Der Einfluß des europäischen Umweltrechts auf die kommunale Bauleitplanung [1 ed.] 9783428502141, 9783428102143

Durch die Vorgaben des europäischen Umweltrechts sind im Städtebaurecht neue Entwicklungen zu verzeichnen. Anläßlich der

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German Pages 325 Year 2000

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Der Einfluß des europäischen Umweltrechts auf die kommunale Bauleitplanung [1 ed.]
 9783428502141, 9783428102143

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Schriften zum Umweltrecht Band 105

Der Einfluß des europäischen Umweltrechts auf die kommunale Bauleitplanung Von

Marcus Schladebach

Duncker & Humblot · Berlin

MARCUS SCHLADEBACH

Der Einfluß des europäischen Umweltrechts auf die kommunale Bauleitplanung

S c h r i f t e n zum U m w e l t r e c h t Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 105

Der Einfluß des europäischen Umweltrechts auf die kommunale Bauleitplanung

Von

Marcus Schladebach

Duncker & Humblot · Berlin

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Schladebach, Marcus: Der Einfluß des europäischen Umweltrechts auf die kommunale Bauleitplanung / von Marcus Schladebach. Berlin : Duncker und Humblot, 2000 (Schriften zum Umweltrecht ; Bd. 105) Zugl.: Berlin, Humboldt-Uni v., Diss., 1999 ISBN 3-428-10214-2

Alle Rechte vorbehalten © 2000 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Color-Druck Dorfi GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 3-428-10214-2 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 θ

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde von der Humboldt-Universität zu Berlin im Wintersemester 1999/2000 als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis August 1999 berücksichtigt werden. Die mündliche Prüfung fand am 15. Februar 2000 statt. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Ulrich Battis für die Anregung der Thematik und die Betreuung der Arbeit. Für die Erstellung des Zweitgutachtens danke ich Herrn Professor Dr. Ingolf Pernice. Herrn Professor Dr. Michael Kloepfer sage ich Dank für die Aufnahme der Arbeit in die Schriften zum Umweltrecht. Für ihre Unterstützung bin ich Désirée Lühder, Sixten Boeck und Sabrina Schönrock zu großem Dank verpflichtet. Sie haben in vielfältiger Form zum Gelingen der Arbeit beigetragen. Meinen Eltern danke ich für ihre langjährige Förderung und ihren steten Zuspruch. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Berlin, im März 2000

Marcus Schladebach

Inhaltsverzeichnis Einleitung und Gang der Untersuchung

21

1. Teil Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

1. Kapitel Begriffsklärungen A. Europäisches Umweltrecht

24

B. Gemeinschaftsrechtlicher Umweltbegriff

24

C. Kommunale Bauleitplanung

29

2. Kapitel Kompetenzen der EG im Umweltrecht A. Zeitraum bis zur Einheitlichen Europäischen Akte 1987 I. Umweltschutz als Gemeinschaftsziel Π. Kompetenzgrundlagen

..

30 31 32

B. Einheitliche Europäische Akte 1987 34 I. Ziele, Aufgaben und Handlungsgrundsätze 34 II. Kompetenzgrundlagen 38 DI. Abgrenzung zwischen Art. 100a und Art. 130s EWGV 40 1. Konkurrenzverhältnis von Art. 100a EWGV zu Art. 130s EWGV . 41 2. Abgrenzungskriterien 42 3. Kompetenzielle Zuordnung nach Regelungsbereichen 43 C. Vertrag von Maastricht I. Ziele, Aufgaben und Handlungsgrundsätze Π. Kompetenzgrundlagen

45 45 47

D. Vertrag von Amsterdam I. Ziele, Aufgaben und Handlungsgrundsätze II. Kompetenzgrundlagen

47 47 49

10

nsverzeichnis 3. Kapitel Umweltrechtliche Rechtsakte der EG mit unmittelbarem Einfluß auf die Bauleitplanung

A. UVP-Richtlinie I. Rechtsgrundlage II. Zielsetzung ΙΠ. Inhaltsübersicht

52 52 52 53

B. FFH-Richtlinie I. Rechtsgrundlage II. Zielsetzung ΠΙ. Inhaltsübersicht

54 54 54 55

C. Vogelschutz-Richtlinie I. Rechtsgrundlage II. Zielsetzung ΙΠ. Inhaltsübersicht

56 56 57 57 4. Kapitel

Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht A. Funktionen von EG-Richtlinien I. Instrument zur Rechtsangleichung II. Auslegungsregel ΙΠ. Veränderungssperre für den nationalen Gesetzgeber

58 59 59 62

B. Umsetzung von EG-Richtlinien I. Umsetzungsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts II. Umsetzungsgrundsätze des nationalen Rechts 1. Verbandskompetenz 2. Organkompetenz III. Rechtsfolgen fehlerhafter Umsetzung 1. Vertragsverletzungsverfahren 2. Unmittelbare Wirkung von Richtlinien 3. Gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung

63 63 65 65 66 68 69 69 72

5. Kapitel Umsetzung der untersuchungsrelevanten EG-Richtlinien A. Umsetzung der UVP-Richtlinie

73

B. Umsetzung der FFH-Richtlinie

75

nsverzeichnis C. Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie

76

D. Generelle Defizite bei der Umsetzung europäischen Umweltrechts

77

6. Kapitel Einwirkung des EG-Rechts auf die Gemeinden A. Bindung der Gemeinden an EG-Richtlinien

81

B. Spannungsverhältnis zwischen EG-Recht und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG . . . I. Recht der kommunalen Selbstverwaltung Π. Überschneidungen des EG-Rechts mit der kommunalen Bauleitplanung III. Auflösung der Kollisionslage IV. Ergebnis

82 83 84 84 89

7. Kapitel Ergebnis 1. Teil

89

2. Teil Auswirkungen der umweltrechtlichen Richtlinien der EG und ihrer jeweiligen Umsetzung auf die kommunale Bauleitplanung 1. Kapitel Regelungen des BauGB 1998 A. § la BauGB 90 I. Zielsetzung 90 II. Systematik 93 1. Abwägungsgebot 94 2. Ergebnis der UVP - § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB 96 3. Anforderungen der FFH- und Vogelschutz-RL - § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB 97 B. § 29 Abs. 3 BauGB

97 2. Kapitel

Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung A. Durchführung der UVP I. Anwendungsbereich

98 99

12

nsverzeichnis II. UVP-Verfahren 1. Allgemeines Verfahren 2. Verfahren in der Bauleitplanung a) Zuständigkeit b) Anforderungen an das Verfahren der UVP in der Bauleitplanung aa) Bürgerbeteiligung bb) Trägerbeteiligung c) Anforderungen an den Inhalt der UVP in der Bauleitplanung . . aa) Ermittlung bb) Festlegung des Untersuchungsrahmens cc) Beschreibung dd) Bewertung ee) Berücksichtigung d) Ergebnis

99 99 101 101 104 104 105 106 106 106 107 107 109 109

B. Bisherige Bedeutung der UVP für die kommunale Bauleitplanung I. Zeitraum von 1988-1990 II. Zeitraum von 1990-1993 1. UVP-pflichtige Bauleitpläne 2. Materieller Umfang der UVP in der Bauleitplanung ΙΠ. Zeitraum von 1993-1998 1. UVP-pflichtige Bauleitpläne 2. Materieller Umfang der UVP in der Bauleitplanung

109 110 111 112 113 114 114 115

C. Bedeutung der UVP für die Bauleitplanung seit 1998 I. UVP-pflichtige Bebauungspläne 1. Projektbezogene Bebauungspläne a) Eingrenzung b) Betroffene Bebauungspläne c) Weiterentwicklung UVP-pflichtiger Bebauungspläne 2. Planfeststellungsersetzende Bebauungspläne 3. Besondere Eignung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans II. Materieller Umfang der UVP in der Bauleitplanung III. Auswirkungen des Ergebnisses der UVP auf die Abwägung 1. Wortlaut 2. Systematik 3. Ermittlung durch Verfahren 4. Bedeutung der UVP bei projektbezogenen Bebauungsplänen 5. Verdeutlichungsfunktion des § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB 6. Intention des EG-Gesetzgebers 7. Art. 20a GG 8. Gebot der Konfliktbewältigung 9. Ergebnis

116 117 117 117 118 120 120 121 122 124 125 126 126 127 127 128 129 130 131

nsverzeichnis IV. Rechtsfolgen einer unterlassenen oder fehlerhaften UVP für die Abwägung 1. Abwägungsfehlerlehre 2. Planfeststellungsrechtliche Maßstäbe in der Bauleitplanung 3. Ansicht des VGH München 4. Ansicht des BVerwG 5. Übertragung auf die Bauleitplanung V. Ergebnis D. Bedeutung der UVP für die Bauleitplanung im Entwurf zum Umweltgesetzbuch I. Anliegen des Umweltgesetzbuches II. Umweltgrundlagenplanung - Vorstufe und Orientierungsrahmen der Bauleitplanung 1. Ziel und Inhalt 2. Kritik an der Umweltgrundlagenplanung 3. Grundsätzlicher Bezug zur Bauleitplanung III. UVP bei Flächennutzungsplänen IV. UVP bei Bebauungsplänen 1. UVP-pflichtige Bebauungspläne 2. Verfahren und materieller Umfang der UVP in der Bauleitplanung . 3. Umweltgrundlagenplanung und Bebauungspläne V. Vergleich mit der geltenden Rechtslage VI. Ergebnis

132 132 133 134 135 135 137 137 138 139 139 141 143 144 146 147 147 149 149 150

3. Kapitel Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die kommunale Bauleitplanung A. Errichtung des Schutzgebietssystems „Natura 2000" I. Verfahren der Gebietsauswahl 1. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung 2. Europäische Vogelschutzgebiete a) Anzuwendende Vorschriften b) Verfahrensablauf aa) Prüfungsrecht der Kommission bb) Erstellung einer besonderen Gemeinschaftsliste cc) Fristen dd) Ergebnis II. Auswahlkriterien 1. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung 2. Europäische Vogelschutzgebiete a) Fachliche Auswahlkriterien b) Beurteilungsspielraum c) Reduzierung des Beurteilungsspielraums

152 152 153 155 156 156 157 159 159 159 160 160 161 161 163 164

14

nsverzeichnis III. Nationale Möglichkeiten der Schutzgebietsausweisung 1. Naturschutzgebiete 2. Nationalparke 3. Biosphärenreservate 4. Landschaftsschutzgebiete 5. Kennzeichnung der besonderen Schutzgebiete IV. Auswahlpraxis in der Bundesrepublik 1. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung 2. Europäische Vogelschutzgebiete

164 165 165 166 166 167 167 167 169

B. Konzeption des Gebietsschutzes I. Gebietsmanagement 1. Inhalt 2. Kreis der geschützten Gebiete 3. Anwendungsbeginn II. Verschlechterungs- und Störungsverbot 1. Inhalt 2. Kreis der geschützten Gebiete 3. Anwendungsbeginn III. Verträglichkeitsprüfung 1. Inhalt 2. Kreis der geschützten Gebiete 3. Anwendungsbeginn

170 170 170 172 172 173 173 174 174 175 175 176 176

C. Prüfungsunterworfene Bauleitpläne I. Arten der Bauleitpläne II. Belegenheit der Bauleitpläne III. Erhebliche Beeinträchtigungsfähigkeit IV. Kumulationswirkungen

176 176 178 181 182

D. Verträglichkeitsprüfung bei Bauleitplänen vor 1998 I. Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung II. Ausgewiesene Europäische Vogelschutzgebiete III. Potentielle Europäische Vogelschutzgebiete IV. Ausgewiesene Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung V. Potentielle Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung 1. Ansicht der Literatur 2. Ansicht des BVerwG 3. Stellungnahme VI. Ergebnis

183 183 185 186 189 189 189 190 192 193

E. Integration des EG-Naturschutzrechts in die Bauleitplanung ab 1998 193 I. Erhaltungsziele oder Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete, § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB 194 1. Anwendungsbereich 194 2. Inhalt und Festlegung 197

nsverzeichnis 3. Bedeutung für die Abwägung 4. Verwirklichung im Bauleitplan 5. Ergebnis II. Prüfung nach der FFH-Richtlinie, § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB . . . 1. Vorfragen a) Begriffsklärung b) Standort in der bauleitplanerischen Abwägung 2. Planungssituation 3. Prognose der Gemeinde a) Möglichkeit „erheblicher" Beeinträchtigungen b) Unbestimmter Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum? 4. Ablauf und Inhalt der Verträglichkeitsprüfung a) Zuständigkeit b) § 19c BNatSchG c) Entsprechende Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung d) Entsprechende Anwendung der UVP aa) Unterschied zwischen den Prüfungsverfahren bb) Kumulation der Prüfungsverfahren e) Eigener Vorschlag aa) Qualifizierte Schutzgebietserklärung bb) Aufnahme des ökologischen Anfangszustands cc) Ermittlung des ökologischen Zustands bei Planverwirklichung dd) Verschlechterungsbetrag ee) Alternativen ff) Ergebnisbericht 5. Auswirkungen des Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung auf die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB a) Positives Ergebnis b) Negatives Ergebnis 6. Rechtsfolgen eines negativen Prüfungsergebnisses für die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB a) Abwägungsdirigat oder Planungsverbot b) Ausnahmen vom Grundsatz des Planungsverbots aa) Systematik bb) Zumutbare Alternativlösung (1) Flächennutzungspläne (2) Bebauungspläne (3) Zumutbarkeit cc) Ausnahmegründe in Gebieten ohne prioritäre Merkmale . . (1) Grundsätzliches (2) Zwingende Gründe in der Bauleitplanung

197 198 199 199 200 200 201 202 203 203 203 204 205 205 206 207 207 209 209 210 210 211 211 212 212 213 213 214 214 214 218 219 219 220 222 225 226 226 228

nsverzeichnis (3) Naturschutzrechtliche Abwägung dd) Ausnahmegründe in Gebieten mit prioritären Merkmalen . (1) Vogelarten als prioritäre Arten (2) Qualifizierte zwingende Gründe in der Bauleitplanung (3) Sonstige zwingende Gründe (4) Stellungnahme der Kommission ee) Ausgleichsmaßnahmen 7. Rechtsfolgen einer unterlassenen oder fehlerhaften Verträglichkeitsprüfung für den Bauleitplan a) Mangel der Abwägung aa) Vorliegen eines Abwägungsmangels bb) Erheblichkeit des Abwägungsmangels b) Planergänzungsverfahren aa) Zielsetzung bb) Anwendungsbereich cc) Durchführung des ergänzenden Verfahrens dd) Grenzen des ergänzenden Verfahrens ee) Rechtsfolgen c) Planergänzungsverfahren und Verträglichkeitsprüfung d) Ergebnis 8. Ergebnis III. Ergebnis Einfluß der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie auf die kommunale Bauleitplanung im Entwurf zum Umweltgesetzbuch I. Errichtung des Schutzgebietssystems „Natura 2000" 1. Verfahren der Gebietsfestlegung 2. Auswahlkriterien 3. Ergebnis II. Konzeption des Gebietsschutzes 1. Vorläufiger Gebietsschutz 2. Vertragsnaturschutz 3. Grundsätze des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes 4. Verträglichkeitsprüfung 5. Ergebnis III. Prüfungsunterworfene Bauleitpläne 1. Arten der Bauleitpläne 2. Belegenheit 3. Schutzgebietsbedeutsamkeit 4. Kumulationswirkungen 5. Ergebnis IV. Bedeutung für die Bauleitplanung 1. Erhaltungsziele oder Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete, § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB

229 230 231 232 234 235 237 238 238 238 239 241 241 242 242 243 244 244 245 246 247 248 249 249 250 251 251 251 251 252 252 253 253 253 253 254 254 255 255 256

nsverzeichnis a) Anpassung des Wortlauts b) Inhalt und Festlegung c) Bedeutung für die Abwägung d) Ergebnis 2. Prüfung nach der FFH-Richtlinie, § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB a) Anpassung des Wortlauts b) Voraussetzung der Prüfung nach der FFH-Richtlinie - gemeindliche Prognose aa) Feststellung der Schutzgebietsbedeutsamkeit bb) Beurteilung des veränderten Prognoseinhalts c) Ablauf und Inhalt der Verträglichkeitsprüfung aa) § 282 Satz 1 i.V.m. § 284 Abs. 1 UGB-KomE bb) Entsprechende Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung cc) Anwendung der UVP dd) Eigener Vorschlag d) Auswirkungen des Prüfungsergebnisses auf die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB aa) Positives Ergebnis bb) Negatives Ergebnis e) Rechtsfolgen eines negativen Prüflingsergebnisses für die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB aa) Abwägungsdirigat oder Planungsverbot bb) Ausnahmen vom Grundsatz des Planungsverbots (1) Vorliegen überragend wichtiger Gründe des Allgemeinwohls (2) Alternativen (3) Stellungnahme der Kommission (4) Ausgleichsmaßnahmen f) Ergebnis

256 256 257 258 258 258 259 259 259 261 261 261 262 263 263 263 264 264 264 264 265 266 267 267 267

V. Umweltgrundlagenplanung, EG-Naturschutzrecht und Bauleitplanung . 269 1. Relevanz der Umweltgrundlagenplanung 269 2. Einfluß auf die Bauleitplanung 270 3. Ergebnis 271 VI. Vergleich mit der geltenden Rechtslage

271

G. Exkurs: Anforderungen der §§ 19a ff. BNatSchG außerhalb der Bauleitplanung 272 I. Vorhaben im Innenbereich, § 29 Abs. 3 BauGB 272 1. Zielsetzung 272 2. Systematik 272 3. Ablauf der Verträglichkeitsprüfiing 273 2 Schladebach

nsverzeichnis

18

4. Ergebnis II. Vorhaben im Außenbereich

274 274 3. Teil

Probleme und Perspektiven bei der Anwendung europäischen Umweltrechts in der kommunalen Bauleitplanung 1. Kapitel Umweltverträglichkeitsprüfung A. Praxisbefund

277

B. Perspektiven durch § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB

279

C. Anwendungsempfehlung

280 2. Kapitel

Prüfung nach der FFH-Richtlinie A. Praxisbefund

280

B. Voraussichtliche Anwendungsschwierigkeiten

281

C. Perspektiven durch § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB

282

D. Anwendungsempfehlung

284 3. Kapitel

Prognosen zur Vollzugsrealität A. Dynamik des Städtebaurechts

285

B. Erhöhung des Verwaltungsaufwandes

286

C. Umweltrechtliche Vollzugsdefizite und Bauleitplanung

287

D. Folgerungen für die gemeindliche Kompetenzlage

287

E. Ergebnis

290

Thesen

292

Literaturverzeichnis

296

Sachwortverzeichnis

323

Abkürzungsverzeichnis ABl.EG AfK AöR AVR BauR BayVBl. BBauBl BB BGBl. BT-Drs. BVerfGE BVerwGE CMLRev DB DÖV DVB1. DZWir ELRev EA EuGRZ EuR EuZW EWS FS GewArch JA Jb. UTR Jura JuS JZ KJ KritV NJ NJW NuL NuR 2*

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Archiv für Kommunalwissenschaften Archiv des öffentlichen Rechts Archiv des Völkerrechts Baurecht Bayerische Verwaltungsblätter Bundesbaublatt Betriebs-Berater Bundesgesetzblatt Bundestags-Drucksache Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Common Market Law Review Der Betrieb Die öffentliche Verwaltung Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Zeitschrift für Wirtschaftsrecht European Law Review Europa-Archiv Europäische Grundrechte-Zeitschrift Europarecht Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht Festschrift Gewerbearchiv Juristische Arbeitsblätter Jahrbuch des Umwelt- und Technikrechts Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Kritische Justiz Kritische Vierteljahresschriftf. Gesetzgebung u. Rechtswissenschaft Neue Justiz Neue Juristische Wochenschrift Natur und Landschaft Natur und Recht

20 NVwZ NWVB1. RabelsZ RiA RIW Sachs VB1. StT StuGB ThürVBl. UPR VB1BW VerwArch. VR WiB WiVerw ZaöRV ZAU ZfBR ZfU ZG ZGR ZIP ZVglRWiss ZUR

Abkürzungsverzeichnis Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Recht im Amt Recht der internationalen Wirtschaft Sächsische Verwaltungsblätter Der Städtetag Städte- und Gemeindebund Thüringische Verwaltungsblätter Umwelt- und Planungsrecht Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg Verwaltungsarchiv Verwaltungsrundschau Wirtschaftsrechtliche Beratung Wirtschaft und Verwaltung Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht Zeitschrift für angewandte Umweltforschung Zeitschrift für deutsches und internationales Baurecht Zeitschrift für Umweltpolitik Zeitschrift für Gesetzgebung Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Umweltrecht

Einleitung und Gang der Untersuchung 1. „Der Umweltschutz ist zur Schicksalsaufgabe des modernen Staates geworden." Diese von Rüdiger Breuer 1 zum Anfang der 80er Jahre aufgestellte Prognose beansprucht auch für das Recht der Bauleitplanung uneingeschränkte Geltung. Eine geordnete städtebauliche Entwicklung berücksichtigt stets die Anforderungen und Ziele des Umweltschutzes. Jedoch setzt dieser der Bauleitplanung keine absoluten Grenzen. Vielmehr steht das Recht der Bauleitplanung vor der Aufgabe, die Kernaussagen des Umweltrechts zu integrieren. Dabei soll der Umweltschutz nicht nur einer von mehreren zu berücksichtigenden bauplanungsrechtlichen Faktoren sein. Angestrebt wird, daß er trotz der Eingliederung unter die bauleitplanerische Ägide nichts an Wirksamkeit verliert. Dabei sind die Erkenntnisse dieser fortlaufenden Kompromißsuche schon seit langem in verschiedene rechtliche Formen gegossen. Erwähnt sei der Planungsleitsatz der Nachhaltigkeit, wonach die Bauleitpläne eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung gewährleisten und dazu beitragen sollen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln (§ 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB). Desweiteren ist auf das Gebot der Berücksichtigung des Umweltschutzes (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB), die Vermeidung schädlicher Umweltauswirkungen im Außenbereich (§ 35 Abs. 3 Nr. 3 u. 5 BauGB) sowie die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in der Bauleitplanung (§ l a Abs. 2 Nr. 2 BauGB, ehemals §§ 8a-c BNatSchG) hinzuweisen. Dies sind jedoch planerische Regelungsinstrumente des nationalen Rechts, die zu einem verträglichen Ausgleich der Belange beider Rechtsgebiete beitragen sollen. In zunehmendem Maße wird das nationale Recht europarechtlich bestimmt. Das Umweltrecht nimmt bei der Rechtsetzung der Europäischen Gemeinschaft traditionell einen der vorderen Plätze ein. Hierbei sind es insbesondere naturschutzrechtliche Richtlinien der EG, die aufgrund ihres gebietsbezogenen Charakters Einfluß auf die Bauleitplanung nehmen und so das nationale Regelungsinstrumentarium neu ordnen. Welche planerischen Konflikte in diesem Zusammenhang zu lösen sind, wird deutlich, wenn größere Planungsvorhaben in naturschutzrechtlich schützenswerten Gebieten realisiert werden sollen. So ergibt sich beispiels1

Breuer, Der Staat 20 (1981), 393.

22

Einleitung und Gang der Untersuchung

weise die Zulässigkeit des Baus der geplanten Ostsee - Autobahn A 20 für einige Streckenabschnitte aus europäischem Umweltrecht. Dieses beeinflußt die Planung der Autobahn A 20 mit besonderen Anforderungen, deren Einhaltung hoch umstritten ist. Die hierzu ergangenen Entscheidungen des BVerwG 2 bilden erste Orientierungspunkte. Sie sind über das streitgegenständliche Planfeststellungsrecht hinaus für das gesamte Planungsrecht von großer praktischer Bedeutung. 2. In der vorliegenden Arbeit soll der Einfluß des europäischen Umweltrechts auf die kommunale Bauleitplanung untersucht werden. Diesem Anspruch entsprechend werden nach den umweltrechtlichen Kompetenzen des EG-Vertrages die Rechtsakte des europäischen Umweltrechts dargestellt, die für das deutsche Bauplanungsrecht von Bedeutung sind, es begrenzen oder detaillierter ausgestalten. Anschließend wird auf die generellen Funktionen von Richtlinien und die bei ihrer Umsetzung in nationales Recht geltenden Grundsätze eingegangen. Desweiteren werden die bei den zu untersuchenden Richtlinien aufgetretenen Umsetzungsprobleme erörtert. Darüber hinaus sind generelle Defizite bei der Umsetzung europäischen Umweltrechts zu betrachten. Außerdem wird der Frage nachgegangen, inwieweit das Gemeinschaftsrecht auf die kommunale Ebene einwirkt. Dabei ist insbesondere darauf einzugehen, wie die Kollision zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem Recht der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG aufzulösen ist. Im zweiten Teil werden die konkreten Auswirkungen des europäischen Umweltrechts und seiner innerstaatlichen Umsetzung auf die Bauleitplanung betrachtet. Bei der Untersuchung des Einflusses des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die Bauleitplanung stehen zunächst Verfahrensfragen im Vordergrund. Es wird betrachtet, welche Besonderheiten bestehen, wenn das UVP-Verfahren bei der Aufstellung von Bauleitplänen nach den Vorschriften des Baugesetzbuches durchzuführen ist. Daran schließt sich ein Rückblick an, der die UVP-pflichtigen Bauleitpläne und den materiellen Umfang der UVP in der Bauleitplanung bis zur Baugesetzbuch-Novelle 1998 zum Gegenstand hat. Nach diesen bisherigen Konzeptionen der Harmonisierung zwischen BauGB und UVPG sind die seit dem 1.1.1998 geltenden Anforderungen zu untersuchen. I m Mittelpunkt steht die Frage, ob dem UVP-Ergebnis in der bauleitplanerischen Abwägung ein Vorrang zukommt. Darüber hinaus wird die Ausgestaltung dieses Verhältnisses im Kommissionsentwurf zum Umweltgesetzbuch berücksichtigt. Bei der Darstellung des Einflusses, den die §§ 19a ff. BNatSchG auf die Bauleitplanung ausüben, werden einleitend die Errichtung des Schutzge2

BVerwG, Urt. v. 19.5.1998, NVwZ 1998, 961 ff. und Beschl. v. 21.1.1998, NVwZ 1998, 616 ff.

Einleitung und Gang der Untersuchung bietssystems „Natura 2000", die Konzeption des Gebietsschutzes und die davon erfaßten Bauleitpläne erörtert. Nach der Frage, ob die gemeinschaftsrechtlichen Regelungen bereits vor 1998 für die Bauleitplanung Wirkung entfalteten, wird die Integration des EG-Naturschutzrechts in das BauGB ab 1998 betrachtet. Wie bei der UVP wird auch hier untersucht, welche Bestimmungen der Kommissionsentwurf zum Umweltgesetzbuch zu diesem Problemkreis enthält. Im dritten Teil sollen auftretende Schwierigkeiten und sich eröffnende Möglichkeiten der kommunalen Praxis bei der Anwendung europäischen Umweltrechts in der Bauleitplanung erörtert werden. Zu problematisieren ist, ob die Neufassung des BauGB in dieser Frage zu einer Stärkung der den Gemeinden zu eigener Verantwortung übertragenen Planungshoheit (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB) führt.

1. Teil Europäisches Umweltrecht Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung 1. Kapitel

Begriffsklärungen A. Europäisches Umweltrecht Unter „Europäischem Umweltrecht" ist die Summe der vom Rat der EG im Bereich des Umweltschutzes verabschiedeten Rechtsakte zu verstehen. Erfaßt werden hiervon alle Rechtsnormen, die - auf die im EG-Vertrag geregelten Umweltschutzkompetenzen gestützt - an die Mitgliedstaaten gerichtet sind und deren Umweltrechtsordnungen beeinflussen sollen. Eine aufgrund des Wortlauts durchaus erwägenswerte Interpretation des Begriffs als Gesamtheit der von den einzelnen EG-Mitgliedstaaten erlassenen umweltspezifischen Rechtsnormen würde von einer Zusammenschau der sechzehn nationalen Umweltrechtsordnungen ausgehen. Eine derartige rechtsvergleichende Betrachtung ist jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Untersuchung 1. I m Folgenden geht es ausschließlich um die umweltbezogenen Rechtsakte, die von der EG als supranationaler Institution erlassen worden sind.

B. Gemeinschaftsrechtlicher Umweltbegriff Der Begriff „Umwelt" wird in verschiedenen Zusammenhängen an mehreren Stellen des EG-Vertrages verwendet 2 . Allerdings enthält der EG-Ver1

S. hierzu die instruktive rechtsvergleichende Darstellung von Kloepfer/Mast, Das Umweltrecht des Auslandes, 1995: z.B. für die Niederlande S. 99 ff. u. Drupsteen, Umweltrecht und Umweltschutz in den Niederlanden, DVB1. 1990, 189 ff.; für Großbritannien S. 114 ff. u. Lomas, Umweltrecht in Großbritannien: Ein Rechtsgebiet im Aufbau, DVB1. 1992, 949 ff.; für Spanien S. 159 ff. u. Alfonso , Umweltschutz und Umweltrecht in Spanien, DVB1. 1992, 1272 ff. 2 Z.B. in Art. 3 lit. 1 u. Art. 174 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 u. Abs. 3 „Umweltpolitik"; Art. 95 Abs. 3, Abs. 4 Satz 1 u. Art. 174 Abs. 2 Satz 3 „Umweltschutz";

1. Kapitel: Begriffsklärungen

25

trag selbst keine Definition dieses für das gemeinschaftliche Umweltrecht zentralen Begriffes. Ausgehend von der Tatsache, daß der Umweltbegriff bewußt nicht definiert worden ist 3 , besteht zunächst Übereinstimmung, daß er damit entwicklungsoffen gehalten werden soll 4 . Doch hiermit ist lediglich eine Richtungsaussage, nicht aber eine inhaltliche Bestimmung getroffen. Für die Konkretisierung des gemeinschaftsrechtlichen Umweltbegriffes ist es jedenfalls unzulässig, auf die Interpretation der jeweiligen nationalen Umweltbegriffe zurückzugreifen 5. Die Gemeinschaftsrechtsordnung sähe sich bei einer solchen Vorgehensweise der Gefahr ausgesetzt, ihre Wirksamkeit und Einheitlichkeit zu verlieren. Divergierende mitgliedstaatliche Umweltauffassungen würden zur Schaffung von integrationshemmenden Akzeptanzvorbehalten gegenüber der Gemeinschaft beitragen. Deshalb kann sich der gemeinschaftsrechtliche Umweltbegriff nur einheitlich aus dem EG-Vertrag als autonomer Rechtsquelle ergeben. Das Bemühen, eine konturenscharfe und handhabbare Definition zu entwickeln, hat ein unterschiedliches Meinungsspektrum entstehen lassen. Die hierbei vertretenen Auffassungen gewinnen ihre besondere Bedeutung neben dem Fehlen einer EG-vertraglichen Legaldefinition aus zwei zusätzlichen Gründen 6 : Zum einen konnte der EuGH trotz Verwendung des Umweltbegriffs diesem bisher keine Konturen verleihen. Zum anderen lassen auch die einzelnen gemeinschaftlichen Rechtsakte in ihrer jeweiligen Beschreibung dessen, was unter Umwelt zu verstehen ist, kein einheitliches Bild erkennen. Der diesbezüglich engste Ansatz wird von Middeke 7 vertreten. Danach wird „Umwelt" lediglich als die Gesamtheit der natürlichen Lebensgrundla-

Art. 95 Abs. 4 Satz 1 u. Art. 137 Abs. 1 ,Arbeitsumwelt"; Art. 174 Abs. 2 Satz 2 „Umweltbeeinträchtigungen"; Art. 174 Abs. 3, 2.Sp.strich „Umweltbedingungen". 3 Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, Art. 130r, Rn. 1; ders. y in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 137 (141 f.); Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (161). 4 Breier/Vygen, in: Lenz, EGV, Art. 130r, Rn. 1; Oppermann, Europarecht, Rn. 2009; Pieper, in: Bleckmann, Europarecht, Rn. 2812; Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (161). 5 Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 1; Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993, S. 14; Palme, Nationale Umweltpolitik in der EG, 1992, S. 24; Schrenk, NuR 1990, 391 (393); a.A. Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 4 f., die die nationalen Rechtsordnungen in die allgemeinen Rechtsgrundsätze (Art. 288 Abs. 2 EGV) einbeziehen will. 6 Dazu Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 4; Schwer, Kompetenzentwicklung, 1992, S. 41. 7 Nationaler Umweltschutz im Binnenmarkt, 1994, S. 20.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

gen einschließlich der Interaktionen zwischen den einzelnen Umweltmedien beschrieben. Ein weitergehendes Begriffsverständnis legt der überwiegende Teil der Autoren zugrunde. Der Umweltbegriff der Gemeinschaft soll nicht nur die natürliche Umwelt im Sinne einer unberührten Natur und das zwischenmediale Wirkungsgefüge beinhalten. Vielmehr wird er auch auf die vom Menschen gestaltete natürliche Umwelt (sog. Kulturlandschaften) erstreckt 8. Begründet wird dieser Standpunkt damit, daß der Mensch in nahezu alle Bereiche eingegriffen habe. Ein sinnvoller und effizienter Umweltschutz, der tatsächlich allen potentiellen Bedrohungen der Umwelt, der Gesundheit und des Wohlbefindens des Menschen Rechnung trägt, müsse demzufolge notwendig auch die vom Menschen gestaltete natürliche Umwelt einbeziehen 9 . Ausgeschlossen aus dem Umweltbegriff sind jedoch - wie auch bei der erstgenannten Ansicht - die den Menschen außerhalb des konkreten Bezugs zur natürlichen Umwelt umgebenden Bedingungen der sozialen und kulturellen Umwelt. Ein dritter Ansatz bedient sich eines allumfassenden Begriffsverständnisses. So soll der Umweltbegriff über die natürlichen Lebensgrundlagen und die vom Menschen gestaltete natürliche Umwelt hinaus auch das kulturelle und sozio-ökonomische Umfeld des Menschen erfassen 10. Berufen wird sich hierfür im wesentlichen auf die bewußte Nichtdefinition und die daraus folgende Offenheit des Umweltbegriffs. Außerdem wird angeführt, das gemeinschaftliche Sekundärrecht, insbesondere Art. 3 der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung 11 , gebiete eine solche Sichtweise, da dort als Schutzgegenstände „Sachgüter und das kulturelle Erbe" benannt werden.

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Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 4; Breier/Vygen, in: Lenz, EGV, Art. 130r, Rn. 2; Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 6 f.; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 19 f.; Palme, Nationale Umweltpolitik in der EG, 1992, S. 24 ff.; Henke, EuGH und Umweltschutz, 1992, S. 6 ff.; Schwer, Kompetenzverteilung, 1992, S. 40 ff.; Wasmeier, Umweltabgaben und Europarecht, 1995, S. 27; Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (299); Nettesheim, Jura 1994, 337 (338); Schrenk, NuR 1990, 391 (393); Hoppe/Beckmann, JuS 1989, 425 (426). 9 Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 6; Schwer, Kompetenzverteilung, 1992, S. 43; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 20 jeweils mit Verweis auf Kloepfer, Umweltrecht, § 1, Rn. 18 u. § 9, Rn. 13, der das insoweit gleiche Begriffsverständnis in Deutschland darstellt. 10 Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, Art. 130r, Rn. 2; Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993, S. 13 ff. (18); Oppermann, Europarecht, Rn. 2009; Erichsen, NVwZ 1992, 409 (411). 11 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.6.1985, AB1.EG Nr. L 175, S. 40, zuletzt geänd. durch Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3.3.1997, AB1.EG Nr. L 73, S. 5.

1. Kapitel: Begriffsklärungen

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Eine sachgerechte inhaltliche Präzisierung des gemeinschaftsrechtlichen Umweltbegriffes hat sich an folgenden Überlegungen zu orientieren: Dem ausschließlichen Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen liegt eine Vorstellung zugrunde, die die Umwelt - wenn auch durch das Wirkungsgefüge der einzelnen Medien untereinander inneren Veränderungen unterworfen - als weitgehend vorgegebenen Ursprungszustand begreift. Dieses Bild einer natürlichen Umwelt ist jedoch größtenteils zur Fiktion geworden 12 . Umweltgefährdungen beziehen sich vorrangig auf die menschlich gestaltete Umwelt. Letztere beinhaltet der enge Umweltbegriff nicht, was seine Ungeeignetheit zur Folge hat. Die von einem engen Umweltbegriff ausgehende Ansicht kann daher nicht überzeugen. Allerdings erscheint auch das Erstrecken des Begriffs auf die kulturelle und sozio-ökonomische Umwelt als zu weit. Bereits die neben der Umwelt besondere Erwähnung der Arbeitsumwelt in Art. 95 Abs. 4 EGV, deren Verbesserung Art. 137 Abs. 1 EGV zum Gemeinschaftsziel erklärt, zeigt, daß die Sozialbeziehungen der Menschen untereinander und das Verhältnis zum wirtschaftlichen Umfeld nicht dem Titel „Umwelt" (Art. 174 ff. EGV) unterfallen 13 . Zudem ist zu berücksichtigen, daß die Sozialpolitik in Art. 136 ff. EGV, die Kulturpolitik in Art. 151 EGV und die Politik des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in Art. 158 ff. EGV eine eigene Regelung erfahren haben. Dies spricht ebenfalls für eine Ausklammerung der sozialen und kulturellen Umwelt aus dem gemeinschaftsrechtlichen Umweltbegriff. In diesem Zusammenhang ist jedoch der besondere Charakter der Umweltpolitik als Querschnittsaufgabe zu beachten (Art. 6 E G V ) 1 4 . Dieser gebietet es, umweltrelevante Belange bei der Rechtsetzung in anderen EGvertraglichen Rechtsgebieten stets einfließen zu lassen. Somit ist ein Übertritt der Umweltpolitik in andere Gemeinschaftspolitiken durchaus beabsichtigt. Dies ist auch sinnvoll, denn naturgemäß berühren andere Aufgaben der Gemeinschaft Belange der Umwelt. Allerdings darf es hierdurch nicht zu einer breit angelegten Unterwerfung anderer Gemeinschaftspolitiken unter die umweltrechtlichen Kompetenznormen der Art. 174 ff. EGV kommen. Dies würde eine Aushöhlung des EGvertraglichen Kompetenzsystems bedeuten. Werden in anderen Regelungsbereichen (z.B. Agrarrecht Art. 32 ff. EGV oder Verkehrsrecht Art. 70 ff. 12

Kloepfer, Umweltrecht, § 1, Rn. 18. Α. A. Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993, S. 15, der Art. 118a EGV als lex specialis zu Art. 130r ff. EGV und die Arbeitsumwelt als aus dem Umweltbegriff des EG-Vertrages ausgekoppelten Teilbereich ansieht; so auch Molkenbur, DVB1. 1990, 677 (683); Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (301). 14 Das verkennt Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 19 f. 13

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

EGV) umweltrelevante Festlegungen infolge der Berücksichtigung der Querschnittsaufgabe des Art. 6 EGV getroffen, so sind diese Rechtsakte jeweils auf die Kompetenzgrundlage des entsprechenden Gebietes zu stützen. Somit führt weder die Querschnittsaufgabe noch die allgemein anerkannte Offenheit des Umweltbegriffes dazu, denselben als allumfassend anzusehen und auch die kulturelle und sozio-ökonomische Umwelt mit einzubeziehen. Darüber hinaus fehlt dem allumfassenden Umweltbegriff zudem die Rückkoppelung an die natürliche Umwelt, die als physische Umwelt das zugrundeliegende Schutzobjekt bildet. Etwas anderes folgt auch nicht aus den umweltpolitischen Aktionsprogrammen der Gemeinschaft, die eine dem allumfassenden Umweltbegriff angenäherte Beschreibung der Umwelt enthalten 15 . Die Aktionsprogramme sind rechtlich unverbindliche, politische Absichtserklärungen 16 , denen der gemeinschaftsrechtliche Umweltbegriff nicht entnommen werden kann. Dieser kann sich - insbesondere wegen des vom EuGH besonders hervorgehobenen Grundsatzes der Rechtsklarheit - nur aus dem primären oder sekundären Gemeinschaftsrecht ergeben. Schließlich ist auch der Hinweis auf Art. 3 der UVP-Richtlinie als Rechtsakt des sekundären Gemeinschaftsrechts nicht zwingend. Zwar hat die Umweltverträglichkeitsprüfung auch Auswirkungen auf „Sachgüter und das kulturelle Erbe" einzubeziehen. Hierin aber eine Bestätigung für den Einschluß jedweder kultureller und sozialer Aspekte in den Umweltbegriff zu sehen, hieße, den Wortlaut beider Begriffe zu überdehnen. Der Zusammenhang läßt erkennen, daß mit deren Einbeziehung in die UVP speziell das architektonische Erbe und Kulturgut (z.B. Kirchen, Standbilder, Skulpturen und unter Denkmalschutz gestellte Bauwerke) geschützt werden soll 1 7 . Diese können in gleicher Weise wie die Umweltmedien durch die gestaltende Hand des Menschen beeinträchtigt werden. Art. 3 der UVPRichtlinie gibt demnach für ein allumfassendes Begriffsverständnis nichts her. Somit ist für den gemeinschaftsrechtlichen Umweltbegriff das zweitgenannte Verständnis maßgebend: Er umfaßt neben den natürlichen Lebensgrundlagen auch die vom Menschen gestaltete natürliche Umwelt 1 8 .

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Siehe Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993, S. 16 f. Krämer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 14, Rn. 15; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 13; Glaesner, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 1 (5); Pieper, in: Bleckmann, Europarecht, Rn. 2813. 17 Erbguth/Schink, UVPG, § 2, Rn. 34; Hoppe/Appold, UVPG, § 2, Rn. 31. 16

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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C. Kommunale Bauleitplanung Die kommunale Bauleitplanung ist das der Gemeinde zugewiesene Planungsinstrument, mit dem sie die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke im Gemeindegebiet vorbereitet und leitet (§ 1 Abs. 1 BauGB). In einem grundsätzlich zweistufigen Verfahren wird dazu zunächst ein Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) aufgestellt, aus dem anschließend ein Bebauungsplan zu entwickeln ist, der für die Grundstücke in parzellenscharfer Form die geltenden rechtsverbindlichen planerischen Festsetzungen enthält (verbindlicher Bauleitplan). Die maßgebenden Vorschriften für die Bauleitplanung ergeben sich abschließend 19 aus dem Baugesetzbuch. Die Kernvorschriften bilden die für die Aufstellung der Bauleitpläne geltenden §§ 1 bis 13 BauGB.

2. Kapitel

Kompetenzen der EG im Umweltrecht 20 Aufgrund des gemeinschaftsrechtlichen Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung, das sich aus Art. 5 Abs. 1 EGV und Art. 249 Abs. 1 EGV ergibt, können die Organe der Europäischen Gemeinschaften nur in den Fällen sekundäres Gemeinschaftsrecht erlassen, die das primäre Gemeinschaftsrecht ausdrücklich vorsieht 21 .

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Er deckt sich somit mit dem deutschen Umweltbegriff, s. dazu Kloepfer, Umweltrecht, § 1, Rn. 14 ff. u. § 9, Rn. 13; Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, § 1, Rn. 3 f.; Dempfle/Müggenborg, NuR 1987, 301 ff. 19 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 16. 20 Zur Aufgaben- u. Kompetenzentwicklung im europäischen Umweltrecht siehe die umfassenden Untersuchungen von Himmelmann, EG-Umweltrecht und nationale Gestaltungsspielräume, 1997; Schmitz, Die Europäische Union als Umweltunion Entwicklung, Stand und Grenzen der Umweltschutzkompetenzen der EU, 1996; Thiel, Umweltrechtliche Kompetenzen in der Europäischen Union, 1995; Kahl, Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993; Schröer, Die Kompetenzverteilung zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Umweltschutzes, 1992; Beckmann, Die Umweltinnenkompetenzen der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 130r-t EWG-Vertrag, 1992, und Vorwerk, Die umweltpolitischen Kompetenzen der europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten nach Inkrafttreten der EEA, 1990. 21 Hierzu ausf. Kr außer, Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung im Gemeinschaftsrecht als Strukturprinzip des EWG-Vertrages, 1991; Jarass, AöR 121 (1996), 173 ff.; außerdem BVerfGE 89, 155 (192 ff. u. 209) - „Maastricht"; Bleckmann, in: ders., Europarecht, Rn. 380 ff.; Oppermann, Europarecht, Rn. 432 ff.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

A. Zeitraum bis zur Einheitlichen Europäischen Akte 1987 Der am 25. März 1957 in Rom geschlossene Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft 22 enthielt keine Zuständigkeit der Europäischen Gemeinschaft für den Umweltschutz. Ungeachtet des Fehlens einer umweltspezifischen Kompetenz setzte sich in der Gemeinschaft jedoch zunehmend die Erkenntnis durch, daß in der entwickelten Industriegesellschaft ökonomische und ökologische Belange nicht mehr zu trennen sind. Daraus ergab sich die Forderung an die Wirtschaft, ihr Handeln in verstärktem Maße an Aspekten des Umweltschutzes auszurichten. Die in allen Mitgliedstaaten zu beobachtende steigende Umweltverschmutzung wurde zunächst nur national bekämpft. Die Lösung dieses grenzüberschreitenden Problems verlangte allerdings nach gemeinschaftlichen Umweltkonzepten. Daneben erwiesen sich die nationalen umweltpolitischen Maßnahmen und die bereits erlassenen umweltrelevanten Produktnormen als innergemeinschaftliches Handelshemmnis. Die so entstandenen Wettbewerbsverzerrungen standen dem Ziel des freien Warenverkehrs (Art. 23 ff. EGV) entgegen23. Unter dem Eindruck dieser Entwicklung forderten die Staats - und Regierungschefs der Mitgliedstaaten die Europäische Gemeinschaft anläßlich der Pariser Konferenz von 1972 auf, ein umweltpolitisches Aktionsprogramm mit genauen zeitlichen Vorgaben zu erstellen 24. Sodann wurde vom Rat 1973 das erste Aktionsprogramm aufgestellt, das die Leitlinien einer komplexen europäischen Umweltpolitik festlegte 25. Es folgten diesem bis 1977 geltenden 1. Programm die Aktionsprogramme Nr. 2 bis 5 2 6 . 22

Gesetz vom 27.7.1957, BGBl. II S. 753. Wolf-Niedermeier, in: Weidenfeld/Wessels, Europäische Integration, 1997, S. 305; Dannecker/Appel, ZVglRWiss 89 (1990), 127 (150 ff.); Scheuing y EuR 24 (1989), 152 (153); Nettesheim, Jura 1994, 337; Kreutzbergen ZfU 1986, 169 (170); Wicke/Huckestein, ZAU 2 (1989), 119 ff. 24 Schlußerklärung vom 20.10.1972, Bull. EG 1972, Nr. 10, S. 9, 21; s. zum Beginn europ. Umweltpolitik Behrens, Rechtsgrundlagen der Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaften, 1976, S. 25 ff.; Schmitz, Die Europäische Union als Umweltunion - Entwicklung, Stand und Grenzen der Umweltschutzkompetenzen der EU, 1996, S. 26 ff.; Glaesner, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 1(2); Vandermeerschy ELRev. 12 (1987), 407 (408^12). 25 AB1.EG Nr. C 112 vom 20.12.1973, S. 1. 26 2. Aktionsprogramm (1977-1981), AB1.EG Nr. C 139 vom 13.6.1977, S. 1; 3. Aktionsprogramm (1982-1986), AB1.EG Nr. C 46 vom 17.2.1983, S. 1; 4. Aktionsprogramm (1987-1992), AB1.EG Nr. C 328 vom 7.12.1987, S. 1; 5. Aktionsprogramm (1993-1998), AB1.EG Nr. C 138 vom 1.2.1993, S. 1; zum 5. Programm 23

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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Bis zum Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte 1987 hatte der Rat rund 200 Rechtsakte auf dem Gebiet des Umweltschutzes erlassen 27. Für deren Rechtmäßigkeit war zunächst Voraussetzung, daß der Umweltschutz überhaupt ein Ziel der Europäischen Gemeinschaft ist. Daran Schloß sich die Frage an, welche umweltspezifische Kompetenzgrundlage für die Umsetzung einer etwaigen Gemeinschaftsaufgabe „Umweltschutz" heranzuziehen sei. I. Umweltschutz als Gemeinschaftsziel Ausgehend von der Erklärung zum 1. Aktionsprogramm der EG von 1973 wurde zur Bestätigung der Auffassung, daß der Umweltschutz Gemeinschaftsziel sei, auf die Präambel und Art. 2 EWGV verwiesen. Dem in der Präambel niedergelegten „Vorsatz der Mitgliedstaaten, ... die stetige Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbedingungen ihrer Völker als wesentliches Ziel anzustreben" und der in Art. 2 EWGV festgelegten Gemeinschaftsaufgabe der „harmonischen Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft und der Förderung einer beständigen und ausgewogenen Wirtschaftsausweitung" entnahm man im Wege einer „dynamischen Auslegung", daß der Umweltschutz ein im EWG-Vertrag verankertes Ziel der Gemeinschaft sei 28 . Die hierdurch erfolgte Rechtsfortbildung wurde vom EuGH 1985 anerkannt. Zwar bezog er sich in seinen Ausführungen nicht direkt auf die in der Präambel und in Art. 2 EWGV vorhandenen auslegungsleitenden Anhaltspunkte. Doch bekräftigte er ausdrücklich, daß der Umweltschutz zu den wesentlichen Zielen der Gemeinschaft gehöre 29.

ausf. Krämer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 14, Rn. 30 ff.; Wägenbaur, EuZW 1993, 241 ff. u. Breuer, Entwicklungen des europäischen Umweltrechts, 1993, S. 22 ff.; s. insgesamt Krämer, ebd., § 14, Rn. 1 ff.; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, vor Art. 130r, Rn. 7 ff.; Kloepfer, Umweltrecht, § 9, Rn. 46 ff. 27 Schmidt, Einführung in das Umweltrecht, § 8, Rn. 1; Ruffert, Jura 1994, 635 (636); Dannecker/Appel, ZVglRWiss 89 (1990), 127 (154); Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, vor Art. 130r-t, Rn. 53. 28 Zuleeg, NVwZ 1987, 280; Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (154); ders., in: Behrens/Koch, Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, 1991, S. 46 (47); Beyer, JuS 1990, 962 (963); Lietzmann, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 163 (173); Seidel, DVB1. 1989, 441 (443); zusammenfassend zur Entwicklung des Gemeinschaftsziels „Umweltschutz" Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 9, Rn. 3 ff. 29 EuGH, Urt. v. 7.2.1985 - Rs. 240/83, Slg. 1985, 531 (549, Tz. 13) - ADBHU; dazu Kreuzberger, ZfU 1986, 169 ff.; so bereits Behrens, Rechtsgrundlagen der Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaften, 1976, S. 73.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung I I . Kompetenzgrundlagen

Die für die Umsetzung dieses rückwirkend anerkannten Gemeinschaftsziels erforderliche Kompetenzgrundlage ergab sich nicht aus den umweltpolitischen Aktionsprogrammen. Diese sind lediglich rechtlich unverbindliche politische Absichtserklärungen, die somit keine Kompetenzgrundlage für ein gemeinschaftliches Tätigwerden darstellen 30 . Des weiteren bestand Einigkeit darüber, daß die umweltrelevanten Rechtsakte auch nicht auf die Präambel, auf Art. 2, auf Art. 3 EWGV oder auf alle zusammen gestützt werden konnten, da auch dort den Organen der EG keine Kompetenz zur Rechtsetzung verliehen worden ist 3 1 . Vielmehr stützte man die umweltrelevanten Rechtsakte auf Art. 100 und/ oder Art. 235 E W G V 3 2 . Man ging davon aus, daß deren Regelungsgehalt den Organen der EG ein rechtsetzendes Tätigwerden auch im Bereich des Umweltschutzes eröffnete. Art. 100 EWGV als rechtsharmonisierendes Instrument bot sich insbesondere in den Fällen an, in denen es um die Beseitigung von Hemmnissen des Gemeinsamen Marktes ging, die durch unterschiedliche mitgliedstaatliche Umweltschutzregelungen entstanden waren. Um insoweit Wettbewerbsverfälschungen zu verhindern und somit das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes zu gewährleisten, setzte sich hauptsächlich bei den produktbezogenen Normen die Praxis durch, umweltrelevante Rechtsakte auf Art. 100 EWGV zu stützen. Für die Verfolgung einer eigenständigen Umweltpolitik beinhaltete diese Vorgehensweise indessen zwei gewichtige Nachteile: Zum einen hatte sich eine hierauf gestützte Umweltpolitik stets den Bindungen und Erfordernissen des Gemeinsamen Marktes zu unterwerfen 33 , da dessen Funktionssicherung Hauptziel des Art. 100 EWGV ist. Der so verfolgte Umweltschutz war binnenmarktdirigiert. Zum anderen vermochte ein qualitatives Moment der 30

Krämer, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 14, Rn. 15; Henke, EuGH und Umweltschutz, 1992, S. 66; Glaesner, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 1 (5); Beutler/Bieber/Pipkorn/StreiU Die EU, S. 510 (513); Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, vor Art. 130r, Rn. 13; Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (298); Bothe, in: von Münch, Staatsrecht-Völkerrecht-Europarecht, FS für H.-J. Schlochauer, 1981, S. 761 (763 ff.); Beyer, JuS 1990, 962 (963); Pieper, in: Bleckmann, Europarecht, Rn. 2813; Offermann-Clas y ZfU 1983, 47 (55). 31 Henke, EuGH und Umweltschutz, 1992, S. 63 f.; Offermann-Clas, ZfU 1983, 47 (49); Riegel, BayVBl. 1979, 97 (98). 32 Siehe zur Entwicklung der umweltrechtlichen Kompetenzgrundlagen ausführlich Breier, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 13, Rn. 5 ff.; auch die später zu untersuchende UVP-Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.6.1985, AB1.EG Nr. L 175, S. 40, wurde auf Art. 100 und 235 EWGV gestützt. 33 Seidel, DVB1. 1989, 441 (446); Dannecker/Appel, ZVglRWiss 89 (1990), 127 (153); Lietzmann, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 163 (167); Nicolaysen, in: Thieme, Umweltschutz im Recht, 1988, S. 197 (202 f.).

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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Geeignetheit dieser Rechtsgrundlage Schranken zu setzen. Es reichte zur Anwendung des Art. 100 EWGV nicht aus, daß sich mitgliedstaatliche Umweltnormen in irgendeiner Weise negativ auf den Binnenmarkt auswirken. Erforderlich war ein unmittelbarer, d.h. ein nicht noch durch weitere Zwischenglieder vermittelter kausaler Bezug zum Binnenmarkt. Gleichwohl erkannte der EuGH das umweltrechtliche Tätigwerden aufgrund des Art. 100 EWGV als rechtmäßig an 3 4 . Die aufgezeigten Anwendungsschwierigkeiten des Art. 100 EWGV blieben den Organen der EG nicht verborgen. Infolge dessen wurde dazu übergegangen, außerdem auf die Generalermächtigung des Art. 235 EWGV zurückzugreifen. Dies geschah regelmäßig dann, wenn auf eine im EWG-* Vertrag nicht vorgesehene Situation zu reagieren war oder wenn Zweifel bestanden, ob das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes „unmittelbar" beeinträchtigt war 3 5 . Schwierigkeiten bei der Verfolgung einer Umweltpolitik resultierten im Rahmen des Art. 235 EWGV vor allem daraus, daß lange Zeit nicht geklärt war, ob der Umweltschutz - wie von Art. 235 EWGV gefordert - ein Ziel des EWG-Vertrages ist. Zudem war auch hier der Umweltschutz an die Erfordernisse des Gemeinsamen Marktes gebunden. Die Anwendungspraxis der Behelfskompetenz des Art. 235 EWGV ließ erkennen, daß auf ihrer Grundlage eine konzeptionell eigenständige Umweltpolitik nicht zu betreiben war. Die weitgehende Beliebigkeit der Rechtsgrundlagenwahl bei der Verabschiedung umweltrechtlicher Rechtsakte sah sich von Seiten der Literatur wiederholten Angriffen ausgesetzt. So wurde zunächst hinsichtlich der Herleitung des Umweltschutzes aus der Präambel und Art. 2 EWGV darauf hingewiesen, daß die klare Umreißung der gemeinschaftlichen Aufgaben in Art. 3 EWGV der Annahme eines Gemeinschaftszieles „Umweltschutz" entgegenstehe36. Die umweltpolitische Geeignetheit des Art. 100 EWGV wurde insbesondere im Hinblick auf das Unmittelbarkeitskriterium kritisiert. Da nur dieses darüber entscheide, ob umweltrelevante Normen auf Art. 100 EWGV gestützt werden können, sei diese Vorschrift als Rechtsgrundlage für den Bereich des Umweltschutzes ungeeignet 37 . Ebenso 34 EuGH, Urt. v. 18.3.1980 - Rs. 91/79, Slg. 1980, 1099 (1106, Tz. 8) - Detergentien; Urt. v. 18.3.1980 - Rs. 92/79, Slg. 1980, 1115 (1122, Tz. 8) - Schwefelhöchstgehalt. 35 Nicolaysen, in: Thieme, Umweltschutz im Recht, 1988, S. 197 (203 f.); Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (298); Seidel, DVB1. 1989, 441 (445); Herdegen, Europarecht, Rn. 397; Beutler/Bieber/Pipkorn/StreiU Die EU, S. 510. 36 Kloepfer, UPR 1986, 321 (324); Kreuzberger, ZfU 1986, 169 (174). 37 So bereits Grabitz/Sasse, Umweltkompetenz der Europäischen Gemeinschaften, 1977, S. 93; Behrens, Rechtsgrundlagen der Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaften, 1976, S. 257 ff.; außerdem Kloepfer, UPR 1986, 321 (324); Gra3 Schladebach

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

untauglich zur Verfolgung einer Umweltpolitik sei Art. 235 EWGV. Eindringlich hingewiesen wurde auf den Behelfscharakter dieser Norm im EGvertraglichen Kompetenzsystem. Dieser gestatte es nicht, Art. 235 EWGV als Hintertür zur Einführung EG-vertraglich nicht vorgesehener Politiken wie hier der Umweltpolitik - zu gebrauchen 38. Somit sah sich die Gemeinschaft im Jahre 1986 mit der Situation konfrontiert, keine spezielle Rechtsgrundlage zur Verfolgung einer zukunftsorientierten und medienbezogenen Umweltpolitik zu besitzen.

B. Einheitliche Europäische Akte 1987 Durch die Verabschiedung der Einheitlichen Europäischen Akte ( E E A ) 3 9 wurden die Art. 130r-t in den EWG-Vertrag eingefügt. Damit erfuhr die gemeinschaftliche Umweltpolitik eine eigene, differenziert ausgestaltete rechtliche Regelung. Hauptsächliches Ziel dieser umweltspezifischen Fortschreibung des EWG-Vertrages, die durch die Aufnahme der Art. 100 a und Art. 118a EWGV flankiert wurde, war die weitgehende Befreiung gemeinschaftlicher Umweltpolitik von den wirtschaftspolitischen Bindungen 40 . Gleichzeitig ging es um die Schaffung der - zur Erfüllung dieser nunmehr festgeschriebenen Aufgaben - erforderlichen Kompetenzen zum Erlaß europäischen Umweltrechts. I . Ziele, Aufgaben und Handlungsgrundsätze Obwohl vom Europäischen Parlament gefordert 41 , ist der Umweltschutz im Rahmen der EEA nicht ausdrücklich in den Aufgabenkatalog des Art. 2 bitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, vor Art. 130r, Rn. 3; Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (298); das Unmittelbarkeitskriterium relativierend Riegel, EuR 12 (1977), 74 (78). 38 Grabitz/Sasse, S. 96 f.; Behrens, ebd., S. 291; ders., DVB1. 1978, 462 (468 f.); Offermann-Clas, DVB1. 1981, 1125 (1128); dies., ZfU 1983, 47 (53); Kloepfer, UPR 1986, 321 (325); Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (298); Kaiser, EuR 15 (1980), 97 (116); Schmitz, Die Europäische Union als Umweltunion, 1996, S. 52; a.A. Riegel, EuR 12 (1977), 74 (83); ders., BayVBl. 1979, 97 (99); hierin nur „akademische Bedenken" sieht Krämer, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 137 (138). 39 AB1.EG 1987 Nr. L 169, S. 1; BGBl. II 1986, S. 1102; hierzu: Glaesner, EuR 21 (1986), 119 ff.; Meier, NJW 1987, 537 ff.; Sedemund/Montag, NJW 1987, 546 ff.; Klein, DÖV 1986, 951 ff.; Hrbek/Läufer, EA 1986, 173 ff. sowie sehr kritisch Pescatore , EuR 21 (1986), 153 ff. 40 Soelly NuR 1990, 155 (157); Lietzmann, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 163 (167); Beyer, JuS 1990, 962 (963); differenzierend Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (162). 41 Entschließung des Europäischen Parlaments, AB1.EG 1986 Nr. C 68, S. 46 (47).

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2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

EWGV und in die Tätigkeitsbereiche des Art. 3 EWGV aufgenommen worden. Neben der Tatsache, daß der Umweltschutz bereits vorher als wesentliches Ziel der Gemeinschaft durch den EuGH anerkannt worden war, wurde für diese Frage auf die besondere Funktion des Art. 2 EWGV hingewiesen. Zu den dort formulierten Zielen des EWG-Vertrages reflektiere diese Norm überdies die in dessen einzelnen Abschnitten normierten Gemeinschaftsziele. Da die Einfügung des Umweltschutzes in Form der Art. 130r-t EWGV dadurch ihre reflexive Ergänzung in der Ziel Vorschrift des Art. 2 EWGV fand, entfiel somit die Herleitung des Umweltschutzes aus anderen dort aufgeführten Zielen 4 2 . Die umweltpolitischen Ziele der Gemeinschaft regelte nunmehr abschließend Art. 130r Abs. 1 EWGV, der im einzelnen festlegte, - die Umwelt zu erhalten, zu schützen und ihre Qualität zu verbessern - zum Schutze der menschlichen Gesundheit beizutragen und - eine umsichtige und rationelle Verwendung der natürlichen Ressourcen zu gewährleisten 43 . Die in Art. 130r Abs. 2 EWGV normierten Handlungsgrundsätze 44 verpflichten jede umweltspezifische Tätigkeit auf die Beachtung - des Grundsatzes, Umweltbeeinträchtigungen prinzip)

vorzubeugen

(Vorbeuge-

- des Grundsatzes, Umweltbeeinträchtigungen nach Möglichkeit an ihrem Ursprung zu bekämpfen (Ursprungsprinzip) - des Verursacherprinzips. Bei der Inhaltsbestimmung des Vorbeugeprinzips ist von der Erkenntnis auszugehen, daß Belastungen der Umwelt in erster Linie mit präventiven Maßnahmen zu begegnen ist und so Umweltschäden schon zu verhindern und nicht erst zu bekämpfen sind. Zentrale Bedeutung für die Festlegung des Anwendungsbereiches des Vorbeugeprinzips kommt dem Gefahrbegriff zu. Eine Gefahr setzt eine Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden an einem rechtlich geschützten Gut führt 4 5 . Genau hier setzt nun das Vorbeugeprinzip an: Ist der Eintritt tatsächlicher Beeinträchtigungen wahrschein42 Lietzmann, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 163 (168); Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (161); Beyerlin, UPR 1989, 361 (362). 43 Ausf. Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 7 ff., die allerdings Art. 130r Abs. 1 EWGV als ,Aufgaben"norm verstehen; Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, Art. 130r, Rn. 11 ff.; Haneklaus, DVB1. 1990, 1135 (1137). 44 Dazu Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 9, Rn. 32 ff. 45 DrewsAVacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 1986, S. 220.



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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

lieh, d.h. nach allgemeiner Lebenserfahrung zu erwarten, so ist die zur Abwehr dieser Beeinträchtigungen heranzuziehende Grundlage das Vorbeugeprinzip 46 . Als Prinzip der vorbeugenden Gefahrenabwehr verkörpert es die umweltrechtliche Ausprägung der allgemeinen ordnungsrechtlichen Aufgabe präventiver Gefahrenabwehr. Darüber hinaus verdeutlicht es die Funktion des Umweltrechts als bereichsspezifisches Ordnungsrecht. Im Gegensatz hierzu entnahmen einige Autoren dem in Rede stehenden Prinzip bereits das Vorsorgeprinzip 47 . Dieses wurde allerdings erst durch den Vertrag von Maastricht 1992 in den Vertragsrang erhoben und modifiziert insbesondere im Hinblick auf die Gefahrenschwelle die Voraussetzungen eines umweltspezifischen Tätigwerdens 48 . Das ebenfalls durch die EEA eingefügte Ursprungsprinzip besagt, daß Umweltbeeinträchtigungen an der Stelle bekämpft werden sollen, an der sie auftreten. Sie sind so früh wie möglich zu bekämpfen, um negative Auswirkungen auf die Umwelt so gering wie möglich zu halten und einer größeren Verbreitung entgegenzuwirken 49 . Dies führt zu einer partiellen Überlagerung mit dem insoweit gleichgerichteten Vorbeugeprinzip. Daß der EWGVertrag die Bekämpfung von Umweltbeeinträchtigungen nur „nach Möglichkeit" fordert, hat Bedeutung für eine Abwägung mit anderen gemeinschaftlichen Belangen. Die Formulierung impliziert, daß in einer solchen Abwägung der Stellenwert des Ursprungsprinzips von vornherein begrenzt ist 5 0 . Die inhaltliche Bestimmung des Verursacherprinzips 51 orientiert sich an zwei Teilprinzipien: Einmal wird hierdurch die Frage beantwortet, wer für Umweltbeeinträchtigungen, -gefahren und -risiken materiell verantwortlich ist (Verantwortlichkeitsprinzip). Hinzu tritt das aus einer ökonomischen Betrachtungsweise resultierende Kostenzurechnungsprinzip. Die aufgrund 46 Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 99; i.d.S. auch OssenbühU NVwZ 1986, 161 (163). 47 SoelU NuR 1990, 155 (157); Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 37 gehen von sachlicher Identität beider Prinzipien aus; außerdem Lietzmann, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 163 (168); Grabitz/ Zacker, NVwZ 1989, 297 (299); Molkenbur, DVB1. 1990, 677 (678). 48 Darauf weist Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, Art. 130r, Rn.30 zu Recht hin; siehe im Text später unter C. 49 Hierzu Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 9, Rn. 37; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 50 ff.; Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 101 ff.; BurgU NuR 1995, 11 ff.; Molkenbur, DVB1. 1990, 677 (678 f.); Breier/ Vygen, in: Lenz, EGV, Art. 130r, Rn. 11. 50 Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 44. 51 Hierzu Purps, Umweltpolitik und Verursacherprinzip im Europäischen Gemeinschaftsrecht, 1991; dersDÖV 1992, 205 ff.; Krämer, EUGRZ 1989, 353 ff.; Breier, NuR 1993, 457 (458).

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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einer Inanspruchnahme von Umweltgütern anfallenden Kosten zur Beseitigung von dabei auftretenden Belastungen soll derjenige tragen, der für ihre Entstehung verantwortlich ist. Anzumerken ist jedoch, daß einige Vertreter das Verursacherprinzip auf europäischer Ebene auf den Grundsatz bloßer Kostenzurechnung beschränkt wissen wollen 5 2 . Um zu einer effektiven Verwirklichung des Verursacherprinzips zu gelangen, greift hingegen ein Verständnis, das von einer reinen Kostenzurechnung ausgeht, zu kurz. Vielmehr erscheint hier eine Betrachtungsweise geboten, wonach jedes Wirtschaftsunternehmen, das Umweltbelastungen verursacht, nach Möglichkeit kompensierende Maßnahmen vorrangig selbst auszuführen hat. Dabei stellen Ver- und Gebote durchaus geeignete Instrumente für die Begründung materieller Verantwortlichkeit dar. Erinnert sei hier nur an die Rückführungspflicht gemeinschaftsrechtswidrig verbrachter Abfälle. Demzufolge ist mit einer im Vordringen befindlichen Ansicht das gemeinschaftsrechtliche Verursacherprinzip so zu verstehen, daß es neben dem Kostenzurechnungsprinzip auch das Verantwortlichkeitsprinzip beinhaltet 53 . Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang gleichwohl auf zwei generelle Aspekte, die einer effektiven Verwirklichung des Verursacherprinzips Grenzen zu ziehen vermögen: Typischerweise treten Umweltbelastungen nicht stets am Ort der Verursachung auf. Das aus der Volkswirtschaft entlehnte und die Kostenzurechnung unterstützende Modell der Internalisierung externer Kosten 54 läßt bisher eine geschlossene Kompatibilität mit dem Umweltrecht noch nicht erkennen. Gleichzeitig führen Feststellungs-, Zurechnungsund Quantifizierungsprobleme dazu, daß sich ein Wandel vom individuellen Verursacherprinzip zum Gemeinlastprinzip vollzieht. Dies bedeutet, daß die öffentliche Hand die hierbei entstehenden Defizite selbst ausgleichen muß 5 5 . Die bedeutendste Neuerung, die die EEA i m Bereich des Umweltschutzes in den EWG-Vertrag integrierte, war die Querschnittsaufgabe des Art. 130r Abs. 2 Satz 2 E W G V 5 6 . Danach sind die Erfordernisse des 52

Krämer, EuGRZ 1989, 353 ff.; Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 103; Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (174 f.); Heinz/Körte, JA 1991, 41 (42). 53 Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 56; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 48 f.; Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 9, Rn. 42; ders., NVwZ 1996, 833 (836). 54 Olsson/Piekenbrock, Gabler-Kompakt-Lexikon der Umwelt- und Wirtschaftspolitik, 1993, S. 163; zur Bedeutung des Umweltschutzes aus wirtschaftswissenschaftlicher Sicht ausf. Czada/T ο Oesdorf/Yenal, Wirtschaftspolitik, 1992, S. 169 ff. 55 Hoppe/Beckmann, Umweltrecht, § 1, Rn. 52; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 57 ff. 56 Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 9, Rn. 23 ff.; Epiney, NuR 1995, 497 ff.; Jahns-Böhm/Breier, EuZW 1992, 49 ff.; Breier, NuR 1992, 174 ff.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

Umweltschutzes Bestandteil der anderen Gemeinschaftspolitiken. Dieser an alle Gemeinschaftsorgane gerichtete Berücksichtigungsauftrag sieht vor, daß die geradezu beabsichtigte Kollision, die durch das Aufeinandertreffen des Umweltschutzes mit anderen Gemeinschaftspolitiken entsteht, durch eine Abwägung zu lösen ist. Anzustreben ist die Herstellung praktischer Konkordanz zwischen den widerstreitenden rechtlichen Interessen 57 . Wenngleich damit ein genereller Vorrang des Umweltschutzes vor anderen Zielen der Gemeinschaft nicht anzuerkennen ist 5 8 , darf die Gemeinschaft jedoch keine Maßnahmen treffen, die zwar den Zielen anderer Politiken dienen, dabei aber umweltbelastend wirken 5 9 . Die aufgeführten Handlungsgrundsätze des Art. 130r Abs. 2 EWGV sind allgemeine Rechtsprinzipien und bilden den Orientierungsrahmen für die Ausgestaltung gemeinschaftlicher Umweltpolitik 6 0 . Wird die Gemeinschaft unter Anwendung dieser Grundsätze im Bereich des Umweltschutzes tätig, so muß die inhaltliche Ausgestaltung der Maßnahmen zusätzlich den in Art. 130r Abs. 3 EWGV festgelegten Abwägungskriterien Rechnung tragen 61 .

I I . Kompetenzgrundlagen Seit der EEA war Art. 130s Abs. 1 EWGV die umweltrechtliche Kompetenzgrundlage der Europäischen Gemeinschaft 62 . Ein Rückgriff auf den bislang als Handlungsermächtigung herangezogenen Art. 235 EWGV schied nunmehr in Ermangelung einer EG-vertraglichen Kompetenzlücke aus. Allerdings war zu berücksichtigen, daß der ebenfalls durch die EEA einge57

Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 9, Rn. 27. Haneklaus, DVB1. 1990, 1135 (1137); Beyerlin, UPR 1989, 361 (362); Pernice, Die Verwaltung 22 (1989), 1 (50); Seidel, DVB1. 1989, 441 (446); Beyer, JuS 1990, 962 (966); a.A. Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (176). 59 Glaesner, EuR 21 (1986), 119 (140); Jahns-Böhm/Breier, EuZW 1992, 49 (55). 60 Breier/Vygen, in: Lenz, EGV, Art. 130r, Rn. 8; Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 31 ff.; Nettesheim, Jura 1994, 337 (340); Seidel, DVB1. 1989, 441 (445); Epiney, DVB1. 1993, 93 (96); a.A. Krämer, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 137 (146); Breier, NuR 1993, 457 (458). 61 Ausf. Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 65 ff.; Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, Art. 130r, Rn. 43 ff. 62 Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130s, Rn. 1 ff.; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 21; Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 55; Schröer, Kompetenzverteilung, 1992, S. 40; ders., EuR 26 (1991), 356 (358); Pernice, Die Verwaltung 22 (1989), 1 (3); Middeke, DVB1. 1993, 769 (776); Beyer, JuS 1990, 962 (964); Ruffert, Jura 1994, 635 (636); a. A. Pieper, in: Bleckmann, Europarecht, Rn. 2818; Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (161). 58

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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fügte Art. 100a EWGV in Abweichung von Art. 100 EWGV unter bestimmten Voraussetzungen Rechtsangleichungsmaßnahmen im Bereich des Umweltschutzes zur Verwirklichung des Binnenmarktes (Art. 8a EWGV i.d.F. der EEA) ermöglichte. Für die Frage der Anwendbarkeit des Art. 100a EWGV ist vorab festzustellen, daß unterschiedliche umweltrechtliche Vorschriften der Mitgliedstaaten innergemeinschaftliche Wettbewerbsverzerrungen entstehen lassen. Deren Beseitigung ist Ziel der Rechtsangleichungsvorschriften der Art. 100 ff. EWGV. Jedoch sind die gemeinschaftlichen Rechtsangleichungsaktivitäten insofern begrenzt, als der jeweilige Rechtsangleichungsanlaß im Rahmen des Art. 100a EWGV der Verwirklichung des Binnenmarktes (Art. 8a EWGV i.d.F. der EEA) dienen muß. Ob dies bei der in Rede stehenden Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen der Fall ist, wurde kontrovers diskutiert. Maßgebend hierbei war der Inhalt des Binnenmarktbegriffes des Art. 100a Abs. 1 EWGV, insbesondere seine Reichweite gegenüber dem ursprünglichen Begriff des Gemeinsamen Marktes in Art. 100 EWGV. Erforderlich machte sich eine Abgrenzung auch deshalb, weil Abstimmungsmodalitäten und Rechtsetzungsmöglichkeiten divergierten. Von diesen Aspekten ausgehend faßten einige Vertreter den Binnenmarktbegriff unter Zugrundelegung des Wortlauts des Art. 8a Abs. 2 EWGV i.d.F. der EEA als enger gegenüber dem Begriff des Gemeinsamen Marktes auf und beschränkten ihn auf die dort genannten Marktfreiheitsrechte 63 . Daraus folgte, daß die einer Zuordnung bedürftige Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen mangels dortiger Erwähnung nicht unter den Binnenmarktbegriff zu subsumieren war. Neben Stimmen, die von einer weitgehenden Identität beider Begriffe ausgehen64, faßt die überwiegende Meinung den Binnenmarktbegriff als weiter gegenüber dem Begriff des Gemeinsamen Marktes auf 6 5 . Da der Umfang des Begriffs somit nicht durch die Marktfreiheitsrechte beschränkt wird, unterfällt die Beseitigung von Wettbewerbsverzerrungen wegen ihrer 63

Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 60; dies., JZ 1992, 564 (567); Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (301); Zacker, RIW 1989, 489 (490); Streinz, Europarecht, Rn. 914; Pescatore , EuR 21 (1986), 153 (157); Palme, Nationale Umweltpolitik in der EG, 1992, S. 34 ff. (38). 64 Langeheine, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 100a, Rn. 23. 65 Pernice , NVwZ 1990, 201 (204 f.); Müller-Gräff, EuR 24 (1989), 107 (122 ff., 124); Schwer, EuR 26 (1991), 356 (357); Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 30; Ehlermann, CMLRev 24 (1987), 361 (369); Ruffert, Jura 1994, 635 (636); Heinz/Körte, JA 1991, 41 (43 f.); Montag, RIW 1987, 935 (940); Reich, EuZW 1991, 203 (207 f.); Middeke, DVB1. 1993, 769 (773); Pechstein, Jura 1996, 176 (178).

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

binnenmarktverwirklichenden Zielsetzung dem Binnenmarktbegriff. Diese Auffassung befürwortete der EuGH im Jahre 1991 66 . Demzufolge trat neben die umweltspezifische Kompetenzgrundlage des Art. 130s EWGV zusätzlich die der Rechtsangleichung des Umweltschutzes im Binnenmarkt dienende Kompetenznorm des Art. 100a Abs. 1 i . V . m . Abs. 3 EWGV. Ι Π . Abgrenzung zwischen Art. 100a und Art. 130s E W G V Die Abgrenzung der Anwendungsbereiche beider Umweltschutz ermöglichender Kompetenzgrundlagen avancierte mit Inkrafttreten der EEA zu einer der am meisten diskutierten Fragen des europäischen Umweltrechts. Dabei handelte es sich nicht nur um ein akademisches Problem. Die Beantwortung war von erheblicher praktischer Bedeutung. Diese erwuchs zum ersten aus Unterschieden beim Abstimmungsmodus im Rat. War zum Erlaß eines umweltschützenden Rechtsaktes nach Art. 100a Abs. 1 EWGV lediglich die - integrationsfreundliche - qualifizierte Mehrheit der Stimmen erforderlich, so verlangte Art. 130s EWGV einen einstimmigen Ratsbeschluß, der einer Blockadehaltung einzelner Mitgliedstaaten Vorschub zu leisten geeignet war. Darüber hinaus gestaltete sich die Parlamentsbeteiligung unterschiedlich. Für Rechtsakte, die auf Art. 100a EWGV zu stützen waren, galt das Verfahren der Zusammenarbeit des Art. 149 Abs. 2 E W G V 6 7 . Dagegen war das Parlament bei der Anwendung von Art. 130s EWGV auf eine bloße Anhörung beschränkt. Weiterhin bestanden divergierende Regelungen hinsichtlich der Zulässigkeit mitgliedstaatlicher umweltschützender Vorschriften trotz bestehenden Gemeinschaftsrechts. Schrieb Art. 100a Abs. 4 EWGV für derartige mitgliedstaatliche Normen ein von der Kommission zu leitendes Priifiingsverfahren vor, gestattete Art. 130r i . V . m . 130s EWGV strengere nationale Bestimmungen bereits dann, wenn diese mit dem EWG-Vertrag vereinbar waren. Die durch diese Unterschiede begründete Kontroverse manifestierte sich im wesentlichen in drei Problembereichen. Neben der grundsätzlichen Frage, in welchem Konkurrenzverhältnis Art. 100a und Art. 130s EWGV zueinander stehen, wurden überdies Kriterien zur Diskussion gestellt, mit Hilfe derer die konkrete Abgrenzung vorzunehmen ist. Hieraus ergab sich eine Zuordnung der umweltschützenden Rechtsakte, die sich an bestimmten Regelungsbereichen ausrichtete.

66 EuGH, Urt. v. 11.6.1991 - Rs. C - 300/89, Slg. 1991,1-2867 (2899, Tz.14) Titandioxid. 67 Dazu Glaesner, EuR 23 (1988), 121 ff.; Bieber, NJW 1989, 1395 ff.

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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1. Konkurrenzverhältnis von Art. 100a EWGV zu Art 130s EWGV Eine vereinzelt geäußerte Ansicht ging bei sowohl binnenmarkt - als auch umweltschutzrechtlichem Bezug einer gemeinschaftsrechtlichen Maßnahme davon aus, beide Rechtsgrundlagen nebeneinander anzuwenden 68 . Diese Auffassung hatte jedoch den Umstand gegen sich, nicht erklären zu können, welches der - wie gezeigt unterschiedlichen - Verfahren bei der Rechtsetzung durchzuführen ist 6 9 . Das Problem durch Anwendung der jeweils strengeren Verfahrensregelung zu lösen 70 , sah sich der berechtigten Kritik ausgesetzt, zwei für sich eigenständige Kompetenzgrundlagen zu vermischen. Entstehen würde dadurch eine weitere Kompetenznorm, die der EWG-Vertrag so nicht vorsieht 71 . Eine weitere Ansicht versteht Art. 100a EWGV als lex specialis zu Art. 130r ff. EWGV, soweit binnenmarktrelevante Regelungen getroffen werden 72 . Wegen der besonderen umweltpolitischen Funktion der Querschnittsaufgabe (Art. 130r Abs. 2 Satz 2 EWGV) müsse der Umweltschutz in allen Gemeinschaftspolitiken berücksichtigt werden. Art. 130s EWGV greife als Auffangnorm nur dann ein, wenn eine andere Gemeinschaftskompetenz fehle. Sein Anwendungsbereich wird demzufolge erheblich eingeschränkt. Dagegen wird von einer dritten Ansicht ein Vorrangverhältnis der Art. 130r ff. EWGV vor Art. 100a EWGV angenommen 73 . Zur Begründung wird angeführt, Art. 100a Abs. 3 EWGV ermögliche lediglich ein hohes Umweltschutzniveau. Die Querschnittsaufgabe des Art. 130r Abs. 2 Satz 2 EWGV gebiete hingegen einen optimalen Umweltschutz vor anderen Zielen der Gemeinschaft und statuiere mit dieser Forderung einen Vorrang umwelt68

Everling, EuR 26 (1991), 179 (181). Middeke, DVB1. 1993, 769 (771); Schwer, EuR 26 (1991), 356 (358 ff.); ders., EuZW 1992, 207 (209); Epiney, JZ 1992, 564 (569). 70 Everling, EuR 26 (1991), 179 (181); Lietzmann, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 163 (179 ff.). 71 Voß/Wenner, NVwZ 1994, 332 (334); Epiney, JZ 1992, 564 (569); Middeke, DVB1. 1993, 769 (771). 72 Pernice , Die Verwaltung 22 (1989), 1 (32); ders., NVwZ 1990, 201 (206); Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (186); ders., in: Behrens/Koch, Umweltschutz in der EG, 1991, S. 46 (54); Henke, EuGH und Umweltschutz, 1992, S. 90 ff.; Breier, EuZW 1993, 315 (317); Middeke, DVB1. 1993, 769 (771); Hailbronner, in: Calliess/Wegener, Europäisches Umweltrecht als Chance, 1992, S. 15 (25 f.); Heinz/ Körte, JA 1991, 41 (45); Nicolaysen, in: Thieme, Umweltschutz im Recht, 1988, S. 197 (206 f.); Haneklaus, DVB1. 1990, 1135 (1136); Jarass, EuZW 1991, 530 (531); Dannecker/Appel, ZVglRWiss 89 (1990), 127 (158). 73 Schwer, Kompetenzverteilung, 1992, S. 133 ff.; ders., EuR 26 (1991), 356 (363); Vandermeersch, ELRev 12 (1987), 407 (419). 69

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

politischer Ziele, der sich im Kompetenznormenkonflikt zugunsten der Art. 130r ff. EWGV ausdrücken müsse. Der EuGH, der trotz wiederholter Möglichkeit keine Stellungnahme zu der Kontroverse abgab, favorisiert eine Sichtweise, die sich am Gewicht des Binnenmarktbezugs der in Rede stehenden Rechtsakte orientiert. Aufgrund des Einzelfalls gelangte der EuGH im Titandioxid-Urteil zur Spezialität von Art. 100a E W G V 7 4 . Im Urteil zur Abfalländerungsrichtlinie erklärte er hingegen die Abstützung derselben auf Art. 130s EWGV für rechtmäßig 75 . Allerdings führte er verallgemeinernd zusätzlich aus, daß nicht jedweder Binnenmarktbezug die Anwendung von Art. 100a EWGV verlange. Vielmehr sei „der Rückgriff auf Art. 100a EWGV dann nicht gerechtfertigt, wenn der zu erlassende Rechtsakt nur nebenbei eine Harmonisierung der Marktbedingungen innerhalb der Gemeinschaft bewirke" 7 6 . Hierdurch erklärt der EuGH den Intensitätsgrad des Binnenmarktbezugs zum Maßstab der konkreten Abgrenzung. 2. Abgrenzungskriterien Um diesen Binnenmarktbezug eines Rechtsaktes zu konkretisieren, wurden im Schrifttum mehrere Abgrenzungskriterien entwickelt. Nach teilweise vertretener Auffassung war hierzu auf die Hauptzielsetzung des zuständigen Gemeinschaftsorgans bei Erlaß der Maßnahme zurückzugreifen 7 7 . Dieser Ansatz ist vom EuGH entschieden verworfen worden 78 . Tragendes Argument hierbei war, daß die Wahl der Rechtsgrundlage der Gefahr der Manipulation ausgesetzt wäre. Denn es hänge vom jeweiligen Standpunkt ab, was Haupt- und was Nebenziel sei 7 9 . Die überwiegende Meinung verlangt, gestützt auf die gefestigte EuGHRechtsprechung, objektive, gerichtlich nachprüfbare Kriterien 80 . Innerhalb 74

EuGH, Urt. v. 11.6.1991 - Rs. C-300/89, Slg. 1991, 1-2867 (2901, Tz.25) Titandioxid; ausf. zur Bedeutung dieser Rechtsprechung für die Kompetenzkonflikte in der EG Nettesheim, EuR 28 (1993), 243 ff. 75 EuGH, Urt. v. 17.3.1993 - Rs. C-155/91, Slg. 1993, 1-939 (969, Tz.21) - Abfalländerungsrichtlinie. 76 Ebenda, Tz.19; sowie EuGH, Urt. v. 4.10.1991 - Rs. C-70/88, Slg. 1991, I4529 (4566, Tz. 17) - Radioaktive Kontamination. 77 Montag, RIW 1987, 935 (941); Glaesner, EuR 21 (1986), 119 (131); ders., in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 1 (10). 78 EuGH, Urt. v. 11.6.1991- Rs. C-300/89, Slg. 1991, 1-2867 (2898, Tz.10) Titandioxid und Urt. v. 4.10.1991 - Rs. C-70/88, Slg. 1991, 1-4529 (4564, Tz.9) Radioaktive Kontamination. 79 Pernice , Die Verwaltung 22 (1989), 1 (31); Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, vor Art. 130r, Rn. 84; ders., in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 137 (157).

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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dieser Ansicht werden hierzu dann unterschiedliche Vorschläge unterbreitet. So wird teilweise auf die objektive Sachnähe des Rechtsaktes zum Binnenmarkt 8 1 , auf den Schwerpunkt der Maßnahme 82 oder auf deren Regelungswirkung 8 3 abgestellt. Für den EuGH bestehen diese Abgrenzungskriterien hauptsächlich in dem Ziel und dem Inhalt des jeweiligen Rechtsaktes 84 . Zumindest durch den Rückgriff auf das Ziel der Maßnahme setzt sich der EuGH in Widerspruch zu seinem als objektiv deklarierten Abgrenzungsmaßstab 85. Ob diese Rechtsprechung damit ein konturenscharfes Abgrenzungskriterium geschaffen hat, muß nachdrücklich bezweifelt werden. Ein Gewinn an Entscheidungsrationalität ist jedenfalls nicht zu verzeichnen. Sinnvoll und praktikabel erscheint allein die Abgrenzung nach der objektiven Sachnähe des Rechtsaktes, die dabei auch Elemente des Maßnahmeschwerpunktes enthält. Je nach dem Intensitätsgrad des Bezugs zum Binnenmarkt einerseits oder zum eigentlichen Umweltschutz andererseits ist unter Zugrundelegung des Inhalts des Rechtsaktes eine Zuordnung vorzunehmen. 3. Kompetenzielle Zuordnung nach Regelungsbereichen Trotz der angewandten unterschiedlichen Abgrenzungskriterien besteht zunächst weitgehend Einigkeit darüber, daß Produktnormen - d.h. Vorschriften, die die Zusammensetzung und die Gestaltung von Produkten betreffen - der Verwirklichung des Binnenmarktes dienen und daher Art. 100a EWGV zuzuordnen sind 8 6 . Ebenso unbestritten ist, daß genuin 80

EuGH, Urt. v. 17.3.1993 - Rs. C-155/91, Slg. 1993, 1-939 (966, Tz.7) - Abfalländerungsrichtlinie; Urt. v. 11.6.1991 - Rs. C-300/89, Slg. 1991, 1-2867 (2898, Tz. 10) - Titandioxid; Urt. v. 4.10.1991 - Rs. C-70/88, Slg. 1991, 1-4529 (4564, Tz. 9) - Radioaktive Kontamination; Pernice , Die Verwaltung 22 (1989), 1 (31); Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 71; Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, vor Art. 130r, Rn. 85 ff.; Lenz, in: Rengeling, Umweltschutz, 1993, S. 15 (21 ff.). 81 Krämer, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 137 (158 f.); Grabitz/Zacken NVwZ 1989, 297 (301); Molkenbur, DVB1. 1990, 677 (682); Middeke, DVB1. 1993, 769 (776). 82 Lietzmann, in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 163 (178); Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 72; Klein/Haratsch, DÖV 1994, 133 (136). 83 Schröer, EuR 26 (1991), 362 (366); vormals auch Epiney, JZ 1992, 564 (568). 84 Siehe EuGH-Rspr. in Fn. 80 sowie zusammenfassend dazu Breier, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 13, Rn. 45 ff. 85 Diese Einschätzung teilt auch Kahl, ThürVBl. 1994, 225 (229). 86 Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, vor Art. 130r, Rn. 85 ff.; ders., in: Rengeling, Europäisches Umweltrecht, 1988, S. 137 (159); Pernice, Die Verwaltung 22 (1989), 1 (5 ff.); Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (301);

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

umweltschützende Normen - d.h. Vorschriften, die speziell den Schutz von Umweltmedien bezwecken 87 - dem Anwendungsbereich des Art. 130s EWGV unterfallen 88 . Schwierigkeiten bereitet die Bestimmung der Rechtsgrundlage bei produktionsbezogenen Maßnahmen. Hierzu zählen Regelungen, die die Art und Weise der Herstellung von Produkten betreffen oder für den Betrieb bestimmter Anlagen Standards festlegen. Die vorgeschriebenen Produktionstechniken nehmen infolge ihrer Wettbewerbsrelevanz Einfluß auf den Binnenmarkt, sollen aber gleichzeitig sicherstellen, daß hierbei die EG-vertraglich zu schützenden Umweltmedien in möglichst geringem Maße in Anspruch genommen werden. Diese von Schmidt 8 9 so bezeichnete „Grauzone" wird mit Hilfe des bevorzugten Abgrenzungskriteriums kontrastiert. Ausgehend von der hier favorisierten objektiven Sachnähe des Rechtsaktes zum Binnenmarkt vollzieht sich die Zuordnung zu Art. 100a EWGV bzw. zu Art. 130s EWGV nicht nur in einer den Grundsatz der Rechtssicherheit verwirklichenden Weise. Zudem ist die Zuordnung von einem Abgrenzungskriterium bestimmt, das - wie vom EuGH mehrfach gefordert - gerichtlicher Nachprüfung zugänglich ist. Die EEA begründete im wesentlichen das europäische Umweltrecht und sorgte dafür, daß der Umweltschutz auf europäischer Ebene eine erhebliche Aufwertung erfuhr. Von besonderer Bedeutung dafür war die Verankerung der umweltpolitischen Querschnittsaufgabe in Art. 130r Abs. 2 Satz 2 EWGV. Die EEA schuf die Grundlage des Streits um die anzuwendende Kompetenzgrundlage im Umweltrecht. Er setzte sich in modifizierter Form auch nach der Änderung des EG-Vertrags durch den Vertrag von Maastricht fort. Daß in der Aufnahme umweltschützender Ziele und Kompetenzen bereits ein Wandel von der als solcher konzipierten Wirtschaftsgemeinschaft zu einer Umweltschutzgemeinschaft zu erkennen war, wie teilweise etwas euphorisch angenommen wurde 9 0 , ist zu Recht in Zweifel gezogen worden 91 . Heinz/Körte, JA 1991, 41 (45); Ruffe rt, Jura 1994, 635 (640); Langeheine, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 100a, Rn. 94; a.A. Schmidt, Einführung in das Umweltrecht, § 8, Rn. 25 mit Fn. 95. 87 So z.B. die FFH-Richtlinie, Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992, AB1.EG Nr. L 206, S. 7 und die Umweltinformationsrichtlinie, Richtlinie 90/313/ EWG des Rates vom 7.6.1990, AB1.EG Nr. L 158, S. 56. 88 Pernice , NVwZ 1990, 201 (208 f.); Scheuing, EuR 24 (1989), 152 (186). 89 Einführung in das Umweltrecht, § 8, Rn. 25. 90 Scheuing, in: Behrens/Koch, Umweltschutz in der Europäischen Gemeinschaft, 1991, S. 46 (50); ders. 9 EuR 24 (1989), 152 (176); Jahns-Böhm/Breier, EuZW 1992, 49 (50); Epiney, DVB1. 1993, 93 (100). 91 Pernice , Die Verwaltung 22 (1989), 1 (50); Beyer, JuS 1990, 962 (966 f.); Bey erlin, UPR 1989, 361; zum Umweltrecht nach der EEA insgesamt kritisch Battis , NuR 1989, 365 ff.

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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C. Vertrag von Maastricht I. Ziele, Aufgaben und Handlungsgrundsätze Mit dem am 7.2.1992 unterzeichneten und nach dem Maastricht-Urteil des Bundesverfassungsgerichts 92 erst am 1.11.1993 in Kraft getretenen Vertrag über die Europäische Union 93 wurde das europäische Umweltrecht weiter ausgebaut. Zu den gemeinschaftlichen Aufgaben nach Art. 2 E G V 9 4 gehörte nunmehr das Erreichen eines umweltverträglichen Wirtschaftswachstums. In den Katalog der Tätigkeitsfelder wurde in Art. 3 lit. k EGV eine Politik auf dem Gebiet der Umwelt aufgenommen. Die umweltpolitischen Gemeinschaftsziele (Art. 130r Abs. 1 EGV) sind geringfügig inhaltlich und sprachlich modifiziert worden. Bei der Ergänzung der Handlungsgrundsätze in Art. 130r Abs. 2 EGV ist insbesondere auf drei Problemkreise hinzuweisen. Das vormals nur in Art. 100a Abs. 3 EWGV verankerte „hohe Schutzniveau" in der Umweltpolitik wurde nunmehr klarstellend auch in Art. 130r Abs. 2 Satz 1 EGV integriert 95. Die Querschnittsaufgabe erfuhr in Art. 130r Abs. 2 Satz 3 EGV eine Konkretisierung dahingehend, daß ihre Beachtung nicht mehr nur von den EG-Organen bei der Verfolgung der verschiedenen Gemeinschaftspolitiken zu erfolgen hat. Darüber hinaus muß dieses Prinzip auch bei dem - im Regelfall den Mitgliedstaaten überantworteten - Vollzug des europäischen Gemeinschaftsrechts Berücksichtigung finden 96 . Hierin ist eine deutliche Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Querschnittsaufgabe zu erkennen. Von Bedeutung bei den Handlungsgrundsätzen ist außerdem, daß zusätzlich zum Vorbeuge-, Ursprungs- und Verursacherprinzip, die unverändert fortgelten, das Vorsorgeprinzip hinzugefügt wurde. Der vielfach vertretenen Ansicht, das durch die EEA aufgenommene Vorbeugeprinzip beinhalte bereits das Vorsorgeprinzip bzw. das nunmehr eingefügte Vorsorgeprinzip sei identisch mit dem Vorbeugeprinzip 97, ist dadurch der Boden entzogen 92

BVerfGE 89, 155; dazu Tomuschat, EuGRZ 1993, 489 ff.; Ipsen, EuR 29 (1994), 1 ff.; Streinz, EuZW 1994, 329 ff.; Lenz, t NJW 1993, 3038 ff. 93 BGBl. II 1992, S. 1251; hierzu etwa Jung, in: Weidenfeld/Wessels, Europäische Integration, 1997, S. 334. 94 Die neue Bezeichnung „EGV" statt „EWGV" enthält u.a. den Verzicht auf eine nur wirtschaftliche Ausrichtung der Gemeinschaftspolitik. 95 Ausführlich dazu Krämer, ZUR 1997, 303 ff.; Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 9, Rn. 55 ff. 96 Breier, NuR 1993, 457 (460); Beyer, JuS 1997, 294 (295); Epiney/Furrer, EuR 27 (1992), 369 (386 ff.). 97 So etwa Grabitz/Nettesheim, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 130r, Rn. 37; Grabitz/Zacker, NVwZ 1989, 297 (299); Molkenbur, DVB1. 1990, 677 (678); Heinz/ Körte, JA 1991, 41 (42); Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, S. 47.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

worden. Legt bereits der erweiterte Wortlaut des Art. 130r Abs. 2 Satz 2 EGV eine Verschiedenheit beider Begriffe nahe, so ergibt sich dies insbesondere aus dem Inhalt und dem Anwendungsbereich der Termini. Das Vorbeugeprinzip weist einen engen Bezug zur ordnungsrechtlichen Gefahr auf. Seine Anwendung setzt voraus, daß der Eintritt tatsächlicher umweltspezifischer Beeinträchtigungen wahrscheinlich, eine Gefahr somit abzuwehren ist. Zu verstehen ist das Vorbeugeprinzip daher als Prinzip vorbeugender Gefahrenabwehr. Hingegen verlangt das Vorsorgeprinzip diese qualifizierte Situation gerade nicht. Vorsorge beinhaltet vorausschauendes Handeln, das bereits dem Entstehen möglicher Umweltbeeinträchtigungen - also der beschriebenen qualifizierten Vorbeugesituation - entgegenwirkt 98 . Vorsorge ist dabei als Schaffung einer Sicherheitszone vor der Gefahrenschwelle zu begreifen. Hierdurch konkretisiert sich der Begriff zu einer gefahrenunabhängigen Risikovorsorge. Der so bezweckten Risikovorsorge müssen jedoch im Hinblick auf die rechtstaatlich gebotene Bestimmtheit von Vorschriften schärfere Konturen verliehen werden. Umweltschützende Maßnahmen können ihre Legitimation nicht bereits dann im Vorsorgeprinzip finden, wenn subjektive Einschätzungen oder bloße Gefahrenphantasien ein Einschreiten nahelegen. Vielmehr ist die Schaffung der Sicherheitszone erst dann erforderlich, wenn ein nachprüfbares Besorgnispotential besteht 99 . Festzuhalten ist, daß sich das Vorsorgeprinzip als gefahrenunabhängige Risikovorsorge vom gefahrenabhängigen Vorbeugeprinzip qualitativ unterscheidet. Dem Vorsorgeprinzip in Art. 130r Abs. 2 Satz 2 EGV kommt mithin eine eigenständige Bedeutung z u 1 0 0 .

98

Kloepfer, Umweltrecht, § 9, Rn. 28; Calliess, DVBl. 1998, 559 (563); Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (162 f.); Schmidt, DÖV 1994, 749 (752); Sendler, JuS 1983, 255 (256). 99 Roßnagel, NVwZ 1997, 122 (123); Kloepfer, Umweltrecht, § 9, Rn. 28 und Ossenbühl, NVwZ 1986, 161 (166) fordern (inhaltlich übereinstimmend) tatsächliche Anhaltspunkte, die einen realen Gefahrenverdacht begründen; unter Bezugnahme hierauf Beyer, JuS 1997, 294 (295); dagegen hält Rehbinder, in: FS Sendler, 1991, S. 269 (279) schon ein abstraktes Besorgnispotential oder eine qualitative Schadenseignung für ausreichend. 100 So bereits Krämer, in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, EWGV, Art. 130r, Rn. 30; ebenso Schröder, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 9, Rn. 34; Roßnagel, NVwZ 1997, 122 (123); Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 99 ff.; dies./Furrer, EuR 27 (1992), 369 (384 ff.); Beyer, JuS 1997, 294 (295); Kahl, ThürVBl. 1994, 225 (226 m. Fn. 26); grundsätzlich zustimmend, aber mit Praktikabilitätszweifeln Breier/Vygen, in: Lenz, EGV, Art. 130r, Rn. 10.

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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I I . Kompetenzgrundlagen Während Art. 130s Abs. 1 EGV weiterhin die umweltspezifische Kompetenzgrundlage darstellt, erfolgte hinsichtlich des Rechtsetzungsverfahrens eine Änderung. War das Europäische Parlament bisher auf eine Anhörung beschränkt, galt nunmehr das in Art. 189c EGV normierte Verfahren der Zusammenarbeit, das in der Regel eine Ratsabstimmung mit integrationsfreundlicher qualifizierter Mehrheit vorsieht. Davon abweichend legt Art. 130s Abs. 2 EGV allerdings Maßnahmen fest, über deren Erlaß der Rat einstimmig zu entscheiden hat. Überdies bleibt die Abgrenzung der Art. 100a und Art. 130s EGV weiterhin aktuell. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 130s Abs. 2 EGV, der den Erlaß umweltschützender Rechtsakte „unbeschadet des Art. 100a EGV" normiert 101 . Der zur Rechtslage der EEA geführten Diskussion und der ergangenen Rechtsprechung im Hinblick auf die Wahl der richtigen Kompetenzgrundlage wurden keine neuen Akzente hinzugefügt. Das vormals in Art. 130r Abs. 4 Satz 1 EWGV geregelte Subsidiaritätsprinzip im Umweltschutz wurde verallgemeinernd für alle Gemeinschaftspolitiken in Art. 3b Abs. 2 EGV niedergelegt. Der Vertrag von Maastricht gestaltete das europäische Umweltrecht weiter und insbesondere detaillierter aus. Durch die Aufnahme des Umweltschutzes in den Aufgaben- und Tätigkeitskatalog der Art. 2 und 3 EGV erfuhr die Europäische Gemeinschaft diesbezüglich eine Neuausrichtung zu einer Umweltschutzgemeinschaft 102.

