Das erste einheitliche deutsche Güterrecht: Der Entwurf der Verwaltungsgemeinschaft für das BGB 1900 und seine Diskussion in der Rechtswissenschaft [1 ed.] 9783428533572, 9783428133574

Innerhalb des Bürgerlichen Rechts unterlag das Familienrecht schon immer einer verhältnismäßig starken Beeinflussung dur

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German Pages 498 Year 2010

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Das erste einheitliche deutsche Güterrecht: Der Entwurf der Verwaltungsgemeinschaft für das BGB 1900 und seine Diskussion in der Rechtswissenschaft [1 ed.]
 9783428533572, 9783428133574

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Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 150

Das erste einheitliche deutsche Güterrecht Der Entwurf der Verwaltungsgemeinschaft für das BGB 1900 und seine Diskussion in der Rechtswissenschaft

Von

Sabine Stierstorfer

Duncker & Humblot · Berlin

SABINE STIERSTORFER

Das erste einheitliche deutsche Güterrecht

Schriften zur Rechtsgeschichte Heft 150

Das erste einheitliche deutsche Güterrecht Der Entwurf der Verwaltungsgemeinschaft für das BGB 1900 und seine Diskussion in der Rechtswissenschaft

Von

Sabine Stierstorfer

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Universität Regensburg hat diese Arbeit im Jahre 2009 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2010 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-7379 ISBN 978-3-428-13357-4 (Print) ISBN 978-3-428-53357-2 (E-Book) ISBN 978-3-428-83357-3 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706 * ∞

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Für Oliver von der Sphinx ohne Geheimnis

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Mai 2009 von der Juristischen Fakultät der Universität Regensburg in Bayern als Dissertation angenommen. Mein herzlicher Dank gilt an erster Stelle Frau Prof. Dr. Sibylle Hofer für ihre engagierte Betreuung meiner Arbeit. Sie hat mir an ihrem Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Römische Rechtsgeschichte und Privatrechtsgeschichte der Neuzeit die Anfertigung der Arbeit ermöglicht und mit wertvollen Ratschlägen und konstruktiven Anregungen zu der Realisierung der Dissertation beigetragen. Herrn Prof. Dr. Martin Löhnig gilt mein Dank für seine freundliche Bereitschaft zur Erstellung des Zweitgutachtens. Darüber hinaus möchte ich nicht versäumen dem Unternehmen Dallmeier electronic für die finanzielle Unterstützung bei der Drucklegung zu danken. Mein ganz besonderer Dank gilt darüber hinaus meinen Eltern Erika und Franz Stierstorfer für ihre liebevolle Unterstützung und Begleitung auf meinem beruflichen Weg sowie für den familiären Rückhalt in allen Lebenslagen. Regensburg, im Februar 2010

Sabine Stierstorfer

Inhaltsübersicht Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

1. Teil Rechtsvereinheitlichung oder Regionalprinzip – die Vorfrage zur Schaffung der gesetzlichen Grundlage 1. Kapitel: Das Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitel: Die Streitpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitel: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25 26 35 57

2. Teil Der Plancksche Entwurf von der Verwaltungsgemeinschaft 1. Kapitel: 2. Kapitel: 3. Kapitel: 4. Kapitel: 5. Kapitel:

60

Gottlieb Planck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Der ideale Güterstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Die Verwaltungsgemeinschaft – Grundzüge der gesetzlichen Regelung 74 Der Niederschlag von Plancks Zielen in den gesetzlichen Regelungen . . 77 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124

3. Teil Die Streitpunkte bei der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft 1. Kapitel: Das Verbreitungsgebiet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitel: Die Berücksichtigung der Vergangenheit bei der Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitel: Die Eingriffsintensität bei der Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kapitel: Die Stellung der Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kapitel: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kapitel: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut (§ 1367 BGB a. F.) . . . . . 7. Kapitel: Zusammenfassung unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft . . . . . . .

134 135 142 263 267 334 365 384

10

Inhaltsübersicht 4. Teil Die Alternativen

1. Kapitel: Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kapitel: Die allgemeine Gütergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitel: Die Errungenschaftsgemeinschaft und die Fahrnisgemeinschaft – die partiellen Gütergemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kapitel: Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

403 405 415 424 432

Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

1. Teil Rechtsvereinheitlichung oder Regionalprinzip – die Vorfrage zur Schaffung der gesetzlichen Grundlage

25

1. Kapitel Das Meinungsspektrum

26

§ 1 Die Rechtsvereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

§ 2 Das Regionalsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

2. Kapitel Die Streitpunkte

35

§ 1 Zwischen Notwendigkeit und Durchführbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

§ 2 Das Festhalten der Bevölkerung an den bestehenden Güterrechtsordnungen A. Die Unterschiede als Ausdruck der Individualität des Volkes . . . . . . . . . . . B. Zufallsprodukt Güterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Ursache der Zersplitterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Das fehlende Rechtsbewusstsein des Volkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 40 41 42 44

§ 3 Die Aufgabe des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Rechtsfindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Schaffung einer einheitlichen Grundlage für eine Rechtsentwicklung

47 47 49

§ 4 Die praktischen Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Der Wechsel des Wohnortes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Interessen Dritter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50 50 52

§ 5 Der unbestimmte Faktor der Vertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

53

§ 6 Der Vereinheitlichungsdruck bei Schaffung des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

12

Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel Zusammenfassung

57

2. Teil Der Plancksche Entwurf von der Verwaltungsgemeinschaft

60

1. Kapitel Gottlieb Planck

61

§ 1 Der Lebenslauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

§ 2 Politische und rechtliche Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Position im Parteienspektrum – die Nationalliberale Partei . . . . . . . . . B. Die Standpunkte Plancks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62 62 64

2. Kapitel Der ideale Güterstand

66

§ 1 Die Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

§ 2 Die Ziele bei der Schaffung des ehelichen Güterrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Übergangsschwierigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Gleichberechtigung der Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Hausherrnstellung des Mannes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Die argumentative Versöhnung der Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67 67 68 71 72

3. Kapitel Die Verwaltungsgemeinschaft – Grundzüge der gesetzlichen Regelung

74

4. Kapitel Der Niederschlag von Plancks Zielen in den gesetzlichen Regelungen § 1 Das eingebrachte Gut der Ehefrau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Nutznießung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Gründe und die Zielsetzung der ehelichen Nutznießung . . . . . . . . II. Die Ausgestaltung der ehelichen Nutznießung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Verwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Aufbau des Verwaltungsrechtes und die Kontrollmechanismen – Grundstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77 77 78 78 79 80 82 82

Inhaltsverzeichnis

13

II. Die Begründung des Verwaltungsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Beschränkung des Verfügungsrechtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die unverbrauchbaren Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die verbrauchbaren Sachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Geldforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die weiteren Sicherungsmittel für das eingebrachte Gut . . . . . . . . . . . . V. Die prozessuale Durchsetzbarkeit der Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Rechtsstellung der Frau zum eingebrachten Gut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Beschränkung des Verfügungs- und Verwaltungsrechtes der Frau II. Die Begründung für Plancks Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84 86 87 89 89 93 95 98 101 102 103 106

§ 2 Das Vorbehaltsgut der Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 A. Die Begründung der Erweiterung des Vorbehaltsgutes . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 B. Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 § 3 Das Vermögen des Mannes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Auswirkungen auf den Anspruch der Frau zur Tragung der ehelichen Lasten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Fehlen jeglichen Zugewinnausgleichs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114

§ 4 Die Schuldenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Regelung der Schuldenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Begründung für den Ausschluss der Schuldenhaftung . . . . . . . . . . . . . . I. Der Rechtsschein des ungetrennten Vermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Schutz der weiblichen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Erhaltung der Grundprinzipien der Verwaltungsgemeinschaft . . . C. Wertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

117 117 118 119 120 121 123

115 115 116

5. Kapitel Zusammenfassung § 1 Die weiblichen Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die wirtschaftliche Gleichstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Entscheidungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Gewährleistung der gleichen Betätigung am wirtschaftlichen Verkehr

124 124 124 127 129

§ 2 Die Erhaltung der Stellung des Mannes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 § 3 Das Ungleichgewicht und die Zerrissenheit der Verwaltungsgemeinschaft 132

14

Inhaltsverzeichnis 3. Teil Die Streitpunkte bei der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft

134

1. Kapitel Das Verbreitungsgebiet

135

§ 1 Die Bedeutung des Argumentes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 § 2 Die statistischen Ungenauigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 § 3 Die Verbreitungsgebiete bei Richard Schröder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 § 4 Die Verbreitungsgebiete bei Paul Roth . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 § 5 Die Verbreitungsgebiete bei Gottlieb Planck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 § 6 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

2. Kapitel Die Berücksichtigung der Vergangenheit bei der Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB § 1 Die Bedeutung der Vergangenheit für die Zukunft im Bereich der Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die historische Schule Friedrich Carl von Savignys . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Bedeutung der Rechtsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rolle des römischen Rechts bei Savigny . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Germanist Georg Beseler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der gemeinsame Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Ursache des Streites . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

142

143 145 145 149 153 153 154 158

§ 2 Meinungen zum ursprünglichen deutschen Güterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 § 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Das Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Germanisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Otto von Gierke und Andreas Heusler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gierke und das römische Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Hauptkritikpunkte Gierkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der positivistische Formalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der abstrakte Individualismus als Gegenpol zu Gierkes Genossenschaftstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Kritik am ehelichen Güterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165 166 167 167 168 169 169 170 172

Inhaltsverzeichnis

15

d) Die Unterstützung Heuslers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Richard Schröder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Carl Friedrich von Gerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gerber als „romanisierender Germanist“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Stellungnahme Gerbers zum ehelichen Güterrecht . . . . . . . aa) Die Befürwortung der Gütereinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Die Ablehnung der Gütergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Romanisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Friedrich Mommsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die romanistische Prägung Mommsens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Übereinstimmung zwischen Mommsen und Gierke . . . . . . c) Der unterschiedliche Ausgangspunkt von Mommsen und Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Romanist und das germanische Recht . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Wesen der Ehe nach Savigny . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Religion als inhaltliche Ausgestaltung des Wesens der Ehe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ludwig Mitteis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Germanistisch oder romanistisch – Der historische Charakter des Entwurfs nach Mitteis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Verbesserungsvorschläge von Mitteis . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Bewertung der Meinung Mitteis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die dritte Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Eugen v. Beaulieu-Marconney . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gottlieb Planck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Streitpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die germanische Hausgemeinschaft gegen den römischen Individualismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Vernachlässigung des Gemeinschaftsgedankens . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die personenrechtliche Grundlage der Ehe – Das Mundium . . . . . a) Die Definition des Mundiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Haltung Gierkes zur Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Hintergründe dieser Ansicht – der Personenbegriff Gierkes d) Die Erwiderung Plancks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Wahl des Güterstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Vorzüge der Gütergemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

173 174 176 176 179 180 182 184 185 186 186 187 190 190 191 195 196 197 198 199 201 202 202 204 206 210 212 215 215 215 216 218 221 223 223

16

Inhaltsverzeichnis b) Die Einordnung der Verwaltungsgemeinschaft als Gütertrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Verbandspersönlichkeit und die Genossenschaft . . . . . . . . . d) Die Entgegnung Plancks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Kritikpunkte an der Ausgestaltung der Verwaltungsgemeinschaft im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Das Verwaltungs- und Nutznießungsrecht am eingebrachten Gut aa) Das Nutznießungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Das Verwaltungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Die Schuldenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Entgegnung Plancks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Erweiterung des Vorbehaltsgutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die gesetzes-technische Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die unterschiedlichen Regelungstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die kompetenzverteilenden Rahmenregelungen . . . . . . . . . . . . . b) Die Klärung inhaltlicher Fragen durch den Gesetzestext . . . . . 2. Die Einführung sittlicher Pflichten ins Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Abbildung der idealen Eheordnung im Gesetz . . . . . . . . . . b) Der sittliche Gehalt des idealen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Gegenargumente Plancks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

224 225 228 229 229 231 232 233 233 235 236 239 240 240 243 245 245 247 249 250

§ 4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 A. Die unterschiedlichen Meinungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 B. Die zusammenhängende Betrachtung des gesamten Meinungsspektrums . . 260 3. Kapitel Die Eingriffsintensität bei der Einführung

263

§ 1 Die geringe Eingriffsintensität der Verwaltungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . 263 § 2 Die Erwiderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 § 3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 266 4. Kapitel Die Stellung der Frau

267

§ 1 Die Bedeutung des Mundiums im historischen Güterrecht . . . . . . . . . . . . . . 269 A. Die Definition des Mundiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 B. Das Mundium vor Schaffung des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

Inhaltsverzeichnis

17

§ 2 Exkurs – Die gesellschaftliche Stellung der Frau bei Schaffung des BGB A. Die ideale Vorstellung von Mann und Frau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die reale gesellschaftliche Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die bürgerliche Schicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Industrialisierung und die Arbeiterfamilie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

272 273 277 277 283

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Verfechter der Erhaltung des Mundiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Germanist Otto von Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Romanist Ludwig Mitteis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Praktiker Karl Ferdinand Brühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Verteidigung der Frauenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die rechtswissenschaftliche Berücksichtigung der Frauenrechte . . . . . 1. Carl Bulling – Vertreter einer liberalen Haltung . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Marianne Weber – Vertreterin der Frauenrechte in der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die bürgerliche Frauenbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Petition Familienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Der Inhalt der Petition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Behandlung der Petition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Emilie Kempin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Reaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die politischen Vertreter der Frauenrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die freisiningen Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die linken Stimmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Sozialdemokraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Der Sozialist Anton Menger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Reichspartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Befürworter der Regelung Plancks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Zustimmende Meinungen aus der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . II. Die Zustimmung des Reichstages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

286 286 287 287 289 291 292 292 296 299 300 301 303 304 307 311 311 313 314 316 320 324 324 328

§ 4 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331

5. Kapitel Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut § 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Vertreter der historischen Ausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Otto von Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Richard Schröder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

334 335 335 335 336

18

Inhaltsverzeichnis III. Carl Friedrich Gerber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ludwig Mitteis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Bewertung des Praktikers Brühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Nutznießung als Ersatz für das Mundium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Selbstständige Regelung statt Verweisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die dinglichen Rechte an einer personenbezogenen Sachgesamtheit 3. Die praktischen Probleme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Folgen der Trennung von Verwaltung und Nutznießung . . . . . . . . III. Der Gestaltungsvorschlag Brühls . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

338 340 342 342 343 344 345 347 349 350

§ 2 Die Bewertung durch die Verteidiger der weiblichen Rechte . . . . . . . . . . . . . 352 § 3 Der Gegenentwurf von Otto Bähr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 § 4 Die Verteidigung des Entwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 § 5 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361

6. Kapitel Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut (§ 1367 BGB a. F.)

365

§ 1 Die Hintergründe der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Verwertung der weiblichen Arbeitskraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Zusammenfassung der vorgesehenen Neuerungen im Entwurf . . . . . . . . . . I. Die Erweiterung des Vorbehaltsgutes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Wechselwirkung mit § 1358 BGB a. F. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Änderung des Entwurfs im Reichstag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

365 365 366 366 367 369

§ 2 Die Diskussion des § 1367 BGB a. F. in der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . A. Otto von Gierke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Karl Ferdinand Brühl . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das Arbeitsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Arbeitserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Marianne Weber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

371 372 375 375 376 379

§ 3 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382

Inhaltsverzeichnis

19

7. Kapitel Zusammenfassung unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

384

§ 1 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Die Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die politische Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Position von Plancks Entwurf im Meinungsspektrum . . . . . . . . . . . . . .

384 385 390 391

§ 2 Die gesellschaftlichen Folgen der Verwaltungsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . A. Die Oberschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Mittelschicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die Arbeiterklasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

394 395 397 400

4. Teil Die Alternativen

403

1. Kapitel Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung

405

§ 1 Grundzüge der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 § 2 Freiherr von Stumm-Halberg und sein Einsatz für die Gütertrennung . . . 407 § 3 Die Ablehnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 § 4 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413

2. Kapitel Die allgemeine Gütergemeinschaft

415

§ 1 Grundzüge der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 A. Die unterschiedlichen Vermögensmassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416 B. Die Beendigung des Güterstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 417 § 2 Die Verteidigung der Gütergemeinschaft durch Otto von Gierke . . . . . . . . . 418 § 3 Die Ablehnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 § 4 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423

20

Inhaltsverzeichnis 3. Kapitel Die Errungenschaftsgemeinschaft und die Fahrnisgemeinschaft – die partiellen Gütergemeinschaften

424

§ 1 Grundzüge der gesetzlichen Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 A. Die Errungenschaftsgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 B. Die Mobiliargemeinschaft (Fahrnisgemeinschaft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 426 § 2 Richard Schröder und sein Einsatz für die Errungenschaftsgemeinschaft 427 § 3 Die Ablehnungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 § 4 Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431

4. Kapitel Zusammenfassung

432

Schlussbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 Anhang 2: Parteienspektrum des Reichstages in der X. Legislaturperiode 1898/1903 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 Personenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494

Einleitung „Men marry because they are tired; woman because they are curious. Both are disappointed.“ 1

Dieser Aphorismus von Oscar Wilde aus dem Jahre 1893, der sinngemäß übersetzt davon ausgeht, dass Männer aus Überdruss und Frauen aus Neugierde heiraten, und schließlich beide Seiten enttäuscht werden, ist für die Ergebnisse dieser Dissertation insofern bezeichnend, als er die unterschiedliche Ausgangslage von Mann und Frau bei der Eingehung einer Ehe zur Zeit der Schaffung des BGB pointiert zum Ausdruck bringt. Um diesen Unterschied und das Verhältnis der Geschlechter kreiste letztendlich, oft versteckt hinter vordergründig sachlichen Fragen, auch die Diskussion um das eheliche Güterrecht des BGB. Die Schaffung des BGB bedeutete für das eheliche Güterrecht den Abschied von den Partikularrechten, indem erstmals eine einheitliche Gestaltung dieses Rechtsgebietes für das gesamte Deutsche Reich geschaffen wurde. Aufgrund des vorgefundenen Zustandes, der durch die Partikularrechtsbildungen von einer starken Rechtszersplitterung gekennzeichnet war, konnte man sich jedoch erst nach einer schwierigen und langwierigen Auseinandersetzung auf einen einheitlichen gesetzlichen Güterstand, nämlich die Verwaltungsgemeinschaft, einigen. Der Entwurf der Verwaltungsgemeinschaft und seine Diskussion in der Rechtswissenschaft ist der Gegenstand dieser Arbeit, die sich in vier Hauptteile gliedert. Der erste Teil beschäftigt sich mit der Frage, die die Diskussionsteilnehmer vor der Schaffung einer einheitlichen Regelung zu klären hatten, nämlich, ob es aufgrund der vorgefundenen Situation möglich und sinnvoll sei, das Güterrecht einheitlich zu regeln. Dieser Teil der Arbeit soll, neben der inhaltlichen Darstellung des Meinungsstandes, vor allem einen Eindruck von dem Zustand der Güterrechte vor der Einführung des BGB vermitteln. Der folgende zweite Teil konzentriert sich auf den Entwurf und die Begründung des ersten einheitlichen gesetzlichen Güterstandes, die Verwaltungsgemeinschaft von Gottlieb Planck. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die Verwaltungsgemeinschaft den Zielen Plancks entspricht bzw. wie sich diese in der gesetzlichen Regelung niedergeschlagen haben. Danach wechselt die Arbeit die Perspektive vom Blick des Autors auf die Verwaltungsgemeinschaft zu den anderen Diskussionsteilnehmern und ihrer Kritik an der vorgeschlagenen Rechtsgestaltung. In diesem dritten, umfangreichsten 1

Wilde, Oscar, A woman of No Importance, Third Act (Lord Illingworth), S. 447.

22

Einleitung

Teil der Arbeit werden einzelne Problemkomplexe, mit denen sich die Diskussion um die Verwaltungsgemeinschaft beschäftigte, herausgegriffen und die jeweils vertretenen Meinungen gegenübergestellt und verglichen. Die Einteilung dieses Teiles der Arbeit erfolgte in sieben Kapitel, wobei neben der weiteren Berücksichtigung der Übergangsschwierigkeiten und der rechtlichen Fragen zu der Gestaltung der Rechte des Mannes am eingebrachten Gut und dem Umfang des Vorbehaltsgutes der Frau, vor allem zwei Fragen schwerpunktmäßig behandelt werden. Zum einen wird ein besonderer Fokus gerichtet auf den Einfluss der Historischen Rechtsschule und den Streit zwischen Romanisten und Germanisten auf die Diskussion um die Gestaltung des ehelichen Güterrechts. Zum anderen steht die Frage nach der sozialen und rechtlichen Stellung der Frau bzw. den bestehenden Ehevorstellungen und ihrer Umsetzung in der rechtlichen Regelung im Vordergrund. Ziel dieser Darstellung ist es, die Verbindung und Beeinflussung der Diskussion um das eheliche Güterrecht mit politischen, gesellschaftlichen und rechtswissenschaftlichen Tendenzen nachzuvollziehen und gegebenenfalls ihre Auswirkungen auf die rechtliche Regelung aufzudecken bzw. den Entwurf in das vorhandene Meinungsspektrum einzuordnen. Um dieser Zielsetzung gerecht zu werden, werden abschließend im vierten Teil der Arbeit die alternativ diskutierten Güterrechte, die als Wahlgüterstände in das BGB Aufnahme fanden, beschrieben, und anhand eines ausgewählten Vertreters ihre Vorteile bzw. durch die Ablehnungsgründe Plancks ihre Nachteile dargestellt. Dieser ergänzende Teil soll weitere Aussagen über die Einordnung der Verwaltungsgemeinschaft im Hinblick auf die zur Verfügung stehenden Alternativen, also die Gütergemeinschaft, die partiellen Gütergemeinschaften und die Gütertrennung ermöglichen.

Forschungsstand Über die güterrechtlichen Regelungen des BGB wurden bereits einige Arbeiten erstellt bzw. dieses Thema wurde bereits mehrmals im Rahmen einer umfassenderen Themenstellung behandelt. Ausführlich mit den güterrechtlichen Regelungen beschäftigt sich die Schrift von Klaus Schmid, die den Titel trägt „Die Entstehung der güterrechtlichen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetzbuch unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Stellung der Frau“.1 Schmid lässt sich in seiner Arbeit aber eher von der zeitlichen Abfolge der Entstehung des ehelichen Güterrechts leiten, während die vorliegende Arbeit schwerpunktmäßig darauf ausgerichtet ist, die Diskussion um einzelne besondere Regelungsbereiche darzulegen und die vertretenen Ansichten einander direkt gegenüber zustellen. In „Die Ehefrau und ihr Vermögen“ 2 setzte sich Jens Lehmann ausführlich mit den „Reformforderungen der bürgerlichen Frauenbewegung zum Ehegüterrecht 1900“ auseinander. Seine Arbeit bringt interessante Aspekte zur Beteiligung der Frauenbewegung am Gesetzgebungsprozess3, konzentriert sich jedoch auch bei der Prüfung der weiteren Diskussion auf eine „Untersuchung aus dem Blickwinkel der Frauen“ 4. Da Lehmann zudem mit der gesamten güterrechtlichen Regelung des BGB 1900 eine breite Basis für sein Werk gewählt hat, werden die einzelnen rechtlichen Aspekte der Verwaltungsgemeinschaft nicht in die Tiefe gehend behandelt. Ebenfalls mit dem ehelichen Güterrecht des BGB beschäftigte sich Petra Malsbenden in ihrer Arbeit „Die rechtliche Stellung der Frau im ehelichen Güterrecht vom ALR zum BGB“.5 Zentraler Gegenstand dieser Arbeit ist der Vergleich des historischen Güterrechts des Allgemeinen Landrechts mit den güterrechtlichen Regelungen des BGB. Aus diesem Grund weicht bereits die Themenstellung dieser Schrift deutlich von der vorliegenden Arbeit ab, die sich allein auf die güterrechtliche Regelung des BGB und die zeitgenössische Diskussion konzentriert.

1 2 3 4 5

Schmid, Entstehung. Lehmann, Ehefrau. Insbesondere: Lehmann, Ehefrau, S. 95 ff. Lehmann, Ehefrau, S. 167. Malsbenden, Stellung.

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Forschungsstand

Darüber hinaus findet das eheliche Güterrecht mehr oder weniger ausführlich Erwähnung in den folgenden Arbeiten: So etwa in der Schrift von Sabine Uta Mehnert, die sich mit der sehr viel weiter gefassten Themenstellung „Entwicklungen im gesetzlichen Güterrecht und im Ehegattenunterhaltsrecht unter dem Aspekt der Gleichberechtigung der Geschlechter“ auseinander setzt.6 In diese Arbeit wurde nicht nur das Unterhaltsrecht einbezogen, sondern es wurde auch ein sehr viel weiterer zeitlicher Rahmen gewählt. Ebenfalls über einen längeren Zeitraum beobachtete Karina Kroj „die Abhängigkeit der Frau in den Eherechtsnormen“.7 Diese Arbeit beschäftigt sich mit dem ehelichen Güterrecht des BGB 1900 ebenfalls nur in einem Kapitel. Auch Heinrich Dörner widmete dem ehelichen Güterrecht des BGB einen Teil seiner Arbeit „Industrialisierung und Familienrecht; die Auswirkungen des sozialen Wandels dargestellt an den Familienmodellen des ALR, BGB und des französischen Code civil“.8 Schließlich sollte in diesem Zusammenhang noch Mark Alexander Grimme und seine Arbeit „Die Entwicklung der Emanzipation der Frau in der Familienrechtsgeschichte bis zum Gleichberechtigungsgesetz“ Erwähnung finden.9 Auch hier beschränken sich die Ausführungen zum ehelichen Güterrecht des BGB jedoch auf einen Bruchteil des Werkes.

6 7 8 9

Mehnert, Entwicklungen, insbesondere S. 11 ff. Kroj, Abhängigkeit, insbesondere S. 231 ff. Dörner, Industrialisierung, insbesondere S. 67 ff. Grimme, Entwicklung, insbesondere S. 89 ff.

1. Teil

Rechtsvereinheitlichung oder Regionalprinzip – die Vorfrage zur Schaffung der gesetzlichen Grundlage Die erste Kodifikation der ehelichen Güterrechte, die für das ganze Deutsche Reich Wirkung entfaltete, wurde im Zuge der Vereinheitlichung des Zivilrechts durch das BGB 1900 geschaffen. Diese Gesetzesgrundlage wurde unverändert bis ins Jahr 1958 beibehalten, dann aber durch das Gleichberechtigungsgesetz von 1957 aufgehoben.1 Eine einheitliche Regelung im Bereich der ehelichen Güterrechte war für die Schöpfer des BGB eine große Herausforderung, denn bei Beginn ihrer Arbeit fanden sie im Deutschen Reich mehr als hundert eheliche Güterrechte in vielen regional beschränkten Verbreitungsgebieten vor.2 Wegen dieser schwierigen Ausgangslage war es nicht unumstritten, ob man die Vereinheitlichung des ehelichen Güterrechts auf das ganze Deutsche Reich erstrecken sollte, bzw. ob es überhaupt möglich sei, dies zu bewerkstelligen. Daher musste zu Beginn der Verhandlungen des Deutschen Juristentages über das eheliche Güterrecht die Frage geklärt werden: „Daß es wünschenswerth sei, ein gemeinsames Ehegüterrecht für Deutschland anzustreben.“ 3 Der Kreisgerichtsrath Geck aus Werden, der sich an dieser Stelle zu dieser Frage äußerte, war zunächst zuversichtlich, dass dieser Antrag ohne größere Widersprüche angenommen werden würde. Er führte dazu aus: „Der erste Antrag ist wohl so allgemeiner Art, daß ein Widerspruch in einer Versammlung, die sich dazu vereinigt hat, um Rechtseinheit in Deutschland herzustellen, nicht erwartet werden kann. (Rufe: Oho!)“ 4

Die Zwischenrufe dokumentieren, dass Geck die Stimmungslage zur vorliegenden Frage falsch beurteilt hatte. Eine Bestätigung dieser Annahme findet sich in der langwierigen Diskussion, die im Folgenden über diese Frage entbrannte und große Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichen Standpunkten offenbarte.5 So schloss das Meinungsspektrum von der Einführung eines zwingenden 1

Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, S. XXVI. Planck, Planck’s Kommentar, Bd. IV, S. 161; zu den verschiedenen Güterrechten siehe: Schröder, Richard, Geschichte des ehelichen Güterrechts in Deutschland in 2 Teilen. 3 Geck, in: 3. DJT, S. 204. 4 Geck, in: 3. DJT, S. 204. 5 Darstellung der Diskussion auch bei: Schmid, Entstehung, S. 97 ff.; Kroj, Abhängigkeit, S. 247 ff.; Malsbenden, Stellung, S. 35 ff.; Dörner, Industrialisierung, S. 101 ff.; 2

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1. Teil, 1. Kap.: Das Meinungsspektrum

Güterstandes, unter Abschaffung der Vertragsfreiheit, bis hin zu einem Belassen der bestehenden Umstände viele verschiedene Vorschläge ein.6 Ernsthaft diskutiert wurden jedoch nur die beiden im Folgenden näher beleuchteten Varianten, die Rechtsvereinheitlichung und das Regionalprinzip. Die Gesetzgeber entschieden sich schließlich für die Vereinheitlichung des Güterrechtes unter Erhaltung der Vertragsfreiheit. Das Regionalprinzip hatte zum Zeitpunkt der Endabstimmung sehr viele seiner Befürworter verloren und die Verantwortlichen sahen keine ausreichenden Gründe, um von dem Grundsatz der Rechtseinheit für Deutschland abzuweichen. Die entscheidende Weichenstellung erging durch Beschluss auf dem 12. Deutschen Juristentag in Nürnberg im Jahre 1875. Das Abstimmungsergebnis sprach für ein einheitliches eheliches Güterrecht für das ganze Reichsgebiet.7 Einen entsprechenden Antrag unterbreitete daraufhin Planck der 1. Kommission von 1876 mit der Vorlage Nr. 11/1876: Eheliches Güterrecht.8 Die Vorschläge Plancks wurden in der Zehnten Sitzung vom 20.10.1875 nach „sorgfältiger Erörterung aller dafür und dawider anzuführenden Gründe (. . .) nach dem Antrage des Referenten mit großer Mehrheit beschlossen.“ 9 1. Kapitel

Das Meinungsspektrum § 1 Die Rechtsvereinheitlichung Die Verteidiger der Rechtsvereinheitlichung forderten, dass für das gesamte Deutsche Reich ein einheitliches Güterrecht gelten sollte. Unter einheitlichem Güterrecht verstand man dabei eine zentrale Regelung unterschiedlicher Güterrechtstypen im BGB und von noch größerer Bedeutung, einen einheitlichen gesetzlichen Güterstand auf dem Gebiet des Deutschen Reiches. Die Vertragsfreiheit sollte dabei nicht angetastet werden. Vielmehr sollte der gesetzliche Güterstand nur dann gelten, wenn die Ehegatten keine individuelle Regelung über die güterrechtlichen Belange trafen. Für diesen Fall sollten erstmals auf dem gesamten Gebiet des Deutschen Reiches dieselben Vorschriften die Vermögensverhältnisse unter den Ehegatten regeln. Verwirklicht werden sollte dieses Ziel durch die Einführung eines einheitlichen gesetzlichen Güterstandes, der die Möglichkeit der Ehegatten Eheverträge abzuschließen unangetastet lassen sollte. Für die eine Zusammenstellung der Originalquellen findet sich bei: Zeller, Zusammenstellung, Bd. IV, S. 78 ff. 6 Beispiele bei: Malsbenden, Stellung, S. 35 f. 7 Beschluss des Juristentages, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 80. 8 Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 366. 9 Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 375.

§ 1 Die Rechtsvereinheitlichung

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Rechtsvereinheitlichung stritten Gottlieb Planck, Richard Schröder, Eugen v. Beaulieu-Marconney, Becker, Ludwig Mitteis, Friedrich Mommsen, Christian Ludwig Runde, Peter Klöppel und G. Binding. Des Weiteren sprachen sich Albrecht, von Seel, Donle, Rau und Hermann Beckh für die Rechtsvereinheitlichung in der entscheidenden Sitzung des Juristentages aus.10 Es stellt sich nun die Frage, warum sich diese Personen mit dem ehelichen Güterrecht beschäftigten und vor allem, warum sie den Standpunkt einnahmen, dass das Güterrecht für das ganze Deutsche Reich einheitlich gestaltet werden müsse. Der Erste, der die Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des ehelichen Güterrechtes forderte11, war der großherzoglich-oldenburgische Geheimenrath12 Christian Ludwig Runde. Dieser stellte bereits im Jahre 1841 fest, dass nur durch die Gesetzgebung die Mängel des damaligen Rechtszustandes beseitigt werden könnten. Die Unzulänglichkeit bestand dabei für ihn in der Mannigfaltigkeit der Provinzialrechte, Ortsstatuten und Gewohnheiten. Die Frage, warum sich Runde mit dem Zustand des ehelichen Güterrechtes beschäftigte, beantwortete er selbst, indem er auf die Notwendigkeit einer neuen historisch-dogmatischen Bearbeitung, der dieser Regelungsgegenstand vielleicht mehr als irgend ein anderer bedurfte, hinwies: „Zu einer Mitwirkung darin habe ich mich berufen gehalten durch vierzigjährige richterliche Amtsausübung in einem Lande, worin die verschiedenartigsten Bildungen jener Institute vorkommen, die statuarischen Bestimmungen darüber sehr dürftig sind, und das Herkommen durch die oft von einander abgewichenen Rechtssprüche schwankend geworden ist.“ 13

Er sah daher die Gesetzgebung in der Pflicht, diese missliche Situation zu verändern: „Die Gesetzgebung eines Landes muß für das eheliche Güterrecht eine gemeine Regel aufstellen.“ 14

Bis zum Beginn der Diskussion über die Vereinheitlichung des gesamten Zivilrechts im Zuge der Schaffung des BGB verhallte die Forderung Rundes jedoch ungehört. Erst die Auseinandersetzung mit diesem Vorhaben ließ auch die Frage der Neubearbeitung des ehelichen Güterrechtes in den Vordergrund treten. Viele verschiedene Juristen würdigten daher etwa 30 Jahre später die Arbeit Rundes

10 Erste Sitzung der ersten und zweiten Abtheilung am 26. August 1875, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 33 ff. 11 Anmerkung: Ob sich Runde im Rahmen der beschriebenen Diskussion für das Regionalprinzip oder die Rechtsvereinheitlichung, im Eingangs beschriebenen Sinne, entschieden hätte ist unklar, da seine Äußerungen deutlich vor dieser Zeit getätigt wurden und daher von einer anderen Grundlage ausgehen. 12 Runde, Güterrecht,Titel, I. 13 Runde, Güterrecht, Vorrede, III; siehe auch: Kroj, Abhängigkeit, S. 236. 14 Runde, Güterrecht, S. 393.

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1. Teil, 1. Kap.: Das Meinungsspektrum

und beschäftigten sich mit seinen Forderungen zum ehelichen Güterrecht, wie aus dem folgenden Zitat von v. Beaulieu-Marconney hervorgeht: „In diesen Wirrwarr brachte Runde’s Monographie über das eheliche Güterrecht einiges Licht, indem es die verschiedenen Rechte wissenschaftlich gruppirte und durch ein seit langer Zeit sorgfältig angesammeltes Material die Praxis einigermaßen feststellte. Die Gerichte athmeten auf und man hörte wohl die Aeußerung, diese Arbeit sei vice legis. Aber in nicht wenigen Fällen bestand das neue Licht nur in der klaren Erkenntniß der Lückenhaftigkeit, Inconsequenz und innern Haltlosigkeit der Rechtsbildungen und theils aus diesem Grunde, theils weil die anfängliche große Autorität des Werkes sich auf die Dauer natürlich nicht in gleichem Maaße behaupten konnte, krankte auch fernerhin die Rechtsprechung an mancher Unsicherheit, und haben namentlich auch die Beweisaufnahmen über örtliche Gewohnheiten keineswegs ganz aufgehört.“ 15

Auch die praktischen Juristen, die an der Sitzung des 12. Juristentages teilnahmen, um über die Frage der Gestaltung des ehelichen Güterrechts zu diskutieren, teilten die Feststellungen und Einschätzungen Rundes zum bestehenden Rechtszustand.16 Im Hinblick auf Erfahrungen mit diesem Regelungsgegenstand, sprachen sich Appellations-Gerichts-Director von Seel aus Würzburg17, Staatsanwalt I. Donle aus Schweinfurt18, Advokat Dr. Rau aus München19 und Rechtsanwalt Hermann Beckh aus Nürnberg20 für die Rechtsvereinheitlichung aus. In dieser Sitzung befürwortete auch der Handelsgerichts-Präsident Dr. Albrecht aus Hamburg die Rechtsvereinheitlichung, obwohl er zugab während seiner Aufgabe als Referent erstmals näher mit diesem Themenkreis befasst worden zu sein.21 Weitere Verfechter auf dem Deutschen Juristentag fand diese Position in dem OberAppellations-Gerichts-Rath Becker aus Oldenburg und Ober-Appellations-Gerichts-Rath v. Beaulieu-Marconney, ebenfalls aus Oldenburg, der oben bereits zitiert wurde.22 Doch nicht nur auf den Deutschen Juristentagen wurde diese Thematik aufgegriffen. Immer wieder wurden auch Aufsätze zu diesem Thema veröffentlicht. So äußerte sich z. B. Appellationsgerichtsrath G. Binding aus Frankfurt im Rahmen des Aufsatzes „Über die von dem künftigen Reichsgesetze zu wählende Grundgestaltung des ehelichen Güterrechtes“ 23 zum vorliegenden Thema. Ludwig Mitteis setzte sich mit seinem Aufsatz „Bemerkungen zum ehelichen Güterrecht nach 15

Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 57. Erste Sitzung der ersten und zweiten Abtheilung am 26. August 1875, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 33 ff. 17 von Seel, in: 12. DJT, S. 58. 18 Donle, in: 12. DJT, S. 59 ff. 19 Rau, in: 12. DJT, S. 64 ff. 20 Beckh, in: 12. DJT, S. 73 f. 21 Albrecht, in: 12. DJT, S. 47 ff. 22 Becker, in: 11. DJT, S. 61 ff.; Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 46 ff. 23 Binding, Reichsgesetze, S. 49 ff. 16

§ 1 Die Rechtsvereinheitlichung

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dem Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich“ 24, der in der Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart 1889 erschien, für die Vereinheitlichung des Güterrechtes ein. Deutlich wird die Motivation dieser Männer von Consistorial-Präsident Dr. Friedrich Mommsen aus Kiel25, früher Professor der Rechte in Göttingen26, ausgedrückt. Mit dem Aufsatz „Das eheliche Güterrecht des Entwurfs eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich“ 27 schaltete er sich in die Diskussion ein. In seinem Entwurf eines Deutschen Reichsgesetzes über das Erbrecht nebst Motiven nannte er den Grund für die Beschäftigung mit dieser Materie: „Soll das große Werk der Herstellung eines einheitlichen bürgerlichen Rechts für das Deutsche Reich gelingen, so werden von vielen Seiten her Bausteine zu demselben hinzugebracht werden müssen. Was mich zu meiner Arbeit bewogen hat, ist wesentlich auch der Wunsch gewesen, einen Beitrag zu dem großen Gesetzgebungswerke, um welches es sich handelt, zu liefern. Möchte denn die Arbeit, welche ich auf die vorliegende Schrift verwendet habe, nicht ganz ohne Nutzen sein!“ 28

Die zwei wesentlichen Stimmen auf der Seite der Verfechter der Rechtsvereinheitlichung waren jedoch Gottlieb Planck und Richard Schröder. Richard Schröder (1838–191729), Professor in Würzburg (1872)30, Straßburg (1882) und drei Jahre später in Göttingen31, später in Heidelberg (1888), hatte zur damaligen Zeit den Ruf eines Gesamtdarstellers und „Meisters der Deutschen Rechtsgeschichte“ 32 inne. Er beschäftigte sich schwerpunktmäßig auch mit der Geschichte des ehelichen Güterrechtes und erstellte die größte Einzeluntersuchung auf diesem Gebiete, die es zu jener Zeit gab.33 Diese Arbeit wurde unter dem Titel „Geschichte des ehelichen Güterrechts in Deutschland“ in zwei Bänden veröffentlicht. Der erste Band beschäftigte sich mit den ehelichen Güterrechten zur Zeit der Volksrechte34 und wurde 1863 herausgegeben. Der zweite, 1871 veröffentlichte Teil, hatte die Ausgestaltung der Güterrechte im Mittelalter zum Gegenstand.35 Nachdem er die Arbeiten zum historischen ehelichen Güterrecht beendet hatte, begann er, das geltende eheliche Güterrecht mit einer statistischen Übersicht über die Verbreitung der einzelnen Güterrechtssysteme innerhalb 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35

Mitteis, Bemerkungen, S. 545 ff. Mommsen, Güterrecht, S. 161. Mommsen, Erbrecht, Titel. Mommsen, Güterrecht, S. 161 ff. Mommsen, Erbrecht, Vorwort V. Stutz, Schröder, S. 1. Stutz, Schröder, S. 11. Stutz, Schröder, S. 13. Stutz, Schröder, S. 17. Stutz, Schröder, S. 23. Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte. Schröder, Geschichte, Teil 2, Mittelalter.

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1. Teil, 1. Kap.: Das Meinungsspektrum

Deutschlands darzustellen.36 Es ist daher kaum verwunderlich, dass der Deutsche Juristentag von ihm eine Abhandlung zu dem Thema erbat: „Ist es wünschenswert und ausführbar, das eheliche Güterrecht für ganz Deutschland durch ein einheitliches Gesetz zu codificieren, und auf welcher Grundlage?“ 37 Die Ergebnisse dieses Gutachtens sprachen zunächst nicht für die Rechtsvereinheitlichung, denn Schröder konstatierte, dass ein einheitliches Güterrecht für Deutschland nicht wünschenswert sei und befürwortete das sogenannte Regionalsystem.38 Doch noch vor dem Zusammentritt des Juristentages bekehrte er sich aus nationalen und vor allem praktischen Gründen zur völligen Vereinheitlichung.39 Dies zeigt sich in späteren Reden und auch in mehreren späteren Gutachten, in denen er diese Meinung vertrat.40 Das entscheidende Argument, warum Schröder sich schließlich für die Rechtsvereinheitlichung entschied, dürfte dabei gewesen sein, dass er einen Umbau des bestehenden Systems im Sinne des Regionalprinzips nicht für eine große Ersparnis an Aufwand und Veränderungen im Vergleich zu der kompletten Rechtsvereinheitlichung hielt (s. u. 1. Teil, 2. Kapitel, § 2, II.).41 Gottlieb Planck42, dessen Lebenslauf unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 2. Teil, 1. Kapitel, § 1), war Richter und liberaler Politiker, der vor allem durch seine Mitarbeit an der Kodifikation des BGB und als Herausgeber des ersten großen Kommentars zu diesem Gesetz bekannt wurde.43 Die erste BGBKommission ernannte ihn 1874 zum Redaktor für Familienrecht. 44 Er gehörte neben Pape, Windscheid und Kurlbaum zu den einflussreichsten Mitgliedern der Kommission.45 Die Erlangung der Rechtseinheit war eines seiner besonderen Anliegen, das Planck nachdrücklich verfolgte. Die immer wiederkehrende Berufung auf diese Position bei verschiedenen Gelegenheiten und über einen sehr langen Zeitraum, wie auch die Vehemenz mit der er diesen Standpunkt verteidigte, zeugen davon. Auch seine dauernde Zugehörigkeit zur Nationalliberalen Partei, für die die Rechtsvereinheitlichung ebenfalls eine große Bedeutung hatte, dokumentiert den hohen Stellenwert dieses Ziels in seinem politischen Wirken. Nur ein Nationalstaat könne laut Planck Werte wie Freiheit und Gleichheit voll verwirk36

Stutz, Schröder, S. 28. Schröder, ganz Deutschland, S. 29 ff. 38 Schröder, ganz Deutschland, S. 40. 39 Stutz, Schröder, S. 29. 40 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 2; Schröder, Familiengüterrecht, S. 1 f.; Schröder, in: 12. DJT, S. 42. 41 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 2 f.; siehe auch: Kommission und Plenum des Königl. preuß. Land.-Dek.-Koll., Verhandlungen III, Session der IV. Sitzungsperiode v. 11.–22. Nov. 1889, S. 848 ff., 853, 856, 866 (abgedruckt bei: Zeller, Zusammenstellung, Bd. IV, S. 79). 42 Darstellung der Meinung Plancks: Malsbenden, Stellung, S. 35 f., 37 f. 43 Falk, Planck, Gottlieb, in: Stolleis, Juristen, S. 501. 44 Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XXVIII. 45 Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XXVIII f. 37

§ 1 Die Rechtsvereinheitlichung

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lichen. Die Rechtseinheit war deshalb für ihn untrennbar verbunden mit der Verwirklichung der Postulate der Frankfurter Verfassung von 1849.46 Stets stellte Planck die Wichtigkeit eines einheitlichen Rechts für das deutsche Volk in den Vordergrund. So äußerte er sich 1870 in einem Vortrag für seine Wähler, der das Zustandekommen des Strafgesetzbuches von 1870 zum Thema hatte, folgendermaßen: „Die Gemeinsamkeit des Rechts, wie sie eine der edelsten Blüten des nationalen Lebens ist, ist zugleich eines der stärksten Bande, eine Nation zusammenzuhalten, eines der wirksamsten Mittel, das nationale Bewußtsein zu stärken und das nationale Leben zu fördern.“ 47

Mehr noch stellte er sich auf den Standpunkt, dass das einheitliche Recht der Schlusspunkt einer tausendjährigen Entwicklung sei, weil das Deutsche Volk bis zu diesem Zeitpunkt noch nie ein einheitliches Recht besessen hätte.48 Seine Äußerung 1869 im Rahmen einer Reichtstagsdebatte des Norddeutschen Bundes über die Erweiterung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf das gesamte bürgerliche Recht zeigt, dass er nicht bereit war, beim Thema Rechtsvereinheitlichung Kompromisse einzugehen: „Wenn behauptet wird, die Verhältnisse seien so verschieden geworden, daß sie ein gemeines Recht nicht ertragen können, so ist damit in der That doch kaum etwas Anderes behauptet, als daß wir aufgehört haben, eine Nation zu sein. Nächst der Sprache ist es vor Allem das Recht, in welchem die nationale Zusammengehörigkeit eines Volks sich offenbart, in welchem die schaffende nationale Kraft sich äußert.“ 49

Und 1868 im preuß. Haus der Abgeordneten führte Planck im Rahmen einer Haushaltsdebatte aus: „Die Verschiedenheit der Verhältnisse in den einzelnen Provinzen ist nicht der Art, daß man sich hier auf berechtigte Eigenthümlichkeiten berufen könnte; es ist eine unmittelbar aus dem Wesen der Staatseinheit entspringende Forderung, daß eine Rechtsordnung, ein Rechtsverfahren, eine Organisation der Gerichte für den ganzen Staat hergestellt werden muß.“ 50

Die Bedeutung, die Planck der Rechtsvereinheitlichung für das gesamte Leben und Streben des Deutschen Reiches zumaß, geht aus diesen Zitaten deutlich hervor, wobei er gerade im Bereich des ehelichen Güterrechts das besondere Gewicht der Rechtsvereinheitlichung betonte.51 Er begründete seine Meinung im 46

Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XXIX. Zitat Plancks, abgedruckt bei: Frensdorff, Planck, S. 291. 48 Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/97), S. 740 f. (31. Sitzung, 4. Februar 1896). 49 Planck, in: Verhandlungen des Norddeutschen Bundes, Band 5 (1869), S. 650 (29. Sitzung, 28. April 1869). 50 Planck in der Haushaltsdebatte im preußischen Haus der Abgeordneten am 08.01. 1868, abgedruckt bei: Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XXX. 51 Planck, Vorentwürfe, S. 438. 47

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1. Teil, 1. Kap.: Das Meinungsspektrum

Wesentlichen mit praktischen Erwägungen, indem er auf Probleme hinwies, die der bestehende Zustand verursachen würde. So machte er darauf aufmerksam, dass bei einem Wechsel des Wohnortes bereits darüber Unklarheiten entstehen könnten, welches Güterrecht anzuwenden sei. Daneben würden viele Güterrechtsgestaltungen inhaltliche Fragestellungen, wie etwa die Kompetenzzuweisung, nur unzulänglich klären. Dies habe auch Unwägbarkeiten und Unklarheiten im Verhältnis zu Dritten zur Folge, was zu Problemen, sowohl für den großen Handelsverkehr als auch für den Verkehr des täglichen Lebens führe.52 Über den hohen Stellenwert der Rechtsvereinheitlichung waren sich jedoch nicht alle Beteiligten einig. Gerade im Bereich des ehelichen Güterrechtes bildete sich eine Opposition, die die vollständige Rechtsvereinheitlichung ablehnte, oder sogar für undurchführbar hielt.

§ 2 Das Regionalsystem Die Befürworter des Regionalprinzips lehnten einen einheitlichen Güterstand für das ganze Deutsche Reich ab. Sie wollten die bereits vorhandenen Gegebenheiten stärker berücksichtigen und forderten daher die Güterstände nur in Teilgebieten des Deutschen Reiches zu vereinheitlichen.53 Befürworter dieses Standpunkts waren Otto von Gierke, Otto Bähr, Alfred Agricola, Paul Roth und Unger. Ohne auf die Besonderheiten einzugehen, die die Meinungen der einzelnen Vertreter des Regionalprinzips kennzeichnen, kann man die Grundlinie dieses Standpunkts etwa so benennen; es sollte eine zentrale Regelung der Grundtypen der Güterstände im BGB geschaffen werden. Als Grundtypen wurden wegen ihrer verschiedenen Ansätze die allgemeine und die partielle Gütergemeinschaft, die Gütertrennung und die Verwaltungsgemeinschaft bezeichnet. Die Entscheidung jedoch, welches Güterrecht wo gelten sollte, sollte in die Hände regionaler Stellen gelegt werden. Für diese Entscheidung und für die geographische Eingrenzung der Geltungsgebiete hielt man die Landesgesetzgeber oder den Bundesrat für geeignet.54 Ein typischer Vertreter des Regionalsystems war Professor Dr. Unger aus Wien: „Denn wir müßten uns dann in einer Deutschen Gesetzgebung über die Prinzipien einigen, die zur Anwendung zu kommen hätten, wenn irgendwo die Gütergemeinschaft gilt, über die rechtlichen Grundsätze, die gelten sollen, wenn irgendwo das gemischte Dotalsystem, über die Grundsätze, die gelten sollen, wenn irgendwo das 52 Planck, Vorentwürfe, S. 438 f.; ausführliche Zusammenfassung der von Planck erwogenen Möglichkeiten und seiner Verteidigung gegen die Angriffe der Gegenpartei: Malsbenden, Stellung, S. 35 ff. 53 Zusammenstellung der wesentlichen Argumente bei: Schmid, Entstehung, S. 97 f.; Malsbenden, Stellung, S. 37. 54 Gierke, Entwurf, S. 115.

§ 2 Das Regionalsystem

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Sächsische System der Güter-Einheit usw. gilt. Das wäre nach meiner Meinung die einzige Möglichkeit einer gemeinsamen Gesetzgebung, nämlich, nur eine h y p o t h e t i s c h e Gesetzgebung über eheliches Güterrecht. Die Frage aber, wo gilt und hat die Gütergemeinschaft zu gelten, wo gilt und hat Güter-Einheit zu gelten, wo gilt und hat gemischtes Dotalsystem zu gelten, diese Frage, glaube ich, wird niemals eine gemeinsame Deutsche Gesetzgebung lösen können; denn das ist eine Frage, die auf lokalem Boden gelöst werden muß nach den Gewohnheiten, die sich an einem bestimmten Orte, in einem bestimmten Lande herausgebildet haben.“ 55

Der vehementeste Verfechter dieser Ansicht war Otto von Gierke (1841–1921), der als Professor unter anderem in Breslau, Heidelberg und Berlin tätig war. Gierke war ein Schüler von Georg Beseler und trat als solcher für die germanistische Richtung der historischen Schule ein56, wie unten noch ausführlich dargelegt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1.). Sein Eintreten für das Regionalprinzip erscheint vor dem Hintergrund seiner lebenslangen Zugehörigkeit zur Historischen Rechtsschule57 konsequent. Immerhin gehörte es zum Programm dieser Rechtsschule in den historischen und bestehenden Rechten nach Erkenntnissen zu suchen, die dann als Grundlage für das zu schaffende Recht verwendet werden sollten, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1). Sein Eintreten für das Regionalprinzip ist also als Ausdruck seiner Verbundenheit mit den bestehenden Zuständen zu verstehen, die er so weit wie möglich erhalten wollte.58 Daneben sprachen sich zwei Rechtshistoriker nämlich Roth und Agricola für das Regionalprinzip aus. Der geh. Justiz- und Appellations-Rath Dr. Alfred Agricola aus Eisenach war mit rechtshistorischen Fragen auf dem Gebiet des Güterrechtes befasst. Seine Schriften wurden zum Teil von Schröder für dessen Forschung auf demselben Gebiet als Grundlage verwendet. So erschien von ihm „Die Gewere zu rechter Vormundschaft, als Princip des Sächsischen ehelichen Güterrechts“, Gotha 1869.59 Bereits in diesem Werk ging Agricola von einem prinzipiellen Gegensatz zwischen dem ehelichen Güterrecht der sächsischen Quellen und denjenigen der süddeutschen Quellen aus. In letzterem Falle herrsche das genossenschaftliche Element vor, in ersterem bilde die vormundschaftliche Gewalt des Mannes die Grundlage. Auch vertrat er die Meinung, dass es innerhalb der genannten Prinzipien keine grundsätzlichen Abweichungen gebe, zumindest soweit das sächsische System betroffen sei.60 Mit diesem Hintergrund lässt sich seine Position im Streit erklären. Er blickte von den historischen Güter55

Unger, in: 3. DJT, S. 206 f. Dilcher, Gierke, Otto von, in: Stolleis, Juristen, S. 240; Wolf, Rechtsdenker, S. 690. 57 Gierke, soziale Aufgabe, S. 616. 58 Gierke, Entwurf, S. 111. 59 Schröder, Zur Geschichte, S. 426. 60 Schröder, Zur Geschichte, S. 427. 56

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1. Teil, 1. Kap.: Das Meinungsspektrum

rechten her auf die Problematik und wollte diese so weit wie möglich erhalten. Daneben glaubte er, dass es zu einer Ordnung der Güterrechte im Sinne des Regionalprinzips keiner großen Einschnitte in die bestehenden Zustände bedürfen werde, da ja die Abweichungen innerhalb der einzelnen Systeme gering wären. Seine Ansichten zur Neuordnung des ehelichen Güterrechtes tat Agricola im Wesentlichen in einem Gutachten für den Deutschen Juristentag kund, das die Frage beantworten sollte, ob es „wünschenswert und ausführbar (sei), das eheliche Güterrecht für ganz Deutschland durch ein einheitliches Gesetz zu codificieren und auf welcher Grundlage?“ 61 Der andere Verfechter des Regionalprinzips, der mit rechtshistorischen Fragen befasst war, war Professor Dr. Paul v. Roth aus München. Sein Bairisches Civilrecht (Tübingen 1871), das eine ausführliche Abhandlung über die Güterrechte enthielt, wurde von Schröder ebenfalls als Grundlage für seine Forschungen zur Entwicklung der ehelichen Güterrechte verwendet.62 Er behandelte mit besonderer Ausführlichkeit das eheliche Güterrecht der bairischen Statuten. Schröder fand in diesem Werk, neben seiner unmittelbaren Bedeutung für das damalige Güterrecht, eine Fülle von historischen Rückblicken und Anknüpfungspunkten.63 Auch Roth wurde vom Juristentag beauftragt, ein Gutachten über die Gesetzgebungsfrage zu erstellen: Ist es ausführbar, das eheliche Güterrecht durch ein einheitliches Gesetz in ganz Deutschland zu kodifizieren?64 Er empfahl, in Kongruenz mit dem Regionalprinzip, die Bildung von drei Gruppen der am meisten verbreiteten Güterrechte. Diese sah er in der allgemeinen und partikulären Gütergemeinschaft und der Verwaltungsgemeinschaft.65 Kurz zusammengefasst benannte er den Grund für diesen Standpunkt folgendermaßen: „Der Gesetzgeber wird . . . kaum in der Lage sein, über den größeren oder geringeren Werth der einzelnen Güterordnungen sich zu entscheiden; . . .“ 66

Unterstützung erhielt diese Gruppe von Otto Bähr, der sich als Verfasser eines Gegenentwurfs zum BGB hervorgetan hat. Dieser führte zur Darstellung und Begründung seiner Position aus: „Ich bin aber der Ansicht, daß die Verhältnisse in Deutschland nicht dazu reif sind, um in dieser Weise dem deutschen Volk ein einheitliches Güterrecht, wenn auch nur indirekt, aufzudrängen. Ich schlage deshalb vor, den Landesgesetzgebungen es zu überlassen, welchen der verschiedenen, durch das Reichsgesetz geordneten Güterstände sie in ihrem Land oder in einzelnen Theilen desselben als den kraft Gesetzes eintretenden bestimmen wollen. Die Landesgesetzgebungen können diese Frage un-

61 62 63 64 65 66

Agricola, Güterrecht, S. 295. Schröder, Zur Geschichte, S. 437. Schröder, Zur Geschichte, S. 437 f. Roth, Güterrecht, S. 276. Roth, Güterrecht, S. 280. Roth, Güterrecht, S. 281.

§ 1 Zwischen Notwendigkeit und Durchführbarkeit

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ter Berücksichtigung der Gewöhnungen des Volkes weit besser ordnen. Die deutsche Einheit wird sicherlich nicht darunter leiden.“ 67

2. Kapitel

Die Streitpunkte § 1 Zwischen Notwendigkeit und Durchführbarkeit Die Diskussion um die Vorfrage zum ehelichen Güterrecht war gekennzeichnet durch die vielen verschiedenen Aspekte, mit denen die gegenüberstehenden Parteien versuchten ihre jeweiligen Kritiker zu überzeugen. Der Facettenreichtum dieser Auseinandersetzung resultierte wohl zum einen aus der Komplexität des Regelungsgegenstandes. Zum anderen spielte in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle, dass man sich im Bereich des ehelichen Güterrechtes in einer Situation befand, in der die Notwendigkeit einer Neuordnung offensichtlich war. Gleichzeitig aber waren Zweifel vorhanden, ob die Vorschläge durchführbar sein würden. Dieses Dilemma beschrieb Ridder nach der Einführung des ehelichen Güterrechtes. Er stellte fest: „. . . daß in den einzelnen Territorien Deutschlands vor dem Inkrafttreten des Bürgerlichen Gesetzbuchs kein Theil des Civilrechts eine größere Mannigfaltigkeit und Buntscheckigkeit gesetzlicher, statutarischer und gewohnheitsrechtlicher Bestimmungen aufwies, wie das eheliche Güterrecht. Bei der tief eingreifenden Bedeutung aber, die das eheliche Güterrecht auf die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Familien ausübt, ist es begreiflich, wie gerade die diesem Gebiete angehörenden Rechtsnormen mit dem öffentlichen Rechtsgefühle mehr verwachsen sind und in dem Rechtsbewußtsein des Volkes tiefere Wurzeln geschlagen haben, als die sonstigen Vorschriften des Civilrechts.“ 68

Um einen Eindruck von der damaligen Situation und den daraus resultierenden Problemen zu vermitteln, die von Ridder mit den Begriffen „Mannigfaltigkeit und Buntscheckigkeit“ umschrieben wurden, sollen im Folgenden einige Beispiele genannt werden, die die Diskussionsteilnehmer zur Verdeutlichung des bestehenden Zustandes angeführt hatten. Das erste Beispiel liefert v. Beaulieu-Marconney, der von der rechtlichen Situation in seinem Heimatort und allgemein von der Ausbildung und Anwendung des Rechts innerhalb von kleinen Gebieten berichtet: „Im kleinen Bezirk ist die Ausbildung des Rechts ins Detail hinein nothwendig unvollkommen, jeder einzelne Fall hat seine besondere thatsächliche Gestaltung, dessen rechtliche Analyse nicht in unmittelbarem Bewußtsein des betheiligten Publikums sich vorfindet. Die Erbschaftssachen führen deshalb häufig zu Prozessen, welche viel 67 68

Bähr, Güterrecht, S. 237. Ridder, Erbrecht, S. 74 f.

36

1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte Zeit und Geld kosten, und deren Entscheidung auch der Richter nur selten in der localen Gewohnheit selbst findet, sondern meistens in freier Gedanken-Operation, aus der Gewohnheit der Nachbarn, aus dem gemeinen Recht, aus Rechtsanalogie, erst schöpfen, also das Recht für den vorliegenden Fall erst neu bilden muß, worin dann auch die Betheiligten nur selten den Ausdruck ihres eigenen lebendigen Rechtsgefühls finden können. Welche Rechtsunsicherheit aus dem ungehemmten Ueberwuchern particularer Gewohnheiten im Eherecht folgt, welch ergiebige Prozeßquelle darin vorliegt, wie langwierig und kostbar diese Prozesse besonders durch die leidigen Erforschungen von Gewohnheitsrechten, mögen sie von Amtswegen oder in der Form von Partei-Beweisführungen geschehen, nicht selten werden können, das hat meine Heimath in früherer Zeit in hohem Grade zu erfahren Gelegenheit gehabt. Hier findet sich, im nördlichen Theil, einem Gebiet von 57 Quadratmeilen, neben statutarischer Gütergemeinschaft in zwei Städten, römisch gefärbte Gütereinheit mit Errungenschaftsgemeinschaft im Stad- und Butjadingerland (zwischen Weser und Jade) auf Grund eines im 17. Jahrhundert zuletzt redigirten Statuts, – ein dem preußischen Landrecht nachgebildetes Gesetz von 1806 in der Herrschaft Jever; der Rest (die größere Hälfte) lebt nach der Parömie „längst Leib längst Gut“, hier zu Nießbrauch, dort zu Eigenthum, jedoch mit mannigfachen Schattirungen.“ 69

Die Probleme bei der Anwendung der Güterrechte resultierten also zunächst aus der Zersplitterung der Güterrechte. Dies bestätigte auch Donle eindrucksvoll durch die Beschreibung der Zustände in einem Amtsgebiet in dem 10.000 Menschen mit 9 verschiedenen Partikularrechten zurecht kommen mussten, deren Spektrum von der allgemeinen Gütergemeinschaft über die Errungenschaftsgemeinschaft bis hin zum Dotalsystem reichte.70 Aus dieser mannigfaltigen Ausbildung der rechtlichen Grundlagen resultierten dann, wie von Beaulieu-Marconney bereits andeutete, weitere Probleme, wie die damit verbundene mangelnde Dokumentation und Ausbildung der einzelnen Güterrechte. Dies stellte auch von Seel fest, der die größten Mängel vor allem bei solchen Güterrechten bemerkte, die nicht über eine schriftliche Grundlage verfügten und die wegen ihres kleinen Geltungsgebietes auch nur von wenigen oder gar nur von einem Rechtskundigen bearbeitet und ausgelegt wurden.71 Diese Aussagen machte er mit einigen praxisbezogenen Beispielen plausibel. So existierte laut von Seel eine Provinz in der auf 600.000 Einwohner 32 Partikularrechte treffen würden. Darunter gebe es ein Geltungsgebiet, das auf zwei Dörfer begrenzt sei und nicht einmal über eine schriftliche Quelle verfüge. Es werde in diesem Bereich auf Treu und Glaube mit Hilfe der Privatarbeit eines Darmstädter Rechtsanwalts judiziert.72 Zu diesem Aspekt äußerte sich auch Gerber, der vor allem die mangelnde juristische Ausbildung der einzelnen Partikularrechte für problematisch hielt: 69 70 71 72

Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 56. Donle, in: 12. DJT, S. 59. von Seel, in: 12. DJT, S. 58. von Seel, in: 12. DJT, S. 58.

§ 1 Zwischen Notwendigkeit und Durchführbarkeit

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„Fast keins der vielen Statuten macht nämlich den Versuch, diese Verhältnisse durch centrale Prinzipien zu bestimmen; vielmehr begnügen sie sich grösstentheils mit peripherischer und casuistischer Festsetzung der Punkte, welche bei der Auflösung der Ehe zur Sprache kommen, also der Rechte des überlebenden Ehegatten gegenüber den Rechten der Kinder oder sonstigen Erben.“ 73

Die Umstände zwangen laut Gerber dazu diese Punkte zu regeln, während „die Verhältnisse bei bestehender Ehe unter dem Einflusse der ausgleichenden Kraft des ehelichen Lebens nur sehr selten das Eingreifen richterlicher Thätigkeit veranlassten . . .“. Dann aber, wenn sich eine solche Notwendigkeit ergab, sei es in vielen Fällen unumgänglich gewesen, die bestehenden Lücken mit allgemeinen Grundlagen, wie dem „das Verhältniss im Ganzen beherrschenden Principe“ zu schließen.74 Die dargestellten Beispiele sollten genügen, um zu verdeutlichen, dass die bestehende Situation nicht weiter hingenommen werden konnte. Diese Erkenntnis beschränkte sich auch nicht auf den Kreis der Verfechter der Rechtsvereinheitlichung. Auch die Befürworter des Regionalprinzips wollten sich ja letztlich nicht mit dem gegenwärtigen Zustand abfinden. So betonte Roth ausdrücklich: „Berechtigt ist das Verlangen, daß größere zusammenhängende Rechtsgebiete geschaffen und in diesen die kleinen theilweise zufälligen Abweichungen der einzelnen Güterordnungen beseitigt werden. Diesem berechtigten Verlangen aber ist genug geschehen, wenn man die bestehenden Güterordnungen in drei größeren Gruppen codificirt. . . . Mein Vorschlag geht nicht dahin, den gegenwärtigen Rechtszustand zu belassen, sondern für jede der drei Güterordnungen ein größeres zusammenhängendes Rechtsgebiet zu bilden, und in diesen die Enclaven der anderen Güterordnungen der gesetzlichen Güterordnung des betreffenden Rechtsgebietes zu adoptiren.“ 75

So würde man nach seiner Meinung die Zersplitterung beseitigen und trotzdem die Annahme des Güterrechts durch die Bevölkerung sicherstellen, da das neue Güterrecht dem alten verwandt oder doch zumindest von umliegenden Regionen her bekannt sein würde.76 Diese Ansicht findet sich auch bei Agricola: „Auf diesem Wege wird man hoffen dürfen, das Heiligthum des Rechtsgefühls und der Rechtssitte aller Orten im Deutschen Volke unangetastet zu lassen und doch der Einheitlichkeit des Rechts zu geben, was ihr gebührt.“ 77

Wiederum ähnlich äußerte sich Gierke, der trotz seines Einsatzes für das Regionalprinzip ebenfalls nicht an der bestehenden Ordnung festhalten wollte. Er unterschied in diesem Zusammenhang zwischen der Zersplitterung der Güterrechte und deren Verschiedenheit. Ersteres führt er auf einen wuchernden Parti73 74 75 76 77

Gerber, Güterrecht, S. 344. Gerber, Güterrecht, S. 344. Roth, Güterrecht, S. 283 f. Roth, Güterrecht, S. 284. Agricola, Güterrecht, S. 327.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

kularismus und auf die zersetzende Wirkung einer willkürlichen und experimentierenden Rechtsprechung zurück. Die Verschiedenheit sei jedoch letztendlich auf Stammeseigentümlichkeiten und die besonderen wirtschaftlichen Verhältnisse der einzelnen Gebiete zurückzuführen.78 Durch das Regionalprinzip hoffte er, die Zersplitterung zu beseitigen, die Verschiedenheit aber zu erhalten und auf diese Weise die bestehenden Interessen miteinander zu versöhnen.79 Neben der Meinung, die völlige Rechtsvereinheitlichung würde zu tiefe Einschnitte mit sich bringen, wurde auch die Befürchtung laut, dass dieses Ziel überhaupt nicht erreicht werden könne. Am deutlichsten äußerte sich zu diesem Aspekt Unger als Vertreter des Regionalprinzips. Er gestand zwar zu, dass die Einführung eines zwingenden Güterrechtes von der Möglichkeit ein einheitliches gesetzliches Güterrecht unter Erhaltung der Vertragsfreiheit zu schaffen, verschieden sei. Jedoch lehnte er beide Möglichkeiten ab. Für ihn stand eindeutig fest: „Ich glaube also, es sei in keiner Hinsicht möglich, ein materiell gemeinsames eheliches Güterrecht zu Stande zu bringen.“ 80

Mit dieser Ansicht stand Unger nicht allein. Ausgerechnet Runde, der als Erster die Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des Güterrechtes gefordert hatte, stimmte in diesem Punkt mit Unger überein. So richtete Runde zwar seinen Blick zur Unterstützung seiner Forderungen nach Frankreich und Österreich, wo bereits eine einheitliche Regelung des Güterrechtes bestanden hatte.81 Für Deutschland jedoch sah er, zumindest zum damaligen Zeitpunkt (1841), keine Möglichkeit eine vollständige Vereinheitlichung zu statuieren: „Daß ein solcher Entwurf durch die Gesetzgebung formell zum gemeinen deutschen Recht erhoben werden könne, ist nun freilich gar nicht zu erwarten. Aber in einzelnen deutschen Bundesstaaten mag er doch vielleicht geeignet erscheinen, einer genauen Prüfung unterzogen zu werden, und unter Modificationen, worauf auch die beigefügten Motive hindeuten, Veranlassung zu einem wünschenswerthen neuen heilsamen Gesetze geben.“ 82

Natürlich muss man diese Aussage in ihrem zeitlichen Zusammenhang betrachten. Da 1841 eine Rechtsvereinheitlichung für das Gebiet des späteren Deutschen Reichs noch nicht vorausgesehen werden konnte, erscheint es verständlich, dass Runde auch für das eheliche Güterrecht diese Möglichkeit nicht in Betracht zu ziehen wagte. Jedoch belegen ähnliche Zweifel der Vorkommission 33 Jahre später, dass nicht nur der frühe Zeitpunkt diese Ansicht geformt hatte. So äußerte die Vorkommission in einem Gutachten von 1874:

78 79 80 81 82

Gierke, Entwurf, S. 114. Gierke, Entwurf, S. 114 f. Unger, in: 3. DJT, S. 207. Runde, Güterrecht, S. 394. Runde, Güterrecht, S. 395 f.

§ 2 Festhalten der Bevölkerung an den bestehenden Güterrechtsordnungen

39

„Es wird das eheliche Güterrecht insbesondere sich nicht einheitlich, sondern nur in seinen zwei oder drei Grundsystemen, etwa als modifizirtes Dotalsystem, als System der allgemeinen Gütergemeinschaft und als System der Errungenschaftsgemeinschaft gesetzlich gestalten lassen, derartig, daß in den verschiedenen Theilen Deutschlands je das eine dieser Systeme nach Bestimmung der Landesgesetz zur gesetzlichen Geltung gelangt.“ 83

Die Diskussion um die Möglichkeiten, die bezüglich des ehelichen Güterrechtes überhaupt offen standen, belegt die Unsicherheit aller Parteien im Hinblick auf die zu lösende Aufgabe. Darüber hinaus wird deutlich, dass die Vertreter beider Richtungen von einem gemeinsamen Ausgangspunkt aus ihre Meinungen entwickelt hatten. Es bestand zumindest insoweit Einigkeit, dass die Notwendigkeit einer Neuregelung für alle offensichtlich war. Der dargestellte Streit entstand also nur über den Grad der Vereinheitlichung.

§ 2 Das Festhalten der Bevölkerung an den bestehenden Güterrechtsordnungen Der Hauptstreitpunkt zwischen den beiden Gruppen war die Frage, welches Verhältnis das Volk zu den bestehenden Güterrechten habe. Auf die Beantwortung dieser Frage stützten sich die Schlüsse der Diskussionsteilnehmer, welche Folgen ein Eingriff in die Güterrechtsordnungen für das Leben der Bürger haben werde. Die Bedeutung dieses Aspekts, der fast von allen Beteiligten aufgegriffen wurde, zeigt die Beeinflussung dieser Auseinandersetzung durch die Lehren der Historischen Rechtsschule, die unten noch näher dargestellt werden sollen (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1). Zum Programm dieser Rechtsschule gehörte es in den historischen und bestehenden Rechten nach Erkenntnissen zu suchen, die dann als Grundlage für das zu schaffende Recht dienen sollten. Diese Tendenz der Rechtswissenschaft bewirkte, dass dem „Volksgeist“ und der „historischen Kontinuität“, die man in den bestehenden und vergangenen Regelungen der Rechte zu finden glaubte, große Aufmerksamkeit entgegengebracht wurde. Beim vorliegenden Diskussionsgegenstand bewirkte dieser Einfluss, dass sich zumindest in der Frage des Beharrens der Bevölkerung auf den bestehenden Güterrechtsordnungen die beiden Gruppen unversöhnlich gegenüberstanden und der vorliegende Aspekt zu einer Art Grundsatzfrage der Debatte stilisiert wurde. Teilweise gewinnt man bei Betrachtung des Schlagabtauschs der Vertreter gar den Eindruck, dass sich hinter der vehementen Agitation eine fast ideologische Einstellung verbarg, deren tiefere Wurzeln sicherlich in den unterschiedlichen, durch die Historische Rechtsschule gebildeten Einstellungen lagen.

83 Gutachten der Vorkommission vom 15.04.1874 nachzulesen bei: Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XII.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

A. Die Unterschiede als Ausdruck der Individualität des Volkes Die Gewöhnung des Volkes und ihr Festhalten an dem bestehenden Güterrecht wurde vor allem von den Anhängern des Regionalprinzips betont.84 Die Grundlage ihrer Argumentation bildete die Annahme, dass die Verschiedenheit der Güterrechte auf bestehende reale Unterschiede in den Landesteilen und deren Bevölkerung zurückzuführen sei. Weil aber die Verschiedenheit der Güterrechte ihren Grund in den Menschen habe, die Unterschiede gleichsam tief in den Menschen verwurzelt seien, wurde befürchtet, dass eine Abänderung auf großen Widerstand stoßen werde. Am deutlichsten äußerte sich in diesem Zusammenhang der Germanist und Anhänger der Historischen Rechtsschule Gierke. Er sah in der Rechtsvereinheitlichung eine „Vergewaltigung tief eingewurzelter Anschauungen und dringender Lebensbedürfnisse, die Unterbrechung des geschichtlichen Zusammenhanges der Rechtsentwicklung und die Losreißung des Rechtes von seiner volkstümlichen Grundlage“ 85. Die Einführung der Vereinheitlichung habe einen völligen Bruch mit dem geschichtlich entwickelten Rechtszustand zur Folge und dies ließe „eine unüberwindliche Antagonie zwischen dem Volksbewußtsein und dem positiven Recht“ befürchten.86 Er bezeichnete das bestehende Güterrecht darüber hinaus als „eines der letzten starken Bänder zwischen dem Volke und seinem Recht“. Dieses werde durch die Vereinheitlichung zerschnitten mit der Folge, dass „die im Innersten der Familie segensreich waltende Ordnung umgestürzt“ würde.87 Nach seiner Ansicht waren die Unterschiede in den Güterrechten Folge einer geschichtliche Entwicklung und Ausdruck des deutschen Rechtsbewusstseins. Die Verschiedenheit der Güterrechte sei letztendlich auf Stammeseigentümlichkeiten und besondere wirtschaftliche Verhältnisse der einzelnen Gebiete zurückzuführen.88 So hielt er fest: „Im großen und ganzen wirken allerdings die alten Stammesrechte bis heute nach, und zweifellos ist in vielen deutschen Landschaften auch heute das Familiengüterrecht mit besonderen wirtschaftlichen, socialen und kulturellen Zuständen eng verwachsen.“ 89

Diese Ansicht spiegelt deutlich Gierkes Anhängerschaft an die Lehren der Historischen Rechtsschule wider, die unten noch näher dargestellt werden soll (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1). Der besondere Stellenwert, den Gierke aufgrund dieser Ausrichtung der Vergangenheit für Rechtsgestaltungen der Zukunft eingeräumt hat, bedingte ein Festhalten an den bestehenden Zuständen, die er als zwingende Folge einer Rechtsentwicklung begriff. Daraus resultierte sein Wunsch, die ge84 85 86 87 88 89

Siehe dazu auch: Schmid, Entstehung, S. 98. Gierke, Entwurf, S. 111. Gierke, Entwurf, S. 112. Gierke, Entwurf, S. 114. Gierke, Entwurf, S. 114. Gierke, Entwurf, S. 114.

§ 2 Festhalten der Bevölkerung an den bestehenden Güterrechtsordnungen

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genwärtigen Überbleibsel der großen germanischen Vergangenheit so weit als möglich zu erhalten, wie der folgende Leitsatz, nach dem er das neue Recht gestalten wollte, offenbart: „Nicht das deutsche Recht in seiner mittelalterlichen Gewandung, aber das deutsche Recht in seinem unsterblichen Gedankengehalt.“ 90

Auch die anderen Vertreter des Regionalsystems gründeten ihre Meinung auf dieses Argumentationsschema. So lehnte Roth die Zusammenführung der Güterrechte ab, indem er auf die große Bedeutung der „Sitte und Übung“ in diesem Bereich hinwies.91 Erläuternd führte er dazu aus: „Die allgemeine Einführung der Gütergemeinschaft würde in dem Rechtsgebiet der Gütereinheit ebenso unbequem gefunden werden und abstoßen, als die Einführung der Gütereinheit in dem Rechtsgebiet der Gütergemeinschaft Anstoß erregen würde.“ 92

Und auch bei den anderen Vertretern wird immer wieder die Argumentation in den Vordergrund gerückt, dass die Zersplitterung der Güterrechte nicht zufällig entstanden sei, sondern berechtigte, immer noch vorhandene Interessen der Bevölkerung schützen würde. So z. B. auch zu finden bei Agricola, der sich sicher ist, „daß nicht Zufall und Laune die Verschiedenheit dieser Bildungen erzeugt hat, sondern daß sie die Resultate tieferer Gegensätze der Anschauungen in verschiedenen Theilen des Deutschen Volkes sind.“ 93 B. Zufallsprodukt Güterrecht Die Befürworter der Rechtsvereinheitlichung stellten sich dieser Argumentation entgegen, indem sie die starke Anbindung der Bevölkerung an das bestehende Güterrecht leugneten: Ein solch ausgeprägtes Rechtsbewusstsein sei tatsächlich nicht vorhanden. Außerdem erklärte man die Herkunft der Güterrechte mit zufälligen historischen Ereignissen, die keine Rechtfertigung in der Gegenwart finden würden. Einer Rechtsvereinheitlichung stünden also im Hinblick auf die Bevölkerung keinerlei Hindernisse entgegen. So stellte auch Runde zwar einleitend fest, dass er die unterschiedlichen Gestaltungen des deutschen Rechts allgemein nicht als Übel an sich bewerte, sondern diese vielmehr als „ein wahrer Freiheit günstiges Zeichen geistigen Lebens und individueller Selbstausbildung“ betrachte.94 Er betonte, dass grundsätzlich die unterschiedlichen Ausprägungen des Rechts nicht wegen einer „blinden Idee 90 91 92 93 94

Gierke, soziale Aufgabe, S. 616. Roth, Güterrecht, S. 282. Roth, Güterrecht, S. 282 f. Agricola, Güterrecht, S. 303. Runde, Güterrecht, S. 391.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

der Gleichmacherei gestört werden“ sollten. Dies gelte aber nur, wenn ein wesentlicher Grund in den besonderen Civil- und Personalverhältnissen, Stand und Gewerbe bestehe und mit den Unterschieden keine Nachteile verbunden seien. Ein solcher Ausnahmefall sei aber gerade bei den ehelichen Güterrechten gegeben: „Aber mit einer großen Zahl dieser Particularitäten ist dieß gar nicht der Fall: sie sind aus Unkunde der wahren Natur der Sache durch die Praxis der Gerichte eingeführt, und dann auch wohl in neuere Gesetze übergegangen. Dieser Theil kann jedenfalls, als dem Interesse des Volkes ganz fremd, ohne Verletzung beseitigt, und so weit der Vortheil der Rechtseinheit gewonnen: für alle beizubehaltende Verschiedenheiten aber kann eine bestimmte gemeinsame deutschthümliche Grundlage hergestellt werden.“ 95

Als man Jahrzehnte später auf dem Weg war, das gesamte Zivilrecht zu vereinheitlichen, und die Bedenken Rundes über die allgemeine Vereinheitlichung des deutschen Rechtes weggefallen waren, gewann seine Argumentation zu den Güterrechten an Gewicht. Die ausführliche Auseinandersetzung der Befürworter einer Vereinheitlichung mit diesem Thema weist auf den großen Einfluss der Historischen Rechtsschule hin (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1). Um nicht in Konflikt zu geraten mit diesem rechtswissenschaftlichen Trend, legten die Vertreter der Rechtsvereinheitlichung besonders Gewicht auf die Frage nach der Bedeutung der bestehenden, durch die Vergangenheit gebildeten Situation. Sie bemühten sich für den vorliegenden Regelungsgegenstand Argumente zu finden, die die Forderung nach einer weitgehenden Abänderung der historisch gewachsenen Zustände stützten. I. Die Ursache der Zersplitterung

So nannte z. B. Becker das bestehende Güterrecht ein Zufallsprodukt, möglicherweise beeinflusst durch das übrige bestehende Territorialrecht. Keinesfalls könne man jedoch annehmen, dass die Rechtszersplitterung Ausdruck eines besonderen Territorialgeistes sei. Die verschiedenen Güterrechte hätten daher keine innere Berechtigung und müssten deshalb hinter dem wachsenden Bedürfnis des Volkes nach Gleichheit und Gewissheit des Rechts zurücktreten.96 Auch Binding bestritt, dass Unterschiede im Güterrecht eng mit den unabänderlichen Verschiedenheiten des Bodens, des Klimas oder der Standes-, Lebensund Erwerbsverhältnisse der Bewohner zusammenhängen würden. Auch die verschiedenen Rechte und Formen des Grundbesitzes, je nachdem ob Eigentum oder Erbleihe, Lehen oder Pachtung, oder die wesentlichen Unterschiede zwischen Stadt und Land würden die Bevölkerung nicht in abgeschlossene Gruppen spal95 96

Runde, Güterrecht, S. 391. Becker, in: 11. DJT, S. 62.

§ 2 Festhalten der Bevölkerung an den bestehenden Güterrechtsordnungen

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ten, so dass einem einheitlichen Güterrecht jeder Weg versperrt sei.97 Er erwartete daher keine allzu große Gegenwehr gegen die einheitliche Regelung, vielmehr rechnete er wegen der derzeitig belastenden Situation für die Länder mit bereitwilligem Entgegenkommen.98 Ebenso Planck, der die Unterschiede ebenfalls nicht auf die „Verschiedenheit der thatsächlichen Verhältnisse“ 99, oder die „Eigenartigkeit der deutschen Volksstämme“ 100 zurückzuführen gedachte. Vielmehr als die objektive Verschiedenheit der realen Verhältnisse hätten die unterschiedlichen Ansichten über den Nutzen von bestimmten Güterrechten und vor allem die Macht der Gewohnheit, die Zersplitterung der Güterrechte verursacht.101 Nicht zu unterschätzen wäre auch der Einfluss der Jahrhunderte andauernden politischen Zersplitterung in den verschiedenen Landesteilen denen der Regelungsgegenstand ausgesetzt war. Dies hätte zu den vorliegenden völlig unterschiedlichen Entwicklungen geführt.102 Schröder, der sich nach seiner Abkehr vom Regionalprinzip 1896 für die Rechtsvereinheitlichung aussprach, beleuchtete diesen Teil der Diskussion von dem Standpunkt eines Rechtshistorikers aus und stellte fest: „Ein Zusammenhang der verschiedenen Güterrechtssysteme mit besonderen Stammeseigenthümlichkeiten besteht schon seit dem Mittelalter nicht mehr.“ 103

Grund für die damalige Verteilung der ehelichen Güterrechte sei nicht die wirtschaftliche Verschiedenheit gewesen. Vielmehr beruhe sie größtenteils auf rein äußerlichen Umständen ohne jede historische Berechtigung.104 Und auch der Blick des Praktikers Rau auf die Situation untermauert das gefundene Ergebnis: „Es besteht ein solches Rechtsbewußtsein meines Erachtens – und auch ich habe als Diener der Praxis viele Jahre gerade mit diesem Gegenstande vorzugsweise mich zu beschäftigen gehabt – nicht, und es ist hier für sogenannte particularistische Eigenthümlichkeiten ebensowenig eine Veranlassung gegeben als auf irgend einem anderen Rechtsgebiet. Die Gründe, warum ein bestimmter Stamm ja sogar die Einwohner eines bestimmten Hauses in Bayern – ein bestimmtes Rechtsbewußtsein in Sachen des ehelichen Güterrechts sich angeeignet haben sollten, sind unerfindlich; die Entstehungsgründe des Rechtsbewußtseins liegen anderswo, sie liegen in der Verbindung des ehelichen Güterrechts mit den verschiedenen anderen Zweigen der Gesetzgebung, mit dem Erbrecht, mit der Frage der Schuldenhaftung, mit den Bestimmungen,

97

Binding, Reichsgesetze, S. 53 f. Binding, Reichsgesetze, S. 54. 99 Planck, Vorentwürfe, S. 442. 100 Planck, Vorentwürfe, S. 443. 101 Planck, Vorentwürfe, S. 446 f. 102 Planck, Vorentwürfe, S. 440. 103 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 2. 104 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 2. 98

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte wie die Schuldenhaftung bei Handelsleuten gehandhabt werden soll, mit der Verfügungsgewalt des Ehemannes und der Grenze derselben. Da liegen die Hauptfragen, nicht etwa in einem bestimmten Rechtsbewußtsein, dafür, daß z. B. unser Altbayern das Dotalrecht mit Errungenschaftsgemeinschaft erhalten hat.“ 105

Auch Mommsen führte die verschiedenen tatsächlichen Verhältnisse in einzelnen Fällen nicht auf Unterschiede in bestimmten geografischen Gebieten zurück. Verantwortlich wären dafür vielmehr die unterschiedlichen Lebensumstände der Eheleute, wie der Berufsstand des Mannes oder das Vermögen, welches in der Ehe vorhanden sei. Diese Differenzen würden jedoch in jedem Land auftreten. Eine wesentliche Verschiedenheit der deutschen Länder, auf die sich die unterschiedlichen Güterrechte im Deutschen Reich zurückführen ließen, wäre dagegen nicht erkennbar.106 Auch für v. Beaulieu-Marconney konnte das Regionalprinzip nicht dadurch begründet werden, dass man auf das Festhalten der Bevölkerung an den bestehenden Rechtszuständen verwies. Sehr deutlich zeigt sich dies in dem folgenden Zitat: „Man, versuche es nur, die Sache vor das Forum der Organe des Reiches zu bringen, und man wird bald erfahren, wie die festgehaltenen „berechtigten Eigenthümlichkeiten“ wie Nebel vor der Sonne verschwinden, wie sich zeigen wird, daß sie ihre Berechtigung nur in Gewohnheit und Schlendrian oder auch im selbstgefälligen Glauben an die besondere eigene Weisheit finden.“ 107 II. Das fehlende Rechtsbewusstsein des Volkes

Eng verbunden mit dieser Einordnung der bestehenden Güterrechte als „Zufallsprodukt der Geschichte“ wurde für eine Rechtsvereinheitlichung vorgebracht, dass das Rechtsbewusstsein des Volkes nicht in hohem Maße an die bestehenden Güterrechte gebunden sei. Eine Gegenwehr der Bevölkerung bei der Einführung eines einheitlichen Güterrechts sei nicht zu befürchten. Diese Annahme hätte sich bereits im Rahmen früherer Gesetzgebungsakte auf dem Gebiet des ehelichen Güterrechts als falsch erwiesen. Das Volk klebe nicht an den hergebrachten Güterständen, jedenfalls nicht in dem Maße, wie dies vielfach angenommen worden sei.108 Auch die Praktiker konnten bestätigen, dass die Bindung an das eheliche Güterrecht, falls überhaupt vorhanden, so schwach ausgeprägt sei, dass die Ehegatten sich nur am Rande dafür interessierten, welches Güterrecht innerhalb ihrer Ehe zur Anwendung komme. 105 106 107 108

Rau, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 64 f. Mommsen, Güterrecht, S. 162. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 58. Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 3.

§ 2 Festhalten der Bevölkerung an den bestehenden Güterrechtsordnungen

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„Aus meiner Praxis muß ich dies (SS.: das historische Rechtsbewusstsein) entschieden bestreiten. Ich bin in einer Provinz Bayerns gewesen, die sehr viele eheliche Güterrechte hatte, in Schwaben, und ich bin jetzt in einer Provinz, in Mittelfranken, die den gleichen Vortheil genießt, und nirgends habe ich ein solches historisches Bedürfniß erkannt, nirgends ist es mir von den Parteien entgegengebracht worden; sondern die Parteien haben sich in der Regel erst bei den Rechtsanwälten erkundigt, in welchem Rechte sie denn leben.“ 109

Im Hinblick auf diese Situation sei eine einheitliche Regelung zu begrüßen, um überhaupt erst die Grundlage für ein Rechtsbewusstsein der Bevölkerung in dieser Hinsicht zu schaffen. „Es ist wie gesagt, eine berechtigte Eigenthümlichkeit in diesen Dingen nicht zu suchen, und deshalb ist es höchst wünschenswerth, daß eine Codification vorgenommen wird, weil dann ein Rechtsbewußtsein sich bildet, und weil dann das Volk das hat was es will, ein bestimmtes einheitliches Recht, weil es die Gerichte nicht zu quälen und die Anwälte nicht zu überlaufen hat mit Fragen: was gilt bei uns? was geschieht, wenn der Mann stirbt? wenn die Frau stirbt? usw.“ 110

Zu dem vorliegenden Aspekt äußerte sich auch v. Beaulieu-Marconnay. Er griff dabei die These der Vertreter des Regionalprinzips an, dass die Erhaltung der privatrechtlichen Besonderheiten die Bindung des Volkes an den Staat stärken könnte. „Es ist eine durch nichts gerechtfertigte Tradition, daß die Mannigfaltigkeit des ehelichen Güterrechts ein Product des eigensten Provinzialgeistes sei, welches geschont und gepflegt werden müsse, um durch die Befriedigung im kleinsten Kreise, in den nächsten Interessen, die Liebe zum Vaterlande, die Anhänglichkeit an den Staat zu wecken und zu kräftigen.“ 111

Zwar hielt er dieses Ziel für durchaus berechtigt. Es müsse jedoch auf einem anderen politischen Gebiet durchgesetzt werden, nämlich durch eine Gemeindeordnung. In dieser Rechtssparte könnten die Belange der kleinen Kreise am besten berücksichtigt werden.112 Für das Privatrecht gelte das genaue Gegenteil: „Die Details des Privatrechtes haben mit der Belebung des öffentlichen Geistes gar wenig zu thun. Im Gegentheil, die Buntscheckigkeit des ehelichen Güterrechts wird immer lebhafter als eine unleidliche Plage empfunden.“ 113

Eng damit verwandt ist die Argumentation Mommsens, der die Gewöhnung des Volkes aus einem anderen Blickwinkel betrachtete. So müsse man sich, laut Mommsen, beim Belassen der Güterrechte in ihren angestammten Landesteilen darüber im Klaren sein, dass ein solches Vorgehen die Gewöhnung, falls eine solche vorhanden sei, immer mehr verstärken werde. In der Folge beeinflusse 109 110 111 112 113

Beckh, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 73. Rau, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 65. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 54 f. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 55. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 55.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

daher die zu treffende Entscheidung nicht nur die Gegenwart. Vielmehr sei sie als eine Weichenstellung für die Zukunft zu betrachten. Deshalb müssten sich die Vertreter des Regionalprinzips darüber im Klaren sein, dass sie unter Zugrundelegung ihrer Argumentation einer Vereinheitlichung auch für alle Zukunft den Weg versperren würden.114 „Wenn es aber jetzt für nöthig zu halten ist, die Gewöhnung des Volks zu schonen, so wird die Zeit, zu der dies nicht mehr nöthig zu halten ist, n i e m a l s kommen.“ 115

Das entscheidende Argument in diesem Zusammenhang kam von Schröder. Vor dem Hintergrund der von ihm analysierten historischen Güterrechte und der Verteilung der Güterrechte im Reichsgebiet kam er zu dem Ergebnis, dass ein Umbau des bestehenden Systems im Sinne des Regionalprinzips verglichen mit einer kompletten Rechtsvereinheitlichung kaum eine große Ersparnis an Aufwand und Veränderungen mit sich bringen würde. Keine der beiden Varianten sei daher in der Lage die Gewöhnung des Volkes in höherem Maße zu schonen. Er führte dazu aus: „Größere geschlossene Gebiete ließen sich höchstens in Norddeutschland für die Verwaltungsgemeinschaft und die allgemeine Gütergemeinschaft und im Westen für die Fahrnißgemeinschaft des französischen Rechts abgrenzen. Dagegen besteht in Süd- und Mitteldeutschland das bunteste Gemisch von allgemeiner Gütergemeinschaft und Errungenschaftsgemeinschaft, so daß die Durchführung größerer Gruppen sich selbst dann als unmöglich erweisen würde, wenn die beiden hier in Betracht kommenden Systeme überhaupt in sich einheitlich gestaltet wären. Aber die Verschiedenheiten innerhalb der einzelnen Systeme sind überaus groß und auch die bescheidenste Konsolidation würde nur unter schonungslosen Eingriffen in die bestehenden Eigenthümlichkeiten durchzuführen sein. Wenn aber solche Eingriffe überhaupt nicht zu vermeiden sind, so ist nicht einzusehen, was mit einer solchen Flickarbeit, auf Kosten der nationalen Rechtseinheit, gewonnen wäre.“ 116

So auch Mitteis: „Bei der Diaspora, welche die deutschen Güterrechtsordnungen noch heute kennzeichnet, könnte selbstverständlich das Regionalsystem nur unter künstlicher Zusammenlegung grosser Territorien zu Gebieten einheitlichen Rechts durchgeführt werden; dass es dabei ohne grosse Willkür schwer abgehen könnte und das Princip der Rechtscontinuität doch vielfach gebrochen werden müsste, ist gar nicht zu verkennen.“ 117

114

Mommsen, Güterrecht, S. 163. Mommsen, Güterrecht, S. 163; siehe auch: Klöppel, Familien- und Erbrecht, S. 341. 116 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 2 f.; siehe auch: Kommission und Plenum des Königl. preuß. Land.-Dek.-Koll., Verhandlungen III, Session der IV. Sitzungsperiode v. 11.–22. Nov. 1889, S. 848 ff., 853, 856, 866 (abgedruckt bei: Zeller, Zusammenstellung, Bd. IV, S. 79). 117 Mitteis, Bemerkungen, S. 563; zustimmend auch: Mommsen, Güterrecht, S. 164. 115

§ 3 Die Aufgabe des Gesetzgebers

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§ 3 Die Aufgabe des Gesetzgebers Ebenfalls eng mit der Lehre der Historischen Rechtsschule in Zusammenhang steht die Frage, wie weitgehend die Gesetzgebung in bestehende Rechtszustände eingreifen und diese abändern darf. Die Historische Rechtsschule vertrat diesbezüglich den Standpunkt, dass sich die Aufgabe des Gesetzgebers lediglich auf die Findung des Rechts beschränken und eine Erfindung des Rechts ausgeschlossen werden müsse (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1).118 Im Zusammenhang mit der Vereinheitlichung des ehelichen Güterrechts wurde diese Frage zwischen Agricola und Planck diskutiert. Planck setzte sich sehr ausführlich mit der Argumentation Agricolas, die dieser im Rahmen eines Gutachtens für den Deutschen Juristentag119 niederschrieb, in seinen Vorentwürfen120 auseinander. A. Rechtsfindung In dem Gutachten vertrat Agricola die Ansicht die Beibehaltung der bestehenden Systeme sei notwendig, weil eine Reduzierung der Güterrechte auf einen gemeinsamen gesetzlichen Güterstand durch den Gesetzgeber nicht möglich sei. Als Grund dafür gab er an, dass die historische Entwicklung für einen solchen Vorgang keine Grundlage biete: „Wenigstens auf dem Gebiete des Civilrechts soll man sich doch der alten Wahrheit bewußt bleiben, daß die Gesetzgebung, zumal die Codification, auf Findung, nicht auf Erfindung des Rechts beruht. Finden läßt sich aber nur, was da ist.“ 121

Bedeutsam ist dabei für ihn nicht, ob die geschaffene Regelung aus bereits bestehenden Rechtsquellen gerechtfertigt werden kann, sondern „maßgebend ist für ihn nur das Eine, daß lebendig ist und lebendig zu bleiben verheißt im Gewissen des Volkes, nach dem Stande der ganzen religiösen und ethischen, socialen und culturlichen Entwicklung desselben.“ 122 Für Agricola ist also von überragender Bedeutung, dass nicht „willkürlich in das Heiligthum des Volksgewissens“ eingegriffen wird.123 Von dieser Grundlage ausgehend würden nur zwei Situationen die Einführung eines einheitlichen Güterrechtes rechtfertigen. Entweder müssten die bereits bestehenden Güterrechte alle auf einer einheitlichen Grundlage fußen, also die Einheit im Kern bereits bestehen; oder es müsste sich eine erkennbare Entwicklung des Volkes hin zu einem einheitlichen Güterrecht ablesen lassen.124 Beide Fragen verneinte Agricola. 118 119 120 121 122 123 124

Siehe z. B.: Savigny, System, Bd. 1, S. 14. Agricola, Güterrecht, S. 294 ff. Planck, Vorentwürfe, S. 440 f. Agricola, Güterrecht, S. 294. Agricola, Güterrecht, S. 294. Agricola, Güterrecht, S. 295. Agricola, Güterrecht, S. 295.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

Eine historische Entwicklung hin zu einem einheitlichen Güterrecht war für ihn nicht erkennbar. Vielmehr sei die ältere Entwicklung von einem Individualismus gekennzeichnet, der die bestehende Zersplitterung verursacht habe. In neuerer Zeit gebe es zwar Bestrebungen diesem Trend entgegen zu wirken, jedoch sollte man sich mit einer „gruppenweisen Ausgleichung bereits innerlich identischer oder nahe verwandeter Theile“ begnügen.125 Eine Entwicklung des Volkes hin zu einem einheitlichen Güterrecht hätte sich aber nicht manifestiert, sei in keiner Weise ablesbar: „Immer wird es doch dabei bleiben, daß die abstracte Einheit d. h. die Einheitlichkeit des Rechts, gleichviel welches Inhalts, nie das Ziel der Bewegung des Rechtsbewußtseins in einem Volke sein kann noch sein darf.“ 126

Auch eine bereits im Kern der bestehenden Güterrechte zu erkennende Einheit sei nicht gegeben. Zwar könnten diese relativ einfach in vier Gruppen eingeteilt werden, nämlich die allgemeinen und partikulären Gütergemeinschaften, die Verwaltungsgemeinschaft und das Dotalsystem.127 So ähnlich sich die Güterrechte innerhalb der einzelnen Gruppen wären, so unterschiedlich seien die Gruppen untereinander.128 Im Wesentlichen führte er dies auf die verschiedenen Grundlagen der einzelnen Güterrechte zurück. So kam er, um zwei Güterrechte zu vergleichen, zu dem Ergebnis die Verwaltungsgemeinschaft beruhe auf dem Gedanken, dass der Mann das Recht und die Pflicht habe, die Frau zu vertreten129; „der Mann als der eigentliche Träger des ganzen Rechtslebens in Haus und Familie, die Frau nur als seine Gehülfin mit ihrer Person wie mit ihrem Vermögen“ 130. Ganz anders dagegen die Gütergemeinschaft, die den genossenschaftlichen Gedanken in den Vordergrund rücke131; „hier sind Mann und Frau zusammen als Genossenschaft die Träger des Hauses in dessen gesammten rechtlichen Beziehungen“.132 Diese unterschiedlichen Grundlagen seien Ursache der oftmals konträren sachlichen Problemlösungen, die sich bei diesen beiden Güterrechten anführen ließen. Daher kam Agricola zu folgendem Ergebnis: „Das sind doch zwei Systeme von überaus verschiedenem Charakter. Die eine Anschauung ist naiver, weicher, sich dem factischen Stoffe näher haltend, die andere abstracter, principieller, kunstvoller, den juristischen Kategorien zugänglicher.“ 133

125 126 127 128 129 130 131 132 133

Agricola, Güterrecht, S. Agricola, Güterrecht, S. Agricola, Güterrecht, S. Agricola, Güterrecht, S. Agricola, Güterrecht, S. Agricola, Güterrecht, S. Agricola, Güterrecht, S. Agricola, Güterrecht, S. Agricola, Güterrecht, S.

296 f. 298. 311. 301. 303. 304. 303. 304. 305.

§ 3 Die Aufgabe des Gesetzgebers

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Ähnlich verhalte es sich mit den anderen Güterrechten, weshalb Agricola kein System zugunsten eines anderen bevorzugen wollte. Alle Systeme hätten ihre Vor- und Nachteile134 und seien für diejenigen, die sich an ein bestimmtes Güterrecht gewöhnt hätten, von unschätzbarem Wert135. „Niemand wird sagen dürfen: diese Anschauung ist richtig und jene ist falsch. Sondern sie haben beide ihr Recht auf Existenz, sie haben dieses Recht durch vielhundertjährigen Bestand, so zu sagen, ersessen, und darum soll der Gesetzgeber sie weder auszugleichen versuchen noch die eine zu Gunsten der andern vernichten.“ 136

B. Die Schaffung einer einheitlichen Grundlage für eine Rechtsentwicklung Eine grundsätzlich andere Meinung als Agricola äußerte Runde bereits erhebliche Zeit vorher im Bezug auf diesen Aspekt. Er vertrat die Meinung, dass die Vereinheitlichung der Güterrechte durch die Nationalgewohnheit nicht erwartet werden könne. Zu tief seien die praktischen Verbildungen des Rechts gediehen, sodass manches Recht sogar gegen das Volksbewusstsein weiterlebe. Die Aufgabe, die sich die Deutsche Privatrechtswissenschaft gestellt hätte, nämlich den allen Instituten gemeinsamen deutschen Charakter zu abstrahieren und seine Natur zu bestimmen, könne nur durch die Gesetzgebung umgesetzt werden. Grund dafür sei, dass die Verirrungen auf gesetzlichem Wege eingeführt und deshalb auch auf gesetzlichem Wege wieder beseitigt werden müssten.137 Plancks Argumente gingen später in der Erwiderung auf das Gutachten Agricolas in dieselbe Richtung. Er konstatierte, dass er grundsätzlich mit der Auffassung Agricolas konform gehe. Die von Agricola zur Aufgabe des Gesetzgebers geschilderten Grundsätze jedoch auf den vorliegenden Fall keine Anwendung finden könnten. Diese Leitlinien wären nur dann anwendbar, wenn eine „stetige und regelmäßige Fortentwicklung des Rechts von einer gegebenen einheitlichen Grundlage aus“ vorliege.138 In einem solchen Fall könne sich der Gesetzgeber damit begnügen, das im Volk lebende Recht zu kodifizieren. Ein solcher Fall sei bei der zu lösenden Aufgabe aber nicht gegeben. Der vorliegende Regelungsgegenstand sei über Jahrhunderte hinweg in viele unterschiedliche Richtungen entwickelt worden, was Folge der politischen Zersplitterung in den verschiedenen Landesteilen gewesen sei. Bevor jedoch eine Rechtsentwicklung im oben beschriebenen Sinne entstehen könne, müsse erst die Grundlage dafür in Form einer einheitlichen Regelung geschaffen werden.139 Das Recht hierzu bestehe für 134 135 136 137 138 139

Agricola, Güterrecht, S. 306. Agricola, Güterrecht, S. 305 f. Agricola, Güterrecht, S. 306. Runde, Güterrecht, S. 393. Planck, Vorentwürfe, S. 440. Planck, Vorentwürfe, S. 440.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

den Gesetzgeber in dem politisch-nationalen Bedürfnis des deutschen Volkes nach der Einheit des bürgerlichen Rechts. Dies sei für die Stärkung des nationalen Lebens und für eine Entwicklung des Rechts von außerordentlicher Bedeutung.140 Unter den vorliegenden Umständen sei es daher die Aufgabe der Gesetzgebung, selbstständig ein Konzept zu erarbeiten, wobei man natürlich die bestehenden Zustände berücksichtigen müsse. Dann jedoch dürfe auch darauf vertraut werden, dass diese Regelung vom Volk angenommen und sich ein einheitliches Rechtsbewusstsein entwickeln werde.141 Die Darstellung des Streits um die Vereinheitlichung der Güterrechte zeigt bis zu diesem Punkt eine starke Prägung durch die Lehren der Historischen Rechtsschule. Die ausführliche Auseinandersetzung mit dem bestehenden Rechtszustand und den historischen Wurzeln der Zersplitterung, wie die Berücksichtigung der Gewohnheiten der Bevölkerung, zeigen die Beeinflussung der Diskussionsteilnehmer durch diese juristische Strömung. Die Konzentration des Streits auf diese Belange bei gleichzeitiger Einigkeit über die Notwendigkeit einer Veränderung des Rechtszustandes, vor allem im Hinblick sich stellenden praktischen Probleme, ist bemerkenswert.

§ 4 Die praktischen Probleme Neben dieser von den Lehren der Historischen Rechtsschule beeinflussten Diskussion standen die Probleme, die die Zersplitterung der Güterrechte in der Praxis aufwarfen, im Vordergrund, wie das folgende Zitat von Planck belegt: „Richtig . . . ist, daß zur Zeit ein einheitliches eheliches Güterrecht in Deutschland nicht existirt, daß sich auch in den verschiedenen Rechtsgebieten ein gleichmäßiges Bedürfniß nach Aenderung des Inhalts des bestehenden Rechts nicht gezeigt hat. Dagegen muß zunächst bestritten werden, daß die Verschiedenheit des in Deutschland geltenden ehelichen Güterrechts kein Uebelstand sei und das Bedürfniß einer einheitlichen gesetzlichen Regelung desselben sich daher weder geltend gemacht habe, noch auch vernünftigerweise möglich sei.“ 142

A. Der Wechsel des Wohnortes Besondere praktische Schwierigkeiten entstanden bei Veränderung des Wohnortes oder des Standes143 der Ehegatten. Dies hatte bereits Runde festgestellt, da 140

Planck, Vorentwürfe, S. 440 f. Planck, Vorentwürfe, S. 441. 142 Planck, Vorentwürfe, S. 438; siehe auch: Gerber, Betrachtungen, S. 239. 143 Mit „Stand“ ist hier die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppierung gemeint. Auch die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Stand konnte ausschlaggebend für die Geltung eines bestimmten Güterrechtes sein. Hierzu nennt etwa die Zeitschrift 141

§ 4 Die praktischen Probleme

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sich bei jeder derartigen Veränderung das Problem stellte, ob die ursprünglichen Verhältnisse unberührt blieben, oder eine Wandlung herbeigeführt würde.144 Diese Lage hielt Planck umso mehr für unbefriedigend, als der Regelungsgegenstand von äußerster Wichtigkeit sei, also die Wahl eines Güterrechtes großen Einfluss auf das Leben eines Ehepaares habe. Die tiefgreifenden Folgen, die die gesamten Lebensverhältnisse der Eheleute betreffen würden, dürften aber nicht von einem Zufall abhängig gemacht werden. Bei der bestehenden Zersplitterung würde jedoch der Zufall des ersten Wohnsitzes das eheliche Güterrecht bestimmen.145 Die Zersplitterung brachte in dieser Hinsicht für die Rechtspflege tatsächlich große Probleme mit sich. So konnten die damaligen Juristen nicht alle Güterrechte und ihre Auslegung beherrschen. Bei zugezogenen Mandanten musste eine völlig neue Rechtsmaterie erschlossen werden, um die güterrechtlichen Probleme oder die Auseinandersetzung der Güter nach dem Tod eines Ehegatten, durchführen zu können. Daneben war die geografische Verteilung der ehelichen Güterrechte derart zerklüftet, dass allein daraus Probleme für die rechtliche Prüfung erwachsen konnten. Dies war für Schröder ein weiterer Grund um das Regionalprinzip abzulehnen, da der praktische Jurist dann auch weiterhin vor folgendem Problem stehen würde: „. . ., und in der Praxis werden wir auch fernerhin unzählige Male zu entscheiden haben: wie soll es werden, wenn die Ehegatten während der Ehe ihren Wohnsitz von diesem Gebiet in ein anderes Gebiet verlegt haben? Ferner, wie soll der praktische Jurist in der Lage sein, die geographischen Grenzen immer genau zu kennen? da müßte er stets einen Atlas neben sich liegen haben. Das geht nicht. Bekommen wir einmal ein einheitliches Gesetzbuch, so soll dieses auch einheitliches Recht machen.“ 146

Die Verfechter des Regionalprinzips, insbesondere Gierke, versuchten dieses Argument zu entkräften. Zwar gestand Gierke zu, dass es durchaus Deutsche gebe, auf die diese Argumentation zutreffe, weil sie durch häufige örtliche Veränderungen keinen angestammten Aufenthaltsort hätten.147 Jedoch stellt er die Frage, ob „denn wirklich die Heimatlosigkeit schon der normale Zustand der Vorwärts Berlin ein Beispiel zur Verdeutlichung einer bestehenden Zersplitterung sogar innerhalb eines Geltungsbereichs: „Hier und da, zum Beispiel in einigen Städten Hannovers, herrscht selbst innerhalb ein und derselben Stadt verschiedenes Güterrecht, je nachdem die Eheleute dem Bürgerstand angehören oder geadelt oder Juden sind . . .“ (SPD (Hg.), Parlamentarisches, in: Vorwärts, 13. Jahrgang, Nr. 109, S. 3). Zu den abweichenden Regelungen für den Adel siehe auch: Gerber, Autonomie, S. 57. 144 Runde, Güterrecht, S. 391; Planck, Vorentwürfe, S. 438 f. 145 Planck, Vorentwürfe, S. 438 f. 146 Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 42. 147 Gierke, Entwurf, S. 116.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

Deutschen geworden“ sei?148 Er bestritt, dass die Freizügigkeit die deutschen Länder bereits so durcheinander gewürfelt habe, dass regionale Eigenheiten nicht mehr bestünden. Er belegte diese Aussage mit den nach wie vor herrschenden verschiedenen Dialekten und forderte daher den Gesetzgeber auf, dem sesshaften Kern der Bevölkerung mehr Beachtung zu schenken.149 Diese Aussage Gierkes belegt, dass er den wahren Kern dieses Argumentes nicht leugnen konnte und daher versuchte die praktische Relevanz des Problems herunterzuspielen. Ähnliches findet sich auch bei Agricola, der in einer kurzen Anmerkung zu diesem Komplex lediglich lakonisch feststellte, dass die Probleme beim Wohnortwechsel von Ehepaaren zwar vorhanden, aber nur von untergeordneter Bedeutung seien.150 B. Die Interessen Dritter Wie oben bereits angedeutet, wäre der Wirkungskreis des ehelichen Güterrechtes zu eng gefasst, wollte man sich nur auf das Verhältnis zwischen den Eheleuten beziehen. Die Schnittpunkte des ehelichen Güterrechtes mit dem allgemeinen Zivilrecht sind allenthalben vorhanden und wirken sich vor allem bei Dritten aus, die mit den Ehegatten in vertragliche Beziehungen treten. Die Vertreter der Rechtsvereinheitlichung wurden nicht müde, die Besorgnis zu äußern, dass die unterschiedlichen Kompetenzverteilungen zwischen Mann und Frau in den Güterrechten, sowie die differierende Schuldenhaftung für Dritte große Probleme im geschäftlichen Umgang mit den Eheleuten aufwerfen könne. Dies bringe vor allem insoweit Schwierigkeiten mit sich, als die güterrechtliche Situation für Dritte von außen nicht nachvollziehbar wäre. Dieses Problem sprach wiederum Runde als Erster an: „Denn der Zustand der Rechtsungewißheit und Mannigfaltigkeit wirkt hier um so nachtheiliger, je mehr der Credit, das Vertrauen Dritter in die Erfüllung der Verbindlichkeiten welche Ehegatten übernehmen und auf ihre Erben verlassen, dabei betheiligt, und je weniger in der Regel für Erkennbarkeit der unter denselben bestehenden Art des gesetzlichen Güterverhältnisses, für die Veröffentlichung autonomischer Abänderung desselben, gesorgt ist.“ 151

Durch die einheitliche Regelung lasse sich, so versicherte Mitteis, diese Problematik erstmals zufriedenstellend lösen und man leiste damit einen großen Beitrag zur Rechtsklarheit. Durch den einheitlichen Güterstand könne nämlich der Dritte jederzeit nachvollziehen, welches Eherecht zur Anwendung komme. Solange kein Ehevertrag abgeschlossen sei, könne der Vertragspartner sicher sein, dass das gesetzliche Güterrecht gelte. Es sei ihm also immer möglich festzustel148 149 150 151

Gierke, Entwurf, S. 117. Gierke, Entwurf, S. 117. Agricola, Güterrecht, S. 300. Runde, Güterrecht, S. 392.

§ 5 Der unbestimmte Faktor der Vertragsfreiheit

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len, welches eheliche Güterrecht Anwendung finde. Und dies auch ohne den Hauptwohnsitz des Mannes zur Zeit der Eheschließung zu kennen.152 Das Bestehen eines Ehevertrages, die einzige Unsicherheit in diesem System, sei aber für Außenstehende anhand des Eheregisters jederzeit nachprüfbar, womit eine Rechtsunsicherheit von Grund auf vermieden würde.153 Planck nannte diesen Aspekt, der Wirkungen der Güterrechte nach außen, eines der größten Probleme des ehelichen Güterrechtes zur damaligen Zeit: „Die Fragen, wie weit das Verfügungsrecht des Mannes über das Vermögen der Frau geht und ob und inwieweit das Vermögen des einen Gatten für die Schulden des anderen haftet, sind nicht nur für den großen Handelsverkehr, sondern auch für den Verkehr des täglichen Lebens von der größten praktischen Bedeutung und ihre verschiedene Beantwortung in den verschiedenen Güterrechten hat eine für den Verkehr empfindliche Unsicherheit zur Folge und giebt insbesondere in den Grenzgebieten, zu welchen bei der großen Menge der verschiedenen Güterrechte ja ein sehr großer Theil von Deutschland gehört, nicht selten zu Verkürzungen und Täuschungen Dritter Anlaß.“ 154

Auch gegen diese Argumentation konnten die Verfechter des Regionalprinzips wenig vorbringen. So verlegten sie sich wiederum darauf, die Wichtigkeit dieses Aspektes herunterzuspielen. Agricola brachte vor, dass man eine einheitliche Güterordnung nicht nur deshalb schaffen könne, um den vermögensrechtlichen Verkehr der Eheleute mit Dritten zu erleichtern. Vor der wesentlichen Aufgabe des Güterrechtes, nämlich die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten untereinander zu ordnen, sei alles Weitere ohne Belang. Daher könne dieser merkantile Grund nicht als ausschlaggebendes Argument für eine Rechtsvereinheitlichung dienen.155 Im Übrigen könne, so Bähr, von absoluter Rechtssicherheit sowieso keine Rede sein, wegen der vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten, denn es könne nicht verlangt werden, dass eine permanente Information im Güterrechtsregister stattfinde.156

§ 5 Der unbestimmte Faktor der Vertragsfreiheit Wie angedeutet brachten die Vertreter des Regionalprinzips außerdem vor, dass die Vertragsfreiheit für die Güterrechte immer einen Unsicherheitsfaktor beinhalten würde. Eines ihrer wesentlichen Argumente ging deshalb dahin, dass auch die komplette Vereinheitlichung zugrunde gelegt, eine wirkliche Rechtseinheit nicht geschaffen werden könne. Dies sei jedenfalls solange der Fall, wie die Vertragsfreiheit im Bereich des ehelichen Güterrechtes erhalten bleibe. Bei ei152 153 154 155 156

Mitteis, Bemerkungen, S. 563. Mitteis, Bemerkungen, S. 564. Planck, Vorentwürfe, S. 439. Agricola, Güterrecht, S. 300; siehe auch: Kroj, Abhängigkeit, S. 250. Bähr, Gegenentwurf, S. 271.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

nem gesetzlichen Güterstand, der von den Parteien abgeändert werden könne, sei lediglich ein Schein von Einheit gegeben. Die Ehegatten seien ja jederzeit selbst befugt, das von ihnen gewünschte Güterrecht per Ehevertrag einzuführen.157 Gierke konnte deshalb um so weniger nachvollziehen, warum man auf der Einführung eines einheitlichen Güterrechtes bestehen sollte: „Jenes höhere Prinzip, dem die volkstümliche Kraft des deutschen Familiengüterrechtes zum Opfer fallen soll, ist das Prinzip einer rein formellen Einheit, zu deren sachlicher Durchbrechung der Entwurf selbst mit mehr als hundert umfangreichen Gesetzesparagraphen (SS.: Regelung der Wahlgüterstände) Hülfe leistet!“ 158

Roth war deshalb der Ansicht, dass ein einheitlicher Güterstand unter Erhaltung der Vertragsfreiheit kein materiell anderes Ergebnis erzielen würde, als die Einführung des Regionalprinzips. „Erfahrungsmäßig bleibt, soweit die Vertragsbefugniß nicht ausgeschlossen ist, ein großer Theil der Bevölkerung bei der hergebrachten Güterordnung, wie sich denn gerade im ehelichen Güterrecht die alte Sitte und Ueberlieferung am längsten lebendig erhält.“ 159

Daher befürchtete Roth bei Einführung eines einheitlichen Güterstandes eine massenhafte Ausschließung desselben durch Ehevertrag. Eine äußere Einigkeit sei mit dem Vorschlag der Vereinheitlichung daher ohnehin nicht zu erreichen.160 Die Befürworter der Rechtsvereinheitlichung glaubten jedoch nicht, dass durch ihren Vorschlag die Bevölkerung dazu getrieben werde, das einheitliche Güterrecht massenhaft durch vertraglichen Ausschluss abzuwählen. Sie sahen in der Gewährung der Vertragsfreiheit ein Zugeständnis an das Festhalten der Bevölkerung an den bestehenden Güterrechten. Aus diesem Entgegenkommen könne man nicht schließen, dass eine Vereinheitlichung ganz unterbleiben solle. Nach dem Vorschlag der Befürworter des Regionalsystems sollte den Ehegatten die Regelung in erster Linie überlassen werden und folgern daraus, dass der Landesgesetzgeber in zweiter Linie darüber zu entscheiden hätte.161 „Die äußerste Konsequenz jenes Gedankens würde sogar dahin führen, alle Rechtssätze dispositiver Natur von der einheitlichen Regelung auszuschließen.“ 162

Durch diese Betrachtung enthüllte sich für Planck die Unrichtigkeit einer solchen Argumentation, die das Ziel, das der Rechtsvereinheitlichung zugrunde liege, falsch erfasst hätte.163 Ebenso stellte Albrecht die Unsinnigkeit dieses Argumentes bei einem Blick auf die damalige juristische Praxis fest: 157 158 159 160 161 162 163

Gierke, Entwurf, S. 115. Gierke, Entwurf, S. 115. Roth, Güterrecht, S. 283. Agricola, Güterrecht, S. 299. Planck, Vorentwürfe, S. 339 f. Planck, Vorentwürfe, S. 440. Planck, Vorentwürfe, S. 440.

§ 6 Der Vereinheitlichungsdruck bei Schaffung des BGB

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„Man beruft sich auf die Vertragsfreiheit, die den Ehegatten zustehe, um diesen Wunsch (SS.: nach Rechtseinheit) als einen weniger dringenden erscheinen zu lassen; die meisten Eheleute schließen jedoch ihre Ehe ohne Ehevertrag, und, meine Herren, wir werden doch deshalb nicht auf ein einheitliches Intestaterbrecht verzichten, weil man testamenti factio, weil man die Freiheit zu testieren hat?“ 164

Der Hinweis, dass der Staat auch auf anderen Gebieten eine einheitliche Regelung vorgebe, obwohl dem Einzelnen die Möglichkeit eröffnet wird, seine Verhältnisse individuell zu regeln, ist nicht unberechtigt. Eine derartige Vorgehensweise war und ist durchaus üblich, man denke nur an die Testier- oder auch die Vertragsfreiheit. Daher verfängt das vorliegende Argument der Vertreter des Regionalprinzips nicht.

§ 6 Der Vereinheitlichungsdruck bei Schaffung des BGB Neben all diesen praktischen und von der Historischen Rechtsschule beeinflussten Aspekten, dürfte jedoch der ausschlaggebende Umstand, der zu einer Entscheidung für die Vereinheitlichung des Güterrechts führte, das Ziel gewesen sein, mit dem BGB für alle betroffenen Rechtsgebiete eine einheitliche Lösung zu gewinnen. Im Zuge dieses Wunsches entstand natürlich auch im Bereich des ehelichen Güterrechts ein gewisser Druck, der die Arbeit der Diskussionsteilnehmer begleitete, oder wie, um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen, der Kreisgerichtsrat Geck aus Werden, es ausdrückte: „Der erste Antrag ist wohl so allgemeiner Art, daß ein Widerspruch in einer Versammlung, die sich dazu vereinigt hat, um Rechtseinheit in Deutschland herzustellen, nicht erwartet werden kann. (Rufe: Oho!)“ 165

Seine Einschätzung, dass die Frage, ob ein gemeinsames Ehegüterrecht für Deutschland angestrebt werden sollte, selbstverständlich von allen bejaht werden würde, erwies sich zwar, wie die dargestellte Diskussion belegt, als ein Irrtum. Doch letztendlich bewies die Entscheidung der Frage, dass seine Annahme einen wahren Kern enthielt. Im Verlauf der Auseinandersetzungen zeigte sich, dass das Ziel eine Rechtseinheit für Deutschland zu schaffen, die Vereinheitlichung der Güterrechte so stark nahe legte, dass eine solche irgendwann unausweichlich schien. Dessen waren sich offenbar auch die Anhänger des Regionalprinzips bewusst. Dies zeigt sich in ihrem Umgang mit der Frage, wie das Regionalprinzip in eine einheitliche Regelung des bürgerlichen Rechtes eingepasst werden könnte. So wies etwa Agricola darauf hin, dass auch er trotz seiner Parteinahme für das Regionalprinzip eine einheitliche Fixierung der Güterrechte im BGB befürworten 164 165

Albrecht, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 48. Geck, in: 3. DJT, S. 204.

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1. Teil, 2. Kap.: Die Streitpunkte

würde.166 Jedoch lehnte er eine Vereinheitlichung in dem Sinne ab, dass ein einheitliches Güterrecht im BGB festgeschrieben werden sollte: „Jener Beschluß hat nur den Sinn, und kann keinen anderen haben, als den, daß ein einziger Rechtsorganismus geschaffen wird für ganz Deutschland. Glieder an diesem Organismus sollen also die Rechte der einzelnen Lande werden. Damit ist freilich nicht gesagt, daß sie alle uniform werden müßten, wohl aber liegt darin, daß in allen ein und dasselbe Herzblut pulsiren und ein und derselbe Geist wehen soll. Darum kann jede auch nur einen Theil des Deutschen Rechtsgebietes betreffende gesetzgeberische Thätigkeit nur in Fühlung mit der Ordnung der Sache in anderen Theilen und nur im Hinblick auf das gesammte Rechtssystem etwas Gedeihliches schaffen. Dies kann aber nur die Reichs-, nicht die Landesgesetzgebung der einzelnen Staaten leisten.“ 167

Auch Gierke nahm die Tendenz der Diskussion in Richtung Vereinheitlichung wahr und äußerte sich gewohnt heftig über den Druck, der durch das Ziel der Schaffung eines einheitlichen bürgerlichen Rechts erzeugt werde und eine sachliche Bewertung der Situation in seinen Augen verhinderte. „Umgekehrt fehlt es im Entwurf nicht an Vorschriften, welche da eine absolute Gleichförmigkeit erzwingen, wo die Zulassung landesrechtlicher Abweichungen geboten gewesen wäre, um die Vergewaltigung tief eingewurzelter Anschauungen und dringender Lebensbedürfnisse, die Unterbrechung des geschichtlichen Zusammenhanges der Rechtsentwickelung und die Losreißung des Rechtes von seiner volkstümlichen Grundlage zu vermeiden.“ 168

Er befürchtete, bei der Einführung eines einheitlichen Güterrechtes, nach dem Vorschlag des Entwurfes, einen „völligen Bruch mit dem geschichtlichen Rechtzustande und eine unüberwindliche Antagonie zwischen dem Volksbewußtsein und dem positiven Recht“ 169. „Allein der Entwurf will trotzdem das formale Prinzip der absoluten Uniformität des Rechtes innerhalb jedes von ihm einmal ergriffenen Gebietes retten!“ 170

Die Befürworter der Rechtsvereinheitlichung wurden dagegen nicht müde den großen Gewinn des einheitlichen Rechtes für das Deutsche Reich in den Vordergrund zu rücken und nutzten diese Argumentation, um die Rechtsvereinheitlichung auch auf das Gebiet des ehelichen Güterrechtes zu erstrecken. So versicherte Planck, die Einheitlichkeit des Rechtes an sich sei bereits ein großer Gewinn. Obwohl auch er sich die Frage stellte, ob die bestehende Rechtslage nicht auch ihre Daseinsberechtigung habe, kam er doch zu dem Ergebnis, dass „der höheren Forderung der nationalen Rechtseinheit gegenüber . . . die Anhänglichkeit an das Hergebrachte keine entscheidende Bedeutung für sich in Anspruch 166 167 168 169 170

Agricola, Güterrecht, S. 293. Agricola, Güterrecht, S. 291. Gierke, Entwurf, S. 111. Gierke, Entwurf, S. 112. Gierke, Entwurf, S. 112.

1. Teil, 3. Kap.: Zusammenfassung

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nehmen“ könne.171 Diese Einschätzung wurde auch von anderen Diskussionsteilnehmern geteilt. So vertrat v. Beaulieu-Marconney ebenfalls die Meinung, dass die Gegner einer einheitlichen Kodifikation durchaus berechtigte Interessen vorbringen würden, wenn sie die Erhaltung der Rechtseigentümlichkeiten der verschiedenen Territorien forderten und hält fest: „Bei der äußerst verschiedenartigen Gestaltung dieser Rechtsmaterie in Deutschland bietet ihre legislative Behandlung bedeutende Schwierigkeiten, sie ist auch nicht ohne tiefe Eingriffe in altgewohnte Anschauungen und dadurch bedingte Lebensverhältnisse ausführbar.“ 172

Er unterschätzte dieses Argument nicht, war jedoch der Ansicht, dass die politische Forderung nach Rechtseinheit im Vordergrund stehen müsse.173 Schröder betonte, dass durch das sog. Regionalsystem die erstrebende Rechtseinheit in einer bedenklichen Weise durchbrochen werde, was selbstverständlich nur aus den dringendsten Gründen zugelassen werden könnte. Schröder fügte hinzu, dass er der Sache um so objektiver gegenüberstehe, als er früher in einem Gutachten für den deutschen Juristentag das Regionalsystem empfohlen habe174 und entgegen seiner früheren Überzeugung nunmehr zu folgender Meinung gelangt sei: „Es läßt sich nicht leugnen, haben wir geographisch abgegrenzte Gebiete, so fehlt uns immer noch die so lange und heiß ersehnte Rechtseinheit; vom politischen Standpunkt aus läßt sich ein solches System gewiß nicht empfehlen, . . .“ 175

Und zusammenfassend stellte Mommsen fest: „Ohne die dringendsten Gründe wird man aber, wenn überhaupt das bürgerliche Recht im Deutschen Reich einheitlich gestaltet wird, nicht für ein so überaus bedeutsames Rechtsgebiet, wie das Gebiet des ehelichen Güterrechts, darauf verzichten dürfen, und das um so weniger, als es sich hier um ein Rechtsgebiet handelt, welches zugleich für die Credit-Verhältnisse von der größten Bedeutung ist.“ 176

3. Kapitel

Zusammenfassung Am Anfang der Diskussion um die Neuregelung des ehelichen Güterrechts im Rahmen der Schaffung des BGB stand die Frage, in welchem Maße eine Vereinheitlichung des Rechts auf diesem Gebiet durchgeführt werden sollte bzw. durchgeführt werden konnte. Die Unsicherheit, ob eine komplette Vereinheitlichung 171 172 173 174 175 176

Planck, Vorentwürfe, S. 447. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 48. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 48. Schröder, Familiengüterrecht, S. 1 f. Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 42. Mommsen, Güterrecht, S. 163.

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1. Teil, 3. Kap.: Zusammenfassung

des Güterrechts in einem Gebiet, welches hundert verschiedene Güterrechte mit großen inhaltlichen Diskrepanzen hervorgebracht hatte, überhaupt möglich und ratsam sei, prägte die Diskussion zumindest in der Anfangsphase. Diese Zweifel sind beispielsweise bei Runde, der als Erster die Vereinheitlichung gefordert hatte, deutlich zu erkennen und setzen sich fort bei der Besprechung dieser Problematik durch die Vorkommission. Anfänglich suchte man daher eine vermittelnde Lösung zwischen der kompletten Vereinheitlichung und dem Belassen der bestehenden Verhältnisse und verfiel zunächst auf das Regionalsystem. Dauerhaft wurde dieser Standpunkt, der zwar eine einheitliche Regelung der Güterstände im BGB vorsah, aber gleichzeitig die Entscheidung über den gesetzlichen Güterstand Teilgebieten des Deutschen Reiches zuweisen wollte, von Juristen vertreten, die zuvor mit rechtshistorischen Fragen befasst gewesen waren bzw. eine deutliche Vorprägung durch die Lehren der Historischen Rechtsschule aufwiesen. Die Hinwendung zum historischen Recht hatte offensichtlich für Otto von Gierke, Alfred Agricola und Paul Roth zur Folge, dass sie sich sehr schwer mit der Vorstellung eines einheitlichen gesetzlichen Güterrechtes anfreunden konnten, das doch einen großen Eingriff in die bisherigen Rechtsgewohnheiten mit sich bringen würde. Dies manifestiert sich vor allem in den Argumenten, mit denen sie ihre Meinung stützen. So betonten sie etwa vor allem das Beharren der Bevölkerung auf den althergebrachten Güterrechten, was im Geiste der Historischen Rechtsschule wohl die Richtigkeit und Berechtigung der historischen Entwicklung des Rechts und die Bedeutung dieser Grundlagen für eine zukünftige Rechtsentwicklung ausdrücken sollte (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1). Die Historische Rechtsschule hatte eindeutig auch auf die Argumentation Agricolas eingewirkt, der die Aufgabe des Gesetzgebers nur auf die Findung bereits bestehenden Rechtes beschränken wollte und damit eine eindeutige Anlehnung an die Thesen des Gründers der Historischen Rechtsschule Savigny zeigt (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1, A.). Die Betonung, dass jede Einheit der Güterrechte wegen der gewährten Vertragsfreiheit nur eine Formale sein könne, erscheint vor diesem Hintergrund wie das Greifen nach einem Strohhalm. Zuzugeben ist jedoch, dass auch das Regionalprinzip gegenüber den bestehenden Zuständen eine eindeutige Verbesserung mit sich gebracht hätte. Die Mehrheit jedoch gedachte noch einen Schritt weiter zugehen und das Güterrecht auf dem Gebiet des Deutschen Reiches einheitlich zu regeln, also neben der einheitlichen Regelung der Güterstände des BGB auch einen einheitlichen gesetzlichen Güterstand vorzuschreiben. Für diese Lösung votierten Gottlieb Planck, Richard Schröder, Eugen v. Beaulieu-Marconney, Ludwig Mitteis, Friedrich Mommsen und G. Binding; sowie im Rahmen der Verhandlungen des Juristentages Becker, Albrecht, von Seel, Donle, Rau und Hermann Beckh. Bei der Untersuchung dieser Meinungen fiel vor allem auf, dass der überwiegende Teil bemüht war, sich nicht in Widerspruch zu der Lehre der Historischen Rechts-

1. Teil, 3. Kap.: Zusammenfassung

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schule zu setzen. So wurde vielfach zunächst die Bedeutung und Berechtigung des Festhaltens der Bevölkerung an dem bestehenden Rechtszustand wie der große Wert der historischen Kontinuität der Rechte hervorgehoben, um dann aber auf überwiegende praktische Gründe hinzuweisen, die in diesem speziellen Fall ein Festhalten an den vorgegebenen Grundlagen unmöglich machen würden.177 Dies zeigt den großen Einfluss der Historischen Rechtsschule bereits bei der Vorfrage zum eigentlichen Gegenstand der Arbeit. Dieser juristische Trend beeinflusste auch die Gestaltung des gesetzlichen Güterstandes selbst, wie an späterer Stelle mit den relevanten Hintergründen noch ausführlich dargelegt werden soll (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel). Das beste Beispiel für diese Haltung, die eine Übereinstimmung der Befürwortung der Rechtsvereinheitlichung mit den Lehren der Historischen Rechtsschule erzeugen wollte, lieferte Schröder. Er hatte zunächst für das Regionalprinzip votiert, später aber ohne sich von den Lehren der Historischen Rechtsschule abzuwenden, mit dem Argument die Seiten gewechselt, dass ein Umbau des ehelichen Güterrechtes im Sinne des Regionalprinzips nicht weniger in die bestehenden Zustände eingreifen würde als eine komplette Rechtsvereinheitlichung. Diesen Meinungswechsel müssen wohl mehrere Stimmberechtigte auf dem Deutschen Juristentag nachvollzogen haben, denn bei der Abschlussdebatte des Juristentages am 26. August 1875 zu diesem Thema178 hatte sich keiner der Redner mehr für das Regionalprinzip ausgesprochen. So hielt Schröder am Schluss der Debatte fest: „Darüber sind wir heute alle einig, daß wir ein System haben müssen; das Regionalsystem hat keine Stimme für sich gehabt.“ 179

Daraufhin erfolgte die Abstimmung in diesem Sinne.180 Diese Entscheidung wurde sicher durch die praktischen Aspekte beeinflusst, die eine einheitliche Lösung am Besten zu regeln versprach. Ganz eindeutig der wesentliche Punkt für den Ausgang dieser Abstimmung war jedoch der Druck, der durch die Schaffung des BGB erzeugt wurde.181 Die Vereinheitlichung sollte auch auf das Gebiet des ehelichen Güterrechtes erstreckt werden. Da man sich über die politische Notwendigkeit einer solchen einheitlichen Regelung einig war, ist es auch nicht verwunderlich, dass der Reichstag sich mit seinen Vertretern dem Juristentag anschloss und ebenfalls mit großer Mehrheit für die Rechtsvereinheitlichung stimmte.182

177 So etwa bei: Planck, Vorentwürfe, S. 438; Gerber, Betrachtungen, S. 239; Klöppel, Familien- und Erbrecht, S. 341. 178 12. DJT, Bd. 3, S. 33 ff. 179 Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 77. 180 Beschluss des Juristentages: 12. DJT, Bd. 3, S. 80. 181 So auch: Schmid, Entstehung, S. 97 f. 182 Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 375.

2. Teil

Der Plancksche Entwurf von der Verwaltungsgemeinschaft Nach dem Entschluss ein einheitliches Güterrecht für ganz Deutschland zu schaffen, stellte sich die Frage, welches Güterrecht als gesetzlicher Güterstand gewählt werden sollte. Die Wahl fiel auf die Verwaltungsgemeinschaft, die damit zum ersten gesetzlichen Güterstand für das gesamte Deutsche Reich wurde. Diese Entscheidung hatte großes Gewicht, da nunmehr die Regeln der Verwaltungsgemeinschaft für jede deutsche Ehe Anwendung fanden, wenn die Eheleute kein anderes Güterrecht durch Vertrag festgelegt hatten. Dieser Entschluss wurde bei den Beratungen der 1. Kommission gefasst. Mit seinem 2. Antrag brachte Gottlieb Planck den Vorschlag zur Abstimmung, als gesetzliches Güterrecht die Verwaltungsgemeinschaft zu wählen.1 Die Entscheidung zugunsten der Verwaltungsgemeinschaft erfolgte in der zehnten Sitzung am 20.10.1875.2 Gegenstand dieses Teiles der Arbeit ist eine Untersuchung der Frage, ob der Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft den ursprünglichen Anforderungen der Person genügen konnte, die den Güterstand entworfen hatte. Es wird also zunächst auf die Person Gottlieb Plancks eingegangen, dessen Bemühungen um das eheliche Güterrecht sich nicht darin erschöpften, dass er den Antrag für die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand stellte, wie oben bereits erwähnt wurde. Vielmehr fiel ihm auch die Aufgabe zu, nach den Beschlüssen der 1. BGB-Kommission vom 24.09.18743, als Redaktor des Familienrechts das eheliche Güterrecht zu entwerfen und zu gestalten.4 Danach soll im Rahmen des zweiten Kapitels erläutert werden, welche Ziele Planck mit seiner Regelung des ehelichen Güterrechts verfolgte, bzw. welche Kriterien für ihn ein „idealer Güterstand“ erfüllen sollte. Nach der Feststellung dieser idealen Grundlagen geht die Arbeit dazu über, sich mit der realen gesetzlichen Regelung des Entwurfs von Planck auseinander zu setzen. Dazu wird zunächst die Regelung der Verwaltungsgemeinschaft im Überblick dargestellt, um die Zusammenhänge der folgenden, näher beleuchteten einzelnen Teile der Verwaltungsgemeinschaft verständlich zu machen. Die Erläuterungen zu den Teilbereichen der Verwaltungsgemein1 2 3 4

Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 366. Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 375. Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XI. Planck, Vorentwürfe.

