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German Pages 118 [89] Year 1929
DAS PROBLEM DER URCHRISTLICHEN HAUSTAFELN INAUGURAL-DISSERTATION Z,UR E R L A N G U N G DER D O K T O R W Ü R D E DER T H E O L O G I S C H E N F A K U L T Ä T DER UNIVERSITÄT HEIDELBERG
VORGELEGT
VON
KARL WEIDINGER PFARRER
IN
TOKYO
L E I P Z I G 1928 D R U C K V O N J U L I U S A B E L , G.M.B.H. / G R E I F S W A L D
Referent: Professor Dr. DIBELIUS, Heidelberg Korreferent : Professor Dr. BAUER, Heidelberg Tag der mündlichen Prüfung: 23. Oktober 1925
Die A r b e i t e r s c h e i n t g l e i c h z e i t i g v o l l s t ä n d i g a l s Heft 14 der „ U n t e r s u c h u n g e n zum Neuen T e s t a m e n t "
I.
Die Aufgabe. In den paränetischen 1 Teilen der Briefliteratur des Neuen Testamentes zeichnen sich einige Abschnitte, die Mahnungen an die verschiedenen Familienglieder oder Gemeindestände richten, durch ihre sachgemäße Disposition aus und unterscheiden sich dadurch von der sonst fast regellos aneinandergereihten Paränese. Man hat diesen Stücken deshalb den Namen „Haustafeln" gegeben, der sich heute in allen Übersetzungen und Kommentaren findet. Diese Bezeichnung ist wohl in der Reformationszeit geprägt worden; sie gelangte in die Bibel, als die Gewohnheit aufkam, den einzelnen Kapiteln Summarien oder Inhaltsangaben voranzustellen, welche, aus der Summaria von Veit Dieterich (Prediger zu Nürnberg, Summaria über das A. T. 1541, über das N. T. 1544), Aegidius Hunnius, Daniel Cramer, Leonhard Hutter und anderen Theologen zusammengestellt, im 16. Jh. allmählich in die Bibeldrucke übergingen. Aber schon Luther hat die Bezeichnung „Haustafel" benützt, und zwar im Kleinen Katechismus, als Überschrift zu Anhang II: „Die Haustafel, etliche Sprüche für allerlei heilige Orden und Stände, dadurch dieselbigen, als durch eigene Lektion, ihres Amtes und Diensts zu vermahnen" 8 . Luthers „Haustafel" 1 Ich gebrauche Paränese in dem Sinn der Arbeiten von Dibelius, insbesondere „Der Brief des Jakobus" in Meyers Kommentar zum N. T., sowie der Bücher von Wendland „Die hellenistisch-römische Kultur" und Anaximenes von Lampsakos", Vetschera „Zur griechischen Paränese". 2 Welches Material Luther in seiner Haustafel verwendet hat und von wem er angeregt worden ist, ist umstritten. Man hat gedacht an Hussens „Tractatus de ecclesia" mit seiner Lehre von den drei Teilen der streitenden Kirche (A. L. Richter, Lehrbuch des Kirchenrechts § 48) oder an die mittelalterliche Gliederung des Volksganzen in Priester, weltliche Herren und Volk (Troeltsch, Soziallehren S. 522); doch deckt sich weder der Kriegerstand mit Luthers weltlicher Obrigkeit, noch das „Volk" (Bauernstand) mit dem Stand des Hausvaters. Diese mittelalterliche Einteilung ist gänzlich anders orientiert als die Haustafeln. Mir scheinen die beiden folgenden Möglichkeiten der Beeinflussung die nächstliegenden: 1. A.Köhler, „Luthers Katechismen", (1915) zieht UNT 14: W e i d i n g e r .