D . Vertrag von Amsterdam I. Ziele, Aufgaben und Handlungsgrundsätze Der am 2.10.1997 unterzeichnete Vertrag von Amsterdam 103 verfolgt das Ziel, den Vertrag von Maastricht nachzubessern und behutsam fortzuentwikkeln 1 0 4 . Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 des Vertrages mußte er in allen 16 Mitgliedstaaten ratifiziert werden, um in Kraft zu treten. Angestrebt war dies 101

In diese Richtung aber Everling, NVwZ 1993, 209 (216); Wiegand, DVB1. 1993, 533 (535). 102 Calliess, KJ 1994, 284 (294); Wiegand, DVB1. 1993, 533 (543); nach teilweise vertretener Auffassung sollte eine Umwelt(schutz)gemeinschaft schon durch die EEA geschaffen worden sein, siehe Fn. 90. 103 AB1.EG 1997 Nr. C 340, S. 1; ausführlich Thun-Hohenstein, Der Vertrag von Amsterdam, 1997. 104 Hilf /Pache, NJW 1998, 705; Giering, in: Weidenfeld/Wessels, Europäische Integration, 1997, S. 326.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

für Anfang 1999 1 0 5 . Mittlerweile ist die Ratifizierung in allen Mitgliedstaa106 ten erfolgt und der Vertrag von Amsterdam damit in Kraft getreten Neben der augenfälligsten Neuerung, der in Art. 12 des Vertrages bestimmten Umnumerierung des EG-Vertrages und des EU-Vertrages, werden auch die Grundlagen des europäischen Umweltrechts teilweise geändert 107 . Hatte sich die Gemeinschaft bisher ein umweltverträgliches Wirtschaftswachstum zum Ziel gesetzt, so verpflichtet der Aufgabenkatalog des Art. 2 EGV nun dazu, auf ein „hohes Maß an Umweltschutz und Verbesserung der Umweltqualität" hinzuwirken. Das Tätigkeitsgebiet „Umweltpolitik" ist nunmehr in Art. 3 lit. 1 EGV aufgeführt. Besondere Beachtung gebührt der numerischen Vorverlagerung der umweltrechtlichen Querschnittsaufgabe in den Art. 6 EGV. Diese findet sich nicht mehr „versteckt" in den Umweltschutzvorschriften, sondern wandelt sich durch ihre exponierte Stellung im EG-Vertrag zu einem die Gemeinschaft prägenden Grundprinzip. Hierdurch wird ihre Bedeutung für die anderen Gemeinschaftspolitiken verdeutlicht 108 . Hinzu kommt, daß die Querschnittsaufgabe neuerdings die Verpflichtung enthält, bei den gemeinschaftlichen Tätigkeiten nach Art. 3 EGV eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Diese Zielsetzung des „sustainable development" gründet sich neben dem Bericht der Brundlandt-Kommission aus dem Jahre 1987 1 0 9 hauptsächlich auf die Erklärung der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung von Rio de Janeiro 1992. In der Rio-Deklaration und dem konkretisierenden Aktionsprogramm Agenda 21 wurde der Begriff der nachhaltigen Entwicklung zum Leitbild der internationalen Umweltpolitik erhoben 110 . Die in der Deklaration aufgestellten Grundsätze stellen den Menschen in den Mittelpunkt der Bemühungen um „sustainable development" und betonen dessen Recht auf ein gesundes und produktives Leben im Einklang mit der Natur (Grundsatz 1). Nach Grundsatz 3 muß das Recht auf Entwicklung so erfüllt werden, daß den Entwicklungs- und Umweltbedürfnissen heutiger und künftiger Generationen in gerechter Weise entsprochen wird. Grundsatz 4 verlangt, daß der Umweltschutz integraler Bestandteil des Entwicklungsprozesses sein und nicht von 105 Streinz, EuZW 1998, 137 (147); Hilf/Fache, NJW 1998, 705; die Bundesrepublik ratifizierte den Vertrag von Amsterdam als erster Mitgliedstaat, BGBl. II 1998, S. 386; s. auch SZ Nr. 73 v. 28./29.3.1998, S. 6. 106 Der Tagesspiegel vom 3.5.1999, S. 1. 107 Umfassend Schröder, NuR 1998, 1 ff.; Schräder, UPR 1999, 201 ff. 108 Hierzu Calliess, DVB1. 1998, 559 (564 ff.). 109 Our Common Future, Report of the World Commission on Environment and Development, 1987. 110 Dazu Schröder, AVR 34 (1996), 251 (261 ff.); Calliess, DVB1. 1998, 559 (560 ff.).

2. Kapitel: Kompetenzen der EG im Umweltrecht

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diesem getrennt betrachtet werden soll. Grundsatz 17 enthält eine Aufförderung an die Staaten, bei potentiell umweltgefährdenden Vorhaben nationale Umweltverträglichkeitsprüfungen durchzuführen. Zwar ist die Rio-Dekjaration als umweltpolitische Erklärung einzuordnen und kann daher keine völkerrechtliche Verbindlichkeit beanspruchen. Allerdings sind deren Grundsätze Grundlage und von breitem Konsens getragener Ausgangspunkt für künftige Völkerrechtsregelungen 111 . Somit stellt die Einfügung der Zielsetzung in Art. 6 EGV, den Umweltschutz auf eine nachhaltige Entwicklung auszurichten, die EG-rechtliche Kodifizierung eines umweltpolitischen Anliegens völkerrechtlicher Dimension dar. Inhaltlich verlangt der Begriff der nachhaltigen Entwicklung eine Verschränkung von Fortschritten im Umweltschutz und in der Entwicklungspolitik, die es auch künftigen Generationen ermöglicht, ihre Bedürfnisse zu befriedigen 112 . Ziel ist es, die Verbesserung der ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen mit der langfristigen Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen in Einklang zu bringen. Um das zu gewährleisten, werden von der Querschnittsaufgabe des Art. 6 EGV sowohl verfahrensrechtliche als auch materielle Anforderungen gestellt 1 1 3 . Verfahrensrechtlich müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei der Festsetzung und Durchführung der Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden. Umweltaspekte sind von den Einrichtungen der jeweiligen Generaldirektionen zu ermitteln, zu bewerten und in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Materiellrechtlich besteht die Pflicht, die in Art. 174 EGV festgelegten umweltrechtlichen Ziele und Handlungsgrundsätze bei der Verfolgung anderer Gemeinschaftspolitiken abwägend zu berücksichtigen. Der Umweltschutz erhält dabei keinen Vorrang 114 . Die Ziele und Handlungsgrundsätze im Umweltschutz in Art. 174 Abs. 1 u. 2 EGV (Art. 130r Abs. 1 u. 2 EGV a.F.) bleiben im übrigen unverändert. I I . Kompetenzgrundlagen Die um weitspezifische Kompetenzgrundlage stellt Art. 175 EGV (Art. 130s EGV a.F.) dar. Die Kompetenz zum Erlaß rechtsangleichender 111

Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (134). Calliess, DVB1. 1998, 559 (561); Kirchgässner, ZfU 1997, 1 ff.; Hohmann, NVwZ 1993, 311 (313 f.); Schröder, AVR 34 (1996), 251 ff.; Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (139); Ruffe* , Jb. UTR 21 (1993), 397 (400 f.); ders. y ZUR 1993, 208 (209 f.); einen Überblick zum variierenden Begriffsinhalt des „sustainable development" aufgrund der Übersetzung in die jeweiligen Sprachen der EG-Mitgliedstaaten geben Haigh/Kraemer, ZUR 1996, 239 ff. 113 Zu ihnen Schräder, UPR 1999, 201 (203 f.); Calliess, DVB1. 1998, 559 (565 ff.). 114 Schröder, NuR 1998, 1 (3); Schräder, UPR 1999, 201 (204). 112

4 Schladebach

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

umweltschützender Maßnahmen im Binnenmarkt enthält Art. 95 Abs. 1 i.V.m. 3 EGV (Art. 100a Abs. 1 i.V.m. 3 EGV a.F.). Hierbei hat die Kommission bei ihren Vorschlägen nicht nur ein hohes Schutzniveau, sondern zusätzlich alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen zu berücksichtigen. Nach Art. 95 Abs. 3 Satz 2 EGV fällt diese Aufgabe ebenfalls dem Europäischen Parlament und dem Rat zu. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, daß sowohl Art. 95 Abs. 1 EGV als auch Art. 175 Abs. 1 EGV das durch den Maastrichter Vertrag neu geschaffene und durch den Vertrag von Amsterdam modifizierte Verfahren der Mitentscheidung nach Art. 251 EGV (Art. 189b EGV a.F.) vorsehen. Erweitert werden durch dieses Verfahren vor allem die Rechte des Europäischen Parlaments 115. Zumindest insoweit dürfte von einem Ende der Diskussion um die Kompetenzabgrenzung auszugehen sein. Jedoch bestätigt auf der anderen Seite die nur in Art. 175 Abs. 1 EGV neu verankerte obligatorische Anhörung des Ausschusses der Regionen (Art. 265 EGV [Art. 198c EGV a.F.]) 1 1 6 , daß sich die vorgenannte Vermutung nur auf einen Teilaspekt bezieht. Die angeführten Neuerungen bewertend ist im Anschluß an Schröder zu konstatieren, daß der Vertrag von Amsterdam zu einer Konsolidierung und partiellen Stärkung des europäischen Umweltrechts beigetragen hat 1 1 7 . 3. Kapitel

Umweltrechtliche Rechtsakte der EG mit unmittelbarem Einfluß auf die Bauleitplanung Die umweltrechtlichen Rechtsakte der EG, die von Einfluß auf die Bauleitplanung der Bundesrepublik sind, ergeben sich aus §§ la Abs. 2 Nr. 3 u. 4, 29 Abs. 3 BauGB. Diese Vorschriften wurden im Zuge der Neufassung des BauGB zum 1.1.1998 durch das BauROG 1 1 8 in das BauGB einge115

Götz, JA 1997, 990 (992 f.); Schröder, NuR 1998, 1 (4); Borchmann, EuZW 1997, 513; s. bereits Wägenbaur, EuZW 1996, 587 ff. 116 Zu seiner Bedeutung Engel, in: Weidenfeld/Wessels, Europäische Integration, 1997, S. 72 ff. 117 Schröder, NuR 1998, 1; s. außerdem die auf den gesamten Vertrag bezogenen Einschätzungen von Borchmann, EuZW 1997, 513; Streinz, EuZW 1998, 137 (146 f.); Hilf/Pache, NJW 1998, 705 (712); Lecheler, JuS 1998, 392 ff.; Berg/Karpenstein, EWS 1998, 77 (82 f.) sowie zu den institutionellen Veränderungen Streinz, Jura 1998, 57 ff.; femer Koenig/Pechstein, EuR 33 (1998), 130 ff. 118 Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG) vom 18.8. 1997, BGBl. I S. 2081.

3. Kapitel: Rechtsakte mit unmittelbarem Einfluß auf die Bauleitplanung

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fügt. Hierdurch verwirklichte der Gesetzgeber das Anliegen, die wesentlichen bauplanungsrechtlich relevanten Aussagen der umweltrechtlichen Fachgesetze klarstellend und abwägungsleitend in das BauGB aufzunehmen. Das neue Städtebaurecht will damit zugleich einen verbesserten Beitrag zum Umweltschutz leisten 119 . Doch nicht alle der in den neugeschaffenen § la BauGB integrierten umweltrechtlichen Maßgaben haben ihren Ursprung im europäischen Umweltrecht. Europäischer Herkunft und damit Gegenstand der Untersuchung sind: (1) die Berücksichtigung der Ergebnisse einer Umweltverträglichkeitsprüfung (§ la Abs. 2 Nr. 3 BauGB) und (2) die Berücksichtigung der Europäischen Vogelschutzrichtlinie und der Europäischen Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (§§ la Abs. 2 Nr. 4, 29 Abs. 3 BauGB). Die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wird durch das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ( U V P G ) 1 2 0 geregelt, das die EG-Richtlinie vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bèstimmten öffentlichen und privaten Projekten 121 in nationales Recht umsetzt. Die Europäische Vogelschutzrichtlinie und die Richtlinie Fauna-Flora-Habitat sind durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes in nationales Recht umgesetzt worden 122 . Der bauplanungsrechtliche Gehalt dieser Richtlinien wurde zum 1.1.1998 bereits vorab in das BauGB eingefügt und damit teilumgesetzt. Bevor im zweiten Teil der Arbeit die konkreten Auswirkungen der baurechtsrelevanten Ausschnitte der EG-Richtlinien auf die nationale Bauleitplanung untersucht werden, seien diese Akte des gemeinschaftlichen Sekundärrechts hinsichtlich ihrer Grundlagen und wesentlichen Zielsetzungen aus europäischer Perspektive kurz skizziert.

119 Dazu Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, 1145 (1146 ff.); Stüer, DVB1. 1997, 1201 (1202 f.); Schliepkorte, BBauBl 1997, 610 (611 ff.); Wagner, UPR 1997, 387 ff.; Spannowsky/Krämer, UPR 1998, 44 (45 f.); Lüers, ThürVBl. 1999, 80. 120 Gesetz vom 12.2.1990, BGBl. I S. 205. 121 Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27.6.1985, AB1.EG Nr. L 175, S. 40, geändert durch Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3.3.1997, AB1.EG Nr. L 73, S. 5. 122 Zweites Gesetz zur Änderung des BNatSchG vom 30.4.1998, BGBl. I S. 823; dazu Niederstadt, NuR 1998, 515 ff.; Otto/Krakies, NJ 1998, 579 ff.; Müller-TerpitZj NVwZ 1999, 26 (27 ff.); Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 ff.; Louis, DÖV 1999, 374 ff.; Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 ff. 4*

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung A . UVP-Richtlinie I. Rechtsgrundlage

Die Richtlinie des Rates vom 27.6.1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-RL) wurde auf die Art. 100 und 235 EWGV gestützt. Die Heranziehung dieser Rechtsgrundlagen für den Erlaß umweltrechtlicher Maßnahmen war zu dieser Zeit, wie schon dargestellt, nicht unumstritten. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen in den Mitgliedstaaten war ein Rechtsangleichungsanlaß nach Art. 100 EWGV gegeben. Bei der Verfolgung der umweltschützenden Ziele dieser Richtlinie behalf sich der Rat ausweislich der Erwägungsgründe mit der Anwendung der Behelfskompetenz des Art. 235 EWGV. Die UVP-RL war nach Art. 12 Abs. 1 bis zum 3.7.1988 umzusetzen. Die Richtlinie des Rates vom 3.3.1997 zur Änderung der U V P - R L 1 2 3 fand angesichts der dargestellten Kompetenzentwicklung im Umweltrecht ihre Rechtsgrundlage in Art. 130s Abs. 1 EGV. Für die Umsetzung wurde in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 eine Frist bis zum 14.3.1999 bestimmt. I I . Zielsetzung Die gemeinschaftsrechtliche Umweltverträglichkeitsprüfung, deren Ursprung im amerikanischen Environmental Impact Statement (EIS) und dem National Environmental Policy Act (ΝΕΡΑ) von 1969 begründet l i e g t 1 2 4 , hat unter Bezugnahme auf die umweltpolitischen Aktionsprogramme der EG zum Ziel, den darin niedergelegten Vorsorgegedanken zu verwirklichen. So sollen Umweltbelastungen vermieden, statt bekämpft und Auswirkungen auf die Umwelt so früh wie möglich bei allen Planungs- und Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden. Die UVP-RL geht dabei von einem integrativen, medienübergreifenden Ansatz aus (Art. 3 UVP-RL). Sie schreibt den Mitgliedstaaten ein rechtlich geordnetes, mehrphasiges Verfahren vor, mit Hilfe dessen eine frühzeitige Ermittlung, Beschreibung und Bewertung aller unmittelbaren und mittelbaren Umweltauswirkungen eines Projektes auf bestimmte Umweltfaktoren und ihre Wechselwirkungen zum Zwecke der Entscheidungsvorbereitung durchzuführen i s t 1 2 5 . Allerdings beschränkt sich die Funktion der UVP-RL nicht auf ein bloßes Verfahren zur Informationsbeschaffung. Vielmehr sind die Ergebnisse der i m Verfah123

Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3.3.1997, AB1.EG Nr. L 73, S. 5; hierzu Becker, NVwZ 1997, 1167 ff.; Schink, NVwZ 1999, 11 (14 ff.). 124 Bunge, in: Kimminich/von Lersner/Storm, Handbuch des UmweltR, Bd. 2, 1994, Sp. 2478. 125 Weber/Hellmann, NJW 1990, 1625; Feldmann, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 34, Rn. 2 ff.; bilanzierend Schink, NuR 1998, 173 ff.

3. Kapitel: Rechtsakte mit unmittelbarem Einfluß auf die Bauleitplanung

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rensablauf vorgesehenen Anhörungen und die von den Verfahrensbeteiligten eingeholten Angaben nach Art. 8 UVP-RL beim Genehmigungsverfahren, d.h. bei der Zulassung eines konkreten Projekts, zu berücksichtigen.

I I I . Inhaltsübersicht Den in Art. 1 UVP-RL enthaltenen Ziel- und Begriffsbestimmungen folgt in Art. 4 UVP-RL die Unterscheidung zweier Sachverhalte: Art. 4 Abs. 1 UVP-RL legt fest, daß die Projekte des Anhangs I zwingend einer UVP zu unterziehen sind. Nach Art. 4 Abs. 2 UVP-RL steht die Durchführung einer UVP bei Projekten des Anhangs I I im Ermessen der Mitgliedstaaten, wobei diese dabei die Auswahlkriterien des Anhangs I I I zu berücksichtigen haben. Das eigentliche Prüfungsverfahren regeln Art. 5-10 UVP-RL. Gemäß Art. 5 UVP-RL - und insoweit abweichend vom Amtsermittlungsgrundsatz des nationalen Rechts (§ 24 VwVfG) - hat der Projektträger, gegebenenfalls unter Mitwirkung der Behörden, die erforderlichen Unterlagen vorzulegen. Die Behörden- und Öffentlichkeitsbeteiligung wird durch Art. 6, 9 und 10 UVP-RL normiert. Für Projekte, die erhebliche grenzüberschreitende Auswirkungen haben können, enthält Art. 7 UVP-RL die maßgebenden Vorschriften. Die zu gewärtigenden Auswirkungen auf die Umwelt sind nach Art. 3 UVP-RL zu bewerten. Diese Bewertung ist das Ergebnis der UVP. Sie ist nach Art. 8 UVP-RL bei der konkreten Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen. Insbesondere wegen ihrer detaillierten und medienübergreifenden Ausgestaltung ist die durch die UVP-RL eingeführte und seit 1997 in veränderter Form geltende UVP das bisher umfassendste europäische Instrument zur Verfolgung des Umweltschutzes 126 . Auf Gemeinschaftsebene wird darüber hinaus gegenwärtig eine breite Diskussion zu der Frage geführt, ob und gegebenenfalls wie das bisher auf einzelne Vorhaben gerichtete UVP-Konzept auf behördliche Pläne und Programme erweitert werden soll, die Grundlage für die Genehmigung bestimmter Projekte sind 1 2 7 . Damit soll insbesondere eine wirkliche Alternativenprüfung hinsichtlich Standort und Inhalt von Projekten erreicht werden. In der Bundesrepublik könnten davon beispielsweise Landesraumordnungs-, Regional- und Flächennutzungspläne erfaßt sein 1 2 8 . Der 126 Zu ihrer Bedeutung in Deutschland kritisch Schink, NVwZ 1999, 11 ff.; ders., NuR 1998, 173 ff. 127 Ausführlich Ziekow, UPR 1999, 287 ff.; Schink, NVwZ 1999, 11 (16); ders., ZfBR 1998, 284 (288); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. Π, 1998, § 88, Rn. 73 f. 128 Schink, NVwZ 1999, 11 (16); Ziekow, UPR 1999, 287 (289).

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

ursprüngliche Richtlinien Vorschlag vom 4.12.1996 129 ist nach zahlreichen Änderungswünschen europäischer Institutionen am 22.2.1999 130 geändert worden. An dem Vorhaben einer UVP für Pläne und Programme ist besonders von der Bundesrepublik Kritik geübt worden. So stünden die angestrebte Verfahrensbeschleunigung, die zu erwartende unterschiedliche Reichweite der Plan-UVP in den Mitgliedstaaten, Fragen der Gewaltenteilung und die mangelnde Konkretheit von Projekten auf hochstufigen Ebenen der Landesplanung der Einführung einer Plan-UVP entgegen 131 .

B. FFH-Richtlinie I. Rechtsgrundlage Die Richtlinie des Rates vom 21.5.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Fauna-FloraHabitat-Richtlinie, F F H - R L ) 1 3 2 ist auf Art. 130s EWGV gestützt worden. Obwohl die FFH-RL in der Hauptsache der Verbesserung des Umweltschutzes - speziell des Naturschutzes - zu dienen bestimmt ist, enthält sie auch Regelungen, die einen Bezug zur Förderung des Binnenmarktes aufweisen. So sind in Art. 12 ff. FFH-RL für bestimmte Tier- und Pflanzenarten Transport-, Handels- und Austauschverbote von aus der Natur entnommenen Exemplaren vorgesehen. Die Anwendung des Art. 100a EWGV wäre daher nicht gänzlich ausgeschlossen gewesen. Jedoch gebot das in diesen Fällen heranzuziehende Abgrenzungskriterium der objektiven Sachnähe des Rechtsaktes zum Umweltschutz einerseits oder zum Binnenmarkt andererseits eine klare Zuordnung der FFH-RL zu den Umweltschutzvorschriften der Art. 130r ff. E W G V 1 3 3 . Die FFH-RL war nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL bis zum 5.6.1994 in nationales Recht umzusetzen.

II. Zielsetzung In Anbetracht der steten Verschlechterung des Zustandes der natürlichen Lebensräume und der zunehmenden Bedrohung verschiedener Arten wild129

AB1.EG 1997 Nr. C 129, S. 14. AB1.EG Nr. C 83, S. 13. 131 Im Anschluß an BR-Drs. 277/97 Ziekow, UPR 1999, 287 (292); Schink, NVwZ 1999, 11 (16). 132 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992, AB1.EG Nr. L 206, S. 7, zuletzt geänd. durch Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27.10.1997, AB1.EG Nr. L 305, S. 42. 133 So im Erg. auch Wagner, NuR 1990, 396 f., der allerdings auf den Schwerpunkt der Regelung abstellt. 130

3. Kapitel: Rechtsakte mit unmittelbarem Einfluß auf die Bauleitplanung

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lebender Tiere und Pflanzen in den Mitgliedstaaten ist es Ziel der FFH-RL, einen Beitrag zur Erhaltung der biologischen Vielfalt zu leisten 1 3 4 . Um einen günstigen Erhaltungszustand zu bewahren bzw. wieder herzustellen, wird die Verpflichtung begründet, besondere Schutzgebiete so auszuweisen, daß ein kohärentes europäisches ökologisches Netz entsteht. Darüber hinaus sollen in das zu schaffene Biotopverbundsystem auch solche Schutzgebiete eingegliedert werden, die aufgrund der Europäischen Vogelschutzrichtlin i e 1 3 5 aus dem Jahre 1979 bereits ausgewiesen worden sind bzw. künftiger Ausweisung bedürfen. Der Schutz dieses Verbundsystems mit der Bezeichnung „Natura 2000" soll dadurch gewährleistet werden, daß die Mitgliedstaaten die für diese Gebiete erforderlichen Erhaltungsmaßnahmen festlegen. Außerdem ist dazu vorgesehen, daß schutzgebietsrelevante Maßnahmen einer an den Erhaltungszielen der Schutzgebiete ausgerichteten Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen sind.

I I I . Inhaltsübersicht Nach den üblicherweise vorangestellten Begriffs- und Zielbestimmungen in Art. 1 u. 2 FFH-RL wird von Art. 3 FFH-RL i.V.m. den Anhängen I u. I I der Richtlinienauftrag der Schaffung eines europäischen ökologischen Gebietsnetzes festgeschrieben. Das zu dessen Errichtung erforderliche Verfahren der Benennung von Schutzgebieten durch die Mitgliedstaaten regeln in detaillierter Weise die Art. 4 u. 5 FFH-RL i . V . m . den Anhängen. Den Schwerpunkt der FFH-RL bilden jedoch die Art. 6 u. 7 F F H - R L 1 3 6 . Sie begründen die wichtigsten Verpflichtungen der Mitgliedstaaten: Neben den festzulegenden Erhaltungsmaßnahmen (Art. 6 Abs. 1 FFH-RL) und den zur Vermeidung von Zustandsverschlechterungen zu treffenden geeigneten Maßnahmen (Art. 6 Abs. 2 FFH-RL) ist insbesondere auf die in Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL geregelte Verträglichkeitsprüfung hinzuweisen. Art. 7 FFH-RL erstreckt die Verpflichtungen des Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL auch auf Vogel134 Zur FFH-RL ausführlich Rödiger- Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998. 135 Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979, AB1.EG Nr. L 103, S. 1, zuletzt geänd. durch Richtlinie 97/49/EG der Kommission vom 29.7.1997, AB1.EG Nr. L 223, S. 9. 136 Siehe zum Ganzen Gellermann, NuR 1996, 548 ff.; Fisahn, ZUR 1996, 3 ff.; Iven, NuR 1996, 373 (376 ff.); Freytag/Iven, NuR 1995, 109 ff.; Fisahn/Cremer NuR 1997, 268 ff.; zur Entstehung der FFH-RL s. Wagner, NuR 1990, 396 ff.; ders., Die planbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Entwurf der EGRichtlinie ,fauna-Flora-Habitat", 1990, S. 12 ff.; Rödiger-Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 4 ff.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

Schutzgebiete. Der artenschutzrechtliche T e i l 1 3 7 findet sich in den Art. 1216 FFH-RL, Fragen der Information und der Forschung werden in Art. 17 u. 18 FFH-RL behandelt. Durch die umfangreichen Verpflichtungen zur Ausweisung von Schutzgebieten und zu deren Erhaltung trägt die FFH-RL nicht nur zum Ausbau und zur erheblichen Aufwertung des europäischen Natur- und Artenschutzes bei. Sie nimmt sich gleichzeitig der Umsetzung der Forderungen an, die durch das weltweit propagierte Ziel der nachhaltigen Entwicklung 1 3 8 gerade auch an das europäische Umweltrecht gestellt werden.

C. Vogelschutz-Richtlinie I. Rechtsgrundlage Die Richtlinie des Rates vom 2.4.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutz-RL) 139 ist auf der Grundlage des Art. 235 EWGV erlassen worden. Diese Vorgehensweise trug der Tatsache Rechnung, daß zu dieser Zeit eine Umweltschutzkompetenz im EWG-Vertrag nicht vorhanden war und somit die für diese Fälle vorgesehene Behelfskompetenz des Art. 235 EWGV bemüht werden mußte 1 4 0 . Gleichwohl weist auch die Vogelschutz-RL Elemente mit Relevanz für den Binnenmarkt und damit für eine Anwendung des Art. 100 EWGV auf. Art. 6 Abs. 1 Vogelschutz-RL sieht beispielsweise ein Verbot des Verkaufs lebender und toter Vögel sowie Teile derselben vor. Jedoch treten diese Vorschriften gegenüber dem eigentlichen Richtlinienziel in den Hintergrund. Sie komplettieren das umfassende Programm zur Erhaltung der wildlebenden Vogelarten. Nach Art. 18 Abs. 1 Vogelschutz-RL war die Vogelschutz-RL bis zum 6.4.1981 in nationales Recht umzusetzen. Die zur Änderung der Richtlinie 79/409/EWG vom 2.4.1979 erlassene Richtlinie 97/49/EG vom 29.7.1997 wurde ohne Angabe der Kompetenzgrundlage ganz allgemein auf den EGV gestützt.

137

Zu den diesbezüglichen Vorgaben der FFH-RL Fisahn, ZUR 1996, 3 (8 ff.); zur Rechtslage nach der Umsetzung in das BNatSchG Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1998, 509 ff. 138 Calliess, DVB1. 1998, 559 ff.; Kirchgässner, ZfU 1997, 1 ff.; Schröder, AVR 34 (1996), 251 ff.; Beyerlin, ZaöRV 54 (1994), 124 (139). 139 Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979, AB1.EG Nr. L 103, S. 1; zuletzt geänd. durch Richtlinie 97/49/EG der Kommission vom 29.7.1997, AB1.EG Nr. L 223, S. 9. 140 Deutlich ablehnend hierzu Kaiser, EuR 15 (1980), 97 (116 mit Fn. 69).

3. Kapitel: Rechtsakte mit unmittelbarem Einfluß auf die Bauleitplanung

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I I . Zielsetzung Unter Bezugnahme auf die Erklärung des Rates vom 22.11.1973 über ein erstes umweltpolitisches Aktionsprogramm 141 und infolge des festgestellten rückläufigen Bestandes der wildlebenden Vogelarten i m Gebiet der Mitgliedstaaten verfolgt die Vogelschutz-RL das Ziel, hierfür Lebensräume zu sichern, wiederherzustellen und zu schützen. Daneben ist auch eine Bewirtschaftung und Regulierung dieser Arten beabsichtigt. Dadurch sollen die wildlebenden Vogelarten erhalten werden 1 4 2 . I I I . Inhaltsübersicht Art. 1 Abs. 1 Satz 1 Vogelschutz-RL legt fest, daß ihr sämtliche wildlebenden Vogelarten unterfallen, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten heimisch sind. Während Art. 3 Vogelschutz-RL das aufzustellende Schutzprogramm zusammenfaßt, enthält Art. 4 Vogelschutz-RL i . V . m . Anhang I die zur Durchführung von Schutzmaßnahmen und zur Einrichtung von Vogelschutzgebieten maßgebenden Vorschriften. Normen über das Jagen, Fangen und Töten von wildlebenden Vögeln und mögliche Abweichungen finden sich in Art. 5-9 Vogelschutz-RL. Fragen der Forschung bestimmt Art. 10, sonstige Regelungen zur Durchführung treffen die Art. 11 ff. Vogelschutz-RL. Ungeachtet der durch Art. 7 FFH-RL festgelegten Anwendung der Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL auf die Vogelschutzgebiete nach Art. 4 Abs. 1 u. 2 Vogelschutz-RL seit dem 5.6.1994 bestehen beide Richtlinien und die jeweils ausgewiesenen Schutzgebiete unabhängig voneinander 1 4 3 . Zwar werden nach Art. 3 Abs. 1 Satz 3 FFH-RL die Vogelschutzgebiete in das Netz „Natura 2000" eingegliedert und unterliegen den besonderen Bestimmungen der Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL. Jedoch nur hinsichtlich dieser Integration der Gebiete und der daran anknüpfenden Rechtsfolgen des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL und der Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL wird die Vogelschutz-RL von der FFH-RL überlagert. Für die Auswahl der Vogelschutzgebiete und für die sonstigen nicht gebietsbezogenen Regelungen bleibt weiterhin die Vogelschutz-RL die Grundlage 144 . Diese wird im beschriebenen Umfang von der FFH-RL ergänzt, behält aber darüber hinaus einen von der FFH-RL getrennten Anwendungsbereich. 141

AB1.EG Nr. C 112 vom 20.12.1973, S. 40. Zum Ganzen Louis, UPR 1997, 301 ff.; Epiney, UPR 1997, 303 ff.; Fisahn/ Cremer, NuR 1997, 268 (270 ff.); Iven, NuR 1996, 373 ff. 143 Louis, UPR 1997, 301 (302); Epiney, UPR 1997, 303 (306). 144 EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-44/95, Slg. 1996, 1-3805 (3855, Tz. 40) Lappel Bank; dazu ausführlich im 2. Teil. 142

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung 4. Kapitel

Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht Die drei skizzierten umweltrechtlichen Rechtsakte der EG sind ausschließlich in der Form der Richtlinie ergangen. Deshalb soll anschließend ein Überblick zu den Funktionen von EG-Richtlinien und den generellen Anforderungen an deren Umsetzung durch die Mitgliedstaaten gegeben werden.

A. Funktionen von EG-Richtlinien Die Richtlinie ist in Art. 249 Abs. 3 EGV geregelt. Danach ist sie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet ist, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überläßt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel zur Erreichung dieses Ziels (sog. gestufte Verbindlichkeit 1 4 5 ). In letzterem unterscheidet sie sich von der EG-Verordnung nach Art. 249 Abs. 2 EGV, die in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt. Zur Rechtsetzung in Form von Verordnungen und Richtlinien sind nach Art. 249 Abs. 1 EGV der Rat und die Kommission ermächtigt. Durch den dortigen Vorbehalt „zur Erfüllung ihrer Aufgaben und nach Maßgabe dieses Vertrages" wird das für den EG-Vertrag grundlegende Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung 146 statuiert. Es gestattet die Verwendung der genannten Handlungsformen nur dann, wenn der EG durch den EG-Vertrag ausdrücklich Aufgaben zugewiesen worden sind und er zu deren Verfolgung eigene Kompetenzgrundlagen enthält. Ausgehend von diesen EG-vertraglichen Maßgaben erfolgt die Rechtsetzung durch EG-Richtlinien in einem zweistufigen Verfahren: In einem ersten Schritt erläßt das zuständige Rechtsetzungsorgan der EG die Richtlinie, die an die Mitgliedstaaten gerichtet ist und die anzugleichende Rechtsmaterie hinsichtlich ihres Zieles festlegt. Daran schließt sich in einem zweiten Schritt die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht durch die Organe der Mitgliedstaaten a n 1 4 7 . Da grundsätzlich nur die Mitgliedstaaten

145

Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, § 21, Rn. 27; Streinz, Europarecht, Rn. 384; Schweitzer, StaatsR III, Rn. 264. 146 Dazu Kraußer, Das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung im Gemeinschaftsrecht als Strukturprinzip im EWG-Vertrag, 1991; Jarass, AöR 121 (1996), 173 ff.; BVerfGE 89, 155 (192 ff. u. 209) - Maastricht; Bleckmann, in: ders., Europarecht, Rn. 380 ff.; Oppermann, Europarecht, Rn. 432 ff. 147 Bleckmann, in: ders., Europarecht, Rn. 416 f.; Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die EU, S. 195; Götz, NJW 1992, 1849 (1852); Lenz, DVB1. 1990, 903 (908).

4. Kapitel: Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht

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Adressaten der Richtlinien, d.h. von ihr berechtigt und verpflichtet, sind (erster Schritt), erlangen die Richtlinien erst durch den mitgliedstaatlichen Umsetzungsakt innerstaatliche Geltung (zweiter Schritt). Der Zeitpunkt, bis zu dem diese Umsetzung zu erfolgen hat, ergibt sich jeweils aus der konkreten Richtlinie. I. Instrument zur Rechtsangleichung Das Hauptziel der EG-Richtlinie ist die Rechtsangleichung in den Mitgliedstaaten, nicht wie bei der EG-Verordnung die Schaffung von Einheitsrecht 1 4 8 . Beabsichtigt durch sie ist die Modifikation, nicht die Verdrängung oder Beseitigung des innerstaatlichen Rechts 1 4 9 . Als gemeinschaftliches Tätigkeitsfeld ist die Rechtsangleichung in Art. 3 lit. h EGV bestimmt, wobei die hierzu erforderlichen Kompetenzgrundlagen in den Art. 94 ff. EGV enthalten sind. Diese sehen als gesetzgeberisches Instrument der Rechtsangleichung in der Hauptsache Richtlinien v o r 1 5 0 . Die Rechtsangleichung durch Richtlinien ermöglicht den Mitgliedstaaten eine flexible Anpassung der europarechtlichen Vorgaben an die besonderen Verhältnisse in den Mitgliedstaaten. Da nicht eine vollständige Identität zwischen Richtlinie und nationalem Recht, sondern eine funktionelle Äquivalenz 1 5 1 gefordert ist, kann das EG-Recht so in das nationale Recht eingepaßt werden, wie es der jeweiligen nationalen Rechtssystematik am besten entspricht 152 . Neben den beschriebenen Vorteilen der Richtlinie für die Mitgliedstaaten ist jedoch auf das Risiko hinzuweisen, das dem gemeinschaftlichen Ziel der Rechtsangleichung durch unzureichende oder nicht fristgerechte Umsetzung der Richtlinienvorgaben droht. I I . Auslegungsregel Die Richtlinie ist Auslegungsregel für das nationale Recht. Ist dieses einer Auslegung zugänglich, so ist dabei die Auslegung zu wählen, die dem Wortlaut und dem Zweck der Richtlinie am besten entspricht (sog. richtli148 Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, § 39, Rn. 12; Oppermann, Europarecht, Rn. 457; Streinz, Europarecht, Rn. 385; Grabitz, in: ders./Hilf, EUV, Art. 189, Rn. 51; Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die EU, S. 196; Winkel, ZG 1997, 113; Oehlert, JuS 1997, 317; Pieper, DVB1. 1990, 684 (685); a.A. Schweitzer, Staatsrecht III, Rn. 265. 149 Haneklaus, DVB1. 1993, 129 (130); Scherzberg, Jura 1992, 572 (575). 150 Hierzu und zu den sonstigen Rechtsangleichung ermöglichenden Artikeln des EGV Langeheine, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 100, Rn. 1 ff. (zur Rechtslage nach Maastricht). 151 Scherzberg, Jura 1992, 572 (575). 152 Winkel, ZG 1997, 113 (114); Pieper, DVB1. 1990, 684 (685).

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

nienkonforme Auslegung) 1 5 3 . Woraus diese weitere allerdings resultiert, ist nicht unumstritten.

Richtlinienfunktion

Eine Strömung in der Literatur sieht die richtlinienkonforme Auslegung als Gebot des nationalen Rechts, wobei an den nationalen Umsetzungsakt angeknüpft w i r d 1 5 4 . Es spreche eine Vermutung für den Willen des nationalen Gesetzgebers, mit Normen, die er zur Umsetzung einer Richtlinie erläßt, den Auftrag der Richtlinie zu erfüllen. Der so erlassene Umsetzungsakt ist anschließend nach den anerkannten Auslegungsmethoden zu interpretieren, neben die zusätzlich die richtlinienkonforme Auslegung t r i t t 1 5 5 . Die Verpflichtung zur richtlinienkonformen Auslegung entsteht demnach mit Inkrafttreten des Umsetzungsrechts, weil sich erst darin der Wille des nationalen Gesetzgebers zur Umsetzung manifestiert hat. Auf bei Richtlinienerlaß bereits bestehende Vorschriften ist sie hingegen nicht anzuwenden, da es am Umsetzungswillen des nationalen Gesetzgebers fehlt. Rechtsfolge dieser Herleitung des Gebots richtlinienkonformer Auslegung ist, daß ein diesbezüglicher Verstoß zu einer Verletzung nationalen, nicht aber europäischen Rechts führt 1 5 6 . Der EuGH geht jedoch davon aus, daß die Verpflichtung zu richtlinienkonformer Auslegung des nationalen Rechts durch das EG-Recht begründet werde. Unter Berufung auf Art. 5 EWGV führte er mehrfach aus, daß „die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung der Mitgliedstaaten, das in dieser vorgesehene Ziel zu erreichen, sowie die Pflicht der Mitgliedstaaten gemäß Art. 5 EWGV, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten (obliegen), und zwar im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten. Daraus folgt, daß das nationale Gericht bei der Anwendung des nationalen Rechts, insbesondere auch der Vorschriften eines speziell zur Durchführung einer Richtlinie erlassenen 153

Dazu Schwarze/Hatje, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 33, Rn. 12 ff.; Brechmann, Dierichtlinienkonforme Auslegung, 1994; Gellermann, Beeinflussung, 1994, S. 103 ff.; Ress y DÖV 1994, 489 ff.; Jarass, EuR 26 (1991), 211 ff.; ders., Grundfragen des EG-Rechts, 1994, S. 89 ff.; Nettesheim, AöR 119 (1994), 261 (267 ff.); Bleckmann, ZGR 1992, 364 ff.; Everling, ZGR 1992, 376 ff. 154 Langeheine, in: Grabitz/Hilf, EUV, Art. 100, Rn. 71; Meilicke, DB 1990, 1173 (1178); Everling, RabelsZ 50 (1986), 193 (224). 155 Zur Auslegung im EG-Recht Lutter, JZ 1992, 593 ff.; Meyer, Jura 1994, 455 ff.; Bleckmann, NJW 1982, 1177 ff.; ob dierichtlinienkonforme Auslegung Vorrang gegenüber anderen Auslegungsmethoden genießt, ist umstr.: dafür z.B. Schwarze/Hatje, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 33, Rn. 18; Spetzler, RIW 1991, 579 (580); Bach, JZ 1990, 1108 (1111); Lutter, JZ 1992, 593 (604); Jarass, DVB1. 1995, 954 (958); dagegen Di Fabio , NJW 1990, 947 (952); Haneklaus, DVB1. 1993, 129 (131); Dänzer-Vanotti, RIW 1991, 754; ders., DB 1994, 1052 ff. 156 Jarass, EuR 26 (1991), 211 (221); Gellermann, Beeinflussung, 1994, S. 110.

4. Kapitel: Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht

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Gesetzes, dieses nationale Recht im Lichte des Wortlautes und des Zwecks der Richtlinie auszulegen hat, um das in Art. 189 Abs. 3 EWGV genannte Ziel zu erreichen." 157 . Hierbei gilt die Verpflichtung zunächst ebenfalls für solche Gesetze, die eine Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben darstellen 158 . Da dies allerdings nur ein Anwendungsfall der richtlinienkonformen Auslegung s e i 1 5 9 und zudem Abgrenzungsschwierigkeiten bezüglich des genauen Umsetzungsumfangs vermieden werden sollen, ist das gesamte nationale Recht richtlinienkonform auszulegen. Diese Verpflichtung entsteht mit Ablauf der Umsetzungsfrist bzw. dem Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes160. An der Auffassung des EuGH ist mehrfach Kritik geübt worden. Hingewiesen wurde beispielsweise darauf, daß der vom EuGH herangezogene Art. 5 EWGV nur die allgemeine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Gemeinschaftstreue betrifft. Deswegen könne eine normtheoretische Bindung der nationalen Gerichte an nur mittelbar geltendes EG-Recht daraus nicht abgeleitet werden 1 6 1 . Überdies komme eine richtlinienkonforme Auslegung sinnvollerweise nur dann in Betracht, wenn die Richtlinie gerade die bestimmte nationale Norm modifiziert. Eine Erstreckung dieser Pflicht auf das gesamte nationale Recht ohne Eingrenzung auf das in Rede stehende auszulegende Recht erscheint überzogen 162 . 157

EuGH, Urt. v. 10.4.1984 - Rs. 14/83, Slg. 1984, 1-1891 (1909, Tz.26) - von Colson und Kamann; Urt. v. 10.4.1984 - Rs. 79/83, Slg. 1984, 1-1921 (1942, Tz.26) - Harz; Urt. v. 8.10.1987 - Rs. 80/86, Slg. 1987,1-3969 (3986 f., Tz.12, 14) - Kolpinghuis Nijmegen; Urt. v. 20.9.1988 - Rs. 31/87, Slg. 1988, 1-4635 (4662, Tz. 39) - Beentjes; Urt. v. 7.11.1989 - Rs. 125/88, Slg. 1989,1-3533 (3546, Tz. 6) Pflanzenschutzmittel; Urt. v. 13.11.1990 - Rs. C-106/89, Slg. 1990, 1-4135 (4159, Tz. 8) - Marleasing; Urt. v. 14.7.1994 - Rs. C-91/92, Slg. 1994, 1-3325 (3358, Tz. 29) - Faccini Dori/Recreb. 158 Spetzler, RIW 1991, 579 (580); Jarass, EuR 26 (1991), 211 (220); Zuleeg, ZGR 1980, 466 (478). 159 EuGH, Urt. v. 20.9.1988 - Rs. 31/87, Slg. 1988, 1-4635 (4662, Tz.39) - Beentjes; Urt. v. 8.10.1987 - Rs. 80/86, Slg. 1987, 1-3969 (3986, Tz.12) - Kolpinghuis Nijmegen. 160 So die überwiegende Literaturansicht Schwarze/Hatj e, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 33, Rn. 23; Brechmann, Die richtlinienkonforme Auslegung, 1994, S. 265; Haneklaus, DVB1. 1993, 129 (130 f.); Jarass, EuR 26 (1991), 211 (221); Winter, DVB1. 1991, 657 (658); Götz, NJW 1992, 1849 (1854); Langenfeld, DÖV 1992, 955 (964); Ress, DÖV 1994, 489 (492); Everling, ZGR 1992, 376 (383); a. A. Lenz, DVB1. 1990, 903 (908): bereits ab Erlaß der Richtlinie, Lenz beruft sich dafür auf das nicht verallgemeinerungsfähige Urteil des EuGH, Urt. v. 8.10.1987 - Rs. 80/86, Slg. 1987, 1-3969 (3987, Tz.15 f.) - Kolpinghuis Nijmegen; eine Berücksichtigungsoption vor diesem Zeitpunkt wird den nationalen Gerichten zugestanden von Roth, ZIP 1992, 1054 (1056); Lutter, JZ 1992, 593 (605). 161 Di Fabio , NJW 1990, 947 (953); Oehlert, JuS 1997, 317 (318). 162 In diesem Sinne Scherzberg, Jura 1993, 225 (232).

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

Festzuhalten ist abschließend, daß sich die Verpflichtung zu richtlinienkonformer Auslegung aus Art. 249 Abs. 3 EGV (Art. 189 Abs. 3 EGV a.F.) selbst ergibt und erst mit dem nationalen Umsetzungsakt bzw. dem Ablauf der Umsetzungsfrist beginnt. Sie bezieht sich nur auf das zur Umsetzung erlassene nationale Recht. Ι Π . Veränderungssperre für den nationalen Gesetzgeber Ist in Verwirklichung des Richtlinienauftrages das nationale Recht in den Mitgliedstaaten angeglichen worden, so bildet die Richtlinie für das angepaßte Recht eine Veränderungssperre 163. Dies bedeutet, daß eine Änderung des angeglichenen Rechts nur soweit möglich ist, wie sie von dem Inhalt und dem Zweck der Richtlinie gedeckt ist. Begründet wird dies mit der dauerhaften Durchsetzung des Richtlinienziels: Die beabsichtigte Rechtsangleichung soll nicht nur kurzfristig einen angeglichenen Rechtszustand in der EG herbeiführen, sondern dieser müsse auch in Zukunft Bestand haben 1 6 4 . In einer neueren Entscheidung hat der E u G H 1 6 5 zum Problemkreis der Sperrwirkung von Richtlinien vor Ablauf der Umsetzungsfrist Stellung genommen. Dabei ging es um die Frage, ob die Mitgliedstaaten in dieser Zeitspanne die von der Richtlinie erfaßten Bereiche weiterhin autonom regeln und auch ihr widersprechende Normen erlassen dürfen. Durch den EuGH ist dazu entschieden worden, daß nicht schon jede nach Erlaß der Richtlinie neu verabschiedete Vorschrift, die mit der Richtlinie kollidieren könnte, unzulässig ist. Ebenso wird klargestellt, daß keine Verpflichtung der Mitgliedstaaten existiert, umsetzungsrealisierende Maßnahmen schon vor Ablauf der Umsetzungsfrist zu treffen. Jedoch sei es den Mitgliedstaaten untersagt, während der Umsetzungsfrist Vorschriften zu erlassen, die geeignet sind, das in der Richtlinie vorgeschriebene Ziel ernstlich in Frage zu stellen 1 6 6 . 163

Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 362; Oppermann, Europarecht, Rn. 463; Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die EU, S. 197; Gellermann, Beeinflussung, 1994, S. 89 ff.; Grabitz, in: ders./Hilf, EUV, Art. 189, Rn. 57; Hilf, EuR 28 (1993), 1 (7); Pieper, DVB1. 1990, 684 (685); Zuleeg, ZGR 1980, 466 (481); Scherzberg, Jura 1992, 572 (578); s. bereits Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, § 39, Rn. 16; Constantinesco, JuS 1965, 289 (295); allerdings haben die Mitgliedstaaten schon während der Umsetzungsfrist den Erlaß von Vorschriften zu unterlassen, die das Richtlinienziel gefährden könnten, EuGH, Urt. v. 18.12.1997 - Rs. C-129/96, NVwZ 1998, 385 (387, Tz. 45). 164 Oehlert, JuS 1997, 317 (318); Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die EU, S. 197. 165 EuGH, Urt. v. 18.12.1997 - Rs. C-129/96, NVwZ 1998, 385 (387, Tz.45). 166 Zum EuGH-Urteil ausführlich Weiß, DVB1. 1998, 568 ff.; außerdem Rengeling, in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 28, Rn. 55.

4. Kapitel: Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht

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B. Umsetzung von EG-Richtlinien Die Mitgliedstaaten als Adressaten der Richtlinien haben diese innerhalb einer bestimmten, in der Richtlinie festgelegten Frist umzusetzen. Diese Verpflichtung folgt aus Art. 249 Abs. 3, Art. 10 Abs. 1 Satz 1 EGV (Art. 189 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EGV a.F.) 1 6 7 . Art. 249 Abs. 3 EGV überläßt den innerstaatlichen Stellen der Mitgliedstaaten die Wahl der Form und der Mittel zur Erreichung des durch die Richtlinie bestimmten Zieles. Dabei hängt es vom jeweiligen Gesetzesbestand in den Mitgliedstaaten ab, ob die Umsetzungsverpflichtung durch die Modifizierung eines bereits bestehenden oder durch die Neuschaffung eines nationalen Gesetzes erfüllt wird. Trotz des Umstandes, daß der Wortlaut des Art. 249 Abs. 3 EGV den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung eine umfassende Freiheit zuzubilligen scheint, existieren dafür bestimmte Grundsätze, die ihren Ursprung sowohl im Gemeinschaftsrecht als auch im nationalen Recht haben. Sie fuhren zu einer Einschränkung der mitgliedstaatlichen Umsetzungsfreiheit.

I. Umsetzungsgrundsätze des Gemeinschaftsrechts Nach der Rechtsprechung des EuGH haben die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung von Richtlinien „ . . . die Formen und Mittel zu wählen, die sich zur Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) der Richtlinien unter Berücksichtigung des mit ihnen verfolgten Zwecks am besten eignen" 1 6 8 . Dabei „ . . . verlangt die Umsetzung einer Richtlinie in innerstaatliches Recht nicht notwendigerweise, daß ihre Bestimmungen förmlich und wörtlich in einer ausdrücklichen besonderen Gesetzesvorschrift wiedergegeben werden; je nach dem Inhalt der Richtlinie kann ein allgemeiner rechtlicher Rahmen genügen, wenn er tatsächlich die vollständige Anwendung der Richtlinie in so klarer und bestimmter Weise gewährleistet, daß soweit die Richtlinie Ansprüche des einzelnen begründen soll - die Begünstigten in der Lage sind, von allen ihren Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen Gerichten geltend zu machen..." 1 6 9 . M i t diesen Aussagen entwickelte der EuGH den Grundsatz der praktischen Wirksamkeit (effet utile) und den damit eng verbundenen Grundsatz der Rechtsklarheit, die jeder mitgliedstaatlichen Umsetzungstätigkeit 167 Rengeling, DVB1. 1995, 945 (948); Pernice , EuR 29 (1994), 325 (328); Bleckmann, in: ders., Europarecht, Rn. 441; Wägenbaur, ZG 1988, 303 (305). 168 EuGH, Urt. v. 8.4.1976 - Rs. 48/75, Slg. 1976, 497 (517, Tz. 69/73) - Royer. 169 EuGH, Urt. v. 28.2.1991 - Rs. C-131/88, Slg. 1991, 1-825 (867, Tz.6) Grundwasserrichtlinie; Urt. v. 30.5.1991 - Rs. C-59/89, Slg. 1991, 1-2607 (2631, Tz. 18) - Blei.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

zugrunde zu legen sind 1 7 0 . Infolge der genannten Anforderungen an die Umsetzung sind die Mitgliedstaaten aufgerufen, verbindliches innerstaatliches Recht zu schaffen, da nur so Rechtsklarheit und Rechtssicherheit gewährleistet werden können. Folgerichtig lehnt es der EuGH in ständiger Rechtsprechung ab, eine bloße Verwaltungspraxis, die die Verwaltung naturgemäß beliebig ändern kann und die nur unzureichend bekannt ist, als ordnungsgemäße Umsetzung von Richtlinien ausreichen zu lassen 171 . Darüber hinaus beurteilte der EuGH die Umsetzung durch normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften ebenfalls als ungenügend 172 , was Anlaß zu zahlreichen Stellungnahmen in der Literatur gab 1 7 3 . Zur Begründung führte der EuGH an, daß Rechtsnatur und Bindungswirkung dieses Regelungstyps durch die bundesdeutsche Rechtsprechung und Rechtswissenschaft bisher nicht eindeutig geklärt seien, sodaß es an Bestimmtheit und Rechtsklarheit fehle. Entgegen ihres ursprünglichen Charakters enthalten Richtlinien in zunehmendem Maße sehr detaillierte Vorgaben, insbesondere bestimmte Grenzwerte im Umweltschutz. Der Grundsatz der praktischen Wirksamkeit reduziert in diesen Fällen die mitgliedstaatliche Umsetzungsfreiheit auf eine Pflicht zu detailgenauer Umsetzung 174 . Neben den angeführten Grundsätzen der praktischen Wirksamkeit und der Rechtsklarheit ist außerdem der Grundsatz der Unbedingtheit der Umsetzungspflichten innerhalb der vorgesehenen Frist zu berücksichtigen 1 7 5 . Der EuGH führt hierzu aus, daß sich ein Mitgliedstaat „nicht auf Bestimmungen, Übungen und Umstände des innerstaatlichen Rechts beru170 Dazu Rengeling, in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 28, Rn. 13 ff.; ders., DVB1. 1995, 945 (952); Pernice , EuR 29 (1994), 325 (328 ff.); Himmelmann, DÖV 1996, 145 (146); Everling, NVwZ 1993, 209 (212 ff.). 171 EuGH, Urt. v. 15.10.1986 - Rs. 168/85, Slg. 1986, 2945 (2961, Tz.13) Journalisten; Urt. v. 23.5.1985 - Rs. 29/84, Slg. 1985, 1661 (1671, Tz.17) - Krankenpfleger; Urt. v. 6.5.1980 - Rs. 102/79, Slg. 1980, 1473 (1486, Tz.ll) - Kraftfahrzeuge. 172 EuGH, Urt. v. 30.5.1991 - Rs. C-361/88, Slg. 1991, 1-2567 ff. - Schwefeldioxid. 173 Steinberg, AöR 120 (1995), 549 (565 ff.); von Danwitz, VerwArch. 84 (1993), 73 ff.; Himmelmann, DÖV 1996, 145 (149 ff.); Bönker, DVB1. 1992, 804 ff.; Lan• genfeld/Schlemmer-Schulte, EuZW 1991, 622 ff.; Everling, NVwZ 1993, 209 (213 f.); Stelling, NVwZ 1992, 134 (135 ff.); Weber, UPR 1992, 5 ff.; Reinhardt, DÖV 1992, 102 (105 ff.); Vedder, EWS 1991, 293 ff.; femer Di Fabio , DVB1. 1992, 1338 ff. 174 Emmert, Europarecht, § 12, Rn. 17 f.; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 363; Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, 1972, § 21, Rn. 29; Streinz, Europarecht, Rn. 387. 175 Grabitz, in: ders./Hilf, EUV, Art. 189, Rn. 57; Pernice , EuR 29 (1994), 325 (329 f.); Rengeling, DVB1. 1995, 945 (948).

4. Kapitel: Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht

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fen ... (kann), um damit die Nichtbeachtung von Verpflichtungen und Fristen zu rechtfertigen, die in den Richtlinien der Gemeinschaft festgelegt sind" 1 7 6 . Zu diesen geltend gemachten umsetzungsverhindernden, vom EuGH aber zurückgewiesenen Umständen zählen beispielsweise die Kürze der Umsetzungsfrist, die verspätete Umsetzung in anderen Mitgliedstaaten, das Bestehen einer Regierungskrise, das vorzeitige Ende einer Legislaturperiode oder der Beschluß, die Umsetzung mit einer Überarbeitung des gesamten Rechtsgebietes zu verbinden 177 .

II. Umsetzungsgrundsätze des nationalen Rechts Für die Transformation des Gemeinschaftsrechts ist die nationale Rechtsordnung maßgebend, deren Grundsätze zusätzlich das Umsetzungsverfahren steuern. Es sollen daher überblicksartig die Problemkreise beleuchtet werden, die bei der Umsetzung von Richtlinien insbesondere hinsichtlich der Gesetzgebungskompetenz bestehen 178 . Zu unterscheiden sind dabei die Verbandskompetenz, die die Frage nach der Bundes- oder Länderzuständigkeit beantwortet, und die Organkompetenz, von der es abhängt, ob ein Organ der Legislative oder der Exekutive zur Rechtsetzung befugt ist. 1. Verbandskompetenz Frühere Überlegungen, zur Begründung der Verbandskompetenz des Bundes auf Aussagen des Gemeinschaftsrechts zu rekurrieren, erwiesen sich zur Problemlösung als ungeeignet: Weder der nach Art. 249 Abs. 3 EGV (Art. 189 Abs. 3 EGV a.F.) den „innerstaatlichen Stellen" überlassenen Form- und Mittelfreiheit bei der Umsetzung 179 , noch einer aus Art. 10 Abs. 1 Satz 1 EGV (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EGV a.F.) i.V.m. Art. 24 Abs. 1 GG a.F. hergeleiteten mitgliedstaatlichen Pflicht zur effizienten Umsetzung des Gemeinschaftsrechts, zu deren Erfüllung es einer Regelzuständigkeit des Bundes bedürfe 180 , ließen sich überzeugende Argumente für die Umset176 EuGH, Urt. v. 26.2.1976 - Rs. 52/75, Slg. 1976, 277 (285, Tz. 14) Gemüsesaatgut; st. Rspr., weitere Nachw. bei Grabitz, ebd., Rn. 57. 177 S. hierzu nur Wägenbaur, ZG 1988, 303 (309); Pernice , EuR 29 (1994), 325 (329 f.). 178 Zur Verwaltungskompetenz s. Ehlers, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 38 ff.; ders., DVB1. 1991, 605 (610 ff.); Kössinger, Die Durchführung des EG-Rechts im Bundesstaat, 1989, S. 52 ff.; True, EuR 31 (1996), 179 (196 f.); Streinz, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR VII, § 182, Rn. 58 ff.; Rengeling, in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 29, Rn. 11. 179 Hierzu Trüe, EuR 31 (1996), 179 (185 f.); erwägend auch Zuleeg, ZGR 1980, 466 (484). 180 Siehe dazu Kössinger, Die Durchführung des EG-Rechts im Bundesstaat, 1989, S. 39 (44 f.); Grabitz, AöR 111 (1986), 1 (9 f.); Scheuing, EuR 20 (1985), 5 Schladebach

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

zungsverpflichtung genau einer mitgliedstaatlichen Ebene entnehmen. Vielmehr gelte diesbezüglich das dem Gemeinschaftsrecht immanente Prinzip der institutionellen und verfahrensmäßigen Autonomie der Mitgliedstaat e n 1 8 1 mit der Folge, daß die innerstaatliche Verbandskompetenz nicht gemeinschaftsrechtlich determiniert w i r d 1 8 2 . Maßgebend für die Verbandskompetenz ist allein die Kompetenzverteilung nach den Art. 30, 70 ff. G G 1 8 3 , die von einer Regelzuständigkeit der Länder ausgeht und dem Bund die Gesetzgebungszuständigkeit nur in den Fällen einräumt, die ihm durch die Art. 70 ff. GG ausdrücklich zugewiesen sind. Allerdings ist nicht zu übersehen, daß in Umkehrung dieser Regel der Großteil der umsetzungsbedürftigen Regelungsbereiche in die Zuständigkeit des Bundes f ä l l t 1 8 4 . Dessen ungeachtet betreffen die Art. 30, 70 ff. GG die Kompetenzverteilung bei originärer deutscher Gesetzgebung, weshalb eine unmittelbare Anwendung dieser Vorschriften auf die gemeinschaftsrechtliche Umsetzungspflicht ausscheidet. Jedoch wendet die herrschende Meinung die Art. 30, 70 ff. GG hierbei entsprechend a n 1 8 5 . 2. Organkompetenz An die Verbandskompetenz schließt sich die Frage an, durch welche Form innerstaatlichen Rechts die EG-Richtlinien umzusetzen sind, ob mithin die Legislative durch formelles Gesetz oder - auf der Grundlage einer formellgesetzlichen Ermächtigung - die Exekutive durch Rechtsverordnung zur Recht(um)setzung berufen ist. Zentrale Bedeutung kommt

229 (239 f.); Streinz, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR VII, § 182, Rn. 53; Trüe, EuR 31 (1996), 179 (186); Wägenbaur, ZG 1988, 303 (314); Ehlers, DVB1. 1991, 605 (610). 181 Pernice , DVB1. 1993, 909 (914 f.). 182 Starck, in: FS Lerche, 1993, S. 561 (571); Streinz, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR Vn, § 182, Rn. 53; Grabitz, AöR 111 (1986), 1 (10 ff.); Kössinger, Die Durchführung des EG-Rechts im Bundesstaat, 1989, S. 46. 183 Bleckmann, in: ders., Europarecht, Rn. 1201; Winkel, ZG 1997, 113 (116); Ehlers, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 36; Starck, in: FS Lerche, 1993, S. 561 (571); Streinz, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR VII, § 182, Rn. 53; Breuer, WiVerw 1990, 79 (111); Zuleeg, ZGR 1980, 466 (484). 184 Winkel, ZG 1997, 113 (116) spricht von ca. 90-95% aller Richtlinien; außerdem Scheuing,, EuR 20 (1985), 229 (240). 185 Fischer, Europarecht, S. 143; Kössinger, Die Durchführung des EG-Rechts im Bundesstaat, 1989, S. 46; Ehlers, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 36; ders., DVB1. 1991, 605 (610); True, EuR 31 (1996), 179 (190); Rengeling, DVB1. 1995, 945 (950) und in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 28, Rn. 42; Pernice , DVB1. 1993, 909 (915); Breuer, WiVerw 1990, 79 (111).

4. Kapitel: Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht

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dabei der aus dem rechtsstaatlich und demokratisch begründeten 186 Vorbehalt des Gesetzes 187 abgeleiteten Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 188 zu. Danach ist der Gesetzgeber verpflichtet, in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Regelungen selbst zu treffen 1 8 9 . Gefordert ist dabei ein Parlamentsgesetz. Die Wesentlichkeitsrechtsprechung verdichtet somit den allgemeinen Gesetzesvorbehalt zum Parlamentsvorbehalt und statuiert ein Verbot, die wesentlichen Entscheidungen im Wege des Art. 80 Abs. 1 Satz 1 GG auf die durch Rechtsverordnung handelnde Exekutive zu delegieren 190 . Jedoch bestimmt sie nicht nur, ob ein Sachgebiet überhaupt durch Parlamentsgesetz zu regeln ist, sondern auch, wie detailliert die dabei getroffenen Vorschriften sein müssen 191 . Die Wesentlichkeitsrechtsprechung besitzt daher neben der gegenständlichen auch eine - hinsichtlich der Regelungsdichte - qualitative Dimension 1 9 2 . War lange Zeit nicht hinreichend geklärt, wie der Begriff der Wesentlichkeit zu konkretisieren s e i 1 9 3 , so läßt das heutige Verständnis mehrere Aspekte deutlich erkennen: Zum ersten sind die Regelungen wesentlich, die der Verwirklichung der Grundrechte dienen, insbesondere deren Schranken bestimmen 194 . Zum zweiten wird als wesentlich die Bedeutung von Vorschriften für die Allgemeinheit und das öffentliche Interesse angesehen. Entscheidungen, die weitreichende Auswirkungen für die Bürger haben und auf die allgemeinen Lebensverhältnisse mit besonderer Intensität ausstrah-

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Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR III, § 62, Rn. 32 f.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 4 ff.; Pietzcker, JuS 1979, 710 (713). 187 Ausführlich Kloepfer, JZ 1984, 685 ff.; Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR III, § 62, Rn. 7 ff.; Wehr, JuS 1997, 419 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 6, Rn. 3 ff.; speziell zu seiner Geltung bei der Umsetzung von EGRecht Rengeling, in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 28, Rn. 44; Ehlers, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 36; ders., DVB1. 1991, 605 (610); Breuer, WiVerw 1990, 79 (99); Streinz, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR VII, § 182, Rn. 54. 188 Dazu Degenhart, StaatsR I, Rn. 293 ff.; Erbgut}i, VerwArch. 86 (1995), 327 (339 ff.); von Arnim, DVB1. 1987, 1241 ff.; Kisker, NJW 1977, 1313 (1317 ff.). 189 BVerfGE 88, 103 (116); 83, 130 (142); 80, 124 (132); 49, 89 (126); 47, 46 (78 ff.); 45, 400 (417 f.). 190 Kloepfer JZ 1984, 685 (695); Ossenbühl, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR III, § 62, Rn. 42. 191 BVerfGE 83, 130 (152); 57, 295 (327); 49, 89 (127); 34, 165 (192). 192 S. auch Kloepfer, JZ 1984, 685 (691 f.), der der „Wesentlichkeit" Tatbestands- und Rechtsfolgenfunktion beimißt. 193 BVerfGE 45, 400 (417 f.); Umbach, in: FS Faller, 1984, S. 111 (122 ff.); Kisker, NJW 1977, 1313 (1317 ff.). 194 BVerfGE 83, 130 (142); 80, 137 (161); 80, 124 (132); 49, 89 (126); 47, 46 (79); 34, 165 (192 f.); 33, 125 (158); Erbguth, VerwArch. 86 (1995), 327 (341); Wehr, JuS 1997, 419 (422). 5»

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

len, sind dem Parlament zuzuweisen 195 . Des weiteren wird die Wesentlichkeit einer Frage dadurch bestimmt, ob sie politisch kontrovers diskutiert wird und gerade deswegen der Lösung durch das Parlament bedarf 1 9 6 . Als Ergebnis läßt sich demnach für den nationalen Kontext festhalten, daß EG-Richtlinien immer dann durch Parlamentsgesetz umzusetzen sind, wenn ihr Regelungsgehalt zumindest eines der drei genannten, die Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts konkretisierenden Kriterien betrifft. In den Regelungsbereichen, für die nach den genannten Aspekten kein Parlamentsvorbehalt besteht, kann das Parlament durch Gesetz nach Art. 80 Abs. 1 GG der Exekutive Rechtsetzungsbefugnis übertragen. Die an ein solches Gesetz durch Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gestellten Anforderungen sind großzügig zu handhaben 197 , da das Parlament durch das Gemeinschaftsrecht ohnehin weitgehend festgelegt ist und die aus dem Gewaltenteilungsprinzip sonst resultierenden Bedenken hierbei nicht bestehen. Ungeachtet dessen wird die Umsetzungspraxis mittels Rechtsverordnungen als zu langwierig kritisiert und zu ihrer Beschleunigung und Vereinfachung eine Änderung des Art. 80 Abs. 1 GG befürwortet 198 . Infolge der bereits dargestellten restriktiven Rechtsprechung des EuGH stellen Verwaltungsvorschriften in der Bundesrepublik Deutschland keine ordnungsgemäße Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben dar 1 9 9 .

ΠΙ. Rechtsfolgen fehlerhafter Umsetzung Werden Richtlinien nicht fristgerecht oder inhaltlich unzureichend durch die Organe der Mitgliedstaaten umgesetzt, so kann dieses Verhalten weitrei195 BVerfGE 49, 89 (127); außerdem Wehr, JuS 1997, 419 (422); Erbguth, VerwArch. 86 (1995), 327 (342). 196 Kisker, NJW 1977, 1313 (1318); wegen der Manipulierbarkeit wird die Geeignetheit dieses Kriteriums bezweifelt und allenfalls auf eine Indizfunktion beschränkt von Eberle , DÖV 1984, 485 (487); abl. auch Kloepfer, JZ 1984, 685 (692); Umbach, in: FS Faller, 1984, S. 111 (126 f.). 197 Ehlers, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 3, Rn. 36; Streinz, in: Isensee/Kirchhof, Hdb.d.StR VII, § 182, Rn. 54; Scheuing, EuR 20 (1985), 229 (234 f.). 198 Bleckmann, in: ders., Europarecht, Rn. 1202; Winkel, ZG 1997, 113 (116). 199 Das gilt insbesondere auch für normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, eine Rechtsfigur, die das BVerwG jüngst wieder aufgegriffen hat: BVerwG, Urt. v. 28.10.1998, NJ 1999, 437 m. Anm. Brandner, zusammenfassend zur EuGH-Rspr. Steinberg, AöR 120 (1995), 549 (565 ff.); von Danwitz, VerwArch. 84 (1993), 73 ff.; abl. zur EuGH-Rspr. etwa Gellermann, Beeinflussung, 1994, S. 85; Reinhardt, DÖV 1992, 102 (105 ff.); Breuer, WiVerw 1990, 79 (100 ff.); Salzwedel, UPR 1989, 41 (44); Beyerlin, EuR 22 (1987), 126 (146 f.).

4. Kapitel: Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht

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chende Rechtsfolgen auslösen: Neben einem einzuleitenden Vertragsverletzungsverfahren gegen den seine Umsetzungspflicht verletzenden Mitgliedstaat können Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbare Wirkung entfalten oder Staatshaftungsansprüche einzelner Privatpersonen begründen. 1. Vertragsverletzungsverfahren Durch die Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens wird es dem EuGH ermöglicht zu prüfen, ob ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus dem EG-Vertrag verstoßen hat. Im Falle nicht fristgerechter oder inhaltlich unzureichender Umsetzung von Richtlinien liegt eine Verletzung der primärrechtlichen Umsetzungsverpflichtung aus Art. 249 Abs. 3, Art. 10 Abs. 1 Satz 1 EGV (Art. 189 Abs. 3, Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EGV a.F.) vor. Zur Klageerhebung sind die Kommission nach Art. 226 EGV (Art. 169 EGV a.F.) oder ein Mitgliedstaat nach Art. 227 EGV (Art. 170 EGV a.F.) berechtigt. Stellt der EuGH eine Vertragsverletzung fest, so hat der Mitgliedstaat die durch das Urteil festgelegten Beseitigungsmaßnahmen auszuführen 2 0 0 . 2. Unmittelbare Wirkung von Richtlinien Um die Durchsetzung der Richtlinienziele zu effektuieren, ist Richtlinien unter bestimmten Voraussetzungen eine unmittelbare Wirkung im innerstaatlichen Bereich zuerkannt worden. Sie bedürfen zu ihrer Wirksamkeit dann keines mitgliedstaatlichen Umsetzungsaktes mehr. Eine Richtlinie entfaltet unmittelbare Wirkung, wenn sie: a) eine mitgliedstaatliche Verpflichtung begründet b) diese Verpflichtung hinreichend klar, präzise und unbedingt formuliert, so daß ihre Ausführung von keiner weiteren Maßnahme der Gemeinschaftsorgane oder der Mitgliedstaaten abhängt (sog. self-executing-Charakter der Richtlinie) c) individualschützenden Charakter hat, d.h. dem einzelnen ein subjektives Recht gewährt, und d) nicht innerhalb der genannten Frist in nationales Recht umgesetzt worden i s t . 2 0 1

200 Zum Ganzen Rengeling/Middeke/Gellermann, Rechtschutz in der EU, 1994, Rn. 60 ff.; Grabitz in: ders./Hilf, EUV, Art. 189, Rn. 58; Oppermann, Europarecht, Rn. 462.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

Diese mittlerweile gefestigte und in zahlreichen Entscheidungen bestätigte Rechtsprechung des E u G H 2 0 2 sollte in den letzten Jahren in zwei Richtungen erweitert werden. So wurde im europarechtlichen Schrifttum mehrfach dafür plädiert, eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien nicht nur im vertikalen Staat-BürgerVerhältnis, sondern auch in der Weise anzuerkennen, daß sich Privatpersonen untereinander auf unmittelbar wirkende Richtlinienbestimmungen berufen können 2 0 3 . Richtlinien sollten somit in besonders gelagerten Fällen eine horizontale Wirkung beanspruchen können. Diese Forderungen haben jedoch den Umstand gegen sich, daß sie eine rechtstaatlich bedenkliche Verwischung von Verordnungen und Richtlinien zur Folge hätten. Die EGvertragliche Unterscheidung, wonach Verordnungen in jedem Mitgliedstaat unmittelbar gelten, Normadressat der Richtlinie aber nur die dem Mitgliedstaat angehörenden staatlichen Stellen und gerade nicht Privatpersonen sind, läßt erkennen, daß der europäische Gesetzgeber eine Verbindlichkeit von Richtlinienbestimmungen von Privatpersonen untereinander nicht begründet wissen wollte 2 0 4 . Dementsprechend lehnt der EuGH eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien zwischen Privatpersonen a b 2 0 5 . Eine Rechtswirkung tritt zwischen Privatpersonen erst dann ein, wenn die Richtlinie durch einen entsprechenden Umsetzungsakt Bestandteil der nationalen Rechtsordnung geworden i s t 2 0 6 .

201

Ausf. Bleckmann, in: ders., Europarecht, Rn. 431 ff.; Streinz, Europarecht, Rn. 394 ff.; Emmert, Europarecht, S. 156 ff.; Rengeling, in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 28, Rn. 70; Grabitz, in: ders./Hilf, EUV, Art. 189, Rn. 60 ff.; Jarass, NJW 1990, 2420 ff.; Everling, in: FS Carstens, Bd. 1, 1984, S. 95 ff.; Bach, JZ 1990, 1108 ff.; Langenfeld,, DÖV 1992, 955 ff.; H aneklaus, DVB1. 1993, 129 ff.; Pieper, DVB1. 1990, 684 ff.; Krämer, WiVerw 1990, 138 ff.; Scherzberg, Jura 1993, 225 ff.; Winter, DVB1. 1991, 657 ff.; Papier, DVB1. 1993, 809 ff.; Seidel, NJW 1985, 517 ff. 202 EuGH, Urt. v. 19.1.1982 - Rs. 8/81, Slg. 1982, 53 (71, Tz.25) - Becker; Urt. v. 8.10.1987 - Rs. 80/86, Slg. 1987, 1-3969 (3985, Tz.7) - Kolpinghuis Nijmegen; zu w. Nachw. Jarass, NJW 1990, 2420 ff. u. Everling, in: FS Carstens, Bd. 1, 1984, S. 95 (100 ff.). 203 Emmert, EWS 1992, 56 ff; Bleckmann, in: ders., Europarecht, Rn. 434 ff. (436); Pieper, DVB1. 1990, 684 (686); Richter, EuR 23 (1988), 394 (398 ff.); Nicolaysen, EuR 19 (1984), 380 (385 ff.); ders., EuR 21 (1986), 370 (371). 204 Jarass, NJW 1991, 2665 (2666); Gassner, JuS 1996, 303 (305 f.); Ukrow, NJW 1994, 2469; Streinz, Europarecht, Rn. 399; Oehlert, JuS 1997, 317 (318); Scherzberg, Jura 1993, 225 (228); zweifelnd Langenfeld, DÖV 1992, 955 (959 f.); Bach, TL 1990, 1108 (1115). 205 EuGH, Urt. v. 14.7.1994 - Rs. C-91/92, Slg. 1994, 1-3325 (3354, Tz.17) Faccini Dori; Urt. ν. 13.11.1990 - Rs. C-106/89, Slg. 1990, 1-4135 (4158, Tz. 6) Marleasing; Urt. v. 26.2.1986 - Rs. 152/84, Slg. 1986,723 (749, Tz. 48) - Marshall I. 206 Jarass, NJW 1991, 2665 (2666).

4. Kapitel: Umsetzung von EG-Richtlinien in nationales Recht

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Im Hinblick auf einen zweiten Problemkreis kam es indessen zu einer echten Weiterentwicklung der Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien. So nahm der EuGH in der Großkrotzenburg-Entscheidung 2 0 7 zu der insbesondere bei Umweltschutzrichtlinien bedeutenden Frage Stellung, ob diese auch ohne individualschützenden Gehalt gleichwohl zur Entfaltung unmittelbarer Wirkung befähigt seien. Er beantwortete sie in positivem Sinne, indem er ausführte, daß die Frage, ob eine rechtlich nicht umgesetzte Richtlinie eine unmittelbar wirkende Verpflichtung enthält, nichts zu tun hat mit der anerkannten Möglichkeit des einzelnen, sich gegenüber dem Staat unmittelbar auf unbedingte und hinreichend bestimmte Richtlinienbestimmungen zu berufen. Klargestellt ist damit, daß es für die Annahme einer unmittelbaren Wirkung nur auf die Begründung einer hinreichend bestimmten und unbedingten Verpflichtung durch die Richtlinienbestimmungen ankommt. Diese Kriterien entsprechen inhaltlich dem gleichfalls vom EuGH verwendeten Begriff der „unmißverständlichen Verpflichtung" 208 . Das Berufen des einzelnen auf durch die Richtlinie eingeräumte subjektive Rechte ist demnach lediglich eine prozessuale Komponente, die nicht zu den Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung einer Richtlinie zu zählen i s t 2 0 9 . Die zuständigen nationalen Behörden sind daher bei fehlender oder inhaltlich unzureichender Umsetzung und nach Ablauf der Umsetzungsfrist zur Beachtung von Richtlinienbestimmungen verpflichtet, die für sie unmißverständlich eine konkrete Verpflichtung begründen. Die Entscheidung des EuGH, der im Anschluß an ähnliche Aussagen in einem Urteil des EuGH von 1989 2 1 0 auch einige gleichgerichtete Äußerungen im Schrifttum vorausgingen 211 , ist zu Recht auf Zustimmung gestoßen 2 1 2 . Soweit Vorgaben in Rede stehen, die den nationalen Behörden unmißverständlich Verpflichtungen auferlegen, darf es dem Mitgliedstaat nicht ermöglicht werden, sich unter Berufung auf die nichterfolgte, ihm selbst obliegende Umsetzung der Richtlinie einer Erfüllung der gemein207

EuGH, Urt. v. 11.8.1995 - Rs. C-431/92, Slg. 1995, 1-2189 (2220, Tz.26) Großkrotzenburg. 208 Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (456); Iven, NuR 1996, 105 (106). 209 Epiney, DVB1. 1996, 409 (413); dies., ZUR 1996, 229 (231); Gellermann, NuR 1996, 548 (557); Pechstein, EWS 1996, 261 (264); Rengeling, in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 28, Rn. 72; a.A. Ruffert, ZUR 1996, 235 (237). 210 EuGH, Urt. v. 22.6.1989 - Rs. 103/88, Slg. 1989, 1839 (1871, Tz.31) Costanzo/Mailand. 211 Krämer, WiVerw 1990, 138 (150 f.); außerdem Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (116); Winter, DVB1. 1991, 657 (664); Klein, in: FS Everling, Bd.l, 1995, S. 641 (648). 212 Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (455 ff.); Fischer, WIB 1997, 673 (676); Pechstein, EWS 1996, 261 ff.; Epiney, DVB1. 1996, 409 (412 ff.); dies., ZUR 1996, 229 (231 ff.); Calliess, NVwZ 1996, 339 (340); skeptisch hingegen Gellermann, DÖV 1996, 433 (436 f.) und NuR 1996, 548 (556 f.).

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

schaftsrechtlichen Verpflichtung zu entziehen. Außerdem trägt das EuGHUrteil dazu bei, daß das richtliniengetragene Gemeinschaftsrecht dort, wo es - wie im Umweltrecht - vorwiegend objektiver Berücksichtigung bedarf, effektiv angewendet und seiner intendierten Zielsetzung zügig zugeführt werden kann. 3. Gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung In der Absicht, die Wirkungen von Richtlinien weiter auszugestalten und die durch sie den Marktbürgern gewährten Rechtspositionen durchzusetzen, entwickelte der EuGH das Instrument der gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftung der Mitgliedstaaten. Die verspätete oder inhaltlich unzureichende Umsetzung von Richtlinien stellt dabei den Hauptanwendungsfall d a r 2 1 3 . Der Grundsatz der mitgliedstaatlichen Staatshaftung gründet auf dem Gedanken, daß eine volle Wirksamkeit der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen beeinträchtigt und der Schutz der durch sie begründeten Rechte gemindert wäre, wenn Individuen nicht die Möglichkeit hätten, eine Entschädigung für den Fall zu verlangen, daß ihre Rechte durch einen Gemeinschaftsrechtsverstoß des Mitgliedstaates verletzt worden sind 2 1 4 . Ist der einzelne gerade durch die Untätigkeit des Staates daran gehindert, die ihm durch das Gemeinschaftsrecht zuerkannten Rechte vor dem nationalen Gericht geltend zu machen, so ist der Staat zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der dem einzelnen hieraus entstanden ist. Die mit der angesprochenen Francovich-Entscheidung eingeleitete und schrittweise ausgebaute Rechtsprechung des E u G H 2 1 5 verlangt für die Begründung eines gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruches folgende Voraussetzungen: a) Die verletzte gemeinschaftsrechtliche Vorschrift bezweckt, dem Geschädigten Rechte zu verleihen. b) Der Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ist hinreichend qualifiziert. c) Zwischen dem Verstoß und dem entstandenen Schaden des einzelnen besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang. Die Ausgestaltung und Realisierung des konkreten Anspruches richtet sich in Ermangelung einer Vorschrift i m EG-Vertrag nach nationalem Haf-

213

Siehe nur von Danwitz, DVB1. 1997, 1 (5). So grdl. EuGH, Urt. v. 19.11.1991 - Rs. C-6/90 u. C-9/90, Slg. 1991,1-5357 (5414, Tz. 33) - Francovich; hierzu Jarass, NJW 1994, 881 ff.; Detterbeck, VerwArch. 85 (1994), 159 ff.; von Danwitz, JZ 1994, 335 ff.; Geiger, DVB1. 1993, 465 ff.; Pieper, NJW 1992, 2454 ff. 215 Hierzu nur Ossenbühl, Staatshaftungsrecht, S. 492 ff. m.w.N. 214

5. Kapitel: Umsetzung der untersuchungsrelevanten EG-Richtlinien

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tungsrecht 216 , in der Bundesrepublik Deutschland somit nach den Grundsätzen des Staatshaftungsrechts 217. Die drei dargestellten rechtlichen Konstruktionen zur Effektuierung der Richtlinienumsetzung bilden ein umfassendes, durch die Rechtsprechung des EuGH detailliert ausgestaltetes Sanktionsinstrumentarium. In Anbetracht der vielfach zu beobachtenden schleppenden Umsetzungspraxis der Mitgliedstaaten besteht insoweit allerdings ein hoher Bedarf.

5. Kapitel

Umsetzung der untersuchungsrelevanten EG-Richtlinien Die erfolgte Umsetzung der untersuchungsrelevanten EG-Richtlinien stellt ein Spiegelbild der zuvor dargestellten Folgen fehlerhafter Richtlinienumsetzung dar. Es würde jedoch den Rahmen der Untersuchung sprengen, sollten alle dabei aufgetretenen Schwierigkeiten ihre Darstellung und Bewertung finden. Das Hauptaugenmerk ist hier deshalb auf die Gesamtkonzeption der jeweiligen Richtlinie zu legen. Die bauplanungsrechtlich relevanten Richtlinienausschnitte und die gegebenenfalls diesbezüglich eintretenden besonderen Wirkungen sind zur Wahrung des Darstellungszusammenhangs Gegenstand des 2. Teils.

A. Umsetzung der UVP-Richtlinie Die UVP-RL wurde am 27.6.1985 verabschiedet und war gemäß Art. 12 Abs. 1 UVP-RL bis zum 3.7.1988 in nationales Recht umzusetzen. Die breitangelegte Umsetzungsdiskussion 218 hatte ihren Schwerpunkt in der Frage der anzuwendenden Umsetzungsstrategie 219 . Überwiegend wurde der Erlaß eines eigenständigen UVP-Gesetzes befürwortet, das trotz einer geschlossenen Gesamtregelung Raum zur Konkretisierung durch Einzelvorschriften in verschiedenen Gesetzen lassen sollte. Daneben gab es jedoch 216

Wehlau, DZWir 1997, 100 (104 ff.); Saenger, JuS 1997, 865 (871); Fischer, WIB 1997, 673 (677 f.). 217 Dazu BGHZ 134, 30 = NJW 1997, 123 (Brasserie); außerdem Detterbeck, VerwArch. 85 (1994), 159 (162 ff.). 218 S. etwa Steinberg, DVB1. 1988, 995 ff.; Wahl, DVB1. 1988, 86 ff.; Rat von Sachverständigen fir Umweltfragen, DVB1. 1988, 21 ff.; Erbguth, DÖV 1988, 481 ff.; Bohne, ZAU 3 (1990), 341 ff. 219 Dazu Erbguth/Schink, UVPG, Einl., Rn. 47; Hoppe/Haneklaus, UVPG, Vorb., Rn. 16 f.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

auch Überlegungen, die UVP in ein vorhandenes Leitgesetz (z.B. VwVfG, BNatSchG) aufzunehmen bzw. die UVP einzelgesetzlich einzuführen, sodaß die durch die UVP-RL erfaßten Fachgesetze jeweils zu ergänzen waren Das am 16.11.1989 vom Bundestag beschlossene UVP-Umsetzungsgesetz, dem der Bundesrat am 21.12.1989 zustimmte, erging als Artikelgesetz. Dieses enthielt in Art. 1 das UVP-Stammgesetz und in den Art. 2 bis 12 die Änderungen der von der UVP betroffenen Fachgesetze 221 . Regelungen zur Abstimmung des UVPG mit dem BauGB enthielten §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 und 4 UVPG. Die Verpflichtung, Bauleitpläne einer UVP zu unterziehen, wurde nicht für alle, sondern nur für solche Bauleitpläne festgeschrieben, die einen konkreten Vorhabenbezug aufwiesen. Zur Bestimmung dieses Vorhabenbezugs war die Anlage zu § 3 UVPG heranzuziehen. Damit sollte der vorhabenbezogene Ansatz der UVP gewahrt bleiben. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 und 4 UVPG 1990 konnten sowohl Flächennutzungs- als auch Bebauungspläne UVP-pflichtig sein. § 17 UVPG 1990 ordnete an, daß die UVP von Bauleitplänen nach den Vorschriften des BauGB durchzuführen ist. Das am 12.2.1990 unterzeichnete und am 20.2.1990 verkündete UVPG trat am 1.8.1990 in Kraft 2 2 2 . Zu verkennen ist indessen nicht, daß die Umsetzung der UVP-Richtlinie um ca. IV2 Jahre verspätet erfolgte. Hieran schließt sich die Frage einer unmittelbaren Wirkung der Richtlinie - insbesondere hinsichtlich aufgestellter Bauleitpläne - während dieses Zeitabschnittes a n 2 2 3 . Die UVP-RL ist durch die Richtlinie vom 3.3.1997 geändert worden 2 2 4 . Gemäß Art. 4 UVP-Änderungs-RL trat dieselbe am 3.4.1997 in Kraft und ist nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 UVP-Änderungs-RL bis zum 14.3.1999 in nationales Recht umzusetzen 225 . Die Bundesrepublik hat einen Teil des für die Bauleitplanung relevanten Ausschnitts der UVP-Änderungs-RL durch Art. 7 BauROG 2 2 6 im UVPG bereits umgesetzt (Nr. 18 der Anlage zu § 3 UVPG). Allerdings ist die Bundesrepublik kürzlich abermals wegen der 220 Zu weiteren Grundpositionen s. Cupei, UVP, 1986, S. 238 ff.; Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, DVB1. 1988, 21 (24). 221 Weber/Hellmann, NJW 1990, 1625 (1626); Soell/Dirnberger, NVwZ 1990, 705 ff.; Hoppe/Haneklaus, UVPG, Vorb., Rn. 19; Schoeneberg, UVP, 1993, Rn. 41; Feldmann, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 34, Rn. 18 f. 222 BGBl. I S. 205. 223 Hierzu im Zusammenhang mit den einschlägigen Vorschriften des UVPG im 2. Teil der Arbeit (S. 110). 224 Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3.3.1997, AB1.EG Nr. L 73, S. 5. 225 Überblick zur Richtlinie bei Becker, NVwZ 1997, 1167; Schink, NVwZ 1999, 11 (14 ff.). 226 BGBl. IS. 2081,2111.

5. Kapitel: Umsetzung der untersuchungsrelevanten E G - R i c h t l i n i e n 7 5 nicht fristgerechten und inhaltlich unzureichenden Umsetzung der UVP-RL vom EuGH verurteilt worden 2 2 7 .

B. Umsetzung der FFH-Richtlinie Die FFH-Richtlinie wurde am 21.5.1992 erlassen 228 und war gemäß Art. 23 Abs. 1 FFH-RL bis zum 5.6.1994 in nationales Recht umzusetzen. Im Gegensatz zur UVP-RL war jedoch von seiten der Bundesregierung die Umsetzung der FFH-RL nicht in einem eigenen Gesetz geplant. Vielmehr sollten deren Bestimmungen im Zuge der Gesamtnovellierung des sachlich einschlägigen BNatSchG in dieses integriert und somit umgesetzt werden 2 2 9 . Diese von der Bundesregierung beabsichtigte Verfahrensweise wurde vom Bundesrat nicht geteilt. Angesichts der durch die Nichtumsetzung begründeten Dringlichkeit sollte auf eine Einbeziehung in die Gesamtnovelle des BNatSchG verzichtet und eine Teilnovellierung hinsichtlich der Vorschriften der FFH-RL vorgenommen werden 2 3 0 . Nachdem der Bundesrat dem Gesetzentwurf der Bundesregierung die Zustimmung versagt hatte 2 3 1 , rief diese den Vermittlungsausschuß a n 2 3 2 . Nach weiteren Änderungsvorschlägen stimmte der Bundestag am 26.3.1998 und der Bundesrat am 27.3.1998 dem Gesetzentwurf zu. Das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 30.4.1998 wurde am 8.5.1998 verkündet und trat am 9.5.1998 in Kraft 2 3 3 . Es beschränkte sich im Sinne der Auffassung des Bundesrates auf die Umsetzung dreier umweltrechtlicher EGRichtlinien und ihre Integration in das BNatSchG. Die seit dem Jahre 1996 beabsichtigte Gesamtnovellierung des BNatSchG, die unter anderem die Stärkung des Vertragsnaturschutzes, den Ausgleich von naturschutzbeding227

EuGH, Urt. v. 22.10.1998 - Rs. C-301/95, NVwZ 1998, 1281 = DVB1. 1999, 232 - Kommission/Bundesrepublik Deutschland; siehe ferner die instruktiven Überblicke zur UVP von Schink, NuR 1998, 173 ff.; ders., NVwZ 1999, 11 ff. 228 Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.5.1992, AB1.EG Nr. L 206, S. 7, zuletzt geändert durch Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27.10.1997, AB1.EG Nr. L 305, S. 42; zur Entstehung der FFH-RL s. Wagner, NuR 1990, 396 ff.; ders., Die planbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Entwurf der EG-Richtlinie ,fauna, Flora, Habitat", 1990, S. 12 ff.; Rödiger-Vorwerk, Die Fauna-Flora-HabitatRichtlinie der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 4 ff. 229 BT-Drs. 13/6441, S. 1. 230 BT-Drs. 13/6442, S. 1 u. 6; s. auch die abl. Stellungnahme der Bundesregierung S. 11. 231 BT-Drs. 13/8180. 232 BT-Drs. 13/8268; zum Gesetzgebungsverfahren Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26; Niederstadt, NuR 1998, 515 (517). 233 BGBl. I S. 823; dazu Apfelbacher/Adenauer/lven, NuR 1999, 63 ff.; Louis, DÖV 1999, 374 ff.; Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 ff.; Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 ff.; Niederstadt, NuR 1998, 515 ff.; Otto/Krakies, NJ 1998, 579 ff.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

ten Belastungen der Land- und Forstwirtschaft und die Einführung von Biosphärenreservaten umfassen sollte, ist deshalb nicht vorgenommen worden. Hinzuweisen ist jedoch darauf, daß im Vorgriff auf die naturschutzrechtliche Umsetzung die bauleitplanerischen Aussagen der FFH-RL bereits durch Art. 1 BauROG im BauGB (§ l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB) teilumgesetzt worden sind. Den Zielen des Gesetzentwurfs der Bundesregierung 234 entsprechend geben sie als neuer Abwägungsbelang den Gemeinden die Beachtung des europäischen Naturschutzrechts bei der Aufstellung von Bauleitplänen auf. Die hierdurch gestellten speziellen Anforderungen an die Bauleitpläne ergeben sich nunmehr aus dem insoweit novellierten BNatSchG. Gleichwohl kann diese bauplanungsrechtlich veranlaßte Teilumsetzung und die erfolgte Umsetzung der FFH-RL im BNatSchG nicht über die erheblichen Umsetzungsdefizite hinwegtäuschen. Angesichts der erst mit mehrjähriger Verspätung vorgenommenen Umsetzung stellte der EuGH aufgrund einer von der Kommission erhobenen Klage fest, daß die Bundesrepublik gegen eine Verpflichtung aus dem EG-Vertrag verstoßen h a t 2 3 5 . Außerdem stellt sich die Frage, ob einzelnen Vorschriften der FFH-RL nach Ablauf der Umsetzungsfrist am 5.6.1994 unmittelbare Wirkung beizumessen ist. Besonderes Interesse verdient dabei, inwieweit die nach diesem Datum aufgestellten Bauleitpläne von diesen zusätzlichen Voraussetzungen bereits erfaßt wurden 2 3 6 .

C. Umsetzung der Vogelschutz-Richtlinie Die Vogelschutz-RL vom 2.4.1979 237 ist den Mitgliedstaaten am 6.4.1979 bekanntgegeben worden und war gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 Vogelschutz-RL bis zum 6.4.1981 in nationales Recht umzusetzen. Dies geschah nur zum Teil, wobei die artenschutzrechtlichen Regelungen im Vordergrund standen. Trotzdem leitete die Kommission gerade bezüglich dieser Vorschriften ein Vertragsverletzungsverfahren wegen inhaltlich fehlerhafter Umsetzung ein. Der EuGH stellte daraufhin eine Vertragsverlet234

BT-Drs. 13/6392, S. 38. EuGH, Urt. v. 11.12.1997 - Rs. C-83/97 - , NuR 1998, 194 - Kommission/ Bundesrepublik Deutschland. 236 Hierzu im Zusammenhang mit den einschlägigen Vorschriften des BNatSchG im 2. Teil der Arbeit (S. 183 ff.). 237 Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2.4.1979, AB1.EG Nr. L 103, S. 1, zuletzt geändert durch Richtlinie 97/49/EG der Kommission vom 29.7.1997, AB1.EG Nr. L 223, S. 9; zur Entstehung der Vogelschutz-RL s. Emonds, NuR 1979, 52 (55 f.); Louis, UPR 1997, 301 ff.; ders., NuR 1997, 361 ff. 235

5. Kapitel: Umsetzung der untersuchungsrelevanten E G - R i c h t l i n i e n 7 7 zung durch die Bundesrepublik fest 2 3 8 . Ungeachtet der Tatsache, daß auch in anderen Mitgliedstaaten die Umsetzungsfreudigkeit nicht in erforderlichem Umfange zu konstatieren w a r 2 3 9 , ist es der Bundesrepublik bis 1998 nicht gelungen, ihrer Umsetzungsverpflichtung vollständig nachzukommen. Zusammen mit der FFH-RL ist die Vogelschutz-RL durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 30.4.1998 240 umgesetzt worden. Das Gesetz ist am 9.5.1998 in Kraft getreten. Der FFHRL entsprechend ist der bauplanungsrechtliche Gehalt der Vogelschutz-RL durch Art. 1 BauROG im BauGB (§ 1 a Abs. 2 Nr. 4 BauGB) teilumgesetzt worden. Infolge der verspäteten Umsetzung ergab sich ebenfalls die Frage der unmittelbaren Wirkung einzelner Richtlinienbestimmungen. Diese ist i m Hinblick auf die vorliegende Untersuchung dahingehend zu konkretisieren, ob beschlossene Bauleitpläne ab dem 5.6.1994 an einer solchen Wirkung partizipieren. Die speziellen Vorschriften der Vogelschutz-RL sind hierfür mangels unmißverständlicher Verpflichtungen ungeeignet. Die schutzgebietsbezogenen Verpflichtungen für Vogelschutzgebiete werden ab dem 5.6.1994 durch die Art. 6, 7 FFH-RL bestimmt. Daher ist für den Beginn einer unmittelbaren Richtlinienwirkung der Ablauf der Umsetzungsfrist der FFH-RL maßgebend 241 .

D. Generelle Defizite bei der Umsetzung europäischen Umweltrechts Die bei der Transformation der genannten Richtlinien aufgetretenen Schwierigkeiten sind typische Beispiele für die Umsetzungsdefizite 242 im europäischen Umweltrecht. Die Ursachen hierfür sind vielgestaltig. So wird auf Widersprüche zwischen dem europäischen und den nationalen Rechtssystemen hingewiesen 243 . Die Regelung meist kleiner Teilbereiche durch EG-Recht ist mit erheblichen Eingriffen in nationalstaatliche gewachsene 238

EuGH, Urt. v. 17.9.1987 - Rs. 412/85 - , Slg. 1987,1-3503 (3519) - Kommission/Bundesrepublik Deutschland. 239 EuGH, Urt. v. 8.7.1987 - Rs. 247/85 - , Slg. 1987, 1-3029 (3072) - Kommission/Belgien; Urt. v. 27.4.1988 - Rs. 252/85 - , Slg. 1988, 1-2243 (2269) - Kommission/Frankreich. 240 BGBl. I S. 823. 241 Hierzu im 2. Teil der Arbeit (S. 183). 242 Davon zu trennen sind die Defizite, die bei der Durchführung des unmittelbar geltenden europäischen Verordnungsrechts und des in nationales Recht umgesetzten europäischen Umweltrechts auftreten, dazu Scheuing, NVwZ 1999, 475 ff.; Krämer, in: Lübbe-Wolff, Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996, S. 7 (17 f., 30 ff.); Hansmann, NVwZ 1995, 320 (323 ff.); Breier, NuR 1993, 457 (465).

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

Systeme und Gesetzstrukturen verbunden. Um der Umsetzungsverpflichtung inhaltlich nachzukommen, werden Teilnovellierungen der nationalen Gesetze vorgenommen, die zwar zur Aufnahme der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen führen, jedoch sachliche Widersprüche und Ungleichbehandlungen begründen. Desweiteren bestehen Widersprüchlichkeiten der EG-Vorschriften untereinander 244 . Dadurch werden bei den Mitgliedstaaten Unsicherheiten über den genauen Umfang und den exakten Inhalt der Umsetzungsverpflichtung verursacht. Anführen läßt sich in diesem Zusammenhang auch das Verhältnis zwischen der UVP nach der UVP-RL und der Verträglichkeitsprüfung, die die FFH-RL verlangt. Der Gemeinschaftsgesetzgeber verabsäumte insoweit eine Harmonisierung beider Prüfverfahren 2 4 5 . Die mangelnde Kohärenz der umweltrechtlichen Richtlinien führt dazu, daß sich die auf der EG-Ebene geschaffenen Unstimmigkeiten infolge des vollständigen Umsetzungsbestrebens der Mitgliedstaaten in den nationalen Gesetzen fortsetzen 246 . Darüber hinaus wurde dem EG-Umweltrecht eine Verfahrenslastigkeit attestiert, die insbesondere daraus resultiere, daß bei Verfahrensfragen gegenüber inhaltlichen Anforderungen eher Kompromisse zu erzielen sind 2 4 7 . Zudem seien andere mitgliedstaatliche Rechtsordnungen stärker auf Verfahrensregelungen ausgerichtet. Desweiteren wird angeführt, daß die Beachtung des oftmals sehr detaillierten Umweltrechts einen Verwaltungsaufwand erfordert, der vielfach als unangemessen betrachtet wird. Er stehe der Absicht der Verfahrensbeschleunigung entgegen. Weiterhin ist auf die unzulängliche Ausgestaltung des Umsetzungsinstrumentariums aufmerksam gemacht worden. Jenes sei aufgrund der föderalen Struktur der Bundesrepublik zeitaufwendig, vom Erfordernis zahlreicher gegenseitiger Abstimmungen beeinflußt und fehleranfällig. Als hauptsächliches Defizit einer ordnungsgemäßen Umsetzung europäischen Umweltrechts wird die zu kurz bemessene Umsetzungsfrist bezeichn e t 2 4 8 . Umfangreiche Abstimmungen im Gesetzgebungsverfahren lassen die Schaffung einer gemeinschaftskonformen nationalen Regelung innerhalb 243

Rengeling, in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 28, Rn. 63 f.; ders./Gellermann, Jb. UTR 36 (1996), 1 (7); Hansmann, NVwZ 1995, 320; Breier, NuR 1993, 457 (465). 244 Schröder, NuR 1998, 1 (5) mit Beispielen; Hansmann, NVwZ 1995, 320 (321). 245 So auch Gellermann, NuR 1996, 548 (552). 246 Hansmann, NVwZ 1995, 320 (321). 247 Hierzu und zum Folgenden Hansmann, NVwZ 1995, 320 (322 f.); Rengeling/ Gellermann, Jb. UTR 36 (1996), 1 (21). 248 Rengeling, in: ders., EUDUR, Bd. I, 1998, § 28, Rn. 62; ders./Gellermann, Jb. UTR 36 (1996), 1 (6); Krämer, in: Lübbe-Wolff, Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996, S. 7 (14); Breier, NuR 1993, 458 (464).