§ 1 Der Lebenslauf

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schaft wird eine genaue juristische Darstellung mit den Begründungen Plancks aus seinen Vorentwürfen verbinden. Aus den so erarbeiteten Grundlagen soll eine Antwort auf die Frage ermöglicht werden, ob Planck den von ihm beabsichtigten „idealen Güterstand“ tatsächlich in die Realität umsetzten konnte. Da die Person Plancks, wie bereits nach dieser kurzen Einführung erkennbar, durch seine Stellung als Redaktor des Familienrechts einen außerordentlichen Einfluss auf das eheliche Güterrecht hatte, erscheint es zunächst wichtig einen eingehenden Blick auf den Lebenslauf Plancks und seine rechtspolitischen Einstellungen zu werfen. Beide Aspekte geben Aufschluss über die Hintergründe des Entwurfes und dessen politische Einordnung zur damaligen Zeit. 1. Kapitel

Gottlieb Planck § 1 Der Lebenslauf Gottlieb Planck wurde am 24.06.1824 in Göttingen geboren.5 Er begann das Studium der Rechtswissenschaft ebenfalls in Göttingen im Jahre 18426 und beendete sein Studium 1845 nach sieben Semestern.7 Der Ausgangspunkt seiner beruflichen Laufbahn war seine Tätigkeit im Justizdienst des Königreichs Hannover (1848). Später beteiligte er sich aktiv an der Paulskirchenbewegung und protestierte gegen die Änderung der Verfassung von Hannover auf dem Verordnungsweg. Dieses politische Engagement hatte ab 1855 eine dreimalige Strafversetzung zur Folge, der 1859–63 eine zwangsweise Beurlaubung folgte, welche mit der Verweigerung der Zulassung zum Anwalt einher ging. Der wesentliche Kritikpunkt an dem Verhalten Plancks, der ihm diese Repressalien eingebracht hatte, war, dass er als Richter für sich das Recht in Anspruch genommen hatte, das rechtmäßige Zustandekommen der Verordnung vom 05.08.1855, welche die Verfassungsänderung von 1848 weitgehend suspendierte, zu überprüfen.8 Diese Zeit der Ausgrenzung endete jedoch 1863 mit der Liberalisierung und er erlangte eine Wiederanstellung als Obergerichtsrat.9 Die parlamentarische Karriere Plancks begann am 12.02.1867, als er bei einer Nachwahl für die nationalliberale Partei in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt wurde.10 Später am 03.03.1871 wurde er ebenfalls für diese Partei in den 5

Frensdorff, Planck, S. 39. Frensdorff, Planck, S. 42. 7 Frensdorff, Planck, S. 50. 8 Schubert, Planck, Gottlieb, in: HRG, Bd. 3, S. 1764. 9 Falk, Planck, Gottlieb, in: Stolleis, Juristen, S. 501. 10 Frensdorff, Planck, S. 257. 6

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2. Teil, 1. Kap.: Gottlieb Planck

ersten Deutschen Reichstag gewählt.11 Ursprünglich hatte Planck der durchaus nicht antimonarchisch eingestellten Demokratischen Partei angehört (bis 1855). Dann schloss er sich in den sechziger Jahren der Nationalliberalen Partei an, der er bis zu seinem Tod treu blieb.12 Wie oben bereits erwähnt, war Planck in der ersten BGB-Kommission Redaktor für Familienrecht. Er hat durch seine Entwürfe und seinen großen Einfluss in der Kommission13 die erste einheitliche Kodifikation des Familienrechts maßgeblich mitgestaltet. Auch später beeinflusste er die Auslegung des Familienrechts durch seinen Kommentar zum BGB, der das erste richtungweisende Werk auf diesem Gebiet darstellte.14 Im Juli 1889 wurde er zum ordentlichen Honorarprofessor an der Universität Göttingen ernannt, wo er bis zu seinem Tode eine umfangreiche Lehr- und Vortragstätigkeit entfaltete.15 Planck starb am 20.05. 1910 in Göttingen.16

§ 2 Politische und rechtliche Ansichten A. Die Position im Parteienspektrum – die Nationalliberale Partei Die politische Tätigkeit Plancks, im Rahmen derer sich für ihn die Möglichkeit zur Mitgestaltung des BGB ergab, war geprägt von der Zugehörigkeit zu einer Partei. Sein politisches Engagement und die von ihm vertretenden Standpunkte fanden ihr Spiegelbild in den Ambitionen der Nationalliberalen Partei. Dieser Partei gehörte Planck bis zu seinem Tod an17, obwohl diese Vereinigung zum Zeitpunkt der Abstimmung über die Einführung des BGB den Höhepunkt ihres Einflusses bereits hinter sich gelassen hatte. Die Richtigkeit dieser Annahme drückt sich deutlich in der Sitzverteilung im Reichstag aus. So entfielen auf die Nationalliberale Partei in der fraglichen Legislaturperiode gerade einmal 11, 58 % der Sitze (s. u. Anhang 2). Die Nationalliberale Partei war eine Partei der Reichsgründung. Sie entstand 1867 und stritt für eine Politik des Fortschritts, der Freiheit und staatlichen Einheit der Nation.18 Zu Beginn stand die Partei mit diesem Programm dem allgemeinen Bewusstsein so nahe, dass sie bei den folgenden Reichstagswahlen eine

11 12 13 14 15 16 17 18

Frensdorff, Planck, S. 299. Schubert, Planck, Gottlieb, in: HRG, Bd. 3, S. 1765. Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XXVIII f. Falk, Planck, Gottlieb, in: Stolleis, Juristen, S. 501. Schubert, Planck, Gottlieb, in: HRG, Bd. 3, S. 1765. Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XXIX. Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XXIX. Brandt, Parteien, S. 113.

§ 2 Politische und rechtliche Ansichten

63

starke Parlamentsmehrheit erreichen konnte.19 Sie repräsentierte in dieser Zeit als großbürgerliche Mittelpartei, politisch das Bildungs- und Besitzbürgertum, einen Teil der Industriellen, der Banken und der Schifffahrt. Mit der Sezession von 1881 rutschte sie jedoch nach rechts und veränderte sich vom liberalen Bürgertum hin zum kapitalistischen Großbürgertum.20 In der Folge dieser Entwicklung fanden sich die Nationalliberalen 1878 vor der Alternative zwischen Opposition und prinzipienloser Regierungspartei. Ihre Wahl fiel auf letzteres. Bei der Diskussion des Entwurfs bedeutete das für die Nationalliberalen, die zu diesem Zeitpunkt von Bismarck bereits völlig demoralisiert und dezimiert waren, die Notwendigkeit einer bedingungslosen Unterstützung. So feierten sie die Vorlage des BGB in erster Lesung als großes nationales Ereignis.21 Vor diesem politischen Hintergrund ist auch der Beitrag zu bewerten, den die Nationalliberalen zu der Schaffung des BGB geleistet haben. Von ihrer Seite wurden kaum Änderungsanträge eingebracht. Die Partei zeigte in dieser Zeit eine Regierungsfreundlichkeit, die kaum noch zu überbieten war.22 So gingen die Nationalliberalen als eine „Kompromisspartei“ in die Geschichte ein, deren Verteidigung des Entwurfs auch das anhaltende Suchen nach Verständigungswegen bei Uneinigkeit im Plenum beinhaltete. Ein typisches Beispiel hierfür lieferte der nationalliberale Bennigsen bei der Diskussion zum so genannten Hasenparagraphen: „Ich sage: wollen wir überhaupt das bürgerliche Gesetzbuch zu Stande bringen, so müssen wir von allen Seiten gegenseitig mit einer gewissen Schonung gegen einander vorgehen, und untergeordnete Dinge dürfen keine Rolle so weit spielen, daß dadurch die Hauptsache nicht zu Stande kommt.“ 23

Der Spott für diese Haltung ließ nicht lange auf sich warten und kam bei der Diskussion des BGB z. B. von dem Abgeordneten Bebel (SPD), der sich über die Nationalliberalen so äußerte: „Der nationalliberale Antrag unterscheidet sich wieder gegenüber dem des Herrn von Stumm durch seine Halbheit. Ganz können diese Herren niemals etwas thun, sie müssen immer mit Halbheiten kommen . . .“ 24

Jedoch ist fraglich, ob diese Haltung der Nationalliberalen nur auf den Druck der Regierung zurückzuführen war. Wahrscheinlicher ist vielmehr, dass die Nationalliberalen, die seit der Gründung ihrer Partei 1867 für die Rechtseinheit ge-

19

Brandt, Parteien, S. 113. Stegmann, Erben, S. 26. 21 Brandt, Parteien, S. 116. 22 Brandt, Parteien, S. 121. 23 Bennigsen, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2843 (112. Sitzung, 23. Juni 1896). 24 Bebel, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 3077 (118. Sitzung, 1. Juli 1896). 20

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2. Teil, 1. Kap.: Gottlieb Planck

kämpft hatten, nach fast dreißigjährigem Bemühen das nahe Ziel vor Augen alles hinansetzten, um das nationale Werk nicht zu gefährden.25 B. Die Standpunkte Plancks Die politische Tätigkeit Plancks zeigt deutlich die enge Verflechtung der Ansichten des Abgeordneten und seiner Partei. So kämpfte Planck mit seiner Partei für die Vereinheitlichung des Rechts. Neben einer großen Festigkeit, die er in politischen Grundsatzfragen an den Tag legte, erwies sich Planck, ebenfalls in der Tradition seiner Partei, als ein Politiker, der auch in der Gesetzgebungskommission stets um Versöhnung und Ausgleich bemüht war.26 Ebenfalls von der Position seiner Partei beeinflusst war seine Haltung zu den Sozialdemokraten und damit eng verbunden seine Einstellung zu der damals sehr dringenden „Sozialen Frage“ und der Ausgestaltung der zukünftigen Gesellschaft. Planck stellte sich hier in Opposition zu den Sozialdemokraten. Obwohl er seinen Auftrag zum Schutz der Schwächeren bejahte, betonte er immer wieder, dass er dieses Ziel nur bis zu einem gewissen Punkt zu verwirklichen gedenke. Diese Grenze zog er dort, wo sich dieses Streben mit seinem Ziel mittels eines einheitlichen Rechts die Verfestigung der gesellschaftlichen Umstände voranzutreiben, nicht mehr vereinigen ließe. Deutlich wird in dieser Grundhaltung sowohl die konservative Richtung seiner Partei, wie auch der Versuch zwischen den politischen Polen zu vermitteln. Planck wehrte sich gegen die Ansprüche, die die Sozialdemokraten an die Gestaltung des BGB stellten. Die Forderungen der Sozialdemokraten wie „die Begrenzung der individuellen Rechte gegenüber den Interessen der Allgemeinheit, an das Verhältnis zwischen Kapital und Arbeit und an den Schutz der wirtschaftlich Schwächeren gegenüber den wirtschaftlich Stärkeren“ 27, lehnte Planck ab. Dennoch wehrte er sich gegen den Vorwurf der Sozialdemokraten, das BGB sei nicht sozial. Planck konstatierte, dass die Zusammenfassung dieser Forderungen unter dem Begriff „Soziale Frage“ bereits verfehlt sei und er wehrte sich deshalb bereits gegen die Ausfüllung des Begriffes mit diesen Inhalten.28 Das BGB sollte sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen, aber die Grundpfeiler dieses Gesetzeswerkes charakterisierte er anders: „Befestigung der Grundlagen der bestehenden Gesellschaftsordnung, Beschränkung der individuellen Rechte und Abschwächung der Konsequenzen derselben, soweit die billige Rücksicht auf das berechtigte Interesse anderer es erfordert, sowie Schutz der wirtschaftlich Schwachen, das sind die sozialen Gesichtspunkte, welche das BGB. bei seinen Vorschriften stets im Auge gehabt hat.“ 29 25 26 27 28 29

Brandt, Parteien, S. 121. Schubert, in: Planck, Vorentwürfe, Einleitung, S. XXIX. Planck, Tendenz, S. 181. Planck, Tendenz, S. 181. Planck, Tendenz, S. 184.

§ 2 Politische und rechtliche Ansichten

65

Auf dieser Grundlage war Planck bereit, soziale Tendenzen in das BGB einfließen zu lassen. Die Beachtung der Grundlagen der bisherigen Gesellschaftsordnung, unter denen Planck das Eigentum, das Erbrecht und die auf die Ehe sich gründende Familie30 verstand, waren für ihn vorrangig. Durch die Anerkennung dieser Forderungen wurden für ihn die prinzipiellen Forderungen der Sozialdemokratie zurückgewiesen, zugunsten einer Stärkung der bestehenden Gesellschaftsordnung.31 Als Gründe für die Ablehnung der Forderungen der Sozialdemokratie nannte Planck, dass bereits die praktische Umsetzung dieser Postulate bei der zu erfüllenden Aufgabe große Probleme aufwerfen würde. So zum Beispiel das Ziel, dass der Entwurf die Schwachen gegen die wirtschaftliche Übermacht der Stärkeren schützen solle. Ein solches Streben in rechtliche Regelungen zu gießen, sei ein durchaus berechtigter Wunsch, jedoch müsse beachtet werden, dass dies nur ein zu berücksichtigender Gesichtspunkt unter vielen sei und dass die Unterscheidung zwischen Starken und Schwachen nicht pauschal erfolgen könne, sondern auf den Einzelfall bezogen beurteilt werden müsse.32 „Die wichtigsten Factoren wirthschaftlicher Macht und Schwäche, Reichthum und Armuth, lassen sich im Privatrechte überhaupt nicht als Voraussetzungen von Rechtssätzen verwenden.“ 33

Der Gesetzesentwurf sei daher, gerade wegen der Berücksichtigung verschiedener Interessen und deren Ausgleichung als ein „im Großen und Ganzen, wie ich (SS.: Planck) glaube, den richtigen Mittelweg“ festhaltender Kompromiss.34 Planck machte sich jedoch keine Illusionen, so eine Einschätzung von seinem Biographen Frensdorff, dass der von ihm gefundene Mittelweg vor dem sozialdemokratischen Auge Gnade finden werde. Er stützte diese Annahme auf einen Artikel Plancks in der National-Zeitung Nr. 371 von 1895: „Daß die Sozialdemokratie damit zufrieden gestellt werde, erwartet Planck nicht. Denn was sie zerstören will, befestigt das Gesetzbuch. Die Grundlagen der jetzigen Gesellschaftsordnung, Eigentum, Familie, Erbrecht, werden in einer den sozialen Bedürfnissen entsprechenden Form auf den festen und breiten Boden eines allgemeinen deutschen Rechts gestellt und gewinnen dadurch an Sicherheit und Widerstandskraft gegen die Angriffe der Sozialdemokratie. Der Entwurf befriedigt nicht nur das tiefe nationale Bedürfniß nach einem einheitlichen Rechte, sondern zugleich das nicht minder dringende Bedürfnis einer Befestigung der jetzigen Gesellschaftsordnung.“ 35

Und doch wird in Plancks Äußerungen immer wieder das Streben nach Versöhnung der politischen Richtungen deutlich. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür

30 31 32 33 34 35

Planck, Tendenz, S. 181. Planck, Tendenz, S. 181. Planck, Zur Kritik, S. 405 ff. Planck, Zur Kritik, S. 409. Planck, Zur Kritik, S. 409. Frensdorff, Planck, S. 364 f.

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2. Teil, 2. Kap.: Der ideale Güterstand

ist folgender Auszug aus seiner abschließenden Rede zum Entwurf vor dem Reichstag: „Es führt nicht nur eine neue Epoche der Rechtswissenschaft herbei, sondern es ist nach meiner Ueberzeugung auch in seinem jetzigen Bestand ein ungeheurer Fortschritt, es giebt dem deutschen Volk wirklich ein gutes, ein deutsches und im besten Sinne auch ein soziales Recht. Ein deutsches Recht freilich nicht in dem Sinne, daß an die mittelalterlichen deutschen Rechtsgewohnheiten und Rechtssätze angeknüpft würde; man kann sich nicht davor verschließen, daß das deutsche Volk seitdem eine weitere Entwicklung durchgemacht hat (sehr richtig! links), aber in dem Sinne deutsch, daß es alle noch lebendigen deutschen Rechtsgedanken aufgenommen und zu festen Rechtssätzen verkörpert hat. Es ist auch sozial, – freilich nicht sozialdemokratisch; im Gegenteil, indem der Entwurf die Grundlage unserer Gesellschaftsordnung, Eigenthum, Erwerbsrecht, Ehe, Familie, auf die breite und feste Basis eines gemeinen deutschen Rechts stellt, stützt und stärkt er die bestehende Gesellschaftsordnung in einem Maße, wie dies durch kein anderes Mittel meiner Ueberzeugung nach geschehen kann.“ 36

2. Kapitel

Der ideale Güterstand Die Persönlichkeit Plancks und seine politischen Ansätze finden sich wieder in den Grundsätzen, die er für die Regelung des ehelichen Güterrechtes des BGB gewählt hat. Die Ziele und idealen Vorstellungen Plancks im Hinblick auf diesen Regelungsbereich sind Gegenstand dieses Kapitels. Auf diese Grundlage stützt sich die anschließende Prüfung, ob Planck mit seinem Entwurf der Verwaltungsgemeinschaft einen seinen idealen Vorstellungen gerecht werdenden Güterstand schaffen konnte. Um die Schwierigkeit der Aufgabe Plancks in der damaligen Situation verstehen zu können, ist es zunächst notwendig sich vor Augen zu führen, wie sich die Verhältnisse zur damaligen Zeit darstellten.

§ 1 Die Problemstellung Die Situation, in der sich der Gesetzgeber befand, als er entschieden hatte, ein einheitliches Güterrecht für das Deutsche Reich zu schaffen, war alles andere als einfach. „Die Regelung des ehelichen Güterrechtes gehört wohl zu den schwersten von den schweren Aufgaben, die dem Redactor eines Civilgesetzbuches gestellt werden“ 37, wie Mitteis festhielt. Für ihn bestand die besondere Schwierigkeit dieser Unternehmung darin, dass man sich wegen der Zersplitterung der Güterrechte nicht auf eine bestimmte gegebene Vorlage stützen konnte. Eine em36 Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/97), S. 740 (31. Sitzung, 4. Februar 1896). 37 Mitteis, Bemerkungen, S. 544.

§ 2 Die Ziele bei der Schaffung des ehelichen Güterrechts

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pirische Beobachtung konnte ebenfalls nicht weiterhelfen, weil die Geschichte keine bestimmte Gestaltung für die Zukunft nahe legte. Es hätte so viele Güterrechte gegeben, die sich ganz grundsätzlich von der Art oder zumindest in Details voneinander unterschieden hätten38, und eine kontinuierliche historische Entwicklung wäre nicht erkennbar gewesen39. Doch die Probleme lägen nicht nur in der Vergangenheit, sondern vor allem auch in der Unsicherheit, die aus der Verschiedenheit der ethischen Postulate resultierte, die zu jener Zeit vertreten wurden. Welche Grundsätze sollten dem Eherecht zugrunde gelegt werden?40 Diese Voraussetzungen machten die ohnehin schon schwierige Aufgabe eine umfassende Regelung für die gesamten vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Ehegatten zu schaffen und dabei gleichzeitig die zahlreichen Reflexwirkungen auf das Verhältnis der Ehegatten zu Dritten Personen – namentlich Gläubigern und Erben – zu beobachten, zu einem höchst komplizierten Unterfangen.41

§ 2 Die Ziele bei der Schaffung des ehelichen Güterrechts A. Die Übergangsschwierigkeiten In dem Bestreben diese Aufgabe zu meistern, die sich ihm durch die oben beschriebene Situation stellte, war Planck zunächst bemüht, die praktischen Übergangsschwierigkeiten zu minimieren. Der neue gesetzliche Güterstand sollte ohne große Probleme in die Gebiete eingeführt werden können, in denen er bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegolten hatte. Absolute Bedingung für das neue gesetzliche Güterrecht war daher, dass es „einfach, klar und praktisch leicht zu handhaben“ sein sollte.42 Es erschien daher in der damaligen Situation richtiger, die kraft Gesetzes eintretende Änderung auf ein geringes Maß zu beschränken und den Eheleuten im Einzelfall eine Ausweitung der Ehewirkungen durch Vertrag zu überlassen. Durch einen geringeren Eingriff in die Rechtssphäre der Ehegatten werde dem Grundsatz der Vertragsfreiheit besser gedient, da eine Erweiterung auf geringere Probleme stoßen werde als eine Beschränkung des Güterrechtes.43 Das am wenigsten eingreifende Güterrecht befördere zusätzlich die Herstellung eines einheitlichen Güterrechtes. Dieses Anliegen erschien, vor allem im Hinblick auf die bestehende Rechtszersplitterung verständlich, denn durch

38 39 40 41 42 43

Mitteis, Bemerkungen, S. 544. Mitteis, Bemerkungen, S. 547. Mitteis, Bemerkungen, S. 546. Mitteis, Bemerkungen, S. 544. Planck, Vorentwürfe, S. 468. Planck, Vorentwürfe, S. 474.

68

2. Teil, 2. Kap.: Der ideale Güterstand

den geringen Eingriff sei es für die Regionen, in denen bisher ein anderes Güterrecht gegolten habe, einfacher sich dem neuen Recht anzupassen.44 B. Die Gleichberechtigung der Frau Neben diesen praktischen Erwägungen verfolgte Planck das Ziel, die Stellung der Frau in der Familie zu verbessern. Dieses Ziel brachte Planck über einen langen Zeitraum bei verschiedenen Gelegenheiten immer wieder zum Ausdruck. So zum Beispiel bei der Erläuterung und Rechtfertigung für seine Ausgestaltung des gesetzlichen Güterstandes in den Vorentwürfen.45 Das deutlichste Bekenntnis zur Förderungen der Frauen gab Planck im Rahmen dieses Werkes bei der Rechtfertigung der Regelung zu den nichtabnutzbaren, beweglichen Sachen ab. Durch eine Neuerung sollten diese nunmehr in den Bereich der Verfügungsbeschränkung des Mannes fallen (s. u. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1, B. III. 1.): „Der auf diese Erwägungen gegründete Vorschlag des Entwurfs, in Betreff der beweglichen Sachen keine Ausnahme von der Regel zu machen, dürfte mit der ganzen Richtung, welche die Rechtsentwickelung in Betreff der Stellung der Frau verfolgt, im Einklang stehen. Sie geht, wie schon mehrfach hervorgehoben und sowohl aus der Vergleichung der neueren Gesetze und Entwürfe mit dem Rechte des Sachsenspiegels, als aus der Tendenz, welche nach der oben mitgetheilten Uebersicht die Eheverträge verfolgen, hervorgeht, dahin, den Frauen eine selbstständigere Stellung einzuräumen.“ 46

Auch bei der Diskussion der anderen Neuerungen, wie hier bei der Zuordnung des selbstständigen Erwerbs zum Vorbehaltsgut der Frau, betonte er diese Absicht: „Es liegt hier nach der Auffassung des Entwurfs einer der Punkte vor, in welchem die von Seiten der Frauen in neuerer Zeit häufig gegen das bestehende eheliche Güterrecht erhobenen Einwendungen begründet sind und ihr Streben nach größerer Selbstständigkeit als berechtigt anzuerkennen ist.“ 47

Neben diesen immer wiederkehrenden Versicherungen in seinen Vorentwürfen äußerte sich Planck auch bei anderen Gelegenheiten in diesem Sinne. So auch bei einer Diskussion im Reichstag über das eheliche Güterrecht am 25.6.1896. Er betonte den hohen Stellenwert, den die Behandlung der Frauen für die Bewertung einer Gesellschaft habe, und führte in seiner Rede dazu aus: „Ich halte die Bestrebungen für durchaus gerechtfertigt, welche darauf gerichtet sind, die Stellung der Frau zu einer möglichst würdigen zu machen. Ich gehe davon aus, daß die höhere oder niedere Stellung, die die Frauen in einem Volk einnehmen, be44 45 46 47

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

475. 484, 485 f., 486, 493 f. 518. 541.

§ 2 Die Ziele bei der Schaffung des ehelichen Güterrechts

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zeichnend ist für den gesammten Kulturstand dieses Volkes; . . . und obwohl ich glaube, daß unser deutsches Vaterland den Vergleich mit anderen Nationen in dieser Beziehung nicht zu scheuen braucht, so stehe ich doch sympathisch allen Bestrebungen gegenüber, welche die Stellung der Frau noch zu einer höheren und besseren zu machen geeignet sind, als nach dem bisherigen Recht der Fall ist. Ich glaube aber auch nachweisen zu können, daß der Entwurf in dieser Richtung alles gethan hat, was mit der gerechten Rücksicht auf andere Interessen vereinbar war.“ 48

Am Ende dieser Rede betonte Planck nochmals die Priorität, die er dieser Zielsetzung bei der Gestaltung des Familienrechts eingeräumt hatte: „Das entscheidende ist gewesen, auch für mich, die Rücksicht auf das Interesse der Frau. Nur bei der Verwaltungsgemeinschaft kann das Interesse der Frau in der Art gesichert werden, wie der Entwurf es thut.“ 49

Auch später in seinem Aufsatz „Die soziale Tendenz“, der 1899 veröffentlicht wurde, wurde die Verbesserung der weiblichen Position explizit als Erfolg des Entwurfes herausgestellt: „Auf dem Gebiete des Familienrechts sind von besonderer sozialer Bedeutung die Vorschriften, welche die rechtliche Stellung der Frauen gegenüber dem bisherigen Rechte verbessern. Es mag hier besonders hingewiesen werden auf die Vorschrift des § 1367, nach welcher dasjenige Vorbehaltsgut ist, was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erwirbt, ferner auf die Vorschriften, welche die Sicherung des eingebrachten Gutes der Frau bei dem gesetzlichen Güterrechte bezwecken . . .“ 50

Und auch nach der Fertigstellung und Verabschiedung des Gesetzes beteuerte Planck die wesentliche Zielsetzung sei die Förderung der Frauen gewesen: „Durch das ganze Familienrecht geht das Bestreben hindurch, die rechtliche Stellung der Frau zu heben.“ 51

Diese Forderung, und vor allem die Art und Weise, wie er sie zu verwirklichen gedachte, hatte Planck immer wieder gegen Angriffe zu verteidigen. Dies erklärt wohl auch die ausführliche Begründung und die Erläuterung der Mittel, mit denen er die Verbesserung der weiblichen Position in der Familie zu erreichen suchte. So sollte nach Planck die Umsetzung dieses Zieles dadurch verwirklicht werden, dass der Ehefrau eine selbstständigere Position gegenüber dem Ehemann verschafft und gleichzeitig eine bessere vermögensrechtliche Absicherung angestrebt werde.

48 Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2915 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 49 Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2928 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 50 Planck, Tendenz, S. 184. 51 Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Erster Band, S. 21.

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2. Teil, 2. Kap.: Der ideale Güterstand

Mit der Einräumung einer selbstständigeren Position der Frau versuchte Planck dem Postulat, Mann und Frau seien gleichberechtigt, gerecht zu werden.52 Die moderne Rechtsentwicklung weise in Richtung Gleichberechtigung der Geschlechter. Diese Erkenntnis gewann Planck beim Vergleich der neueren Gesetze mit den Entwürfen des Sachsenspiegels.53 Daneben hätten auch Plancks Nachforschung bezüglich der bestehenden Ehevertragspraxis einen Trend in diese Richtung bestätigt.54 Beispiele für solche Nachforschungen finden sich am Anfang eines jeden Abschnitts in den Entwürfen Plancks. Dort verglich er zunächst die historischen Gestaltungen und rechtsvergleichend auch die Regelungen anderer Länder miteinander.55 In diesem Rahmen erfolgten auch Hinweise, wie die Ehevertragspraxis die vorhandenen Regeln auslegt, was nach Planck ebenfalls als Zeichen einer Rechtsentwicklung gedeutet werden konnte.56 Ein weiterer Begründungsansatz für die angestrebte Gleichstellung der Frau57 ging dahin, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse verändert hätten, insbesondere was die gewachsene Bedeutung des Mobiliarvermögens angehe. Weitere Veränderungen seien zu erwarten gewesen. Die Ausgangssituation hätte sich im Vergleich zur Vergangenheit wesentlich gewandelt und das Recht müsse sich dieser Weiterentwicklung anpassen. Dies sei insbesondere im Hinblick darauf wichtig gewesen, dass die Benachteiligung der Frau, welche ihr aus dem Verfügungsrecht des Mannes und einem Mangel an eigener Verantwortlichkeit erwachse, früher auf vielfältige Weise ausgeglichen werden konnte. Die rechtlichen Möglichkeiten hierzu hätten sich von einer Art Pauschalabfindung über die Morgen52 Planck bei einer Rede im Plenum des Reichstages am 25. Juni 1896, abgedruckt bei: Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 1313. 53 Anmerkung zum Sachsenspiegel, der immer wieder von Planck und anderen Diskussionsteilnehmern als rechtliche Grundlage für Vergleiche verwendet wird: Der Sachsenspiegel ist das wohl bedeutendste Rechtsbuch des Mittelalters, verfasst von dem ostsächsischen Ritter Eike von Repgow im Gau Serimunt bei Aken an der Elbe (geb. etwa 1180). Diesem Rechtsbuch ist später Gesetzeskraft beigelegt worden. Es hat als Quelle des gemeinen Sachsenrechts z. B. in Thüringen und Anhalt bis 1900 Anwendung gefunden und ist ins Mittel- und Oberdeutsche übersetzt worden. (Fricke, Eherecht des Sachsenspiegels, Vorwort, S. 42) Der Sachsenspiegel, der nicht nur von Eike von Repgow selbst, sondern später von Dritten mehrfach ergänzt und geändert worden ist, behandelt das Privatrecht, Strafrecht, Verfahrensrecht und Staatsrecht, allerdings ohne äußerlich erkennbare Systematik. (Fricke, Eherecht des Sachsenspiegels, Vorwort) Die Behandlung der Frauen nach diesem Regelwerk war über die Jahrhunderte in denen er Geltung beanspruchte durchaus nicht gleich, sondern es gab Zeiten in denen sie aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen besser gestellt wurden im Bezug auf eigenen Erwerbstätigkeit und Position in der Ehe; aber auch Zeiten in denen diese Lockerungen wieder aufgehoben wurden. (Fricke, Eherecht des Sachsenspiegels, S. 219 ff.) 54 Planck, Vorentwürfe, S. 518. 55 Planck, Vorentwürfe, S. 487, 489 ff., 506, 520. 56 Planck, Vorentwürfe, S. 478. 57 Planck bei einer Rede im Plenum des Reichstages am 25. Juni 1896, abgedruckt bei: Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 1313.

§ 2 Die Ziele bei der Schaffung des ehelichen Güterrechts

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gabe bis hin zur vertragsmäßigen Zusicherung einer Leibzucht erstreckt.58 Diese Rechtsfiguren dienten in früherer Zeit der Absicherung der vermögensrechtlichen Stellung der Ehefrau, insbesondere beim Tod des Ehemannes. Die Morgengabe etwa war ein Geschenk, dass der Ehemann seiner Ehefrau nach der Hochzeitsnacht übergab.59 Ursprünglich stützte sich diese Gestaltung nur auf Brauch und Sitte, später wurde sie ein Teil des Rechts und hatte den Zweck eine Witwenversorgung zu gewährleisten.60 Die Leibzucht hatte eine ähnliche Funktion, war jedoch eher auf den bäuerlichen Bevölkerungskreis beschränkt. Die Leibzucht oder auch Altentheil wurde bei einer Übergabe oder sonstigen Veränderung der Gewaltverhältnisse an einem Bauernhof den bisherigen Inhabern zugeteilt.61 Der gängigste Anwendungsfall war wohl die Hofübergabe an die Kinder, während die Eltern von diesem Zeitpunkt an von dem übernehmenden Kind unterhalten wurden.62 Die Leibzucht war der Inbegriff all dessen, was aus einem solchen Rechtsverhältnis an die Berechtigten floss. Die Vorteile konnten sowohl in Geld, als auch in Naturalien wie Essen oder Wohnung bestehen.63 Auf diese Weise konnte auch die Versorgung der Bauerswitwe abgesichert werden. Durch den Wegfall dieser Institute wurde eine bessere vermögensrechtliche Absicherung der Frau notwendig.64 Während der Ehe sollte daher das Vermögen der Frau gesichert und von der Haftung für die Schulden des Mannes freigestellt werden.65 Der Schutz der Frau sollte auch nach der Auflösung der Ehe weiterbestehen. Daher sollte die Frau einen angemessenen Anteil an dem in der Ehe erworbenen Vermögen erhalten, um damit eine angemessene Versorgung nach Auflösung der Ehe sicherzustellen.66 Auch in den Nachwirkungen der Ehe sollte sich die durch die Ehe begründete Lebensgemeinschaft offenbaren, indem der überlebenden Ehegatte in die Lage versetzt werden sollte, in ähnlicher Weise fortzuleben, wie er während der bestehenden Ehe gelebt hatte.67 C. Die Hausherrnstellung des Mannes Dies war jedoch nur die eine Seite der Bemühungen Plancks. Auf der anderen Seite nahm er gleichzeitig einen konträren Standpunkt ein, den er mit Ersterem in seinem Entwurf zu versöhnen suchte. In dem Bemühen die gesellschaftlichen 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67

Planck, Vorentwürfe, S. 478. Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, S. 109. Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, S. 110 f. Runde, Leibzucht, S. 3. Runde, Leibzucht, S. 4. Runde, Leibzucht, S. 3. Planck, Vorentwürfe, S. 617 ff. Planck, Vorentwürfe, S. 565. Planck, Vorentwürfe, S. 468. Planck, Vorentwürfe, S. 472.

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2. Teil, 2. Kap.: Der ideale Güterstand

Verhältnisse der damaligen Zeit im Gesetz abzubilden und zu verfestigen, versuchte Planck, trotz angestrebter Besserstellung der Frau, dem Mann seine Hausherrenstellung zu erhalten und seine vorrangige Position zu festigen.68 Für diese Zielsetzung finden sich bei Planck keine besonderen Zitate oder explizite Begründungen. Vielmehr erwähnte Planck diesen Vorsatz, der für ihn wohl eine Art unumstößlicher Bestandteil der Ehe war, nur in Nebensätzen. Die Notwendigkeit der Begründung einer Tatsache, die für ihn und die damalige Zeit anscheinend offensichtlich war, war für ihn wohl nicht existent. Dies zeigt sich deutlich im Umgang Plancks mit diesem Ziel in dem folgenden Zitat: „Die Vereinigung ist eine rein äußerliche und dient lediglich dem Zwecke, dem Manne, welchem die Leitung des gemeinsamen ehelichen Lebens zusteht, auch die Verfügung über die zu diesem Zwecke erforderlichen äußeren Mittel zu sicheren.“ 69

Die Begründung lieferte Planck ebenfalls sozusagen nebenbei, als er sich mit der Frage der Tragung der ehelichen Lasten auseinandersetzte: „Dem Manne steht die Verwaltung des ganzen beiderseitigen Vermögens zu, er ist auch unter den jetzigen wirthschaftlichen Verhältnissen regelmäßig noch der hauptsächlich erwerbende Theil, während die Frau ihm dabei meistens nur durch ihre Hülfe im Hause und Geschäfte unterstützt. Von ihm hängt also vorwiegend der Betrag der Einnahme ab. Andererseits aber hat er . . ., kraft seines hausherrlichen Rechts die Art des gemeinschaftlichen Lebens und das Maß der dafür zu machenden Aufwendungen zu bestimmen.“ 70

D. Die argumentative Versöhnung der Ziele Es erscheint befremdlich, dass Planck sich für die Schaffung seines Güterrechts auf zwei so völlig konträre Standpunkte stützte.71 Wie konnte er diese beiden, aus heutiger Sicht entgegenstehenden Interessen, argumentativ miteinander verknüpfen? Die Antwort findet sich in einigen Zitaten Plancks, in denen sich deutlich zeigt, dass für ihn der Schlüssel zur Versöhnung dieser beiden Standpunkte eine Ausfüllung des Begriffes der Gleichberechtigung der Frau, auf seine Art und Weise, war. So glaubte Planck mit der vorgeschlagenen Regelung tatsächlich die Gleichberechtigung der Geschlechter bewirkt zu haben. Über Regelungen, die die Frau offensichtlich benachteiligten, ging er mit der Begründung 68

Planck, Vorentwürfe, S. 470. Planck, Vorentwürfe, S. 473. 70 Planck, Vorentwürfe, S. 470. 71 So auch: Weber, Ehefrau, S. 413, 459 f. „Im Eherecht unseres deutschen bürgerlichen Gesetzbuches ringen das patriachalische und das individualistische Eheideal um die Herrschaft. Der Gesetzgeber wollte nebeneinander den überlieferten Primat des Ehemannes und die Handlungsfähigkeit der Ehefrau sichern. Deshalb zwang er gegensätzliche Prinzipien zusammen, die im Grunde einander vernichten müssen, wie Feuer und Wasser.“ (S. 413); ebenfalls zustimmend: Malsbenden, Stellung, S. 339 ff. 69

§ 2 Die Ziele bei der Schaffung des ehelichen Güterrechts

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praktischer Notwendigkeiten hinweg. So zum Beispiel bei einer Rede im Reichstag in der er klarstellt: „. . . die Ehegatten sind gleichberechtigt. Ja, gleichberechtigt sind die ganz gewiß; das spricht auch § 1336 des Entwurfs aus. Aber wie ist denn nun, gerade wenn sie gleichberechtigt sind, in solchen das gemeinschaftliche Leben betreffenden Angelegenheiten die Entscheidung herbeizuführen? . . . Ich meine, der Gedanke, den der Entwurf hier zum Ausdruck bringt, daß in solchen – wenn ich so sagen darf – gleichgiltigen Fragen des gemeinschaftlichen Lebens die Stimme des Mannes zunächst die entscheidende ist, ist ein Gedanke, der der natürlichen Auffassung, der der deutschen Auffassung und, ich glaube, auch der christlichen Auffassung entspricht. (Sehr wahr!) Die Frau wird dadurch in keiner Weise benachtheiligt.“ 72

Diese Argumentation kehrte wieder bei einem Vortrag zum Besten des Göttinger Frauenvereins. Thema dieses Vortrages war wiederum die Frage, ob sich die Entscheidungsgewalt des Ehemannes mit der Gleichberechtigung der Frau vereinbaren lasse: „Sie halten das mit der selbstständigen, gleichberechtigten Stellung der Frau nicht für vereinbar. Was aber, frage ich, soll denn an die Stelle dieser Bestimmung treten? Das eheliche Gemeinschaftsleben kann im einzelnen Falle in sehr verschiedener Art verwirklicht werden und in jeder dieser Arten dann sittlichen Anforderungen entsprechen. . . . Wer soll darüber entscheiden, in welcher Art im einzelnen Falle das eheliche Leben geführt werden soll? Die Gatten sind zwei Personen, durch Stimmenmehrheit kann nicht entschieden werden. Soll in einem solchen Falle das Gericht entscheiden? Das würde widersinnig sein. Es ist notwendig, daß, wenn das gemeinschaftliche eheliche Leben durchgeführt werden soll, einem der Gatten die entscheidende Stimme beigelegt werden muß; und da steht das Bürgerliche Gesetzbuch auf dem Standpunkte der christlichen und deutschen Auffassung der Ehe, nach welcher der Mann das Haupt der Ehe ist. Im Anschluß an diese Auffassung giebt das Bürgerliche Gesetzbuch rechtlich dem Manne die Entscheidung in diesen Angelegenheiten. Thatsächlich wird freilich häufig das Umgekehrte der Fall sein.“ 73

Neben diesen ausgiebigen Hinweisen auf die Pattsituation in einer Beziehung, die ein Überwiegen eines Ehepartners notwendig zu machen schien, untermalte Planck seine Politik mit anderen praktischen Hinweisen. Vor allem macht er immer wieder auf die Notwendigkeit einer gerechten Verteilung der ehelichen Lasten aufmerksam. So legte er großen Wert darauf, dass sein Vorsatz dem Mann seine Hausherrnstellung zu erhalten nicht aus dem Versuch erwachse das Idealbild der Ehe, so wie es zu dieser Zeit vorhanden war, mit dem Güterrecht abzubilden. Er zog sich vielmehr auf die praktische Erwägung zurück mit seinem Güterrecht lediglich die Tragung der ehelichen Lasten auf zweckmäßige Weise zu ordnen wollen.74 Zusätzlich konstatierte er, dass das Interesse der Frauen nicht 72 Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2916 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 73 Planck, Stellung, S. 10 f. 74 Planck, Vorentwürfe, S. 473.

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2. Teil, 3. Kap.: Die Verwaltungsgemeinschaft

das einzige sei, welches er bei der Schaffung der Güterrechte zu berücksichtigen gehabt habe. Die politische Macht von Seiten der Frauenbewegung sei nicht ausreichend gewesen, um den Interessen der Frau ein noch größeres Gewicht beizumessen: „Auch auf die Frauenbewegung, die jetzt allerdings mit großer Macht in Deutschland auftritt, glaube ich ein entscheidendes Gewicht nicht legen zu können, so groß die Berechtigung der Bestrebungen in vielfachen Beziehungen ist. Es wird dabei doch vielfach zu ausschließlich auf das spezielle Interesse der Frauen Rücksicht genommen und so wenig der große Zusammenhang der Rechtsinstitute, der Zusammenhang der Interessen und insbesondere das große Interesse der Ehe berücksichtigt.“ 75

Man kann aus diesen Zitaten herauslesen, dass es für Planck in der damaligen Situation kein Problem war, die widersprechenden Standpunkte, nach Verfestigung der männlichen Stellung und der Stärkung der Frauenposition bis hin zur Gleichberechtigung, miteinander zu verknüpfen. Argumentativ machte ihm dies wenig Mühe. Interessant ist jedoch im Folgenden, wie er diese beiden Gedanken in seinen gesetzlichen Regelungen in Übereinstimmung zu bringen versuchte. 3. Kapitel

Die Verwaltungsgemeinschaft – Grundzüge der gesetzlichen Regelung Für die Umsetzung dieser Ziele glaubte Planck, mit der Verwaltungsgemeinschaft, die beste Wahl zu treffen. Um dies verstehen zu können, ist es zunächst notwendig, sich die Grundstruktur dieses Güterstandes vor Augen zu führen. Der Kern dieses Güterrechtes besteht darin, dass die Vermögensmassen der Ehepartner getrennt bleiben, das heißt, jeder Ehepartner bleibt Eigentümer der von ihm in die Ehe eingebrachten Güter. Wirtschaftlich gesehen wird jedoch das Eigentum der Frau, soweit nichts anderes bestimmt ist, dem Mann zur Verwaltung und Nutznießung zugewiesen.76 Die Verwaltungsgemeinschaft war mithin als eine abgeschwächte Gütertrennung konstruiert.77 Gütertrennung deshalb, weil keine Vermischung der Substanz des beiderseitigen Vermögens stattfand. Das Vermögen der Eheleute blieb für die Dauer der Ehe getrennt. Jeder behielt das Eigentum an dem Vermögen, das er bei Eingehung der Ehe besaß oder später erwarb.78

75 Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2928 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 76 Wieruszowski, Handbuch, Bd. II, S. 182. 77 Ridder, Erbrecht, S. 86. 78 Warneyer, Kommentar, 2. Band (1930), S. 607.

2. Teil, 3. Kap.: Die Verwaltungsgemeinschaft

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Die entscheidende Abschwächung dieser Trennung der Vermögensmassen erfuhr die Verwaltungsgemeinschaft dadurch, dass kraft Gesetzes das Vermögen der Frau (eingebrachtes Gut) mit Eingehung der Ehe dem Ehemann zur Verwaltung und Nutzung unterworfen wurde (§ 1363 BGB a. F.). Das Gesetz begründete für den Ehemann ein quasi dingliches Recht am Ehegut, das die Frau wie alle anderen zu achten hatte.79 Das Recht zur Nutznießung des eingebrachten Gutes ermöglichte es dem Mann die Nutzungen des eingebrachten Gutes zu ziehen; die Früchte gingen dann in sein Eigentum über (§ 1383 BGB a. F.).80 Die Regelung in welcher Weise diese Nutzung durchgeführt werden konnte, erfolgte durch eine schematische Verweisung ins Nießbrauchsrecht.81 Durch die Zuweisung des Verwaltungsrechtes wurde ihm zusätzlich die Möglichkeit gegeben, auch die Substanz des eingebrachten Vermögens der Frau anzugreifen. Dabei unterlag er zwar gewissen Beschränkungen und war daher z. B. unter anderem verpflichtet in den gesetzlich bestimmten Fällen für Verfügungen die Einwilligung seiner Frau einzuholen (§§ 1375, 1377 BGB a. F.).82 Grundsätzlich jedoch war er durch das Verwaltungsrecht in der Lage alle tatsächlichen und rechtlichen Einwirkungen auf das eingebrachte Gut vorzunehmen, soweit sie der Verwaltung des eingebrachten Gutes dienten (§§ 1374, 1376 BGB a. F.).83 Als Kehrseite der Rechte des Mannes am eingebrachten Gut mussten die Rechte der Frau an dieser Vermögensmasse eingeschränkt werden. So blieb die Frau zwar Eigentümerin des eingebrachten Gutes84 und hatte nach Beendigung der Nutzwaltung, d. h. mit Beendigung des Güterstandes, einen Anspruch darauf, die Substanz ihres eingebrachten Gutes ungeschmälert zurückzuerhalten, in dem Zustande, der sich aus der ordnungsgemäß geführten Verwaltung ergab.85 Während des Bestandes der Verwaltungsgemeinschaft erlitt die Ehefrau jedoch erhebliche Einbußen in der Freiheit ihrer Verfügungsmacht an dem eingebrachten Gut. Diese Beschränkungen der Frau waren dem Minderjährigenrecht nachgebildet. Das bedeutete, dass die Ehefrau zu einer Verfügung über das eingebrachte Gut der Einwilligung des Mannes bedurfte (§ 1395 BGB a. F.). War keine Einwilligung gegeben, so war der Vertrag schwebend unwirksam bis zur Genehmigung durch den Mann (§ 1396 BGB a. F.). Einseitige Geschäfte waren nach § 1398 BGB a. F. unwirksam.86 Planck gestaltete die Kürzung der Frauenrechte bezüg79 80 81 82 83 84 85 86

Planck, Vorentwürfe, S. 601. Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1383 BGB a. F., S. 856. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 146. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 143. Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 110. Wieruszowski, Handbuch, Bd. II, S. 182. Schröder, Güterrecht, S. 41 f. Schreuer, Privatrecht, S. 399.

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2. Teil, 3. Kap.: Die Verwaltungsgemeinschaft

lich des eingebrachten Gutes als Einschränkung ihrer Dispositionsbefugnis.87 Nach dem Entwurf blieb die Frau auch nach der Eheschließung an sich ebenso geschäftsfähig wie der Ehemann. Eine Geschlechtsvormundschaft fand nicht mehr statt.88 Der Ehemann hatte, als Kehrseite des Vorteils der Macht über das eingebrachte Gut, gegenüber seiner Frau die Verpflichtung die ehelichen Lasten zu tragen und das eingebrachte Gut der Frau in seiner Substanz zu erhalten.89 Die ehelichen Lasten umfassten alle Aufwendungen, die für die gemeinschaftlichen Bedürfnisse der Eheleute und deren Kinder anfielen (§ 1389 BGB a. F.).90 Nicht der Verwaltung und Nutznießung unterworfen war einzig das Vorbehaltsgut der Frau (§ 1365 BGB a. F.). Dies stand der Frau grundsätzlich zur freien Verfügung91, jedoch bestand für die Frau, wenn bestimmte Voraussetzungen eintraten, die obligatorische Verpflichtung Ehegutsverbindlichkeiten mit ihrem Vorbehaltsgut zu tilgen.92 Nach der gesetzlichen Regelung gehörte zum Vorbehaltsgut, was nach gesetzlicher oder vertraglicher Regelung nicht zum eingebrachten Gut gezählt wurde.93 Die Bestimmungen zum Vorbehaltsgut sind nur insoweit beachtenswert, als das, was die Frau durch selbstständige Arbeit oder die Führung eines selbstständigen Erwerbsgeschäftes erwirtschaftete (§ 1367 BGB a. F.) durch den Entwurf erstmals dem Vorbehaltsgut zugewiesen wurde.94 Für diese Vermögensmasse galten nach § 1371 BGB a. F. die Vorschriften der Gütertrennung.95 Bei der Verwaltungsgemeinschaft gab es keine gemeinsame Schuldenhaftung. Durch die Aufteilung der Vermögen der Ehegatten in die verschiedenen Vermögensmassen entstanden unterschiedliche Haftungsmassen, sodass jeder für seine Schulden allein und persönlich einzutreten hatte. Dritten gegenüber galten die Ehegatten als zwei vermögensrechtlich getrennte Personen.96 Dieses Prinzip wurde jedoch durch die Doppelstellung des eingebrachten Gutes modifiziert (§§ 1399 II, 1401, 1405, 1410, 1412 BGB a. F.), wie unten noch näher dargestellt wird (s. u. 2. Teil, 4. Kapitel, § 4).

87 88 89 90 91 92 93 94 95 96

Planck, Vorentwürfe, S. 488. Planck, Vorentwürfe, S. 486. Planck, Vorentwürfe, S. 581 ff. Ridder, Erbrecht, S. 80. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 127. Planck, Vorentwürfe, S. 601 f. Mehnert, Entwicklungen, S. 13. Scheuerer, Deutsches Privatrecht, S. 398. Mehnert, Entwicklungen, S. 13. Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1908), S. 375.

§ 1 Das eingebrachte Gut der Ehefrau

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Die Nutzwaltung endete zum einen mit der Beendigung der Ehe, zum anderen, wenn sie durch Gestaltungsurteil des Gerichtes aufgehoben oder ein Konkursverfahren über das Vermögen des Mannes eröffnet wurde (§ 1419 BGB a. F.). Natürlich konnte der gesetzliche Güterstand auch jederzeit durch abändernden Ehevertrag aufgehoben werden. Nach Beendigung der Nutzwaltung hatte der Mann das Frauengut herauszugeben und Rechenschaft abzulegen (§§ 1421–1423 BGB a. F.).97 4. Kapitel

Der Niederschlag von Plancks Zielen in den gesetzlichen Regelungen Nach dem allgemeinen Überblick über die Verwaltungsgemeinschaft sollen nun bestimmte Teilbereiche der Regelung und deren Begründung in das Blickfeld gerückt werden. Das folgende Kapitel betrachtet nacheinander die drei Vermögensmassen der Verwaltungsgemeinschaft. Das eingebrachte Gut der Frau, das Vorbehaltsgut der Frau und das Vermögen des Mannes sollen unter Berücksichtigung der zugehörigen Begründungen auf Hinweise und Spuren der Zielsetzung Plancks untersucht werden.

§ 1 Das eingebrachte Gut der Ehefrau Das eingebrachte Gut, an dem der Mann die Rechte der Nutznießung und Verwaltung innehatte, erfasste nach § 1363 BGB a. F. grundsätzlich das gesamte Vermögen der Frau, sowohl das zur Zeit der Eheschließung vorhandene, als auch das während der Ehe erworbene.98 Dem Ehemann diese Rechte einzuräumen wurde als der zweckmäßigste Weg betrachtet, die gemeinschaftliche Tragung der ehelichen Lasten sinnvoll zu ordnen.99 Als Gegenleistung für diese Rechte am eingebrachten Gut übernahm der Ehemann gegenüber seiner Frau die Verpflichtung die ehelichen Lasten zu tragen und das eingebrachte Gut der Frau in seiner Substanz zu erhalten (§ 1389 BGB a. F.).100 Um diese beiden Rechte des Mannes unter dem Aspekt der oben dargelegten Ziele betrachten zu können, ist es zunächst notwendig, sich die genaue Regelung und die Begründung dieser Vorschriften in dem Vorentwurf Plancks zu vergegenwärtigen.101

97

Warneyer, Kommentar, 2. Band (1930), S. 658 ff. Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 102 f. 99 Planck, Vorentwürfe, S. 473. 100 Planck, Vorentwürfe, S. 581 ff. 101 Vergleich mit der Regelung des ALR, siehe: Malsbenden, Stellung, S. 176 ff. 98

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

A. Die Nutznießung Der Mann war nach § 1383 BGB a. F. berechtigt, die Nutzungen aus dem eingebrachten Gut zu ziehen; die Früchte fielen in sein Eigentum. Die Regelung, in welcher Weise diese Nutzung durchgeführt werden konnte, erfolgte durch eine schematische Verweisung ins Nießbrauchsrecht.102 Der Ehemann hatte daher an dem eingebrachten Vermögen dieselben Rechte wie ein Nießbraucher. Konkret bedeutete das, dass er mit der Trennung der Früchte vom eingebrachten Gut das Eigentum an diesen erlangte. Bestand das Vermögen in einem Recht konnte er als unmittelbar Forderungsberechtigter die ausstehenden Leistungen geltend machen. Des Weiteren konnte der Ehemann Vermögensvorteile, die aus einer Leibrente oder einem sonstigen dinglichen Recht flossen, für sich beanspruchen. Seinem Recht waren nicht einmal Grenzen gesetzt, wenn er Übermaßfrüchte zog.103 Planck schilderte die Gründe für diese gesetzliche Ausgestaltung ausführlich in seinen Entwürfen zum ehelichen Güterrecht. I. Die Gründe und die Zielsetzung der ehelichen Nutznießung

Dem Mann wurde das Recht zur ehelichen Nutznießung eingeräumt, weil die Frau auf diese Weise nach ihren Kräften zur Tragung der ehelichen Lasten beitragen sollte. Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut sollten daher in dem Inhalt und Umfang bestehen, als der Frau die Verpflichtung für die ehelichen Lasten zu sorgen oblag.104 Das Vermögen der Frau sollte also zur Bestreitung der ehelichen Lasten dienen, jedoch sollte gleichzeitig die Substanz des Vermögens erhalten bleiben.105 Planck befand sich daher in einer schwierigen Lage. Auf der einen Seite sollte dem Ehemann die wirtschaftliche Macht, welche das Vermögen der Frau gewähren konnte, für die Zwecke der Ehe zur Verfügung gestellt werden. Auf der anderen Seite wollte er der Frau zusichern, dass ihr Vermögen in der eingebrachten Höhe erhalten werde. Für diesen wirtschaftlichen Gedanken suchte Planck die zweckmäßigste Durchführung.106 Idealerweise wurde daher eine Regelung angestrebt, die der Frau sowohl das Eigentum über ihr Vermögen, als auch über dessen Früchte beließ. Das Nutznießungsrecht des Mannes sollte nur soweit reichen, wie er zum Zwecke der Bestreitung der ehelichen Lasten darüber verfügen musste. Bei einer solchen Regelung wären aber laut Planck unüberwindbare praktische Probleme zu befürchten, wäh-

102 103 104 105 106

Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 146. Mehnert, Entwicklungen, S. 14. Planck, Vorentwürfe, S. 479. Planck, Vorentwürfe, S. 482. Planck, Vorentwürfe, S. 479.

§ 1 Das eingebrachte Gut der Ehefrau

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rend gleichzeitig für die Stellung der Frau damit keine wesentlichen Verbesserungen verbunden wären. Der Mann habe nämlich durch das Recht zur Regulierung der Ausgaben immer die Möglichkeit, die Früchte des eingebrachten Gutes durch eine Ausdehnung des ehelichen Aufwands zu erschöpfen. Auch sei zu bedenken, dass dem Mann durch sein Verwaltungsrecht die Entscheidung zu kam, von welchem Vermögen die ehelichen Lasten bestritten werden sollten. Daher liege es in seiner Macht, sein eigenes Vermögen zu schonen und zu sparen, während er das Vermögen der Frau belaste. Für die Frau könnten also mit der Begrenzung der Nutzungen auf den tatsächlich zur Bestreitung des ehelichen Aufwands notwendigen Teil kaum Vorteile gewonnen werden. Dafür würden aber dadurch im Verhältnis nach außen die Unklarheit und Unsicherheit für welche Vermögensteile der Mann verfügungsberechtigt ist, vor allem zulasten dessen Gläubiger, nicht hinnehmbar verschärft.107 Die Lösung dieses Problems sah Planck in einer Regelung, die ähnliche Grenzen zog, aber gleichzeitig die oben dargestellten Nachteile umging: „Die Praktikabilität des Rechts erfordert hier eine festere und leichter erkennbare Bestimmung des Rechts des Mannes und diese kann nur darin gefunden werden, daß ihm, wie er einerseits prinzipaliter verpflichtet wird, die ehelichen Lasten allein zu tragen, so auch andererseits das Recht, das Vermögen der Frau zu gebrauchen und nutzen, als eigenes Recht eingeräumt wird.“ 108

II. Die Ausgestaltung der ehelichen Nutznießung

Um diese Grundsätze in juristische Formen zu gießen, verwendete Planck eine aus dem römischen Recht stammende Rechtsfigur, nämlich eine analoge Anwendung des Nießbrauchsrechts, die mittels Modifikationen an das eheliche Güterrecht angepasst wurde.109 Das Nießbrauchsrecht war wegen der Übereinstimmung seines Charakters mit dem ehemännlichen Recht im Allgemeinen vergleichbar. Auch das Nießbrauchsrecht schützt die Substanz und weist dem Nießbraucher die Früchte des Gegenstandes als Eigentum zu. Auch der Inhalt und Umfang desselben war verwendbar, einmal abgesehen von dem Nießbrauch an Forderungen, Geld und verbrauchbaren Sachen.110 Die eheliche Nutznießung erhielt den Rang eines dinglichen Rechtes, da für Planck keine Gründe ersichtlich waren, die einer solchen Ausgestaltung entgegengestanden hätten. Er sah kein Problem darin, dass das Nießbrauchsrecht lediglich als ein Ausfluss der familienrechtlichen Gewalt betrachtet wurde, da auch solche Rechte dingliche Wirkung erzeugen könnten. Die Abhängigkeit dieses 107 108 109 110

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

482. 482. 479 f. 482.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

Rechts von mehreren Faktoren sprach für Planck ebenfalls nicht gegen die Verleihung der dinglichen Wirkung. Wesentliche Bedingungen für den Bestand dieses Rechtes waren zum einen die Fortdauer des familienrechtlichen Verhältnisses, also der Ehe und dem Weiterbestand des gesetzlichen Güterrechts. Zusätzlich war das Recht des Mannes dadurch eingeschränkt, dass der Mann nur über die Rechte der Frau verfügen konnte, die diese zu einem bestimmten Zeitpunkt besaß. Dies beeinflusste jedoch Plancks Einschätzung über die Möglichkeit eine dingliche Wirkung zu statuieren nicht.111 Dabei leugnete Planck nicht einmal, dass er diese Ausgestaltung zum Schutz der Rechte des Mannes nicht für unbedingt notwendig hielt. Der Vorteil dieser Gestaltung zeige sich aber darin, dass der Mann in Folge der dinglichen Natur seiner Rechte, ohne Mitwirkung der Frau, gegen jeden Dritten seine Rechte geltend machen konnte. Hierin erkannte Planck eine Stärkung der Rechte des Mannes, da anderenfalls sein Klagerecht mittelbar von der Genehmigung der Frau abhängig gewesen wäre. So konnte er unabhängig von der Genehmigung der Frau ihre Rechte gegenüber Dritten einklagen.112 III. Wertung

Durch die Regelung der Verwaltungsgemeinschaft die Nutzungen am eingebrachten Gut pauschal dem Ehemann zuzuweisen, wurde die Frau unangemessen benachteiligt. Obwohl Planck dies immer wieder ausdrücklich verneinte, kommt man bei einer genauen Betrachtung der Wirkungsweise dieser Regelung unter Zugrundelegung verschiedener wirtschaftlicher Szenarien immer wieder zu dem Ergebnis, dass die Pflicht des Mannes gegenüber der Ehefrau die ehelichen Lasten zu tragen, kein gleichwertiges Äquivalent für deren Verzicht auf die Nutzungen ihres eingebrachten Gutes war. So stellte sich die wirtschaftliche Situation innerhalb der Ehe für den Fall, dass Vermögensüberschüsse produziert wurden, folgendermaßen dar: Die Verteilung der ehelichen Lasten in der beschriebenen Art und Weise bewirkte, dass jegliche Vermögensmehrung, die auf dem eingebrachten Gut der Frau beruhte, durch das Nutznießungsrecht in das Vermögen des Mannes floss. Alles was der Mann mit den Mitteln des eingebrachten Gutes seiner Frau erwirtschaftete, fiel in sein Eigentum und vermehrte sein Vermögen. Die Frau hatte, insbesondere auch im Falle einer Scheidung, darauf keinerlei Ansprüche. Gleichzeitig war damit der Frau die Möglichkeit genommen, ihr eigenes Vermögen durch das eingebrachte Gut zu vermehren. Dies hatte zur Folge, dass der Frau eine Möglichkeit wirtschaftliche Unabhängigkeit vom Mann zu erreichen bzw. auszubauen, genommen wurde. Dies ist umso bemerkenswerter, da in den Teilen der Bevölkerung, in 111 112

Planck, Vorentwürfe, S. 483. Planck, Vorentwürfe, S. 484.

§ 1 Das eingebrachte Gut der Ehefrau

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denen eingebrachtes Gut vorhanden war, für die Frau eine andere Vermögensvermehrung, z. B. durch eigenständige Arbeit, aus gesellschaftlichen Gründen in der Regel ausschied (s. u. 3. Teil, 7. Kapitel, § 2). Dass die Nachteile, die die Nutznießung für die Frau mit sich brachte, nicht durch die alleinige Verpflichtung des Mannes zur Tragung der ehelichen Lasten ausgeglichen werden konnten, zeigt sich schließlich noch deutlicher unter Zugrundelegung der gegenteiligen wirtschaftlichen Situation. Unter der Annahme, dass innerhalb der ehelichen Gemeinschaft keine Gewinne, sondern Verluste entstanden, bzw. die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel nicht für die Lebensführung ausreichten, ergab sich für die Frau eine Situation, in der der Ehemann schlicht nicht in der Lage war, seinen Verpflichtungen nachzukommen. In diesem Fall war die Verpflichtung des Mannes zur Tragung der ehelichen Lasten für die Frau wertlos und die Frau wurde durch die von Planck eingeführte subsidiäre Verpflichtung zur Tragung der ehelichen Lasten beschwert.113 Im Zusammenhang betrachtet, bedeutete das, dass Vermögensüberschüsse, falls solche vorhanden waren, immer das Vermögen des Mannes vermehrten. Trat jedoch in der Ehe eine finanzielle Unterversorgung ein, dann musste die Frau mit ihrem vorbehaltenen Vermögen bzw. mit der Substanz ihres eingebrachten Gutes für die Deckung der ehelichen Lasten sorgen. Auf diese Weise wirkte sich die Pauschalierung der Tragung der ehelichen Lasten stets zugunsten des Mannes und gleichzeitig stets zulasten der Frau aus. So auch die Regelung, dass die Frau keinen Anspruch darauf hatte, über die Höhe der Nutzungen und die Verwendung Auskunft zu erlangen, da diese ja dem Vermögens des Mannes zugeordnet wurden. Auch die Verwehrung dieses Auskunftsanspruchs barg große Nachteile für die Ehefrau, da sie so nicht in der Lage war, die Angemessenheit des vom Ehemann zu Verfügung gestellten Unterhaltes zu überprüfen.114 Die Begründungen, die Planck zur Rechtfertigung dieser Ausgestaltung anführte, zeigen den deutlichen Versuch, diese Tatsachen auf eine neutrale, mit dem Ziel der Gleichberechtigung der Frau kompatible Grundlage zu stützen. Diese fand er in der gerechten Verteilung der ehelichen Lasten. Die Umsetzung seiner idealen Vorstellung, dass sich Mann und Frau, jeder nach seinen Möglichkeiten, an der Tragung der ehelichen Lasten beteiligen sollten, lieferte ihm einen neutralen Grund für die Pauschalierung, die zu den oben dargestellten Ergebnissen führte. Nach Planck ergebe sich die Ausgestaltung dieser Regelung allein aus der Notwendigkeit der Vereinfachung, die eine Durchführung in der Praxis erst möglich machen würde. Doch gerade diese Ausführungen Plancks zeigen besonders deutlich, wie sich seine Argumentation zulasten der Frau im Kreis dreht. So mussten die Nutzungen des eingebrachten Vermögens aus praktischen Gründen

113 114

Planck, Vorentwürfe, S. 485. Siehe dazu: Weber, Ehefrau, S. 464 ff.; insbesondere S. 466.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

pauschal Eigentum des Mannes werden. Eine andere Regelung biete schließlich keinerlei Vorteile für die Frau, weil sie ohnehin weder darauf Einfluss habe, in welchem Umfang der eheliche Aufwand entstünde, noch darauf welches Vermögen dafür verwenden sollte. Folglich entzog man der Frau Rechte, weil ihr bereits andere Rechte vorher entzogen worden waren. Zugunsten der Regeln über die eheliche Nutznießung kann lediglich vorgebracht werden, dass diese jedenfalls die Position der Frau, die sie bei der Eheschließung innehatte, nicht verschlechterten, zumindest nicht unmittelbar. Sie verhinderten nur eine Verbesserung ihrer Lage, anders als die Regelungen zum Verwaltungsrecht des Mannes am eingebrachten Gut der Frau. B. Die Verwaltung Das Verwaltungsrecht ermöglichte dem Mann, anders als das Nutzungsrecht, auch Eingriffe in die Substanz des eingebrachten Gutes. Es ermächtigte den Ehemann grundsätzlich alle tatsächlichen und rechtlichen Einwirkungen vorzunehmen, wenn sie der Verwaltung des eingebrachten Gutes dienten (§§ 1374, 1376 BGB a. F.).115 Mit diesem Recht ging die Pflicht einher die Verwaltung ordnungsgemäß zu führen (§ 1374 BGB a. F.). Dabei hatte der Ehemann nach § 1359 BGB a. F. die eigenübliche Sorgfalt zu beachten.116 Das Verwaltungsrecht des Mannes galt jedoch nicht uneingeschränkt. In dem Bestreben der Frau die Substanz des eingebrachten Vermögens zu sichern, war in den gesetzlich bestimmten Fällen die Zustimmung der Frau erforderlich.117 Dieser Bereich hat durch Planck eine sehr ausführliche und komplexe Regelung erfahren, weshalb sich hier am deutlichsten die Versuche Plancks nachvollziehen lassen, die Rechte von Mann und Frau genau auszutarieren. Um diese These belegen zu können ist es zunächst notwendig, sich die Grundstruktur des Verwaltungsrechtes und seine Einschränkungen vor Augen zu führen. I. Der Aufbau des Verwaltungsrechtes und die Kontrollmechanismen – Grundstruktur

Grundsätzlich hatte der Ehemann ein freies Verwaltungsrecht über das eingebrachte Gut (§§ 1374, 1376 BGB a. F.); begrenzt war das Verwaltungsrecht aber ganz allgemein auf die zur ordnungsgemäßen Verwaltung notwendigen Maßnahmen.118 Die Ausfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffes „ordnungsgemäße Verwaltung“ war nicht einfach. Er wurde schließlich ausgelegt als Verwaltung, bei welcher „Rücksicht auf die idealen und materiellen Interessen der Frau“ ge115 116 117 118

Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 110. Mehnert, Entwicklungen, S. 12. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 143. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 140.

§ 1 Das eingebrachte Gut der Ehefrau

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legt werden müsse, wobei nach der „rechte(n) eheliche(n) Gesinnung“ geurteilt wurde.119 Des Weiteren konnte die Frau nach § 1374 S. 2 BGB a. F. jederzeit Auskunft verlangen über den Stand der Verwaltung.120 Das Verwaltungsrecht wurde durch § 1375 BGB a. F. beschränkt. Der Mann durfte nach dieser Regelung die Frau nicht durch Rechtsgeschäfte verpflichten, oder über ihr eingebrachtes Gut ohne ihre Zustimmung verfügen. Deswegen sprach man von einer Verfügungsgemeinschaft, da weder Mann noch Frau ohne die Zustimmung des anderen Teils über Gegenstände des eingebrachten Gutes verfügen konnten.121 Die Untersagung von Verfügungen über das eingebrachte Gut wurde wiederum zugunsten des Mannes durch § 1376 BGB a. F. gelockert. In den dort gesetzlich bestimmten Fällen, also betreffend Verfügungen über Geld oder verbrauchbare Sachen, und auch in bestimmten Fällen der Aufrechnung und der Leistungserfüllung durfte der Mann ohne Zustimmung seiner Frau agieren.122 Beschränkt wurde dieses „freie Verfügungsrecht“ erneut durch § 1377 I BGB a. F. auf die Maßnahmen, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich waren. Für das Bargeld wurde durch § 1377 II BGB a. F. ebenfalls eine Eingrenzung vorgenommen, indem für die Anlage, die für Mündelgeld geltenden Vorschriften entsprechend angewendet wurden. Über die anderen verbrauchbaren Sachen konnte der Mann frei verfügen, jedoch war er zum Ersatz des Wertes nach Beendigung der ehelichen Nutznießung verpflichtet (§ 1377 III BGB a. F.).123 Eine fehlende Zustimmung der Frau konnte der Mann vom Vormundschaftsgericht ersetzen lassen, wenn ein Rechtsgeschäft zur ordnungsgemäßen Verwaltung erforderlich war (§ 1379 BGB a. F.).124 Neben diesem System von Verfügungsrechten und Verfügungsverboten, gab Planck der Ehefrau noch weitere Sicherungsmittel für die Substanz des eingebrachten Gutes mit in die Ehe. Nach § 1381 BGB a. F. sollten alle Sachen, die mit Mitteln des eingebrachten Gutes erworben wurden, automatisch in das Eigentum der Frau übergehen.125 Durch den Einbau dieser Surrogation beabsichtigte Planck dem Mann die Möglichkeit einzuräumen, über einzelne Vermögensbestandteile der Frau zu verfügen; gleichzeitig wurde ihm die Verpflichtung auferlegt, entweder die Bestandteile durch Gleichwertige zu ersetzen oder eine entsprechende Ersatzpflicht auf sich zu nehmen.126 119 120 121 122 123 124 125 126

Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 141. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (6. Auflage, 1944), § 1374. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 143. Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1376 BGB a. F., S. 848. Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1377 BGB a. F., S. 850. Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1379 BGB a. F., S. 852. Warneyer, Kommentar, 2. Band (1930), S. 624. Planck, Vorentwürfe, S. 485.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

Des Weiteren konnte die Ehefrau unter bestimmten Voraussetzungen nach § 1391 BGB a. F. eine Sicherheitsleistung fordern, um etwaige Schadensersatzansprüche gegen den Mann abzusichern.127 Als letztes Mittel sah man für die Frau eine Klage auf Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung vor, wenn die Voraussetzungen von § 1418 BGB a. F. erfüllt waren.128 Im Entwurf Plancks war vorgesehen, dass die Ehegatten die aus diesen Regelungen entstehenden Rechte jederzeit einklagen konnten. Dieses Klagerecht wurde innerhalb des Gesetzgebungsprozesses zulasten der Frau abgeändert. Der § 1394 BGB a. F. schränkte das Klagerecht der Frau gegenüber ihrem Mann insoweit ein, als er für die Mehrzahl der Ansprüche bestimmte, dass sie erst nach Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes gerichtlich geltend gemacht werden konnten. Ausgenommen waren die Ansprüche nach § 1391 BGB a. F.129 II. Die Begründung des Verwaltungsrechtes

Zur Begründung des Verwaltungsrechtes verwies Planck vor allem auf dessen geschichtliche Wurzeln. Die neuere Rechtsentwicklung sei dadurch berücksichtigt worden, dass die neuen Regelungen eine deutliche Verbesserung der weiblichen Position, im Vergleich zu dem Recht des Sachsenspiegels, enthielten.130 Dort hätte sich das Verfügungsrecht noch auf das bewegliche, in Notfällen auch auf das unbewegliche Vermögen der Frau erstreckt. So maß Planck der Eingrenzung der Machtposition des Mannes große Bedeutung bei, um der Frau zumindest die Substanz des von ihr in die Ehe eingebrachten Vermögens zu sichern.131 Das Verfügungsrecht des Mannes sollte sich daher nur noch soweit erstrecken, als dies als Ausfluss des Verwaltungsrechtes des Mannes notwendig erschien.132 Die Abschaffung des Verwaltungsrechtes hatte Planck dagegen nie in Betracht gezogen. Ganz verschiedene Gründe brachten Planck zu der Überzeugung, dass 127

Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1391 BGB a. F., S. 862. Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1418 BGB a. F., S. 874. 129 Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 143 zu § 1394. 130 Planck, Vorentwürfe, S. 484; zu dieser Behauptung Plancks siehe auch Kroj, die in ihrer Schlussbetrachtung zu dem Ergebnis kommt, dass das Güterrecht des BGB „inhaltlich vom Eherecht des Sachsenspiegels in seinen wesentlichen Zügen kaum abgewichen ist. Damit ist das Eherecht über einen Zeitraum von mindestens tausend Jahren fast statisch geblieben.“ (Kroj, Abhängigkeit, S. 261); auch der Vergleich des BGB mit dem ALR führte zu der Erkenntnis, dass zwar in der konkreten Ausgestaltung des BGB gewisse Vorteile lägen, allgemein betrachtet sich jedoch „die Rechtsposition der Frau am eingebrachten Gut während des 19. Jahrhunderts nicht entscheidend geändert hat.“ (Malsbenden, Stellung, S. 207); speziell zur Prüfung des Verwaltungsrechtes: Malsbenden, Stellung, S. 176 ff., 326 ff., 335 ff. 131 Planck, Vorentwürfe, S. 484. 132 Planck, Vorentwürfe, S. 485. 128

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das Verfügungsrecht des Mannes absolut notwendig sei. So entspreche diese Form der Kompetenzverteilung am ehesten den natürlichen Verhältnissen, wie sie in einer Ehe üblicherweise anzutreffen seien. Anknüpfend an die gesellschaftlichen Umstände sei diese Regelung, sowohl für die Gatten, als auch für die Interessen der Gläubiger des Mannes die beste Lösung: „Sie knüpft an die gute Sitte, daß die Frau, auch wo kein rechtlicher Zwang dazu besteht, dem Manne die Vertretung ihrer rechtlichen Interessen überläßt und dieser solche freiwillig übernimmt, an. Sie stellt die Rechte beider Gatten in Betreff des Ehegutes nicht als entgegengesetzte künstlich einander gegenüber, sondern betrachtet die Rechte und Interessen beider daran, wie sie es in Wahrheit sind, als identisch. Dazu kommt, daß nur bei dieser Konstruktion das Interesse der Frau genügend gesichert werden kann, ohne daß es nothwendig wird, zu ihrem Schutze besondere Bestimmungen, durch welche das Interesse der Gläubiger des Mannes gefährdet werden würde, zu treffen.“ 133

Neben diesen grundsätzlichen Anschauungen über die Ehe sah Planck auch wirtschaftliche Gründe, die Verwaltung des gesamten Ehevermögens in einer Hand zu vereinigen. Nur so könne eine zweckmäßige Vermögensverwaltung sichergestellt werden, denn zu einer Gewinnmaximierung könnten jederzeit mittelbare und unmittelbare Veränderungen der Substanz notwendig werden.134 Würde man jede Entscheidung bezüglich des Ehegutes von einem Konsens der Ehepartner abhängig machen, wäre die Verwaltung sehr schwerfällig und es bestünde die Gefahr, dass notwendige Maßnahmen verzögert oder gar nicht vorgenommen würden. Des Weiteren würden praktische Unzuträglichkeiten, auch wenn Übereinstimmung unter den Ehegatten herrsche, vermieden und so die Verhältnisse zwischen den Ehegatten vereinfacht.135 Die Position des Verwalters müsse aber bereits wegen seiner natürlichen Stellung als Haupt der Familie dem Mann zufallen. Auch aufgrund der ehelichen Nutznießung biete sich diese Regelung an, da der Mann dadurch über einen besseren Einblick in die Vermögenswerte verfüge und so leichter Entscheidungen das Ehegut betreffend fällen könne.136 Auch müsse bedacht werden, dass das Nutzungsrecht des Mannes durch eine Verwaltung der Frau gefährdet werden könnte. Die Frau könne schließlich durch die Art der Verwaltung das Nutzungsrecht des Mannes tatsächlich beseitigen oder beschränken. Ein einseitiges Verfügungsrecht des Mannes sei also zum Schutz seiner Nutzungsrechte notwendig, denn nur so sei eine mittelbare Untergrabung dieser Rechte durch die Frau auszuschließen.137

133 134 135 136 137

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

510. 505. 506. 505. 509 f.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

Zu erwähnen bleibt, dass Planck als Grund für das männliche Verfügungsrecht, wie schon beim Nutzungsrecht, die Notwendigkeit anführte einen Ausgleich für die formelle Tragung der ehelichen Lasten durch den Mann zu schaffen. Die Frau sollte unter anderem mit der Einräumung des Verfügungsrechtes ihren Beitrag zu den ehelichen Lasten leisten.138 Vor allem die Begründung des Verwaltungsrechtes zeigt deutlich, wie sehr Planck von dem Vorsatz durchdrungen war, die gesellschaftlichen Verhältnisse, in der von ihm vorgefundenen Weise zu erhalten, mithin die Stellung des Mannes als Patriarch zu befestigen. Dieser Standpunkt hatte zur Folge, dass Planck an eine Abschaffung des Verwaltungsrechtes keinen Gedanken verschwendete und auch ganz offen Argumente, wie die Sitte und historisch überkommene Gestaltung, als Gründe dafür angab. Doch auch die Betonung der Notwendigkeit für eine Absicherung der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der ehelichen Gemeinschaft zu sorgen, sind nicht weniger geprägt, von dem Frauenbild dieser Zeit, das unten noch eingehend beschrieben werden soll (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, A.). Dieses vor Augen kann man die Argumentation Plancks immer wieder darauf zurückführen, dass die Frau sich im Regelfall ohnehin dem Mann freiwillig unterordnen würde und im andern Falle zuvorderst der Mann vor der Unverantwortlichkeit der Frau geschützt werden müsse, um eine effektive Verwaltung des Ehegutes sicherzustellen. Die Möglichkeit, dass die Eheleute Fragen die eheliche Gemeinschaft betreffend im Konsens regeln könnten, wurde damals noch nicht in Betracht gezogen, sondern offensichtlich eher als Idealbild bewertet, das in Problemfällen versage. Daher schien der einzige Weg aus diesem Dilemma die Übertragung der Entscheidungsgewalt auf eine einzige Person zu sein, die vernünftigerweise der Mann sein sollte. III. Die Beschränkung des Verfügungsrechtes

Trotz des klaren Standpunkts, den Planck in Bezug auf das Verwaltungsrecht des Mannes einnahm, verlor er nicht das bestehende Spannungsverhältnis zwischen den Rechten des Mannes und denen der Frau aus den Augen. So propagierte er im Interesse einer einheitlichen und energischen Verwaltung des Ehegutes eine möglichst weite Ausdehnung der Rechte des Mannes. Er nahm an, dass ein einseitiges Verfügungsrecht des Mannes dabei nicht entbehrt werden konnte. Jedoch lag ihm auch die Absicherung der weiblichen Rechte am Herzen, die nach seinen Vorstellungen eine Einschränkung der Machtposition des Mannes notwendig machen würden.139 So galt das Verwaltungsrecht des Mannes nicht uneingeschränkt; es wurden zum Schutz der Frau auch Restriktionen eingebaut. Um diese Beschränkungen erfassen zu können, teilte Planck das eingebrachte 138 139

Planck, Vorentwürfe, S. 484. Planck, Vorentwürfe, S. 509.

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Gut in drei verschiedene Vermögensgruppen, die jeweils eine andere Behandlung erfuhren. Er bildete zunächst die Gruppe der unverbrauchbaren Sachen, in die vor allem Immobilien, aber auch bewegliche, nicht verbrauchbare Sachen fielen. Die zweite Gruppe, die verbrauchbaren Sachen, beinhaltete verderbliche oder andere Waren, die dem Verbrauch unterworfen waren; in bestimmten Fällen auch das bei Eingehung der Ehe vorhandene Bargeld140. Schließlich wurde noch die dritte Gruppe, die Geldforderungen, die nach der Eheschließung zum Vermögen hinzukamen, oder die Gelder, die durch Schenkung und Erbschaft in die Ehe gelangten141, unterschieden. Je nach der Art des Objekts wurde die Behandlung in Bezug auf das Verwaltungsrecht unterschiedlich gestaltet und begründet. 1. Die unverbrauchbaren Sachen Die Immobilien waren dem einseitigen Verfügungsrecht des Mannes entzogen. Darüber bestand Einigkeit bei den herangezogenen Quellen, sowohl in historischer als auch in rechtsvergleichender Hinsicht. Die wirtschaftliche Wichtigkeit dieser Vermögensobjekte habe diese Maßnahme notwendig gemacht. Auch die Beschränkung des Mannes auf die ordnungsgemäße Verwaltung habe diese Entscheidung nahe gelegt, da Umsatzgeschäfte, die sich auf unbewegliches Vermögen bezogen, im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung nur ausnahmsweise als notwendig angesehen wurden.142 Die unverbrauchbaren beweglichen Sachen sollten wegen der Ähnlichkeit der Regelungsgegenstände auch dieser Grundregel folgen. Zur Verfügung über solche Vermögensobjekte sollte daher ebenfalls die Einwilligung beider Ehegatten erforderlich sein.143 Bei der Entscheidung für diese Regelung verkannte Planck die Interessen des Mannes nicht. Er bedachte durchaus, dass eine Gewährung des einseitigen Verfügungsrechtes für den Mann eine größere Bewegungsfreiheit in der Verwaltung des Frauengutes bedeutet hätte. Die Gefahr, dass der Mann unter Umständen durch die ungerechtfertigte Verweigerung der Einwilligung durch seine Frau in seinen Nutzungsinteressen betroffen werden könnte, unterschätzte Planck nicht. Er gab zu, dass eine Alleinentscheidungsbefugnis des Mannes der Verwaltung des Ehegutes zuträglich sein könnte, da diese dadurch an Einheitlichkeit und Energie gewinnen könne.144 In diesem speziellen Fall hätten die Interessen des Mannes jedoch zurückstehen müssen: 140

Planck, Vorentwürfe, S. 529. Planck, Vorentwürfe, S. 529. 142 Planck, Vorentwürfe, S. 514. 143 Planck, Vorentwürfe, S. 517; ausführlich Darstellung der Argumentation Plancks siehe auch: Malsbenden, Stellung, S. 153 ff. 144 Planck, Vorentwürfe, S. 516. 141

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen „In Fällen dieser Art ist es durchaus billig und dem Zwecke des Eheguts entsprechend, wenn dem Eigenthumsinteresse bezw. der Ansicht der Frau der Vorzug vor dem Nutzungsinteresse und der Ansicht des Mannes gegeben wird.“ 145

Ein freies Verfügungsrecht des Mannes beinhalte für die Frau unter Umständen eine große Gefahr und Härte, weil das Ehegut ohne Sicherheit für die Frau in die Hände des Ehemannes gegeben würde. Besonderes bei den unverbrauchbaren Sachen müsse man Vorsicht walten lassen, da das erlöste Entgelt sich wegen der Natur des Geldes nicht wie eine unverbrauchbare Sache vor dem bösen Willen oder dem Leichtsinn des Mannes schützen lasse.146 Der Einwilligungsvorbehalt sei die einzige Möglichkeit die Frau und mittelbar auch die eheliche Gemeinschaft gegen die Verschleuderung des Ehegutes durch den Mannes zu schützen.147 Die Gefahren für den Mann seien demgegenüber kalkulierbar. So brachte Planck sein Vertrauen gegenüber den Frauen zum Ausdruck, dass diese von einer ungerechtfertigten Verweigerung der Einwilligung regelmäßig freiwillig Abstand nehmen würden.148 Zudem gewähre dem Mann sein natürliches Übergewicht ausreichenden Schutz, denn man könne davon ausgehen, dass dieses regelmäßig die Frau zu der gewünschte Einwilligung veranlassen könne.149 Zudem spreche, wie oben bereits angedeutet, der Ausnahmecharakter dieser Umsatzgeschäfte gegen das einseitige Verfügungsrecht des Mannes. Auch eine mögliche Gefährdung der Nutzungen könne nicht als Argument herangezogen werden, weil der Ehemann im schlimmsten Fall eine Art der Nutzung verliere, auf welche zu zählen er ohnehin nicht berechtigt gewesen sei. Darüber hinaus hätte man die Interessen des Mannes durch die gerichtliche Ersetzungsbefugnis für die Einwilligung der Frau ausreichend abgesichert.150 Wegen der Art der Vermögensobjekte sei auch zu bedenken, dass die Frau diesen Sachen regelmäßig einen hohen Affektionswert beimesse, was ebenfalls mit in die Abwägung einbezogen werden müsse.151 Die Verkehrssicherheit könne in diesem Rahmen ebenfalls kein Argument für eine anderweitige Regelung liefern. Sie werde durch die Verfügungsbeschränkung nicht betroffen, da schutzwürdigen Dritten die Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs weiterhelfe.152 Schließlich verwies Planck auch in diesem Rahmen nochmals auf die selbstständigere Stellung der Frau, nach der die Rechtsentwicklung strebe. Auch deshalb müsse der Mann diese Einschränkungen hinnehmen.153 145 146 147 148 149 150 151 152 153

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

517. 516 f. 517. 517. 518. 517. 518. 515. 517.

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Die Regelung bezüglich der unverbrauchbaren Sachen brachte für die Frau tatsächlich einen Schutz ihres eingebrachten Vermögens mit sich. Jedoch war dieser Schutz hinsichtlich der Immobilien nicht neu.154 Die Vorschriften stellten größtenteils keinen Fortschritt dar, weil, wie Planck selbst zugestand, das Immobilienvermögen der Frau bereits in den historischen Güterrechten vor dem Zugriff des Mannes durch Verfügungsbeschränkungen geschützt war. Die Einbeziehung der beweglichen unverbrauchbaren Gegenstände brachte für die Frau, wegen der Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs, nur einen relativen Schutz mit sich. In der Begründung zu diesem Abschnitt ist auffallend, dass sich Planck selbst bei diesen klaren Vorgaben bezüglich der Immobilien und des nur geringen Fortschritts bezogen auf die beweglichen Sachen, trotzdem zu einer ausführlichen Rechtfertigung für die Einschränkung der Rechte des Mannes verpflichtet fühlte. 2. Die verbrauchbaren Sachen Eine andere Behandlung erfuhr die Gruppe der verbrauchbaren Sachen. Über diese konnte der Mann frei vom Einwilligungsvorbehalt der Frau verfügen. Begründet wurde dies damit, dass der Verbrauch bzw. die Verwertung durch Verkauf für diese Güter kennzeichnend sei und daher die Frau gegen eine Verwertung dieser Gegenstände regelmäßig auch keine Einwendungen vorbringen könne.155 3. Die Geldforderungen Die dritte Kategorie, bezeichnet als die Geldforderungen, hatte unter Planck eine völlig andere gesetzliche Ausgestaltung erfahren. Diese Gruppe umfasste die nach der Eheschließung hinzukommenden Ehegutsforderungen. Mit diesem Begriff bezeichnete Planck die Forderungen der Frau gegen Dritte und die Gelder, welche durch Erbschaft oder Schenkung in die Ehe flossen. Wegen der großen Gefahren, die mit der Erhebung von Ehegutsforderungen für die Frau verbunden seien, wollte Planck einen unbedingten Schutz der Frau garantieren. Die Lage der Frau sei diesbezüglich sehr schwierig, weil in Gelddepots langfristig angelegte Vermögenswerte, in diese Gruppe fallen würden. Dieses Kapital sollte der Frau als dauernde Vermögensanlage in der Form von Geldkapital erhalten bleiben. Diesen Vorsatz fasste Planck, weil diese Form der Kapitalanlage im Hinblick auf Sicherheit und einfache Umsetzbarkeit allen anderen Anlageformen überlegen sei.156 Sein Ziel war es, der Frau die Sicherheit zu gewähren, dass For154 So kam Malsbenden bei einem Vergleich des ALR mit dem BGB zu dem Ergebnis, dass beide Gesetze bei den Immobilien weitgehend gleiche Regelungen träfen (Malsbenden, Stellung, S. 149); bei den Mobilien aber weise das BGB eine stärkere Beschränkung des Ehemannes auf (Malsbenden, Stellung, S. 153 f.). 155 Planck, Vorentwürfe, S. 518. 156 Planck, Vorentwürfe, S. 521.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

derungsbeträge für sie in der Form von Geldkapital mindestens ebenso sicher verwahrt würden wie vor der Umwandlung.157 Im Zuge dieses Vorsatzes führte man zur Absicherung der Frau eine Auskunftspflicht des Mannes ein, die immer dann Geltung beanspruchte, wenn er eine Ehegutsforderung einzog.158 Neben der Auskunftspflicht hatte Planck einen Einwilligungsvorbehalt der Frau bei der Einziehung von Ehegutsforderungen in Betracht gezogen. Er hatte jedoch davon Abstand genommen und stattdessen die vorherige Mitteilung an die Frau als Bedingung zur Legitimation des Mannes gemacht.159 Dies begründete er mit der Besorgnis, dass ein Einwilligungsvorbehalt nicht gewährleisten könne, dass der Mann in anderer Art über das Geld verfüge, vielleicht es nur mit seinem vermische. In einem solchen Fall wäre wegen der Natur des Geldes der Frau jede reale Sicherheit entzogen und ein unsicherer Anspruch gegen den Mann bliebe als einziges Sicherungsmittel der Frau zurück. Ein Einwilligungsvorbehalt könne daher das angestrebte Ziel nicht vollständig erreichen. Vom Standpunkt des Mannes aus könne daraus aber eine Behinderung bei der Verwaltung des Frauengutes resultieren, was den Verlust von Ansprüchen, zum Beispiel durch Verjährung, bedeuten könne. Würde die Frau zum Beispiel fortgesetzt die Geltendmachung eines Anspruchs verzögern oder verweigern, dann wären beide Ehepartner den oben geschilderten Gefahren ausgesetzt. Im entgegengesetzten Fall aber, also wenn die Einwilligung erteilt würde, gelange das Geld in die Hände des Mannes. In diesem Moment aber würde die Frau die Kontrolle über die Ehegutsforderung und damit ihre reale Sicherheit verlieren.160 Eine Auskunftspflicht wurde daher als vorzugswürdige Lösung angesehen. Sie stelle eine rechtzeitige Kenntnisnahme von der Erhebung der Forderung sicher, ohne die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Mannes zu beschneiden. Schließlich sei nur die rechtzeitige Kenntnisnahme notwendig, um die Frau in die Lage zu versetzen, ihre Ansprüche rechtzeitig geltend zu machen.161 Im Übrigen verwies man die Frau auf den Schutz, den ihr die allgemeinen Vorschriften gewährten. Für den Fall, dass der Mann die Gelder für die ordnungsgemäße Verwaltung verwendete, bedeutete das, dass er Ehegutsverbindlichkeiten und die Kosten der ordnungsgemäßen Verwaltung ohne Einwilligung der Frau erfüllen konnte. Wenn er den Rahmen, den diese Begriffe zogen, überschritt, wurde die Frau auf die Ersatzansprüche gegen ihren Ehemann und die beteiligten Dritten verwiesen.162 Zu einer weitergehenden Sicherung der Frau konnte man sich nicht durchringen, da man befürchtete die ordnungsgemäße Verwaltung des 157 158 159 160 161 162

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

521 f. 522. 523. 522 f. 522 f. 524 f.

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Ehegutes zu beeinträchtigen und das ganze Verhältnis außerordentlich schwerfällig zu machen.163 Sollten jedoch Gelder zu den dargelegten Zwecken nicht notwendig sein, dann mussten sie in Form von Geldkapital erhalten werden. Dies wollte man erreichen, indem den Ehemann die Verpflichtung traf, für ihre Anlage in ausreichend sicherer Art und Weise zu sorgen. Zu diesem Zweck wurde die Geldanlage zunächst in das freie Ermessen des Mannes gestellt, jedoch konnte die Frau eine bestimmte Art der Belegung erreichen, indem sie dieses Verlangen äußerte. Machte sie diesen Anspruch geltend, dann hatte der Mann entsprechend der für Mündelgelder gegebenen Bestimmungen das Geld in eine sichere Anlageform zu transferieren.164 Für Planck entsprach diese Regelung den natürlichen Verhältnissen in der Ehe. Dem Mann wurde zunächst die Entscheidung über die Anlageform zugewiesen, da die Frau in „Vermögensdingen“ ohnehin stets dem Manne die Entscheidung überlassen werde. Im Bedarfsfall wurde es jedoch als wünschenswert erachtet, dass die Frau bei wichtigen Entscheidungen Einfluss nehmen konnte, insbesondere weil die Anlage von Geldkapital mannigfaltigen Gefahren unterliege, z. B. Wertverlust bei Inhaberpapieren. Daher wurde der Mann auf Verlangen der Frau verpflichtet, die fraglichen Gelder auf ihren Namen gegen hinlängliche Sicherheit zu belegen.165 Als klaren Vorteil dieser Regelung verbuchte Planck, dass die Frau so rechtzeitig eine vollständige Sicherheit erlangen konnte. Daher hätte sie nicht das Risiko der Insolvenz des Mannes zu tragen, wie es der Fall gewesen wäre, wenn man sie nur auf die Ersatzansprüche gegen ihren Mann verwiesen hätte.166 Diese Regelung sei auch nicht ungerecht gegenüber dem Mann, vielmehr würde auch er abgesichert und vor Ersatzansprüchen bewahrt. Denn wenn die Frau nicht verlange, dass das Geld mündelsicher angelegt werde und der Mann ohne Verschulden nach seinem Ermessen handle, so sei er bei Verlust des Geldes auch nicht schadensersatzpflichtig. Die Frau hätte ja die Belegung aufgrund der ihr zustehenden Sicherungsinstrumente beeinflussen können. Folglich wurde es als gerechtfertigt angesehen, dass das Risiko des Geldverlustes wegen der Möglichkeit der Einflussnahme die Frau trug.167 Die Regelung dieser Vermögensgruppe ist besonders im Hinblick darauf interessant, wie Planck versuchte, die unsichere Position der Frau, die durch die Einführung des Verwaltungsrechtes entstanden war, durch eine komplizierte Regelung abzusichern; während er gleichzeitig bemüht war, die Interessen des Mannes nicht zu verletzen. Planck verwies hier zunächst, völlig zu Recht, wegen der Flüchtigkeit dieser Vermögensgegenstände, auf das große Schutzbedürfnis der Frau. Entscheidend dieser Feststellung entgegen stand jedoch das Interesse die

163 164 165 166 167

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

525. 525. 525. 526. 526.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

Verfügungsmacht des Mannes weitgehend zu erhalten. Aus diesem Grund nahm Planck von einem Einwilligungsvorbehalt der Frau Abstand und ersetzte diesen durch ein bloßes Auskunftsrecht, mit der Behauptung, dies bedeute keinerlei Nachteil für die Frau. Betrachtet man jedoch die Situation näher, dann wird deutlich, dass die Frau so zwar das Wissen erlangte, dass ihr Vermögen in eine andere Form überführt wird, eine Möglichkeit um dies zu verhindern, wurde ihr jedoch zunächst verwehrt. Der Ehemann bedurfte ihrer Einwilligung eben nicht. Dass dieses Ergebnis unzureichend war, gestand auch Planck selbst zu und ersann daher ein weiteres Sicherungsinstrument, nämlich die Möglichkeit der Frau eine sichere Belegung ihres freien Kapitals fordern zu können. Inwieweit diese Regelung ihren Zweck erfüllte, bleibt fraglich, denn zunächst hatte der Mann die Macht mit dem freiwerdenden Geld nach seinem Gutdünken zu verfahren. Die Frau blieb, wenn das Geld für Ehegutsverbindlichkeiten oder die Kosten der Verwaltung aufgewendet wurde, handlungsunfähig. Sie war gezwungen erst abwarten, ob der Mann die Grenzen dieser unbestimmten Rechtsbegriffe überschreiten würde. Der Beweis hierfür dürfte denkbar schwierig gewesen sein. In der Zwischenzeit aber war sie auf die allgemeinen Schutzmechanismen angewiesen. Eine gerichtliche Geltendmachung dieses Anspruchs war, zumindest nach dem Entwurf Plancks, zwar nicht ausgeschlossen (s. u. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1, B. V.). Aufgrund der abhängigen gesellschaftlichen Position in der sich die Frau in der Regel befand (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B.), dürfte die Einschaltung eines Gericht für die Frau aber eine große Hürde gewesen sein, die zusätzlich eine erhebliche zeitliche Verzögerung mit sich brachte. In der Zwischenzeit hatte der Mann das Geld zur freien Verfügung. Hierin lag eine große Gefahr für das Kapital der Frau, da die Verzögerung einen Verlust der eingebrachten Güter bedeuten konnte und die Frau durch die allgemeinen Regelungen auf möglicherweise nicht zu verwirklichende Ersatzansprüche gegen den Mann beschränkt war. Daher war die Regelung, grundsätzlich dem Mann freie Hand zu lassen, bis die Frau die Initiative ergriff, nicht geeignet, die Frau vor der Verschwendung ihres eingebrachten Gutes durch den Mann zu sichern. Mag man Planck auch zugestehen, dass es den gesellschaftlichen Regeln entsprach, dass die Frau die Vermögensverwaltung dem Mann überließ. Als Regelung zur Konfliktlösung war diese Vorschrift ungeeignet. Zusätzlich lässt die Komplexität der Regelung befürchten, dass tatsächlich nur wenige Frauen die Rechte, die ihnen die Verwaltungsgemeinschaft durch die Verfügungbeschränkungen gewährte, kannten und durchschauen konnten. Da die Kenntnis der eigenen Rechte jedoch eine Grundvoraussetzung zur Geltendmachung darstellt, wirkte sich auch deshalb der Grundsatz, zunächst dem Ehemann frei Hand über das Geldkapital zu lassen und der Frau lediglich ein Einspruchsrecht zuzugestehen, in hohem Maße zugunsten des Mannes aus. Trotz allem ist das Bemühen nicht zu verkennen, der Frau die Substanz ihres eingebrachten Gutes zu sichern. Jedoch wird an diesen Vorteil eine schwerwiegende Benachteiligung geknüpft. So wurde dem Mann durch die bloße Möglich-

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keit der weiblichen Einflussnahme eine zusätzliche Sicherheit geboten. Dadurch, dass man das Nichteinschreiten der Frau als Zustimmung zur Verwaltung des Mannes wertete, entzog man ansonsten möglichen Ersatzansprüchen die Grundlage. IV. Die weiteren Sicherungsmittel für das eingebrachte Gut

Neben den Verwaltungsbeschränkungen führte Planck noch weitere Sicherungsmittel ein, um die Gefährdung der weiblichen Rechte am eingebrachten Gut zu verhindern.168 Die Frau sollte nach dem Entwurf das Recht haben, unter bestimmten Voraussetzungen eine Sicherheitsleistung oder die Aufhebung der ehelichen Nutznießung und Verwaltung fordern zu können.169 Planck entschied hier, der Frau diese beiden Instrumente mit in die Ehe zu geben, weil er die Einführung der Sicherheitsleistung allein nicht für ausreichend hielt. „Sicherheitsleistung giebt keine Gewähr gegen die Beschädigung des Eheguts, sondern nur für den Ersatz des dadurch veranlaßten Schadens. Der Frau kann aber nicht zugemuthet werden, sich mit diesem zu begnügen.“ 170

Da in bestimmten gefährdenden Situationen der Schutz des Frauenvermögens unbedingte Priorität haben sollte, sollte dem Gericht ein weites Ermessen durch die gesetzliche Regelung zugesprochen werden. Daher sollte die Frau die Möglichkeit erhalten, wenn bestimmte Verhaltensweisen des Mannes zutage traten, sich der Verpflichtung dem Mann ihr Vermögen zu überlassen, zu entledigen.171 Der Mann sei in einer solchen Situation ausreichend dadurch geschützt, dass die Frau weiterhin verpflichtet bliebe, einen angemessenen Beitrag zu den ehelichen Lasten zu leisten. Eine Veränderung sei nur bezüglich der Art und Weise der Erfüllung eingetreten, die nicht mehr in der Unterwerfung ihres Vermögens liege, sondern in dem Zuschießen eines angemessenen Beitrages bestehe.172 Bezeichnend für diese Vorschriften sei aber, dass sich die Frau nur bei gravierenden Verfehlungen des Mannes auf diese Rechte berufen konnte. So konnte zum Beispiel nur die tatsächliche Nichterfüllung der dem Mann obliegenden Verpflichtungen der Frau das Recht geben, die Aufhebung der ehelichen Verwaltung und Nutznießung zu verlangen.173 Die Hürden, die die Frau zu nehmen hatte, bis sie diese Rechte geltend machen konnte, waren sehr hoch, wie auch die Ausgestaltung der 168 Planck, Vorentwürfe, S. 617; siehe dazu auch: Malsbenden, Stellung, S. 262 ff. (Malsbenden kommt bei einem Vergleich der BGB mit dem Recht des ALR bezüglich der allgemeinen Sicherungsrechte zu dem Ergebnis, dass das BGB einen schlechteren Schutz als das ALR aufweist.) (Malsbenden, Stellung, S. 268 ff.) 169 Planck, Vorentwürfe, S. 623. 170 Planck, Vorentwürfe, S. 622. 171 Planck, Vorentwürfe, S. 622. 172 Planck, Vorentwürfe, S. 623. 173 Planck, Vorentwürfe, S. 626.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

§§ 1391, 1418 BGB a. F. zeigt. Zuerst musste eine Gefährdung ihrer Rechte vorhanden sein, dann erst konnten die Sicherungsmechanismen eingreifen. Die Begründung der allgemeinen Sicherungsrechte offenbart den Grund für diese Ausgestaltung. Im Vordergrund stand wiederum die Befürchtung, der Mann könnte bei einer Ausdehnung der Sicherungsrechte in seinem finanziellen Freiraum zu stark beschränkt werden und er laufe in der Folge Gefahr, der Willkür der Frau ausgesetzt zu werden. Die Frau erschien außerdem zunächst nicht schutzwürdig, weil sie durch die Eheschließung ohne Ehevertrag ihr Vertrauen gegenüber dem Mann deutlich zum Ausdruck gebracht habe. Dies deutete man als Verzicht auf andere Sicherheiten als ihr das eheliche Verhältnis selbst bieten konnte. Sie könnte nun nicht ohne den Nachweis besonderer Gründe jederzeit von diesem Verzicht zurücktreten. Dies sei mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen nicht vereinbar, denn die Folge wäre, dass der Mann mit seiner wirtschaftlichen Grundlage teilweise von der Willkür der Frau abhängen würde.174 Planck verwies die Frau bei Verletzung ihrer Rechte daher zunächst darauf, wie jeder andere Gläubiger, die sofortige Erfüllung ihrer entstandenen Ersatzansprüche geltend zu machen.175 Jedoch war er sich bewusst, dass auch für die Verhütung ähnlicher Verletzungen in der Zukunft Sorge getragen werden musste. Eine solche vorbeugende Maßnahme sei aber nur anzuwenden, „wenn das ganze Verhalten des Mannes bei der Ausübung seiner Rechte sich als ein solches darstellt, welches das Vertrauen auf seinen guten Willen oder seine Fähigkeit, das Ehegut in seinem gesetzlichen Bestande zu erhalten, zerstört.“ 176 Um eine solche Anschuldigung zu rechtfertigen, mussten gravierend Umstände eintreten, die anhand von zwei Beispielen erläutert werden sollen. Wenn der Mann durch rechtswidrige Ausübung der eheherrlichen Gewalt fortgesetzt eine Umwandlung des Eheguts in eine Reihe von Ersatzansprüchen verursachte, hatte er nach Plancks Ansicht ausreichend bewiesen, dass das Vertrauen, das die Frau bei der Eheschließung in ihn gesetzt hatte, nicht begründet gewesen sei. Daher sei sie dann an ihren Verzicht nicht mehr gebunden und müsse die Möglichkeit haben ihren Mann aufzuhalten.177 Als weiteres Beispiel für eine solche Situation wurde angesehen, wenn der Mann in Konkurs fiel. Beim Konkurs des Mannes sei es absolut notwendig der Frau ein unbedingtes Recht auf die Beendigung der Nutzwaltung zu geben. Die Eröffnung des Konkurses sei ein außergewöhnliches Ereignis, das eine kom174

Planck, Vorentwürfe, S. 621. Planck, Vorentwürfe, S. 621 (Anmerkung: Dies war nach der Änderung des Entwurfs im Gesetzgebungsprozess, die das Klagerecht der Frau gegen den Ehemann während der bestehenden Verwaltung und Nutznießung beschränkte natürlich nicht mehr möglich. (s. u. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1, B. V.)). 176 Planck, Vorentwürfe, S. 622. 177 Planck, Vorentwürfe, S. 622. 175

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plette Umwälzung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners zur Folge habe, was ein solches Vorgehen rechtfertige.178 Diese Regelungen zum Schutz des eingebrachten Gutes sollten die Frau vor dem rechtswidrigen Umgang des Mannes mit ihrem eingebrachten Gut schützen. Dieser Grundgedanke, der Planck zum Einbau dieser Sicherungsmechanismen bewegt hatte, wurde wiederum überlagert vom Interesse des Mannes, über das eingebrachte Gut der Frau frei verfügen zu können. Aufgrund dieser Interessenlage hatte sich Planck entschieden, zunächst auf die Integrität des Mannes zu vertrauen und dementsprechend die Hürden für ein Eingreifen der Frau sehr hoch angelegt. Auf diese Weise wurde der Mann zunächst in der Position des Verwalters geschützt, bis er deutlichen Anlass zum Misstrauen gab. Mit dieser Vorgehensweise konnte jedoch der ursprüngliche Zweck der Vorschrift, nämlich die Substanz des eingebrachten Gutes der Frau zu erhalten, nur bedingt erreicht werden. Durch die umfangreichen Anspruchsvoraussetzungen, die die Frau bei Geltendmachung der Ansprüche behaupten und nachweisen musste, konnte sie einen Schutz für das eingebrachte Gut erst mit einer erheblichen Zeitverzögerung erreichen. Unterdessen stand das Eigentum der Frau aber unter der Verfügungsgewalt des Mannes und so bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die nachzuweisende erhebliche Gefährdung zu einem Verlust des Vermögens führte. Eine effektive Sicherung des eingebrachten Gutes konnte daher mit diesen allgemeinen Sicherungsmechanismen nicht erreicht werden, da auf diese Weise der Frau das Insolvenzrisiko des Mannes aufgebürdet wurde. Die Begründung für diese Ausgestaltung zeugt wiederum deutlich vom Frauenbild der damaligen Zeit (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, A.). So hieß es die Frau gewähre durch die Eheschließung ohne Ehevertrag dem Mann einen Vertrauensvorschuss, den sie, solange er dieses Vertrauen nicht für sie erkennbar enttäuscht habe, ihm nicht wieder entziehen könne. Man rechtfertige also allgemein gesprochen die abhängige Stellung der Frau durch ihren Entschluss zur Eheschließung. V. Die prozessuale Durchsetzbarkeit der Ansprüche

Neben den materiellen Ansprüchen, die der Entwurf für das eingebrachte Gut der Frau vorsah, ist von besonderer Bedeutung für die Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit der Rechte und Pflichten die Möglichkeit der Ehegatten diese gerichtlich geltend machen zu können.179 Hinsichtlich dieser prozessualen Durchsetzbarkeit weichen der Entwurf Plancks und die letztendliche gesetzliche Regelung in einem entscheidenden Punkt voneinander ab.

178 179

Planck, Vorentwürfe, S. 630. Siehe dazu auch: Malsbenden, Stellung, S. 280 ff.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

Von dieser Besonderheit wird nicht das Klagerecht des Ehemannes betroffen. Dieses besteht, sowohl im Entwurf, als auch in der späteren gesetzlichen Regelung, hinsichtlich seiner Ansprüche gegenüber der Frau aus den Regelungen zur Verwaltung und Nutznießung vollumfänglich. Anders jedoch das Klagerecht der Frau. Während der Entwurf auch der Ehefrau die prozessuale Möglichkeit ihre Rechte vor Gericht einzuklagen offen hielt, sah die gesetzliche Regelung des BGB eine weitgehende Beschränkung des Klagerechts nach § 1394 BGB a. F. vor. Um die Auswirkungen dieser Veränderung und vor allem den Einfluss auf die Wirksamkeit und Durchsetzungskraft der jeweiligen Ansprüche nachvollziehen zu können, ist es sinnvoll sich zunächst mit der Begründung des vollen Klagerechts der Frau in den Erläuterungen Plancks zum Entwurf180 und in den Motiven181 auseinander zu setzen. Der Entwurf Plancks ging davon aus, dass beide Ehegatten die Ansprüche, die aufgrund des gesetzlichen Güterrechts gegeneinander entstehen, ohne Rücksicht auf den Weiterbestand der Verwaltung und Nutznießung am eingebrachten Gut, sofort gerichtlich einklagen konnten. Eine Ausnahme stellten lediglich die Ansprüche dar, die erst ihrem Inhalte und Grunde nach mit der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung entstanden.182 Für die Frau ergab sich diese Wirkung aus der Verweisung ins Nießbrauchsrecht (§ 1291 BGB a. F.), die auch § 1004 BGB a. F. erfasste und ihr somit ermöglichte bei einer Eigentumsstörung am eingebrachten Gut gerichtliche Schritte gegenüber ihrem Ehemann einzuleiten.183 Diese Rechte der Frau begründet Planck folgendermaßen: „Die Gründe . . . ergeben sich einerseits aus der juristischen Konstruktion der ehelichen Nutznießung und Verwaltung, andererseits aus der Rücksicht auf die Sicherung der Frau und ihrer Gläubiger. Die Verwaltungsgemeinschaft faßt der Entwurf nicht als einen ausgeprägten juristischen Begriff, sondern als den Ausdruck eines wirthschaftlichen Zweckes auf. Nur soweit es dieser Zweck erfordert, dürfen Folgerungen daraus gezogen werden. Das beiderseitige Vermögen der Ehegatten wird seiner Substanz nach nicht mit einander verschmolzen und liegt daher in jedem Augenblicke die Möglichkeit vor, festzustellen, welche Ansprüche der eine Ehegatte gegen den anderen hat.“ 184

Planck ergänzte diese allgemeine Feststellung, indem er anhand einiger Beispiele erläuterte, welche Auswirkungen das Hinausschieben einer Einklagbarkeit der Ansprüche aus der Verwaltung und Nutznießung haben würden.185 So würde etwa § 1377 II BGB a. F., der festlegt, dass die Ehefrau den Ehemann auffordern kann, freies Kapital aus ihrem eingebrachten Gut mündelsicher anzulegen (s. o. 180 181 182 183 184 185

Planck, Vorentwürfe, S. 606 ff. Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 184 f. Planck, Vorentwürfe, S. 606. Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 143 zu § 1394. Planck, Vorentwürfe, S. 607. Planck, Vorentwürfe, S. 607 f.

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2. Teil, 4. Kapitel, § 1, B. III. 3.), bzw. seine Verpflichtung zur sofortigen Rückzahlung solcher Gelder bei Verbrauch illusorisch gemacht. Wenn die Frau diese Ansprüche nicht bereits während der bestehenden Verwaltung und Nutznießung gerichtlich geltend machen könnte, sei diese Vorschrift wirkungslos, oder wie Planck es nennt, dies entspreche einer „Wiederaufhebung der Vorschrift“.186 Daher kommt er zusammenfassend zu dem Ergebnis: „Die Hinausschiebung der Ersatzpflicht des Mannes bis zur Beendigung der ehelichen Nutznießung und Verwaltung hat praktisch . . . die Bedeutung, daß der dem Manne verbotene einseitige Umsatz von Ehegutsbestandtheilen ihm mittelbar doch wieder erlaubt wird.“ 187

Oder wie in den Motiven noch deutlicher angemerkt wird: „Der Zweck dieser im Interesse der Sicherung der Ehefrau getroffenen Bestimmungen könnte völlig vereitelt werden, wenn der Ehefrau das Recht versagt würde, die ihr aus der Verletzung der dem Ehemanne kraft der ehelichen Nutznießung oder kraft der ehelichen Verwaltung obliegenden Verpflichtungen erwachsenen Ansprüche gegen den Ehemann schon vor Beendigung der ehelichen Nutznießung und Verwaltung geltend zu machen.“ 188

Leider wurde trotz dieser Warnungen der Entwurf von der zweiten Kommission derart abgeändert, dass die spätere gesetzliche Regelung die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen der Frau, die diese aufgrund der Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes gegenüber ihrem Ehemann hatte, entscheidend beschränkte. Diese Beschneidung der weiblichen Rechte wurde durch § 1394 BGB a. F. festgeschrieben. „Die Frau kann Ansprüche, die ihr auf Grund der Verwaltung und Nutznießung gegen den Mann zustehen, erst nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung gerichtlich geltend manchen, es sei denn, daß die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Frau nach § 1391 Sicherheitsleistung verlangen kann. Der im § 1389 Abs. 2 (SS.: Unterhaltspflicht) bestimmte Anspruch unterliegt dieser Beschränkung nicht.“ 189

Von dieser Regelung betroffen waren z. B. die Ansprüche, die der Frau aus einer ohne ihre Zustimmung vorgenommenen Verfügung des Mannes über eingebrachtes Gut erwuchsen, wenn zu der Verfügung die Zustimmung der Frau erforderlich war; wie auch der Anspruch auf Auskunftserteilung. Dasselbe Schicksal traf die Vorschriften über den Umgang mit zum eingebrachten Gut gehörendem Geld.190 Diese Schutzmechanismen verloren durch den Entzug der prozessualen 186

Planck, Vorentwürfe, S. 607 f. Planck, Vorentwürfe, S. 608. 188 Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 185. 189 Gesetzesfassung von 1900, nachzulesen bei: Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1394, S. 794. 190 Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 143 f., zu § 1394 (mit näheren Erläuterungen). 187

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Durchsetzbarkeit ihre Schutzwirkungen und wurden damit, wie Bulling es nennt, zu einer moralischen Verpflichtung degradiert.191 Dies zeigt sich nirgends deutlicher als in den fadenscheinigen Begründungen für diese Vorschrift, die Planck im Jahre 1901 in seinem Kommentar zum Bürgerlichen Recht gab. „Man wollte vermeiden, daß die Frau den Mann wegen eines jeden, wenn auch noch so kleinen Verstoßes gegen seine Verwaltungspflichten solle belangen und von ihm Rechenschaft mit der Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseids fordern können.“ 192

Daneben gibt Planck zu bedenken, dass durch § 1394 BGB a. F. ja nur die gerichtliche Geltendmachung ausgeschlossen würde, nicht aber die Außergerichtliche, so dass der Frau beispielsweise immer noch die Möglichkeit zur Aufrechnung offen stehen würde. Außerdem würden von der neuen Regelung nicht die Ansprüche betroffen, die aufgrund ihrer Natur erst mit der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung entstehen würden.193 All diese Äußerungen Plancks zeigen eine gewisse Hilflosigkeit in Anbetracht einer Regelung, die das komplizierte Netz von Sicherungsmechanismen, die Planck zur Erhaltung der Substanz des eingebrachten Gutes der Frau eingeführt hatte, weitgehend wirkungslos machen sollte. Tatsächlich bedeutete diese Einschränkung der prozessualen Durchsetzbarkeit, dass die Frau erst bei dem Vorliegen der Voraussetzungen des § 1391 BGB a. F. eine Klage gegen den Mann auf Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung anstrengen konnte. Erst dann trat mit den Regelungen der Gütertrennung ein wirksamer Schutz ein. Bis zu diesem Zeitpunkt jedoch, also bis eine erhebliche Gefährdung des eingebrachten Gutes eintrat, konnte die Frau keine Rechte gegenüber ihrem Mann gerichtlich durchsetzen. VI. Wertung

Die Frage, ob Planck mit seiner Regelung des ehemännlichen Verwaltungsrechtes und der zugehörigen Beschränkungen und Schutzrechte die Ziele, die er mit Schaffung des Güterstandes erreichen wollte, umsetzen konnte, muss folgendermaßen beantwortet werden. Die Interessen der Frau wurden durch diese rechtliche Gestaltung zugunsten der Hausherrnposition des Mannes deutlich vernachlässigt. So ist bereits die Existenz eines Verwaltungsrechtes als deutliches Kennzeichen einer vom Ehemann dominierten ehelichen Gemeinschaft zu werten.194 Allein die Tatsache, dass mit der Eheschließung das Vermögen der Frau, wenn nichts anderes geregelt war, automatisch dem Einflussbereich des Mannes unterworfen wurde, zeigt die deutlich stärkere Position des Mannes innerhalb der Ehe, 191

Bulling, Frau, S. 130. Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 143 zu § 1394. 193 Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 144 zu § 1394. 194 Zur zentralen Bedeutung des Verwaltungsrechts für die Machtverteilung innerhalb der Ehe: Malsbenden, Stellung, S. 177. 192

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die eine Gleichberechtigung der Frau verhinderte. Planck war sich dieser Auswirkungen des Verwaltungsrechtes des Mannes durchaus bewusst, was sich nirgends deutlicher zeigt, als in seinen Versuchen dieses Verwaltungsrecht zu beschränken. Dazu schuf er eine komplexe Regelung bestehend aus verschiedenen Verfügungsbeschränkungen und anderen Sicherungsmitteln. Auf diese Weise wollte er der Frau sowohl ein gewisses Mitspracherecht sichern, als auch die Substanz ihres eingebrachten Gutes vor einer Verschleuderung durch den Ehemann bewahren. Die überproportionale Berücksichtigung der männlichen Interessen zeigte sich jedoch paradoxerweise auch bei diesen Bemühungen zugunsten der Frau. Sie äußerte sich in diesem Zusammenhang nur allzu deutlich in der Zaghaftigkeit der Einschränkungen dieser Machtposition und in der immer wieder geäußerten und als Begründung benutzen Besorgnis, der Ehemann könne bei der Ausübung des Verwaltungsrechte zu stark beschränkt werden. Diese überwiegend den Ehemann begünstigende Regelung des Verwaltungsrechtes führte zu schweren Benachteiligungen der Ehefrauen. Das Ziel Plancks, den Frauen eine „gleichberechtigte Stellung“ zuzuweisen, wurde, auch unter Zugrundelegung des Gleichberechtigungsbegriffs Plancks, nicht erreicht. Sowohl die Absicht der Frau eine gewisse Entscheidungsfreiheit hinsichtlich ihres Vermögens zu sichern, als auch das Ziel die Substanz des eingebrachten Gutes zu erhalten, schlugen fehl. Das Verwaltungsrecht hatte für die Frau insofern eine Beschneidung ihrer Entscheidungsfreiheit zur Folge, als sie an die Verfügungen des Mannes über das Ehegut gebunden war.195 Zwar hatte sie nach dem Gesetz in verschiedenen Fällen die Möglichkeit bestimmte Handlungen zu unterbinden. Jedoch fehlte diesen Ansprüchen, da sie während des Bestandes der Nutznießung und Verwaltung nicht gerichtlich geltend gemacht werden konnten, die entscheidende Durchsetzbarkeit. Der Umfang der Beschränkung der weiblichen Entscheidungsfreiheit kann jedoch nicht in einer isolierten Betrachtung des Verwaltungsrechtes erfasst werden. Vielmehr ist es notwendig die zusätzlich zum Schutz des Verwaltungsrechtes eingeführte Beschränkung der weiblichen Dispositionsbefugnis mit einzubeziehen, die im folgenden Abschnitt noch ausführlicher dargestellt werden soll. Dagegen macht bereits die alleinige Betrachtung des Verwaltungsrechtes deutlich, dass Planck sein Ziel, der Frau die Substanz des eingebrachten Gutes zu erhalten, nicht erreichen konnte.196 Zwar schuf Planck Ansätze für einige wirksame Sicherungsrechte. Diese wurden aber in vielen Fällen zugunsten des Mannes beschränkt und verloren damit wesentliche Teile ihrer rechtlichen Bedeutung. Dies gilt umso mehr, als durch die Berücksichtigung der gegensätzlichen Interes195

So auch: Malsbenden, Stellung, S. 175. Abweichend: Grimme, Entwicklung, S. 104 (Grimme hält die Sicherung des eingebrachten Gutes im BGB für einen Fortschritt im Vergleich zum bestehenden Rechtszustand.); siehe auch: Dörner, Industrialisierung, S. 103. 196

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sen von Mann und Frau eine Regelung entstand, die durch die diffizile Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Mann und Frau eine Vielzahl von rechtlichen Schnittstellen schuf. Genau diese Eigenschaft der Regelung aber, also die Verschachtelung der rechtlichen Regelung und die Vielzahl der dadurch entstehenden Abgrenzungsprobleme, benachteiligten die Partei, die Ansprüche gerichtliche geltend zu machen hatte, weil eine jeweilige Bewertung der Rechtslage schwierig und in vielen Fällen nicht eindeutig gewesen sein dürfte. Dies bedeutete für die Frauen konkret, dass sie bereits dadurch benachteiligt wurden, dass dem Ehemann zunächst, man könnte fast sagen, umfassende Rechte am eingebrachten Gut zugebilligt wurden und ihre Rechte sich in den meisten Fällen auf die Verhinderung bestimmter Verfügungen oder das Eingreifen im Falle des Versagens des Ehemannes beschränkten. Daher ging die Komplexität der Regelung und ihre Unklarheit zu Lasten der Frauen, die ihre Rechte in den allermeisten Fällen wohl schon deshalb nicht geltend machen konnten, weil sie diese nicht überblickten. Doch damit nicht genug: Trotz der ausführlichen und komplizierten Regelung konnte Planck die Kompetenzen am eingebrachten Gut nicht so klar trennen, dass alle denkbaren Fälle abgedeckt gewesen wären. So sah sich Planck gezwungen, sein Konstrukt zusätzlich mittels einer Generalklausel gegen unbillige Einzelfallentscheidungen abzusichern. Die Nebenwirkung dieser Vorgehensweise war, dass die Gesetzesanwendung noch zusätzliche Untiefen barg. Sehr deutlich kann man diese Problematik nachvollziehen, wenn man die Beschränkung des Verwaltungsrechtes auf die „ordnungsmäßige Verwaltung“ betrachtet. Dieser Rechtsbegriff wurde im Gesetz nicht weiter definiert und nur durch die folgenden Verfügungsbeschränkungen selbst unvollkommen konkretisiert. Für die Auslegung der Vorschriften aber, vor allem der allgemeinen Sicherungsvorschriften, hatte diese Generalbeschränkung sehr große Bedeutung. Bereits durch die Unbestimmtheit dieses einzelnen Rechtsbegriffs wurde die labile Position der Frauen besonders deutlich gekennzeichnet. Die Grenzen der ordnungsgemäßen Verwaltung verliefen weitgehend fließend. Genau dies dürfte die Beurteilung der Berechtigung von bestimmten Ansprüchen bzw. Erfolgsaussichten einer Klage in erheblicher Weise erschwert haben. Doch nicht nur die Unklarheit der Rechtslage wirkte sich in dieser Situation zugunsten des Mannes aus. Vielmehr dürfte auch die gesellschaftliche Situation in diesem Zusammenhang für die Frauen eine bedeutende Hürde gewesen sein, ihre Rechte gegenüber dem Mann aktiv geltend zu machen. Durch das eheliche Güterrecht Plancks wurde die Frau sozusagen in die Rolle des Aggressors gedrängt, wenn sie ihr Eigentum schützen wollte. Dies dürfte sich als eine erhebliche Schranke erwiesen haben, sowohl wegen der gesellschaftlichen Struktur, als auch wegen der Art der ehelichen Verbindung. Trotz all dieser Vorbehalte, die aus heutiger Sicht der Wirksamkeit der Regelung Plancks zur Absicherung des eingebrachten Gutes der Frau entgegenstanden, wurde von der 2. Kommission eine weitere Verbesserung zugunsten des Mannes eingefügt, die die gänzliche Unwirksamkeit der meisten Sicherungs-

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mechanismen zu Folge hatte. Durch die Einführung des § 1394 BGB a. F., der die prozessuale Geltendmachung der Ansprüche der Frau gegen ihren Ehemann entscheidend beschränkte, waren die betroffenen Sicherungsrechte für die Frau wertlos, weil nicht durchsetzbar. Allein § 1391 BGB a. F., der von dieser Regelung ausgenommen war, kann somit im Rahmen seiner Möglichkeiten als wirkungsvolles Sicherungsrecht bezeichnet werden. Wegen der hohen Anspruchsvoraussetzungen, die ein Eingreifen des Gerichts erst bei einer erheblichen Gefährdung des eingebrachten Gutes vorsahen, muss jedoch davon ausgegangen werden, dass hier in vielen Fällen jede Hilfe zu spät kam und damit eine effektive Sicherung des eingebrachten Gutes nicht erreicht werden konnte. Obwohl die Regelung des Verwaltungsrechtes inhaltlich eindeutig das Ziel Plancks zur Erhaltung der Hausherrnstellung bevorzugte, kommt doch gleichzeitig das Bemühen Plancks zum Ausdruck, die Interessen beider Ehegatten zu berücksichtigen und eine Regelung zu schaffen, die Rechte und Pflichten beider Parteien deutlich voneinander abgrenzt. Leider hatte dies jedoch eine nicht von Planck beabsichtigte Wirkung. An der juristischen Konstruktion des Verwaltungsrechtes lässt sich besonders gut nachvollziehen, wie die polare Zielsetzung Plancks den Regelungen eine klare Linie entzog und dadurch eine innere Zerrissenheit verursachte. Das System Plancks, die Kompetenzen bezüglich der Verwaltung des eingebrachten Gutes zu regeln, ist in der Folge überfrachtet mit einer Vielzahl von Regelungen. Ein Teil schränkt die Kompetenzen des Mannes ein, während der andere Teil diese Einschränkungen teilweise wieder zurück nimmt. Dadurch wurde eine Unübersichtlichkeit verursacht, die schwerwiegende Probleme bei einer konsequenten Anwendung des Rechts aufgeworfen haben dürfte. C. Die Rechtsstellung der Frau zum eingebrachten Gut Nachdem nunmehr die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut der Frau dargestellt wurden, soll nun die andere Seite dieser rechtlichen Gestaltung beleuchtet werden. Im direktem Zusammenhang mit den Vorzugsrechten des Mannes sah man sich gezwungen, um eine Kollision von Kompetenzen zu vermeiden, die Rechte der Frau am eingebrachten Gut zu beschränken.197 Konsequenterweise erstreckte sich ihre Einschränkung soweit, wie die Rechte des Mannes reichten.198 Planck beschreibt dieses Gleichgewicht folgendermaßen: „Das Verwaltungsrecht des Mannes hat der herrschenden Ansicht zufolge zwei Funktionen: eine negative und eine positive. Durch die erstere wird das der Frau als Eigenthümerin ihres Vermögens zustehende Verfügungsrecht beschränkt, während kraft

197 198

Siehe dazu auch: Malsbenden, Stellung, S. 184 ff. Planck, Vorentwürfe, S. 488.

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der letzteren der Mann die Befugniß erhält, selbst innerhalb gewisser Grenzen über die Substanz der Frauenguts zu verfügen.“ 199

Betrachtet man die Rechtsbeziehungen der Frau zum eingebrachten Gut, ist zunächst festzuhalten, dass die Frau Eigentümerin am eingebrachten Gut blieb.200 Nach Beendigung der Nutzwaltung, d. h. mit Beendigung des Güterstandes, hatte sie den Anspruch die Substanz ihres eingebrachten Gutes ungeschmälert zurückzuerhalten, in dem Zustande, der sich aus der ordnungsgemäß geführten Verwaltung ergab.201 Die Ehefrau erlitt jedoch erhebliche Einbußen in der Freiheit der Verfügungsmacht an ihrem eingebrachten Gut während der Nutzwaltung. Diese Beschränkungen der Frau waren dem Minderjährigenrecht nachgebildet. Das bedeutete, dass die Ehefrau zu einer Verfügung über das eingebrachte Gut der Einwilligung des Mannes bedurfte (§ 1395 BGB a. F.). War keine Einwilligung gegeben, so war der Vertrag schwebend unwirksam bis zur Genehmigung durch den Mann (§ 1396 BGB a. F.). Einseitige Geschäfte waren nach § 1398 BGB a. F. unwirksam.202 I. Die Beschränkung des Verfügungs- und Verwaltungsrechtes der Frau

Planck gestaltete die Kürzung der Frauenrechte bezüglich des eingebrachten Gutes als Einschränkung ihrer Dispositionsbefugnis.203 Nach dem Entwurf blieb die Frau auch nach einer Eheschließung ebenso geschäftsfähig wie der Ehemann. Eine Geschlechtsvormundschaft fand nicht mehr statt.204 So entstand ein System, in dem die Frau prinzipiell auch ohne ihren Mann Rechtsgeschäfte aller Art abschließen konnte und daraus berechtigt und verpflichtet wurde.205 Jedoch konnte die Frau nicht mehr allein über ihr eingebrachtes Vermögen verfügen; dieses unterlag dem Einflussbereich des Mannes. Nahm die Frau einen Willensakt vor, so war dieser wegen der unangetasteten Geschäftsfähigkeit der Frau subjektiv voll wirksam. Die beabsichtigte rechtliche Wirkung konnte sie aber im Bezug auf das eingebrachte Gut nicht erzeugen, weil der Gegenstand den der Willensakt betraf, der einseitigen Verfügung der Frau entzogen war.206 Um dieses Grundgerüst in rechtliche Formen zu kleiden, wurde auf das Minderjährigenrecht zurückgegriffen. Auf diese Weise trat ohne Einwilligung des Mannes eine schwebende Unwirksamkeit bei einwilligungsbedürftigen Verfügungen der Frau ein. Bei nachträglicher Erteilung der Genehmigung wurde das 199 200 201 202 203 204 205 206

Planck, Vorentwürfe, S. 486. Wieruszowski, Handbuch, Bd. II, S. 182. Schröder, Güterrecht, S. 41 f. Schreuer, Privatrecht, S. 399. Planck, Vorentwürfe, S. 488. Planck, Vorentwürfe, S. 486. Planck, Vorentwürfe, S. 488. Planck, Vorentwürfe, S. 499.

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Geschäft voll wirksam nach den Grundsätzen über die Suspensivbedingung; wurde sie verweigert, fiel jede rechtliche Wirkung weg. Solange die schwebende Unwirksamkeit bestehen blieb, waren sowohl die Frau, als auch der Kontrahent an das Geschäft gebunden.207 Auch im Falle der Zwangsvollstreckung in das Vermögen der Frau konnte, während der Geltung der Verwaltungsgemeinschaft, der Gläubiger nur auf das vorbehaltene Vermögen der Frau zugreifen. Das der Gewalt des Mannes unterworfene eingebrachte Vermögen war tabu.208 II. Die Begründung für Plancks Modell

Planck war sich bewusst, dass die Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft, die er mit der Einführung der Geschäftsfähigkeit der Frau bewirkte, ein umstrittener Schritt in Richtung Gleichberechtigung der Frau war. Trotzdem betonte er die Notwendigkeit der Abschaffung des Mundiums.209 Diese Neuerung muss vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass in der Vergangenheit das eheliche Güterrecht stets in innigem Zusammenhang mit der Beschränkung der Geschäftsfähigkeit der Frau gestanden hatte (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 1).210 Planck sah jedoch keine Notwendigkeit diese Beschränkung der Frau aufrecht zu erhalten, da er sich sicher war, dass die dem Mann im Interesse der Ehe eingeräumten Befugnisse auch anders geschützt werden konnten.211 Er brachte vor, dass die von ihm vorgeschlagenen Regelungen zum Schutz der Rechte des Mannes am eingebrachten Vermögen ausreichen würden. Der Frau werde ja auf diese Weise die rechtliche Möglichkeit entzogen, eine Änderung in dem Aktivbestand des eingebrachten Gutes vorzunehmen.212 Für die Frau sei die volle Geschäftsfähigkeit aber von großer Bedeutung, denn sie verschaffe ihr eine freiere und selbständigere Position, ohne dass dadurch das Interesse der Ehe in irgendeiner Weise gefährdet würde. Diese Schlussfolgerung zog Planck aus dem Umstand, dass bei einer solchen Neugestaltung des Rechts grundsätzlich rein erwerbende Geschäfte von der Frau ohne Genehmigung des Mannes getätigt werden könnten. Der Genehmigungsvorbehalt würde sich ja gezielt nur auf Geschäfte erstrecken, die sich auf das vorbehaltene Vermögen beziehen würden. Würde man dagegen an der beschränkten Geschäftsfähigkeit festhalten, wären zunächst alle Geschäfte, durch die auch die Frau verpflichtet werden würde, unwirksam.213 Planck sprach sich aus diesem Grund deutlich gegen die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit der Frau aus: 207 208 209 210 211 212 213

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

500. 488. 488. 487. 503. 498 f. 504.

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„Das Hauptbedenken, welches gegen die Gestaltung des ehelichen Rechtsverhältnisses auf solchen Grundlagen spricht, liegt darin, daß die Ehefrau dadurch in die abhängige Stellung eines Minderjährigen herabgedrückt wird.“ 214

Nach Planck rechtfertige auch das natürliche Interesse der Ehegatten, dass das Vermögen des Ehepartners erhalten bleibe, eine Beschränkung der Geschäftsfähigkeit der Frau nicht. Bei jedem Gläubiger sei dieses Interesse an der Zahlungsfähigkeit seines Schuldners zu finden, ohne dass jemand eine Beschränkung der Geschäftsfähigkeit von Schuldnern generell in Betracht ziehe.215 Zwar müssten Eheleute über ein normales Schuldverhältnis hinaus immer auch das Interesse der ehelichen Gemeinschaft im Auge behalten. Dieses Bedürfnis durch die einseitige Beschränkung der Frau in ihrer Geschäftsfähigkeit zu sichern, sei aber weder gerecht, noch praktisch notwendig.216 Die im Entwurf vorgeschlagene Gestaltung hatte auch eine unerwünschte Nebenwirkung, wie Planck zugestand, nämlich das Zerreißen des Frauenvermögens. Das Vermögen der Frau, sowohl das Aktive, als auch das Passive, zerfiele in zwei Teile, die einer unterschiedlichen rechtlichen Behandlung unterliegen würden. Der eine Teil, das Vorbehaltsgut, stand weiterhin der Frau zur freien Verfügung; das eingebrachte Vermögen unterlag dem Genehmigungsvorbehalt des Mannes.217 Dieses Problem sei jedoch, laut Planck, auch mit einer Beschränkung der Geschäftsfähigkeit nicht zu lösen; dies würde nur zu eine Verschiebung, ja Verschlimmerung des Problems führen. Auf den ersten Blick würde durch die Aberkennung der weiblichen Geschäftsfähigkeit zwar eine Einheit des Frauenvermögens gebildet werden. Ihr ganzes Vermögen würde auf diese Weise der gleichen rechtlichen Behandlung unterzogen; es würde dem Mann vollumfänglich unterstehen. Eine andere Möglichkeit sei bei dieser Gestaltung nicht denkbar, weil die Frau wegen der mangelnden Geschäftsfähigkeit rechtlich handlungsunfähig sein würde. Unlösbare Probleme würden in diesem Fall aber mit der Einführung des Vorbehaltsgutes aufgeworfen.218 Hier muss erwähnt werden, dass eine Abschaffung des Vorbehaltsgutes von Planck niemals in Betracht gezogen wurde. Nur diese Einrichtung sichere das Interesse von Verwandten der Frau, ohne Umweg über ihren Mann, Vermögenswerte zu übergeben. Diese Entscheidungsfreiheit Dritter wollte Planck nicht beschneiden, da berechtigte Umstände denkbar wären, die eine solche Vorgehensweise rechtfertigen würden. Als Beispiele nannte er, eine Führung der bisherigen Verwaltung durch den Mann, die nicht im Sinne des Dritten erfolge, oder das persönliche Verhältnis zwischen den Eheleuten. Die Möglichkeit den Mann von diesen Vermögenswerten auszuschlie-

214 215 216 217 218

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

494. 494. 495. 503. 496.

