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German Pages 65 [80] Year 1940
S T U D I E N Z U R
V O L K S L I E D BEIHEFTE
F O R S C H U N G ZUM
J A H R B U C H F Ü R VO L K S LI E D F O R S C H U N G
MIT UNTERSTÜTZUNG VON WOLFGANG SCHMIDT UND ERICH SEEMANN HERAUSGEGEBEN VON
JOHN MEIER
HEFT 3
DR. M A R T I N
DAS
HAGEDORN
PERCY-FOLIO-MANUSKRIPT
1940
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. B E R L I N
D A S
P E R C Y -F O L I O -
M A N U S K R I P T
DIE STELLUNG DER VOLKSBALLADEN DES PERCYFOLIO-MANUSKRIPTS IN DER ENGLISCH-SCHOTTISCHEN VOLKSBALLADEN-TRADITION
VON
DR. MARTIN HAGEDORN
1940
W A L T E R D E G R U Y T E R & CO. B E R L I N
D 5
Druck von Konrad Triltsch, Würzburg-Aumühle
Meinem Vater und Lehrer, Studienrat F . W . Hagedorn, in Dankbarkeit gewidmet
Inhaltsverzeichnis. Vorwort.
Seite
A. Das Percy-Folio-Manuskript. 1. 2. 3. 4.
Beschreibung des MS. ( § 1 ) Der Inhalt des MS. ( § 2 ) Child's Urteil über das MS. (§ 3) Die Volksballaden (§ 4)
,
1 2 3 4
B. Die erzählenden Vortragsballaden. 1. 2. 3. 4. 5.
Ritterliche Abenteuerballaden ( § 5 ) Volkstümliche Abenteuerballaden ( § 6 ) Historische Balladen ( § 7 ) Outlaw-Balladen ( § 8 ) Zusammenfassung ( § 9 )
5 9 11 13 18
C. Die Liebesballaden. 1. Die zwiefache Fragestellung (§ 10) 19 2. Interpretation der Fassungen des PFMS. (§§ 11—17) 20 3. Die Volksläufigkeit der Fassungen des PFMS. (§§ 18—23) 26 a) Die lückenlose, durchgehende Erzählung (§18) 26 b) Gemeinstrophen und Formeln (§19) 29 c) Die sinnrichtige Anwendung des Formelgutes (§20) 31 d) Die Häufung und Verwertung der Motive ( § 2 1 ) 33 e) Zusammenfassung (§ 22) 34 f) Exkurs (§23) 35 4. Vergleich der PFMS.-Fass. mit den Fass. der schottischen Überlieferungslandschaften (§§ 24—30) a) Die Auswahl der Balladen (§24) 36 b) Germanische und christliche Anschauungen (§ 25) 37 c) Die Gestaltung schicksalshaften Geschehens (§26) 41 d) Das Tempo der Fass. des PFMS. ( § 2 7 ) 45 e) Der Ton der Fass. des PFMS. (§28) 48 f) Die soziale Schicht der Träger der Fass. des PFMS. ( § 2 9 ) 49 g) Zusammenfassung (§ 30) 51 D. Die Überlieferungslandschaft der Balladen des PFMS. 1. Die Preislieder aus dem Repertoire der Hausminstrels der Lathom (§31) 2. Einzelzüge in den Volksballaden (§32) 3. Zusammenfassung (§33)
Stanleys of
58 58 60
E. Die Entstehung des PFMS. (§34)
61
Literaturverzeichnis
64
Verzeichnis der Abkürzungen
65
Vorwort. Thomas P e r c y , damals Pfarrer in Easton Maudit, später Bischof von Dromore in Irland, fand 1757 auf dem Boden unter dem Schreibtisch seines Freundes Humphrey P i 11 aus Shiffnal in Shropshire ein altes MS., mit dessen Blättern die Dienstmädchen das Feuer anzuzünden pflegten; dieses MS. ist unter dem Namen Percy-Folio-Manuskript (PFMS.) bekannt geworden. Percy las darin, entdeckte alte Gedichte, die ihn interessierten, und ließ sich die verstaubten und zerfressenen Blätter schenken. Er arbeitete sie genau, eifrig und mit heller Begeisterung durch, sammelte noch andere Gedichte aus alter Zeit und gab 1765 einen Teil dieser Gedichte in eigener Bearbeitung heraus: Reliques of Ancient English Poetry: Consisting of Old Heroic Ballads, Songs, and other Pieces of our earlier Poets ... Dieses Werk, das 1794 schon in der vierten Auflage erschien — in dieser Auflage dem Originaltext des PFMS. wieder mehr angeglichen') —, hatte als eines der ersten Sammelwerke der Volkspoesie einen kaum darstellbaren Einfluß auf die Literatur des 18. Jahrhunderts — nicht nur die englische, sondern auch in ganz besonderem Maße auf die deutsche2); es regte an zu einer Neuformung und Vertiefung des Kunstgeschmacks, zu einer neuen Theorie der Kunst, es wurde Vorbild für viele unserer größten Dichter. Es ist verständlich, daß ein solches Standardwerk der Literatur schon öfter bearbeitet worden ist. Die Frage, die dabei gestellt wurde, war vor allem: Wie hat Percy das MS. bearbeitet? Das Ergebnis, er habe es auf den literarischen Geschmack seiner Zeit abgestimmt, habe es hoffähig gemacht, ist in den Geständnissen des Dichter-Bischofs schon vorweggenommen3). Wenn auch ab und zu bei diesen Untersuchungen über die editoriellen Eingriffe Percy's einige Bemerkungen über die Vorlage, das PFMS., abfielen, so geht doch schon aus dem Zwiespalt zwischen dem anerkannten Wert, der ergreifenden und oft bewunderten Wirkung dieser Dichtungen einerseits und den Ergebnissen der Literaturgeschichte andrerseits hervor, daß das Wesentliche dieVielleicht war diese Angleichung das Verdienst des Neffen, Thomas Percy. Vgl. Hustvedt I, S. 195. 2 ) Vgl. Wagener, a. a. 0. 3 ) Vgl. besonders die Arbeiten von G. Schmidt und M. Willinsky. Wie sich Percy und seine Freunde ihre Aufgabe dachten, zeigt folgendes Bekenntnis aus einem Brief Shenstone's: For my own part, I ever considered Your old MS. as the noblest treasure in a Poefs hands. Vgl. Hecht, S. 75.
ser Dichtungen nicht erkannt und gefaßt wurde. Die Entdeckung des polishing Bischof Percy's kann nicht wesentlich sein f ü r Dichtungen, die gerade wegen ihrer .kunstlosen', unberührten Urwüchsigkeit bewundert wurden, sondern sie gehört zur Bestimmung der Buchliteratur des 18. Jahrhunderts — die aber gerade durch jene andere Dichtung, die ,buchlose Volksdichtung', eine Wandlung erfuhr. Die Fragen, die an ein solches Werk am Wendepunkt einer ganzen Literätur gestellt werden können, sind anderer, grundsätzlicher Art. Sie gehen auf das Wesen der Dichtung und ihre Aufgabe im Volk überhaupt; sie fragen nach dem Verhältnis von Mensch und Dichtung, von Volk und seiner Literatur, nach dem Wirken der Dichtung auf das Seelenleben des Volkes, nach der Vorstellungswelt und dem gemeinsamen dichterischen Ausdrück, die einer ganzen Gemeinschaft eigen waren. Diese Fragen werden heute von der Literaturwissenschaft aufgenommen. Ihre Antworten sind wesentlich als Teilergebnisse f ü r das Gesamtbild vom Volk, das uns die Volkskunde entwerfen will — und werden fruchtbar als Erkenntnisse für die Volkserziehung durch die Dichtung. Was H e r d e r und andere Denker der .deutschen Bewegung' als großen Gedanken in sich trugen, instinktiv gefunden aus einem Sinn für die ,Echtheit' einer Dichtung, will die Wissenschaft von der Volksdichtung greifbarer fassen. Herder sagt von den Liedern der Reliques, es seien Stücke, die ,gar nicht ihres Gleichen haben! An Einfalt, Rührung, Nothdrange ans Herz, Accenten und langen Nachklängen f ü r die innigbewegte Seele! . . . An Sprache, Ton und Inhalt sind sie Denkart des Stammes oder gleichsam selbst Stamm und Mark der Nation. Wer an ihnen wenig oder nichts hat, zeigt, daß er damit All mit All nichts habe' 4 ). Herder sagte das von den Liedern der Reliques, wir können und müssen heute weiter zurückgehen, weiter zurück zu der Dichtung, wie sie im Volke als lebendiger Vortrag wirkte. Einen Schritt dazu soll diese Arbeit tun, die sich mit der Vorlage zu den Reliques beschäftigt. So glaube ich die heutige englische Volksballadenforschung umreißen zu können. Es geht daraus hervor, in welchen großen Rahmen sich diese Arbeit stellen möchte. Im Mittelpunkt ihrer Untersuchungen steht die Frage nach der ,Echtheit' der im PFMS. erhaltenen Volksballaden, die Frage danach, welche Stufe der Volkläufigkeit und welche Funktion diese Lieder erreicht haben; ferner die Frage danach, welche Besonderheiten sich im Laufe dieser kurzen Volkläufigkeit ausgebildet haben. Unsere Ergebnisse erlauben uns wesentliche Schlüsse auf die Entstehung unseres Manuskripts.
4 ) In der Vorrede zu den alten Volksliedern; Ausgabe von Suphan, Berlin 1885, Bd. 25, S. 7 f.
A . Das Percy=Folio ^Manuskript. § 1.
1) Beschreibung des MS.
Das PFMS. wurde, nachdem es gedruckt war, von den Nachfahren Bischof Percy's an das Britische Museum verkauft und liegt dort unter Add. 27, 879. Über sein Aussehen, seine Geschichte nach seiner Auffindung durch Percy und die Ergebnisse der bisherigen Untersuchungen berichten das Vorwort der gedruckten Ausgabe und, soweit es mit Percy im Zusammenhang steht, die Arbeiten von G. S c h m i d t , M. W i l l i n s k y , H . M a r w e l l 1 ) . Hier wird nur kurz angeführt, was f ü r unsere Untersuchung wichtig erscheint und zum Verständnis einzelner Anmerkungen notwendig ist. Das PFMS. ist um 1650 nach Diktat aufgeschrieben worden. Eine flüchtige Dialektuntersuchung scheint auf den Dialekt der Grafschaft Lancashire hinzuweisen. Der Schreiber war mit der Rechtschreibung nicht sehr vertraut; vor allem haben sich eine Reihe von Fehlern eingeschlichen, die durch ungenaues Zuhören erklärt werden müssen. Fast zwei Seiten des MS., Sir Degree von Z. 526 bis Z. 676 sind von fremder H a n d geschrieben 2 ). Percy vermutete in dem Schreiber Thomas B1 o u n t , einen vielseitigen Juristen, Sammler von Volksaltertümern, Philologen und Dichter. Mr. Humphrey Pitt, in dessen Hause Percy das MS. fand, habe von einem Nachfahren oder Verwandten jenes Dichters Blount, einem Apotheker in Shiffnal, eine Bücherei erworben, die ursprünglich in dem Besitz jenes Dichters Thomas Blount gewesen sei; Pitt glaube, daß das MS. zu dieser Bücherei gehört habe 3 ). Die Herausgeber wenden gegen diese Vermutung Percy's ein, daß man einem anscheinend so hochgebildeten Mann wie Thomas Blount die schlechte Abschrift nicht zumuten könne 4 ). Percy selbst ist diesem Einwand schon begegnet; er vermutet, daß Blount . . . had employed his clerk in writing the transcripts, who was often weary of his task5). Wir wissen nicht, ob Blount jemals in Lancashire oder Cheshire gewesen ist, also dort, wo die VB. des PFMS. vorgetragen wur') S. Literaturverzeichnis. 2) Vgl. HF. III, 37, Anm. 1, und HF. III, 42, Anm. 1. ) Die Bemerkungen Percy's befinden sich auf der Umschlagseite des MS.; sie Bind abgedruckt bei HF. I, LXXIV. *) HF. I, XIII f. 5 ) Eine Anmerkung Percy's in den Reliques, abgedruckt v o n Wheatley, I, S. 12, Anm. 2. a
t
den 6 ). Dadurch wurde auch Percy in seiner Vermutung unsicher: N. B. . . . I find that Tho.s Blount, ..., was a Herefordshire Man; He may however have spent much of his time in Cheshire or Lancashire: or after all this Collection may have been made by a relation of his of the same Name3). In den nachgelassenen Schriften Blount's wird das PFMS. nicht erwähnt; es wäre möglich, daß er es später erworben hat, vielleicht aus Interesse an einem Zeugnis des in seinen Büchern so ausführlich dargestellten Chester Fair''). Unsere Schlüsse sind jedoch unsicher, vor allem, weil die Aussagen von Humphrey Pitt über die Zugehörigkeit des MS. zu der Bücherei Blount's nur wahrscheinlich, aber nicht unbedingt sicher sind 8 ). Als Percy das MS. fand, waren die ersten fünf Seiten und die untere Hälfte der ersten 58 Seiten bereits vernichtet, andere Seiten fast unleserlich. Percy selbst entfernte einige Seiten ...in sending the subsequent piece (King Estmere) to the Press*). Auch diese Blätter sind verloren. Aus Abweichungen von der genauen Textgestalt in einigen Liedern, deren Verfasser und Text wir kennen, müssen wir schließen, daß das MS. nicht nach gedruckten Vorlagen, sondern nach mündlichem Vortrag aufgezeichnet wurde. Ebenso können wir dem Schreiber keine Änderungen zutrauen. Er schrieb unkritisch und sehr-flüchtig auf, was ihm diktiert wurde; er schrieb oft they für the oder umgekehrt oft foeman für foreman usw. 10 ). Das Diktat scheint oft zu schnell für den Schreiber gewesen zu sein, und er mußte einige Zeilen auslassen. (Z. B. in Ch. Nr. 48). Es scheint also, als ob auch der Diktierende kein besonderes Interesse an einer genauen Aufzeichnung der Lieder gehabt hätte, da sonst sicher solche Unklarheiten durch langsameres Diktat und Zwischenfragen hätten ausgemerzt werden können; auch kann der Schreiber nicht gleichzeitig der Sänger gewesen sein, da er sich dann sicherlich mehr um den Sinn seiner Worte ( f o r e m a n — foeman) und um die Vollständigkeit der Verse bemüht hätte.