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ist allerdings eine Zusammenstellung aus verschiedenen Teilen der Schrift, damit alle Stände vollzählig vertreten sein können, Bischöfe, Pfarrherrn und Prediger (I. Tim. 3), weltliche Obrigkeit (Rm. 13), Ehemänner (I. Petr. 3, Kol. 3), Eheweiber (I. Petr. 3), Eltern (Eph. 6), Kinder (Eph. 6), Knechte, Mägde, Tagelöhner und Arbeiter (Eph. 6), Hausherren und Hausfrauen (Eph. 6); der gemeinen Jugend ist gewidmet I. Petr. 5, 5, den Witwen I. Tim. 5, der Gemeine Rm. 13, I. Tim. 2. Ein jeder lern sein Lektion, So wird es wohl im Hause stöhn. Die Überschriften der Lutherbibel bezeichnen als „Haustafel" nur Kol. 3, isff. und Eph. 6, iff. (der wirkliche Anfang ist 5,22); eine vollausgeführte Haustafel findet sich auch I. Petr. 2,13—3,9. Luther selbst hatte schon bemerkt, daß noch eine ganze Anzahl von anderen Stellen ähnlicher Art vorhanden sind. Man wird hierher auch stellen müssen Tit. 2,1-10, wo die verschiedenen Stände der Gemeinde ermahnt werden; der Mittelteil des I. Tim. erinnert ebenfalls stark an die „Haustafeln". Auch im johanneischen Kreis muß diese Art der Mahnungen bekannt gewesen sein, wie aus I. Joh. 2 hervorgeht. Aber auch die außerkanonische urchristliche Literatur weist Parallelen auf, Barn. 19, sff. und Didache 4,9ff., einander entsprechend, Ign. ad. Polyk. 4,2—6,3, I. Clem. 21,6-9, 1,3, Polyk. ad. Phil. 4, 2—6, i. Obwohl dieser Tatbestand, daß in einem großen Teil der urchristlichen Literatur ein Komplex von Mahnungen mit einer den 1513 in Wittenberg neugedruckten Traktat Joh. Gersons „de modo vivendi omnium fidelium" heran. Darin stehen 23 Betrachtungen oder Regeln, auch für Bischöfe und Prälaten, Priester, "Witwen, Ehemänner, Ehefrauen, für Eltern gegenüber den Kindern, Kinder gegenüber den Eltern, für Herren gegen Knechte, für Knechte gegen Herren, für das Gesinde und schließlich für alle. Sie sind z. T. mit Bibelsprüchen versehen, die in 5 der Gruppen mit denen Luthers übereinstimmen. Auch formal ist eine Parallele vorhanden: eine Überschrift nennt den Stand, dann folgen die Sprüche. Eine unkontrollierbare Beeinflussung durch antike „Haustafeln", besonders angesichts der Ausdehnung der Regeln bis auf „alle" scheint mir nicht außerhalb des Bereichs der Möglichkeit zu liegen. 2. v. Zezschwitz (Katechetik II, 196f.) verweist auf mittelalterliche Beichtbücher, wo sich „die Klassifizierung der Sünden nach menschlichen und sozialen Ständen" findet. Auch in der Antike finden wir einmal das Schema verwendet in der Art einer Anweisung zur Gewissensforschung (M. Antoninus V, 31).
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gewissen Abwandlung immer wiederkehrt, zu einer näheren Untersuchung reizt, ist eine monographische Behandlung der „Haustafeln" bisher nicht erfolgt; ja sie haben überhaupt nur geringe Beachtung gefunden. Das liegt an der Unterschätzung der Geschichte der urchristlichen Ethik, insbesondere soweit sie von der gewöhnlichen Volksethik wenig unterschieden ist. Fast nur in den Kommentaren hat man den „Haustafeln" Beachtung geschenkt. Hierbei findet sich jedoch häufig der verhängnisvolle Fehler, daß man nicht mit dem Vorhandensein von „Paränese" rechnet. Man kann wohl mit Erfolg aus den ganz aktuellen Erörterungen der Korintherbriefe Rückschlüsse auf die Zustände und Mängel innerhalb der Korinthergemeinde machen. Diese Methode führt aber zu schweren Fehlern, wenn sie bei Texten angewendet wird, die nicht ad hoc formuliert sind, sondern überlieferten Stoff paränelischer Art weitergeben. Auf diese Weise gelangt z. B. W. Lueken (Schriften d. N. T. II) bei der Erklärung des Schlußteils von I. Thess. zu einem total verzeichneten Bild der Thessalonichergemeinde, so urteilt Holtzmann zu Jak. 4,4-17: „die durch Zank, Zwietracht und Handelsgeist verweltlichte Gemeinde", G. Hollmann zu Jak. 1,19 bis 2, 26 „Devotion vor dem Reichtum mit unsauberen Spekulationen, geringschätzige Behandlung des Armen". Aber alle diese Mahnungen sind gar nicht auf Grund eines wirklichen Tatbestandes verfaßt; die Absicht, in welcher sie zusammengestellt sind, ist vielleicht am deutlichsten zu charakterisieren mit Ign. Trall. 