechtlich näher an die Pressefreiheit gerückt. Bei ihnen zeigt die rechtliche Formung "noch eher Züge des Werdens, die von dem stärker ausgereiften Stande des Rechts der Pressefreiheit abweichen" 35 • Auch wenn ihre institutionelle Sicherung zur Pressefreiheit Unterschiede aufweist, so stehen die für den Journalisten wichtigen Kommunikationsgrundrechte Rundfunk- und Filmfreiheit in der Tradition eines liberalen Freiheitskonzepts, das in diesem Umfang erstmals in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht worden ist. 2. Um die auch für den Journalisten wichtige Auslegung von Art. 5 Abs. 1 GG werden in der deutschen Verfassungsrechtslehre Glaubenskriege geführt, deren Ende sich bislang nicht abzeichnet . Wissenschaftliche Zielsetzung kann hier nicht sein, eine vollständige Darstellung der Kontroversen anzustreben. Für den Journalisten von Bedeutung ist jedoch der tatbestandliehe Gewährleistungsbereich von Art. 5 Abs. 1 GG und die sich daraus ergebende Systematik dieser Verfassungsnorm. Zentrales Schutzgut für Journalisten ist das in Art. 5 Abs. 1 Satz 1,
1. Halbsatz GG enthaltene Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und
Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Als "eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt" 36 steht die Meinungsäußerungsfreiheit jedem in der Bundesrepublik arbeitenden Journalisten, gleichgültig ob In- oder Ausländer, zu. Die Meinungsfreiheit ist nach Aussage des BVerfG "für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ... konsti33 Deren Anerkennung und rechtliche Sicherung in Deutschland aber erst nach dem Reichspressegesetz vom 7. 5. 1874 verwirklicht wurde (Scheuner [FN 18], S. 1 ff.). 34 Die jährlichen Veröffentlichungen des Internationalen Presseinstituts in London geben hierüber Aufschluß. 35 Scheuner (FN 18), S. 11. 36 BVerfGE 7, 198 (208).
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tuierend", sie ist "die Grundlage jeder Freiheit" 37 und damit in besonderem Maße die Grundlage der journalistischen Freiheit 38 • Als Medium eine Meinung zu äußern und auch zu verbreiten, nennt Art. 5 Abs. 1 GG ausdrücklich: Wort, Schrift und Bild. Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Alle drei Begriffe sind im weitesten Umfang zu verstehen39 und umfassen auch den Bereich der sog. neuen Medien, namentlich Bildschirmtext und auch solche, die sich vielleicht technisch erst in Zukunft realisieren lassen. Zwischen der Meinungsäußerungsfreiheit und der sich als selbständiges Grundrecht in Art. 5 Abs. 1 GG anschließenden Informationsfreiheit liegt, daraufmacht Christian Starck aufmerksam, die Meinungsbildungsfreiheit. Sie ist für den Journalisten von Bedeutung, wenn er gewonnene Informationen sammelt, ordnet, archiviert, kombiniert etc., d. h., wenn er Tätigkeiten ausübt, die von außen bedroht werden können. Als Voraussetzung der Meinungsäußerung sind diese Tätigkeiten des Journalisten von Art. 5 Abs. 1 GG mit geschützt. Spielt sich die Meinungsbildungjedoch im sog. "forum internum" ab, bedarfsie keines ausdrücklichen Grundrechtsschutzes 40 ("die Gedanken sind frei..."). Als Reaktion auf die durch die Nationalsozialisten in Deutschland verfügten Informationsbeschränkungen stellt die Verfassungsordnung auch die Informationsfreiheit unter grundrechtliehen Schutz. Sie steht "gleichwertig neben der Meinungs- und Pressefreiheit"; "denn nur umfassende Informationen, für die durch ausreichende Informationsquellen Sorge getragen wird, ermöglichen eine freie Meinungsbildung und -äußerung" 41 • Die Auslegung des Begriffs "Informationsquelle" hat für den Journalisten geradezu existentielle Bedeutung. Grundsätzlich ist dieser Begriffweit zu verstehen und umfaßt "sämtliche nur denkbaren Träger von Informationen" 42 , d. h. Schriftstücke, gesprochenes Wort, Rundfunksendungen, Filme, Zeichen, Symbole, Bilder, Schallplatten, Magnetophonbänder etc. 43 • Diese Begriffsweite wird erst durch das in dem Grundrecht enthaltene Attribut "allgemein zugänglich" eingegrenzt. Das Recht zur journalistischen Recherche erhält durch das Prinzip der Allgemeinzugänglichkeit der Informationsquelle erst Konturen und Schranken44 • "Allgemein zugänglich" ist nach der RechtspreBVerfGE 7, 29 (38). Zum Umfang des Schutzgutes vgl. Starck (FN 32), Rdnrn. 16 ff. 39 Herzog (FN 18), Rdnr. 69. 40 Starck (FN 32), Rdnrn. 25 ff. 41 BVerfGE 27, 71 (81). 42 Herzog (FN 18), Rdnr. 87. 4 3 Vgl. die Aufzählung bei Starck (FN 32), Rdnr. 28. 44 Vgl. dazu ausführlich Jürgen Wente, Das Recht der journalistischen Recherche (UFITA-Schriftenreihe Nr. 71), 1987. 37 38
