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German Pages 132 Year 1879
Ueber
die Folgen der Verletzungen auf
Eisenbahnen insbesondere
der Verletzungen des Rückenmarks.
Mit Hinblick auf das Haftpflichtgesetz dargestellt von
Dr. Johannes Rigler, pr. A r z t etc.
Berlin, Druck und Verlag von G. R e i m e r . 1879.
V o r w o r t .
W enn ich es wage, in Nachstehendem das Ergebniss von Untersuchungen, zu denen ich durch zufällige Umstände veranlasst wurde, der Oeffentlichkeit zu übergeben, so geschieht dies lediglich in der Hoffnung, durch meine Mittheilungen möglicherweise zur weiteren Klärung eines bisher weniger durchforschten und doch in mehrfacher Beziehung überaus
inter-
essanten Gebietes anzuregen. Ueber die nächsten Ziele, sowie den Plan
der
Arbeit, berichtet die einleitende Vorbemerkung; hier
IV
Vorwort.
genüge es anzudeuten, wie äusserst schwierig es war, das in umfangreichen
Acten zerstreute und
durch
vielfache Nachforschungen erst zu ergänzende Material zu
sammeln,
um
meine
Darlegungen
der
Nach-
sicht des Lesers und einer milden Beurtheilung empfehlen. Berlin 15. Januar 1879.
Dr. Johannes Rigler, pract. Arzt etc.
zu
Inhalts - Verzeichniss.
Seite
Einleitung
1
Abschnitt I. Die äusseren Verletzungen, sowie die Verletzungen innerer Organe, mit Ausnahme der Läsionen des Rückenmarks Fall L
Angeblich plötzlich entstandener Hodensackbruch
F a l l II.
Fraktur beider Unterschenkel
9 13 15
F a l l I I I . Angeblich chronisches Lungenleiden, durch Stoss gegen die Brust entstanden
15
F a l l IV. Chronisches Lungenleiden in Folge eines Stosses gegen die Brust. Leichte Erschütterung des Rückenmarks
17
F a l l V. Chronischer Lungenkatarrh, angeblich in Folge eines Stosses gegen die rechte untere Brustgegend
19
F a l l VI. Angebliche Erwerbsunfähigkeit durch eine leichte Contusion am Kopf veranlasst
20
F a l l VII. Contusion an der linken Seite des Kopfes; angeblich hierdurch veranlasstes chronisches Hirnleiden
22
F a l l VIII.
24
Contusion am Hinterkopf; angeblich chronisches Hirnleiden
VI
Inhalts - Verzeichniss.
Abschnitt II. Seite
Die Verletzungen und Erschütterungen des Rückenmarks und ihre Folgen
33
A. Anatomische, physiologische, diagnostische und therapeutische Vorbemerkungen 33 B. Casuistik
47 Abtheilnng I .
Fälle sicher
constatirter traumatischer Erkrankungen Rückenmarks und seiner Häute
des 47
F a l l IX. Fall vom Bremssitz bei einem Zusammenstoss; chronische Myelomeningitis
47
F a l l X. Entgleisung. Myelomeningitis
50
Heftiger Fall auf den Rücken.
Chronische
F a l l X I . Zusammenstoss. Chronische Myelitis. Relativ sehr günstiger Verlauf und Ausgang in theilweise Genesung
52
F a l l X I I . Zusammenstoss. Acute Myelomeningitis ascendens, wahrscheinlich ausgehend von einem Blutaustritt in den Häuten . . . Ε a 11 X I I I . Entgleisung. Starke Stösse in den Rücken. Chronische Myelitis
55
F a l l XIV. Zusammenstoss. theiligung der Medulla
57
54
Acute Meningitis spinalis mit geringer Be-
F a l l XV. Rückenmarks-Erschütterung Myelitis chronica cerebro - spinalis
durch Fall
F a l l X V I . Heftiger Stoss gegen den Rücken. chronica
auf den Rücken. '. Meningitis
58
spinalis 60
Abtheilung Π . Fälle erw iesener Simulation von traumatischer Erkrankung des Rückenmarks und seiner H ä u t e . . . F a l l XVII. Angeblich bei einer Entgleisung erlittene Erschütterung des Rückenmarks F a l l X V I I I und X I X . Zusammenstoss. Angeblich dabei acquirirte Rückenmarks-Erkrankungen. Simulationen
66 68
Jahrelang erfolgreich durchgeführte 69
Inhalts - Verzeichniss.
