Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft [1 ed.] 9783428426195, 9783428026197


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Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft [1 ed.]
 9783428426195, 9783428026197

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 184

Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft Von

Kai Krieger

Duncker & Humblot · Berlin

KAI

KBIEGER

Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

S c h r i f t e n zum ö f f e n t l i c h e n Recht Band 184

Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Von

Dr. Kai Krieger

DUNCKER &

HUMBLOT/BERLIN

Alle Rechte vorbehalten © 1972 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1972 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany I5BN 342802619 5

Inhaltsverzeichnis Erster Teil

Einleitung Erster Zweiter

Abschnitt:

19

Die Eingrenzung des Themas

19

Die Bedeutung des Themas

23

Abschnitt:

§1: Die Bedeutung des Themas aus der Sicht des Bürgers u n d der V e r waltung

23

§2: Die Bedeutung des Themas aus verfassungsrechtlicher Sicht

27

Dritter

28

Abschnitt:

Der Begriff der A u s k u n f t

Zweiter

Teil

Die gesetzliche Regelung der Frage nach der behördlichen Auskunftsverpflichtung Erster

Abschnitt:

Die gegenwärtige Lage

§1: Ausgangspunkt

32 32 32

A . Ermessen der V e r w a l t u n g bei der Auskunftserteilung als G r u n d satz

32

B. „Ermessensprinzip" u n d Amtsverschwiegenheitspflicht

38

§2: Die einzelnen Auskunftsregelungen

43

A. Auskunftsregelungen i n Bezug auf ein Verwaltungsverfahren: Insbesondere Rechtsmittelbelehrungs-, Begründungs- u n d A n hörungspflichten

43

B. Auskunftsregelungen ohne Bezug auf ein Verwaltungsverfahren: Auskünfte zur Wahrnehmung v o n Rechten u n d zur Vorausberechnung staatlichen Verhaltens

45

Zweiter

Abschnitt:

Geplante Auskunftsregelungen

47

6

nsverzeichnis Dritter

Teil

Die bisherige Behandlung der Frage nach der behördlichen Auskunftsverpflichtung — kritischer Überblick Erster

Abschnitt:

49

Die Rechtsprechung

49

g l : Die Rechtsprechung der Zivilgerichte

49

A . Das Reichsgericht

49

B. Der Bundesgerichtshof

50

§ 2: Die Rechtsprechung der allgemeinen u n d besonderen Verwaltungsgerichte

53

A . Das Bundesverwaltungsgericht

53

B. Die Oberverwaltungsgerichte

57

C. Der Bundesfinanzhof

59

D. Das Bundessozialgericht

61

Zweiter

Abschnitt:

Das Schrifttum

61

g l : Beginn der Diskussion u m das Auskunftsrecht auf speziellen Rechtsgebieten

61

§ 2: Die allgemeineren Erörterungen des Auskunftsproblems

64

Dritter

70

Abschnitt:

Zusammenfassung

Vierter

Teil

Recht und Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung Erster Abschnitt:

71

Das Recht zur Auskunftserteilung

g l : Vorbemerkung, insbesondere die grundsätzliche Berechtigung Auskunftserteilung

71 zur 71

g2: Das „Ermessensprinzip" u n d das Recht auf behördliche A u s k u n f t i m allgemeinen 72 A . Die Präzisierung der Frage

72

B. Die Erörterung derVerfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips"

75

I. Das „Ermessensprinzip" u n d A r t . 33 V GG I I . Das „Ermessensprinzip" u n d allgemeine Verfassungsgrundsätze

75 78

7

nsverzeichnis §3: Rechte der Behörde zur Auskunftsverweigerung den Geheimhaltungsinteressen

aus überwiegen82

A . Das Recht u n d die Pflicht zur Geheimhaltung m i t Rücksicht auf private Interessen

83

B. Das Recht zur Interessen

84

Geheimhaltung

mit

Rücksicht

auf

öffentliche

I. Geheimhaltungsrecht entsprechend § 99 I 2 V w G O

85

I I . Geheimhaltungsrecht zum Schutze des Wohles des Bundes oder eines deutschen Landes 86 1. Geheimhaltungsrecht zum Schutze der Staatssicherheit . .

86

2. Geheimhaltungsrecht zur A b w e h r schwerwiegender fahren f ü r das Gemeinschaftsleben

86

Ge-

I I I . Geheimhaltungsrecht über Vorgänge, die i h r e m Wesen nach geheimzuhalten sind 1. Geheimhaltungsrecht wegen zu befürchtender kreuzung

Zweiter

87

2. K e i n Geheimhaltungsrecht v o n Prüfungsvorgängen

87

3. Geheimhaltungsrecht u n d -pflicht v o n Gewährsleuten

88

Abschnitt:

Die Zuständigkeit zur Auskunftserteilung

Fünfter

Abschnitt:

Auskunftspflicht u n d Auskunftsrecht

Zweiter Abschnitt:

90

Teil

Das Recht des Bürgers auf behördliche A u s k u n f t Erster

87

Plandurch-

Die Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

91 91 93

§1: Vorbemerkung

93

§2: Das Rechtsstaatsprinzip u n d ein allgemeiner Auskunftsanspruch

95

A . Allgemeines

95

B. Das Petitionsrecht, A r t . 17 GG ...

97

C. Die Rechte aus A r t . 5 1 1 GG

101

I. Bisherige Stellungnahmen

101

1. Die Rechtsprechung

101

2. Das Schrifttum

101

3. K r i t i k

103

8

nsverzeichnis I I . Die eigene Lösung 1. Die Informationsfreiheit Auskunft

104 u n d das Hecht auf behördliche 105

a) Der Wortlaut des A r t . 5 1 1 G G (Informationsfreiheit) u n d das Recht auf behördliche Auskunft 105 b) Die Vereinbarkeit der Informationsfreiheit als Freiheitsrecht m i t dem Recht auf behördliche A u s k u n f t 108 c) Der Wertgehalt der Informationsfreiheit u n d das Recht auf behördliche A u s k u n f t aa) Die Bezüge der Meinungsfreiheit zur Denkfreiheit u n d zum Demokratieprinzip als Richtpunkte f ü r die Auslegung der Informationsfreiheit bb) Der Bezug der Informationsfreiheit zum Demokratieprinzip u n d das Recht auf behördliche A u s k u n f t cc) Der Bezug der Informationsfreiheit zur Denkfreiheit u n d das Recht auf behördliche A u s k u n f t

110

110 113 119

2. Die Meinungsäußerungsfreiheit u n d das Recht auf behördliche A u s k u n f t 124 D. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, A r t . 2 1 1 G G . . 125 E. Der Anspruch auf rechtliches Gehör

125

F. Die übrigen f ü r behördliche Auskunftspflichten i n Betracht k o m menden Bedeutungen des Rechtsstaatsbegriffs 126 §3: Das Sozialstaatsprinzip u n d ein allgemeiner Auskunftsanspruch

127

§4: Das Demokratieprinzip u n d ein allgemeiner Auskunftsanspruch

133

§5: Ergebnis

134

Dritter

Abschnitt:

Auskunftsansprüche i n besonderen Fällen

§1: Die Methode

136 136

§2: Der Staat als Helfer des Bürgers u n d das Recht auf behördliche A u s kunft 138 A . Der Grundsatz: Der Staat als Helfer des Bürgers

138

B. Auskunftsansprüche i m Rahmen besonderer Rechtsverhältnisse . . 139 I. Auskunftsansprüche i m Rahmen konkreter Verwaltungsverfahren 140 1. Die Beschränkung der Untersuchung auf den Bereich bereits anhängiger Antragsverfahren 140 2. Ansprüche auf Auskünfte, die dem Bürger bei der Erreichung seines m i t dem A n t r a g verfolgten Zieles helfen 141 I I . Auskunftsansprüche i m Rahmen des Beamtenverhältnisses . . 145

nsverzeichnis

9

I I I . Auskunftsansprüche i m Rahmen öffentlich-rechtlich betriebener Leistungsverhältnisse 148 1. Ansprüche auf Auskünfte, die die Nutzung der i m Rahmen des Leistungsverhältnisses möglichen Leistungen bezwecken 149 2. Ansprüche auf Auskünfte zur Verhinderung v o n Schäden, die bei Benutzung der Leistung entstehen können, oder die dem Ersatz v o n Schäden dienen, die bei Benutzung der Leistung entstanden sind 150 I V . Auskunftsansprüche i m Rahmen des Rentenversicherungsverhältnisses 153 C. Auskunftsansprüche außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse: Ansprüche auf Auskünfte zur Wahrnehmung v o n Rechten 155 I. Die i n Betracht kommenden Rechte I I . Ansprüche auf Tatsachenauskünfte

155 156

I I I . Ansprüche auf Rechtsauskünfte 159 1. Ansprüche auf Rechtsberatung i m allgemeinen 159 2. Ansprüche auf Informationen über neu erlassene Gesetze 164 §3: Der Satz des rechtlichen Gehörs u n d das Recht auf behördliche Auskunft 167 A . Der Satz des rechtlichen Gehörs

167

B. Der Gang der Untersuchung

169

C. Auskunftsansprüche i m Rahmen bereits anhängiger Verwaltungsverfahren: Ansprüche auf die vorherige A n k ü n d i g u n g belastender Verwaltungsakte 170 D. Auskunftsansprüche i m Rahmen bevorstehender Verwaltungsverfahren: Ansprüche auf Auskünfte, die der Abwendung eines belastenden Amtsverfahrens dienen 173 E. Auskunftsansprüche i m Rahmen besonderer Gewaltverhältnisse: Ansprüche auf die A n k ü n d i g u n g belastender Verwaltungsakte i n besonderen Gewaltverhältnissen 174 §4: Die Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen u n d das Recht auf behördliche A u s k u n f t 175 A . Die Grundsätze über die Meßbarkeit u n d Vorausberechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen 175 B. Auskunftsansprüche i m Rahmen besonderer Rechtsverhältnisse: Auskunftsansprüche i m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren 177 I. Auskunftsansprüche über den Ausgang des Verfahrens

178

I I . Auskunftsansprüche über den Sachstand, den Beginn u n d die Dauer des Verfahrens 179

nsverzeichnis

10

C. Auskunftsansprüche außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse

181

I. Auskunftsansprüche zur Vorausberechnung hoheitlicher Regelungen i m Einzelfall 181 1. Die i n Betracht kommenden Regelungen

181

2. Ansprüche auf Rechtsberatung i m allgemeinen

182

3. Ansprüche auf Rechtsberatung i n besonderen Fällen

185

a) Auskunftsansprüche über die A u s w i r k u n g von Plänen 186 b) Auskunftsansprüche über stimmter Gesetzesbegriffe

die Anwendbarkeit

unbe187

c) Auskunftsansprüche über künftige Ermessensentscheidungen 189 d) Auskunftsansprüche über die grundsätzliche k u n g gesetzlicher Bestimmungen

Auswir189

e) Auskunftsansprüche über die rechtliche Erlaubtheit eines Verhaltens 190 f) Ansprüche auf Rechtsberatung i n Fällen, i n denen sich die rechtserheblichen Tatsachen aus behördeninternen Aufzeichnungen ergeben 192 I I . Auskunftsansprüche zur Vorausberechnung gesetzgeberischer Maßnahmen 193 I I I . Auskunftsansprüche zur Vorausberechnung hoheitlicher Maßnahmen v o n lediglich oder überwiegend tatsächlicher Bedeutung 194 §5: Die gerichtliche Kontrollierbarkeit staatlicher Machtäußerungen u n d das Recht auf behördliche A u s k u n f t 196 A . Der Grundsatz der gerichtlichen Kontrollierbarkeit Machtäußerungen

staatlicher 196

B. Begründungspflichten

197

C. Die Pflicht zur Rechtsmittelbelehrung

200

D. Auskunftsansprüche i m Rahmen anhängiger Gerichtsverfahren.. 201

§6: Der Grundsatz des Vertrauensschutzes u n d das Recht auf behördliche A u s k u n f t 203 A . Der Grundsatz des Vertrauensschutzes

203

B. Die Pflicht zur A u f k l ä r u n g v o n I r r t ü m e r n i m Rahmen behördlich geschaffener Vertrauenslagen 203

nsverzeichnis Vierter pflicht

Abschnitt:

11

Die A r t u n d Weise der Erfüllung der Auskunfts205

g l : Pflichten i n sachlicher Hinsicht

205

A . Die Sachdienlichkeit der A u s k u n f t

205

I. Die Richtigkeit der A u s k u n f t

206

I I . Die Unmißverständlichkeit der A u s k u n f t I I I . Die Vollständigkeit der A u s k u n f t

207 208

B. Die Möglichkeit eines Gewährsvorbehaltes

208

C. Die Verbindlichkeit der A u s k u n f t

208

g2: Pflichten i n formeller Hinsicht

210

A . Die Schriftlichkeit der A u s k u n f t

210

B. Die Beachtung der Höflichkeit

212

§3: Pflichten i n zeitlicher Hinsicht

212

Sechster Teil Die Durchsetzung des Auskunftsanspruches im Prozeß

214

Siebenter Teil Zusammenfassende Leitsätze

218

Literaturverzeichnis

222

A bkürzungsverzeichnis

ABl A D O S t f ü r Bayern AG ALR AnVNG AO AÖR ArzneimittelG AVG BAT bayBO bayBS BayBürgm BayBZ BayVBl BayVGH BayVGHE BB BBauG BBG berlVwVerfG Betrieb BezVG B e r l i n BFH BFStrG BGB BGBl BGH

Amtsblatt Allgemeine Dienstordnung f ü r die Staatsbehörden i n Bayern, bayBS I, S. 165 Amtsgericht Allgemeines Landrecht f ü r die Preußischen Staaten von 1794 Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten v. 23. 2. u. 27. 7.1957 (BGBl I S. 88 u. 1105) Reichsabgabenordnung v. 13.12.1919 i. d. F. v. 22.5.1931 (RGBl I S. 161) A r c h i v des öffentlichen Rechts Gesetz über den Verkehr m i t A r z n e i m i t t e l n v. 16. 5.1961 (BGBl I S. 533), zuletzt geändert durch Gesetz v o m 15.9. 1969 (BGBl I S. 1625) Angestelltenversicherungsgesetz Bundesangestelltentarifvertrag v. 23.2.1961, abgedruckt i n : Grapengeter - Pillat, Das Recht des öffentlichen Dienstes, I V . Bd., I I I , 1, Hamburg, Stand: März 1970 Bayrische Bauordnung i. d. F. der Bekanntmachung v. 21. 8.1969 (GVB1 S. 263) Bereinigte Sammlung des Bayrischen Landesrechts Der Bayrische Bürgermeister Bayrische Beamtenzeitung Bayrische Verwaltungsblätter Bayrischer Verwaltungsgerichtshof Sammlung v o n Entscheidungen des Bayrischen V e r waltungsgerichtshofs Der Betriebsberater Bundesbaugesetz v. 23. 1.1960 ( B G B l I I I Nr. 213—1) Bundesbeamtengesetz i . d . F . v. 22.10.1965 ( B G B l I I I Nr. 2030—2) Gesetz über das Verfahren der Berliner V e r w a l t u n g V. 2. 10. 1958 (GVB1 S. 951) Der Betrieb Bezirks-Verwaltungsgericht B e r l i n Bundesfinanzhof Bundesfernstraßengesetz i. d. F. v. 6. 8.1961 ( B G B l I S. 1742) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof

Abkürzungsverzeichnis

13

Entscheidungen des Bundesgerichtshofes i n Strafsachen u n d i n Zivilsachen Kommentar zum Bonner Grundgesetz (Bonner K o m BK mentar), Redakt.: B. Dennewitz, fortgeführt v o n K . G. Wernicke, Hamburg 1954 ff. Bundesleistungsgesetz i. d. F. v. 27. 9. 1961 ( B G B l I BLeistG S. 1770), geändert durch Gesetz v. 24.5.1968 (BGBl I S. 503) Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des BeamtenBRRG rechts i. d. F. v. 22.10.1965 (BGBl I I I Nr. 2030—1) Bundessozialgericht BSG BSHG Bundessozialhilfegesetz v. 30. 6.1961 ( B G B l I S. 815, ber. S. 1875) BStBl Bundessteuerblatt Drucksachen des Deutschen Bundestages (Wahlperiode, BT-Drucksache Nr.) Nachschlagewerk der Rechtsprechung des BundesverBuchholz waltungsgerichts, herausgegeben v o n K a r l Buchholz, B e r l i n seit 1957 BuMinG Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder der Bundesregierung v. 17. 6. 1953 (BGBl I S. 407) Bundeswahlordnung Bundeswahlordnung i. d. F. v. 8.4.1965 (BGBl I S. 240) B. v. Beschluß des vorgenannten Gerichts v o m . . . Bundesverfassungsgericht BVerfG Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfGE Gesetz über das Bundesverfassungsgericht v. 12.5.1951 BVerfGG ( B G B l I I I Nr. 1104—1) Bundesverwaltungsgericht BVerwG Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts BVerwGE Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen u n d BVFG Flüchtlinge i. d. F. v. 23.10.1961 ( B G B l I I I Nr. 240—1) Baden-Württemberg BW Landesbauordnung f ü r Baden-Württemberg v. 6.4.1964 bwBO (GBl S. 151) BZB1 Bundeszollblatt DAngV Die Angestellenversicherung Deutsches Beamtengesetz v. 26.1.1937 (RGBl I S. 39) DBG Handbuch der Theorie u n d Praxis der Grundrechte, Die Grundrechte hrsg. v o n Bettermann, Neumann, Nipperdey, Scheuner, B e r l i n 1956—1962 Die öffentliche Die öffentliche Meinung, v o n Löffler, A r n d t , N o e l l e Meinung Neumann, Haacke, München—Berlin 1962 DJT Deutscher Juristentag DÖD Der öffentliche Dienst DÖV Die öffentliche V e r w a l t u n g RRiG Deutsches Richtergesetz v. 8.9.1961 ( B G B l I S. 1665; B G B l I I I Nr. 301—1) DRiZ Deutsche Richterzeitung DRsp Deutsche Rechtsprechung DRV Deutsche Rentenversicherung DStR Deutsche Steuer-Rundschau BGHSt, B G H Z

14 DVB1 DVZ E

Abkürzungsverzeichnis

Deutsches Verwaltungsblatt Deutsche Versicherungszeitschrift Amtliche Entscheidungssammlung des vorgenannten Gerichts EFG Entscheidungen der Finanzgerichte Entsch. O V G B e r l i n Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts B e r l i n EStG Einkommenssteuergesetz EStL Evangelisches Staatslexikon, hrsg. v o n H. Kunst u. S. Grundmann i n Verbindung m i t W. Schneemelcher u. R. Herzog, Stuttgart—Berlin 1966 Entscheidung des vorgenannten Gerichts v o m . . . E. v. E n t w u r f einer Verwaltungsgerichtsordnung EVwGO Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes, EVwVerfG autorisierte Ausgabe, 2. Aufl., K ö l n — B e r l i n 1968 Fernmeldeanlagen G Gesetz über Fernmeldeanlagen v. 14.1.1928 (RGBl I S. 8) i. d. F. d. Veröffentlichung i m B G B l I I I Folge 99 S. 58 Finanzgericht FG Finanzgerichtsordnung v. 6. 10.1965 (BGBl I S. 1477) FGO Flurbereinigungsgesetz v. 14. 7. 1953 ( B G B l I I I Nr. FlurberG 7815-1) FR Finanzrundschau G 131 Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter A r t . 131 des Grundgesetzes fallenden Personen GBl Gesetzblatt GBO Grundbuchordnung v. 24.3.1897 (RGBl, S. 139) i . d . F. d. Bekanntmachung v. 5.8.1935 (RGBl I S. 1073; B G B l I I I Nr. 315-11) Gesetz über die Höhe Gesetz über die Höhe des Sielbaubeitrages v. 27.1.1967 des Sielbaubeitrages (hambGVBl S. 18) Gewerbeordnung f ü r das Deutsche Reich GewO Grundgesetz f ü r die Bundesrepublik Deutschland GG Gesetz über die Verbreitung jugendgefährdender GjS Schriften i. d. F. v. 29.4.1961 ( B G B l I S. 497) Gemeinsames Ministerialblatt, hrsg. v o m BundesminiGMB1 sterium des I n n e r n Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts, beGruchB gründet v o n Gruchot GVB1 Gesetz- u n d Verordnungsblatt Gerichtsverfassungsgesetz i. d. F. v. 12.9.1950 (BGBl I GVG S. 513; B G B l I I I Nr. 300-21) GWB Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen i. d. F. v. 3.1.1966 ( B G B l I S. 37; B G B l I I I Nr. 703-1) Baupolizeiverordnung f ü r die Freie u n d Hansestadt hambBauPVO Hamburg v. 8. 6.1938 (VB1 S. 69) hambSielabgabenSielabgabengesetz i. d. F. v. 26.1.1965 (GVB1 S. 9) gesetz hamb Vergnügungs- Hamburgisches Vergnügungssteuergesetz i. d. F. v. 14.1. 1964 (GVB1 S. 3) steuergesetz Verwaltungsvollstreckungsgesetz v. 13.3.1961 (GVB1 hambVwVG S. 79, 136)

Abkürzungsverzeichnis hambWasserG HdbStR HessVGH JJb JR JuS JW JZ KG KreditwesenG LAG LandbeschG L B G Bayern L B G Berlin L B G Bremen LBG BW L B G Hamburg L B G Hessen L B G Niedersachsen LBG NW LBGRhPf L B G Saarland L B G SchlH LebensmittelG LG LM L P G Bayern LPG Berlin L P G Bremen LPG BW L P G Hamburg

15

Hamburgisches Wassergesetz v. 20. 6.1960 (GVB1 S. 335) Handbuch des Deutschen Staatsrechts, hrsg. v o n A n schütz u n d Thoma, 2 Bd., Tübingen 1930/32 Hessischer Verwaltungsgerichtshof Juristen j ahrbuch Juristische Rundschau Juristische Schulung Juristische Wochenschrift Juristenzeitung Kammergericht Gesetz über das Kreditwesen v. 10.7.1961 (BGBl I I I Nr. 7610-1) Gesetz über den Lastenausgleich i. d. F. v. 1.10.1969 (BGBl I S. 1909) Gesetz über die Landbeschaffung f ü r Aufgaben der Verteidigung v. 23.2.1957 (BGBl I S. 134), zuletzt geändert durch Gesetz v. 29.11.1960 (BGBl I S. 653) Bayrisches Beamtengesetz i. d. F. der Bekanntmachung V. 20.12.1966 (GVB1 1967 S. 153, 314) Landesbeamtengesetz f ü r B e r l i n v. 24.7.1952 (GVB1 S. 503) i. d. F. v. 1. 8.1962 (GVB1 S. 925) Bremisches Beamtengesetz v. 16.7.1957 (GBl S. 91) Landesbeamtengesetz f ü r Baden-Württemberg v. 1.8. 1962 (GBl S. 89) Hamburgisches Beamtengesetz i. d. F. v. 6.1.1970 (GVB1 S. 9) Hessisches Beamtengesetz i. d. F. v. 10.1.1967 (GVB1 I S. 10) Niedersächsisches Beamtengesetz v. 14.7.1960 (GVB1 S. 145) Beamtengesetz f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen i. d. F. v. 1. 8.1966 (GVB1 S. 427) Beamtengesetz Rheinland-Pfalz i. d. F. v. 14. 7. 1970 (GVB1 S. 241) Saarländisches Beamtengesetz v. 11. 7.1962, Gesetz Nr. 771 ( A B l 1962, 505) Beamtengesetz f ü r das L a n d Schleswig-Holstein i. d. F. V. 25. 7. 1968 (GVB1 S. 192) Gesetz über den Verkehr m i t Lebensmitteln u n d Bedarfsgegenständen i. d. F. v. 17.1.1936 (BGBl I I I Nr. 2125-4) Landgericht Nachschlagewerk des Bundesgerichtshofes, hrsg. v o n Lindenmaier u n d M ö h r i n g Gesetz über die Presse f ü r Bayern v. 3.10.1949 (bayBS I S. 310) Berliner Pressegesetz v. 15.6.1965 (GVB1 S. 744) Gesetz über die Presse f ü r Bremen v. 16.3.1965 (GBl S. 63) Gesetz über die Presse f ü r Baden-Württemberg v. 14.1. 1964 (GBl S. 11) Hamburgisches Pressegesetz v. 29.1.1965 (GVB1 S. 15)

16 L P G Hessen L P G Niedersachsen LPG NW L P G RhPf L P G Saarland L P G SchlH LSG LStDV LVG L V w G f ü r SchlH MDR MTB I I MTLII NDBZ NJW NW nwBO OLG OVG OVGE

OWiG PBefG PostG a. F. PostG n. F. PrOVGE PrPVG PStG RBG Recht Rechtsstaatlichkeit u n d Sozialstaatlichkeit

Abkürzungsverzeichnis Hessisches Gesetz über Freiheit u n d Recht der Presse i. d. F. d. Bekanntmachung v. 20.11.1958 (GVB1 S. 183), geändert durch Gesetz v. 22. 2.1966 (GVB1 S. 31) Niedersächsisches Pressegesetz v 22. 3.1965 (GVB1 S. 9) Pressegesetz f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen v. 14.5. 1966 (GVB1 S. 340) Landesgesetz über die Presse f ü r Rheinland-Pfalz v. 14. 6.1965 (GVB1 S. 107) Saarländisches Pressegesetz v. 12.5.1965 (Gesetz Nr. 187, A B l S. 409) Gesetz über die Presse f ü r Schleswig-Holstein v. 19.6. 1964 (GVB1 S. 71) Landessozialgericht Lohnsteuer-Durchführungsverordnung i. d. F. v. 28.7. 1969 (BGBl I S. 1033) Landesverwaltungsgericht Allgemeines Verwaltungsgesetz f ü r das L a n d Schleswig-Holstein v. 18.4.1967 (GVB1 S. 131) i. d. F. v. 26. 6. 1969 (GVB1 S. 114) Monatsschrift f ü r Deutsches Recht Manteltarifvertrag f ü r die Arbeiter des Bundes v. 24.2. 1964, abgedruckt i n GMB1 1964 S. 175 ff. Manteltarifvertrag f ü r die Arbeiter der Länder v. 27. 2. 1964, abgedruckt i n Grapengeter - Pillat, Das Recht des öffentlichen Dienstes, I V Bd., 2. T e i l E I, 1 Neue Deutsche Beamtenzeitung Neue Juristische Wochenschrift Nordrhein-Westfalen Bauordnung f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen v. 25.6. 1962 (GVB1 S. 373, SGV N W S. 232) Oberlandesgericht Oberverwaltungsgericht Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen i n Münster sowie f ü r die Länder Niedersachsen u n d Schleswig-Holstein i n L ü n e burg Gesetz über Ordnungswidrigkeiten v. 24.5.1968 ( B G B l I S. 481) Personenbeförderungsgesetz v. 23.3.1961 ( B G B l I I I Nr. 9240-1) Gesetz über das Postwesen des Deutschen Reichs v o m 28.10.1871 (RGBl S. 347) Gesetz über das Postwesen v. 28. 7.1969 (BGBl I S. 1006) Entscheidungen des Preußischen Oberverwaltungsgerichts Preußisches Polizeiverwaltungsgesetz Personenstandsgesetz i. d. F. v. 8. 8.1957 (BGBl I I I Nr. 211-1) Reichsbeamtengesetz Das Recht, Rundschau f ü r den deutschen Juristenstand Rechtsstaatlichkeit u n d Sozialstaatlichkeit, Aufsätze u n d Essays, hrsg. v o n Forsthoff, Darmstadt 1968

Abkürzungsverzeichnis RFH RG RGBl RGZ RhPf rhpfBO RiA RLA RStBl RVerwBl RVO SchlH SG SGb SGG SGVNW SoldG StatistikG StGB StL StPO StRK StuW StWa TelegrO U. v. VersR VerwA VerwRspr VG VGH WDStRL VwGO VwVG

2 Krieger

17

Reichsfinanzhof Reichsgericht Reichsgesetzblatt Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen Rheinland-Pfalz Landesbauordnung f ü r Rheinland-Pfalz v. 15.11.1961 (GVB1 S. 229) Das Recht i m A m t Rundschau f ü r den Lastenausgleich Reichssteuerblatt Reichsverwaltungsblatt Reichsversicherungsordnung v. 19.7.1911 (RGBl S. 640), zuletzt geändert durch Gesetz v o m 28.7.1969 (BGBl I S. 956) Schleswig-Holstein Sozialgericht Sozialgerichtsbarkeit Sozialgerichtsgesetz i. d. F. v. 23.8.1958 (BGBl I S. 614) Sammlung des bereinigten Gesetz- u n d Verordnungsblattes f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen (Loseblattsamml.) Gesetz über die Rechtsstellung der Soldaten i. d. F. der Bekanntmachung v. 22.4.1969 (BGBl I I I Nr. 51-1) Gesetz über die Statistik f ü r Bundeszwecke v. 3.9.1953 ( B G B l I I I Nr. 29-1) Strafgesetzbuch v. 15.5.1871 (RGBl S. 127) i . d . F . v. 1. 9.1969 (BGBl I S. 1445) Staatslexikon, Recht, Wirtschaft, Gesellschaft, hrsg. v o n der Görres-Gesellschaft i n 9 Bd., 6. A u f l . Strafprozeßordnung i. d. F. v . 17.9.1965 (BGBl I S. 1374; B G B l I I I Nr. 321-2) Steuerrechtssprechung i n Karteiform, Loseblattsammlung, begonnen v o n A . Mrozek, fortgeführt v o n W. Hübschmann u. P. Kaatz, K ö l n 1949 ff. Steuer u n d Wirtschaft Steuerwarte Telegraphenordnung v. 30.6.1926 i. d. F. v. 22.12.1938 (Amtsbl. RPost Min. S. 849) U r t e i l des vorgenannten Gerichts v o m . . . Versicherungsrecht, Juristische Rundschau f ü r die I n d i vidualversicherung Verwaltungsarchiv Verwaltungsrechtssprechung Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung v. 21.1.1960 (BGBl I I I Nr. 340-1) Verwaltungsvollstreckungsgesetz v. 27.4.1953 (BGBl I I I Nr. 201-4)

18 WehrpflichtG WHG WPg WRV ZBR ZfZ ZgStW ZLA Zollgesetz ZPO ZSR Zweites Wohnungsbaugesetz ZZP

Abkürzungsverzeichnis Wehrpflichtgesetz i . d . F . v. 14.5.1965 (BGBl I S. 391; B G B l I I I Nr. 50-1) Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts v. 27. 7.1957 ( B G B l I I I Nr. 753-1) Die Wirtschaftsprüfung Die Verfassung des Deutschen Reichs v. 11.8.1919 (RGBl S. 1383) Zeitschrift f ü r Beamtenrecht Zeitschrift f ü r Zölle u n d Verbrauchssteuern Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft Zeitschrift f ü r Lastenausgleich Zollgesetz v. 14. 6.1961 (BGBl I S. 737), zuletzt geändert durch Gesetz v. 20.12.1968 (BGBl I S. 1387) Zivilprozeßordnung Zeitschrift für Sozialreform Zweites Wohnungsbaugesetz i. d. F. v. 1.9.1965 ( B G B l I I I Nr. 2330-2) Zeitschrift f ü r Zivilprozeß

ERSTER T E I L

Einleitung Erster

Abschnitt

Die Eingrenzung des Themas Notwendig ist zunächst eine Eingrenzung des Themas i n einem größeren Zusammenhang. Denn das hier zu untersuchende Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft ist nur ein Ausschnitt aus dem größeren Thema der Information des Bürgers durch den Staat. Zu diesem umfassenderen Thema gehört vor allem der Bereich der sogenannten staatlichen Öffentlichkeitsarbeit 1 . I h n gilt es i m folgenden von den hier zur Diskussion stehenden behördlichen Auskünften abzugrenzen. Staatliche Öffentlichkeitsarbeit ist eine besondere, sich von normalen behördlichen Auskünften unterscheidende Information des Bürgers durch den Staat, wobei allerdings die Ubergänge fließend sein können. Unterschiedlich sind Entstehungsweise, Gegenstand, Zweck, Adressatenkreis, Form und rechtliche Wurzel beider Informationsarten: Staatliche Öffentlichkeitsarbeit stellt hauptsächlich die freiwillige und unaufgefordert gegebene Information der Verwaltung dar 2 . Die hier zu behandelnden behördlichen Auskünfte ergehen dagegen i m wesentlichen auf Initiative des Bürgers. Der Zweck staatlicher Öffentlichkeitsarbeit w i r d i n erster Linie vom Interesse der Verwaltung bestimmt. Durch die Darstellung ihres W i r kens, ihrer Pläne und ihrer Leistungsfähigkeit w i l l sie beim Bürger Verständnis für ihre Belange und Vertrauen zu ihrer Tätigkeit gewin1 Vgl. hierzu Hans Hämmerlein, Public Relations der öffentlichen V e r w a l tung, i n DÖV 1963, 364 ff.; ders., Die Verwaltungsinformation als M i t t e l der Verwaltungsführung, i n D Ö V 1964, 118ff.; ders., Die Gestaltung der behördlichen Informationstätigkeit i n Nordrhein-Westfalen, i n : Gegenwartsaufgaben, S. 381 ff.; Leisner, Öffentlichkeitsarbeit der Regierung i m Rechtsstaat, B e r l i n 1966, Meile, Public Relations als Aufgabe der öffentlichen V e r w a l tung, i n : Informieren — heute wichtiger denn je!, Zürich 1967. 2 Maxeimer, D Ö D 1969, 86 f., spricht v o n einem „geplanten u n d dauernden Bemühen"; vgl. ferner H. Hämmerlein, D Ö V 1964, 122.

2*

20

1. Teil: Einleitung

nen 3 . Öffentlichkeitsarbeit hat werbenden Charakter. Gegenstand ihrer Informationen sind Fragen von allgemein interessierender Bedeutung. Der Zweck der hier anstehenden Auskünfte besteht dagegen i n der Verfolgung privater Interessen. Sie beziehen sich zumeist auf einen bestimmten vom Bürger vorgetragenen Sachverhalt. Die Information der staatlichen Öffentlichkeitsarbeit richtet sich i n der Regel an einen unbestimmt großen Personenkreis. Dem entspricht die Form der Information: Typische M i t t e l staatlicher Öffentlichkeitsarbeit sind: Prospekte, Broschüren, Rundschreiben, Inserate, Plakate, Schaukästen, Ausstellungen, Filme, Rundfunk und Fernsehen, Besuchertage („Tag der offenen Tür"), Rundfahrten 4 . I n anderen Bahnen verläuft die Information des vorliegenden Themas. Sie ist individuelle Information, indem sie sich an bestimmte Personen, zumindest aber an einen bestimmbaren Personenkreis richtet. Der Unterschied zwischen staatlicher Öffentlichkeitsarbeit und den hier zu erörternden Auskunftsrechten w i r d schließlich von der rechtlichen Wurzel beider Themen deutlich. Staatliche Öffentlichkeitsarbeit ist eine Konsequenz des Demokratieprinzips. Indem sie das W i r k e n der Verwaltung transparent macht, ist sie Voraussetzung für eine sinnvolle Ausübung der demokratischen Grundrechte 5 . Ansprüche auf die hier i n Rede stehenden Auskünfte können dagegen aus allen möglichen Rechtspositionen, die i m wesentlichen individuellen Interessen dienen, hervorgehen. Nach dieser Eingrenzung des Themas i m größeren Zusammenhang der Information des Bürgers durch den Staat ist seine Klarstellung i m einzelnen erforderlich. Zu definieren ist der Begriff der hier zu erörternden Auskunftsansprüche. Es versteht sich von selbst, daß es hier nur u m das ungeschriebene, d. h. nicht durch Gesetz oder Verwaltungsanordnung geregelte Recht auf Auskunftserteilung geht. Das schließt jedoch nicht aus, daß ein Überblick über die gesetzlich geregelten Auskünfte gegeben wird, u m die praktische Auswirkung des Themas zu verdeutlichen. Ansprüche auf Auskünfte können auf zwei Weisen gegeben sein: Es kann sich einmal um materiell subjektiv-öffentliche Rechte auf Auskunftsertei3

Vgl. Maxeimer, DÖD 1969, 86 f.; H. Hämmerlein, D Ö V 1963, 364f.; ders., Gegenwartsaufgaben, S. 385 f. 4 Vgl. Maxeimer, DÖD 1969, 87 f.; H. Hämmerlein, Gegenwartsaufgaben, S. 391 ff. 5 H. Hämmerlein, DÖV 1964, 121; ders., Gegenwartsaufgaben, S. 382; vgl. ferner BVerfGE 20, 56 (100) v. 19. 7. 1966, w o die sogenannte Öffentlichkeitsarbeit von Regierung u n d gesetzgebenden Körperschaften als m i t dem Demokratieprinzip vereinbar angesehen w i r d .

1. Abschn.: Die Eingrenzung des Themas

21

lung handeln. Hier ist der Informationsanspruch Ausfluß eines Rechtssatzes, der der Behörde eine Auskunftserteilung zwingend vorschreibt und dem Bürger die Willensmacht verleiht, dieses Verhalten zum Zwecke der Befriedigung seiner Individualinteressen verlangen zu können 6 . Wann ein Auskunftsanspruch besteht, kann i n diesen Fällen von vornherein allgemein und abstrakt festgelegt werden. Sodann kann sich das Recht auf behördliche Auskunft aus dem sogenannten formellen subjektiv-öffentlichen Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch 7 ergeben, nämlich i m Falle der Ermessensverdichtung 8 . I n diesen Fällen kommt das Informationsrecht nur i m Ergebnis, nicht dogmatisch, einem materiell subjektiv-öffentlichen Recht auf Auskunftserteilung gleich 9 . Auch hier kann der Auskunftsanspruch als Ausfluß eines Rechtssatzes angesehen werden, der der Behörde eine Auskunftserteilung zwingend vorschreibt und dem Bürger die W i l lensmacht verleiht, dieses Verhalten zum Zwecke der Befriedigung seiner Individualinteressen verlangen zu können. Der maßgebliche Rechtssatz stellt i n diesen Fällen der Gleichheitssatz dar 1 0 . Ob ein Auskunftsanspruch besteht, d.h. ob eine entsprechende Ermessensverdichtung vorliegt, kann aber immer nur an Hand der tatsächlichen Umstände des Einzelfalles beurteilt und nicht von vornherein allgemein und abstrakt festgelegt werden. Die vorliegende Arbeit zielt als theoretische Untersuchung darauf ab, möglichst allgemein und abstrakt zu klären, wann dem Bürger ein Recht auf behördliche Auskunft zusteht. N u r so kann die Arbeit auch einen größeren Wert für die praktische Rechtsanwendung gewinnen. Gegenstand der Arbeit bilden m i t h i n nur die materiell subjektiv-öffentlichen Rechte auf Auskunftserteilung. Die Fälle, i n denen eine Ermessensverdichtung zu Auskunftsansprüchen führt, ließen sich nur beispielhaft darstellen. Die Untersuchung hätte nur den für die praktische Rechtsanwendung geringeren Wert 6 E i n solcher Rechtssatz ist Voraussetzung f ü r das Bestehen eines materiellen subjektiv-öffentlichen Rechtes: Wolff, V R I , S. 235; Bachof, D V B L 1961, 128 (130). 7 Z u diesem Recht vgl. Bachof, Vornahmeklage, S. 69; ders., Gedächtnisschrift f ü r W. Jellinek, S. 295; Wolff, V R I , S. 239. 8 Das Recht auf fehlerfreien Ermessensgebrauch verdichtet sich ausnahmsweise zu einem Anspruch auf die begehrte Maßnahme, w e n n jede andere Entscheidung gegenüber dem Bürger fehlerhaft wäre, vgl. B V e r w G v. 11.2. 1957 i n VerwRspr. 10, 636; U. v. 28.10.1957 i n VerwRspr. 10, 538; E 8, 334 (336) v. 5.6.1959; E 11, 95 (97) V. 18. 8.1960; E 16, 194 (197) v. 2.7.1963; E 16, 214 (219) v. 12.7.1963 = N J W 1963, 1890. 9 B V e r w G , U. v. 18. 8.1960 i n D V B L 1961, 125 (126). 10 Bachof, Vornahmeklage, S. 70; ders., Gedächtnisschrift f ü r W. Jellinek, S. 295.

22

1. Teil: Einleitung

einer Veranschaulichung der maßgebenden Gesichtspunkte bei der Ermessensentscheidung. Gegenstand der hier zu untersuchenden Ansprüche sind schließlich nur Auskünfte und nicht Zusagen und Akteneinsichten. Die Abgrenzung zu diesen m i t der Auskunft verwandten Begriffen w i r d weiter unten i n einem gesonderten Abschnitt erfolgen. Unter den Auskunftsberechtigten i m Rahmen der Untersuchung soll der Bürger als Privatperson, als Individuum, verstanden werden 1 1 . Das ist er i n seiner Eigenschaft als einer der allgemeinen oder besonderen öffentlichen Gewalt Unterworfener. Erfaßt werden damit einmal alle Auskunftslagen, i n denen der Bürger der Verwaltung als Außenstehender gegenüber steht. Daneben erstreckt sich die Untersuchung aber auch auf die Fälle, i n denen der Bürger i n den Betrieb der Verwaltung eingegliedert, d. h. einer besonderen öffentlichen Gewalt unterworfen ist. Die Erörterung w i r d daher auch die Auskunftsansprüche der Beamten gegen ihren Dienstherrn zu erörtern haben. Nicht behandelt w i r d dagegen, da es sich insoweit u m Spezialprobleme handelt, die Frage, inwieweit der Presse 12 oder Verbänden 1 3 Informationsrechte gegen die Verwaltung zustehen. Der Kreis der auskunftsverpflichteten Behörden soll auf diejenigen beschränkt bleiben, die unmittelbar öffentliche Verwaltungszwecke verfolgen. Außer Betracht bleiben damit etwaige Informationspflichten der fiskalisch handelnden Verwaltung 1 4 . Inwieweit z.B. die Liegenschaftsbehörde den Bürger beim Abschluß von Grundstückskaufverträgen über die Sach- und Rechtslage zu beraten hat, soll hier nicht beantwortet werden 1 5 . M i t zum Bereich der Untersuchung sollen dagegen Auskunftsansprüche auf dem Gebiet des Verwaltungsprivatrechts zählen. Auf 11 Vgl. zu diesem Status Wolff, V R I , S. 160, der hierfür den Ausdruck Zivilperson verwendet. 12 Vgl. hierzu etwa Thiele, Die Behörden u n d das Informationsrecht der Presse, N D B Z 1963, 100 ff.; Löffler, Der Informationsanspruch der Presse u n d des Rundfunks, N J W 1967, 2277; Gross, Verschwiegenheitspflicht der Presse u n d Informationsrecht der Presse, 1964; ders., Das Informationsrecht der Presse, R i A 1966, 101 ff.; Biebl, Das Verhältnis der Presse zu den Behörden unter besonderer Berücksichtigung der Informationsmöglichkeiten der Presse, Diss. Würzburg 1967, S. 40 ff.; Windsheimer, Die „ I n f o r m a t i o n " als Interpretationsgrundlage f ü r die subjektiven-öffentlichen Rechte des A r t . 5 Abs. 1 GG, B e r l i n 1968, S. 143 ff. 13 Vgl. zu dieser Frage Roth, V e r w A 1957, 238 f.; Krüger, Staatslehre, S. 571, 634; Lerche, Z Z P 78, 128, m i t weiteren Nachweisen. 14 Informationspflichten f ü r die fiskalisch handelnde V e r w a l t u n g begründen z.B. die „Verdingungsordnungen", die Ausschreibungen v o r der V e r gabe öffentlicher Aufträge vorschreiben. 15 Vgl. hierzu O L G Hamm, E. v. 13. 5.1952 i n DVB1 1960, 204.

. Abschn.: Die

e u n g des Themas

23

diesem Gebiet verfolgt die Verwaltung unmittelbar öffentliche Zwecke, w i r d jedoch i n privatrechtlichen Formen tätig 1 6 . Für ihre Tätigkeit gilt grundsätzlich Privatrecht. Da die Verwaltung jedoch zugleich i m starken Maße auch öffentlich-rechtlichen Bindungen unterworfen ist 1 7 , ist die Einbeziehung von Auskunftsansprüchen i m Bereich des Verwaltungsprivatrechts gerechtfertigt. Die Frage nach der auskunftsverpflichteten Behörde lenkt schließlich den Blick auf die Informationsarbeit der Verbände. Durch ihre Fachzeitschriften und Auskunftsstellen geben sie ihren Mitgliedern ein beträchtliches Maß an Informationshilfe 1 8 . Hierbei erfüllen sie — neben reinen privaten Interessen — zumindest mittelbar auch öffentliche A u f gaben. Die Informationstätigkeit der Verbände bedeutet m i t h i n auch eine Entlastung der Verwaltung 1 9 . Auch dieser Bereich soll jedoch, da er eine umfangreiche spezielle Untersuchung erfordern würde, unerörtert bleiben.

Zweiter

Abschnitt

Die Bedeutung des Themas § 1: Die Bedeutung des Themas aus der Sicht des Bürgers und der Verwaltung A u f die große praktische Bedeutung behördlicher Auskünfte für den Bürger und die Verwaltung wurde i m Spezialschrifttum bereits vielfach hingewiesen 20 . I m folgenden sollen die hierbei wesentlichen Gesichtspunkte noch einmal zusammengefaßt und ergänzt werden. Die für den Bürger und die Verwaltung bestehende große praktische Bedeutung behördlicher Auskünfte ist eine Folge der Wandlung der Staatsaufgaben und Verwaltungszwecke i m Zeitalter der industriellen Massengesellschaft. Damit ist sie letztlich eine Folge der gesellschaftlichen Bedürfnisse dieser Zeit. Denn m i t den Bedürfnissen der Gesell16

Wolff, V R I , S. 93. Wolff, V R I , S. 93. 18 Vgl. z . B . Brangsch, Rechtsberatung u n d Rechtshilfe durch Verbände, N J W 1953, 732. 19 Zeidler, S. 13. 20 Vgl. insbesondere Zeidler, S. 12 f.; Beinhardt, D Ö V 1965, 480 f.; Redeker, S. 78 ff.; Pipkorn, Diss., S. 1 ff. 17

24

1. Teil: Einleitung

schaft wandeln sich die Aufgaben des Staates und die Verwaltungszwecke 21 . I n der Gegenwart ist die Verwaltung auf fast allen Lebensbereichen tätig. Mehr oder weniger intensiv i n den verschiedenen Bereichen gestaltet sie bald die gesellschaftliche Ordnung, versucht sie bald, sie aufrechtzuerhalten, bald wiederherzustellen. Die Existenz des einzelnen w i r d weitgehend von i h r gewährleistet. Seine Dispositionen und Planungen werden durch behördliche Erlaubnisse geregelt. Seine Geschäfte unterliegen erheblichen steuerlichen Belastungen. M i t t e l zur Bewältigung der Verwaltungsaufgaben sind eine Vielzahl zum Teil komplizierter Gesetze, Verordnungen und Verwaltungserlasse m i t schnell änderndem Inhalt. Hiermit verbunden ist ein immer größer werdender Verwaltungsapparat und damit ein Anwachsen der Verwaltungsbürokratie. Diese Entwicklung macht die starke Abhängigkeit des Bürgers von behördlichen Auskünften deutlich. I m Vordergrund stehen hierbei die Informationen, die der Verfolgung von Rechten oder der Vorausberechnung staatlichen Verhaltens dienen. Ohne behördliche Aufklärung w i r d der Bürger vielfach nicht i n der Lage sein, die i h m von der Verwaltung gewährten Leistungen und Rechte zu erlangen. I h m w i r d es ohne diese Auskünfte nicht möglich sein, sich entsprechend den behördlichen Erlaubnissen und Gewährungen einzurichten, die maßgeblichen Anträge zu stellen, sowie die erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen für seine Ziele zu schaffen 22 . Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen oder Verwaltungserlasse sind so zahlreich und kompliziert, daß der Bürger i n der Regel von ihrer Existenz nichts weiß oder sich zumindest i n ihnen nicht zurechtfindet. Hinzukommt, daß i h m ein stark angewachsener, für i h n als Außenstehenden unübersichtlich wirkender Verwaltungsapparat gegenüber steht. Auch hier ist behördliche Hilfe erforderlich, damit der einzelne den richtigen Weg zur Erreichung seines Zieles einschlägt 23 . Belastend w i r k t sich schließlich die Vermassung der Beziehungen zwischen Staat und Bürger aus. Infolge der Vermassung steht die Verwaltung dem Bürger oft gleichgültig und interesselos gegenüber. Das Anliegen des Bürgers w i r d vielfach nicht m i t der gebotenen Beschleunigung behandelt, sondern i n unzumutbarer Weise verzögert. Der Bürger kann i n solchen Fällen nicht, wie es an sich nötig wäre, dispo21

P. Baditra, D Ö V 1968, 446. Redeker, S. 78. 28 Eine Information des Bürgers über die Aufgaben u n d Ä m t e r der Ministerien w i r d i m übrigen v o n Jahn, S. 374, i m Interesse einer demokratischen Mitarbeit gefordert. 22

. Abschn.: Die

e u n g des Themas

25

nieren. Er ist sogar vielfach zu fehlerhaften Dispositionen gezwungen, ohne die Möglichkeit einer Schadensersatzklage zu haben 24 . E i n gesteigertes Informationsbedürfnis können auch die Bürger besitzen, die näher m i t den einschlägigen Hechts- und Sachfragen vertraut sind, wie der A n w a l t 2 5 , der Steuerberater, der Rentenberater, der Wirtschaftsprüfer und Architekt. Oft kann nur eine kleine Zahl spezialisierter Beamter den betreffenden Problemkreis überblicken. Zudem bewirkt i n zweifelhaften Rechtsfragen erst die m i t staatlicher Autorität ausgestattete behördliche Auskunft eine genügende Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens. Neben den Auskünften zum Zwecke der Rechtsverfolgung und Vorausberechnung staatlichen Verhaltens stehen die Informationen, die der einzelne von der Behörde aus politischen, publizistischen oder wissenschaftlichen Interessen begehrt 26 . Auch insoweit besteht, da die Verwaltung i n vielen Lebensbereichen ein Wissensmonopol innehat, ein gesteigertes Auskunftsbedürfnis. Aus der Sicht der Verwaltung haben behördliche Auskunftspflichten i n erster Linie eine belastende Bedeutung. Auskunftsverpflichtungen können für die Verwaltung eine Arbeitsüberlastung oder Hinderung des ordnungsmäßigen Geschäftsganges bewirken. Aus diesem Grunde ist deshalb eine allgemeine Auskunftspflicht der Finanzämter abgelehnt worden 2 7 . Das Maß der Arbeitsbelastung der Verwaltung durch Auskunftserteilung ist i m übrigen abhängig von der Technisierung ihrer Tätigkeit. M i t Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung w i r d die Verwaltung i n Zukunft i n der Lage sein, leichter und schneller als bisher den Bürger zu informieren 2 8 . So ist z. B. i n der Rentenversicherung geplant, den Versicherten m i t Hilfe elektronischer Datenverarbeitung jährlich über den Stand seiner Versicherung zu informieren 2 9 . Das Argument der Arbeitsüberlastung gegen eine Auskunftsverpflichtung w i r d deshalb m i t der fortschreitenden Technisierung der Verwaltung i n Zukunft zurücktreten 30 . 24

Redeher, S. 80 f. Vgl. Redeker, S. 79. 26 V g l Windsheimer S. 145. 27 Vgl. Maassen, FR 1967, 489 (490); ders., B B 1960, 775, (778); Eckhardt, StuW 1968, Sp. 393 (395); Heinlein, DStR 1956, 341 (342). 28 Z u denken ist z . B . an die Einrichtung v o n Informationsbanken, d . h . Einrichtungen zur elektronischen Datenspeicherung u n d Bereitstellung, die als vollautomatisierte Auskunftsstellen f ü r den wissenschaftlichen oder allgemeinen Gebrauch dienen können; vgl. Steinbuch, Die informierte Gesellschaft, Stuttgart 1966, S. 282 f.; ferner Simitis, S. 107 ff. 29 Vgl. hierzu bei Lermer, D A n g V 1965, 65 (67). 80 So zieht z . B . Breuer, FR 1961, 457 (458), eine allgemeine Auskunfts25

26

1. Teil: Einleitung

Eine weitere belastende Bedeutung behördlicher Informationspflichten ist, aus der Sicht der Verwaltung, der Gesichtspunkt der vorzeitigen Bindung. Wie erwähnt, w i l l der Bürger vielfach i m voraus geklärt haben, wie seine Position gegenüber der Verwaltung beschaffen ist, d. h. welche Chancen sein Antrag zu erwarten hat oder welche Belastungen bevorstehen. W i r d i n derartigen Fällen eine Auskunftspflicht der Verwaltung bejaht, so kommt unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes eine Bindung der Verwaltung an ihre einmal gegebene Auskunft i n Betracht. Zumindest t r i t t eine gewisse tatsächliche Bindungswirkung insofern ein, als der Bürger versuchen wird, die Verwaltung an dem einmal von ihr gegebenen Wort festzuhalten. Eine Bindungswirkung aber kann bei Änderung der Sach- und Rechtslage und bei unzureichender Sachverhaltsermittlung zu sachlich und rechtlich nicht gerechtfertigten Lösungen führen. Belastende Bedeutung haben behördliche Auskunftsverpflichtungen ferner insofern, als bei falschen Auskünften Schadensersatz seitens der Verwaltung zu leisten ist 3 1 . I n Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, daß die Behörden, wenn sie Auskünfte erteilen, diese richtig erteilen müssen. Für falsche Auskünfte haften sie nach Amtshaftunggrundsätzen 32 . Dort, wo eine Auskunftspflicht besteht, kann die Verwaltung dieses Haftungsrisiko nicht umgehen. Denn es liegt auf der Hand, daß sie i n den Fällen, wo sie zur Information verpflichtet ist, diese Pflicht nicht durch einen Gewährsvorbehalt entwerten kann 3 3 . Belastend können behördliche Auskunftsverpflichtungen schließlich deshalb sein, weil die Verwaltung durch sie gezwungen werden kann, ihren internen Arbeitsbereich offenzulegen. So w i r d ihr eine Auskunftspflicht dort unangenehm sein, wo es sich u m die Aufdeckung von Mißständen handelt 3 4 . Belastend w i r k t sich die Offenlegung ihrer Arbeit aber z.B. auch i n den Fällen aus, i n denen eine entsprechende Information eine Durchkreuzung ihrer Pläne durch Verbände oder Privatpersonen, insbesondere m i t Hilfe von Pressekampagnen, ermöglichen würde 3 5 . pflicht der Finanzämter als Folge einer verstärkten Einführung der maschinellen Datenverarbeitung i n Betracht. 81 Hierzu Kleinsorg - Röder, Die Haftpflicht der Gemeinden u n d Gemeindeverbände i m Lichte der Rechtsprechung, 2. Aufl., 1956; Herold, R i A 1958, 309; Weimar, DÖD 1962, 68. 82 Z u r Rechtsprechung des B G H über die Amtshaftung wegen falscher Auskunftserteilung ausführlich Beyer, DVB1 1962, 613 ff. 88 Hierzu näher unten T e i l 5 Abschnitt 4 § 1 B. 84 Vgl. zu diesem Gesichtspunkt Düwel, S. 179. 85 I n der Entscheidung v o m 13.3.1964, VersR 1964, 1061, verneinte der B G H die Pflicht der Behörde zur Erteilung einer A u s k u n f t deswegen, w e i l die Erteilung der A u s k u n f t es dem Auskunftssuchenden ermöglicht hätte, die Pläne u n d Vorhaben der Behörde zu durchkreuzen.

. Abschn.: Die

e u n g des Themas

27

Neben diesen Belastungen stellt die behördliche Information des Bürgers für die Verwaltung i n zunehmendem Maße auch einen arbeitserleichternden Faktor dar 3 6 . Durch vorherige Aufklärung erspart sie sich die Bearbeitung unrichtiger und unvollständiger Anträge oder die Beantwortung von Nachfragen. M i t Hilfe rechtzeitiger Belehrung w i r d sie ihre Anordnungen und jeweiligen Vorschriften besser beachtet finden. Insbesondere bei Erlaß neuer Gesetze w i r d es angebracht sein, den Bürger rechtzeitig über den wesentlichen Inhalt und die wichtigsten Vorschriften des neuen Gesetzes zu informieren 3 7 .

§ 2: Die Bedeutung des Themas aus verfassungsrechtlicher Sicht Ob und inwieweit die Verwaltung dem Bürger auskunftsverpflichtet ist, ist ein Ausschnitt aus dem Fragenkreis, ob und inwieweit der Staat dem Bürger zu helfen und die Interessen des Bürgers zu wahren hat. Die Beantwortung dieser Fragen beurteilt sich i m wesentlichen nach dem verfassungsrechtlichen Verständnis zwischen Bürger und Staat. Damit ist auch die Frage nach dem Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft i m wesentlichen aus den Normen des Grundgesetzes heraus zu beantworten. Dort, wo ein positiver Rechtssatz ohne Verfassungsrang als Grundlage eines Auskunftsrechtes i n Betracht kommt, ist allerdings i m Interesse einer sicheren Rechtsfindung zunächst dieser Rechtssatz zu erörtern. Aus der verfassungsrechtlichen Bedingtheit des Themas folgt die Methode für das Auffinden der Auskunftsrechte. Verfassungsauslegung ist i m wesentlichen eine Frage der Wertung 3 8 . Die hier maßgebliche Methode ist also die einer wertenden Zuordnung 3 9 . Die allgemeine Fragestellung ist, ob und inwieweit behördliche Informationspflichten erforderlich sind, u m den vom Grundgesetz statuierten Wert, der jeweils i n Frage steht, zu verwirklichen. Verfassungsauslegung muß m i t der tatsächlichen Entwicklung einhergehen. Zwar dürfen die tatsächlichen Verhältnisse die Auslegung nicht bestimmen, jedoch muß die Auslegung den tatsächlichen Verhältnissen gerecht werden 4 0 . Die durch die Verfassung vorgegebenen Wert86

Vgl. Zeidler, S. 12 f.; H. Hämmerlein, D Ö V 1964, 122. Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 880, H. Hämmerlein, gaben, S. 385 ff. 88 Maunz, S. 51. 89 Hierzu näher Larenz t S. 215 ff. 40 Forsthoff, Begriff u n d Wesen, S. 166. 37

Gegenwartsauf-

28

1. Teil: Einleitung

entscheidungen müssen i m Hinblick auf die Wirklichkeit konkretisiert werden 4 1 . Z u klären ist daher, ob und inwieweit das Rechts- und Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes und — von geringerer Bedeutung — auch dessen Demokratieprinzip i m Zeitalter der industriellen Massengesellschaft behördliche Auskunftspflichten gebieten. Das Leitmotiv der Arbeit ist die Frage, inwieweit die i n diesem Zeitalter gesteigerte Abhängigkeit des einzelnen von behördlichen Auskünften durch Zuerkennung entsprechender Auskunftsrechte auszugleichen ist. Gegen die Bedeutung eines Auskunftsrechtes als Ausgleich dieser Abhängigkeit ließe sich einwenden, den Informationsinteressen des Bürgers sei bereits m i t einer nach pflichtgemäßem Ermessen handelnden Verwaltung Rechnung getragen. Die Behörden müßten das Informationsersuchen nach sachlichen Gesichtspunkten bescheiden. Diese Argumentation verkennt jedoch, daß Ermessenserwägungen nur beschränkt nachprüfbar sind und daß m i t der Zuerkennung von Ansprüchen stets auch eine Interessenstärkung des Anspruchberechtigten verbunden ist 4 2 .

Dritter

Abschnitt

Der Begriff der Auskunft Auskünfte sind Wissensmitteilungen 43 . Bezieht sich dieses Wissen auf Tatsachen, so spricht man von Tatsachenauskünften. Derartige Informationen werden von der Verwaltung z.B. als Mitteilung über den Sachstand eines Verfahrens, von Sprechzeiten, des Namens des zuständigen Beamten oder des voraussichtlichen Zeitpunktes einer Antragsbescheidung erteilt. Kennzeichnend für Tatsachenauskünfte ist, daß sie nie rechtmäßig oder rechtswidrig, sondern immer nur falsch oder richtig sein können 4 4 . Eine Ausnahme gilt jedoch für Auskünfte über das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen eines Rechtssatzes, wie gleich zu zeigen sein wird. Bei Rechtsauskünften bezieht sich das mitgeteilte Wissen auf Rechtslagen 4 5 . Treffend ist hier der Ausdruck Rechtsberatung 46 . Rechtsaus41 Hesse, Grundzüge, S. 25, bezeichnet Verfassungsinterpretation als K o n kretisierung; vgl. zu dieser Frage ferner Krüger, DÖV 1961, 721 (724). 42 Vgl. Düwel, S. 146. 48 Monreal, S. 15; Ritter, N J W 1957, 1822; Zeidler, S. 15. 44 Zeidler, S. 15. 48 Zeidler, S. 15. 46 Zeidler, S. 15.

3. Abschn.: Der Begriff der Auskunft

29

künfte sind daran zu erkennen, daß sie entweder als rechtmäßig oder als rechtswidrig beurteilt werden können 4 7 . Rechtsauskünfte können sich auf Tatbestandsmerkmale beziehen. Der Bürger möchte z. B. klären, ob seine Einkommenslage dem Tatbestandsmerkmal „Bedürftigkeit" eines Gesetzes unterfällt, das einen Beihilfeanspruch gewährt. Tatbestandsauskünfte können sowohl als Rechtsauskünfte als auch als Tatsachenauskünfte, nämlich sowohl als rechtmäßig oder rechtsw i d r i g oder als richtig oder falsch, angesehen werden 4 8 . Die Mitteilung der Kulturbehörde, ein Konzert sei „künstlerisch wertvoll" i m Sinne des § 2 I Z . 2 a des Hamburgischen Vergnügungssteuergesetzes kann als falsch und richtig und, da es sich u m ein Urteil über das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals handelt, zugleich als rechtswidrig oder rechtmäßig angesehen werden. Häufiger werden Rechtsauskünfte i n der Form von Rechtsfolgeauskünften vorkommen. Gemeint sind hierbei die Fälle, i n denen der Bürger bei geklärtem Sachverhalt Aufklärung über die vom Gesetz für diesen Sachverhalt vorgeschriebenen Rechtsfolgen haben möchte. So möchte z.B. ein Grundstückseigentümer die Bebauungsmöglichkeit seines Grundstücks erfahren oder ein Unternehmer die für ein geplantes Geschäft zu erwartende Besteuerung. Von der Auskunft zu unterscheiden ist die Zusage, die nicht i n den Bereich der Untersuchung fällt. Wie die Auskunft, ist die Zusage eine behördliche Information 4 9 , nämlich eine Information über künftiges behördliches Verhalten. Insoweit berühren sich die Problemkreise „Recht auf Auskunft" und „Recht auf Zusage". Dennoch soll das Recht auf Zusage unerörtert bleiben. Denn bei der Zusage geht es maßgeblich neben der Wissensvermittlung u m die Verbindlichkeit der behördlichen Erklärung. Vielfach hat sogar nur der Gesichtspunkt der Verbindlichkeit Bedeutung: E i n Steuerpflichtiger erbittet z. B. vom Finanzamt die Zusage, einen Sachverhalt entsprechend seinem Vorschlag i n bestimmter Weise steuerlich zu behandeln. I h m geht es also nicht u m Wissensvermittlung, sondern u m die Verbindlichkeit der behördlichen Erklärung. Noch deutlicher w i r d die Betonung der Verbindlichkeit gegenüber der Wissensvermittlung bei den beamtenrechtlichen Zusicherungen, z.B. der Zusicherung einer bestimmten dienstrechtlichen Stellung. 47

Zeidler, S. 16. Zeidler, S. 16; Monreal, S. 18. 49 Zeidler, S. 51, bezeichnet die Zusage als „besonders qualifizierte A u s kunft". 48

30

1. Teil: Einleitung

Demgegenüber soll es i n der vorliegenden Arbeit nur um das Recht des Bürgers auf behördliche Wissensvermittlung gehen, bezüglich dessen das Problem der Verbindlichkeit behördlicher Erklärungen nur subsidiär und nur i n Teilbereichen, nämlich nur soweit künftiges behördliches Verhalten i n Frage steht, Bedeutung hat. Diese Beschränkung der Untersuchung macht allerdings eine klare Abgrenzung zwischen Auskünften und Zusagen erforderlich: I m Gegensatz zur Auskunft zeichnet sich die Zusage durch ihren Versprechenscharakter aus 50 . Wesentliches Merkmal der Zusage ist der erkennbare Wille der Behörde, sich schon i m Zeitpunkt der Äußerung hinsichtlich einer künftigen bestimmten Verwaltungshandlung festzulegen 51 . Hiervon ausgehend können Tatsachenauskünfte nie Zusagen sein 52 . Mitteilungen über Tatsachen sind, wie erwähnt, nur falsch oder richtig. Als behördliche Selbstverpflichtungen i m Hinblick auf künftiges Verhalten sind sie nicht denkbar. Ausgeklammert ist hier wiederum der Bereich der Tatbestandsauskünfte, die, wie erwähnt, zugleich als Rechtsauskünfte angesehen werden können. Rechtsauskünfte sind auf jeden Fall dann keine Zusagen, wenn sie unverbindlich erteilt werden 5 3 . I n diesen Fällen handelt es sich u m reine Belehrungen und nicht u m behördliche Selbstverpflichtungen. Keine Zusagen enthalten ferner Rechtsauskünfte, die lediglich allgemein eine bestimmte Rechtslage mitteilen 5 4 . Derartige Informationen geben nur den Inhalt einer Rechtsanordnung, ohne Berücksichtigung des konkreten Lebensachverhaltes, wieder. Auch bei ihnen kommt eine behördliche Selbstverpflichtung nicht i n Betracht. Dagegen stellen verbindlich gegebene, auf einen konkreten Sachverhalt bezogene Rechtsauskünfte Zusagen dar 55 . Inwieweit auf sie A n sprüche bestehen, soll m i t h i n nicht untersucht werden. Von dieser Frage ist jedoch die Frage zu unterscheiden, inwieweit die Verwaltung an die Auskünfte, zu deren Erteilung sie verpflichtet ist, gebunden ist. A u f dieses Problem w i r d an gegebener Stelle zurück60

Monreal, S. 19. Beinhardt, D Ö V 1965, 481; Haueisen, N J W 1961, 1901; Kruse, Steuerrecht, S. 155; Tipke- Kruse, AO, Bd. I , § 2 A 44 b ; Rohwer - Kahlmann, DVB1 1962, 622 (624); Maassen, Regelungen, S. 61. 52 Vgl. Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (482). 63 Beinhardt, a.a.O.; ebenso der 44. DJT (1962), der i n seinen Thesen die Auskunft als individuelle Tatsachenmitteilung oder unverbindliche Rechtsauskunft definiert hat (vgl. N J W 1962, 1855). 54 Vgl. Obermayer, N J W 1962, 1465 (1467). 65 Zeidler, S. 49. 61

3. Abschn.: Der Begriff der Auskunft

31

gekommen 56 . Abzugrenzen vom Begriff der Auskunft ist sodann der Begriff der hier nicht zur Diskussion stehenden Akteneinsicht. Zwar berührt sich auch das Recht auf Akteneinsicht 5 7 m i t dem hier zu erörternden Thema: Auskunft und Akteneinsicht können als Unterarten der Informationsvermittlung angesehen werden. Es w i r d auch i n der Regel praktisch gleich zu bewerten sein, ob die Behörde dem Bürger Auskunft aus einer Akte erteilt oder ob sie i h m Akteneinsicht gewährt. Soweit der Gegenstand eines Auskunftsrechtes sich m i t einem Akteninhalt deckt, w i r d man daher auch ein Recht auf Akteneinsicht annehmen können. Dennoch ist es i m Interesse einer sinnvollen Begrenzung der Untersuchung gerechtfertigt, das Recht auf Akteneinsicht aus dem Bereich der Untersuchung auszunehmen. Ob nämlich das „Recht auf Auskunft" und das „Recht auf Akteneinsicht" parallel zueinander verlaufen, erscheint zweifelhaft. Die Verschiedenheit von Auskunftserteilung und Akteneinsicht deutet daraufhin, daß an die Pflicht zu behördlicher Informationsvermittlung jeweils verschieden hohe Anforderungen zu stellen sind. Schlagwortartig läßt sich dieser Unterschied dahin kennzeichnen, daß die Behörde i n größerem Umfange zur Akteneinsicht verpflichtet ist als zur Auskunftserteilung. Die diese Differenzierung rechtfertigenden Unterschiede zwischen Auskunft und Akteneinsicht bestehen i n folgendem: Bei der Auskunftserteilung führt die Behörde die Information selbst durch. Bei Gewährung der Akteneinsicht ermöglicht sie dagegen dem Bürger nur die Information 5 8 . Das bedeutet, daß für die Verwaltung die Erteilung einer Auskunft, die ja zunächst die Bildung eines eigenen Urteils voraussetzt, i m Einzelfall eine erhebliche Arbeitsbelastung m i t sich bringen kann, wie bei Mitteilungen über komplizierte Rechtslagen. Demgegenüber stellt die Gewährung der Akteneinsicht zumeist nur eine geringe Arbeitsbelastung für die Verwaltung dar, indem sie nur das Heraussuchen und Aushändigen der Akte sowie das Uberwachen der Akteneinsicht erfordert. Zudem fällt bei Gewährung der Akteneinsicht, anders als bei der Auskunft, der Gesichtspunkt einer Haftung und Bindung der Verwaltung bezüglich unrichtiger Informationen fort.

66

Vgl. unten T e i l 5 Abschnitt 4 § 1 C. Z u m Recht auf Akteneinsicht vgl. Wiethaupt, M D R 1958, 474, u n d von Köhler, N J W 1959, 1460, die sich f ü r ein Akteneinsichtsrecht bei Vorliegen eines berechtigten Interesses aussprechen; Ule - Becker, S. 41 ff., die grundsätzlich ein Recht auf Akteneinsicht bejahen; ferner Haueisen, N J W 1967, 2291; Mittelbach, Betrieb 1968, 2190. 68 Beinhardt, DÖV 1965, 480 (481) A n m . 13. 57

ZWEITEE T E I L

Die gesetzliche Regelung der Frage nach der behördlichen Auskunftsverpflichtung Erster

Abschnitt

Die gegenwärtige Lage § 1 : Ausgangspunkt A. Ermessen der Verwaltung bei der Auskunftserteilung als Grundsatz Eine allgemeine, durch positives Gesetz geregelte behördliche Auskunftsverpflichtung kennt das deutsche Verwaltungsrecht nicht 1 . Die für eine solche Regelung i n Betracht kommenden Verfahrensgesetze enthalten keine entsprechenden Vorschriften, sondern allenfalls Regelungen über das Recht zur Akteneinsicht 2 . Wie i m einzelnen noch zu zeigen ist 3 , finden sich Auskunftsregelungen nur i n speziellen Rechtsbereichen. Die Zahl der geregelten Auskünfte ist klein und steht i n keinem Verhältnis zur praktischen Bedeutung der behördlichen Auskunftspflicht, insbesondere zu dem Bedürfnis nach behördlicher Rechtsberatung. Angesichts dieser zurückhaltenden gesetzlichen Regelung der behördlichen Auskunftsverpflichtung lehnen Rechtsprechung und Schrifttum, wie noch eingehend dargelegt wird, einen allgemeinen, i n jedem Falle eingreifenden Anspruch des Bürgers auf behördliche Information ab 4 . Die Gewährung von Auskunft und Akteneinsicht stehe grundsätzlich i m Ermessen der Behörde. Ein Informationsrecht bestehe nur bei Vorliegen einer entsprechenden positiven gesetzlichen Regelung oder — 1

Kampmann, S. 22; Maassen, Regelungen S. 89; Fischbach, BBG, Bd. I,

S. 462. * Vgl. z. B. § 88 L V w G f ü r SchlH, § 12 b e r l V w V e r f G sowie § 22 EVwVerG. 3 Vgl. unten T e ü 2 Abschnitt 1 § 2. 4

Vgl. Düwel, S. 114.

33

1. Abschn.: Die gegenwärtige Lage auf G r u n d Fällen.

eines a l l g e m e i n e r e n Rechtssatzes —

nur

in

besonderen

I m V e r h ä l t n i s z u r Presse k a n n v o n e i n e r solchen u m f a s s e n d e n E r messensermächtigung d e r B e h ö r d e n n i c h t ausgegangen w e r d e n . D i e Pressegesetze d e r L ä n d e r sehen e i n umfassendes I n f o r m a t i o n s r e c h t d e r Presse gegenüber d e n B e h ö r d e n v o r , b e i d e m n u r i n A u s n a h m e f ä l l e n die V e r w e i g e r u n g e i n e r b e h ö r d l i c h e n A u s k u n f t zulässig i s t 5 . I m V e r h ä l t n i s d e r B e h ö r d e n z u e i n a n d e r w i r d m a n ebenfalls n i c h t v o n einer grundsätzlichen Ermessensermächtigung bei der A u s k u n f t s e r t e i l u n g ausgehen k ö n n e n , s o n d e r n m i t R ü c k s i c h t a u f A r t . 35 G G eine p r i n z i p i e l l e gegenseitige I n f o r m a t i o n s p f l i c h t a n n e h m e n m ü s s e n 6 . E i n e E i n s c h r ä n k u n g dieser p r i n z i p i e l l e n P f l i c h t i s t insbesondere d o r t a n z u n e h m e n , w o G e h e i m h a l t u n g s v o r s c h r i f t e n entgegenstehen oder d i e ersuchte B e h ö r d e d u r c h eine a n d e r n f a l l s entstehende Ü b e r l a s t u n g a n der E r f ü l l u n g i h r e r e i g e n e n A u f g a b e n g e h i n d e r t w i r d 7 . D i e e i n h e l l i g e A n e r k e n n u n g des Ermessensprinzips b e i d e r I n f o r m a t i o n des B ü r g e r s d u r c h die V e r w a l t u n g d o k u m e n t i e r t sich w e n i g e r a n entsprechenden p o s i t i v e n F o r m u l i e r u n g e n , w e l c h e d i e g r u n d s ä t z l i c h e 6 Vergleiche §§ 4 L P G BW, 4 L P G Bayern, 4 L P G Berlin, 4 L P G Bremen, 4 L P G Hamburg, 3 L P G Hessen, 4 L P G Niedersachsen, 4 L P G N W , 4 L P G RhPf, 4 L P G Saarland, 4 L P G SchlH. E i n besonders weitgehendes Informationsrecht sieht § 4 L P G Bayern v o r : „(1) Die Presse hat gegenüber den Behörden ein Recht auf Auskunft. Sie k a n n es n u r durch Redakteure oder andere v o n ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter v o n Zeitungen oder Zeitschriften ausüben. (2) Das Recht auf A u s k u n f t k a n n n u r gegenüber dem Behördenleiter u n d den v o n i h m Beauftragten geltend gemacht werden. Die A u s k u n f t darf n u r verweigert werden, soweit aufgrund beamtenrechtlicher oder sonstiger gesetzlicher Vorschriften eine Verschwiegenheitspflicht besteht." Die anderen Informationsrechte gleichen m i t Abweichungen dem § 4 des L P G SchlH, der lautet: „(1) Die Behörden sind verpflichtet, den Vertretern der Presse die der E r f ü l l u n g ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden A u s künfte zu erteilen. (2) Auskünfte können verweigert werden, soweit 1. h i e r durch die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder 2. Vorschriften über die Geheimhaltung entgegenstehen oder 3. ein überwiegendes öffentliches oder schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde oder 4. i h r Umfang das zumutbare Maß überschreitet. (3) Allgemeine Anordnungen, die einer Behörde Auskünfte an die Presse verbieten sind unzulässig. (4) Der Verleger einer Zeitung oder Zeitschrift k a n n v o n den Behörden verlangen, daß i h m deren amtliche Bekanntmachungen nicht später als seinen M i t bewerbern zur Verwendung zugeleitet werden." Z u m Wortlaut der einzelnen Vorschriften u n d zu ihrer Kommentierung vgl. Löffler, Presserecht, Bd. I I , S. 78 ff. 6 Vgl. Zeidler, S. 58; Forsthoff, Lehrbuch, S. 91; Wolff, V R I I , S. 91 ff.; Maunz i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 35 Rdnr. 6, 9; Klingler, S. 77, der als Grundlage f ü r ein solches Recht den Ratsgrundsatz, das behördliche A b hängigkeitsverhältnis u n d die Amtshilfe anführt. 7 Vgl. Maunz i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 35 Rdnr. 6,9; Wolff, V R I I , S. 93; Klingler, S. 77.

3 Krieger

34

. Teil:

e s e i e

e l u n g des Auskunftsproblems

E r m e s s e n s e r m ä c h t i g u n g h e r v o r h e b e n 8 . Sie w i r d v i e l m e h r z u m e i s t n u r i n m i t t e l b a r e r Weise s i c h t b a r : Es w i r d e i n a l l g e m e i n e r A u s k u n f t s a n s p r u c h v e r n e i n t u n d e i n I n f o r m a t i o n s r e c h t n u r i n besonderen F ä l l e n i n B e t r a c h t gezogen 9 . W o e i n a l l g e m e i n e r A u s k u n f t s a n s p r u c h g a r n i c h t erst e r w o g e n w i r d , zeigt sich die gleiche G r u n d h a l t u n g d a r i n , daß e i n I n f o r m a t i o n s r e c h t v o n v o r n h e r e i n n u r a u f besondere L a g e n als A u s d r u c k entsprechender Rechtssätze b e s c h r ä n k t w i r d 1 0 . A m d e u t l i c h s t e n h a t sich diese e i n h e i t l i c h e G r u n d s t i m m u n g i n d e n Thesen des 44. D e u t schen J u r i s t e n t a g e s (1962) ausgedrückt, der sich u. a. m i t d e m P r o b l e m k r e i s der b e h ö r d l i c h e n A u s k u n f t u n d Zusage befaßte: Es gebe k e i n e allgemeine Auskunftspflicht außerhalb anhängiger Verwaltungsverf a h r e n 1 1 . M i t t e l b a r d e u t e n diese S t e l l u n g n a h m e n aus f o l g e n d e n G r ü n 8 Vgl. insoweit die ausdrückliche Hervorhebung der Ermessensermächtigung i m Schrifttum bei Leiss, JR 1960, 50; Düwel, S. 114; Monreal, S. 152/153; Erdsiek, N J W 1960, 616 (617); Maassen, Regelungen, S. 90; Lepper, DVB1 1963, 315 (318); Rudel,, B a y B ü r g m 1951, 101 (102); Voigt, S. 19. I n der Rechtsprechung findet sich eine Hervorhebung des Ermessensprinzips bei: O V G Berlin, U. v. 30.3.1955 i n N J W 1955, 1940; O V G Münster, U. v. 15.1.1963 i n Betrieb 1963, 960; U. v. 7.5.1963 i n Z B R 1964, 287 (288); Hess V G H , U. v. 23.7.1964 i n JZ 1965 319 (Akteneinsicht); BVerwG, U. v. 30.4.1965 i n DVB1 1965, 647; U. v. 25. 2.1969 i n DVB1 1969 700 (702) = E 31, 301 (306) u n d neuerdings U. v. 4. 6.1970 i n DVB1 1970, 684. 9 F ü r das Schrifttum vgl.: Zeidler, S. 89, Nr. 2; Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (484); Hubert Kellner, S. 107 ff.; Klingler, S. 99; Heyman, B a y B ü r g m 1964, 95 (98); Kampmann, S. 21 ff.; Ritter, N J W 1957, 1822; Reisnecker, S. 65; Ridder, S. 276; von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 242; Hesse, Grundzüge, S. 150; Geiger, S. 123; Löffler, N J W 1964, 2277; Wolff, V R I, S. 291; Hamann, GG, A r t . 5 A n m . 5. F ü r die Rechtsprechung vgl.: B G H S t 10, 202 v. 8. 2.1957; B G H Z , U. v. 7. 5. 1956 i n N J W 1956, 1234; BVerwG, U. v. 30.4.1965 i n DVB1 1965, 647 (648); E. v. 25. 3.1966 i n DVB1 1966, 575 (576); O V G Münster, U. v. 15.1.1963 i n Betrieb 1963, 960; Hess V G H , U. v. 24.8.1961 i n D Ö V 1962, 757; vgl. ferner B F H , U. v. 22.8.1957 i n B S t B l I I I 1957, 366; E. v. 20.2.1958 i n B S t B l I I I 1959, 85; F G Nürnberg i n EFG 1958, 254 v. 29.11.1957 (kein Anspruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft seitens der Finanzämter) sowie B F H , U. v. 18.11.1958 i n B S t B l I I I 1959, 52; E. v. 4.8.1961 i n B S t B l I I I 1961, 562 (565) (kein Anspruch auf Erteilung einer Zusage seitens der Finanzämter). 10 I m Schrifttum w i r d dies deutlich bei: Tittel, DRiZ 1962, 307 (308); K a tholnigg, DVB1 1960, 471; Wimmer, DVB1 1961, 274, (275 ff.); Fellner, S. 355 ff.; Zacher, W D S t R L 25, 308 (359); Perschel, JuS 1966, 231 (234 ff.), der die Frage eines allgemeinen staatsbürgerlichen Informationsrechtes dahinstehen läßt; Menger, V e r w A Bd. 54, 293/294; Schack, DVB1 1958, 325 (326/327); Uie, DVB1 1961, 274. Aus der Rechtsprechung sind als einschlägige Beispiele v o r allem die E n t scheidungen des B G H zu nennen, die davon ausgehen, daß sich eine besondere Beratungs- u n d Belehrungspflicht der Verwaltungsbehörden n u r aus der besonderen Lage des Einzelfalles ergeben könne, vgl. oben T e i l 3 A b schnitt 1 F N 9. Vgl. ferner B V e r w G E 10, 274 v. 6. 5.1960 ( V I I 57/59) = DÖV 1960 553; E 10, 280 v. 6. 5.1960 ( V I I C 58/59) = DÖV 1960, 555; U. v. 10. 7.1964 i n N J W 1965, 707; BSG, U. v. 14.6.1962 i n M D R 1962, 1022; O V G Lüneburg, U. v. 21.12.1957 i n DVB1 1958, 323 (324); O V G Münster, Bescheid v. 17. 2.1959 i n DÖV 1959, 756 f.; O V G Berlin, U. v. 29. 6.1961 i n N J W 1961, 2082 = Entsch. O V G Berlin, Bd. 7, 48; V G Stuttgart, U. v. 10. 1. 1967 i n DVB1 1968, 188. 11 Vgl. Thesen des 44. DJT (1962) i n N J W 1962, 1855.