5. Kapitel: Umsetzung der untersuchungsrelevanten E G - R i c h t l i n i e n 7 9 der Umsetzungsfrist häufig tatsächlich nicht zu. Entgegengetreten wird insbesondere dem Standpunkt, daß der Richtlinientext regelmäßig mit nur geringen Anpassungen in das nationale Recht übernommen werden 249

musse . Die unterlassene, verspätete, unvollständige oder unrichtige Umsetzung von Richtlinien ist im EG-Umweltrecht der Regelfall, so daß im Gegensatz zur primären Grundannahme die ordnungsgemäße Richtlinienumsetzung die Ausnahme darstellt 250 . Diese Umkehrung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses setzt sich bei der Folgeproblematik der Prüfung einer unmittelbaren Wirkung der fehlerhaft umgesetzten Richtlinie fort: Ist die Untersuchung, ob die Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung bei einer Richtlinie vorliegen, systematisch als Ausnahme bzw. als Sanktion konzipiert, führt die in aller Regel fehlerhafte Richtlinienumsetzung dazu, hierin den Normalfall zu sehen. Diese Folge defizitärer Umsetzung von Richtlinien ist jüngst von W a h l 2 5 1 vertiefend erörtert worden. Zutreffend geht er dabei davon aus, daß die inzwischen entstandene Dogmatik zur unmittelbaren Wirkung von Richtlinien eine notwendige Hilfs- und Notdogmatik angesichts andauernder politischer Säumigkeit und Pathologie ist. Sind die Richtlinienbestimmungen vom Grundsatz her als konkretisierungsbedürftig und -fähig angelegt, trägt die Konstruktion der unmittelbaren Wirkung einen Widerspruch in das Recht hinein 2 5 2 : Die weitgefaßten Richtlinienvorschriften werden vor ihrer erforderlichen Konkretisierung durch ein nationales Umsetzungsgesetz systemwidrig auf exakt bestimmte, in Tatbestand und Rechtsfolge gegliederte Rechtssätze untersucht. Um diese Dominanz der Notdogmatik über den Normalfall einzuschränken, wird vorgeschlagen, in den Richtlinien selbst eine Bestimmung dahin zu treffen, was im Falle verspäteter oder inhaltlich unzulänglicher Umsetzung zu gelten h a t 2 5 3 . Neben einer klaren Aussage des zuständigen Rechtsetzungsorgans wären die Gerichte der Aufgabe enthoben, die für die Notdogmatik geltenden Notsätze zu entwickeln. Derzeit besteht jedoch die Gefahr, daß das Ausmaß, in dem eine unmittelbare Wirkung von Richtlinien angenommen wird, das Grundverhältnis zwischen dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht überformt. Der von allen Mitgliedstaaten erwünschte Eintritt des Normalfalls bleibt deswegen aus, weil die defizitäre Umsetzung sogleich eine Auseinandersetzung mit der Sanktionierung verlangt. Diese Dominanz des Ausnahmefalls 249

So ausdrücklich Hansmann, NVwZ 1995, 320 (323). Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (639); Scheuing, NVwZ 1999, 475 (476); Krämer, in: Lübbe-Wolff, Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996, S. 7 (14); Rengeling/Gellermann, Jb. UTR 36 (1996), 1 (7). 251 Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (637 ff.). 252 Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (637). 253 Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (638). 250

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

über den Normalfall fördert Widersprüche in der gemeinschaftsrechtlichen Rechtssystematik und führt darüber hinaus zu erheblichen Akzeptanzverlusten des EG-Rechts 254 . Auch vor dem Hintergrund dieser zutreffenden Ausführungen zur gegenwärtigen Situation bei der Umsetzung europäischen Rechts, insbesondere Umweltrechts, ist festzustellen, daß die Umsetzungsdefizite zahlreich und imstande sind, die Zielsetzungen der umweltrechtlichen EG-Richtlinien zu gefährden. Um einer derartigen - in Ansätzen bereits verfestigten - Entwicklung entgegenzuwirken, hat die Kommission kürzlich eine Mitteilung über die „Durchführung des Umweltrechts der Gemeinschaft" vorgelegt 255 . Nicht zuletzt wegen der nur noch eingeschränkt realisierbaren Überwachungsfunktion der Kommission hinsichtlich umweltrechtlicher Vertragsverstöße werden Vorschläge unterbreitet, die zu einer ordnungsgemäßen und einheitlichen Anwendung des europäischen Umweltrechts beitragen sollen. Mit einer intensiveren Konsultation zwischen den am Rechtsetzungsverfahren Beteiligten vor Erlaß der Vorschriften und einer engeren Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten soll eine bessere Durchführung des Umweltrechts erreicht werden 2 5 6 . Empfohlen wird desweiteren, auf der Ebene der Mitgliedstaaten besondere Behörden zu etablieren, denen die Aufsicht über die Gemeinschaftsrechtskonformität im Umweltrecht nach einheitlichen Minimalkriterien obliegt. Zur Überwachung dieser Behörden ist eine Umweltaufsichtsbehörde auf Gemeinschaftsebene angedacht 257 . Ein weiterer Vorschlag zielt darauf ab, in den Mitgliedstaaten Umweltbeschwerdeverfahren einzuführen, denen das Leitbild eines „Ombudsmannes" zugrundeliegt. Die Entscheidungen über die Beschwerden sollen zwar nach einheitlichen Verfahrensregeln ergehen, jedoch nicht verbindlich sein. Außerdem wird angeregt, zugunsten anerkannter Umweltschutzorganisationen die Verbandsklage einzuführen 258 . Weiterhin soll von der - in Art. 228 Abs. 2 EGV bereits vorgesehenen - Möglichkeit der Verhängung von Geldbußen für Vertragsverstöße verschärft Gebrauch gemacht werden. Ob die aufgeführten Vorschläge Eingang in das Gemeinschaftsrecht finden, bleibt ebenso abzuwarten wie die Frage, ob in diesem Fall die Qualität der mitgliedstaat254

Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (639). Dok. KOM (96) 500; dazu Schröder, NuR 1998, 1 (5 f.); Fiedler, StT 1998, 376 ff.; Wägenbaur, EuZW 1997, 34. 256 Fiedler, StT 1998, 376 (378); Wägenbaur, EuZW 1997, 34. 257 Hierzu und zum Folgenden Schröder, NuR 1998, 1 (5); Wägenbaur, EuZW 1997, 34. 258 Zum derzeitigen Stand auf EU-Ebene Epiney, Gemeinschaftsrecht und Verbandsklage, NVwZ 1999, 485 ff.; zur Diskussion in Deutschland s. Kloepfer, Umweltrecht, § 8, Rn. 29 ff. 255

6. Kapitel: Einwirkung des EG-Rechts auf die Gemeinden

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liehen Umsetzungstätigkeit im europäischen Umweltrecht entscheidend verbessert wird. 6. Kapitel

Einwirkung des EG-Rechts auf die Gemeinden Das EG-Recht ist für alle innerstaatlichen Ebenen der Mitgliedstaaten verbindlich. Der Klärung bedarf deshalb, welche Probleme sich hinsichtlich der Bindung der für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinden an das EGRecht - insbesondere bei Richtlinien - ergeben, in welchen Bereichen gemeinschaftsrechtliche Vorgaben und gemeindliche Rechtspositionen kollidieren und ob das durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden gewährleistete Recht der kommunalen Selbstverwaltung der Einwirkung europäischen Gemeinschaftsrechts Grenzen zu ziehen vermag.

A. Bindung der Gemeinden an EG-Richtlinien Während die Verordnung gemäß Art. 249 Abs. 3 EGV allgemeine Geltung hat und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt, d.h. auch die Gemeinden zur Anwendung verpflichtet, ist bei der Einwirkung des EG-Rechts durch Richtlinien zu differenzieren: Soweit eine Richtlinie ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt worden ist, haben die Gemeinden zwar ursprüngliches EG-Recht, dieses aber im Gewände des nationalen Umsetzungsgesetzes anzuwenden. Maßstab für die Rechtsanwendung ist das nationale Gesetz, das gegebenenfalls richtlinienkonform auszulegen ist. Liegen dagegen die Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung von Richtlinien vor, werden davon alle Träger der Verwaltung einschließlich der Gemeinden und der sonstigen Gebietskörperschaften erfaßt 2 5 9 . Somit gilt die Pflicht zur Anwendung von Richtlinienbestimmungen für Bund, Länder und Gemeinden. Da Umsetzungsschwierigkeiten in den Mitgliedstaaten für den Eintritt der Richtlinienwirkungen ohne Belang sind, ist es den Gemeinden verwehrt, sich auf den fehlenden Einfluß bei der Umsetzung zu berufen 2 6 0 .

259 EuGH, Urt. v. 22.6.1988 - Rs. 103/88, Slg. 1989, 1839 (1871, Tz. 31) Costanzo/Mailand; Fischer, NVwZ 1992, 635 (636). 260 Jarass, NJW 1990, 2420 (2423). 6 Schladebach

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

B. Spannungsverhältnis zwischen EG-Recht und Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG Die Bindung der Gemeinden an Richtlinien ist vor dem Hintergrund des Rechts der kommunalen Selbstverwaltung nicht unproblematisch. Ursache dafür ist zum einen der Umstand, daß den Gemeinden durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG das Recht der kommunalen Selbstverwaltung gewährt worden ist. Danach ist ihnen die Wahrnehmung von Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft zugewiesen. Zum anderen ist jedoch zu berücksichtigen, daß nach ständiger Rechtsprechung des E u G H 2 6 1 das Gemeinschaftsrecht Vorrang vor nationalem Recht genießt. Dies folge daraus, daß der E(W)G-Vertrag eine eigene Rechtsordnung geschaffen habe und „dem somit aus einer autonomen Rechtsquelle fließenden Recht wegen dieser seiner Eigenständigkeit keine wie immer gearteten innerstaatlichen Rechtsvorschriften vorgehen können, wenn ihm nicht sein Charakter als Gemeinschaftsrecht aberkannt und wenn nicht die Rechtsgrundlage der Gemeinschaft selbst in Frage gestellt werden soll". Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts ist allerdings kein normenhierarchischer Geltungsvorrang, der zur Nichtigkeit entgegenstehenden nationalen Rechts führt. Vielmehr stellt er sich als Anwendungsvorrang dar, bei dem das nationale Recht zwar weitergelte, im Kollisionsfall jedoch nicht angewendet werden darf 2 6 2 . Der Anwendungsvorrang ist demnach in der Lage, auch das Recht der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zurücktreten zu lassen. So sind die Gemeinden bei der Anwendung von EG-Recht einem Spannungsfeld ausgesetzt: Der Schutz, den sie durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG bei der Wahrnehmung und Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten genießen, scheint durch den europarechtlichen Anwendungsvorrang immer dann durchbrochen zu werden, wenn EG-Recht den Gemeinden hinsichtlich solcher Regelungsbereiche Vorgaben setzt, die aufgrund des Selbstverwaltungsrechts ihre Angelegenheit sind. Dabei besteht dieses Spannungsverhältnis nicht nur in den Fällen, in denen die Gemeinden Richtlinien wegen mangelhafter mitgliedstaatlicher Umsetzung unmittelbar anzuwenden haben. Es stellt sich darüber hinaus die generelle Frage, ob das Gemeinschaftsrecht in einer so intensiven Weise zu regeln berechtigt ist, daß innerstaatliche Zuständigkeiten - wie hier Teile der kommunalen Selbstverwaltung - der Gefahr der Aushöhlung und Entwertung ausgesetzt sind.

261 Seit EuGH, Urt. v. 15.7.1964 - Rs. 6/64, Slg. 1964, 1251 (1269 f.) - Costa/ E.N.E.L.; hierzu Odendahl, JA 1997, 846 ff. 262 Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 849 ff.; Streinz, Europarecht, Rn. 200; Emmert, Europarecht, S. 150; Odendahl, JA 1997, 846 (848).

6. Kapitel: Einwirkung des EG-Rechts auf die Gemeinden

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Zur Klärung dieser Problematik ist es unerläßlich, den konkreten Gehalt des Rechts der kommunalen Selbstverwaltung zu skizzieren, um anschließend die das Spannungsverhältnis begründenden Überschneidungsbereiche zum EG-Recht feststellen zu können. Sodann sind die Schranken des nationalen Rechts zu diskutieren, die einem uneingeschränkten, das kommunale Selbstverwaltungsrecht nivellierenden Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts durch die Rechtsprechung des BVerfG gesetzt werden.

I. Recht der kommunalen Selbstverwaltung Den Gemeinden gewährleistet Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Zuerkannt ist den Gemeinden hierbei ein allumfassender Aufgabenbereich sowie die Befugnis zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte in diesem Bereich 2 6 3 . Dem Gesetzgeber ist durch den Vorbehalt „ i m Rahmen der Gesetze" eine bestimmte Ausgestaltungsfreiheit eingeräumt. Diese findet jedoch im Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie ihre Grenze 264 . Der Kernbereich wird durch den Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung gebildet. Seine gesetzliche Aushöhlung ist unzulässig. Zu ihm gehört kein gegenständlich bestimmter Aufgabenkatalog, wohl aber die Befugnis, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen. Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises sind nur solche Aufgaben, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf die örtliche Gemeinschaft einen spezifischen Bezug haben und von dieser eigenverantwortlich und vollständig bewältigt werden können 2 6 5 . Auch außerhalb des Kernbereichs enthält Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip zugunsten der Gemeinden. Dadurch wird der Grundsatz der Allzuständigkeit gesichert. Nach überwiegender Auffassung gehören zu dem durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gesicherten Bereich im wesentlichen die Gebiets-, die Organisations·, die Finanz-, die Personal-, die Satzungs- und die Planungshoheit 266 . 263 BVerfGE 79, 127 (143); 59, 216 (226); 56, 298 (312); 26, 228 (237 f.); kritisch zur Einordnung der Rastede-Entscheidung des BVerfG (E 79, 127) Kenntner, DÖV 1998, 701 ff. 264 BVerfGE 79, 127 (143 ff.); hierzu Schmidt-Jortzig, DÖV 1993, 973 ff.; SchocK VerwArch. 81 (1990), 18 ff.; Clemens, NVwZ 1990, 834 ff.; Frers, DVB1. 1989, 449 ff.; krit. z. Begriff des Kernbereichs Nierhaus, in: Sachs, GG-Kom., Art. 28, Rn. 49 ff. 265 BVerfGE 52, 95 (120); 50, 195 (201); 8, 122 (134). 266 Stober, Kommunalrecht, S. 76 ff.; Waechter, Kommunalrecht, Rn. 89 ff.; Gern, Kommunalrecht, Rn. 160 ff.; Nierhaus, in: Sachs, GG-Kom., Art. 28, Rn. 44.

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

Die Planungshoheit ist das der Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft zustehende Recht auf Planung und Regelung der Bodennutzung in ihrem Gebiet 2 6 7 .

EL Überschneidungen des EG-Rechts mit der kommunalen Bauleitplanung Die gemeindliche Planungshoheit umfaßt die Befugnis zur kommunalen Bauleitplanung 268 . In ähnlichem Umfang wie der kommunale Umweltschutz 2 6 9 wird die kommunale Bauleitplanung zunehmend von EG-Recht, konkret von europäischem Umweltrecht, tangiert 2 7 0 . So beinhalten die UVP-, die FFH- und die Vogelschutzrichtlinie, deren Anforderungen nach § l a Abs. 2 Nr. 3 u. 4 BauGB in der Bauleitplanung zu berücksichtigen sind, zusätzliche Festlegungen für die planende Gemeinde. Die gemeindliche Planungshoheit wird hierdurch insofern berührt, als sich die Gemeinde bei der von ihr zu entscheidenden Frage, wie sie sich städtebaulich fortentwickeln will, auch an rechtlichen Vorgaben europäischen Ursprungs zu orientieren hat. Das bei der Bauleitplanung einzubeziehende Abwägungsmaterial ist erweitert und inhaltlich normiert worden. Der der Gemeinde bei der Bauleitplanung gesetzte rechtliche Handlungsrahmen wird dadurch verändert.

ΠΙ. Auflösung der Kollisionslage Die Auflösung der beschriebenen Kollisionslage zwischen dem EG-Recht und dem Recht der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 267

BVerwGE 84, 209 (214). BVerfGE 76, 107 (117); 56, 298 (310, 317 f.); Finkelnburg/Ortlojf, Öffentliches Baurecht, Bd. 1, S. 26; Brohm,, Öffentliches Baurecht, § 9, Rn. 1; Hoppe, NVwZ 1990, 816 (818); Giegerich, JA 1988, 367 ff., Die Frage, inwieweit die Planungshoheit darüber hinaus zum Kernbereich des kommunalen Selbstverwaltungsrechts zählt, wurde von BVerfGE 76, 107 (117); 56, 298 (312 f.) offengelassen, siehe auch Vtaechter, Kommunalrecht, Rn. 100; Stober, Kommunalrecht, S. 85 f.. Bejaht wird sie von Gern, Kommunalrecht, Rn. 170; Finkelnburg/Ortloff\ Öffentliches Baurecht, Bd. 1, S. 27; Brohm, Öffentliches Baurecht, § 9, Rn. 4; Hoppe, in: Festgabe für von Unruh, 1983, S. 555 (568) m.w.N., verneint von Clemens, NVwZ 1990, 834 (838); differenzierend Giegerich, JA 1988, 367 ff. 269 Schröer, Kommunaler Umweltschutz in Europa, 1992; Rehbinder, in: Hoppe/ Schink, Kommunale Selbstverwaltung und europäische Integration, 1990, S. 71 ff.; zu weiteren Überschneidungsbereichen siehe die Beiträge in: Hoppe/Schink, ebd. 27 0 Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, 173 ff.; Fiedler, Eildienst - Städtetag NRW, 1998, 450 (453); Krautzberger, in: FS Weyreuther, 1993, S. 57 ff.; ders., AfK 1989, 201 ff.; Hoppe, NVwZ 1990, 816 ff.; Martini, Gemeinden in Europa, 1992, S. 118 ff.; Gern, Kommunalrecht, Rn. 107; Spannowsky, DVB1. 1991, 1120 (1125 f.); Knopf, DVB1. 1980, 106 (109). 268

6. Kapitel: Einwirkung des EG-Rechts auf die Gemeinden

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GG hängt von der Frage ab, ob und gegebenenfalls welche Grenzen dem Vorrang des Gemeinschaftsrechts zu ziehen sind. Die vom EuGH seit 1964 in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung 2 7 1 , daß dem Gemeinschaftsrecht ein uneingeschränkter Anwendungsvorrang vor jedwedem nationalen Recht zukommt, wird vom BVerfG so nicht geteilt. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ergibt sich der Vorrang des Gemeinschaftsrechts aus der Zustimmungsgesetzgebung zu den Gemeinschaftsverträgen i.V.m. Art. 24 Abs. 1 GG (seit 1993 auch Art. 23 Abs. 1 Satz 2 GG), der es ermögliche, die Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland derart zu öffnen, daß ihr ausschließlicher Herrschaftsanspruch für ihren Hoheitsbereich zurückgenommen und der unmittelbaren Geltung und Anwendbarkeit eines Rechts aus anderer Quelle innerhalb dieses Hoheitsbereichs Raum gelassen w i r d 2 7 2 . Durch das Gebrauchmachen von der Integrationsermächtigung des Art. 24 Abs. 1 GG hat der Bund als Vertragspartner der Gründungsverträge von Rom nicht nur Hoheitsrechte seines Kompetenzbereiches, sondern auch solche der Bundesländer und der Gemeinden übertragen 273 . Indessen sollen die Hoheitsrechte hierdurch nicht unbegrenzt der Gemeinschaftsrechtsordnung überantwortet worden sein. So entschied das BVerfG, daß der Integrationsermächtigung durch das nationale Verfassungsrecht bestimmte Schranken gesetzt sind. Danach „ermächtigt Art. 24 Abs. 1 GG nicht dazu, im Wege der Einräumung von Hoheitsrechten für zwischenstaatliche Einrichtungen die Identität der geltenden Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland durch Einbruch in ihr Grundgefüge, in die sie konstituierenden Strukturen, aufzugeben. Dies gilt namentlich für Rechtsetzungsakte der zwischenstaatlichen Einrichtung, die, gegebenenfalls zufolge entsprechender Auslegung oder Fortbildung des zugrundeliegenden Vertragsrechts, wesentliche Strukturen des Grundgesetzes aushöhlten. Ein unverzichtbares, zum Grundgefüge der geltenden Verfassung gehörendes Essentiale sind jedenfalls die Rechtsprinzipien, die dem Grundrechtsteil des Grundgesetzes zugrundeliegen" 274 . Diese Aussagen lassen erkennen, daß neben den Rechtsprinzipien des Grundrechtsteils auch andere Verfassungswerte zum identitätsbestimmenden 271

EuGH, Urt. v. 15.7.1964 - Rs. 6/64, Slg. 1964 1251 (1269 f.) - Costa/ E.N.E.L.; hierzu OdendahU JA 1997, 846 ff. 272 BVerfGE 73, 339 (374); ausführlich zur Rspr. des BVerfG Selmayr/Prowald, DVB1. 1999, 269 ff. 27 3 von Ameln, DVB1. 1992, 477 (478); Kreiner, RiA 1989, 141 (142); Mombaur/ von Lennep, DÖV 1988, 988 (989); Gern, Kommunalrecht, Rn. 102. 274 BVerfGE 73, 339 (375 f.).

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

Grundgefüge der Verfassung zu zählen sind. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist als sogenanntes Grundrecht der Gemeinde mit den Grundrechten strukturell vergleichbar. Es kann daher an den Maßstäben der zum Verhältnis des EGRechts zu den nationalen Grundrechten ergangenen bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung gemessen werden. Zu der somit aufgeworfenen Frage, ob Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zu den Essentialia der Verfassung gehört und gegebenenfalls wegen seiner fehlenden Übertragbarkeit als „europafest" zu bezeichnen ist, werden im wesentlichen drei Ansätze verfolgt 275. So wird vertreten, daß die kommunale Selbstverwaltung ein identitätsprägendes Strukturelement der Verfassung und deshalb eine integrationsresistente Verfassungsposition sei 2 7 6 . Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist danach europafest. Rechtsakten der EG würden inhaltlich durch diesen Verfassungswert Wirkungsgrenzen gezogen werden. Unter grundsätzlicher Zustimmung, daß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG zu den tragenden Prinzipien der Verfassung zu zählen ist, will eine weitere Ansicht die Europafestigkeit dieser Norm auf ihren Kernbereich beschränken 277 . Zumindest insoweit wären integrationsfördernde und rechtsangleichende Maßnahmen der EG ihrer Wirksamkeit beraubt. Dagegen sucht der überwiegende Teil der Autoren die Anhaltspunkte zur Bestimmung der identitätsprägenden Essentialia in der Verfassung selbst. Als Maßstab wird dabei auf Art. 79 Abs. 3 GG zurückgegriffen, der das änderungsfeste Minimum an Verfassungsgrundsätzen festlegt 278 . Sind die dort genannten Rechtsprinzipien dem verfassungsändernden Gesetzgeber entzogen, so müsse dies erst recht für den einfachen Gesetzgeber bei der Übertragung von Hoheitsrechten nach Art. 24 Abs. 1 GG gelten 2 7 9 . Jedoch wird übereinstimmend festgestellt, daß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zum Gewährleistungsgehalt des Art. 79 Abs. 3 GG gehört und folglich nicht europafest i s t 2 8 0 . 275

Vernachlässigt werden kann eine Ansicht, die eine Kollision von EG-Recht und Art. 28 Abs. 2 GG von vornherein ausschließt, so Knopf, DVB1. 1980, 106

(110). 27 6

Schmidt-Eichstaedt, in: Wollmann/Roth, Kommunalpolitik, 1998, S. 323 (336); Martini/Müller, BayVBl. 1993, 161 (162 f.); von Mutius, StuGB 1989, 299 (304). 27 7 Gern, Kommunalrecht, Rn. 109; Zuleeg, in: Festgabe für von Unruh, 1983, S. 91 (93). 27 8 Waechter, Kommunalrecht, Rn. 13a; Blanke, DVB1. 1993, 819 (822); Faber, DVB1. 1991, 1126 (1132). 27 9 Schweitzer, StaatsR m, Rn. 46 e; Faber, DVB1. 1991, 1126 (1131). 280 Blanke, DVB1. 1993, 819 (822); Heberlein, DVB1. 1994, 1213 (1220); ders., BayVBl. 1993, 676 (677 ff.); Waechter, Kommunalrecht, Rn. 13a; Stober, Kommunalrecht, S. 42 f.; SchocK VerwArch. 81 (1990), 18 (51); Kr einer, RiA 1989, 141

6. Kapitel: Einwirkung des EG-Rechts auf die Gemeinden

87

Bei der Beurteilung des Meinungsstandes ist zu berücksichtigen, daß seit 1993 Art. 23 GG die Übertragung von Hoheitsrechten an die durch den Vertrag von Maastricht gegründete Europäische Union regelt. In Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG ist Art. 79 Abs. 2 und 3 GG ausdrücklich als Integrationsschranke benannt 281 . Die bis 1993 herrschende Ansicht hat damit Eingang in den Verfassungstext gefunden. Zur Bestimmung der änderungsfesten Verfassungsgrundsätze wird in überzeugender Weise auf Art. 79 Abs. 2 und 3 GG verwiesen, der die vom nationalen Verfassungsgesetzgeber als nicht übertragbar festgeschriebenen Verfassungswerte beinhaltet. Es ist deshalb nach der dritten Ansicht zu verfahren. Festzuhalten ist, daß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG keine identitätsbestimmende Verfassungsposition und deshalb nicht europafest ist. Die Beurteilung dieser Frage unter Zugrundelegung der Auffassung des EuGH (uneingeschränkter Anwendungsvorrang) wäre identisch mit den Ansichten des BVerfG und der Literatur, wonach Integrationsgrenzen zwar generell möglich, hinsichtlich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG jedoch nicht einschlägig sind 2 8 2 . Weitere Überlegungen zielen darauf ab, der Problematik des gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrangs dadurch ihre Bedeutung zu nehmen, indem das Recht dèi* kommunalen Selbstverwaltung als durch das EG-Recht bereits garantiert bezeichnet wird. Eine Kollision von Gemeinschaftsrecht und nationalem Recht wäre dann nicht gegeben. Herangezogen wird hierzu unter anderem ein eigens entwickelter allgemeiner gemeinschaftsrechtlicher Rechtsgrundsatz der kommunalen Selbstverwaltung 283 . Dieser soll sich aus der Existenz von vier Kriterien ergeben. Erstens würde eine rechtsvergleichende Betrachtung der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen das jeweilige Vorhandensein eines bestimmten Gehalts an kommunaler Selbstverwaltung bestätigen. Weiterhin füge sich der festgestellte Grundsatz kommunaler Selbstverwaltung in die Ziele und die Struktur der Gemeinschaft ein. Außerdem seien in völkerrechtlichen Vereinbarungen und in Stellungnahmen der Organe der EG Ansätze zu erkennen, aus denen ent(142); Mombaur/von Lennep, DÖV 1988, 988 (990); Faber, DVB1. 1991, 1126 (1131); Siedentopf, DÖV 1988, 981 (983); Hoppe, NVwZ 1990, 816 (818); Rengeling, DVB1. 1990, 893 (898); Knopf, DVB1. 1980, 106 (107); a.A. Seele, Der Kreis aus europäischer Sicht, 1991, S. 57, wonach das Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) einschlägig sein soll. 281 Dazu Selmayr/Prowald, DVB1. 1999, 269 ff. 282 An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts durch die Diskussion um die Frage, inwieweit EG-Recht zum „Rahmen der Gesetze" i.S.v. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gehört. Dazu Frenz, VerwArch. 86 (1995), 378 (391 ff.); Blanke, DVB1. 1993, 819 (820); Faber, DVB1. 1991, 1126 (1133). 283 Martini, Gemeinden in Europa, 1992, S. 148 ff.; dersJMüller, BayVBl. 1993, 161 (164 ff.).

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1. Teil: Europäisches Umweltrecht - Grundlagen, Rechtsakte, Umsetzung

nommen werden kann, daß die kommunale Selbstverwaltung auf Gemeinschaftsebene anerkannt sei. Dieser Versuch der Verankerung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes der kommunalen Selbstverwaltung ist unter Hinweis auf die unterschiedlichen mitgliedstaatlichen Standards der Selbstverwaltung zu Recht abgelehnt worden 2 8 4 . Allein das Vorhandensein lokaler Gebietskörperschaften ist für eine echte kommunale Selbstverwaltung noch nicht ausreichend. Vielmehr müsse das Recht und die Fähigkeit gewährleistet sein, im Rahmen der Gesetze einen wesentlichen Anteil der öffentlichen Angelegenheiten in eigener Verantwortung zum Wohl ihrer Einwohner zu regeln und zu gestalten. Daran fehle es bisher 2 8 5 . Zudem steht der Umstand, daß das Gemeinschaftsrecht gegenüber den internen Organisationsstrukturen der Mitgliedstaaten „blind" ist, der Anerkennung eines allgemeinen Rechtsgrundsatzes entgegen 286 . Eine weitere Ansicht versucht, die Problematik der Kollision zwischen EG-Recht und kommunaler Selbstverwaltung mit dem Hinweis auf das in Art. 5 Abs. 2 EGV verankerte Subsidiaritätsprinzip für unbeachtlich zu erklären 287 . Die Gemeinschaft habe mit dem Subsidiaritätsprinzip die kommunale Selbstverwaltung institutionalisiert. Da letztere somit auf Gemeinschaftsebene garantiert sei, erübrige sich eine Auseinandersetzung mit den Fragen des gemeinschaftsrechtlichen Anwendungsvorrangs. Das Subsidiaritätsprinzip beläßt die Zuständigkeit zur Aufgabenerledigung nach Möglichkeit den jeweils mitgliedstaatlich zuständigen Ebenen 2 8 8 . Jedoch ist eine gefestigte Konturierung des Subsidiaritätsprinzips bislang nicht zu verzeichnen 2 8 9 . Darüber hinaus haben die Gebietskörperschaften in einigen Mitgliedstaaten keine von der Verfassung anerkannte grundsätzliche Allzuständigkeit für die eigenverantwortliche Regelung der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, sondern sind lediglich dem Staat nachgeordnete Verwaltungsinstanzen 290 . Auch aus diesem Grunde ist die Auffassung, die aus dem Subsidiaritätsprinzip die Verankerung der kommunalen Selbstverwaltung auf Gemeinschaftsebene ableitet, abzulehnen.

284 Heberlein, BayVBl. 1996, 1 (3); ders., DVB1. 1994, 1213 (1219 f.); ders BayVBl. 1993, 676 (677 f.); Gern, Kommunalrecht, Rn. 104. 285 Heberlein, DVB1. 1994, 1213 (1219); ders., BayVBl. 1993, 676 (678). 286 Blanke, DVB1. 1993, 819 (825). 287 Spannowsky, UPR 1998, 161 (169); Fiedler, StT 1998, 376 (378); Uhlenküken, NWVB1. 1995, 421 (422); Rengeling, ZG 1994, 277 (287 ff.). 288 S. insbesondere Heberlein, Subsidiarität und kommunale Selbstverwaltung, NVwZ 1995, 1052 ff. 289 Gern, Kommunalrecht, Rn. 104; Blanke, DVB1. 1993, 819 (828); Martini/ Müller, BayVBl. 1993, 161 (165 f.); Heberlein, NVwZ 1995, 1052 (1056); ders., DVB1. 1994, 1213 (1218); ders., BayVBl. 1993, 676 (677). 290 Heberlein, BayVBl. 1993, 676 (677).

7. Kapitel: Ergebnis 1. Teil

89

IV. Ergebnis Das Recht der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist nicht in der Lage, Einwirkungen des EG-Rechts Grenzen zu ziehen. Daher bestehen hinsichtlich einer Beeinflussung der gemeindlichen Planungshoheit durch europäisches Umweltrecht keine rechtlichen Bedenken.

7. Kapitel

Ergebnis l.Teil Die kommunale Bauleitplanung wird von der UVP-RL, der FFH-RL und der Vogelschutz-RL beeinflußt. Ihre bauplanungsrechtlich relevanten Anforderungen sind durch § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB in die bauleitplanerische Abwägung integriert worden. Die jeweilige Umsetzung dieser umweltrechtlichen EG-Richtlinien war von erheblichen zeitlichen Verzögerungen geprägt. Das UVPG in der durch das BauROG geschaffenen Fassung 291 und das novellierte BNatSchG 2 9 2 stellen nunmehr die umweltrechtlichen Fachgesetze dar, an die § la Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB anknüpft. Die vom Recht der kommunalen Selbstverwaltung gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG umfaßte gemeindliche Planungshoheit wird von den umweltrechtlichen EGRichtlinien berührt, da von ihnen zusätzliche Vorgaben für die Bauleitplanung aufgestellt werden. Diese Beeinflussung ist jedoch sowohl europarechtlich als auch nach nationalem Recht zulässig.

291

BGBl. IS. 2081,2111. Bekanntmachung der Neufassung des BNatSchG vom 21.9.1998, BGBl. I S. 2994. 292

2. Teil Auswirkungen der umweltrechtlichen Richtlinien der E G und ihrer jeweiligen Umsetzung auf die kommunale Bauleitplanung 1. Kapitel

Regelungen des BauGB 1998 A. § la BauGB I. Zielsetzung Intention des das BauGB ändernden und durch zahlreiche Verfahrensschritte vorbereitete 1 BauROG 2 ist neben der Vereinheitlichung und Vereinfachung des Städtebaurechts die Stärkung ökologischer Belange in der Bauleitplanung 3 . Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, sind in den § 1 Abs. S BauGB und den dessen Grundsätze konkretisierenden § l a BauGB mehrere Regelungen eingefügt worden, die die Stellung des Umweltschutzes in der Bauleitplanung verdeutlichen und ausbauen. § 1 Abs. 5 BauGB enthält Direktiven für die bauleitplanerische Abwägung des § 1 Abs. 6 BauGB. Zu unterscheiden ist zwischen den allgemeinen Planungsleitsätzen (§ 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB) und den Berücksichtigungsgeboten (§ 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB). So ist den Planungsleitsätzen des § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB das Nachhaltigkeitsprinzip 4 in seiner bauplanungsrechtlichen Ausprägung vorangestellt worden. Danach sollen die Bauleitpläne eine nachhaltige städtebauliche 1 Hierzu Krautzberger/Wagner, DVB1. 1994, 1025 ff.; Dolde, NVwZ 1996, 209 ff.; Wagner, DVB1. 1996, 704 ff.; Krautzberger, NVwZ 1996, 1047 ff.; Steinfort, ZG 1997, 16 ff.; zusf. Schliepkorte, BBauBl 1997, 610. 2 Gesetz zur Änderung des Baugesetzbuches und zur Neuregelung des Rechts der Raumordnung (Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 - BauROG vom 18. August 1997, BGBl. I. S. 2081). 3 BT-Drs. 13/6392, S. 36; Lüers, DVB1. 1998, 433 (435); ders., ThürVBl. 1999, 80; grundlegend zu dieser Forderung schon Wagner, UPR 1995, 203 ff.; Battis, NuR 1995, 448 (453).

1. Kapitel: Regelungen des BauGB 1998

91

Entwicklung gewährleisten. Hiermit wird der Bauleitplanung die Aufgabe übertragen, durch ihre Festsetzungen zu einem gerechten Ausgleich der sozialen, ökonomischen und ökologischen Faktoren beizutragen 5. Die an § 1 Abs. 2 Satz 1 ROG orientierte Begriffsbestimmung der Nachhaltigkeit bringt zudem zum Ausdruck, daß der Umweltschutz als gleichrangiges Planungsziel der Bauleitplanung anerkannt ist. Übereinstimmend wird von den genannten Autoren festgestellt, daß der (neue) Begriff der Nachhaltigkeit den (alten), aus § 1 Abs. 5 Satz 1 BauGB gestrichenen Begriff der geordneten städtebaulichen Entwicklung mitumfaßt. Jedoch erhält der Zukunftsaspekt durch das Nachhaltigkeitsprinzip eine zusätzliche Bedeutung. Die Bauleitplanung wird hierdurch auf eine dauerhaft ausgewogene städtebauliche Ordnung ausgerichtet 6. Dieser Neuerungsgehalt des Nachhaltigkeitsbegriffs wird teilweise 7 bezweifelt. So ergebe ein Vergleich der in Bezug genommenen Begriffserläuterung in § 1 Abs. 2 Satz 1 ROG mit dem bisherigen Verständnis einer geordneten städtebaulichen Entwicklung keine wesentlichen Unterschiede. Zwar ist den Autoren darin zu folgen, daß die Bauleitplanung schon bislang dem Leitbild einer dauerhaften und ausgewogenen Ordnung der Gemeinde verpflichtet war. Jedoch wird mit der Gleichsetzung beider Begriffe der qualitative Zugewinn für die Bauleitplanung vernachlässigt, der mit der deutlicheren Ausrichtung auf die Zukunft verbunden ist. Nach § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die Belange des Umweltschutzes gemäß § la BauGB zu berücksichtigen. Die Besonderheit besteht hierbei darin, daß dieses Berücksichtigungsgebot seine genaue Ausformung erst durch die in Bezug genommene neue Vorschrift des § la BauGB erfährt. Gesetzestechnisch entschied sich der Gesetzgeber dafür, die Berücksichtigung umweltschützender Aspekte in die bauleitplanerische Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB . zu integrieren. Dieser Vorgehensweise liegt die Erkenntnis zugrunde, daß sachinhaltliche Anforderungen an die Bauleitpläne ohne ein geordnetes Verfahren, in dem sie ermittelt und bezüglich ihrer Bedeutung für Planungs- und Entwicklungsvorhaben sach- und fachgerecht beurteilt werden, kaum mit dem

4

Dazu Calliess, DVB1. 1998, 559 (560 ff.); Kirchgässner, ZfU 1997, 1 ff.; Schröder, AVR 34 (1996), 251 ff. 5 Mitschang, WiVerw 1999, 54 (55); Erbguth, VR 1999, 119 (120); Lüers, ThürVBl. 1999, 80; ders., DVB1. 1998, 433 (435); Spannow sky /Krämer, UPR 1998, 44 (45); Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, 1145 (1146); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 45; Fickert, BauR 1997, 947 (952). 6 Lüers, WiVerw 1999, 1 (11); ders., ThürVBl. 1999, 80; ders., DVB1. 1998, 433 (435); Schink, BauR 1998, 1163 (1165); Erbguth, VR 1999, 119 (121). 7 Spannowsky/Krämer, UPR 1998, 44 (45).

92 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Gewicht Berücksichtigung finden, wie es das Wohl der Allgemeinheit erfordert 8 . Die zentrale Vorschrift für das Verhältnis des Umweltschutzes zur Bauleitplanung ist jedoch der neugeschaffene § l a BauGB 9 . In ihm sind diejenigen Anforderungen enthalten, die bei der Bauleitplanung im Hinblick auf den Umweltschutz zu berücksichtigen sind. Nicht zu verkennen ist, daß umweltschützende Belange - insbesondere auch solche des europäischen Umweltrechts, § 17 UVPG - schon vor der Neufassung des BauGB in der Bauleitplanung von Bedeutung waren. Allerdings fanden sich solche Aussagen zumeist in den einzelnen umweltrechtlichen Fachgesetzen. Dies schuf einen konfliktfördernden Zersplitterungszustand, der einer klaren rechtlichen Behandlung dieser hochkomplexen Problematik oftmals abträglich war 1 0 . Die Neuregelung des § l a BauGB integriert nunmehr die umweltbezogenen Belange unter dem Dach der Bauleitplanung als der rechtlich maßgebenden Planung 11 . Die Zusammenführung der einzelgesetzlichen Maßgaben und Verfahren unmittelbar im BauGB soll die Steuerungsfähigkeit der Bauleitplanung für die gemeindliche Weiterentwicklung stärken. Außerdem ist durch die Zusammenführung beabsichtigt, ein Nebeneinander von räumlichen Planungssystemen zu vermeiden. Gleichzeitig soll die Verantwortung der Gemeinden für eine umweltverträgliche, ökologisch orientierte Planung verdeutlicht werden. Darüber hinaus wird das Ziel verfolgt, der im Jahre 1994 in das Grundgesetz eingefügten Staatszielbestimmung Umweltschutz (Art. 20a GG) Rechnung zu tragen. Insgesamt ist § l a BauGB Ausdruck der Erkenntnis, daß das Bauplanungsrecht das zentrale Umsetzungsinstrument der modernen Umweltpolitik darstellt 12 . Von diesen grundsätzlichen Erwägungen ausgehend ist die gemeinschaftsrechtlich determinierte Umweltverträglichkeitsprüfung deshalb in das BauGB übernommen worden, weil ihr Stellenwert für Bebauungsplanverfahren hervorgehoben werden soll. Desweiteren wurde der bauplanungsrechtlich relevante Teil der FFH-RL und der Vogelschutz-RL in den § la BauGB mit dem Ziel aufgenommen, das Recht der Bauleitplanung an den Schutzgrund8

Schlichter/Stich, BauGB, § la, Rn. 4; Stich, UPR 1998, 121. Überblick bei Mitschang, WiVerw 1999, 54 ff.; Lüers, ThürVBl. 1999, 80 ff.; ders., ZfBR 1997, 231 (234); Gassner, NuR 1999, 79 ff.; Krautzberger, NuR 1998, 455 ff.; Schink, BauR 1998, 1163 ff.; Stich, UPR 1998, 121 ff.; K.Wagner, BayVBl. 1998, 161 (162); Preschel, NJ 1998, 13 f.; Stüer, DVB1. 1997, 1201 (1202 f.); Schliepkorte, BBauBl 1997, 610 (611 ff.). 10 In diesem Sinne auch Wagner, UPR 1997, 387 (392); ders., DVB1. 1996, 704 (709); ders., UPR 1995, 203. 11 Hierzu BT-Drs. 13/6392, S. 36. 12 Ausführlich Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 1. 9

1. Kapitel: Regelungen des BauGB 1998

93

Sätzen des europäischen Naturschutzrechts auszurichten und beide Regelungsbereiche miteinander zu verzahnen 13 . Ferner fanden die Bodenschutzklausel in § la Abs. 1 BauGB, die Landschaftsplanung in § l a Abs. 2 Nr. 1 BauGB und die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in § la Abs. 2 Nr. 2 BauGB Aufnahme in den den Umweltschutz mit der Bauleitplanung verschränkenden § l a BauGB. Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung im Bauleitverfahren soll durch die Übernahme in das BauGB fortentwickelt und in ihrer Praxistauglichkeit verbessert werden 14 . Ihre ordnungsgemäße Handhabung war seit ihrer Einführung im Jahre 1993 umstritten 15 . Anwendungsschwierigkeiten entstanden insbesondere wegen des kompliziert formulierten Gesetzestextes des § 8a BNatSchG a.F., der es nur noch wenigen Planungsbeteiligten ermöglichte, klare Handlungsanweisungen zu ermitteln 16 . Außerdem ist grundsätzlich bemängelt worden, daß die Vorverlagerung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung auf die Ebene der Bauleitplanung zu Zeitverzögerungen beim Inkrafttreten der Bauleitpläne führe. Solange die Prüfung der naturschutzrechtlichen Erfordernisse nicht abgeschlossen war, konnte der Bauleitplan nicht beschlossen werden. Die mit § 8a BNatSchG a.F. vorgenommene Verschränkung des Naturschutzrechts mit dem Städtebaurecht war daher verbesserungsbedürftig.

II. Systematik Die Maßgaben des europäischen Umweltrechts dienen in systematischer Hinsicht der Konkretisierung des Berücksichtigungsgebots des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB 1 7 . Wegen dieses Umstandes stellen sie öffentliche Belange dar, die Gegenstand der bauleitplanerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB sind. Genau diese abwägungsbedeutsame Funktion der Belange europäischen Umweltrechts wiederholt § l a Abs. 2 a.A. BauGB. Herausgestellt und näher bestimmt wird damit das, was zunächst auch ohne den Verweis in § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB, d.h. allein aufgrund der nach dieser Vorschrift ohnehin zu beachtenden Umweltschutzbelange, in 13

BT-Drs. 13/6392, S. 37 f. BT-Drs. 13/6392, S. 36; zur neuen Regelung Gassner, NuR 1999, 79 ff.; Schmidt, NVwZ 1998, 337 ff.; Krautzberger, NuR 1998, 455 ff.; Louis, NuR 1998, 113 ff.; Schink, DVB1. 1998, 609 ff. 15 Dazu ausführlich Steinfort, VerwArch. 86 (1995), 107 ff. 16 Steinfort, VerwArch. 86 (1995), 107 (109 f.). 17 Krautzberger, in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, BauGB, Teil C, Rn. 25 (S. 333); ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 2; Battis , Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 70; Schink, BauR 1998, 1163 (1165); Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (81); ders., DVB1. 1998, 433 (436); Mitschang, WiVerw 1999, 54 (56); ders., WiVerw 1998, 20 (28). 14

94 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Verbindung mit § 1 Abs. 6 BauGB gelten würde. Verdeutlichend legt § la Abs. 2 a.A. BauGB nunmehr fest, welche Aspekte des Umweltschutzes in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB „auch" zu berücksichtigen sind. Grundlage der Abwägung und Maßstab der Berücksichtigung der durch die UVP-, die FFH- und die Vogelschutz-RL an die Bauleitplanung gestellten Anforderungen ist das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 BauGB, dessen wesentliche Aussagen nachfolgend beschrieben werden sollen. 1. Abwägungsgebot Die bauleitplanerische Abwägung stellt den Kern der planerischen Willensbildung dar. Diese ist durch die Planungsphasen des Erkennens, des Bewertens und der Verwirklichung bestimmter planerischer Belange geprägt. Als Träger der Planungshoheit ist der Gemeinde eine Gestaltungsfreiheit eingeräumt 18 . Hierdurch ist die Gemeinde in den Stand gesetzt, autonom darüber zu entscheiden, wie sie sich städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Dabei werden ihr jedoch insbesondere durch das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 6 BauGB Grenzen gesetzt. Danach sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen öffentliche und private Belange nicht beliebig oder einseitig interessengesteuert, sondern gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Der so den Gemeinden überantwortete Abwägungsvorgang erfolgt in drei Stufen. Zunächst ist das Abwägungsmaterial, d.h. die im zu beplanenden Gebiet vorhandenen öffentlichen und privaten Belange, zu ermitteln und zusammenzustellen. Die öffentlichen Belange werden durch § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB - nicht abschließend - benannt, als private Belange kommen neben subjektiven Rechten auch alle sachlich begründeten privaten Interessen in Betracht. Objektiv geringwertige und nicht schutzwürdige Interessen sind dabei nicht berücksichtigungsfähig und daher auszusondern 19. Anschließend muß die Gemeinde die ermittelten planungserheblichen Belange bewerten, wobei sie sich an den Berücksichtigungsgeboten des § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB zu orientieren hat. Gleichwohl besitzen die dort genannten öffentlichen Belange nicht von vornherein ein höheres Gewicht als die privaten Belange 20 . Danach findet die eigentliche Abwägung, d.h. die Abwägung i m engeren Sinne, der ermittelten und bewerteten öffentlichen und privaten Belange statt. Hier kann die Gemeinde aufgrund ihrer Gestaltungsfreiheit einzelne Belange vorziehen und damit einer Verwirklichung durch Festsetzung in 18 19 20

Finkelnburg/Ortloff, Öffentliches Baurecht, Bd. 1, S. 32. LUers , WiVerw 1999, 1 (13). BVerwGE 47, 144 (148); 92, 231 (239); Lüers, WiVerw 1999, 1 (14).

1. Kapitel: Regelungen des BauGB 1998

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einem Bauleitplan zuführen oder aber bestimmte Belange zurückstellen. Wie diese abwägende Beurteilung zu erfolgen hat, hängt von der konkreten Planungssituation, dem jeweils veranschlagten Gewicht einzelner Faktoren und zudem davon ab, welche Prämissen die Gemeinde bei ihrer städtebaulichen Fortentwicklung gesetzt hat. Das aus dem dreistufigen Abwägungsvorgang resultierende Abwägungsergebnis wird durch den aufgestellten Bauleitplan verkörpert. Zu betonen ist dabei, daß dieser in der Regel Kompromißcharakter tragen wird, da ein alle Belange optimierender Ausgleich nicht zu gewährleisten ist. Der besondere Charakter der sich aus dem Abwägungsvorgang und dem -ergebnis zusammensetzenden bauleitplanerischen Abwägung folgt aus der planerischen Gestaltungsfreiheit, die der Gemeinde eingeräumt ist. Diesem Umstand muß auch die rechtliche Nachprüfbarkeit der Abwägungsentscheidung Rechnung tragen. Eine uneingeschränkte Justitiabilität hieße, die planerische Gestaltungsfreiheit zu entwerten. Dementsprechend ist eine rechtliche Nachprüfung des Abwägungsgebotes nur in eingeschränktem Umfange möglich. Die hierbei maßgebenden Grundsätze werden nach der Rechtsprechung des BVerwG 2 1 durch die Abwägungsfehlerlehre bestimmt. Fehlerhaft ist der Abwägungsvorgang danach in den drei folgenden Fällen: 1. Eine sachgerechte Abwägung hat überhaupt nicht stattgefunden (sog. Abwägungsausfall). 2. In die vorgenommene Abwägung sind Belange nicht eingestellt worden, die nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden müssen (sog. Abwägungsdefizit). 3. Bei der Abwägung ist die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt worden (sog. Abwägungsfehleinschätzung). Fehlerhaft ist dagegen das Abwägungsergebnis, wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen wurde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (sog. Abwägungsdisproportionalität). Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die Gemeinde im Falle einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen Belangs entscheidet.

21

BVerwGE 34, 301 (309); 45, 309 (314 f.); 90, 329 (331); ausführlich zum Abwägungsgebot und seiner rechtlichen Überprüfbarkeit Battis , Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 97 ff.; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 90 ff.

96 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Liegt eine Verletzung des Abwägungsgebots des § 1 Abs. 6 BauGB vor, ist zu untersuchen, ob die Vorschriften über die Planerhaltung (§§ 214-216 BauGB) die aufgetretenen Abwägungsfehler heilen. 2. Ergebnis der UVP - § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB bestimmt, daß die Bewertung der ermittelten und beschriebenen Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt entsprechend dem Planungsstand (Umweltverträglichkeitsprüfung) immer dann Bestandteil der bauleitplanerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB ist, wenn im Bebauungsplanverfahren die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG begründet werden soll. M i t dieser neuen Vorschrift ist keine materielle Rechtsänderung gegenüber den §§ 2, 17 UVPG verbunden, die bislang die rechtstechnische Brücke zwischen der UVP und dem Bebauungsplanverfahren bildeten 2 2 . Durch die Integration der UVP in das Recht der Bauleitplanung wird vielmehr ausdrücklich klargestellt, daß dieser besondere Verfahrensschritt ein in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigender öffentlicher Belang ist. Daneben ist darauf hinzuweisen, daß die Anlage zu § 3 UVPG, die insofern die Erforderlichkeit einer UVP für Bebauungsplanverfahren steuert, durch Art. 7 BauROG um die Nummern 18 und 19 erweitert worden ist. Im einzelnen bedeutet dies für die Anwendung der Norm folgendes: Soweit ein von der Gemeinde selbst oder einem privaten Träger geplantes Vorhaben von der Anlage zu § 3 UVPG erfaßt wird und seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit durch den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan begründet werden soll, hat die Gemeinde eine UVP dieses Bebauungsplans zu veranlassen. Für die materiellen Anforderungen an die Durchführung der UVP bleibt weiterhin das fachgesetzliche UVPG maßgebend 23 . Hieran wird deutlich, daß § la Abs. 2 BauGB die Kernaussagen der umweltrechtlichen Fachgesetze lediglich zusammenfaßt und ihre jeweilige bauplanungsrechtliche Relevanz herausstellt. Ihr Regelungsgehalt hinsichtlich der durchzuführenden besonderen Verfahren wird jedoch unangetastet gelassen. Liegt mit der erfolgten Bewertung der umweltrelevanten Auswirkungen des Vorhabens das Ergebnis der UVP vor, hat die Gemeinde dieses als öffentlichen Belang in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzustellen und gegenüber den anderen Belangen abzuwägen.

22

BT-Drs. 13/6392, S. 43; Mitschang, WiVerw 1999, 54 (65); Erbguth, VR 1999, 119 (124); LUers, ThürVBl. 1999, 80 (82); Schink, ZfBR 1998, 284 (289); ders., BauR 1998, 1163 (1171); K.Wagner, BayVBl. 1998, 161 (162). 23 Wagner, UPR 1997, 387 (394).

1. Kapitel: Regelungen des BauGB 1998

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3. Anforderungen der FFH- und Vogelschutz-RL § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB Bei der systematischen Einordnung der bauplanungsrechtlich relevanten Vorschriften der FFH-RL und der Vogelschutz-RL ist gemäß § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB zu unterscheiden: Gemäß § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB sind die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen. Berücksichtigung ist dabei im Sinne einer Unterstützung dieser Ziele und Zwecke zu verstehen 24 . Die hinsichtlich der besonderen Schutzgebiete zu beachtenden materiellen Regelungen ergeben sich auch hier aus dem umweltrechtlichen Fachgesetz, den §§ 19a ff. BNatSchG. Den Erhaltungszielen und den Schutzzwecken der Schutzgebiete kommt durch die Integration in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB die Qualität öffentlicher Belange zu. Können dagegen die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete erheblich beeinträchtigt werden, ist gemäß § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB eine ebenfalls in die Abwägung integrierte Prüfung nach der FFH-RL vorzunehmen. Bei Bauleitplanungen in besonders schutzwürdigen Gebieten ist die Konsultation der EU-Kommission vorgesehen. Für diese Verfahren sind §§ 19a ff. BNatSchG anzuwenden. Das Ergebnis der Prüfung nach der FFH-RL geht anschließend als öffentlicher Belang in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB ein. Der hierdurch auf die Abwägung und ihr Ergebnis konkret ausgeübte Einfluß ist später darzustellen.

B. § 29 Abs. 3 BauGB Einen weiteren rechtlichen Anknüpfungspunkt der FFH- und der Vogelschutz-RL (§§ 19a ff. BNatSchG) im Baugesetzbuch bildet § 29 Abs. 3 BauGB. Systematisch gehört diese Vorschrift allerdings nicht zum Recht der Bauleitplanung, das in den §§ 1 bis 13 BauGB verankert ist. § 29 Abs. 3 BauGB steht an der Spitze der Regelungen über die bauliche und sonstige Nutzung von Grundstücken. In diesem Abschnitt wird festgelegt, nach welchen Vorschriften sich die Zulässigkeit von Vorhaben in den einzelnen Planungsgebieten bestimmt.

24

Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. 114 b; Erbguth, VR 1999, 119 (124); ders. y Grundfragen des neugefaßten Städtebaurechts im Verhältnis zum Umweltrecht, Rostocker Umweltrechtstag 1998, Thesenpapier, S. 2, These 6; Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 133; Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (83); ders., DVB1. 1998, 433 (438); Wagner, UPR 1997, 387 (394); Wagner/Mitschang, DVB1. 1997, 1137 (1144). 7 Schladebach

98 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Die Einbeziehung der Anforderungen der §§ 19a ff. BNatSchG ist in § 29 Abs. 3 BauGB ähnlich wie in § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB gestaltet. Ungeachtet ihrer anderen systematischen Verortung im BauGB soll die Vorschrift und ihr Bezug zum europäischen Naturschutzrecht deswegen eine überblicksartige Darstellung finden. 2. Kapitel

Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung Die UVP in der Bauleitplanung ist einem steten Wandel ausgesetzt. Dies liegt insbesondere an dem Bestreben des Gesetzgebers, den durch die UVPRL an das nationale Bauleitplanungsrecht gestellten Anforderungen stets adäquat zu entsprechen. Schwierigkeiten bei der erforderlichen Verknüpfung der betroffenen Rechtsgebiete entstanden dabei auf zwei Ebenen: Während zum einen die nicht immer einfache Umsetzung europäischen in nationales Umweltrecht geleistet werden mußte, war zum anderen die seither problembehaftete Ausbalancierung zwischen nationalem Umweltrecht und Bauleitplanungsrecht vorzunehmen. Ein vorläufiges Ende dieser Harmonisierungsaktivitäten stellt der zum 1.1.1998 in Kraft getretene § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB dar, der das Ergebnis der UVP bestimmter Bebauungspläne in die bauleitplanerische Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB integriert. Nach einer Beschreibung der generellen Durchführung einer UVP ist zu untersuchen, wie ihr rechtlicher Einfluß auf das Bauleitplanungsrecht ausgestaltet ist. Einzugehen sein wird hierbei auch auf die vor 1998 geltenden Grundsätze, da deren Aussagen für das dem BauGB nun zugrundeliegende Verständnis von erheblicher Bedeutung sind.

A. Durchführung der UVP In welchen Verfahrensschritten eine UVP durchzuführen ist, wurde durch die UVP-RL vom 27.6.1985 festgelegt und durch das UVPG 1990 national geregelt 25 . Zu verkennen ist indessen nicht, daß bereits im Jahre 1975 ein Beschluß durch die Bundesregierung 26 gefaßt wurde, in dem Grundsätze für die Prüfung der Umweltverträglichkeit öffentlicher Maßnahmen des Bundes aufgestellt worden sind. Ungeachtet der schon differenziert ausgestalteten 25

Ausführlich zur UVP zuletzt Schink, NuR 1998, 173 ff.; Hien, NVwZ 1997, 422 ff.; Schwab, NVwZ 1997, 428 ff.; Erbguth, NuR 1997, 261 ff.; Mayen, NVwZ 1996, 319 ff. 26 Beschluß der Bundesregierung vom 22.8.1975, GMB1. S. 717.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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Prüfungsschritte beschränkt sich die Anwendung dieser UVP-Grundsätze jedoch ausdrücklich auf öffentliche Maßnahmen des Bundes sowie der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Art. I des Beschlusses). Insbesondere finden die für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinden keine Erwähnung. Anhaltspunkte für eine der europäischen Entwicklung vorgreifende nationale Schnittstellennormierung zwischen Umweltrecht und Bauleitplanungsrecht lassen sich deshalb hieraus nicht ableiten. I. Anwendungsbereich Die übliche europäische Gesetzgebungstechnik übernehmend wird der Anwendungsbereich der UVP durch eine Anlage zu § 3 UVPG festgelegt, in der enumerativ die Vorhaben aufgeführt sind, die einer UVP zu unterziehen sind. Durch Art. 7 BauROG 2 7 , der eine vorweggenommene Teilumsetzung der UVP-Änderungs-RL vom 3.3.1997 darstellt, ist die Anlage zu § 3 UVPG um die Nr. 18 (Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe) und Nr. 19 (nach Landesrecht vorgesehene UVP) ergänzt worden. Es ist jedoch absehbar, daß die Anlage zu § 3 UVPG erneut erweitert wird. Die UVP-Änderungs-RL vom 3.3.1997 hat die Anhänge I und Π der UVP-RL um zahlreiche Projekte ergänzt 28 . Anhang I, der die zwingend UVP-pflichtigen Projekte enthält, erfaßt nunmehr beispielsweise Ölpipelines und Stauwerke. Windfarmen und Deichbauten sind neuerdings Projekte des Anhangs II, der die Anordnung einer UVP in das Ermessen der Mitgliedstaaten stellt. Die erforderliche Umsetzung in die Anlage des UVPG wird die Anzahl UVP-pflichtiger Projekte erhöhen. I I . UVP-Verfahren 1. Allgemeines Verfahren Die als ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Zulassungsverfahren konzipierte UVP stellt eine Regelung zur fachübergreifenden Informationsbeschaffung dar, die für die beabsichtigte Abschätzung des Umweltrisikos, das die Verwirklichung bestimmter Vorhaben birgt, erforderlich ist. Die hierzu gesetzlich vorgesehenen Verfahrensschritte sind die frühzeitige und umfassende Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf den Menschen, die einzeln aufgezählten Umweltmedien sowie Kultur- und Sachgüter (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG). 27

BGBl. I 1997, S. 2081 (2111). Schink, NVwZ 1999, 11 (14 ff.); Schliepkorte, NVwZ 1997, 1167 (1168 f.). 28

7*

ZfBR 1999, 66 (73); Becker,

100 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Die Ermittlung umweltbezogener Auswirkungen setzt gemäß § 5 UVPG voraus, daß der Vorhabenträger die zuständige Behörde durch Vorlage geeigneter Unterlagen über das geplante Vorhaben unterrichtet und anschließend mit dieser und gegebenenfalls unter Hinzuziehung anderer Behörden oder Sachverständiger Gegenstand, Umfang und Methoden der UVP erörtert. Daraufhin hat die zuständige Behörde darüber zu befinden, welche entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen der Vorhabenträger nach § 6 UVPG beizubringen hat, wobei sie ihn durch eigene Informationen unterstützen soll. Inhalt und Umfang der beizubringenden Unterlagen richten sich nach § 6 Abs. 3 u. 4 UVPG. Die Regelung des § 5 UVPG bezieht private Vorhabenträger in das UVPVerfahren und damit in die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe in der Weise ein, daß ihnen einzelne Aufgaben bei der Durchführung dieses Verfahrens - hier die Beibringung aussagekräftiger Unterlagen über das geplante Vorhaben - zugewiesen worden sind. Die staatlichen Umweltbehörden wurden dadurch von Aufgaben, die ihnen aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 24 VwVfG) oblagen, teilweise entbunden. Die Gesamtverantwortung für das UVP-Verfahren verbleibt jedoch bei den staatlichen Einrichtungen. Diese Übertragung von Aufgaben auf Privatrechtssubjekte stellt demnach eine partielle Verfahrensprivatisierung dar und ist dem Oberbegriff der formellen Privatisierung 29 zuzuordnen. Im Anschluß daran hat die zuständige Behörde aufgrund ihrer Amtsermittlungspflicht andere, gegebenenfalls auch ausländische Behörden zu beteiligen (§§ 7, 8 UVPG). Außerdem wird durch § 9 UVPG die Anhörung der Öffentlichkeit vorgeschrieben, deren Grundlage die ausgelegten Unterlagen nach § 6 UVPG bilden. Sodann erarbeitet die zuständige Behörde eine zusammenfassende Darstellung der Auswirkungen des Vorhabens auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Schutzgüter ( § 1 1 UVPG). Sie enthält Aussagen über Art, Umfang und Häufigkeit bestimmter Umweltauswirkungen sowie deren Eintrittswahrscheinlichkeit. Abschließend werden aufgrund dieser Darstellung die zu gewärtigenden Umweltauswirkungen bewertet und bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens berücksichtigt ( § 1 2 UVPG). Als Bewertungsmaßstäbe kommen nur rechtliche Kriterien in Betracht, die umweltinterne Intentionen besitzen 30 . Die Berücksichtigungspflicht ist wegen der Formulierung „nach 29

Zu den Privatisierungsbegriffen Schuppen, DÖV 1995, 761 (766 f.); Schoch, DVB1. 1994, 962 (962 f.). 30 Erbguth/Schink, UVPG, § 12, Rn. 7 ff.; Mayen, NVwZ 1996, 319 (322); nicht unbestr., m.w.N. Erbguth/Schink, ebd.; Beckmann, DVB1. 1993, 1335; Hoppe/Appold, DVB1. 1991, 1221.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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Maßgabe der Gesetze" so zu verstehen, daß das Ergebnis der zuvor erfolgten Bewertung wegen des integrativen Ansatzes der UVP bei der Anwendung der jeweiligen Zulassungsnorm mit einzubeziehen ist 3 1 . 2. Verfahren in der Bauleitplanung Die fachgesetzliche Norm für die Durchführung der UVP in der Bauleitplanung, an die § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB anknüpft, ist § 17 UVPG. In § 17 Satz 1 UVPG wird bestimmt, daß die UVP nach § 2 Abs. 1 Satz 1-3 UVPG im Bauleitplanverfahren nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs durchgeführt wird. Zentrale Aussage dieser Verweisungsregelung ist die erforderliche Eingliederung der UVP in das Planaufstellungsverfahren. Die UVP wird im Planaufstellungsverfahren selbst abgewickelt 32 . Dabei sind nach § 17 Satz 2 UVPG die §§ 2 Abs. 1 Satz 1-3, 8 UVPG anzuwenden. Gegenstand der UVP sind nach den §§ 17 Satz 1, 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG Bebauungspläne, durch die die Zulässigkeit von Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG begründet werden soll (projektbezogene Bebauungspläne), sowie Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG ersetzen (planfeststellungsersetzende Bebauungspläne). a) Zuständigkeit Das dargestellte allgemeine UVP-Verfahren hat sich infolge der besonderen Zuständigkeitskonstellation im Bebauungsplanverfahren am BauGB zu orientieren. Während bei der UVP üblicherweise der - zumeist private Vorhabenträger zur Realisierung seines Vorhabens an die zuständige Behörde herantritt, vereinigt hier grundsätzlich die planende Gemeinde die Stellung beider Beteiligter auf sich. Zur Aufstellung von Bebauungsplänen - und zwar auch solcher, die UVP-pflichtige Vorhaben bauplanungsrechtlich zulassen - ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB ausschließlich die Gemeinde befugt. Deswegen ist sie in den vom UVPG genannten Fällen verpflichtet, den aufzustellenden Bebauungsplan, der ein bestimmtes Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG zulassen soll, seinem Planungsstand entsprechend auf Umweltverträglichkeit durch Sichtung und Auswertung geeigneter Unterlagen sowie Einbindung von Sachverständigen, Fachbehörden und der Öffentlichkeit zu prüfen. Die den Gemeinden bei der Bauleitplanung eingeräumte autonome Stellung erfaßt somit auch die - hier in Form des 31 Erbguth/Schink, UVPG, § 12, Rn. 30; Lange, DÖV 1992, 780 (781); instruktiv zum Ganzen auch Schmidt-Preuß, DVB1. 1995, 485 ff. 32 Schink, ZfBR 1998, 284 (289); Peters, UVPG, Bd. 2, § 17, Rn. 10.

102 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung UVPG angeordneten - vorbereitenden Planungsschritte 33 . Dies führt dazu, daß die Gemeinde ihren eigenen Planungswillen daraufhin untersucht, ob die diesen realisierenden planungsrechtlichen Festsetzungen umweltverträglich sind. Die Risiken, die aus dieser Selbstüberprüfung des planerischen Tätigwerdens erwachsen können, sind offensichtlich. Es besteht die Gefahr, daß die durch das Umweltrecht diesbezüglich gestellten Anforderungen vernachlässigt werden. Den im aufzustellenden Bebauungsplan enthaltenen Planungsvorstellungen könnte so einfacher Geltung verschafft werden. Zu betonen ist jedoch, daß die Gemeinde nicht in jedem Fall aus gänzlich eigener Motivation Bebauungspläne aufstellt. Insbesondere bei einigen Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG, die bauplanungsrechtlich durch einen ausschließlich auf das UVP-pflichtige Projekt bezogenen Bebauungsplan festgesetzt werden sollen, wird ein externer Investor zur Realisierung und bauplanungsrechtlichen Absicherung seines Vorhabens den Erlaß eines mit entsprechenden zulässigkeitsbegründenden Festsetzungen versehenen Bebauungsplans anregen. Hierfür kommt insbesondere die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans gemäß § 12 BauGB 3 4 in Betracht. Da durch ihn die Begründung bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit auch einzelner Vorhaben ermöglicht wird, ist er im Hinblick auf UVP-pflichtige Vorhaben und deren bauplanungsrechtliche Festsetzung besonders geeignet. Zu betonen ist allerdings, daß sich das Verhältnis zwischen dem Investor und der Gemeinde als informell darstellt 35 , da ersterer nicht im Wege der üblichen verwaltungsrechtlichen. Formen ein bestimmtes Verwaltungshandeln verlangen kann 3 6 . Ein Anspruch auf die Aufstellung von Bauleitplänen besteht gemäß § 2 Abs. 3 BauGB nicht. Ob die Gemeinde deswegen aber generell die Rolle des Vorhabenträgers übernimmt, wird unterschiedlich beurteilt. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das nur informelle Verhältnis zwischen dem Investor und der Gemeinde wird zum Teil vertreten, daß die Gemeinde stets Vorhabenträger ist 3 7 . Von einer anderen Ansicht wird dagegen auf die Verpflichtungen der §§ 5, 6 UVPG hingewiesen, deren Erfül-

33

Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 29. Dazu Stich, WiVerw 1999, 22 ff.; Turiaux, NJW 1999, 391 ff.; Menke, NVwZ 1998, 577 ff.; Reidu BauR 1998, 909 ff. 35 Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 94; Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (352). 36 Allgemein zu informellen Verwaltungsverhältnissen Erichsen, in: ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 32, Rn. 1 ff.; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 15, Rn. 14 ff. 37 Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (352); ohne Begründung gleicher Ansicht Kunig, in: FS Weyreuther, 1993, S. 157 (168). 34

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

103

lung dem privaten Investor und gerade nicht der Gemeinde obliegt 3 8 . Danach ist die Gemeinde in den Fällen des extern angeregten Bebauungsplans nicht Vorhabenträger. Trotz des Umstands, daß das bipolare Verhältnis des UVPG zwischen Behörde und Vorhabenträger modifiziert wird, ist ein privater Investor vorhanden, der das Vorhaben geplant hat und der die nach dem UVPG bestehenden Rechte und Pflichten wahrnimmt. Andernfalls wäre die Durchführung einer UVP nicht sinnvoll vorzunehmen. Die Beibringung geeigneter Unterlagen über das Vorhaben könnte von der Gemeinde regelmäßig nicht geleistet werden. Dem Investor die Vorhabenträgereigenschaft abzuerkennen, hieße, ihn aus seinen diesbezüglichen Verpflichtungen nach §§ 5, 6 UVPG zu entlassen. Doch die Erfüllung gerade dieser Verpflichtungen liegt in seiner Kompetenz und seinem Interesse. Anders als beim planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan, bei der die Gemeinde selbst Vorhabenträger im Sinne des UVPG ist, existiert bei projektbezogenen Bebauungsplänen oftmals ein Investor, der die Rolle des Vorhabenträgers einnimmt. Die Gemeinde ist somit nicht generell Träger des Vorhabens. Wird die Aufstellung eines projektbezogenen Bebauungsplans nicht extern angeregt, kann in diesen Fällen auch die Gemeinde Vorhabenträger sein 39 . Unabhängig davon, ob ein Privater Vorhabenträger ist, plant die Gemeinde sowohl bei planfeststellungsersetzenden Bebauungsplänen als auch bei den projektbezogenen Bebauungsplänen in eigener Sache 40 . Während bei den erstgenannten Plänen der Planungswillen originär den gemeindlichen Vorstellungen entspringt, muß sie sich bei den zweitgenannten Plänen die Planungsinteressen des Investors, gegebenenfalls in abgewandelter Form, zu eigen machen. Die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinden zur Planaufstellung gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB wird keinesfalls berührt. Allerdings gestaltet sich die Beibringung geeigneter Unterlagen zur Beurteilung umweltbezogener Auswirkungen des Vorhabens bei einem externen Vorhabenträger in der Regel einfacher, denn jener wird wegen der Nähe zu seinem Vorhaben über aussagekräftige Materialien verfügen. So kann die Gemeinde hinreichend unterstützt werden. Voraussetzung bleibt jedoch, daß sie sich der Planungsabsichten des privaten Vorhabenträgers annimmt und sie in einer entsprechenden Bebauungsplanung umsetzt. Die Entscheidung darüber ist allein ihr vorbehalten und Ausdruck ihrer Planungshoheit.

38 Schink, ZfBR 1998, 284 (290); Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 6; Hoppe/ Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 54. 39 Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 6; Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 54. 40 So auch Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (352).

104 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung b) Anforderungen an das Verfahren in der Bauleitplanung

der UVP

Gemäß § 17 Satz 2 UVPG sind §§ 2 Abs. 1 Satz 1-3, 8 UVPG bei der UVP in der Bauleitplanung anzuwenden. Der damit einbezogene § 2 Abs. 1 Satz 3 UVPG erfordert die Einbeziehung der Öffentlichkeit. Die Maßgaben hierfür ergeben sich nach dem Verweis des § 17 Satz 1 UVPG aus dem Baugesetzbuch. Bei der Aufstellung 41 des UVP-pflichtigen Bebauungsplans sind mithin - wie bei allen Bebauungsplänen - die Regelungen über die Bürgerbeteiligung und die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange anzuwenden.

aa) Bürgerbeteiligung Die Bürgerbeteiligung hat den Planentwurf im allgemeinen und seine Umweltrelevanz im besonderen zum Gegenstand42. Die frühzeitige Bürgerbeteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB und die öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB bilden die zwei Schritte der Bürgerbeteiligung. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB sind die Bürger möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebietes in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten. Außerdem ist ihnen Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Dies setzt zwingend voraus, daß sich die Planung schon so weit konkretisiert hat, daß eine Unterrichtung und Diskussion über die Ziele, Zwecke, Auswirkungen und Alternativen überhaupt möglich ist. Um die Auswirkungen der Planung gerade auch in ihrer umweltbezogenen Komponente abschätzen und der Öffentlichkeit bereits konkretisiert darstellen zu können, wird in der Praxis zunehmend dazu übergegangen, in die Phase der frühzeitigen Bürgerbeteiligung eine verwaltungsinterne Umweltverträglichkeitsstudie einzubringen 43 . Die öffentliche Auslegung des Planentwurfs als zweiter Stufe hat den formalisierten Anforderungen des § 3 Abs. 2 BauGB zu entsprechen. Zusammen mit dem Planentwurf ist seine Erläuterung oder seine Begründung auf die Dauer eines Monats öffentlich auszulegen. Während der Auslegungsfrist können von der Öffentlichkeit Anregungen vorgebracht werden, die von der Gemeinde zu prüfen sind. Neben dem allgemeinen Ziel, auf diesem Wege 41

Zum Planaufstellungsverfahren Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 85 ff. 42 Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (352). 43 Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 35; Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (353).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung105 das vollständige Zusammentragen des Abwägungsmaterials zu gewährleisten, sollen die Bürger darüber hinaus in die Lage versetzt werden, sich ein Urteil über die Umweltauswirkungen der Planung zu bilden 4 4 . Erforderlich ist dafür eine bereits fortgeschrittene Planung, deren Begründung die zu erwartenden Umweltauswirkungen mit hinreichender Deutlichkeit darstellt und die gemeindliche Umweltverträglichkeitsstudie gegebenenfalls unterstützend mit einbezieht. bb) Trägerbeteiligung Ähnlich wie die Bürgerbeteiligung ist die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange zweiphasig gestaltet. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BauGB holt die Gemeinde die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt wird, möglichst frühzeitig ein. Die Stellungnahmen sind innerhalb eines Monats abzugeben. Diese erste Phase kann gleichzeitig mit der öffentlichen Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB durchgeführt werden. Eine derartige Vorgehensweise birgt allerdings das Risiko, wegen der zeitlichen Grenzen nicht alle notwendigen Informationen zu erhalten und den Plan nachträglich ändern und nach § 3 Abs. 3 BauGB erneut auslegen zu müssen. Die öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB stellt auch für die Trägerbeteiligung die zweite Phase dar 4 5 . § 3 Abs. 2 Satz 3 BauGB bestimmt, daß die nach § 4 Abs. 1 BauGB Beteiligten von der Auslegung benachrichtigt werden sollen. Anschließend haben sie nochmals die Möglichkeit, innerhalb der Monatsfrist Anregungen vorzubringen. Gemäß § 4a BauGB ist zudem die grenzüberschreitende Unterrichtung der Gemeinden und Träger öffentlicher Belange vorgesehen. Diese Regelung tritt an die Stelle des § 8 UVPG, der wegen des Fehlens einer entsprechenden Vorschrift im BauGB bisher die grenzüberschreitende Unterrichtung regelte. Obwohl § 17 Satz 2 UVPG weiterhin die Anwendung des § 8 UVPG zusätzlich zu den Vorschriften des BauGB vorsieht, ist nach dem grundsätzlichen Verweis des § 17 Satz 1 UVPG in das BauGB nunmehr § 4a BauGB maßgeblich. Bei der grenzüberschreitenden Abstimmung ist nach den Grundsätzen der Gegenseitigkeit und Gleichwertigkeit vorzugehen.

44

Schink, ZfBR 1998, 284 (293); Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (353); Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 39. 45 Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (353); Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 46.

106 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung c) Anforderungen an den Inhalt der UVP in der Bauleitplanung Inhaltlich verlangt § 17 Satz 2 UVPG durch den Verweis auf § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG die Durchführung einer qualitativ dem UVPG entsprechenden UVP nach den Vorschriften des BauGB. Es sind somit die Regelungen der §§ 1 ff. BauGB anzuwenden, mit Hilfe derer die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, und auf Kultur- und Sachgüter (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) erbracht werden kann. Dabei hat sich die Gemeinde ausschließlich auf diese von der Planung betroffenen Umweltbelange zu beschränken. Die Untersuchung der Umweltauswirkungen hat daher getrennt von der Zusammenstellung und Beurteilung anderer Abwägungsbelange stattzufinden. aa) Ermittlung Die vom aufzustellenden Bebauungsplan zu erwartenden Umweltauswirkungen müssen ermittelt werden. Dieser Ermittlungsvorgang ist mit der von der Gemeinde durchzuführenden Zusammenstellung des Abwägungsmaterials weitgehend identisch. Jeweils geht es darum, die für eine sachgerechte Entscheidung erforderlichen Informationen und Grundlagen zusammenzustellen. Allerdings bezieht sich der Umfang der zu ermittelnden Auswirkungen auf Umweltbelange, nicht auf sämtliche planungserhebliche Belange. Um diesen Unterschied hinsichtlich des Ermittlungsgegenstands deutlich zu machen, ist es bei den von der Gemeinde angestellten umweltbezogenen Recherchen, bei der frühzeitigen Bürger- und Trägerbeteiligung, bei der öffentlichen Auslegung des Planentwurfs und bei der Bearbeitung der vorgebrachten Anregungen stets erforderlich, klar darzulegen, daß es sich hierbei jeweils um einen von der allgemeinen Zusammenstellung des Abwägungsmaterials sachlich getrennten Teilermittlungsschritt handelt. Die Ermittlung der Umweltauswirkungen ist somit Teil der Zusammenstellung der abwägungserheblichen Planungsbelange und richtet sich normativ nach § 1 Abs. 5, 6 BauGB. bb) Festlegung des Untersuchungsrahmens Die vor dem Beginn einer UVP zu erfolgende Erörterung und Festlegung des voraussichtlichen Untersuchungsrahmens zwischen Behörde und Vorhabenträger nach § 5 UVPG (Scoping) findet im BauGB keine Entsprechung. Dieser Verfahrensschritt ist bei der UVP im Bauleitplanverfahren daher nicht zwingend vorgeschrieben. Der Gemeinde steht es jedoch frei, im Ein-

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung107 vernehmen mit dem Vorhabenträger eine solche Erörterung vorzunehmen 46 . Sie ist auch sinnvoll, da zur Durchführung der UVP in der Bauleitplanung vom Vorhabenträger ohnehin Unterlagen über umweltrelevante Auswirkungen des Vorhabens beizubringen sind. Um diese einzureichenden Unterlagen nach Umfang und Inhalt genau zu bezeichnen, bietet sich ein vorhergehendes Scoping-Verfahren, auch unter Einbeziehung von Trägern öffentlicher Belange, an 4 7 . Als Vorstufe der Ermittlung möglicher Umweltauswirkungen hat die Festlegung des Untersuchungsrahmens ihren bauplanungsrechtlichen Standort ebenfalls in der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials (§ 1 Abs. 5, 6 BauGB). cc) Beschreibung Die durch § 11 UVPG angeordnete anschließende Beschreibung der ermittelten Umweltauswirkungen erfolgt in der dem Bebauungsplan beigefügten Begründung (§ 9 Abs. 8 BauGB). Zwar ergibt sich eine umfassende Darstellungspflicht aus § 9 Abs. 8 Satz 2 BauGB nicht ausdrücklich. Jedoch wird im Rahmen einer richtlinienkonformen Interpretation davon ausgegangen, daß der Erläuterungsbericht zum Plan auch eine Beschreibung der Umweltauswirkungen enthalten muß 4 8 . Sie ist optisch getrennt von der Darstellung der anderen Abwägungsgesichtspunkte in der Planbegründung, auf jeden Fall aber vor der Begründung der Gesamtabwägung vorzuneh49

men . dd) Bewertung Während die Anwendung der baurechtlichen Verfahrensvorschriften bei den UVP-Schritten der Ermittlung und Beschreibung unumstritten war und ist, ergaben sich beim dritten Schritt der Bewertung der 'Umweltaspekte (§ 12 1. HS UVPG) in der Vergangenheit erhebliche Unsicherheiten. Anlaß hierzu gab das vielfach diskutierte Problem, ob die bauleitplanerische Abwägung allein imstande war, die Bewertung der ermittelten und beschriebenen Umweltauswirkungen so zu gewährleisten, wie es das UVPG verlangt. Hierzu wurde anfangs überwiegend vertreten, daß die Bewertung im Sinne von § 12 1. HS UVPG bei der Planaufstellung adäquat von der

46

Peters, UVPG, Bd. 2, § 17, Rn. 11; Schink,, ZfBR 1998, 284 (290). Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 56; Schink, ZfBR 1998, 284 (290). 48 Battis , NuR 1995, 448 (451); ders., Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 81; Schink, NVwZ 1991, 935 (944). 49 Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 52, 102; Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (354). 47

108 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung bauleitplanerischen Abwägung übernommen werden könne 50 . Denn eine ordnungsgemäße Abwägung setze voraus, daß die Konsequenzen, die sich bei der Bevorzugung oder dem Zurückstellen einzelner Belange ergeben, vorher eingehend zu bewerten sind. Dies könne die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB leisten. Diese Auffassung, die die bauleitplanerische Abwägung allein für eine Bewertung im Sinne des § 12 1. HS UVPG als ausreichend ansah, zog ein Folgeproblem nach sich: Zu klären war, ob die infolge der Verweisung des § 17 UVPG anzuwendenden Vorschriften des BauGB den verfahrensrechtlichen Anforderungen der UVP-RL (noch) entsprachen. Übereinstimmend wurde indessen festgestellt, daß die verdrängten Regelungen des UVPG mit den an ihre Stelle getretenen Vorschriften des BauGB weitgehend identisch waren. Ein Verstoß gegen die UVP-RL war demnach nicht zu verzeichnen 5 1 . Gerade aus dieser Feststellung ergab sich aber die Frage, ob die für die Durchführung der UVP auf wenige Arten von Bauleitplänen beschränkte Verweisung ins BauGB noch sinnvoll ist 5 2 . Denn durch die angenommene Identität der Vorschriften des UVPG und des BauGB enthalte jede Aufstellung eines Bauleitplans gemäß §§ 1 ff. BauGB verfahrensrechtlich gleichzeitig die Durchführung einer U V P 5 3 . Dies mußte dann aber für alle Bauleitpläne und nicht nur für die im UVPG speziell geregelten (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 u. 4 UVPG 1990) gelten. Wegen dieses nicht zu erklärenden Widerspruchs und der Tatsache, daß dem Bauplanungsrecht jedenfalls die UVP-spezifische und für die Bewertung zu fordernde umweltinterne Betrachtung fehlt, wurden zunehmend Zweifel an der ausschließlich auf das Abwägungsgebot gestützten Bewertung der Umweltbelange im Rahmen der UVP geäußert 54 . Den gesetzlichen Anknüpfungspunkt der Diskussion um die ordnungsgemäße Einbindung der UVP, speziell der erforderlichen Bewertung, in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB lieferte der unklare Wortlaut der Verweisungsvorschrift des § 1 7 UVPG. Er ließ in seiner ursprünglichen Fassung von 1990 offen, ob die durchzuführende Bewertung im Abwägungsvorgang aufging oder sie zunächst umweltintern zu erfolgen und erst anschließend in die Abwägung 50

Krautzberger, UPR 1992, 1 (2); Schink, NVwZ 1991, 935 (945); Erbguth, VerwArch. 81 (1990), 327 (341); Schwer, DVB1. 1987, 1096 (1100). 51 Goerlich/Fuß, SächsVBl. 1995, 79 (80); Battis, NuR 1995, 448 (451); Schoeneburg, UVP, 1993, Rn. 212; Erbguth, VerwArch. 81 (1990), 327 (331 ff.); Stich, UPR 1990, 121 (124); Schwer, DVB1. 1987, 1096 ff. 52 Goerlich/Fuß, SächsVBl. 1995, 79 (80); Kunig, in: FS Weyreuther, 1993, S. 157 (167). 53 Aufgrund dieser Sichtweise konsequent Krautzberger, UPR 1989, 161 (164); ders., UPR 1992, 1 (2). 54 Bohne, ZAU 1990, 341 (342); Kunig, in: FS Weyreuther, 1993, S. 157 (173).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung109 einzugehen hatte. Die Frage nach der Bewertung berührt als dritter Verfahrensschritt somit sowohl Verfahrens- als auch materiell-rechtliche Fragen. Der materielle Umfang der UVP in der Bauleitplanung soll in seiner Entwicklung nachfolgend (B.) dargestellt werden. ee) Berücksichtigung Ungeachtet dieses zu erörternden Problemkreises ist das Bewertungsergebnis gemäß § 12 2. HS UVPG bei der konkreten Zulassungsentscheidung, hier der Aufstellung des Bauleitplans, zu berücksichtigen. Die Grundsätze ordnungsgemäßer Abwägung bilden hierfür einen geeigneten und ausreichenden Rahmen 55 . d) Ergebnis Die Durchführung der UVP im Bauleitplanverfahren richtet sich nach den entsprechenden Vorschriften des BauGB. Die UVP ist in der Bauleitplanung unter Einbeziehung der Öffentlichkeit durchzuführen. Die im Baurecht generell erforderliche Bürger- und Trägerbeteiligung hat sich demnach zusätzlich auf die zu erwartenden Umweltauswirkungen der Planung zu erstrecken. Inhaltlich verlangt die UVP, auch als in das Bauleitplanverfahren integrierte UVP, die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung möglicher Umweltauswirkungen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG). Anzuwenden sind deshalb die §§ l - 4 a , 9 BauGB.

B. Bisherige Bedeutung der UVP für die kommunale Bauleitplanung Um die bisherige Bedeutung der UVP für die kommunale Bauleitplanung aufzuzeigen, soll von den drei Zeiträumen ausgegangen werden, die durch die einschlägigen Rechtsänderungen geschaffen worden sind. So wird sich der Frage zuzuwenden sein, ob sich wegen der nicht fristgerechten Umsetzung der UVP-RL in nationales Recht eine UVP-Pflicht für das Bauleitplanverfahren im Wege einer unmittelbaren Wirkung aus der UVP-RL selbst ergibt. Anschließend wird untersucht, wie das UVPG 1990 und das dieses ändernde Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz 1993 das komplexe Verhältnis von UVP und kommunaler Bauleitplanung geregelt haben.

55

Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 131; Schink, NVwZ 1991, 935 (945); Erbguth, VerwArch. 81 (1990), 327 (345).

110 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung I. Zeitraum von 1988-1990 Die UVP-RL vom 27.6.1985 wurde erst durch das UVPG vom 12.2.1990 und damit gegenüber dem in Art. 12 Abs. 1 UVP-RL bestimmten Zeitpunkt des Ablaufs der Umsetzungsfrist am 3.7.1988 um eineinhalb Jahre verspätet umgesetzt. Hieraus ergibt sich die Frage, ob die Verpflichtung, im Rahmen projektbezogener Bauleitplanverfahren eine UVP durchzuführen, schon vor dem Inkrafttreten des UVPG im Jahre 1990 bestand. Für die Beurteilung dieser Problematik ist von der Übergangsvorschrift des § 22 Abs. 2 UVPG auszugehen. Danach sollten die Regelungen des UVPG auf Bauleitpläne, deren Aufstellungsverfahren vor dem Inkrafttreten des UVPG bereits begonnen hatte, nicht angewendet werden. Allerdings stellte der EuGH in seinem Urteil vom 9.8.1994 56 in Beantwortung einer ihm vom B a y V G H 5 7 unterbreiteten Vorlagefrage fest, daß die Übergangsvorschrift des § 22 UVPG zumindest insoweit mit den Regelungsvorgaben der UVP-RL unvereinbar ist, als hierdurch Projekte von der UVP-Pflicht befreit werden, deren Zulassungsverfahren nach Ablauf der Umsetzungsfrist am 3.7.1988 eingeleitet wurden. Die rechtlichen Folgen dieser Rechtsprechung konnten nicht durch eine rückwirkende Anwendung des UVPG auf die von § 22 UVPG erfaßten Vorhaben behoben werden. Eine UVP-Pflicht ließ sich auf diese Weise nicht aus dem UVPG ableiten, da eine solche Erweiterung der sachlichen und zeitlichen Geltung des Gesetzes gegen den eindeutigen Willen des Gesetzgebers verstieß 58 . Hingegen könnte die UVP-Pflicht für noch nicht abgeschlossene Bauleitplanverfahren durch eine unmittelbare Wirkung einzelner Vorschriften der UVP-RL ab dem Ablauf der Umsetzungsfrist am 3.7.1988 begründet worden sein. Nach der in diesem Zusammenhang ergangenen Großkrotzenburg-Entscheidung vom 11.8.1995 59 vermag die UVP-RL dann unmittelbare Wirkung im innerstaatlichen Bereich zu entfalten, wenn sie den staatlichen Stellen hinreichend bestimmte und unbedingte Verpflichtungen zur Beachtung aufgibt. Die somit aufgeworfene Frage, ob sich die Pflicht, in bestimmten Bauleitplanverfahren eine UVP durchzuführen, hinreichend bestimmt und unbedingt aus der Richtlinie selbst ergibt, hat bei den Art. 2, 3 und 8 UVP-RL anzusetzen. Art. 2 UVP-RL regelt den Grundsatz der Verpflichtung zur 56 EuGH, Urt. v. 9.8.1994 - Rs. C-396/92 - , Slg. 1994, 1-3717 (3744 ff.) - Bund Naturschutz/Bayern. 57 VGH München, UPR 1992, 76. 58 Gellermann, DÖV 1996, 433 f.; Schink, NVwZ 1995, 953 (956). 59 EuGH, Urt. v. 11.8.1995 - Rs. C-431/92 - , Slg. 1995, 1-2189 (2220, Tz.26); dazu Epiney, DVB1. 1996, 409 ff.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung111 UVP-Durchführung, Art. 3 UVP-RL enthält die dafür maßgeblichen Kriterien und Bezugspunkte und Art. 8 UVP-RL verlangt die Ergebnisberücksichtigung im Genehmigungsverfahren. Art. 2 Abs. 1 Satz 2 UVP-RL verweist auf Art. 4 Abs. 1 UVP-RL, der durch seinen Anhang I die Projekte festlegt, die einer UVP nach Art. 5-10 UVP-RL zwingend zu unterziehen sind. Die erwogene unbedingte Verpflichtung scheitert jedoch daran, daß in diesem Anhang I Bauleitpläne nicht enthalten sind. Dies ist auch insofern nicht verwunderlich, da die UVP nach der Vorstellung des EG-Gesetzgebers projekt- bzw. vorhabenbezogen, nicht aber plan- bzw. programmbezogen konzipiert ist 6 0 . Die Voraussetzungen einer unmittelbaren Wirkung der UVP-RL lagen deshalb nicht vor. Die UVP-RL war in der Zeit vom 3.7. 1988 bis 12.2.1990 nicht unmittelbar anwendbar. I L Zeitraum von 1990-1993 Der Gesetzgeber des UVPG entschied sich bei der Umsetzung der Richtlinie dafür, in das UVPG mit den §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 u. 4 eine - von der UVP-RL, wie dargestellt, nicht geforderte - Regelung über das Verhältnis von UVP und Bauleitplanung aufzunehmen. Die Notwendigkeit der Umsetzung einer UVP-Pflicht wurde zumindest für solche Bauleitpläne festgestellt, die einen konkreten Vorhabenbezug aufweisen. Sobald ein Bebauungsplan unmittelbar über die Zulässigkeit eines UVP-pflichtigen Einzelvorhabens entscheide und damit nach § 30 BauGB selbst die Genehmigung im Sinne von Art. 1 Abs. 2 UVP-RL darstelle, sei für solche Pläne eine UVP vorzusehen 61 . Gleiches sollte für die das Bebauungsplanverfahren vorbereitenden Flächennutzungspläne gelten 62 . Bauleitpläne waren nur deshalb einer UVP zu unterziehen, weil sie bestimmte Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG bauplanungsrechtlich zuließen und nicht als solche, d.h. ohne konkreten Vorhabenbezug, den Gegenstand einer UVP bildeten. Diesem Ansatz der §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 u. 4 UVPG 1990 lag somit der von der UVP-RL verfolgte Vorhabenbezug zugrunde. Trotz der partiellen Einbindung von Bauleitplänen in die UVP-Pflicht ist eine generelle UVP für (Bauleit-)Pläne hierdurch nicht eingeführt worden. Erkennbar ist jedoch eine Tendenz, daß Pläne und auch Programme nicht gänzlich von einer Überprüfung auf ihre Umweltverträglichkeit ausgenommen werden können. Auf EG-Ebene haben sich mittlerweile entsprechende Überlegungen zu einer UVP für Pläne und Programme konkretisiert 63 . Durch eine erhebliche Ausweitung des Friihzei60

(456).

Hoppe/Paßlick,

UVPG, § 17, Rn. 6; Krautzberger/Runkel,

DVB1. 1993, 453

61 Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 70; Hoppe/ Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 7; Söfker, UPR 1989, 170 (172). 62 Krautzberger, UPR 1989, 161 (164); Lenz, BauR 1989, 267 (268).

112 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung tigkeitsgebots der UVP-RL sollen auch bloß vorbereitende Pläne und Programme erfaßt werden, die Auswirkungen auf die Zulassung von Vorhaben haben können. 1. UVP-pflichtige Bauleitpläne Nach dem Inkrafttreten des UVPG im Jahre 1990 war nach §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 u. 4 UVPG 1990 vor dem Erlaß folgender Bauleitpläne eine UVP durchzuführen 64 : Eine UVP erforderten gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3, Alt. 1, Nr. 4 UVPG 1990 Bebauungspläne und Flächennutzungspläne, die Grundlage für Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG sein konnten. Nur die bloße Möglichkeit einer Zulässigkeitsbeeinflussung reichte demnach aus, um die planende Gemeinde zur Durchführung einer UVP des Bauleitplans zu verpflichten. Schwierigkeiten entstanden vor allem daraus, daß die Darstellungen in den Flächennutzungsplänen oftmals noch keine einzelnen Vorhaben erkennen ließen. Die planerischen Aussagen der in Aufstellung befindlichen Bauleitpläne waren noch sehr abstrakt, so daß ein konkreter Bezugspunkt für die UVP-Pflicht zumeist fehlte. Trotzdem bestand eine Verpflichtung für die Gemeinde, eine UVP durchzuführen. Losgelöst vom einzelnen Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG und insofern im Widerspruch zur Intention der UVP-RL wurden die Bauleitpläne als solche zum Gegenstand der UVP gemacht. Nicht zuletzt wegen dieser EG-rechtlich damals noch nicht beabsichtigten Tendenz zur „Plan-UVP" war der Gehalt dieser Regelungen erheblicher Kritik ausgesetzt65. Desweiteren mußte bei Bebauungsplänen, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG ersetzten, eine UVP durchgeführt werden (§ 2 Abs. 3 Nr. 3, Alt. 2 UVPG 1990). Dazu zählten Bebauungspläne, die Bundesfernstraßen (Nr. 8 der Anlage) und Straßenbahntrassen (Nr. 11 der Anlage) festsetzten. Außerdem waren Bebauungspläne UVP-pflichtig, die Vorhaben der Nr. 15 der Anlage zu § 3 UVPG betrafen. Die dort aufgezählten Infrastrukturprojekte (Feriendörfer, Hotelkomplexe) weisen die Besonderheit auf, daß 63 Vorschlag für eine Richtlinie über eine UVP für Pläne und Programme vom 4.12.1996, AB1.EG 1997 Nr. C 129, S. 14 und geänderter Vorschlag vom 22.2.1999, AB1.EG Nr. C 83, S. 13; s. dazu Ziekow, UPR 1999, 287 ff.; Schink, NVwZ 1999, 11 (16); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 73 f.; Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. 101c ff. 64 Siehe auch Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 70. 65 Wagner, DVB1. 1993, 583 (585); Seilner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (263); ausdrücklich befürwortet wurde die UVP-Plicht bei Flächennutzungsplänen von Lenz, BauR 1989, 267 (268) unter Hinweis darauf, daß gerade aus ihnen die rechtsverbindlichen Bebauungspläne zu entwickeln sind.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung113 Umweltbeeinträchtigungen nicht von den einzelnen Anlagen, sondern von der diese umfassenden Gesamtanlage ausgehen66. 2. Materieller Umfang der UVP in der Bauleitplanung Für die Durchführung der UVP bezüglich der vorgenannten Bauleitpläne verwies § 17 Satz 1 UVPG 1990 auf die Vorschriften des BauGB. An der mehrere Deutungen zulassenden Formulierung dieser Norm entzündete sich eine von zwei gegenteiligen Ansätzen geprägte Diskussion. Aus der Anordnung des § 17 Satz 1 UVPG 1990, wonach die UVP nach § 2 Abs. 1 Satz 1-3 UVPG im Bauleitplanverfahren nach den Vorschriften des BauGB durchzuführen ist, wurde teilweise 67 eine Erweiterung des städtebaulichen Planungsauftrages um zentrale inhaltliche Vorgaben des UVPG abgeleitet. Vor der umfassenden bauleitplanerischen Abwägung sollten zusätzlich alle relevanten Umweltauswirkungen des Vorhabens zunächst ermittelt, beschrieben und in ökologieinterner Weise bewertet werden. Erst danach sollte die UVP in den Abwägungsvorgang eingehen. Infolge dieses „Draufsattelns" der UVP auf die sich anschließende Abwägung ist § 17 Satz 1 UVPG 1990 eine konstitutive Wirkung zuerkannt worden. Auf der anderen Seite wurde aufgrund der in Bezug genommenen Vorschriften des BauGB vertreten, daß für die Durchführung der UVP nur das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 5, 6 BauGB anwendbar wäre 6 8 . Aus § 17 UVPG 1990 sei eine (UVP-spezifische) Erweiterung der städtebaulichen Abwägungsregeln nicht zu entnehmen. Hieraus folge der lediglich deklaratorische Charakter dieser Bestimmung. Einige Vertreter 69 der genannten Ansicht folgerten darüber hinausgehend, daß alle Bauleitpläne UVPG-konform seien, da der hier allein maßgebende § 1 Abs. 5, 6 BauGB bei der Aufstellung aller Bauleitpläne, also nicht nur der im UVPG genannten, anzuwenden ist. Augenfälligste Schwäche des zweiten Ansatzes war die durch das UVPG geforderte ökologieinterne Bewertung der prognostizierten Umweltauswirkungen, die weder das Berücksichtigungsgebot des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB noch das sonstige Recht der Bauleitplanung UVP-RL-adäquat zu leisten vermochte 70 . 66

Battis , NuR 1995, 448 (449). Bohne, ZAU 1990, 341 (342). 68 Krautzberger, UPR 1989, 161 (164); ders., UPR 1992, 1 (2); Stich, UPR 1989, 166 f.; Söfker, UPR 1989, 170 (172 f.); Erbguth, VerwArch. 81 (1990), 327 (331); Schink, NVwZ 1991, 935 (945); Kotier, AfK 1994, 46 (53); Kunig, in: FS Weyreuther, 1993, S. 157 (167) m.w.N. in Fn. 20. 69 Krautzberger, UPR 1989, 161 (164); ders., UPR 1992, 1 (2). 70 Erbguth, NVwZ 1993, 956 (957); Battis, NuR 1995, 448 (450). €1

8 Schladebach

114 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

III. Zeitraum von 1993-1998 Das UVPG ist durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz vom 22.4.1993 71 geändert worden. Die damit einhergehende Novellierung der §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 u. 4 UVPG 1993 wirkte sich auch auf die UVP-pflichtigen Bauleitpläne aus. 1. UVP-pflichtige Bauleitpläne Neben der Neuregelung, daß Flächennutzungspläne wegen ihrer zu abstrakten Darstellungen von der UVP-Pflicht vollends ausgenommen worden sind, erfuhren zudem die zulässigkeitsinfluenzierenden Bebauungspläne Modifizierungen. Es war bei ihnen nicht mehr ausreichend, daß sie Grundlage einer zukünftigen Zulassungsentscheidung sein konnten oder eine solche lediglich vorbereiten. Vielmehr bestand eine UVP-Pflicht für Bebauungspläne nur dann, wenn durch sie die Zulässigkeit von einzelnen Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG begründet werden sollte 72 . Die UVP-Pflicht wurde folglich eingeschränkt und bezog sich nur noch auf vorhabenbezogene Bebauungspläne73. Wie bisher UVP-pflichtig war der planfeststellungsersetzende Bebauungsplan. Hinzu trat der Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 7 BauGBMaßnG. Soweit durch ihn bauplanungsrechtliche Zulässigkeitsentscheidungen über Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG getroffen wurden, unterlag er der UVP. Als nicht endgültig geklärt mußte weiterhin die Frage gelten, ob durch die Neufassung der §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 u. 4 UVPG 1993 der schon zuvor beobachteten Tendenz, daß sich die europarechtlich verfolgte VorhabenUVP zur nichtintendierten „Plan-UVP" zu wandeln begann, tatsächlich entgegengewirkt wurde. Zwar beruhte die Neuregelung auf der Erkenntnis, daß zwischen einer sogenannten „Plan-UVP" und einer Vorhaben-UVP deutliche inhaltliche und methodische Unterschiede bestehen, das UVPG aber nur die vorhabenbezogene UVP regelt. Letztere könne daher auch nur insoweit in der Bauleitplanung Anwendung finden, als ein Bebauungsplanverfahren in der Absicht durchgeführt wird, ein bestimmtes UVP-pflichtiges 71

BGBl. I S. 466; dazu Krautzberger/Runkel, DVB1. 1993, 453 ff.; Wagner, DVB1. 1993, 583 ff. 72 Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 70. 73 Die Begriffe vorhabenbezogener und projektbezogener Bebauungsplan sind inhaltsgleich. Die Beliebigkeit der Wahl dieser Bezeichnungen durchzieht das gesamte Schrifttum. Sie resultiert offenbar daraus, daß die UVP-RL sich in ihrem vollständigen Titel auf,»Projekte" bezieht, die nationale Umsetzung im UVPG hingegen durchweg den Begriff „Vorhaben" verwendet.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

115

Vorhaben planungsrechtlich zuzulassen74. Trotzdem ist gerade diese Zielsetzung der Änderung des UVPG stark in Zweifel gezogen worden 75 . 2. Materieller Umfang der UVP in der Bauleitplanung Die zu dieser Problematik bisher geführte Diskussion aufnehmend hat der Gesetzgeber in § 17 Satz 2, 1. HS UVPG 1993 die Regelung eingefügt, daß bei der UVP in der Bauleitplanung § 2 Abs. 1 Satz 1-3 und § 8 UVPG anzuwenden ist. Verdeutlicht wurde damit die Unzulänglichkeit eines ausschließlichen Abstellens in dieser Frage auf § 1 Abs. 5, 6 BauGB. Ungeachtet des Festhaltens einiger Autoren an dieser rein baurechtlichen Posit i o n 7 6 ging nachfolgend die überwiegende Ansicht zutreffend davon aus, daß die Neufassung des § 17 UVPG die Sichtweise eines „Draufsattelns" des integrativen und ökologieinternen Ansatzes des UVPG auf die bauleitplanerische Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB verfolgt 77 . Die UVP war danach ein der Abwägung vorgeschalteter Zwischenschritt in Form einer zunächst umweltinternen Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens. Erst anschließend war sie als in sich stimmiger, gebündelter Umweltbelang den anderen Belangen in der Abwägung gegenüberzustellen 78. Neu war ebenfalls die in § 17 Satz 2, 2. HS UVPG 1993 aufgenommene zeitliche Aussage hinsichtlich des Umfanges der UVP. Sie war vor der abschließenden Abwägung des zusammengestellten und bewerteten Abwägungsmaterials und damit zu einem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem die Planung des zu überprüfenden Vorhabens noch nicht vollständig beendet war. Denn die endgültige Ausgestaltung und Realisierung des Vorhabens orientiert sich an den dann durch den Bebauungsplan getroffenen Festsetzungen. Dementsprechend beschränkte § 17 Satz 2, 2. HS UVPG 1993 den Prüfungsumfang bei vorgelagerten Verfahren (vorhabenbezogene Bebauungspläne, Vorhaben- und Erschließungspläne) auf den konkreten Planungsstand des Vorhabens. M i t konkretem Planungsstand ist gemeint, daß sich die Prüfung auf die schon auf der Planungsebene erkennbaren Umweltauswirkungen beschränkt. Für eine sinnvolle UVP in diesem Stadium mußte aber eine bereits gefestigte Vorhabenkonzeption gefordert werden. Die 74

Krautzberger/Runkel, DVB1. 1993, 453 (456). Kotier, AfK 1994, 46 (48); Schink, ZAU 1994, 183 (188). 76 So noch Erbguth/Stollmann, NuR 1993, 249 (250). 77 Erbguth, NVwZ 1993, 956 (958); ders./Schink, UVPG, § 17, Rn. 5a; Schink, ZAU 1994, 183 (189); Battis, NuR 1995, 448 (450 f.); Seilner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (271); Goerlich/Fuß, SächsVBl. 1995, 79 (81); Wagner, UPR 1995, 203 (205). 78 Wagner, UPR 1995, 203 (205); Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2620); Hoppe/P aßlick, UVPG, § 17, Rn. 81, 104. 75



116 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung UVP-Pflicht kann keine irgendwie gelagerten umweltrelevanten Fiktionen zum Gegenstand haben. Konnte ein Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG und seine möglicherweise zu gewärtigenden Umweltauswirkungen in dieser Planungsphase schon hinreichend erkannt werden, war eine UVP des Bebauungsplans durchzuführen. Ist neben der Zulassung des Vorhabens durch einen Bebauungsplan ein fachgesetzliches Zulassungsverfahren (z.B. nach BImSchG) erforderlich, sollen gemäß § 17 Satz 3 UVPG 1993 nur noch zusätzliche und andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens geprüft werden. Diese Vorschrift zielt auf die Vermeidung von Doppelprüfungen und dient damit der Verfahrensbeschleunigung.