VII
F a l l XX. Entgleisung. Angeblich erlittene Erschütterung des Rückenmarks. Eingestandene Simulation
Seite
7G
F a l l X X I . Entgleisung. Angeblich hierbei erlittene Erschütterung des Rückenmarks. Entlarvte Simulation
79
F a l l X X I I . Entgleisung. marksleiden
81
Angeblich hierdurch veranlasstes Rücken-
F a l l X X I I I . Zusammenstoss. Contusion des Rückens. Angeblich chronisches Rückenmarksleiden. Eingestandene Simulation . . . F a l l X X I V . Auflaufen einer Maschine auf stillstehende Wagen. Angeblich dabei erlittene Erschütterung des Rückenmarks. Schlecht durchgeführte Simulation
83
84
Abtheilung HF. F ä l l e , b e i d e n e n es ζ w e i f e l h a f t b l i e b , o b o r g a n i s c h e E r k r a n k u n g des R u c k e n m a r k s , F u n c t i o n s s t ö r u n g oder lediglich Simulation vorlag
87
Von der spinalen Irritation nach Eisenbahn-Unfällen und der „ S i d e r o dromophobie"
87
F a l l X X V . Zusammenetoss. scheinlich Simulation
88
F a l l XXVI.
Zusammenstoss.
F a l l X X V I I . Entgleisung. liehe Simulation
Angeblich chronische Myelitis.
Wahr-
Angeblich chronische Myelitis . . . . Angeblich chronische Myelitis.
90
Vermuth-· 91
F a l l X X V I I I und X X I X . Zusapamenstoss. Angeblich dabei veranlasste zwei Fälle von chronischer Myelitis, von denen der eine nach 3 Jähren den Tod herbeigeführt haben soll
92
F a l l X X X . Zusammenstoss. Chronische Myelitis, wahrscheinlich Simulation
98
F a l l XXXI. Myelitis
Zusammenstoss.
Angeblich dabei acquirirte chronische
F a l l X X X I I . Fall vom Bremssitz schütterung des Rückenmarks
100 bei einem Zusammenstoss.
Er-,
F a l l X X X I I I . Unbedeutender Zusammenstoss. Angeblich dabei veranlasste , durch einen Tumor in den Häuten bedingte chronische Myelitis . . •
102
103
F a l l X X X I V . Entgleisung. Angeblich chronische Myelitis, wahrscheinlich Simulation 10G
VIII
Inhalts - Verzeichniss. Sefeite
F a l l X X X V . Fall vom Bremssitz bei Gelegenheit einer Entgleisung. Fraglich, ob chronische Myelitis vorliegt 1C08 F a l l X X X V I und X X X V I I . Entgleisung. Zwei angeblich dabei veranlasste Fälle von chronischer Erkrankung des Rückenmarks. . .
1(09
F a l l X X X V I I I . Zweimalige Entgleisung. Angeblich chronisches Leiden des Rückenmarks
1 16
E i n l e i t u n g .
Die ausserordentliche Gewalt der in dem Betriebe von Eisenbahnen zur Verwendung kommenden Kräfte, die unvorsichtig gehandhabt so leicht zerstörende Wirkungen auch auf Leben und Gesundheit von Personen herbeiführen kann, hatte frühzeitig schon die Aufmerksamkeit der Gesetzgebung auf sich gelenkt, deren Aufgabe es ist, für die Sicherheit jeden Besitzes, vor Allem auch des der Gesundheit zu sorgen. Ausgehend von der Erwägung, dass der Grösse der Gefahr auch die Verantwortlichkeit des Unternehmers entsprechen müsse, wurden bereits durch § 25 des ersten Preussischen Gesetzes über die Eisenbahn-Unternehmungen vom 3. November 1838 die Eisenbahn-Gesellschaften haftbar gemacht für allen Schaden, welcher bei der „ B e f ö r d e r u n g " entstand. Obgleich dem Vorbilde Preussens alsbald auch die Gesetzgebungen in einigen anderen Staaten Deutschlands folgten, so erschienen dennoch die Anordnungen des Preussischen Gesetzes theils nicht umfassend genug, theils auch gewährte die Mehrzahl der deutschen Rechtsbestimmungen dem Geschädigten keine oder doch nur eine ungenügende Garantie. Unter diesen Umständen beschloss der deutsche Reichstag, auf Grund einer betreffenden Petition, die Revision und einheitliche Reform auf dem Gebiete der Schaden-Ansprüche von Privat-Personen bei unverschuldeten Unglücksfällen etc. als eine w i r t s c h a f t liche, sociale und politisch-sittliche Pflicht des deutschen Staates anzuregen, um den durch das Preussische Gesetz dem Geschädigten gewährten Entschädigungs-Anspruch zu verallgemeinern und zuJ. R i g l e r ,
Eisenbahn-Verletzungen.