1. Abschn.: Die gegenwärtige Lage

35

den auf das oben dargelegte Ermessensprinzip bei der Auskunftserteilung hin: Wenn kein allgemeiner Auskunftsanspruch besteht oder — anders formuliert — von vornherein nur besondere Informationsrechte i n Betracht kommen, bleibt nur die Möglichkeit einer grundsätzlichen Ermessensermächtigung bei der Auskunftserteilung. Das entspricht einmal der prinzipiellen, allgemein anerkannten Befugnis der Verwaltungsbehörden, ihr Verhalten nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen zu können 1 2 . Das folgt andererseits aus der ebenfalls anerkannten Maxime, daß es i m Hechtsstaat des Grundgesetzes keine Verwaltungstätigkeit gibt, die nicht, wenn auch nur i n einem weitesten Sinne, dem Recht unterworfen ist. D.h., es gibt keine rechtsfreie Verwaltungstätigkeit, sondern immer nur eine Verwaltungstätigkeit i m Rahmen pflichtgemäßen Ermessens 13 . Bei dieser umfassenden Geltung des Ermessensprinzip aber bleibt kein Raum für eine Maxime, nach der die Erteilung der behördlichen Information i m Belieben der Verwaltung steht. Selbst wenn man aber, wie es Forsthoff t u t 1 4 , einen Bereich bejaht, i n dem die Verwaltung von jeder Bindung befreit ist, so kommt dennoch nicht eine solche Maxime i n Betracht. Denn als vollkommen bindungsfreier Handlungsbereich der Verwaltung kann von vornherein nur ein solcher erwogen werden, i n dem Rechtsverletzungen durch die Verwaltung unter keinem Gesichtspunkt denkbar sind 1 5 . I n diesen neutralen Bereich aber läßt sich die behördliche Informationstätigkeit zumindest für große Bezirke nicht einordnen. Zwar mögen i m Rahmen eines allgemeinen, voraussetzungslosen Informationsanspruches Fälle denkbar sein, i n denen, bei Verweigerung behördlicher Informationen, Rechtsverletzungen seitens der Verwaltung nicht i n Betracht kommen. Das eingangs dargelegte starke Bedürfnis nach behördlicher Information 1 6 weist jedoch kategorisch darauf hin, daß i n weiten Bereichen behördlicher Informationstätigkeit nicht von einer vollkommenen Bindungslosigkeit der Verwaltung ausgegangen werden kann. Vielmehr ist zumindest eine Bindung anzunehmen, bei der Informationserteilung nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Besonders evident w i r d 12

Wolff, V R I, S. 151; Forsthoff, Lehrbuch S. 73 ff. Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 493, m i t weiteren Nachweisen; Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 241, ders., Rechtsprechung, Bd. I I , S. 247; H. Reuss, DVB1 1959, 533 (534); Monreal, S. 152; vgl. ferner B V e r w G E 19, 332 (335 f.) v. 29.10.1964. 14 Forsthoff, Lehrbuch, S. 74/75. 15 Forsthoff, Lehrbuch, S. 75, spricht v o n einem Bereich, f ü r den die Rechtsordnung sich nicht interessiere u n d f ü h r t als Beispiel die Errichtung eines Denkmals an; vgl. ferner Monreal, S. 152: N u r die Handlungen kämen i n Betracht, gegenüber denen die Rechtsordnung v ö l l i g neutral sei. 16 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 1. 13

3*

36

. Teil:

eseie

e l u n g des Auskunftsproblems

dies i n den Fällen, i n denen über den Gegenstand der Information ein behördliches Wissensmonopol besteht. Daß es eine vollkommene Bindungslosigkeit der Verwaltung bei der Information des Bürgers nicht geben kann, ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes 17 . Dessen Ziel ist letztlich die Achtung und Erhaltung des Eigenwertes der Person 18 . Daraus folgt, daß der Staat sich gegenüber den legitimen Bedürfnissen seiner Bürger und damit auch gegenüber den eingangs dargelegten Informationsbedürfnissen nicht vollkommen gleichgültig i n dem Sinne verhalten kann, daß er sie nach Belieben befriedigen könnte. Vielmehr haben diese Bedürfnisse für i h n als Aufruf zu einer verantwortlichen Stellungnahme zu gelten. Denn ein Staat, der die Achtung und Erhaltung des Eigenwertes der Person i n den Mittelpunkt seiner Tätigkeit stellt, hat sich i n erster Linie an den legitimen Bedürfnissen seiner Bürger zu orientieren. Stehen aber, wie hieraus deutlich wird, weite Bereiche behördlicher Informationstätigkeit nicht i m Belieben der Verwaltung, so widerspricht dies der Annahme eines allgemeinen Grundsatzes, wonach die Information des Bürgers i m Belieben der Behörde steht 1 9 . Denn als Grundsatz müßte ein solches Prinzip einen umfassenden Geltungsbereich aufweisen und dürfte nicht i n weiten Bereichen ausgeschlossen sein. Daß die Erteilung einer Auskunft von mehreren Autoren grundsätzlich als „nobile officium", als Gebot der Höflichkeit, als Ehrenpflicht, betrachtet w i r d 2 0 , steht i m übrigen der allgemeinen Anerkennung des Ermessensprinzips nicht entgegen. Wegen des Fehlens einer rechtlichen Erzwingbarkeit ist eine solche „nobile officium" m i t einer grundsätzlichen Ermessensermächtigung bei der Auskunftserteilung vereinbar. 17 Daß auch das Demokratieprinzip u n d die Sozialstaatlichkeit i n ihrer Bedeutung als staatliche Hilfe bei der Daseinsbewältigung eine solche Beschränkung nahe legen, w i r d nicht verkannt. Indes soll zu diesen Fragen, u m die Arbeit nicht zu sehr auszuweiten, an dieser Stelle keine Auseinandersetzung erfolgen, vgl. jedoch i m übrigen die Erörterungen unten T e i l 5 A b schnitt 2 § 2 C. I I . 1. c) bb) u n d § 3. 18 Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 489; sowie i m einzelnen unten T e i l 5 Abschnitt 2 § 2. A . 19 I m Ergebnis ebenso Monreal, S. 152, der daraufhinweist, daß gegen die Annahme eines solchen Grundsatzes bereits die Tatsache spreche, daß f ü r bestimmte Fälle Auskunftspflichten normiert seien. Vgl. ferner Lepper, DVB1 1963, 315 (318), sowie OVG Münster v. 18.11.1958, OVGE 14, 199 (202), w o hervorgehoben w i r d , daß das Ermessen bei der Akteneinsicht nicht v o l l k o m men frei sei. 20 Vgl. Heymann,, B a y V B l 1961, 70 (73); Zeidler, S. 53; Klingler, S. 99; Obermayer, N J W 1962, 1465 (1472); f ü r den Bereich des Steuerrechts vgl.: Heinlein, DStR 1956, 341 (342); Maassen, B B 1960, 775 (778); Eckhardt, StuW 1968, Sp. 393 (395).

1. Abschn.: Die gegenwärtige Lage

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Dem i n Deutschland herrschenden Ermessensprinzip i m Rahmen behördlicher Information 2 1 steht das Prinzip einer allgemeinen staatlichen Publizität gegenüber: Nämlich ein grundsätzliches Informationsrecht des Bürgers, das nur i n Ausnahmefällen wegen privater und öffentlicher Geheimhaltungsinteressen ausgeschlossen ist. Diese Maxime, als Öffentlichkeitsprinzip zu bezeichnen, hat eine besonders markante Ausprägung i m schwedischen Recht erfahren. Das schwedische Verfassungsrecht normiert für jedermann einen allgemeinen Anspruch auf Akteneinsicht 2 2 . Dem Öffentlichkeitsprinzip stellt Düwel das deutsche Ermessensprinzip m i t der Bezeichnung „Geheimhaltungsprinzip" gegenüber 23 . Diese Bezeichnung w i r d der deutschen Ermessensmaxime nicht gerecht. Das ergibt sich bereits daraus, daß das deutsche Ermessensprinzip nicht nur auf Tatsachenauskünfte, sondern auch auf Rechtsauskünfte bezogen ist. Auf Rechtsauskünfte aber paßt der Begriff „Geheimhaltung" nicht. Die jeweilige Rechtslage ist nicht Gegenstand eines Geheimnisses 24 . Sie kann vom Bürger entweder selbst oder m i t Hilfe eines Fachberaters geklärt werden. Auch paßt der Begriff „Geheimhaltung" nur auf die Tatsachen, über die ein behördliches Wissensmonopol besteht. Hinzukommt, daß die Bezeichnung „Geheimhaltungsprinzip" auf einen Grad von NichtÖffentlichkeit hindeutet, der dem deutschen Er21 Vgl. i n diesem Zusammenhang die Nachweise bei Düwel, S. 114, bezüglich der Geltung dieses Prinzips, v o n Düwel als Geheimhaltungsprinzip bezeichnet, i n den kontinentaleuropäischen Ländern sowie i n Großbritannien u n d allen internationalen Organisationen. 22 Grundlage dieses Rechtes ist nicht die eigentliche Verfassung, sondern die schwedische Druckfreiheitsverordnung v o m 5. A p r i l 1949 (schwedisch: Tryckfrihetsförordnung). Sie rechnet, da sie n u r durch ein qualifiziertes Gesetzgebungsverfahren aufgehoben werden kann, zum formellen schwedischen Verfassungsrecht, vgl. Conradi, S. 1. Nach Kap. 2, § 1 dieser V e r ordnung hat jeder schwedische Bürger Zugang zu allgemeinen Urkunden. E i n berechtigtes Interesse oder sonstige anzuerkennende Gründe brauchen weder vorzuliegen noch behauptet zu werden. Die Akteneinsicht k a n n selbst dann nicht verweigert werden, w e n n der Behörde eine unlautere Absicht erkennbar ist, vgl. Conradi, S. 20. Eine vollständige Übersetzung des Kap. 2 der Druckfreiheitsverordnung findet sich bei Voigt, S. 132 ff., eine auszugsweise bei Conradi, S. 212 ff. Einschränkungen des grundsätzlichen Akteneinsichtsrechtes läßt die Druckfreiheitsverordnung i m geringen U m fange durch den einfachen Gesetzgeber aus überwiegenden Geheimhaltungsinteressen zu, vgl. Conradi, S. 12. E i n allgemeiner Auskunftsanspruch besteht auch i n Schweden nicht, vgl. Conradi, S. 151 ff. 23 Düwel, S. 113. 24 Auszugehen ist v o n der Geheimnisdefinition, die Düwel, S. 31, gegeben hat: „ E i n Geheimnis ist eine n u r einem geschlossenen oder schließbaren Personenkreis bekannte Tatsache, an deren Geheimhaltung ein — nicht notwendig berechtigtes — Interesse besteht." Verständlich w i r d i n diesem Zusammenhang die Bezeichnung Düwels, der, da sich seine Erörterungen auf das Amtsgeheimnis beziehen, offensichtlich n u r Tatsachenauskünfte i m Auge hat.

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messensprinzip nicht entspricht. Sie wäre an sich die adäquate Bezeichnung eines dritten, noch nicht genannten Informationsprinzips, das für einen totalitären Staat i n Betracht kommt: Nämlich als Bezeichnung eines grundsätzlichen Geheimhaltungsgebotes für alle staatlichen Organe, das nur i n Ausnahmefällen behördliche Information gegenüber dem Bürger zuläßt. Das deutsche Ermessensprinzip nimmt dem gegenüber zwischen Informations- und Geheimhaltungsinteressen eine neutralere Haltung ein. Zwar begünstigt es durch die Verneinung einer allgemeinen Publizität i m Prinzip die Geheimhaltungsinteressen, zieht diese jedoch nicht i n jedem Falle vor. Denn i m Einzelfall hat die Entscheidung über die Informationserteilung nach dieser Maxime unter sachlichen Gesichtspunkten zu erfolgen. Für das an die Ermessensmaxime anknüpfende deutsche Informationsprinzip soll daher, mangels eines passenderen Namens, i n der folgenden Untersuchung die Bezeichnung „Ermessensprinzip" verwandt werden. Daß sich diese Bezeichnung vom allgemeinen Opportunitätsprinzip nicht genügend abhebt und nicht hervorhebt, daß es sich u m ein Informationsprinzip handelt, muß dabei i n Kauf genommen werden.

B. „Ermessensprinzip" und Amtsverschwiegenheitspflicht Seine positiv-rechtliche Ausprägung findet das Ermessensprinzip zum Teil i n den Vorschriften über die Verschwiegenheitspflicht der i m öffentlichen Dienst stehenden Personen. So haben die Beamten nach den §§ 39 I BRRG, 611 B B G auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses über die ihnen bei der amtlichen Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten grundsätzlich Verschwiegenheit zu bewahren 2 5 . A u f diese Vorschriften, die repräsentativ für alle Vorschriften über die Amtsverschwiegenheit stehen 26 , soll die folgende Untersuchung beschränkt bleiben. 25

Entsprechende Vorschriften finden sich i n den Landesbeamtengesetzen: Vgl. § 73 f. L B G BW, A r t . 69 f. L B G Bayern, §§ 26 f. L B G Berlin, 61 f. L B G Bremen, 63 f. L B G Hamburg, 75 f. L B G Hessen, 68 f. L B G Niedersachsen, 64 f. L B G N W , 70 L B G RhPf, 74 f. L B G Saarland, 77 f. L B G SchlH. Welche Bedeutung der Amtsverschwiegenheit zukommt, zeigt sich bereits darin, daß ihre Verletzung gemäß § 353 b StGB unter Strafe gestellt ist, w e n n wichtige öffentliche Interessen gefährdet werden. F ü r einzelne G r u p pen v o n Beamten bestehen besondere Geheimhaltungsvorschriften, w i e z . B . die Vorschriften über das Post- u n d Telegrafengeheimnis (Art. 10 GG, §§ 5, 6 PostG n. F., 10 FernmeldeanlagenG) sowie über das Steuer- u n d Zollgeheimnis (§ 22 AO). 28 Die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit gilt vor allen Dingen auch f ü r die Angestellten u n d Arbeiter des öffentlichen Dienstes. Rechtsgrundlage dieser Schweigepflicht ist f ü r die Angestellten des Bundes, der Länder u n d der Gemeinden § 9 B A T , f ü r die Arbeiter des Bundes § 11 M T B I I u n d f ü r die

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Sie soll den Inhalt der Amtsverschwiegenheitspflicht und deren Verhältnis zum „Ermessensprinzip" präzisieren. Ziel dieser Untersuchung ist, Inhalt und Geltungsgrund des „Ermessensprinzips" weiter zu konkretisieren und damit den Ausgangspunkt der gesetzlichen Regelungen einer behördlichen Auskunftspflicht weiter klar zu stellen. Daß eine solche Erörterung hierfür geeignet ist, ergibt sich aus dem bereits erwähnten und noch näher darzulegenden Umstand, daß die Amtsverschwiegenheitspflicht eine Teilausprägung des „Ermessensprinzips" darstellt. Zugleich soll schon an dieser Stelle wegen des sachlichen Zusammenhangs angedeutet werden, wie sich Amtsverschwiegenheitspflicht und „Ermessensprinzip" zu etwaigen Informationspflichten verhalten. Eine genauere Untersuchung dieser Fragen w i r d allerdings erst unten bei der eigentlichen Erörterung behördlicher Informationspflichten erfolgen. F ü r d e n I n h a l t der A m t s V e r s c h w i e g e n h e i t s p f l i c h t g i l t folgendes:

Grundsätzlich erstreckt sich die Pflicht zur Verschwiegenheit auf alle Angelegenheiten, die dem Beamten i m Rahmen seiner amtlichen Tätigkeit bekannt geworden sind. Soweit ein dienstlicher Zusammenhang besteht, hat der Beamte auch über die Angelegenheiten Stillschweigen zu bewahren, die er gelegentlich seiner dienstlichen Tätigkeit oder durch Gespräche m i t anderen Beamten erfahren hat 2 7 . Ausnahmen von dieser grundsätzlichen Schweigepflicht bestehen i n fünf Fällen: 1. Für „Mitteilungen i m dienstlichen Verkehr" (§§3912 BRRG, 6112 BBG), 2. für „Tatsachen, die offenkundig sind" (§§ 3912 BRRG, 6112 BBG), 3. für Tatsachen, die „ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung" bedürfen (§§ 39 12 BRRG, 6112 BBG), 4. für Fälle, i n denen der Beamte seiner gesetzlich begründeten Pflicht, strafbare Handlungen anzuzeigen, nachzukommen hat (§ 6 1 I V BBG) und Arbeiter der Länder § 11 M T L I I . Entsprechende Schweigepflichten bestehen ferner f ü r Richter (§ 46 DRiG, der auf die Beamtengesetze verweist, sowie § 43 D R i G (Beratungsgeheimnis)), Soldaten (§ 14 SoldG) u n d auch f ü r M i n i ster (§ 6 f. B u M i n G , dem die Ministergesetze der Länder entsprechen). 27 Vgl. Fischbach, BBG, Bd. I, S. 459, 461; Plog - Wiedow, BBG, § 61, S. 2. Die §§ 69 B R R G u n d 61 B B G regeln damit die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit umfassender als der frühere § 8 DBG, wonach sich die Verschwiegenheitspflicht auf die bei der amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen Tatsachen erstreckte, deren Geheimhaltung durch Gesetz oder dienstliche Anordnung vorgeschrieben oder ihrer N a t u r nach erforderlich war.

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5. für Fälle, i n denen er — kraft gesetzlicher Pflicht — bei Gefährdung der freiheitlich demokratischen Grundordnung für deren Erhaltung einzutreten hat (§ 611VBBG). Bezüglich behördlicher Informationspflichten haben i m wesentlichen nur die Ausnahmen Bedeutung, die sich auf „Mitteilungen i m dienstlichen Verkehr" und auf Tatsachen, die „ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung" bedürfen, beziehen. Bei Tatsachen, „die offenkundig sind", w i r d zumeist kein Informationsbedürfnis bestehen. Die Fälle, i n denen der Beamte einer gesetzlich begründeten Pflicht, strafbare Handlungen anzuzeigen 28 oder für die Erhaltung der freiheitlich demokratischen Grundordnung einzutreten 29 , nachzukommen hat, sind auf so spezielle Lagen zugeschnitten, daß ihnen für die Frage der behördlichen Informationspflicht keine praktische Bedeutung zukommt. Behördliche Informationen, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften oder Verwaltungsverordnungen erfolgen, w i r d man den „Mitteilungen i m dienstlichen Verkehr" zuordnen können 3 0 . Soweit es sich hierbei u m Tatsachenauskünfte handelt, w i r d man insoweit auch von Informationen über Tatsachen ausgehen können, die „ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung" bedürfen 31 . I n gleicher Weise w i r d man die Informationen einordnen können, die ganz offensichtlich der Zweckbestimmung der betreffenden Behörde entsprechen, wie Informationen des Einwohnermeldeamts, des Standesamts (§ 61 PStG) und des Grundbuchamts (§ 12 GBO). Durch die Erteilung all dieser Informationen w i r d m i t h i n die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht verletzt. Eine Kollision dieser Pflicht m i t Informationsansprüchen des Bürgers gegen die Behörde kommt aber dort i n Betracht, wo es sich u m ungeschriebene, umfassende Auskunftsansprüche handelt. Denn Auskünfte können die Behörden jeweils nur durch die einzelnen Beamten erteilen. 28

Vgl. z. B. die §§ 189 A O , 163 StPO. Vgl. § 52 I I B B G . 80 Vgl. Münch, S. 54, wonach es sich bei diesen Mitteilungen u m solche handelt, die i n Erfüllung eines dienstlichen Auftrages u n d zu dienstlichen Zwecken erfolgen, ferner Fischbach, BBG, Bd. I, S. 462. Nicht weitgehend genug Plog-Wiedow, BBG, § 61, S. 3; Ebert, S. 93; Düwel, S. 118, die die „Mitteilungen i m dienstlichen V e r k e h r " n u r dem internen, m i t der Angelegenheit befaßten Dienstverkehr zurechnen. 81 Z u eng deswegen die Formulierung des O V G Münster, U. v. 5.8.1960 i n DRsp V (570), 181 b - c : Der Bedeutung nach geheimhaltungspflichtig seien die Tatsachen, die unter irgendeinem Gesichtspunkt aus irgendeinem Grunde jetzt oder später Bedeutung gewinnen könnten, d. h. nicht ganz unbedeutend seien. 29

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Sicher besteht ein Widerspruch der Amtsverschwiegenheitspflidit zu einem allgemeinen, voraussetzungslosen Auskunftsanspruch. A l l e r dings gilt dies nur für Tatsachenauskünfte. Nur Tatsachen können, wie dargelegt 32 , Gegenstand eines Geheimnisses und damit Gegenstand der Amtsverschwiegenheitspflicht sein. Auch läßt sich die Kollisionslage zwischen der Amtsverschwiegenheitspflicht und Auskunftsansprüchen des Bürgers gegen Behörden nur i n mittelbarer Weise denken. Denn die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit obliegt dem Beamten nur gegenüber seiner Behörde 33 . Dieser mittelbare Zusammenhang lenkt den Blick auf das Verhältnis zwischen Amtsverschwiegenheitspflicht und „Ermessensprinzip": Widerspricht nämlich die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit mittelbar einem allgemeinen Auskunftsanspruch und möglicherweise umfassenden Auskunftsansprüchen, so setzt dies ein Prinzip voraus, das unmittelbar einer entsprechenden umfassenden Informationserteilung entgegensteht: Ein Prinzip, wonach die Behörden selbst grundsätzlich nicht zur Information verpflichtet sind. Hierfür kommt nur das „Ermessensprinzip" i n Betracht. Zwar ließe sich der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit theoretisch auch eine Maxime zuordnen, die die Behörden grundsätzlich zum Schweigen verpflichtet. Dagegen spricht jedoch einmal schon der Umstand, daß die Behörden gemäß den §§ 61 I I BBG, 39 I I BRRG die Beamten von der Verschwiegenheitspflicht entbinden können, zum andern vor allem die grundsätzliche Befugnis der Behörden, ihr Handeln nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen zu können. Die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit kann m i t h i n insoweit als Ausprägung des „Ermessensprinzips" angesehen werden, als diese Maxime Voraussetzung der Amtsverschwiegenheitspflicht ist. Dagegen stellt die Amtsverschwiegenheitspflicht nicht etwa eine Einschränkung der grundsätzlichen Ermessensermächtigung dar, die das „Ermessensprinzip" postuliert 3 4 . Denn die schon aus den §§ 39 I I BRRG, 61 I I B B G folgende grundsätzliche Ermessensermächtigung der Behörden bei der Informationserteilung wird, wie oben erwähnt, durch die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nicht berührt: Diese Pflicht obliegt dem Beamten nur gegenüber seiner Behörde. Aus dem Umstand, daß es das „Ermessensprinzip" ist, das unmittelbar m i t einem allgemeinen Auskunftsanspruch und möglicherweise m i t umfassenden Informationsansprüchen kollidiert, folgt i m übrigen, 32

Vgl. oben A . Ganschezian - Finck, N J W 1961, 1652 (1653); Gross, Z B R 1962, 185 (186). 84 So aber B V e r w G , U. v. 4. 6.1970 i n DVB1 1970, 684 = Z B R 1970, 298 = DRsp V (570), 286. 33

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daß bei Erörterung behördlicher Informationspflichten i n erster Linie die Geltung dieses Prinzips zu untersuchen sein wird. A u f eine Auseinandersetzung m i t der Amtsverschwiegenheitspflicht w i r d es erst i n zweiter Linie ankommen. Wie bereits angedeutet, ist die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nur eine teilweise Ausprägung des „Ermessensprinzips". Diese Beschränkung ergibt sich aus dem bereits erwähnten Umstand, daß sich die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit nur auf Tatsachen bezieht, das „Ermessensprinzip" dagegen auch auf Rechtsauskünfte. Es kann daher nur i n Bezug auf Tatsachenauskünfte als Voraussetzung der Amtsverschwiegenheitspflicht betrachtet werden. Soweit dagegen Rechtsauskünfte i n Frage stehen, besteht kein Zusammenhang zwischen „Ermessensprinzip" und Amtsverschwiegenheitspflicht. M i t dieser Divergenz ist eine Verschiedenheit der Interessenkonstellationen von Amtsverschwiegenheitspflicht und „Ermessensprinzip" verbunden. Zwar besteht eine Einheitlichkeit der Interessenlage i n Bezug auf Tatsachenauskünfte. Soweit jedoch Rechtsauskünfte i n Frage stehen, weist das „Ermessensprinzip" eine vielfältigere Interessenlage auf. I n Bezug auf Tatsachenauskünfte stehen den Informationsinteressen des Bürgers i m wesentlichen Geheimhaltungsinteressen der Behörde gegenüber 35 . Amtsverschwiegenheitspflicht und „Ermessensprinzip" sind damit insoweit Ausdruck einer bestimmten Interessenabwägung zwischen Geheimhaltungs- und Informationsinteressen: Durch die grundsätzliche Pflicht zur Amtsverschwiegenheit und die prinzipielle Ermessensermächtigung bei der Informationserteilung drückt sich eine Höherbewertung der Geheimhaltungsinteressen aus, auch wenn diese sich i m Einzelfall nicht immer durchsetzen 36 . Anders ist die Lage bei Rechtsauskünften, die nur i m Rahmen des umfassenderen „Ermessensprinzips" von Bedeutung sind. Die Interessen, die hier die Verwaltung an einer Verweigerung der Auskunft haben kann, sind nicht solche der Geheimhaltung, sondern lassen sich schlagwortartig dem Bereich der Verwaltungsökonomie zuordnen: Sie sind orientiert an den Gesichtspunkten der Arbeitsüberlastung und der Hinderung eines ordnungsmäßigen Geschäftsganges 37, der vorzeitigen 35 Hierbei soll nicht verkannt werden, daß auch bei der Erteilung v o n Tatsachenauskünften andere Gesichtspunkte, nämlich solche der V e r w a l tungsökonomie, entscheidend sein können. Insbesondere gilt dies f ü r M i t teilungen über Tatsachen, die nicht i n einem behördlichen Wissensmonopol stehen. 36 Vgl. Düwel, S. 112, 113, sowie oben A . 37 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 1.

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Bindung 3 8 und der Schadensersatzpflicht der Verwaltung für falsche Auskünfte 3 9 . Der Unterschiedlichkeit der Interessenkonstellationen entspricht die Verschiedenheit des rechtlichen Geltungsgrundes von Amtsverschwiegenheitspflicht und „Ermessensprinzip": Die Amtsverschwiegenheitspflicht ist Ausdruck einer bestimmten beamtenrechtlichen Tradition 4 0 . Das „Ermessensprinzip" hat nicht eine solche spezifische Herkunft. Vielmehr scheint es lediglich eine Konsequenz des allgemeinen Opportunitätsprinzips der Verwaltung zu sein und das Resultat der Verneinung eines allgemeinen Auskunftsanspruches. I n Bezug auf beide Maximen, wenn auch i n erster Linie i m Hinblick auf das „Ermessensprinzip", w i r d zu klären sein, inwieweit sie Informationsansprüchen des Bürgers von vornherein entgegenstehen oder umgekehrt, durch verfassungsrechtliche Informationsgebote verdrängt werden. Hierbei w i r d es darauf ankommen, inwieweit Amtsverschwiegenheitspflicht und „Ermessensprinzip" Verfassungsrang zukommt. I n Bezug auf die Amtsverschwiegenheitspflicht w i r d die Untersuchung hierbei beamtenrechtliche Gesichtspunkte — entsprechend der rechtlichen Herkunft dieser Pflicht — zu beachten haben. Für das „Ermessensprinzip" w i r d zu klären sein, ob es i n der Tat nur die Konsequenz des Opportunitätsprinzips und die Folge der Verneinung eines allgemeinen Auskunftsanspruches darstellt oder ob i h m darüber hinaus Verfassungsrang zukommt.

§ 2: Die einzelnen Auskunftsregelungen A. Auskunftsregelungen i n Bezug auf ein Verwaltungsverfahren: Insbesondere RechtsmittelbelehrungsBegründungs- und Anhörungspflichten Eine häufig anzutreffende Gruppe gesetzlich geregelter, behördlicher Informationspflichten sind Auskunftspflichten i n Verwaltungsverfahren. Sie dienen i m wesentlichen dazu, dem Bürger die Verteidigung seiner Rechte bei der Durchführung des Verfahrens zu ermöglichen. Als erstes sind i n diesem Rahmen die Rechtsmittelbelehrungen zu 38

Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 1. Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 1. 40 Die Amtsverschwiegenheitspflicht w i r d als Unterfall der allgemeinen Treuepflicht betrachtet, vgl. Per eis - Spilling, RBG, § 11, A n m . I I I ; Mayer, S. 10; von Calker, S. 137 ff.; Wax, S. 22. Fischbach, BBG, Bd. I, S. 458, f ü h r t die Amtsverschwiegenheitspflicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes u n d das durch A r t . 1 I I GG gewährleistete, allgemeine Persönlichkeitsrecht zurück. 89

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nennen, deren Erteilung zwar nicht generell 41 , aber vielfach vorgesehen ist 4 2 . Ebenfalls der Rechtsverteidigung dienen die gesetzlich geregelten Begründungspflichten für belastende Verwaltungsakte 4 3 . Sie ermöglichen dem Bürger die Kontrolle, ob der Verwaltungsakt i h n i n seinen Rechten verletzt. I n den Zusammenhang der Rechtsverteidigung i m Rahmen eines Verwaltungsverfahrens fallen ferner die Informationspflichten, die m i t einer vorgeschriebenen Anhörung verbunden sind. Hier handelt es sich u m Fälle, i n denen ein belastender Verwaltungsakt i n die Rechte des Bürgers eingreift und i h m durch eine vorherige Benachrichtigung Gelegenheit gegeben werden soll, seine Rechte zu verteidigen. So ist z.B. bei Erteilung von Baugenehmigungen, die möglicherweise i n die Rechte des Nachbarn eingreifen, der Nachbar rechtzeitig über den Genehmigungsantrag zu benachrichtigen 44 . Z u solchen Informationspflichten sind auch die Benachrichtigungspflichten i m Verwaltungsvollstreckungsverfahren zu rechnen. So müssen nach § 13 V w V G Zwangsmittel, die nicht sofort angewendet werden können, vorher schriftlich angedroht werden. Als verfahrensgebundene, gesetzlich geregelte Informationspflichten sind weiterhin die behördlichen Hinweispflichten i m förmlichen Verwaltungsverfahren anzusehen, die der richterlichen Aufklärungspflicht (§§ 86 I I I VwGO, 1061 SGG, 76 I I FGO, 139 ZPO) entsprechen. Nach § 135 I I 1 des Landes Verwaltungsgesetzes von Schleswig-Holstein hat z.B. der Verhandlungsleiter i m förmlichen Verwaltungsverfahren darauf hinzuwirken, daß unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben ergänzt sowie alle für die Feststellung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden 4 5 . Der seltene F a l l einer gesetzlich vorgeschriebenen Pflicht zur M i t teilung des Sachstandes findet sich i n § 1586 RVO. Danach hat der 41 Vgl. zu dieser Frage den Bericht der Sachverständigenkommission f ü r die Vereinfachung der V e r w a l t u n g beim Bundesministerium des Innern, B o n n 1960, der sich gegen eine generelle Rechtsmittelbelehrungspflicht ausspricht. 42 z.B.: §§ 59, 73 I I I V w G O , 154 BBauG, 57 I GWB, 50 OWiG, 55 I I , 2 E V w V e r f G (Länderfassung). 43 z.B.: §§ 57 I GWB, 18 S. 4, 63 GewO, 15 I PBefG, 14 I I berlVwVerfG, 73 I I I V w G O (für alle Widerspruchsbescheide), 44 I I P r P V G (bei schriftlich erlassenen Polizeiverfügungen), 30 EVwVerfG. 44 Vgl. z. B. § 93 bwBO, A r t . 89 bayBO, § 87 n w B O , § 78 rhpfBO, vgl. ferner §§ 205 I I I AO, 44 I I OWiG, 53 I GWB, 108 I BBauG, 5 FlurberG, 51 I I BLeistG, 9 I , 2 W H G , 17 I I GewO, 11 berlVwVerfG, 63 I B F V G , 17, 18 BFStrG, 47 I I SoldG, 31 ff. LandbeschG, 19 V I I WehrpflG. 45 Die gleiche Regelung findet sich i n § 54 I I EVwVerfG.

1. Abschn.: Die gegenwärtige Lage

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Versicherungsträger, wenn er nach Ablauf von zwei Monaten keinen Bescheid erteilen kann, die entsprechenden Gründe mitzuteilen.

B. Auskunftsregelungen ohne Bezug auf ein Verwaltungsverfahren: Auskünfte zur Wahrnehmung von Rechten und zur Vorausberechnung staatlichen Verhaltens Auskünfte dieser nicht so häufig anzutreffenden A r t finden sich vor allen Dingen i m Steuer-, Zoll-, und Baurecht. Die Funktionen der Rechtsverfolgung und Vorausberechnung staatlichen Verhaltens lassen sich nicht scharf trennen: Denn Auskünfte, die der Vorausberechnung staatlichen Verhaltens dienen, geben dem Bürger zugleich Klarheit darüber, wie seine Rechtsstellung gegenüber dem Staat beschaffen ist. Umgekehrt dienen Auskünfte zur Wahrnehmung subjektiv-öffentlicher Rechte — diese Rechte kommen i n der Regel bezüglich gesetzlich geregelter behördlicher Informationspflichten i n Betracht — zugleich der Vorausberechnung staatlichen Verhaltens i m Falle einer entsprechenden Antragsstellung. Es finden sich jedoch Fälle, i n denen der Zweck der Rechtsverfolgung oder der Zweck der Vorausberechnung staatlichen Verhaltens bei der Auskunftsregelung überwiegt. Auskünfte mit überwiegend rechtsverfolgendem Charakter sind einmal die behördlichen Bescheinigungen, die präjudizielle W i r k u n g für die Entscheidung einer anderen Behörde haben. Durch die Bescheinigung w i r d i n diesen Fällen das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen eines berechtigenden Gesetzes verbindlich festgestellt. E i n Beispiel dieser A r t Bescheinigungen bietet der Flüchtlingsausweis nach § 15 V BVFG, m i t dessen Hilfe Darlehen nach dem L A G bevorzugt erlangt werden können 4 6 . Uberwiegend rechtsverfolgender Charakter kommt auch den gesetzlich vorgesehenen Informationspflichten auf dem Gebiet der Rentenversicherung zu. Nach den §§ 37, 1324 RVO, 103 A n V N G sind Versicherungsträger und -ämter verpflichtet, Auskünfte i n Rentenangelegenheiten zu erteilen. Nach § 1324 RVO besteht für die Versicherungsträger diese Pflicht allerdings nur i n Form einer allgemeinen Aufklärungspflicht der versicherten Bevölkerungskreise. I m übrigen w i r d die Erfüllung der Auskunftspflicht als Ermessenssache angesehen, m i t 46

Vgl. §§ 254 ff. L A G . Weitere Beispiele bieten die Bescheinigungen i. S. d. §§ 7 c I V EStG u. 95 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes, die Einkommenssteuervergünstigungen gewähren, sowie die oben T e i l 1 Abschnitt 3 genannte M i t t e ü u n g der zuständigen Kulturbehörde.

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der Folge, daß dem einzelnen kein materieller Auskunftsanspruch eingeräumt w i r d 4 7 . Ebenso steht es m i t der i n § 8 I I BSHG als besondere Form der Sozialhilfe vorgesehenen Rechtsberatungspflicht 48 . Der Wahrnehmung eines privaten Rechtes dient dagegen die i n § 94 a des Zweiten Wohnungsbaugesetzes vorgesehene Auskunft der Finanzämter gegenüber dem Mieter. A u f Grund dieser Regelung ist der Mieter über die vom Grundstückseigentümer i n Anspruch genommenen Steuervergünstigungen zu informieren. Dem Mieter dient diese Information insofern zur Wahrnehmung eines Rechtes, als steuerbegünstigte Wohnungen nach § 85 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes preisgebunden sind. Als typisches Beispiel einer Auskunft, die i m wesentlichen auf die Vorausberechnung staatlichen Verhaltens gerichtet ist, ist der Vorbescheid i m Baurecht zu nennen 49 . M i t seiner Hilfe kann die Bebauungsmöglichkeit eines Grundstücks i m voraus geklärt werden, d. h. das Verhalten der Behörde auf einen Bauantrag h i n vorausberechnet werden. Eine ähnliche Funktion hat die i n § 2 V I I I BBauG vorgesehene behördliche Informationspflicht: Danach kann jedermann die Bauleitpläne, die Erläuterungsberichte und Begründungen einsehen und über ihren Inhalt Auskunft verlangen. Uberwiegend der Vorausberechnung staatlichen Verhaltens dienen auch die i n den Abgabengesetzen vorgesehenen behördlichen Auskünfte. Sie haben den Zweck, künftige Zoll- oder Steuererhebungen zu ermitteln. Nach § 23 I Zollgesetz erteilt die Oberfinanzdirektion eine verbindliche Auskunft über die Tarifstelle des Zolltarifs, zu der eine Ware gehört. M i t Hilfe dieser Information soll der Importeur seine Geschäfte i n Bezug auf die Zollbehandlung künftig einzuführender Waren kalkulieren können 5 0 . Gemäß § 56 LStDV hat das Finanzamt der Betriebsstätte auf Anfrage eines Beteiligten darüber Auskunft zu geben, ob und inwieweit i m einzelnen Fall die Vorschriften über die Lohnsteuer anzuwenden sind. „Beteiligte" i m Sinne dieser Vorschrift sind der Arbeitnehmer, der beim Lohnsteuerabzug Steuerschuldner ist, und der Arbeitgeber, der den vom Arbeitslohn einzuhaltenden Teil der Lohnsteuer abzuführen 47 Vgl. Dersch - Knoll - Schieckel - Schroeter - Völker, RVO, § 1324 A n m . 1; ferner aber unten T e i l 5 Abschnitt 3 § 2 B. I V . 2. 48 Vgl. Luber, BSHG, § 8 I, S. 42 (5), § 4 I I I , S. 36 (2). 49 Vgl. §§ 5 I V hambBauPVO, 81 rhpfBO, 84 n w B O , A r t . 92 bayBO, 91 bwBO. 50 Ritter, Z f Z 1966, 353; Galleiske, StuW 1960, 283.

2. Abschn.: Geplante Auskunftsregelungen

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hat 5 1 . Die Auskunft dient den hiernach Steuerpflichtigen also dazu, die von ihnen künftig zu zahlende Lohnsteuer vorauszuberechnen. Als Beispiel einer gesetzlich geregelten Auskunft m i t dem überwiegenden Zweck der Ermittlung künftigen staatlichen Verhaltens ist schließlich die Auskunft nach § 128 L A G zu nennen. Danach ist das Finanzamt verpflichtet, dem Grundstückseigentümer oder Erbbauberechtigten sowie Personen, zu deren Gunsten ein Recht am Grundstück oder am Erbbaurecht besteht, über Bestehen und Inhalt einer öffentlichen Last Auskunft zu erteilen.

Zweiter

Abschnitt

Geplante Auskunftsregelungen Die Diskussion u m ein umfassendes Auskunftsverfahren entzündete sich, entsprechend der praktischen Bedeutung, auf dem Gebiet des Steuerrechts 52 . Vertreter der beteiligten Wirtschaftskreise, der steuerberatenden Berufe 5 3 und der Bund der Steuerbeamten 54 setzten sich für die Schaffung eines Auskunftsverfahrens ein. Von Seiten der Literatur legte vor allen Dingen Bubenzer Vorschläge für ein Auskunftsverfahren vor. Nach seinem ersten bereits i m Jahre 1949 veröffentlichten E n t w u r f 5 5 ist dem Steuerpflichtigen auf seinen Antrag h i n Auskunft zu erteilen, und zwar i n Form eines unanfechtbaren, gebührenpflichtigen Bescheides der Finanzgerichte. Nach langem Zögern wurde sodann dem Bundestag der Entwurf einer gesetzlichen Regelung über eine verbindliche Steuerauskunft vorgelegt 56 , seinerzeit jedoch nicht mehr verabschiedet 57 . 61

Vgl. § 46 I 1 L S t D V . F ü r eine Auskunftsregelung: Haver, StuW 1949, Sp. 1095 f.; Debatin, FR 1957, 453 (454); Flick, FR 1959, 502; Galleiske, StuW 1960, Sp. 283 (284); Leibrecht, StuW 1960, Sp. 837 (846), f ü r das Gebiet des Zollrechts; Kampmann, S. 117; Meilicke, S. 169; Ritter, Z f Z 1964, 33 f., f ü r das Gebiet des Z o l l rechts; Thoma, B B 1966, 1180 (1181); Maassen, FR 1957, 489 (490). Gegen eine Auskunftsregelung: Loewer, StuW 1951, Sp. 205ff. (811 f.); Ritter, N J W 1957, 1822ff. (1824); Mattern, StuW 1958, Sp. 257 ff. (268f.); Haver, B B 1967, 1201 (1203). 63 Vgl. Haver, B B 1967, 1201. 64 Vgl. hierzu bei Friesecke, B B 1961, 276. 65 Bubenzer, StuW 1949, Sp. 389; vgl. ferner ders., StuW 1951, Sp. 161 ff. (172). 56 BT-Drucksache I V , 2442. 67 BT-Drucksache I V , 3593. 52

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eseie

e l u n g des Auskunftsproblems

Diese Regelung greift der Regierungsentwurf zur Änderung der Abgabenordnung vom 23. August 1966 m i t der Einführung einer verbindlichen Auskunft i m Hinblick auf Besitz- und Verkehrssteuern wieder auf 5 8 . Dieser ebenfalls noch nicht verabschiedete 59 Entwurf sieht keine Pflicht zur Erteilung von Auskünften vor, sondern überläßt deren Erteilung dem pflichtgemäßen Ermessen des Finanzamts 60 . Damit die Finanzämter nicht i n Konkurrenz zu den steuerberatenden Berufen treten 6 1 , ist dem schriftlich zu stellenden Antrag auf Auskunftserteilung eine erschöpfende Darstellung des Sachverhalts und ein Vorschlag zu dessen steuerlicher Behandlung beizufügen 62 .

68

BT-Drucksache I V , 885; zu diesem E n t w u r f Häver, B B 1967, 1201. Z u den Gründen des Zögerns vgl. Eckhardt, StuW 1968, Sp. 393 (395 ff.). 60 § 227 a des Entwurfs. F ü r diese Regelung sind die Auskunftsverfahren i n Schweden, Finnland u n d U S A V o r b i l d gewesen. Z u den Auskunftsregelungen i n Schweden u n d U S A vgl. Bubenzer, StuW 1958, Sp. 497 ff. (499 f.); ferner Flick zur schwedischen Regelung i n StuW 1961, Sp. 569, u n d zum Verfahren i n den U S A i n StuW 1962, Sp. 43; hierzu auch Debatin, FR 1957, 453 (454). 61 Amtliche Begründung zur BT-Drucksache V , 885, S. 7. 82 § 227 b des Entwurfs. M

DRITTER T E I L

Die bisherige Behandlung der Frage nach der behördlichen Auskunftsverpflichtung — kritischer Überblick Dieser Fragenkreis wurde bereits oben m i t der Darlegung des „Ermessensprinzips" angeschnitten: Einhellig lehnen Literatur und Rechtsprechung einen allgemeinen Auskunftsanspruch ab und gehen von einer grundsätzlichen Ermessensermächtigung der Behörden bei der Auskunftserteilung aus. I m folgenden gilt es, die von diesem Ausgangspunkt ausgehenden Stellungnahmen von Rechtsprechung und Literatur zu präzisieren: Unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung soll ein kritischer Uberblick erfolgen.

Erster

Abschnitt

Die Rechtsprechung M i t der Frage der behördlichen Auskunftsverpflichtung hatten sich nicht nur die Gerichte der allgemeinen und besonderen Verwaltungsgerichtsbarkeit auseinanderzusetzen, sondern auch die Zivilgerichte. Für die Zivilgerichte war Anlaß hierfür ihre Zuständigkeit für Schadensersatzansprüche aus Amtspflichtverletzungen (Art. 131 WRV, Art. 34 GG). Sie hatten i n den betreffenden Entscheidungen zu prüfen, ob die Unterlassung einer behördlichen Auskunft oder deren unrichtige Erteilung eine zu Schadensersatz verpflichtende Amtspflichtverletzung darstellte.

§ 1: Die Rechtsprechung der Zivilgerichte A. Das Reichsgericht Das Reichsgericht hatte sich i m Zusammenhang m i t der behördlichen Auskunftsverpflichtung anfänglich und überwiegend m i t dem Problem der sachlich richtigen Auskunft auseinanderzusetzen 1 . Es findet sich 1

Das soweit ersichtlich erste grundlegende U r t e i l erging schon am 20.2.

4 Krieger

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3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

jedoch auch eine Reihe von Entscheidungen, die zu der Frage Stellung nehmen, ob und inwieweit die Behörde dem Bürger gegenüber zur Auskunft verpflichtet ist. Sie zeigen, daß schon das Reichsgericht die Verwaltung für verpflichtet hielt, den Bürger i n bestimmten Fällen durch Beratung und Belehrung zu betreuen. Das w i r d schon i n der Entscheidung vom 11.11.1928 2 deutlich. Zwar lehnte dort das Reichsgericht i m Ergebnis eine Auskunftspflicht ab, führte jedoch aus, eine amtliche Auskunft müsse dann erschöpfend sein, wenn der Empfänger auf ihre Vollständigkeit rechnen dürfe, d. h. durch eine unvollständige Auskunft irregeleitet werden könne. Darauf, daß nicht ausdrücklich u m Rat gefragt worden sei, komme es nicht an. I n der Entscheidung vom 12.11.1935 3 nahm das RG eine Pflicht des Beamten, den Staatsbürger aus eigener Initiative zu beraten, dann an, wenn der Beamte erkennen könne, daß der Bürger sich auf Grund seines (des Beamten) Tuns so verhalte, daß i h m daraus ein Schaden erwachsen könne. Als Grundlage einer Beratungs- und Belehrungspflicht gegenüber dem Beamten und dessen Hinterbliebenen sah das RG sodann die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht an 4 . Eine solche Beratungs- und Belehrungspflicht lehnte es jedoch dann ab, wenn die Beratung und Belehrung nicht rechtzeitig erbeten wurde 5 , oder der Beamte über den Gegenstand der Auskunft selbst i m klaren war oder sein mußte 6 .

B. Der Bundesgerichtshof Der B G H hat die vom RG entwickelten Grundsätze i m wesentlichen übernommen. Er hat sie darüber hinaus — m i t Rücksicht auf die veränderte Stellung des Bürgers zur Verwaltung i m sozialen Rechtsstaat — weiter entwickelt 7 . Eine generelle Auskunfts- und Belehrungspflicht hat der B G H verneint, ohne sich jedoch eingehender m i t den i n Betracht kommenden Verfassungsgrundsätzen auseinanderzusetzen 8 . 1902, GruchB Bd. 46, 935; vgl. i m übrigen die Nachweise unten T e i l 5 A b schnitt 4 § 1 A . F N 1. 2 R G i n J W 1929, 1797. 8 RGZ 148, 286 (293). 4 RGZ 96, 302 (304) v. 10.10.1919; E 114, 122 (130) v. 22.6.1926; E 120, 63 v. 27.1.1928; E 146, 35 v. 13.11.1934; RG, U. v. 20.10.1936 i n J W 1937, 1156 (1157). 5 RG, U. v. 20.10.1936 i n J W 1937, 1156 (1157). 6 RGZ 146, 35 (41) v. 13.11.1934, E 145, 182 (187) v. 2.10.1934. 7 Beyer, DVB1 1962, 613 (616).

1. Abschn.: Die Rechtsprechung

51

I n ständiger Rechtsprechung hat er sich dafür ausgesprochen, daß sich aus der besonderen Lage des Einzelfalles eine Pflicht der Behörde zur Aufklärung und Beratung des Bürgers ergeben könne. Maßgebend sei der Gedanke, daß der Beamte i m sozialen Rechtsstaat Helfer des Staatsbürgers zu sein habe. Daraus folge, daß er i m Einzelfall den Gesuchsteller i m Rahmen des jeweils Möglichen und Zulässigen zu beraten und aufzuklären habe, daß dieser das erreichen könne, was er zu erreichen wünsche, und vermeidbarer Schaden von i h m ferngehalten werde 9 . M i t dieser Begründung w i r d der B G H zwar der verfassungsrechtlichen Bedingtheit der behördlichen Auskunftsverpflichtung gerecht; seine ungenaue Formulierung, daß der Beamte i m sozialen Rechtsstaat Helfer des Staatsbürgers zu sein habe, läßt jedoch nicht klar erkennen, welche Verfassungsprinzipien i m einzelnen für die Auskunftsverpflichtung maßgebend sind. I m einzelnen hat der B G H eine Beratungs- und Belehrungspflicht angenommen, wenn der Beamte erkennen kann, daß der Bürger auf Grund seines (des Beamten) Tuns, zu einem Verhalten veranlaßt wird, aus dem i h m möglicherweise ein Schaden erwachsen kann 1 0 . Der Beamte dürfe nicht sehenden Auges zulassen, daß der Bürger einen Schaden erleide, den der Beamte durch einen kurzen Hinweis, eine Belehrung m i t wenigen Worten, zu vermeiden i n der Lage sei 11 . Als ausschlaggebend für eine nach diesen Grundsätzen bestehende Auskunftspflicht hat der B G H zudem angesehen: Die Betreuung sozial schwacher Volkskreise 12 , ein behördlich geschaffenes Vertrauen 1 3 , die Erkennbarkeit der Wünsche des Bürgers und deren Durchsetzbarkeit mit Hilfe behördlicher Auskunft 1 4 , die Für8

Vgl. z. B. BGH, U. v. 7. 5.1956 i n N J W 1956, 1234.

9

B G H , U. v. 26.3.1953 i n L M § 839 B G B (c) Nr. 5; E 15, 305 (312) v. 29.11.1954; U. v. 6.4.1960 i n N J W 1960, 1244 = M D R 1960, 571 = Betrieb 1960, 638 = DÖV 1960, 428 = VersR 1960, 559 = DVB1 1960, 520 = L M § 839 B G B (c) Nr. 54 = DRsp I (147), 63 a; U. v. 28.11.1960 i n VersR 1961, 154 = DRsp I (147), 71 a; U. v. 21.3.1963 i n VersR 1963, 849 (851); U. v. 5.4.1965 i n DVB1 1965, 479 = DRsp I (147), 106 a = Betrieb 1965, 740 = M D R 1965, 557 = N J W 1965, 1226. 10 BGH, U. v. 4.3.1954 i n Kayser - Lei)3, S. 164 (Nr. 178); U. v. 17.10.1955 i n L M § 839 B G B (7 f.) Nr. 3; vgl. ferner U. v. 16.12.1957 i n M D R 1958, 219. 11 BGH, U. v. 5.4.1965 i n DVB1 1965, 479 = DRsp I (147), 106 a = Betrieb 1965, 740 = M D R 1965, 557 = N J W 1965, 1226. 12 BGH, U. v. 26. 9.1957 i n N J W 1957, 1873 = DÖV 1957, 878 = L M § 839 B G B (Fe) Nr. 9 m i t A n m e r k u n g Pagendarm. 13 B G H , U. v. 4.5.1959 i n N J W 1959, 1778 = DRsp I (147), 54 d = 1959, 817 = B B 1959, 830 = DVB1 1959, 814 (816). 14

4*

BGH, U. v. 6. 4.1960 i n N J W 1960, 1244 = M D R 1960, 571.

MDR

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3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

Sorgepflicht i n besonderen Rechtsverhältnissen 15 , erkennbar irrige und möglicherweise zu Schäden führende Vorstellungen des Bürgers 1 6 . Andererseits verneinte der B G H eine Belehrungspflicht, wenn damit gerechnet werden könne, daß sich der Bürger über den Gegenstand seiner Auskunft selbst i m klaren sei 17 . Eine Pflicht zum Hinweis auf die mögliche Aufstellung eines Bebauungsplanes bestehe dann nicht, wenn die Auskunft es dem Auskunftsuchenden ermöglichen würde, die Planungen der Baubehörde zu durchkreuzen 18 . Wie das RG so hat auch der B G H die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht i n bestimmten Fällen als Grundlage einer Beratungs- und Belehrungspflicht angesehen 19 . Daß nicht nur Rechtsauskünfte, sondern auch Tatsachenauskünfte Gegenstand behördlicher Betreuungspflichten sein können, zeigt eine Entscheidung des B G H vom 9. 5.1955 20 . Das Gericht nahm hier für ein Wasserwerk die Pflicht an, rechtzeitig vor möglichen Schäden bei Benutzung des Wassers zu warnen. Dem Satz des rechtlichen Gehörs lassen sich folgende Entscheidungen des B G H zuordnen: I n dem durch U. v. 4. 5. 196421 entschiedenen Fall w a r auf Veranlassung der Baubehörde eine Nachbarin der Klägerin (Grundstückseigentümerin) vom vorgeschriebenen Grenzabstand abgewichen. Der B G H hielt den Stadtbaumeister für verpflichtet, die Klägerin über die zu dieser Überschreitung führende Entwicklung zu unterrichten und so i n den Stand zu setzen, ihre Belange zu wahren. I m Urteil vom 29. 5. 1958 ( I I I ZR 42/57) 22 führte der B G H aus, die zwangsweise i n eine Heilanstalt eingewiesenen Kranken müßten auf die Möglichkeit, die polizeiliche Zwangseinweisung anzufechten, hingewiesen werden. I m Urteil vom 26.1.1959 23 sprach sich der B G H dafür aus, daß bei einer staatlich organisierten, freiwilligen Schutzimpfung der durchfüh15

BGH, U. v. 28.11.1960 i n DRsp I (147), 71 a = VersR 1961, 154. BGH, U. v. 14. 6.1962 i n VersR 1962, 957 (959). 17 BGH, U. v. 28. 3.1955 = E 17, 96 (107) = N J W 1955, 945 (947) = DVB1 1955, 570 (573) = D Ö V 1956, 221; U. v. 20.1.1966, i n DVB1 1968, 23 (25). 18 BGH, U. v. 12. 3.1964 i n VersR 1964, 1061. 19 BGH, U. v. 14. 7.1952 = E 7, 69 = N J W 1952, 1373 = DVB1 1952, 602; U. v. 21.9.1953 i n N J W 1953, 1669 = Z B R 1953, 223 = VerwRspr 6, 54; U. v. 5. 7.1954 i n DVB1 1955, 26 = VerwRspr 7, 309 = Z B R 1954, 303. 20 B G H i n N J W 1955, 1105. 21 B G H i n Betrieb 1964, 1331 = DRsp I (147), 98 a. 22 B G H i n VersR 1958, 622 (623). 23 B G H i n VerR 1959, 355. 16

1. Abschn.: Die Rechtsprechung

53

rende Amtsarzt die Amtspflicht habe, die Eltern der zu impfenden Kinder i n sachgemäßer Form über die näheren Umstände, insbesondere über die Freiwilligkeit der Impfung zu belehren. M i t dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berührt sich die Entscheidung vom 5. 7.1965 24 . I n diesem Urteil geht es u m die Frage, ob und inwieweit die Straßenbaubehörde die betroffenen Anlieger vor Beginn größerer Straßenarbeiten anzuhören und auf deren Belange bei ihren Plänen Rücksicht zu nehmen hat. Als Auskunftsfall kann diese Entscheidung insofern gewertet werden, als eine Anhörung die vorherige Mitteilung der beabsichtigten Arbeiten einschließt. Der B G H führte hier aus, daß bei drohender Existenzvernichtung eines Anliegers ganz besonders geprüft werden müsse, ob nicht die Arbeiten, gegebenenfalls durch Aufwendung weiterer öffentlicher Mittel, anders ausgeführt werden können. Die Straßenbaubehörde müsse vor Beginn der Arbeiten diese Möglichkeit i n den Kreis ihrer Erwägungen einbeziehen und sich m i t den Belangen der Anlieger auseinandersetzen. Sie müsse vor Beginn größerer Arbeiten m i t längeren Verkehrsbeschränkungen die davon betroffenen Anlieger anhören und auf deren Belange Rücksicht nehmen. U m eine Auskunft zum Zwecke der Rechtsverfolgung schließlich ging es i m Urteil vom 13. 7.1954 25 . Die verlangte Auskunft sollte der Konkretisierung eines gegen eine Gemeinde gerichteten Rückforderungsanspruches auf enteignete Grundstücke dienen. Der B G H erkannte hier m i t Rücksicht auf die Grundsätze von Treu und Glauben einen Auskunftsanspruch zu, wenn der Berechtigte sich nur m i t Hilfe der behördlichen Auskunft die Kenntnis zur Wahrnehmung seines Rechtes verschaffen könne.

§ 2: Die Rechtsprechung der allgemeinen und besonderen Verwaltungsgerichte A. Das Bundesverwaltungsgericht Wie der B G H so lehnt auch das BVerwG ein allgemeines staatsbürgerliches Informationsrecht ab 2 6 . Die Informationsfreiheit aus A r t . 5 1 1 GG verneint es als Grundlage eines solchen Rechtes ausdrücklich m i t der kursorischen Begründung, bei behördeninternen Vorgängen handle 24

B G H i n DVB1 1965, 908. B G H i n VerwRspr Nr. 7 (1955), S. 242 (247). 26 B V e r w G , U. v. 30.4.1965 i n DVB1 1965, 647 (648); E v. 25. 3.1966 i n DVB1 1966, 575 (576). 25

54

3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

es sich nicht u m allgemein zugängliche Quellen 27 . So wie der B G H nimmt das BVerwG eine behördliche Belehrungs- und Beratungspflicht nur i n besonderen Fällen an: Hierbei w i r d i n erster Linie der Grundsatz von Treu und Glauben als Grundlage von Informationsrechten herangezogen 28 , statt die i n Betracht kommenden Verfassungsgrundsätze i n den Vordergrund zu stellen, wie es an sich der verfassungsrechtlichen Bedingtheit des Auskunftsproblems entspräche. I n mehreren Entscheidungen hatte sich das BVerwG m i t der Frage auseinanderzusetzen, ob eine unterlassene behördliche Erklärung zur Unbeachtlichkeit von Verhaltensweisen des Bürgers führt, die — für den Bürger nachteilig — bei einer behördlichen Belehrung möglicherweise nicht erfolgt wären: I n der Entscheidung vom 8. 2.1957 29 ließ das Gericht trotz Rechtsmittelverzichts des Bürgers Wiedereinsetzung i n den vorigen Stand (§ 341 LAG) zu. Die Behörde habe den Bürger vor Abgabe der Verzichtserklärung offensichtlich nicht eingehend und außerdem unzutreffend über die Bedeutung des Verzichts belehrt. I n den Entscheidungen vom 29.11.1957 30 , 15. 7.1959 31 und 19. 6.1963 32 sah das B V e r w G die Versäumung einer Antragsfrist infolge einer unterlassenen behördlichen Belehrung für unbeachtlich an. Aus den gleichen Gründen hielt es i m Urteil vom 9. 6.1961 33 die Rücknahme eines Antrags für unwirksam. Begründet wurde die Unbeachtlichkeit m i t dem auch i m Verwaltungsrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben, nämlich m i t dem hierin wurzelnden Rechtsgedanken, wonach eine Bedingung als eingetreten gilt, wenn ihr E i n t r i t t wider Treu und Glauben verhindert w i r d (§ 162 BGB). I n der Entscheidung vom 31.10.1963 34 stellte sich das Gericht auf den Standpunkt, der Kläger habe seine Rechte als nicht i m öffentlichen Dienst beschäftigter Beamter zur Wiederverwendung nicht gemäß § 24 c G 131 verloren, w e i l er über den Rechtsverlust bei Ablehnung der Wiederverwendung seitens der Behörde nicht rechtzeitig belehrt worden sei. Eine Belehrungspflicht sei m i t Rücksicht auf die besonderen Umstände des Falles insbesondere deswegen anzunehmen, u m einen unzulässigen Uberraschungseffekt zu vermeiden. 27 28 29 80 81 82 88 84

B V e r w G , E. v. 25. 3.1966 i n DVB1 1966, 575 (576). Uffhausen, S. 208. B V e r w G i n N J W 1957, 1374. B V e r w G i n Z L A 1958, 55. B V e r w G E 9, 89. B V e r w G E 16, 156 (159). B V e r w G i n Z L A 1961, 317. B V e r w G i n Buchholz 234, § 24 c Nr. 3.

1. Abschn.: Die Rechtsprechung

55

I m Urteil vom 26.10.1966 35 postulierte das Gericht m i t Rücksicht auf die Kompliziertheit der Rechtslage eine Pflicht der Lastenausgleichsämter, den Bürger über die Auswirkung der Zuerkennung und Gewährung der einen Leistungsart auf eine andere Leistungsart zu belehren, wenn der Bürger zwischen zwei verschiedenen Leistungsarten wählen könne. Die Verletzung dieser Betreuungspflicht bewirke, daß sich die Behörde nicht auf einen entsprechenden Erfüllungsbescheid berufen könne. Abgelehnt hat das BVerwG eine Belehrungspflicht Fällen:

i n folgenden

I n der Entscheidung vom 6. 5.1958 36 verneinte das Gericht eine Verpflichtung der Behörde, eine Antragstellerin von Amts wegen auf das Inkrafttreten einer neuen Gesetzesvorlage hinzuweisen. Auch i m H i n blick auf die vom B G H i m Urteil vom 26. 9.1957 37 geforderte behördliche Betreuungspflicht gegenüber sozial schwachen Volkskreisen bestehe nur eine Beratungspflicht auf Antrag. I m Urteil vom 9. 9.1963 38 lehnte das Gericht eine besondere Betreuungspflicht der Bewilligungsstelle für Wohnungsbaudarlehen gegenüber dem Bauherrn ab. Sie sei nicht zur Prüfung verpflichtet, ob der Bauherr alle gesetzlichen Möglichkeiten ausgeschöpft habe, sondern nur zur Behebung offensichtlicher Irrtümer verpflichtet. Sie könne davon ausgehen, daß der Bauherr rechtlich und sachlich sachkundig beraten worden sei. Eine weitergehende Betreuungspflicht möge gegenüber rechtlich ungewandten Antragstellern bestehen, wenn die behördliche Tätigkeit der Verwirklichung sozialer Zwecke diene, wovon nicht ausgegangen werden könne. Wie der B G H so entnimmt auch das B V e r w G der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht i n besonderen Fällen Belehrungspflichten 39 . Der Verfolgung eines Rechtes sollten die Auskünfte i n folgenden Entscheidungen dienen: I n dem durch U r t e i l vom 6. 5.1960 — V I I C 57/59 — 4 0 entschiedenen Fall verlangte die Klägerin von der Bundespost die Nennung des Beamten, der ihr Telegramm unrichtig weitergeleitet hatte. Die Klägerin beabsichtigte, wegen des Haftungsausschlusses der Post nach § 29 TelegrO, den verantwortlichen Beamten auf Schadensersatz i n A n spruch zu nehmen. Das B V e r w G bejahte eine Auskunftspflicht der 35 36 37 38 39 40

B V e r w G E 25, 191 = Buchholz 427.3, § 278 a Nr. 1. B V e r w G i n Buchholz 427.3, § 234 Nr. 3. B G H i n N J W 1957, 1873 (1874). B V e r w G E 16, 323 (330). B V e r w G , U. v. 21.12.1963 i n Buchholz 232, § 87 Nr. 13. B V e r w G E 10, 274 = D Ö V 1960, 553 = N J W 1960, 1538.

56

3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

Bundespost. Rechtsgrundlage dieser Pflicht sei das öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis zwischen der Bundespost und der Klägerin als Benutzerin i n Verbindung m i t dem Satz von Treu und Glauben. Maßgebend sei insoweit die besondere Monopolstellung der Beklagten. E i n ähnlicher F a l l lag dem ebenfalls am 6. 5.1960 ergangenen Urteil des Gerichts—VI C 58/59 — 4 1 zu Grunde. Hier lehnte jedoch das BVerwG eine sich möglicherweise aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ergebende Auskunftspflicht der Bundespost deswegen ab, w e i l zwischen dem Geschädigten und der Bundespost kein konkretes Rechtsverhältnis bestanden habe. I n dem durch Urteil vom 30.4.1965 42 entschiedenen F a l l verlangte die Klägerin zwecks Erhebung einer Privatklage die Bekanntgabe einer polizeilichen Gewährsperson, von der sie gegenüber der Polizei als Querulantin bezeichnet worden war. Diese herabsetzende Äußerung war i n einen Polizeibericht aufgenommen worden. Das BVerwG hielt das Vorgehen der Polizei für rechtsstaatswidrig. Wegen des auch i m Verwaltungsrecht geltenden Grundsatzes des rechtlichen Gehörs und m i t Rücksicht auf A r t . 1 GG sei die Behörde grundsätzlich verpflichtet gewesen, der Klägerin die herabsetzenden Äußerungen mitzuteilen. Ein Auskunftsanspruch bestehe gleichwohl nicht, da die Behörde — wenn auch zu Unrecht — der Auskunftsperson eine vertrauliche Behandlung der Angaben zugesichert habe. Die Klägerin könne nur i m Wege der Klagänderung eine Zurückziehung des Polizeiberichts verlangen. I m Hinblick auf die behördliche Begründungspflicht seien schließlich folgende, aus dem üblichen Rahmen fallende, Entscheidungen des BVerwG angeführt: I n dem am 29. 5.1957 43 entschiedenen Fall verlangte ein Architekt Angabe der vertraulichen Referenzen, auf Grund derer die Industrieund Handelskammer seinen Antrag auf öffentliche Bestellung zum Sachverständigen abgelehnt hatte. Das BVerwG lehnte eine Auskunftspflicht m i t der Begründung ab, die Auskunft sei nicht geeignet, die Ermessensentscheidung der Industrie- und Handelskammer i m Wege der gerichtlichen Überprüfung zu erschüttern. Die Ausräumung einer negativen Beurteilung würde noch nicht die besonderen Qualifikationen erweisen, die zur Bestellung eines öffentlich beeidigten Sachverständigen notwendig seien. 41

B V e r w G E 10, 280 = Betrieb 1960, 1155 = M D R 1960, 872. B V e r w G i n D Ö V 1965, 488 = N J W 1965, 1450 = D V B 1 1965, 647 = B B 1965, 1169 = M D R 1965, 690 = DRsp V (520), 65 b. 43 B V e r w G E 5, 95 (98). 42

1. Abschn.: Die Rechtsprechung

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I m Urteil vom 10. 7.1964 44 verlangte die Klägerin, die die Reifeprüfung nicht bestanden hatte, u. a. Mitteilung der Gründe, die für die Notengebung i m einzelnen maßgebend waren. Das Gericht lehnte eine derart umfassende Informationspflicht der Behörde ab. E i n Auskunftsrecht bei einer mißglückten Prüfung könne sich aus dem Prüfungsverhältnis und — soweit es die Eltern geltend machten — auch aus A r t . 6 1 GG ergeben. Keinesfalls bestehe jedoch ein bis i n alle Einzelheiten gehender Anspruch auf Begründung der Einzelnoten. Rechtsstaatliche Gesichtspunkte erforderten i n der Regel nicht mehr als die herkömmliche mündliche Auskunft, die der Leiter der Prüfungskommission oder ein von i h m bestelltes Mitglied zu erteilen habe.

B. Die Oberverwaltungsgerichte Auch von den Oberverwaltungsgerichten w i r d ein allgemeines staatsbürgerliches Informationsrecht abgelehnt 45 . Nur oberflächlich werden hierbei wiederum die i n Betracht kommenden Verfassungsnormen behandelt 4 6 . Die einschlägigen Entscheidungen befassen sich vornehmlich Auskünften, die der Rechtsverfolgung dienen.

mit

Anzuführen sind hier einmal die Fälle, i n denen Auskünfte über polizeiliche Gewährspersonen verlangt werden, die — wegen unrichtiger Angaben — auf Ehrverletzung i n Anspruch genommen werden sollen. Die Gerichte haben i n diesen Fällen die Entscheidung der Behörde über die Auskunftserteilung als Ermessenssache angesehen. Bei der Nachprüfung der Ermessensentscheidung wurde das private Interesse des Betroffenen gegen das öffentliche Interesse an der Geheimhaltung abgewogen 47 . Die Behörde wurde jedoch, auch i m Falle der Zusicherung der Geheimhaltung, dann für verpflichtet gehalten, die Gewährsperson bekanntzugeben, wenn diese die Angaben wider besseres 44

B V e r w G i n N J W 1965, 707. Vgl. V G H Stuttgart, U. 16.12.1955 i n DVB1 1956, 487, Nr. 162 (für den F a l l der Aktensicht); O V G Münster, E v. 18.11.1958 i n DÖV 1959, 391 (für den F a l l der Akteneinsicht); U. v. 15.1.1963 i n Betrieb 1963, 960 = DRsp V (520), 72 a; U. v. 7.5.1963 i n Z B R 1964, 287 (288); HessVGH, U. v. 23.7.1964 i n JZ 1965, 319 (für den F a l l der Akteneinsicht); U. v. 24.8.1961 i n DÖV 1962, 757 = DVB1 1962, 641. 48 Vgl. z.B. die Entscheidungen des Hess V G H v. 24.8.1961 u. des O V G Münster v. 15. 1. 1963 a.a.O. 47 Vgl. B e z V G B e r l i n (brit. Sekt.), U. v. 28.3.1947 i n N J W 1947/48, 280; O V G Berlin, U. v. 30. 3. 1955 i n N J W 1955, 1940; O V G Münster, U. v. 15.1.1963 i n Betrieb 1963, 960 = DRsp V (520), 62 a; U. v . 7.5.1963 i n Z B R 1964, 287 (288); Hess V G H , U. v. 23. 7.1964 i n JZ 1965, 319; O L G Hamm, E. v . 11.10.1949 i n M D R 1950, 355 (für den F a l l der Akteneinsicht); V G F r e i b u r g , U. v. 27.6. 1956 i n N J W 1956, 1941. 45

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3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

Wissen erteilt und damit den Tatbestand der Verleumdung oder wissentlich falschen Anschuldigung erfüllt hat 4 8 . M i t Auskünften, die auf die Nennung eines Postbeamten gerichtet waren, um, wegen des Haftungsausschlusses der Post (§§ 6 ff. PostG a. F.), einen Ersatzanspruch gegen i h n durchzusetzen, hatten sich das OVG Lüneburg und das OVG Münster zu befassen. I m Urteil vom 21.12.1957 49 stellte sich das OVG Lüneburg auf den Standpunkt, das Fernmeldeamt sei Benutzern gegenüber jedenfalls dann zur Nennung des einen Schaden verursachenden Beamten verpflichtet, wenn der Benutzer die Auskunft benötige, u m den betreffenden Beamten auf Schadensersatz i n Anspruch zu nehmen. Als Begründung wurden die A r t i k e l 20 und 19 I V sowie das Benutzungsverhältnis zwischen Post und Postbenutzer herangezogen 50 . Anderer Auffassung war das OVG Münster i n seinem Bescheid vom 17. 2.1959 51 . Hier handelte es sich allerdings nicht wie i m Urteil des OVG Lüneburgs u m die falsche Weiterleitung eines Telegramms, sondern u m die fahrlässig verzögerte Zustellung eines einfachen Einschreibbriefes. Nach Ansicht des OVG Münster kann ein Anspruch auf Nennung des verantwortlichen Beamten nicht aus den A r t . 19 I V und 20 GG hergeleitet werden. Eine allgemeine Pflicht der Behörden, dem Bürger bei der Durchsetzung seiner Rechte behilflich zu sein, gebe es nicht. U m Auskünfte zum Zwecke der Rechtsverfolgung ging es auch i n folgenden Entscheidungen: I n dem durch Beschluß des OVG Berlin am 29. 6.1961 52 entschiedenen Fall verlangte der Kläger, der eine lebenslange Zuchthausstrafe wegen Mordes verbüßte, Auskunft von den Gerichtsärzten über die Obduktion und die dabei getroffenen Feststellungen, u m ein Wiederaufnahmeverfahren einleiten zu können. Das OVG Berlin sah als mögliche Grundlage eines Auskunftsanspruches den auch i m öffentlichen Recht geltenden Satz von Treu und Glauben an, lehnte jedoch i m Ergebnis einen Anspruch ab: Die verlangte Auskunft könne nicht zur Ermittlung neuer Tatsachen und Beweismittel führen, die allein oder i n Verbin48

62 a. 49

So O V G Münster, U. v. 15.1.1963 i n Betrieb 1963, 960 = DRsp V (520),

O V G Münster i n DVB1 1958, 323. Eine solche Auskunftspflicht i m Rahmen der Postbenutzung bejahte i m übrigen auch das V G Stuttgart, U. v. 10.1.1967 i n DVB1 1968, 188. I n dem seinerzeit entschiedenen F a l l handelte es sich u m die Auslieferung einer Nachnahmesendung ohne Einziehung des Nachnahmebetrages. Das Gericht stützte die Informationspflicht lediglich auf das Postbenutzungsverhältnis. 51 O V G Münster i n DÖV 1959, 756. 62 OVG B e r l i n i n N J W 1961, 2082 = Entsch. O V G Berlin, Bd. 7, 48. 50

1. Abschn.: Die Rechtsprechung

59

dung m i t früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Verurteilten oder eine geringere Bestrafung zu begründen geeignet seien. I n seinem Urteil vom 24. August 196153 hatte der Hess V G H darüber zu entscheiden, ob das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft verpflichtet war, Auskünfte über devisenrechtliche Genehmigungen zu erteilen. Die Klägerin wollte m i t Hilfe dieser Auskünfte ihre vertraglichen Rechte gegenüber einer Firma klären, welcher eine devisenrechtliche Genehmigung erteilt worden war. Der V G H hielt das Bundesamt m i t Rücksicht auf den Satz von Treu und Glauben zur Geheimhaltung verpflichtet, w e i l die Auskunft geeignet sei, private Interessen zu schädigen. I m Urteil v. 4.10.1963 54 schließlich stellte sich das OVG RheinlandPfalz auf den Standpunkt, das elterliche Erziehungsrecht aus A r t . 6 I I GG begründe einen angemessenen Informationsanspruch der Erziehungsberechtigten gegen die Schule. Eine allgemein und abstrakt umschriebene behördliche Belehrungspflicht postulierte das OVG Lüneburg 5 5 : § 86 I I I VwGO gelte auch für die Verwaltungsbehörden. Diese hätten gegebenenfalls m i t dem Staatsbürger dessen Anträge zu erörtern, auf sachgemäße Anträge hinzuw i r k e n und i h m die erforderlichen Schritte zu ebnen. Diese Formulierungen des OVG Lüneburg sind insofern noch nicht zufriedenstellend, als sie nicht m i t genügender Genauigkeit festlegen, was zum Gegenstand der Auskunft rechnet und i n welchen Fällen die Behörde den Bürger von sich aus zu beraten und zu belehren hat.

C. Der Bundesfinanzhof Der B F H hatte sich überwiegend m i t der Frage der Bindung der Finanzämter an unrichtige Auskünfte auseinanderzusetzen 56 . I n einigen Entscheidungen hat er auch die Frage der behördlichen Auskunftspflicht angesprochen. Eine allgemeine Auskunftspflicht der Finanzämter lehnt der B F H ab, wenn er davon ausgeht, niemand habe A n spruch auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft 5 7 oder Zusage 58 . 63

Hess V G H i n D Ö V 1962, 757 = DVB1 1962, 641. O V G R h P f , U. v. 10.4.1963 i n D Ö V 1963, 553; vgl. ferner O V G Hamburg, U. v. 17.12.1957 i n VerwRspr 11, 272 (275). 55 O V G Lüneburg, B. v. 9. 2.1960 i n B B 1960, 643 = DRsp V (520), 49 d. 59 So z.B. B F H , U. v. 22.8.1957 i n B S t B l I I I 1957, 366; E. v. 20.2.1958 i n B S t B l I I I 1959, 85; U. v. 16.9.1965 i n B S t B l I I I 1965, 658; U. v. 22.4.1966 i n B S t B l I I I 1966, 395; vgl. ferner die Nachweise bei Monreal, a.a.O. 57 B F H , U. v. 22.8.1957 i n B S t B l I I I 1957, 366; E. v. 20.2.1958 i n B S t B l I I I 1959, 85; vgl. ferner F G Nürnberg, EFG 1958, 254, U. v. 29.11.1957. 68 B F H , U. v. 18.11.1958 i n B S t B l I I I 1959, 52; E. v. 4.8.1961 i n B S t B l I I I 1961, 562 (565). 64

60

3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

Nach Ansicht des B F H ist es grundsätzlich Sache des Steuerpflichtigen, sich u m die formellen und materiellen Voraussetzungen von Vergünstigungen zu kümmern 5 9 . Das Finanzamt sei i m allgemeinen nicht verpflichtet, den Steuerpflichtigen auf die Möglichkeit einer günstigen Antragstellung hinzuweisen 60 . Eine Hinweispflicht bestehe nur dann, wenn der Bürger erkennbar „nicht i m Bilde" sei und der Antrag gewissermaßen „ i n der L u f t " liege 6 1 . Dort, wo der B F H eine von Amts wegen erfolgende Belehrungspflicht bejaht, zieht er den Satz von Treu und Glauben als Rechtsgrundlage heran: I m Urteil vom 9.5.1957 62 bejahte der B F H eine Belehrungspflicht des Finanzamts gegenüber buchungspflichtigen Landwirten über den Beginn der Buchführungspflicht. Treu und Glauben geböten eine solche Belehrungspflicht deshalb, w e i l es sich u m einen Personenkreis handele, der m i t Buchführungs- und Steuerfragen nicht vertraut sei. I n der Entscheidung vom 20.12.1957 63 hatte der Kläger gegen das Zollamt Einspruch gegen die Anwendung des Zollsatzes erhoben und gleichzeitig Zollerstattung aus Billigkeitsgründen verlangt. Nachdem das Zollamt darauf hingewiesen hatte, daß nur ein Rechtsmittel möglich sei, verlangte der Kläger nur noch Zollerstattung aus Billigkeitsgründen. Dieser Antrag wurde abgewiesen. Der B F H hielt i n diesem Fall das Zollamt zur Belehrung darüber verpflichtet, daß die Voraussetzungen für den Billigkeitserlaß nicht gegeben seien. Nach Treu und Glauben sei eine solche Belehrungspflicht deswegen geboten gewesen, w e i l das Zollamt von der Aussichtslosigkeit des Erstattungsantrages von vornherein überzeugt gewesen sei. Neben dem Satz von Treu und Glauben hat der B F H auch A r t . 1 9 I V GG als Grundlage von Auskunftsrechten erörtert: I n der Entscheidung vom 27. 3.1961 64 nahm der B F H einen Anspruch des Steuerpflichtigen dahin an, daß i h n das Finanzamt nach Durchführung einer Betriebsprüfung darüber unterrichtet, ob und welche A n sprüche es i m Zusammenhang m i t der Prüfung gegen i h n erhebt. I m Urteil vom 1.12.1954 65 führte das Gericht aus, daß die Unterlassung einer Rechtsmittelbelehrung bei Ermessensentscheidungen nicht 69 B F H , U. v. 27.6.1957 i n B S t B l I I I 1957, 281; U. v. 19.11.1962 i n B S t B l I I I 1963, 152 (153); ferner F G Düsseldorf, U. v. 26.7.1961 i n E F G 1962, 179. 60 B F H , U. v. 22.1.1960 i n B S t B l I I I 1960, 178 (179). 61 B F H a.a.O. 62 B F H i n B S t B l I I I 1957, 291. 68 B F H i n B S t B l I I I 1958, 118. 64 B F H i n B S t B l I I I 1961, 290. 65 B F H i n B S t B l I I I 1955, 26 = JZ 1955, 347.