§ 2.
2) Der Inhalt des MS..
G r u n d t v i g urteilt in einem Briefe an C h i l d : Only it is a pity that the publication (des PFMS.) itself was not left in your hands. No doubt then the results would have been a great deal better, and the really valuable parts of the MS., which are comparatively small, would not have been chocked by the immense heap of rubbish, mixed up with it: the many insignificant or «) Vgl. § 33. Über Blount unterrichtet das DNB. unter Thomas Blount (gest. 1679). Vgl. § 3 4 . 3 ) F ü r eine sichere Bestimmung der Geschichte des MS. würden die Randbemerkungen wichtig sein, durch die sich spätere Besitzer verewigten: HF. II, 300 (der Name Revell), HF. III, 41, Anm. 7. Wir wissen sie nicht zu deuten. ®) HF. II, 200, Anm. 1. 1 0 ) Im Vorwort, HF. I, X I I I , sind weitere Beispiele zitiert.
2
utterly worthless late transcripts of old metrical tales and romances, preserved elsewhere in much older and far better texts ... "). Zu den von Grundtvig so kritisierten late transcripts of old metrical tales and romances gehört eine große Anzahl von umfangreichen Romanzen; es sind vor allem Bearbeitungen des Arthurstoffes, zum Teil in strophischer, zum Teil in unstrophischer Form. Sie nehmen den größten Teil des MS. ein. Sie waren in später Zeit vielleicht im Volke bekannt, werden von ihm aber nie gesungen worden sein, sondern werden sich, wenn nicht gar durch den Druck, von dem Minstrel v a t e r auf den Minstrel s ö h n vererbt haben. Eine andere Gruppe von Gedichten läßt sich unter dem Begriff Kavalierpoesie zusammenfassen. Es sind Kurzgedichte von Liebe, Falkenjagd usw.; sie waren zur Zeit Karls I. sehr beliebt. Die wichtigsten Vertreter dieser vor allem lyrisch tätigen Gattung sind Cleveland, Carew, Lovelace, Suckling, Denham, von denen sich auch im PFMS. einige Gedichte finden 12 ). Wir können jedoch unter Kavalierpoesie nicht alle Kurzlieder des PFMS. zusammenfassen; eine ganze Reihe von ihnen — fast der ganze Band I V — sind zotige Straßenlieder, die ihren Platz bei einem zotigen Saufgelage einer übermütigen Männergesellschaft haben. Sie müssen im Schlußkapitel noch einmal erwähnt werden. Die für uns wichtigen Lieder sind die Volksballaden, die den Druck des MS. vfranlaßt haben. Es ist also ein großer Mischmasch von unterhaltsamen Vortragsliedern. Irgendeine Ordnung und Gliederung gibt es in dem MS. nicht; nur die RobinHood-Balladen sind von p. 5 bis p. 23 zusammengestellt; dann folgen die öbenbeschriebenen Lieder in buntem Durcheinander, wobei nur auffällt, daß die von Child ausgewählten VB. gegen Ende des MS. seltener werden. § 3.
3) Child's Urteil über das MS..
Nach großen Bemühungen gelang es den Herausgebern, von den Nachfahren Bischof Percy's die Erlaubnis zum Druck des MS. zu bekommen 13 ). Der unermüdliche motor der Herausgabe war F. J . Child: The cause of the printing of Percy's MS. ... was the insistance, time after time, by Professor Child ... " ) . Child hielt es für unmöglich, sein großes Sammelwerk der VB. herauszugeben, ohne das PFMS. darin verarbeiten zu können. Sein Biograph K i t t r e d g e berichtet: No progress, he was convinced, could be made till recour.e could be had to manuscripts, and in particular to the Percy MS. Accordingly he directed his most ernest efforts to securing the entire contents of the famous foliols). « ) Brief vom 17. II. 1872; vgl. Hustvedt II, 243. is) Vgl. die Dissertation von W. R i c h t e r , a.a.O.. is) Vgl. HF. I, IX ff., und Hustvedt II, 118 ff., 127 ff.. HF. I, IX. TJ) ESPB. I, XXVII. Child widmete den ersten Band seines Werkes dem Heraus-
3
Child hielt das PFMS. für das wichtigste Volksballadenmanuskript überhaupt. In der Ankündigung zu seinem großen Sammelwerk sagt er über die Schwierigkeiten eines solchen wissenschaftlichen Unternehmens: The sequestra-
tion of the Percy
MS. forbade
such an undertaking
...,
that of
Motherwell
second only in importance to the Percy " ) . Was das MS. für Child so wertvoll machte, war — abgesehen von der großen Zahl der bis dahin unbekannten und nur im PFMS. erhaltenen B. — die weder von einem Sammler noch von einem Herausgeber getrübte Unberührtheit desTextes, waren die genuine
readings. We gained as much through the restoration by the discovery of pieces till then unknown w).
§ 4.
of genuine
readings
as
4) Die Volksballaden.
Das PFMS. enthält Lieder der verschiedensten Gattungen, und gerade in diesem MS. scheint die von Child getroffene Auswahl unbegründet. Child konnte uns die Kriterien dieser Auswahl nicht mehr mitteilen 1? ), aber wir müssen uns auch' in dieser Arbeit auf die Autorität seines Werkes berufen. Die bisherige VB.-Forschung bestätigt, daß Child die volkstümlichsten B. ausgewählt hat. Child gibt von den im PFMS. erhaltenen 195 Gedichten 48, einschließlich der 4 im Appendix angefügten und der verlorenen B. Ch. Nr. 60
King
Estmere.
Nach Gehalt und Form teilen wir ein: 1) Ritterliche Abenteuerballaden; 2) Volkstümliche Abenteuerballaden; 3) HistorischeBalladen; 4) Robin-HoodBalladen; 5) Liebesballaden. In den ersten 4 Gruppen haben wir die große Zahl der langen, erzählenden Vortragsballaden zusammengefaßt. Wir konnten sie als Gruppe behandeln, weil sie — entsprechend ihrer Eigenart als Vortragsepen, die nur selten vom Volke aufgenommen und zu mehreren Fass. zersungen wurden — meist nur eine Fass. haben, und weil dadurch ihr Vergleichsmaterial nicht so reichlich ist, ihre Probleme nicht so verwickelt sind. Die Liebesballaden, Gruppe 5, gehören als Gruppe zu den mehr liedartigen simple ballads; von ihnen sind viele Fass. überliefert; sie zeigen eine größere Verbreitung und eine längere Volkläufigkeit. Wir haben hier einmal die Möglichkeit, die Fass. des PFMS. zu vergleichen mit Fass., die um Jahrhunderte länger volkläufig waren; zum andern können wir sie Fass. aus anderen Überlieferungslandschaften gegenüberstellen. Wir widmen ihnen deshalb ein besonderes Kapitel. (C) geber des PFMS., F u r n i v a 11: Without the Percy MS. no one would pretend to make a collection of the English Ballads . . . . Er schreibt an Grundtvig: No sooner had 1 printed my hastily gathered eight volumes than l set to work to have the Percy MS. printed. (Vgl. Hustvedt II, 262.) 1 6 ) Dieser Prospectus ist in dem Exemplar des engl. Seminars Bonn am Schluß des 1. Halbbandes gebunden. « ) Vgl. W. Schmidt, Anglia, § 2, § 14.
4
B. Die erzählenden Vortragsballaden. § 5.
1) Ritterliche Abenteuerballaden.
Der Stoff dieser VB. hat als letzte Quelle die Heldenlieder der französischen Troubadours. In England ist er in späteren Jahrhunderten immer wieder bearbeitet worden, z. T. nur aus dem Französischen übersetzt, z. T. von englischen Dichtern neu gestaltet worden. Ausführlich wurde er dargestellt in den mittelenglischen Versromanen, verkürzt und zusammengedrängt in den sog. Ritterromanzen; er fand schließlich seine letzte Form in den VB.. Im PFMS. finden wir alle Stufen dieser Entwicklung, von dem Versroman in unstrophischen Reimpaaren abab (Libius Disconius, 2378 Verse; Merline, 2271 Verse) bis zu den VB.. Zu dieser Gruppe gehören: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7.
Ch. Ch. Ch. Ch. Ch. Ch. Ch.
Nr. 30: Nr. 18: Nr. 31: Nr. 59: Nr. 60: Nr. 29: Nr. 61:
King Arthur and King Cornwall, p. 24, HF. I, 61; Sir Lionell, p. 32, HF. I, 74; The Marriage of Sir Gawaine, p. 46, HF. 1,103; Sir Aldingar, p. 68, HF. I, 165; King Estmere, p. 251 ff. (verloren), HF. II, 600; Boy and Mantle, p. 284, HF. II, 301; Sir Cawline, p. 368, HF. III, 1.
Die Fass. des PFMS. dieser Gruppe sind alle längere Balladenepen; Ch. Nr. 30 hat z. B. etwa 160 Strophen, Ch. Nr. 31 etwa 110. Sie sind von einem echten Volkslied noch weiter entfernt als die historischen B.. Ihre Funktion war sicherlich — wie der Stoff und formale Reste — die der Romanzen: Festvortrag in einer Rittergesellschaft. H a i e s sagt von ihnen: He (d. i. Robin Hood) became the hero of the commons as King Arthur of the higher classes. As the aristocratic period passed away, and the third estate advanced in power and importance, the great yeoman rivalled the great knight1). Child, vorsichtig und genau in seinem Urteil, bestätigt dies für Nr. 29, 30 und 31: This ballad and the two which follow it are clearly not of the same rise, and not meant for the same ears, as those which go before. They would come down by professional rather than by domestic tradition, through minstrels rather than knitters and weavers. They suit the hall better than the bower, !) HF. I, 6. 5
the tavern or public square better than the cottage, and would not go to the spinning-wheel at all*). Es finden sich nicht nur stoffliche Zusammenhänge mit den Romanzen, sondern auch formale Reste. Für Nr. 61 bemerkt Child: Sir Cawline may possibly be formed upon a romance in stanzas, (dazu die Anm.:) to this suggestion the actual form of stanzas 8, 11 lends a faint plausibility 3 ). Die sechszeilige Strophe 8 zeigt den Reim abccab, die fünfzeilige Strophe 11 aabba. Es kommt wohl auf das Schuldkonto des Sängers, der aus der Romanze eine B. machte, daß zwei echte Balladenstrophen vorausgeschickt wurden, daß verbal peculiarities, eking out the measure with half articulated syllablesl) eingefügt wurden; diese Spuren sind in der Fass. des PFMS. noch zu erkennen, ein Zeichen dafür, daß sie der Vortragsform der reinen Minstrelballade noch sehr nahe steht. — In der Fass. A der B. Ch. Nr. 18 finden wir das einzige Beispiel für einen Zweizeiler mit Refrain unter den VB. des PFMS.. Der Refrain ist dabei sehr einsichtig: Blow
thy hörne, good
hunter.
hunter5).