1
2
Einleitung.
gleich die Möglichkeit vertragsmässiger schriften überall auszuschliessen.
Abänderung
dieser
Vor-
Nach eingehender Erörterung, und nicht ohne auch einer wohlbegriindeten Opposition zu begegnen, kam das Reichsgesetz in Bezug auf die Haftpflicht am 7. Juni 1871 zu Stande, erweiterte in hohem Grade den Kreis der zur Entschädigungs-Klage Berechtigten, indem es die Haftverhindlichkeit der Gesellschaften auf alle Unfälle in dem gesammten „ B e t r i e b e " der Bahnen ausdehnte, regelte das Maass der Entschädigung, welche zuvor fast niemals einen ausreichenden Ersatz für die Einbusse des Beschädigten aus zeitiger oder dauernder Arbeitsunfähigkeit, beziehungsweise den Hinterbliebenen aus dem Verluste ihres Ernährers geboten hatte, lenkte aber auch gleichzeitig die allgemeine Aufmerksamkeit auf Bestimmungen hin, welche bis dahin theilweise gewissermaassen in der Partikular-Gesetzgebung verborgen gewesen waren. Das Streben der Unternehmer, die schweren Folgen der verschärften Haftpflicht von sich abzuwenden, das entgegengesetzte Verlangen des Publikums, wenn irgend möglich, die Vortheile des neuen Gesetzes in Anspruch zu nehmen 1 ), hatten die heftigsten Controversen über Sinn und Tragweite jeder einzelnen Bestimmung des Gesetzes bei den Gerichten zur Folge und in zahlreichen, auf Grund des neuen Reichs-Gesetzes angestrengten Prozessen wurden der richterlichen Interpretation Fragen unterbreitet, die in den verschiedenen Instanzen die verschiedenste Beantwortung fanden und zu den widersprechendsten Aussprüchen Anlass gaben. Ungleich grössere Schwierigkeiten aber, als dem Richter, traten in der Mehrzahl derartiger Streitfragen den begutachtenden Aerzten entgegen, denen es oblag, zunächst das Fundament etwaiger Entschädigungs-Ansprüche: das Vorhandensein und die Bedeutung einer erlittenen Beschädigung festzustellen, oder nachzuweisen, ob zwischen einem vorhandenen Leiden und dem etwa erlittenen Unfall auch wirklich ein ursächlicher Zusammenhang bestehe. Häufig handelte es sich hierbei um Zustände, die sich objectiver Beur-
In den ersten
3 Jahren
wurden
auf Grund
des
Gesetzes
von
30
Preussischen Bahnen beinahe 2 Millionen Mark von Entschädigungsgeldern gezahlt cf. das Reichshaftpflieht-Gesetz von Dr. G. E g e r , Breslau
1876.
3
Einleitung.
theilung mehr oder weniger leicht entziehen, und sehr begreiflich erscheint es in Folge dessen, wenn auch u n t e r den begutachtenden Aerzlen
oftmals
geltend machten.
die
auffälligsten Meinungsverschiedenheiten
sich
Obgleich auch in England die Gesetzgebung b e -
treffs der civilrechtlichen Haftung der Eisenbahnen bei Körperverletzungen wobei
und
Tödtungen
nur
langsam
wir des höchst sonderbaren
und
Versuchs
stückweise einer
gedieh,
Klassificirung
der Passagiere gedenken wollen, der zufolge ein Passagier I. Klasse auf 1 0 0 0 Pfd., ein solcher II. Klasse auf 5 0 0 Pfd., ein desgleichen III. Klasse auf 3 0 0 Pfd. Sterling gewerthet w u r d e , so war dennoch die Haftverbindlichkeit bei Weitem f r ü h e r , als in Deutschland, in umfassender Weise gesetzlich geregelt u n d von dem industrielleren Publikum reichlich in Anspruch genommen.