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chung des BVerfG eine Informationsquelle dann, wenn sie "technisch geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen" 45 • Die allgemeine Zugänglichkeit bestimmt sich nach "tatsächlichen Kriterien" 46 und unterliegt nicht staatlichen Verftigungen. Allgemein zugänglich sind z. B. in- und ausländische Massenkommunikationsmittel, Bücher, Filme, öffentliche Register etc. 47 • Rechtliche Schranken der freien Information beurteilen sich allein nach Art. 5 Abs. 2 GG. Es gehört zu dem Bild der Medien in den westlichen Demokratien, daß sie in hohem Maße von Sensationen und Enthüllungen leben. Die Enthüllungen beispielsweise über die Zustände in der "Neuen Heimat" sowie die Aufdeckung der Parteispenden-Affare lassen sich letztlich als durchaus nützliche Beiträge zur Behebung von Mißständen und zur notwendigen Kontrolle wirtschaftlicher oder politischer Macht einschätzen, mag es den Enthüllern selbst auch nicht immer vorrangig um solche Wirkungen gegangen sein. Nach den Enthüllungen über die Umtriebe in der Kieler Staatskanzlei wurde zu Recht von manchen Kommentatoren betont, daß die demokratischen Mechanismen funktioniert hätten: Der Skandal wurde mit Hilfe einer kritischen und pluralistischen Presse an die Öffentlichkeit gebracht, und ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß ist durch umfangreiche Zeugenanhörungen zusammen mit den Ermittlungen der Justiz der Wahrheit auf den Grund gekommen. Diese Kontrollinstanzen haben sich bei der Barschel-Affare ebenso bewährt wie vor einigen Jahren bei der politisch mindestens so brisanten Affäre um die Parteispenden. Rückblickend betrachtet spielten die Medien insgesamt eine nützlichere und positivere Rolle, als manche Kritiker das auf dem Höhepunkt des Kieler Geschehens haben wahrhaben wollen. Um an sog. "Insider-Informationen" heranzukommen, schreckt der eine oder andere Journalist nicht vor fragwürdigen publizistischen Methoden zurück. So werden Informationen auch für Geld vom Meistbietenden gekauft, was einen schlechten Geschmack von "Scheckbuch-Journalismus" hinterläßt. Die Parteispenden-Affärewurde durch die widerrechtliche Veröffentlichung aus Ermittlungsakten in Gang gehalten. Behörden- oder gerichtsinterne Vorgänge sind keine "allgemein zugänglichen Quellen", wer diese dennoch veröffentlicht, macht sich strafbar. Wie gefahrlieh die Gier nach großen Sensationen und natürlich auch dem großen Geld ftir einen Journalisten sein kann, hat der Skandal um BVerfGE 27, 71 (83); 33, 52 (65). BVerfGE 33, 52 (65). 47 Weitere Beispiele bei Starck (FN 32), Rdnrn. 29 ff.; Herzog (FN 18), Rdnrn. 91 ff. 45
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die "Hitler-Tagebücher" gezeigt, an dem die Illustrierte "Stern" 20 Millionen Mark verloren und der dem Magazin einen irreparablen Prestigeverlust eingetragen hat. Bei dem sich an die Affäre anschließenden Gerichtsverfahren saß auch der Sensationsjournalismus auf der Anklagebank, dem es weniger um ernste Wahrheitstindung als um Auflage und Profit geht. Für Presse und Rundfunk ergeben sich Informationsansprüche auf der Grundlage der Landespressegesetze48 • Journalisten sind hier gegenüber der Allgemeinheit privilegiert. "Ungehindert" ist die Unterrichtung dann, wenn keine staatlichen Hinderungen den Zugang zu ihr versperren 49 •
Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) ist für den Journalisten das wichtigste Kommunikationsgrundrecht. Trotz des engen Zusammenhangs mit der Meinungs- und Informationsfreiheit umfaßt die Pressefreiheit einen eigenen grundrechtliehen Schutzbereich50 • Auch im Zeitalter der elektronischen Medien ist die Presse nach wie vor das Hauptbetätigungsfeld für Journalisten 5 1 • In der Rechtsordnung der Bundesrepublik wird der Begriff "Presse" extensiv ausgelegt: Er umfaßt mehr als periodisch erscheinende Druckwerke wie Zeitungen und Zeitschriften, mit denen der Laie im allgemeinen die Presse gleichsetzt. Was Presse ist, wird in der Bundesrepublik durch die Herstellungs- und Vervielfältigungsmethode bestimmt. Dementsprechend verstehen mehrere Landespressegesetze unter Presse nicht nur Schriften, sondern z. B. auch Bücher, Plakate, Flugblätter, besprochene oder besungene Magnetophonbänder, Videobänder, Schallplatten und Bildplatten. Unter den Pressebegriff fallen auch vervielfältigte Mitteilungen von Nachrichtenagenturen und Privatdrucke mit geringer Auflage 52 • Diese weite Begriffsbestimmung hat den Vorteil, daß sie neuen technischen Entwicklungen Raum gibt. Inhalt und Qualität der 48 Vgl. § 4 der meisten Landespressegesetze, abgedruckt bei Renate Damm, Presserecht mit Kommentar, 1985, S. 217. 49 AusfUhrlieh Starck (FN 32), Rdnrn. 34 ff. 50 BVerfG seit E 10, 118 (121); siehe auch E 12, 205 (260); E 20, 162 (176). 51 Nach einer Erhebung des DJV gibt es in der Bundesrepublik zur Zeit etwa 31.000 hauptberufliche Journalisten, darunter 5.000 Freiberufler. Bei den Tageszeitungen sind 9. 700 angestellt, ca. 5.000 arbeiten bei den Zeitschriften. Die Rundfunkanstalten beschäftigen rund 4.000 Redakteurinnen und Redakteure, in den Pressestellen von Wirtschaft und Verwaltung sollen es 5.000 sein. Mit rund 1.000 stellen die Agenturen die kleinste Gruppe. Hinzu kommen 1.600 Volontäre (Journalist 1986, Nr. 12, S . 4). 52 So z.B. § 7 Landespressegesetz Baden-Württemberg und§ 6 Landespressegesetz Berlin.