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ßen, ohne Risiko für das übertragene Vermögen, sei nur durch das Vorbehaltsgut gegeben219, weshalb dieser Vermögensmasse eine große Bedeutung zuzumessen sei. Nahm man aber die Existenz des Vorbehaltsgutes als gegeben hin, dann stellte man bei dem, die Geschäftsfähigkeit beschränkenden Modell fest, dass sich diese Vermögensmasse mittels einer Ermächtigung für einen bestimmten Kreis von Rechtsgeschäften relativ problemlos einfügen ließe. In der Folge stünde man dann jedoch vor dem Problem der Abgrenzung welche Rechtsgeschäfte zu den Zulässigen, das heißt sich auf das Vorbehaltsgut beziehenden, gehörten und damit Gültigkeit erlangen würden.220 Folglich hätte man erneut mit einem Zerfall des Vermögens zu kämpfen, nur dass in diesem Falle die Geschäfte nach dem unterschiedlichen Haftungsumfang beurteilt werden müssten. Zum einen die voll wirksamen, d. h. mit Einwilligung des Mannes geschlossenen Geschäfte, für die das ganze Vermögen haften würde; zum andern, die sich nur auf das Vorbehaltsgut beziehenden, für die nur auf das Vorbehaltsgut zurückgegriffen werden könnte. Dadurch werde bereits der Vorteil einer einheitlichen Behandlung des Vermögens der Frau aufgehoben221, während die spaltende Wirkung einer solchen Gestaltung noch sehr viel weiter reiche. Sie betreffe nämlich über das Vermögen hinaus auch die Geschäftsfähigkeit der Frau. Für einen Teil ihres Vermögens, das Vorbehaltsgut, sei sie danach voll geschäftsfähig; im Übrigen sei sie in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt. Dies habe zur Folge, dass die Rechtsgeschäfte, die sich auf das Vorbehaltsgut beziehen, immer voll wirksam sein würden, während die anderen ohne Zustimmung des Mannes unwirksam wären. Für die Geschäftspartner sei diese Konstellation äußerst problematisch, weil eine objektive Grenze zwischen den beiden Geschäftsarten nicht immer erkennbar sei. So lasse sich zum Beispiel eine Darlehensaufnahme durch die Frau nicht ohne weiteres einer der beiden Gruppen zuordnen.222 Vielmehr müsse die Zuordnung auf einer subjektiven Basis, nämlich dem Willen der Frau vorgenommen werden. Dies führe nun zu dem widersinnigen Ergebnis, dass die Frau bei Abschluss eines Geschäftes die Wahl treffen müsste, ob sie geschäftsfähig sein wolle oder nicht. Gerade diese Wahlmöglichkeit entziehe aber der Beschränkung der Geschäftsfähigkeit den Boden, weil so der Frau die Entscheidung überlassen werde, ob ein Geschäft wirksam sein solle oder nicht. Gerade dies mache sie aber zu einer geschäftsfähigen Person.223 Diesen Gedankengang weiterverfolgend kam Planck zu dem bedenklichen Schluss, dass bei diesem Modell die Geschäftsfähigkeit der Frau davon abhängig sei, ob sie vorbehaltenes Vermögen besitze oder nicht224, was für den Rechtsverkehr, als nicht offensichtliche, möglicherweise sogar dau219 220 221 222 223 224

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

498. 497. 496. 497. 497. 497.

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ernd wechselnde Tatsache schlichtweg eine Katastrophe darstellen würde.225 Auch im Sinne der Leichtigkeit des Verkehrs sei es daher wünschenswert, dass der Vertragspartner der Frau nicht bei jedem Geschäft untersuchen müsse, ob es sich auf das vorbehaltene oder das dem Mann unterworfene Vermögen beziehe.226 Diese Ausführungen zeigen die Gewissheit Plancks mit seinem Vorschlag, der Frau die Geschäftsfähigkeit zu erhalten und nur in ihre Dispositionsbefugnis einzugreifen, die beste Lösung gefunden zu haben. Planck konnte sich bei der Ausgestaltung auch auf rechtliche Vorreiter stützen, denn diese Behandlung der Geschäftsfähigkeit der Frau fand sich zur damaligen Zeit bereits im Handelsgesetzbuch, welches Bestimmungen für verheiratete Geschäftsfrauen zu treffen hatte.227 Die Vorschriften der Gewerbeordnung, aber auch die der Zivilprozessordnung, hatten ebenfalls in die gleiche Richtung gewiesen. Planck nahm diese anderen Kodifikationen als Zeichen einer Rechtsentwicklung und folgerte, dass in Zukunft das Recht in diese Richtung streben werde.228 III. Wertung

Die endgültige Abschaffung des Mundiums, also der Geschlechtsvormundschaft, welche nach der historischen Rechtslage die Frau unter die Entscheidungsgewalt des Mannes stellte (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 1), wurde von Planck als große Neuerung und Vorwegnahme einer zukünftigen Rechtsentwicklung propagiert. Tatsächlich sah er sich jedoch aufgrund des von ihm gewählten Güterstandes außerstande diese Benachteiligung der Frau ersatzlos zu streichen.229 Wegen der durch die gewählte Gestaltung gegebenen Notwendigkeit die Rechte des Mannes am eingebrachten Vermögen gegen Verfügungen der Frau zu schützen, belegte Planck die Frau mit einer Beschränkung ihrer Dispositionsbefugnis am eingebrachten Gut. Die Frage, ob diese Neuerung als ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung der Frau gewertet werden kann, ist schwierig zu beantworten. Auf den ersten Blick scheint der Unterschied zwischen der früheren Situation, die die Frau in ihrer Geschäftsfähigkeit beschnitt, und einer bloßen Beschränkung ihrer Entscheidungsbefugnisse hinsichtlich eines Teiles ihres Vermögens eine eindeutige Verbesserung zu sein. So war mit dieser Neuerung das Prinzip der Unterstellung der Ehefrau unter die Entscheidungsgewalt des Mannes in Form eines Rechtes an ihrer Person (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 1) aufgehoben worden und damit die über225 226 227 228 229

Planck, Vorentwürfe, S. 497. Planck, Vorentwürfe, S. 503. Planck, Vorentwürfe, S. 493. Planck, Vorentwürfe, S. 504. Zustimmend: Malsbenden, Stellung, S. 191.

§ 1 Das eingebrachte Gut der Ehefrau

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kommene rechtliche Deklassierung der Frau prinzipiell beseitigt.230 Materiell rechtlich konnte die Gewährung der Geschäftsfähigkeit, ohne die im Güterrecht Plancks vorgesehenen Beschränkungen, somit für die Frau in zweierlei Hinsicht Bedeutung haben. Zum einen konnte sie dadurch am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilnehmen, also Verträge schließen. Zum anderen konnte sie nunmehr ihre Rechte vor Gericht selbst geltend machen.231 Bezüglich des neuen Entscheidungsrechts der Frau selbst Verträge abschließen zu können, kommt man jedoch zu dem Ergebnis, dass die Abschaffung des Mundiums in der vorliegenden Art und Weise nur als rein fiktive Verbesserung bezeichnet werden kann, die eine materielle Änderung der Verhältnisse nicht herbeizuführen vermochte.232 Der Grund ist darin zu finden, dass die Beschränkung der Dispositionsbefugnis am eingebrachten Gut der Frau der Abschaffung des Mundiums fast jede praktische Bedeutung raubte. So lehnte Planck eine Beschränkung der Geschäftsfähigkeit kategorisch ab, weil sie die verheiratete Frau in die Stellung eines Minderjährigen herabdrücke.233 Dagegen versprach sich Planck von der bloßen Einschränkung der Dispositionsbefugnis eine freiere und unabhängigere Stellung der Frau.234 Dies war eine Fehlinterpretation, denn Plancks Regelung zur Einschränkung der weiblichen Dispositionsbefugnis schuf genau das Ergebnis, das er angeblich vermeiden wollte. Sie drückten die Frau bezüglich ihrer größten Vermögensmasse, dem eingebrachten Gut, in die Stellung einer Minderjährigen hinab. Dies ist um so bemerkenswerter, als das eingebrachte Gut in der Regel das wesentliche Frauenvermögen enthielt. Die Einordnung des weiblichen Vermögens in das eingebrachte Gut bildete nämlich die Regel, während eine Zuordnung zum Vorbehaltsgut nur bei Vorliegen von bestimmten Ausnahmen vorgenommen wurde, wie im folgenden Abschnitt noch näher dargestellt wird.235 Und gerade für diese beherrschende Vermögensmasse ging die Konzeption der Verwaltungsgemeinschaft dahin, dass der Frau die Stellung eines Minderjährigen zugewiesen wurde. Die Regelungen zur Beschränkung der Dispositionsbefugnis waren ja gerade dem Minderjährigenrecht nachgebildet.236 In der Begründung Plancks wird auch an vielen Stellen deutlich, dass seine primäre Motivation nicht darin lag, der Frau eine wirklich selbstständige

230

Zustimmend: Weber, Ehefrau, S. 414 ff. Weber, Ehefrau, S. 414. 232 Zustimmend: Malsbenden, Stellung, S. 193 ff., 330 f.; Kroj, Abhängigkeit, S. 262 (Sie bezeichnete die Änderung Plancks als eine „bloße Umbennung des Rechtsinstitutes der ehelichen Vormundschaft in das Hausherrenrecht“.); Weber, Ehefrau, S. 414 ff.; Bulling, Frau, S. 131. 233 Planck, Vorentwürfe, S. 494. 234 Planck, Vorentwürfe, S. 504. 235 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, §§ 1363, 1366 ff. BGB a. F., S. 768 ff. 236 Schreuer, Privatrecht, S. 399. 231

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

Stellung einzuräumen. Vielmehr betonte er immer wieder, dass seine Lösung nicht die Rechte des Mannes beschneiden würde.237 „Das Recht des Mannes ist der Frau gegenüber genügend geschützt, wenn es durch einseitige Willensakte derselben, insbesondere durch Rechtsgeschäfte, welche sie ohne seine Genehmigung eingeht, weder direkt noch indirekt beeinträchtigt werden kann.“ 238

Betrachtet man nunmehr die Entscheidungsrechte der Frau an ihrem eingebrachten Vermögen, kommt man zu dem Ergebnis, dass diese wegen der Einschränkung ihrer Dispositionsbefugnis eigentlich nicht vorhanden war. So konnte die Frau über diese Vermögensmasse keine aktiven Entscheidungen ohne Einwilligung ihres Mannes treffen. Ihre Entscheidungskompetenz erschöpfte sich in den Zustimmungserfordernissen, die durch die Beschränkung des Verwaltungsrechts entstanden waren. Diese gaben ihr aber nur die Möglichkeit bestimmte Verfügungen des Mannes zu verhindern, nicht dagegen selbst solche vorzunehmen.239 Dies hatte zur Folge, dass die Ehefrau hinsichtlich ihres eingebrachten Gutes in eine vom Ehemann abhängige Position verwiesen wurde, die dem Gedanken der Gleichberechtigung in keiner Weise entsprach. Auf diese Weise besaß die Gewährung der vollen Geschäftsfähigkeit nur für die Frau Bedeutung, die auch über ein Vorbehaltsgut verfügen konnte. Nur dann war sie in der Lage allein wirksame Verfügungen vorzunehmen. Unter der Prämisse, dass Vorbehaltsgut vorhanden war, erwarb sie sich einen vom Ehemann unabhängigen Bereich, der allein ihrer Entscheidungsgewalt unterlag.240 Doch auch das Vorbehaltsgut war wirtschaftlich gesehen von den Einschränkungen der Dispositionsbefugnis am eingebrachten Gutes belastet. Diese Beschränkung zwang Vertragspartner, bei Geschäften mit einer Ehefrau, ein erhöhtes Risiko einzugehen. Der Frau war ja, wenn sie ohne Einwilligung ihres Mann Verträge schloss, der Zugriff auf das eingebrachte Gut verwehrt. Die Gläubiger konnten daher nur auf das Vorbehaltsgut zur Absicherung ihrer Verbindlichkeiten zugreifen. Zusätzlich wurden auch noch die Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb bei einer solchen Konstellation außer Kraft gesetzt.241 Die Intention auf diese Art und Weise Geschäfte ohne Genehmigung des Mannes zu verhindern, zeigt sich besonders deutlich in der Diskussion, ob bei einem ungenehmigten Geschäft der Frau, neben dem dinglichen auch das obligatorische Geschäft unwirksam sein sollte. Die Regelung, die in Abänderung der Konzeption Plancks zustande kam, bestimmte, dass sich die Nichtigkeit auch auf das obligatorische Geschäft erstre-

237

Planck, Vorentwürfe, S. 488, 498. Planck, Vorentwürfe, S. 498. 239 Malsbenden, Stellung, S. 175 f., 327. 240 Zu den Verbesserungen diesbezüglich im Vergleich zum historischen Recht (ALR): Malsbenden, Stellung, S. 325 f. 241 So auch: Malsbenden, Stellung, S. 331 f. 238

§ 1 Das eingebrachte Gut der Ehefrau

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cken sollte.242 Derartigen Geschäften wurde dadurch der gleiche Charakter zugewiesen wie solchen, die gegen ein Verbotsgesetz verstießen.243 Begründet wurde diese Gestaltung damit, dass man den Vertragspartnern der Frauen unterstellte, den ungenehmigten Geschäften würde „sehr häufig der Versuch einer wucherlichen Ausbeutung der Frau zu Grunde liegen“.244 Daher sei diese Regelung vor allem für die Frauen von Vorteil. Die Vertragspartner der Frauen würden durch die Regelung ebenfalls nicht benachteiligt: „Jeder weiß dann, daß er sich mit Ehefrauen in Rechtsgeschäfte über Gegenstände ihres dem Rechte des Mannes unterworfenen Vermögens ohne Genehmigung des Mannes nicht einlassen kann, und hat, wenn er es doch thut, den ihm daraus etwa entstehenden Schaden sich selbst zuzuschreiben.“ 245

Da aber Dritte nur sehr unvollkommen die Trennung des weiblichen Vermögens nachvollziehen konnten, dürfte sich dies für ein Auftreten der Ehefrau im Rechtsverkehr als ein echtes Hindernis erwiesen haben. Betrachtet man nun das andere Recht, das der Frau durch die Gewährung der Geschäftsfähigkeit zugestanden wurde, nämlich die Prozessfähigkeit, zeigt sich auch hier, dass die starke Einschränkung dieses Rechts, die Wirkungen der Neuerungen nahezu aufhoben. So konnte die Ehefrau zwar nunmehr grundsätzlich ihre Ansprüche, die im Hinblick auf das eheliche Güterrecht vor allem wegen einer nicht ordnungsgemäßen Führung der Verwaltung gegen den Mann entstehen konnten, prozessual geltend machen. In einer Vielzahl der Fälle wurde aber genau dieses Recht durch § 1394 BGB a. F. empfindlich beschnitten. Nach dieser Vorschrift konnte die Frau den überwiegenden Teil der Sicherungsrechte erst dann geltend machen, wenn die Verwaltung und Nutznießung des Mannes am eingebrachten Gut aufgehoben war. Wie die obigen Ausführungen gezeigt haben, bilden die Regelungen Plancks zum eingebrachten Gut, die die Verwaltungsgemeinschaft von einer Gütertrennung unterscheiden, gleichzeitig den Kern der Bevorzugung des Ehemannes und der Benachteiligung der Frau. Durch die für diese Vermögensmasse vorgesehenen Rechte des Mannes zur Verwaltung- und Nutznießung, sowie durch die damit korrespondierende Beschränkung der weiblichen Dispositionsbefugnis, schrieb Planck die wirtschaftliche Abhängigkeit der Frau von ihrem Mann fest. Dies widersprach eindeutig einer Gleichberechtigung der Frau. Durch die Gestaltungen Plancks wurden eindeutig ihre Möglichkeiten beschnitten, eine einem Mann gleichwertige Position im Rechtsverkehr einzunehmen, da mögliche Vertragspartner immer mit der Unwirksamkeit von Willenserklärungen rechnen

242 243 244 245

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

502. 503. 502. 502.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

mussten und sich ein Urteil über die zur Verfügung stehende Haftungsmasse nur sehr schwer bilden konnten. Nach der Darstellung der ungerechten Verteilung der Kompetenzen am eingebrachten Gut soll im Weiteren überprüft werden, ob und inwieweit die Regelungen zum Vorbehaltsgut die Struktur des ehelichen Güterrechtes zugunsten der Frau verbesserten.

§ 2 Das Vorbehaltsgut der Frau Auf das Vorbehaltsgut der Frau hatte der Mann keinen unmittelbaren Zugriff (§ 1365 BGB a. F.). Es stand der Frau zur freien Verfügung, denn gemäß § 1371 BGB a. F. waren hier die Vorschriften der Gütertrennung anzuwenden. Die Abgrenzung vom eingebrachten Gut erfolgte negativ, das heißt, alles was nicht eindeutig als Vorbehaltsgut bezeichnet wurde, war als eingebrachtes Gut anzusehen. Dies wird durch die Betrachtung des § 1363 BGB a. F. im Zusammenhang mit den §§ 1366 ff. BGB a. F. deutlich. Denn während § 1363 BGB a. F. das Vermögen der Frau zunächst umfassend dem eingebrachten Gut zuordnete, machten die §§ 1366 ff. BGB von diesem Grundsatz Ausnahmen für bestimmte Vermögensmassen und -gegenstände, die abweichend davon dem Vorbehaltsgut zugewiesen wurden. Diese rechtliche Gestaltung hatte zur Folge, dass jeder Bestandteil des Frauenvermögens bis zum Beweis des Gegenteils zum eingebrachten Gut gezählt wurde.246 Für die Regelung von großer Bedeutung waren daher die gesetzlich bestimmten Fälle, die Vermögensgegenstände oder Vermögensmassen dem eingebrachten Gut zuwiesen (§§ 1366 ff. BGB a. F.). Dazu gehörten zum Beispiel die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch der Frau bestimmten Sachen (§ 1366 BGB a. F.) oder das, was die Frau durch Erbfolge erwarb (§ 1369 BGB a. F.).247 Die wichtigste und vieldiskutierte Neuerung, die Hauptgegenstand der folgenden Betrachtung sein soll, war die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den Erwerb der Frau, den sie durch eigene Arbeit oder die Führung eines selbstständigen Erwerbsgeschäftes erwirtschaftete (§ 1367 BGB a. F.).248 A. Die Begründung der Erweiterung des Vorbehaltsgutes Die Einführung dieser Vorschrift begründete Planck wiederum mit seinem Bemühen, die ehelichen Lasten gerecht zu verteilen.249 Wie bereits mehrfach er246 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, §§ 1363, 1366 ff. BGB a. F., S. 768 ff.; siehe auch: Mehnert, Entwicklungen, S. 13. 247 Zusammenstellung, mit einem Vergleich zu historischen Recht des ALR: Malsbenden, Stellung, S. 50 ff., 326. 248 Planck, Stellung, S. 19; Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 17; Wolff, in: Kipp/ Wolff, Lehrbuch, Familienrecht, S. 172; Scheuerer, Deutsches Privatrecht, S. 398; siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 99; Malsbenden, Stellung, S. 68.

§ 2 Das Vorbehaltsgut der Frau

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wähnt, strebte Planck mit seinen Regelungen nach einem Ideal, in dem jeder Ehegatte nach seinen Möglichkeiten zu den ehelichen Lasten beitrug. Nur aus Vereinfachungsgründen pauschalierte die Verwaltungsgemeinschaft die Tragung der ehelichen Lasten. Dies bedeutete für den Mann, dass er formell den gesamten Unterhalt für die Familie aufbringen musste; während die Frau ihren Anteil durch die Überlassung des eingebrachten Gutes und die Mitarbeitspflichten im Haus und im Gewerbe des Ehemannes zu leisten hatte. „Die Frau ist verpflichtet, dem Hauswesen vorzustehen und soweit dies standesmäßig üblich, häusliche Arbeiten zu leisten und im Geschäfte des Mannes zu helfen. Was durch diese Thätigkeit gewonnen wird, fällt dem Manne in derselben Art und nach denselben Grundsätzen zu, wie ihm das von andern in seinem Hause oder Geschäfte verwandten Gehülfen Erworbene zufällt.“ 250

Planck hielt eine scharfe Eingrenzung der weiblichen Beitragspflicht für notwendig, damit das Gleichgewicht nicht zulasten der Frau gestört werde. Deshalb führte er die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den selbstständigen Arbeitserwerb ein.251 Mit der Erfüllung der Arbeiten im Haus und gegebenenfalls im Geschäft des Mannes sei die Frau der normalen Mitwirkungspflicht zur Bestreitung der ehelichen Lasten nachgekommen. Weiter dürften aber auch die Rechte des Mannes nicht reichen: „Die natürliche Grenze ergiebt sich hier von selbst daraus, wie weit die Frau zur Arbeit und Thätigkeit verpflichtet ist. Soweit sie dies ist, also zur Hülfe im Hause und Geschäfte des Mannes, fällt ihr Erwerb dem Manne zu, soweit sie über ihre Verpflichtung hinaus arbeitet und erwirbt, gehört ihr Erwerb ihr.“ 252

Planck nahm also an, dass eine selbstständige Tätigkeit der Frau über ihre Verpflichtung zum Miterwerb des eheliche Unterhalts hinausgehe. Aus diesem Grund hielt er es auch für angemessen, der Frau das mittels selbständiger Tätigkeit erworbene Vermögen zu ihrer eigenen Verfügung zu belassen.253 Planck stellte jedoch klar, dass der Grund für diese Regelung nicht die Absicht gewesen sei, der Frau eine vom Mann unabhängige Vermögensbildung zu ermöglichen. Vielmehr rechnete er damit, dass das von der Frau eingenommene Geld regelmäßig von dieser freiwillig zur Bestreitung der ehelichen Lasten verwendet werden würde.254 Daher ging es ihm für die praktische Umsetzung vorwiegend darum, dass die Frau allein über die Art der Verwendung entscheiden sollte.255 249 Ausführliche Behandlung dieser Thematik: Planck, Vorentwürfe, S. 537 ff.; siehe auch: Malsbenden, Stellung, S. 73 ff. 250 Planck, Vorentwürfe, S. 539. 251 Planck, Vorentwürfe, S. 539. 252 Planck, Vorentwürfe, S. 540. 253 Planck, Vorentwürfe, S. 539; Bewertung der Begründung Plancks siehe auch: Malsbenden, Stellung, S. 73 ff. 254 Planck, Vorentwürfe, S. 539. 255 Planck, Vorentwürfe, S. 540.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

In diesem Rahmen aber war für Planck die geplante Neuerung zwingend notwendig, vor allem im Hinblick auf die Veränderungen der wirtschaftlichen Umstände. In der Vergangenheit, genauer zur Zeit des Sachsenspiegels256, hätte sich die Tätigkeit der Frau fast ausnahmslos auf Arbeit im Haus oder im Geschäft des Mannes beschränkt. Daher wäre es gerechtfertigt gewesen, dem Mann die Erträge daraus auch allein zuzuweisen. In der neueren Zeit erkannte Planck eine Entwicklung hin zur selbstständigen Tätigkeit der Frau. Zwar hätte sich zu seiner Zeit in den wohlhabenden Ständen diese Entwicklung noch nicht sehr bemerkbar gemacht. Bei den arbeitenden Klassen aber sei die selbstständige Tätigkeit der Frau schon sehr häufig und für die Erhaltung der Familie oft unentbehrlich gewesen.257 Die Entwicklung, die Planck hier anspricht und die allgemein als „Industrielle Revolution“ bezeichnet wird, begann zur Zeit Plancks gerade die Bevölkerungsstrukturen nachhaltig zu verändern, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B.). Überall entstanden neue Fabriken, die Beschäftigungsmöglichkeiten für Männer aber auch erstmals selbstständige Arbeitsplätze für Frauen schufen.258 Mit der neuen Regelung werde auch dem Drängen der Frauen nachgegeben und ihren „in neuerer Zeit häufig gegen das bestehende eheliche Güterrecht erhobenen Einwendungen“ entsprochen. Planck war überzeugt, dass in diesem Punkt „ihr Streben nach größerer Selbstständigkeit anzuerkennen ist.“ 259 Schließlich habe die Überweisung des Ertrages in das Vorbehaltsgut noch den Vorteil, dass es zu einer Vereinfachung des Rechts komme, weil durch die klare Abtrennung von den Rechten des Mannes von vornherein keine Streitpunkte, z. B. über die Zuweisung der Nutzungen, entstehen könnten.260 B. Wertung Im Falle von § 1367 BGB a. F. zeigt sich bereits in den Begründungen Plancks, dass rein rechtlich gesehen dadurch zwar eine Besserstellung erfolgte, aber in Verbindung mit den gesellschaftlichen Gegebenheiten die tatsächlichen Wirkungen dieser Vorschrift eher begrenzt waren. So ermöglichte diese Erweiterung des Vorbehaltsgutes der Frau, über ihren Erwerb aus selbstständiger Tätigkeit juristisch frei zu disponieren.261 Dies ist allein vom rechtlichen Standpunkt aus betrachtet sicher als ein wesentlicher Schritt in Richtung Gleichberechtigung der Frau zu werten.262 256 257 258 259 260 261 262

Erläuterung zum Sachsenspiegel (s. o. 2. Teil, 2. Kapitel, § 2, B.). Planck, Vorentwürfe, S. 539. Beuys, Familienleben, S. 371 ff. Planck, Vorentwürfe, S. 541. Planck, Vorentwürfe, S. 541. Planck, Vorentwürfe, S. 540. So auch: Malsbenden, Stellung, S. 80 f., 92, 326; Grimme, Entwicklung, S. 100 f.

§ 2 Das Vorbehaltsgut der Frau

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Wirft man jedoch einen Blick auf die Wirkungsweise der Vorschrift unter Zugrundelegung der damals herrschenden gesellschaftlichen Zustände (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 4, B.), dann sind die Wirkungen, wie auch die Begründungen Plancks andeuten, eher als beschränkt zu bewerten. Planck zeigt auch hier wieder die Neigung das traditionell bestehende Verhältnis zwischen Mann und Frau, einschließlich der Herrschaftsposition des Mannes, auch in dem Bemühen die Stellung der Frau zu heben, unangetastet zu lassen. Auf der Grundlage dieser Motivation erscheint die Einschränkung Plancks, diese Regelung werde der Frau eine eigenständige Vermögensvermehrung nicht ermöglichen und ihr deshalb keine selbstständigere Position gegenüber dem Ehemann sichern, folgerichtig. Planck ging bereits bei Schaffung der Regelung davon aus, dass der Erwerb der Frau als laufende Einnahmen seiner Natur nach auch zu laufenden Ausgaben verwandt werde, und nicht dazu bestimmt sei, als Kapital aufgespart zu werden.263 Vielmehr bagatellisierte er selbst die Bedeutung dieser Vorschrift indem er darauf hinwies: „Für das praktische Leben handelt es sich also im Wesentlichen um die Frage, wer über die Art der Verwendung solchen Erwerbs entscheiden soll, ob die Frau, welche ihn gemacht hat, oder der Mann oder nur beide Gatten gemeinschaftlich.“ 264

Aus der Argumentation Plancks geht damit deutlich hervor, dass es nicht in seiner Absicht lag, der Frau die Möglichkeit zu geben, gegenüber dem Mann eine eigenständige wirtschaftliche Position aufzubauen. Zusätzlich fand sich im Gesetz auch noch eine andere Vorschrift, mit deren Hilfe der Mann Zugeständnisse, das heißt, eine teilweise Herausgabe des erwirtschafteten Geldes einfordern konnte. Diese Möglichkeit im Blick gab Planck folgenden Rat: „. . .; denn da die Ehefrau ohne die Einwilligung des Ehemannes sich zu persönlichen Dienstleistungen wirksam nicht verpflichten kann (§ 1277) und ein Erwerbsgeschäft nicht betreiben darf, wenn der Betrieb eines solchen mit den ihr auf Grund der ehelichen Gemeinschaft gegenüber dem Ehemanne obliegenden Pflichten nicht vereinbar ist . . ., so hat der Ehemann es in der Regel in der Hand, den eigenen Erwerb der Ehefrau durch ihre Arbeit zu verhindern bezw. seine Einwilligung davon abhängig zu machen, daß der Erwerb der Ehefrau durch ihre Arbeit ganz oder zum Theil ihm oder dem Ehegute zufalle. Zudem wird bei normalen Verhältnissen thatsächlich im Leben die Ehefrau ohnehin den Erwerb der hier fraglichen Art regelmäßig entweder selbst in die häusliche Wirthschaft verwenden oder zu diesem Zwecke dem Ehemanne überlassen.“ 265 263 Planck, Vorentwürfe, S. 540; zur allgemeinen Wirkungslosigkeit des ehelichen Güterrechts in Ehen, die bei Eheschließung kein nennenswertes Vermögen besitzen und auch ihr Einkommen während der Ehe ausschließlich für den Familienunterhalt ausgeben, siehe: Müller-Freienfels, Gleichberechtigungsprinzip, S. 258. 264 Planck, Vorentwürfe, S. 540. 265 Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 175 f.; der § 1277, im Gesetz § 1358 BGB a. F., sollte jedoch nicht in der Weise umgesetzt werden, in der Planck dies vorgesehen hatte. Vielmehr wurden hier im Gesetzgebungsprozess wesentliche Änderungen zugunsten der

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

Damit wurde der Mann darauf hingewiesen, wie er die Frau nach dem ursprünglichen Entwurf Plancks (zu den Änderungen im Gesetzgebungsverfahren s. u. 3. Teil, 6. Kapitel, § 1, C.) unter Druck setzen konnte, um einen Teil ihres selbstständigen Erwerbs, den er selbst für angemessen hielt, für sich zu gewinnen. Auch im Zusammenspiel mit anderen Normen zeigt sich also, dass die Zuweisung des selbstständigen Erwerbs der Frau zum Vorbehaltsgut in seinen Wirkungen absichtlich beschränkt worden war. Zusammenfassend lässt sich daher feststellen, dass die Regelung Plancks zum Vorbehaltsgut zwar eine juristische Verbesserung der Position der Frau darstellte. In Verbindung mit anderen rechtlichen Vorschriften und den gesellschaftlichen Umständen aber waren die Wirkungen dieser Vorschrift zu beschränkt, um die Nachteile der Verwaltungsgemeinschaft vor allem bezüglich des eingebrachten Gutes soweit aufzuheben, dass man auch nur von einer annähernden Gleichberechtigung der Frau sprechen könnte.

§ 3 Das Vermögen des Mannes Neben den Vermögensmassen des eingebrachten Gutes und dem Vorbehaltsgut, in welche das Vermögen der Frau zerfiel, existierte als dritte Kategorie noch das Vermögen des Mannes. Über die Behandlung dieser Vermögensmasse wurde im Entwurf Plancks keine ausdrückliche Regelung getroffen. Der Mann behielt das Eigentum daran, sowie alle Verfügungs- und Verwaltungsrechte266 und war aufgrund der gesetzlichen Regelung der Verwaltungsgemeinschaft auch nicht verpflichtet, der Frau bei Beendigung der Ehe Ausgleichszahlungen zu leisten. Um die Tragweite dieser rechtlichen Gestaltung zu begreifen, ist es notwendig sich vor Augen zu führen, welche Werte das Vermögen des Mannes enthielt und vor allem mit welchen es während der Ehe vermehrt wurde. So floss in diese Vermögensmasse der Erwerb des Mannes, aufgrund der gesellschaftlichen Situation, in der die Hausfrauenehe zumindest die wohlhabenderen Stände dominierte (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B. I.), in vielen Fällen das einzige laufende Einkommen. Darüber hinaus wurde diese Vermögensmasse bereichert durch die Nutzungen des eingebrachten Gutes der Frau und mittelbar auch durch die Arbeitsleistungen der Frau im Haushalt und im Gewerbe des Mannes.

Vertragsfreiheit der Frauen vorgenommen. In der Endfassung des Gesetzes dürfte der Ehemann erhebliche Schwierigkeiten gehabt haben, wenn er eine selbstständige Tätigkeit der Frau verbieten wollte, da dazu zunächst die Zustimmung des Vormundschaftsgerichtes eingeholt werden musste. Ausführlich zu dieser Änderung von Plancks Entwurf und den Folgen für den Charakter des Güterrechtes sind im dritten Teil dargestellt (s. u. 3. Teil, 6. Kapitel, § 1, C.). 266 Warneyer, Kommentar, 2. Band (1930), S. 607.

§ 3 Das Vermögen des Mannes

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Die Ehefrau konnte an dem Bestand und der Vermehrung dieser Vermögensmasse nur mittelbar partizipieren, insofern als der Mann daraus die ehelichen Lasten bzw. den Unterhalt für seine Familie zu bestreiten hatte. Auch dieser Anspruch wurde jedoch, wie im Folgenden näher erläutert werden soll, durch die ansonsten bestehende Rechtlosigkeit der Frau im Hinblick auf diese Vermögensmasse beeinträchtigt. A. Die Auswirkungen auf den Anspruch der Frau zur Tragung der ehelichen Lasten So hatte die Ehefrau bezüglich dem Vermögen des Mannes keinen Anspruch auf Auskunft, noch hatte sie, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1, B. V.), einen gerichtlich durchsetzbaren Auskunftsanspruch hinsichtlich des Bestandes ihres eigenen eingebrachten Vermögens. Diese Situation war insofern misslich, als von dem Bestand dieser beiden Vermögensmassen ihr einziger effektiver Anspruch gegenüber dem Mann, nämlich auf Übernahme der ehelichen Lasten und Zahlung eines entsprechenden Unterhaltens, abhing. Mangels Auskunftsrecht war es ihr nicht möglich nachzuprüfen, wie hoch der angemessene eheliche Aufwand überhaupt war, und ob der Mann seiner Verpflichtung dahin gehend ordnungsgemäß nachkam.267 B. Das Fehlen jeglichen Zugewinnausgleichs Daneben warf die völlige Rechtlosigkeit der Frau am Vermögen des Mannes aber noch ein weit größeres Problem auf. Da die Verwaltungsgemeinschaft keine Ausgleichsansprüche nach Beendigung der Ehe vorsah, war die Frau von der in der Ehe erwirtschafteten Errungenschaft ausgeschlossen. Das Fehlen jeglichen Zugewinnausgleichs wurde vielfach als das größte Manko der Verwaltungsgemeinschaft Plancks betrachtet.268

267 So auch: Weber, Ehefrau, S. 465 f.; ausführlich zu dieser Problematik, vor allem zu den psychologischen Folgen: Weber, Ehefrau, S. 464 ff. 268 Entgegen der von Planck vorgeschlagenen Gestaltung bemerkte vor allem Richard Schröder, dass eine Beteiligung der Frau an der ehelichen Errungenschaft bereits deshalb notwendig sei, weil es aufgrund der Veränderungen der wirtschaftlichen Situation bereits häufig vorkomme, dass das in der Ehe erwirtschaftete Vermögen mehr der Frau als dem Mann zu verdanken sei. (Schröder, in: 12. DJT, S. 46); ähnlich Gierke, der darauf hinweist, dass die Frau durch Sparsamkeit, häusliche Tätigkeit oder die geschäftlich Mitarbeit im Geschäft des Mannes oft in gleichem Maße zum Erwerb des ehelichen Vermögens beiträgt wie der Ehemann. (Gierke, Entwurf, S. 416); siehe auch: Binding, Reichsgesetze, S. 81); Ridder, Erbrecht, S. 111; Jastrow, Recht, S. 146 ff.; siehe auch: Lehmann, Ehefrau, S. 244; Kempin, Grenzlinien, S. 64., Kempin, Ehefrau, S. 11, 19; weitere Quellen bei: Kroj, Abhängigkeit, S. 255; Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 747.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

Auch Planck hatte diese Schwachstelle der Verwaltungsgemeinschaft erkannt. Jedoch drängte er darauf, dass diese Gestaltung nicht nur als Nachteil für die Frau begriffen werde. Vielmehr beinhalte diese Regelung auch einen Vorteil, nämlich dann, wenn in der Ehe ein Minusbetrag erwirtschaftet werde. In diesem Fall müsse der Mann, wegen des Ausschlusses der Frau von der ehelichen Errungenschaft, auch die entstandenen Verluste alleine tragen, und das Vermögen der Frau wäre geschützt.269 Darüber hinaus schien es Planck auch im Hinblick auf die von ihm vorgesehenen Verteilung der ehelichen Lasten durchaus gerechtfertigt, dass dem Ehemann allein der in der Ehe erwirtschaftete Gewinn zufallen sollte. Schließlich trage er allein das Risiko des Gewinnes oder Verlustes, weshalb ihm auch ein entstandener Gewinn allein gebühre. Dies gelte umso mehr im angenommenen Normalfall, wenn die Frau als Hausfrau keinem eigenen Gewerbe nachgehe und dem Mann bei Eingehung der Ehe ihr Vermögen überlasse. In diesem Falle gehe sie mit dem Ehemann keine Erwerbsgemeinschaft ein, sondern sie trage nur, wie in der Verwaltungsgemeinschaft vorgesehen, einen Teil der ehelichen Lasten. Aus diesen Gründen müsse es ihr genügen, wenn der Mann seiner Verpflichtung entsprechend die ehelichen Lasten bestreitet und sie bei Auflösung der Ehe ihr Vermögen ungeschmälert zurückerhält.270 Abschließend bemerkte Planck, dass diese weniger erfreuliche Seite der Verwaltungsgemeinschaft durch entsprechende erbrechtliche Reglungen aufgefangen oder zumindest abgemildert werden könnte.271 C. Wertung Die Rechtlosigkeit der Frau an dem Vermögen des Mannes macht die Benachteiligung der Frau gegenüber dem Mann durch das Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft deutlich. Während der Ehemann an dem Vermögen der Frau weitgehende Rechte erhielt, konnte die Ehefrau in keiner Weise auf die Entscheidungen des Mannes betreffend sein eigenes Vermögen Einfluss nehmen oder an diesem Vermögen in anderer Weise als durch die dem Ehemann auferlegte Bestreitung der ehelichen Lasten partizipieren. Die Ungerechtigkeit dieses Ergebnisses zeigt sich vor allem, wenn man die Leistungen der Frau betrachtet, durch die sie zur Vermehrung dieser Vermögens269 Weitgehend übereinstimmend mit der Regelung Plancks äußerte sich Gerber, der eine Teilung der ehelichen Errungenschaft ablehnte, weil der Anteil der Frau an einem innerhalb der Ehe erwirtschafteten Gewinn „in der Theilnahme an dem erhöhten Lebensgenuß, in der Beruhigung, welche ihr das Bewußtsein der Sicherung der äußeren Stellung der Familie gewährt“ liege. Aufgrund des unterschiedlichen Arbeitsbeitrages könne sie jedoch weitergehende Rechte nicht beanspruchen: „Auch wird man die Wirthschaftlichkeit und Sparsamkeit der Frau bei der Führung des Hauswesens gewiß nicht als ein der Erwerbsthätigkeit des Mannes paralleles Moment zu Gunsten einer Errungenschaftstheilung anführen können.“ (Gerber, Betrachtungen, S. 262). 270 Planck, Vorentwürfe, S. 472. 271 Planck, Vorentwürfe, S. 472.

§ 4 Die Schuldenhaftung

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masse beizutragen hatte. So sah die Verwaltungsgemeinschaft vor, dass die Nutzungen aus ihrem eingebrachten Gut in diese Vermögensmasse flossen, genauso wie die Ersparnisse und erwirtschafteten Werte aus ihrer Hausarbeit und ihrer Mitarbeit im Geschäft des Mannes. Durch diese Leistungen sollte die Frau ihren Beitrag zur Bewältigung der ehelichen Lasten erbringen. Wurde dabei ein Gewinn erwirtschaftet, wurde dieser ausschließlich der Entscheidungsgewalt des Mannes unterworfen. Auch das Argument Plancks, dass die Frau im Gegenzug den Vorteil hätte, einen Verlust des Ehemannes nicht mittragen zu müssen, ist nur eingeschränkt tragfähig. Im schlimmsten Fall nämlich, also bei einem Vermögensverfall des Ehemannes, dürfte das Vermögen der Frau zum einen wegen ihrer subsidiären Verpflichtung zur Tragung der ehelichen Lasten, zum anderen wegen der beschriebenen Lücken in den Sicherungsrechten des eingebrachten Gutes (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1, B. V.) auch bei der Frau zu Verlusten hinsichtlich ihres Vermögens geführt haben. Neben diesen Problemen während der Ehe zeigten sich zusätzlich bei der Beendigung der Ehe die gravierenden Nachteile der Verwaltungsgemeinschaft. So dürfte der Ausschluss von der ehelichen Errungenschaft, der nur durch eine erbrechtliche Regelung aufgefangen werden sollte, etwa bei einer Scheidung die Frau ungerechtfertigt benachteiligt haben. In diesem Fall, war für die Frau jegliche ehelichen Errungenschaft verloren; und damit eine wertvolle Option bei einem Fehlverhalten des Mannes schon aus finanziellen Gründen kaum durchführbar.272 Die Begründung Plancks für diese Benachteiligung der Frau kann man, wenn man hinter die Argumentation der gerechten Verteilung der ehelichen Lasten und dem suggerierten Unterschied zu einer Erwerbsgemeinschaft blickt, nur als „wirtschaftliche Entwertung der Hausfrauenarbeit“ 273 bezeichnen. Dies erscheint umso ungerechter, da diese Tätigkeiten der Frau von der Gesellschaft (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2), ja sogar von der gesetzlichen Regelung der Verwaltungsgemeinschaft, als Verpflichtung auferlegt wurden.

§ 4 Die Schuldenhaftung A. Die Regelung der Schuldenhaftung Die Trennung der oben dargestellten Vermögensmassen machte sich vor allem gegenüber den Gläubigern der Ehepartner bemerkbar, denn durch die Aufteilung des Vermögens entstanden unterschiedliche Haftungsmassen. Da die Eigentums272 Siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 99, 111; Mehnert, Entwicklungen, S. 16; Weber, Ehefrau, S. 475 f. 273 So auch: Weber, Ehefrau, S. 425, 427 f.; unter Zugrundelegung der ähnlichen Aussagen Gerbers kam Kroj deutlichere Worte benutzend zu dem Ergebnis, dass diese Haltung die Frau „zu einer Schmarotzerexistenz“ degradiere. (Kroj, Abhängigkeit, S. 241).

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

verhältnisse an den Vermögensmassen durch die Eheschließung nicht verändert wurden und jeder Ehegatte die Substanz seines eigenen Vermögens behielt, haftete grundsätzlich jeder Ehegatte für seine Schulden allein.274 So galten Dritten gegenüber die Ehegatten als zwei vermögensrechtlich getrennte Personen. „Der Vermögenstrennung entspricht die Schuldensonderung.“ 275

Durchbrochen wurde dieses Prinzip durch die Regelung, der das eingebrachte Gut aufgrund seiner Doppelstellung, unterworfen war.276 Für die Schulden des Mannes haftete das eingebrachte Gut der Frau nicht (§ 1410 BGB a. F.). Für die Schulden der Frau haftete das eingebrachte Gut grundsätzlich, außer wenn die Rechte des Mannes dadurch gefährdet werden konnten. Daher stand das eingebrachte Gut nicht als Haftungsmasse für Verbindlichkeiten der Frau zur Verfügung, wenn sie ohne die erforderliche Zustimmung des Mannes eingegangen wurden (§§ 1399 II, 1401, 1405, 1412 BGB a. F.).277 Wenn die Regelung des § 1410 BGB a. F. jedoch kategorisch feststellt, das eingebrachte Gut hafte nicht für die Schulden des Mannes, so muss diese Aussage relativiert werden. Der Mann war aufgrund seines Verwaltungsrechtes in der Lage, Vermögensteile aus der Substanz des eingebrachten Gutes herauszunehmen und damit seine Schulden zu begleichen. Jedoch bildete dieses Recht des Mannes selbst keinen Gegenstand im Rahmen der Zwangsvollstreckung.278 Die Haftung im Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft verteilte sich also folgendermaßen. Der Mann haftete mit seinem eigenen Vermögen allein für seine Schulden. Die Frau haftete für alle ihre Schulden allein mit ihrem Vorbehaltsgut. Das eingebrachte Gut haftete für Schulden das Mannes nicht und für Schulden der Frau nur unter gewissen Umständen.279 B. Die Begründung für den Ausschluss der Schuldenhaftung Diese Ablehnung der Verstrickung des eingebrachten Gutes hatte viele Gegner, die eine Haftung der Frau für die Schulden des Mannes in unterschiedlichen Ausgestaltungen forderten.280 Die Frage der Schuldenhaftung wurde sogar als die 274 Zum Vergleich der Regelung des BGB mit dem ALR: Malsbenden, Stellung, S. 209. 275 Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1908), S. 375. 276 Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1908), S. 375. 277 Scheurer, Deutsches Privatrecht, S. 400. 278 Planck, Vorentwürfe, S. 565 f. 279 Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1908), S. 375. 280 Ausführliche Diskussion dieser Problematik bei den Verhandlungen des 12. Deutschen Juristentages: 12. DJT, S. 33 ff.; insbesondere Albrecht forderte in dieser Sitzung, die Frau mit ihrem Vermögen haften zu lassen, wenn es nicht auf ihren Namen beständig angelegt bleibe. (Albrecht, in: 12. DJT, S. 54) Dem gleich lautenden Antrag Albrechts stimmte die Mehrheit auf dem 12. Juristentag zu. (12. DJT, S. 80; siehe auch:

§ 4 Die Schuldenhaftung

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Kardinalsfrage des ehelichen Güterrechts bezeichnet.281 Die ausführliche Berücksichtigung dieses Aspektes wird von Kroj auf einen aktuellen Anlass zurückgeführt, den Alexander Meyer aus Berlin bei der Verhandlung des Juristentages folgendermaßen beschrieb: „Ich glaube nicht zu viel zu sagen, wenn ich behaupte, ein sehr großer Theil der kleineren Bankerots gründet sich ganz allein auf diese Möglichkeit, mit dem Gelde der Frau ohne Gefahr zu speculiren. (Sehr richtig!) Der Mann, der mit dem Vermögen seiner Frau speculirt ohne die Gefahr dieses Vermögen im Falle einer unglücklichen Speculation einzubüßen, gleicht einem Spieler, der falsche Marken vor sich hat, der im Falle des Gewinns den Gewinn einstreicht und im Falle des Verlustes nichts verliert.“ 282

Auch für Planck war die gewählte Regelung durchaus nicht selbstverständlich, wie die im Folgenden dargestellte, ausführliche Auseinandersetzung mit diesem Thema zeigt. Vielmehr brachte Planck durchaus Verständnis für andere Regelungsvorschläge auf und gab zu, dass eine Schuldenhaftung der Frau im Dienste des Kredits des Mannes und zum Schutz seiner Gläubiger wünschenswert wäre. Betrachte man aber die anderen Aspekte, die von dieser Regelung betroffen wären, dann könne für eine solche Ausgestaltung keine Rechtfertigung gefunden werden, vor allem nicht gegenüber der weiblichen Bevölkerung.283 I. Der Rechtsschein des ungetrennten Vermögens

Planck setzte sich zunächst mit dem Hauptargument für eine Schuldenhaftung der Frau auseinander. Dieses ging dahin, dass sich das Vermögen der Ehegatten durch die eheliche Verwaltung und Nutznießung für einen außenstehenden Dritten wie ein in der Hand des Mannes befindliches, ungetrenntes Vermögen darstellen würde.284 Daher erscheine der Mann dem Dritten als Eigentümer des gesamten Ehegutes. Im geschäftlichen Bereich bedeute dies eine Gefährdung des Dritten, weil er nicht in der Lage sei, die Haftungsmasse, die ihm für seine Ansprüche zur Verfügung stehe, abzuschätzen.285 Diese Argumentation ließ Planck nicht gelten. Es gebe vielmehr mehrere gesetzlich geregelte Fälle, in denen sich die Vermögensmassen von zwei Personen in einer Weise vermischten, sodass äußerlich betrachtet einer als der Eigentümer Kroj, Abhängigkeit, S. 253 ff.) Für eine Schuldenhaftung der Frau und gegen die Ausgestaltung des Entwurfs sprachen sich darüber aus: Gierke, Entwurf, S. 410 (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 3. a) cc)); Mitteis, Bemerkungen, S. 570, 595. 281 Albrecht, in: 12. DJT, S. 47. 282 Meyer, in: 12. DJT, S. 67; siehe auch: Kroj, Abhängigkeit, S. 254 f. 283 Planck, Vorentwürfe, S. 556. 284 Planck, Vorentwürfe, S. 555; so etwa: Gierke, Haus, S. 653; Gierke, Entwurf, S. 410; Meyer, in: 12. DJT, S. 67. 285 Planck, Vorentwürfe, S. 556.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

des ganzen Vermögens erscheine. Eine solche Fallkonstellation würde z. B. entstehen, wenn der Vater das Vermögen seiner Kinder verwalte. In so einem Fall würde niemand aufgrund des Gläubigerschutzes, den entstandenen Rechtsschein als Anlass zu der Forderung nehmen, das Vermögen der Kinder als Haftungsmasse zur Verfügung zu stellen.286 Daher forderte Planck, dass, wie auch in den anderen Fällen, der Dritte eben selbst für seinen Schutz zu sorgen hätte: „Wer einem Schuldner mit Rücksicht auf das demselben anscheinend zustehende Vermögen Kredit schenkt, muß sich eben reale Sicherheit verschaffen.“ 287

Im Übrigen sei der Gläubiger auf den Schutz des guten Glaubens zurückgeworfen. „Wer aber Personalkredit giebt, traut eben der Person, und das Recht ist weder berufen, noch im Stande, den Gläubiger gegen eine Täuschung über die Kreditwürdigkeit seines Schuldners auf Kosten dritter Personen zu schützen.“ 288 II. Der Schutz der weiblichen Interessen

Das eheliche Verhältnis könne die Schlechterstellung der Frau gegenüber den anderen Gläubigern nicht rechtfertigen.289 Die Begründung für eine solche Belastung finde sich vor allem nicht in dem Verwaltungsrecht des Mannes am Vermögen der Frau. Aus einem Verwaltungsrecht, wie unbeschränkt es auch sei, dürfe niemals geschlossen werden, dass das verwaltete Vermögen oder dessen Eigentümer für solche Schulden des Verwalters hafte, die sich formell und materiell als dessen eigene Schulden darstellten. Insbesondere ließe sich eine solche Forderung nicht aus einem dem Manne eingeräumten Veräußerungsrecht herleiten.290 Zwar bestehe dadurch für den Mann grundsätzlich die Möglichkeit das Frauenvermögen zur Tilgung seiner eigenen Schulden zu verwenden. Aus dieser Option könne man aber nicht auf ein Recht der Gläubiger schließen, welches beinhaltete, dass das Frauenvermögen ihnen für persönliche Schulden des Mannes haftet.291 Die Schuldenhaftung des eingebrachten Gutes würde das Veräußerungsrecht des Mannes, das diesem nur im Dienste der ehelichen Verwaltung eingeräumt wurde, in ein Vermögensrecht umwandeln. Hätte man eine solche Folge beabsichtigen, wäre es einfacher gewesen dem Mann das eingebrachte Gut der Frau als Eigentum zu übertragen und die Frau auf einen persönlichen Restitutionsanspruch bei Auflösung der Ehe zu verweisen. Für die Frau seien beide Möglichkeiten gleichwertig. Es mache keinen Unterschied, ob ihr Vermögen den 286 287 288 289 290 291

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

557. 557. 557. 558. 559. 560.

§ 4 Die Schuldenhaftung

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Gläubigern des Mannes gegenüber als Vermögen des Mannes gilt oder ob der Mann Eigentümer ist und sie einen persönlichen Anspruch gegen ihn hat.292 Die Probleme, die durch die fehlende Mithaftung der Frau, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche betrügerische Übervorteilung von Gläubigern, durch das willkürliche Verschieben von Vermögensmassen zwischen den Eheleuten, entstehen könnten, würden ebenfalls keine andere Bewertung rechtfertigen. Für solche Fälle müssten die Gläubiger auf die allgemeinen Schutzvorschriften, wie die Regelungen der Konkursordnung, die Anfechtbarkeit der unter Eheleuten abgeschlossenen Rechtsgeschäfte und die Beschränkung des Vindikationsrechtes der Frau verwiesen werden.293 Vollständig würden diese Regelungen natürlich keinen Schutz vor der Verkürzung von Gläubigerrechten oder anderen betrügerischen Geschäften bieten. Eine Schuldenhaftung der Frau auf diese Gefahr hin, sei schon deshalb abzulehnen, weil zum Ausschluss dieser Gefahr eine beschränkte Haftung der Frau mit einer ihrer Vermögensmassen nicht ausreichen würde. Vielmehr müsste man, um effektiv dieser Gefahr begegnen zu können, die Schuldenhaftung auf das ganze Vermögen der Frau erstrecken. Dies sei jedoch völlig ausgeschlossen.294 III. Die Erhaltung der Grundprinzipien der Verwaltungsgemeinschaft

Das andere wesentliche Argument Plancks bezog sich darauf, dass das Element der weiblichen Schuldenhaftung der Verwaltungsgemeinschaft fremd sei. Würde man die Schuldenhaftung trotzdem in diesen Güterstand implantieren, käme man zu folgendem Ergebnis: „Das Prinzip der Verwaltungsgemeinschaft soll also nur in dem Verhältniß der Gatten unter einander, nach außen hin aber das Prinzip der Gütergemeinschaft maßgebend sein.“ 295

Die Kritik, ohne die gemeinsame Schuldenhaftung werde unter den Ehegatten eine künstliche Ordnung konstruiert, sei daher, laut Planck, eigentlich nur ein versteckter Angriff auf das Prinzip Verwaltungsgemeinschaft selbst.296 Halte man aber an der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand fest, dann müsse man sich auch mit der Verteilung der Lasten unter den Ehegatten, wie sie nach diesem Prinzip üblich sei, abfinden. Ansonsten sei zu befürchten, dass das Gleichgewicht, das bei der Verteilung der ehelichen Lasten aufgebaut wurde, aus dem Lot gerate.297 Das Gleichgewicht sei insbesondere 292 293 294 295 296 297

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

557. 563 f. 564. 560. 560. 561.

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2. Teil, 4. Kap.: Der Niederschlag von Plancks Zielen

deshalb gefährdet, weil der Frau bei der Verwaltungsgemeinschaft kein Anteil am Erwerb oder Vermögen des Mannes zustehe, wie dies bei der Gütergemeinschaft der Fall sei, und weiterhin der Mann auch nicht für die Schulden seiner Frau hafte. „Das gleiche Maß für beide Theile fordert also, daß die Frau, wie sie am Gewinne nicht Theil nimmt, so auch die Gefahr des Verlustes nicht trägt.“ 298

Laut Planck spreche auch die geschichtliche Ausprägung der Güterrechte für diese Lastenverteilung. Dies könne an dem überwiegenden Teil der bestehenden Partikularrechte nachvollzogen werden. So ginge die Haftung der Frau für die Schulden des Mannes regelmäßig mit einer Teilnahme derselben an dem Vermögen oder dem Erwerb des Mannes einher. Umgekehrt würden die Güterrechte, die auf dem Gedanken der Verwaltungsgemeinschaft fußten, eine Haftung der Frau für die Schulden des Ehemannes in großen Teilen ablehnen. Das Rechtsbewusstsein des Volkes könne aus dieser Beobachtung abgelesen werden.299 Noch deutlicher zeige sich dies bei den wenigen Güterrechten, die sich diesem Grundsatz verschließen würden. So könne man bei solchen Güterrechten einen vermehrten Ausschluss der Schuldenhaftung durch Eheverträge beobachten.300 Schließlich wies Planck noch auf die praktischen Schwierigkeiten hin, die eine Einführung der Schuldenhaftung mit sich bringen würde. Es sei nämlich eine Kollision zwischen den Interessen, die mit der Einführung der Schuldenhaftung geschützt werden und dem Prinzip der Vertragsfreiheit im Güterrecht zu befürchten. Der Grund dafür sei, dass es den Eheleuten verwehrt werden müsse, auf die Schuldenhaftung der Frau durch Vertrag Einfluss zu nehmen. Nur so könne man sicherstellen, dass die Gläubiger sich auf den äußeren Anschein der Vermögensmacht des Mannes verlassen könnten.301 Das würde aber wiederum bedeuten, dass die Einführung der Schuldenhaftung eine Begrenzung der Vertragsfreiheit im ehelichen Güterrecht notwendig machen würde. „Ob ein solcher Zwang mit dem in der geschichtlichen Entwickelung des ehelichen Güterrechts in Deutschland so ausgeprägten Prinzipe der Vertragsfreiheit vereinbar ist, darf mit Grund bezweifelt werden.“ 302

Nicht weniger schwer würden die vielen Abgrenzungsfragen wiegen, die durch die Einführung der Schuldenhaftung geschaffen würden. So müsste man Regelungen aufnehmen, die den Kreis des haftenden Kapitals genau eingrenzen; Zeitpunkte wären festzulegen, wann die Verstrickung was erfassen würde. All diese

298 299 300 301 302

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

561. 562. 563. 564. 564 f.

§ 4 Die Schuldenhaftung

123

Schwierigkeiten zeigten mehr als deutlich, dass die Schuldenhaftung für das Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft niemals vorgesehen war: „Sie ist eben ein dem System der Verwaltungsgemeinschaft fremdartiges Element und der Versuch, sie in dasselbe einzufügen, muß daher künstliche und verwickelte Rechtsbildungen zur Folge haben.“ 303

C. Wertung Der Ausschluss der Schuldenhaftung war in großen Teilen für die Frau als positiv zu bewerten.304 Damit wurde verhindert, dass die Frau für die Schulden ihres Mannes von seinen Gläubigern zur Rechenschaft gezogen wurde. Jedoch erfährt dieses an sich positive Ergebnis eine wesentliche Einschränkung. Der Frau war es während der ehelichen Nutznießung nicht gestattet, das eingebrachte Gut als Haftungsmasse für ihre eigenen Gläubiger zur Verfügung zu stellen. Dies begründete man mit der Befürchtung, dass ansonsten die Nutzungsrechte des Mannes am eingebrachten Gut in Mitleidenschaft gezogen werden könnten. Diese Maßnahme führte zu einer wirtschaftlichen Behinderung der Frau. Eine solche entstand durch die Unsicherheit, die aus dieser Gestaltung für ihre Gläubiger resultierte. Diesen Dritten stand nämlich keine Möglichkeit offen, nachzuprüfen in welchem Verhältnis das Vermögen der Frau in Vorbehaltsgut und eingebrachtes Gut zerfiel. Daher war für die Gläubiger ein Geschäft mit einer Ehefrau immer mit mehr Risiko verbunden als mit einem anderen Geschäftspartner. Es steht zu befürchten, dass viele aus diesem Grund beim Abschluss eines Geschäftes mit einer Ehefrau entweder die Zustimmung des Mannes verlangten oder von einem solchen Vertrag Abstand nahmen. Durch die Berücksichtigung des Verwaltungsrechtes bei der Regelung der Schuldenhaftung wurde daher die reale Solvenz der Frau gemindert und zusätzlich auch die Bedeutung des Vorbehaltsgutes an sich geschmälert. Die Frau war wiederum vom Willen ihres Mannes abhängig. Auch an dem Beispiel der Schuldenhaftung zeigt sich damit noch einmal, dass das wesentliche Problem, welches das Ungleichgewicht zwischen Mann und Frau verursachte, das Verwaltungsrecht des Mannes am eingebrachten Gut war. Die Zersplitterung der weiblichen Schuldenhaftung für ihre eigenen Schulden, die sich in der unterschiedlichen Behandlung des eingebrachten Gutes und des Vorbehaltsgutes ausdrückte, ist letztendlich auf die Regelungen zur Nutznießung und Verwaltung des eingebrachten Gutes zurückzuführen.

303

Planck, Vorentwürfe, S. 565. So auch Malsbenden, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Regelung der Schuldenhaftung im Vergleich zum ALR eine Verbesserung darstellt: Malsbenden, Stellung, S. 328, 338. 304

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2. Teil, 5. Kap.: Zusammenfassung

5. Kapitel

Zusammenfassung Unter besonderer Berücksichtigung der eingangs gestellten Frage, ob der Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft den Zielen Plancks entsprach, können die gefundenen Ergebnisse folgendermaßen zusammengefasst werden. Planck wollte mit seinem Güterstand vor allem zwei Ziele erreichen. Es sollte der Frau eine gleichberechtigte Position in der Ehe eingeräumt und gleichzeitig, als Ausdruck der gegebenen gesellschaftlichen Situation, die Hausherrnstellung des Mannes im ehelichen Güterrecht befestigt werden. Im Ergebnis muss festgehalten werden, dass Planck inhaltlich die Interessen der Frauen zugunsten überkommener, patriarchalischer Strukturen vernachlässigte.

§ 1 Die weiblichen Interessen Eine Gleichberechtigung der Frau konnte Planck mit dem Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft nicht erreichen. Tatsächlich treffen zwei Arbeiten, die sich mit einem Vergleich der Regelungen des BGB und den historischen Güterrechten des Sachsenspiegels und des ALR beschäftigen sogar die Aussage, dass eine Verbesserung der weiblichen Position bei einer Gesamtschau aller betroffenen Aspekte kaum wahrnehmbar ist.305 Vergleicht man aber die Verwaltungsgemeinschaft mit den Forderungen, die das Gleichberechtigungsprinzip an eine güterrechtliche Regelung stellt, dann muss man zu dem Ergebnis kommen, dass das Güterrecht des BGB in allen ausschlaggebenden Punkten eine deutliche Benachteiligung der Frau enthielt. Dies gilt bezüglich der wirtschaftlichen Gleichstellung der Ehegatten, der Entscheidungsmacht über das vorhandene eheliche Vermögen, wie auch für die Chancengleichheit bezüglich der Beteiligung am wirtschaftlichen Verkehr.306 A. Die wirtschaftliche Gleichstellung Zur Verwirklichung der Gleichberechtigung muss die wirtschaftliche Gleichstellung beider Ehegatten gesichert sein, oder anders ausgedrückt, der Gleichbe305 So kam Kroj in ihrer Schlussbetrachtung zu dem Ergebnis, dass das Güterrecht des BGB „inhaltlich vom Eherecht des Sachsenspiegels in seinen wesentlichen Zügen kaum abgewichen ist. Damit ist das Eherecht über einen Zeitraum von mindestens tausend Jahren fast statisch geblieben.“ (Kroj, Abhängigkeit, S. 261) Auch der Vergleich des BGB mit dem ALR führte zu der Erkenntnis, dass zwar in der konkreten Ausgestaltung des BGB gewisse Vorteile lägen, allgemein betrachtet sich jedoch „die Rechtsposition der Frau am eingebrachten Gut während des 19. Jahrhunderts nicht entscheidend geändert hat.“ (Malsbenden, Stellung, S. 207; zur Regelung des ALR siehe: Thieme, Allgemeines Landrecht, in: HRG, Bd. 1, S. 99 ff.). 306 Zur inhaltlichen Ausfüllung des Begriffes Gleichberechtigung im ehelichen Güterrechte, siehe: Müller-Freienfels, Gleichberechtigungsprinzip, S. 258 ff.

§ 1 Die weiblichen Interessen

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rechtigung widerspricht ein einseitiges Recht eines Ehegatten am Vermögen des anderen.307 Im Güterstand Plancks waren mehrere einseitige Rechte des Mannes enthalten, die zu einer Benachteiligung der Frau führten, so vor allem das Nutznießungs- und Verwaltungsrecht am eingebrachten Gut und der fehlende Zugewinnausgleich. Die vorgesehenen Rechte der Frau, etwa auf Übernahme der ehelichen Lasten durch den Ehemann oder auf freie Verfügung über ihren selbstständigen Arbeitserwerb, konnten diese Benachteiligungen nicht ausgleichen. Ein Ausgleich der Belastungen war vor allem wegen der weitreichenden Rechte des Mannes am eingebrachten Gut nicht möglich. Dabei hatte das Nutznießungsrecht zur Folge, dass das Vermögen der Frau, soweit es nicht in das Vorbehaltsgut fiel, nicht mehr den Interessen der Eigentümerin diente, da alle Nutzungen und Vorteile dieser Vermögensmasse in das Eigentum des Mannes übergingen. Eine Vermögensmehrung durch den Einsatz des eingebrachten Gutes war daher für die Frau im Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft ausgeschlossen. Zugunsten des Nutznießungsrechts lässt sich anführen, dass es den Bestand des eingebrachten Gutes nicht gefährdete, anders als das dem Ehemann zugestandene Verwaltungsrecht am eingebrachten Gut. Durch das Verwaltungsrecht wurde das eingebrachte Gut weitgehend der Verfügungsgewalt des Ehemannes unterworfen. Dies zeigt die deutlich stärkere Position des Mannes innerhalb der Ehe, die einer Gleichberechtigung der Frau widersprach, da die Frau durch den Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft keinerlei Rechte an dem Vermögen des Mannes erhielt.308 Trotz der Versuche Plancks, dieses Recht des Mannes durch Verfügungsbeschränkungen, Ersatzansprüche und andere Sicherungsmittel einzuschränken, konnte er dennoch die Substanz des eingebrachten Gutes nur unzureichend vor einer Verschwendung durch den Ehemann bewahren.309 Neben den Unzulänglichkeiten der Sicherungsrechte war dafür vor allem die durch § 1394 BGB a. F. von der 2. Kommission eingeführte Beschränkung der prozessualen Durchsetzbarkeit für einen Teil dieser Ansprüche verantwortlich. Durch das Verwaltungsrecht wurde so das eingebrachte Vermögen der Frau zum risikolosen Kapital des Ehemannes. Erzielte der Mann mit dem Kapital der Ehefrau Vorteile, flossen diese in sein Vermögen; entstanden Verluste, musste er diese zwar ersetzen, da die Frau diese Ansprüche jedoch erst bei Beendigung der Verwaltung und Nutznießung geltend machen konnte (§ 1394 BGB a. F.), wurde der Mann von diesen Forderung nur selten betroffen. Tatsächlich konnten die Ersatzansprüche der Frau in den beiden Hauptfällen der Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung, also Beendigung der Ehe durch den Tod des Mannes und Vermögensverfall des Ehemannes, der die Ersatzansprüche der 307

Müller-Freienfels, Gleichberechtigungsprinzip, S. 259. So auch: Malsbenden, Stellung, S. 177. 309 Trotzdem wird der Güterstand Plancks teilweise bezüglich der Sicherung des eingebrachten Gutes als Fortschritt im Vergleich zum bestehenden Recht angesehen: Grimme, Entwicklung, S. 104; Dörner, Industrialisierung, S. 103. 308

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2. Teil, 5. Kap.: Zusammenfassung

Frau in uneinbringliche Forderungen verwandelte, zumindest nicht gegen ihn persönlich geltend gemacht werden. Schließlich wurde diese Übervorteilung der Frau während der Ehe auch nicht durch eine Beteiligung der Ehefrau an der ehelichen Errungenschaft bei Auflösung der Ehe ausgeglichen. Zwar flossen die Früchte des eingebrachten Vermögens der Frau und teilweise auch die Verwertung ihrer Arbeitskraft, in Form ihrer Verpflichtung zur Führung des Haushaltes und zur Mitarbeit im Geschäft des Mannes, in das Vermögen des Ehegatten. Trotzdem wurde die Ehefrau an dieser Vermögensmasse zu keinem Zeitpunkt beteiligt. Diesen Nachteil konnte Planck für den Fall des Vorversterbens des Ehemannes zwar durch eine für die Ehefrau großzügige erbrechtliche Regelung ausgleichen. Im Falle der Scheidung aber war für die Frau jeglicher eheliche Vermögenszuwachs verloren. Gerade diese Ausgestaltung des Gesetzes war für die Position der Frau fatal, denn die Frau konnte so eine Scheidung ohne Verlust ihrer vermögensrechtlichen Anrechte nicht durchführen bzw. über sich ergehen lassen.310 Für diese wirtschaftlichen Benachteiligungen der Frau wurden ihr keine äquivalenten Rechte gegenüber dem Ehemann zur Verfügung gestellt. Auch der vielfach als bedeutende Neuerung bezeichnete § 1367 BGB a. F.311, der den selbstständigen Arbeitserwerb der Frau zum Vorbehaltsgut bestimmte, konnte einen solchen Ausgleich nicht herbeiführen. Diese Vorschrift enthielt zwar eine juristische Verbesserung der weiblichen Position im Vergleich zu den historischen Güterrechten.312 Faktisch waren die Auswirkungen dieser Vorschrift jedoch eher beschränkt und gingen nicht dahin der Frau eine wirtschaftlich stärkere Position gegenüber ihrem Ehemann zu verschaffen. Bereits die Lektüre der Begründungen Plancks zum Gesetzesentwurf zeigt, dass Zweck dieser Regelung niemals sein sollte, der Frau eine Möglichkeit zur Vermögensmehrung zur Verfügung zu stellen.313 Vielmehr rechnete Planck, unter Einbeziehung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten damit, dass die Frau ihren selbstständigen Erwerb freiwillig der ehelichen Gemeinschaft zur Verfügung stellen würde. Diese Annahme erwies sich, wie unten noch näher erläutert werden wird (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B. II.; 7. Kapitel, § 2), als zutreffend, weil der selbstständig arbeitende Teil der weiblichen Bevölkerung überwiegend aus der Arbeiterklasse stammte und dort der weibliche Erwerb für den lebensnotwendigen Unterhalt aufgewendet werden musste.314 Zusätzlich wurde die Bedeutung dieser Vor310 Siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 99, 111; Mehnert, Entwicklungen, S. 16; Weber, Ehefrau, S. 475 f. 311 Planck, Stellung, S. 19; Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 17; Wolff, in: Kipp/ Wolff, Lehrbuch, Familienrecht, S. 172; Scheuerer, Deutsches Privatrecht, S. 398; siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 99; Malsbenden, Stellung, S. 68. 312 So auch: Malsbenden, Stellung, S. 80 f., 92, 326; Grimme, Entwicklung, S. 100 f. 313 Planck, Vorentwürfe, S. 540. 314 Planck, Vorentwürfe, S. 540.

§ 1 Die weiblichen Interessen

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schrift noch durch die Wechselwirkungen mit § 1358 BGB a. F. reduziert, der dem Ehemann unter gewissen Umständen eine Einflussnahme auf die arbeitsvertraglichen Beziehungen der Frau mit Dritten ermöglichte. Ebenfalls keinen ausreichenden Ausgleich für die Beschneidung der weiblichen Rechte stellte die Verpflichtung des Mannes zur Tragung der ehelichen Lasten dar. Diese Regelung wurde vielfach von Planck als Begründung verwendet, um die Benachteiligungen der Frau zu rechtfertigen, indem er darauf verwies, dass die getroffenen Gestaltungen notwendig seien, um eine gerechte Verteilung der ehelichen Lasten zu gewährleisten. Die Regelungen des Güterrechts hatten nicht nur zur Folge, dass die Ehefrau einen angemessenen Beitrag zu den ehelichen Lasten leistete. Dadurch dass Planck mit den Erlösen aus der Unterwerfung des eingebrachten Gutes und den Mitarbeitsverpflichtungen der Frau unterschiedslos das Vermögen des Ehemannes mehrte, entzog er der Frau auch diejenigen Mittel, die für den laufenden Unterhalt nicht benötigt wurden und beraubte sie so wertvoller Möglichkeiten zur Vermögensbildung. Im gegensätzlichen Fall aber, also wenn der Ehemann mit den ihm zur Verfügung gestellten Mitteln nicht den ehelichen Aufwand bestreiten konnte, traf die Frau eine subsidiäre Verpflichtung zur Tragung der ehelichen Lasten. Damit ging die von Planck aufgestellt Gleichung – Tragung der ehelichen Lasten gegen güterrechtliche Benachteiligungen – nicht auf, weil bei einer Gewichtung der gegenseitigen Ansprüche die pauschalierenden Regelungen eine Benachteiligung der Frau um die Möglichkeit einer eigenständigen Vermögensbildung statuierten. Darüber hinaus war der Anspruch auf Tragung der ehelichen Lasten von dem Entscheidungsrecht des Mannes in der Ehe belastet. Auf diese Weise entschied ausschließlich der Ehemann über die Höhe des Unterhaltsanspruches, die Frau hatte weder einen Anspruch auf Zahlung bestimmter Summen, noch konnte sie mangels durchsetzbarem Auskunftsanspruch die Bemessung des ehelichen Unterhaltes überprüfen.315 Ein werthaltiger und äquivalenter Ausgleich der einseitigen Rechte des Mannes am Vermögen und an der Arbeitskraft der Frau hätte nur durch Rechte der Frau am Vermögen des Mannes und an seinem laufenden Einkommen erfolgen können. Solche waren jedoch im Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft nicht vorgesehen. B. Das Entscheidungsrecht Neben der wirtschaftlichen Gleichbehandlung beinhaltet im ehelichen Güterrecht die Forderung nach Gleichberechtigung vor allem eine gleichmäßige Zuweisung der in der Ehe bezüglich dem Vermögen bestehenden Entscheidungsrechte. Eine die Gleichberechtigung der Ehepartner achtende Regelung muss 315

So auch: Weber, Ehefrau, S. 465 f.

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2. Teil, 5. Kap.: Zusammenfassung

daher Mann und Frau die gleiche Zuständigkeit, das eigene Vermögen zu verwalten, gewähren; wogegen wiederum alle vorrangigen Verwaltungsrechte des Mannes verstoßen.316 Auch bezüglich der Entscheidungsfreiheit der Frau während der Ehe enthält das Güterrecht Plancks, durch das dem Mann zugewiesene Verwaltungsrecht am eingebrachten Gut, eine einseitige Benachteiligung der Frau, da ihr für das Vermögen des Mannes keinerlei Entscheidungsrechte zugebilligt wurden. Planck bemühte sich durch einige Maßnahmen diese Benachteiligung der Frau, wenn nicht auszugleichen, so doch abzumildern. Zeichen dieser Bemühungen sind beispielsweise die Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft, die Erweiterung des Vorbehaltsgutes und die Beschränkung des männlichen Verwaltungsrechtes. Als größten Fortschritt und umwälzende Neuerung im Bereich der Förderung der weiblichen Entscheidungsfreiheit wollte Planck die Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft verstanden wissen. Mit großem Engagement setzte sich Planck dafür ein, dass die Frau auch nach der Eheschließung ihre volle Geschäftsfähigkeit behielt. Diese Forderung hätte, durch die Aufhebung dieser alten rechtlichen Deklassierung, ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung sein können.317 Jedoch nahm Planck dieser Neuerung viel von ihrem Regelungsgehalt, indem er aufgrund seiner Konzeption des männlichen Verwaltungsrechtes, nicht umhinkam, die Dispositionsbefugnis der Frau bezüglich ihres eingebrachten Gutes zu beschränken. Das Ergebnis war, dass die Frau mit dem größten Teil ihres Vermögens, denselben Restriktionen unterlag wie eine Minderjährige. Bemerkenswert ist, dass Planck genau um dieses Ergebnis zu vermeiden, die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit ablehnte.318 Planck äußerte sich mit großer Zuversicht, dass die bloße Einschränkung der Dispositionsbefugnis der Frau eine freiere und unabhängigere Stellung verschaffen werde.319 Bei näherer Betrachtung unter Einbeziehung der neu eingeführten Beschränkungen der Frau kommt man jedoch zu dem Ergebnis, dass die Abschaffung des Mundiums in der vorliegenden Art und Weise nur als rein fiktive Verbesserung bezeichnet werden kann, die eine materielle Änderung der Verhältnisse nicht herbeizuführen vermochte.320 Die Beschränkungen des Verwaltungsrechtes des Mannes waren ebenfalls nicht geeignet, der Frau eine sinnvolle Beteiligung an den bezüglich ihres Vermögens anstehenden Entscheidungen zu gewähren. Der Grund dafür war, dass die 316

Müller-Freienfels, Gleichberechtigungsprinzip, S. 259 f. Zustimmend: Weber, Ehefrau, S. 414 ff. 318 Planck, Vorentwürfe, S. 494. 319 Planck, Vorentwürfe, S. 504. 320 Zustimmend: Malsbenden, Stellung, S. 193 ff., 330 f.; Kroj, Abhängigkeit, S. 262 (Sie bezeichnete die Änderung Plancks als eine „bloße Umbennung des Rechtsinstitutes der ehelichen Vormundschaft in das Hausherrenrecht“.); Weber, Ehefrau, S. 414 ff.; Bulling, Frau, S. 131. 317

§ 1 Die weiblichen Interessen

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Frau über das eingebrachte Gut keine aktiven Entscheidungen ohne Einwilligung ihres Mannes treffen konnte. Ihre Entscheidungskompetenz beschränkte sich auf die am eingebrachten Gut bestehenden Zustimmungserfordernisse, die ihr aber nur die Möglichkeit gaben, bestimmte Verfügungen des Mannes zu verhindern, nicht dagegen selbst Verfügungen vorzunehmen.321 Die Erweiterung des Vorbehaltsgutes jedoch, vor allem um den selbstständigen Arbeitserwerb der Frau, hatte eine Verbesserung ihrer Position hinsichtlich ihrer Entscheidungsfreiheit zur Folge.322 Auch wenn die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstände diese neue juristische Entscheidungsfreiheit teilweise begrenzten, erweiterte Planck auf diese Weise zumindest eine kleine Konklave der Entscheidungsfreiheit der Frauen, indem sie über die Verwendung ihres selbstständigen Arbeitsentgeltes frei entscheiden konnten.323 Insgesamt ist daher bezüglich der Entscheidungsrechte der Frau zwar in manchen Bereichen im Vergleich zum historischen Recht eine Verbesserung der weiblichen Position erkennbar, als Regelung, die die Gleichberechtigung der Frau in einer dem Mann gleichgestellten Entscheidungsmacht ausdrückt, kann die Verwaltungsgemeinschaft aber nicht bezeichnet werden. C. Die Gewährleistung der gleichen Betätigung am wirtschaftlichen Verkehr Schließlich müssen bei der Betrachtung des ehelichen Güterrechts neben der Beziehung zwischen den Ehegatten vor allem auch die Wirkungen dieser Regelung im Verhältnis zu Dritten beobachtet werden. Auch die Forderung nach Gleichberechtigung betrifft diesen Bereich, indem das Güterrecht auf die Möglichkeit der Ehegatten am wirtschaftlichen Verkehr teilzunehmen, einwirken kann. Eine Regelung, die beide Ehegatten gleich behandeln will, muss daher darauf achten, „daß beide Ehegatten unter denselben Bedingungen am rechtsgeschäftlichen Verkehr teilnehmen“ können.324 Auch in diesem Bereich wies die Regelung Plancks einige Nachteile zulasten der Ehefrauen auf. Hier ist zunächst § 1358 BGB a. F. zu nennen, der zwar nicht eigentlich zum Güterrecht gehört, aber mit diesem in enger Verbindung steht. Durch die Möglichkeit des Ehemannes der Frau unter gewissen Bedingungen eine selbstständige Berufstätigkeit zu untersagen bzw. einen bereits mit Dritten geschlossenen Arbeitsvertrag aufzuheben, wurden die Möglichkeiten der Frau am wirtschaftlichen Verkehr teilzunehmen empfindlich beschnitten (s. u. 3. Teil, 6. Kapitel, § 1, B. II.). 321 322 323 324

Malsbenden, Stellung, S. 175 f., 327. So auch: Malsbenden, Stellung, S. 80 f., 92, 326; Grimme, Entwicklung, S. 100 f. Zustimmend: Weber, Ehefrau, S. 467. Müller-Freienfels, Gleichberechtigungsprinzip, S. 260.

130

2. Teil, 5. Kap.: Zusammenfassung

Doch nicht nur die Aufnahme einer selbstständigen Arbeitstätigkeit der Frau wurde von dem Entwurf Plancks beschränkt. Vielmehr hatte das Verwaltungsrecht des Ehemannes, mit der daraus folgenden Beschränkung der weiblichen Dispositionsbefugnis am eingebrachten Gut, auch Folgen für nicht das eingebrachte Gut betreffende geschäftliche Entscheidungen der Frau. Der Grund dafür war, dass so das Vermögen der Frau in zwei Teile zerfiel, in das Vorbehaltsgut und das eingebrachte Gut. Über das Erstere konnte sie zwar frei verfügen und es haftete auch für ihre Schulden; das Zweite aber stand nicht unter ihrer Verfügungsmacht, was auch bedeutete, dass es für die Schulden der Frau nur unter gewissen Bedingungen, d. h. vor allem mit der Einwilligung des Ehemannes, haften konnte. Diese Aufteilung des weiblichen Vermögens war für einen außenstehenden Dritten nicht nachvollziehbar. Dies hatte eine tatsächliche Beschränkung auf dem freien Markt zur Folge, die daraus resultierte, dass die dadurch für die Gläubiger entstehenden Risiken eine wirtschaftlich sinnvolle Betätigung der Frau ohne den Willen des Mannes tatsächlich weitgehend beschränkt oder vollkommen ausgeschlossen haben dürften. Zusammenfassend lässt sich folgendes Ergebnis feststellen. Planck konnte durch seinen Entwurf des Güterrechts keine Regelung schaffen, die der Frau eine gleichberechtigte Position innerhalb der Ehe einräumte. Grund und Ursprung der abhängigen Stellung der Frau in der Verwaltungsgemeinschaft sind die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut. Immer wieder wird vor allem in den Begründungen deutlich, dass Planck darauf angewiesen war, bestimmte, die Frau benachteiligende Ausgestaltungen ins Gesetz aufzunehmen, um diese Rechte des Mannes zu schützen oder nicht ad absurdum zu führen. Trotzdem hat Planck niemals ernsthaft erwogen diese Rechte des Mannes abzuschaffen, obwohl er immer wieder seinem Bemühen Ausdruck verlieh, der Frau durch das eheliche Güterrecht eine gleichberechtigte Position innerhalb der Ehe sichern zu wollen. Die Frage, wie dieser Widerspruch zu erklären sei, beantwortete Kroj mit der Vermutung, dass die ratio der Gesellschaft für eine Verwirklichung der Gleichberechtigung zwar reif gewesen sei und die Notwendigkeit zu dieser Neuorientierung auch erkannt habe, den Weg und den Mut zu ihrer Umsetzung aber noch nicht gefunden hatte.325 Wenn man die Verteidigung Plancks gegen die Angriffe von Verfechtern der Gleichberechtigung der Frau betrachtet, bei denen sich Planck hinter fadenscheinigen Argumenten, wie der Pattsituation zwischen den Ehepartnern, der gerechten Verteilung der ehelichen Lasten und im Notfall auch hinter sittlichen und christlichen Werten versteckte326, dann scheint diese Argumentation durchaus plausibel zu sein.

325 Kroj, Abhängigkeit, S. 264; allgemein zu dieser Tendenz des BGB siehe auch: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 479. 326 Planck, Vorentwürfe, S. 473; Planck, Stellung, S. 10 f.; zur Widersprüchlichkeit dieser Argumentation siehe auch: Malsbenden, Stellung, S. 158.

§ 2 Die Erhaltung der Stellung des Mannes

131

§ 2 Die Erhaltung der Stellung des Mannes Durch die Vernachlässigung der weiblichen Interessen hatte Planck Gelegenheit sein oberstes Ziel, das er für seine Mitarbeit am BGB festgelegt hatte, zu verwirklichen, wie folgendes Zitat belegt, bei dem er seine wichtigsten Intentionen zuerst nennt: „Befestigung der Grundlagen der bestehenden Gesellschaftsordnung, Beschränkung der individuellen Rechte und Abschwächung der Konsequenzen derselben, soweit die billige Rücksicht auf das berechtigte Interesse anderer es erfordert, sowie Schutz der wirtschaftlich Schwachen, das sind die sozialen Gesichtspunkte, welche das BGB bei seinen Vorschriften stets im Auge gehabt hat.“ 327

Das primäre Ziel seines Gesetzesentwurfs, nämlich die Befestigung der Grundlagen der bestehenden Gesellschaftsordnung, drückte sich im geprüften Bereich vor allem durch die Erhaltung der patriarchalischen Struktur des ehelichen Güterrechts aus. Mit der Verwaltungsgemeinschaft bildete Planck die gesellschaftliche Ordnung der Zeit, vor allem die bürgerliche Ordnung (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, A. und B. I.)328, ab und verfestigte die gesellschaftlichen Verhältnisse. Auf dieser Grundlage wies Plancks Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft dem Mann nach wie vor die historisch überkommen Stellung des Patriarchen zu, was vor allen in den Vorschriften über die eheliche Nutznießung und Verwaltung zum Ausdruck kam. Diese Vorschriften ermöglichten es dem Mann über das eingebrachte Gut der Frau größtenteils nach seinem Gutdünken zu entscheiden, fast so, als handle es sich um eigenes Vermögen. Zusätzlich zu dieser nur leicht beschränkten Verfügungsmacht über die Substanz des Frauenvermögens wurden dem Mann alle Nutzungen des eingebrachten Gutes pauschal als Eigentum zugewiesen, so dass dieses Kapital dem Mann unbegrenzt zur Verfügung stand. Die Durchsetzung dieser Intention zeigt sich darüber hinaus in den Begründungen Plancks zu den gesetzlichen Vorschriften. Hier wird deutlich, dass die Sorge Plancks vornehmlich der „Gefahr“ galt, die Rechte der Frau könnten die freie Hand des Mannes über das Ehevermögen beschränken und damit behindern. So wurden Beschränkungen des Ehemannes nicht vorgenommen, um dadurch eine freiere Vermögensverwaltung mit größeren Gewinnchancen zu ermöglichen. Natürlich für die eheliche Gemeinschaft und damit für die Ehefrau. Mit diesem Argumentationsschema baute Planck die Position des Mannes zu der von ihm angestrebten Hausherrnstellung aus. Er beschränkte die Frau in ihrer Dispositionsbefugnis über das eingebrachte Vermögen und gab ihr nur sehr geringe Kontrollrechte gegenüber dem Mann. Sogar für das der Frau vorbehaltene Vermögen öffnete er dem Mann „Hintertüren“. Auf diese Weise ermöglichte er dem Ehemann praktisch den Zugriff auf alle Vermögenswerte der Frau. 327 328

Planck, Tendenz, S. 184. So auch: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 479.

132

2. Teil, 5. Kap.: Zusammenfassung

Durch diese vermögensrechtliche Bevorzugung übernahm der Ehemann mit der Heirat zunächst, wie traditionell vorgesehen, die Führung der ehelichen Gemeinschaft. Begründet wurde dies mit seiner natürlichen Überlegenheit, christlichen Grundlagen oder einfach praktischen Notwendigkeiten. Eine Änderung in dem Verhältnis von Mann und Frau war erst dann vorgesehen, wenn sich der Mann nicht als würdig erwies, die ihm zugewiesene Position zu behalten. Dann konnte die Frau intervenieren und versuchen Teile des eingebrachten Vermögens zu retten. Doch selbst wenn sie die Unfähigkeit des Mannes erkannt hatte, musste sie nach dem Gesetz noch erhebliche Hindernisse überwinden, bevor sie dieses Ziel erreichen konnte. Beschränkte Auskunftsrechte, teilweise verwirrende Schutzvorschriften, die größtenteils in ihrer prozessualen Durchsetzbarkeit beschränkt waren und die gesellschaftlichen Strukturen sicherten den Mann ausreichend davor ab, durch die Neuerungen Plancks Rechte einzubüßen. Auch gab Planck in seinen Schriften, wenn er die weibliche Position stärkte, stets gleichzeitig der Hoffnung Ausdruck, dass die Frauen diese Rechte nicht gebrauchen würden329 oder noch besser der Mann werde, „bei ungestörten ehelichem Verhältnisse eine Vereinigung der Ansichten beider Gatten . . . erreichen . . . und das Interesse des Mannes (wäre) dabei durch sein natürliches Übergewicht hinreichend geschützt . ..“ 330. An der gesellschaftlichen Realität, die durch diese Äußerungen deutlich zum Ausdruck kommt, hat Planck mit seiner Ausgestaltung des Eherechtes tatsächlich nichts verändert.

§ 3 Das Ungleichgewicht und die Zerrissenheit der Verwaltungsgemeinschaft Trotz des inhaltlich deutlich patriarchalischen Charakters des Entwurfs zeigen sich dennoch hier und da Spuren in der gesetzlichen Regelung, die deutlich Zeugnis von dem Versuch geben, auch die weiblichen Interessen im Eherecht zu berücksichtigen. So war auch Planck selbst der Meinung, dass der Gesetzesentwurf, gerade wegen der Berücksichtigung verschiedener Interessen und deren Ausgleichung ein „im Großen und Ganzen, wie ich (SS.: Planck) glaube, den richtigen Mittelweg“, festhaltender Kompromiss sei.331 Tatsächlich hat aber der Versuch zwei derart unterschiedliche, ja gegensätzliche Interessen, wie die Gleichberechtigung der Frau bei gleichzeitiger Erhaltung der Hausherrnstellung, dem Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft eine innere 329

Planck, Vorentwürfe, S. 516. Planck, Vorentwürfe, S. 518. 331 Planck, Zur Kritik, S. 409; dem zustimmend: Grimme, Entwicklung, S. 99; Dörner, Industrialisierung, S. 103 (Beide sehen in den Güterstand Plancks eine gelungene Symbiose der Sicherheit des Frauenvermögens mit einem Maximum an Dispositionsbefugnis des Mannes.). 330

§ 3 Ungleichgewicht und Zerrissenheit der Verwaltungsgemeinschaft

133

Zerrissenheit beschert, obwohl inhaltlich eine sinnvolle Ausgleichung beider Ziele nicht zustande kam. Planck konnte zwar diese beiden unvereinbaren Gegensätze argumentativ zusammenführen. Die tatsächliche rechtliche Ausgestaltung der Verwaltungsgemeinschaft jedoch wurde aufgrund dieser unklaren Zielsetzung unnötig kompliziert, ohne dass dies einen tatsächlichen Gewinn auf der Seite der Frauen bedeutet hätte.332 Besonders deutlich zeigt sich die unklare Zielsetzung des Entwurfs und die daraus folgenden juristischen Probleme an der Kompetenzverteilung betreffend das eingebrachte Gut der Frau. Hier war Planck gezwungen, in dem Versuch beiden Ehepartnern gerecht zu werden, auf eine diffizile Abgrenzung zwischen den Verwaltungsrechten des Mannes und den Kontrollrechten der Frau zurückzugreifen. Dies drückt sich vor allem in der Komplexität der Vorschriften aus. Auch der Begründungsaufwand, der das Verwaltungsrecht und die damit korrespondierende Einschränkung der weiblichen Dispositionsbefugnis begleitete, offenbart den vergeblichen Versuch zwei entgegengesetzten Interessen gerecht zu werden. Das Ergebnis der Bemühungen Plancks war letztendlich ein komplexes System, dass von Kompetenzüberschneidungen gezeichnet war. Trotz ihres Umfangs verfehlten die Regelungen das Ziel, das eingebrachte Gut der Frau abzusichern und ihr gleichwertige Entscheidungsrechte einzuräumen. Der Grund dafür war, dass die Neuerungen auf alte Strukturen aufgesetzt wurden und darum die notwendige Durchschlagskraft nicht entwickeln konnten. Die liberalen Neuerungen erscheinen vor diesem Hintergrund nur als Verzierungen eines konservativen Stamms. Die Optionen zugunsten der Frauen versandeten demnach weitgehend wegen der konservativen Grundidee der Verwaltungsgemeinschaft, dessen Kern in dem Verwaltungs- und Nutznießungsrecht des Mannes am eingebrachten Gut lag, hinterließen jedoch eine Menge von diffizilen, sehr genau unterscheidenden Vorschriften. Doch die Regelungen des Güterrechtes wurden damit nur komplexer, gerechter wurden sie nicht.

332 So auch: Weber, Ehefrau, S. 470 f. „. . . aber es hat kein Interesse für uns, den geschickten Schlangenwindungen, mit denen sich die juristische Technik zwischen den einander widerstreitenden Prinzipien zu bewegen sucht, noch weiter nachzuspüren. Unsere Skizze genügt um zu zeigen, daß die, durch das allgemeine Entscheidungsrecht zum Palladium der Ehe erhobene, durch den gesetzlichen Güterstand gefestigte, ehemännliche Autorität und Vormundschaft dem Prinzip der vollen juristischen Handlungsfähigkeit der Ehefrau auf der ganzen Linie erfolgreich Schach biete und es, summa summarum, eben doch besiegt. Eine objektiv befriedigende, dem Interesse beider Teile gerecht werdende Synthese jener beiden Grundsätze konnte nicht gelingen, da sie dem Gesetzgeber zumutet, logisch und praktisch-ethisch unvereinbare Bestandteile zusammenzuzwingen.“

3. Teil

Die Streitpunkte bei der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft Die unklare Zielsetzung Plancks und ihre Folgen lassen sich sehr deutlich in den Reaktionen der zeitgenössischen Rechtswissenschaft ablesen. Als gelungenen Kompromiss und eine Versöhnung konträrer Interessen wurde der Entwurf Plancks nur von wenigen betrachtet. Vielmehr hatte Plancks gespaltene Haltung zur Folge, dass keine politische Richtung mit seiner Ausgestaltung vollauf zufrieden war. „Deshalb waren denn auch die konsequenten Vertreter des Partriachalismus und der autoritären Lebensanschauung durch den Entwurf ebensowenig befriedigt wie die Propheten eines neuen Eheideals auf der Grundlage des ethischen Individualismus. In den gutachterlichen Aeußerungen zum ersten Entwurf, der, nicht in der Sache, sondern wesentlich nur in der Form, den autoritären Charakter der ehemännlichen Privilegien stärker verschleierte, als die definitive Fassung, wurde von partriarchal orientierter Seite z. B. die lebhafte Besorgnis geäußert, daß der Mann durch die „Verwaltungsgemeinschaft“ zum bloßen „Geschäftsführer“ und „Bevollmächtigten“ der Frau „erniedrigt“ (!) werde, weil seine Rechte sich nicht deutlich genug als Ausfluß seiner persönlichen Herrschaft über die Frau darstellten.“ 1

Aus diesem Zitat geht klar hervor, dass Planck durch sein Bemühen um Ausgleich von allen Seiten Kritik auf sich zog. Die Ursachen hierfür sind, genau wie die geäußerten Meinungen, vielfältig und haben ganz unterschiedliche Hintergründe.2 Bei der Einordnung des Entwurfs in das rechtswissenschaftliche und politische Meinungsspektrum der Zeit musste berücksichtigt werden, dass innerhalb dieses Regelungskomplexes eine Vielzahl von Problemen diskutiert wurden. Die Diskussionsteilnehmer boten dafür ganz unterschiedliche Lösungsansätze an, die kaum einmal in allen Einzelfragen, oder auch nur in den aufgegriffenen Problemen, mit der Ansicht eines Kollegen übereinstimmten. Eine Gegenüberstellung von Meinungen im Bezug auf Standpunkte zum gesamten Regelungskomplex er-

1

Weber, Ehefrau, S. 471. Die kontroverse Diskussion wird von Grimme auf das veränderte, den unterschiedlichsten Einflüssen ausgesetzte Gesetzgebungsverfahren zurückgeführt, dass den vielen Stimmen eine Wortmeldung erlaubte. So wäre der Entwurf des Familienrechts der Kritik der gesamten Öffentlichkeit, der Presse, der Fachwelt, den Kommissionen, dem Reichstag und nicht zuletzt auch den politischen Organisationen der Parteien ausgesetzt gewesen. (Grimme, Entwicklung, S. 72). 2

3. Teil, 1. Kap.: Das Verbreitungsgebiet

135

schien daher schwierig, weil eine Vergleichbarkeit größtenteils fehlte. Vielmehr hätte eine solche Darstellung die Gefahr beinhaltet, nacheinander ganz unterschiedliche Lösungsansätze mit unterschiedlichen Problemen darzustellen, ohne eine richtige Gegenüberstellung bewerkstelligen zu können. Aus diesem Grund wurde ein anderer Weg eingeschlagen und die Vergleichbarkeit der geäußerten Meinungen dadurch forciert, dass die Diskussion um das eheliche Güterrecht nach einzelnen, besonders ausführlich behandelten Streitpunkten aufgeteilt und anhand der einzelnen diskutierten Probleme das Meinungsspektrum nachgezeichnet wurde. Nach dieser Prämisse geordnet, fiel auf, dass die Diskussionsteilnehmer bei der Begründung ihrer Vorschläge die Frage der aktuellen Verteilung der Güterrechte und ihrer geschichtlichen Herkunft besonders ausführlich berücksichtigten. Daher werden zunächst die unterschiedlichen Darstellungen zu den Verbreitungsgebieten der ehelichen Güterrechte aufgearbeitet und danach der eng damit verbundene Aspekt der Einbeziehung der Vergangenheit in die zukünftige Regelung dargestellt. In diesem Bereich wurde eine Trennung vorgenommen, zwischen dem historischen Streit um das ursprüngliche Güterrecht auf dem Gebiet des Deutschen Reiches und dem eher politisch beeinflussten Streit zwischen den Germanisten und Romanisten, der sich mit der Frage der Einflüsse des germanischen bzw. römischen Rechts auf das zukünftige eheliche Güterrecht auseinandersetzte. Danach wendet sich die Arbeit speziellen Problemen der Einführung des Güterrechts und einzelner Regelungskomplexe zu. Erläutert werden zunächst die Überlegungen zu der Milderung der unmittelbaren Auswirkungen, die bei Einführung eines einheitlichen Güterstandes befürchtet wurden. Im Folgenden wird dann ein besonderer Fokus auf den Streit um die Stellung der Frau innerhalb des ehelichen Güterrechtes gerichtet. In diesem Kapitel sollen vor allem die politische Diskussion und die Bemühungen der Frauenbewegung Berücksichtigung finden. Es folgen schließlich spezielle güterrechtliche Problematiken, so die Diskussion um die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut, und der Streit um die Zuordnung des Arbeitserwerbs der Frau zum Vorbehaltsgut. 1. Kapitel

Das Verbreitungsgebiet Bei der Wahl des gesetzlichen Güterstandes wurde den bisherigen Verbreitungsgebieten der Güterrechte eine große Bedeutung beigemessen. Die Frage, in welchem Umfang die Güterrechte bisher im Deutschen Reich Verwendung fanden, wurde daher oft und ausführlich diskutiert.

136

3. Teil, 1. Kap.: Das Verbreitungsgebiet

§ 1 Die Bedeutung des Argumentes Für die Gewichtung dieses Argumentes mussten aus damaliger Sicht zwei Aspekte beachtet werden. Praktisch gesehen war die Größe der Geltungsgebiete bedeutsam, weil ein großes Verbreitungsgebiet sicherstellte, dass ein entsprechender Teil Bevölkerung bereits dieses Güterrecht angenommen hatte. Wenn für einen großen Teil der Bevölkerung alles beim Alten blieb, so erwartete man, würden die Übergangsschwierigkeiten auf den anderen, möglichst kleinen Teil beschränkt bleiben. Bedeutenden Einfluss auf die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand hatte daher bei den Beratungen zum BGB, dass dieses System im Wesentlichen bereits in ganz Preußen und Sachsen Geltung beanspruchte.3 Das große Verbreitungsgebiet und die Zufriedenheit der Bevölkerung mit diesem Güterstand wurde immer wieder als Argument für die Einführung der Verwaltungsgemeinschaft verwendet.4 Der andere Grund für die ausführliche Beschäftigung mit der bestehenden Verteilung der Güterrechte war, dass weite Teile der Rechtswissenschaft bei der Gestaltung des ehelichen Güterrechts des BGB vor allem für eine Regelung plädierten, die die historische Entwicklung der Güterrechte und den darin verkörperten Volksgeist möglichst berücksichtigen sollte, wie im folgenden Kapitel noch näher dargelegt werden wird. Von großer Bedeutung für diese Beschäftigung mit der Vergangenheit der Güterrechte bzw. mit ihrem romanistischen und germanistischen Gehalt war gerade auch die aktuelle Verteilung der Güterrechte auf dem Gebiet des Deutschen Reiches. Der Grund dafür war, dass die bestehende Situation aus den historischen Güterrechten entstanden war und so als das vorläufige Ergebnis der geschichtlichen Entwicklung ernst genommen werden musste. Außerdem lieferten die damals geltenden Güterrechte die Anknüpfungspunkte für die Erforschung der jeweiligen historischen Entwicklung. Aus diesen Gründen erscheint es verständlich, dass dem damals gegenwärtigen Zustand der Güterrechte ein großes Gewicht in der Diskussion beigemessen wurde. Die lange und ausführliche Auseinandersetzung mit diesem Thema deutet jedoch nicht nur auf dessen große Bedeutung hin. Vielmehr wird die folgende Auseinandersetzung mit diesem Thema zeigen, dass die Interpretationsfähigkeit des vorliegenden Zahlenmaterials für einige Diskussionsteilnehmer eine willkommene Möglichkeit darstellte, zur Stützung ihrer eigenen Präferenzen ein zusätzliches Argument zu generieren.

§ 2 Die statistischen Ungenauigkeiten Der Grund für die Unwägbarkeit der statistischen Erhebungen war die Verteilung und die Vielzahl der bestehenden Güterrechte. Durch die Zersplitterung und 3 4

Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 747. Achilles, Protokolle, Band 4 (Familienrecht), S. 139 f.

§ 2 Die statistischen Ungenauigkeiten

137

die mannigfaltige Ausgestaltung der Güterrechte ergaben sich sehr viele Grauzonen, die Raum für eine Interpretation der gegenwärtigen Lage offen hielten. Die Probleme bei der Feststellung resultierten oberflächlich betrachtet zunächst aus der Zersplitterung und der mangelnden Dokumentation der Güterrechte, die von Seel treffend so ausdrückte: „Aber auf diesem Gebiete (SS.: eheliches Güterrecht) ist auch das Bedürfniß nach einheitlicher Gestaltung am dringensten, da hier die größte Zerfahrenheit obwaltet.“ 5

Diese Zersplitterung der Güterrechte machte er durch ein Beispiel plausibel. So existierte laut Seel eine Provinz, in der auf 600.000 Einwohner 32 Partikularrechte treffen würden. Darunter gebe es ein Geltungsgebiet, das auf zwei Dörfer begrenzt sei und das nicht einmal über eine schriftliche Quelle verfüge. Es werde in diesem Bereich auf Treu und Glaube mithilfe der Privatarbeit eines Darmstädter Rechtsanwalts judiziert.6 Auch Donle berichtete von einem Amtsgebiet, in dem 10.000 Menschen mit 9 verschiedenen Partikularrechten zurecht kommen mussten, deren Spektrum von der allgemeinen Gütergemeinschaft über die Errungenschaftsgemeinschaft bis hin zum Dotalsystem reichte.7 In solchen Gebieten die Aufteilung der Güterrechte unter den Bewohnern festzustellen, dürfte die allergrößte Geduld erfordert haben und doch galt es noch ein weitaus größeres Problem in diesem Zusammenhang zu bewältigen. Zwar hatte man eine grobe Einteilung in fünf verschiedene Hauptsysteme finden können, jedoch kamen diese mannigfaltig modifiziert im Deutschen Reich vor. Diese unterschiedliche Ausgestaltung der Güterrechte aber stand einer klaren Einteilung in Gruppen entgegen. Auch diese These kann durch ein Beispiel aus der Praxis eindrucksvoll belegt werden, welches deutlich macht, mit welchen Schwierigkeiten man bei der Einteilung der Güterrechte zu kämpfen hatte. „Kommt es doch vor, daß in derselben Ehe verschiedene Güterrechtssysteme zur Anwendung kommen: vor der Geburt von Kindern Verwaltungsgemeinschaft, nach der Geburt allgemeine Gütergemeinschaft, wenn die Kinder wieder vor Auflösung der Ehe wegfallen, wiederum Verwaltungsgemeinschaft.“ 8

Die Bedeutung dieses Argumentes und die Möglichkeiten, die diese Unwägbarkeiten für eine Interpretation eröffneten, erklären hinreichend das Interesse der Diskussionsteilnehmer, wie auch die Schwankungsbreite der folgenden Darstellungen. Vor diesem Hintergrund erscheint der Versuch der jeweiligen Vertreter der Güterrechte verständlich, die ermittelten Zahlen so auszulegen, dass die jeweils vertretene These von der zukünftigen Ausgestaltung des Güterrechtes dadurch gestützt wurde. 5 von Seel, in: 12. DJT, S. 58; so auch: Gerber, Güterrecht, S. 341; Runde, Güterrecht, Vorrede, III. 6 von Seel, in: 12. DJT, S. 58. 7 Donle, in: 12. DJT, S. 59. 8 Albrecht, in: 13. DJT, S. 68.

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3. Teil, 1. Kap.: Das Verbreitungsgebiet

§ 3 Die Verbreitungsgebiete bei Richard Schröder Der Erste, der sich im Rahmen eines Gutachtens mit diesem Thema beschäftigte, war Richard Schröder. Ihm wurde vom Deutschen Juristentag die Klärung der Frage anvertraut, wie die verschiedenen Güterrechte über das Deutsche Reich verteilt wären.9 Das Gutachten Schröders stellte die Verbreitungsgebiete der ehelichen Güterrechte folgendermaßen dar: Im deutschen Reich seien drei Hauptsysteme anzutreffen. Die erste Gruppe nannte er die partikulären Gütergemeinschaften, wozu er die Mobiliar- und Errungenschaftsgemeinschaft rechnete. Nach seiner Aufstellung fanden diese Güterstände in einem Gebiet Verbreitung, deren Einwohnerzahl bei 13.629.000 lag.10 Das Gebiet der allgemeinen Gütergemeinschaft grenzte er als Nächstes ein. Die Zusammenfassung, der verschiedenen Landesteile in denen dieser Güterstand verbreitet war, führte zu einer Geltung der Gütergemeinschaft in der Heimat von 11.270.000 Menschen.11 Schließlich erläuterte Schröder noch die dritte Hauptgruppe, die Verwaltungsgemeinschaft, für deren Verbreitungsgebiet er eine Einwohnerzahl von 10.531.000 errechnete. Neben diesen drei Hauptgruppen fand er nur noch das römische Dotalrecht der Erwähnung wert, das für 890.000 Personen das maßgebliche Güterrecht darstellte. Diese Ausprägung zählte Schröder im weiteren zur Gruppe der Verwaltungsgemeinschaft, weil eine vollständige Annahme des römischen Rechts nirgends stattgefunden habe und eine relative Ähnlichkeit mit der Verwaltungsgemeinschaft bestehe.12 Da Schröder die Zahl, der im deutschen Reich lebenden Einwohner mit 41.010.000 bezifferte, blieben noch 4.690.000 Einwohner übrig. Diese würden in den mannigfaltigsten Systemen leben, die teils der allgemeinen Gütergemeinschaft, teils der Verwaltungsgemeinschaft ähneln würden. Daher rechnete er jeweils die Hälfte diesen Güterrechten zu und kam so zu folgendem Ergebnis: „. . . daß sich die drei Systeme der partikulären Gütergemeinschaft, der allgemeinen Gütergemeinschaft und der Verwaltungsgemeinschaft völlig gleichmäßig über das Reich vertheilen. Noch bedeutsamer wird dieser Umstand dadurch, daß wir es bei dieser Vertheilung überwiegend mit fest geschlossenen, geographisch abgegrenzten Gebieten, im Westen mit der partikulären, im Norden und Osten und in den Mainlanden mit der allgemeinen Gütergemeinschaft, in Mitteldeutschland mit der Verwaltungsgemeinschaft zu thun haben.“ 13

Wegen dieser Verteilung, die bei einem einheitlichen gesetzlichen Güterrecht bewirken würde, dass man zwei Dritteln der Bevölkerung zugunsten eines Drittels ein bestimmtes Güterrecht aufzwingen würde, sprach sich Schröder zunächst 9

Schröder, ganz Deutschland, S. 29 ff. Schröder, ganz Deutschland, S. 30 f. 11 Schröder, ganz Deutschland, S. 33 ff. 12 Schröder, ganz Deutschland, S. 38. 13 Schröder, ganz Deutschland, S. 39. 10

§ 4 Die Verbreitungsgebiete bei Paul Roth

139

für das Regionalprinzip aus. Als weiteren Grund nannte er, dass keines der drei am meisten verbreiteten Güterrechte erhebliche Vorzüge vor den anderen vorweisen könne.14 Seine Verteidigung des Regionalprinzips hatte Schröder, wie oben bereits dargestellt (s. o. 1. Teil, 1. Kapitel, § 2), jedoch nicht aufrecht erhalten.15 Auch seine weiteren Vorschläge stützten sich auf die von ihm errechneten Zahlenverhältnisse. So empfahl er Rücksicht auf denjenigen Teil der Bevölkerung zu nehmen, der ein neues Güterrecht adaptieren müsse. Dies sei dadurch zu bewerkstelligen, dass die nicht zum gesetzlichen Güterstand gewählten Güterrechte den Ehegatten zur Verfügung gehalten werden sollten. Eine allgemeine Erklärung, durch die sie sich auf eines dieser Systeme beziehen, sollte zur Einführung derselben genügen. Diese Erklärung sollte, der Einfachheit halber, vor dem Civilistandsbeamten abgegeben werden können. Die Abweichung vom gesetzlichen Güterrecht sollte in ein Register eingetragen werden.16 Des Weiteren sprach sich Schröder, wegen der vorliegenden Verbreitungsgebiete für einen Güterstand aus, der als vermittelnde Lösung zwischen den verschiedenen Güterrechten angesehen werden könne – nach seiner Wahl die Errungenschaftsgemeinschaft und beschränkte Mobiliargemeinschaft.17 Die Errungenschaftsgemeinschaft vereinige sowohl Elemente der Verwaltungsgemeinschaft, als auch der Gütergemeinschaft in sich. Daher sei diese partikuläre Gütergemeinschaft, bei der vorliegenden gleichmäßigen Verteilung der Hauptsysteme über das Deutsche Reich, als die beste Lösung anzusehen. Schröder hob bei der vom 26. bis 28. August 1975 zu Nürnberg tagenden Versammlung des Deutschen Juristentages hervor, dass der vermittelnde Charakter die Einführung des Güterrechtes erleichtern werde.18 „Immerhin aber scheint mir die particuläre Gütergemeinschaft als Errungenschaftsund beschränkte Mobiliargemeinschaft am geeignetsten für das gesetzliche System, weil sie zwischen den beiden einander schnurstracks gegenüberstehenden Systemen der Verwaltungsgemeinschaft und der allgemeinen Gütergemeinschaft vermittelt; man wird sich eher mit diesem vermittelnden System befreunden als mit dem schnurstracks Entgegengesetzten.“ 19

§ 4 Die Verbreitungsgebiete bei Paul Roth Auch Paul Roth äußerte sich im Rahmen eines Gutachtens für den Deutschen Juristentag über die Verbreitungsgebiete der ehelichen Güterrechte im Deutschen Reich, indem er sich auf die von Schröder errechneten Zahlenverhältnisse stützte. Allerdings kam er nach Auswertung der Zahlen zu dem Ergebnis, dass die all14 15 16 17 18 19

Schröder, ganz Deutschland, S. 40. Schröder, in: 12. DJT, S. 42. Schröder, in: 12. DJT, S. 46. Schröder, in: 12. DJT, S. 47. Schröder, in: 12. DJT, S. 47. Schröder, in: 12. DJT, S. 47.

140

3. Teil, 1. Kap.: Das Verbreitungsgebiet

gemeine Gütergemeinschaft klar vor den anderen Güterrechten das größte Verbreitungsgebiet vorzuweisen hätte. Dieses Resultat erzeugte Roth, indem er die Mobiliargemeinschaft des französischen Rechts zu der allgemeinen Gütergemeinschaft hinzuzog. Dies begründete er damit, dass eine größere Verwandtschaft dieser beiden Güterrechte bestehe, als Ähnlichkeit zwischen der Mobiliargemeinschaft und den anderen partikulären Gütergemeinschaften vorhanden sei.20 Die Ähnlichkeit drücke sich darin aus, dass der Umfang der Gemeinschaft wesentlich größer sei als bei der partikulären Gütergemeinschaft. Das gemeinschaftliche Gut erfasse hier grundsätzlich das gesamte Vermögen der Eheleute, während sich das Sondergut nur auf einzelne bestimmte Objekte beschränke. So bei der Mobiliargemeinschaft auf das in die Ehe eingebrachte unbewegliche Vermögen21: „Die Mobiliargemeinschaft des französischen Rechts hat daher größere Aehnlichkeit mit unserer allgemeinen Gütergemeinschaft, bei welcher ja auch einzelne Objecte als Sondergüter constituirt werden können . . ., als mit der Errungenschaftsgemeinschaft, und darf vom gesetzgeberischen Standpunkt aus der ersteren beigezählt werden.“ 22

Gleichzeitig weigerte sich Roth die Güterrechte, die sich auf das Dotalrecht gründeten, zur Verwaltungsgemeinschaft zu rechnen. Er befürwortete eine gesonderte Aufstellung und kam damit zum folgenden Zahlenverhältnis: „Allgemeine Gütergemeinschaft u. Mobiliargemeinschaft Errungenschaftsgemeinschaft Verwaltungsgemeinschaft Dotalrecht

20,617,000 6,627,000 12,870,000 890,000

E. E. E. E.“ 23

Durch diese Umrechnung der Ergebnisse Schröders kam Roth zu dem Schluss, dass zwei Drittel der Bevölkerung ihre Ehe nach den Regelungen der partikulären und der allgemeinen Gütergemeinschaft leben würden24 und er folgerte daraus: „Nicht die Gütereinheit müßte auf das zweimal größere Rechtsgebiet der Gütergemeinschaft, sondern die Gütergemeinschaft auf das kleinere Rechtsgebiet der Gütereinheit ausgedehnt werden.“ 25

§ 5 Die Verbreitungsgebiete bei Gottlieb Planck Planck stütze sich bei seinen Berechnungen zu den Verbreitungsgebieten nur teilweise auf die von Schröder ermittelten Zahlen. Es ist kaum erstaunlich, dass 20 21 22 23 24 25

Roth, Güterrecht, S. Roth, Güterrecht, S. Roth, Güterrecht, S. Roth, Güterrecht, S. Roth, Güterrecht, S. Roth, Güterrecht, S.

277. 282. 282. 277. 280. 282.

§ 5 Die Verbreitungsgebiete bei Gottlieb Planck

141

er wiederum zu einem anderen Ergebnis kam. Schließlich wollte Planck die Verwaltungsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand einführen. Laut Planck erstreckte sich das Geltungsgebiet der getrennten Güterrechtssysteme über einen Raum mit mehr als 17.000.000 Einwohnern. Dies sei bei Weitem das größte Verbreitungsgebiet eines ehelichen Güterrechtes.26 Im Rahmen einer eigenen Aufstellung über die Verbreitung der Güterrechte im deutschen Reich, die in vielen Fällen von den Ergebnissen Schröders abwich, kam Planck zu folgenden Resultaten.27 Das Geltungsgebiet der allgemeinen Gütergemeinschaft im Ganzen umfasse 11.000.000 Einwohner.28 Die Mobiliargemeinschaft gelte für 7.157.751 Einwohner und die reine Errungenschaftsgemeinschaft für 6.931.089 Bürger. Die partikulären Gütergemeinschaften kamen damit auf eine Verbreitung von rund 14.000.000 Einwohnern.29 Alle Systeme, die auf einer Gütertrennung basierten, wurden dagegen in die Kategorie der Verwaltungsgemeinschaft aufgenommen. Auch die Ausprägungen des römischen Dotalrechtes wurden, wegen der großen Ähnlichkeit zur Verwaltungsgemeinschaft, zu diesem Güterrecht gezählt.30 Durch diese Rechnung hielt Planck die Verwaltungsgemeinschaft für 17.000.000 Einwohner für maßgeblich. Damit würde der bei weitem überwiegende Teil unter der Verwaltungsgemeinschaft leben, weshalb auch dieses Güterrecht als gesetzlicher Güterstand eingeführt werden sollte.31 Jedoch relativierte er die Bedeutung dieses Aspektes, da ihm bewusst war, dass die Verwaltungsgemeinschaft kein so bedeutendes Übergewicht erzielt hatte, dass dadurch ohne weiteres auf das Rechtsbewusstsein des Volkes im Ganzen geschlossen werden konnte.32 Trotz dieser Einschränkung musste sich Planck für seine Berechnungen einige Kritik gefallen lassen. Gierke wies deutlich darauf hin, dass die Verwaltungsgemeinschaft nicht das gesetzliche Güterrecht für eine Majorität der Bevölkerung darstellen würde. Die angebliche weite Verbreitung der Verwaltungsgemeinschaft sei nur durch einen rechnerischen Kunstgriff der Autoren des Entwurfes zum gesetzlichen Güterrecht entstanden. Indem sie jegliches Güterrecht, das auf der Gütertrennung beruhe, ohne Rücksicht darauf, wie groß die Unterschiede oder die Nähe zur Gütergemeinschaft auch waren, zur Gruppe der Verwaltungsgemeinschaft hinzugezählt hätten, hätten sie die Zahlen in ihrem Sinne modifiziert.33

26 27 28 29 30 31 32 33

Planck, Vorentwürfe, S. 453 f. Planck, Vorentwürfe, Familienrecht, Teil 3, Anlage 1, S. 5 ff. Planck, Vorentwürfe, S. 453. Planck, Vorentwürfe, S. 453. Planck, Vorentwürfe, S. 453. Planck, Vorentwürfe, S. 454. Planck, Vorentwürfe, S. 454. Gierke, Entwurf, S. 418.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

§ 6 Ergebnis Die unterschiedlichen Ergebnisse zur Verbreitung der Güterrechte zeigen, dass der eingangs aufgeworfene Vorwurf einer zielorientierten, rechnerischen Spielerei, der von Gierke unterstützt wurde, nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Jedoch darf dieser Vorwurf nicht nur Planck gemacht werden. Auch der Kritiker Gierke äußerte sich in dieser Hinsicht rein zielorientiert. Schließlich kämpfte Gierke für das Regionalprinzip und subsidiär für die Gütergemeinschaft als gesetzlichen Güterstand. Die Argumentation mit den Verbreitungsgebieten der Güterrechte erscheint vor dem oben dargestellten Hintergrund wenig zuverlässig. Der Rechtszustand im deutschen Reich war schlicht zu uneinheitlich und verschwommen, als dass daraus zuverlässige, in eine Richtung weisende Erkenntnisse für die zukünftige Ausgestaltung hätten gewonnen werden können. Daher hätte dieser Aspekt in der Diskussion nur geringes Gewicht haben dürfen. In dieser Hinsicht ist die Einschätzung Plancks durchaus zu teilen. Denjenigen aber, die den Versuch wagten mit den Verbreitungsgebieten der gesetzlichen Güterrechte zu argumentieren, muss immerhin zugute gehalten werden, dass sie sich auf einem unsicheren Gebiet bewegten und sich bemühten mit sachlichen Begründungen ihre Version der statistischen Erhebung zu untermauern. 2. Kapitel

Die Berücksichtigung der Vergangenheit bei der Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB An die Diskussion um die aktuelle Verbreitung der Güterrechte schloss sich ein weiterer, für die Schaffung der ehelichen Güterstände des BGB bedeutsamer Aspekt an – die Frage nach der Gestaltung der Güterrechte in der Vergangenheit. Die enge Verbindung dieser beiden Streitfragen wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass eine historische Forschung durch einen einheitlichen Ausgangspunkt in der Gegenwart sehr erleichtert worden wäre. Und genau dies stellte für die historische Forschung zum ursprünglichen Güterrecht auf dem Gebiet des Deutschen Reiches ein großes Problem dar. Die Güterrechte waren zum relevanten Zeitpunkt zersplittert, was für die historische Forschung bedeutete, dass viele kleine Gebiete über einen langen Zeitraum hinweg eine sehr unterschiedliche, teilweise isolierte Entwicklung durchgemacht hatten. Der Vorsatz einen gemeinsamen Ausgangspunkt zu finden, wurde daher kompliziert durch den uneinheitlichen Ansatzpunkt in der Gegenwart. Schließlich existierten an die 100 verschiedene Güterrechte und die Forschung konnte nicht davon ausgehen, dass die Erkenntnisse, die bei der Erforschung eines Güterrechtes erlangt wurden, auch auf alle anderen übertragen werden konnten. Ein zusätzliches Problem stellten die langen Entwicklungsphasen dar, die es notwendig machten die Güterrechte über einen sehr langen Zeitraum zu beobachten.

§ 1 Bedeutung der Vergangenheit für die Zukunft im 19. Jh.

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In der Konzentration der Rechtswissenschaft auf die Vergangenheit, bei der Begründung der ehelichen Güterrechte der Zukunft, drückte sich die allgemeine Hinwendung zur geschichtlichen Entwicklung des Rechts aus. Dieser Weg war vor allem von den Vertretern der historischen Schule vorgezeichnet worden, wie im Folgenden anhand der Lehren Friedrich Carl von Savignys und Georg Beselers gezeigt werden soll. Gleichzeitig offenbaren sowohl diese beiden Beispiele, als auch der überwiegende Teil, der im Anschluss dargestellten Meinungen, dass diese Hinwendung zur Vergangenheit, die in den Streit zwischen Germanisten und Romanisten mündete, keinesfalls mit einer historischen Forschung gleichgesetzt werden darf; auch wenn beide Bereiche bisweilen untrennbar vermischt erscheinen. Daher wurde im Folgenden der Versuch gemacht, zwischen beiden Aspekten, also der historischen Forschung zum ehelichen Güterrecht und dem Streit zwischen Germanisten und Romanisten, eine klare Trennungslinie zu ziehen. Zunächst wurde der Stand der Forschung zum ursprünglichen historischen Güterrecht auf dem Gebiet des Deutschen Reiches untersucht. Mit diesem Thema hatte sich vor allem Schröder ausführlich befasst und versucht, mittels ausführlichem und akribischem Quellenstudium zu einem historisch korrekten Ergebnis zu kommen. Der größere Teil, der mit vordergründig historischen Argumenten geführten Diskussion, wird jedoch dem eher politisch motivierten Streit zwischen den Germanisten und Romanisten zugerechnet werden müssen. Um für diese Aussage eine tragfähige Grundlage gewinnen zu können, sollen die von geschichtlicher Argumentation gestützten Meinungen in verschiedener Hinsicht kritisch betrachtet werden. Im Vordergrund steht dabei der Versuch, die von einigen Diskussionsteilnehmern suggerierten Fronten zwischen Germanisten und Romanisten anhand der geäußerten Meinungen zum ehelichen Güterrecht nachzuvollziehen. Dazu werden aufgrund der rechtswissenschaftlichen Orientierung der beteiligten Juristen Gruppen gebildet und innerhalb dieser Gruppierungen ein Vergleich der vertretenen Meinungen vorgenommen. Bei fehlender Übereinstimmung untereinander, oder mit der historischen Forschung sollen Hintergründe und Ursachen dieser Abweichungen dargestellt werden. Schließlich wurde anhand der Diskussion zwischen Planck und Gierke der Einsatz der geschichtlichen Argumentation an den einzelnen Streitpunkten um das eheliche Güterrecht dargestellt, um die Reichweite dieses Konflikts in alle Regelungsbereiche des ehelichen Güterrechts zu verdeutlichen.

§ 1 Die Bedeutung der Vergangenheit für die Zukunft im Bereich der Rechtswissenschaft des 19. Jahrhunderts Betrachtet man den Streit um das eheliche Güterrecht, so sticht zunächst die Konzentration der Wissenschaft auf das Recht der Vergangenheit ins Auge. Die Klärung der damit verbundenen Fragen erschien den Diskussionsteilnehmern of-

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

fenbar notwendig und wertvoll, um eine Regelung für die Zukunft des Deutschen Reiches finden zu können. Diejenigen Juristen, die einen Bezug ihrer Forderungen zu Rechtsfiguren der Vergangenheit herzustellen versuchten, sind zahlreich, darunter Planck, Gierke, Schröder, Mommsen, Roth, Mitteis, Gerber und einige andere. Betrachtet man die Aussagen dieser Juristen genauer, dann zeichnet sich eine weitere Aufteilung dieser Diskussionsteilnehmer in zwei Gruppen ab. Begrifflich vollzog sich diese Spaltung zwischen den Romanisten auf der einen und den Germanisten auf der anderen Seite.34 Dieser Spaltung lag ein dogmatischer Streit zugrunde, der zur damaligen Zeit unter Teilen der Rechtswissenschaft ausgetragen wurde. Der Streit entflammte im 19. Jahrhundert35. Zu dieser Zeit war es allgemein üblich geworden, Wissenschaftler, darunter auch Juristen, die das germanisch-deutsche Kulturelement zum besonderen Gegenstand ihrer Forschungen gemacht hatten, als Germanisten zu bezeichnen – und sie damit schon begrifflich von den Romanisten zu trennen.36 Der tiefere Grund für diese Auseinandersetzung war die durch Rezeption bewirkte Einführung des römischen Rechts in Deutschland im 13. Jahrhundert.37 Die unterschiedliche Bewertung dieses geschichtlichen Ereignisses führte zu dem Konflikt zwischen Germanisten und Romanisten und beeinflusste auch die Diskussion um das eheliche Güterrecht des BGB. Bevor näher auf die einzelnen Meinungen und den Einklang der jeweiligen Ansicht mit den historischen Rechten eingegangen werden kann, ist es notwendig sich damit zu beschäftigen, wie die Vergangenheit bei der Diskussion um das zukünftige Güterrecht in den Mittelpunkt des Interesses gelangt und die Spaltung der Rechtswissenschaft entstanden war. Die Gründe für diese Fragen sind unterschiedlich. Zum einen soll die Antwort Aufschluss darüber geben, warum die historischen Gestaltungen auf die Regelungen des BGB einen derart großen Einfluss hatten.38 Zum anderen wird durch die Gründe und Zusammenhänge, aus 34

Zu den Einflüssen dieses Streits auf das BGB: Merk, Wesen, S. 35 ff. Weiterführende Literatur: Wieacker, Recht; Franken, Romanisten und Germanisten; Koschaker, Europa; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 217 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 348 ff. 36 Erler, Germanisten, in: HRG, Bd. 1, S. 1582 f. 37 Söllner, Römisches Recht in Deutschland, in: HRG, Bd. 4, S. 1127; zum politischen Hintergrund des Streits: Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 242 f.; Dilcher, Positivismus, S. 513 f. 38 So kam Kroj in ihrer Schlussbetrachtung zu dem Ergebnis, dass das Güterrecht des BGB „inhaltlich vom Eherecht des Sachsenspiegels in seinen wesentlichen Zügen kaum abgewichen ist. Damit ist das Eherecht über einen Zeitraum von mindestens tausend Jahren fast statisch geblieben.“ (Kroj, Abhängigkeit, S. 261) Auch der Vergleich des BGB mit dem ALR führte zu der Erkenntnis, dass zwar in der konkreten Ausgestaltung des BGB gewisse Vorteile lägen, allgemein betrachtet sich jedoch „die Rechtsposition der Frau am eingebrachten Gut während des 19. Jahrhunderts nicht entscheidend geändert hat.“ (Malsbenden, Stellung, S. 207) Auch Ehrlich vertritt die Meinung, dass 35

§ 1 Bedeutung der Vergangenheit für die Zukunft im 19. Jh.

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denen sich die Hinwendung zur Vergangenheit ergab, die Trennung der juristischen Wissenschaft in Romanisten und Germanisten erklärbar und auch die Hintergründe der von den einzelnen Personen vertretenen Ansichten lassen sich so in einen sinnvollen Kontext einbetten. Um eine Vernachlässigung einer Richtung auszuschließen, soll von jeder Partei ein Vertreter näher dargestellt werden. Gewählt wurde zum einen Friedrich Carl von Savigny, dessen Aussagen die romanistischen Vertreter Mommsen und Mitteis beeinflusst hatten und dessen phänomenologisch-ganzheitlichen Ansatz Planck laut Dörner bei der Schaffung des Entwurfs verwendete39, und Georg Beseler, der als Lehrer des Germanisten Otto von Gierke die Gegenseite beeinflusst hatte40. Auffallend ist, dass der Ausgangspunkt beider Juristen ursprünglich sehr ähnlich war und im Ergebnis zu einer Befassung der juristischen Forschung mit den historischen Rechten geführt hatte. A. Die historische Schule Friedrich Carl von Savignys I. Die Bedeutung der Rechtsgeschichte

Friedrich Carl von Savigny41 gehörte zu dem Personenkreis, der 1814 die „Historische Schule“ gegründet hatte.42 Die Historische Schule hatte die Hinwendung der Rechtswissenschaft zur rechtsgeschichtlichen Forschung forciert43 mit der Folge, dass man nunmehr „alles Heil für die Gegenwart von einer „gründlichen Rechtsgeschichte“ erwartete und diese allein zur Forderung des Tages erhob.“ Damit „führte das Programm der Historischen Schule zunächst . . . zu einer Verdrängung aller übrigen rechtswissenschaftlichen Arbeit durch die Rechtsgeschichte.“ 44

die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft ihren Grund letztendlich in der geschichtlichen Ausrichtung der Rechtswissenschaft und ihren Folgen hatte. (Ehrlich, Grundlegung, S. 262) Für das gesamte BGB: Dilcher, Positivismus, S. 525. 39 Dörner, Industrialisierung, S. 87, 90; Planck, Zur Kritik, S. 356. 40 Laufs, Genossenschaftsdoktrin, S. 311 f.; Böckenförde, Forschung, S. 148 f.; Wolf, Rechtsdenker, S. 678; Schröder, Genossenschaftstheorie, S. 399; Janssen, Gierkes Methode, S. 24. 41 Zur Person Savignys und seinem Werk: Wieacker, Gründer, S. 107 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 381 ff.; zur chronologischen Entwicklung von Savignys Ansichten im Laufe seines Lebens: Strauch, Recht. 42 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 232; Koschaker, Europa, S. 254; Bedeutung Savignys für die Historische Rechtsschule: Böckenförde, Rechtsschule, S. 9. 43 Böckenförde, Rechtsschule, S. 9; Wolf, Rechtsdenker, S. 468 f.; Gründe für die Hinwendung zur Vergangenheit: Koschaker, Europa, S. 265 f. 44 Wilhelm, Methodenlehre, S. 27; zur Erfüllung und den Folgen dieser Zielsetzung: Wilhelm, Methodenlehre, S. 30 ff.; Ehrlich, Grundlegung, S. 257 ff.; Bergbohm, Jurisprudenz (Band 1), S. 480 ff. (insbesondere S. 481 f., Fußnote 2); zur näheren Einordnung der Bedeutung der Rechtsgeschichte im Programm der Historischen Schule: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 353 ff., 416 ff., insbesondere 427–429.

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Savigny selbst räumte den in der Vergangenheit errungenen Erkenntnissen einen hohen Stellenwert ein.45 Sie seien „die unschätzbarsten Güter, die von dem Wesen wahrer Wissenschaft unzertrennlich sind“, weil sich darin „die Gemeinschaftlichkeit wissenschaftlicher Überzeugungen“ und der stete, lebendige Fortschritt manifestiere.46 „Die geschichtliche Schule nimmt an, der Stoff des Rechts sey durch die gesammte Vergangenheit der Nation gegeben, doch nicht durch Willkühr, so daß er zufällig dieser oder ein anderer seyn könnte, sondern aus dem innersten Wesen der Nation selbst und ihrer Geschichte hervorgegangen.“ 47

Diese Erhebung der Geschichte zur Quelle aller gesellschaftlichen Erkenntnis würde nach Savigny eine Änderung der bisher erfolgten Behandlung als „moralisch-politische Beispielsammlung“ bedingen.48 Um dieser Erbschaft gerecht zu werden, sei es vielmehr die Aufgabe der Wissenschaft „eine periodisch wiederkehrende Betrachtung der von unseren Vorgängern geleisteten Arbeit“ durchzuführen mit dem Ziel „das Unächte auszuscheiden, das Wahre aber als bleibenden Besitz uns anzueignen“. So werde die Möglichkeit eröffnet „nach dem Maas unserer Kräfte in der Lösung der gemeinsamen Aufgabe dem Ziele näher zu kommen.“ 49 Damit die Wissenschaft dieser Aufgabe gerecht werden konnte, hielt es Savigny für notwendig die Ordnung des vorhandenen geschichtlichen Materials nach der strengen historischen Methode der Rechtswissenschaft50 vorzunehmen, deren Leitsatz er folgendermaßen beschrieb: „Ihr Bestreben geht vielmehr dahin, jeden gegebenen Stoff bis zu seiner Wurzel zu verfolgen, und so ein organisches Princip zu entdecken, wodurch sich von selbst das, was noch Leben hat, von demjenigen absondern muß, was schon abgestorben ist, und nur noch der Geschichte angehört. Der Stoff aber der Rechtswissenschaft, welcher auf diese Weise behandelt werden soll, ist für das gemeine Recht dreyfach, woraus sich drey Haupttheile unserer Rechtswissenschaft ergeben: Römisches Recht, Germanisches Recht, und neuere Modifikationen beider Rechte.“ 51

Die große Bedeutung des historischen Rechts entfaltete sich laut Savigny auch und vor allem bei der Gestaltung von gegenwärtigem und zukünftigem Recht.52 So beschränkte er die Aufgabe des Gesetzgebers auf die Aufzeichnung, des von ihm so genannten „positiven Rechts“. Dieses positive Recht habe, unabhängig

45 Beeinflussung dieser Auffassung durch zeitgenössische Umstände: Denneler, Savigny, S.74 ff. 46 Savigny, System, Bd. 1, S. X. 47 Savigny, Ueber den Zweck, S. 6. 48 Savigny, Ueber den Zweck, S. 3. 49 Savigny, System, Bd. 1, S. XII. 50 Savigny, Vom Beruf, S. 117. 51 Savigny, Vom Beruf, S. 117 f. 52 Bedeutung der Lehren Savignys für die Ausgestaltung des BGB: Hammen, Bedeutung, S. 213.