8,1: Oux luel ?YV(ÜV toioötov ti !v ö(ilv, dXXä TtpocpuXaaaw u|xä$ övxa? ¡xou dycmrjToüt;, npoopwv ta? iveSpag xoO SiaßoXou. Rückschlüsse auf die Verhältnisse in den Gemeinden sind also unmöglich. Mit diesem Fehler ist auch bei der Exegese der Haustafeln zu rechnen. In älteren Kommentaren hat man manchmal Gelegenheit, ergötzliche Beobachtungen in dieser Beziehung zu machen. Olshausen (V) macht z. B. zu {jly] StaßoXous Tit. 2, 3 (in der Ermahnung der alten Frauen) die Bemerkung: „Fehler, von denen der erste in diesem Stande häufig ist". Aber er scheut sich doch, aus dem (ivj8£ oivw tcoXXw SeSouXwjieva? den Schluß zu ziehen, es gebe auch christliche Weinsäuferinnen, und deutet den Ausdruck „in Beziehung auf den Nationalcharakter des Volkes". Der Kommentar von Haupt zu Kol. 3,22-23 redet trotz der Warnungstafel, die Ausführungen seien nicht polemisch gemeint, von der „naheliegenden Gefahr einer Vermischung der religiösen Freiheit mit einem sozialen Freiheitsstreben". Die Mahnung des l*
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Paulus an die Sklaven soll in Kolossae wegen des Falles mit Onesimus ganz besonders naheliegend und nötig gewesen sein. Eine so vorsichtige Äußerung ist ja vielleicht noch zu verteidigen. Viel weiter jedoch geht W. Lueken in der Erklärung von Kol. 3, is, wo er sogar in dem Iv xup{(p eine Polemik gegen die Irrlehrer wittert, „die sich nicht an das Haupt, an Christus halten". Das Christentum in Kolossae ist in Gefahr, „eine sozialpolitische Bewegung" zu werden, und die Ermahnung an die Sklaven in der Haustafel dient dazu, kein Mißverständnis darüber aufkommen zu lassen, wie des Paulus Eintreten für Onesimus gemeint war. Dieser Typus der Exegese überschätzt also die aktuellen Momente, die bei der Abfassung der Haustafeln mitgespielt haben können, beträchtlich und rechnet nicht mit der Möglichkeit, daß ein bis zu gewissem Grade fixierter Stoff vorliegen kann. Das entgegengesetzte Extrem stellt die Anschauung dar, die A. Seeberg in seinem „Katechismus der Urchristenheit" (1903) vertritt, und die er in seinen späteren Büchern (namentlich: „Die beiden Wege und das Aposteldekret") voraussetzt. Seeberg hofft, den Nachweis geführt zu haben, „daß bald nach Christi Tod ein aus Herrenworten (und anderen Bestandteilen) gebildeter Katechismus entstanden ist". Der Inhalt desselben soll „von den Missionaren gepredigt und dann denen, die sich der christlichen Taufe unterziehen wollten, gelehrt" worden sein. Die Existenz dieses Katechismus sucht er zu erweisen durch die Stellen, an welchen Paulus von der „Didache" oder dem „Typus der Didache" spricht, Rm. 6, n (worunter er versteht „ein in der christlichen Lehre gegebenes Vorbild", ein Lehrstück ethischen Inhalts), Rm. 16,17 (die Gegner schaffen Spaltungen und zu Fall bringende Lehrstücke, Paulus aber setzt in der ihm unbekannten Rm.-Gemeinde dieselbe Norm voraus, deren er sich bedient), und endlich I. Kor. 4,17 (Timotheus wird die Korinther in der Weise an „die Wege" erinnern, in welcher Paulus überall, in jeder Gemeinde lehrt). Uber den Inhalt dieser Sittenlehre (der Katechismus soll auch eine Glaubenslehre enthalten haben) erschließt Seeberg aus I. Thess. 4,3-8, daß sie einen mehr oder minder festgefügten 'Lasterkatalog enthalten haben müsse. Ferner nimmt er einen Tugendkatalog und eine Haustafel für den Katechismus in Anspruch. Seeberg muß natürlich, um nicht zu einem allzu dürftigen Katechismus zu gelangen, den Versuch machen, Stücke, die in der Überlieferung häufig begegnen, in den Katechismus