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aufgezählten Erzeugnisse sind nach heute herrschender Meinung jedenfalls keine Kriterien zur Bestimmung des Pressebegriffs 53. Das Grundrecht der Pressefreiheit enthält für den Journalisten eine lückenlose Garantie aller pressespezifischen Tätigkeiten und Verhaltensweisen "von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung" 54. Jeder Journalist kann "frei sagen ... , was er denkt, auch wenn er keine nachprüfbaren Gründe für sein Urteil angibt oder angeben kann". Er braucht nicht zu differenzieren zwischen Meinung, Werturteil oder Tatsachenbehauptung, "auch scharfe und übersteigerte Äußerungen" sind durch das Grundrecht gewährleistet 55. Rechtswidrige Methoden bei der Beschaffung von Informationen sind natürlich nicht geschützt 56. Darüber hinaus zählt zum Tatbestand der Pressefreiheit die "freie Gründung von Presseorganen" und "der freie Zugang zu den Presseberufen" 57 • Umstritten ist die Frage, ob die Pressefreiheit nur wahre Nachrichten oder auch falsche schützt. In der Praxis geht jeder Journalist, der unter dem permanenten Druck steht, Nachrichten zu "produzieren", selbst bei größter Sorgfalt das Risiko ein, daß sich im nachhinein eine Nachricht als falsch erweist. Zugunsten einer aktuellen und spontanen Berichterstattung hat das BVerfG die Anforderungen an die Wahrheitspflicht in den Medien nicht zu hoch geschraubt: nur die "erwiesen oder bewußt unwahren Tatsachenbehauptungen" seien durch Art. 5 Abs. 1 GG nicht geschützt. Gleiches gilt für unrichtige Zitate 58 • Es versteht sich, daß der weite Schutzbereich, der mit Blick auf die in der Presse tätigen Journalisten abgesteckt wurde, für jeden Journalisten gilt, gleichgültig, welchem Medium er dient. Der hier zusammengestellte Katalog von Rechten fUhrt vornehmlich die Aspekte auf, die für die Freiheit der Presse als individueller Freiheit charakteristisch sind. Dieser Schwerpunkt liegt in der 'fradition einer für Journalisten existentiellen Grundrechtsexegese, die Pressefreiheit als subjektives, statusbegründendes Recht deutet. Pressefreiheit hat, wie auch andere Grundrechte, ihre Wurzeln in den Menschen- und Bürgerrechten. Sie gehört zu den stärksten Grundrechten in der Verfassungsordnung, da sie als Forum freier Meinungsäußerung die Grundlage für alle übrigen Freiheitsrechte bildet 59 • Daraufbasiert auch 53 Vgl. Starck (FN 32), Rdnr. 39 m. w . Nachw. auf Literatur und Rechtsprechung. 54 BVerfGE 10, 118 (121); 20, 162 (176), vgl. auch Herzog (FN 18), Rdnr. 136. ss BVerfGE 61, 1 (7). 56 BVerfGE 66, 116 (137). 57 BVerfGE 20, 162 (175). 58 BVerfGE 61, 1 (8). 59 BVerfGE 7, 198 (208).
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die Rechtsprechung des BVerfG, nach der die Pressefreiheit "zunächst - entsprechend der systematischen Stellung der Bestimmung und ihrem traditionellen Verständnis- ein subjektives Grundrecht ftir die im Pressewesen tätigen Personen und Unternehmen gewährt, das seinen Trägern Freiheit gegenüber staatlichem Zwang verbürgt und ihnen in gewissen Zusammenhängen eine bevorzugte Rechtsstellung sichert" 60 • Aus dieser subjektiv-individualrechtliehen Auslegung des Grundrechts Pressefreiheit folgert das BVerfG auch, daß sich Presseunternehmen "im gesellschaftlichen Raum frei bilden können", "nach privatwirtschaftliehen Grundsätzen und in privatwirtschaftliehen Organisationsformen" arbeiten und "miteinander in geistiger und wirtschaftlicher Konkurrenz (stehen), in die die öffentliche Gewalt grundsätzlich nicht eingreifen darf' 61 • Das BVerfG hat neben den subjektiv-rechtlichen aber auch objektivrechtliche Gewährleistungen der Pressefreiheit anerkannt. Die objektiv-rechtliche Seite des Grundrechts ist ftir den Journalisten ebenfalls von Belang. Die objektiv-rechtliche Garantie des "Instituts ,freie Presse'" durch das BVerfG 62 hat den freien Journalisten zur Voraussetzung. Objektivrechtliche Gewährleistungen stehen im Dienste der Freiheit und sollen in erster Linie subjektive Rechte absichern 63 • "Der Staat", so das BVerfG, "ist - unabhängig von subjektiven Berechtigungen einzelner - verpflichtet, ... überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen. Freie Gründung von Presseorganen, freier Zugang zu den Presseberufen, Auskunftspflichten der öffentlichen Behörden sind prinzipielle Folgerungen daraus". Das Gericht hält aber auch Konstellationen ftir möglich, die "eine Pflicht des Staates" begründen, "Gefahren abzuwenden, die einem freien Pressewesen aus der Bildung von Meinungsmonopolen erwachsen könnten" 64 • Hier eröffnet das Gericht dem Gesetzgeber aber auch Eingriffsmöglichkeiten, die "im klassischen Sinne nicht ohne weiteres begründet werden können" 65 • Bei einer Gewichtsverlagerung von der subjektivzu der objektiv-rechtlichen (institutionellen) Seite des Grundrechts sind Gefahren ftir Freiheit und Unabhängigkeit von Presse und Journalisten nicht ausgeschlossen. Der Rechtsprechung des BVerfG wird bis 60
61 62 63 64 65
BVerfGE 20, 162 (175). Ebd. Ebd. So ausf'tihrlich BVerfGE 12, 205 (260) und E 20, 162 (175). BVerfGE 20, 162 (175 f.). Joachim Wolf, Medienfreiheit und Medienunternehmen, 1985, S. 71.