2. Abschn.: Das Schrifttum

61

gegen A r t . 19 I V GG verstoße. Auch i n der Entscheidung vom 20. 6. 196466 erblickte das Gericht i n der Unterlassung einer Rechtsmittelbelehrung keinen Verstoß gegen A r t . 19 I V GG: Bei mündlich erteilten Zollbescheiden bestehe keine von Amts wegen erfolgende Pflicht zur Rechtsmittelbelehrung, da der Betreffende sich über die Rechtsmittel bei dem zuständigen Beamten erkundigen könne. D. Das Bundessozialgericht Das Bundessozialgericht befaßte sich i n seinem Urteil vom 14. 6.1962 67 m i t der Belehrungspflicht des Versicherungsträgers i m Rentenversicherungsverhältnis. Auch i n dieser Entscheidung wurde eine allgemeine Auskunftspflicht verneint, indem eine Belehrungspflicht nur i n einer „gegenwärtig gegenständlichen" Situation bejaht wurde. Aus einer solchen Lage könne die Pflicht erwachsen, das Augenmerk des Versicherten auf solche Möglichkeiten zu lenken, die offensichtlich zweckmäßig seien und mutmaßlich von jedem verständigen Versicherten genutzt werden würden.

Zweiter

Abschnitt

Das Schrifttum § 1: Beginn der Diskussion um das Auskunftsrecht auf speziellen Rechtsgebieten Das Schrifttum hat nur zögernd und anfänglich auch nur zu der Frage der Bindung der Behörde an ihre Auskünfte und der Haftung für falsche Auskünfte Stellung genommen 68 . I n den älteren Lehrbüchern des Verwaltungsrechts fehlt eine Behandlung des Auskunftsproblems gänzlich 69 . Von den neueren Lehrbüchern widmet nur das Lehrbuch von 66

B F H i n B S t B l I I I 1964, 490. BSG i n M D R 1962, 1022 = Betrieb 1962, 876; ebenso L S G SchlH v. 1.11. 1962 u n d L S G N W v. 10. 5.1961, zit. bei Lermer, D A n g V 1965, 66. 68 Vgl. Schule,, V e r w A 39 (1934), 1 (25 ff.), Badura, R V e r w B l 1938, 144. 69 Vgl. z . B . die Lehrbücher des Verwaltungsrechts von W.Jellinek (1931); Fleiner (Institutionen des Deutschen Verwaltungsrechtes, Tübingen 1928); H. Peters (1949); v. Turegg (1956); Forsthoff (1966); behandelt w i r d allenfalls die Auskunftspflicht des Bürgers gegenüber der Behörde; vgl. Fleiner, a.a.O., S. 431; Forsthoff, Lehrbuch, S. 247. Z u r Auskunftspflicht des Bürgers gegenüber den Behörden vgl. i m übrigen ausführlich Thomä, Auskunfts- u n d Betriebsprüfungsrecht der Verwaltung, 1955. 67

62

3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

Wolff der Frage der behördlichen Auskunftspflicht Abschnitt 7 0 .

einen kürzeren

Die Diskussion u m das Recht des Bürgers auf behördliche Information entzündete sich zunächst auf speziellen Rechtsgebieten, und zwar i m wesentlichen i n folgenden Bereichen: Als bahnbrechend hat sich einmal gemäß der praktischen Bedeutung das Steuerrecht erwiesen. Die hier ergangenen zahlreichen Stellungnahmen lehnen eine allgemeine Auskunftspflicht der Finanzämter ab 7 1 . Zur Begründung w i r d i m wesentlichen auf die andernfalls entstehende Überlastung der Finanzämter hingewiesen 72 und auf den Umstand, daß die Finanzämter nicht i n Konkurrenz zu den steuerberatenden Berufen treten dürften 7 3 . Die Erteilung einer Auskunft w i r d überwiegend als „officium nobile", als Erfüllung einer Ehrenpflicht, nicht als Erfüllung einer Rechts- oder Amtspflicht angesehen 74 . Soweit eine Informationspflicht der Finanzämter bejaht wird, fällt die Erörterung noch mehr oder weniger kursorisch aus: Fritsch 75 n i m m t eine Auskunftspflicht bei Vorliegen eines berechtigten Interesses oder eines entsprechenden Verwaltungserlasses an. Nach Ritter 76 besteht zwar auf Erteilung von Auskünften kein Rechtsanspruch des Steuerpflichtigen; aus staats- und allgemein beamtenrechtlichen Gründen sei der Beamte jedoch verpflichtet, über Fragen, die sich auf sein Arbeitsgebiet erstreckten, Auskünfte zu erteilen. Kruse 77 nimmt nach Treu und Glauben eine Informationspflicht über die steuerlichen Auswirkungen eines Geschäftes dann an, wenn dieses 70

Wolff t V R I , S. 391, V R I I I , S. 242. Vgl. etwa Heinlein, DStR 1956, 341 (342); Kaatz, FR 1957, 302; Flick, FR 1959, 502; Maassen, Regelungen, S. 89; ders., B B 1960, 775 (778); ders. Betrieb 1960, 98; ders. FR 1967, 489 (490); Nake, Betrieb 1960, 1193; Krah, DStR 1960, 382; Czylwick, DStR 1960, 1193; Getschmann, StWa 1959, 162 (163); Zöllner, WPg 1961, 210 (212); Friesecke, B B 1961, 276; Kampmann, S. 21; Monreal, S. 150; Tipke - Kruse, AO, Bd. I, § 2 A 446 (kein allgemeines Recht auf Zusage); Giese - Plath, AO, § 96 A n m . 2; Ritter, Z f Z 1966, 353 (für die Zollämter); Eckhardt, StuW 1968, Sp. 393 (395). 72 Heinlein, DStR 1956, 341 (342); Maassen, B B 1960, 775 (778); ders., FR 1967, 489 (490); Eckhardt, StuW 1968, Sp. 393 (395). 73 Heinlein, DStR 1956, 341 (342); vgl. ferner Heymann, Bay V B L 1961, 70 (72). 74 Heinlein, DStR 1956, 341 (342); Zöllner, W P g 1961, 210 (212); Ritter, Z f Z 1966, 353. 75 Fritsch, StuW 1951, Sp. 475. 76 Ritter, N J W 1957, 1822; ders., Z f Z 1961, 99 f. 77 Kruse, StRK, EinkStG, § 10 Abs. 1 Zi. R 39, S. 6. Eine Auskunftspflicht nach Treu u n d Glauben unter besonderen Umständen bejaht ferner Nake, Betrieb 1960, 1193. 71

2. Abschn.: Das Schrifttum

63

i m Geschäftsleben ohne Kenntnis der steuerlichen Auswirkungen nicht abgeschlossen werden kann. Cordts 78 bejaht eine Auskunftspflicht i n Fällen, i n denen der Antragsteller seine wirtschaftlichen Dispositionen unvermeidlich auf die Ausübung behördlichen Ermessens ausrichten muß. Dem Auskunftsuchenden dürfe kein unzumutbares Risiko auferlegt werden, das auszuräumen nicht i n seiner Macht stehe. Maaßen 79 nimmt eine uneingeschränkte Auskunftspflicht der Finanzämter i n verfahrensrechtlichen Fragen an. Das ergebe sich aus der allgemeinen Belehrungspflicht der Behörden und ihrer Beamten. A u f Wunsch müsse das Finanzamt den Steuerpflichtigen auch bei der A n fertigung einer Steuererklärung beraten, was jedoch nicht i n eigentliche Steuerberatung übergehen dürfe. Nach Auffassung Monreals 8 0 kann sich eine Auskunftspflicht der Finanzämter nur i m Einzelfall ergeben. Sie sei eine Konsequenz davon, daß die Finanzämter bei der Auskunftserteilung nach pflichtgemäßen Ermessen zu verfahren hätten. Einen weiteren Kristallisationspunkt der Diskussion u m die behördliche Auskunftspflicht bildeten die Entscheidungen der Rechtsprechung über Ansprüche auf Nennung eines schädigenden Beamten i n Amtshaftungsfällen oder auf Bekanntgabe polizeilicher Gewährspersonen, deren Angaben sich als falsch herausgestellt hatten. E i n Anspruch auf Nennung des schädigenden Beamten w i r d insbesondere aus den A r t . 19 I V und 20 GG hergeleitet, wenn die Auskunft erforderlich ist, u m einen Ersatzanspruch gegen den betreffenden Beamten durchzusetzen 81 . Zur Frage der behördlichen Auskunftspflicht über Gewährspersonen nimmt Perschel eingehend Stellung 8 2 . Er sieht die Grundlage eines solchen Anspruches i m wesentlichen ebenfalls i n A r t . 19 I V GG. E i n spezielles Rechtsgebiet, das Anlaß für eine Erörterung behördlicher Auskunftspflichten bildete, war schließlich das Verwaltungsverfahren. So bejaht Ule ein Auskunftsrecht über den Sachstand des Verfahrens, damit der Bürger sein Verhalten der Behörde gegenüber entspre78

Cordts, Z f Z 1960, 324 (325). Maassen, Regelungen, S. 91. 80 Monreal, S. 151 ff.; eine sehr weitgehende Betreuungspflicht fordert dagegen Bachmayr, B B 1966, 886, der aus der Fürsorgepflicht der Finanzämter sogar eine Verpflichtung zur Erteilung verbindlicher Zusagen herleitet. 81 Schack, DVB1 1958, 325; Katholnigg, DVB1 1960, 471. 82 Perschel, JuS 1966, 231. 79

64

3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

chend einrichten und etwa erforderliche Beweismittel oder Unterlagen beibringen kann 8 3 . Wimmeruntersucht die Frage, ob der Amtsarzt dem Untersuchten i m amtsärztlichen Verfahren sein Gutachten bekanntgeben muß. Er bejaht i n Analogie zu den §§ 99, 100 VwGO i m Verwaltungsverfahren ein Auskunftsrecht des Bürgers über Verfahrensweise, Tatsachenmater i a l und Überlegungen der Verwaltungsbehörde, wenn nicht überwiegende öffentliche Interessen, die sich insbesondere aus dem Charakter des behördlichen Verfahrens ergeben könnten, entgegenstehen. Diesem Prinzip wiederum entnimmt Wimmer eine grundsätzliche Auskunftspflicht des Amtsarztes. Fellner 85 befaßt sich m i t der Aufklärungs- und Beratungspflicht der Behörden i m Verwaltungsverfahren. Er bejaht eine Aufklärungspflicht nach dem Vorbild des § 86 I I I VwGO. Als Begründung führt er aus, es gehöre zu den Amtspflichten der m i t der Betreuung der sozial schwachen Volkskreise betrauten Beamten, zur Erlangung und Gewährung gesetzlich begründeter Vorteile und Rechte beizutragen. Er weist ferner auf die zum Grundsatz des rechtlichen Gehörs entwickelten Gedanken hin: Der Bürger dürfe durch eine i h m nachteilige Entscheidung nicht überrascht werden.

§ 2: Die allgemeineren Erörterungen des Auskunftsproblems A u f die Erörterung behördlicher Auskunftspflichten i n speziellen Rechtsbereichen folgten alsbald — entsprechend der wachsenden Bedeutung behördlicher Auskünfte — allgemeinere Darstellungen des Auskunftsproblems. Einen ersten Höhepunkt erfuhr diese Entwicklung dadurch, daß der Deutsche Juristentag den Problemkreis behördlicher Auskünfte auf seine Tagesordnung setzte 86 . Gemeinsam ist den betreffenden Stellungnahmen, daß sie eine allgemeine Auskunftspflicht ablehnen, wobei die i n Betracht kommenden Rechtsgrundlagen, wie die Informationsfreiheit (Art. 511) und das Sozialstaatsprinzip nicht oder nur unzureichend erörtert werden 8 7 . Eine allgemeine Auskunftspflicht w i r d zum Teil als „nobile officium", als Ehrenpflicht, nicht als Rechts- oder Amtspflicht angesehen 88 . V o n den 83

Ule, DVB1 1957, 597 (603). Wimmer, DVB1 1961, 274. 85 Fellner, S. 355 f. 86 44. Deutscher Juristentag 1962 i n Hannover. 87 Beinhardt, D Ö V 1965, 484; Düwel, S. 115; vgl. ferner Leiss, JR 1960, 50 u n d Heymann, B a y V B l 1961, 70. 88 Heymann, B a y V B l 1961, 70 (73); Zeidler, S. 53; Klingler, S. 99. 84

65

2. Abschn.: Das Schrifttum

möglichen Rechtsgrundlagen w i r d i m wesentlichen nur das Petitionsrecht (Art. 17 GG) erörtert 8 9 . Erkennbar ist anfänglich die Tendenz, i n Anlehnung an die Rechtsprechung nur i m konkreten Einzelfall eine Auskunftspflicht anzunehmen. Daß diese Lösung bezüglich der theoretischen Behandlung des Auskunftsproblems und der praktischen Rechtsanwendung nicht zufriedenstellt, wurde bereits oben erwähnt 9 0 . Teils w i r d die Auffassung vertreten, eine Auskunftspflicht könne nur i m konkreten F a l l bestehen 91 . Durch Anführung konkreter Bezugspunkte w i r d jedoch bereits versucht, das Problem der behördlichen Auskunftsverpflichtung systematisch zu erfassen. So nimmt Heymann 92 eine Auskunftspflicht insbesondere i m Rahmen besonderer Gewaltverhältnisse oder auf Grund vorangegangenen Tuns der Verwaltungsbehörde an. Ein Anlaß zur Belehrung sei ferner dann gegeben, wenn ein Gesuch zwar nicht i n der beantragten Form, aber nach anderen gesetzlichen Vorschriften — für den Beamten erkennbar — zum Erfolg geführt werden könne. E i n solcher Anlaß bestehe weiter dann, wenn zwar ein bestimmter Antrag gestellt sei, sich aber aus dem Vorbringen des Antragstellers ergebe, daß er etwas ganz anderes beantragen wolle. Der Versuch, durch Anführung konkreter Bezugspunkte die Frage der behördlichen Auskunftsverpflichtung systematisch zu erfassen, w i r d besonders bei Beinhardt deutlich 9 3 . Beinhardt leitet einen Auskunftsanspruch i m Einzelfall aus dem „status activus sociales" des modernen Staatsbürgers ab (Art. 20 GG). Zur Eingrenzung der Fälle, i n denen Auskunftspflichten bestehen, geht Beinhardt einmal vom Personenkreis aus, der ein Recht auf behördliche Auskunft besitzt, zum andern vom sachlichen Umfang der Auskunftspflicht. Auskunftsberechtigt sei der Bürger nur dann, wenn ein konkreter Bezugspunkt i m Einzelfall vorliege, wie a) ein eingeleitetes oder einzuleitendes Verwaltungsverfahren, b) die Abwendung eines belastenden Verwaltungsverfahrens, Strafoder Bußgeldverfahrens, c) die Verfolgung von Rechtspositionen vor Gerichten und Behörden, d) die Rechtsbeziehungen i m Rahmen besonderer Gewaltverhältnisse, e) i n besonderen Fällen das vorangegangene T u n der behörden,

Auskunfts-

89 Zeidler, S. 55; Hubert Kellner, S. 108; Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (483); Klingler, S. 93. 90 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 1. 91 Heymann, B a y V B l 1961, 70 (73); Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (484). 92 Heymann, a.a.O., der jedoch i n einer späteren Untersuchung (BayBürgm 1964, 95 ff.) z. T. auch i n allgemeinerer F o r m Informationspflichten bejaht. 93 Beinhardt, a.a.O.

5 Krieger

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3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

f) ausnahmsweise sonstige Fälle, wenn der Schutz verfassungsrechtlich eingeräumter Rechtspositionen die behördliche Auskunft zwingend erfordere. Wegen der Vielfalt der Auskunftsmöglichkeiten sei eine bloße allgemeine Umschreibung des sachlichen Umfanges der Auskunftspflicht nicht zweckmäßig. Sodann finden sich Autoren, die eine Auskunftspflicht teils nur i m konkreten Einzelfall, teils i n allgemein und abstrakt umschriebenen Fällen annehmen: Zeidler 94 geht grundsätzlich davon aus, daß die als „nobilia officium" bestehenden Auskunftspflichten sich nur i m Einzelfall zu Rechtspflichten verdichten. Er bejaht jedoch allgemein und abstrakt i m Rahmen anhängiger oder unmittelbar bevorstehender Verwaltungsverfahren eine behördliche AuskunftsVerpflichtung: Die Behörde sei verpflichtet, dem Bürger auf Antrag die Auskünfte zu erteilen, die diesem bei der Verfolgung seiner Ziele i m Rahmen anhängiger oder anhängig werdender Verwaltungsverfahren helfen. Diese Pflicht folge aus der besonderen Intensität der Verwaltung-Bürger-Beziehung. Sie sei eine Nebenpflicht zur Hauptpflicht, den Fall ordnungsgemäß zu entscheiden. I n allgemeiner Form bejaht Zeidler behördliche Informationspflichten auch insofern, als er sie dort annimmt, wo die Auskunft der Verfolgung eines Rechtes vor anderen Instanzen dient. Ähnlich wie Zeidler beantwortet Klingler 95 die Frage nach der behördlichen Auskunftspflicht. Auch er stellt teils auf den Einzelfall ab, teils grenzt er die Auskunftspflichten allgemein und abstrakt ein. Eine Auskunftspflicht bestehe i m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren. Hier schränkt Klingler zwar den Gegenstand der Auskünfte allgemein und abstrakt ein: Es bestehe nur eine Pflicht zur Erteilung der Auskünfte, die geeignet seien, dem Bürger bei der Verfolgung seiner Ziele i m Rahmen eines bereits abgeschlossenen oder eines konkreten anhängigen Verwaltungsverfahrens zu helfen. Er stellt jedoch andererseits zugleich auf den Einzelfall ab: Für ein Auskunftsrecht sei das Vorliegen einer besonderen tatsächlichen Lage des Einzelfalles Voraussetzung 96 . Allgemein und abstrakt umschreibt Klingler die behördlichen Auskunftspflichten wiederum insoweit, als er eine Pflicht der Behörde, aus eigener Initiative den Bürger zu beraten, nur dann annimmt, wenn der 94 95 96

Zeidler, S. 52 ff. Klingler, S. 98 ff. Klingler, S. 100.

2. Abschn.: Das Schrifttum

67

Beamte erkennen könne, daß der Bürger sich auf Grund seines (des Beamten) Tuns so verhalte, daß ihm daraus ein Schaden erwachsen könne 9 7 . Abgesehen davon, daß sie teilweise auf den Einzelfall abstellen, ist die Einteilung von Zeidler und Klingler, die i m wesentlichen zwischen Auskünften i m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren und Auskünften außerhalb anhängiger Verwaltungsverfahren unterscheidet, zu grob, u m der Frage nach der behördlichen Informationspflicht gerecht zu werden. Insbesondere bei Auskünften außerhalb anhängiger Verwaltungsverfahren ist eine Differenzierung angebracht, u m diese Frage richtig zu beantworten. Auch die von Zeidler und Klingler vorgenommene nähere Eingrenzung der Auskünfte i m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren ist zu ungenau. Gemeinsam verstehen sie hierunter Auskünfte i m Rahmen anhängiger oder unmittelbar bevorstehender Verwaltungsverfahren. Diese Zusammenfassung differenziert nicht genügend. Es scheint für die Frage der behördlichen Auskunftspflicht relevant zu sein, ob Auskünfte i m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren oder vor Eröffnung von Verwaltungsverfahren verlangt werden. Zudem ist die Kategorie „bevorstehendes Verwaltungsverfahren" wegen der Schwierigkeit der Bestimmung, wann von einem bevorstehenden Verwaltungsverfahren gesprochen werden kann 9 8 , kein brauchbares K r i t e r i u m zur Eingrenzung von Auskunftspflichten. Es ist deshalb richtiger, klar zwischen Auskünften innerhalb bereits anhängiger Verwaltungsverfahren und solchen außerhalb anhängiger Verwaltungsverfahren zu unterscheiden. Eine dritte Gruppe schließlich umschreibt die Fälle der behördlichen Auskunftsverpflichtung i n allgemeiner und abstrakter Form: Erdsiek 99 läßt sich hierbei vom Gesichtspunkt der Rechtsverfolgung leiten: Ein Auskunftsrecht des einzelnen sei bei Darlegung eines berechtigten Interesses zu bejahen, wenn die Auskunft zur Geltendmachung oder Verteidigung eines Rechtes erforderlich sei. Dieses Recht müsse dann zurücktreten, wenn übergeordnete Normen oder höherrangige Rechtsgüter entgegenständen. Zur Begründung dieses Rechts erinnert Erdsiek an A r t . 17 GG und § 35 BRRG. Ähnlicher Auffassung sind Tittel 100 und Hoffmann 101. Wegen der engen Verflechtung von Staat und Gesellschaft und damit auch von Ver97 98 99 100 101

5*

Klingler, S. 101. Vgl. Klingler, S. 98. Erdsiek, N J W 1960, 616. Tittel, DRiZ 1962, 308. Hoffmann, 44. DJT, D 82.

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3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems

waltung und Gesellschaft bestehe eine Auskunftspflicht i n den Fällen, i n denen ein berechtigtes Individualinteresse an der Erlangung der Auskunft vorhanden sei und diesem Interesse nicht höherwertige öffentliche Interessen entgegenständen. Beide i m vorstehenden genannten Auffassungen sind für die praktische Rechtsanwendung zu ungenau. Sie nähern sich i m Ergebnis einer Lösung an, nach der die Behörde nach pflichtgemäßem Ermessen über die Frage der Auskunftserteilung zu entscheiden hat. Z u eng wäre es allerdings, diese Frage so zu beantworten, wie Hugo Kellner 102 es für die behördliche Zusagepflicht formuliert; nämlich eine Auskunftspflicht nur i n den Fällen anzunehmen, i n denen eine vorbeugende Feststellungs- oder Unterlassungsklage zulässig ist. Lediglich allgemein und abstrakt hat auch der Deutsche Juristentag den Bereich behördlicher Informationspflichten eingegrenzt 103 . Er hat eine allgemeine Auskunftspflicht außerhalb anhängiger Verwaltungsverfahren abgelehnt. I m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren hat er eine Verpflichtung der Behörden angenommen, auf Antrag sachdienliche Auskunft zu erteilen. Daß diese Differenzierung nicht genügt, wurde bereits ausgeführt. Windsheimer erörtert als erster eingehend die Frage, ob und inwieweit Art. 5 1 1 GG dem einzelnen ein Informationsrecht gewährt. Aus dem Recht der Meinungsäußerungsfreiheit leitet er ein subjektivöffentliches Recht desjenigen Bürgers auf staatliche Information ab, der aktiv und öffentlich am Kommunikationsgeschehen m i t w i r k t 1 0 4 . Seine Untersuchung stellt jedoch insofern schon nicht zufrieden, als er sich nicht genügend m i t der Frage auseinandersetzt, ob die Informationsfreiheit einen allgemeinen Auskunftsanspruch begründet. A m eingehendsten m i t der Frage, wann allgemein und abstrakt eine behördliche Auskunftspflicht besteht, hat sich bisher Pipkorn befaßt. Die Grundlage für Auskunftsansprüche sieht er einmal i m Verfassungsprinzip des effektiven Rechtsschutzes, das i n A r t . 19 I V GG seinen Ausdruck gefunden habe 1 0 5 . Die V o r w i r k u n g des A r t . 1 9 I V GG erfordere die behördlichen Auskünfte, die dem Bürger die Abwehr rechtswidriger Verwaltungsakte ermöglichten. Hieraus folge z. B. die Pflicht zur Erteilung von Rechtsmittelbelehrungen und zur Begründung belastender Verwaltungsakte 1 0 6 . Ferner sei die Behörde i m Hinblick auf den Satz des rechtlichen Gehörs zu den Informationen verpflichtet, die 102 103 104 105 106

Hugo Kellner, 44. DJT, D 59. Vgl. die Thesen des 44. DJT (1962) i n N J W 1962, 1835. Windsheimer, S. 164. Pipkorn, Diss., S. 73 ff. u. D Ö V 1970, 171 (174 f.). Pipkorn, D Ö V 1970, 171 (175).

2.Abschn.: Das Schrifttum

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für eine sachgerechte Interessenwahrnehmung erforderlich seien. Der Gedanke des effektiven Rechtsschutzes begründe ferner dort Mitteilungspflichten, wo der Bürger Hindernisse für eine günstige Verwaltungsentscheidung ausräumen oder rechtzeitig von einem Verhalten m i t nachteiliger Auswirkung Abstand nehmen wolle 1 0 7 . Die zweite große Grundlage für Informationsansprüche des Bürgers sieht Pipkorn i m Berechenbarkeitsprinzip. I h m entnimmt er dort eine behördliche Informationspflicht, wo eine staatliche Lenkungsmaßnahme die Dispositionen des einzelnen i n einem derartigen Umfang bestimmt, daß sie ohne Ausrichtung auf die Lenkungsmaßnahmen zu einem Fehlschlag m i t irreparablen Folgen zu werden drohen. I n diesen Fällen folge aus dem Berechenbarkeitsprinzip eine Informationspflicht über die Auswirkung der Lenkungsmaßnahme i m konkreten F a l l 1 0 8 . Inwieweit aus der Informationsfreiheit des A r t . 5 1 1 GG oder dem Sozialstaatsprinzip ein allgemeiner oder jedenfalls umfassenderer Auskunftsanspruch folgt, erörtert Pipkorn dagegen nicht oder nur sehr ger i n g 1 0 9 , ein Mangel, der gegen eine befriedigende Erörterung des Auskunftsproblems spricht. I m übrigen sind die von i h m gefundenen Kategorien für die Annahme einer Auskunftspflicht vielfach zu ungenau und stellen nicht genügend darauf ab, ob es sich u m Auskünfte innerhalb oder außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse handelt. Das gilt besonders von der aus dem Berechenbarkeitsprinzip abgeleiteten I n formationspflicht. Die Voraussetzung, daß die Disposition des einzelnen ohne Kenntnis der Lenkungsmaßnahme zu einem Fehlschlag mit irreparablen Folgen zu werden droht, entzieht sich einer genügenden objektiven Bestimmbarkeit. Denn ob ein solcher Fehlschlag anzunehmen ist, hängt weitgehend von den individuellen Verhältnissen des Auskunftsuchenden ab. Zudem ist zweifelhaft, ob wirklich immer eine Belehrungspflicht über die Auswirkung der Lenkungsmaßnahme i m konkreten Fall erforderlich ist, u m einen Fehlschlag der Disposition zu vermeiden, oder ob hierfür nicht die Belehrung über die Rechtslage i m allgemeinen, die ebenfalls schon einen gewissen Bezug zum konkreten Fall aufweisen muß, genügt.

107 108 109

Pipkorn, D Ö V 1970, 171 (176). Pipkorn, Diss., S. 154, u. D Ö V 1970, 171 (177). Bezüglich A r t . 5 I 1 GG vgl. Diss., S. 54, u. D Ö V 1970, 171 (174).

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3. Teil: Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems Dritter

Abschnitt

Zusammenfassung Die bisherige Behandlung des Auskunftsproblems durch Rechtsprechung und Literatur ist noch nicht befriedigend gelöst. Gegen eine befriedigende Behandlung durch die Rechtsprechung spricht i m wesentlichen, daß die betreffenden Entscheidungen nur auf den Einzelfall abstellen können. I n der Literatur ist dagegen vor allem die Frage einer allgemeinen Auskunftsverpflichtung an Hand des Rechts- und Sozialstaatsprinzips noch nicht eingehend genug behandelt worden. Insbesondere fehlt, wie bereits hervorgehoben und noch eingehend zu zeigen sein wird, eine gründliche Untersuchung, ob die Informationsfreiheit des A r t . 5 1 1 GG dem Bürger Auskunftsrechte gewährt. I m übrigen ist vielfach eine genaue, für die Praxis brauchbare Umgrenzung der Auskunftspflichten i n allgemeiner und abstrakter Form nicht gegeben worden. Es w i r d auch nicht klar genug darauf abgestellt, ob es sich u m Informationen i n oder außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse handelt. M i t der vorliegenden Arbeit soll versucht werden, die Frage nach der behördlichen Auskunftsverpflichtung unter diesen Gesichtspunkten näher zu beantworten.

VIERTER T E I L

Recht u n d Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung Erster

Abschnitt

Das Recht zur Auskunftserteilung § 1: Vorbemerkung, insbesondere die grundsätzliche Berechtigung zur Auskunftserteilung Der Zweck der folgenden Erörterung besteht i n der Untersuchung der Auskunftsberechtigung der Behörden als Voraussetzung ihrer Auskunftspflicht. Die Klärung dieser Frage ist unter folgenden Gesichtspunkten sinnvoll: Einmal besteht nur dort eine Auskunftspflicht der Behörde, wo ihr auch ein Recht zur Information zusteht. Bevor die Frage nach einem Auskunftsrecht des Bürgers beantwortet wird, ist daher zu klären, i n wieweit die Behörden zur Auskunftserteilung grundsätzlich berechtigt sind. Zum andern ist möglicherweise die Auskunftsberechtigung der Behörden so beschaffen, nämlich i m Sinne einer Ermessensermächtigung, daß sie von vornherein der Annahme von Informationsrechten des Bürgers entgegensteht. Soweit also eine Auskunftsberechtigung der Behörde zu bejahen ist, ist zu prüfen, inwieweit ihr eine derartige Auswirkung zukommt. Zu klären ist ferner die hiermit sachlich zusammenhängende Frage, i n welchen Fällen die behördliche Auskunftsberechtigung beschränkt ist, m i t der Folge, daß keine Informationsansprüche des Bürgers bestehen. D. h. zu klären ist, i n welchen Fällen die Behörde zur Geheimhaltung verpflichtet und damit auch berechtigt ist. Die Auskunftsberechtigung des einzelnen Beamten kann hierbei unerörtert bleiben. Zwar kann die jeweilige Auskunft immer nur durch den einzelnen Beamten erteilt werden. Von seiner Auskunftsberechtigung ist das Recht der Behörde zur Auskunftserteilung und

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

damit das Recht des Bürgers auf behördliche Information jedoch nicht abhängig 1 . Wie erwähnt, obliegt die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit dem Beamten nur gegenüber seiner Behörde, die i h n von seiner Schweigepflicht entbinden kann 2 . Grundsätzlich sind Verwaltungsbehörden zur Auskunftserteilung berechtigt 3 . Das folgt aus der ihnen zustehenden Befugnis, ihr Handeln nach freiem Ermessen zu bestimmen. Eine Pflicht zur Verschwiegenheit besteht aber selbstverständlich bei entsprechenden gesetzlichen Regelungen. Das grundsätzliche Auskunftsrecht ist ferner insoweit eingeschränkt, als nur die zuständige Behörde zur Auskunftserteilung berechtigt ist. Denn Behörden dürfen nur innerhalb ihrer Zuständigkeit tätig werden. Die Beachtung dieser Verpflichtung ist eine Rechtsfrage 4 . I n Anbetracht dieser grundsätzlichen Auskunftsberechtigung der Behörden hat die weitere Untersuchung zu prüfen, inwieweit diese Berechtigung i n der oben erwähnten Weise so beschaffen oder beschränkt ist, daß von vornherein ein Recht des Bürgers auf behördliche Information ausgeschlossen ist. Z u denken ist i n diesem Zusammenhang zunächst an das oben dargelegte „Ermessensprinzip", d. h. die bisher allgemein anerkannte Befugnis der Behörden, die Information grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen zu erteilen. Bedeutung erlangt i n diesem Zusammenhang ferner die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, die vom Beamten kategorisch grundsätzliches Stillschweigen erfordert und als gesetzlich positivierter Ausdruck des „Ermessensprinzips" anzusehen ist. Beide Maximen geben, wie bereits angedeutet 5 , Anlaß zu der Frage, ob sie nicht von vornherein einen allgemeinen Auskunf tsanspruch ausschließen.

§ 2: Das „Ermessensprinzip" und das Recht auf behördliche Auskunft im allgemeinen A. Die Präzisierung der Frage M i t der Entscheidung über die Geltung des „Ermessensprinzips" fällt auch die Entscheidung über das Bestehen eines allgemeinen Aus1

Gross, Z B R 1962, 185 (186). Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 B. 8 Einhellige Ansicht: Ganschezian-Finck, N J W 1961, 1652 (1654); Zeidler, S. 52; Klingler, S. 94; Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (482); Tipke, StuW 1962, Sp. 697 (701). 4 Wolff, V R I I , S. 17; G. Jellinek, S. 233. 5 Vgl. oben T e ü 2 Abschnitt 1 § 1 B . 2

1. Abschn.: Das Recht zur Auskunftserteilung

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kunftsanspruches: Ist die Geltung dieses Prinzips zu bejahen, so ist für einen allgemeinen Auskunftsanspruch kein Raum 6 . I n umgekehrter Reihenfolge läßt sich dieser Schluß nicht so eindeutig ziehen: Bei Verneinung des „Ermessensprinzips" ist nicht schon zwingend ein allgemeiner Auskunftsanspruch anzunehmen. Zwar scheiden für die deutsche Rechtsordnung als Alternativen ein grundsätzliches Schweigegebot oder eine Maxime, die die Informationserteilung i n das Belieben der Verwaltung stellt, aus 7 . Möglicherweise ist die Geltung des „Ermessensprinzips" aber deswegen zu verneinen, w e i l dieses Prinzip zwar nicht durch einen allgemeinen Auskunftsanspruch, jedoch durch sehr umfassende Informationsansprüche i n der praktischen Ausw i r k u n g als aufgehoben anzusehen ist. Diese Möglichkeit weist daraufhin, daß eine Auseinandersetzung m i t der Geltung des „Ermessensprinzips" nicht nur i m Hinblick auf einen allgemeinen Auskunftsanspruch, sondern auch i n Bezug auf umfassende Auskunftsrechte angebracht ist. Für den Fall, daß die Geltung des „Ermessensprinzips" zu bejahen ist, fragt es sich, ob damit von vornherein die Annahme bestimmter umfassender Informationsansprüche ausgeschlossen ist. Besteht dieses Hindernis nicht und ergeben sich i n der folgenden Untersuchung umfassende Informationsansprüche, so bleibt zu prüfen, ob auch dann noch von der Geltung des „Ermessensprinzips" ausgegangen werden kann. Die i n diesem Abschnitt durchzuführende Untersuchung, die klären w i l l , ob das bisher allgemein anerkannte „Ermessensprinzip" von vornherein einem allgemeinen Auskunftsanspruch oder bestimmten umfassenden Informationsansprüchen entgegensteht, ist nur unter dem Gesichtspunkt der Evidenz sinnvoll: Ist die Geltung des „Ermessensprinzips" offensichtlich, so erübrigt sich eine Erörterung von Informationsansprüchen. Hiervon ausgehend läßt sich die i n diesem Abschnitt zu beantwortende Frage wie folgt präzisieren: Zu prüfen ist, ob die Geltung des „Ermessensprinzips" so offensichtlich ist, daß sie von vornherein einen allgemeinen Auskunftsanspruch und gegebenenfalls umfassende Informationsrechte ausschließt. Soweit eine solche offensichtliche Geltung zu verneinen ist, liegt zunächst nur ein vorläufiges Ergebnis vor. Die eigentliche Erörterung von Informationsansprüchen, für die dann der Weg frei ist, kann immer noch die Geltung des „Ermessensprinzips" ergeben: Dann nämlich, wenn ein allgemeiner Auskunftsanspruch zu verneinen ist und das „Ermessensprinzip" auch nicht durch besondere umfassende Informa6 7

Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 B . Vgl. oben Teü 2 Abschnitt 1 § 1 A .

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

tionsrechte i n der praktischen Auswirkung als aufgehoben anzusehen ist. Der nur mittelbar bestehende Gegensatz zwischen der Amtsverschwiegenheitspflicht und einem allgemeinen Auskunftsanspruch und gegebenenfalls besonderen Informationsrechten soll nicht gesondert erörtert werden. Für diesen Gegensatz muß Entsprechendes gelten, wie für das Verhältnis zwischen „Ermessensprinzip" und behördlichen I n formationspflichten. Er ist nämlich eine teilweise Auswirkung der Kollisionslage zwischen diesem Prinzip und behördlichen Informationspflichten, w e i l die Amtsverschwiegenheitspflicht eine Teilausprägung des „Ermessensprinzips" darstellt 8 . Eine entsprechende Darstellung würde zudem den Problemkreis nicht v o l l ausschöpfen, weil die Amtsverschwiegenheitspflicht auf Tatsachen beschränkt ist 9 , während ein allgemeiner Auskunftsanspruch auch Mitteilungen über Rechtslagen erfaßt. M i t der Beschränkung der Erörterung auf das „Ermessensprinzip" w i r d indes nicht ausgeschlossen, daß die Amtsverschwiegenheitspflicht als Indiz für die Geltung dieses Prinzips untersucht wird. Zu führen ist die Erörterung über die Geltung des „Ermessensprinzips" auf Verfassungsebene. Denn zu prüfen ist, inwieweit diesem Grundsatz die K r a f t zukommt, von vornherein einen allgemeinen Auskunftsanspruch und gegebenenfalls umfassende Auskunftsansprüche, die nur i n der Verfassungsebene wurzeln können, zu verdrängen. Vor allen Dingen kommt es darauf an, ob das „Ermessensprinzip" eine Auslegung des Begriffes der „allgemein zugänglichen Quellen" i m Sinne des A r t . 5 I, 1 GG dahin gebietet, daß aus der Informationsfreiheit kein allgemeiner und gegebenenfalls umfassender Informationsanspruch zu entnehmen ist. Das i n den A k t e n niedergelegte Wissen oder das persönliche Wissen des Beamten würde dann nicht zu den allgemein zugänglichen Informationsquellen i m Sinne des A r t . 5 1 1 GG rechnen. Die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit wäre dann, soweit Tatsachenauskünfte i n Frage stehen, als Ausdruck dieser Beschränkung aufzufassen. Voraussetzung für eine solche Auswirkung des Ermessensprinzip ist, daß i h m selbst Verfassungsrang zukommt. Nur dann hat es die Kraft, etwaige verfassungsrechtliche Informationsansprüche zu verdrängen. M i t der Klärung dieser Frage w i r d zugleich die Frage nach dem Bestehen eines allgemeinen Auskunftsanspruches und gegebenenfalls auch umfassenderer Informationsansprüche entschieden. Denn ist das „Ermessensprinzip" Bestandteil der Verfassung, so können, ausgehend von 8 9

Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 B. Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 B.

1. Abschn.: Das Recht zur Auskunftserteilung

75

dem Gedanken, daß die Verfassung eine Einheit darstellt 1 0 , nicht zugleich ein verfassungsrechtlich bedingter allgemeiner Auskunftsanspruch und gegebenenfalls umfassende Informationsrechte angenommen werden. Entsprechend dem oben angeführten Ziel der Untersuchung, nämlich zu klären, ob die Geltung des „Ermessensprinzips" so offensichtlich ist, daß sie von vornherein einen allgemeinen Auskunftsanspruch und gegebenenfalls auch umfassende Informationsansprüche ausschließt, hat auch die Prüfung der Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips" zu verlaufen: Zu untersuchen ist, ob die Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips" so evident ist, daß sie von vornherein der Annahme eines allgemeinen Auskunftsanspruches und gegebenenfalls umfassender Auskunftsansprüche entgegen steht. Läßt sich das „Ermessensprinzip" nicht offensichtlich aus der Verfassung herleiten, so steht es einem allgemeinen Auskunftsanspruch und gegebenenfalls bestimmten umfassenden Informationsrechten jedenfalls nicht von vornherein entgegen. Damit ist der Weg frei für eine Erörterung der i n Betracht kommenden Verfassungssätze auf solche Informationsrechte hin. Ergibt sich dabei ein allgemeiner Informationsanspruch, so ist die Geltung des „Ermessensprinzips" zu verneinen. Ist ein umfassender Informationsanspruch zu bejahen, so ist, wie bereits angedeutet, zu klären, ob dennoch von einer Geltung des „Ermessensprinzips" gesprochen werden kann. Entsprechendes hat i n Bezug auf die Amtsverschwiegenheit zu gelten, die eine Teilausprägung des „Ermessensprinzips" darstellt.

B. Die Erörterung der Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips" I. Das „Ermessensprinzip" und Art. 33 V GG Die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit könnte aus folgenden Gründen i m Rahmen von A r t . 33 V GG die Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips" indizieren: A r t . 33 V GG fordert, daß das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln ist. Dieses Postulat ist nicht lediglich ein Programmsatz, sondern unmittelbar geltendes Recht. Einmal enthält es eine verbindliche Anweisung an den Gesetzgeber 11 . Zum andern ist es, z.B. hin10 Z u m Gedanken der Einheit der Verfassung vgl. Ossenbühl, DÖV 1965, S. 655, 656, m i t weiteren Nachweisen sowie BVerfGE 2, 403 v. 1.7.1953. 11 Vgl. BVerfGE 11, 203 (210) v. 14. 6.1960 unter Hinweis auf BVerfGE 8, 1 (11 ff.) v. 11.6.1958 u n d 9, 268 (286) v. 27.4.1959; Maunz i n Maunz-Dürig-

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

sichtlich der Besoldung, Grundlage subjektiver Rechte des Beamten 1 2 . Bei dieser aktuellen Geltung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, die A r t . 33 V GG i n den Verfassungsrang erhebt 1 3 , ist davon auszugehen, daß sie m i t den Gesamtinhalt der Verfassung prägen. Denn das Gesamtbild der Verfassung ergibt sich i n erster Linie aus ihren einzelnen Vorschriften. Umgekehrt sind die einzelnen Vorschriften allerdings auch am Gesamtbild der Verfassung, nämlich an deren übergreifenden Leitideen zu messen 14 . Berücksichtigt man diese Ausstrahlungskraft der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, so kann möglicherweise die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit den Verfassungsrang des „Ermessensprinzips" indizieren. Rechnet nämlich die Amtsverschwiegenheitspflicht zu den m i t Verfassungsrang ausgestatteten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums, so muß sich dies auch auf das von Verfassungs wegen gebotene Informationsverhalten des Staates auswirken 1 5 . Auszugehen ist dann von einem Verfassungsprinzip, wonach die Verwaltung grundsätzlich nicht zur Information verpflichtet ist. Dieser Grundsatz wiederum kann nur i n Form des „Ermessensprinzips" angenommen werden 1 6 . E i n allgemeiner Auskunftsanspruch und möglicherweise auch umfassende Informationsansprüche widersprechen j edenfalls der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit, wenn auch nur i n mittelbarer Weise 17 . Da die vorliegende Untersuchung am Maßstab der Offensichtlichkeit orientiert ist, ist der Weg über A r t . 33 V GG jedoch unergiebig. Die Zuordnung der Amtsverschwiegenheitspf licht zu den hergebrachten Grundsätzen des A r t . 33 V GG ist nicht so evident, daß sie von Herzog, GG, A r t . 33 Rdnr. 78; ferner v o n Mangoldt-Klein, GG, Bd. I I , S. 799 f. m i t zahlreichen Nachweisen. 12 Vgl. BVerfGE 3, 288 (333) v. 26.2.1954; E 8 , l (11 ff.) v. 11. 6.1958; Maunz i n Maunz-Dürig-Herzog, GG, A r t . 33 Rdnr. 82; a. A . Ule, öffentlicher Dienst, S. 565; Thieme, öffentlicher Dienst, S. 67. 13 Maunz i n Maunz-Dürig-Herzog, GG, A r t . 33 Rdnr. 77. 14 Vgl. Ossenbühl, DÖV 1965, 654, 656 m i t weiteren Nachweisen; vgl. ferner (Berufung auf ein vorverfassungsmäßiges Gesamtbild) BVerfGE 2, 380 (403) v. 1. 7.1953; B V e r w G E 1, 159 (161) v. 24. 6.1959 = JZ 1954, 757; E 18, 135 (138) v. 13. 3.1964 unter Bezugnahme auf BVerfGE 1, 208 (227) v. 5.4.1952. 15 I n Betracht k o m m t die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit als Bestandteil der hergebrachten Grundsätze des A r t . 33 V GG allerdings n u r i n F o r m eines allgemeineren Grundsatzes u n d nicht notwendig i n der Form, w i e sie sich i n den Beamtengesetzen niedergeschlagen hat. A r t . 33 V GG w i l l n u r die allgemeinen Grundsätze garantieren, wie sie aus den Gesetzen, der Verfassung u n d der Rechtsprechung abgeleitet werden können (Maunz i n Maunz-DürigHerzog, GG, A r t . 33 Rdnr 54). A l s Bestandteil der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums haben die Amtsverschwiegenheitspf licht angesehen: Thieme, öffentlicher Dienst, S. 50; von Mangoldt-Klein, GG, Bd. I I , S. 817; Hackenbroch i n Brinkmann, GG, A r t . 33 A n m . 19 b; Lenz i n Hamann-Lenz, Kommentar zum GG, 3. Aufl., S. 437; Gauf, Z B R 1961, 97 (100). 16 Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 A . 17 Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 B.

1. Abschn.: Das

echt zur Auskunftserteilung

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vornherein der Erörterung eines allgemeinen und gegebenenfalls umfassenden Auskunftsanspruches i n der oben bezeichneten Weise entgegensteht. Die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums i m Sinne dieser Vorschrift können nicht unter allen Umständen absolute Geltung beanspruchen. I h r Inhalt hat sich an den Aufgaben auszurichten, die das Grundgesetz dem öffentlichen Dienst zugewiesen hat 1 8 . A n dere Verfassungsnormen können eine Einschränkung dieser Grundsätze gebieten, wenn dies die Prinzipien der Rechts- und Sozialstaatlichkeit und Demokratie i n Anbetracht der tatsächlichen Entwicklung erfordern 19 . Diese Relativierung ist Ausdruck des bereits angeführten Gedankens, daß die Verfassungsauslegung m i t dem Wandel der Geschichte einherzugehen hat 2 0 . Wie ebenfalls dargelegt 21 , dürfen jedoch hierbei nicht die durch die Verfassung getroffenen Wertentscheidungen verändert werden. I n Bezug auf A r t . 33 V GG bedeutet dies, daß die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums i n einem gewissen Kernbestand unabänderbar sind 2 2 . Veränderungen dürfen sich nur auf die „Randzonen" dieser Grundsätze beziehen, u m nicht auf ihre Aufhebung hinauszulaufen 23 . Trotz dieser Fixierung eines gewissen Kernbestandes hergebrachter Grundsätze des Berufsbeamtentums verdeutlicht diese Relativierung, daß möglicherweise auch die Amtsverschwiegenheitspflicht durch allgemeine Verfassungssätze, die einen allgemeinen oder umfassenden Auskunftsanspruch gebieten, verdrängt wird. Insoweit handelt es sich u m eine verfassungsrechtliche Modifizierung des Beamtenrechts. Die Amtsverschwiegenheitspflicht kann nicht als ganz offensichtlicher Bestandteil der hergebrachten Grundsätze des A r t . 33 V GG angesehen werden, m i t der Wirkung, daß sie auch die Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips" evident macht. Hinzu kommt, daß die Indizwirkung der Amtsverschwiegenheitspflicht nur eine teilweise wäre. Denn wie dargelegt, bezieht sich die 18 BVerfGE 15, 167 (195) v. 11. 2.1962 unterHinweis auf BVerfGE 3, 58 (137) v. 17.12.1953; E 7, 155 (162) v o m 17.10.1957; E 8, 1 (16) v. 11. 6.1958; E 9, 268 (286) v o m 27.4.1959 u n d E 11, 203 (215) v. 14. 6.1960. 19 Vgl. Maunz i n Maunz-Dürig-Herzog, GG, A r t . 33 R d n r 59; Thieme, öffentlicher Dienst, S. 42 ff.; Ule, öffentlicher Dienst, S. 565. 20 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 2. 21 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 2. 22 Vgl. BVerfGE 8, 332 (343) v. 2.12.1958; E 9 , 268 (286) v. 27.4.1959; E l l , 203 (215) v. 14. 6.1960. 23 Vgl. Maunz i n Maunz-Dürig-Herzog, GG, A r t . 33 R d n r 61; Thieme, öffentlicher Dienst, S. 42 f.: Entsprechend A r t . 19 I I GG dürfe der „Wesensgehalt" der hergebrachten Grundsätze nicht verletzt werden; a. A . Ule, öffentlicher Dienst, S. 565, der, unter Berufung auf die herrschende Meinung, eine Veränderung der hergebrachten Grundsätze überall dort f ü r zulässig hält, w o dies aus wichtigen Gründen zwingend geboten ist.

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

Amtsverschwiegenheitspflicht nur auf Tatsachenauskünfte. N u r insoweit kann sie die Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips" indizieren. I m Blick auf Rechtsauskünfte, die darüber hinaus vom „Ermessensprinzip" erfaßt werden, wäre immer noch eine gesonderte Prüfung der Verfassungsrangigkeit dieses Prinzips erforderlich. II. Das „Ermessensprinzip" und allgemeine Verfassungsgrundsätze Es bleibt zu prüfen, ob sich die Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips" auf Grund allgemeiner Verfassungsgrundsätze ergibt. Daß das „Ermessensprinzip" einen ungeschriebenen Verfassungssatz darstellen würde, steht der Annahme seiner Verfassungsrangigkeit nicht entgegen. Auch ungeschriebene, nicht i n einem positiven Rechtsatz konkretisierte Rechtsätze sind Bestandteil der Verfassung. Das ist eine Konsequenz des bereits erwähnten Gedankens, daß die Verfassung eine harmonische Einheit darstellt. Die einzelnen geschriebenen Sätze der Verfassung werden durch bestimmte, aufeinander bezogene Prinzipien und Leitideen zusammengehalten 24 . Ein solches Prinzip ist insbesondere das Rechtsstaatsprinzip 25 . Ebenso wie diese übergreifenden ungeschriebenen Leitideen kann aber auch das „Ermessensprinzip" als Konkretisierung eines allgemeineren Grundsatzes, ein ungeschriebener Bestandteil der Verfassung sein. Deutlich w i r d aus dieser Formulierung der Weg, den die Erörterung zu nehmen hat: Z u klären ist, ob das „Ermessensprinzip" offensichtlich als immanenter Bestandteil eines allgemeinen Verfassungssatzes angesehen werden kann. Neben dieser normbezogenen, danke der Zweckmäßigkeit, der Auslegungsergebnisses orientiert terung der Verfassungsrangigkeit

wertenden Auslegung bietet der Gean der praktischen Auswirkung des ist, einen Ansatzpunkt für die Erördes „Ermessensprinzips".

Zweckmäßigkeitserwägungen fungieren als Prüfstein eines i m Wege normativer Auslegung gefundenen Ergebnisses: Schlechthin unpraktische Lösungen scheiden als richtige Lösungen aus. Von mehreren denkbaren Möglichkeiten, die i m gleichen Maße der Gerechtigkeit und Rechtssicherheit genügen, ist die zweckmäßigere vorzuziehen 26 . Diese 24

Vgl. die Nachweise oben I F N 14. BVerfGE 2, 380 (403). 26 Vgl. i m einzelnen Ossenbühl, DÖV 1965, S. 660, der als Beispiel f ü r die Zulässigkeit von Zweckmäßigkeitserwägungen zutreffend das allgemein anerkannte „argumentum ad absurdum" anführt. Nach diesem Prinzip ist eine bestimmte Auslegung dann richtig, w e n n die sonst noch möglichen töricht wären (Enneccerus-Kipp-Wolff, S. 334 A n m . 11). A m Maßstab der Zweckmäßigkeit orientiert auch das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen: 25

1. Abschn.: Das Recht zur Auskunftserteilung

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Orientierung am „vernünftigen" Ergebnis hat besonders große Bedeutung für die Verfassungsauslegung. Fehlinterpretationen der Verfassung seitens des Gesetzgebers oder Richters können die weitreichendsten und verheerendsten Folgen für das staatliche und gesellschaftliche Leben hervorrufen 2 7 . Dem Moment der Zweckmäßigkeit ist deswegen auf dem Gebiet des Verfassungsrechts nicht nur eine Kontrollfunktion für die Richtigkeit von Auslegungsergebnissen zuzumessen. Vielmehr ist i h m i n Ausnahmefällen auch die K r a f t zuzuerkennen, allein Grundlage von Verfassungsaussagen zu sein: Eine Verfassung kann nicht etwas enthalten, was für den Bestand und das Gedeihen des Gemeinwesens i n einem höchsten Maße schädlich ist. Umgekehrt sind ihr die Normierungen zuzuordnen, deren Beachtung für ein geordnetes und gedeihliches Zusammenleben unerläßlich sind 2 8 . Von hieraus ergibt sich die weitere Fragestellung für die Prüfung der Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips": Z u untersuchen ist, ob dem „Ermessensprinzip" offensichtlich eine so wichtige Bedeutung für das Gedeihen und den Bestand des Gemeinwesens zuzumessen ist, daß von einem Verfassungsrang dieses Prinzips auszugehen ist. Schon eine oberflächliche Sichtung der i n Betracht kommenden Verfassungsprinzipien zeigt, daß eine normativ-wertende Verfassungsauslegung für die Frage der Verfassungsrangigkeit des „Ermessensprinzips" unergiebig bleibt: Ein speziellerer Verfassungsgrundsatz, dem das „Ermessensprinzip" als Konkretisierung zugeordnet werden könnte, ist nicht ersichtlich. Die Grundprinzipien der Verfassung, die Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit und das Demokratieprinzip, stehen der Geltung des „Ermessensprinzips" eher entgegen, als daß sie es fordern. BVerfGE 7, 377 (401) v. 11.6.1958; E 12, 151 (171) v. 21.2.1961; E 9 , 194 (200) v. 17. 3.1959; E 13, 261 (270) v. 19.12.1961. 27 So weist Dürig, W D S t R L 20 (1963), 115, darauf hin, daß der Verfassungsrichter ohne einen „ständigen Blick auf die Folgen seines Spruches" nicht auskomme; unrichtig sei z.B. eine Auslegung des Enteignungsbegriffes, die einen finanziellen Staatsruin bewirke. Auch Bachof, Verfassungsrichter, S. 43, hebt hervor, der Verfassungsrichter dürfe die oft eminenten politischen Folgen seines Spruches nicht aus den Augen verlieren. 28 Es handelt sich nicht u m das Erfinden neuer Rechtsätze, sondern u m die wahre Erforschung des Rechtes, denn dieses k a n n nicht etwas enthalten, was i m höchsten Maße gemeinschädlich ist (vgl. Bachof, Verfassungsrichter, S. 47). Es w i r d nicht verkannt, daß i n dieser Methode die Gefahr liegt, politische Entscheidungen zu Rechtsentscheidungen zu machen. Zutreffend weist Bachof, a.a.O., S. 46, darauf hin, daß das unbefriedigende Ergebnis den Verfassungsrichter u. U. nicht n u r dazu veranlassen könne, korrigierende Rechtssätze zu suchen, sondern solche zu entwickeln.

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

Das Rechtsstaatsprinzip 29 drängt i m Interesse der Rechtsverfolgung und damit i m Interesse auch der gerichtlichen Durchsetzung von Rechten sowie i m Interesse der Berechenbarkeit staatlichen Handelns eher zur Offenlegung aller staatlichen Bereiche und zu behördlicher Information 3 0 . Ebenso steht das Sozialstaatsprinzip mehr i n der Nähe von Publizität und behördlicher Information als i n der Nähe des „Ermessensprinzips". Sozialstaatlichkeit bedeutet, wie noch näher auszuführen sein w i r d 3 1 , i m wesentlichen staatliche Hilfe bei der Daseinsbewältigung. Dieser Hilfe entspricht eher eine staatliche Befriedigung der Informationsbedürfnisse der Bürger als deren Behandlung nach pflichtgemäßem Ermessen, wie es das „Ermessensprinzip" zuläßt. Auf Publizität h i n ist auch das Demokratieprinzip angelegt. Notwendig für das Wirksamwerden dieses Prinzips ist die Möglichkeit einer überlegten Ausübung des Wahlrechtes sowie die Herausbildung einer öffentlichen Meinung, die besonders auf den Bereich des Politischen bezogen ist 3 2 . Diese Erfordernisse verlangen Informationen aus dem staatlichen Bereich und drängen damit mehr zum Öffentlichkeitsais zum „Ermessensprinzip" 33 . Z u prüfen bleibt, inwieweit der Gedanke der Zweckmäßigkeit offensichtlich auf den Verfassungsrang des „Ermessensprinzips" hinweist. D . h . zu klären bleibt, ob die Geltung des „Ermessungsprinzips" für ein „richtiges" Funktionieren des Gemeinwesens unerläßlich ist. Da diese Erörterung die tatsächliche Auswirkung einer rechtlichen Lösung i m Auge hat, hat sie sich an den tatsächlichen Bedürfnissen, d. h. an den Interessen, die dem „Ermessensprinzip" zu Grunde liegen, zu orientieren: Z u prüfen ist, ob die Wahrung der Interessen, die i m Rahmen dieses Prinzips den Grund für die Ermessensermächtigung der Verwaltung bilden, offensichtlich eine unerläßliche Voraussetzung für das „richtige" Funktionieren des Gemeinwesens darstellt. 29 Bezüglich der Bedeutung dieses Begriffes i m einzelnen vgl. unten T e i l 5 Abschnitt 2 § 2 A . 80 F ü r die gerichtliche Durchsetzung v o n Rechten ist die grundsätzliche Öffentlichkeit Ausdruck dieser Tendenz, vgl. § 169 ZPO, § 55 V w G O . I m Hinblick auf die Berechenbarkeit staatlichen Handelns ist i n diesem Zusammenhang auf das Erfordernis der Publikation v o n Gesetzen u n d V e r waltungsvorschriften zu verweisen. Vgl. hierzu Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften, S. 462: Die P u b l i k a t i o n sei „ e i n unabdingbares rechtsstaatliches Erfordernis der Normentstehung." Über den Zusammenhang zwischen dem Begriff des öffentlichen u n d der Rechtsstaatlichkeit vgl. i m übrigen die Nachweise bei Krüger, Staatslehre, S. 442 f. 81 Vgl. unten T e i l 5 Abschnitt 2 §3. 82 Bezüglich des Wahlrechtes vgl. Düwel, S. 121, 122, i m übrigen unten T e i l 5 Abschnitt 2 § 2 C. I I . 1. c) aa). 83 Vgl. unten T e ü 5 Abschnitt 2 § 2 C. I I . 1. c) bb).

1. Abschn.: Das Recht zur Auskunftserteilung

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Diese Interessen sind, wie gezeigt 84 , verschiedener Natur. I n Bezug auf Rechtsauskünfte handelt es sich u m Interessen der Verwaltungsökonomie, i m Hinblick auf Tatsachenauskünfte mehr u m Geheimhaltungsinteressen. Demgemäß kann die Untersuchung, die ja die Bedeutung dieser Interessen für das „richtige" Funktionieren des Gemeinwesens bewerten soll, nur getrennt, für Rechts- und Tatsachenauskünfte, erfolgen. Durchzuführen ist die Interessenbewertung am zweckmäßigsten auf eine mittelbare Weise: Sie hat nämlich bei den für das „Ermessensprinzip" i n Betracht kommenden Alternativen anzusetzen. Zu erörtern ist, ob bei Annahme dieser Alternativen ein „richtiges" Funktionieren des Gemeinwesens offensichtlich nicht mehr gewährleistet wäre. Eine Maxime, die die Informationserteilung grundsätzlich i n das Belieben der Verwaltung stellt, scheidet, wie erwähnt 3 5 , als Alternative für das „Ermessensprinzip" aus. I n Betracht kommt hierfür aber einmal ein allgemeiner Auskunftsanspruch. Zu denken ist ferner an einen so umfassenden Auskunftsanspruch, daß die Fälle, die zur Auskunftsverweigerung berechtigen, i n der praktischen Auswirkung als Ausnahmen erscheinen. Bei einer solchen Lage kann, wie angedeutet, von einer grundsätzlichen Ermessensermächtigung, d. h. von der Geltung des „Ermessensprinzips", nicht mehr ausgegangen werden. E i n umfassender Auskunftsanspruch i m oben genannten Sinne wäre z. B. dort anzunehmen, wo die Verwaltung zur Auskunftsverweigerung nur i n den Fällen berechtigt ist, i n denen sie die Mißbräuchlichkeit des Auskunftsverlangens oder zwingende Gründe, die eine Ablehnung des Auskunftsersuchens rechtfertigen, nachweist. I n Bezug auf Tatsachenauskünfte würde schon ein allgemeiner und noch weniger ein derart umfassender Auskunftsanspruch — abgesehen von besonderen, noch zu erörternden Geheimhaltungsfällen — das „richtige" Funktionieren des Gemeinwesens offensichtlich gefährden. Insoweit kann das schwedische Öffentlichkeitsprinzip als Indiz angeführt werden 3 6 . Was Rechtsauskünfte angeht, so spricht zwar einiges dafür, daß eine generelle Rechtsberatungspflicht die Verwaltung überlasten würde und damit m i t einem ordnungsgemäßen Funktionieren des Gemeinwesens nicht mehr vereinbar wäre. Zweifelhaft ist jedoch, ob auch ein 84

Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 B. Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 A . 86 Vgl. oben T e i l 2 F N 22. Z u den i n Schweden gemachten guten Erfahrungen m i t der allgemeinen Aktenöffentlichkeit vgl. Petren, V e r w A Bd. 49, 323 (331). 88

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

umfassender Auskunftsanspruch i m oben genannten Sinne offensichtlich eine solche Auswirkung haben würde. Denn i m Rahmen eines solchen Anspruchs könnte die Verwaltung, wie es das oben genannte Beispiel zeigt, z.B. aus zwingenden Gründen, zu denen auch der Gesichtspunkt der Arbeitsbelastung zu zählen ist, eine Rechtsberatung ablehnen. Deutlich w i r d damit, daß weder i n Bezug auf Tatsachennoch auf Rechtsauskünfte die möglichen Alternativen des „Ermessensprinzips" offensichtlich gegen das „richtige" Funktionieren des Gemeinwesens verstoßen würden. Dem „Ermessensprinzip" kommt damit auch aus dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit nicht offensichtlich Verfassungsrang zu. Es steht nicht von vornherein einem allgemeinen Auskunftsanspruch oder umfassenden Informationsansprüchen entgegen. Der Weg für eine Erörterung dieser Ansprüche ist damit frei.

§ 3: Rechte der Behörde zur Auskunftsverweigerung aus überwiegenden Geheimhaltungsinteressen Wenn auch eine Auskunftspflicht der Behörde und damit auch ein Auskunftsrecht des Bürgers nicht aus dem allgemeinen Gesichtspunkt des „Ermessensprinzips" von vornherein ausgeschlossen ist, so kann jedoch der speziellere Gesichtspunkt der Geheimhaltung der Annahme behördlicher Informationspflichten von vornherein entgegenstehen. Wie ausgeführt, bezieht sich der Gesichtspunkt der Geheimhaltung allerdings nur auf Tatsachenauskünfte. Z u erörtern ist einmal, ob aus dem Blickwinkel der Geheimhaltung über gesetzliche Regelungen hinaus Grundsätze bestehen, die die Behörde zur Geheimhaltung verpflichten. Z u untersuchen ist zweitens, inwieweit das Moment der Geheimhaltung die Behörde zwar nicht zur Geheimhaltung verpflichtet, aber berechtigt. I n allen Fällen besteht ein Recht der Behörde zur Auskunftsverweigerung. Eine behördliche Auskunftspflicht und damit ein Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft kann insoweit von vornherein nicht i n Betracht gezogen werden. Wiederum müssen die Grundsätze, die die Behörde zur Geheimhaltung berechtigen, i n der Verfassungsebene wurzeln, u m die i m wesentlichen verfassungsrechtlichen Auskunftsansprüche verdrängen zu können. Soweit die Grundsätze eine Geheimhaltungspflicht bedingen, stellen sie daher auf jeden Fall eine verfassungsrechtlich begründete Einschränkung des oben dargelegten, bisher allgemein anerkannten „Ermessensprinzips" dar. Soweit sie für die Behörde eine Geheimhaltungsberechtigung bedeuten, sind sie dagegen auf jeden Fall als verfassungsrechtlich begründete Konkretisierung dieses Prinzips anzusehen.

1. Abschn.: Das Recht zur Auskunftserteilung

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Wie bei der Erörterung des „Ermessensprinzips", so erfolgt auch hier die Untersuchung unter dem Gesichtspunkt der Evidenz: Z u prüfen ist, inwieweit Geheimhaltungsinteressen so offensichtlich überwiegen, daß sie von vornherein Auskunftsansprüchen des Bürgers entgegenstehen. A. Das Recht und die Pflicht zur Geheimhaltung mit Rücksicht auf private Interessen Eine Pflicht und damit auch ein Recht zur Geheimhaltung ist dann anzunehmen, wenn die Information geeignet ist, schutzwürdige wichtige Interessen eines Dritten zu verletzen, insbesondere i h m Schaden zuzufügen. Ob diese Voraussetzungen gegeben sind, läßt sich, wie die Formulierung andeutet, vielfach erst nach einer Abwägung zwischen Geheimhaltungs- und Auskunftsinteressen beantworten 3 7 . Die Pflicht ist ein Korrelat zu dem durch A r t . 2 I GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht, nämlich zu dem hiervon umfaßten Recht auf Schutz und Achtung der privaten Geheimnissphäre 38 . Die Geheimhaltungspflicht läßt sich ferner dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entnehmen. Dieses Prinzip verpflichtet die Verwaltung, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben nur so weit i n Freiheit und Eigentum des einzelnen einzugreifen, als dies für die Erfüllung eines öffentlichen Zweckes unerläßlich ist 3 9 . Diese Verpflichtung schließt auf jeden Fall die Verpflichtung der Verwaltung ein, ein den Bürger möglicherweise schädigendes Verhalten dann zu unterlassen, wenn dieses Verhalten nicht der Erfüllung eines öffentlichen Zweckes, sondern lediglich dem Interesse einer Privatperson dient. Eine solche Lage aber ist gerade bei Auskünften anzunehmen, die geeignet sind, schutzwürdige Interessen eines Dritten zu verletzen, insbesondere i h n zu schädigen. Sie sind nicht unerläßlich, u m einen öffentlichen Zweck zu erfüllen, sondern dienen i m wesentlichen den privaten Interessen des Auskunftsersuchenden. Das Verbot, derartige Auskünfte zu erteilen, hat sich i m übrigen auch i n gesetzlichen Regelungen niedergeschlagen. So w i r d vielfach eine Auskunftserteilung dann für unzulässig erklärt, 87 Evers, S. 124; vgl. ferner HessVGH, U. v. 24.8.1961 i n DVB1 1962, 641 (642) = D Ö V 1962, 757; B V e r w G , U. v. 4. 6.1970 i n DVB1 1970, 684 = ZBR 1970, 298 = DRsp V (570), 286 a. 88 89

Düwel, S. 102; Evers, S. 39.

Z u m Prinzip der Verhältnismäßigkeit vgl. Lerche, Übermaß u n d V e r fassungsrecht 1961; Gentz, Z u r Verhältnismäßigkeit v o n Grundrechtseingriffen, N J W 1968, 1600; BVerfGE 10, 89 (109) v. 29.1.1959; BVerfGE 15, 235 (243) v. 19.12.1962; E 16, 194 (201) v. 10. 6.1963.

6*

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

wenn durch werden 4 0 .

sie

Geschäfts-

oder

Betriebsgeheimnisse

aufgedeckt

Über gesetzliche Regelungen hinaus kommt eine Schweigepflicht der Behörde m i t Rücksicht auf private Interessen auch dort i n Betracht, wo sie sich dem Bürger gegenüber zur Geheimhaltung verpflichtet hat. Praktische Bedeutung hat diese Frage vor allem i n Fällen, i n denen die Behörde einem Informanten, der ihr über Straftaten berichtet, Vertraulichkeit seiner Angaben zugesichert hat. Hier fragt es sich, ob die Behörde zur Nennung des Informanten berechtigt und verpflichtet ist, insbesondere dann, wenn sich dessen Angaben als falsch herausstellen. Da dieser Fragenkreis indes zugleich m i t dem Geheimhaltungsrecht mit Rücksicht auf öffentliche Interessen zusammenhängt, w i r d er an späterer Stelle erörtert 4 1 . B. Das Recht zur Geheimhaltung m i t Rücksicht auf öffentliche Interessen Ein Recht zur Geheimhaltung kann nur i n Bezug auf die Wahrung öffentlicher Interessen gegeben sein und nicht m i t Rücksicht auf private Interessen. Soweit schutzwürdige private Interessen, wie unter § 1 angedeutet, die Geheimhaltung erfordern, ist für eine behördliche Berechtigung, die Auskunft zu erteilen oder nicht, d. h. für eine entsprechende Ermessensermächtigung, kein Raum. Dem steht der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit insoweit entgegen, als die Verwaltung das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 I GG) fließende Recht des einzelnen auf Schutz und Achtung seiner Privatsphäre zu achten hat. Der Bereich, i n dem die Behörde zur Auskunftsverweigerung berechtigt ist, läßt sich einmal negativ eingrenzen: Er umfaßt dann alle Fälle, i n denen die Behörde weder zur Geheimhaltung noch zur Erteilung der Auskunft verpflichtet ist. Einzugrenzen wären dann die Fälle, i n denen derartige Verpflichtungen bestehen. Eine positive Eingrenzung der Fälle, i n denen eine Berechtigung zur Auskunftsverweigerung besteht, beschreibt dagegen diese Fälle selbst. Nur m i t einer solchen Eingrenzung ist der Untersuchung an dieser Stelle gedient. Denn es soll klar gestellt werden, i n welchen Fällen die Berechtigung zur Auskunftsverweigerung von vornherein einer Auskunftspflicht der Behörde entgegensteht. 40 z. B. §§ 101 hambWasserG, 22 AO, 139 b 13 GewO, 9 KreditwesenG, 43 ArzneimittelG, 9 LebensmittelG, 12 StatistikG, 37 I I ADOSt f ü r Bayern. Eine ähnliche Schutzrichtung weisen die Fälle auf, f ü r die die Landespressegesetze ein Auskunftsverweigerungsrecht der Behörden gegenüber der Presse vorsehen, vgl. oben T e i l 2 F N 5. 41 Hierzu unten B I I I . 3.

1. Abschn.: Das Recht zur Auskunftserteilung

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I. Geheimhaltungsrecht entsprechend § 99 I 2 VwGO E i n Ansatzpunkt für eine positive Eingrenzung i m oben genannten Sinne bietet § 99 12 VwGO. Danach kann die zuständige oberste A u f sichtsbehörde u. a. die Erteilung von Auskünften i m Verwaltungsprozeß gegenüber dem Gericht verweigern, wenn die Erteilung der Auskünfte dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheimzuhalten sind. Ob die Verweigerungsgründe glaubhaft gemacht worden sind, unterliegt gemäß § 99 I I VwGO der gerichtlichen Nachprüfung. Diese Regelung ist eine Konkretisierung des Gedankens, daß eine Geheimhaltung von Vorgängen zum Nachteil individueller Interessen möglich ist, wenn öffentliche Interessen, insbesondere der Staatsschutz, es erfordern 42 . Dieser Grundsatz hat eine für das Gemeinwesen so vorrangige Bedeutung 4 3 , daß man i h m i n der Regel die K r a f t zuerkennen muß, auch verfassungsrechtliche Informationsansprüche zu verdrängen. Als Konkretisierung dieses i n der Verfassungsebene wurzelnden Grundsatzes ist daher auch die Regelung des § 9912 V w G O oder deren analoge Anwendung geeignet, Informationsansprüche auszuschließen. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß die i n § 99 12 VwGO enthaltene Interessenlage nicht nur auf den Verwaltungsprozeß beschränkt ist. Sie kann i n allen Fällen gegeben sein, i n denen behördliche Informationen verlangt werden. Es ist deshalb geboten, § 99 VwGO entsprechend i n allen Fällen anzuwenden, i n denen behördliche Auskünfte verlangt werden 4 4 . Die zuständige oberste Aufsichtsbehörde ist also stets für berechtigt zu halten, die Erteilung der Auskunft zu verweigern, wenn sie dem Wohle des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die betreffenden Vorgänge ihrem Wesen nach geheimzuhalten sind. Entsprechend § 99 I I VwGO unterliegt die Glaubhaftmachung der Verweigerungsgründe der gerichtlichen Nachprüfung. Zuzugeben ist, daß m i t dieser Formulierung nur ein vager Eingrenzungsmaßstab gefunden worden ist. Damit die oben genannten Verwei42

I n der amtlichen Begründung zum Vorläufer des § 99 V w G O , dem § 100 E V w G O (BT-Drucksache I I I , 55, S. 41), w i r d v o n einer Abwägung der öffentlichen Interessen an der Wahrheitsfindung durch das Gericht u n d der an der Geheimhaltung bestimmter Tatsachen, insbesondere aus Gründen der Staatssicherheit, gesprochen. 43 Z u denken ist hier i n erster L i n i e an den strafrechtlichen Schutz v o n Staatsgeheimnissen, §§93 f f StGB; eine Geheimhaltung aus öffentlichem Interesse ist ferner geregelt i n den §§ 172 GVG, 174 I I GVG, 153 c I I StPO, 26 I I BVerfGG. 44 B V e r w G E 31, 301 (306) v. 25. 2.1969.

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

gerungsgründe deshalb i m Ergebnis nicht dazu führen, daß die Frage der behördlichen Auskunftspflicht zu einer Ermessenssache wird, müssen sie als Ausnahme angesehen werden: Es ist davon auszugehen, daß sie i m Normalfall einer Auskunftserteilung nicht entgegenstehen. Zudem ist die Annahme, das öffentliche Interesse gebiete generell die Geheimhaltung und überwiege das private Interesse, eine sachlich nicht zu haltende Vorstellung 4 5 . I m folgenden soll das postulierte Geheimhaltungsrecht zum Schutze des Wohles des Bundes oder eines deutschen Landes oder über Vorgänge, die ihrem Wesen nach geheimzuhalten sind, konkretisiert werden. Die Darstellung kann allerdings nicht vollständig sein, da es nicht möglich ist, von vornherein alle Geheimhaltungsinteressen zu erfassen 46 . II. Geheimhaltungsrecht zum Schutze des Wohles des Bundes oder eines deutschen Landes 2. Geheimhaltungsrecht

zum Schutze der Staatssicherheit

Z u m Schutze des Wohles des Bundes oder eines deutschen Landes gibt vor allem der Gesichtspunkt der Staatssicherheit ein Geheimhaltungsrecht. Er ist so vorrangig für den Bestand des Staates, daß i h m eine Pflicht des jeweiligen Geheimnisträgers zur Geheimhaltung entspricht, deren Übertretung strafrechtlich sanktioniert w i r d 4 7 . Denkbar ist allerdings, daß das i n Frage stehende Staatsgeheimnis ein so geringes Gewicht aufweist, daß die Ablehnung des Auskunftsersuchens den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzen würde 4 8 . 2. Geheimhaltungsrecht zur Abwehr schwerwiegender Gefahren für das Gemeinschaftsleben Z u m Schutze des Wohles des Bundes oder eines deutschen Landes ist auch folgendes Geheimhaltungsrecht anzuerkennen, auf das Düwel hinweist 4 9 : I n bestimmten Ausnahmesituationen, i n denen damit gerechnet werden kann, daß eine Nachricht eine Panik oder Massenhysterie auslösen wird, ist ein entsprechendes Geheimhaltungsrecht anzunehmen. Düwel betont hierbei zutreffend, daß dieses Geheimhaltungsrecht nur für den Ausnahmefall gelten darf, da eine andernfalls einsetzende staatliche Bevormundung der demokratischen Grundord45 46 47 48 49

Perschel, JuS 1966, 231 (236), vgl. ferner Düwel, S. 166. Vgl. Düwel, S. 172. Vgl. §§ 93 ff. StGB. Düwel, S. 174. Düwel, S. 181.

1. Abschn.: Das

echt zur Auskunftserteilung

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nung, die von der politischen Mündigkeit des Staatsbürgers ausgeht, zuwiderläuft. I I I . Geheimhaltungsrecht über Vorgänge, die ihrem Wesen nach geheimzuhalten sind Z u diesen Vorgängen sind, soweit sie sich auf öffentliche Belange beziehen, alle Umstände zu rechnen, an deren Geheimhaltung ein öffentliches Interesse besteht, deren Bekanntgabe jedoch nicht das Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes beeinträchtigen würde. 1. Geheimhaltungsrecht wegen zu befürchtender Plandurchkreuzung E i n Geheimhaltungsrecht i m oben genannten Sinne ist einmal dann anzunehmen, wenn die Information es dem Auskunftsersuchenden ermöglichen würde, legitime Pläne und Vorhaben der Behörden zu durchkreuzen. Ein derartiger Fall lag der Entscheidung des B G H vom 12. 3.1964 50 zu Grunde. Hier hätte es die Erteilung der Auskunft über einen m i t einiger Wahrscheinlichkeit bevorstehenden Bebauungsplan dem Auskunftsuchenden ermöglicht, die Durchführung dieses Planes durch Stellung eines Bauantrages unmöglich zu machen. U m die Verweigerungsmöglichkeit i n solchen Fällen nicht zu groß, d. h. nicht zu einer Ermessensangelegenheit werden zu lassen, ist eine Einschränkung angebracht: Man w i r d ein Verweigerungsrecht nur i n den Fällen anzunehmen haben, i n denen die Information das Vorhaben der Behörde objektiv unmöglich machen könnte. Eine solche Lage war i n dem oben genannten Beispiel gegeben, i n dem die Behörde den ihr hinderlichen Bauantrag möglicherweise hätte erteilen müssen. Dagegen reichen fiskalische Erwägungen nicht aus, der Behörde ein Auskunftsverweigerungsrecht zu geben 51 : U m die Baupreise für Grundstücke, die sie zu erwerben beabsichtigt, niedrig zu halten, ist sie z.B. nicht berechtigt, ihre Pläne über die Bebaubarkeit des Geländes zu verschweigen. 2. Kein Geheimhaltungsrecht

von Prüfungsvorgängen

Als ihrem Wesen nach geheimzuhaltende Vorgänge werden vielfach Prüfungsvorgänge 52 und ähnliche Umstände, wie z.B. Schulkonferen50

B G H i n VersR 1964, 1061. Vgl. Klinger, V w G O § 99 A n m . B 1; Schunck-de Clerk, V w G O , § 99 A n m . 3 a; ferner den Bericht des Rechtsausschusses des B T zu § 100 E V w G O (BT-Drucksache I I I , Nr. 1094). 62 B V e r w G E 19, 128 (130) v. 10.7.1964; E 14, 31 (34) v. 23.2.1962; Eyermann - Fröhler, V w G O , § 99 A n m . 5; Klinger, V w G O , § 99 A n m . B 1 F N 2 m i t weiteren Nachweisen. 51

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

zen 53 , angeführt. Begründet w i r d das Geheimhaltungsrecht i m wesentlichen damit, daß m i t der Geheimhaltung die Unabhängigkeit der Prüfer oder betreffenden Personen geschützt werden müsse 54 . Diese Auffassung ist abzulehnen. Einmal gleichen Prüfungsentscheidungen oder die ihnen ähnlichen Vorgänge sonstigen kollegialen Verwaltungsentscheidungen, ohne daß die hier anstehenden Vorgänge ihrem Wesen nach geheimzuhalten sind 5 5 . Z u m anderen w i r d dem Prüfling oder i n sonstiger Weise Beurteilten der Nachweis von Beurteilungsfehlern bei der Prüfung oder Beurteilung ohne ein entsprechendes Auskunftsrecht zu sehr erschwert 56 . Die Unabhängigkeit der Prüfer setzt i m übrigen nicht eine Geheimhaltung der Prüfungsvorgänge voraus. Das Argument, eine Verpflichtung der Prüfer, sich offen zu ihren Prüfungsvoten zu bekennen, beeinträchtige ihre Unabhängigkeit, ist jedenfalls keine legitime Begründung. Die Unabhängigkeit der Prüfer w i r d bereits durch den den Prüfern zustehenden Beurteilungsspielraum, d.h. durch die beschränkte Überprüfbarkeit ihrer Entscheidungen, gewahrt 5 7 . 3. Geheimhaltungsrecht

und -pflicht von Gewährsleuten

Als ihrem Wesen nach geheimzuhaltende Vorgänge kommen schließlich die bereits erwähnten Gewährsleute i n Betracht, die der Verwaltung bei ihrer Aufgabenbewältigung, insbesondere bei der Verbrechensbekämpfung, durch vertrauliche Informationen Hilfe leisten 58 . Hier kommt nicht nur, wie oben angedeutet, i m Hinblick auf ein privates Interesse, sondern auch i n Bezug auf ein öffentliches Interesse ein Geheimhaltungsrecht i n Betracht. M i t Rücksicht auf das private Interesse, d. h. das Geheimhaltungsinteresse des Behördeninformanten, kommt i m übrigen nicht nur ein behördliches Geheimhaltungsrecht, sondern auch eine behördliche Geheimhaltungspflicht i n Betracht. Praktisch wichtig w i r d die Frage des Auskunftsrechtes, wie angedeutet, vor allem, wenn sich die Angaben der Vertrauensperson als falsch herausstellen und der Denunzierte die Auskunft benötigt, u m gegen den Informanten Schadensersatz- oder Privatklage erheben zu können. So verlangte die Klägerin i n dem bereits zitierten, vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall 5 9 , die Bekanntgabe einer polizeilichen » B V e r w G E 15, 267 (268) v. 8. 2.1963 = D Ö V 1963, 476. 64 B V e r w G a.a.O. 55 Redeker - von örtzen, V w G O , § 99 A n m . 6. M Redeker - von örtzen, V w G O , § 99 A n m . 6; B F H , U. v. 2.8.1967 i n N J W 1967, 2379 (2380). 67 B F H , U. v. 2. 8.1967 i n N J W 1967, 2379 (2380). 58 Eyermann - Fröhler, V w G O , § 99 A n m . 5. 69 Vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 § 2 A . F N 42.