C. Bedeutung der UVP für die Bauleitplanung seit 1998 Durch Art. 1 des BauROG ist das BauGB zum 1.1.1998 umfassend geändert worden. Im Zuge dieser Novellierung wird die UVP erstmals im BauGB und zwar in § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB erwähnt. Ihr Ergebnis ist gemäß § l a Abs. 2 BauGB der bauleitplanerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB unterstellt, wodurch ihre Funktion als integrierter Bestandteil des Bebauungsplanverfahrens verdeutlicht wird. Insofern wurde zunächst nur das in das BauGB übernommen, was aufgrund der §§ 17 Satz 2, 1. HS i.V.m. 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG 1993 auch bisher schon galt: Die UVP ist als unselbständiges Verfahren in ein anderes Genehmigungsverfahren - hier die Begründung bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit bestimmter Vorhaben durch den rechtsverbindlich regelnden Bebauungsplan - eingegliedert. Daher liegt der Schwerpunkt der durch § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB erfolgten Aufnahme der UVP in das BauGB vielmehr in dem gesetzgeberischen Anliegen, eine Zusammenführung der bauplanungsrechtlich relevanten Kernaussagen des Umweltrechts im BauGB selbst vorzunehmen. Hierdurch wird nicht nur der Erkenntnis Rechnung getragen, daß das Bauplanungsrecht das zentrale Umsetzungsinstrument der modernen Umweltpolitik ist. Gleichzeitig soll auch hervorgehoben werden, daß die Anforderungen des Umwelt- und Fachplanungsrechts in das Bauplanungsrecht als der rechtlich maßgeblichen Planung unterordnend zu integrieren sind 7 9 . Die UVP in der Bauleitplanung ist damit ein besonders anschauliches Beispiel für den in letzter Zeit verstärkt diskutierten innovativen Ansatz des „integrierten" bzw. „integrativen" Umweltrechts 80 . 79

BT-Drs. 13/6392, S. 36; Krautzberger, § la, Rn. 1.

in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB,

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

117

I. UVP-pflichtige Bebauungspläne Nach § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB ist die Bewertung der ermittelten und beschriebenen Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt dann in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen, wenn im Bebauungsplanverfahren die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von bestimmten Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG begründet werden soll. Die fachgesetzliche Ausprägung dieser bauplanungsrechtlichen Verfahrens- und Prüfungsanordnung findet sich auch weiterhin in den §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG ist eine UVP bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von projektbezogenen Bebauungsplänen (§ 2 Abs. 3 Nr. 3, Alt. 1 UVPG) sowie bei Bebauungsplänen durchzuführen, die einen Planfeststellungsbeschluß ersetzen (§ 2 Abs. 3 Nr. 3, Alt. 2 UVPG). Jeweils muß ein Vorhaben betroffen sein, das in der Anlage zu § 3 UVPG aufgeführt ist. Diese Anlage allein bestimmt, ob die für diese Vorhaben zulässigkeitsbegründenden Bebauungspläne eine UVP erfordern.

1. Projektbezogene Bebauungspläne § 2 Abs. 3 Nr. 3, Alt. 1 UVPG legt eine UVP für projektbezogene Bebauungspläne fest, wenn die Zulässigkeit eines Vorhabens der Anlage zu § 3 UVPG begründet werden soll. Damit ist ausschließlich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit gemeint. Durch den Bebauungsplan werden die Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 29, 30 BauGB begründet. Eine umfassende Zulässigkeit vermittelt der Plan nicht. Ihm kommt keine - dem § 1 3 BImSchG vergleichbare - Konzentrationswirkung zu. a) Eingrenzung Die UVP-Pflicht für projektbezogene Bebauungspläne ist sachlich in zweierlei Richtung eingegrenzt. Erstens muß ein Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG einschlägig sein. Für die Begründung bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit durch Bebauungsplan kommen nur die Nummern 1, 15, 18 und 19 der Anlage zu § 3 UVPG in Betracht. Zweitens ist erforderlich, daß sich der Bebauungsplan auf ein konkretes, schon bestimmtes Vorhaben bezieht. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß Bebauungsplanung grundsätzlich Angebotsplanung ist 8 1 . Der Grund80

Eingehend Di Fabio , NVwZ 1998, 329 ff.; Röckinghausen, Integrierter Umweltschutz im EG-Recht, 1998, S. 1 ff., 37 ff.; kritisch Schink, ZfBR 1998, 284 (290). 81 BVerwGE 94, 100 (104); Finkelnburg/Ortloff, Öffentliches Baurecht, Bd. 1, S. 75.

118 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung stückseigentümer ist - vorbehaltlich der von der Gemeinde anzuordnenden Baugebote nach §§176 ff. BauGB - nicht verpflichtet, die im Bebauungsplan für sein Grundstück enthaltenen Festsetzungen zu verwirklichen. Festgesetzt ist das, was bauplanungsrechtlich zulässig ist, nicht das, was gebaut werden muß. Die UVP ist jedoch vorhabensbezogen konzipiert. Dieser Ansatz muß auch im Baurecht erhalten bleiben. Für die UVP im Bauplanungsrecht ist daher der Bezug zu einem konkreten Vorhaben unerläßlich. Eine Bebauungsplanung als reine Angebotsplanung, bei der noch nicht klar ist, ob der Grundstückseigentümer die ihm durch den Plan eingeräumten Möglichkeiten auch tatsächlich verwirklichen wird, steht der Zielsetzung der UVP somit entgegen 82 . Vielmehr ist es notwendig, daß ein schon bekanntes Vorhaben in Rede steht, das auch tatsächlich realisiert werden soll. Der Bebauungsplan muß mit Bezug auf dieses Vorhaben aufgestellt werden. Denn nur dann wird durch den Bebauungsplan bereits eine konkrete Standortentscheidung für das Vorhaben getroffen 83 . Eine UVP-Pflicht wird hingegen nicht bei Bebauungsplänen ausgelöst, die nicht mit einem derartigen Vorhabenbezug aufgestellt werden. Für eine UVP würden in diesen Fällen die erforderlichen Anknüpfungspunkte fehlen. b) Betroffene

Bebauungspläne

Eine UVP-Pflicht besteht für Bebauungspläne, die Vorhaben der Nummern 1, 15, 18 und 19 der Anlage zu § 3 UVPG bauplanungsrechtlich fest84

setzen . Gemäß Nr. 15 der Anlage zählen dazu Bebauungspläne, die die Errichtung von Feriendörfern, Hotelkomplexen und sonstigen großen Einrichtungen für die Ferien- und Fremdbeherbergung vorbereiten. Die genannten Objekte liegen vor, wenn die beabsichtigte Anlage eine Bettenzahl von 300 oder eine Gästezimmerzahl von 200 überschreitet 85 . Wird diese Anzahl nicht erreicht, ist trotzdem von einer Anlage i.S.d. Nr. 15 auszugehen, wenn eine besonders flächenbeanspruchende Bauweise oder in größerem Umfang flächenbeanspruchende Nebenanlagen zur bauplanungsrechtlichen Festsetzung anstehen 86 . 82 Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (351); Schink, ZfBR 1998, 284 (287); Peters, UVPG, Bd. 2, § 2, Rn. 47; Hoppe/Appold, UVPG, § 2, Rn. 79. 83 Battis , NuR 1995, 448 (450); Wagner, DVB1. 1993, 583 (585). 84 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 34; ders., in: Emst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Bd. I, Stand März 1998, § la, Rn. 92; Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. l i l a ; Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (73); Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (352). 85 Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (73).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung119 Desweiteren werden seit dem 1.1.1998 gemäß Nr. 18 8 7 der Anlage Bebauungspläne erfaßt, die die Errichtung von Einkaufszentren, großflächigen Einzelhandelsbetrieben und sonstigen großflächigen Handelsbetrieben im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 1 BauNVO ab einer Geschoßfläche von 5.000 qm festzusetzen beabsichtigen. Dabei ist für die großflächigen Einzelhandelsbetriebe und die sonstigen großflächigen Handelsbetriebe nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 u. 3 BauNVO jeweils auf den einzelnen Betrieb abzustellen, weil sie - anders als die von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauNVO erfaßten Einkaufszentren - nicht von vornherein als Einheit geplant sind. Sollte durch die Trennung von an sich zusammenhängenden Betrieben der Wert von 5.000 qm allerdings mißbräuchlich unterschritten werden, wofür ein aufeinander abgestimmtes Warensortiment ein starkes Indiz bildet, hat eine gegenseitige Zurechnung der einzelnen Geschoßflächen zu erfolgen 88 . Ebenfalls seit dem 1.1.1998 sind gemäß Nr. 19 8 9 der Anlage solche Bebauungspläne UVP-pflichtig, durch die die Errichtung und Erweiterung von Vorhaben zugelassen werden soll, für die nach Landesrecht eine UVP vorgesehen ist. Soweit die Bundesländer aufgrund ihrer Gesetzgebungszuständigkeit eine europarechtliche Umsetzungspflicht trifft, können sie Bebauungsplanverfahren um eine UVP-Pflicht ergänzen, die bereits nach der UVP-RL einer UVP unterliegen 90 . Darüber hinaus werden von der UVP-Pflicht Bebauungspläne für Industrie- und Gewerbegebiete erfaßt, die den Standort für Vorhaben nach den §§ 4 ff. BImSchG festsetzen sollen (Nr. 1 der Anlage) 9 1 . Der Bebauungsplan muß ein Vorhaben des Anhangs zu Nr. 1 der Anlage zu § 3 UVPG zum Gegenstand haben. Auch hier ist es erforderlich, daß der Bebauungsplan gerade zur Begründung bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit eines schon bekannten Vorhabens aufgestellt wird.

86

Peters, UVPG, Bd. 2, § 17, Rn. 5; Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. l i l a . 87 Eingefügt durch Art. 7 Nr. 3 BauROG (BGBl. I S. 2081 (2111)), der eine vorweggenommene Teilumsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie 97/11/EG des Rates vom 3.3.1997, AB1.EG Nr. L 73, S. 5 ff. darstellt. 88 Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 34; Erbguth/ Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. l i l a ; Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (73). 89 Ebenfalls durch Art. 7 Nr. 3 BauROG (BGBl. I S. 2081 (2111)) eingefügt. 90 Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. l i l a ; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Bd. I, Stand März 1998, § la, Rn. 92. 91 Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (73); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 34; Schink, ZfBR 1998, 284 (287).

120 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung c) Weiterentwicklung

UVP-Pflichtiger

Bebauungspläne

Die Aufnahme der Nummern 18 und 19 in die Anlage zu § 3 UVPG durch Art. 7 Nr. 3 BauROG stellt eine vorweggenommene Teilumsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie vom 3.3.1997 92 dar. Insbesondere die Einbeziehung der Errichtung von Einkaufszentren und Einzelhandelsbetrieben nach Nr. 18 wird zu einer für die Praxis bedeutsamen Ausdehnung der UVP im Bauplanungsrecht führen. Die wesentlichen Zielsetzungen der UVP-Änderungsrichtlinie sind die Verbesserung der Wirksamkeit der UVP und die Erweiterung UVP-pflichtiger Projekte (4. u. 6. Erwägungsgrund). Diese Ausdehnung des Anwendungsbereichs geht über die eingeführte UVP-Pflicht für Einkaufszentren nach Nr. 18 der Anlage hinaus. Der von der Richtlinie geänderte Anhang I I erfaßt Projekte, die dann der UVP-Pflicht unterliegen, wenn die Mitgliedstaaten dies anhand einer Einzelfalluntersuchung oder anhand von festgelegten Schwellenwerten oder Kriterien bestimmen. Dazu zählen etwa die Errichtung von Feriendörfern, Hotelkomplexen und sonstigen großen Einrichtungen für die Ferien- und Fremdbeherbergung ab einer Bettenzahl von 300 oder einer Gästezimmerzahl von 200, die Errichtung von ganzjährig betriebenen Campingplätzen ab einer Stellplatzzahl von 200, die Errichtung von Freizeitparks ab einer Größe des Plangebiets von 20.000 qm, die Errichtung von Parkplätzen ab einer Stellplatzzahl von 500, die Errichtung von Windfarmen ab einer Größe des Plangebiets von 20.000 qm, die Errichtung einzelner oder mehrerer baulicher Anlagen ab einer zulässigen Grundfläche von 20.000 qm, die Errichtung von Häfen und Hafenanlagen sowie die Errichtung von Skiliften, Skipisten, Seilbahnen und zugehöriger Einrichtungen 93 . Die genannten Projekte werden die UVP-Pflicht für Bebauungspläne erweitern. Allerdings bleibt abzuwarten, in welcher Weise der neue Anhang Π in nationales Recht, d.h. in die Anlage zu § 3 UVPG, umgesetzt wird. 2. Planfeststellungsersetzende Bebauungspläne Nach § 2 Abs. 3 Nr. 3, Alt. 2 UVPG besteht die Pflicht zur Durchführung einer UVP auch für solche Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse für Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG ersetzen. In Betracht kommen hierfür die Nummern 8, 11 und 19 der Anlage. Wird durch einen planfeststellungsersetzenden Bebauungsplan gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 FStrG über die Zulässigkeit des Baus oder der Ände92 Richtlinie 97/11/EG des Rates vom 3.3.1997, AB1.EG Nr. L 73, S. 5; dazu Becker, NVwZ 1997, 1167 ff.; Schink, NVwZ 1999, 11 (14 ff.). 93 Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (73); Schink, ZfBR 1998, 284 (288).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

121

rung einer Bundesfernstraße entschieden, ist im Bebauungsplanverfahren eine UVP durchzuführen (Nr. 8 der Anlage). Desweiteren kann der für den Bau oder die Änderung von Straßenbahntrassen erforderliche Planfeststellungsbeschluß nach § 28 Abs. 1 Satz 1 PBefG durch einen Bebauungsplan ersetzt werden (§ 28 Abs. 3 Satz 1 PBefG). Für solche Bebauungspläne ist nach Nr. 11 der Anlage zu § 3 UVPG ebenfalls eine UVP vorgeschrieben. Außerdem sind planfeststellungsersetzende Bebauungspläne einer UVP zu unterziehen, die die Errichtung und Erweiterung von Vorhaben zulassen, für die nach Landesrecht eine UVP vorgesehen ist (Nr. 19 der Anlage). Hierzu zählen vor allem planfeststellungsersetzende Bebauungspläne über die Zulässigkeit von Landes- oder Kreisstraßen 94 . Der UVP-Pflicht für Bebauungspläne, die Planfeststellungsbeschlüsse ersetzen, liegt der Gedanke zugrunde, daß es für diese Pflicht keinen Unterschied machen darf, in welchem Verfahren die Zulässigkeitsentscheidung für das Projekt ergeht. Zu berücksichtigen ist jedoch, daß im Rahmen der Beschleunigungsgesetzgebung die Möglichkeit besteht, anstelle der Planfeststellung ein vereinfachtes Plangenehmigungsverfahren durchzuführen (§§ 17 Abs. l a FStrG, 28 Abs. l a PBefG). Ist lediglich ein solches Plangenehmigungsverfahren für die Zulassung des Projekts notwendig und entschließt man sich dazu, anstelle dessen einen Bebauungsplan aufzustellen, liegt kein planfeststellungsersetzender Bebauungsplan vor. Ein Planfeststellungsbeschluß ist in diesem Fall nicht erforderlich gewesen. Folge davon ist, daß die Durchführung einer UVP im Bebauungsplanverfahren dann entbehrlich ist. Diese verfahrensrechtliche Konsequenz ist auf Kritik gestoßen 95 . Wegen der Gefahr der Umgehung einer UVP bei der Zulassung dieser umweltrelevanten Projekte ist den geäußerten Bedenken zuzustimmen. 3. Besondere Eignung des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Infolge des Art. 7 BauROG ist der Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 7 BauGBMaßnG zum 1.1.1998 in § 2 Abs. 3 Nr. 4 UVPG gestrichen worden. Durch Art. 1 BauROG wurde der Vorhaben- und Erschließungsplan jedoch als vorhabenbezogener Bebauungsplan in § 12 BauGB übernommen und fortentwickelt 96 . Er ist nicht mehr als gesonderte Satzung 94 Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (352); Erbguth, VR 1999, 119 (124); Mitschangy WiVerw 1999, 54 (66); Schink, ZfBR 1998, 284 (286); ders., BauR 1998, 1163 (1171). 95 Ausführlich Schink, NuR 1998, 173 (175 f.); ders., ZfBR 1998, 284 (286 f.). 96 Hierzu Menke, NVwZ 1998, 577 ff.; Reidu BauR 1998, 909 ff.; Turiaux, NJW 1999, 391 ff.; Stich, WiVerw 1999, 22 ff.

122 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung neben dem Bebauungsplan ausgestaltet, sondern als Unterfall des Bebauungsplans diesem in den materiellen Bindungen und im Verfahren gleichgestellt 9 7 . Er ergeht demzufolge als Satzung nach § 10 Abs. 1 BauGB und zählt damit zu den Bebauungsplänen des § 2 Abs. 3 Nr. 3, Alt. 1 UVPG. Seine besondere Eignung, UVP-pflichtige Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG bauplanungsrechtlich zuzulassen, resultiert aus seinem Zulassungsgegenstand. Der vorhabenbezogene Bebauungsplan unterscheidet sich vom normalen Bebauungsplan als Angebotsplan dadurch, daß er über die Zulässigkeit eines konkreten Vorhabens entscheidet. Er wird gerade mit dieser Zielsetzung aufgestellt und besitzt daher den qualifizierten Vorhabenbezug, der für die Durchführung der UVP im Bebauungsplanverfahren unentbehrlich ist. Deshalb ist der vorhabenbezogene Bebauungsplan nach § 12 BauGB der Prototyp für die Begründung bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit von Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG. Wird ein vorhabenbezogener Bebauungsplan mit diesem Inhalt aufgestellt, besteht demzufolge regelmäßig eine Pflicht zur Durchführung einer UVP.

Π. Materieller Umfang der UVP in der Bauleitplanung Die herrschende Meinung hat seit 1993 98 den materiellen Umfang der UVP in der Bauleitplanung aufgrund der Verweisung in § 17 Satz 2, 1. HS UVPG 1993 so bestimmt, daß die UVP nach § 2 Abs. 1 Satz 1-3 UVPG, d.h. zunächst separat gegenüber anderen abwägungserheblichen Belangen, durchgeführt wird. Nur so war es möglich, den ökologieinternen Ansatz des UVPG bedeutungs- und funktionserhaltend in das Bauplanungsrecht zu übertragen. Erst das UVP-Ergebnis sollte anschließend in die eigentliche Abwägung der zusammengestellten und bewerteten bauplanungsrechtlich relevanten Belange eingestellt werden. Dieser Verfahrensweise stand nicht der in § 2 Abs. 1 Satz 1 UVPG niedergelegte Grundsatz entgegen, wonach die UVP als ein unselbständiger Teil verwaltungsbehördlicher Zulassungsverfahren konzipiert ist. Unselbständigkeit war in diesem Zusammenhang als geltungserhaltende Integration der UVP in das Verfahren der Planaufstellung, nicht aber als Aufgabe der sie konstituierenden Strukturen und Anforderungen zu verstehen. Eine bauplanungsrechtlich verursachte Erosion einzelner UVP-Phasen war durch die Eingliederung in das Recht der Bauleitplanung nicht beabsichtigt.

97 Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1082); Menke, NVwZ 1998, 577 (579); Lüers, DVB1. 1998, 433 (445); Finkelnburg, NJW 1998, 1 (4); Reidu BauR 1998, 909 (914); Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, 1145 (1157); Stüer y DVB1. 1997, 1201 (1205). 98 Siehe oben S. 115.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung123 Genau diesen Rechtszustand führt § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB seit dem 1.1.1998 f o r t " . Ausweislich seines Wortlauts ist die Bewertung der ermittelten und beschriebenen Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt und somit das Ergebnis der vorab durchgeführten und abgeschlossenen UVP in der bauleitplanerischen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen. Unterstützt wird diese Aussage auch von einer teleologischen Betrachtung. Seinen umweltschützenden Gehalt kann das UVP-Verfahren in der Abwägung nur dann wahren, wenn die speziellen Prüflingsschritte der UVP frei von bauplanungsrechtlichen Determinanten zusammenhängend und in sich geschlossen vorgenommen werden, bevor das UVP-Ergebnis nachfolgend anderen abwägungserheblichen Belangen gegenübergestellt und gegen sie abgewogen wird. Herangezogen werden kann zudem der Wille des Gesetzgebers, der das Verfahren der UVP i m Bebauungsplan verfahren ohne materielle Rechtsänderung, d.h. mit dem vor dem 1.1.1998 bestehenden Diskussionsergebnis, in das BauGB überführen wollte 1 0 0 . Festzuhalten ist demnach, daß im Verfahren der Aufstellung eines Bebauungsplans vor der Abwägung aller bauplanungsrechtlich relevanten Belange nach § 1 Abs. 6 BauGB, also als der Abwägung vorgeschalteter Zwischenschritt, eine UVP durch Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des festzusetzenden Vorhabens auf die in § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG genannten Schutzgüter unter Einbeziehung der Öffentlichkeit durchzuführen i s t 1 0 1 . Zum Prüfungsumfang enthält § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB noch eine weitere Aussage. Der dortige, die Prüfungspflicht eingrenzende Vorbehalt „entsprechend dem Planungsstand" gründet auf der Überlegung, daß die Planung zum Zeitpunkt der Durchführung der UVP oftmals noch nicht abgeschlossen sein wird. Um trotzdem die vorgeschriebene Prüfung bereits in diesem Stadium vorzunehmen und damit eine Abschätzung darüber abgeben zu können, welches Umweltrisiko die durch den Bebauungsplan getroffene Standortentscheidung bergen wird, bezieht sich die UVP auf die nach dem Planungsstand erkennbaren und bauplanerisch bedeutsamen Umweltauswirkungen.

99

Ob die Aufnahme des § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB lediglich eine Konservierung dieses Rechtszustandes darstellt oder aber darüber hinaus zu einer Aufwertung der Bedeutung der UVP in der Abwägung führt, ist sogleich zu untersuchen. 100 BT-Drs. 13/6392, S. 37. 101 Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (354); Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (73); Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1076); Schink, ZfBR 1998, 284 (289); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 35; Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. 110; Dies entspricht der vor dem 1.1.1998 geltenden Rechtslage, s. Wagner, UPR 1995, 203 (205); Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2620).

124 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Soweit nachfolgend außerdem ein spezialgesetzliches Zulassungsverfahren notwendig ist, soll die UVP dort gemäß § 17 Satz 3 UVPG auf zusätzliche oder andere erhebliche Umweltauswirkungen des Vorhabens bezogen werden. Die Untersuchung der projektbezogenen Bebauungspläne auf Umweltverträglichkeit erfolgt dann in gestufter Form. Die UVP ist insoweit aufgeteilt auf das Planaufstellungsverfahren und in begrenztem Umfang auf das gegebenenfalls erforderliche spezialgesetzliche Zulassungsverfahren. Diese Regelung ist dem gesetzgeberischen Anliegen geschuldet, durch die in das Bebauungsplanverfahren integrierte UVP eine diesbezügliche Entlastung der nachfolgenden spezialgesetzlichen Zulassungsverfahren zu erreichen 1 0 2 . Ausgenommen von der auf den aktuellen Planungsstand beschränkten UVP sind die planfeststellungsersetzenden Bebauungspläne. Da in diesen Fällen durch den Bebauungsplan - im Gegensatz zu den projektbezogenen Bebauungsplänen - bereits die abschließende Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens getroffen wird, muß eine alle umweltbezogenen Aspekte des Bebauungsplans umfassende UVP durchgeführt werden 1 0 3 .

ΙΠ. Auswirkungen des Ergebnisses der UVP auf die Abwägung Mit der zuvor dargestellten Frage, in welcher Form die UVP in die bauleitplanerische Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzustellen ist, kann jedoch noch nichts darüber ausgesagt werden, wie ihre genaue Bedeutung in der Abwägung gegenüber anderen abzuwägenden Belangen zu bemessen ist. Zu überlegen ist dabei, ob das UVP-Ergebnis aufgrund bestimmter rechtlicher Umstände einen Vorrang gegenüber anderen zu berücksichtigenden Belangen, möglicherweise sogar eine abwägungsbestimmende Stellung beanspruchen kann. Bei der Untersuchung dieser Problematik ist vorab zu differenzieren. Soweit die UVP des Bebauungsplans im Ergebnis positiv ausfällt, bestehen hinsichtlich der Beeinflussung der Abwägung keine Schwierigkeiten. Das positive UVP-Ergebnis ist als Abwägungsbelang gemäß § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen, d.h. in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Es stellt für die planende Gemeinde die Bestätigung dar, daß der aufzustellende Bebauungsplan im Hinblick auf mögliche schädliche Umweltauswirkungen unbedenklich ist. 102

Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (354); Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 55; Wagner, DVB1. 1993, 583 (586). 103 Seilner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (267); Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 130; Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 37.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung12 Ist das UVP-Ergebnis hingegen negativ, sind also erhebliche schädliche Umweltauswirkungen des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans durch die UVP prognostiziert worden, ergibt sich die Frage, ob die Abwägung dann „UVP-bestimmt" bzw. „UVP-durchsetzt" ist, was gegebenenfalls zu einer Verhinderung des Bebauungsplans führen könnte. Auf der anderen Seite könnte jedoch ebenso von einem Primat der Abwägung in der Weise auszugehen sein, daß auch ein negatives UVP-Ergebnis abwägungsüberwindbar bzw. abwägungsdirigiert 104 bleibt. In diesem Fall wären andere in die Abwägung eingestellte Belange in der Lage, sich gegen die durch das UVP-Ergebnis verkörperte negative Umweltprognose durchzusetzen. 1. Wortlaut Zunächst ist der Gesetzes Wortlaut heranzuziehen. Hierbei kommt § l a Abs. 2 a.A. BauGB besondere Bedeutung zu, da diese Gesetzespassage dem zu untersuchenden UVP-Ergebnis als Anwendungsanordnung unmittelbar vorangestellt ist. Danach sind die in den Nrn. 1-4 genannten umweltrechtlichen Verfahren „ i n der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB auch zu berücksichtigen". Mit der Formulierung „ i n der Abwägung nach § 1 Abs. 6 (BauGB)" ist nicht nur der Ort der Berücksichtigung der anschließend aufgeführten Umweltbelange angegeben. Ausgedrückt wird ebenso, daß die Funktion der Abwägung, die durch die der planenden Gemeinde eingeräumte Befugnis des Vorziehens und Zurückstellens bauplanungsrechtlich relevanter Belange gekennzeichnet ist, auch auf die Belange der Nrn. 1-4 erstreckt wird. Daraus folgt dann aber, daß ein negatives UVP-Ergebnis (Nr. 3) diesem Abwägungsregime unterliegt und von ihm dirigiert wird. Dem Wort „auch" ist das neben den anderen Abwägungsbelangen gleichberechtigte Einstellen der Umweltbelange der Nrn. 1-4, d.h. auch des negativen UVP-Ergebnisses der Nr. 3, in die umfassende Abwägung zu entnehmen. Ein Vorrang kann von ihm dort nicht beansprucht werden. Nichts anderes folgt aus dem Wort „berücksichtigen", das die Bedeutung des (negativen) UVP-Ergebnisses in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB beschreibt. Berücksichtigung meint nicht mehr als eine Beachtenspflicht bzw. eine Pflicht zur angemessenen, sachgerechten und situationsgebundenen Kenntnisnahme. Die Offenheit des Begriffs „berücksichtigen" beinhaltet jedoch auch, daß die Besonderheiten des Einzelfalls zu einer Bedeutungserhöhung führen können.

104

Dieser von Stüer, DVB1. 1997, 1201 (1203) eingeführte Begriff soll nachfolgend verwandt werden.

126 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Demzufolge ergibt die Auslegung des Gesetzeswortlauts, daß ein negatives UVP-Ergebnis abwägungsdirigiert bleibt 1 0 5 . 2. Systematik Unterzieht man die Vorschriften der §§ la, 1 Abs. 5, 6 BauGB einer systematischen Betrachtung, so ist folgendes festzustellen: Übereinstimmend werden die umweltrechtlichen Verfahren des § la BauGB als Konkretisierung des Berücksichtigungsgebots des § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB angesehen 106 . Liest man die Aussagen des § la BauGB somit in diese Vorschrift hinein und berücksichtigt dabei, daß alle Belange des § 1 Abs. 5 Satz 2 BauGB mit dem grundsätzlich gleichen Gewicht in die Abwägung eingestellt werden 1 0 7 , so läßt sich auf diesem Wege ebenfalls kein Vorrang der Belange des § la BauGB, insbesondere eines negativen UVP-Ergebnisses nach § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB, in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB konstruieren. 3. Ermittlung durch Verfahren Außerdem könnte man überlegen, ob das UVP-Ergebnis nicht dadurch ein gegenüber den anderen Abwägungsbelangen erhöhtes Gewicht gewinnt, daß es in einem besonderen, gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren ermittelt wird. Dabei ist allerdings zu beachten, daß auch andere Belange in die Abwägung nicht einfach als bloße Gegebenheit eingestellt werden, sondern vorab gleichfalls ein spezielles Ermittlungsverfahren erfordern (z.B. Eingriffsregelung nach dem BNatSchG, Belange des Denkmalschutzes nach den Denkmalschutzgesetzen der Länder). Ein durch Verfahren gewonnener bauplanungsrechtlicher Belang kann allein wegen dieses Umstandes in der abschließenden Abwägung keine herausgehobene Stellung beanspruchen.

105 So direkt zur UVP Lüers, DVB1. 1998, 433 (437); Stüer, DVB1. 1997, 1201 (1203); unter Hinweis auf § la Abs. 2 a. A. BauGB allgemein zu den Umweltbelangen Spannowsky/Krämer, UPR 1998, 44 (45); K. Wagner, BayVBl. 1998, 161 (162); s. bereits Wagner, UPR 1995, 203 (205): Die UVP als Bestandteil der Abwägung sieht keine besondere Rechtsfolge vor. 106 Krautzberger, in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, BauGB, Teil C, Rn. 25 (S. 333); Battis/ Krautzberger/Lohr, NVwZ 1997, 1145 (1147); Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. 80; Lüers, DVB1. 1998, 433 (436); ders., ZfBR 1997, 231 (234); Mitschang, WiVerw 1998, 20 (28); ders., WiVerw 1999, 54 (56); Spannowsky/Krämer, UPR 1998, 44 (45). 107 BVerwGE 92, 231 (239 f.); 47, 144 (148); Lüers, WiVerw 1999, 1 (14); Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2618).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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4. Bedeutung der UVP bei projektbezogenen Bebauungsplänen Möglicherweise ist eine andere Sichtweise deswegen geboten, weil der besondere Charakter der Bebauungspläne mit integrierter Vorhaben-UVP darin besteht, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit speziell von einzelnen Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG zu begründen. Diese Bebauungspläne werden, wenn nicht ausschließlich, so doch aber hauptsächlich zu diesem Zweck aufgestellt. Es erscheint deshalb nicht von vornherein ausgeschlossen, dem negativen UVP-Ergebnis wegen seiner für diese Bebauungspläne besonderen Bedeutung einen begrenzten Vorrang in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzuräumen. Dagegen spricht indessen, daß das UVP-Verfahren gemäß §§ l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB, 17 Satz 1 UVPG in das BauGB, speziell in die bauleitplanerische Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB, integriert worden ist. Die Integration erfolgte unterschiedslos und generell für alle UVPs, die im Bebauungsplanverfahren durchzuführen sind. Anhaltspunkte dafür, daß darüber hinaus dem UVP-Ergebnis in Abhängigkeit von dem Anteil, den das festzusetzende Vorhaben im hierzu aufzustellenden Bebauungsplan einnehmen wird, ein gestaffeltes Gewicht für die nachfolgende Abwägung zugewiesen werden sollte, bestehen nicht. Deshalb kann auch unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung des negativen Ergebnisses der UVP innerhalb des konkreten Bebauungsplans der UVP kein Vorrang zugesprochen werden. A m in Rede stehenden Abwägungsdirigat ändert sich somit nichts. 5. Verdeutlichungsfunktion des § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB Eine besondere Bedeutung des UVP-Ergebnisses für die Abwägung könnte aus einer bestimmten Motivation des Gesetzgebers bei der Einfügung des § la BauGB abgeleitet werden. Zielsetzung dieser neuen Vorschrift war die Zusammenführung der umweltrechtlichen Verfahren, die Auswirkungen auf das Bauplanungsrecht haben. Doch ging es überdies auch darum, speziell den Stellenwert der UVP für die sie erfordernden Bebauungsplanverfahren zu verdeutlichen und klarzustellen 108 . Hieraus und aus der Tatsache, daß das UVP-Ergebnis gemäß § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB nunmehr ausdrücklich zu einem Abwägungsbelang erhoben worden ist, ließe sich ein vom Gesetzgeber beabsichtigter Vorrang des UVP-Ergebnisses in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB ablesen. Solche Erwägungen finden indessen in den Gesetzgebungsmaterialien keine hinreichende Stütze. Wie mehrfach betont wird, sollte das Verfahren der UVP, soweit ein solches für Bebauungspläne vorgeschrieben ist, ohne 108

BT-Drs. 13/6392, S. 37 f. u. 43.

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

materielle Rechtsänderung gegenüber den §§ 2 Abs. 3, 17 UVPG in das Bebauungsplanverfahren eingefügt werden 1 0 9 . Bisher ist ein Abwägungsvorrang der UVP abgelehnt worden 1 1 0 . Durch die Verdeutlichungs- und Klarstellungsabsicht läßt sich zwar schon die Tendenz feststellen, nicht genau auf diesem Regelungsniveau stehen bleiben zu wollen. Jedoch reichte das Normierungsanliegen des Gesetzgebers nicht so weit, dem negativen UVPErgebnis einen Vorrang in der Abwägung einräumen zu wollen. 6. Intention des EG-Gesetzgebers Bei der zu untersuchenden Frage eines Vorrangs des UVP-Ergebnisses können auch die Vorstellungen des UVP-RL-Gesetzgebers, die dieser mit der Einführung der UVP in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten verband, herangezogen werden. Als Ansatzpunkt böte sich die Überlegung an, daß die Zielsetzung des Gesetzgebers durch ein gleichwertiges und insbesondere auf eine Berücksichtigungspflicht beschränktes Einstellen des UVP-Ergebnisses in die bauleitplanerische Abwägung unterlaufen würde. Die dann insoweit EG-rechtswidrige Bedeutungsreduzierung müßte daher mit der Zuerkennung eines Abwägungsvorrangs wieder kompensiert werden. Angeführt werden kann hiergegen nicht, daß der UVP-RL-Gesetzgeber i m Jahre 1985 nur die projekt-, nicht aber eine plan- oder programmbezogene UVP zu regeln beabsichtigte und deswegen ein Heranziehen seiner Normierungsvorstellung von vornherein ausscheidet. Aufgrund des von der EG zur Realisierung aufgegebenen Frühzeitigkeitsgebot und des Vorsorgegedankens durfte es sich der nationale Umsetzungsgesetzgeber angelegen sein lassen, die UVP punktuell in bestimmte, an den Anhängen I u. Π zu Art. 4 UVP-RL orientierte Bebauungsplanverfahren einzubeziehen, um somit umfassend seiner Umsetzungspflicht nachzukommen 111 . Der UVP-RL-Gesetzgeber hat sich indessen dazu geäußert, wie er das Ergebnis der UVP in den nationalen Zulassungsverfahren beachtet wissen wollte. In Art. 8 UVP-RL legte er fest, daß die im Wege der UVP eingeholten Angaben im Rahmen des Genehmigungsverfahrens „zu berücksichtigen" sind. Damit sollte die Zulassung bestimmter Vorhaben gerade nicht unter den Vorbehalt des Ergebnisses einer durchgeführten UVP gestellt werden. Demnach läßt sich nichts dagegen einwenden, daß die UVP im 109

BT-Drs. 13/6392, S. 37 u. 43. Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 28; Erbguth, NuR 1997, 261 (265); Hoppe/ Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 132; Seltner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (272); Kotier, AfK 1994, 46 (53); Wagner, DVB1. 1993, 583 (586). 111 Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 6 ff. (9); Seilner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (258); Kunig, in: FS Weyreuther, 1993, S. 157 (163); Wagner, DVB1. 1993, 583 (584); Erbguth, VerwArch. 81 (1990), 327 (333 ff.). 110

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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Bebauungsplanverfahren - genauer in der abschließenden Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB - lediglich zu „berücksichtigen" ist. Die EG-Konzeption der UVP verlangt einen über diese in § la Abs. 2 a.A. BauGB geregelte Berücksichtigungspflicht hinausgehenden abwägungsbestimmenden Vorrang nicht 1 1 2 . 7. Art. 20a GG Ein vergrößertes Gewicht könnte ein negatives UVP-Ergebnis in der Abwägung aber dadurch erlangt haben, daß im Jahre 1994 die neue Staatszielbestimmung „Umweltschutz" (Art. 20a GG) in die Verfassung aufgenommen worden i s t 1 1 3 . Denkbar wäre, daß dieser Verfassungswert zu einer Bedeutungssteigerung des Umweltschutzes insbesondere bei Planungs- und Abwägungsentscheidungen führt. Unterstützt wird die Überlegung zusätzlich durch die gesetzgeberische Absicht, mit der Novellierung des BauGB durch das BauROG 1998 auch der neuen Staatszielbestimmung „Umweltschutz" im Bauplanungsrecht Rechnung tragen zu wollen 1 1 4 . Art. 20a GG gibt den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in erster Linie der Legislative 1 1 5 , daneben aber nach Maßgabe von Gesetz und Recht auch der Exekutive und der Judikative zur Verwirklichung auf. Das Handeln der Exekutive wird durch Art. 20a GG im wesentlichen bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und bei Ermessens- und Planungsentscheidungen beeinflußt. Während die Vorschrift im ersten Fall eine Auslegungsdirektive darstellt, kommt ihr im zweiten Fall eine ermessensleitende Funktion z u 1 1 6 . Hierdurch können Umweltschutzbelange verstärkte Beachtung finden. Soweit diese im Rahmen einer Abwägungsentscheidung gegen andere Belange abzuwägen sind, ist dabei die Schutzfunktion des Art. 20a GG zu beachten. Daraus folgt, daß Umweltschutzbelange nunmehr ein stärkeres Gewicht als bisher gerade auch bei Abwägungsentscheidungen erhalten 117 .

112 So zur vor dem 1.1.1998 bestehenden Rechtslage auch Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 134. 113 Art. 20a GG eingef. durch 42. G. zur Änd. des GG v. 27.10.1994 (BGBl. I S. 3146), in Kraft getreten am 15.11.1994. Zur Entstehung Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 20a, Rn. 1 ff.; Ohle, DÖV 1993, 947 ff.; umfassende Überblicke zu Art. 20a GG bei Kloepfer, DVB1. 1996, 73 ff.; Murswiek, NVwZ 1996, 222 ff.; Waechter, NuR 1996, 321 ff.; Uhle, JuS 1996, 96 ff.; Schink, DÖV 1997, 221 ff.; Wolf, KritV 1997, 280 ff. 114 BT-Drs. 13/6392, S. 36. 115 BVerwG, NJW 1995, 2648 (2649); Murswiek, in: Sachs, GG, Art. 20a, Rn. 57. 116 Becker, DVB1. 1995, 713 (717); Peters, NVwZ 1995, 555 (556 f.); Kloepfer, DVB1. 1996, 73 (75 f.); Steinberg, NJW 1996, 1985 (1993); Murswiek, NVwZ 1996, 222 (229). 9 Schladebach

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Jedoch besitzt der Umweltschutz nicht generell und für alle Fallgestaltungen gleichermaßen einen erhöhten Stellenwert in der Abwägung. Denn die Gewichtigkeit eines Belanges im Vergleich zu anderen ergibt sich aus seiner sächlichen Bedeutung in der konkreten Planungssituation, nicht aber daraus, daß er in der Verfassung Erwähnung gefunden hat 1 1 8 . Ein solcher Vorrang hätte einer ausdrücklichen normativen Entscheidung des Gesetzgebers bedurft, die in Art. 20a GG jedoch nicht getroffen worden i s t 1 1 9 . Art. 20a GG begründet somit keinen auch nur begrenzten abstrakten Vorrang von Umweltbelangen in der bauleitplanerischen Abwägung 1 2 0 . Es bleibt festzuhalten, daß ein negatives UVP-Ergebnis demnach nur aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls einen Vorrang beanspruchen kann, was dem ursprünglichen Charakter der Abwägung vollauf entspricht. Eine gegenüber anderen Abwägungsbelangen herausgehobene Stellung des negativen UVP-Ergebnisses läßt sich somit nicht unter Rückgriff auf die Einfügung und den Bedeutungsgehalt des Art. 20a GG herleiten. 8. Gebot der Konfliktbewältigung Eine besondere Gewichtung der UVP ließe sich möglicherweise aus dem mit der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB eng verbundenen Gebot der Konfliktbewältigung 121 folgern. Es besagt, daß die im Plangebiet vorhandenen und die durch die beabsichtigte Planung zu erwartenden Konflikte in der Bauleitplanung möglichst einer Lösung zugeführt werden müssen 122 . Der Bebauungsplan selbst muß die betroffenen Belange untereinander zu einem gerechten Ausgleich bringen und so die ihm zuzurechnenden Konflikte bewältigen. Wird nun durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit eines Vorhabens begründet, für das vorab ein negatives UVP-Ergebnis ermittelt wurde, so steht die Zurückstellung dieses Umstandes (Abwägungsüberwindung) zwar in der der planenden Gemeinde durch §§ 1 Abs. 6, 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB vermittelten Befugnis. Jedoch enthält der Bebauungsplan nunmehr einen umweltrechtlich begründeten Konflikt, der durch 117 Ohle, JuS 1996, 96 (98); Waechter, NuR 1996, 321 (323); Peters, NVwZ 1995, 555 (556); für die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege anerkannt von BVerwGE 104, 68 (76). 118 So mit Recht Schink, DÖV 1997, 221 (228); Murswiek, NVwZ 1996, 222 (229 f.); ders., in: Sachs, GG, Art. 20a GG, Rn. 71; Henneke, NuR 1995, 325 (333). 119 Schink, DÖV 1997, 221 (228); Steinberg, NJW 1996, 1985 (1992); Henneke, NuR 1995, 325 (333). 120 So auch W.Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 12. 121 Ausführlich hierzu Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. 253 ff.; s. auch Pfeifer, DVB1. 1989, 337 ff. 122 Finkelnburg/Ortloff, Öffentliches Baurecht, Bd. I, S. 39; Lüers, WiVerw 1999, 1 (14).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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die Planung nicht gelöst worden ist. Eine Konfliktbewältigung wäre jedoch in der Weise denkbar, daß der UVP ein Abwägungsvorrang eingeräumt wird. Zumindest der umweltrechtliche Konflikt könnte so entschärft werden. Hingegen schließt das Gebot der Konfliktbewältigung die Verlagerung von Problemlösungen auf nachfolgende Verwaltungsverfahren nicht aus 1 2 3 . Der Bebauungsplan kann planerische Zurückhaltung üben und die Konfliktlösung dem Baugenehmigungsverfahren überlassen, wenn dieses - etwa mit Hilfe des § 15 BauNVO - den zusätzlichen Interessenausgleich auch tatsächlich zu leisten vermag 1 2 4 . Bei einem projektbezogenen Bebauungsplan, für den nach § 2 Abs. 3 Nr. 3, Alt. 1 UVPG eine UVP-Pflicht besteht, muß der Bebauungsplan durch seine Festsetzungen eine umfassende Konfliktbewältigung gleichfalls nicht leisten. Er darf detaillierte Regelungen des Umweltschutzes einem nachfolgenden immissionsschutzrechtlichen Verfahren überlassen 125 . Allerdings muß der Bebauungsplan die umweltrechtlichen Konflikte bereits erwähnen und diese müssen so beschaffen sein, daß sie durch das nachfolgende Verfahren tatsächlich gelöst werden können. Andernfalls ist der Bebauungsplan defizitär und ungültig 1 2 6 . Soweit demnach ein negatives UVP-Ergebnis in die bauleitplanerische Abwägung eingestellt wird, gebietet das Gebot der Konfliktbewältigung nicht zwingend, daß ein davon verursachter planerischer Konflikt durch einen Abwägungsvorrang der UVP im Bebauungsplanverfahren selbst bewältigt werden muß. Die umweltrechtliche Nachsteuerung kann bei den projektbezogenen Bebauungsplänen von dem nachfolgenden spezialgesetzlichen Zulassungsverfahren übernommen werden. Dies muß dazu aber in der Lage sein. Somit führt auch das Gebot der Konfliktbewältigung nicht dazu, ein negatives UVP-Ergebnis vom Abwägungsdirigat auszunehmen. 9. Ergebnis Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß ein negatives Ergebnis einer im Bebauungsplanverfahren durchgeführten UVP keinen Vorrang gegenüber

123 BVerwG, NVwZ 1994, 1004 (1005) u. NVwZ 1989, 659 f.; Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2618). 124 Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2618); Lüers, WiVerw 1999, 1 (16); Finkeinburg/Ortloff\ Öffentliches Baurecht, Bd. I, S. 39. 125 Schink, ZfBR 1998, 284 (292); Seilner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (266). 126 Seilner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (267); Schink, ZfBR 1998, 284 (293).



1 2 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung anderen Belangen in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB genießt 127 . Dies schließt jedoch nicht aus, dem UVP-Ergebnis im Einzelfall - und damit in voller Entsprechung des hergebrachten Charakters der von der konkreten Planungssituation bestimmten Abwägung - ein erhöhtes Gewicht zu verleihen. I V . Rechtsfolgen einer unterlassenen oder fehlerhaften UVP für die Abwägung 1. Abwägungsfehlerlehre Zur Beantwortung der Frage, ob eine unterlassene oder fehlerhaft durchgeführte UVP zu einem Abwägungsfehler führt, ist von der vom BVerwG 1 2 8 entwickelten Abwägungsfehlerlehre auszugehen. Danach begründen ein Abwägungsausfall, ein Abwägungsdefizit und eine Abwägungsfehleinschätzung einen Fehler des Abwägungsvorganges. Eine Abwägungsdisproportionalität führt hingegen zu einem Fehler des Abwägungsergebnisses. Wurde im Bebauungsplanverfahren ein aufgrund des § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB in der Abwägung zu berücksichtigendes Ergebnis der UVP nicht ermittelt oder zwar ermittelt, aber nicht in die Abwägung eingestellt, so liegt es nahe, von einem Abwägungsdefizit auszugehen. Das gleiche könnte anzunehmen sein bei einer zwar eingestellten, aber fehlerhaft durchgeführten UVP. Dafür spricht die mangelnde Qualität des Ermittlungsverfahrens eines abwägungserheblichen Belangs, dessen ordnungsgemäße Ermittlung jedoch zu den Voraussetzungen einer umfassenden Abwägung zu zählen ist. Desweiteren kann die Fallgestaltung auch so gelagert sein, daß ein ordnungsgemäß ermitteltes UVP-Ergebnis in die Abwägung eingestellt, dort 127 Mitschang, WiVerw 1999, 54 (65); Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (355); Schink, ZfBR 1998, 284 (289); ders., BauR 1998, 1163 (1171); Hoppe/ Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 16; Friege, in: Gronemeyer, BauGB, § la, Rn. 56; Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (82); ders., DVB1. 1998, 433 (437); Zu einem entsprechenden Ergebnis gelangen auch zwei Urteile des BVerwG (BVerwGE 100, 238 = NVwZ 1996, 788 und BVerwGE 100, 370 = NVwZ 1996, 1016), die zur UVP im Planfeststellungsverfahren ergangen sind. Wegen der vergleichbaren Konstellation (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 FStrG) können deren Aussagen jedoch für die UVP im Bebauungsplanverfahren unterstützend herangezogen werden; ebenso Lüers, DVB1. 1998, 433 (437); für die vor dem 1.1.1998 geltende Rechtslage wird das gefundene Ergebnis festgestellt von Erbguth, NuR 1997, 261 (265); ders./Schink, UVPG, § 17, Rn. 28; Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 132; Himmelmann, in: ders./Pohl/Tünnesen-Harms, Hdb. des UmwR, Stand Feb. 1996, C.1, Rn. 38; Seilner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (272); Kötter, AfK 1994, 46 (53); Wagner, DVB1. 1993, 583 (586). 128 BVerwGE 34, 301 (309); 45, 309 (314 f.); 90, 329 (331); 98, 339 (349 f.).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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aber dessen Bedeutung verkannt worden ist. Außerdem könnte ein Ausgleich zwischen den Belangen in Widerspruch zur objektiven Gewichtigkeit des UVP-Ergebnisses im konkreten Fall vorgenommen worden sein. Während im ersten Fall eine Abwägungsfehleinschätzung festzustellen wäre, läge im zweiten Fall eine Abwägungsdisproportionalität vor. 2. Planfeststellungsrechtliche Maßstäbe in der Bauleitplanung Eine Klärung dieses Fragenkomplexes macht es erforderlich, sich mit zwei obergerichtlichen Urteilen 1 2 9 und den jeweiligen Revisionsentscheidungen des BVerwG 1 3 0 auseinanderzusetzen. Diese Urteile sind zu Planfeststellungsverfahren ergangen. Zwar besteht zwischen der Bauleitplanung, die einen ganzen Raum in Bezug auf die künftige Nutzbarkeit der Grundstücke gestaltet, und einer Planfeststellung für ein bestimmtes Großvorhaben ein beachtlicher Unterschied 131 . Dieser gebietet es, zwischen der Abwägung bei der Bauleitplanung einerseits und der Fachplanung andererseits zu differenzieren 1 3 2 . Jedoch sind jeweils öffentliche und private Belange gegeneinander und untereinander abzuwägen, so daß strukturelle Gemeinsamkeiten bestehen. Die zur Bedeutung der UVP im Planfeststellungsrecht getroffenen Aussagen können daher auch für die bauleitplanerische Abwägung herangezogen werden 1 3 3 . Gegen eine Übertragung auf das Bauplanungsrecht spricht sich K o c h 1 3 4 aus. Er weist darauf hin, daß das Planfeststellungsrecht keine den §§ 214 ff. BauGB vergleichbare Fehlerfolgenregelung kennt. Zudem könne ein Verstoß gegen die Anforderungen einer UVP zwar einen Fehler i m Abwägungsvorgang darstellen, dieser würde aber niemals gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB erheblich sein. Denn wegen der rein verfahrensrechtlichen Bedeutung der UVP, die das BVerwG 1 3 5 ihr beigemessen hat, sei ein Einfluß auf das Abwägungsergebnis generell ausgeschlossen. Dieser Bruch im System der Fehlerregelung spreche genauso gegen eine Übertragung wie die Regelung des § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB 1 3 6 . 129 130

VGH München, DVB1. 1994, 1198 und OVG Koblenz, NVwZ 1995, 1025. BVerwGE 100, 370 = NVwZ 1996, 1016; BVerwGE 100, 238 = NVwZ 1996,

788.

131

Gaentzsch, in: Erbguth/Oebbecke/Rengeling/Schulte, Abwägung im Recht, 1996, S. 117. 132 Battis , Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 97; Gaentzsch, ebd., S. 117. 133 So auch Lüers, DVB1. 1998, 433 (437); Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (355). 134 Die Verwaltung 31 (1998), 505 (510 ff.). 135 BVerwGE 100, 238 (243) und BVerwGE 100, 370 (376). 136 Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (512).

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Dem Einwand der nicht vorhandenen Fehlerfolgenregelung sind § 17 Abs. 6c FStrG und § 29 Abs. 8 PBefG entgegenzuhalten, die entsprechende Bestimmungen zur Relevanz von Abwägungsmängeln treffen. Weiterhin kann die Übertragung von Rechtsprechungsgrundsätzen nicht davon abhängen, ob der in Rede stehende Fehler tatsächlich dem gesamten Anwendungsbereich des Programms der Fehlersystematik unterfallen kann. Entscheidend muß sein, daß die Fehlerfolgenregelung als solche vergleichbar ausgestaltet ist, was etwa mit § 17 Abs. 6c FStrG und § 29 Abs. 8 PBefG der Fall ist. Auch § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB erfordert keine andere Sichtweise. Ebenso wie er unterstellen auch § 17 Abs. 1 FStrG und § 28 Abs. 1 PBefG die Prüfung der Umweltverträglichkeit der Abwägung. Der Auffassung von Koch ist nicht zu folgen. 3. Ansicht des VGH München Der V G H München ging davon aus, daß das Fehlen einer gebotenen UVP einen Abwägungsfehler indiziere 1 3 7 . Da die UVP das Verfahren der Ermittlung umweltbezogener Auswirkungen in bis dahin nicht vorgeschriebener Weise strukturiere, würden Umweltbelange nunmehr breiter und genauer als vor der Geltung des UVPG erfaßt. Die Anforderungen des UVPG an eine ausgewogene Planung gewännen dadurch eine höhere Transparenz und Rationalität, wodurch sie auch auf das materielle Recht einwirken und den AbwägungsVorgang gestalten 138 . Hinsichtlich der Untersuchungsergebnisse böte das formalisierte UVP-Verfahren zudem eine Richtigkeitsgewähr, die auf andere Weise, d.h. mit Hilfe einer unförmlichen Umweltfolgenprüfung, nicht zu erreichen sei. Die durch förmliche UVP gewonnene Umweltinformation beanspruche einen Stellenwert, gegenüber dem jedes nicht auf diese Weise ermittelte Untersuchungsergebnis zwangsläufig keinen Bestand haben könne. Aus beiden Überlegungen sei für das Fehlen einer UVP ein Abwägungsfehler zu folgern. Das OVG Koblenz Schloß sich der Auffassung, die Einhaltung der Verfahrensvorschriften des UVPG stellten bezüglich der Untersuchungsergebnisse eine „Richtigkeitsgewähr durch Verfahren" sicher, a n 1 3 9 . Eine solche sei durch eine unförmliche Umweltuntersuchung nicht zu erreichen. Demnach ziehe eine Verletzung von Vorschriften über die UVP einen Abwägungsfehler nach sich. 137

VGH München, DVB1. 1994, 1198 (1200); dazu Feldmann, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 34, Rn. 106 ff. 138 Gegen diese Verknüpfung von Verfahrensrecht und materiellem Recht Hien, NVwZ 1997, 422 (425); a.A. Schink, NuR 1998, 173 (173, 179); Erbguth, NuR 1997, 261 (265); Erbguth/Schink, UVPG, § 12, Rn. 75. 139 OVG Koblenz, NVwZ 1995, 1025.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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4. Ansicht des BVerwG Dem ist das BVerwG in den jeweiligen Revisionsentscheidungen entschieden entgegengetreten. Eine über die verfahrensrechtliche Bedeutung hinausgehende materielle Funktion habe die UVP nicht 1 4 0 . Der für eine derartige Deutung einzig in Erwägung zu ziehende Bezugspunkt des Art. 8 UVP-RL, wonach das UVP-Ergebnis im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu berücksichtigen ist, lasse sich nicht als Ausdruck des Willens des EG-Gesetzgebers verstehen, auf den Inhalt der Entscheidung Einfluß zu nehmen. Materiell würden die Zulassungstatbestände durch die UVP nicht verschärft, insbesondere deshalb, weil sie keine Maßstäbe dafür liefert, welcher Rang ihr im Rahmen der Zulassungsentscheidung zukommt. Insoweit sei sie ergebnisneutral. Neben dieser klargestellten verfahrensrechtlichen Funktion der UVP ist zur Feststellung von Abwägungsfehlern noch ein zweiter Aspekt zu beachten. Nach Ansicht des BVerwG 1 4 1 kann ein Abwägungsfehler jedoch dann vorliegen, wenn neben dem Fehlen einer förmlichen UVP auch keine andere Untersuchung der Umweltauswirkungen erfolgt und in die Abwägung eingestellt worden ist. Zudem muß nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit bestehen, daß die Planungsbehörde ohne den Verfahrensfehler anders geplant hätte. Ein völliger Verzicht auf die Prüfung von Umweltbelangen kann der Rechtsprechung deshalb nicht entnommen werden. Unter Zurückweisung der Ansicht einer Richtigkeitsgewähr (ausschließlich) durch (UVP-) Verfahren wird es vom BVerwG für ausreichend gehalten, erhebliche Umweltauswirkungen in einem Verfahren zu ermitteln, das in qualitativer Hinsicht den Anforderungen des UVPG entspricht 142 . 5. Übertragung auf die Bauleitplanung Für die Bauleitplanung lassen sich aus diesen Ausführungen folgende Aussagen ableiten 143 . Soweit eine - nach § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB gebotene - förmliche UVP fehlt oder aber fehlerhaft durchgeführt wurde, ist 140 BVerwGE 100, 238 (243) = NVwZ 1996, 788 (789); BVerwGE 100, 370 (376) = NVwZ 1996, 1016 (1018); ausführlich dazu Koch, Die Verwaltung 31 (1998), 505 (510 ff.), der diese Rspr. europarechtswidrig nennt; zum ausschließlichen Verfahrenscharakter der UVP schon Schmidt-Preuß, DVB1. 1995, 485 ff.; außerdem Feldmann, in: Rengeling, EUDUR, Bd. I, 1998, § 34, Rn. 110 ff. 141 BVerwGE 100, 238 (247 f.) = NVwZ 1996, 788 (791); ausführlich Hien, NVwZ 1997, 422 ff. 142 Schink, NuR 1998, 173 (179); ders., AfK 1998, 38 (45); Hien, NVwZ 1997, 422 (425 f.). 143 Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (355); Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1076); Friege, in: Gronemeyer, BauGB, § la, Rn. 57; Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (82); ders., DVB1. 1998, 433 (437).

1 6 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung dadurch allein noch kein Abwägungsfehler indiziert 1 4 4 . Sind jedoch darüber hinaus Umweltauswirkungen des UVP-pflichtigen Bebauungsplans nicht durch ein vergleichbares Verfahren, das den Anforderungen des UVPG entspricht, ermittelt und in die abschließende Abwägung eingestellt worden, so liegt darin ein Abwägungsfehler. Demzufolge ist anhand der Umstände des konkreten Falles zu prüfen, ob durch das Unterlassen einer förmlichen UVP wesentliche Gesichtspunkte der Umweltauswirkungen vernachlässigt worden sind 1 4 5 . Hat dementsprechend vor der Abwägung weder eine förmliche noch eine sonstige vergleichbare Prüfung der Umweltbelange stattgefunden, so ist infolge der genannten Grundsätze ein Fehler im Abwägungsvorgang gegeben, dessen Heilungsmöglichkeiten sich nach den Vorschriften über die Planerhaltung (§§ 214-216 BauGB) richten. Mängel im Abwägungsvorgang sind gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB aber nur dann erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. Von Einfluß auf das Ergebnis ist ein Mangel dann gewesen, wenn nach den Planunterlagen oder nach sonst vorliegenden Umständen die konkrete Möglichkeit besteht, daß die Gemeinde ohne den Mangel zu einem anderen Abwägungsergebnis gelangt wäre. Die abstrakte Vermutung oder die nicht näher begründete Annahme einer solchen Einflußmöglichkeit genügt nicht 1 4 6 . Insoweit befindet sich der den Bebauungsplan im Wege eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 VwGO angreifende Kläger in einer schwierigen Situation. Er muß darlegen, daß die Entscheidung über den Bebauungsplan bei ordnungsgemäß durchgeführter UVP anders ausgefallen wäre. Dies verlangt von ihm das Recherchieren gemeindeinterner Vorgänge sowie das hypothetische Nachvollziehen situationsgebundener Entscheidungsabläufe und damit Aufgaben, die er nur in Ausnahmefällen mit konkreter Erfolgsaussicht wird bewältigen können. Fehler, die bei der Durchführung der UVP im Bebauungsplanverfahren aufgetreten sind, werden daher in aller Regel ohne Bedeutung für die Abwägung und ihr Ergebnis, den Bebauungsplan, bleiben 1 4 7 .

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So auch Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (82); ders., DVB1. 1998, 433 (437); Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2620); dies., NJW 1999, 1070 (1076); Friege, in: Gronemeyer, BauGB, § la, Rn. 57; a.A. für die vor dem 1.1.1998 geltende Rechtslage Seilner, in: FS Schlichter, 1995, S. 257 (275). 145 Hien, NVwZ 1997, 422 (426). 146 Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2620) m.w.N. 147 Zum Bedeutungsverlust der UVP umfassend Schink, NuR 1998, 173 (174 ff.); ders., ZfBR 1998, 284 (285) hält die UVP in der Bauleitplanung fast für symbolische Gesetzgebung.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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V. Ergebnis Gegenstand der UVP in der Bauleitplanung sind die von der Gemeinde, gegebenenfalls von einem privaten Vorhabenträger angeregten, planfeststellungsersetzenden und projektbezogenen Bebauungspläne, durch die jeweils Vorhaben im Sinne der Anlage zu § 3 UVPG abschließend bzw. bauplanungsrechtlich zugelassen werden. Eine generelle Plan-UVP ist damit nicht angestrebt. Die genannten Bebauungspläne sind nur deshalb ausnahmsweise UVP-pflichtig, weil sie in unmittelbarem Bezug zu UVP-pflichtigen Einzelvorhaben des UVPG stehen und gerade im Hinblick auf deren planungsrechtliche Zulässigkeit aufgestellt werden. Die hierbei nach § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB, §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG erforderliche UVP wird unter Beibehaltung der durch das UVPG bestimmten Verfahrensschritte der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der umweltbezogenen Auswirkungen eines Vorhabens und durch Einbeziehung der Öffentlichkeit nach den entsprechenden Vorschriften des Bauleitplanungsrechts durchgeführt. Sie ist ein formalisierter, separater Zwischenschritt vor der abschließenden bauleitplanerischen Abwägung aller betroffenen Belange. In materieller Hinsicht hat die Prüfung zunächst ökologieintern zu erfolgen, ihr Ergebnis ist erst anschließend den weiteren abwägungsrelevanten Belangen gegenüberzustellen. Die UVP ist auf den Planungsstand, d.h. auf die schon auf der Planungsebene erkennbaren Umweltauswirkungen beschränkt. In der Abwägung genießt das Ergebnis der UVP keinen Vorrang. Es ist vielmehr abwägungsdirigiert in dem Sinne, daß es aus Sicht der planenden Gemeinde durch andere überwiegende Belange überwunden werden kann. Eine unterlassene oder fehlerhafte UVP führt nicht automatisch zu einem Fehler der Abwägung. Nur soweit Umweltbelange qualitativ und quantitativ nicht in einem solchen Umfang Eingang in die Abwägung gefunden haben, wie es bei der UVP der Fall gewesen wäre, liegt ein Abwägungsfehler vor. Dieser kann nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB geheilt werden, wenn es gelingt darzulegen, daß die fehlerhafte UVP von Einfluß auf das Abwägungsergebnis war.

D. Bedeutung der UVP für die Bauleitplanung im Entwurf zum Umweltgesetzbuch Wenngleich die UVP i m Bauleitplanungsrecht durch die Neufassung des BauGB zum 1.1.1998 eine Neuregelung erfahren hat, so zeichnet sich jedoch in dieser Frage bereits eine weitere Entwicklung ab. So enthält der Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch 148 mehrere Regelungen, die dieses Verhältnis betreffen und es erneut umstrukturieren. I m Rahmen des erheblichen Ausbaus des Umweltplanungsrechts ist hierbei die neuzuschaffende Umweltgrundlagenplanung

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

von besonderer Bedeutung. Sie ist zwar nicht europäischen Ursprungs, übernimmt jedoch nach der Intention des UGB-KomE die Funktion einer UVP für gesamträumliche Pläne 1 4 9 . Insbesondere bildet die Umweltgrundlagenplanung den Maßstab, an dem sich die Bauleitpläne unter umweltbeeinflussenden Gesichtspunkten zu orientieren haben. Sie soll deshalb in ihren die Bauleitplanung berührenden Teilen Darstellung finden.

I. Anliegen des Umweltgesetzbuches Aufgrund der Tatsache, daß sich das geltende deutsche Umweltrecht durch eine verwirrende Unübersichtlichkeit 150 auszeichnet, ist vom damaligen Bundesumweltminister Prof. Dr. Klaus Töpfer eine Unabhängige Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch in der Absicht eingesetzt worden, das gesamte deutsche Umweltrecht zu kodifizieren. M i t dieser Kodifizierung sollen insbesondere die Zerrissenheit des umweltrechtlichen Normensystems, die inhaltlichen Unstimmigkeiten, die uneinheitliche Terminologie, die unklaren Grundstrukturen, die oftmals widersprüchliche Systematik sowie das Verhältnis zu benachbarten Rechtsbereichen 151 bereinigt werden 1 5 2 . Erwartet wird sich hiervon eine Vereinfachung und Konsolidierung des Umweltrechts, ein Gewinn an Rechtsklarheit, eine verbesserte Vollzugsfähigkeit, eine medienübergreifende Verwirklichung von Umweltschutz in allen Bereichen und nicht zuletzt eine ökologische Erneuerung des Umweltrechts 153 . Zur Vorbereitung der Kodifikation 1 5 4 wurden von zwei unabhängigen Professorenkommissionen Entwürfe zu einem Allgemeinen und zu einem Besonderen Teil eines Umweltgesetzbuches erarbeitet und in den Jahren 1990 und 1994 der Öffentlichkeit vorgestellt 155 . I m Jahre 1992 war das Vorhaben eines Umweltgesetzbuches zudem Gegenstand des 59. Deutschen

148 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (Hrsg.), Umweltgesetzbuch (UGB-KomE), Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch beim BMU, 1998. 149 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 573. 150 Kloepfer/Durner, DVB1. 1997, 1081. 151 Zur Verknüpfung des UGB mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) Setidler, NVwZ 1999, 132 ff. 152 Kloepfer/Durner, DVB1. 1997, 1081 (1082). 153 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 73 ff.; Schink, DÖV 1999, 1 f.; Schmidt, ZUR 1998, 277; Sendler, NJ 1997, 506 (507 ff.); ders., NVwZ 1996, 1145 (1148 f.). 154 Zu den Kodifikationskriterien Storm, NVwZ 1999, 35 ff.; Schink, DÖV 1999, 1 (2); Schmidt, ZUR 1998, 277 (278). 155 Zum UGB-AT s. Kloepfer/Kunig/Rehbinder/Schmidt-Aßmann, DVB1. 1991, 339 ff.; zum UGB-BT s. Kloepfer, DVB1. 1994, 305 ff.; zusf. dazu ders., DÖV 1995, 745 ff.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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Juristentages. Dieser sprach sich trotz teilweise geäußerter Bedenken 1 5 6 mehrheitlich für die Schaffung eines Umweltgesetzbuches aus. Ausgehend von den durch die Professorenkommissionen und den Juristentag bereits erarbeiteten Ergebnissen nahm 1992 die vom Bundesumweltministerium eingesetzte Unabhängige Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch ihre Arbeit auf und stellte ihren Entwurf 1997 fertig. Dieser soll die Grundlage für einen Gesetzentwurf der Bundesregierung bilden, wobei mit der Einleitung des förmlichen Gesetzgebungsverfahrens für das Jahr 1999 gerechnet w i r d 1 5 7 . Mittlerweile ist von einer Projektgruppe UGB beim Bundesumweltministerium ein Arbeitsentwurf für ein Umweltgesetzbuch Erstes Buch vorgelegt worden, der in einem Allgemeinen Teil hauptsächlich Vorschriften zur Vorhabengenehmigung und in einem Besonderen Teil Bestimmungen zu einzelnen umweltrechtlichen Fachgebieten enthält 1 5 8 . Π . Umweltgrundlagenplanung - Vorstufe und Orientierungsrahmen der Bauleitplanung Nachdem das im Professorenentwurf (UGB-AT) vorgeschlagene selbständige einheitliche Umweltfachplanungssystem einer Umweltleitplanung wegen der Kompliziertheit und des unklaren Verhältnisses zu den Fachplanungen auf erhebliche K r i t i k 1 5 9 gestoßen war, verfolgt die nunmehr konzipierte Umweltgrundlagenplanung die Absicht ihrer weitgehenden Integration in bereits vorhandene Raumplanungen. Sie ist in den §§ 69 ff. UGB-KomE geregelt und enthält hinsichtlich der Umweltverträglichkeit von Bauleitplänen bedeutende Vorgaben. 1. Ziel und Inhalt Ziel der Umweltgrundlagenplanung ist es nach § 69 Abs.. 1 Satz 1 UGBKomE, bei Entscheidungen über raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen die Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen zu beurteilen, nachteilige Auswirkungen zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten und den Zustand der Umwelt zu verbessern 160 . Dazu werden 156 Breuer, Empfiehlt es sich, ein Umweltgesetzbuch zu schaffen, gegebenenfalls mit welchen Regelungsbereichen?, Gutachten Β für den 59. Deutschen Juristentag, 1992, Β 9 ff. (insbes. Β 37 ff.). 157 Hierzu Storm , NVwZ 1999, 35 (40); Schink, DÖV 1999, 1; Schmidt, ZUR 1998, 277 (282 ff.); Sendler, NVwZ 1999, 132; ders., NJ 1997, 506 (510); Sckweikl, BB 1997, 2123 (2125 f.); Kloepfer/Durner, DVB1. 1997, 1081 (1083). 158 Dazu Schmidt-Preuß, DVB1. 1998, 857 ff.; Schmidt, ZUR 1998, 277 (282 ff.); Michler, DVB1. 1999, 816 f. 159 Erbguth, DVB1. 1992, 1122 (1132); Hoppe, NJW 1992, 1993 ff.; ders., in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (178 f.); zusf. BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 572.

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Umweltgrundlagenpläne aufgestellt, die den für raumbedeutsame Planungen und Maßnahmen erheblichen Zustand der Umwelt sowie raumbedeutsame Erfordernisse und Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Umweltschutzes in beschreibender und zeichnerischer Form zusammenfassend darstellen. Die Darstellungen im Umweltgrundlagenplan dienen der Aufbereitung der erheblichen Umweltbelange mit einem zeitlichen Vorsprung vor der Primärintegration in die gesamträumliche Planung, damit die Gelegenheit besteht, zunächst ein eigenständiges, nicht bereits durch wertende Entscheidungen verkürztes Informationssystem darzustellen 161 . Die Pläne sollen gemäß § 69 Abs. 2 Satz 1 UGB-KomE Aussagen darüber enthalten, welche Planungsaspekte im Verhältnis untereinander vorrangig sind. Nachrangige Umweltbelange müssen trotzdem Niederschlag im Planwerk finden 1 6 2 . Umweltgrundlagenpläne werden von den Trägern der Bauleitplanung sowie der Raumordnung und Landesplanung unter Anwendung der Vorschriften über die Aufstellung, Änderung und Ergänzung von Flächennutzungsplänen bzw. von Plänen der Raumordnung und Landesplanung aufgestellt, wobei die Öffentlichkeit zu beteiligen ist (§ 70 Abs. 1, 4 UGBKomE). Diese Zuständigkeitsregelung folgt aus dem Prinzip der Integration der Umweltgrundlagenplanung in die gesamträumliche Planung. Für die Aufstellung der Umweltgrundlagenpläne ist somit die Planungsebene zuständig, der die Aufstellung des nachfolgenden gesamträumlichen Plans obliegt. Die Verpflichtung zur Aufstellung von Umweltgrundlagenplänen ist ein objektiv-rechtliches Gebot, das einen diesbezüglichen Anspruch der Bürger nicht entstehen läßt 1 6 3 . Ferner besteht gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 UGB-KomE die Verpflichtung zur Fortschreibung der Umweltgrundlagenpläne, um sie den aktuellen Entwicklungen fortlaufend anzupassen. Unmittelbare Verbindlichkeit besitzen die Umweltgrundlagenpläne nicht 1 6 4 . Sie sollen vielmehr als obligatorische Vorstufe für die Bauleitplanung, die Raumordnung und die Landesplanung vorab die umweltrelevanten Informationen bereitstellen und diese zur Abwägung mit anderen Belangen einbringen 165 . Bei der Abwägung ist allerdings zu beachten, daß § 9 160 Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (182); Schink, DÖV 1999, 1 (9); Michler, DVB1. 1999, 816 (823); aus der Sicht der Regionalplanung Erbguth, DÖV 1998, 673 (679 f.). 161 Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (183). 162 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 577; Michler, DVB1. 1999, 816 (824). 163 Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (192). 164 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 579. 165 Schink, DÖV 1999, 1 (9); Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (180 f.); Sendler, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 93, Rn. 37; ders., NJ 1997, 506 (511); Groß, NuR 1998, 123 (128); Kloepfer/Durner, DVB1. 1997, 1081 (1087).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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Satz 2 UGB-KomE den Umweltbelangen hierbei einen relativen Vorrang vor anderen abwägungserheblichen Belangen und damit eine herausgehobene Stellung einräumt 1 6 6 . Die Darstellungen der Umweltgrundlagenpläne sollen nach § 71 Abs. 1 UGB-KomE als Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder als Darstellungen (Flächennutzungspläne) und Festsetzungen (Bebauungspläne) der Bauleitplanung umgesetzt werden. Erst hierdurch erlangen sie Verbindlichkeit. Erfolgt eine solche Umsetzung, die ohnehin unter dem Vorbehalt des Möglichen steht, nicht in die räumlichen Planungen, bestehen nach § 71 Abs. 2, 3 UGB-KomE Berücksichtigungs- und Begründungspflichten. § 71 UGB-KomE verfolgt die Integration von Darstellungen der Umweltgrundlagenpläne in die gesamträumlichen Planungen demnach mit drei Instrumenten 167 : Neben dem zentralen Umsetzungsgebot ( § 7 1 Abs. 1 UGB-KomE) wird ein Berücksichtigungsgebot (§ 71 Abs. 2 UGB-KomE) angeordnet, wenn keine Umsetzung stattgefunden hat. Desweiteren besteht eine Darlegungslast ( § 7 1 Abs. 3 UGB-KomE), sofern eine Umsetzung nicht erfolgt ist und von den Darstellungen im Umweltgrundlagenplan abgewichen wurde. Zusammenfassend läßt sich die Umweltgrundlagenplanung als vorbereitende, Umweltinformationen liefernde, unverbindliche und deshalb auf Umsetzung in die räumlichen Planungssysteme angewiesene integrierende Umweltplanung charakterisieren. 2. Kritik an der Umweltgrundlagenplanung Die Umweltgrundlagenplanung in der Gestalt des UGB-KomE ist auf erhebliche Kritik gestoßen 168 . Inhaltlich betrifft diese Kritik die unverhältnismäßig weitreichenden Steuerungsabsichten, die hohe Komplexität und die Manipulierbarkeit der Umweltgrundlagenplanung. Ausgangspunkt für die geäußerten Bedenken ist, daß die Umweltgrundlagenplanung darauf angelegt ist, die in ihr enthaltenen Darstellungen möglichst in Ziele der Raumordnung umzusetzen ( § 7 1 Abs. 1 UGB-KomE). Nach § 3 Nr. 2 ROG sind Ziele der Raumordnung verbindliche Rechtsnormen. Um dieses spezielle Umsetzungsergebnis zu erreichen, würden die im Grundsatz begrifflich weitgefaßten Darstellungen darauf „getrimmt", als raumbedeutsame Erfordernisse und Maßnahmen des Umweltschutzes 166

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 461; Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (190); Schink, DOV 1999, 1 (9); Generelle Zweifel an der Praxistauglichkeit dieser neuen Abwägungsklausel meldet Schink, DÖV 1999, 1 (4) an. 167 Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (189). 168 Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (193 ff.); Schink, DÖV 1999, 1 (9 f.).

1 2 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung gerade in Ziele der Raumordnung umsetzbar zu sein 1 6 9 . Die Zusammenstellung der Darstellungen erfolge - so wird befürchtet - nicht frei und ohne Rücksicht auf die Umsetzungsgeeignetheit der Darstellungen, sondern sei von vornherein einseitig auf den Aspekt der Umsetzbarkeit in Raumordnungsziele ausgerichtet 170 . Schon diese prognostizierte eindimensionale Auswahl von Darstellungen sei zu beanstanden. Viel wesentlicher sei aber, daß die so in den Umweltgrundlagenplan aufgenommenen Darstellungen infolge des Umsetzungsgebots des § 71 Abs. 1 UGB-KomE vielfältige Ziele der Raumordnung entstehen ließen. Deren Bindungswirkung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 ROG, § 1 Abs. 4 BauGB) schränke die Planung, insbesondere die gemeindliche Planung, ein. Abwägungsentscheidungen seien von den zwingend zu beachtenden Raumordnungszielen determiniert und somit der ihnen eigenen Gestaltungsfreiheit teilweise beraubt 171 . Der hierin liegende Eingriff in die von der Selbstverwaltungsgarantie umfaßte Planungshoheit muß dem Gebot der sachlichen Legitimation und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen 172 . Das aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz abgeleitete Gebot der Erforderlichkeit ist bei der Wahl der Planungsstufe, bei der Wahl des räumlichen und sachlichen Konkretisierungsgrades sowie bei der Darstellungsform der Ziele zu beachten. I m Hinblick hierauf sei einzuschätzen, daß die Ziele der Raumordnung nicht mehr dem verfassungsrechtlichen Gebot der gerechten Abwägung entsprächen. Dieses sei nicht mehr gewährleistet, da die Raumordnungsziele nicht durch die Träger der Raumordnung selbst, sondern von vornherein durch die Umweltgrundlagenplanung festgelegt werden 1 7 3 . In Bezug auf das im Verhältnismäßigkeitsgrundsatz enthaltene Teilprinzip der Geeignetheit wird darauf verwiesen, daß die Umsetzung von umweltgrundlagenplanerischen Darstellungen in Grundsätze der Raumordnung (§ 3 Nr. 3 ROG) ein die Planungshoheit weniger einschränkendes Mittel und damit geeigneter sei 1 7 4 . Denn im Gegensatz zu den Zielen der Raumordnung kommt den Grundsätzen keine Bindungswirkung zu. Sie stellen nach § 4 Abs. 2 ROG lediglich Abwägungsdirektiven dar. Hinzu kommen die erwarteten tatsächlichen Auswirkungen der in § 71 Abs. 3 UGB-KomE angeordneten Begründungspflicht. Hierdurch werde auf die Planungsträger ein Druck ausgeübt, der es fraglich erscheinen lasse, ob die Raumordnung noch hinreichend frei für eine sachgerechte Abwägung sei. 169 170 171 172 173 174

Hoppe, Hoppe, Hoppe, Hoppe, Hoppe, Hoppe,

in: in: in: in: in: in:

FS für FS für FS für FS für FS für FS für

Blümel, Blümel, Blümel, Blümel, Blümel, Blümel,

1999, S. 1999, S. 1999, S. 1999, S. 1999, S. 1999, S.

177 (195). 177 (195). 177 (195). 177 (197). 177 (198). 177 (198).

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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Bei der im UGB-KomE vorgesehenen intensiven Ausgestaltung der Umweltgrundlagenplanung über Raumordnungsziele bleibe - so das abschließende Fazit - von der gemeindlichen Planungshoheit nicht mehr viel übrig. Das Umsetzungsgebot sei weder für die Raumordnung erforderlich noch im Hinblick auf die gemeindliche Bauleitplanung verhältnismäßig 1 7 5 . Ein zweiter Kritikpunkt betrifft die hohe Komplexität der Umweltgrundlagenplanung 176 . Es bedürfe der Erhebung einer Fülle von Daten mit der Folge, daß das bei der Aufstellung der Umweltgrundlagenpläne zu bearbeitende Abwägungsmaterial wegen der Großräumigkeit des Planungsraums kaum bewältigt werden kann 1 7 7 . Erst recht schwierig sei eine Bewältigung der anschließend zwischen den ermittelten Umweltbelangen auftretenden Konflikte. Weiterhin wird auf die Gefahr hingewiesen, die wegen der vorgesehenen Identität zwischen dem Träger der Umweltgrundlagenplanung und dem der Landes-, Regional- und Bauleitplanung drohe. Es stehe zu erwarten, daß die Planungsträger bei der Erarbeitung von Umweltgrundlagenplänen darauf achten werden, daß ihre eigenen Planungsziele, die sie über die Regionaloder Bauleitplanung verfolgen, nicht gefährdet werden 1 7 8 . Daraus folge eine interessenabhängige Steuerung des Inhalts des Umweltgrundlagenplans. Deswegen sei zu bezweifeln, ob die Umweltgrundlagenpläne i m Ergebnis wirklich dem Umweltschutz dienen und von besonderer Effektivität sein werden 1 7 9 . Ob aufgrund dieser erheblichen, überwiegend zutreffenden Kritik die Konzeption der Umweltgrundlagenplanung geändert wird, bleibt abzuwarten. Dessen ungeachtet weist die Umweltgrundlagenplanung gerade zur Bauleitplanung einige nachfolgend zu untersuchende Bezüge auf. 3. Grundsätzlicher Bezug zur Bauleitplanung Während sich die Umweltgrundlagenplanung bei der Aufstellung von Umweltgrundlagenplänen des bauleitplanerischen Instrumentariums bedient, nimmt sie mit den in ihr enthaltenen planerischen Darstellungen beim Umsetzungsgebot des § 71 Abs. 1 UGB-KomE selbst Einfluß auf die Bauleitplanung.

175 176 177 178 179

Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (198). Schink, DÖV 1999, 1 (9). Schink, DÖV 1999, 1 (9). Schink, DÖV 1999, 1 (9). Schink, DÖV 1999, 1 (10).

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Nach § 70 Abs. 1 UGB-KomE sind die Gemeinden als Träger der Bauleitplanung für das Aufstellungsverfahren zuständig. Zeitlich soll dies vor oder im Zusammenhang mit der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans geschehen. Dabei sind die Vorschriften der §§ 1 ff. BauGB anzuwenden. Dies erscheint aus Gründen der planerischen Effektivität und der Abstimmung der Pläne sinnvoll. Soweit der Umweltgrundlagenplan vorliegt, sind seine unverbindlichen Darstellungen bei der Aufstellung von Bauleitplänen in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzustellen. Diesen Belangen kommt dort durch § 9 Satz 2 UGB-KomE erhöhtes Gewicht zu. Der Abwägung und insbesondere der konkreten Planungssituation bleibt es jedoch vorbehalten zu entscheiden, ob diese Darstellungen als nunmehr bedingt verbindliche Darstellungen (vgl. § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB) und verbindliche Festsetzungen Eingang in den Bauleitplan finden. Sollte dies wegen der besonderen Umstände im Einzelfall nicht geschehen sein, ordnet § 71 Abs. 3 UGBKomE eine Begründungspflicht für die Gemeinde als Planungsträger an.

Ι Π . UVP bei Flächennutzungsplänen Eine Aussage darüber, inwieweit bei Flächennutzungsplänen eine UVP durchzuführen ist, enthält der Abschnitt über die UVP bei Plänen und Programmen (§§ 74 ff. UGB-KomE). Eine Plan- und Programm-UVP, die den Plan bzw. das Programm als solchen(s), d.h. unabhängig von einem UVPpflichtigen Vorhaben, zum Gegenstand einer UVP macht, existiert im geltenden Bundesrecht bisher nicht 1 8 0 . Der UGB-KomE orientiert sich insofern an der auf EG-Ebene geführten Diskussion zu einer Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme 181 . Dieser Richtlinienvorschlag, der mittlerweile geändert worden i s t 1 8 2 , soll das bisher auf einzelne Vorhaben bezogene UVP-Konzept auf behördliche Pläne und Programme erweitert werden, die Grundlage für die Zulassung bestimmter Projekte sein können 1 8 3 . In konsequenterer Umsetzung des Frühzeitigkeitsgebots der UVP-RL ist damit beabsichtigt, eine wirkliche Alternativenprüfung von Projekten hinsichtlich Standort und Inhalt zu 180

Zum Teil wird im kommunalen Bereich eine Plan-UVP durchgeführt, die jedoch Bauleitpläne nicht erfaßt, s. dazu BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 583 m. Fn. 75. 181 Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme vom 4.12.1996, AB1.EG 1997 Nr. C 129, S. 14. 182 Geänderter Vorschlag vom 22.2.1999, AB1.EG Nr. C 83, S. 13. 183 Ziekow, UPR 1999, 287 ff.; Schink, NVwZ 1999, 11 (16); ders., ZfBR 1998, 284 (288); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 74.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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ermöglichen. Nach dem bisherigen Stand des Gesetzgebungsverfahrens 184 würden von dieser Plan-UVP neben Landesraumordnungs- und Regionalplänen auch Flächennutzungspläne und Bebauungspläne eifaßt werden 1 8 5 . Da aus den Darstellungen der Flächennutzungspläne die rechtsverbindlichen Festsetzungen der Bebauungspläne zu entwickeln sind (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB), wären die Flächennutzungspläne für die Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Projekten ursächlich und damit ebenso wie die Bebauungspläne selbst Gegenstand einer Plan-UVP. Obwohl gerade die Bundesrepublik erhebliche Einwände mit Blick auf die Verfahrensbeschleunigung, die Gewaltenteilung und die Ungeeignetheit einer derartig frühen UVP erhoben h a t 1 8 6 , werden durch die Normierung in den §§74 ff. UGB-KomE die zu erwartenden Regelungen des EG-Rechts vor187

weggenommen Die Plan- und Programm-UVP verfolgt das Ziel eines vorausschauenden und medienübergreifenden Umweltschutzes und basiert auf der Erwägung, daß die entscheidenden Weichen hierfür schon auf der Planungsebene gestellt werden 1 8 8 . In diesem Sinne wird von § 74 Satz 1 UGB-KomE der Zweck der Plan- und Programm-UVP bestimmt. Sie soll der frühzeitigen Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Plans oder eines Programms auf die Umwelt und den Menschen einschließlich der Wechselwirkungen entsprechend dem Planungsstand dienen. Sie ist gemäß § 74 Satz 2 UGB-KomE als unselbständiger Teil von Planaufstellungsverfahren angelegt. Verfahrensrechtlich lehnt sich die Plan-UVP durch das Erfordernis einer Umweltbeschreibung, die Einbeziehung der Öffentlichkeit und das Berücksichtigungsgebot hinsichtlich der bewerteten Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über den Plan oder das Programm eng an die übliche Vorhaben-UVP an. Prognostiziert wird, daß mit der Plan-UVP in der Form des UGB-KomE die UVP zu einem wesentlich effektiveren Umweltschutzinstrument fortentwickelt werden w i r d 1 8 9 . Welche Pläne und Programme einer UVP bedürfen, wird von § 75 Satz 1 UGB-KomE festgelegt. Flächennutzungspläne werden davon nicht erfaßt. Vielmehr regelt § 75 Satz 3 UGB-KomE, daß für sie die Umweltgrundlagenplanung die UVP ersetzt 190 . Eine eigene UVP findet somit nicht statt. 184

Ausführlich Ziekow, UPR 1999, 287 ff. Schink, NVwZ 1999, 11 (16); ders., ZfBR 1998, 284 (288). 186 Ziekow, UPR 1999, 287 (292); Schink, NVwZ 1999, 11 (16); ders., ZfBR 1998, 284 (288). 187 Sendler, in: Rengeling, EUDUR, Bd. Π, 1998, § 93, Rn. 38; ders., NJ 1997, 506 (511); Schmidt, ZUR 1998, 277 (280); Schink, DÖV 1999, 1 (10). 188 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 585; Sendler, in: Rengeling, EUDUR, Bd. Π, 1998, § 93, Rn. 38; Kloepfer/Durner, DVB1. 1997, 1081 (1088). 189 Schink, DÖV 1999, 1 (10). 185

10 Schladebach

1 6 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Die im Plangebiet zu berücksichtigenden Umweltbelange fließen über die Umweltgrundlagenpläne in die Flächennutzungspläne durch das hierauf gerichtete Umsetzungsgebot des § 71 Abs. 1 UGB-KomE ein. So wird sichergestellt, daß die Flächennutzungspläne einen bestimmten Gehalt an umweltschützenden Darstellungen aufweisen. Außerdem garantiert diese Verknüpfung die sachgerechte Einbindung der durch die Umweltgrundlagenplanung gerade für dieses Plangebiet gewonnenen umweltbezogenen Erkenntnisse in den Flächennutzungsplan. Für die Umweltverträglichkeit der Flächennutzungspläne ist dies ausreichend, eine eigene UVP daher entbehrlich. I V . U V P bei Bebauungsplänen Die Pflicht, eine UVP bei Bebauungsplänen durchzuführen, ist in § 111 UGB-KomE geregelt. Hervorzuheben ist, daß sich diese Vorschrift i m Kapitel „Vorhaben" befindet 1 9 1 . Bereits hieraus ergibt sich der vorhabenbezogene Prüfungsansatz. Er unterzieht Bebauungspläne nicht als solche einer UVP, sondern ordnet ihre Durchführung nur für solche Bebauungspläne an, die ein konkretes Vorhaben bauplanungsrechtlich zulassen. Dies ist die Sichtweise, die sich derzeit schon aus § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB und §§17, 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG ergibt. An dieser Rechtslage will der UGB-KomE grundsätzlich festhalten 192 . Insbesondere soll nicht der auf EG-Ebene diskutierte Vorschlag zu einer Plan- und Programm-UVP in der Weise vorweggenommen werden, daß Bebauungspläne unabhängig von konkret aufgeführten Vorhaben in ihrer Umweltverträglichkeit zu prüfen sind 1 9 3 . Andernfalls fände sich eine entsprechende Vorschrift im Abschnitt über die Plan-UVP in den §§ 74 ff. UGB-KomE. Angeführt wird in diesem Zusammenhang desweiteren, daß die projektbezogenen Bebauungspläne nicht den Plänen und Programmen, und damit eher einer Plan-UVP, sondern der ProjektUVP zuzuordnen sind 1 9 4 . Indikator, ob ein Bebauungsplan einer UVP zu unterziehen ist, bleibt weiterhin ein bauplanungsrechtlich konkret zuzulassendes Vorhaben.

190

Zum Unterschied von Plan-UVP und Umweltgrundlagenplanung ausf. BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 587 f. 191 Zu den Vorhaben und deren Genehmigung s. Schräder, NuR 1998, 285 ff. 192 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 669. 193 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 669. 194 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 669.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

17

1. UVP-pflichtige Bebauungspläne Folgerichtig bestimmt § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UGB-KomE die Durchführung einer UVP (nur) für solche Bebauungspläne, durch die die bebauungsrechtliche Zulässigkeit eines bestimmten Vorhabens nach § 81 oder eines nach anderen Vorschriften der UVP unterliegenden bestimmten Vorhabens begründet wird oder die die Genehmigung für ein solches Vorhaben ersetzen. Zielsetzung der erstgenannten Planungen ist die Verwirklichung eines konkreten, im Zeitpunkt der Aufstellung des Bebauungsplans schon bekannten Vorhabens aus § 81 UGB-KomE. Die genehmigungsersetzenden Bebauungspläne betreffen solche Fälle, in denen an die Stelle einer planerischen Vorhabengenehmigung (§§ 101 ff. UGB-KomE) oder einer Planfeststellung, die aufgrund einer Rechts Verordnung nach § 112 Abs. 1 UGBKomE für UVP-pflichtig erklärt worden ist, ein Bebauungsplan t r i t t 1 9 5 . Eine UVP hat nach § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UGB-KomE auch bei den vorhabenbezogenen Bebauungsplänen zu erfolgen, die die Voraussetzungen der Nr. 2 erfüllen. Dieser Begriff ist nach dem Inkrafttreten des novellierten BauGB zum 1.1.1998 abzuwandeln. Der Vorhaben- und Erschließungsplan nach § 7 BauGBMaßnG ist in § 12 BauGB zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan weiterentwickelt worden 1 9 6 . Sein speziell auf die Begründung bauplanungsrechtlicher Zulässigkeit einzelner Vorhaben zugeschnittener Charakter läßt ihn als besonders geeignet für projektbezogene Bebauungspläne erscheinen. 2. Verfahren und materieller Umfang der UVP in der Bauleitplanung Für das Verfahren der UVP verweist § 111 Abs. 2 Satz 1 UGB-KomE auf die entsprechenden Vorschriften des BauGB. Wie schon bisher (§ 17 Satz 1 UVPG) finden deshalb die §§ l - 4 a , 9 BauGB Anwendung. Hier wie dort ist die Öffentlichkeit in Form der Bürger- und Trägerbeteiligung (§§ 3, 4 BauGB) einzubeziehen. Desweiteren gelten gemäß § 111 Abs. 2 Satz 2 UGB-KomE für das UVP-Verfahren die §§ 230, 231 UGB-KomE entsprechend. In § 230 UGB-KomE ist für bestimmte Fälle die grenzüberschreitende Behördenbeteiligung geregelt, die bisher § 8 UVPG enthielt. Für die UVP im Bebauungsplanverfahren ist wegen des in § 111 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE bestimmten Verweises auf das BauGB jedoch der § 4a BauGB anzuwenden. Der Bezugnahme auf § 230 UGB-KomE bedurfte es deshalb nicht. Die Vorschrift hat lediglich deklaratorische Bedeutung. Anders ver195

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 670. Turiaux, NJW 1999, 391 ff.; Stich, WiVerw 1999, 22 ff.; Menke, NVwZ 1998, 577 ff.; Reidt, BauR 1998, 909 ff.; außerdem Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 196

(1082). io·

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

hält es sich mit § 231 UGB-KomE. Er ordnet die grenzüberschreitende Bürgerbeteiligung für ausländische Personen an, die von den Umweltauswirkungen eines UVP-pflichtigen Bebauungsplans betroffen sind. In diesem Fall werden sie Inländern gleichgestellt. Eine vergleichbare Verpflichtung ist weder im UVPG noch im BauGB festgeschrieben. § 231 UGB-KomE erweitert die für die UVP im Bebauungsplanverfahren zu beachtenden Vorschriften und hat damit insoweit konstitutive Wirkung. Schließlich verlangt § 111 Abs. 2 Satz 3 UGB-KomE in verfahrensmäßiger Hinsicht, daß die Begründungen nach § 3 Abs. 2 BauGB (Begründung des Entwurfs des Bebauungsplans, § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB) und § 9 Abs. 8 BauGB (Begründung des Bebauungsplans) den Anforderungen des § 90 Abs. 5 UGB-KomE entsprechen. So sind die zusammenfassende Darstellung, die Bewertung und Aussagen über die Art der Berücksichtigung von durch die UVP ermittelten Umweltauswirkungen in die genannten Begründungen aufzunehmen. Dies bedeutet, daß die wesentlichen Prüfungsschritte und Ergebnisse der UVP deutlich erkennbar Erwähnung in den Begründungen nach § § 3 Abs. 2, 9 Abs. 8 BauGB finden müssen. Zudem hat gegebenenfalls eine Alternativendarstellung zu erfolgen. Hierdurch werden die Anforderungen an die Begründungen der §§ 3 Abs. 2, 9 Abs. 8 BauGB für UVP-pflichtige Bebauungspläne ausdrücklich festgeschrieben. I m Schrifttum ist bisher ein vergleichbarer Maßstab angelegt worden 1 9 7 . Der materielle Umfang der UVP wird durch die in § 111 Abs. 2 Satz 2 UGB-KomE angeordnete Geltung des § 80 Abs. 3 Satz 2 UGB-KomE bestimmt. Danach umfaßt die UVP eine Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen einschließlich der Wechselwirkungen zwischen den Umweltgütern. In sinngemäßer Übernahme des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG wird damit neben dem zu beachtenden medienübergreifenden Ansatz der Prüfung gleichzeitig festgelegt, daß die UVP einen eigenständigen Prüfungsschritt in der bauleitplanerischen Abwägung darstellt 1 9 8 . Sie ist gemäß § 111 Abs. 1 Satz 2 UGB-KomE auf den entsprechenden Planungsstand und damit auf die schon auf der Planungsebene erkennbaren Umweltauswirkungen beschränkt. Insgesamt wird die durch § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB und § 17 Satz 2, 1. HS UVPG derzeit geltende Rechtslage aufgegriffen und um einige verfahrensrechtliche Bestimmungen erweitert.

197 Battis , NuR 1995, 448 (451); ders., Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 81; Schink, ZfBR 1998, 284 (294); ders., NVwZ 1991, 935 (944); Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 52, 102; Schlarmann/Hildebrandt, NVwZ 1999, 350 (353). 198 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 670.

2. Kapitel: Einfluß des UVPG auf die kommunale Bauleitplanung

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3. Umweltgrundlagenplanung und Bebauungspläne In Bezug auf Umweltverträglichkeit von Bebauungsplänen bleibt der UGB-KomE auf diesem Regelungsniveau jedoch nicht stehen. Wenngleich eine UVP im eigentlichen Sinne bei Bebauungsplänen, die nicht die (vorhabenbezogenen) Voraussetzungen des § 111 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 u. 3 UGB-KomE erfüllen, nicht durchzuführen ist, so darf der Einfluß der Umweltgrundlagenplanung hierbei nicht unterschätzt werden. Einerseits sind gemäß § 71 Abs. 1 UGB-KomE die Darstellungen der Umweltgrundlagenpläne als Darstellungen und Festsetzungen der Bauleitpläne, d.h. gerade auch der Bebauungspläne, umzusetzen. Hierdurch erfolgt, wenn auch unter Abwägungsvorbehalt, eine unmittelbare Transformation umweltbezogener Aspekte in den Bebauungsplan. Andererseits ist an die Bedeutung der Flächennutzungspläne für den Inhalt der Bebauungspläne zu erinnern. Die Darstellungen der Umweltgrundlagenpläne sollen zunächst gemäß § 71 Abs. 1 UGB-KomE in die Flächennutzungspläne einfließen. Eine inhaltliche Abstimmung ergibt sich überdies aus dem aufeinander bezogenen Aufstellungsverfahren. Geht man hiervon aus und berücksichtigt zudem, daß nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB die Bebauungspläne aus den Flächennutzungsplänen zu entwickeln sind, so wird den Bebauungsplänen auf diese Weise gleichfalls ein bestimmtes Maß umweltbezogener Belange und somit Umweltverträglichkeit vermittelt. Diese mittelbare - originär durch die Umweltgrundlagenpläne veranlaßte - Beeinflussung wird ebenfalls zu einer umfassenderen Gewährleistung umweltbezogener Festsetzungen in den Bebauungsplänen führen. Die damit verbundene Stärkung des Umweltschutzes in der Bauleitplanung ist als positiv zu bewerten. V. Vergleich mit der geltenden Rechtslage Vergleicht man die Regelungen des UGB-KomE mit der derzeit geltenden Rechtslage, so ist sowohl bei Flächennutzungsplänen als auch bei Bebauungsplänen ein Zuwachs an umweltschützenden Einflüssen zu verzeichnen. Nach wie vor ist bei Flächennutzungsplänen keine eigene UVP vorgesehen. Eine Rückkehr zu der von 1990 bis 1993 diesbezüglich geltenden UVP-Pflichtigkeit findet nicht statt. Jedoch führt die enge Verknüpfung der Flächennutzungsplanung mit der Umweltgrundlagenplanung (§§ 70 Abs. 2, 71 Abs. 1 UGB-KomE) zu einer deutlichen Aufwertung umweltbezogener Belange in den Flächennutzungsplänen. Eine so frühzeitige Auseinandersetzung mit Aspekten des Umweltschutzes gebietet die seit der Neufassung des BauGB zum 1.1.1998 geltende Rechtslage nicht. Bei Bebauungsplänen wird die derzeitige Rechtslage konserviert: I m Rahmen projektbezogener Bebauungsplanverfahren findet eine UVP als formalisierter Zwischenschritt vor der abschließenden Abwägung nach § 1

1

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Abs. 6 BauGB statt. Darüber hinaus gewinnt die Umweltverträglichkeit für alle sonstigen Bebauungspläne durch die die Bauleitplanung vorbereitende Umweltgrundlagenplanung eine gesteigerte Bedeutung. Letztere manifestiert sich in dem für alle Bebauungspläne angeordneten Umsetzungsgebot des § 71 Abs. 1 UGB-KomE. Diese zukünftige Entwicklung bewertend scheint der Umweltschutz auf den ersten Blick in einem solchen Umfang bestimmend für die Bauleitplanung zu werden, daß für sie und die in ihr außerdem zu berücksichtigenden anderen bauleitplanerischen Belange nur noch enge Festsetzungsspielräume verbleiben. Indessen gilt das BauGB nach Erlaß des UGB fort und behandelt im Bauleitplanungsrecht den Umweltschutz als einen gegenüber anderen Faktoren grundsätzlich gleichwertigen Belang. Das Bauleitplanungsrecht bleibt das maßgebende Planungsrecht, ist aber weiterhin auf eine sachgerechte Verzahnung mit dem Umweltplanungsrecht angelegt 199 . Das künftig geltende UGB bedingt bei der Ausfüllung des Belangs „Umweltschutz" einen ökologischen Zugewinn in zweierlei Hinsicht: Durch die Umweltgrundlagenplanung und das in Form von § 9 Satz 2 UGB-KomE relativ erhöhte 20 0 Abwägungsgewicht wird der Stellenwert des Umweltschutzes in der bauleitplanerischen Abwägung in Zukunft gestärkt werden. Jedoch ist auch er abwägungsdirigiert, so daß eine Bauleitplanung, die alle abwägungsrelevanten Gesichtspunkte in angemessener Form berücksichtigt und diese in der konkreten Planungssituation sachgerecht abwägt, weiterhin gewährleistet ist. V I . Ergebnis Der UGB-KomE stellt gegenüber dem geltenden Recht mehr als eine Konsolidierung der UVP in der Bauleitplanung dar. Es erfolgt eine behutsame Weiterentwicklung. Damit gewährleistet der UGB-KomE, daß die Wirksamkeit der UVP in der Bauleitplanung verbessert und gleichzeitig an aktuelle europäische Entwicklungen angepaßt wird.