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jetzt aber eine sehr "abgewogene und vor allem schrankenrechtlich stets kontrollierte Position" bescheinigt66 • für eine einseitig, übersteigert institutionelle Betrachtung der Pressefreiheit läßt sie sich nicht nutzbar machen. Neben der Pressefreiheit garantiert Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auch die Freiheit der Massenkommunikationsmittel Rundfunk (nach deutschem Verständnis Rundfunk und Fernsehen) und Film. Da letzterer nicht zu den klassischen Tätigkeitsbereichen von Journalisten gehört, bleibt er im Rahmen dieser Darstellung unberücksichtigt. Der Rundfunkbegriffist nicht weniger problematisch als der Pressebegriff. Neue technische Entwicklungen wie Videotext und Bildschirmtext haben die Diskussion über die Frage der Abgrenzung von Rundfunk zu anderen Medien wieder belebt67 • Das Problem braucht hier nicht vertieft zu werden, da der Journalist, ob bei Presse, Rundfunk oder Film tätig, demselben Grundrechtsschutz untersteht, und bundesstaatlich bedingte kompetenzrechtliche Zuordnungen außer Betracht bleiben können. Von einer Rundfunkfreiheit parallel zur Pressefreiheit handelt das Grundgesetz nicht. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG spricht von der Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk. Trotz des abweichenden Verfassungswortlauts geht das BVerfG aber von der Gleichrangigkeit von Presse- und Rundfunkfreiheit aus 66 • Es sieht im Rundfunk einen "neben ' der Presse stehenden, mindestens gleich bedeutsamen, unentbehrlichen ... Faktor der öffentlichen Meinungsbildung" 69 • Das bedeutet für den im Rundfunk tätigen Journalisten, daß seine Berichterstattung im Rundfunk gegenüber oder im Vergleich mit der Pressefreiheit nicht eingeschränkt ist, da Rundfunkfreiheit sowohl Berichterstattung als auch Meinungsäußerung umfaßt. Der Schutz der Rundfunkfreiheit erstreckt sich "auf die Nachrichtensendungen, politischen Kommentare, Sendereihen über politische Probleme der Gegenwart, Vergangenheit oder Zukunft; ... Hörspiele, musikalische Darbietungen, Übertragungen kabarettistischer Programme bis hinein in die szenische Gestaltung einer Darbietung" 70 • Wie die Pressefreiheit, so kennt auch die Rundfunkfreiheit keine Beschränkung auf "seriöse" Produktionen71 ; die Verbreitung offensichtlich unwahrer Tatsachen, Nachrichten und 66 Rupert Scholz, Pressefreiheit und Arbeitsverfassung, 1978, S. 92; Wolf (FN 65), S. 73 ff., beide mit Beispielen aus der Rechtsprechung des BVerfG. 67 Starck (FN 32), Rdnrn. 62 ff. 68 BVerfGE 35, 202 (222); 12, 205 (260). 69 BVerfGE 12, 205 (260 f.). 70 BVerfGE 12, 205 (260). 71 BVerfGE 35, 202 (222).
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falscher Zitate wird, wie bei der Pressefreiheit, auch von der Rundfunkfreiheit nicht gedeckt. Und wie Pressefreiheit auf Werbung und Anzeigen in der Presse ausgedehnt ist, so erstreckt sich auch die Rundfunkfreiheit auf Werbesendungen im Rundfunk. Zusammenfassend gilt: Auch wenn in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG die geschützten Betätigungsinhalte fti.r die Pressefreiheit gar nicht und fti.r die Rundfunkfreiheit lediglich durch den Begriff "Berichterstattung" gekennzeichnet sind, so erstreckt sich vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BVerfG der in dem Grundrecht enthaltene normative Gewährleistungsauftrag auf "alle typischen, empirisch feststellbaren" Tätigkeiten in den Medien 72 • Der Schutz des Journalisten ist in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik bei seinen typischen Medienbetätigungen allumfassend. Wie das Grundrecht der Pressefreiheit so hat auch die Rundfunkfreiheit eine subjektiv-individualrechtliche und eine objektiv-rechtliche Seite. Um Inhalt und Tragweite dieses Begriffspaares ist in der Bundesrepublik in den letzten Jahren ein Streit gefti.hrt worden, der nur angesichts der Bedeutung des Mediums Rundfunk auch als Instrument zur Ausübung von Macht verständlich ist. Unbestritten- um das vorauszuschicken- und flir den Journalisten in erster Linie relevant, ist die oben beschriebene weitgehend individuelle "Entfaltungsfreiheit publizistisch tätiger Grundrechtsträger" 73 • Unbestritten ist wohl auch, daß Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ein von staatlicher Beherrschung oder Einflußnahme unabhängiges Institut freier Rundfunk schützt, das "in gleicher Weise wie die Presse zu den unentbehrlichen Massenkommunikationsmitteln" gehört74 • Im Mittelpunkt der gefti.hrten Auseinandersetzung stand (verkürzt) die fti.r die Rundfunkordnung in der Bundesrepublik wichtige Frage: Begründet die Rundfunkfreiheit auch eine individual-rechtliche Rundfunkgründungsfreiheit? Die Rundfunkordnung hat natürlich auch Auswirkungen auf die Arbeit von Journalisten. Ein Vergleich journalistischer Freiheiten in der privaten Presse mit denen in öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten legt dies offen. Während in der privaten Presse Journalisten nach wie vor der Weisung des Verlegers unterliegen, der das wirtschaftliche Risiko trägt, haben sich die "Rundfunkkommunikatoren" in den 72 Wolfgang Hoffmann-Riem, in: Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Alternativkommentare), Bd. 1, 1984, Art. 5 Abs. 1, 2 Rdnr. 128. 73 Wolf(FN 65), S. 131; so auch Günter Herrmann, Fernsehen und Hörfunk in der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland, 1975, S. 117. 74 BVerfGE 35, 202 (222).