Demgemäss hatte sich
auch die Aufmerksamkeit der Aerzte frühzeitig schon auf die hierbei in Betracht k o m m e n d e n Fragen gerichtet, vor Studium
der
Erschütterungen
des
Rückenmarks,
Allem auf das wie solche
be-
sonders häufig bei Eisenbahn-Unfällen bewirkt werden sollen, und sind ausser dem W e r k e J. E r i c h s e n ' s „On railway and other injuries of the n e r v o u s system, London 1 8 6 6 " , welches in erweiterter Form und unter verändertem Titel 1 S 7 5 neu erschien, auch von Morris,
Syme,
Savory,
J. A. L i d e i l u. A. hierauf
bezügliche
Arbeiten veröffentlicht worden, während in Deutschland bisher n u r wenige derartige Fälle (cfr. Berliner klinische Wochenschrift 1 8 7 6 No. 2 0 und Archiv f ü r Psychiatrie u n d
Nervenkrankheiten
1877,
1. Heft pag. 3 2 ff.) zur öffentlichen Kenntniss gelangten, u n d erst in neuester Zeit durch L e y d e n (Klinik der Rückenmarks-Krankheiten Berlin 1 8 7 4 Band II, Abtheilung I, pag. 9 9 ff.) der „railway s p i n e " eine besondere Beachtung zugewendet wurde.
Ueberhaupt ermög-
lichte es zunächst wohl das klassische W e r k dieses ausgezeichneten Klinikers dem practischen Arzte, sich aus
dem Dunkel herauszu-
arbeiten, welches bisher gerade für ihn die Pathologie des Rückenm a r k s umhüllte. Doch nicht allein in Fällen angeblich erlittener R ü c k e n m a r k s Erschütterung ist u n t e r Umständen
die ärztliche Beurtheilung
in
so besonderer Weise erschwert, häufig ist sie es auch, wo es sich um die relativ einfachsten Formen der Beschädigung, um äusserlich sichtbare Verletzungen handelt, o d e r wo angeblich ein a n d e r 1*
4
Einleitung.
weitiges inneres Leiden mit dem erlittenen Unfall in Zusammenhang gebracht wird. Wie nun die Erkrankungen des Rückenmarks, welche durch Eisenbahn-Unfälle veranlasst werden, sich im Wesentlichen nicht unterscheiden von solchen, die im gewöhnlichen Leben auch sonst wohl entstehen können, wie auch die sonstigen Verletzungen, welche durch derartige Unfälle bedingt sind, eines specifischen, mit ihrer Entstehung zusammenhängenden Charakters entbehren, wie also somit die gleichen Fragen auch bei der criminalistischen Rechtspflege dem Arzte entgegentreten können, so ist dennoch im praktischen Interesse ebenso gerechtfertigt, von den „Verletzungen auf Eisenbahnen" im Allgemeinen als von etwas Eigenartigem zu reden, wie die von den Engländern gewählte Bezeichnung „railway spine" für alle AfFectionen des Rückenmarks, welche bei Gelegenheit eines Eisenbahn-Unfalles entstanden, durchaus dem practischen Bedürfniss entsprach. Bei einer Gesammtbeförderung von beinahe 205 Millionen Reisender auf allen deutschen Bahnen im Jahre 1876 wurden, nach Ausweis der deutschen Eisenbahn-Statistik, durch Unfälle bei der „ B e f ö r d e r u n g " , 3 Reisende, 18 Bahnbeamte und Arbeiter getödtet, 69 Reisende und 212 Bahnbeamte und Arbeiter mehr oder minder schwer verletzt. Ausserdem wurden in demselben Jahre, mit oder ohne eigenes Verschulden, in dem gesammten anderweitigen Betriebe sämmtlicher deutscher Bahnen: 675 Personen getödtet und 1275 beschädigt. Obgleich somit nur der bei Weitem geringere Theil der Uberhaupt vorgekommenen Personen-Beschädigungen durch Unfälle bei der Beförderung selbst sich zutrug, so werden wir dennoch nur diesen letzteren unsere Aufmerksamkeit zuwenden, weil sie allein die recht eigentlichen Eisenbahn-Unfälle repräsentiren, während die sonst im Bahnbetriebe vorkommenden Ereignisse, bei denen Beschädigungen an Personen vorfallen, durchaus analog ähnlichen Vorkommnissen im Fabrik- und Maschinenwesen erscheinen. Wir werden ausserdem Fälle Von nur vorübergehender Arbeitsunfähigkeit, oder solche, die unmittelbar den Tod herbeiführten, event, nur nebensächlich bemerken, unser Hauptaugenmerk aber auf diejenigen Fälle beschränken, in denen aus der erlittenen Beschädigung eine dauernde Beeinträchtigung der Arbeitskräfte entstanden sein soll.