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einzubeziehen. Eine Abhängigkeit der Haustafeln in den Gefangenschaftsbriefen und 1. Petr. untereinander ist aus Gründen verschiedener Terminologie und Komposition ausgeschlossen, also folgert er ihr Zurückgehen auf den Katechismus. Der ethische Teil des Katechismus soll auf eine jüdische Schrift zurückgehen, welche identisch oder nahe verwandt ist mit den urchristlichen Wegen, welche Paulus bei seiner Bekehrung schon vorgefunden hat, ja die schon Jesus bekannt war und in aramäischer Sprache existiert hat. (Durch Apoc. Baruch 4,8 und 13 Test. Levi 17 als vorchristlich bezeugt.) Seebergs Annahme der Existenz eines solchen Katechismus beruht eigentlich nur auf den Stellen Em. 6,17 und 16,17. Aber unter tutco? xfj? StSa^s (6, iv) braucht durchaus nicht nur ein bestimmt formuliertes Lehrstück verstanden zu werden; man kann auch an die Lehrverkündigung denken, die den Römern einst bei ihrer Bekehrung zum Vorbild oder Muster diente. Ebenso steht es mit I. Kor. 4,17, wo man trotz Seeberg sehr wohl auch an den christlichen Wandel denken könnte, den Paulus als Missionar in der korinthischen Gemeinde führte. Seinen christlichen Wandel rechnet er ja ausdrücklich zu seiner Missionstätigkeit (I. Kor. 2, i—5, I. Thess. 2,1-12). Ein so geringes Fundament kann eine solche Konstruktion nicht tragen. Seeberg hat zwar erkannt, welche große Rolle die formelhaften Elemente im N. T. spielen, aber er hat den Fehler begangen, sie alle auf einen Katechismus zurückzuführen. Unter Katechismus aber muß man nach den Gedankengängen Seebergs ein festgefügtes, unveränderliches Lehrstück verstehen. Seeberg mußte jedoch in der von ihm angenommenen Bezeugung des Katechismus so viele „Abweichungen" konstatieren, daß die Annahme eines festen Lehrstücks schon allein dadurch erschüttert werden müßte. In seinen späteren Büchern hat Seeberg dann die Variabilität des „Katechismus" so stark betont, daß diese Bezeichnung schon fast unhaltbar wurde. Dieser Typus der Exegese überschätzt, soweit er für die Haustafeln in Betracht kommt, das Moment der Fixierung und läßt die Variationen unerklärt. Einen dritten Versuch zur Erklärung der Haustafeln machte endlich M. Dibelius in dem Exkurs zu Kol. 3, lsß. (Lietzmann, Handb. z. N. T.). Er stellte die Annahme auf, die Haustafeln seien ein geläufiger Topos der Paränese, im Bedarfsfall nach eigenem Gutdünken verwendet, abgeändert oder auch neu for-
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II. Paränese im Urchristentum.
muliert, und stützte die Erklärung durch den Nachweis, daß in der außerchristlichen Paränese bereits ähnliche Stücke Verwendung gefunden hatten. Damit scheint die Wesensart der Haustafeln richtig bestimmt zu sein. Die nähere Begründung dieser These ist der Zweck dieser Arbeit. Ihren besonderen Reiz erhält sie dadurch, daß dieser Charakter eines geläufigen paränetischen Topos nicht nur durch einzelne außerchristliche Stellen nachgewiesen werden kann; die Belegstellen sind so zahlreich, daß das Schema durch größere Zeiträume hindurch verfolgt werden kann, so daß es einmal möglich ist, der Geschichte eines paränetischen Stückes nachzugehen.
II.