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von dem Einfluss des Zufalls oder menschlicher Willkür, Überlegung oder Weisheit, in dem gemeinsamen Bewusstsein eines Volkes immer ein „gegebenes schon wirkliches Daseyn“.53 Die Entstehung dieses „Volksrechtes“ beschrieb Savigny folgendermaßen: „Vielmehr ist es der in allen Einzelnen gemeinschaftlich lebende und wirkende Volksgeist, der das positive Recht erzeugt, das also für das Bewußtseyn jedes Einzelnen, nicht zufällig sondern nothwendig, ein und dasselbe Recht ist. Indem wir also eine unsichtbare Entstehung des positiven Rechts annehmen, müssen wir schon deshalb auf jeden urkundlichen Beweis derselben verzichten.“ 54

Das Gesetz sollte also nicht geschaffen werden. Vielmehr müsse der Gesetzgeber die Tendenzen des „positiven Rechts“, vorzugsweise mit historischer Forschung, erkennen und auf den gefundenen Grundlagen sein Werk ausführen. Die Gruppe, die also letztendlich das Recht nach dem Volksgeist schaffe, sei das Volk als Gemeinschaft, welche historische Realität erfahren könne.55 Den Begriff des Volkes konkretisierte er, indem er auf den Staat als die „leibliche Gestalt der geistigen Volksgemeinschaft“ und als „scharf bestimmte Gränzen der Einheit“ verwies.56 Der Gesetzgeber aber werde durch das so entstandene „positive Recht“ gebunden. Dies erreichte Savigny indem er das Gesetz als eine Verkörperung und mit absoluter Macht versehene Kopie des positiven Rechts definierte.57 „Fragen wir zuerst nach dem Inhalt des Gesetzes, so ist derselbe schon durch diese Herleitung der gesetzgebenden Gewalt bestimmt: das schon vorhandene Volksrecht ist dieser Inhalt, oder, was dasselbe sagt, das Gesetz ist das Organ des Volksrechts.“ 58

Die rechtswissenschaftliche Besprechung dieser Aussagen Savignys bzw. der Lehren der Historischen Rechtsschule stellt jedoch bemerkenswerterweise entgegen der Argumentation Savignys immer wieder die „Ungeschichtlichkeit“ der Historischen Rechtsschule fest59, bis hin zu der Aussage Sohms: 53

Savigny, System, Bd. 1, S. 14. Savigny, System, Bd. 1, S. 14; zu den Hintergründen der Volksgeistlehre: Hammen, Bedeutung, S. 54 ff.; zum Begriff des Volksgeistes: Jakobs, Begründung, S. 51 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 385 (Auslegung des Begriffs Volksgeist als kulturelle Tradition). 55 Savigny, System, Bd. 1, S. 20 f.; zum Begriff des Volkes bei Savigny: Grawert, Entfaltung, S. 445; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 235; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 357 f., 393. 56 Savigny, System, Bd. 1, S. 22. 57 Savigny, System, Bd. 1, S. 39. 58 Savigny, System, Bd. 1, S. 39; Einschränkung dieser Aussage durch zusätzliche Möglichkeiten der Einflussname des Gesetzgebers in zweierlei Hinsicht: „erstlich als ergänzende Nachhülfe für das positive Recht, zweitens als Unterstützung seines allmäligen Fortschreitens.“ (Savigny, System, Bd. 1, S. 40, siehe auch S. 40 ff.). 59 Zum Gegensatz zwischen historischer Forschung und Historismus: „Ebensowenig ist Historismus identisch mit der Liebe zu geschichtlicher Forschung, er ist im Gegenteil . . . dieser Forschung feindlich, und so befanden sich unter den Gegnern der histori54

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„Die geschichtliche Schule hat den Bruch mit der Geschichte fördern helfen.“ 60

Auf der Suche nach den Beweggründen hinter dem „Panier in nationalfreiheitlichen Farben“, wie die geschichtliche Argumentation von Dilcher genannt wurde61, wurden viele verschiedene Motive genannt.62 Überwiegend wird als primäres Ziel Savignys sein Streben nach der Systematisierung der Rechte angegeben.63 Die Bedeutung dieses Aspektes für seine Arbeit betonte Savigny selbst immer wieder, neben der historischen Argumentation: „Ein zweyfacher Sinn ist dem Juristen unentbehrlich: der historische, um das eigenthümliche jedes Zeitalters und jeder Rechtsform scharf aufzufassen, und der systematische, um jeden Begriff und jeden Satz in lebendiger Verbindung und Wechselwirkung mit dem Ganzen anzusehen, d.h. in dem Verhältniß, welches das allein wahre und natürliche ist.“ 64

schen Schule stets . . . bedeutende und begeisterte Rechtshistoriker . . . Historismus ist vielmehr jene Einseitigkeit des Denkens, die in dem Gegenstand einer Wissenschaft lediglich oder vorzugsweise einen Gegenstand geschichtlicher Behandlung sieht.“ (Kantorowicz, Savigny, S. 402) Siehe auch: Dilcher, Positivismus, S. 500 f., 518; Caroni, Savigny, S. 98; Böckenförde, Rechtsschule, S. 16 ff., 19, 24; Koschaker, Europa, S. 270, 282 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 253; Schröder, Spezialistendogma, S. 27 f.; Ebel, Jacob Grimm, S. 23. 60 Sohm, Recht, S. 80. 61 Dilcher, Positivismus, S. 500. 62 Abtrennung der Gestaltung des Privatrechts von dem Einfluss des Gesetzgebers: „Das Recht sollte nicht der Gesetzgebung, d. h. aber dem Staate – dem absolutistischobrigkeitlichen der in Ansätzen demokratischen, das war 1814 noch nicht voll entschieden – anvertraut sein, sondern dem ,rechtswissenschaftlich‘ ausgebildeten Juristen, d. h. aber mit Hinblick auf die geistig-politisch-soziale Perspektive in die kommenden Jahrzehnte dem von der Universität im Humboldtschen Sinne geprägten Bildungsbürger.“ (Dilcher, Positivismus, S. 501 f., 518; siehe auch: Conze, Staat, S. 306 f.); Historische Rechtsschule als Gegengewicht zum Naturrecht: Koschaker, Europa, S. 265, 269; Stühler, Erneuerung, S. 23, 45 (Zu den naturrechtlichen Elementen in der Lehre Savignys: Bergbohm, Jurisprudenz (Band 1), S. 485 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 372 ff.); Rechtsgeschichte als Hilfsfunktion für Rechtsdogmatik als Theorie des geltenden Rechts: Behrends, Savignys System, S. 267; Koschaker, Europa, S. 267, 275 f.; politische Gründe: Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 236, 238; Dilcher, Positivismus, S. 513 f.; Erneuerung der Rechtswissenschaft: Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 237; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 367 ff., 384, 395. 63 Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 253; Caroni, Savigny, S. 111 ff.; Stühler, Erneuerung, S. 36, 38; Wilhelm, Methodenlehre, S. 45 f.; Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 251, 254; Abweichend: Ehrlich, Grundlegung, S. 261 (Er betrachtet die Systematik nicht als tieferen Beweggrund Savignys, sondern als Mittel um die, durch die historische Methode verursachte „Kluft zwischen überliefertem Recht und der Gegenwart“ irgendwie zu überbrücken.). 64 Savigny, Vom Beruf, S. 48; siehe auch: Savigny, Gesetzbücher, S. 45; zur Einheit von geschichtlicher und systematischer Behandlung des Rechts bei Savigny: Böckenförde, Rechtsschule, S. 10, 20; Stühler, Erneuerung, S. 23 ff.

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Diese Lehre Savignys über die Bedeutung der geschichtlichen Entwicklung der Rechte im Zusammenhang mit der Schaffung neuer Gesetze wirkte bei der Gestaltung des BGB 1900 nach. Auch die Diskussion um das eheliche Güterrecht des BGB zeigt deutliche Bezüge zu der Lehre Savignys, sowohl in der Verwendung von Begründungen, die durch die geschichtliche Entwicklung gestützt werden, als auch in der Instrumentalisierung dieser Argumentationsstruktur für die Durchsetzung von tiefer gehenden Interessen. Dies lässt sich an den im Folgenden dargestellten Meinungen zur Gestaltung des ehelichen Güterrechts ablesen, die erkennbar bei der Rechtfertigung ihrer Vorschläge besonderen Wert darauf legten, eine Anbindung ihres jeweiligen Standpunkts an geschichtliche Prozesse zu finden. Offen bleibt, wie sich aus dieser vordergründigen Hinwendung zur Vergangenheit, die Spaltung der „historisch“ orientierten Juristen in die Gruppen Romanisten und Germanisten ergeben konnte. Schließlich sind, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1, B. I.), die Parallelen zwischen Beseler und Savigny bis zu diesem Punkt unübersehbar. Die große Kluft zwischen den beiden Juristen zeigte sich erst in der unterschiedlichen Einstellung zu der Rezeption des römischen Rechts. II. Die Rolle des römischen Rechts bei Savigny

Tatsächlich erscheint es nach den obigen Ausführungen ungewöhnlich, dass Savigny der Rezeption des römischen Rechts positiv gegenüberstand. Die Betonung der Volksgemeinschaft, also des Staates, als Ort der Entstehung des Rechts würde eher einen nationalen Charakter seiner Thesen nahe legen.65 Jedoch fand 65

Zur Einordnung dieses Bruchs in der Lehre Savignys: „An der deutschen Gesinnung Savignys, die er durch patriotische Haltung während der Freiheitskriege betätigt hat, sollte nicht gezweifelt werden. Um die Bevorzugung, die er dem römischen Recht zuteil werden ließ, zu verstehen, muß berücksichtigt werden: seine reichische Gesinnung, die in ihm keinen Partikularismus aufkommen ließ.“ (Koschaker, Europa, S. 261) „Weil reichisch gesinnt, war Savigny auch Europäer. Als solcher fand er keinen Widerspruch zwischen betonter national – deutscher Gesinnung und seinem Streben, das Studium des römischen Rechts wieder in die vorderste Linie zu rücken.“ (a. a. O., S. 263) Koschaker sieht in der Wahl Savignys für das römische Recht eine Entscheidung für eine einheitliche Grundlage für die deutsche Rechtswissenschaft. Das deutsche Recht hätte sich dafür nicht geeignet, da es immer Partikularrecht gewesen sei. (a. a. O., S. 263, 289); zustimmend: Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 258; zu diesem Thema siehe auch: Wolf, Rechtsdenker, S. 498.; Dilcher/Kern, Germanistik, S. 19; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 235 f.; Thieme, Savigny, S. 8 f.; Wieacker, Gründer, S. 111 f.; Dickopf, Maurer, S. 95; Mitteis, Lebenswert, S. 41; zur persönlichen Vorliebe Savignys für das römische Recht als Grund für den Bruch: Caroni, Savigny, S. 105 ff., 110; abweichende Einordung als folgerichtige Wendung soweit es unter den eigenen Voraussetzungen von Savignys Programm verstanden wird: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 362 ff., 393 ff.

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Savigny in der menschlichen Natur ein verbindendes Element, das er als Ausgangspunkt für die Berechtigung der Geltung des römischen Rechts neben dem germanischen Recht auf dem Gebiet des deutschen Reiches nahm. „Was in dem einzelnen Volk wirkt, ist nur der allgemeine Menschengeist, der sich in ihm auf individuelle Weise offenbart.“ 66

Die Folge war eine Trennung des Rechtsbegriffes in einen allgemeinen, allen Menschen gemeinsamen Teil und einen abgetrennten Bereich, in dem sich die Individualität des einzelnen Volkes entfaltete. „In demselben (SS.: dem Volksrecht) finden wir ein zwiefaches Element: ein individuelles, jedem Volke besonders angehörendes, und ein allgemeines, gegründet auf das Gemeinsame der menschlichen Natur. Beide finden ihre wissenschaftliche Anerkennung und Befriedigung in der Rechtsgeschichte und in der Rechtsphilosophie.“ 67

Aus dieser Erkenntnis heraus betonte Savigny den inneren Zusammenhang aller Rechte.68 Dieses Phänomen könne in besonderer Weise im Verhältnis des römischen Rechts mit anderen, insbesondere den europäischen Rechtsordnungen69, beobachtet werden, weil das allgemeine Element im römischen Recht überwiegend zum Tragen komme. So schrieb er über die Bedeutung des römischen Rechts auf dem Gebiet des Deutschen Reiches: „Insbesondere wird aber gar Manches aufzunehmen seyn, was zu den gemeinsamen Grundlehren eines jeden positiven Rechts gehört, also dem Römischen Recht nicht gerade eigenthümlich ist. Für diese Aufnahme spricht nicht blos der bisherige Gebrauch, besonders in den Pandektenvorlesungen der Deutschen Universitäten: nicht blos die besondere Gestalt, die das Römische Recht auch manchem Theil dieser Lehren gegeben, und der Einfluß, den es hierin auf andere Gesetzgebungen ausgeübt hat: sondern vorzüglich die Rücksicht, daß das Römische Recht durch seine Schicksale mehr als jedes andere positive Recht einen allgemeinen Character angenommen hat, welcher sich zu einer befriedigenden Behandlung jener Grundlehren vorzugsweise eignet.“ 70

Die Rezeption des römischen Rechts war also für Savigny aufgrund von mehreren Gesichtspunkten gerechtfertigt. So sei das römische Recht als Verkörperung des allgemeinen menschlichen Rechts mit jeder anderen Rechtsordnung kompatibel. Zu einem diese These stützenden Schluss kam Savigny auch in seinem Hauptwerk „Geschichte des römischen Rechts im Mittelalter“ 71. Dieses Werk enthält als Ergebnis seiner Forschung den Nachweis der „historischen Kontinuität des römischen Rechts im Abendland.“ 72 Auch habe das römische Recht 66 67 68 69 70 71 72

Savigny, System, Bd. 1, S. 21. Savigny, System, Bd. 1, S. 52. Savigny, System, Bd. 1, S. 50 ff. Savigny, System, Bd. 1, S. 78 f., 80. Savigny, System, Bd. 1, S. 6. Wolf, Rechtsdenker, S. 490. Behrends, Savignys System, S. 273 f.; Wolf, Rechtsdenker, S. 514.

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durch den tatsächlichen Gebrauch auf dem Gebiet des Deutschen Reiches in der Vergangenheit Eingang in das deutsche Volksbewusstsein gefunden. Dem von seinen Gegner vorgebrachten Argument, dies sei nicht möglich, da nicht das Volk, sondern der Juristenstand die Rezeption bewirkt habe73, begegnete er mit dem „Spezialistendogma“, welches inhaltlich folgendes besagt: „Es liegt in dem natürlichen Entwicklungsgang der Völker, daß bey fortschreitender Bildung einzelne Thätigkeiten und Kenntnisse sich absondern, und so den eigenthümlichen Lebensberuf besonderer Stände bilden. So auch wird das Recht, ursprünglich Gemeingut des gesammten Volkes, durch die sich mehr verzweigenden Verhältnisse des thätigen Lebens dergestalt ins Einzelne ausgebildet, daß es durch die im Volk gleichmäßig verbreitete Kenntniß nicht mehr beherrscht werden kann. Dann wird sich ein besonderer Stand der Rechtskundigen bilden, welcher, selbst Bestandtheil des Volkes, in diesem Kreise des Denkens die Gesammtheit vertritt. Das Recht ist im besondern Bewußtseyn dieses Standes nur eine Fortsetzung und eigenthümliche Entwicklung des Volksrechts.“ 74

Indem er so dem Juristenstand die Fähigkeit zusprach, auf der Grundlage des Volksbewusstseins Entscheidungen für das Volk treffen zu können, löste er den von seinen Gegnern kritisierten Widerspruch zwischen dem Volksbewusstsein und dem „Juristenrecht“ auf. Auf diese Weise war es Savigny möglich, dieses Argument seiner Gegner zu entkräften und die Einführung und die Verwendung des römischen Rechts als Zeichen für den Eingang dieser Rechtsgrundlagen in das deutsche Volksbewusstsein zu werten.75 Dies dürfte für Savigny umso größere Bedeutung gehabt haben, als nach seiner Auffassung der Geschichte ein geistig sinnvolles, in sich selbst gerechtfertigtes Leben innewohnte, das es zu verstehen, aber nicht zu bewerten galt.76 „Wie ein Priester der Wissenschaft steht er (SS.: Savigny) am Ufer der historischen Entwicklung und betrachtet in ehrfürchtiger Scheu den ewigen Strom des historischen Geschehens, der langsam und unaufhaltsam vorüberfließt.“ 77

Zu Hilfe kam ihm dabei der „Entwicklungsgedanke“, der suggeriert, der Geschichte liege ein mit innerer Notwendigkeit voranschreitender Sachzusammen73 Exemplarische ausführliche Auseinandersetzung: Beseler, Volksrecht, S. 41, 63– 72; Landsberg, Geschichte, Zweiter Halbband, Text, S. 513 (Der den Streit um das Spezialistendogma bereits in dem Titel „Volksrecht und Juristenrecht“ angelegt sieht.); siehe auch: Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 390 f.; Ebel, Jacob Grimm, S. 23; Ehrlich, Grundlegung, S. 373. 74 Savigny, System, Bd. 1, S. 45; siehe auch: Savigny, Vom Beruf, S. 12. 75 Siehe dazu: Dilcher/Kern, Germanistik, S. 19; Schröder, Spezialistendogma, S. 23 ff.; Windscheid, Recht, S. 17; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 392 f. 76 Wolf, Rechtsdenker, S. 502; Denneler, Savigny, S. 76, 77 f.; Behrends, Savignys System, S. 264, 270, 247 f. (Göttliche Vorsehung als Grund für die Unantastbarkeit der geschichtlichen Entwicklung); Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 237 f. (Savigny als erhaltender und bewahrender Betrachter). 77 Dickopf, Maurer, S. 95.

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hang zugrunde, also ein Fortschritt, eine Entwicklung78. Der Entwicklungsgedanke manifestierte sich bei Savigny,79 indem er „jedes Zeitalter eines Volkes als die Fortsetzung und Entwicklung aller vergangenen Zeiten“ 80 betrachtete, weshalb die Geschichte „der einzige Weg zur wahren Erkenntnis unseres eigenen Zustandes“ 81 sei. „Es ist nicht etwa die Rede von einer Wahl zwischen Gutem und Schlechtem, so daß das Anerkennen eines Gegebenen gut, das Verwerfen desselben schlecht, aber gleichwohl möglich, wäre. Vielmehr ist dieses Verwerfen des Gegebenen der Strenge nach ganz unmöglich, es beherrscht uns unvermeidlich, und wir können uns nur darüber täuschen, es nicht ändern.“ 82

Seine Haltung gegenüber den Germanisten erklärt sich aus den dargestellten Ansichten zum historischen Recht. So verteidigte er zwar die Bedeutung der Erforschung des römischen Recht, bejahte aber zugleich alle Bemühungen anderes historisches Recht, also auch germanisches Recht, zu erforschen und diesen Grundlagen einen angemessenen Platz bei der Gestaltung des zukünftigen Rechts einzuräumen.83 Was er allein ablehnte, war das Postulat der ausschließlichen Konzentration auf des germanische Recht.84 Aufgrund dieses Ausgangspunktes begegnete er den Germanisten mit höflicher Zurückhaltung: „Niemand möge diese Worte so verstehen, als sollte die Beschäftigung mit dem Römischen Recht erhoben werden zum Nachtheil der eifrigen germanischen Bestrebungen, die gerade in unserer Zeit so erfreulichen Hoffnungen Raum geben. Nichts ist häufiger und natürlicher, als den lebendigen Eifer für das Gebiet unserer eigenen Forschungen kund zu geben durch Herabsetzung eines verwandten fremden Gebietes; aber ein Irrthum ist es dennoch, und dieser Irrthum wird unfehlbar nur demjenigen Nachtheil bringen, der ihn hegt und übt, nicht dem Gegner, welchem durch solche Herabsetzung Abbruch gethan werden soll.“ 85

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Freyer, Selbstbewußtsein, S. 15 ff.; siehe auch: Böckenförde, Rechtsschule, S. 16 f. Zum Entwicklungsgedanken bei Savigny: Böckenförde, Rechtsschule, S. 16 f.; Wilhelm, Methodenlehre, S. 17, 28, 36; Grawert, Entfaltung, S. 437, 446, 457 f. (Zurückführung dieser Idee auf den Gedanken der Evolution). 80 Savigny, Ueber den Zweck, S. 3. 81 Savigny, Ueber den Zweck, S. 4. 82 Savigny, Ueber den Zweck, S. 4; siehe auch: Savigny, Vom Beruf, S. 112 f. 83 Savigny, Vom Beruf, S. 117 f.; zustimmend: Behrends, Savignys System, S. 272 f. 84 Bewertung dieser Aussagen Savignys: Koschaker, Europa, S. 260 f.; Denneler, Savigny, S. 79; Wilhelm, Methodenlehre, S. 32 f. (Hier wird die Meinung vertreten, dass im Widerspruch zu den aufgeführten Zitaten durch die Lehre Savignys das Blickfeld bezüglich der vorhandenen historischen Grundlagen tatsächlich wesentlich verkleinert und das wissenschaftliche Interesse auf das römische Recht fokussiert wurde.); Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 250 (Hinweis auf die zusätzliche Verengung des Blickfeldes auf bestimmte römische Quellen); differenzierende Betrachtung: Thieme, Savigny, S. 7, 22 ff.; Dickopf, Maurer, S. 94 f.; Wieacker, Gründer, S. 110 (Zusammenfassung der wichtigsten Gegner). 85 Savigny, System, Bd. 1, S. XXXI f. 79

§ 1 Bedeutung der Vergangenheit für die Zukunft im 19. Jh.

153

Gerade auch gegenüber Beseler und dessen Polemik gegen seine Person in dessen Werk „Volksrecht und Juristenrecht“ wird diese Geisteshaltung deutlich.86 B. Der Germanist Georg Beseler Diese vornehme Wertschätzung für die Arbeit anderer kann, zumindest für die Forschungen zum römischen Recht, bei dem Germanisten Georg Beseler87 und auch bei seinem Schüler Gierke, nicht gefunden werden, wie unten näher dargelegt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. a)). Beseler veröffentlichte 1843 sein Buch „Volksrecht und Juristenrecht“ 88, ein Werk welches trotz vielfacher Ablehnung89, dazu beitrug, die bisherige Lehre von der Entstehung des Rechts neu zu sehen.90 I. Der gemeinsame Ausgangspunkt

Die in diesem Werk von Beseler vertretenen Ansichten lehnten sich zwar in weiten Teilen an die Lehre Savignys an91, dessen Verdienst und großen Einfluss 86 Savigny, Brief von Savigny an Georg Beseler vom 13. Oktober 1843, abgedruckt bei: Stoll, Savigny Ministerzeit, S. 60 ff. 87 Kleinheyer/Schröder, Juristen, S. 52 ff.; Kern, Beseler, S. 600; Hübner, Beseler, in: Allgemeine deutsche Biographie, 46. Band, S. 445 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 408 ff.; Lebenslauf: Gierke, Georg Beseler, S. 1 ff. 88 Beseler, Volksrecht; zur Entwicklung des Werkes: Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 372 ff. 89 Unmittelbare Kritik: Puchta, Zu Volksrecht, S. 1 ff.; Thöl, Volksrecht, Vorrede, S. III ff.; Mommsen, Volksrecht, S. 494 ff. (totale Ablehnung); Schmid, Volksrecht, S. 385 ff.; Wächter, Gemeines Recht, S. 186–204 (vorsichtige Ablehnung); Eberty, Zu Volksrecht, S. 66 ff. (teilweise Zustimmung); spätere Besprechungen: Gierke, Georg Beseler, S. 9 f.; Dilcher/Kern, Germanistik, S. 15; Kleinheyer/Schröder, Juristen, S. 54; Hofer, Ehe, S. 85; Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 389; Gierke, Rechtsschule, S. 47, Anm. 40; Landsberg, Geschichte, Dritte Abteilung, Zweiter Halbband, Text, S. 516 f.; Oertmann, Volksrecht, S. 134 ff. 90 Schubart-Fikentscher, Beseler Georg, in: HRG, Bd. 1, S. 389; Böckenförde, Forschung, S. 148; Schröder, Spezialistendogma, S. 28. 91 Beseler wird überwiegend auch als der Historischen Schule zugehörig betrachtet: Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 390 f.; Ehrlich, Grundlegung, S. 372 ff.; Bergbohm, Jurisprudenz (Band 1), S. 500, Anm. 25 f.; Dilcher/Kern, Germanistik, S. 13 f.; teilweise wird er gar als „Erneuerer“ der Historischen Rechtsschule eingeordnet: „Mit diesem Werk (SS.: Volksrecht und Juristenrecht) hat Beseler die Ansätze der ursprünglichen historischen Schule konsequent zu Ende gedacht; er hat die von Hugo begründete historische Schule, die von v. Savigny und Puchta auf den Kopf gesellt worden war, wieder auf die Füße gestellt. Beseler gab der historischen Rechtsschule ihren rechtspolitischen Auftrag zurück, diesmal mit Frontstellung der Germanisten gegen die Romanisten.“ (Dilcher/Kern, Germanistik, S. 15); siehe auch: Kern, Beseler, S. 600; Ebel, Jacob Grimm, S. 23; Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 390; Ehrlich, Grundlegung, S. 372; Dickopf, Maurer, S. 101; Rückert, Reyschers Leben, S. 197; teilweise Übereinstimmung: Schmid, Volksrecht, S. 419; Zitelmann, Gewohnheitsrecht, S. 437 f.,

154

3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

auf die gegenwärtige deutsche Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis Beseler besonders herausstellte92, enthalten jedoch auch einige wesentliche Abweichungen.93 Trotzdem hielt Beselers ausdrücklich fest, dass sein Werk weitgehend auf der Grundlage von Savignys Arbeit gegründet sei: „Auch diese Schrift, wenn gleich ihren eigenen Weg verfolgend, lehnt sich im Wesentlichen an die durch v. Savigny vertretene Grundansicht an; sie ist durch sie hervorgerufen und auf gewisse Weise überhaupt erst möglich geworden.“ 94

Die Übereinstimmung zwischen Savigny und Beseler zeigt sich bereits in der ersten hier gestellten Frage, warum sich die Rechtswissenschaft zu dieser Zeit mit solcher Intensität der Vergangenheit zugewendet hatte. So folgte Beseler, im Wesentlichen dem von Savigny zur Entstehung des Rechts vorgezeichneten Weg und gelangte auf diese Weise zu der Notwendigkeit die Rechtsverhältnisse in ihrem historischen Zusammenhang zu begreifen. „Wenn wir aber in der historischen Forschung eine wichtige und fruchtbare Quelle für die Erkenntniß des Volksrechts finden, so denken wir sie uns ohne jene willkührliche und unwissenschaftliche Beschränkung; das ganze Gebiet der Geschichte ist ihr zur Ausbeute eröffnet, und wenn sie bei der Gegenwart angelangt ist, so weiß sie diese im Zusammenhange mit der Vergangenheit zu erfassen, und geht in die unmittelbare Beobachtung und Würdigung der heutigen Zustände über.“ 95

Durch die Betrachtung historischer Rechtsinstitute in ihrem inneren und historischen Zusammenhang glaubte Beseler nicht nur „die rechte Einsicht in das gesamte Rechtsleben der Nation“ zu gewinnen, „sondern . . . auch die einzelnen Lehren klar und bestimmt in ihrer eigenthümlichen Bedeutung“ erfassen zu können.96 Die auf diese Weise gewonnenen Resultate seien dann „auch für das Recht der Gegenwart . . . höchst fruchtbar und einflußreich“.97 II. Die Ursache des Streites

Trotz dieser Übereinstimmung sollte das Werk Beselers den zweiten großen Gelehrtenstreit dieses Jahrhunderts verursachen.98 Der Grund dafür lag in der Anmerkung 194; Schröder, Georg Beseler, in: Kleinheyer/Schröder, Juristen, S. 53; abweichend: Schröder, Spezialistendogma, S. 38. 92 Beseler, Volksrecht, S. 58; zum Verhältnis zwischen Beseler und Savigny bzw. der Historischen Rechtsschule siehe: Dilcher/Kern, Germanistik, S. 13 ff. 93 Kern, Beseler, S. 600. 94 Beseler, Volksrecht, S. 58. 95 Beseler, Volksrecht, S. 130. 96 Beseler, Volksrecht, S. 130. 97 Beseler, Volksrecht, S. 130. 98 Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 389; Schröder, Georg Beseler, in: Kleinheyer/ Schröder, Juristen, S. 53; Dilcher/Kern, Germanistik, S. 11; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 411; Kurzdarstellung dieser Auseinandersetzung finden sich

§ 1 Bedeutung der Vergangenheit für die Zukunft im 19. Jh.

155

unterschiedlichen Bewertung der Rezeption des römischen Rechts.99 Hatte sich, wie oben dargestellt (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1, A. II.), Savigny positiv über die Rezeption des römischen Rechts geäußert und diesen Teil der deutschen Geschichte als gegeben hingenommen, lehnte Beseler die Anwendung des römischen Rechts auf dem Gebiet des Deutschen Reiches ab. Zusätzlich äußerte er sich abwertend über die „Romanisten“, die diese Rezeption gefördert hatten oder deren Auswirkungen festigten wollten.100 So nannte Beseler die Rezeption eine „der wunderlichen Ideenverwirrungen, woran das Mittelalter so reich ist“ 101; während er das Ansehen der Romanisten in der Geschichte zu schmälern suchte, indem er konstatierte, dass „die gepriesene Weisheit der Doctoren zum großen Theile im Nachbeten ihrer wälschen Auctoritäten bestand, und welche gerade bei der halbgebildeten vornehmen Welt am Größten gewesen seyn wird, während der gesunde Witz und das tiefere Rechtsgefühl des Volkes den Schein eher von der Wirklichkeit zu unterscheiden wußte.“ 102 Die Aufnahme des römischen Rechts habe eine „gewaltsame Erschütterung des deutschen Rechtswesens“ zur Folge gehabt103, welche die Ordnung der hergebrachten Rechtsverhältnisse für weite Teile der Bevölkerung gefährdet habe.104 Diese Bevölkerungsgruppen wären „plötzlich unter die Herrschaft von Gesetzen gestellt“ worden, „die ihnen nach Form und Inhalt fremd waren, und deren practische Durchführbarkeit alles Bestehende zu erschüttern schien.“ 105 Diese Verletzung des materiellen Rechts durch die Rezeption des römischen Rechts sei aber nicht die schlimmste Folge gewesen. Vielmehr habe dieser Zustand das Recht dem Bewusstsein des Volkes entfremdet, so dass dieses sich nun einer „fremden, unheimlichen Macht“ gegenüber gesehen habe. Die Folgen der Rezeption beschrieb Beseler zusammenfassend so: „Es begann jetzt die Entfremdung des Volkes von seinen eigensten Angelegenheiten, jene Bevormundung von oben her, welche später . . . das frische Leben, welches die Nation noch aus dem Mittelalter in die neue Zeit herüber gebracht hatte, vollends zerstörte.“ 106

bei: Hübner, Beseler, in: Allgemeine deutsche Biographie, 46. Band, S. 450 f.; Schröder, Spezialistendogma, S. 28 ff.; Gierke, Rechtsschule, S. 13 f. 99 Schröder, Georg Beseler, in: Kleinheyer/Schröder, Juristen, S. 53; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 407 ff., 410. 100 Zum Verhältnis von Savigny und Beseler: Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 240, 241 f.; Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 378 f. (Zustimmung zu Beselers Auffassung, die Ansicht Savignys betreffend die Rezeption sei ein Verstoß gegen die historische Lehre.). 101 Beseler, Volksrecht, S. 34. 102 Beseler, Volksrecht, S. 35. 103 Beseler, Volksrecht, S. 39. 104 Beseler, Volksrecht, S. 39, 111. 105 Beseler, Volksrecht, S. 39 f. 106 Beseler, Volksrecht, S. 41.

156

3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

Trotz der Verdienste, welche Beseler dem römischen Recht zugestand107, bleibe die „Unterdrückung und Verkrüppelung des eigenen Rechtslebens, welche notwendig daraus folgten, . . . immer ein Nationalunglück welches der Patriot nur beklagen kann, wenn es auch aus der Verkettung der Verhältnisse wie mit Nothwendigkeit hervorgegangen scheint.“ 108 Beseler war aus diesen Gründen nicht gewillt, sich mit dem aus der Rezeption entstandenen Zustand abzufinden. So vertrat er die Ansicht, dass „die Herrschaft des römischen Rechts . . . nur . . . eine Episode in der deutschen Rechtsgeschichte darstellen“ würde109, weil das römische Recht nie das heimische Recht vollständig überwältigt habe110. Für die Zukunft hoffte er daher, dass die deutsche Nation sich auf ihre Ursprünge besinnen und das römische Recht den Kampf mit den germanischen Rechten endgültig verlieren werde.111 Um diese Rückkehr zu ermöglichen und sicherzustellen forderte er seine Mitstreiter auf, das einheimische Recht festzustellen und es „vor der Mißhandlung durch die Romanisten zu retten“.112 Beseler beschäftigte sich ausführlich damit, diese Abweichung von Savignys Lehre zu rechtfertigen, indem er die Argumente die Savigny für seine Befürwortung der Rezeption anführte, zu entkräften suchte. So betonte er im Vergleich zu Savigny noch stärker die große Bedeutung, die das Volk in allen Phasen der Geschichte für die Schaffung und Weiterentwicklung des Rechts gehabt habe.113 Savignys Zugeständnisse an Gesetzgebung und Rechtswissenschaft114 lehnte er in weiten Teilen ab. Damit zielte er vor allem gegen das von Savigny geschaffene Spezialistendogma, mit dem dieser die Kluft zwischen der Rezeption des römischen Rechts durch den Juristenstand und dem Volksbewußtsein zu überbrücken suchte.115 In der Diskussion um die Rezeption des römischen Rechts und in der Polarisierung des Streits zwischen Romanisten und Germanisten hatte dieser Aspekt besonderes Gewicht.116 Durch die Betonung der Rolle des Volkes für die

107

Beseler, Volksrecht, S. 41 f. Beseler, Volksrecht, S. 42. 109 Beseler, Volksrecht, S. 43. 110 Beseler, Volksrecht, S. 42. 111 Beseler, Volksrecht, S. 43. 112 Beseler, Volksrecht, S. 45. 113 Beseler, Volksrecht, S. 64, 82. 114 Savigny, System, Bd. 1, S. 38 ff., 45 ff. 115 Dilcher, Positivismus, S. 513. 116 „Nichts hat den Zorn und die Verachtung der Germanisten so auf die Spitze getrieben wie die Vorherrschaft der gelehrten doctores und licentiati beider Rechte, die in ihrer wissenschaftlichen Spitzfindigkeit und juristischen Verschmitztheit dem Rechtsbewußtsein des Volkes ins Gesicht schlugen.“ (Dickopf, Maurer, S. 101); siehe auch: Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 394; Schröder, Spezialistendogma, S. 31; Bergbohm, Jurisprudenz (Band 1), S. 508, Anm. 32 f.; Schröder, Georg Beseler, in: Kleinheyer/ Schröder, Juristen, S. 53. 108

§ 1 Bedeutung der Vergangenheit für die Zukunft im 19. Jh.

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Weiterentwicklung des Rechts117 eröffnete sich ihm die Möglichkeit, die Rezeption als falsch zu beurteilen, weil sie nicht aus dem Volk entstanden118, sondern diesem aufgezwungen worden sei. Der Bruch mit dem Volksbewusstsein, den die Rezeption des römischen Rechts laut Beseler so verursacht habe, bildete die Grundlage für seine Ablehnung. „Darin (SS.: in der Rezeption) läßt sich doch offenbar nur etwas Willkührliches, Gewaltthätiges erkennen, zumal wenn man bedenkt, daß der Act der Reception unter dem lebhaftesten Widerstande von Seiten des Volkes gegen die Romanisten und ihre Lehre vor sich ging.“ 119

Auch auf die anderen Argumente, die Savigny vorbrachte, antwortete Beseler. So findet sich etwa eine Erwiderung auf den Hinweis Savignys, die Rezeption sei im Hinblick auf den damaligen Rechtszustand notwendig gewesen. Beseler leugnete in diesem Zusammenhang zunächst diese Notwendigkeit für weite Teile des Rechts und selbst dort, wo eine Neuordnung vonnöten gewesen wäre, hätte diese seiner Ansicht nach auch anderes, auf der Grundlage der germanischen Rechte, stattfinden können.120 Zu dem von Savigny angenommenen Übergang des römischen Gedankengutes in das deutsche Volksbewußtsein, äußerte Beseler, dass eine Gewöhnung des Volkes an das römische Recht aufgrund der langen Geltung zwar nicht abgestritten werden könne.121 Aber gleichzeitig müsse es laut Beseler doch einleuchten, „wie viel bedeutender und achtungswerther an und für sich dasjenige seyn muß, was von Haus aus auf der breiten, natürlichen Basis des Volkslebens erwachsen ist, als dasjenige, was zunächst nur äußeren, zufälligen Umständen seine Existenz verdankt.“ 122 Auch Savignys Argumentation betreffend den allgemeinen Charakter des römischen Rechts, der die Anwendbarkeit für alle Menschen begründen sollte, lehnte Beseler ab. Zwar konnte Beseler die Existenz von solchen Gemeinsamkeiten in den Rechten der Völker nicht vollkommen abstreiten; aber er betonte die Individualität jedes Volkes, die sich notwendigerweise auch in der Rechtsbildung zeigen müsse.123 Zusammenfassend kann man also festhalten, dass zwei Elemente hauptsächlich zu Beselers Ablehnung der Rezeption führten; zum einen die Betonung der Entstehung des Rechts „aus der Sitte und den Lebensmomenten“ 124 des Volkes und damit korrespondierend der Nationalgedanke: „Es entsteht nun aber die weitere Frage, wer denn eigentlich das bei der Bildung des Volksrechts thätige Subject ist? Wir antworten: das Volk, und zwar als das Natur117 118 119 120 121 122 123 124

Beseler, Volksrecht, S. Beseler, Volksrecht, S. Beseler, Volksrecht, S. Beseler, Volksrecht, S. Beseler, Volksrecht, S. Beseler, Volksrecht, S. Beseler, Volksrecht, S. Beseler, Volksrecht, S.

69 f. 71. 76. 74 ff. 80 f. 81. 82. 84.

158

3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

ganze, welches die Grundlage des Staates ausmacht, und in seiner individuellen Gestaltung als lebendiger Organismus ein selbstständiges Daseyn führt.“ 125

Nach dem Plan Beselers sollten deshalb, durch die wissenschaftliche Bearbeitung des Volksrechts, die Prinzipien des Rechtsstoffes herausgearbeitet werden. So sollte eine Struktur sichtbar gemacht werden, die dem Pandektensystem entgegengesetzt werden konnte.126 Auf der Suche nach einem zentralen Prinzip des deutschen Rechts glaubte Beseler bei dem Gedanken der Genossenschaft fündig geworden sein.127 Dieser Gedanke wurde später von seinem Schüler Gierke fortgeführt128, was unten noch näher dargelegt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1.). Das Ergebnis dieser Zielsetzung war die Entzweiung der Rechtswissenschaft in Germanisten und Romanisten: „So zeigt sich, daß der „Bruch“ zwischen Germanisten und den Romanisten der historischen Rechtsschule auch ein Bruch der ursprünglichen Theorie selbst ist, deren Teile sich nun in verschiedenen Händen befinden: die Volksgeistlehre in denen der Germanisten, das Spezialistendogma in denen der Romanisten.“ 129

C. Zwischenergebnis Die eingangs gestellten Fragen nach dem Grund für die Hinwendung zur Vergangenheit und die daraus folgende Spaltung der Rechtswissenschaft in Romanisten und Germanisten werden durch die gefundenen Ergebnisse in den Darstellungen von Savigny und Beseler hinreichend geklärt. Die Reaktion der Rechtswissenschaft muss als Antwort auf die Frage nach dem Volksbewusstsein und dem Rechtsempfinden des Volkes verstanden werden. Diese Erkenntnisquelle sollte für den Aufbau einer gesetzlichen Ordnung maßgebend sein. Der Raum aber, an dem man den Volksgeist aufzuspüren, zu erkennen und zu isolieren hoffte, war die Geschichte und damit die bestehenden rechtlichen Unterlagen und der geschichtliche Zusammenhang, in dem diese geschaffen wurden. Die nach diesen Maßgaben aufgestellte Theorie des Rechts wurde bei der Bildung von konkreten Rechtsgestaltungen in der Regel nicht konsequent berücksichtigt.130 Daraus resultierte, bereits bei Savigny erkennbar, eine Verwendung der historischen Vorbilder als zusätzliches Argument für die Rechtfertigung eines auf anderen Interessen beruhenden Standpunkts. 125

Beseler, Volksrecht, S. 82 f. Beseler, System; Gierke, Georg Beseler, S. 13; Kern, Beseler, S. 600. 127 Beseler, Volksrecht, S. 124, 157; siehe auch: Hofer, Ehe, S. 86; Kern, Beseler, S. 601; Schröder, Genossenschaftstheorie, S. 407; Böckenförde, Forschung, S. 148. 128 Kern, Beseler, S. 598; Schröder, Genossenschaftstheorie, S. 399. 129 Schröder, Spezialistendogma, S. 31. 130 Zu dem Vorwurf auch Beseler habe ebenso wenig Rechtstatsachenforschung betrieben, wie die von ihm bekämpften Romanisten: Schröder, Spezialistendogma, S. 38; Beurteilung dieser Aussage: Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 419. 126

§ 2 Meinungen zum ursprünglichen deutschen Güterrecht

159

Trotz der gemeinsamen Hinwendung zur Vergangenheit hatte diese Bewegung eine Spaltung der Rechtswissenschaft in Romanisten und Germanisten zur Folge. Das Zerwürfnis gründete sich auf die Frage, welche historischen Rechte für eine solche Suche nach dem Volksgeist maßgeblich sein sollten. Hier schieden sich die Geister. Die Germanisten hatten sich auf die Betonung des Nationalgedankens und folglich darauf versteift, dass nur das auf dem Gebiet des Deutschen Reiches gewachsene Recht für die zukünftigen Rechtsgestaltungen von Belang sein dürfe. Die Ablehnung der Rezeption und der Wunsch die entstandene Vermischung von römischem und germanischem Recht rückgängig zu machen, führte zur Ablehnung des römischen Rechts, die sich später vor allem in den Ausführungen von Gierke noch deutlicher zeigen wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1.). Savigny, der hier die Seite der mit dem römischen Rechts befassten Juristen vertritt, lehnte wiederum diese Verengung der historischen Grundlagen auf die germanischen Rechte ab. Für ihn war alles historische Recht für die Isolierung des Volksgeistes bedeutsam und so setzte er sich für die Möglichkeit ein beides nebeneinander zu pflegen, römisches und germanisches Recht. Jedes sollte zu dem Anteil, der ihm durch die Geschichte unabänderlich zugewiesen würde, bei zukünftigen Gestaltungen berücksichtigt werden. Sein Wohlwollen gegenüber den Germanisten und sein Bemühen, dass auch die Forschungen zum römischen Recht von der Gegenseite akzeptiert werden, kennzeichnen seine, wie auch die Haltung anderer Romanisten, gegenüber den Angriffen der Germanisten. Mit der Intention das römische und germanische Recht in Einklang zu bringen, um so die aus der Geschichte entstandenen Lehren aus einer umfassenden Grundlage ziehen zu können, standen die Romanisten den Germanisten nie als die Verfechter der ausschließlichen Anwendung des römischen Rechts gegenüber, zu denen die Germanisten sie bisweilen stilisierten. Vielmehr versuchten sie in aller Regel, einen vermittelnden Standpunkt zwischen römischem und germanischem Recht einzunehmen.

§ 2 Meinungen zum ursprünglichen deutschen Güterrecht Nach der Beschreibung des „historischen“ Trends in der Rechtswissenschaft stellt sich nunmehr die Frage, welche Ergebnisse sich daraus für die historische Forschung zu dem ursprünglichen Güterrechtstyp auf dem Gebiet des Deutschen Reiches ergeben haben. Tatsächlich gab es trotz der oben dargestellten Schwierigkeiten, mit denen die historische Forschung zu kämpfen hatte (s. o. 1. Teil, 2. Kapitel, § 1 und 3. Teil, 1. Kapitel), eine rege Diskussion darüber, welches Güterrecht ursprünglich die Verhältnisse der Ehegatten auf dem Gebiet des Deutschen Reiches geregelt hatte. Um diese Frage beantworten zu können, ging man bis in die Zeit der Stammesrechte131 zurück. Favoriten der Diskussion waren die 131 So z. B. Schröder, der diesem Thema den Ersten Teil seiner Geschichte zum ehelichen Güterrecht unter dem Titel „Die Zeit der Volksrechte“ widmete. Er betonte in

160

3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

Gütergemeinschaft und die Verwaltungsgemeinschaft, bisweilen auch Gütereinheit genannt. Auch Planck äußerte sich im Rahmen seines Entwurfes ausführlich zu der Frage des ursprünglichen deutschen Güterrechts und sah durch die Antwort seine Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterrecht bestätigt: „Was zunächst die geschichtliche Entwickelung des ehelichen Güterrechts anlangt, so ist unbestritten, daß ursprünglich das System der bloßen Verwaltungsgemeinschaft in ganz Deutschland geherrscht hat.“ 132

Bei seinen Ausführungen stützte Planck sich überwiegend auf Schröders historische Forschung zum ehelichen Güterrecht. Er beschrieb, wie sich die ursprüngliche Form der Verwaltungsgemeinschaft entwickelt habe, bis letztlich die Gütergemeinschaft daraus entstanden sei. Das eheliche Güterrecht in Deutschland hatte, laut Planck, ursprünglich auf dem System der Gütertrennung, verbunden mit einer durch die eheliche Vormundschaft des Mannes vermittelten Genossenschaft der Verwaltung, beruht.133 Der Ausgangspunkt der Entwicklung hin zur Gütergemeinschaft habe sich durch Abänderung des Güterrechtes mittels Eheverträgen ergeben. So wären durch vertragliche Regelungen der überlebenden Frau gewisse Vermögenswerte, insbesondere ein Anteil an der ehelichen Errungenschaft, zugesprochen worden. Was zunächst als ein erbrechtlicher Anspruch ausgestaltet gewesen sei, hätte sich zu einem Anteil an der ehelichen Errungenschaft auch während der Ehe entwickelt. Dadurch wäre die Schwierigkeit entstanden, das errungene bewegliche Vermögen von dem eingebrachten Vermögen abzugrenzen. Um diesem Missstand abzuhelfen, hätte man die Gemeinschaft aller Mobilien geschaffen. Aufgrund dieses Sachstandes wäre das Verbleiben der Immobilien im Sondergut der Ehegatten auf Dauer nicht befriedigend gewesen. Diese Vermögensmasse hätte schließlich für die wirtschaftliche Absicherung der Ehegatten besonders große Bedeutung gehabt. Eine Verfügungsbeschränkung an den Immobilien sollte dieses Problem lösen, was zur Folge gehabt hätte, dass die Ehegatten nur noch nach Gesamthandsprinzipien über die Immobilien verfügen konnten. Von dieser Gestaltung aus sei es nur noch ein kleiner Schritt zur allgemeinen Gütergemeinschaft gewesen. Diese Entwicklung hatte Planck am Beispiel der Franken nachvollzogen. Er war sich aber sicher, dass diese Entwicklungslinie auch auf andere Stämme angewandt werden konnte.134

der Einleitung ausdrücklich die Relevanz dieses Zeitabschnitts für die damals aktuelle Situation, weshalb er dieser Periode eine eingehende Prüfung angedeihen ließ. (Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, 1. Buch, Teil 1, S. VI); bezogen auf diese Forschung siehe auch: Planck, Vorentwürfe, S. 443 f. 132 Planck, Vorentwürfe, S. 443. 133 Planck, Vorentwürfe, S. 452. 134 Planck, Vorentwürfe, S. 443.

§ 2 Meinungen zum ursprünglichen deutschen Güterrecht

161

„Aus der Art, wie sich hiernach geschichtlich die verschiedenen Formen der Gütergemeinschaft entwickelt haben, scheint, so manches im Einzelnen unklar und bestritten sein mag, soviel mit Sicherheit hervorzugehen, daß die Gütergemeinschaft keine einem einzelnen deutschen Stamme eigenthümliche Form des ehelichen Güterrechts ist. Sie hat sich bei einzelnen Stämmen zuerst entwickelt, ist aber nicht auf diese beschränkt geblieben, sondern hat sich über ganz Deutschland verbreitet. Andererseits ist sie nie zur ausschließlichen Herrschaft gelangt, vielmehr hat sich neben ihr in großen Gebieten die Verwaltungsgemeinschaft behauptet.“ 135

Planck wollte diese Ausführungen jedoch in einem bestimmten Sinn verstanden wissen. Die Entwicklung hin zur Gütergemeinschaft dürfe nicht als Weiterentwicklung der Güterrechte beurteilt werden. Dafür sprächen bereits die Gründe für die Anpassung, die ganz unterschiedlich gewesen seien136 und im Wesentlichen auf der „individualistischen Richtung des deutschen Geistes“ beruht hätten. Dieser hätte innerhalb des losen staatlichen Zusammenhangs dazu geführt, dass „jene mögliche Entwickelung nach verschiedenen Richtungen in den verschiedenen Theilen Deutschlands auch wirklich stattfinden würde.“ 137 Eine eindeutige Aussage über den Wert der Güterrechte könne daraus nicht abgeleitet werden. Im Gegenteil hätte die neuere Rechtsentwicklung einen Trend weg von der Gütergemeinschaft vollzogen, der von Planck als Zeichen angesehen wurde, dass die Gütergemeinschaft ihren Zenit bereits überschritten habe.138 Die Quelle, auf die sich Planck bei diesen Ausführungen stützte, waren die Forschungen des Germanisten Richard Schröder, der sich ernsthaft um eine historisch korrekte Antwort auf die Frage nach dem ursprünglich auf dem Gebiet des Deutschen Reiches beheimateten Güterrecht bemühte. Durch seine Studien erwarb sich Schröder den Ruf des Gesamtdarstellers der Deutsche Rechtsgeschichte.139 Schröders ausgiebige Vertrautheit mit den städtischen und vor allem den ländlichen Rechtsquellen des Mittelalters ermöglichte es ihm, die größte Einzeluntersuchung der Geschichte des ehelichen Güterrechtes durchzuführen, die es zu jener Zeit gab.140 Wenn man sich mit den Werken Schröders zum ehelichen Güterrecht befasst141, dann fällt als erstes dessen gründliche Arbeitsweise ins Auge. Diese zeigt sich in der sorgfältigen Auswertung und Einordnung einer Vielzahl der vorhandenen Güterrechte. So ging Schröders Ergebnissen zum Thema ursprüngliches germanisches Güterrecht eine akribische und umfassende Untersuchung der lokalen, historischen Quellen zum ehelichen Güterrecht voraus. Dies zeigt sich bereits, wenn man das Inhaltsverzeichnis seiner Werke betrachtet. 135 136 137 138 139 140 141

Planck, Vorentwürfe, S. 444. Planck, Vorentwürfe, S. 452. Planck, Vorentwürfe, S. 444. Planck, Vorentwürfe, S. 452 f. Stutz, Schröder, S. 17. Stutz, Schröder, S. 23. Schröder, Geschichte des ehelichen Güterrechts in zwei Bänden.

162

3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

So ist die Ordnung in seinem Standardwerk zum ehelichen Güterrecht so gewählt, dass nach den unterschiedlichen Quellen die jeweils relevante Rechtsgestaltung aufgezeigt wird.142 Bei den Erläuterungen zu den einzelnen Rechtsfiguren finden sich ausführliche Verweise und Quellenzitate. 143 An seine Ausführungen angehängt sind teilweise komplette Abdrucke der zitierten Werke. So ist z. B. in seinem ersten Band des ersten Teils der Text der Langobardischen Verlobung, der Fränkischen Urkunde v. J. 827 neben anderen abgedruckt.144 Erwähnenswert ist auch die Aufmerksamkeit, die er Quellen mit einem sehr kleinen Wirkungskreis zukommen ließ, so zum Beispiel dem Dorfrecht von Schöllbronn und dem Landrecht von Wattwil.145 Und tatsächlich kam Schröder aufgrund seiner Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass die Verwaltungsgemeinschaft als das ursprüngliche deutsche Güterrecht bezeichnet werden müsse. „In gewissem Sinne freilich sind alle im Mittelalter nachweisbaren zur Gütergemeinschaft hinneigenden Rechtsbildungen als Modificationen der Verwaltungsgemeinschaft anzusehen, da auf dieser, wie längst bekannt und in dem ersten Theile meiner Geschichte des ehelichen Güterrechts des näheren dargelegt ist, das System der Volksrechte beruht. Aber die Keime zu dem Uebergange in das spätere Recht zeigen sich doch schon in der ältesten Zeit, das System der gesamten Hand ist daraus naturwüchsig hervorgegangen.“ 146

Trotz der klaren Aussage zum ursprünglichen Güterrecht zeigt dieses Zitat eine gewisse Absicht, das gefundene Ergebnis zu relativieren. Dies ist verständlich, wenn man bedenkt, dass Schröder üblicherweise für die Belange der Germanisten eintrat, die größtenteils ein Güterrecht bevorzugten, das den Gemeinschaftsgedanken zum Ausdruck brachte, also eine Form der allgemeinen oder partikulären Gütergemeinschaft147. Auch Schröder hatte anfänglich eine partikuläre Gütergemeinschaft bevorzugt, nämlich die Errungenschaftsgemeinschaft.148 Trotzdem vertrat Schröder die Ansicht, dass das ursprüngliche deutsche Güterrecht die Verwaltungsgemeinschaft gewesen sei, auch wenn er sich der Einschränkung nicht enthalten konnte, dass die Veränderungen in Richtung Gütergemeinschaft bereits in sehr früher Zeit stattgefunden hätten. Diese Aussage macht deutlich, dass Schröder eigentlich kein Anhänger der Verwaltungsgemeinschaft war, jedoch aufgrund der Ergebnisse seiner Forschung nicht umhinkam, diesem 142

Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, 1. Buch, Teil 1, S. XIII ff. Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, 1. Buch, Teil 1, S. 152. 144 Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, 1. Buch, Teil 1, S. 182 ff. 145 Schröder, Geschichte, Teil 2, Das Mittelalter, 1. Buch, Teil 2, S. 182. 146 Schröder, Zur Geschichte, S. 429; siehe dazu auch: Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte; Darstellung der Weiterentwicklung im Mittelalter: Schröder, Geschichte, Teil 2, Mittelalter, S. 295 ff., als Beispiel das fränkische Recht S. 297. 147 Gierke, Entwurf, S. 417; Gierke, Haus, S. 652; Gierke zustimmend: Heusler, Zum Entwurfe, S. 187. 148 Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 47; Schröder, Güterrecht Deutschlands, S. 37; Stutz, Schröder, S. 30 f. 143

§ 2 Meinungen zum ursprünglichen deutschen Güterrecht

163

Güterrecht den Platz des ursprünglichen Güterrechtes auf dem Gebiet des deutschen Reichs zuzuweisen. Es gab auch Gegner der Verwaltungsgemeinschaft, die noch einen Schritt weitergingen, indem sie diesen Status der Verwaltungsgemeinschaft noch mehr zu verschleiern suchten. So erklärte Roth: „Ich habe oben bereits hervorgehoben, daß die Meinung, welche einen Vorzug der Gütereinheit auf die historische Entwicklung begründen will, sich nicht rechtfertigen läßt. Die Untersuchungen von Euler, Sandhaas und Schröder haben als unzweifelhaftes Resultat ergeben, daß die allgemeine und partikuläre Gütergemeinschaft, die, wie oben gezeigt, für zwei Drittheile des Rechtsgebiets jetzt das gesetzliche Güterrecht bilden, sich aus den Stammesrechten des Mittelalters entwickelt haben. Die Gütereinheit war nicht gemeines Recht des Mittelalters, sondern das Recht der ostfälischen Sachsen, also nicht einmal für ganz Sachsen geltend, während die anderen Stammesrechte, Westfalen, Franken, Schwaben und Bayern ein Güterrecht (der gesammten Hand mit Verfangenschaft) hatten, aus dem sich im Laufe der Zeit die allgemeine und partikuläre Gütergemeinschaft ausgebildet haben.“ 149

Roth konnte dadurch, dass er nicht weiter als bis zu den Rechten des Mittelalters zurückging, die Gütergemeinschaft auch im Hinblick auf die historische Frage in den Mittelpunkt rücken. Dies ermöglichte es ihm zu dem Ergebnis zu kommen, dass die historischen Daten nicht gegen eine Annahme der Gütergemeinschaft im Reichsgebiet sprechen würden.150 Tatsächlich hat Roth mit dieser Aussage aber nicht bestritten, dass das ursprüngliche Güterrecht im Deutschen Reich auf dem Gedanken der Verwaltungsgemeinschaft beruht hatte. Vielmehr erschöpft sich seine Aussage darin, dass die Entwicklung der Gütergemeinschaft bereits aus früher Zeit stammen würde. Damit deutete er an, dass diese Form des Güterrechtes schon solange bestehe, dass es im Volk bereits verwurzelt sei. Mit der Betonung der weiten Verbreitung der Gütergemeinschaft versuchte er, die Entwicklung dieses Güterrechts zu einer Weiterentwicklung zu erheben. Aufgrund dieser Aussagen zu dem ursprünglichen Güterrecht in Deutschland darf man wohl berechtigterweise davon ausgehen, dass die Verwaltungsgemeinschaft nach dem Stand der damaligen Forschung in irgendeiner Form tatsächlich den Urtyp auf dem Gebiet des Deutschen Reiches darstellte. Diese Annahme scheint gerade deshalb berechtigt zu sein, weil auch Personen, die nicht für die Verwaltungsgemeinschaft als gesetzliches Güterrecht plädierten, diese Meinung, wenn auch widerwillig, unterstützten, oder ihr zumindest nicht widersprachen. Soweit man die Ursprünge des germanischen Güterrechtes also historisch nachvollziehen kann, wird man wohl davon ausgehen müssen, dass die Verwaltungsgemeinschaft anfänglich die Belange der Ehegatten geregelt hatte.

149 150

Roth, Güterrecht, S. 280. Roth, Güterrecht, S. 280.

164

3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

Neben diesem primären Ergebnis zeigt sich bereits hier die Schwierigkeit, die historische Forschung von dem dogmatischen Streit zwischen Romanisten und Germanisten zu trennen. Die drei dargestellten Meinungen befassen sich oberflächlich betrachtet allein mit dem ursprünglichen historischen Güterrecht. Auf den zweiten Blick wird aber deutlich, dass die Diskussionsteilnehmer in unterschiedlicher Weise versuchten, die gefundenen Ergebnisse auf das jeweils bevorzugte Güterrecht anzupassen. So etwa Planck, der die Verwaltungsgemeinschaft durch die historische Forschung stützen wollte. Zwar hatte Planck den Vorteil, dass er sich mit seiner Wahl im Einklang mit dem Ergebnis der historischen Forschungen Schröders befand, jedoch zeigt die Art und Weise wie er mit der Geschichte der Gütergemeinschaft verfuhr, unübersehbar die Spuren seiner Intention die Verwaltungsgemeinschaft als das einzig wahre deutsche Güterrecht zu qualifizieren.151 So zeichnete er den Weg von der Verwaltungsgemeinschaft zur Gütergemeinschaft in sehr vereinfachter Weise nach. Anhand dieser simplifizierten Darstellung konnte er nachweisen, dass die Gütergemeinschaft, logistisch gesehen, aus der Verwaltungsgemeinschaft entstanden sein musste und nicht umgekehrt. Diese Erkenntnis, die er aus seiner vereinfachten Darstellung zog, versuchte er dann auf einen möglichst großen Bereich der geltenden Güterrechte auszudehnen, um so durch die Verallgemeinerung eine breitere Basis für seine Argumentation zu erlangen.152 Jedoch bereits wenige Zeilen später beruft er sich dieses Schema durchbrechend, auf die Zersplitterung, die dazu geführt habe, dass jeder mögliche Güterrechtstyp entstanden sei, um so die Argumente seiner Gegner, die Gütergemeinschaft sei die folgerichtige Weiterentwicklung der Verwaltungsgemeinschaft, zu erschüttern.153 Auch die anderen beiden Juristen folgten auf ihre Weise diesem Schema. Da sie die Verwaltungsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand, im Falle von Schröder zumindest anfänglich, nicht befürworteten, versuchten sie die Stellung der Verwaltungsgemeinschaft als ursprüngliches Güterrecht zu entkräften. Schröder hob aus diesem Grund hervor, dass das Prinzip der gesamten Hand schon in sehr früher Zeit „naturwüchsig“ aus den ursprünglichen Rechten hervorgegangen sei. Damit suggerierte er eine Verwurzelung der partikulären und allgemeinen Gütergemeinschaften im Volksgeist. Roth ging noch einen Schritt weiter und verlegte sich auf die Taktik ganze Kapitel der Geschichte einfach zu unterschlagen.

151 So etwa seine Behauptungen über die lediglich punktuelle Entwicklung der Gütergemeinschaft und die erst anschließende Verbreitung mit der Betonung darauf, dass die Gütergemeinschaft trotzdem nie die ausschließliche Herrschaft auf dem Gebiet des deutschen Reiches erlangt hatte. Damit sprach er der Gütergemeinschaft den Status einer Weiterentwicklung ab. (Planck, Vorentwürfe, S. 444); siehe außerdem seine Darstellungen zu den Verbreitungsgebieten (s. o. 3. Teil, 1. Kapitel). 152 Planck, Vorentwürfe, S. 443 unten. 153 Planck, Vorentwürfe, S. 444.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

165

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten Bei dem Versuch den Streit der Germanisten und der Romanisten isoliert zu betrachten, stößt man auf die gleichen Probleme. Ein deutliches Beispiel für die Vermischung dieser Auseinandersetzung mit der historischen Forschung gibt das folgende Zitat von Mommsen: „So ist denn nach meiner Ueberzeugung das System der Gütergemeinschaft dasjenige, welches, wie dem sittlichen Wesen des ehelichen Verhältnisses, so auch der deutschen Auffassung am entschiedensten entspricht. Freilich ist das Letztere bestritten . . . die Ansicht ausgesprochen, daß das System der Gütergemeinschaft im mittelalterlichen deutschen Recht keine Begründung finde, daß dasselbe vielmehr seine eigentliche Entwickelung durch eine falsch germanisirende Doctrin im Kampfe mit der romanisirenden Jurisprudenz erhalten habe. Soviel mir bekannt, ist Gerber’s Ansicht über die späte Entwickelung des Systems der Gütergemeinschaft jetzt allgemein aufgegeben; aber, wenn auch das System der Gütergemeinschaft aus der alten Verwaltungsgemeinschaft im Kampfe mit der romanisirenden Jurisprudenz sich entwikkelt haben sollte, wie das, wenn gleich nicht allgemein, so doch hier und da der Fall gewesen sein mag, so würde mich dies in keiner Weise beirren. Ich würde in einer solchen Entwickelung nicht den Sieg einer falsch germanisirenden Wissenschaft, sondern den Sieg des deutschen Volksgeistes erblicken, der sich auf diese Weise der, das altdeutsche Recht umgestaltenden, falsch romanisirenden Jurisprudenz erwehrt hat.“ 154

Die Verwobenheit der beiden Aspekte zeigt sich darin, dass Geschehnissen der Vergangenheit die Attribute romanistisch oder germanistisch zugeordnet werden. Dieses Vorgehen benutzte der Autor Mommsen, um eine Bewertung der Vergangenheit vornehmen zu können, die eine Bestätigung für seine Ansicht lieferte. Neben der Vermischung, die so zwischen den beiden unterschiedlichen Aspekten entstand, kennzeichnet dieses Argumentationsmuster aber paradoxerweise auch die Verschiedenheit der Streitgegenstände. Der Grund dafür ist, dass die historische Forschung von den Germanisten und Romanisten immer unter dem Aspekt der Brauchbarkeit der Erkenntnisse für die Gegenwart und Zukunft betrachtet wurde. Darin lag die Gefahr, die sich, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 4, B.), auch vielfach realisiert hat, dass die Erkenntnisse der historischen Forschung mittels Auslegung so an die eigene Ansicht angepasst wurden, dass sie schließlich nur noch als ein Mittel der Rechtfertigung einer bereits vorab gebildeten Meinung erschienen. Es ist daher wichtig sich vor Augen zu halten, dass die Rechtswissenschaft dieser Zeit nicht primär mit der Frage befasst war, welches Güterrecht ursprünglich die deutschen Güterrechtsverhältnisse regelte. Vielmehr fragte man nach einem mit dem Volksgeist in Einklang stehenden Güterrecht (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel). Wie bereits die Kommentare zu den historischen Meinungen belegen, wurde die Geschichte, wie übrigens auch die Berechnungen zu den Verbreitungsgebieten der Güterrechte (s. o. 154

Mommsen, Güterrecht, S. 171 f.

166

3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

3. Teil, 1. Kapitel), jeweils so dargestellt, dass sie die eigene Meinung stützten. Diese Vorgehensweise ist vor allem bei dem Germanisten Gierke erkennbar, der sich bei seiner Suche nach einem im Ursprung deutschen bzw. germanischen Güterrecht nicht von der historischen Forschung beirren ließ. So griff er etwa bei seinen Forderungen zur Gestaltung des BGB nicht zurück auf die ursprüngliche Form des Güterrechts in der Zeit der Stammesrechte, also die Verwaltungsgemeinschaft. Vielmehr bevorzugte er die Gütergemeinschaft, als dasjenige Güterrecht, welches dem germanischen Ursprung am ehesten entsprach. Die Widersprüchlichkeit dieses Ausgangspunktes ist offensichtlich. Gierke legte seiner Wahl nicht die Resultate der historischen Forschung bezüglich des Zeitraumes zugrunde, der die germanischen Gewohnheiten am Besten kennzeichnete. Vielmehr präferierte er dasjenige Güterrecht, das seiner Theorie des Gemeinschaftsgedankens am ehesten entsprach, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 2. a)). Seine und auch die Versuche anderer Juristen, ihre Meinung mit dem Lauf der Geschichte in Einklang zu bringen, belegen aber die große Bedeutung, die diese geschichtliche Herleitung zur damaligen Zeit hatte, oder wie v. Beaulieu-Marconney treffend zusammenfasst: „Denn eine organische Entwicklung alt-deutschen Rechts tritt uns mit ganz anderer Autorität entgegen als das verunglückte Erzeugniß des Juristenrechts.“ 155

A. Das Meinungsspektrum Um einen sinnvoll geordneten Überblick bezüglich der Meinungen der Diskussionsteilnehmer zu erhalten, die bei der Begründung ihrer Forderungen erkennbar einen Bezug zu der geschichtlichen Entwicklung herzustellen trachteten, ist es notwendig, sich zunächst auf die einzelnen Juristen und die Hintergründe der jeweils vertretenen Meinung zu konzentrieren. Die unterschiedlichen Standpunkte sollen im Folgenden aber nicht einfach nebeneinander gestellt werden, sondern es soll der Versuch gemacht werden, sie nach dem vorgegebenen Schema, romanistisch und germanistisch, zu ordnen. Die Einteilung der Juristen in Germanisten und Romanisten erfolgte dabei allein anhand der rechtswissenschaftlichen Orientierung, also ihrem jeweiligen Forschungsschwerpunkt.156 Das heißt also, dass Wissenschaftler, die das germanisch-deutsche Kulturelement zum besonderen Gegenstand ihrer Forschungen machten, in die Gruppe der Germanisten eingeordnet wurden. Den Romanisten aber wurden im Unterschied dazu Juristen zugeordnet, die sich schwerpunktmäßig mit dem römischen Recht be-

155

Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 64. Erler, Germanisten, in: HRG, Bd. 1, S. 1582 f.; weiterführend zum Problem der Einteilung in Romanisten und Germanisten: Dilcher/Kern, Germanistik, S. 2, 15 ff. (Einteilung erfolgt nach Dilcher durch die Forschungsschwerpunkte und den methodischen Ansatz). 156

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

167

fassten. Andere Aspekte, wie der Inhalt der vertretenen Meinung oder der methodische Ansatz blieben dafür außer Betracht. Durch diese Vorgehensweise soll festgestellt werden, ob innerhalb der Gruppen eine einheitliche Linie vertreten wurde, bzw. ob zwischen den Parteien eine klare Trennlinie gezogen werden kann. Bei fehlender Übereinstimmung untereinander oder mit der historischen Forschung wurde der Versuch unternommen, Hintergründe und Ursachen dieser Abweichungen festzustellen. I. Die Germanisten

Bei der Auseinandersetzung um das eheliche Güterrecht beschäftigten sich vier Germanisten explizit mit der Frage, ob die gemachten Vorschläge mit dem deutschen Volksgeist vereinbar wären. Jedoch kann aus der Zuordnung Gierkes, Heuslers, Schröders und Gerbers zu der Gruppe der Germanisten nicht geschlossen werden, dass sie dieselben Ziele für die Ausgestaltung des ehelichen Güterrechts verfolgten. In der Frage der Gestaltung der ehelichen Güterrechte des BGB existierte kein einheitlicher germanistischer Block. Vielmehr äußerte sich Gierke ausführlich zu dem idealen germanischen Güterrecht und stellte die Gegensätze zu dem Entwurf Plancks heraus. Seine Ansichten zum ehelichen Güterrecht wurden von Heusler, im Rahmen einer Buchbesprechung zu Gierkes „Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das Deutsche Recht“, lediglich bestätigt. Heusler setzte sich aber selbst nicht näher mit der Problematik auseinander. Schröder, als ein bedeutender Vertreter dieser Gruppe, wich in wesentlichen Teilen von der Ansicht Gierkes und Heuslers ab und ging mit seinen Forderungen zum ehelichen Güterrecht eigene Wege, indem er eine Versöhnung des altdeutschen Rechts mit der Verwaltungsgemeinschaft Plancks zu verwirklichen suchte. Das System Gerbers zum ehelichen Güterrecht schließlich gilt, obwohl er nach der gewählten Einteilung zu den Germanisten gezählt werden muss, als die Grundlage für den Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft Plancks, auch wenn in seinen Äußerungen dieser Güterstand durchgehend als Gütereinheit bezeichnet wird. 1. Otto von Gierke und Andreas Heusler Gierke157 war der schärfste Gegner des Entwurfs zum Bürgerlichen Gesetzbuch, insbesondere auch im Bereich des Familienrechts.158 Der Kritiker Gierke 157 Zur Person Gierkes: Stutz, Gierke, S. VII ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 453 ff.; Bibliographie und Übersicht über Sekundärliteratur: Wolf, Rechtsdenker, S. 709 ff.; zum Forschungsstand: Janssen, Gierkes Methode, S. 1 ff. 158 Gierke, Entwurf; siehe auch: Mertens, Gierke, S. 508, 510 f.; Wolf, Rechtsdenker, S. 698 f.; Haack, Gierkes Kritik; zur Kritik am Familienrechtsentwurf: Haack, Gierkes Kritik, S. 128 ff.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

zählte sich selbst zu den Nachfolgern und Weiterführern der Historischen Rechtsschule159. Als Schüler Beselers gehörte er der germanischen Richtung der Historischen Rechtsschule an160 und als Germanist formulierte er den entscheidenden Vorwurf gegen Plancks System der Verwaltungsgemeinschaft so: „Das System des Entwurfes ist in der That seinem innersten Kern nach nichts als das durch einige verstümmelte Einschiebsel deutscher Herkunft modifizierte römische System der Gütertrennung. In der Hauptsache ist das Ziel erreicht: auch das eheliche Güterrecht ist romanisiert.“ 161

a) Gierke und das römische Recht Damit hatte Gierke den Grund für seine harsche Ablehnung des Entwurfes genannt. Als Germanist kritisierte Gierke den Entwurf als eine Ausprägung des römischen Rechtes. Gierkes Verhältnis zum römischen Recht geht mit der seines Lehrers Beseler weitgehend konform. Neben Gierkes grundsätzlicher Zustimmung für Savignys162 Suche nach dem Volksgeist, kritisierte er, wie auch Beseler, die Haltung Savignys zum römischen Recht: „Die wirkliche Sünde der historischen Schule beginnt vielmehr da, wo sie ihrem eignen Prinzip untreu wurde. Solche Untreue gegen sich selbst aber beging sie in ihrem Verhalten zu unserem nationalen Recht. Hiermit leitete sie eine unheilvolle Wendung im deutschen Rechtsleben ein, die am deutlichsten in dem Zwiespalt zu Tage trat, der zwischen Romanisten und Germanisten ausbrach.“ 163

Er dehnte diesen Vorwurf der falschen Bewertung des römischen Rechts auch auf weitere Mitglieder der Historischen Schule aus, indem er ihnen vorwarf, durch Überspitzung von Savignys Äußerungen zum römischen Recht, zu Vorkämpfern des Romanismus geworden zu sein und beabsichtigt zu haben, das reine römische Recht wieder zu erwecken.164 Gegen diese Intention aber kämpfte Gierke, und nach seiner Aussage, auch die anderen Germanisten: „Das waren die Lehren, das die Bestrebungen, gegen die zuerst die Germanisten sich zum Angriff scharten. Sie wurden sich der ernsten Gefahr bewußt, in der das deutsche Recht schwebte, und sie erfüllten nur ihre Pflicht, wenn sie die Waffen erhoben, um das ihnen anvertraute kostbare Gut zu schirmen. Die Quelle ihrer Stärke war der nationale Gedanke.“ 165

159 Gierke, Rechtsschule, insbesondere S. 8; Gierke, Naturrecht, S. 7; siehe auch: Gurwitsch, Gierke, S. 87; Wolf, Rechtsdenker, S. 690 f. 160 Oexle, Rechtsgeschichte, S. 195 161 Gierke, Entwurf, S. 419. 162 Gierke, Rechtsschule, S. 5 ff. 163 Gierke, Rechtsschule, S. 10. 164 Gierke, Rechtsschule, S. 17. 165 Gierke, Rechtsschule, S. 19.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

169

b) Die Hauptkritikpunkte Gierkes Aus dieser Opposition zum römischen Recht, wie aus dem Versuch Gierkes von ihm so bezeichnete germanische Rechtsgrundsätze ins Gesetz einzuführen, ergaben sich, die Hauptkritikpunkte Gierkes an dem Entwurf des BGB. aa) Der positivistische Formalismus So zielte seine Ablehnung des Entwurfs hauptsächlich gegen dessen abstrakte Betrachtungsweise166 bzw. seinen positivistischen Formalismus167, womit er im Gewand einer romanistischen Rechtsanschauung eigentlich den rechtswissenschaftlichen Positivismus angriff: „Otto von Gierkes Kampf gegen die romanistische Prägung des Entwurfes ist weitgehend ein Kampf gegen die sozialethische Entleerung des hochliberalen Kodifikates . . .“ 168

Der rechtswissenschaftliche Positivismus dominierte die Rechtsauffassung der Juristen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.169 Auch Savigny, dessen Rechtsanschauung hier repräsentativ für die Seite der Romanisten dargestellt wurde, war ein Vertreter dieser Ansicht.170 Bezeichnend für den rechtwissenschaftlichen Positivismus war, dass diese Anschauung ihre Rechtssätze und ihre Anwendung ausschließlich aus System, Begriffen und Lehrsätzen der Rechtswissenschaft ableitete, ohne außerjuristischen, wie etwa religiösen, sozialen oder wissenschaftlichen Wertungen und Zwecken, rechtserzeugende oder rechtsändernde Kraft zuzugestehen.171 Diese Strömung lehnte Gierke ab, wie in dem folgenden Zitat besonders deutlich zum Ausdruck kommt: „In kahle Abstraktionen löst es auf, was von urständigem und sinnfälligem Rechte noch unter uns lebt; starrem Formalismus und dürrem Schematismus opfert es den Ideenreichtum und die organische Gestaltenfülle unserer vaterländischen Rechtsbildung. . . . Nur aus Lebendigem geht Lebendiges hervor. . . . Der sich abkehrt von der Seele seines Volkes und den Pulsschlag seiner Zeit überhört, künstlich sich isolierend, weil er in seiner weltgeschichtlichen Aufgabe nur oder doch zunächst ein Problem juristischer Technik erblickt, das man am besten fern vom Lärm der Gasse in vornehmer Zurückgezogenheit löst!“ 172 166

Janssen, Gierkes Methode, S. 71; Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 267. Gurwitsch, Gierke, S. 88 ff.; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 340 f. 168 Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 267. 169 Gurwitsch, Gierke, S. 88. 170 Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 431; Kaufmann, Rechtspositivismus, in: HRG, Bd. 4, S. 322 ff. 171 Kaufmann, Rechtspositivismus, in: HRG, Bd. 4, S. 322; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 431; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 324 f. 172 Gierke, Entwurf, S. 3. 167

170

3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

Gierke wollte also das Recht nicht als einen gesonderten, autonomen Bereich betrachten, sondern er sah es abhängig von den Bereichen grundsätzlicher Wertvorstellungen wie Religion, Ethik, Politik und in beständiger Wechselwirkung mit der Welt der sozialen und ökonomischen Realität.173 Deshalb setzte Gierke der Idee des Positivismus die Rechtsidee entgegen174, deren grundlegende Bedeutung er selbst immer wieder hervorgehoben hat.175 „Mag uns darum der Blick auf seine Geschichte mahnen, . . . hoch zu halten das Banner der Rechtsidee im Kampfe gegen ihre Zersetzung durch die Idee des Nutzens und der Macht; treu zu wahren im wirren Streit der Parteien und Interessen den Gedanken, dass des . . . Rechtes Grund und Ziel die Gerechtigkeit ist.“ 176

bb) Der abstrakte Individualismus als Gegenpol zu Gierkes Genossenschaftstheorie Neben diesem Kampf für die Berücksichtigung der Gerechtigkeit bei der Schaffung des BGB, wandte sich Gierke vor allem gegen den „abstrakten Individualismus“, der für ihn die Verneinung der Genossenschaftstheorie bedeutete.177 Die Genossenschaftstheorie178 bildet den Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit Gierkes179 und wurde von dem Germanisten Gierke auch als Abgrenzung zu dem Recht anderer Nationen180, insbesondere zu der individualistischen Tendenz des römischen Rechts gebraucht.181 So betonte Gierke, dass den Germanen in besonderem Maße die Gabe der Genossenschaftsbildung zu eigen gewesen sei,182 und er stellte fest, dass der Genossenschaftsgedanke als typische Ausprägung des germanischen Volksgeistes zu neuem Leben erwacht sei:

173 Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 341, 352; siehe auch: Oexle, Rechtsgeschichte, S. 201. 174 Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 358; Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. XXI. 175 Gierke, Recht, S. 250; Gierke, Naturrecht, S. 32; Gierke, Labands Staatsrecht, S. 94, 96 f.; Gierke, Grundbegriffe, S. 30; Gierke, Johannes Althusius, S. 318; siehe auch: Gurwitsch, Gierke, S. 94 f.; Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. XIX ff. 176 Gierke, Naturrecht, S. 32. 177 Gurwitsch, Gierke, S. 96 ff. 178 Einführung in die Inhalte der Genossenschaftstheorie: Thieme, Gierke, S. 412 ff. 179 Siehe vor allem: Gierke, Genossenschaftsrecht I, II, III; Mertens, Gierke, S. 508; Wolf, Rechtsdenker, S. 678 ff.; Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. I; Zusammenfassung der Inhalte der Genossenschaftstheorie: Thieme, Genossenschaftstheorie, Spalten 764– 768. 180 Janssen, Gierkes Methode, S. 24 f. (Der als Grund für die Wahl dieses Leitthemas primär eine politische Absicht sieht indem es die Bestrebungen der Zeit nach nationaler Einheit und Demokratisierung unterstützen sollte.) 181 Hattenhauer, Hierarchie, Randnummer 361. 182 Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 3; siehe auch: Oexle, Rechtsgeschichte, S. 206 f.; Bewertung der „Germanenthese“: S. 209; Jannsen, Gierkes Methode, S. 22 f.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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„Und jene Kraft, welche die Germanen vom Beginn der Geschichte an auszeichnete, und aus allen verhängnißvollen Wechseln siegreich wieder hervorgieng, die schöpferische Associationskraft, lebt und wirkt mehr als in irgend einem Volk im deutschen Volk von heute.“ 183

Gierke beschäftigte sich immer wieder ausführlich mit der Frage, wie die Gestaltung des ehelichen Güterrechts mit diesem germanischen Volksgeist in Einklang gebracht werden könnte.184 Stellt man nun die Frage woher er die Gewissheit zog, die es ihm ermöglichte, derart kompromisslos bestimmte Vorschläge als germanistisch oder romanistisch zu charakterisieren, dann ist es sinnvoll einen Blick auf seinen Umgang mit Originalquellen und Verweisen in seinen Arbeiten zu werfen, die zumindest in seinen Abhandlungen zum ehelichen Güterrecht größtenteils fehlen. So berief er sich in seinem Werk „Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht“, bei der Bewertung der Fragen um das eheliche Güterrecht, im Wesentlichen auf zeitgenössische Schriften von Mitteis, Bähr, Menger und anderen.185 Verweise auf historische Quellen aber, die seine Aussagen zu der „Vergewaltigung tief eingewurzelter Anschauungen und dringender Lebensbedürfnisse, die Unterbrechung des geschichtlichen Zusammenhangs der Rechtsentwicklung und die Losreißung des Rechtes von seiner volkstümlichen Grundlage“ 186 belegen könnten, sucht man vergebens. Die hier zitierten Aussagen zu dem Widerspruch der Rechtsvereinheitlichung mit der deutschen Geschichte werden ohne Verweise oder eine Nennung konkreter Beispiele getroffen. Eine ähnliche Vorgehensweise ist bei seiner Bewertung der Verwaltungsgemeinschaft zu finden. Ohne eine Nennung von konkreten Quellen oder eine nähere Qualifizierung der angesprochenen gesellschaftlichen Institutionen konstatierte er, dass mit der Einführung der Verwaltungsgemeinschaft „eines der letzten starken Bänder zwischen dem Volke und seinem Recht zerschnitten und die im Innersten der Familie segensreich waltende Ordnung umgestürzt werde.“ 187 Allein ein pauschaler Hinweis auf die Stammesrechte belegt diese Aussage: „Im großen und ganzen wirken allerdings die alten Stammesrechte bis heute nach, und zweifellos ist in vielen deutschen Landschaften auch heute das Familiengüterrecht mit besonderen wirtschaftlichen, socialen und kulturellen Zuständen eng verwachsen.“ 188

Eine Antwort auf die Frage, welche Stammesrechte er dieser Aussage zugrunde legte und in welcher Weise oder Ausprägung sich die Verbindung zu der heuti183

Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 4. Gierke, Entwurf, S. 407 ff.; Gierke, Haus, S. 643 ff.; Gierke, soziale Aufgabe, S. 632 f.; Gierke, Personengemeinschaften, S. 536 f. 185 Gierke, Entwurf, S. 409 ff. 186 Gierke, Entwurf, S. 111. 187 Gierke, Entwurf, S. 114. 188 Gierke, Entwurf, S. 114. 184

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

gen Zeit noch zeigt, wird nicht gegeben.189 In den anderen Quellen, in denen sich Aussagen zum ehelichen Güterrecht finden, wurden Fußnoten mit Hinweisen auf Quellen vollkommen unterlassen.190 Eine andere Arbeitsweise, ist jedoch in Gierkes Werken zum Genossenschaftsrecht191 zu finden, wo er neben teilweise umfangreichen Zitaten aus Originalquellen, ausführlich auch weitere Verweise als Belege angibt. Dies erhärtet die Vermutung, dass er die Grundgedanken seiner idealen germanistischen Rechtsordnung192 auf eine fundierte Grundlage zu stellen beabsichtigte; während er diese erarbeiteten Grundsätze später auf andere Regelungsgegenstände einfach übertrug193. Eine Bewertung seiner Nachweise zum Genossenschaftsrecht oder anderen grundlegenden Teilen seiner Arbeit kann in diesem Rahmen leider nicht stattfinden. Jedoch dürfte ein Zitat von Heusler, der in weiten Teilen ein treuer Mitstreiter Gierkes war, hier einigen Aufschluss geben: „G. (SS.: Gierke) ist mir zu rasch, gar Vieles als ausgemachtes deutsches Recht zu erklären, was noch nicht auf dem Grund untersucht ist, und eine volksthümliche Rechtsanschauung als vorhanden anzunehmen, in einem Umfange, in welchem sie vielleicht bei einem modernen Volke überhaupt nicht mehr existiert.“ 194

c) Die Kritik am ehelichen Güterrecht Die beiden von Gierke bekämpften „romanistischen“ Erscheinungen, also der „positivistische Formalismus“ und der „abstrakte Individualismus“ sind auch für die Kritik am ehelichen Güterrecht des Entwurfs bestimmend. Besonders die Kritik am „abstrakten Individualismus“ hat in diesem Bereich des Rechts bedeuten189 Ähnliche Beobachtung: Janssen, Gierkes Methode, S. 66 (bezüglich der sozialen Aufgabe des Privatrechts), siehe auch: S. 71. 190 Gierke, Haus, S. 643 ff.; Gierke, soziale Aufgabe, S. 632 f.; Gierke, Personengemeinschaften, S. 536 f. (Das Fehlen von Fußnoten kann teilweise dadurch erklärt werden, dass es sich ursprünglich um Reden von Gierke handelte, die nachträglich veröffentlicht wurden.) 191 Gierke, Genossenschaftsrecht I und II; zustimmend: Mertens, Gierke, S. 510; Oexle, Rechtsgeschichte, S. 196; Laband, Dogmatik, S. 484; trotzdem werden Zweifel an der Stichhaltigkeit der geschichtlichen Herleitung von Gierkes Thesen angemeldet: Gurwitsch, Gierke, S. 106, Fußnote 8; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 187 f. (betreffend den von Gierke vertretenen Personenbegriff); Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 454, 455 f.; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 359; Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. XXXIII f. 192 Die Genossenschaftstheorie als Grundlage der Rechtsgestaltungen Gierkes: Gierke, Grundbegriffe, S. 71 f., 94 ff.; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 1, 10; Gierke, soziale Aufgabe; Gierke, Wesen, S. 695 ff.; Sekundärliteratur: Nörr, Eher Hegel, S. 43 f.; Janssen, Gierkes Methode; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 319 ff.; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 173 ff.; Schmidt, Verbandstheorie; Oexle, Rechtsgeschichte, S. 193 ff. 193 Zustimmend: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 455; Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 261; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 172. 194 Heusler, Zum Entwurfe, S. 185.

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des Gewicht. Das Motiv für diese übermäßige Betonung des Gemeinschaftsgedankens bzw. der Genossenschaftstheorie bei der Diskussion um das eheliche Güterrecht findet sich in der grundlegenden Bedeutung der Ehe bei der Herleitung dieser Rechtstheorie. So bezeichnet Gierke auf der ersten Seite der Einleitung zu seinem mehrbändigen Werk über das Genossenschaftsrecht die Ehe als den Ausgangspunkt der Entstehung von Verbindungen und Vereinigungen zwischen den Menschen.195 Er folgt damit seinem Lehrer Beseler, der in der Familie ebenfalls die allgemeine Grundlage menschlicher Verbindungen sah, aus der die weiteren Vereine und das genossenschaftliche politische Gemeinwesen erwachsen seien.196 Auf diesen Grundlagen stemmte sich Gierke im Bereich des ehelichen Güterrechts gegen die Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft, des Mundiums (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 1. b)) und gegen die Einführung der Verwaltungsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand. Er war der Meinung, für diese Position müsse die Gütergemeinschaft gewählt werden (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 2. a)). Diese beiden, seiner Ansicht nach grundlegenden Fehler des Entwurfs, hätten dazu geführt, dass alle weiteren Versuche eine sinnvolle Regelung des ehelichen Güterrechts zu treffen, fehlschlagen mussten. Dies manifestierte sich für ihn vor allem in den Regelungen zu den Verwaltungs- und Nutznießungsrechten des Mannes am eingebrachten Gut (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 3. a)) und der Erweiterung des Vorbehaltsgutes (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 3. c)). Auch forderte er eine Einführung von sittlichen Pflichten ins Gesetz, die weit über das im Entwurf Plancks vorgesehene Maß hinausgehen sollte (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. III.). d) Die Unterstützung Heuslers Heusler unterstütze auf dem Gebiet des ehelichen Güterrechts die Kritik Gierkes an dem Entwurf des BGB; eigene Ausführungen fehlen jedoch größtenteils. Er beschränkte sich darauf in der oben bereits angesprochenen Buchbesprechung die Aussagen Gierkes zu bestätigen, indem er gestand, „daß die ganze Tendenz und der das Buch durchziehende Grundgedanke des Verf. meine volle Sympathie hat . . .“ 197. Auch wenn er trotzdem manche Kritikpunkte vorzubringen hatte, scheinen Gierkes Ausführungen zum ehelichen Güterrecht doch Heuslers Zustimmung gefunden zu haben. So merkte Heusler an: „An der Spitze steht das Familienrecht mit seiner Beseitigung der Ehevogtei, seinem verschrobenen ehe-

195

Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 1. Beseler, Volksrecht, S. 5; siehe auch: Böckenförde, Forschung, S. 148; zum engen geistigen Zusammenhang zwischen Beseler und Gierke: Böckenförde, Forschung, S. 149; Wolf, Rechtsdenker, S. 678. 197 Heusler, Zum Entwurfe, S. 179. 196

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

lichen Güterrecht . . . Das viele Treffende, das G. darüber gesagt hat, darf nicht mißachtet werden, wenn der Entwurf revidiert wird.“ 198 Doch selbst in den Aussagen Heuslers, die dieser zur Verteidigung gegen die Vorwürfe der Rechtswissenschaft, Gierkes Text sei von Übertreibung und Ungerechtigkeit gekennzeichnet, niederschrieb, bestätigen unfreiwillig den großen Mangel, der Gierkes Schriften zugrunde liegt: „Gierke ist ein Idealist und verlangt von einem Gesetzbuch das höchste Ideal, also etwas Unmögliches, dem Menschen nicht Erreichbares; aber das deutsche Volk soll doch Gott danken, daß es noch solche Idealisten hat, die Ihm die höchsten Ziele vorhalten, und soll bedenken, daß ein überquellendes Herz in der ersten Enttäuschung sich leicht im Ausdrucke hie und da versieht und doch die Sache, die es verficht, gut und wahr ist.“ 199

Dieser ideale Ausgangspunkt Gierkes in einer nicht idealen Welt und die Kompromisslosigkeit, mit der er diese Ideale aus einer anderen Zeit vertreten hat, führten zu seiner reaktionären Einstellung, die die Bedürfnisse der Zeit vollständig missachtete. Dies war jedoch für die Germanisten nicht ausgesprochen typisch, wie das folgende Beispiel Richard Schröders zeigt. 2. Richard Schröder Richard Schröder, dessen Arbeit zum historischen ehelichen Güterrecht oben bereits erwähnt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 2), und der als Gesamtdarsteller der Deutsche Rechtsgeschichte200 als einer der bedeutenden Germanisten dieser Zeit bezeichnet werden muss, hatte sich der Forderung Gierkes, die Gütergemeinschaft zum ehelichen Güterrecht zu wählen, nicht angeschlossen. Er präferierte ursprünglich die Errungenschaftsgemeinschaft, weil dieses Güterrecht als partikuläre Gütergemeinschaft zwischen den sich gegenüberstehenden Polen der Verwaltungsgemeinschaft und der allgemeinen Gütergemeinschaft vermitteln würde.201 Als sich das Meinungsspektrum aber immer mehr der Verwaltungsgemeinschaft zuneigte, billigte er diese Wahl und versuchte konstruktiv an der Gestaltung der Verwaltungsgemeinschaft mitzuarbeiten.202 Als Grund für diesen Meinungswechsel gab er an, dass der größte Teil der Bevölkerung bereits unter diesem Güterstand bzw. unter ähnlichen Güterstandsformen leben würde. Deshalb erwartete er nur geringe Übergangsschwierigkeiten bei der Einführung der Verwaltungsgemeinschaft. Auch biete die Verwaltungsgemeinschaft Vorteile im Hinblick auf den Schutz der weiblichen Selbständigkeit und des Vermögens der 198

Heusler, Zum Entwurfe, S. 187. Heusler, Zum Entwurfe, S. 179 f. 200 Stutz, Schröder, S. 17. 201 Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 47; Schröder, Güterrecht Deutschlands, S. 37; Stutz, Schröder, S. 30 f. 202 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 3; Schröder, Familiengüterrecht, S. 6 f. 199

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Frau. Die große Schwäche der Verwaltungsgemeinschaft, der Ausschluss der Frau von der ehelichen Errungenschaft, sei durch ein weitgehendes Ehegattenerbrecht abgemildert worden.203 Wie ein späteres Gutachten Schröders offenbart, war er jedoch in Detailfragen nicht mit der Ausgestaltung der Verwaltungsgemeinschaft zufrieden. In seiner Kritik zeigte sich deutlich die germanistische Prägung Schröders, indem er sich zur Begründung seiner Forderung nach Nichteinführung des Nießbrauchsrechts auf den altdeutschen Grundsatz berief „Wem ich meinen Leib gönne, dem gönne ich auch mein Gut.“ 204 Seine Einstellung zum Entwurf fasste er selbst treffend zusammen: „Aber den gesetzlichen Güterstand hat der Entwurf nicht im Sinne der deutschen Verwaltungsgemeinschaft, sondern im Anschlusse an das engherzige, durch und durch undeutsche und unpraktische System des ehemännlichen Nießbrauches gestaltet. In dieser Richtung bedarf der Entwurf, wenn das bürgerliche Gesetzbuch den Bedürfnissen des Lebens und der geschichtlichen Entwickelung entsprechen soll, einer grundsätzlichen Abänderung.“ 205

Stellt man nun die Frage, warum Gierke und Schröder, trotz ihrer gemeinsamen germanistischen Prägung, nicht zu einer einheitlichen Forderung in Bezug auf das eheliche Güterrecht kamen, muss auf die unterschiedlichen Präferenzen der beiden Juristen verwiesen werden. So beabsichtigte Schröder, sein in der historischen Forschung erworbenes Wissen in die gesetzliche Regelung dadurch einzubringen, dass er einen vermittelnden, die geschichtlichen Vorteile der historischen und bestehenden Güterrechte vereinenden Vorschlag zu finden versuchte. Gleichzeitig sollten aktuelle Erfordernisse berücksichtigt werden. Gierkes Güterrecht dagegen musste mit seinen idealen Vorstellungen von einer germanischen Rechtsgestaltung übereinstimmen. Wie unten noch näher dargelegt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 2.), musste er bei den Schlüssen, die er aus seinem Gemeinschaftsgedanken zog, folgerichtig die Gütergemeinschaft als ideales gesetzliches Güterrecht proklamieren. Diese unterschiedlichen Ausgangspunkte, die sich vor allem auch in den Arbeitsmethoden der beiden Juristen manifestierten, führten zu der Wahl verschiedener Güterstände. Diese Annahme wird auch durch das Beharren Gierkes auf seinen idealen Vorstellungen einerseits und dem praktischen Verhalten Schröders andererseits belegt. So passte Schröder seine Meinung den aktuellen Notwendigkeiten an und versuchte weiterhin im Konsens mit anderen die Verwaltungsgemeinschaft in seinem Sinne zu beeinflussen. Ganz anders als Gierke, der sich darauf beschränkt hatte, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B.), alle Vorschläge, die nicht in sein Konzept von der germanischen Rechtsidee passten, zu verdammen. 203 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 3 f.; siehe auch Schmid, Entstehung, S. 89, Fußnote 284. 204 Schröder, Abänderung, S. 167. 205 Schröder, Abänderung, S. 167.

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3. Carl Friedrich von Gerber Wiederum eine eigene Position zum ehelichen Güterrecht nahm der Germanist Carl Friedrich von Gerber ein. Seine Vorschläge stimmten weder mit der Ansicht Gierkes, noch mit der von Schröder überein. Stattdessen sind deutliche Parallelen zu dem Planckschen Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft erkennbar. Hinsichtlich der Äußerungen Gerbers muss vorausgeschickt werden, dass sie zeitlich vor dem Entwurf Plancks und der Diskussion um das eheliche Güterrecht im Rahmen der Schaffung des BGB entstanden sind. Gerber beschäftigte sich mit dem ehelichen Güterrecht in zwei Aufsätzen, die 1857206 und 1869207 erstmals veröffentlicht wurden, sowie im Rahmen seines Lehrbuchs zum deutschen Privatrecht208. Trotz der vorliegenden zeitlichen Diskrepanz dieser Arbeiten mit der Bearbeitung des Entwurfs von Planck in der Rechtswissenschaft, müssen seine Äußerungen bei der Darstellung der Diskussion um das eheliche Güterrecht des BGB zwingend berücksichtigt werden. Der Grund liegt darin, dass die von ihm aufgestellten Maßgaben, sowohl bei der Diskussion selbst209, als auch bei der Wahl des gesetzlichen Güterstandes weitreichende Beachtung fanden. Zusätzlich ist zu beachten, dass die Gütereinheit, wie Gerber sie definiert hatte, allgemein als die Grundlage für das System der Verwaltungsgemeinschaft gilt.210 Darüber hinaus ist die Parteinahme Gerbers für die Verwaltungsgemeinschaft, und seine ausdrückliche Opposition gegen die Gütergemeinschaft, insofern interessant, als dass sie in Übereinstimmung mit Planck, den Ansichten der anderen Germanisten widersprach. a) Gerber als „romanisierender Germanist“ Die zugrunde gelegte Einteilung nach den bearbeiteten Rechtsquellen ordnet Gerber den Germanisten zu.211 Es stellt sich daher die Frage, warum Gerber in der Frage der Güterrechte, wie auch in vielen anderen Bereichen, die Kritik anderer Germanisten auf sich zog.212 Auf einen Nenner gebracht wurde diese Kritik wiederum von Gierke: 206

Gerber, Betrachtungen, S. 239 ff.; siehe dazu auch: Kroj, Abhängigkeit, S. 238 ff. Gerber, Güterrecht, S. 341 ff. 208 Gerber, System (14. Auflage), S. 635 ff.; siehe auch: Schmidt-Radefeldt, Gerber, S. 250. 209 Deutlich bei: Mommsen, Güterrecht, S. 170. 210 Landsberg, Geschichte, Dritte Abteilung, Zweiter Halbband, Text, S. 785; Oertzen, Funktion, S. 229 f.; Losano, Studien, Teil 2, S. 97; Zusammenfassung bei: SchmidtRadefeldt, Gerber, S. 257. 211 Schmidt-Radefeldt, Gerber, S. 269; Dilcher, Positivismus, S. 514; siehe auch Bibliographie Gerbers bei: Schmidt-Radefeldt, Gerber, S. 288 ff. 212 Zu seinem Verhältnis zu anderen Germanisten: Schmidt-Radefeldt, Gerber, S. 268 ff. 207

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„Schade nur, daß dieser eigenartige Arzt mit seiner Pandektenkur die deutsche Seele im deutschen Recht tötete und, als er Schule machte, überall, wo er das Werk von anderen getan glaubte . . . das Amt des Totengräbers germanistischer Rechtsanschauungen versah.“ 213

Gierke gestand zwar zu, dass Gerber den Bestand des überkommenen deutschen Rechts nicht habe antasten wollen. Aber durch die Schematisierung des deutschen Rechts nach den Strukturen des römischen Rechts habe er jede selbstständige germanische Gedankenbildung im Keim erstickt.214 Der Grund für die Anfeindung Gerbers war folglich, dass er, abweichend von den anderen Germanisten, in Bezug auf die Methode der Stoffverarbeitung ein römisch-rechtliches Instrumentarium benutzte.215 Gerade in dieser Hinsicht zeigen sich die Unterschiede zu den anderen Germanisten besonders deutlich. „Es ist diess (SS.: das römische Recht) nicht etwa eine Sammlung willkürlicher Gesetze oder äusserlicher Rechtsvorschriften, nicht etwa ein künstlich gemachtes und mit gewöhnlichem Scharfsinn fein ausgesponnenes Werk; nein, es ist ein Produkt unmittelbarer Volkskraft, wirklicher Genialität; es ist der eigentliche römische Geist, dem die Vorsehung eine Offenbarung auf diesem Gebiete beschieden hat. Nun ist das römische Recht zwar aus dem römischen Volke gewachsen und mit ihm gross geworden, als sein ursprünglichstes, eigenthümlichstes Gut, aber es ist ein Gut, das nicht blos in der Verbindung mit seinem Erzeuger, sondern auch losgerissen von seinen Wurzeln lebendig bleibt. Denn das Recht hat neben seiner nationalen und nothwendigen auch eine freie Seite, nach der es etwas absolut Bestimmbares ist, und gerade dem römischen Volke war es beschieden, diese freie Seite des Rechts in vollendeter Weise festzustellen.“ 216

Die Anwendung der römischen Rechtsquellen nach der Rezeption bewertete Gerber ähnlich wie die anderen Germanisten als problematisch217. Doch er fand die Ursachen für die negativen Wirkungen der Rezeption in der Rechtsanwendung selbst und nicht in den verwendeten römischen Grundlagen. Dies belegte er

213

Gierke, Rechtsschule, S. 27. Gierke, Rechtsschule, S. 27; ähnlich bei Bluntschli: „Wie der römische Tempel sich von dem gothischen Dome unterscheidet, so unterscheidet sich römische und germanische Rechtsform. Das dürfen wir nicht missachten, und wenn ich freudig anerkenne, dass Gerber sich ein Verdienst erworben, indem er die Nothwendigkeit logischer Formulierung gezeigt und theilweise durch die That bewährt hat, so kann ich es doch nur aufrichtig bedauern, das er noch beengt und gefangen von römischen Schulbegriffen durch seine romanisirende Formulierung in wesentlichen Beziehungen die Natur des germanischen und des modernen Rechtes eher verletzt als geschützt hat. Es wäre in meinen Augen ein unverantwortlicher Rückschritt, wenn wir von neuem germanische und moderne Rechtsideen . . . wieder unter die alt-römische Terminologie und Doctrin unterordnen wollten . . .“ (Bluntschli, Privatrecht, Vorwort XVIII f.; siehe auch: SchmidtRadefeldt, Gerber, S. 276). 215 Schmidt-Radefeldt, Gerber, S. 269; Wilhelm, Methodenlehre, S. 88 ff., 91; Herleitung dieser Methode: Böckenförde, Rechtsschule, S. 22 f. 216 Gerber, Über deutsches Recht, S. 4 f. 217 Gerber, Über deutsches Recht, S. 6 ff. 214

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mit dem Nachweis von parallelen Problemen bei der Anwendung von germanischen Rechtsquellen.218 Als Grund für die mangelhafte Umsetzung der Rechte machte er das Fehlen einer Idee der Entwicklung aus, die es ermöglichen würde, die Rechte in ihrem Zusammenhang zu betrachten und systematisch zu ordnen219: „Durch den Gedanken der Entwicklung und des Zusammenhangs der Rechtsgeschichte mit der Entfaltung der sittlichen Kräfte im Volke hatte man den Schlüssel zum Verständnis des römischen und deutschen Rechts gewonnen und der Rechtswissenschaft eine Würde gegeben, wie sie vordem kaum geahnt worden war.“ 220

Aus dieser Entwicklung der Rechtswissenschaft, zog Gerber nunmehr den Schluss, dass eine germanische Opposition gegenüber dem römischen Recht, im Gegensatz zum früheren Zustand, nicht mehr angebracht sei, oder mit seinen eigenen Worten: „. . . sie muss in unseren Tagen eben so sehr verspätet erscheinen, als eine in die Gegenwart verlegte Türkenpredigt. Vielmehr wird die Aufgabe allein die sein, den Schatz jener hohen juristischen Bildung . . . auch für die Entwicklung des deutschen Rechtes dienstbar zu machen, und die aus unserem eigenen Volksleben hervorgegangenen Rechtsideen in gleicher Weise auszudenken, damit sie zu dem Werthe des Nationalen den Werth der geistigen und wissenschaftlichen Ebenbürtigkeit erwerben.“ 221 Gerbers Idee ging also dahin, das durch das römische Recht erzeugte und unabhängig von nationalen Einflüssen als allgemein verbindlich erkannte System der Rechte auf das deutsche Recht anzuwenden und es damit weiter zu entwickeln. „Unsere Jurisprudenz ist nicht mehr blos ein Wissen des Rechts, sondern ein juristisches Vermögen und Können, und zwar auf einer Grundlage, wie sie der eigentlichsten Natur des Rechtes entspricht. Wir haben vom römischen Rechte das specifische juristische Denken und juristische Construiren gelernt, d.h. das juristische Beherrschen der thatsächlichen Verhältnisse des Lebens, und haben dieses selbst wieder unter den Einfluss aller jener Kräfte gestellt, die in der Fülle des deutschen Volksgeistes enthalten sind. So haben wir nach langem Ringen und Streben eine eigenthümlich deutsche Rechtswissenschaft gewonnen, die, wenn sie auch künftig mit Liebe gepflegt wird, der ihr in unseren Tagen so oft versagten Anerkennung nicht entbehren wird.“ 222

Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass Gerber seinen Arbeiten zwar Rechtsquellen zugrunde legte; die Ordnung dieser Unterlagen nahm er aber nach den, seiner Ansicht nach allgemeingültigen Strukturen des römischen Rechts vor. Die dadurch bedingte Auflösung des nach Gerber künstlich erzeugten

218 219 220 221 222

Gerber, Über deutsches Recht, S. 8. Gerber, Über deutsches Recht, S. 9 f. Gerber, Über deutsches Recht, S. 11. Gerber, Über deutsches Recht, S. 13. Gerber, Über deutsches Recht, S. 14; siehe auch: Gerber, Güterrecht, S. 342 f.

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Gegensatzes zwischen römischem Recht auf der einen und germanischem Recht auf der anderen Seite verteidigte er mit der polemischen Aussage: „Aber es möge mir erlaubt sein, diesen Gegensatz mit seinem wahren Namen zu bezeichnen. Er heißt nicht: Romanismus und Germanismus, sondern: Jurisprudenz und ein unter der erborgten Flagge der Nationalität fahrender Dilettantismus.“ 223

Neben der Art und Weise der Bearbeitung der historischen Rechtsquellen stellen die Ansichten Gerbers auch insofern eine Besonderheit im Bezug auf die Historische Rechtsschule dar, als er ausdrücklich darlegte, dass bei der Rechtsbildung auch die gesellschaftlichen Bedürfnisse der Gegenwart berücksichtigt werden müssten. „Das Recht ist aber nicht blos eine Thatsache, die gewusst, es ist zugleich eine lebendige Macht, von der die Gegenwart beherrscht werden soll.“ 224

Dies kommt auch deutlich in dem von Gerber für seine Arbeiten formulierten Ziel zum Ausdruck: „Hierbei darf aber eine gewisse Freiheit der Behandlung Entschuldigung finden, da es nicht blos Aufgabe der Wissenschaft ist, das sich so vielfach widerstrebende statutarische Material zu einer am Ende doch nur scheinbaren Einheit zusammenzusetzen, sondern auch die darin liegenden allgemeinen Grundgedanken einmal ungehemmt in ihren Consequenzen zu entwickeln, – eine zwar auf der Vergangenheit ruhende, aber doch mehr der Zukunft zugewandte Arbeit.“ 225

b) Die Stellungnahme Gerbers zum ehelichen Güterrecht Gerade die zuletzt genannte Komponente zeigte sich besonders deutlich in seinen Arbeiten zum ehelichen Güterrecht.226 Sein Wunsch eine praktische Verbesserung auf dem Gebiet der ehelichen Güterrechte zu erreichen, manifestierte sich bereits darin, dass er relativ früh auf eine Rechtsvereinheitlichung drängte, um ein einheitlichen Ansatzpunkt für eine weitere wissenschaftliche Entwicklung des Rechts zu erhalten227. Dies hielt er auf dem Gebiet der ehelichen Güterrechte für dringend notwendig, weil eine umfassende Regelung der ehelichen Verhältnisse durch die partikulären Rechtsschöpfungen nur in den seltensten Fällen vorgenommen worden sei:

223 Aus der Vorrede Gerbers im System des deutschen Privatrechts 1855: Gerber, System (5. Auflage), Vorrede S. XXX. 224 Gerber, Über deutsches Recht, S. 11; siehe auch: Losano, Studien, Teil 2, S. 5 f. 225 Gerber, Betrachtungen, S. 242 f. 226 Zustimmend: „Bemerkenswerterweise argumentiert der Dogmatiker Gerber hier (SS.: bezüglich der ehelichen Güterrechte) vorrangig nicht mit juristischen, sondern mit moralischen Kriterien.“ (Schmidt-Radefeldt, Gerber, S. 252); siehe zur Diskussion seiner Stellungnahme zum ehelichen Güterrecht: Losano, Studien, Teil 2, S. 284. 227 Gerber, Güterrecht, S. 341 ff.

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„Fast keins der vielen Statuten macht nämlich den Versuch, diese Verhältnisse durch centrale Prinzipien zu bestimmen; vielmehr begnügen sie sich grösstentheils mit peripherischer und casuistischer Festsetzung der Punkte, welche bei der Auflösung der Ehe zur Sprache kommen, also der Rechte des überlebenden Ehegatten gegenüber den Rechten der Kinder und sonstigen Erben.“ 228

Durch die Zersplitterung der Güterrechte bemerkte Gerber demnach eine Konzentration auf bestimmte Aspekte des güterrechtlichen Regelungskomplexes, die oftmals zu Klagen Anlass gaben. Andere wichtige Punkte, wie „die Verhältnisse bei bestehender Ehe“ wurden dagegen nur selten berücksichtigt, weil „unter dem Einflusse der ausgleichenden Kraft des ehelichen Lebens nur sehr selten das Eingreifen richterlicher Thätigkeit“ veranlasst gewesen sei.229 Diese Entwicklung verhinderte nach Gerber die Bildung eines einheitlichen Systems für richterliche Entscheidungen und die auftretenden Lücken mussten ohne gesetzliche Grundlage vom Richter durch das „das Verhältniss im Ganzen beherrschende(n) Principe“ gefüllt werden.230 Um dieser Situation abzuhelfen, entschied sich Gerber bereits Jahrzehnte vor Inkrafttreten des BGB Regeln für einen allgemeinen deutschen Güterstand aufzustellen. Das Ergebnis dieser Bemühungen war der Entwurf der Gütereinheit.231 aa) Die Befürwortung der Gütereinheit Gerber stützte sich nach eigener Aussage bei seiner Suche nach dem wahren Rechtsgedanken des deutschen Rechts auf die ältesten und bedeutendsten Beurkundungen232, die er im Zusammenhang mit dem ganzen Rechtssystem betrachtete. Er fand den wahren Rechtsgedanken „in dem Principe einer rechtlichen Organisation des ehelichen Vermögens zu einheitlicher Wirthschaft unter der Mundialgewalt des Ehemannes“.233 Über seinen auf dieser Grundlage entwickelten Güterstand sagte er: „Dieß (SS.: die Gütereinheit) sind die Grundideen und Grundzüge des Systems des ehelichen Güterrechts, welches im Wesentlichen als das eigentlich deutsche, dem mittelalterlichen Rechte entsprechende betrachtet werden muß. Aber es steht ihm, wie wir zu zeigen versuchten, nicht bloß das historische Recht zur Seite, sondern es

228

Gerber, Güterrecht, S. 344. Gerber, Güterrecht, S. 344. 230 Gerber, Güterrecht, S. 344. 231 Zusammenfassung der Konstruktion der Gütereinheit nach Gerber: Schmidt-Radefeldt, Gerber, S. 255; die Bezeichnung Gütereinheit wählte Gerber um einen Gegensatz zur Gütergezweitheit (der Gütertrennung) und der Gütergemeinschaft zum Ausdruck zu bringen (Gerber, Güterrecht, S. 347). 232 Gerber, Güterrecht, S. 347; Übereinstimmung mit dem Sachsenspiegel: Gerber, Güterrecht, S. 348. 233 Gerber, Güterrecht, S. 346. 229

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ist auch dasjenige, welches sich als das dem Wesen der Ehe überhaupt am meisten angemessene darstellt.“ 234

Nach Gerber würden die Vorteile der Gütereinheit in Bezug auf die nationalen Eigenheiten des deutschen Volkes vor allem in der praktischen Anwendbarkeit auf die „unendliche(n) Verschiedenheit der factischen Verhältnisse“ 235 liegen, welche die „socialen Gegensätze der germanischen Welt“ widerspiegeln würden.236 Als dogmatischen Ausgangspunkt für die Entwicklung seines Güterstandes wählte Gerber, genau wie Planck, die gerechte Lastenverteilung in der Ehe. Die ehelichen Lasten müssten im römischen Recht allein vom Mann getragen werden, während sie, wie auch von Planck vorgesehen, im germanischen Recht von beiden Ehegatten gemeinschaftlich zu bewältigen seien.237 Trotz dieser Übereinstimmung mit Planck im Hinblick auf den Ausgangspunkt und die Grundstruktur des ehelichen Güterrechts, finden sich im Übrigen einige wesentliche Abweichungen des Systems der Gütereinheit mit der Verwaltungsgemeinschaft: „Wenn nun statutarische Willkühr und Mißverständnisse der Doctrin Vielerlei hinzugesetzt haben, wodurch die eigentliche Natur desselben verdunkelt werden konnte – Nießbrauch des Ehemannes, vollständige Haftung der Substanz des Frauenguts für die Schulden des Mannes, Verschmelzung der ehelichen Güter bei der Trennung der Ehe durch den Tod eines Gatten usw. –, so darf diese Veränderung nicht als die Entwickelung zu einer höheren Stufe der Rechtsbildung (wie man wohl die Gütergemeinschaft bezeichnet) betrachtet werden, sondern als eine Verunstaltung, welche unsere Zeit allen Grund hat mit der Rückkehr zu jenem einfachen System zu entfernen.“ 238

Wesentliche Abweichungen zur Verwaltungsgemeinschaft sind in der Frage der Beschränkung der weiblichen Rechte und der Ausgestaltung der ehemännlichen Rechte zu erkennen. Gerber hielt eine Anlehnung an die Regeln des Nießbrauchs239 für unbrauchbar zur Eingrenzung der ehelichen Rechte des Mannes und plädierte stattdessen für die Position „eines stellvertretenden Verwalters eines fremden Vermögens zu einem allgemein bestimmten Zweck“ 240. Damit hatte Gerber seinen Güterstand, bezüglich des Umfangs die ehemännlichen Rechte, dem Mundium angenähert, auch wenn es sich rechtlich um eine andere Konstruktion handelte (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, C. I.).241 Bei der Begründung griff 234

Gerber, Betrachtungen, S. 271. Gerber, Betrachtungen, S. 253. 236 Gerber, Betrachtungen, S. 256. 237 Gerber, Güterrecht, S. 351; Gerber, System (14. Auflage), S. 636, Fußnote 1; siehe auch: Gerber, Betrachtungen, S. 254. 238 Gerber, Betrachtungen, S. 271 f.; Gerber, Güterrecht, S. 346. 239 Gerber, Betrachtungen, S. 260. 240 Gerber, Betrachtungen, S. 258. 241 Gerber, System (14. Auflage), S. 638; Gerber, Betrachtungen, S. 257 ff., 265 ff. 235

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er, wie Gierke, auf das Wesen der Ehe zurück, welches ihn über mittelalterliche Textstellen zu folgendem Ergebnis trug: „Jetzt ist es nicht mehr eine politische, sondern lediglich die natürliche Stellung der Dinge, welche dem Manne jenes Uebergewicht, die Herrschaft im Hause verleiht.“ 242

Es kann also festgehalten werden, dass der Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft in den Grundlagen auf den von Gerber geschaffenen Güterstand der Gütereinheit zurückgeführt werden kann. In wesentlichen Einzelfragen besteht jedoch eine beachtliche Diskrepanz zwischen der Verwaltungsgemeinschaft und der Gütereinheit. Bezüglich dieser Abweichungen kann eine deutliche Annäherung Gerbers an den Standpunkt von Gierke wahrgenommen werden. So sind sich beide weitgehend einig, über die Notwendigkeit einer dominierenden Stellung des Ehemannes durch eine Beschränkung der Ehefrau (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, A. I. und C. I.). Bei der Bewertung der Gütergemeinschaft dagegen fielen die Ansichten Gerbers und Gierkes auseinander, wie im Folgenden näher dargelegt werden soll. bb) Die Ablehnung der Gütergemeinschaft Gerber war aus mehreren Gründen ein erklärter Gegner der Gütergemeinschaft, obwohl dieses Güterrecht von seinen Kollegen Gierke und Heusler präferiert wurde. Als Grund für seine Ablehnung nannte Gerber unter anderem, dass die Gütergemeinschaft kein historisch gewachsenes Güterrecht sei und daher nicht den Bedürfnissen des deutschen Volkes entsprechen würde. „In diesem Principe (SS.: ursprüngliches deutsches System der Güterrechte) lag nichts, was zu einer durch die Ehe bewirkten materiellen Eigenthumsgemeinschaft drängte; nur die Einheit der Wirthschaft wurde durch die deutsche Anschauung des ehelichen Lebens gefordert und diese in der Weise ausgeführt, dass das Frauengut dem Manne als dem Herrn und Meister des Hauses in die Hand gegeben wurde. . . . Es bedarf kaum der Bemerkung, dass dieses auf der Fortdauer selbstständigen Eigenthums beruhende System auch dadurch geschichtlich gestützt erschien, dass es mit der Herrschaft des mittelalterlichen Stammgutsrechts in vollkommenem Einklang stand.“ 243

Gerber war der Überzeugung, „dass das System der materiellen Gütergemeinschaft, so wie es unsere heutige Dogmatik mit ihrem Gesammteigenthum, juristischer Person oder communio juris darstellt, dem Mittelalter im Ganzen fremd ist, und meistentheils nur darauf beruht, wie sich die spätere Doctrin jene älteren Statutensätze zugrunde legte.“ 244 Seine Bewertung hinsichtlich des historischen

242 243 244

Gerber, Betrachtungen, S. 259. Gerber, Güterrecht, S. 346. Gerber, Güterrecht, S. 345.

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Wertes der Gütergemeinschaft war, sowohl wegen der späten Entstehung als auch der Art ihrer Bildung, vernichtend, wie das folgende Zitat belegt: „Die letztere (SS.: die Gütergemeinschaft) wurde als das eigentliche deutsche System bezeichnet, obschon die Praxis mehr und mehr den Beweis lieferte, daß eine Reihe sehr bedeutender Statuten dieser Classe zu demselben gar nicht passe, und obschon die Wissenschaft unwiderleglich nachwies, daß es im mittelalterlichen Rechte keine Begründung finde, daß es vielmehr seine eigentliche Entwicklung erst durch eine falsch germanisirende Doctrin im Kampfe mit der romanisierenden Jurisprudenz erhalten habe. Es war daher an der Zeit, sich von jenem unrichtigen Schematismus der zwei Gegensätze (SS.: Gütergetrenntheit und Gütergemeinschaft), unter welche alle Rechte gezwängt werden sollten, loszusagen, und zu dem System zurückzukehren, welches ohne Zweifel allein das eigentlich deutsche ist, zu dem der Gütereinheit, wie ich es nennen zu sollen geglaubt habe.“ 245

Neben dieser historischen ging er auch auf die sittliche Argumentation mit dem Wesen der Ehe als innigste Lebensgemeinschaft ein, die Gierke (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 2.) wie auch Mommsen (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. II. 1. b)) zur Rechtfertigung der Wahl der Gütergemeinschaft herangezogen hatten. „Der Kern von Wahrheit, der in dieser Anschauung liegt, ist, wie man leicht erkennt, mit einer bedeutenden Zuthat irrthümlicher Vorstellungen verbunden. Die vollendete Lebensgemeinschaft, welche das Wesen der Ehe, und wenn man so will, ganz vorzüglich der deutschen Ehe darstellt, ist eine sittlich-freie; sie vernichtet keineswegs die selbstständige Persönlichkeit der Gatten, verwandelt sie nicht in „eine Person“, sondern begründet nur eine unwandelbare Einigung derselben im Wollen und Handeln. Eine unmittelbare Beziehung auf das Vermögen hat die Ehe nicht; aber als ein den ganzen Menschen erfassendes Verhältniß bleibt sie nicht ohne allen Einfluß auf diese wichtige Seite des äußeren Lebens.“ 246

Gerber trennt also eindeutig die sittliche Seite der Ehe von der gesetzlich zu normierenden, ein weiterer Unterschied zu Gierke (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. III.). In dem Bemühen, diese beiden Seiten nicht zu vermischen wandte sich Gerber gegen die Gütergemeinschaft, da diese die sittliche Prämisse der Ehe als umfassende Lebensgemeinschaft durch eine zwanghafte Vereinigung der Ehegatten in vermögensrechtlicher Hinsicht gesetzlich festzuschreiben suchen würde: „Nun ist es doch offenbar, daß es nicht Aufgabe des Rechts sein kann, dieß Resultat (SS.: umfassende Lebensgemeinschaft) in plumper Zudringlichkeit durch eine Zwangseinrichtung festzustellen, aus jenem edlen Gedanken die rohe Consequenz einer mechanischen Eigenthumstheilung bei der Ehe zu ziehen. Ich läugne nicht, mir hat das Institut der Gütergemeinschaft immer den Eindruck einer juristischen Petulanz gemacht, eines frivolen und zerstörenden Eingriffs in ein Verhältniß sittlicher Freiheit. Es liegt etwas Verletzendes und Beschämendes in einer Vorschrift, welche

245 Gerber, Betrachtungen, S. 241 f.; Begriffserklärung der Gütereinheit als Abgrenzung von der „Gütergezweitheit“ und der „Gütergemeinschaft“: Gerber, Güterrecht, S. 347. 246 Gerber, Betrachtungen, S. 243 ff.