5
Einleitung. Unfälle entweder
bei
der
Beförderung
aus Zusammenstössen
auf
Eisenbahnen
oder
aus
gehen
hervor
Entgleisungen.
Erstere
sind gradweise ausserordentlich verschieden, j e nach der Heftigkeit, mit der sie e r f o l g e n , von dem leichteren Auflaufen einzelner F a h r z e u g e a u f stillstehende W a g e n oder andere, genügenden Widerstand bietende Gegenstände,
bis zu dem verhängnissvollen
Aufeinander-
r e n n e n zweier in entgegengesetzter R i c h t u n g laufender Züge. oder weniger umfassende Z e r t r ü m m e r u n g e n heftigen Zusammenstössen
unvermeidlich, wodurch alsdann
liche, oft s e h r s c h w e r e Verletzungen an P e r s o n e n , gen
und
ganzer
Abtrennungen
Mehr
der F a h r z e u g e sind bei
Gliedmaassen
äusser-
Zerschmetterun-
veranlasst
werden,
während bei Z u s a m m e n s t ö s s e n l e i c h t e r e r Art, bei denen B e s c h ä d i gungen
von
F a h r z e u g e n nicht
oder
n u r in geringem Maasse ein-
t r e t e n , e r n s t e c h i r u r g i s c h e Verletzunger. ausgeschlossen, hingegen leicht des
noch
die
Bedingungen
Rückenmarks
herbeizuführen. erfolgt sie
bei Bei
der
veranlasst
der
sind,
an
um
dem
Erkrankungen
Unfall
grossen S c h n e l l i g k e i t
bei Zusammenstössen
überhaupt
gegeben
einzelnen
der
Betheiligten
Fortbewegung
die Z e r t r ü m m e r u n g der W a g e n , falls
wird,
so m o m e n t a n , dass der Stoss als
s o l c h e r sich kaum fortpflanzen k a n n ,
vielmehr seine Kraft in der
Zerstörung der F a h r z e u g e erschöpft, und wenn E r i c h s e n
behauptet,
dass ein Mensch, w e l c h e r bei einem Eisenbahn-Unfall einen K n o c h e n bruch
davonträgt,
keine
weil sich bei i h m erschöpfte,
so s c h e i n t
Richtigkeit
allerdings
dürfte
der Grund
s u c h e n sein.
Erschütterung
des R ü c k e n m a r k s
erleide,
die Kraft des S t o s s e s in B e w i r k u n g der F r a c t u r diese Deutung die
viel
Wir
Erfahrung
eher
in
einer T h a t s a c h e , spricht,
den
etwas
für
Entgleisungen,
die
während
Schienen
der
geräth,
schädlichen
Fahrt
können
Einfluss
Wagen
Befindlichen
zeuges
springen
auf
häufigste
Form
vollständig an und den
ausüben.
haben,
zurückzukommen. der
Eisenbahn-Unfälle,
w e l c h e darin b e s t e h e n , dass ein einzelner W a g e n oder ein Zug
und
angeführten Verhältnissen zu
werden später noch einmal Gelegenheit
a u f diesen P u n k t ausführlicher
deren
gewagt,
für
Körper
oder
theilweise
sich kaum einen eines
Die R ä d e r
in
dem
ganzer
von
den
besonders entgleisten
des betreffenden
Fahr-
von S c h w e l l e zu S c h w e l l e , wobei rasch auf ein-
a n d e r folgende S t ö s s e erfolgen, die j e d o c h durch die starken F e d e r n
6
Einleitung.