Paränese im Urchristentum. Es ist durchaus nichts Selbstverständliches, daß uns in den jungen Christengemeinden Paränese begegnet. Denn wo Paränese gebraucht wird, herrscht Alltagsstimmung. Da will man in nüchterner Weise bessern und erziehen und ist sich klar darüber, daß der Erfolg im besten Falle nur ein kleines Stück Fortschritt sein wird. In den urchristlichen Gemeinden aber herrschte anderes Leben. Hier stand eine Botschaft im Mittelpunkt des Interesses, die man nicht leicht durch kühles Überlegen und langsames Hineinfinden sich aneignen konnte. In vielen Fällen wird wohl der Übergang zum Christentum mit einem gewaltsamen Ruck vor sich gegangen sein, überraschend und unvermittelt. 'Eylvexo 84 udeaig t^'-'XTi TCÜ)V yévei, e? 8è Set rcpoeXfróvxai; xi ixepaixépw epàvat, oòpavip, y^J, xw 7iavxl xdajMp, èraaxrj|j.acs, àpexaTg, xqj rcaxpì xal yjyejióvi xßv au(i7ravxwv. In diesen 3 Stellen gilt Onan als Vertreter des Eigennutzes und als „Typus der vollkommenen sittlichen Versunkenheit". Siegfried, Ph. v. A. als Ausleger des A. T. S. 2 5 2 . Die Pflichtentafel schildert die Uneigennützigkeit 1 . d) de plantatione, § 1 4 6 : oöx £v rcoxe àgii&oeiev éxwv eig TtoXuoiviac; dyöva IXO-eiv, ei |AY] jieyaXa eirj xà Stacpépovxa, atoTYjpia rcaxpiSog rj tijxrj yovéwv YJ xéxvwv xaì xfijv oixeioxàxcov acojiàxwv àa^àXeia auvóXw? ESCwv xe x a i xotvtöv ¿Tiavdp^wats •rcpay|iäx xoi>; yovei? xifiàv, ó (lèv (17) xijitöv ¿7i£iìHis, ó §' óxqia^wv cpiXepi?. xai TcaXtv xoO XTJV TiaxpiSa aw?£tv övxo? Sixaiou xàv (lèv Ttpòg aòxò xoOxo Sxvtj) xP^lievov àTieiéf), xàv 8'èxt xai TtpoStSóvat Sceyvwxóxa Suaeptv x a ì cptXdvetxov Xexxéov 18 . . . . xaì JXYJV 8 ye iepoupyiac; xaì xoTg icXXotg Saa rcpò; eüalßetav àvacpépexat ¡ay] /p(i)|j.£VO(; àneifrei rcpoaxct£eaiv, 6 vó\ioq etwfre uepì xouxwv upoaxàxxetv Diese Stelle, obwohl kein eigentliches Zitat des Schemas, kann doch als Beleg gelten, weil das Anklingen eines Gliedes die 1 Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß eine traditionelle exegetische Belehrung, die an Onan anknüpft, vorhanden war.
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IV. Haustafeln im hellenistischen Judentum.
Aufzählung einiger anderer aus dem geläufigen Zusammenhang zur F o l g e hat. f) de mutatione nominum § 4 0 : xifiwv yàp yoveìs r\ rcévrjxa? èXetòv 7) i>)^v: dem nach-
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V. Haustafeln in der Philosophie des Hellenismus.
folgen, was sie uns in unserer Jugend gelehrt haben, auch sich selbst überlegen, was sie gern hätten, wenn sie es auch nicht sagen; denn sie haben sich auch über uns viele Gedanken gemacht. Wir sollen sie aufheitern, in ihrer Nähe sein. Wie man, wenn man eine lange Reise antritt, sich gern noch mit seinen Freunden bespricht, so ist den Eltern, die bald sterben wollen, der Umgang mit den Kindern die größte Freude. Wenn sich Eltern etwas versehen, so sollen sie zurechtgewiesen werden, aber nicht mit Züchtigungen. Freude bereitet es den Eltern ferner, wenn die Kinder ihnen niedrige Dienste tun (xi xtöv ^-YjxtxwTepwv eivat Souxotivxwv), die Füße waschen, das Bett herrichten und dgh Am meisten freut es die Eltern, wenn man die eigenen Kinder in Ehren hält. Auch Verwandte und Freunde der Eltern sind zu achten. Aus dem angeführten kann man sich auch die übrigen sich etwa ergebenden Pflichten ableiten. anth. IV, 27,20 (Über die Bruderliebe). Dieses Fragment setzt mit der goldenen Regel ein: aacprjs X£ x o 5 •fj ¿rcoo-oöv XP^atS ¿auxiv [xev ¿xeivov, ¿xefvov §1 lauxöv 6uo•freaS-ai. Es ist nützlich, die Regel den Sklaven gegenüber anzuwenden, um sich klar zu machen, wie man es gern als