1. Abschn.: Das Recht zur Auskunftserteilung

89

Gewährsperson, von welcher sie gegenüber der Polizei als Querulantin bezeichnet worden war. Bei der Lösung des Problems ist davon auszugehen, daß i n den betreffenden Denunziantenfällen, wie bereits angedeutet, sich mehrere Interessen gegenüberstehen 60 : Das Interesse der Allgemeinheit ist das Interesse an der Ahndung von Vergehen und Verbrechen, die durch die Angaben des Denunzianten aufgedeckt werden sollen. M i t diesem Interesse ist ein Interesse der Allgemeinheit an der Einhaltung der Zusicherung, die Informationen Dritter vertraulich zu behandeln, verbunden. Denn die Aufdeckung von Straftaten ist vielfach nur m i t Hilfe Dritter möglich, denen vertrauliche Behandlung ihrer Angaben zugesichert w i r d 6 1 . Daneben steht das Interesse des Denunzierten an der Erhebung einer Schadensersatzoder Privatklage, d . h . die Rechtsverfolgungsgarantie. Vergessen werden darf schließlich nicht das Vertrauensinteresse des Dritten, das dieser an der Einhaltung der behördlichen Zusage, seine Informationen vertraulich zu behandeln, hat. Es wäre denkbar, entweder dem Interesse des Denunzierten an der Verfolgung seines Rechtes oder den Interessen der Allgemeinheit an der Ahndung von Straftaten und — damit verbunden — an der Einhaltung der Zusicherung der Vertraulichkeit sowie dem Vertrauensinteresse des Informanten den Vorzug zu geben. Keine dieser einseitigen Lösungen stellt zufrieden. Wollte man allein auf die Rechtsverfolgungsgarantie abstellen, so würden behördliche Zusicherungen der Vertraulichkeit stets durchbrochen werden können. Den Behörden würde damit ein wirksames M i t t e l zur Verfolgung von Straftaten genommen werden. Denn es ist anzunehmen, daß sich Dritte, ohne den Schutz der Anonymität, nicht i n genügender Weise bereit finden, an der Aufklärung von Straftaten mitzuhelfen. Unbefriedigend würde auch die Vertrauensverletzung gegenüber dem Dritten i n Fällen sein, i n denen dieser i n berechtigter Weise auf die Einhaltung der behördlichen Zusicherung vertrauen durfte. Hiervon kann dann ausgegangen werden, wenn die Anzeige des Dritten zwar objektiv falsch, aber noch nicht als absichtliche oder leichtfertige falsche Anschuldigung i m Sinne des § 164 StGB a. F. gewertet werden kann. Wollte man dagegen den Interessen der Allgemeinheit sowie des Dritten allein den Vorzug geben, so wäre der einzelne schutzlos falschen Anschuldigungen ausgesetzt und einem verantwortungslosen Denunziantentum Tür und Tor geöffnet. Als richtige Lösung ist daher diejenige anzusehen, die alle beteiligten Interessen i n angemessener Weise berücksichtigt. I h r entspricht eine 60 61

Vgl. Zeidler, S. 56. Eyermann - Fröhler,

V w G O , § 99 A n m . 5.

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4. Teil: Recht u. Zuständigkeit der Behörde zur Auskunftserteilung

Lösung, die darauf abstellt, ob die Angaben des Dritten eine absichtliche oder leichtfertige falsche Anschuldigung darstellen: Stellt die Anschuldigung des Dritten ein derartiges Verhalten dar, so ist die Behörde trotz zugesicherter Vertraulichkeit verpflichtet, den Namen des Denunzianten zu nennen 62 . Die Interessen der Allgemeinheit an der Ahndung von Verbrechen und — damit verbunden — an der Einhaltung der Zusicherung der Vertraulichkeit sind nicht so groß, daß sie den Schutz eines i n dieser Weise verantwortungslos handelnden Denunzianten rechtfertigen. Die Denunzianten selbst haben i n derartigen Fällen den Schutz ihres Vertrauens auf die Wahrung der Anonymität v e r w i r k t 6 3 . Umgekehrt ist die Behörde nicht verpflichtet und berechtigt, den Namen des Dritten zu nennen, wenn die Anzeige zwar objekt i v falsch, aber weder absichtlich noch leichtfertig abgegeben wurde 6 4 . I n diesen Fällen muß eine Einschränkung der Rechtsverfolgungsgarantie i n Kauf genommen werden.

Zweiter

Abschnitt

Die Zuständigkeit zur Auskunftserteilung Behördliche Auskünfte kann der Bürger nur von der zuständigen Behörde und innerhalb der Behörde nur vom zuständigen Beamten verlangen 65 . Bezüglich der Behörde ergibt sich diese Einschränkung schon daraus, daß, wie erwähnt, nur die zuständige Behörde zur Auskunftserteilung berechtigt ist. I m übrigen ergibt sich die Einschränkung aus der Natur der Sache: Die Beachtung der Zuständigkeit ist unerläßlich, u m eine geordnete und sinnvolle Verwaltungsarbeit zu gewährleisten. Welche Behörde zuständig ist, läßt sich den organisationsrechtlichen Normen 6 6 entnehmen, ebenso die Zuständigkeit der Beamten. Soweit die Zuständigkeit der Beamten nicht geregelt ist, ist auf jeden Fall der Behördenleiter als zuständiger Beamter anzusehen 67 . 62

So — abgesehen v o n Feinheiten — w o h l die herrschende Ansicht i n der L i t e r a t u r : Terstegen, FR 1954, 131 (133); Blau, Betrieb 1956, 637 (für A u s kunftspflicht der Finanzämter gegenüber Staatsanwaltschaft); Maassen, StuW 1955, Sp. 155 (159 ff.); Ehlers, FR 1958, 145 (146); Zeidler, S. 56; Düwel, S. 182; Perschel, JuS 1966, 231 (236); Pipkorn, Diss., S. 121; HübschmannHepp - Spitaler, AO, § 22 A n m . 52—54, vgl. ferner O V G Münster, U. v. 15.1. 1963 i n Betrieb 1963, 960. 63 Düwel, S. 188. 64 Vgl. Düwel, S. 187. 65 Zeidler, S. 53; Klingler, S. 95. 66 Dies können sein: Gesetze, Verordnungen, Satzungen, Haushaltspläne, Organisationspläne, Geschäftsverteilungspläne u n d Geschäftsanweisungen. 67 Zeidler, S. 52; Gross, Z B R 1962, 185 (186).

FÜNFTER T E I L

Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft Erster

Abschnitt

Auskunftspflicht und Auskunftsrecht Nicht immer w i r d die Erörterungsgrundlage für ein Auskunftsrecht — insbesondere wegen der verfassungsrechtlichen Bedingtheit des Themas — eindeutig eine Norm sein, die dem Bürger ein subjektivöffentliches Recht zubilligt. I n diesen Fällen ist dann zunächst zu prüfen, ob eine Rechtspflicht der Behörde zur Auskunft besteht und dieser Pflicht ein subjektiv-öffentliches Recht des Bürgers entspricht. Denn einer Verpflichtung der Verwaltung zum Tätigwerden gegenüber dem Bürger steht nicht i n jedem Fall eine Berechtigung des Bürgers gegenüber 1 . Die Verwaltung verfolgt vielfach nur Interessen der Allgemeinheit, die den Bürger lediglich mittelbar begünstigen. Bei dieser Lage ist es angebracht, i m Vorwege generell zu klären, inwieweit einer Auskunftspflicht ein subjektiv-öffentliches Recht des Bürgers entspricht. E i n subjektiv-öffentliches Recht erfordert einen Rechtssatz, der der Verwaltung ein bestimmtes Verhalten zwingend vorschreibt und dem einzelnen die Willensmacht verleiht, dieses Verhalten zum Zwecke der Befriedigung seiner Individualinteressen verlangen zu können 2 . Hiervon w i r d immer dann ausgegangen werden können, wenn der Rechtssatz ausschließlich oder doch wenigstens auch dem Interesse des von der Entscheidung Betroffenen zu dienen bestimmt ist 3 . E i n entsprechender zwingender Rechtssatz ist sicher dann gegeben, wenn sich die Auskunftsverpflichtung aus einer Rechtsnorm herleitet, die keine Ermessensermächtigung darstellt. I m übrigen kann auch i n den Fällen der hier nicht zu erörternden Auskunftspflichten infolge einer Ermessensverdichtung oder einer ent1

Wolff t V R I , S. 132 f. Wolff, V R I, S. 235; Bachof, DVB1 1961, 128 (130). Bachof , Gedächtnisschrift f ü r W. Jellinek, S. 296 f.; Huber , Wirtschaftsverwaltungsrecht, Bd. I, S. 684. 2 8

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

sprechenden Verwaltungsanordnung von einem zwingenden Rechtssatz gesprochen werden. Die jeweilige Ermessensermächtigung ist insofern ein zwingender Rechtssatz, als die Behörde zur Einhaltung der Ermessensgrenzen gezwungen ist 4 . Ähnlich liegt es bei einer Auskunftspflicht m i t Rücksicht auf eine entsprechende Verwaltungsanordnung. Auch sie hat ihre Grundlage i n der Pflicht der Verwaltung, ihr Ermessen fehlerfrei, d. h. unter Beachtung des Gleichheitssatzes, auszuüben 5 . Der zwingende Rechtssatz besteht also auch hier i n der Pflicht zur fehlerfreien Ausübung des Ermessens. Soweit sich aus einem Rechtssatz eine Pflicht zur Erteilung einer behördlichen Auskunft ergibt, kann aber auch davon ausgegangen werden, daß der Rechtssatz ausschließlich oder doch wenigstens auch dem Interesse des von der Entscheidung Betroffenen zu dienen bestimmt ist. Denn es ist gerade der Zweck eines solchen Satzes, ein Individualinteresse, d. h. das Interesse des Bürgers auf Auskunftserteilung, zu befriedigen. Festgestellt werden kann daher, daß immer dann ein subjektiv-öffentliches Recht auf behördliche Auskunft besteht, wenn die Behörde auf Grund eines zwingenden Rechtssatzes verpflichtet ist, dem Bürger Auskunft zu erteilen. Von einer solchen Pflicht kann, wie dargelegt, auch gesprochen werden, wenn sich die Auskunftsverpflichtung aus einer Ermessensverdichtung ergibt oder m i t Rücksicht auf eine Verwaltungsverordnung 6 anzunehmen ist. Auch i n diesen Fällen entspricht der Auskunftspflicht m i t h i n ein subjektiv-öffentliches Recht auf Auskunftserteilung 7 . Dieses Recht ist ein Ausfluß des Rechtes auf fehlerfreien Ermessensgebrauch. Daß der Auskunftspflicht der Behörde ein Informationsrecht des Bürgers gegenübersteht, w i r d auch dem heutigen verfassungsrechtlichen Verständnis zwischen Bürger und Staat gerecht. Danach darf der Bürger nicht lediglich als Untertan, als Gegenstand staatlichen Handelns, behandelt werden, sondern als ein m i t Rechten und Pflichten ausgestatteter Staatsbürger 8 . 4

Bachof, Gedächtnisschrift f ü r W. Jellinek, S. 295. Vgl. Bachof a.a.O.; Wolff, V R I , S. 100; Menger, V e r w A 1960, 71; B V e r w G i n J Z 1956, 33 (U. v. 27.6.1955); U. v. 24.4.1959 i n N J W 1959, 1843; B. v. 26.10.1962 i n DÖV 1963, 474; U. v. 19.11.1964 i n N J W 1965, 984 (985). 6 Behördliche Informationen durch Verwaltungsverordnungen sind z.B. vorgesehen durch: Erlaß des Bundesfinanzministers v. 9.6.1964 ( B / l - Z 13903/64), abgedruckt i n BZB1 1964, 648 (Auskünfte über Zollfreiheit); vgl. ferner Bekanntmachung Nr. 16/66 v. 14.1.1966 i n Bundesanzeiger Nr. 27, S. 12 (Auskünfte über Preisempfehlungen seitens Bundeskartellamt). 7 Eine Auskunftspflicht auf G r u n d v o n Verwaltungsvorschriften bejahen: B V e r w G E 25, 191 (196) v. 26.10.1966, B G H v. 4. 2.1960 i n Betrieb 1960, 693; U. v. 23.9.1963 i n VersR 1963, 1204 = B B 1963, 1316; HansOLG, U. v. 1.2. 1963 i n M D R 1963, 593; Kampmann, S. 23, verneint ein Auskunftsrecht auch bei Vorliegen einer entsprechenden Verwaltungsanordnung. 6

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen A u s k u n f t s a n s p r u c h e s 9 3 Zweiter

Abschnitt

Die Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches § 1: Vorbemerkung Eine Erörterung der behördlichen Auskunftspflicht hat zweckmäßigerweise m i t der umfassendsten denkbaren Auskunftsverpflichtung zu beginnen, d. h. m i t der Untersuchung einer allgemeinen Auskunftspflicht. Bei Bejahung einer solchen Pflicht hätte die Untersuchung von besonderen Informationspflichten i m wesentlichen nur noch die Bedeutung einer Konkretisierung der allgemeinen Auskunftspflicht, eine für die praktische Rechtsanwendung allerdings wichtige Aufgabe. Das Auffinden von Anspruchsgrundlagen jedenfalls würde sich erübrigen. M i t der Untersuchung einer allgemeinen Auskunftspflicht w i r d zudem gleichsam der Rahmen der behördlichen Auskunftspflichten fixiert und die verfassungsrechtliche Bedingtheit des Themas am deutlichsten hervortreten. Literatur und Rechtsprechung lehnen, wie dargelegt, eine allgemeine Auskunftspflicht der Behörden und m i t h i n auch einen entsprechenden allgemeinen Anspruch des Bürgers ab. Hierbei w i r d nicht 1 oder nicht genau geklärt 2 , was bei einer solchen Pflicht bzw. einem solchen A n spruch unter dem Gegenstand der jeweiligen Auskunft zu verstehen ist, wer jeweils auskunftberechtigt ist und welche Behörde jeweils auskunftsverpflichtet ist. Abgesehen davon, daß es hier u m die allgemeine und abstrakte Festlegung behördlicher Auskunftspflichten geht, ist die Klärung dieser Fragen jedoch notwendig, bevor beantwortet werden kann, ob ein allgemeiner Auskunftsanspruch besteht. Denn ob ein Auskunftsanspruch, hier ein allgemeiner Auskunftsanspruch, anzunehmen ist, kann nur beantwortet werden, wenn alle Elemente des zu erörternden Auskunftsanspruchs geklärt sind. 8 B V e r w G E 1, 159 (161) v. 24. 6.1954; ferner Bachof , DVB1 1961, 128 (130). Ä h n l i c h argumentiert Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (484), der das Auskunftsrecht des Bürgers i n Fällen einer behördlichen Auskunftspflicht aus dem heutigen „status aktivus socialis" des Staatsbürgers herleitet. 1 Vgl. etwa: Schmidt, B B 1954, 290; Maassen t Regelungen, S. 89; Monreal, S. 150; Kampmann, S. 22; Beinhardt, DÖV 1965, 480 (484); B G H , U. v. 7.5. 1956 i n N J W 1956, 1234; B V e r w G , U. v. 30.4.1965 i n DVB1 1965, 647 (648) = DÖV 1965, 488 = B B 1965, 1169; U. v. 25.3.1966 i n DVB1 1966, 575 (576); HessVGH, U. v. 24.8.1961 i n D Ö V 1962, 757 = DVB1 1962, 641; O V G Münster, U. v. 15.1.1963, 960 = DRsp V (520), 62 a. 2 So umschreiben Zeidler, S. 53, u n d Klingler, S. 95, eine allgemeine A u s kunftspflicht noch nicht genau genug m i t der Pflicht zur Auskunftserteilung gegenüber jedermann, der sich darum bemüht.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Da, wie oben erwähnt 3 , nur die zuständige Behörde zur Auskunft berechtigt ist, kommt auch i m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruchs nur die zuständige Behörde als auskunftsverpflichtete Behörde i n Betracht. Bei der Klärung der übrigen Elemente eines allgemeinen Auskunftsanspruchs ist von folgenden Gesichtspunkten auszugehen: Untersucht werden soll der i n Betracht kommende umfassendste Informationsanspruch. D.h., die jeweilige Auskunft i m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruchs braucht nicht nur auf die Verfolgung nützlicher Zwecke gerichtet zu sein, sondern kann auch der Befriedigung reiner Neugier dienen. Sinnvoll und von Interesse für den Bürger sind i m Rahmen eines solchen Anspruchs nicht beliebige Informationen, sondern nur Auskünfte aus dem Sachbereich der Verwaltung. I n Betracht kommen ferner nur Auskünfte auf Antrag. Denn eine Auskunft ohne Antrag, d. h. eine von Amts wegen erfolgende Aufklärung, ist nur i m Rahmen besonderer Fallgestaltungen sinnvoll. Hiervon ausgehend läßt sich ein allgemeiner Auskunftsanspruch wie folgt beschreiben: Gegenstand der jeweiligen Auskünfte sind alle Umstände, über deren Kenntnis die Verwaltung i m Zusammenhang m i t ihrer Aufgabenbewältigung verfügt. Auskunftsberechtigt ist jeder, der die Auskunft beantragt. Die Verfolgung eigener Rechte oder Interessen oder das Vorhandensein einer besonderen Rechtsbeziehung ist nicht erforderlich. Auskunftsverpflichtet ist die zuständige Behörde. Dieser allgemeine Auskunftsanspruch w i r d i m folgenden i m Blickpunkt der Erörterung stehen. Jedoch soll dort, wo der sachliche Zusammenhang es angebracht erscheinen läßt, auch auf die Erörterung umfassender besonderer Auskunftsrechte eingegangen werden. Ausgangspunkt für die Untersuchung behördlicher Informationspflichten hat, wie angeführt 4 , das verfassungsrechtliche Verständnis zwischen Bürger und Staat zu sein, wie es sich aus dem Grundgesetz ergibt, d. h. die Kennzeichnung der Bundesrepublik Deutschland als demokratischer und sozialer Rechtsstaat i n den A r t i k e l n 20 und 28 GG. Hiervon hat auch die Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruchs auszugehen. Das Grundgesetz spricht i n A r t i k e l 28 GG nicht von Rechtsstaat, Sozialstaat und Demokratie, sondern von einem demokratischen und 3 4

Vgl. oben T e i l 4 Abschnitt 1 § 1. Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 2.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

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sozialen Rechtsstaat. I n dieser Formulierung drückt sich die Forderung aus, diese Prinzipien nicht als beziehungslos nebeneinander stehende Komplexe, sondern als zusammengehörige Prinzipien zu verstehen 5 . Ihre Zusammengehörigkeit besteht darin, daß sie sich ergänzen und ihre Wirkungen gegenseitig beeinflussen. Trotz dieser Verknüpfung kommt jedem Grundsatz ein besonderer Sinngehalt zu. Für das demokratische Prinzip steht dies außer Zweifel 6 . Es muß aber auch für das Verhältnis von Rechts- und Sozialstaat gelten. Rechts- und Sozialstaatsgedanke sind nicht miteinander identisch. Sie ergänzen einander und sind zuweilen Gegensätze7. Dem sozialen Rechtsstaat liegt insoweit ein „System des Ausgleichs und des Gleichgewichts" zugrunde 8 . Die Rechtsstaatlichkeit hat die individuelle Freiheit des einzelnen verbunden m i t der Beschränkung staatlicher Eingriffe i m Auge. I h r gegenüber stehen die Forderungen des Sozialstaats, die soziale Bindung und staatliche Intervention verlangen 9 . Hiervon ausgehend ist die Frage nach einem allgemeinen Auskunftsanspruch i m demokratischen und sozialen Rechtsstaat des Grundgesetzes gesondert nach den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Sozialstaatlichkeit und Demokratie zu behandeln. Wegen der Verknüpfung dieser Grundsätze kann allerdings die Erörterung eines Prinzips bereits die Behandlung des anderen einschließen. Insbesondere sind die Grundrechte gegebenenfalls i m Lichte der Sozialstaatlichkeit und der Demokratie zu interpretieren 1 0 .

§ 2: Das Rechtsstaatsprinzip und ein allgemeiner Auskunitsansprueh A. Allgemeines Das Rechtsstaatprinzip besteht aus einer Mehrzahl von Postulaten, die — soweit sie dafür i n Betracht kommen — auf einen allgemeinen Auskunftsanspruch h i n zu untersuchen sein werden. 5

Vgl. Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 611; Thieme, Z B R 1960,170. Z u m Verhältnis Rechtsstaat u n d Demokratie vgl. Hesse, Rechtsstaat, S. 583 f.; Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 468 m i t weiteren Nachweisen; zum Verhältnis Sozialstaat u n d Demokratie vgl. Abendroth, S. 126 ff.; Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 213. 7 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 614; Thieme, Z B R 1960, 170; a . A . Hesse, Rechtsstaat, S. 566 A n m . 27: Der soziale Rechtsstaat sei eine Einheit, die nicht i n einen „Sozialstaat" u n d einen „Rechtsstaat" zerlegt werden dürfe. M i t der Sozialstaatsklausel normiere das Grundgesetz die staatlichen Aufgaben u n d stelle sie unter die Gebote des Rechtsstaates. 8 Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 211. 9 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 612. 10 Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 207. 9

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5. Teil: Das echt des Bürgers auf behördliche Auskunft

Angebracht ist jedoch zuvor eine kurze Darlegung der Grundgedanken der Rechtsstaatlichkeit. Aus ihr w i r d deutlich, welchen Zweck etwaige, diesem Prinzip zuzuordnende Auskunftsansprüche letztlich haben. Der Rechtsstaatsbegriff, ein historisch politischer Begriff, ist von der Deutschen Staatsrechtlehre des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts entwickelt worden 1 1 . Als politischer Kampfbegriff entstammt er dem Kampf der „bürgerlichen Gesellschaft" des 19. Jahrhunderts gegen den Obrigkeitsstaat der absoluten Monarchie 12 . M i t i h m wurde die Freiheit des einzelnen i n einem staatsfreien Bereich gefordert 13 . Die ursprünglich politisch verstandene Rechtsstaatsidee wurde i n der Folgezeit verrechtlicht. Unter einem Rechtsstaat wurde ein Staat verstanden, dessen A r t und Weise seiner Tätigkeit i m höchsten Maße durch das Recht bestimmt w a r 1 4 . Hieraus ergaben sich die Forderungen nach der Rechtmäßigkeit und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nach der richterlichen Kontrolle der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung durch unabhängige Gerichte, nach dem Vorrang und dem Vorbehalt des formellen Gesetzes, nach der Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen sowie nach der Trennung der Gewalten 1 5 . Diese formellen Bedeutungen hat auch der Rechtsstaatsbegriff des Grundgesetzes übernommen 1 6 . Er hat darüber hinaus aber auch eine bestimmte inhaltliche Bedeutung angenommen. Der Rechtsstaat des Grundgesetzes ist der auf die Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit zielende Staat 1 7 . Die oben genannten formellen Elemente dienen der Gewährleistung dieses materiellen Gehaltes 18 . Der von der Rechtsstaatlichkeit des Grundgesetzes zu verwirklichenden materiellen Gerechtigkeit kommt folgende spezifische Bedeutung zu: Sinn des Rechtsstaates ist die Achtung und Erhaltung des Eigenwertes der Person: Die Würde, Freiheit und Gleichheit des einzelnen 19 . 11 Friesenhahn, S. 241; zur Entstehung des Rechtsstaatsbegriffs i m einzelnen vgl. Böckenförde, Entstehung u n d Wandel des Rechtsstaatsbegriffs, i n : Festschrift f ü r A . A r n d t , S. 53 ff. 12 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 590 f. 18 Maunz, S. 67. 14 Maunz, S. 67. 15 Maunz, S. 67. 16 Maunz, S. 67. 17 Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 203; Huber, Rechtsstaat u. Sozialstaat, S. 594; Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 464; Menger, Der Begriff, S. 58; Maunz-Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 20 Rdnr. 59; von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 600. 18 Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 203. " Hesse, Rechtsstaat, S. 565; Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 203; Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 489.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen A u s k u n f t s a n s p r u c h e s 9 7 Hierbei w i r d die Freiheit der Person nicht als schrankenlose Freiheit eines isolierten Individuums verstanden, sondern als Freiheit des einzelnen als Glied der Gemeinschaft 20 . Aus der Forderung nach Achtung und Erhaltung des Eigenwertes der Person ergibt sich eine Bindung des Rechts an bestimmte Inhalte, nämlich eine Bindung an Grundrechte, durch die Würde, Freiheit und Gleichheit verbürgt werden 2 1 . Der Inhalt der Rechtsstaatlichkeit ergibt sich damit i n erster Linie aus den Grundrechten 22 . Der Achtung und Erhaltung des Eigenwertes der Person dient eine Beschränkung der staatlichen Macht. Rechtsstaatlichkeit bedeutet insoweit rechtliche Bindung der staatlichen Macht 2 3 . Das heißt, Maß und Form der staatlichen Macht und des Gesamtlebens innerhalb des Staates werden durch das Recht bestimmt 2 4 . Aus dieser Forderung ergeben sich die bereits genannten formellen Postulate der Rechtsstaatlichkeit. Wie erwähnt, bestimmen sich Rechtsstaatlichkeit und Sozialstaatlichkeit wechselseitig. Als Staat der materiellen Gerechtigkeit hat der Rechtsstaat des Grundgesetzes daher auch auf die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit abzuzielen 26 . Aus dieser kurzen Skizzierung der Rechtsstaatlichkeit ergibt sich für die Untersuchung eines allgemeinen Auskunftsanspruchs, die auf die einzelnen Bedeutungen dieses Prinzips zurückzugehen hat, folgendes: I n erster Linie werden die Grundrechte, nämlich das Petitionsrecht (Art. 17 GG), die Rechte aus A r t . 5 1 1 GG, das allgemeine Freiheitsrecht (Art. 2 I GG) und der Anspruch auf rechtliches Gehör 2 6 zu erörtern sein. I m Anschluß daran sind die übrigen für einen allgemeinen Auskunftsanspruch i n Betracht kommenden Bedeutungen des Rechtsstaatsbegriffs zu untersuchen. B. Das Petitionsrecht, Art. 17 GG Nach A r t . 17 GG hat jeder das Recht, sich einzeln oder i n Gemeinschaft m i t anderen schriftlich m i t Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen oder an die Volksvertretung zu wenden. A r t . 17 GG begründet damit auf jeden F a l l nur dann einen allgemeinen Auskunftsanspruch, wenn das jeweilige Auskunftsersuchen i m Rahmen eines sol20 21 22 28 24 26 26

Vgl. BVerfGE 4, 1 (15) v. 1. 7. 1954. Hesse, Rechtsstaat, S. 565; Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 489. Maunz - Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 20 Rdnr. 70. Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 490. Hesse, Rechtsstaat, S. 560. Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 210. Z u m Grundrechtscharakter dieses Prinzips siehe unten E.

7 Krieger

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

chen Anspruchs als Bitte i m Sinne des A r t . 17 GG — nur diese Form der Petition kommt i n Betracht — angesehen werden kann. Z u m Teil w i r d die Auffassung vertreten, ein bloßes Auskunftsersuchen stelle keine Petition i m Sinne des A r t . 17 GG dar 2 7 . Es w i r d angeführt, die Petition müsse ein „petitum", eine Bitte oder Forderung, einen Antrag enthalten. Sie müsse darauf gerichtet sein, daß die angegangene Stelle i n irgendeiner Weise einschreite oder sich einschalte 28 . Diese einengende Auslegung w i r d dem durch A r t . 17 GG verkörperten Wert nicht gerecht. Vielmehr ist auch das Auskunftsersuchen als Bitte i m Sinne dieser Vorschrift zu werten 2 9 . A r t . 17 GG trägt dem Bedürfnis des Bürgers Rechnung, Nöte, Sorgen, Kümmernisse, Anliegen usw. auch außerhalb vorgeschriebener Verfahrenswege den zuständigen staatlichen Stellen vorzutragen, prüfen und bescheiden zu lassen 30 . Er hat — u m den von Dürig verwendeten plastischen Ausdruck anzuführen — die Funktion des „Herzausschüttenkönnens" 31 . I n einer Zeit, i n der der Bürger wie nie zuvor auf behördliche Auskünfte angewiesen ist, würde es diesem Zweck widersprechen, wollte man das Auskunftsersuchen vom Begriff der Petition i m Sinne des A r t . 17 GG ausnehmen. Gleichwohl begründet das Petitionsrecht aus A r t . 17 GG keinen allgemeinen Auskunftsanspruch 32 . Einmal beschränkt A r t . 17 GG seinem ausdrücklichen Wortlaut nach das Petitionsrecht nur auf schriftlich eingebrachte Petitionen 3 3 , also auch nur auf schriftliche Auskunftsersuchen. Mündliche Auskunftsersuchen, die i n der Praxis die Regel bilden, genießen nicht den Schutz des A r t . 17 GG. Zum anderen ge27 Mattern, S. 630; Wernicke i n B K , A r t . 17 A n m . I I 2 a; von MangolcLt Klein, GG, Bd. I, S. 510. 28 von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 510. 29 Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 17 Rdnr. 16; Zeidler, S. 55; Klingler, S. 93; Brinckmann, GG, A r t . 17 A n m . I 1 d a. 30 Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 17 Rdnr. 1. 31 Dürig, a.a.O. 32 So die w o h l einhellige Ansicht i n L i t e r a t u r u n d Rechtsprechung: Tittel, DRiZ 1962, 307 (308); Zeidler, S. 55; Tipke, StuW 1962, Sp. 697 ff. (701 f.); Beinhardt, DÖV 1965, 480 (483); Düwel, S. 115; Klingler, S. 93; Pipkorn, Diss., S. 52; Hubert Kellner, S. 108; Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 17 Rdnr. 16; O V G Münster, U. v. 15.1.1963 i n DÖV 1963, 390 = Betrieb 1963, 960 = DRsp V (520), 62 a; HessVGH, U. v. 24. 8.1961 i n DVB1 1962, 641 (642) = DÖV 1962, 757. A . A . Brinckmann, GG, A r t . 17 A n m . I 1 d a, der generell dort ein Recht auf Auskunftserteilung bejaht, wo k e i n Recht der angegangenen Stelle oder eines anderen entgegensteht. I n stärkerem Maße zieht auch Erdsiek, N J W 1960, 616, A r t . 17 GG neben § 35 BRRG zur Begründung v o n behördlichen Informationspflichten heran, nämlich i n den Fällen, i n denen — bei Darlegung eines berechtigten I n t e r esses — die Auskunft zur Geltendmachung oder Verteidigung eines Rechtes notwendig ist u n d übergeordnete Normen nicht entgegenstehen. 33 von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 510; Dürig i n Maunz - Dürig -Herzog, GG, A r t . 17 Rdnr. 34.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen A u s k u n f t s a n s p r u c h e s 9 9 währleistet diese Vorschrift vor allem nicht das Recht auf Erteilung einer Auskunft. A r t . 17 GG begründet für die angegangene Stelle nur die Pflicht, die Petition entgegenzunehmen, sachlich zu prüfen und sachlich zu bescheiden 34 . Ohne diese Pflicht hätte das Petitionsrecht keinen Sinn 3 5 . I m Falle des schriftlichen Auskunftsersuchens gewährleistet A r t . 17 GG m i t h i n nur die Entgegennahme, sachliche Prüfung und sachliche Bescheidung des Ersuchens. Die sachliche Bescheidung ist jedoch nicht gleichbedeutend m i t der Erteilung der begehrten Auskunft. Als sachlich muß — entsprechend dem oben skizzierten Wert des Petitionsrechtes — eine Bescheidung angesehen werden, die von einer Achtung des menschlichen Bedürfnisses ausgeht, auch außerhalb vorgeschriebener Verfahren staatlichen Stellen Anliegen, d. h. auch Auskunftsersuchen, vorzutragen, prüfen und bescheiden zu lassen. Eine solche Respektierung aber gebietet nicht i n allen Fällen die Erteilung der erbetenen Auskunft. Sie verbietet lediglich deren Ablehnung aus unsachlichen Gründen. Sie fordert ferner stets eine sachliche Begründung i m Falle der Ablehnung des Auskunftsersuchens. Handelt es sich z. B. u m schwierigere, einen größeren Arbeitsaufwand erfordernde Informationen, so respektiert die angegangene Stelle den durch das Petitionsrecht verkörperten Wert auch dann, wenn sie die Auskunft m i t einer sachlichen Begründung ablehnt. Wenn sich aus der Pflicht zur sachlichen Bescheidung der Petition auch kein allgemeiner Auskunftsanspruch ergibt, so lassen sich dieser Pflicht jedoch besondere Informationspflichten zuordnen. Wie bereits erwähnt, entspricht es einer sachlichen Behandlung und Bescheidung, wenn die angerufene Stelle i m Falle der Ablehnung der Auskunft ihre Ablehnung sachlich begründet. Diese Begründungspflicht ist i m übrigen auch bei Auskunftsersuchen geboten, die — mangels Schriftform — nicht als Petitionen i m Sinne des A r t . 17 GG angesehen werden können. Eine solche Begründungspflicht entspricht der gegenwärtigen, durch die Rechtsstaatlichkeit des Grundgesetzes gebotenen Auffassung des Verhältnisses zwischen Bürger und Staat: Danach ist der Bürger, wie erwähnt 3 6 , nicht lediglich als Untertan, als Objekt der Staatsgewalt, sondern als Partner m i t Rechten und Pflichten anzusehen. Die kommentarlose und unsachlich begründete Ablehnung eines Auskunftsersuchens würde diesem Status nicht gerecht werden, sondern den Bürger als bloßes Objekt der Staatsgewalt „abfertigen" 3 7 . 84 BVerfGE 2, 225 (230) v. 22.4.1953; BVerfGE 13, 54 (90) v. 11.7.1961; Mattern, S. 629. 35 Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 17 Rdnr. 4—8. 86 Vgl. oben Abschnitt 1. 37 Eine solche Begründungspflicht k o m m t i m übrigen auch unter dem

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

A r t . 17 GG i n denen die werden kann. der begehrten

begründet weiterhin i n den Fällen Auskunftspflichten, Auskunft ohne nennenswerten Arbeitsaufwand erteilt Der sachlichen Bescheidung entspricht hier die Erteilung Auskunft.

Informationspflichten läßt A r t . 17 GG schließlich dort entstehen, wo die unzuständige Stelle angerufen worden ist. Als sachliche Behandlung und Bescheidung ist es i n diesen Fällen zu werten, wenn die angerufene Stelle das Auskunftsersuchen an die zuständige Stelle weiterleitet und dem Petenten einen entsprechenden Zwischenbescheid zukommen läßt 3 8 oder i h m die zuständige Stelle benennt. Z u weit führen würde es allerdings, von der angerufenen Behörde eine genaue Bezeichnung der zuständigen Stelle zu verlangen. Die Unzuständigkeit der angerufenen Stelle steht der Zulässigkeit einer Petition nicht entgegen 39 . Zwar deutet der Wortlaut darauf hin, daß eine Petition nur gegenüber zuständigen Stellen zulässig ist. Zum Teil w i r d daher auch die Zuständigkeit der angerufenen Stelle als Zulässigkeitsvoraussetzung für die Petition aufgefaßt 40 . Eine am Wert des A r t . 17 GG ausgerichtete Auslegung gebietet jedoch, die Zulässigkeit der Petition nicht an der Unzuständigkeit der angerufenen Stelle scheitern zu lassen. M i t diesem Wert ist eine Formalisierung des Petitionsrechtes i m Sinne einer Einführung der Zuständigkeit als Zulässigkeitsvoraussetzung nicht vereinbar 4 1 . Es ist gerade der Sinn des A r t . 17 GG, daß der Bürger ohne Einhaltung vorgeschriebener Verfahrensoder Instanzenwege die Möglichkeit haben soll, sein Anliegen vorzutragen, prüfen und bescheiden zu lassen. A r t . 17 GG schafft allerdings keine neuen Zuständigkeiten 42 . Die angerufene unzuständige Stelle darf die erbetene Auskunft, wie bereits angeführt 4 3 , nicht erteilen. Die Annahme, daß die Unzuständigkeit der Zulässigkeit der Petition nicht entgegensteht, ist i m übrigen auch m i t dem Wortlaut des A r t i k e l 17 GG vereinbar. Die angerufene unzuständige Stelle ist insofern als zuständige Stelle anzusehen, als sie die Pflicht trifft, die Petition an die zuständige Stelle weiterzuleiten unter Benachrichtigung des Petenten oder verpflichtet ist, i h m die zuständige Stelle zu nennen 44 . Gesichtspunkt der gerichtlichen Kontrollierbarkeit der V e r w a l t u n g i n Betracht, vgl. unten Abschnitt 3 § 5 A . u. B. 38 Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 17 Rdnr. 64; von MangoldtKlein, GG, Bd. I, S. 511, Mattern, S. 632. 39 Dürig, a.a.O., Rdnr. 64, von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 510. 40 BVerfGE 2, 225 (229) v. 22. 4. 1953. 41 Dürig, a.a.O., Rdnr. 64. 42 Dürig, a.a.O., Rdnr. 63. 43 Vgl. oben T e i l 4 Abschnitt 1 § 1. 44 Dürig, a.a.O., Rdnr. 64.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

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C. Die Rechte aus Art. 5 1 1 GG Nach A r t . 5 1 1 GG hat jeder das Recht, seine Meinung i n Wort, Schrift und B i l d frei zu äußern (Meinungsfreiheit) und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (Informationsfreiheit). Die Auskunftserteilung ist ein besonderer Informationsvorgang. Als Grundlage eines allgemeinen Auskunftsanspruches kommt daher i n erster Linie die Informationsfreiheit i n Betracht. Hier fragt es sich, ob die Beanspruchung behördlicher Auskunft eine Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen darstellt. Daneben ist auch das Recht der Meinungsäußerungsfreiheit als mögliche Grundlage eines allgemeinen Auskunftsanspruches anzusehen. Denn ein solcher A n spruch ist möglicherweise ein integrierter Bestandteil dieses Rechtes. I. Bisherige Stellungnahmen 2. Die Rechtsprechung Die Rechtsprechung hat sich bei der Erörterung von Informationsrechten, wie angedeutet, fast gar nicht m i t den Rechten aus A r t . 5 1 1 GG auseinandergesetzt. Das OVG Münster 4 5 verneint ein Recht auf Akteneinsicht m i t der pauschalen Begründung, bei behördlichen A k t e n handele es sich nicht u m allgemein zugängliche Quellen. A u f der gleichen Linie liegt der bereits zitierte Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. 3.1966 — I B 18. 65 — 4 6 : Die jedermann nach A r t . 5 1 1 GG zustehende Informationsfreiheit umfasse nicht den Anspruch, Auskünfte von Behörden zu erlangen, da es sich hierbei nicht u m allgemein zugängliche Quellen handele. 2. Das Schrifttum Inwieweit A r t . 5 1 1 GG Auskunftsrechte gewährleistet, ist i m Schriftt u m i n erster Linie i m Zusammenhang m i t dem Informationsrecht der Presse gegen die Behörden erörtert worden 4 7 . Weniger behandelt ist dagegen die Frage, ob A r t . 5 1 1 GG dem Bürger ein allgemeines staatsbürgerliches Informationsrecht gibt. Der Klärung dieser Frage hat sich, wie angeführt, nur Windsheimer 48 i n jüngster Zeit i n einer eingehenden Untersuchung angenommen. 45

O V G Münster, U. v. 18.11.1958 i n DÖV 1959, 391; vgl. ferner O V G R h P f , U. v. 30. 9.1952, A S 3, 134. 46 BVerwG, B. v. 25.3.1966 i n DVB1 1966, 575 (576); vgl. oben T e i l 3 A b schnitt 1 § 2 A . F N 27. 47 Vgl. hierzu die Nachweise oben T e i l 1 F N 12. 48 Vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 2 § 2.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Das sich speziell m i t der Frage der behördlichen Auskunftspflicht auseinandersetzende Schrifttum läßt eine Erörterung des A r t . 5 1 1 GG zumeist vollständig vermissen. Entsprechende Stellungnahmen finden sich i m wesentlichen nur i n den Kommentierungen zu dieser Verfassungsvorschrift. Hier w i r d einhellig die Ableitung eines allgemeinen staatsbürgerlichen Informationsrechtes aus A r t . 5 1 1 GG abgelehnt 49 . Begründet w i r d die Ablehnung m i t dem mehr oder minder pauschalen Hinweis, daß der Bürger nur Anspruch auf Information aus allgemein zugänglichen Quellen habe 50 . Ferner w i r d angeführt, A r t . 5 1 1 GG gebe als negatives Statusgrundrecht keinen Anspruch auf Leistung von Information 5 1 . Andererseits weisen Ridder und, i h m folgend, von Mangoldt-Klein jedoch darauf hin, daß ein generelles Auskunftsverbot für Behörden den Nachrichtenorganisationen gegenüber sicher verfassungsw i d r i g sei 52 . Windsheimer entnimmt aus den A r t i k e l n 5 1 1 GG, 421 und I I I GG und 21 I I I GG i n Verbindung mit dem Demokratieprinzip, A r t . 20 und 28 GG, und dem Menschenwürdegehalt des A r t . 1 1 GG eine Verfassungsentscheidung für die Information des Staatsbürgers durch den Staat. Der Staat sei verpflichtet, alle Erscheinungen des staatlichen Bereiches der allgemeinen Wahrnehmung zugänglich zu machen 53 . Von diesem Grundgedanken ausgehend, prüft Windsheimer, ob A r t . 5 1 1 GG dem Bürger ein Informationsrecht zuerkennt 5 4 . Er verneint die Ableitung eines Auskunftsrechtes aus der Informationsfreiheit. Der einzelne könne nicht die Errichtung und Unterhaltung von Informationsquellen sondern nur den ungehinderten Zugang zu bereits bestehenden oder künftig zu errichtenden staatlichen Informationsquellen verlangen 55 . Der Staat sei, i m Rahmen seiner grundsätzlichen Pflicht zur Informa49 Ridder, S. 276; Reisnecker, S. 65; von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 242; Löffler, N J W 1964, 2277; Düwel, S. 115; Hesse, Grundzüge, S. 150; Faber, S. 29; Seiwerth, S. 49; Model - Müller, GG, A r t . 5 A n m . 2; Geiger, S. 123; ders. StL, Bd. 3, Sp. 1133, vgl. ferner BGHSt 10, 202 v. 8. 2. 1957. 50 Reisnecker, S. 65; Löffler i n N J W 1964, 2277; Düwel, S. 115; Hamann, GG, A r t . 5 A n m . 5; Lepper, DVB1 1963, 317. 61 Vgl. von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 241; Geiger, Festschrift f ü r A r n d t , S. 123. A u f der gleichen L i n i e liegt die Stellungnahme von Herzog i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 5 Rdnr. 101, wonach die Informationsfreiheit als Abwehrrecht i m klassischen Sinne kein Recht auf Einrichtung von Informationsquellen gewährleistet. 52 Ridder, S. 276; von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 243; ebenso Brinckmann, GG, A r t . 5 A n m . I I b ; Hesse, Grundzüge S. 150; vgl. ferner Geiger, Festschrift f ü r A r n d t , S. 126, der durch Beispiele veranschaulicht, daß die Sperrung bestimmter, behördlicherseits errichteter Informationsquellen, z.B. eine Beschränkung der Öffentlichkeit der Haushaltspläne, nicht m i t der Informationsfreiheit vereinbar ist. 53 Windsheimer, S. 42. 54 Windsheimer, S. 64 ff. 55 Windsheimer, S. 139.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches103 tion, nur der Allgemeinheit zur Publizität, nicht aber dem einzelnen zur Information verpflichtet 5 6 . Dagegen bejaht Windsheimer ein Informationsrecht als Ausfluß der Meinungsäußerungsfreiheit. Die Meinungsäußerungsfreiheit gebe jedermann ein subjektiv-öffentliches Recht auf Information, wenn er sich — i n erhöhter Intensität — aktiv und öffentlich am Kommunikationsprozeß beteilige. Dieses Recht sei nicht auf Publizisten beschränkt 57 . 3. Kritik Die bisherige Behandlung der Frage, ob A r t . 5 1 1 GG einen allgemeinen Auskunftsanspruch begründet, befriedigt nicht. Hinsichtlich der Entscheidungen des OVG Münster und des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Schrifttums, m i t Ausnahme Windsheimers, bedarf dies, wegen der pauschalen Begründungen, keiner eingehenden Ausführung. M i t dem Hinweis, A r t . 5 1 1 GG gebe deshalb kein Auskunftsrecht, w e i l der Bürger nur Anspruch auf Unterrichtung aus allgemein zugänglichen Quellen habe und A r t . 5 1 1 GG lediglich ein Abwehrrecht gegen den Staat gebe, w i r d die Problematik eines Rechtes auf behördliche Information i m Rahmen dieser Verfassungsvorschrift nicht erschöpft. Es fehlt insbesondere eine Auseinandersetzung m i t der Frage, ob der Wertgehalt des A r t . 5 1 1 GG i n Anbetracht der gegenwärtigen staatlichen Überlegenheit an Information eine behördliche Auskunftspflicht gegenüber dem Bürger gebietet. Auch die Untersuchung Windsheimer s stellt nicht zufrieden. Abzulehnen ist einmal der von i h m eingeschlagene Weg, A r t . 5 1 1 GG über eine sich aus dem Menschenwürdegehalt des A r t . 1 1 GG und dem Demokratieprinzip ergebende Verfassungsentscheidung für die Information des Staatsbürgers durch den Staat zu interpretieren. Eine solche einheitliche Verfassungsentscheidung für die Information muß aus folgenden Gründen verneint werden: Die Information ist nie Selbstzweck, sondern immer nur M i t t e l zur Erreichung eines Zweckes 58 . Berücksichtigt man dies, so kann sich aus dem Menschenwürdegehalt und dem Demokratieprinzip, zwei unterschiedlichen Größen 59 , keine einheitliche Entscheidung für die Informa56

Windsheimer, S. 141. Windsheimer, S. 164. 58 Der Zweck der Information i m gesellschaftlichen Bereich, u m den es hier geht, k a n n i n der Vorbereitung menschlichen Handelns gesehen werden. Gemeint ist damit der alltägliche Begriff der Information, der praxis- u n d zweckbezogen ist, vgl. Seiffert, S. 23 f. 69 Aus der Achtung der Menschenwürde folgt insbesondere nicht zwingend die demokratische Staatsform. Denn diese Staatsform k a n n nicht als die 57

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

tion des Staatsbürgers ergeben. Möglich ist vielmehr nur eine jeweils dem Menschenwürdegehalt des A r t . 1 1 G G und dem Demokratieprinzip angemessene Entscheidung für die Information, die dann jeweils zu unterschiedlichen Ergebnissen führt. I n Betracht kommt folglich nur eine Auslegung des A r t . 5 1 1 GG, die, wenn sie von grundlegenden Informationsgeboten ausgeht, sich getrennt, nämlich jeweils am Menschenwürdegehalt des A r t . 11 GG und am Demokratieprinzip, orientiert. Unbefriedigend ist sodann die Begründung, m i t der Windsheimer die Ableitung eines Auskunftsanspruches aus der Informationsfreiheit verneint. Es hätte einer eingehenderen Stellungnahme zu der Frage bedurft, ob die Informationsfreiheit nicht doch, i m Lichte des A r t . 1 1 GG und i n Anbetracht der gegenwärtigen staatlichen Überlegenheit an Information, unmittelbar Auskunftsrechte für den einzelnen begründet. Wenn Windsheimer schließlich Auskunftsrechte aus der Meinungsäußerungsfreiheit herleitet, so stellt auch diese Lösung nicht zufrieden. Zweifelhaft ist, ob überhaupt die Meinungsäußerungsfreiheit über die Informationsfreiheit hinaus noch Auskunftsansprüche begründen kann. Eine Auseinandersetzung m i t dieser Frage läßt die Untersuchung Windsheimers vermissen. II. Die eigene Lösung Als Grundlage eines allgemeinen Auskunftsanspruches i m Rahmen des A r t . 5 1 1 GG kommt, wie anfangs erwähnt, zunächst die Informationsfreiheit i n Betracht. Sie soll als erstes auf ein allgemeines Informationsrecht h i n untersucht werden. Erst daran anschließend ist die Meinungsäußerungsfreiheit auf einen derartigen Anspruch h i n zu erörtern. Hier w i r d jedoch zunächst die Frage zu klären sein, ob diese Erörterung wegen der Beziehung der Informationsfreiheit zur Meinungsäußerungsfreiheit noch notwendig ist. Regelt die Informationsfreiheit bereits das Verhältnis von Information und Meinungsäußerungsfreiheit, so kann die Meinungsäußerungsfreiheit nicht mehr Informationsrechte gewährleisten, wie es bereits auf Grund der Informationsfreiheit der Fall ist. Eine Erörterung der Meinungsäußerungsfreiheit auf einen allgemeinen Auskunftsanspruch hin, über eine entsprechende Untersuchung der Informationsfreiheit hinaus, würde sich dann erübrigen.

allein vertretbare Staatsform betrachtet werden, vgl. Peters, StL, Bd. I I , Sp. 560 ff. (589). Z u m Menschenbild, das der Demokratie zu Grunde liegt, vgl. i m übrigen Bäumlin, EStL, Sp. 280.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches105 1. Dielnformationsfreiheit und das Recht auf behördliche Auskunft a) Der Wortlaut des A r t . 5 1 1 GG (Informationsfreiheit) und das Recht auf behördliche Auskunft Schon ein erster Blick auf den Wortlaut des A r t . 5 1 1 GG zeigt, daß sich die Frage nach einem allgemeinen Auskunftsrecht i m Rahmen der Informationsfreiheit nicht allein auf Grund des Wortlautes dieser Vorschrift beantworten läßt, sondern nur m i t Hilfe einer systematischen und teleologischen Interpretation. Hierbei w i r d es i m wesentlichen darauf ankommen, ob die i m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruches möglichen Informationen noch als allgemein zugängliche Informationsquellen angesehen werden können. Dennoch hat auch hier die Auslegung, wie bei jeder Interpretation eines Textes, m i t dem Wortlaut zu beginnen 60 . Der mögliche Wortsinn grenzt den Bereich ein, innerhalb dessen das Ergebnis der Interpretation liegeji kann. Auszuscheiden haben von vornherein die Lösungen, für die nicht irgendein Anhaltspunkt i m Wortlaut gegeben ist 6 1 . Zu prüfen ist also, inwieweit der Wortlaut des A r t . 5 1 1 GG m i t dem Recht auf behördliche Auskunft vereinbar ist: Z u klären ist die Vereinbarkeit des Wortlautes m i t einem allgemeinen Auskunftsanspruch sowie darüber hinaus die Frage, welche Lösung für die behördliche Auskunftspflicht von vornherein nach dem möglichen Wortsinn des A r t . 5 11 GG ausscheidet. Nach dem Wortlaut mann das Recht, sich zu unterrichten. M i t kunftsanspruch dann hördlicher Auskünfte ches als ungehinderte len angesehen werden

des A r t . 5 1 1 GG (Informationsfreiheit) hat jederaus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert dieser Formulierung ist ein allgemeiner Ausvereinbar, wenn die Information m i t Hilfe bei m Rahmen eines allgemeinen AuskunftsanspruUnterrichtung aus allgemein zugänglichen Quelkann. Hierfür ist dreierlei Voraussetzung:

1. Die Information m i t Hilfe behördlicher Auskünfte muß als Unterrichtung aus Informationsquellen angesehen werden können. 2. Die Auskünfte, die i m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruches möglich sind, müssen als allgemein zugängliche Informationsquellen i n Betracht kommen. 3. Die Beanspruchung behördlicher Auskunft muß m i t der Bedeutung der Worte „sich ungehindert unterrichten" vereinbar sein. 60 Vgl. BVerfGE 1, 299 (312) v. 21.5.1952; E 10, 234 (244) v. 15.12.1959; E 11, 77 (84) v. 10. 5.1960 = D Ö V 1960, 585; E 11, 126 (130) v. 17. 5.1960. 81 Ossenbühl, D Ö V 1965, 649 (652).

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Ob die Information m i t Hilfe behördlicher Auskünfte als Unterrichtung aus Informationsquellen angesehen werden kann, könnte deswegen fraglich sein, w e i l m i t dem Begriff der Informationsquelle üblicherweise die Vorstellung solcher, Informationen vermittelnder Erscheinungen verbunden wird, die sich bereits vor dem Eintritt des Informationsvorganges verkörpert haben, wie Bücher, Zeitschriften, Bilder oder Filme 6 2 . Sieht man dagegen auch die Information durch Auskünfte als Unterrichtung aus Informationsquellen an, so handelt es sich u m eine Unterrichtung aus Informationsquellen, die erst und zugleich m i t dem Eint r i t t des Informationsvorganges, der Erteilung der Auskunft, entstehen. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch nicht dafür entscheidend sein, ob eine Unterrichtung aus einer Informationsquelle vorliegt. Entscheidend für den Begriff der Informationsquelle ist, daß es sich u m eine Erscheinung handelt, die geeignet ist, Information zu vermitteln 6 3 . Alle nur denkbaren Träger von Informationen, auch der Gegenstand der Information selbst, müssen daher als Informationsquellen betrachtet werden 6 4 . Gegenstand der Information können hierbei nicht nur Tatsachen, sondern auch Meinungen sein 65 . Auch die Information m i t Hilfe behördlicher Auskünfte muß deshalb als Unterrichtung aus Informationsquellen angesehen werden. Auskünfte sind Träger von Informationen, die erst und zugleich m i t dem Eintritt des Informationsvorganges, der Erteilung der Auskunft, entstehen. Auskünfte, die i m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruches denkbar sind, kommen weiterhin als allgemein zugängliche Informationsquellen i n Betracht. Als allgemein zugängliche Informationsquellen können sie insofern angesehen werden, als sie allgemein beansprucht werden können. Dem Begriff der Zugänglichkeit entspricht bei Auskünften der Begriff der Beanspruchungsmöglichkeit. Zu den allgemein zu beanspruchenden Auskünften können möglicherweise aber 62

So spricht z . B . Herzog, a.a.O., Rdnr. 87, bei der Erläuterung des Begriffes „Informationsquelle" von dem Träger der Kenntnis u n d der Tatsache selbst als Gegenstand der Information, das heißt von Erscheinungen, die sich bereits v o r E i n t r i t t des Informationsvorganges verkörpert haben. 63 Die Informationsquelle bildet den Ausgangspunkt des Informationsvorganges, des Kommunikationsprozesses. Dieser besteht aus drei Faktoren: Erstens aus einem K o m m u n i k a t o r , d. h. einem Faktor, der Information abgibt u n d damit die Informationsquelle darstellt, zweitens der Aussage, d. h. der Information selbst, u n d drittens aus dem Empfänger der Information, vgl. Schramm, S. 16; Maletzke, S. 26 ff.; Eberhard - Meyn, EStL, Sp. 1286. 64 Herzog i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 5 Rdnr. 87. 05 Herzog, a.a.O., Rdnr. 87.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches107 auch diejenigen zählen, die i m Rahmen eines allgemeinen Informationsanspruches i n Betracht kommen. Was unter allgemein zugänglichen Informationsquellen und damit unter allgemein zu beanspruchenden Auskünften zu verstehen ist, hängt jedoch auf alle Fälle nicht von der Bestimmung der Verwaltung ab. Als allgemein zu beanspruchende Auskünfte können m i t h i n auf jeden Fall nicht die Informationen betrachtet werden, zu deren Erteilung sich die Verwaltung gegenüber jedermann bereit erklärt. Denn eine Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit durch Gesetz, Verordnung oder Verwaltungsakt scheidet aus 66 . Das würde darauf hinauslaufen, daß Gesetzgeber oder Verwaltung den Inhalt des Informationsrechtes bestimmen könnten. Die Informationsfreiheit würde dann gegenstandslos sein. Das jedoch ist gerade nicht der Sinn dieses Grundrechtes, das zugunsten der Freiheit des einzelnen eine Schranke gegen hoheitliche Eingriffe errichten soll. Diese Einschränkung des Begriffes „Allgemeinzugänglichkeit" leitet über zu einem weiteren Gesichtspunkt, der bei der Auslegung der I n formationsfreiheit auf behördliche Informationspflichten h i n zu beachten ist: Aus dem Umstand, daß die Bestimmung der Allgemeinzugänglichkeit nicht der Disposition des Gesetzgebers oder der der Verwaltung unterliegen kann, folgerte man zutreffend, daß die Allgemeinzugänglichkeit einer Informationsquelle von ihrer tatsächlichen Gegebenheit abhängt 67 . Als allgemein zugänglich w i r d eine Informationsquelle von Herzog dann angesehen, wenn sie entweder allgemein oder zumindest i m konkreten Einzelfall dazu geeignet und bestimmt ist, daß ein individuell nicht bestimmbarer Personenkreis von ihrem Inhalt Kenntnis erhält 6 8 . Ridder 69 und, i h m folgend, von Mangoldt - Klein 70 definieren die allgemein zugänglichen Quellen als die bisher, üblicherweise und zusätzlich demnächst m i t der Weiterentwicklung der Technik und der Lebensgewohnheiten allgemein zugänglichen Quellen 7 1 . 86 Herzog, a.a.O., Rdnr. 89; Lerche, EStL, Sp. 786; Carl Schmidt, HdbDStR, Bd. I I , S. 572 (592); Geiger, Festschrift für A r n d t , S. 126, der jedoch i m ü b r i gen die Informationsfreiheit zu sehr einschränkt, wenn er die Behörden i m allgemeinen f ü r berechtigt hält, darüber allein zu bestimmen, i n w i e w e i t sie zur Offenlegung ihrer internen Vorgänge verpflichtet sind, vgl. Geiger, a.a.O., S. 125. A . A . Dürig, AöR 81, 117 (139), wonach sich der Begriff der Allgemeinzugänglichkeit durch die bestehenden Vorschriften des öffentlichen u n d bürgerlichen Rechtes bestimmt, ebenso Hamann, GG, A r t . 5 A n m . 5; Leppen, DVB1 1963, 317. 87 Herzog, a.a.O., Rdnr. 90; Lerche, EStL, Sp. 786. 68 Herzog, a.a.O., Rdnr. 90. 89 Ridder, S. 275. 70 von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 242; ebenso Geiger, Festschrift f ü r A r n d t , S. 126; BVerfG, B. v. 3.10.1969 i n N J W 1970, 235 = Betrieb 1970, 51 = DÖV 1970, 49 = DVB1 1970, 141 = JuS 1970, 184.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Der Gesichtspunkt der faktischen Zugänglichkeit ist jedoch nur dort zur Eingrenzung des Begriffes der Allgemeinzugänglichkeit geeignet, wo es sich u m Informationsquellen handelt, die auch tatsächlich zugänglich sind. Das sind solche Informationsquellen, die sich bereits vor dem Eintritt des Informationsvorganges verkörpert haben. Bei behördlichen Auskünften entsteht dagegen, wie dargelegt, die Informationsquelle erst m i t dem E i n t r i t t des Informationsvorganges, der Auskunftserteilung. Bei ihnen ist eine faktische Zugänglichkeit nicht denkbar. Dieser Gesichtspunkt versagt daher bei der Eingrenzung der Allgemeinzugänglichkeit i m Hinblick auf behördliche Auskünfte. Die Beanspruchung behördlicher Auskunft ist schließlich m i t der Bedeutung der Worte „sich ungehindert zu unterrichten" vereinbar. Der Begriff der ungehinderten Unterrichtung bedeutet i n erster Linie die Nichtbehinderung seitens des Staates. I n Bezug auf behördliche Auskünfte kann dieser Bedeutung das Fehlen eines behördlichen Auskunftsverweigerungsrechtes zugeordnet werden. Die Bedeutung des Begriffes „ungehinderte Unterrichtung" als Nichtbehinderung seitens des Staates lenkt den Blick auf die Frage, inwieweit das Recht auf behördliche Auskunft m i t der Natur der Informationsfreiheit als Freiheitsrecht vereinbar ist. A u f dieses Problem, das die systematische Interpretation der Informationsfreiheit betrifft, soll i m folgenden Abschnitt eingegangen werden. Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß der Wortlaut des A r t . 5 1 1 GG (Informationsfreiheit) m i t einem allgemeinen Auskunftsanspruch vereinbar ist 7 2 . b) Die Vereinbarkeit der Informationsfreiheit als Freiheitsrecht m i t dem Recht auf behördliche Auskunft Beanspruchung behördlicher Auskunft ist Beanspruchung staatlicher Leistung. Die Leistung besteht darin, daß der betreffende Beamte sich zunächst ein Urteil über den Gegenstand der Information bildet und dieses Urteil dem Auskunftsersuchenden vermittelt. 71 Nach Lerche, EStL, Sp. 786, sind Äußerungen dann als allgemein zugänglich i. S. d. A r t . 5 1 1 GG anzusehen, w e n n sie an die Allgemeinheit gerichtet sind u n d entsprechend technisch abgegeben werden. Zutreffend verneint Lerche, a.a.O., die Allgemeinzugänglichkeit solcher Informationen, die nicht an die Allgemeinheit gerichtet sind, sondern private Mitteilungen zwischen Einzelpersonen oder vertrauliche Mitteilungen zwischen Staatsorganen darstellen. Die technischen Modalitäten der Zugänglichkeit, w i e z.B. das Erfordernis eines Entgeltes, schließen i m übrigen die Allgemeinzugänglichkeit i. S. d. A r t . 5 1 1 GG nicht aus, vgl. Ridder, S. 275; Maunz, S. 119; Reisnecker, S. 64; von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 242. 72 A . A . Geiger, Festschrift f ü r A r n d t , S. 129.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches109 Zwar sind Fälle denkbar, i n denen die Erteilung behördlicher Auskünfte m i t geringer Mühe verbunden und den Fällen gleichzuachten ist, i n denen der Bürger sich die nötige Kenntnis ohne größere Mühe selbst verschaffen kann. Es macht z. B. keinen großen Unterschied, ob der Bürger Akteneinsicht begehrt oder Mitteilung des Akteninhaltes verlangt. Auch i n diesen Fällen liegt jedoch m i t Erteilung der Auskünfte, wenn auch kaum ins Gewicht fallend, eine staatliche Leistung vor. Denn auch hier muß sich der betreffende Beamte zunächst ein eigenes Urteil über den Akteninhalt bilden und dieses Urteil dem Auskunftsersuchenden weiterleiten. Vor allem aber ist die praktische Gleichwertigkeit zwischen behördlichen Auskünften und Selbstinformationen des Bürgers durchaus nicht i n allen Auskunftsfällen gegeben. Vielfach erfordert die Auskunftserteilung, besonders bei Rechtsauskünften, erhebliche Vorarbeiten. Zudem stellt sie häufig für den Bürger, i m Gegensatz zu einer Selbstinformation, die mit staatlicher Autorität versehene Information dar, die i h m eine größere Verläßlichkeit verbürgt als die eigene Kenntnisnahme. Berücksichtigt man den so umschriebenen Leistungscharakter der Auskunft, so ist m i t der Informationsfreiheit ein Recht auf behördliche Auskunft unvereinbar, wenn man die Informationsfreiheit als ein Freiheitsrecht m i t rein negativem Statuscharakter versteht 7 3 . Denn Rechte dieser A r t beschränken sich lediglich auf die Abwehr staatlicher Eingriffe i n die Freiheitssphäre des Bürgers und geben keine A n sprüche auf staatliche Leistungen 7 4 . Gegen eine derart einschränkende Interpretation der Informationsfreiheit spricht jedoch folgende Überlegung: Das m i t einem Freiheitsrecht verbundene Recht auf Unterlassung staatlicher Eingriffe ist nicht ein absoluter Wert, sondern nichts anderes als ein M i t t e l zur Sicherung der von dem Freiheitsrecht geschützten Freiheit. Maßgebend für die Interpretation eines Freiheitsrechtes dürfen jedoch nicht die M i t t e l sein, die die Freiheit schützen, sondern der Inhalt der Freiheit selbst. Das heißt, auch für die Interpretation der Informationsfreiheit als Freiheitsrecht muß die diesem Freiheitsrecht zugrunde liegende Freiheit, der Wert der Informationsfreiheit, entscheidend sein. Die Auslegung darf nicht durch den status negativus dieses Rechtes beschränkt werden. Geht man hiervon aus, so ist die grundsätzliche Vereinbarkeit der Informationsfreiheit m i t einem Recht 78 So von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I , S. 240; Geiger, Festschrift f ü r A r n d t , S. 123; Wohland, S. 121. 74 von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 59; Carl Schmitt, HdbDStR, Bd. I I , S. 572 (591).

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

auf behördliche Auskunft zu bejahen. Der Wert der Informationsfreiheit kann schlagwortartig als die innere Geistesfreiheit beschrieben werden 7 5 . Die Gewährleistung dieses Wertes kann möglicherweise auch die Leistung staatlicher Information erfordern und damit möglicherweise das Recht auf behördliche Auskunft begründen. Denn der inneren Geistesfreiheit kommt nicht nur die Bedeutung des Freiseins von staatlichen Eingriffen zu, sondern auch die Bedeutung, Richtung und Gegenstand der geistigen Tätigkeit frei zu bestimmen 76 . Für die Gewährleistung dieser Möglichkeit aber ist u. U. eine staatliche Informationspflicht notwendig 7 7 . Zwar entspricht die Betonung des status negativus der Informationsfreiheit der geschichtlichen Entwicklung der Grundrechte. Die politischen Kämpfe zwischen dem einzelnen und dem absoluten Staat bewirkten, daß sie i n erster Linie als Freiheitsrechte gegen den Staat verstanden wurden 7 8 . Dieser status negativus war das der geschichtlichen Situation angemessene M i t t e l zur Sicherung der Freiheit. Verfassungsauslegung muß jedoch, wie dargelegt 79 , m i t dem Wandel der Geschichte einhergehen. Die Auslegung eines Freiheitsrechtes ist daher nicht notwendig auf den status negativus beschränkt. Das Freiheitsrecht kann m i t Rücksicht auf die veränderten tatsächlichen Verhältnisse die Züge eines Rechtes auf staatliche Leistung annehmen. Auch die Informationsfreiheit als Freiheitsrecht kann daher — m i t Rücksicht auf die Änderung der Verhältnisse, nämlich m i t Rücksicht auf die wachsende Überlegenheit des Staates an Information — ein Recht auf behördliche Auskunft als staatliche Leistung einschließen. c) Der Wertgehalt der Informationsfreiheit und das Recht auf behördliche Auskunft aa) Die Bezüge der Meinungsfreiheit zur Denkfreiheit und zum Demokratieprinzip als Richtpunkte für die Auslegung der Informationsfreiheit Die Informationsfreiheit bildet zusammen m i t der Meinungsäußerungsfreiheit das umfassendere Grundrecht der Meinungsfreiheit i n A r t . 5 1 1 GG 8 0 . 75 Wernicke i n B K , A r t . 5 A n m . I I 1 a, von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 237. 78 Vgl. Wohland, S. 81; Scheuner, W D S t R L 22, 20. 77 I m Ergebnis ebenso Windsheimer, S. 70. 78 Vgl. Ridder, S. 244; Herzog, a.a.O., Rdnr. 3. 79 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 2. 80 von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 236; über die geistesgeschichtlichen Wurzeln der Informationsfreiheit als T e i l der Meinungsfreiheit vgl. ferner Wohland, S. 35.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches111 Beide Rechte können als Ausdruck der Geistesfreiheit und der „Freiheit geistiger Wirksamkeit" angesehen werden 8 1 . Die Informationsfreiheit ist einmal eine Konsequenz der Meinungsäußerungsfreiheit, darüber hinaus Voraussetzung dieser Freiheit und der Meinungsfreiheit überhaupt. Notwendige Folge der Meinungsäußerungsfreiheit ist die Informationsfreiheit insofern, als sie die Freiheit des Meinungsempfangs garantiert. Das Recht der Meinungsäußerungsfreiheit wäre sinnlos, wenn es nicht durch das Recht des Meinungsempfanges ergänzt wäre 8 2 . Voraussetzung der Meinungsäußerungsfreiheit und der Meinungsfreiheit überhaupt ist die Informationsfreiheit dagegen insofern, als sie eine freie und sachliche Meinungsbildung und damit auch eine freie und sachliche Meinungsäußerung erst ermöglicht. Meinungsbildung und Meinungsäußerung können zwar auch ohne Informationen erfolgen 83 . Eine freie und sachliche Meinungsbildung und eine entsprechende Meinungsäußerung sind jedoch nur bei freiem Zugang zu sachdienlichen Informationsquellen gewährleistet 84 . Wegen der Verknüpfung der Informationsfreiheit und der Meinungsäußerungsfreiheit zu dem umfassenderen Grundrecht der Meinungsfreiheit ist es angebracht, zunächst den Wertgehalt der Meinungsfreiheit i m allgemeinen zu umreißen. Die hierbei gewonnenen Ergebnisse sind dann als Richtpunkte bei der Interpretation der Informationsfreiheit zu verwenden. Die Meinungsfreiheit ist, wie erwähnt, Ausdruck geistiger Freiheit und der Freiheit geistiger Wirksamkeit. Von dieser Grundlage ausgehend ist der Wertgehalt der Meinungsfreiheit jedoch kein einheitlicher. Er weist einen individual-rechtlichen und einen kollektiv-rechtlichen Bezug auf 8 5 . M i t dem individual-rechtlichen Bezug schützt die Meinungsfreiheit die Freiheit des einzelnen zu freier Entfaltung seiner geistigen Persönlichkeit 86 , d. h. die Denkfreiheit. Diese Bedeutung 81 Wernicke i. B K , A r t . 5, A n m . I I 1 a 2 a 3 a; ebenso von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 237. 82 Ridder, S. 249. 83 Herzog, a.a.O., Rdnr. 82. 84 Herzog, a.a.O., Rdnr. 82; Lerche, EStL, Sp. 785 (786), Geiger, Festschrift für A r n d t , S. 212 f. 85 Herzog, a.a.O., Rdnr. 5—8; ebenso Wohland, S. 35, der die Meinungsfreiheit aufteilt i n die innere Meinungsfreiheit, d. h. die Gedanken- u n d die Gewissensfreiheit des Individuums, und i n die äußere Meinungsfreiheit, d . h . die auf Mitbestimmung i m Gemeinwesen gerichtete Freiheit der Presse u n d politischen Betätigung; vgl. ferner Zippelius, EStL, Sp. 1298, wonach sich i m Grundrecht der Meinungsfreiheit liberalistische u n d demokratische P r i n zipien begegnen. 86 Herzog, a.a.O., Rdnr. 2 ff.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

wurde von der Staatsrechtswissenschaft und juristischen Praxis von jeher der Meinungsfreiheit zugemessen87. M i t ihr stellt sich A r t . 5 1 1 GG i m Wertsystem des Grundgesetzes als eine Konkretisierung des allgemeinen Freiheitsrechtes des A r t . 2 I GG und darüber hinaus als eine Konkretisierung des Menschenwürdegehalts des A r t . 1 I GG dar: Der Achtung der Menschenwürde i n A r t . 11 GG ist die Achtung der inneren Geistesfreiheit immanent. Die innere Geistesfreiheit fordert die Denk- und Entschlußfreiheit 88 . Die Denkfreiheit wiederum ist nur gewährleistet, wenn das Recht der freien Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit garantiert sind. Denn ein Denken ohne die Möglichkeit geistiger Auseinandersetzung, d.h. ohne das Recht der freien Meinungsäußerung und der sachdienlichen Information, ist nicht fruchtbar 8 9 . Der kollektiv rechtliche Bezug der Meinungsfreiheit w i r d durch die Ausstrahlungswirkung des Demokratieprinzips (Art. 20 und 28 GG) bewirkt 9 0 . Durch die Informationsfreiheit ist die Meinungsfreiheit unter diesem Blickwinkel einmal Voraussetzung für eine sinnvolle Ausübung des demokratischen Wahlrechtes. Der Bürger kann sein Wahlrecht nur dann sinnvoll ausüben, wenn er i n ausreichender Weise die Möglichkeit hat, sich über die bei seiner Wahlentscheidung abzuwägenden Umstände zu informieren 9 1 . Eine weitere, sich aus dem Demokratieprinzip ergebende Bedeutung der Meinungsfreiheit liegt i n ihrer Funktion als Voraussetzung zur Herausbildung der öffentlichen Meinung 9 2 . Die Entscheidung des Grundgesetzes für eine demokratische Grundordnung ist eine Entscheidung für einen freien und offenen Prozeß der Meinungs- und Willensbildung des Volkes 9 3 . Hierbei bringt das Volk seinen Willen nicht nur durch Wahlen und Abstimmungen zum Ausdruck. Es äußert sich auch durch M i t w i r k u n g an der Bildung der öffentlichen Meinung, die wiederum die Entschlüsse der Staatsorgane 87

Ridder, S. 243 f. Vgl. Ridder, S. 245 ff. 89 Windsheimer, S. 66; Wohland, S. 29; Faber, S. 29. 90 Herzog, a.a.O., Rdnr. 5 ff. 91 Vgl. Biebl, S. 41; Düwel, S. 122; H.E. Jahn, S. 280 ff.; Friedrich, S. 49; Wohland, S. 73; W . O . Schmitt, DVB1 1966, 167; BVerfG, U. v. 5.8.1966 i n N J W 1966, 1603 (1604). 92 Vgl. Herzog, a.a.O., Rdnr. 83; Ridder, S. 249 ff., bezeichnet die m i t dem Demokratieprinzip verknüpfte Bedeutung der Meinungsfreiheit schlagwortartig m i t dem Begriff „öffentliche Meinungsfreiheit", sieht als deren verfassungsrechtliche Grundlage jedoch nicht A r t . 5 1 1 GG, sondern A r t . 21 GG an (Ridder, S. 257). 98 BVerfGE 20, 56 (97) v. 19. 7. 1966. 88

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches113 mitbeeinflußt 9 4 . Die freie Herausbildung einer öffentlichen Meinung ist daher unerläßlich für die Verwirklichung des Demokratieprinzips 9 5 . M i t der freien Herausbildung der öffentlichen Meinung aber ist das Hecht verbunden, daß jedermann seine Auffassung frei äußern kann, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Das wiederum fordert, daß der einzelne zum Zwecke der Beeinflussung der öffentlichen Meinung sich soweit wie möglich selbst informieren kann, u m sich ein eigenes Urteil zu bilden 9 8 . Daraus, daß der Wertgehalt der Meinungsfreiheit i n A r t . 5 1 1 GG sowohl eine individual-rechtliche als auch eine kollektiv-rechtliche Komponente aufweist, folgt, daß die Auslegung der Informationsfreiheit nicht unter einem einheitlichen Gesichtspunkt erfolgen kann. Vielmehr muß sie getrennt nach diesen Komponenten vorgenommen werden 97 . Z u beleuchten ist die Informationsfreiheit auf Auskunftsansprüche h i n einmal von der Idee der Denkfreiheit her, zum anderen vom Demokratieprinzip her. bb) Der Bezug der Informationsfreiheit zum Demokratieprinzip und das Recht auf behördliche Auskunft Der Bezug der Informationsfreiheit zum Demokratieprinzip wurde einmal i n ihrer Bedeutung als Voraussetzung für eine sinnvolle Ausübung des Wahlrechtes gesehen. Hiernach muß die durch die Informationsfreiheit gewährleistete Informationsmöglichkeit so beschaffen sein, daß der Bürger sich über die bei seiner Wahlentscheidung abzuwägenden Umstände informieren kann. Schon auf den ersten Blick kann gesagt werden, daß diese Forderung einen allgemeinen Auskunftsanspruch i n dem hier verstandenen umfassenden Sinne nicht rechtfertigt. Die bei der Wahlentscheidung abzuwägenden Umstände gehören dem politischen Bereich an. Als Voraussetzung für eine sinnvolle Ausübung des Wahlrechtes kann die Informationsfreiheit also von vornherein nur Auskunftsansprüche aus diesem Bereich rechtfertigen. Zu prüfen bleibt, ob sie insoweit Auskunftsansprüche begründet. Das kann nur i n den Fällen bejaht werden, i n denen nur durch die Zuerkennung entsprechender Informationsrechte die Möglichkeit gewährleistet wird, daß der Bürger sich über die bei seiner Wahlentscheidung abzuwägenden Umstände i n genügender Weise informieren kann. Von derartigen Lagen kann jedoch nicht ausgegangen werden. Die Presse 98 , die Arbeit der Parteien, Rundfunk und Fernsehen, staatliche 94 95 96 97 98

BVerfGE 20, 56 (99) v. 19. 7. 1966. Herzog, a.a.O., Rdnr. 4. Herzog, a.a.O., Rdnr. 4 u. 5; Windsheimer, S. 40. Vgl. Herzog, a.a.O., Rdnr. 9. Das BVerfG, U. v. 5.8.1966 i n N J W 1966, 1604, bezeichnet die Presse als

8 Krieger

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Öffentlichkeitsarbeit und nicht zuletzt auch das tatsächliche Erscheinungsbild des Staates vermitteln dem Bürger i n genügender Weise die Kenntnis der bei seiner Wahlentscheidung abzuwägenden Umstände. Zwar ist nicht zu verkennen, daß diese Informationsquellen für sich genommen nicht immer ein wahres B i l d der politischen Verhältnisse vermitteln". I n ihrer Gesamtheit und i n ihrem Zusammenwirken reichen sie jedoch aus, u m dem Bürger eine echte Information über die bei seiner Wahlentscheidung abzuwägenden Umstände zu vermitteln. Als Voraussetzung für eine sinnvolle Ausübung des Wahlrechtes rechtfertigt die Informationsfreiheit jedenfalls auch keine Auskunftsansprüche aus dem politischen Bereich. Der Bezug der Informationsfreiheit zum Demokratieprinzip wurde weiterhin als Voraussetzung für die freie Herausbildung einer öffentlichen Meinung bezeichnet. Das besagt, daß die durch die Informationsfreiheit gewährleistete Informationsmöglichkeit so beschaffen sein muß, daß sich i n freier Weise eine öffentliche Meinung herausbilden kann. Ansprüche auf behördliche Auskünfte auf Grund der Informationsfreiheit können insoweit angenommen werden, als sie für die freie Herausbildung der öffentlichen Meinung unerläßlich sind. U m zu beantworten, inwieweit dies der Fall ist, ist eine K l ä r u n g des Begriffes der öffentlichen Meinung erforderlich, was allerdings i m Rahmen dieser Arbeit nur skizzenhaft erfolgen kann 1 0 0 . Der schwer zu fassende Begriff der öffentlichen Meinung ist nicht identisch m i t der Summe der i m Volke vorhandenen oder geäußerten Ansichten über beliebige Gegenstände. Zwar besteht sie aus unzählichen Einzelmeinungen, führt jedoch über deren Auseinandersetzungen zu einem einheitlichen Gesamtergebnis 101 . Die Einzelmeinungen werden zum Zwecke der Teilnahme an der öffentlichen Diskussion abgegeben. Durch die Auseinandersetzung m i t anderen Meinungen i n der Öffentlichkeit soll der Bürger zu einer richtigen Überzeugung gelangen und sich für die Gesamtheit der Bürger die öffentliche Meinung als richtige Meinung herausbilden 102 . Gegenstand der öffentlichen Meiständiges Verbindungsorgan zwischen dem V o l k u n d seinen gewählten V e r tretern i n Parlament u n d Regierung. 99 Vgl. z . B . Leisner, S. 160, w o auf die Möglichkeit einer unzulässigen Wahlbeeinflussung durch staatliche Öffentlichkeitsarbeit hingewiesen w i r d . 100 D e r Begriff der öffentlichen Meinung w i r d sowohl i m rechtswissenschaftlichen w i e i m soziologischen Schrifttum uneinheitlich aufgefaßt, vgl. Wolff, V R I I I , S. 342. Z u m Wesen der öffentlichen Meinung i m einzelnen vgl. etwa Arndt, Begriff u n d Wesen der öffentlichen Meinung i n : Die öffentliche Meinung, 1962, S. 1 ff., Scholler, Person u n d Öffentlichkeit, 1967, S. 95 ff. 101 Krüger, Staatslehre, S. 446. 102 Krüger, Staatslehre, S. 441; Löffler, Die öffentliche Meinung, S. 20,