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ankündigt: sobald du heirathest, verlierst du die Hälfte deines Vermögens, gewinnst aber die Hälfte des Vermögens deines Gatten.“ 247

Aus diesen Aussagen geht deutlich hervor, dass Gerber unabhängig von der historischen Argumentation, die Gütergemeinschaft nicht für geeignet hielt, die Verhältnisse innerhalb einer Ehe zu regeln. Dieser eher praktische Aspekt, der die Ehe als einen Regelungskomplex der Gegenwart und Zukunft betrachtet, sprach für Gerber eindeutig gegen die Gütergemeinschaft. Die viel gepriesenen Vorteile der Gütergemeinschaft konnten für Gerber den Nachteil der übermäßigen Beschränkung der Ehegatten nicht aufwiegen.248 Zusätzlich wies Gerber auf die ungerechten Ergebnisse hin, die bei der Teilung des Vermögens nach den Regeln der Gütergemeinschaft entstehen würden.249 Gleichzeitig machte er auf die juristische Probleme bei der Konstruktion der Gütergemeinschaft aufmerksam.250 4. Zwischenergebnis An der Darstellung der unterschiedlichen Ergebnisse der behandelten Germanisten konnte eindeutig nachgewiesen werden, dass ein einheitlicher germanistischer Block in der Frage eines einheitlichen Güterrechts für das Deutsche Reich nicht vorhanden war.251 Im Gegenteil schwankten die Vorschläge, einmal abgesehen von der Gütertrennung, im ganzen Spektrum der Regelungsmöglichkeiten. So propagierten Gierke und Heusler die Gütergemeinschaft, Schröders erste Wahl fiel auf eine partikuläre Gütergemeinschaft, in Form der Errungenschaftsgemeinschaft, und Gerber bevorzugte die Verwaltungsgemeinschaft. Die oben bereits gestellte Frage nach dem Grund für diese Abweichungen, trotz der gemeinsamen Konzentration auf das germanische Rechtsgut, weicht auch bei Einbeziehung Gerbers nicht von dem gefundenen Ergebnis ab. Die beteiligten Germanisten verfolgten mit ihren Vorschlägen unterschiedliche Ziele und gelangten daher auch zu unterschiedlichen Ergebnissen. So standen für Gierke bei der Schaffung eines einheitlichen Güterstandes seine idealen Vorstellungen von einer germanischen Rechtsgestaltung im Vordergrund. Die Treue zum Gemeinschaftsgedanken, der für Gierke die Essenz germanischen Rechts darstellte, gebot die Gütergemeinschaft als idealen Güterstand vorzuschla247

Gerber, Betrachtungen, S. 245 f. So stimmt er der viel gerühmten Einfachheit der Gütergemeinschaft zwar zu, merkt aber darüber hinaus an: „Allerdings ist bevormundende Willkühr des Gesetzes in der Regel ,einfach‘, aber sie ist zugleich eine Verletzung der Persönlichkeit und dieser Nachtheil möchte schwerlich durch jenen Vorzug ausgeglichen werden.“ (Gerber, Betrachtungen, S. 246). 249 Gerber, Betrachtungen, S. 247. 250 Zur wissenschaftlichen Unmöglichkeit des Gesamteigentums: Gerber, Betrachtungen, S. 246. 251 Zustimmend: Schmid, Entstehung, S. 89, Fußnote 284. 248

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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gen und zu verteidigen. In den Ausführungen Gierkes zeigt sich dabei deutlich die Tendenz, weder aufgrund historischer Forschungsergebnisse noch wegen praktischer Notwendigkeiten der Gegenwart von seinen ursprünglichen Überzeugungen abzurücken. Ganz anders Schröder, der auf der Grundlage seiner akribischen historischen Forschung eine gesetzliche Grundlage schaffen wollte, die möglichst alle Vorteile der partikulären Rechtsbildungen in sich vereinigen und trotzdem die aktuellen Erfordernisse berücksichtigen sollte. Dieser ernsthafte Versuch unterschiedliche Ansätze und Belange zu vereinigen, entfernte Schröder natürlicherweise von den eher radikalen Forderungen Gierkes. Schließlich waren noch die Äußerungen Gerbers in den Meinungsstand der Germanisten einzubeziehen. Dies führte im Vergleich zu Gierke und Schröder nochmals zu einer Reduzierung der Umsetzung des Gemeinschaftsgedankens in der Ehe. Gerber hatte sich von den verschiedenen Formen der Gütergemeinschaft abgewandt und stattdessen die Gütereinheit, später auch Verwaltungsgemeinschaft genannt, als typisch deutsches Güterrecht bevorzugt. Betrachtet man nun die Zielsetzung Gerbers, die diesen Vorschlag hervorgebracht hat, dann liegt die Vermutung nahe, der Geist der historischen Schule habe Gerber veranlasst, das Güterrecht zu wählen, das nach den Ergebnissen der geschichtlichen Forschung als das ursprüngliche germanische Güterrecht bezeichnet werden musste. Jedoch würde damit die Vielgestaltigkeit von Gerbers Ansatzpunkt verkürzt. So berücksichtigte er, mindestens gleichberechtigt, eine gerechte Lastenverteilung in der Ehe. Aufgrund der Heftigkeit seiner Äußerungen zu den sittlichen Grundlagen und der Brauchbarkeit der Güterrechte kann sogar davon ausgegangen werden, dass diese Komponente für seine Vorschläge bestimmend war. Zusammenfassend bleibt damit festzustellen, dass eine einheitliche germanistische Linie, wie sie vor allem in den Ausführungen Gierkes suggeriert wird, nicht existierte. Die Konfusion innerhalb der erklärten Gegenparteien Romanisten und Germanisten wird am deutlichsten, wenn man bedenkt, dass der Germanist Gerber durch seinen Darstellung der Gütereinheit den Ausgangspunkt für den Güterstand Plancks geliefert hatte. Von Gierke als Ausprägung des römischen Rechts verdammt, hatte damit die Verwaltungsgemeinschaft ihren Ursprung auf der germanistischen Seite. II. Die Romanisten

Auch auf der Seite der Romanisten gab es keine einheitliche Bewegung, die sich als eine Front gegen das germanische Recht formierte. Vielmehr sind die von den Romanisten vertretenen Meinungen ähnlich unterschiedlich wie die der Germanisten und von verschiedenen Beweggründen motiviert. Eine Aufteilung der Juristen in Romanisten und Germanisten kann also nach den inhaltlichen Forderungen der einzelnen Juristen zumindest auf dem Gebiet des ehelichen Güter-

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

rechts nicht vorgenommen werden. Um dennoch eine sinnvolle Unterteilung möglich zu machen, wird nochmals auf die oben gewählte formale Einordnung zwischen Germanisten und Romanisten hingewiesen (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A.). Danach müssen Mommsen und Mitteis zu den Romanisten gerechnet werden, weil sie sich in ihrer rechtswissenschaftlichen Laufbahn im Wesentlichen mit dem römischen Recht befasst haben. Eine Opposition zu den Germanisten kann in ihrer Haltung nicht erkannt werden. Mommsen stand Gierkes Meinung sehr nahe und Mitteis baute ebenfalls keine Opposition zu Gierke auf, wie im Folgenden ausführlich dargelegt werden soll. 1. Friedrich Mommsen Diejenige Person, die sich mit ihrer romanistischen Prägung und der gleichzeitigen Nähe zu der Ansicht Gierkes, der Einordnung in das Raster Romanist und Germanist am deutlichsten zu entziehen scheint, ist Friedrich Mommsen. Seine Meinung über das eheliche Güterrecht ist der von Gierke so ähnlich, dass er von Schmid zur streng germanistischen Richtung gezählt wurde.252 Tatsächlich beschäftigte sich Mommsen bei seiner juristischen Tätigkeit aber schwerpunktmäßig mit dem römischen Recht. a) Die romanistische Prägung Mommsens Betrachtet man den Lebenslauf Mommsens, fällt auf, dass er überwiegend mit der Auslegung des römischen Rechts befasst war. Er wählte seinen Studienort Berlin vor allem auch im Hinblick darauf, dass er dort bei dem hochverehrten Savigny die Vorlesungen hören konnte.253 Mommsen promovierte 1852 zu dem Thema „Über den Besitz und die Ersitzung körperlicher Teile zusammengesetzter Sachen“ und erhielt daraufhin ohne eine förmliche Habilitationsschrift am 01.08.1853 die Venia legendi für Römisches Recht. Er legte seinen Arbeiten insbesondere Savingnys „System des heutigen Römischen Rechts“ zugrunde.254 Während seiner späteren Zeit als Professor in Göttingen las er hauptsächlich Römisches und Pandekten-Recht.255 Da Mommsen aus seinen bisherigen Schriften über die Unmöglichkeit und das Interesse und insbesondere auch aus seinem Erbrechtsentwurf als Romanist bekannt war, fand auch Andres die Anhänglichkeit an das deutsche Recht in seinen Äußerungen zum ehelichen Güterrecht erstaunlich.256 Der germanistische Einschlag manifestierte sich bei Mommsen im Be-

252 253 254 255 256

Schmid, Entstehung, S. 89 (Fußnote 284), 94. Andres, Erbrechtsentwurf, S. 20. Andres, Erbrechtsentwurf, S. 21. Andres, Erbrechtsentwurf, S. 22. Andres, Erbrechtsentwurf, S. 298.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

187

reich des ehelichen Güterrechts hauptsächlich durch die Betonung des deutschen Rechtsgedankens und durch die Nähe zum Standpunkt Gierkes. b) Die Übereinstimmung zwischen Mommsen und Gierke Aus der Kritik Mommsens zum ehelichen Güterrecht des Entwurfs, geht hervor, dass er wie Gierke257 die Gütergemeinschaft als dasjenige Güterrecht ansah, welches dem sittlichen Wesen der Ehe, sowie der deutschen Auffassung am ehesten entsprach.258 Auch er zog zur Begründung die geschichtliche Entwicklung der Güterrechte heran und äußerte sich zu dem Vorwurf, die Ausbildung der Gütergemeinschaft sei durch eine „falsch germanisirende Doctrin im Kampfe mit der romanisirenden Jurisprudenz“ entstanden. „Ich würde in einer solchen Entwickelung nicht den Sieg einer falsch germanisirenden Wissenschaft, sondern den Sieg des deutschen Volksgeistes erblicken, der sich auf diese Weise der, das altdeutsche Recht umgestaltenden, falsch romanisirenden Jurisprudenz erwehrt hat.“ 259

Diesen Volksgeist, den Mommsen in der Entwicklung der Gütergemeinschaft wirken sah, konnte er in dem Entwurf Plancks zur Verwaltungsgemeinschaft nicht entdecken. Auch hier teilte Mommsen die Ansicht Gierkes260, dass diese nicht als eine Ausprägung deutschen Rechts angesehen werden könne. Wie Gierke fehlte Mommsen die Verschmelzung der Ehepartner zu einer Einheit. „Ihrem Wesen nach ist die Ehe die volle, Alles umfassende Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau. Hieraus ergiebt sich mit Nothwendigkeit die sittliche Forderung, daß der einzelne Ehegatte das, was er an irdischen Gütern hat, nicht als ein Vermögen ansehen darf, welches er für sich haben will, daß die Ehegatten vielmehr das Vermögen, welches sie haben, als ein ihnen gemeinschaftliches, ihren gemeinschaftlichen Zwecken dienendes Vermögen betrachten sollen. Soll das eheliche Güterrecht dem entsprechen, so ist demselben eine solche Gestalt zu geben, daß während der Ehe nicht zwischen Mannes- und Frauengut unterschieden, daß das beiderseitige Vermögen als ein gemeinschaftliches, im Wesentlichen nach denselben Regeln zu behandelndes Vermögen betrachtet wird.“ 261

Diese Einheit aber müsse, ebenfalls eine Parallele zu Gierke262, nach dem Vorbild des Sachsenspiegels unter die Herrschaft des Mannes gestellt werden: „Fragen wir nun, wie das in dem Entwurf angenommene System der sog. Verwaltungsgemeinschaft der altdeutschen Auffassung entspricht, so läßt sich meines Erachtens darauf keine andere Antwort geben, als daß diese Auffassung sich in der That 257 258 259 260 261 262

Gierke, Haus, S. 652. Mommsen, Güterrecht, S. 170. Mommsen, Güterrecht, S. 172. Gierke, Haus, S. 653; Gierke, Entwurf, S. 407, 416. Mommsen, Güterrecht, S. 167. Gierke, Haus, S. 646, 651; Gierke, Entwurf, S. 407.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

darin nicht wiedererkennen läßt. Das Verhältniß des Mannes zum Frauengut ist das Verhältniß eines Verwalters, der allerdings die Früchte im Interesse der Ehe verwenden kann, der aber im Uebrigen nach allen Seiten hin von dem Willen der Frau abhängig ist. Der Sachsenspiegel konnte an die Spitze seiner Bestimmungen über das eheliche Güterrecht den Satz stellen, daß die Ehegatten bei ihrem Leben kein gezweiet Gut haben. Wie würde es sich wohl ausgenommen haben, wenn der Entwurf diesen Satz an die Spitze seiner Bestimmungen gestellt hätte? Jeder Unbefangene wird mir zugeben müssen, daß dies als eine leere Phrase, ja geradezu als lächerlich erschienen wäre.263

Auch Mommsen kritisierte damit, wiederum wie Gierke264, die Abschaffung des Mundiums zugunsten der durch Planck gewählten Verwaltungs- und Nutznießungsrechte des Mannes am eingebrachten Gut. Die altdeutsche Ausprägung von „kein gezweiet Gut“ könne so nicht aufrecht erhalten werden. Und auch er fand die Schuld für diese Nichtbeachtung der deutschen Rechtstradition im Entwurf Plancks in den Einflüssen des römischen Rechts. „Daß das altdeutsche System in dieser Weise umgestaltet ist, das ist meiner Ueberzeugung nach allein der romanisirenden Jurisprudenz zuzuschreiben, welche, ausgehend davon, daß nach Beendigung der Ehe eine Sonderung der Güter eintritt, diese auch in die Zeit während der Ehe hineingetragen und nun mit den Bestimmungen operirt hat, die das römische Recht für die Verwaltung fremder Güter und den Nießbrauch aufstellt, und welche außerdem noch in einer, den Credit des Mannes auf ’s Aeßerste gefährdenden Weise die römisch-rechtlichen privilegia dotis auf das gesammte Frauengut ausgedehnt hat. Das System der Verwaltungsgemeinschaft, wie es im Entwurf sich findet, kann man schlechterdings nicht als die urdeutsche Form des ehelichen Güterrechts ansehen, vielmehr nur als das Erzeugniß einer romanisirenden Jurisprudenz.“ 265

Gierke der Germanist hatte bereits aus dieser Richtung kommend argumentiert266 und erhielt nun Unterstützung von dem Romanisten Mommsen. Damit aber nicht genug. Ein Mitspracherecht der Frau lehnte Mommsen ebenfalls ab, da es nicht dem Wesen der Ehe entspreche, wenn die Eheleute ständig Verhandlungen über finanzielle Belange führen müssten. Dies widerspreche der naturgemäß übergeordneten Stellung, die dem Ehemann in der Ehe zukomme. Neben der Begründung mit dem Wesen der Ehe, die auch Gierke verwendete267, betonte Mommsen hier noch gesondert, dass diese naturgemäß übergeordnete Stellung des Mannes bereits in der christlichen Religion vorgegeben sei. „Eine solche Regelung, welche in Beziehung auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens, bezw. des Frauenguts fortwährend Verhandlungen zwischen Mann und Frau nöthig macht, entspricht aber nicht dem Wesen der Ehe. Sie steht überdies 263 264 265 266 267

Mommsen, Güterrecht, S. 170. Gierke, Haus, S. 647, 650. Mommsen, Güterrecht, S. 170. Gierke, Haus, S. 651 ff.; Gierke, Entwurf, S. 410, 412, 414. Gierke, Haus, S. 651; Gierke, Entwurf, S. 416.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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in Widerspruch mit der übergeordneten Stellung, wie sie naturgemäß in der Ehe dem Mann zukommt. Wenn die heilige Schrift sich dahin ausspricht, daß der Mann des Weibes Haupt sei (1. Corinth. 11,3; Epheser 5,23) und daß das Weib dem Manne unterthan sein solle (Epheser 5,22; Colosser 3,18; 1. Timoth. 2,12; 1. Petri 3, 1 und 6), so sind dies Aussprüche, welche nicht bloß für die damalige Zeit, sondern auch für die Gegenwart ihre Geltung haben, weil sie sich gründen auf das naturgemäße Verhältniß, in welchem die Ehegatten zu einander stehen.“ 268

Als Folge dieser naturgemäßen Rollenverteilung habe die Frau ihre Tätigkeit auf den Haushalt zu beschränken, während der Mann für „die Gewinnung der zur Führung des ehelichen Lebens nöthigen Mittel zu sorgen hat, auch das Haus nach außen hin vertritt“ 269. Dieser Wunsch die sittlichen Pflichten der Religionsausübung und die idealen Vorstellungen der Rollenverteilung bei der gesetzlichen Regelung beachtet zu wissen, ist ein Hinweis auf die Absicht Mommsens den sittlichen Charakter der Ehe im Gesetz abzubilden. Diese sittlichen Anforderungen an die gesetzliche Regelung zeigt sich auch in der folgenden, von Mommsen geäußerten Befürchtung: „Aber wohl ist die Gefahr, daß das Verhältniß (SS.: der Ehegatten) nicht in der rechten Weise sich entwickele, bei dem einen System des ehelichen Güterrechts größer, als bei dem anderen, und eben deshalb ist es von Bedeutung, daß das eheliche Güterrecht in einer dem sittlichen Wesen der Ehe thunlichst entsprechenden Weise geregelt werde.“ 270

Er warnte davor, wie der Entwurf Plancks, die Ehe als ein rein obligatorisches Verhältnis zwischen den Ehegatten zu behandeln, „in einer Weise, wie sie dem sittlichen Wesen der Ehe widerstrebt“, denn dies könne sehr leicht die Quelle trauriger Zerwürfnisse in den Familien sein.271 Die gleichen Forderungen und Argumente für die Aufnahme sittlicher Pflichten ins Gesetz finden sich auch bei Gierke, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. III.).272 Es bleibt demnach festzustellen, dass sich die Übereinstimmung von Mommsen und Gierke in den folgenden Bereichen zeigte. Beide wandten sich gegen die Verwaltungsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand und wählten übereinstimmend als Gegenvorschlag die Gütergemeinschaft. Beide sprachen sich gegen den Entwurf Plancks aus, indem sie die Abschaffung des Mundiums und die Einführung der Verwaltungs- und Nutznießungsrechte als antideutsche, die Gemeinschaft der Ehe zerstörende und den Mann benachteiligende Ausprägung des römischen Rechts brandmarkten. Auch das Drängen zur Aufnahme von sittlichen Pflichten in die gesetzlichen Vorschriften ist beiden Juristen eigen. Eine auffal268 269 270 271 272

Mommsen, Güterrecht, S. 167 f. Mommsen, Güterrecht, S. 168. Mommsen, Güterrecht, S. 169 f. Mommsen, Güterrecht, S. 187 f., Fußnote 10. Gierke, Haus, S. 645, 650.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

lende Abweichung ergibt sich nur in der überdeutlichen Betonung der religiösen Komponente bei Mommsen. Eine solche ist in dieser Intensität bei Gierke nicht zu finden, der sich in seinen Begründungen stärker auf den Volksgeist und seinen Gemeinschaftsgedanken stützte. c) Der unterschiedliche Ausgangspunkt von Mommsen und Gierke aa) Der Romanist und das germanische Recht Nachdem die offensichtliche Übereinstimmung von Mommsen und Gierke in der Frage des ehelichen Güterrechts nachgewiesen wurde, stellt sich nun die Frage, wie die beiden Juristen mit ihren unterschiedlichen Ausgangspunkten zu weitgehend identischen Vorstellungen über die Regelung des ehelichen Güterrechts kamen. Eine Erklärung für dieses Phänomen findet sich darin, dass sich die Gruppen der Germanisten und Romanisten ursprünglich nicht als Gegenpole gegenüberstanden, sondern von einem gemeinsamen Ausgangspunkt ausgingen, wie er sich etwa in der Lehre Savignys (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1, A.), manifestiert. So beschäftigten sich beiden Richtungen mit der Frage, wie man aus der Geschichte der Rechte den Volksgeist erkennen und für eine zukünftige Gesetzgebung verwenden könnte. Mommsen stützte sich dabei nach eigener Aussage auf die von seinem Lehrer Savigny geschaffenen Grundlagen. Savigny aber verdammte, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1, A. II.), das germanische Recht nicht, sondern er wollte nur zusätzlich das römische Recht bei der Erkundung des deutschen Volksgeistes berücksichtigen, soweit es durch die Anwendung in das Bewusstsein des Volkes Eingang gefunden habe. Die obigen Zitate Mommsens könnten auf dieser Grundlage für den Bereich des ehelichen Güterrechtes so gedeutet werden, dass er annahm das germanische Rechtsempfinden hätte sich über die römischen Einflüsse erhaben gezeigt.273 Besonders deutlich lässt sich dies in seinen Ausführungen zur Wahl des gesetzlichen Güterstandes erkennen. Mit der Argumentation, dass sich mit der Ausbildung der Gütergemeinschaft das Volk erfolgreich gegen die Annahme des römische Eheverständnisses gewehrt habe, suggerierte er, der Volksgeist habe sich in diesem Bereich für eine germanische Gestaltung entschieden. Dies müsse von der Gesetzgebung, die ja immer nur die bereits bestehenden Ausprägungen des Volksgeistes in den gesetzlichen Regelungen abbilden sollte, geachtet werden. Tatsächlich ist die Behauptung Mommsens, in den ehelichen Güterrechten habe sich sehr viel von dem germanischen Eheverständnis erhalten, nicht aus der Luft gegriffen. So konstatierten unabhängig voneinander der Romanist Windscheid und der Germanist Beseler274, dass das eheliche Güterrecht von der Rezeption des römischen Rechts weitgehend unbeeinflusst blieb. So Windscheid:

273

Mommsen, Güterrecht, S. 170.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

191

„Die deutschrechtliche Gestaltung der ehelichen Vermögensverhältnisse ist statistisch genommen auch noch heutzutage in Deutschland die überwiegende, auf keinem anderen Punkte hat sich das deutsche Recht in Deutschland ein gleich umfassendes räumliches Herrschaftsgebiet gewahrt.“ 275

Und sogar dem großen Lehrer Mommsens Savigny scheint die Nähe des ehelichen Güterrechts zum germanischen Rechtsverständnis gegenwärtig gewesen zu sein, indem er, in einem Brief an Georg Beseler vom 13.10.1843 den Germanisten, folgenden Rat erteilt: „Besonders für unsere Provincialgesetzgebung könnten die Germanisten viel leisten, wenn sie vorzüglich das eheliche Güterrecht und die damit verbundene Erbfolge, mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der Volksstämme und der einzelnen Länder, sowie auf das praktische Bedürfnis der Gegenwart, bearbeiten wollten.“ 276

Unterstellt man nun aber, dass das Familienrecht durch die Rezeption nicht beeinflusst wurde, so hatte der Volksgeist in der Geschichte auch für den Romanisten Mommsen deutlich gezeigt, dass hier die germanistische Prägung von der Rechtswissenschaft beachtet werden müsse. Von diesem Ausgangspunkt aus kritisierte er die Verwaltungsgemeinschaft des Entwurfs als „ein Erzeugniß einer romanisirenden Jurisprudenz“ 277 und drückte damit aus, dass dieses Güterrecht sich nicht aus dem deutschen Volksgeist erhoben habe, sondern eine künstliche Gestaltung der Rechtswissenschaft sei und daher nichts mit der urdeutschen Form der Güterrechte gemeinsam habe. Diese Argumentation ermöglichte es Mommsen, für den Regelungsbereich der ehelichen Güterrechte die Betonung des germanischen Rechtsverständnisses zu präferieren, ohne sich in Widerspruch zu der Lehre Savingys und der allgemeinen Bedeutung des römischen Rechts für die zukünftige Rechtsgestaltung zu setzen. bb) Das Wesen der Ehe nach Savigny Zusätzlich lässt sich die Haltung Mommsens, die wie Gierkes erkennbar auf einem konservativen, ja reaktionären Eheverständnis beruht, auch auf das Eheverständnis Savignys zurückführen.278 Die Äußerungen Savignys über das Ver274 Beseler, Volksrecht, S. 114, 142 (Nach seiner Aussage ist das Familienrecht weitgehend gleich geblieben, für das Eherecht gelte dasselbe, einmal abgesehen von der Abschaffung des Geschlechtsvormundschaft.). 275 Windscheid, Pandektenrechts, S. 840, Fußnote 3; siehe auch: Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 50. 276 Savigny, Brief von Savigny an Georg Beseler vom 13. Oktober 1843, abgedruckt bei: Stoll, Savigny Ministerzeit, S. 62; zur Einordnung dieser Aussage als Zumutung und kränkende Zurückweisung von Beseler und anderen Germanisten: Kern, Beseler – Leben und Werk, S. 392. 277 Mommsen, Güterrecht, S. 170. 278 Zum geschichtlichen Hintergrund: Buchholz, Savignys Stellungnahme, S. 149 f.; Nachweis von christlichen bzw. kirchlichen Einflüssen: Buchholz, Savignys Stellung-

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hältnis des Einzelnen zu Familie und Staat zeigen durch die Überbetonung der Zugehörigkeit zu einer Familie zulasten der Individualität des Einzelnen eine starke Verhaftung in dem traditionellen Gesellschaftskonzept der Zeit. „In den Familien nun sind die Keime des Staats enthalten, und der ausgebildete Staat hat die Familien, nicht die Individuen unmittelbar zu Bestandteilen.“ 279

Trotz dieses Aufgehens der Individualität des Einzelnen in der Familie und der großen Bedeutung dieser Form des Zusammenlebens für den Staat beschrieb Savigny das Verhältnis von Sitte und Recht bei der gesetzlichen Regelung der ehelichen Verhältnisse 1840 noch folgendermaßen. Die Familienverhältnisse würden „drey unzertrennliche Gestalten“ enthalten, „die natürliche, sittliche, und rechtliche“ und er stellte fest, dass „die juristische Seite ihres Wesens gerade die geringere ist, indem die wichtigere einem ganz anderen Gebiete als dem des Rechts angehört.“ 280 In der Folge begrenzte Savigny den Regelungsbereich des Gesetzgebers auf den juristischen Anteil der Familienverhältnisse und gelangte so zu einer starken Reglementierung281: „Er besteht bey jedem derselben in den Bedingungen seines Daseyns und seiner Anerkennung, wozu folgende einzelne Stücke gehören: die Voraussetzungen der Möglichkeit eines solchen Rechtsverhältnisses, die Entstehungsarten derselben, und die Gründe seiner Auflösung. So bey der Ehe . . .“ 282

Diese Definition Savignys für den Regelungsbereich der Ehe ist geprägt von dem Kantschen Formalismus und seiner Freiheitsethik, die Savigny seinem System des bürgerlichen Rechts zugrundelegte. Diese hatte dazu geführt, dass Savigny das bürgerliche Recht von den Kategorien der Person und ihrer rechtsgeschäftlichen Willensmacht, der Privatautonomie, her auffasste283, was auch weitgehende Auswirkungen auf die politische Lage hatte, die ein süddeutscher Beobachter in Preußen um 1840 folgendermaßen beschrieb: „Was die neuere Zeit politische Freiheit nennt, ist den Untertanen dieses Staates nicht gar reichlich zugemessen; dagegen genießen sie der bürgerlichen Selbstständigkeit in höchstem Grade.“ 284

Auch dem ehelichen Güterrecht, als einem Teil des bürgerlichen Rechts, kam die strenge systematische Gestaltung Savignys auf der Grundlage der Privatautonahme, S. 162 ff., 177 f.; zur Bedeutung der Familienauffassung Savignys für die Entwicklung des BGB: Dörner, Industrialisierung, S. 82 ff. 279 Savigny, System, Bd. 1, S. 343 f., siehe auch: S. 340. 280 Savigny, System, Bd. 1, S. 346 f. 281 Zustimmend: Buchholz, Savignys Stellungnahme, S. 154 f. 282 Savigny, System, Bd. 1, S. 352; zur Trennung des sittlichen und rechtlichen Seite der Ehe siehe auch: Savigny, Vom Beruf, S. 46 f. 283 Dilcher, Positivismus, S. 503, 518 f.; Kiefner, Einfluß Kants, S. 4, 7; zu der gesellschaftlichen Auswirkungen: Wieacker, Pandektenwissenschaft, S. 1 ff. 284 Conze, Staat, S. 306 f.; siehe auch: Dilcher, Positivismus, S. 519; zur Konzentration der Romanisten auf die Privatrechtswissenschaft: Koschaker, Europa, S. 269.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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nomie zunächst zugute. Die strenge Beschränkung des Regelungsbereichs der Ehe durch Savigny war wohl vor allem der Verwirklichung des Systemgedankens geschuldet. Die individuelle Freiheit der Ehegatten, die daraus folgte, war damit im Wesentlichen nur ein Produkt der konsequenten Ausführung von Savignys System innerhalb des bürgerlichen Rechts.285 Später, als sich Savigny 1844 mit einem konkreten Gesetzgebungsvorhaben bezüglich der Ehescheidung in den preußischen Gesetzen286 beschäftigte, musste sich ihm jedoch die Frage aufgedrängt haben, was diese Beschränkung der gesetzgeberischen Macht zugunsten der Gestaltungsmöglichkeiten des Einzelnen für das traditionelle Ehebild und den Staat bedeuten würde. Anhand der Konfrontation mit der Praxis wurde offensichtlich deutlich, dass das Eherecht nicht allein ein Teil des freien Privatrechts ist. Wie ein Zwitter entzog sich das Eherecht bei der konkreten Umsetzung der alleinigen Einordnung in das Privatrecht und zeigte seine von staatlichen Interessen, wie Aufrechterhaltung gesellschaftlicher Strukturen und Bevölkerungsentwicklung, geprägte Seite.287 Die aktuellen Erfordernisse der Zeit beeinflussten Savingy schließlich in dem Sinne, dass er den Systemgedanken vernachlässigte und stattdessen begann die althergebrachte Struktur der Familie zu verteidigen. So modifizierte er seine Ansicht über die gesetzgeberischen Aufgaben bei der Regelung der ehelichen Verhältnisse so stark, dass er letztendlich fast zu einem gegenteiligen Standpunkt kam. Er prägte zwei Begriffe, zum einen den des „Wesens der Ehe“, der zu einem Äquivalent für alle sittlichen Inhalte der Ehe avancierte und den Begriff der „Institution der Ehe“ 288, der durch das „Wesen der Ehe“ inhaltlich ausgefüllt wurde. Nunmehr forderte er den Gesetzgeber auf, bei der gesetzlichen Regelung des Eherechts drei verschiedene Gesichtspunkte anzuerkennen und zu beachten: „Rechtsschutz, individuelle Freiheit, Würde der Ehe als Institution“ 289. Indem er die „Würde der Ehe selbst, diese als Institution betrachtet, unabhängig von dem Recht und dem Willen der Individuen“ 290 stellte, rechtfertigte er seine Forderung nach einer unbedingten Beachtung dieser Eigenschaft der Ehe bei der Gesetzgebung. Gleichzeitig entzog er damit dem Einzelnen die Möglichkeit, die Ehe nach seinen Vorstellungen zu gestalten, da so eine Verletzung der ehelichen Würde zu befürchten sei. „Die Würde der Ehe als Institution, begründet den wichtigsten und eigenthümlichsten Gesichtspunkt, der hierin für die Gesetzgebung zu beachten ist. Ihre Ehrfurcht 285

Zustimmend: Buchholz, Savignys Stellungnahme, S. 163 f. Savigny, Ehescheidung, S. 222 ff.; politische Hintergründe: Buchholz, Savignys Stellungnahme, S. 165 ff. 287 Zu dieser Eigenschaft des ehelichen Güterrechts siehe auch: Hofer, Ehe, S. 88. 288 Savigny, Ehescheidung, S. 233; zum Begriff des Rechtsinstitutes: Stühler, Erneuerung, S. 34 f.; Wilhelm, Methodenlehre, S. 47 ff. 289 Savigny, Ehescheidung, S. 236. 290 Savigny, Ehescheidung, S. 233. 286

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gebietende Natur gründet sich darauf, daß sie, in Beziehung auf die Einzelnen, eine wesentliche und nothwendige Form des menschlichen Daseyns überhaupt ist, in Beziehung auf den Staat aber unter die unentbehrlichen Grundlagen seines Bestehens gehört. Durch diese ihre Natur erhält sie ein selbständiges Daseyn, einen Anspruch auf Anerkennung, welcher von individueller Willkür und Meinung unabhängig ist.“ 291

So wandelte bereits Savigny seine im Rahmen der Erläuterung des römischen Rechts dargestellten Anforderungen an eine Regelung des Eheverhältnisses im Gesetz. Er war ursprünglich von einer Rahmenregelung ausgegangen, welche dem Individuum weitgehende Freiheit ließ. Durch seine Argumentation vom Wesen der Ehe als einer überindividuellen und damit der Beurteilung und Gestaltung des Einzelnen entzogenen Institution, konnte er jedoch eine strenge, sittliche, die Ehegatten bindende gesetzliche Gestaltung der ehelichen Verhältnisse befürworten.292 Diese Forderung verstärkte er, indem er konstatierte, die Betonung der individuellen Freiheit im Gesetz würde die „eigenthümliche Natur der Ehe verdunkeln und dadurch ihre heilsamen Folgen . . . schwächen.“ 293 Nach allem vertraute er auf das eheliche Leben als einem Mittel zur Erziehung der Menschen294 und glaubte an die „heilsame indirekte Wirkung“ des Gesetzes, das den Ehegatten strenge sittliche Pflichten auferlegt.295 So könne eine strenge Eheordnung bei der Eingehung der Ehe Leichtfertigkeit verhindern und bei der Führung der Ehe zur Selbstbeherrschung der Ehegatten beitragen, sodass bei den täglichen Unwägbarkeiten der eheliche Friede nicht verloren gehe.296 Auf diesen Grundlagen stellte er seine neue Forderung für die Regelung der ehelichen Verhältnisse im Gesetz auf: „Das Gesetz allein, ohne die Unterstützung und Ergänzung der Sitte, wird gewiß nicht ausreichen; aber ebenso kann die Sitte das Gesetz nicht entbehren, und sie wird durch mangelhafte Gesetze unfehlbar geschwächt und herunter gezogen werden.“ 297

Damit war bereits Savigny bei einem Punkt angelangt, an dem sein Schüler Mommsen nahtlos anknüpfen konnte298. Die Forderungen Mommsens, nach einer Aufnahme von sittlichen Pflichten ins Gesetz, lassen sich damit auf Savigny 291

Savigny, Ehescheidung, S. 239. Auch Buchholz sieht die Kernfrage bei der Eheauffassung Savignys in dem Verhältnis der institutionellen Seite der Ehe und der individuellen Freiheit der Ehegatten und auch Buchholz kommt zu dem Ergebnis, dass Savigny dem Freiheitsgedanken im Ergebnis nur eine geringen Stellenwert zuwies. (Buchholz, Savignys Stellungnahme, S. 168). 293 Savigny, Ehescheidung, S. 240. 294 Savigny, Ehescheidung, S. 243. 295 Savigny, Ehescheidung, S. 245. 296 Savigny, Ehescheidung, S. 246 f. 297 Savigny, Ehescheidung; zustimmend: Buchholz, Savignys Stellungnahme, S. 171. 298 Nach Andres übernahm nicht nur Mommsen, sondern die ganze Pandektistik fast einhellig die Eheauffassung Savignys (Andres, Erbrechtsentwurf, S. 301). 292

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zurückführen, der sich schon von dem ursprünglich angenommenen römischen Eheverständnis im Dienste seiner konservativen Ansichten gelöst hatte. Durch die Lehre von der Institution der Ehe hatte Savigny ein Einfallstor für christliche Ideale und sittliche Vorstellungen der Nation299 geschaffen und genau diese Möglichkeit nutzte Mommsen bei der Entfaltung seiner Meinung zum ehelichen Güterrecht. cc) Die Religion als inhaltliche Ausgestaltung des Wesens der Ehe Mommsen füllte den von Savigny übernommenen Begriff des Wesens der Ehe mit der naturgemäßen Überlegenheit des männlichen Geschlechts und den Inhalten seiner christlichen Konfession300 und gelangte auf diese Weise zu den oben dargestellten Forderungen zum ehelichen Güterrecht. Mommsen gehörte der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche an und war von 1868–1891 der Präsident des Landeskonsistoriums bzw. des Landeskirchenamtes in Kiel301 und ein Anhänger der Augsburger Confession302. Das Engagement Friedrich Mommsens für seine religiöse Überzeugung zeigt sich auch in den beiden Werken, die er zur Erläuterung der Kirchen- und Synodalordnung seiner Konfession erstellte.303 Die Forderung nach der Anpassung der gesetzlichen Eheordnung an die christliche Lehre ist in dieser Konfession bereits angelegt. So leugnet zwar die evangelische Kirche nicht, dass der Staat zur Ordnung des Eherechts zunächst berufen sei. Sie überließ diesen Regelungsgegenstand der Gesetzgebung aber nur unter der Prämisse, dass sie sich in den durch die Schrift gezogenen Grenzen halte.304 Diese Haltung der Konfession Mommsens lässt sich auch an dem Originaltext der Augsburger Confession von 1530305 nachweisen. Nach dieser Lehre hat „Gott selbst“ den „Ehestand menschlicher Gebrechlichkeit zu helfen und Unzucht zu wehren eingesetzt“.306 Zwar stehe dem Gesetzgeber die Möglichkeit offen, das eheliche Verhältnis zu regeln, „denn das Evangelium . . . verwirft nicht 299

Savigny, Ehescheidung, S. 239. Mommsen, Güterrecht, S. 167 f. 301 Andres, Erbrechtsentwurf, S. 461. 302 Andres, Erbrechtsentwurf, S. 301; angegebene Quelle nicht auffindbar: Claussen Joh./Bruhn, E., Aus dem Bilderschatz des Sonntagsboten, I. Lebensbilder, Bordesholm, 1902, S. 12 f. 303 Mommsen, Friedrich, Vergleichung der für Schleswig-Holstein erlassenen Kirchengemeindeordnungen vom 4. November 1876 und 16. August 1869, Kiel, 1877; Mommsen, Friedrich/Chalybaeus, Heinrich Franz, Die Kirchengemeinde- und Synodalordnung für Schleswig-Holstein (Kommantar), Kiel, 1878 zitiert nach Lange, Kirche, S. 360. 304 Richter, Lehrbuch, S. 483. 305 Wiggers (Hg.), Glaubensbekenntnis, S. 1. 306 Wiggers (Hg.), Glaubensbekenntnis, S. 44 (Im Originaltext 23. Kapitel). 300

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

weltlich Regime, Polizei und Ehestand, sondern will, daß man solches alles halte, als wahrhaftige Gottesordnung, und in solchen Ständen christliche Liebe und rechte gute Werke, ein jeder nach seinem Berufe beweise.“ 307 Da die Ehe aber von Gott eingesetzt sei und „kein menschlich Gesetz Gottes Gebot kann wegthun oder ändern“ 308, war es notwendig, sich mit der gesetzlichen Regelung innerhalb der von der Bibel gezogenen Grenzen zu halten. Mit seinen Forderungen verfolgte Mommsen genau dieses Ziel. Er wollte die sittlichen Ideale einer christlichen Eheordnung in der gesetzlichen Regelung des BGB abgebildet wissen, wie etwa seine Wahl der Gütergemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand zeigt. Mit der christlichen Lehre vor Augen stellte er hohe Anforderungen an die Ehe als eine „Alles umfassende Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau“ 309. Daraus leitete er die Notwendigkeit ab, dass auch keine Trennung betreffend die irdischen Güter durch das eheliche Güterrecht erfolgen dürfe.310 Das Wesen der Ehe werde daher am Besten durch die Gütergemeinschaft ausgedrückt, die zudem noch seiner anderen Hauptforderung, die sich aus der christlichen Lehre ergab, entgegenkam. So stritt Mommsen, ausgerüstet mit ausführlichen Bibelzitaten, für die Aufrechterhaltung der Unterordnung der Frau unter die ehemännliche Herrschaft311. Die Gütergemeinschaft hielt er auch deshalb für geeignet, weil sie dem Mann einen besseren Zugriff auf das Vermögen der Frau sicherte und sich so auch in vermögensrechtlicher Hinsicht ihre Unterwerfung festmachen ließ. Den Versuch Plancks, durch die Aufrechterhaltung der Trennung beider Vermögen auch während der Ehe, der Frau eine selbstständigere Stellung gegenüber dem Mann zu sichern, konnte Mommsen natürlich nur verurteilen. Auch die Kritik an der Aufhebung des Mundiums als der personenrechtlichen Gewalt des Ehemannes über die Ehefrau, lief dieser Eheauffassung selbstverständlich zuwider. d) Zwischenergebnis Stellt man nun die Frage, was der wahre Grund für die Übereinstimmung zwischen Gierke und Mommsen war, so kommt man nicht zu dem Ergebnis, dass Mommsen auf die Seite der Germanisten gewechselt ist, nachdem seine bisherigen Arbeiten eher zum römischen Recht tendierten. Vielmehr versuchte Mommsen als christlich-konservativer Repräsentant des bürgerlichen Patriarchalismus312 familienpolitisch den um sich greifenden Verfall der Ehe, der unten noch näher 307 308 309 310 311 312

Wiggers (Hg.), Glaubensbekenntnis, S. 21 (im Originaltext: Der Sechszehnte). Wiggers (Hg.), Glaubensbekenntnis, S. 45 (im Originaltext 23. Kapitel). Mommsen, Güterrecht, S. 167. Mommsen, Güterrecht, S. 167. Mommsen, Güterrecht, S. 167 f. Andres, Erbrechtsentwurf, S. 298.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

197

dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B.), aufzuhalten. Abweichend vom römischen Recht wollte er der Ehe eine unmittelbare Wirkung auf das Vermögen der Ehefrau geben, um so die patriarchalische Ordnung innerhalb der Familie zu wahren.313 Der Weg dahin führte ihn über die oben nachgezeichneten Stationen: „Als Gesetzgeber hielt er sich an die Regelungsgrenze des „deutschen Volksbewußtseins“; als Konfessionslutheraner erfüllt er die Aufgabe der Kirche, durch ihr Zeugnis dafür einzutreten, daß die Eheordnung des christlichen Staates im Prinzip mit der heiligen Schrift als der obersten Norm und dem Maßstab aller christlichen Gesetzgebung übereinstimme.“ 314

Mommsen war auch was das eheliche Güterrecht anbetrifft kein Germanist. Er erwies sich vielmehr als ein Schüler Savignys, der im Bereich der ehelichen Güterrechte den Volksgeist nicht im römischen, sondern im germanischen Recht fand. Zusätzlich ließ er sich von der konservativen Eheauffassung Savignys, die gegenüber dem römischen Recht eine erweiterte Kompetenz des Gesetzgebers auf die Normierung sittlicher Pflichten vorsah, leiten. Dies eröffnete ihm die Möglichkeit, seine starke christliche Prägung in seine Kritik am Eherecht einfließen zu lassen. Der Weg Gierkes, der zu denselben Forderungen führte, war ein anderer, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B.). Die unterschiedlichen Ausgangspunkte von Gierke und Mommsen zeigen sich vor allem in der Betonung der christlichen Grundsätze bei Mommsen, während Gierke sich zur Begründung seiner Ansichten auf andere Grundlagen stützte, wie ebenfalls unten noch näher erläutert werden wird (s. u. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B.). 2. Ludwig Mitteis Auch der Romanist Ludwig Mitteis äußerte sich ausführlich zu dem Thema der romanistischen und germanistischen Einflüsse auf das eheliche Güterrecht des Entwurfs. Die Hinwendung zum römischen Recht prägte seine berufliche Laufbahn, in der er über einen langen Zeitraum hinweg als Professor an verschiedenen Universitäten dieses Fach lehrte und sich auch der Erforschung des römischen Rechts widmete.315 Seine Einstellung zu dem Entwurf Plancks war gespalten. So erklärte er, dass der Entwurf im Großen und Ganzen eine sehr ansprechendes Prinzip verfolge316, während er mit seiner Kritik in Detailfragen versuchte, den Entwurf in eine konservativere Richtung zu treiben. Bei der Bildung seiner Meinung spielten die historischen Grundlagen eine große Rolle, je-

313 314 315 316

Andres, Erbrechtsentwurf, S. 300. Andres, Erbrechtsentwurf, S. 302. Selb, Mitteis, in: Neue Deutsche Biographie, Siebzehnter Band, S. 576 f. Mitteis, Bemerkungen, S. 547.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

doch versuchte er bei der zukünftigen Gestaltung des ehelichen Güterrechts auch ethische Postulate und vor allem praktische Belange zu berücksichtigen.317 Der Grund für die Einbeziehung dieser unterschiedlichen Aspekte war nicht, dass die geschichtliche Kontinuität für ihn keinen hohen Stellenwert gehabt hätte. Aufgrund der von Zersplitterung gekennzeichneten Geschichte der ehelichen Güterrechte ließ sich für ihn daraus aber kein eindeutiger Schluss hinsichtlich der zukünftigen Gesetze ziehen. Vielmehr existierten laut Mitteis aufgrund der schwankenden historischen Grundlage318 mehrere, historisch gleichberechtigte Kombinationen.319 Auch die anderen einbezogenen Aspekte würden keine bestimmte Lösung nahelegen, womit der zu dem Schluss kam, dass es für die Gestaltung des BGB mehrere gleichwertige Wege betreffend die Regelung der ehelichen Güterrechte gebe.320 Von diesem objektiven Standpunkt, der nicht durch die Vertretung einer eigenen Gestaltungsform beeinflusst scheint, versuchte Mitteis, die von Planck gewählte Regelung auf ihre historischen Grundlagen und ihre praktische Anwendbarkeit zu untersuchen. a) Germanistisch oder romanistisch – Der historische Charakter des Entwurfs nach Mitteis Dieser objektive Charakter, den Mitteis seinen Äußerungen zu geben versuchte, ist vor allem im Hinblick auf die von ihm geprüfte Frage nach dem germanischen und romanischen Gehalt des Planckschen Entwurfs auffallend. Diese nahm Mitteis im Rahmen einer so bezeichneten „Zusammenfassung der Einzelbestimmungen“ vor. Er konzentrierte sich dabei auf die Gestaltung der ehemännlichen Rechte am eingebrachten Gut.321 Bei seiner Prüfung fand er für die Ausgestaltung des Nießbrauchs keine Stütze in den älteren deutschen Rechtsquellen. Dort sei regelmäßig nur ausgesprochen, dass der Mann alles Gut der Frau „in seine Gewere nimmt zu rechter Vormundschaft“ 322. Bei einem Vergleich der Regelungen des Entwurfs mit diesem Rechtsinstiut kam er zu folgendem Ergebnis: „Schon in abstracto entspricht der Gedanke der ehemännlichen Nutznießung nicht vollkommen der historischen Entwicklung und dem Geist unseres Rechtsinstitutes.“ 323

Auf den ersten Blick scheine die germanistische Komponente bezüglich dieses Aspektes vernachlässigt worden zu sein. Jedoch sei die Nutznießung ihrerseits nicht vollkommen umgesetzt worden. Daher würde bei näherer Betrachtung 317 318 319 320 321 322 323

Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S.

547. 547. 545 f. 547. 585. 585. 585.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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„trotz der gesetzlichen Construction, man könnte fast sagen Fiction, eines Ususfructus die Rechte des Mannes im Grunde genommen doch mehr nach Analogie des älteren Rechtes auf verdinglichte Verwaltungsrechte denn auf Nutzniessung hinauslaufen. Der Mann ist nicht eigentlich Nutzniesser des weiblichen Vermögens, sondern er hat es in seiner Gewere, wie der Sachsenspiegel sagen würde . . .“ 324 Trotzdem verzichte der Entwurf darauf das Verhältnis zwischen Mann und Frau im ehelichen Güterrecht durch ein personenrechtliches Gewaltverhältnis zu regeln. Man greife, um der Frau die volle Handlungsfähigkeit zu erhalten und die Möglichkeit der Einschränkung der Verfügungsmacht des Mannes bezüglich dem Frauenvermögen zu haben, lieber auf eine dem römischen Recht näher stehende Ausgestaltung zurück, „auf ein ius in re aliena“ 325, ein Recht am fremden Vermögen. Von der Möglichkeit der Einschränkung des männlichen Verwaltungsrechtes wurde in der Folge nach der Meinung von Mitteis so umfangreich Gebrauch gemacht, dass praktisch gesehen der Name eheliche Gewalt nicht mehr angemessen wäre; „in der That wäre das geschmacklos gewesen.“ 326 So kam Mitteis zu dem Ergebnis, dass der Entwurf tatsächlich keiner der beiden Richtungen zugeordnet werden könne, sondern eher eigene Wege gehe. „Natürlich ist nun die Normirung des Entwurfes eine zwitterhafte; die germanistische Auffassung, zu der starke Kräfte hindrängten, ist verkümmert und die romanistische steht zwar auf dem Papier, ist aber auch nicht leibhaftig geworden.“ 327

b) Die Verbesserungsvorschläge von Mitteis Diese Feststellung des historischen, oder besser nicht historischen Charakters des Entwurfs, wird eingerahmt von Erläuterungen zum Sinngehalt der einzelnen Vorschriften, die sich mit der Einschränkung des ehemännlichen Verwaltungsrechts am eingebrachten Gut im Planckschen Entwurf beschäftigen. Bemerkenswert ist insofern, dass obwohl sich Mitteis nicht allein auf die Rechtsgestaltungen der Vergangenheit berief, seine Forderungen eine auffallende Kongruenz zu seiner Beschreibung der Regelungen des Sachsenspiegels aufweisen. So kritisierte er vor allem die Stellung des Mannes nach dem Entwurf Plancks als eine im Verhältnis zum Ehegut auffallend beschränkte.328 Dies führe dazu, dass die „Macht des Mannes über das Vermögen der Frau . . . thatsächlich nur noch eine Ohnmacht ist, welche sich von der Hausherrlichkeit des älteren Rechts wesentlich unterscheidet.“ 329 Seine Besorgnis bezog sich in diesem Bereich vor 324 325 326 327 328 329

Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S. Mitteis, Bemerkungen, S.

588. 588. 588. 589. 583. 588.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

allem auf die Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Ehegutes330 und auf die Brauchbarkeit der Vorschriften bei der Rechtsanwendung. In keiner dieser beiden Fragen gelangte er zu einem für den Entwurf sprechenden Ergebnis, wie die folgende Kritik belegt: „Die Vorschriften des Entwurfs sind nicht gerade unacceptabel, aber sie sind auch nicht sonderlich praktisch. Es ist Alles so vernünftig, und doch glaube ich nicht, dass es eine Ehe geben würde, in welcher die Normen des Entwurfs befolgt werden würden. Das Leben geht seine Wege und schafft sich seine besonderen Einrichtungen; die Einrichtungen des Entwurfs sind abstract gedacht und werden nie verwirklicht werden. Die Ehe ist eine Verhältnis des gegenseitigen Vertrauens; der Entwurf aber ist in einem Geiste des Misstrauens geschrieben.“ 331

Das gegenseitige Vertrauen, das Mitteis hier ansprach, sollte wohl vor allem vonseiten der Frau dem Ehemann entgegengebracht werden. So äußerte Mitteis immer wieder, dass die Einschränkungen des Verwaltungsrechts des Mannes unnötig seien, weil die Frau des Schutzes nicht bedürfe332; während er für den Mann bei der Gestaltung des Entwurfs befürchtete, dass bestimmte weibliche Rechte zu einer „sehr bedenklichen Waffe in der Hand einer böswilligen Frau“ werden könnten.333 Die Kritik an der Regelung des Nutznießungs- und Verwaltungsrecht konkretisierte er an mehreren Beispielen, von denen zwei ganz deutlich seine Absicht widerspiegeln, eine Annäherung des Entwurfs an das Recht des Sachsenspiegels durchzusetzen. So sei die Verweigerung des Rechts eines Quasiususfructus334 an verbrauchbaren Sachen im Entwurf, das dem Mann nach dem älteren Recht zugestanden habe335, eine Vorsicht, die vor allem beim Betrieb eines Gewerbes, das im Eigentum der Frau stehe, erhebliche Auswirkungen auf die Handlungsfreiheit des Mannes habe. Dies ginge im Ergebnis soweit, dass eine ordnungsgemäße Verwaltung des Ehegutes nicht sichergestellt werden könne.336 Auch hinsichtlich des Veräußerungsrechts weiblicher Fahrnis, äußerte er ähnliche Kritik. Nach dem Sachsenspiegel anerkannt337, sah der Entwurf Plancks vor, dass dem Ehemann für nicht abnutzbare Mobilien kein Veräußerungsrecht zuge330

Mitteis, Bemerkungen, S. 590, 592. Mitteis, Bemerkungen, S. 582. 332 Mitteis, Bemerkungen, S. 590, 594 f. 333 Mitteis, Bemerkungen, S. 590. 334 Quasiususfructus oder uneigentliches Nießbrauchrecht ist ein analoges Recht zum Nießbrauchsrecht, welches nur für unverbrauchbare Sachen gilt, für verbrauchbare Sachen (Hanausek, Lehre, S. 8 ff.); der Inhaber dieses Rechts darf die verbrauchbare Sache benutzen (a. a. O. S. 8) und damit aufbrauchen (a. a. O. S. 14) und muss dann für die Sache Ersatz leisten, indem er eine andere Sache der gleichen Qualität und Quantität an den Eigentümer leistet (S. 29 ff., 31). 335 Mitteis, Bemerkungen, S. 589. 336 Mitteis, Bemerkungen, S. 589 f. 337 Mitteis, Bemerkungen, S. 589. 331

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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standen werden sollte. Obwohl Mitteis diesem Aspekt neben der Regelung zu den verbrauchbaren Sachen keine große Bedeutung zumaß, hielt er es dennoch für notwendig, auch hier eine Anpassung des Entwurfs vorzunehmen. Da diese Vorschrift ohnehin nur einen geringen Schutz für die Frau bereithalte, plädierte er dafür, dem Mann ein Veräußerungsrecht einzuräumen und berief sich bei der Begründung dieser Forderung auf die Anhänglichkeit an die bestehenden Zustände.338 Zusammenfassend kam Mitteis betreffend die Gestaltung der Rechte des Mannes am eingebrachten Gut damit zu dem folgenden Ergebnis: „Es könnte meines Erachtens das Verwaltungsrecht des Mannes immerhin in den oben bezeichneten Richtungen erweitert und die Frau gegen die hieraus drohenden Gefahren durch einen bedingten Cautionsanspruch gesichert werden. Damit würde von selbst der Gesichtspunkt der Nutzniessung des Ehemannes in den Hintergrund treten und dem eines selbstständigen, der Munt entsprechenden und nur gemäss den veränderten wirthschaftlichen und socialen Verhältnissen der Frau etwas abgeschwächten Verwaltungsrechtes Platz machen.“ 339

c) Die Bewertung der Meinung Mitteis Wie aus den obigen Aussagen eindeutig hervorgeht, kann auch in der Haltung des Romanisten Mitteis keine Opposition zu einem germanistischen Standpunkt gefunden werden. Vielmehr zeigte seine Prüfung der Vereinbarkeit des Entwurfs mit den geschichtlichen Grundlagen, in die er sowohl das römische als auch das germanische Recht einbezog, dass er beide historischen Rechte für gleichwertig hielt. Mehr noch versuchte er mit seinen Forderungen das eheliche Güterrecht zugunsten des germanischen Rechts zu beeinflussen, indem er eine Annäherung an das altdeutsche Mundium und das Recht des Sachsenspiegels für wünschenswert erachtete. Die Gründe für diese Haltung können wiederum darin gefunden werden, dass der Ausgangspunkt der Romanisten per se nicht darin lag, alle Spuren des germanischen Rechts aus den zukünftigen Gesetzen zu tilgen; vielmehr strebte Mitteis, wie Savigny (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1, A. II.) eine Beachtung aller geschichtlichen Grundlagen nach ihrem jeweiligen Stellenwert an. Vor diesem Hintergrund kann das Ergebnis von Mitteis Suche nach den germanischen und römischen Grundlagen in dem Entwurf Plancks nur als Kritik verstanden werden, da er dem Entwurf bescheinigte eigene Wege zu gehen und keiner der historischen Grundlagen zu entsprechen. Dies konnte er, obwohl er wegen der schwankenden geschichtlichen Grundlage viele Möglichkeiten für eine Regelung 338

Mitteis, Bemerkungen, S. 591 f. Mitteis, Bemerkungen, S. 595 f.; Cautionsanspruch im Zusammenhang mit einem Quasiususfructus bedeutet, dass derjenige der dieses Recht in Anspruch nimmt vor der Ausübung dem Eigentümer, hier der Frau, eine Sicherheit, z. B. in Form einer Bürgschaft oder Sicherheitsleistung stellen muss. (Hanausek, Lehre, S. 33). 339

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des ehelichen Güterrechts sah, nicht befürworten, weshalb er auch eine deutliche Annäherung an eine historische Grundlage wünschte. III. Die dritte Gruppe

Neben den dargestellten Rechtsgelehrten, die aufgrund der Schwerpunkte ihrer juristischen Tätigkeit in das Raster Germanisten und Romanisten eingeteilt werden können, beteiligten sich noch zwei weitere Juristen an der Diskussion um den historischen Gehalt des Entwurfs, Baron Eugen v. Beaulieu-Marconney und Gottlieb Planck. Der Person Gottlieb Plancks, als Verfasser des Entwurfs über das eheliche Güterrecht, wurde bereits der zweite Teil der Arbeit gewidmet. An dieser Stelle konnte jedoch, mangels der Darstellung des restlichen Meinungsspektrums in dem Streit zwischen Romanisten und Germanisten, eine Feststellung der Positionierung des Standpunkts Plancks noch nicht vorgenommen werden. Auf die Darstellung seiner Position in diesem Streit kann aber nicht verzichtet werden, weil er als direkter Gegner Gierkes in der Diskussion um die rechtsgeschichtliche Orientierung des Entwurfs eine gewichtige Rolle spielte. Bei Eugen v. Beaulieu-Marconney und Gottlieb Planck wurde eine Vorprägung durch bestimmte Lehrer oder Forschungsinhalte nicht festgestellt. Da auch ihre Meinungsäußerungen nicht ausschließlich in eine Richtung weisen bzw. weil der Meinungsstand innerhalb der beiden Gruppen derart unterschiedlich ist, konnte auch durch ihre Aussagen keine eindeutige Zuordnung erfolgen. Es wurde daher der Wege gewählt, eine dritte Gruppe zu bilden. Das erscheint auch deshalb sinnvoll, weil die Meinungen der beiden Juristen teilweise zu der romanistischen, teilweise aber auch zu der germanistischen Seite hinneigen. Diese Zwischenstellung wird durch die Zuordnung zu einer eigenen Gruppe am besten ausgedrückt. 1. Eugen v. Beaulieu-Marconney Derjenige Jurist, bei dem sich diese Zwischenstellung am deutlichsten ausdrückte, war Baron Eugen v. Beaulieu-Marconney. Während seiner beruflichen Laufbahn war er überwiegend in der gerichtlichen Praxis tätig. So trat er nach seinem Jurastudium in Berlin 1837 in den oldenburgischen Staatsdienst ein. Ab 1879 war er Präsident des Oberappelationsgerichts und der Nachfolgebehörde, des Oberlandesgerichts. Er verfasste einige Schriften mit juristischem Inhalt, beschränkte sich dabei aber inhaltlich weitgehend auf den regionalen Bereich.340 Eine besondere Konzentration auf das römische oder germanische Recht konnte nicht ermittelt werden. Auch seine Äußerungen über die historischen Rechte zeigen keine klare Parteinahme für eine der beiden Seiten. 340

Oldenburg, Beaulieu-Marconnay; in: Killy, DBE, Bd. 1, S. 362.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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So wandte sich v. Beaulieu-Marconney vehement gegen die Annahme bei der Gütergemeinschaft handle es sich um die folgerichtige Weiterentwicklung des ursprünglich germanischen Rechts im Sinne des deutschen Volksgeistes.341 Dies wurde von mehreren Befürwortern jenes Güterrechts behauptet, so von dem Romanisten Mommsen342, der für das eheliche Güterrecht eine an das germanische Recht angelehnte Regelung präferierte (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. II. 1.), und von den Germanisten Gierke und Heusler343. Diese Argumentation, die es den Vertretern des germanischen Rechts ermöglichen sollte, über die Kluft zwischen dem historischen Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft und der Annahme der Gütergemeinschaft als typisch germanischem Recht hinweg zu täuschen, wurde von v. Beaulieu-Marconney auf das schärfste angegriffen und ins Gegenteil verkehrt. „Das römische Recht hat nun auf dieses System bedeutend eingewirkt. (SS.: System der Verwaltungsgemeinschaft). Es hat die einzelnen Erscheinungen auf den Begriff des Miteigenthums zurückgeführt. Je nachdem sich das Verfangenschafts- und Theilrecht erhalten hat, oder unter dem Einfluß theils des römischen Rechts, theils veränderter wirthschaftlicher Bedingungen, sich erhalten hat oder nicht, ist daraus allgemeine oder particuläre . . . Gemeinschaft geworden.“ 344

Beaulieu-Marconney begreift die Gütergemeinschaft folglich als eine durch die Adaption des römischen Rechts entstandene Verstümmlung des germanischen Rechts der Verwaltungsgemeinschaft. Zumindest, so das Resümee v. Beaulieu-Marconney, verhalte „die Gütergemeinschaft in ihrer heutigen Gestaltung sich gegen eine consequente, practische Beordnung im Gesetz durchweg spröde.“ 345 Nach seiner Meinung sei eine Zurückführung der Gütergemeinschaft ausschließlich auf typisch germanische Einflüsse nicht möglich. Dieses Ergebnis stützte er auf historische Forschungen zum Güterrecht und deckte damit den Widerspruch der Germanisten, die die Gütergemeinschaft als das typisch germanische Güterrecht feierten, zu den historischen Tatsachen auf. Trotz dieses Ergebnisses kann man v. Beaulieu-Marconney nicht nachsagen, dass er eine Einflussnahme des germanischen Rechts in dem neuen Gesetzbuch abgelehnt hätte. Vielmehr zeigte sowohl seine Ablehnung der Gütergemeinschaft, deren Entstehung er auf römische Einflüsse zurückführte, als auch die folgende Aussage, dass er sich durchaus mit den Zielen der Germanisten identifizieren konnte. „Alles Recht wurzelt in der Nation, es ist das Leben des Volkes selbst, in seinen rechtlichen Beziehungen angeschaut, dies politisch ethische Element des Rechts ist 341 Betrachtung der Meinung v. Beaulieus-Marconnay unter dem Aspekt der Gleichberechtigung der Frau: Kroj, Abhängigkeit, S. 248 f. 342 Mommsen, Güterrecht, S. 171 f. 343 Gierke, Haus, S. 652. 344 Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 66. 345 Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 66.

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durch den Eintritt des Römischen Rechts in seiner organischen Entwicklung gestört worden, es ist ein Bruch eingetreten, gleich wie in unserer ganzen Cultur-Entwicklung der nämliche Bruch sich zeigt. Unter der Beihülfe der traurigen politischen Geschichte Deutschlands trat jenes ethische Element des Rechtes immer mehr zurück und wich der rein technischen Gedanken-Operation in gelehrter oder scheinbar gelehrter, scholastischer Form. Dieser Zustand, dessen historische Berechtigung man in vollem Maaße anerkennen mag, kann nicht der letzte sein, nicht auf ewige Dauer entbehren, und die Rechtsentwicklung kann nicht gedeihen ohne die Wiedererwekkung des ethischen Elementes des Recht, wozu das erste ist, daß das Recht nicht länger der eigenen Spreche entbehre.“ 346

Trotz der Forderung inhaltlich zu den germanischen Wurzeln zurückzukehren, betonte v. Beaulieu-Marconney gleichzeitig unter Berufung auf den „wissenschaftlichen Geist, wie wir ihn der historischen Schule zumeist verdanken“, dass darauf geachtet werden müsse, „dem Studium des Römischen Rechts den ihm gebührenden Platz auch fernerhin zu bewahren.“ 347 Dieser Wunsch nach gleichzeitiger Berücksichtigung des römischen Rechts neben dem germanischen deutet aber wiederum eher in der romanistische Richtung. Die Ausführungen verdeutlichen, dass sich v. Beaulieu-Marconneys einer Zuordnung zu einer der beiden Gruppen entzieht. So stellte er sich auf der einen Seite in Opposition zu den Germanisten, indem er die Gütergemeinschaft als eine romanistische Verstümmlung des ursprünglichen germanistischen Güterrechts darstellte und sie auch wegen ihrer praktischen Wirkungen auf die eheliche Ordnung ablehnte. Darüber hinaus vertrat er mit der historischen Schule Savignys die Meinung, dass das römische Recht seinen angestammten Platz auch in der Zukunft behalten müsse. Auf der anderen Seite äußerte er aber auch Meinungen, die eher einen germanistischen Einschlag vermuten lassen. So legt etwa seine Bewertung der Rezeption des römischen Rechts als einen Bruch mit der deutschen Kulturentwicklung und das Drängen nach der „Wiedererweckung des ethischen Elements im Recht“, nahe, dass mit der Romanisierung des Rechts eine Trennung von seinem inhaltlichen Gehalt stattgefunden habe. 2. Gottlieb Planck Auch der Verfasser des Entwurfs Gottlieb Planck entzog sich bei der gewählten Aufteilung einer Einordnung in das Raster Romanist oder Germanist. Eine Prägung durch Lehrer oder Schwerpunkte seiner wissenschaftlichen Tätigkeit konnte bei Planck nicht nachgewiesen werden. Planck konzentrierte sich in seiner beruflichen Laufbahn nicht auf die Erforschung eines der beiden historischen Rechte. Der Schwerpunkt seiner juristi346 347

Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 49. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 49.

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schen Arbeit vollzog sich in der politischen Arena, bei seiner Tätigkeit in der gerichtlichen Praxis und vor allem seiner gesetzgeberischen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Schaffung des BGB (s. o. 2. Teil, 1. Kapitel). Wie jedoch im Folgenden näher dargelegt werden soll, deuten Plancks Äußerungen zur Bedeutung des Rechts der Vergangenheit und sein Versuch mit seiner Regelung einen Ausgleich zwischen römischem und germanischem Recht zu finden, erkennbar auf eine Anlehnung an Savigny hin. Dies wurde auch von Dörner angenommen, der in dem Entwurf Plancks den phänomenologisch-ganzheitlichen Ansatz Savignys zu erkennen glaubt.348 In dem folgenden Zitat in dem sich Planck mit der Aufgabe des Gesetzgebers und der Bedeutung der Vergangenheit für das zukünftige Recht auseinandersetzt, übernahm er tatsächlich weitgehend den Ausgangspunkt Savignys zur Erforschung der rechtlichen Grundlagen: „Um die Einwendungen und Bedenken richtig zu würdigen, welche gegen den Entwurf geltend gemacht sind, wird man sich immer zu vergegenwärtigen haben, daß es sich nicht darum handelt, ein neues Recht für Deutschland von oben herab zu machen. Das würde eine Vermessenheit sein. Das Recht des Volks muß aus seinem innersten Leben herauswachsen. Worauf es beim bürgerlichen Gesetzbuch in erster Linie ankommt, ist also nicht, neues Recht zu machen, sondern das im Volk gewachsene Recht zu finden und in feste Form zu bringen. Zu dem Zwecke war es zunächst nöthig, aus den in Deutschland bestehenden verschiedenen Rechten die gemeinsamen Rechtsgedanken – und solche liegen in der That allen diesen Rechten zu Grunde – herauszufinden und da, wo eine verschiedene Entwicklung stattgefunden hatte, diejenigen Rechtssätze auszuwählen, welche dem Gesammtbewußtsein des deutschen Volkes am meisten entsprechen. Aber dabei durfte allerdings der Entwurf nicht stehen bleiben. Das Recht ist in einer beständigen Entwicklung begriffen; Rechtsinstitute und Rechtssätze sterben ab und bilden sich neu. Es war also zu prüfen, ob von den bisher vorhandenen Rechtssätzen einzelne bereits abgestorben sind, und es war weiter zu prüfen, ob neue Rechtsentwicklungen im Leben hervorgetreten waren. Es war also insoweit auch das werdende Recht – wenn ich mich so ausdrücken darf – zu berücksichtigen und, so weit dasselbe bereits reif, zum Abschluß zu bringen. Endlich mußte da, wo noch keine neue Rechtsentwicklung eingesetzt hatte, aber bereits praktische Bedürfnisse im Leben hervorgetreten waren, auf diese Rücksicht genommen werden.“ 349

Auch die Meinung, die Planck zur Rezeption des römischen Rechts vertrat, glich der von Savigny: „Als im Mittelalter das Bedürfniß eines einheitlichen, den neuentwickelten wirthschaftlichen Verhältnissen entsprechenden Rechts sich geltend machte, da mußte, um diesem nationalen Bedürfniß zu entsprechen – es klingt das paradox, es ist aber so –, ein fremdes Recht, das römische Recht rezipirt werden. Die deutsche Rechtsentwicklung hat unter dieser Rezeption schwer gelitten, – freilich auch große Vor-

348

Dörner, Industrialisierung, S. 87; Planck, Zur Kritik, S. 356. Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/97), S. 736 (31. Sitzung, 4. Februar 1896). 349

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theile daraus gehabt; gelitten, indem viele gesunde deutschrechtliche Keime erdrückt sind, aber gewonnen hat es dadurch allerdings das eine, daß die deutsche Rechtswissenschaft von dem Geist der römischen Juristen durchdrungen ist und die unübertroffene Methode der technisch-juristischen Behandlung der römischen Juristen sich angeeignet hat. Wir wollen diesen Vortheil nicht zu gering anschlagen.“ 350

Dies bedeutet aber nicht, dass Planck eine Berücksichtigung der germanischen Rechtsgedanken ablehnte. Vielmehr bemühte er sich sowohl das germanische als auch das römische Recht, jedes nach seinem Anteil, bei den zukünftigen Regelungen zu berücksichtigen. Planck wollte, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 2. Teil, 2. Kapitel, § 2), mit seinem Entwurf vielen Richtungen gerecht werden. Darunter spielte auch die gleichwertige Berücksichtigung der germanischen und der römischen Rechtsgedanken eine große Rolle. So bezeichnete er die Versöhnung der germanistischen und der romanistischen Richtung als eines der grundsätzlichen Erfordernisse für die Schaffung eines gemeinsamen Gesetzbuches.351 Die Angriffe Gierkes gegen den Entwurf müssen Planck das teilweise Fehlschlagen dieser Politik der Ausgleichung verschiedener Interessen deutlich vor Augen geführt haben, was ihn tief getroffen zu haben scheint. Wohl aus diesem Grund machte er sich mehrmals die Mühe, ausführlich zu den Angriffen von Gierke sein Entwurf sei „undeutsch“ und „antisozial“, Stellung zu nehmen. Solche Stellungnahmen hat Planck wohlgemerkt als einziger BGB-Verfasser gegeben.352 Der Grund für diese Irritation Plancks mag darin zu finden sein, dass er nie die Absicht gehabt hatte, das Güterrecht auf der Grundlage des römischen Rechts aufzubauen. Die Ähnlichkeit zu den Thesen Savignys zeigt sich bei Planck darin, dass auch Savigny von der gleichberechtigten Stellung des römischen und des germanischen Rechts bei der Erschließung des deutschen Volksgeistes ausging (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 1, A. II.). Auch diese vermittelnde Position Plancks kann damit als eine Anhänglichkeit an Savigny gedeutet werden. IV. Ergebnis

Nach der genaueren Betrachtung des Meinungsspektrums in dem Streit zwischen Romanisten und Germanisten betreffend das eheliche Güterrecht drängt sich die folgende Erkenntnis auf. Eine klare Trennlinie zwischen beiden Gruppen, beziehungsweise die Zuordnung einer bestimmten Ansicht zu den Begriffen romanistisch und germanistisch, kann nicht vorgenommen werden. Die unter-

350 Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/97), S. 741 (31. Sitzung, 4. Februar 1896). 351 Planck, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/97), S. 741 (31. Sitzung, 4. Februar 1896). 352 Schubert, Planck, Gottlieb, in: HRG, Bd. 3, S. 1766; Planck, Zur Kritik, S. 344 ff., Planck, Tendenz, S. 181 ff.

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schiedlichen, innerhalb des germanistischen Blocks vertretenen Meinungen und die fehlende Stellungnahme gegen das germanische Recht im anderen Flügel machen eine solche Aufspaltung unmöglich. Vielmehr kennzeichnen Vermischungen und fließende Übergänge den Meinungsstand. Festzuhalten ist daher zunächst, dass die erläuterten Standpunkte in weiten Teilen als Ausdruck der dahinter stehenden Persönlichkeiten und ihrer politischen Einstellung zu qualifizieren sind. Unternimmt man den Versuch die Juristen nach der Aussage der jeweils vertretenen Meinung zu gruppieren, dann gelangt man zu einem, von der obigen Ordnung nach der Vorprägung der Personen, völlig abweichendem Ergebnis. So wäre man in diesem Fall gezwungen die Germanisten Gierke und Heusler in eine Gruppe mit dem Romanisten Mommsen einzuteilen, da ihre Forderungen im Wesentlichen übereinstimmten. Ihnen am nächsten stünde wohl der Romanist Mitteis, der zwar die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft als gesetzliches Güterrecht nicht angriff, aber mit seinen Forderungen eine deutliche Annäherung des Entwurfs an das altdeutsche Prinzip des Mundiums beabsichtigte. Der Übergang in die andere Gruppe der „romanistisch eingestellten“ Juristen ist fließend und wird vor allem durch die ambivalente Meinung von v. Beaulieu-Marconney, die eindeutig Argumente beider Gruppen enthielt, symbolisiert. Deutlich für die Verwaltungsgemeinschaft plädierte auch der Germanist Schröder, ohne dabei den Boden des germanischen Rechts verlassen zu wollen. Der Germanist Gerber beschrieb als Erster den Güterstand der „Gütereinheit“, der als Grundlage für die Verwaltungsgemeinschaft des Entwurfs diente. Damit unterstützte der Germanist den Redaktor Planck, der wiederum dem romanistischen Flügel nahe stand. Auch Planck stellte sich nie in Opposition zum germanischen Recht, indem er die ausschließliche Anwendung römischen Rechts befürwortete. Die Vermischung der Meinungen und die Zersplitterung der Meinungsblöcke lassen sich aus diesem Überblick deutlich ersehen. Die ineinander übergehenden Standpunkte führten dazu, dass es nicht möglich war, eine typisch germanistische bzw. eine typisch romanistische Meinung aus dem vorliegenden Material auszusondern. Doch nicht nur die unterschiedlichen innerhalb der Meinungsblöcke vertretenen Ansichten erschwerten die Bildung von Kategorien und Gruppen in diesem Meinungsstreit. Vielmehr erwies es sich als problematisch, dass keiner der beteiligen Juristen eine eindeutige Position für die Verwirklichung des römischen Rechts in dem neuen Gesetz einnahm. Der gemeinsame Ausgangspunkt, wie er vor allem in den Darstellungen von Savigny gefunden werden kann, wirkte sich auf Seiten der, der romanistischen Seite näher stehenden Diskussionsteilnehmer so aus, dass sie nicht eine alleinige und absolute Geltung des römischen Rechts forderten. Sie wollten vielmehr nur eine Berücksichtigung des römischen Rechts neben dem Germanischen erreichen. Dies erschwerte für die Germanisten den Aufbau einer Opposition gegen die Vorschläge ihrer Gegner. Der von den Germanisten, allen voran von Gierke unter-

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nommene Versuch, die Vorschläge der Gegner als Ausprägungen einer reinen Umsetzung des römischen Rechts zu brandmarken, muss vor diesem Hintergrund als eine künstliche Polarisierung bewertet werden. Diese sollte wohl hauptsächlich dazu dienen, die eigene Meinung gegen die Ansichten der anderen abzugrenzen. Tatsächlich erwies sich die „romanistische Front“, die Gierke suggerierte, auf den zweiten Blick als eine Scheinfront. So versuchte etwa Planck nur, die von Gierke auf seinen Entwurf gerichteten Angriffe abzuwehren; Mommsen ging bis ins kleinste Detail mit den Forderungen von Gierke konform und Mitteis bemühte sich darum, eine Annäherung des Entwurfs an das altdeutsche Mundium zu erreichen. Es liegt daher die Vermutung nahe, dass Gierke hier nur ein künstliches Feindbild zu erzeugen suchte. Dadurch schuf er die Möglichkeit, die von ihm angenommene Gegensätzlichkeit zwischen einer römischen und einer germanischen Rechtsgestaltung besser herausarbeiten zu können und eine etwaige bestehende nationale Gesinnung als Unterstützung für seine Forderungen nutzbar zu machen. Stellt man nunmehr aber die Frage nach dem Zweck der Argumentation mit dem historischen Recht, dann zeigt die Betrachtung des Meinungsspektrums deutlich, dass oftmals durch die Begriffe romanistisch und germanistisch sozusagen eine Maskierung der eigenen Meinung stattfand. Die Hinwendung zur Vergangenheit, wie sie von Savigny und Beseler initiiert wurde, beeinflusste den Streit daher nur insoweit, als die beteiligten Juristen bemüht waren, ihre Vorschläge als eine aus den Lehren der Vergangenheit erschlossene Form des ehelichen Güterrechts darzustellen.353 Bei näherer Betrachtung entstand jedoch bei mehr als einer Person der Eindruck, dass die primäre Zielsetzung, die damit verbunden war, nicht dahin ging, im Dienste der geschichtlichen Kontinuität eine bestimmte Form des ehelichen Güterrechts auszuwählen. Vielmehr drängt sich die Vermutung auf, dass viele sich den Vorteil der schwankenden historischen Grundlage, wie Mitteis es ausdrückte, zunutze machten und sich dazu verführen ließen, ihre eigene Meinung als Ausgangspunkt zu wählen und Aspekte des historischen Rechts als Rechtfertigung für diese Meinung zu verwenden. Für eine solche Vorgehensweise standen im Bereich des ehelichen Güterrechts alle Wege offen, denn die bestehende Zersplitterung eröffnete, wie Mitteis anmerkte, mehrere historisch gleichwertige Möglichkeiten für die Ordnung dieses Regelungsgegenstandes. Dass in diesem Bereich tatsächlich kein historischer Zwang für die Wahl eines bestimmten Güterrechts bestand, zeigt die Haltung Schröders, der wohl als der ernsthafteste historische Forscher auf dem Gebiet des ehelichen Güterrechts zu dieser Zeit bezeichnet werden muss. Dieser sprach sich zunächst für die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzliches Güterrecht aus, weil er, ge-

353 Abweichend: Kroj, Abhängigkeit, S. 258 (Kroj führt die mangelnde Berücksichtigung der weiblichen Interessen auf die Art der Rechtsfindung zurück, die von der Konzentration auf die Vergangenheit geprägt gewesen sei.).

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zwungen zur Wahl eines Güterrechts (er trat ursprünglich für das Regionalprinzip ein (s. o. 1. Teil, 1. Kapitel, § 2)) den Ausweg wählte, ein vermittelndes Güterrecht zwischen der Verwaltungsgemeinschaft und der Gütergemeinschaft vorzuschlagen. Damit wollte er erreichen, dass Teile der beiden am weitesten verbreiteten Güterrechte in den gesetzlichen Güterstand einflossen. Auch seine Meinungsänderung hin zur Verwaltungsgemeinschaft, die er ohne Rücksichtnahme auf die historischen Rechte vorwiegend mit aktuellen Erfordernissen begründete, legt nahe, dass er einen historischen Zwang zu einem bestimmten Güterrecht nicht erkennen konnte. Tatsächlich täuschte aber der überwiegende Teil des Meinungsspektrums eine solche Notwendigkeit vor. Die Vermutung, dass der Schmuck der historischen Kontinuität zur Verstärkung einer bereits im Vorfeld gebildeten Meinung diente, lässt sich durch die folgenden Unregelmäßigkeiten in den geäußerten Meinungen untermauern. So zeigte sich die Anpassung der historischen Argumentation an die Ansichten der jeweiligen Persönlichkeit vor allem bei Mommsen und dessen Lehrer Savigny. Beide wählten als Inhalt ihrer Forschung das römische Recht und waren bei anderen Regelungsgegenständen auch durchaus bereit, dem vorgezeichneten Weg des römischen Rechts mehr oder weniger zu folgen. Dies galt nicht für den Bereich des ehelichen Güterrechts, da die durch das römische Recht vorgezeichnete Gütertrennung bzw. die eher lose Verbindung der Ehegatten, nicht dem konservativen Ehebild Savignys und schon gar nicht der vom christlichen Glauben dominierten Eheauffassung Mommsens entsprach. Die Lehre Savignys von der Institution der Ehe, die inhaltlich von dem Wesen der Ehe aufgefüllt werden sollte, machte den Weg frei, den Begriff der Ehe im Gesetz mit den eigenen sittlichen Vorstellungen zu füllen. Mit historischer Forschung hatte dies kaum etwas zu tun. So legt auch der Wechsel Mommsens von seiner romanistischen Haltung zur Verteidigung einer „germanischen“ Gestaltung allein für das eheliche Güterrecht, folgende Vermutung nahe. Mommsen benutzte die von Gierke als typisch germanisch bezeichnete Rechtsgestaltung, mit der die Verschmelzung der Ehegatten zu einer Einheit und die übermächtigen Stellung des Ehemannes einherging, um das von ihm favorisierte biblische Geschlechterverhältnis im Güterrecht abzubilden. Neben Mommsen setzten sich auch Gierke und Heusler mit ihren Forderungen in Widerspruch zu ihrem ursprünglichen „historischen“ Ausgangspunkt. Beide Germanisten wollten offensichtlich unter allen Umständen mit der Wahl des Güterrechts ein Zeichen für die Genossenschaftstheorie und den Gemeinschaftsgedanken setzen und lehnten daher die Verwaltungsgemeinschaft, trotz ihrer Stellung als ursprüngliches germanisches Güterrecht, ab. Stattdessen schlugen sie die Gütergemeinschaft als gesetzlichen Güterstand vor. Tatsächlich ging es Gierke bei der Wahl des Güterrechts ersichtlich mehr darum, die von ihm als typisch germanisch erachteten Grundsätze im Gesetz verwirklicht zu sehen, als das Güterrecht nach historisch korrekten Vorzeichen auszuwählen. Diese Annahme bestätigt sich, wenn man die Versuche von

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Gierke und Mommsen betrachtet, diese Diskrepanz zwischen historischer Forschung und ihren Forderungen zu erklären. So versuchten beide die Gütergemeinschaft, als eine folgerichtige Weiterentwicklung des ursprünglichen Güterrechts getragen von dem germanischen Volksgeist zu beschreiben. Diese Argumentation wurde jedoch von Gerber und auch von v. Beaulieu-Marconney heftig kritisiert und bezeichnender Weise ins Gegenteil verkehrt, indem v. Beaulieu-Marconney die Entstehung der Gütergemeinschaft auf den Einfluss des römischen Rechts zurückführte. Dies zeigt die Variabilität der einzelnen Argumente aufgrund der unsicheren Grundlage der geschichtlichen Entwicklung, die sich darin manifestierte, dass Argumente gleichzeitig von einander konträr gegenüberstehenden Personen nach demselben Muster verwendet werden konnten. Die Ausnutzung dieser Unwägbarkeiten, die die historischen Güterrechte ebenso boten, wie die oben dargestellte aktuelle Verteilung der Güterrechte, führt folglich zu dem Ergebnis, dass es sich auch bei dem Streit um die historische Kontinuität der Güterrechte vornehmlich nicht um einen rechtshistorischen Disput handelte, sondern vielmehr um eine politische Diskussion. Die Hinwendung zur Vergangenheit hatte die Diskussionsteilnehmer nur gezwungen, ihre jeweilige Ansicht auf der Grundlage der historischen Güterrechte zu rechtfertigen und so nutzten die Beteiligten diese Möglichkeit, zusätzliche Argumente für die eigenen Forderungen zu erzeugen. Bei der bisherigen Darstellung traten die einzelnen Streitpunkte zwischen den beiden Gruppen, wegen der Schwerpunktsetzung auf die beteiligten Personen in den Hintergrund. Um dieses Defizit auszugleichen und die inhaltlichen Streitpunkte näher darstellen zu können, sollen nunmehr zwei Meinungen genauer untersucht und gegenübergestellt werden. Es wurden für diese Ergänzung Gottlieb Planck und Otto von Gierke ausgewählt, weil sich beide ausführlich mit der Meinung des jeweiligen Gegners auseinandergesetzt haben. Außerdem bezogen die beiden Juristen im Hinblick auf ihre inhaltlichen Aussagen, gegenüberliegende Standpunkte im Meinungsspektrum. Die Einschränkung des Meinungsspektrums war notwendig, weil der Versuch eine inhaltliche Gegenüberstellung und Abgrenzung der Meinungen zu erhalten, durch die Zersplitterung der Meinungsblöcke ohne Begrenzung nicht möglich gewesen wäre.

B. Die Streitpunkte Zwischen Planck und Gierke wurde eine rege Diskussion geführt, die sich sowohl auf die Wahl des Güterrechts, als auch auf einzelne Regelungen der Verwaltungsgemeinschaft im Entwurf bezog. Die einzelnen Streitpunkte und die von Planck und Gierke dazu vertretenen Ansichten sollen im Folgenden einander gegenübergestellt werden. Angestoßen wurde die Auseinandersetzung der beiden Juristen von Gierke und seiner Kritik an dem Entwurf des BGB.

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„Nicht deutsch, sondern halbrömisch, halb weltbürgerlich; nicht volksthümlich, sondern doktrinär, nicht sozial, sondern im abstrakten Individualismus befangen. . . . Als dasjenige Gebiet, auf welchem der Geist des Entwurfes am verheerendsten zu wirken droht, ist mir das Familienrecht erschienen. Im Familienrecht, das in die unergründliche Tiefe des nationalen Lebens, in welcher Recht und Sittlichkeit und Sitte sich nahe berühren, hinunterreicht, können wir am wenigsten auf die Forderung verzichten, dass ein deutsches Gesetzbuch auch deutsche Art zeigt. Hier vor Allem, wo die heiligsten und zartesten Verhältnisse jedes Einzelnen zu ordnen sind, muss das Gesetzbuch unmittelbar zum Volke sprechen.“ 354

Diese Textstelle verdeutlicht, dass sich für Gierke die Mängel des Entwurfes zunächst in der gesetzestechnischen Umsetzung, in der so bezeichneten „doktrinären“ Ausführung, gezeigt haben. In dieser Hinsicht machte er auf die seiner Ansicht nach mangelhafte Regelungstechnik und die Vernachlässigung der Einführung von sittlichen Pflichten ins Gesetz aufmerksam. Diese Kritik kann auf seinen, bereits oben dargestellten (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1.) Kampf gegen den rechtswissenschaftlichen Positivismus zurückgeführt werden. Hauptgrund der Ablehnung Gierkes waren die Spuren des abstrakten Individualismus, die er im ehelichen Güterrecht des Entwurfes zu finden glaubte. Er kritisierte diesen Hang des Entwurfs sowohl wörtlich als auch in Gestalt der römischen Prägung. Diese fehlerhafte Ausrichtung manifestierte sich aus seiner Sicht immer wieder in der Vernachlässigung des deutschen Gemeinschaftsgedankens.355 Gerade das genossenschaftliche Prinzip hatte für Gierke, wie in dem obigen Zitat zum Ausdruck kommt, speziell für den Bereich des ehelichen Güterrechts besonderes Gewicht. Dies kann man aus der Betonung schließen, dass das Familienrecht am „verheerendsten“ durch die seiner Meinung nach falsche Ausrichtung des Entwurfs getroffen werde. Hier muss erneut auf den großen Stellenwert, der Familie und insbesondere der Ehe, bei der Herleitung der Genossenschaftstheorie hingewiesen werden.356 Da Gierke die Ehe als Ausgangspunkt für die Herleitung dieser Theorie verwendet hatte, war ihm natürlich besonders daran gelegen, in diesem Bereich seine Idee vom Gemeinschaftsgedanken verwirklicht zu sehen.357 Der Schwerpunkt der Kritik beim ehelichen Güterrecht liegt daher eindeutig auf der Vernachlässigung des Gemeinschaftsgedankens, die er sowohl in der Wahl des Güterrechtes, als auch in der Ausgestaltung der Verwaltungsgemeinschaft, insbesondere in der Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft, zu erkennen glaubte.

354

Gierke, Haus, S. 643 f. Gurwitsch, Gierke, S. 96 ff. 356 Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 1; siehe auch bei seinem Lehrer Beseler: Beseler, Volksrecht, S. 5; siehe auch: Böckenförde, Forschung, S. 148 (zum engen geistigen Zusammenhang zwischen Beseler und Gierke). 357 Im Ergebnis zustimmend: Hofer, Ehe, S. 86. 355

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB I. Die germanische Hausgemeinschaft gegen den römischen Individualismus

Wie bereits mehrfach erwähnt, stützte sich Gierke bei seinem Kampf für das germanische Recht vor allem auf die Genossenschaftstheorie358, die den Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit bildet359. Als Gegenpol dieser Rechtsgestaltung stilisierte er den durch das römische Recht repräsentierten Gedanken des abstrakten Individualismus.360 Die allgemeinen Grundlagen dieser Ansicht wurden oben bereits ausführlich dargestellt (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1.). Jedoch wurde bisher nur stichpunktartig auf die Auswirkungen dieser Grundlagen bezüglich der Beurteilung des ehelichen Güterrechts durch Gierke eingegangen. Dies soll nun nachgeholt werden. Die Kritik Gierkes am ehelichen Güterrecht ist durchdrungen von dem Gedanken der Genossenschaftstheorie, wie sich in der von Gierke immer wieder geforderten Berücksichtigung des Gemeinschaftsgedankens bei der Gestaltung des ehelichen Güterrechts zeigt. Den Gemeinschaftsgedanken sah Gierke im Bereich des ehelichen Güterrechtes durch die so genannte Hausgemeinschaft vertreten. Gierke sprach von der Hausgemeinschaft, als dem deutschrechtlichen Begriff, der dem Entwurf des ehelichen Güterrechtes völlig fehle. Dies gehe jedoch an der gesellschaftlichen Realität vorbei, denn für Gierke war es offenbar „dass heute wie vor Jahrtausenden der häusliche Verband der starke Träger unserer sittlichen, wirthschaftlichen und sozialen Ordnung, die Grundeinheit unseres gesellschaftlichen Körpers ist.“ 361 „Die häusliche Gemeinschaft ist . . . bei uns in allen Schichten der Bevölkerung immer noch eine lebendige Einheit: von der Wiege bis zum Grabe bindet und bestimmt sie das ganze Dasein des einzelnen Menschen so fest, so innig, so allseitig, wie kein anderer Verband, auch nicht der erhabenste, nicht Staat, nicht Kirche! Nicht aus einem losen Haufen von Individuen, sondern aus Hausständen erbaut sich auch heute die Gesellschaft. Wohl stürmen die Wogen eines zersetzenden Individualismus, der, indem er sich übergipfelt, in allverschlingenden Sozialismus umschlangen muss, auch gegen dieses feste Bollwerk an. Aber noch hält es Stand.“ 362

358 Gierke zur Genossenschaftstheorie: Gierke, Grundbegriffe, S. 71 f., 94 ff.; Gierke, Genossenschaftstheorie, S. 1, 10; Gierke, soziale Aufgabe; Gierke, Wesen, S. 695 ff.; Sekundärliteratur: Nörr, Eher Hegel, S. 43 f.; Janssen, Gierkes Methode; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 319 ff.; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 173 ff.; Schmidt, Verbandstheorie; Oexle, Rechtsgeschichte, S. 193 ff.; Einführung in die Inhalte der Genossenschaftstheorie: Thieme, Gierke, S. 412 ff. 359 Siehe vor allem: Gierke, Genossenschaftsrecht I, II, III; Mertens, Gierke, S. 508; Wolf, Rechtsdenker, S. 678 ff.; Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. I; Zusammenfassung der Inhalte der Genossenschaftstheorie: Thieme, Genossenschaftstheorie, Spalten 764– 768. 360 Zu diesem Thema siehe auch: Schmid, Entstehung, S. 89 f.; Haack, Gierkes Kritik, S. 64 ff.; Wolf, Rechtsdenker, S. 670 ff.; Hattenhauer, Hierarchie, Randnummer 361. 361 Gierke, Haus, S. 644. 362 Gierke, Haus, S. 644 f.

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In dem Planckschen Entwurf der Verwaltungsgemeinschaft konnte Gierke diese Grundsätze der Hausgemeinschaft nicht erkennen, weil seiner Meinung nach der Gemeinschaftsgedanke zugunsten der Betonung des Individualismus verdrängt worden sei. „Der Entwurf bringt in der That in seinem Familienrecht eine grössere Fülle von deutschem Rechtsstoff, als in einem anderen Buch. Allein das juristische Kunstwerk, zu dem er diesen Stoff verarbeitet, zeigt den Styl der Pandektendoktrin. Deutsches Familienrecht ist es nicht und kann es nicht sein, weil es nichts von der Einheit des deutschen Hauses weiss. Es ist nur ein verwickelteres Individualrecht, in welches die Familie als solche nicht eintritt.“ 363

Für Gierke zeigte sich diese Tendenz zum römischen Recht in vielfältiger Weise. Besonders die Betonung der Vorteile der Verwaltungsgemeinschaft durch Planck, im Hinblick auf die Überwindung der bevorstehenden Übergangsschwierigkeiten, nahm Gierke zum Anlass für seine Kritik. Planck hatte sich, wegen der Notwendigkeit in manchen Gebieten ein komplett neues Güterrecht einzuführen, für einen Güterstand ausgesprochen, der möglichst wenig Einfluss auf die Vermögensverhältnisse in der Ehe habe sollte (s. o. 2. Teil, 2. Kapitel, § 2, A.).364 Gierke als Verfechter des Regionalprinzips konnte sich mit diesem Grundgedanken nicht abfinden, da er darin den Einfluss des römischen Rechts auf das eheliche Güterrecht wahrzunehmen vermeinte: „Weil es leichter ist, Ländern mit innigem Gemeinschaftsrecht eine losere Form des ehelichen Vermögensrechtes aufzudrängen, als in Ländern der Gütersonderung eine Gemeinschaft zu erzwingen, hat der Entwurf bei der Wahl des gesetzlichen Güterstandes sich die möglichste Abkehr vom Gemeinschaftsgedanken zum Ziel gesetzt. . . . Mit anderen Worten: der Grundgedanke des römischen Rechts, dass die Ehe als solche keinen Einfluss auf das Vermögen hat, verdient den Vorzug vor dem Grundgedanken des deutschen ehelichen Güterrechts.“ 365

Zum Verständnis dieses Vorwurfs muss ein Zusammenhang mit den verschiedenen Eheauffassungen des germanischen und des römischen Rechts hergestellt werden, so wie sie zur Zeit Gierkes der Diskussion zugrunde gelegt wurden. Die damals angenommenen Unterschiede fasste v. Beaulieu-Marconney in einer vereinfachten Gegenüberstellung der römischen und der germanischen Eheauffassung so zusammen. Im römischen Recht sei das Gewaltverhältnis des Vaters sehr ausgeprägt gewesen und sei auch bei einer Heirat eines seiner Kinder grundsätzlich bestehen geblieben.366 Diese enge Anbindung an das Elternhaus hätte sich auch auf den Charakter der Ehe ausgewirkt, weshalb die Eheschließung selbst nur als ein rein privatrechtlicher Vertrag ausgestaltet worden sei. Der Vater hätte 363

Gierke, Haus, S. 649 f. Planck, Vorentwürfe, S. 475. 365 Gierke, Haus, S. 652; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 419. 366 Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 50; ähnliche Beschreibung für das römische Recht: Gierke, Genossenschaft III, S. 34 ff. (bezüglich des Eheverständnisses: S. 37). 364

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folglich die Macht über das Vermögen der Tochter behalten; dem Ehemann sei nur eine Dos bestimmt worden, die ihm übereignet wurde und an der die Frau alle Rechte verloren hätte. Die Ehe wäre also, abgesehen von der Dos, ohne Einfluss auf das Vermögen der Eheleute geblieben.367 Im Gegensatz dazu sei im germanischen Recht die Frau mit der Heirat ganz unter die Vormundschaft des Ehemannes gestellt worden. Ihr Vermögen sei nicht im Elternhaus verblieben, sondern mit in die Ehe eingebracht worden. Der Mann hätte dann die Verwaltung dieses Vermögens übernommen, das weiterhin Eigentum der Frau geblieben sei, und hätte nur die Einkünfte des Vermögens für sich erworben.368 Der Gegensatz zwischen der römischen und der deutschen Eheauffassung wurde von v. BeaulieuMarconney also vereinfacht so dargestellt. Nach der römischen Konzeption wäre die Ehefrau gleichzeitig in ihrer von Hausvater abhängigen Rolle der Tochter verhaftet geblieben; die Vermögensverhältnisse seien in der Folge von der Eheschließung unberührt geblieben. Nach germanischem Recht aber sei die Frau mitsamt ihrem Vermögen unter die eheliche Vormundschaft des Mannes gestellt worden.369 Aus diesem Blickwinkel ist die Kritik an dem Planckschen Vorsatz, die Wirkungen der Ehe auf die Vermögensverhältnisse gering zu halten, verständlich. Diese Beschränkung musste Gierke bei Zugrundelegung der dargestellten vereinfachten Betrachtungsweise als dem römischen Eheverständnis angenähert erscheinen. Schließlich musste ein rein privatrechtlicher Vertrag ohne automatische Änderung der Vermögenssituation mit einem Verharren der Ehepartner unter der Vormundschaft eines Dritten, eindeutig als ein Minus eingestuft werden, wenn man sie mit der germanischen Eheauffassung vergleicht. Schließlich trachtete diese nach einer umfassenden Änderung der Vermögensverhältnisse, nach einer Verschmelzung der Ehegatten zu einer Gemeinschaft, durch den völligen Umsturz der bisherigen Situation. Die Kritik Gierkes an der Einstellung Plancks zur Beschränkung der vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe ist damit durchaus nachvollziehbar und kommt in dem folgenden Zitat besonders deutlich zum Ausdruck: „Das wahre Herzensgeheimnis des Entwurfes verraten die Motive mit dem Ausspruch, ,daß es im Zweifel vorsichtiger und richtiger erscheint, die kraft Gesetzes mit der Eheschließung eintretende Änderung in den vermögensrechtlichen Verhältnissen der Ehegatten auf das geringere Maß zu beschränken und den Beteiligten die Erweiterung durch Vertrag zu überlassen als umgekehrt zu verfahren‘. Mit anderen Worten: der Gedanke des römischen Rechts, daß die Ehe als solche keinen Einfluß auf die Vermögensverhältnisse hat, verdient den Vorzug vor dem entgegengesetzten Gedanken des deutschen Rechts!“ 370 367 368 369 370

Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 50 f. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 50. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 50 f. Gierke, Entwurf, S. 418 f.

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II. Die Vernachlässigung des Gemeinschaftsgedankens

Die Schilderung der Eheauffassungen nach römischem und germanischem Recht erklärt, die Annahme einer loseren Verbindung der Ehegatten in der römischen Ehe und beleuchtet die Wertung, dass diese Eheauffassung die Individualität des Einzelnen betone. Gleichzeitig belegen diese Ausführungen, die für das germanische Recht als bezeichnend angenommene enge Bindung, welche zu einer Verschmelzung der Ehegatten zu einer Einheit führen sollte und so den Gemeinschaftsgedanken in der Ehe symbolisierte. Der Kritik Gierkes lag letztendlich immer wieder genau dieser Vorwurf der Vernachlässigung des Gemeinschaftsgedankes zugrunde. In den verschiedensten Bereichen, der Ausgestaltung des ehelichen Güterrechts unter Planck, sah Gierke diesen „Grundsatz germanischen Rechts“ verletzt. Besonders die Neuerungen, die Planck zur Gleichstellung der Ehegatten einzuführen gedachte, verkörperten für Gierke den zersetzenden Charakter des Individualismus. Das Paradebeispiel für diese Annahme ist die Erhaltung der weiblichen Geschäftsfähigkeit durch die Abschaffung des Mundiums. 1. Die personenrechtliche Grundlage der Ehe – Das Mundium a) Die Definition des Mundiums Um Gierkes Bedenken gegen die Abschaffung des Mundiums richtig würdigen zu können, ist es zunächst sinnvoll sich mit der Bedeutung dieses Rechtsinstitutes für das eheliche Güterrecht allgemein auseinanderzusetzen. Eine ausführliche Erläuterung zum Inhalt des Mundiums und dem Zustand dieses Institutes bei Schaffung des BGB erfolgt jedoch erst in dem Kapitel zur Stellung der Frau (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 1). Der Grund dafür liegt darin, dass in diesem Teil der Arbeit speziell auf das Mundium, als das, die Position der Frau in der Ehe charakterisierende Element im historischen Recht eingegangen wird. An dieser Stelle dagegen soll eine Erläuterung nur insoweit erfolgen, als sie für eine Einordnung des Mundiums in die Begriffswelt Gierkes notwendig ist. Das Mundium war ein personenrechtliches Gewaltverhältnis, das die Frau bei Eingehung der Ehe unter die Vormundschaft des Mannes stellte.371 Die nähere Ausgestaltung des Mundiums war je nach Zeit und Ort verschieden, weshalb Ogris die Aussage trifft, dass man darüber kaum etwas Allgemeingültiges sagen könne.372 Inhaltlich kann man daher das Mundium nur allgemein als Recht des Mannes an der Person der Ehefrau beschreiben, durch das die Rechte der Frau mehr oder weniger weitgehend auf den Mann übergingen oder vom ihm ausgeübt wurden. Die Verbindung des Mundiums mit dem ehelichen Güterrecht zeigt sich 371 372

Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, S. 1. Ogris, Munt, Muntwalt, in: HRG, Bd. 3, S. 752.

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hauptsächlich darin, dass durch dieses Gewaltverhältnis der Mann in der Regel Rechte an dem Vermögen der Frau erwarb, insbesondere das Recht das Vermögen der Frau zu verwalten.373 Um dieses Recht abzusichern, wurde die Frau in der Regel durch das Mundium in ihrer Geschäftsfähigkeit beschränkt.374 Diese abhängige Stellung der Frau, die durch das Mundium erzeugt wurde, bildete die Grundlage der meisten historischen Güterrechte. So auch für die Verwaltungsgemeinschaft, in der das Mundium Grund und Ursprung der Verwaltungs- und Nutznießungsrechte des Mannes am Ehegut und die entsprechenden Beschränkungen der Frau war. Mit der Gewalt, die aus dem Mundium floss, konnten auch noch andere Rechte verbunden sein, wie etwa das Strafrecht gegenüber dem Schutzbefohlenen oder seine Vertretung vor Gericht.375 Gemeinsam sei allen Formen des Mundiums lediglich gewesen, dass in den vom Mundium geprägten Verhältnissen rechtliche Herrschaft und Schutz regelmäßig miteinander vereint wurden.376 Zur der Zeit, als die Diskussion um das eheliche Güterrecht des Entwurfs geführt wurde, war diesem altdeutschen Prinzip schon fast überall, mit der Aufhebung der Geschlechtsvormundschaft die Basis entzogen worden. Sowohl Romanisten, als auch Germanisten, hatten versucht, eine andere tragfähige Grundlage für das Mundium zu finden, wobei die Germanisten beabsichtigten, diese aus dem Begriff des deutschen Gesamteigentums zu ziehen. All diese Versuche waren aber, nach der Ansicht Rundes aus dem Jahre 1841 gescheitert, weshalb er eine Neuordnung durch den Gesetzgeber forderte.377 b) Die Haltung Gierkes zur Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft Als die Neuordnung des ehelichen Güterrechts durch den Gesetzgeber des BGB erfolgen sollte, lehnte Gierke, die im Entwurf vorgeschlagene Abschaffung des Mundiums ab, weil damit ein großer germanischer Rechtsgedanke aufgegeben würde378, nach seiner Ansicht ein fataler Schritt. Schließlich sei das Mundium das Mittel, den Gemeinschaftsgedanken in der Ehe zu verwirklichen. Durch die Übertragung der Entscheidungsbefugnis in ehelichen Belangen auf den Mann mithilfe der Geschlechtsvormundschaft, hätte man gleichzeitig die beiden Willensspähren des Ehepaares nach außen hin zu einer einzigen verschmolzen.

373 374 375 376 377 378

Schmidt, Vergleichung, S. 11. Ogris, Geschäftsfähigkeit, in: HRG, Bd. 1, S. 1595. Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, S. 4. Ogris, Munt, Muntwalt, in: HRG, Bd. 3, S. 755. Runde, Güterrecht, S. 390 f.; siehe auch: Kroj, Abhängigkeit, S. 238. Gierke, soziale Aufgabe, S. 632.

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„Der Entwurf unterlässt es jedoch, die eheliche Lebensgemeinschaft zur Rechtsgemeinschaft auszugestalten. Von einer Verschmelzung der Ehegatten zu der Personeneinheit eines Ehepaares, welches den Mann als Haupt, die Frau als Genossin darstellt, will er nichts wissen. Darum verwirft er zuvörderst die ehemännliche Munt, die im grössten Theil Deutschlands . . . heute in Kraft noch steht. Somit soll der Ehefrau, nachdem ihr durch die Civilprozessordnung leider die unbeschränkte Prozessfähigkeit gewährt ist, auch die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit eingeräumt werden. Ich halte dies für einen bedauerlichen Missgriff. Man glaubte hier nur mit einem Ueberlebsel der veralteten Geschlechtsvormundschaft aufzuräumen und die Frau aus der Stellung einer Unmündigen emporzuheben. Allein nicht darum handelt es sich. Es handelt sich vielmehr um die Einheit des Hauses, die durch einen zwiespältigen und gesonderten geschäftlichen Verkehr von Mann und Frau zerrissen wird. Nach deutscher Anschauung und Sitte gehören Mann und Frau zusammen und gelten auch im Geschäftsverkehr als ein verbundenes Paar. Treten sie nicht beide gemeinschaftlich auf, so erscheint regelmässig der Mann, weil er das Haupt der Gemeinschaft ist, als berufener Träger des Geschäftsverkehres mit Dritten, während die Frau durch ihre Stellung in der Gemeinschaft gehindert ist, für sich allein Verpflichtungen einzugehen oder Verfügungen zu treffen.“ 379

Die Vereinigung der beiden Individualsphären von Mann und Frau durch das Mundium wurde auch von anderen Germanisten als die wesentliche Grundlage der deutschen Ehe aufgefasst. So bezeichnete Heusler noch 1886 die Geschlechtsvormundschaft, wie sie im Sachsenspiegel ausgestaltet war, als „das grundlegende Prinzip des deutschen ehelichen Güterrechts überhaupt“.380 Diese Einschätzung, dass das Vormundschaftsrecht des Mannes als die Grundlage der ehelichen Güterrechte in Deutschland betrachtet werden muss, sei nach Heusler sogar unabhängig von der Gestaltung des ehelichen Güterrechts.381 Diese Meinung teilte Gierke in vollem Umfang, wie aus dem folgenden Zitat erkennbar ist: „So gross aber und so bedauernswerth die Zersplitterung war: immer blieb in der Zeit der Herrschaft des nationalen Rechts der gemeinsame Grundgedanke kenntlich, immer bewirkt das personenrechtliche Band der Ehe zugleich eine Vereinigung des beiderseitigen Vermögens zu einem einheitlichen Hausvermögen; immer ist es das Ehepaar in seiner Verbundenheit, das die wichtigsten Verfügungen gemeinsam zu treffen hat; immer wird im alltäglichen Verkehr dieses Ehepaar durch den Mann als Haupt des Hauses, in gewissem Umfange aber auch durch die Frau als Vorsteherin der Hauswirthschaft dargestellt.“ 382

Die Beseitigung dieses Rechtsinstitutes wurde von Gierke als Bruch, sowohl mit der historischen Entwicklung, als auch mit den bestehenden güterrechtlichen Regelungen, beurteilt. Die Vereinigung der beiden Willen der Ehegatten war für Gierke die Grundlage der Gemeinschaft, die für den Familienverband unverzichtbar gewesen sei. Noch darüber hinausgehend hätte der Gedanke des Mundiums 379 380 381 382

Gierke, Haus, S. 650; siehe auch: Schmid, Entstehung, S. 91 f. Heusler, Institutionen, Bd. II, S. 383. Heusler, Institutionen, Bd. II, S. 386. Gierke, Haus, S. 647.

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den germanischen Geist in der Ehe verkörpert, weil das Mundium wie jedes germanische Recht zugleich Recht und Pflicht gewesen sei; das Recht des Mundiums wäre also vor allem auch zum Schutz der Untergebenen vorhanden gewesen. „Das Haus war von je ein Herrschaftsverband; es war der Verband des selbstherrlichen Mannes mit den seiner monarchischen Hausgewalt unterworfenen unselbstständigen und dienenden Gliedern des Hauswesens; nach innen wie nach aussen wurde hier nicht in der Gesammtheit der Glieder, sondern im Haupte die Familiengewalt in der dem Hausherrn über die Hausangehörigen zustehenden Munt (latinisirt: Mundium). Die Munt war ihrem Wesen nach Herrschaft, aber sie war germanische, nicht römische Herrschaft. Darum trug sie ihre Schranke in ihrem Begriff; sie war ein Recht an der Person, am Sklaven gab es keine Munt, sondern Eigenthum; sie vernichtete keineswegs das Recht der Persönlichkeit, sondern setzte dasselbe voraus, und gewährleistete es; sie war beschränkt und gebunden durch die entgegenstehenden Rechte der Gewaltunterworfenen.“ 383

Nach diesen Ausführungen überrascht der hohe Stellenwert, den Gierke der personenrechtlichen Grundlage der Ehe, also dem Mundium, zuweist nicht: „So ist das ganze Familiengüterrecht nichts anderes als ein vermögensrechtlicher Niederschlag der personenrechtlichen Verbindung unter den Hausgenossen.“ 384

Der Wegfall dieser Grundlage war für Gierke das grundsätzliche Übel, das dem Entwurf anhaftete. Wegen der Abschaffung des Mundiums hätte „der Entwurf von vorneherein auch für das eheliche Güterrecht eine tragfähige Grundlage nicht gewinnen“ können.385 Ohne das Mundium war für Gierke ein vernünftiger Aufbau der ehelichen Strukturen nicht möglich, weil der Mann, ohne diese personenrechtliche Gewalt über die Frau, nicht mehr die ihm zukommende Stellung einnehmen konnte. c) Die Hintergründe dieser Ansicht – der Personenbegriff Gierkes Die negative Bewertung der Abschaffung des Mundiums lässt sich auf verschiedene Aspekte des von Gierke bevorzugten germanischen Rechtsverständnisses zurückführen. Korrespondierend wird dadurch auch immer wieder die Ablehnung des römischen Rechts, so wie es sich nach der Interpretation Gierkes darstellt, deutlich. Tatsächlich lag sein Votum für die Aufnahme des Mundiums in das BGB auf einer Linie mit seinem germanischen Personenbegriff386, der gleichzeitig deutlich macht, warum Gierke die Forderung nach Gleichberechti-

383

Gierke, Haus, S. 646; Gierke, Entwurf, S. 407. Gierke, Haus, S. 648. 385 Gierke, Haus, S. 652. 386 Zum Personenbegriff: Gurwitsch, Gierke, S. 102; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 174 ff. 384

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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gung der Frau und der Erhaltung ihrer vollen Geschäftsfähigkeit einfach als sinnlos und unnötig übergehen konnte. „Die deutsche Persönlichkeit ist ferner theilbar, indem nur ihr jeweilig als wesentlich betrachteter Minimalgehalt nothwendig bei ihr bleiben muß, darüber hinaus aber Stücke der Persönlichkeit, einzelne Willenssplitter, abgetrennt werden können. Auf der Möglichkeit, eine andere Persönlichkeit dadurch zu erweitern und die eigene zu schmälern, beruht die Möglichkeit ungleicher Rechtsfähigkeit; auf der Möglichkeit, Stücke der eigenen Persönlichkeit behufs Bildung einer höheren Gesammtpersönlichkeit auszusondern, die Möglichkeit selbstständiger Genoßenschaftsbildung.“ 387

Die Teilbarkeit der germanischen Persönlichkeit bewirkte damit laut Gierke, dass die „Uebertragung aktiver Willensmacht auf einen anderen in verschiedenster Weise möglich“ war.388 Auf diese Weise wäre „eine wahre Stellvertretung auf Grund übertragenen Willens“ möglich gewesen.389 Eine beliebige Willensmacht konnte so von dem Individuum abgetrennt und auf ein anderes übertragen werden, „so daß zuletzt der öffentliche wie der individuelle Wille in zahllosen Splittern den Gegenstand des Rechtsverkehrs bildete.“ 390 Diese Eigenschaft des deutschen Individuums kam Gierke bei seiner Forderung das Mundium nicht abzuschaffen sehr entgegen. Ohne Probleme ließ sich auf diese Weise die Persönlichkeit der deutschen Frau teilen und zu einem Großteil auf den Ehemann übertragen. Einen Konflikt mit der Gleichberechtigung konnte Gierke dabei nicht erkennen, da alle Personen an sich sowieso niemals gleich wären. Schließlich entstanden durch die Aufteilung der Persönlichkeiten Personen mit unterschiedlicher Rechtsfähigkeit. Dieses Phänomen sei aber nicht auf Ehefrauen begrenzt, sondern betreffe alle Teile der Bevölkerung. „Denn wenn thatsächlich die größte Verschiedenheit der Rechtsfähigkeit besteht; wenn im öffentlichen Recht die Möglichkeit, Subjekt bestimmter Befugniße und Pflichten zu sein, von Geburt, Geschlecht, Alter, Mitgliedschaft bestimmter Verbände usw. abhängt; wenn im Privatrecht nicht blos Alter, Geschlecht, Geisteskraft, bürgerliche Ehre, sondern auch ein bestimmter Berufsstand, wie z. B. im Handelsrecht die Eigenschaft eines Kaufmanns, die Fähigkeit zu ganzen Rechtssphären bedin387 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 36; zur geschichtlichen Herleitung des Personenbegriffs: Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 177 ff. (Schikorski kommt zu dem Ergebnis, dass er Personenbegriff durch eine künstliche Einengung der historischen Betrachtung auf die ausschließlich deutsche, allenfalls noch antike Tradition, entstanden sei, was den „provinziellen Zustand der Rechtsgeschichte zur Zeit der letzten Jahrhundertwende“ kennzeichnen würde. (S. 186) Darüber hinaus kritisierte er, dass der „geschichtliche Personenbegriff“ Gierkes eine ganz unhistorische Abstraktion sei (S. 187), die dadurch entstanden sei, dass Gierke den ganz abstrakt bestimmten Personenbegriff seiner historischen Analyse von vorne herein zugrundelegte, ohne auf die Gestaltungen des älteren Rechts Rücksicht zu nehmen. (S. 188)); zur philosophischen Herleitung des Personenbegriffs: Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 189 ff. 388 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 37. 389 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 37. 390 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 37.

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gen; wenn, wie sich später ergeben wird, jede korporative Mitgliedschaft die Persönlichkeit zugleich bindet und erweitert, also modificirt: so widerspricht es der tieferen Einsicht in das Wesen der Dinge, das Princip der Gleichheit zu setzen, um es sofort durch hundert Ausnahmen wieder aufzuheben.“ 391

Die Gleichheit der Menschen wird also, bis auf einen unveräußerlichen Kern der Persönlichkeit, negiert und steht der Annahme einer eingeschränkten Geschäftsfähigkeit der Frau somit nicht mehr entgegen. Betrachtet man nun im Gegensatz das römische Recht in der Interpretation durch Gierke, dann wird deutlich, warum er die Abschaffung des Mundiums für eine romanistische Ausprägung hielt. „Sie (SS.: die römische Persönlichkeit) ist endlich unübertragbar, weil sie die rechtlich nothwendige Eigenschaft jedes Individuums ist. Unmöglich daher sind für den Römer die Selbstergebungen, welche im deutschen Recht eine so hervorragende Rolle spielen. Unmöglich ist selbst eine theilweise Hineinlegung des Willens in einen Anderen, so daß es nicht einmal eine Stellvertretung, bei welcher der Wille des Vertreters in Wahrheit als der des Vertretenen gälte, gibt.“ 392

Nachvollziehbar wird durch die Zugrundelegung dieser Thesen, dass die Forderung nach Gleichberechtigung der Frau Gierke fast zwangsläufig als eine vom römischen Recht beeinflusste Ausprägung erscheinen musste. Die Bindung der Persönlichkeit, also des eigenen Willens, an das Individuum selbst, stammte für ihn aus dem römischen Recht. Die Forderung der Frauen, nicht mehr unter der Willensmacht eines anderen stehen zu müssen, mögen nach diesem Verständnis tatsächlich wie ein Gedanke aus dem römischen Recht gewirkt haben. Wichtiger noch, als die Annäherung an das römische Recht auf der Ebene des Personenbegriffs, sollten für Gierke die sich aus der Weiterführung dieses Gedankenganges ergebenen Aspekte gewesen sein. Die Gleichberechtigung der Frau hätte bei einer weiteren Verfolgung des römischen Gedankens auch Einfluss auf die Gemeinschaftsbildung in der Ehe gehabt, weil so in der Ehe zwei getrennte, sich möglicherweise widersprechende Willenssphären entstanden wären. Für Gierke aber war die Hausgemeinschaft die Verwirklichung des Gemeinschaftsgedankens in der Ehe, weil so alle Mitglieder unter der Herrschaft des Mannes zu einer Einheit im Willen und Handeln zusammengefasst worden wären. Diese altgermanische Einheit erstreckte sich nach Gierke aber auch auf den hier interessierenden Bereich des ehelichen Güterrechtes, also die Vermögensverwaltung der Ehegatten. „Neuere Untersuchungen haben wahrscheinlich gemacht, dass ursprünglich der persönlichen Einheit des Hauses eine vollkommene Einheit des Hausvermögens entsprach. . . . Eigenthümer war der Hausherr. Allein dieses Eigenthum stand dem Manne nicht wie einem aus allen Zusammenhängen gelösten souveränen Indivi391 392

Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 35. Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 29 f.

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duum, sondern es stand ihm eben als dem Haupte eines Ganzen, in enger Verknüpfung mit seiner personenrechtlichen Stellung zu.“ 393

Gierke stützte sich also bei der Forderung, dass das Vermögen der Eheleute in eine Hand gelegt werden sollte, auf den Ursprung der germanischen Rechte und fand so eine historische Begründung für diese Ansicht. Vor allem aber war sich Gierke sicher, dass die Gemeinschaft in der Ehe nicht erhalten werden könne, wenn die persönliche Grundlage das Mundium abgeschafft würde. d) Die Erwiderung Plancks Die Begründung Plancks für die Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft in den Vorentwürfen wurde oben bereits dargestellt (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1, C.). Zusammenfassend hatte Planck die Abschaffung des Mundiums vorgeschlagen, weil er glaubte, die Rechte des Mannes könnten auch ohne das, die Frau belastende Mundium, abgesichert werden.394 Für die Frau sei die volle Geschäftsfähigkeit von großer Bedeutung, denn sie verschaffe ihr eine freiere und selbständigere Position.395 Ausdrücklich merkte er an, dass er die Verwaltungsgemeinschaft nicht auf die Grundlage des Mundiums stützen wolle, weil „die Ehefrau dadurch in die abhängige Stellung einer Minderjährigen herabgedrückt wird.“ 396 Zusätzlich sah er durch vorangegangene Kodifikationen auf anderen Rechtsgebieten einen Trend in Richtung Anerkennung der Gleichberechtigung der Frau.397 Auf die heftige Kritik Gierkes an diesem Schritt hin, setzte sich Planck nochmals ausführlich mit dessen Angriffen in einem Aufsatz auseinander. Planck betonte an dieser Stelle wiederum sein Ziel, die Selbstständigkeit der Ehefrau nicht weiter zu beschränken, als es erforderlich sei, um die Grundlagen des ehelichen Gemeinschaftslebens zu verwirklichen. Aus diesem Grund sollte die Geschäftsfähigkeit der Frau erhalten bleiben. Gierke dagegen wolle die Frauen in allen Güterständen in der Geschäftsfähigkeit beschränken und nur in gewissen Ausnahmefällen festlegen, dass sie der Genehmigung des Ehemannes zu ihren Rechtsgeschäften nicht bedürfen. „Diese Beschränkung der Geschäftsfähigkeit ist aber gerade das Bedenkliche. Sie bildet die Form, in welcher zu gewissen Zeiten ein Theil der deutschen Rechte den deutschen Rechtsgedanken realisiert hatte, bildet aber nicht ein wesentliches Element desselben. Ich will nicht auf den Streit der Germanisten eingehen, ob nach älterem deutschen Rechte die Unterwerfung des Vermögens der Ehefrau unter das Mundium des Ehemannes eine Beschränkung der Geschäftsfähigkeit der Ehefrau zur Folge 393 394 395 396 397

Gierke, Haus, S. 646 f. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

503 f. 504. 494. 493, 504.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

hatte, und ob eine solche nach dem jetzigen gemeinen deutschen Privatrechte anzunehmen ist. Gewiß besteht sie in einem großen Theile der Particularrechte. Sie hat sich in demselben wohl vorzugsweise dadurch entwickelt, daß die Gewere zur rechten Vormundschaft, welche nach älterem deutschen Rechte dem Ehemanne an dem Vermögen der Ehefrau zustand und sein Recht auch nach Außen hin sicherte, seit dem Eindringen des römischen Rechtes wegfiel oder doch in ihren Grundlagen erschüttert wurde. Die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit der Ehefrau mußte nun als Ersatz dienen. Das System dieser Particularrechte ist aber in Folge der Entwicklung unserer wirthschaftlichen Verhältnisse von Ausnahmen so durchlöchert, und in seinen Grundlagen durch die neuere Reichsgesetzgebung so erschüttert, daß es in der jetzigen Form nicht mehr haltbar ist.“ 398

Die Richtigkeit dieser These zeige sich schon, durch die Zulassung eines Vorbehaltsgutes, welche nach den jetzigen Lebensverhältnissen unerlässlich sei, und eine konsequente Durchführung des Prinzips unmöglich mache. Hinzu komme die im Handelsgesetzbuch festgestellte unbeschränkte Geschäftsfähigkeit der Frau, die auch schon im älteren Rechte bekannt gewesen sei. Die Geschäftsfähigkeit werde durch die Gewerbeordnung auch auf verheiratete Frauen erstreckt, die ein Gewerbe betreiben würden.399 Des Weiteren habe die Civilprozeßordung den Ehefrauen die volle Prozessfähigkeit zuerkannt, was für die Geschäftsfähigkeit von großer Bedeutung sei. Schließlich würden diese beiden Rechte in so engem Zusammenhang stehen, dass „die Vorenthaltung der letzteren bei Zulassung der ersteren einen unlösbaren Widerspruch enthalten würde.“ 400 Zwar gestand Planck zu, dass eine gewisse Vereinfachung des Rechtes zu erwarten sei, wenn für die ehelichen Güterrechte die Geschäftsfähigkeit der Ehefrauen beschränkt würde. Jedoch müssten dann alle Gesetze, die von der Geschäftsfähigkeit der Frau ausgehen, abgeändert werden. Daher kam Planck bezüglich der Vereinfachung des ehelichen Güterrechts durch die Beschränkung der weiblichen Geschäftsfähigkeit zu folgendem Schluss: „Eine solche Gestaltung würde aber das Interesse der Ehefrauen in solchem Maaße gefährden und den wirthschaftlichen Bedürfnissen, wie den Anschauungen des Lebens so wenig genügen, daß der Gewinn eines einfacheren Systemes um diesen Preis als zu theuer bezahlt erscheint.“ 401

Planck kritisierte seinerseits den Vorschlag Gierkes, indem er darauf aufmerksam machte, dass bei der Gestaltung, so wie Gierke sie vorgesehen hatte, eine Beschränkung des Wahlrechtes der Ehegatten hinsichtlich der Güterstände eintreten würde, da das Mundium unabhängig von der Wahl des Güterstandes gelten sollte. Diese Beschränkung stellte für Planck eine Beschneidung der Vertragsfreiheit dar. 398 399 400 401

Planck, Zur Kritik, S. Planck, Zur Kritik, S. Planck, Zur Kritik, S. Planck, Zur Kritik, S.

351. 351. 352. 352.

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„Diese rechtliche Gemeinschaft soll nicht etwa nur für ein bestimmtes eheliches Güterrecht, sondern ohne Rücksicht auf das letztere für jede Ehe bestehen; sie soll also, da die Ehegatten nach dem Entwurfe – und in dieser Richtung wird derselbe von Gierke nicht bekämpft – die freie Wahl des Güterstandes, nach welchem sie leben wollen, zusteht, auch bei dem etwa von ihnen gewählten Güterstande der vollständigen Gütertrennung eintreten. Die Organisation dieser Gemeinschaft soll im Anschluß an das altdeutsche mundium des Ehemannes in der Art erfolgen, daß der Ehemann die Gemeinschaft vertritt und die Ehefrau, um dieser Vertretung auch nach Außen hin Wirksamkeit zu sichern, in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wird.“ 402

Planck versuchte zudem dem Vorschlag Gierkes die Grundlage zu entziehen, indem er der Meinung Ausdruck verlieh, dass Gierke die Gegebenheiten des ursprünglichen germanischen Rechts falsch oder zumindest missverständlich interpretiert habe, und so vor allem auch im Hinblick auf das Mundium zu einem falschen Ergebnis gelangt sei: „Der Gierke’schen Behauptung einer undeutschen gemeinschaftsfeindlichen Tendenz des Entwurfes liegt auch hier (SS.: bezüglich der Abschaffung des Mundiums) wieder die Verwechslung zwischen der Form, in welcher sich der deutsche Rechtsgedanke im Mittelalter realisirt hat, mit dem wirklichen Geiste des deutschen Rechtes, sowie das Bestreben zu Grunde, auf Kosten der praktischen Bedürfnisse der Gegenwart, die alten, für andere Zustände berechneten Formen wieder zu beleben.“ 403

Planck ist zuzugestehen, dass die Forderung Gierkes nach der Wiederbelebung des Mundiums zu einem Rückschritt in der Entwicklung der Güterrechte geführt hätte. Diese reaktionäre Haltung Gierkes zeigt deutlich dessen Weigerung, die Anforderungen, welche die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen an das zukünftige Güterrecht stellten, in irgendeiner Weise zu berücksichtigen. Sein starrer Blick auf die Verwirklichung seiner germanistischen Ideale, hier allen voran des Gemeinschaftsgedankes in der Ehe, dürfte letztendlich der Grund für die damals bereits unrealistische Forderung nach der Wiederbelebung des Mundiums gewesen sein. 2. Die Wahl des Güterstandes a) Die Vorzüge der Gütergemeinschaft Auch die Forderung Gierkes die Gütergemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand zu wählen, trägt wiederum dem Gemeinschaftsgedanken und der idealen Ausrichtung Gierkes Rechnung. „Wir haben den Mut, auf die Gefahr hin, dem Verdachte der Schwärmerei zu verfallen, dem „idealen Zuge“ zu folgen und die allgemeine Gütergemeinschaft allen übrigen Systemen vorzuziehen. Sie ist das folgerichtige Endergebnis der geschichtlichen 402 403

Planck, Zur Kritik, S. 348. Planck, Zur Kritik, S. 352.

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Entwicklung des deutschen ehelichen Güterrechts und bringt dessen Grundgedanken zu vollendetem Ausdruck.“ 404

Er betonte immer wieder, dass die allgemeine Gütergemeinschaft, beziehungsweise zumindest eine der partikulären Gütergemeinschaften, als gesetzlicher Güterstand den Vorzug vor der Verwaltungsgemeinschaft verdiene. „Ich stehe nicht an, für den geeignetsten gesetzlichen Güterstand die allgemeine Gütergemeinschaft zu erklären, weil sie dem sittlichen und wirthschaftlichen Wesen der Ehe als allseitiger Lebensgemeinschaft am meisten entspricht, sich geschichtlich als vollste Blüthe des deutschen ehelichen Güterrechts entwickelt hat . . .“ 405

Wie aus diesen Zitaten deutlich hervorgeht, betonte Gierke den Charakter der Gütergemeinschaft, als das eigentliche deutsche Güterrecht. Dabei unterschlug er geflissentlich, dass, wie oben bereits dargestellt (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 2), die ursprüngliche germanische Gestaltung der ehelichen Verhältnisse eher der Verwaltungsgemeinschaft als der Gütergemeinschaft entsprach. An anderer Stelle benannte Gierke selbst die Verwaltungsgemeinschaft und die Gütergemeinschaft als die „beiden Grundtypen des deutschen ehelichen Güterrechts“ 406. Vielleicht stützte Gierke deshalb seine Kritik an der Planckschen Verwaltungsgemeinschaft noch auf ein anderes Argument. So entsprach nach seiner Einschätzung der Charakter des gesetzlichen Güterstandes des Entwurfs eher der einer Gütertrennung, als der einer germanischen Verwaltungsgemeinschaft. b) Die Einordnung der Verwaltungsgemeinschaft als Gütertrennung „Allein er hat, wie die Motive selbsttröstend andeuten, sein System in der Grundlage dem Dotalsystem so stark angenähert, dass es in Wahrheit den Namen einer Gemeinschaft überhaupt nicht mehr verdient, sondern lediglich als ein durch einzelne Rechte des Mannes ermässigtes System der Gütertrennung erscheint! . . . Das eine werden auch die Freunde des Entwurfes zugeben müssen, dass dieses System . . . nicht von der Einheit der Ehe, sondern von gesonderten und scharf abgegrenzten Individualrechten unverbundener Subjecte ausgeht.“ 407

Die Gütertrennung aber beurteilte Gierke schlechthin als eine Ausprägung des römischen Rechts, bei der die Vernachlässigung des Gemeinschaftsgedankens besonders deutlich werde. Deshalb kam er zu dem Urteil: „Wollte aber der Entwurf dem deutschen Volke einen einheitlichen gesetzlichen Güterstand aufzwingen, so durfte er nimmermehr dieses System wählen, welches dem Wesen der deutschen Ehe schnurstracks zuwiderläuft. Wenn er sich für die Verwaltungsgemeinschaft entschied, mußte er dieselbe deutsch, nicht römisch konstruieren; er mußte sie im Sinne einer wahren Gemeinschaft, nicht im Sinne einer dem ge404 405 406 407

Gierke, Entwurf, S. 417. Gierke, Haus, S. 652. Gierke, Haus, S. 647. Gierke, Haus, S. 653; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 407.

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brauchten Namen hohnsprechenden Trennung ausgestalten. Die Entscheidung hätte aber überhaupt nicht für die Verwaltungsgemeinschaft ausfallen dürfen.“ 408

Deutlich wird durch diese Kritik, genauso wie durch den alternativen Vorschlag, dass die Argumentation Gierkes auf dem Gemeinschaftsgedanken fußte. So wurde als idealer Güterstand die Gütergemeinschaft vorgeschlagen, die die Vermögen der Ehegatten während der Ehe zu einer Einheit verschmilzt. Mit der Kritik, die Plancksche Verwaltungsgemeinschaft sei in Wirklichkeit eine verschleierte Gütertrennung, betonte Gierke zusätzlich die angenommene Annäherung des Entwurfs an die römische Rechtsgestaltung. c) Die Verbandspersönlichkeit und die Genossenschaft Bei seinen Einschätzungen bezüglich der Wahl des Güterstandes berief sich Gierke also wiederum auf den Gemeinschaftsgedanken als Leitmotiv germanischen Rechts.409 Es stellt sich daher die Frage auf welche Grundlagen Gierke seinen Gemeinschaftsgedanken bzw. seine Genossenschaftstheorie stützte. Der Ausgangspunkt Gierkes war die Verbandspersönlichkeit410, der eine sittliche Freiheit in der sozialen Wirklichkeit zustand. In der germanischen Rechtsentwicklung hätte man den Einzelnen für sich „in älterer Zeit . . . nicht unter den Gattungsbegriff von Rechtssubjekten zusammengefaßt, denn der „Mensch“ als solcher hat keine rechtliche Bedeutung, im Uebrigen aber giebt es nur engere und konkretere Gattungsbegriffe, wie die der Stammesgenoßen, Standes-, Gemeinde-, Dienst-, Besitzgenoßen usw.“.411 Aus dieser Vernachlässigung der Individualität des Menschen ergab sich ein Personenbegriff, der schwerpunktartig die Gebundenheit des Einzelnen in der Gemeinschaft betonte.412 Dies drückte sich vor allem auch in der sittlichen Beschränkung seiner Willenssphäre aus: 408

Gierke, Entwurf, S. 416. Zusammenfassung bei: Schmid, Entstehung, S. 89; siehe auch: Hofer, Ehe, S. 86 f. 410 Siehe dazu auch: Haack, Gierkes Kritik, S. 64 ff.; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 193. 411 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 30 f. 412 Beleg für diese Aussage, ist der Einleitungssatz den Gierke seinem großem Werk über die Genossenschaft voranstellte: „Was der Mensch ist, verdankt er der Vereinigung von Mensch zu Mensch.“ (Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 1); positive Beurteilung dieser Lehre als ausgewogenes Verhältnis zwischen Gemeinschaft und Persönlichkeit: Gurwitsch, Gierke, S. 96; meist aber werden die Gefahren dieser „kollektivistischen“ Rechtsauffassung herausgestellt, insbesondere im Hinblick auf den Missbrauch von Gierkes Lehren im Nationalssozialismus: Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 58 f. (Dieser bezeichnet die Rechtsidee Gierkes als Ideologie, die germanisch-organologisch und kollektivistisch eingekleidet sei.); Nörr, Eher Hegel, S. 47 f.; zur Beschäftigung mit der Lehre Gierkes in der Zeit des Nationalsozialismus: Janssen, Gierkes Methode, S. 4 f., insbesondere Fußnote 16; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 320 f.; 409

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„Sein Ausgangspunkt vielmehr mußte ein einheitlicher Willensbegriff sein, der die Merkmale der Freiheit und der Schränkung, des Fürsichseins und des Füreinanderseins, des Individuellen und des Gemeinheitlichen gleichmäßig umschloß. Es war daher der freie, aber sittlich gebundene, der sittlich freie Wille, welcher die Seele der germanischen Persönlichkeit bildete.“ 413

Auch die Gestaltung des Privatrechtes sollte diesen germanischen Personenbegriff berücksichtigen, indem sie den Einzelnen als von „vornherein bedingt und innerlich beschränkt durch die sittliche Ordnung der menschlichen Gemeinschaft“ 414 betrachtete. Die Grundidee lässt sich damit zusammenfassend so darstellen, dass die individuelle Persönlichkeit durch die Einordnung in ihren gesellschaftlichen Zusammenhang, ihre Beziehungen zu Dritten und Verbänden, wie durch Umstände der Geburt, bestimmt wurde.415 „Ist . . . das Recht seinem Wesen nach ein System von Befugnißen und Pflichten, so ist sein Subjekt von vornherein nur in der Beziehung zu anderen Subjekten Subjekt, und es ist für seinen Begriff wesentlich, daß der in ihm verkörperte Wille in sich beschränkt und gebunden ist. Aus diesem Grunde widerspricht es dem Wesen der deutschen Persönlichkeit nicht, theilweise zugleich Gegenstand von Rechten zu sein. Vielmehr ist jeder Wille zugleich herrschend und beherrscht.“ 416

So war bereits in dem Personenbegriff Gierkes angelegt, dass das Individuum sich zu einer Gemeinschaft zusammenschließen musste, um seinen eigentlichen Gehalt zu finden. Schließlich zeigte sich der soziale Organismus der Verbandsperson nur im Zusammenschluss von mehreren Personen. Für Gierke waren also zwei Faktoren im Bereich der gesellschaftlichen Vorgänge von Bedeutung – das Individuum und die Gemeinschaft, auch Verbandseinheiten genannt. Das Verhältnis dieser beiden Faktoren sei so ausgestaltet gewesen, dass alles Gemeinschaftsleben von Individuen erzeugt werde. Jedoch hatte das Gemeinschaftsleben auch „leibliche und seelische Einwirkungen“ auf das Individuum, sodass man insoweit von einer Wechselwirkung sprechen könne.417 Auf diese Weise sei die Zugehörigkeit zu Gruppen ein Teil des Individuums und bestimme wesentlich dessen Gehalt. Die Leistungen des Verbandes aber könnten nicht als „blosse Summierung individueller Kräfte“ betrachtet werden, vielmehr seien die Leistungen der Gemeinschaft in der Summe immer mehr als die Teilleistungen der zugehörigen Individuen.418 zur Verwendung von Gierkes Lehren für die Zwecke des Nationalsozialismus: Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 57, 60; Hattenhauer, Hierarchie, S. 126 (Rn. 305), 238 f. (Rn. 578); andere Ansicht: Oexle, Rechtsgeschichte, S. 198 f.; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 349, 359 f. 413 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 33. 414 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 33. 415 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 35. 416 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 36. 417 Gierke, Wesen, S. 714 (Originalausgabe: S. 20). 418 Gierke, Wesen, S. 715 (Originalausgabe: S. 21).

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„Somit kann auch die wirkende Gemeinschaft nicht mit der Summe der sie bildenden Individuen zusammenfallen, muss vielmehr ein Ganzes mit überindividueller Lebenseinheit sein.“ 419

Die Menschen waren folglich für Gierke nicht nur eine individuelle Lebenseinheit, „sondern zugleich . . . Theileinheiten höherer Lebenseinheiten.“ 420 Deshalb kam er zu dem Ergebnis: „So scheint mir die wissenschaftliche Berechtigung der Annahme einer realen leiblich-geistigen Einheit der menschlichen Verbände festzustehen.“ 421

Von dieser Grundlage schloss er auf die Ausgestaltung des Rechts, das natürlich vor allem dieser Natur der Gesellschaft entgegenkommen sollte. „Das Recht ist erklärte Ueberzeugung einer Gemeinschaft. Es ist eine Manifestation des menschlichen Gemeinlebens, nicht des Einzellebens. So wenig wie das isolirte Individuum ein Recht hervorbringt, vermag eine Summe von Individuen Recht zu erzeugen. Vielmehr ist der Born des Rechtes der Gemeingeist, der als einheitliche Kraft in einer Gemeinschaft als in einem lebendigem Ganzen wirkt und in den Einzelnen als Gliedern dieses Ganzen sich bethätigt. Das Recht wurzelt also in der Gemeinüberzeugung und dem sie begleitenden Gemeinwillen.“ 422

Als Gegenpol zu dieser Auffassung stilisierte Gierke das römische Recht, dass von der Gesellschaft als „einer Summe souveräner Einzelwillen“ ausginge423. Dadurch werde die Individualität des Einzelnen und seine unbeschränkte Willensmacht betont. Dementsprechend beschrieb er die römische Persönlichkeit folgendermaßen: „Sie ist der vom Recht anerkannte Individualwille; und sie ist eine ebenso unumschränkte Willensmacht in der privatrechtlichen Sphäre . . . Die römische Persönlichkeit ist daher absolut. Sie ist nur sich selbst bestimmt, wird dagegen weder durch Verbindung mit anderen Subjekten noch durch die ihr unterworfenen Objecte afficirt oder modifizirt. Im Verhältniß zu anderen Personen ist sie also schlechthin koordinirt: ein Wille, der fremdem Willen unterworfen wäre, würde aufhören Wille zu sein.“ 424

Wegen dieser Betonung der Individualität des Einzelnen konnte es laut Gierke keine, einer Gemeinschaft zustehenden Rechte geben. Nur das Individuum, nicht die Gemeinschaft aus Individuen, konnte Träger von Rechten und Pflichten sein. Lediglich die künstliche Einführung einer Fiktion konnte Gemeinschaften mit Rechten ausstatten425:

419 420 421 422 423 424 425

Gierke, Wesen, S. 715 (Originalausgabe: S. 21). Gierke, Wesen, S. 716 (Originalausgabe: S. 22). Gierke, Wesen, S. 717 (Originalausgabe: S. 23). Gierke, Privatrecht, S. 119. Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 27 f., 33. Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 29. Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 28 f.

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„Endlich aber mußte die Persönlichkeit der Verbände als etwas Künstliches erscheinen. Denn sie konnte nicht aus sich selbst stammen, weil an sich nur der Mensch Person war; sie konnte aber auch nicht aus ihren Mitgliedern stammen, weil diese ohne inneren Zusammenhang mit ihr waren und nichts von ihrer Persönlichkeit in ihr aufgegeben hatten.“ 426

Diesen, von Gierke erarbeiteten Gegensatz zwischen germanischem und römischem Recht, übertrug er auch auf seine Kritik an der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft. Er zog die Gütergemeinschaft als die Vereinigung der beiden Vermögensmassen unter der Herrschaft des Mannes vor, weil die Verwaltungsgemeinschaft, das in die Ehe eingebrachte Vermögen getrennt hielt. Um so schwerer wog natürlich auch der Vorwurf die Verwaltungsgemeinschaft sei eigentlich eine Gütertrennung. Die Trennung von Vermögen und Willenssphären der Ehegatten musste von Gierke als eine Ausprägung des römischen Rechtes angesehen werden, weil sie die Individualität der Ehegatten auch in der Ehe zu betonen schien und damit den Gemeinschaftsgedanken negierte. d) Die Entgegnung Plancks Bezüglich der Wahl des Güterstandes gestand Planck zu, dass er ganz persönlich, wie Gierke, auch zur Gütergemeinschaft tendiere. Dieses Güterrecht sei jedoch für die Aufgabe eines gesetzlichen Güterstandes im Deutschen Reich nicht geeignet: „Es handelt sich hier ja allerdings um eine zweifelhafte Frage, und wenn ich lediglich meiner persönlichen Auffassung von der Bedeutung der Ehe und dem dieser Bedeutung am meisten entsprechenden Güterstande folgen wollte, so würde ich mich mit Gierke für die allgemeine Gütergemeinschaft entscheiden. Es handelt sich hier aber nicht darum, welchen Güterstand man von seinem individuellen oder principiellen Standpunkte für den besten hält, sondern darum, welcher Güterstand sich zur Einführung als gesetzliches Güterrecht in ganz Deutschland am besten eignet.“ 427

Für diese Aufgabe erschien, trotz der Einwände Gierkes, Planck die Verwaltungsgemeinschaft als das geeignetere Güterrecht. Die weiteren Vorzüge der Verwaltungsgemeinschaft gegenüber der Gütergemeinschaft, die Planck zu seiner Wahl bewogen haben, werden unten noch näher dargestellt (s. u. 4. Teil, 2. Kapitel, § 3). Dem Vorwurf, die Verwaltungsgemeinschaft des Entwurfs sei in Wirklichkeit eine Gütertrennung, versuchte Planck in seiner Erwiderung zu begegnen, indem er explizit auf die einzelnen Vorwürfe Gierkes an seinem Entwurf einging. Daher sollen im Folgenden die Kritikpunkte, in denen sich für Gierke die Vernachlässigung des Gemeinschaftsgedankens manifestierte und die Erwiderung Plancks auf diese Angriffe, dargestellt werden.

426 427

Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 29. Planck, Zur Kritik, S. 355.

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3. Die Kritikpunkte an der Ausgestaltung der Verwaltungsgemeinschaft im Einzelnen In dem folgenden Zitat werden die einzelnen Kritikpunkte Gierkes an der Ausgestaltung der Verwaltungsgemeinschaft prägnant zusammengefasst. „Dies alles zielt auf Trennung statt auf Verbindung der Eheleute ab und erhebt statt des Vertrauens das Mißtrauen zur Maxime! Bei normaler ehelicher Gesinnung steht infolgedessen die Frau schutzlos da: eine Frau dagegen, welche die ihr vom Gesetz verliehenen „Ansprüche“ zu handhaben weiß, kann den Mann täglich hemmen und belästigen und das Ihrige rechtzeitig in Sicherheit bringen. Das anständig denkende Ehepaar hat den hereinbrechenden Vermögensverfall gemeinsam zu tragen: überwiegt die Klugheit, so lebt der verschuldete Mann aus den Mitteln der reichen Frau „standesgemäß“ mit Austern und Champagner weiter. Auch das eheliche Güterrecht ist eben nicht für die Dummen und Altfränkischen geschrieben, sondern auf eine dem modernen Kulturniveau entsprechende geschäftliche Geriebenheit der künftigen Generation mit Einschluß des schönen Geschlechts berechnet!“ 428

Gierke wandte sich also vor allem gegen die Ausgestaltung des Verwaltungsund Nießbrauchsrechtes des Ehemannes am eingebrachten Gut der Frau, die Befreiung der Frau von der Haftung für Schulden des Mannes und die Erweiterung des Vorbehaltgutes der Frau. a) Das Verwaltungs- und Nutznießungsrecht am eingebrachten Gut Die Kritik betreffend die Gestaltung der Verwaltungs- und Nutznießungsrechte des Mannes ist eng mit der bereits dargestellten Ablehnung der Abschaffung des Mundiums verbunden. Die Einführung dieser Rechte war nach Gierkes Ansicht durch die Abschaffung des Mundiums zur Regelung der ehelichen Verhältnisse notwendig geworden und hätte insofern einen rein ersetzenden Charakter. Die Versuche Plancks, die Stellung des Mannes in der Gesellschaft auf der Grundlage von einzelnen Rechten an dem Vermögen der Frau zu festigen, waren für Gierke nur ein kümmerliches Surrogat für das weggefallene innere Band der Ehe, das Mundium. Dieses Konglomerat aus Rechten, wie er es nannte, konnte für ihn keinen Ersatz für das Mundium bilden, weil es die unterschiedlichen Rechtsspähren von Mann und Frau noch zusätzlich betonte. Schließlich wären die Rechte des Mannes am Vermögen der Frau Rechte an dem Vermögen einer anderen Person. „Der Entwurf reisst das Rechtsverhältniss, welches sich aus der durch die Ehe bewirkten Vereinigung der beiderseitigen Güter zu einer für die Zwecke der Ehe bestimmten einheitlichen Vermögensmasse ergiebt, in eine unübersehbare Menge einzelner Rechte und Ansprüche auseinander.“ 429

428 429

Gierke, Entwurf, S. 410. Gierke, Haus, S. 653.