der Wagen, resp. die Polsterung der Sitze gemildert werden. nun
die in
einzelnen
Da
einem solchen Wagen befindlichen Personen von den
Erschütterungen
ganz universel
und
etwa in derselben
Art, nur intensiver, getroffen werden, wie dieses im gewöhnlichen Leben
bei schnellem Fahren
in
einem
federlosen
Fuhrwerk
auf
schlechtgepflasterten Wegen geschieht, wobei der Körper allerdings stark
geschüttelt
wird,
so
kann
wohl,
wie
nach
ungewohntem
Reiten, zumal wenn das Ueberspringen von Schwelle zu Schwelle längere Zeit andauerte, allgemeine Abgeschlagenheit und Schmerzhaftigkeit in der gesammten Muskulatur noch
einige Zeit nachher
bei den hierbei Betheiligten sich bemerklich machen, gewiss h ö c h s t selten
aber,
und
wohl
nur
unter Hinzutreten
ganz
besonderer
Umstände — direct gegen einen bestimmten Körpertheil gerichteter Stösse, Aufschlagen fester Gegenstände etc., wovon stets sichtbare Spuren an dem Orte des erlittenen Insults zurückbleiben müssen! wird bei dem Einen
oder Andern
eine ernstliche
und
—
dauernde
Schädigung der Gesundheit veranlasst werden. Seit einigen Jahren als Arzt an einer der hiesigen Eisenbahnen thätig, hatte der Verfasser mehrfach
Gelegenheit, sich
Uber die Folgen
die angeblich bei Eisenbahn-
von Verletzungen,
Unfällen entstanden Verantwortung,
waren,
deren
zu äussern.
er sich
Angesichts
gutachtlich der
dabei bewusst wurde,
grossen
sowie
der
Schwierigkeit,, in einzelnen Fällen zu einem bestimmten und sicheren Urtheil zu gelangen,
hielt er es für Pflicht,
den hier in Betracht
kommenden Fragen näher zu treten, und unterzog sich einem sorgfältigen Studium
des sich bei der betreffenden Bahn
Materials, dabei
nicht allein
einen
Ueberblick
darbietenden
über eine
längere
Reihe von Jahren gewinnend, sondern auch die Erfahrungen vieler Beobachter für die eigene Belehrung nutzbar machend. erwartet und überraschend war nun das bei gen zunächst sich ergebende Resultat, d a s s ,
diesen
Höchst unUntersuchun-
während bei der Be-
förderung auf der betreffenden Bahn von ihrer Begründung an bis zum Juni 1 8 7 1 :
1 9 Zusammenstösse und 15 Entgleisungen sich zu-
getragen hatten, bei diesen Unfällen angeblich nur 6 Persoifen eine dauernde
Beschädigung
dass hingegen vom Juni
ihrer
Gesundheit
erlitten
1 8 7 1 bis Ende 1 8 7 6 bei
haben 12
sollten,
Zusammen-
Einleitung. stössen
und
7 Entgleisungen
7
angeblich
3 0 Personen
in
gleicher
Art beschädigt wurden, dass also mit E m a n a t i o n des Haftpflichtgesetzes die Zahl der E i s e n b a h n - I n v a l i d e n gestiegen
ist.
Ausdrücklich
ist
relativ auf
hierbei
zu
das Nennfache
bemerken,
dass
die
m e c h a n i s c h e n Momente bei den betreffenden Unfällen in beiden Zeitabschnitten
genau
Zusammenstösse
dieselben
w a r e n , j a dass s o g a r
in früherer Zeit bei zum Theil
schaffenheit der Bahn häufiger v o r k a m e n , und
die
heftigeren
eingeleisiger
Vorhandensein der erlittenen Beschädigung, resp. die schwere deutung, die derselben bei den vor 1 8 7 1
von den Verletzten beigelegt w u r d e ,
beschädigten
Be-
dass das wirkliche
6 Personen keineswegs
Be-
selbst
unzweifel-
haft feststeht. Bei
15 E n t g l e i s u n g e n
Entgleisung
eines
vor 1 8 7 1 ,
ganzen Zuges
in
unter
voller
denen
2 Mal die
F a h r t stattfand,
trugen
sich angeblich 2 Verletzungen zu, die dauernden Nachtheil für die Betreffenden
zurückliessen
7 Entgleisungen XIII, X V I I I — X X ,
( c f r . Fall X
nach
XXVII,
1871:
12
und X V I I ) ,
Personen
XXXIV—XXXVIII)
während
bei
(cfr. Fall I I , VI,
in s o l c h e m Grade b e -
schädigt wurden, dass sie a u f Grund der erlittenen Verletzung vollständig erwerbsunfähig geworden zu sein vorgaben. aus
19 e r n s t e n
Zusammenstössen
(cfr. Fall I X , X I V , X X I I , XX1I1)
vor 1 8 7 1
dauernde
Erwerbsunfähigkeit
den dabei Verletzten sich e r g a b , veranlassten nach
1871
Wagen
(von
beim
18 F ä l l e n
denen
Rangiren
3
sich
auf ganz
beschränkten!)