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

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nung kann zwar jedes Thema sein, über das man eine begründbare Auffassung haben kann 1 0 3 . Jedoch sind nur grundsätzliche, insbesondere den politischen Bereich betreffende Fragen Gegenstand der öffentlichen Meinung 1 0 4 . Die praktischen Probleme des einzelnen Falles erörtert die öffentliche Meinung nicht 1 0 5 . Diese Einschränkung ist notwendig m i t der Entstehungsweise der öffentlichen Meinung verbunden: Die Herausbildung eines Gesamtergebnisses aus unzähligen Einzelmeinungen ist nur i m Hinblick auf grundsätzliche Fragen und nicht i n Bezug auf die praktischen Probleme des einzelnen Falles möglich 1 0 6 . Die so umschriebene öffentliche Meinung läßt erkennen, daß für ihre freie Herausbildung kein allgemeines Informationsrecht erforderlich ist. Dagegen spricht einmal, daß die der öffentlichen Meinung zu Grunde liegenden einzelnen Meinungsäußerungen für die öffentliche Diskussion bestimmt sind. Die freie Herausbildung der öffentlichen Meinung kann also von vornherein nur soweit Auskunftsansprüche rechtfertigen, als dies zur Abgabe derartiger Meinungsäußerungen erforderlich ist. Ansprüche auf Auskünfte, die nicht diesem Zweck dienen, sondern rein privaten Belangen, können nicht als notwendig für die freie Herausbildung der öffentlichen Meinung angesehen werden. Derartige Informationen bilden jedoch i n der Praxis die Regel. Der größte Teil der i m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruches möglichen Auskünfte kann daher von vornherein nicht als notwendige Bedingung für die freie Bildung der öffentlichen Meinung betrachtet werden. Z u dem gleichen Ergebnis führt die Eigenschaft der öffentlichen Meinung, daß ihr Gegenstand nur die Behandlung grundsätzlicher Fragen, insbesondere aus dem politischen Bereich, bildet. Hieraus folgt, daß die freie Herausbildung der öffentlichen Meinung nur insoweit Informationsansprüche zu rechtfertigen vermag, als dies zur Abgabe von Meinungsäußerungen erforderlich ist, die auf die Diskussion derartiger grundsätzlicher Fragen gerichtet sind. Auskünfte, deren Bedeutung sich i n der Beantwortung von Spezialfragen des praktischen Falles erschöpfen, wie die meisten der i n der Praxis vorkommenden Auskünfte, sind nicht geeignet, die oben genannten Meinungsäußerungen vorzubereiten. A u f sie läßt sich m i t h i n aus der Bedeutung spricht v o n einem „nicht beweisbaren Glaubenssatz der Demokratie", daß sich i m freien Geisteskampf der Meinungen a m Ende das Richtige u n d V e r nünftige durchsetzen werde. 108 Krüger, Staatslehre, S. 446. 104 Ridder, S. 253; Krüger, Staatslehre, S. 447. 105 Krüger, Staatslehre, S. 447. los Krüger, Staatslehre, S. 447. 6*

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

der Informationsfreiheit als Voraussetzung für die Bildung der öffentlichen Meinung kein Anspruch herleiten. Zu prüfen bleibt, ob die Informationsfreiheit i n dieser Bedeutung besondere Auskunftsrechte begründet. M i t der Herausbildung der öffentlichen Meinung soll sich, wie erwähnt, die richtige Meinung für die Gesamtheit der Bürger herausbilden. Das erfordert, daß möglichst viele der die öffentliche Meinung bildenden Einzelmeinungen auf richtigen Informationen beruhen. Die Gegenstände der öffentlichen Meinungen sind, wie dargelegt, grundsätzlicher A r t , insbesondere Fragen aus dem politischen Bereich. Die Herausbildung einer möglichst richtigen öffentlichen Meinung verlangt also, daß die sie bildenden Einzelmeinungen auf richtigen Informationen über diese Gegenstände beruhen. Hinsichtlich dieser Gegenstände, die, wie gesagt, besonders dem politischen Bereich entstammen, ist aber der Staat vielfach der besser Informierte 1 0 7 : Er verfügt häufig über Informationsmonopole oder jedenfalls die besseren Informationsmöglichkeiten. Hierbei kann auf das verwiesen werden, was eingangs über die Bedeutung der behördlichen Auskünfte ausgeführt wurde. Angesichts der Informationsüberlegenheit des Staates ist es i m Interesse der Herausbildung einer möglichst richtigen öffentlichen Meinung geboten, daß der Staat Informationen aus seinem Dispositionsbereich leistet, soweit diese zur Bildung einer richtigen, der öffentlichen Diskussion beizusteuernden Meinungsäußerung geeignet sind. Dieser dem Grunde nach bestehenden Informationspflicht ist ein Auskunftsrecht des Bürgers zuzuordnen. Das ist eine Konsequenz des Erfordernisses, daß sich die öffentliche Meinung frei herausbilden soll. Diese Voraussetzung ist nur gewährleistet, wenn sich auch die der öffentlichen Meinung zu Grunde liegende Einzelmeinung frei bilden kann, was wiederum nur möglich ist, wenn der einzelne den Gegenstand seiner zu bildenden Meinung frei bestimmen kann. Der Möglichkeit, den Gegenstand seiner zu bildenden Meinung frei zu bestimmen, aber ist ein Auskunftsrecht des Bürgers zuzuordnen. Der Bürger hat m i t h i n ein Recht auf behördliche Auskunft über die Fragen aus dem Dispositionsbereich der Verwaltung, die zur Bildung einer richtigen, der öffentlichen Diskussion beizusteuernden Meinung geeignet sind 1 0 8 . 107 Vgl. i n diesem Zusammenhang Imboden, S. 48, w o ausgeführt w i r d , daß der einzelne i n seinem staatsbürgerlichen Wissen hoffnungslos überfordert ist; zum Informationsbedürfnis i n der Gegenwart vgl. ferner Geiger, Festschrift für A r n d t , S. 212. 108 A . A . Wohland, S. 121, der es als eine Überdehnung der Informations-

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches117 Hinzukommen muß allerdings noch, daß er auf die Erteilung der behördlichen Auskunft angewiesen ist. Nur dann kann der Informationsanspruch als unerläßlich für die Herausbildung einer möglichst richtigen öffentlichen Meinung angesehen werden. I m folgenden gilt es, den gefundenen Informationsanspruch, der für die praktische Handhabung ohne Zweifel zu ungenau ist, zu konkretisieren. Geeignet für die Bildung einer richtigen, der öffentlichen Diskussion beizusteuernden Meinung sind nur Auskünfte m i t bestimmten Inhalten. Wie bereits angedeutet, ist hierzu der größte Teil der i n der Praxis vorkommenden Auskünfte nicht geeignet. Wegen der Vielzahl der möglichen Gegenstände der öffentlichen Meinung und ihrer Beeinflussungsmöglichkeiten ist es nicht möglich, den Bereich der betreffenden geeigneten Auskünfte i n praktikabler Form einzugrenzen. Annähernd läßt sich dieses Ziel jedoch dadurch erreichen, daß man fordert, die begehrte Auskunft müsse geeignet sein, den beabsichtigten Meinungsbeitrag, die Publikation, zu erstellen. Bei Vorliegen einer solchen Geeignetheit kann i n der Regel davon ausgegangen werden, daß die Auskunft auch geeignet ist, zur Bildung einer richtigen, der öffentlichen Diskussion beizusteuernden Meinung beizutragen. Ob der Publikation wirklich diese Eigenschaft zukommt, mag dann dahinstehen 109 . M i t der Einschränkung, die Auskunft müsse geeignet sein, eine Publikation zu erstellen, ist eine weitere Einengung des oben postulierten Informationsrechtes verbunden. Erforderlich ist danach nämlich nicht die Auskunftserteilung an jedermann, sondern nur an diejenigen, die beabsichtigen, sich m i t Hilfe der Auskünfte an der öffentlichen Diskussion zu beteiligen, d.h. eine Publikation zu erstellen. Hierzu zählen diejenigen, die ihre Meinung zum Zwecke der Beteiligung an der öffentlichen Diskussion gegenüber einem größeren, nicht durch besondere Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis abgeben. Eine solche Form der Meinungsäußerung erfolgt hauptsächlich durch Presseveröffentlichungen, Rundfunk- und Fernsehsendungen, aber auch durch schriftstellerische und wissenschaftliche Arbeiten, Reden, Flugblätter und Leserbriefe 110 . Eine Angewiesenheit auf behördliche Auskünfte ist stets dann zu bejahen, wenn ihr Gegenstand i m behördlichen Wissensmonopol steht. freiheit ansieht, aus i h r einen Anspruch des Bürgers auf Informationen aus dem politischen Bereich i m Einzelfall zu schließen. 109 Bei Werbeveröffentlichungen z.B. w i r d diese Eigenschaft i n der Regel nicht vorhanden sein. Z u m Begriff der Werbung vgl. i m übrigen Lerche, Werbung u n d Verfassung, 1967, S. 11. 110 So Windsheimer, S. 164, f ü r seinen aus der Meinungsäußerungsfreiheit abgeleiteten Informationsanspruch.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

V o n einer Angewiesenheit auf behördliche Auskünfte kann jedoch auch i n einem subjektiven Sinne gesprochen werden: Gemeint sind die Fälle, i n denen es dem Bürger zwar objektiv möglich ist, die begehrte Information zu erlangen, i n denen er jedoch gleichwohl aus Gründen, wie sie eingangs bei der Darlegung der Bedeutung des Themas angedeutet wurden, von behördlichen Auskünften, insbesondere behördlicher Rechtsberatung, abhängig ist 1 1 1 . Dieser subjektiven Angewiesenheit kommt indes bei den hier anstehenden Auskünften keine praktische Bedeutung zu. Ihre Auswirkung auf ein Informationsrecht i m Rahmen der Informationsfreiheit soll an gegebener Stelle, beim Bezug der Informationsfreiheit zur Denkfreiheit, erörtert werden. U m das Auskunftsrecht nicht an Beweisschwierigkeiten scheitern zu lassen, darf vom Bürger ein voller Beweis für die Absicht der Publikation und die Geeignetheit der Auskunft, die Publikation zu erstellen, nicht gefordert werden. Es muß genügen, wenn er diese Voraussetzungen glaubhaft macht 1 1 2 . Für den Journalisten genügt hierfür ein H i n weis auf seine publizistische Tätigkeit 1 1 3 . I m übrigen w i r d man eine entsprechende, nicht unglaubwürdige Darlegung über die Absicht der Publikation und über deren Bezugspunkt ausreichen lassen müssen. Unter den vorstehenden Einschränkungen ist nicht zu befürchten, daß für die u m Auskunft angegangenen Behörden eine nicht zu bewältigende Arbeitsbelastung entsteht. Zusammenfassend kann für den Bezug der Informationsfreiheit zum Demokratieprinzip folgendes festgestellt werden: Die Informationsfreiheit begründet i n dieser Bedeutung keinen allgemeinen Auskunftsanspruch. Als Voraussetzung für die Herausbildung der öffentlichen Meinung rechtfertigt sie jedoch folgendes besonderes Auskunftsrecht: Beansprucht werden können Auskünfte, die geeignet sind, Publikationen zu erstellen. Die Geeignetheit ist glaubhaft zu machen. Auskunftsberechtigt sind diejenigen Personen, die die Erstellung einer Publikation beabsichtigen und auf die Erteilung der Auskunft angewiesen sind. Die Publikationsabsicht ist wiederum glaubhaft zu machen. Die Angewiesenheit ist stets dann zu bejahen, wenn es sich, 111

Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 1. So wiederum Windsheimer, S. 165, f ü r seinen aus der Meinungsäußerungsfreiheit abgeleiteten Auskunftsanspruch. 113 So ebenfalls Windsheimer, S. 165, f ü r seinen vorgenannten Informationsanspruch. 112

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches119 was i n diesem Zusammenhang i m wesentlichen i n Betracht kommt, u m Informationen handelt, die i m behördlichen Wissensmonopol stehen. Unter den vorstehenden Voraussetzungen können behördliche Auskünfte als allgemein zugängliche Quellen i m Sinne des A r t . 5 1 1 GG angesehen werden. cc) Der Bezug der Informationsfreiheit zur Denkfreiheit und das Recht auf behördliche Auskunft I n ihrer Beziehung zur Denkfreiheit ist die Informationsfreiheit, wie dargelegt, eine Konkretisierung des Menschenwürdegehalts des A r t . 1 1 GG. Ob sich aus dem Bezug der Informationsfreiheit zur Denkfreiheit Auskunftsrechte, insbesondere ein allgemeiner Auskunftsanspruch, ergeben, muß folglich von den Forderungen her beurteilt werden, die die Achtung der Menschenwürde stellt. Z u fragen ist, ob der i m Lichte dieser Forderungen verstandenen Denkfreiheit und damit Informationsfreiheit Auskunftsansprüche immanent sind. Für die Beantwortung dieser Fragen ist ein Zurückgehen auf den Begriff der Menschenwürde des A r t . 1 1 GG erforderlich. Es würde i m Rahmen dieser Arbeit zu weit führen, die Bedeutungen, die dem schwer zu fassenden Begriff der Menschenwürde i n der Philosophie zugemessen wurden, sowie die Konsequenzen dieses Begriffes i m einzelnen darzustellen 114 . Gesagt werden muß allerdings i n kurzer Form, was hier unter dem Begriff der Menschenwürde verstanden werden soll. I m übrigen reicht es für die Untersuchung aus, die Bedeutung des Begriffes der Menschenwürde hervorzuheben, die für die Zuerkennung eines allgemeinen Informationsrechtes erheblich sein kann. Unter dem Begriff der Menschenwürde ist der unabhängig von Zeit und Raum bestehende Eigenwert des Menschen zu verstehen 115 . Dieser besteht i n der Geistigkeit des Menschen, die i h n abhebt von der unpersönlichen N a t u r 1 1 6 . Aus dieser Eigenschaft ergibt sich seine Fähigkeit, sich seiner selbst bewußt zu werden, sich selbst zu bestimmen und sich und die Umwelt zu gestalten 117 . 114

Nach christlicher Auffassung besteht der Eigenwert des Menschen i n seiner Gottebenbildlichkeit, die i h n über alle anderen Geschöpfe hinaushebt (Zippelius, EStL, Sp. 1302). Kant, S. 58, sieht die Würde des vernünftigen Wesens i n dessen sittlicher Autonomie, d. h. i n dessen Fähigkeit, keinem anderen Gesetz zu gehorchen als demjenigen, das es sich zugleich selbst gibt. 115 Vgl. Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 1 Rdnr. 14; Zippelius, EStL, Sp. 1302, von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I , S. 149, Nipperdey, S. 1 f. 116 Dürig, a.a.O., Rdnr. 18. 117 Dürig, a.a.O., Rdnr. 18, vgl. ferner Wintrich, Grundrechte, S. 6.

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Diese Fähigkeit ist es, die, als eine Hauptbedeutung der Menschenwürde, für ein allgemeines Informationsrecht erheblich sein kann. Sie soll i m folgenden Ausgangspunkt der Untersuchung sein. Der Gewährleistung der genannten Fähigkeit hat die der Menschenwürde zuzuordnende Denkfreiheit und damit Informationsfreiheit zu dienen. Das heißt, die durch die Informationsfreiheit gewährleistete Informationsmöglichkeit muß so beschaffen sein, daß sie die Fähigkeit des Menschen, sich seiner selbst bewußt zu werden, sich selbst zu bestimmen und sich und seine Umwelt zu gestalten, garantiert. Dem entspricht eine Informationsmöglichkeit über alle Erscheinungen, die geeignet sind, die Existenz des Menschen zu erhellen, i m allgemeinen oder i n Bezug auf das Individuum, oder die geeignet sind, als Ausgangspunkt einer verantwortlichen Selbstbestimmung und Umweltsgestaltung zu dienen. Z u prüfen ist, inwieweit für die Gewährleistung dieser Informationsmöglichkeit die Zuerkennung von Auskunftsrechten unerläßlich ist. Uber die oben genannten Erscheinungen besteht vielfach eine staatliche Überlegenheit an Information: I n wichtigen Lebensbereichen ist der moderne Leistungsstaat der allein oder besser Informierte oder hat zumindest die besseren Informationsmöglichkeiten. Wiederum kann i n diesem Zusammenhang auf das verwiesen werden, was oben über die Bedeutung behördlicher Auskunftspflichten ausgeführt wurde 1 1 8 . U m die von der Informationsfreiheit zu verbürgende Informationsmöglichkeit zu gewährleisten, muß daher eine dem Grunde nach bestehende Informationspflicht der Verwaltung über die i n ihrem Dispositionsbereich liegenden Gegenstände bejaht werden 1 1 9 . Notwendig für die Erfüllung dieses Zweckes ist allerdings nur eine Informationspflicht m i t folgender Maßgabe: Es ist nur eine Pflicht zur Erteilung der I n formationen anzunehmen, die geeignet sind, die Existenz des Menschen i m allgemeinen oder i n Bezug auf den einzelnen zu erhellen, oder als Ausgangspunkt einer verantwortlichen Selbstbestimmung oder Umweltsgestaltung zu dienen. 118 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 1; ferner Imboden, S. 47, der darauf h i n weist, daß freies Handeln u n d Entscheiden gegenwärtig i n einem ungleich größerem Umfange als früher Fachwissen u n d Übersicht über schwer erkennbare Zusammenhänge voraussetzt. So sei ein großes Maß an Erfahrung u n d spezialisierten Wissens erforderlich, u m einen einzigen Erlaß zu begreifen, wie sie monatlich zu Dutzenden i n den Gesetzesblättern publiziert würden. 119 Diese Konsequenz zieht Faber, S. 30, nicht, w e n n er ausführt, die I n f o r mationsfreiheit führe an den w i r k l i c h gefährlichen Fällen — Oligopolisierung u n d Monopolisierung der Informationsquellen — vorbei.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches121 Dieser dem Grunde nach bestehenden Informationspflicht ist wiederum ein entsprechendes Auskunftsrecht zuzuordnen. Das fordert der Zweck der Information, nämlich die Gewährleistung der Möglichkeit, sich selbst bewußt zu werden, sich selbst zu bestimmen und seine Umwelt zu gestalten. Der sich hierin ausdrückenden persönlichen Freiheit entspricht das Recht, den Gegenstand der Information selbst zu bestimmen, was wiederum nur bei Zuerkennung eines entsprechenden Auskunftsrechtes möglich ist. Als Voraussetzung für ein Auskunftsrecht ist schließlich wiederum zu fordern, daß der einzelne auf die Erteilung der behördlichen Auskunft angewiesen ist: Nur dann kann die Information als unerläßlich angesehen werden, u m die von der Informationsfreiheit geforderte Informationsmöglichkeit zu gewährleisten. Allgemein kann damit festgestellt werden, daß aus dem Bezug der Informationsfreiheit zur Denkfreiheit ein Recht auf behördliche Auskunft herzuleiten ist, wenn der einzelne auf die Erteilung der Auskunft angewiesen ist und die Auskunft geeignet ist, die Existenz des Menschen i m allgemeinen oder i n Bezug auf den einzelnen zu erhellen oder als Ausgangspunkt einer verantwortlichen Selbstbestimmung und Umweltsgestaltung zu dienen. Diese Formulierung ist sicher für die praktische Rechtsanwendung zu unbestimmt. Gleichwohl läßt sie erkennen, daß die Informationsfreiheit auch i n ihrer Beziehung zur Denkfreiheit keinen allgemeinen Auskunftsanspruch i n dem hier verstandenen umfassenden Sinne rechtfertigt. Eingeschränkt ist nach der obigen Formulierung einmal der Kreis der auskunftsberechtigten Personen. Auskunftsberechtigt sind danach nur diejenigen, die auf die Erteilung der behördlichen Auskunft angewiesen sind. I m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruches ist dagegen jedermann die Auskunft auf seinen Antrag h i n zu erteilen. Eingeschränkt ist zweitens der Bereich der möglichen Auskunftsgegenstände i m Gegensatz zu einem allgemeinen Auskunftsanspruch. Das w i r d deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, daß i m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruches auch solche Informationen verlangt werden können, die nur der Befriedigung reiner Neugier, ohne eigenen Belangen zu nützen, dienen. Eine solche Auskunft kann z.B. eine Mitteilung über den Sachstand eines fremden Verwaltungsverfahren darstellen. Derartige Informationen können nicht mehr als geeignet angesehen werden, die Existenz des Menschen i m allgemeinen oder die des Individuums zu erhellen oder als Ausgangspunkt einer verantwortlichen Selbstbestimmung und Umweltsgestaltung zu dienen. Denn die

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Gewährleistung dieser Zwecke rechtfertigt nicht die Befriedigung des menschlichen Wissensdurstes schlechthin. Es bleibt zu prüfen, welche besonderen Auskunftsrechte der Bezug der Informationsfreiheit zur Denkfreiheit begründet: Das heißt, zu konkretisieren ist der von diesem Bezug begründete, oben umschriebene allgemeine Auskunftsanspruch. Notwendig ist vor allem eine Klärung, was unter Auskünften zu verstehen ist, die geeignet sind, die Existenz des Menschen i m allgemeinen und i n Bezug auf den einzelnen zu erhellen oder als Ausgangspunkt einer verantwortlichen Selbstbestimmung und Umweltsgestaltung zu dienen. Eine Konkretisierung dieser Auskünfte vom Gegenstand her w i r d wegen der Vielfalt der i n Betracht kommenden Gegenstände nicht möglich sein. E i n Indiz dafür, daß es sich u m solche Gegenstände handelt, ist jedoch das berechtigte Interesse des einzelnen an der Auskunft. Besteht ein berechtigtes Interesse an der Erteilung der Auskunft, so ist mithin, vorausgesetzt, daß der einzelne auf die Auskunft angewiesen ist, auch ein Auskunftsrecht zu bejahen. Soweit es sich u m Tatsachen handelt, die i m behördlichen Wissensmonopol stehen, spricht, von der Forderung her gesehen, sich selbst bewußt werden zu können und sich und die Umwelt gestalten zu können, eine tatsächliche Vermutung für das Vorliegen eines berechtigten Interesses. I n diesen Fällen ist es Sache der Behörde, das Fehlen eines berechtigten Interesses nachzuweisen. I n den übrigen Fällen kann von einer Vermutung für das Vorliegen eines berechtigten Interesses nicht ausgegangen werden. Hier hat der Bürger sein berechtigtes Interesse nachzuweisen. U m das Auskunftsrecht nicht aus Beweisschwierigkeiten illusorisch werden zu lassen, kann jedoch kein strenger Beweis gefordert werden. Genügen muß eine Glaubhaftmachung des berechtigten Interesses. Z u konkretisieren ist weiterhin die Voraussetzung „Angewiesenheit". Wie bereits bei der Erörterung von Auskunftsansprüchen i m H i n blick auf das Demokratieprinzip ausgeführt, kann von einer Angewiesenheit des Bürgers auf behördliche Information auf jeden F a l l dann gesprochen werden, wenn es sich u m Tatsachen handelt, die i m behördlichen Wissensmonopol stehen. Da i n diesen Fällen zugleich, wie ausgeführt, von einem berechtigten Interesse des Bürgers an der Information ausgegangen werden kann, sofern nicht die Behörde das Fehlen eines solchen berechtigten Interesses nachweist, kann i n Fällen eines behördlichen Wissensmonopols

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches123 grundsätzlich ein Auskunftsanspruch angenommen werden. Dieses Recht ist nur dann zu verneinen, wenn die Behörde das Fehlen eines berechtigten Interesses nachweist. Angewiesenheit auf behördliche Auskünfte kann, wie ebenfalls angedeutet, auch i n einem subjektiven Sinne verstanden werden: Hier ist der Bürger zwar an sich i n der Lage, sich die begehrte Kenntnis selbst zu verschaffen. Dennoch ist er — i n Anbetracht der gegenwärtigen Kompliziertheit der Rechts- und Lebensverhältnisse auf behördliche Auskünfte, wie ausgeführt, angewiesen 120 . Diese subjektive Abhängigkeit hat besonders i m Rahmen behördlicher Rechtsberatung Bedeutung. Indes reicht für die Annahme einer solchen Angewiesenheit nicht der pauschale Hinweis auf die allgemeine Überlegenheit der Verwaltung an Information. Erforderlich ist vielmehr ein konkreter Bezugspunkt. Wann von einer Abhängigkeit des Bürgers von behördlicher Information ausgegangen werden kann, hängt davon ab, inwieweit i h m eine eigene Informationsbeschaffung zuzumuten ist und inwieweit die Selbstinformation dem Wert einer behördlichen Information i n der praktischen Auswirkung gleichzusetzen ist. Wegen der Vielfalt der Gesichtspunkte 121 , die hiernach eine Angewiesenheit des Bürgers auf behördliche Information auslösen können, ist es nicht sinnvoll, den Begriff der „Angewiesenheit" an dieser Stelle weiter zu konkretisieren. Denn hier ging es nur darum, den Rahmen der behördlichen Auskunftspflicht m i t Hilfe der Informationsfreiheit abzustecken. Es muß genügen, die allgemeine Erkenntnis festzuhalten, daß für das Auskunftsrecht i m Rahmen der Informationsfreiheit eine Angewiesenheit des Bürgers auf behördliche Auskünfte erforderlich ist. Die Konkretisierung dieser Angewiesenheit ist dagegen der Erörterung konkreterer Informationsrechte, wie sie noch unten erfolgen wird, vorzubehalten. Wiederum w i r d man es, u m das Auskunftsrecht nicht an Beweisschwierigkeiten scheitern zu lassen, für ausreichend anzusehen haben, daß der Bürger seine Angewiesenheit auf die Auskunft glaubhaft macht. Daß die Behörden durch die Ausnutzung des i m vorstehenden konkretisierten Auskunftsanspruches überlastet werden, ist schließlich bei 120

Vgl. oben T e ü 1 Abschnitt 2 § 1. Z u denken ist z.B. an die Fälle, i n denen der Bürger infolge seiner sozial-schwachen Position nicht i n der Lage ist, sich m i t Hilfe eines Rechtsberaters die nötige Kenntnis zur Verfolgung seines Rechtes zu verschaffen. A u f die Schwierigkeit, den insoweit informationsbedürftigen Personenkreis zu bestimmen, weist allerdings zutreffend Seibert, N J W 1958, 377 f., hin. 121

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

den oben bezeichneten Einschränkungen dieses Anspruches nicht zu befürchten. Als Ergebnis kann für den Bezug der Informationsfreiheit zur Denkfreiheit i m Hinblick auf eine behördliche Auskunftspflicht folgendes festgestellt werden: Die Informationsfreiheit begründet auch i n ihrer Beziehung zur Denkfreiheit keinen allgemeinen Auskunftsanspruch. Sie rechtfertigt i n dieser Bedeutung jedoch generell einen Informationsanspruch über Tatsachen, die i m behördlichen Wissensmonopol stehen, soweit nicht die Behörde das Fehlen eines berechtigten Interesses an der Information nachweist. I m übrigen begründet die Informationsfreiheit i n ihrer Beziehung zur Denkfreiheit ganz allgemein Auskunftsansprüche, wenn der B ü r ger auf Grund konkreter Umstände i n sonstiger Weise auf die Auskunft angewiesen ist und diese Angewiesenheit und sein berechtigtes Interesse an der Erteilung der Auskunft glaubhaft macht. Unter den vorgenannten Voraussetzungen können behördliche Auskünfte als allgemein zugängliche Quellen i m Sinne des A r t . 5 1 1 GG angesehen werden. 2. Die Meinungsäußerungsfreiheit und das Recht auf behördliche Auskunft Als Ausfluß der Meinungsäußerungsfreiheit kommen Rechte auf behördliche Auskunft nur als Voraussetzung einer sinnvollen V e r w i r k lichung der Meinungsäußerungsfreiheit i n Betracht. Diesen Gesichtspunkt regelt aber auch bereits die Informationsfreiheit. Wie angeführt, ist die Informationsfreiheit unter anderem Voraussetzung für eine sinnvolle Verwirklichung der Meinungsäußerungsfreiheit. Die Meinungsäußerungsfreiheit kann folglich keine weitergehenden Auskunftsansprüche liefern, als dies bereits auf Grund der Informationsfreiheit der Fall ist. Das heißt, ebensowenig wie aus der Informationsfreiheit, läßt sich aus der Meinungsäußerungsfreiheit ein allgemeiner Auskunftsanspruch herleiten. Aus den gleichen Gründen liefert die Meinungsäußerungsfreiheit keine umfassenderen besonderen Auskunftsrechte, wie es bereits die Informationsfreiheit bewirkt. Damit erübrigt sich eine Erörterung der Meinungsäußerungsfreiheit auf behördliche Auskunftspflichten hin.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches D. Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit, A r t . 2 1 1 GG Soweit derselbe sachliche Gesichtspunkt i n Frage steht, t r i t t das allgemeine Freiheitsrecht des A r t . 2 1 1 G G 1 2 2 hinter die besonderen Grundrechtsbestimmungen zurück. Eine solche Lage ist vorliegend gegeben. I m Hinblick auf eine behördliche Auskunftsverpflichtung ist A r t . 2 1 1 GG bereits durch die Informationsfreiheit des A r t . 5 1 1 GG thematisch verbraucht. Eine Erörterung des A r t . 2 1 1 GG auf eine behördliche Auskunftsverpflichtung h i n erübrigt sich damit 1 2 3 . E. Der Anspruch auf rechtliches Gehör Z u den als Grundlagen für Auskunftsansprüche i n Betracht kommenden Grundrechten ist auch der Anspruch auf das rechtliche Gehör zu zählen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist eine Konsequenz der durch A r t i k e l 11 GG geforderten Achtung der Menschenwürde, nämlich des hiervon eingeschlossenen Gebotes, daß der einzelne nicht lediglich zum Gegenstand eines staatlichen Verfahrens gemacht werden darf 1 2 4 . Dieser Ursprung rechtfertigt es, auch den Satz des rechtlichen Gehörs als Grundrecht zu betrachten 125 . Inhaltlich bedeutet der Satz des rechtlichen Gehörs, daß den Beteiligten eines konkreten staatlichen Verfahrens Gelegenheit gegeben werden muß, sich zu allen einschlägigen Rechts- und Tatfragen des konkreten Verfahrens zu äußern und gehört zu werden 1 2 6 . Nach dem klaren Wortlaut des A r t . 1031 GG gilt dieses Gebot nur i n gerichtlichen Verfahren. Der Umstand, daß es sich letztlich aus dem Menschenwürdegehalt des A r t . 1 1 GG ergibt, fordert jedoch auch seine Anwendung auf das Verwaltungsverfahren 1 2 7 . Auch hier kann das Gebot, daß der einzelne nicht lediglich zum Gegenstand eines staatlichen Verfahrens gemacht werden darf, Geltung beanspruchen. I m Verwaltungsverfahren 122

Herzog, a.a.O., Rdnr. 33; BVerfGE 10, 55 (58) v. 14.7.1959; BVerfGE 11, 234 (238) v. 22. 6.1960. 123 Adam, R i A 1963, 229, lehnt ein Auskunftsrecht auf G r u n d dieser V e r fassungsvorschrift m i t der Begründung ab, daß durch die Verweigerung der Auskunft i h r Wesensgehalt nicht angetastet werde. 124 Arndt, N J W 1959, 6; Wintrich, Grundrechte, S. 18; ders. B a y V B L 1957, 139; Röhl, N J W 1958, 1268; Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 103 Rdnr. 5; BVerfGE 9, 89 (95) v. 8.1.1959; E 7, 275 (279) v. 13. 2.1958; BayVGH, E. v. 28.1.1963 i n D Ö V 1963, 583. 125 Dürig, a.a.O., Rdnr. 8; Arndt, N J W 1959, 1297 (1299); BVerfGE 7, 275 (279) v. 13. 2.1958. 126 Dürig, a.a.O., Rdnr. 28. 127 Dürig, a.a.O., Rdnr. 92; weitere Nachweise zu dieser Frage i m übrigen unten Abschnitt 3 § 3 F N 96 u. 97.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

ist der beteiligte Bürger stets dann zu hören, wenn i n seine Rechtsstellung eingegriffen w i r d 1 2 8 . Schon diese kurze Skizzierung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs genügt, u m zu erkennen, daß dieses Prinzip keinen allgemeinen Auskunftsanspruch begründet. I h m lassen sich von vornherein nur i n soweit Rechte auf behördliche Informationen zuordnen, als diese die Wahrnehmung von Rechten und Interessen bezwecken, die durch staatliche Eingriffe betroffen werden können. I m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruches kann es aber gerade an der Verfolgung eigener Rechte und Interessen bezüglich der begehrten Auskunft fehlen. Inwieweit der Satz des rechtlichen Gehörs besondere Auskunftsrechte begründet, soll an späterer Stelle erörtert werden.

F. Die übrigen für behördliche Auskunftspflichten in Betracht kommenden Bedeutungen des Rechtsstaatsbegriffs Gemeint sind m i t diesen Bedeutungen die nicht i n den Grundrechten verkörperten Postulate der Rechtsstaatlichkeit, die möglicherweise ein Recht auf behördliche Information rechtfertigen. Z u denken ist an die Grundsätze über die Meßbarkeit und Vorausberechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen sowie an die Rechtsverfolgungsgarantie. Die Grundsätze über die Meßbarkeit und Vorausberechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen verlangen, daß das staatliche Handeln für diejenigen, die sich danach richten sollen, i n einem gewissen U m fange voraussehbar und berechenbar ist 1 2 9 . Der Bürger soll sich ausrechnen können, welche Rechtsfolge i h n trifft, wenn er sich i n einer bestimmten Weise verhält 1 8 0 . Die Rechtsverfolgungsgarantie gebietet, daß der Staat, soweit er dem Bürger Rechte zuerkennt, diesem alle M i t t e l zur Verfügung stellt, damit er seine Rechte auch ausüben kann. Insoweit fordert die Rechtsstaatlichkeit die Fortgeltung des § 89 Einl A L R : „Wem die Gesetze ein Recht geben, dem bewilligen sie auch die Mittel, ohne welche dasselbe nicht ausgeübt werden kann 1 3 1 ." iss Dürig, a.a.O., Rdnr. 93. 129 Forsthoff, Rechtsstaat i m Wandel, S. 182; Hesse, Rechtsstaat, S. 572; Maunz-Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 20 Rdnr. 86 ff.; Maunz, S. 68; von Mangoldt - Klein, GG, B d I, S. 601; Carl Schmitt, Verfassungslehre, S. 131; BVerfGE 7, 89 (93) v. 24. 7.1957; E 13, 261 (271) v. 19.12.1961. 130 Krüger, Staatslehre, S. 290. 131 Dieser Satz hat insbesondere i m Polizeirecht hinsichtlich der Pflicht der Polizei, bei der Verfolgung privater Rechte zu helfen, Bedeutung erlangt, vgl. Drews - Wache, S. 106. Z u r Geltung dieses Prinzips vgl. ferner Düwel, S. 122;

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

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Das Grundgesetz hat der Rechtsverfolgungsgarantie durch die Verbürgung einer unabhängigen Gerichtsbarkeit (Art. 97 GG), durch die Gewährleistung des Rechtsweges gegen Verletzungen der öffentlichen Gewalt (Art. 1 9 I V 1 GG) und durch die Einsetzung einer Verfassungsgerichtsbarkeit (Art. 92, 93 GG) Rechnung getragen. Bereits diese grobe Umschreibung der Grundsätze über die Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit staatlicher Machtäußerungen stellt klar, daß auch diese Prinzipien keinen allgemeinen Auskunftsanspruch rechtfertigen. I n Betracht kommen sie vielmehr nur als Grundlage von Informationsrechten m i t spezifischer Funktion: Dem Sinngehalt der Berechenbarkeitsgrundsätze lassen sich von vornherein nur Ansprüche auf solche Auskünfte zuordnen, die eine Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit künftigen staatlichen Handelns für diejenigen bewirken, die möglicherweise von diesem Handeln betroffen werden. Die Rechtsverfolgungsgarantie kommt nur insoweit als Grundlage von Auskunftsansprüchen i n Betracht, als die Auskünfte i n irgendeiner Weise der Verfolgung von Rechten dienen. Inwieweit diese Grundsätze i n der Weise, wie eben skizziert, besondere Auskunftsrechte begründen, soll an späterer Stelle erörtert werden.

§ 3: Das Sozialstaatsprinzip und ein allgemeiner Auskunitsanspruch U m zu klären, ob die Sozialstaatlichkeit einen allgemeinen Auskunftsanspruch rechtfertigt, muß zunächst die Bedeutung und der j u ristische Gehalt dieses Prinzips dargelegt werden. Es würde i m RahW. Jellinek, S. 150 f.; Pipkorn, Diss., S. 98 f. Schon das Reichsgericht u n d — frühzeitig — das Kammergericht haben die Rechtsverfolgungsgarantie als Grundlage v o n Informationsansprüchen herangezogen: I n der Entscheidung v o m 21.11.1881, K G J 2, 48, zieht das Kammergericht § 89 E i n l A L R m i t zur Begründung der Verpflichtung des Vormundschaftsgerichts heran, dem Gläubiger des Mündels z u m Zwecke der Klage gegen das Mündel eine Bescheinigung über die Person des Vormundes zu erteilen. Das Reichsgericht begründete i n der Entscheidung v o m 18.12.1893, RGZ 30, 296 (298), einen Auskunftsanspruch des Freikuxberechtigten gegen den Bergwerkseigentümer ebenfalls m i t §89 E i n l A L R . Der Berechtigte sei ohne Kenntnis der Berechnungsgrundlagen nicht i n der Lage, sein Recht durchzusetzen. Aus neuerer Zeit findet sich eine Entscheidung des OVG Hamburg, die den Gedanken der RechtsverfOlgungsgarantie aufgreift: I n der Entscheidung v o m 17.12.1957, VerwRspr 11, 272 (276), begründet das Gericht m i t dem Rechtgedanken des § 89 E i n l A L R i n Verbindung m i t dem Erziehungsrecht (Art. 6 I I GG) einen Anspruch der E l t e r n auf Einsicht i n die über die K i n d e r geführten Schülerbogen.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

men dieser Arbeit zu weit führen, das umfangreiche Schrifttum 1 3 2 zu diesen Fragen anzuführen und i m einzelnen hierzu Stellung zu nehmen. Die Untersuchung muß sich auf eine Beschreibung der Umrisse der Sozialstaatlichkeit beschränken. Eine solche Darstellung reicht auch aus, u m die oben aufgeworfene Frage zu beantworten. Sozialstaatlichkeit bedeutet, wie Ipsen es ausdrückt 1 3 3 , „Bereitschaft und Verantwortung, Aufgabe und Zuständigkeit des Staates zur Gestaltung der sozialen Ordnung". Indem sie verantwortliche Gestaltung der sozialen Wirklichkeit ist, beruht sie letztlich auf einer sittlichen Maxime: A u f der Verantwortung jedes einzelnen für alle i n der Gesellschaft und auf der Verantwortung aller i n der Gesellschaft für jeden einzelnen 184 . Historisch gesehen ist die Entscheidung für die Sozialstaatlichkeit eine A n t w o r t auf die durch die industrielle Revolution und zunehmende Vermassung bewirkte existenzielle Abhängigkeit des einzelnen von staatlicher Hilfe 1 3 5 . Es ist die von Verantwortung getragene Reaktion des Staates auf den Verlust des „beherrschten Lebensraumes", d. h. der Lebensverhältnisse, die der Disposition des einzelnen unterliegen, und auf die Zunahme des „effektiven Lebensraumes", d. h. des Raumes, i n dem der einzelne tatsächlich leben kann, der jedoch nicht notwendig seiner Disposition unterliegt 1 3 6 . Die so verstandene Sozialstaatlichkeit verlangt i m Gegensatz zur Rechtsstaatlichkeit nicht Freiheit vor staatlichen Eingriffen, sondern staatliche Intervention 1 3 7 . Rechtsstaatlicher Gewährleistung steht sozialstaatliche Dynamik gegenüber. Aufgabe der Sozialstaatlichkeit ist einmal die Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit 1 3 8 . Sozialstaat bedeutet insoweit erstens sozialer Fürsorgestaat: Aufgabe des Staates ist die Verhinderung und Beseitigung sozialer Not. Der Schutz der wirtschaftlich Schwachen, die sich nicht aus eigener K r a f t die M i t t e l zu einem angemessenen Dasein ver132

Vgl. z. B. die zahlreichen Nachweise bei von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I, S. 586 f.; ferner bei Maunz, S. 66. 133 Ipsen, W D S t R L 10, 75 ff. 134 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 605; die Verantwortung des einzelnen betont dagegen Fechner, S. 84: B e i m Sozialstaatsprinzip handle es sich nicht u m Forderungen gegen den Staat, nicht u m Ansprüche des einzelnen gegenüber der Gesamtheit, sondern u m den Anspruch der Gesamtheit gegenüber dem einzelnen, u m die Verpflichtung des einzelnen für das Ganze, nötigenfalls unter Einsatz v o n Zwang. 135 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 598; Krüger, Staatslehre, S. 810. 136 Forsthoff, Verfassungsprobleme, S. 146 f. 187 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 599. 138 Maunz, S. 72; van Mangoldt - Klein, GG, B d . I , S. 108; P. Badura, D Ö V 1968, 446.

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

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schaffen können, ist das Ziel staatlicher Tätigkeit 1 3 9 . Die Sozialstaatlichkeit dient hier durch Schaffung eines Mindestlebensstandards der Verwirklichung der von der Rechtsstaatlichkeit geforderten Achtung der Würde und Freiheit des einzelnen. Diese Werte sind nur bei einem angemessenen Mindestmaß an materieller Ausstattung des einzelnen gewährleistet 1 4 0 . Soziale Gerechtigkeit hat nicht nur die Bedeutung sozialer Fürsorge, sondern darüber hinaus die Bedeutung der Verhinderung krasser Ungleichheiten i n den Eigentums- und Einkommensverhältnissen. Dem sozialen Staat obliegt insoweit durch Umverteilung des Sozialprodukts eine Ausgleichsfunktion 1 4 1 . I n der Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit erschöpfen sich die Aufgaben des Sozialstaates nicht. Sozialstaatlichkeit bedeutet vor allem soziale Vorsorge des Staates. Wie bereits angedeutet, haben die Entwicklung der Technik, die fortschreitende Industrialisierung und die zunehmende Vermassung bew i r k t , daß der einzelne immer mehr i n ein Verhältnis existenzieller Abhängigkeit geraten ist. Das läßt sich i n erster Linie i m Bereich des Arbeitslebens erkennen: Die abhängige Beschäftigung überwiegt die freie selbständige Tätigkeit 1 4 2 . Sozialstaatliche Aufgaben sind deswegen die Sicherung des Arbeitsplatzes, die Erhaltung der Arbeitskraft und die Vollbeschäftigung 143 . Hiermit zusammen hängen alle Maßnahmen, die die soziale Sicherung betreffen: Die Sozial-, Arbeitslosen-, Unfallund Invalidenversicherung 144 . Soziale Vorsorge hat i m übrigen nicht nur i m Bereich des Arbeitslebens, sondern auf allen Gebieten einzusetzen, auf denen der Bürger sich nicht aus eigener K r a f t die M i t t e l zu einer angemessenen Existenz verschaffen kann. Sie ist, u m eine Formulierung Bachofs zu verwenden 1 4 5 , Abhilfe „sozialer Bedürftigkeit nicht nur i m Sinne fürsorgerechtlicher Hilfsbedürftigkeit, sondern jeder existenzieller Abhängigkeit von staatlicher Daseinsvorsorge auf allen ihren weitverzweigten Gebieten". Durch Beispiele veranschaulicht ist sie staatliche Förderung eines menschenwürdigen Wohnungsbaues, Gewährleistung einer ausreichenden Energieversorgung und Darbietung genügender Bildungs189 Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 205; Thieme, Z B R 1960, 170 f.; ders., ZgStW 1957, 285 (296); Wintrich, Grundrechte, S. 19. 140 Vgl. Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 207; Thieme, Z B R 1960, 170. 141 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 599. 142 V g L Thieme, Z B R 1960,169 (170). 148

144 V 145

Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 600. g L Thieme, Z B R 1960,169 (170). Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 205.

0 Krieger

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

möglichkeiten. Die Sozialstaatlichkeit hat schließlich die Aufgabe, den sozialen Frieden zu sichern, indem sie Konflikte zwischen den Sozialpartnern verhindert und ausgleicht 146 . Das verlangt Bereitschaft zur sozialen Partnerschaft 147 . Dem entspricht, daß sich die sozialen Stände nicht geschlossen gegenüberstehen, sondern untereinander durchlässig sind 1 4 8 . Hiervon ausgehend bedeutet Sozialstaatlichkeit auch Ermöglichung des sozialen Aufstiegs 1 4 9 und, als Voraussetzung hierfür, die Gewährleistung gleicher Bildungsmöglichkeiten 1 5 0 . Sozialstaatlichkeit bedeutet nicht die Unterstützung der Leistungsschwachen auf Kosten der Leistungsstarken 151 . Sie enthält auch nicht die staatliche Verpflichtung, dem einzelnen alle Voraussetzungen zur Erreichung eines höchstmöglichen, individuellen Wohlbefindens zu verschaffen, die nach dem Stande der Technik möglich sind. So kann sie z. B. nicht als Grundlage einer Forderung dienen, wonach der Staat dem Bürger eine Auswahl von mindestens 10 Fernsehprogrammen zu offerieren habe. Eine i n dieser Weise verstandene Sozialstaatlichkeit würde der von der Rechtsstaatlichkeit zu schützenden personalen Freiheit widersprechen, genauer gesagt, dem von der Rechtsstaatlichkeit eingeschlossenen Subsidiaritätsprinzip 1 5 2 . Nach diesem Grundsatz darf der Staat nicht dasjenige als seine Aufgabe übernehmen, was der einzelne, private Organisationen oder kleinere Einheiten der öffentlichen Verwaltung ohne überwiegende Nachteile für die Gesamtheit selbst leisten können 1 5 3 . Es ist eine Auswirkung dieses Grundsatzes, daß die Erreichung des individuellen Glückes nicht staatlich garantiert wird, sondern Raum bleibt für ein Streben und Bemühen des einzelnen 154 . Gewiß steigt m i t dem Anwachsen des Wohlstandes auch der Standard sozialer staatlicher Leistungen 1 5 5 . E i n Anstieg dieser Leistungen ist 146 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 603 ff.; P. Badura, D Ö V 1968, 446 (447). 147 Huber, Rechtsstaat u n d Sozialstaat, S. 605. 148 Huber, a.a.O., der allerdings zu Recht darauf hinweist, a.a.O., S. 604, daß eine Abschaffung der sozialen Stände der von der Rechtsstaatlichkeit geforderten Freiheit, d . h . dem hiervon eingeschlossenen gesellschaftlichen Pluralismus, widersprechen würde. 149 Hub er, a.a.O. 150 P. Badura, DÖV 1968, 446 (447). 151 Krüger, Staatslehre, S. 810. 162 Zutreffend hebt Krüger, Staatslehre, S. 789, i n diesem Zusammenhang hervor, daß die Übernahme allzu vieler Lebensrisiken seitens des Staates das Gefühl der Angewiesenheit u n d damit letztlich der Unfreiheit erzeugt. 163 Wolff, V R I I I , S. 136; Krüger, Staatslehre, S. 772. 154 I n diesem Sinne auch Menger, Der Begriff, S. 71: Die i n der Verfassung verankerte Pflicht zur Rücksichtnahme auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit verbiete es, daß aus der Daseinsvorsorge f ü r wirtschaftlich Schwache eine — jede P r i v a t i n i t i a t i v e lähmende — Vormundschaft des Staates werde. 155 Thieme, Z B R 1960, 169 (170).

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

131

jedoch nur insoweit geboten, als dies für die Führung eines menschenwürdigen Daseins und die freie Entfaltung der Persönlichkeit erforderlich ist. Vom juristischen Gehalt her gesehen, stellt die Sozialstaatsklausel eine „Staatszielbestimmung" dar 1 5 6 . Wegen der Schwierigkeit der Bestimmung, welcher konkrete Zustand den sozialstaatlichen Forderungen entspricht, obliegt die V e r w i r k l i chung des Sozialstaatsprinzips i n erster Linie dem Gesetzgeber 157 . M i t dieser Aufgabe ist ein großes Maß an Gestaltungsfreiheit verbunden, denn der sozialstaatliche Verfassungsauftrag ist ein der konkreten Ausgestaltung i n hohem Maße „fähiges und bedürftiges P r i n z i p " 1 5 8 . Dennoch ist es unrichtig, generell anzunehmen, aus der Sozialstaatlichkeit ließe sich für den Gesetzgeber keine bestimmte Gestaltung der sozialen Ordnung herleiten 1 5 9 . Mag dies auch grundsätzlich der Fall sein, so sind jedoch auch Lagen denkbar, i n denen die sozialstaatlichen Forderungen durch den Gesetzgeber verletzt werden, wie z. B. bei einer ersatzlosen Streichung der Sozialversicherung 160 . Für Rechtsprechung und Verwaltung bedeutet die Sozialstaatsklausel Auslegungsmaßstab bei der Anwendung der Gesetze und Richtlinie bei der Ermessenshandhabung 161 . Auch hier bewirkt die Schwierigkeit der Inhaltsbestimmung dieses Prinzips, daß sich aus i h m allein für Rechtsprechung und Verwaltung i n der Regel keine bestimmten Gebote ableiten lassen. Wiederum sind jedoch besondere Lagen denkbar, i n denen die Sozialstaatsklausel unmittelbar staatliche Verpflichtungen begründet und damit unmittelbar Grundlage individueller Ansprüche sein kann 1 6 2 . Die als soziale Verantwortung und Staatszielbestimmung verstandene Sozialstaatsklausel läßt erkennen, daß sie keinen allgemeinen Aus156 Ipsen, Grundgesetz, S. 23; vgl. ferner von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I , S. 605, u n d Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 506, der das Sozialstaatsprinzip als bindende Verfassungsnorm bezeichnet. 157 Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 209; Bogs, 43. DJT, G 15. iss BVerfGE 5, 85 (198) v. 17. 8.1956 = DÖV 1956, 532. 159

So aber P. Badura, DÖV 1968, 446 (449). Thieme, ZgStW 1957, 285 (298 f.). 161 Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 209; von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I , S. 606; Maunz, S. 72. 162 Wilhelm Reuss, S. 30; Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 506; Bogs, 43 DJT, G 16 f.; Hamann, GG, A r t . 20 A n m . 3 a; Brinckmann, GG, A r t . 20 A n m . 12 b ß; Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 256; vgl. ferner B G H Z 25, 231 (235) v. 26.9.1957; B V e r w G E 10, 12 (15) v. 14.10.1959 (a.A. noch B V e r w G , U. v. 25. 8.1958 i n N J W 1959, 306 (309)). A . A . Röttgen, S. 441; Menger, Der Begriff, S. 22; P. Badura, DÖV 1968, 446 (449); O V G Lüneburg, U. v. 14. 3.1951 i n OVGE 4, 224 (225). 160

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

kunftsanspruch i n dem hier verstandenen umfassenden Sinne rechtfertigt. Dagegen spricht einmal schon ihr juristischer Gehalt. Zwar ist, wie eben angedeutet, die Herleitung subjektiv-öffentlicher Rechte und damit auch eines Rechtes auf Auskunftserteilung nicht von vornherein m i t dem juristischen Gehalt der Sozialstaatsklausel unvereinbar. Wie erwähnt, kommt die Sozialstaatsklausel jedoch nur i n besonderen Lagen als Grundlage staatlicher Verpflichtungen und damit etwaiger subjektiv-öffentlicher Rechte i n Betracht. Sie kann damit von vornherein nur i n besonderen Lagen Auskunftsrechte begründen. Ein allgemeiner Auskunftsanspruch, wie er hier verstanden wird, stellt aber gerade nicht auf besondere Situationen ab. Schon aus diesem Grunde ist er m i t h i n dem Sozialstaatsprinzip nicht zu entnehmen. Vor allem aber läßt sich dem Sinngehalt der Sozialstaatsklausel als Sozialverantwortung kein allgemeiner Auskunftsanspruch zuordnen. Eine als Sozialverantwortung verstandene Sozialstaatlichkeit vermag nur solche Rechte auf behördliche Informationen zu rechtfertigen, die als Konsequenz sozialverantwortlichen Verhaltens gewertet werden können. Soziale Verantwortung wurde als soziale Fürsorge, Daseinsvorsorge und Sicherung des sozialen Friedens umschrieben. Nur soweit behördliche Auskünfte Auswirkungen dieser Tätigkeiten darstellen, kommt folglich die Sozialstaatlichkeit als Grundlage von Auskunftsansprüchen i n Betracht. Ansprüche auf behördliche Auskünfte können unter diesem Blickwinkel i n allen möglichen Lagen geboten sein. I m Bereich der sozialen Fürsorge können sie schlagwortartig m i t der Beratung der sozialschwachen Volkskreise gekennzeichnet werden. I n jedem Fall können jedoch nur insoweit behördliche Informationen verlangt werden, als diese einer spezifischen, auf die Verwirklichung der oben genannten Werte gerichteten Funktion dienen. Eine Verpflichtung zur Befriedigung des menschlichen Wissensdurstes schlechthin begründet die Sozialstaatlichkeit nicht. Eine solche Pflicht, die allein einen allgemeinen Auskunftsanspruch rechtfertigen würde, ließe sich der Sozialstaatlichkeit allenfalls dann entnehmen, wenn diese für den Staat die Pflicht begründen würde, alle Voraussetzungen für das höchstmögliche Wohlbefinden des einzelnen zu schaffen, soweit dies technisch möglich ist. Eine solche Eigenschaft der Sozialstaatlichkeit aber wurde oben verneint. Unvereinbar m i t der Herleitung eines allgemeinen Auskunftsanspruches aus dem Sozialstaatsprinzip ist ferner die Bedeutung dieses

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

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Prinzips, daß es nicht eine Förderung der Leistungslosigkeit einschließt. Hiermit ist eine Pflicht der Verwaltung zur Auskunftserteilung i n den Fällen unvereinbar, i n denen sich der Bürger die Information ohne Schwierigkeit selbst verschaffen kann. I m Rahmen eines allgemeinen Auskunftsanspruches wäre dagegen die Auskunft jedermann, unabhängig davon, inwieweit i h m die Informationsbeschaffung selbst zuzumuten ist, auf seinen Antrag h i n zu erteilen. Die Verneinung eines allgemeinen Auskunftsanspruches auf der Grundlage der Sozialstaatsklausel w i r d schließlich dem tatsächlichen Unvermögen der Verwaltung gerecht, einen konsequent ausgenutzten allgemeinen Auskunftsanspruch zu erfüllen.

§ 4: Das Demokratieprinzip und ein allgemeiner Auskunftsanspruch Das Verhältnis des Demokratieprinzips zu behördlichen Informationspflichten, insbesondere zu einem allgemeinen Auskunftsanspruch, wurde bereits bei der Erörterung der Informationsfreiheit i n ihrer Beziehung zum Demokratieprinzip behandelt. Es wurde festgestellt, daß das Demokratieprinzip zwar keinen allgemeinen Auskunftsanspruch rechtfertigt 1 6 8 , jedoch ein besonderes umfassendes Informationsrecht für diejenigen begründet, die sich m i t Hilfe der behördlichen Auskunft an der öffentlichen Diskussion zum Zwecke der Bildung der öffentlichen Meinung beteiligen wollen 1 6 4 . Insoweit ist das Demokratieprinzip i m Hinblick auf behördliche I n formationspflichten bereits thematisch erschöpfend behandelt worden und somit seine Erörterung nicht mehr notwendig. Der Frage, inwieweit das Demokratieprinzip i m übrigen besondere Informationsrechte begründet 1 6 5 , soll i m Rahmen dieser Arbeit, u m sie nicht zu sehr auszuweiten und wegen der nicht ins Gewicht fallenden praktischen Bedeutung etwaiger Informationspflichten, nicht untersucht werden. 163 Vgl. auch H. Hämmerlein, Gegenwartsaufgaben, S. 384, der darauf h i n weist, daß sich aus dem Sinngehalt der Demokratie k e i n klagbarer A n spruch auf Unterrichtung breiter Volkskreise, v o n Interessengruppen oder des einzelnen ableiten läßt. Dem Demokratieprinzip w i r d m a n jedoch eine mittelbare Informationspflicht des Staates ohne Anspruchsberechtigung des einzelnen zuordnen können, wie sie i n F o r m staatlicher Öffentlichkeitsarbeit erfolgt, vgl. Windsheimer, S. 42. 164 Vgl. oben § 2 C. I I . 1. c) bb). 165 Gemäß §44 Bundeswahlordnung hat die Gemeindebehörde z.B. spätestens 6 Tage v o r der W a h l Beginn u n d Ende der Wahlzeit, Wahlbezirke u n d Wahlräume bekanntzumachen sowie über die Modalitäten der Wahl, insbesondere über die Möglichkeit einer Briefwahl, aufzuklären.

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5. Teil: Das echt des Bürgers auf behördliche Auskunft

§ 5: Ergebnis Das Facit der bisherigen Untersuchung läßt sich wie folgt ziehen: Auch i m sozialen und demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes steht dem Bürger kein allgemeiner Auskunftsanspruch zu. I n jedem Falle ist die Verwaltung jedoch gehalten, die Ablehnung ihrer Auskunft sachlich zu begründen. Besondere umfassende Auskunftsrechte konnten aus A r t . 17 GG und A r t . 5 1 1 (Informationsfreiheit) hergeleitet werden: A r t . 17 GG begründet einen Anspruch auf die Auskünfte, die ohne nennenswerten Arbeitsaufwand erteilt werden können. Die Informationsfreiheit rechtfertigt i m wesentlichen ein Auskunftsrecht, das an das Vorliegen eines berechtigten Interesses und eine Angewiesenheit des Bürgers auf die behördliche Information anknüpft. Diese Ergebnisse lassen einen endgültigen Schluß auf die Geltung und Reichweite des „Ermessensprinzips" und der Amtsverschwiegenheitspflicht zu. Diese Fragen wurden bisher nur i n einer vorläufigen Weise geklärt 1 6 6 . Die Geltung des „Ermessensprinzips" ist nicht durch einen allgemeinen Auskunftsanspruch ausgeschlossen. Sie ist auch nicht wegen der gefundenen besonderen Informationsrechte zu verneinen. Auch bei Annahme dieser Ansprüche kann sie als prinzipielle Regel betrachtet werden. Die besonderen Informationsrechte sind i n ihrer praktischen Auswirkung nicht so groß, daß der Bereich, i n dem die Behörde trotz Bestehens dieser Rechte die Information nach pflichtgemäßen Ermessen verweigern kann, als Ausnahme angesehen werden muß. Das gilt insbesondere für Rechtsauskünfte i m Rahmen der Informationsfreiheit, bei denen der Bürger sein berechtigtes Interesse und seine Angewiesenheit auf die Auskunft glaubhaft zu machen hat, u m eine Auskunft beanspruchen zu können. Da eine andere Alternative für die deutsche Rechtsordnung nicht i n Betracht k o m m t 1 6 7 , ist damit auch i m sozialen und demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes von der prinzipiellen Geltung des „Ermessensprinzips" bei der behördlichen Information auszugehen. Anlaß, diesem Prinzip Verfassungsrang zuzumessen, besteht jedoch nicht. Entsprechendes hat, m i t Ausnahme der Frage der Verfassungsrangigkeit, für die Amtsverschwiegenheitspflicht zu gelten, die Teilausdruck des „Ermessensprinzips" ist. 186 167

Vgl. oben T e i l 4 Abschnitt 1 § 2 A . Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 1 A .

2. Abschn.: Erörterung eines allgemeinen Auskunftsanspruches

135

Auch ihre grundsätzliche Geltung w i r d nicht durch einen allgemeinen Auskunftsanspruch oder durch umfassende Informationsrechte aufgehoben. Sie ist allerdings mittelbar soweit eingeschränkt, als die oben postulierten umfassenden Informationsansprüche reichen. D. h. die Ausnahmen von der grundsätzlichen Schweigepflicht sind insoweit verfassungskonform ausweitend auszulegen. Für die beamtenrechtliche Verschwiegenheitspflicht gilt insbesondere folgendes: Ihre Ausnahmen, die sich einer behördlichen Informationspflicht zuordnen lassen, sind, wie dargelegt 1 6 8 , die „Mitteilungen i m dienstlichen Verkehr" und die Mitteilungen über Tatsachen, die „ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung" bedürfen ( § § 3 9 I 2 B R R G , 6 1 I 2 B B G ) . Diese Ausnahmen sind auch auf den Informationsbereich der oben gefundenen umfassenden Auskunftsansprüche zu erstrecken. M i t dieser Beschränkung w i r d man die Amtsverschwiegenheitspflicht zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums i m Sinne des A r t . 33 V GG rechnen können 1 6 9 . A r t . 33 V GG w i r d damit den A n forderungen gerecht, die dem öffentlichen Dienst vom Grundgesetz gestellt sind 1 7 0 . Die Amtsverschwiegenheitspflicht kann, i m Hinblick auf die Informationsansprüche, die die Informationsfreiheit nach A r t . 5 1 1 GG begründet, nicht als Indiz dafür gewertet werden, daß sich aus dieser Verfassungsvorschrift kein Auskunftsrecht für den Bürger ergibt. D. h. sie ist nicht ein Anzeichen dafür, daß das amtliche Wissen, das persönliche des Beamten oder das i n den A k t e n niedergelegte, nicht zu den „allgemein zugänglichen Quellen" i m Sinne des A r t . 5 1 1 GG gehört. Da ein allgemeines Informationsrecht nicht besteht, können dem Bürger auch i m sozialen und demokratischen Rechtsstaat des Grundgesetzes nur besondere Auskunftsrechte zustehen. Hinsichtlich der von Amts wegen zu erteilenden Auskünfte sind, wie erwähnt, ohnehin nur besondere Informationsrechte denkbar. Z u untersuchen bleibt damit i m folgenden, inwieweit dem Bürger besondere Auskunftsrechte auf A n trag oder von Amts wegen zustehen. Den bisher gefundenen umfassenden Informationsrechten i m Rahmen des A r t . 17 GG und des A r t . 5 1 1 GG läßt sich ein großer Teil der i n der Praxis vorkommenden Auskunftsfälle zuordnen. Insbesondere w i r d für die Erteilung der Auskunft i n der Regel ein berechtigtes 168

Vgl. oben T e ü 2 Abschnitt 1 § 1 B . Vgl. die Nachweise oben T e i l 4 FN15. 170 Die §§ 521 BBG, 351 BRRG, die den Beamten als demokratischen Diener des Volkes hinstellen („Der Beamte dient dem ganzen V o l k , nicht einer Partei"), können als positivierter Ausdruck der verringerten Bedeutung der Amtsverschwiegenheitspflicht gewertet werden. 169

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Interesse i n Betracht kommen. Gleichwohl ist die weitere Untersuchung des Bestehens besonderer Auskunftsrechte nicht überflüssig. Denn wegen der Allgemeinheit der oben genannten Informationsrechte ist für die praktische Rechtsanwendung noch nicht allzu viel gewonnen. Der weiteren Untersuchung kommt daher die für die praktische Rechtsanwendung wichtige Bedeutung einer Konkretisierung der bisher bejahten umfassenden Auskunftsrechte zu. Zu konkretisieren ist hauptsächlich das von der Informationsfreiheit für das Bestehen eines Auskunftsrechtes geforderte berechtigte Interesse an der Erteilung der Auskunft sowie die ebenfalls geforderte Angewiesenheit auf behördliche Information.

Dritter

Abschnitt

Auskunftsansprüche in besonderen Fällen § 1: Die Methode Entsprechend der verfassungsrechtlichen Bedingtheit des Themas soll die Erörterung besonderer Auskunftsrechte nach den Leitideen des sozialen Rechtsstaates des Grundgesetzes ausgerichtet werden, die als Grundlagen für Informationsrechte i n Betracht kommen. Fünf Hauptgruppen sollen gebildet werden: 1. Der Staat als Helfer des Bürgers und das Recht auf behördliche Auskunft. 2. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs und das Recht auf behördliche Auskunft. 3. Die Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen und das Recht auf behördliche Auskunft. 4. Die gerichtliche Kontrollierbarkeit staatlicher Machtäußerungen und das Recht auf behördliche Auskunft. 5. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Recht auf behördliche Auskunft. Wie bei der Erörterung der Auskunftsansprüche noch deutlich werden wird, sind bezüglich des Grundsatzes „Der Staat als Helfer des Bürgers" sowohl rechtsstaatliche als auch sozialstaatliche Elemente wirksam, während die übrigen Prinzipien nur der Ebene der Rechtsstaatlichkeit entstammen.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen

187

Bei der Einteilung der Gruppen w i r d nicht verkannt, daß die einzelnen Grundsätze nicht beziehungslos nebeneinander stehen, sondern sich gegenseitig ergänzen und zum Teil Ausprägungen anderer Grundsätze darstellen: Die Grundsätze über die Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen sollen dem Bürger die Einstellung seiner Dispositionen erleichtern und sind auf diese Weise m i t dem Grundsatz, daß der Staat Helfer des Bürgers zu sein hat, verwandt. Das Prinzip der gerichtlichen Kontrolle lierbarkeit staatlicher Machtäußerungen läßt sich als Teil des dem Bürger zuerkannten Rechtssschutzes und damit ebenfalls dem Gesichtspunkt, daß der Staat Helfer des Bürgers zu sein hat, zuordnen 1 . Auch der Satz des rechtlichen Gehörs berührt sich m i t diesem Gesichtspunkt. Denn m i t Gewährung des rechtlichen Gehörs h i l f t der Staat dem B ü r ger bei der Wahrnehmung seiner Rechte 2 . Der Satz des Vertrauensschutzes schließlich läßt sich als Konkretisierung des Berechenbarkeitsprinzips begreifen 8 . Daß die genannten Grundsätze dennoch getrennt auf Informationspflichten h i n erörtert werden, hat seinen Grund darin, daß die Umrisse der hierbei zu untersuchenden Informationspflichten deutlicher hervortreten werden, als es ohne eine solche Differenzierung der Fall wäre. Denn die i n Frage stehenden Prinzipien kommen nur für Auskunftspflichten m i t ganz spezifischer Funktion i n Betracht, die sich den anderen Grundsätzen nicht zuordnen lassen. Jede der oben genannten fünf Hauptgruppen beginnt m i t einer k u r zen Präzisierung des zur Diskussion stehenden Grundsatzes. Dieser w i r d i m folgenden m i t einzelnen, i h m jeweils zuzuordnenden Fällgruppen konfrontiert. Z u fragen ist, inwieweit für die i m Lichte des jeweiligen Grundsatzes beleuchtete Fallgruppe Auskunftsrechte anzunehmen sind. Hierbei gilt das Gesetz der Auswahl. Es ist nicht möglich, alle sich aus den betreffenden Grundsätzen möglicherweise ergebenden Auskunftsrechte erschöpfend zu behandeln. 1 Dem entspricht es, daß dem Bürger der Rechtsweg n u r dann offensteht, w e n n er die Verletzung eigener Rechte rügt, vgl. Dürig i n Maunz-Dürig Herzog, GG, A r t . 19 I V Rdnr. 38. 2 So bezeichnet Arndt, N J W 1959, 6 (7), das rechtliche Gehör zutreffend als die den Verfahrensbeteiligten eingeräumte Befugnis, an der Rechtsfindung mitzuwirken. Ä h n l i c h Zeuner, S. 1015, der die Wurzel des rechtlichen Gehörs i m V e r hältnis der Person zu ihrem Recht u n d ihrer Rechtslage sieht. Vgl. ferner Lerche, Z Z P 78, 1 (19), wonach der Satz des rechtlichen Gehörs neben A r t . 1 9 I V 1 GG Bestandteil des durch das Grundgesetz gewährten effektiven Rechtsschutzes ist. Diese Betrachtungsweise schließt i m übrigen nicht aus, die Wurzel des rechtlichen Gehörs letztlich, w i e oben Abschnitt 2 § 2 E angeführt, i n der v o n A r t . 1 1 GG geforderten Achtung der Menschenwürde zu sehen. 8 Vgl. Maunz, S. 68.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Wie bereits erwähnt 4 , kann es aus Gründen der Rechtssicherheit geboten sein, zunächst genauere Rechtssätze nicht verfassungsrechtlicher A r t , die als Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes i n Betracht kommen, zu erörtern. Innerhalb der oben genannten fünf Hauptgruppen soll — wo es angebracht erscheint — unterschieden werden zwischen Auskunftsansprüchen i m Rahmen besonderer Rechtsverhältnisse und Auskunftsansprüchen außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse. Denn der Grad der rechtlichen Bindung des Bürgers zum Staat scheint ein relevantes K r i t e r i u m für das Bestehen einer behördlichen Auskunftspflicht zu sein. Da es das Ziel der Untersuchung ist, möglichst allgemein und abstrakt zu klären, wann ein Recht auf behördliche Auskunft besteht, müssen die einzelnen Fallgruppen die jeweils i n Betracht kommenden Auskunftsgegenstände und Auskunftsberechtigten i n genereller Weise erkennen lassen. Wegen der Vielzahl der Auskunftsmöglichkeiten kann diese Umschreibung nur i n Umrissen erfolgen. Andererseits müssen die Umrisse zugleich bestimmt genug sein, u m eine Erörterung von Auskunftsansprüchen an Hand der betreffenden Rechtssätze zu ermöglichen. Zudem ist eine hinreichende Bestimmtheit der Fallgruppen deswegen geboten, w e i l nur so die Untersuchung einen Wert für die praktische Rechtsanwendung haben kann. Hiervon ausgehend sollen die i n der jeweiligen Fallgruppe i n Betracht kommenden Auskunftsgegenstände i n der Regel durch ihren gemeinsamen Zweck gekennzeichnet und sodann durch Beispiele veranschaulicht werden. Klarzustellen ist jeweils, inwieweit es sich u m Auskünfte auf Antrag oder von Amts wegen handelt. Denn ob die Auskunft beantragt w i r d oder von Amts wegen erfolgen soll, ist zweifellos ausschlaggebend für das Bestehen einer behördlichen Auskunftspflicht. Die Fallgruppen können sich insoweit überschneiden, als sich die Zwecke der i n ihnen bezeichneten Auskünfte überschneiden.

§ 2: Der Staat als Helfer des Bürgers und das Recht auf behördliche Auskunft A. Der Grundsatz: Der Staat als Helfer des Bürgers Es ist davon auszugehen, wie der B G H es i n seinen Urteilen mehrfach gefordert hat 5 , daß der Staat i m sozialen Rechtsstaat des Grund4 6

Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 2 § 2. Vgl. die zitierten Urteile des B G H oben T e i l 3 Abschnitt 1 § 1 B. F N 9-11.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen gesetzes Helfer des Staatsbürgers zu sein hat. Welche Pflichten zu staatlicher Hilfeleistung sich aus dem Rechts- und Sozialstaatsprinzip ergeben, wurde bereits i m vorhergehenden bei der Darlegung dieser Prinzipien deutlich, so daß es genügt, i n kurzer Form an das dort bereits Ausgeführte zu erinnern: Die sich aus der Rechtsstaatlichkeit ergebende Pflicht zu staatlicher Hilfeleistung besteht i n der Rechtsverfolgungsgarantie: Der Staat ist verpflichtet, dem Bürger bei der Verfolgung seiner Rechte die Hilfe zukommen zu lassen, ohne die er das Recht nicht ausüben kann. Weit umfassender sind die Aufgaben, die das Sozialstaatsprinzip an den Staat stellt: Sozialstaatlichkeit bedeutet nicht nur Verwirklichung der sozialen Gerechtigkeit, sondern Hilfe des Staates auf allen Gebieten der Daseinsvorsorge.

B. Auskunftsansprüche im Rahmen besonderer Rechtsverhältnisse Wie bereits erwähnt, gilt bei den zu untersuchenden Fallgruppen das Gesetz der Auswahl. Auch die i m folgenden erörterten besonderen Rechtsverhältnisse bilden daher nur eine Auswahl der möglichen Fallgestaltungen: 1. Das umfassendste der zu untersuchenden Rechtsverhältnisse ist, w e i l für jeden Bürger i n Betracht kommend, das Verwaltungsverfahren. Hier ist zu fragen, inwieweit die Verwaltung dem Bürger bei der Durchsetzung seiner Ziele i m Rahmen des Verfahrens durch entsprechende Informationen zu helfen hat. 2. Als besonderes Rechtsverhältnis, i n dem Informationspflichten i m Vordergrund stehen, die auf die Person des Bürgers bezogen sind, ist sodann das Beamtenverhältnis zu erörtern. Von personbezogenen Informationspflichten kann hier insofern gesprochen werden, als die Beratungs- und Belehrungspflicht des Dienstherrn gegenüber dem Beamten i m Rahmen der personbezogenen Fürsorgepflicht zu untersuchen ist. Auch diese Fallgruppe kann als umfassendere Fallgruppe angesehen werden, w e i l sie repäsentativ für alle besonderen Rechtsverhältnisse steht, die sich durch eine besondere staatliche Fürsorgepflicht gegenüber dem Bürger auszeichnen, wie z.B. außer dem Beamtenverhältnis auch das Richter- und Soldatenverhältnis 6 . 3. Sachbezogen sind dagegen die i n der 3. Gruppe zu erörternden Auskunftsansprüche i m Rahmen öffentlich-rechtlich betriebener Lei• Vgl. § 31 SoldG.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft stungsverhältnisse. Denn hier geht es u m Informationen, die die ungestörte Nutzung der Leistung sichern sollen.

4. Wegen der großen praktischen Bedeutung sollen schließlich die Informationspflichten i m Rahmen des Rentenversicherungsverhältnisses umrissen werden. Auch diese Fallgruppe steht repräsentativ für einen größeren Bereich, nämlich für den Bereich der gesamten Sozialversicherung. I. Auskunftsansprüche im Rahmen konkreter Verwaltungsverfahren 1. Die Beschränkung der Untersuchung auf den Bereich bereits anhängiger Antragsverfahren Die Beschränkung der Untersuchung auf den Bereich der Antragsverfahren ergibt sich daraus, daß der hier leitende Gesichtspunkt „Der Staat als Helfer des Bürgers" nur für diesen Bereich der Verwaltungsverfahren als Grundlage behördlicher Informationspflichten i n Betracht kommt. Die Beschränkung auf den Bereich anhängiger Verwalturigsverfahren ist deswegen vorzunehmen, weil, wie ausgeführt 7 , die Zusammenfassung von Auskünften i m Rahmen anhängiger und unmittelbar bevorstehender Verwaltungsverfahren für die Frage der behördlichen Informationspflicht nicht genügend differenziert und nicht praktikabel ist. I m folgenden geht es daher nur u m Auskünfte i m Rahmen bereits anhängiger Verwaltungsverfahren. Informationen, die einem bevorstehenden Verwaltungsverfahren zugeordnet werden können, sollen als Auskünfte außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse unter dem Gesichtspunkt der Rechtsverfolgung Berücksichtigung finden. Die getrennte Erörterung von Auskunftsansprüchen innerhalb bereits anhängiger Verwaltungsverfahren und solchen i n Bezug auf bevorstehende Verwaltungsverfahren macht eine klare Abgrenzung zwischen beiden Bereichen notwendig. Als klarer Abgrenzungsmaßstab kann die Antragstellung des Bürgers angesehen werden: M i t Stellung des Antrages bis zum Erlaß eines abschließenden Bescheides kann von einem anhängigen Antrags verfahren gesprochen werden. Auskünfte i m Rahmen unmittelbar beendeter Verwaltungsverfahren haben nur i m Hinblick auf die hier nicht zu erörternden Amtsverfahren Bedeutung, und zwar i m wesentlichen i n Bezug auf etwaige Vollstreckungsverfahren. Insoweit finden sich auch i n den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen entsprechende gesetzliche Regelungen 8 . 7

Vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 2 § 2. Vgl. z. B. § 13 V w V G , wonach Zwangsmittel, die nicht sofort angewendet werden können, vorher schriftlich angedroht werden müssen, ferner § 361 8

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen 2. Ansprüche auf Auskünfte, die dem Bürger bei der Erreichung seines mit dem Antrag verfolgten Zieles helfen a) Staatliche Informationshilfe i m Rahmen eines Antragsverfahrens ist Informationshilfe beim Einsatz der richtigen Mittel, u m das m i t dem Antrag begehrte Ziel zu erreichen. Ein Auskunftsanspruch kommt daher auf diejenigen Informationen i n Betracht, die geeignet sind, dem B ü r ger bei der Erreichung seines m i t dem Antrag verfolgten Zieles zu helfen. Da es sich hier u m die für die praktische Rechtsanwendung wichtigste Fallgruppe handelt und eine genauere Konkretisierung der Auskunftsgegenstände daher sinnvoll erscheint, soll bei der Beschreibung dieser Fallgruppe etwas länger verweilt werden: Der Umfang der Auskunftsgruppe und damit etwaiger entsprechender behördlicher Informationspflichten hängt davon ab, was man unter dem m i t dem Antrag verfolgten Ziel versteht. Denn unter diesem Ziel läßt sich sowohl der angestrebte tatsächliche Erfolg als auch nur der hierfür notwendige Rechtserfolg verstehen. Der Rechtserfolg wiederum kann lediglich nur derjenige sein, der bei der angerufenen Stelle i m Rahmen ihres Zuständigkeitsbereiches erreicht werden kann, oder auch der für die Erreichung des tatsächlichen Zieles darüber hinaus notwendige Rechtserfolg. So ist z. B. für die Errichtung eines Gewerbebetriebes die Genehmigung zweier verschiedener Behörden, nämlich der Baubehörde und der Gewerbebehörde, erforderlich. Geht man davon aus, daß die Behörden nur insoweit zur Hilfeleistung verpflichtet sein können, als sie hierzu tatsächlich i n der Lage und berechtigt sind, so kann eine behördliche Pflicht nur zu den Informationen erwogen werden, die dem Bürger lediglich bei der Erreichung des für das tatsächliche Ziel notwendigen Rechtserfolges helfen und durch deren Erteilung die Zuständigkeit anderer Behörden nicht verletzt wird. Nur zu diesen Informationen ist die Behörde sachlich i n der Lage und berechtigt. Eine behördliche Informationspflicht kommt damit auf jeden Fall bezüglich der Auskünfte i n Betracht, die geeignet sind, den für das tatsächliche Ziel notwendigen Rechtserfolg herzustellen, soweit dieser i n den Zuständigkeitsbereich der angegangenen Behörde fällt. Soweit dagegen dieser Rechtserfolg nicht der Zuständigkeit der angegangenen Behörde unterliegt, kommt nur eine Hinweispflicht an die zuständige Stelle i n Betracht. U m das bereits genannte Beispiel aufzuhambVwVG, wonach bei Vollstreckung v o n Geldforderungen eine schriftliche Mahnung zu erfolgen hat.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

greifen: Bei der Errichtung eines Gewerbebetriebes kann nur eine Pflicht der Baubehörde erwogen werden, auf die Erforderlichkeit einer Gewerbegenehmigung und die hierfür zuständige Behörde hinzuweisen 9 . Es versteht sich von selbst, daß behördliche Informationspflichten i m übrigen auch nur insoweit i n Betracht kommen, als das vom Bürger verfolgte Ziel rechtlich zulässig und der Behörde erkennbar ist 1 0 . Denkbar sind sowohl Auskünfte auf Antrag als auch von Amts wegen. Von Amts wegen können sie sinnvollerweise nur i n den Fällen angenommen werden, i n denen die Behörde damit rechnen kann, daß der Bürger sein Ziel nicht oder nur unvollständig erreichen wird. Das ist z. B. der Fall, wenn der Antragsteller, für die Behörde erkennbar, Maßnahmen beabsichtigt, die sich — für i h n selbst nicht erkennbar — nachteilig auswirken oder auswirken können 1 1 , oder wenn er offensichtlich günstige Antragsmöglichkeiten nicht wahrnimmt 1 2 . Typisch für die i n dieser Weise eingegrenzte Fallgruppe sind Auskünfte, die der richterlichen Aufklärungspflicht (§§ 86 I I I VwGO, 1061 SGG, 7 6 I I S G G , 139 ZPO) entsprechen. Hierzu rechnen einmal Auskünfte über die formellen Erfordernisse des Antrages, wie der Hinweis, daß Schriftform für den Antrag erforderlich ist 1 3 . Hierzu gehören ferner Auskünfte über Lücken i m Sachverhalt und Unklarheiten i n den Anträgen. Hierzu zählt schließlich die Belehrung über notwendige oder zweckdienliche Anträge 1 4 , z.B. der Hinweis, daß ein Bauantrag dann genehmigt werden kann, wenn er, dem Bebauungsplan entsprechend, geringfügig abgeändert wird. Neben diesen typischen Auskünften lassen sich weitere Fälle denken, i n denen die behördliche Auskunft dem Bürger bei der Erreichung seines m i t dem Antrag verfolgten Zieles hilft. Eine solche Auskunft ist z. B. der Hinweis auf eine unmittelbar bevorstehende Rechtsänderung, nach der einem bisher unbegründeten Baugesuch stattzugeben wäre 1 5 . Eine derartige Information ermöglicht 9

Vgl. RG, U. v. 16.11.1928 i n J W 1929, 1797. Vgl. BGH, U. v. 6.4.1960 i n N J W 1960, 1244 = M D R 1960, 571 = Betrieb 1960, 638 = DÖV 1960, 428 = VersR 1960, 559 = DVB1 1960, 520 = L M § 839 (c) B G B Nr. 54 = DRsp I (147), 63 a. 11 Vgl. B G H Z 45, 23 (29) v. 20.1.1966 = DVB1 1968, 23 (25). 12 Vgl. B F H , U. v. 22.1.1960 i n B S t B l I I I 1960, 178 (179), U. v. 25. 8.1961 i n B S t B l I I I 1961, 546. 13 BVerwG, U. v. 29.11.1957 i n Z L A 1958, 55; ablehnend hinsichtlich einer solchen Pflicht noch A G Aurich, E. v. 30.6.1948 i n Kayser-Leiß, S. 459 (Nr. 2092). 14 Vgl. B V e r w G E 9, 89 (92) v. 15.7.1959; E 16, 156 (159) v. 19.6.1963; E25, 177 (179) v. 26.10.1966. 15 Vgl. BGH, U. v. 6.4.1960 i n N J W 1960, 1244 = M D R 1960, 571; vgl. ferner O V G Lüneburg, B. v. 9. 2.1960 i n B B 1960, 643 (Hinweispflicht auf Genehmigungsvoraussetzungen) . 10

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen dem Bürger, ein M i t t e l einzusetzen, die von i h m begehrte Bauerlaubnis zu erhalten. Denn als ein solches M i t t e l ist das Abwarten der unmittelbar bevorstehenden günstigen Rechtsänderung, verbunden m i t einer erneuten Antragstellung, anzusehen. Ist die Rechtsänderung kann ein entsprechender angesehen werden, dem Antrag verfolgten Zieles unmittelbaren zeitlichen fahren 1 6 .

erst i n der weiteren Zukunft zu erwarten, so Hinweis allerdings nicht mehr als geeignet Bürger bei der Erreichung seines m i t dem zu helfen. Es fehlt i n diesem F a l l an einem Zusammenhang m i t dem Verwaltungsver-

b) Da die vorgenannten Auskünfte zum Teil denen i m Rahmen der richterlichen Aufklärungspflicht entsprechen, ist zu fragen, ob die rechtsanaloge Anwendung dieser Pflicht i m Verwaltungsprozeß entsprechende Auskunftsrechte begründet. A u f Grund der richterlichen Aufklärungspflicht i m Verwaltungsprozeß (§ 86 I I I VwGO) hat der Vorsitzende die Stellung formfehlerfreier, klarer und sachdienlicher Anträge und die Ergänzung ungenügender tatsächlicher Angaben zu veranlassen und weiterhin darauf hinzuweisen, daß alle, für die Beurteilung und Feststellung des Sachverhalts maßgeblichen Erklärungen abgegeben werden. Es ist nicht zu verkennen, daß diese Aufklärungspflichten auch die Begünstigung der Verfahrensbeteiligten bezwecken 17 . I m wesentlichen dienen sie jedoch der Förderung der Entscheidungsreife des Prozesses und der Erforschung des Sachverhalts von Amts wegen 18 . Es soll erreicht werden, daß das Verfahren nicht an formellen Hindernissen scheitert, sondern zu einer Sachentscheidung führt 1 9 . Die richterliche Aufklärungspflicht begründet deswegen keine Pflicht für den Vorsitzenden, den Parteien des Verfahrens rechtsberatend i m Hinblick auf die Begründetheit ihrer Anträge zur Seite zu stehen 20 . 16 Vgl. hierzu B G H , U. v. 6.4.1960 i n N J W 1960, 1244 = M D R 1960, 571: Das Gericht hatte i n dem seinerzeit entschiedenen F a l l eine Aufklärungspflicht der Behörde über eine bevorstehende Baustaffeländerung bei Bearbeitung eines Baugesuchs bejaht u n d hierbei hervorgehoben, daß es sich jedenfalls u m eine m i t einiger Wahrscheinlichkeit bevorstehende Rechtsänderung handele. 17 Redeker - von örtzen, V w G O , § 86 A n m . 16, sprechen insofern v o n einem „nobile officium" des Gerichts. 18 Schunck - de Clerk, V w G O , § 86 A n m . 3 a; Koehler, V w G O , S. 654. 19 Redeker - von örtzen, V w G O , § 104 A n m . 1. 20 Eyermann - Fröhler, V w G O , § 86 Rdnr. 24. I m Rahmen des § 139 ZPO darf das Gericht z. B. nicht einer Partei neue Klaggründe, Einreden u n d A n träge nahelegen (RGZ 106, 115 (119) v. 24.10.1922), nicht auf eine K l a g änderung hinwirken, die Partei nicht auf eine andere tatsächliche Begründung ihres Antrages hinweisen (RGZ 109, 69 (70) v. 17.10.1924), noch die Partei rechtlich beraten (RGZ 103, 286 (289) v. 15.12.1921; E109, 69 (70) v. 17.10.1924).