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Vor allem die Position, die dadurch dem Mann zugewiesen werde, sei im Hinblick auf seine angestammte Stellung in der Ehe, nicht akzeptabel: „Das Wesen der deutschen Ehe wird im Keime angetastet, wenn der Mann nicht mehr der geborene Vertreter der Frau ist, sondern für sie nur in gleicher Weise wie für Herrn Hinz und Kunz als Mandatar oder allenfalls als negotiorum gestor handeln kann.“ 430

Der Tausch der Geschlechtsvormundschaft gegen das Plancksche System von Rechten am Vermögen der Frau erschien Gierke um so unverständlicher, als er der Meinung war, dass mit der Lösung Plancks „durch positive Satzung ein ähnliches Ergebnis erzielt wird, als wenn die Frau in der Geschäftsfähigkeit beschränkt wäre.“ 431 Obwohl also aus der Sicht Gierkes kein wesentlich anderes materielles Ergebnis erzielt worden wäre, hätte man sich nicht darauf einlassen dürfen, die Verbundenheit der Ehegatten durch die Abschaffung des Mundiums zu schwächen, um ihnen zwei getrennte Vermögenssphären zuzuweisen. Denn dies hätte zur Schwächung der Gemeinschaft zugunsten einer individualistischen und damit romanistischen Ausgestaltung der Ehe geführt. Für Gierke führten die Bemühungen Plancks zu einem komplizierten System, „das lediglich im Sinne der Wahrung egoistischer Sonderinteressen gedacht ist, [und] . . . einen trübseligen Ersatz für das zu einem organischen Ausbau der deutschen Verwaltungsgemeinschaft unentbehrliche deutsche Mundium“ 432 bildet. Doch kam es Gierke nicht nur auf die Einheit des Vermögens an, auch wenn sich der Gemeinschaftsgedanke darin wiederum sehr deutlich ausdrückte. Vielmehr war für ihn das germanische Rechtsverständnis federführend, welches das Mundium nicht als Recht des Mannes ansah, d. h. nicht dem Mann als Individuum zustand, sondern vielmehr dem Mann als der Führungspersönlichkeit des Haushaltes. Dies hätte bewirkt, dass bereits in dem bezüglich der Gemeinschaft gewährten Recht, Schranken für dessen Ausübung enthalten gewesen seien. Diese automatische Beschränkung, die aus der germanischen sittlichen Persönlichkeit floss, sei aufgehoben worden, indem man einzelne individuelle Ansprüche der Ehepartner geregelt hätte. Dies hätte eine Romanisierung des Rechts und damit auch einen Wegfall der immanenten Schranken bewirkt. „Denn während das römische Recht ein System von einseitigen Befugnißen war, baute sich das deutsche Recht auf dem Gedanken der Gegenseitigkeit als ein System von Rechten und Pflichten auf. Das Recht ward nicht als absolute, sondern als sittlich beschränkte Willensmacht, als gegenseitige Beziehung verschiedener Willen zu einander, vorgestellt. Dem Römer war jedes Recht an sich eine reine und schrankenlose Befugniß, welche nur von außen her durch andere Befugniße beschränkt oder durch gleichzeitig begründete Pflichten bedingt werden konnte: für die germanische Auffassung trug jedes Recht in sich selbst die Schranke über welche hinaus es sich 430 431 432

Gierke, Haus, S. 651. Gierke, Entwurf, S. 411. Gierke, Entwurf, S. 412.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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zu Unrecht verkehrt hätte, und es enthielt als wesentliches und nothwendiges Korrelat der Befugniß zugleich die Pflicht in sich, die nur die andere Seite derselben Beziehung zu sein schien.“ 433

Neben diesen übergeordneten Kritikpunkten äußerte sich Gierke auch explizit zu den einzelnen Rechten am eingebrachten Gut der Frau, also zu der Nutznießung, dem Verwaltungsrecht und der fehlenden Schuldenhaftung der Frau für die Schulden des Ehemannes. Die allgemeinen Kritikpunkte, die bereits erläutert wurden, bilden auch hier die Grundlage für Gierkes Beanstandungen an den einzelnen Rechten. aa) Das Nutznießungsrecht Speziell bezogen auf das ehemännliche Nutznießungsrecht kritisierte Gierke, dass es kein aus dem Mundium fließendes Recht, sondern nur ein Vermögensrecht sei, welches dem Mann als Ersatz zugewiesen werde. Wegen dieser Gestaltung und der fehlenden Grundlage sei das Nutzungsrecht so zersplittert und damit so kompliziert geworden, dass der Normalbürger den Gehalt der Vorschriften nicht mehr erfassen könne. „Unerträglich ist hier von vornherein die Unterstellung des ehemännlichen Nutzungsrechtes unter die Regeln des als eignes und selbstständiges dingliches Individualrecht konstruierten Nießbrauches, wobei dann die Grenzen der Anwendbarkeit dieser Regeln nur durch längeres Studium zu ermitteln sind. . . . Unerträglich ist ferner das Flickgewand der angehängten Modifikationen, deren Sinn größtenteils vom einem nicht mit allen Künsten und Schlichen dieses Juristendeutsch vertrauten Leser nicht einmal ungefähr erraten werden kann . . . Unerträglich aber ist vor allem auch das materielle Ergebnis. Statt eines einheitlichen Rechtes an einem Vermögensinbegriff als solchem erhalten wir . . . eine Summe von Rechten an einzelnen Sachen und Rechten.“ 434

Sein Urteil über diesen Teil der Verwaltungsgemeinschaft ist damit eindeutig. Die Nutznießung samt den Kontrollrechten der Frau sah er nur als einen „künstlichen Ersatz für die beseitigte ehemännliche Munt“ an, die die Rechtsverhältnisse lediglich unnötig kompliziert hätte.435 Des Weiteren sei auch das Ergebnis der pauschalen Zuweisung der Früchte des eingebrachten Gutes in das Vermögen des Mannes bedenklich. Als Grund nannte er die wirtschaftlichen Zustände „bei welcher der Grundbesitz das ökonomische Übergewicht behauptet und das erworbene Gut gegenüber dem Erbgut eine geringfügige Rolle spielt.“ 436 Daher sah Gierke es als eine Benachteiligung der Frau an, dass die Nutzungen des einge-

433 434 435 436

Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 130. Gierke, Entwurf, S. 409 f. Gierke, Haus, S. 653. Gierke, Entwurf, S. 416.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

brachten Gutes dem Mann als Eigentum zugewiesen werden und die Frau daran keinerlei Anteil erhielt. bb) Das Verwaltungsrecht Eine ähnliche Argumentation führte er gegen die Ausgestaltung des Verwaltungsrechtes des Mannes ins Feld. Wiederum bemühte er sich die Diskrepanz des germanischen Rechtsverständnisses mit den Regelungen, die im Entwurf getroffen wurden, zu verdeutlichen. „Endlich wird der Mann wieder kraft eines ganz besonderen Rechtsinstitutes zum Verwalter des Frauengutes bestellt, und hier treibt der Entwurf sein individualistisches System auf die Spitze. Denn nicht auf das unter Ehegatten nothwendige Vertrauen wird die Verwaltung des Mannes gegründet; als ein rechnungspflichtiger Verwalter fremden Vermögens steht er da; zu jedem Rechtsgeschäft und jedem Prozess bedarf er einer besonderen Vollmacht; er muss die Frau vorher in Kenntnis setzen, die Frau kann ihn regelmässig zwingen, als ihr Geschäftsführer zu handeln, sie kann aber auch das Geschäft selbst vornehmen und die Einwilligung des Mannes erzwingen usw. Die Bestimmungen des Entwurfes sind hier so complicirt, dass Eheleute, die correct verfahren wollen, künftig gut thun werden, sich von der Hochzeit an je einen Rechtsanwalt zur Besorgung ihres internen Geschäftsverkehres zuzugesellen! Und als wollte man den ehelichen Zwist herausfordern, werden aus allen diesen gegenseitigen Einschränkungen nicht etwa blos Ansprüche für den Fall der künftigen Auseinandersetzung, sondern sofort klagbare Ansprüche gewährt. Wahrlich! in solchem Maasse hat noch nie ein Gesetzgeber die Einheit des Hauses zerrissen und das gegenseitige Misstrauen und die ziffernmässige Berechnung unter Ehegatten zum Princip erhoben. Dieses System passt nicht für die gesunde, sondern für die kranke Ehe, für die doch vielmehr durch die in solchen Fällen gerichtliche Gütersonderung gesorgt werden muss.“ 437

Wiederum betonte Gierke die individualistischen Einflüsse des römischen Rechts, welche die Einheit zwischen den Ehegatten zerstören würden. Die Komplexität der Vorschriften, wie die genaue Abgrenzung zwischen Rechten und Pflichten der Ehepartner, schürte seiner Meinung nach den Streit zwischen den Parteien. Deshalb war das Verwaltungsrecht für Gierke „lediglich im Sinne der Wahrung egoistischer Sonderinteressen gedacht.“ 438 Die Eigenschaft des Mundiums zugleich Recht und Pflicht zu sein, schien Gierke, gerade wegen der detaillierten Regelung von Rechten und Pflichten verloren zu gehen. Der Grund für diese Annahme mag wohl gewesen sein, dass durch die genaue Abgrenzung der Rechtssphären, neben der Betonung der Individualität von Mann und Frau, eine Gewissheit der Ehegatten über ihre Rechte entstand. Gerade diese Sicherheit aber fürchtete Gierke. Er hielt es für wahrscheinlich, dass die Ehepartner, von dem Zwang zum Agieren in der Grauzone der sittlichen Grundsätze befreit, ihre 437 438

Gierke, Haus, S. 653 f.; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 414. Gierke, Entwurf, S. 412.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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Rechte gegen den Anderen auch geltend machen würden. Aus diesem Grund mochte die Gefahr eines Streits zwischen Ehegatten durch die Gewissheit der eigenen Rechte gefördert worden sein. Eine solche Entwicklung konnte für Gierke nur als kontraproduktiv im Sinne des Gemeinschaftsgedankens gelten. cc) Die Schuldenhaftung Auch die Regelung der Schuldenhaftung traf die Kritik, die Einheit der Ehegatten, so wie sie von außen erscheinen sollte, zu zerstören. Als Begründung für diese These führte Gierke an, dass die Ehepartner nicht mehr gemeinsam für die Schulden der Gemeinschaft haften würden, sondern vielmehr jeder getrennt für seine eigenen Schulden einzustehen habe. In der Folge kam Gierke zu dem Urteil auch die Regelung der Schuldenhaftung sei gekennzeichnet von dem „gleichen Geiste vollkommener Trennung“. Redliche Ehepaare würden dadurch gegenüber anderen Ehepaaren benachteiligt, die gegenüber den Gläubigern des Mannes den Vorteil ausnützen würden, dass der Mann sich hoch verschulden könne, während die Gläubiger nicht in der Lage wären, das Vermögen der Frau anzutasten.439 Zusammenfassend kann man also feststellen, dass Gierke die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut immer nur als Ersatz für die ideale Regelung des Mundiums betrachtete. In der Folge kritisierte er die Aufspaltung dieser personenrechtlichen Grundlage in einzelne Rechtsinstitute als Schaffung eines Konglomerats von Rechten, das wenig andere Inhalte gebracht habe als das Mundium selbst. Trotz der inhaltlichen Ähnlichkeit habe es aber durch die genaue und dezidierte Auflistung von Rechten und Pflichten eine Basis erzeugt, auf der Mann und Frau sich aufgrund des Gesetzes gegenseitig beschränken und maßregeln könnten. Auf diese Weise trage der Entwurf dazu bei, die Einheit in der Ehe zu zerstören. b) Die Entgegnung Plancks Planck versuchte der Argumentation Gierkes den Boden zu entziehen, indem er gegen die Grundlage von Gierkes Forderungen, das Mundium, vorging. Nach der Aussage Plancks sei das Mundium, so wie es von Gierke beschrieben wurde, zu keiner Zeit existent gewesen und deshalb seien seine Vorschläge auch nicht nur ein Ersatz für diese personenrechtliche Grundlage. „Das dem Ehemanne an dem Vermögen der Ehefrau zustehende Recht ist daher allerdings kein ihm als Haupt einer vermögensrechtlichen Gemeinschaft zustehendes Recht, ein solches war auch das altdeutsche mundium niemals, wohl aber steht es ihm zu, als Haupt der durch die Ehe begründeten Familiengemeinschaft und ist aus

439

Gierke, Haus, S. 653.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

diesem Gesichtspunkte von dem Entwurfe als ein völlig einheitliches gedacht und ausgestattet. Aber freilich glaubte der Entwurf, und, wie ich meine, mit Recht, daß es nicht erforderlich und nicht zweckmäßig sei, diesen gesetzgeberischen Gedanken direct in dem Gesetz auszusprechen, während er es andererseits für unerläßlich hielt, die Art und den Umfang, der dem Ehemanne in Folge seines eheherrlichen Rechtes an dem Ehegute zustehenden Befugnisse, sowie die in Folge davon eintretenden Beschränkungen und Verpflichtungen der Ehefrau möglichst klar und scharf zu bestimmen. Die Einheitlichkeit des ehemännlichen Rechtes ergibt sich, wenn man die Vorschriften des Entwurfes in ihrem Zusammenhange in’s Auge faßt, so offenbar, daß sie nur verkannt werden kann, wenn man jede einzelne Bestimmung für sich, nicht aber alle zusammen liest, nur im Ganzen kann das eheherrliche Recht des Ehemannes an dem Ehegute entstehen und aufhören; keines der in ihr liegenden Rechte, keine der dadurch begründeten Pflichten kann für sich allein, sondern nur zugleich mit allen anderen bestehen.“ 440

Planck stellte sich also der Behauptung Gierkes entgegen, dass seine Gestaltung des Eherechtes die Ehegatten nicht zu einer Einheit zusammenfüge. Diese Einheit könne bei einer Betrachtung des ganzen Eherechts nicht übersehen werden. Zu einem anderen Ergebnis könne Gierke nur dadurch kommen, dass er einzelne Vorschriften für sich genommen und aus dem Zusammenhang gerissen bewerte. Den Vorwurf Gierkes, Planck berücksichtige den Gemeinschaftsgedanken im Eherecht nicht, weil er sein Eherecht nicht auf die Grundlage des Mundiums stütze, sondern detaillierte Regelungen für die vermögensrechtlichen Verhältnisse in der Ehe geschaffen hätte, konterte Planck mit einem Angriff auf die von Gierke bevorzugte Rechtsgestaltung. „In diesen Vorwürfen tritt m. E. so recht klar die Abneigung Gierke’s gegen jede klare und scharfe Formulirung der bei einer familienrechtlichen Gemeinschaft den Gliedern derselben zustehenden Rechte und Pflichten hervor. Die Begriffe der Gemeinschaft, der dem Ehemanne als Haupt derselben zukommenden Stellung und des ihm kraft derselben zustehenden Rechtes an einem Vermögensinbegriffe sollen nach Gierke, wie es scheint, auch hier wieder jene geheimnißvolle Wirkung haben, in Folge derer eine nähere Bezeichnung einzelner, die Recht und Pflichten der Betheiligten bestimmenden Rechtssätze nicht erforderlich ist.441

Für Planck jedoch stand fest, dass gerade diese detaillierte Regelung der ehelichen Verhältnisse ein besonderes Erfordernis darstellte, um aus dem bestehenden Zustand der Unsicherheit und Zersplitterung herauszufinden. „Die Nothwendigkeit aber, die einzelnen, als Consequenz der eheherrlichen Gewalt sich ergebenden Rechte und Pflichten genau zu bestimmen, ergiebt sich besonders klar, wenn man die in dieser Beziehung in den meisten bestehenden Rechten herrschende große Unsicherheit und Unklarheit in’s Auge faßt.“ 442

440 441 442

Planck, Zur Kritik, S. 357 f. Planck, Zur Kritik, S. 356. Planck, Zur Kritik, S. 358.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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Der Vorwurf Gierkes, die Regelungen Plancks hätten zu keinem materiell anderen Ergebnis geführt, wies Planck schon im Vorfeld der Äußerungen Gierkes zurück, da er die ganze Begründung seiner Rechtsgestaltung darauf stützte, dass diese eben gerade darauf ausgelegt sei die Rechtsstellung der Ehefrau in der Ehe zu verbessern (s. o. 2. Teil, 2. Kapitel, § 2, B.). c) Die Erweiterung des Vorbehaltsgutes Die Äußerung Gierkes, die Regelungen hätten zu keinem materiell anderen Ergebnis geführt, wie bei Erhaltung des Mundiums sind erstaunlich, wenn man sich die sonstigen Aussagen Gierkes zu den Verbesserungen der weiblichen Position betrachtet. So äußerte er sich mit besonderer Ablehnung zu der Erweiterung des Vorbehaltsgutes der Frau. „Dazu kommt, um dem Gemeinschaftsgedanken den Todesstoss zu geben, eine übermässige Ausdehnung des dem Eherecht ganz entzogenen Vorbehaltsgutes der Frau. . . . Die Motive trösten damit, dass der Mann seine Einwilligung von der Zusage eines Beitrages der Frau abhängig machen könne. Ist das aber eine gesunde Eheordnung, welche die Ehegatten anweisen muss, mit einander zu markten und zu feilschen, damit die gesetzliche Regel unschädlich werde?“ 443

Wiederum argumentierte Gierke mit der Verletzung des Gemeinschaftsgedankens, weil hier eine Vermögensmasse ausgedehnt werde, die von der ehelichen Gemeinschaft dadurch getrennt sei, dass sie allein der Frau als Eigentum zustehen sollte. Zutreffend wies er darauf hin, dass der Ratschlag Plancks, die Männer könnten mit der Drohung, die selbstständige Arbeit der Frau (§ 1277444) ganz zu unterbinden, einen Anteil am Erlös für sich gewinnen445, tatsächlich nicht für das eheliche Verhältnis geeignet erscheint. Zusätzlich stellte der fest, dass diese Regelung keinen ausreichenden Ersatz für den fehlenden Anteil der Frau an der ehelichen Errungenschaft darstelle. Dies gelte vor allem für Frauen, die ihre ganze Arbeit dem Hauswesen und/oder dem Geschäft des Mannes widmen würden.446 Darüber hinaus kritisierte er auch hier, dass die gesetzlichen Regelungen Abgrenzungsfragen erzeugen würden. Konkret nannte er diesbezüglich vor allem die Frage, welche Geschäfte der ehemännlichen Einwilligung bedürfen. Die Klärung dieser offenen Punkte im Einzelfall könnte sich laut Gierke auf die Zustände in einer Ehe nur negativ auswirken.447

443

Gierke, Haus, S. 654; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 408. Angesprochenen wird hier der § 1358 BGB a. F. in der Fassung des Entwurfes/ Erste Lesung/1888. (Näheres dazu siehe Teil 3, Kapitel 6). 445 Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 175 f. 446 Gierke, Haus, S. 654; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 408. 447 Gierke, Entwurf, S. 408. 444

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

4. Zwischenergebnis Die nähere Betrachtung der Kritik Gierkes an den dargestellten Teilen des Planckschen Entwurfs erbrachte also das Ergebnis, dass die Beanstandungen von Gierke immer wieder auf denselben Ausgangspunkt, nämlich den Gemeinschaftsgedanken zurückgeführt werden können. Das eheliche Güterrecht bestätigt damit die oft aufgestellte These, dass Gierke den Gemeinschaftsgedanken bzw. die Genossenschaftsidee als Muster verwendete, die all seine Konzeptionen durchdrang448, oder wie Schmidt es ausdrückte: „In einer historisch begriffenen durchweg aus dem germanischen Genossenschaftswesen hergeleiteten „Rechtsidee“ sucht Gierke nach materiellen Maßstäben für das Privatrecht.“ 449

Auch die Vorschläge Gierkes zum ehelichen Güterrecht können nur unter Zugrundelegung dieses Prinzips verstanden werden. Seine ganze Kritik speiste sich aus dem Wunsch, das Ehepaar als eine Einheit zu begreifen. Dies ist der Grund für seine Zurückweisung der Vorschläge Plancks zur Trennung von Vermögen oder Willenssphären. Die Ablehnung von Plancks Bemühen, innerhalb der Ehe unterschiedliche Vermögensmassen zu bilden, zeigte sich deutlich beim eingebrachten Gut der Frau, beim Vorbehaltsgut der Frau und sogar bei dem Vermögen des Mannes, indem er an dieser Stelle die Zuordnung der Nutzungen des eingebrachten Gutes in diese Vermögensmasse kritisierte. Sein Anliegen eine einzige Vermögensmasse für die eheliche Gemeinschaft zu schaffen, drückte sowohl seinen Wunsch nach Verwirklichung des Gemeinschaftsgedankens, als auch die Absicht aus, die eheliche Gemeinschaft selbst als ein eigenständiges Rechtssubjekt zu begreifen. Seine Opposition zur Trennung der Willenssphären manifestierte sich vor allem in seiner Kritik an der Regelung der Verwaltungs- und Nutznießungsrechte des Mannes am eingebrachten Vermögen der Frau. Durch die Berechtigungen des Mannes an einem fremden Vermögen einerseits, sowie durch die Beschränkungen seiner Macht auf der anderen Seite, werde die Individualität der Ehegatten betont. Die daraus entstehenden wechselseitigen Ansprüche würden das Risiko in sich tragen, die Partner zu potenziellen Gegnern zu machen. Ebenfalls auf den Gemeinschaftsgedanken zurückzuführen ist Gierkes Kritik an der Beschränkung der Schuldenhaftung der Frau für die Schulden des Mannes. Hier sah er zwar weniger die innere Gemeinschaft in der Ehe gefährdet, wohl aber die Einheitlichkeit der ehelichen Gemeinschaft aus Sicht eines außen stehenden Dritten.

448 Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 455; Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 261; siehe auch: Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 172 ff.; Nörr, Eher Hegel, S. 43 f.; Janssen, Gierkes Methode; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 319 ff.; Schmidt, Verbandstheorie; Oexle, Rechtsgeschichte, S. 193 ff. 449 Schmidt, Verbandstheorie, S. 10.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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Doch dies ist nicht die einzige Beobachtung, die sich bei der Prüfung der Kritik Gierkes am ehelichen Güterrecht aufdrängt. Neben der eindeutigen Ausrichtung von Gierke am Gemeinschaftsgedanken fällt auf, dass er dieser „germanistischen Rechtsidee“ immer wieder, sozusagen als Negativ die „romanistische“ Idee des Individualismus gegenübergestellt.450 Wie bei der Darstellung des Meinungsspektums ausgeführt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. IV.), existierte jedoch, zumindest was das eheliche Güterrecht angeht, keine klare Trennungslinie zwischen einer germanistischen und einer romanistischen Seite. Des Weiteren wird oftmals auch auf die Diskrepanz der von Gierke favorisierten Rechtsgestaltungen mit den durch historische Forschung zum germanischen Recht gefundenen Ergebnissen hingewiesen.451 Auch für das eheliche Güterrecht ist eine solche Abweichung von den historischen germanischen Vorbildern in der Wahl des von ihm favorisierten Güterrechts festzustellen. Hier kämpfte Gierke für die Einführung der Gütergemeinschaft, obwohl durch historische Forschung festgestellt wurde, dass tatsächlich ein der Verwaltungsgemeinschaft ähnliches Güterrecht ursprünglich die ehelichen Verhältnisse bei den Germanen geregelt hatte. Es liegt aus diesen Gründen die Vermutung nahe, dass es sich bei der allenthalben in Gierkes Texten zu findenden Gegenüberstellung von römischem und germanischem Recht um eine offensichtlich gewollt herbeigeführte Polarisierung handelt.452 Regelmäßig werden immer gleiche Begriffspaare einander gegenübergestellt, wie etwa romanistisch und germanistisch; Individualismus und Gemeinschaftsgedanke; doktrinär und volkstümlich und im Bereich des ehelichen Güterrechts schließlich Gütertrennung und Gütergemeinschaft.453 Meist leben die Argumentationen Gierkes von dieser Gegenüberstellung der römischen und der germanischen Rechtsgestaltung, da diese regelmäßig die Grundlage für seine

450 Siehe dazu: Hattenhauer, Hierarchie, Randnummer 361 (Hattenhauer sieht bereits in der Themenwahl der Genossenschaft den Versuch eine Opposition zum römischen Recht aufzubauen. Als Grund gibt er an, dass die Professoren des deutschen Rechts ihre Existenzberechtigung und Gleichrangigkeit mit den Romanisten nachweisen wollten.). 451 Zweifel an der Stichhaltigkeit der geschichtlichen Herleitung Gierkes siehe auch: Gurwitsch, Gierke, S. 106, Fußnote 8; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 187 f. (betreffend den von Gierke vertretenen Personenbegriff); Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 454, 455 f.; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 359; Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. XXXIII f.; Versuch einer Erklärung aus dem Geschichtsverständnis Gierkes: Janssen, Gierkes Methode, S. 188 ff. 452 So auch in: Gierke, soziale Aufgabe, S. 12; zur philosophischen Grundlegung dieser historischen Polarisierung: Janssen, Gierkes Methode, S. 64 f., 71. 453 Zu beobachten z. B. bei: Gierke, Entwurf, S. 419; Gierke, Haus, S. 643 ff., 650, 652; zustimmend: Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 58 (Nach einer Untersuchung der Wortverwendung in dem Aufsatz „Die soziale Aufgabe“ kam Wolf zu dem Ergebnis, dass Gierke die Ausdrücke „germanisch“, „deutsch“, „Einheit“, „Gemeinschaft“ und „sozial“ gleichbedeutend benutzt und den Gegensatz hierzu mit den ebenfalls gleichbedeutend gebrauchten Wörtern „römisch“ oder „romanistisch“, „individualistisch“, „Zerreißung und Zersetzung“, „abstrakt“ kennzeichnet.).

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

polemische Ablehnung oder seine euphorische Verteidigung eines bestimmten Standpunkts bildet.454 Letztendlich ermöglicht es Gierke erst diese systematische Suggestion eines Feindbildes einen eindeutigen eigenen Standpunkt zu schaffen, der an manchen Stellen bereits durch seine bloße Deklaration als „germanistisch“ gerechtfertigt erscheint. Dabei vernachlässigt Gierke im Bereich des ehelichen Güterrechts völlig die Fragen nach der praktischen Umsetzbarkeit oder der Angemessenheit seiner Vorschläge im Hinblick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit.455 Dies gilt insbesondere für seine Haltung zum Verhältnis der Geschlechter im ehelichen Güterrecht. Hier ist besonders seine vehemente Verteidigung des Mundiums zu nennen, welches Gierke, obwohl zu seiner Zeit in vielen Teilen des Landes bereits überholt (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 1, B.), als die notwendige und einzig mögliche Grundlage der ehelichen Gemeinschaft ansah. Die Haltung Gierkes bezüglich des ehelichen Güterrechts in seiner Kritik zum Entwurf kann man also mit Jannsen folgendermaßen zusammenfassen: „G. (SS.: Gierke) kämpft nicht deshalb für ein neues, von diesen Grundgedanken bestimmtes Privatrecht (SS.: Forderung nach deutschem, volkstümlichem und sozialem Recht), weil er sie im alten deutschen Rechts verwirklicht sieht, sondern die historische Betrachtung dient ihm hier dazu, seine persönlichen Rechtsanschauungen zu legitimieren, sie bestätigt seine theoretischen Ausgangspunkte.“ 456

Diese, von Jannsen allgemein für die Kritik Gierkes am Entwurf des BGB getroffene Aussage, hat sich bei der Betrachtung des ehelichen Güterrechts bestätigt. Das erste Ziel, das er mit seinen Forderungen zum ehelichen Güterrecht verfolgte, war die Abbildung des Gemeinschaftsgedankens, seines theoretischen Ausgangspunktes für eine deutsche Rechtsgestaltung. Zweitrangig war offensichtlich die Übereinstimmung seiner Forderungen mit rechtsgeschichtlichen Gestaltungen. Wie im Folgenden näher dargestellt werden soll, hat auch seine, von Jannsen angesprochene Forderung nach einem volkstümlichen Recht im Bereich des ehe454 Zustimmend: Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 60; zur Ausdrucksweise Gierkes als „deutschtümelndes Pathos“: Schmidt, Verbandstheorie, S. 10. 455 Kritik an der Vernachlässigung von gesetzgeberischen Problemen siehe auch bei: Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 60; zur Kritik an mangelnden Berücksichtigung der Realität in der sich entwickelnden Industriegesellschaft in bestimmten Bereichen: Dilcher, Positivismus, S. 521; Böckenförde, Forschung, S. 154; Wolf, Rechtsdenker, S. 673 f.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 455; differenzierende Betrachtung: Mertens, Gierke, S. 511. 456 Janssen, Gierkes Methode, S. 69 f.; zurückhaltender: Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. XXXIII f. (Schultze findet zwar die eindeutige Zuordnung von Rechtssätzen bei Gierke zu den Begriffen romanistisch und germanistisch zweifelhaft, jedoch kann er diesem „Überschwang der germanistischen Grundstimmung“ durchaus auch positive Seiten abgewinnen.).

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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lichen Güterrechts in Form seiner Kritik am rechtswissenschaftlichen Positivismus Niederschlag gefunden. Vor allem in der Diskussion um die Verwaltungsund Nutznießungsrechte des Mannes am eingebrachten Gut ist die Kluft, die sich diesbezüglich zwischen Planck und Gierke auftrat, bereits deutlich hervorgetreten. Sie zeigte sich in den unterschiedlichen Meinungen der beiden Juristen zu der gesetzestechnischen Umsetzung der gefundenen Inhalte. Tatsächlich weisen die Vorstellungen von Planck und Gierke in dieser Beziehung wohl die größten Diskrepanzen auf. III. Die gesetzes-technische Umsetzung

Betrachtet man die Standpunkte der beiden Juristen näher, so kann man sogar von einer Gegensätzlichkeit ihrer Ansichten in diesem Punkt sprechen. Vor allem das große Gewicht, das der gesetzestechnischen Umsetzung in der Auseinandersetzung zugewiesen wurde, ist auffallend. So scheint sich der Streit auf den zweiten Blick weniger um inhaltliche Fragen zu drehen, als vielmehr um die unterschiedlichen Einstellungen zu der technischen Umsetzung von Gesetzen allgemein. „Der Entwurf bringt in der That in seinem Familienrecht eine grössere Fülle von deutschem Rechtsstoff, als in einem anderen Buch. Allein das juristische Kunstwerk, zu dem er diesen Stoff verarbeitet, zeigt den Styl der Pandektendoktrin. Deutsches Familienrecht ist es nicht und kann es nicht sein, weil es nichts von der Einheit des deutschen Hauses weiss. Es ist nur ein verwickelteres Individualrecht, in welches die Familie als solche nicht eintritt.“ 457

Hinter diesem Streit um die gesetzestechnische Ausgestaltung des Entwurfs verbergen sich die unterschiedlichen Einstellungen der Diskussionspartner zu den Methoden des rechtswissenschaftlichen Positivismus, dessen Grundlagen bereits Erwähnung fanden (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. b) aa)). So können in Plancks Vorschlägen zum ehelichen Güterrecht durchaus Tendenzen gefunden werden, den Idealen des rechtswissenschaftlichen Positivismus zu folgen. Dies ist etwa erkennbar in dem Versuch das eheliche Verhältnis in einzelne Rechte und Pflichten zu zergliedern und diese einzelnen Rechtsverhältnisse durch juristisch klar eingegrenzte, objektiv nachprüfbare Voraussetzungen unter die richterliche Kontrolle zu stellen. Gierke dagegen wandte sich vehement gegen diese Regelungsmethode Plancks. Er wollte durch Rahmenregelungen und die Normierung sittlicher Pflichten einen Sittenkodex ins Gesetz einführen, der durch die Abbildung des idealen Charakters der Ehe, dem Volk als Richtschnur für die Ausgestaltung der eigenen Ehe dienen sollte.

457

Gierke, Haus, S. 649 f.; siehe auch: Gierke, Gesetzbuch, S. 34 ff.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

1. Die unterschiedlichen Regelungstechniken a) Die kompetenzverteilenden Rahmenregelungen Gierkes Vorschläge zum ehelichen Güterrecht wurden wesentlich von seiner Absicht beeinflusst, auf inhaltliche Regelungen weitgehend zu verzichten und stattdessen, mittels des Mundiums, eine kompetenzverteilende Rahmenregelung zu schaffen, die alle inhaltlichen Belange abdecken sollte. Dies wollte er erreichen, indem er die konkrete inhaltliche Ausgestaltung der ehelichen Vermögensverhältnisse einer Person, dem Ehemann, als ausführendem Organ zu wies. Für den Ehemann bedeutete dies, dass ihm die Stellung des Hauptes der ehelichen Gemeinschaft und gleichzeitig damit das Recht und die Pflicht zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit den vermögensrechtlichen Belangen der Ehe übertragen werden sollte. Die Bindung der Person, der derartige Kompetenzen übertragen wurden, erfolgte nicht durch ausdrückliche gesetzliche Beschränkungen seiner Macht oder durch konkret geregelte Verpflichtungen gegenüber den untergebenen Personen, sondern durch allgemeine Hinweise auf sittliche Pflichten, hier die einer idealen Eheordnung. Diese Tendenz Gierkes ist sowohl wahrnehmbar in seiner Parteinahme für das Mundium, als auch in seiner Ablehnung der Verwaltungsgemeinschaft, mit der Planck das gegensätzliche Ziel verfolgt hatte. Nach diesen Vorgaben Gierkes wäre das Mundium erneut zur Generalklausel des ehelichen Güterrechts avanciert. Mittels dieser personenrechtlichen Gewalt des Ehemannes über die Ehefrau wollte Gierke alle inhaltlichen Entscheidungen bezüglich Vermögensfragen in der Ehe auf den Ehemann übertragen. So hätte man sich bei der gesetzlichen Regelung auf die Festlegung eines Rahmens, nämlich der Machtverhältnisse in der Ehe, beschränken können. Die konkrete Klärung inhaltlicher Fragen wäre dann weitgehend verzichtbar gewesen. Allen Einwänden, die Besorgnis um die untergebenen Familienmitglieder ausdrückten, hielt Gierke wiederum den Gemeinschaftsgedanken und den damit eng verbundenen germanischen Personenbegriff entgegen. Schließlich wies Gierke dem Ehemann diese Macht „nicht wie einem aus allen Zusammenhängen gelösten souveränen Individuum, sondern (sie) stand ihm eben als dem Haupte eines Ganzen, in enger Verknüpfung mit seiner personenrechtlichen Stellung zu.“ 458 Gleichzeitig erübrigte sich wegen des germanischen Personenbegriffes auch die Beschränkung der ehemännlichen Gewalt zum Schutz der untergebenen Personen, weil die Macht die Gierke hier verteilte nach germanischem Recht bereits die Schranke in sich trug und zwar war sie „beschränkt und gebunden durch die entgegenstehenden Rechte der Gewaltunterworfenen.“ 459 Ausdrückliche Regelungen zur Einschränkung der Macht konnten daher ohne weiteres unterbleiben, denn die Gebundenheit des Einzelnen in der Gemeinschaft bewirke, dass zugeteilte Befug458 459

Gierke, Haus, S. 646 f. Gierke, Haus, S. 646; Gierke, Entwurf, S. 407.

§ 3 Der Streit zwischen Germanisten und Romanisten

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nisse nicht missbraucht werden würden. Dafür sorge der freie, aber sittlich gebundenen, also der „sittlich freie Wille, welcher die Seele der germanischen Persönlichkeit bildete“ 460. Auf dieser Grundlage glaubte Gierke eine angemessene Berücksichtigung der Belange der Untergebenen auch ohne rechtliche Bindung sicherstellen zu können. Gierke hielt also Rahmenregelungen für ausreichend, weil man auf den Charakter der ehelichen Gemeinschaft als von „vornherein bedingt und innerlich beschränkt durch die sittliche Ordnung der menschlichen Gemeinschaft“ 461 vertrauen und bauen konnte. Diese von Gierke vorgesehenen Grundlagen des ehelichen Güterrechts, sind deutlich von seiner Opposition gegen den rechtswissenschaftlichen Positivismus geprägt. Im Gegensatz zu dem Ziel dieser Anschauung Rechtssätze und ihre Anwendung ausschließlich aus System, Begriffen und Lehrsätzen der Rechtswissenschaft abzuleiteten, ohne dabei außerjuristischen Aspekten eine rechtserzeugende oder rechtsänderende Kraft zuzugestehen462, versuchte Gierke Rahmenregelungen zu schaffen, die durch die ethische Haltung der ausführenden Person erst ihren konkreten Gehalt erhielten. Unter Vernachlässigung der Regelung von bestimmten Rechten und Pflichten der Ehegatten sollte durch eine einfache Kompetenzzuweisung an den Ehemann der einheitliche Ausgangspunkt, die Rechtsidee der Ehe als patriarchalisch beherrschte Einheit463, ausgedrückt werden. Daher kann man den oben dargestellten Vorschlag Gierkes zur Regelungstechnik im Bereich des ehelichen Güterrechts durchaus auf seine Kritik am rechtswissenschaftlichen Positivismus zurückführen. „Der sich vermißt (SS.: gemeint ist der Geist, der den Entwurf durchzieht), durch logische Ableitung aus abstrakten Begriffen eine lebendige und allumfassende Rechtsordnung zu gebären! Der die selbstgezimmerten „Prinzipien“ über die Sache, das folgerichtige „System“ über die Zusammenhänge der Wirklichkeit, die juristische Gedankenwelt über die Welt der Realitäten stellt! Wie viel oder wie wenig dieser Geist mit dem echten römischen Recht zu thun hat, ist eine sekundäre Frage.“ 464

Die Kritik Gierkes richtete sich demnach bereits gegen den Versuch durch gerichtlich nachprüfbare Rechte und Pflichten eine rechtliches System zu schaffen, das die Regelungsbelange der Ehe auszufüllen sucht. Bereits durch diese Absicht gehe die Verbindung zur Realität verloren, die Gierke bezüglich der Ehe in einer patriarchalisch strukturierten Gemeinschaft sah. So büße man die Möglichkeit ein dem materiellen Inhalt des Rechtsgedankens gerecht zu werden. Im Ergebnis führe nach Gierke die Konzentration auf die formal-analytischen Logik zu einer einseitigen Verengung auf die juristische Technik, die den Grundproblemen hilf460

Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 33. Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 33. 462 Kaufmann, Rechtspositivismus, in: HRG, Bd. 4, S. 322; Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 431; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 324 f. 463 Gierke, Gesetzbuch, S. 35. 464 Gierke, Entwurf, S. 23; siehe auch: Gierke, Gesetzbuch, S. 15 ff. 461

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los gegenüberstehe.465 Auf diese Weise erhalte man nur einen Formelapparat, dessen Inhalt so gut wie null sei und der alle Schwierigkeiten, statt sie zu lösen, nur beiseite schiebe.466 Um nicht in diesen Fehler zu verfallen suchte Gierke, wie so oft, nach einem Gegenpol, und fand ihn in der Rechtsidee, die sich im Bereich des ehelichen Güterrechts durch seine Vorstellung von einer gerechten, idealen ehelichen Gemeinschaft ausdrückte. Bezeichnenderweise nannte Gierke deshalb den Wunsch inhaltliche Regelungen im Gesetz zu treffen, einen „kahle(n) Positivismus . . ., dessen letzte Konsequenz die Eliminierung der Rechtsidee ist.“ 467 Oder wie er es in seiner bilderreichen Sprache ausdrückte: „Wird ihr (SS.: der Rechtsidee) der Einzug in den Körper des positiven Rechts versagt, so flattert sie gespenstisch durch die Räume und droht, sich in einen Vampyr zu verwandeln, der dem Rechtskörper das Blut aussaugt. Es gilt, die äussere Erfahrung, dass alles geltende Recht positiv ist, und die innere Erfahrung, dass die lebendige Kraft des Rechtes aus der mit dem Menschen gebornen Rechtsidee stammt, zu einer einheitlichen Grundauffassung vom Wesen des Rechts zu verbinden.“ 468

Die Kritik Gierkes am ehelichen Güterrecht des Entwurfs lässt sich in vielerlei Hinsicht auf diese Einstellung zurückführen. Insbesondere in den vielen, geschilderten Gefahren, die er für den Fall einer inhaltlichen, für einzelne Situationen zugeschnittenen gesetzlichen Regelung befürchtete, ist sie erkennbar. So traf er die Aussage, die Regelungsbemühungen Plancks führten entgegen dem Gemeinschaftsgedanken zu „gesonderten und scharf abgegrenzten Individualrechten unverbundener Subjecte“ 469. Bei näherer Betrachtung seiner Kritik lehnte Gierke für die eheliche Gemeinschaft grundsätzlich eindeutige Regelungen ab, weil dadurch Individualrechte geschaffen würden, die nicht einer immanenten sittlichen Beschränkung unterliegen würden470. Dadurch würde die Einheit der Ehe sowohl unter den Ehegatten als auch für Dritte, die mit der Gemeinschaft in Kontakt geraten würden, aufgehoben471, und das durch die Rahmenregelung des Mundiums geschaffene innere Band der Ehe „in eine unübersehbare Menge einzelner Rechte und Ansprüche auseinander“ 472 gerissen. Dies führe, wie er bei seiner Kritik an den Verwaltungs- und Nutznießungsrechten des Mannes feststellte, zu einer komplexen Regelung, „deren Sinn größtenteils vom einem nicht mit allen Künsten und Schlichen dieses Juristendeutsch vertrauten Leser nicht einmal un-

465

Gierke, Labands Staatsrecht, S. 18, 95 f. Gierke, Grundbegriffe, S. 1 f., 9, 79, 87; zu den trotz der Kritik Gierkes bestehenden Parallelen zwischen seinen Arbeiten und dem rechtswissenschaftlichen Positivismus: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 454. 467 Gierke, Naturrecht, S. 11. 468 Gierke, Johannes Althusius, S. 366. 469 Gierke, Haus, S. 653; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 407. 470 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 27 ff., 33; Gierke, Entwurf, S. 410. 471 Gierke, Entwurf, S. 410. 472 Gierke, Haus, S. 653; Gierke, Entwurf, S. 410. 466

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gefähr erraten werden kann.“ 473 Zusätzlich würden auf diese Weise schwierige Abgrenzungsfragen entstehen, die Anlass zum Streit unter den Ehegatten sein könnten. Damit sei in der Konsequenz zu erwarten, dass das Vertrauen in der Ehe, vor allem gegenüber dem Mann, durch die Möglichkeiten der Kontrolle und der Beeinflussung seiner Entscheidungen, zerstört werde474. Nirgends zeigte sich bisher diese Neigung zur Idealisierung des ehelichen Verhältnisses durch Gierke deutlicher als in dieser Zusammenstellung, die belegt, dass er als Grundlage für seine Vorschläge zum Güterrecht allein das Vertrauen in die Integrität des Ehemannes wählte. Allein dessen Güte und Uneigennützigkeit sollten nach Gierke für die Qualität und Gerechtigkeit der vermögensrechtlichen Entscheidungen innerhalb einer Ehe bürgen. b) Die Klärung inhaltlicher Fragen durch den Gesetzestext Planck dagegen ging in dieser Frage von einem ganz anderen Ansatzpunkt aus. Er wollte die Rechte und Pflichten der Ehegatten im Gesetz genau festlegen und gegeneinander abgrenzbar machen, um so inhaltliche Regelungen für bestimmte Situationen zu schaffen. Er hatte in seinem Entwurf den Versuch unternommen, diesen Vorsatz in die Tat umzusetzen, was vor allem an der ausführlichen Regelung zu den Rechten am eingebrachten Gut erkennbar ist. Planck wollte auf diese Weise eine klare Rechtslage schaffen, damit die richtige Rechtsauffassung ohne allzu große Interpretationsfreiräume aus dem Gesetz erkennbar sei. Er folgte damit dem Ideal des rechtswissenschaftlichen Positivismus, ein in sich geschlossenes und lückenloses System von Institutionen und Rechtssätzen zu schaffen475, in dem alle anstehenden Streitigkeiten allein durch logische Subsumtion richtig und gerecht entschieden werden können.476 Planck kritisierte folgerichtig Gierkes gegenteiligen Ansatz, allein auf eine Rahmenregelung und die Integrität einer der Gemeinschaft angehörenden Person zu setzten: „In diesen Vorwürfen tritt m. E. so recht klar die Abneigung Gierke’s gegen jede klare und scharfe Formulierung der bei einer familienrechtlichen Gemeinschaft den Gliedern derselben zustehenden Rechte und Pflichten hervor. Die Begriffe der Gemeinschaft, der dem Ehemanne als Haupt derselben zukommenden Stellung und des ihm kraft derselben zustehenden Rechtes an einem Vermögensinbegriffe sollen nach Gierke, wie es scheint, auch hier wieder jene geheimnißvolle Wirkung haben, in Folge derer eine nähere Bezeichnung einzelner, die Recht und Pflichten der Betheiligten bestimmenden Rechtssätze nicht erforderlich ist.477

473 474 475 476 477

Gierke, Entwurf, S. 410. Gierke, Haus, S. 653 f.; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 414. Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 436. Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 433. Planck, Zur Kritik, S. 356.

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Planck wollte sich also weder auf die „geheimnisvolle Wirkung“ noch auf die Integrität der männlichen Bevölkerung verlassen, sondern den Ehefrauen dadurch Schutz bieten, dass er ihnen durchsetzbare Ansprüche mit in die Ehe gab, die sie zumindest bei einem deutlichen Versagen des Ehemannes absichern sollten. Er hoffte durch die Beseitigung von Rechtsunsicherheiten und Unklarheiten478, vor allem bei Ehen in denen bereits eine gewisse Zerrüttung vorherrsche, eine klare Trennung der Fronten durch das Gesetz festzulegen und so mögliche Streitpunkte der Ehegatten bereits im Vorfeld auszuräumen. Gesunde Ehen dagegen bedurften seiner Meinung nach der Berücksichtigung durch das Gesetz weniger, da hier die Ehegatten unabhängig vom Gesetz immer zu einem Konsens gelangen könnten.479 Vor allem zum Schutz des schwächeren Teils, also der Frauen, sei eine solche Zielsetzung unbedingt vonnöten und gerade diese Ausrichtung belege den sozialen Charakter seines Entwurfs.480 „An die Stelle der bloß moralischen Verantwortlichkeit des Ehemannes ist allenthalben dessen rechtliche Verpflichtung zu ordnungsmäßiger Verwaltung des Ehegutes getreten und es kann m. E. keinem Zweifel unterliegen, daß eine Rückkehr zu jenem älteren Systeme (SS.: gemeint ist der Sachsenspiegel) unbedingt ausgeschlossen ist. Damit erledigt sich auch die Gierke’sche Behauptung, daß der Entwurf statt des Vertrauens das Mißtrauen zur Grundlage seines gesetzlichen Güterrechtes mache. In dem Sinne, daß der Ehemann überhaupt nur moralisch, nicht rechtlich verantwortlich sei, konnte und durfte der Entwurf allerdings das Vertrauen nicht zur Grundlage seiner Bestimmungen machen. Beruht denn aber jede Vorschrift, welche die Grenzen eines Rechtes bestimmt und die rechtliche Verantwortlichkeit für deren Innehaltung ausspricht, auf einem Mißtrauen gegen den Berechtigten? So wenig dies im Allgemeinen der Fall ist, so wenig kann auch bei den Vorschriften des Entwurfes, durch welche das eheherrliche Recht des Ehemannes begrenzt und näher bestimmt wird, von einem Mißtrauen gegen den Ehemann die Rede sein. Unbestimmtheit und Unsicherheit bei rechtlichen Verpflichtungen ist die Mutter von Streitigkeiten und Prozessen zwischen den Betheiligten. Je klarer und unzweideutiger die Vorschriften des Entwurfes über die Rechte und Pflichten des Ehemannes gefaßt sind, um so weniger werden sie zu Streitigkeiten zwischen den Ehegatten Anlaß geben. Unbenommen bleibt den Ehegatten, wenn sie darüber einverstanden sind, die rechtlich festgestellten Grenzen unbeachtet zu lassen; die Ehefrau kann dem Ehemanne unbeschränkte Vollmacht geben und ihn von jeder Verantwortlichkeit befreien. Das ist Sache ihres freien Entschlusses; aber das Recht soll sie haben, die Innehaltung jener Grenzen zu verlangen und die Anerkennung dieses Rechtes wird den Frieden der Ehe niemals stören, nicht selten aber geeignet sein, Mißhelligkeiten vorzubeugen.“ 481

Planck sprach sich darüber hinaus deutlich gegen den Vorwurf Gierkes aus, dass sein Vorgehen der einheitlichen Regelung der ehelichen Belange abträglich sei. Das von Gierke kritisierte Zerreißen der ehelichen Ansprüche in einzelne 478 479 480 481

Planck, Zur Kritik, S. 357 f. Planck, Zur Kritik, S. 364; Entgegnung Gierkes: Gierke, Gesetzbuch, S. 36 f. Planck, Tendenz, S. 181, 184. Planck, Zur Kritik, S. 364.

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Rechte und Pflichten vermochte er bei einer zusammenhängenden Betrachtung des gesamten Güterrechts nicht zu erkennen.482 2. Die Einführung sittlicher Pflichten ins Gesetz Der andere Kritikpunkt Gierkes, der die beim ehelichen Güterrecht angewandte Regelungstechnik betraf, war die Vernachlässigung der Einführung sittlicher Pflichten ins Gesetz. Auch in dieser Auseinandersetzung erwiesen sich Gierke und Planck als ihren Grundsätzen treu ergeben. Gierke befürwortete eine ausführliche Regelung von sittlichen Pflichten im Gesetz, um auf diese Weise die von ihm bevorzugten Rahmenregelungen inhaltlich konkretisieren zu können. Planck dagegen erscheint wiederum als der Verfechter praktischer, objektiv nachvollziehbarer Grenzen, weshalb er der Aufnahme sittlicher Pflichten eher skeptisch gegenüberstand. a) Die Abbildung der idealen Eheordnung im Gesetz Gierke befürwortete ausdrücklich die Aufnahme sittlicher Pflichten bei der Gestaltung von Gesetzen. Er verfolgte damit das Ziel durch das Gesetz eine ideale Eheordnung abzubilden, die als Leitgedanke für alle Ehen dienen sollte.483 Dies drückte sich auch in seiner Forderung nach Volkstümlichkeit des Bürgerlichen Gesetzbuches aus, die beinhaltete, dass das Gesetz sich mit leicht verständlichen Richtlinien direkt an das Volk wenden sollte. „Ein modernes Gesetzbuch kann freilich nicht in jedem Punkte für Jedermann verständlich reden, geschweige denn die ganze Tiefe seines Gedankengehalts dem ungeübten Leser mühelos offenbaren. Allein in seinen Grundzügen muß es sich dem Verständniß des Nichtjuristen erschließen, es muß zum Herzen des Volkes sprechen, es muß auch im einfachen Manne die Empfindung wecken, daß es gutes Recht, daß es gerechtes Recht, daß es sein Recht kündet. Und selbst wenn es darauf rechnete, nur von Juristen in die Hand genommen zu werden, es dürfte selbst dann nicht volksthümlicher Art entbehren. Denn immer ist es doch zur Anwendung auf das Familienleben und die Wirthschaft Aller bestimmt und soll durch die Vermittlung von Richtern und Anwälten einem Jeden das tägliche Brot der Gerechtigkeit spenden.“ 484

Gierke lobte die in Ansätzen bestehende Verwirklichung seiner Forderung nach der Aufnahme von sittlichen Pflichten im Entwurf. Dabei bezog er sich z. B. auf die Normierung der Verpflichtung zur ehelichen Gemeinschaft und die Regelung, dass dem Mann in gemeinschaftlichen Angelegenheiten die entscheidende Stimme zustehe. Und er fügte zur Bewertung dieser Vorgehensweise an:

482 483 484

Planck, Zur Kritik, S. 357 f. Gierke, Haus, S. 650. Gierke, Gesetzbuch, S. 11 f.; siehe auch: Jannsen, Gierkes Methode, S. 60, 68.

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„Mit Unrecht hat man solche Sätze beanstandet. Der Gesetzgeber spricht nicht blos zum Richter, sondern auch zum Volke, und hat die Grenzen zu bezeichnen, innerhalb deren die sittlichen Pflichten zugleich Rechtspflichten sind. Er hätte wohl daran gethan, auch auf die Pflicht der ehelichen Treue und des gegenseitigen Beistandes hinzuweisen.“ 485

Die Frage, warum es Gierke so wichtig erschien, dass sittliche Pflichten Eingang in die gesetzliche Regelung fanden, beantwortete er, indem er auf die große Bedeutung des Gesetzes für die Entwicklung der gesellschaftlichen Verhältnisse hinwies, auch wenn ihm natürlich bewusst war, dass dies nicht allein entscheidend sein konnte: „Wir, die wir unsere geschichtlich erarbeitete Cultur lieben, an ihre Lebenskraft glauben und auf ihre Fortbildung, nicht auf ihren Umsturz, hoffen, wir sind vor Allem berufen, den häuslichen Heerd zu schirmen. Hierbei fällt aber auch der Rechtsordnung eine wichtige Aufgabe zu. Ihre Macht ist begrenzt. Keines Gesetzgebers Weisheit wird auf die Dauer den Verfall der Familie aufhalten, wenn ihr sittlicher Gehalt im Leben verschwunden, die organische Kraft erloschen ist. Was nützte den Römern ihre lex Julia et Papia Poppaca486? Umgekehrt mag das feste Gefüge eines in der Sitte der Väter und der sittlichen Kraft eines aufblühenden Volksthums gegründeten Familienlebens manches thörichte gesetzgeberische Experiment überdauern. Die deutsche Familie weiss davon zu erzählen. Allein es bedarf kaum des Hinweises auf die innige Wechselwirkung zwischen Recht und allen anderen Functionen des gemeinen Lebens, um zu erkennen, dass der Gesetzgeber, so wenig er aus dem Nichts zu schaffen vermag, Keime ersticken oder entfalten, Entwicklungsbahnen verschliessen oder öffnen, das Volk zum Verderblichen hinleiten oder zum Guten gewöhnen kann. Wer wollte leugnen, dass ein Gesetz, welches rechtliche Bande lockert, zerstörende Kräfte zu entfesseln vermag, die langsam, aber sicher, das Mark der Familie verzehren?“ 487

Folglich sah Gierke die Normierung von sittlichen Pflichten und dadurch die Abbildung der idealen ehelichen Lebensgemeinschaft im Gesetz als unbedingt notwendig an. Er verfolgte die Absicht, mit den gesetzlichen Vorschriften Lebensregeln für das Volk aufzustellen. Unter Zugrundelegung dieses Zieles lässt sich seine Ablehnung der Vorstellungen Plancks, der bei Schaffung des Entwurfs vor allem den Problemfall berücksichtigte, erklären, wie die folgende Kritik an der Gütertrennung zeigt: „Steht denn aber wirklich des System der ehelichen Gütertrennung ebenbürtig neben den deutschrechtlichen Systemen? Es wird immer nur für Ausnahmefälle gelten. Das Recht aber soll von dem Normalfall ausgehen und der grossen Masse des Volkes eine gesunde Lebensordnung bieten.“ 488

485 486 487 488

Gierke, Haus, S. 650. Sic!, gemeint ist wohl: lex lulia et Papia Popea. Gierke, Haus, S. 645; ähnliche Argumentation: Mommsen, Güterrecht, S. 169 f. Gierke, Haus, S. 651.

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b) Der sittliche Gehalt des idealen Rechts Die Fragen, warum Gierke versuchte, im Gesetz eine ideale Eheordnung durch die Aufnahme sittlicher Pflichten abzubilden, warum seine Forderungen nach Sittlichkeit des Rechts allenthalben durchbrechen489, sind in seiner sozialen Ausrichtung zu suchen, die mit seiner Vorstellung der germanistischen Rechtsgestaltung korrespondierte. Zwar hält Gierke bei der Bestimmung des abstrakten Verhältnisses von Recht und Sittlichkeit fest, dass es sich dabei um zwei verschiedene Bereiche handeln würde. So erlaube, gebiete und verbiete das Recht menschliches Handeln; das Sittengesetz dagegen wende sich an die Gesinnung.490 Jedoch würden sich diese getrennte Sphären teilweise überschneiden, weshalb eine völlige Abtrennung im Sinne einer Entfremdung von Recht und Sittlichkeit verhindert werden müsse.491 „Indem die Rechtsordnung sittliche Gebote und Verbote sich aneignet, erstrebt sie die um des gemeinsamen Oberzweckes willen erwünschte Harmonie mit dem Sittengesetz.“ 492

Der gemeinsame Oberzweck von Recht und Sittlichkeit sei aber die Erfüllung der Forderungen der Gerechtigkeit, die gleichzeitig ihre Grenze bilde.493 Durch die Zusammenführung der beiden Bereiche unter diesem gemeinsamen Ziel wollte Gierke offenbar vor allem das Auseinanderreißen von Handlung und Gesinnung vermeiden, das er gerade als das Ergebnis des mechanischen Individualismus betrachtete.494 Tatsächlich scheint sich die Notwendigkeit eines Gleichklangs von Recht und Sittlichkeit aus dem germanischen Personenbegriff zu ergeben (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 2. c)), durch den Gierke das Individuum immer als ein durch die Sitte gebundenes Gemeinwesen betrachtete.495 „Im deutschen Recht lebt und wirkt der Begriff der personenrechtlichen Gemeinschaft, welche das Fürsichsein der Individuen in einem bestimmten Bereiche überwindet und durch Verbundenheit ersetzt. Eine solche Gemeinschaft hebt sich freilich nicht gleich dem Gemeinwesen als selbstständige Gesammtperson von der Personengesammtheit ab. Aber gleich dem Gemeinwesen ergreift sie die Persönlichkeit als solche und stellt den Einzelnen in einen rechtlich geordneten Zusammenhang.“ 496

489

Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. XXIV; siehe etwa: Gierke, Entwurf, S. 589. Zum abstrakten Verhältnis zwischen Sitte und Recht bei Gierke: Gierke, Recht, S. 228 f.; Gierke, Grundbegriffe, S. 102; siehe auch: Gurwitsch, Gierke, S. 108 ff.; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 208 ff. 491 Gierke, Recht, S. 232. 492 Gierke, Recht, S. 248. 493 Gierke, Recht, S. 248. 494 Siehe auch: Gurwitsch, Gierke, S. 111; Schultze, Gierke als Dogmatiker, S. XXIII f. 495 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 37. 496 Gierke, Personengemeinschaften, S. 535. 490

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Dieser rechtlich geordnete Zusammenhang brachte es mit sich, dass der Einzelne sich gebunden fand, durch seine Einordnung in die Gemeinschaft und daher die Beachtung der gemeinschaftlichen Regeln, die Sitte, eine große Bedeutung beanspruchte. Die Person war für Gierke im germanischen Recht immer gebunden durch sittliche Maßstäbe, wie das folgende Zitat verdeutlicht. Auffällig ist auch hier wieder das Bemühen Gierkes, das germanische vom römischen Recht abzugrenzen. „In Wahrheit trug der germanische Freiheitsbegriff von je die Schranke eines objektiven, durch das siittliche497 Gemeinbewußtsein gegebnen Maßes in sich, und so weit die Geltung des individuellen Beliebens von der Anschauung des kraftvollen und ungebändigten Volkes ausgedehnt werden mochte, so heilig und unverrückbar galten ihr die Grenzen, welche der Sittlichkeitsbegriff der Willkür zog. War nun aber die germanische Freiheit nicht die absolute, sondern die durch das sittliche Gemeinbewußtsein begrenzte Geltung des einzelnen Volksgenoßen, so mußte auch die Rechtsidee sofort in einer Form in das Volksbewußtsein treten, welche der Beschränkung der Befugniß durch das Recht der Gemeinschaft und der Genoßen Ausdruck gab. Es entsprach der tieferen und volleren Anlage unseres Volkes, daß es diese Beschränktheit und Bedingtheit der Befugniß in den subjektiven Rechtsbegriff selbst verlegte, während die Römer das subjektive Recht mit schneidender Schärfe als einseitige und bedingungslose Befugniß hinstellten, um es nur von außen her durch den Gesetzesbegriff und durch fremde Befugniße einzuschränken.“ 498

Sittliche Beschränkungen hätten zwar auch bei den Römern existiert, aber außerhalb des Rechts. Es sei dem germanischen Rechtsbegriff zu verdanken, dass er den Zusammenhang von Befugnis und Recht bereits in den Gesetzen auszudrücken versuche, wie dies etwa beim Mundium der Fall gewesen wäre.499 Zusätzlich zu dieser Argumentation mit der germanischen Persönlichkeitsstruktur dürfte der Wunsch Gierkes nach der Aufnahme sittlicher Pflichten ins Gesetz auch durch sein Streben nach der Gestaltung eines idealen Rechts beeinflusst worden sein500. Gierke wollte den Inhalt des Rechts nicht nur als notwendige Folge sozialer oder historischer Gegebenheiten verstehen, er wollte sie im Hinblick auf ethische Grundsätze nach den sozialen Erfordernissen gestalten. Er verzichtete deshalb nicht auf eine Bewertung des Rechts und auf seine Ausrichtung an leitenden Gedanken.501 „Um den Kampf mit ihnen (SS.: Vertretern des Positivismus) auch in der Zukunft siegreich zu bestehen, bedarf es ernster und strenger Gedankenarbeit, welche, indem sie die Einsichten der historischen Schule philosophisch läutert, vertieft und ergänzt, das von dieser intuitiv erschaute ideale Moment im positiven Recht zur vollen Evi497

Sic!, gemeint ist wohl: sittlich. Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 130 f. 499 Gierke, Genossenschaftsrecht II, S. 130. 500 Zu Gierkes Absicht eine Rechtserziehung des Volkes zu ermöglichen: Wolf, Rechtsdenker, S. 672. 501 Wolf, Rechtsdenker, S. 675. 498

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denz bringt. Wie indess die einzelnen Stadien dieses Kampfes verlaufen mögen: auf die Dauer kann der Sieg keiner Richtung zufallen, welche dem Recht seinen idealen Gehalt raubt.“ 502

c) Die Gegenargumente Plancks Planck erwiderte auf diese Kritik, dass die Betonung der ehelichen Gemeinschaft, auch durch die Aufnahme sittlicher Pflichten, im Entwurf in der gebührenden Weise und Intensivität zum Ausdruck komme. „In der That ist nun aber der Gedanke der durch die Ehe und die eheliche Abstammung begründeten Familiengemeinschaft dem Entwurfe nicht nur nicht fremd, sondern er durchdringt und beherrscht alle Bestimmungen desselben.“ 503

Als Beleg führte er die auch von Gierke honorierten Generalklauseln an. Gleichzeitig stellte Planck klar, dass in Abweichung zu den Forderungen Gierkes, diese Prinzipien nur dazu dienen sollten, die vorhandenen Vorschriften nötigenfalls auszulegen. Die „sittlichen Pflichten“ sollten demnach zwar eine Art Zielvorstellung des Gesetzes festhalten, die aber nur im Konfliktfall, d. h., wenn die konkreten Regelungen kein eindeutiges Ergebnis lieferten, als Auslegungshilfe dienen sollte. Gierke dagegen hätte mit diesen Vorschriften die sittliche Lebensgemeinschaft zu einer rechtlichen Gemeinschaft machen wollen. Dies sei aber weder durch das innere Wesen der Ehe, noch durch die bisherige geschichtliche Entwicklung, noch durch die jetzigen Lebensbedürfnisse gerechtfertigt. Bei näherer Betrachtung dieser Aussagen Plancks stößt man unwillkürlich auf seine Einstellung zu der Aufnahme von sittlichen Pflichten im Gesetz. Diese widersprach der Ansicht Gierkes, denn Planck glaubte nicht daran, dass sich der sittliche Gehalt der Ehe in Rechtssätze gießen lasse. Er wollte mit der gesetzlichen Regelung nur die Rahmenbedingungen für eine eheliche Gemeinschaft schaffen; ja er war sogar der Ansicht, dass allein der Versuch einer gesetzlichen Idealform der Ehe mehr schaden als nutzen würde. Daher empfahl er sich damit zu bescheiden, das persönliche Verhältnis der Ehegatten, und besonders ihre vermögensrechtlichen Umstände, nur in groben Zügen zu regeln und den Rest den Ehegatten zu überlassen. Von tiefen Einschnitten in die Rechtssphäre eines Ehepartners, wie z. B. durch die Beschränkung der weiblichen Geschäftsfähigkeit, sei bereits aus diesen Gründen Abstand zu nehmen.504 „Man wird an die rechte eheliche Gesinnung allerdings die Forderung stellen dürfen, daß sich dieselbe auch in der Behandlung der Vermögensangelegenheiten der Ehegatten bewähre. Der volle sittliche Gehalt der Ehe kann aber nicht in Rechtssätzen ausgeprägt werden. Am wenigsten soll das Recht in solchen Fällen, in welchen den sitt502 503 504

Gierke, Naturrecht, S. 11 f. Planck, Zur Kritik, S. 345. Planck, Vorentwürfe, S. 494.

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lichen Anforderungen in verschiedener Art genügt werden kann, den Versuch machen, eine bestimmte Art und Form, als die gesetzlich allein zulässige, festzustellen. Das Recht muß sich damit begnügen, die Grenzen zu bestimmen, innerhalb deren die Ehegatten, je nach ihren individuellen Verhältnissen, ihr eheliches Gemeinschaftsleben frei gestalten können.“ 505

3. Zwischenergebnis Die Betrachtung der unterschiedlichen Ansätze Gierkes und Plancks im Bezug auf die gesetzestechnische Umsetzung der gefundenen Inhalte enthüllte auch im ehelichen Güterrecht schwerwiegende Differenzen zwischen den beiden Juristen. Erkennbar kann diese Kluft auf die gegensätzlichen Einstellungen zu der Methode des rechtswissenschaftlichen Positivismus zurückgeführt werden. Als Verteidiger dieser Strömung hatte Planck mit seinem Entwurf versucht ein abschließendes System von Rechten und Pflichten zu schaffen, indem er durch konkrete Regelungen mit objektiv nachprüfbaren Voraussetzungen sozusagen einen ehelichen Mindeststandard festzulegen versuchte. Das Gesetz sollte demnach in erster Linie den Zweck erfüllen, dem Richter bei Problemfällen die Entscheidung durch klare inhaltliche Wertungen vorzugeben.506 Gierke dagegen nahm, seinem Ziel den rechtswissenschaftlichen Positivismus zu bekämpfen entsprechend, einen entgegengesetzten Standpunkt ein. Er wollte in Abgrenzung zu Planck seine Vorstellungen von der idealen Eheordnung mittels Generalklauseln und sittlichen Pflichten im Gesetz verwirklicht sehen. Das Gesetz sollte sich nicht nur an Juristen wenden, sondern das ganze Volk ansprechen und erziehen. Wieacker beschrieb zutreffend die Kluft zwischen den Befürwortern und den Gegnern des rechtswissenschaftlichen Positivismus bei der Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuches so: „Wo man sich als solchen (SS.: Adressaten) den wissenschaftlich ausgebildeten Richter denkt, dessen Standestugenden gedankliche Disziplin und unbestechliche intellektuelle Redlichkeit sind, wird man Anschaulichkeit und Volkstümlichkeit opfern; wo es gilt, ein Gesetzbuch zum allgemeinen Besitz der Nation zu machen; begriffliche Strenge und logische Abstraktion preisgeben. Da sich die Redaktoren des BGB zum wissenschaftlichen Richtertum bekannten, hat es eine „weltliche Bibel“ unseres Volkes nicht werden können. Aber wer mit innerer Wahrhaftigkeit sich von den wirklichen Aufgaben des modernen Gesetzgeber Rechenschaft gibt, wird sich zugestehen

505

Planck, Zur Kritik, S. 348 f. Zustimmend: Schmid, Entstehung, S. 118 (Er sieht in der Regelung Plancks eine Nachfolge zu den Vorstellungen Savingys die sittlichen Pflichten nicht einzeln zu normieren, aber die Entscheidungsbefugnis des Mannes als Leitbild und sittliches Recht dem Entwurf voran zu stellen.). 506

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müssen, daß schon damals eine andere Entscheidung eine romantische oder demagogische Chimäre gewesen wäre.“ 507

Der Wunsch nach einer „weltlichen Bibel“ ist in den Aussagen Gierkes deutlich spürbar. Dies zeigt sich in seiner auffallend heftigen Kritik an der Regelung von inhaltlichen Belangen, die er durch kompetenzverteilende Rahmenregelungen ersetzen wollte, ebenso, wie in seinem Wunsch das Gesetz mit zusätzlichen sittlichen Pflichten zu bereichern. Bezeichnenderweise schöpfte er sowohl den Grund, als auch die Rechtfertigung für diese Vorschläge aus dem das germanische Recht repräsentierenden Gemeinschaftsgedanken bzw. dem damit eng verflochtenen germanischen Personenbegriff. Dieser ermöglichte es ihm von einer konkreten Regelung inhaltlicher Belange abzusehen, indem er das Recht und die Pflicht zur Regelung der vermögensrechtlichen Belange auf den durch sittliche Maßstäbe gebundenen Mann übertrug. Gleichzeitig diente diese Betonung des sittlichen Gehalts des Menschen auch zur Rechtfertigung seiner Forderung mehr sittliche Pflichten ins Gesetz aufzunehmen, die für den Einzelnen keine gerichtlich erzwingbare Bindung verursachten. Diese sittlichen Pflichten sollten die Lücken, die Gierke durch den Verzicht auf inhaltliche konkrete Regelungen geschaffen hatte, auf ideale Weise ausfüllen. Gierke ging hier von einer Wechselwirkung zwischen Recht und Sittlichkeit aus, indem er im Vertrauen auf den sittlichen Menschen konkrete Bindungen im Gesetz vernachlässigte und gleichzeitig auf die erzieherische Wirkung des Gesetzes zur Bildung der sittlich-germanischen Persönlichkeit setzte. Auf den ersten Blick scheint Gierke mit dieser Vorgehensweise viele Probleme umgangen zu haben, mit denen Planck zu kämpfen hatte. Gierke sicherte so eine große Flexibilität seiner Vorschläge. Diese konnten jederzeit von dem Ehemann, mittels seiner kaum beschränkten Machtposition, auf jegliche außergewöhnliche Situation angepasst werden, weil inhaltlich bindende Vorgaben größtenteils nicht existent waren. Aus der daraus folgenden Rechtsunsicherheit ergaben sich für Gierke keine Probleme, weil er auf das sittliche Verhalten der beteiligen Personen vertrauen konnte. Aus diesem Grund war auch eine Benachteiligung der dem Mann untergebenen Personen nicht zu befürchten. Auf diese Weise konnte er mit kurzen Regelungen eine Vielzahl von auftretenden Fallgestaltungen abdecken und musste sich nicht um das Zusammenspiel verschiedener konkreter Vorschriften sorgen. Bei all diesen Vorteilen bleibt jedoch zu bedenken, dass die nicht ersetzbare Basis von Gierkes Theorie die sittlich korrekte Einstellung des Ehemannes ist; bezweifelt man diese, dann entzieht man dieser Theorie jede Grundlage. Betrachtet man aber die reale Situation in vielen Ehen zu dieser Zeit (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B.), dann wird deutlich, dass Gierke mit seinen Theorien nur eine ideale Scheinwelt aufgebaut hatte. Der Bestand dieser Vorstellungen wurde weitgehend dadurch gesichert, dass man den Untergebenen der Gemeinschaft jede 507

Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 478.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

Möglichkeit entzog, gegen die Machtposition des Hausherrn aufzubegehren. Oder wie Weber als Vertreterin der Frauenrechte 1907 treffend zur Ansicht Gierkes anmerkte: „Die Zumutung an den Gesetzgeber eine derartige Gemeinschaft (SS.: Ehe), voll restlosen Vertrauens und selbstlosester Hingabe, vermittelst des Güterrechts als generell bestehend zu fingieren oder ihre Existenz durch Paragraphen zu erzwingen, bekundet sowohl ein Verkennen des innersten Wesens der Sittlichkeit, wie auch der Aufgaben und Macht des Gesetzgebers, – oder aber es bedeutet, sicherlich sehr gegen Gierke’s Absicht, daß die „Gretchengefühle“ der Braut für die pekuniären Interessen des Mannes kraft Gesetztes nutzbar gemacht werden.“ 508

Planck hatte diesen Widerspruch zwischen einer idealen gesetzlichen Regelung und der gesellschaftlichen Realität eindeutig erkannt. Er verfolgte daher nicht das Ziel eine ideale Form der Ehe im Gesetz abzubilden; Planck wollte keine Lebensregeln für die Bevölkerung aufstellen. Er wollte ein rechtliches System schaffen, das in Problemfällen klare Vorgaben für eine Konfliktlösung bereithielt und sich nicht in den an das Recht angrenzenden Bereichen der Sittlichkeit und Religion verlieren. Unter Zugrundelegung dieser Ziele des rechtswissenschaftlichen Positivismus, unterschied er daher deutlich zwischen Sitte und Recht, wobei die Sitte für ihn, als eine neben dem Gesetz stehende gesellschaftliche Ordnung, den idealen Gehalt der Ehe auszudrücken vermochte. Eine Einführung dieser idealen Züge ins Gesetz kam für ihn schon deshalb nicht in Frage, weil der ideale Gehalt nicht überall und zu jeder Zeit identisch sein müsse. Daher lehnte er es ab, diesen sittlichen Gehalt ausführlich in einem statischen Gesetzeswerk zu normieren. Daneben wies er auf die Risiken hin, die eine Abbildung der idealen Ehe, wie Gierke sie anstrebte, für die Frau als Untergebene, nur durch den auslegungsfähigen Begriff der Sitte geschützt, haben werde. Der Vorwurf, dass die Kontrollrechte der Frau das Misstrauen in die Ehe tragen würden, konnten folglich nicht verfangen, weil die gesetzliche Regelung nach Planck immer nur dann Raum greife, wenn der Streit und das Misstrauen bereits in der Ehe existieren würden. Erst für diesen Fall sollten die rechtlichen Regeln eine Hilfe zur Konfliktlösung bieten. Ansonsten würden ohnehin die Sitte oder der Wille der Ehegatten die notwendigen Regeln treffen; nach ihrem eigenen Willen, auf den der Gesetzgeber nicht das Recht habe Einfluss zu nehmen. Plancks bescheidenere Anforderungen, nur die Grundregeln der ehelichen Gemeinschaft zu definieren und den Ehegatten in der Gemeinschaft die weitere Ausgestaltung zu überlassen, ist in einer nicht idealen Welt als der sinnvollere Ansatzpunkt zu bewerten. Planck betonte zu Recht die Aufgabe des Gesetzes, in Konfliktfällen einen sinnvollen Lösungsansatz zu bieten, vor der Leit- und Erziehungsfunktion. Schließlich ist Planck darin zuzustimmen, dass die gesetzliche Regelung grundsätzlich von der sittlichen Ordnung der Gesellschaft getrennt bleiben sollte.

508

Weber, Ehefrau, S. 472.

§ 4 Zusammenfassung

253

§ 4 Zusammenfassung Die Hinwendung der Rechtswissenschaft zur Vergangenheit auf der Suche nach Grundlagen für die zukünftigen Gestaltungen des BGB wurde wesentlich von der historischen Schule inspiriert, wie die Erläuterungen zu Savigny und Beseler gezeigt haben. Auch auf das eheliche Güterrecht hat das Ringen um eine Ausgestaltung im Einklang mit dem deutschen Volksgeist, den man durch die historische Forschung zu finden hoffte, eingewirkt. Gleichzeitig hat die nähere Untersuchung dieses Blicks in die Vergangenheit aber ergeben, dass man zwei Diskussionen in diesem Bereich unterscheiden muss. Auf der einen Seite führte die Beschäftigung mit der Vergangenheit zu einer fundierten Forschung hinsichtlich der historischen Güterrechte; auf der anderen Seite löste die vorgegebene Maxime den dogmatischen Streit zwischen Romanisten und Germanisten aus. Die klare Trennung dieser beiden Bereiche ist von großer Bedeutung. So bemühte sich die historische Forschung um eine Erforschung der tatsächlichen geschichtlichen Formen des ehelichen Güterrechts; während in der Diskussion der Romanisten und Germanisten neben die Frage der tatsächlichen historischen Gestaltung, oder besser verschleiert dadurch, andere Aspekte in den Vordergrund traten. Tatsächlich nutzte der überwiegende Teil der Juristen, die mit diesem Thema befasst waren, die schwankende historische Grundlage dieses Rechtsgebietes, die sich aus der bestehenden Zersplitterung der Güterrechte ergab, um ihre bereits vorgeformten Vorschläge zum ehelichen Güterrecht zusätzlich durch die Zurückführung auf historische Grundlagen zu rechtfertigen. Bemüht man sich aber einen Blick hinter die Argumentationen mit dem römischen oder germanischen Gehalt zu werfen, wird erkennbar, dass die Juristen von vielen verschiedenen Beweggründen gelenkt wurden, die mit der Geschichte nichts oder wenig zu tun hatten.509 So wurde die Diskussion zwischen Romanisten und Germanisten erkennbar beeinflusst durch politische Meinungen, religiöse Vorstellungen, vorgebildete Ideale, praktische Notwendigkeiten und vor allem und zuvorderst durch den Wunsch eine neue Rechtfertigung für die übermächtige Hausherrnposition des Mannes zu finden. A. Die unterschiedlichen Meinungen Diese These bestätigte sich bei mehreren untersuchten Diskussionsbeiträgen. So zeigte das Verhalten Schröders, trotz, oder vielleicht sogar wegen seiner fundierten Forschung zum historischen ehelichen Güterrecht, dass dieser offenbar kein, von der historischen Entwicklung zwingend vorgegebenes Güterrecht er509 So auch: Kantorowicz, Savigny, S. 402; Dilcher, Positivismus, S. 500 f., 518; Caroni, Savigny, S. 98; Böckenförde, Rechtsschule, S. 16 ff., 19, 24; Koschaker, Europa, S. 270, 282 ff.; Wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 253; Schröder, Spezialistendogma, S. 27 f.; Ebel, Jacob Grimm, S. 23.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

kennen konnte. Dieser Schluss lässt sich rechtfertigen durch die mehrmaligen Meinungsänderungen, die Schröder während der Diskussion des Güterrechts vollzog. So plädierte er zunächst für eine Erhaltung von drei Güterrechten durch die Einführung des Regionalprinzips. Als Grund nannte er, dass keines der drei am meisten verbreiteten Güterrechte erhebliche Vorzüge vor den anderen vorweisen könne. Dann sprach er sich für die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand aus, weil sie Aspekte der beiden Güterrechte mit den größten Verbreitungsgebieten im Deutschen Reich in sich vereinige; später, als auch dieser Vorschlag abgelehnt wurde, wandte er sich aufgrund aktueller Erfordernisse der Verwaltungsgemeinschaft zu. Auch Mitteis merkte an, dass wegen der schwankenden historischen Grundlage mehrere historisch gleichwertige Möglichkeiten vorhanden gewesen seien. Folgerichtig stützte er seine Kritik an dem Entwurf nicht darauf, dass Planck eine nicht mit der historischen Entwicklung vereinbare Wahl des ehelichen Güterrechts getroffen habe. Dies hielt ihn jedoch nicht davon ab, in inhaltlichen Fragen den Entwurf zu kritisieren. Dabei verschleierte Mitteis seine Kritik durch eine oberflächlich betrachtet objektive Einschätzung zu dem germanischen bzw. dem römischen Gehalt des Entwurfs. Seine Aussage, der Entwurf entspreche keiner der beiden Rechtsauffassungen vollkommen und gehe eigene Wege, kann unter Zugrundelegung der Ansichten Savignys nur in folgender Weise interpretiert werden. Mitteis enthielt sich zwar der eigenen Bevorzugung eines historischen Güterrechtes, kam aber bei einer inhaltlichen Prüfung der Verwaltungsgemeinschaft zu dem Ergebnis, dass der Entwurf mit keiner der historischen Grundlagen vereinbar sei, ihm mithin die notwendige historische Grundlage völlig fehle. Dies kann nur als Kritik an der inhaltlichen Ausgestaltung des Entwurfs verstanden werden. Seine Vorschläge den Entwurf zu verändern, gingen dann vordergründig in Richtung der germanischen Eheauffassung. Dabei ist erkennbar, dass auch er, durch die Wiederbelebung eines leicht modifizierten Mundiums, vor allem die Stellung des Mannes in der Ehe stärken wollte. Diese Absicht zeigte sich bei mehreren Diskussionsteilnehmer. Mitteis ist aber insofern ein Sonderfall, als er nicht behauptete, dass die historische Entwicklung klare Vorgaben für die Wahl des zukünftigen Güterrechts bereithalte, seine Kritik setzte später bei dessen Ausgestaltung an. Andere aber kämpften für bestimmte Güterrechte unter der Prämisse der einzig richtigen und konsequenten Entscheidung aus der historischen Entwicklung, auch wenn bei genauerer Betrachtung andere Gründe zumindest mit verantwortlich für die jeweiligen Vorschläge waren. Dies erwies sich insbesondere bei einer genaueren Betrachtung der Standpunkte von Mommsen bzw. von Savigny. Beide hatten sich bei ihren früheren Arbeiten schwerpunktmäßig auf das römische Recht fokussiert. Mit dem eher liberalen Einschlag der römischen Eheauffassung, wie sie von der damaligen Rechtswissenschaft, auch von Savigny persönlich, angenommen wurde, konnten sich beide bei konkreten Vorschlägen für zu-

§ 4 Zusammenfassung

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künftige Rechtsgestaltungen aber nicht befreunden. So wich Savigny von seiner eigenen Maxime, dass nach dem römischen Recht das Gesetz in die ehelichen Belange nur wenig eingreifen sollte und die meisten Entscheidungen den Ehegatten selbst zu überlassen seien, selbst in seinem Entwurf betreffend das Ehescheidungsrecht ab.510 Indem er im Dienste seiner konservativen Einstellung zu den ehelichen Belangen seine Thesen durch den Begriff von der „Institution der Ehe“ und dem „Wesen der Ehe“ ergänzte und modifizierte, konnte er eine Beeinflussung der gesetzlichen Regelung durch sittliche Ideale rechtfertigten.511 Mommsen folgte ihm auf diesem Weg. Er ergriff die von Savigny geschaffenen Möglichkeiten und füllte die Freiräume mit seiner eigenen persönlichen Einstellung zur sittlichen Seite der Ehe. Er ließ sich dabei von seinem konservativen Ehebild, vor allem aber von seiner religiösen Prägung, die sich wiederum hauptsächlich in dem Versuch manifestierte, die übermächtige Hausherrnstellung des Ehemannes zu festigen, leiten. Zusätzlich vollzog Mommsen für den vorliegenden Regelungsbereich einen Wechsel vom, von ihm üblicherweise bevorzugten römischen zum germanischen Recht, der sich in der Nähe zu Gierke ausdrückt.512 Dies war möglich, da die Romanisten grundsätzlich die Einflüsse des germanischen Rechts nicht ablehnten, sondern nur zusätzlich das römische Recht bei neuen Rechtsgestaltungen berücksichtigen wollten. Durch die Annahme Mommsens das germanische Recht habe sich im Bereich der ehelichen Güterrechte gegen das römische Recht durchgesetzt, konnte er, mittels der Wertung dieser Entscheidung als Ausdruck des Volksgeistes, in dieser Frage ohne weiteres für eine germanistische Ausgestaltung plädieren. Tatsächlich belegt dieser plötzliche „Frontenwechsel“ aber vor allem folgendes: Die damals als germanisch qualifizierte Eheauffassung kam den oben bereits dargestellten Beweggründen Mommsens auf seinem Weg zu einem „christlichen“ Güterrecht entgegen. Dieser Ausgangspunkt führte Mommsen zu einer isolierten Bevorzugung des germanischen Rechts für den Bereich des ehelichen Güterrechtes, trotz der ungewöhnlich großen Abweichung dieses Standpunkts von seinen sonstigen Stellungnahmen. Diese Wandlungsfähigkeit der historischen Argumentation zeigt, dass die Möglichkeiten diese für eine bereits vorgeformte Meinung nutzbar zu machen außerordentlich groß waren. Eine derartige Kehrtwendung musste Gierke nicht vollziehen. Er war Germanist und hatte immer für eine nicht nur bevorzugte, sondern ausschließliche Berücksichtigung des germanischen Rechts bei neuen Rechtsgestaltungen gekämpft. Stellt man aber die Frage nach den federführenden Beweggründen Gierkes, dann kann man schwerlich zu dem Ergebnis kommen, dass er den Versuch unternommen hatte, auf historisch korrekten Grundlagen unvoreingenommen zu Entschei510

Zustimmend: Buchholz, Savignys Stellungnahme, S. 154 f. Zustimmend: Buchholz, Savignys Stellungnahme, S. 168 f. 512 Abweichend: Schmid, Entstehung, S. 89 (Fußnote 284), S. 94; zustimmend: Andres, Erbrechtsentwurf, S. 20 ff., 297 ff. 511

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

dungen über eine zukünftige Rechtsgestaltung zu kommen. Dies belegt im Bereich der ehelichen Güterrechte bereits seine beschränkte historische Forschung. Zusätzlich verstärkt wird dieser Eindruck durch die von ihm bevorzugte Gütergemeinschaft, mit deren Förderung er sich in Widerspruch setzte zu der historischen Forschung, welche die Verwaltungsgemeinschaft als ursprüngliches germanisches Güterrecht ermittelt hatte. Betrachtet man seine Kritik und seine Verbesserungsvorschläge für den Entwurf genauer, dann fällt zusätzlich auf, dass seine Äußerungen immer wieder auf einen bestimmten Gedanken zurückgeführt werden können, den Gierke als das Ideal der germanischen Rechtsgestaltung betrachtete – den Gemeinschaftsgedanken, bzw. den germanischen Personenbegriff, auf dem dieser beruht. Ausnahmslos alle von Gierke diskutierten Aspekte des ehelichen Güterrechts endeten schließlich bei diesem Gedanken. Dies zeigte sich bei seiner Einstellung zum Mundium, das er als großen germanischen Rechtsgedanken rühmte, weil durch die Vereinigung der Willenssphären, die dieses bewirke, die Grundlage für die Verwirklichung des Gemeinschaftsgedankens in der Ehe geschaffen würde. Ebenso bei der Wahl der Gütergemeinschaft zum gesetzlichen Güterrecht, die durch die Vereinigung der Vermögen der Ehegatten, den Gemeinschaftsgedanken in der Ehe symbolisiere. Die Kritik an den Verwaltungsund Nutznießungsrechten, die durch die Eingrenzung der männlichen Rechte die Gemeinschaft der Ehegatten gefährden und daher den Gemeinschaftsgedanken außer acht lassen würden, steht ebenfalls in dieser Linie. Wie auch die Ablehnung der Erweiterung des Vorbehaltsgutes, weil die Ausweitung der getrennten Vermögen dem Gemeinschaftsgedanken widersprechen würde. Deutlichen Anteil hatte der Gemeinschaftsgedanken auch bei der Rechtfertigung der von Gierke bevorzugten Methode zur Umsetzung der Inhalte in eine gesetzliche Regelung. Seine Opposition gegen die Schaffung von nachprüfbaren und einklagbaren Rechten und Pflichten in der Ehe und seine Befürwortung von Kompetenz verteilenden Rahmenregelungen, ergänzt durch die Normierung von sittlichen Pflichten, gründete sich ausschließlich auf den aus der Gebundenheit des Einzelnen entstehenden sittlichen Charakter der germanischen Persönlichkeit und damit letztendlich ebenfalls auf den Gemeinschaftsgedanken. Tatsächlich drückte sich darin aber hauptsächlich Gierkes Kampf gegen den rechtswissenschaftlichen Positivismus aus, der die Kritik Gierkes am Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmte.513 So entstand im Bereich des ehelichen Güterrechts der Eindruck, wonach Gierke einen einmal als typisch germanisch destillierten Grundsatz ohne Unterscheidung auf unterschiedliche Rechtsgebiete projizierte.514 Daraus kann der 513 Siehe auch: Janssen, Gierkes Methode, S. 71; Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 267; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 340 f.; Gurwitsch, Gierke, S. 88 ff. 514 Zustimmend: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 455; Dilcher, Rechtsgeschichte, S. 261; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 172.

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Schluss gezogen werden, dass es ihm wohl weniger um eine konsequente Einbeziehung der Lehren der Vergangenheit ging, als darum, einen einmal als ideal erkannten Gedanken generell einer idealen Rechtsordnung zugrunde zu legen. Der Unterschied manifestiert sich darin, dass es bisher sicher keine geschichtliche Rechtsordnung gegeben hatte, die sich derart monokausal auf einen einzigen Gedanken gründete, auch nicht die germanische oder römische. In diesem Sinne entsteht an vielen Stellen der Eindruck, dass die Diskussion um den historischen Gehalt des ehelichen Güterrechts von Gierke nur als eine Plattform benutzt wurde, um seine bereits vorhandenen, für andere Regelungsgegenstände als typisch germanisch befundenen Grundsätze im Gesetz abzubilden. Um die Durchschlagskraft seines Standpunkts zu erhöhen, betrieb Gierke zusätzlich eine Polarisierung der Diskussion. Diese zeigt sich in der radikalen Vereinfachung des Gehalts der historischen Rechte ebenso, wie in dem Aufbau einer imaginären römischen Front und seinen überspitzten Angriffen gegen andere vertretene Meinungen.515 Tatsächlich scheint Gierke die Vereinfachung des Gehalts von germanischem und römischem Recht bisweilen so weit zu treiben, dass er Eindruck entsteht, das römische Recht ließe sich allein mit dem Begriff Individualismus beschreiben, während das germanische Recht als Gegenpol den Gemeinschaftsgedanken verkörperte.516 Die so entstehenden Möglichkeiten einer Gegenüberstellung von germanischem und römischem Recht nutzte Gierke nun, um eine Gegensätzlichkeit beider Rechtsordnungen zu konstruieren. Diese künstliche Erzeugung einer feindlichen Rechtsordnung dehnte er dann auf seine Gegner in der Diskussion aus, die er als Romanisten der Absicht bezichtigte, allein das römische Recht in dem neuen Gesetzeswerk berücksichtigen zu wollen. Eine solche Front gegen das germanische Recht hat aber niemals wirklich existiert. Keiner der beteiligten Juristen sprach sich für die Einführung, einer nur auf dem römischen Recht beruhenden Form des Güterrechts im BGB aus. Vielmehr erhielt Gierke von Mommsen und Mitteis, die aufgrund ihrer Vorprägung am ehesten mit dem Begriff Romanist bezeichnet werden können, teilweise uneingeschränkte Unterstützung für seine Forderungen. Ebenfalls ein Gratmesser für die von Gierke betriebene Polarisierung des Streits, ist die Art und Weise, in der er seine Kritik an dem Entwurf vorbrachte und die nicht ohne bewusst überspitzte Aussagen auszukommen scheint. So gefiel sich Gierke darin, die Auswirkungen der Gestaltung der Verwaltungsgemeinschaft mit übertriebenen Schreckensszenarien zu schmücken. So befürchtete er, für die Ehen im Geltungsbereich des BGB, dass das Gesetz das Misstrauen zwischen den Eheleuten schüre, und so die Einheit in der Ehe vernichten könne517. Er ging bis hin zu der Behauptung, die Eheleute könnten nach diesen Regeln nur leben, wenn sie dauernd und von Anfang 515 Siehe auch: Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 60; Janssen, Gierkes Methode, S. 64 f., 71; Gurwitsch, Gierke, S. 102; Schikorski, Körperschaftsbegriff, S. 174 ff. 516 Terminologie bei Gierke: Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 58 ff. 517 Gierke, Haus, S. 651.

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

an anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen würden.518 Vor allem bei Aussagen zu der Stellung und dem Wohlbefinden des Ehemannes neigte er zu Übertreibungen, etwa bei der Aussage, der Mann werde wie Hinz und Kunz zum geschäftlichen Vertreter seiner Frau herabgewürdigt519 und der Äußerung der Besorgnis, die Frau werde aufgrund des Güterrechts ihren Mann terrorisieren können.520 Teilweise lassen solche Äußerungen eine sachliche Beurteilung des Entwurfs vermissen.521 Macht man nun den Versuch eine Antwort auf die Frage nach den tatsächlichen Beweggründen für die Haltung Gierkes zu suchen, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass Gierke in erster Linie ein Idealist war, der versuchte, die von ihm als ideal erkannte Grundsätze im Gesetz abzubilden. Zusätzlich ist seine stark reaktionäre Prägung im Bereich des ehelichen Güterrechts bemerkenswert522, die sich in dem Versuch manifestierte die übermächtige Position des Hausherrn durch die Verweise ins historische Recht auf eine neue Grundlage zu stellen. Auch Weber unterstellte Gierke 1907 einen „erzväterlichen Patriarchalismus als höchstes sittliches und zugleich spezifisch deutschnationales Ideal“ 523 zu verteidigen. Sein Ziel sei, mit dieser Vorgehensweise lediglich über alle geltenden Rechte hinweg, die Idee der mittelalterlichen Hausgemeinschaft wieder einzuführen.524 Dementsprechend maß Weber, korrespondierend zu ihrer Ablehnung des Entwurfs, der Einflussnahme der Germanisten großes Gewicht bei: „Vermochten sie (SS.: die Germanisten) auch Gierke’s Forderung eines strikt ,nationalen‘ Gesetzbuchs nicht durchzusetzen, weil ein solches, in seinem Sinn redigiert, heute eine Utopie wäre, so haben diese Ueberkommenschaften der Vergangenheit doch, bei vielen anerkennenswerten Fortschritten im einzelnen, ein seinem Grundwesen nach patriachalisches Familienrecht geschaffen. Wir finden, daß die Motive des Entwurfs zur Begründung dieser Rückstände abwechselnd – im Still des Historis518

Gierke, Haus, S. 653 f.; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 414. Gierke, Haus, S. 651. 520 Gierke, Entwurf, S. 410. 521 Kritik an der Vernachlässigung von gesetzgeberischen Problemen siehe auch: Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 60. 522 Die reaktionäre Haltung Gierkes im Bereich des ehelichen Güterrechts kann nicht als typische Eigenschaft der Person bewertet werden, da ihm in anderen Bereichen, besonders im Arbeitsrecht (Oexle, Rechtsgeschichte, S. 197 f.; Wieacker, Industriegesellschaft, S. 19 f.; Spindler, Genossenschaft, S. 57; Wolf, Rechtsdenker, S. 705; Gegenansicht: Böckenförde, Forschung, S. 152) zukunftsweisende Bedeutung zugeschrieben wird. Für Wieacker spiegelt diese Spaltung den „tiefen Bruch eines zugleich spätromantischen und sozial realistischen Zeitgeistes“ wieder, der dazu führe, dass Gierke zugleich traditionalistische und reformerische Ansätze vertrat (Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 454 f.), oder wie Wieacker zutreffend zusammenfasst: „Otto von Gierke ist, wie mancher andere Denker unseres Landes, ,von Gestern und Morgen‘; er hat ,noch kein Heute‘.“ (Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 456; siehe auch: Oexle, Rechtsgeschichte, S. 196; Dilcher, Genossenschaftstheorie, S. 365). 523 Weber, Ehefrau, S. 415. 524 Weber, Ehefrau, S. 415. 519

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mus – die ,historische‘ Eigenart Deutschlands und – ganz im Still des naturalistischen Rationalismus – das ,natürliche‘ Verhältnis der Geschlechter anführen. Diese seltene Synthese zweier sonst so unvereinbarer Elemente wie ,Natur‘ und ,Geschichte‘ ist bei näherem Zusehen stets durch ein und dasselbe Motiv – das einzig reale – bedingt: die immer wiederkehrende Rücksichtnahme auf die männliche Geschlechtseitelkeit.“ 525

Gierke und den anderen Befürwortern der Gütergemeinschaft standen die Verfechter der Verwaltungsgemeinschaft gegenüber. Anders als durch das von Gierke aufgebaute Feindbild suggeriert wurde, sprachen sich nicht nur „Romanisten“ für diese Gestaltung des ehelichen Güterrechts aus. Vielmehr ist als zeitlich erster Vertreter der Germanist Gerber zu nennen, der als Schöpfer der Grundlagen der Verwaltungsgemeinschaft Plancks gilt.526 Auffällig ist auch, dass dieser „Kollege“ Gierkes die Gütergemeinschaft ebenso deutlich ablehnte, wie Gierke diese befürwortet hatte. Betrachtet man die Zielsetzung Gerbers, die diesen Vorschlag hervorgebracht hatte, liegt die Vermutung nahe, der Geist der historischen Schule habe Gerber veranlasst, das Güterrecht zu wählen, welches nach den Ergebnissen der geschichtlichen Forschung als das ursprünglich germanische Güterrecht galt. Jedoch würde damit die Vielschichtigkeit von Gerbers Ansatzpunkt verkürzt. So berücksichtigte er, mindestens gleichberechtigt, eine gerechte Lastenverteilung in der Ehe. Aufgrund der Heftigkeit seiner Äußerungen zu den sittlichen Grundlagen und der Umsetzbarkeit der Güterrechte kann sogar davon ausgegangen werden, dass diese Komponenten als bestimmend für seine Vorschläge betrachtet werden müssen. Planck, der Redaktor des Entwurfs, stützte sich tatsächlich in vielerlei Hinsicht auf die Vorarbeit Gerbers, sowohl im Hinblick auf den Inhalt des ehelichen Güterrechts, als auch bei der Rechtfertigung seiner Vorschläge. So versuchte auch Planck, seinen Entwurf an historische Rechtsgestaltungen anzulehnen. Dies zeigen sowohl seine Kommentare zum Entwurf, als auch seine Antworten auf die Kritik Gierkes. Die Argumentationen Plancks neigen ebenfalls dazu, Daten zu schönen, wie z. B. seine Berechnung zu der Verteilung der aktuellen Güterrechte zeigt, oder durch Vereinfachung geschichtliche Belege für seine Ansicht zu generieren. Dies ist z. B. erkennbar in seiner Darstellung zu der Entstehung der Gütergemeinschaft, die dieses Güterrecht fast zu einem Unfall der Geschichte degradierte. Trotz des Schwerpunktes, den er auf eine, mit der historischen Entwicklung in Einklang stehende Gestaltung des Entwurf legte, wollte er ausdrücklich, unabhängig von der Diskussion um den historischen Gehalt der Rechte auch andere Aspekte berücksichtigen, wie oben bereits im zweiten Teil ausführlich dargelegt wurde (s. o. 2. Teil, 2. Kapitel, § 2). So waren bei der Schaffung des Ent525

Weber, Ehefrau, S. 412. Landsberg, Geschichte, Dritte Abteilung, Zweiter Halbband, Text, S. 785; Oertzen, Funktion, S. 229 f.; Losano, Studien, Teil 2, S. 97; Zusammenfassung bei: SchmidtRadefeldt, Gerber, S. 257. 526

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wurfs für ihn richtungsweisend die Milderung der Eingriffsintensität bei Einführung, die Sicherung der Stellung der Frau in der Familie und vor allem die Abbildung der zur damaligen Zeit bestehenden gesellschaftlichen Eheordnung. Bei einer genauen Betrachtung des Entwurfs, zeigt sich, welch großen Einfluss diese, neben der geschichtlichen Komponente stehenden Zielvorstellungen auf die Gestaltung des Güterrechts hatten, so dass diese Aspekte wohl als die eigentliche Triebfeder von Plancks Vorschlägen bezeichnet werden können. B. Die zusammenhängende Betrachtung des gesamten Meinungsspektrums Unternimmt man den Versuch die angesprochenen Meinungen in einen geordneten Zusammenhang zu stellen, dann kommt man zu folgendem Ergebnis. Weder die beteiligten Diskussionsteilnehmer noch die von ihnen vertretenen Ansichten können in eine Kategorisierung, die allein nach romanistisch oder germanistisch unterscheidet, eingeordnet werden.527 Im Bezug auf die beteiligten Juristen bedeutet das, dass die Begriffe Romanist und Germanist zugrunde gelegt, eine Zersplitterung der Meinungsblöcke vorhanden ist.528 Zu dieser Erkenntnis gelangt man durch die teilweise vorhandene Diskrepanz zwischen der eigentlichen Prägung der Juristen und den von ihnen vertretenen Meinungen. So ist es notwendig bei Berücksichtigung der Ähnlichkeit der vertretenen Standpunkte, die Germanisten Gierke und Heusler in eine Gruppe mit dem Romanisten Mommsen529 einzuteilen, weil die Ansichten der drei Juristen in den wesentlichen Forderungen vollkommen übereinstimmten. Ihnen am nächsten stünde wohl der Romanist Mitteis, der zwar die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft als gesetzliches Güterrecht nicht kritisierte, aber mit seinen Forderungen eine klare Annäherung des Entwurfs an das altdeutsche Prinzip des Mundiums beabsichtigte. Der Übergang in die andere Gruppe, der nach Gierke „romanistisch eingestellten“ Juristen, ist fließend und wird vor allem durch die ambivalente Meinung von v. BeaulieuMarconney, die eindeutig Argumente beider Gruppen enthält, symbolisiert. Deutlich für die Verwaltungsgemeinschaft plädierte auch der Germanist Schröder, ohne dabei je den Boden des germanistischen Rechts verlassen zu wollen. Ähnlich Gerber, der zwar die Grundlagen für die Verwaltungsgemeinschaft Plancks gelegt hatte, aber in bestimmten Fragestellungen, z. B. bei seiner Befürwortung des Mundiums, das historische, germanische Recht deutlicher berücksichtigte als der Entwurf Plancks. Trotz seiner Einordnung als Germanist unterstütze Gerber 527 Siehe zu den Problemen dieser Einteilung auch: Dilcher/Kern, Germanistik, S. 2, 15 ff. (Einteilung erfolgt nach Dilcher durch die Forschungsschwerpunkte und den methodischen Ansatz). 528 Zustimmend: Schmid, Entstehung, S. 89 (Fußnote 284). 529 Mommsen wurde von Schmid tatsächlich zu den Germanisten gerechnet. (Schmid, Entstehung, S. 89 (Fußnote 284), 94).

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mit seinen Vorgaben den von Gierke als romanistisch bewerteten Entwurf Plancks. Auch Planck gerierte sich niemals in Opposition zum germanischen Recht als Befürworter eines ausschließlich römischen Rechts. Diese Zusammenfassung belegt, dass die Zuordnung eines Juristen zu einer der beiden Parteien nicht notwendigerweise bedeutet, dass dieser Jurist eine ähnliche Meinung vertrat, wie die übrigen in diese Gruppe einzuordnenden Juristen. Dies gilt für die Germanisten, die zum einen wegen der abweichenden Meinungen Schröders und Gerbers, als auch wegen der Unterstützung der Romanisten Mommsen und Mitteis einen einheitlichen germanistischen Standpunkt nicht aufbauen konnten. Und es gilt umso mehr für die „romanistische“ Seite, für die keiner der Juristen einen eindeutigen Standpunkt gegen das germanische Recht einnahm. Nicht einmal die von den Diskussionsteilnehmern verwendeten Argumente kann man bedenkenlos einer der beiden Kategorien zuordnen. Die schwankende historische Grundlage hatte eine Wandlungsfähigkeit und Variabilität der einzelnen Argumente zur Folge, sodass sie in der Hand verschiedener Juristen jeweils gegensätzliche Aussagen treffen konnten. Die Einschätzungen zum typisch germanischen Güterrecht sind für diese These ein Paradebeispiel. So nahmen Planck, Gerber und Schröder aufgrund der Stellung der Verwaltungsgemeinschaft als ursprüngliches historisches Güterrecht an, dass dieses Güterrecht den germanischen Geist am besten verkörpern würde. Diese Eigenschaft der Verwaltungsgemeinschaft wurde von den Gegnern zwar nicht bestritten, jedoch propagierten Gierke und Mommsen die Gütergemeinschaft trotzdem als das eigentliche germanische Güterrecht. Diese These konnten sie rechtfertigen, indem sie die Gütergemeinschaft als die folgerichtige Weiterentwicklung des germanischen Güterrechts im Sinne des germanischen Volksgeistes betrachteten. Diese Aussage wurde wiederum von v. Beaulieu-Marconney und Gerber ins Gegenteil verkehrt durch die Feststellung, die Gütergemeinschaft sei nicht aufgrund der Einflüsse des germanischen Rechts, sondern letztendlich der des römischen Rechts entstanden und deshalb abzulehnen. Deutlich wird durch dieses Beispiel vor allem, dass die mannigfaltigen historischen Entwicklungen der unterschiedlichsten Güterrechte auf dem Gebiet des Deutschen Reichs eine nahezu unerschöpfliche Ressource für Spekulationen über den deutschen Volksgeist eröffneten, sodass nahezu für jede vorgebildete Meinung historische Grundlagen gefunden werden konnten. Die Ausnutzung dieser Unwägbarkeiten, die die historischen Güterrechte ebenso boten, wie die oben dargestellte aktuelle Verteilung der Güterrechte zum Zeitpunkt der Schaffung des BGB, führte damit im Ergebnis dazu, dass es sich auch bei dem Streit um die historische Kontinuität der Güterrechte vornehmlich nicht um einen rechtshistorischen Disput handelte, sondern vielmehr um eine politische Diskussion um die zukünftige Gestaltung des Rechts. Die Hinwendung zur Vergangenheit hatte die Diskussionsteilnehmer lediglich angeregt, ihre jeweilige Ansicht zusätzlich auf der Grundlage der historischen

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3. Teil, 2. Kap.: Schaffung der güterrechtlichen Regelung des BGB

Güterrechte zu rechtfertigen und so nutzen die Beteiligten diese Möglichkeit, zusätzliche Argumente für die eigenen Forderungen zu generieren. Gerade auch aus diesem Grund darf die Diskussion um das eheliche Güterrecht nicht auf die Auseinandersetzung der Germanisten und Romanisten reduziert werden. Diese Meinung wird gestützt durch die zahlreichen Diskussionsbeiträge, die eine Beachtung der „geschichtlichen“ Frage nicht für notwendig, ja unnötig gehalten haben, wie das folgende Zitat von v. Stumm belegt: „Dann, meine Herren, . . . die deutsche Rechtsentwicklung. Dieser Einwand hat auf mich . . . immer einen etwas erheiternden Eindruck gemacht. Ich bin ja nicht Jurist; aber, was ich von diesen Dingen weiß, ist das, daß man in keiner Weise sagen kann, daß das sogenannte deutsche Recht, das sogenannte römische Recht oder das französisch- rheinische Recht mit dem Deutschthum einen größeren oder geringeren Zusammenhang habe. Meine Herren, wenn Sie an die deutsche Vergangenheit an knüpfen wollen, so müssen Sie auch wünschen, daß der Mann nach wie vor sich auf der Bärenhaut in Meth betrinkt und die Frau die Feldarbeit verrichtet! . . . In Bayern besteht heute noch das Züchtigungsrecht des Mannes – das wollen Sie doch nicht aufrecht halten. Nach unserem Landesrecht ist der Mann berechtigt, der Frau vorzuschreiben, wie lange sie dem Kinde die Brust zu reichen hat. Auch das, meine Herren, habe ich im bürgerlichen Gesetzbuch nicht gefunden. Ich glaube, wenn man alle diese Dinge wegläßt und zugiebt, daß für das Deutsche Reich eine gewisse Kulturentwicklung geboten ist, daß man von diesem Gesichtspunkt aus auch der Frau diejenige Selbstständigkeit gewähren muß, die ihr, ohne die Ehe zu gefährden, heute zukommt. Ich meine, es entspricht dem wahren Deutschthum viel mehr, die Kultur, die Humanität zu pflegen, als barbarische Einrichtungen aufrecht zu erhalten, die zwar deutschen Ursprungs sind, aber in die heutige Zeit nicht mehr passen.“ 530

Die Diskussion um die Ausgestaltung des Güterrechtes kann daher nicht auf das bisher vorgestellte Meinungsspektrum betreffend den historischen Gehalt der Güterrechte begrenzt werden. Unter Rückbesinnung auf den Ausgangspunkt des zweiten Teiles der Arbeit sollen daher im Folgenden die weiteren Streitpunkte bei der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft dargestellt werden. In den zurückliegenden Kapiteln wurde unter den Überschriften „Das Verbreitungsgebiet“ und „Die Berücksichtigung der Vergangenheit bei der Schaffung der güterrechtlichen Regelungen des BGB“, vor allem der Teil des Meinungsspektrums behandelt, der den Versuch unternahm, einen klärenden Blick auf die zum Zeitpunkt der Schaffung des BGB vorhandenen Grundlagen zu werfen. Auch wenn die gewonnenen Erkenntnisse nicht unbedingt für die jeweils vertretene Meinung der beteiligten Juristen bestimmend waren, so hatte diese rückwärts gewandte Ausrichtung doch ihren Anteil an dem Charakter der Diskussion um den Entwurf, indem die geschichtliche Argumentation in weiten Teilen zur Rechtfertigung der Erhaltung oder gar Wiederbelebung bestehender und vergangener Zustände diente. Um das 530 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2922 (114. Sitzung, 25. Juni 1896).

§ 1 Die geringe Eingriffsintensität der Verwaltungsgemeinschaft

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Bild der Diskussion zu vervollständigen, ist es jedoch notwendig, ohne die bereits erläuterten Inhalte oder Personen außer Acht zu lassen, auch auf die eher aktuellen Probleme und die konkrete Auseinandersetzung mit Sachthemen näher einzugehen. Dabei sollen auch die Meinungen mit einbezogen werden, die keinen Bezug zu historischen Gestaltungen herzustellen versuchten. Im Folgenden soll zunächst auf ein aktuelles Problem eingegangen werden, das im Zusammenhang steht mit den bei der Einführung eines einheitlichen Güterstandes zu befürchtenden negativen Auswirkungen. 3. Kapitel

Die Eingriffsintensität bei der Einführung In Abkehr von dem historischen Fokus der Diskussion soll im Folgenden auf ein eher der Praxis zugewandtes Argument eingegangen werden. Der Aspekt der Eingriffsintensität bei Einführung war vor allem für den Zeitpunkt des Wechsels von den bisherigen Güterrechten auf das einheitliche Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft relevant. Diese Besorgnis dürfte wohl eines der drängendsten aktuellen Probleme gewesen sein, das sich unmittelbar aus der Zersplitterung der Güterrechte ergab. Schließlich musste ein großer Teil der Bevölkerung vom Zeitpunkt der Einführung des BGB an, unter einem anderen Güterrecht leben als bisher (s. o. 3. Teil, 1. Kapitel). Es bestanden, wie bereits bei dem Streit um die Rechtsvereinheitlichung dargestellt (s. o. 1. Teil), große Bedenken, wie die Bevölkerung mit diesem Schritt zurechtkommen und ob sie das neue Güterrecht akzeptieren würde.

§ 1 Die geringe Eingriffsintensität der Verwaltungsgemeinschaft Planck schenkte dieser Problematik besondere Aufmerksamkeit und sah auch in dieser Hinsicht seine Wahl der Verwaltungsgemeinschaft bestätigt. Nach Planck würde das Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft bei der Erstreckung auf bisher unter einem anderen Güterrecht stehende Landesteile unterstützend wirken. Die im Vergleich zu den anderen Güterrechten geringere Eingriffsintensität in den Vermögensbestand der Ehegatten sorge dafür. Ein Güterrecht, welches nur geringe Eingriffe in die Vermögensverhältnisse beinhalten würde, würde auch, so die Hoffnung Plancks, nur geringe Schwierigkeiten bei der Einführung erzeugen, da die Bevölkerung nicht mit tiefgreifenden Veränderungen ihrer Vermögensbestände bei Eheschließung rechnen müsste. Um also bei der Rechtsvereinheitlichung einen möglichst reibungslosen Übergang in das neue Güterrecht sicherzustellen, sprach sich Planck auch aus diesem Grund für die Verwaltungsgemeinschaft aus.

264

3. Teil, 3. Kap.: Die Eingriffsintensität bei der Einführung

„Entscheidend bei der Abwägung der Vorzüge und Nachteile der verschiedenen Systeme muß aber endlich der Gesichtspunkt sein, dass es beim Zweifel darüber, ob in Folge der Ehe eine größere oder geringere Veränderung des Rechtszustandes der Betheiligten eintreten solle, vorsichtiger und richtiger erscheint, die kraft des Gesetzes eintretende Aenderung auf das geringere Maß zu beschränken und dem Betheiligten die Erweiterung durch Vertrag zu überlassen, als umgekehrt zu verfahren. Sowohl in Betreff des Verhältnisses unter den Gatten als auch nach außen hin bleibt das System der Verwaltungsgemeinschaft bei einem weit geringeren Eingriffe in die Rechtsspähre der Betheiligten stehen, als die allgemeine oder partikuläre Gütergemeinschaft. Es ist für die Eheleute selbst weit leichter, bei gesetzlich bestehender Verwaltungsgemeinschaft durch Ehevertrag allgemeine oder partikuläre Gütergemeinschaft unter sich einzuführen, wenn sie dies ihrem Verhältnisse entsprechend finden, als umgekehrt bei gesetzlich bestehender Gütergemeinschaft dieselbe aufzuheben oder einzuschränken. Und während Eheverträge der ersteren Art in Betreff des Verhältnisses nach außen durchaus unbedenklich erscheinen, sind Eheverträge der letzteren Art in hohem Grade geeignet, die Sicherheit des Verkehrs zu gefährden und zu Täuschungen der Gläubiger Anlaß zu geben.“ 531

Planck hoffte, durch seine Wahl der Verwaltungsgemeinschaft, die gesetzlichen Veränderungen des Rechtszustandes bei Eheschließung zu beschränken, und damit der Bevölkerung die Annahme des neuen Rechts zu erleichtern. Dies sprach er in dem folgenden Zitat deutlich aus: „Ganz abgesehen also von der Frage, welches System das prinzipiell richtigste – und die Ansichten hierüber werden sich schwerlich vereinigen lassen – muß behauptet werden, daß die Herstellung eines einheitlichen Rechts für ganz Deutschland sich jedenfalls am leichtesten auf dem Boden desjenigen Systems bewerkstelligen läßt, welches am wenigsten tief eingreift, und daß dieser Gesichtspunkt entschieden zu Gunsten der Verwaltungsgemeinschaft spricht.“ 532

Gleichzeitig habe dieses Vorgehen auch den Vorteil, dass die Beschränkung der gesetzlichen Wirkungen psychische Schranken beim Abschluss von Eheverträgen abbauen würde, weil es den Ehegatten erfahrungsgemäß leichter falle, Ehewirkungen zu verstärken als zu beschränken. Damit wäre gewährleistet, dass die Ehegatten Optionen, die zur Umsetzung ihrer jeweiligen Vorstellungen von einem idealen Güterrecht bestehen, auch nutzen würden. Schließlich müsse bei der Abänderung des Güterrechts durch Ehevertrag auch auf Dritte Rücksicht genommen werden, die mit der ehelichen Gemeinschaft in geschäftlichen Kontakt treten würden. Müssten diese bereits aufgrund Gesetzes von einer Trennung der Vermögen ausgehen, also die mögliche Haftungsmasse von vornherein geringer veranschlagen, dann könnten sie durch den Abschluss eines Ehevertrages, der diese Haftungsmasse erweitert, nur positiv, aber nicht negativ überrascht werden.

531 532

Planck, Vorentwürfe, S. 474. Planck, Vorentwürfe, S. 475.

§ 2 Die Erwiderungen

265

§ 2 Die Erwiderungen Die Argumentation zur Minimierung der Übergangsschwierigkeiten durch die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft wurde von einigen Juristen übernommen und stellenweise sogar erweitert bzw. näher ausgeführt. Gierke wandte sich ausdrücklich gegen diese Überlegungen. Positiv zu den Ausführungen von Planck zum Abbau der psychischen Schranken beim Abschluss von Eheverträgen äußerte sich vor allem Klöppel. Erweiternd betrachtete er diese Argumentation aus der Sicht der zukünftigen Ehefrau. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Beschränkung der gesetzlichen Ehewirkungen, insbesondere für den regelmäßig schwächeren Teil, die zukünftige Ehefrau, als positiv zu bewerten sei. Die Frau werde durch diese Maßnahme nicht gezwungen von ihrem Ehemann eine Beschränkung der Ehewirkungen zu fordern, ein Vorgehen, das leicht als Misstrauen gegenüber dem Ehemann ausgelegt werden könne. Zu ihrem Schutz sollte den Frauen die bessere Verhandlungsposition eingeräumt werden, statt sie dazu zu zwingen, Einschränkungen des gesetzlichen Güterstandes zu vereinbaren.533 Eine ganz ähnliche Stellungnahme zu diesen Thema findet sich bei Mitteis, der diesen Umstand ebenfalls als einen Vorzug der Verwaltungsgemeinschaft vor der Gütergemeinschaft wertete. Die Gütergemeinschaft, so erklärte er, sei gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft ein Plus und es sei sehr viel schwieriger eine freie Güterverbindung mittels Ehevertrag durch eine engere zu ersetzen als umgekehrt. Daher befürchtete er, die Länder in denen bisher die Verwaltungsgemeinschaft gegolten habe, würden die Gütergemeinschaft als kaum begreifliche Fessel empfinden. Auch die gewährte Vertragsfreiheit ändere an dieser Tatsache nicht in jedem Fall etwas. Es müsse vor allem auf die Personen geachtet werden, die sich aus Rechtsunkenntnis oder anderen Gründen nicht der Gütergemeinschaft entziehen könnten und trotzdem unter deren Belastungen leiden würden. Dies wiege um so schwerer, als es als eine Art Misstrauensvotum gegen den zukünftigen Ehegatten ausgelegt werden könnte, wenn man die Gütergemeinschaft zugunsten der Verwaltungsgemeinschaft abwählen wollte.534 Mitteis konkretisierte die Annahme Plancks, dass eine Beschränkung der Ehewirkungen die Einführbarkeit des Güterrechtes erleichtern werde, durch die Nennung eines Beispiels. Er wählte dafür das Problem der Auflösung von Gütergemeinschaften. Die Aufteilung der Güter sei wegen der quotenmäßigen Verteilung zwar sehr einfach, führe aber in bestimmten Fällen zu höchst ungerechten Ergebnissen für den überlebenden Ehepartner genauso wie für die anderen Erben. Diese Härten seien sehr bedeutend und würden bei Einführung der Gütergemeinschaft schwerer ins Gewicht fallen als bei den anderen Güterrechtsformen, da die Gütergemeinschaft 533 534

Klöppel, Familien- und Erbrecht, S. 343. Mitteis, Bemerkungen, S. 570 f.

266

3. Teil, 3. Kap.: Die Eingriffsintensität bei der Einführung

eben einen weit intensiveren Einfluss auf die Vermögensrechte der Ehegatten nehmen würde.535 Daher gelangte Mitteis zu dem Ergebnis, dass die Verwaltungsgemeinschaft, gerade weil sie den Ehegatten eine weitgehend freie Bewegung gestatten würde, praktisch äußerst biegsam sei und die bestehenden Rechtsverhältnisse unverändert lasse, sich zur Einführung in neue Regionen sehr gut eignen würde.536 Indes nicht alle Diskussionsteilnehmer konnten sich mit dieser Argumentation Plancks befreunden. Gierke hat sich, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1.), sowohl gegen die Einführung der Verwaltungsgemeinschaft, als auch explizit gegen die Argumentation Plancks, die die geringe Eingriffsintensität eines Güterrechts zur Maxime erhebt, ausgesprochen. Wie oben bereits dargestellt wurde, standen sich die Ansichten der beiden Juristen in diesem Punkt unversöhnlich gegenüber (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. I.), weil Gierke die Beschränkung der Ehewirkungen durch die Wahl des Güterrechts als dem germanischen Gemeinschaftsgedanken widersprechend und den römischen Individualismus unterstützende Maßnahme betrachtete. „Weil es leichter ist, Ländern mit innigem Gemeinschaftsrecht eine losere Form des ehelichen Vermögensrechtes aufzudrängen, als in Ländern der Gütersonderung eine Gemeinschaft zu erzwingen, hat der Entwurf bei der Wahl des gesetzlichen Güterstandes sich die möglichste Abkehr vom Gemeinschaftsgedanken zum Ziel gesetzt. . . . Mit anderen Worten: der Grundgedanke des römischen Rechts, dass die Ehe als solche keinen Einfluss auf das Vermögen hat, verdient den Vorzug vor dem Grundgedanken des deutschen ehelichen Güterrechts.“ 537

§ 3 Ergebnis Sowohl über die Notwendigkeit auf die Gewohnheiten des Volkes Rücksicht zu nehmen, als auch über die Ausprägung der zu befürchtenden Übergangsschwierigkeiten konnte und wurde disputiert, wie bei der Diskussion um die Rechtsvereinheitlichung bereits dargestellt wurde (s. o. 1. Teil). Interessanterweise sind die dort vorgefundenen Standpunkte bei der Auseinandersetzung um die „Eingriffsintensität bei Einführung“ unter den beteiligten Juristen vertauscht. Während Planck und Mitteis sich für die Rechtsvereinheitlichung unter Betonung der eher geringen Bedeutung der „Gewöhnung des Volkes“ an die bestehende Situation ausgesprochen hatten (s. o. 1. Teil, 2. Kapitel, § 2), argumentieren beide hier mit der Besorgnis, wie der Wechsel des Güterrechts in der Bevölkerung aufgenommen werden würde. Im Gegensatz dazu sträubte sich Gierke, der für die Erhaltung der Eigenheiten mithilfe des Regionalprinzips gekämpft hatte (s. o. 1. Teil, 535 536 537

Mitteis, Bemerkungen, S. 570 f. Mitteis, Bemerkungen, S. 574. Gierke, Haus, S. 652; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 419.

§ 3 Ergebnis

267

1. Kapitel, § 2), beim vorliegenden Gegenstand gegen eine Möglichkeit die Einführung des einheitlichen Güterrechts für das Volk verträglicher zu machen. Diese Diskrepanz zeigt, dass die Äußerungen von Planck und Gierke auch hier vor dem Hintergrund der jeweils präferierten Güterrechte betrachtet werden müssen. Es ist Planck zuzugestehen, dass seine Argumentation, insbesondere durch die Ergänzungen von Mitteis und Klöppel, durchaus nachvollziehbar ist. Gleichzeitig hatte sich Planck aber auch ein weiteres pragmatisches Argument für die Annahme der Verwaltungsgemeinschaft erschlossen. Auf der anderen Seite musste Gierke dieser Argumentation natürlich widersprechen, da sie seinem Ziel die Gütergemeinschaft als gesetzlichen Güterstand einzuführen zuwider lief. 4. Kapitel

Die Stellung der Frau Ein weiterer, ja man könnte sogar sagen der grundlegende Streitpunkt bei der Auseinandersetzung um die güterrechtliche Regelung des BGB, war die Frage, welche Position die Ehefrau im Hinblick auf die Verwaltung des Vermögens in der Ehe einnehmen sollte. Die grundsätzliche Bedeutung dieses Aspektes ist offensichtlich, wenn man bedenkt, dass diese Regeln die Aufgabe haben, eine gerechte Verteilung der finanziellen Mittel in der Gemeinschaft zwischen Mann und Frau sicherzustellen. Von diesem Ausgangspunkt betrachtet, ist es eine substanzielle Frage, wie das Verhältnis zwischen den Geschlechtern gestaltet werden soll, da diesbezügliche Entscheidungen die Struktur der gesetzlichen Regelung in allen Bereichen beeinflussen, oft sogar zwingend vorgeben. Bereits bei den schon erläuterten Streitpunkten wurde dies deutlich. So stand dieses Thema bei der Auseinandersetzung um die „geschichtliche“ Orientierung der Rechtswissenschaft erkennbar im Mittelpunkt des Interesses – etwa bei dem ausführlich dargestellten Streit zwischen Planck und Gierke. Sogar in dem kurzen Kapitel über die „Eingriffsintensität bei Einführung“, das als Nebenargument der Praxis in die Diskussion eingeführt wurde, sind Anklänge an diese grundsätzliche Fragestellung vorhanden und auch bei den folgenden Themen kann dieses Phänomen beobachtet werden. Auch in der bisher erschienenen Sekundärliteratur wird dieses Thema oft in den Vordergrund gerückt.538 So etwa bei Schmid, der bereits mit dem Titel seiner Arbeit „Die Entstehung der güterrechtlichen Vorschriften im Bürgerlichen Gesetz538 Meist sind die Äußerungen zum Güterrecht gar in Werke zur zeitgenössischen Veränderung des Geschlechterverhältnisses eingebettet. So etwa bei: Grimme, Entwicklung, S. 98 ff.; Dörner, Industrialisierung, S. 101 ff.; Kroj, Abhängigkeit, S. 231 ff.

268

3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

buch unter besonderer Berücksichtigung der sozialen Stellung der Frau“ 539 darauf hinweist, oder bei Malsbenden, die das Güterrecht des BGB im Hinblick auf die rechtliche Stellung der Frau mit historischem Recht verglich.540 Der Grund für diesen Fokus ist nicht nur in der besonderen Aufgabe des Güterrechts zu finden, sondern auch in der zeitgenössischen Auseinandersetzung mit der Frage der Stellung der Frau in der Familie, der Gesellschaft und dem Staat. Einmal mehr erwies sich das Güterrecht als Plattform, die eine anderweitig entbrannte Diskussion abbildete und so zum Spiegelbild einer weiter greifenden Auseinandersetzung wurde. Zur Verkörperung dieses Streits über das Geschlechterverhältnis wurde im Bereich des ehelichen Güterrechts die Frage nach der Art der vermögensrechtlichen Einbindung der Frau unter die Entscheidungsmacht des Mannes bzw. die Änderung dieser bisher bestehenden Praxis. Der Streit manifestierte sich konkret in der Auseinandersetzung um die Frage, ob das Mundium, als Vormundschaft des Mannes über die Ehefrau, mit der einhergehenden Beschränkung deren Geschäftsfähigkeit, erhalten bleiben, oder ob der Frau die Geschäftsfähigkeit, samt der Verfügungsgewalt über ihr Vermögen, auch nach Eheschließung zugebilligt werden sollte. Zwischen diesen Polen bewegte sich der Streit mit den eher konservativen Vertretern der Rechtswissenschaft auf der einen und vor allem der Frauenbewegung auf der anderen Seite. Aufgrund dieser Sachlage sollen zunächst die bei Schaffung des BGB vorhandenen Grundlagen und Umstände dargelegt werden. Es erfolgt aus diesem Grund zuerst eine ausführliche Begriffsklärung bezüglich der Bedeutung des Mundiums im historischen Recht und dem Zustand des Mundiums unmittelbar vor Schaffung des BGB, um den Ausgangspunkt der „geschichtlich“ orientierten Rechtswissenschaft näher eingrenzen zu können. Dieser Aspekt wurde, da er mit der Diskussion um die geschichtliche Ausrichtung des Entwurfes eng verbunden ist, bereits oben kurz erläutert (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 1. a)). Eine ausführliche Darstellung wurde aber auf den Anfang dieses Kapitels verschoben, da die Diskussion um dieses Rechtsinstitut im Kern die Frage nach der Stellung der Frau im ehelichen Güterrecht repräsentiert. Danach sollen kurz die aktuellen Gegebenheiten der Gesellschaftsentwicklung erläutert werden, soweit diese unbedingt notwendig sind, um die Diskussion bezüglich der rechtlichen Stellung der Frau im ehelichen Güterrecht nachvollziehen zu können. Da, wie bereits angedeutet wurde, die Auseinandersetzung um das eheliche Güterrecht auch als Teil des größeren zeitgenössischen Streits um das Geschlechterverhältnis allgemein begriffen werden muss, ist es notwendig diese nicht juristischen Gegebenheiten

539 540

Schmid, Entstehung. Malsbenden, Stellung.

§ 1 Die Bedeutung des Mundiums im historischen Güterrecht

269

im Rahmen eines Exkurses auszugsweise zu berücksichtigen, um ein vollständiges und nachvollziehbares Bild zeichnen zu können. Es werden daher im Rahmen eines Exkurses verschiedene Aspekte im Hinblick auf die gesellschaftliche Stellung der Frau und der Lebensumstände zur damaligen Zeit behandelt. Es folgt die Darstellung des gesamten Meinungsspektrums, in dem auch die bereits an der Diskussion um den historischen Gehalt der Rechte beteiligten Juristen zur Vervollständigung noch einmal angesprochen werden. Dies ist unerlässlich, da diese Ansichten den Charakter der Diskussion, gerade im Hinblick auf die Stellung der Frau, entscheidend geprägt haben und daher notwendig sind, um den Entwurf in das bestehende Meinungsspektrum einordnen zu können. Im Anschluss werden die Ansichten der liberaleren Vertreter dargestellt, wie insbesondere die Forderungen der Frauenbewegung und der politischen Stimmen, die für eine Verbesserung der Stellung der Frau eintraten. Es folgen zum Schluss die Befürworter der Regelung Plancks. Begonnen werden soll aber mit der Beschreibung des Rechtsinstitutes, das die Frau über Jahrhunderte unter die Vormundschaft des Mannes stellte – dem Mundium.

§ 1 Die Bedeutung des Mundiums im historischen Güterrecht A. Die Definition des Mundiums Durch das Mundium wurde im historischen Güterrecht die weibliche Position in der Familie festlegt. Für das Mundium, das eng verwandt ist mit den Begriffen Geschlechtsvormundschaft, „Gewere zu rechter Vormundschaft“ 541 und der ehelichen Vogtei542, lieferte Schröder eine genaue Begriffserklärung unter dem Titel, die Geschlechtsvormundschaft: „Die staatliche Stellung der Weiber und die allgemeine Geschlechtsschwäche und Unkunde in rechtlichen Dingen brachte im deutschen Recht von Anfang an ihre Unterwerfung unter die Vormundschaft des stärkeren und umsichtigeren, am öffentlichen Leben theilnehmenden Mannes mit sich. Man bezeichnete diese Geschlechtsvormundschaft vorzugsweise mit dem auch für die übrigen Vormundschaftsarten gebräuchlichen Ausdruck „Mundium“, durch lateinische Endung aus dem deutschen Wort „munt“ gebildet, welches manus und davon abgeleitet potestas bedeutet . . . Aus „munt“ ist unser Vormundschaft entstanden . . .“ 543

541

Schmidt, Vergleichung, S. 10. Bulling, Frau, S. 2. 543 Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, S. 1; Übersetzung der lateinischen Begriffe: manus: Hand, Schutz; potestas: Kraft, Macht, Gewalt. 542

270

3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

Über Entwicklung, Grundlage und Inhalt des Mundiums lasse sich, so Ogris, kaum etwas allgemein Gültiges sagen544, da das Mundium in verschiedenen Ausprägungen in der deutschen Rechtskultur vorhanden gewesen sei. Diese grundlegende Tatsache müsse bei einer Charakterisierung des Verhältnisses zwingend berücksichtigt werden. Eine Gemeinsamkeit aller Formen des Mundiums sei gewesen, dass in den vom Mundium geprägten Verhältnissen rechtliche Herrschaft und Schutz regelmäßig miteinander vereint wurden.545 Von den unterschiedlichen Formen des Mundiums soll jedoch nur die eheherrliche Munt näher beleuchtet werden. Diese war im Laufe der Zeit einer Entwicklung unterworfen. Ursprünglich glich sie wahrscheinlich eher der Vormundschaft des Vaters, deren Fortsetzung sie darstellte. Spätestens seit dem Hochmittelalter aber sei die eheherrliche Vormundschaft zu einem eigenen Rechtsverhältnis geworden, das von anderen ähnlichen Instituten des Familienrechts zu unterscheiden war.546 Dieser Vormundschaft seien ursprünglich, von wenigen Ausnahmen abgesehen, alle Frauen unterworfen gewesen. Bei einer Heirat ging die Vormundschaft über die Frau vom Vater oder dem ältesten Bruder auf den Ehemann über.547 Inhaltlich stellte dieses Rechtsverhältnis ein umfassendes Schutz- und Gewaltverhältnis dar, das dem Vormund verschiedene Rechte an seinem Schutzbefohlenen gab. So gewährte es etwa dem Vormund ein Strafrecht gegenüber dem Schutzbefohlenen. Auf der anderen Seite oblag ihm die Verpflichtung bei Verletzung derjenigen Person, die der Vormundschaft unterworfen war, sie zu rächen. Er hatte auch das Recht und die Pflicht das Mündel in allen rechtlichen Dingen zu vertreten, vor allem vor Gericht.548 Das Mündelgut war seiner Verwaltung unterstellt und er durfte die Nutzungen aus dieser Vermögensmasse ziehen.549 Über das Vermögen der Frau hatte also der Mann die Verfügungsmacht nach verschiedenen Rechten in unterschiedlichem Umfang.550 Diese Rechte des Mannes am Vermögen der Frau, die aus der eheliche Vormundschaft flossen, nannte man „die Gewere zu rechter Vormundschaft“.551 Um diese Begriffsunterscheidung verstehen zu können, muss man sich vor Augen halten, dass im System des deutschen Privatrechts die Munt als Inbegriff personenrechtlicher Herrschaftsgewalt angesehen wurde. Das zentrale sachenrechtliche Pendant war die Gewere, mit der Rechte an Sachen bezeichnet wurden.552 Da die Verwaltungsrechte des Mannes am Vermögen der Frau ausschließlich Ausflüsse des Mundiums waren, beruhten sie nicht auf dem 544 545 546 547 548 549 550 551 552

Ogris, Munt, Muntwalt, in: HRG, Bd. 3, S. 752. Ogris, Munt, Muntwalt, in: HRG, Bd. 3, S. 755. Ogris, Munt, Muntwalt, in: HRG, Bd. 3, S. 758. Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, S. 2. Schröder, Geschichte, Teil 1, Volksrechte, S. 4. Schmidt, Vergleichung, S. 11. Bulling, Frau, S. 3 f.; siehe auch: Heusler, Institutionen, Bd. II, S. 380. Planck, Vorentwürfe, S. 476; Mitteis, Bemerkungen, S. 585. Ogris, Munt, Muntwalt, in: HRG, Bd. 3, S. 752 f.

§ 1 Die Bedeutung des Mundiums im historischen Güterrecht

271

ehelichen Güterrecht und waren damit unabhängig von dessen Gestaltung.553 Jedoch wurde bei der Diskussion weniger um die Aufrechterhaltung oder besser die Wiedereinführung des Mundiums diskutiert, sondern darüber, ob der Ehefrau die volle Geschäftsfähigkeit zuerkannt werden sollte. Die Verbindung dieser beiden Begriffe besteht darin, dass das Mundium in der Vergangenheit oftmals die Grundlage für die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit der Frau bildete. So war im älteren Recht automatisch in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt, wer unter fremder Munt stand.554 Wegen der stark differierenden Ausgestaltung der Rechte auf dem Gebiet des Deutschen Reiches, vor allem auch im Bereich der Güterrechte, muss nochmals betont werden, dass es sich bei den getroffenen Aussagen zum Mundium nur um Grundstrukturen handeln kann. B. Das Mundium vor Schaffung des BGB Die Notwendigkeit einer Neuordnung des ehelichen Güterrechts beruhte, wie Runde schon 1841 feststellte, auch und vor allem auf dem Zurückweichen dieser alten Rechtsinstitute. Diese hatten bis dahin, nach seinen Aussagen zu schließen, eine große Bedeutung für die, durch die Güterrechte geordneten Verhältnisse. So stellte er fest, dass das altdeutsche Grundprinzip, das Mundium oder die Gewere des Ehemannes zu rechter Vormundschaft, nicht nur sehr zurückgedrängt sei, sondern beinahe überall, mit der Aufhebung der Geschlechtsvormundschaft ihre eigentliche Basis verloren hätten. Um diese Lücke zu schließen, hätten die Romanisten anfangs eine neue Grundlage aus der Sozietätslehre gezogen; die Germanisten aber unter Verwerfung derselben, eine andere in dem deutschen Gesamteigentum geschaffen. Jedoch sei auch die Lehre der Germanisten durch die Kritik neuerer Zeit erschüttert worden. Danach habe man sich darauf verlegt, eine Ersatzbegründung in der reinen Idee einer moralischen Person anzunehmen, die sich aber praktisch als unhaltbar erwiesen hätte.555 „Da man sich nun scheuet, für das deutsche Institut einen Anhaltspunct im System des römischen Rechts zu nehmen, so findet man sich, in der Auslegung der dürftigen Statuten und Erklärungen des unbestimmten Herkommens, ohne alles leitende Princip, im Dunkeln über die Natur eines Instituts, welches die wichtigsten Interessen berührt, und in einer Rechtungewißheit, wie sie sich kaum in einem anderen Rechtsgebiete zeigt.“ 556

Da Runde die Wissenschaft, auf diesem wichtige Interessen betreffenden Gebiet, im Dunkeln tappen sah, schlug er eine Neuordnung der ehelichen Güterrechte durch den Gesetzgeber vor.557 553 554 555 556 557

Heusler, Institutionen, Bd. II, S. 386. Ogris, Geschäftsfähigkeit, in: HRG, Bd. 1, S. 1595. Runde, Güterrecht, S. 390. Runde, Güterrecht, S. 390 f. Kroj, Abhängigkeit, S. 238.

272

3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

Bis zu einer einheitlichen Neuregelung der ehelichen Güterrechte für das gesamte Deutsche Reich durch den Gesetzgeber sollte aber noch einige Zeit verstreichen. Erst im Zuge der Schaffung des BGB wurde die von Runde angemahnte gesetzliche Neuregelung vorgenommen, wobei Teile der Rechtswissenschaft eine Wiederbelebung des Mundiums forderten, andere sich aber von diesem alten Rechtsgedanken vollständig lösen wollten. Ursache für die große Diskrepanz der vorgeschlagenen Lösungen, war die zu dieser Zeit entflammende Diskussion über die Stellung der Frau in Gesellschaft, Staat und Familie. Wie bereits bei der Darstellung des Entwurfs von Planck (s. o. 2. Teil) deutlich wurde, hatte auch der Redaktor für das eheliche Güterrecht des BGB den Versuch unternommen, seine Arbeit an die sich verändernde gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellung der Frau anzupassen. Noch deutlicher werden diese neuen Entwicklungen, die vor allem in der Veränderung der Arbeitswelt durch die Industrialisierung begründet lagen, bei der weiteren Diskussion um den Entwurf berücksichtigt. Daher ist es zur vollständigen Würdigung der vertretenen Meinungen notwendig, einen Blick auf die relevanten gesellschaftlichen Zustände und Entwicklungen, die die juristische Arbeit beeinflussten, zu werfen. Der folgende Exkurs soll diese Umstände kurz skizzieren und den zum Verständnis für die juristische Diskussion notwendigen geschichtlichen und soziologischen Einblick eröffnen. Die Arbeit lehnt sich bei diesem nicht-juristischen Fragen an die bereits in ausreichendem Umfang bestehenden Forschungsergebnisse der anderen Disziplinen an, insbesondere an die Darstellung von Barbara Beuys zum Familienleben in Deutschland im relevanten Zeitraum558, die um einige Zitate aus Originalquellen bereichert wurde.

§ 2 Exkurs – Die gesellschaftliche Stellung der Frau bei Schaffung des BGB Die Einflüsse der geschichtlichen und gesellschaftlichen Situation, innerhalb derer eine gesetzliche Regelung geschaffen wird, zeichnen sich nicht immer so deutlich ab, wie bei den güterrechtlichen Regelungen des BGB. Diese gesetzlichen Vorschriften kann man sogar mit einiger Berechtigung als eine Reaktion des Gesetzgebers auf die gesellschaftlichen Umstände und Entwicklungen im Entstehungszeitraum beschreiben. Als Beleg für diese Aussage soll der folgende Exkurs dienen, der, insbesondere im Hinblick auf die Stellung der Frau, in der zeitgenössischen Gesellschaftsordnung nach Umständen sucht, welche sich in der Ausgestaltung der Güterrechte des BGB widerspiegeln.

558

Beuys, Familienleben.

§ 2 Exkurs

273

Im Vordergrund steht dabei eine Beschreibung der weiblichen Rolle in Gesellschaft und Staat, die erkennbar auf alle Aspekte des ehelichen Güterrechts eingewirkt hat. Um diesbezüglich die geschichtlichen und gesellschaftlichen Einflüsse auf die Diskussionsteilnehmer vollständig nachzeichnen zu können, soll zunächst auf die damals herrschende Vorstellung von einem idealen Geschlechterverhältnis eingegangen werden. Danach soll ein Blick auf die realen gesellschaftlichen Zustände der Zeit geworfen werden. Um hier den verschiedenen Situationen der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten gerecht zu werden, wurde diese Darstellung aufgeteilt in die Kategorien bürgerliche Schicht und Arbeiterklasse.559 Gleichzeitig sollen diese Hintergrundinformationen aber nicht unabhängig von dem eigentlichen juristischen Thema behandelt werden. Vielmehr soll bereits bei der Beschreibung der gesellschaftlichen Zustände eine Verbindung zu deren Berücksichtigung im Entwurf Plancks hergestellt werden. Auf diese Weise wird es möglich, die große Relevanz dieser Hintergrundinformationen aufzuzeigen, und so gleichzeitig das notwendige Verständnis für die später dargestellten Ansichten zu dem Entwurf Plancks zu wecken. A. Die ideale Vorstellung von Mann und Frau Der Versuch eine Beschreibung der nicht-juristischen Einflüsse auf das eheliche Güterrecht des BGB 1900 zu geben, führt unweigerlich zunächst zu dem zeitgenössischen, maßgeblich von der bürgerlichen Gesellschaft geprägten weiblichen und dem damit korrespondierenden männlichen Idealbild.560 Die enge Verbindung zwischen dem Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft und den damals herrschenden Geschlechtstypen kann561, bezüglich des weiblichen Idealbildes, exemplarisch an folgendem Zitat von Herrn Professor Heinrich von Sybel nachvollzogen werden. Indem er die Selbstachtung der Braut zu Hilfe ruft, um die Verwaltung des weiblichen Vermögens durch den Ehemann zu rechtfertigen, gibt er unfreiwillig ein Paradebeispiel für die Vermischung der beiden Aspekte: „Der Grundsatz: die Ehegatten wollen Eins sein in allen Stücken, führt . . . in seiner Konsequenz zu der völligen Einheit auch ihres Vermögens. Es gibt zwischen ihnen kein Mein und Dein mehr: . . . Dagegen scheint der . . . Vorbehalt eines selbständigen Vermögens unter gesonderter Verwaltung allerdings in formellem Widerspruch zu dem sittlichen Begriffe der Ehe zu stehen. Was soll man zu der Selbstachtung der

559 Zu dem gesellschaftlichen Hintergrund der Regelungen des BGB im Bereich des Eherechts, siehe auch: Dörner, Industrialisierung, S. 90 ff. 560 Zu der damit in Verbindung stehenden ideengeschichtlichen Entwicklung des bürgerlichen Familienmodells: Dörner, Industrialisierung, S. 71 ff. 561 Zu dem Einfluss dieser Leitbilder auf das eheliche Güterrecht siehe auch: Kroj, Abhängigkeit, S. 263 f.