As I am a gentle
Wir dürfen hier wohl mit Recht annehmen, daß die Vortragsform dadurch entstand, daß der Sänger eine zunächst unstrophische Romanze mit diesen Zeilen ,untersingen' ließ; das Ergebnis der Untersuchungen von C h a p p e l und die Schreibweise unseres MS. sprechen sehr dafür 6 ). Die Fass. des PFMS., Nr. 18 A, können wir gegenüberstellen drei volkläufigen Fass., traditional copies, die etwa zwei Jahrhunderte später aufgezeichnet wurden. Folgende Tabelle verdeutlicht die Unterschiede: Strophe: Ein Ritter hat drei Söhne; einer
2
) ) *) B )
B
C
1
1 Hugh the Graeme, (u. a.) 9
1 Robert Bolton, 2
—
—
Lionell,
reitet im Wald auf Abenteuer aus, entdeckt einen erschlagenen Ritter und eine klagende Lady. Sie erzählt, ein Eber habe ihren Ritter getötet. 3
A
2,3 4 5 6—11
D (As I went. — — —
—
2
1
—
3
2
ESPB., Vorwort zu Nr. 29. ESPB., Vorwort zu Nr. 61. Vgl. ESPB., Vorwort zu Nr. 61. Vgl. Nr. 18 B: , Hey nien
nanny
And the norlan flowers spring bonny. «) Vgl. HF. I, 74 f., und die Schreibweise HF. I, 75, Z. 1, 2. Ein ähnlicher Fall, wobei das PFMS. den Refrain nicht wiedergibt, findet sich HF. III, 487, vgl. A. 1.
6
Strophe:
A
Sir L. besinnt sich in einem Monolog auf seine Ritterpflichten, er bläst ins Horn, der Eber kommt. Er erschlägt ihn. Der Besitzer, eine rachedurstiger Riese, fordert drei Dinge als Buße. L. oi^mcuc j-i. schiebt L den LGII xvampi Kampf ciLLi, auf, k o m m t nach 14 Tagen zurück. Er gibt der Lady Verhaltungsmaßregeln für den Kampf und erschlägt den Riesen.
B
C
D
5—7
3—6 7—8
12—19 (verloren) 10—11
20—22 —29 —34
14—16 —19
—39 (verloren)
— 20
8—10
12
16
11
Die volkläufigen Fass. (B, C, D) haben durch Auslassen von Motiven und durch kürzere Wiedergabe der Ereignisse die Erzählung verkürzt. A (PFMS.) hat mehr als die dreifache Strophenanzahl. In allen späten Fass. fehlt der Monolog Sir Lionells, in dem er sich entscheidet, nach rechter Ritter Art die Lady zu beschützen (A 18): 'Sir Egrabell', he said, 'my father He never left lady in suck a
was; case.'
In B fehlt die Lady, um derentwillen der Kampf in A geschieht; in C 2, D 1 ist sie nur als Erzählerin und Übermittlerin der Nachricht eingeschoben und spielt später keine Rolle mehr, während A 29 (PFMS.) wieder auf sie als den eigentlichen Anlaß zu dem Kampf hinweist, A 37—39 sie als aufmunternde Zuschauerin an ihm teilnehmen läßt, und —wir stimmen mit Child überein — The last quarter of the Percy-copy would, no doubt, reveal what became of the lady, who was sitting in the tree, as to which the traditional copies give no light7). So ist in der Fass. des PFMS. der typische Grundgedanke einer Ritterromanze — vor allem des Arthurkreises —, der Kampf mit Eber und Riese um die Befreiung eines Ritterfräuleins, erhalten. Auch einzelne Motive, die nur in A vorhanden sind, sind das Erbe der Romanzen: A 21, der kleine Finger als Siegeszeichen, findet sich z.B. in Eger and Grine, HF. 1,341; die ererbte Stärke und Abenteuerlust, das Durchbrechen der edlen Abstammung ist der beständige Grundgedanke aller Romanzen') — wogegen die volkläufige Fass. B in dem Abenteurersohn einen Tunichtgut sieht Die wild woman oder old lady (C 11, D 9) der volkläufigen Fass. ist kein Gegner für einen Ritter, sondern erinnert eher an alte Volkssagen (Grendel). Sir Egrabell, Sir Lionell sind Namen, die in den Romanzen vorkommen, während die Namen in B: Isaac-a-Bell, Hugh the Graeme und in C: Robert Bolton eher an ?) ESPB., Vorwort zu Nr. 18. «) Schon W r i g h t machte diese Beobachtung. Vgl. HF. II, 405, Anm. 1. In der Fass. des PFMS. der Borderballade Jock o the side, Nr. 187 A, wird dieses Motiv in den Mittelpunkt gerückt; vgl. A 24: But the worst of us wax counted a man. •) Vgl. B l : . . . o sma fame und die folgenden Str.. , 7
die Namengebung der volkläufigen Borderballaden erinnern. Auch in der Kampfszene hat sich die Darstellungsweise der Romanzen in der Fass. des PFMS. erhalten. Die vorläufigen Fass. schildern den Kampf als eine sehr einfache Sache: Man schlägt dem Unhold einfach den Kopf ab (s. D 10). Bei ähnlichen Darstellungen in den Romanzen ist mehr Spannung; zunächst muß der Ritter einmal selbst in Gefahr kommen, aus dem Sattel geworfen, seiner Waffen beraubt oder ernstlich verwundet werden. Die gleiche Darstellung wird sich in den verlorenen je 19 Strophen zwischen A 19 — A 2 0 und nach A 39 der PFMS.-Fass. befunden haben; ebenso kommt der Ritter in A 23 in Gefahr, und als Spannung schaffendes, retardierendes Moment folgt der Aufschub des Kampfes, der nur noch in B 18—19 erwähnt wird, hier jedoch seine Aufgabe verloren hat. Der Vergleich der PFMS.-Fass. 59 A mit der von S c o t t aus der mündlichen Uberlieferung aufgenommenen Fass. 59 B w ) ergibt das gleiche Ergebnis. Die Fass. des PFMS. ist wiederum die längere; 53 Strophen gegenüber 34 von B. Gestrichen sind in B die ritterlichen Motive, die die Fass. des PFMS. liebevoll ausbaut: Der Traum der Königin von dem kleinen Falken, der Rettung verheißt (A 18 ff., ein Motiv, das gerne aus der ritterlichen Dichtung übernommen wurde); der Kampf des kleinen Menschen (A 38 little child) mit dem unbeholfenen, riesigen Aldingar (A 41 as bigg as a fooder). Das "Wunderbare der Romanze, die Heilung des lame lazar, fehlt in B, und an ihre Stelle tritt das für die Sänger von B Näher liegende: Nicht die versprochene Heilung lockt den Bettler, sondern der liquor. (B 8) Diese Unterschiede sollen jedoch nicht nur als Auslassung von Motiven und eine dadurch bedingte Änderung des Gehaltes dargestellt werden; sie sind gleichzeitig wichtig für die Form, den Aufbau und den Vortrag. Durch die Ausführlichkeit der Darstellung in den Fass. des PFMS. wird der Gang der Handlung einleuchtender. Lesen wir noch einmal in der Inhaltstabelle von Sir Lionell: Daß der Eber den Ritter der Lady, Sir Browning, erschlagen hat, daß sie dann in den Baum geflohen ist und auf die Hilfe ihrer Verwandten wartet, diese einführenden Tatsachen erfahren wir nur in A (PFMS.)"). Die volkläufigen Fass. denken am Schluß nicht mehr daran, daß da doch eine Lady im Baum saß, die befreit werden wollte; mit dem Tod des Riesen ist die Erzählung aus; nur in A wird sie wirklich gerettet. Ch. Nr. 59 B läßt die Frage offen, warum Sir Aldingar die Königin verderben will. A (PFMS.) sagt es uns — es ist die Rache des Verschmähten — und leitet dann über zur Handlung (A 3): 1 0 ) Trotz der Versicherung Scott's, die Fass. sei of high antiguity, scheint ihre Uberlieferung durch eine Straßenballade unterbrochen zu sein. Eine Diktion wie B 24: The day came on that was to do That dreadful tragedy oder B 3 1 : I do confess my treachery sind typisch für die Straßenb.. " ) W a s können wir uns bei D 2 denken: It is the wild boar that has drove me here? oder bei C 3?
8
Bat he sought what meanes he cold find In a fyer to have her brent.
out,
In A 47 wird diese Erklärung sogar wiederholt. In der volkläufigen Fass. B finden sich dazu noch Widersprüche: Warum will z. B. der König seine Gemahlin verbrennen lassen, da er in B 19, 25, 28 doch nicht an ihre Schuld glaubt? A läßt diese Zweifel ganz aus. Die fünf epischen Einleitungsstrophen der PFMS.-Fass. sind in den volkläufigen Fass. auf eine zusammengeschmolzen. W i r müssen ferner A in sechs verschiedene Szenen einteilen, die in den anderen Fass. auf drei zusammengeschmolzen sind; nachA: 1. — A 15 Gespräch der Lady imBaum, 2. A 16 —? Selbstgespräch Lionell's, 3. (verloren) der Kampf mit dem Eber, 4. A 20—29 der Kampf mit dem Riesen, 5. A 30—39 Befreiung der Lady, 6. (verloren) Lionell erschlägt den Riesen, (7. vielleicht noch eine Hochzeitsszene). In den anderen Fass. finden wir die Dreiszenigkeit einer echten Volksballade: Szene: Fass. B Fass. C Fass. D
Zu Hause. 1—7 — —
Lady. — 1—4 1—3
Eber. 8—11 5—10 4—8
Riese. 12—20 11—16 9—11
Z u s a m m e n f a s s u n g : Aus dieser Gruppe, die im PFMS. mit 7 B . vertreten ist, sind nur wenige B. wirklich volkläufig geworden; eine solche volkläufige Fass. gibt es im PFMS. nicht. Die in diesem MS. erhaltenen Fass. können folgendermaßen charakterisiert werden: In Gehalt und Motiven sind sie den Ritterromanzen nahe verwandt und haben das ritterliche Ethos bewahrt; in ihrem Aufbau sind sie episch, geben eine lückenlose, vollständige und spannende Erzählung; sie vermeiden die Unklarheiten und Widersprüche der volkläufigen Fass.; andere Zeichen der Volkläufigkeit wie die Beschränkung auf drei Szenen, Gemeinstrophen sind an ihnen nicht zu beobachten. Sie sind geeignet als Vortragsballaden in der Hall eines Ritters, dessen Ideale sie bewahrt haben. Uberliefert sind sie wohl durch Minstreis und deren Nachfolger. Im Gegensatz zu den Fass. des PFMS. ließen sich an den volkläufigen Fass. folgende Eigenarten feststellen: Für den Frauendienst und das ritterliche Ethos haben sie das Verständnis verloren; die Erzählung ist lückenhaft, unvollständig und sprunghaft geworden, die ausführlichen Einführungen sind fortgefallen; es stellen sich Widersprüche ein; die Handlung ist auf drei Szenen beschränkt worden.
§ 6.
2) Volkstümliche Abenteuerballaden.