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Er hat vielmehr die Gebote der Unparteilichkeit zu achten 21 und sich, wegen möglicherweise abweichender Auffassungen höherer Instanzen, vor einer nachteiligen Beratung der Parteien zu hüten 2 2 . Anders ist die Interessenlage bei den hier zur Diskussion stehenden Auskünften. Bei ihnen steht nicht der Gesichtspunkt, das Verfahren, nämlich das Antragsverfahren, zu einer Sachentscheidung zu führen, i m Vordergrund, sondern die Betreuung des Bürgers bei der Verfolgung seiner Ziele. Das aber ist eine rechtsberatende, parteiergreifende Tätigkeit 2 3 . Der vom Gericht zu wahrende Gesichtspunkt der Unparteilichkeit kommt nicht zum Zuge. Eine rechtsanaloge Anwendung der §§ 86 I I I VwGO, 1061SGG und 76 I I FGO auf das Verwaltungsverfahren und damit eine entsprechende Begründung von Rechten auf die unter a) genannten Auskünfte ist daher abzulehnen 24 . c) Ein Recht auf diese Auskünfte läßt sich jedoch aus der durch die Sozialstaatlichkeit gebotenen Pflicht zu staatlicher Hilfeleistung herleiten. Sozialstaatlichkeit wurde als staatliche Hilfe bei der Daseinsbewältigung überhaupt bezeichnet 25 . Dem entspricht eine besonders intensive staatliche Hilfe dort, wo der Staat, zumeist i n Erfüllung sozialstaatlicher Aufgaben, dem Bürger selbst Wege vorschreibt oder anbietet, u m ein Ziel zu erreichen. Hier muß der Staat, wenn er sich nicht m i t sich selbst i n Widerspruch setzen w i l l , alles tun, damit der Bürger, der einen solchen Weg beschreiten w i l l , diesen Weg auch erfolgreich beschreitet. Ein vom Staat dem Bürger vorgeschriebener Weg zur Erreichung eines Zieles, nämlich eines bestimmten Rechtserfolges, stellt auch das Verwaltungsverfahren auf Antrag dar. Entsprechend dem oben Gesagten ist die Verwaltung i m Rahmen eines solchen Verfahrens verpflichtet, alles zu tun, damit der Bürger das von i h m beschrittene A n tragsverfahren auch erfolgreich beschreitet. Dieser Pflicht wiederum kann eine Pflicht zur Erteilung von Auskünften zugeordnet werden, die — wie unter a) beschrieben — dem Bürger bei der Erreichung seines m i t dem Antrag verfolgten Zieles helfen 2 6 : 81

Tietgen, DVB1 1963, 780 (782). Schunck - de Clerk, V w G O , § 86 A n m . 3 c. 88 Vgl. Fellner, S. 356; Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (483). 24 Ebenso Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (483); Klingler, S. 97. 25 Vgl. oben Abschnitt 2 § 3. 89 I m Ergebnis ähnlich Klingler,, S.. 100 (vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 2 § 2), der allerdings n u r eine Auskunftspflicht i m Einzelfall annimmt. Zudem grenzt Klingler den Bereich der behördlichen Informationspflichten dadurch zu w e i t u n d damit zu ungenau ein, daß er fordert, die A u s k u n f t müsse geeignet sein, dem Bürger bei der Verfolgung seiner Ziele i m Rahmen eines bereits 82

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen Die Auskunft ist generell zu erteilen, wenn der Bürger sie beantragt. Es kommt nicht darauf an, ob er sich die nötige Kenntnis selbst verschaffen könnte oder auf die Auskunft angewiesen ist 2 7 . Denn die Sozialstaatlichkeit w i r d hier als Grundlage von Informationspflichten nicht i n ihrer spezifischen Bedeutung als staatliche Hilfe gegenüber sozial-schwachen Volkskreisen herangezogen, m i t der Folge, daß Informationspflichten nur gegenüber den Personen bestehen, die nicht i n der Lage sind, sich die nötige Kenntnis selbst zu verschaffen. Die Auskunft ist von Amts wegen zu erteilen, wenn die Verwaltung damit rechnen kann, daß der Bürger ohne eine entsprechende behördliche Information sein Ziel nicht oder nur unvollständig erreichen wird. II. Auskunftsansprüche im Rahmen des Beamtenverhältnisses 1. Da das Beamtenverhältnis nicht nur ein Dienst-, sondern auch ein Treueverhältnis 28 ist m i t entsprechenden Schutz- und Fürsorgepflichten, kommt i n i h m eine gesteigerte behördliche Informationspflicht gegenüber dem Bürger, hier dem Beamten, i n Betracht. Die denkbaren Informationspflichten können sich sowohl auf die dienstlichen Belange als auch auf die persönlichen Belange beziehen. Hier sollen nur — u m die Arbeit nicht zu sehr auszuweiten — die Informationspflichten bezüglich der persönlichen Verhältnisse des Beamten, d. h. bezüglich seines Dienstverhältnisses, untersucht werden. Hierzu rechnen einmal alle Belehrungen, die der Wahrnehmung von Rechten und Vorteilen aus dem Beamtenverhältnis dienen: Der Beamte w i r d z. B. über Form und Fristen bei der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche belehrt 2 9 oder über Urlaubs-, Beförderungsoder Versetzungsmöglichkeiten aufgeklärt. Zu den die persönlichen Belange berührenden Auskünften zählen zweitens die Belehrungen, deren Zweck i n der Abwendung von Nachabgeschlossenen oder eines konkreten anhängigen oder unmittelbar bevorstehenden Verwaltungsverfahrens zu helfen (vgl. oben Teil 3 Abschnitt 2 §2). 27

Vgl. Pagendarm, A n m . zu BGH, U. v. 26.9.1957, L M § 839 (Fe) B G B Nr. 9, der darauf hinweist, daß die Belehrungspflicht der m i t der Betreuung sozial schwacher Volkskreise betrauten Beamten z . B . nicht n u r gegenüber einem Schwerbeschädigten einzugreifen hat, der sozial schwach ist, sondern auch gegenüber einem solchen, der ein ansehnliches Vermögen besitzt. 28 Plog - Wiedow, B B G §79 A n m . 1 (S. 1); Bochalli, BBG, §79 A n m . 1; von der Heide, Z B R 1955, 321. 29 Vgl. RGZ 146, 35 (40 ff.) v. 13.11.1934 = J W 1935, 1153; BGH, U. v. 5.7. 1954 i n DVB1 1955, 26 = VerwRspr 7, 309 = Z B R 1954, 303; U. v. 21. 9.1953 i n N J W 1953, 1669 = Z B R 1953, 223 = VerwRspr. 6, 54. 10

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

teilen besteht, welche die rechtliche Stellung des Beamten betreffen: Z. B. Belehrungen über die Folgen des Ubertritts i n ein A m t m i t geringeren Bezügen 80 oder über die Folgen eines Entlassungsantrages 31 . I n Betracht kommen sowohl Antragsauskünfte als auch von Amts wegen gegebene Informationen. 2. Daß die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht als Konkretisierung des Grundsatzes „Der Staat als Helfer des Bürgers" Beratungs- und Belehrungspflichten des Dienstherrn gegenüber dem Beamten begründet, w i r d man nicht bestreiten können. Die Frage ist jedoch, welcher Inhalt und Umfang den i n diesem Rahmen bestehenden Informationspflichten zukommt 3 2 . Bei der Beantwortung dieser Frage ist von folgenden Überlegungen auszugehen: Die Fürsorgepflicht begründet für den Dienstherrn die Pflicht, für das Wohl des Beamten und seiner Familie zu sorgen und i h n bei seiner amtlichen Tätigkeit und i n seiner Stellung als Beamter zu schützen 33 . Dieser Schutz- und Fürsorgepflicht des Dienstherrn entspricht das Schutz- und Fürsorgerecht des Beamten 3 4 . Die möglichen Gegenstände der Fürsorgepflicht lassen sich nicht abschließend umschreiben 35 . Wegen der hiermit zusammenhängenden Vielzahl der Erfüllungsmöglichkeiten der Fürsorgepflicht ist i n der Regel nur eine Destination des Beamten auf Erfüllung dieser Pflicht anzunehmen 36 . E i n Rechtsanspruch auf eine bestimmte Maßnahme i m Rahmen der Fürsorgepflicht muß jedoch, wie bei einer Ermessensverdichtung 37 , dann bejaht werden, wenn nur diese Maßnahme der Erfüllung der Fürsorgepflicht gerecht wird. 80

Vgl. B G H Z 7, 69 v. 14. 7.1952 = N J W 1952, 1373 = DVB1 1952, 602. Vgl. L V G Hannover, U. v. 20.10.1952 i n DVB1 1953, 116; zur Belehrungspflicht v o r Abgabe verbindlicher Erklärungen vgl. ferner RGZ 96, 302 (304) v. 10.10.1919; E 114, 122 (130) v. 22.6.1926; E 120, 63 v. 27.1.1928; PrOVGE 78, 251 (255 f.) v. 5.10.1922. 82 Vgl. hierzu Plog -Wiedow, BBG, §79 A n m . 7 (S. 4) u. A n m . 14 (S. 8); Fischbach, BBG, Bd. I, S. 684, 686, 690, Bd. I I , S. 1311; Scheerbarth, S. 201 f.; Bauch, S. 60; Ebert, S. 114f.; von der Heide, Z B R 1955, 364 (366); Daumann, BayBZ 1960, 101; Honnacker, BayBZ 1965, 41; BGH, U. v. 5.7.1954 i n Z B R 1954, 303 = DVB1 1955, 26; O V G Lüneburg, U. v. 6.12.1963 i n Z B R 1964, 50 = R i A 1964, 42. 88 Vgl. §§ 48 BRRG, 79 BBG, A r t . 90 L B G B W , A r t . 86 L B G Bayern, 431 L B G Berlin, 81 L B G Hamburg, 92 L B G Hessen, 90 L B G N W , 87 L B G RhPf, 95 L B G SchlH. 84 Wolff, V R I I , S. 374. 85 von der Heide, Z B R 1955, 321 (322); O V G Münster, U. v. 18.9.1958 i n N D B Z 1960, 178. 88 Wolff, V R I I , S. 375; a. A . Fischbach, B B G , Bd. I I , S. 1311. 87 Vgl. hierzu oben T e i l 1 F N 8. 81

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen

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Berücksichtigt man dies, so w i r d klar, daß sich die Informationsansprüche des Beamten i m Rahmen der Fürsorgepflicht nicht erschöpfend, sondern nur für besonders typische Beispiele eingrenzen lassen. Denn ein Anspruch auf Beratung und Belehrung kann nach dem oben Ausgeführten nur dann angenommen werden, wenn die jeweilige Beratung und Belehrung als unerläßlich für die Erfüllung der Fürsorgepflicht angesehen werden muß. Diese Fälle aber lassen sich wegen der Vielzahl der Erfüllungsmöglichkeiten der Fürsorgepflicht nur beispielhaft umschreiben. Als unerläßlich i n diesem Sinne muß z. B. eine Beratung und Belehrung vor allem dann angesehen werden, wenn der Beamte sie beantragt, und sie, wie unter 1. beschrieben, objektiv geeignet ist, die i h m zustehenden Rechte und Vorteile zu sichern oder Nachteile von seiner Stellung abzuwenden. I n diesen Fällen besteht generell ein Auskunftsrecht 38 . Nicht so klar lassen sich die Fälle beschreiben, i n denen eine Information von Amts wegen erforderlich ist, u m der Fürsorgepflicht gerecht zu werden. Ganz allgemein formuliert, muß eine solche Lage hauptsächlich dann angenommen werden, wenn an der Erteilung der Auskünfte, die die gleiche Zweckrichtung wie die vorgenannten Auskünfte aufweisen, ein erkennbares Bedürfnis vorliegt. Wann dies der Fall ist, läßt sich, entsprechend der umfassenden Zweckrichtung der Fürsorgepflicht, wie bereits erwähnt, nur beispielhaft veranschaulichen: E i n für die Behörde erkennbares Bedürfnis nach Auskunftserteilung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Beamte sich bei Abgabe einer rechstverbindlichen Erklärung i n einem erkennbaren I r r t u m 3 9 oder i n einer erkennbaren Unkenntnis über ein etwaiges Antragsrecht befindet 4 0 . Ein Bedürfnis nach Beratung ist ferner dann gegeben, wenn der Beamte infolge einer Erregung die Rechtsfolgen seiner Erklärung nicht 38 Einhellige Ansicht: Plog-Wiedow, BBG, §79 A n m . 7 (S.4); Fischbach, BBG, Bd. I, S. 684; Scheerbarth, S. 201; Daumann, BayBZ 1960, 101 (102); von der Heide, Z B R 1955, 364 (366); Ebert, S. 1141; O V G L ü n e b u r g , U. v. 6.12.1963 i n R i A 1964, 42 = Z B R 1964, 50; B G H , U. v. 5. 7.1954 i n ZBR 1954, 303 = DVB1 1955, 26. 89 Ebenfalls einhellige Ansicht: Plog-Wiedow, B B G §79 A n m . 7 (S.4); Fischbach, BBG, Bd. I , S. 686; Scheerbarth, S. 201; von der Heide, Z B R 1955, 364 (366); Honnacker, B a y B Z 1965, 41 (42); Ebert, S. 114 f.; B G H , U. v. 5.7.1954 i n Z B R 1954, 303 = DVB1 1955, 26; O V G Münster, U. v. 18.9.1958 i n N D B Z 1960, 178; V G H Mannheim, U. v. 27.3.1963 i n DVB1 1964, 883 (Nr. 386) = De Clerck - Winkler, Bd. V I I , § 79 B B G Nr. 15; V G H BW, U. v. 27. 9.1963 i n Z B R 1964, 83. 40 Honnacker, B a y B Z 1965, 41 (42); vgl. ferner V G H Kassel, U. v. 3.10.1961 i n D Ö V 1962, 797 = Z B R 1963, 87 = N D B Z 1962, 222 = De Clerk - Winkler, Bd. V I I , § 79 B B G Nr. 8.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

überblickt 4 1 oder nach der Erfahrung damit gerechnet werden muß, daß er sich über die Rechtsfolgen seiner Erklärung irrt. K e i n erkennbares Bedürfnis nach Beratung und Belehrung ist dagegen dort anzunehmen, wo sich der Beamte über die rechtliche oder tatsächliche Lage selbst i m klaren ist oder sein muß. I n diesen Fällen besteht keine Belehrungspflicht des Dienstherrn 4 2 . Der Dienstherr ist i m übrigen nicht verpflichtet, den Beamten von Amts wegen ohne besonderen Anlaß über seine Rechte und Pflichten aufzuklären 43 . Eine solche Pflicht kann nicht als unerläßlich für die Erfüllung der Fürsorgepflicht gewertet werden: Einerseits würde sie den Dienstherrn überlasten, andererseits kann dem Beamten eine entsprechende Selbstinformation zugemutet werden. Eine Ausnahme hat bei Rechtsmittelbelehrungen zu gelten: Es entspricht der Fürsorgepflicht, daß der Dienstherr seinen Verfügungen, gegen die Rechtsbehelfe gegeben sind, Rechtsmittelbelehrungen von Amts wegen beifügt 4 4 . Auskunftsberechtigt können also diejenigen Personen sein, gegenüber denen die Fürsorgepflicht zu erfüllen ist, u . U . also auch Ruhestandsbeamte oder Angehörige der Beamten 45 . Wie bereits angedeutet, ist der Dienstherr die für die Erfüllung der Fürsorgepflicht zuständige Behörde 46 . Zuständige Beamte sind die jeweils mit der Erfüllung der Fürsorgepflicht betrauten Personen, insbesondere die Vorgesetzten des Beamten 47 . III. Auskunftsansprüche im Rahmen öffentlich-rechtlich betriebener Leistungsverhältnisse Wie angeführt, geht es i n diesem Zusammenhang u m Informationen, die die ungestörte Nutzung der Leistung sichern sollen. Diese Informationen lassen sich gliedern i n Auskünfte, die 41

Vgl. L V G Hannover, U. v. 22.10.1952 i n DVB1 1953, 116. von der Heide, ZBR 1955, 364 (366); B G H , U.v.5.7.1954 i n Z B R 1954, 303 = DVB1 1955, 26; O V G Lüneburg, U. v. 6.12.1963 i n Z B R 1964, 50 = R i A 1964, 42; RGZ 146, 35 (41) v. 13.11.1934. 43 Daumann, B a y B Z 1960, 101 f.; Honnacker, B a y B Z 1960, 41 (42); OVG Lüneburg, U. v. 6.12.1963 i n Z B R 1964, 50 = R i A 1964, 42. 44 Fischbach, BBG, Bd. I I , S. 1311; a. A . B G H Z 10, 303 (305) v. 21. 9.1953. 45 Vgl. RGZ 146, 35 (40 ff.) (Beratungspflicht gegenüber der W i t w e eines Beamten); ferner Plog - Wiedow, BBG, § 79 A n m . 14 (S. 8); Daumann, BayBZ 1960, 101 (102); Bochalli, BBG, § 79 A n m . 5. 46 Plog - Wiedow, BBG, § 79 A n m . 21 (S. 10). 47 Daumann, BayBZ 1960, 101 (102); Plog-Wiedow, BBG, §79 A n m . 21 (S. 10). 42

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen 1. überhaupt die Nutzung der i m Rahmen des Leistungsverhältnisses möglichen Leistungen bezwecken, 2. der Verhinderung von Schäden dienen, die bei Benutzung der Leistung entstehen können, 3. , wenn auch nur i n einem weiteren Sinne, den Ersatz von Schäden bezwecken, die bei Benutzung der Leistung entstanden sind.

1. Ansprüche auf Auskünfte, die die Nutzung der im Rahmen des Leistungsverhältnisses möglichen Leistungen bezwecken a) Ein Interesse an diesen Auskünften kommt nur dort i n Betracht, wo die Nutzung freiwillig ist oder ein mittelbarer Zwang zur Nutzung besteht, wie bei staatlichen Monopolbetrieben. Die Auskünfte treten i n zwei Varianten auf: Erstens sind es die Auskünfte über die Zulassungsbedingungen, wie z.B. die Voraussetzungen einer Bibliotheksbenutzung. Zweitens sind es die Auskünfte über die i m Rahmen des Leistungsverhältnisses überhaupt möglichen Leistungen: Der Bürger möchte z. B. wissen, wann und i n welchem Umfange die Stadtreinigung Sperrmüll abfährt, welche Nutzungsmöglichkeiten i h m ein Anschluß an das Fernheizungsnetz ermöglicht oder welche Versendungsmöglichkeiten die Post zu bieten hat. Die Auskünfte sind sowohl i n der Form von Antragsauskünften als auch, wegen des zumeist bestehenden behördlichen Wissensmonopols, i n Form von Amts wegen erfolgender Informationen denkbar. b) Entsprechende Informationspflichten begründet die Bedeutung der Sozialstaatlichkeit als staatliche Hilfe bei der Daseinsbewältigung: Der Staat verwirklicht diese Aufgabe u. a. durch Einrichten und Anbieten von Leistungsbetrieben. Es ist eine innere Konsequenz dieser Tätigkeit, daß er dem Bürger soweit wie möglich zu helfen hat, damit dieser die angebotenen Leistungen nutzen kann. Das gilt insbesondere dann, wenn der Leistungsbetrieb eine Monopolstellung innehat. Dieser Pflicht zur Hilfestellung kann auf jeden Fall eine Pflicht zur Erteilung der unter a) beschriebenen Antragsauskünfte zugeordnet werden. Aus den gleichen Gründen ist die Verwaltung für verpflichtet anzusehen, auch von Amts wegen über die möglichen Leistungen i m Rahmen des jeweiligen Leistungsverhältnisses aufzuklären. Zweckmäßigerweise ist diese Pflicht jedoch nur als eine dem Grunde nach bestehende Informationspflicht anzunehmen. Die inhaltliche Ausgestaltung dieser Pflicht, ob Einzelmitteilung oder allgemeine amtliche Bekanntmachung, ist wegen der insoweit wechselnden Bedürfnisse nach Informationen dem Ermessen der Verwaltung zu überlassen.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft 2. Ansprüche auf Auskünfte zur Verhinderung von Schäden, die bei Benutzung der Leistung entstehen können, oder die dem Ersatz von Schäden dienen, die bei Benutzung der Leistung entstanden sind

a) Auskünfte zur Verhinderung von Schäden, die bei Benutzung der Leistung entstehen können, sind amtliche Warnungen, die aus der schlechten Beschaffenheit des Leistungsgegenstandes folgen können, z. B. die rechtzeitige Aufklärung Lebensmittel verarbeitender Betriebe über zu stark gechlortes Wasser 48 . Lediglich i n Form von Antragsauskünften kommen dagegen die I n formationen i n Betracht, die den Ersatz von Schäden bezwecken, die bei Benutzung der Leistung entstanden sind. Sie beziehen sich auf Fälle, i n denen dem Bürger durch das schuldhafte Verhalten eines Beamten oder Bediensteten i m Zusammenhang m i t der Erfüllung der Leistung ein Schaden entstanden ist. Denn sie dienen der Ermittlung des betreffenden Beamten oder Bediensteten, u m Schadensersatzansprüche gegen diesen durchzusetzen. Demgemäß kommen sie nur dort i n Betracht, wo an der Staatshaftung Zweifel bestehen. Wie der Blick auf die Rechtssprechung gezeigt hat, kommt eine solche Lage i m Rahmen des Postbenutzungsverhältnisses i n Betracht 4 9 . b) Die Rechtsgrundlage für entsprechende Informationsrechte ist i m Benutzungsverhältnis zu suchen. Denn dieses Verhältnis ist als ausschlaggebend für alle Rechtsfragen anzusehen, die unmittelbar oder mittelbar die Nutzung der Leistung betreffen, und somit auch für die Frage, inwieweit eine Pflicht zur Erteilung der unter a) genannten I n formationen besteht. Welche Form i m übrigen das Benutzungsverhältnis aufweist, ob anstaltlich-geordnetes Nutzungsverhältnis oder öffentlich-rechtlicher Vertrag, ist für die Frage der behördlichen Auskunftspflicht nicht entscheidend 50 . I n Bezug auf die Verhinderung oder den Ersatz von Schäden handelt es sich i n beiden Fällen u m die gleiche Interessenlage, für die i m Hinblick auf behördliche Informationspflichten dasselbe zu gelten hat. Man könnte daran denken, die Nebenpflichten i m Rahmen zivilrechtlicher Verträge entsprechend auf die Nutzungsverhältnisse i m Rahmen 48 Vgl. BGH, U. v. 9.5.1955 i n N J W 1955, 1105; ferner RGZ 152, 129 (142) v. 26. 6.1936; E 99, 96 v. 6. 5.1920. 49 Vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 § 2 A . B . (FN 40, 41, 49, 50, 51); ferner den Haftungsausschluß der Post i n den §§ 11 ff. Postgesetz v. 28.7.1969 ( B G B l I S. 1006). 60 Vgl. B G H , U. v. 9.5.1955 i n N J W 1955, 1105; B V e r w G , U. v.6.5.1960 ( V I I C 57, 59) i n N J W 1960, 1538 (1539) = D Ö V 1960, 553 = E 10, 274.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen öffentlich-rechtlicher Leistungsverhältnisse anzuwenden. Aus der entsprechenden Anwendung dieser Pflichten könnten sich möglicherweise Informationspflichten ergeben, nämlich als Nebenpflichten zur Hauptpflicht, nach der dafür zu sorgen ist, daß der Bürger bei Benutzung der Leistung keinen Schaden erleidet oder jedenfalls hierbei erlittenen Schaden ersetzt bekommt 5 1 . Dieser Begründungsweg ist jedoch abzulehnen. Inwieweit der Staat den Bürger vor möglichen Schäden bei Benutzung der Leistung zu warnen oder i h m Informationen zu erteilen hat, die notwendig sind, u m die bei der Benutzung erlittenen Schäden ersetzt zu bekommen, hängt davon ab, welche Anforderungen insoweit das Sozialstaatsprinzip stellt. Denn m i t dem Einrichten und Anbieten von Leistungsbetrieben erfüllt der Staat, wie erwähnt, eine i h m durch die Sozialstaatlichkeit gestellte Aufgabe. Ob die hier i n Frage stehenden Informationspflichten bestehen, ist daher m i t Hilfe einer Interpretation des Nutzungsverhältnisses i m Lichte des Sozialstaatsprinzips zu beantworten. Der maßgebende Gesichtspunkt ist hierbei wiederum die Bedeutung der Sozialstaatlichkeit als staatliche Hilfe bei der Daseinsbewältigung. Wenn der Staat diese Aufgabe u. a. durch Einrichten und Anbieten von Leistungsbetrieben erfüllt, so ist es auch eine Konsequenz dieser Tätigkeit, dafür zu sorgen, daß der Bürger bei Benutzung der Leistung keinen Schaden erleidet. Ferner muß der Staat, u m sich nicht selbst zu widersprechen, auch alles tun, damit der einzelne die Schäden ersetzt bekommt, die i h m bei Benutzung der Leistung entstanden sind. Diese Betreuungspflichten haben insbesondere bei Monopolbetrieben zu gelten 6 2 . .¿i I m Rahmen öffentlich-rechtlich betriebener Leistungsverhältnisse können ihnen die unter a) genannten Informationspflichten zugeordnet werden. Grundlage dieser Pflichten ist damit das Benutzungsverhältnis i n Verbindung m i t dem Sozialstaatsprinzip 58 . 51 I n dieser Weise ist z. B. der B G H , U. v. 9.5.1955 i n N J W 1955, 1105 v o r gegangen; vgl. ferner O V G Münster, E. v. 17.2.1959 i n DÖV 1959, 756; BVerwG, U. v. 6. 5.1960 ( V I C 57/59) i n N J W 1960, 1538 (1539) = D Ö V 1960, 353 = E10, 274; V G Stuttgart, U. v. 20.1.1967 i n DVB1 1968, 188, die als Grundlage entsprechender Informationspflichten den Nebenpflichten begründenden Satz von Treu u n d Glauben erörtern, der auch i m öffentlichen Recht anzuwenden ist. Lediglich zivilrechtlich begründete noch das RG, U. v. 26.6.1936 = E 152, 129 (142), die Haftung einer Gemeinde f ü r Schädigungen (§§823, 31, 89, 276, 278, BGB) u n d damit auch die Pflicht zur Warnung v o r möglichen Schädigungen, ebenso RGZ 99, 96 v. 6. 5.1920. 62 Diesen Gesichtspunkt hebt BVerwG, U. v. 6.5.1960 i n N J W 1960, 1538 (1539) bezüglich der Postbenutzung hervor. 53 Das läßt auch das V G Stuttgart, U. v. 10.1.1967 i n DVB1 1968, 188 (189), anklingen, wenngleich es die Informationspflicht i n erster L i n i e auf den Satz v o n Treu u n d Glauben stützt.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Was die Warnungen vor Schäden angeht, so ist meistens ein größerer Personenkreis betroffen. Es fragt sich daher, ob ein Anspruch auf Einzelmitteilung besteht oder die Behörde sich m i t einer allgemeinen amtlichen Bekanntmachung begnügen kann. U m einer Überlastung der Verwaltung vorzubeugen, w i r d man dem Bürger grundsätzlich keinen Anspruch auf Einzelmitteilung zubilligen, sondern die Form der Mitteilung dem pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung zu überlassen haben. Die Verwaltung hat bei ihrer Entscheidung die Schwere der möglichen Schädigung und die Erwartung der betroffenen Bürger, eine Einzelmitteilung zu erhalten, gegen den m i t Einzelmitteilungen verbundenen erhöhten Arbeitsaufwand abzuwägen. I n der Regel w i r d sie nur verpflichtet sein, die Nachricht i n größeren Tageszeitungen zu veröffentlichen. Bezüglich der Auskünfte, die den Ersatz von Schäden bezwecken, ist — i m Hinblick auf die Postbenutzung — noch folgendes anzumerken: Anders als das alte Postgesetz (§§ 6 ff.) v. 28.10.1871 (RGBl S. 347) begrenzt das neue Postgesetz vom 28. J u l i 1969 (BGBl I S. 1006) gemäß § 11 I I I des Gesetzes die Haftung der verantwortlichen Bediensteten gegenüber dem Postbenutzer bei einem Haftungsausschluß der Post auf die Fälle, i n denen die Amtspflicht vorsätzlich verletzt wurde. Steht m i t h i n fest, daß der betreffende Beamte nur fahrlässig gehandelt hat, so kann seine Nennung nicht mehr dazu dienen, einen Schaden zu ersetzen, der i m Rahmen der Postbenutzung entstanden ist. Gleichwohl w i r d hierdurch die Informationspflicht der Post i n Fällen, i n denen eine nur fahrlässige Pflichtverletzung i n Betracht kommt, nicht von vornherein ausgeschlossen. Denn die Nennung des Beamten kann hier dazu dienen, m i t Hilfe einer entsprechenden Schadensersatzklage sein Verschulden — ob Vorsatz oder Fahrlässigkeit — gerichtlich zu klären 5 4 . Informationsrechte, die notwendig sind, u m Schäden zu ersetzen, die bei Benutzung der Leistung entstanden sind, die also die Nennung der verantwortlichen Bediensteten betreffen, ergeben sich i m übrigen auch aus der Rechtsverfolgungsgarantie 55 . Denn die etwaigen Ersatzansprüche lassen sich ohne Nennung der verantwortlichen Bediensteten nicht durchsetzen. 54 Vgl. Katholnigg, DVB1 1960, 471 (472). V o r Änderung des Postgesetzes wurde i m übrigen gegen eine Nennung des schuldigen Beamten i m Rahmen von Massensendungen angeführt, die Post sei i m Interesse einer reibungslosen A b w i c k l u n g dieser Sendungen nicht zur Nennung des fahrlässig handelnden Beamten verpflichtet. Anderenfalls würde der Zweck ihres i n diesen Fällen bestehenden Haftungsausschlusses über eine Haftung des Beamten wieder zunichte gemacht werden, vgl. O V G Münster, E. v. 17. 2.1959 i n D Ö V 1959, 756 (757). 55 Vgl. hierzu oben Abschnitt 2 F.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen Als Grundlage für Informationsrechte ist i n diesem Zusammenhang zum Teil auch A r t . 1 9 I V 1 GG 5 6 und der Grundsatz der Gewaltenteilung 5 7 herangezogen worden. Inwieweit diese Verfassungssätze Informationsrechte gewährleisten, soll indes an späterer Stelle — unter dem umfassenden Gesichtspunkt der Rechtsverfolgung — untersucht werden 5 8 . IV. Auskunftsansprüche im Rahmen des Rentenversicherungsverhältnisses 1. Hier fragt sich, inwieweit die Versicherungsträger oder sonstigen auf dem Gebiet der Rentenversicherung zuständigen Behörden dem Versicherten auch außerhalb anhängiger Verwaltungsverfahren zur Information verpflichtet sind. Der Kreis der i n Betracht kommenden Auskünfte 5 9 läßt sich wie folgt eingrenzen: Es sind die Informationen, die geeignet sind, dem Versicherten die Wahrnehmung seiner i h m aus dem Versicherungsverhältnis zustehenden Rechte zu ermöglichen. Hauptsächlich handelt es sich hierbei u m Rechtsauskünfte, wie z.B. Informationen über Antragsrechte und Gestaltungsmöglichkeiten des Versicherungsverhältnisses 60 . Daneben kommen aber auch Tatsachenauskünfte i n Betracht, insbesondere Mitteilungen über die geleisteten Beitragszahlungen 61 . Solche Informationen dienen insofern der Wahrnehmung von Rechten aus dem Versicherungsverhältnis, als sie dem Versicherten Klarheit über seine Rechtsstellung verschaffen. So kann er z. B. bei Erfüllung der Wartezeit für die Erlangung einer Rente von der weiteren Entrichtung der Beiträge Abstand nehmen. Unterschieden werden kann wiederum zwischen Antragsauskünften und von Amts wegen zu erteilenden Informationen. Bei diesen wiederum stellt sich die Frage, ob Einzelhinweise oder allgemein gehaltene Informationen, wie Broschüren oder Merkblätter, genügen. 2. Der Bereich der Rentenversicherung ist so sehr ein Kernstück der Sozialstaatlichkeit, daß sich der Staat i n eklatanterer Weise als i m vorhergehenden ausgeführt mit sich selbst i n Widerspruch setzen würde, wollte er nicht durch die zuständigen Rentenversicherungsbehörden auf 56 O V G Lüneburg, U. v. 21.12.1957 i n DVB1 1958, 323 (325); Schack, DVB1 1958, 325 (327); ferner Katholnigg, DVB1 1960, 471 (472), der allerdings n u r den Grundgedanken dieser Vorschrift heranzieht. 67 Katholnigg, DVB1 1960, 471 (472). 68 Vgl. unten C. I I . 2. 59 Z u diesen Informationen vgl. Klaus Hämmerlein, D R V 1962, 230 (233). 60 Vgl. etwa BGH, U. v. 23.1.1964 i n VersR 1964, 919 = DRsp I (147), 102 a-b, U. 8.1.1968 i n VerR 1968, 371 = DRsp I (147), 120 c. 61 A u f das Bedürfnis nach solchen Auskünften weist Klaus Hämmerlein, DRV 1962, 230, h i n : Der Versicherte habe i n der Regel keine Kenntnis über den Stand seiner Versicherung.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Antrag die Auskünfte erteilen, wie sie unter 1. umschrieben worden sind 6 2 . I n diesem Rahmen besteht mithin, als Ausfluß der Zweckbestimmung der Versicherungsträger und sonstigen auf dem Gebiet der Rentenversicherung zuständigen Behörden und m i t Rücksicht auf die Kompliziertheit der Gesetzesmaterie, ein Informationsrecht des Versicherten. Die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen 63 über die behördliche Beratungspflicht auf dem Gebiet der Rentenversicherung sind insoweit nicht nur als Ermessensermächtigungen, sondern — verfassungskonform ausgelegt — als uneingeschränkte Verpflichtungen zur Auskunftserteilung aufzufassen. Rechtsauskünfte sind nicht nur i n allgemeiner Form, sondern als auf den konkreten Fall bezogene Belehrungen zu erteilen. Soweit sie allerdings langwierigere Berechnungen verlangen, können sie erst innerhalb einer angemessenen Frist beansprucht werden. Nicht so hohe Anforderungen können bei den von Amts wegen zu erteilenden Informationen gestellt werden. Eine generelle Verpflichtung zur Erteilung entsprechender Einzelhinweise würde die zuständigen Behörden überlasten. A u f jeden Fall w i r d man jedoch, ebenfalls m i t Rücksicht auf die Zweckbestimmung dieser Behörden und die Schwierigkeit der gesetzlichen Regelungen, eine dem Grunde nach bestehende Pflicht bejahen müssen, den Versicherten — über die Verkündung der Gesetze i n den Gesetzesblättern hinaus — über seine Rechte zu informieren. I n welchen Formen 6 4 diese Information vorzunehmen ist, w i r d man, u m nicht an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der zuständigen Behörden vorbeizugehen, von deren technischer und personeller Ausstattung abhängig zu machen und ihrem pflichtgemäßen Ermessen zu überlassen haben. So w i r d man zur Zeit eine Information i n allgemeiner Form, durch Merkblätter und Broschüren, wie dies weitgehend geschieht, genügen lassen müssen. Es ist jedoch durchaus 62 Vgl. L S G N W v. 10.5.1961, zit. bei Lermer, D A n g V 1965, 65 (66); Vollmer, SGb 1959, 287 (289), der allerdings n u r eine Beratungspflicht i m Einzelfall ann i m m t u n d v o n dieser Pflicht dort eine Ausnahme macht, w o die Personallage es gebietet; einschränkend Klaus Hämmerlein, D R V 1962, 230 (236), der n u r f ü r Sachauskünfte (Auskünfte über Beitragsleistungen) auf G r u n d des Berechenbarkeitsprinzips eine Informationspflicht bejaht u n d eine echte Rechtsberatungspflicht ablehnt. Das schutzwürdige Interesse des Bürgers endet dort, w o er seine Handlungen allein nach den verkündeten Gesetzesnormen vorausberechnen könne; einschränkend ferner Hirsch, D V Z 1964, 234 (236), der n u r eine Auskunftspflicht über die Rechtslage i m allgemeinen annimmt. Keine Rechtspflicht zur Auskunftserteilung, sondern n u r eine entsprechende „nobile officium" n i m m t Casselmann, SGb 1960, 296, an. 63 Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 2 B. 64 Vgl. hierzu die Nachweise bei Lermer, D A n g V 1965, 65 (66); Hirsch, D V Z 1964, 234 (236); ders., ZSR 1965, 210 ff.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen denkbar, daß i m Zuge der technischen Entwicklung, insbesondere i m Zuge einer verstärkten Einführung der elektronischen Datenverarbeitung, Einzelinformationen zu fordern sind.

C. Auskunftsansprüche außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse: Ansprüche auf Auskünfte zur Wahrnehmung von Rechten Ansprüche auf Auskünfte außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse unter dem Gesichtspunkt „Der Staat als Helfer des Bürgers" bestehen möglicherweise i n den Fällen, i n denen die Auskunft der Wahrnehmung eines berechtigten Interesses, insbesondere eines Rechtes, dient. Inwieweit Ansprüche auf Auskünfte bestehen, an deren Erteilung der Bürger ein berechtigtes Interesse hat, wurde bereits allgemein i m Rahmen des A r t . 5 1 1 GG erörtert. I m folgenden sollen deshalb nur A n sprüche auf Informationen zur Wahrnehmung von Rechten als speziellerer Gesichtspunkt erörtert werden. I. Die in Betracht kommenden Rechte Für die Klarstellung der Informationen m i t Rechtsverfolgungscharakter ist eine Beschreibung der i n Betracht kommenden Rechte, die m i t der Auskunft verfolgt werden können, angebracht. Bei diesen Rechten w i r d es sich, ohne daß dies einer näheren Begründung bedarf, i n der Regel u m subjektiv-öffentliche Rechte handeln. Die Auskunft kann hierbei der Verfolgung voller subjektiv-öffentlicher Rechte dienen. Sie kann aber auch, wo über die Zuteilung einer Vergünstigung nach Ermessen entschieden wird, lediglich auf die Wahrnehmung des Rechtes auf fehlerfreien Ermessensgebrauch gerichtet sein. So z.B., wenn ein Unternehmer anfragt, ob und i n welcher Höhe i h m eine nach Ermessen zu gewährende Subvention zusteht. Die Information kann schließlich, wenn auch selten, der Wahrnehmung eines privaten Rechtes dienen. So lag es i n einem vom V G H Kassel entschiedenen F a l l 6 5 : Dort hatte eine ausländische Lizenzfirma einer Inlandfirma die Verwertung einer Lizenz überlassen. Später verlangte sie von der Devisenstelle Auskunft über Inhalt und Umfang der der Inlandfirma erteilten Importgenehmigung, u m aus dem Überlassungsvertrag gegenüber der Inlandsfirma gegebenenfalls Rechte geltend zu machen. 65

V G H Kassel, U. v. 24. 8.1961 i n DVB1 1962, 641 = DÖV 1962, 757.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft II. Ansprüche auf Tatsachenauskünfte

1. Meistens ist der Bürger bei der Feststellung rechtserheblicher Tatsachen nicht auf die Hilfe der Behörde angewiesen, m i t Ausnahme bestimmter behördlicher Bescheinigungen, auf die gleich zurückgekommen wird. Tatsachenauskünfte stellen jedenfalls nur den kleineren Teil der i n der Praxis vorkommenden rechtsverfolgenden Auskünfte dar. I n der Regel handelt es sich nämlich bei diesen Informationen u m Rechtsauskünfte, d. h. u m Rechtsberatung. Der Zweck der Tatsachenauskünfte besteht zumeist i n der Ermittlung eines rechtsbegründenden, seltener auch i n der Ermittlung eines rechtskonkretisierenden Sachverhalts. Die Gerichte hatten sich bezüglich der Ermittlung eines rechtsbegründenden Sachverhaltes m i t der Nennung von Personen zu befassen, gegen die der Bürger ein Recht durchzusetzen beabsichtigte. Hierbei handelte es sich einmal u m die bereits genannten Fälle, i n denen die Nennung von Denunzianten zum Zwecke der Erhebung einer Privatklage begehrt wurde 6 6 . Zweitens handelte es sich u m die ebenfalls bereits angeführten Fälle, i n denen, wegen eines möglichen Haftungsausschlusses der Post, die Bekanntgabe des schadensverursachenden Beamten verlangt wurde 6 7 . Neben diesen Fällen der Personenermittlung können behördliche Auskünfte i n vielfältiger Weise einer für die Ausübung des Rechtes notwendigen Ermittlung des rechtsbegründenden Sachverhaltes dienen 6 8 . I n der Praxis häufigere Beispiele stellen die behördlichen Bescheinigungen dar, die von anderen Behörden als Voraussetzung für die Zuerkennung von Vergünstigungen verlangt werden 6 9 . Als Tatbestandsauskünfte können diese Informationen allerdings auch zugleich als Rechtsauskünfte gewertet werden 7 0 . Zudem überwiegt bei ihnen die Beweisfunktion den Zweck der Wissensvermittlung. Der Bürger w i l l sich m i t ihrer Hilfe i n der Regel nur eigenes Wissen bestätigen lassen. Der seltene Fall, i n dem die Ausübung eines Rechtes nur m i t Hilfe einer behördlichen Information möglich war, die einen rechtskonkreti69

Vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 § 2 A . B. (FN 47). Vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 § 2 A . B. 98 U m Auskünfte, die einen rechtserheblichen Sachverhalt ermitteln sollten, ging es auch i n den bereits zitierten Entscheidungen des B G H , U. v. 13. 7.1954, VerwRspr. 7, 242 (247), vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 F N 25 u. des O V G Berlin, U. v. 29.6.1961, N J W 1961, 2082, vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 F N 52. 99 Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 2 B. 70 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 3. 97

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen sierenden Sachverhalt darlegte, findet sich i n der bereits zitierten Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz 71 . Hier war die Frage zu beantworten, inwieweit den Eltern zur Konkretisierung ihres Erziehungsrechtes ein Informationsrecht gegen die Schule zustand, u m geeignete Erziehungsmaßregeln treffen zu können. Praktische Bedeutung haben die i m vorhergehenden beschriebenen Tatsachenauskünfte i m wesentlichen nur i n Form von Antragsauskünften, auf die deshalb die Untersuchung beschränkt bleiben soll. Als gegebenenfalls auskunftsberechtigt kann nur der Bürger angesehen werden, der einen Sachverhalt darlegt, aus dem sich möglicherweise ein Recht ergibt. 2. Soweit die Tatsachenauskünfte der gerichtlichen Durchsetzung von Rechten dienen, wie i n den genannten Denunziantenfällen, ist an A r t i kel 19 I V 1 GG und den Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 I I 2 GG) als Rechtsgrundlage einer Informationspflicht zu denken. a) Nach A r t i k e l 19 I V 1 GG steht jedermann, der durch die öffentliche Gewalt i n seinen Rechten verletzt wird, der Rechtsweg offen. Für Fälle, i n denen der Bürger die Nennung von Denunzianten begehrt, um wegen Beleidigung Privatklage zu erheben 72 , oder i n denen er den Namen eines i h n schädigenden Postbeamten erfahren möchte, u m gegen diesen wegen des Haftungsausschlusses der Post nach § 839 BGB vorzugehen 73 , ist diese Verfassungsvorschrift zum Teil als Grundlage entsprechender Informationsrechte herangezogen worden. Als Begründung wurde i m wesentlichen ausgeführt, A r t . 1 9 I V 1 GG gewährleiste einen effektiven Rechtsschutz 74 . Diese Begründung rechtfertigt jedoch weder Auskunftsansprüche i n den oben genannten Fällen, noch überhaupt Ansprüche auf Auskünfte, die für die gerichtliche Durchsetzung eines Rechtes notwendig sind 7 5 . Sie beruht auf einer Bedeutung des durch A r t . 19 I V 1 GG gewährleisteten Rechtsschutzes, der sich aus dieser Vorschrift nicht ergibt. Der durch A r t . 19 I V 1 GG gewährleistete Rechtsschutz hätte bei Zuerkennung von entsprechenden Auskunftsrechten die Bedeutung, daß dem Bürger bei Rechtsverletzungen nicht nur die Anrufung der Gerichte, sondern auch die Sammlung des für einen erfolgreichen Rechtsstreit notwendigen Tatsachenmaterials — soweit dies möglich ist — garantiert sein muß. 71

Vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 F N 54. Vgl. Perschel, JuS 1966, 231 (234). 78 Vgl. oben B. F N 56. 74 So insbesondere Perschel, JuS 1966, 231 (234); vgl. ferner Dagtoglou, JZ 1965, 320 (321), der das Recht auf Akteneinsicht ebenfalls auf A r t . 19 I V 1 GG stützt. 75 So aber B F H , U. v. 27.3.1961 i n B S t B l I I I 1961, 290. 72

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5. Teil: Das echt des Bürgers auf behördliche Auskunft

Diese Bedeutung des Rechtsschutzes, eine Frage der Rechtsverfolgungsgarantie, ist jedoch i n A r t . 1 9 I V 1 GG nicht geregelt 76 . Diese Verfassungsvorschrift enthält nur das formale Recht, bei Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt die Streitsache der Entscheidung eines unabhängigen Gerichtes vorzulegen 77 . Diese Möglichkeit ist aber auch i n den hier zur Diskussion stehenden Fällen gewährleistet. Ein effektiver Rechtsschutz w i r d i m Rahmen des A r t . 1 9 I V 1 GG nach der zutreffenden Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts 78 nur i n sofern verbürgt, als der einzelne tatsächlich, d. h. zeitlich, die Möglichkeit haben muß, die Gerichte anzurufen. Diese Bedeutung des effektiven Rechtsschutzes hat jedoch nichts m i t der oben angeführten Bedeutung eines effektiven Rechtsschutzes zu tun: Der Garantie, das für einen erfolgreichen Rechtsstreit notwendige Tatsachenmaterial zu erlangen. I m übrigen könnte A r t . 1 9 I V 1 GG m i t Rücksicht auf seinen klaren Wortlaut auch nur i n den Fällen als Grundlage von Auskunftsansprüchen herangezogen werden, i n denen eine Rechtsverletzung durch die öffentliche Gewalt gegeben ist. Schon deswegen scheidet A r t . 1 9 I V 1 GG als Grundlage von Informationsrechten i n den Denunziantenfällen aus 79 . Denn i n diesen Fällen erfolgt die Rechtsverletzung durch Privatpersonen. b) Auch der Grundsatz der Gewaltenteilung begründet keinen A n spruch auf Tatsachenauskünfte, die der Bürger für die gerichtliche Durchsetzung von Rechten benötigt. Zwar w i r d wiederum für die Fälle, i n denen die Bekanntgabe eines einen Schaden verursachenden Postbeamten begehrt wird, die gegenteilige Ansicht vertreten: Bei Verweigerung der Auskunft sei die vom Grundsatz der Gewaltenteilung geforderte Möglichkeit, ein Gericht über die Ansprüche des Geschädigten entscheiden zu lassen, nicht gewahrt. Nur durch eine entsprechende Auskunftspflicht könne diese Möglichkeit verwirklicht werden 8 0 . Dieser Ansicht kann nicht zugestimmt werden. Die Ableitung von Auskunftsansprüchen aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung ließe sich i n derartigen Fällen nur damit begründen, daß die Verweigerung der behördlichen Auskunft 76

O V G Münster, B. v. 17. 2.1959 i n D Ö V 1959, 756 (757); B V e r w G E 10, 274 v. 6.5.1960 ( V I I , C 57/59) = N J W 1960, 1538 (1539). 77 Maunz, S. 138 f. 78 B V e r w G E16, 289 (292 f.) v. 2.9.1963 (Unwirksamkeit eines zu k u r z fristigen Abrißgebotes); E 17, 83 (85) v. 29.10.1963 (Unwirksamkeit einer zu kurzfristigen Räumungsanordnung); E 19, 159 (161) v. 27. 7.1964 (Unwirksamk e i t eines erzwungenen Rechtsmittelverzichts). 79 So aber Perschel, JuS 1966, 231 (234 f.). 80 Katholnigg, DVB1 1960, 471 (472).

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen ein Ubergriff i n dem Aufgabenbereich der Rechtsprechung sei. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die bloße Weigerung, die Auskunft zu erteilen, kann noch nicht als Anmaßung einer richterlichen Aufgabe seitens der Behörde angesehen werden. 3. Ansprüche auf die unter 1. beschriebenen Tatsachenauskünfte lassen sich i n allen Fällen jedoch der Rechtsverfolgungsgarantie entnehmen. Soweit die behördliche Auskunft das einzige M i t t e l ist, u m über die Ermittlung eines rechtsbegründenden oder rechtskonkretisierenden Sachverhaltes das Recht auszuüben, ist eine Lage gegeben, wie sie die Rechtsverfolgungsgarantie i m Auge hat. Denn dieses Prinzip verpflichtet, wie erwähnt, die staatlichen Stellen, die M i t t e l bereitzustellen, ohne die ein Recht nicht ausgeübt werden kann. I m einzelnen sind folgende Voraussetzungen erforderlich: Die Auskunft muß objektiv geeignet sein, einen rechtsbegründenden oder rechtskonkretisierenden Sachverhalt zu ermitteln 8 1 . Sie darf nur von der Behörde zu erlangen sein. Auskunftsberechtigt ist nur derjenige, dessen Angaben über das m i t der Auskunft verfolgte Recht nicht unglaubwürdig erscheinen 82 . I I I . Ansprüche auf Rechtsauskünfte 1. Ansprüche auf Rechtsberatung im allgemeinen a) Die hier zu untersuchenden Rechtsauskünfte zeichnen sich durch ihren rechtsberatenden Charakter aus: Sie dienen der Ermittlung von Rechtsansprüchen i m Hinblick auf einen konkreten Sachverhalt. Da es u m Mitteilungen einer Verwaltungsbehörde geht, handelt es sich u m Rechtsauskünfte auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts. Sie dienen demgemäß auch nur der Wahrnehmung subjektiv-öffentlicher Rechte. Eine Pflicht zur Auskunftserteilung kommt besonders i m Bereich komplizierter Rechtslagen i n Betracht. Es ist jedoch nicht sinnvoll, die Untersuchung auf diesen Bereich zu beschränken. I m Hinblick auf die Kompliziertheit der Rechtslage lassen sich keine abstrakt umschriebe81 Vgl. OVG Berlin, U. v. 29. 6.1961 i n N J W 1961, 2082 = Entsch. OVG Berl i n 7, 48: Der Kläger begehrte seinerzeit Auskunft zum Zwecke der Einleitung eines Wiederaufnahmeverfahrens (vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 FN52). Das Gericht führte aus, die Pflicht zur Auskunftserteilung setze voraus, daß die A u s k u n f t zur E r m i t t l u n g neuer Tatsachen u n d Beweismittel führen könnte, die allein oder i n Verbindung m i t den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Verurteilten oder eine geringere Bestrafung zu begründen geeignet seien. 82 Vgl. hierzu Drews - Wacke, S. 106, bezüglich der aus der Rechtsverfolgungsgarantie abgeleiteten Pflicht der Polizei zur Hilfe bei der Verfolgung privater Rechte: Die v o m Geschädigten gemachten Angaben dürften der Polizei nicht unglaubwürdig erscheinen.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

nen, für die praktische Rechtsanwendung brauchbaren Fallgruppen bilden. Wann eine Rechtslage als kompliziert anzusehen ist, läßt sich nicht generell, rational umschreiben, sondern ist eine Frage der Evidenz 83 . Die Kompliziertheit hängt sowohl objektiv von der Struktur der Gesetzesmaterie ab, als auch subjektiv vom Beurteilungsvermögen des einzelnen 84 . Je nachdem, w o r i n für den Bürger die Schwierigkeit der Beurteilung besteht, können zwei Auskunftsarten unterschieden werden. Eine Variante bilden die Auskünfte über die Bedeutung oder Ausw i r k u n g einer berechtigenden Rechtsnorm. Hier ist dem Bürger das i n Betracht kommende Gesetz bekannt. Es bereitet i h m jedoch Schwierigkeiten, zu beurteilen, ob der Tatbestand des Gesetzes erfüllt ist oder welche Rechtsfolge sich bei geklärtem Tatbestand ergibt. Die Schwierigkeit der Beurteilung resultiert i n der Regel aus der Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe oder Ermessensermächtigungen. Bei der anderen, häufigeren Variante der Rechtsauskünfte bezieht sich die Schwierigkeit der Beurteilung der Rechtslage auf die Existenz berechtigender Rechtsnormen. Der Bürger weiß hier nicht, ob und inwieweit i m Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt überhaupt berechtigende Rechtsnormen und damit i h m zustehende Rechte bestehen. Diese Ungewißheit soll die Auskunft klären. Die Schwierigkeit der Beurteilung ergibt sich hier nicht aus der Fassung der einzelnen Rechtsnormen, sondern resultiert aus der Gesamtstruktur der betreffenden Gesetzesmaterie. Sie ist das Ergebnis der Vielfalt, Spezialisiertheit und Unübersichtlichkeit der Gesetzesmaterie. Bei der i m Vorstehenden genannten Zweckrichtung sind wiederum zwei Informationsarten denkbar: Die Auskunft kann einmal, woran dem Bürger i n erster Linie gelegen sein wird, die i m konkreten Fall bestehende Rechtslage klären. So möchte ein Unternehmer z. B. wissen, ob die von i h m bezeichneten Aufwendungen aus irgendeinem Rechtsgrunde von der Steuer absetzbar sind. Die Auskunft kann sich zweitens darauf beschränken, die Rechtslage i m allgemeinen, losgelöst vom konkreten Fall, mitzuteilen. Hier handelt es sich u m eine Information über die für den Sachverhalt i n Betracht kommenden Rechtsnormen, verbunden mit der Mitteilung über die Möglichkeit einer Antragstellung. Eine solche Mitteilung schließt insbesondere eine Information über etwaige Antragsfristen ein. Um beim oben genannten Beispiel zu bleiben: Die Finanzbehörde teilt dem Anfragenden m i t diesen allgemein gehaltenen Auskünften mit, wie das 83

Z u m Begriff der Evidenz vgl. Achterberg, DÖV 1963, 331 ff. Achterberg, a.a.O., S. 332 f., spricht insoweit v o n objektiver u n d subj e k t i v e r Evidenz. 84

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen Gesetz i m allgemeinen die Frage der Absetzbarkeit von Aufwendungen regelt und welche Anträge gegebenenfalls erforderlich sind. Der B ü r ger muß sich auf Grund einer solchen Auskunft dann selbst ausredinen, ob sein Fall von der Norm erfaßt w i r d und den Ausgang eines einzuleitenden Antragsverfahrens abwarten. Wenn die eben umschriebenen Auskünfte als Mitteilung der allgemeinen, vom konkreten Fall losgelösten Rechtslage bezeichnet wurden, so gilt es, folgende Einschränkungen zu machen: Auch diese Auskünfte setzen bereits eine gewisse Berücksichtigung des konkreten Falles voraus, denn es handelt sich u m die Mitteilung der einschlägigen Rechtslage, die nur auf Grund des konkreten Falles ermittelt werden kann 8 5 . Engisch spricht i n diesem Zusammenhang von einem H i n - und Herwandern des Blickes zwischen Obersatz und Lebenssachverhalt, bei dem es sich nicht u m einen fehlerhaften Zirkel handele 86 . Es liegt i n der Natur der Sache, daß der Umfang der oben umschriebenen allgemeinen Rechtsauskünfte nicht genau festgelegt werden kann, sondern einem Beurteilungsspielraum unterliegt. Denn was noch als i n Betracht kommende Rechtsnorm angesehen werden kann, ist eine Wertungsfrage, die sich einer eindeutigen Beantwortung entzieht 8 7 . Denkbar sind Auskünfte sowohl i n Form von Antragsauskünften als auch i n Form amtlicher Mitteilungen. Eine Pflicht zur Erteilung solcher amtlicher Informationen kommt jedoch nur bezüglich neu erlassener Gesetze i n Betracht. Dieser Frage soll i n einem gesonderten A b schnitt nachgegangen werden, während i m folgenden nur Antragsauskünfte erörtert werden sollen 88 . Als auskunftsberechtigt kommen — bei Antragsauskünften — nur diejenigen i n Betracht, die einen Sachverhalt darlegen können, aus dem sich möglicherweise ein Recht ergibt. b) Da die i n Frage stehenden Rechtsauskünfte der Ermittlung von Rechtsansprüchen dienen, ist als Grundlage von Informationsrechten i n erster Linie die Rechtsverfolgungsgarantie heranzuziehen. Der Sinn der Rechtsverfolgungsgarantie wurde i n der Bereitstellung der M i t t e l gesehen, die für die Ausübung des Rechtes unerläßlich sind. 85

Vgl. Larenz, S. 209. Engisch, S. 15. Larenz, S. 217. 88 Eine sehr weitgehende, von A m t s wegen zu erfüllende Informationspflicht statuiert allerdings A r t . 511 des Gesetzes über das allgemeine V e r waltungsverfahren f ü r Jugoslawien v. 19.12.1956 i. d. F. des Gesetzes v. 10. 3.1965 (abgedruckt bei Ule, Verwaltungsverfahrensgesetze des Auslandes, Bd. I, S. 214 ff.). Danach hat eine Amtsperson, w e n n sie auf G r u n d der i h r vorliegenden Tatsachen feststellt, daß ein bestimmter Bürger oder eine bestimmte Organisation einen Rechtsanspruch hat, den Bürger oder die Organisation hierauf hinzuweisen. 86 87

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Krieger

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Hieraus wurde oben eine behördliche Informationspflicht über die Tatsachen gefolgert, die für die Ausübung des Rechtes notwendig sind und deren Kenntnis sich der Bürger nicht selbst verschaffen kann. Anders ist die Lage bei den hier i n Rede stehenden Rechtsauskünften. Bei ihnen ist die behördliche Information für den Bürger nicht das objektiv einzige Mittel, ohne welches i h m die Ausübung des Rechtes nicht möglich wäre. Er kann sich aus den Gesetzen, zumindest mit Hilfe eines Rechtsberaters, selbst die nötige Klarheit über das Bestehen seiner Rechtsansprüche verschaffen. Gleichwohl steht diese Lage einem Wirksamwerden der Rechtsverfolgungsgarantie auch bei Rechtsauskünften nicht prinzipiell entgegen. Denkbar wäre zwar, den Sinn der Rechtsverfolgungsgarantie einschränkend dahin aufzufassen, daß er sich i n der Bereitstellung der M i t t e l erschöpft, ohne die objektiv das Recht nicht ausgeübt werden kann. Eine solche Auslegung w i r d jedoch der Effektivität dieses Prinzips nicht v o l l gerecht: Liegt der Sinn dieses Grundsatzes i n der Mittelbereitstellung für die Ausübung eines Rechtes, so ist hieraus auch eine Pflicht zur Bereitstellung der M i t t e l und damit auch zur Erteilung entsprechender behördlicher Information zu folgern, die zwar für die Ausübung des Rechtes nicht objektiv unerläßlich, aber — i m Hinblick auf die tatsächlichen Verhältnisse — als notwendig anzusehen sind, das Recht ungehindert, d. h. ohne größere Schwierigkeiten, auszuüben. Eine solche Lage aber ist gerade bei den hier zu erörternden Rechtsauskünften gegeben. Zwar sind sie, wie eben erwähnt, für den Bürger nicht das objektiv einzige Mittel, ohne welches diesem die Ausübung seines Rechtes nicht möglich ist. I n Anbetracht der tatsächlichen Verhältnisse, nämlich der gegenwärtigen Kompliziertheit der Rechtsmaterien, sind sie jedoch als notwendige M i t t e l zu werten, ohne die das Recht nicht ohne größere Schwierigkeiten, d. h. ohne Zuhilfenahme eines Rechtsberaters, ausgeübt werden kann. Denn die Zuhilfenahme eines Rechtsberaters liegt, soweit nicht eine prozessuale Rechtswahrnehmung ansteht, i n der Regel nicht i m Bereich des ohne weiteres Möglichen und Zumutbaren. Berücksichtigt man dies, so ist der Rechtsverfolgungsgarantie auch i m Hinblick auf Rechtsauskünfte eine behördliche Informationspflicht zuzuordnen. Diese Pflicht ist jedoch nur i n Form einer Pflicht zur M i t teilung der Rechtslage i m allgemeinen, ohne Bezug auf den konkreten Fall, anzunehmen, verbunden allerdings m i t der Information, ob i m konkreten Fall eine Antragsstellung i n Betracht kommt. Denn die von der Rechtsverfolgungsgarantie gebotene Pflicht zur Mittelbereitstellung und damit auch zu entsprechender behördlicher Information geht nur so weit, wie dies für die Ausübung des Rechtes w i r k l i c h geboten

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen ist. Genügend für die Ausübung des Rechtes aber ist die eben genannte Pflicht zur Erteilung nur allgemein gehaltener Informationen. A u f Grund solcher Informationen w i r d der Bürger i n die Lage versetzt, sein Recht, über die Einleitung eines entsprechenden Antragsverfahrens, zu verfolgen. Eine weitergehende Informationspflicht, eine Pflicht zur Mitteilung der Rechtslage i m konkreten Fall, läßt daher sich der Rechtsverfolgungsgarantie nicht zwingend entnehmen. Das gleiche Ergebnis ergibt sich i m übrigen nicht nur aus einer rechtsstaatlichen Forderung, der Rechtsverfolgungsgarantie, sondern läßt sich auch von der Sozialstaatlichkeit her begründen: Durch die Zuerkennung subjektiv-öffentlicher Rechte w i r d ein Teil dieses Prinzips konkretisiert: Es werden materielle soziale Möglichkeiten zugeteilt 8 9 . Soll die Sozialstaatlichkeit, wie erwähnt, Hilfe bei der Daseinsbewältigung überhaupt sein, so muß, angesichts der gegenwärtigen Kompliziertheit der Gesetzesmaterien, m i t dieser staatlich gelenkten Verteilung auch die Pflicht verbunden sein, dem Bürger bei der Erlangung der i h m zuerkannten Rechstpositionen zu helfen. Dieser Betreuungspflicht entspricht zumindest eine Pflicht, auf Anfrage die vom konkreten Fall losgelöste Rechtslage mitzuteilen und über die Möglichkeiten einer Antragsstellung zu informieren. Es kommt hierbei nicht auf das subjektive Unvermögen zur Erlangung der Information an, denn die Sozialstaatlichkeit w i r d hier nicht i n ihrer Bedeutung als Hilfe gegenüber den sozial-schwachen Volkskreisen angesprochen, bei denen ein solches Unvermögen i n Betracht kommt. Eine weitergehende Informationspflicht läßt sich andererseits auch der Sozialstaatlichkeit nicht entnehmen. Denn auch der von diesem Prinzip eingeschlossenen staatlichen Betreuungspflicht bei der Erlangung zuerkannter Rechtspositionen w i r d bereits m i t der oben beschriebenen Pflicht zur Erteilung allgemein gehaltener Informationen Genüge getan. Solche Informationen reichen, wie erwähnt, aus, dem Bürger, eben m i t Hilfe eines entsprechenden Antragsverfahrens, die Wahrnehmung seiner Rechte zu sichern. Eine andere Frage ist, inwieweit der Gesichtspunkt der Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen eine Pflicht zur Mitteilung über die auf den konkreten F a l l bezogene Rechtslage begründet. Diese, nicht unmittelbar m i t dem Gesichtspunkt „Der Staat als Helfer des Bürgers" zusammenhängende Frage soll indes nicht hier, sondern an späterer Stelle erörtert werden. Hier ging es nur darum, inwieweit die sich aus 89

11*

Thieme, Z B R 1960, 169 (170).

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

der Rechts- und Sozialstaatlichkeit ergebenden Pflichten des Staates, dem Bürger bei der Rechtsverfolgung behilflich zu sein, Auskunftsansprüche begründen. Dem Sinngehalt dieser Pflichten läßt sich, wie gezeigt, zwingend nur eine Pflicht zur Mitteilung der Rechtslage i m allgemeinen zuordnen. A n dieser Stelle kann daher unerörtert bleiben, inwieweit darüber hinaus der Gesichtspunkt der Arbeitsüberlastung und vorzeitigen Bindung der Verwaltung einer Informationspflicht über die auf den konkreten Fall bezogene Rechtslage entgegensteht. 2. Ansprüche auf Informationen

über neu erlassene Gesetze

a) Die verwaltete Welt der Gegenwart zeichnet sich durch eine F l u t komplizierter, unübersichtlicher und sich schnell ändernder Gesetze aus. Zwar ist die Publizität der Gesetze durch Gesetz- und Verordnungsblätter garantiert, ihre Kenntnis seitens der Betroffenen jedoch weitgehend Fiktion 9 0 . Diese Lage w i r k t sich für den einzelnen besonders dort nachteilig aus, wo i h m die Gesetze Rechte zuerkennen. I n folge von Unkenntnis werden diese Rechte vielfach nicht wahrgenommen 9 1 . Angebracht ist daher eine Untersuchung, inwieweit die Verwaltung von sich aus die betreffenden Bürger über neu erlassene Gesetze berechtigenden Inhalts — über die übliche Verkündung i m jeweiligen Gesetzesblatt hinaus — zu informieren hat. Diese Pflicht bedarf der Konkretisierung: Es kann sich nicht darum handeln, den Wortlaut des Gesetzes oder dessen Gesamtinhalt mitzuteilen. Gefordert ist nur eine Mitteilung, die den Betreffenden die Kenntnisnahme ihres Rechtes ermöglicht. Hierfür genügt unter Umständen schon ein kurzer Hinweis. I n Betracht gezogen werden können ferner nur Informationen i n Form allgemeiner amtlicher Bekanntmachungen. Eine Pflicht zu Ein90 H. Hämmerlein, Gegenwartsaufgaben, S. 381, weist darauf hin, daß die Jahrgänge des Bundesgesetzblattes v o n 1949—1967 44 974 Seiten umfassen u n d das Gesetz- u n d Verordnungsblatt u n d das Ministerialblatt f ü r das L a n d Nordrhein-Westfalen f ü r die gleiche Zeit 35 885 Seiten. Mayer - Maly, S. 79, hebt i n diesem Zusammenhang zutreffend hervor, daß das Recht heute f ü r die meisten Bürger als unberechenbares Risiko erscheine, w e i l es f ü r sie unmöglich sei, sich i n der F l u t neuer Gesetze u n d anderer Rechtsvorschriften noch auszukennen. Erschwerend w i r k e darüber hinaus die Notwendigkeit, auch noch möglichst die Auslegung der Rechtssprechung zu beachten, was f ü r den Bürger, der nicht rechtskundiger Spezialist sei, schlechthin unmöglich sei. Z u m Problem der Gesetzesflut auch neuerdings eingehend Simitis, S. 1 ff., S. 17: Legislative u n d Exekutive gäben offen zu, daß jede Annahme, das geltende Recht stelle sich als eine erkennbare u n d überschaubare Materie dar, hoffnungslos unrealistisch sei. 91 A u f diese Lage weist Zacher, W D S t R L 25, 308 (353), i m Hinblick auf Subventionsrichtlinien h i n u n d n i m m t deswegen zu Recht einen Informationsanspruch des Bürgers über diese Richtlinien an; vgl. ferner B V e r w G E 25, 191 (196) v. 26.10.1966.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen zelmitteilungen kann, wegen der damit verbundenen Arbeitsbelastung, von vornherein nicht erwogen werden. Die Form der allgemeinen amtlichen Bekanntmachungen w i r d man zudem wegen der vielfältigen Möglichkeiten (Veröffentlichungen i n Tageszeitungen oder amtliche Rundschreiben) dem pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung zu überlassen haben. b) Auch hier bewirkt die Rechtsstaatlichkeit durch die Rechtsverfolgungsgarantie Informationspflichten. Zwar sind auch behördliche Auskünfte über neu erlassene Gesetze, wie unter a) beschrieben, nicht als M i t t e l zu werten, ohne die objektiv das Recht nicht ausgeübt werden kann. Denn objektiv hat der Bürger die Möglichkeit, sich m i t Hilfe der jeweiligen Gesetz- und Verordnungsblätter über den Inhalt des betreffenden Gesetzes zu informieren. Wie gezeigt, beschränkt sich der Wirkungskreis der Rechtsverfolgungsgarantie aber nicht nur auf die Lagen, i n denen behördliche Hilfe das objektiv einzige M i t t e l ist, das Recht auszuüben. Vielmehr strahlt sie auch auf die Fälle über, i n denen behördliche Informationshilfe notwendig ist, u m die Wahrnehmung des Rechtes ohne größere Schwierigkeiten zu ermöglichen. Von einer solchen Fallgestaltung kann wiederum auch bei den hier anstehenden Informationen ausgegangen werden. Ohne diese zusätzlichen Informationen ist der Bürger nicht i n der Lage, sein Recht ohne größere Schwierigkeiten auszuüben. Denn das Nachprüfen der betreffenden Gesetz- und Verordnungsblätter auf Gesetze berechtigenden Inhalts h i n liegt, schon mangels entsprechender Kenntnisse, für den Bürger nicht i m Bereich des Möglichen und Zumutbaren. Der Rechtsverfolgungsgarantie ist daher auf alle Fälle eine dem Grunde nach bestehende Informationspflicht der Verwaltung über den Inhalt neu erlassener Gesetze berechtigenden Inhalts, und zwar über die Verkündung i n den Gesetz- und Verordnungsblättern hinaus, zuzuordnen 0 2 . Wiederum läßt sich das gleiche Ergebnis auch von der Sozialstaatlichkeit her begründen. Wie dargelegt, verpflichtet die Sozialstaatlichkeit i n ihrer Bedeutung als Zuweisung materieller sozialer Möglichkeiten die staatlichen Stellen, dem Bürger bei der Verfolgung seiner 92

Dieser Forderung versucht das Bundesverwaltungsverfahrensgesetz der U S A i. d. F. v. 4. 7.1966 gerecht zu werden (abgedruckt bei UZe, Verwaltungsverfahrensgesetze des Auslandes, Bd. I I , S. 924 ff.). Nach § 3 des Gesetzes muß jede Behörde regelmäßig i m „Federalregister", das ist eine Regierungsveröffentlichung (Byse - Riegert, S. 417), Verordnungen, allgemeine Richtlinien u n d allgemeine Auslegungsmaßstäbe bekanntmachen (vgl. die Übersetzung des § 3 v o n Raoul F. Kneucker bei UZe, a.a.O., S. 940 ff.).

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Rechte behilflich zu sein, ohne daß es auf ein entsprechendes subjektives Unvermögen des einzelnen ankommt. Dieser Pflicht aber ist aus den vorstehenden Gründen ebenfalls eine dem Grunde nach bestehende Informationspflicht der Verwaltung über den Inhalt neu erlassener Gesetze berechtigenden Inhalts — über die Verkündung i n den Gesetz- und Verordnungsblättern hinaus — zuzuordnen. Die für die praktische Rechtsanwendung entscheidende Frage ist, i n welcher Form diese Informationspflicht anzunehmen ist. Soll sie sich generell auf alle i n irgendeiner Weise berechtigenden Vorschriften beziehen oder — abgesehen von den unter a) genannten Beschränkungen — nur i n bestimmten Fällen gelten. Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage muß die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Verwaltung sein. Von hier aus gesehen, würde eine generelle Informationspflicht, auch wenn sie i n Form allgemeiner amtlicher Bekanntmachung erfolgt, Arbeitsgang und Wirksamkeit der Verwaltung i n zu großem Umfange hindern 9 3 . Denn eine solche Pflicht müßte, konsequent befolgt, bei jeder kleinsten Gesetzesänderung, die sich i n irgendeiner Weise berechtigend auswirkt, einsetzen. Hierfür wäre wiederum eine ständige und umfangreiche Prüfung der Auswirkung der Gesetzesnovellen Voraussetzung. Anzunehmen ist deshalb nur eine Informationspflicht unter Einschränkungen. Sinnvollerweise haben sich diese Einschränkungen an der Bedeutung der betreffenden Rechtsmaterie und an dem Bedürfnis der betreffenden Bürger nach Information zu orientieren. Allgemein w i r d man die Verwaltung dort zur Erteilung von Informationen für verpflichtet halten können, wo es sich u m Berechtigungen handelt, die für die soziale und materielle Stellung des einzelnen eine größere Bedeutung aufweisen, und wo ein besonderes Bedürfnis nach Information vorausgesetzt werden kann. Die hiernach bestehenden Einschränkungen der behördlichen Informationspflicht sind sicherlich für die praktische Rechtsanwendung zu ungenau. Sie lassen sich andererseits nicht weiter i n allgemeiner Form konkretisieren. Es bliebt damit nichts anderes übrig, als ihre weitere Konkretisierung dem pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung zu überlassen. I n einem Punkt ist jedoch eine Ausnahme angebracht: E i n besonderes Bedürfnis nach zusätzlicher Information besteht i n den Fällen, i n denen die Geltendmachung eines Rechtes an die Einhaltung bestimmter Fristen gebunden ist. Hier würde eine Informationspflicht die Verwaltung auch nicht überlasten. Die betreffenden Fälle lassen sich schnell 98

Vgl. Hans Hämmerlein,

D Ö V 1964, 124.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen feststellen und durch kurze Hinweise bekanntmachen. I n diesen Fällen ist daher eine generelle Informationspflicht der Verwaltung anzunehmen: Eine über die Veröffentlichung i n Gesetz- und Verordnungsblättern hinausgehende Pflicht zur Bekanntgabe von Gesetzesneuerungen, soweit die Geltendmachung von Rechten an bestimmte Fristen gebunden ist. Wie unter a) erwähnt, hat diese Pflicht nur i n Form allgemeiner amtlicher Bekanntmachungen zu erfolgen.