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öffentlich-rechtlichen Anstalten auf Kosten der Intendanten inzwischen zu Beherrschern des Wort- und Bildapparates entwickelt. Die gesetzliche Verpflichtung zur Ausgewogenheit und die Besetzung auch journalistischer Führungspositionen mit Mitgliedern von politischen Parteien haben dazu das Ihre getan. Es ist freilich ein nationalökonomisches Gesetz, daß Monopolunternehmen, sobald sie privater Konkurrenz ausgesetzt sind, ihre Strukturen ändern müssen. Die Abhängigkeit von Einschaltquoten hat ftir den Journalisten, gleichgültig ob er im öffentlich-rechtlichen oder im privaten Rundfunk tätig ist, einschneidende Folgen. Welche dies im einzelnen sind, kann er von seinen Kollegen aus der Presse erfahren. Der Deutsche Journalistenverband und auch die Medien-Gewerkschaften im Deutschen Gewerkschaftsbund haben sich deshalb aus verständlichen Gründen in der Vergangenheit mit Nachdruck ftir die sog. "publizistische Gewaltenteilung" zwischen privater Presse und öffentlich-rechtlichem Rundfunk eingesetzt. Dies sei eine wichtige Voraussetzung ftir das Gleichgewicht zwischen den verschieden strukturierten Massenmedien. Von Gewerkschaftsseite wurde stets darauf hingewiesen, daß der Aufbau privatwirtschaftlich organisierter und durch Werbung finanzierter Hörfunk- und Fernsehsysteme das bestehende Gleichgewicht zerstöre und die Existenz der Druckmedien sowie die Informationsvielfalt gefährde. Das BVerfG hat privaten Rundfunk stets ftir zulässig erklärt, in seinem vierten Rundfunkurteil vom 4. 11. 1986 jedoch die Gründung von publizistischen Meinungsmonopolen durch die Verflechtung von Presse- und privaten Rundfunkunternehmen, namentlich im regionalen und lokalen Bereich, untersagt. Den Presseunternehmen hat es jedoch den Zugang zum Rundfunk grundsätzlich nicht verwehrt, denn die sog. "publizistische Gewaltenteilung sei kein Verfassungssatz" 75 • 3. Jeder Journalist, ob Deutscher oder Ausländer, kann sich aufdie in Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisteten Grundrechtstatbestände gegenüber der öffentlichen Gewalt berufen. Das gilt ftir Meinungs- und Informationsfreiheit ebenso wie ftir Presse- und Rundfunkfreiheit: Jeder im Pressewesen oder in einer Rundfunkanstalt produktiv Tätige ist gleichrangiger Träger dieser Grundrechte 76 • Alle in Art. 5 GG enthaltenen Grundrechte binden gern. Art. 1 Abs. 3 GG die Organe der Gesetzgebung, Justiz und Verwaltung. Bei Verletzung dieser Rechte durch die öffentliche Gewalt gewährt die Verfassungsordnung dem Journalisten lückenlosen Rechtsschutz 75
Vgl. BVerfG, ZUM 1986, S . 615 f.
76
Scholz (FN 66), S. 96.
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(Art. 19 Abs. 4 GG). Nach Ausschöpfung des Rechtsweges kann er Verfassungsbeschwerde beim BVerfG erheben. Es ist unbestritten, daß journalistische Freiheit (heute wohl in erster Linie journalistische Entfaltungsfreiheit) nicht nur durch die öffentliche Gewalt, sondern auch von nichtstaatlicher Seite, namentlich von Chefredakteuren und Verlegern, eingeschränkt werden kann. Unter dem Etikett "innere Pressefreiheit" bzw. "innere Rundfunkfreiheit" wird deshalb in der verfassungsrechtlichen Literatur der Bundesrepublik Deutschland erörtert, ob dem Gru~drecht des Art. 5 Abs. 1 GG sog. unmittelbare Drittwirkung zukommt. Konkret geht es hier um die Frage, ob ein Verleger, Chefredakteur oder ein ähnlich Verantwortlicher in einem Presse- oder Rundfunkunternehmen durch verfassungsrechtliche Grundrechtspositionen eines Journalisten verpflichtet ist, dessen Meinungsäußerung mit den "persönlichen, technischen und wirtschaftlichen Mitteln des Unternehmens zu publizieren" 77 • Diese Frage muß heute immer noch mit nein beantwortet werden. Die Verfassungsordnung gewährt dem Journalisten keine subjektiv-rechtliche Grundrechtsposition, die ihm einen Anspruch auf Veröffentlichung seiner Beiträge in der Presse, im Rundfunk oder anderswo gewähren würde 78 • Die durch die Verfassungsordnung garantierte Vertragsfreiheit eröffnet den Journalisten jedoch die Möglichkeit, durch Anstellungsverträge und durch Redaktionsstatuten zur Regelung der innerbetrieblichen Zusammenarbeit ihre journalistischen Freiheiten und publizistischen Rechte über die Wirkung des Grundrechts aus Art. 5 GG hinaus zu sichern. Nichtabdruck oder Nichtsendung journalistischer Produkte kann damit Gegenstand von arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen werden. 4. Landesgesetzgeber und BVerfG und weitgehend auch das Schrifttum sind sich darin einig, daß Presse und Rundfunk eine "öffentliche Aufgabe" erftillen 79 • Der Journalist im Dienste oder als Erftillungsgehilfe einer öffentlichen Aufgabe: Dieses Bild macht es nicht gerade leicht, den Begriff "öffentliche Aufgabe", der den Kennern des öffentlichen Rechts in der 77 78
Herrmann (FN 73), S. 176. Statt vieler Herrmann (FN 73), S. 156 und 158; Starck (FN 32), Rdnr. 59,
beide m. w . Nachweisen. Mitbestimmungsgesetz und Betriebsverfassungsgesetz lassen sich ebenfalls nicht als Grundlagen flir "redaktionelle Mitbestimmung" heranziehen, vgl. WoLf (FN 65), S. 526. 79 Vgl. §§ 3 und 25 LPrG Baden-Württemberg, §§ 3 und 23 LPrG Berlin, §§ 3 und 25 LPrG Bremen, §§ 3 und 25 LPrG Niedersachsen, §§ 3 und 26 LPrG Nordrhein-Westfalen etc.; BVerfGE 12, 205 (244 ff.); 20, 162 (175).