Und während
angeblich 4 Mal
12
leichtes
eine
bei
Zusammenstösse
solche
Auflaufen
von
angeblich
(cfr. Fall I, HI, V, VII, VIII, XI, X I I , X I V , X X I ,
in
XXV,
XXVI, XXVIII—XXXIII). ~ E s wären demzufolge seit 1 8 7 1 die Z u s a m m e n s t ö s s e : die E n t g l e i s u n g e n :
7 Mal,
12 Mal so gefährlich geworden, wie sie es VOP-
dem waren, ein S a c h v e r h ä l t n i s s , welches keine a n d e r e Deutung g e stattet, als dass vielfach die durch das Gesetz verschärfte Haftverbindlichkeit der Eisenbahn-Gesellschaften von S o l c h e n missbräuchlich in Anspruch g e n o m m e n so
ernste
Verletzung
glauben zu m a c h e n
wurde,
vorlag,
bei denen keine oder doch
wie die Betreffenden
es
keine
von
sich
wussten.
Unter diesen Umständen schien
es nicht u n z w e c k m ä s s i g ,
die
einzelnen Fälle eingehender zu prüfen, wobei sich ergab, dass a n -
Einleitung.
8
gebliche Erwerbsunfähigkeit entstanden sein sollte, 2 Mal in Folge äusserer Verletzungen, innerer
Organe,
6 Mal in
6 Mal in Folge
Folge
vermeintlicher Verletzung
sicher constatirter traumatischer
Erkrankungen des Rückenmarks; 8 Mal lag nachweisbar Simulation traumatischer
Rückenmarks-Rrankheiten
vor,
1 4 Mal endlich
er-
schien das Vorhandensein, resp. die Natur des behaupteten, gleichfalls das Rückenmark betreffenden Leidens zweifelhaft. Von 3 6 Fällen beziehen sich somit, gleichgültig, ob dieselben in Bezug auf die Diagnose sicher festgestellt, zweifelhaft oder als simulirt erkannt sind, 2 8 auf das Rückenmark, und sehr bemerkenswerth
ist e s ,
dass
diese Fälle sämmtlich
oder der Post betrafen,
dass
Beamte der Eisenbahn
nur ein einziger Fall bald vorüber-
gehender Arbeitsunfähigkeit in Folge von Erschütterung des Rückenmarks auf Seiten
des reisenden Publikums zur Beobachtung kam.
Bei dieser Präponderanz angeblich oder wirklich Affektionen
des
Rückenmarks
nach
vorhandener
Eisenbahn-Unfällen
und
bei
dem ganz besonderen Interesse, welches grade diese Erkrankungsformen in neuerer Zeit gefunden, schien es zweckmässig, eine
gesonderte
knüpfung
denselben
Betrachtung zuzuwenden, zuerst aber unter An-
einiger Bemerkungen
alle übrigen Fälle in
möglichster
Kürze, wenn schon in aktenmässiger Genauigkeit, initzutheilen.