Diese Gruppe schließt sich sehr eng an die vorangehende der ritterlichen Abenteuerballaden an und kann deshalb im Anschluß an diese kurz behandelt werden. Einige stehen der Ritterromanze stofflich sehr nahe: 9
1. Ch. Nr. 107: Will Stewart and John, p. 428, HF. III, 215; 2. Ch. Nr. 109: Thomas of Potte, p. 409, HF. III, 135; 3. Ch. Nr. 271: Lord of Learne, p. 73, HF. 1,180. Jedodi sind sie so stark mit bürgerlich-bäuerlichen Anschauungen durchsetzt, daß wir sie lieber zu dieser besonderen Gruppe rechnen. Das Turnier, der ritterliche Zweikampf, der für die Romanze und die VB. der 1. Gruppe charakteristisch ist, — den die wahrscheinlichste Quelle auch hat 1 2 ), — wird in Ch. Nr. 107 z.B. durch ein Fußballspiel ersetzt; Nr. 271 läßt ihn ganz aus. In Nr. 109 verteidigt anstelle eines Ritters ein poor yeoman seine Braut, die Tochter eines hochgestellten Lords, gegen die Zudringlichkeiten des zweiten Bewerbers Lord Phoenix. Diese B. haben ihre Trägerschicht gewechselt — vom Ritterstand in den Bauernstand — und dadurch ein ganz anderes Gesicht bekommen. Zu dieser Gruppe gehören ferner: 4. Ch. Nr. 45: King John and Bishoppe, p. 184, HF. 1,508; 5. Ch. Nr. 267: The Heir of Lin, p.71, HF. 1,174; 6. Ch. Nr. 273 App. I I I : Kinge and Miller, p. 235, HF. II, 147. Ch. Nr. 45 A (PFMS.) ist unstrophisch, Ch. Nr. 273 I I I in sechszeiligen Strophen (ababcc); die beiden Fass. des PFMS. sind anscheinend von Child nur aufgenommen, um ein Beispiel für eine Ubergangsform von dem Kunstgedicht zur VB. zu geben. Auch die anderen Fass. des PFMS. zeigen den typischen Aufbau, die typische Form und die typische Stoffumwandlung langer Minstrelgedichte, die auf dem Wege zur Straßenballade sind. In der Einleitung weist der Vortragende darauf hin, was er jetzt zu erzählen beabsichtigt: 45 A 1: Off an ancient Störy Ile teil you anon; 107 A 2 : Itt's by two men I sing a song; 1 0 9 A I : All you Lords of Scottland ffaire; 267 A 1: Off all the lords in faire Scottland A song 1 will begin; 271 A 2: 1 teil you all in veretie.
Zwischen den einzelnen aneinandergereihten Strophen finden wir die typischen /jiie-Strophen: Let us leave talking . . . Sie sind unterhaltsam, oft recht humorvoll — aber sie bleiben gehaltlos, bleiben reiner Schwank. "Wir kennen nur eine anscheinend volkläufige Fass.: 267 B ( B u c h a n , C h r i s t i e ) ; diese zeigt im Vergleich mit der Fass. des PFMS. die gleiche Zersetzung der Erzählung, wie wir sie an Ch. Nr. 18 Sir Lionell dargestellt haben. Das epische Element war in diesen B. anscheinend so stark, der Gehalt so unbedeutend, daß das Volk sie als ungeeignet für ein Volkslied empfand. In der uns im PFMS. vorliegenden Gestalt waren sie reine Vortragsballaden. Vgl. ESPB.,
10
Vorwort zu Nr. 271.
§ 7.
1. 2. 3. 4.
Ch. Ch. Ch. Ch.
Nr. Nr. Nr. Nr.
5. 6. 7. 8. 9. 10. 11.
Ch. Ch. Ch. Ch. Ch. Ch. Ch.
Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.
12. 13. 14. 15. 16.
Ch. Ch. Ch. Ch. Ch.
Nr. Nr. Nr. Nr. Nr.
3) Historische Balladen
13 ).
178: 172: 171: 180:
Captain Car, p. 34, HF. 1,79; Mudeboorrowe Ffeild, p. 54, HF. I, 123; Thomas Cromwell, p.55, HF. I, 127; Kinge James and Browne, p. 58, HF. I, 135; dazu eine zweite Fass. 180 II, p. 237, HF. II, 265; p. 112, HF. 1,292; 177: Earle of Westmorlande, 168 II: Fflodden Ffeilde, p. 117, HF. I, 313; 162: Cheuy Chase, p. 188, HF. II, 1; 159: Durham Ffeilde, p. 245, HF. II, 190; 187: John a Side, p. 254, HF. II, 203; 175: Risinge in the Northe, p. 256, HF. II, 210; 176: Northhumberland Betrayed by Dowglas, p. 259, HF. 11,217; 174: Earle Bodwell, p. 272, HF. II, 260; 158: Hugh Spencer, p. 280, HF. III, 187; 166: The Rose of Englande, p. 423, HF. III, 187; 165: Sir John Butler, p. 427, HF. III, 205; 167: Sir Andrew Bartton, p. 490, HF. III, 399.
Bei der Darstellung und Untersuchung dieser Gruppe können wir uns auf die Arbeit von H. E i c k e r 13) stützen, die die historischen Balladen nach für uns wichtigen Gesichtspunkten untersucht. Sie hat sich die Aufgabe gestellt zu untersuchen, ,ob es sich bei der historischen B. der Engländer und Schotten um Volks- oder Sängerballade, um populär oder professional tradition handelt . . 1 4 ) . Das Ergebnis, das vor allem mit Hilfe der O 1 r i k sehen epischen Gesetze der Volksdichtung gefunden wurde, ist: ,Fassen wir also die historische B. im engsten Sinne (— politische B.), so ergibt sich, daß sie sowohl innerlich als äußerlich ungeeignet war, Gemeingut des Volkes zu werden. Sondern sie bildete im allgemeinen nur das kurzlebige Repertoire von Berufssängern' 15). Eicker teilt die untersuchten B. in drei Gruppen ein, für die die Ergebnisse verschieden sind. Von den im PFMS. erhaltenen 17 (16 plus Nr. 180 II) B. gehört keine zu der ersten Gruppe der ,sensationell-historischen B.' 16 ) — für i a ) Zur Abgrenzung und Definition vergl. man die Arbeit von H. Eicker: ,Die historische Volksballade der Engländer und Schotten', Leipzig 1926. Vgl. ebd., S. 2. 1 5 ) Vgl. ebd., S. 142. Man könnte einwenden, daß E. immer nur eine, die ,ursprüngliche' Fass. untersucht und daß man nicht alle Fass. gleichsetzen kann (z. B. haben Ch. Nr. 187 und 178 auch volksläufige Fass.); von den meisten B. ist jedoch nur eine Fass. vorhanden — oder die andern zeigen in dieser Gruppe deutlich, daß sie von einer früheren ,abstammen'; wir können deshalb die Ergebnisse auf die PFMS.Fass. anwenden. l e ) Nr. 176 in § 3, Anm. 1, scheint ein Druckfehler zu sein.
11
die Eicker nachweist, daß ,sie ein echtes Lied der Gemeinschaft des Volkes', ,eine echte Volksballade' ist 1 7 ). Drei (Ch. N r . 178, 187, 165) gehören in die zweite Gruppe der .aktuellhistorischen B.', die ,im allgemeinen in das Gebiet der professionellen Dichtung' gehört 1 8 ). Davon gewinnt eine, N r . 165, eine Familientragödie aus Lancashire, als einzige aktuelle B., von der nur die Fass. des PFMS. erhalten ist, eine besondere Bedeutung für die landschaftliche Einordnung des MS. 1 9 ). 12 im PFMS. erhaltene B. gehören dagegen in die Gruppe der ,historischen B. im engsten Sinne', in die der politisch-historischen B., f ü r die das eingangs angeführte Ergebnis in vollem Umfange gilt. Bei ihrer Untersuchung hat Eicker die Fass. des PFMS. gewählt mit Ausnahme der B. N r . 162, wo das PFMS. eine weitverbreitete und als street-ballad wieder volksläufig gewordene broadside-Fass. bringt. D a gerade bei dieser Gruppe — die im PFMS. so auffallend zahlreich vertreten ist — die Auswahl Childs uns nicht immer gerechtfertigt erscheint, müssen wir auf eine Reihe anderer historischer B. des PFMS. hinweisen 20 ). Zu N r . 168 bringt Child im Appendix die B. Fflodden Ffeilde des PFMS.. Sie gehört zu einer besonderen Gruppe der historischen B., die Schlachtbeschreibung und Preislied' in sich vereinen und die Child mit einer Ausnahme 2 t ) aus seiner Sammlung ausgeschlossen hat. Eicker führt diese B. und eine andere des PFMS. — N r . 177: Earle of Westmorlande — als besonders unvolkstümlich an: ,In seiner Blütezeit ist der professionelle Sang in bezug auf seine innere Technik der echten Volksballade ähnlich, während die Lieder des Verfalls 2 2 ) (168 II, 177) nur wenig mehr mit der echten Volksballade gemeinsam haben' 2 2 ). Diese B. stehen auf der Grenze zwischen einer ChildbaWa.de und der reinen — tendenziösen — Berufsdichtung und sind im PFMS. sehr zahlreich; man könnte fast sagen, sie seien charakteristisch f ü r das ganze MS.. Es gehören hierher außer Fflodden Ffeilde noch Boswortb Ffeilde (HF. III, 233), Ladye Bessiye (HF. III, 319), Agincourte Bateil (HF. II, 158), Buckingham betrayed by Banister (HF. II, 253), Hereford and Norfolke (HF. II, 238). Sie sind alle in der vierzeiligen Volksballadenstrophe verfaßt, tragen jedoch kaum andere Zeichen einer Volkläufigkeit. Eine historische B. des PFMS. schloß Eicker aus: Ch. N r . 158: Hugh Spencer. Ihr historischer Hintergrund scheint nicht sicher; durch ihre Motive wie durch ihre prahlerische Darstellung erinnert sie viel eher an die ritterlichen Abenteuerballaden. Das Justling auf Aufforderung der Königin Maud Vgl. ebd., S. 61. i8) Vgl. ebd., S. 110. i») Vgl. §31. 20 ) Eine Untersuchung dieser B. des PFMS. würde für die Frage nach den Auswahlkriterien Childs fruchtbar sein. 21 ) Nr. 159: Durharn Ffeilde. 22 ) Vgl. ebd., S. 142. Das Wort Verfall erscheint schlecht gewählt, da man die ursprüngliche Form der Minstrelballade doch nicht ,verfallen' nennen kann.
12
(A 12), die Entscheidung eines Krieges zwischen zwei Völkern durch einen solchen Zweikampf, das Brechen der Speere beim ersten Anprall: das sind die Lieblingsmotive und -themen der Ritterromanzen. Die PFMS.-Fass. A weist sich als der Romanze noch näherstehend aus durch das hackney-Motiv23) und die Afimire/i^-Beschreibung (A 23, 28), die sich in der Romanze bei solchen Anlässen findet. Die PFMS.-Fass. der historischen B. überhaupt zeigen eine seltsame Durchsetzung mit Motiven dieser Romanzen. Eicker weist schon auf einige dieser Motive hin 2 4 ): Aus Libeaus Desconus ( H F . II, 404 Libius Disconius) seien in N r . 177 aufgenommen die Kinderstimme Neville's und der sonst in der historischen B. nicht heimische Riesenkampf. Diese nur im PFMS. erhaltene B. zeigt ein doppeltes Gesicht; bis Strophe 12 ist sie eine historische B., und dann beginnt eine abenteuerliche Romanze von denHeldentaten des Earl Charles Neville 2 5 ). Der Eber in Ch. N r . 166 A ist eine sehr beliebte Figur der Romanzen, die bekümmerte und warnende Lady, die voraussieht, wie das Abenteuer auslaufen muß (in Ch. N r . 176 Mary Douglas mit dem Zauberring), ebenfalls; die Heldentaten Browns in Ch. N r . 180 sind eher die Taten eines abenteuerlustigen Ritters als die eines Staatsmannes. Man könnte sich eine solche Vermischung am besten so erklären: Als der Sänger der Romanzen merkte, daß seine Stoffe — der Arthurlegende — unmodern wurden, griff er diese historischen Stoffe auf, mischte sie aber mit den Motiven seiner alten Lieblingslieder. Z u s a m m e n f a s s u n g : Die PFMS.-Fass. der historischen B. tragen im Vergleich zu den anderen B. dieser Gruppe am deutlichsten die Spuren berufsmäßigen Vortrages. Darüber hinaus überliefert das PFMS. eine große Anzahl reiner Minstrelballaden. In der Wahl der Motive zeigt sich eine Beeinflussung durch die ritterlichen Abenteuerballaden.
§ 8.
4)
Outlaw-Balladen.
Fast alle B. dieser Gruppe kreisen um den großen Outlaw R o b i n H a o d . Im PFMS. sind diese Ro-bin-Hood-Balladen (RHB.) an den Anfang gestellt und bilden als einzige Gruppe einen Zyklus. W i r können vermuten, daß auf den ersten Blättern des MS. noch andere B. dieser Gruppe aufgezeichnet waren. Erhalten sind: 1. Ch. N r . 140: R. H. rescuing tbree sqires, p. 5, H F . I, 13.; 2. Ch. N r . 122: R. H. and the butcher, p . 7 , H F . 1,19; 3. Ch. N r . 123: R. H. and Friar Tuke, p. 10, H F . I, 26; ) Vgl. ESPB., Vorwort zu Nr. 158. ) Vgl. ebd., S. 118. Es mag fraglich bleiben, ob man solche Motive aus einer bestimmten Romanze ableiten kann, da sie nicht nur dieser angehören. 25 ) Es scheint, als ob der Cheshire-Minstrel der Stanleys die geschichtlichen Tatsachen des Hauses Neville nicht mehr gekannt und deshalb seine Zuflucht zur Romanze genommen habe. 23
24
13
4. 5. 6. 7.