199

Schweikl, BB 1997, 2123 (2126); Sendler, NVwZ 1996, 1145 (1148). Schink, DÖV 1999, 1 (4); Miehlen DVB1. 1999, 816 (819 f.); Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (190). 200

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 151 3. Kapitel

Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die kommunale Bauleitplanung Die FFH-RL und die Vogelschutz-RL sind durch das 2. BNatSchÄndG 2 0 1 in nationales Recht umgesetzt worden, das die §§ 19a-f in das BNatSchG eingefügt hat. In Form des § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB wird der bauplanungsrechtlich relevante Teil dieser Vorschriften in die bauleitplanerische Abwägung integriert, um die Bedeutung des europäischen Naturschutzrechts für die nationale Bauleitplanung hervorzuheben. Bei der bauplanungsrechtlichen Einbindung der dadurch gestellten Anforderungen ist in systematischer Hinsicht zu differenzieren: Gemäß § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB sind die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des BNatSchG als öffentliche Belange in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu berücksichtigen. Soweit hingegen die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der genannten Gebiete erheblich beeinträchtigt werden können, sind nach § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB die Vorschriften des BNatSchG über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen sowie die Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden (Prüfung nach der Fauna-FloraHabitat-Richtlinie). Angeordnet wird dadurch die Durchführung einer naturschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung, deren Ergebnis ebenfalls in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB integriert und dort zu berücksichtigen ist. Die grundlegenden Eckpunkte für die Verknüpfung des Bauleitplanungsrechts mit dem europäischen Naturschutzrecht bilden das aufgrund der FFH-RL zu errichtende zusammenhängende Schutzgebietssystem „Natura 2000", dessen grundsätzliche Wirkungsweise und die von der erzeugten Schutzwirkung betroffenen Bauleitpläne. Diese Fragen sollen zunächst behandelt werden. Anschließend wird auf die in § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB erfolgte und differenziert ausgestaltete bauplanungsrechtliche Integration der zuvor dargestellten naturschutzrechtlichen Grundsätze eingegangen.

201

Zweites Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 30.4.1998, BGBl. I S. 823, in Kraft getreten am 9.5.1998; dazu ausführlich Apfelbacher/ Adenaue r/Iven, NuR 1999, 63 ff.; Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 ff.; Louis, DÖV 1999, 374 ff.; Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 ff.; Niederstadt, NuR 1998, 515 ff.; Otto/Krakies, NJ 1998, 579 ff.; Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 108 ff.

1 2 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

A. Errichtung des Schutzgebietssyätems „Natura 2000" Ziel der FFH-RL ist es, durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten zur Erhaltung der Artenvielfalt beizutragen 202 . Neben der Wahrung eines günstigen Erhaltungszustandes zielt die Richtlinie auch auf dessen Wiederherstellung ab. Um diese Zielsetzungen zu erreichen, sind unter anderem besondere Schutzgebiete so auszuweisen, daß nach einem genau festgelegten Zeitplan ein zusammenhängendes europäisches ökologisches Netz mit der Bezeichnung „Natura 2000" geschaffen wird. Dieses soll nicht nur aus den aufgrund der FFH-RL ausgewiesenen Schutzgebieten bestehen. Einzugliedern sind darin auch solche Schutzgebiete, die aufgrund der Vogelschutz-RL bereits ausgewiesen worden sind oder künftig ausgewiesen werden. Sowohl für das Verfahren der Gebietsauswahl als auch für die dabei anzuwendenden Auswahlkriterien beinhalten die FFHRL und die Vogelschutz-RL zahlreiche Vorgaben, die bei der erfolgten Umsetzung in das BNatSchG zu berücksichtigen waren.

I. Verfahren der Gebietsauswahl Nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung (Art. 30, 83 GG) ist die Auswahl der besonderen Schutzgebiete Angelegenheit der Länder. Auf dem Gebiet des hier einschlägigen Naturschutzes verfügt der Bund nur über eine Rahmenkompetenz (Art. 75 Abs. 1 Nr. 3 GG). Diese räumt ihm keine Verwaltungszuständigkeiten e i n 2 0 3 . In Ausübung seiner Kompetenz für auswärtige Beziehungen nach Art. 32 GG fällt ihm lediglich die Aufgabe zu, die von den Ländern zur Weiterleitung gemeldeten Gebiete zu einer nationalen Liste zusammenzufassen und diese innerhalb der bestimmten Frist der Kommission zuzuleiten 204 . Es ist ihm jedoch nicht verwehrt, Einfluß auf die Benennung der Gebiete zu nehmen. Im Rahmen von Koordinierungsgesprächen mit den Ländern bestehen für ihn Mitgestaltungsmöglichkeiten (s. § 19b Abs. 1 Satz 2 BNatSchG „Benehmen mit dem BMU"). Bei berechtigten Zweifeln an der ordnungsgemäßen Gebietsauswahl ist er darüber hinaus befugt, die Aufnahme einzelner Gebiete in die nationale 202 Zu den Zielen Rödiger- Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-RL der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 7 ff.; Niederstadt, NuR 1998, 515 f., zur Entstehung der FFH-RL Wagner, NuR 1990, 396 ff.; ders., Die planbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Entwurf der EG-Richtlinie „Fauna, Flora, Habitat", 1990, S. 12 ff. 203 Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 380; Fisahn, ZUR 1996, 3 (4). 204 Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (27); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (205 f.); Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (110).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 15 Schutzgebietsliste bis zur endgültigen Klärung mit dem betreffenden Land zurückzustellen 205 . Verzögerungen beim Einreichen der erarbeiteten Listen bei der Kommission sind somit vorprogrammiert. Die Kompetenzverteilung des Grundgesetzes hat zur Folge, daß die §§ 19a ff. BNatSchG im Grundsatz Rahmenregelungen sind. Allerdings sieht § 4 Satz 3 und 4 BNatSchG vor, daß einige Bestimmungen unmittelbar gelten, also auch ohne ansonsten erforderliches Landesgesetz rechtliche Wirkung entfalten. Hierzu zählen einige Regelungen aus den §§ 19a ff. BNatSchG. In diesem Zusammenhang ist überdies auf § 39 Abs. 1 BNatSchG hinzuweisen. Bis zum 8.5.2003 gelten in Ergänzung des § 4 Satz 3 BNatSchG die §§ 19b Abs. 5, 19c und 19d Satz 1 Nr. 2 BNatSchG unmittelbar. Sollten diese Bestimmungen bereits vorher Eingang in ein Landesgesetz gefunden haben, entfällt gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 BNatSchG insoweit die unmittelbare Geltung. Die teilweise sehr detaillierten oder unmittelbar geltenden Regelungen des BNatSchG stehen dem eigentlichen Charakter der Rahmengesetzgebung grundsätzlich entgegen. Da jedoch sichergestellt werden soll, daß die FFHund die Vogelschutz-RL im gesamten Bundesgebiet im wesentlichen einheitlich umgesetzt werden, sind diese Rahmenvorschriften ausnahmsweise nach Art. 75 Abs. 2 GG zulässig 206 . 1. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung Gemäß § 19b Abs. 1 Satz 1 BNatSchG wählen die Länder nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL Gebiete aus, die als Schutzgebiete für das Schutzgebietssystem „Natura 2000" in Betracht kommen 2 0 7 . Die Auswahl hat sich an den in Phase 1 des Anhangs I I I FFH-RL vorgegebenen Kriterien zu orientieren. Die so ermittelten Gebiete sind dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) zu benennen und mit diesem nach § 19b Abs. 1 Satz 2 BNatSchG abzustimmen. Andere fachlich betroffene Bundesministerien sind vom B M U dabei zu beteiligen.

205

Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (110). Apfelbacher/Adenauer/Iv en, NuR 1999, 63 (64). 207 Zur Vorbereitung der Auswahl von Gebieten in Deutschland ausführlich Ssymank, NuL 1994, 395 ff.; zum Aus wähl verfahren Apfelbacher/Adenauer/lven, NuR 1999, 63 (65 f.); Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (27 f.); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66; Gebhard, NuR 1999, 361 (362 ff.); Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (175 f.); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 51; Gellermann, in: Rengeling, ebd., § 79, Rn. 21; ders., Natura 2000, 1998, S. 31 ff.; Nieder Stadt, NuR 1998, 515 (517 f.); siehe auch das Positionspapier des Hauptausschusses der MKRO vom 19.3.1999, DVB1. 1999, 970 ff. 206

1

. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Aufgrund eines Beschlusses der Umweltministerkonferenz von 1995 2 0 8 verzögerte sich die Gebietsbenennung durch die Länder. Mittlerweile haben sie sich darauf verständigt, die Benennung in einzelnen Tranchen vorzunehmen. Die Meldungen der 1. Tranche sind nunmehr von allen Ländern beim B M U eingegangen 209 . Nachdem die Bundesländer ihre Gebietsvorschläge unterbreitet haben, stellt das B M U daraus eine nationale Schutzgebietsliste zusammen. Sie ist der EG-Kommission durch das B M U zu übermitteln (§ 19b Abs. 1 Satz 3 BNatSchG). Nach Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL ist für das Einreichen der nationalen Schutzgebietsliste bei der Kommission eine Frist von 3 Jahren nach Bekanntgabe der FFH-RL bestimmt. Die FFH-RL ist den Mitgliedstaaten am 5.6.1992 bekannt gegeben worden. Die Frist lief daher am 4.6.1995 ab. Infolge der verzögerten Gebietsbenennung durch die Länder konnte das B M U bisher noch keine vollständige nationale Schutzgebietsliste zusammenstellen 210 . Die Übermittlung an die Kommission erfolgte deshalb erst in Teilen 2 1 1 . Daraufhin entwickelt die Kommission aus den eingereichten Schutzgebietslisten der Mitgliedstaaten und in deren Einvernehmen den Entwurf einer „Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung" (Gemeinschaftsliste 212 ). Die Grundlage hierfür bildet Phase 2 des Anhangs I I I FFHRL. Der Entwurf wird nach Art. 4 Abs. 2 UAbs. 3, 21 FFH-RL dem Habitatausschuß zur Stellungnahme zugeleitet. Nach dessen Zustimmung wird die Gemeinschaftsliste von der Kommission beschlossen und als Entscheidung den Mitgliedstaaten mitgeteilt. Nach Art. 4 Abs. 3 FFH-RL hat dies binnen sechs Jahren nach der Bekanntgabe der FFH-RL, mithin bis zum 4.6.1998 zu geschehen. Da sich das Verfahren erst im Stadium des Einreichens der nationalen Schutzgebietslisten befindet 2 1 3 , ist die Gemeinschaftsliste von der Kommission noch nicht erstellt worden 2 1 4 .

208 Beschluß der 44. Umweltministerkonferenz vom 11./12.5.1995 in Dessau; Schink,, AfK 1998, 38 (48). 209 BMU, Meldungen gemäß Art. 4 Abs. 1 FFH-RL durch die Bundesländer an den Bund, Stand 31.8.1998; zur Auswahlpraxis näher unter IV. 1. (S. 167). 210 Dieser Umstand wurde vom BVerwG im Beschluß v. 21.1.1998, NVwZ 1998, 616 (622) als schwerwiegender Verstoß gegen die ökologische und zeitliche Zielsetzung der FFH-RL gewertet. 211 BMU, Meldungen gemäß Art. 4 Abs. 1 FFH-RL durch das BMU an die Kommission, Stand 31.08.1998; s. auch Thyssen, DVB1. 1998, 877 (878); Schink, AfK 1998, 38 (45). 212 Zur Bewertung der nationalen Listen s. Boillot/Vignault/de Benito, NuL 1997, 474 ff. 213 Rückriem/Ssymank, NuL 1997, 467 (468, 470). 214 Stemmler,, BBauBl 1998, H. 8, S. 13 (14).

. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 15 Erachtet die Kommission die Aufnahme eines Gebietes mit einem prioritären Lebensraum oder einer prioritären Art in die Gemeinschaftsliste für unerläßlich, das in der nationalen Schutzgebietsliste eines Mitgliedstaates nicht aufgeführt ist, so kann sie ein in Art. 5 FFH-RL geregeltes bilaterales Konzertierungsverfahren einleiten 2 1 5 . Ist ein Gebiet durch die Gemeinschaftsliste als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bezeichnet worden, so besteht nach Art. 4 Abs. 4 FFH-RL die Verpflichtung des betreffenden Mitgliedstaates, das Gebiet so schnell wie möglich als besonderes Schutzgebiet auszuweisen. Diese Ausweisung hat binnen sechs Jahren nach Aufnahme in die Gemeinschaftsliste, d.h. bis spätestens zum 4.6.2004 zu erfolgen. Nach Bekanntgabe der Gemeinschaftsliste sind die dort aufgeführten Gebiete gemäß Art. 4 Abs. 5 FFH-RL dem Schutz der Richtlinie unterstellt. Dieser Schutz ist bis zur Gebietsausweisung auf mitgliedstaatlicher Ebene vorläufig. Um den Schutzanspruch der Gebiete verwirklichen zu können, ist eine entsprechende Publizität der Gemeinschaftsliste erforderlich. Diesem Anliegen tragen die §§ 19a Abs. 4, 19b Abs. 5 Nr. 1 BNatSchG Rechnung. Durch das B M U werden die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Ab diesem Zeitpunkt unterliegen sie dem vorläufigen Schutz des § 19b Abs. 5 Nr. 1 BNatSchG. 2. Europäische Vogelschutzgebiete Das Netz „Natura 2000" umfaßt auch die von den Mitgliedstaaten bereits ausgewiesenen Vogelschutzgebiete (Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL). Sie sind damit schon jetzt Teil des in Aufbau befindlichen Schutzgebietssystems. Neu auszuweisende Gebiete, die ausschließlich dem Vogelschutz zu dienen bestimmt sind, sollen ebenfalls Bestandteil von „Natura 2000" werden (Erwägung 7 zur FFH-RL). Es fällt auf, daß § 19b BNatSchG ein Verfahren zur Auswahl von Vogelschutzgebieten nicht regelt 2 1 6 , obwohl die §§ 19a ff. BNatSchG gerade auch zur Umsetzung der Vogelschutz-RL geschaffen worden sind 2 1 7 . Darüber hinaus gehen diese Vorschriften durchgängig von einer Trennung zwischen Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung und Europäischen

215

Dazu F isahn/Cremer, NuR 1997, 268 (269); Gellermann, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 79, Rn. 22; Louis, DÖV 1999, 374 (376); Gebhard, NuR 1999, 361 (366); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (67). 216 Eine entsprechende Regelung enthielt noch § 34 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung, BT-Drs. 13/6441. 217 S. die redaktionelle Anmerkung zum 2. BNatSchÄndG v. 30.4.1998, BGBl. I S. 823.

1 6 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Vogelschutzgebieten aus (z.B. § 19a Abs. 2 Nr. 2 u. 4, § 19b Abs. 5 Nr. 1 u. 2, § 19c Abs. 1 Satz 1 BNatSchG). Zu fragen ist deshalb, welche Anforderungen für das Auswahlverfahren hinsichtlich Europäischer Vogelschutzgebiete bestehen. a) Anzuwendende Vorschriften Innerstaatliches Recht, das der Umsetzung europäischen Rechts dient, ist EG-rechtskonform zu interpretieren 218 . Es muß soweit wie möglich im Lichte des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie ausgelegt werden, um das Ziel derselben zu erreichen und so der mitgliedstaatlichen Verpflichtung aus Art. 10 und 249 Abs. 3 EGV (Art. 5 u. 189 Abs. 3 EGV a.F.) nachzukommen 2 1 9 . Sofern jedoch durch das Umsetzungsgesetz eine bestimmte Materie nicht geregelt ist, existiert für dieses Gebot in Ermangelung interpretationsfähigen Rechts kein Anknüpfungspunkt. In diesem Fall ist unmittelbar auf das EG-Recht zurückzugreifen. Dabei ist zunächst eine Bezugnahme auf Art. 7 FFH-RL unergiebig. Dort werden ausweislich des Wortlauts lediglich bestimmte Rechtsfolgen der FFH-RL für ausgewiesene oder prädestinierte Vogelschutzgebiete ab dem 5.6.1994 angeordnet. Das Auswahl verfahren selbst richtet sich auch nach dem Inkrafttreten der FFH-RL weiterhin nach der Vogelschutz-RL. Dies hat der EuGH in der Lappel Bank-Entscheidung 220 bestätigt. In Ergänzung des § 19b BNatSchG sind daher die Regelungen des Art. 4 Vogelschutz-RL anzuwenden. b) Verfahrensablauf Aufgrund der bereits dargestellten grundgesetzlichen Kompetenzverteilung wählen die Länder die für den Vogelschutz in Betracht kommenden Gebiete aus. Sie werden an das B M U gemeldet 221 . Inwieweit anschließend die EG-Kommission in das Verfahren einzubeziehen ist, muß bislang als nicht geklärt angesehen werden 2 2 2 . Zu erwägen ist ein an die FFH-RL 218

Ress, DÖV 1994, 489 ff.; Meyer, Jura 1994, 455 ff.; Jarass, EuR 26 (1991), 211 (220). 219 EuGH, Urt. v. 10.4.1984 - Rs. 14/83 - , Slg. 1984, 1891 (1909, Tz.26) - von Colson und Kamann; EuGH, Urt. v. 10.4.1984 - Rs. 79/83 - , Slg. 1984, 1921 (1942, Tz.26) - Harz. 220 EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-44/95 - , Slg. 1-3805 (3855, Tz. 40) - Lappel Bank; dem folgend BVerwG, DVB1. 1998, 900 (905); Fisahn, ZUR 1998, 34 (35); Frenz, Europäisches Umweltrecht, Rn. 377. 221 BMU, Meldung gemäß Art. 4 Vogelschutz-RL durch die Bundesländer an das BMU, Stand: 3.9.1998.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 15 angelehntes Meldeverfahren. Eine derartige Vorgehensweise bei der Auswahl von Vogelschutzgebieten anzuwenden, wird teilweise 2 2 3 für nicht zwingend gehalten oder abgelehnt 224 . Vergleichbare Regelungen ergeben sich jedoch zum Teil direkt aus Art. 4 Vogelschutz-RL. Außerdem sprechen mehrere Gründe dafür, einige Verfahrensteile des Verfahrens nach der FFHRL auf die Auswahl von Vogelschutzgebieten zu übertragen. aa) Prüfungsrecht der Kommission Nach Art. 4 Abs. 3 Vogelschutz-RL sind der Kommission durch die Mitgliedstaaten alle sachdienlichen Informationen zu übermitteln, so daß sie geeignete Initiativen im Hinblick auf die erforderliche Schutzgebietskoordinierung ergreifen kann. Übereinstimmung besteht dahingehend, daß die Mitgliedstaaten der Kommission die Gebiete zu benennen haben, die als Vogelschutzgebiete ausgewiesen werden sollen 2 2 5 . Der an die Kommission gestellte Koordinierungsauftrag kann sich indessen nicht nur in der bloßen Entgegennahme mitgliedstaatlicher Gebietsvorschläge manifestieren. Den Kontakt zur Kommission auf eine Anzeigepflicht für Vogelschutzgebiete zu beschränken, würde ihren Koordinierungsauftrag leerlaufen lassen. Ihr wären Befugnisse entzogen, die die Tätigkeit des „Koordinierens" als gegenseitiges Abstimmen und Harmonisieren verschiedener Vorgänge erst ausmachen. Um Art. 4 Abs. 3 Vogelschutz-RL inhaltlich vollauf zu entsprechen, ist der Kommission hinsichtlich der eingereichten Gebietslisten zusätzlich ein Prüfungsrecht auf Vollständigkeit und fachliche Einschlägigkeit der Auswahlkriterien zuzuerkennen 226 . Diese Sichtweise liegt auch einem neueren EuGH-Urteil zugrunde, das sich mit der Gebietsauswahl in den Niederlanden befaßte. Anerkannt wurde, daß die Kommission im Falle des Fehlens eines richtlinienkonformen mitgliedstaatlichen Auswahlverfahrens die Gebietsvorschläge anhand der von SactìverΛΛΟ

ständigen erstellten IBA-Listen überprüfen kann . Im Anschluß daran hat sie die Gebietslisten gegenüber den Mitgliedstaaten zu bestätigen oder 222

Ablehnend zu einer Einbeziehung der europäischen Ebene Epiney, UPR 1997, 303 (306). 223 Stemmler, BBauBl 1998, H. 8, S. 13 (14). 224 Louis, UPR 1997, 301 (302). 225 Stich, UPR 1998, 121 (128); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 15; Rückriem/Ssymank, NuL 1997, 467; Iven, NuR 1996, 373 (375); insoweit auch Louis, UPR 1997, 301 (302). 226 In diesem Sinne auch Rückriem/Ssymank, NuL 1997, 467, Abb. 1 (Festlegung durch die Kommission). 227 Die IBA-Liste ist ein Verzeichnis der Gebiete, die für die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten in der Gemeinschaft von großer Bedeutung sind. Sie wurde von der Europäischen Gruppe für die Erhaltung der Vögel und der Lebensräume,

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

gegebenenfalls zu ergänzen. Erst hierdurch ist sie in den Stand gesetzt, tatsächlich koordinieren zu können. Art. 4 Abs. 3 Vogelschutz-RL ist daher so zu verstehen, daß der Kommission eine Vorschlagsliste von Vogelschutzgebieten übersandt wird, die von ihr zu überprüfen ist. Die Kommission hat daraufhin eine Koordinierungsaufgabe mit doppelter Zielrichtung: Sie hat zum einen die Mitgliedstaaten zur Ausweisung von Gebieten so zu veranlassen, daß diese ein zusammenhängendes europäisches Netz von Vogelschutzgebieten bilden. An diesem Anliegen des Art. 4 Abs. 3 Vogelschutz-RL hat sich auch nach dem Erlaß der FFH-RL nichts geändert 229 . Zum anderen ist von ihr auf die Verknüpfung der Vogelschutzgebiete mit den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung zu achten. Denn aus ihnen soll das kohärente ökologische Schutzgebietssystem „Natura 2000" entstehen (Art. 3 Abs. 1 FFH-RL). Für die Anerkennung eines Prüfungsrechts der Kommission aus Art. 4 Abs. 3 Vogelschutz-RL läßt sich zudem der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz der praktischen Wirksamkeit (effet utile) anführen. Danach sind Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts so auszulegen, daß ihr jeweiliger Zweck nach Möglichkeit erreicht wird, ihnen ein praktischer Nutzen zukommt und sich ihre Nutzwirkung entfalten kann 2 3 0 . Das europaweite Netz von Vogelschutzgebieten und in dessen Erweiterung das Schutzgebietssystem „Natura 2000" sollen entsprechend den Richtlinienzielen errichtet werden. Um dies in der Praxis zu gewährleisten, bedarf es eines supranationalen Dirigats. Daher spricht auch der Grundsatz des effet utile für ein Prüfungsrecht der Kommission bezüglich der gemeldeten Vogelschutzgebiete. Darüber hinaus ist auf die Entscheidung der Kommission vom 18.12.1996 hinzuweisen 231 . Mit ihr wurde der für die Gebietsbenennung von „Natura 2000" zu verwendende Standard-Datenbogen genehmigt. Dieses Formular ist sowohl für die Meldung von Gebieten nach der FFHRL als auch von Vogelschutzgebieten erstellt. Hieraus läßt sich der Schluß ziehen, daß die Kommission das Auswahlverfahren für beide Gebietskategorien anzunähern beabsichtigt. Dem entspricht es, der Kommission auch dem Internationalen Rat für Vogelschutz und Sachverständigen der Kommission erarbeitet. 228 EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 (889, Tz. 65 ff.) Kommission/Niederlande; dazu Iven, NuR 1998, 528 ff.; Niederstadt, NuR 1998, 515 (522). 229 EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 (889, Tz.58) Kommission/Niederlande. 230 Meyer, Jura 1994, 455 (457); Bleckmann, NJW 1982, 1177 (1180). 231 Entscheidung der Kommission 97/266/EG vom 18.12.1996, AB1.EG Nr. L 107, S. 1.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 15 hinsichtlich der Vogelschutzgebiete ein Prüfungsrecht zuzugestehen. Äußerungen aus der Praxis bestätigen das 2 3 2 . bb) Erstellung einer besonderen Gemeinschaftsliste Das Ergebnis der Prüfung bedarf der Publikation. Es bietet sich an, dieses in Form einer gesonderten „Liste von Europäischen Vogelschutzgebieten" zusammenzustellen und den Mitgliedstaaten zu übermitteln. Anschließend macht das B M U die Europäischen Vogelschutzgebiete nach § 19a Abs. 4 BNatSchG im Bundesanzeiger bekannt. Ab diesem Zeitpunkt unterliegen sie dem vorläufigen Schutz des § 19b Abs. 5 Nr. 2 BNatSchG. cc) Fristen Die Vogelschutz-RL enthält für die Durchführung des Auswahlverfahrens keine Fristen. Das bedeutet aber nicht, daß die Meldung von Vogelschutzgebieten keinen zeitlichen Grenzen unterliegt. Eine beachtliche Grenze stellt zumindest die fristgebundene Errichtung des Schutzgebietssystems „Natura 2000" dar, in das bestehende und neue Vogelschutzgebiete einzubeziehen sind. Um die fristgerechte Errichtung von „Natura 2000" zu ermöglichen, erscheint es notwendig, die Fristen der FFH-RL auf die Schaffung des zusammenhängenden Netzes von Vogelschutzgebieten entsprechend anzuwenden. Danach wären die mitgliedstaatlichen Gebietsvorschläge bis zum 4.6.1995 (vgl. Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL) bei der Kommission einzureichen gewesen. Nach der Gebietsprüfung hätte die Ausweisungsverpflichtung bis zum 4.6.1998 - praktischerweise als „Liste von Europäischen Vogelschutzgebieten" - gegenüber den Mitgliedstaaten ergehen müssen (vgl. Art. 4 Abs. 3 FFH-RL). Nur so kann sichergestellt werden, daß beide Schutzgebietssysteme in zeitlich abgestimmter Weise bis zum 4.6.2004 errichtet werden können. dd) Ergebnis Der Kommission sind Vogelschutzgebiete nicht nur zu benennen. Zusätzlich ist ihr diesbezüglich ein Prüfungsrecht eingeräumt. Das Prüfungsergebnis ist in einer Liste zu publizieren. Daneben erscheint es sinnvoll, die Fri232

Mader, Planungsstand und Umsetzung der FFH-Richtlinie in Deutschland, Vortrag im 369. Kurs des Instituts für Städtebau Berlin, 1997, Manuskript, S. 3 (speziell für das Land Brandenburg); Bugiel, in: Czybulka, Naturschutzrecht und Landschaftsplanung in europäischer Perspektive, 1996, S. 95 (97); nun auch Rödiger-Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 20.

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

sten der FFH-RL entsprechend anzuwenden. In diesem Umfang sind die Verfahrensteile der Gebietsauswahl nach der FFH-RL sinngemäß auf die Auswahl der Vogelschutzgebiete zu übertragen.

I I . Auswahlkriterien Entsprechend der beschriebenen Trennung von FFH- und Vogelschutz-RL beim Auswahlverfahren sind auch die dabei maßgebenden Kriterien für die Gebietsauswahl jeweils gesondert zu betrachten. 1. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung Aufgrund der Verweisung des § 19b Abs. 1 Satz 1 BNatSchG auf Art. 4 Abs. 1 FFH-RL ergeben sich die Auswahlkriterien aus dem Anhang I I I (Phase 1) der FFH-RL. Aufgestellt werden dort Kriterien ausschließlich fachlicher A r t 2 3 3 (z.B. Repräsentativitätsgrad, Populationsgröße und -dichte). M i t ihrer Hilfe soll die Bedeutung eines bestimmten Gebietes für einen natürlichen Lebensraumtyp des Anhangs I (Phase 1, A.) und für eine vorhandene Tier- oder Pflanzenart des Anhangs I I (Phase 1, B.) beurteilt werden. Diese rein fachliche Betrachtungsweise schließt es aus, die Auswahl von wirtschaftlichen oder anderen Belangen abhängig zu machen 2 3 4 . Eine bestimmte Größe müssen die auszuwählenden Gebiete nicht aufweisen 2 3 5 . Es ist aber darauf zu achten, daß sie hinsichtlich ihrer Lage untereinander vernetzt sind, um somit den Aufbau des ökologischen Netzes „Natura 2000" zu gewährleisten. Den innerhalb der Bundesrepublik für die Auswahl zuständigen Ländern steht dabei ein Beurteilungsspielraum in zweierlei Hinsicht zu: Zum ersten besteht er im Hinblick auf die nach fachlichen Maßstäben zu beurteilende konkrete Qualität und die hieraus folgende Schutzbedürftigkeit eines Gebietes 2 3 6 . Zum zweiten ist ein solcher in Bezug auf die Quantität der zu benennenden Gebiete anzunehmen. Verlangt wird nicht, alle Gebiete zu melden, die die Kriterien des Anhangs I I I der FFH-RL aufweisen. Vielmehr ist es 233

Dazu Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 35 ff.; Gebhard, NuR 1999, 361 (362 f.); zu den fachlichen Aspekten der Gebietsauswahl Ssymank, NuL 1994, 395 (400 ff.); Petersen/Ssymank/Hauke, NuL 1998, 393 ff. 234 Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 379; Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (205); a.A. Stemmler, BBauBl 1998, H. 8, S. 13. 235 Iven> NuR 1996, 373 (376); Ssymank, NuL 1994, 395 (401). 236 Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (205); Iven, NuR 1996, 373 (376); ders., UPR 1998, 361; Gebhard, NuR 1999, 361 (364); Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, 173 (174 f.).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 1 den Ländern überlassen, in Anlehnung an die Regelung des Art. 4 Abs. 1 UAbs. 3 Vogelschutz-RL die ökologisch und flächenmäßig geeignetsten Gebiete auszuwählen 237 . Soweit ein besonders geeignetes oder ein supranational bedeutsames Gebiet in Rede steht, kann der Beurteilungsspielraum auf Null reduziert sein 2 3 8 . In diesem Fall besteht eine Benennungspflicht. 2. Europäische Vogelschutzgebiete Kriterien für die Auswahl von Vogelschutzgebieten enthält § 19b Abs. 1 BNatSchG nicht. Wie beim Ausweisungsverfahren ist deshalb direkt auf Art. 4 Vogelschutz-RL zurückzugreifen. Die Auswahl von Vogelschutzgebieten war in der Vergangenheit mehrfach Gegenstand der Rechtsprechung des EuGH. Die Urteile zur niedersächsischen Leybucht 2 3 9 , zu den spanischen Santona-Sümpfen 240 , zur englischen Lappel B a n k 2 4 1 und zur Gebietsauswahl in den Niederlanden 242 zeugen von dem hohen Stellenwert, den der EuGH dem europäischen Vogelschutz ungeachtet der unzureichenden mitgliedstaatlichen Umsetzungs- und Vollzugspraxis 243 einräumt. a) Fachliche Auswahlkriterien Art. 4 Vogelschutz-RL macht die Einrichtung von Schutzgebieten von unterschiedlichen Auswahlkriterien abhängig. Nach Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-RL sind die zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete auszuwählen, deren Schutz für das Überleben und die Vermehrung der in Anhang I aufgezählten Vogelarten in ihrem jeweiligen Verbreitungsgebiet erforderlich ist. Die hierbei vorzunehmende Bewertung hat Tendenzen, Schwankungen und den Gefährdungsgrad der Bestände der Vogelarten zu berücksichtigen. Dagegen werden in Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-RL solche Gebiete unter Schutz gestellt, die den in Anhang I nicht aufgeführten regelmäßig auftretenden Zugvogelarten als Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsge237

Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (634); Schink, GewArch 1998, 41 (46); Fisahn/Cremer, NuR 1997, 268 (271). 238 hen, UPR 1998, 361; Schink, GewArch 1998, 41 (46). 239 EuGH, Urt. v. 28.2.1991 - Rs. C-57/89 - , Slg. 1-883 - Leybucht; dazu Winter, NuR 1992, 21 ff. 240 EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 - Santona; dazu Winter, ZUR 1994, 308 ff. 241 EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-44/95 - , Slg. 1-3805 - Lappel Bank; dazu Winter, ZUR 1996, 254 f. 242 EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 - Kommission/ Niederlande; dazu Iven, NuR 1998, 528 ff. 243 Dazu Czybulka, Jb. UTR 36 (1996), 235 (251 ff.); Bader/May, EG und Naturschutz, 1992, S. 54 ff. 11 Schladebach

1 6 2 . Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung biete dienen. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Schutz von international bedeutsamen Feuchtgebieten 244 zu. Ob eine der 175 in Anhang I aufgeführten Vogelarten oder eine dort nicht genannte, regelmäßig auftretende Zugvogelart vorliegt und wie hoch ihr Gefährdungsgrad und der daraus zu folgernde Schutzbedarf ist, obliegt somit allein fachlicher, konkret ornithologischer Beurteilung. Diese ausschließlich an den fachlichen Kriterien des Art. 4 Vogelschutz-RL zu orientierende Auswahl ist durch den E u G H 2 4 5 bestätigt worden. Gleichzeitig wurden Bestrebungen zurückgewiesen, die Regelungen des Art. 4 Vogelschutz-RL zu den sozialen, wirtschaftlichen oder kulturellen Belangen des Art. 2 Vogelschutz-RL in Beziehung zu setzen. Letztere seien qualitativ keine Auswahlkriterien, die eine Relativierung oder Ergänzung derjenigen des Art. 4 Vogelschutz-RL zur Folge hätten. Eine Abwägung mit ihnen sei daher unzulässig 246 . Dies gelte insbesondere für die mitgliedstaatliche Umsetzung der Richtlinie. Hierbei dürften keine neuen Gründe für ein Abweichen von den Kriterien des Art. 4 Vogelschutz-RL geschaffen werden. Einem Vogelschutz um jeden Preis zieht jedoch auch der EuGH Grenzen. So kann ein Abweichen von den fachlichen Kriterien in besonders gelagerten Konstellationen ausnahmsweise zulässig sein. Eine solche Ausnahme wird insbesondere anerkannt, wenn höhere allgemeine Interessen als die in der Richtlinie genannten ökologischen Gesichtspunkte vorliegen. Davon erfaßt ist der Schutz von Leben und Gesundheit von Menschen (z.B. durch schutzgebietsrelevante Deichsicherungsmaßnahmen), sofern sich die Abweichung auf das allernotwendigste Maß beschränkt 247 . Außerdem wird dies 244

Sie werden aufgrund des „Übereinkommens über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Wattvögel, von internationaler Bedeutung" (Ramsar-Konvention) vom 2.2.1971 (BGBl. 1976 II S. 1265) in die „Liste international bedeutsamer Feuchtgebiete" aufgenommen. Die Schutzpflichten des Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-RL gelten dann auch für sie; Winter, ZUR 1994, 308; Louis, UPR 1997, 301 (302); femer dazu Czybulka, Jb. UTR 36 (1996), 235 (252, 261). 245 EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 (4278, Tz.26) - Santona; EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-44/95 - , Slg. 1-3805 (3852, Tz.26) - Lappel Bank; EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 (889, Tz. 60) Kommission/Niederlande; dem folgend Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 20 ff.; Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 48; Epiney, UPR 1997, 303 (306); Iven, NuR 1996, 373; ders., NuR 1998, 528 (529); Stüber, NuR 1998, 531. 246 EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 (889, Tz. 59) Kommission/Niederlande; EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-44/95 - , Slg. 1-3805 (3852, Tz. 25) - Lappel Bank; EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. I4221 (4277, Tz.18) - Santona; zustimmend lven, NuR 1998, 528 (529); Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 374; Epiney, Umweltrecht in der EU, 1997, S. 267; Fisahn/Cremer, NuR 1997, 268 (270 f.); Winter, ZUR 1994, 308.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 163 für eine - insgesamt gesehene - Verbesserung der ökologischen Bilanz vertreten. Die dabei vorgenommene Überkompensation von erfolgten Eingriffen kann ebenfalls ein Abweichen von den Kriterien des Art. 4 Vogelschutz-RL rechtfertigen 248 . b) Beurteilungsspielraum Die angeführten Auswahlkriterien haben abschließenden Charakter 249 . Trotzdem gestand der EuGH den Mitgliedstaaten bei der Bestimmung von Vogelschutzgebieten einen Beurteilungsspielraum z u 2 5 0 . Dieser besteht allerdings nur im Hinblick auf die fachliche Beurteilung 251 . Die Mitgliedstaaten sind - in den Worten des EuGH - verpflichtet, alle Gegenden zu Vogelschutzgebieten zu erklären, die nach ornithologischen Kriterien am geeignetsten für die Erhaltung der betreffenden Arten erscheinen 252 . Anhand der auf das konkrete Gebiet bezogenen ornithologischen Einschätzung ist zu entscheiden, ob es zu den zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebieten für die Erhaltung der betreffenden Arten gehört. Nur diese Gebiete unterliegen der Melde- und Schutzpflicht. Berücksichtigt werden muß dabei außerdem die geographische Eingliederungsfähigkeit des beurteilten Gebietes in ein zusammenhängendes Schutzgebietssystem. Soweit die mitgliedstaatliche Auswahlpraxis diesen genügt, ist sie gemeinschaftsrechtlich nicht überprüfbar.

247

Anforderungen

EuGH, Urt. v. 28.2.1991 - Rs. C-57/89 - , Slg. 1-883 (928, Tz. 8 u. 931, Tz. 23) - Leybucht; EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 (4277, Tz. 19) - Santona; dem folgend Epiney, UPR 1997, 303 (307); F isahn/Cremer, NuR 1997, 268 (271); Iven, NuR 1996, 373 (375); Winter, ZUR 1994, 308. 248 EuGH, Urt. v. 28.2.1991 - Rs. C-57/89 - , Slg. 1-883 (932, Tz.26) - Leybucht; dazu Winter, NuR 1992, 21 (22). 249 Schink, GewArch 1998, 41 (46); Iven, NuR 1996, 373 (374). 250 EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 (889, Tz. 60 ff.) Kommission/Niederlande; EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 (4278, Tz.26) - Santona; EuGH, Urt. v. 28.2.1991 - Rs. C-57/89 - , Slg. 1-883 (930, Tz. 20) - Leybucht; zweifelnd Winter, ZUR 1994, 308; ausführlich zur Existenz eines Beurteilungsspielraums Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, 173L·,Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 19; ders., in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 79, Rn. 15 ff. 251 EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 (889, Tz. 60 ff.) Kommission/Niederlande; EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 (4278, Tz.26) - Santona. 252 EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 (889, Tz. 62) Kommission/Niederlande. 11

164 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung c) Reduzierung des Beurteilungsspielraums Im Santona-Urteil entwickelte der EuGH jedoch eine praktisch bedeutsame Ausnahme. Hintergrund dieser Entscheidung war, daß Spanien ein international bedeutsames Feuchtgebiet, die Santona-Sümpfe, hinsichtlich der flächenmäßigen Ausdehnung und des Schutzniveaus nicht ordnungsgemäß als Vogelschutzgebiet ausgewiesen hatte, obwohl dort 19 Vogelarten des Anhangs I und 14 teils vom Aussterben bedrohte Zugvogelarten regelmäßig Zuflucht finden 2 5 3 . Aus diesem Grund erkannte der EuGH den Santona-Sümpfen eine herausgehobene ornithologische Bedeutung zu. Um ihr im gemeinschaftsrechtlich erforderlichen Umfang zu entsprechen, ordnete er eine Auswahl- und nachfolgend eine Ausweisungsverpflichtung a n 2 5 4 . Insoweit ging er inzident von einer Reduzierung des Beurteilungsspielraums auf Null aus. Bezüglich der Gebietsausdehnung ist den Kriterien des Art. 4 Vogelschutz-RL darüber hinaus die Fähigkeit zugesprochen worden, die Ausweisung eines Gebietes in einer bestimmten Größe erzwingen zu können 2 5 5 .

I I I . Nationale Möglichkeiten der Schutzgebietsausweisung In welcher Form die Ausweisungsverpflichtungen nach Art. 4 Abs. 4 FFH-RL und Art. 4 Abs. 1 UAbs. 3 Vogelschutz-RL erfüllt werden, ist den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer jeweiligen Rechtsordnung freigestellt. Dies resultiert aus der Rechtsnatur der Richtlinie. Sie gibt gemäß Art. 249 Abs. 3 EGV nur das zu erreichende Ziel vor. Hinsichtlich der Form und der Mittel der Umsetzung beläßt sie den Mitgliedstaaten grundsätzlich Freiheit. Angesichts dessen konnte die nationale Schutzgebietsausweisung auf zweierlei Weise geregelt werden: Entweder wurde eine neue Schutzgebietskategorie „FFH-Schutzgebiet" eingeführt oder man griff auf die bestehenden Schutzgebietskategorien des BNatSchG zurück 2 5 6 . Allein entscheidend war, daß die gewählte Variante die Verwirklichung der Richtlinienziele ermöglichte.

253

Schmidt, JZ 1995, 545 (547); Winter, ZUR 1994, 308. EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 (4279, Tz. 27 ff.) Santona. 255 EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 (4279, Tz. 29) - Santona; zustimmend lven, NuR 1996, 373 (374); ebenso jüngst EuGH, Urt. v. 18.3.1999 - Rs. C-166/97 - , ZUR 1999, 148 - Kommission/Frankreich. 256 Fisahn, ZUR 1996, 3 (5); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (207); Freytag/lven, NuR 1995, 109 (111). 254

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 5 Das 2. BNatSchÄndG verfolgt den zweiten Ansatz 2 5 7 . § 19b Abs. 2 BNatSchG bestimmt, daß die Länder die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft i.S.v. § 12 Abs. 1 BNatSchG erklären. Damit erscheint es zunächst möglich, alle Schutzgebietskategorien der §§ 13-18 BNatSchG zur Ausweisung heranzuziehen 2 5 8 . 1. Naturschutzgebiete Bei der Ausweisung haben die Länder jedoch zu beachten, daß die zu wählende Schutzgebietskategorie die Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der schutzbedürftigen Lebensräume und Arten tatsächlich gewährleisten kann. Deswegen besteht Übereinstimmung darin, daß zuvörderst das Naturschutzgebiet das erforderliche Schutzniveau besitzt 2 5 9 . Es wird unter anderem zur Erhaltung von Lebensgemeinschaften oder Biotopen bestimmter wildlebender Tier- und Pflanzenarten festgesetzt. Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG besteht grundsätzlich ein absolutes Veränderungsverbot. Nach Wortlaut und Sinn der Vorschrift gilt das Verbot nicht nur innerhalb des Schutzgebietes, sondern auch für Handlungen, die von außerhalb in dasselbe hineinwirken und es nachhaltig stören, verändern, beschädigen oder zerstören 260 . Diese Schutzrichtung korrespondiert mit den Zielen der FFH-RL und der Vogelschutz-RL. Damit erweist sich das Naturschutzgebiet als geeignet zur nationalen Ausweisung besonderer Schutzgebiete. 2. Nationalparke Daneben können die besonderen Schutzgebiete als Nationalparke gemäß § 14 Abs. 1 BNatSchG festgesetzt werden. Sie dienen vornehmlich der Erhaltung eines möglichst artenreichen heimischen Tier- und Pflanzenbestandes 261 . Nationalparke werden grundsätzlich wie Naturschutzgebiete geschützt (§ 14 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG). Sie erweisen sich damit für die nationale Ausweisung der aufgrund des EG-Rechts festzusetzenden Schutzgebiete ebenfalls als geeignet. 257

Polenz-v. Hahn, VB1BW 1998, 210 (211). So auch Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (66); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (67); Niederstadt, NuR 1998, 515 (517). 259 Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (111); Fisahn, ZUR 1996, 3 (5); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (207); Niederstadt, NuR 1998, 515 (518); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (67). 260 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 64. 261 Dazu Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 66. 258

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung 3. Biosphärenreservate

Durch das 3. BNatSchÄndG 2 6 2 ist mit den Biosphärenreservaten in § 14a BNatSchG eine neue Schutzkategorie auf Bundesebene eingeführt worden 2 6 3 . Sie sind großräumig angelegt und sollen bestimmte charakteristische Landschaftstypen schützen. Sie dienen insbesondere der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung der Landschaft und zielen auf einen Arten- und Biotopschutz ab. Biosphärenreservate sollen zur Schaffung großflächiger internationaler Biotopverbundsysteme führen 2 6 4 . Nach § 14a Abs. 2 BNatSchG sind Biosphärenreservate unter Berücksichtigung der durch die Großräumigkeit und Besiedlung gebotenen Ausnahmen wie Naturschutzoder Landschaftsschutzgebiete zu schützen. Wegen der Großräumigkeit und der Zielsetzung des Arten- und Biotopschutzes eignen sich Biosphärenreservate ebenfalls zur Ausweisung besonderer Schutzgebiete 265 . 4. Landschaftsschutzgebiete Die Erklärung zum Landschaftsschutzgebiet nach § 15 Abs. 1 BNatSchG ist nur sehr eingeschränkt geeignet, um die Gebiete des europäischen Naturschutzrechts richtlinienkonform auszuweisen 266 . Zwar ist anerkannt, daß die Erhaltung von Lebensräumen dem Begriff der „Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes" nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG unterfällt 267 . Ebenso können auch in Landschaftsschutzgebieten partiell Veränderungsverbote verhängt werden. Sie sind als relative Veränderungsverbote mit Erlaubnisvorbehalt ausgestaltet 268 . Allerdings dürfen Veränderungsverbote - im Gegensatz zu Naturschutzgebieten - in Landschaftsschutzgebieten nicht dominieren. Landschaftsschutz dient weniger dem Schutz von Lebensräumen und Arten, sondern zielt mehr auf die Erhaltung des Charakters von Gebieten ab, die von gebietsfremden Einflüssen weitgehend freizuhalten und für die Erholung prädestiniert sind 2 6 9 . Dies verdeutlichen die möglichen Schutzzwecke in § 15 Abs. 1 Nr. 2 u. 3 BNatSchG. Die Erklärung zum Landschaftsschutzgebiet ist deshalb nur dann zulässig, wenn der 262

Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 26.8.1998 (BGBl. I S. 2481). 263 Dazu Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (31); die Ausweisung von Biosphärenreservaten sehen etwa § 25 BbgNatSchG, § 19 NatSchGLSA, § 15b HessNatSchG, § 18 SächsNatSchG vor. 264 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 75. 265 So auch Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (66). 266 Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (67); ablehnend Fisahn, ZUR 1996, 3 (5). 267 Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (208). 268 Kloepfer, Umweltrecht, § 11, Rn. 68. 269 Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (208); ders./ Fischer-Hüftle, NuR 1993, 311 ff.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 Rechtsakt der Unterschutzstellung speziell das durch die Richtlinien verfolgte Ziel des Artenschutzes anstrebt und durch geeignete Maßnahmen zu dessen Verwirklichung beiträgt. Andere Schutzgebietskategorien weisen das erforderliche Schutzniveau nicht auf und kommen daher für eine Ausweisung nicht in Betracht. 5. Kennzeichnung der besonderen Schutzgebiete Um die auf der Grundlage der §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 14a Abs. 1 und unter bestimmten Voraussetzungen 15 Abs. 1 BNatSchG festgesetzten Schutzgebiete identifizieren zu können, sind Publizitätsmaßnahmen erforderlich. Sowohl bei bereits ausgewiesenen als auch bei nun neu auszuweisenden Schutzgebieten ist der besondere Schutzzweck durch bestimmte Hinweise in der Schutzgebietsverordnung deutlich erkennbar zu machen 2 7 0 . Darüber hinaus sind die Gebiete entsprechend § 19 BNatSchG mit einem Zusatz „Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung" bzw. „Europäisches Vogelschutzgebiet" zu kennzeichnen. Für schutzgebietsrelevante Maßnahmen, insbesondere Planungen, ist eine solche Vorgehensweise unerläßlich. Denn nur die genannten Gebiete lösen die besonderen Rechtsfolgen hinsichtlich ihres Schutzes nach Art. 6 FFH-RL aus. Hierauf müssen sich die Beteiligten einstellen können. I V . Auswahlpraxis in der Bundesrepublik Angesichts dieser rechtlichen Ausgangslage ist anschließend darauf einzugehen, wie die Bundesländer ihren Verpflichtungen, speziell der ihnen aufgrund der ersten Stufe obliegenden Meldeverpflichtung, bisher nachgekommen sind. 1. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung Ebenso wie die Umsetzung der FFH-RL verzögerte sich auch die Benennung der nach der FFH-RL in Betracht kommenden Gebiete durch die Länder an das BMU. Ursache hierfür war ein Beschluß der Umweltministerkonferenz von 1995. Beschlossen wurde, Gebiete erst dann dem Bund zu benennen, wenn die FFH-RL in nationales Recht umgesetzt worden i s t 2 7 1 . 270

So auch Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (111). Beschluß der 44. Umweltministerkonferenz vom 11./12.5.1995 in Dessau; s. dazu Schink, AfK 1998, 38 (48); ders., GewArch 1998, 41 (46); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (203); s. schon Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 8.3.1995, GMB1 1995, 338, Ziff. 5. 271

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Allerdings ist dieser Beschluß nicht von allen Bundesländern eingehalten worden 2 7 2 . Da die Umsetzung der FFH-RL mittlerweile erfolgte, ist der bestehende Vorbehalt weggefallen. Die Bundesländer haben sich darauf verständigt, Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung in mehreren Tranchen an das B M U zu melden. In einer ersten Tranche sollten nur solche Gebiete benannt werden, die bereits einen Schutzstatus besitzen 273 . Dazu zählen Europäische Vogelschutzgebiete, Naturschutzgebiete über 75 h a 2 7 4 , Nationalparke, Biosphärenreservate und Gebiete nach der Ramsar-Konvention 275 . Die Meldungen der Bundesländer sind hinsichtlich dieser ersten Tranche erfolgt 2 7 6 . Sie enthalten überwiegend Naturschutzgebiete 277 . Gemessen am Anteil der davon betroffenen Landesfläche nehmen Sachsen-Anhalt (3,2% der Landesfläche) und Sachsen (2,6%) bislang die Spitzenpositionen e i n 2 7 8 . Das Land Hessen weist mit 0,05% der Landesfläche den geringsten Anteil auf. Bundesweit sind derzeit 1,6% der Fläche der Bundesrepublik Deutschland als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung vorgesehen. In einer zweiten Tranche sollen ausschließlich Gebiete gemeldet werden, die kleiner als 75 ha sind oder noch keiner Schutzgebietskategorie angehören 2 7 9 . Die Praxis der Bundesländer, in der Hauptsache auf schon bestehende Naturschutzgebiete zurückzugreifen, ist zum Teil kritisiert worden 2 8 0 . Bemängelt wird, daß bei der damaligen Ausweisung nicht auf eine Vernetzung der einzelnen Naturschutzgebiete geachtet worden sei. Außerdem entspreche der Umfang der gemeldeten Gebietsfläche nicht den Vorstellungen

272 Entgegen des Beschlusses wurden Gebiete von Schleswig-Holstein, SachsenAnhalt, Bayern und Hamburg an den Bund gemeldet; zum damaligen Stand Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (229). 27 3 Polenz-v. Hahn, VB1BW 1998, 210 (211); Mader, Planungsstand und Umsetzung der FFH-RL, Vortrag im 369. Kurs des Instituts für Städtebau Berlin, 1997, Manuskript, S. 4; diese Empfehlung ist bereits in der Entschließung der Ministerkonferenz für Raumordnung vom 8.3.1995, GMB1 1995, 338, Ziff. 4 enthalten. 274 Krit. dazu Schink, GewArch 1998, 41 (46); ders., AfK 1998, 38 (48). 27 5 Polenz-v. Hahn, VB1BW 1998, 210 (211). 276 BMU, Meldungen gemäß Art. 4 Abs. 1 FFH-RL durch die Bundesländer an den Bund, Stand 31.08.1998. 27 7 Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (206, 209); Schink, GewArch 1998, 41 (46); zur Praxis in NRW Fiedler, Eildienst-Städtetag NRW, 1998, 450 (452). 278 BMU, Meldung gemäß Art. 4 FFH-RL durch die Bundesländer an das BMU, Stand 31.8.1998. 27 9 Polenz-v. Hahn, VB1BW 1998, 210 (211). 280 Niederstadt, NuR 1998, 515 (518 f.).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 der EG-Kommission. Daher stehe das Vorgehen der Bundesländer nicht in Einklang mit den Vorgaben der F F H - R L 2 8 1 . Diese Kritik ist nur insoweit berechtigt, als Naturschutzgebiete ohne tatsächliche Vernetzungsmöglichkeiten gemeldet worden sind. Sofern eine Vernetzung der Schutzgebiete infolge einer zweiten Tranche, die Verbindungsgebiete (sog. Trittsteine) enthält, beabsichtigt ist, kann die stufenweise Meldung durch die Bundesländer nicht beanstandet werden. Entscheidend bleibt, ob die vorgeschlagenen Naturschutzgebiete die Anforderungen an ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung erfüllen. 2. Europäische Vogelschutzgebiete Die Meldung der Gebiete, die als Vogelschutzgebiete in Betracht kommen, hat aufgrund der längeren Geltung der Vogelschutz-RL früher als bei den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung begonnen 282 . Genannt wurden dem B M U hauptsächlich Naturschutzgebiete, Nationalparke, Landschaftsschutzgebiete oder Gebiete nach der Ramsar-Konvention 283 . Sie sind nach nationalem Recht entweder festgesetzt oder befinden sich im Ausweisungsverfahren. Nach den Angaben des B M U 2 8 4 weisen die Bundesländer Schleswig-Holstein (19,82%) und Bremen (17,8%) für Vogelschutzgebiete den größten Anteil an der jeweiligen Landesfläche auf. Berlin und das Saarland haben keine Vogelschutzgebiete benannt. Auffällig ist, daß BadenWürttemberg mit 317 Gebieten zahlenmäßig die mit Abstand meisten Vogelschutzgebiete dem B M U übermittelt hat. Allerdings wurde hierzu auf sämtliche vorhandene Naturschutzgebiete des Landes zurückgegriffen 285 . Ob diese vereinfachende Auswahlpraxis den europarechtlichen Anforderungen genügt, unterliegt erheblichen Zweifeln. Derzeit sind in der Bundesrepublik Deutschland 549 Vogelschutzgebiete benannt worden, die einem Anteil von 2,3 % an der Gesamtfläche entsprechen. 281

Niederstadt, NuR 1998, 515 (518). Ausführlich zu den Vogelschutzgebieten in Mecklenburg-Vorpommern Bugiel, in: Czybulka, Naturschutzrecht und Landschaftsplanung in europäischer Perspektive, 1996, S. 95 ff. 283 Czybulka, Jb. UTR 36 (1996), 235 (254); Bugiel, in: Czybulka, Naturschutzrecht und Landschaftsplanung in europäischer Perspektive, 1996, S. 95 (104) (für Mecklenburg-Vorpommern); Mader, Planungsstand und Umsetzung der FFH-RL, Vortrag im 369. Kurs des Instituts für Städtebau Berlin, 1997, Manuskript, S. 3 (für Brandenburg); Stich, in: Schlichter/Stich (Hrsg.), BauGB, § la, Rn. 43 (für Rheinland-Pfalz); Bader/May, EG und Naturschutz, 1992, S. 57. 284 BMU, Meldung gemäß Art. 4 Vogelschutz-RL durch die Bundesländer an das BMU, Stand 3.9.1998. 285 Bader/May, EG und Naturschutz, 1992, S. 57; Bugiel, in: Czybulka, Naturschutzrecht und Landschaftsplanung in europäischer Perspektive, 1996, S. 95 (96). 282

170 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung B. Konzeption des Gebietsschutzes Die Vorschriften über den Gebietsschutz enthält Art. 6 FFH-RL. Sie sind in den §§ 19b Abs. 3 Satz 3, Abs. 4, 19b Abs. 5 und 19c BNatSchG umgesetzt worden. Der Schutzwirkung unterliegen nicht nur die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung. Art. 7 FFH-RL ordnet die Geltung der Rechtsfolgen des Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL ab dem 5.6.1994 auch für bereits ausgewiesene und für noch nicht ausgewiesene, nach Art. 4 Abs. 1 u. 2 Vogelschutz-RL aber anerkannte Vogelschutzgebiete an. Der für Vogelschutzgebiete durch Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL vermittelte Schutz wird insoweit durch Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL ersetzt. Hinsichtlich der Schutzwirkung ist zwischen dem Schutz durch Gebietsmanagement (§ 19b Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 BNatSchG, Art. 6 Abs. 1 FFH-RL), dem Verschlechterungs- und Störungsverbot (§ 19b Abs. 5 BNatSchG, Art. 6 Abs. 2 FFHRL) und der Verträglichkeitsprüfung (§ 19c BNatSchG, Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL) zu unterscheiden. Sie sollen in ihrer grundlegenden Konzeption überblicksartig dargestellt werden. I. Gebietsmanagement 1. Inhalt § 19b Abs. 3 Satz 3 BNatSchG bestimmt, daß durch die in der Schutzerklärung des jeweiligen Gebietes geregelten Ge- und Verbote sowie Pflegeund Entwicklungsmaßnahmen sicherzustellen ist, daß den Anforderungen des Art. 6 FFH-RL entsprochen wird. Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen in den festgesetzten Schutzgebieten sind Gegenstand des Art. 6 Abs. 1 FFH-RL. Danach haben die Mitgliedstaaten die den ökologischen Erfordernissen der in den Gebieten vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen und Arten entsprechenden nötigen Erhaltungsmaßnahmen festzulegen 286 . Dies kann in Form von Bewirtschaftungsplänen oder durch Maßnahmen rechtlicher, administrativer oder vertraglicher Art geschehen. Einen auf das konkrete Gebiet bezogenen Grundschutz legt die Schutzgebietsverordnung fest 2 8 7 . In ihr sind Ge- und Verbote im Schutzgebiet mit dem Ziel der Erhaltung bestimmter Biotope und Arten allgemeinverbindlich zu regeln 2 8 8 . Jedoch verlangt nicht jede Schutzgebietsverordnung einen Schutz solchen Umfangs, daß eine wirtschaftliche Nutzung gänzlich ausge-

286 Dazu Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 49 ff.; Gebhard, NuR 1999, 361 (366 ff.). 287 Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (67); Müller-Terpitz., NVwZ 1999, 26 (28). 288 Iven, NuR 1996, 373 (377); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (210); Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (112).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 1 schlossen ist. Soweit eine Nutzung durch sie weiter zugelassen wird, ist die Aufstellung von Managementplänen erforderlich 289 . Sie haben die Aufgabe, die ökologischen Ansprüche der zu schützenden Lebensräume und Arten mit den zugelassenen Nutzungen der Fläche abzustimmen 290 . Deshalb verpflichtet Art. 6 Abs. 1 FFH-RL dazu, Bewirtschaftungspläne für das Gebiet aufzustellen. Diese können auch in andere Entwicklungspläne integriert werden. Allerdings ist stets auf den konkreten Bezug zum jeweils zu schützenden Gebiet zu achten 291 . Außerdem kann es geboten sein, die zukünftige Nutzung der von der Schutzgebietsausweisung betroffenen Flächen mit den sie nutzenden Privatpersonen vertraglich zu regeln. Erhaltungs-, Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen sind als Gegenstand dieser vertraglichen Vereinbarungen sinnvoll 2 9 2 . Hierdurch werden die Beteiligten in die Lage versetzt, auf sämtliche gebietstypische Entwicklungsprozesse flexibel reagieren zu können 2 9 3 . Finanzielle Leistungen sollen im Gegenzug einen gewissen Ausgleich für Nachteile darstellen, die den Betroffenen durch die Einschränkung in der Flächenbewirtschaftung entstehen. Vor diesem Hintergrund fügte das 3. BNatSchÄ n d G 2 9 4 einen neuen § 3b in das BNatSchG ein. Er gewährt generell für wirtschaftliche Nachteile, die durch Rechtsvorschriften nach §§ 12 bis 19b BNatSchG verursacht worden sind, einen angemessenen Ausgleich nach Maßgabe des Landesrechts 295 . Gleichzeitig erhofft man sich davon eine höhere Akzeptanz der Schutzgebietsausweisungen296. Allerdings wird teilweise bezweifelt, ob ohne eine Grundschutz vermittelnde Schutzgebietsverordnung, d.h. nur aufgrund vertraglicher Vereinbarungen, der gemeinschaftsrechtliche Gebietsschutz verwirklicht werden kann 2 9 7 . Wenn ein gleichwertiger Schutz durch Verwaltungsvorschriften, eine besondere Trägerschaft oder durch die genannten Verträge gewährleistet ist, kann nach § 19b Abs. 4 BNatSchG ausnahmsweise eine Schutzgebietsaus289

Wagner, NuR 1990, 396 (399). Iven, NuR 1996, 373 (377); Wagner, NuR 1990, 396 (399). 291 Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (112). 292 Iven, NuR 1996, 373 (377). 293 Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 385. 294 Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 26.8.1998 (BGBl. I S. 2481). 295 Dazu König, NVwZ 1999, 382 ff.; Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (31); zur Zustimmungsbedürftigkeit des § 3b BNatSchG im Gesetzgebungsverfahren Louis, NuR 1998, 526 (527 f.). 296 Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (210); Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (112). 297 Niederstadt, NuR 1998, 515 (518); Gebhard, NuR 1999, 361 (367); Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (67), die eine Koppelung von Schutzinstrumenten vorschlagen. 290

1 2 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Weisung unterbleiben. Die Option, Naturschutz je nach Praktikabilität auch durch vertragliche Vereinbarungen zu betreiben, hat durch das 3. BNatSchÄndG eine weitere Stärkung erfahren. Nach § 3a BNatSchG soll nunmehr regelmäßig geprüft werden, ob der Zweck auch durch vertragliche Vereinbarungen erreicht werden kann 2 9 8 . Aufgrund des Charakters des BNatSchG als Rahmengesetz steht es den Ländern insoweit frei, einen obligatorischen oder nur fakultativen Vorrang vertraglicher Vereinbarungen vorzusehen. 2. Kreis der geschützten Gebiete Die Maßnahmen des Gebietsmanagements sind den Ländern aufgrund des Gesetzeszusammenhangs nur für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung auferlegt. § 19b Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 BNatSchG führt Vogelschutzgebiete nicht auf. Ob sie trotzdem an der bezeichneten Schutzwirkung teilhaben, beantwortet folgende systematische Betrachtung. Während die weiteren Elemente der Schutzkonzeption (§ 19b Abs. 5 und § 19c BNatSchG) zugleich auch Vogelschutzgebiete aufführen, bleiben sie in § 19b Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 BNatSchG unerwähnt. Diesem Umstand ist zu entnehmen, daß der Gesetzgeber Vogelschutzgebiete hiervon gerade nicht erfaßt wissen wollte. Unterstützt wird diese Sichtweise auch von der gemeinschaftsrechtlichen Verknüpfungsnorm des Art. 7 FFH-RL. Danach sind auf Vogelschutzgebiete die Vorschriften des Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFHRL, nicht aber Art. 6 Abs. 1 FFH-RL anzuwenden. Maßnahmen des Gebietsmanagements sind hier somit nicht zulässig. Nur auf den ersten Blick stellt dies eine Gefährdung des Schutzes für Vogelschutzgebiete dar. Denn durch die Unzulässigkeit von Maßnahmen des Gebietsmanagements, die mit eingeschränkter Bewirtschaftung verbunden sein können, wird der den Vogelschutzgebieten ansonsten zuteil werdende Schutz nicht abgeschwächt. 3. Anwendungsbeginn Die nur in Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung möglichen Maßnahmen des Gebietsmanagements können grundsätzlich beginnen, wenn das betreffende Gebiet nach nationalem Recht durch Schutzgebietsverordnung ausgewiesen ist. Sollte ausnahmsweise nach § 19b Abs. 4 BNatSchG eine Unterschutzstellung entbehrlich sein, wird der Zeitpunkt des möglichen Beginns von Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen, auch solche vertraglicher Art, auf die Bekanntmachung des B M U gemäß § 19a Abs. 4 298

Dazu Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (31); zur Zustimmungsbedürftigkeit des § 3a BNatSchG im Gesetzgebungsverfahren Louis, NuR 1998, 526 f.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 BNatSchG vorverlegt. Diese gebotenen Schutzmaßnahmen sind im Gegensatz zu den von § 19b Abs. 5 BNatSchG erfaßten Maßnahmen ausnahmsweise schon ab der Bekanntmachung nach § 19a Abs. 4 BNatSchG zuläs-

I I . Verschlechterungs- und Störungsverbot 1. Inhalt Gemäß § 19b Abs. 5 BNatSchG besteht in den Schutzgebieten ein Verschlechterungs- und ein Störungsverbot. Die Vorschrift dient der Umsetzung des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL. Sie erklärt alle Vorhaben, Maßnahmen, Veränderungen oder Störungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können, für unzulässig. Beide Verbote beziehen sich entsprechend dem Wortlaut nur auf negative Einflüsse in den besonderen Schutzgebieten. Beeinträchtigungen, deren Ursache außerhalb derselben liegt, werden deswegen nicht erfaßt 300 . Das Verschlechterungsverbot zielt auf menschliche Einwirkungen ab. Es richtet sich nicht gegen Einwirkungen, die auf natürlichen Entwicklungsprozessen beruhen. Solche Steuerungsmöglichkeiten enthält Art. 6 Abs. 1 FFH-RL. Außerdem ist der Systematik des Art. 6 FFH-RL zu entnehmen, daß Abs. 1 die gebietstypischen, vom Verwaltungsauftrag umfaßten Einflüsse, Abs. 2 hingegen die gebietsfremden Einflüsse umfaßt 3 0 1 . Sowohl Art. 6 Abs. 1 als auch Abs. 2 FFH-RL ist deswegen ein eigenständiger Regelungsbereich zuzuerkennen 302 . Teilweise sind zur Durchsetzung des Verschlechterungsverbots Bewirtschaftungs- und Managementpläne sowie vertragliche Vereinbarungen vorgeschlagen worden 3 0 3 . Jedoch stehen dieser Ansicht die verschiedenen Anwendungsbereiche der Absätze 1 und 2 entgegen. Um dem zu entsprechen und eine klare Abgrenzung zu gewährleisten, ist es nicht möglich, das Verschlechterungsverbot des Art. 6 Abs. 2 FFH-RL mit Maßnahmen des Gebietsmanagements nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL zu verfolgen.

299

Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (69). Gellermann, NuR 1996, 548 (550); Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 387. 301 Gellermann, NuR 1996, 548 (550). 302 Ausführlich Gellermann, NuR 1996, 548 (550 f.); ders., Natura 2000, 1998, S. 52 ff.; außerdem Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 386. 303 Iven, NuR 1996, 373 (377); Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (112). 300

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Das Störungsverbot dient der Sicherung der Arten, deren Vorkommen die Ausweisung als Schutzgebiet veranlaßt haben 3 0 4 . Es greift nicht erst dann ein, wenn Störungen zum Aussterben einer bestimmten Art führen. Zur Aktivierung des Verbots ist ausreichend, daß sich die Störungen auf die Lebensverhältnisse der geschützten Art deutlich qualitätsmindernd auswirken305. 2. Kreis der geschützten Gebiete Sowohl Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung als auch Vogelschutzgebiete unterfallen gemäß § 19b Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 u. 2 BNatSchG dem Verschlechterungs- und Störungsverbot. Auch Konzertierungsgebiete nach § 19a Abs. 2 Nr. 3 BNatSchG partizipieren an dem Schutz, wenn prioritäre Biotope oder Arten erheblich beeinträchtigt werden können (§ 19b Abs. 5 Satz 2 BNatSchG). 3. Anwendungsbeginn Für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung setzt dieser Schutz mit der Bekanntmachung des B M U nach § 19a Abs. 4 BNatSchG ein. Der Richtlinientext sieht in Art. 4 Abs. 5 FFH-RL vor, daß der Gebietsschutz bereits ab dem Zeitpunkt der Aufnahme in die Gemeinschaftsliste zu beginnen hat. Eine durch diese unterschiedlichen Zeitpunkte möglicherweise verursachte Verzögerung des Schutzbeginns wird als noch richtlinienkonform betrachtet 306 . Der Schutz gilt zunächst bis zur Unterschutzstellung. Deren Ausgestaltung ergibt sich aus § 19b Abs. 3 Satz 1 BNatSchG. Die Schutzerklärung übernimmt ab diesem Zeitpunkt die Funktion des Verschlechterungs· und Störungsverbotes, indem sie deren Maßgaben durch spezielle, auf die besonderen Gegebenheiten des Gebietes abgestimmte Ge- und Verbote umsetzt. Die Bekanntmachung nach § 19a Abs. 4 BNatSchG bildet auch für Vogelschutzgebiete den Zeitpunkt des Schutzbeginns. Der Schutz soll jedoch unter dem Vorbehalt des § 12 Abs. 2 BNatSchG stehen. Die dort geregelte Schutzerklärung ist zur Ausweisung von Vogelschutzgebieten obligatorisch. Sie kann zeitlich erst nach der Bekanntmachung erfolgen. Deshalb verhält sich die zeitliche Abfolge des Schutzes wie bei den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung: Nach der Bekanntmachung durch das B M U gilt zunächst § 19b Abs. 5 Satz 1 BNatSchG. Nachdem anschließend die Schutzerklärung nach § 12 Abs. 2 BNatSchG vorliegt, ergeben 304 305 306

Epiney, UPR 1997, 303 (308); Gellermann, NuR 1996, 548 (550). Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 387; Winter, NuR 1992, 21 (23). Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (68).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 5 sich die Schutzvorkehrungen aus dieser, da sie die gemeinschaftsrechtlichen Verbote auf die konkrete Gebietssituation ausrichtet.

I I I . Verträglichkeitsprüfung Besondere Bedeutung im Hinblick auf die Beeinflussung des Rechts der Bauleitplanung hat die in § 19c BNatSchG geregelte Verträglichkeitsprüfung. Sie gilt nach § 19d Satz 2 BNatSchG für Bauleitpläne, die ein Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen können. Zu betonen ist, daß diesbezüglich der grundsätzliche Charakter des BNatSchG als Rahmengesetz gemäß § 4 Satz 3 BNatSchG aufgehoben worden ist. Für die Bauleitplanung ist § 19d Satz 2 i.V.m. § 19c Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 5 BNatSchG unmittelbar geltendes Bundesrecht. Eine den Landesnaturschutzgesetzen vorbehaltene Ausgestaltung dieses Verhältnisses ist somit entbehrlich. Durch § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB wurde die naturschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung in das Baugesetzbuch integriert. Sie nimmt dort auf die bauleitplanerische Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB entscheidenden Einfluß, was im Einzelnen dargelegt werden wird. 1. Inhalt § 19c Abs. 1 BNatSchG ordnet in Umsetzung des Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL für Projekte und Pläne vor ihrer Zulassung eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebietes a n 3 0 7 . Die Verträglichkeitsprüfung enthält zwar Elemente der ebenfalls durch das europäische Umweltrecht eingeführten Umweltverträglichkeitsprüfung, ist mit jener aber nicht identisch 308 . Prüfungsgegenstand sind die Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes, die in der Schutzgebietsverordnung dokumentiert sind. Ergibt die Prüfung, daß das Projekt oder der Plan zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebietes führen kann, sind sie unzulässig. Dieser Grundsatz der Unzulässigkeit wird von Ausnahmen durchbrochen, die in § 19c Abs. 3 BNatSchG geregelt sind. Die Anerkennung von Ausnahmen wird gemäß § 19c Abs. 4 BNatSchG in besonderer Weise eingeschränkt, wenn in dem betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre

307 Allgemein dazu Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (28 f.); Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (69 ff.); Niederstadt, NuR 1998, 515 (522 ff.); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 59 ff.; Otto/Krakies, NJ 1998, 579 (581 f.). 308 Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (457); Schink, GewArch 1998, 41 (48); Niederstadt, NuR 1998, 515 (522); MüUer-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (28); AG FFHVerträglichkeitsprüfung, NuL 1999, 65 (67); a. A. Apfelbacher/Adenauer/Iven, N 1999, 63 (74); zu den Unterschieden ausführlich S. 207.

1 6 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Arten vorkommen. In bestimmten Fällen ist für die Berücksichtigung eines Ausnahmegrundes die Stellungnahme der Kommission erforderlich. Wird ein Projekt oder Plan unter Anwendung einer Ausnahmevorschrift zugelassen, so sind gemäß § 19c Abs. 5 BNatSchG Ausgleichmaßnahmen zu treffen, die den Zusammenhang des Schutzgebietssystems „Natura 2000" sichern. Sie müssen der Kommission angezeigt werden. 2. Kreis der geschützten Gebiete Der Verträglichkeitsprüfung sind Projekte und Pläne sowohl in Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung als auch in Europäischen Vogelschutzgebieten zu unterziehen. 3. Anwendungsbeginn Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung sind die Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes. Sie werden durch den in der Schutzgebietsverordnung festgelegten Schutzzweck bestimmt (§ 19c Abs. 1 Satz 2, § 19b Abs. 3 Satz 1 BNatSchG). Daher kann die Verträglichkeitsprüfung erst dann durchgeführt werden, wenn die Gebiete durch den Erlaß einer Schutzgebietsverordnung als Schutzgebiet ausgewiesen und die speziellen Schutzzwecke dort festgelegt worden sind. Ob in bestimmten Konstellationen die Pflicht zur Durchführung der naturschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung bereits früher ausgelöst wird, ist später zu untersuchen (s. unter D). C. Prüfungsunterworfene Bauleitpläne Der beschriebene Gebietsschutz, den das europäische Naturschutzrecht statuiert, nimmt nicht in vollem Umfang Einfluß auf die Bauleitplanung. Sie wird allerdings von dem qualitativ am intensivsten ausgestalteten Teilschutzinstrument, der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG, erfaßt. Die Anordnung der Verträglichkeitsprüfung erfolgt indessen nicht voraussetzungslos für alle Bauleitpläne. Um das Prüfungsverfahren nach § 19c BNatSchG auszulösen, müssen die Bauleitpläne eine bestimmte Verfaßtheit aufweisen. Diesbezüglich ist zwischen Aspekten der Belegenheit von Bauleitplänen, deren Beeinträchtigungspotential sowie der Kumulation von Bauleitplänen mit anderen Plänen oder Projekten zu differenzieren. I. Arten der Bauleitpläne Eine erste Orientierung für die Frage, welche Bauleitpläne der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG zu unterziehen sind, bietet der all-

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 gemeine Planbegriff des § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG. Verstanden werden darunter Pläne und Entscheidungen in vorgelagerten Verfahren, die bei behördlichen Entscheidungen zu beachten oder zu berücksichtigen sind, soweit sie, einzeln oder im Zusammenhang mit anderen Plänen oder Projekten, geeignet sind, ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen. In Umsetzung des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL werden hier die Voraussetzungen festgelegt, unter denen Pläne generell am Gebietsschutz der §§ 19a ff. BNatSchG auszurichten sind. § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG stellt damit eine lex generalis dar, auf die zurückzugreifen ist, soweit speziellere Vorschriften keine Regelungen enthalten. Der allgemeine Begriff der Pläne wird in § 19d BNatSchG konkretisiert. Die bauplanungsrechtliche Ausprägung dieser Begriffskonkretisierung enthält § 19d Satz 2 BNatSchG. In dieser Vorschrift sind Bauleitpläne aufgeführt, was zunächst klarstellt, daß diese überhaupt dem in §§ 19a ff. BNatSchG geregelten europäischen Gebietsschutz unterfallen. Desweiteren bestimmt § 19d Satz 2 BNatSchG den Umfang, mit dem der Gebietsschutz auf Bauleitpläne einwirkt. Bei ihnen ist § 19c Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 BNatSchG entsprechend anzuwenden. Die Verträglichkeitsprüfling als schärfstes Teilschutzinstrument der FFH-RL ist daher unter den in § 19c BNatSchG bezeichneten Voraussetzungen bei Bauleitplänen, d.h. ihrer Aufstellung, durchzuführen. Gemäß § 1 Abs. 2 BauGB sind Bauleitpläne der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan). Durch den vom Gesetzgeber in § 19d Satz 2 BNatSchG verwendeten Begriff „Bauleitpläne" ist eine Trennung zwischen den Arten von Bauleitplänen, etwa nach Gesichtspunkten von Sinn und Zweck oder der Praktikabilität einer Einbeziehung, ausgeschlossen. Bauleitpläne im Sinne von § 19d Satz 2 BNatSchG sind zunächst Bebauungspläne. Ihnen gleichgestellt sind vorhabenbezogene Bebauungspläne nach § 12 BauGB. Seit der Neufassung des BauGB zum 1.1.1998 ist der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht mehr als gesonderte Satzung neben dem Bebauungsplan ausgestaltet. Er wurde zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan fortentwickelt 309 und steht dem typischen Bebauungsplan in den materiellen Bindungen und im Verfahren gleich 3 1 0 .

309 Ausführlich Turiaux, NJW 1999, 391 ff.; Stich, WiVerw 1999, 22 ff.; Menke, NVwZ 1998, 577 ff.; Reidt, BauR 1998, 909 ff. 310 Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1082); Menke, NVwZ 1998, 577 (579); Finkelnburg, NJW 1998, 1 (4); Lüers, DVB1. 1998, 433 (445); Battis/Krautzberger/ Lohr, NVwZ 1997, 1145 (1157); Stüer, DVB1. 1997, 1201 (1205). 12 Schladebach

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Darüber hinaus zählen Flächennutzungspläne zu den Bauleitplänen nach § 19d Satz 2 BNatSchG. Gerade ihnen kommt wegen ihrer planungsvorbereitenden Funktion besondere Bedeutung zu. Das gilt ebenso im Hinblick auf die durch das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB hergestellte Verknüpfung zu den Bebauungsplänen. Durch den Flächennutzungsplan werden grundlegende Entscheidungen für die Nutzung des Gemeindegebiets getroffen. Außerdem bietet er sich aufgrund seiner Vorbereitungsfunktion für die planungsbezogene Umsetzung des umweltrechtlichen Frühzeitigkeitsgebotes an. Die zum allgemeinen Planbegriff des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL geführte Diskussion, inwieweit eine Subsumtion des Flächennutzungsplans hierunter erforderlich i s t 3 1 1 , wurde durch § 19d Satz 2 BNatSchG zugunsten einer Einbeziehung der Flächennutzungspläne beendet. Die ebenfalls in § 19d Satz 2 BNatSchG genannte Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 B a u G B 3 1 2 , für die gleichermaßen die Verträglichkeitsprüfung angeordnet wird, ist schon begrifflich kein Bauleitplan und daher vom Untersuchungsgegenstand nicht umfaßt.

I I . Belegenheit der Bauleitpläne Von Bedeutung ist desweiteren die Frage, wie Bauleitpläne im Hinblick auf die Schutzgebiete lokalisiert sein müssen, um die Verträglichkeitsprüfung nach §§ 19d Satz 2 i.V.m. 19c BNatSchG auszulösen. In Erwägung zu ziehen sind zum ersten Bauleitpläne, deren räumlicher Geltungsbereich vollständig oder zumindest teilweise innerhalb eines Schutzgebietes liegt. Zum zweiten kommen Bauleitpläne in Betracht, die außerhalb eines Schutzgebietes Festsetzungen treffen, dieses jedoch infolge ihres Einwirkungspotentials negativ beeinträchtigen können. Den Vorschriften über die Verträglichkeitsprüfung bei Bauleitplänen, §§ 19d Satz 2 i . V . m . 19c BNatSchG, läßt sich dazu nichts entnehmen. Ein Hinweis könnte sich aus dem allgemeinen Planbegriff des § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG ergeben. Pläne im Sinne dieser Norm sind solche, die geeignet sind, ein Schutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen. Gemäß § 19a Abs. 2 Nr. 9 a.E. BNatSchG sind davon aber Pläne ausgenommen, die unmittelbar der Verwaltung des betreffenden Schutzgebietes dienen. Diese Regelung ließe sich so verstehen, daß Bauleitpläne unmittelbar der Gebiets Verwaltung zu dienen bestimmt sind 3 1 3 , da sie durch ihre planungs311 312

Schink, GewArch 1998, 41 (43 f.). Hierzu Greiving, VerwArch. 89 (1998), 585 (592); Schink, DVB1. 1999,

367 ff. 313

So PrescheU NJ 1998, 13 (14).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 179 rechtlichen Festsetzungen die Nutzung bestimmter Rächen im Gebiet regeln. Dann wären Bauleitpläne innerhalb des Schutzgebietes vom Planbegriff des § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG ausgenommen und daher keiner Verträglichkeitsprüfung unterstellt. Pläne, die unmittelbar der Verwaltung des Schutzgebietes dienen, sind Pläne des Gebietsmanagements nach § 19b Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 BNatSchG 3 1 4 . Bauleitpläne zählen nicht hierzu. Aus dem Planbegriff in § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG folgt hinsichtlich der Belegenheit von Bauleitplänen keine Einschränkung. Eine Eingrenzung der Bauleitpläne wurde teilweise aus anderen Gründen befürwortet. Die Verträglichkeitsprüfung könne nicht auf innerhalb des Schutzgebietes liegende Bauleitpläne erstreckt werden. Dies scheitere daran, daß eine Überplanung von Schutzgebieten regelmäßig in Widerspruch zum Schutzzweck der Gebiete stünde und die Bauleitpläne deshalb gegen geltendes Recht in Form der Schutzgebiets Verordnung verstießen 315 . Das Naturschutzrecht beanspruche für diese Konstellation Vorrang gegenüber dem Recht der Bauleitplanung 316 . Richtig daran ist, daß der für die Gebiete naturschutzrechtlich jeweils festgelegte Schutzzweck der grundsätzliche Maßstab ist, an dem sich auch die Bauleitpläne zu orientieren haben. Jedoch besteht ein solcher Vorrang des Naturschutzrechts nicht absolut. Die Norm, die den Vorrang durchbricht, ist § 19c Abs. 3 u. 4 BNatSchG. Selbst bei möglichen erheblichen Beeinträchtigungen, die durch die Verträglichkeitsprüfung ermittelt worden sind, können Bauleitpläne unter den Voraussetzungen des § 19c Abs. 3 u. 4 BNatSchG ausnahmsweise zulässig sein. Deshalb besteht ein von den genannten Autoren angenommenes absolutes Verbot der Beeinträchtigung des Schutzzwecks von Gebieten gemeinschaftlicher Bedeutung oder von Vogelschutzgebieten nicht. Aus einem solchen kann daher auch nicht gefolgert werden, daß Bauleitpläne innerhalb von Schutzgebieten regelmäßig gegen geltendes Naturschutzrecht verstießen. Die Einschränkung naturschutzrechtlicher Belange durch Bauleitplanungen ist von Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL, dessen Umsetzung § 19c Abs. 3 u. 4 BNatSchG darstellt, geschaffen worden und damit schon nach EG-Recht beabsichtigt. Vielmehr sind Bauleitpläne, deren räumliche Geltungsbereiche sich auf Schutzgebiete erstrecken, rechts wirksam, soweit die Voraussetzungen des § 19c Abs. 3 u. 4 BNatSchG eingehalten worden sind. Daher kann eine Argumentation, die von einer generellen Rechtswidrigkeit schutzzweckbeeinträchtigender Bau-

314

Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 132; Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 388; Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197

(212). 315

316

\2*

Schliepkorte, BBauBl 1997, 610 (616); Lüers, UPR 1996, 401 (407). Preschei, NJ 1998, 13 (14) unter Berufung auf BT-Drs. 13/6392, S. 43.

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

leitpläne im Schutzgebiet ausgeht, nicht überzeugen. Eine Eingrenzung der Bauleitpläne hinsichtlich ihrer Belegenheit läßt sich hieraus nicht ableiten. Hinzuweisen ist außerdem auf den systematischen Widerspruch, der aus einer derartigen Sichtweise resultieren würde. § 19d BNatSchG ordnet bei den dort näher bezeichneten Plänen die Verträglichkeitsprüfung gemäß § 19c BNatSchG entsprechend an. Die Vorschrift intendiert damit die sinngemäße Übertragung des Regelungskonzepts der Verträglichkeitsprüfung bei „Projekten" auf die speziellen Pläne des § 19d BNatSchG. Für den Projektbegriff ist jedoch in § 19a Abs. 2 Nr. 8a BNatSchG klargestellt, daß er auch Projekte innerhalb der Grenzen eines Schutzgebietes erfaßt, die dann gemäß § 19c BNatSchG auf Verträglichkeit zu prüfen sind. Wegen der Verweisung des § 19d Satz 2 BNatSchG auf § 19c BNatSchG hat entsprechendes ebenso bei Bauleitplänen zu gelten. Andernfalls hätte der Gesetzgeber diese Verweisung in ihrem Umfang eingeschränkt, d.h. nur für außerhalb der Gebiete liegende Bauleitpläne ausgesprochen. Dies erfolgte nicht. Das entscheidende Kriterium für die Anwendung der Verträglichkeitsprüfung auf Pläne, mithin auch auf Bauleitpläne, folgt aus §§ 19a Abs. 2 Nr. 9, 19d Satz 2, 19c Abs. 2 BNatSchG. Es besteht in der Eignung eines Planes, ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet erheblich zu beeinträchtigen. Ob der die Ursache dafür bildende Plan im Schutzgebiet selbst oder aber außerhalb desselben liegt, ist unerheblich. Von der Verträglichkeitsprüfung betroffen sind demnach Pläne sowohl innerhalb als auch außerhalb des Schutzgebietes, soweit sie jenes erheblich beeinträchtigen können. Diese Ansicht stellt die herrschende Meinungdar317. Für den speziellen Bereich der Bauleitpläne ergibt sich daraus folgendes Bild: Der Verträglichkeitsprüfung nach §§ 19d Satz 2 i . V . m . 19c BNatSchG sind innerhalb und außerhalb des Schutzgebietes gelegene Bauleitpläne zu unterziehen. Voraussetzung ist jedoch die Fähigkeit der Bauleitpläne, ein Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen zu können. 317

Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (76); Louis, DÖV 1999, 374 (378); Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (179); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (68); AG FFH-Verträglichkeitsprüfung, NuL 1999, 65 (69); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. Π, 1998, § 88, Rn. 52; Thyssen, DVB1. 1998, 877 (879); Iven, UPR 1998, 361 (364); ders., NuR 19%, 373 (378); Schink, GewArch 1998, 41 (44); Niederstadt, NuR 1998, 515 (523); Stemmler, BBauBl 1998, H.8, S. 13 (15); Spannowsky, UPR 1998, 161 (167); ders./Krämer, UPR 1998, 44 (45); K.Wagner, BayVBl. 1998, 161 (162); Fisahn, ZUR 1998, 34 (36); ders., ZUR 1996, 3 (6); Otto/Krakies, NJ 1998, 579 (581); Polenz-v. Hahn, VB1BW 1998, 210 (211); Epiney, UPR 1997, 303 (308); Wagner/Mitschang, DVB1. 1997, 1137 (1143); Mitschang, Raumplanung 1997, 206 (215); Frenz, Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 388; Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (212); Gellermann, NuR 1996, 548 (551); ders., Natura 2000, 1998, S. 62; Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (113).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 1 I I I . Erhebliche Beeinträchtigungsfähigkeit Die bezeichnete Voraussetzung für die Anwendung der Verträglichkeitsprüfung auf Bauleitpläne ist konkretisierungsbedürftig. Zu der Frage, was unter möglichen erheblichen Beeinträchtigungen zu verstehen ist, werden verschiedene Meinungen vertreten. So wird vertreten, daß schon jede nicht ausschließbare Möglichkeit einer Gebietsbeeinträchtigung ausreicht, um von einer erheblichen Beeinträchtigung zu sprechen 318 . Teilweise wird das Bestehen einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit von negativen Auswirkungen für das Schutzgebiet verlangt 3 1 9 . Anderen Autoren ist dieses Anforderungsniveau zu gering. Sie fordern für erhebliche Beeinträchtigungen dauerhafte Auswirkungen von einigem Gewicht 3 2 0 oder solche, die den Bestand oder die Nutzung eines Schutzgebietes maßgeblich prägen 3 2 1 . Notwendig sei jedenfalls eine gewisse Intensität der zu gewärtigenden Beeinträchtigungen 322 . Carlsen und Gellermann gehen von einem restriktiven Verständnis des Erheblichkeitsbegriffs aus 3 2 3 . Beabsichtigt ist damit die Vermeidung eines Wertungswiderspruchs zwischen dem Verschlechterungsverbot und der Verträglichkeitsprüfung. Mit Blick auf Art. 6 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL sei kaum anzunehmen, daß das Gemeinschaftsrecht einerseits jede Verschlechterung der natürlichen Lebensräume und Arten verhindern, andererseits aber nur solche Pläne und Projekte einer Verträglichkeitsprüfling unterzogen wissen will, die eben diese Gebietsbestandteile einer schwerwiegenden Beeinträchtigung aussetzen können 3 2 4 . Diese aufgrund des Richtlinientextes zutreffende Einschätzung ist nach der Novellierung des BNatSchG nicht mehr aktuell. Durch letztere sind die diesbezüglichen Aussagen in den §§ 19b Abs. 5 und 19c Abs. 2 BNatSchG angeglichen worden. Gefordert werden nunmehr jeweils erhebliche Beeinträchtigungen. Die Begriffsumschreibungen der anderen Autoren haben im wesentlichen den selben sachlichen Gehalt: Unwesentliche Beeinträchtigungen müssen auch ohne Prüfung hingenommen werden. Sie führen in der Regel nicht zu einer Beeinträchtigung des festgelegten Schutzzwecks. Überzeugend führt 318

Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 61; ders., NuR 1996, 548 (551); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (212). 319 Iven> UPR 1998, 361 (364) unter Berufung auf die Ansicht der Kommission. 320 Schink, GewArch 1998, 41 (45). 321 Thyssen, DVB1. 1998, 877 (879). 322 Epiney, UPR 1997, 303 (308). 323 Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (212); Gel· lermann, Natura 2000, 1998, S. 61; ders., NuR 1996, 548 (551). 324 So Gellermann, NuR 1996, 548 (551).

1 2 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Schink 3 2 5 aus, daß auch Summationseffekte für sich gesehen geringer Auswirkungen eine Verträglichkeitsprüfung bedingen können (vgl. § 19a Abs. 2 Nr. 8, 9 BNatSchG). Würde bereits jeder einzelne Plan mit Auswirkungen von geringem Gewicht diese Rechtsfolge herbeiführen, bedürfte es einer solchen in § 19a Abs. 2 Nr. 8, 9 BNatSchG getroffenen Regelung über Auswirkungen, die erst in ihrer Summe beachtlich werden, nicht. Pläne mit nur geringem Beeinträchtigungspotential scheiden somit für die Verträglichkeitsprüfung aus. Zusammenfassend läßt sich der Begriff wie folgt konkretisieren: Erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebietes sind möglich, wenn eine auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützte Wahrscheinlichkeit negativer Auswirkungen von einigem Gewicht besteht. Zu den erheblichen Beeinträchtigungen können beispielsweise Lärmbeeinflussungen, Zerschneidungswirkungen oder andere vom Bebauungsplangebiet ausgehende Einwirkungen gehören. Erforderlich ist jedoch immer, daß es sich um negative Auswirkungen auf solche Lebensräume oder Arten handelt, um derentwillen das Schutzgebiet eingerichtet worden i s t 3 2 6 .

IV. Kumulationswirkungen Einen neuartigen Ansatz verfolgt die FFH-RL mit der zusätzlichen Berücksichtigung „anderer Pläne oder Projekte" neben dem in Rede stehenden Bauleitplan. Damit soll der Erkenntnis Rechnung getragen werden, daß ein für sich betrachtet unschädliches Vorhaben im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten durchaus negative Folgen für ein Schutzgebiet haben kann, die es abzuwehren g i l t 3 2 7 . In Konstellationen, in denen erhebliche Beeinträchtigungen erst durch prognostizierte Summationseffekte zu erwarten sind, löst schon ein isoliert betrachtet unbedenklicher Plan eine Verträglichkeitsprüfung aus 3 2 8 . Für Bauleitpläne ergibt sich die Pflicht der Berücksichtigung von Kumulationswirkungen aus § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG. Es ist jeweils zu untersuchen, ob die bauplanungsrechtlichen Darstellungen oder Festsetzungen durch das Zusammenwirken mit anderen beabsichtigten oder bereits realisierten Plänen oder Projekten ein Beeinträchtigungspotential bergen, das die 325

Schink, GewArch 1998, 41 (45). Schink, GewArch 1998, 41 (45). 327 Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (213); Gellermann, NuR 1996, 548 (552). 328 Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (179); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (69); Thyssen, DVB1. 1998, 877 (879); Mitschang, Raumplanung 1997, 206 (215); Ssymank, NuL 1994, 395 (398). 326

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 Erheblichkeitsschwelle überschreitet. Gegebenenfalls ist eine Verträglichkeitsprüfung nach §§ 19d Satz 2 i.V.m. 19c BNatSchG durchzuführen. Sie ist etwa notwendig, wenn die Lärmauswirkungen einer planfestgestellten Verkehrsstraße erst gemeinsam mit denen eines durch Bebauungsplan festgesetzten Gewerbegebietes so intensiv sind, daß der Schutzzweck des ausgewiesenen Schutzgebietes erheblich beeinträchtigt werden kann 3 2 9 . D . Verträglichkeitsprüfung bei Bauleitplänen vor 1998 Obwohl die FFH-RL gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL bis zum 5.6.1994 und die Vogelschutz-RL gemäß Art. 18 Abs. 1 Satz 1 Vogelschutz-RL bis zum 6.4.1981 in nationales Recht umzusetzen waren, erfolgte dies erst mit dem 2. BNatSchÄndG vom 30.4.1998. Bis zu diesem Zeitpunkt sah sich die Verwaltungspraxis mit der Frage konfrontiert, ob und inwieweit die Richtlinienbestimmungen der unmittelbaren innerstaatlichen Wirkung befähigt waren. Soweit ihnen diese spezielle Wirkung zuzuerkennen war, bestand seitens sämtlicher Träger hoheitlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten von Amts wegen die Verpflichtung, die Vorschriften der Richtlinien als allein maßgebendes Recht anzuwenden 330 . So hatten insbesondere die Gemeinden als Planungsträger darüber zu befinden, ob Bauleitpläne, die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder Europäische Vogelschutzgebiete beeinträchtigen konnten, allein aufgrund der Richtlinienbestimmungen der Art. 6 Abs. 3 u. 4, Art. 7 FFH-RL der darin geregelten Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen waren. I. Voraussetzungen der unmittelbaren Wirkung Die erste Voraussetzung für eine unmittelbare Wirkung einer Richtlinie, der Ablauf der Umsetzungsfrist ohne ordnungsgemäße Umsetzung, war seit dem 5.6.1994 erfüllt. Des weiteren ist erforderlich, daß die Vorschriften hinreichend bestimmt sind. Sie müssen einen klaren Rechtssatz aufstellen, der präzise in Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolge gegliedert i s t 3 3 1 . Zudem hat die Vorschrift inhaltlich unbedingt zu sein, so daß ihre Wirksamkeit keine zusätzlichen mitgliedstaatlichen Maßnahmen erfordert 332 . M i t den Merkmalen der hinreichenden Bestimmtheit und der inhaltlich unbe329

Schink, GewArch 1998, 41 (45). EuGH, Urt. v. 11.8.1995 - Rs. C-431/92 - , Slg. 1995, 1-2189 (2224, Tz. 37 ff.) - Großkrotzenburg; Epiney, DVB1. 1996, 409 (414); Calliess, NVwZ 1996, 339 (341). 331 Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (454); Royla/Lackhoff, DVB1. 1998, 1116 (1118). 330

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

dingten Verfaßtheit ist die Begründung einer unmißverständlichen Verpflichtung durch die Vorschrift gemeint 3 3 3 . Vormals wurde desöfteren die Auffassung vertreten, daß die betreffende Norm darüber hinaus individualschützenden Charakter besitzen muß, um unmittelbar zu wirken. Dem hat der E u G H 3 3 4 eine Absage erteilt. Die Gewährung von Rechten an einzelne ist damit keine Voraussetzung für die unmittelbare Wirkung einer Richtlinienbestimmung. Von Bedeutung für eine unmittelbare Wirkung sind die Regelungen über die Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL, da hiervon Bauleitpläne erfaßt werden können. Denn Pläne im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL sind auch Bauleitpläne 335 . In die Betrachtung einzubeziehen ist außerdem Art. 7 FFH-RL, der die Verträglichkeitsprüfung auch für Vogelschutzgebiete anordnet. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL stellt einen Rechtssatz auf, der als Tatbestand Pläne oder Projekte erfaßt, die ein Schutzgebiet einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen können. Liegt ein Plan dieser Qualität vor, so hat als Rechtsfolge eine Prüfung des Plans auf Verträglichkeit mit den für das Gebiet festgelegten Erhaltungszielen stattzufinden. Festzustellen ist, daß die Vorschrift wegen ihrer klaren Gliederung hinreichend bestimmt ist. Sie muß zudem inhaltlich unbedingt sein. Ihre Wirksamkeit darf nicht mehr an vorherige nationale Maßnahmen gebunden sein. Das Schutzprogramm der Art. 6 Abs. 3 u. 4, Art. 7 FFH-RL ist auf die dort genannten Schutzgebietstypen bezogen und seine Anwendbarkeit hängt von deren Anerkennung ab. Für die inhaltliche Unbedingtheit der Vorschriften ist daher von maßgeblicher Bedeutung, ob und inwieweit die Anerkennung von Schutzgebieten noch von mitgliedstaatlichen Maßnahmen abhängig ist. Denn nur, wenn die nationalen Behörden wissen, daß es keiner Zwischenschritte zur Gebietsidentifizierung und -festlegung mehr bedarf, existiert der lokale Bezugspunkt der Verträglichkeitsprüfung: das Schutzgebiet. Erst zu dem Zeitpunkt, zu dem Schutzgebiete für die Verwaltung bestimmbar sind, 332 Royla/Lackhojf, DVB1. 1998, 1116 (1118); Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (454). 333 EuGH, Urt. v. 11.8.1995 - Rs. C-431/92 - , Slg. 1995, 1-2189 (2224, Tz. 37 ff.) - Großkrotzenburg; Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (456); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (220); Iven, NuR 1996, 105

(106). 334

EuGH, Urt. v. 11.8.1995 - Rs. C-431/92 - , Slg. 1-2189 (2220, Tz.26) - Großkrotzenburg. 335 Spannowsky/Krämer, UPR 1998, 44 (45); Schink, GewArch 1998, 41 (44); Mitschang, Raumplanung 1997, 206 (215); Bugiel, in: Czybulka, Naturschutzrecht und Landschaftsplanung in europäischer Perspektive, 1996, S. 95 (105).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 5 können Prüfungsschritte zur Feststellung der Verträglichkeit von querenden oder tangierenden Planungen sinnvoll aufgenommen werden. Erst dann ist Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL inhaltlich unbedingt und stellt eine unmißverständliche Verpflichtung für die zur Anwendung berufenen Behörden auf. Allerdings ist gerade die Notwendigkeit noch durchzuführender mitgliedstaatlicher Zwischenschritte bei der Festlegung der besonderen Schutzgebiete zunehmend umstritten. Grund dafür ist die verspätete Umsetzung der FFH- und der Vogelschutz-RL. Hieraus resultieren für den europäischen Lebensraum- und Artenschutz Risiken der Verschlechterung. Deren Eindämmung ist jedoch eigentliches Ziel der erlassenen Naturschutzrichtlinien und erfordert eine umfassende Mitarbeit der Mitgliedstaaten. Vor dem Hintergrund dieser Diskussion ist daher jeweils gesondert zu untersuchen, ob die Regelungen der Art. 6 Abs. 3 u. 4, Art. 7 FFH-RL unter Berücksichtigung der Modalitäten der Gebietsfestlegung inhaltlich unbedingt, also bedingungslos, sind. I I . Ausgewiesene Europäische Vogelschutzgebiete Europäische Vogelschutzgebiete sind bereits ausgewiesen worden. Inwieweit die Rechtsfolgen der FFH-RL für nach Art. 4 Abs. 1 Vogelschutz-RL ausgewiesene oder nach Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-RL anerkannte Vogelschutzgebiete gelten, regelt Art. 7 FFH-RL. Für diese bereits eingerichteten Vogelschutzgebiete treten die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2-4 FFHRL ab dem 5.6.1994 an die Stelle der bislang geltenden Vorschrift des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL. Art. 7 FFH-RL beinhaltet damit eine Rechtsfolgenverweisung auf die aus der Unterschutzstellung eines Gebiets folgenden Pflichten 3 3 6 . Dazu zählt auch die Verträglichkeitsprüfung. Da Vogelschutzgebiete schon existierten, waren vorbereitende Maßnahmen der Gebietsfestlegung für die Anwendung von Art. 7 i. V. m. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL nicht mehr notwendig. Neben der dargestellten hinreichenden Bestimmtheit war die Regelung demnach auch inhaltlich unbedingt. Daraus folgt, daß den zur Anwendung berufenen Behörden insoweit eine unmißverständliche Verpflichtung auferlegt war: Konnte ein Bauleitplan ein bestehendes Vogelschutzgebiet erheblich beeinträchtigen, war er ab dem 5.6.1994 der Verträglichkeitsprüfung zu unterziehen 337 . 336

Epiney, UPR 1997, 303 (307). Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (73); Friege, ThürVBl. 1998, 73 (78); ders., in: Gronemeyer, BauGB, § la, Rn. 62; Schink, GewArch 1998, 41 (47); Lüers, DVB1. 1998, 433 (438); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 57; Niederstadt, NuR 1998, 515 (519); Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (74); Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 121; Spannowsky, UPR 1998, 161 (167); Neumann/Schweitzer, Jb. UTR 40 (1997), 517 (541); Erbguth/Stollmann, 337

1 6 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Auch die Kommission ging in ihren Stellungnahmen zur Planfeststellung eines Teilstücks der Bundesautobahn A 20 in Mecklenburg-Vorpommern von der unmittelbaren Wirkung der Art. 7 i.V.m. Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFHRL und damit von der Verpflichtung zur Verträglichkeitsprüfung aus 3 3 8 . Dem stand nicht entgegen, daß der konkrete Inhalt der Prüfung dem Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL nicht zu entnehmen war. Durchgeführt werden konnte jedenfalls eine an die Umweltverträglichkeitsprüfung des UVPG angelehnte Prüfung, die besonders auf die Erhaltungsziele des jeweiligen Vogelschutzgebiets als Schutzmaßstab ausgerichtet ist. Art. 7 i. V. m. Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL war auf Bauleitpläne, die ausgewiesene Vogelschutzgebiete erheblich beeinträchtigen konnten, ab dem 5.6.1994 unmittelbar anzuwenden. I I I . Potentielle Europäische Vogelschutzgebiete Art. 7 FFH-RL spricht ebenso Gebiete an, die nach dem Ablauf der Umsetzungsfrist am 5.6.1994 noch nicht als Vogelschutzgebiete ausgewiesen worden waren, jedoch nachfolgend als solche festgesetzt werden sollen. Für sie sollen erst ab dem Zeitpunkt ihrer Unterschutzstellung die Regelungen des Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL gelten. Sofern dann eine Ausweisung vorgenommen wurde, mußte hier eine Verträglichkeitsprüfung stattfinden. Unter Hinweis auf den Wortlaut des Art. 7 FFH-RL („ab dem Datum") ist daher vertreten worden, daß eine unmittelbare Wirkung der FFH-RL bezüglich potentieller Vogelschutzgebiete solange nicht in Betracht kommt, wie eine Unterschutzstellung noch nicht erfolgt i s t 3 3 9 . Bis dahin würde der spezifische Schutz der Vogelschutz-RL nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VogelschutzRL gelten. Diese Auffassung läßt allerdings den Bedeutungsgehalt der Santona-Entscheidung des E u G H 3 4 0 unberücksichtigt. Der Gerichtshof stellte im Hinblick auf Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL fest, daß die danach bestehende Schutzverpflichtung unabhängig davon zu erfüllen ist, ob der DVB1. 1997, 453 (458); Mitschang, Raumplanung 1997, 206 (214); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (221); Schmitz, ZUR 1996, 12 (17); Gellermann, NuR 1996, 548 (558); Czybulka, Jb. UTR 36 (1996), 235 (259); Freytag/lven, NuR 1995, 109 (117); Ssymank, NuL 1994, 395 (403). 338 Stellungnahmen der Kommission gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL vom 27.4.1995, AB1.EG Nr. C 178 vom 13.7.1995, S. 3 und vom 18.12.1995, AB1.EG Nr. L 6 vom 9.1.1996, S. 14. 339 Thyssen, DVB1. 1998, 877 (885); Gellermann, NuR 1996, 548 (549); ders.. Natura 2000, 1998, S. 86; W.Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 121 f., 133. 340 EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 - Santona.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 1 betreffende Lebensraum zum besonderen Schutzgebiet erklärt wurde. Das Schutzziel der Vogelschutz-RL könne nicht erreicht werden, wenn die Mitgliedstaaten die Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL nur dann zu beachten hätten, wenn zuvor ein besonderes Schutzgebiet ausgewiesen worden wäre 3 4 1 . Die Verpflichtungen nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL bestehen danach schon dann, wenn ein Mitgliedstaat es versäumt oder unterlassen hat, einen schutzbedürftigen Lebensraum zum Schutzgebiet zu erklären. Dafür sei entscheidend, daß das Gebiet von herausgehobener ornithologischer Bedeutung ist. Anerkannt wird somit, daß Schutzgebiete allein anhand objektiver Kriterien festgestellt werden können. Sie sind auszuweisen und nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL zu schützen. Die Rechtsfolgen des europäischen Vogelschutzes sollen sich nach dem Inkrafttreten der FFH-RL aus der FFH-RL selbst ergeben (Art. 7 FFH-RL). Angesichts dieses transferierten Geltungsanspruchs ist deshalb zu fragen, ob die Rechtsprechung des EuGH im Santona-Urteil (unmittelbare Wirkung der Richtlinienverpflichtungen) auch nach dem Inkrafttreten des Art. 7 FFH-RL Geltung beansprucht. Soweit dies bejaht werden konnte, war die nunmehr maßgebende Vorschrift des Art. 7 FFH-RL ebenfalls unmittelbar anwendbar. Folge davon wäre, daß die Verpflichtungen dieser Norm auf potentielle Vogelschutzgebiete anzuwenden waren. Bei Bauleitplänen war dann gleichsam die Verträglichkeitsprüfung durchzuführen. Dafür spricht zum einen der Regelungszweck des Art. 7 FFH-RL, der darin besteht, Vogelschutzgebiete ab dem Inkrafttreten der FFH-RL hinsichtlich der plan- und projektbezogenen Vorgaben wie FFH-Gebiete zu behandeln und zu schützen 342 . Die zur Vogelschutz-RL vorher ergangene Rechtsprechung müsse unter Art. 7 FFH-RL weitergelten und die potentiellen Vogelschutzgebiete müßten insgesamt dem Schutz der FFH-RL, damit auch Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL, unterstellt werden. Zum anderen wird dies durch folgende Überlegung unterstützt: Nimmt man aufgrund der Rechtsprechung des EuGH in der Santona-Entscheidung an, daß (trotz Art. 7 FFH-RL) für pflichtwidrig nicht ausgewiesene Vogelschutzgebiete bis zur Unterschutzstellung allein Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL gilt, entsteht gegenüber ausgewiesenen Vogelschutzgebieten ein Widerspruch im Schutzniveau. Denn letztere sind wegen Art. 7 FFH-RL dem Schutzprogramm des Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL unterstellt. Für potentielle Vogelschutzgebiete bestünde der strengere Schutz nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL, für ausgewiesene Vogelschutzgebiete dagegen der 341

EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 (4277, Tz. 22) - Santona. Iven, NuR 1996, 373 (380); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (222). 342

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

wegen der Ausnahmeregelungen in Art. 6 Abs. 4 FFH-RL geringere Schutz. Art. 3 Abs. 1, Art. 7 FFH-RL wollen aber gerade keine Unterschiede im Schutzniveau entstehen lassen 343 . Eine Angleichung ist deshalb nur so zu erreichen, daß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL schon dann von Art. 7 i. V. m. Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL abgelöst wird, wenn ein Gebiet die objektiven Kriterien eines Vogelschutzgebiets im Sinne der SantonaRechtsprechung des EuGH aufweist. Darüber hinaus hätten es die Mitgliedstaaten in der Hand, die Geltung des Schutzprogramms nach Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL mit seinen vielfältigen Rechtsfolgen dadurch zu suspendieren, daß sie geeignete Gebiete nicht als Vogelschutzgebiete benennen und ausweisen. Sie würden in diesem Fall die Durchsetzung gemeinschaftlicher Verpflichtungen behindern, zu deren Realisierung sie sich mit der Verabschiedung der Naturschutzrichtlinien gerade bekannt haben. Angesichts der schleppenden Umsetzung der FFH- und der Vogelschutz-RL können diese Bedenken nicht gänzlich von der Hand gewiesen werden. Die Verpflichtung zur aktiven Umsetzung der Gemeinschaftsziele ist eine Vertrags Verpflichtung, die in Art. 10 und Art. 249 Abs. 3 EGV ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden hat. Um dem auch vom EuGH geäußerten Bestreben einer zügigen Ausweisung von Vogelschutzgebieten wirksam Nachdruck zu verleihen, erscheint es sinnvoll, die restriktive Rechtsprechung des EuGH unter Art. 7 FFH-RL beizubehalten. Mit der neueren Rechtsprechung des BVerwG 3 4 4 und der überwiegenden Ansicht im Schrifttum 3 4 5 ist danach anzunehmen, daß die Santona-Rechtsprechung des EuGH trotz des Inkrafttretens des Art. 7 FFH-RL weitergilt. Insoweit wird der Wortlaut des Art. 7 FFH-RL („ab dem Datum") durch die Grundsätze des genannten EuGH-Urteils überlagert. Für potentielle Vogelschutzgebiete bestand somit seit dem 5.6.1994 eine unmißverständliche Verpflichtung für die nationalen Behörden, Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL anzuwenden. Die Verweisungsvorschrift des Art. 7 FFH-RL entfaltet seitdem unmittelbare Wirkung. Daraus folgt, daß bei Bauleitplänen, die ein potentielles Vogelschutzgebiet erheblich beeinträchtigen konnten, ab dem 5.6.1994 die Verträglichkeitsprüfung durchzuführen war.