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Bundesrepublik nach wie vor Probleme bereitet, in bezug auf die Medien mit Leben zu füllen. Öffentliche Aufgabe bedeutet nicht, daß die Medien in der Nähe zur öffentlichen Gewalt und der Journalist in einem Abhängigkeitsverhältnis zu ihr stünden. Öffentliche Aufgabe bedeutet ebenfalls nicht, daß Journalisten und Medien von staatlichen Instanzen bestimmte öffentliche Aufgaben zugewiesen und dadurch vom Staat kontrolliert und in eine bestimmte politische, gesellschaftliche oder soziale Richtung gelenkt werden können 80 • Öffentliche Aufgabe ist weder Amt noch Rechtspflicht 81 und kann nicht mehr bedeuten, als daß die Massenmedien- wie oben bereits beschrieben- an der öffentlichen Meinungsbildung und Information teilhaben, dadurch Gesellschaft und Staat prägen und damit eine öffentliche Funktion einnehmen. Gegenüber Einzelpersonen, die von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machen, können Journalisten sich nicht aufeine Sonderstellung berufen82 • So bleibt vom Begriff "öffentliche Aufgabe" kein juristisch faßbarer Gehalt83 , er ist nicht mehr als ein "Gemisch aus Realitätsbeschreibung und ethischen Forderungen" 84 • 5. Es wird zuweilen der Versuch gemacht, mit der sog. "öffentlichen Aufgabe" Privilegien zu rechtfertigen, die die Rechtsordnung der Bundesrepublik Journalisten in der Tht gewährt. Dazu zählen u.a.: der Anspruch auflnformation gegenüber Behörden, der von allen Landespressegesetzen85 Journalisten eingeräumt wird, auch das durch§ 53 Abs. 1 Nr. 5 der Strafprozeßordnung und§ 383 der Zivilprozeßordnung eingeräumte Zeugnisverweigerungsrecht sowie das in § 97 Abs. 5 Strafprozeßordnung normierte Beschlagnahme- und Durchsuchungsverbot bei Presse und Rundfunk etc. Über die rechtliche Verortung dieser spezifisch journalistischen Privilegien wird im Schrifttum gestritten: Während einerseits behauptet wird, Art. 5 Abs. 1 GG gebiete so weitgehende Privilegien wie Informationsanspruch und Zeugnisverweigerungsrecht 86 , wird dem entgegengehalten, ein Informationsrecht im Sinne eines "LeistungsanBamberger (FN 24), S. 89. Starck (FN 32), Rdnr. 49. 82 Manfred Rehbinder, Schweizerisches Presserecht, 1975, S. 27. 83 Ebd. 84 Starck (FN 32), Rdnr. 49, übereinstimmend mit Herzog (FN 18), Rdnr. 122 und Scheuner (FN 18), S. 113. 85 Vgl. §§ 4 und 25 der meisten Landespressegesetze. 86 Vgl. Klaus Mathy, Das Recht der Presse, 3. Aufl. 1984, S. 44; Starck (FN 32), Rdnrn. 51 und 53; Heinz Gössel, Der Schutz der Medienfreiheit, in: Medienfreiheit und Strafverfolgung, 1985, S. 64 ff. 80 81
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spruchs gegen den Staat" werde vom Grundgesetz nicht gewährt und auch das Zeugnisverweigerungsrecht lasse sich nicht unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG herleiten. Im Rahmen der Auslegung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geht es, so Christian Starck, allein um das verfassungsrechtlich gebotene Minimum 87 • IV. 1. Information ist Machtausübung. Sie ist es im Sinne der klassischen Definition von Macht: Information kann dazu beitragen, "den eigenen Willen auch gegen Widerstände durchzusetzen" 88 • Nicht anders hat das BVerfG die Stellung der deutschen Medien umschrieben. Sie sind Inhaber einer "sozialen Machtposition" in der Bundesrepublik 89 • Das gilt für den Rundfunk ebenso wie für die Presse als Institutionen und letztlich damit natürlich auch für diejenigen, die diese Medien "machen".
Die Macht der Medien ist ähnlich wie die Verbandsmacht 90 eine besonders aktuelle Erscheinung sozialer Macht. Dieser Befund hat Evidenzcharakter, auch wenn er von vielen Journalisten bestritten wird. Der Einsatz journalistischen Machtpotentials kann u.U. für die einzelnen Betroffenen stärkere Auswirkungen haben, als von der Staatsmacht in gegebener Lage zu erwarten wäre. Presse und Rundfunk sind Medien, in denen z.B. Politikerkarrieren gemacht oder zerstört werden. Amerikanische Beispiele wie Watergate, Iran-Affeire oder jüngst der Rückzug des Präsidentenanwärters Gary Hart, aber auch der Fall Flick und der Fall Barsche! in der Bundesrepublik mit den darin involvierten Politikern und Wirtschaftsführern belegen dies. Journalistische Macht sucht und findet ihr Wirkungsfeld in der Einflußnahme auf politische Entscheidungsträger: Parteien, Parlamente und Regierungen; sie schafft sich jedoch auch bei gesellschaftlichen Gruppen, den Verbänden und Kirchen, Gehör. Es ist deshalb ganz natürlich, daß im Gegenzug Politiker und Parteien versuchen, im Bereich der Medien soviel Einfluß zu erlangen, wie die Gesellschaft das zuläßt. Der Zugriff von Parteien und Politikern auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Bundesrepublik ist dafür ein Beispiel.
87
88 89 90
Starck (FN 32), Rdnr. 52. Schelsky (FN 15), S . 89 ff.; vgl. auch Noelle-Neumann (FN 16), S . 179 ff.
BVerfGE 35, 202 (233). V gl. dazu Jürgen Becker, Gewaltenteilung im Gruppenstaat, 1986.