Abschnitt I. Die äusseren Verletzungen, sowie die Verletzungen innerer Organe, mit Ausnahme der Läsionen des Rückenmarks. Alle Verletzungen, selbst die scheinbar leichteren, welche durch E i s e n b a h n - U n f ä l l e veranlasst w e r d e n , dadurch
eine besondere
Bedeutung,
erhalten
unter
Umständen
dass sich bei i h n e n ,
relativ
nicht selten, der Einfluss des „ S h o c k " bemerklich macht. Meist vorüber, zeit einen einen
zwar
gehen
oft aber letalen
die
dauern
Erscheinungen sie
desselben
längere Zeit
Ausgang herbeiführen und
an,
sehr
können
scheinen
bald jeder-
fast stets
nachtheiligen Einfluss auf die Heilung der Verletzung
aus-
zuüben. Der 5 6 j ä h r i g e , am
bisher g e s u n d e
2 1 . November 1 8 6 3 ,
zweier Eisenbahnziige·,
Chaussee-Aufseher
bei Gelegenheit eines
T.
erlitt
Zusammenstosses
auf deren einem er sich als Passagier be-
fand , eine Contusion der Tibia des linken Unterschenkels. d e r scheinbar höchst u n b e d e u t e n d e n
Trotz
Verletzung machte der All-
gemein-Zustand des Beschädigten seine W e i t e r b e f ö r d e r u n g unmöglich,
er w u r d e in das K r a n k e n h a u s
der nahen Station
gebracht,
wo er, trotz sorgsamster Pflege, u n t e r fortwährend sich steigernder Schwäche
und
anhaltender
Verschlechterung
16. Dezember ejusd. ann. seinem Leiden erlag.
der
Wunde,
am
Da sich sonst f ü r
den letalen Ausgang absolut kein Anhalt finden liess, dürfte derselbe
mit Recht dem
erlittenen
Shock
zur Last gelegt
werden,
dessen erste Erscheinungen sofort nach der Verletzung sich in so auffälliger Weise b e m e r k b a r m a c h t e n .
Abschnitt I.
10
H o o d 1 ) beobachtete, dass nach Eisenbahn-Unfällen, lediglich in Folge
des dabei erlittenen Schrecks und der allgemeinen Er-
schütterung des K ö r p e r s ,
ohne dass sonst eine Verletzung
vor-
handen war, grosse und andauernde Schwäche der Herzthätigkeit vorkam und allgemeines Darniederliegen
der Kräfte, Neigung zu
Ohnmächten etc. selbst Jahre hindurch bestehen blieb. Für die Richtigkeit dieser Beobachtung scheint der Fall einer Frau P. zu sprechen, welche im October 1873 bei einem Eisenbahn-Unfall bei B. beiheiligt war.
Ohne irgend welche Verletzung
davongetragen zu haben, erkrankte alsbald die früher rüstige und gesunde F r a u ,
an hysterischen Beschwerden und einer so
hoch-
gradigen allgemeinen Schwäche und Hinfälligkeit, dass sie Monate hindurch
ihren häuslichen Obliegenheiten
nachzugehn
verhindert
wurde und sich, wenngleich vollständig, so doch nur sehr langsam wieder erholte. Es kann nicht unsere Aufgabe sein, den Versuch einer Erklärung des Shock zu wagen, wir verweisen in Bezug hierauf auf die treffliche Abhandlung H. F i s c h e r ' s (in V o l k m a n n ' s klinischer Vortrage einandersetzungen
1871,
Heft 1 0 ) ,
sowie auf
Sammlung
Leyden's
(KliYiik der Rückenmarks-Krankheiten
pag. 172 ff. und Band 11, pag. 106).
Hier genüge
dass, während F i s c h e r den Shock für eine d u r c h
Aus-
Band 1,
mitzutheilen,
traumatische
E r s c h ü t t e r u n g b e d i n g t e R e f l e x l ä h m u n g der G e f ä s s n e r v e n , b e s o n d e r s d e s S p l a n c b n i c u s und durch letztere herbeigeführte Stagnation der gesammten Blutmenge in den Gefässen des Unterleibs erklärt,
Leyden
denselben auf e i n e ' d i r e c t e Affektion des
Rückenmarks zurückführt und die Erklärung, welche G o l t z von der Reflexhemmung giebt, auch auf ihn angewendet wissen
will,
dass nämlich ein heftiger Reiz, gleichgiltig ob er das Rückenmark direct oder indirect, durch Vermittelung peripherer Nerven betreffe, in
demselben eine Molekularbewegung
eine Funktionsstörung veranlasst wird, welche ihren Einfluss nicht allein
hervorrufe, durch eine
welche
Reflexhemmung,
auf Motilität und
Sensibilität,
sondern auch auf Respiration und Circulation äussere.
') L a n c e t