§ 3: Der Satz des rechtlichen Gehörs und das Recht auf behördliche Auskunft A. Der Satz des rechtlichen Gehörs Der Satz des rechtlichen Gehörs wurde bereits kurz skizziert 9 4 : Wie dargelegt, stellt er eine Ausprägung der von A r t . 1 1 G G eingeschlossenen Forderung dar, wonach der einzelne nicht lediglich als Objekt eines staatlichen Verfahrens behandelt werden darf. Er ist deshalb nicht nur als objektive Verfahrensnorm, sondern auch als Grundrecht zu werten. Er verlangt, daß den Beteiligten eines konkreten staatlichen Verfahrens Gelegenheit gegeben werden muß, zu allen einschlägigen Rechtsund Tatfragen sich zu äußern und gehört zu werden. Erforderlich ist hierbei nur, daß die Beteiligten rechtlich und faktisch die Möglichkeit haben, Stellung zu nehmen. Darauf, ob sie von ihrem Recht tatsächlich Gebrauch machen, kommt es nicht an 9 5 . Der Wortlaut des A r t . 1 0 3 I G G beschränkt die Geltung des Satzes des rechtlichen Gehörs auf das gerichtliche Verfahren. Nach herrschender Ansicht gilt der Satz des rechtlichen Gehörs jedoch auch i m Verwaltungsverfahren 96 . Das gebietet seine Verankerung i n der i n A r t . 1 1 ent94

Vgl. oben Abschnitt 2 § 2 E. Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 103 Rdnr. 48; nach Röhl, N J W 1953,1531 (1532), bedeutet rechtliches Gehör Gelegenheit zur Äußerung. 96 W. Jellinek, S. 290; Holtkotten, B K , A r t . 103 A n m . I I 2; Dürig, AöR, Bd. 81, 117 (128); Fellner, V e r w A Bd. 48, 95 (103); König, DVB1 1959, 189 ff.; Arndt, N J W 1959, 1297; Forsthoff, Lehrbuch S. 217; Spanner, D Ö V 1958, 651 (653); Merk, W D S t R L 17, 220; Bachof, W D S t R L 17, 232; W. Weber, W D S t R L 17, 233; Ule, DVB1 1963, 475 (476); Ule - Becker, S. 39; Wolff, V R I I I , S. 241 f.; BVerwG, U. v. 8.11.1957 i n DVB1 1958, 174 (175); E 13, 187 (190) v . 24.11.1961; E 16, 289 (291) v. 2.9.1963; E 19, 231 (237) v. 31. 8.1964; B a y V G H E 4, 164 (173) v. 6.9.1951; O V G Münster, U. v. 20.3.1950 i n DVB1 1950, 674; OVGE 9, 231 v. 25.1.1955; U. v. 18.6.1958 i n VerwRspr 11, 419 (433); V G H Kassel, U. v. 13.5.1956 i n N J W 1956, 1940; V G H B W , U. v . 22.9.1950 i n VerwRspr 3, 431 (432). Einschränkend: Lerche, Z Z P 78, 1 (29): Rechtliches Gehör i m Verwaltungsverfahren n u r dann, soweit A r t . 19 I V GG dies verlangt, d. h., w e n n anders 95

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5. T e i l : Das Recht des Bürgers auf behördliche A u s k u n f t

h a l t e n e n F o r d e r u n g , daß d e r einzelne n i c h t l e d i g l i c h z u m O b j e k t eines s t a a t l i c h e n V e r f a h r e n s gemacht w e r d e n d a r f 9 7 . I m V e r w a l t u n g s v e r f a h r e n v e r p f l i c h t e t d e r Satz des r e c h t l i c h e n G e h ö r s d i e B e h ö r d e , d i e B e t e i l i g t e n des V e r f a h r e n s z u hören, w e n n i n i h r e Rechte e i n g e g r i f f e n w i r d . D i e G e l t u n g des Satzes des r e c h t l i c h e n Gehörs k a n n e i n g e s c h r ä n k t sein, n ä m l i c h d o r t , w o d e r N a t u r d e r Sache nach eine v o r h e r g e h e n d e A n h ö r u n g n i c h t angebracht i s t 9 8 . D e m B e t r o f f e n e n m u ß jedoch sofort nach d e r E n t s c h e i d u n g w i e d e r ausreichende G e l e g e n h e i t z u r S t e l l u n g n a h m e gegeben w e r d e n 9 9 . I n d e n g e r i c h t l i c h e n V e r f a h r e n s i n d es insbesondere d i e E i l v e r f a h r e n , i n d e n e n der Satz des r e c h t l i c h e n Gehörs E i n s c h r ä n k u n g e n u n t e r l i e g t 1 0 0 . N o c h größere B e d e u t u n g k o m m t d e r B e s c h r ä n k u n g dieses Satzes i m V e r w a l t u n g s v e r f a h r e n zu. H i e r i s t es die G e w ä h r l e i s t u n g e i n e r raschen H a n d l u n g s w i r k s a m k e i t , d i e v i e l f a c h eine B e s c h r ä n k u n g d e r v o r h e r i g e n Anhörung erfordert 101. D i e A u s n a h m e n v o n d e r v o r h e r i g e n A n h ö r u n g lassen sich n i c h t a b schließend u m s c h r e i b e n 1 0 2 . der i n A r t . 19 I V GG enthaltene Schutz v o r „vollendeten Tatsachen" nicht realisiert werden kann. V G H B W , U. v. 10.6.1955 i n VerwRspr 8, 477 f. (Anhörungspflicht nicht generell, sondern n u r i m Einzelfall). Ablehnend: von Turegg, S. 180. Eine Pflicht zur A n h ö r u n g i m Verwaltungsverfahren hat sich i m übrigen i n zahlreichen gesetzlichen Regelungen niedergeschlagen, vgl. oben T e i l 2, F N 44. 97 Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 103 Rdnr. 92. Die Geltung des Satzes der rechtlichen Gehörs i m Verwaltungsverfahren läßt sich darüber hinaus auch auf andere Grundsätze stützen, i n denen jedoch nicht der eigentliche Geltungsgrund zu sehen ist: So ziehen Spanner, D Ö V 1958, 653; Ule, DVB1 1963, 475 (476); Ule - Becker, S. 39, den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der V e r w a l t u n g heran. König, DVB1 1959, 189, stützt die Geltung des rechtlichen Gehörs i m Verwaltungsverfahren auf die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit, Notwendigkeit sowie Verwaltungsökonomie. Wolff, V R I I I , S. 241 f., sieht die Grundlage des rechtlichen Gehörs i m Rechtssatz der Interessenkenntnis. 98 Vgl. Dürig, a.a.O., Rdnr. 94; Wolff, V R I I I , S. 242; BVerfGE 9, 83 (95) v. 8.1.1959; E 19, 49 (51) v. 11.5.1965. 99 Düng, a.a.O., Rdnr. 46; Wolff, V R I I I , S. 242. 100 Dazu gehören v o r allem das Haftbefehls-, Beschlagnahme- u n d Durchsuchungsverfahren i m Strafprozeß (§§112 ff., 94 ff., 102 ff. StPO), das Arrestverfahren u n d das Verfahren der einstweiligen Verfügung i n der Zwangsvollstreckung (§§916 ff. ZPO) sowie die einstweilige A n o r d n u n g i m V e r waltungsprozeß (§ 123 VwGO). 101 Dürig, a.a.O., Rdnr. 94. 102 Dürig, a.a.O., Rdnr. 94; nach König, DVB11959, 189 (192), darf n u r aus überwiegenden, dringenden Interessen der Allgemeinheit von einer v o r herigen A n h ö r u n g abgesehen werden; Ule-Becker, S. 40, lassen n u r i n besonderen Ausnahmefällen ein Absehen v o n der vorherigen A n h ö r u n g zu.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen I n § 21 des Musterentwurfes eines Verwaltungsverfahrensgesetzes finden sich folgende, sachlich gerechtfertigte Ausnahmen von der vorherigen Anhörung: Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn 1. eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr i m Verzuge oder i m öffentlichen Interesse notwendig erscheint 103 ; 2. durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist i n Frage gestellt würde; 3. die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte von großer Zahl erlassen w i l l 1 0 4 . Fellner führt außerdem als Ausnahme von der Anhörung die Fälle an, i n denen es sich u m geringfügige Angelegenheiten täglicher Verwaltungsübung handelt 1 0 5 . B. Der Gang der Untersuchung Da der Satz des rechtlichen Gehörs auch i m Verwaltungsverfahren gilt, ist i n erster Linie zu untersuchen, inwieweit er i n diesem Bereich Auskunftsrechte begründet. Wie dargelegt, ist er eine Ausprägung des Gedankens, daß der einzelne nicht zum Objekt eines staatlichen Verfahrens gemacht werden darf. Es w i r d m i t h i n für eine Auskunftspflicht sehr wahrscheinlich darauf ankommen, ob es sich u m Auskünfte innerhalbe bereits anhängiger oder erst bevorstehender Verwaltungsverfahren handelt. Inwieweit der Satz des rechtlichen Gehörs i m Rahmen von Verwaltungsverfahren Auskunftsrechte begründet, soll daher getrennt nach bereits anhängigen und bevorstehenden Verwaltungsverfahren erfolgen. Wegen des Grundgedankens des rechtlichen Gehörs, des Verbotes, den einzelnen als Objekt eines staatlichen Verfahrens zu behandeln, ist es angebracht, die Erörterung auch auf die besonderen Gewaltverhältnisse auszudehnen. Ferner liegt es nahe, die Auswirkung des rechtlichen Gehörs auf Informationspflichten auch i m Rahmen von Gesetzgebungsverfahren zu untersuchen. Z u fragen wäre, inwieweit die von einem beabsichtigten Gesetz betroffenen Bürger zu hören und damit über die Gesetzgebungsabsichten zu informieren sind 1 0 6 . Insoweit können jedoch von 105

So auch Fellner, S. 354; Wolff, V R I I I , S. 242. So ebenfalls Wolff, V R I I I , S. 242; Fellner, S. 354. 105 Fellner, S. 354. 108 H i e r v o n zu unterscheiden ist die Frage, i n w i e w e i t der Gesetzgeber den Gedanken des rechtlichen Gehörs i n den Verfahrensgesetzen zu verwirklichen hat; vgl. hierzu Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 1031 Rdnr. 11. 104

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

vornherein nicht die einzelnen Bürger, sondern nur bestimmte Verbände als anhörungs- und damit gegebenenfalls auskunftsberechtigt angesehen werden 1 0 7 . Da es i n dieser Arbeit nur u m das Auskunftsrecht des einzelnen Bürgers geht, muß daher von einer solchen Untersuchung — abgesehen davon, daß hierfür eine umfangreiche, spezielle Erörterung notwendig wäre — Abstand genommen werden.

C. Auskunftsansprüche i m Rahmen bereits anhängiger Verwaltungsverfahren: Ansprüche auf die vorherige Ankündigung belastender Verwaltungsakte I. Der Bereich der Untersuchung erstreckt sich sowohl auf die Amtsverfahren als auch Antragsverfahren. Denn der Satz des rechtlichen Gehörs gebietet, wie erwähnt, eine Anhörung der Beteiligten, wenn i n deren Rechtstellung eingegriffen wird. Eine solche Lage ist sowohl gegeben, wenn i m Amtsverfahren ein belastender Verwaltungsakt ergehen soll, als auch i n Antragsverfahren, wenn ein Antrag abgelehnt werden soll 1 0 8 . Von bereits anhängigen Verwaltungsverfahren kann i m Hinblick auf Antragsverfahren m i t der Antragsstellung bis zum Erlaß eines abschließenden Bescheides gesprochen werden. I n Bezug auf Amtsverfahren liegt ein bereits anhängiges Verfahren m i t jeder nach außen w i r kenden Tätigkeit, die auf die Vorbereitung oder den Erlaß eines von Amts wegen ergehenden Verwaltungsaktes gerichtet ist, bis zur Vornahme einer abschließenden Maßnahme v o r 1 0 9 . Der Zweck der Auskünfte innerhalb anhängiger Verwaltungsverfahren, auf deren Erteilung der Satz des rechtlichen Gehörs möglicher107 Krüger, Staatslehre, S. 634; vgl. ferner oben T e i l 1 F N 13. Die Beschränk u n g der A n h ö r u n g auf Spitzenverbände w i r d bestätigt durch §58 BRRG: Danach sind bei der Vorbereitung der gesetzlichen Regelungen der beamtenrechtlichen Verhältnisse durch die obersten Landesbehörden die Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften u n d Berufsverbände zu beteiligen. Eine gesetzlich geregelte A n h ö r u n g gesellschaftlicher Gruppen findet sich ferner i n § 53 I I GWB. Eine Berücksichtigung des rechtlichen Gehörs i m Gesetzgebungsverfahren findet sich weiter i n einem bestimmten Umfange, nämlich i m Verordnungsgebungsverfahren der Verwaltungsbehörden, i m Bundesverwaltungsverfahrensgesetz der U S A (abgedruckt bei TJle, Verwaltungsverfahrensgesetze des Auslandes, Bd. I I , S. 924 ff.): § 4 des Gesetzes bestimmt, daß die Behörde nach der Veröffentlichung eines beabsichtigten Verordnungsgebungsverfahrens i m „Federal-Register" (vgl. oben § 2 F N 92) den Interessenten Gelegenheit geben muß, Tatsachen, Ansichten oder Argumente schriftlich vorzubringen (vgl. Byse - Riegert, S. 417). 108 Vgl. § 21 E V w V e r f G ; vgl. ferner Fellner, S. 354. 109 Das entspricht der Definition des Verwaltungsverfahrens i n § 8 EVwVerfG.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen weise ein Recht begründet, kann i n der Verhinderung eines belastenden Verwaltungsaktes gesehen werden. Genauer gesagt, besteht der Zweck der Auskünfte i n der Ermöglichung einer entsprechenden verteidigenden oder angreifenden Stellungnahme. Bei dieser Zweckrichtung interessieren den Bürger i n erster Linie Informationen über den Inhalt der beabsichtigten Regelung und über den entscheidungserheblichen Sachverhalt. Hierzu rechnen das Ergebnis der behördlichen Ermittlungen, wie z.B. Zeugenaussagen, sowie gegebenenfalls der gegnerische Sachvortrag. I n zweiter Linie interessieren Auskünfte über die rechtlichen Überlegungen, die die Behörde und die Gegenpartei angestellt haben. Als auskunftsberechtigt kommt nicht nur der Adressat des belastenden Verwaltungsaktes i n Betracht, sondern jeder, i n dessen Rechte durch den zu erlassenden Verwaltungsakt eingegriffen w i r d 1 1 0 . II. Die vom Satz des rechtlichen Gehörs begründete Pflicht, den Beteiligten des Verfahrens Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, schließt auch die Pflicht ein, sie, soweit der künftige Verwaltungsakt i n ihre Rechte eingreift, über den Inhalt der beabsichtigten Regelung und den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu informieren 1 1 1 . Denn eine sinnvolle Stellungnahme kann erst dann erfolgen, wenn den Beteiligten der Inhalt der beabsichtigten Regelung und der entscheidungserhebliche Sachverhalt bekannt sind 1 1 2 . Hiervon ausgehend w i r d man von der Informationspflicht jedoch dort eine Ausnahme machen können, wo die Beteiligten m i t neuem Vorbringen und neuen Beweismitteln rechnen können und ihnen eine eigene Information zumutbar ist 1 1 3 . 110 Das entspricht dem Kreis der Anhörungsberechtigten i n § 21 E V w V e r f G ; vgl. ferner die Regelungen i n den §§ 19 I I GewO, 8 I I I , 9 W H G , 51 I I Zi. 4 G W B sowie die Entscheidimg des B G H , U. v. 4.5.1964 i n Betrieb 1964, 1331 = DRsp I (147), 98 a (vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 F N 21). 111 Vgl. BVerfGE 7, 275 (279) v. 13.2.1958; E 19, 49 (51) v. 11.5.1965; E 20, 347 (348) v. 25.10.1966, wonach den Verfahrensbeteiligten zur Sicherung ihres Einflusses auf den Prozeßausgang die f ü r die Prozeßführung erforderlichen Kenntnisse zu v e r m i t t e l n sind. Eine entsprechende Informationspflicht findet sich auch i n A r t . 22 I I I des Gesetzes über die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrens f ü r Ungarn aus dem Jahre 1957 (abgedruckt i n Ule, Verwaltungsverfahrensgesetze des Auslandes, Bd. I I , S. 865 ff.). Danach hat der Beamte, der das Verfahren leitet, der Partei v o r ihrer A n h ö r u n g alle zweckdienlichen Angaben zu machen. Eine ausführliche Regelung einer Anhörungspflicht, die eine solche I n f o r mationspflicht einschließt, findet sich ferner i n § 8 b des Bundesverwaltungsverfahrensgesetzes der U S A (abgedruckt bei Ule, a.a.O., Bd. I I , S. 924 ff., vgl. hierzu ferner Byse - Riegert, S. 426). 112 Vgl. Dürig, a.a.O., Rdnr. 62. 118 Vgl. Dürig, a.a.O., Rdnr. 64.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Z u fordern ist ferner eine Mitteilungspflicht über die rechtlichen Überlegungen der Behörde. Zwar ist die Erfüllung dieser Pflicht für die rechtliche und tatsächliche Stellungnahme nicht unbedingt notwendig. Voraussetzung für eine sinnvolle Stellungnahme ist sie jedoch insofern, als sie eine i n richtigen Bahnen verlaufende Stellungnahme fördert. Jedoch w i r d man hier, u m einer behördlichen Überlastung vorzubeugen und w e i l der sinnvolle Umfang der Mitteilung insofern vom Einzelfall abhängt, den Umfang der rechtlichen Erörterungen dem pflichtgemäßen Ermessen der Behörde zu überlassen haben 1 1 4 . Eine Pflicht zum Rechtsgespräch, wie A r n d t sie fordert 1 1 5 , übersteigt auf jeden Fall die vom Satz des rechtlichen Gehörs eingeschlossene Informationspflicht 1 1 6 . Dort, wo die Geltung des Satzes des rechtlichen Gehörs eingeschränkt ist, besteht auch die von diesem Satz eingeschlossene Informationspflicht nicht. Sie lebt jedoch nach der Entscheidung wieder auf. Denn nach der Entscheidung muß dem Betroffenen, wie erwähnt, ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden. Eine sinnvolle Stellungnahme ist nur möglich, wenn den Beteiligten Gelegenheit gegeben wird, diese genügend vorzubereiten und zu überlegen 1 1 7 . Für die vom Satz des rechtlichen Gehörs eingeschlossene Informationspflicht bedeutet dies, daß die Information i n einer angemessenen Frist vor der Entscheidung zu erfolgen hat. Daraus folgt, daß die Behörde i m Prinzip nicht verpflichtet ist, die Information zu einem vom Bürger bestimmten Zeitpunkt zu erteilen. Es genügt, daß sie den Bürger so informiert, daß i h m noch die Möglichkeit zu einer überlegten und vorbereiteten Stellungnahme verbleibt. Beantragt der Bürger die Auskunft, so ist dies allerdings ein Indiz dafür, daß die Erteilung der Auskunft auf den Antrag h i n notwendig ist, u m eine überlegte und sinnvolle Stellungnahme zu ermöglichen. I n der Regel w i r d man daher von einer Verpflichtung der Behörde ausgehen können, die Auskunft auf Antrag zu erteilen. Sie w i r d hiervon dann absehen können, wenn sachliche Gründe entgegenstehen, so, wenn sie selbst noch kein vollständiges B i l d über die entscheidungserheblichen Umstände gewonnen hat und eine Information erst nach Abschluß der Ermittlungen zweckmäßig erscheint. 114 Maßgebend muß hierbei der Gedanke sein, daß Überraschungsentscheidungen vermieden werden, vgl. Fellner, S. 354. 118 Arndt, N J W 1959, 6 (8); ders., N J W 1959,1297 (1298). Vgl. Röhl, N J W 1964, 273 (277, 279); Zeuner, S. 1027; Düng, a.a.O., Rdnr. 37 u. 38. 117 Dürig, a.a.O., Rdnr. 65; Röhl, N J W 1953, 1531 (1533); ders., N J W 1964, 273 (278); vgl. ferner Zeuner, S. 1034.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen Da sich der Sinn des rechtlichen Gehörs i n der Anhörung der Betroffenen erschöpft, verpflichtet dieses Prinzip die Behörde nicht, jedes Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden 118 . D. Auskunftsansprüche im Rahmen bevorstehender Verwaltungsverfahren: Ansprüche auf Auskünfte, die der Abwendung eines belastenden Amtsverfahrens dienen I. I m Rahmen bevorstehender Verwaltungsverfahren beschränkt hier leitende Gesichtspunkt, der Satz des rechtlichen Gehörs, die tersuchung auf den Bereich bevorstehender Amtsverfahren. Nur Hinblick auf solche Verfahren begründet der Satz des rechtlichen hörs möglicherweise Informationspflichten.

der Unim Ge-

Von einem bevorstehenden Amtsverfahren kann m i t dem Beginn jeder verwaltungsinternen Tätigkeit gesprochen werden, die auf die Durchführung eines Amtsverfahrens gerichtet ist, solange nicht von dieser Tätigkeit endgültig Abstand genommen worden ist oder durch eine nach außen wirkende Maßnahme das Verfahren eröffnet worden ist 1 1 9 . Der Zweck der i n Betracht kommenden Auskünfte ist, wie i m Rahmen bereits anhängiger Verwaltungsverfahren, letztlich die Verhinderung belastender Verwaltungsakte. I m Rahmen bevorstehender Amtsverfahren soll er jedoch möglichst schon dadurch erreicht werden, daß das Verfahren gar nicht erst eröffnet wird. Genauer formuliert dienen die Auskünfte mithin, als Voraussetzung für einen verteidigenden oder angreifenden Vortrag, der Verhinderung eines belastenden Amtsverfahrens, zumindest der Verhinderung eines belastenden Verwaltungsaktes. Hiervon ausgehend kann der Inhalt der i n Betracht kommenden Auskünfte parallel den oben umschriebenen Informationen i m Rahmen bereits anhängiger Verwaltungsverfahren umrissen werden: Er besteht i n der Mitteilung des Inhaltes der beabsichtigten Regelung und des entscheidungserheblichen Sachverhaltes oder, falls sich die Behörde hierüber noch nicht i m klaren ist, i n der Mitteilung von Zweck und Anlaß des beabsichtigten Verfahrens. Z u denken ist ferner wiederum an Auskünfte über die rechtlichen Überlegungen seitens der Behörde oder gegebenenfalls seitens der Gegenpartei. 118 Dürig, a.a.O., Rdnr. 81; Zeuner, S. 1037; Röhl, N J W 1964, 273 (278); BVerfG E 5 , 22 (24 f.) v. 25.5.1956; E 9 , 213 (215) v . 17.3.1959; E 13, 132 (149) v. 3.10.1961. 119 Vgl. die Definition des Verwaltungsverfahrens i n § 8 EVwVerfG.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Die Auskunftsberechtigten entsprechen denjenigen i m Rahmen bereits anhängiger Verwaltungsverfahren. II. I m Gegensatz zu den bereits anhängigen Verwaltungsverfahren begründet der Satz des rechtlichen Gehörs i m Rahmen bevorstehender Amtsverfahren keine Auskunftsrechte. I n diesem Bereich ist die A n wendung dieses Grundsatzes und damit die von i h m eingeschlossene Informationspflicht noch nicht geboten. Wie dargelegt, ist der Satz des rechtlichen Gehörs ein Folgeprinzip der rechtsstaatlichen Forderung, wonach der einzelne nicht lediglich als Objekt eines staatlichen Verfahrens behandelt werden darf. Diese Forderung erlangt erst dann Bedeutung, wenn der Staat dem einzelnen gegenüber handelnd i n Erscheinung t r i t t . A u f die vorliegende Frage bezogen bedeutet das, daß der Satz des rechtlichen Gehörs erst m i t Eröffnung des Amtsverfahrens zu beachten ist. Solange die Behörde über interne Ermittlungen und Maßnahmen nicht hinausgegangen ist, kommt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Unterlassung einer Anhörung und Information des einzelnen nicht i n Betracht 1 2 0 . Für dieses Ergebnis spricht auch die Verwaltungsökonomie: I n Fällen, i n denen es noch gar nicht feststeht, ob die Behörde ein Amtsverfahren eröffnen w i l l , wäre es unzweckmäßig und ein sachlich nicht zu rechtfertigender Arbeitsaufwand, den gegebenenfalls Betroffenen auf jeden Fall über Gründe und Zweck eines möglichen Verfahrens zu benachrichtigen.

E. Auskunftsansprüche i m Rahmen besonderer Gewaltverhältnisse: Ansprüche auf die Ankündigung belastender Verwaltungsakte i n besonderen Gewaltverhältnissen I m gleichen Umfange wie i m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren begründet der Satz des rechtlichen Gehörs i m Rahmen besonderer Gewaltverhältnisse eine Pflicht zur Ankündigung belastender Verwaltungsakte, die innerhalb solcher Verhältnisse ergehen. Das ist eine Konsequenz des diesem Satz zu Grunde liegenden Gedankens, wonach der einzelne nicht zum Objekt eines staatlichen Verfahrens gemacht werden darf. Für diesen Gedanken ist es unerheblich, ob es sich u m ein Verwaltungsverfahren i m gewöhnlichen Sinne handelt oder u m ein auf den Erlaß eines Verwaltungsaktes gerichtetes Verfahren i m Rahmen besonderer Gewaltverhältnisse 121 . 120 Eine entsprechende vorgelagerte Informationspflicht enthält der E n t w u r f eines allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes f ü r Italien i. d. F. der Gesetzesvorlage v o m 31.5.1963 (abgedruckt bei Ule, Verwaltungsverfahrensgesetze des Auslandes, Bd. I, S. 176 ff.). Nach A r t . 28 dieses Entwurfes hat die V e r w a l t u n g die Beteiligten eines Verfahrens v o n den technischen E r m i t t lungen mindestens 10 Tage v o r ihrer Einleitung i n Kenntnis zu setzen.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen Bezüglich des Beamtenverhältnisses z. B. fordert der Satz des rechtlichen Gehörs die begründete Ankündigung einer beabsichtigten Versetzungsverfügung 122 oder die Mitteilung nachteiliger Beschwerden oder Behauptungen Dritter über den Beamten bevor nachteilige Maßnahmen gegen diesen getroffen werden 1 2 3 .

§ 4: Die Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen und das Recht auf behördliche Auskunft A. Die Grundsätze über die Meßbarkeit und Vorausberechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen Die Bedeutung dieser, sich aus der Rechtsstaatlichkeit ergebenden Grundsätze wurde bereits kurz angeschnitten. Sie verlangen nicht die genaue Meßbarkeit und Vorausberechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen, sondern nur deren Berechenbarkeit i n einem gewissen, von der Idee der Rechtsstaatlichkeit geforderten Umfange 1 2 4 . Die Forderung nach Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen ist eine Folge der von der Rechtsstaatlichkeit geforderten Achtung der personalen Freiheit. Die Gewährleistung der personalen Freiheit setzt eine Beschränkung der staatlichen Macht voraus, was wiederum eine gewisse Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen einschließt 125 . Die durch die Rechtsstaatlichkeit geforderte Meßbarkeit und Berechenbarkeit staatlicher Tätigkeit w i r d dadurch verwirklicht, daß Maß und Form des staatlichen Lebens durch das Recht bestimmt werden 1 2 6 , das allerdings selbst berechenbar sein muß. 121

Vgl. Wilhelm, Z B R 1966, 97 (98), a. A . noch L V G Düsseldorf v. 13.10. 1955 i n Z B R 1956, 90. 122 Derartige Anhörungspflichten sind gesetzlich geregelt: Vgl. §§ 261, 2 B B G (bei Versetzung), 261, 3 B B G (bei Wechsel der Verwaltung), 26 I I I B B G (Versetzung n u r m i t Einverständnis), 44 B B G (bei Zwangspensionierung). 123 So B G H , U. v. 29.11.1956 i n E 22, 258 (263) = N J W 1957, 298 = VerwRspr 9, 179 = Z B R 1957, 48 = R i A 1957, 92 = DRsp V (570), 116 a = DVB1 1957, 424 m i t zustimm. A n m . v o n Baring. Die Anhörungspflicht i m Beamtenverhältnis k a n n i m übrigen nicht n u r als Ausfluß des Satzes des rechtlichen Gehörs, sondern v o r allem als K o n k r e t i sierung der Fürsorgepflicht, genauer des Offenheitsgrundsatzes, begriffen werden, vgl. Baring, DVB1 1957, 427. Vgl. zur Anhörungspflicht i m Beamtenverhältnis ferner Jestaedt, Z u r A n hörungs- u n d Aufklärungspflicht bei Entlassung v o n Probebeamten, Z B R 1967, 115. 124 Maunz - Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 20 Rdnr. 86, sprechen von einem unabdingbaren Maß an Meßbarkeit u n d Vorausberechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen. 125 Vgl. Carl Schmitt, Verfassungslehre, S. 131. 126 Hesse, Rechtsstaat, S. 570 ff.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Meßbarkeit und Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen ergeben sich ferner daraus, daß die gesamte staatliche Tätigkeit sich i n umschriebenen Zuständigkeiten vollzieht 1 2 7 . Die Grundeinteilung dieser Zuständigkeiten ist das Gewaltenteilungsprinzip 1 2 8 . Ein bestimmtes Maß an Meßbarkeit staatlicher Machtäußerungen ist Voraussetzung für die gerichtliche Kontrollierbarkeit staatlicher Macht 1 2 9 . Denn eine solche Kontrollierbarkeit ist nur gewährleistet, wenn für das staatliche Handeln Maßstäbe vorhanden sind, d. h. wenn das Gebot der Meßbarkeit staatlicher Machtäußerungen g i l t 1 3 0 . I m einzelnen hat man aus der Forderung nach Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen folgende Postulate herausgearbeitet: M i t dem Grundsatz der Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen hängt einmal der Grundsatz des Vertrauensschutzes zusammen 131 . Aus diesem Prinzip leitet sich das Verbot rückwirkender Belastungsgesetze und die beschränkte Widerrufbarkeit begünstigender Verwaltungsakte her. Ausfluß des Berechenbarkeitsgrundsatzes ist sodann das Verbot i n sich widerspruchsvoller und unklarer Gesetze 132 . Solche Normen laufen der rechtsstaatlichen Forderung zuwider, daß der Bürger sich an Hand des Gesetzes ausrechnen können muß, welche Rechtsfolge i h n trifft, wenn er sich i n einer bestimmten Weise verhält 1 3 3 . Die Gesetze müssen so formuliert sein, daß die Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können 1 3 4 . Gegen das Gebot der Klarheit der Gesetze verstößt jedoch nicht von vornherein die Verwendung sogenannter unbestimmter Gesetzesbegriffe 1 3 5 . Die Verwendung solcher Begriffe ist unentbehrlich, damit das Recht dem Wechsel und der Vielfalt der tatsächlichen Verhältnisse gerecht werden kann 1 3 6 . Ein bestimmtes Mindestmaß an Bestimmtheit ist jedoch auch bei ihnen erforderlich: Die betreffenden Gesetze müssen so bestimmt sein, daß, wie bereits erwähnt, die von der Norm Betroffe127

Maunz, S. 68. Carl Schmitt, a.a.O., S. 131. 129 Carl Schmitt, ebenda; vgl. ferner Thieme, ZgStW 1957, 285 (290), der die Verwaltungs- u n d Verfassungsgerichtsbarkeit als K r ö n u n g der Forderung nach Meßbarkeit staatlicher Machtäußerungen bezeichnet. 130 Vgl. BVerfGE 13, 153 (161) v. 10.10.1961; E 8, 274 (326) v. 12.11.1958. 181 Maunz, S. 68. 132 Maunz - Dürig, a.a.O., Rdnr. 88, 89; BVerfGE 1, 14 (45) v. 23.10.1951. iss v g l . BVerfGE 9, 137 (147) v. 3.2.1959; E 8, 274 (325) v. 12.11.1958. 128

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B V e r f G E 17, 306 (314) v. 7.4.1964; BVerfGE 21, 73 (79) v. 12.1.1967. Maunz - Dürig, a.a.O., Rdnr. 90; vgl. ferner Scheuner, Die neuere E n t wicklung, S. 494; BVerfGE 21, 73 (79) v. 12.1.1967 unter Hinweis auf BVerfGE 3, 225 (243) v. 18.12.1953 u n d BVerfGE 13, 161 v. 10.10.1961. 186 Maunz - Dürig, a.a.O., Rdnr. 90. 135

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen nen die Rechtslage erkennen u n d i h r Verhalten danach einrichten können 1 3 7 . Die gleichen Gründe, die die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe erlauben, sprechen auch für die Zulässigkeit von Ermessensermächtigungen 1 3 8 . Hier ist es insbesondere die Forderung nach Einzelfallgerechtigkeit, die die Verwendung von Ermessensermächtigungen rechtfertigt 1 3 9 . M i t den Anforderungen an die Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen sind Ermessensermächtigungen zudem deswegen vereinbar, w e i l die Ausübung des Ermessens nie vollkommen frei, sondern pflichtgemäß, d.h. innerhalb eines nach sachlichen Gesichtspunkten bestimmten Rahmens zu erfolgen h a t 1 4 0 . A u f diese Weise ist auch das staatliche Handeln i m Rahmen von Ermessensermächtigungen für den Bürger i n einem gewissen Umfange voraussehbar. Auch bei solchen Ermächtigungen muß jedoch gewährleistet sein, daß der einzelne ermitteln kann, inwieweit die Verwaltung i n seinen Rechtskreis eingreifen darf 1 4 1 . Hierzu ist weder erforderlich, daß die Verwaltung verpflichtet ist, den möglichen Eingriff stets zu vollziehen, noch tatbestandsmäßig genau bestimmt ist, w a n n von einem Eingriff Abstand zu nehmen i s t 1 4 2 . Eine Forderung der Berechenbarkeit staatlichen Handelns ist darüber hinaus überhaupt das Gebot der Rechtssicherheit, aus dem sich insbesondere das Prinzip der Rechtsbeständigkeit rechtskräftiger Entscheidungen e r g i b t 1 4 3 .

B. Auskunftsansprüche i m Rahmen besonderer Rechtsverhältnisse: Auskunftsansprüche i m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren Die i n der praktischen Rechtsanwendung besonders häufigen Fälle behördlicher Informationen, die der Vorausberechnung staatlichen Handelns innerhalb besonderer Rechtsverhältnisse dienen, finden sich i m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren. Hier sind es die Auskünfte über den Ausgang des Verfahrens, über den Sachstand, die voraussichtliche Dauer und den voraussichtlichen Beginn des Verfahrens, die den Bezug zur Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen 187 188

189 140 141 142 143

12

BVerfGE 21, 73 (79) v. 12.1.1967. Vgl. Scheuner, a.a.O., S. 493; BVerfGE 9,137 (147) v. 3.2.1959.

Maunz - Dürig, a.a.O., Rdnr. 91. Scheuner, a.a.O., S. 493. Maunz - Düng, a.a.O., Rdnr. 91; BVerfGE 9,137 (147) v. 3.2.1959. BVerfGE 9, 137 (147) v. 3. 2.1959. BVerfGE 15, 313 (319) v. 14.3.1963.

Krieger

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

herstellen. Ansprüche auf diese Informationen sollen i m folgenden erörtert werden. I. Auskunftsansprüche über den Ausgang des Verfahrens 1. Auskünfte über den Ausgang des Verfahrens sind rechtsberatende Auskünfte, nämlich Informationen über die Rechtslage i m Hinblick auf ein konkretes Verwaltungsverfahren. Aus den Gründen, wie sie bereits angeführt wurden 1 4 4 , soll die Erörterung deshalb auf den Kreis bereits anhängiger Verwaltungsverfahren beschränkt bleiben. Auskünfte über den Ausgang bevorstehender Verwaltungsverfahren sind als Rechtsauskünfte außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse zu werten und sollen unter dem Gesichtspunkt der Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen i n einem späteren Abschnitt untersucht werden. Da die Prüfung der Sach- und Rechtslage noch nicht abgeschlossen ist, kommen nicht Auskünfte i n Betracht, die die zu erwartende Entscheidung genau festlegen, sondern nur solche, die den Wahrscheinlichkeitsgrad der möglichen Entscheidung, das „ob" und das „wie" der Entscheidung, bestimmen. I n Betracht kommen nur Auskünfte auf Antrag. Als auskunftsberechtigt können nur die Beteiligten des Verfahrens angesehen werden. 2. Ohne Zweifel dienen Auskünfte, die den Wahrscheinlichkeitsgrad der zu erwartenden Entscheidung i m Rahmen eines Verwaltungsverfahrens bestimmen, i n hohem Maße der Vorausberechnung staatlichen Handelns. Gleichwohl läßt sich aus der Forderung nach Berechenbarkeit staatlicher Tätigkeit kein entsprechender Informationsanspruch herleiten 1 4 5 . Dem steht der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung entgegen. Dieses Prinzip verlangt, daß die Verwaltung, die einen belastenden Verwaltungsakt erlassen w i l l , durch eine gesetzliche Bestimmung dazu ermächitgt sein muß. Hieraus wiederum ergibt sich für die handelnde Behörde die Pflicht, zu prüfen, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für die Erfüllung des Tatbestandes der Eingriffsermächtigung gegeben sind 1 4 6 . Der Beachtung dieser Pflicht würde nicht genügend Rechnung getragen werden, wollte man eine Auskunftspflicht über den Wahrscheinlichkeitsgrad einer i n einem Verwaltungsverfahren zu erwartenden Entscheidung annehmen. Die Bindungswirkung einer derartigen, i m voraus gegebenen Information ist so groß, daß sie 144 145 146

Vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 2 § 2. I m Ergebnis ebenso Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (486). ZJle, DVB11963, 475 (477); Ule - Becker, S. 39.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen

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eine unvoreingenommene sachliche Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhaltes nicht mehr ausreichend gewährleistet. Hierbei kann dahinstehen, inwieweit sich aus einer entsprechenden, i m voraus gegebenen Erklärung rechtliche Bindungen ergeben. Der Bürger w i r d auf jeden Fall versuchen, die Verwaltung an dem einmal von ihr gegebenen Wort festzuhalten. Auch der betreffende Beamte w i r d nur ungern zugeben, daß seine frühere Auffassung nicht zutreffend war, sondern versuchen, möglichst bei dieser Auffassung zu bleiben. Die hieraus resultierende tatsächliche Bindungswirkung aber genügt bereits, u m eine unvoreingenommene Ermittlung der rechtserheblichen Tatsachen zu gefährden. Aus der Forderung nach Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen läßt sich jedoch eine Informationspflicht über die allgemein bei der zu erwartenden Entscheidung von der Behörde zu beachtenden Gesichtspunkte entnehmen, d.h. eine Informationspflicht über die vom konkreten Fall losgelöste Rechtslage i n Bezug auf das jeweilige Verwaltungsverfahren. Der Berechenbarkeitsgrundsatz stellt, wie erwähnt, ein Folgeprinzip des rechtsstaatlichen Gebotes der Achtung personaler Freiheit dar. Der Achtung personaler Freiheit läßt sich i m Verwaltungsverfahren die Forderung zuordnen, den beteiligten Bürger nicht lediglich als Objekt des Verfahrens zu behandeln, sondern i h m durch eine Offenlegung des Verfahrens die Möglichkeit zum Mitdenken und Mithandeln — durch entsprechenden Sachvortrag — zu geben. Hierdurch w i r d er i n den Stand gesetzt, seine eigenen Dispositionen zweckmäßig einzustellen. Dieser Pflicht, das Verfahren transparent zu machen, entspricht wiederum die oben erwähnte Informationspflicht. Sie bringt weder die Gefahr einer sachlich nicht gerechtfertigten Bindungswirkung m i t sich noch ist sie m i t einer unzumutbaren Arbeitsbelastung verbunden. II. Auskunftsansprüche über den Sachstand, den Beginn und die Dauer des Verfahrens 1. Auskünfte über den Sachstand des Verfahrens kommen nur als Antragsauskünfte i n Betracht. Als möglicherweise auskunftsberechtigt können nur die am Verfahren beteiligten Bürger angesehen werden. Die Dauer eines anhängigen Verwaltungsverfahrens und der Beginn eines zu erwartenden Verwaltungsverfahrens hängen i m wesentlichen von oft nicht berechenbaren tatsächlichen Umständen ab: Von der Anzahl und dem Schwierigkeitsgrad der angefallenen Arbeiten, von der Leistungsfähigkeit des jeweiligen Beamten, von der Bearbeitungszeit anderer, i n das Verfahren eingeschalteter Behörden. Eine gerin1*

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5. Teil: Das echt des Bürgers auf behördliche Auskunft

gere Rolle spielt dagegen das Ermessen der Verwaltung, Reihenfolge und Zeitmaß ihres Handelns zu bestimmen. Auskünfte über die Dauer eines anhängigen oder den Beginn eines zu erwartenden Verwaltungsverfahrens sind aus diesem Grunde sinnvoll nur denkbar als Mitteilungen über die voraussichtliche Dauer eines anhängigen und den voraussichtlichen Beginn eines zu erwartenden Verwaltungsverfahrens. I n Betracht kommen wiederum nur Antragsauskünfte. Als gegebenenfalls auskunftsberechtigt können nur die Beteiligten des Verfahrens angesehen werden. 2. Die Pflicht zur Mitteilung des Sachstandes w i r d von einigen Autoren ausdrücklich bejaht 1 4 7 . Der Bundesgerichtshof hatte sich bisher nur m i t der Frage zu befassen, welche Folgen sich aus unrichtigen Sachstandsinformationen ergeben 148 . Geht man davon aus, daß dem Prinzip der Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerung der Gedanke der Achtung personaler Freiheit zu Grunde liegt, so läßt sich diesem Prinzip ein Informationsrecht des Bürgers auf die unter 1. beschriebenen Auskünfte über den Sachstand und die Dauer eines Verwaltungsverfahrens entnehmen. Die Achtung personaler Freiheit schließt, wie erwähnt, für die Behörde i m Verwaltungsverfahren die Pflicht ein, den beteiligten Bürger nicht lediglich als Objekt des Verfahrens zu behandeln, sondern i h m das Verfahren offenzulegen. Diese Forderung verpflichtet die Behörde auch, dem B ü r ger das Verfahren i n zeitlicher Hinsicht transparent zu machen, damit er seine eigenen Dispositionen auch i n zeitlicher Hinsicht entsprechend einstellen kann. Dieser Pflicht aber läßt sich, ohne damit die Verwaltung unangemessen zu binden, eine Auskunftspflicht über den Sachstand und die voraussichtliche Dauer eines anhängigen Verwaltungsverfahrens zuordnen. Die Offenlegung des Sachstandes ist es vor allem, die den am Verfahren beteiligten Bürgern das Verwaltungsverfahren i n zeitlicher Hinsicht durchsichtig macht. Es ist nicht erforderlich, daß die Information benötigt wird, u m etwaige Beweismittel und Unterlagen beizubringen. Es ist allein die i m Verwaltungsverfahren zu achtende Personstellung des Bürgers, die, indem sie die Möglichkeit eines Mitdenkens und Mithandelns fordert, eine behördliche Informationspflicht über den Sachstand 149 und die voraussichtliche Dauer des Verfahrens begründet. 147 Ulc, DVB1 1957, 597 (602); Leiss, JR 1960, 50; Wilhelm, B a y B Z 1964, 178; Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (486); Pipkorn, Diss., S. 109. 148 Vgl. B G H Z 30,19 v. 23.3.1959; U. v. 9.3.1959 i n DRsp I (147), 50 a. 149 Eine ausführliche Regelung dieser Informationspflicht enthält A r t . 31 des Entwurfs eines allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes f ü r Italien i n d. F. der Gesetzesvorlage v o m 31.5.1963 (abgedruckt bei Ule, Verwaltungsverfahrensgesetze des Auslandes, Bd. I , S. 176 ff.).

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen Die sich aus dem Gedanken der Achtung personaler Freiheit ergebende Forderung, dem Bürger das Verfahren i n zeitlicher Hinsicht durchsichtig zu machen, muß auch i m Hinblick auf erst zu erwartende Verwaltungsverfahren gelten. Auch insoweit verlangt die Personstellung des Bürgers die Möglichkeit eines Mitdenkens und Mithandelns, damit dieser sein Verhalten i n zeitlicher Hinsicht entsprechend einstellen kann. Der Forderung nach zeitlicher Transparenz aber läßt sich i m H i n blick auf erst zu erwartende Verwaltungsverfahren eine behördliche Informationspflicht über den voraussichtlichen Beginn des Verfahrens zuordnen. Auch diese Pflicht ist damit eine Konsequenz der Forderung nach Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen.

C. Auskunftsansprüche außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse Staatliches Handeln kann dem Bürger gegenüber rechtlich regelnd i n Erscheinung treten, durch Einzelmaßnahmen oder Gesetze, es kann i h n aber auch lediglich oder überwiegend tatsächlich betreffen. A n der Vorausberechnung jeder dieser Arten staatlichen Handelns kann der Bürger außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse ein Interesse haben. Die folgende Untersuchung soll sich daher an dieser Grobeinteilung staatlicher Tätigkeit orientieren. I. Auskunftsansprüche zur Vorausberechnung hoheitlicher Regelungen im Einzelfall 1. Die in Betracht kommenden Regelungen I m Interesse der Klarheit der Untersuchung ist es angebracht, einen Überblick über die i n Betracht kommenden, vorauszuberechnenden Regelungen zu geben. Da verwaltungsbehördliche Auskünfte i n Frage stehen, kommen — ohne daß dies einer näheren Begründung bedarf — als vorauszuberechnende Regelungen i n erster Linie Handlungen der Verwaltung i n Betracht. Bei diesen wiederum steht die Ermittlung zukünftiger Verwaltungsakte i m Vordergrund. Der Bürger möchte z.B. wissen, ob er m i t einer Abbruchsverfügung oder der Ablehnung eines Bauantrages rechnen muß. Soweit der künftige Verwaltungsakt die Entscheidung über einen Antrag des Bürgers darstellt, überschneidet sich die hier i n Frage stehende Fallgruppe m i t den bereits erörterten Informationen, die außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse der Verfolgung von Rechten dienen. Denn i n diesen Fällen dienen die Auskünfte zugleich der Er-

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

m i t t l u n g subjektiv-öffentlicher Rechte 150 . Es handelt sich insoweit also u m eine wiederholte Erörterung von Auskunftsrechten. Jedoch erfolgt hier die Untersuchung nicht unter dem Gesichtspunkt staatlicher Hilfeleistung, sondern unter dem Blickwinkel der Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerung 151 . Gegenstand der Vorausberechnung behördlichen Handelns können außer Verwaltungsakten auch Bußgeldbescheide oder polizeiliche Verwarnungen sein. Neben der Ermittlung künftiger verwaltungsbehördlicher Maßnahmen ist als Zweck der Auskünfte auch die Vorausberechnung bestimmter Rechtsprechungsakte, nämlich die Vorausberechnung von Strafbefehlen und Strafverfügungen, denkbar. I n diesen Fällen w i r d die Verwaltung durch die Polizei vorbereitend t ä t i g 1 5 2 und ist m i t h i n zu einer sachdienlichen Auskunft i n der Lage. So w i r d ein Autofahrer, der wissen möchte, ob ein bestimmtes Verkehrsverhalten einen Strafbefehl zur Folge haben wird, die Polizei u m Rat fragen. I n allen Fällen können sich die vorauszuberechnenden Handlungen auf bereits verwirklichte oder erst i n Zukunft sich möglicherweise verwirklichende Sachverhalte beziehen. E i n Unternehmer kann z.B. anfragen, ob und inwieweit seine bereits abgeschlossenen Geschäfte der Besteuerung unterliegen. Er kann die gleiche Frage aber auch i n Bezug auf erst geplante Geschäfte stellen. 2. Ansprüche auf Rechtsberatung im allgemeinen a) I m wesentlichen sind es Rechtsauskünfte, an denen der Bürger i m Hinblick auf die Vorausberechnung hoheitlicher Regelungen ein Interesse hat. A u f diese Informationen soll deshalb die Untersuchung beschränkt bleiben. Es ist zunächst zu prüfen, inwieweit unter dem Gesichtspunkt der Berechenbarkeit staatlicher Tätigkeit allgemein, abgesehen von besonderen Fallgestaltungen, Ansprüche auf behördliche Rechtsberatung bestehen. Der Zweck der zu untersuchenden Rechtsberatung besteht darin, i m Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt zu klären, ob u n d inwieweit die Behörde dem Bürger gegenüber eine rechtliche Regelung treffen w i r d oder treffen kann. Eine Informationspflicht kommt besonders i m Rahmen komplizierter Rechtslagen i n Betracht. Da es jedoch, wie 160 161 152

Vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 2 B. Vgl. oben § 2 C. I I I . 1. Hierzu etwa Drews - Wacke, S. 434 f.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen dargestellt 1 5 3 , nicht möglich ist, diesen Bereich i n praktikabler Form einzugrenzen, soll die Untersuchung insoweit nicht beschränkt werden. Die Arten der möglichen Rechtsauskünfte entsprechen denjenigen Informationen, wie sie bereits bei den Rechtsauskünften m i t Rechtsverfolgungsfunktion umrissen wurden. Insbesondere kann unterschieden werden zwischen Mitteilungen der konkreten Rechtslage und I n formationen über die allgemeine, vom konkreten Fall losgelöste Rechtslage. Z u diesen allgemein gehaltenen Mitteilungen gehört auch die I n formation, ob eine rechtliche Regelung i m konkreten F a l l i n Betracht kommt. I n Frage kommen nur Antragsauskünfte. Als gegebenenfalls auskunftsberechtigt kann jeder angesehen werden, der einen Sachverhalt darlegt, welcher möglicherweise einer hoheitlichen Regelung unterliegt. b) Was die Auskünfte über die Bedeutung von Rechtsnormen angeht, so ist an das Verbot unklarer und widerspruchsvoller Gesetze als Grundlage behördlicher Informationspflichten zu denken. Man w i r d es als Konsequenz dieses Verbotes ansehen können, daß die Behörde dann zur Auskunft über den Inhalt von Gesetzen verpflichtet ist, wenn es sich u m offensichtlich unklare oder widerspruchsvolle Gesetze handelt 1 5 4 . Wegen der Seltenheit solcher Fälle ist die praktische Auswirkung dieser Informationspflicht indes äußerst gering. Dagegen läßt sich eine behördliche Auskunftsverpflichtung i m Hinblick auf das i n der Praxis wichtige Auskunftsersuchen, nämlich die Frage, inwieweit überhaupt einschlägige Rechtsnormen bestehen, nicht m i t den herkömmlichen Bedeutungen der Grundsätze über die Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen klären. Gerade die Ungewißheit, inwieweit überhaupt einschlägige Gesetze bestehen, ist es jedoch, die die Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens i n höchstem Maße beeinträchtigt. Bei der Prüfung der Frage, inwieweit die Prinzipien über die Berechenbarkeit staatlicher Tätigkeit behördliche Informationspflichten begründen, ist indes nicht bei den herkömmlichen Bedeutungen dieser Grundsätze stehenzubleiben. Entscheidend ist allein, wie überhaupt bei der Auslegung von Verfassungssätzen auf behördliche Informationspflichten hin, inwieweit der diesen Prinzipien zu Grunde liegende und realisierbare Wert Informationspflichten für die Verwaltung gebietet. Die Forderung nach Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerung beruht, wie erwähnt, auf der Idee der Achtung der personalen Freiheit. 153

Vgl. oben § 2 C. I I I . 1. Aus dem gleichen Verbot läßt sich i m übrigen eine Informationspflicht der Behörde über i h r künftiges Verhalten i n den Fällen herleiten, i n denen sie sich bisher widersprüchlich verhalten hat; vgl. hierzu die Beispiele bei Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (486). 154

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Diese Achtung schließt die Gewährleistung der Möglichkeit ein, daß sich der einzelne i n seinen privaten Dispositionen auf das i h n möglicherweise rechtlich berührende hoheitliche Handeln einstellen kann. Diese Möglichkeit ist ohne behördliche Hilfe angesichts der gegenwärtig vorhandenen Vielzahl komplizierter Gesetze nicht gewährleistet. Wie dargelegt, ist die Kenntnis der Gesetze seitens der Betroffenen mehr oder weniger eine F i k t i o n 1 5 5 . Es ist deshalb geboten, dem Grundsatz der Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerung eine dem Grunde nach bestehende behördliche Pflicht zur Rechtsberatung zuzuordnen, wenn der Bürger sich darum bemüht 1 5 6 . Es bleibt die für die praktische Rechtsanwendung entscheidende Frage zu beantworten, welche Form dieser, dem Grunde nach bestehenden Informationspflicht zukommen soll: Bedeutet sie eine Pflicht zur Mitteilung der konkreten Rechstlage oder nur eine Pflicht zur Belehrung über die vom konkreten Fall losgelöste Rechtslage, verbunden m i t der Klärung der Möglichkeit einer rechtlichen Regelung? Dem Bedürfnis nach Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens w i r d sicherlich eine Pflicht zur Mitteilung der konkreten Rechtslage am ehesten gerecht. Dieser Gesichtspunkt darf jedoch nicht allein maßgeblich sein. Die Verfassungsauslegung hat nicht nur die Bedürfnisse des Bürgers, sondern die tatsächliche Leistungsfähigkeit der Verwaltung zu berücksichtigen. Eine generelle Verpflichtung zur Mitteilung der konkreten Rechtslage würde die Verwaltung i n unzumutbarer Weise überlasten 1 5 7 und 155

Vgl. oben § 2 C. I I I . 2. I n dieser Richtung ist z. B. die Entscheidung des K G , U. v. 18.9.1956 i n N J W 1957, 1076 (1077) (Steuerfibelfall), ergangen, i n der die Herausgabe v o n Steuerfibeln als Ausdruck staatlicher Fürsorge gewertet w i r d . Die steuerrechtlichen Bestimmungen seien so kompliziert, daß die Behörde verpflichtet sei, diese i n ausreichendem Maße zu erläutern u n d diese Erläuterungen dem Steuerpflichtigen sicher u n d b i l l i g zukommen zu lassen. 157 Aus diesem Grunde sieht z . B . der E n t w u r f eines Auskunftsverfahrens v o r den Finanzämtern (BT-Drucksache V , 885, vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 2) keine generelle, auf den konkreten F a l l bezogene Auskunftsverpflichtung der Finanzämter vor, vgl. die Begründung der Bundesregierung (BT-Drucksache V , 885, S. 6) u n d die Stellungnahme des Bundesrats (BT-Drucksache V , 885, S. 11) zu diesem E n t w u r f ; ferner Eckhardt, StuW 1968, Sp. 393 (395). Z u m Gesichtspunkt der Arbeitsüberlastung durch ein „ Z u v i e l " an A u s kunftsverpflichtung vgl. auch die Nachweise oben T e i l 3 Abschnitt 2 F N 72 sowie Immesberger, N J W 1970, 1116 (1118): Durch eine Verpflichtung, v e r bindliche Zusagen zu erteilen, w ü r d e n die Finanzämter überfordert werden. F ü r die E r f ü l l u n g einer solchen Verpflichtung seien qualifiziertes Personal, ausreichende Fachliteratur und, i m Interesse der Rechtssicherheit, die Erricht u n g zentraler Rechtsbehelfsstellen (für Einspruch u. Beschwerde gegen Auskünfte u n d die Vertretung der Finanzämter v o r Gericht) erforderlich. 156

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen ihren Geschäftsgang zu sehr stören. Das ist weniger unter dem Blickw i n k e l der rechtlichen Beurteilung anzunehmen, denn es kann davon ausgegangen werden, daß der zuständige Beamte m i t der einschlägigen Hechtslage vertraut ist. Die Gefahr einer Überlastung und Störung des Geschäftsganges ergibt sich vielmehr daraus, daß die Ermittlung, Sichtung und Bewertung des rechtserheblichen Sachverhaltes m i t umfangreichen Arbeiten verbunden sein kann. Die rechtserheblichen Tatsachen werden vielfach nicht schon vom anfragenden Bürger der Verwaltung vorgelegt. Dem Bürger ist oft nicht bekannt, worauf es i n rechtlicher Hinsicht ankommt. Die maßgeblichen Tatsachen müssen deshalb i n vielen Fällen erst von der Verwaltung ermittelt werden. Berücksichtigt man dies, so w i r d man auch unter dem Blickwinkel der Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen eine generelle, d.h. i n jedem Fall eingreifende Pflicht zur Mitteilung der konkreten Rechtslage abzulehnen haben. Z u prüfen w i r d allerdings sein, ob es nicht besondere Fallgestaltungen gibt, i n denen das Bedürfnis des Bürgers nach konkreter Rechtsbelehrung höher zu bewerten ist als das Interesse der Verwaltung an einem ungestörten Geschäftsgang und i n denen deshalb eine auf den konkreten Fall bezogene Rechtsbelehrungspflicht anzunehmen ist. Dahinstehen kann an dieser Stelle, inwieweit das Moment der vorzeitigen Bindung einer solchen Informationspflicht entgegensteht. Hierauf w i r d an späterer Stelle zurückgekommen 158 . Was dem Grundsatz der Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens zu entnehmen ist und der Behörde unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsbelastung zugemutet werden kann, ist m i t h i n auf alle Fälle eine Pflicht zur Mitteilung der allgemeinen, vom konkreten Fall gelösten Rechtslage, verbunden m i t der Belehrung, ob i m konkreten Fall eine Regelung i n Betracht kommt. I n den meisten Fällen garantiert bereits eine solche allgemein gehaltene Belehrung eine ausreichende Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens.

3. Ansprüche auf Rechtsberatung in besonderen Fällen Z u beantworten bleibt, wie bereits angedeutet, die Frage, ob es besondere Fälle gibt, i n denen das Bedürfnis nach konkreter Rechtsbelehrung höher zu bewerten ist als das Interesse der Verwaltung, das gegen eine solche Belehrung spricht, und i n denen deshalb eine auf den konkreten Fall bezogene Rechtsbelehrungspflicht anzunehmen ist. Eine solche Lage kommt dort i n Betracht, wo 158

Hierzu unten 3. b) u. c).

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

1. die Rechtslage von vornherein konkretere Gestaltungen enthält, wie bei Plänen; 2. die Ermittlung künftiger hoheitlicher Regelungen i n einem besonderen Maße schwierig ist, wie bei unbestimmten Gesetzesbegriffen und Ermessensermächtigungen; 3. i n sonstiger Weise ein besonderes Bedürfnis nach Informationen besteht, wie bei Auskünften über die grundsätzliche Auswirkung gesetzlicher Bestimmungen und über die rechtliche Erlaubtheit eines beabsichtigten Verhaltens; 4. der Gesichtspunkt der Arbeitsbelastung für die Behörde nicht ins Gewicht fällt und die Ermittlung der Rechtslage für den Bürger ebenfalls m i t besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Gemeint sind hier die Fälle, i n denen sich die rechtserheblichen Tatsachen für das Ergehen rechtlicher Regelungen aus behördeninternen Aufzeichnungen ergeben. A n diesen Punkten w i r d die folgende Untersuchung ausgerichtet sein. Auch bei ihr haben nur Antragsauskünfte Bedeutung. Als möglicherweise auskunftsberechtigt kann wieder jeder angesehen werden, der einen Sachverhalt darlegt, welcher u . U . einer hoheitlichen Regelung unterliegt. a) Auskunftsansprüche über die Auswirkung von Plänen aa) Das Verwaltungshandeln w i r d i n zunehmendem Maße von Plänen bestimmt. Informationen über die Auswirkung von Plänen auf den konkreten Fall haben daher ein besonderes Interesse für den Bürger. Rechtsgestaltend w i r k e n Pläne insofern, als sie einen Gesetzesbefehl konkretisieren oder Richtlinien für die Ausübung des Ermessens der Verwaltung enthalten. Hierbei können sie abstrakte oder generelle Anordnungen treffen oder, wie der Bebauungsplan, bereits konkrete Gestaltungen enthalten 1 5 9 . bb) Die aus dem Berechenbarkeitsprinzip abgeleitete, prinzipiell bestehende Pflicht der Behörde zur Rechtsberatung ist bezüglich der Ausw i r k u n g von Plänen nicht nur i n Form einer Pflicht zur Mitteilung der Rechtslage i m allgemeinen, sondern i n Bezug auf den konkreten Fall anzunehmen. Gegen eine generelle Pflicht zur Mitteilung der auf den konkreten Fall bezogenen Rechtslage wurde der Gesichtspunkt der Arbeitsüberlastung infolge einer gegebenenfalls erforderlichen langwierigen Sachverhaltsermittlung ins Feld geführt. Diesem Bedenken kommt bei I n 159

Z u den Formen u n d der Rechtsnatur der Pläne vgl. Wolff,

V R I , S. 276 ff.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen formationen, die sich auf die Auswirkung von Plänen beziehen, kein entscheidendes Gewicht zu. Pläne enthalten, anders als Gesetze, i n starkem Maße konkretere Gestaltungen. So enthält der Bebauungsplan die konkrete Gestaltung einer bestimmten räumlichen Situation, die zugleich individuelle Regelung ist, w e i l sie Geltung für die betreffenden Grundstückseigentümer beansprucht. Aus dieser Struktur ergibt sich, daß bei der Ermittlung der Planauswirkung auf den konkreten Fall nicht so sehr die Sachverhaltsermittlung als die Interpretation des Planes i m Vordergrund steht. Das Interesse des Bürgers an einer konkreten Rechtsbelehrung ist daher höher zu bewerten als das Interesse der Verwaltung an einem ungestörten Geschäftsgang. D. h., dem Bürger ist ein Anspruch auf Mitteilung der Planauswirkung i m konkreten F a l l zuzubilligen. Dieses Ergebnis rechtfertigt sich zudem auch daraus, daß dem Bürger eine eigene Information mangels Fachwissens zumeist nicht zugemutet werden kann. Vielmehr ist die Verwaltung als Schöpfer der Pläne sehr viel besser i n der Lage, den Plan i n Bezug auf den konkreten F a l l zu interpretieren. Ist die Rechtslage über einen Plan bereits von vornherein auf eine konkrete Situation h i n gestaltet, so schlägt i m übrigen auch die oben postulierte, prinzipielle Pflicht, die Rechtslage allgemein mitzuteilen, automatisch i n eine auf den konkreten F a l l bezogene Belehrungspflicht um. Eine andere A r t von Belehrung kommt i n diesen Fällen nicht i n Betracht. U m beim Beispiel des Bebauungsplanes zu bleiben: Die Information über die Planauswirkung schließt hier die Information über die Bebauungsmöglichkeit eines einzelnen Grundstückes ein. b) Auskunftsansprüche über die Anwendbarkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe aa) Die sogenannten „unbestimmten Gesetzesbegriffe" oder, wie sie zumeist genannt werden, „unbestimmten Rechtsbegriffe" sind diejenigen i n Gesetzen vorkommenden Begriffe, deren Sinngehalt sich nicht eindeutig eingrenzen läßt 1 6 0 . Ihre Anwendung, d.h. Auslegung und Subsumption, wie z. B. bei den Begriffen „öffentliches Wohl", „Leichtigkeit des Verkehrs" oder „Beeinträchtigung des Landschaftsbildes", auf einen konkreten Sachverhalt, läßt einen Beurteilungsspielraum zu, innerhalb dessen jede Lösung vertretbar erscheint 161 . 160 Vgl. zu diesem Problemkreis Wolff, V R I , S. 144 f. m i t weiteren Nachweisen. 161 Vgl. XJle, Verwaltungsprozeßrecht, S. 7 f.

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5. Teil: Das echt des Bürgers auf behördliche Auskunft

Aus dieser Beurteilungsschwierigkeit ergibt sich das Informationsinteresse des Bürgers: Er möchte von der Behörde geklärt haben, ob ein konkreter Sachverhalt einem unbestimmten Gesetzesbegriff unterfällt oder nicht. bb) Sicherlich beeinträchtigt die oben umschriebene Beurteilungsschwierigkeit die Vorausberechnung staatlichen Handelns an Hand von Rechtssätzen. Gleichwohl läßt sich aus den Grundsätzen über die Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens kein entsprechendes generelles Auskunftsrecht herleiten. Zwar ergibt sich das nicht schon aus der vom Berechenbarkeitsprinzip umfaßten Maxime, daß die Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe m i t den Anforderungen an die Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens grundsätzlich vereinbar ist. Hieraus läßt sich nicht zwingend schließen, daß der Bürger sich m i t der Ungewißheit künftigen hoheitlichen Handelns, die m i t der Verwendung solcher Begriffe verbunden ist, abzufinden hat und deshalb keine entsprechende Information verlangen kann. Eine solche Information könnte ebenso gut als Korrelat zu der m i t den unbestimmten Gesetzesbegriffen verbundenen Ungewißheit staatlichen Verhaltens gewertet werden. Es ist aber der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, der einem Auskunftsrecht i n der Regel entgegensteht. Dieses Prinzip verpflichtet die Verwaltung, wie ausgeführt 1 6 2 , zur Prüfung, ob der Tatbestand der Eingriffsermächtigung erfüllt ist, d. h. hier, ob die den unbestimmten Gesetzesbegriff ausfüllenden Tatsachen gegeben sind. Die sachliche Durchführung dieser Prüfung würde i n Frage gestellt werden, wenn man eine i n jedem Fall, also auch i n besonders schwierigen Fällen, eingreifende Informationspflicht über die Anwendbarkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe bejahen würde. Die Gründe hierfür gleichen denen, die gegen eine Informationspflicht über den Ausgang des Verwaltungsverfahrens sprachen: Die Behörde würde sich durch eine i m voraus gegebene Information i m Hinblick auf etwaige später durchzuführende Verwaltungsverfahren rein tatsächlich bereits so binden, daß i n einem späteren Verfahren eine unvoreingenommene Ermittlung und Bewertung der den unbestimmten Gesetzesbegriff ausfüllenden Tatsachen nicht mehr gewährleistet wäre. Gerade bei diesen Begriffen ist jedoch — wegen ihrer Unbestimmtheit — eine besondere Sorgfalt bei der Subsumption und Interpretation erforderlich, was bei einer i m voraus erteilten Information zumeist nicht Beachtung findet. I m übrigen würde eine Informationspflicht wegen der Häufigkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe i m öffentlichen Recht auch eine zu große Arbeitsbelastung für die Behörden bewirken. l w

Vgl. oben B. I . 2.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen c) Auskunftsansprüche über künftige Ermessensentscheidungen aa) Die hier i n Betracht kommenden Auskünfte dienen der Vorausberechnung einer konkreten Rechtsfolge: Nämlich der Ermittlung, ob (Handlungsermessen) oder wie (Auswahlermessen) 163 die Behörde i m Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt von ihrem durch Rechtssatz eingeräumten Ermessen, eine bestimmte Regelung zu treffen, Gebrauch machen wird. Ein Eigentümer fragt z. B. an, ob i h m für ein bestimmtes Bauvorhaben ein Baudispens 164 erteilt werden wird, d.h., ob die Baubehörde insoweit von ihrem Ermessen Gebrauch machen wird. bb) Wegen der Wahlmöglichkeit 1 6 5 der Behörde bei Ermessensermächtigungen beeinträchtigen diese Ermächtigungen noch stärker als der Beurteilungsspielraum bei unbestimmten Gesetzesbegriffen die Berechenbarkeit staatlichen Handelns an Hand von Rechtssätzen. Auch hier lassen sich aus den Grundsätzen über die Berechenbarkeit staatlichen Handelns keine entsprechenden Informationspflichten herleiten. Aus den gleichen Gründen, wie bei den unbestimmten Gesetzesbegriffen ausgeführt, spricht zwar nicht schon der vom Berechenbarkeitsprinzip eingeschlossene Grundsatz, daß Ermessensermächtigungen grundsätzlich m i t den Anforderungen an die Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens vereinbar sind, gegen eine entsprechende Belehrungspflicht. Noch stärker als bei unbestimmten Gesetzesbegriffen steht jedoch bei Ermessensermächtigungen das m i t dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit nicht zu vereinbarende Moment einer vorzeitigen B i n dung der Verwaltung einer generellen Informationspflicht entgegen. Richtige Ermessensentscheidungen setzen eine sorgfältige Ermittlung und Abwägung aller i n Betracht kommenden Umstände voraus, was bei einer i m voraus zu erteilenden Information über künftige Ermessensentscheidungen nicht gewährleistet wäre. Wiederum ist es auch der Faktor der Arbeitsbelastung, der, wegen der Häufigkeit gesetzlicher Ermessensermächtigungen, gegen eine i n jedem Fall eingreifende Auskunftspflicht spricht. d) Auskunftsansprüche über die grundsätzliche Auswirkung gesetzlicher Bestimmungen 1. Häufig finden sich Normen i m öffentlichen Recht, die für einen Sachverhalt zunächst generell eine Rechtsfolge anordnen, die dann für verschiedene Möglichkeiten durch weitere Bestimmungen spezialisiert wird. So w i r d i m Steuerrecht zumeist durch generelle Bestimmungen 168

Z u den Ermessensarten vgl. Wolff, V R I , S. 152. Vgl. § 31 BBauG. Forsthoff, Lehrbuch, S. 74, definiert das Ermessen als W a h l zwischen mehreren i n gleicher Weise möglichen A r t e n des Sichverhaltens. 164

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

zunächst geregelt, ob ein Sachverhalt überhaupt steuerpflichtig ist und erst daran anschließend durch Spezialbestimmungen für verschiedene Möglichkeiten die Steuerhöhe unterschiedlich festgesetzt. I n solchen Fällen kann die Information über die Anwendbarkeit der generell eine Rechtsfolge anordnenden Bestimmungen als Information über die grundsätzliche Auswirkung gesetzlicher Bestimmungen bezeichnet werden. Eine solche Aufklärung erleichtert dem Bürger bereits i n starkem Maße die sinnvolle Einstellung seiner Dispositionen. Sie verlangt andererseits, w e i l sie sich auf die grundsätzlichen Auswirkungen der gesetzlichen Bestimmungen beschränkt, von der Verwaltung nur einen Teil der i m konkreten Fall anzustellenden rechtlichen Überlegungen. 2. Von diesem Gedanken ausgehend ist der aus dem Berechenbarkeitsprinzip folgenden, dem Grunde nach bestehenden Informationspflicht ein Auskunftsrecht des Bürgers über die grundsätzliche Ausw i r k u n g gesetzlicher Bestimmungen i n dem unter 1. genannten Sinne zuzuordnen: Eine derartige Information ist oft das M i n i m u m an behördlicher Aufklärung, u m einen völligen Fehlschlag der Disposition des Bürgers zu vermeiden. Denn hierfür ist notwendig, daß die geplante Maßnahme von den einschlägigen Bestimmungen überhaupt erfaßt oder nicht erfaßt w i r d — je nachdem, ob eine günstige Rechtsfolge erstrebt (z. B. Subvention) oder eine belastende Rechtsfolge vermieden werden soll (z. B. steuerliche Belastung). Hinzu kommt der bereits erwähnte Umstand, daß die Behörde i n diesen Fällen nur einen Teil der i m konkreten Fall anzustellenden rechtlichen Überlegungen und Sachverhaltsermittlungen zu leisten hat. Es ist auch so, daß i n derartigen Fällen der Schwerpunkt der Arbeit nicht so sehr i n der Bestimmung der grundsätzlichen Auswirkung der gesetzlichen Regelung liegt, als i n der Ermittlung der genauen Rechtsfolge, auf deren Mitteilung kein Anspruch besteht. Das Interesse des Bürgers an einer konkreten Rechtsbelehrung ist i n diesen Fällen daher höher zu bewerten als das Interesse der Verwaltung an einem ungestörten Geschäftsgang. Das gilt auch dort, wo sich die Information auf die Anwendbarkeit unbestimmter Gesetzesbegriffe oder auf künftige Ermessensentscheidungen bezieht. Hier hat das Interesse der Verwaltung, nicht vorzeitig gebunden zu werden, hinter das Informationsinteresse des Bürgers zurückzutreten. e) Auskunftsansprüche über die rechtliche Erlaubtheit eines Verhaltens aa) Das Informationsinteresse des Bürgers an der rechtlichen Erlaubth e i t 1 6 6 seines Handelns liegt auf der Hand: Durch entsprechende Anfra166 Z u m Begriff der Erlaubnis als eines Verbotes m i t Erlaubnisvorbehalt, vgl. Drews - Wache, S. 304.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen gen möchte er etwaige behördliche Sanktionen auf ein unerlaubtes Verhalten vorausberechnen und damit verhindern 1 6 7 . Auskünfte über die rechtliche Erlaubtheit eines Verhaltens lassen sich gliedern i n M i t teilungen darüber, ob das Verhalten überhaupt verboten ist, bejahendenfalls, ob es ausnahmslos verboten ist oder erlaubnispflichtig ist, falls es erlaubnispflichtig ist, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis vorliegen. bb) Nicht nur die i n vielen Fällen bestehende Schwierigkeit der rechtlichen Beurteilung, sondern vor allem die m i t behördlicher Autorität versehene Auskunft ist es, die für das starke Bedürfnis des Bürgers nach behördlicher Aufklärung über die rechtliche Erlaubtheit eines Verhaltens ursächlich ist. Denn nur eine m i t behördlicher Autorität versehene Information verschafft i h m die ausreichende Gewißheit, ob er bei Vornahme eines bestimmten Verhaltens Nachteile zu erwarten hat oder nicht. Berücksichtigt man dies, so ist dem Bürger, vom Grundgedanken des Berechenbarkeitsprinzips her gesehen, der Achtung der personalen Freiheit, nicht zuzumuten, von sich aus die Frage der rechtlichen Erlaubtheit seines Verhaltens zu klären und das Risiko einer etwaigen Unerlaubtheit zu tragen. Der aus dem Berechenbarkeitsprinzip folgenden, dem Grunde nach bestehenden behördlichen Informationspflicht ist daher jedenfalls eine behördliche Aufklärungspflicht darüber zuzuordnen, ob ein beabsichtigtes Verhalten verboten oder erlaubnispflichtig ist 1 6 8 . Erst bei Bestehen einer solchen Pflicht w i r d dem Bürger eine genügende Gewißheit über die rechtliche Erlaubtheit seines Verhaltens und damit eine ausreichende Dispositionsfreiheit gewährleistet. Dieser Erfolg überwiegt wiederum auch Bedenken i n Bezug auf eine gegebenenfalls vorzeitig eintretende Bindung der Verwaltung, die, wie ausgeführt, m i t dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit kollidieren kann. 167 Diesem Bedürfnis w i r d durch die Zulässigkeit der vorbeugenden U n t e r lassungsklage Rechnung getragen, vgl. hierzu etwa Naumann, V o m vorbeugenden Rechtsschutz i m Verwaltungsprozeß, Gedächtnisschrift f ü r W. Jellinek 1955, 391 ff.; Haug, Die neuere Entwicklung der vorbeugenden Unterlassungsu n d der allgemeinen Beseitigungsklage, D Ö V 1967, 86 f.; BVerfGE 16, 92 v. 14.5.1963 u. O V G Münster v . 20.9.1966 i n D Ö V 1967, 97. 168 Abzulehnen ist daher die Entscheidung des K G v. 29.11.1960, B B 1961, 70, w o e i n Auskunftsanspruch gegen die Kartellbehörde, ob keine A n m e l dung i. S. d. § 99 I I , Nr. 3 G W B erforderlich ist, verneint u n d damit das Risiko einer Belangung nach § 38 G W B dem Anfragenden aufgebürdet w i r d ; unzutreffend ferner die Entscheidung des O L G H a m b u r g v. 3.12.1964, M D R 1965, 224, i n der die Staatsanwaltschaft nicht f ü r verpflichtet gehalten wurde, einem Versandbuchhändler darüber A u s k u n f t zu erteilen, ob Schriften, die er zu vertreiben beabsichtige, offensichtlich schwer jugendgefährdend i. S. d. § 6 G j S seien.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Da die Informationspflicht nur i n besonderen Fällen gilt, nämlich nur dort, wo die rechtliche Erlaubtheit eines Verhaltens i n Frage steht, überlastet sie die Verwaltung nicht. Ein Auskunftsanspruch darüber, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis vorliegen, läßt sich dagegen nicht zwingend aus dem Gedanken der Achtung der personalen Freiheit entnehmen. Durch die Verneinung eines solchen Anspruches w i r d der Bürger nicht i n unzumutbarer Weise i n seiner Dispositionsfreiheit eingeschränkt. Für die Wahrung dieser Freiheit reicht es aus, daß i h m ein Informationssinspruch darüber zusteht, ob ein Verhalten überhaupt erlaubnispflichtig ist. Schon das Wissen über die Erlaubnispflichtigkeit eines Verhaltens genügt, u m dem Bürger ein sinnvolles Einstellen seines Verhaltens zu ermöglichen. I h m ist zuzumuten, ein entsprechendes Antragsverfahren anhängig zu machen und den Erfolg abzuwarten. f) Ansprüche auf Rechtsberatung i n Fällen i n denen sich die rechtserheblichen Tatsachen aus behördeninternen Aufzeichnungen ergeben aa) Vielfach finden sich Gesetze i n technischen Bereichen der Leistungsverwaltung, bei denen die Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen dem Bürger zumeist erschwert ist, deren Feststellung der Verwaltung jedoch ohne weiteres möglich ist. Es ist charakteristisch für diese Fälle, daß die rechtserheblichen Tatsachen i n behördeninternen Aufzeichnungen f i x i e r t 1 6 9 und damit von der Verwaltung ohne weiteres feststellbar sind, während dem Bürger diese Feststellung i n der Regel — mangels eines allgemein zugänglichen amtlichen Verzeichnisses — nicht ohne weiteres möglich ist. Eine derartige Lage findet sich i m Rahmen der §§2 und 5 des hamb Sielabgabengesetzes i n Verbindung m i t § 1 des Gesetzes über die Höhe des Sielbaubeitrages. Nach diesen Vorschriften werden für Grundstücke, die an besielten Wegen liegen, Sielbaubeiträge erhoben. Die Höhe der Sielbaubeiträge errechnet sich nach den Frontmetern der Siele. Hierbei werden für verschiedene Sielarten (Regenwasser-, Schmutzwasser-, Doppel- und Mischwasser-Siele) verschieden hohe Beiträge je Frontmeter zu Grunde gelegt. Der Bürger kann den i h n treffenden Sielbaubeitrag nur vorausberechnen, wenn er weiß, ob und welche Siele der betreffende Weg enthält. Der Verwaltung ist eine Feststellung dieser Tatsachen an Hand ihrer Aufzeichnungen ohne weiteres möglich, dem Bürger jedoch — mangels eines allgemein zugänglichen amtlichen Verzeichnisses — nicht. 169 So gibt es i n der V e r w a l t u n g Behörden u n d Ä m t e r , die sich lediglich m i t der Feststellung v o n Tatsachen befassen, vgl. Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 958 ff.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen bb) Die Gründe, die hier zu einer entsprechenden Informationspflicht führen, gleichen denen, die für die Auskunftspflichten über die Planauswirkung maßgebend waren. Auch hier besteht die Gefahr einer Arbeitsüberlastung infolge einer gegebenenfalls erforderlichen langwierigen Sachverhaltsermittlung nicht. Damit fehlt es, entsprechend dem oben Ausgeführten, an Gründen, die gegen eine konkrete Rechtsbelehrungspflicht sprechen. Es bestehen keine Bedenken, die aus dem Berechenbarkeitsprinzip folgende Belehrungspflicht hier i n Form einer auf den konkreten Fall bezogenen Belehrungspflicht anzunehmen. Eine solche Pflicht w i r d auch dem Umstand gerecht, daß dem Bürger i n den hier angesprochenen Fällen die Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen mangels eines allgemein zugänglichen amtlichen Verzeichnisses nicht ohne weiteres möglich ist. II. Auskunftsansprüche zur Vorausberechnung gesetzgeberischer Maßnahmen 1. Der schnelle Wechsel der Gesetzesinhalte und die Regelung immer neuer Lebenssachverhalte seitens des Gesetzgebers i m modernen Leistungsstaat sind ursächlich dafür, daß der einzelne ein starkes Interesse daran haben kann, künftige gesetzgeberische Maßnahmen i m voraus zu ermitteln. Hierdurch w i r d er i n die Lage gesetzt, sein eigenes Verhalten entsprechend einzurichten oder, als Repräsentant einer Interessengruppe, Einfluß auf den Inhalt der Gesetzgebung zu nehmen. Die i n Betracht kommenden Auskünfte sind Mitteilungen über Tatsachen, die i n der Regel i m Wissensmonopol der Behörde stehen: Die Absicht, einen bestimmten Sachverhalt durch Gesetz oder Verordnung zu regeln (ob, wie, wann), der Inhalt von Gesetz- oder Verordnungsentwürfen oder der Stand von Gesetzgebungs- oder Verordnungsverfahren. Verwaltungsbehörden kommen insofern als auskunftsverpflichtete Behörden i n Betracht, als sie, als Verordnungsgeber, selbst Gesetzgeber sind oder jedenfalls bei der Vorbereitung der Gesetze entscheidend mitwirken. Als auskunftsberechtigt kommt jeder Bürger i n Betracht, der die Auskunft beantragt. 2. Die herkömmlichen Bedeutungen der Grundsätze über die Berechenbarkeit staatlichen Verhaltens sind für die hier i n Frage stehenden Informationspflichten unergiebig. Sie beziehen sich nicht auf die Vorausberechenbarkeit staatlichen Handelns durch gesetzgeberische Maßnahmen, sondern nur an Hand von Gesetzen. Zurückzugehen ist deshalb wiederum auf den Grundgedanken dieser Prinzipien, die Achtung der personalen Freiheit. Der Achtung der personalen Freiheit ist auch 13

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

die Forderung zuzuordnen, daß der Bürger sich m i t seinen privaten Dispositionen soweit wie möglich auf künftige gesetzgeberische Maßnahmen einstellen kann. Dieser Forderung wiederum ist — angesichts des Umfanges und der Intensität gesetzgeberischer Maßnahmen i m modernen Staat und des Umstandes, daß es sich insoweit u m Informationen handelt, die i n der Regel i m behördlichen Wissensmonopol stehen — ein Anspruch des Bürgers auf die unter 1. genannten Informationen zu entnehmen 1 7 0 . I I I . Auskunftsansprüche zur Vorausberechnung hoheitlicher Maßnahmen von lediglich oder überwiegend tatsächlicher Bedeutung 1. Die hier zu untersuchenden Informationen dienen der Vorausberechnung hoheitlichen Handelns, das für den Bürger lediglich oder überwiegend m i t tatsächlichen Vor- oder Nachteilen verbunden ist. Gemeint ist das staatliche Handeln auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge, das sich dadurch auszeichnet, daß es sich durch sächliche M i t t e l (Straßen, Verkehrsmittel, Betriebseinrichtungen) verwirklicht 1 7 1 . I m H i n blick auf diese M i t t e l kann das Verwaltungshandeln für den Bürger lediglich oder überwiegend m i t tatsächlichen Vor- oder Nachteilen verbunden sein. Der Zweck der hier zu erörternden Auskünfte kann deswegen auch i n der Klärung gesehen werden, ob, i n welcher Weise, wann oder m i t welcher Dauer ein Verwaltungshandeln auf dem Gebiet der Daseinsvorsorge, das für den Bürger lediglich oder überwiegend tatsächliche Wirkungen äußert, zu erwarten ist. Für die Erörterung behördlicher Auskunftspflichten bedarf dieser Zweck der Konkretisierung. I h m zuzuordnende Informationen kommen unter allen möglichen Gesichtspunkten i n Betracht. U m die Untersuchung nicht zu sehr auszuweiten, sollen hier nur Informationen über Stand und Inhalt entsprechender behördeninterner Planungen und über Beginn und Dauer eines entsprechenden tatsächlichen Verwaltungshandelns ins Auge gefaßt werden. 170 Dem hier i n Rede stehenden Informationsbedürfnis versucht wiederum das Bundesverwaltungsverfahrensgesetz der U S A (abgedruckt bei Ule, V e r waltungsverfahrensgesetze des Auslandes, Bd. I I , S. 924 ff.) gerecht zu w e r den: Nach § 4 des Gesetzes muß grundsätzlich jeder beabsichtigte Verordnungserlaß, unter Angabe v o n Zeit, Ort u n d A r t des Verordnungsverfahrens, i m „Federal-Register" (vgl. dazu oben § 2 F N 92) veröffentlicht werden. A n zuführen ist hierbei das Gesetz, k r a f t dessen die Verordnung erlassen werden soll, u n d entweder der wesentliche I n h a l t der Verordnung oder einzelne Punkte u n d Streitfragen (Byse - Riegert, S. 417). Eine vorherige Information über die Gesetzesarbeit fordert H. E. Jahn, S. 372, i m Interesse einer demokratischen M i t a r b e i t der Bevölkerung. 171 Forsthoff, Lehrbuch, S. 324.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen

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Auskünfte über Inhalt und Stand behördeninterner Planungen sind Informationen über tatsächliche, i m Wissensmonopol der Behörde stehende Umstände. Sinnvoll und von Interesse sind hier nicht Belehrungen über alle technischen Einzelheiten, sondern nur Informationen über die für die praktische Auswirkung wichtigen Punkte. Beginn und Dauer des hier i n Rede stehenden tatsächlichen Handelns hängen teils vom Ermessen der Verwaltung, teils von nicht berechenbaren tatsächlichen Umständen, bei Bauarbeiten z. B. von der Bodenbeschaffenheit, ab. Informationen über Beginn und Dauer dieses Handelns sind daher sinnvoll nur denkbar als Auskünfte über den voraussichtlichen Beginn und die voraussichtliche Dauer dieses tatsächlichen Handelns, wie z. B. von Straßenarbeiten. Die entsprechenden Mitteilungen sind sowohl i n der Form von A n tragsauskünften sowie i n Form von Amts wegen erfolgender Informationen denkbar. Als gegebenenfalls informationsberechtigt muß — bei Antragsauskünften — jeder angesehen werden, der darlegt, daß seine Interessen durch das tatsächliche Handeln berührt werden können. Bezüglich der von Amts wegen erfolgenden Informationen kommen diejenigen B ü r ger als auskunftsberechtigt i n Betracht, deren Interessen tatsächlich durch dieses Handeln berührt werden. 2. Auch an dieser Stelle ergeben die herkömmlichen Bedeutungen der Grundsätze über die Berechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen nichts für entsprechende behördliche Informationspflichten. Sie beziehen sich auf die Berechenbarkeit staatlichen Handelns an Hand von Rechtssätzen und nicht auf das hier i n Frage stehende tatsächliche Handeln, das sich, als Leistungsverwaltung, weitgehend außerhalb von Rechtssätzen vollzieht 1 7 2 . Wiederum gilt es daher, sich klar zu machen, inwieweit der den Berechenbarkeitsgrundsätzen zu Grunde liegende Gedanke der Achtung der personalen Freiheit Informationspflichten begründet. Die Tätigkeit der Leistungsverwaltung ist so umfangreich und intensiv, daß bereits ihre tatsächliche Ausstrahlung vielfach einen Eingriff i n die Dispositionsfreiheit des einzelnen bewirkt. Das w i r d deutlich an dem Beispiel einer Straßensperre, die für die anliegenden Geschäftsinhaber einen empfindlichen Umsatzrückgang zur Folge haben kann. Hinzu kommt, daß die für das tatsächliche Handeln maßgeblichen Umstände zumeist i m behördlichen Wissensmonopol stehen oder jedenfalls von der Behörde besser beurteilt werden können. 172

13*

Vgl. Bachof, Begriff u n d Wesen, S. 225; Forsthoff,

Lehrbuch, S. 320.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

Bei dieser Sachlage gebietet es die Achtung personaler Freiheit, dem Bürger auch i m Hinblick auf ein i h n lediglich oder überwiegend tatsächlich berührendes hoheitliches Handeln Klarheit zu verschaffen. Diesem Gebot läßt sich generell ein Informationsrecht auf die unter 1. genannten Auskünfte zuordnen, wenn der Bürger sie beantragt und darlegt, daß seine Interessen i n irgendeiner Weise von dem zu erwartenden Verwaltungshandeln tatsächlich berührt werden. Eine Pflicht, von Amts wegen zu informieren — über Beginn und Dauer des tatsächlichen Handelns — ist dagegen nur i m Einzelfall anzunehmen. Sie kann bei besonders schwerwiegenden tatsächlichen Eingriffen geboten sein. Erst i n solchen Fällen verpflichtet die Achtung der personalen Freiheit zu einer von Amts wegen erfolgenden vorherigen Benachrichtigung der Betroffenen über Beginn und Dauer der Maßnahmen, damit diese ihre Dispositionen entsprechend einstellen können. Eine solche Pflicht kann auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebieten, wie bei drohender Existenzvernichtung, u m den Betroffenen eine vorherige Anhörung zu ermöglichen. Die Behörde hat dann auf Grund der Anhörung zu prüfen, ob die geplante Maßnahme nicht i n schonenderer Weise ausgeführt werden kann 1 7 3 . Die Form der von Amts wegen erfolgenden Information (Einzelmitteilung oder allgemeine amtliche Bekanntmachungen) w i r d man indes wiederum dem pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung zu überlassen haben.