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Macht postuliert Gegenmacht, jedenfalls im Gefüge eines demokratischen Gemeinwesens. Der durch Gesetz und BVerfG sanktionierte Aufbau von privatem Rundfunk und Fernsehen in der Bundesrepublik kann auch als Reaktion einer konservativen Parteiengruppierung gesehen werden, die - zu Recht oder zu Unrecht - geglaubt hat, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu kurz gekommen und schlecht behandelt worden zu sein. Einflußnahmen dieser Art zählen zu den unbestrittenen Merkmalen aller entwickelten Demokratien des westeuropäischen und amerikanischen Reifegrades. Journalisten und Politiker sind aufeinander angewiesen und leben praktisch in einer Symbiose: Politiker versorgen Journalisten mit Nachrichten, der Journalist sorgt im Gegenzug dafür, daß das, was der Politiker tut oder tun will, dem Bürger und Wähler bekannt wird. Der Wähler wird so in die Lage versetzt, auf der Grundlage von Informationen seine Wahlentscheidung zu fallen, die wiederum Voraussetzung für das Handeln des Politikers ist. Dieser Kreislauf, den der Journalist in Gang hält, ist eine der Voraussetzungen für das Funktionieren der Demokratie. Eine Gefahr dieser Wechselwirkung zwischen Demokratie und Medienfreiheit liegt jedoch darin, daß der Bürger nicht mehr aufgrundder ihm durch die Medien zufließenden Informationen seine Meinung bildet, sondern daß diese durchJournalistengebildet wird. So läuft die Demokratie Gefahr, zur "Medienkratie" zu degenerieren. Das sog. "Wächteramt" gehört heute generell und als unabdingbares Element zum Begriff des Journalismus schlechthin. Eines Journalismus, der sich gern selbst als Vertreter einer sog. "vierten Macht" bzw. "Gewalt" im demokratischen Staat deklariert. Für das Selbstverständnis des Journalisten ist dies ein nicht ganz ungefährlicher Begriff, wenn er sich nicht bewußt bleibt, daß Macht auch korrumpiert 91 • 2. Wiejede Macht, bedarfauchjournalistische Macht der Legitimation und sucht sie, und sei es nur um ihres eigenen Bestandes willen 92 • Die Frage, wie journalistischer Einfluß in der Verfassungsordnung zu rechtfertigen ist, beantwortet sich von selbst mit Blick auf die besondere Aufgabe, die die Medien in der Demokratie erfüllen. 3. Jede Macht bedarf nach demokratischem Verständnis aber nicht nur der Legitimation, sondern auch der Kontrolle. Kontrollen durchziehen "das gesamte Schema der staatlichen Ordnung". Als verfassungsrechtlich normierte Einrichtungen sind sie natürlich vor allem auf die Überwachung der Machtausübung durch Organe der öffentlichen Gewalt gerichtet. Die Bedeutung der Machtkontrolle reichtjedoch über 91 Fred Luchsinger, Die Zukunft der Meinungs presse: NZZ (Fernausgabe) vom 8. 5. 1984, s. 35. 92 Becker (FN 90), S. 190.
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den Bereich der staatlichen Organisation hinaus. Soziale Mächte üben zunehmend große, in das politische Feld der Entscheidungen hineinreichende Macht aus. Das Problem politischer Kontrolle stellt sich daher auch in bezugauf diese 93 • Im Bereich der Medien muß sich Kontrolle in den verfassungsgebotenen Kontext der Freiheit der Medien einfügen. Art. 5 Abs. 1 GG stellt klar, daß eine Zensur nicht stattfinden darf. Allerdings richtet sich das Zensurverbot allein gegen den Staat, von dem, solange er demokratisch strukturiert ist, derzeit wohl die geringste Gefahr ftir die journalistische Freiheit ausgeht. Staatliche Regelungen, die geeignet sind, machtbeschränkende undkontrollierende Wirkungen zu entfalten, sind nur auf der Grundlage von Art. 5 Abs. 2 GG zulässig 94 • Diese Norm erlaubt nur solche Beschränkungen von Presse- und Rundfunkfreiheit, die sich aus den "allgemeinen Gesetzen, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehre" ergeben. Für den Journalisten bedeutet dies: Wie jeder Staatsbürger hat auch er bei seiner Berufsausübung die Gesetze zu beachten. So sind denn auch das ftir alle geltende Strafrecht und Zivilrecht verfassungsrechtlich erlaubte und bewährte Schranken gegen journalistischen Machtmißbrauch. Mit viel Einfühlungsvermögen für journalistische Belange und mit diplomatischem Geschick sorgen die Justitiare in Funkhäusern und Verlagen daftir, daß diese Schranken nicht überschritten werden. Ihre Kompetenz erschöpft sich jedoch meist in ihrer Funktion als Berater, ein Initiativrecht kommt ihnen, soweit ersichtlich, bei der Kontrolle nicht zu. Der Gesetzgeber darf keine Gesetze erlassen, die sich gegen die "Freiheit des geistigen Prozesses" richten und die "Wirkung reiner Meinungsäußerung" zu unterbinden suchen95 • Richtet sich ein Gesetz gegen die Meinungsfreiheit als solche, ist es nicht "allgemein". Dies ist eine Konstellation, die, wie Edgar Kull zu Recht betont!*', in der Bundesrepublik so gut wie nie vorkommen dürfte. Als Ende der 50er Jahre die Berichterstattung in der "Regenbogenpresse" über die damalige Kaiserin Soraya vom Iran sich zu einem ernsthaften Störfaktor in den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und dem persischen Kaiserreich entwickelt hatte, glaubten damals die demokratisch gewählten Organe staatlicher Macht, die Träger journalistischer Macht 93 Ulrich Scheuner, Die Kontrolle der Staatsmacht im demokratischen Staat, Schriftenreihe der niedersächsischen Landeszentrale für Politische Bildung, 1977, s. 10. 94 Zuletzt BVerfG, ZUM 1986, S. 613. 95 Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 15. Aufl. 1985, Rdnr. 399. 96 Edgar K ull, Auf dem Wege zum dualen Rundfunksystem: AfP 1987, S. 366.