Ch. Ch. Ch. Ch.
Nr. Nr. Nr. Nr.
124: 145: 142: 120:
Thè jolly pinder of Wakefield, p. 15, HF. I, 32; R. H. and Qttene Katherine, p. 15, HF. I, 37; Little John a hegging, p. 20, HF. I, 47; R. H. his death, p.21, HF. 1,50.
Es ist also eine geschlossene Gruppe, die mit dem Tode Robins abschließt. Es gehören ferner hierher: 8. Ch. Nr. 118: R. H. and Guy of Gisborne, p. 267, HF. 11,227; 9. Ch. Nr. 116: Adam Bell, Clim of the Cloughe, and William of Cloudeslee, p. 390, HF. III, 76; 10. Ch. Nr. 116 App.: Younge Cloudeslee, p. 398, HF. III, 102. Die Robin-Hood-Balladen waren ursprünglich »heilige Lieder' der englischen Yeomanry des 14. und 15. Jahrhunderts; Robin selbst war das Ideal des kühnen, edelmütigen Yeoman, der die bezahlten Häscher und Unterdrücker der freien Bauern verachtet und haßt, der sich auf seine Kraft und seinen Wert besinnt, sein Recht des freien Bauers fordert und nur die altüberlieferten Volksgesetze und die Gewalt des Königs anerkennt. Dieser Robin ist zugleich der mythische Schutzpatron, der im tiefen Wald eine Schar von guten Schützen gesammelt hat, mit denen er die Yeomen gegen alle Ungerechtigkeit und Willkür schützt. Auf ihn, der dyde pore men moch god2l8), hoffen die Bedrängten und freuen sich, wenn ein Sänger von einem neuen Streich berichten kann, den Robin den Unterdrückern gespielt hat. Durch diese lustigen und unterhaltsamen Erzählungen vergaßen sie ihre Bitterkeit und wurden zugleich in ihrem trotzigen Selbstvertrauen gestärkt. Zu diesen h e r o i s c h e n RHB. gehören Ch. Nr. 118, 120, 116 nach Aussage ihrer frühen Uberlieferung 27 ); alle anderen des PFMS. behalten den heroischen Gehalt bei, vermeiden die Darstellung von Vorgängen und den Einschub von Motiven, die das frühe Idealbild von Robin sehr herabsetzen würden. Wir führen Beispiele an: Ein Thema, das die späten RHB. mit Vorliebe aufgreifen, ist Robin met with his match; dabei erscheint Robin oft als Prügeljunge starker Männer irgendeiner Handwerkerzunft. An dieser Darstellung werden die friedlichen, Handel treibenden Bürger, die in einer Gestalt wie Robin nur mehr den gefürchteten Wegelagerer sahen, ihre Freude gehabt haben. Die frühere Darstellung eines solchen Zweikampfes ist die: Robin hört von einem starken Mann und guten Schützen; die Nachricht reizt ihn, seine Kraft und Gewandtheit mit der des Gerühmten zu messen; der Kampf geht hin und her, bis Robin, der die Ebenbürtigkeit seines Gegners erkannt hat, diesen auffordert, «) Vgl. die Little Geste, Ch. Nr. 117, 456. ) Nr. 120 und 118 sind schon in der Geste überliefert, Nr. 116 wurde schon 1536 gedruckt. (Vgl. Vorwort zu 116.) 2
iT
14
in seine geheimnisvolle Waldlegion einzutreten. Der Gegner geht mit Freuden darauf ein. In den Fass. des PFMS. ist nur diese zweite Darstellung, die in dem Kampf Little John's mit dem Koch in der Geste schon vorgebildet ist, erhalten; es gehören hierher Ch. Nr. 122 A, 123, 124. Die Themen der übrigen B. des PFMS., die Rettung von Outlaws aus den Händen des Sheriff (Nr. 140), das Wettschießen und der Stolz des Königs auf seine guten Schützen (Nr. 145) gehören ebenfalls zu dem traditionell stock der ursprünglichen heroischen Yeomanry-Ballade. In Ch. Nr. 116 sind sie ähnlich dargestellt. (Der erste Druck dieser B. ist 1536.) Die einzige B., die die Würde Robins gefährden könnte, Ch. Nr. 142 (Little John a begging), ist uns so schlecht erhalten, daß wir wenig über ihre Haltung aussagen können; es fällt jedoch auf, daß Robin nicht erwähnt wird in unserer Fass. A, daß er nicht wie in B John den Auftrag gibt, betteln zu gehen, und ihn mit den notwendigen Gegenständen ausrüstet. John tauscht die Kleider mit einem Bettler und gibt diesem dafür noch some boote (A2); trotzdem fühlt er sich nicht wohl im Bettlergewand in A 3: Christ's curse on's hart, Said Litte John, That thinkes my gowne amisse.
Er ist nicht gewohnt zu betteln, wie unsere Fass. in A 5, 6 zeigt. Die Auswahl der RHB. des PFMS. enthält nur solche B., die die Ehrenhaftigkeit des Yeoman nicht antasten. Ein Vergleich mit den anderen Fass. zeigt, daß die PFMS.-Fass. sich bemühen, den alten Gehalt zu bewahren, wenn die anderen Fass. diesen Gehalt verloren haben: Ch. Nr. 120 A: Die stolze Haltung Robins ist betont durch den ausführlichen Eingang; Will Scarlett rät ihm, 50 seiner besten Schützen mit auf den gefährlichen Weg zu nehmen; Robin lehnt es ab. Er geht nicht allein an seinem Blutverlust zugrunde, sondern der Verräter Red Roger bringt ihm noch eine tiefe Wunde bei (A 20) — wie im Fragment der Geste —. Er kann diesen jedoch noch selbst töten. Seine Frömmigkeit ist in unserer Fass. hervorgehoben durch die Abendmahlsszene in A 22, 23. Seine edle Gestalt kann sich nicht besser von der düsteren Mörderin, der Priorin eines Kloster, abheben als dadurch, daß man ihn zunächst beim fröhlichen Wettschießen um einen Penny mit Little John darstellt: These two holde c hildr en shotten together All day theire seife in ranke. {AI, 11)
122 A: Robin überfällt den Metzger nicht, sondern er wird von dessen Hund angegriffen und muß sich verteidigen. Er will das Fleisch nicht einfach kaufen, sondern — nach demVorbild der alten B.Nr. 121—es 'geht ein Kampf voraus, durch den er dann den Metzger für seine Legion gewinnt. In unserer Fass. A hat Robin ein Recht, den Sheriff in den Wald zu locken und dort zu überfallen, gewissermaßen als Buße dafür, daß dieser ihn fangen und köpfen 15
wollte. In der Schlußszene stellt die Frau des Sheriff die Klugheit Robins und seine Überlegenheit dem Pantoffelhelden Sheriff gegenüber noch einmal ausdrücklich fest. Robin ist the wightest man in A 20, und man kommt nicht auf den Gedanken wie in B 12: Surely he was some prodigal, That has sold his fathers land.
123 A: Robin ist höflicher in unserer Fass. (vgl. A 7 mit B 13) und nicht so großsprecherisch (vgl. A 15 mit B 30). Es fehlt die entwürdigende Kampfszene, bei der die Bestien Robin die Kleider vom Leib reißen (B 33). 145 A: In unserer Fass. ist die besondere gentleness Robins betont; wenn er bei dem Wettkampf für die Königin die "Wette verliert, will er selbst zahlen: And I loose that wager, says bold Robin Hood, l'le bring mony to pay for me.
Er schenkt dem Bischof die Hälfte des verlorenen Geldes wieder, und dieser edle Zug wird nicht getrübt durch das Eingreifen Little Johns, der darin eine Verschwendung sieht (B 42, C 32). Am Schluß, als die Outlaws erkannt werden, hält A es für unnötig, noch eine besondere Bitte der Königin für Robin und seine Begleiter einzuschieben (wie B 35, C 28), da der König ohnedies auf der Seite seiner Yeomen steht und solche Männer viel lieber an seinem Hof haben möchte als seine Höflinge. Unsere Fass. stellen Robin also immer als den edlen, hilfreichen Yeoman dar; sie verzerren sein Bild nie um der komischen Erzählung willen. Sie nehmen Rücksicht auf die stolzen Gefühle der Yeomen, haben noch den Gehalt, der diese begeistern konnte; sie stehen also den B. nahe, wie sie der Freibauer in seiner Hall zu hören liebte. Demgegenüber verzerrten die Straßensänger die Gestalt Robins für den auf Sensation und Kuriosität gerichteten Geschmack der Zuhörer auf der Straße — und auch alle Fass., die aus dem Volksmunde aufgenommen wurden, scheinen von einer Straßenballade beeinflußt. Betrachten wir die RHB. nach formalen Gesichtspunkten, wie sie uns für Gruppe 1, die ritterlichen Abenteuerballaden, wichtig schienen, so kommen wir zu den gleichen Ergebnissen; die Erzählung ist lückenlos28), nicht sprunghaft, die Einführung ausführlich. Darin liegt jedoch nicht der besondere Unterschied zu den anderen Fass.; diese, es sind meist Straßenballaden, erzählen ebenso ausführlich. Wir finden in ihnen jedoch unwahrscheinliche und unsinnige Züge, die den PFMS.-Fass. ganz fehlen. In Ch. Nr. 123 ist den Hunden des Friars nicht beizukommen, da sie alle Pfeile der Yeomen mit der Schnauze aufschnappen. In B 37 kann Little John plötzlich half a score mit einem Pfeil töten. In A (PFMS.) fehlt dieser offensichtliche Unsinn. In 120 B wird dargestellt, daß Robin krank ist und nicht einmal mehr einen Pfeil abM
16
) Natürlich nur, soweit sie uns in dem sehr verletzten Teil des MS. erhalten ist.
schießen kann. In B 3 hat man das schon wieder vergessen und läßt ihn auf dem Wege zum Kloster noch einmal erkranken. Im Gegenteil finden sich im PFMS. Einschübe, die die Handlung wahrscheinlicher und einleuchtender machen. Es könnte unwahrscheinlich erscheinen, daß die Männer Robins im tiefen Wald hören sollen, wenn er in der Stadt das Horn bläst. Deshalb wird vorher bemerkt, daß er sie in der Nähe versteckt; in Ch. Nr. 123 A 4: He builded his men in a brake of A little from, that nunnery;
fearne,
ebenso versteckt er sie in einem outwood, als er die three squires befreit (Ch. Nr. 140 A 8). Die Einladung der Metzger in Ch. Nr. 122 A 16 wird sehr gut motiviert: It's custom of our crafte. In Ch. Nr. 140 vergessen unsere Sänger nicht, daß Rob in erst erkannt werden kann, wenn er sein Bettlergewand abwirft (A 12). Diese Beispiele mögen genügen um darzulegen, wie unsere Fass. kritisch durchdacht und logisch aufgebaut sind. W i r sehen darin ein Zeichen, daß sie nicht lange volkläufig waren, sondern eine von einem Vortragenden wohl durchdachte Form darstellen. Dies zeigt sich vielleicht noch deutlicher darin, daß oft das Motto fast sprichwortartig zusammengefaßt wird. So heißt es Nr. 120 A 15: I hold him but an vnwise That will noe warning
man leeue.
Als der Sheriff mit seinem Geld prahlt, denkt sich Robin (Ch. Nr. 122 A 19): Mony neere comes out of time; oder es heißt in Ch. Nr. 145 A 6: Many a man counts of another mans And after looseth his owne.
pwsse,
Gemeinstrophen finden wir in den Fass. des PFMS. nicht; in anderen Fass. treten einige Gemeinstrophen aus den Liebesballaden auf 2 9 ). Es fällt jedoch vor allem auf, daß die anderen Fass. stärker schematisiert sind, d. h. daß die gleiche Situation in der gleichen B. mit der gleichen Strophe beschrieben wird. Einige Beispiele: Ch. Nr. 123 B 9 — B 12; Nr. 140 B 3 — B 9, B 2 — B 8, B I O — B 12. Diese Art zu schematisieren — die uns ein Zeichen der Volksläufigkeit zu sein scheint 30 ) — fehlt im PFMS.. Z u s a m m e n f a s s u n g : Wir glauben, nach historischen Zeugnissen als sicher annehmen zu können, daß die R H B . ursprünglich von Minstreis in der Hall des englischen Freibauern vorgetragen wurden 31 ); ihr Gehalt und ihre Form (Bitte um Gehör, Einteilung in fyttes, abschließendes Gebet für die Yeomanry) lassen eine andere Möglichkeit kaum zu. Später wurden sie zu beliebten Straßenballaden. In den PFMS.-Fass. hat sich der Gehalt der alten M ) Wir führen Beispiele in § 19 an. 3») Vgl. Olriks Gesetz bei W . Schmidt, Anglia, § 24, 1 b. B 1 ) Vgl. W.Schmidt, Anglia, S. 110.