Sklave haben möchte; ebenso für das Verhalten der Eltern gegenüber den Kindern und der Kinder gegenüber den Eltern. Besonders geeignet ist sie aber bei dem brüderlichen Verhältnis. Hier braucht bei der Gleichheit der Verhältnisse gar nicht ein nicht bestehender Sachverhalt vorausgesetzt zu werden. Bruder bleibt Bruder. Ein Diatribenstück weist das sich besser Dünken dem Bruder gegenüber zurück. Einen anderen herabsetzen ist keine Kunst, aber aus einem groben Bruder durch Geschicklichkeit einen sanften zu machen, das bedeutet etwas. Auch wilde Tiere kann man durch Speise und tägliche Pflege zähmen; beim Bruder, aber auch beim eigenen Charakter, muß liebevolles Benehmen Frucht tragen. Als nachahmenswertes Beispiel für das Verhalten allen Menschen, besonders aber dem Bruder gegenüber, wird eine Anekdote von Sokrates angeführt: Als einer sagte: Ich werde sterben, wenn ich mich nicht an dir rächen kann, erwiderte er: Ich werde sterben, wenn ich dich mir nicht zum Freund machen kann. Wie kann man aber mit dem Bruder alle Dinge gemeinsam haben, da mir doch Augen, Hände usw. gehören ? Unter Bezugnahme auf einen Vergleich mit dem Organismus des Körpers wird gefordert, daß wir Menschen, die wir einander gleich sind und
V. Haustafeln in der Philosophie des Hellenismus.
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in bezug auf die Seele uns entsprechen, nichts vorübergehen lassen, was wir an Eifer für den bedürftigen Bruder aufwenden könnten. Da uns Natur und Schicksal Widerwärtiges bringen, war die Natur so gütig, uns jemanden zur Hilfeleistung zu geben. Wer sich einmal mit einem Freund zusammentun mußte, der wird merken, wie es ist, wenn man mit Brüdern zusammensteht. anth. IV, 27,23 (Verhältnis zwischen Verwandten). Nachdem über das Verhalten gegen Eltern, Brüder, Weib und Kind geredet worden ist, sollen auch über die Verwandten Ausführungen gegeben werden. Jeder von uns steht innerhalb mehrerer konzentrischer Kreise, größerer und kleinerer; der erste Kreis ist die eigene Stavoia, wohin auch der Körper und was dazu gehört einbezogen wird. Der zweite begreift Eltern, Weib und Kind. Im dritten stehen Götter, Tanten, Großväter und Großmütter, Geschwisterkinder und auch noch Vettern. Hierauf einer, der die übrigen Verwandten einschließt. Danach die Freunde, danach die Kriegskameraden, danach die Mitbürger, danach die Landsleute und Volksgenossen. Der letzte und größte Kreis aber schließt das ganze Menschengeschlecht mit ein. Unsere Aufgabe ist es aber, die Kreise nach Möglichkeit zusammenzuziehen. Der Sinn des folgenden, entstellten Textes ist wohl der: Man soll wenigstens so handeln, daß die den Inhalt des zweiten Kreises bildenden Angehörigen so hochgehalten werden, wie der erste, die des dritten wie die des zweiten usw. Damit ist gleichzeitig gesagt, wie man sich gegen Eltern, Brüder, Weib und Kind verhalten soll. Zum Schluß verweist H. zurück auf das Eltern-Kapitel, wo gesagt war, daß man die Mutter mehr lieben, dem Vater mehr Ehre antun solle. So sollen auch die Freunde der Mutter mehr geliebt, die des Vaters mehr geehrt werden. anth. IV, 28,21 Hierokles (aus dem Oikonomikos). Zunächst spricht H. von den Arbeiten, durch welche das Haus erhalten wird. Die Verteilung geschieht so, daß dem Mann der Ackerbau, die Gerichtssachen und Stadtgeschäfte zukommen, der Frau dagegen das Wollspinnen, Brotbereiten und die ganzen häuslichen Geschäfte. Es kann aber auch einmal der Frau zukommen, auf dem Acker den Arbeitenden Anleitung zu geben und den Hausvater zu vertreten, dem Mann dagegen, auf die häuslichen Dinge achtzugeben. Daß dem Mann die Ackergeschäfte zukommen, ist trotz aller Verweichlichung noch ziemlich allgemein anerkannt. Schwerer ist es, jemand zu überzeugen, daß der Mann