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mit einer speziellen "lex Soraya" an die publizistische Kette legen zu müssen. Wegen Art. 5 Abs. 2 GG mußten sie jedoch diesen Plan wieder fallen lassen. Auch wenn ein journalistischer Fauxpas, wie jüngst der gegenüber dem iranischen Ayatolla Khomeini, sich zur Staatsaffäre ausweitet, läßt die Verfassungsordnung Sonderrechte zur journalistischen Machtbegrenzung und Kontrolle nicht zu. Verfassungsrechtlich zulässig sind jedoch "ausgestaltende Regelungen", vorausgesetzt, daß sie der Sicherung der Presse- und Rundfunkfreiheit dienen97 • Mit Landespressegesetzen, Rundfunkgesetzen und Staatsverträgen ftir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sowie Landesmediengesetzen ftir privaten Rundfunk haben die Länder von ihrer "Ausgestaltungsmacht" 98 umfangreichen Gebrauch gemacht 99 • Mit dem allgemeinen Wettbewerbsrecht und der pressespezifischen Fusionskontrolle (Pressefusionskontrolle) 100 zur Aufrechterhaltung der PressevieLfalt und zur Verhinderung von Pressemonopolen hat der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner begrenzten Zuständigkeit eigene Instrumente geschaffen, Medienpolitik und Medienrecht zu beeinflussen 101 • Bundesrechtliches Wettbewerbsrecht und landesrechtliche Ausgestaltungsgesetze enthalten kontrollierende und mäßigende Elemente. Die signifikantesten sollen hier kurz beleuchtet werden: Begrenzt wird das Aktionsfeld von Journalisten durch das in den Landespressegesetzen sowie in den Ausgestaltungsgesetzen für den Rundfunk verortete GegendarsteHungsrecht 102 • Als Schutz des einzelnen gegen Übergriffe von Journalisten auf seine Individualsphäre ist es ausdrücklich anerkannt: "Demjenigen, dessen Angelegenheiten in den Medien öffentlich 97 BVerfG, ZUM 1986, S. 613. Innerhalb von Presseverlagen und Rundfunkanstalten sindjedoch Kontroll- und Abnahmeregelungen ftir spezielle Beiträge und Sendungen rechtlich nicht zu beanstanden. Die jüngst geänderten Abnahmeregelungen ftir das politische Magazin "Report" des SWF sind daftir ein gutes Beispiel (Abnahmeregelungen ftir Report, publiziert in: Funk-Korrespondenz Nr. 22/29, Mai 1987, S. D.). 98 Kull (FN 96), S. 366. 99 Vgl. Giinter Herrmann, Rundfunkgesetze, 2. Aufl. 1977; Bauer/Detjen/ Miiller-Römer/Posewang, Die neuen Medien, Bd. 1 (Recht), 1985. 100 Nach herrschender Meinung handelt es sich nicht um ein Sondergesetz, das die Pressefreiheit einschränkt, sondern um ein Gesetz, das dem Schutz der Pressefreiheit dient (vgl. Löffler/Ricker [FN 25], S. 496). 101 Zur Entstehungsgeschichte vgl. Martin Löffler, "Das Presse-FusionsKontrollgesetz": AfP 1976, S. 155. 102 Vgl. Walter SeitziGerman Schmidt/Alexander Schöner, Der Gegendarstellungsanspruch in Presse, Film, Funk und Fernsehen, 1980, und jüngst Herbert Bethge, Probleme des Gegendarstellungsrechts im öffentlich-rechtlichen Rundfunk: DÖV 1987, S. 309 ff.
Der Journalist in der Verfassungsordnung
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erörtert werden, wird ein Anspruch darauf eingeräumt, an gleicher Stelle, ... mit einer eigenen I>arstellung zu Wort zu kommen" 103 • Obwohl das Institut der Gegendarstellung als "notwendiges Korrelat zu der verfassungsrechtlichen Gewährleistung von Presse- und Rundfunkfreiheit" 104 begriffen wird, hat es sich in der Praxis als relativ stumpfes Schwert gegen journalistische Übergriffe erwiesen. Pressevielfalt, das Wesensmerkmal einer freien Presse 105 , setzt wirtschaftliche Konkurrenz der privatwirtschaftlich organisierten Presse voraus 106 • Ohne Wettbewerb gäbe es auf der Verlagsseite keine Gewährleistung journalistischer Vielfalt. Über Erfolg und Mißerfolg eines Presseorgans und damit auch über die Anzahl konkurrierender Zeitungen und Zeitschriften entscheidetjedoch der Markt, d. h. der Leser. Das wird durch das Verschwinden vom Markt sowie durch schnell wachsende Marktstellungen von Organen der Unterhaltungsjournalistik und der politischen und wirtschaftlichen Magazine belegt. Käufer und Leser entscheiden, welche Publikationsorgane einer bestimmten Richtung und eines bestimmten Inhalts sowie mit welcher Reichweite erscheinen sollen. Der Journalist kann an dieser Tatsache nicht "vorbeischreiten", will er nicht Gefahr laufen, von einem Verleger, der aufdie Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens bedacht sein muß, entlassen zu werden. Die oft beschworene "Schere im Kopf" wird in Anbetracht von Auflagen und Verkaufsziffern zu einem verständlicherweise wenig geliebten, aber nichtsdestoweniger notwendigen Arbeitsgerät. Es ist die Aufgabe des Wettbewerbsrechts, für einen fairen Wettbewerb und damit für eine funktionierende Kontrolle des Marktes Sorge zu tragen. Auch im "dualen Rundfunksystem" der Bundesrepublik gilt die Vielfaltsdoktrin. Da die Gesetzgeber und das BVerfG der "Eigengesetzlichkeit des Wettbewerbs" beim Rundfunk mißtrauen 107 , wird der Rundfunk nicht dem "freien Spiel der (Markt)kräfte" 108 überlassen, sondern es liegt in der "Verantwortung des Gesetzgebers, daß ein Gesamtangebot besteht, in dem ... Meinungsvielfalt zur Darstellung gelangt" 109 • Durch Gesetz ist bestimmt, daß im öffentlich-rechtlichen BVerfGE 63, 131 (142). BGHZ 66, 182 (195). 105 BVerfGE 20, 162 (175 f.); 12, 205 (261). 106 Die Anwendung des Wettbewerbsrechts aufPresse und privaten Rundfunk ist unbestritten, über die Anwendung des Wettbewerbsrechts auf den öffentlichrechtlichen Rundfunk wird zur Zeit kontrovers diskutiert, vgl. dazu die Beiträge von Wulf-Henning Roth und Margret Wittig-Terhardt zum Thema: "Rundfunk und Kartellrecht": AfP 1986, S . 287 ff. und S. 298 ff. 107 BVerfGE 57, 295 (322); sowie BVerfG, ZUM 1986, S. 610. 108 BVerfGE 57, 295 (322). 109 BVerfGE 57, 295 (323). 103
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