274

3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

Braut sagen, welche zwar ihre Person, aber ja nicht ihre Talerstücke dem Bräutigam anvertrauen will?“ 562

Auf der anderen Seite stand das Idealbild des Mannes, welches an das eheliche Güterrecht parallel laufende Anforderungen stellte. Die Verbindung zwischen den beiden Aspekten soll durch das folgende Zitat von Pockels verdeutlicht werden, indem er die Stellung des Mannes in der Familie beschreibt. „. . . er (SS.: der Mann) sollte der Regent seiner Familie seyn, weil ohne irgend eine Obergewalt kein kleiner und großer Staat Glück und Dauer haben kann, und weil diese Obergewalt selbst durch äußeres Ansehen, durch anhaltende Thätigkeit, durch persönlichen Muth und persönliches Geschick erhalten werden muss.“ 563

Diesen Aussagen liegt ein bestimmtes Frauenbild zugrunde, das mit dem Aufstieg der bürgerlichen Gesellschaft im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts entstand. Zu dieser Zeit begann die Entwicklung eines weiblichen Geschlechtscharakters564 oder besser eine Polarisierung von männlichem und weiblichen Geschlechtstypus565, wie in dem folgenden Zitat deutlich zum Ausdruck kommt: „Großmuth, Kraftgefühl, Mitleiden und Stolz zogen den Mann zum Weibe hin; Dankbarkeit, Zutrauen, Hoffnung und Bangigkeit das Weib zum Manne, ihrem gesetzmäßigen Schutzherrn und Gebieter. Sie schmiegt sich mit einer unbeschreiblichen Zärtlichkeit in seinen Willen, wenn er auch noch so sonderbar, noch so despotisch seyn sollte; sie pflegt und wartet ihn in seinen Krankheiten, und nach den Arbeiten des Tages; sie bestreuet sein Lager mit duftenden Blumen; sie verkürzt ihm die Zeit mit Liebkosungen und naiven Plaudereien; sie küsst ihm den Zorn und Gram von der Stirn, und entwaffnet seinen Trotz und seinen Stolz durch ein liebevolles Zuvorkommen, durch jene freundliche Sanftheit, durch jene unnachahmliche Milde des Ausdrucks und Gefühls, die so unwiderstehlich auf unser Herz wirkt, weil sie aus dem Herzen des Weibes kam. Dem zärtern Geschlecht ist Alles daran gelegen, den stärkern, muthvollern Mann zu seinem Busenfreunde zu haben und zu behalten. Das ganze Leben des Weibes ist auf diese Absicht, auf diesen ersten und lezten Wunsch ihres Geschlechts berechnet. Sie kann ohne ihn nicht leben, wenn auch der Mann ohne sie leben könnte. Sie fühlt sich selbst groß und veredelt, wenn sie unter dem Obdache eines solchen Schutzengels den Stürmen des Lebens ruhig entgegensehen, in den Armen eines solchen Freundes sterben kann.“ 566

Die ideale Weiblichkeit dieser Zeit drückte sich, wie das Zitat belegt, vornehmlich in Zartheit und Naivität aus567, die vor allem auch sexuelle Belange 562

von Sybel abgedruckt bei: Twellmann, Frauenbewegung, S. 200 f. Pockels, Charakteristik, Bd. 1, S. 6. 564 Zu den geschichtlichen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Hintergründen dieser Entwicklung: Kroj, Abhängigkeit, S. 199 ff.; Bennent, Galanterie, S. 171 ff.; Duden, Eigentum, S. 125 ff. 565 Zum Zweck der Polarisierung der Geschlechtertypen: Bennent, Galanterie, S. 172 f. 566 Pockels, Charakteristik, Bd. 1, S. 9 f. 567 „Ueberall zeigt sich das aus feinerm Stoffe zubereitete Weib als das schwächere, hülfsbedürftigere und weichere, aber auch, zum Ersatz dieser Schwäche, – schönere und 563

§ 2 Exkurs

275

betraf568. Die Idealisierung der Frau als „Schöne Seele“ zwang der Frau die Rolle einer triebverzichtenden Hausfrau, Gattin und Mutter auf.569 Besonders deutlich zeigte sich dieses Ideal und seine konkreten Auswirkungen auf das weibliche Leben in der Verteidigung gegen die Forderungen der Frauenbewegung. In diesem Zusammenhang manifestiert sich etwa in der folgenden Äußerung, die der Historiker Heinrich von Treitschke im Rahmen einer Vorlesung gegen die allgemeine Zulassung der Frauen zum Universitätsstudium vorbrachte, die Beschränkung der Frau auf die häusliche Umgebung besonders deutlich: „Der eigentliche Beruf des Weibes wird zu allen Zeiten das Haus und die Ehe sein. Sie soll Kinder gebären und erziehen. Ihrer Familie soll sie den lauteren Quell ihrer fühlenden, liebevollen Seele spenden. Zucht und Sitte, Gottesfurcht und heitere Lebensfreude nähren und pflegen. Nur so wird das Weib segensreich wirken. Freilich kann sie das nicht in der Ehe des sozialdemokratischen Normalstaates der Zukunft, der Mann und Weib dieselbe Tätigkeit geben will; wie sie in heutigen Fabriken manchmal dieselbe Beschäftigung haben. Dadurch hat das Weib eine scheinbare Gleichberechtigung mit dem Manne. Es ergibt sich aber damit auch von selbst die Auflösung aller häuslichen Liebe und Zucht, und die Ehe verwandelt sich in ein Konkubinat . . . Wer wirklich ein Herz für die niederen Stände hat, der wird umgekehrt zu dem Schluß kommen, daß es Aufgabe der Sozialpolitik ist, soviel wie möglich dafür zu sorgen, daß gar keine Frauen mehr in den Fabriken tätig sind.“ 570

Der Güterstand Plancks kam in vielerlei Hinsicht den geschilderten Geschlechtstypen entgegnen. Sein eheliches Güterrecht zeichnete dieses Geschlechterverhältnis sorgsam nach, was etwa daran erkennbar ist, dass es den Ehemann als patriarchalischen Hausvater, die Frau als seine, ihm unterstellte Gehilfin darstellt (s. o. 2. Teil, 4. und 5. Kapitel). Dieses Ergebnis verwundert kaum, da Planck selbst als eines seiner Ziele bei der Schaffung des ehelichen Güterrechts angab, die gesellschaftlichen Verhältnisse der damaligen Zeit im Gesetz abbilden zu wollen. Inhaltlich setzte er diese Vorgabe um, indem er sich bemühte dem Mann die Position eines Hausherrn zu erhalten und seine Vorrangstellung in der Ehe zu befestigen.571 Diese Intention wird auch in den Regelungen der einzelnen Teilbereiche und den zugehörigen Begründungen deutlich. So drückt sich etwa die Fixierung der Frau auf die Mutterrolle im Eherecht in dem Einspruchsrecht des Mannes gegen die Erwerbstätigkeit der Frau (§ 1358 BGB a. F.) aus, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, liebenswürdigere Nachgebilde des Mannes, das zu einer ruhigern Lebensweise bestimmt, und zu sanftern Empfindungen organisirt seyn sollte.“ (Pockels, Charakteristik, Bd. 1, S. 4); siehe auch: Bebel, Sozialismus, S. 85 f.; Beuys, Familienleben, S. 427. 568 Beuys, Familienleben, S. 426. 569 Duden, Eigentum, S. 126; zur Festlegung der Frau auf den häuslichen Bereich: Bennent, Galanterie, S. 173 ff. 570 Treitschke, abgedruckt bei: Beuys, Familienleben, S. 389 f. 571 Planck, Vorentwürfe, S. 470.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

6. Kapitel, § 1, B. II.). Die Möglichkeit eines solchen Einspruchs, wenn die Frau ihre Pflichten als Ehefrau und Mutter vernachlässigte, zeigen die eindeutige Rollenverteilung zwischen männlichem und weiblichem Geschlechtstypus. Weitere deutliche Spuren des weiblichen Ideals finden sich in der Zuweisung des Verwaltungsrechts am weiblichen Vermögen an den Mann. Hier wird als Argument die Unerfahrenheit der Frauen in geschäftlicher Hinsicht vorgebracht, die eine Verwaltung des Vermögens durch den Mann ratsam erscheinen lasse.572 Eine diplomatische Variante, die die durch das Frauenbild unterstellte mangelnde weibliche Intelligenz ebenso erkennbar beinhaltet, wie die Sorge die Zartheit und Reinheit der Frauen könnte durch den Umgang mit der Geschäftswelt verletzt oder befleckt werden.573 Zwar mag die Unkenntnis in geschäftlichen Belangen in weiten Teilen der weiblichen Bevölkerung tatsächlich verbreitet gewesen sein. Der Grund dafür muss jedoch maßgeblich in der vom Frauenbild geprägten Erziehung und Abschottung der Frau von dem außer häuslichen Verkehr gesucht werden.574 Nach diesen Maßgaben wurde auch die güterrechtliche Regelung erkennbar entwickelt: „Sie (SS.: die Regelung zum eingebrachten Gut der Frau) knüpft an die gute Sitte, daß die Frau, auch wo kein rechtlicher Zwang dazu besteht, dem Manne die Vertretung ihrer rechtlichen Interessen überläßt und dieser solche freiwillig übernimmt, an.“ 575

Das in diesem Zitat zu Tage tretende Geschlechterverhältnis, manifestierte sich nochmals besonders deutlich, bei der Diskussion der Schutzrechte für das weibliche Vermögen. Dem Patriarchalismus kam Planck hier entgegen, als er die Eingehung der Ehe ohne Ehevertrag auf Seiten der Frau als Ausdruck ihres Vertrauens in den Ehemann wertete, was in seinen Augen die übermächtige Stellung des Ehemannes rechtfertigte. Die Schutzmechanismen für das weibliche Vermögen sollten dementsprechend nur in besonders krassen Ausnahmefällen ein weibliches Eingreifen ermöglichen, in denen das Verhalten des Ehemannes bewiesen hatte, „daß das in ihn gesetzte Vertrauen nicht begründet war.“ 576 Dieses Männerbild wird auch bei der Regelung des Entscheidungsrechts des Mannes in gemeinschaftlichen Angelegenheiten (§ 1354 BGB a. F.) und bei der Beschränkung der Dispositionsbefugnis der Frau deutlich (§ 1395 BGB a. F.). Jegliche Einmi572

Planck, Vorentwürfe, S. 525. Dazu bemerkte 1884 Theodor Barth in der „Nation“, 1. Jahrgang, 1868, Nr. 23, S. 180 ff.: „Es würde dem Renommee einer jungen Dame ohne Zweifel sehr nachteilig sein, wenn sie bei einer ästhetischen Unterhaltung Richard Wagner zu den OperettenKomponisten zählen wollte, während es vielleicht nur den Reiz ihrer Unschuld erhöht, wenn sie in der Unterhaltung Eugen Richter zum Führer der Konservativen macht.“ (zitiert nach: Twellmann, Frauenbewegung, S. 209); eine Zusammenstellung der Argumente gegen eine Bildung der Frau: Kroj, Abhängigkeit, S. 197 f. 574 Twellmann, Frauenbewegung, S. 209 f. 575 Planck, Vorentwürfe, S. 510. 576 Planck, Vorentwürfe, S. 621 f. 573

§ 2 Exkurs

277

schung der Frau, etwa durch Mitsprache- oder Widerspruchsrechte werden als überflüssiges Misstrauensvotum gegen die Fähigkeiten oder das Wohlwollen des Ehemannes interpretiert und mit der Angst befestigt, dass die Frau sich irrational den fürsorglichen Transaktionen des Mannes widersetzen könnte, oder wie Planck sich ausdrückte, „die Zustimmung beider Gatten (SS.: zu Transaktionen, die das beiderseitige Vermögen betreffen) zu erfordern, ist praktisch unausführbar und der natürlichen Stellung des Mannes nicht entsprechend.“ 577 Trotz dieser eindeutigen Ausrichtung der Verwaltungsgemeinschaft an den erläuterten bürgerlichen Idealen zeigt der Güterstand Plancks gleichzeitig Versuche, die gesellschaftliche Realität zu berücksichtigen. Diese Zugeständnisse sind Zeugen der Diskrepanz zwischen den gefeierten Idealen und einer unerwünschten Realität. B. Die reale gesellschaftliche Situation Die gesellschaftliche Situation, mit der sich die Bevölkerung in dieser Zeit auseinandersetzen musste, war geprägt von Umbrüchen und Veränderungen der bis dahin bestehenden Strukturen. Gerade dies sei laut Bebel der Grund gewesen, warum das Bürgerliche Gesetzbuch sich, in die Ehe betreffenden Belangen, hier konkret der Regelung der Ehescheidung, auf eine derart konservative Grundlage stützte: „Es betätigt sich hier wieder die alte Erfahrung, daß eine im Zusammenbruch und im Auflösungsprozeß begriffene Gesellschaft durch künstliche Mittel und Zwangsmaßnahmen sich über ihren Zustand hinwegzutäuschen sucht.“ 578

Der benannte Auflösungsprozess wurde hauptsächlich durch die einsetzende Industrialisierung vorangetrieben.579 Die zu dieser Zeit bestehende Umbruchsituation wirkte sich wegen der strikten Trennung und den differierenden Lebenssituationen in den bestehenden Gesellschaftsschichten unterschiedlich aus. Da aus diesen Gründen für die ganze Bevölkerung keine allgemein gültigen Aussagen getroffen werden können, wird die folgende Schilderung die zwei für das eheliche Güterrecht bedeutsamsten Bevölkerungsgruppen, nämlich die bürgerliche Schicht und die Arbeiterklasse, getrennt darstellen. I. Die bürgerliche Schicht

Die bürgerliche Schicht, die als Beamte den Staat verwalteten und als Unternehmer in der Wirtschaft arbeiteten, war an der Gestaltung des ehelichen Güter577

Planck, Vorentwürfe, S. 494; siehe auch S. 522. Bebel, Sozialismus, S. 92. 579 Grimme, Entwicklung, S. 89; zur den dadurch entstehenden Veränderungen: Kroj, Abhängigkeit, S. 261; Dörner, Industrialisierung, S. 67 ff. (mit weiterführenden Quellen zu der Veränderung der Familientypen). 578

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

rechts maßgeblich beteiligt.580 Die bürgerliche Gesellschaft bildete keine einheitliche Klasse.581 Die Lebensumstände innerhalb dieser Gruppierung waren durchaus unterschiedlich, was vor allem auf die differierenden wirtschaftlichen Verhältnisse zurückzuführen ist. Es gab im Deutschen Reich nur eine Handvoll wohlhabende Bankiers, Unternehmer, Industrielle und höhere Verwaltungsbeamte. Der größere Teil dieser Schicht waren Beamte auf mittleren und unteren Rängen oder Handwerker, die auf die Mitarbeit der Frau sowie deren sparsames Wirtschaften wegen ihres geringen Einkommens angewiesen waren.582 Die bürgerlichen Ideale, über die sich diese Gesellschaftsschicht definierte, hier vor allem von Interesse die Ideale der Geschlechtstypen und das daraus resultierende ideale Ehebild (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, A.), scheiterten jedoch regelmäßig an der Realität und hatten in vielen Fällen für alle Beteiligten schwerwiegende Auswirkungen. So hatte die Polarisierung der Geschlechtstypen für den Mann unleugbar weitreichende Vorteile, da das Idealbild den Mann gegenüber der Frau zum Patriarchen erhob. Trotzdem muss man bedenken, dass die Verantwortung, die mit dieser Rolle des „Starken Mannes“ und alleinigen Ernährers verbunden war, auch als Belastung empfunden werden konnte, insbesondere, da die Arbeitswelt durch den Einzug des Kapitalismus immer rauer wurde.583 Die Folgen zeigten sich beispielsweise in dem Siegeszug der Psychoanalyse. So treten in dieser Zeit auch bei Männern immer mehr nervöse Störungen auf584, weil viele dem männlichen Idealbild nicht genügen konnten. Ein anderer Ausbruch aus dem Gefängnis der bürgerlichen Ideale ist die Ausbreitung der Prostitution zu dieser Zeit. Hier scheint sich die männliche Natur ein Ventil geschaffen zu haben, gegen die anerzogene sexuelle Naivität der „triebverzichtenden“ bürgerlichen Frauen. „In den besitzenden Klassen sinkt die Frau nicht selten, ganz wie im alten Griechenland, zum bloßen Gebärapparat für legitime Kinder herab, zur Hüterin des Hauses, zur Pflegerin des kranken Gatten. Der Mann unterhält zu seinem Vergnügen und für sein Liebesbedürfnis Kourtisanen und Hetären – bei uns jetzt Maitressen genannt – aus deren eleganten Wohnungen man in allen großen Städten die schönsten Stadtviertel zusammenstellen könnte. . . . In den Klassen, in welchen die Mittel zum Halten einer Maitresse nicht zulangen, nimmt man seine Zuflucht zu den öffentlichen und geheimen Luststätten, den Tingeltangels, den Konzert- und Ballsälen, den Frauen580 Grimme, Entwicklung, S. 104; Menger, Volksklassen, S. 46 f.; Dörner, Industrialisierung, S. 106 f.; Schmid, Entstehung, S. 116; Wieacker vertritt gar die Ansicht, dass die Regelungen des BGB einseitig die Lebensverhältnisse der bürgerlichen Schicht wiedergeben. (Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 479). 581 Beuys, Familienleben, S. 422. 582 Beuys, Familienleben, S. 435. 583 Zum Zusammenhang der Hinwendung der bürgerlichen Schicht zum Privaten als Ausgleich für die Verschärfung der beruflichen Situation: Bennent, Galanterie, S. 173 ff.; Duden, Eigentum, S. 133; siehe auch: Dörner, Industrialisierung, S. 70 ff. 584 Beuys, Familienleben, S. 433.

§ 2 Exkurs

279

häusern. Die Zunahme der Prostitution ist eine überall wahrgenommene Thatsache.“ 585

Jedoch traten durch diese Entwicklung, wie das Zitat eingangs bereits andeutet, die schwerwiegendsten Nachteile nicht bei der männlichen Bevölkerung ein. Es waren die Frauen, die durch die bürgerlichen Idealbilder am meisten belastet und in eine vom Mann völlig abhängige Position gedrängt wurden. So beschreibt Twellmann in ihrem Buch über die Frauenbewegung das aus diesen Umständen entstandene Geschlechterverhältnis folgendermaßen: „Die ,Männlichkeit‘, die hier gepriesen wurde, war die der starken physischen Gewalt, oft gepaart mit brutaler Rohheit, aber durch Bismarcks Blut-und-Eisen-Politik als ,kernechte deutsche Männlichkeit‘ auf den Schild der Nation erhoben. Jener von Marschmusik und Marschtritt untermalte ,Männlichkeitskult‘ fand sein Pendant in einer sich intensivierenden Nichtachtung und Verachtung der Frau, die man als Spielzeug des Mannes vergötterte, auch als brave, schaffende Hausmutter lobte, als Magd akzeptierte und als ,dienende‘ Gehilfin im Berufsleben schlecht und recht duldete – aber: die aufstrebende, den Anspruch auf Gleichberechtigung erhebende Frau verachtete und verspottete man mehr denn je.“ 586

Dieses Zitat deutet bereits an, welche hohen Anforderungen dieses Ideal an die Lebensführung der Frauen stellte. Eine Erfüllung machte, vor allem in der Ehe, eine Haltung notwendig, die an Selbstaufgabe grenzt.587 „Einfacher ausgedrückt heißt das für die soziale Wirklichkeit der Frau: Wenn sie arbeitet, soll sie sich mühelos darstellen; wenn sie Pflichten hat, soll sie diese mit Neigung tun; wird sie unterdrückt, soll sie sich sanft beugen; zwanglos soll sie den Zwang verleugnen, der ihr angetan wird. Und dieses alles soll in ihrer „Natur“ begründet sein.“ 588

Eine Nichtbeachtung der erhobenen Anforderungen führte zu gesellschaftlicher Verachtung, weshalb die Frau von der Erfüllung des Ideals abhängig war, wollte sie einen Platz in der Gesellschaft einnehmen.589 Gefangen in diesem Dilemma ergab sich schließlich ein Geschlechterverhältnis, das von der Übermacht des Mannes und der Unterdrückung der Frau gezeichnet war. „Die Entmachtung der Frau erstreckt sich in alle Lebensbereiche. Von den Angelegenheiten der öffentlichen Geschäfte generell abgeschnitten, bleibt sie auch in der häuslichen Zone an die Weisung des Gatten gebunden. Die begrenzte Verfügungsgewalt, die ihr noch zusteht, ergibt sich erst vor der Hintergrundsfolie bereits internali-

585

Bebel, Sozialismus, S. 95. Twellmann, Frauenbewegung, S. 203. 587 „Das Weib giebt ihre Persönlichkeit hin (. . .). In Liebe opfert sie ihr Ich dem auf, den sie als den besseren Theil ihrer selbst fühlt.“ (Johann Ludwig Ewald, Die Kunst ein gutes Mädchen, eine gute Gattin, Mutter und Hausfrau zu werden (1804), S. 241 abgedruckt bei: Bennent, Galanterie, S. 175); siehe auch: Duden, Eigentum, S. 139. 588 Duden, Eigentum, S. 137. 589 Bennent, Galanterie, S. 182. 586

280

3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

sierter Weiblichkeit. Der Mytos vom naturbedingten Geschlechtscharakter deklariert die Frau endgültig zur Nicht-Person im bürgerlichen Rechtssinn. Die anthropologische Vorgabe des Weiblichen, das per definitionem identisch ist mit Unterworfensein, zwingt allen Frauen dasselbe unterrinnbare soziale Los auf. Prinzipiell abgeschieden von jeder selbstständigen Berufsarbeit oder kulturellen Selbstverwirklichung, führt die Frau ein beengtes Dasein in den Randbezirken der Gesellschaft, an der Seite irgendeines Mannes, dem zu dienen der Anstand sie zwingt.“ 590

Es gibt unterschiedliche Indikatoren, die auf die Probleme der Frauen in dieser Situation hindeuten, sowie gesellschaftliche Trends, die dem Ideal zuwiderlaufen. So zeigen sich etwa die Folgen der Unterdrückung und der Verleugnung der weiblichen Sexualität in dem Aufstieg von Sigmund Freud, der die seelischen Leiden von Frauen mit Psychoanalyse zu heilen versuchte.591 Zusätzlich war eine Erwerbsarbeit der Frauen in den unteren Schichten der bürgerlichen Gesellschaft unabdingbar, um das Überleben der Familie sicherzustellen. Entgegen dem Ideal der Frau, die sich nur um den Haushalt und die Kindererziehung kümmert.592 Die Notwendigkeit reduzierte hier in vielen Fällen den Einfluss des Ideals, machte sich aber insofern hindernd bemerkbar, als sich die weibliche Erwerbsarbeit in einem von der Gesellschaft eng begrenzten Rahmen halten musste.593 Ein anderes Thema, das in dieser Zeit an Bedeutung gewinnt, ist die Geburtenkontrolle und Empfängnisverhütung, auch wenn die katholische Kirche dagegen verbissenen, immer noch anhaltenden Widerstand leistete und leistet.594 Auch dieser neue Trend ist mit der Frau, die im Wesentlichen auf ihre Mutterrolle reduziert wurde, schwer zu vereinbaren. Als deutlichster Ausbruch aus dem Käfig des weiblichen Idealbildes ist zu werten, dass die Frauen der bürgerlichen Schicht, entgegen dem die Unterordnung unter den Mann fordernden Frauenbild, anfingen für ihre Rechte zu kämpfen und sich in Vereinen organisierten. So gründeten Frauen aus der bürgerlichen Schicht auf einer Konferenz in Leipzig im Oktober 1865 den Allgemeinen Deutschen Frauenverein. Dieser nahm sich der Aufgabe an, „für die erhöhte Bildung des weiblichen Geschlechts und die Befreiung der weiblichen Arbeit von allen ihrer Entfaltung entgegenstehenden Hindernissen mit vereinten Kräften zu wirken.“ 595 Wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, B. II.), versuchte dieser Verein auch die Neugestaltung des ehelichen Güter590

Bennent, Galanterie, S. 181. Beuys, Familienleben, S. 429. 592 Beuys, Familienleben, S. 435 ff. 593 Beuys, Familienleben, S. 436; zum Anstieg der erwerbstätigen Frauen siehe auch: Offen, Verwaltungsgemeinschaft, S. 14 f. 594 Beuys, Familienleben, S. 446 ff. 595 Beuys, Familienleben, S. 424. 591

§ 2 Exkurs

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rechts zu beeinflussen. Die Forderungen der Frauen wurden bei der Ausgestaltung des ehelichen Güterrechts, wie auf vielen anderen Gebieten vernachlässigt, was zum einen dem Beharren der männlichen Bevölkerung auf den überkommenen Geschlechterrollen zuzuschreiben ist, zum anderen auf die Zaghaftigkeit und die Zurückhaltung, mit der die Frauen für ihre Rechte eintraten. „Ihr Eintreten für die Gleichberechtigung beschränkte die bürgerliche Frauenbewegung praktisch auf den Kampf gegen die Vorrechte des Mannes in Familie, Staat und Gesellschaft, eine Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse lehnte sie dagegen ab. Ihre Forderungen nach besseren Bildungschancen kamen zunächst nur Frauen ihrer eigenen Klasse zugute. Insgesamt konnte die bürgerliche Frauenbewegung bis 1889 nicht zu einem einflußreichen Faktor im öffentlichen Leben werden: die schwierigen Bedingungen, die Macht der Ideologien, die Vorurteile erschwerten den Einsatz von Frauen und forderten von ihnen viel Mut und Beharrlichkeit.“ 596

Warum diese Frauen gesellschaftliche Veränderungen ablehnten und ihre Forderungen nicht mit mehr Nachdruck vorbrachten, ist wohl mit der Bindung des überwiegenden Teiles an die zeitgenössische Gesellschaftsstruktur zu erklären. So scheuten sie wohl vor einer Konfrontation zurück und wollten auf „echt weibliche Art“, das heißt, ohne sich in Widerspruch zu dem weiblichen Idealbild zu setzen, die Ehe durch Appelle an die Männerwelt für die Frauen erträglicher machen: „Einig war man sich in der bürgerlichen Frauenbewegung, daß die Stellung der Gattin und Mutter eine ,würdigere‘ in der Ehe werden müsse; alle bejahten das Ideal der aus gegenseitiger Neigung geschlossenen Ehe, in der sich Mann und Frau als gleichwertige Geschöpfe harmonisch ergänzten und als gleichberechtigte Partner gegenseitig achteten . . . Doch diesen idealen Zustand glaubte man vor allem ,von innen heraus‘ herbeiführen zu können durch Erziehung und Bildung, durch Berufsertüchtigung und eine hieraus erwachsende größere Selbstständigkeit des weiblichen Geschlechts. So blieben auf der Generalversammlung des Allgemeinen deutschen Frauenvereins 1869 auch die Ausführungen Professor Röders ohne Widerhall, der die Notwendigkeit betont hatte, verschiedene die Frauen benachteiligende Punkte der Gesetzgebung umzugestalten.“ 597

Die Bemühungen der Frauen auf diese Weise eine Annäherung der tatsächlichen Verhältnisse an die ideale bürgerliche Ehevorstellung zu erreichen, sind ein verständliches Anliegen, wenn man sich die Diskrepanz zwischen Ideal und Realität in dieser Hinsicht vergegenwärtigt. „Die Ehe soll, darin stimmen auch die bürgerlichen Idealisten überein, eine Verbindung sein, die zwei Menschen nur aus gegenseitiger Liebe eingehen, um ihren Naturzweck zu erreichen. Dieses Motiv ist aber in den seltensten Fällen heute rein vorhanden. Von den allermeisten Frauen wird die Ehe als eine Art Versorgungsanstalt angesehen, in die sie um jeden Preis eintreten müssen. Umgekehrt betrachtet aber auch 596 597

Herve, in: Herve, Frauenbewegung, S. 28. Twellmann, Frauenbewegung, S. 195.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

ein großer Theil der Männerwelt die Ehe von dem reinen Geschäftsstandpunkt, und werden aus materiellen Gesichtspunkten alle Vortheile und Nachtheile genau abgewogen und berechnet.“ 598

Das von Bebel gezeichnete Bild ist durchaus plausibel, betrachtet man es in Verbindung mit den geschilderten gesellschaftlichen Idealen und den tatsächlichen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen. In der rauen, durch den ungezügelten Kapitalismus geprägten Wirtschaft, mochte für den Mann eine „Geldehe“ eine relativ sichere, in vielen Fällen vielleicht die einzige Möglichkeit gewesen sein, um seine Situation zu verbessern.599 Gleichzeitig gab es für die Frau, aufgrund des weiblichen Ideals kaum eine andere Alternative ihr Leben zu gestalten, als sich zu verheiraten. Die Härten dieser Situation wurden überlagert vom Pathos der bürgerlichen Gesellschaft und führten nachvollziehbar zu dem wiederum von Bebel zusammengefassten Ergebnis: „Heute wird der Eheschacher in den besitzenden Klassen – für die nichtbesitzenden hat er keinen Sinn – sehr häufig mit einer Schamlosigkeit betrieben, die die stetig wiederholte Phrase von der ,Heiligkeit‘ der Ehe als puren Hohn erscheinen läßt.“ 600

Wie in dem Ergebnis zu 2. Teil bereits festgestellt wurde (s. o. 2. Teil, 5. Kapitel), vernachlässigte Planck in seinem Entwurf zum ehelichen Güterrecht die Anforderungen der realen gesellschaftlichen Umstände. Nichtsdestotrotz kam der immer wieder von ihm betonte Wunsch, die Frauenrechte im ehelichen Güterrecht zu stärken, in einigen Einzelregelungen zum Ausdruck, auch wenn diesen Zugeständnisse an die tatsächliche Situation vieler Frauen die Durchschlagskraft weitgehend fehlte. In diesem Bemühen erkennbar enthalten ist der Wunsch, die Interessen der bürgerlichen Frauen stärker zu berücksichtigen. Hier ist etwa auf Plancks Versuche hinzuweisen, das eingebrachte Gut der Frau vor einer Verschleuderung durch den Ehemann zu bewahren. Dieses Ziel kam nur vermögenden Frauen zugute, die sich neben dem Adel wohl vor allem in der Bürgerlichen Schicht fanden. Zugunsten dieser vermögenden Frauen versuchte Planck, durch eine diffizile gesetzliche Festlegung der Rechte des Mannes bezüglich des weiblichen Vermögens, dieses Gut zu erhalten. Planck glaubte bereits die ausführliche gesetzliche Regelung dieser, bis dato weitgehend von dem diffusen Begriff des Mundiums geprägten Rechte, würde zu einer Absicherung der Frauen beitragen. In diesem Zusammenhang sind hauptsächlich die ausführlichen Vorschriften über die Art und Weise der Verwaltung des eingebrachten Gutes601, z. B. der vorgeschriebene Umgang mit Barvermögen602 wie auch die allgemeinen Schutzrechte, die bei Versagen des Mannes eine Intervention der Frau ermöglichen soll-

598 599 600 601 602

Bebel, Sozialismus, S. 82. Bebel, Sozialismus, S. 87. Bebel, Sozialismus, S. 86. Planck, Vorentwürfe, S. 486 ff. Planck, Vorentwürfe, S. 521 ff.

§ 2 Exkurs

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ten603, zu nennen. Planck verdeutlichte in seinen Begründungen, dass diese Vorschriften vor allem dazu dienen sollten, Frauen, die in weniger glücklichen Ehen leben mussten, zu schützen.604 Gleichzeitig berücksichtigte Planck die wirtschaftlichen Interessen der Ehemänner, indem er dem Ehemann, abgesehen von den erwähnten, meist eher nutzlosen Schutzrechten, ein weitgehendes Zugriffsrecht auf des weibliche Vermögen zubilligte. Zusätzlich betonte er in den Gesetzesbegründungen, dass er eine möglichst uneingeschränkte Verwaltung durch den Ehemann sicherstellen wolle, damit dieser maximalen Gewinn aus dem ihm anvertrauten weiblichen Vermögen erwirtschaften könne.605 Ob dieses Zuvorkommen nun primär der Verteidigung der wirtschaftlichen Interessen des Mannes geschuldet ist oder als Ausdruck des patriarchalischen Ideals, mit dem diese vertrauensvolle Rechtezuweisung an den Ehemann ebenfalls übereinstimmt, gewertet werden muss, kann mit Sicherheit nicht mehr nachvollzogen werden. Sicherlich kann man davon ausgehen, dass beide Aspekte, in wechselseitiger Beeinflussung, Auswirkungen auf die Haltung Plancks gehabt haben werden. II. Die Industrialisierung und die Arbeiterfamilie

Neben der bürgerlichen Gesellschaft, die eindeutig den größten Einfluss auf das eheliche Güterrecht des BGB hatte, versuchte Planck die Interessen der Arbeiterklasse zu berücksichtigen, einer wegen der einsetzenden Industrialisierung wachsenden Schicht. Dies zeigt sich besonders deutlich in den folgenden statistischen Werten, die den Rückgang der Landbevölkerung zugunsten der in Fabriken Arbeitenden dokumentieren. So lebten und arbeiteten bis 1870 zwei Drittel aller Deutschen in ländlichen Gebieten. Sechs Millionen verrichteten landwirtschaftliche Tätigkeiten. In den Großstädten waren nur fünf Prozent der Bevölkerung ansässig. Diese Situation begann sich 1870 zu verändern. In diesem Jahr begann die Arbeiterschaft auf dem Land zu schrumpfen, bis sie 1913 auf unter fünf Millionen sank. Die Zahl der Arbeiter in Industrie und Bergbau stieg im gleichen Zuge von fünf auf neuneinhalb Millionen. Dies hatte zur Folge, dass 1910 bereits 21 Prozent der Bevölkerung in Großstädten lebte. Diese Veränderungen waren zurückzuführen auf eine innerdeutsche Wanderung. Der Verdienst der ländlichen Arbeitnehmer aus dem Osten sank ständig und deshalb machten sie sich auf zuerst nach Berlin, dann weiter bis Westfalen und später ins Ruhrgebiet, um sich dort ein besseres Auskommen zu suchen.606

603 604 605 606

Planck, Vorentwürfe, S. 622 ff. Planck, Zur Kritik, S. 364. Planck, Vorentwürfe, S. 505. Beuys, Familienleben, S. 372.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

Diese Entwicklung verursachte unmenschliche Wohn- und Arbeitsverhältnisse, vor allem in den Großstädten waren die hygienischen Verhältnisse und die Elendsquartiere legendär.607 Mit dieser Entwicklung von Ort und Arbeitsbedingungen beginnt eine Veränderung in den Familien, durch die Möglichkeit der Frauen außer Haus einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.608 Dies wurde von manchen als der Beginn der Emanzipation betrachtet, auch wenn ein Großteil der damaligen Bevölkerung es für den Tod der Familie hielt und ein, durch die Industrialisierung und den Kapitalismus bedingtes Auseinanderfallen der Familien vorhersah.609 Die Selbstständigkeit der Frauen begann damit, dass sie sich unverheiratet in die Städte begaben, um dort erstmals ohne männliche Aufsicht einer Arbeit in einer Fabrik nachzugehen. Über die Situation dieser Arbeiterinnen empörte sich etwa der Wirtschaftswissenschaftler Alphons Thun 1880: „Die jungen, unverheiratheten Mädchen sind es, welche die Städte bevölkern; sie sind die unternehmungslustigen, bereit ihre Wanderjahre im Leben anzutreten und sich höheres Verdienst in der Fremde zu erringen . . . Diese Masse von Familie und Heimath losgelöster und aus ländlicher Einsamkeit plötzlich in die Stadt unter fremde Menschen versetzter Mädchen ist eine neue Erscheinung, eine Folge des Fabriksystems. . . . Die Mädchen wollten eben ungebunden sein; sie sehen ihre Freiheit in voller Aufsichtslosigkeit und Zügellosigkeit. Haben sie doch jung das Vaterhaus verlassen, um ihre Kraft in der Welt zu erproben. Selbst verdienen sie ihr Geld, selbst wollen sie es auch ausgeben; über die wenige freie Zeit wollen sie frei disponieren, sie wollen weder befragt noch kontrollirt sein.“ 610

Das Schicksal dieser Frauen schien schon vorgezeichnet, wenn sie in die großen Städte kamen. Eine ungewollte Schwangerschaft611, dann eine schnelle Heirat612 und danach eine rasche Folge von Geburten, die es für die Familie schwierig machte, mit dem Verdienst des Mannes auszukommen.613 Da die Frau so gezwungen war trotz Kindern einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, tauchte in dieser Zeit erstmals die heute als Sandwichposition der Frau bezeichnete Situation auf, wie dies wiederum von August Bebel beschrieben wird. „Statt einer freundlichen, anmuthenden Häuslichkeit finden sie ein enges ungesundes Logis, der Luft und des Lichts, oft der allernöthigsten Bequemlichkeiten entbehrend. 607

Beuys, Familienleben, S. 374. Dies belegt der Anstieg der erwerbstätigen Frauen, den Offen folgendermaßen beschreibt: „Die Zahl der weiblichen Erwerbstätigen stieg von 5,54 (1882) über 6,58 (1895) auf 9,94 (1907) Millionen im Verhältnis zu den männlichen Erwerbstätigen überproportional an. Prozentual lag ihr Anteil im Jahr 1907 bei 33,8%.“ (Offen, Verwaltungsgemeinschaft, S. 14). 609 Beuys, Familienleben, S. 372. 610 Thun abgedruckt bei: Beuys, Familienleben, S. 381. 611 Beuys, Familienleben, S. 382. 612 Beuys, Familienleben, S. 383. 613 Beuys, Familienleben, S. 386. 608

§ 2 Exkurs

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Die zunehmende Wohnungsnoth und die daraus erwachsenden entsetzlichen Mißstände sind eine der dunkelsten Seiten unserer sozialen Ordnung, die zu zahlreichen Uebeln, Lastern und Verbrechen führt. . . . Die Frau des Arbeiters, die Abends müde und abgehetzt nach Hause kommt (SS.: von der Fabrikarbeit), hat jetzt von Neuem alle Hände voll zu thun; Hals über Kopf muß sie arbeiten, um nur das Nothwendigste in Stand zu setzen. Die schreienden und lärmenden Kinder werden eiligst ins Bett gebracht, die Frau sitzt und näht und flickt bis in die späte Nacht. . . . Der Mann geht ins Wirthshaus . . . er trinkt, und ist es noch so wenig, was er verbraucht, es ist für seine Verhältnisse viel.“ 614

Planck machte in seinen Entwürfen, wie oben bereits ausführlich dargelegt wurde (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 2), an die aus der Industrialisierung entstandene Situation der Frauen in den Arbeiterfamilien im Wesentlichen ein Zugeständnis. Die Erweiterung des Vorbehaltsgutes der Frau, auf den durch ihre selbstständige Erwerbsarbeit erwirtschafteten Gewinn615 (s. u. 3. Teil, 6. Kapitel), hatte eine von der bürgerlichen Gesellschaft abweichende Gewichtung der Kompetenzen und Entscheidungsbefugnisse innerhalb der Arbeiterfamilie zur Folge. Diese Neuerung führte nach Meinung von Schröder gar zu einer faktischen Gütertrennung in dieser Schicht.616 Der Grund dafür war, dass in diesem Kreis der Bevölkerung in der Regel beide Ehepartner arbeiten mussten, um die Familie zu erhalten. Auf diese Weise konnte der Mann über sein Vermögen verfügen und der Frau stand es frei über das von ihr selbstständig erworbene Geld zu disponieren. Eine faktische Gütertrennung, die noch dadurch verstärkt wurde, dass in der Regel kein anderes Vermögen vorhanden war, also auch kein eingebrachtes Gut, das unter die Verwaltung und Nutznießung des Mannes fallen konnte. Zu demselben Ergebnis kommt auch Endemann in seinem Lehrbuch, der noch hinzufügt, dass er diese Entwicklung begrüße, weil die Frau so vor der Ausbeutung des Mannes und seiner Gläubiger geschützt werde, indem sie eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit vom Mann erlange.617 Dieser Vorteil dürfte sich aber tatsächlich weniger ausgewirkt haben, als man dies nach den vorangegangenen Ausführungen annehmen sollte. Die Arbeiterin konnte über ihren Arbeitserwerb zwar juristisch frei disponieren. Tatsächlich waren die Regelungen des ehelichen Güterrechts für sie trotzdem fast ohne praktische Bedeutung.618 Arbeit war der einzige Vermögenswert über den die Familie verfügen konnte. Der Erlös wurde zur Bestreitung des Lebensunterhalts aufgebraucht. Vermögensbildung und Vermögensmehrung fand 614

Bebel, Sozialismus, S. 96 f. Planck, Vorentwürfe, S. 539 ff. 616 Schröder, Güterrecht Deutschlands, S. 17, Fußnote 3. 617 Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1908), S. 344, Fußnote 39. 618 Zustimmend: Grimme, Entwicklung, S. 105 f.; Schmid, Entstehung, S. 117; Dörner, Industrialisierung, S. 105; zur mangelnden Berücksichtigung der gesellschaftlichen Umwälzungen durch die Industrialisierung: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 480. 615

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

nicht statt.619 Der Regelungsgehalt beschränkte sich also darauf, dass die Frau über die Verwendung entscheiden konnte.620

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf Wie bereits an den hergestellten Parallelen zwischen den zeitgenössischen gesellschaftlichen Entwicklungen bzw. Idealen und dem Entwurf Plancks abzulesen ist, sind die von Planck gemachten Vorschläge in vielerlei Hinsicht von den dargestellten, nicht juristischen Aspekten beeinflusst worden. Noch deutlicher sprechen diese Einflüsse aus den auf Plancks Entwurf folgenden Äußerungen. Diese zeigen, dass die, sich bereits in Plancks Entwurf andeutende Zerrissenheit (s. o. 2. Teil, 5. Kapitel, § 3) ihre Ursache in der gesellschaftlichen Zersplitterung hatte. Die extrem unterschiedlichen Meinungen entstanden wohl aus dem Bemühen, den hereinbrechenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen auf sinnvolle Weise zu begegnen. Um ein vollständiges Meinungsbild, im Hinblick auf die Stellung der Frau in der Ehe zu zeichnen, wurden alle vorhandenen Meinungsgruppen aus Rechtswissenschaft, Politik und Frauenbewegung berücksichtigt. Auch die bereits bei der ausführlichen Darstellung des Streits zwischen Germanisten und Romanisten erläuterten Ansichten sollen aus dem genannten Grund der Vollständigkeit halber noch einmal kurz zusammengefasst werden. A. Die Verfechter der Erhaltung des Mundiums Trotz der fortschreitenden gesellschaftlichen Entwicklungen und der desolaten Lage, in der sich nach Runde die Geschlechtsvormundschaft befand (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 1, B.), bildete sich bei der Diskussion um das eheliche Güterrecht eine uneinheitliche Gruppe, die die Erhaltung bzw. Wiedereinführung des Mundiums forderte. Betrachtet man diese Gruppe, die sich zur Vertretung dieses Standpunkts zusammengefunden hatte, dann stößt man zum überwiegenden Teil wieder auf die Diskussionsteilnehmer, die sich an dem Streit um den geschichtlichen Gehalt der Rechte beteiligt hatten (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A.). Da das Meinungsspektrum zu dem Aspekt der weiblichen Stellung in der Ehe umfassend dargestellt werden soll, muss zusätzlich noch auf den Praktiker Brühl hingewiesen werden. Dieser vertrat ebenfalls, entgegen dem Entwurf Plancks, die Position, dass eine Abschaffung des Mundiums für den Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft zu nicht überwindbaren Problemen führen würde.

619 Tatsächlich war Planck bereits bei der Regelung dieses Passus von der praktischen Bedeutungslosigkeit ausgegangen: Planck, Vorentwürfe, S. 539. 620 Planck, Vorentwürfe, S. 540.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

287

I. Der Germanist Otto von Gierke

Die Reaktivierung des Mundiums und in Folge die Verwirklichung der Hausgemeinschaft war eines der wichtigsten Ziele, das Gierke und dessen Mitstreiter unter den Germanisten verfolgten, deren Ansicht zur Abschaffung des Mundiums oben bereits ausführlich dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. und B. II. 1.). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für Gierke wegen der Betonung des Genossenschaftsprinzips die Ausbildung der Gemeinschaft in der Ehe vorrangig war. Mit der Abschaffung des Mundiums aber sei das einigende Band innerhalb der Ehe zerschnitten worden. Zu dieser Einschätzung gelangte er, weil er glaubte, das Mundium schaffe die der Ehe zugrunde liegende Verbindung. Mithilfe des Mundiums werde die Stellung des Mannes als Gemeinschaftshaupt der ehelichen Gemeinschaft befestigt, und so die Vertretung der ehelichen Gemeinschaft nach außen hin durch den Mann sichergestellt. Als Begründung für die von ihm geforderte Erhaltung des Mundiums nannte er die Fortführung der historischen Kontinuität, aber auch sittliche Bedenken. Diese beruhten darauf, dass durch die Beseitigung des Mundiums die personenrechtliche Grundlage der Ehe verloren gehe.621 Auch sei, so Gierke, der Grund für die Abschaffung, nämlich der Frau die volle Geschäftsfähigkeit zu erhalten, nicht erreicht worden, weil die Beschränkung der weiblichen Verfügungsrechte am Ehegut durch positive Satzung ein ähnliches Ergebnis erzielen würden, als wenn die Frau in der Geschäftsfähigkeit beschränkt geblieben wäre.622 Der Ersatz, den Planck zur Sicherung der Rechte des Ehemannes am eingebrachten Vermögen der Frau anbiete, sei lediglich im Sinne der Wahrung egoistischer Sonderinteressen gedacht und bilde einen trübseligen Ersatz für das zu einem organischen Aufbau der deutschen Verwaltungsgemeinschaft unentbehrliche ehemännliche Mundium.623 II. Der Romanist Ludwig Mitteis

Auch der Romanist Ludwig Mitteis624 sprach sich für die Erhaltung des Mundiums aus, vorbehaltlich einiger kleinerer Modifikationen (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. II. 2.)625. Mitteis stand zwar der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand prinzipiell nicht ablehnend gegen-

621

Gierke, Entwurf, S. 403 ff. Gierke, Entwurf, S. 411. 623 Gierke, Entwurf, S. 412. 624 Selb, Mitteis, in: Neue Deutsche Biographie, Siebzehnter Band, S. 576 f. 625 Mitteis, Bemerkungen, S. 595 f.; Cautionsanspruch im Zusammenhang mit einem Quasiususfructus bedeutet, dass derjenige der dieses Recht in Anspruch nimmt vor der Ausübung dem Eigentümer, hier der Frau, eine Sicherheit, z. B. in Form einer Bürgschaft oder Sicherheitsleistung stellen muss. (Hanausek, Lehre, S. 33). 622

288

3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

über626, im Bezug auf die Abschaffung des Mundium billigte Mitteis das Vorgehen Plancks jedoch nicht. Im Anschluss an das historische Recht, in welchem die Güterrechte im Wesentlichen auf den „Gewere zur rechten Vormundschaft“ basiert hätten, forderte Mitteis, das Mundium als Grundlage der Güterrechte zu erhalten. Die große Bedeutung, die Mitteis dieser personenrechtlichen Grundlage beimaß wird aus folgendem Zitat ersichtlich: „Der treibende Gedanke ist also die persönliche, ,mundschaftliche‘ Gewalt des Mannes über die Frau, nur dass sie auf dem Vermögen derselben reflectirt, wie denn überhaupt das mit dinglicher Kraft ausgerüstete Vormundschaftsrecht an älteren Quellen, insbesondere dem Recht des Sachsenspiegels wohlbekannt ist. Der Schein der Körperlichkeit, den die Gewalt des Mannes annimmt, wo sie sich im Vermögen der Frau spiegelt, ist eben nur Reflex . . .“ 627

Der Kern von Mitteis Kritik am Entwurf Plancks ging also dahin, dass, entgegen den historischen deutschen Vorbildern, das Recht des Mannes am eingebrachten Gut nicht auf eine personenrechtliche Gewalt über die Frau zurückgeführt werde, sondern nur ein Vermögensrecht am Gut der Frau existiere. Die Gründe, warum man eine solche Gestaltung gewählt hatte, konnte Mitteis nicht anerkennen. So erwiderte er lakonisch auf die Besorgnis seiner Gegner, eine ehemännliche personenrechtliche Gewalt sei mit der vollen Handlungsfähigkeit der Frau nicht vereinbar, dass diese Besorgnis rein theoretischer Natur sei, und daher nicht von ihm geteilt werden könne. Des Weiteren kritisierte er auch den Vorsatz, mit dieser Neuerung die Macht des Mannes über das Vermögen der Frau beschränken zu wollen. Laut Mitteis führten diese Beschränkungen zu einer ehemännlichen Ohnmacht, welche sich von der Hausherrlichkeit älteren Rechts wesentlich unterscheide.628 Die Standpunkte von Mitteis und Gierke zu der Abschaffung des Mundiums wurden oben bereits ausführlich behandelt (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. und 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. II. 2.). Sie sind Zeugen des Versuchs, eine Rechtfertigung für die übermächtige Position des Mannes in der ehelichen Gemeinschaft zu finden. Wie ebenfalls oben bereits dargelegt (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 4, B.), darf das Meinungsspektrum aber nicht auf die Bandbreite romanistisch und germanistisch reduziert werden. Tatsächlich fanden Mitteis und Gierke für ihre Forderung zur Erhaltung des Mundiums Unterstützung von Karl Ferdinand Brühl, der sich ausdrücklich von beiden Richtungen distanzierte und sich eher mit der praktischen Verwendbarkeit von Plancks Entwurf befasste.

626 627 628

Mitteis, Bemerkungen, S. 574. Mitteis, Bemerkungen, S. 585 f. Mitteis, Bemerkungen, S. 588.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

289

III. Der Praktiker Karl Ferdinand Brühl

Karl Ferdinand Arthur Brühl veröffentlichte zum Thema, das Güterrecht im BGB, zwei Aufsätze und wurde vom 21. Juristentag gebeten ein Gutachten zu der Frage zu erstellen, ob das System des gesetzlichen Güterstandes im Entwurfe des BGB einer grundsätzlichen Abänderung bedürfe, und wenn ja, in welcher Richtung.629 Nach seiner eigenen Aussage bewegte er sich bei seinen Erläuterungen außerhalb der Kategorien Romanist – Germanist. In dem Gutachten, das er für den 21. Juristentag angefertigt hatte, distanzierte sich Brühl von beiden Richtungen: „Bisher haben wir mit Absicht uns von abstracten Deductionen thunlichst fern gehalten, um zu zeigen, daß es uns keineswegs um Parteinahme im Streite der Germanisten und Romanisten, sondern lediglich um praktische Würdigung des vom Entwurfe vorgeschlagenen Ehegüterrechtes und um eine lebenskräftige Ordnung derselben zu thun ist.“ 630

Im Gegensatz zu den Vertretern der „rechtshistorischen“ Strömungen fällt auf, dass Brühl sich nicht von abstrakten Vorstellungen eines Eheideals leiten ließ. Vielmehr versuchte er, die rechtlichen Wirkungen der Verwaltungsgemeinschaft anhand ihres praktischen Anwendungsgebietes darzustellen.631 Er beschäftigte sich dabei besonders mit Anwendungsproblemen im Verhältnis zu Dritten632, und prozessrechtlichen Unzulänglichkeiten, die durch die Kompetenzverteilung am eingebrachten Gut seiner Meinung nach geschaffen würden.633 Auffallend ist dabei, dass er trotz unterschiedlichem Ausgangspunkt ähnliche, um nicht zu sagen identische Kritikpunkte fand wie Gierke und Mitteis. Den ursprünglichen Fehler, der die Unzulänglichkeiten des Entwurfs nach sich ziehe, sah Brühl darin, dass die Verwaltungsgemeinschaft nach dem historischen Recht auf das Mundium gegründet war und mit der Abschaffung desselben, dem Güterrecht sozusagen, der Boden entzogen wurde. „Die Grundlage, aus welcher die eheliche Nutznießung erwächst, ist vor Allem ein Verhältniß des Personenrechts. ,Erst mittelbar ergreift die Ehe das Vermögen‘. Indem der Entwurf die Schwierigkeiten der Regelung der ehelichen Güterrechtsverhältnisse dadurch zu umgehen glaubt, daß er die vermögensrechtlichen Wirkungen der Ehe thunlichst von dem ehelichen Personenrechte ablöst, muß er eine Anzahl Ausnahmevorschriften aufstellen, in denen erst das eigentliche wahre Wesen der Verwaltungsgemeinschaft in die Erscheinung gelangt.“ 634

629 630 631 632 633 634

Brühl, Nutznießung, S. 408 ff.; Brühl, Arbeit, S. 399 ff.; Brühl, System, S. 172 ff. Brühl, System, S. 195. Brühl, System, S. 173. Brühl, Nutznießung, S. 423 ff. Brühl, System, S. 178 ff. Brühl, Nutznießung, S. 409.

290

3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

Durch die Verneinung des Mundiums sei Planck gezwungen gewesen, da er die Stellung des Mannes in der Familie weitgehend erhalten wollte, statt dem Recht an der Person der Ehefrau ein Recht an ihren Vermögenswerten zu konstruieren. Dies sei jedoch, aus verschiedenen Gründen, juristisch nicht durchführbar. Als Hauptgrund für diese Annahme nannte er, dass der Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft auf eine solche Änderung nicht ausgelegt sei: „Der Hauptfehler des Entwurfs liegt darin, daß er das Ehegut zum unmittelbaren Objekt der ehemännlichen Rechte machen will, während der Ehemann unmittelbar nur Rechte an der Person der Ehefrau und erst durch diese hindurch, mittelbar, Rechte an dem Vermögen derselben (als einer Zubehör der Person) besitzt.“ 635

Der Versuch des Entwurfs das Recht am Vermögen der Frau als Ursache und die Beschränkungen der Willensfreiheit der Frau lediglich als Folge wahrzunehmen, hätten die Natur der Sache, wie auch die historische und dogmatische Entwicklung des Grundgedankes der Verwaltungsgemeinschaft, gleichsam auf den Kopf gestellt.636 Und obwohl der Entwurf diesen Versuch mit erheblichem Aufwand betreibe, sei nicht zu erkennen, dass zwischen der beschränkten Handlungsfähigkeit und der Beschränkung der weiblichen Verfügungsrechte, welche der Entwurf vorschlägt, ein gradueller Unterschied bestehe.637 So werde die Beschränkung der Frau bezüglich des eingebrachten Gutes dem Minderjährigenrecht nachgebildet. Eine Verfügung darüber sei damit nicht nur gegenüber dem Ehemann unwirksam, sondern auch gegenüber jedem Dritten; sogar wenn die Verfügung zugunsten der Ehefrau wirken würde. Daraus schließt Brühl: „Da der Entwurf somit die Ehefrau in ihrer Handlungsfreiheit nicht nur mit relativer, sondern mit absoluter Wirkung beschränkt, so geht der Inhalt der beschränkenden Nutzungsrechte des Ehemannes über den Inhalt eines reinen Vermögensrechtes hinaus. Damit ist der Begriff eines Gewaltverhältnisses, möge dasselbe auch noch so sehr abgeschwächt sein, im Sinne des Familienrechts erfüllt. Gewalt aber ist Recht an einer Person.“ 638

Nach seiner Ansicht habe sich weder an der Stellung der Frau gegenüber ihrem Mann, noch, wenn man es inhaltlich betrachtet, an dem tatsächlichen Gewaltverhältnis zwischen den Ehegatten etwas verändert. Der Unterschied bestehe lediglich darin, dass nicht die Frau als solche, sondern ihr eingebrachtes Gut als Vermögens- und Rechtssubjekt der ehemännlichen Gewalt unterworfen werde.639 Statt um einer derartigen juristischen Feinheit willen, die bei der Umsetzung keinerlei Wirkung entfalte, das Güterrecht auf eine komplett neue Basis zu stellen, wäre es laut Brühl sinnvoller gewesen, die historische Grundlage aufrecht zu erhalten und diese zugunsten der Frauen zu bearbeiten und einzugrenzen. Schließ635 636 637 638 639

Brühl, System, S. 178. Brühl, Nutznießung, S. Brühl, Nutznießung, S. Brühl, Nutznießung, S. Brühl, Nutznießung, S.

415. 415 f. 417; siehe auch: Brühl, System, S. 180. 417.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

291

lich hätte man mit derartigen Einschränkungen in der Vergangenheit bereits im Königreich Sachsen Erfahrungen gesammelt.640 Trotzdem entschied man sich das Mundium zu streichen, sei dann aber gezwungen gewesen, da man die alten Formen der Ehe erhalten wollte, einen Ersatz dafür zu finden. An den Rechten des Mannes am eingebrachten Gut im Entwurf Plancks kritisierte Brühl hauptsächlich die Verweisung ins Nießbrauchsrecht und die Regelung der Nutznießung vor den Verwaltungsrechten des Mannes, wie im Folgenden noch näher dargestellt werden wird (s. u. 3. Teil, 5. Kapitel, § 1, B.). Bemerkenswert an Brühls Standpunkt ist, dass er selbst ausdrücklich keiner der beiden Richtungen der Historischen Rechtsschule angehörte. Die Verneinung einer Zuordnung zu den Gruppen Germanist und Romanist spricht auch deutlich aus seiner Kritik, die vor allem auf die praktischen Probleme, die bei der Verwaltungsgemeinschaft durch die Abschaffung des Mundiums entstehen, fokussiert ist. Ohne sich auf historische oder typisch deutsche Ideale zu beziehen, gelangte Brühl aber dennoch zu der Ansicht, dass das Mundium erhalten werden müsse. Diese Annahme liegt in der Befürchtung begründet, dass der Ersatz Plancks für das Mundium, die Nutznießungs- und Verwaltungsrechte am eingebrachten Gut, mannigfache Probleme für die Praxis verursachen würden (s. u. 3. Teil, 5. Kapitel, § 1, B. 3.). Diese Meinung ist durch die Abgrenzung Brühls von den beiden „historisch orientierten“ Gruppen besonders wertvoll, weil er sich bemühte objektiv die Probleme in juristischer Hinsicht zu erfassen. B. Die Verteidigung der Frauenrechte Die Art und Weise, wie Planck das Mundium abzuschaffen gedachte, verursachte auch aufseiten der Verteidiger der Frauenrechte Widerstand. Auch diese den reaktionären Ansichten der Verfechter des Mundiums konträr gegenüberstehende Gruppe war mit der Regelung Plancks, mit seiner weitgehend „formellen“ Abschaffung des Mundiums, nicht einverstanden. Diese Gruppierung forderte gegenüber dem Entwurf Plancks weitere Schritte zur Stärkung der weiblichen Position und kämpfte für eine stärkere Anpassung des ehelichen Güterrechts des BGB an Gegenwart und Zukunft.641 So betrachtete Marianne Weber es zwar eindeutig als Fortschritt, dass diese „alte rechtliche Deklassierung der Ehefrau“, also das Mundium, beseitigt wurde.642 Entgegen aller Widerstände, vor allem von Seiten der Germanisten, hätte man diese Neuerung durchgesetzt. Jedoch verfiel sie nicht dem Irrtum, die Abschaffung des Mundiums mit der Gleichberechtigung der Frau gleichzusetzen, wie aus dem folgenden Zitat deutlich hervorgeht:

640 641 642

Brühl, Nutznießung, S. 416. Zusammenfassung bei: Malsbenden, Stellung, S. 343 ff. Weber, Ehefrau, S. 414.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

„Trotz jener Angriffe blieb jedoch das Mundialprinzip von der Schwelle des neuen Gesetzes verscheucht. Der schöpferische Geist beider Redaktionskomissionen, Planck, hält der Gierke’schen Auffassung erfolgreich entgegen, daß ein System, welches der Ehefrau die Geschäftsfähigkeit entzieht und sie dadurch in die Stellung einer Minderjährigen herabdrückt, weder durch das innere Wesen der Ehe noch durch die bisherige geschichtliche Entwicklung noch durch die jetzigen Lebensbedürfnisse gerechtfertigt sei. Planck’s weitere Ausführungen gipfeln dann aber in dem Gedanken, daß die deutschen Rechtsgedanken (nämlich die Einheit der Familie durch die gesetzliche Vorherrschaft des Mannes) sich – wie dies der Entwurf zeige – noch auf einem anderen, wenn auch etwas komplizierteren Wege verwirklichen lasse als in der dem Mittelalter angehörenden Form des ehemännlichen Mundiums. Wir sind danach schon darauf vorbereitet, daß die formale Beseitigung der Ehevogtei noch keineswegs ihre definitive substantielle Vernichtung bedeutet, wir erwarten den alten Wein in neuen Schläuchen; das neue Gesetz wird Produkt eines Kompromisses zwischen alter und neuer Eheauffassung sein.“ 643

Dieses Zitat bringt die bedingte Zustimmung zu der Abschaffung des Mundiums und die damit verbundenen Bedenken, wie das Drängen nach weiteren Veränderungen zur Verwirklichung der Gleichberechtigung, deutlich zum Ausdruck. Die eher zaghaften Versuche Plancks in diese Richtung konnten den Anforderungen dieser Gruppe nicht genügen. Dementsprechend stieß Planck bei den Vertretern der „materiellen“ Durchsetzung der Gleichberechtigung mit seinen Vorschlägen in weiten Teilen auf Ablehnung. Vertreter dieser Ansicht finden sich in der Rechtswissenschaft, im politischen Prozess, vor allem aber in der zur damaligen Zeit aufblühenden Frauenbewegung. I. Die rechtswissenschaftliche Berücksichtigung der Frauenrechte

Die Meinungen in der Rechtswissenschaft, die in der Gestaltung des Güterrechtes durch Planck keine angemessene Verbesserung der Stellung der Frau sahen, sind durchaus nicht einheitlich. Die Gründe für die Ablehnung des Planckschen Entwurfs sind unterschiedlich und hängen eng zusammen mit der Position des Autors betreffend die Stellung der Frau in der Gesellschaft. 1. Carl Bulling – Vertreter einer liberalen Haltung Als eine liberale Haltung wird die Auffassung von Carl Bulling bezeichnet.644 Er lehnte die Zusammenführung des Ehevermögens in einer Hand, so wie Planck sie vorgesehen hatte, ab, weil er die Ansicht vertrat, dass die eheliche Vermögensgemeinschaft von den Ehegatten freiwillig herbeigeführt werden müsse und nicht von Gesetzes wegen vorgeschrieben werden sollte. Die Regelung von Vermögensfragen sollte weitgehend den Ehegatten selbst überlassen bleiben. Bulling 643 644

Weber, Ehefrau, S. 415 f. Weber, Ehefrau, S. 504.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

293

stützte sich bei seinen Ausführungen auf Grundlagen von Georg Friedrich Puchta. Bezeichnend für beide Vertreter ist, dass sie besonderen Wert darauf legten, sich von der Frauenbewegung, deren Forderungen mit den ihren teilweise identisch waren, abzugrenzen. Bei einer genaueren Betrachtung wird auch der Grund für die Schaffung dieser Distanz nachvollziehbar. Bulling war ein Idealist, der nicht die Absicht hatte, einer Veränderung der gesellschaftlichen Struktur durch die Gestaltung des Eherechts Vorschub zu leisten. Zwar wollte er durch seine Vorschläge eine freiere Stellung der Frau schaffen. Er erweckt aber gleichzeitig den Eindruck, dass dies nur geschehe, um damit den Ehepartnern die Möglichkeit zu eröffnen, durch einvernehmliche Einigung dieselben Rechtswirkungen zu erzeugen, die Planck mit seinem Güterrecht gesetzlich vorschreiben wollte. So geht aus den Aussagen Bullings deutlich hervor, dass er sowohl die Verwaltungsgemeinschaft als solche, als auch die Ausgestaltung, die diese unter Planck erfahren hatte, ablehnte. Zur Begründung dieser Meinung wählte er folgende Argumentation, die sich, ähnlich wie die der Germanisten, auf das Wesen der idealen Ehe stützte; auch wenn er dabei zu einem der Ansicht der Germanisten entgegenstehenden Ergebnis kam. Bulling lehnte die Aufrechterhaltung des Mundiums als mit dem Wesen der Ehe unvereinbar ab. Sein Widerstand gegen die Verwaltungsgemeinschaft ist eng damit verbunden, da er diesen Güterstand zwar für die Mundiumsehe am besten geeignet hielt, sich aber mit der Ablehnung des Mundiums auch gezwungen sah, die Erhebung der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand abzulehnen. „Es liegt diesem Systeme, wie allen übrigen deutschen Güterrechtssystemen, als etwas ganz Selbstverständliches, der Gedanke zu Grunde, daß die Frau verpflichtet sei, ihr Vermögen zu den Ehelasten zu verwenden. Da nun aber die Mundiumsehe dem Wesen der Ehe nicht entspricht, so kann auch das Verwaltungssystem nicht den gesetzlichen Güterstand bilden.“ 645

Auf der Suche nach dem Güterstand, der dem Wesen der Ehe am meisten entspricht, stieß Bulling auf die Gütertrennung, ohne, wie er ausdrücklich betonte, „von der Frauenbewegung infiziert zu sein . . .“ 646 Zur Erklärung und Festigung dieser Meinung berief er sich auf die Ausführungen von Puchta, die dieser im Rahmen seiner Vorlesung geäußert hatte. „Der sittliche Begriff der Ehe ist: Gemeinschaft aller Lebensverhältnisse. Es ist daher eine sittliche Anforderung, daß die Ehegatten auch ihr Vermögen als gemein betrachten. Diese Gemeinschaft des Vermögens kann eine rechtliche Form annehmen. So hat das deutsche Recht eine rechtliche Gütergemeinschaft als rechtliche Folge der Ehe, und man könnte denken, dies sei die einzige vollkommene Form des ehelichen Güterrechts. Aber die Sache hat eine anderer Seite, welche man gewöhnlich übersieht. Das Verhältniß unter den Ehegatten während der Ehe wird durch diese rechtliche Form garnicht gesteigert und veredelt. Dieses Resultat kann aber ebensogut auch 645 646

Bulling, Frau, S. 111. Bulling, Frau, S. 112.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

ohne Gütergemeinschaft erreicht werden. Die Gütergemeinschaft äußert ihre Wirkungen bei Weitem mehr theils gegenüber Dritten, z. B. Gläubigern, theils für die Gatten nach Aufhebung der Ehe. Es wäre ein Irrthum, zu glauben, das System, der Gütergemeinschaft garantire eine größere Innigkeit des ehelichen Bundes, als das entgegengesetzte. Das römische Recht nimmt einen anderen Standpunkt ein. Es ist von dem Bewußtsein durchdrungen, daß die Ehe eine Gemeinschaft des ganzen Lebens ist. Dessenungeachtet läßt es in dem Vermögen durch die bloße Ehe keine Veränderung eintreten, die Vermögen beider Gatten sind rechtlich auseinander gehalten; die Gemeinschaft wird als eine Sache der freien Gesinnung behandelt, es wird keine rechtliche Nothwendigkeit an deren Stelle gesetzt. Dadurch wird jene Folge vermieden, daß die Gemeinschaft weniger für die Ehe selbst, als außerhalb derselben wirksam wird.“ 647

Die Meinungen Bullings zu den einzelnen Vorschriften der Verwaltungsgemeinschaft werden von dieser grundsätzlichen Einstellung zur Ehe geprägt. So drückte sich das Anliegen Bullings vor allem in der Forderung aus, eine tatsächliche Abschaffung des Mundiums mit allen Konsequenzen zu erreichen und die Gestaltung der Vermögensverhältnisse in der Ehe im Wesentlichen den Ehegatten und ihren sittlichen Vorstellungen zu überlassen, statt dies per Gesetz festzulegen. So sprach sich Bulling gegen die Benachteiligung der Frauen, durch die Beschränkungen, bezüglich ihres eingebrachten Gutes, aus. Bei der Begründung dieser Forderung stützte sich Bulling wiederum auf die Notwendigkeit, das Mundium abzuschaffen: „Um eine solche Herrschaftsgewalt des Mannes zu begründen, könnte man, wenn es auf das ankäme, was man Geist der Partikularrechte genannt hat, sich allerdings darauf berufen, daß nach ihnen allen die Frau unter der ehelichen Vormundschaft des Mannes steht; denn nur die eheliche Vormundschaft vermag eine solche Ausnahmestellung des Mannes zu rechtfertigen.“ 648

Daraus geht deutlich hervor, dass für Bulling die Regelungen Plancks, trotz der formalen Abschaffung des Mundiums, nach wie vor von der übermächtigen Stellung des Mannes geprägt waren. Auch die Kritik an der Begründung Plancks zur Verwaltung und Nutznießung des Mannes am eingebrachten Gut belegt diese Annahme. So könne die ständige Betonung, dass Planck nur der Notwendigkeit gehorche, eine selbstständige Verwaltung durch den Mann sicherzustellen, nur als Ausflucht bewertet werden. „Unter Selbstständigkeit, mit der ein Anderes nicht vereinbar sei, verstehen diese Begründungen die eheliche Vogtei. ,Selbstständigkeit‘ ist blos ein dem heutigen Sprachgebrauche besser entsprechendes, nicht abstoßend klingendes Wort.“ 649

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam Bulling im Hinblick auf die Stellung der Frau zum eingebrachten Gut. Seiner Meinung nach wäre ein volles Verfügungs647 648 649

Bulling, Frau, S. 112 f. Bulling, Frau, S. 130 f. Bulling, Frau, S. 131.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

295

recht der Frau über ihr eingebrachtes Gut durchaus mit dem Verwaltungsrecht des Mannes vereinbar gewesen. Um dies zu verdeutlichen, wählte er als Beispiel einen Vermögensverwalter, der die Hälfte des Ertrages des betreuten Vermögens als Gehalt erhalte. In solch einem Fall könnte natürlicherweise der Geschäftsherr über sein Vermögen verfügen, der Verwalter wäre eben an die eigenen Handlungen ebenso gebunden wie an die des Geschäftsherrn. Die Position des Ehemannes sei aber mit der eines Verwalters durchaus zu vergleichen, denn auch er ist nur der Verwalter eines Vermögens und auch er hat nur auf den Ertrag des Vermögens einen Anspruch.650 Nach den Motiven aber sei der Mann schutzwürdig, weil das Nutzungsrecht des Mannes enden würde, wenn Vermögensteile das Vermögen der Frau verlassen würden. Daher hätte der Gesetzgeber eine Notwendigkeit gesehen, dass die Frau wenigstens nichts aktiv aus dem Vermögen entfernen könne. Grund für diese Beschränkung sei die Verpflichtung der Frau zur Mittragung der ehelichen Lasten.651 Infolge dieser Argumentation würde die Frau faktisch geschäftsunfähig gemacht, weil sie nicht in der Lage sei, ohne die entzogenen Befugnisse über ihr Vermögen zu verfügen. So sei sie zwar geschäftsfähig, diese Geschäftsfähigkeit sei aber wertlos, da sich fast alle Rechtsgeschäfte auf das eingebrachte Vermögen beziehen oder damit in Zusammenhang stehen würden.652 So sei die volle Geschäftsfähigkeit der Frau nur ein Wortbekenntnis und die eheliche Vogtei sei erneut in den gesetzlichen Güterstand eingepflanzt worden; geändert habe sich lediglich die Begründung. „Man sieht hieran, es wäre besser gewesen, der Entwurf hätte erklärt: das Recht der ehelichen Vogtei, das über die Person der Frau besteht, muß auch über ihr Vermögen aufrecht erhalten werden, es duldet nicht, daß die Frau Eigenthumsverfügungen vornimmt. Weil dies aber offenen Widerspruch hervorgerufen hätte, so hat der Entwurf an Stelle des Mundiums einen andern Grund, den er für stichhaltig hielt, gesetzt, nach der Methode, nach welcher sich das Recht wie eine Krankheit vererbt: es soll die Dinglichkeit des Verwaltungsrechtes die Funktion der ehelichen Vogtei übernehmen. Aber es fehlt an einem Objekte für solche Dinglichkeit. Denn alle leibhaftigen Dinge, die mit jenem Recht beschwert sein könnten, gehen unbeschwert von ihm aus dem Vermögen der Frau hinaus. Objekt kann also nur ein Gedankending sein, daß getrennt von diesen Gegenständen existirte, aber nur ein sehr unklares.“ 653

Der Punkt auf den Bulling durch seine Ausführungen vor allem aufmerksam zu machen versuchte, ist die Diskrepanz zwischen den deklarierten Zielen des Entwurfs und der Realität. Folgerichtig wies er darauf hin, dass man sich aus seiner Sicht richtigerweise für die volle Geschäftsfähigkeit der Frau hätte entscheiden sollen. Um die Forderungen vollständig umsetzen zu können, begriff es Brühl als Notwendigkeit allen deutschen Güterrechtssystemen die Berechtigung 650 651 652 653

Bulling, Frau, S. 132. Bulling, Frau, S. 134. Bulling, Frau, S. 135. Bulling, Frau, S. 134.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

abzusprechen, als gemeinsames gesetzliches Güterrecht im BGB gelten zu können. Dies treffe vor allem auch auf die Verwaltungsgemeinschaft zu, die ohne das Mundium nicht aus anderen Gesichtspunkten konstruiert werden könne.654 Dies glaubte Bulling, durch Darstellung der Lücken in den Begründungsversuchen Plancks nachgewiesen zu haben. Für Bulling war das alleinig richtige System die Gütertrennung, die er als gesetzlichen Güterstand empfahl.655 Bulling unterscheidet sich von den anderen Vertretern, die eine materielle Verbesserung der Stellung der Frau forderten insofern, als er eigentlich von keinem anderen Ausgangspunkt betreffend die Stellung der Frau in der Gesellschaft ausgegangen war als Planck. Trotzdem kam er zu einem völlig anderen Ergebnis, weil er, anderes als Planck, die gestellten Anforderungen an die Position der Frau konsequent in die Wirklichkeit umsetzen wollte. Sein eher konservativer Ausgangspunkt wird zum einen belegt durch den Abstand, den er zwischen sich und die Frauenbewegung zu legen suchte; zum anderen durch die ausdrücklichen Hinweise auf die Ansätze Plancks, die er als gegeben voraussetzte und als Ausgangspunkte zur Entwicklung seiner Kritik wählte. Bullings Ziel war also die zur Abbildung und Erhaltung der gesellschaftlichen Struktur notwendigen Schritte, die Planck festgelegt hatte, zu einer Vollendung im Gesetz zu bringen. 2. Marianne Weber – Vertreterin der Frauenrechte in der Rechtswissenschaft Marianne Weber kritisierte in ihrem Werk „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung“, das nach Inkrafttreten des BGB 1907 veröffentlicht wurde, anderes als Bulling, die Grundhaltung Plancks zu der Stellung der Frau in der Gesellschaft. Sie erwartete von einer Neuordnung des Güterrechtes, Impulse für die Entwicklung der Gesellschaft im Sinne der Gleichberechtigung der Frau. Entsprechend deutlich war ihre Kritik an der Verwaltungsgemeinschaft Plancks, mit der das Ziel verfolgt wurde, die bestehende Gesellschaftsordnung zu verfestigen. In diesem Sinne ist etwa das vernichtende Urteil aufzufassen, das sie über die Umsetzung der Abschaffung des Mundiums fällte. „Sie (SS.: die Frau) behält – um den technischen Ausdruck zu brauchen – auch in der Ehe im Prinzip unbeschränkte Geschäfts– und Prozeßfähigkeit. Gebrauch davon machen kann sie freilich, wie wir sehen werden, nur soweit, als dadurch die Rechte des Mannes an ihrer Person und vor allem an ihrem Vermögen ungekränkt bleiben.“ 656

Letztendlich führten die Nachforschungen Webers zu dem im Zitat bereits angedeuteten Ergebnis, dass der Frau zwar im technischen Sinne die Geschäfts654 655 656

Bulling, Frau, S. 136. Bulling, Frau, S. 135. Weber, Ehefrau, S. 414.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

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fähigkeit erhalten bleibe; eine materielle Gleichstellung der Frau aber nicht entstehe. Zu diesem Ergebnis kam Weber, indem sie die Wirkungen der Abschaffung der Geschlechtsvormundschaft aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtete. So konnte sie der prinzipiellen Anerkennung der Geschäftsfähigkeit durchaus positive Aspekte abgewinnen, da sie die selbstständige Arbeit der Frau grundsätzlich möglich machen würde. Nach der neuen Regelung sei die Frau in der Lage ohne Zustimmung ihres Mannes Handelsfrau zu sein und könne sich auch zu persönlichen Dienstleistungen verpflichten (§ 1358 BGB a. F.). Weber sah darin eine Bestätigung, dass die Frau nicht mehr ausschließlich auf ihren häuslichen Pflichtenkreis beschränkt werde. Sie nahm dies als Manifestation der veränderten Position der Frau in der Gesellschaft innerhalb der ehelichen Güterrechte. „Der patriarchale Grundsatz: „Die Frau gehört ins Haus“ ist hier also nicht nur in ihrem, sondern vor allem im ökonomischen Interesse der Familie vom Gesetzgeber beiseite geschoben. Nur sofern der dem Manne, als Aequivalent für seine Unterhaltspflicht, gewährte Anspruch auf Erfüllung ihrer Hausmutterpflichten durch solche Leistungen an Dritte verletzt würde, ist ihm das Recht verliehen, Einspruch zu erheben. Findet er demgemäß, daß die von seiner Gattin übernommenen Pflichten sie dem Hause zu sehr entfremden und die ehelichen Interessen schädigen, so kann er, aber nur mit vorheriger Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, das Rechtsverhältnis, und zwar ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist, kündigen.“ 657

Weber weist jedoch darauf hin, dass dieses Ergebnis erst nach zähem Ringen zustande kam,658 und gibt zu bedenken, dass noch weitere Risiken mit dieser grundsätzlich positiven Entwicklung verbunden seien.659 Die schwerwiegendste Einschränkung bezüglich dieser neu erworbenen Freiheit sei, dass die Geschäftsfähigkeit der Frau von ihrer Kreditfähigkeit abhängig sei, d. h. sie könne nur dann von diesem Recht Gebrauch machen, wenn sie Vorbehaltsgut besitze.660 Ansonsten sei sie dem Mann ausgeliefert, da dieser das ganze restliche Vermögen, als eingebrachtes Gut, in seiner Verwaltung- und Nutznießung halte. Diese Behandlung des eingebrachten Gutes stelle das grundsätzliche Problem der Verwaltungsgemeinschaft dar, das eine tatsächliche Gleichstellung der Frau verhindere. Diese hätte nämlich zur Folge, dass während der Ehe die Frau in einer völligen Abhängigkeit von ihrem Mann lebe, wie unten noch näher ausgeführt werden wird (s. u. 3. Teil, 5. Kapitel, § 2).661 Neben dieser Kritik an der Ausgestaltung des Gesetzes wandte sich Weber immer wieder auch gegen die Argumentationsmuster, mit denen diese Regelungen 657 Weber, Ehefrau, S. 433. (Hinweis: Das Zitat geht bereits von dem abgeänderten Entwurf Plancks aus, wie er nach den Beratungen im Reichstag ins Gesetz aufgenommen wurde. Näheres dazu s. u. 3. Teil, 6. Kapitel, § 1, C.). 658 Weber, Ehefrau, S. 434 f. 659 Weber, Ehefrau, S. 435 f. 660 Weber, Ehefrau, S. 470. 661 Weber, Ehefrau, S. 464 ff.

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gerechtfertigt wurden. An der Position, die sie in dieser Hinsicht einnahm, wird deutlich, dass sie das Frauenbild in der Gesellschaft grundsätzlich verändern und nicht mehr mit den althergebrachten Begründungen zur natürlichen Unterlegenheit der Frau konfrontiert werden wollte. Dies belegen zum Beispiel ihre Äußerungen über die Rechtfertigung der Vormachtstellung des Mannes in der Ehe im Gesetzgebungsprozess. Weber kämpfte gegen die Erscheinung, die sie als die Grundlage des Mundialprinzips bezeichnete, und sich in der Aussage erschöpfte: „der Mann soll herrschen, eben weil er der Mann ist.“ 662 „Deshalb begründen auch die ,Motive‘ die ehemännliche Autorität charakteristisch immer nur durch den Hinweis auf die ,natürliche Ordnung‘, – worin uns wieder jene Identifikation des Natürlichen mit dem Normativen entgegentritt . . . Sofern diese ,natürliche Ordnung‘ nicht nur als Norm, sondern zugleich als Tatsache gedacht ist, finden wir in diesem Begriff überdies auch die Vergewaltigung der konkreten Fülle und Verschiedenartigkeit der einzelnen ,historisch‘ wirklichen Individuen durch den naturwissenschaftlichen Gattungsbegriff von ,Mann‘ und ,Frau‘ wieder. Und hier, wie immer, wird dieser typische logische Fehler unbewußt unter einem bestimmten Zweckgesichtspunkt begangen. Er ist verankert an dem durchaus ,natürlichen‘ Geschlechtsegoismus, der dem Mann unter allen Umständen, gleichviel wie die sachlichen Interessen dabei fahren mögen, seine traditionellen Vorrechte stützen will. Er soll als der an Erfahrung und Selbstbeherrschung Ueberlegene gelten, auch wenn er es faktisch nicht ist. Aber unsere heutige sittliche und logische Einsicht zersetzt die Identifikation von ,Macht‘ und ,Recht‘, ebenso wie die von ,natürlich‘ und ,normativ‘, und unser Rechtsbewußtsein findet jenen Geschlechtsegoismus zwar noch höchst ,natürlich‘, aber die Orientierung der Gesetze an ihm keinesfalls mehr ,sittlich‘ berechtigt.“ 663

Auch den Zweck, den Planck für die Vorherrschaft des Mannes angab nannte, ließ Weber nicht gelten. „Es ist sowohl ein psychologischer wie ein ethischer Irrtum, von Gesetzes wegen sozusagen einen ewigen Frieden zwischen den Gatten herstellen zu wollen dadurch, daß man nur einen Willen regieren läßt. Je innerlicher und inniger sich die Beziehungen der in der Familie aufeinander angewiesenen Menschen gestalten, um so sicherer bedeuten sie auch ein latentes Ringen der verschiedenartigen Individualitäten miteinander: – ein Ringen, in dem die Charaktere sich gegenseitig entwickeln und die Seelen sich miteinander durchdringen. Seine äußerlich-mechanische Beseitigung durch Anwendung des Autoritätsprinzips im Verhältnis der Gatten zu einander kitzelt die ,natürliche‘ Geschlechtseitelkeit des Privilegierten und kann so, ohne sachliche Nötigung, direkt Quelle von Konflikten werden oder die Verkümmerung des von Gesetzes wegen zum schwächeren gemachten Teils zur Folge haben. – Aber auch rein logisch ist es ein Irrtum, dem Gesetz die Aufgabe zu stellen – wie es immer wieder geschehen ist – aus der Ehe eine ,organische Einheit‘ zu schaffen. Bildet doch jeder der Gatten für sich eine ,organische Einheit‘, die man wahrlich nicht dadurch zu einem neuen vollkommeneren ,Organismus‘ verbinden kann, daß man einen von beiden seines selbstständigen Willens beraubt.“ 664 662 663

Weber, Ehefrau, S. 437. Weber, Ehefrau, S. 437 f.

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Aufgrund dessen gelangte Weber, trotz der Bemühungen Plancks, die Stellung der Frau zu heben, zu folgendem eindeutigen, auch durch diese Arbeit bestätigten Ergebnis: Ein diesbezügliches Bemühen war durchaus vorhanden, konnte aber wegen der offensichtlich schwerer wiegenden, gleichzeitig berücksichtigten Interessen des Mannes nicht nachhaltig umgesetzt werden. „Im Eherecht unseres deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs ringen das patriarchalische und das individualistische Eheideal um die Herrschaft. Der Gesetzgeber wollte nebeneinander den überlieferten Primat des Ehemannes und die Handlungsfähigkeit der Ehefrau sichern. Deshalb zwang er gegensätzliche Prinzipien zusammen, die im Grunde einander vernichten müssen, wie Feuer und Wasser.“ 665

Als Ergebnis dieses Vorgehens hielt Weber fest, dass das Prinzip der ehemännlichen Autorität und der Vormundschaft dem Prinzip der vollen juristischen Handlungsfähigkeit der Frau immer noch erfolgreich Paroli biete. Eine Synthese der beiden widersprüchlichen Interessen ist nicht und konnte laut Weber nicht gelingen, da die beiden Bestandteile logisch und praktisch-ethisch unvereinbar seien.666 Die ausführliche Darstellung der Ansichten von Weber und Bulling zeigt, dass es keine einheitliche Front zur materiellen Verbesserung der weiblichen Position gab. Während bei Bulling die Motivation vorherrschte, die Ziele Plancks tatsächlich im ehelichen Güterrecht umzusetzen, wollte Weber eine ganz andere rechtliche und gesellschaftliche Bewertung der Frau abgebildet wissen. Weber war nicht die einzige Frau, die sich dieser Zielsetzung verschrieben hatte. Lange Zeit vor den Äußerungen von Weber, die 1907 in ihrem Buch „Ehefrau und Mutter“ veröffentlicht wurden, versuchte die Frauenbewegung bereits während des Gesetzgebungsprozesses auf die Regelungen des BGB Einfluss zu nehmen. Auch bei dieser Organisation und bei den anderen Stimmen, die sich im Gesetzgebungsprozess für die Gleichstellung der Frau einsetzten, wird jedoch das bereits ermittelte Problem deutlich. Die Zielsetzungen der Parteien waren unterschiedlich und so stand sich dieses „Lager“ durch interne Querelen bei der Umsetzung seiner Ziele oftmals selbst im Weg. II. Die bürgerliche Frauenbewegung

Die bürgerliche Frauenbewegung667 versuchte durch unterschiedliche Maßnahmen, wie der Veröffentlichung von Streitschriften, Protestversammlungen und Petitionen auf den Gesetzgebungsprozess im Bereich des ehelichen Güterrechts 664

Weber, Ehefrau, S. 440. Weber, Ehefrau, S. 413. 666 Weber, Ehefrau, S. 471. 667 Die Frauenbewegung zerfiel zu dieser Zeit aufgrund der Klassenunterschiede und der daraus folgenden unterschiedlichen Zielsetzungen in einen bürgerlichen und einen proletarischen Teil. (Wurms, Renate, in: Herve, Frauenbewegung, S. 36 ff.; Lehmann, 665

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Einfluss zu nehmen.668 Die bürgerliche Frauenbewegung stand in dem interessierenden Zeitraum für die folgenden Ziele: „Die Frauen aus dem Bürgertum formulierten ihren Anspruch auf ,politische Emanzipation‘ im Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft und des bürgerlichen Rechts, in dem Freiheit und Gleichheit an die Eigentumsverhältnisse gebunden sind. Ihre Arbeit zielte auf die Gleichberechtigung des weiblichen Geschlechts und die Gleichwertung weiblicher Familien- und männlicher Berufsarbeit. Sie organisierten sich gegen die wirtschaftlich, rechtlich und wissenschaftlich verordnete materielle, politische und geistige Abhängigkeit vom Mann. Erziehung, Bildung, Sozialpolitik, Berufstätigkeit und/oder qualifizierte Familienarbeit, privatrechtliche Mündigkeit und staatsbürgerliche Rechte galten ihnen als Wege und Mittel, die reformbedürftige Gesellschaft im Interesse der Frauen mit- und umzugestalten.“ 669

Weitgehend übereinstimmend forderte die bürgerliche Frauenbewegung für das eheliche Güterrecht die endgültige Beseitigung der ehemännlichen Vormundschaft durch die Einführung der Gütertrennung; obwohl diese Forderungen von den einzelnen Vertreterinnen mit unterschiedlicher Intensität vorgebracht wurden670. Eine erschöpfende Darstellung der Beteiligung der Frauenbewegung ist in diesem Rahmen aus Platzgründen leider nicht möglich. Deshalb konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf die gewichtigste Maßnahme der Frauenbewegung im Gesetzgebungsprozess, die Einreichung der Petition zum ehelichen Güterrecht. Diese ist aufgrund ihrer zusammenfassenden Wirkung gut geeignet, die Position der bürgerlichen Frauenbewegung im Meinungsstreit nachzuzeichnen. Ergänzend wird, exemplarisch für die einzelnen Vertreterinnen, der Standpunkt einer engagierten Vertreterin der Frauenbewegung, der Juristin Emilie Kempin, behandelt. 1. Die Petition Familienrecht Der Allgemeine Deutsche Frauenverein wurde 1865/66 gegründet und stand unter der Führung der Demokratin Louise Otto-Peters. Louise Otto-Peters lebte von 1819–1895 und gilt als Begründerin der organisierten deutschen Frauenbewegung, die durch sie ihre starke soziale Prägung erhielt.671 Die zahlreichen, von dieser Organisation eingereichten Petitionen hatten das Ziel, die Stellung der Frau zu verbessern. Die Frage, warum der Frauenverein immer wieder auf das Mittel der Petition zur Förderung seiner politischen Ziele zurückgriff, wird beantwortet, wenn man sich vor Augen führt, dass die Frauen dieser Zeit wenig

Ehefrau, S. 96 f.) Zur proletarischen Frauenbewegung s. u. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, B. III. 2. 668 Umfassende Zusammenstellung der Maßnahmen: Lehmann, Ehefrau, S. 95 ff. 669 Wurms, Renate, in: Herve, Frauenbewegung, S. 37. 670 Lehmann, Ehefrau, S. 96. 671 Koepcke, Frauenbewegung, S. 25; Lange/Bäumer, Frauenbewegung, S. 34 ff.

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Möglichkeiten hatten, auf den politischen Entscheidungsprozess direkt einzuwirken. So wurde Frauen bis ins Jahr 1918 eine direkte politische Einflussnahme verwehrt, indem ihnen das aktive und passive Wahlrecht vorenthalten wurde. Eine der wenigen Möglichkeiten, die ihnen zur Verfügung stand, um sich in der politischen Arena Gehör zu verschaffen, war Petitionen an die Gesetzgebungsorgane zu richten. Über diese Praxis schreibt Wischermann: „Das im Kaiserreich geltende Petitionsrecht stand Jedem (und Jeder) zu, ,welcher überhaupt fähig ist, seine Gedanken zu äußern‘, auch die Geschlechtszugehörigkeit machte hierbei keinen Unterschied. Die bürgerliche Frauenbewegung griff häufig auf dieses Frauen offenstehende politische Grundrecht zurück, weil sie hierin einen bedeutsamen Schritt in die politische Öffentlichkeit sah. Denn Petitionen mussten zur Kenntnis genommen werden. Sie wurden in der Regel von seiten der Behörden sorgfältig und nachvollziehbar behandelt, d.h. sie wurden an einen Petitionsausschuss überwiesen und, je nach dem, zur Erörterung im Plenum gegeben, mit einer Beschlussempfehlung versehen und zur Kenntnisnahme oder sogar zur Berücksichtigung weiter verwiesen.“ 672

Um diese Vorteile zu nutzen, richtete 1876 der Allgemeine Deutsche Frauenverein eine Petition in Sachen Neufassung des gesamten Familienrechts an den Reichstag. a) Der Inhalt der Petition Man forderte in dieser Petition „bei Abfassung des neuen Civilgesetzbuches auch mit Rücksicht zu nehmen auf die Stellung der Frauen im Familienrecht.“ 673 Der Inhalt der Petition wurde nicht überliefert, jedoch hat Twellmann mithilfe der zugehörigen Denkschrift674 und einigen Artikeln in den „Neuen Bahnen“ und im „Frauen-Anwalt“ den Versuch unternommen die Grundzüge zu rekonstruieren.675 In der Petition zum Familienrecht wurde das eheliche Güterrecht besonders negativ bewertet. Gerade diese Passage des Entwurfs bewirke, „dass die Frau bei Eingehung der Ehe die Stellung der Rechtspersönlichkeit verliert und in das Verhältnis der Unmündigkeit tritt“.676 Die Forderungen, die bezüglich des ehelichen Güterrechts gestellt wurden, bezogen sich vor allem auf die Behandlung des eingebrachten Gutes. Nach Ansicht 672

Wischermann, Frauenbewegung, S. 211. Twellmann, Frauenbewegung, S. 195; Auswertung der Begleitschrift zur Petition siehe auch: Lehmann, Ehefrau, S. 100. 674 Die Begleitschrift zur Petition wurde veröffentlicht vom Bund Deutscher Frauenvereine in der Reihe „Schriften“, die als Hefte 1.–7. 1895–1905 erschienen. Im 3. Heft war die von Freiin Olga von Beschwitz verfasste „Begleitschrift zu der Petition des Bundes Deutscher Frauenvereine an den Reichstag betreffend das Familienrecht“ enthalten. (Lehmann, Ehefrau, S. 99, Fußnote 522, S. 331). 675 Twellmann, Frauenbewegung, S. 197. 676 Lehmann, Ehefrau, S. 100. 673

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der Frauenbewegung sollte das eingebrachte Gut nicht automatisch unter die Verwaltung und Nutznießung des Mannes fallen.677 Durch diese Bestimmungen „muss sich jede mündige Frau tief verletzt fühlen, und oft ist die Entzweiung der Ehegatten auf diese nicht selten missbrauchte Machtstellung des Mannes und die dadurch hervorgerufene Erbitterung der benachteiligten Frau zurückzuführen.“ 678 Die Frauenbewegung wehrte sich gegen diese formale Unterordnung. Als Begründung gaben sie an, dass die Erfahrung gezeigt habe, dass der Mann nicht immer besser als die Frau zur Verwaltung von Geldern geeignet sei. Zudem könne die Frau durch das Verwaltungsrecht an ihrem eigenen Vermögen Erfahrung im Umgang mit Geld sammeln, die ihr später, etwa im Witwenstand zustatten kommen würden. Dem gängigen Argument, dass in einer Ehe einem Ehepartner das Entscheidungsrecht zustehen müsste, um Streitigkeiten zu vermeiden, setzten die Frauen entgegen, dass mit etwas gutem Willen von beiden Seiten eine Einigung unter Eheleuten regelmäßig möglich sein werde.679 Statt der Verwaltung und Nutznießung sollte nach Ansicht der Frauenbewegung die Gütertrennung als gesetzlicher Güterstand eingeführt werden.680 Nur so könne zwischen den Ehegatten Rechtsgleichheit geschaffen werden.681 Außerdem forderte die Frauenbewegung durch eine Modifikation des § 1326 des zweiten Entwurfs682 (Gesetzesfassung § 1427 BGB a. F.), die Beitragspflicht der Frau zur Tragung der ehelichen Lasten zugunsten der Frauen zu verändern. Neben einer neutraleren Formulierung, die beiden Ehegatten nach Maßgabe ihres Einkommens die Beitragspflicht auferlegen sollte, sollte die Arbeit der Frau im Haus wie eine Geldleistung auf ihre Beitragspflicht angerechnet werden. Lehmann sieht darin einen ersten Schritt, den Wert der Hausarbeit demjenigen einer Erwerbsarbeit anzugleichen. Die Forderung der Frauenbewegung beschränkte sich jedoch auf die Reduzierung der Beitragspflicht. Ein Anteil am Erwerb der Arbeit des Ehemannes bei Auflösung der Ehe wurde nicht angeregt.683 Darüber hinaus wandte sich die bürgerliche Frauenbewegung gegen andere allgemeine Beschränkungen der Handlungsfähigkeit der Ehefrau. So vor allem ge677

Twellmann, Frauenbewegung, S. 197. Petition/Begleitschrift, zitiert nach: Lehmann, Ehefrau, S. 100. 679 Lehmann, Ehefrau, S. 100 f. 680 Twellmann, Frauenbewegung, S. 197; Lehmann, Ehefrau, S. 101 f. 681 Lehmann, Ehefrau, S. 101 f. 682 § 1326 (II Entwurf): „Die Frau hat aus den Einkünften ihres Vermögens sowie aus dem Ertrage ihrer Arbeit oder eines von ihr selbstständig betriebenen Erwerbsgeschäftes dem Manne einen angemessenen Beitrag zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes zu leisten. Für die Vergangenheit kann der Mann die Leistung nur insoweit verlangen, als die Frau ungeachtet seiner Aufforderung mit der Leistung im Rückstande geblieben ist. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar.“ (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XXXI). 683 Lehmann, Ehefrau, S. 102. 678

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gen die „gesetzlich vorgeschriebene Einwilligung des Ehemannes bei Rechtsgeschäften und gegen die Vormundschaft des Mannes in gerichtlichen Angelegenheiten: ohne eheherrliche Erlaubnis sollte die Frau alle mit ihrem Besitz in Verbindung stehenden Geschäfte regeln und durch Testament frei über ihn verfügen können; sollte sie ein selbstständiges Gewerbe betreiben und außerhäusliche Arbeit übernehmen dürfen, sollte der Verdienst aus ihrer Arbeit und dessen Nutznießung ihr – und nicht dem Ehemann (!) – zustehen; ferner sollte sie ohne Einwilligung und Zuziehung des Ehemannes allgemein Verträge abschließen und Prozesse führen können.“ 684 b) Die Behandlung der Petition Die dargestellten Inhalte müssen nach Twellmann in dem Lichte beurteilt und eingeordnet werden, in dem sie auch von den Mitgliedern des Frauenvereins in der damaligen Zeit gesehen wurden. „Wenn der Eindruck, den die noch vorliegenden Quellen vermitteln, nicht trügt, so standen die oben aufgeführten Bereiche noch nicht allgemein im Brennpunkt des Interesses, denn sehr viele Frauen dürften kaum fähig gewesen sein, ein größeres Vermögen oder Geschäftsunternehmen sachkundig zu verwalten. Kernpunkt der Wünsche der Frauen war offensichtlich die innere Gestaltung des Familienlebens: nicht der Mann sollte allein ,Haupt der ehelichen Gemeinschaft‘ sein und alle die Familie betreffenden Angelegenheiten regeln, sondern Mann und Frau sollten diese in Gemeinschaft beraten und beschließen . . .“ 685

Die Frauenbewegung kämpfte für die Verwirklichung einer idealen Vorstellung der ehelichen Gemeinschaft, in der die aus gegenseitiger Neigung geschlossene Ehe zwei gleichberechtigte Partner zusammenführt, die harmonisch zusammenleben, und sich gegenseitig ergänzen und achten sollten. Doch die Mittel um dieses Ideal zu verwirklichen waren in der bürgerlichen Frauenbewegung umstritten. So dominierte die Ansicht, dieser ideale Zustand könne und müsse „von innen heraus“ herbeigeführt werden, also durch Erziehung, Bildung und Berufstätigkeit. Auf dieser Grundlage werde sich eine größere Selbständigkeit der Frauen entwickeln, die zu der Realisierung des angestrebten Ideals beitragen werde.686 Dieser Wunsch, die Veränderungen von innen heraus zu bewirken, deutet auf eine gewisse Scheu hin, Forderungen auch in der Öffentlichkeit zu vertreten und gar eine Anpassung der gesetzlichen Grundlagen zu forcieren. So hatte man erst nach langem Zögern begonnen, sich auf dem politischen Feld zu betätigen, und erst durch die Arbeiten zum BGB konnte man sich 1873 684

Twellmann, Frauenbewegung, S. 197 f. Twellmann, Frauenbewegung, S. 198. 686 Twellmann, Frauenbewegung, S. 195; siehe dazu auch Kempins Erläuterungen zur „ethischen Seite der Frauenbewegung“: Kempin, Grenzlinien, S. 68 ff. 685

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zu dem Beschluss durchringen, sich mittels Petitionen am Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen.687 Man beauftragte den Vorstand, entsprechende Schritte zu unternehmen, und im Februar 1876 bat Louise Otto-Peters in den „Neuen Bahnen“ ihre Mitglieder, in den verschiedenen Bundesstaaten von Juristen die einschlägigen Paragrafen sammeln zu lassen und dem Vorstand zuzuleiten. Gleichzeitig forderte sie die Frauen auf, ihre Probleme mit den bestehenden Güterrechten zu schildern.688 Jedoch verschenkte man, nach der Meinung von Twellmann, aus falscher Scham viel von dem Potential das die damalige Situation geboten hätte: „Doch man war offensichtlich weit von der Absicht entfernt, die eingehenden Unterlagen und Informationen zu einer Kampfschrift zusammenzuschmieden. Das juristische Material stellte man zusammen zu einer Denkschrift, aber zu den Mitteilungen ,unglücklicher Frauen aus Hütten und Palästen‘ erklärte Louise Otto-Peters (1876), sie könne sie nicht veröffentlichen, ,weil unsere Feder sich sträubt, in diesen Schmutz zu tauchen, und es uns unmöglich ist, Scham, Ekel und Abscheu so weit zu überwinden, wie wir es müßten, wenn wir veröffentlichen wollten, was andere fremde Frauen uns doch nur als Frauen vertraut‘. Der 1876 eingereichten Petition in Sachen BGB dürfte es deshalb sofort an der nötigen Stoßkraft gefehlt haben – sowohl gegenüber den Reichsgremien als auch in der Frauenwelt selbst, die man hätte wachrütteln und erschüttern müssen.“ 689

Der Reichstag sandte die Petition zunächst als nicht erledigt zurück. Der Frauenverein schickte die Petition daraufhin an das Reichskanzleramt mit der Bitte, sie der Kommission zur Beratung der neuen Zivilgesetze zu übergeben – was auch geschah.690 Die Petition drückte, da alle Zweigvereine zustimmten, die Meinung von mindestens 11.000–12.000 Frauen aus.691 2. Emilie Kempin Eine wichtige Mitstreiterin der deutschen Frauenbewegung war die Schweizerin Emilie Kempin, an deren Ausführungen zum ehelichen Güterrecht sich die Geisteshaltung und Argumentation der Frauenbewegung besonders gut nachvollziehen lässt. Emilie Kempin war die erste Frau, die in der Schweiz als Juristin promoviert wurde. Sie beschäftigte sich während der Entstehung des schweizerischen Zivilgesetzbuches und des deutschen BGB mit der privatrechtlichen Stellung der Frau692 im Allgemeinen und mit der Position der Frau im ehelichen Gü687

Twellmann, Frauenbewegung, S. 195. Twellmann, Frauenbewegung, S. 196. 689 Twellmann, Frauenbewegung, S. 196. 690 Zitat von Louise Otto-Peters auf der Generalversammlung von 1877, zitiert nach: Twellmann, Frauenbewegung, S. 196 f. 691 Twellmann, Frauenbewegung, S. 195. 692 Delfosse, Kempin, S. 3; Lehmann, Ehefrau, S. 110 ff. 688

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terrecht im Besonderen.693 Kempin fühlte sich nicht als radikale Vertreterin der Frauenbewegung ihrer Zeit, sondern vertrat einen vermittelnden Standpunkt zwischen den allzu zögerlichen Mitstreiterinnen auf der einen und den Kompromisslosen auf der anderen Seite. „Die köstliche Reflexionslosigkeit des Draufgängertums haben wenige und gerade bei diesen können wir uns nicht Rats erholen, weil wir ihre Naivität nicht teilen. Wir sehen überall die ,Wenn und Aber‘ und die Konsequenzen.“ 694

Diese vermittelnde Position zeigt sich auch in ihren Stellungnahmen zum Verhältnis zwischen Mann und Frau. Zwar wehrte sich Kempin ausdrücklich dagegen, dass die verheiratete Frau im Gesetz als von ihrem Ehemann vollkommen abhängiges Wesen erschien und mit verschiedener Begründung die Sache immer wieder mit der folgenden Wirkung behandelt wurde: „die Ehefrau ist, wie die bevormundete, handlungsunfähig, weil sie Ehefrau ist, weil sie sich dem Manne, der die eheliche Gemeinschaft leitet, unterzuordnen hat.“ 695 Gleichzeitig glaubte Kempin aber nicht, dass die Zeit für eine völlige Gleichstellung der Frau reif sei, denn sie erkannte an, dass die Führung der ehelichen Gemeinschaft auch weiterhin dem Mann als Ernährer der Familie zukomme.696 Laut Kempin sei eine Gemeinschaft mit zwei oder mehr Menschen nur denkbar, wenn einer der Partner das Übergewicht über den anderen habe, „d.h. es muß einmal jemand das letzte Wort haben, und daß es in diesem Falle der Mann und nicht die Frau ist, liegt eben in seinem wirtschaftlichen Übergewicht.“ 697 Auf dieser Grundlage begrüßte Kempin die Abschaffung der Mundiums.698 Sie erkannte an, dass in dem deutschen Entwurfe die Tendenz des Gesetzgebers unverkennbar sei, die weibliche Position gegenüber dem bisherigen Zustand zu verbessern. In der letzten Konsequenz hätte dieses Ziel aber nicht verwirklicht werden können, weil die Verwaltungsgemeinschaft mit der vollen Handlungsfähigkeit der Frau nicht versöhnt werden könne.699 Die Güterverbindung, so nennt Kempin die Verwaltungsgemeinschaft, beruhe auf dem Gedanken der ehelichen

693 Zum ehelichen Güterrecht des BGB verfasste Kempin eine Broschüre mit dem Titel „Die Stellung der Frau nach den zur Zeit in Deutschland gültigen Gesetzes-Bestimmungen sowie nach dem Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, die 1892 in Leipzig erschien. (Lehmann, Ehefrau, S. 112) Zwei Jahre später veröffentlichte sie in Zürich eine entsprechende Abhandlung zum schweizerischen Recht mit dem Titel „Die Ehefrau im künftigen Privatrecht der Schweiz“. (Kempin, Ehefrau). Darüber hinaus existieren von Kempin Artikel zum Thema in mehreren Zeitschriften. (Überblick bei: Lehmann, Ehefrau, S. 329). 694 Kempin, Grenzlinien, S. 52. 695 Kempin, Ehefrau, S. 4. 696 Kempin, Ehefrau, S. 16. 697 Kempin, Grenzlinien, S. 62. 698 Kempin, Ehefrau, S. 6. 699 Kempin, Ehefrau, S. 10.

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Vormundschaft des Mannes über die Frau und könne ohne diese Grundlage nicht verwirklicht werden: „Will man also die Ehefrau als handlungsfähig erklären, so muss die Güterverbindung wegfallen und umgekehrt, setzt man die Güterverbindung als das gesetzliche Güterrecht fest, so wird die Handlungsfähigkeit der Frau illusorisch.“ 700

Die Folge sei, dass im deutschen Entwurf die Frau mit der Abschaffung des Mundiums zwar theoretisch die volle Handlungsfähigkeit erlangt habe, praktisch würde ihre Stellung aber von der Art abhängen, wie die vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten geordnet sind701 – also von der Verwaltungsgemeinschaft, die eine volle Handlungsfähigkeit nicht zulasse. Eine Beschränkung der Handlungsfähigkeit aber lehnte Kempin ausdrücklich ab, weshalb sie sich auch gegen die Verwaltungsgemeinschaft und für die Gütertrennung aussprach: „Ich halte das Princip, die Ehefrau in ihrer Handlungsfähigkeit zu beschränken, für das allerverkehrteste, das es geben kann.“ 702

Kempin nannte mehrere Gründe, warum eine Beschränkung der Handlungsfähigkeit der Frau abzulehnen sei. So seien negative Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung der Frau zu befürchten, weil die Frau auf diese Weise zur Unselbstständigkeit erzogen werde. Dies könne vor allem dann fatale Folgen haben, wenn der Ehemann sterbe oder aus anderen Gründen nicht mehr imstande sei, die Familie zu versorgen. Auch der Rechtsverkehr leide unter dem undurchsichtigen System, in dem die Frau nur als Vertreterin des Mannes handeln könne, da Dritte so das Geschäftsrisiko kaum abschätzen könnten.703 Kempins eigene Vorschläge zur Gestaltung des Güterrechts wechselten, sie hielt nicht durchgängig an einem Güterrechtsmodell fest.704 Stets beruhten ihre Forderungen aber auf dem Gedanken der Gütertrennung; jeder Ehegatte sollte sein eigens Vermögen verwalten.705 Außerdem strebte Kempin eine Absicherung in Form der ehelichen Errungenschaft für die Ehefrauen an, die die Hausfrauentätigkeit von einer eigenen Erwerbstätigkeit abhalte.706 Kempin nannte es merk-

700

Kempin, Ehefrau, S. 7 f. Kempin, Ehefrau, S. 6. 702 Kempin, Ehefrau, S. 4. 703 Kempin, Ehefrau, S. 4 f. 704 Ausführliche Darstellung der Aussagen Kempins im zeitlichen Verlauf und Bewertung der Forderungen aus heutiger Sicht: Lehmann, Ehefrau, S. 113 ff. 705 Kempin, Ehefrau, S. 15. 706 Eine Errungenschaftsbeteiligung hielt Kempin sowohl hinsichtlich des laufenden Einkommens während der Ehe (Kempin, Ehefrau, S. 11), als auch für erworbene Vermögenswerte bei Beendigung der Ehe (Kempin, Ehefrau, S. 19) für angezeigt. Kempin stütze diese Forderungen im ersten Fall auf die oftmals bestehende Abhängigkeit der Frauen vom laufenden Einkommen des Mannes; im zweiten Fall auf den äquivalenten ökonomischen Wert der Hausarbeit im Vergleich zu der Erwerbstätigkeit des Mannes. 701

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würdig, dass dieser positive Aspekt der Gütergemeinschaften nicht von den Frauenvereinen aufgegriffen wurde, und schlug vor: „Deshalb sollte eine Bestimmung aufgenommen werden, welche der Ehefrau am Reinerwerb ihres Mannes gesetzlicherweise einen Anteil gewährt, der ganz unabhängig vom ehelichen Güterrecht und Erbrecht bei Auflösung der Ehe zahlbar werden müßte. In einer derartigen Norm läge eine Anerkennung der häuslichen Thätigkeit der Frau, von der wir für die Zukunft das Beste hoffen dürften. Weder Mann noch Frau werten die Leistungen der Frau im Hause gebührend, und vielfach sucht die Frau einen Verdienst außer dem Hause, weil sie von der wirtschaftlichen Bedeutung ihrer verwaltenden Hausfrauenthätigkeit kein Bewußtsein hat, weil auch der Mann dieselbe unterschätzt, bis er sie entbehren muß.“ 707

Lehmann bewertete diesen Ansatz als sehr fortschrittlich, da eine Kombination der von Kempin geforderten Beteiligungsregelungen mit dem Wunsch nach Einführung der Gütertrennung zu einem Güterrecht führe, dass im Ergebnis dem Modell der heutigen Zugewinngemeinschaft sehr nahe komme.708 3. Die Reaktionen Die Reaktionen auf der Seite der am Gesetzgebungsprozess beteiligten Juristen beschrieb Weber folgendermaßen: „Der damals eingereichten Frauenpetitionen wurde denn auch häufig gedacht; allerdings beruhigte sich die Mehrheit immer wieder mit der Erwägung, daß sie eben doch nur die Anschauungen einer kleinen Frauengruppe zum Ausdruck bringe, während die ,Masse‘ sich passiv verhalte und demnach offenbar völlig zufrieden mit der ihr zugedachten Rechtsstellung sei. Also nur unter Druck der ,Massen‘ hätte sich die Majorität der Volksvertretung im Jahre 1896 – vielleicht – eine Bewilligung der Frauenforderungen abpressen lassen. Nach dem Ruhmestitel, aus bloßem unbefangenen Gerechtigkeitsgefühl mit der Tradition zu brechen, – den sich das englische Parlament vom Jahre 1882 verdient hat – stand ihr Sinn nicht.“ 709

Tatsächlich deuten die Stellungnahmen einiger Diskussionsteilnehmer in diese Richtung. Allen voran äußerte sich Planck mehrere Male über die Ziele der Frauenbewegung entsprechend. So erwähnte er nebenbei, bei der Ablehnung des Prinzips der Gütertrennung, dass der Allgemeine Deutsche Frauenverein vorgeschlagen habe, dieses Güterrecht zum gesetzlichen Güterstand zu wählen. Er stimmte ausführlich zu, dass dieses Güterrecht als Schutz für die Frau am Besten geeignet und dieser Schutz auch im Hinblick auf die bestehende missliche Lage der Frauen durchaus ein positiv zu bewertendes Ziel sei. Im nächsten Absatz löste er all diese Argumente in Nichts auf, indem er lapidar darauf verwies, dass dieser Standpunkt nicht im Einklang mit der geschichtlichen Entwicklung stehe. 707 708 709

Kempin, Grenzlinien, S. 64. Lehmann, Ehefrau, S. 119, 120. Weber, Ehefrau, S. 478.

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„Wie man indessen über die prinzipielle Berechtigung dieses Standpunktes auch denken möge, so wird man doch anerkennen müssen, daß der geschichtlichen Entwickelung des deutschen Rechts eine andere Auffassung zu Grunde liegt.“ 710

An anderer Stelle gar, tat er die Bemühungen der Frauenbewegung bei einem Vortrag zum Besten des Göttinger Frauenvereins im Jahre 1899 mit dem Hinweis ab, diese Forderungen würden nur von einem kleinen Teil der weiblichen Bevölkerung mitgetragen, weshalb bei der Gestaltung des Rechts darauf nicht zu viel Gewicht gelegt werden dürfe: „Ich verkenne die Bedeutung dieser Bewegung (SS.: Der Frauenbewegung) durchaus nicht, aber wenn ich nicht irre, so beschränkt sie sich zur Zeit doch auf einen gewissen Kreis gebildeter Frauen in den größeren Städten und auf die socialdemokratischen Kreise. Die große Masse des Bürger- und Bauernstandes ist, wie ich glaube, von dieser Bewegung noch nicht ergriffen. Bei dieser Sachlage war es nicht möglich, auf die Forderungen der Frauenbewegung einzugehen. . . . Zur Zeit wäre es ein unverantwortlicher Sprung ins Ungewisse gewesen, wenn man so radikal mit der ganzen bisherigen Rechtsentwicklung hätte brechen wollen, wie dies durch die Einführung der Gütertrennung als gesetzliches Güterrecht geschehen sein würde.“ 711

Der Abgeordnete Prinz zu Schönaich-Carolath von der Fraktion der Nationalliberalen712, wandte sich gegen diese Banalisierung der Petition durch Planck. Der Versuch der Frauen ohne Agitation konstruktiv auf die Diskussion Einfluss zu nehmen, dürfe nicht mit der Aussage abgetan werden, „die Petitionen kommen wohl nur aus einzelnen großen Städten, und daran sind wohl auch nur einzelne Personen betheiligt. Nun, meine Herren, ich glaube, wenn man hier hätte eine Agitation eintreten lassen, wie sie oftmals von jeder Partei bei politischen Fragen beliebt wird: die Petitionen wären in ganz anderem Maße eingetroffen, und sie wären mit ganz anderen Unterschriften versehen eingegangen, als es jetzt der Fall gewesen ist.“ 713 Im Übrigen schloss er sich der Meinung von Stumms an. von Stumm distanzierte sich, obwohl er im ehelichen Güterrecht inhaltlich für die Ziele der Frauenbewegung eintrat, wie unten noch näher dargestellt werden wird (s. u.), ausdrücklich von dieser Strömung: „Ich bin weit davon entfernt, den Petitionen, die verschiedene Frauenvereinigungen hier vorgebracht haben, der sogenannten Frauenemanzipation, das Wort zu reden und zu verlangen, daß die Frau auf dem ganzen Rechtsgebiete oder auch nur auf dem Gebiete des Eherechts mit dem Mann vollständig gleichgestellt sein soll. Das ist ein Unding . . .“ 714 710

Planck, Vorentwürfe, S. 451. Planck, Stellung, S. 26; siehe auch: Hedemann, Rechtsstellung, S. 10. 712 Alphabetisches Verzeichniß der Mitglieder des Reichstages, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 165, (Anlagen 1898/1900, Nr. 1–95), S. 44. 713 Schönaich/Carolath, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2930 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 714 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/96), S. 760 (32. Sitzung, 05. Februar 1896). 711

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Eine ähnliche Haltung ist bei Bulling zu beobachten.715 Schröder berief sich zwar auf die Berechtigung der fortschreitenden Frauenemanzipation, als er versuchte seine Forderung nach der Teilung der ehelichen Errungenschaft durchzusetzen.716 Sobald es aber um die Forderungen der Frauenbewegung nach Einführung der Gütertrennung ging, zeigte er zwar Verständnis, dass dieser Güterstand von den Vertretern der Frauenemanzipation als das Idealrecht gepriesen und gefordert werde. Bei einer einheitlichen Normierung könne dieses Güterrecht aber wegen der geringen Verbreitung keine besondere Berücksichtigung beanspruchen.717 „Sie wissen, meine Herren, Frauenkreise haben uns angetreten mit der beweglichen Vorstellung, daß die Frau im bürgerlichen Gesetzbuch nicht die ihr gebührende Stellung bekommen habe. Nun, es kann unmöglich geleugnet werden, daß die Rechtsstellung der Frau in dem vorliegenden Entwurf ganz erheblich verbessert worden ist. . . . Ich muss danach doch sagen, daß die Stellung, die das bürgerliche Gesetzbuch der Frau giebt, meiner Ansicht nach dem jetztigen Stande der Rechtsanschauung in Deutschland entspricht; wenn noch weitergehende Forderungen, die ja in der Zeit liegen, erhoben werden, so behaupte ich, das sind Minderheitsforderungen, die einstweilen nicht das Recht haben, zu verlangen, daß die Gesetzgebung sie der großen Mehrheit des Volks wider deren Verständniß und wider ihren Willen auferlegt.“ 718

Auch Mitteis äußerte sich in einem ähnlichen Sinne: „Hierbei (SS.: bei der Wahl des gesetzlichen Güterrechts) konnte das römische Dotalsystem nicht in Betracht kommen. Ist auch nicht zu verkennen, dass dieses der Ehefrau eine vollkommen selbstständige und möglichst gesicherte Stellung verleiht – wie denn, charakteristisch genug, dasselbe in einer vom allgemeinen deutschen Frauenverein und Zweigvereinen desselben an den Reichstag gerichteten Petition befürwortet worden war – so wird sich doch kaum behaupten lassen, dass dieses, wenngleich in Oesterreich und Italien gesetzlich anerkannte System der heutigen Auffassung entspreche. Schon die ausserordentliche Zähigkeit, mit der selbst in Ländern des gemeinen Rechts die deutschrechtlichen Güterstatuten festgehalten wurden – thatsächlich gilt das römische Dotalrecht nur für 3.070.901 Seelen – spricht gegen seine Angemessenheit. Es wird zwar bei der fast schlagwortartigen Behauptung, dass es nicht die Aufgabe des Rechts sei, die sittlichen Forderungen, welche die Ehe an die Ehegatten stellt, in Rechtsforderungen zu verwandeln, die Stellung des Dotalsystems wie die Motive meinen, eine günstigere, indem dasselbe in dieser Richtung eben die geringsten Anforderungen an die Frau stellt; es kann aber dieser Behauptung in dieser Allgemeinheit kein Werth beigelegt werden. Thatsächlich stellt übrigens gerade das Dotalsystem sehr weitgehende Anforderungen wenigstens an einen der Ehegatten, nämlich den Mann, indem diesem die ganzen onera matrimonii aufer-

715

Bulling, Frau, S. 112. Schröder, in: 12. DJT, S. 46. 717 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 2. 718 Schröder, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/96), S. 724 (30. Sitzung, 03. Februar 1896). 716

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

legt werden; wenn daneben die Frau mit der Leistung einer dos abkommt, so ist dies nach meiner Auffassung durchaus keine besonders ethische Rechtsbildung . . .“ 719

Ehrlicher behandelte dieses Thema Klöppel: „Aus der Zahl der Systeme, welche als allgemeiner oder besonderer gesetzlicher Güterstand in Betracht kamen, hat der Entwurf das römische Dotalrecht, welches sich nur den kleinsten Geltungskreis verschafft hat . . . ausgeschlossen – diesmal trotz der Bemühungen des allgemeinen Frauenvereins und seiner Verbündeten, gerade dieses System zur allgemeinen Geltung zu bringen. Es wäre verständlich, wenn diese Richtung auch sonst ihr Ideal in der spätrömischen Frauenwelt finden sollte; die deutsche Gesetzgebung wird ihr nicht folgen können, so lange sie – nicht etwa nur an der geschichtlichen Entwicklung des deutschen Rechts . . . – sondern an deutscher Anschauung von der Stellung der Frauen festhält.“ 720

Der Abgeordnete des Reichstags Sohm schließlich, zog in einer Rede vor dem Reichstag vom 05.02.1896 die Petition der Frauenbewegung gar ins Lächerliche. Entgegen Behauptungen, die Sprache des Entwurfs sei zu kompliziert und für Laien unverständlich, ging er mit folgender Begründung davon aus, dass das Werk diesbezüglich keine Defizite aufweise: „Die Schrift des Frauenschutzvereins in Dresden über das Familienrecht ist ein Protest gegen unseren Entwurf; die Damen sind nicht zufrieden. Aber eins ist klar: verstanden haben sie das Gesetzbuch. (Große Heiterkeit.) Diese Damen haben, wie sie in der Vorrede sagen, die Arbeit selbst gemacht. Kein Jurist war zu finden, der mit ihren Ansichten einverstanden gewesen wäre. (Heiterkeit); darum haben also die Damen allein gearbeitet – für uns um so werthvoller! Denn daraus sehen wir, daß folglich nach gemeinem Recht die Frau vom Recht gar nichts verstehen kann und deshalb das Privilegium des Rechtsirrthums besitzt. Die Damen haben unseren Entwurf verstanden – mehr kann man nicht verlangen.“ 721

Der Abgeordnete Dr. Förster äußerte an dieser „scherzhaften Art“ des Abgeordneten Sohms Kritik. Er gab zu bedenken, dass wenn die Frauen so verständig seien, konstruktive Vorschläge zum Gesetzbuch zu machen, „so können sie auch verlangen, daß sie selbst verstanden werden, daß wir uns Mühe geben, einmal dem, was sie verlangen, etwas näher zu treten.“ 722 Mit dem Inhalt der Petition hatte sich Förster, bis auf die Forderung nach Erhöhung des Schutzalters bei Mädchen, nicht auseinandergesetzt. Zu der Frauenbewegung bekannten sich, wie im Folgenden noch näher dargestellt werden wird, die Abgeordneten des Reichstages Traeger (FrVP) als auch Rickert (FrVer).723 719

Mitteis, Bemerkungen, S. 565 f. Klöppel, Familien- und Erbrecht, S. 342. 721 Sohm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/96), S. 758 f. (32. Sitzung, 05. Februar 1896). 722 Förster, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 133 (1895/96), S. 767 (32. Sitzung, 05. Februar 1896). 720

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

311

Diese Beispiele verdeutlichen, dass Weber die Behandlung der Petition der Frauenbewegung richtig eingeschätzt hatte. Von den angegebenen Gründen, über die Erhaltung der Kontinuität der historischen Entwicklung, das geringe Verbreitungsgebiet, den nicht zu billigenden Einfluss des römischen Rechts, bis hin zu der Suggestion, der Großteil der Frauen sei mit der derzeitigen Situation zufrieden, ist wohl der einzig ehrliche und wirklich durchgreifende Grund für die Ablehnung der Gütertrennung, die nicht korrekte Lastenverteilung in der Ehe und die „unethische“ Belastung des Mannes. Aber auch, wie nur von Klöppel offen ausgesprochen wird, dass man der Frau eine derart selbstständige Stellung einfach nicht zugestehen wollte. Zu diesem Ergebnis kam auch Twellmann, die aus den Bemühungen der Frauenbewegung um das eheliche Güterrecht folgendes Resümee zieht: „Die Enttäuschung der bürgerlichen Frauenbewegung dürfte 1888 nicht gering gewesen sein; leider fehlt das Quellenmaterial jener Jahre. Marie Stritt erwähnt, daß der Allgemeine Deutsche Frauenverein nach der ersten Lesung nochmals eine Petition an den Reichstag gerichtet habe, die so gut wie ,unbeachtet‘ geblieben sei. Datum und Inhalt der Petition werden nicht mitgeteilt. Die Nichtbeachtung spiegelt jedoch getreu den Geist der Zeit und den Geist der Kommission – der in nuce aufleuchtet in dem Argument: ,Der Mann brauche die Verwaltung und Nutznießung . . . um seinen Pflichten als Herr der Familie gerecht zu werden.‘“ 724

III. Die politischen Vertreter der Frauenrechte

Auch auf der politischen Ebene existierte keine einheitliche Gruppe, die sich den Forderungen der Frauen annahm. Aber es gab verschiedene politische Parteien, die im Reichstag für die Rechte der Frauen stritten und einige Politiker, die sich unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit der Durchsetzung dieser Ziele gewidmet hatten.725 1. Die freisiningen Vereinigungen Die Partei, die der Frauenbewegung am nächsten stand, waren die freisinnigen Vereinigungen. Diese setzte sich ausdrücklich für die Forderungen der Frauenbewegung ein. Unter dem Begriff freisinnige Vereinigungen wurden in der damaligen politischen Landschaft die liberalen Strömungen zusammengefasst. Diese Gruppierung war im Reichstag 1896 als Fraktion der „Freisinnigen Volkspartei“ 723 Rickert, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2911 f. (114. Sitzung, 25. Juni 1896); Traeger, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2909 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 724 Twellmann, Frauenbewegung, S. 202. 725 Chronologische Darstellung der Beratungen im Reichstag aus Sicht der Frauenbewegung: Lehmann, Ehefrau, S. 145 ff.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

und der „Freisinnigen Vereinigung“ vertreten.726 Erklärtes Ziel ihrer Politik war, dass der Staat eine Überregulierung vermeiden und das freie Spiel der Kräfte gewährleisten sollte. Der Staat sollte es nur als seine Aufgabe ansehen die Hemmnisse aus dem Weg zu räumen, welche die Entfaltung der Wirtschaft hinderten.727 Die freisinnigen Parteien waren als Träger liberalen Gedankenguts die Parteien des akademischen Bürgertums, mittlerer und kleinerer Agrarier.728 Die Mitglieder dieser Gruppierung traten für den Gleichheitsgrundsatz ein, der ihrer Ansicht nach in dem Entwurf des ehelichen Güterrechts nicht verwirklicht wurde. Die kritisierte Ungleichheit in der Familie werde hauptsächlich durch zwei Bestimmungen des Entwurfes betont, zum einen durch das letzte Entscheidungsrecht in allen ehelichen Angelegenheiten (§ 1354 BGB), zum anderen durch die Bestimmungen über die Verwaltung und Nutznießung an dem eingebrachten Vermögen der Frau (§ 1363 BGB).729 Gegen diese Bevormundung hatten die Frauenvereine protestiert, wie die Abgeordneten dieser Partei im Reichstag betonten. Um den Kampf gegen diese Ausprägungen der Ungleichheit besser vorbereiten zu können, hatten die „Freisinnigen“ die Vertagung der 2. Lesung bis zum Herbst beantragt.730 314 Petitionen waren der Kommission betreffend die Stellung der Frau zugegangen, wie der Berichterstatter Dr. Bachem feststellte.731 Diese Forderungen der Frauenbewegung machten sich die Linksliberalen zu eigen. Sowohl Traeger (FrVP) als auch Rickert (FrVer)732 bezogen sich auf sie. „Die Frauenbewegung, die jetzt sehr stark in Fluß gekommen ist, kann nach meiner Ansicht nicht ignoriert werden. (Sehr wahr! links.) Es hat sich eine bedeutende Anzahl Männer der Bewegung angeschlossen in der Absicht, ihre Bestrebungen zu fördern. Ich bin überzeugt, daß auch eine große Anzahl von Männern, die andere Bewegungen der Frauen lieber sehen, gerade dieser Bewegung nicht sympathisch gegenübersteht. Aber meine Herren, wie ich schon vorhin sagte, ignorirt kann sie nicht mehr werden . . .“ 733

Rickert hob hervor, dass der Standpunkt der konservativen Mehrheit über die Notwendigkeit des männlichen Herrschaftsanspruchs voraussetze, dass der Mann immer der Vernünftigere sei und die Sittlichkeit und Vernunft repräsentiere – nie-

726

Brandt, Parteien, S. 96. Brandt, Parteien, S. 96. 728 Brandt, Parteien, S. 100. 729 Brandt, Parteien, S. 106. 730 Rickert, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2911 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 731 Bachem, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 3036 (116. Sitzung, 27. Juni 1896). 732 Rickert, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2911 f. (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 733 Traeger, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2909 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 727

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

313

mals die Frau. Ernsthaft könne das doch niemand behaupten wollen!734 Traeger erinnerte in historischen Exkursen ergänzend, dass die Zeiten vorbei seien, in denen die Frau, „ein stilles Veilchen“, dazu bestimmt war, „bescheiden am häuslichen Herd zu verblühen“.735 2. Die linken Stimmen Neben dieser liberalen Strömung kämpften für die Frauenrechte linksgerichtete Stimmen. Die Sozialdemokraten setzten sich explizit für die Gleichberechtigung der Frau ein; während der Sozialist Menger zwar für die Frauen der besitzlosen Klasse eine Gleichstellung mit dem Mann forderte, seine Ausführungen aber eher dahin tendierten, die Benachteiligung der unteren Gesellschaftsschicht gegenüber der Oberschicht aufzudecken. Obwohl diese Gruppe mit der bürgerlichen Frauenbewegung teilweise identische Ziele verfolgte, war das Verhältnis nicht sonderlich ausgeprägt. Die Klassengrenzen trennten die bürgerliche Frauenbewegung und die Sozialdemokraten bzw. Sozialisten, die für die Rechte der Arbeiterklasse kämpften. Ein Zeichen für diese Teilung ist die Bildung einer proletarische Frauenbewegung in den Kreisen der SPD, vor allem in den Gewerkschaften, um 1890. Diese Entwicklung führte zu einer Spaltung der Frauenbewegung in eine bürgerliche und eine proletarische Seite.736 Trennend wirkte hier der jeweilige gesellschaftliche Hintergrund, der zu Zielsetzungen führte, die teilweise sehr verschieden waren. So forderte die proletarische Frauenbewegung „Arbeiterinnen- und Mutterschutz, Lohngleichheit, verkürzte Arbeitszeit, bessere Arbeitsbedingungen und Entlastung von häuslicher Arbeit . . . gegen Ausbeutung und Überlastung. Die politischen und sozialen Rechte waren wichtige Ziele, Mittel zur Befreiung von dem privat und öffentlich herrschenden Patriarchalismus.“ 737 Damit kämpften die Frauen für eine Besserstellung, aber im Rahmen des Klassenkampfes, der von und für alle Proletarier geführt wurde, also einschließlich der Männern. „Sie (SS.: die proletarische Frauenbewegung) organisierten sich gemeinsam mit den Männern in den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie für eine Befreiung ihrer Klasse und damit verbunden für die ,allgemeine, menschliche Emanzipation‘.“ 738

734 Rickert, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2912 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 735 Traeger, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2909 ff. (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 736 Wurms, Renate, in: Herve, Frauenbewegung, S. 36; siehe auch: Lehmann, Ehefrau, S. 96 f. 737 Wurms, Renate, in: Herve, Frauenbewegung, S. 37 f. 738 Wurms, Renate, in: Herve, Frauenbewegung, S. 37.

314

3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

a) Die Sozialdemokraten Auch wenn die Ziele teilweise voneinander abwichen, forderten die Sozialdemokraten, wie die bürgerliche Frauenbewegung, die Gleichberechtigung der Frau739 und auch sie wollten dieser Forderung mit der Einführung der Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand Nachdruck verleihen. Die Gründe für Ablehnung des § 1346 des Entwurfs (Gesetzesfassung § 1363 BGB a. F.)740, das Herzstück der Verwaltungsgemeinschaft, beschreibt zusammenfassend ein Artikel aus der sozialdemokratischen Zeitung „Vorwärts – Berliner Volksblatt“: „Die anderen Systeme (SS.: als die Gütertrennung) beruhen im wesentlichen auf dem Gedanken, daß der Ehemann Oberherr sei und seien geignet, das Hörigkeitsverhältniß der Frau durch die Brotkorbsmacht zu erhöhen. Die wirthschaftliche Entwickelung und damit das Erforderniß einer Selbstständigkeit der Ehefrau, fordern gebieterisch dies System. Es werde doch in der That sonst das Eigenthumsrecht eines weiblichen Wesens durch Ehe-Abschluß völlig, und zwar zu ihrem Nachtheil, geändert. . . . Von den Nationalliberalen tritt v. Bennigsen dem Vorschlag des Frhrn. v. Stumm (SS.: Gütertrennung als gesetzlicher Güterstand) entgegen: ihn scheint wesentlich die Furcht zu leiten, daß eine Frau, deren Brotkorb vom Ehemann höher gehängt werden könnte, dem Mann gefügiger sein wird. . . . Gegen die Stimmen der Freikonservativen (Pauli, v. Stumm), Freisinnigen (Kauffmann und Munckel) und Sozialdemokraten (Frohme und Stadthagen) wird der Antrag v. Stumm abgelehnt und § 1346 des Entwurfs angenommen. . . . Durch Annahme dieses Paragraphen haben die Beschützer der schwachen Herren der Schöpfung vorläufig einen Sieg errungen. Er wird ihnen, wie aus einer Mittheilung Freiherrn v. Stumm’s zu ersehen war, im Plenum nicht nur von sozialdemokratischer Seite streitig gemacht worden.“ 741

Die Bemühungen der Sozialdemokraten die Gleichberechtigung und damit die Gütertrennung im ehelichen Güterrecht des BGB zu verankern, zeigen sich in den Anträgen von Auer und Genossen. Diese Sozialdemokraten wollten eine Festschreibung der Gleichberechtigung von Mann und Frau in der Ehe, was sich in dem Antrag zur Abfassung des § 1337 manifestiert. Der § 1337, der sich mit dem Entscheidungsrecht des Mannes bei der Regelung ehelicher Belange beschäftigte, lautete in dem Entwurf, wie in der endgültigen Gesetzesfassung (dort § 1354 BGB a. F.)742, folgendermaßen: „§ 1337. Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung.

739 Ausführlich zu den Forderungen der Sozialdemokraten zur Gleichberechtigung der Frau auf dem gesamten Gebiet des Familienrechts: Brandt, Parteien, S. 35 ff. 740 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1363 BGB a. F., S. 768 (aus „Eheliches Güterrecht“). 741 SPD (Hg.), Parlamentarisches, in: Vorwärts, 13. Jahrgang, Nr. 109, S. 3. 742 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1354 BGB a. F., S. 818 (aus den „Wirkungen der Ehe im Allgemeinen“).