343

Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (222). BVerwG, Urt. v. 19.5.1998, NVwZ 1998, 961 (966). 345 Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (71 f.); Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (74); Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (636); Stüber, NuR 1998, 531; Schink, GewArch 1998, 41 (47); Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (83); ders., DVB1. 1998, 433 (438); Friege, ThürVBl. 1998, 73 (78); ders., in: Gronemeyer, BauGB, § la, Rn. 62; Niederstadu NuR 1998, 515 (519); Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (458); Iven, NuR 1996, 373 (380); Schmitz, ZUR 1996, 12 (17); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (222); Czybulka, Jb. UTR 36 (1996), 235 (259 f.). 344

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 189

IV. Ausgewiesene Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung sind in der Bundesrepublik bislang nicht ausgewiesen worden. Ebensowenig ist die nach Art. 4 Abs. 2 FFH-RL von der Kommission zu erstellende Gemeinschaftsliste existent. Nach Ansicht einer aus Naturschutzsachverständigen bestehenden „Arbeitsgemeinschaft FFH-Verträglichkeitsprüfung" wird diese Gemeinschaftsliste wegen der eingetretenen Fristversäumnisse auf Jahre hinaus nicht erstellt werden können 3 4 6 . Der durch die Aufnahme eines Gebiets in diese Liste ausgelöste Schutz des Art. 4 Abs. 5 FFH-RL, der die Geltung des Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL aktiviert, konnte demnach noch keine Wirkung entfalten.

V. Potentielle Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung Unter Bezugnahme auf die Santona-Entscheidung des EuGH zu potentiellen Vogelschutzgebieten wurde in jüngster Zeit mehrfach problematisiert 347 , ob die dort aufgestellten Grundsätze auf nicht benannte, die Auswahlkriterien des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL jedoch aufweisende Gebiete übertragen werden könnten. Sollten potentielle Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung rechtlich anzuerkennen sein, würde Art. 6 Abs. 3, 4 FFH-RL anzuwenden sein. Die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung dieser Gebiete durch Bauleitpläne würde die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung erfordern. 1. Ansicht der Literatur Nach einer häufig vertretenen Ansicht 3 4 8 ist die Qualifizierung als potentielles Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung rechtlich nicht möglich. Die Festlegung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung hängt von 346

NuL 1999, 65. Ausführlich etwa Stüter, Gibt es „potentielle Schutzgebiete" i.S.d. FFH-Richtlinie?, NuR 1998, 531 ff. 348 Zeichner, NVwZ 1999, 32 (35); Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (641); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 56; Thyssen, DVB1. 1998, 877 (885 f.); Stüter, NuR 1998, 531 (534); Friege, ThürVBl. 1998, 73 (78); ders., in: Gronemeyer, BauGB, § la, Rn. 63; Stemmler, BBauBl 1998, H.8, S. 13 (15); Spannowsky/Krämer, UPR 1998, 44 (46); Spannowsky, UPR 1998, 161 (167); Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (83); ders., DVB1. 1998, 433 (438); Schink, GewArch 1998, 41 (47); Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (454); Mitschang, RaumPlanung 1997, 206 (214); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 92 ff.; ders., NuR 1996, 548 (550); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (221 f.); Schmitz, ZUR 1996, 12 (14); ebenso auch Hauptausschuß der MKRO, Positionspapier v. 19.3.1999, DVB1. 1999, 970 (971); differenzierend Apfelbacher/ Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (72 f.). 347

190 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung der Übermittlung der Gebietsvorschläge der Mitgliedstaaten an die Kommission und von der nachfolgenden Erstellung der Gemeinschaftsliste ab. Erst durch sie werden die Gebiete festgelegt und gemäß Art. 4 Abs. 5 FFHRL der Schutz des Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL aktiviert. Eine frühere Geltung des Schutzprogramms sei deswegen ausgeschlossen. Eine solche könnte aber in Anlehnung an die Rechtsprechung des EuGH in der Santona-Entscheidung in Erwägung gezogen werden. Um die Mitgliedstaaten zu einer zügigen Benennung und Ausweisung von Vogelschutzgebieten anzuhalten, sprach der Gerichtshof aus, daß der Schutz der Vogelschutz-RL bereits dann eingreift, wenn die objektiven Auswahkriterien der Vogelschutz-RL vorliegen. Auf die mitgliedstaatlichen Ausweisungsaktivitäten, die oftmals verspätet erfolgten, komme es nicht an. Dagegen wird von den Autoren wiederum das besondere Verfahren des Art. 5 FFH-RL angeführt 349 . Durch diese Vorschrift sei das bei der VogelschutzRL aufgetretene Problem der unzureichenden Gebietsmeldung in Form eines detailliert ausgestalteten Konzertierungsverfahrens geregelt. Es stehe der Übertragung der genannten EuGH-Rechtsprechung entgegen. Potentielle Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung sind nach dieser Ansicht nicht anzuerkennen. Hinsichtlich der Erstellung der Gemeinschaftsliste seien mit den Gebietsmeldungen weitere mitgliedstaatliche Maßnahmen erforderlich. Darüber hinaus verhindere das Konzertierungsverfahren eine unbedingte Verfaßtheit der Verpflichtung aus Art. 6 Abs. 3, 4 FFH-RL. Eine unmittelbare Wirkung - auch der Verträglichkeitsprüfung bei Bauleitplänen - entfalle. Einige Vertreter 350 dieser Strömung erkennen derartigen benennungswürdigen Gebieten jedoch eine eingeschränkte Bedeutung zu. Zwar seien potentielle Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung wegen Art. 5 FFHRL grundsätzlich abzulehnen. Zeichne sich hingegen ab, daß eine vorgesehene Bauleitplanung Auswirkungen auf ein in Betracht kommendes Schutzgebiet haben kann, so ist der Schutzgebietscharakter zumindest in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen. 2. Ansicht des BVerwG Eine entgegengesetzte Argumentation ist insbesondere vom BVerwG 3 5 1 in zwei Entscheidungen zur Ostsee-Autobahn A 20 (Südumfahrung der 349

Etwa von Stüber, NuR 1998, 531 (533); Schink, GewArch 1998, 41 (47). Spannowsky/Krämer, UPR 1998, 44 (46); Spannowsky, UPR 1998, 161 (168); Friege, in: Gronemeyer, BauGB, § la, Rn. 63; Schink, GewArch 1998, 41 (48) stellt den Behörden in diesem Fall die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung frei. 350

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 191 Stadt Lübeck) entwickelt worden. Das Gericht geht von der Überlegung aus, daß ein die Umsetzungsfrist mißachtender Mitgliedstaat keinen rechtlichen Vorteil aus diesem Umstand ziehen solle. In Ermangelung der fristgemäßen Zuleitung der nationalen Liste mit Gebietsvorschlägen könne die Kommission für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eine Auswahl der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nicht treffen. Der daran geknüpfte Schutz des Art. 4 Abs. 5 i.V.m. Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL könne daher nicht ausgelöst werden. An sich geeignete Gebiete, die die fachlichen Kriterien der Anhänge der FFH-RL aufweisen, verblieben einstweilen ohne den spezifischen Schutz des Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL. Hierbei auftretende Belastungen oder nicht zu revidierende Zerstörungen würden eine schwere Gefährdung der Zielsetzung der FFH-RL bedeuten. Wegen der Nichterfüllung der von den Mitgliedstaaten selbst eingegangenen Umsetzungsverpflichtung dürfe die Geltung des Schutzprogramms des Art. 6 Abs. 2-4 FFH-RL nicht von der zeitlichen Grenze des Art. 4 Abs. 5 FFH-RL abhängig gemacht werden. Vielmehr sei in Anlehnung an die EuGH-Rechtsprechung im Santona-Urteil von der Anerkennung potentieller Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung unter drei Voraussetzungen auszugehen: Zunächst müssen für ein Gebiet die sachlichen Kriterien des Art. 4 Abs. 1 FFH-RL erfüllt sein. Desweiteren muß sich die Aufnahme des Gebiets in ein kohärentes Netz mit anderen Gebieten aufdrängen. Schließlich wird verlangt, daß der Mitgliedstaat die FFH-RL noch nicht vollständig umgesetzt hat352. Soweit danach ein potentielles Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung vorliegt, gilt Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL unmittelbar und verlangt - auch bei Bauleitplänen - die Verträglichkeitsprüfung. Diesem U r t e i l 3 5 3 ist entgegengehalten worden, daß bei einem potentiellen Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung die Erhaltungsziele des Gebietes noch nicht festgelegt seien, mithin der Bezugspunkt der Verträglichkeitsprüfung fehle 3 5 4 . Die Planungsbehörde müsse die Erhaltungsziele selbst definieren und anhand derer untersuchen, ob eine erhebliche Beeinträchtigung durch das Projekt droht. Eine gerichtliche Bestätigung dieser Erhaltungsziele sei jedoch völlig offen 3 5 5 . Desweiteren habe das BVerwG das Modell der potentiellen FFH-Gebiete erfunden, ohne sicherstellen zu können, daß anwendbare, subsumtionsfähige Richtlinien-Vorschriften für dieses Modell bereitstehen 356 . Hingewiesen wurde zudem auf das bei der FFH-RL 351

BVerwG, Beschl. v. 21.1.1998, NVwZ 1998, 616 und Urt. v. 19.5.1998, NVwZ 1998, 961. 352 BVerwG, NVwZ 1998, 616 (622) und NVwZ 1998, 961 (967). 353 BVerwG, NVwZ 1998, 961. 354 Zeichner, NVwZ 1999, 32 (34); Murswiek, JuS 1999, 301 (303). 355 Zeichner, NVwZ 1999, 32 (34).

1 9 2 . Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung bestehende doppelte Umsetzungserfordernis. So sei neben der Umsetzung in nationales Recht auch die Zusammenstellung von Gebietsvorschlägen und deren Koordinierung mit den gemeinschaftlichen Vorstellungen vorzunehmen. Dieses als zweite Umsetzungsebene bezeichnete Handeln im exekutivischen Bereich sei im Vergleich zur Vogelschutz-RL neu und lasse die Anerkennung potentieller FFH-Gebiete nicht z u 3 5 7 . Insgesamt, so wird resümiert, würden durch das Urteil des BVerwG erhebliche Planungsunsicherheiten entstehen 358 . 3. Stellungnahme Die Argumentation des BVerwG gründet auf dem gemeinschaftsrechtlichen Auslegungsgrundsatz der praktischen Wirksamkeit der Richtlinienbestimmungen (effet utile). Sie bindet die Mitgliedstaaten an die von ihnen eingegangene Umsetzungsverpflichtung. Diese ist Vertragsverpflichtung, die gesetzlichen Ausdruck in den Art. 10 und Art. 249 Abs. 3 EGV gefunden hat. Der Ansicht des BVerwG ist deshalb zu folgen. Diese Argumentation ist im Schrifttum auf Zustimmung gestoßen 359 . Außerdem ist der Anwendungsbereich des von der überwiegenden Literaturmeinung angeführten Konzertierungsverfahrens nach Art. 5 FFH-RL zu beachten. Erfaßt werden hiervon nicht alle in Betracht kommenden Gebiete. Angeordnet ist das Verfahren nur für Gebiete mit einem prioritären natürlichen Lebensraum oder einer prioritären Art. Wegen dieser Einschränkung können aus der Existenz des Art. 5 FFH-RL nicht die aufgeführten generellen Folgerungen gezogen werden. Da es potentielle Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung gibt, gilt Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL unmittelbar. Unter der Voraussetzung, daß Bauleitpläne diese Gebiete erheblich beeinträchtigen können, besteht die Pflicht der Verträglichkeitsprüfüng. Der Beginn dieser Verpflichtung ist jedoch anders als bei den ausgewiesenen und potentiellen Vogelschutzgebieten zu bestimmen. Zwar lief die Umsetzungsfrist für die FFH-RL am 5.6.1994 ab. Die nationale Liste mit den Gebietsvorschlägen sollte gemäß Art. 4 Abs. 1 UAbs. 2 FFH-RL binnen drei Jahren nach der Bekanntgabe der FFH-RL, d.h. bis zum 5.6.1995, der Kommission zugeleitet werden. Genau dies unterlassen zu haben, wird den Mitgliedstaaten zum Vorwurf gemacht. Da 356

Zeichner, NVwZ 1999, 32 (35). Wahl, in: FS für Blümel, 1999, S. 617 (642 f.). 358 Zeichnen NVwZ 1999, 32 (35). 359 Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (75); Louis, DÖV 1999, 374 (376); Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1075); Iven, UPR 1998, 361 (364); Niederstadt, NuR 1998, 515 (521 f.); Polenz-v. Hahn, VB1BW 1998, 210 (212); Czybulka, Jb. UTR 36 (1996), 235 (259). 357

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 193 die Konstruktion der unmittelbaren Wirkung die Rechtslage herstellen will, die bei ordnungsgemäßer Umsetzung bestanden hätte, muß hier auf den 5.6.1995 abgestellt werden. Erst zu diesem Zeitpunkt war festzustellen, daß eine Übersendung der Gebietsvorschläge verspätet erfolgen würde. Die Pflicht, die Verträglichkeitsprüfung bei Bauleitplänen bezüglich der potentiellen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung durchzuführen, bestand damit ab dem 5.6.1995. V I . Ergebnis Die Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 u. 4 FFH-RL war aufgrund der unmittelbaren Wirkung dieser Vorschrift und Art. 7 FFH-RL bei allen Bauleitplänen vorzunehmen, die ausgewiesene und potentielle Vogelschutzgebiete ab dem 5.6.1994 und potentielle Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ab dem 5.6.1995 erheblich beeinträchtigen konnten. Inhaltlich war die Prüfung an die UVP anzulehnen und auf die Erhaltungsziele der FFH-RL auszurichten. Bei Bauleitplanungen, die die Voraussetzungen der Art. 6 Abs. 3 u. 4, 7 FFH-RL aufweisen, besteht insoweit eine Anpassungspflicht, deren Umfang jedoch durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip begrenzt werden muß. Abgeschlossene Bauleitplanungen müssen deswegen nicht insgesamt revidiert, sondern daraufhin überprüft werden, ob durch punktuelle Änderungen die Beeinträchtigung der genannten Gebiete reduziert werden kann.

E. Integration des EG-Naturschutzrechts in die Bauleitplanung ab 1998 Die Vorgaben des europäischen Naturschutzrechts sind in das einschlägige Fachgesetz, das BNatSchG, eingefügt worden. Dadurch wird das nationale Naturschutzrecht erheblich ausgebaut und erhält in Form des Schutzgebietssystems „Natura 2000" eine europäische Ausrichtung. Die Novellierung des BauGB 1998 nimmt sich dieser aktuellen Entwicklung an. M i t § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB wird die unter A.-C. vorab dargestellte Konzeption des europäischen Naturschutzrechts in dem Umfang in die bauleitplanerische Abwägung integriert, wie dessen Regelungen Einfluß auf die Aufstellung von Bauleitplänen nehmen können. Hierdurch wird das Verhältnis der Bauleitplanung zu den umweltrechtlichen Fachgesetzen verdeutlicht: Das Recht der Bauleitplanung bezieht als maßgebliches Planungsrecht die planungsrechtlich relevanten Kernaussagen des Umweltrechts mit e i n 3 6 0 .

360

BT-Drs. 13/6392, S. 36.

13 Schladebach

19

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Der Vorschrift liegt dabei eine differenzierte Systematik zugrunde. In der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB sind auch die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des BNatSchG zu berücksichtigen (§ l a Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB; 1. Berücksichtigungsform). Soweit diese Erhaltungsziele oder der Schutzzweck erheblich beeinträchtigt werden können, sind die Vorschriften des BNatSchG über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen sowie die Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden (Prüfung nach der FFH-Richtlinie), (§ l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS; 2. Berücksichtigungsform). Neben der Wirkungsweise beider Ebenen der Integrationsnorm bedürfen die konkreten Auswirkungen der Vorgaben des europäischen Naturschutzrechts auf die bauleitplanerische Abwägung näherer Betrachtung.

I. Erhaltungsziele oder Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete, § la Abs. 2 Nr. 4,1. HS BauGB Gemäß § l a Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB auch die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Sinne des BNatSchG zu berücksichtigen. 1. Anwendungsbereich Die Berücksichtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks der besonderen Schutzgebiete in der bauleitplanerischen Abwägung kommt naturgemäß nur dann in Betracht, wenn die aufzustellenden Bauleitpläne einen räumlichen Bezug zu den ausgewiesenen oder potentiellen Schutzgebieten aufweisen. Erfaßt davon werden Bauleitpläne, die ihren Geltungsbereich innerhalb oder außerhalb der Schutzgebiete haben. Diese Schutzrichtung des geänderten BNatSchG wirkt durch dessen Inbezugnahme auch hier. Allerdings bestehen hinsichtlich der Form der Berücksichtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks der besonderen Schutzgebiete in der Abwägung Besonderheiten. Im Gegensatz zu § l a Abs. 2 Nr. 3 und Nr. 4, 2. HS BauGB wird kein bestimmtes umweltrechtliches Prüfungsverfahren bei Vorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB integriert. Geregelt worden ist ein öffentlicher Belang, dessen Anwendungsbereich sich nicht ohne weiteres aus dem Wortlaut erschließen läßt. In systematischer Hinsicht erscheinen bei der Einordnung des § l a Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB zwei Deutungen denkbar:

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 195 1. Die Vorschrift könnte so verstanden werden, daß die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete bei jedweder Bauleitplanung zu berücksichtigen sind, die einen räumlichen Bezug zu einem Schutzgebiet aufweist. Der Wortlaut verlangt insbesondere nicht, daß die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck in einer bestimmten Weise beeinträchtigt werden müssen, um eine Abwägungsrelevanz zu begründen. Soweit sie durch Bauleitplanungen gefördert werden können, müssen entsprechende Möglichkeiten der Darstellung oder Festsetzung in der Abwägung berücksichtigt werden. Dieses Normverständnis würde von einer umfassenden Unterstützungsfunktion der Bauleitplanung für die Ziele und Zwecke des europäischen Naturschutzrechts ausgehen. 2. Der Anwendungsbereich der Regelung könnte sich jedoch auch aus dem Zusammenhang mit § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB ergeben. Darin wird für eine „erhebliche" Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks der besonderen Schutzgebiete die Durchführung der Prüfung nach der FFH-RL verlangt. Zu überlegen wäre, ob demzufolge für alle Beeinträchtigungen, die die Erheblichkeitsschwelle nicht überschreiten, § l a Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB heranzuziehen wäre. Die Halbsätze 1 und 2 würden demnach in einem Stufenverhältnis zueinander stehen, dessen Abgrenzung sich nach der „Erheblichkeit" der durch die Bauleitpläne verursachten Beeinträchtigungen richtet. Die Berücksichtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks in der Abwägung würde nicht für jedwede Bauleitplanung erforderlich werden. Vielmehr käme ein Einstellen in die Abwägung nur dann in Betracht, wenn ein bestimmtes Beeinträchtigungsniveau vorläge. Diese beiden Interpretationsmöglichkeiten lassen daher die Frage entstehen, ob § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB eine Beeinträchtigung von Erhaltungszielen oder Schutzzwecken verlangt oder nicht. Dem Normverständnis, daß unterhalb der Erheblichkeitsschwelle liegende Beeinträchtigungen Voraussetzung für die Anwendung des § l a Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB sind, steht der Wortlaut entgegen. Er knüpft nicht an Beeinträchtigungen an und stellt die von § l a Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB geforderte Berücksichtigung der Erhaltungsziele und Schutzzwecke nicht unter einen entsprechenden Vorbehalt. Auch die maßgeblichen Gesetzgebungsunterlagen 361 enthalten keinen Anhaltspunkt dafür, daß entgegen des Wortlauts der Vorschrift ein bestimmtes Beeinträchtigungsniveau für die Anwendung der Regelung erforderlich ist. ist

Nationales Recht, das in Umsetzung europäischen Rechts erlassen wurde, richtlinienkonform auszulegen. Interpretationshinweise könnten daher

361

13

BT-Drs. 13/6392, S. 43; BT-Drs. 13/7589, S. 13.

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

ebenfalls aus Art. 6 Abs. 3 FFH-RL folgen. Aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFHRL ergibt sich jedoch lediglich die Verpflichtung, bei erheblicher Beeinträchtigungsfähigkeit von Plänen und Projekten die Prüfung nach der FFHRL vorzunehmen. Über die Einbeziehung der Erhaltungsziele und Schutzzwecke in die Bauleitplanung als generelle Orientierungskriterien findet sich nichts. Ausgeschlossen ist das durch die fehlende Erwähnung in der FFH-RL indessen nicht. Denn die Richtlinienvorgaben (Prüfung nach der FFH-RL) stellen nur Mindestvorgaben dar. Die Mitgliedstaaten können aufgrund des Art. 176 EGV strengere Umweltschutzmaßnahmen festlegen. Danach ist zu konstatieren, daß für die Anwendung des § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB ein bestimmtes Beeinträchtigungsniveau keine Voraussetzung ist. Die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck sind bei der Bauleitplanung also generell zu berücksichtigen. Notwendig ist allerdings der räumliche Bezug des jeweiligen Bauleitplans zu einem Schutzgebiet. Daneben wird eine weitere Eingrenzung vorgenommen. Die aufzustellenden Bauleitpläne sollen nach Möglichkeit einen Beitrag zur Förderung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks der besonderen Schutzgebiete leisten. Dies setzt nicht nur eine räumliche Nähe der Bauleitpläne zu den Flächen voraus. Außerdem müssen die Bauleitpläne von ihrem Inhalt geeignet sein, derart Einfluß auf die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck nehmen zu können, daß durch die beabsichtigten Darstellungen oder Festsetzungen eine Unterstützung und Förderung dieser Ziele und Zwecke ermöglicht wird. Nach übereinstimmender Ansicht 3 6 2 dient § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB ausschließlich der Unterstützung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks. Nur soweit diesbezüglich eine Unterstützung mittels Darstellungen oder Festsetzungen des Bauleitplans möglich erscheint, hat eine Berücksichtigung durch ein Einstellen in die Abwägung stattzufinden. Die Berücksichtigungsfahigkeit folgt aus dem Unterstützungspotential des jeweiligen Bauleitplans. Die Einschätzung über letzteres obliegt allein der Gemeinde. Der § l a Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB läßt sich demnach wie folgt systematisch einordnen: Die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks besonderer Schutzgebiete verlangt die Durchführung der Prüfung nach der FFH-RL. Für alle anderen Fallgestaltungen sind die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen, soweit sie durch entsprechende Darstellungen oder Festsetzungen des konkreten Bauleitplans unterstützt werden können 3 6 3 . 362

Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. 114b; Erbguth, VR 1999, 119 (124); ders. y Grundfragen des neugefaßten Städtebaurechts, Rostocker Umweltrechtstag 1998, Thesenpapier, These 6; Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 133; Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (83); ders., DVB1. 1998, 433 (438); Wagner, UPR 1997, 387 (394); Wagner/Mitschang, DVB1. 1997, 1137 (1144).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 197 2. Inhalt und Festlegung Unter Erhaltungszielen wird die Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in den Anhängen I und I I der FFH-RL und der in Anhang I und Art. 4 Abs. 2 Vogelschutz-RL aufgeführten Lebensräume und Arten verstanden (§ 19a Abs. 2 Nr. 7 BNatSchG). Inhalt dieses Begriffs sind damit die grundsätzlichen Ziele der FFH- und der Vogelschutz-RL (Art. 2 Abs. 1 u. 2 FFH-RL, Art. 2 Vogelschutz-RL). Dagegen knüpft der Terminus des Schutzzwecks an den Akt der Unterschutzstellung eines besonderen Schutzgebiets an. Der Schutzzweck wird gemäß § 19b Abs. 3 Satz 1 BNatSchG durch die Erklärung zum Schutzgebiet bestimmt. Er beantwortet die Frage, warum die bezeichnete Fläche unter Schutz gestellt und bestimmten Erhaltungsmaßnahmen unterzogen w i r d 3 6 4 . Dies regelt zumeist eine Schutzgebietsverordnung. Im Verhältnis zueinander ist festzustellen, daß beide Begriffe miteinander in Verbindung stehen. Dabei ist der Begriff des Schutzzwecks der engere. Er konkretisiert in rechtsverbindlicher Weise und gebietsspezifisch die allgemeinen Richtlinienziele der Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands bestimmter Lebensräume oder Arten (§ 19b Abs. 3 Satz 1 BNatSchG). In der Schutzgebietserklärung ist unter Berücksichtigung der Gegebenheiten und Charakteristika festzulegen, ob die jeweilige Einrichtung des Schutzgebiets mehr der Erhaltung oder mehr der Wiederherstellung eines günstigen Zustands dient. Außerdem soll nach § 19b Abs. 3 Satz 2 BNatSchG dargestellt werden, ob prioritäre Biotope oder prioritäre Arten zu schützen sind. Generell bedarf der Klärung, bezüglich welcher Lebensräume oder Arten die Ausweisung erfolgt. Somit ist der Schutzzweck die rechtsverbindliche, gebietsspezifische Konkretisierung der Erhaltungsziele. Er wird durch die Schutzgebietserklärung im Sinne des § 19b Abs. 3 Satz 1 BNatSchG, der die allgemeine Regelung des § 12 Abs. 2 BNatSchG verdrängt, festgelegt. 3. Bedeutung für die Abwägung Wie dargestellt sind die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete nur dann in die bauleitplanerische Abwägung einzustellen, wenn sie durch Darstellungen oder Festsetzungen des Bauleitplans unterstützt werden können. Ist eine solche Eignung des Bauleitplans durch die Gemeinde festgestellt worden, ergibt sich nach dem Einstellen in die Abwägung - wie schon bei einem negativen UVP-Ergebnis i m Sinne von 363 In diesem Sinne auch Mitschang, WiVerw 1999, 54 (67); Schink, BauR 1998, 1163 (1173). 364 J. Schmidt-Ränscli, in: Gassner u.a., BNatSchG, § 12, Rn. 16.

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

§ la Abs. 2 Nr. 3 BauGB - die Frage, welchen Stellenwert die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck dort beanspruchen. So könnte überlegt werden, ob nicht durch die von der Gemeinde getroffene Prognose einer möglichen Unterstützung und einer nachfolgenden Einstellung in die Abwägung bereits eine Vorentscheidung für diese gefallen ist. Wenn die Unterstützungsfunktion durch Bauleitplanung erfüllt werden könnte, solle sie sich auch durchsetzen. Insoweit wäre von einem Vorrang auszugehen. Für eine derartige Sichtweise lassen sich indessen im Gesetzeswortlaut keine Anhaltspunkte finden. Die einleitende Formulierung des § la Abs. 2 BauGB „in der Abwägung sind auch zu berücksichtigen" ordnet für die Belange des § l a Abs. 2 BauGB eine Gleichrangigkeit zu anderen privaten oder öffentlichen Belangen des § 1 Abs. 5 BauGB in der bauleitplanerischen Abwägung a n 3 6 5 . Weder abstrakt noch durch die in § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB erfolgte konkrete Aufnahme kommt diesem Umweltbelang ein Vorrang zu. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Staatszielbestimmung des Art. 20a GG. Zwar bilde diese eine wertentscheidende Grundsatznorm der Verfassung, die beispielsweise bei der Auslegung gesetzlicher Ermächtigungen mit unbestimmten Rechtsbegriffen zu beachten sei 3 6 6 . Jedoch begründet Art. 20a GG keinen auch nur begrenzten abstrakten Vorrang von Umweltbelangen in der bauleitplanerischen Abwägung 3 6 7 . Die Gewichtigkeit eines planungsrechtlichen Belangs im Verhältnis zu anderen ergibt sich aus seiner sachlichen Bedeutung in der konkreten Planungssituation. Demnach können die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete nur aufgrund der Umstände des Einzelfalls einen Vorrang beanspruchen. Ansonsten bleiben sie abwägungsdirigiert 368 . 4. Verwirklichung im Bauleitplan Setzen sich in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete wegen der spezifischen Gegebenheiten der Planungssituation durch, fragt sich, mit Hilfe

365 Spannowsky/Krämer, UPR 1998,44 (45); Κ Wagner, BayVBl. 1998, 161 (162); Stiier, DVB1. 1997, 1201 (1203). 366 Schink, DÖV 1997, 221 (228); Kloepfer, DVB1. 1996, 73 (75); Murswiek, NVwZ 1996, 222 (229); siehe auch BVerwG, NJW 1995, 2648 (2649); Schütz, JuS 1996, 498 (503). 367 W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 12. 368 So nunmehr auch Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, 173 (176).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 19 welcher Darstellungen oder Festsetzungen die beabsichtigte Unterstützung im Bauleitplan bewirkt werden kann. Dafür bieten sich Ausgleichsmaßnahmen an, die auf der Grundlage der Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung im Bauplanungsrecht getroffen werden 3 6 9 . Sie können einen Beitrag zur Ergänzung des europaweiten Schutzgebietssystems „Natura 2000" leisten. In Form bauleitplanerisch festgelegter Ausgleichsflächen nebst Ausgleichsmaßnahmen nach § la Abs. 3 i . V . m . §§ 5 Abs. 2a, 9 Abs. l a BauGB können Schutzgebiete durch „Trittsteine" miteinander verbunden werden. Verstärkt wird dadurch die angestrebte Vernetzung der Gebiete, die insbesondere für ungestörte Wanderbewegungen vieler wildlebender Tierarten von Bedeutung ist. Denkbar ist außerdem, Ausgleichsflächen als unmittelbar angrenzende Pufferflächen für die besonderen Schutzgebiete darzustellen. Damit wird zum einen eine Vergrößerung der geschützten Gebietsfläche erreicht. Zum anderen schützen derartige Pufferflächen das eigentliche Schutzgebiet vor den Auswirkungen heranrückender Bebauung. 5. Ergebnis § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB verdeutlicht in besonderer Weise, welche Zielsetzung das BauGB bezüglich des Umweltrechts verfolgt. Soweit Bauleitpläne zur Unterstützung von Zielen des europäischen Naturschutzrechts beitragen können, sind dessen Belange Gegenstand der bauleitplanerischen Abwägung. Der Bauleitplanung kommt insoweit eine dienende Funktion hinsichtlich der Anforderungen des europäischen Naturschutzrechts zu. Dadurch erfahren die ökologischen Belange in der Bauleitplanung eine erhebliche Stärkung.

II. Prüfung nach der FFH-Richtlinie, § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB Die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB darüber hinaus in einer 369

Hierzu und zum folgenden im Anschluß an den Ausschußbericht BT-Drs. 13/ 7589, S. 13 s. Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. 114b; Erbguth, VR 1999, 119 (124); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 39; ders., in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § la, Rn. 41; ders., in: Bielenberg/Krautzberger/Söfker, BauGB, Teil C, Rn. 30; ders., NuR 1998, 455 (456); Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, 1145 (1148); Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (83); ders., DVB1. 1998, 433 (438); Schink, VR 1998, 289 (290); ders., BauR 1998, 1163 (1173); Wagner, UPR 1997, 387 (394); Wagner/Mitschang, DVB1. 1997, 1137 (1144 f.); Mitschang, WiVerw 1999, 54 (68); ders., Raumplanung 1997, 206 (214); Schliepkorte, BBauBl 1997, 610 (616).

0

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

zweiten Konstellation zu berücksichtigen: Soweit diese erheblich beeinträchtigt werden können, sind die Vorschriften des BNatSchG über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen sowie die Einholung der Stellungnahme der Kommission anzuwenden (Prüfung nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie), § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB. Entsprechend des Charakters des Bauplanungsrechts als übergeordnetes und damit maßgebendes Planungsrecht verweist die Norm auf die Regelungen des BNatSchG. Dieses enthält mit den §§ 19d Satz 2, 19c BNatSchG die materiellen Vorschriften über die Prüfung nach der FFH-RL in der Bauleitplanung. 1. Vorfragen In begrifflicher und systematischer Hinsicht sind zwei Vorfragen zu klären. a) Begriffsklärung Mit Blick auf § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB ist festzustellen, daß der im Schrifttum zu dieser Norm überwiegend verwandte Begriff der „Verträglichkeitsprüfung" keinen Eingang in den Gesetzeswortlaut gefunden hat. Der BauROG-Gesetzgeber wählte statt dessen „Prüfung nach der FFHRichtlinie". Allein dieser Terminus gibt zutreffend wieder, in welchem Umfang dieses naturschutzrechtliche Prüfverfahren in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB integriert wird. Das einschlägige Schrifttum verwendet den durch Art. 6 Abs. 3, 4 FFHRL eingeführten Begriff „Verträglichkeitsprüfung" nicht einheitlich. Einige Autoren 3 7 0 verstehen darunter die Verträglichkeitsprüfung einschließlich der Ausnahmebestimmungen nach § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG. Andere Autor e n 3 7 1 trennen zwischen eigentlicher Verträglichkeitsprüfung (§ 19c Abs. 1, 2 BNatSchG) und den Ausnahmevorschriften (§ 19c Abs. 3, 4 BNatSchG). Zutreffend ist die zweite Sichtweise. Unter Verträglichkeitsprüfung ist nach dem insoweit klaren Wortlaut des Art. 6 Abs. 3, 4 FFH-RL bzw. § 19c BNatSchG lediglich die Prüfung selbst zu verstehen 372 . Die Ausnahmevorschriften sind davon begrifflich zu trennen und greifen erst ein, wenn die Verträglichkeitsprüfimg ein negatives Ergebnis erbracht hat.

370

Etwa Lüers, ThürVBl. 1999, 80 (83); ders., DVB1. 1998, 433 (438); Wagner/ Mitschang, DVB1. 1997, 1137 (1144). 371 Schink, BauR 1998, 1163 (1173); ders., GewArch 1998, 41 (49); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 176. 372 So auch AG FFH-Verträglichkeitsprüfung, NuL 1999, 65 (66, 72).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

1

Der Gesetzgeber des BauROG war sich dieses Bedeutungsunterschieds bewußt. Er vermied die Formulierung, daß die „Verträglichkeitsprüfung" in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigen ist. Dies wäre sachlich nicht zutreffend gewesen. Einzubeziehen ist nicht nur die Verträglichkeitsprüfung, sondern sind auch die Ausnahmevorschriften. Dementsprechend spricht § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB von „Vorschriften des BNatSchG über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen". Die Gesamtheit aus Verträglichkeitsprüfung und Ausnahmeregelungen wird als „Prüfung nach der FFH-Richtlinie" bezeichnet. Mit diesem Begriff sind beide Teilelemente des Prüfverfahrens in Bezug auf die Integration in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB sachlich richtig bezeichnet. Den nachfolgenden Ausführungen wird deshalb folgendes Begriffsverständnis zugrunde gelegt: Mit „Verträglichkeitsprüfung" ist ausschließlich die Prüfung selbst angesprochen. In die bauleitplanerische Abwägung ist hingegen die „Prüfung nach der FFH-Richtlinie" integriert, die aus Verträglichkeitsprüfung und den Ausnahmebestimmungen besteht. Ein abweichender Ansatz wird neuerdings von Gellermann 373 vertreten. Er führt an, daß die „Prüfung nach der FFH-Richtlinie" mit der Verträglichkeitsprüfung nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL, § 19c Abs. 1 BNatSchG nichts zu tun habe. An dieser Aussage ist zutreffend, daß die beiden Bezeichnungen inhaltlich nicht identisch sind. Unrichtig ist die Annahme jedoch deshalb, weil mit den „Vorschriften des BNatSchG über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen" auch die Verträglichkeitsprüfung gemeint ist. Denn sie ist Bestandteil der in Rede stehenden Frage, ob die beabsichtigte Bauleitplanung zulässig ist. Der Ansicht von Gellermann 374 kann somit nicht gefolgt werden.

b) Standort in der bauleitplanerischen

Abwägung

Die Prüfung nach der FFH-RL ist ein naturschutzrechtliches Prüfverfahren, mit dem ermittelt werden soll, ob Bauleitpläne zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebiets führen können. Untersucht werden damit die naturschutzrelevanten Aspekte des in Aufstellung befindlichen Bauleitplans. Verortet ist die Prüfung nach der FFH-RL daher auf der ersten Stufe 373

Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 134. Die Fragwürdigkeit dieser Sichtweise wird noch dadurch unterstrichen, daß sich auf S. 171 der Hinweis findet, die Verpflichtung zur Verträglichkeitsprüfung für Flächennutzungs- und Bebauungspläne lasse sich im Wege der Interpretation aus § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB entnehmen. Dann aber, so muß angemerkt werden, hat die dort genannte „Prüfung nach der FFH-Richtlinie" doch etwas mit der Verträglichkeitsprüfung zu tun. 374

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung des Abwägungsvorgangs, rials375.

der Zusammenstellung des Abwägungsmate-

2. Planungssituation Die Pflicht zur Durchführung der Verträglichkeitsprüfung folgt aus einer Prognose der planenden Gemeinde 376 . Das Erstellen der Prognose basiert seinerseits auf zwei Grundvoraussetzungen. Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials hat sich die Gemeinde zunächst zu vergegenwärtigen, ob der aufzustellende Bauleitplan einen räumlichen Bezug zu einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder einem Europäischen Vogelschutzgebiet aufweist. Betroffen hiervon sind sowohl ausgewiesene als auch potentielle Schutzgebiete. Wie ebenfalls bereits dargestellt muß sich der Geltungsbereich des Bauleitplans nicht notwendig auf das Schutzgebiet erstrecken. Zudem muß die Planung bereits ein bestimmtes Stadium erreicht haben. Der Planungswillen der Gemeinde muß sich soweit verfestigt haben, daß sich die beabsichtigten Darstellungen oder Festsetzungen deutlich abzeichnen. Zu verlangen ist, daß sich aus der anfänglichen Vielzahl öffentlicher und privater Belange die wesentlichen Planungsbelange schon zu einer klar konturierten Planungsaussage konkretisiert haben. Erforderlich ist demnach ein qualifiziertes Planungsstadium. Erst bei Vorliegen dieser beiden Voraussetzungen, des Schutzgebietsbezugs und des qualifizierten Planungsstadiums, kann die Gemeinde die ihr überantwortete Prognose abgeben. Sie hat zu entscheiden, ob entweder die im Flächennutzungsplan zu treffenden Darstellungen oder aber die im Bebauungsplan zu treffenden Festsetzungen die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete möglicherweise erheblich beeinträchtigen könnten. Diese Einschätzung kann nur dann in fundierter Weise erfolgen, wenn eine Ursache möglicher Beeinträchtigungen existiert. Die beabsichtigten Darstellungen oder Festsetzungen bilden diese Quelle von Beeinträchtigungen, denen das Schutzgebiet und seine Erhaltungsziele oder Schutzzwecke möglicherweise ausgesetzt sind. Wird eine solche Beeinträchtigungsmöglichkeit durch die aufzustellenden Bauleitpläne von der Gemeinde angenommen, ist es Aufgabe der daraufhin durchzuführenden Verträglichkeitsprüfung festzustellen, ob bei Inkrafttreten dieser Bauleitpläne erhebliche Beeinträchtigungen tatsächlich zu erwarten sind. 375

Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (76); Schink, GewArch 1998, 41 (48). So nun auch Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (179); s. auch die Erwägungen von Schink, GewArch 1998, 41 (48). 376

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 3. Prognose der Gemeinde Bei der Erstellung der Prognose durch die Gemeinde ist auf zwei Aspekte hinzuweisen. a) Möglichkeit

„erheblicher"

Beeinträchtigungen

Der Begriff der Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen besitzt keinen eigenen bauplanungsrechtlichen Gehalt. Vielmehr folgt aus der naturschutzrechtlichen Bezugnahme des § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB, daß es für den Begriffsinhalt allein auf die Sichtweise des BNatSchG ankommt. Danach ist die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen dann gegeben, wenn eine auf tatsächliche Anhaltspunkte gestützte Wahrscheinlichkeit besteht, daß der Bauleitplan zu negativen Auswirkungen von einigem Gewicht für ein besonderes Schutzgebiet führt 3 7 7 . b) Unbestimmter Rechtsbegriff

mit Beurteilungsspielraum?

Die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen durch den aufzustellenden Bauleitplan wird als unbestimmter Rechtsbegriff auf der Tatbestandsseite von § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB verwandt. Ausgehend von der dargestellten Begriffsdefinition ist er von der Gemeinde - gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Naturschutzsachverständigen - anzuwenden. Seine Anwendung ist in sachlicher und rechtlicher Hinsicht von den Gerichten voll überprüfbar. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, daß dieser unbestimmte Rechtsbegriff durch § la Abs. 2 BauGB der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB unterstellt ist. Die Planungsbelange des § 1 Abs. 5 BauGB sind ebenfalls Bestandteil der Abwägung und als unbestimmte Rechtsbegriffe vollumfänglich gerichtlicher Kontrolle zugänglich 378 . Jedoch könnte erwogen werden, ob ausnahmsweise ein unbestimmter Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum vorliegt, der gerichtlich nur beschränkt überprüfbar i s t 3 7 9 . Für diese Annahme würde sprechen, daß die von der Gemeinde zu erarbeitende Prognose durchaus unter die von der Rechtsprechung 380 entwickelten Fallgruppen „Entscheidungen wertender Art durch weisungsfreie Sachverständige" oder „Prognoseentscheidung e n " 3 8 1 zu subsumieren wäre. Bei der Anerkennung eines Beurteilungs377

Siehe oben S. 182. BVerwGE 34, 301 (308); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 91. 379 Ausführlich Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 161 ff.; OssenbühU in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 33 ff. 380 Zu ihr Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 35 ff.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 178 ff. 378

0

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

spielraums ist die gerichtliche Prüfung in Anlehnung an die Kontrollmaßstäbe bei Ermessensentscheidungen darauf beschränkt, ob die Verwaltung von einem zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen ist, die einschlägigen Verfahrensvorschriften und die allgemein gültigen Prüfungs- und Bewertungsmaßstäbe beachtet hat und sich nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen 382 . Da es „den" unbestimmten Rechtsbegriff mit Beurteilungsspielraum nicht g i b t 3 8 3 , kann eine Zuordnung zu einer der von der Rechtsprechung des BVerwG herausgearbeiteten Fallgruppen mit deren sachlichen Eigenheiten allein keine hinreichende Begründung eines Beurteilungsspielraums darstell e n 3 8 4 . Nach der Rechtsprechung der BVerfG kommt eine Einschränkung der gerichtlichen Überprüfbarkeit von Verwaltungsentscheidungen nur dann in Betracht, wenn unbestimmte Rechtsbegriffe wegen der hohen Komplexität und der besonderen Dynamik der geregelten Materie so vage und ihre Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig seien, daß die gerichtliche Kontrolle an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung stößt 3 8 5 . Die von der Gemeinde zu treffende Prognose, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebiets durch den jeweiligen Bauleitplan möglich sind, ist von den Gerichten nachvollziehbar. Sie können sich dafür sachverständiger Hilfe bedienen. Die Gemeinden besitzen diesbezüglich keine ausschließliche oder wenigstens hervorragende Sachkunde, die es gebieten würde, ihnen ein Letztentscheidungsrecht einzuräumen. Eine erhöhte Komplexität und Dynamik der betroffenen Materie sind ebenfalls nicht zu erkennen. Daher stoßen die Gerichte bei der Überprüfung nicht an die Funktionsgrenzen der Rechtsprechung, sondern sind zu einem rationalen Nachvollzug der Entscheidung durchaus in der Lage. Ein Beurteilungsspielraum ist deswegen abzulehnen. 4. Ablauf und Inhalt der Verträglichkeitsprüfung Liegt der in der bejahenden gemeindlichen Prognose bestehende Normtatbestand vor, ist in der Rechtsfolge von § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB die Prüfung nach der FFH-RL durchzuführen. Sie dient der Feststellung, ob bei Inkrafttreten des Bauleitplans tatsächlich erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks der besonderen Schutzgebiete 381 Instruktiv dazu Ossenbühl, in: Erichsen, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 10, Rn. 38 ff. 382 Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 40, Rn. 223; Pieroth/Kemm y JuS 1995, 780 (781). 383 Wahl, NVwZ 1991, 409. 384 Pieroth/Kemm,, JuS 1995, 780 (781). 385 BVerfGE 84, 34 (50); Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 7, Rn. 36.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung zu erwarten sind. Die Regelungen für die Anwendung der Prüfung nach der FFH-RL in der Bauleitplanung ergeben sich aus §§ 19d Satz 2, 19c BNatSchG. Allerdings bestehen Unklarheiten bei der Frage, wie ihr Ablauf ausgestaltet ist und welchen inhaltlichen Vorgaben sie zu genügen hat. Nach der Intention der FFH-RL soll die Verträglichkeitsprüfung eine formalisierte umfassende, systematische und frühzeitige Prüfung sein, die noch Einfluß auf die Planung nehmen kann 3 8 6 . Durch sie sind vor der Zulassung eines Bauleitplans die voraussehbaren Auswirkungen auf die Schutzgebietsziele sowie Möglichkeiten ihrer Minimierung zu ermitteln. a) Zuständigkeit Die Prüfung nach der FFH-RL ist in das Bauleitplanverfahren integriert. Daher ist die den Bauleitplan aufstellende Gemeinde nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB für ihre Durchführung zuständig. Als ersten Teil der Prüfung nach der FFH-RL hat sie die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c Abs. 1 BNatSchG vorzunehmen 387 . Welche Verfahrensschritte dabei im einzelnen zu durchlaufen sind, bedarf näherer Untersuchung. Hingewiesen wird darauf, daß die Verträglichkeitsprüfung nicht als eigene Verfahrensprüfung ausgestaltet, sondern in das ohnehin erforderliche Genehmigungs- bzw. Anzeigeverfahren zu integrieren i s t 3 8 8 . Diese generelle Voraussetzung liegt durch die Einbeziehung in das Planaufstellungsverfahren vor. Das enthebt jedoch nicht davon, nach grundsätzlichen Prüfungsschritten zu fragen, deren Einhaltung jedes Genehmigungsverfahren sicherzustellen hat. b) § 19c BNatSchG § 19c BNatSchG benennt nur wenige Kriterien, an denen die Verträglichkeitsprüfung auszurichten ist. So bestimmt § 19c Abs. 1 Satz 2 BNatSchG, daß der Maßstab für die Verträglichkeit dem Schutzzweck und der zu seiner Festlegung erlassenen Schutzgebietsverordnung zu entnehmen ist. Prüfungsgegenstand sind gemäß § 19c Abs. 2 BNatSchG die für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Gebietsbestandteile. Weitere inhaltliche oder verfahrensrechtliche Anhaltspunkte fehlen.

386 Iven, UPR 1998, 361 (364); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (213). 387 So auch W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 129; Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 179; Schink, GewArch 1998, 41 (53); ders., BauR 1998, 1163 (1175). 388 Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (74); Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (28); Louis, DÖV 1999, 374 (379); Otto/Krakies, NJ 1998, 579 (581).

0

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Dieser Umstand könnte seinen Grund in der kompetenziellen Einordnung des BNatSchG haben. Als Rahmengesetz überläßt es die genauere Ausgestaltung des Naturschutzrechts in weiten Teilen den zur Gesetzgebung befugten Ländern. Dementsprechend regelt § 19a Abs. 1 Satz 2 BNatSchG, daß die Länder den Verpflichtungen der FFH- und der Vogelschutz-RL insbesondere durch den Erlaß von Vorschriften nach Maßgabe des § 19c BNatSchG nachkommen. Den Ländern fällt somit die Aufgabe zu, inhaltliche Vorgaben für den Ablauf der Verträglichkeitsprüfung festzulegen. Allerdings gilt dies nicht, soweit das BNatSchG selbst unmittelbar geltende Regelungen enthält. Aufgrund des § 4 Satz 3 BNatSchG sind die §§ 19d Satz 2, 19c Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 bis 5 BNatSchG unmittelbar geltendes Bundesrecht. Damit sind hinsichtlich der Verträglichkeitsprüfung in der Bauleitplanung die Regelungen des § 19c BNatSchG direkt anzuwenden 389 . Eine Überantwortung der inhaltlichen Ausgestaltung an die Länder scheidet insoweit aus. c) Entsprechende Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffs rege lung Wegen der fehlenden Vorgaben für den Ablauf der Verträglichkeitsprüfung ist erwogen worden, dieselbe in der Bauleitplanung nach den Grundsätzen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung durchzuführen 390 . Zwar stellen Bauleitpläne selbst keinen Eingriff im Sinne von Realakten dar. Sie können aber Eingriffe vorbereiten, weil sie die planungsrechtliche Grundlage für die Vorhaben und damit die Eingriffe schaffen. Dies könnte dafür sprechen, bei Bauleitplänen, die ein Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen können, die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung als Verfahrensregel u n g 3 9 1 entsprechend anzuwenden. Dieser Vorgehensweise wurde entgegengehalten, daß die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht die Rechtsfolge der Unzulässigkeit des Vorhabens enthalte 392 . Außerdem ist das System der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen unterschiedlich gestaltet 393 . Die Ausgleichsmaßnahmen 389

(16).

390

Müller-Terpitz,

NVwZ 1999, 26 (30); Stemmler, BBauBl 1998, H. 8, S. 13

Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (76); Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, 173 (176 f.); Schink, GewArch 1998, 41 (48); ders., BauR 1998, 1163 (1173); Hoppe/ Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 64; Mitschang, Raumplanung 1997, 206 (215). 391 Zu ihr Kuschnerus, NVwZ 1996, 235 ff.; Steinforth VerwArch. 86 (1995), 107 ff. 392 Niederstadt, NuR 1998, 515 (523). 393 Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (179); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 72; Polenz-v. Hahn, VB1BW 1998, 210 (211 f.); Ssymank, NuL 1994, 395 (398).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung nach § 19c Abs. 5 BNatSchG dienen der Wiederherstellung der Kohärenz des Schutzgebietsnetzes „Natura 2000". Diese europarechtlichen Zielsetzungen haben die Ausgleichsmaßnahmen der Eingriffsregelung nach § la Abs. 3 BauGB nicht. Aus diesen Gründen ist die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung ebenfalls ungeeignet, durch ihre entsprechende Anwendung als Ersatzkonzept für das Verfahren der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG herangezogen zu werden 3 9 4 . d) Entsprechende Anwendung der UVP Darüber hinaus wird diskutiert, ob die Regelungen der UVP diesbezüglich entsprechend angewendet werden können. Dem liegt die Überlegung zugrunde, daß die UVP ein klar strukturiertes Prüfverfahren bietet und ebenso der frühzeitigen Abschätzung dient, welches Umweltrisiko die Verwirklichung eines bestimmten Vorhabens birgt. Im Vordergrund steht dabei die Frage, inwieweit sich UVP und Verträglichkeitsprüfung nach § 19c Abs. 1 BNatSchG aufgrund der jeweiligen Zielsetzung der Richtlinien unterscheiden. Außerdem wird unter dem Aspekt der Prüfungsrationalität problematisiert, wie UVP und die FFH-Verträglichkeitsprüfung aufeinander abgestimmt werden können. aa) Unterschied zwischen den Prüfungsverfahren Hinsichtlich der in Rede stehenden Vergleichbarkeit beider Prüfungsverfahren fallen im wesentlichen vier Unterschiede auf 3 9 5 . Was die inhaltliche Reichweite angeht, erfolgt die UVP medienübergreifend (§ 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG) und schließt die Beachtung von Wechselwirkungen mit ein. Dagegen beinhaltet die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG ein Vorgehen, das allein auf die für das Schutzgebiet festgelegten .Erhaltungsziele gerichtet ist. Zwar ist die Prüfung nicht einmedial angelegt, wie teilweise angenommen w i r d 3 9 6 . Jedoch beschränkt sich ihr Untersuchungsumfang auf die natürlichen Gegebenheiten eines bestimmten Ökosystems. Zu begutachten sind dort aber sämtliche den Lebensraum charakterisierende Medien 3 9 7 . Inhaltlich reicht die UVP demnach weiter. 394

Niederstadt, NuR 1998, 515 (523); Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (179); AG FFH-Verträglichkeitsprüfung, NuL 1999, 65 (67). 395 Dazu Rödiger-Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 118 ff.; Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (457). 396 Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (457). 397 Niederstadt, NuR 1998, 515 (523); zu den unterschiedlichen Medien auch Rödiger-Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 119.

0

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Ungeachtet der in die Prüfung einzubeziehenden Medien ist die UVP projektbezogen, die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG hingegen gebietsbezogen konzipiert. Die UVP ist für alle im Anhang zu § 3 UVPG enumerativ aufgeführten Vorhaben durchzuführen. Im Gegensatz dazu kommt es für die Anwendung der Verträglichkeitsprüfung ausschließlich darauf an, ob Pläne oder Projekte zu einer erheblichen Beeinträchtigung von Schutzgebieten führen können. Eine Beschränkung auf bestimmte Vorhaben, wie es das UVPG vorsieht, widerspräche der Zielsetzung der FFH-RL398. Weitere Unterschiede bestehen im Verfahren. Bei der UVP sind neben den beizubringenden Unterlagen des Projektträgers auch eine Behördenund Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen. Demgegenüber sieht die FFHRL in Art. 6 Abs. 3 Satz 2 nur eine fakultative und überdies auf eine Anhörung beschränkte Öffentlichkeitsbeteiligung v o r 3 9 9 . Bei der Umsetzung der FFH-RL durch das 2. BNatSchÄndG wurde sogar auf eine diesbezügliche Regelung verzichtet. Die verfahrensmäßigen Anforderungen der Verträglichkeitsprüfung sind gegenüber denjenigen der UVP erheblich reduziert 400 . Schließlich differiert die Form der Berücksichtigung des Prüfungsergebnisses. Gemäß § 12 UVPG ist es bei der Zulassungsentscheidung lediglich zu berücksichtigen. Dagegen sieht § 19c Abs. 2 BNatSchG eine grundsätzliche Unzulässigkeit solcher Pläne oder Projekte vor, deren Ausführung Schutzgebiete erheblich beeinträchtigen kann. Die Rechtsfolgen eines negativen Prüfungsergebnisses sind bei der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG somit härter ausgestaltet 401 . Aus diesen Überlegungen ist zu Recht gefolgert worden, daß die Regelungen über die UVP nicht entsprechend auf die bisher nur lückenhaft normierte Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG angewendet werden können 4 0 2 .

398 399 400 401

(457).

Niederstadt, NuR 1998, 515 (522). Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (457). Iven, UPR 1998, 361 (364); Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (457). Niederstadt, NuR 1998, 515 (523); Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453

402 Thyssen, DVB1. 1998, 877 (880); Niederstadt, NuR 1998, 515 (523); Schink, GewArch 1998, 41 (48); AG FFH-Verträglichkeitsprüfung, NuL 1999, 65 (67); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 127; ders., NdsVBl. 1999, 173 (179 f.); Schmidt-Eichstädt, Städtebaurecht, S. 136; Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (457); Mitschang, Raumplanung 1997, 206 (215); Gellermann, NuR 1996, 548 (552); ders., Natura 2000, 1998, S. 64; a. A. Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (74); Iven, UPR 1998, 361 (364); ders., NuR 1996, 373 (378).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 209 bb) Kumulation der Prüfungsverfahren Unabhängig von der dargestellten Verschiedenheit beider Prüfungsverfahren sind jedoch Konstellationen denkbar, in denen Bauleitpläne aufgestellt werden, für die sowohl eine UVP als auch eine Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG durchzuführen ist. Die Erforderlichkeit einer UVP richtet sich danach, ob durch einen Bebauungsplan die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens der Anlage zu § 3 UVPG begründet werden soll. Besondere Beachtung verdient dabei die neu eingefügte Nr. 19 der Anlage, die den Ländern diesbezüglich zusätzliche Normierungsmöglichkeiten eröffnet. Flächennutzungspläne sind keiner UVP zu unterziehen. Dies grenzt die Schnittmenge der Bauleitpläne, bei denen beide umweltrechtlichen Prüfungen vorzunehmen sind, erheblich ein. Inhalt der Schnittmenge sind demnach nur Bebauungspläne. Für sie ist die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG dann anzuwenden, wenn sie ein besonderes Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen können. Für derartige Fallgestaltungen ist anerkannt, daß die Durchführung beider Prüfungsverfahren entbehrlich ist. Soweit der Bebauungsplan einer UVPPflicht unterliegt, muß keine gesonderte Verträglichkeitspriifüng nach § 19c BNatSchG stattfinden 403 . Sie ist vielmehr in die UVP zu integrieren. Dabei ist jedoch sicherzustellen, daß die Auswirkungen eines Bebauungsplans auf die Erhaltungsziele der Schutzgebiete entsprechend den Vorgaben der FFHRL geprüft werden. Um den unterschiedlichen Prüfungsinhalten Rechnung zu tragen, ist die UVP in diesen Fällen um eine Prüfung des Bebauungsplans auf Schutzzielkonformität zu ergänzen 404 . Soweit der Eintritt erheblicher Beeinträchtigungen bei Ausführung des Bebauungsplans zu erwarten ist, setzt sich die strengere Rechtsfolge der Verträglichkeitsprüfung, d.h. grundsätzliche Unzulässigkeit des Bebauungsplans gemäß § 19c Abs. 2 BNatSchG, durch. e) Eigener Vorschlag Trotzdem ist die Zahl der Konstellationen, in denen die UVP mit ihren verfahrensrechtlichen Anforderungen eine „Trägerfunktion" für die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG übernehmen kann, sehr begrenzt. Sie reicht nicht über den Umfang der durch Bebauungsplan festgesetzten Vorhaben der Anlage zu § 3 UVPG hinaus. Deswegen ist es erforderlich, 403

Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (28); Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (180); Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, 173 (176); Schink, GewArch 1998, 41 (48); Thyssen, DVB1. 1998, 877 (880); Iven, UPR 1998, 361 (364); Otto/Krakies, NJ 1998, 579 (581); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (213 f.); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 64; ders., NuR 1996, 548 (552). 404 Ebenda. 14 Schladebach

10 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung für alle anderen Fälle ein Verfahren zur Durchführung der Verträglichkeitsprüfiing zu erarbeiten. Dies ist insbesondere für die Bauleitplanung von großer praktischer Bedeutung, weil die Verträglichkeitsprüfung hier nach §§ 19d Satz 2, 19c i . V . m . 4 Satz 3 BNatSchG als unmittelbar geltendes Bundesrecht direkt anzuwenden ist. Der landesrechtlichen Ausgestaltung des Verfahrens bedarf es für die Anwendung der Prüfung in der Bauleitplanung deshalb nicht mehr. Nachfolgend soll für den Ablauf der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG ein eigener Vorschlag unterbreitet werden. aa) Qualifizierte Schutzgebietserklärung Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung sind nach § 19c Abs. 1 BNatSchG die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete. Es kommt zunächst darauf an, den für das Schutzgebiet festgelegten Schutzzweck klar und umfassend in der Schutzgebietserklärung zu bezeichnen 405 . Dies wird durch § 19b Abs. 3 BNatSchG gewährleistet. Daneben ist entweder in der Erklärung selbst oder einer Anlage die aktuelle ökologische Beschaffenheit des gesamten Schutzgebiets zu dokumentieren. Da die Verträglichkeitsprüfung der Feststellung und Beurteilung einer bestimmten Entwicklung dient, kann so ein hierfür erforderlicher Ausgangszustand erfaßt werden. M i t seiner Hilfe wird ein Vergleich und nachfolgend die Ableitung einer Entwicklung ermöglicht. Soweit eine entsprechende Schutzgebietserklärung noch nicht vorliegt, sind die erforderlichen Informationen für die bereits gemeldeten Gebiete aus dem sogenannten Standard-Datenbogen 406 zu entnehmen. Liegt ein solcher für das Gebiet noch nicht vor, müssen die Erhaltungsziele durch Auslegung der BNatSchG-Vorschriften ermittelt werden 4 0 7 . bb) Aufnahme des ökologischen Anfangszustands Anschließend ist von der Gemeinde ein Naturschutzsachverständiger zu beauftragen. Er hat anhand der unter (aa) aufgeführten Unterlagen zu ermitteln, ob bei der Planungsverwirklichung negative Auswirkungen i m Schutzgebiet auftreten würden. In einem ersten Schritt hat er dazu den vorhandenen Artenbestand und den ökologischen Zustand der natürlichen Lebens405

Darauf weist auch Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (214) hin; zur Festlegung des Schutzzwecks in der Schutzgebietserklärung J.Schmidt-Ränschy in: Gassner u.a., BNatSchG, § 12, Rn. 16. 406 AB1.EG Nr. L 107 vom 14.4.1997, S. 1 ff. 407 Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (74).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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räume aufzunehmen. Der Ermittlungsumfang unterscheidet sich von der unter (aa) geforderten Dokumentation der ökologischen Beschaffenheit. Diese bezieht sich auf das gesamte Schutzgebiet und wird von der zuständigen Naturschutzbehörde vorgenommen. Im Gegensatz dazu beschränkt sich die Untersuchung des Sachverständigen auf die maßgeblichen Gebietsbestandteile. Denn nur sie sind für die Rechtsfolgen der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c Abs. 2 BNatSchG von Bedeutung. Die ökologische Analyse des gesamten Schutzgebiets soll der Bereitstellung eines Grundbestands von Daten dienen, aus der dann die nach Ansicht des Sachverständigen maßgeblichen Gebietsbestandteile herausgelöst und in ihren Spezifika erfaßt werden. Durch sie wird Zustand 1 beschrieben. cc) Ermittlung des ökologischen Zustands bei Planverwirklichung Sodann hat der Sachverständige in einem zweiten Schritt die Veränderungen zu ermitteln, die bei der Verwirklichung des Bauleitplans eintreten würden. Dieser Tätigkeit sind naturschutzfachliche und biologische Methoden und Erkenntnisse zugrunde zu legen 4 0 8 . Zu berücksichtigen sind dabei auch andere beabsichtigte oder bestehende Pläne oder Projekte. Dies ergibt sich daraus, daß bei der Feststellung erheblicher Beeinträchtigungen zudem mögliche KumulationsWirkungen (§ 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG) zu beachten sind. Der durch die (möglichen) Veränderungen herbeigeführte Zustand ist beschreibend festzuhalten. Er stellt den Zustand 2 dar. dd) Verschlechterungsbetrag Anschließend ist durch den Vergleich der Zustände 1 und 2 der Verschlechterungsbetrag zu ermitteln. In der Regel wird ein solcher Betrag tatsächlich festzustellen sein, da sich Planungen naturgemäß negativ auf die ökologische Situation eines Schutzgebiets auswirken. Doch allein aus der Existenz eines Verschlechterungsbetrags kann nicht auf den Eintritt erheblicher Beeinträchtigungen geschlossen werden. Da Maßstab der Verträglichkeitsprüfung der Schutzzweck des betreffenden Gebiets ist (§ 19c Abs. 1 Satz 2 BNatSchG), muß gerade dieser ermittelte Verschlechterungsbetrag vom festgelegten Schutzzweck erfaßt sein. Der Schutzzweck muß insbesondere auf die Vermeidung genau solcher Verschlechterungen gerichtet sein. Diese haben den Grund darzustellen, weswegen der Schutzzweck für das Gebiet festgelegt worden ist. Liegt diese Verknüpfung vor, sind erhebliche

408

Zu diesen Fragen aus fachlicher Sicht Kaiser, Aufbau und Inhalt einer FFHVerträglichkeitsstudie, Naturschutz und Landschaftsplanung 1998, 165 ff. 14

2

Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

Beeinträchtigungen durch den (Bauleit-) Plan zu erwarten und er ist für das Schutzgebiet unverträglich im Sinne von § 19c Abs. 2 BNatSchG. ee) Alternativen Bei der Verträglichkeitsprüfung sind von vornherein Alternativlösungen zu beachten und in die Überlegungen einzubeziehen 409 . Dies darf nicht erst dann geschehen, wenn die Unverträglichkeit eines Bauleitplans festgestellt wurde. Vielmehr muß in jeder Phase der Verträglichkeitsprüfung erwogen werden, ob Alternativlösungen denkbar und realisierbar wären. Nur so kann darauf hingewirkt werden, daß die Planungslösung nach Möglichkeit verträglich ausfällt, also gerade keine erheblichen Beeinträchtigungen verursacht. Der frühzeitigen Prüfung von Alternativen kommt insbesondere deshalb große Bedeutung zu, weil ihr Fehlen gemäß § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG anschließend für die Zulässigkeit unverträglicher Planungen eine Teilvoraussetzung ist. Die Aufgabe, Alternativlösungen einzubeziehen, fällt der Gemeinde in Kooperation mit dem Naturschutzsachverständigen zu. ff) Ergebnisbericht Die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG schließt mit einem vom Sachverständigen erstellten Bericht. In ihm sind die durchgeführten Arbeitsschritte zusammenzufassen. Außerdem hat der Bericht als Ergebnis die Frage zu beantworten, ob der (Bauleit-) Plan verträglich ist oder nicht410. Insoweit orientiert sich der unterbreitete Vorschlag 411 zur Durchführung der Verträglichkeitsprüfüng an dem von der UVP zur Verfügung gestellten verfahrensrechtlichen Rahmen der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung zu erwartender Umweltauswirkungen. Dieser Ansatz wird von Vertretern im Schrifttum ebenfalls für zulässig erachtet 412 . 409

Iven,, UPR 1998, 361 (364); dersNuR 1996, 373 (378); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (214); zur Alternativeneinbeziehung auch die Stellungnahmen der Kommission zur Ostseeautobahn A 20 ν. 27.4.1995, AB1.EG Nr. C 178, S. 3 und v. 18.12.1995, ABl.EG Nr. L 6, S. 14; ausführlich zur Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL jetzt Erbguth, DVB1. 1999, 588 ff. 410 So auch AG FFH-Verträglichkeitsprüfung, NuL 1999, 65 (70). 411 Siehe aus fachlicher Sicht auch AG FFH-Verträglichkeitsprüfung, NuL 1999, 65 (69 ff.); s. femer auch den skizzenartigen Vorschlag von Rödiger-Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 121 sowie die allgemeinen Erwägungen von Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 172 ff. 412 Niederstadt, NuR 1998, 515 (523).

. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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5. Auswirkungen des Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung auf die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB Das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG kann positiv oder negativ ausfallen. Soweit erhebliche Beeinträchtigungen durch den Bauleitplan nicht zu befürchten sind, gilt die Planung insoweit als verträglich. Das Prüfungsergebnis ist demnach positiv für das Schutzgebiet. Andernfalls ist das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung als negativ einzustufen. Beide Konstellationen haben unterschiedliche Auswirkungen auf die bauleitplanerische Abwägung.

a) Positives Ergebnis Ein positives Prüfungsergebnis ist als öffentlicher Belang in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzustellen. Ein erhöhtes Gewicht kommt ihm dabei nicht zu. Festgestellt worden ist durch die Prüfung, daß der aufzustellende Bauleitplan den Schutzzweck des betroffenen Schutzgebiets nicht erheblich beeinträchtigt. Für das Planaufstellungsverfahren ist damit eine entscheidende Aussage getroffen: Der Planung stehen Belange des europäischen Naturschutzrechts nicht entgegen. Unter Bezugnahme auf den Wortlaut der FFH-RL ist die rechtliche Behandlung eines positiven Ergebnisses hinsichtlich des anschließenden Zulassungsverfahrens allerdings teilweise problematisiert worden 4 1 3 . Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL stimmen die zuständigen Behörden dem Bauleitplan nur zu, wenn sie festgestellt haben, daß das Gebiet als solches nicht beeinträchtigt wird. Da erst Art. 6 Abs. 4 FFH-RL die Folgen eines negativen Ergebnisses regelt, könnte die vorerwähnte Feststellung auch bei positivem Ergebnis zu treffen sein. Einem solchen Verständnis steht jedoch der Einwand der Schaffung einer zusätzlichen Verträglichkeitsprüfung minderer Intensität entgegen. Eingeführt würde ein weiteres Prüfungsverfahren auf einer anderen rechtlichen Ebene. Außerdem könnte es zu einer nachträglichen Relativierung des eigentlichen Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfling kommen. Eine erneute Prüfung „durch die Hintertür" ist gemeinschaftsrechtlich jedoch nicht gewollt 4 1 4 . Von diesem Ansatz geht auch der Bundesgesetzgeber aus. Eine Umsetzung dieser Richtlinienpassage ist im BNatSchG nicht erfolgt. Demzufolge ist das positive Prüfungsergebnis ohne weitere Beurteilung in die bauleitpla413

Epiney, UPR 1997, 303 (308). Epiney, UPR 1997, 303 (308) nimmt indes einen vom Prüfungsergebnis unabhängigen Gnindsatz an. 414

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

nerische Abwägung einzustellen. Dort unterliegt es den üblichen Abwägungsregeln. b) Negatives Ergebnis An ein negatives Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung sind weitreichende Rechtsfolgen für die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB geknüpft. Sie sind in ihrer umfangreichen Ausgestaltung nachfolgend gesondert darzustellen. 6. Rechtsfolgen eines negativen Prüfungsergebnisses für die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB Hat die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG zu einem negativen Ergebnis geführt, ist dieses ebenfalls als ein öffentlicher Belang in die bauleitplanerische Abwägung einzustellen. Wie bei einem negativen UVPErgebnis nach § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB ist auch hier zu fragen, ob ein negatives Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG dort einen Vorrang beansprucht oder den anderen öffentlichen und privaten Belangen gleichberechtigt gegenübersteht und gegebenenfalls in der Abwägung überwunden werden kann. a) Abwägungsdirigat

oder Planungsverbot

Das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung hat gemäß § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB in die Abwägung einzugehen. Hieraus könnte gefolgert werden, daß auch bei einem negativen Ergebnis ein Abwägungsvorbehalt besteht. Andere abwägungserhebliche Planungsbelange könnten sich aufgrund der speziellen Planungssituation gegen den konfligierenden Belang des europäischen Naturschutzrechts durchsetzen. Die durch die Prüfung festgestellte naturschutzrechtliche Unverträglichkeit der Planung wäre abwägungsüberwindbar. Diese Auffassung wird teilweise 4 1 5 tatsächlich vertreten. Umweltschützende Belange, einschließlich der Festlegungen der FFH-RL, hätten in der Bauleitplanung keinen absoluten oder relativen Vorrang, sondern könnten durch andere überwiegende Belange überwunden werden. Belange des Natur- oder Umweltschutzes seien keine „roten Ampeln", die unter allen Umständen beachtet werden müssen. Vielmehr könnten auch sie in der Abwägung weggewogen werden. Ob eine derartige Sichtweise mit dem dem BauGB 1998 zugrunde liegenden Harmonisierungskonzept im Hinblick auf das europäische Naturschutz415

Stüer, DVB1. 1997, 1201 (1203).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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recht vereinbar ist, erscheint fraglich. Den Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen bildet § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB, der auf die Prüfung nach der FFH-Richtlinie (§ 19c BNatSchG) verweist. Zwar wird hierdurch gleichfalls ein bestimmter, für die Abwägung beachtlicher umweltrechtlicher Belang konkretisiert. Jedoch stellt die Vorschrift einen unbedingten Anwendungsbefehl hinsichtlich der §§ 19a ff. BNatSchG auf. Dieser Befehl beschränkt sich nicht nur auf die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung selbst. Vielmehr sind die entsprechenden Vorschriften des BNatSchG über die Zulässigkeit oder Durchführung derartiger Eingriffe anzuwenden. Dies drückt die Bezeichnung „Prüfung nach der FFH-Richtlinie" aus. Damit werden zugleich die Regelungen einbezogen, die die Rechtsfolgen der Verträglichkeitsprüfung betreffen. Sie beanspruchen auch in der Abwägung Geltung. Nach der Feststellung des negativen Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung ist daher ein rechtssystematischer „Weg zurück in die bauleitplanerische Abwägung" nicht möglich. §§ 19d Satz 2, 19c Abs. 2 BNatSchG ordnen für den Fall eines negativen Ergebnisses die naturschutzrechtliche Unzulässigkeit des Bauleitplans und damit ein grundsätzliches Planungsverbot 416 an. Erhebliche Beeinträchtigungen und damit unverträgliche Planungen sind allerdings unter den Voraussetzungen des § 19c Abs. 3 und 4 BNatSchG ausnahmsweise zulässig. Durch den Verweis in § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB auf die Prüfung nach der FFH-Richtlinie, die sämtliche Bestimmungen über die Verträglichkeitsprüfung erfaßt, wird genau dieser Mechanismus in das BauGB integriert. Deshalb soll gerade nicht die übliche umfassende Abwägung, sondern das Regelungskonzept des § 19c BNatSchG für die Rechtsfolgen eines negativen Ergebnisses der Verträglichkeitsprüfung für den Bauleitplan maßgebend sein. Daraus folgt für einen Bauleitplan, dessen Verträglichkeitsprüfiing ein negatives Ergebnis erbracht hat, ein grundsätzliches Planungsverbot: Gemäß §§ 19d Satz 2, 19c Abs. 2 BNatSchG ist der Bauleitplan unzulässig. Eine Überwindung dieser naturschutzrechtlich bedingten Unzulässigkeit ist wegen des angeordneten Vorrangs des Naturschutzrechts i m Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung nicht möglich 4 1 7 . Liegen die Voraussetzungen des § 19c Abs. 3 bis 5 BNatSchG vor, ist die Planung ausnahmsweise 416

Schink,, GewArch 1998, 41 (49); ders., BauR 1998, 1163 (1173); Friege, ThürVBl. 1998, 73 (78); Krautzberger, in: Emst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § la, Rn. 102; Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 176; Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (180); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (69). 417 Mitschang, WiVerw 1999, 54 (66 f.); Schink, GewArch 1998, 41 (49); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 41; ders., in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § la, Rn. 103; Lüers, DVB1. 1998, 433 (438); ders., UPR 1996, 401 (408); Ψ agner/Mitschang, DVB1. 1997, 1137 (1144); Erbguth/Wagner, Bauplanungsrecht, Rn. 114c; Schliepkorte, BBauBl 1997, 610

(616).

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

zulässig. Dazu müssen sich die dort festgelegten Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses gegenüber dem in § 19c Abs. 2 BNatSchG geregelten negativen Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung durchsetzen. Statuiert wird hierdurch ein repressives Verbot mit Dispensvorbehalt. Durch § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB übernimmt das Planaufstellungsverfahren diesen naturschutzrechtlichen Regelungsausschnitt. Damit begibt sich die bauleitplanerische Abwägung ihres hergebrachten Charakters, wonach alle Planungsbelange grundsätzlich gleichberechtigt in die Abwägung eingehen. Auferlegt wird ihr eine naturschutzrechtliche Bindung, die dazu führt, daß sich die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB zu einer Zulassungsentscheidung nach § 19c BNatSchG wandelt. Für das Recht der Bauleitplanung ist das eine neue, aber konsequente Entwicklung. Das BauGB 1998 strebt unter anderem eine Stärkung der ökologischen Belange an. Dies geschieht dadurch, daß deren Bedeutung für die Abwägung durch Schaffung des § l a BauGB unterstrichen wird. Trotzdem verbleiben die materiellen Bestimmungen im jeweiligen umweltrechtlichen Fachgesetz. Sie nehmen mit dem ihnen dort zugemessenen Gewicht Einfluß auf das Planungsrecht. Ein Verlust des spezifischen umweltrechtlichen Regelungsgehalts soll durch die Verknüpfung der Rechtsmaterien nicht eintreten. Vielmehr geht das BauGB 1998 davon aus, daß die integrierten umweltrechtlichen Verfahren ihre Bedeutung im Bauplanungsrecht beibehalten. Zur Begründung bietet sich auch ein Vergleich mit der UVP an, bei dessen gesetzlicher Verankerung im BauGB ebenfalls ein bestimmter Grad an Einfluß festzustellen ist. So ist nach der grundsätzlichen Konzeption der UVP ihr Ergebnis bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen ( § 1 2 UVPG). Exakt mit dieser Bedeutung wird die UVP in das Planaufstellungsverfahren durch § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB einbezogen. Ihr Gehalt ändert sich durch die Integration in das BauGB nicht. Ebenso verhält es sich mit der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG. Das für unverträgliche Planungen festgelegte grundsätzliche Planungsverbot (§ 19c Abs. 2 BNatSchG) übernimmt das Recht der Bauleitplanung in Form des Verweises in § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB vollständig. Das Planungsverbot setzt sich demnach auch in der Bauleitplanung durch. Dem könnte allerdings entgegengehalten werden, daß das Bauplanungsrecht als maßgebliches Planungsrecht gewissermaßen das „Dach" bildet 4 1 8 , unter dem alle anderen Fachplanungen abwägend zu berücksichtigen sind. Wegen dieser übergeordneten Bedeutung liegt der Einwand nahe, daß das Bauplanungsrecht die Belange des Fachplanungsrechts nur soweit einbeziehen will, wie konstituierende bauplanungsrechtliche Grundbestandteile - wie die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB - nicht verdrängt

418

So die anschauliche Formulierung der Zielsetzung in BT-Drs. 13/6392, S. 36.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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werden. Wenn eine Integration stattfinden soll, so könnte angenommen werden, dann nur im Rahmen der für den Ausgleich aller Planungsbelange geschaffenen Abwägung, nicht aber darüber hinausgehend. Für eine durch das Abwägungsgebot begrenzte Berücksichtigung der Ergebnisse der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG finden sich indes keine überzeugenden Anhaltspunkte. § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB spricht eine Anwendungsverpflichtung hinsichtlich der Vorschriften des BNatSchG über die Zulässigkeit oder Durchführung von derartigen Eingriffen aus („sind anzuwenden"). Bauplanungsrechtlich einschränkende Bedingungen und Maßgaben sind an diese Verpflichtung nicht geknüpft. Die naturschutzrechtlich bestimmte Rechtsfolge des § 19c Abs. 2 BNatSchG, das grundsätzliche Planungsverbot, soll daher mit seiner uneingeschränkten Wirkung in der bauleitplanerischen Abwägung gelten. Damit wäre es unvereinbar, wenn die innere Harmonisierung des in § 19c BNatSchG normierten Verfahrens mit Hilfe der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB überspielt würde. Die in § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB vorgenommene Neuausrichtung des Bauplanungsrechts verbietet es, die Belange des europäischen Naturschutzrechts bedeutungsmindernd, inhaltsentleerend und intentionskonträr der bauleitplanerischen Abwägung in ihrer ursprünglichen Gestalt zu überantworten. Aus den vorstehenden Aussagen zur Intensität der Beeinflussung der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB durch UVP und durch die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG wird ein allgemeiner Grundsatz deutlich erkennbar, der der Novellierung des BauGB in Bezug auf die Integration des europäischen Umweltrechts zugrunde liegt. Sowohl die UVP als auch die von der FFH-RL eingeführte Verträglichkeitsprüfung wurden genau mit dem Gehalt in das BauGB einbezogen, den sie im UVPG bzw. im BNatSchG besitzen. Das BauGB 1998 verfolgt somit bezüglich des europäischen Umweltrechts den Grundsatz der Geltungserhaltung. Hieran hat sich auch die bauleitplanerische Abwägung zu orientieren. Der Grundsatz der umweltrechtlichen Geltungserhaltung unterstützt die hier vertretene Auffassung, daß das negative Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung nicht in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB überwunden werden kann. Gleichzeitig wird durch das grundsätzliche Planungsverbot eine weitere Aussage für Bauleitpläne getroffen. Greifen bei einem negativen Ergebnis der Verträglichkeitsprüfling die Ausnahmen nach § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG ein, ist der Bauleitplan trotz seiner naturschutzrechtlichen Unverträglichkeit zulässig. Zwar führt er zu erheblichen Beeinträchtigungen eines besonderen Schutzgebiets. Jedoch steht er in diesem Fall in Einklang mit den EG-rechtlich begründeten Maßgaben. Aus dieser Fallgestaltung ist teilweise 4 1 9 gefolgert worden, daß die naturschutzrechtliche Bindung der bauleitplanerischen Abwägung insoweit ent-

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2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

falle. Denn die von der naturschutzrechtlichen Bindung geforderte Berücksichtigung des Naturschutzrechts sei dann gewährleistet. Wegen der ordnungsgemäß erfolgten Berücksichtigung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben bestehe somit kein Anlaß mehr, die bauleitplanerische Abwägung zu suspendieren. Stehe demzufolge die naturschutzrechtliche Bindung dem Bauleitplan nicht entgegen, greife die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB wieder ein. Dem kann nicht gefolgt werden. Überwiegen die ermittelten zwingenden Gründe des öffentlichen Interesses nach § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG die beeinträchtigten naturschutzrechtlichen Belange, so ist die Planung zwar zulässig. Dadurch entfällt jedoch nicht die naturschutzrechtliche Bindung der bauleitplanerischen Abwägung. Vielmehr stehen die Belange des Naturschutzes der Bauleitplanung auch weiterhin entgegen, werden im konkreten Fall allerdings von den für die Planung sprechenden Gründen überwunden 4 2 0 . Das Ergebnis der Planung wird von der aufgrund des § 19c BNatSchG gefundenen Planungslösung dargestellt. Ein rechtssystematischer Weg zurück in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB ist wegen ihrer weiterhin bestehenden naturschutzrechtlichen Bindung nicht möglich. Dafür spricht auch § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB, der generell und nicht in Abhängigkeit von bestimmten Fallgestaltungen auf die entsprechenden Vorschriften des BNatSchG verweist. Soweit die Voraussetzungen für die Anwendung der §§ 19a ff. BNatSchG gegeben sind, sollen sie nach der Zielsetzung des § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB allein bestimmend für die Zulassung eines Bauleitplans sein. Festzuhalten bleibt, daß ein negatives Prüfungsergebnis nicht abwägungsdirigiert ist. Vielmehr besteht ein grundsätzliches Planungsverbot. Dieses läßt Bauleitplanungen nur unter den Voraussetzungen des § 19c Abs. 3 bis 5 BNatSchG ausnahmsweise zu. Die bauleitplanerische Abwägung unterliegt damit einer generellen naturschutzrechtlichen Bindung und wandelt sich zu einer Zulassungsentscheidung nach § 19c BNatSchG. Die hierdurch veranlaßte Influenzierung des Rechts der Bauleitplanung stellt auf diese Weise sicher, daß es in erforderlichem Umfang den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben und dem intendierten ökologischen Anspruch genügt. b) Ausnahmen vom Grundsatz des Planungsverbots Trotz des Planungsverbots nach § 19c Abs. 2 BNatSchG sind Bauleitpläne ausnahmsweise zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 19c Abs. 3 419

Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § la, Rn. 41; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § la, Rn. 39; ders., NuR 1998, 455 (456). 420 So auch Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, 173 (178, m. Fn. 46).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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bis 5 BNatSchG gegeben sind. Hierdurch wird Art. 6 Abs. 4 FFH-RL umgesetzt. aa) Systematik Das durch § 19d Satz 2 BNatSchG auch für Bauleitpläne angeordnete Konzept der Ausnähmeregelung des § 19c Abs. 3 bis 5 BNatSchG bedarf der Strukturierung. Generell ist zwischen Schutzgebieten ohne (§19c Abs. 3 BNatSchG) und solchen mit prioritären Lebensräumen oder prioritären Arten (§19c Abs. 4 BNatSchG) zu unterscheiden. Für beide Gebietstypen gilt, daß Ausnahmen das Fehlen einer zumutbaren Alternativlösung verlangen, § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG. Außerdem müssen nach § 19c Abs. 5 BNatSchG jeweils Ausgleichsmaßnahmen durchgeführt werden, die der Kommission anzuzeigen sind. Der unterschiedlichen Schutzwürdigkeit der Gebietstypen entsprechend variieren jedoch die Anforderungen an das Vorliegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses. Für Gebiete ohne prioritäre Merkmale sieht § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG ein Spektrum von Gründen vor, das durch den Bezug auf Belange sozialer oder wirtschaftlicher Art relativ weitgefaßt ist. Dagegen sind nach § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG grundsätzlich nur gewichtige Gründe mit besonderer Bedeutung für die Allgemeinheit in der Lage, Ausnahmen in Gebieten mit prioritären Merkmalen zu ermöglichen. Doch können gemäß § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG in diesen Gebieten auch sonstige Gründe Berücksichtigung finden. Da diese aber dem Anforderungsniveau der Gründe für Ausnahmen in Gebieten mit prioritären Merkmalen grundsätzlich nicht entsprechen, ist diesbezüglich eine der Kontrolle dienende Beteiligung der Kommission vorgesehen. bb) Zumutbare Alternativlösung Erste Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Ausnahme ist gemäß § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, daß zumutbare Alternativen, den mit dem Bauleitplan verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind 4 2 1 . Falls die Realisierung einer Alternativlösung möglich ist, kommt eine Ausnahmemöglichkeit von vornherein nicht in Betracht. Die Erwägung von Alternativen hat vor oder während der Durchführung der Verträglichkeitsprüfung stattzufinden.

421 Allgemein zur Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL neuerdings Erbguth, DVB1. 1999, 588 ff.; siehe in diesem Zusammenhang auch die im Rahmen einer Planfeststellung durchgeführte Alternativenprüfung bezüglich des Verlaufs der Ostssee-Autobahn A 20, Stellungnahmen der Kommission v. 27.4.1995, AB1.EG Nr. C 178, S. 3 und v. 18.12.1995, AB1.EG Nr. L 6, S. 14.

0 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Als Alternativen sind räumliche oder inhaltliche Planungsalternativen zu berücksichtigen. Unter der Bezeichnung „räumliche Planungsalternative", die wegen des bauplanungsrechtlichen Gesamtzusammenhangs dem projektbezogenen Begriff der „Standortalternative" 422 vorzuziehen ist, ist die Veränderung des Geltungsbereichs des Bauleitplans zu verstehen. Bei der inhaltlichen Planungsalternative bleibt der räumliche Geltungsbereich dagegen unverändert. Modifiziert werden dabei die inhaltlichen Festlegungen des Bauleitplans. Dies erfolgt bei Flächennutzungsplänen durch Abwandlung der ursprünglich vorgesehenen Darstellungen. Bei Bebauungsplänen ist hingegen eine Veränderung der beabsichtigten Festsetzungen zu erwägen. Ausgeschlossen ist die sogenannte Null-Variante. Sie kennzeichnet eine Konstellation, in der der ins Auge gefaßten Planung als scheinbare Alternative ein Absehen von einer Planung gegenüber gestellt wird. Eine solche Nicht-Planung ist von vornherein nicht als eine zu berücksichtigende Alternativlösung zu bewerten 423 . Denn § 19c BNatSchG will unverträgliche Planungen nicht generell verhindern, sondern erkennt in den Absätzen 3 bis 5 auch bestimmte Ausnahmen an. Um diese Ausnahmen eingreifen zu lassen, müssen jedoch Alternativen erwogen werden, die mit dem ursprünglichen Planungskonzept vergleichsfähig sind. Deshalb können als Alternativen nur solche Planungen einbezogen werden, die einen sachlichen Planungsgehalt aufweisen. § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG verlangt aber zusätzlich die Prüfung, ob die alternative Bauleitplanung den mit dem ursprünglichen Bauleitplan verfolgten Zweck in ähnlicher Weise, aber mit geringeren Beeinträchtigungen des besonderen Schutzgebiets, erreicht. (1) Flächennutzungspläne Zunächst ist die Möglichkeit einer räumlichen Planungsalternative zu erörtern. Eine Veränderung des Geltungsbereichs könnte dabei dergestalt vorgenommen werden, daß der Plan innerhalb des Schutzgebiets eine andere Ausdehnung erhält. Er könnte jedoch auch außerhalb des Gebiets realisiert werden. Derartige räumliche Veränderungen bieten die Möglichkeit einer Verringerung der Beeinträchtigung von Schutzgebieten. Indessen ist sich stets zu vergegenwärtigen, ob der Zweck der Flächennutzungsplanung auch dann noch in ähnlicher Weise zu verwirklichen ist. Dies 422

Den Begriff verwendet Schink, GewArch 1998, 41 (50); ders., BauR 1998, 1163 (1173). 423 Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (75); Mitschang, WiVerw 1999, 54 (67); Thyssen, DVB1. 1998, 877 (882); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 70; ders., NuR 1996, 548 (554); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (216); s. auch BVerwG, NVwZ 1998, 961 (964).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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erscheint fraglich. Der Flächennutzungsplanung der Gemeinde liegen am zunächst vorgesehenen Ort ganz konkrete Planungszwecke zugrunde. Die beabsichtigte städtebauliche Entwicklung soll vorbereitend durch bestimmte flächenmäßige Darstellungen verwirklicht werden, bei denen sich die Gemeinde nicht von vornherein bewußt sein wird, daß sie zu erheblichen Beeinträchtigungen führen können. Daher liegt es nahe, daß die genauen und insbesondere flächenbezogenen Planungsvorstellungen bei einer räumlichen Verlagerung nicht mehr in vergleichbarer Weise zu verwirklichen sind. Eine zu beachtende rechtliche Vorgabe folgt darüber hinaus aus dem Umstand, daß die Flächennutzungsplanung als Ortsplanung weitestgehend in die übergeordnete Raum-, Landes- und Regionalplanung eingegliedert i s t 4 2 4 . Deren planerische Ziele sind bei der Aufstellung von Flächennutzungsplänen nach § 1 Abs. 4 BauGB, § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG in Form einer Anpassungspflicht zu berücksichtigen 425 . Daraus folgt, daß auch der räumlich veränderte Flächennutzungsplan diesen Zielen entsprechen muß oder andernfalls der Anpassungspflicht unterliegt. Zwar lassen die übergeordneten Planungen schon wegen ihrer Großräumigkeit der Flächennutzungsplanung gewisse Planungsspielräume, so daß sie nicht zur bloßen Durchführungsplanung ohne Eigenentfaltung degeneriert 426 . Dem stünden zudem Einwände aufgrund der gemeindlichen Planungshoheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG entgegen. Doch selbst bei Wahrnehmung und Ausfüllung der von der Raumplanung gewährten Spielräume wird der Zweck der anfangs beabsichtigten Flächennutzungsplanung an einem anderen Ort kaum vergleichbar erreicht werden. Denn die darzustellenden Flächen sind von ihren Bezugsorten abhängig. Wird der Zweck der Planung nicht erreicht, so erscheint auch eine nachträgliche Anpassung des veränderten Plans an die Ziele der Raumordnung als wenig sinnvoll. Aus diesen Gründen werden räumliche Planungsalternativen bei Flächennutzungsplänen nur höchst selten eine Alternative im Sinne von § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG bilden. Eine inhaltliche Planungsalternative zielt auf eine planinterne Darstellungsmodifizierung ab. Es ist deshalb zu untersuchen, ob durch eine Veränderung der im Flächennutzungsplan darzustellenden Flächen eine Verringerung der Schutzgebietsbeeinträchtigung erreicht wird. In Betracht kommt zum Beispiel die Verlegung von Erschließungstrassen 427. Außerdem können 424

Zu den Besonderheiten in Berlin s. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz Berlin, Flächennutzungsplan Berlin (1994), Erläuterungsbericht, S. 51 ff. 425 Dazu Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 32 ff. 426 Dazu etwa Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 5, Rn. 6.

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Rächen, die gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 9a BauGB für die Landwirtschaft vorgesehen waren, durch Flächen zum Schutz und zur Pflege von Boden, Natur und Landschaft nach § 5 Abs. 2 Nr. 10 BauGB ersetzt werden. Dadurch würde die Beeinträchtigungsgefahr verringert. Doch ist hier ebenfalls daran zu erinnern, daß mit den neuen Darstellungen der verfolgte Planungszweck gleichermaßen erreicht werden muß. Der Austausch von darzustellenden Flächen zeigt in besonderer Weise, wie schwierig es für die Gemeinde sein wird, den ursprünglichen Planungszweck mit Hilfe einer veränderten Plangestaltung zu verwirklichen. Denn jeder Fläche kommt hinsichtlich ihrer Verwendung und ihrer Lage innerhalb des Plans eine bestimmte Funktion zu. Der Flächennutzungsplan ist ein in sich abgestimmtes Planwerk, bei dem die Anordnung der Flächen bestimmten Regeln unterliegt. Ein Austausch oder ein Aussparen bestimmter Rächen könnte das Plankonzept gefährden. Wegen diesen Gesichtspunkten wird sich der intendierte Planungszweck nur schwerlich aufrecht erhalten lassen. Als möglich erscheint das aber dann, wenn die darzustellenden Rächen von ihrer Verwendung her beibehalten, innerhalb des Rächennutzungsplans jedoch neu angeordnet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Lageunabhängigkeit der darzustellenden Rächen. Betrachtet man die in § 5 Abs. 2 BauGB eröffneten Darstellungsmöglichkeiten, so ist zu erkennen, daß sich eine solche Neuordnung der Darstellungen auf wenige Fälle beschränken wird. Grund dafür ist der weitgehend lagegebundene Charakter der dort aufgeführten Rächen. Überdies sind ebenso wie bei der Prüfung von räumlichen Planungsalternativen die Ziele der Raumordnung gemäß § 1 Abs. 4 BauGB, § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG zu beachten. Deren Vorgaben können eine planinterne Umstrukturierung der Darstellungen ermöglichen oder aber verhindern. So ist auch hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung des Rächennutzungsplans die Wahrscheinlichkeit, eine weniger beeinträchtigende aber gleichwohl zweckerreichende Planungslösung zu finden, als äußerst gering einzuschätzen. (2) Bebauungspläne Ebenso wie bei Rächennutzungsplänen ist bei unverträglichen Bebauungsplänen zu überlegen, ob der Plan mit verändertem Geltungsbereich innerhalb oder aber außerhalb des Schutzgebiets realisiert werden kann. Die prognostizierten erheblichen Beeinträchtigungen könnten so verringert

427

Schink, GewArch 1998, 41 (50); ders., BauR 1998, 1163 (1174).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung werden. Doch ist dabei die vergleichbare Erreichung des Planungszwecks kritisch zu würdigen. Nur dann, wenn der Zweck der Bebauungsplanung auch an diesem alternativen Ort in ähnlicher Weise verwirklicht werden kann, kommt eine Alternative gemäß § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG ernsthaft in Betracht. Neben dieser tatsächlichen Beurteilung von Alternativvorschlägen existieren rechtliche Determinanten, die die Anerkennung von räumlichen Planungsalternativen zu begrenzen in der Lage sind. Nach dem Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind Bebauungspläne aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Dies ist Rechtmäßigkeitsvoraussetzung des Bebauungsplans. Bei einer räumlichen Verlegung des Geltungsbereichs des Plans und unter Beibehaltung der getroffenen Festsetzungen ist fraglich, ob der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan entwickelt wurde. Es sind hierbei drei Fallgestaltungen zu unterscheiden. Im ersten Fall sind die Darstellungen des Flächennutzungsplans am alternativen Ort so beschaffen, daß sie die vom Bebauungsplan beabsichtigten Festsetzungen nicht gestatten. Der Bebauungsplan soll die Darstellungen des Flächennutzungsplans konkretisieren und ist deswegen an sie gebunden. Läßt der Flächennutzungsplan die vorgesehenen planungsrechtlichen Festsetzungen nicht zu, fehlt die erforderliche Bindung zwischen den Plänen. Das Entwicklungsgebot ist nicht gewahrt. Eine alternative Bebauungsplanung wäre nicht rechtmäßig und würde schon aus diesem Grund ausscheiden. Anders ist der Fall zu beurteilen, bei dem die Darstellungen des Flächennutzungsplans am alternativen Ort den Zielsetzungen des Bebauungsplans im Grundsatz entsprechen und somit konkretisierungsfähig sind. Korrespondieren die Darstellungen mit den beabsichtigten Festsetzungen, so erscheint eine Verwirklichung des Bebauungsplans am neuen Ort möglich. Der Begriff des Entwickeins beinhaltet nicht nur eine Bindungswirkung. Ihm wohnt zusätzlich die gestalterische Freiheit der Gemeinde inne, die Grundkonzeption des Flächennutzungsplans planerisch fortzuentwickeln 428 . Dafür müssen die Darstellungen konkretisierungs- und entwicklungsfähig sein. Dies setzt gewisse Spielräume der im Flächennutzungsplan festgelegten Darstellungen voraus. Trifft der räumlich veränderte Bebauungsplan auf eine derart beschaffene Situation im Flächennutzungsplan, können die Festsetzungen als aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt gelten. Geringe Abweichungen des Bebauungs- vom Flächennutzungsplan sind ausnahmsweise zulässig, wenn sie sich als Ergebnis des Übergangs von der vorbereitenden in die stärker verdeutlichende Planungsstufe des Bebauungsplans rechtfertigen lassen und der Grundkonzeption des Flächen428

Finkelnburg/Ortloff,

Öffentliches Baurecht, Bd. I, S. 82.