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auch Frauenarbeit mit angreifen soll. Trotzdem sollte eigentlich mit Ausnahme der Wollarbeit der größere Teil der häuslichen Geschäfte dem Mann zukommen, denn sie sind ermüdend und erfordern Körperkraft. Ebenso sollte sich die Frau nicht allein mit den Mägden und der Spinnerei abgeben, sondern auch an Männergeschäften angreifen. „Wessen Haus in bezug auf die Arbeit so eingerichtet ist, das scheint von Mann und Frau aufs beste verwaltet." anth. 1Y, 22,21. Aus Hierokles: Über die Ehe. Das Kapitel über die Ehe ist sehr notwendig. Unser Geschlecht ist zur Gemeinsamkeit geboren; die oberste Gemeinschaft aber ist die Ehe. Kein Staatswesen kann ohne Familie bestehen, und in einem Haus ohne Frau ist die Dienerschaft nur die Hälfte wert. anth. IV, 22,22. Aus dem gleichen. In dem Buch nepl oixwv ist ausgeführt, daß ein Weiser sich verheiraten soll. Was sich für den Weisen ziemt, ist auch für uns ratsam, wenn kein Hinderungsgrund vorliegt. Dafür spricht als erstes: Die Natur hat uns nicht als Einzelwesen geschaffen, sondern immer zwei zur Vereinigung bestimmt. Alle Tiere leben, ihrer Natur folgend, in ihrer natürlichen Art, ja sogar bei Pflanzen ist es der Fall. Uns aber hat die Natur die Vernunft gegeben, die Natur zu betrachten, damit wir in Übereinstimmung mit ihr leben, wie es sich gebührt. anth. IV, 22, 23. Aus dem gleichen. Ein Haus ohne Ehe darf wohl ohne Irrtum unvollkommen genannt werden. Das ist ein sehr starker Beweggrund zum heiraten. anth. IV, 22,24. Aus dem gleichen. Heiraten ist nützlich, denn 1. bringt es göttliche Frucht in den Kindern, die uns erfreuen und im Alter pflegen. 2. Das Leben bringt mancherlei Verdrießlichkeiten mit sich, draußen und daheim, yjvrj Ss. rcapoüaa |X£ydcXY) yivexai xai Tipig xauxa TtapYjYopia. Jeder Mensch bedarf zu einem einigermaßen lebenswerten Leben zweier Dinge, 1. verwandtschaftlicher Hilfe, 2. mitfühlender Gesinnung. Beides bietet die Ehe. Aber das eheliche Leben ist auch schön, nicht nur wegen allerlei äußeren Schmuckes, sondern wegen der xoivwvia der Ehegatten. Das bestätigt schon Homer. Die E h e ist keineswegs eine Last, vielmehr geeignet, Lasten zu mildern. Wenn sie trotzdem kaum zu ertragen ist, so liegt das nicht daran, daß es von Natur aus so sein müßte, sondern weil
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man nicht zueinander paßt. Wenn man freilich nicht der Kinderzeugung und des gemeinsamen Lebens wegen heiratet, sondern wegen der Mitgift, der außerordentlichen Schönheit usw., dann führt man durch seine schön geschmückte Tür einen Haustyrannen anstatt eines Weibes hinein. „Es ist klar, daß die Ehe nicht von sich aus, aber durch solche Dinge für viele schwer und unerträglich wird." „Man soll aber, wie das Sprichwort sagt, das Unschuldige nicht beschuldigen." Auch sonst entgeht uns viel Schönes und Nützliches, wenn wir dies uns von den Göttern auferlegte Gesetz verachten. anth. IV, 24, u. Hierokles. In dem Topos itepi ys fovaixi xai TExvcig xprjatdov vorhanden gewesen ist. (S. S. 41). Das Buch beschäftigte sich jedoch nicht nur mit „Sozialethik". Es läßt sich zeigen, daß ein Kapitel, welches wir vielleicht „Individualethik" nennen würden, vorausgegangen war. Diese Annahme läßt sich folgendermaßen begründen: 1. in dem Abschnitt ecl. I, 3, 53 findet sich der Satz: Uta xöv dcpetwv xal fj diiexanTtoaia xal ÜNT 14: W e i d i n g e r .
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V. Haustafeln in der Philosophie des Hellenismus.