17
Yeomanry-B. erhalten, den der Yeoman von seinem vortragenden Minstrel erwarten durfte. Die Fass. sind erzählerisch gut durchgearbeitet, es fehlen die Widersprüche und Unwahrscheinlichkeiten anderer Fass., die Gemeinstrophen und schematisierende Strophen; sie zeigen Spuren kritischen Durchdenkens durch einen Vortragenden. Es scheint sich also bei den PFMS.-Fass. um jahrhundertalte Minstrelüberlieferung zu handeln.
§ 9.
5) Zusammenfassung.
Von den 48 VB. des PFMS. haben wir bisher 39 behandelt. Sie gehörten bei einer Scheidung zwischen Vortragsballade und einfacher, liedartiger simple bailad in die erstere Gruppe. In der Gegenüberstellung der PFMS.-Fass. mit den anderen Fass. stellten wir als Eigenart unserer Fass. fest: 1. Die ritterlichen Abenteuerballaden haben das ritterliche Ethos bewahrt — f ü r ihre Funktion ausgewertet heißt das: sie waren geeignet f ü r einen Vortrag vor Rittern —; ihre Form läßt Zeichen der Volkläufigkeit vermissen, es fehlt der Aufbau in drei oder fünf Szenen, es fehlen die Gemeinstrophen, es fehlen Sprünge in der Erzählung, die Kürzung der Vorgeschichte, die Nachlässigkeit der Motivierung. In Gehalt und Form stehen sie also einer B., wie sie am Ritterhof vorgetragen wurde, sehr nahe. 2. Die uns im PFMS. erhaltenen Fass. der volkstümlichen Abenteuerballaden waren reine Vortragsballaden. 3. Die PFMS.-Fass. der historischen B. sind diejenigen, die am stärksten die Zeichen eines berufsmäßigen Vortrages durch einen Minstrel aufweisen. Ihre Durchsetzung mit Motiven der Ritterromanze möchten wir als Ausgestaltung dieser Minstreis erklären. 4. Die RHB. haben das stolze Ethos der englischen Freibauern in den PFMS.Fass bewahrt. — Für die Funktion dieser Fass. heißt das: in dieser Form werden sie die Minstreis den englischen Yeomen in ihrer Hall vorgetragen haben. — Die Erzählung ist ausführlich und lückenlos; Gemeinstrophen fehlen; die PFMS.-Fass. sind kritisch durchdacht; das Motto ist o f t sprichwortartig zusammengefaßt. Für die bisher behandelten 39B. des PFMS., d.h., f ü r etwa 81% können wir also sagen: sie stehen in Gehalt und Form den Vortragsballaden der Minstreis noch sehr nahe. 32 ) Wir haben zwei B., die Child in seine Sammlung aufgenommen hat, nicht näher untersucht; Ch. Nr. 21, The maid and the Palmer: Die Herausgeber des PFMS. stellen diese B. zu den Loose and Humorous Songs (HF. IV, 96) und vergleichen sie mit einem Gedicht, das den Untertitel trägt: A good medesyn, yff a mayd have lost her madened, to make her a mayd ageyn. Wir möchten dieses Lied lieber zu den zotigen Straßenliedern rechnen als es als legendarische VB. betrachten. — Der gleichen Art ist Ch. Nr. 108: Christopher White, worin der Ehebruch einer geilen Kaufmannsfrau verteidigt wird.
18
C . Die Liebesballaden. § 10.
1) Die zwiefache Fragestellung.
In dem vorangehenden Kapitel haben wir als erzählendeVortragsballaden diejenigen B. des PFMS. behandelt, von denen wir mit ziemlicher Sicherheit sagen konnten, daß sie von einem Berufssänger vorgetragen worden sind; wir fanden, daß die Fass. des PFMS. — die um 1650, also rund ein Jahrhundert nach dem Aussterben der Berufsminstrels in England, aufgezeichnet wurden — diesen Sängerballaden in Gehalt und Form noch sehr nahe stehen. Wir konnten sie abheben einmal gegen die ausgesprochene Straßenballade — die um 1650 schon blühte —, zum andern gegen eine volkläufige B. dieser Gruppe, die etwa zwei Jahrhunderte später von volkskundlich interessierten Männern aus dem Volksmunde aufgezeichnet wurden. Von den LB. dagegen ist eine große Anzahl von Fass. vorhanden, die volkläufig waren und die bedeutende Unterschiede aufweisen. Sie haben sich in den verschiedenen Überlieferungslandschaften und den verschiedenen Uberlieferungsschichten des Volkes verschieden entwickelt. Die Fass. des PFMS. sind auch hier die am frühesten überlieferten, und es wird zunächst darauf ankommen, die allgemeinen Merkmale der frühen Überlieferung im Gegensatz zu den späten Fass. auszusondern und dadurch weitere beweisende Beispiele dafür zu erbringen, daß sich diese Eigenarten während der längeren Volkläufigkeit ausgebildet haben. (Abschnitt 3, §§ 18—23.) Dann wird es aber darauf ankommen, die Elemente herauszustellen, die die Entwicklung der B. auf schottischem Gebiet von der Entwicklung in unserer Überlieferungslandschaft unterscheiden. F. P a n k e hat nachgewiesen, daß wesentliche Gemeinsamkeiten der Entwicklung unter den in einer Landschaft gesammelten B. bestehen und hat diese Gemeinsamkeiten auf den Volkscharakter dieser Landschaft bezogen, sie für diesen ausgewertet *). Auch an den Fass. des PFMS. lassen sich Besonderheiten des Gehaltes und der Darstellung feststellen, die eine gemeinsame Triebkraft bei dieser Sondergestaltung zeigen. Diese Gemeinsamkeiten herauszustellen, wird die Aufgabe des zweiten Teiles dieses Kapitels sein. (Abschnitt 4, §§ 24—30.)
J
) Fritz Panke: ,Die schottischen Liebesballaden', a.a.O..
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2) Interpretation der Fass. des PFMS.. Zur Gruppe der LB. rechnen wir folgende B. des PFMS.: 1. Ch. Nr. 81: Little Musgrave and Lady Barnard, p. 53, H F . I, 119; 2. Ch. N r . 7: The Child of Ell, p. 57, H F . I, 132; 3. Ch. N r . 80: Old Robin of Portingale, p. 90, H F . I, 235; 4. Ch. N r . 67: Glasgerion, p. 94, H F . I, 246; 5. Ch. N r . 63: Childe Waters, p. 274, H F . II, 269; 6. Ch. N r . 48: Younge Andrew, p. 292, H F . II, 327; 7. Ch. N r . 83: Childe Maurice, p. 346, H F . II, 500. Die größere gehaltliche Tiefe dieser B. macht es notwendig, daß wir eine kurze Interpretation vorausschicken. Wir heben dabei den Sondergehalt unserer Fass. heraus. §11.
Ch. N r . 81: Little Musgrave and Lady
Barnard2).
"Während der Messe lädt Lady Barnard ihren Geliebten, Little Musgrave, für eine Nacht zu sich ein, da ihr Gatte abwesend ist. Der Page hört es und benachrichtigt seinen Herrn, der herbeieilt sich zu rächen. — Little Musgrave glaubt, das Horn Lord Barnards zu hören, und will aufbrechen; doch Lady Barnard hält ihn zurück. Der Gatte ertappt beide auf frischer Tat, erschlägt zunächst Little Musgrave, dann seine Gattin. Der schnellen Rache folgt die Reue. Bei einem Fassungsvergleich fällt vor allem auf, daß die schottischen Fass. die Verführung eines unreifen Jünglings durch eine geile Lady darstellen®), worin wir den Einfluß einer Straßenballade sehen können. Die B. legt nicht ihr Hauptgewicht darauf, die große Liebe eines Menschen zu gestalten, sondern in ihrem Mittelpunkt steht die Erzählung eines gesellschaftlich interessanten ,Verbrechens', eines Ehebruchs; die Menschen handeln nicht unter dem Zwang einer großen Liebe, sondern aus Unbeherrschtheit. §12.
Das gleiche Thema finden wir in Ch. N r . 80: Old Robin of Portingale: God let neuer soe old a man Marry soe yonge a wiffe.
(1) Robin, ein alter, gutmütiger Mann wird von seiner geilen Gattin und dem headsteward betrogen. Der Page hört es und teilt es seinem master Robin z ) Von den 42 Strophen der PFMS.-Fass. sind uns nur 13 überliefert. In den erhaltenen Teilen stimmt unsere Fass. B fast wörtlich mit A (Sammlung Cotton) überein, so daß wir uns auch auf diese Fass. beziehen können; wir müssen aber auf einen ausführlichen Vergleich verzichten. 3 ) Vgl. F 18, G 23, H 16, 114, J 8, 20, L 37, 0 3; auch in D, E, K weigert sich L. M. zunächst, da er den Ehering sieht.
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mit. Robin gibt vor, er sei krank, und legt sich gerüstet ins Bett; als die Gattin kommt, um mit ihrem Liebhaber die Tat zu feiern, stolpert sie über die Leichen ihrer erschlagenen Helfershelfer. Robin tötet auch sie und rüstet sich nach diesem vielen Blutvergießen zu einer Fahrt ins Heilige Land. Robin ist eine edle Rittergestalt; er verspricht seinem weinenden Pagen Hilfe (11) und schenkt ihm später sein Land (31). Er wird von einem Scheusal betrogen, das gleich nach der Hochzeit zu ihrem Geliebten läuft, ihm etwas vorjammert (3), damit er in die Tat einwilligt. Nachdem sie den Mordplan schon gemacht hat, kommt sie noch froh in purple and pall (17) zu Robin und heuchelt Liebe. Ihren Geliebten hat sie schon oft empfangen, denn Soe well he knew that ginne (23). Gut und Böse stehen sich gegenüber; nicht die .metaphysischen Werte' Liebe und Verpflichtung der Sippe gegenüber. § 13.
Ch. Nr. 7: The Child of
Ell4).
Handlung und Motive dieser B. stammen aus der nordgermanischschottischen Tradition und haben ihren letzten Ursprung wohl in der Hildesage. Eine Jungfrau wird von einem Ritter gegen den Willen ihres Vaters entführt; Vater und Brüder verfolgen die Flüchtenden und stellen den Ritter zum Kampf. Sie fallen; auch der Liebhaber erliegt seinen Wunden. In unserer Fass. ist Child of Ell eine zarte, fast kindliche Gestalt, die nicht als kühner Verführer begeistern kann, sondern in ihrer niedlichen und sanften Art Anteil erwecken muß; er muß den Hof des bösen ,Schwiegervaters', der ihm den Tod zugedacht hat, fliehen; er klagt (3, 4) und beweint mit seinem Mädel das böse Geschick. Die Jungfrau liebt ihn, ihre Warnung vor dem erzürnten Vater läßt auf Liebe, Furcht und Anteilnahme an dem Schicksal ihres Geliebten schließen. (Nur noch in A, wo sie überhaupt die aktivere Gestalt ist und zur Flucht anregt) 5 ). Die Einführungsszene schließt mit einer erneuten Liebesbeteuerung: He leaned ore kis saddle bow, To hisse this lady good. (F 5)
Der Vater ist als grausamer Tyrann gezeichnet, der Child of Ell fälschlich beschimpft (F 8) und ihn schon an seinem Hof töten will. Auch hier ist der Konflikt mehr in die Späre Gut-Böse gehoben; die Gestalten sind nicht konsequent, nicht tragfähig für eine tiefe Tragik, und wenn wir aus den anderen Fass. den weiteren Gang der Handlung nicht kennen würden, würden wir uns die Fortsetzung vielleicht ähnlich vorstellen wie Percy: Der zornige Vater wird durch die Liebe der beiden so gerührt, daß er ihnen verzeiht und Child *) 2 oder 6 Zeilen am Anfang und 9 Strophen am Ende der PFMS.-Fass. sind verloren. ®) Vgl. i. B. die Darstellung in D 8: But since my fate has ordered it so, l'll go along with thee.