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung nutzungsplans nicht widersprechen 429 . Angesichts dieser Maßgaben ist es durchaus möglich, daß der Zweck des Bebauungsplans in vergleichbarer Weise auch an dem alternativen Ort verwirklicht werden kann. Dies bedarf allerdings einzelfallbezogener Prüfung. Zumindest ergeben sich in dieser Konstellation aus dem Entwicklungsgebot keine Einwände. Im dritten Fall enthält der Flächennutzungsplan am alternativen Ort keine Darstellungen. Dem vergleichbar ist der Fall des § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB, wonach ein Flächennutzungsplan nicht erforderlich ist und ein Bebauungsplan zur Ordnung der städtebaulichen Entwicklung ausreicht. Bindungswirkungen für den räumlich veränderten Bebauungsplan bestehen insoweit nicht. Das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB greift nicht ein. Soweit der Planungszweck gewahrt werden kann, kommen Alternativen in Betracht. Außerdem ist an die Ziele der Raumordnung nach § 1 Abs. 4 BauGB, § 4 Abs. 1 Satz 1 ROG zu erinnern, die einer möglichen Alternativlösung entgegenstehen können. Sie treffen den Bebauungsplan allerdings nicht direkt, sondern werden ihm durch die Darstellungen des Flächennutzungsplans vermittelt. Für eine inhaltliche Orientierung sorgt bereits das Entwicklungsgebot. Eine darüber hinausgehende Bedeutung für den Bebauungsplan wird den Zielen der Raumordnung in der Regel nicht zukommen. Ausnahmen sind im Falle des Fehlens eines Flächennutzungsplans nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB relevant. Zur Ermöglichung von alternativen Bebauungsplanungen ist es deshalb besonders wichtig, daß die Darstellungen des Flächennutzungsplans konkretisierungsfähig sind. Denn nur so bestehen Spielräume für alternative Planungsüberlegungen. Die Möglichkeit räumlicher Planungsalternativen zu unverträglichen Bebauungsplänen hängt von dem Vorhandensein und dem Charakter der Darstellungen des Flächennutzungsplans am alternativen Planungsort ab. Soweit gewährleistet ist, daß der Zweck des Bebauungsplans in ähnlicher Weise erreicht werden kann, kommen Alternativen gemäß § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG in Betracht 4 3 0 . Werden im Bebauungsplan selbst Modifikationen vorgenommen (inhaltliche Planungsalternative), ist bei den anschließend verträglicheren Festsetzungen eine Verringerung von Beeinträchtigungen des Schutzgebiets zu erwarten. Indes liegen der ursprünglichen Auswahl der Festsetzungen durch die Gemeinde konkrete Planungszwecke zugrunde. Diese würden durch den Austausch, die Neuanordnung oder das Weglassen der unverträglichen Festsetzungen kaum erreicht werden können. Die Verbesserung der naturschutz-

429 430

BVerwGE 48, 70; Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 8, Rn. 3. Zurückhaltend ebenfalls Schink, GewArch 1998, 41 (50).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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rechtlichen Situation geht daher nicht einher mit der Aufrechterhaltung des Zwecks der Bebauungsplanung. Überdies gelten hinsichtlich der veränderten Festsetzungen auch hier die Maßgaben des Entwicklungsgebots nach § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Je nach dem, ob die Darstellungen des Flächennutzungsplans dem geänderten Planinhalt entgegenstehen oder jenen zulassen, bildet das genannte Gebot eine beachtliche Zulässigkeitsgrenze. Maßgeblich bleibt jedoch die adäquate Erreichung des Planungszwecks. Durch die Veränderungen der Festsetzungen wird der Zweck der Planung aufgeweicht. Echte Planungsalternativen im Hinblick auf den Inhalt eines Bebauungsplans werden daher nur in besonderen Ausnahmefällen zu ermitteln sein. Ungeachtet ihrer Grobmaschigkeit und ihres vorbereitenden Charakters stellt sich bei Flächennutzungsplänen die Möglichkeit der Ermittlung von räumlichen oder inhaltlichen Planungsalternativen ähnlich kompliziert wie bei Bebauungsplänen dar. Die Strukturen beider Planungsformen verlangen die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen, um eine Planungsalternative zunächst in Einklang mit dem Bauplanungsrecht zu bringen. Weiterhin ist zu prüfen, ob die Anforderungen des Naturschutzrechts, d.h. des § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG, erfüllt sind. Die Grundproblematik der Ermittlung rechtmäßiger Alternativen besteht jedoch in der Verknüpfung beider Materien: Die durch die Flächennutzungs- und Bebauungsplanung verkörperte Ortsplanung ist bereits relativ konkret ausgestaltet. Sie regelt mit den Darstellungen und Festsetzungen die bauliche und sonstige Nutzung von Flächen schon sehr genau. Hiervon abzuweichen führt zumeist zu einer Erosion des von der Gemeinde beabsichtigten Planungszwecks. Doch nur bei einer vergleichbaren Verwirklichung dieses Planungszwecks durch eine alternative Planung ist eine Alternative nach § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG gegeben. Hieraus läßt sich als Ergebnis allgemein ableiten, daß sowohl bei unverträglichen Flächennutzungsplänen als auch bei solchen Bebauungsplänen nur sehr selten eine räumliche oder inhaltliche Planungsalternative vorliegen wird. (3) Zumutbarkeit Zu betonen ist jedoch, daß die Pflicht zur Erforschung von räumlichen oder inhaltlichen Planungsalternativen nicht unbegrenzt i s t 4 3 1 . Durch die gesetzliche Anerkennung von Ausnahmeregelungen in § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG wird zum Ausdruck gebracht, daß im öffentlichen Interesse liegende Planungen nicht vollständig verhindert werden sollen 4 3 2 . Würden die 431 Schink, BauR 1998, 1163 (1174); ders., GewArch 1998, 41 (50); Niederstadt, NuR 1998, 515 (524). 15 Schladebach

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Anforderungen an den Ermittlungsaufwand für eine Alternativlösung überspannt werden, käme es aber gerade zu einer solchen - nicht beabsichtigten - generellen Planungssperre. Deswegen hat der Umsetzungsgesetzgeber die Zulässigkeit von Ausnahmen nach § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG unter den Vorbehalt der Zumutbarkeit gestellt. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang inbesondere, inwieweit kostenintensivere Lösungen der Zumutbarkeit entgegenstehen. Die Frage ist noch nicht abschließend geklärt. Das BVerwG ließ in seinem Urteil zur OstseeAutobahn A 20 ausdrücklich offen, ob Kostengründe für die Zumutbarkeit einer Alternative bedeutsam werden können 4 3 3 . Im Schrifttum wird zu dieser Problematik vertreten, daß höhere Kosten grundsätzlich keinen Grund bilden, von einer Alternativlösung Abstand zu nehmen 4 3 4 . Eine beachtliche Grenze der Zumutbarkeit stellt jedoch der gemeinschaftsrechtliche Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 3 EGV) dar 4 3 5 . Danach darf kein belangloser Vorteil für ein besonderes Schutzgebiet mit einem völlig außer Verhältnis stehenden Aufwand erkauft werden 4 3 6 . Erheblich kostenintensivere Lösungen scheiden daher als zumutbare Alternative i.S.d. § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG aus. cc) Ausnahmegründe in Gebieten ohne prioritäre Merkmale Um bei negativem Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung eine Ausnahme in Gebieten ohne prioritäre Merkmale zuzulassen, reicht das Fehlen einer zumutbaren Alternative nicht aus. Hinzukommen muß, daß der Bauleitplan aus zwingenden Gründen des überwiegenden Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist (§ 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG). (1) Grundsätzliches Während § 19c Abs. 3 BNatSchG die Zulässigkeit von Ausnahmen in Gebieten regelt, in denen prioritäre Merkmale fehlen, ist § 19c Abs. 4 BNatSchG anzuwenden, soweit sich im betroffenen Schutzgebiet prioritäre 432 433

Gellermann, NuR 1996, 548 (554); Schink, GewArch 1998, 41 (50). BVerwG, NVwZ 1998, 961 (968); krit. zu diesem Aspekt Otto, NJ 1998, 605

(607). 434

Niederstadt, NuR 1998, 515 (524). Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (75); Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (181); Schink, BauR 1998, 1163 (1174); ders., GewArch 1998, 41 (50); Iven, NuR 1996, 373 (379); Gellermann, NuR 1996, 548 (554); ders., Natura 2000, 1998, S. 70. 436 Niederstadt, NuR 1998, 515 (524); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (70). 435

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 227 Biotope oder prioritäre Arten befinden. Ein prioritäres Biotop liegt vor, wenn ein im Anhang I der FFH-RL aufgeführter Lebensraum mit dem Zeichen * gekennzeichnet ist. Dementsprechend ist eine prioritäre Art dann gegeben, wenn im Anhang I I der FFH-RL vor der Artenbezeichnung das Zeichen * steht. Da § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG zwingende Gründe des öffentlichen Interesses fordert, sind rein privat motivierte Interessen an der Aufstellung des Bauleitplans von vornherein nicht zu berücksichtigen 437 . Dies würde beispielsweise für eine durch einen Plan veranlaßte verbesserte verkehrliche Anbindung eines einzelnen Privatgrundstücks gelten. Sprechen private Gründe für den Bauleitplan, so müssen diese zugleich im öffentlichen Interesse liegen. Andernfalls kommen sie als Rechtfertigungsgründe für das Zulassen von Ausnahmen nicht in Betracht 438 . Desweiteren ist bei der Bewertung von Ausnahmegründen der gemeinschaftsrechtliche Auslegungsgrundsatz zu beachten, daß Ausnahmetatbestände eng auszulegen sind 4 3 9 . Hinzu kommt die besondere Bedeutung des Schutzes des gemeinschaftlichen Naturerbes 440 . Zu den Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses können ausweislich des Wortlauts des § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG auch solche sozialer oder wirtschaftlicher Art gehören. Umgesetzt worden ist damit Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL. Im Hinblick auf Vogelschutzgebiete hat der EuGH in der Leybucht-Entscheidung 441 und in der Santona-Entscheid u n g 4 4 2 ausgeführt, daß soziale oder wirtschaftliche Belange (Art. 2 Vogelschutz-RL) gerade keine Rechtfertigungsgründe für Ausnahmen zu beeinträchtigenden Planungen bilden. Diese Rechtsprechung erging zu einer Rechtslage, in der die FFH-RL noch nicht in Kraft getreten war. Nunmehr hat sich die Beurteilung der Zulässigkeit von Ausnahmen wegen Art. 7 FFH-RL geändert. Angeordnet wird darin für Vogelschutzgebiete die Geltung des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL. Somit greifen die dort geregelten Ausnah437

Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (29); Thyssen, DVB1. 1998, 877 (882); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 70; Epiney, UPR 1997, 303 (309); Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (181). 438 Rödiger- Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 125; Thyssen, DVB1. 1998, 877 (882); Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (76); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (216); Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (114). 439 Niederstadt, NuR 1998, 515 (524); Iven, NuR 1996, 373 (378); ausführlich dazu allgemein Schilling, EuR 31 (1996), 44 ff.; Meyer, Jura 1994, 455 (458). 440 Schink, GewArch 1998, 41 (51); Thyssen, DVB1. 1998, 877 (882); Iven, NuR 1996, 373 (378). 441 EuGH, Urt. v. 28.2.1991 - Rs. C-57/89 - , Slg. 1-1991, 924 (931, Tz.22) Leybucht. 442 EuGH, Urt. v. 2.8.1993 - Rs. C-355/90 - , Slg. 1-4221 (4277, Tz.18) - Santona. 15*

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung metatbestände, zu denen auch soziale oder wirtschaftliche Belange zählen, auch bei Vogelschutzgebieten ein. Gegenüber der ursprünglichen Regelung des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Vogelschutz-RL wird die Schutzwirkung von Vogelschutzgebieten aufgrund der zusätzlichen Ausnahmemöglichkeiten in der FFH-RL abgeschwächt. Der EuGH hat dementsprechend im Lappel Bank-Urteil 4 4 3 seine Rechtsprechung geändert. (2) Zwingende Gründe in der Bauleitplanung Wann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen, hängt von den Zielen des jeweiligen Bauleitplans ab. Erste Hinweise darauf, was als zwingende Gründe angesehen werden kann, enthalten die Stellungnahmen der EG-Kommission 4 4 4 zum Bau der Ostsee-Autobahn A 20 aus dem Jahr 1995. Als derartige Gründe wurden die hohe Arbeitslosenquote und das im Vergleich zu anderen Bundesländern geringe Bruttosozialprodukt in Mecklenburg-Vorpommern angeführt. Darüber hinaus verweist die EG-Kommission auf die Notwendigkeit der Schaffung einer landesinternen Verkehrsachse. Der auch gemeinschaftsrechtlich nach Art. 154 und 158 EGV bedeutsame und aus Strukturfonds geförderte Bau der A 20 soll überdies der Anbindung an andere Bundesländer dienen. Die Beeinträchtigung des Schutzgebiets sei daher gerechtfertigt. Zusammenfassend läßt sich demnach sagen, daß der wirtschaftliche Entwicklungsstand einer Region einen zwingenden Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses darstellen kann. Diese zum Planfeststellungsrecht getroffenen Aussagen können auf das Recht der Bauleitplanung übertragen werden: Der wirtschaftliche Entwicklungsstand im Gemeindegebiet ist geeignet, eine Ausnahme zum grundsätzlichen Planungsverbot für unverträgliche Planungen zu bilden. Anzuführen sind in diesem Zusammenhang etwa notwendige Erschließungsmaßnahmen. Soweit bei vorhandenen Gewerbe- und Industriegebieten die verkehrliche Anbindung unzureichend ist, kann der Bau von Verkehrswegen zu den Standorten zum Zwecke der erforderlichen Erschließung notwendig sein. Zu denken ist desweiteren an die Erweiterung eines Gewerbe- oder Industriegebiets, um vorhandenen Betrieben Expansionsmöglichkeiten zu eröffnen 4 4 5 . Dies trägt neben der Standortsicherung auch zur Schaffung zusätz443

EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-44/95 - , Slg. 1-3805 (3856, Tz.41) - Lappel

Bank. 444

Stellungnahmen der Kommission v. 27.4.1995, AB1.EG Nr. C 178, S. 3 und v. 18.12.1995, AB1.EG Nr. L 6, S. 14. 445 Schink, GewArch 1998, 41 (51); ders., BauR 1998, 1163 (1174); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 130; ders., NdsVBl. 1999, 173 (181); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 179.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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licher Arbeitsplätze bei. Beides sind Aspekte, die im öffentlichen Interesse liegen. Ein Bebauungsplan, der die genannten Erweiterungsmöglichkeiten verbindlich festsetzt, führt möglicherweise zu Beeinträchtigungen angrenzender besonderer Schutzgebiete. Wegen des im öffentlichen Interesse liegenden Planungszwecks ist hier eine Ausnahme nach § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG anzunehmen. Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses können aber auch dann gegeben sein, wenn durch Bebauungsplanungen beabsichtigt ist, eine mangelhafte Wohnraumversorgung zu verbessern. Ebenso kann aus Gründen des Lärmschutzes der Bau einer Umgehungsstraße, die ein besonderes Schutzgebiet beeinträchtigen kann, notwendig sein 4 4 6 . Im Hinblick auf soziale Belange kommt überdies die Errichtung von sozialen Einrichtungen in Betracht 4 4 7 . Dazu zählen Rehabilitationszentren, Altersheime, Spezialkliniken und Krankenhäuser. Infolge ihrer besonderen Funktion sind diese Einrichtungen zumeist auf die Nähe zu naturnahen Gebieten angewiesen. Um hierbei den bestehenden Versorgungsbedarf zu decken, können Planungen notwendig sein, die zu einer Beeinträchtigung angrenzender besonderer Schutzgebiete führen. Zu den zwingenden Gründen kann ferner auch das Interesse an der Erhaltung eines archäologischen Denkmals zu zählen

(3) Naturschutzrechtliche

Abwägung

Besteht ein zwingender bauplanungsrechtlicher Grund des öffentlichen Interesses, ist die Prüfung der Zulässigkeit einer Ausnahme indes noch nicht beendet. § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG enthält die weitere Aussage, daß nicht jedes öffentliche Interesse Ausnahmen rechtfertigen kann. Verlangt wird ein „überwiegendes" öffentliches Interesse. Hierfür kommt nur ein solches in Betracht, das gewichtiger als die i m konkreten Fall beeinträchtigten naturschutzrechtlichen Belange i s t 4 4 9 . Erforderlich ist somit eine Abwägung zwischen den für den Bauleitplan sprechenden Gründen des öffentlichen Interesses und den bei einer Verwirklichung des Plans beeinträchtigten und von der FFH-RL geschützten naturschutzrechtlichen Interessen 4 5 0 . I m Rahmen dieser Abwägung ist zu berücksichtigen, daß dem 446

Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 178; Schink, GewArch 1998, 41 (51). Schink, GewArch 1998, 41 (51); ders., BauR 1998, 1163 (1174); W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 130; ders„ NdsVBl. 1999, 173 (181). 448 Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 178. 449 Niederstadt, NuR 1998, 515 (524); Epiney, UPR 1997, 303 (309). 450 Iven, UPR 1998, 361 (365); ders., NuR 1996, 373 (379); Thyssen, DVB1. 1998, 877 (882); Schink, GewArch 1998, 41 (51); Fisahn/Cremer, NuR 1997, 268 (271). 447

0 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Schutz des Europäischen Naturerbes besondere Bedeutung beizumessen i s t 4 5 1 . Für die Entscheidung gilt folgender Grundsatz: Je schutzwürdiger die mit der FFH-RL verfolgten Interessen sind, desto schwerwiegender müssen die gegenläufigen Interessen sein, um eine Ausnahme von der Schutzverpflichtung für das jeweilige Gebiet zu rechtfertigen 452 . Auf der anderen Seite muß an die Konzeption der FFH-RL im Hinblick auf mögliche Ausnahmen erinnert werden. M i t der Zulassung von bestimmten Ausnahmen geht die FFH-RL nicht von einer generellen Planungsverhinderung bei unverträglichen Plänen aus. Wurde bei der Prüfung nach § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG bereits festgestellt, daß zwingende bauplanungsrechtliche Gründe des öffentlichen Interesses die Aufstellung eines Bauleitplans notwendig machen, so beeinflußt dies die Abwägung zugunsten des Bauplanungsrechts. Denn die (festgestellte) Notwendigkeit einer Bauleitplanung kann von dem geforderten „Überwiegen" der bauplanungsrechtlichen Gründe nicht getrennt werden. Soweit eine Planung notwendig ist, wird den für sie sprechenden Gründen von vornherein ein besonderes Gewicht für die nachfolgende Abwägung zuerkannt. Vorbehaltlich der Umstände des Einzelfalls wird daher dann, wenn wegen derartiger Gründe eine Bauleitplanung notwendig ist, zu konstatieren sein, daß diese Gründe die beeinträchtigten Belange des Naturschutzrechts in der Abwägung überwiegen werden. dd) Ausnahmegründe in Gebieten mit prioritären Merkmalen Befinden sich in dem vom Bauleitplan betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre Arten, verschärfen sich die Anforderungen an die Zulässigkeit einer Ausnahme. Nach § 19c Abs. 4 BNatSchG können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Plans auf die Umwelt geltend gemacht werden. Gründe, die die Qualifizierungen des § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG nicht erreichen, können gemäß § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG nur nach einer Stellungnahme der EG-Kommission berücksichtigt werden. Unverändert bleibt die Verpflichtung, vorab zumutbare Alternativlösungen zu unterstehen.

431

Siehe dazu die vierte Begründungserwägung der FFH-RL. Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (76); Rödiger-Vorwerk, Die Fauna Flora-Habitat-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 132; Schink, BauR 1998, 1163 (1174); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (216); Iven, NuR 1996, 373 (379). 452

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung (1) Vogelarten

als prioritäre

1

Arten

Aus der Zusammenschau mit § 19c Abs. 3 BNatSchG ergibt sich für Schutzgebiete mit prioritären Merkmalen eine Eingrenzung der zulässigen Ausnahmegründe. Hieran schließt sich mit Blick auf Vogelschutzgebiete die Frage an, ob es prioritäre Vogelarten gibt und welche gegebenenfalls als prioritär anzusehen sind. Hintergrund dieser Problematik ist, daß die FFHRL wegen ihrer Ergänzungsfunktion gegenüber der Vogelschutz-RL in ihrem Anhang I I keine Vogelarten enthält. Die zu schützenden Vogelarten sind allein in den Anhängen der Vogelschutz-RL aufgeführt. Dort wird allerdings nicht zwischen prioritären und sonstigen Vogelarten unterteilt. Eine besondere Bedeutung erhält die aufgeworfene Frage neben der Anwendbarkeit der speziellen Ausnahmegründe nach Abs. 4 Satz 1 auf Vogelschutzgebiete deshalb, weil Abs. 4 Satz 2 für bestimmte Fälle die Einholung einer Stellungnahme der Kommission anordnet. Die Diskussion um die Anwendbarkeit des § 19c Abs. 4 BNatSchG bzw. des dadurch umgesetzten Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL auf Vogelschutzgebiete hat ein breites Meinungsspektrum entstehen lassen. Teilweise wird davon ausgegangen, daß sämtliche unter Schutz gestellte Vogelschutzgebiete als prioritär zu erachten sind und nur aus den in § 19c Abs. 4 BNatSchG bezeichneten Gründen beeinträchtigt werden dürfen 4 5 3 . Desweiteren wird unter Verweis auf das Fehlen von Vogelarten im Anhang Π der FFH-RL festgestellt, daß es keine prioritären Vogelarten gibt. Zwar nehme Art. 7 FFH-RL Bezug auch auf Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL. Dieser Verweis laufe jedoch leer 4 5 4 . Andere Autoren knüpfen an die Zusammenführung von Vogelschutz- und FFH-RL an. Es spreche nichts dafür, daß Vögel durch die Einbeziehung der Vogelschutz-RL in das Schutzsystem der FFH-RL einem minderen Schutzstatus unterliegen sollen als andere Arten. Besonders schutzwürdig seien die Vogelarten des Anhangs I der Vogelschutz-RL. Gebiete mit diesen Vogelarten sollen daher generell als prioritäre Lebensräume einzustufen sein 4 5 5 . Zu einer endgültigen Klärung der in Rede stehenden Problematik haben auch die Stellungnahmen der EG-Kommission 4 5 6 zur Planung der OstseeAutobahn A 20 nicht geführt. Hierbei ging es jeweils um eine Trassenführung, durch die Vogelschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern gequert 453 Gellermann, NuR 1996, 548 (555); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 54. 454 Schink, GewArch 1998, 41 (52). 455 Epiney, UPR 1997, 303 (307); Fisahn, ZUR 1996, 3 (8); Winter, ZUR 1996, 254 (255); Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (114); neuerdings auch Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 73 f. 456 Stellungnahmen der Kommission v. 27.4.1995, AB1.EG Nr. C 178 v. 13.7.1995, S. 3 und v. 18.12.1995, AB1.EG Nr. L 6 v. 9.1.1996, S. 14.

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung werden. Die Auffassung der EG-Kommission orientiert sich dabei an der Ergänzungsfunktion, die der FFH-RL und ihren Anhängen gegenüber der Vogelschutz-RL zukommt. Danach sind Vogelschutzgebiete zumindest dann nach den Regeln für prioritäre Gebiete zu behandeln, wenn in ihnen ein prioritärer Lebensraum im Sinne des Anhangs I der FFH-RL oder eine prioritäre Art im Sinne des Anhangs I I der FFH-RL vorhanden i s t 4 5 7 . Eine Anerkennung prioritärer Vogelarten wurde damit aber nicht vorgenommen. Weist eine Konstellation die genannte Beschaffenheit auf, werden die Rechtsfolgen des § 19c Abs. 4 BNatSchG bzw. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL ausgelöst. Eine allgemein gültige Aussage läßt sich hieraus jedoch nicht ableiten. Denn es ist nicht erkennbar, ob nicht das Vorhandensein der prioritären Lebensräume nach der FFH-RL - und nicht der Bestand des Vogelschutzgebiets als solcher - der eigentliche Grund für die erfolgte Anwendung des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2 FFH-RL war. Möglicherweise wäre die Ansicht der EG-Kommission ein andere, wenn prioritäre Lebensräume nicht vorhanden gewesen wären 4 5 8 . Trotz der weiteren K r i t i k 4 5 9 ließ sich allerdings die Verknüpfung beider Richtlinien für die Auffassung der EG-Kommission anführen. Ab 1994 soll für den europäischen Habitat- und Artenschutz im wesentlichen die FFH-RL maßgeblich sein. Deshalb sprach einiges dafür, für die Anwendung des § 19c Abs. 4 BNatSchG generell die Existenz eines prioritären Lebensraums oder einer prioritären Art nach der FFH-RL zu verlangen. Zutreffend wird nunmehr darauf hingewiesen, daß der Gesetzgeber mit dem Umsetzungsgesetz diese Streitfrage geklärt hat. In § 19a Abs. 2 Nr. 6 BNatSchG wird festgelegt, daß prioritäre Arten die in Anhang I I der FFHRL mit einem Sternchen (*) gekennzeichneten Tier- und Pflanzenarten sind. Da Vogelarten in diesem Anhang nicht aufgeführt werden, können sie nicht als prioritäre Arten gelten 4 6 0 . (2) Qualifizierte

zwingende Gründe in der Bauleitplanung

§ 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG erkennt als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur Gründe der Gesundheit des Men457 Zustimmend Thyssen, DVB1. 1998, 877 (884); Louis, UPR 1997, 301 (302); Rödiger-Vorwerk, Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU und ihre Umsetzung in nationales Recht, 1998, S. 24, die das allerdings nur für prioritäre Lebensräume annimmt. 458 So auch Fisahn/Cremer, NuR 1997, 268 (274). 459 Iven, UPR 1998, 361 (365); ders., NuR 1996, 373 (379), der insoweit zutreffend darauf verweist, daß beim Fehlen prioritärer Merkmale Vogelschutzgebiete einem geringeren Schutz unterliegen. 460 Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (76); so schon Schink, GewArch 1998, 41 (52).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung sehen und der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, an. Daneben können maßgeblich günstige Auswirkungen des Bauleitplans auf die Umwelt geltend gemacht werden. Beinhaltet ein Flächennutzungsplan beispielsweise Darstellungen über Deichsicherungsmaßnahmen in oder in der Nähe eines besonderen Schutzgebiets, so werden Zerschneidungseffekte auftreten und der Artenaustausch erschwert. Dies wird in der Regel zu einer erheblichen Beeinträchtigung im Sinne von § 19c Abs. 2 BNatSchG führen. Jedoch würden Gründe der öffentlichen Sicherheit für die Durchführung der Planung sprechen. Die vorgesehenen Maßnahmen wären zum Schutz der Individualrechtsgüter Gesundheit und Eigentum erforderlich. Deswegen könnten die zu erwartenden erheblichen Beeinträchtigungen des besonderen Schutzgebiets gerechtfertigt werden. Gegenstand der Darstellungen von Flächennutzungsplänen können in Gebirgsgegenden zudem Flächen sein, bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 BauGB). Zu denken ist dabei etwa an Maßnahmen zur Sicherung von Berghängen. Soweit hierdurch Schutzgebiete erheblichen Beeinträchtigungen ausgesetzt sein können, kommen zwei Ausnahmegründe in Betracht. Neben Gründen der Gesundheit der Menschen böte sich der Schutz der Zivilbevölkerung als Rechtfertigungsgrund für die unverträgliche Planung an. Die Gesundheit des Menschen kann desweiteren den Bau einer Umgehungsstraße durch das geschützte Gebiet rechtfertigen. Werden dadurch Anwohner von unzumutbarem Verkehrslärm befreit oder wird ein Unfallschwerpunkt beseitigt, ist ein Ausnahmegrund nach § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG gegeben 461 . Ähnliches hätte zu gelten, wenn durch einen Flächennutzungsplan Flächen für militärische Zwecke festgelegt würden. Dazu werden oftmals große, naturnahe Gebiete in Anspruch genommen. Deshalb ist es durchaus denkbar, daß davon besondere Schutzgebiete durch erhebliche Beeinträchtigungen betroffen sind. Die Planungen werden dann allerdings aus Gründen der Landesverteidigung vorgenommen. Sie könnten nach § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG gerechtfertigt sein. Zu berücksichtigen ist desweiteren die letzte Variante des § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG, wonach auch maßgeblich günstige Auswirkungen des Plans auf die Umwelt rechtfertigungsfähig sind. Ein Bauleitplan hat maßgeblich günstige Auswirkungen auf die Umwelt, wenn sich seine Darstellungen oder Festsetzungen insgesamt günstig auf die Umwelt auswirken 461

Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (181).

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung und die Verwirklichung der Planung zu Verbesserungen in Form einer Überkompensation der prognostizierten erheblichen Beeinträchtigungen führt 4 6 2 . Besteht ein solcher qualifizierter zwingender Grund des öffentlichen Interesses, ist die Gemeinde indessen nicht der Aufgabe enthoben, in eine naturschutzrechtliche Abwägung einzutreten 463 . Dies gebietet der Wortlaut („überwiegendes Interesse") der Vorschrift. In ähnlicher Weise wie bei § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG gehen die ermittelten Gründe, die für die Bauleitplanung sprechen, mit erhöhtem Gewicht in die Abwägung ein. Das folgt aus der Schwere der in § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG aufgeführten Gründe. Sie dienen dem Allgemeinwohl und der öffentlichen Sicherheit. Planungen, die aus diesen Gründen aufgestellt werden, verfolgen somit ganz herausgehobene Zielsetzungen. Deshalb werden sich diese im Regelfall gegenüber den beeinträchtigten, von der FFH-RL geschützten Belangen des Naturschutzes durchsetzen.

(3) Sonstige zwingende Gründe Die sich aus dem Regelungszusammenhang ergebende Intention, die Anforderungen an die Zulässigkeit von Ausnahmen in Gebieten mit prioritären Merkmalen zu verschärfen, wird durch § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG relativiert 4 6 4 . Danach können auch hier sonstige Gründe im Sinne des § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG berücksichtigt werden. Da diese aber dem hohen Anforderungsniveau der in § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG genannten Gründe für Ausnahmen in Gebieten mit prioritären Merkmalen nicht entsprechen, ist diesbezüglich eine der Kontrolle dienende Beteiligung der Kommission vorgesehen. Unter der Geltung des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2, 2. HS FFH-RL war zu klären, wie die „anderen zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses" zu konkretisieren seien. Entweder sollten davon die Gründe erfaßt werden, die nach Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL Ausnahmen rechtfertigten. Trotz der weitgefaßten Formulierung erschien daneben eine andere Kategorie von zwingenden Gründen möglich. Teilweise ging man von einer Identität beider Regelungen aus, so daß die nur im UAbs. 1 ausdrücklich genannten sozialen und wirtschaftlichen Belange gleichfalls in Gebieten mit prioritären Merkmalen einen Ausnahmegrund bilden können 4 6 5 . Andere Vertreter befürworteten die Bezugnahme auf wirtschaft462

Schink, GewArch 1998, 41 (51); Gellermann, NuR 1996, 548 (554 m. Fn.

47).

463

Epiney, UPR 1997, 303 (309). Auf diesen in der FFH-RL schon angelegten Umstand weist auch Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (216) hin. 464

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung liehe Aspekte nur mit gewissen Einschränkungen 466 . Unter Hinweis auf Art. 16 Abs. 1 lit. c FFH-RL und den Normtext des Art. 6 Abs. 4 FFH-RL wurde andererseits der Rückgriff auf wirtschaftliche oder soziale Erwägungen für einen Ausnahmegrund generell als unzulässig angesehen 467 . Die Kommission folgte in ihren Stellungnahmen 468 zur Ostsee-Autobahn A 20 der erstgenannten Ansicht. In Gebieten mit prioritären Merkmalen können demnach wirtschaftliche und soziale Belange für eine Ausnahme geltend gemacht werden. Der EuGH hat sich in der Lappel-Bank-Entscheid u n g 4 6 9 ebenfalls auf diesen Standpunkt gestellt. Angesichts dieser Auslegung war das Ergebnis der Umsetzung des Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2, 2. HS FFH-RL vorgezeichnet. § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG stellt nunmehr durch die Anknüpfung an die „Gründe in Abs. 3 Nr. 1" klar, daß in prioritären Gebieten auch Gründe sozialer oder wirtschaftlicher Art für die Zulässigkeit einer Ausnahme angeführt werden können. Insoweit kann daher auf die Ausführungen zu den Gründen gemäß § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG Bezug genommen werden. Sprechen solche Gründe für die Aufstellung eines Bauleitplans, ist im Wege einer Abwägung zu entscheiden, ob sie die beeinträchtigten naturschutzrechtlichen Interessen überwiegen. Nur dann darf der Bauleitplan trotz der bei seiner Verwirklichung auftretenden erheblichen Beeinträchtigungen zugelassen werden. Allerdings ist zuvor eine verfahrensrechtliche Besonderheit vorgeschrieben.

(4) Stellungnahme der Kommission Bevor die zuständige Behörde den Bauleitplan wegen sonstiger Gründe gemäß § 19c Abs. 4 Satz 2, Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG zuläßt, hat sie über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit eine Stellungnahme der Kommission einzuholen. Wie auch bei der generellen Prüfung, ob ein unverträglicher Bauleitplan durch Ausnahmen nach § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG zugelassen werden darf, ist die für die Einholung der Stellungnahme zuständige Behörde die planende Gemeinde 470 . Erforderlich ist dafür ein Beschluß des Gemeinderats. Im Anschluß daran hat sich der 465

Thyssen, DVB1. 1998, 877 (883); Niederstadt, NuR 1998, 515 (525); Schink, GewArch 1998, 41 (52); Epiney, UPR 1997, 303 (309). 466 Otto/Krakies, NJ 1998, 579 (582); Gellermann, NuR 1996, 548 (554); Carlsen, in: Neue Entwicklungen im Umweltrecht, 1996, S. 197 (217). 467 Frenz• Europäisches Umweltrecht, 1997, Rn. 393; Fisahn/Cremer, NuR 1997, 268 (272); Winter, ZUR 1996, 254 (255). 468 Stellungnahmen der Kommission v. 27.4.1995, AB1.EG Nr. C 178, S. 3 und v. 18.12.1995, AB1.EG 1996 Nr. L 6, S. 14. 469 EuGH, Urt. v. 11.7.1996 - Rs. C-44/95 - , Slg. 1-3805 (3856, Tz. 41) - Lappel Bank.

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Bürgermeister nicht direkt an die Kommission, sondern zur Abstimmung der Vorgehensweise zunächst an das B M U zu wenden. Aus dem Wortlaut des § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG ergibt sich kein Prüfungsrecht des B M U im Hinblick auf die Notwendigkeit der Einholung einer Stellungnahme. Aus Gründen der Praktikabilität und der Effizienz erscheint es aber sinnvoll, dem B M U eine Plausibilitätskontrolle des Gemeinderatsbeschlusses zu ermöglichen. Offensichtlich unnötige, unrichtige oder unvollständige Anträge der Gemeinde zur Einholung einer Stellungnahme müssen vom B M U zurückgestellt werden können. Es ist auf ihre Korrektur hinzuwirken oder eine Rücknahme zu veranlassen. Hat die Kommission eine Stellungnahme abgegeben, so fragt sich, welchen Einfluß diese auf das Verfahren der Planaufstellung nimmt. § 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG regelt nur die Pflicht zur Einholung der Stellungnahme als solche, nicht aber die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen. Ebensowenig aussagekräftig ist Art. 6 Abs. 4 UAbs. 2, 2. HS FFH-RL. Im Gegensatz dazu sah der Gesetzentwurf der Bundesregierung 471 in § 20 Abs. 3 Satz 2 E-BNatSchG vor, daß die Stellungnahme der Kommission bei der Entscheidung zu berücksichtigen sei. Überwiegend wird daher in diesem Sinne vertreten, daß die Bedeutung der Stellungnahme in einer Berücksichtigungspflicht besteht 472 . Sie ist für die jeweils in Rede stehende Zulassung des Bauleitplans somit nicht verbindlich 4 7 3 . Vor dem Antrag auf Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde gemäß § 6 Abs. 1 BauGB bei Flächennutzungsplänen bzw. vor dem Satzungsbeschluß gemäß § 10 Abs. 1 BauGB bei Bebauungsplänen hat sich die Gemeinde mit der Stellungnahme im Rahmen der naturschutzrechtlichen Abwägung zu befassen. Sie muß die Argumente der Kommission zur Kenntnis nehmen und sich mit ihnen inhaltlich auseinandersetzen 474. Dies kann dazu führen, daß sich der Umfang der bei der Entscheidung über den Bauleitplan zu berücksichtigenden Aspekte vergrößert oder sich die Bedeutung einzelner Planungsbelange verändert.

470 Schink, BauR 1998, 1163 (1175); ders., GewArch 1998, 41 (53); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 179; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 129. 471 BT-Drs. 13/6441. 472 Iven, UPR 1998, 361 (365); ders., NuR 1996, 373 (379); Freytag/Iven, NuR 1995, 109 (114). 473 Düppenbecker/Greiving, UPR 1999, 173 (177); Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (29); Friege, ThürVBl. 1998, 73 (78); Schink, GewArch 1998, 41 (52); ders., BauR 1998, 1163 (1175); Schrödter, NdsVBl. 1999, 173 (182); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (70). 474 Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (76); Thyssen, DVB1. 1998, 877 (883); Iven, UPR 1998, 361 (365); Fischer-Hüftle, ZUR 1999, 66 (70).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 237 ee) Ausgleichsmaßnahmen Soweit Bauleitpläne aufgrund einer Ausnahme nach § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG zuzulassen sind, müssen in ihnen die Ausgleichsmaßnahmen vorgesehen sein, die zur Sicherung des Zusammenhangs des Schutzgebietssystems „Natura 2000" notwendig sind (§ 19c Abs. 5 BNatSchG). Bei der jeweiligen Ausgleichsmaßnahme steht gerade die Funktion des geplanten Biotopverbundes im Vordergrund. Der Wortlaut des § 19c Abs. 5 Satz 1 BNatSchG ist dabei nicht ganz eindeutig. Er legt nahe, daß Ausgleichsmaßnahmen nur dann zu treffen sind, wenn eine Ausnahme nach § 19c Abs. 3 i.V.m. Abs. 4 BNatSchG vorliegt. Ausgelöst würde die Ausgleichsverpflichtung demnach nur beim Eingreifen sonstiger zwingender Gründe bei Schutzgebieten mit prioritären Merkmalen (§ 19c Abs. 4 Satz 2 BNatSchG). Dem steht Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFHRL entgegen. Danach sollen Ausgleichsmaßnahmen generell, d.h. immer dann durchzuführen sein, wenn eine Ausnahmekonstellation gegeben ist. Die Ausgleichsverpflichtung besteht damit in allen Fallgestaltungen nach § 19c Abs. 3 BNatSchG, nach § 19c Abs. 4 BNatSchG und in der Verbindungsvariante der Absätze 4 7 5 . Bei der Festsetzung und Durchführung der Ausgleichsmaßnahmen muß auf eine gleichwertige Kompensation der Eingriffsfolgen geachtet werden. Eine funktionale Rückwirkung auf den Ort des Eingriffs ist nicht notwend i g 4 7 6 . Vielmehr kommt es darauf an, Flächen und Maßnahmen so festzulegen, daß tatsächlich die Verknüpfung von Schutzgebieten ermöglicht und somit die globale Kohärenz des Schutzgebietssystems „Natura 2000" unterstützt wird. Für die Bauleitplanung ist der Verpflichtungscharakter hinsichtlich der Regelung und Durchführung von Ausgleichsmaßnahmen hervorzuheben. Hierdurch wird die Bestimmung über die Ausgleichsmaßnahmen dem planerischen Ermessen der Gemeinde entzogen. Einer Abwägung ist diese Verpflichtung deshalb nicht zugänglich 477 . Gemäß § 19c Abs. 5 Satz 2 BNatSchG unterrichtet die zuständige Behörde die Kommission über das B M U über die getroffenen Maßnahmen. Ein Zustimmungs- oder Genehmigungserfordernis ergibt sich daraus nicht. Nach einem Gemeinderatsbeschluß leitet der Bürgermeister die entspre-

475

Otto/Krakies, NJ 1998, 579 (582 m. Fn. 27); Niederstadt, NuR 1998, 515 (524); Thyssen,, DVB1. 1998, 877 (882); Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (77). 476 Schink,, GewArch 1998, 41 (52). 477 Schink, BauR 1998, 1163 (1175); ders., GewArch 1998, 41 (52).

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung chenden Unterlagen an das zuständige Ressort im BMU, das die Weiterleitung an die Kommission zu übernehmen hat. 7. Rechtsfolgen einer unterlassenen oder fehlerhaften Verträglichkeitsprüfung für den Bauleitplan War die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung nach § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB erforderlich und wurde sie unterlassen oder fehlerhaft vorgenommen, stellt sich die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen für den aufgestellten Bauleitplan. Deren Beantwortung richtet sich nach den Vorschriften über die Planerhaltung nach §§ 214 ff. BauGB. Da die Verträglichkeitsprüfung in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB integriert ist, bestimmt sich die Fehlerhaftigkeit der Planung nach § 214 Abs. 3 BauGB. a) Mangel der Abwägung Voraussetzung eines beachtlichen Abwägungsmangels ist neben dem tatsächlichen Vorliegen eines Abwägungsmangels dessen Erheblichkeit. aa) Vorliegen eines Abwägungsmangels Nach der vom BVerwG 4 7 8 entwickelten Abwägungsfehlerlehre liegt ein Mangel der Abwägung in vier Fällen vor. Entweder hat eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden (Abwägungsausfall) oder es wurde in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden mußte (Abwägungsdefizit). Daneben kann die Bedeutung der betroffenen abwägungserheblichen Belange verkannt (Abwägungsfehleinschätzung) oder der Ausgleich zwischen denselben in einer Weise vorgenommen worden sein, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Abwägungsdisproportionalität). Das Gebot der gerechten Abwägung richtet sich sowohl an das Planen als Vorgang als auch an den Plan als Produkt dieses Vorgangs 479 . Die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG ist nach einer Prognose der Gemeinde auf der ersten Stufe des Abwägungsvorgangs, der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials, durchzuführen. Unterstellt wird dabei die Erforderlichkeit der Verträglichkeitsprüfung. Wird sie unterlassen oder zwar vorgenommen, jedoch in fehlerhafter Weise, so erfolgte die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials nicht vollständig. Entweder 478

BVerwGE 34, 301 (309); 45, 309 (314 f.); 90, 329 (331); 98, 339 (349 f.). BVerwGE 45, 309 (315); Krautzberger, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 1, Rn. 95. 479

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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fehlt dieses in § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB angeordnete umweltrechtliche Prüfungsverfahren und das dadurch ermittelte Prüfungsergebnis gänzlich. Doch selbst bei einer fehlerhaft durchgefühlten Prüfung ist die angestrebte Aussage über die naturschutzrechtliche Verträglichkeit des Bauleitplans unzulänglich. Die Frage der Verträglichkeit wurde dann nicht umfassend und unter Berücksichtigung aller Erkenntnisquellen geklärt, weil ein fehlerhaftes Verfahren zu fehlerhaften Ergebnissen führt. In beiden Fällen ist kein ordnungsgemäß ermitteltes Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung in die Abwägung eingestellt worden. Dies hätte jedoch nach den Grundsätzen des Gebots gerechter Abwägung, das die Einbeziehung aller nach Lage der Dinge beachtlicher Planungsbelange erfordert, geschehen müssen. Daher besteht ein Abwägungsdefizit. Ein Abwägungsmangel liegt vor. bb) Erheblichkeit des Abwägungsmangels Gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB sind Mängel im Abwägungsvorgang nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluß gewesen sind. Ein Mangel ist offensichtlich, wenn er auf objektiv erfaßbaren Sachumständen beruht und damit zur äußeren Seite des Abwägungsvorgangs gehört 4 8 0 . Die Umstände müssen positiv und klar auf einen Abwägungsmangel hindeuten 481 . Sie können sich aus der Entwurfs- oder Planbegründung, Akten oder Protokollen ergeben. Der Umstand, daß sich der Geltungsbereich eines Bauleitplans auf ein besonderes Schutzgebiet erstreckt oder sich ein solches in der Nähe des Geltungsbereichs eines Bauleitplans befindet, ist in den Planunterlagen dokumentiert. Ebenfalls wird dort ein Hinweis enthalten sein, ob die Gemeinde im konkreten Fall eine Verträglichkeitsprüfung für notwendig hielt oder nicht und wie gegebenenfalls die Prüfung durchgeführt worden ist. Soweit derartige Anhaltspunkte eine nicht vorgenommene oder fehlerhaft ausgeführte Verträglichkeitsprüfung erkennen lassen, ist der Abwägungsmangel - vorbehaltlich der genauen Beschaffenheit der Planunterlagen - offensichtlich. Fehlen hingegen jegliche Hinweise auf eine Verträglichkeitsprüfung in den Akten, kann nicht von einem „offensichtlichen" Mangel der Abwägung gesprochen werden 4 8 2 . Selbst wenn dies darauf hindeutet oder gar die Überzeugung vermittelt, daß ein Mangel im Abwägungsvorgang vorliegt, ergibt 480

loff

481 482

t

Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 16; Finkelnburg/OrtÖffentliches Baurecht, Bd. 1, S. 187. Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2620). Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 214, Rn. 16 m.w.N.

0 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung sich ein solcher nicht positiv aus den konkreten Umständen 483 . Der Mangel liegt gewissermaßen nicht „offen". In diesem Falle fehlt die „Offensichtlichkeit". Zusätzlich muß der Mangel von Einfluß auf das Abwägungsergebnis gewesen sein. Das ist er dann, wenn nach den gegebenen Umständen die konkrete Möglichkeit besteht, daß ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre 4 8 4 . Anhand der Planunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände muß sich die Möglichkeit abzeichnen, daß der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluß auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann. Wäre eine Verträglichkeitsprüfung vorgenommen worden und hätte diese ein negatives Ergebnis erbracht, so bestünde gemäß § 19c Abs. 2 BNatSchG ein grundsätzliches Planungsverbot. Die Planung wäre unterblieben oder durch die Verfolgung von Alternativlösungen jedenfalls anders ausgefallen. Doch auch dann, wenn erhebliche Beeinträchtigungen nicht zu erwarten gewesen wären, die Prüfung demnach positiv ausfallen würde, hätte die konkrete Möglichkeit einer anderen Planung bestanden. Denn die von der Verträglichkeitsprüfung geforderte Einbeziehung naturschutzrechtlicher Belange in die Abwägung legt es nahe, daß der Inhalt des Bauleitplans auf die Anforderungen des Naturschutzrechts abgestimmt wird. Zwar folgt in dieser Variante kein Planungsverbot. Die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung hätte jedoch dazu geführt, daß sich die Gemeinde mit den bisher nicht berücksichtigten - Belangen des europäischen Naturschutzrechts kritisch auseinandergesetzt hätte. Eine Planungsmodifizierung wäre daher wahrscheinlich gewesen, wenn auch stets auf die besonderen Gegebenheiten des Einzelfalls zu achten ist. Vergleichbares gilt für die fehlerhaft vorgenommene Verträglichkeitsprüfung. Auch hierbei kann sich die Möglichkeit abzeichnen, daß bei einer ordnungsgemäß durchgeführten Prüfung andere Ergebnisse erzielt worden wären. Diese könnten eine andere Planung erfordern. Allerdings bedarf es genauer Anhaltspunkte, insbesondere deshalb, weil sich die Gemeinde generell des richtigen Verfahrens bedient hat. Die Spielräume für die Annahme einer anderen Planung sind dabei sehr eng. Sie beschränken sich auf die fehlerhaften Verfahrensteile. Doch besteht bei einem Hinzudenken jener Verfahrensbestandteile durchaus die Möglickeit, daß der Bauleitplan in veränderter Form aufgestellt worden wäre. Ungeachtet der Tatsache, daß nur die jeweiligen Umstände des Einzelfalls Aufschluß darüber geben können, ob die Planung anders ausgefallen wäre, darf nicht der hohe Stellenwert der Verträglichkeitsprüfung für die 483 484

Finkelnburg/Ortloff, Öffentliches Baurecht, Bd. 1, S. 187 f. BVerwGE 64, 33 (39); Dolde/Menke, NJW 1996, 2616 (2620).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung

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bauleitplanerische Abwägung übersehen werden. Neben einem möglichen Planungsverbot ist auch auf die differenzierte Ausgestaltung und den speziellen Prüfungsgegenstand der Verträglichkeitsprüfung hinzuweisen. Es spricht somit bei einer unterlassenen oder fehlerhaft durchgeführten Prüfung nach § 19c BNatSchG vieles dafür, daß das Abwägungsergebnis davon beeinflußt wurde. Der genannte Mangel der Abwägung ist demnach erheblich gemäß § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB. Er wird nach § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB nur dann unbeachtlich, wenn er nicht innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans oder der Satzung schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist. b) Planergänzungsverfahren Ein nach §§ 214 Abs. 3 Satz 2, 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB beachtlicher Abwägungsmangel führt nicht automatisch zur Nichtigkeit des Bauleitplans. Zu untersuchen ist vielmehr, ob durch die Anwendung des ergänzenden Verfahrens gemäß § 215a Abs. 1 BauGB eine Heilung dieses Mangels erfolgen kann. aa) Zielsetzung Um der in der Vergangenheit oftmals beklagten Fehleranfälligkeit von Bauleitplänen 485 zu begegnen, wurde durch das BauROG 1998 in Form von § 215a Abs. 1 BauGB ein ergänzendes Verfahren eingefügt. Es ist Kernbestandteil des von der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs 486 aus dem Planfeststellungsrecht weiterentwickelten Grundsatzes der Planerhaltung 487 . Danach sollen vergleichsweise geringfügige Mängel nicht mehr zur Nichtigkeit des Bauleitplans führen, sondern in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können 4 8 8 . Entbehrlich wird dadurch die Durchführung eines gänzlich neuen zeit- und kostenaufwendigen Planaufstellungsverfahrens 489. 485

Hoppe/Henke, DVB1. 1997, 1407; Hoppe, DVB1. 1996, 12 (13). Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.), richt der Expertenkommission zur Novellierung des Baugesetzbuchs vom 28.10.1995, Rn. 98 ff. 487 Hoppe/Henke, DVB1. 1997, 1407 (1409 ff.); Lüers, ZfBR 1997, 231 (238); Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1081); s. bereits Hoppe, DVB1. 1994, 1033 (1041); grundsätzlich ablehnend Bartlsperger, DVB1. 1996, 1 (10 f.); Spannowsky, DÖV 1996, 1017 (1023). 488 Zum Planergänzungsverfahren ausführlich Battis, Öffentliches Baurecht und Raumordnungsrecht, S. 104 ff.; ders., in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215a, Rn. 1 ff. 486

16 Schladebach

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung bb) Anwendungsbereich Nach dem Wortlaut des § 215a Abs. 1 BauGB ist das ergänzende Verfahren auf Mängel der Satzung anwendbar. Es erfaßt wegen des Begriffs „Satzung" alle baurechtlichen Satzungen. Der Vorschlag der Expertenkommission ging hingegen noch von einer Beschränkung der Vorschrift auf Bauleitpläne aus 4 9 0 . Der Begriff „Satzung" schließt außerdem Flächennutzungspläne vom ergänzenden Verfahren aus 4 9 1 . Flächennutzungspläne werden nicht als Satzung verabschiedet. Sie können daher nicht gemäß § 47 VwGO vom Oberverwaltungsgericht für nichtig erklärt werden 4 9 2 . Dadurch ist eine Behebung von Fehlern des Flächennutzungsplans nicht für unzulässig erklärt worden. Nach § 215a Abs. 2 BauGB können die dort aufgeführten verfahrensrechtlichen Fehler auch bei Flächennutzungsplänen behoben werden. In Bezug auf die zu untersuchende Verträglichkeitsprüfung sind diese Bestimmungen jedoch sachlich nicht einschlägig. Darüber hinaus betrifft das ergänzende Verfahren alle nach §§ 214, 215 BauGB nicht unbeachtlichen formellen und materiellen Mängel, soweit nicht ihre Behebbarkeit durch das ergänzende Verfahren wegen der Schwere der Mängel ausgeschlossen i s t 4 9 3 . In diesem Zusammenhang wird eingeschätzt, daß Planungsfehler eher im materiell-rechtlichen Bereich liegen und hierbei wiederum Abwägungsmängel eine herausgehobene Stellung einnehmen 494 . Daraus wird gefolgert, daß Abwägungsmängel besonders häufig Gegenstand des ergänzenden Verfahrens sein werden. cc) Durchführung des ergänzenden Verfahrens Bestimmungen zur Durchführung des ergänzenden Verfahrens enthält § 215a Abs. 1 BauGB nicht. Zur Behebung des Mangels ist deshalb das nach den einschlägigen Vorschriften notwendige Verfahren durchzuführen 4 9 5 . Der Umfang und die Reichweite des Verfahrens richten sich nach der speziellen Beschaffenheit des zu behebenden Mangels. Nur was zu seiner Behebung notwendig ist, muß im ergänzenden Verfahren behandelt und abgewogen werden 4 9 6 . 489

Im Anschluß an BT-Drs. 13/6392, S. 38 s. Friege, ThürVBl. 1998, 73 (79); Schliepkorte, BBauBl 1997, 692 (700); Krautzberger, NVwZ 1996, 1047 (1051). 490 Bericht der Expertenkommission, Rn. 118. 491 Schlichter/Stich, BauGB, § 215a, Rn. 7; Hoppe/Henke, DVB1. 1997, 1407 (1411). 492 BT-Drs. 13/6392, S. 74. 493 Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215a, Rn. 1; Schaber, VB1BW 1998, 161 (163). 494 Hoppe/Henke, DVB1. 1997, 1407 (1411). 495 Schaben VB1BW 1998, 161 (163); Dolde, NVwZ 1996, 209 (211).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 2 Hierdurch wird die Heilung des aufgetretenen Mangels beschleunigt. Von zahlreichen Sachfragen entlastet muß auf diese Weise nicht das ganze Verfahren der Planaufstellung wiederholt werden. Jedoch bleibt der planenden Gemeinde die Möglichkeit unbenommen, eine neue Gesamtabwägung vorzunehmen. Rechtlich notwendig ist eine solche Gesamtabwägung indes nicht 4 9 7 . dd) Grenzen des ergänzenden Verfahrens Die Möglichkeit, durch ein ergänzendes Verfahren Planungsfehler zu beheben, unterliegt Grenzen. Diese sind in § 215a Abs. 1 BauGB nicht ausdrücklich erwähnt, deuten sich jedoch durch die Wortbedeutung „ergänzendes" Verfahren a n 4 9 8 . Von maßgeblicher Bedeutung für die Konkretisierung der Grenzen ist die Struktur der Abwägungsentscheidung. Ausgehend von der Überlegung, daß die bauleitplanerische Abwägung ein einheitlicher Vorgang ist, in dem in einer kompromißhaften Entscheidung zahlreiche wechselseitige Interessen zu einem Ausgleich gebracht werden müssen, erscheint ein ergänzendes Verfahren zunächst als Relativierung dieses Gebots der einheitlichen Planungsentscheidung. Jede Vernachlässigung oder Bevorzugung eines Einzelbelangs teilt sich den übrigen Interessenrelationen mit und ergreift damit die gesamte Abwägung. Die Abwägungsentscheidung würde konturenlos. Angesichts dessen weist der Gesetzentwurf der Bundesregierung zutreffend darauf hin, daß nur solche Fehler bereinigt werden können, die das Grundgerüst der Abwägung nicht betreffen 499 . Das BVerwG bestätigte in einem neueren Urteil diesen Ansatz 5 0 0 . Auch im Schrifttum wird diesem Verständnis einhellig gefolgt: Das ergänzende Verfahren dürfe nicht zu einem grundlegend anderen Bebauungsplan führen 5 0 1 . Systematisch vertiefend sehen Hoppe/Henke 5 0 2 das ergänzende Verfahren als grundsätzlich 496

Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1081); Peine, JZ 1998, 23 (25); Hoppe/Henke, DVB1. 1997, 1407 (1414); Lüers, ZfBR 1997, 231 (238); Dolde, NVwZ 1996, 209 (211); Schlichter/Stich, BauGB, § 215a, Rn. 9. 497 Bericht der Expertenkommission, Rn. 123. 498 Battis , in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215a, Rn. 3 sowie NVwZ 1997, 1145 (1166). 499 BT-Drs. 13/6392, S. 74. 500 BVerwG, ZfBR 1999, 107 (108). 501 So Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 215a, Rn. 3; das „Grundgeriist der Abwägung" bzw. die „Grundzüge der Planung" sehen ebenfalls als Grenze an: Schlichter/Stich, BauGB, § 215a, Rn. 6; Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1081); Friege, ThürVBl. 1998, 73 (79); Schaber, VB1BW 1998, 161 (163); Schliepkorte, BBauBl 1997, 692 (701); Lüers, ZfBR 1997, 231 (238); Dolde, NVwZ 1996, 209 (211). 16

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung zulässige, aber rechtfertigungsbedürftige Ausnahme zum Gebot der Einheitlichkeit der Planungsentscheidung an. Ausscheiden würde ein solches Verfahren immer dann, wenn die Gesamtkonzeption der Planung durch den zu heilenden Fehler betroffen ist und daher bei Durchführung des ergänzenden Verfahrens zur Disposition steht. Allein zulässig seien punktuelle Nachbesserungen bei ansonsten intakter Gesamtplanung. Leidet die Abwägung demnach an einem gravierenden Mangel, der es völlig offen erscheinen läßt, ob der Plangeber bei abwägungsfehletfreier Beschlußfassung an seinem bisherigen Konzept festhält, ist für ein ergänzendes Verfahren kein Raum 5 0 3 . Es fehlt insoweit ein verläßlicher Anknüpfungspunkt für „ergänzende" Abwägungsüberlegungen, die den Bebauungsplan in seiner Identität erhalten sollen. ee) Rechtsfolgen Können Mängel durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden, ist der Bebauungsplan nicht nichtig. Bis zur Behebung der Mängel entfaltet er keine Rechtswirkungen, § 215a Abs. 1 Satz 2 BauGB. Der Bebauungsplan ist schwebend unwirksam 5 0 4 . Um eine entsprechende Entscheidung des Normenkontrollgerichts zu ermöglichen, ist § 47 Abs. 5 VwGO um einen Satz 4 erweitert worden. Danach erklärt das Oberverwaltungsgericht den Bebauungsplan bis zur Behebung der Mängel für nicht wirksam. Überdies bestehen zusätzliche Veröffentlichungspflichten gemäß § 47 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 2, 2. HS VwGO. c) Planergänzungsverfahren

und Verträglichkeitsprüfung

Inwieweit eine unterlassene oder fehlerhaft durchgeführte (notwendige) Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG durch ein ergänzendes Verfahren gemäß § 215a Abs. 1 BauGB geheilt werden kann, bedarf differenzierter Betrachtung. Die Verträglichkeitsprüfung ist in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB integriert und zählt zum Abwägungsmaterial, dessen ordnungsgemäße Zusammenstellung das Gebot gerechter Abwägung erfordert. Deshalb erscheint es grundsätzlich durchaus möglich, einen durch eine unterlassene oder fehlerbehaftete Verträglichkeitsprüfung verkörperten beachtlichen Abwägungsmangel mittels des ergänzenden Verfahrens zu beheben. Fraglich ist, ob hiervon das Grundgerüst der Abwägung als 502

DVB1. 1997, 1407 (1412). Schaben VB1BW 1998, 161 (163); Finkelnburg/Ortlojf, Öffentliches Baurecht, Bd. 1, S. 190. 504 BT-Drs. 13/6392, S. 74; Friege, ThürVBl. 1998, 73 (79); Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, 1145 (1166). 503

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung Grenze des ergänzenden Verfahrens betroffen wird. Dabei ist zwischen einer gänzlich fehlenden und einer lediglich fehlerhaft durchgeführten Verträglichkeitsprüfung zu unterscheiden. Wurde eine Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG nicht vorgenommen, finden deren planungsrelevanten Aussagen keinen Eingang in die umfassende bauleitplanerische Abwägung. Belange des Naturschutzrechts können dann lediglich über die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung in der Abwägung berücksichtigt werden. Dies genügt den Anforderungen der von der FFH-RL eingeführten Verträglichkeitsprüfung jedoch keinesfalls. Das detailliert ausgestaltete naturschutzrechtliche Prüfverfahren soll nach § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB in das Bauplanungsrecht einbezogen werden und dort seine Wirkungen beibehalten. Diese können in einem Verbot der Bauleitplanung oder einer veränderten Gestaltung des Planinhalts bestehen. Damit sind diese Rechtswirkungen für die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB von maßgeblicher Bedeutung. Bei ordnungsgemäßer Vornahme der Verträglichkeitsprüfung würde sich die Gesamtplanung stark an dem Prüfungsergebnis ausrichten. Vorbehaltlich besonders gelagerter Umstände der konkreten Planungssituation wird daher das Grundgerüst der bauleitplanerischen Abwägung wegen des weitreichenden Einflusses der Prüfung betroffen. Bei ihrer Nachholung geht es nicht um punktuelle Nachbesserungen des Bebauungsplans, sondern um eine Neufestlegung seines Inhalts. In dieser Konstellation ist das ergänzende Verfahren deshalb nicht anwendbar. Der Bebauungsplan ist nichtig. Anderes wird bei einer fehlerhaft durchgeführten Verträglichkeitsprüfung zu gelten haben. In diesem Falle wurde das Ergebnis der Prüfung in die Abwägung eingestellt und dort entsprechend berücksichtigt. Zwar traten bei seiner Ermittlung Fehler auf. Diese können, müssen aber nicht zu einem falschen Ergebnis geführt haben. Entscheidend dürfte jedoch sein, daß das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfimg Niederschlag in der Abwägung gefunden hat. Sie ist im Gegensatz zur ersten Fallvariante von der Prüfung schon beeinflußt. Ein Nachholen der zunächst fehlerhaft vorgenommenen Verfahrensschritte wird das Grundgerüst der geleisteten Abwägung somit nicht zerstören. Die Gesamtplanung wird intakt bleiben, es sei denn, die aufgetretenen Verfahrensmängel sind so schwerwiegend, daß ein Nachholen die Realisierung der ursprünglichen Plankonzeption nicht mehr zuläßt. In der Regel wird jedoch eine Heilung i m Wege des ergänzenden Verfahrens möglich sein. Bis zu diesem Zeitpunkt entfaltet der Bebauungsplan keine Rechtswirkungen, § 215a Abs. 1 Satz 2 BauGB. d) Ergebnis Eine unterlassene oder fehlerhaft durchgeführte Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG stellt einen beachtlichen Abwägungsmangel nach

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung §§ 214 Abs. 3 Satz 2, 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB dar. Im Gegensatz zu einer nicht vorgenommenen kann die fehlerhaft ausgeführte Verträglichkeitsprüfung bei Bebauungsplänen durch ein ergänzendes Verfahren nach § 215a Abs. 1 BauGB geheilt werden. 8. Ergebnis Die Verträglichkeitsprüfung, auf deren Berücksichtigung § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB verweist, nimmt größeren Einfluß auf die bauleitplanerische Abwägung als die UVP. Die materiellen Vorgaben für die Anwendung der Verträglichkeitsprüfung in der Bauleitplanung ergeben sich aus § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB i.V.m. §§ 19d Satz 2, 19c BNatSchG. Hinsichtlich der vorzunehmenden Prüfungsschritte kann wegen inhaltlicher Unterschiede weder auf die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung noch auf die UVP zurückgegriffen werden. Deswegen wurde ein eigener Vorschlag unterbreitet. Ein negatives Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung führt nach § 19c Abs. 2 BNatSchG zu einem grundsätzlichen Verbot des Bauleitplans, das in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB nicht überwunden werden kann. Dies ist Ausfluß des in Bezug auf die Integration des europäischen Umweltrechts bestehenden Grundsatzes der Geltungserhaltung. Danach nehmen die umweltrechtlichen Prüfungsverfahren genau mit dem rechtlichen Gehalt Einfluß auf die bauleitplanerische Abwägung, den sie auch im jeweiligen Fachgesetz besitzen. Die durch § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB erfolgte Integration des europäischen Naturschutzrechts in die Bauleitplanung führt daher zu keinem Bedeutungsverlust seiner Bestimmungen. Die bauleitplanerische Abwägung wandelt sich insoweit zu einer Zulassungsentscheidung nach § 19c BNatSchG. Jedoch sind bei negativem Prüfungsergebnis in engem Umfang Ausnahmemöglichkeiten normiert, bei deren Vorliegen ein naturschutzrechtlich unverträglicher Bauleitplan trotzdem zugelassen werden kann. Die Voraussetzungen dieser Ausnahmen regelt die in den §§ 19a ff. BNatSchG umgesetzte FFH-RL in § 19c Abs. 3 bis 5 BNatSchG selbst. Sie weisen einen hohen Differenzierungsgrad auf. Sowohl Flächennutzungspläne als auch Bebauungspläne können aufgrund der Ausnahmeregelungen zugelassen werden. Die unterlassene oder fehlerhafte (notwendige) Verträglichkeitsprüfung stellt einen beachtlichen Abwägungsmangel dar. Eine Heilung durch das neu eingeführte ergänzende Verfahren nach § 215a Abs. 1 BauGB kommt nur für Bebauungspläne in Betracht. Während auf diesem Wege eine fehlerhaft durchgeführte Verträglichkeitsprüfung nachträglich ergänzt und damit der Abwägungsmangel behoben werden kann, scheidet diese Heilungsmög-

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung lichkeit bei einem Unterlassen der Prüfung aus. Die Ergänzungsfunktion des Verfahrens wäre nicht mehr gewahrt. Der Bebauungsplan ist in diesem Falle nichtig.

III. Ergebnis Die Regelungen der FFH-RL nehmen in zwei Formen unterschiedlicher Intensität Einfluß auf das Recht der Bauleitplanung. § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB knüpft an das Potential der Bauleitpläne an, durch bestimmte Darstellungen oder Festsetzungen die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete zu unterstützen. Weist ein Plan eine derartige Beschaffenheit auf, müssen die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck in der bauleitplanerischen Abwägung unterstützend und fördernd berücksichtigt werden. Sie bleiben hier jedoch abwägungsdirigiert. Die Prüfung nach der FFH-Richtlinie gemäß § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB, im Rahmen derer die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c Abs. 1 BNatSchG im Planaufstellungsverfahren durchzuführen ist, ähnelt dem Verfahren der UVP, reicht in den Rechtsfolgen allerdings weiter. Sie konkretisiert die Belange des europäischen Naturschutzrechts und bestimmt deren Bedeutung auch für das Bauplanungsrecht. Ihre Rechtsfolgen setzen sich in der bauleitplanerischen Abwägung durch. Sichergestellt wird dadurch, daß die naturschutzrechtlichen Interessen ihrer Bedeutung durch Abwägung mit anderen planungsrechtlichen Belangen nicht verlustig gehen. Überdies wird durch die Einführung der - sachlich begrenzten - Verträglichkeitsprüfung ein weiterer Schritt hin zu einer generellen Prüfung von Plänen auf Umweltverträglichkeit unternommen. Beide in § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB geregelten Berücksichtigungsformen gewährleisten, daß die Anforderungen der FFH-RL soweit in die Bauleitplanung einbezogen werden, wie sie sich auf diese auswirken können. Das Recht der Bauleitplanung gewinnt durch die Integration des europäischen Naturschutzrechts weiter an Qualität. Es wurde umfassender ausgestaltet, was zur Folge hat, daß die Planungstätigkeit der Gemeinden anspruchsvoller wird. Gleichzeitig reagiert es damit auf aktuelle europäische Tendenzen. Durch deren Aufnahme stellt das BauGB nunmehr ein Planungsprogramm zur Verfügung, mit Hilfe dessen die Regelung der bauplanungsrechtlich relevanten Anforderungen des europäischen Naturschutzrechts angemessen bewältigt werden kann. Darüber hinaus wird durch die in die Bauleitplanung integrierte Prüfung nach der FFH-Richtlinie - wie schon bei der UVP gemäß § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB - verdeutlicht, wie der in jüngster Zeit verstärkt diskutierte innovative Ansatz des „integrierten" bzw. „integrativen" Umweltrechts 505 in der

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Gesetzgebung umgesetzt werden kann. Auch in dieser Hinsicht kommt dem BauGB deshalb eine Vorbildfunktion zu.

F. Einfluß der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie auf die kommunale Bauleitplanung im Entwurf zum Umweltgesetzbuch Wie schon das Verhältnis der UVP zur Bauleitplanung sind auch die generellen Anforderungen des durch die beiden Richtlinien verkörperten europäischen Naturschutzrechts und speziell ihre Bezüge zum Recht der Bauleitplanung im UGB-KomE geregelt worden. Der Anfang 1998 veröffentlichte Entwurf zum U G B 5 0 6 beinhaltet ein Umsetzungskonzept der FFH-RL und der Vogelschutz-RL, das zeitlich vor dem Inkrafttreten der zur Richtlinienumsetzung erlassenen Teilnovelle des BNatSchG am 9.5.1998 entwickelt wurde. Die Besonderheit dieses Umsetzungsvorschlags liegt neben dem zeitlichen Moment in der systematischen Einbindung der Regelungen in die Kodifizierung eines Umweltgesetzbuches 507 . Die Vorschriften der FFH-RL und der Vogelschutz-RL enthalten die §§ 248, 279 ff. UGB-KomE. Hierdurch soll eine ordnungsgemäße Richtlinienumsetzung erfolgen. Deshalb steht zu erwarten, daß sich im Hinblick auf die grundsätzlichen Fragen der Errichtung des europaweiten Schutzgebietssystems und des diesbezüglich angeordneten Gebietsschutzes im wesentlichen die gleichen Regelungen wie in den derzeit geltenden §§ 19a ff. BNatSchG finden. Ähnliches wird für die Bezüge zum Recht der Bauleitplanung gelten. Denn sowohl verfahrensmäßig als auch inhaltlich setzen die EG-Richtlinien als beeinflussendes Recht und das nationale Bauleitplanungsrecht als beeinflußte Rechtsmaterie den Umsetzungsaktivitäten des Gesetzgebers klare Grenzen. Allenfalls in Detailfragen könnten schon neuere planungsrechtliche Tendenzen berücksichtigt oder bislang diskutierte Streitstände einer Lösung durch Kodifizierung im UGB zugeführt worden sein. Parallel zur Darstellung der gegenwärtig geltenden Regelungen der §§ 19a ff. BNatSchG soll untersucht werden, wie der UGB-KomE das Verhältnis von europäischem Naturschutzrecht zum Recht der Bauleitplanung ausgestaltet. 505

Dazu Di Fabio , NVwZ 1998, 329 ff.; Röckinghausen, Integrierter Umweltschutz im EG-Recht, 1998, S. 1 ff., 37 ff.; kritisch etwa Schink, ZfBR 1998, 284 (290). 506 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, 1998; dazu insbes. Kloepfer/Durner, DVB1. 1997, 1081 ff.; weiterhin Storm, NVwZ 1999, 35 ff.; Schink, DÖV 1999, 1 ff.; Schmidt, ZUR 1998, 277 ff. 507 Zum Anliegen eines UGB s. bereits S. 138.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung I. Errichtung des Schutzgebietssystems „Natura 2000" Das Verfahren zur Festlegung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und von Europäischen Vogelschutzgebieten ist in § 279 UGB-KomE bestimmt. 1. Verfahren der Gebietsfestlegung Gemäß § 279 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE wählen die Länder die Gebiete aus, die in die mitgliedstaatliche Vorschlagsliste nach Art. 4 Abs. 1 FFHRL aufgenommen werden sollen. Wie in § 19b Abs. 1 Satz 2 BNatSchG ist dem B M U dabei ein Beteiligungsrecht eingeräumt. Dieses ist auf das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau erweitert worden. Das B M U leitet die Vorschlagsliste an die EG-Kommission weiter. Von ihr wird nach dem bereits beschriebenen Verfahren die Gemeinschaftsliste nach Art. 4 Abs. 2 UAbs. 3 FFH-RL erstellt und den Mitgliedstaaten übersandt. Anschließend gibt das B M U die in die Gemeinschaftsliste eingetragenen Gebiete gemäß § 280 UGB-KomE im Bundesanzeiger bekannt. Die Länder erklären nach § 279 Abs. 2 Nr. 1 UGB-KomE die in der Gemeinschaftsliste aufgeführten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung so schnell wie möglich, spätestens binnen sechs Jahren nach Bekanntgabe der Liste zu Naturschutzgebieten im Sinne von § 272 UGB-KomE. Sie sind außerdem verpflichtet, Regelungen zu erlassen, um diese Gebiete und die Konzertierungsgebiete nach Art. 5 FFH-RL bis zur Rechtswirksamkeit der Schutzgebietsverordnung einstweilig sicherzustellen (§ 279 Abs. 4 UGB-KomE). Die von den Ländern ausgewählten und über das B M U der EG-Kommission benannten Vogelschutzgebiete werden gemäß § 279 Abs. 2 Nr. 2 UGB-KomE ebenfalls zu Naturschutzgebieten erklärt 5 0 8 . Von Bedeutung ist die damit einhergehende Einschränkung der rechtlichen Möglichkeiten zur nationalen Schutzgebietsausweisung. Die derzeit geltende Bestimmung in §§ 19b Abs. 2 i.V.m. 12 Abs. 1 BNatSchG sieht grundsätzlich das gesamte Spektrum von naturschutzrechtlichen Festsetzungen vor. Wie dargestellt, ist jedoch nur ein Teil davon in der Lage, die Anforderungen an die Ausweisung besonderer Schutzgebiete zu erfüllen. Die von § 279 Abs. 2 Satz 1 UGB-KomE geforderte Erklärung zum Naturschutzgebiet engt die gestalterischen Möglichkeiten der Länder zur Ausweisung zwar ein.* Jedoch ist das Naturschutzgebiet die strengste Form der Unterschutzstellung von Gebieten. In der Begründung wird dazu hervorgehoben, daß allein diese Schutzkategorie dem besonderen ökologischen Wert der 508 S. oben auch die Überlegungen zu einem Prüfungsrecht der Kommission bezüglich der Gebietsauswahl, S. 157; außerdem EuGH, Urt. v. 19.5.1998 - Rs. C-3/96 - , DVB1. 1998, 888 - Kommission/Niederlande; dazu Iven, NuR 1998,528 ff.

2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Gebiete entspricht 509 . Der Naturschutz wird infolge dessen erheblich gefördert. In der Erklärung zum Naturschutzgebiet sind die für das Gebiet geltenden Erhaltungsziele gemäß § 279 Abs. 3 Satz 1 UGB-KomE näher zu bestimmen. Eine derartige Verpflichtung ist gegenwärtig in § 19b Abs. 3 Satz 1 BNatSchG geregelt. Sie folgt aus dem Bedürfnis nach gebietsspezifischer Rechtsklarheit. Die exakte Bestimmung der Erhaltungsziele für das jeweilige Gebiet ist insbesondere deshalb wichtig, weil sie den Maßstab für die Verträglichkeitsprüfung nach § 282 UGB-KomE und damit für die Zulässigkeit von Vorhaben und Plänen gemäß §§ 283, 285 UGB-KomE bildet 5 1 0 . Neu gegenüber der Regelung der §§ 19a ff. BNatSchG ist die Kennzeichnungspflicht der ausgewiesenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Vogelschutzgebiete in § 279 Abs. 5 UGB-KomE. Damit sich die an Planungen Beteiligten auf die besondere Qualität des Gebietes einstellen können, ist zu einer solchen Kennzeichnungspflicht derzeit eine entsprechende Anwendung des § 19 BNatSchG geboten. In Zukunft würde diese Verpflichtung unmittelbar aus dem Gesetz folgen. Das Nähere soll eine Rechtsverordnung regeln. 2. Auswahlkriterien Kriterien, nach denen die Länder die Gebietsauswahl vorzunehmen haben, nennt § 279 UGB-KomE nicht ausdrücklich. Durch den Bezug auf die mitgliedstaatliche Vorschlagsliste nach Art. 4 Abs. 1 FFH-RL in § 279 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE ist jedoch erkennbar, daß die in Art. 4 Abs. 1 i . V . m . Anhang Π Ι der FFH-RL aufgeführten Kriterien für die Auswahl der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung anzuwenden sind. Bei der Bestimmung der Auswahlkriterien für Vogelschutzgebiete muß auf die Vorschriften über die - der Auswahl nachfolgenden - Unterschutzstellung zurückgegriffen werden. Nach § 279 Abs. 2 Nr. 2 UGB-KomE sind Gebiete im Sinne von Art. 4 Abs. 1 und 2 Vogelschutz-RL von den Ländern ebenfalls als Naturschutzgebiete auszuweisen. Art. 4 Abs. 1 und 2 i . V . m . Anhang I der Vogelschutz-RL enthalten die maßgeblichen Kriterien für die Gebietsauswahl. Nur bei ihrem Vorliegen können die Länder der EG-Kommission Vogelschutzgebiete benennen. Nach einer Prüfung auf Vollständigkeit und sachliche Einschlägigkeit der Auswahlkriterien durch die EG-Kommission weisen die Länder diese bestätigten Gebiete als Naturschutzgebiete aus. 509

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 929. BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 9 .

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 251 3. Ergebnis Neben einigen der Praktikabilität dienenden Klarstellungen (besondere Verfaßtheit der Schutzgebietserklärung, besondere Kennzeichnungspflicht) ist die augenfälligste Neuerung, daß Gebiete des europäischen Naturschutzrechts ausschließlich als Naturschutzgebiete auszuweisen sind. Die Auswahlkriterien für Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 FFH-RL und für Vogelschutzgebiete aus Art. 4 Abs. 1 und 2 Vogelschutz-RL. Sie sind folglich mit den aufgrund der derzeitigen Rechtslage anzuwendenden Auswahlkriterien identisch.

I I . Konzeption des Gebietsschutzes Schwerpunkt des Gebietsschutzes ist die Ausweisung besonderer Schutzgebiete als Naturschutzgebiete. Unterstützt wird diese Konzeption von verschiedenen Einzelinstrumenten. 1. Vorläufiger Gebietsschutz Die Länder haben nach § 279 Abs. 4 Satz 1 UGB-KomE gesetzliche Verbote oder sonstige Regelungen zum vorläufigen Schutz der Gebiete zu erlassen, die als besondere Schutzgebiete vom B M U nach § 280 UGBKomE bekanntgemacht worden sind. Diese Vorschriften sollen Sorge dafür tragen, daß die Gebiete bis zur Rechtswirksamkeit der Schutzgebietserklärung einstweilig sichergestellt werden. A m vorläufigen Gebietsschutz sollen aufgrund von § 279 Abs. 4 Satz 2 UGB-KomE auch die Konzertierungsgebiete nach Art. 5 FFH-RL teilhaben. Abweichungen gegenüber § 19b Abs. 5 BNatSchG sind damit nicht verbunden. 2· Vertragsnaturschutz § 279 Abs. 3 Satz 2 UGB-KomE sieht vor, daß erforderliche Nutzungsbeschränkungen für die Gebiete auch vertraglich vereinbart werden können. Zu denken ist insbesondere an Vereinbarungen zwischen der Naturschutzbehörde und dem Eigentümer oder Pächter bestimmter Gebietsteile, durch die die Nutzungsberechtigten im Hinblick auf die Nutzung einzelner Flächen eingeschränkt werden. Ist eine Nutzungsbeschränkung durch Vertrag regelbar, so können auf diesem Wege erst recht Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen für das Gebiet vereinbart werden, zu denen sich der Nutzungsberechtigte verpflichtet 511 . Das erhöht die Akzeptanz einzelner Beschränkungen und stellt gleichzeitig eine geringere Belastung des Nut51

B M U (Hrsg.), UGB-KomE, S. 9 3 .

252 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung zungsberechtigten dar. Entscheidendes Ziel solcher Maßnahmen muß jedoch stets sein, daß sie zur Erreichung des in der Schutzgebietserklärung bezeichneten Schutzzwecks des Gebietes ausreichend sind. Bei einem Vergleich mit dem entsprechenden § 19b Abs. 4 BNatSchG fällt der Unterschied in der Erforderlichkeit der Schutzgebietserklärung neben Maßnahmen des Vertragsnaturschutzes auf. Kann derzeit bei einem gleichwertigen Schutz der Natur aufgrund vertraglicher Vereinbarungen eine Unterschutzstellung und damit der Erlaß einer Schutzgebietsverordnung unterbleiben, so ist nach dem Ansatz des UGB-KomE eine Schutzgebietserklärung in jedem Fall erforderlich. Das Gesetz enthält keine Bestimmung über die Entbehrlichkeit einer Schutzgebietsverordnung. § 279 Abs. 3 Satz 2 UGB-KomE regelt die Möglichkeit vertraglicher Vereinbarungen über einzelne konkrete Nutzungsbeschränkungen 512 . Der Stellenwert des vertraglichen Naturschutzes wird insoweit zurückgedrängt. 3. Grundsätze des gemeinschaftsrechtlichen Naturschutzes Dem UGB-KomE liegt darüber hinaus der Gedanke zugrunde, wesentliche Aussagen des EG-Naturschutzrechts zusammenzufassen, sie als Grundsätze aus den eigentlichen Regelungen der §§ 279 ff. UGB-KomE herauszulösen und sie in den Teil der allgemeinen Vorschriften über den Naturschutz als § 248 UGB-KomE zu integrieren 513 . In Form von Programmsätzen wird die Förderung der Errichtung des Schutzgebietsnetzes „Natura 2000" verlangt, die Wahrung seines Zusammenhaltes, die Verbesserung seines Erhaltungszustandes und die Überwachung desselben. Soweit die Naturschutzbehörden mit Fragen des europäischen Naturschutzrechts konfrontiert werden, haben sie ihrer Tätigkeit diese Grundsätze zugrunde zu legen. 4. Verträglichkeitsprüfung Die herausgehobene Bedeutung, die der Verträglichkeitsprüfung innerhalb der FFH-RL und den §§ 19a ff. BNatSchG zukommt, findet sich auch im UGB-KomE wieder. § 282 UGB-KomE schreibt für schutzgebietsbedeutsame Vorhaben eine Prüfung der Schutzgebietsverträglichkeit (Verträglichkeitsprüfung) vor. Sie soll die möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck besonderer Schutzgebiete ermitteln. Fragen der Zulässigkeit des schutzgebietsbedeutsamen Vorhabens sowie einzelne Verfahrensfragen werden von §§ 283 f. UGB-KomE festge512 513

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 931. BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 880.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 253 legt. § 285 UGB-KomE erfaßt schutzgebietsbedeutsame Pläne, wozu nach § 285 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE unter anderem Bauleitpläne zählen. Für die aufgeführten Pläne wird die entsprechende Geltung der Vorschriften über die Verträglichkeitsprüfung angeordnet. Die Regelungstechnik hinsichtlich der Verträglichkeitsprüfung bei Bauleitplänen entspricht somit dem Verweis des § 19d Satz 2 auf § 19c BNatSchG. 5. Ergebnis Die Konzeption des Gebietsschutzes gemäß §§ 248, 279 ff. UGB-KomE stimmt mit den Regelungen der §§ 19a ff. BNatSchG weitgehend überein.

Ι Π . Prüfungsunterworfene Bauleitpläne Die Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist von § 285 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE für Bauleitpläne angeordnet. Danach gelten §§ 282-284 UGB-KomE entsprechend. 1. Arten der Bauleitpläne Mit dem Begriff Bauleitplan sind sowohl Flächennutzungspläne als auch Bebauungspläne vom Anwendungsbereich der Norm erfaßt. Zu den Bebauungsplänen zählt auch der vorhabenbezogene Bebauungsplan. Der UGBKomE führt zwar in § 285 Abs. 1 Satz 1 die Satzung über den Vorhabenund Erschließungsplan nach § 7 BauGBMaßnG extra auf. Das das BauGB zum 1.1.1998 ändernde BauROG hat jedoch diese ursprünglich zeitlich befristete Planungsart ins Dauerrecht in § 12 BauGB übernommen und zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan fortentwickelt 514 . Nach § 285 Abs. 1 Satz 4 UGB-KomE unterfallen auch planfeststellungsersetzende Bebauungspläne den §§ 282 bis 284 UGB-KomE. 2. Belegenheit Von § 285 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE werden Bauleitpläne erfaßt, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebietes beeinflußt wird und die die Nutzung eines Schutzgebiets oder seiner Umgebung maßgeblich prägen 5 1 5 . Die Vorschrift geht 514 Stich, WiVerw 1999, 22 ff.; Turiaux, NJW 1999, 391 ff.; Menke, NVwZ 1998, 577 ff.; Reidu BauR 1998, 909 ff.; außerdem Dolde/Menke, NJW 1999, 1070 (1082). 515 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 934.

254 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung damit von einem weiten Verständnis der Pläne aus. Für eine Verträglichkeitsprüfung kommen demnach Bauleitpläne in Betracht, deren Geltungsbereich sich auf das Schutzgebiet selbst oder auf seine Umgebung erstreckt. 3. Schutzgebietsbedeutsamkeit Der Umfang der auf Schutzgebietsverträglichkeit zu prüfenden Bauleitpläne wird jedoch eingeschränkt. Nicht jeder Bauleitplan, dessen Geltungsbereich lediglich einen räumlichen Bezug zu einem Schutzgebiet aufweist, unterliegt dem Prüfungsverfahren. Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL verlangt ein bestimmtes Beeinträchtigungspotential der Pläne, um die Pflicht zur Verträglichkeitsprüfung auszulösen. Diesen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben muß zur Wahrung der Richtlinienkonformität auch die Interpretation der §§ 279 ff. UGB-KomE genügen. Die erforderliche Abgrenzung ergibt sich aus der Überschrift des § 285 UGB-KomE. Es muß sich um „schutzgebietsbedeutsame" Pläne handeln. Was unter diesem Begriff zu verstehen ist, folgt aus § 281 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE. Danach ist ein Plan schutzgebietsbedeutsam, wenn er nachteilige Auswirkungen auf ein nach § 280 UGB-KomE bekanntzumachendes Gebiet, d.h. ein in die Gemeinschaftsliste aufgenommenes Schutzgebiet, haben kann. Zu betonen ist die Verschärfung, die aus dieser Regelung folgt. Derzeit wird die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen eines Plans für ein besonderes Schutzgebiet (§ 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG) für die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung verlangt. Aufgrund der Definition des § 281 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE ist diese Schwelle zugunsten des Naturschutzes abgesenkt. Die Möglichkeit lediglich nachteiliger Auswirkungen des Bauleitplans auf ein besonderes Schutzgebiet ist künftig ausreichend 516 . Hierin liegt ein Zugewinn für den Naturschutz. 4. Kumulationswirkungen Nach § 281 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE kann die Schutzgebietsbedeutsamkeit auch aus einem Zusammenhang mit anderen Vorhaben resultieren. Diese Bestimmung entspricht § 19a Abs. 2 Nr. 9 BNatSchG: Ein Bauleitplan, der für sich genommen keine nachteiligen Auswirkungen auf ein Gebiet erwarten läßt, kann im Zusammenwirken mit anderen - ebenfalls selbst nicht beeinträchtigenden - Plänen oder Vorhaben nachteilige Auswirkungen hervorrufen. Die Schutzgebietsbedeutsamkeit des Bauleitplans folgt dann erst aus dieser Kumulationswirkung.

5

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 9 .

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 255 5. Ergebnis Der Verträglichkeitsprüfung nach §§ 282 bis 284 UGB-KomE sind alle Bauleitpläne zu unterziehen, die, auch im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Vorhaben, nachteilige Auswirkungen auf ein nach § 280 UGBKomE bekanntzumachendes besonderes Schutzgebiet haben können. Diese Regelung ist infolge "des festgelegten geringeren Beeinträchtigungspotentials der Bauleitpläne restriktiver als in §§ 19a ff. BNatSchG. I V . Bedeutung für die Bauleitplanung Nach der Darstellung der Eckpunkte des Verhältnisses zwischen dem europäischen Naturschutzrecht und dem Recht der Bauleitplanung ist nun die Integration der EG-rechtlichen Vorgaben in § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB in den Blick zu nehmen. Erforderlich ist zunächst eine sprachliche Anpassung von § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB und den §§ 279 ff. UGB-KomE, die nachfolgend an den entsprechenden Ebenen des § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB vorgenommen wird. Die zentrale Frage ist jedoch die nach dem künftigen Regelungsmechanismus zwischen dem BauGB und dem künftig geltenden UGB in Form des UGBKomE. Das öffentliche Baurecht und damit auch das Recht der Bauleitplanung wird nach dem Inkrafttreten des UGB im Jahr 2000 weiterhin im Baugesetzbuch geregelt sein. Zwar beeinflußt es seinerseits mit zahlreichen Vorschriften die Gestaltung der Umwelt. Enge Berührungspunkte bestehen neben dem Naturschutzrecht unter anderem auch zum Bodenschutz- bzw. Landschaftspflegerecht. Jedoch wurde im UGB-KomE auf die Eigenständigkeit des Rechtsgebiets Baurecht hingewiesen und eine Einbeziehung insgesamt oder wesentlicher Teile ausdrücklich abgelehnt 517 . Das UGB tritt an die Stelle sämtlichen Umweltrechts. Die §§ 279 ff. UGB-KomE übernehmen künftig somit die Funktion der gegenwärtig geltenden §§ 19a ff. BNatSchG. Die materiellen Vorschriften über die Erforderlichkeit und die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung bei Bauleitplänen verbleiben im fachgesetzlichen Naturschutzrecht. Dieses hat mit den §§ 279 ff. UGB-KomE lediglich eine andere Form angenommen. § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB verweist auf die Bestimmungen des Naturschutzrechts über die Prüfung nach der FFH-Richtlinie. Die Norm enthält den Extrakt dessen, was materiell umfassend im Naturschutzrecht verankert und zu prüfen ist. Unverändert bleibt die Hinweisfunktion von § l a Abs. 2 517 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 93; Storm , NVwZ 1999, 35 (37); Schmidt, ZUR 1998, 277 (278); Schweikl, BB 1997, 2123 (2126); Sendler, NVwZ 1996, 1145 (1147).

256 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Nr. 4 BauGB, die die Gemeinde während des PlanaufstellungsVerfahrens an die Beachtung der Anforderungen des EG-Rechts erinnern soll. Festzuhalten ist, daß der grundsätzliche Regelungsmechanismus zwischen dem Recht der Bauleitplanung und dem europäischen Naturschutzrecht nach dem Inkrafttreten des UGB gleich bleibt. Soweit die planende Gemeinde zur Auffassung gelangt, die in § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB aufgeführten Voraussetzungen seien erfüllt, hat sie die Regelungen des UGB anzuwenden und dem weiteren Fortgang des Planaufstellungsverfahrens zugrunde zu legen. Mit dem Wechsel vom BNatSchG zum UGB wird nur die Bezugsmaterie des § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB ausgetauscht. 1. Erhaltungsziele oder Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete, § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB Im Hinblick auf die Berücksichtigung der Erhaltungsziele oder der Schutzzwecke der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB kann im wesentlichen auf die Darstellung im Rahmen der §§ 19a ff. BNatSchG verwiesen werden. Danach sind sie in die bauleitplanerische Abwägung dann einzustellen und gegen andere Belange abzuwägen, wenn sie durch bestimmte Darstellungen oder Festsetzungen des Bauleitplans unterstützt werden können. Einige Aspekte sind indessen hervorzuheben: a) Anpassung des Wortlauts Der Wortlaut des § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB ist an das UGB anzupassen. Die Worte „ i m Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes" sind durch die Worte „ i m Sinne des Umweltgesetzbuches" zu ersetzen. b) Inhalt und Festlegung Derzeit von § 19b Abs. 3 Satz 1 BNatSchG geregelt, ist die nähere Bestimmung der für das jeweilige Schutzgebiet geltenden Erhaltungsziele in § 279 Abs. 3 Satz 1 UGB-KomE festgelegt. Sie erfolgt in der Schutzgebietserklärung durch Angabe des Schutzzwecks (§ 271 Abs. 2 Satz 1 UGBKomE). Für die ordnungsgemäße Einbeziehung der Erhaltungsziele oder des sie konkretisierenden Schutzzwecks in das Verfahren der Aufstellung von Bauleitplänen ist eine genaue Bezeichnung unabdingbar. Denn zur Beantwortung der Frage, ob der aufzustellende Bauleitplan durch Darstellungen oder Festsetzungen einen Beitrag zur Förderung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks eines besonderen Schutzgebiets leisten kann, muß die Gemeinde auf verläßliche und eindeutige Aussagen des Naturschutz-

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 257 rechts zurückgreifen können. Erst dann ist sie in der Lage zu entscheiden, ob bestimmte Darstellungen oder Festsetzungen so getroffen werden können, daß sie die aufgeführten Ziele oder Zwecke unterstützen.

c) Bedeutung für die Abwägung Hat die Gemeinde ein Unterstützungspotential des in Aufstellung befindlichen Bauleitplans ermittelt, so sind die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck für die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB berücksichtigungsfähig und in dieselbe einzustellen. Anschließend bedurfte der Klärung, ob sie dort mit einem Vorrang gegenüber anderen abwägungserheblichen Belangen zu behandeln sind. Für die geltende Rechtslage wurde das verneint. Fraglich ist, ob § 9 Satz 2 UGB-KomE diesbezüglich eine Änderung bewirken kann. Danach ist den Schutzgütern des UGB in Abwägungsentscheidungen ein ihrer herausgehobenen Bedeutung entsprechendes Gewicht beizumessen 518 . Der Bedeutungsgehalt von § 9 Satz 2 UGB-KomE ist unter Zusammenschau mit dem Satz 4 zu ermitteln. Hieraus folgt, daß auch anderen Belangen als Umweltbelangen in Abwägungsentscheidungen Vorrang eingeräumt werden kann, was jedoch zur Vornahme von Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet. Dies relativiert die Aussage des § 9 Satz 2 UGB-KomE. Konstruiert wird hiervon nur ein relativer Abwägungsvorrang, der - wie Satz 4 zeigt - i n der konkreten Planungssituation auch zugunsten anderer Planungsbelange ausfallen kann. § 9 Satz 2 UGB-KomE .verhilft den Umweltbelangen, d.h. den berücksichtigungsfähigen Erhaltungszielen oder Schutzzwecken, nur zu einem relativen, nicht jedoch abstrakten Vorrang in der Abwägung 5 1 9 . Damit bleiben sie wie bisher abwägungsdirigiert. Ein Vorrang für bauleitplanerische Abwägungsentscheidungen könnte sich überdies aus § 9 Satz 3 UGB-KomE ergeben. Danach ist den Umweltbelangen Vorrang einzuräumen, sofern eine wesentliche und dauerhafte Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts droht. Die Konzeption des § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB geht davon aus, daß Darstellungen oder Festsetzungen so verfaßt sind, daß sie die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck unterstützen und zu deren besserer Verwirklichung beitragen können. § 9 Satz 3 UGB-KomE liegt eine andere Sichtweise zugrunde. Hier geht es darum, daß schon die beabsichtigte Planung selbst den Naturhaushalt in intensiver Form zu beeinträchtigen droht. Bauplanungsrechtliche Darstellungen oder Festsetzungen sind damit von vornherein nicht in der Lage, unterstützend hinsichtlich der Belange des Naturschutzrechts wirken 518 BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 461; Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (190); Miehlen DVB1. 1999, 816 (819 f.). 519 Schink, DÖV 1999, 1 (4). 17 Schladebach

258 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung zu könnerj, Sie selbst bilden eine Beeinträchtigungsgefahr. § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB spricht jedoch naturschutzfördernde Darstellungen oder Festsetzungen an. Nur wenn diese offen für Erhaltungsziele oder Schutzzwecke sind, hat die Einstellung letzterer in die Abwägung zu erfolgen. § 9 Satz 3 UGB-KomE ist deshalb auf diese Fallgestaltungen nicht anwendbar. Ein Vorrang der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB besteht nach dem Inkrafttreten des UGB somit nicht. Obwohl die Gemeinde bei Aufstellung eines Bauleitplans die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck eines besonderen Schutzgebiets durch bestimmte Darstellungen oder Festsetzungen unterstützen könnte, sind die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck abwägungsdirigiert. Wie bei anderen Planungsbelangen ist allein die Beschaffenheit der konkreten Planungssituation maßgebend, ob im Einzelfall ein Vorrang anzuerkennen ist. Im übrigen verbleibt es bei dem hergebrachten Charakter der Abwägungsentscheidung.

d) Ergebnis Der UGB-KomE verändert die Bedeutung, die den Erhaltungszielen oder dem Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete in der bauleitplanerischen Abwägung zukommt, nicht.

2. Prüfung nach der FFH-Richtlinie, § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB verlangt in bestimmten Fällen die Durchführung der Prüfung nach der FFH-Richtlinie, die aus der Verträglichkeitsprüfung und den entsprechenden Ausnahmevorschriften besteht. Nach § 285 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE sind schutzgebietsbedeutsame Bauleitpläne einer Verträglichkeitsprüfung mit den Erhaltungszielen oder dem Schutzzweck eines besonderen Schutzgebiets zu unterziehen. Dafür sind §§ 282 bis 284 UGB-KomE entsprechend anzuwenden. Voraussetzung, Ablauf und Inhalt der Verträglichkeitsprüfung sowie ihre Auswirkungen auf die bauleitplanerische Abwägung sollen nachfolgend untersucht werden.

a) Anpassung des Wortlauts Der Wortlaut des § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB ist an die Bestimmungen des UGB anzupassen. Das Wort „erheblich" ist zu streichen. Die Worte „des Bundesnaturschutzgesetzes" sind durch die Worte „des Umweltgesetzbuches" zu ersetzen.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 259 b) Voraussetzung der Prüfung nach der FFH-Richtlinie gemeindliche Prognose

-

Die Prüfung nach der FFH-Richtlinie ist von einer vorausgehenden Prognose der Gemeinde abhängig. Die rechtliche Grundlage dieser erforderlichen Prognose bildet § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB. Danach sind die Vorschriften über die Verträglichkeitsprüfung und deren Folgen nur, aber auch immer dann anzuwenden, wenn die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck eines besonderen Schutzgebiets durch die Darstellungen oder Festsetzungen des Bauleitplans beeinträchtigt werden können. aa) Feststellung der Schutzgebietsbedeutsamkeit Die in § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB niedergelegten Bestimmungen richten sich nach den maßgeblichen fachgesetzlichen Regelungen der §§ 279 ff. UGB-KomE und stellen den bauplanungsrechtlich relevanten Extrakt dieser Vorgaben dar. In Bezug auf das Beeinträchtigungspotential verlangt § 281 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE als Voraussetzung für die Verträglichkeitsprüfung die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf Schutzgebiete. Eingeführt worden ist für diese naturschutzrechtliche Prognose der Begriff „Schutzgebietsbedeutsamkeit". An dem Niveau hat sich demzufolge auch das Recht der Bauleitplanung auszurichten. Die künftig entscheidende Möglichkeit lediglich „nachteiliger Auswirkungen" bleibt hinter der gegenwärtig verlangten. Möglichkeit „erheblicher Beeinträchtigungen" zurück. Dies ist in § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB durch Anpassung des Wortlauts zu ändern. M i t den Worten „soweit diese beeinträchtigt werden können" wird dem genügt. Daraus folgt gleichzeitig, daß die von der Gemeinde abzugebene Prognose der Frage nach der Schutzgebietsbedeutsamkeit des Bauleitplans entspricht. Die Antwort darauf hat die planende Gemeinde, gegebenenfalls unter Einbeziehung von naturschutzfachlichen Sachverständigen, aufgrund der ihr eingeräumten Planungshoheit selbst zu finden. bb) Beurteilung des veränderten Prognoseinhalts Hinter der von der Gemeinde festzustellenden Möglichkeit von Beeinträchtigungen durch den Bauleitplan bzw. seiner Schutzgebietsbedeutsamkeit verbirgt sich, wie soeben bereits angedeutet, eine naturschutzrechtliche Verschärfung der Anforderungen an Bauleitpläne. Bisher wird naturschutzrechtlich in §§ 19a Abs. 2 Nr. 9, 19d Satz 2 BNatSchG die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen von besonderen Schutzgebieten verlangt, um die Pflicht zur Verträglichkeitsprüfung auszulösen. Ausgehend von der dem zugrunde liegenden Vorschrift des Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL ist 1*

260 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung diese Regelung auf die Bauleitplanung abgestimmt und in § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB eingefügt worden. Der UGB-KomE gestaltet nunmehr in §§ 285, 282, 281 UGB-KomE die Verschränkung von EG-Naturschutzrecht und dem Recht der Bauleitplanung restriktiver aus. Die Schwelle, ab der die Verträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, wird von § 281 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE abgesenkt. Ausreichend ist künftig die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen durch den Bauleitplan. Das Naturschutzrecht als maßgebliches Fachrecht modifiziert demnach die bisher verlangten „erheblichen Beeinträchtigungen" in „Beeinträchtigungen". Diese Änderungen wirken auf das BauGB zurück und machen es erforderlich, daß der in § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB festgelegte Inhalt der gemeindlichen Prognose entsprechend verändert wird. Daß damit von dem gemeinschaftsrechtlich in Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFHRL niedergelegten Maßstab der Möglichkeit „erheblicher Beeinträchtigungen" abgewichen wird, ist nicht zu beanstanden. Normiert wird eine Verschärfung von Umweltstandards. Gerade diese nationalen Alleingänge im Umweltrecht läßt Art. 176 EGV ausdrücklich z u 5 2 0 . Die in Form des UGB-KomE geplanten strengeren Regelungen stärken zweifellos den Naturschutz. Die durch das BauROG intendierte Stärkung ökologischer Belange in der Bauleitplanung wird hierdurch fortgesetzt. Daraus folgt, daß Bauleitpläne in Zukunft viel eher auf ihre Verträglichkeit mit den Interessen des europäischen Naturschutzes zu überprüfen sind. Zu betonen ist auf der anderen Seite aber auch, daß das Verfahren zur Aufstellung von Bauleitplänen somit noch fehleranfälliger werden wird. Für die Gemeinde leitet sich aus diesen Umständen das Erfordernis ab, sich noch stärker für Bauleitplanverfahren zu sensibilisieren, die räumliche Bezüge zu europäischen Schutzgebieten aufweisen. Dabei kommt es insbesondere darauf an, die geforderte Prognose frei von Erwägungen aufzustellen, Bauleitpläne würden anschließend ohnehin aufgrund der Ausnahmevorschriften zugelassen werden können. Die Einschätzung ist getrennt davon zu treffen. Denn sie ist entscheidend für die Frage, ob das Einfallstor für die Verträglichkeitsprüfung des Naturschutzrechts in das Recht der Bauleitplanung geöffnet ist. Ungenauigkeiten oder etwa die Unterstützung von investitionsbereiten Interessenten würden schon in diesem Verfahrensstadium eine Gefahr für die Verwirklichung der konkreten Bauleitplanung und die Wahrung naturschutzrechtlicher Interessen bedeuten. Zudem läge infolge der Mißachtung des im BauGB und im UGB-KomE austarierten Verhältnisses beider Rechtsmaterien ein rechtlich erheblicher Planungsfehler im Sinne der §§ 214 ff. BauGB nahe.