2 . Ps.-Musonius, nayxpaxiSifl, § 8 , Hense S. 1 4 1 : cpiXoaocpeZ {lèv y à p 6 xfjs èxxafràpaewi; xoö Xòyou è7ti|xeXoófi.£Vog x a t l7ttxYjSeuwv Xóyov ¿pfróv, 6 8 ' ¿TU[J,£XOU[Ì£VO£ Xóyou éauxoù xe iSjxa èra^eXsìxai x a l uaxpiSo? x a i Tcaxpàj x a l àSeXcpwv x a l cpÉXwv x a l cruXXaßovxi eìueTv TCCCVXCOV. E i n e Aufzählung dessen, w a s zur Philosophie g e h ö r t . Die E t h i k ist bezeichnet mit e i n e m S c h e m a , das der Aufzählung d e r Haustafeln ähnlich ist. W i e i m V e r w a n d t e n k a p i t e l des Hierokles findet eine A u s d e h n u n g bis zu kosmopolitischen Beziehungen statt. 3. E i n e ganz ähnliche Pflichtenaufzählung steht schon v o r h e r : üayxpaxiSig, § 5, Hense S. 1 3 9 : a ò x o ù ; Ì7teaxe[i[ilvous x à tì-eìa x a l x à dcvfrpiòixiva n p i g jxèv freoùs euaeßefo x a l óatóxYjxi xoo^eTatì-at, Ttpò; àvfrpÓTOUi 8è Stxatoauvfl x a l ¿atóxrjxi, x a l TiaxpiSa ¡lèv Yovéwv Tcpoxt|xàv, [xal aòxwv xoOxo ßouXYjaojilviöV xwv yovéwv eiftep aweppovoiev,] yovst? Sè XÉÙV otxeiwv x a l auyyev&v, aòxffiv ók xffiv Y o v ^ w v xw Ttaxpl xò Ttpeaßeiov àitovljiovxas, xxX. 4 . Dio C h r y s o s t o m u s will a m E i n g a n g seiner B e d e rcepl dcpExiis eine k u r z e Z u s a m m e n f a s s u n g der T u g e n d geben. Seine Aufzählung läuft in d a s gleiche S c h e m a aus. E r k l a g t : ¿rafrufioöai ßeßaiöTüjs. „Eine von den Tugenden war" kann nur auf vorher aufgezählte Tugenden verweisen. 2. in dem Verwandtenkapitel anth.IV,27,23 war das Bild von den konzentrischen Kreisen gebraucht. D e r erste Kreis w a r : xo xe oä>(ia xai t a xoö aÄ|iaTO£ §vsxa 7tapstXrj|j.eva, dann erst folgen im zweiten Kreis T 0 V £ i S, ASeXyot, Yuvi1> icatSss usw. Hier i s t also mit dem Bild, das H. benützt, um seine Erörterung zu begründen, gleichzeitig ein Aufriß der E t h i k gegeben, der dem unsrigen ungefähr entspricht. P r ä c h t e r glaubt nun, in diesem Abschnitt folgendermaßen l e s e n zu m ü s s e n : (Bote sipnjxat Sta auvx6|icüv 'jno&rjxrj aacprjs, itw j ypi) Tipciacpepea&ai auYYevdatv. inet itpoeSiSäxibjiiev, K&g xe y^prpzim a&xotj, xai neos yoveöoi xal dSeXipoTs usw. Die Änderung gegenüber dem Meinecke'schen T e x t betrifft nur eine andere Wortabteilung und die Änderung eines Spiritus, ergibt aber an Stelle des vorher unverständlichen T e x t e s einen ganz klaren Sinn. Auch hier finden wir wieder einen V e r w e i s auf ein K a p i t e l : raös Xpijotiov aöxotj. „Es liegt nahe, diesen T e i l für identisch zu halten mit der aus ecl. 1 , 3 , 53 nachgewiesenen Tugendlehre, insofern sich Tugenden und L a s t e r in letzter I n s t a n z als richtiges und unrichtiges Verhalten gegenüber der gegebenen eigenen Individualität darstellen. Diese Tugendlehre wird den ersten Hauptteil des W e r k e s gebildet und die nach Kreisen geordnete Pflichtenlehre wird sich unmittelbar angeschlossen haben." (Prächter.)
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V. Haustafeln in der Philosophie des Hellenismus.
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