§ 5: Die gerichtliche Kontrollierbarkeit staatlicher Machtäußerungen und das Recht auf behördliche Auskunft A. Der Grundsatz der gerichtlichen Kontrollierbarkeit staatlicher Machtäußerungen Die gerichtliche Kontrollierbarkeit staatlicher Machtäußerungen durch den Bürger bei Verletzung seiner Rechte durch die öffentliche Gewalt ist letztlich eine Auswirkung der rechtsstaatlichen Grundidee: Der Achtung der personalen Freiheit. Von hier aus gesehen ist sie ein Folgeprinzip der Meßbarkeit staatlicher Machtäußerungen 174 , wie andererseits ein bestimmtes Maß von Meßbarkeit, wie erwähnt 1 7 5 , Voraus173 Diesen Gedanken spricht der B G H i m U. v. 5.7.1965, DVB1 1965, 968, an (vgl. oben T e i l 3 Abschnitt 1 F N 24). 174 v g L Thieme, ZgStW 1957, 285 (290). 176

Vgl. oben § 4 A .

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen Setzung für die gerichtliche Kontrollierbarkeit staatlichen Verhaltens ist. Konkreter formuliert läßt sich die gerichtliche Kontrollierbarkeit staatlicher Machtäußerungen durch den Bürger bei Hechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt als Bestandteil des i h m zuerkannten Rechtsschutzes bezeichnen. Das Grundgesetz hat dieser Forderung nach gerichtlicher Kontrolle i m wesentlichen durch die Generalklausel des A r t . 19 I V 1 G G 1 7 6 sowie durch die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit, durch die sogar der Gesetzgeber i n einem bestimmten Umfange der gerichtlichen Kontrolle unterworfen wird, Rechnung getragen. B. Begründungspflichten I. Die Frage nach behördlichen Informationspflichten unter dem Blickwinkel der gerichtlichen Kontrolle der Verwaltung ist i n erster Linie die Frage nach Begründungspflichten der Verwaltung für Maßnahmen, die der gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Denn die gerichtliche Kontrolle der Verwaltung kann als eine gerichtliche Überprüfung angesehen werden, ob die Gründe, die eine Verwaltungsentscheidung stützen, die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung ergeben. Hiervon ausgehend, sind i n erster Linie Begründungspflichten i m Hinblick auf belastende Verwaltungsakte zu untersuchen. M i t Rücksicht auf die Generalklausel des § 401 V w G O und die Rechtsweggarantie des A r t . 1 9 I V 1 GG sind Begründungspflichten aber auch bezüglich sonstiger Maßnahmen der Verwaltung von Interesse, soweit sie der gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Hierzu gehören rein tatsächliche Handlungen, die i n die Rechtstellung des Bürgers eingreifen, ferner z. B. auch behördliche Kündigungen öffentlich-rechtlicher Verträge zwischen Bürger und Behörde 1 7 7 . Zur Begründung sind einmal alle tatsächlichen Umstände zu zählen, auf die die Behörde ihre Entscheidung stützt, zum andern die rechtlichen Erwägungen, die sie zur Entscheidung veranlaßt haben. Eine von Amts wegen erfolgende Pflicht zur Begründung kann nur dort i n Betracht gezogen werden, wo die Maßnahme direkt an den 176 Die Vorschrift des A r t . 19 I V 1 GG hat daher nach überwiegender Meinung Grundrechtscharakter i. S. eines subjektiv-öffentlichen Rechtes, vgl. Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 19 I V 1 Rdnr. 2 u n d die dort angeführten Nachweise. 177 Vgl. § 46 S. 3 EVwVerfG. Z u m Rechtsschutz i m Rahmen öffentlich-rechtlicher Verträge vgl. i m übrigen Lerche, Die verwaltungsgerichtliche Klage aus öffentlich-rechtlichen Verträgen i n : Staatsbürger u n d Staatsgewalt, Bd. 2 (1963), S. 59 ff.

198

5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

betroffenen Bürger adressiert ist. Das ist i m wesentlichen bei Verwaltungsakten der Fall, kann aber auch bei tatsächlichen Handlungen gegeben sein, wie z.B. bei behördlichen Warnungen, sich i n einer bestimmten Weise zu verhalten 1 7 8 . I m übrigen, z.B. bei für den Bürger nachteiligen behördeninternen Rundschreiben, kommt eine Begründungspflicht nur auf Antrag i n Betracht. Unter diesen Einschränkungen kann ein Recht auf Begründung nur derjenige haben, i n dessen Rechte durch die betreffende Maßnahme möglicherweise eingegriffen worden ist und der damit als klagebefugt anzusehen i s t 1 7 9 . I I . Aus der Rechtsweggarantie des A r t . 1 9 I V 1 GG direkt läßt sich eine Pflicht zur Begründung i n den oben umschriebenen Fällen nicht herleiten 1 8 0 . Diese Verfassungsvorschrift regelt, wie bereits erwähnt 1 8 1 , nur das formale Recht, bei Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt die Gerichte anzurufen. Eine Begründungspflicht könnte A r t . 19 I V 1 GG nur zugeordnet werden, wenn er auch die Möglichkeit garantieren würde, den Rechtsweg möglichst erfolgreich zu beschreiten. Hierzu würde eine Begründungspflicht dadurch beitragen, daß der B ü r ger m i t ihrer Hilfe seine Rechte besser verteidigen könnte. Eine solche Funktion kommt A r t . 19 I V 1 GG jedoch nicht zu. Dafür ist es der allgemeine Gedanke der gerichtlichen Kontrollierbarkeit der Verwaltung, der gebietet, daß diese ihre Maßnahmen gegenüber dem Bürger begründet, soweit sie der gerichtlichen Kontrolle unterliegen 1 8 2 . Nur dann kann der Bürger seine Rechte sachgemäß vor Gericht verteidigen 1 8 3 . Entsprechend dem unter I. Ausgeführten, ist eine Pflicht, von Amts wegen die Maßnahme zu begründen, nur dort anzunehmen, wo sich die Maßnahme direkt an den betroffenen Bürger richtet, wie insbesondere 178

B V e r w G E 12, 87 v. 28. 2.1961 (Endiviensalat-Fall). Vgl. zur Klagbefugnis z . B . B V e r w G E 1, 104; E 10, 123; O V G Lüneburg i n M D R 1954, 764; O V G H a m b u r g i n DVB1 1959, 822. 180 Vgl. Dürig, a.a.O., Rdnr. 50; BVerfGE 1, 311 (312) v . 13.1.1955; E. v. 24.9.1953 i n M D R 1954, 208; a. A . Uie, DVB1 1963, 475 (478), der den Begründungszwang i m übrigen v o r allem aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der V e r w a l t u n g herleitet. 181 Vgl. oben § 2 C. I I . 2. a). 182 Hermann Reuss, DVB1 1954, 593 (596); Menger, J Z 1955, 556; Dürig, a.a.O., Rdnr. 50. iss BVerfGE 6, 32 (44) v . 16.1.1957; BVerfGE 10, 37 (43) v. 4.12.1959; E 8, 234 (238) v. 15.4.1959; E 12, 20 (25) v. 23.1.1961 = DVB1 1961, 375 (376); U. v. 8.12.1961 i n DVB1 1962, 562 (563); E 22, 215 (217) v. 14.10.1965 = D Ö V 1966, 137 = Z B R 1966, 387. 179

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen bei belastenden Verwaltungsakten. I m übrigen besteht die Begründungspflicht nur auf Antrag. Der Gedanke der sachgemäßen Verteidigung fordert ohne Zweifel eine Pflicht zur Mitteilung der tatsächlichen Gründe, auf die die Behörde ihre Entscheidung gestützt hat. Anzunehmen ist darüber hinaus aber auch eine Pflicht zur Angabe der Rechtsgrundlage 184 , auf der die Maßnahme beruht, und zur Angabe der rechtlichen Erwägungen. Diese Angaben dienen insofern einer sachgemäßen Verteidigung von Rechten, als sie eine i n richtigen Bahnen verlaufende Verteidigung fördern. Die Mitteilung der tatsächlichen Gründe ist besonders bei Ermessensentscheidungen notwendig. Diese Entscheidungen beruhen auf einer Abwägung von mehreren Faktoren. Ohne die Mitteilung dieser Faktoren und deren Abwägung aber ist eine Uberprüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung, d.h. eine Uberprüfung, ob die dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Erwägungen nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgt sind, nicht möglich 1 8 5 . Inwieweit die Begründung ins Detail zu gehen hat, ist sinnvollerweise von den Umständen des Einzelfalles 1 8 6 abhängig zu machen und damit dem Ermessen der Verwaltung zu überlassen. Maßgebend für den Umfang der Begründung sind die Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage, die erhobenen oder zu erwartenden Einwände, die Bedeutung der Sache und die Erwartungen des Bürgers 1 8 7 . Nicht immer ist eine Begründungspflicht aus der Sicht des Bürgers erforderlich oder m i t den Anforderungen an ein wirksames Verwaltungshandeln zu vereinbaren. Aus der Sicht des Bürgers kann sie fehlen, so der Musterentwurf eines Verwaltungsverfahrensgesetzes 188 , wenn 1. die Behörde einem Antrag i n vollem Umfange entspricht u n d der Verwaltungsakt nicht i n die Rechte eines anderen eingreift; 2. soweit den Betroffenen die Auffassung der Behörde über die Sachund Rechtslage bereits bekannt 1 8 9 oder auch ohne schriftliche Begründung ohne weiteres erkennbar ist. 184

Ule - Becker, S. 45; Menger, V e r w A , Bd. 56 (1965), 177 (182). Redeker - von örtzen, V w G O , § 114 Rdnr. 14; Ule-Becker, S. 45; B V e r w G , U. v. 7.11.1958 i n R L A 1959, 122; U. v. 8.12.1961 i n DVB1 1962, 562 (563); E 12, 21 (25, 27) v. 23. 7.1961; U. v . 14.10.1965 i n D Ö V 1966, 137. 188 Menger, V e r w A , Bd. 56 (1965), 177 (183). Z u m I n h a l t u n d Umfang des Begründungszwanges vgl. i m übrigen B V e r w G , U. v. 10.1.1959 i n DVB1 1959, 260 f.; E 8, 234 (238) v . 15.4.1959; E. v. 8.12.1961 i n DVB1 1962, 562 (563); E 22, 215 (217) v. 14.10.1965 = D Ö V 1966, 137 = Z B R 1966, 387. 187 Fellner, S. 359. 188 Vgl. § 30 E V w V e r f G ; ferner Fellner, S. 358. 189 BVerfGE 10, 75 (78) v. 17.12.1959; E 22, 215 (217) v . 14.10.1965 = D Ö V 185

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

M i t einem wirksamen Verwaltungshandeln ist eine Begründungspflicht dann nicht vereinbar, wie ebenfalls i m Musterentwurf stat u i e r t 1 9 0 , wenn die Behörde gleichartige Verwaltungsakte i n großer Zahl erläßt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist. C. Die Pflicht zur Rechtsmittelbelehrung Der Gedanke der gerichtlichen Kontrollierbarkeit fordert, daß der Bürger die Möglichkeit haben muß, sich über die i n Frage kommenden Rechtsbehelfe zu informieren 1 9 1 . Diese Möglichkeit ist objektiv gewährleistet, da sich die i n Betracht kommenden Rechtsbehelfe aus den Gesetzen entnehmen lassen. Es fragt sich, inwieweit die Verwaltung über gesetzliche Regelungen hinaus den Bürger bei der Information über die möglichen Rechtsmittel zu unterstützen hat: Ist sie, abgesehen von gesetzlichen Regelungen, generell verpflichtet, von Amts wegen Rechtsmittelbelehrungen ihren Entscheidungen hinzuzufügen, hat sie dies nur auf Antrag zu t u n oder steht die Rechtsmittelbelehrung i n ihrem Ermessen? Gibt der Staat durch die Rechtsweggarantie des A r t . 19 I V 1 GG dem Bürger die Möglichkeit, gegen Rechtsverletzungen der Verwaltung die Gerichte anzurufen, so würde er sich m i t sich selbst i n Widerspruch setzen, wenn er den von einer belastenden Maßnahme betroffenen anfragenden Bürger nicht über die einschlägigen Rechtsbehelfe informieren würde. Als Ausprägung der Rechtsweggarantie des A r t . 1 9 I V 1 GG ist deswegen eine Pflicht zur Rechtsmittelbelehrung anzunehmen, wenn sie beantragt w i r d 1 9 2 . Dagegen begründet die Rechtsweggarantie des A r t . 19 I V 1 GG keine Pflicht, die Rechtsmittelbelehrung von Amts wegen zu erteilen 1 9 3 . Sie bedeutet nicht eine sich automatisch i n Gang setzende gerichtliche Kon1966, 137 = Z B R 1966, 387; V G H Freiburg i n N J W 1957, 36 (37) v. 5.12.1955; O V G Lüneburg i n OVGE 3, 138 (141 f.) v. 29.9.1950; U. v. 10.4.1956 i n ZBR 1956, 220. 190 Vgl. § 30 I I Z. 3 E V w V e r f G. 191 Vgl. B F H , U. v . 30. 6.1964 i n B S t B l I I I 1964, 490 (491). 192 Werner, J Z 1955, 349; a. A . Dürig, a.a.O., Rdnr. 51; Benkendorff, DVB1 1952, 13 f., der n u r dann eine Amtspflicht zur Rechtsmittelbelehrung ann i m m t , w e n n entsprechende gesetzliche Regelungen oder Verwaltungsanordnungen bestehen; a . A . ferner B F H , U. v. 1.12.1954 i n J Z 1955, 347 = B S t B l I I I 1955, 26. Weitere Nachweise zu dieser streitigen Frage vgl. bei von Mangoldt - Klein, GG, Bd. I , S. 569. 193 Vgl. B G H Z 10, 303 (304) v. 21.9.1953 = N J W 1953, 1669; B F H , U. v. 20.6.1964 i n B S t B l 1964 I I I , 490 (vgl. oben T e ü 3 Abschnitt 1 § 2 C.).

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen trolle der Verwaltung. Sie ermöglicht dem Bürger vielmehr nur, diese Kontrolle aus eigener Initiative i n Gang zu setzen 194 . Dieser Betonung der Privatinitiative entspricht es, eine Pflicht zur Rechtsmittelbelehrung nur auf Antrag und nicht von Amts wegen anzunehmen. Falls kein entsprechender Antrag vorliegt, muß die Erteilung der Rechtsmittelbelehrung dem Ermessen der Verwaltung überlassen bleiben. Zumeist w i r d die Behörde selbst ein Interesse daran haben, ihre Entscheidung m i t Rechtsmittelbelehrungen zu versehen, damit diese möglichst rasch i n Rechtskraft erwachsen. Es kann aber auch so liegen, daß die Unterlassung einer Rechtsmittelbelehrung zweckmäßig ist, u m keinen Anlaß zur Klage zu bieten 1 9 5 . D. Auskunftsansprüche im Rahmen anhängiger Gerichtsverfahren I. Anlaß für die Erörterung einer behördlichen Informationspflicht unter dem Blickwinkel der gerichtlichen Kontrolle der Verwaltung bieten schließlich die Gerichtsverfahren selbst, i n denen sich Bürger und Verwaltung gegenüberstehen. Das sind vor allem die Verwaltungsverfahren, aber auch die Finanz-, Sozial- sowie Zivilgerichtsverfahren, soweit die Zivilgerichte über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten kraft Zuweisung entscheiden, wie i n Amtshaftungssachen (Art. 34, S. 2 GG). Für den Bürger von Interesse sind Auskünfte, die geeignet sind, seiner Klage zum Erfolg zu verhelfen, oder, falls er Beklagter ist, geeignet sind, die behördliche Klage abzuwehren, und die er nur von der Verwaltung erfahren kann. Hierbei kann es sich erstens u m Informationen handeln, die den entscheidungserheblichen Sachverhalt klären, wie z. B. die Auskunft über die verzögerliche Bearbeitung eines Antrages oder die Mitteilung von Aussagen Dritter, die die Behörde vernommen, deren Aussagen sie jedoch nicht bekanntgegeben hat. Denkbar sind zweitens Mitteilungen, die der rechtlichen Beurteilung des entscheidungserheblichen Sachverhalts dienen: Nämlich Informationen über das Vorhandensein von Vergleichsfällen oder die behördliche Handhabung von Verwaltungsverordnungen, u m eine etwaige Verletzung des Gleichheitssatzes zu rügen. Als auskunftsberechtigt kommt der Bürger nur insoweit i n Betracht, als er Beteiligter des Verfahrens ist, d. h. Kläger, Beklagter oder Beigeladener. 194 v g l . Forsthoff, Lehrbuch, S. 461 f. 195 Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 1056.

202

5. Teil: Das

echt des Bürgers auf behördliche Auskunft

I I . Aus der Rechtsweggarantie des A r t . 1 9 I V 1 GG allein lassen sich wiederum keine entsprechenden Informationspflichten herleiten. Denn die Annahme solcher Pflichten würde darauf hinauslaufen, daß durch A r t . 1 9 I V 1 GG auch die Sammlung des für einen erfolgreichen Rechtsstreit erforderlichen Tatsachenmaterials gewährleistet würde — eine Bedeutung, die bereits verneint wurde. Auch hier ist es jedoch der allgemeine Gedanke der gerichtlichen Kontrollierbarkeit der Verwaltung, der als Grundlage von Informationspflichten herangezogen werden kann: E i n Staat, der dem Bürger die Möglichkeit gibt, Rechtsverletzungen der öffentlichen Gewalt gerichtlich überprüfen zu lassen, würde sich selbst widersprechen, wenn er dem Bürger nicht auch die Möglichkeit geben würde, alle rechtserheblichen Umstände ins Feld zu führen, die diesem i n seinem Rechtsstreit m i t der Verwaltung von Nutzen sein können. Der Gewährleistung dieser Möglichkeit wiederum ist ein Anspruch auf die unter I. genannten Informationen zuzuordnen. Diese Informationspflicht ist i m übrigen auch dem Grundsatz der Waffengleichheit zu entnehmen, der allerdings nicht Ausdruck der gerichtlichen Kontrollierbarkeit staatlicher Machtäußerungen ist, sondern eine Konsequenz des Gleichheitssatzes. Der Grundsatz der Waffengleichheit gewährleistet den Prozeßparteien, i n gleicher Weise auf den Prozeßverlauf Einfluß zu nehmen 1 9 6 . Diese Gleichstellung ist i n Gerichtsverfahren über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten vielfach nur eine formale: Die Behörde hat i n diesen Verfahren auf Grund ihrer materiell-rechtlichen Stellung, ihrer persönlichen und sächlichen M i t t e l sowie ihrer staatlichen Autorität bessere Möglichkeiten als der Bürger, auf den Prozeßverlauf Einfluß zu nehmen. So kann sie z. B., wozu der Bürger nicht i n der Lage ist, Zeugen oder Beamte vernehmen oder Auskünfte i m Wege der Amtshilfe einholen. Angesichts dieser tatsächlichen Überlegenheit muß dem B ü r ger ein Ausgleich gegeben werden, damit der Grundsatz der Waffengleichheit auch tatsächlich wirksam werden kann. Als ein solcher Ausgleich kann ein Anspruch auf die unter I. genannten Informationen angesehen werden.

108

Vgl. Bötticher, S. 9.

3. Abschn.: Auskunftsansprüche in besonderen Fällen

§ 6: Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und das Recht auf behördliche Auskunft A. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes Dieses Prinzip 1 9 7 schützt das Vertrauen des Bürgers darauf, daß lange bestehende Verhältnisse seitens der Verwaltung nicht ohne zwingenden Grund geändert werden, daß sich die Verwaltung an ihre früheren Zusagen und Stellungnahmen hält und daß die von ihr vorgenommenen Handlungen rechtmäßig sind 1 9 8 . Praktische Bedeutung hat das Vertrauensschutzprinzip, wie bereits erwähnt 1 9 9 , vor allen Dingen durch die beschränkte Widerrufbarkeit begünstigender Verwaltungsakte erlangt. Wie ebenfalls angeführt 2 0 0 , ist eine Ausprägung dieses Grundsatzes ferner das Verbot belastender Rückwirkungsgesetze. Der Bürger soll sich danach grundsätzlich darauf verlassen können, daß der Gesetzgeber für i n der Vergangenheit liegende Tatbestände keine ungünstigeren Regelungen t r i f f t als i m Zeitpunkt der Vollendung der Tatbestände voraussehbar w a r 2 0 1 . Der Grundsatz des Vertrauensschutzes läßt sich als Konkretisierung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben ansehen, der auch i m öffentlichen Recht Anwendung findet 2 0 2 . Letztlich ist das Vertrauensschutzprinzip jedoch, wie bereits angedeutet, i m Rechtsstaatprinzip verankert, nämlich i n der Forderung nach Berechenbarkeit und Voraussehbarkeit staatlicher Machtäußerungen 203 . B. Die Pflicht zur Aufklärung von Irrtümern im Rahmen behördlich geschaffener Vertrauenslagen I. Das vom Grundsatz des Vertrauensschutzes zu schützende Vertrauen des Bürgers i n staatliche Maßnahmen kann i n vielfältiger Weise enttäuscht werden. Auskunftsrechte i m Rahmen des Vertrauensschutzprinzips kommen deswegen aus zahlreichen Gesichtspunkten i n Betracht. Denkbar wäre z. B. eine behördliche Pflicht, Produktionsbetriebe rechtzeitig über bevorstehende Änderungen von Fertigungsvorschriften aufzuklären, wenn davon ausgegangen werden kann, daß die be197 Vgl. hierzu Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 495; Wolff, V R I I I , S. 143 f.; Lenz, Das Vertrauensschutzprinzip, 1968. 198 Vgl. BGH, U. v. 21. 3.1963 i n VersR 1963, 849. 199 Vgl. oben § 4 A . 800 Vgl. oben § 4 A . 201 BVerfGE 13, 261 (271) v . 19.12.1961; E 15, 313 (324) v . 14. 3.1963. 202 Vgl. Wolff, V R I I I , S. 144; Scheuner, Die neuere Entwicklung, S. 495. 203 Vgl. oben § 4 A . ; ferner B V e r f G 13, 261 (271) v. 19.12.1961; E 14, 288 (299 f.) v. 11.10.1962, w o das Vertrauensschutzprinzip als Folge der Rechtssicherheit bezeichnet w i r d .

204

5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

treffenden Betriebe bei ihrer Produktion auf die Fortgeltung der bisherigen Vorschriften vertrauen 2 0 4 . U m die Untersuchung nicht zu sehr auszuweiten, ist wiederum eine Einschränkung angebracht: Hier soll nur die Pflicht zur Aufklärung von Irrtümern i m Rahmen behördlich geschaffener Vertrauenslagen erörtert werden. I n diesem Zusammenhang sind Auskünfte gemeint, bei denen der Bundesgerichtshof vielfach eine Auskunftspflicht auf Grund „vorangegangenen Tuns" angenommen h a t 2 0 5 . Es handelt sich u m Fälle, i n denen der Bürger auf Grund einer Amtshandlung irrtümlich auf das Vorliegen einer bestimmten Rechtslage vertraut und infolge des I r r tums die Gefahr besteht, daß er einen Schaden erleidet. Er glaubt z. B. auf Grund des Verhaltens eines Beamten, daß der Eröffnung seines Betriebes nichts entgegenstehe und trifft, i m Vertrauen hierauf, finanzielle Dispositionen 208 . Der Zweck der Auskünfte besteht i n diesen Fällen i n der Abwendung von Schäden, die sich aus dem I r r t u m ergeben können. Sie lassen sich deshalb als rechtzeitige Aufklärungen von I r r tümern über das Bestehen einer bestimmten Rechtslage bezeichnen. Denkbar sind sie folglich auch nur als von Amts wegen erfolgende Auskünfte. II. Eine entsprechende Aufklärungspflicht ergibt sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und damit letztlich aus dem Rechtsstaatprinzip: Die Behörde ist zur Aufklärung von Irrtümern verpflichtet, die sie durch ihr Verhalten ausgelöst hat und die für den Bürger m i t der Gefahr einer Schädigung verbunden sind. Eine solche Informationspflicht ist eine Folge des i m Vertrauensschutzprinzips enthaltenen Gebotes, daß der einzelne i n seinem Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit und Beständigkeit i h m gegenüber vorgenommener Amtshandlungen nicht enttäuscht werden darf, d. h. auch keinen Schaden erleiden darf. Dieses Gebot würde verletzt werden, wenn die Verwaltung zuließe, daß der Bürger durch einen von ihrem Verhalten ausgelösten I r r t u m möglicherweise einen Schaden erleiden würde, d. h. i h n nicht, wie oben beschrieben, aufklären würde. I m einzelnen ist eine Aufklärungspflicht unter folgenden Voraussetzungen anzunehmen: 204 Vgl. hierzu BVerfGE 18, 135 (144) v. 7. 7.1964, wonach das Vertrauen des Bürgers auf das geltende Recht zu schützen ist u n d deswegen belastende Rückwirkungsgesetze unzulässig sind. 205 Vgl. B G H , U. v. 28.2.1952, zit. bei Beyer, DVB1 1962, 613 (617); U. v. 4.3.1954 i n Kayser - Leiss, S. 164 Nr. 178; U. v. 17.10.1955 i n L M § 839 (Ff) B G B Nr. 3; U. v. 7.5.1956 i n N J W 1956, 1234; U. v. 4.5.1959 i n M D R 1959, 916 = B B 1959, 830 = DVB1 1959, 814 = N J W 1959, 1778 = DRsp I (147), 54 d; U. v. 28.4.1960 i n VersR 1960, 979 (982); U. v. 5.4.1965 i n DVB1 1965, 479 = Betrieb 1965, 740 = M D R 1965, 557, N J W 1965,1226 = DRsp I (147), 106 a. 209 So i n B G H , U. v. 5.4.1965 i n DVB1 1965, 479 (480) = N J W 1965, 1226.

4. Abschn.: Die Art und Weise der Auskunftspflicht

205

Der I r r t u m muß durch eine Amtshandlung ausgelöst worden sein. Es kommt nicht darauf an, ob dies i m Rahmen einer rechtlichen Sonderverbindung geschehen ist. Es genügt, daß der I r r t u m überhaupt auf ein behördliches Verhalten, das ein Verwaltungsakt oder ein rein tatsächliches Handeln sein kann, zurückzuführen ist. Denn der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist nicht lediglich Ausfluß des auch i m öffentlichen Recht anzuwendenden Grundsatzes von Treu und Glauben, der nur i m Rahmen besonderer Rechtsverhältnisse gilt. Er ist darüber hinaus ein Folgeprinzip der Rechtsstaatlichkeit. Der I r r t u m darf dem Bürger nicht vorzuwerfen sein. Das Vertrauensschutzprinzip schützt den Bürger nur i n seinem berechtigten Vertrauen 2 0 7 . Nicht vorzuwerfen ist der I r r t u m dem Bürger z.B. dann, wenn er einer allgemeinen und naheliegenden Auffassung entspricht 2 0 8 . Infolge des Irrtums muß die Gefahr einer Schädigung bestehen. N u r dann ist eine Aufklärungspflicht erforderlich, u m zu verhindern, daß der Bürger i n seinem Vertrauen enttäuscht wird. Die Gefahr einer Schädigung ist z.B. dann anzunehmen, wenn nach der Lebenserfahrung damit gerechnet werden muß, daß der Bürger infolge des Irrtums finanzielle Dispositionen treffen w i r d 2 0 9 . Der I r r t u m und die Gefahr der Schädigung müssen schließlich für den betreffenden Beamten erkennbar sein. Denn es versteht sich von selbst, daß das Vertrauensschutzprinzip nur das erkennbar i n Erscheinung getretene Vertrauen des Bürgers schützt.

Vierter

Abschnitt

Die Art und Weise der Erfüllung der Auskunftspflicht § 1 : Pflichten in sachlicher Hinsicht A. Die Sachdienlichkeit der Auskunft Daß die Auskunft sachdienlich, d.h. richtig, unmißverständlich und vollständig zu sein hat, wenn eine Auskunftspflicht besteht, versteht sich von selbst, wenn die behördliche Information einen praktischen Wert für den Bürger haben soll. Die Pflicht zur sachdienlichen Aus207 BVerfGE 1, 264 (280) v. 30.4.1952; E 8, 274 (304) v. 12.11.1958; E 13, 261 (271) v. 19.12.1961; E 18, 135 (144) v. 7. 7.1964. 208 Vgl. B G H , U. v. 7. 5.1956 i n N J W 1956, 1234. 209 Vgl. B G H , U. v. 5.4.1965 i n DVB1 1965,479 (480) = N J W 1965, 1226.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

kunft gilt i m übrigen auch i n den Fällen, i n denen die Verwaltung nicht zur Erteilung der Auskunft verpflichtet ist. Sie ergibt sich aus der allgemeinen Amtspflicht, eine Amtshandlung sachgerecht und so durchzuführen, daß der Bürger nicht geschädigt wird. Schon das Reichsgericht hat i n zahlreichen Entscheidungen eine behördliche Pflicht, die Auskunft sachdienlich zu erteilen, unabhängig davon, ob eine Pflicht zur Information bestand, angenommen 1 . Dieser Auffassung ist der Bundesgerichtshof 2 gefolgt, sie w i r d i n der Literatur 3 einhellig bestätigt. I m folgenden sollen die einzelnen Elemente der Sachdienlichkeit, die Richtigkeit, die Unmißverständlichkeit und Vollständigkeit konkretisiert werden. I. Die Richtigkeit der Auskunft Was die Anforderungen an die Richtigkeit der Auskunft betrifft, so ist zu unterscheiden zwischen Tatsachen- und Rechtsauskünften. Tatsachenauskünfte sind Mitteilungen über die i n der Wirklichkeit vorkommenden Erscheinungen. Die Richtigkeit der Auskunft bedeutet hier, daß sie m i t der Wirklichkeit übereinstimmt. So muß die Auskunft über den Sachstand der wirklichen Verfahrenslage entsprechen 4 . Rechtsauskünfte sind Mitteilungen über Rechtslagen. Rechtslagen können oft nicht zweifelsfrei festgestellt werden, w e i l sie häufig eine Wertung erfordern. Werturteile entziehen sich einer exakten Nachprüfung und können nur bei Überschreitung eines gewissen Spielraumes als objektiv richtig oder falsch bezeichnet werden 5 . I m übrigen müssen, innerhalb einer bestimmten Schwankungsbreite, verschiedene Lösungen als vertretbar angesehen werden. 1 RG, U. v. 20.2.1902 i n GruchB, Bd. 46, 935; U. v. 3.4.1908 i n E 68, 277 (282); U. v. 29.10.1913 i n J W 1914, 151 (152); U. v. 28.5.1918 i n RGZ 93, 56 (62); U. v. 16.11.1928 i n J W 1929, 1797 (1798); E v. 12.6.1941 i n DR 1941, 2196. A . A . noch O L G Oldenburg, U. v. 29. 5.1908 i n Recht 1908, Nr. 2933 (keine Haftung f ü r falsche Auskunft, w e n n keine Verpflichtung zur Auskunftserteilung). 2 BGH, U. v. 20. 9. 1954 i n B G H Z 14, 319 (321); U. v. 5. 5. 1955 i n N J W 1955, 1835; U. v. 26.1.1959 i n VersR 1959, 353; U. v. 6.4.1959 i n VersR 1959, 520; U. v. 5.12.1963 i n VersR 1964, 316 (317); U. v. 28.11.1963 i n VersR 1964, 433; U. v. 23. 1. 1964 i n Betrieb 1964, 1408 = VersR 1964, 919 (922) = DRsp I (147), 102 a—b; U. v. 24.2.1964 i n VersR 1964, 923 (924); U. v. 6.6.1966 i n VersR 1966, 851 (852); U. v. 8.1.1968 i n VersR 1968, 371 = DRsp I (147), 120 c; U. v. 27.4.1970 i n N J W 1970, 1414; vgl. auch B V e r w G E 10,12 (15) v. 14.10.1959. 8 Vgl. etwa Leiss, JR 1960, 50; Beinhardt, D Ö V 1965, 480 (485); Pipkorn, Diss., S. 67. 4 Vgl. BGH, U. v. 23. 3. 1959 i n B G H Z 30, 19. 5 Vgl. hierzu Larenz, S. 215 ff. (221 f.).

4. Abschn.: Die Art und Weise der Auskunftspflicht

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Berücksichtigt man dies, so sind Rechtsauskünfte i n dem Umfange als richtig anzusehen, wie die von der Behörde geäußerte Rechtsansicht vertretbar ist 6 . Danach darf die Auskunft i n keinem Fall gegen den Wortlaut der gesetzlichen Regelung verstoßen 7 . Sie kann von der Ansicht der Rechtsprechung abweichen, jedoch w i r d man dort, wo sich eine gefestigte Rechtsprechung herausgebildet hat, eine Hinweispflicht auf diese Rechtsprechung bejahen müssen, u m den Bürger vor Schaden zu bewahren 8 . Das Kennen dieser Rechtsprechung ist dem zuständigen Beamten ebenso zuzumuten, wie die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften. II. Die Unmißverständlichkeit der Auskunft Die Unmißverständlichkeit der Auskunft setzt als erstes eine objektive Verständlichkeit der Auskunft voraus 9 . Sie erfordert darüber hinaus, daß derjenige, der die Information erhält, i n die Lage gesetzt wird, seine Dispositionen danach treffen zu können 1 0 . Wesentlich ist, wie die Auskunft aus der Sicht des Empfängers aufgefaßt werden kann 1 1 . Aus diesem Gebot ergibt sich die Pflicht, die Auskunft m i t genügender Genauigkeit und nicht nur durch einen pauschalen Hinweis zu erteilen. So w i r d einer Anfrage über den Sachstand eines Verfahrens unter Umständen nicht allein m i t der Erklärung Genüge getan, die Sache werde noch bearbeitet. Eine solche Auskunft kann sich der B ü r ger auch selbst geben. Die Forderung nach Klarheit der Information kann gebieten, die Auskunft schriftlich zu erteilen, wenn es sich u m besonders komplizierte Gegenstände handelt 1 2 . Da hier alles auf die Umstände des Einzelfalles ankommt, w i r d man die Regelung dieser Frage dem pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung zu überlassen haben. 6 I n diesem Sinne RGZ 112, 335 (340) v. 30. 10. 1925, wonach nicht jedes objektive Fehlgreifen des Beamten schon als Verschulden angerechnet w e r den kann, w e n n noch ungeklärte Zweifel bestehen. 7 B G H , U. v. 21.12.1961 i n VersR 1962, 259 = DRsp I (147), 83 b. 8 Vgl. RGZ 112, 335 (340) v. 30.10.1925; a . A . B G H , U. v. 21.12.1961 i n VersR 1962, 259: Die Auslegung dürfe sich nicht i n Gegensatz zu einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtssprechung stellen. 9 BGH, U. v. 27.5* 1955 i n Kayser - Leiss, S. 167 Nr. 194. 10 B G H , U. v. 23.1.1964 i n Betrieb 1964,1408 = VersR 1964, 919. 11 B G H , U. v. 5.12.1963 i n VersR 1964, 316 (317). 12 Diesen Gedanken spricht Fellner, S. 358, i m H i n b l i c k auf die F o r m des Verwaltungsakts an.

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft III. Die Vollständigkeit der Auskunft

Die Pflicht, die Auskunft vollständig zu erteilen, hat i m wesentlichen bei rechtsberatenden Informationen Bedeutung. Das Maß der Vollständigkeit hat sich nach dem der Behörde vom Bürger vorgetragenen Sachverhalt, insbesondere seinen Wünschen, zu bestimmen: Die Auskunft muß so beschaffen sein, daß der Bürger seine Wünsche, soweit es die Rechtslage nur erlaubt, durchsetzen kann: Die Information muß alle Vorschriften berücksichtigen, die für das Begehren des Bürgers förderlich sind 1 8 . Kommen zwei Rechtsmittel oder Rechstwege i n Betracht, so fordert die Vollständigkeit der Auskunft, daß die Behörde beide Möglichkeiten erwähnt und es dem Belehrten überläßt, welche Möglichkeit er w ä h l t 1 4 .

B. Die Möglichkeit eines Gewährsvorbehaltes Der Zweck einer behördlichen Auskunft kann darin gesehen werden, Grundlagen für Dispositionen des Bürgers zu schaffen. Dieser Zweck w i r d vollständig nur dann gewährleistet, wenn der Bürger auch die Gewähr dafür hat, daß die Behörde für eine etwaige Unrichtigkeit der von ihr erteilten Auskunft einstehen wird. Dort, wo ein Anspruch auf die Auskunft besteht, w i r d man daher einen Gewährsvorbehalt, d.h. einen Vorbehalt für die Richtigkeit der Auskunft, nicht für zulässig halten dürfen 1 6 . C. Die Verbindlichkeit der Auskunft Zu untersuchen sind hier nicht die Fälle, i n denen die Verbindlichkeit der behördlichen Information von vornherein zugesichert worden ist. Solche Auskünfte stellen, wie erwähnt, Zusagen dar, auf die sich die Untersuchung nicht erstrecken soll 1 6 . Hier geht es vielmehr u m die Frage, ob Auskünften, zu deren Erteilung eine Pflicht besteht, bei denen jedoch eine Zusicherung der Verbindlichkeit nicht gegeben worden ist, dennoch eine verbindliche W i r k u n g zukommt. Eine Verbindlichkeit der Auskunft kommt nur dort i n Betracht, wo sich die Auskunft auf ein künftiges Verhalten der Behörde bezieht. 13 Vgl. hierzu B G H , U. v. 8.1.1968 i n VersR 1968, 371 (372) = DRsp I (147), 120 c. 14 O L G Nürnberg, U. v. 14.4.1961 i n DRsp I (147), 8 1 b ; zum Umfang der Rechtsmittelbelehrungspflicht vgl. ferner B V e r w G E 25,191 (192) v. 26.10.1966. 15 Vgl. RG, U. v. 25. 2.1927 i n Kayser - Leiss, S. 166 Nr. 188. 16 Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 3.

4. Abschn.: Die Art und Weise der Auskunftspflicht

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Verbindlichkeit der Information bedeutet hier, daß sich die Behörde m i t ihrem künftigen Verhalten nicht i n Widerspruch zu der von ihr früher geäußerten Ansicht setzen darf, was z.B. bei einer Änderung der Sachlage nicht der Fall ist. Unter Verbindlichkeit ist hier nicht, wie bei der Zusage, die Bindung an die i n der Zusage zum Ausdruck gekommene Entscheidung zu verstehen. Denn mit den hier i n Frage stehenden Auskünften w i r d nichts entschieden, sondern nur ein Wissen mitgeteilt. Aus den gleichen Gründen, aus denen ein Gewährsvorbehalt abgelehnt wurde, muß dort, wo eine Auskunftspflicht besteht, die Verbindlichkeit der Information i n dem hier verstandenen Sinne bejaht werden. Nur dann kann die Auskunft ihren Zweck erfüllen, eine Grundlage für Dispositionen des Bürgers zu bilden. Die Behörde darf ihre Auskunftspflicht i n diesen Fällen nicht dadurch entwerten, daß sie die Auskunft für unverbindlich erklärt 1 7 . Rechtsgrund der Verbindlichkeit ist die Verpflichtung zur Auskunftserteilung, denn sie ist deren qualitativer Bestandteil. Hiervon kann jedoch nicht mehr die Rede sein, wenn es sich u m unrichtige Auskünfte handelt. Zur Erteilung dieser Auskünfte besteht keine Pflicht. Die Verbindlichkeit derartiger Auskünfte kann m i t h i n nicht mehr als qualitativer Bestandteil der Informationspflicht gewertet werden. Die Verbindlichkeit unrichtiger Auskünfte i n Fällen, i n denen eine Informationspflicht besteht, kann sich vielmehr nur aus Vertrauensschutzgesichtspunkten ergeben. Da die hier zu untersuchenden Auskünfte 1 8 , was die Verbindlichkeit angeht, ein Minus zur Zusage darstellen, können sie nicht i n gleichem Maße verbindlich sein wie unrichtige Zusagen, was allerdings auch nur i n besonderen Fällen der Fall ist 1 9 . Die Verbindlichkeit dieser Auskünfte kommt, wenn sie unrichtig sind, vielmehr nur i n seltenen Ausnahmefällen i n Betracht. So w i r d man von der Verbindlichkeit einer unrichtigen Auskunft dort ausgehen können, wo die Verwaltung den Bürger i m Zusammenhang m i t der Auskunftserteilung direkt zu finanziellen Dispositionen ermuntert hat und der Bürger, wollte man die Auskunft als unverbindlich behandeln, einen erheblichen Schaden erleiden würde. Hinzu kommen muß allerdings noch, daß die Zuerkennung der Verbindlichkeit nicht dringenden öffentlichen Interessen widerspricht. Wie diese Formulierungen andeuten, w i r d es sich stets 17

Vgl. Klingler, S. 106. Vgl. oben T e i l 1 Abschnitt 3. 19 Z u r Verbindlichkeit der Zusage vgl. etwa Haueisen, N J W 1961, 1901; Rohwer - Kahlmann, DVB1 1962, 622; Monreal, Auskünfte u n d Zusagen v o n Finanzbehörden; u n d neuerdings Immesberger, N J W 1970, 1116. 18

14

Krieger

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5. Teil: Das Recht des Bürgers auf behördliche Auskunft

u m eine Abwägung der Interessen des Bürgers und der Allgemeinheit handeln, die an Hand der gesamten Umstände des Einzelfalles vorzunehmen ist.

§ 2: Pflichten in formeller Hinsicht A. Die Schriftlichkeit der Auskunft Für gesetzlich geregelte Auskünfte ist zum Teil Schriftform vorgeschrieben 20 . Bezüglich der hier zu erörternden ungeschriebenen Auskunftsrechte ist zu fragen, inwieweit der Zweck dieser Rechte eine schriftliche Erteilung der Auskunft gebietet. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Forderung, die Auskunft generell schriftlich zu erteilen, weder dem Bedürfnis des Bürgers entspricht noch m i t der Verwaltungsökonomie und einer der Verwaltung zuzumutenden Arbeitsbelastung vereinbar ist. So hat zum Beispiel der Bürger, der sich über den Sachstand eines Verwaltungsverfahrens erkundigt, kein Bedürfnis, eine schriftliche A n t w o r t zu erhalten. I h m liegt vielmehr nur an einer sofortigen mündlichen Aufklärung. Grundsätzlich ist daher ein Anspruch auf die Schriftlichkeit der Auskunft auch i n Fällen einer Auskunftspflicht zu verneinen. Eine Pflicht zur schriftlichen Information kommt nur i n besonderen Fällen i n Betracht. Sie ist sowohl denkbar als eine von Amts wegen zu erfüllende Pflicht sowie als eine nur auf Antrag bestehende Verpflichtung. Angebracht ist eine Pflicht, von Amts wegen die Auskünfte schriftlich zu erteilen, bei den Informationspflichten i m Rahmen des rechtlichen Gehörs. U m dem Bürger eine überlegte und vorbereitete Stellungnahme zu ermöglichen, ist grundsätzlich i n Fällen, i n denen eine mündliche Besprechung nicht mehr erfolgt, eine schriftliche Benachrichtigung über die i n Aussicht genommene Entscheidung zu bejahen. Ähnlich liegt es bei den Begründungspflichten für belastende Verwaltungsakte. Auch hier ist grundsätzlich von Amts wegen die Begründung schriftlich zu erteilen. Nur bei einer schriftlichen Begründung kann der Bürger i n ausreichender Weise erwägen, ob er ein Rechtsmittel einlegen w i l l . Das Gebot zur Schriftlichkeit ergibt sich i m übrigen 20 Z u denken ist insbesondere an die behördlichen Bescheinigungen, die f ü r die Erlangung v o n Vergünstigungen erforderlich sind, vgl. oben T e i l 2 F N 46, ferner an die gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsmittelbelehrungsu n d Begründungspflichten, vgl. oben T e i l 2 Abschnitt 1 § 2 A .

4. Abschn.: Die Art und Weise der Auskunftspflicht

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daraus, daß der Verwaltungsakt selbst i m Interesse der Rechtsklarheit i n der Regel schriftlich zu erfolgen hat 2 1 . Da Verwaltungsakt und Begründung eine Einheit bilden 2 2 , ist damit auch die Begründung i n der Regel schriftlich vorzunehmen. Eine Pflicht der Behörde, auf Antrag die Auskunft schriftlich zu erteilen, w i r d man dagegen i n den Fällen einer Informationspflicht annehmen können, i n denen die Auskunft dazu bestimmt und geeignet ist, ein Recht oder ein berechtigtes Interesse gegenüber dritten Personen wahrzunehmen. Streng genommen verlangt der Gedanke der Beweisführung nicht unbedingt die Schriftlichkeit der Auskunft. Der betreffende Beamte kann jederzeit als Zeuge für die Erteilung der Auskunft herangezogen werden. Hier ist jedoch der Gedanke zu berücksichtigen, daß erst die schriftlich gegebene, m i t einem Dienststempel versehene Auskunft einen genügenden praktischen Wert bei ihrer Verwendung gegenüber Dritten hat. U m dem Bürger den Nachweis, daß die Auskunft bestimmt und geeignet ist, ein Recht oder ein Interesse gegenüber einem Dritten wahrzunehmen, nicht zu sehr zu erschweren, muß man es genügen lassen, daß er diese Voraussetzungen glaubhaft macht. Hierdurch w i r d andererseits eine Überlastung der Behörden verhindert. Ein Bedürfnis nach Schriftlichkeit der Auskunft besteht weiter bei den Informationspflichten, bei denen die Verbindlichkeit der Auskunft Bedeutung hat. Nur durch die Schriftlichkeit der Auskunft ist i n diesen Fällen eine genügende Gewähr dafür gegeben, daß die Verwaltung auch zu dem einmal von ihr gegebenen Wort steht 2 3 . Auch i n diesen Fällen ist auf Antrag ein Anspruch auf die Schriftlichkeit der Auskunft zu bejahen. Da die Schriftlichkeit der Information i m wesentlichen den Interessen des Bürgers dient, w i r d dieser allerdings verpflichtet sein, eine Schreibgebühr zu entrichten. Das hat nur dann nicht zu gelten, wenn andere Behörden die Schriftlichkeit der Auskunft verlangen. 21

Vgl. Fellner, S. 358. Vgl. Hermann Reuss, DVB1 1954, 593 (594). 23 Vgl. Kampmann, S. 87 ff. Nach Ansicht des RFH, U. v. 16. 9.1936 i n R S t B l 1937, 262, waren mündlich erteilte Auskünfte u n d Rechtsmeinungen der Behörde grundsätzlich u n v e r bindlich. A . A . jetzt der B F H , der die Möglichkeit einer Verbindlichkeit auch mündlicher Erklärungen grundsätzlich anerkennt, U. v. 22.8.1957 i n N J W 1957, 1855 = B S t B l I I I , 1957, 366 (368); B. v. 20.2.1958 i n B S t B l I I I 1959, 85; U. v. 17.8.1961 i n B S t B l I I I 1962, 107 (109) m i t weiteren Nachweisen. Jedoch muß nach der Rechtssprechung des B F H , a.a.O., derjenige, der sich auf die Verbindlichkeit einer behördlichen Erklärung beruft, die Nachweisschwierigkeiten dafür tragen, daß er es versäumt hat, die Auskunft schriftlich i n verkehrsüblicher F o r m festzulegen. 22

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5. Teil: Das echt des Bürgers auf behördliche Auskunft B. Die Beachtung der Höflichkeit

Für den Wert der Auskunftsansprüche ist die Beachtung der Höflichkeit ein wichtiges Gebot. U n w i l l i g erteilte Auskünfte werden den Bürger abschrecken, die Behörde u m Rat zu bitten. Die Beachtung der Höflichkeit bedeutet vor allem, daß der Beamte sich das Anliegen des Bürgers aufmerksam anhört 2 4 . Was unter dem Blickwinkel der Höflichkeit von dem jeweiligen Beamten verlangt wird, veranschaulichen die Geschäftsordnungsbestimmungen für die Hamburgische Verwaltung über den Publikumsverkehr 2 5 : „Die Einstellung des Bürgers zum Staat hängt wesentlich davon ab, wie i h m die öffentliche V e r w a l t u n g begegnet. Wer m i t dem Bürger zusamment r i f f t oder den Verkehr m i t dem P u b l i k u m organisatorisch gestaltet, trägt eine große Verantwortung. E r muß sich i n die Lage des Bürgers versetzen, der m i t seinem Anliegen eine staatliche Dienststelle aufsucht, ohne den Verwaltungsaufbau, die Aufgabenverteüung u n d den behördlichen Geschäftsgang näher zu kennen. Die Voraussetzungen f ü r einen vorbildlichen U m gang m i t dem P u b l i k u m lassen sich nicht i n Form v o n Dienstvorschriften kleiden. Richtschnur des Handelns müssen vielmehr allgemein u n d i m E i n zelfall die möglichen Gedanken u n d Wünsche des Bürgers sein: Der Bürger beurteilt die V e r w a l t u n g danach, ob sie i h n höflich, sachkundig u n d so schnell wie möglich bedient — nicht »abfertigt 4 . E r möchte sein Anliegen solchen Dienstkräften vortragen, die ihre Aufgaben fachlich beherrschen, über einwandfreie Umgangsformen verfügen u n d i h n als Partner behandeln."

§ 3: Pflichten in zeitlicher Hinsicht Oft ist nur eine schnell erteilte Auskunft für den Bürger von Nutzen, so wenn er ein schnell abzuschließendes Geschäft von der behördlichen Information abhängig machen w i l l . Zumeist hat die Verwaltung auch selbst ein Interesse daran, die Auskunft sofort zu erteilen, u m das Auskunftsbegehren „vom Tisch zu haben". Die Frage ist, ob der Bürger die Auskunft sofort verlangen kann oder zu einem bestimmten Termin oder ob der Zeitpunkt der Auskunftserteilung i m Ermessen der Verwaltung steht. Bei der Beantwortung dieser Frage ist davon auszugehen, daß die Schnelligkeit des Verwaltungshandelns nicht der allein zu berücksich24

181.

Thieme, Verwaltungslehre, Rdnr. 987; vgl. ferner Wilhelm,

B a y B Z 1964,

25 Geschäftsordnungsbestimmungen f ü r die Hamburgische Verwaltung, Bd. I I , D 42.1. Entsprechende Hinweise finden sich auch i n der A D O S t f ü r Bayern, vgl. §§ 35 I I , 52 I I .

4. Abschn.: Die Art und Weise der Auskunftspflicht

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tigende Wert ist 2 6 . Neben der Forderung nach Schnelligkeit steht das Gebot der Gründlichkeit des Verwaltungshandelns und die Forderung nach einem ungestörten Geschäftsgang, der die vorrangige Erledigung wichtigerer Vorgänge gebieten kann. A n der Gründlichkeit der Auskunft muß der Verwaltung deswegen besonders gelegen sein, w e i l sie für die Unrichtigkeit ihrer Information nach Amtshaftungsgrundsätzen einzustehen hat. Eine Berücksichtigung dieser Momente gelangt zu dem Ergebnis, daß der Bürger die Auskunft nicht sofort oder zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern nur innerhalb einer angemessenen Frist verlangen kann 2 7 . Welche Frist angemessen ist, bestimmt sich nicht nur nach den Interessen des Bürgers, sondern auch nach den oben genannten Verwaltungsinteressen 28 . Die Verwaltung hat m i t einer „dem Einzelfall entsprechenden, gebotenen Beschleunigung" zu handeln 2 9 . Maßstab muß für sie sein, daß der Bürger seine m i t der Auskunft verfolgten Ziele noch rechtzeitig verwirklichen kann 3 0 .

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Vgl. Fellner, S. 350. Vgl. BGH, U. v. 13.1.1964 i n DRsp I (147), 94 a = M D R 1964, 300. 28 Vgl. BGH, a.a.O. 29 B G H , a.a.O. 80 Z u m Zusammenhang zwischen Rechtsschutz u n d Verfahrensbeschleunigung, vgl. BGH, U. v. 23.3.1959 i n D Ö V 1959, 509 (510); B a y V G H v. 28.1.1963 i n DÖV 1963, 583. 27

SECHSTER T E I L

Die Durchsetzung des Auskunftsanspruches im Prozeß I m Hinblick auf die verwaltungsgerichtliche Generalklausel des § 401 VwGO und die Rechtsweggarantie des A r t . 19 I V 1 GG hat der Bürger auf jeden Fall die Möglichkeit, sein Auskunftsrecht vor den Verwaltungsgerichten durchzusetzen 1 . Die Frage ist jedoch, i n welcher Form dies zu geschehen hat, ob i n der Form einer Verpflichtungsklage oder i n der Form einer Leistungsklage. Der praktische Unterschied zwischen beiden Klagearten besteht für den Bürger darin, daß die Verpflichtungsklage i m Gegensatz zur Leistungsklage die Durchführung eines Vorverfahrens voraussetzt 2 und für die Leistungsklage keine Klagefrist vorgesehen ist 3 . Die Frage nach der zulässigen Klageart ist letztlich eine Frage nach der Rechtsnatur der behördlichen Auskunft. Denn für die Verpflichtungsklage ist das Begehren eines Verwaltungsaktes erforderlich (§ 42 VwGO), während i m Hinblick auf tatsächliche Leistungen die Leistungsklage der richtige Rechtsbehelf ist. Hiervon ausgehend hat die Untersuchung zunächst den Begriff des Verwaltungsaktes zu klären und sodann zu prüfen, inwieweit diesem Begriff behördliche Auskünfte, auf deren Erteilung ein Rechtsanspruch besteht, zugeordnet werden können. Über den Begriff des Verwaltungsaktes herrscht heute i n Literatur und Rechtsprechung — von Feinheiten und Grenzproblemen abgesehen — Übereinstimmung 4 . Als Verwaltungsakt w i r d einhellig, wie i n § 27 1 Die Rechtsschutzgewährung nach A r t . 19 I V 1 GG hängt nicht v o n der begrifflichen Eigenart der i n Rechte eingreifenden Maßnahme der öffentlichen Gewalt ab (ob Verwaltungsakt, Regierungsakt oder innerdienstliche Weisung). Entscheidend ist allein, daß überhaupt die öffentliche Gewalt gehandelt hat, vgl. Dürig i n Maunz - Dürig - Herzog, GG, A r t . 1 9 I V 1 Rdnr. 10. 2 Die §§ 68 ff. V w G O , i n denen das Vorverfahren geregelt ist, beziehen sich n u r auf die Anfechtungs- u n d Verpflichtungsklage. 8 Vgl. Ule, Verwaltungsprozeßrecht, S. 146; zu den praktischen U n t e r schieden beider Klagearten vgl. i m einzelnen Bettermann, DVB1 1969, 703. 4 Zeidler, S. 26.

6. Teil: Die Durchsetzung des Auskunftsanspruches im Prozeß

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des Musterentwurfes eines Verwaltungsverfahrensgesetzes definiert, „jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme" angesehen, „die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts t r i f f t und die auf unmittelbare Rechtsw i r k u n g nach außen gerichtet ist" 5 . Behördliche Auskünfte, bei denen eine gerichtliche Durchsetzung i n Betracht kommt, sind Maßnahmen der Verwaltung i m Einzelfall. Nach der Definition des Verwaltungsaktes sind sie m i t h i n Verwaltungsakte, wenn sie unmittelbar rechtliche Regelungen darstellen. Als Regelung ist eine einseitige Maßnahme anzusehen, die für den Einzelfall konkrete Rechtsfolgen anordnet 6 , d.h. für den Einzelfall Rechte oder Pflichten von Behörde und (oder) Bürger festlegt. Für das Vorliegen dieser Voraussetzung w i r d es sehr wahrscheinlich erheblich sein, ob es sich u m Tatsachen- oder Rechtsauskünfte handelt, bei diesen wiederum u m verbindliche oder unverbindliche Auskünfte 7 . Ob m i t h i n behördliche Auskünfte Verwaltungsakte darstellen, kann nicht einheitlich für alle behördlichen Informationen beantwortet werden, sondern ist getrennt, an Hand der eben bezeichneten Auskunftsarten, zu prüfen. Reine Tatsachenauskünfte, wie z. B. die Sachstandsmitteilung, stellen lediglich Informationen über die i n der Wirklichkeit vorkommenden Erscheinungen dar. Durch sie werden keine konkreten Rechtsfolgen für den Einzelfall angeordnet. Reine Tatsachenauskünfte sind folglich keine Verwaltungsakte 8 . Inwieweit Tatsachenauskünfte, die als Informationen über das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen zugleich Rechtsauskünfte darstellen, Verwaltungsakte sind, soll an späterer Stelle erörtert werden. Reine Tatsachenauskünfte bilden auch dann keine Verwaltungsakte, wenn der Auskunftserteilung eine Ermessensentscheidung vorangegangen ist 9 . Hierdurch w i r d die Rechtsnatur der Auskunft selbst nicht berührt, sondern nur die Frage, ob die Behörde zu Recht oder zu Unrecht die Auskunft erteilt hat. I n der Verweigerung einer Auskunft und damit auch einer reinen Tatsachenauskunft ist allerdings ein Verwaltungsakt zu sehen. Die Behörde ordnet m i t der Verweigerung der Auskunft die konkrete Rechtsfolge an, daß dem Antragsteller ein Recht auf 6

Vgl. auch Redeker - von örtzen, V w G O , § 42 A n m . 22. Wolff, V R I, S. 266. 7 Vgl. Zeidler, S. 27. 8 Zeidler, S. 33; Monreal, S. 43; O V G Münster, U. v. 18.12.1957 i n OVGE13, 167 (168) (Auskunft über Behördeninformant k e i n Verwaltungsakt). 9 Vgl. Bettermann, DVB1 1969, 703 (704): Ob ein Staatsakt frei oder gebunden sei, sei f ü r seine Qualifikation als V A unerheblich. 6

6. Teil: Die Durchsetzung des Auskunftsanspruches im Prozeß Erteilung der Auskunft nicht zusteht 10 . Auch diese Überlegung berührt jedoch die Rechtsnatur der reinen Tatsachenauskunft als rein tatsächlicher Handlung nicht 1 1 . Soweit sich Rechtsauskünfte i n der Mitteilung der allgemeinen, vom konkreten Fall losgelösten Rechtslage erschöpfen, stellen sie schon deswegen keine Verwaltungsakte dar, weil sie nicht auf einen Einzelfall bezogen sind 1 2 . Soweit sich Rechtsauskünfte auf den konkreten Fall beziehen, stellen sie nicht schon generell eine Regelung i m Sinne eines Verwaltungsaktes, d. h. eine Rechtsfolgen begründende Ordnung eines konkreten Lebenssachverhaltes dar. Durch derartige Mitteilungen entstehen nicht i n allen Fällen Rechte oder Pflichten für Bürger oder Behörde. So stellen z. B. der Hinweis auf zweckdienliche Anträge oder auf die Erforderlichkeit einer Genehmigung oder die Rechtsmittelbelehrung noch keine A n ordnungen dar, durch die i m Einzelfall konkrete Rechte und Pflichten begründet werden. Vielmehr müssen noch besondere Momente hinzukommen, die die Mitteilung über die Rechtslage i m konkreten Fall zu einem Verwaltungsakt machen. Ein Verwaltungsakt könnte einmal i n den Fällen gegeben sein, i n denen der Auskunft rechtsverbindliche Wirkung zukommt. Auszuscheiden haben hierbei die Fälle, i n denen die Auskunft von vornherein als verbindlich und damit als Zusage gegeben wurde. A u f solche Informationen soll sich, wie ausgeführt, die Untersuchung nicht erstrecken. Rechtsverbindliche W i r k u n g kommt Auskünften, zu deren Erteilung eine Pflicht besteht, wie dargelegt, nur dort zu, wo sie sich auf zukünftiges behördliches Verhalten beziehen. U m Verwaltungsakte zu sein, müßte diesen Informationen die Bedeutung zukommen, daß sie die gewollte Festlegung einer künftigen Rechtsfolge für einen bestimmten Einzelfall enthalten. Davon kann jedoch, wenn die Auskunft nicht ausdrücklich als verbindlich zugesichert wurde, nicht die Rede sein. Der Umstand, daß die Verwaltung an ihre Information gebunden ist, d. h., sich zu i h r nicht i n Widerspruch setzen darf, bewirkt noch nicht, daß durch die Auskunft eine konkrete rechtliche Regelung getroffen w i r d 1 3 . Gegen das Vorliegen eines Verwaltungsaktes bei Auskünften, denen verbindliche Wirkung zukommt, spricht auch das Merkmal des Verwal10 BVerwG, U. v. 25.2.1969 i n M D R 1969, 506; Biebl, S. 78. A . A . O L G Hamburg, B. v. 3.12.1964 i n M D R 1965, 224, wonach i n der Ablehnung einer Auskunft n u r dann ein Verwaltungsakt gesehen w i r d , w e n n ein Rechtsanspruch auf die Auskunft besteht. 11 A . A . B V e r w G , U. v. 25. 2. 1969 i n M D R 1969, 506. 12 Monreal, S. 33 A n m . 69. 18 Monreal, S. 42; a. A . Zeidler, S. 39.

6. Teil: Die Durchsetzung des Auskunftsanspruches im Prozeß

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tungsaktes, daß sowohl die Verwaltung als auch der Bürger an i h n gebunden sind. Denn bei diesen Informationen kann von einer Bindung des Bürgers nicht ausgegangen werden. I h m steht es frei, ob er sich an die Auskunft halten w i l l oder nicht 1 4 . Rechtsauskünfte sind aber dort als konkrete Regelungen i m Sinne eines Verwaltungsaktes zu werten, wo sie präjudizielle Wirkung für die Entscheidung einer anderen Behörde haben 15 . Gemeint sind die Fälle, wo durch die Auskunft das Vorliegen eines Tatbestandsmerkmals eines Gesetzes verbindlich festgestellt wird, wie bei behördlichen Bescheinigungen, die für Rechte des Bürgers maßgeblich sind 1 6 . Die konkrete Regelung liegt i n diesen Fällen darin, daß das Vorliegen von Tatbestandsmerkmalen einer berechtigenden Vorschrift verbindlich festgestellt w i r d und damit zugleich die Frage entschieden wird, ob dem Bürger i m konkreten Fall auf Grund dieser Vorschrift ein Recht zusteht 17 . Zusammenfassend kann damit festgestellt werden: Reine Tatsachenauskünfte sind stets nur tatsächliche Handlungen der Verwaltung und keine Verwaltungsakte. Soweit ein Anspruch auf sie besteht, sind sie m i t der Leistungsklage durchsetzbar. Rechtsauskünfte sind nur dann Verwaltungsakte, wenn sie das Vorliegen von Tatbestandsvoraussetzungen einer berechtigenden Vorschrift i m konkreten Fall verbindlich für eine künftige Regelung auf Grund dieser Vorschrift feststellen. Soweit ein Anspruch auf derartige Auskünfte besteht, ist die Verpflichtungsklage der zulässige Rechtsbehelf. I m übrigen sind Ansprüche auf Rechtsauskünfte m i t der Leistungsklage durchzusetzen 1®.

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Monreal, S. 45; Czylwik, DStR 1960, 100. Zeidler, S. 34 ff.; Redeker - von örtzen, V w G O § 42 A n m . 37; vgl. ferner B V e r w G E 2, 212 (213) v. 28.9.1955; E 8, 192 (194) v. 27. 2.1959; O V G Lüneburg i n O V G E 9, 369 (370) v. 12.1.1955; V G H Kassel, B. v. 27. 8.1953 i n DÖV 1954, 378; U. v. 28. 2.1962 i n DVB1 1962, 605. 16 Vgl. die Beispiele oben T e i l 2 F N 46. 17 Z u r Rechtsnatur derartiger behördlicher Bescheinigungen vgl. i m einzelnen Simon, Behördliche Bescheinigungen als Verwaltungsakte, DVB1 1956, 355. 18 Redeker - von örtzen, V w G O , § 42 A n m . 97. A . A . Bettermann, DVB1 1969, 703ff.: Behördliche Auskünfte seien stets Verwaltungsakte. Eine Interessenbewertung i n Bezug auf Bürger u n d V e r w a l t u n g gebiete jedoch, i n allen Fällen die Verpflichtungsklage, w i e i m übrigen bei allen subordinationsrechtlichen Amtshandlungen, zuzulassen. 15

SIEBENTER T E I L

Zusammenfassende Leitsätze I. Weder die Rechts- und Sozialstaatlichkeit noch das Demokratieprinzip des Grundgesetzes geben dem Bürger ein allgemeines Recht auf behördliche Auskunft. II. Die Rechtsstaatlichkeit des Grundgesetzes begründet jedoch durch die Grundrechte der Informationsfreiheit und des Petitionsrechtes sehr umfassende Informationsansprüche: Die Informationsfreiheit rechtfertigt ein Auskunftsrecht, das an das Vorliegen eines berechtigten Interesses und einer Angewiesenheit auf die Erteilung der behördlichen Auskunft anknüpft. Das Petitionsrecht begründet einen Anspruch auf die Informationen, die ohne nennenswerten Arbeitsaufwand erteilt werden können. I I I . I m übrigen lassen sich aus den Leitideen des sozialen Rechtsstaats des Grundgesetzes, insbesondere aus den rechtsstaatlichen Grundgedanken, zahlreiche konkretere, i n allgemeiner Form umschreibbare Informationsrechte entnehmen: IV. Der Gedanke, daß der Staat Helfer des Bürgers zu sein hat, ein Gedanke, i n dem rechts- und sozialstaatliche Elemente zusammenwirken, begründet folgende Auskunftsansprüche: 1. I n Erfüllung ihrer sozialstaatlichen Aufgaben hat die Verwaltung dem Bürger i m Rahmen anhängiger Antragsverfahren die Auskünfte zu erteilen, die i h m bei der Erreichung seines m i t dem Antrag verfolgten Zieles helfen. Die Auskunft ist generell zu erteilen, wenn sie beantragt wird. Sie ist von Amts wegen zu erteilen, wenn die Verwaltung damit rechnen kann, daß der Bürger sein Ziel ohne entsprechende Information nicht oder nur unvollständig erreichen wird. 2. I m Rahmen der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht — einer Ausprägung des Gedankens, daß der Staat Helfer des Bürgers zu sein hat — ist dem Beamten auf Antrag die Beratung und Belehrung zu geben, die der Wahrnehmung von Rechten und Vorteilen aus dem Beamtenverhältnis dient oder die Abwendung von Nachteilen bezweckt, welche

7. Teil: Zusammenfassende Leitsätze

219

die rechtliche Stellung des Beamten betreffen. Derartige Beratungsund Belehrungspflichten können sich auch von Amts wegen ergeben, wenn ein entsprechendes Bedürfnis des Beamten gegeben ist. 3. I m Rahmen öffentlich-rechtlich betriebener LeistungsVerhältnisse verpflichtet das Sozialstaatsprinzip — zum Teil i n Verbindung m i t dem Benutzungsverhältnis — die Verwaltung zu folgenden Informationen: a) Uber die i m Rahmen des Leistungsverhältnisses überhaupt möglichen Leistungen hat sie generell auf Antrag h i n Auskunft zu erteilen. Von Amts wegen ist sie zu solchen Informationen ebenfalls verpflichtet, jedoch besteht insoweit die Informationspflicht nur dem Grunde nach, während die inhaltliche Ausgestaltung dieser Pflicht dem Ermessen der Verwaltung überlassen ist. b) Die Verwaltung hat den Bürger so zu informieren, daß er bei Benutzung der Leistung keinen Schaden erleidet. Wiederum ist die Form der Information — Einzelmitteilung oder allgemeine amtliche Bekanntmachung — ihrem Ermessen überlassen. c) Sie hat dem Bürger die Informationen zu geben, die notwendig sind, u m Schäden geltend zu machen, die bei Benutzung der Leistung entstanden sind. 4. I m Rahmen des Rentenversicherungsverhältnisses begründet die Sozialstaatlichkeit auch außerhalb anhängiger Verwaltungsverfahren Ansprüche auf Auskünfte, die geeignet sind, Rechte aus dem Rentenversicherungsverhältnis wahrzunehmen. 5. Außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse ist die Verwaltung verpflichtet, dem Bürger durch folgende Auskünfte bei der Rechtsverfolgung zu helfen: a) Auf Grund der aus der Rechtsstaatlichkeit folgenden Rechtsverfolgungsgarantie hat sie i h n über die Tatsachen aufzuklären, ohne die er sein Recht nicht ausüben kann. b) Das gleiche Prinzip sowie die Sozialstaatlichkeit verpflichten sie dagegen zur Rechtsberatung nur insoweit, als sie die Rechtslage nur allgemein, losgelöst vom konkreten Fall, mitzuteilen hat. Hierzu gehört allerdings auch die Information, ob eine Antragstellung i m konkreten Fall i n Betracht kommt. c) Rechtsverfolgungsgarantie und Sozialstaatlichkeit verpflichten die Verwaltung schließlich, neu erlassene Gesetze berechtigenden Inhalts, die für die soziale und materielle Stellung des einzelnen wichtig sind, über die Verkündung i n den Gesetzesblättern hinaus allgemein bekannt zu machen. Diese Verpflichtung besteht jedoch nur dem Grunde

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7. Teil: Zusammenfassende Leitsätze

nach, während ihre inhaltliche Ausgestaltung dem pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung überlassen ist. Soweit die Geltendmachung von Rechten an bestimmte Fristen gebunden ist, ist die Verwaltung jedoch auf jeden Fall zur Bekanntmachung verpflichtet. V. Auch der der Rechtsstaatlichkeit entstammende Satz des rechtlichen Gehörs ist Grundlage von Auskunftsansprüchen: 1. I m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren verpflichtet er die Behörde, die Beteiligten, i n deren Rechte eine beabsichtigte Regelung eingreift, über den Inhalt dieser Regelung, den entscheidungserheblichen Sachverhalt sowie über die rechtlichen Überlegungen der Behörde rechtzeitig, d. h. so, daß noch eine sinnvolle Stellungnahme möglich ist, zu informieren; Diese Informationspflicht besteht allerdings dort nicht, wo die Geltung des rechtlichen Gehörs eingeschränkt ist, nämlich dort, wo eine vorherige Anhörung der Natur der Sache nach nicht angebracht erscheint. 2. Eine entsprechende Informationspflicht gilt i m Rahmen besonderer Gewaltverhältnisse vor Erlaß belastender Regelungen. V I . Den rechtsstaatlichen Grundsätzen über die Meßbarkeit und Vorausberechenbarkeit staatlicher Machtäußerungen lassen sich folgende Auskunftsansprüche zuordnen: 1. I m Rahmen anhängiger Verwaltungsverfahren ist die Behörde verpflichtet, auf Antrag eines Beteiligten den Sachstand, die voraussichtliche Dauer und den voraussichtlichen Beginn des Verfahrens m i t zuteilen. 2. Was die Rechtsberatung des Bürgers außerhalb besonderer Rechtsverhältnisse angeht, so sind die Behörden grundsätzlich nur verpflichtet, die Rechtslage allgemein, losgelöst vom konkreten Fall, mitzuteilen. Hierzu gehört allerdings wiederum auch die Mitteilung, ob eine Regelung i m konkreten Fall i n Betracht kommt. 3. I n besonderen Fällen besteht eine auf den konkreten F a l l bezogene Rechtsbelehrungspflicht, nämlich a) eine Pflicht zur Belehrung über die Auswirkung von Plänen, b) eine Pflicht zur Information über die grundsätzliche Auswirkung gesetzlicher Bestimmungen, c) eine Pflicht zur Information, ob ein beabsichtigtes Verhalten verboten oder erlaubnispflichtig ist,

7. Teil: Zusammenfassende Leitsätze

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d) eine Belehrungspflicht i n Fällen, i n denen sich die rechtserheblichen Tatsachen aus behördeninternen Aufzeichnungen ergeben. 4. Damit der Bürger gesetzgeberische Maßnahmen vorausberechnen kann, hat er Anspruch auf Mitteilung von Gesetzgebungsabsichten, des Inhaltes von Gesetzes- oder Verordnungsentwürfen sowie des Standes von Gesetzgebungs- und Verordnungsverfahren. 5. Damit der Bürger schließlich die i h n lediglich oder überwiegend tatsächlich berührenden Maßnahmen der Verwaltung i m voraus ermitteln kann, besteht eine Informationspflicht über Inhalt und Stand entsprechender behördlicher Planungen sowie über den voraussichtlichen Beginn und die voraussichtliche Dauer des betreffenden Verwaltungshandelns. V I I . Der ebenfalls der rechtsstaatlichen Ebene entstammende Grundsatz der gerichtlichen Kontrollierbarkeit staatlicher Machtäußerungen fordert: 1. Grundsätzlich eine Begründungspflicht für alle den Bürger belastenden Maßnahmen. Sie ist gegenüber den Adressaten der Maßnahmen von Amts wegen zu erfüllen. Gegenüber den i n sonstiger Weise Betroffenen besteht sie nur auf Antrag. 2. A u f Antrag ist eine Rechtsmittelbelehrung zu erteilen. 3. I n gerichtlichen Verfahren über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten haben die beteiligten Bürger der Verfahren einen Auskunftsanspruch über alle Umstände, die geeignet sind, den entscheidungserheblichen Sachverhalt zu klären oder seiner rechtlichen Beurteilung zu dienen, und die sie nur von der Verwaltung erfahren können. V I I I . Nach dem Grundsatz des Vertrauensschutzes — einer Ausprägung des rechtsstaatlichen Meßbarkeitsprinzips — ist die Verwaltung verpflichtet, den Bürger über Irrtümer aufzuklären, die — für sie erkennbar — durch Amtshandlungen ausgelöst worden und m i t der Gefahr einer Schädigung verknüpft sind. I X . I n allen Fällen, i n denen eine behördliche Auskunftsverpflichtung besteht, ist ein Gewährsvorbehalt unzulässig und die Auskunft verbindlich. Nur dann kann die behördliche Information ihren Zweck, Grundlage für Dispositionen des Bürgers zu sein, erfüllen.

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