520

Dazu Pechstein, Jura 1996, 176 ff.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 261 c) Ablauf und Inhalt der Verträglichkeitsprüfung Hat die Gemeinde die Entscheidung getroffen, daß wegen der Schutzgebietsbedeutsamkeit des Bauleitplans dessen Schutzgebietsverträglichkeit zu prüfen ist, verweist § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS a.E. BauGB auf die §§ 285, 282 bis 284 UGB-KomE. Wie schon bei § 19c BNatSchG ist auch hier fraglich, welche Maßgaben für die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung generell, d.h. unabhängig von der konkreten planungsrechtlichen Materie, zu gelten haben. Der Hinweis, sie sei in das jeweilige Planaufstellungsverfahren zu integrieren, entbindet nicht von der Notwendigkeit, klare rechtliche Rahmenvorgaben für ihren Ablauf und ihren Inhalt aufzustellen. Um ein einheitliches Mindestprüfungsniveau zu gewährleisten und einer integrationsbedingten Erosion der Zielsetzung der Verträglichkeitsprüfung entgegenzuwirken, sind solche Prüfungsgrundsätze unentbehrlich. Erst danach ist eine sinnvolle Integration in das jeweilige Planaufstellungsverfahren, hier speziell der Bauleitplanung, vorzunehmen.

aa) § 282 Satz 1 i.V.m. § 284 Abs. 1 UGB-KomE § 282 Satz 1 UGB-KomE ordnet in entsprechender Anwendung für Bauleitpläne an, daß mögliche Auswirkungen eines schutzgebietsbedeutsamen Plans auf die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck eines nach § 280 UGB-KomE bekanntzumachenden Gebiets in dem Verfahren nach § 284 Abs. 1 UGB-KomE zu prüfen sind. Dort finden sich jedoch keine Anhaltspunkte für den genauen Ablauf der Verträglichkeitsprüfung. Vielmehr werden Fragen der Behördenzuständigkeit und bestimmte Anzeigepflichten angesprochen. Für die aufgeworfene Frage ergibt sich aus der Vorschrift nichts. bb) Entsprechende Anwendung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung Die Vorschriften der §§ 280 bis 284 UGB-KomE orientieren sich an der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung 521 . Dessen ungeachtet stellen die Verfasser des UGB-KomE unmißverständlich fest, daß deren Grundsätze speziell für die Durchführung der Verträglichkeitsprüfung ungeeignet sind. Neben der Ausklammerung stofflicher Beeinträchtigungen sieht die Eingriffsregelung außerdem keine besondere Verträglichkeitsprüfung v o r 5 2 2 . Eine erwägenswerte Ergänzung der Eingriffsregelung würde diese höchst unübersichtlich und damit weniger praktikabel werden lassen. Insgesamt 521 522

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 929. BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 929 f.

262 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung kann den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben des Art. 6 Abs. 3, 4 FFH-RL daher nicht genügt werden. Eine entsprechende Anwendung scheidet aus. cc) Anwendung der UVP Ist gegenwärtig die Frage stark diskutiert, ob die Durchführung einer UVP für die Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-RL ausreicht 523 , so enthält § 285 Abs. 1 Satz 3 UGB-KomE hierzu eine klarstellende Regelung. Gesetzessystematisch ist zunächst auf die Stellung von § 285 UGBKomE gegenüber §§ 282 bis 284 UGB-KomE hinzuweisen. Die Vorschrift verweist nicht insgesamt auf §§ 282 bis 284 UGB-KomE, sondern nur soweit § 285 UGB-KomE keine Sonderregelung enthält. Die „eigentliche" Verfahrensnorm § 284 Abs. 1 bestimmt in Satz 4, daß § 285 Abs. 1 UGBKomE unberührt bleibt. Dadurch wird das Verhältnis zwischen beiden Normen angezeigt: § 285 Abs. 1 UGB-KomE ist als Sondervorschrift für Pläne lex specialis und setzt sich gegen die allgemeinen (Vorhaben-)Regelungen durch 5 2 4 . § 285 Abs. 1 Satz 3 UGB-KomE enthält in diesem Sinne eine spezielle Regelung und legt unter anderem für Bauleitpläne folgendes fest: Bedarf die Aufstellung und wesentliche Änderung eines Bauleitplans einer UVP, schließt diese die Prüfung der Schutzgebietsverträglichkeit dieses Bauleitplans ein. Anzuwenden sind in diesen Fällen die Vorschriften über die UVP in der Bauleitplanung. Die Erforderlichkeit einer UVP in Bezug auf Bauleitpläne gemäß § 111 Abs. 1 Nr. 2 UGB-KomE hat zur Folge, daß für die Durchführung des UVP-Verfahrens nach § 111 Abs. 2 Satz 1 UGB-KomE die Vorschriften des BauGB gelten. Wegen der entsprechenden Anwendung des § 80 Abs. 3 Satz 2 i . V . m . § 111 Abs. 2 Satz 2 UGB-KomE muß dabei aber sichergestellt werden, daß die UVP-typischen Prüfungsschritte der Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Umweltauswirkungen einschließlich der Wechselwirkungen zwischen den Umweltgütern auch im Bauleitplanverfahren beachtet werden. Diese in § 285 Abs. 1 Satz 3 UGB-KomE vorgesehene Verfahrensbündelung von naturschutzrechtlicher Verträglichkeitsprüfung und UVP ist positiv zu bewerten. Durch sie werden kosten- und zeitaufwendige Doppelprüfungen vermieden. Gleichzeitig wird die Vereinfachungsfunktion deutlich, die der UGB-KomE verfolgt. Andererseits ist an die unterschiedliche Zielrichtung und den Inhalt beider umweltrechtlicher Prüfungsverfahren zu erinnern 5 2 5 . Als gemeinschaftsrechtskonform ist die in Rede stehende Vorschrift 523 Einerseits Erbguth/Stollmann, DVB1. 1997, 453 (457); andererseits Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (74); zu weiteren Nachw. siehe S. 207. 52 B M U (Hrsg.), UGB-KomE, S. 9 .

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 263 deshalb nur dann zu betrachten, wenn bei der Durchführung der UVP die spezifischen Prüfungsinhalte der Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-RL, d.h. die gebietsbezogenen Erhaltungsziele oder Schutzzwecke, in erforderlichem Umfang zum Prüfungsgegenstand gemacht werden. Andernfalls verlöre die Verträglichkeitsprüfung nicht nur ihre selbständige Bedeutung gegenüber der UVP. Gefährdet wäre auch die generelle Zielsetzung der FFH-RL, bei deren Verwirklichung diesem umweltrechtlichen Instrument eine entscheidende Aufgabe zukommt. Da die Verträglichkeitsprüfung gegenüber der UVP in den Rechtsfolgen restriktiver konzipiert ist, müssen sich diese Rechtsfolgen durchsetzen und mit ihrem spezifischen Gewicht bestimmen, ob der Bauleitplan zugelassen werden kann. dd) Eigener Vorschlag Nicht zu übersehen ist indessen, daß von der Einbeziehung der Verträglichkeitsprüfung nach der FFH-RL in die UVP nur eine Teilmenge aller prüfungspflichtigen Bauleitpläne erfaßt wird. Die sogenannte Trägerfunktion der UVP ist sachlich begrenzt. Deswegen bleibt das Anliegen, grundsätzliche Prüfungsschritte zu entwickeln, bestehen. Hierfür ist bereits ein eigener Vorschlag unterbreitet worden 5 2 6 . Die dort aufgeführten Prüfungsschritte sind jeder Verträglichkeitsprüfung zugrunde zu legen. d) Auswirkungen des Prüfungsergebnisses nach § 1 Abs. 6 BauGB

auf die Abwägung

Entsprechend der Regelung des § 19c Abs. 2 BNatSchG kann die Prüfung des Bauleitplans auf Verträglichkeit zu zwei Ergebnissen führen. Rechtlicher Anknüpfungspunkt dafür ist § 283 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE. Wird bei der Verträglichkeitsprüfung festgestellt, daß der Bauleitplan keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Schutzgebiets verursachen kann, liegt ein positives Prüfungsergebnis vor. Der Bauleitplan ist naturschutzrechtlich verträglich. Soweit die Verträglichkeitsprüfung die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen ergeben hat, ist ihr Ergebnis negativ ausgefallen. Beide Konstellationen haben unterschiedliche Auswirkungen auf die bauleitplanerische Abwägung. aa) Positives Ergebnis Ein positives Prüflingsergebnis ist als öffentlicher Belang in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzustellen. Die zentrale Aussage dieser 525 526

Dazu bereits S. 209. Dazu bereits S. 209 ff.

264 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Fallgestaltung für das Bauleitplanverfahren besteht darin, daß der Planung Belange des europäischen Naturschutzrechts nicht entgegenstehen. Modifizierungen der gegenwärtigen Rechtslage sind nicht zu verzeichnen. Auf die Ausführungen zu § 19c BNatSchG kann daher verwiesen werden.

bb) Negatives Ergebnis Dagegen sind mit einem negativen Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung weitreichende Rechtsfolgen für die Zulässigkeit des Bauleitplans verbunden, die gesonderter Darstellung bedürfen.

e) Rechtsfolgen eines negativen Prüfungsergebnisses für die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB Hat die Verträglichkeitsprüfung nach § 282 Satz 1 UGB-KomE zu einem negativen Ergebnis geführt, ist dieses ebenfalls als öffentlicher Belang in die bauleitplanerische Abwägung einzustellen. Hieran schließt sich die Frage an, ob es dort einen Vorrang beansprucht oder den anderen öffentlichen und privaten Belangen gleichberechtigt gegenübersteht und gegebenenfalls in der Abwägung überwunden werden kann.

aa) Abwägungsdirigat oder Planungsverbot Ein negatives Prüfungsergebnis führt nach § 283 Abs. 1 Satz 1 UGBKomE zu einem grundsätzlichen Verbot der Bauleitplanung. Dieses ist in der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB nicht durch andere Planungsbelange überwindbar. Nur soweit Ausnahmevorschriften des Naturschutzrechts eingreifen, kann ein unverträglicher Bauleitplan zugelassen werden. Die bauleitplanerische Abwägung wandelt sich insofern zu einer Zulassungsentscheidung nach dem Naturschutzrecht. Auf die Darstellungen zur geltenden Rechtslage kann verwiesen werden.

bb) Ausnahmen vom Grundsatz des Planungsverbots Trotz des Verbots der Bauleitplanung nach § 283 Abs. 1 Satz 1 UGBKomE sind Bauleitpläne ausnahmsweise dann zulässig, wenn die Voraussetzungen der Ausnahmevorschriften des § 283 Abs. 1 Satz 2 UGB-KomE vorliegen. I m Gegensatz zu der grundsätzlichen Frage des Planungsverbots sind hinsichtlich der Verfaßtheit der Ausnahmeregelungen Abweichungen zu konstatieren.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 265 (1) Vorliegen

überragend wichtiger

Gründe des Allgemeinwohls

Ein Bauleitplan ist nach § 283 Abs. 1 Satz 2 UGB-KomE ausnahmsweise zulässig, wenn er aus überragend wichtigen Gründen des Wohls der Allgemeinheit oder wegen seiner im übrigen maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt notwendig ist. Hierin liegt eine Verschärfung der Anforderungen an die Zulässigkeit von Ausnahmen. Die derzeitige Regelung in § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG unterscheidet zwischen Schutzgebieten ohne und solchen mit prioritären Lebensräumen oder Arten. In Schutzgebieten ohne prioritäre Merkmale genügte das Vorliegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, um eine Ausnahme zu rechtfertigen. Nur für Schutzgebiete mit prioritären Merkmalen wurden mit der Gesundheit des Menschen und der öffentlichen Sicherheit (Landesverteidigung, Schutz der Zivilbevölkerung) überragend wichtige Gründe des öffentlichen Interesses für die Zulässigkeit einer Ausnahme gefordert. Diese Differenzierung wird aufgehoben. Künftig sind generell nur noch überragend wichtige Gründe des Wohls der Allgemeinheit in der Lage, einen unverträglichen und damit nach § 283 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE grundsätzlich unzulässigen Bauleitplan doch zuzulassen. Die darin liegende Verschärfung sowohl gegenüber Art. 6 Abs. 4 FFH-RL als auch § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG beruht auf der Erwägung, daß selbst die nicht-prioritären Lebensräume und Arten bereits sehr selten geworden oder vom Aussterben oder Verschwinden bedroht sind 5 2 7 . Beispielhaft („insbesondere") zählt § 283 Abs. 1 Satz 2 UGB-KomE auf, welche Gründe als überragend wichtig anzusehen sind. Mit dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit entspricht das Anforderungsniveau dem von § 19c Abs. 4 Satz 1 BNatSchG für prioritäre Schutzgebiete. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein naturschutzrechtlich unverträglicher Bauleitplan aufgrund einer solchen Ausnahmeregelung gleichwohl zugelassen werden kann, nimmt damit gegenüber dem derzeit geltenden Konzept in § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG ab. Denn nur in speziell gelagerten Einzelfällen wird einem Bauleitplan die Funktion zugesprochen werden können, daß er etwa zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zur Abwehr erheblicher Gefahren für die öffentliche Sicherheit notwendig ist. Dies sind Bereiche, in denen naturgemäß nicht mit Hilfe bauleitplanerischer Instrumente, sondern mit den Mitteln des allgemeinen oder speziellen Ordnungsrechts gehandelt wird, um Gefahren dieses Ausmaßes abzuwehren.

527

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 933.

266 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Liegen diese oder vergleichbare Ausnahmegründe nicht vor, kann der Bauleitplan wegen seiner im übrigen maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt notwendig und deshalb ausnahmsweise zulässig sein. Ein Bauleitplan hat maßgeblich günstige Auswirkungen auf die Umwelt, wenn sich seine Darstellungen oder Festsetzungen insgesamt günstig auf die Umwelt auswirken und die Verwirklichung der Planung zu Verbesserungen in Form einer Überkompensation der prognostizierten erheblichen Beeinträchtigungen führt 5 2 8 . Eine Neuerung stellt der Verzicht auf die innerhalb des § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG vorzunehmende naturschutzrechtliche Abwägung dar. Interessen des Naturschutzes und die für die Bauleitplanung sprechenden Gründe des öffentlichen Interesses sind abzuwägen. Dabei kann ein für den Bauleitplan sprechendes Interesse als Ausnahmegrund nur anerkannt werden, wenn es die naturschutzrechtlichen Interessen überwiegt. Infolge des generell höheren Niveaus hinsichtlich der Ausnahmegründe in § 283 Abs. 1 Satz 2 UGB-KomE kann von einer zusätzlichen naturschutzrechtlichen Abwägung, die der Korrektur möglicher Unstimmigkeiten zu dienen bestimmt ist, abgesehen werden. (2) Alternativen Unabhängig davon, ob zur Rechtfertigung des unverträglichen Bauleitplans überragend wichtige Gründe des Allgemeinwohls oder die maßgeblich günstigen Auswirkungen des Bauleitplans auf die Umwelt herangezogen werden, ist die Zulässigkeit des Ausnahmegrundes noch an eine weitere Voraussetzung gebunden. Alternativen 5 2 9 , mit denen der mit dem Bauleitplan verfolgte Zweck ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen erreicht werden kann, dürfen nicht gegeben sein. Zu prüfen sind daher Standortalternativen (räumliche Alternativen) und Planungsalternativen (inhaltliche Alternativen). Nur wenn sie fehlen, können Ausnahmegründe eingreifen. Bei der Alternativenprüfung ergeben sich zur Regelung in § 19c Abs. 3 Nr. 2 BNatSchG im wesentlichen keine Unterschiede. Lediglich der Zusatz, daß eine Alternativlösung „zumutbar" sein muß, ist nicht aufgeführt. Daß Alternativen nicht unbegrenzt verfolgt werden müssen, ergibt sich auch ohne den Hinweis auf die Zumutbarkeit der Alternativenermittlung aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

528

Schink, GewArch 1998, 41 (51); Gellermann, NuR 1996, 548 (554 m. Fn.

47).

529

Allgemein zur Alternativenprüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL neuerdings Erbguth, DVB1. 1999, 588 ff.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 267 (3) Stellungnahme der Kommission Gänzlich bedeutungslos ist die Trennung zwischen prioritären und nichtprioritären Gebieten durch §§ 282 ff. UGB-KomE indessen nicht geworden. Soll aus überragend wichtigen Gründen des Wohls der Allgemeinheit ein Bauleitplan zugelassen werden, der ein Schutzgebiet mit prioritären Lebensräumen oder Arten berührt, hat die zuständige Behörde nach § 284 Abs. 3 Satz 1 UGB-KomE über das B M U eine Stellungnahme der EG-Kommission einzuholen. Zuständige Behörde ist die planende Gemeinde, da sie zur Aufstellung von Bauleitplänen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB berufen ist. Die Stellungnahme ist für die Gemeinde nicht verbindlich, muß allerdings bei ihrer Entscheidung berücksichtigt werden. Die Einholung der Stellungnahme kann gemäß § 284 Abs. 3 Satz 2 UGB-KomE unterbleiben, wenn sich die Zulassung auf Gründe der Abwehr von erheblichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder des Gesundheitsschutzes stützt. (4) Ausgleichsmaßnahmen Wird ein Bauleitplan aufgrund der Ausnahmevorschriften zugelassen, so ist daran die gemeinschaftsrechtliche Verpflichtung gebunden, Ausgleichsmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des europaweiten Schutzgebietssystems durchzuführen (Art. 6 Abs. 4 UAbs. 1 FFH-RL). Diese Ausgleichsmaßnahmen unterscheiden sich von denen, die aufgrund der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung vorzunehmen sind. Letztere dienen dem Ausgleich von Eingriffen in die Natur, die durch Bauleitpläne verursacht worden sind. Zielsetzung der Ausgleichsmaßnahmen nach § 283 Abs. 2 UGB-KomE ist der Zusammenhalt des Schutzgebietssystems „Natura 2000". Die Umsetzung erfolgt in §§ 283 Abs. 2, 284 Abs. 4 UGB-KomE. Die Ausgleichsmaßnahmen sind anzuordnen, vorzunehmen und anschließend vom B M U der EG-Kommission zu berichten. Die Bestimmung' entspricht § 19c Abs. 5 BNatSchG. f) Ergebnis Im Grundsatz ist die naturschutzrechtliche Verträglichkeitsprüfung und ihr Verhältnis zur bauleitplanerischen Abwägung im UGB-KomE gegenüber dem BNatSchG leicht variiert worden. Gleich geblieben ist zunächst die Systematik: Die bauleitplanerische Abwägung als das Verfahren, in das die Verträglichkeitsprüfung zu integrieren ist, wird von der fachgesetzlichen Entscheidung aufgrund der §§ 282 ff. UGB-KomE überlagert. Die Regelung über die Verträglichkeitsprüfung wird genau mit der Rechtswirkung in die Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB eingestellt, die ihr vom Naturschutzrecht zugewiesen wurde (Grundsatz der umweltrechtlichen Geltungs-

268 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung erhaltung). An dieser Öffnung des BauGB für fachgesetzliche Entscheidungen, die in § la Abs. 2 BauGB zum Ausdruck kommt und mit der das BauGB eine Integration sämtlichen bauplanungsrechtlich relevanten Umweltrechts leistet, ändert sich durch den UGB-KomE nichts. Einige Unterschiede seien zusammengefaßt. Die Voraussetzungen, unter denen die planende Gemeinde eine Verträglichkeitsprüfung durchzuführen hat, sind durch den UGB-KomE abgesenkt worden. Da die Gemeinde die „Schutzgebietsbedeutsamkeit" des Bauleitplans festzustellen hat, reicht die Möglichkeit der Beeinträchtigung besonderer Schutzgebiete durch den Bauleitplan aus, um die Pflicht zur Verträglichkeitsprüfling zu begründen. Die geltende Rechtslage verlangt dafür noch die Möglichkeit „erheblicher" Beeinträchtigungen. Ist für den Bauleitplan die Durchführung einer UVP gemäß § 111 Abs. 1 Nr. 2 UGB-KomE vorgesehen, schließt diese die Verträglichkeitsprüfung nach § 282 Satz 1 UGB-KomE mit ein (§ 285 Abs. 1 Satz 3 UGB-KomE). Jedoch ist die UVP auf die besonderen Ziele der naturschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung auszurichten. Nur so können die Vorgaben der FFH-RL ihrer Intention entsprechend ordnungsgemäß umgesetzt werden. Wurde im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung festgestellt, daß der Bauleitplan zu erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Gebiets führen kann (negatives Prüfungsergebnis), wird der Umfang der möglichen Ausnahmegründe in Form von § 283 Abs. 1 Satz 2 UGB-KomE stark eingeschränkt. Künftig kann ein naturschutzrechtlich unverträglicher Bauleitplan nur aus überragend wichtigen Gründen des Allgemeinwohls zugelassen werden. Insgesamt dokumentiert sich in diesen Änderungen beispielhaft die Zielsetzung des UGB, das geltende Umweltrecht nicht nur zusammenzufassen, sondern auch das Umweltschutzniveau auszubauen 530 . Für das Zusammenspiel von europäischem Naturschutzrecht und dem Recht der Bauleitplanung resultiert daraus folgendes: Bauleitpläne werden künftig viel eher auf ihre Vereinbarkeit mit dem europäischen Naturschutzrecht zu überprüfen sein. Ihre naturschutzrechtliche Kompatibilität wird stärker als bisher in den Vordergrund treten, denn die bloße Möglichkeit der Beeinträchtigungen der Schutzgebiete ist ausreichend, um sich als Gemeinde mit der Verträglichkeit des aufzustellenden Bauleitplans auseinandersetzen zu müssen. Gleichzeitig sind die Ausnahmegründe für unverträgliche Pläne restriktiver ausgestaltet. Die Unzulässigkeitsfolge des § 283 Abs. 1 Satz 1 UGB-KomE wird deshalb häufiger eintreten.

530

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 76; Schink, DÖV 1999, 1 (2); Kloepfer/Durner, DVB1. 1997, 1081 (1082); Schweikl, BB 1997, 2123.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 269 Sowohl in den Voraussetzungen als auch in den Rechtsfolgen ist die Normierung der Verträglichkeitsprüfung durch den UGB-KomE dazu genutzt worden, einen Zugewinn für den Naturschutz zu erreichen. Im Wege einer von Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Verträglichkeitsprüfung verkörperten „Parallelverschiebung" hat der Naturschutz dem Bauleitplanungsrecht weitere Zulässigkeitsschranken zur Überwindung aufgegeben. Damit ist eine Gewichtsverlagerung zu Lasten der Bauleitplanung verbunden. Das Naturschutzrecht als maßgebendes Fachrecht gewänne infolge der im UGBKomE vorgesehenen Regelung gegenüber dem Bauleitplanungsrecht weiter an rechtlicher Bedeutung. Seine Interessen werden zunehmend den Inhalt der Bauleitpläne bestimmen. V. Umweltgrundlagenplanung, EG-Naturschutzrecht und Bauleitplanung Die Erhaltungsziele oder die Schutzzwecke der besonderen Schutzgebiete (§ la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB) und die Prüfung nach der FFH-Richtlinie (§ la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB) stellen die beiden Formen dar, in denen das europäische Naturschutzrecht Einfluß auf die kommunale Bauleitplanung nimmt. I m Rahmen des UGB-KomE kommt mit der Umweltgrundlagenplanung eine neue Ebene hinzu, von der Belange des Naturschutzrechts auf die Bauleitplanung ausstrahlen. Der Schwerpunkt liegt dabei weniger auf dem Aspekt der Zulässigkeit eines Bauleitplans. Den Zielen der Umweltgrundlagenplanung 531 entsprechend tritt die Bereitstellung von ökologischen Informationen für die nachfolgend aufzustellenden Bauleitpläne in den Vordergrund. 1. Relevanz der Umweltgrundlagenplanung Die Umweltgrundlagenplanung ist eine vorbereitende, Umweltinformationen liefernde, unverbindliche und deshalb auf Umsetzung in die räumlichen Planungssysteme angewiesene integrierende Umweltplanung. Ihr wichtigstes Instrument ist der Umweltgrundlagenplan, der vom Träger der Bauleitplanung, der Gemeinde, aufzustellen ist. In besonderer Weise sind die Umweltgrundlagenpläne geeignet, Informationen über ökologisch wertvolle Gebiete, die insbesondere auch als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder als Vogelschutzgebiete in Betracht kommen, zu liefern. In detaillierter Form kann beschrieben werden, ob und in welchem Umfang bedrohte Lebensräume oder bedrohte Arten im Geltungsbereich des Umweltgrundlagenplans vorkommen. Gleich531

Dazu bereits S. 139 und Schink, DÖV 1999, 1 (9).

270 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung zeitig können bestimmte Erfordernisse und Maßnahmen vorgeschlagen werden, um den dargestellten Zustand der Umwelt auch dann zu bewahren, wenn räumlich geplant wird. 2. Einfluß auf die Bauleitplanung Unmittelbare Verbindlichkeit besitzen die Umweltgrundlagenpläne nicht 5 3 2 . Gemäß § 71 Abs. 1 UGB-KomE sollen ihre Darstellungen, soweit möglich, als Darstellungen von Flächennutzungsplänen oder als Festsetzungen von Bebauungsplänen umgesetzt werden. Soweit sie Eingang in Bebauungspläne gefunden haben, erlangen die Darstellungen des Umweltgrundlagenplans Rechtsverbindlichkeit. Hauptanliegen der Umweltgrundlagenplanung ist in diesem Zusammenhang die Sensibilisierung der Gemeinde hinsichtlich der Berücksichtigung von Belangen des europäischen Naturschutzrechts. Der konkrete Einfluß auf das Planaufstellungsverfahren ist in zweierlei Weise denkbar. Aufgrund der Informationen des Umweltgrundlagenplans kann die Gemeinde Rächen in den Bauleitplänen so verträglich anordnen, daß die von ihr zu treffende Prognose, ob der Bauleitplan besondere Schutzgebiete beeinträchtigen kann und deshalb eine Verträglichkeitsprüfung nötig ist, zu verneinen ist. Diese Konstellation stellt den Idealfall dar. Andererseits können trotz der Angaben des Umweltgrundlagenplans Darstellungen oder Festsetzungen in den Bauleitplänen so getroffen worden sein, daß eine Beeinträchtigung besonderer Schutzgebiete zu befürchten steht. Die Gemeinde hat daraufhin eine Verträglichkeitsprüfung nach § 282 Satz 1 UGB-KomE durchzuführen. In diesem Fall spricht eine Vermutung für die Annahme, daß die Vorgaben des Umweltgrundlagenplans nicht in vollem Umfang Eingang in den Bauleitplan gefunden haben. Dies hat Begründungspflichten nach § 71 Abs. 3 UGB-KomE zur Folge. Darzulegen ist, aus welchen Gründen die Darstellungen nicht umgesetzt werden oder von ihnen abgewichen wird. Außerdem ist darzustellen, wie nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt und den Menschen vermieden und unvermeidbare nachteilige Auswirkungen ausgeglichen werden können. In Form dieses Zwangs zur Begründung von Darstellungen oder Festsetzungen, die dem Inhalt des Umweltgrundlagenplans nicht entsprechen, wird ein mittelbarer Einfluß auf die Planungstätigkeit der Gemeinde ausgeübt. Wer abweicht, muß begründen. Der Begründungsaufwand wird dazu führen, daß sich die Gemeinde bei der Aufstellung von Bauleitplänen an die relevanten Aussagen in den Umweltgrundlagenplänen im Sinne des § 71 Abs. 1 UGB-KomE hält.

532

BMU (Hrsg.), UGB-KomE, S. 579.

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 271 Darüber hinaus wird das Gebot, daß Bebauungspläne aus Flächennutzungsplänen zu entwickeln sind (§ 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB), zur konservierenden Transformation von Darstellungen aus Umweltgrundlagenplänen beitragen. Sind solche aufgrund des § 71 Abs. 1 UGB-KomE in einen Flächennutzungsplan eingeflossen, sind daraus Bebauungspläne zu entwickeln. Um als entwickelt zu gelten, müssen die Darstellungen des Flächennutzungsplans wiederum Eingang in den Bebauungsplan finden. 3. Ergebnis Die Umweltgrundlagenplanung, deren Konzeption erheblicher Kritik ausgesetzt i s t 5 3 3 , wird im Falle des Inkrafttretens, gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes potentieller und ausgewiesener Schutzgebiete, dazu führen, daß die Naturschutzverträglichkeit der Bauleitplanung weiter erhöht wird. V I . Vergleich mit der geltenden Rechtslage Neben den für die Verträglichkeitsprüfung erarbeiteten Ergebnissen, bei denen ein Zuwachs an Naturschutz konstatiert worden ist, unterscheidet sich der vom UGB-KomE geschaffene Rechtszustand von der geltenden Rechtslage überdies durch die Umweltgrundlagenplanung. Sie zielt darauf ab, planungsbezogene Belange des Umweltschutzes schon in einem sehr frühen Stadium zur Beachtung in späteren Bauleitplänen aufzugeben. Um im Einklang mit dem UGB-KomE zu stehen, wird sich die Bauleitplanung künftig verstärkt an den Umweltgrundlagenplänen zu orientieren haben. Dies hat ebenfalls einen Ausbau des Naturschutzes im Verhältnis zur Bauleitplanung zur Folge. Nachdem die Umsetzung der FFH-RL in die §§ 19a ff. BNatSchG eine erste europarechtlich veranlaßte Weiterentwicklung des Naturschutzes in Bezug auf die Bauleitplanung regelt, wird diese gesetzliche Schnittstelle durch den UGB-KomE zugunsten des Naturschutzes weiter ausgebaut. Die Bestimmungen des UGB-KomE stellen in diesem Sinne die zweite Stufe einer dynamischen, aus Sicht des Umweltschutzes positiv zu bewertenden Entwicklung dar.

533

Ausführlich bereits S. 141 ff.; s. Hoppe, in: FS für Blümel, 1999, S. 177 (193 ff.); Schink,, DÖV 1999, 1 (9 f.).

272 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung

G. Exkurs: Anforderungen der §§ 19a ff. BNatSchG außerhalb der Bauleitplanung Für die kommunale Bauleitplanung bildet § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB die Vorschrift, aufgrund derer die Regelungen der §§ 19a ff. BNatSchG Eingang in das Bauleitplanverfahren finden. Außerhalb des Rechts der Bauleitplanung existiert mit § 29 Abs. 3 BauGB eine Bestimmung im Teil über die bauliche und sonstige Nutzung von Grundstücken, in die die Vorgaben des § 19c BNatSchG einfließen. Zu unterscheiden ist zwischen Vorhaben im unbeplanten Innenbereich und Vorhaben im Außenbereich. Der jeweilige Einfluß der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG sei überblicksartig dargestellt. I. Vorhaben im Innenbereich, § 29 Abs. 3 BauGB 1. Zielsetzung Bei der Bestimmung der Zielsetzung des § 29 Abs. 3 BauGB ist von dem neugefaßten § 8a Abs. 2 Satz 1 BNatSchG 5 3 4 auszugehen. Danach kommt die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung bei Vorhaben in Gebieten nach § 30, § 33 und § 34 BauGB nicht zur Anwendung. Deswegen bedurfte es einer besonderen Bestimmung, um den Anforderungen der FFH-RL im unbeplanten Innenbereich nach § 34 BauGB Rechnung zu tragen 535 . Hierzu dient § 29 Abs. 3 BauGB, der gemäß § 8a Abs. 2 Satz 1 BNatSchG ausdrücklich unberührt bleibt und für solcherart Vorhaben unter bestimmten Voraussetzungen die durch die FFH-RL eingeführte Verträglichkeitsprüfung anordnet. Sichergestellt werden soll dadurch, daß von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder der Vogelschutzgebiete nicht beeinträchtigt werden 5 3 6 . 2. Systematik Das systematische Verständnis von § 29 Abs. 3 BauGB setzt zunächst ein bauplanungsrechtliches Vorhaben voraus, dessen Zulassung nach § 34 BauGB in Rede steht. Können durch ein so zugelassenes Vorhaben die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck von FFH- oder Vogelschutzgebieten 534

Art. 6 BauROG, BGBl. 1997, I S. 2081 (2110). BT-Drs. 13/6392, S. 55; Schink, GewArch 1998, 41 (43); Lüers, WiVerw 1998, 57 (62). 536 Lohr, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, § 29, Rn. 27; W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 137; Battis/Krautzberger/Löhr, NVwZ 1997, 1145 (1159). 535

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 273 erheblich beeinträchtigt werden, so ist gemäß § 29 Abs. 3 BauGB die Prüfung nach der FFH-Richtlinie durchzuführen. Zu betonen ist, daß es tatsächlich um die Zulassung eines Vorhabens im unbeplanten Innenbereich gehen muß. Soweit bereits ein Bebauungsplan existiert, gilt die Pflicht zur Durchführung der Prüfung nach der FFH-Richtlinie nicht. Das stellt § 19f Abs. 1 Satz 1 BNatSchG klar. Es folgt zusätzlich aus der Überlegung, daß im Falle eines vorhandenen Bebauungsplans die Maßgaben des europäischen Naturschutzrechts schon aufgrund des § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB, also im Planaufstellungsverfahren, einbezogen worden sind 5 3 7 . Das Gleiche gilt für die Zulassung eines Vorhabens in einem Gebiet, für das gerade ein Bebauungsplan aufgestellt wird (§ 33 BauGB). Die Vornahme einer Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG ist für ein derartiges Vorhaben ebenfalls entbehrlich 538 . Der Bebauungsplan selbst und nicht das einzelne zuzulassende Vorhaben ist aufgrund des § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB auf Vereinbarkeit mit dem EG-Naturschutzrecht zu prüfen. Das hat während des noch laufenden Planaufstellungsverfahrens zu erfolgen. Die entsprechende naturschutzrechtliche Regelung, die die Anwendung des § 19c BNatSchG für einen solchen Fall untersagt, enthält § 19f Abs. 1 Satz 1 BNatSchG. Andererseits läßt § 19f Abs. 1 Satz 2 BNatSchG die Anwendung der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG auf Vorhaben i m Innenbereich nach § 34 BauGB unberührt. Hierdurch wird naturschutzrechtlich die Vorschrift des § 29 Abs. 3 BauGB bestätigt. § 19f Abs. 1 Satz 2 BNatSchG ist aufgrund des § 4 Satz 3 BNatSchG unmittelbar geltendes Bundesrecht. 3. Ablauf der Verträglichkeitsprüfung Zunächst hat die zuständige Baugenehmigungsbehörde gemäß § 29 Abs. 3 BauGB zu entscheiden, ob das Vorhaben, das nach § 34 BauGB zugelassen werden soll, ein besonderes Schutzgebiet erheblich beeinträchtigen kann. Gelangt die Behörde zu der Überzeugung, daß dies der Fall ist, hat sie eine Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG durchzuführen. Als Prüfprogramm ist der unterbreitete Vorschlag zugrunde zu legen. Wird in der Verträglichkeitsprüfung festgestellt, daß bei einer Verwirklichung des Vorhabens erhebliche Beeinträchtigungen eines besonderen Schutzgebiets zu erwarten sind, ist das Vorhaben gemäß § 19c Abs. 2 BNatSchG grundsätzlich unzulässig. 537

Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (76); Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (30); Düppenbecker/Greiving, DVB1. 1999, 1014; Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 144; zu Sonderkonstellationen W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 138 f. 538 Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (30); Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (76). 1

Schladebach

274 2. Teil: Auswirkungen des EG-Umweltrechts auf die komm. Bauleitplanung Anschließend ist zu untersuchen, ob das Vorhaben trotz seiner naturschutzrechtlichen Unverträglichkeit aufgrund einer Ausnahme nach § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG zugelassen werden kann. Soll das Vorhaben in einem Gebiet realisiert werden, in dem prioritäre Lebensräume oder prioritäre Arten vorkommen, und liegen nur „sonstige" Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinne des § 19c Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG vor, ist von der Baugenehmigungsbehörde über das B M U eine Stellungnahme der EG-Kommission einzuholen. Wird das Vorhaben schließlich aufgrund der § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG zugelassen, sind Ausgleichsmaßnahmen zur Wahrung der Kohärenz des europaweiten Schutzgebietssystems „Natura 2000" vorzunehmen. Hierüber ist der EG-Kommission gemäß § 19c Abs. 5 Satz 2 BNatSchG zu berichten. 4. Ergebnis § 29 Abs. 3 BauGB stellt sicher, daß die Regelungen des europäischen Naturschutzrechts auch bei der Vorhabenzulassung im unbeplanten Innenbereich beachtet werden. Der hohe Stellenwert, der den besonderen Schutzgebieten von der FFH-RL eingeräumt worden ist, spiegelt sich in dem - für ein einfaches Vorhaben - hohen Prüfungsaufwand wider. Dem Naturschutz ist damit gedient: Das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung steuert die Zulässigkeit des im unbeplanten Innenbereich zur Verwirklichung anstehenden Vorhabens. Ob dieser positive Befund auch für die allerorten angestrebte Beschleunigung von Planungen gelten kann, muß allerdings bezweifelt werden. Π . Vorhaben im Außenbereich Das BauGB enthält keine dem § 29 Abs. 3 BauGB vergleichbare Regelung für Vorhaben, deren bauplanungsrechtliche Zulässigkeit sich nach § 35 BauGB richtet. Festzustellen ist zunächst, daß die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung im Gegensatz zu § 34 BauGB bei Vorhaben im Außenbereich gemäß § 8a Abs. 2 Satz 2 BNatSchG Anwendung findet. Gleichzeitig sind jedoch auch Konstellationen denkbar, in denen ein Vorhaben, das nach § 35 BauGB zugelassen werden soll, ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Vogelschutzgebiet erheblich beeinträchtigen kann. Eine naturschutzrechtlich erschöpfende Behandlung dieser Fälle kann die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung nicht leisten, da sie mit der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c BNatSchG nicht identisch i s t 5 3 9 .

539

Α. A. Lüers, WiVerw 1998, 57 (62).

3. Kapitel: Einfluß der §§ 19a-f BNatSchG auf die komm. Bauleitplanung 275 Der Außenbereich ist durch eine besondere Nähe zur Natur gekennzeichnet. Ziel des § 35 BauGB ist es, den Außenbereich von Bebauung grundsätzlich freizuhalten. Nur so kann eine weitreichende Schonung der unbebauten Landschaft gewährleistet werden. Die Wahrscheinlichkeit, daß gerade hier besondere Schutzgebiete ausgewiesen worden sind, ist somit relativ hoch. Eine Überprüfung auf naturschutzrechtliche Verträglichkeit von Außenbereichsvorhaben, die in räumlicher Nähe zu einem besonderen Schutzgebiet lokalisiert sind, ist demnach angezeigt. Damit besteht ein Bedarf nach Durchführung der Prüfung nach der FFH-Richtlinie. Allerdings war für Vorhaben im Außenbereich keine bauplanungsrechtliche Bestimmung notwendig. Diese sind grundsätzlich nur zulässig, wenn ihnen öffentliche Belange nicht entgegenstehen. Der erforderliche Gebietsschutz ist ein öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB (Belange des Naturschutzes), der der Zulässigkeit des Vorhabens im Außenbereich entgegen zu halten i s t 5 4 0 . Wurde im Bauplanungsrecht auf eine Regelung dieses Inhalts verzichtet, so findet sich in § 19f Abs. 1 Satz 2 BNatSchG, der aufgrund des § 4 Satz 3 BNatSchG unmittelbar geltendes Bundesrecht ist, die entsprechende naturschutzrechtliche Festlegung. Danach bleibt die Geltung des § 19c BNatSchG für Vorhaben im Außenbereich nach § 35 BauGB unberührt. Damit ist die dort normierte Prüfung nach der FFH-Richtlinie auf Vorhaben nach § 35 BauGB anzuwenden, soweit diese die Voraussetzungen der Verträglichkeitsprüfung (Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen eines besonderen Schutzgebiets durch das Vorhaben) erfüllen 5 4 1 . Die Durchführung der Prüfung und deren Rechtsfolgen folgen den Maßgaben, die auch für Vorhaben nach § 34 BauGB gelten.

540 Stemmler, BBauBl 1998, H. 8, S. 13 (17); Hoppe/Deutsch, in: Rengeling, EUDUR, Bd. II, 1998, § 88, Rn. 61; Düppenbecker/Greiving, DVB1. 1999, 1014 (1017). 541 Dazu auch W. Schrödter, in: Schrödter, BauGB, § la, Rn. 135 f.; Schliepkorte, ZfBR 1999, 66 (76); Gellermann, Natura 2000, 1998, S. 145. 18*

3. Teil

Probleme und Perspektiven bei der Anwendung europäischen Umweltrechts in der kommunalen Bauleitplanung Die Anwendung des europäischen Umweltrechts in der kommunalen Bauleitplanung ist nicht frei von Schwierigkeiten. Das Verfahren der Aufstellung von Bauleitplänen erwies sich in der Vergangenheit ohnehin als besonders fehleranfällig 1 . Nunmehr hat die planende Gemeinde dabei zusätzlich das durch § la Abs. 2 Nr. 3 u. 4 BauGB ausdrücklich in das Planungsverfahren einbezogene europäische Umweltrecht zu beachten. Dies legt die Vermutung nahe, daß sich die beobachtete Tendenz der häufigen Fehlerhaftigkeit von Bauleitplänen noch verstärkt. Die Anwendungsschwierigkeiten hinsichtlich der UVP-RL einerseits und der FFH- und Vogelschutz-RL andererseits differieren. Das liegt insbesondere an der unterschiedlichen Struktur der durch sie geregelten umweltrechtlichen Verfahren. Während die UVP-RL ein auf ein bestimmtes Vorhaben ausgerichtetes Prüfverfahren verlangt, steht bei der FFH- und der Vogelschutz-RL der raumbedeutsame Umwelt- bzw. Naturschutz im Vordergrund. Zu berücksichtigen ist ebenfalls, daß das Spektrum der Vollzugsprobleme von der zeitlichen Geltung der europäischen Vorgaben abhängig ist. Die UVP trat bereits 1988 in das Bewußtsein der an der Bauleitplanung Beteiligten. Dagegen fanden die bauplanungsrechtlich relevanten Regelungen der FFH- und der Vogelschutz-RL erst ab ca. 1994 Eingang in das Recht der Bauleitplanung. Erfahrungen liegen daher vorrangig für die UVP vor. Daneben resultieren Probleme auch aus der bislang nicht hinreichend klaren rechtlichen Verankerung dieser Vorschriften im BauGB. Folglich waren ihre bauplanungsrechtliche Bedeutung und ihre praktische Relevanz nur schwer auszumachen. Die Darstellung der anzutreffenden Unzulänglichkeiten kann jedoch nicht bei einer Benennung derselben stehen bleiben. Vielmehr erscheint ein perspektivischer Ausblick geboten, der die Leistungsfähigkeit des zum 1.1.1998 novellierten BauGB diesbezüglich einzuschätzen versucht. Dabei 1

Hoppe/Henke, DVB1. 1997, 1407; Hoppe, DVB1. 1996, 12 (13).

1. Kapitel: Umweltverträglichkeitsprüfung

277

ist zu fragen, inwieweit die neuen Bestimmungen des § l a Abs. 2 Nr. 3 u. 4 BauGB zu einem Abbau der Defizite beitragen und die in dieser Norm niedergelegte Verknüpfung des Bauleitplanungsrechts mit dem europäischen Umweltrecht praxistauglicher gestalten können. 1. Kapitel

Umweltverträglichkeitsprüfung A. Praxisbefund Die bislang diskutierten Defizite bei der Durchführung der UVP in der Bauleitplanung sind, wie generell bei der UVP 2 , im wesentlichen Vollzugsdefizite. Trotz ihrer Vielgestaltigkeit stehen sie durchaus stellvertretend für solche Probleme, die sich ansonsten ganz generell beim Vollzug des europäischen Umweltrechts ergeben 3. So ist festgestellt worden, daß die Gemeinden die Notwendigkeit einer entsprechenden Ermittlung von Umweltinformationen oftmals nicht erkennen 4. Infolge dieser unzureichenden Informationsgrundlagen würden Zielkonflikte, die bei dem Zusammentreffen von planerischen Absichten und der erforderlichen Beachtung von Umweltbelangen fast zwangsläufig entstehen, unaufgedeckt bleiben 5 . Soweit jedoch Umweltuntersuchungen in quantitativer Hinsicht ausreichend durchgeführt worden sind, beschränke sich die Erfassung und Auswertung auf eine eindimensionale, die betroffenen Umweltfaktoren nur isoliert bewertende ökologische Betrachtung. Die vom UVPG vorgegebene Erforschung von Wechselbeziehungen zwischen den Umweltmedien würde vielfach vernachlässigt 6. Bemängelt wird ebenfalls ein verbreitet anzutreffendes Halbwissen über den Anwendungsbereich, den Verfahrensablauf einer UVP und deren Erfordernisse bei der Aufstellung von Bauleitplänen 7 , obwohl sich eine fachspezifische UVP-Kultur mit heterogenen Vorstellungen, Begriffen, Checklisten 2

Mayen, NVwZ 1996, 319. Lübbe-Wolff (Hrsg.), Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996; Hansmann, NVwZ 1995, 320 (325 ff.); zur Ursachenforschung ausführlich Czybulka, JZ 1996, 596 ff. 4 Erbguth/Schink, UVPG, § 17, Rn. 13; Bosselmann, DVB1. 1988, 724 (728). 5 Battis , NuR 1995, 448 (451); Erbguth, VerwArch. 81 (1990), 327 (341); Schink, NVwZ 1991, 935 (945). 6 Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 21. 7 Stich, WiVerw 1994, 83 (170); Battis, NuR 1995, 448 (452); zur Rechtskenntnis in der Gemeindeverwaltung auch Bosselmann, DVB1. 1988, 724 (729). 3

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3. Teil: Probleme und Perspektiven

und methodischen Anleitungen etabliert hat 8 . Aufgrund der Unkenntnis wurden UVPs im Rahmen von Bauleitplanverfahren sogar in Fällen für erforderlich gehalten, in denen die Planungen keine Vorhaben im Sinne der maßgebenden Anlage zu § 3 UVPG betrafen 9. Auftretende Schwierigkeiten, die UVP in der Bauleitplanung ordnungsgemäß durchzuführen, werden auch mit der Verfahrenslastigkeit dieses Instruments begründet. Der erforderliche hohe Aufwand war ein weiterer Grund dafür, daß die Gemeinden die UVP in der Bauleitplanung nur zögerlich angenommen haben 10 . Darüber hinaus wurde zutreffend darauf hingewiesen, daß im Vordergrund von Bauleitplanungen überwiegend Aspekte des Wohnens, des Gewerbes, der Industrie und nicht zuletzt der Arbeitsplätze stehen 11 . Umweltbelange stehen diesen planerischen Zielsetzungen naturgemäß entgegen. Selbst wenn man unterstellt, daß die Fälle der bewußten Vernachlässigung von Umweltbelangen 12 in der Bauleitplanung Einzelfallcharakter aufweisen, so ist nicht zu übersehen, daß Gesichtspunkte des Umweltschutzes in der Planungspraxis häufig Abwägungsbelange minderer Qualität darstellen 13 . Weiterhin ist im Anschluß an durchgeführte Studien auf die sowohl in materieller als auch in prozeduraler Hinsicht starke Entwicklungsbedürftigkeit des Konzepts der UVP in der Bauleitplanung hingewiesen worden 14 . Überdies konstatierte man eine auf die Sache und das Verfahren bezogene Verunsicherung, die durch die Anforderungen des UVPG verursacht wurde. Diese wirke sich hemmend auf die Schaffung von Bauland, seine Bebauung und die Errichtung von Gemeinbedarfsanlagen und Infrastruktureinrichtungen aus. Angesichts dessen habe das UVPG, so ein abschließendes Fazit, bisher weder für das Bauen noch für die Umwelt etwas Positives gebracht 15 .

8

Schwab, NVwZ 1997, 428 (429); Jacoby, in: Hübler (Hrsg.), UVP von Plänen und Programmen, 1992, S. 17 (22) s. auch die Einzelbeiträge in: Otto-Zimmermann (Hrsg.), Umweltverträglichkeitsprüfung in der Kommunalverwaltung, 1990. 9 Stich, WiVerw 1994, 83 (170). 10 Schink, ZfBR 1998, 284 (285). 11 ErbgutK NVwZ 1993, 956; Hoppe/Paßlick, UVPG, § 17, Rn. 21; außerdem Jacoby, in: Hübler (Hrsg.), UVP von Plänen und Programmen, 1992, S. 17 (26), der auf die insoweit bestehende Gefahr der UVP als Verhinderungsinstrument hinweist. 12 Bosselmann, DVB1. 1988, 724 (728). 13 Battis , NuR 1995, 448 (452); ErbgutK NVwZ 1993, 956; Bosselmann, DVB1. 1988, 724 (728). 14 SitteUCzypionka, DÖV 1992, 737 ff. 15 Stich, WiVerw 1994, 83 (171).

1. Kapitel: Umweltverträglichkeitsprüfung

279

Β. Perspektiven durch § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB Angesichts dieser aufgetretenen Schwierigkeiten ist zu fragen, welche Verbesserungen mit der Einfügung des § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB für die Kommunen bei der Anwendung der UVP in der Bauleitplanung verbunden sind. Zunächst ist auf die Zusammenführung der umweltrechtlichen Verfahren und somit auch der UVP in § la Abs. 2 BauGB zu verweisen. Ihre zentrale Aussage für die Bauleitplanung ist in § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB niedergelegt, so daß die Gemeinden bei der Bestimmung ihres diesbezüglichen Regelungsgehalts nicht mehr allein auf die Anwendung der inhaltlich identischen, aber unübersichtlichen 16 §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG angewiesen sind. Zwar bleibt die eigentliche Regelung nach dem Willen des BauROGGesetzgebers in den fachgesetzlichen §§ 17, 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG enthalten. Jedoch ist ihr Extrakt in § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB verankert worden. Dies ist eine die Gesetzesanwendung effektuierende Vereinfachung und deshalb für die Gemeinden als vorteilhaft zu bewerten. Außerdem wird durch § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB der planenden Gemeinde eine Hilfestellung bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials gewährt. In Form dieser Vorschrift gibt man ihr gewissermaßen den Hinweis, daß in der dort genannten Fallkonstellation gerade die Durchführung einer UVP vorgeschrieben und deren Ergebnis als Abwägungsbelang bei der Planungsentscheidung zu berücksichtigen ist. Die planende Gemeinde wird hierdurch bei jedem Bebauungsplanverfahren dazu angehalten, sich zu vergewissern, ob die beabsichtigte Planung eine UVP erfordert. Dies fördert die Übersichtlichkeit der Planung und verringert deren Fehleranfälligkeit. Beide Aspekte sind von Vorteil für die Anwendung und deshalb als Gewinn für die kommunale Bauleitplanung zu betrachten. Darüber hinaus wird von § l a Abs. 2 Nr. 3 i . V . m . Abs. 2 a.A. BauGB auch die systematische Einbindung der UVP in das Recht der Bauleitplanung in bislang nicht zu verzeichnender Klarheit festgeschrieben. Da mit der „Bewertung" das Ergebnis der UVP in § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB benannt ist, wird auf eine sachlich abgeschlossene UVP Bezug genommen. Mit der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB ist zudem geregelt, daß der Ort der Berücksichtigung des UVP-Ergebnisses genau dort liegt. Den Gemeinden sind damit die wichtigen Fragen nach dem Umfang der UVP und ihres Standortes im Bebauungsplanverfahren beantwortet. Diese spezielle Regelungsleistung trägt ebenfalls zur besseren Anwendbarkeit der UVP im Bauleitplanungsrecht bei.

16

Stich, WiVerw 1994, 83 (171); Wagner, DVB1. 1993, 583 (585).

280

3. Teil: Probleme und Perspektiven

Festzuhalten bleibt, daß § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB zu einer verbesserten Anwendung der UVP in der Bauleitplanung fuhren wird. Mit dieser Vorschrift ist den Gemeinden die reale Möglichkeit an die Hand gegeben, den durch das UVPG an die Bauleitplanung gestellten Anforderungen in erforderlichem Umfang Rechnung zu tragen.

C. Anwendungsempfehlung Kommt im Bebauungsplanverfahren die Durchführung einer UVP in Betracht, wird folgende Vorgehensweise empfohlen: 1. Überprüfung, ob durch den in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens der Anlage zu § 3 UVPG begründet werden soll. Nur die Vorhaben der Nrn. 1, 8, 11, 15, 18 und 19 der Anlage eignen sich hierzu. 2. Soweit ein solches Vorhaben vorliegt, muß es einer UVP durch Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Schutzgüter des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG unterzogen werden. Für das Verfahren sind nicht die Vorschriften des UVPG, sondern die entsprechenden Regelungen der §§ 3, 4, 4a, 9 Abs. 8, l a Abs. 2 Nr. 3, 1 Abs. 6 BauGB anzuwenden. 3. Das ermittelte UVP-Ergebnis ist anschließend als öffentlicher Belang in die bauleitplanerische Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB einzustellen. Dort muß es mit dem ihm im konkreten Fall zukommenden Gewicht gegen die anderen Belange abgewogen werden. 2. Kapitel

Prüfung nach der FFH-Richtlinie A. Praxisbefund Vergleichbare Erkenntnisse, welche praktischen Probleme die §§ 19a ff. BNatSchG in der Bauleitplanung aufwerfen, liegen noch nicht vor. Das hat seine Ursache darin, daß diese Regelungen erst zum 1.1.1998 in Form eines bei der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigenden Belangs Eingang in das BauGB fanden. Die eigentliche naturschutzrechtliche Umsetzung der FFH-RL und der Vogelschutz-RL, an die die Vorschrift des § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB anknüpft, erfolgte - verspätet - zum 9.5.1998. Vor diesem Hintergrund wird verständlich, daß praktische Erfahrungen bislang fehlen und verläßliche Einschätzungen erst in zwei bis drei Jahren zu verzeichnen sein werden.

2. Kapitel: Prüfung nach der FFH-Richtlinie

281

Das gilt allerdings nur mit Blick auf den Teilbereich des Bauleitplanungsrechts. Kritik aus der Planungspraxis betrifft in der Hauptsache grundsätzliche Fragen der FFH-RL. Diskussionsschwerpunkt ist dabei die verspätete Meldung von Gebieten, die als besondere Schutzgebiete in Betracht kommen. Wie dargestellt, ziehen diese Verzögerungen zahlreiche rechtliche Probleme nach sich. Die richtlinienkonforme Behandlung von ökologisch geeigneten Gebieten, die noch nicht gemeldet worden sind, hat einige Kontroversen entstehen lassen 17 . Das in diesem Zusammenhang ergangene Urteil des BVerwG 1 8 hat, auch wegen seiner vagen Formulierungen, diese Diskussion nicht beendet. Ebenso umstritten war die rechtspolitische Frage, ob und in welchem Umfang die Landwirtschaft für EG-rechtlich erforderliche Nutzungsbeschränkungen infolge des Gebietsschutzes zu entschädigen ist. Gegensätzliche Standpunkte 19 in dieser Frage ließen eine Regelung im Rahmen der 2. Novelle zum BNatSchG noch nicht zu. Notwendig wurde mit dem 3. BNatSchÄndG 20 ein zusätzliches Gesetz. Nicht zu übersehen ist indes, daß diese bisher diskutierten allgemeinen Fragestellungen in Zukunft auch auf den speziellen Bereich der Bauleitplanung einwirken werden. Neben den Naturschutzbehörden werden sich die für die Bauleitplanung zuständigen Gemeinden mit dem gesamten Spektrum der FFH-RL auseinander setzen müssen. Die allgemeinen Rechtsfragen zur Schutzgebietsausweisung, zur Durchführung der Verträglichkeitsprüfung und deren Folgen bei negativem Ergebnis werden in komprimierter Form bei der Planungstätigkeit der Gemeinden auftreten. Ausgehend von § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB sollen deshalb einige Aspekte aufgezeigt werden, die bei der Anwendung der §§ 19a ff. BNatSchG in der Bauleitplanung voraussichtlich zu Schwierigkeiten führen können. Anschließend ist zu betrachten, welche Chancen § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB für die Anwendung europäischen Naturschutzrechts beinhaltet.

B. Voraussichtliche Anwendungsschwierigkeiten Ein bei der Bauleitplanung möglicherweise auftretendes Problem könnte die Ermittlung besonderer Schutzgebiete bilden. Die Frage, ob im Gemeindegebiet ausgewiesene Schutzgebiete bestehen, wird sich in der Regel zwei17

Zeichner, NVwZ 1999, 32 ff.; Apfelbacher/Adenauer/Iven, NuR 1999, 63 (71 ff.); Stüter, NuR 1998, 531 ff. 18 BVerwG, Urt. v. 19.5.1998, NVwZ 1998, 961 ff. 19 König, NVwZ 1999, 382 ff.; Müller-Terpitz, NVwZ 1999, 26 (31). 20 Gesetz vom 26.8.1998, BGBl. I S. 2481; zu dessen Zustimmungsbedürftigkeit Louis, NuR 1998, 526 ff.

282

3. Teil: Probleme und Perspektiven

felsfrei aus entsprechenden Unterlagen ergeben. Wesentlich schwieriger dürfte die Einschätzung von Gebieten fallen, die noch nicht ausgewiesen wurden, sich aber zur Aufnahme in das europaweite Schutzgebietssystem aufgrund naturschutzfachlicher Kriterien eignen. Denn an dem Gebietsschutz der §§ 19a ff. BNatSchG nehmen auch potentielle Schutzgebiete teil. Geboten ist insoweit eine enge Zusammenarbeit der Gemeinde mit den Naturschutzbehörden im Sinne des umweltrechtlichen Kooperationsprinzips. Dadurch kann eine Optimierung des gemeindlichen Informationsstands erzielt werden. Erleichtert wird zugleich die für den Fortgang der Planung bedeutsame Entscheidung, ob ein potentielles Schutzgebiet, das der Meldung an das B M U und die EG-Kommission bedarf, vorliegt. So können gemeindliche Fehler bei der Bauleitplanung schon in diesem Stadium vermieden werden. Darüber hinaus sind Schwierigkeiten bei der Durchführung der Verträglichkeitsprüfung wahrscheinlich. Zwar ist in der vorliegenden Untersuchung ein diesbezüglicher Prüfungsvorschlag erarbeitet worden. Seine Vollzugstauglichkeit muß sich unter Praxisbedingungen noch erweisen. Unentbehrlich ist es für die Gemeinde jedoch auch hier, eng mit Naturschutzsachverständigen zu kooperieren, um den Anforderungen der FFH-RL in der Bauleitplanung vollauf gerecht zu werden. Desweiteren ist das differenzierte System der Ausnahmeregelungen in § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG eine mögliche Quelle für Planungsfehler. Nachdem das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung negativ ausgefallen ist, gilt es, zwingende Gründe des öffentlichen Interesses zu ermitteln, die für den Bauleitplan sprechen. Sollten solche gefunden worden sein, so ist daraufhin im Wege einer Abwägung zu prüfen, ob sie die beeinträchtigten naturschutzrechtlichen Interessen überwiegen. Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die von der Gemeinde zu leistende Prüfung von Alternativen. Dabei ist es von der konkreten Planung abhängig, auf welche Weise und in welchem Umfang eine Alternativenprüfung vorgenommen werden kann. Zwar sind alle Entscheidungen von der Gemeinde aufgrund der ihr eingeräumten Planungshoheit vorzunehmen. Zu verkennen ist allerdings nicht, daß jeweils Gewichtungen getroffen werden müssen, die Fehlern besonders zugänglich sind. Es ist deshalb darauf zu achten, daß in die erforderlichen Gewichtungen nur objektive planungserhebliche Belange einfließen und planungsfremde Interessen ausgeklammert bleiben.

C. Perspektiven durch § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB Eine dem § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB entsprechende Vorläufervorschrift gab es vor dem 1.1.1998 nicht. Im Gegensatz zur UVP in der Bauleitplanung können Verbesserungen gegenüber der alten Rechtslage deshalb nicht

2. Kapitel: Prüfung nach der FFH-Richtlinie

283

untersucht werden. Vielmehr ist zu beleuchten, welche Chancen § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB bei der Integration europäischen Naturschutzrechts in die Bauleitplanung eröffnet. § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB beinhaltet einen auf die Systematik des BauGB zugeschnittenen Extrakt der Aussagen der FFH-RL. Soweit, wie deren Anforderungen für das Recht der Bauleitplanung von Relevanz sind, wurden sie in § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB zusammengeführt. Der Gesetzgeber des BauROG hat hiermit eine beachtliche Konkretisierungsarbeit geleistet. Die Gemeinde muß sich für eine im Hinblick auf das EG-Naturschutzrecht rechtmäßige Bauleitplanung nicht mehr auf den naturgemäß weitgefaßten Richtlinientext stützen. Die bauplanungsrechtlich relevanten Regelungen ergeben sich nun aus § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB, der auf die materiellen Bestimmungen der §§ 19a ff. BNatSchG verweist. Deren Inhalt ist überschaubar. Die Gesetzesanwendung wird so für die Gemeinde vereinfacht, was als Gewinn für die Planungstätigkeit zu werten ist. Die schon bei der UVP festgestellte Hinweis- und Erinnerungsfunktion weist § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB ebenfalls auf. Bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials hat sich die Gemeinde zu vergegenwärtigen, ob Belange des EG-Naturschutzrechts zu prüfen und in die Abwägung einzustellen sind. Hierfür enthält § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB den in Gesetzesform gegossenen Wegweiser. Die Norm bietet der Gemeinde bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials eine Hilfestellung, durch die nicht nur die Übersichtlichkeit, sondern zugleich die Vollständigkeit der Planung gewährleistet wird. Dies ist für die Bauleitplanung förderlich und deshalb ein Zugewinn. Desweiteren übernimmt die Vorschrift eine Gewährleistungsfiinktion. Bei ordnungsgemäßer Anwendung des § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB ist sichergestellt, daß der aufgestellte Bauleitplan in Einklang mit dem europäischen Naturschutzrecht steht. Erfüllt wird damit gleichzeitig der ökologische Anspruch, dessen intensivere Verfolgung sich das novellierte BauGB zum Ziel gesetzt hat. Auch unter dem Gesichtspunkt der Gewährleistung von naturschutzrechtlicher Rechtmäßigkeit der Bauleitpläne ist die Aufnahme des § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB für die Planungstätigkeit der Gemeinde als positiv zu beurteilen. Mit § la Abs. 2 Nr. 4 BauGB wird die Berücksichtigung des europäischen Naturschutzrechts im Planaufstellungsverfahren anwendungstauglich gestaltet. Die Regelung stellt eine Unterstützung der gemeindlichen Planungstätigkeit dar. Sie bietet die Chance, daß die Fehleranfälligkeit von Bauleitplänen in diesem Bereich gering bleibt.

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3. Teil: Probleme und Perspektiven

D. Anwendungsempfehlung Kommt im Bauleitplanverfahren die Prüfung nach der FFH-Richtlinie in Betracht, wird folgende Vorgehensweise empfohlen: 1. Prognose der Gemeinde, ob durch die beabsichtigten Darstellungen oder Festsetzungen erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des in der Schutzgebietsverordnung festgelegten Schutzzwecks eines Schutzgebiets eintreten können. 2. Sind solche aus Sicht der Gemeinde nicht zu erwarten, sind diese Darstellungen oder Festsetzungen daraufhin zu überprüfen, ob mit ihnen die Erhaltungsziele oder die Schutzzwecke des Schutzgebiets gefördert und unterstützt werden können. Ist das der Fall, sind sie als öffentlicher Belang in die bauleitplanerische Abwägung einzustellen und gegen die anderen Belange abzuwägen. 3. Sind hingegen erhebliche Beeinträchtigungen zu erwarten, hat die Gemeinde unter Hinzuziehung von Naturschutzsachverständigen die Verträglichkeitsprüfung nach § 19c Abs. 1 BNatSchG durchzuführen. Prüfungsmaßstab sind die Erhaltungsziele oder bei Vorliegen einer Schutzgebietsverordnung der dort bezeichnete Schutzzweck. Für den Ablauf der Verträglichkeitsprüfung wurde ein eigener Vorschlag unterbreitet. 4. Wird im Rahmen der Prüfung festgestellt, daß der Bauleitplan zu erheblichen Beeinträchtigungen führen kann, müssen von der Gemeinde die Ausnahmeregelungen des § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG angewandt werden. Die Zulässigkeit des naturschutzrechtlich unverträglichen Bauleitplans richtet sich in diesen Fällen allein nach § 19c BNatSchG. Gegebenenfalls muß über das B M U eine Stellungnahme der Kommission eingeholt werden. 5. Greift eine Ausnahme ein, hat die Gemeinde Ausgleichsmaßnahmen zu bestimmen und der Kommission darüber zu berichten.

3. Kapitel

Prognosen zur Vollzugsrealität Das europäische Umweltrecht ist in der Bauleitplanung vom Gesetzgeber vollzugsfreundlich ausgestaltet worden (1. u. 2. Kap.). In Bezug auf Inhalt und Form schuf er in § l a Abs. 2 Nr. 3 u. 4 BauGB die rechtlichen Voraussetzungen dafür, daß die Gemeinde die Anforderungen der UVP-RL, der FFH-RL und der Vogelschutz-RL im Bauleitplanverfahren exakt berücksichtigen kann.

3. Kapitel: Prognosen zur Vollzugsrealität

285

Davon zu trennen ist die Frage, ob das in § l a Abs. 2 Nr. 3 u. 4 BauGB niedergelegte rechtliche Grundkonzept von den Gemeinden in der täglichen Planungsarbeit problemlos umzusetzen ist. Vor dem Hintergrund der festgestellten positiven Anwendungsperspektiven sind deshalb einige Risiken in den Blick zu nehmen, die die Verwirklichung dieser Perspektiven zu gefährden in der Lage sind. Zum Abbau möglicher Vollzugsrisiken ist die Gemeinde aufgrund ihrer Planungshoheit berufen. Die durch § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG verbürgte kommunale Planungshoheit wirkt neben ihrem berechtigenden Gehalt insoweit verpflichtend. Für die Annahme, daß der gemeindliche Vollzug der Regelungen des § la Abs. 2 Nr. 3 u. 4 BauGB risikobehaftet ist, sprechen folgende Erwägungen:

A. Dynamik des Städtebaurechts Das Städtebaurecht der letzten Jahre ist von einer hohen Dynamik gekennzeichnet. So wurde das seit dem 1.7.1987 geltende Baugesetzbuch21 durch das Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz vom 17.5.1990 2 2 , durch das Investitionserleichterungs- und Wohnbaulandgesetz vom 22.4.1993 2 3 sowie jeweils durch punktuelle Veränderungen umgestaltet 24 . Dementsprechend hatten sich die mit dem öffentlichen Baurecht befaßten Verwaltungen und Bürger auf die häufig wechselnde Rechtslage immer neu einzustellen. Diese Dynamik steht der Zielsetzung des Städtebaurechts grundsätzlich entgegen. Zwar ist nicht zu übersehen, daß mit Hilfe zahlreicher Sondervorschriften die besondere Situation in den neuen Bundesländern baurechtlich zu bewältigen war. Trotzdem ist das Städtebaurecht auf eine eher mittelbis langfristige Geltung angelegt 25 . Die jüngste, besonders umfangreiche Änderung der Rechtslage im öffentlichen Baurecht erfolgte aufgrund des BauROG vom 18.8.1997 2 6 . Es dient insbesondere der Vereinheitlichung des Städtebaurechts. Diesem Anliegen liegt inzident der Wunsch zugrunde, „Ruhe an der Gesetzgebungsfront" zu schaffen, eine Formulierung, mit der Krautzberger/Wagner 27 die öffentliche Erwartungshaltung in Bezug auf die Novellierung des BauGB von 1987 anschaulich beschrieben. 21

Gesetz vom 8.12.1986, BGBl. I S. 2253. Gesetz vom 17.5.1990, BGBl. I S. 926. 23 Gesetz vom 22.4.1993, BGBl. I S. 466; dazu Krautzberger/Runkel, DVB1. 1993, 453 ff.; Wagner, DVB1. 1993, 583 ff. 24 Gesetz vom 30.7.1996, BGBl. I S . 1189 (Förderung von Windenergieanlagen); dazu Krautzberger, NVwZ 1996, 847 ff. 25 Steinfort, ZG 1997, 16 (18). 26 Gesetz vom 18.8.1997, BGBl. I S. 2081. 27 DVB1. 1994, 1025. 22

286

3. Teil: Probleme und Perspektiven

Die Gewährleistung planungsrechtlicher Kontinuität und Rechtssicherheit muß oberstes Gebot der Gesetzgebung im Städtebaurecht sein 28 . Sowohl Verwaltungsbehörden als auch Planungsinteressenten benötigen für ihre Tätigkeit verläßliche planungsrechtliche Grundbedingungen 29 . Kontinuität und Rechtssicherheit führen nicht nur zu einer kalkulierbaren und zügigen Verwaltungspraxis. Sie sorgen zudem dafür, daß die Investitionsbereitschaft und Investitionssicherheit gefördert werden. Wegen der häufigen Änderungen des BauGB sind beide genannten Gebote des Städtebaurechts gefährdet. Ein sich ständig änderndes Gesetzeswerk steht in der Gefahr, an Bodenhaftung zu verlieren und die Rechtsanwender in Unkenntnis und mehr oder weniger große Ratlosigkeit zu entlassen 30 . Dementsprechend wurde festgestellt, daß die zahlreichen Rechtsänderungen auf kommunaler Seite eine ernstzunehmende Verunsicherung bei der Rechtsanwendung verursachten, aus der eine Reihe unnötiger Blockaden resultierten 31 . Durch die Novellierung des BauGB zum 1.1.1998 wird der konstatierte Verunsicherungszustand noch eine gewisse Zeit fortbestehen. Es liegt deshalb die Vermutung nahe, daß während dieser, für die Konsolidierung der Rechtsanwendung erforderlichen Zeitspanne auch die Anwendung europäischen Umweltrechts in der kommunalen Bauleitplanung, die in dieser Form neu ist, nicht fehlerfrei vonstatten gehen wird.

B. Erhöhung des Verwaltungsaufwandes Ein weiteres Risiko für den exakten Vollzug des europäischen Umweltrechts in der Bauleitplanung stellt der Umstand dar, daß sich die Verwaltungspraxis mit einem erhöhten Verwaltungsaufwand auf die neue Rechtslage einstellen muß. Dies ist deshalb besonders wichtig, weil die Änderungen des BauGB durch das BauROG sehr umfangreich sind 3 2 . Es wird daher notwendig sein, die Mitarbeiter der gemeindlichen Planungsbehörden fortzubilden, um sie intensiv mit der neuen Rechtslage vertraut zu machen 33 . Gleichzeitig kann es notwendig werden, juristische Beratung durch Rechtsanwälte, die auf öffentliches Baurecht spezialisiert sind (z.B. Fachanwälte für Verwaltungsrecht), einzuholen. 28

Bunzel, AfK 1997, 254 (256); Steinfort, ZG 1997, 16 (18). Stüer, DVB1. 1997, 1201 (1210). 30 Stüer, DVB1. 1997, 1201 (1210). 31 Steinfort, ZG 1997, 16 (18); Bunzel, AfK 1997, 254 (255). 32 Nach Hoppe (Der Tagesspiegel v. 19.9.1997, S. 21) enthält das BauROG 99 Änderungen des Bau- und Raumordnungsrechts. 33 Zu diesem Folgeaspekt von Rechtsänderungen auch Bunzel, AfK 1997, 254 (256). 29

3. Kapitel: Prognosen zur Vollzugsrealität

287

Dieser durch die BauGB-Novelle erhöhte Verwaltungsaufwand besteht unabhängig von der Zielsetzung des BauROG, das Instrumentarium im Städtebaurecht zu vereinfachen. Vereinfachung führt in der Regel zu einer Verringerung des Verwaltungsaufwandes. Jedoch ist die Verschlankung des Instrumentariums eingebettet in eine breit angelegte Novellierung des BauGB. Um Entscheidungen mit einem hohen Maß an Bestandssicherheit zu treffen, sind deswegen verstärkte gemeindliche Anstrengungen zur Einstellung auf die neue Rechtslage geboten. Dies kann zu einer Gefährdung der Planungstätigkeit im Hinblick auf das einzubeziehende europäische Umweltrecht führen.

C. Umweltrechtliche Vollzugsdefizite und Bauleitplanung Wie bereits im 1. Teil der Untersuchung problematisiert, weist gerade das europäische Umweltrecht vielfältige Vollzugsdefizite auf 3 4 . Zu Recht wird vertreten, daß das Umweltrecht immer nur so gut ist wie sein Vollzug 3 5 . § la Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB ordnet die Integration bestimmten europäischen Umweltrechts in die kommunale Bauleitplanung an. Es ist deswegen nicht ausgeschlossen, daß sich die für den Umweltschutz typischen Vollzugsprobleme in verschiedenen Ausprägungen im Bauleitplanverfahren fortsetzen. Umweltrechtliche Vollzugsdefizite treten unter anderem deswegen auf, weil die Gemeinde bei der Abwägung der planungserheblichen Belange oftmals den Wirtschaftsinteressen einen Vorrang vor den Aspekten des Umweltschutzes einräumt. So wird zum Beispiel die Ansiedlung von Industriebetrieben nur selten gegenüber Umweltbelangen zurücktreten. Trotz der vollzugsfreundlich ausgestalteten Regelungen stellen die umweltrechtlichen Vollzugsdefizite ein Risiko für die ordnungsgemäße Anwendung des § la Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB dar.

D. Folgerungen für die gemeindliche Kompetenzlage Die Stärkung der kommunalen Planungshoheit ist ein erklärtes Ziel der Novellierung des BauGB 3 6 . Dies soll unter anderem dadurch erreicht werden, daß die Verantwortung der Gemeinden für eine umweltverträgliche, ökologisch orientierte Planung verdeutlicht wird 3 7 . Durch die Aufnahme der Berücksichtigung der Belange europäischen Umweltrechts in den Geset34

1 ff.

Hansmann, NVwZ 1995, 320 ff.; Rengeling/Gellermann,

Jb. UTR 36 (1996),

35 Lübbe-Wolffy in: dies. (Hrsg.), Der Vollzug des europäischen Umweltrechts, 1996, S. 1. 36 BT-Drs. 13/6392, S. 31. 37 BT-Drs. 13/6392, S. 36.

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3. Teil: Probleme und Perspektiven

zeswortlaut des § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB wurden die gemeindlichen Kompetenzen diesbezüglich unterstrichen und fortentwickelt. Zwar waren die Vorgaben des Umweltrechts auch bisher schon Gegenstand der von § 1 Abs. 6 BauGB geforderten umfassenden bauleitplanerischen Abwägung. Neu ist aber neben der Einbeziehung der Maßgaben des europäischen Naturschutzrechts die konkrete Benennung von UVP und Prüfung nach der FFH-RL als abwägungserhebliche Planungsbelange. Bislang enthielt § 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 7 BauGB das allgemein gehaltene Gebot, bei der Aufstellung von Bauleitplänen die Belange des Umweltschutzes und des Naturschutzes zu berücksichtigen. Demgegenüber stellen die Regelungen des § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB eine Verdeutlichung und damit eine ökologisch begründete Stärkung der gemeindlichen Kompetenz zur Bauleitplanung dar. Daß § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB einen solchen Kompetenzzuwachs darstellt, wird teilweise bezweifelt 38 . Der Ausbau der in der bauleitplanerischen Abwägung zu berücksichtigenden Umweltbelange schaffe die Gefahr einer erhöhten Fehleranfälligkeit der Abwägung. Der neue § la BauGB belege, in welch dichtem normativen Geflecht heute die Bauleitplanung mit ihrer Abwägung stattfinden soll. Insbesondere die FFH- und die Vogelschutz-RL würden dazu beitragen, Planungsfreiheiten zu beschränken, das Verfahren der Planaufstellung schwerfälliger zu machen und die Planverwirklichung wegen der fälligen Ausgleichsmaßnahmen zu verteuern 39 . Dieser Einschätzung ist zu entgegnen, daß die Berücksichtigung des europäischen Umweltrechts in der Bauleitplanung den Gemeinden als Träger der Planungshoheit zugewiesen ist. Sie müssen sicherstellen, daß das EG-Recht in Form des § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB bei der Planaufstellung ordnungsgemäß beachtet wird. Daß die hierdurch gestellten Anforderungen das Planungsverfahren aufwendiger gestalten, liegt allein an den Zielsetzungen der europäischen Vorgaben. Deren Verwirklichung in der Bauleitplanung führt zwangsläufig zu einer Erweiterung der berücksichtigungspflichtigen Planungsbelange. Dieser umfangreichere Planungsauftrag weist aber den Gemeinden dementsprechend eine höhere Planungsverantwortung zu und führt somit zu einer Kompetenzstärkung. Wie dargestellt, existieren jedoch einige Risiken hinsichtlich der Anwendung der Vorschrift. Kann eine neue Norm nicht ordnungsgemäß angewendet werden, so wird der Rechtsanwender die durch diese Bestimmung vermittelten erweiterten Kompetenzen nicht vollumfänglich ausschöpfen können. Der Kompetenzinhaber ist in der Wahrnehmung des Kompetenzpotentials eingeschränkt. Er begibt sich auf diese Weise des ihm zusätzlich eingeräumten Kompetenzumfangs. Es erscheint so möglich, daß der von 38 39

Di Fabio , NVwZ 1998, 329 (333). Di Fabio , NVwZ 1998, 329 (333).

3. Kapitel: Prognosen zur Vollzugsrealität

289

der betreffenden Vorschrift angestrebte Rechtszustand nicht bzw. nicht vollständig erreicht wird. Damit wird nicht zwangsläufig der frühere Kompetenzzustand hergestellt. Insbesondere bei Kompetenzbündelungen kann es für den so ausgestatteten Kompetenzinhaber schwierig sein, alle ihm eingeräumten Befugnisse der Intention des Gesetzgebers entsprechend wahrzunehmen. Dadurch besteht die Gefahr, daß ein rechtlicher Kompetenzzuwachs infolge der diesbezüglich bestehenden Wahrnehmungsdefizite zu einem schleichenden tatsächlichen Kompetenzverlust führt. I m Ergebnis besteht durchaus die Möglichkeit, daß der reale Kompetenzzustand unter denjenigen sinkt, der vor dem Kompetenzausbau vorhanden war. Ein Kompetenzzuwachs würde so einen Kompetenzverlust verursachen. Zu betonen ist, daß sich die Wahrnehmung dieser erweiterten Kompetenzen durch die Gemeinde nicht von äußeren Einflüssen isoliert vollzieht, sondern in das Wirkungsgefüge lokaler Demokratie eingebunden ist. Dieses ist von der Verfolgung oft divergierender Interessen durch Parteien 40 , Verbände 41 und Bürgerinitiativen 42 geprägt. Je nach politischer Zielsetzung beeinflussen jene Akteure den Prozeß der Meinungsbildung zu den gemeindlichen Planungen. Von der Intensität derartiger Bemühungen ist oftmals die konkrete Ausgestaltung des Bauleitplans abhängig. Ökologisch orientierte Parteien, Verbände und Bürgerinitiativen werden dabei darauf drängen, daß die Interessen des Naturschutzes bei der Planaufstellung umfassend berücksichtigt werden. Sowohl im Vorfeld der Planung als auch bei der Bürgerbeteiligung nach § 3 BauGB bestehen hierzu vielfältige Möglichkeiten. Entsprechend werden wirtschaftlich ausgerichtete Parteien und Interessenvertretungen ihre Vorstellungen zu den gemeindlichen Planungsvorhaben geltend machen. Insofern enthält der aufgestellte Bauleitplan nicht nur einen Kompromiß zwischen den verschiedenen Abwägungsbelangen der §§ 1 Abs. 5 Satz 2, l a BauGB. Gleichzeitig stellt er einen Kompromiß zwischen den Zielsetzungen der an der Planung beteiligten politischen Interessenvertretungen dar. Vor diesem Hintergrund ist zu konstatieren, daß die Wahrnehmung der gemeindlichen Kompetenzen durch die widerstreitenden Interessen der auf der lokalen Ebene handelnden politischen Akteure gesteuert, gefördert und kontrolliert wird. Bei der festgestellten Kompetenzstärkung hinsichtlich der ökologischen Belange werden es in erster Linie Naturschutzverbände und auf Naturschutz ausgerichtete Bürgerinitiativen sein, die die Gemeinde zur vollständi40

Dazu Holtmann, in: Wollmann/Roth, Kommunalpolitik, 1998, S. 208 ff. Dazu Heinze/Voelzkow, in: Wollmann/Roth, Kommunalpolitik, 1998, S. 227 ff.; Triesch/Ockenfels, Interessenverbände in Deutschland, 1995. 42 Dazu Roth, in: Wollmann/Roth, Kommunalpolitik, 1998, S. 2 (6 ff.). 41

19 Schladebach

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3. Teil: Probleme und Perspektiven

gen Ausschöpfung ihres diesbezüglich bestehenden Kompetenzpotentials anhalten. Die dem System lokaler Demokratie immanente Kontrollfunktion trägt auf diese Weise dazu bei, daß der vom Gesetzgeber angestrebte Rechtszustand sich nicht nur im Gesetz selbst niederschlägt, sondern die Kompetenzstärkung in der Planungspraxis auch tatsächlich Ausdruck findet. Daneben wird die gemeindliche Kompetenzwahrnehmung von rechtlichen Instrumenten gesteuert. So bedarf beispielsweise der Flächennutzungsplan, der durch die BauGB-Novelle aufgewertet worden ist 4 3 . der Genehmigung der höheren Verwaltungsbehörde. Gemäß § 6 Abs. 2 BauGB darf diese Genehmigung nur versagt werden, wenn der Flächennutzungsplan insbesondere den Vorschriften des BauGB widerspricht. Die Kontrollbefugnis der höheren Verwaltungsbehörde ist als Rechtsaufsicht ausgestaltet. Hierdurch wird die Überprüfung der gemeindlichen Planungstätigkeit auch in Bezug auf die neuen Anforderungen des europäischen Umweltrechts ermöglicht. Eine mangelnde Kompetenzwahrnehmung durch die Gemeinde kann auf diesem Wege beanstandet und die Genehmigung des Flächennutzungsplans deswegen versagt werden. Die Rechtmäßigkeitskontrolle nach § 6 Abs. 2 BauGB stellt somit eine weitere Möglichkeit dar, um Wahrnehmungsdefiziten wirksam zu begegnen. Infolge der unter A.-C. erwogenen Risiken bei der Anwendung des § la Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB erscheint der Eintritt der in Bezug auf die Kompetenzwahrnehmung beschriebenen Folgen jedoch nicht ausgeschlossen. Beugt die Gemeinde den aufgeführten Risiken nicht hinreichend vor, kann sie das Kompetenzpotential, das ihr in Form der Vorschrift zusätzlich eingeräumt worden ist, nicht ausschöpfen. Ist die Gemeinde in diesem Sinne mit der Anwendung des § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB in einzelnen Teilen überfordert, besteht die Gefahr, daß sie ihrer Kompetenzen bei der Berücksichtigung europäischen Umweltrechts in tatsächlicher Hinsicht verlustig geht. Der durch das BauROG angestrebte Ausbau der kommunalen Planungshoheit droht zumindest insoweit, d.h. in Bezug auf eine ökologischere Bauleitplanung, relativiert zu werden. Um somit alle Kompetenzen gesetzeskonform wahrnehmen zu können, ist es unerläßlich, daß die Gemeinde die Voraussetzungen für eine rechtlich einwandfreie Anwendung des § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB schafft.

E. Ergebnis Die bislang von der Planungspraxis angeführten Schwierigkeiten bei der Anwendung europäischen Umweltrechts in der Bauleitplanung werden 43

Müller/Mahlburg, 1137 (1144 f.).

DVB1. 1998, 1110 ff.; Wagner/Mitschang,

DVB1. 1997,

3. Kapitel: Prognosen zur Vollzugsrealität

291

durch die Regelung des § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB abgebaut werden. Die Perspektiven ihrer Anwendung sind als positiv zu bewerten. Für die Gemeinden ist vom Gesetzgeber mit § la Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB ein Planungsinstrument geschaffen worden, das sie in die Lage versetzt, die bauplanungsrechtlich relevanten Festlegungen des europäischen Umweltrechts ordnungsgemäß in die kommunale Bauleitplanung einzubeziehen. Allerdings müssen die Gemeinden die von ihnen zu erbringenden Voraussetzungen für eine fehlerfreie Anwendung der Norm schaffen. Nur so kann verhindert werden, daß sich die mit der umfangreichen Rechtsänderung verbundenen Vollzugsrisiken verwirklichen. Gelingt den Gemeinden das, trägt § la Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB tatsächlich zu einer Stärkung der kommunalen Planungshoheit bei.

Thesen 1. Die kommunale Bauleitplanung wird von der UVP-Richtlinie bzw. den §§ 2, 17 UVPG, von der FFH-Richtlinie und der Vogelschutzrichtlinie bzw. den §§ 19a ff. BNatSchG beeinflußt. Durch sie werden an die Bauleitplanung zusätzliche Anforderungen gestellt. Die Vorgaben des genannten europäischen Umweltrechts berühren dabei die gemeindliche Planungshoheit aus § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG. Diese Einwirkungen der supranationalen Ebene sind sowohl EG-rechtlich als auch nach nationalem Recht zulässig. 2. Der Grad des Einflusses auf die Bauleitplanung ist zwischen der UVP und den Maßgaben der FFH-Richtlinie verschieden. Er folgt einem verallgemeinerungsfähigen Grundsatz. a) Die Bedeutung, die der UVP im allgemeinen Umweltrecht zukommt, ist im Bauleitplanungsrecht als umweltrelevantem Recht sehr begrenzt. Wegen ihres vorhabenbezogenen Ansatzes sind von der planenden Gemeinde nur vorhabenbezogene und planfeststellungsersetzende Bebauungspläne einer UVP zu unterziehen. Flächennutzungspläne unterliegen nicht der UVP-Pflicht. Die Durchführung der UVP in der Bauleitplanung muß den Maßstäben des UVPG genügen, erfolgt jedoch nach den entsprechenden Bestimmungen des BauGB. Ein Bedeutungsverlust dieses umweltrechtlichen Prüfverfahrens soll durch die Integration in die bauleitplanerische Abwägung gemäß § la Abs. 2 Nr. 3 BauGB aber nicht eintreten. Vielmehr ist die UVP als formalisierter Zwischenschritt vor der eigentlichen Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB vorzunehmen. Erst ihr Ergebnis ist in die Abwägung einzustellen und dort den anderen öffentlichen und privaten Planungsbelangen gegenüberzustellen. In der Abwägung kommt der UVP kein Vorrang zu. Ihr Ergebnis ist abwägungsdirigiert in dem Sinne, daß es durch andere, in der konkreten Planungssituation vorgehende Belange überwunden werden kann. Wurde eine erforderliche UVP nicht oder fehlerhaft durchgeführt, liegt nicht automatisch ein Mangel der Abwägung vor. Ein solcher kommt erst dann in Betracht, wenn die Umweltauswirkungen des Bebauungsplans auch nicht auf andere Weise Eingang in das Planaufstellungsverfahren gefunden haben und die konkrete Möglichkeit besteht, daß die Gemeinde ohne den Verfahrensfehler anders geplant hätte. Der UGB-KomE entwickelt das Verhältnis von UVP und Bauleitplanung fort. Die Grundkonzeption, daß nur vorhabenbezogene und planfeststel-

Thesen

293

lungsersetzende Bebauungspläne UVP-pflichtig sind, bleibt bestehen. Von der im UGB-KomE bereits geregelten Plan- und Programm-UVP sind Flächennutzungspläne und Bebauungspläne nicht betroffen. Allerdings gewinnen die Bauleitpläne dadurch an Umweltverträglichkeit, daß mit der Umweltgrundlagenplanung eine vorbereitende, Umweltinformationen bereitstellende Planungsart geschaffen worden ist. Die dort getroffenen Aussagen sollen als Darstellungen oder Festsetzungen in die Bauleitpläne übernommen werden. Auf diese Weise erhalten sowohl die Flächennutzungspläne als auch die Bebauungspläne schon sehr früh eine zusätzliche ökologische Ausrichtung. Allerdings stößt die im UGB-KomE vorgesehene Konzeption der Umweltgrundlagenplanung auf grundsätzliche Kritik. Wegen der unverhältnismäßig weitreichenden Steuerungsabsichten, der hohen Komplexität und der Manipulierbarkeit der Umweltgrundlagenplanung bestehe hinsichtlich dieses neuen Instruments der Umweltplanung noch ein erheblicher Diskussionsbedarf. b) Von weitreichenderer Bedeutung für die Bauleitplanung als die UVP sind die Vorgaben der FFH-Richtlinie, deren Berücksichtigung § l a Abs. 2 Nr. 4 BauGB vorschreibt und die die Anforderungen der Vogelschutzrichtlinie weitestgehend mit einbezieht. Soweit die Gemeinde bei der Aufstellung eines Bauleitplans prognostiziert, daß die Darstellungen oder Festsetzungen des Plans nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung oder eines Europäischen Vogelschutzgebiets führen können, ist die Beachtlichkeit des in die §§ 19a ff. BNatSchG umgesetzten europäischen Naturschutzrechts noch nicht beendet. Zu prüfen ist anschließend, ob die beabsichtigten Darstellungen oder Festsetzungen im Bauleitplan so getroffen werden können, daß sie die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck der betreffenden Schutzgebiete unterstützen. Ist das der Fall, sind die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck in der bauleitplanerischen Abwägung gleichberechtigt gegenüber anderen Planungsbelangen zu berücksichtigen (§ l a Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB). Können die Erhaltungsziele oder der Schutzzweck der besonderen Schutzgebiete erheblich beeinträchtigt werden, ist von der Gemeinde die Prüfung nach der FFH-Richtlinie vorzunehmen. Sie beinhaltet die Durchführung einer naturschutzrechtlichen Verträglichkeitsprüfung und bei negativem Ergebnis die Anwendung der Ausnahmevorschriften. Da die Verträglichkeitsprüfung weder mit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung noch mit der UVP identisch ist, wurde ein eigener Vorschlag zum Ablauf dieser Prüfimg vorgestellt. Führt die Verträglichkeitsprüfung zu einem negativen Ergebnis, ist die Bauleitplanung unzulässig. Eine Überwindung eines solchen Ergebnisses ist in der bauleitplanerischen Abwägung nicht möglich. Vielmehr richtet sich die Zulässigkeit des Bauleitplans infolge des unbe-

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Thesen

dingten Anwendungsbefehls des § l a Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB ausschließlich nach dem BNatSchG. Die Abwägung wandelt sich zu einer Zulassungsentscheidung nach § 19c BNatSchG. Anschließend bedarf es der Prüfung, ob die Ausnahmeregelungen gemäß § 19c Abs. 3, 4 BNatSchG der Planung trotz naturschutzrechtlicher Unverträglichkeit zur Zulässigkeit verhelfen. Im UGB-KomE werden hinsichtlich der Pflicht zur Berücksichtigung der Erhaltungsziele oder des Schutzzwecks der besonderen Schutzgebiete in der Bauleitplanung keine Anforderungen gestellt, die über das derzeit geltende Regelungsprogramm des § la Abs. 2 Nr. 4, 1. HS BauGB hinausgehen. Dagegen wird in Bezug auf die Prüfung nach der FFH-Richtlinie der Naturschutz gegenüber der Bauleitplanung weiter gestärkt. Die Pflicht zur Durchführung der Verträglichkeitsprüfung bzw. Prüfung der Schutzgebietsverträglichkeit tritt infolge des Umstands, daß dafür lediglich die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen des Bauleitplans verlangt wird, eher ein. Darüber hinaus sind nur noch besonders gewichtige Gründe des öffentlichen Interesses in der Lage, eine Ausnahme vom Grundsatz des Planungsverbots bei negativem Prüfungsergebnis zuzulassen. Außerdem wird auch hier über die vorbereitende Umweltgrundlagenplanung angestrebt, den Bauleitplänen bereits bei ihrer Aufstellung ein bestimmtes Maß an umweltschützendem Gehalt zu vermitteln. Verbunden ist damit ein deutlicher Zuwachs an Naturschutz in der Bauleitplanung. c) Vor dem Hintergrund dieser speziell richtlinienbezogenen Untersuchungsergebnisse lassen sich für den Einfluß des europäischen Umweltrechts auf die kommunale Bauleitplanung folgende zusammenfassende Aussagen treffen. M i t der durch § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB erfolgten Integration der planungsrelevanten Vorgaben des europäischen Umweltrechts verdeutlicht das BauGB seine neue Zielsetzung als maßgebliches Planungsrecht. Die vom EG-Recht eingeführten umweltrechtlichen Prüfverfahren sind unter den beschriebenen Voraussetzungen Bestandteil des Verfahrens der Planaufstellung. Diese Integrationsfunktion des BauGB, insbesondere die Berücksichtigung der umweltrechtlichen Belange in der bauleitplanerischen Abwägung, führt jedoch nicht zu Wirkungsverlusten der beiden Verfahren. Trotz der Einbeziehung in die Bauleitplanung liegt dem § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB die Überlegung zugrunde, den Maßgaben des europäischen Umweltrechts auch im Bauleitplanverfahren genau die rechtlichen Wirkungen zuzuerkennen, die sie im jeweiligen Fachgesetz besitzen. Ein negatives UVP-Ergebnis ist gemäß § 12 UVPG bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens „zu berücksichtigen". Exakt mit dieser Bedeutung ist das UVPErgebnis gemäß § l a Abs. 2 Nr. 3 BauGB in die bauleitplanerische Abwägung einzustellen. Es ist dort ebenfalls „zu berücksichtigen", was eine

Thesen

295

Gleichrangigkeit zu anderen Planungsbelangen anzeigt. Dagegen kann ein negatives Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung nach § 19c Abs. 2 BNatSchG zu einem Verbot der Bauleitplanung führen. Diese Rechtsfolge soll wegen des unbedingten Anwendungsbefehls des § la Abs. 2 Nr. 4, 2. HS BauGB gerade auch im Bauleitplanverfahren gelten. Eine Überwindung in der bauleitplanerischen Abwägung kommt daher nicht in Betracht. Der Fortgang des Planungsverfahrens richtet sich allein nach den Bestimmungen des Naturschutzrechts. Aus dieser Systematik läßt sich in Bezug auf die Integration des europäischen Umweltrechts gemäß § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB ein allgemeiner Grundsatz ableiten. Er kann als Grundsatz der „geltungserhaltenden Integration" des europäischen Umweltrechts bzw. als Grundsatz der „umweltrechtlichen Geltungserhaltung" beschrieben werden. Das BauGB integriert zwar, läßt jedoch die dem europäischen Umweltrecht zuerkannten Rechtswirkungen unberührt. Wegen dieser Regelungstechnik ist mit § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB ein gesetzliches Vorbild einer Schnittstellennormierung geschaffen worden. Außerdem zeigt § la Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB in beispielhafter Form, wie der neuerdings vielfach diskutierte Ansatz des „integrativen" bzw. „integrierten Umweltrechts" in die Gesetzgebungspraxis einfließen kann. Während sich im Schrifttum noch mit Begriffsdefinitionen und dem Nachweis der punktuellen Existenz dieser modernen Zielsetzung beschäftigt wird, enthält § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB in überzeugender Weise bereits eine Gesetz gewordene Ausprägung. Auch hierdurch beweist das BauGB seine ökologische Qualität und zukunftsoffene Verfaßtheit. 3. Das in hohem Maße europarechtlich vorgeprägte Umweltrecht weist zahlreiche Vollzugsdefizite auf. Aufgrund der von der Novellierung des BauGB veranlaßten Ökologisierung des Bauleitplanungsrechts werden die Gemeinden im Bauleitplanverfahren verstärkt mit Umweltbelangen und ihrem Vollzug konfrontiert. Dies birgt die Gefahr, daß die Vollzugsdefizite im Umweltrecht wegen der erfolgten Integration nach § l a Abs. 2 Nr. 3, 4 BauGB auf die Bauleitplanung übergreifen. Die Gemeinden müssen daher versuchen, diese Risiken durch einen erhöhten Planungsaufwand und entsprechende Fortbildungen der Planungsverantwortlichen zu verhindern. Wenn ihnen das gelingt, können sie die ihnen übertragene erhöhte Verantwortung hinsichtlich einer umweltverträglichen Bauleitplanung auch tatsächlich wahrnehmen und den anspruchsvoller gewordenen Planungsauftrag erfüllen. Die gemeindliche Planungshoheit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BauGB i.V.m. Art. 28 Abs. 2 GG wird dabei in dem Maße gestärkt, wie die Gemeinden es verstehen, sich in rechtlich ordnungsgemäßer Weise mit den Anforderungen des europäischen Umweltrechts i m Bauleitplanverfahren auseinanderzusetzen.

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Sachwortverzeichnis Abwägungsgebot -Begriff

Kompetenzen, umweltrechtliche

94

- Amsterdam 49

- UVP-Ergebnis

124

- FFH- und Vogelschutzgebiete 213 Alternativlösung

194,

- nach der Einheitlichen Europäischen Akte 38

219, 266

Ausnahmegründe

- Maastricht

226, 230, 265

47

Konfliktbewältigung

Auswahlkriterien - FFH-Gebiete

160

-UGB-KomE

250

Nationalpark

Planergänzungsverfahren

117 178,

Planfeststellungsrecht Planungsverbot

Erhaltungsziele

104

181

203, 259

- Funktionen 58

54, 75, 152

Flächennutzungsplan

133

Richtlinien - und Gemeinden

FFH-Richtlinie

241

214, 264

Prognose, gemeindliche

194

Erheblichkeitsbegriff

165

120

von Bauleitplänen

Bürgerbeteiligung

166

165

Naturschutzgebiet

Bebauungsplan - planfeststellungsersetzender

182, 209, 254

Landschaftsschutzgebiet

161

Bauleitplanung 29

-projektbezogener

130

Kumulationswirkungen

- Vogelschutzgebiete

Belegenheit 253

- bis zur Einheitlichen Europäischen Akte 32

81

- Umsetzung 63

144,220 Schutzgebiets-

Handlungsgrundsätze, umweltrechtliche

- ausweisung

- Amsterdam 47

- bedeutsamkeit

- Einheitliche Europäische Akte - Maastricht 21

45

34

164 254, 259

- system Natura 2000 Schutzzweck

194,256

152

arverzeichnis

324

Stellungnahme der Kommission

235,

2 6 7

110

UVP-Richtlinie

Trägerbeteiligung

105

52, 73, 98

Verträglichkeitsprüfung 204, 261, 273

Umsetzung - Defizite

- UVP-Richtlinie

Vogelschutz-Richtlinie 77

Vollzugsrealität

- FFH-Richtlinie

75

Umweltbegriff

- Innenbereich 76

24

Umweltgesetzbuch

284

- Außenbereich

73

- Vogelschutz-Richtlinie

56, 76, 152

Vorhaben

- von Richtlinien 63 - UVP-Richtlinie

175, 183, 200,

137, 248

274 272

Vorschlag, eigener

209, 263

Umweltgrundlagenplanung

139, 269

Zumutbarkeit der Alternativlösung 219, 225

Umweltrecht, europäisches

24

Zuständigkeit

Unmittelbare Wirkung - FFH-Richtlinie

183

- Prüfung nach der FFH-Richtlinie 205

- von Richtlinien

69

- UVP

101