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of Ell als Schwiegersohn aufnimmt 6 ). Das harte germanische Gesetz, daß Zuwiderhandeln gegen den Willen der Sippe (des Vaters als des Sippenoberhauptes) den Tod zur Folge habe, wurde nicht als die gehaltliche Mitte der B. empfunden. Die weicheren individuellen Gefühlsmomente treten stärker hervor. — In F 8 versucht unsere Fass., einen Grund für die Haltung des Vaters anzugeben, das churles blood des Freiers: For it ill beseemes thee, thou false churles To carry her forth of this towne!
sonne,
Für diesen Konflikt hat unsere Fass. Verständnis; aber dadurch, daß er in der folgenden Strophe ausgeschaltet wird (F 9), wird die Handlungsweise des Vaters nur noch grausamer, unverständlicher.
§ 14.
Ch. Nr. 67:
Glasgerion.
Glasgerion, ein ausgezeichneter Harfner, spielt am Königshof und gewinnt das Herz der Königstochter. Er erzählt seinem Pagen, daß sie ihn für die Nacht zu sich eingeladen habe. "Während Glasgerion schläft, geht der Page zu ihr und schändet sie. Als Glasgerion im Morgengrauen selbst zu dem Schloß kommt, wird der Betrug entdeckt; die Königstochter ersticht sich. Glasgerion kehrt zurück, erschlägt den Pagen und stürzt sich in sein Schwert. Die schottischen Fass. B ( J a m i es o n ) und C ( K i n l o c h ) stellen als Grund für den Freitod der Lady die Gefühle Glasgerions dar, ganz im Sinne des H e b b e l sehen .Darüber kommt kein Mann hinweg' 7 ). Unsere Fass. dagegen zeigt ein tiefes Verständnis für die Gesetze adeliger Geburt, für die Seelenanlage der Menschen edlen Blutes. Ist ihr reiner Adel getrübt, ist ihr • Leben zerstört: 0 then it was your litle foote-page Falsly hath beguiled me; And then shee pulld forth a litle pen-kniffe, That hanged by her knee, Says, There shall neuer noe churles blood Spring within my body.
(A 19) Das churles blood des Dienstmannes stellen die zusammenfassenden Schlußzeilen unserer Strophen — A 9: He seemed a gentleman; A 12: He was of some churles blood; A 13, 4: He was but a churles sonne — «) Percy machte aus den 39 erhaltenen Zeilen ein neues Gedicht von 200 Zeilen. Vgl. Schröer, S. 83 ff.. 7 ) F r . Hebbel, ,Maria Magdalena'. Vgl. etwa B 25:
Vgl. auch C 11.
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That I shotdd first be a wild loon's lass, And than a young knight's bride.
dem edlen Blut Glasgerions gegenüber — A I und A 15: He was a kinges owne sonne; darin hat unsere Fass. ihre gehaltliche Mitte. Haies vergleicht die Königstochter mit einer Lucretia Borgia, der adeligen Frauengestalt aus der italienischen Renaissance, und trifft damit das richtige Gegenstück zu der Königstochter in der PFMS.-Fass. 8 ). Auch die Gestalt Glasgerions ist edler gezeichnet; er ist nicht nur der Minstrel des Königs, — der in B 4 f ü r seinen Dienst ein schönes Kleid erhält —, sondern er ist selbst ein Königssohn. Er betört und bezaubert die Lady nicht durch sein Harfenspiel, sondern darin spricht seine eigene Liebe zu der geneigten Königstochter 9 ). Das Treffen ist kein geheimnisvolles Verbrechen, zu dessen Ausführung der Hof erst in den Schlaf gesungen (B 5, C 2) und der Page getäuscht werden muß (B 8); die Liebe gibt ihnen das Recht dazu; der Grund des Unterganges ist die Schlechtigkeit des Pagen: Thorr ow that falsenese of that lither ladd These three liues werne all gone. (A 23)
So sieht unsere Fass. auch in dem Geschehen dieser B. den Kampf zweier Gewalten, des Guten (verkörpert in dem noble) und des Bösen (verkörpert in dem churl). § 15.
Ch. N r . 63: Childe
Waters.
Diese B. gehört wohl ursprünglich zur Gruppe der zahlreichen Schwankballaden 10 ), in denen erzählt wird, wie ein Mädchen dem unbekannten Vater ihres Kindes folgt und schließlich von ihm geheiratet wird. Durch eine feinfühlige Ausgestaltung der seelischen Vorgänge in dem liebenden Mädchen wurde die Wirkung der B. so großartig, daß sie zu den besten LB. .großen Stils' zählt — und vonChild als die beste B. der Welt bezeichnet wird 1 1 ). Die PFMS.-Fass. (A) ist die einheitlichste, die künstlerisch wertvollste, vor allem durch die bis zum äußersten getriebene Polarität der Charaktere. In keiner der Fass. ist die Grausamkeit Child Waters' so groß, die stille Ergebenheit der liebenden Ellen so ergreifend, ihr Leid so bitter dargestellt wie in der Fass. des PFMS.. Zwar fehlen die Anfangsdrohungen: 0 my dogs sal eat the good white An ye sal eat the bran n )
bread,
und die Täuschung Ellen's über die Entfernung bis zum Schloß Child Waters' w ) — die durch den vorwitzigen Papagei zu einer freudigen Hoffnung 8 ) Vgl. das Vorwort zu der B., HF. I, 246 f.. ®) Vgl. den Gegensatz der Wirkung des Harfenspiels; in B 6 seufzt sie liebeswund auf, in A 3 But it glads my hart within; das Harfenspiel hat in A nicht die betörende Kraft wie in B 2 , C 1; nach A 4 liebt Gl. sie schon 7 Jahre. 10 ) Vgl. das Musterbeispiel Ch. Nr. 110; so noch in den nordischen Fass.. 11 ) Vgl ESPB., Vorwort zu Nr. 63. i-) B 15, C 4, E 3, J 5, K 6.
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f ü r Ellen werden muß. Child Waters droht nicht, aber seine tatsächliche Grausamkeit ist grenzenlos: Er zweifelt daran, daß sie ein Kind von ihm trägt: Be mine as you do sweare (A 4, 5); er bietet ihr Land als Abfindung; er verlangt, daß sie ihr Kleid kürzer mache und ihre blonden Locken abschneide "); sie muß den ganzen Tag barfuß neben ihm durch moss and mire laufen; nicht einmal, als es durch Gestrüpp und Dornen geht, fragt er sie, ob sie Schuhe anziehen wolle ( A l l , 12). Er zeigt ihr höhnisch einen Fluß, den sie durchschwimmen muß (A 14). Während er in den anderen Fass. besorgt fragt, ob sie schwimmen könne 15) oder ihr durch eine Furt hilft 1 6 ), tut es ihm in unserer Fass. leid, daß sie nicht ertrinkt: And Child Waters was a woe man, good To ssee Faire Ellen swime. (A 16)
Lord,
Als seine Schwester, die Verdacht schöpft, Ellen mit auf ihr Zimmer nehmen will, verweist er den schmutzigen kleinen Pagen, d. i. Ellen, in die Küche unter das Gesinde (A26); er verlangt von ihr, sie solle ihm ein Freudenmädchen aus der Stadt holen und auf ihren eigenen Armen zu ihm tragen for filinge of her feete ( A 2 8 , 2 9 ) ; als sie ihm im Stalle einen Sohn gebiert, eilt er nicht in großer Hast herbei t 7 ), schlägt nicht die Stalltür ein l s ), sondern hört sich ruhig den klagenden Gesang an und verspricht ihr dann ganz nüchtern, daß er sie heiraten will. Fair Ellen ist dagegen ein Wunder an Liebe und Sanftmut, Geduld und Demut. Stolz kennt sie nicht — wie G 20 —, und uns scheint diese Haltung schon nicht mehr heroisch. Sie liebt ihn, ein Kuß, ja ein Augenzwinkern von ihm ist ihr lieber als Cheshire and Lancashire both (A 6,7). Die größte Gemeinheit von Child Waters erregt bei ihr keinen H a ß , sondern es heißt in A 17: And when shee ouer the water was, Shee then came to Ms knee.
Sie segnet ihn und seine angebliche wordly mehr erhoffen kann, wünscht sie nur:
make (A 20), und als sie nichts
/ wold thy father were a hing, Thy mother layd on a beere.
(A37)
Sie fragt in unserer Fass. nicht, wie weit der Weg noch sei 1S ), stellt auch keine Forderungen, als Child Waters zu ihr in den Stall will 2 0 ) — sie ist willenlos ergeben. Ihre dienende Demut besiegt den grausamen Hochmut Child Waters'. 13 ) C 11, 12, E 15, K 15, 16. « ) Nur kurz als Verkleidung angedeutet in G 1, B 4, E 7. " ) B 5, C 5, E 8, J 5, K12. 18 j E 10, G 8, J 15; in B 6, E 9, K 1 2 kann sie schwimmen as ony eel; vgl. U i . Nr. 110. « ) C 27, D 24, G 19, J 38. 1S ) B 34, C 31, D 26. So in B 12, C 11, E 14, K15. So in C29, E 2 2 , D27, F 9 , H 11, K27.
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§ 16.
Ch. N r . 48: Younge
Andrew21).
Die leichtgläubige Tochter eines englischen Earl fällt einem gefühllosen und berechnenden Verführer in die Hände, der sie schändet, beraubt, sie zum Diebstahl an ihrem Vater zwingt und dann wieder heim schickt. Der Vater will sie erst wieder aufnehmen, wenn sie sein Gold zurückgebracht hat, und verflucht sie; sie stirbt auf der Treppe ihres Vaterhauses. (2. fytte:) Der Vater verzweifelt, als er am Morgen seine tote Tochter findet, verflucht seine Geldgier und siecht dahin as flowers doth fade in the frost (32). (3. fytte:) Auch Young Andrew wird seines Goldes nicht froh; im "Walde kommt er auf der Flucht um: For ther as the wolfe devoured him, There lyes all this great erles gold. (37)
Die B. (nur im PFMS. überliefert) sucht die drei Teile auf den gemeinsamen Nenner zu bringen: Der Fluch der Habgier! § 17.
Ch. N r . 83: Childe Maurice.
Child Maurice, der voreheliche Sohn der Lady Steward (Barnard), den diese ihrem Gatten verheimlicht hat, sendet seiner Mutter Erkennungszeichen und läßt sie bitten, in den Wald zu kommen. Der Gatte hört die Botschaft, glaubt an einen Liebeshandel und tötet das Kind im Wald. Er bringt der Gattin das abgeschlagene H a u p t . Sie verzweifelt; er verflucht seine Mannen, die ihn nicht daran gehindert haben, Gattin und Sohn zu töten. In den schottischen Fass. stirbt die Mutter mit einem Fluch auf ihr royal kin 22) und einem trotzigen Bekenntnis zu ihrer ersten Liebe und ihrem Kinde. An diesen ständigen Konflikt der großen schottischen LB., den Widerstreit von Liebe und Sippe (kin), denkt Percy wohl, wenn er von der B. sagt: This little pathetic tale suggested the plot of the tragedy of Douglas23). In 'der Fass. des PFMS. fehlt dieser Zug; Lady Steward ist weicher gezeichnet, fast wortlos versinkt sie im Schmerz: But when shee looked on Child Maurice head, Shee neuer spake words but three: I neuer beare no child but one, And you haue slaine him trulye. (30) 21 ) Der erste Teil dieser B. würde rein stofflich betrachtet sich sehr eng an die vorhergehende anschließen; wenn man von der Fortsetzung und dem tragischen Ausgang absieht, könnte man sie in die gleiche Gruppe einreihen. Es scheinen zunächst beliebte Schwankballaden aus dem Repertoire der Minstreis gewesen zu sein (Vgl. auch die Behandlung des gleichen Themas in The nutt browne mayd, HF. III, 174). Diese B. Ch. Nr. 48 würde eine Übergangsform sein von dem Minstrelgedicht zur VB... Reste der Minstrelb. zeigen sich in der Aneinanderreihung der Episoden (Str. 33 fytte-Str.), in Anfang und Einschüben wie Str. 8 . . . after yee shall see. Die Erzählung ist schon ,zersetzt'. " ) B 16, C 21, D 25, E 28, F 38. ") Wheatley, III, 91.
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Ihr Schmerz muß in unserer Fass. (A) umso größer sein, da sie ihr einziges Kind verliert — während die Amme in den anderen Fass. 24 ) ein anderes Kind auf dem Schoß hat oder aber voraussetzt. Dennoch bleibt sie in ihrem Schmerz still, demütig — genau wie Fair Ellen in unserer Fass. Ch. Nr. 63 A, genau so ohne Auflehnung und Trotz wie sie und wie Child of Ell (Ch. Nr. 7).
3) Die Volkläufigkeit der Liebesballaden des PFMS.. W i r fassen unsere Beobachtungen zusammen nach Gesichtspunkten, die wir bei der Untersuchung der Vortragsballaden als wichtig für die Beurteilung der Volkläufigkeit erkannt haben. §18.
a) Die lückenlose, durchgehende Erzählung.
Es spricht für die Eigenart der Fass. des PFMS., daß Child es liebt, den Inhalt der B. nach diesen Fass. zu geben — wenn sie nicht allzu stark verletzt sind. Sie zeigen mit wenigen Ausnahmen — die sich dann aber als Verstümmelung, nicht etwa als ,Stilisierung' durch das Stilgefühl der Volkssänger erklären — keine Lücken und Sprünge in der Darstellung. Gerade die Einleitungen sind klar und ausführlich und setzen weniger voraus als die anderen Fass.. Ein ganz schematischer Vergleich der zur Einführung benötigten Strophen zeigt, daß die anderen Fass. dem PFMS. nur dann etwa gleichkommen, wenn sie ein Motiv besonders breit und wuchtig gestalten, wenn sie es zerdehnen. Die Strophenanzahl für die Einführungsszene ist in PFMS. Ch. Nr. 7 F A B C D E (Szene zu Hause) 5 52s) 2 2 2 0 Ch. Nr. 63 A B C D E F G H I J (zu Hause) 10 4 4 — 6— 1 0 1 8 Ch. Nr. 67 A B C (Spiel am Königshof) 5 8 3 Hier hat B (Jamieson) durch die besonders breite Darstellung des Harfenspiels am Hof und seiner wunderbaren Wirkung — im Dreierrhythmus; er gestaltet, sagt aber nichts aus — die größere Strophenanzahl 26 ). Das gleiche Verhältnis finden wir in Ch. Nr. 83; trotz der eingeschobenen, mehrstrophigen Pagenszene, die im PFMS. fehlt, hat nur die von Percy bearbeitete Fass. F ( R e l i q u e s ) eine größere Strophenzahl: 24)
C 14, D 12, E 15, F 21. Zweizeiler. 26 ) F. Panke erklärt diesen Zug aus der Sucht zu Übertreibungen der Volkssänger in Aberdeen; a.a.O., S. 85. 25)
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Ch. Nr. 83
A 8
B 6
C 8
D 7
E F 8 12
(im Wald)
Auf die lyrischen Eingänge unserer Fass. gehen wir noch ein 2 7 ); hier kommt es uns darauf an festzuhalten, daß die PFMS.-Fass. nicht wuchtig und übertreibend ausgestalten, sondern daß sie erzählen, daß sie aussagen. Es wird nicht vorausgesetzt, daß sich zwei Menschen verschworen haben, ihrer Liebe zu leben; es wird gesagt und dargestellt: Es wird gesagt, daß Fair Ellen für einen Kuß von Child "Waters Cheshire und Lancashire hingeben würde; nur im PFMS. erfahren wir gleich zu Anfang der B., daß sie ein Kind von ihm trägt (63 A), daß die Lady in Ch. Nr. 7 (F) Child of Ell liebt und für ihn fürchtet, weil ihr Vater ihn töten will, daß Glasgerion die Königstochter liebt (67 A 4). Die Absicht, eine ununterbrochene Erzählung zu geben, drückt sich auch aus in den vielen sechszeiligen Strophen in den PFMS.-Fass.; um die Lücke zwischen Abend und Morgen auszufüllen und in die neue Situation einzuführen, setzt Ch. Nr. 63 A 31 zwei Zeilen voraus: This (night) and itt droue on affterward Till itt was neere the day;
63 A 8 hängt zwei Zeilen an, wahren:
um den klaren Fortlauf der Handlung zu
And euer 1 pray you, Child Watters, Your ffootpage let me bee.
Unsere Fass. tippen einen Vergleich nicht nur an, sondern führen ihn aus, indem sie in der gleichen Weise zwei Zeilen an die vierzeilige Strophe anhängen, z. B. 63 A 26: Then to goe into the chamber with any ladye That weares soe (rich) attyre.
(Weitere Beispiele in 63 A 34, 83 A 6, 67 A 13.) Eine für die VB.-Sänger schwierige Aufgabe war es, die beiden Handlungen in Ch. Nr. 81 zusammenzuführen, (1) die Handlung im Ehezimmer Lord Barnard's und (2) den Ritt zum Schloß. In 81 A—B, in der PFMS.Fass. B noch auffälliger als in A, ist die vorangegangene Szene des Beilagers von der folgenden Szene der Entdeckung mit einer besonderen Einleitungsstrophe deutlich abgesetzt: By this time Lord Barnett was come to the dore, And light vpon a stone. (B 9)
In allen Fass. geht die Szene einfach weiter mit der plötzlich hinzugekommenen Gestalt Lord Barnards28). In der PFMS.-Fass. aber war der Wille, eine " ) Vgl. § 27. 2 8 ) Vgl. C 27, E 12, F 16, H14, 112, J 1 8 ; D, K fallen hier aus, G zeigt eine Sonderlösung.
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klare, durchgängige Erzählung zu schaffen, wirksamer als das sonst sehr wirksame Grundgesetz der Volksdichtung: Einsträngigkeit der Handlung. In 83 A 17—19 fügt die Fass. des PFMS. eine besondere Szene ein, um darzustellen, wie es kommt, daß Lord Steward von der Einladung des Child Maurice an seine Gattin erfährt: John Steward stood vnder the castle-wall, And he wrote the words euery one ....
Diese Sonderszene ist von den übrigen Fass. in irgendeiner Form in die vorhergehende eingebaut; in D 14/15 z.B. hat Barnard hinter der T ü r gestanden und tritt plötzlich hervor, in E 17, F 23 ist er als diabolus ex machina plötzlich da. Auch hier zeigt das PFMS. klarer und einleuchtender den Vorgang. Um der Klarheit der Erzählung willen opfern die Fass. des PFMS. die zusammenballende Gestaltung, teilen sie die Hauptsituationen der späten Fass. episch auf. Eine solche ,dichterische Großaufnahme', eine Hauptsituation, ist z. B. die Szene zwischen Fair Ellen und Child Waters am Fluß (Ch. N r . 63); A (PFMS.) teilt sie in drei episch aufeinanderfolgende kleine Situationen: (1) Auf die Bitte Ellens, doch langsamer zu reiten, zeigt ihr Child "Waters höhnisch einen Fluß, den sie durchschwimmen soll ( — A 14); (2) sie sind am Wasser angelangt, Ellen schwimmt hindurch ( — A 16); (3) auf der anderen Seite des Ufers r u f t er Ellen zu sich heran (A 17). Die anderen Fass. vermischen den Vorgang und ziehen die beiden ersten Situationen zu einer zusammen; die Klagestrophe (A 13) erscheint z.B. in G 17 erst beim Durchreiten des Wassers. Wir können den Willen, eine zusammenhängende Erzählung zu geben, sogar zu Beginn der ersten Zeilen einer jeden Strophe feststellen. Volkläufige Strophen haben die Tendenz, selbst zu einem Ganzen zu werden — die der englisch-schottischen VB. zu einer dramatisch gesteigerten Einheit, die in der zweiten Langzeile das Neue bringt. Sie werden so sehr zu einer von der B. unabhängigen Einheit, daß sie ihren Platz in der B. ändern oder sogar in eine andere B. aufgenommen werden können. Die Strophen unserer Fass. dagegen suchen den Anschluß an die vorhergehenden durch konjunktionale Partikel wie: But when ..., And when ... oder ähnliche kopulative Wendungen. Eine wörtliche Rede leiten sie fast immer ein durch Sales ... oder Saies he ... Es klingt wie eine naive Erzählung, die nicht nur im Sinnzusammenhang, sondern auch in den Worten die Verbindung sucht. Vergleichen wir z. B. die Strophenanfänge der Fass. von Ch. N r . 83: Child Maurice! A 2: And he . . . ; 3: He sayes ... ; 4: I and . . . ; 5, 6: And as 7: And here . . . ; 8: And there . . . ; 10, 12, 13: And as ...; 14, 15: And heere . . . ; 18, 19: And ...; 20: And there ...; 21: But then . . . ; 23: Ffor . . . ; 24, 25: And ...; 26: But ... ; 27: Then . . . ; 28: And . . . ; 29: And sayes . . . ; 30: But when . . . ; 31: Sayes . . . ; 32: Ffor ... Diese dauernde Wiederholung des And im A u f t a k t klingt fast stereotyp; es war vielleicht eine rhythmische Eigenart bei dem Vortrag dieser B.. In den anderen Fass. von Ch. N r . 83 finden wir solch verbindende 28
Wendungen selten, etwa je 4 mal je Fass.. (E hat sie auch häufiger.) Das gleiche Verhältnis ergibt sich bei den anderen im PFMS. erhaltenen B.. W i r wiesen in diesem Abschnitt nach, daß die frühen Fass. des PFMS. die Handlung der B. gewahrt haben, daß sie im Vergleich mit späteren Fass. klarer, lückenloser und einleuchtender erzählen. §19.
b) Gemeinstrophen und Formeln.
Wir werden in anderem Zusammenhang noch darstellen, daß die ,Pagenszenen' im PFMS. fehlen; es sind Szenen, die f ü r den Aufbau der hier behandelten B. typisch sind, gewissermaßen ,Gemeinszenen'. Sie lenken den Gang der Handlung in altbekannte Bahnen, deuten vor auf die schicksalhafte Katastrophe 2 9 ). Dadurch, daß sie immer in dieser Funktion verwendet wurden — und in dieser Funktion bekannt waren —, wurden sie zu festen Bauelementen der LB.. Sie fehlen im PFMS.; ebenso ist ihr strophisches Gegenstück, die Gemeinstrophe, im PFMS. sehr selten. Die am häufigsten belegten und am weitesten verbreiteten Gemeinstrophen sind 3 0 ): O when he came to broken brigges . . . (1), die Fortsetzung: O when he came to Lord William's gates . . . (2), die Strophen, die das Erstaunen über die Hast des Meldereiters ausdrücken: O is my biggins broken, boy ... (3), die Gemeinstrophe f ü r die Hochzeitsnacht: When bells were rung and mass was sung ... (4). W i r finden keine dieser Strophen in den Fass. des PFMS., obgleich sie in anderen Fass. dieser B. vorkommen, z. B. 1 in: 81 C 14, D 9, F 7, 8, H 5, L 16; 83 F 13; 2 in 83 F 14; 3 in 81 D i l , 12, F 10, H 6, 14, J 11, L 19; 4 in 8 3 B 2 1 , C 2 4 . Ebenso führt Child keinen Beleg aus dem PFMS. an f ü r : Where will I get a bonny boy . . . , womit die Lady den Liebesboten sucht. Die Formulierungen der entsprechenden Situation in den PFMS.-Fass. weichen zu stark von dem Typus ab. Diese am weitesten verbreiteten Gemeinstrophen der LB. scheinen sich nur in den schottischen Fass. zu finden. In den englischen Fass. des PFMS. fehlen sie. Es ist in diesem Zusammenhang interessant, darauf hinzuweisen, daß Gemeinstrophen aus den LB. auch in einige Fass. der R H B . Eingang gefunden haben; wir finden solche Anklänge in Ch. N r . 120 B 4, 140 B 4,5, C 5, 6, 145 B 4—6. Diese Strophen mögen sich während des Umlaufs der Fass. in Schottland auch in den R H B . durchgesetzt haben, oder aber ein Straßensänger, der auch die LB. kannte, hat sie kritiklos übernommen 31). Vgl. dazu § 26. ) Vgl. die Liste der häufigsten Commonplaces bei Child ESPB., Bd. V, S. 474. Zu dem Begriff ,Gemeinstrophe' vgl. W.Schmidt, Anglia, II, § 2 6 ; § 2 8 geht näher auf den Ursprung und die Entwicklung der hier genannten Str. ein. Al ) Diese zweite Möglichkeit scheint uns die wahrscheinlichere; die Fass. kommen zwar auch in Garlands vor, die in Schottland, z.B. Paisley, gedruckt wurden; aber ebenso in englischen Garlands. Demnach sind sie also auch in England bekannt gewesen. 3• / 23erltn W
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