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

315

Die Frau ist nicht verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechts darstellt.“ 743

Nach dem Antrag von Auer und Genossen sollte § 1337 wie folgt gefasst werden: „In allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten sind beide Ehegatten gleichberechtigt. Bei Meinungsverschiedenheiten über den ehelichen Aufwand entscheidet derjenige Theil, aus dessen Vermögen die Ehelasten zum größten Theil bestritten werden. Jedoch darf die Entscheidung den anderen Gatten in seiner Erwerbsthätigkeit nicht schädigen. Für die Wahl des Wohnorts giebt die Entscheidung desjenigen Ehegatten den Ausschlag, dessen Beruf für die Lebensführung der Familie maßgebend ist.“ 744

Neben diesem Antrag zur Gleichstellung der Frau in der Ehe, sollte ein Antrag auf Wahl der Gütertrennung zum gesetzlichen Güterstand die Ziele der Sozialdemokraten vorantreiben. Der Antrag Nr. 471 Ziff. 55, den der Abgeordnete Auer und seine Genossen im Gesetzgebungsverfahren einbrachten, forderte inhaltlich, § 1346 (Gesetzesfassung § 1363 BGB a. F.)745 zu streichen und statt dessen ins Gesetz aufzunehmen: „Die güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten sind nach dem Inhalt der vor Abschluß der Ehe zwischen den Eheleuten geschlossenen Eheverträge zu beurtheilen. Sind Eheverträge nicht geschlossen, so tritt Gütertrennung ein. Jedem Ehegatten steht das Recht selbstständiger Verwaltung und Verfügung über das von ihm in die Ehe gebrachte oder während der Ehe erworbene Vermögen zu.“ 746

Die Anträge der Sozialdemokraten auf Gleichstellung der Frau müssen vor dem gesellschaftlichen Hintergrund der Arbeiterklasse, so wie er oben dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B. II.), betrachtet werden. Die Forderungen dieser Gruppierung beinhalteten eine Reaktion auf die gesellschaftlichen und sozialen Zustände, unter denen die Frauen aus der Arbeiterklasse zur damaligen Zeit litten.747 Bemerkenswert an der Haltung der Sozialdemokraten ist, dass sie in der Frage der weiblichen Gleichberechtigung auch die Interessen der bürgerlichen Frauen wahrnahmen, obwohl sie sich eigentlich der Durchsetzung von Interessen der Arbeiterklasse verschrieben hatten.748 So bezieht sich etwa die Kritik des SPD-Abgeordneten August Bebel in seinem Buch „Die Frau und der So743 Bürgerliches Gesetzbuch, zitiert nach: Verhandlungen des Reichstages, Anlageband 141 (1895/97), Nr. 87, S. 446. 744 Antrag Auer und Genossen: Verhandlungen des Reichstages, Anlageband 143 (1895/97), Nr. 471 Ziff. 51, S. 2256. 745 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1363 BGB a. F., S. 768 (aus „Eheliches Güterrecht“). 746 Antrag Auer und Genossen, in: Verhandlungen des Reichstages, Anlageband 143 (1895/97), Nr. 471 Ziff. 55, S. 2257. 747 Beschreibung der Lebenssituation der Arbeiterfrau, siehe: Bebel, Sozialismus, S. 94 f. 748 So auch: Brandt, Parteien, S. 36.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

zialismus“ deutlich auch auf die problematische Situation der bürgerlichen Frauen. „Die zunehmende Korruption der Ehe einerseits und andererseits die Unmöglichkeit für sehr viele Frauen, eine Ehe überhaupt schließen zu können, lassen Redensarten wie: die Frau müsse auf die Häuslichkeit beschränkt bleiben, sie müsse als Hausfrau und Mutter ihren Beruf erfüllen, als gedankenlose Phrase erscheinen. . . . In den besitzenden Klassen sinkt die Frau nicht selten, ganz wie im alten Griechenland, zum bloßen Gebärapparat für legitime Kinder herab, zur Hüterin des Hauses, zur Pflegerin des kranken Gatten.“ 749

Dieses Verständnis für die Frauen einer „anderen“ Gesellschaftsschicht trennt die Meinungen der Sozialdemokraten von dem sozialistischen Standpunkt Anton Mengers. Zwar ist bei den Sozialdemokraten durchaus eine Tendenz erkennbar, die Gesellschaft in Klassen zu unterteilen, die eine getrennte Untersuchung erfahren müssen. Jedoch sind die daraus folgenden Erkenntnisse nicht geprägt von einer Opposition gegenüber einer bestimmten Klasse. Ganz anderes bei Menger, dessen Argumentation zum ehelichen Güterrecht sich immer wieder von den Sachfragen entfernt und seinem eigentlichen Anliegen, der Befreiung des Proletariats, zuwendet. b) Der Sozialist Anton Menger Die Kritik Anton Mengers an dem ehelichen Güterrecht des BGB, die er im Rahmen seines Werkes „Das Bürgerliche Recht und die besitzlosen Volksklassen“ darlegte750, ist, wie auch seine Erläuterungen zu den anderen Regelungsbereichen des BGB, geprägt von seiner sozialistischen Einstellung. Menger, der als profiliertester Vertreter des Juristensozialismus galt751, beurteilte den Entwurf aus der Sicht eines Sozialisten, d. h. aus der Sicht der besitzlosen Klassen, als deren Streiter er sich verstand: „Nur ein Standpunkt wird in der grossen Diskussion wahrscheinlich unvertreten bleiben, obgleich die betreffende Volksgruppe mindestens vier Fünfteile der gesamten Nation umfasst, und dieser Standpunkt ist jener der besitzlosen Volksklassen. Zwar verfügt der Sozialismus in Deutschland über zahlreiche ausgezeichnete Schriftsteller; aber diesen mangelt das juristische Fachwissen, das zur erfolgreichen Kritik eines so umfassenden Gesetzeswerks unentbehrlich ist. . . . Da ich nun zu den wenigen deutschen Juristen gehöre, welche auf dem Gebiete des Rechts das Interesse der besitzlosen Volksklassen vertreten, so habe ich es für meine Pflicht gehalten, in dieser wichtigen Nationalangelegenheit die Stimme der Enterbten zu führen.“ 752 749

Bebel, Sozialismus, S. 94 f. Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 47 ff. 751 Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 457 f.; Haack, Gierkes Kritik, S. 53; Wolf, Arbeitsverhältnis, S. 63 ff.; Kroeschell, Rechtsgeschichte, S. 15; siehe auch: Dölemeyer, Menger (von Wolfensgrün), Anton, in: Stolleis, Juristen, S. 434 f. 752 Menger, Volksklassen, S. 2. 750

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

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Das Urteil, das er über den Entwurf fällte, ist von diesem Standpunkt gekennzeichnet. So finden seine Kritikpunkte immer wieder zu dem Ergebnis zurück, dass bei der vorliegenden Gestaltung die besitzlose zugunsten der besitzenden Klasse übervorteilt wurde. „Mein Buch erscheint in der Form einer Streitschrift gegen den Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich. Schwerlich hätte ich in alter und neuer Zeit ein Gesetzeswerk finden können, welches die besitzenden Klassen so einseitig begünstigt und diese Begünstigung so unumwunden zu erkennen gibt, wie der deutsche Entwurf.“ 753

Diese Haltung Mengers setzte sich auch in seiner Kritik an dem Entwurf des ehelichen Güterrechts fort, indem er das Verhältnis zwischen Mann und Frau in der Ehe zu einer Frage des Klassenkampfes stilisierte. Dieser besondere Blickwinkel verleiht seinen Ausführungen innerhalb der Diskussion einen Sonderstatus. Vor dem Hintergrund seiner politischen Überzeugung vertrat er nicht primär das Ziel der Gleichstellung der Frau an sich, sondern er kämpfte, wie auch die proletarische Frauenbewegung, für die Befreiung aller Proletarier. Dieser Ausgangspunkt ist auch bei seinen Äußerungen zum Entwurf auf den ersten Blick erkennbar, denn er beurteilte nicht die Stellung und Situation der weiblichen Bevölkerung insgesamt, sondern er teilte die Frauen in Schichten ein. Oberschicht, mittlere Schicht und besitzlose Klassen erfuhren so eine jeweils gesonderte Beurteilung. Mengers Ausführungen ist trotz dieser Prägung ein hoher Stellenwert einzuräumen, da er sich einem, von den anderen Diskussionsteilnehmern vernachlässigten Aspekt zuwandte. Er betrachtete bei seiner Kritik als entscheidend die gesellschaftlichen und tatsächlichen Umständen der Zeit. Alle anderen Aspekte, wie historische Entwicklung, derzeitiger Zustand der Güterrechte ect. ließ er außen vor, oder wie er selbst es ausdrückte: „das Auge des wahren Gesetzgebers ist nicht auf die Vergangenheit, sondern unverwandt auf die Zukunft gerichtet.“ 754 Aus diesen Gründen lehnte er die Berücksichtigung der Lehren der Historischen Rechtsschule bei der Schaffung des BGB ab.755 Auf dieser Grundlage traf er die Aussage, dass der Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft der ideale Güterstand für die Oberschicht sei, jedoch völlig ungeeignet für die Arbeiterschicht.756 In der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand zeigte sich für Menger demnach die Benachteiligung der Arbeiterklasse, die für ihn umso schwerer wog, als die unteren Schichten mangels rechtlicher Aufklärung nicht in der Lage wären, den Güterstand zu wechseln.757 Menger sah bezüglich der Verwaltungsgemeinschaft unter Berück753 754 755 756 757

Menger, Volksklassen, Vorrede, S. III; siehe auch: Schmid, Entstehung, S. 87. Menger, Volksklassen, S. 15. Menger, Volksklassen, S. 5 ff. Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 49. Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 50.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

sichtigung der Situation aller Schichten Mängel und Defizite, ausgenommen bei der Oberschicht. Das Bild, welches er von den dieser Gesellschaftsschicht zugehörigen Frauen zeichnete, ist eindeutig geprägt von dem Klassenkampf des Sozialisten. Dies manifestiert sich in der Geringschätzung, die Menger diesen Frauen gegenüber zur Schau trug. Die Verwaltungsgemeinschaft mit ihren benachteiligenden Wirkungen für diese Frauen hielt er offensichtlich für eine gerechte Strafe, weil sie keinen wertvollen Beitrag für die Gesellschaft leisten würden. „In den vornehmen Bevölkerungsschichten, zu welchen man die Geburts-, Finanz-, und Beamtenaristokratie, sowie auch das höhere Bürgertum zählen kann, ist die Ehegattin kaum mehr als ein anmutiges Dekorationsstück. An der Berufstätigkeit ihres Mannes und an der häuslichen Arbeit nimmt sie persönlich fast gar keinen Anteil, ja selbst die Erfüllung ihrer intimsten Mutterpflichten: das Säugen und die Aufziehung ihrer Kinder in den ersten Lebensjahren pflegt sie auf Frauen der besitzlosen Volksklassen abzuwälzen. Häufig bringt die Frau Vermögen in die Ehe mit, an welchem der Mann zur Bestreitung der beträchtlichen Unterhaltskosten die Nutzung erhält. Wird dann die Ehe aufgelöst, so erhält die Frau ihr Eigentum zurück, auf das während der Ehe erworbene Vermögen hat sie, die ja immer nur konsumiert hat, naturgemäss keinen Anspruch.“ 758

Die Verwaltungsgemeinschaft sei also für die Regelung der Verhältnisse in der Oberschicht durchaus geeignet; die Benachteiligung der Frauen sei aufgrund ihrer passiven Rolle in der Gesellschaft gerechtfertigt. Jedoch dürfe man ein derartiges Güterrecht, das nur auf die Umstände der Oberschicht ausgelegt sei, nicht als gesetzliches Güterrecht dem ganzen Volk aufzwingen. So sei für die mittleren Klassen, zu denen Menger die unteren Schichten des Bürgertums und die höheren Schichten der Arbeiterschaft zählte, die Errungenschaftsgemeinschaft der ideale Güterstand. Nur dieser Güterstand werde der Frau in diesen sozialen Umständen gerecht, die sowohl durch die Einbringung von Vermögen, als auch durch ihre Mitarbeit in Haus und Geschäft des Mannes, zur Aufbringung des ehelichen Unterhaltes beitrage. Nur die Errungenschaftsgemeinschaft sichere ihr einen gerechten Anteil an der ehelichen Errungenschaft.759 Bei den besitzlosen Klassen bewertete Menger die Situation wiederum anders, weil hier die Ehegatten regelmäßig nur ihre Arbeit und kein eigenes Vermögen in die Ehe brächten und auch während der Ehe kein Vermögen erwerben würden. Der Verdienst sei hier normalerweise geringfügig und folglich einem raschen Verbrauch unterworfen. Unter diesen Umständen sei die Frau dem Manne ebenbürtig, weil sie neben der häuslichen Arbeit regelmäßig auch noch berufstätig sei. Die ehelichen Verhältnisse seien hier im Sinne der Gütergemeinschaft zu re758 759

Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 47 f. Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 48.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

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geln, weil alles Vermögen den Ehegatten gemeinschaftlich zustehen müsse. Insbesondere im Hinblick auf die Arbeit, die in diesen Kreisen von den Frauen verrichtet werden müsste und die der des Mannes mindestens ebenbürtig sei, könnte eine überlegene Stellung des Ehemannes nicht mehr gerechtfertigt werden.760 „Ja mit Rücksicht auf die umfassende Tätigkeit, welche der Frau im ehelichen Leben der Armen obliegt, erscheint es mir sehr zweifelhaft, ob die hervorragende Stellung, welche der deutsche Entwurf dem Ehemann auch in der Gütergemeinschaft zuweist, für diese Volkskreise hinreichend gerechtfertigt ist.“ 761

Mengers Aussagen lassen sich so zusammenfassen, dass seiner Ansicht nach jede Bevölkerungsschicht im Hinblick auf das eheliche Güterrecht gesondert beurteilt werden müsse. Dabei fehlen jedoch Hinweise, wie diese Aufteilung der Gesellschaft umgesetzt werden sollte. Doch die tatsächliche Umsetzung seiner Forderungen scheint auch nicht das primäre Ziel Mengers gewesen zu sein. Vielmehr wollte er mit seinen Ausführungen vor allem Folgendes verdeutlichen. Das eheliche Güterrecht sei, wie auch die anderen Teile des Entwurfes, für die unteren Schichten benachteiligend gewesen, weil es nur unter Zugrundelegung der Verhältnisse der Oberschicht zu brauchbaren Ergebnissen gelangen könne. „Hier ist an den Bestimmungen des Entwurfs (SS.: des Ehegüterrechts) sofort der einseitige und parteiische Geist unseres Juristenstandes wahrzunehmen, der sich lediglich als Vertreter der besitzenden Klassen fühlt. Bekanntlich wird es von wohlhabenden Vätern als eine der wichtigsten Lebenaufgaben betrachtet, ihren verheirateten Töchtern, die ja in der Ehe meistens der schwächere Teil sind, ihr Vermögen und überhaupt ihre wirtschaftliche Stellung zu sichern.“ 762

Die Benachteiligung der unteren Schichten zu zeigen war das Hauptanliegen, welches Menger mit seinen Ausführungen verfolgte. Sozusagen nebenbei fielen Äußerungen über die weibliche Position in den einzelnen Schichten, die aber ebenfalls von dem Geist des Klassenkampfes getragen werden. So wird die Benachteiligung der Frauen der Oberschicht zwar indirekt festgestellt, aber wegen ihres geringen Arbeitsbeitrages für gerechtfertigt gehalten. Eine positivere Beurteilung wird den Frauen der Mittelschicht zuteil. Wegen der von ihnen verrichteten Arbeit möchte Menger die Errungenschaftsgemeinschaft einführen, die unten noch dargestellt werden wird (s. u. 4. Teil, 3. Kapitel). Im Ergebnis hätte dieses Güterrecht den Frauen zwar einen Anteil, an dem in der Ehe erwirtschafteten Vermögen gesichert. Bezüglich der Kompetenzverteilung in der Ehe wären aber keine wesentlichen Verbesserungen für die Frauen mit dieser Änderung verbunden gewesen. Die Verbesserung für die Frauen der Mittelschichten hätte sich also im Wesentlichen darauf beschränkt, dass sie nach der Ehe finanziell besser gestellt worden wären. Die volle Gleichberechtigung aber forderte Menger für die 760 761 762

Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 48 f. Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 49. Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 46 f.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

Frauen der Arbeiterklasse. Aufgrund ihrer doppelten Belastung mit der Arbeit in Fabrik und Familie hätten sie sich das Recht erworben, in eine dem Ehemann ebenbürtige Stellung gehoben zu werden. Mengers Aussagen sind, wie oben bereits angedeutet, wertvoll, weil er bei seiner Argumentation den Zustand der Gesellschaft als entscheidendes Kriterium in den Vordergrund stellte. Was den Wert der Aussagen schmälert, ist seine Fixierung auf das Klassenmodell der Sozialisten und deren vorgefertigte Beurteilung der Klassen. Insbesondere erscheint es inakzeptabel, dass er den Wert und damit die Position einer Person, hier in der Ehe, von ihrem Arbeitsbeitrag abhängig machte. Obwohl man auch bei den Sozialdemokraten gewisse Übereinstimmungen mit Menger entdecken kann, sowie zum Beispiel die Aufteilung der Gesellschaft in Klassen, kommen diese ohne eine Radikalisierung ihrer Ansichten zu einem eher vertretbaren und vor allem umsetzbaren Ergebnis. Die Sozialdemokraten erkannten die Ungleichbehandlung aller Frauen durch das eheliche Güterrecht und versuchten folgerichtig auch für alle eine Gleichstellung durch die Einführung der Gütertrennung zu erreichen. 3. Die Reichspartei Als weiterer Vertreter der Frauenrechte muss die Reichspartei genannt werden. Obwohl die Reichspartei, die SPD als politische Partei eher bekämpfte763, vertrat sie im Streit um das eheliche Güterrecht eine ähnliche Position. Denn auch die Reichspartei versuchte in den Änderungsverfahren, die Abhängigkeit der Frauen durch die Erweiterung ihrer Rechte auf vermögensrechtlichem Gebiet zu vermindern.764 Die Reichspartei, oder auch Reichs- und Freikonservative Partei genannt, stand im Parteienspektrum zwischen den Konservativen und Liberalen und versuchte zwischen diesen beiden Lagern zu vermitteln.765 Laut Stegmann gelang es der Partei bis zuletzt, ihren Charakter als „Mittelpartei“ zu wahren, obwohl sie die gemeinsame Traditionen stärker an die Konservativen band. 1912 konstatierte der nationalliberale Abgeordnete v. Campe, die Reichspartei sei die „Stiefschwester des Liberalismus“.766 Aus dieser Partei haben sich hauptsächlich zwei Politiker im Kampf für die Rechte der Frau hervorgetan, nämlich der Freiherr von Stumm-Halberg767 und der Gymnasialprofessor zu Erberswalde Pauli. Deutlich wird der politische Hin763

Stegmann, Erben, S. 25 f. Brandt, Parteien, S. 82. 765 Stegmann, Erben, S. 24. 766 Stegmann, Erben, S. 25 f. 767 So bezeichnete Weber den Freiherrn von Stumm-Halberg als „Anwalt der Frauenrechte“. (Weber, Ehefrau, S. 479 ff.); siehe dazu auch: Malsbenden, Stellung, S. 320 ff.; Lehmann, Ehefrau, S. 149 ff., 158 f. 764

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

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tergrund dieser beiden Personen in ihrer Haltung zu den Sozialdemokraten und dem Verständnis der weiblichen Position in der Gesellschaft. So versuchte Freiherr von Stumm-Halberg trotz seines Einsatzes für ähnliche Ziele zur linken, also der sozialdemokratischen Seite, eine Distanz aufzubauen. Er lehnte die Forderung der Sozialdemokraten nach der völligen Gleichberechtigung von Mann und Frau ab und stellte sich auf den davon abweichenden Standpunkt, dass dem Mann in allen gemeinschaftlichen Angelegenheiten die Entscheidung zufallen und er überhaupt die erste Stelle in der Ehe einnehmen müsse. Trotzdem sprach er sich gegen die Verwaltungsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand aus. Dieses Güterrecht könne den Vorsatz, immer den Schutz der schwächeren Partei im Auge zu haben, der mit der Schaffung des gesamten BGB verfolgt worden sei, nicht verwirklichen, sondern stelle im Gegenteil die Frau als schwächere Partei im Vergleich zu einigen der bestehenden Güterrechte schlechter als bisher.768 Mit dieser Haltung geriet er in ein persönliches Dilemma, indem er sich gezwungen sah, eine ähnliche Haltung wie seine politischen Gegner einzunehmen. Dieses drückte er deutlich in dem folgenden Ausspruch aus: „Es war mir überhaupt tief beschämend, während der ganzen Kommissionsberathung bei den sozialdemokratischen Vertretern eine richtigere Würdigung, wenn auch mit Uebertreibungen, der Stellung der Frau zu finden als bei den mir nahestehenden Parteien.“ 769

Der wichtigste Antrag der beiden Freikonservativen von Stumm und Pauli, mit dem sie abweichend vom § 1346 (Gesetzesfassung § 1363 BGB a. F.)770 die Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand einführen wollten, trägt die Nummer 446 Nr. 2 und wurde in folgendem Wortlaut eingereicht: „Der Reichstag wolle beschließen: . . . . . . 2. den § 1346 in folgender Fassung anzunehmen: In Ermangelung von Eheverträgen, die güterrechtliche Stellung der Ehegatten betreffend, tritt Gütertrennung ein.“ 771

In der längsten Rede der Reichspartei, während der gesamten Beratung des BGB772, erklärte von Stumm die Gründe für diese Forderung, die deutlich seine Ansicht über die Stellung der Frau in der Gesellschaft skizzieren. Diese kommen vor allem in seinen Erläuterungen zum § 1346 (Gesetzesfassung § 1363 BGB 768 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 769 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896); Kommentar zu diesem ungewöhnlichen politischen Koalition: Martiny, Integration, S. 61. 770 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1363 BGB a. F., S. 768 (aus „Eheliches Güterrecht“). 771 Antrag von Stumm/Pauli, in: Verhandlungen des Reichstages, Anlagenband 143 (1895/97), Nr. 446 Ziff. 2, S. 2197. 772 Brandt, Parteien, S. 83.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

a. F.)773, der nach seiner Meinung einen tiefgreifenden Widerspruch zwischen Sitte und Gesetz erzeugt, zum Ausdruck: „Meine Herren, unsere Dichter wissen die Würde und die Bedeutung der Frau nicht genug mit den lebhaftesten Farben zu schildern, mehr, als das von irgend einer anderen Nation geschieht; wir betrachten es als die höchste Pflicht der Ritterlichkeit in allen gebildeten Ständen, für die Frau, wo irgend möglich, einzutreten; es vergeht keine Gelegenheit im öffentlichen und privaten Leben, wo wir nicht in Toasten und begeisterten Worten die Frau als die Krone der Schöpfung feiern. (Sehr richtig! Heiterkeit.) Wir gehen so weit, daß wir dem Mädchen von der Verheiratung an einen höheren Rang anweisen, sie gewissermaßen als in eine höhere Stellung eingerückt betrachten. Das, meine Herren, ist die Sitte. Und was sagt das Gesetz? Von dem Moment, wo das Mädchen sich verheiratet, wird es von einem vermögensrechtlich völlig gleichgestellten Wesen in die Knechtschaft der Verwaltungsgemeinschaft hinuntergestoßen (sehr richtig! links), es wird gewissermaßen zum Geschöpf zweiter Klasse degradirt.“ 774

Es folgt eine eindringliche Schilderung der Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft. Stumm wandte sich vor allem gegen die durch das Verwaltungs- und Nutznießungsrecht des Mannes verursachte Abhängigkeit der Frau vom Mann. Derartige Rechte seien auch im Hinblick auf den Ursprung dieses Vermögens, dem Vater bzw. der dritten Person, nicht zumutbar. Die Folge der Verwaltungsgemeinschaft sei, dass die Tochter sich dasjenige, was aus ererbtem Vermögen fließe, erst von ihrem Mann erbetteln müsse. Eine barbarische Einrichtung nannte er daher das Ehegüterrecht der Vorlage, das auch durch die Möglichkeit der Eheverträge nicht gemildert werde. Diese seien zum einen zu kostspielig und zum anderen in großen Gebieten so unüblich, dass sie vom Bräutigam als persönliche Beleidigung aufgefasst würden.775 Auch gegen die Argumentation, dass diese Regelung durch eine christliche Gestaltung der Ehe angezeigt sei, wehrte sich von Stumm. Zwar werde in der christlichen Religion der Frau Gehorsam gegenüber ihrem Mann vorgeschrieben, doch würden dem Mann auf der anderen Seite auch erhebliche Pflichten gegenüber seiner Frau auferlegt. Auch werde die gesetzliche Regelung nicht nur für christlich gesinnte Menschen gelten. Auch dies müsse berücksichtigt werden.776 Zusätzlich wies er auf die Veränderung der wirtschaftlichen Umstände hin, die eine andere Gestaltung des gesetzlichen Güterrechtes initiieren würden. Die Notwendigkeit der Berücksichtigung der veränderten wirtschaftlichen Verhältnisse ergebe sich daraus, dass die Verwaltungsgemeinschaft zwar eine gewisse Berechtigung habe, solange der Mann der alleinige 773 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1363 BGB a. F., S. 768 (aus „Eheliches Güterrecht“). 774 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 775 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 776 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896).

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

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Ernährer der Familie sei. Jedoch würden in diesem Fall schon die tatsächlichen Umstände die Situation erzeugen, die mit der Verwaltungsgemeinschaft nachgezeichnet werde. Sei dies aber nicht der Fall und die Frau leiste ihren Anteil am Unterhalt der Familie, dann würde die Verwaltungsgemeinschaft ein regelrecht unnatürliches Verhältnis zur Folge haben.777 „Ja, dieses Verhältniß wird dann ein für die Würde der Frau geradezu unerträgliches.“ 778

Trotz dieser eindringlichen Appelle wurde der Antrag von Stumm gegen die Stimmen der Freikonservativen Pauli, v. Stumm; der Freisinnigen Kauffmann, Munckel und der Sozialdemokraten Frohme und Stadthagen abgelehnt und § 1346 des Entwurfs (Gesetzesfassung § 1363 BGB a. F.)779 angenommen.780 Stumm persönlich konnte sich mit dieser Niederlage nur schwer abfinden. Noch in der 3. Lesung verlieh er seinem Bedauern über dieses Scheitern Ausdruck.781 „Meine Herren, es wird mir Zeit meines Lebens eine große Ehre sein, in der Kommission an dem großen Werk haben mitwirken zu dürfen, welches uns heute beschäftigt; es wird mir aber ebenso für mein ganzes Leben ein tiefer Schmerz sein, daß das große Werk mit diesem Makel der Verwaltungsgemeinschaft behaftet ist. Ich beschwöre Sie deshalb, meine Herren, in letzter Stunde: befreien Sie die deutsche Frau von der Knechtschaft der Verwaltungsgemeinschaft! Weisen Sie ihr auch rechtlich diejenige Stellung an, welche sie sozial schon seit Jahrzehnten einnimmt, und welche sie in vollsten Maße verdient!“ 782

Trotz dieses Appells wurde die Verwaltungsgemeinschaft als gesetzliches Güterrecht eingeführt. Stumm gab mit dieser Niederlage die Versuche zur Verbesserung der Stellung der Frau innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft nicht auf. Er bemühte sich die weiteren Beratungen zum ehelichen Güterrecht in diesem Sinne zu beeinflussen, indem er Erweiterungen im Vorbehaltsgut der Frau durchzusetzen suchte.783 Doch auch dieser Versuch scheiterte784 an der damals überwiegen777

v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 778 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 779 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1363 BGB a. F., S. 768 (aus den „Eheliches Güterrecht“). 780 Vormbaum, Sozialdemokratie, Nr. 48, S. 245 f. 781 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 3083 (118. Sitzung, 1. Juli 1896). 782 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2923 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 783 Vormbaum, Sozialdemokratie, Nr. 48, S. 246; v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2933 f. (114. Sitzung, 25. Juni 1896) zum Antrag von Stumm/Pauli, in: Verhandlungen des Reichstages, Anlagenband 143 (1895/97), Nr. 446 Ziff. 3, S. 2197. 784 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2936 (114. Sitzung, 25. Juni 1896).

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

den Mehrheit, die die Stellung der Frau in Einklang mit dem Entwurf Plancks sah. C. Die Befürworter der Regelung Plancks Neben dieser vereinzelten Kritik an der Stellung der Frau fand der Entwurf Plancks auf der anderen Seite gerade aus diesem Grund breite Zustimmung. Dabei zeigte sich die Stärke des Entwurfes darin, dass er für verschiedene Ausgangspunkte einen durchführbaren Kompromiss darstellte. I. Zustimmende Meinungen aus der Rechtswissenschaft

Carl Friedrich von Gerber etwa, der als Erster den Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft skizzierte (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, I. 3.), offenbarte in seinen, zeitlich vor dem Entwurf entstandenen Ausführungen eine ähnliche Meinung zur Stellung der Frau in der Ehe, wie Planck sie später seinem Entwurf zugrundelegte. Auffällig ist, dass Gerber, im Vergleich zu Planck eine eher konservative Einstellung zur Schau trug. So leugnete er die Benachteiligung der Frau nicht, sondern versuchte, die untergeordnete Stellung wie folgt zu begründen: „Die Verbindung, welche die Gatten eint, umfaßt sie ganz, nach allen Beziehungen; das Geschäft, die Stellung des Mannes überhaupt modificirt und bestimmt auch die Lebensrichtung der Frau. Sowie sie mit ihrer ganzen Persönlichkeit sich dem Erwählten hingiebt, um an seinem gesammten innern und äußern Leben Theil zu nehmen, so will auch in Bezug auf ihre Vermögensmacht nicht unterscheiden, sondern unterstellt sie ganz und ungetheilt dem ihr eigenes Interesse einschließenden Bedürfniß des Gatten. Daß in diesem Verhältniß die Frau die untergeordnete Rolle spielt, und der Mann es ist, in dessen Hand die Gestaltung des ganzen ehelichen Lebens liegt, darf als eine sich von selbst ergebende Folge der Stellung angesehen werden, welche die Natur dem Manne im Verhältniß zur Frau anweist. ,Wem ich meinen Leib gönne‘, sagt das alte Sprichwort, ,dem gönne ich auch mein Gut.‘“ 785

Gerber wagte den Versuch, aus den Gemeinsamkeiten der bestehenden ehelichen Güterrechte ein deutsches Frauenbild zu destillieren. Das Ergebnis glich dem Idealbild der bürgerlichen Gesellschaft auffallend. Für die Regelung der ehelichen Belange sah es vor, dass die Frau aufgrund eines naturgegebenen Willens dem Mann die Wahrnehmung ihrer vermögensrechtlichen Interessen überlasse.786 Diese Gestaltung wurde als eine logische Folge der natürliche Stellung der Frau deklariert.787 Alleiniger Grund für diese Unterordnung sei, dass es der deutschen Bevölkerung widerstrebe, „wenn die Ehe einen abgesonderten Lebenskreis neben dem sonstigen Lebenskreise des Mannes bilde. Bei uns nimmt die 785 786 787

Gerber, Betrachtungen, S. 257. Zustimmend: Kroj, Abhängigkeit, S. 238 ff. Gerber, Betrachtungen, S. 255.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

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Frau an der gesammten Stellung des Mannes Theil, sie ist in Wahrheit nach allen Richtungen seine „Genossin,“ und es giebt keine Beziehung des öffentlichen und des Privatlebens, welche nicht auf die Gestaltung des ehelichen Verhältnisses zurückwirkt.“ 788 Deutlich wird die konservative Haltung von Gerber auch in der Begründung, mit der er die Abschaffung des Mundiums forderte. Die Umbenennung dies Rechtsinstitutes erschien ihm zwar notwendig, um den Eindruck einer veralteten Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern zu verwischen, eine tatsächliche materielle Änderung der Gewaltverhältnisse zwischen Mann und Frau strebte er, genau wie Plancks Entwurf später, jedoch nicht an: „Sowie die Ehe für die Personen der Gatten eine unlösbare Einheit in sittlicher und gesellschaftlicher Hinsicht begründet, so entspricht auch die Vereinigung des beiderseitigen Vermögens in einer Hand allein der Auffassung, welche die Ehe in Deutschland gefunden hat. ,Mann und Weib haben kein gezweiet Gut in ihrem Leben‘ heißt das alte Dogma des mittelalterlichen Spieglers. Daß aber der Mann derjenige Theil ist, welcher das eheliche Gut in seine Hand nimmt, versteht sich von selbst. Nur glaube ich, daß man diese bevorzugte Stellung des Mannes nicht mehr auf das alte Mundium und die Geschlechtsvogtei zurückführen sollte. Diese Begriffe gehören einer Zeit an, in der ein bedeutendes Stück der öffentlichen Gewalt noch in der autonomen Macht des Hausherrn ruhte, in welcher das wehrlose (oder, wie man später annahm, das seiner Natur nach leichtfertige) Weib nebst anderen schutzbedürftigen Personen seine Vertretung fand. Davon ist heutzutage nicht mehr die Rede. Jetzt ist es nicht mehr eine politische, sondern lediglich die natürliche Stellung der Dinge, welche dem Manne jenes Uebergewicht, die Herrschaft im Hause verleiht.“ 789

Die Ähnlichkeit zwischen Planck und Gerber zeigt sich darin, dass die Begründungsmuster für die Stellung der Frau bei beiden ähnliche Wege gehen. So war Gerber wie Planck weit davon entfernt, an dem tatsächlich bestehenden Verhältnis von Mann und Frau etwas ändern zu wollen. Beide beabsichtigten die gesellschaftliche Ordnung, die zu dieser Zeit herrschte, mit dem ehelichen Güterrecht abzubilden. Um dem Güterrecht dennoch sozusagen einen modernen Anstrich zu verleihen, verlegten sich beide darauf die „veralteten“ Gründe für die Benachteiligung der Frau gegen „modernere“ auszutauschen. Während sich Planck, wie oben dargestellt (s. o. 2. Teil, 2. Kapitel, D. und 4. Kapitel), eher auf tatsächliche Gegebenheiten in der Ehe stützte, zeigte sich an dieser Stelle die wesentlich konservativere Haltung Gerbers, der sich nicht scheute, die natürlichen Unterschiede von Mann und Frau als Grund zu bemühen. Gerber plädierte nicht für die Gleichberechtigung, wie Planck dies vordergründig tat, er lehnte die Gleichberechtigung aufgrund von der Natur geschaffener unüberwindbarer Unterschiede ab. Gerber scheint die zugestandene Ungleichbehandlung zwischen Mann und Frau nur eine logische Folge der natürlichen Unterschiede zu sein. Ein Konflikt zwischen Planck und Gerber ist wegen dieser Unterschiede aber nicht

788 789

Gerber, Betrachtungen, S. 255 f. Gerber, Betrachtungen, S. 258 f.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

denkbar, da der Entwurf materiell gesehen auf diese konservative Richtung ausgelegt wurde. Die Haltung Gerbers ist unter den Befürwortern des Entwurfs nicht unbedingt typisch. Häufiger findet man eine noch deutlichere Abbildung der Haltung Plancks, die die grundsätzliche Gleichberechtigung der Frau befürwortet; für das Gebiet des ehelichen Güterrechts aber aus verschiedenen Gründen gewisse Abweichungen von diesem Grundsatz zugesteht. So auch Eugen Karl Theodor Levin von Beaulieu-Marconnay, dessen Grund für die Benachteiligungen der Frau im ehelichen Güterrecht das Hausherrenrecht war. Dieses Hausherrenrecht betrachtete Beaulieu-Marconnay als Grundlage aller ehelichen Güterrechte, das trotz der Zersplitterung eine wichtige Gemeinsamkeit gebildet hätte.790 Die Betonung dieser Hausherrnstellung prägte auch seine Einstellung zur weiblichen Position in der Familie: „Wir kennen keine Geschlechtsvormundschaft mehr, das Weib steht in Rechts- und Handlungsfähigkeit dem Manne vollkommen gleich, nur vereinzelte Reste der früheren Unterordnung finden sich hie und da noch in Geltung, auch diese aber werden bei einer neuen Gesetzgebung verschwinden müssen. . . . Wenn nun neben dieser Gleichberechtigung des Weibes in der Ehe noch eine Unterordnung desselben anerkannt wird, so darf man doch den innern Grund derselben nicht mehr in der vormundschaftlichen, sondern muß ihn in der hausherrlichen Stellung des Mannes finden. Sie beruht nicht auf der rechtlichen Unselbstständigkeit des Weibes, sondern folgt aus der Verschiedenheit der Aufgaben, welche Mann und Weib in der Ehe naturgemäß zu erfüllen haben. Der Mann, welcher seinen Beruf neben der Familie hat, und diese nach außen vertritt, soll es auch als seine Aufgabe ansehen, die Vermögensangelegenheiten der Frau zu verwalten, und die Frau soll dies, im Princip, anerkennen, wobei es denn nur auf die hier zu ziehenden Grenzen ankommt. Umgekehrt lasse der Mann die Frau, welche ihren Beruf in der Familie erfüllt, im Innern des Hauses schalten, und werde daher auch aus den Geschäften, welche sie zur Führung des Haushalts eingeht, direct und allein verpflichtet. So entspricht es der allgemeinen Sitte.“ 791

Nach der Beseitigung der Geschlechtsvormundschaft hielt er die Frau für gleichberechtigt. Dieser Tatsache solle das anzustrebende Gesetz zwar Rechnung tragen – in welcher Weise führte er nicht aus – doch tritt neben diese Gleichberechtigung der Frau in der Ehe eine Unterordnung derselben unter den Mann wegen seiner hausherrlichen Stellung. Eine ähnliche Einstellung findet sich bei Max Hachenburg. Auch er bejahte in der Regel die Gleichstellung der Geschlechter, hielt aber im Bereich des ehelichen Güterrechts eine Ausnahme von diesem Grundsatz für angebracht. Als Grund nannte er, dass man bei der Gestaltung der ehelichen Güterrechte nicht nur auf die Selbstständigkeit der Frau, sondern auch auf das Interesse der Ehe 790 791

Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 54. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 63.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

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hätte achten müssen. Außerdem sei die Stellung der Frau gegenüber dem bisherigen Recht eine weitaus selbständigere geworden. Weiterhin äußerte er die Ansicht, trotz gewisser Benachteiligungen werde man finden, dass die rechtliche Unterordnung der Frau unter den Mann eigentlich kaum mehr vorhanden sei.792 Euler schließlich, der ein Gutachten für den 12. Deutschen Juristentag zum Thema „Welches der in Deutschland herrschenden, ehelichen Güterrechtssysteme eignet sich zur Verallgemeinerung in Deutschland?“ fertigte, übernahm die Begründung Plancks, dass die Verwaltung in einer Hand vereinigt werden sollte, um die gemeinsame Bestreitung der ehelichen Lasten zu sichern, sogar wörtlich.793 Diese zustimmenden Meinungen, zur in dem Entwurf Plancks abgebildeten Stellung der Frau in der Gesellschaft repräsentieren den Standpunkt des überwiegenden Teiles der an dem ehelichen Güterrecht des BGB mitarbeitenden Personen. Aus den dargestellten Meinungen spricht deutlich das Frauenbild der bürgerlichen Gesellschaft, so wie es oben bereits dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, A.). Vor allem die Begründungen für die Ungleichbehandlung der Frauen scheinen aus der allgemeinen Diskussion, um die Stellung der Frau in der Gesellschaft entliehen zu sein. So wird immer wieder auf die natürliche Unterlegenheit der Frau verwiesen und auch die Polarisierung der Geschlechtstypen tritt durch die Betonung der unterschiedlichen Aufgaben von Frau und Mann in der Ehe immer wieder zutage. Auf dieser Grundlage scheint einzig bemerkenswert zu sein, dass die Befürworter von Plancks Entwurf sich trotz allem zu der Abschaffung des Mundium bekannt hatten. Jedoch ist diese Entscheidung eindeutig nicht von dem Wunsch getragen, die gesellschaftlichen Verhältnisse und die ihr zugrunde liegenden Idealbilder zu verändern. Stattdessen hat man den Eindruck, die Rechtswissenschaft sei auf der Suche gewesen nach einer Ersatzbegründung für die Benachteiligung der Frauen. Dieser neue Grund sollte zwar mit der Geschlechtsvormundschaft nichts gemein haben, aber möglichst dieselben Wirkungen erzeugen. Die Begründungen um diesen Ansatz zu rechtfertigen ähneln sich stark. So bekennen sich die Diskussionsteilnehmer anfänglich, oft mit einem Hinweis auf die Ungerechtigkeit der Geschlechtsvormundschaft, grundsätzlich zur Gleichberechtigung der Geschlechter. Im Anschluss werden dann Gründe gesucht, warum dieses Prinzip im ehelichen Güterrecht nur unvollkommen verwirklicht werden könne. Die Spannbreite der als Ersatz für das Mundium gefundenen Begründungen ist groß. Sie reichen von der Heranziehung altdeutscher Gesetzesgrundlagen, wie bei Gerber, bis zu der von Planck und Euler vertretenen Ansicht, die sich auf die gerechte Lastenverteilung und die Konfliktvermeidung in der Ehe stützt.

792 793

Hachenburg, Gesetzbuch, S. 375 f. Euler, Güterrechtssysteme, S. 44; siehe auch: Kroj, Abhängigkeit, S. 252 f.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

Beaulieu-Marconney berief sich auf den Begriff „Hausherrnstellung“, der sich für ihn vor allem in den unterschiedlichen Aufgaben von Mann und Frau ausdrückte, denen wiederum eine Benachteiligung der Frau ganz selbstverständlich innewohnen würde. Die gemeinsame Grundlage dieser Juristen ist die aus den bürgerlichen Idealen folgende Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau in der Ehe. Erkennbar wird dadurch, dass Plancks Entwurf als Kompromiss in der Lage war, bei einem großen Teil der konservativ ausgerichteten Rechtswissenschaft Zustimmung zu finden. Der Entwurf zeichnet nämlich, trotz aller Anklänge einer modernen gleichberechtigten Ausrichtung, hauptsächlich die bestehenden und überkommenen Verhältnisse nach. Die sich überschlagenden gesellschaftlichen Veränderungen dieser Zeit wurden weitgehend vernachlässigt. II. Die Zustimmung des Reichstages

Bei der Abstimmung im Reichstag über den Entwurf des ehelichen Güterrechts des BGB wurde die Verwaltungsgemeinschaft mit großer Mehrheit angenommen. Wegen der oben dargestellten Rufe nach einer Verbesserung der weiblichen Position wurde, bevor man in die Verhandlung der Einzelheiten des Entwurfs eintrat, dem Reichstag noch einmal die Frage vorgelegt, welches Güterrechtssystem als gesetzlicher Güterstand eingeführt werden solle. „Die Abstimmung ergab, daß nur 6 Stimmen sich erhoben zu Gunsten der Gütertrennung, daß die anderen Stimmen aber gewillt waren, das System des Entwurfs im Allgemeinen beizubehalten.“ 794

Später im Rahmen der Diskussion von § 1346 (Gesetzesfassung § 1363 BGB a. F.)795 wurde erneut von dem Freikonservativen Stumm der Antrag gestellt, die Gütertrennung anstatt der Verwaltungsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand in das BGB aufzunehmen. Wiederum votierten sechs Abgeordnete gegen die Verwaltungsgemeinschaft. Die Gegenstimmen kamen von dem Antragsteller von Stumm und seinem Parteikollegen dem Freikonservativen Pauli, den Freisinnigen Kauffmann, Munckel und den Sozialdemokraten Frohme und Stadthagen.796 Die allgemeine Zustimmung, die Plancks Entwurf erfuhr, zeigt sich auch darin, dass bezüglich des ehelichen Güterrechts die meisten Parteien offenbar

794 Bachem, Bericht der Kommission, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 143 (1895/97), S. 2062 (Aktenstück Nr. 44b). 795 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, § 1363 BGB a. F., S. 768 (aus „Eheliches Güterrecht“). 796 Bachem, Bericht der Kommission, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 143 (1895/97), S. 2062 (Aktenstück Nr. 44b); Vormbaum, Sozialdemokratie, Nr. 48, S. 245 f.

§ 3 Reaktionen auf den Entwurf

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keinen nennenswerten Diskussionsbedarf sahen.797 Ausführlich mit der Frage des Güterrechts beschäftigte sich, neben den oben dargestellten Verfechtern der Besserstellung der Frau, lediglich die Zentrumspartei, die politische Bewegung des Katholizismus, welche im Reichstag der X. Legislaturperiode (1898/1903) mit 26,84 % der Sitze die größte Fraktion bildete. Die politischen Ambitionen des Zentrums gingen dahin, ein Gegengewicht zu schaffen gegen die Vormachtstellung des protestantischen Preußen und gegen den, die Trennung von Kirche und Staat betreibenden, Liberalismus, der durch das päpstliche Unfehlbarkeitsdogma zusätzlichen Auftrieb erhalten hatte.798 Natürlich bestimmte der ausschließliche Herrschaftsanspruch des Mannes, den die Kirche in ihrer Hierarchie in absoluter Weise durchgeführt hat, auch die Haltung der katholischen Fraktion zur Frauenfrage.799 Die Position dieser politischen Gruppierung zur Stellung der Frau in der Ehe formulierte Spahn in seiner Einführungsrede für das Zentrum so: „Ich will auf die Einzelheiten (SS.: Diskussion um das Güterrecht) nicht eingehen; aber, meine Herren, der Entwurf geht in der Selbstständigmachung der Frau einen wesentlichen Schritt voran, und alle, die es mit dem Wohl unseres Volks gut meinen, werden gut thun, wenn sie gerade in der Frauenfrage langsam vorangehen, und ich bin meinerseits der Ansicht, daß man richtig handelt, über die Fortschritte, die der Entwurf gemacht hat, nicht hinauszugehen. Richtig ist, daß das unverheiratete Mädchen selbstständiger dasteht als die verheiratete Frau. Aber das liegt in der Natur der Sache. Die Frau muß nicht heiraten. Wenn sie sich verheiraten will, muß sie sich dem Mann als Haupt des Hauses unterwerfen.“ 800

Diese Partei stimmte mit Vorbehalten für die Verwaltungsgemeinschaft. Sie hatte zunächst für die Gütergemeinschaft votiert, war dann aber von dieser Forderung abgerückt, weil sie keine Möglichkeit sah, eine Abänderung des gesetzlichen Güterstandes in diese Richtung zu erreichen.801 Danach kämpfte sie, durch den Abgeordneten Gröber, für kleinere Modifikationen der Verwaltungsgemeinschaft, die alle ersichtlich von dem Wunsch getragen wurden, die Stellung des Mannes in der Ehe zu stärken.802 So versuchte der Abgeordnete Gröber zum Beispiel, eine Beschränkung des im Entwurf vorgesehenen Vorbehaltsgutes zu erreichen. Dazu sollten die Pflichtteilsansprüche der Frau von dieser Vermögensmasse ausgenommen werden, auch wenn der Erblasser die Erbschaft eindeutig aus-

797 Zusammenfassung: Bachem, Bericht der Kommission, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 143 (1895/97), S. 2058 ff. (Aktenstück Nr. 44b). 798 Brandt, Parteien, S. 122. 799 Ausführlich zu den Vorbehalten und dem Anteil des Zentrums an der Diskussion zum ehelichen Güterrecht im Gesetzgebungsverfahren: Wolters, Zentrumspartei, S. 322 ff. 800 Spahn, in: Verhandlungen des Reichstags, Band 133 (1895/97), S. 773 f. (32. Sitzung, 5. Februar 1896). 801 Wolters, Zentrumspartei, S. 322 f. 802 Zusammenstellung der Anträge bei: Wolters, Zentrumspartei, S. 323 ff.

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

schließlich der Frau hinterlassen habe.803 Die weiteren Anträge betrafen unter anderem eine gegenüber dem Entwurf verstärkte Beschränkung der Verfügungsbefugnisse der Frau.804 Im Verlaufe der Diskussion um das eheliche Güterrecht, hatte sich die Fraktion mit dem Entwurf jedoch abgefunden, wie die Stellungnahme des Zentrumsabgeordneten Bachem zum Eherecht aus der Sitzung des Reichstages vom 25.06.1896 dokumentiert. Bachem äußerte die Meinung, auf der vorliegenden Grundlage würden das Erwerbsstreben der Frau, „soweit das nothwendig und angebracht“ erschien, genügend gesichert805 und der Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft sei in der vorliegenden Situation für den gesetzlichen Güterstand die beste Wahl: „Die Ehe soll eine allgemeine Gemeinschaft des Lebens zwischen Mann und Frau sein. . . . Konstruirt man von diesem Charakter der Ehe aus das Güterrecht, so ist das einzige prinzipiell zulässige Güterrecht die allgemeine Gütergemeinschaft. . . . Daran ist nicht zu rütteln. Ich führe das aber nur an, um darzuthun, daß man ein Güterrecht nicht konstruiren kann nach rein ideellen Voraussetzungen. Das war ja der Fehler des Naturrechts, daß es a priori einen Menschen nahm und aus der Natur des Menschen ein Recht konstruirte. Wollen wir in diesen Fehler jetzt wieder verfallen? Nein, meine Herren, wir müssen ein Güterrecht konstruiren, das ausgeht von den thatsächlichen Verhältnissen, ein Güterrecht, das unserem Volk, so wie es heute ist, möglichst bequem auf den Leib geschnitten ist . . . Nach den Berathungen in der Kommission hat eine große Mehrheit derselben sich darin schlüssig gemacht, daß das System des Entwurfs in der That, so wie die Verhältnisse sind, das praktischste, das für unser gesammtes Volk werthvollste System ist und an innerem Werth und praktischer Bequemlichkeit, an Handlichkeit und Anpassung an die thatsächlichen Verhältnisse das System der Gütertrennung weitaus überragt. Ich bitte Sie also, alle Anträge abzulehnen und einfach die Beschlüsse der Kommission gutheißen zu wollen.“ 806

Gerade die Zustimmung der Zentrumspartei zeigt nochmals deutlich den konservativen Charakter des Planckschen Entwurfs. Selbst mit dem Anspruch dieser katholischen Bewegung, dem Mann in der Ehe einen absoluten Herrschaftsanspruch einzuräumen, konnte das Zentrum den Entwurf Plancks als für das Deutsche Volk am besten geeignet akzeptieren. Gleichzeitig zeigt die breite Zustimmung des Reichstages auch die politischen Machtverhältnisse, die von einer Übermacht des zumindest in Ehefragen konservativen Lagers geprägt waren.

803 Bachem, Bericht der Kommission, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 143 (1895/97), S. 2063 (Aktenstück Nr. 44b); Wolters, Zentrumspartei, S. 324. 804 Wolters, Zentrumspartei, S. 325 ff., 330. 805 Brandt, Parteien, S. 139; Bachem, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2918 (Sitzung vom 25.06.1896). 806 Bachem, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2932 f. (Sitzung vom 25.06.1896); siehe auch: Brandt, Parteien, S. 139.

§ 4 Ergebnis

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§ 4 Ergebnis Die Frage nach der Stellung der Frau wurde im Entstehungszeitraum des BGB nicht nur im Hinblick auf das eheliche Güterrecht aufgeworfen. Vielmehr wurde eine allgemeine Diskussion über die Stellung der Frau in Gesellschaft, Familie und Staat geführt. Dieser allgemeine Konflikt findet jedoch ein besonders deutliches Spiegelbild in der Diskussion um das eheliche Güterrecht, weil das Verhältnis zwischen den Geschlechtern die zentrale und grundlegende Frage dieses Rechtsgebietes ist. Gleichzeitig wirkte die allgemeine Diskussion auf die Beiträge zum ehelichen Güterrecht zurück. So bewegen sich die bezogenen Positionen zur Stellung der Frau ersichtlich im Spannungsfeld zwischen dem idealen Ehebild der bürgerlichen Gesellschaft und den tatsächlichen Gegebenheiten in einem Staat, indem sich Wirtschaft und Gesellschaft durch die Industrialisierung einem tiefgreifenden Umbruch gegenübersahen. Die Position der Frau wurde im ehelichen Güterrecht traditionell von dem Mundium, also der unterschiedlich ausgestalteten Vormundschaft des Ehemannes über seine Frau, bestimmt. Mit der zum Zeitpunkt der Diskussion bereits erfolgten Aufhebung der Geschlechtsvormundschaft wurde diesem Institut jedoch die Grundlage entzogen, sodass eine neue Regelung für diesen Bereich gefunden werden musste. Die sich anschließende Diskussion schöpfte das Spektrum der möglichen Meinungen nach Bandbreite und Variationen aus. Der Grund dafür war die unterschiedliche Bewertung und Wertschätzung der vielfältigen, einzubeziehenden Aspekte. So wurde inhaltlich von einer Wiedereinführung des Mundiums mit einer Beschränkung der Geschäftsfähigkeit der Frau in wiederum unterschiedlichen Ausprägungen, bis zur Abschaffung des Mundiums unter Erhaltung der Geschäftsfähigkeit der Frau, mit und ohne Beschränkung der Dispositionsbefugnis an ihrem eingebrachten Gut, viele, sowohl inhaltlich, als auch bezüglich der juristischen Konstruktion unterschiedliche Möglichkeiten diskutiert. Bezogen auf die Stellung der Frau bedeuteten diese verschiedenen Vorschläge, dass die Bandbreite der Diskussion von der völligen Unterwerfung der Frau und ihres Vermögens unter den Willen des Mannes bis hin zur Gleichstellung der Frau reichte. Das Meinungsspektrum kann grob in drei Gruppen eingeteilt werden. So fand sich eine Gruppe zusammen, die sich von unterschiedlichen Ausgangspunkten aus, für eine Wiedereinführung der Geschlechtsvormundschaft in der Ehe aussprach. Diesen reaktionären Standpunkt vertraten der Germanist Otto von Gierke, der Romanist Ludwig Mitteis und der Praktiker Karl Ferdinand Brühl. Die Argumente der drei Personen sind ähnlich, auch wenn sie inhaltlich unterschiedliche Lösungen anstrebten. Die Argumentation von Gierke und Mitteis, die sie mit Hinweisen auf die einzuhaltende historische Kontinuität und dem Wesen der Ehe unterlegten, ist vor allem auf die Erhaltung der ehemännlichen Machtposition gerichtet. Gleichzeitig monierten sie die juristische Kons-

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3. Teil, 4. Kap.: Die Stellung der Frau

truktion von Plancks Güterstand, der aufgrund der Abschaffung des Mundiums nicht auf einer ausreichenden Grundlage stehen würde. Im Bezug auf das letzte Argument erhielten die beiden Anhänger der Historischen Rechtsschule Unterstützung von dem Praktiker Brühl. Dieser hielt das Mundium aufgrund der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft für absolut notwendig, da nur auf dieser Grundlage ein Aufbau dieses Güterrechts stattfinden könne. Die Abschaffung des Mundiums hätte zu einem komplizierten Geflecht von Regelungen geführt, die in der praktischen Anwendung zu kaum überwindbaren Problemen führen würden. Inhaltlich wollten die Anhänger der Historischen Rechtsschule Gierke und Mitteis die Position des Mannes in der Ehe, wie im historischen Recht verankert, übernehmen. Bedenken bezüglich der Benachteiligung der Frau quälten sie offenbar nicht. Brühl dagegen ging es hauptsächlich um die juristische Konstruktion. Er strebte durch eine Einschränkung der Mundiumsrechte durchaus eine Stärkung der weiblichen Position an. Dem Kreis der Befürworter des Mundiums stand die uneinheitliche Gruppe der Verteidiger der Frauenrechte gegenüber. Diese Gruppe war zahlenmäßig sehr klein. Ihre Standpunkte wurden aber aufgrund ihrer zukunftsweisenden Bedeutung ausführlich berücksichtigt. Für die Besserstellung der Frau setzte sich mit seiner liberalen Haltung Carl Bulling ein, die Frauenrechtlerin Marianne Weber und der Sozialist Anton Menger. Den politischen Prozess, der auf die juristischen Vorarbeiten folgte, versuchte die bürgerliche Frauenbewegung und einige wenige Politiker des Reichstages zu beeinflussen. Alle Vertreter der Frauenrechte waren der Meinung, dass eine Hebung der weiblichen Position oder gar eine Gleichstellung mit dem Mann nicht erreicht werden könne, solange die Verwaltungsgemeinschaft die Stelle des gesetzlichen Güterrechtes einnehmen sollte. Sie forderten daher eine vermögensrechtliche Gleichstellung der Frau durch die Einführung der Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand und damit die Erhaltung der weiblichen Geschäftsfähigkeit und Dispositionsbefugnis über ihr Vermögen. Von Emilie Kempin, einer Vertreterin der Frauenbewegung, wurde zusätzlich zur Einführung der Gütertrennung eine Beteiligung der Frau an der ehelichen Errungenschaft gefordert. Eine Durchsetzung dieser Forderungen konnte nicht erreicht werden. Als Grund dafür ist natürlich die zahlenmäßigen Unterlegenheit zu nennen, aber auch die Zersplitterung innerhalb dieser Gruppe, die sich in dem vielfach vorhandenen Bedürfnis zeigt, sich von seinen Mitstreitern abzugrenzen. So waren etwa Bulling und der Reichstagsabgeordnete von Stumm sehr darauf bedacht, nicht in das Lager der Frauenbewegung eingeordnet zu werden. Daneben spielten sicher die Zaghaftigkeit und die eigenen Bedenken, mit denen die Forderungen besonders von der Frauenbewegung vorgebracht wurden, eine Rolle. Bulling strebte tatsächlich keine wirkliche Gleichstellung der Frau mit dem Ehemann an. Seine Forderung nach der Gütertrennung ging eher dahin, den Ehegatten den Bereich der Regelung der vermögensrechtlichen Belange zur eigenen Entscheidung frei zu halten. Auch bei Mengers Aussagen steht eine Gleichbe-

§ 4 Ergebnis

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rechtigung der Frau nicht primär im Vordergrund. Seine sozialistische Ausrichtung hatte eher eine Befreiung von allen unterdrückten Individuen, egal ob Mann oder Frau, zum Ziel, und ist gleichzeitig geprägt von seinem Kampf gegen die besitzende Klasse. Die Forderungen nach Gleichstellung der Frau wurden noch am ehesten von Weber und der Frauenbewegung vertreten. Die Frauenbewegung betrieb die Durchsetzung ihrer Ziel hinsichtlich des ehelichen Güterrechts mit verschiedenen Maßnahmen, insbesondere aber mit einer Petition an den Reichstag. Ihre Ziele konnte die Frauenbewegung aber aufgrund der fehlenden gesellschaftlichen Akzeptanz, wie die Reaktionen auf die Petition belegen, und teilweise auch aufgrund des eigenen zögerlichen Verhaltens nicht erreichen. Weber dagegen äußerte sich erst 1907 in ihren Werk zu dem Thema „Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung“ zum ehelichen Güterrecht des BGB. Ihre Forderungen zur Stärkung der weiblichen Position verhallten jedoch auch nach Einführung des BGB ungehört. Die wenigen Politiker des Reichstages schließlich, vor allem die Freikonservativen von Stumm und Pauli, die Freisinnigen Kauffmann, Munckel und die Sozialdemokraten Frohme und Stadthagen, die für die Einführung der Gütertrennung plädierten, waren der überwältigenden Mehrheit der Befürworter Plancks, trotz eindringlicher Appelle an die konservative Mehrheit, unterlegen. Die Annahme des Entwurfs im Reichstag gegen die Stimmen der benannten Politiker zeigt den großen Konsens, den die Verwaltungsgemeinschaft bei den Beratungen des BGB erzielen konnte. Trotz der langwierigen, teilweise mit großer Vehemenz vorgebrachten Kritik konnte der Entwurf mit seinem Konzept, der nominalen Verbesserung der weiblichen Position bei weitgehender Erhaltung der Rechte des Mannes, eine breite Zustimmung bei der schweigenden Mehrheit erzielen. Auch die komplizierte juristische Konstruktion die Planck dabei gebrauchte, fiel offenbar nicht negativ ins Gewicht. Vielmehr entsprach die Abschaffung des Mundiums und die Erhaltung der Geschäftsfähigkeit der Frau den Wünschen nach einer nominalen Verbesserung der weiblichen Position; während gleichzeitig die Beschränkung ihrer Dispositionsbefugnis am eingebrachten Gut dem, von den gesellschaftlichen Anforderungen geprägten Geschlechterverhältnis entgegenkam. Neben den dargestellten kritischen Stimmen sind auch aus der Rechtswissenschaft Übereinstimmungen, mit dem von Planck beschriebenen Geschlechterverhältnis zu vermelden. Zu nennen sind hier vor allem Carl Friedrich von Gerber, der allerdings eine etwas konservativere Haltung vertrat, indem er sich mit einer reinen Umbenennung des Mundiums zufrieden gegeben haben würde. Eine deutlicherer Konsens mit den Vorschlägen Plancks ist bei Eugen Karl Theodor Levin von Beaulieu-Marconnay und Max Hachenburg zu beobachten. Die hier in drei Gruppen dargestellten Meinungsblöcke lassen die große Relevanz der gesellschaftlichen Hintergründe, die im Exkurs dargestellt wurden, erkennen. Die Beeinflussung der inhaltlich vertretenen Varianten war deutlich ge-

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

prägt von dem Blickwinkel des jeweiligen Diskussionsteilnehmers auf die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen der Zeit. So herrschte bei den Befürwortern des Mundiums eine reaktionäre Haltung vor, die die Notwendigkeit der Verbesserung der weiblichen Position größtenteils einfach leugnete und seine Erkenntnisse fernab von der gesellschaftlichen Realität in der Betrachtung des historischen Rechts und des überkommenen Geschlechterverhältnisses fand. Dem gegenüber stand die Gruppe, die eine tatsächliche Verbesserung der weiblichen Position durch die Einführung der Gütertrennung und teilweise sogar durch einen zusätzlichen Anteil an der ehelichen Errungenschaft forderte. Der Fokus dieser Personen ist eindeutig auf die Frage der Tauglichkeit des Güterrechts in der bestehenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklung gerichtet, also auf die Gegenwart und Zukunft. Zwischen diesen beiden Gruppen stand Planck, der beide Aspekte zu berücksichtigen suchte, auch wenn die bürgerlichen Ideale erkennbar den Sieg über die Erfordernisse der Zeit davon getragen haben.807 Spuren der Berücksichtigung der gesellschaftlichen Situation sind dennoch im Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft erhalten, wie die folgende Betrachtung einzelner juristischer Teilbereiche des Güterstandes erneut belegen wird. 5. Kapitel

Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut Nach dem Entwurf Plancks hatte der Ehemann am eingebrachten Gut der Frau weitgehende Rechte, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1). Zwar blieb das eingebrachte Gut im Eigentum der Frau, aber der Ehemann erwarb durch die Heirat das Recht, wie ein Nießbraucher die Nutzungen aus diesem Gut zu ziehen. Der Ertrag der Nutzungen ging dann in sein Eigentum über. Der Ehemann hatte das Recht, das Gut mit gewissen Auflagen zu verwalten. Diese Vorschriften unterschieden den Güterstand Plancks von einer normalen Gütertrennung und qualifizierten ihn zu einer Verwaltungsgemeinschaft. Die Nutznießungs- und Verwaltungsrechte des Mannes erfüllten dabei die Aufgabe des Mundiums, das, wie oben bereits erläutert (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 1), die Frau und ihr Vermögen im historischen Recht unter die Vormundschaft des Mannes gestellt hatte. Diese Vorgehensweise Plancks rief vielerlei unterschiedliche Kritik hervor, die sowohl von den Befürwortern der Erhaltung des Mundiums als auch von der fortschrittlicheren Seite der Verteidiger der Frauenrechte vorgebracht wurde. Die Kritik bezog sich sowohl auf die inhaltliche Ausgestaltung als auch auf die juristische Regelungstechnik. 807 Zu der Abbildung der Bürgerlichen Ideale im gesetzlichen Güterrecht des BGB, siehe auch: Gernhuber, Familienrecht, S. 6 f.

§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung

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§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung Die Kritik an der Regelung der ehemännlichen Rechte am eingebrachten Gut ist eng verbunden mit den abweichenden Meinungen über die Verwendung des Mundiums im Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft. Der Grund dafür liegt darin, dass diese Nutznießungs- und Verwaltungsrechte des Mannes überwiegend als Ersatz für das Mundium begriffen wurden. Als Kritiker der konservativen Seite müssen demnach wiederum die Verfechter des Mundiums Otto von Gierke und Ludwig Mitteis berücksichtigt werden. Schließlich mussten diejenigen, die einen Erhalt des Prinzips Mundium forderten, folgerichtig den Ersatzvorschlag Plancks ablehnen. Darüber hinaus machte sich hier die konservativere Haltung Gerbers bemerkbar, der sich zwar für eine Veränderung des Mundiums ausgesprochen hatte, bezüglich der Rechte des Mannes am eingebrachten Gut aber grundlegend andere Vorstellungen hatte als Planck. Ebenfalls abweichende Vorschläge sind bei Richard Schröder und Brühl zu beobachten. A. Die Vertreter der historischen Ausrichtung Die Kritiker der Nutznießungs- und Verwaltungsrechte in der Ausgestaltung Plancks sind überwiegend aufseiten der Juristen zu finden, die im Dienste der Historischen Rechtsschule standen. Dabei verschwimmen, wie auch schon bei anderen Aspekten gezeigt (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A.), wiederum die Grenzen zwischen Romanisten und Germanisten. So bezogen hier die Germanisten Gierke, Gerber und Schröder sowie der Romanist Mitteis gegen die Ausgestaltung der Nutznießungs- und Verwaltungsrechte des Ehemannes am eingebrachten Gut Stellung. I. Otto von Gierke

Besonders für die Kritik Gierkes an dem Nutznießungs- und Verwaltungsrecht des Mannes gilt, dass sie nur im Zusammenhang mit dessen Verteidigung des Mundiums dargestellt werden kann (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. und B. II.). So lobte Gierke den „organischen Aufbau“ des Mundiums, der auf dem Gedanken des Rechts an einer Person beruhe.808 Die Nutznießung samt den Kontrollrechten der Frau beurteilte Gierke nur als einen „künstlichen Ersatz für die beseitigte ehemännliche Munt“, die die Rechtsverhältnisse nur unnötig kompliziere.809 Des Weiteren sei vor allem die pauschale Zuweisung der Früchte des eingebrachten Gutes in das Vermögen des Mannes bedenklich.810 Gierke sah es als eine Benachteiligung der Frau an, dass die Nutzungen des eingebrachten Gutes 808 809 810

Gierke, Entwurf, S. 412. Gierke, Haus, S. 653. Gierke, Entwurf, S. 416.

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

dem Mann als Eigentum zugewiesen wurden und die Frau daran keinerlei Anteil erhielt. Für ein ehemännliches Nutzungsrecht sei diese Aufteilung der Rechte nicht geeignet, weil die Regeln für ein eigenes, selbständiges und dingliches Individualrecht konstruiert wurden. Deutlich werde dies auch durch das Flickgewand der Modifikationen, die völlig unverständlich für einen juristischen Laien wären; aber dennoch unverzichtbar, um das Nießbrauchsrecht in das Eherecht einzupassen. Vor allem aber sei das materielle Ergebnis dieser Regelungen unerträglich. Statt eines einheitlichen Rechtes an einem Vermögensbegriff als solchem erhalte man auf diese Weise eine Summe von Rechten an einzelnen Sachen und Rechten.811 „Von allen geltenden Rechten, welche die ,Verwaltungsgemeinschaft‘ oder den ,ehemännlichen Nießbrauch‘ zum Ausgangspunkte nehmen, hat keines in gleichem Maße die Ehe zerrissen, die Stellung des Mannes herabgewürdigt, der Frau geschäftliche und prozessuale Thätigkeit zugedacht, den Verkehr unter den Eheleuten in geschäftliche Formen gekleidet, das gegenseitige Mißtrauen und die ziffernmäßige Berechnung zum Prinzip erhoben, den ehelichen Zwist herausgefordert!“ 812

Die Trennung der Eheleute, die mit der Geltendmachung der zugestandenen Rechte eintreten könnte, sowie die Betrachtung des Ehepaars als zwei verschiedene Rechtssubjekte verstärkte Gierkes Ansicht, dass dieser Entwurf von den individualistischen Einflüssen des römischen Rechts geprägt sei. Insbesondere als Germanist, der die Gemeinschaftstheorie als die germanische Rechtstheorie schlechthin ansah, konnte er diesen Umstand nicht akzeptieren, wie oben bereits ausführlich erläutert wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. und B.). II. Richard Schröder

Doch nicht nur Gierke kritisierte die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut als undeutsch bzw. als Ausprägung des römischen Rechts. Bei diesem speziellen Teil des Güterrechtes erhielt er Unterstützung von Richard Schröder. Dies ist bemerkenswert, weil sich Schröder, trotz seiner germanistischen Prägung, nach anfänglichen Zweifeln grundsätzlich positiv über die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterrecht geäußert hatte, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. II. 2.). Er hatte auch keine ablehnende Haltung zu der Abschaffung des Mundiums eingenommen. Allein die Gestaltung der Nutznießungs- und Verwaltungsrechte des Mannes am eingebrachten Gut kritisierte Schröder mit ähnlicher Heftigkeit, wie sie bei Gierke zu finden ist. „Das System des ehemännlichen Nießbrauches ist durch und durch undeutsch. Zu den Grundregeln des deutschen ehelichen Güterrechts gehört es, daß das Vermögen der Frau vertrauensvoll dem Manne hingegeben wird (,Wem ich meinen Leib gönne, 811 812

Gierke, Entwurf, S. 409 f. Gierke, Entwurf, S. 414.

§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung

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dem gönne ich auch mein Gut‘) und daß dieser, vorbehaltlich seiner Ersatzpflicht nach Auflösung der Ehe, über das bewegliche Ehegut ebenso verfügen kann, als wenn es sein Eigenthum wäre.“ 813

Auch Schröder wehrte sich also gegen die Stellung des Mannes, als eines Nießbrauchers des eingebrachten Gutes, weil dies seiner historisch angestammten Rechtsstellung nicht entspreche. Die Verweise Plancks auf bestehende Rechte, wie das sächsische B.G.B. und das preußische A.L.R., in denen eine ähnliche Regelung stattgefunden habe, verfange nicht. Dort finde sich zwar ein Verweis auf die Nießbrauchsregeln, dann aber würden wesentliche Ausnahmen ein vom Nießbrauch entferntes Recht des Ehemannes schaffen. „Das Nutzungsrecht des Ehemannes läßt sich nur mit dem des Eigenthümers selbst, allenfalls noch mit dem des Vasallen am Lehen, des Zinsbauern am Leihgute, sowie dem des Stammguts- und Familienfideicommißbesitzers vergleichen. Die Gleichstellung mit dem Nießbraucher giebt dem Ehemanne eine unwürdige, Chicanen und Processen ausgesetzte Stellung, die mit dem Wesen der Ehe nach deutscher Auffassung unvereinbar ist.“ 814

Nach Schröders Meinung wurden die Ausnahmen von der Anwendung des Nießbrauchsrechts zu eng gefasst, weshalb die ganze Regelung nicht mehr der deutschen Tradition entsprechen würde. Vielmehr sah er in der vorliegenden Gestaltung eine, durch die Adaption des römischen Rechts entstandene Ausprägung, die Abbildung des ususfructus matrialis815, was die Existenz des § 1293816 hinreichend belegen würde. Der Entwurf hatte es für notwendig gehalten mit dieser Vorschrift zu regeln, dass die eheliche Nutznießung sich nur auf die jeweiligen, gemeint ist die derzeitigen Ehegutsbestände erstrecke. Der Grund für diese Klarstellung war die Befürchtung, dass der dingliche Charakter des Nießbrauchs, einmal entstanden, eine Sache unausweichlich bis zum Tode des Mannes binden würde. Dieser Regelungsgehalt sei aber laut Schröder eine Selbstverständlichkeit und ergebe sich bereits aus dem Regelungesgegenstand der ehelichen Nutznießung. Mit dem gesetzlichen Zwang, den der Entwurf hier für notwendig hielt, legte er laut Schröder, „indirekt das Bekenntniß ab, daß er auf falschen Boden gerathen ist und inkommensurable Dinge mit einander zusammengebracht hat.“ 817 Neben der Anwendung des Nießbrauchsrechtes an sich war es vor allem die Trennung der Rechte in Nießbrauch (§§ 1292–99/Gesetzesfassung § 1383 ff. BGB a. F.)) und Verwaltung (§§ 1317–25/Gesetzesfassung § 1374 ff. BGB a. F.)),

813

Schröder, Abänderung, S. 165. Schröder, Abänderung, S. 171. 815 Schröder, Familiengüterrecht, S. 15. 816 § 1293: „Ein Gegenstand unterliegt der ehelichen Nutzniessung nur so lange, als er zum Ehegute gehört.“ Die Vorschrift wurde nicht ins Gesetz aufgenommen. (Synoptische Darstellung bei Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XVIII). 817 Schröder, Familiengüterrecht, S. 15 f. 814

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

die Schröders Zustimmung nicht fand.818 Zusätzlich sei auch das Verwaltungsrecht des Ehemannes durch den Entwurf zu stark beschränkt worden.819 III. Carl Friedrich Gerber

Hinsichtlich der dargestellten Äußerungen von Carl Friedrich Gerber muss wiederum vorausgeschickt werden, dass sie nicht im Rahmen der Diskussion um den Entwurf Plancks entstanden sind, sondern wesentlich früher (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 3.). Sein Standpunkt zum ehelichen Güterrecht wurde vor allem deshalb berücksichtigt, weil der von ihm definierte Güterstand der Gütereinheit allgemein als Grundlage für das System der Verwaltungsgemeinschaft nach Planck gilt.820 Die Übereinstimmungen und Abweichungen zwischen den beiden Güterrechten wurde oben bereits kurz erläutert (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, C. I.). Bezüglich der Regelung der ehemännlichen Rechte am eingebrachten Gut hatte Gerber von Planck deutlich abweichende Vorstellungen, ja bemerkenswerterweise setzte er sich, obwohl der Entwurf Plancks noch nicht existierte, sogar mit der Gründung der ehemännlichen Rechte auf die juristische Figur des Nießbrauchs auseinander. Die Abweichungen zum Entwurf Plancks bestehen darin, dass er unter Ablehnung des Nießbrauchs eine andere juristische Form präferierte und aufgrund der oben bereits festgestellten konservativeren Haltung (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, C. I. ) die Frauenrechte noch deutlicher beschnitt. Abweichend vom Entwurf Plancks schlug er als Ersatz für das Mundium, zugunsten des Ehemannes eine anderslautende juristische Konstruktion vor, nämlich die rechtliche Stellung „eines stellvertretenden Verwalters eines fremden Vermögens für einen allgemein bestimmten Zweck“ 821. Inhaltlich verfolgte er damit das Ziel, das sittliche Postulat eines ehelichen Lebens zu verwirklichen. Auf dieser Grundlage sah er für die Frau und ihr Vermögen folgende Verpflichtungen vor: „Die Frau will zunächst mit den Früchten, und wo diese nicht zureichen, auch mit der Substanz ihrer Güter an ihrem Theile zur Unterhaltung des ehelichen Lebens bei-

818 Schröder, Familiengüterrecht, S. 15. In dem von Schröder bearbeiteten Entwurf wurde unter den beiden Überschriften die „Nutznießung des Ehegutes“ (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XVI) und die „Verwaltung des Ehegutes“ (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XXVI) die Regelungsgegenstände räumlich voneinander getrennt. In der späteren Gesetzesfassung stehen beide Rechte des Mannes unter der Überschrift „Verwaltung und Nutznießung“. Die §§ 1373 ff. bilden dort einen einheitlichen Block. 819 Schröder, Familiengüterrecht, S. 16 f. 820 Landsberg, Geschichte, Dritte Abteilung, Zweiter Halbband, Text, S. 785; Oertzen, Funktion, S. 229 f.; Losano, Studien, Teil 2, S. 97; Zusammenfassung bei: SchmidtRadefeldt, Gerber, S. 257. 821 Gerber, Betrachtungen, S. 259.

§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung

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tragen; die Vollziehung dieser Absicht überträgt das Recht mit der Verwaltung des Vermögens dem Manne.“ 822

Bereits in dieser Zielsetzung Gerber zeigt sich ein wesentlicher Unterschied zu dem Vorschlag Plancks. Zulasten der Frau sollten dem Mann nicht nur die Früchte des eingebrachten Gutes zur Verfügung stehen. Vielmehr sollte im Bedarfsfall auch die Substanz des weiblichen Vermögens für den ehelichen Bedarf verwendet werden dürfen. Die Sicherungen, die Planck zur Erhaltung des weiblichen Vermögens eingeführt hatte, sind für Gerber also ersichtlich indiskutabel. Die Vernachlässigung der weiblichen Interessen zeigt sich noch stärker bei der Ausgestaltung der Rechte des Mannes am eingebrachten Gut als eines stellvertretenden Verwalters eines fremden Vermögens, wie Gerber sie vorsah. „Aber diese Stellung unterscheidet sich wesentlich von der aller andern Procuratoren. Zunächst ist die Vollmacht des Mannes eine höchst umfassende; er selbst hat den Umfang des Aufwands, dem das Vermögen dienen soll, festzustellen, und nur wenige gesetzliche oder vertragsmäßige Schranken hemmen ihn; er selbst hat ferner einen hauptsächlichen Antheil an dem Genusse, den die Verwendung der ehelichen Güter bereitet; endlich verlangt die Frau von ihm keine Rechnungsablegung über die Verwendung der Früchte. Es ist ein Verhältniß des innigsten Vertrauens, und die wichtigsten Garantieen der Frau liegen in der inneren Gerechtigkeit und dem Geiste der Liebe, welchen das Recht bei dem Manne voraussetzt.“ 823

Diese Erläuterungen, vor allem der Schlusssatz, erinnern stark an die Forderungen Gierkes, der den Schutz der Frau auch wesentlich in der sittlichen Persönlichkeit des Ehemannes zu finden hoffte. Gerbers Ausgestaltung der weiblichen Rechte am eingebrachten Gut stellt die Frau gegenüber dem allerdings umfassenden Verwaltungsrecht des Ehemannes völlig schutzlos, wobei er nicht einmal versucht, eine Absicherung zumindest der Substanz des weiblichen Vermögens zu erreichen. Die Begründung dieser Vorgehensweise ist gleichzeitig der Grund, warum er eine Gestaltung der ehemännlichen Rechte auf der Grundlage des Nießbrauchs ablehnte. Gerber konnte sich mit einer Konstruktion des ehemännlichen Rechtes als dingliche Berechtigung an einem Vermögen nicht anfreunden. Stattdessen nahm er an, dass die ehelichen Rechte des Mannes „die unmittelbare Folge der höheren Ordnung des ehelichen Lebens, und nicht erst die abgeleitete Wirkung eines dazwischen tretenden Rechtstitels des ehemännlichen Besitzes des Frauenguts“ sind.824 Hier zeigt sich, dass Gerber in seinem, als Verwaltungsrecht des Mannes deklarierten Vorschlag, tatsächlich das Mundium, in der Form des Rechtes an einer Person, erhalten wollte. Die von ihm angestrebten Neuerungen haben sich damit tatsächlich auf eine Umgehung des Begriffs „Mundium“ beschränkt.

822 823 824

Gerber, Betrachtungen, S. 259. Gerber, Betrachtungen, S. 259 f. Gerber, Betrachtungen, S. 260 f.

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut IV. Ludwig Mitteis

Neben den Germanisten Gierke, Schröder und Gerber äußerte sich auch der Romanist Mitteis825 kritisch zu der Ausgestaltung der Verwaltungs- und Nutznießungsrechte. Dabei ist der Standpunkt von Mitteis in dieser Frage zwischen dem vom Gierke und Gerber bzw. Schröder anzusiedeln. So sprach sich Mitteis, wie Gierke, für die Erhaltung des Mundiums aus. Gleichzeitig äußerte sich Mitteis aber positiv über die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand, sodass auch eine gewisse Nähe zu Schröder und Gerber festzustellen ist.826 Die Kritik an den Nutznießungs- und Verwaltungsrechten des Mannes resultierte bei Mitteis, wie bei Gierke, zunächst aus der Befürwortung der Erhaltung des Mundiums. Mitteis versucht nach eigenem Bekunden so, die seiner Meinung nach allzu deutlichen Abweichungen des Entwurfs von den historischen Rechten abzumildern. So monierte er vor allem die neue Stellung des Mannes in der Ehe. Die Position des Nießbrauchers, die dem Mann im Entwurf zugewiesen werde, finde keine Stütze in den älteren deutschen Rechtsquellen. Dort sei regelmäßig nur ausgesprochen, dass der Mann alles Gut der Frau „in seine Gewere nimmt zu rechter Vormundschaft“ 827. „Schon in abstracto entspricht der Gedanke der ehemännlichen Nutzniessung nicht vollkommen der historischen Entwicklung und dem Geist unseres Rechtsinstitutes.“ 828

Mitteis wies, ähnlich wie Gierke, der persönlichen, „mundschaftlichen“ Gewalt des Mannes über die Frau den Platz der treibenden Kraft in der Ehe zu. Die Macht über das Vermögen sei bisher nur dadurch zustande gekommen, dass sich die Gewalt über eine Person in dem ihr zustehenden Vermögen reflektiert habe.829 Der Entwurf führe im Widerspruch zu den historischen deutschen Vorbilder das Recht des Mannes am Vermögen der Frau nicht auf diese personenrechtliche Gewalt über die Frau zurück, sondern auf ein Vermögensrecht am Gut der Frau.830 Diese Neudefinition der männlichen Stellung in der Ehe habe eine auffallende, nach Mitteis negativ zu bewertende Beschneidung der ehemännlichen Rechte mit sich gebracht. So sei der Entwurf offensichtlich in der Sorge erarbeitet worden, dass die Stellung des Ehemannes am eingebrachten Gut nie die Position eines Eigentümers und Verfügungsberechtigten annehmen könnte. Aus diesem Grund werde der Ehemann auf die Nutzung der Vermögenswerte beschränkt und sei in allen übrigen Fällen abhängig von der Einwilligung der Frau. Dies führe nach Mitteis zu weitreichenden Problemen bei der Aufrechter825 826 827 828 829 830

Selb, Mitteis, in: Neue Deutsche Biographie, Siebzehnter Band, S. 576 f. Mitteis, Bemerkungen, S. 574. Mitteis, Bemerkungen, S. 585. Mitteis, Bemerkungen, S. 585. Mitteis, Bemerkungen, S. 585 f. Mitteis, Bemerkungen, S. 588.

§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung

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haltung einer ordnungsgemäßen Verwaltung des eingebrachten Gutes, wie oben bereits ausführlich dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. II. 2. und 4. Kapitel, § 3, A. II.).831 Eine derart eklatante Abweichung von den historischen Rechten könne auch nicht durch die Zielsetzung des Entwurfs, die Stellung der Frau zu verbessern, gerechtfertigt werden. So quittierte Mitteis die Absicht die Handlungsfähigkeit der Frau zu erhalten, mit der lapidarem Bemerkung, dass dieses Unterfangen nicht notwendig sei; diese Besorgnis um die Stellung der Frau sei rein theoretischer Natur. Für den Mann aber würde die Beschränkung seiner Rechte eine ehemännlichen Ohnmacht bedeuten, welche sich von der Hausherrlichkeit älteren Rechts wesentlich unterscheide.832 Neben der inhaltlichen Gestaltung des Entwurfs trafen die Verbesserungsvorschläge von Mitteis auch die verwendete juristischen Technik. Mitteis forderte, ebenso wie Schröder, dass bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Vorschriften der Gedanke der Nutznießung hinter den der Verwaltung zurücktrete.833 Planck hatte die Vorschriften der Nutznießung denen der Verwaltung vorangestellt834, weil die Verwaltungsvorschriften, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, B. II.), im Entwurf nur dazu dienen sollten, dass der Mann in seinem Nutznießungsrecht nicht beschränkt werde. Als Grund für diese Forderung nach der Umkehrung dieses Verhältnisses gab Mitteis an, dass der Mann bei seiner Nutznießung an den wesentlichsten Bestandteilen des Frauenvermögens ohnehin an die Grenzen der ordnungsgemäßen Verwaltung gebunden sei, weshalb die Verwaltung des Vermögens das übergeordnete Recht sein müsse. Daher würde bei näherer Betrachtung „trotz der gesetzlichen Construction, man könnte fast sagen Fiction, eines Ususfructus die Rechte des Mannes im Grunde genommen doch mehr nach Analogie des älteren Rechtes auf verdinglichte Verwaltungsrechte denn auf Nutzniessung hinauslaufen. Der Mann ist nicht eigentlich Nutzniesser des weiblichen Vermögens, sondern er hat es in seiner Gewere, wie der Sachsenspiegel sagen würde . . .“ 835 Die zusammenhängende Betrachtung der Vertreter der historischen Schule zeigt deutlich, dass ihre Kritik sich wiederum oberflächlich auf die Abweichung des Entwurfs von den historischen Güterrechten gründet. Besonders deutlich kommt in diesem Abschnitt zu den Rechten am eingebrachten Gut die dahinterstehende Zielsetzung der vier Juristen zum Ausdruck, die Stellung des Mannes in der Ehe gegenüber der Frau zu stärken. Getrieben von der Absicht, die hausherrliche Stellung des Mannes für die Zukunft zu erhalten bzw. für diese eine unverrückbare Rechtfertigung zu finden, führten sie viele Gründe an, die einer Besser831 832 833 834 835

Mitteis, Bemerkungen, S. 583 und 587. Mitteis, Bemerkungen, S. 588. Mitteis, Bemerkungen, S. 587. Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XVI, XXVI. Mitteis, Bemerkungen, S. 588.

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

stellung der Ehefrauen scheinbar entgegenstanden. Vor diesem Hintergrund ist z. B. die Argumentation Gierkes zu betrachten, dass die eheliche Gemeinschaft durch die Schaffung von abgegrenzten, in dem Entwurf ausdrücklich geregelten Rechten und Pflichten zerrissen werde; dass die komplexen, undurchsichtigen Regelungen zum Streit zwischen den Ehegatten führen könnten; dass der Ehemann seine angestammte Vertrauensstellung nicht länger einnehmen könnte, wie Schröder befürchtete; oder dass eine ordnungsgemäße Verwaltung des Ehegutes, wie Mitteis angab, nicht länger möglich sein werde; bis hin zu den Bedenken Gerbers, dass die sittlichen Postulate eines ehelichen Lebens nicht durch eine Regelung der Rechte des Mannes aufgrund der Rechtsfigur des Nießbrauchs beachtet werden könnten. Nur allzu deutlich lassen sich diese Kritikpunkte auf eine eheliche Idealvorstellung zurückführen, in der der Ehemann als Herr und Beschützer seiner Frau ihre vermögensrechtlichen, wie alle anderen Belange selbstverständlich ordnet. Die Stellung, die Mitteis zwischen Gierke und Schröder bzw. Geber einnahm, führt erneut zu dem oben bereits ausführlich dargelegten Ergebnis (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A.), dass eine klare Trennung der Fronten zwischen Germanisten und Romanisten, zumindest im Bereich des ehelichen Güterrechts, nicht möglich ist. B. Die Bewertung des Praktikers Brühl Wie oben bereits dargestellt (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, III.), nahm Brühl bereits unter den Verteidigern des Mundiums insofern eine Sonderstellung ein, dass er seine Befürwortung der Erhaltung des Mundiums nicht auf historische Vorbilder stützte, sondern im Wesentlichen mit praktischen Erwägungen zu argumentieren versuchte. Auch bei seiner Kritik an den Nutznießungs- und Verwaltungsrechten, die wiederum eng verbunden ist mit seiner Ablehnung der Abschaffung des Mundiums, kann diese Tendenz beobachtet werden. I. Die Nutznießung als Ersatz für das Mundium

Den Problemen, die sich aus der Verweisung ins Nießbrauchsrecht ergaben, schenkte Brühl in seinen Aufsätzen die größte Aufmerksamkeit. Die Anwendung der Verwaltungsgemeinschaft werde dadurch kompliziert und die Ergebnisse, die aus dieser Verweisung resultierten, seien zum Teil unlogisch. Dabei kritisierte er schon die Wahl des Nießbrauchsrechtes selbst, da sich darin ein völlig falscher Ausgangspunkt für die Regelung der ehelichen Gemeinschaft zeige: „Die eheliche Nutznießung besteht nicht des Ehemannes wegen; sie erwächst aus der Pflicht desselben, die Lasten der Ehe zu tragen. Dagegen kommen die dinglichen und Forderungsrechte darin überein, daß sie dem Berechtigten um seiner selbst willen zustehen. Von diesem Standpunkte aus ergiebt sich mit Nothwendigkeit der Satz,

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daß die eheliche Nutznießung an sich weder ein dingliches noch ein Forderungsrecht, kein eigentliches Vermögensrecht sei kann. Gleichwohl gewährt der Entwurf dem Ehemanne die Macht, die Nutzungen des Ehegutes zur Bestreitung der ehelichen Lasten zu verwenden, in der rechtlichen Form des Nießbrauchs, eines dinglichen Rechtes.“ 836

1. Selbstständige Regelung statt Verweisung Brühl erkannte die Zielsetzung Plancks, eine sinnvolle Tragung der ehelichen Lasten durch das Güterrecht zu regeln, an. Jedoch kritisiert er die juristische Umsetzung, weil ein Verweis ins Nießbrauchsrecht die Rechte des Mannes, und seine damit verbundenen Pflichten, nicht vollkommen wiedergeben könne. Seiner Meinung nach könne dadurch keine ausreichende Regelung der ehelichen Vermögensrechte des Mannes stattfinden. Vielmehr forderte er eine von der festen Kategorie des Nießbrauchs ganz selbstständige Theorie der ehelichen Nutznießung.837 „Die Aehnlichkeit beider Rechtsinstitute läßt sich selbstverständlich nicht bestreiten. Für den Gesetzgeber dürfte es aber ein allzu kühnes Unternehmen sein, die Abweichungen derselben in wenigen Paragraphen erschöpfen zu wollen. Wir glauben, schon jetzt den Nachweis erbringen zu können, daß dieses Unternehmen gescheitert ist.“ 838

Grund für die angestrebte Trennung waren nicht nur die oben bereits angedeuteten Unterschiede in der Rechtsnatur der ehemännlichen Rechte und des Nießbrauchsrechts. Vielmehr wehrte sich Brühl gegen eine positivrechtliche Anordnung der Beseitigung der Selbstständigkeit der ehelichen Nutznießung. Ja, er hielt ein solches Vorgehen technisch nicht für durchführbar, weil die Bearbeitung des ganzen Rechtsgebietes dadurch erschwert werde, die mechanische Gesetzesanwendung gefördert und „wahrscheinlich für lange Zeit auf die wissenschaftliche Fortentwicklung der ehelichen Nutznießung ,aus dem Geiste der Rechtsordnung‘“ verzichtet werde.839 Außerdem könnten auch die Vorteile, die man sich von der Neuregelung erhoffte, trotz der Erschwerung der Gesetzesanwendung nicht erreicht werden, da der Entwurf eine inhaltliche Veränderung der Verhältnisse nicht vornehme. Vielmehr hätten sich die Juristen bemüht „das Rechtsinstitut der ehelichen Nutznießung auf den Ausnahmevorschriften des Entwurfs aufzubauen, welche dem Grund und Zweck der Verwaltungsgemeinschaft entsprechen.“ 840 Bereits im Hinblick auf eine leichte und sichere Rechtsanwendung plädierte Brühl dafür, von einer entsprechenden Anwendung des Nießbrauchs836 837 838 839 840

Brühl, Nutznießung, S. Brühl, Nutznießung, S. Brühl, Nutznießung, S. Brühl, Nutznießung, S. Brühl, Nutznießung, S.

408. 409. 411. 409 f. 410.

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

rechts abzusehen und eine gesonderte Regelung der ehelichen Nutznießung vorzunehmen. Diese grundsätzlichen Bedenken untermauerte Brühl mit einer Erläuterung, welche Folgen die entsprechende Anwendung der Nießbrauchsregeln auf die ehelichen Verhältnisse haben werde. 2. Die dinglichen Rechte an einer personenbezogenen Sachgesamtheit Der Entwurf gab den Rechten des Ehemannes an den einzelnen Gegenständen des eingebrachten Gutes mit der Verweisung ins Nießbrauchsrecht eine dingliche Natur, d. h. eine unmittelbare rechtliche Herrschaft über dieselben.841 Brühl warf nun die Frage auf, ob dies aus dem Gesichtspunkt der juristischen Machbarkeit überhaupt möglich sei. Er gelangte zu der Antwort, dass genau dieser Punkt aus formal-juristischen Gesichtspunkten erhebliche Probleme verursachen werde. Als Grund dafür gab er an, dass ein dingliches Recht, wie das Nießbrauchsrecht, immer nur das jeweilige Ehegut, d. h. genau bestimmte Sachen, an denen dingliche Rechte entstehen können, erfassen könne. Diesen Umstand nahm Brühl als Beweis, dass die eheliche Nutznießung auf eine andere Basis als den Nießbrauch gesetzt werden müsse. Schließlich zeige sich bei einem Nießbrauchsrecht an einer Sache die Dinglichkeit des Rechts vor allem darin, dass das Nießbrauchsrecht bestehen bleibt, auch wenn sich die Rechtsverhältnisse der beteiligten Personen ändern. Ob nun der Eigentümer der Sache wechselt oder in seinen Rechte objektiv beschränkt wird, die Wirkung des Nießbrauchs gegenüber jedem Dritten bleibe erhalten. Das Recht des Ehemannes aber, das er an einer Sache hat, die zum eingebrachten Gut seiner Frau gehört, erlösche, sobald die Sache in das Eigentum eines anderen übergehe. So kam Brühl zu dem Schluss: „In dem gegenwärtigen und zukünftigen Vermögen einer Person als Einheit ist diese, das Vermögenssubjekt, das allein Bleibende. Das Recht an dem jeweiligen Vermögen einer Person, wie die eheliche oder elterliche Nutznießung, kann daher Nichts anderes sein, als ein Recht an der Person, welcher das Vermögen gehört. Wie dingliche Rechte (gleich dem Besitze) nur an einzelnen Sachen erworben werden . . ., nicht aber an einer Gesammtheit von Sachen, so ist noch viel weniger ein dingliches Recht an der Gesammtheit von Rechten und Verpflichtungen denkbar, als welche sich das Vermögen einer Person darstellt.“ 842

In dieser Diskrepanz vermeinte Brühl zu erkennen, dass die eheliche Nutznießung nur ein schlechter Ersatz für das Mundium sei. Und auch der Entwurf könne sich dieser Wahrheit nicht ganz verschließen. So habe Planck die Notwendigkeit erkannt, das Vermögen der Frau zu einer Einheit zusammenzufassen, was auch nach Planck mit einem dinglichen Recht nicht möglich sei. So sei Planck zu der Ausflucht gezwungen worden, dass diese Zusammenfassung durch den obligatorischen Vertrag herbeigeführt werde, während die dingliche Wirkung des 841 842

Brühl, Nutznießung, S. 413. Brühl, Nutznießung, S. 420.

§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung

345

Rechts nur an einzelnen Vermögensgegenständen des eingebrachten Gutes eintreten könne. Jedoch käme Planck wegen der verfehlten Konstruktion seines Entwurfs nicht umhin, den Eintritt dieser dinglichen Wirkung unter die Bedingung zu stellen, dass die Voraussetzungen für die eheliche Verwaltung- und Nutznießung erfüllt wären.843 „Eine solche Gestaltung des ehemännlichen Nutznießungsrechtes als eines ,von dem Vermögen der Ehefrau gänzlich losgelösten, selbstständig gewordenen‘ Vermögensrechts erklären die Motive selbst für unmöglich. Vielmehr bezeichnen sie es als eine nothwendige Konsequenz des Gedankens der Verwaltungsgemeinschaft und des Zweckes derselben, daß jenes Vermögensrecht als Ausfluß des unter den Ehegatten bestehenden familienrechtlichen Verhältnisses, ähnlich wie der Alimentationsanspruch der Verwandten, sich jeden Augenblick erneuernd, immer nur das jeweilige Ehegut ergreift . . . Damit ist für die eheliche Nutznießung zwar eine Erläuterung gegeben, aber kein fester Rechtsbegriff gewonnen.“ 844

Und genau dieses Flickwerk, das der juristischen Theorie widerspreche, sei der Grund, warum die Anwendung des ehelichen Güterrechts in sehr hohem Maße erschwert werde, wie Brühl mit den folgenden Erläuterungen nachzuweisen suchte. 3. Die praktischen Probleme Neben dieser juristischen Argumentation versuchte Brühl, durch die Darstellung der Unzulänglichkeiten des Entwurfes in der praktischen Handhabung zu überzeugen. Die Dinglichkeit der ehemännlichen Rechte, die durch die Verweisung ins Nießbrauchsrecht in dieses Rechtsverhältnis getragen werde, führe in der Praxis nicht immer zu annehmbaren Ergebnissen. Diese Aussage erklärte er sowohl in Bezug auf das Verhältnis der Ehegatten untereinander, als auch im Verhältnis zu Dritten. Betreffend das Verhältnis der Ehegatten untereinander sprach Brühl von einer ungerechten Kompetenzverteilung zwischen Mann und Frau. Die Frau werde sowohl durch die pauschale Zuweisung aller Nutzungen in das Vermögen des Mannes, als auch durch ihre fehlenden Einflussmöglichkeiten auf diese Vermögensmasse, benachteiligt. Dabei kritisierte Brühl, dass dem Ehemann die ehelichen Nutzungen pauschal, ohne Rücksicht auf den tatsächlichen ehelichen Aufwand zugewiesen und die Lasten des weiblichen Vermögens nicht mit den Nutzungen desselben verrechnet würden, obwohl die sich ergebenen Vorteile, genauso wie die Nachteile aus derselben Vermögensmasse stammen würden: „Die Bedeutung der Vermögensverwaltung als Ausgleichung der positiven und negativen Vermögensfactoren darf nicht nur auf die Verwaltung des Stammvermögens be843

Brühl, Nutznießung, S. 421; siehe auch: Planck, Vorentwürfe, S. 480 f. Brühl, Nutznießung, S. 422, Verweis auf die Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 193. 844

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

zogen werden; sie faßt zugleich die positiven und negativen Vermögensnutzungen als Einheit zusammen.“ 845

Die Nutzungen und Lasten des Ehegutes seien eine Einheit und diesem Gedanken hätte sich auch der Entwurf nicht ganz verschließen können.846 Eine konsequente Umsetzung dieses Gedankens sei aber nicht erfolgt. Des Weiteren war Brühl der Einzige, der an der Regelung des ehelichen Güterrechtes kritisierte, dass die Ehefrau keinerlei Einflussmöglichkeiten auf das Vermögen es Mannes habe, obwohl dieses Vermögen, wie er richtig bemerkte, in den meisten Ehen die Hauptversorgungsquelle dargestellt habe. Dies sei umso unverständlicher als der Ehemann weitgehende Rechte am Vermögen der Frau erhalten hatte und die Nutzungen des weiblichen Vermögens in diese Vermögensmasse flossen. Zutreffend stellte Brühl fest: „Die Stellung der Ehefrau als (qualitativ) gleichberechtigter Genossin des Ehemannes wird namentlich ignorirt, insofern der Frau rechtlich nicht der geringste Einfluß auf die Verwaltung des Mannesvermögens zusteht. Man hat sich eben von der Idee der beschränkten Ehefrau . . . doch noch nicht ganz los machen können. Wo die Ehefrau zur Gültigkeit ihrer Rechtsgeschäfte der Einwilligung oder Genehmigung des Ehemannes bedarf, liegt nicht ein Rechtsgeschäft der Ehefrau, sondern ein gemeinschaftliches Rechtsgeschäft beider Eheleute vor. Ob der Ehemann oder die Ehefrau dasselbe abschließt, ist ganz dasselbe, dafern nur der andere Theil einwilligt oder genehmigt. Danach könnte es sich fragen, ob nicht auch Bestimmungen darüber zu treffen seien, in welchen Fällen die Ehefrau beanspruchen kann, bei der Verwaltung des Mannesvermögens gehört zu werden. Jetzt kann der Ehemann die wirthschaftliche Existenz der ganzen Familie in Frage stellen, ohne daß die Frau davon das Geringste erfährt.“ 847

Es sei aber nicht das Verhältnis der Ehegatten untereinander, das die größten Probleme aufwerfe, die sich aus der Verwendung des Nießbrauchsrecht ergeben würden. Vielmehr würde diese Schablone vor allem dann versagen, wenn die Rechte des Ehemannes mit dinglichen Ansprüchen Dritter in Kollision geraten würden.848 Dies zeige sich bei der Verteilung der ehelichen Lasten und der Schuldenhaftung der Vermögensmassen für die Verbindlichkeiten der Frau. Hier gehe der Entwurf an den praktischen Bedürfnissen völlig vorbei.849 Schließlich befürchtete Brühl wegen der unklaren Dogmatik auch Streitigkeiten bei der Bestimmung der gerichtlichen Zuständigkeiten, was Dritten die Geltendmachung ihrer Ansprüche erschweren könne.850 Am problematischsten sei es jedoch, wenn Belastungen der Ehegutsgegenstände mit dinglichen Rechten vorhanden seien. In diesem Fall würden kaum zu lösende Konkurrenzen mit einem dinglichen Recht 845 846 847 848 849 850

Brühl, System, S. 191. Brühl, System, S. 191. Brühl, System, S. 203. Brühl, Nutznießung, S. 410. Brühl, Nutznießung, S. 427 f. Brühl, System, S. 178 f.

§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung

347

des Ehemannes auftreten. In dieser Hinsicht versage das von Planck gewählte System des Nießbrauchsrechts vollständig.851 Aus den umfangreichen Erläuterungen und Beispielen, die Brühl für diese Unzulänglichkeit im Verhältnis zu Dritten schilderte, nur ein Beispiel, das die Folgen des Auseinanderfallens von Nutzungen und Lasten des Ehegutes darstellt. Dieser Umstand erzeuge seltsame Blüten für den Dritten, der auf der einen Seite zur Zahlung von Nutzungen, etwa in Form von Mietzinsen an einem zum Ehegut gehörigen Haus, verpflichtet wäre; auf der anderen Seite aber auch Zahlungen betreffend auf dem Ehegut liegenden Lasten, zum Beispiel Hypothekenzinsen für das Haus, fordern könnte. Im ersten Fall müsste er die Zahlung direkt an den Ehemann leisten, die Nutzungen gingen in sein Vermögen über; im zweiten Fall aber könnte er sich wegen der Lasten des Ehegutes nicht an den Ehemann halten, da nur Schulden des Ehegutes vorliegen würden. „Zugegeben, daß derartige Fälle selten vorkommen werden, so erregt doch schon ihre bloße Möglichkeit einen gelinden Schauder. Hätte sich der Entwurf in der That von praktischen Erwägungen und nicht von der Vorliebe für consequente Durchführung der Nießbrauchsschablone leiten lassen, so würde er sich wohl haben sagen müssen, daß die Billigkeit erfordert, die Sachlegitimation des Ehemannes nicht auf die Activseite der Ehegutsnutzung zu beschränken. Ueberweist man dem Ehemanne die Ehegutsnutzungen schlechterdings, ohne Rücksicht auf die Ehebedürfnisse und sonach auch insoweit, als sie diese Bedürfnisse übersteigen, so mag er nur auch für die Ehegutslasten unbeschränkt aufkommen.“ 852

Neben der Kritik an der Verweisung ins Nießbrauchsrecht selbst kritisierte Brühl auch die Gestaltung der Vorschriften, die dies bewirkten. In dieser Hinsicht kritisierte er die Ordnung, die die Nutznießung der Verwaltung als beherrschende Vorschrift voranstellte. II. Die Folgen der Trennung von Verwaltung und Nutznießung „Die Aengstlichkeit desselben (SS.: des Entwurfs) in der Gestaltung des Verwaltungsrechts beruht weniger auf sachlichen Gründen, als auf der Unmöglichkeit, neben der Legaltheorie des ehemännlichen Nießbrauchs zu einer gesunden Basis der verselbständigten ehelichen Verwaltung zu gelangen. Der Entwurf hat überall das Bestreben, der Form des ususfructus maritalis alle anderen Rücksichten unterzuordnen. Das Volk wird dies niemals verstehen lernen. Dem rechtsunkundigen Ehemann kommt die Beurtheilung seiner ehemännlichen Rechte als eines zeitlich beschränkten Nießbrauchs sicher niemals in den Sinn.“ 853

Bei der Betrachtung des Aufbaus der ehemännlichen Rechte am eingebrachten Gut hatte Brühl zwei wesentliche Kritikpunkte anzubringen. Zum einen beklagte er die Trennung von Nutznießung und Verwaltung, zum anderen bewertete er die 851 852 853

Brühl, System, S. 184 f.; siehe auch: Brühl, Nutznießung, S. 423 ff. Brühl, System, S. 193. Brühl, System, S. 181.

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

Unterordnung der Verwaltung unter die Nutznießung negativ. Der Entwurf versuchte tatsächlich die Nutznießungs- und Verwaltungsrechte am eingebrachten Gut zu trennen und auch das Über-Unterordungsverhältnis war bereits in der Begründung der Rechte am eingebrachten Gut angelegt.854 Diese ruhte nämlich auf der Basis, dass die Nutznießung nur Ausdruck des Gedankens sei, dass die Eheleute gemeinsam die ehelichen Lasten zu tragen hätten. Das Verwaltungsrecht hatte laut Planck dann lediglich den Zweck die Rechte des Mannes auf Nutznießung sicherzustellen, wie oben bereits ausführlich erläutert wurde (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1, B. II.). Brühl aber glaubte die klare Trennung von Nutznießung und Verwaltung sei nicht möglich und bereits der Versuch sei der Rechtsfindung nicht zuträglich. Nach dem Entwurf solle die Nutznießung und Verwaltung des Mannes so aussehen, dass ihm einerseits die Substanz des Ehegutes, andererseits die Nutzung desselben unterworfen ist. Diese beiden Rechte stünden naturgemäß in einem engen Verhältnis und seien doch beide der Ausfluss desselben persönlichen Gesamtrechtsverhältnisses.855 Neben der fehlenden Logik dieses Aufbaus, hätte dies auch zur Folge, dass die Überwindung der künstliche geschaffenen Trennung bzw. die Regelung desjenigen Bereichs in dem sich die beiden Rechte naturgemäß überschneiden würden, einen erheblichen Aufwand erzeuge. So weise der Entwurf darauf hin, „daß die durch § 1292 (SS.: Gesetzesfassung § 1383 BGB a. F.) auf die eheliche Nutznießung für anwendbar erklärten Vorschriften über den Nießbrauch in verschiedenen Richtungen durch das Verwaltungsrecht und die Verwaltungspflicht des Ehemannes nach der Maßgabe der §§ 1317–1324 (SS.: Gesetzesfassung § 1374 ff. BGB a. F.) modificiert werden und bei einer Kollision die letzteren Vorschriften vorgehen . . .“ 856 Vor allem bei den Klagerechten, also im prozessrechtlichen Bereich, würden aus dieser Trennung praktische Probleme resultieren.857 Eng verbunden mit dieser Kritik an der Trennung, fanden auch die Reihenfolge und die Abhängigkeiten der Rechte am eingebrachten Gut, keine Zustimmung von Seiten Brühls. Die beherrschende Stellung der Nutznießung, wie sie sich bereits in dem obigen Zitat ausdrückt, und die Unterordnung der Verwaltung unter diese Prämisse konnte er nicht gutheißen. Die notwendigen Verweise seien im Gegenteil der beste Beweis, dass dogmatisch das Verwaltungsrecht über der Nutznießung stehe. Die Verwaltung sei nicht ein „potenzirtes Nießbrauchsrecht“, sondern umgekehrt sei die eheliche Nutznießung ein potenziertes Verwaltungsrecht.858 Daraus folgerte Brühl: 854

Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XVI, XXVI. Brühl, Nutznießung, S. 414; Verweis auf die Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 161. 856 Brühl, Nutznießung, S. 414, Verweis auf die Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 286. 857 Brühl, System, S. 186 ff. 858 Brühl, Nutznießung, S. 414. 855

§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung

349

„Für die Schwierigkeit aller dieser Verhältnisse ist der Hauptgrund, daß sich das System des gesetzlichen Ehegüterstandes in der Hauptsache auf die Construction der ehelichen Nutznießung beschränken zu können glaubt, welche doch zur Verwaltung nur in untergeordnetem Verhältnisse steht. Die Verwaltungsrechte des Ehemannes lassen sich freilich nicht nach der Schablone des Sachen- und Obligationenrechts beurtheilen. Deshalb ist es das Einfachste, sie zu streichen!?“ 859

Warum die Reihenfolge der Rechte eine solch große Rolle spielte, versuchte Brühl folgendermaßen zu erklären. Die Konsequenz der Überbetonung des Nießbrauchsrechts sei, dass die vom Ehemann aufgrund dieses Rechts geschlossenen Verträge, konsequenterweise eigentlich dann enden müssten, wenn das Nießbrauchsrecht erlischt. Verträge könnten jedoch nicht von der Zeitdauer einer Ehe abhängig gemacht werden. Bei Verträgen, mit denen das Ziehen der Nutzungen ermöglicht wird (z. B. Miet- und Pachtverträge), ergäbe sich so regelmäßig ein Klärungsbedarf, für wen der Ehemann das Geschäft tätigt. Da die Nutzungen in sein Vermögen fließen, müsse man grundsätzlich davon ausgehen, dass er im eigenen Namen handelt. Nur wenn er ausdrücklich im Namen der Frau handele, könne das Geschäft auf ihren Namen abgeschlossen werden. Eine solche Gestaltung entspreche regelmäßig nicht dem Willen der Ehegatten und sei durch eine einfache Betonung der Priorität des Verwaltungsrechts abzuändern.860 An Gewicht gewinnen würden diese Unklarheiten jedenfalls dann, wenn die Ehefrau ein eigenes Geschäft besitzen würde, das der Ehemann führt. Um die Unklarheiten zu beseitigen sei eine Regelung unbedingt erforderlich.861 Daher kommt Brühl zu folgendem Ergebnis: „Wir glauben . . ., daß die eheliche Nutznießung in erster Linie eheliche Verwaltung ist, und kommen deshalb zu dem entgegengesetzten Ergebnisse. Es ist schief, die Verträge, welche der Ehemann betreffs der Nutzung des Ehegutes schließt, aus dem Nießbrauchsgesichtspunkte zu beurtheilen.“ 862 III. Der Gestaltungsvorschlag Brühls

Brühl ging zur Ordnung der ehelichen Verhältnisse von einem ganz anderen Ansatzpunkt aus. Er glaubte, dass man die Ehe nicht als rein privatrechtliches Institut gestalten dürfe. Stattdessen müsse man die Ehe auch als ein Verhältnisse der öffentlichen Gewalt betrachten. Daher empfahl er, die Stellung des Ehemannes gegenüber der Frau als gesetzliche Stellvertretung zu konstruieren. So könnten die Probleme, die sich im Zusammenhang mit der Gestaltung der Rechte am eingebrachten Gut ergäben, umgangen werden.863 Der Ehemann solle also nicht 859 860 861 862 863

Brühl, System, S. 184. Brühl, System, S. 182. Brühl, System, S. 179. Brühl, System, S. 181 f. Brühl, System, S. 197 ff.

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

mehr die Nutzungen des eingebrachten Guts als Eigentum erwerben, sondern es sollte ihm über die gesetzliche Stellvertretung die Verwaltung des Ehevermögens anvertraut werden. So hoffte Brühl zu folgenden Ergebnis zu kommen: „Auf diese Weise würden wir zu einer wahren Gemeinschaft der ehelichen Verwaltung gelangen, welche sich unter die Ehegatten nach Maßgabe der Bedürfnisse vertheilt.“ 864

Bei dieser Forderung war Brühl weit davon entfernt, die Frau dadurch benachteiligen zu wollen. Wie bereits erwähnt, forderte er gerade weitgehende Mitbestimmungsrechte der Frau, die alle Teile des ehelichen Vermögens betreffen sollten. Auch für die Streitigkeiten, die sich aus dieser Gestaltung ergeben könnten, glaubte er eine Lösung bieten zu können. Weit davon entfernt dem Ehemann das Entscheidungsrecht in der Ehe zu entziehen, wollte er bei auftretenden Streitigkeiten zwischen den Ehegatten von gewichtiger Natur, dem Ehemann die Justizverwaltungsbehörde als übergeordnete Instanz zur Seite zu stellen.865 Sollte man sich zu einer derartigen Gestaltung nicht durchringen können, hielt es Brühl zumindest für notwendig die Reihenfolge der Rechte am eingebrachten Gut zu ändern, so dass die Regelung des Verwaltungsrechts vor der der Nutznießung stehe. Darüber hinaus müsse für beide Rechtsinstitute eine einheitliche Überschrift gewählt werden.866 C. Zwischenergebnis Abgesehen von den Bedenken, dass Plancks Regelung der ehemännlichen Rechte am eingebrachten Gut nicht dem sittlichen Charakter der Ehe oder der ehemännlichen Stellung entsprechen würde, hat die Prüfung das oben gefundene Ergebnis, dass die Komplexität der Regelungen eine konsequente Anwendung schwierig, wenn nicht gar unmöglich, gemacht haben dürfte (s. o. 2. Teil, 5. Kapitel, § 3), bestätigt. Besonders die Darstellung der praktischen Probleme, die bei der Umsetzung des Entwurfs befürchtet wurden, zeigt, dass die Änderungen an der Basis des Güterstandes nicht nur aus dogmatisch historischer Sicht bedenklich, sondern tatsächlich geeignet waren die Anwendung des Güterstandes zu erschweren. Das Gewicht der vorgebrachten Kritikpunkte wird teilweise noch erhöht, durch die Persönlichkeiten, die hinter diesen Äußerungen standen. In dieser Hinsicht sind zum Beispiel die Aussagen von Schröder und Mitteis bemerkenswert. Beide hatten an den Rechten am eingebrachten Gut sehr harsche Kritik geübt, obwohl sie ansonsten hinter dem Vorhaben Plancks die Verwaltungsgemeinschaft einzuführen standen. Bei der Beurteilung der Nutznießungs- und Verwaltungsrechte 864 865 866

Brühl, System, S. 201. Brühl, System, S. 204. Brühl, Nutznießung, S. 414 f.

§ 1 Die Ablehnung der konservativen Richtung

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des Mannes aber scheinen sie das Lager gewechselt zu haben, denn ihre Kritikpunkte ähneln in Art und Heftigkeit denen des grundsätzlich gegen die Verwaltungsgemeinschaft plädierenden Gierke. Zum anderen gleichen sich die Argumente der vier dargestellten Juristen auffallend. Die angesprochene Übereinstimmung zeigt sich nicht nur bei einzelnen Punkten, sondern bei einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Aspekten. So konstatieren die Juristen einstimmig, dass durch den Wechsel von Mundium zu Verwaltung und Nutznießung die Verwaltungsgemeinschaft nur eine komplexere Form erhalten habe, die nach ebenfalls einstimmiger Meinung die Rechtsanwendung erheblich erschweren würde. Alle meldeten Zweifel an, ob die gewählte Gestaltung in den ehelichen Gemeinschaften umgesetzt werde würde oder auch nur umgesetzt werden könnte. Neben diesen allgemeineren Bedenken ist bemerkenswert, dass auch im Hinblick auf die juristische Ausgestaltung jeweils sehr ähnliche Kritikpunkte aufgeworfen wurden. So steht hier aus unterschiedlichen Gründen, die Verweisung ins Nießbrauchsrecht, die Dinglichkeit der Nießbrauchsrechte, die Gestaltung der Anpassungsvorschriften, die Überordnung der Nutznießung über die Verwaltung und die Trennung der beiden Rechte am eingebrachten Gut, im Kreuzfeuer. Unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Einstellungen der Personen und der Ähnlichkeit der geäußerten Kritik gewinnt die Ansicht, dass die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut nur ein Ersatz für das Mundium waren und die Verwaltungsgemeinschaft für einen solchen Wechsel der Basis nicht geeignet war, eine neue Dimension. Besonders die ausführlich dargestellten Ansichten und praktischen Hinweise von Brühl bestärken in dem Glauben, dass das Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft nicht sinnvoll auf eine andere Grundlage als das Mundium gestellt werden konnte. Die Regelung der Rechte am eingebrachten Gut wurde entgegen dieser Notwendigkeit von Planck als Verwaltung und Nutznießung konzipiert, damit sie als mit der Stellung der Frau vereinbar empfunden wurden. Das Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft war aber auf Rechte an der Person der Frau ausgelegt und nicht auf Rechte an ihrem Vermögen. Durch diese Diskrepanz wurde es notwendig elementare juristische Prinzipien zu ignorieren, um der Frau nominal eine bessere Stellung zuzuweisen und gleichzeitig dem Mann die angestammte Machtposition gegenüber der Frau zu erhalten. Allein die Schaffung von dinglichen Rechten an einer Sachgesamtheit mit wechselndem Inhalt zeigt die Gradwanderung, die aufgrund dieser Zielsetzung notwendig wurde. Alle Versuche das Mundium zu ersetzen, mussten daher an den Unzulänglichkeiten, die durch komplizierte Regelungen kompensiert werden sollten, scheitern. Tatsächlich blieb diese Kritik nicht ungehört. Wie Schröder in einem späteren Aufsatz berichtete, in dem er die Änderungen am ersten Entwurf vor der Eingabe an den Reichstag besprach, wurden einige Änderungsvorschläge, betreffend die Rechte am eingebrachten Gut aufgenommen.867

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

„Dies Recht der Verwaltung und Nutzung behandelt der Entwurf als eine familienrechtliche Befugniß, die dem Manne als Oberhaupt des Hauses in derselben Weise wie dem Vater an dem Vermögen der Hauskinder zusteht. Damit ist der engherzige sachenrechtliche Standpunkt des ehemännlichen Nießbrauchs, den der erste Entwurf aus dem sächsischen B.G.B. übernommen hatte, aufgegeben. Im Verfolg dieser durch und durch undeutschen Auffassung, die in dem Ehemanne nur einen Nutznießer und Verwalter fremder Sachen erblickte, hatte der erste Entwurf zahlreiche, im Prozeßwege zu entscheidende Streitigkeiten unter Ehegatten vorgesehen. Der veränderte Standpunkt des zweiten Entwurfs bringt es mit sich, daß die Erledigung derartiger Streitigkeiten ausschließlich der Zuständigkeit des Vormundschaftsgerichts überwiesen wird.“ 868

Bei aller Nachvollziehbarkeit der erläuterten Kritik können die von diesen Juristen gezogenen Schlüsse nicht mitgetragen werden. Diese nahmen die Unzulänglichkeiten des Entwurfs als Begründung für die Forderung, dass das Mundium als Grundlage der Verwaltungsgemeinschaft erhalten werden müsse. In Ablehnung dieses Ergebnisses wäre es dagegen sinnvoller gewesen, sich von dem Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft zu verabschieden. Die bessere Entscheidung wäre gewesen, wie auch die folgenden Einschätzungen belegen, ein anderes Güterrecht zum gesetzlichen Güterstand zu wählen.

§ 2 Die Bewertung durch die Verteidiger der weiblichen Rechte Ein Großteil der Vertreter, die sich für eine materielle Besserstellung der Frauen eingesetzt haben, plädierten, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, B.), dafür, die Gütertrennung als gesetzliches Güterrecht einzuführen. In dieser Forderung liegt eine Negation aller gesetzlichen Rechte am eingebrachten Gut der Frau. Tatsächlich drückte sich nach Aussage Webers die weibliche Benachteiligung nirgends deutlicher aus als in der Unterwerfung des eingebrachten Gutes unter die Nutznießung und Verwaltung des Ehemannes. „Der Mann ist eben an sich von jeher gewohnt, sich ganz naiv als Vater aller guten und nützlichen Dinge und als alleinigen Herren des beiderseitigen Eigentums zu betrachten.“ 869

In dieser Aussage klingt die Resignation an, die der verlorene Kampf gegen die in der Verwaltungsgemeinschaft des BGB übermächtige Position des Hausherren ausgelöst haben dürfte. Die radikale Forderung nach der Gütertrennung und somit der Aufhebung aller Rechte am eingebrachten Gut konnte nicht durch867 Wie etwa von Brühl vorgeschlagen wurde in der gesetzlichen Regelung die Verwaltungsvorschriften der Nutznießung vorangestellt und für beide Rechte eine einheitliche Überschrift gewählt. Dies zeigt ein Vergleich der Vorschriften des Entwurfs (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XVI, XXVI) und der endgültigen gesetzlichen Regelung der §§ 1373 ff. BGB a. F. 868 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 5. 869 Weber, Ehefrau, S. 466.

§ 2 Die Bewertung durch die Verteidiger der weiblichen Rechte

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gesetzt werden. Die Folgen für die Stellung der Frau in der Ehe beschrieb Weber folgendermaßen. Durch die Behandlung des eingebrachten Gutes entstehe während der Ehe eine völlige Abhängigkeit der Frau von ihrem Mann, weil er ihr nur den standesgemäßen Unterhalt schulden würde und ihm bei der Ausfüllung dieses unbestimmten Begriffes ein großer Ermessensspielraum zugestanden werde. Über den Unterhaltsanspruch hinaus habe sie während der Ehe keinerlei Ansprüche gegen ihren Mann, auch wenn ihr Vermögen Überschüsse abwerfe, die über den ehelichen Bedarf hinausgehen würden. Sie könne in Härtefällen keinerlei finanzielle Transaktionen abwickeln, ohne dass ihr Ehemann diese billige, denn sie sei finanziell von ihm abhängig; und dies gelte sogar dann, wenn er lediglich von ihrem Vermögen lebe. Gegen seine Willkür sei sie in einem solchen Falle ohne Handhabe.870 Es bestehe auch kein gesetzlich festgelegter Anspruch auf die Vereinbarung eines festen bestimmten Wirtschafts- und Kleidergeldes von noch so geringer Höhe. Dies bringe die Frau in die Lage, dass sie immer wieder vom Mann Geld erbitten müsse und sie so in die Position einer Bittstellerin herabgewürdigt werde.871 Sie erhalte nicht einmal die für sie notwendigen Informationen, um sich ein Bild von ihrer finanziellen Lage machen zu können. Zwar besitze sie einen Auskunftsanspruch, der sich auf den Bestand ihres eigenen Vermögens beziehe, jedoch könne sie keine Auskunft über den Bestand des Mannesvermögens fordern, obwohl gerade eine Auskunft darüber notwendig wäre, damit sie den ehelichen Bedarf abschätzen könnte.872 Daneben wird moniert, dass eine ausreichende Sicherung der Substanz des eingebrachten Gutes durch den Entwurf Plancks nicht gewährleistet werde. Zu diesem Thema äußerten sich explizit von Stumm, Weber und Bulling. „Viel schlimmer sind die unglücklichen Ehen, wo der Mann ein Trunkenbold, ein Spieler, ein Wüstling ist, der das Vermögen der Frau – nicht bloß in Revenüen, sondern das Vermögen selbst – vergeudet. Denn wenn einem solchen Menschen das Vermögen zur Verwaltung übergeben ist und die Frau nichts darein zu reden hat, so kann er ebenso gut das Vermögen der Kinder verprassen, wie die Revenüen zu Spiel und Trunk und für seine Maitressen ausgeben.“ 873

Zwar hatte Planck, zum Schutz des eingebrachten Gutes, umfangreiche Mechanismen geschaffen (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel), vielfach wurde aber angenommen, dass diese Sicherungsmittel den Ehemann nicht von einer Verschleuderung des Ehegutes abhalten könnten. So wurde die Möglichkeit der Frau nach § 1391 BGB a. F. vom Ehemann bei erheblicher Gefährdung des eingebrachten Gutes 870

Weber, Ehefrau, S. 464; siehe auch: Offen, Verwaltungsgemeinschaft, S. 18 f. Weber, Ehefrau, S. 464 f.; ähnliche Ausführungen finden sich bei: v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 872 Weber, Ehefrau, S. 466. 873 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 871

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

Sicherheitsleistung zu verlangen, nicht als ausreichend angesehen, um eine Gefährdung der Substanz des eingebrachten Gutes auszuschließen. Dazu wären die Hürden viel zu hoch, denn wenn eine erhebliche Gefährdung vorliegen würde, käme ein Gerichtsurteil zur Rettung des Vermögen in der Regel zu spät874, oder wie Bulling zu Bedenken gibt: „Wenn sie (SS.: die Ehefrau) sieht, daß der Mann sich einer unwirthschaftlichen Verwaltung ihrer Güter hingiebt, so würde nach dieser Bestimmung die Frau mit ihrer Klage warten müssen, bis es wahrscheinlich ist, daß sie keinen Ersatz mehr erhalten kann; denn erheblich gefährdet sein bedeutet nicht etwa, daß eine entfernte Möglichkeit vorhanden sei, keinen Ersatz mehr zu erhalten, sondern, daß diese Möglichkeit eine nahe sei.“ 875

Die anderen Schutzmechanismen, die Planck zum Schutz des weiblichen Vermögens vorgesehen habe, wie etwa Beschränkung der Verwaltung, etwa auf die ordnungsgemäße und die Vorschriften zum Umgang mit Barvermögen (§ 1377 BGB a. F.), seien zum Schutz des weiblichen Vermögens noch weniger geeignet. Den Grund dafür sieht Bulling in der fehlenden gerichtlichen Einklagbarkeit der daraus entstehenden Ansprüche, solange das Vermögen unter der Verwaltung und Nutznießung des Ehemannes stehe (§ 1394 BGB a. F.).876 Dadurch würden diese Schutzvorschriften, wie Bulling für den Auskunftsanspruch nach § 1374 BGB a. F. über den Stand des verwalteten Gutes anmerkte, zu moralischen Verpflichtungen degradiert. Die Ausnahme von der Regel des § 1394 BGB a. F. sei § 1391 BGB a. F., weshalb jegliche gerichtliche Geltendmachung der Frau gegen den Ehemann erst durch das Nadelöhr der erheblichen Gefährdung des eingebrachten Gutes gehen musste. „Es heißt das die Frau rechtlos stellen und all die schönen Vorschriften des § 1276 ff.877, wonach der Mann die Gelder wie ein Vormund anlegen soll usw., illusorisch machen. Denn darnach kann, wenn er diese Vorschriften unbeachtet läßt, die Frau ihn durch Klage nicht zur Befolgung anhalten.“ 878 874 Weber, Ehefrau, S. 464; ähnlich auch: v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 875 Bulling, Frau, S. 130. 876 Die Regelung des § 1394 BGB a. F. entstand durch eine Abänderung des Planckschen Entwurfs durch die zweite Kommission. Der Entwurf Plancks war im Gegensatz zu der späteren gesetzlichen Regelung davon ausgegangen, dass die Frau ihre Ansprüche gegenüber dem Ehemann, die aus der Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes flossen, ohne Einschränkungen sofort gerichtlich geltend machen konnte. (Planck, Vorentwürfe, S. 606 ff.; Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 184; siehe auch: Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 143 f., zu § 1394) Näheres zu dieser Änderung von Plancks Entwurf und seinen Auswirkungen s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1, B. V. 877 Angabe der Paragraphen nach dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich nach den Beschlüssen der Reichskommission, zweite Lesung, 1894, 1895, sogenannter 2. Entwurf (Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XVIII), in der Gesetzesfassung § 1377 ff. BGB a. F. 878 Bulling, Frau, S. 130.

§ 2 Die Bewertung durch die Verteidiger der weiblichen Rechte

355

Neben der gesetzlichen Beschränkung des Klagerechts weisen Weber und Stumm zusätzlich auf die psychologische Gebundenheit der Frau hin, weshalb sie auch eine volle Gewährung eines Klagerechts nicht als ausreichend ansehen würden, um das eingebrachte Gut vor einer Verschleuderung durch den Ehemann zu schützen. Der Grund dafür sei, dass sich die Frau, wenn sie ein gerichtliches Vorgehen gegen den Ehemann in Betracht ziehe, vor die Wahl gestellt sehe zwischen zwei Optionen. Entweder sie klagt und findet sich gleichzeitig mit einer möglichen Trennung ab oder sie resigniert.879 Aus diesem Grund käme die Beschreitung des Prozessweges für die Frau sowieso nur in Betracht, wenn die eheliche Gemeinschaft überhaupt keinen Wert mehr für sie habe.880 Oder wie Stumm sich ausdrückte: „Freilich erwidert man mir: alles das kann vermieden werden dadurch, daß die Frau den Richter anruft. Aber das ist eine Möglichkeit, die in den allerseltensten Fällen von Bedeutung ist. In vielen Fällen kommt die Klage zu spät, und bei der Verschwendungssucht des Mannes kommt sie fast immer zu spät. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, wird der Mann es seiner Frau nie verzeihen, wenn sie den Richter gegen ihn angerufen oder der Richter ihr gar recht gegeben hat. Dann ist die Trennung der Gatten fast unumgänglich; und diejenigen unter Ihnen, die die Ehescheidung möglichst erschweren wollen . . . sollten doch auch der Frau die Möglichkeit geben, in normaler Weise die Ehe fortsetzen zu können, ohne in ihrer Würde und ihren Rechten dauernd gekränkt zu sein.“ 881

Dies könne aber aus seiner Sicht nur gewährleistet werden, wenn der Ehemann von vorneherein, durch die Einführung der Gütertrennung, keine automatisch mit der Eheschließung eintretenden gesetzlichen Rechte an dem Vermögen der Frau habe. Mit dieser Argumentation lehnten die Vorkämpfer für die Verbesserung der weiblichen Position den Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft und damit jegliche Rechte des Mannes am eingebrachten Gut der Frau ab. Federführend getragen wurde dieser Appell, die Stellung der Frau zu verbessern, von den gesellschaftlichen Zuständen dieser Zeit, die vor allem von Weber, aber auch von Stumm ausdrücklich als Grund und Notwendigkeit für eine entsprechende Entwicklung genannt wurden.882 Die radikale Forderung nach Beseitigung aller Rechte am eingebrachten Gut scheint für diese Vertreter die einzige Möglichkeit gewesen zu sein, um der Frau eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit gegenüber dem Ehemann zu sichern. 879

Weber, Ehefrau, S. 481. Weber, Ehefrau, S. 464. 881 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 882 So berichtet von Stumm etwa von Briefen betroffener Frauen, die ihn in seinem Kampf gegen das im Entwurf vorgeschlagene Güterrecht bestärkt hätten: v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 880

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

§ 3 Der Gegenentwurf von Otto Bähr Otto Bähr nahm in der Diskussion um die Rechte am eingebrachten Gut insofern eine Sonderstellung ein, als seine Äußerungen zu diesem Thema nicht primär dazu dienten die Stellung des Mannes oder der Frau zu verbessern, oder aber den Entwurf Plancks zu verteidigen. Zwar trat Bähr für eine beschränkte Besserstellung der Frau durch eine Beteiligung an der ehelichen Errungenschaft ein, indem er, da seine ursprüngliche Forderung nach Einführung des Regionalprinzips nicht durchgesetzt werden konnte (s. o. 1. Teil), für die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand plädierte.883 Bei seiner Kritik an den einzelnen Regelungen der Verwaltungsgemeinschaft stand für ihn aber ersichtlich nicht das Eintreten für eine der beiden Seiten im Vordergrund. Aufgrund der vorgetragenen Kritikpunkte kann er aber auch nicht als Verteidiger des Entwurfs bezeichnet werden, wie die folgenden Ausführungen belegen. Otto Bähr war ein Rechtsgelehrter und Parlamentarier. Als Richter des Oberappelationsgerichts und des Reichsgerichts arbeitete er in der gerichtlichen Praxis; als Parlamentarier war er für die Nationalliberale Partei im norddeutschen Bundestag, im Reichstag und im preußischen Abgeordnetenhaus tätig. Er veröffentlichte diverse wissenschaftliche Abhandlungen, darunter auch kritische Beiträge zum Entwurf des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches.884 Hier zu nennen ist besonders sein Gegenentwurf zum Bürgerlichen Gesetzbuch.885 Mit dem ehelichen Güterrecht setzte er sich außerdem in einem Artikel auseinander, der im Archiv für Bürgerliches Recht 1888 veröffentlicht wurde.886 Bähr hatte dieses Unternehmen nach eigener Aussage vorwiegend nicht begonnen, um auf die materiellen Rechtsaussagen des Entwurfs zum ehelichen Güterrecht einzuwirken. „Was endlich das Materielle der Sache betrifft, so hat sich der Gegenentwurf so viel wie möglich dem Inhalte des Kommissionsentwurfs angeschlossen. Er soll in der That nur eine Umarbeitung des letzteren sein. Das schließt freilich nicht aus, daß in einzelnen Beziehungen auch Abweichungen vom Kommissionsentwurfe darin vertreten sind. Manches davon schien mir schon durch den Zweck größerer Vereinfachung des Rechtes geboten, welche doch ohne Zweifel auch ein Vorzug ist.“ 887

Während er aber das „Materielle“, wie er es nannte, unberührt ließ, versuchte er die juristische Gestaltung des Entwurfs zu verbessern. Seine Kritik in dieser Hinsicht ist sehr deutlich. Nach seiner Ansicht entbehrte der Entwurf „jeder Anschaulichkeit“; er bemängelte die Sprache des Entwurfs genauso, wie die Auftei883 Bähr, Güterrecht, S. 237; Lehmann, Ehefrau, S. 190 ff.; differenziert zu Bährs Position im Hinblick auf die Stellung der Frau: Lehmann, Ehefrau, S. 206 f. 884 Teichmann, Bähr, in: Allgemeine deutsche Biographie, 44. Band, S. 747 f.; siehe auch: Lehmann, Ehefrau, S. 186 ff. 885 Bähr, Gegenentwurf. 886 Bähr, Güterrecht, S. 233 ff. 887 Bähr, Güterrecht, S. 236.

§ 3 Der Gegenentwurf von Otto Bähr

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lung und die gewählte Verweisungstechnik.888 Außerdem sei die ganze Handhabung des Stoffes verfehlt. Dazu äußerte Bähr: „Der Kommissionsentwurf geht viel zu sehr ins Breite. Einerseits gestaltet er seine Sätze zu theoretisch, andererseits verfällt er wieder nicht selten in eine arge Kasuistik. Die Uebersichtlichkeit fehlt in dem Maße, daß ich, trotz aller Studien, bis zur Stunde bei manchen Fragen nicht habe ins Reine kommen können, wie der Entwurf dazu sich stellt.“ 889

Diese Fehler erkannte Bähr offenbar auch bei dem Vorschlag zu den Rechten am eingebrachten Gut, denn er veränderte und beschnitt den Umfang dieser Passage in seinem Gegenentwurf sehr deutlich. So versuchte er mit den §§ 17, 19 seines Entwurfs890, die §§ 1294, 1318–1323 und die §§ 1283, 1297, 1279 des Kommissionsentwurfes zu ersetzen.891 Nach Bähr sollten die §§ 1319–1322 des 888

Bähr, Güterrecht, S. 233 f. Bähr, Güterrecht, S. 235. 890 Aus dem Entwurf von Otto Bähr (statt dem Begriff „eingebrachtes Gut“ verwendet Bähr den Ausdruck „Frauengut“): § 17: Zum Verbrauche bestimmte Sachen des Frauenguts kann der Mann in eigenem Namen veräußern. Zur Veräußerung oder Belastung anderer Sachen, sofern sie nicht auf Grund rechtlicher Nothwendigkeit erfolgt, bedarf es der Zustimmung der Frau. Die aus der Veräußerung gewonnenen Beträge gehen in das Eigenthum des Mannes über und bilden bei der späteren Auseinandersetzung Forderungen des Frauenguts an das Vermögen des Mannes. Die Frau kann jedoch verlangen, daß solche Beträge, soweit sie nicht aus Sachen, die zum Verbrauche bestimmt waren, gewonnen sind, zur Anschaffung auf ihren Namen erworbener Ersatzstücke verwendet werden. § 19: Der Mann hat das Frauengut mit der Sorgfalt, die er seinem eigenen Vermögen zuwendet, zum Nutzen der Ehe zu verwalten. Er bezieht die Einkünfte und hat die Lasten desselben zu tragen. Der Frau steht eine Verfügung über das Frauengut nur mit Zustimmung des Mannes zu. (Bähr, Güterrecht, S. 23 f.). 891 Die Paragraphenangaben beziehen sich auf den Kommissionsentwurf (KE). Nach der synoptischen Darstellung von Mugdan sind diesen Ziffern die folgenden gesetzlichen Regelungen in der Fassung des BGB von 1900 zuzuordnen: § 1294 KE = § 1377 BGB a. F. § 1318 KE = § 1376 BGB a. F. § 1319 KE = § 1375, 1379 BGB a. F. § 1320 KE (gestrichen) Text des Kommissionsentwurfs: Wird ein Rechtsgeschäft zum Zwecke der ordnungsmässigen Verwaltung des Ehegutes erforderlich, so kann die Ehefrau von dem Ehemanne verlangen, dass dieser nach ihrer Wahl entweder als ihr Bevollmächtigter das Geschäft vornehme oder in dessen Vornahme durch sie selbst einwillige. § 1321 KE = § 1402 BGB a. F. § 1322 KE = § 1380 BGB a. F. § 1323 KE (gestrichen) Text des Kommissionsentwurfs: In Ansehung der Ehegutsgelder, welche nicht zur Bestreitung der für die ordnungsmäßige Verwaltung des Ehegutes erforderlichen, der Ehefrau zu Last fallenden Ausgaben nöthig sind, finden die Vorschriften des § 1034 entsprechende Anwendung. § 1283 KE = § 1363 BGB a. F. § 1297 KE = § 1384–1387 BGB a. F. 889

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

Kommissionsentwurfes komplett gestrichen werden, weil „sie ein ganzes System von Rechten schaffen, welche die Ehegatten wider einander haben, und die sie, wie man annehmen muß, im Sinne des Entwurfs auch durch gerichtliche Klagen verfolgen sollen. Ich kann mich nicht entschließen, solche Bestimmungen, die gewissermaßen die Ehegatten dazu führen, sich gegenseitig Prozesse anzuhängen, in das Gesetz aufzunehmen.“ 892 Diese starke Raffung hatte natürlich zwangsläufig zur Folge, dass einige Regelungsinhalte wegfielen, so etwa die Schutzvorschriften über die mündelsichere Geldanlage (§ 1377 II BGB a. F.); die Regelungen, in welchen Fällen die Genehmigung der Frau (§ 1375, 1379 BGB a. F.) oder die Einwilligung des Mannes (§ 1402 BGB a. F.) durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden kann und auch die explizite Regelung, welche Erhaltungskosten des eingebrachten Gutes der Mann zu tragen hat (§§ 1384–1387 BGB a. F.). Abgesehen davon schlug Bähr zwei materielle Änderungen vor. Zum einen hielt er es für sinnvoll, die negative Bestimmung des eingebrachten Gutes aufzugeben, nach der alles eingebrachte Gut ist, es sei denn, es wurde durch Gesetz oder Vertrag zum Vorbehaltsgut bestimmt (§§ 1363, 1365 BGB a. F.). Stattdessen wollte er den Umfang dieser Vermögensmasse positiv bestimmen893 (siehe § 15 seines Entwurfes)894. Zusätzlich gestand er der Frau das Recht zu, den Umfang des eingebrachten Gutes durch ein Bestandsregister rechtssicher zu dokumentieren.895 Die Stellungnahme von Bähr zu den Rechten am eingebrachten Gut ist gerade wegen seiner neutralen Haltung zum Inhalt des Entwurfs besonders interessant. Wesentliches Ziel Bährs war eine Vereinfachung des Entwurfs, die die Rechtsanwendung erleichtern sollte. Diese Zielsetzung veranlasste ihn zu einer besonders starken Umstrukturierung und Verkürzung der Regelungen zum eingebrachten § 1279 KE = § 1359 BGB a. F. (Mugdan, Die gesamten Materialien, Bd. 4 (Familienrecht), S. XIII ff.). 892 Bähr, Güterrecht, S. 244. 893 Bähr, Güterrecht, S. 242 f. 894 Aus dem Entwurf von Otto Bähr: § 15: Eingebrachtes Vermögen eines Ehegatten ist das Vermögen, das er zur Zeit der Eheschließung besitzt oder mit welchem er bei der Eheschließung von Anderen ausgestattet wird, ferner das Vermögen, welches er während der Ehe durch Erbfall, Schenkung oder Uebertragung an Erbes statt erwirbt. Ersatzstücke, welche für Gegenstände des eingebrachten Vermögens auf den Namen des betreffenden Ehegatten erworben werden, nehmen dieselbe rechtliche Natur an. (Bähr, Güterrecht, S. 243). 895 Aus dem Entwurf von Otto Bähr: § 16: Die Frau kann verlangen, daß der Bestand ihres eingebrachten Vermögens durch Aufnahme eines Verzeichnisses, dessen Richtigkeit der Mann durch Namensunterschrift anzuerkennen hat, festgestellt werde. Auf Verlangen der Frau ist die Unterschrift des Mannes zu beglaubigen. (Bähr, Güterrecht, S. 243).

§ 4 Die Verteidigung des Entwurfs

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Gut, was darauf hindeutet, dass auch Bähr die bereits von anderen Diskussionsteilnehmern kritisierte Zergliederung des Regelungsgegenstandes in Einzelansprüche ablehnte. Auf der Strecke blieben bei der Bearbeitung durch Bähr vor allem Regelungen, die Planck zum Schutz des weiblichen Vermögens eingeführt hatte, also explizite Beschränkungen des ehemännlichen Verwaltungsrechtes und Sicherungsrechte für das eingebrachte Gut. Gleichzeitig muss bei der Bewertung der Gegenvorschläge von Bähr festgestellt werden, dass er durch seine Straffungen und Streichungen erkennbar auf die überkommene Regelungstechnik zurückfiel. Dies zeigt sich besonders deutlich in dem Versuch, die Möglichkeiten zur gerichtlichen Auseinandersetzung unter den Ehepartnern zu minimieren. Das Gesicht des Güterstandes wurde so zwar vereinfacht, enthielt aber, wie bereits mehrfach dargelegt, erhebliche Risiken für die der ehelichen Gewalt des Ehemannes unterworfene Ehefrau.

§ 4 Die Verteidigung des Entwurfs Neben der Kritik an der Ausgestaltung der Nutznießungs- und Verwaltungsrechte gab es natürlich auch Stimmen, die sich gegenüber dem Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft grundsätzlich positiv äußerten.896 Explizit positive Äußerungen über die Ausgestaltung der Rechte am eingebrachten Gut sind jedoch bezeichnenderweise kaum vorhanden. Vielmehr bewegen sich die Kommentare der Verfechter des Entwurfs eher auf einer allgemeinen Ebene. Auch ist bemerkenswert, dass selbst Befürworter der Verwaltungsgemeinschaft sich nicht scheuten Kritik an der Ausgestaltung der ehemännlichen Rechte am eingebrachten Gut zu üben.897 Einzig und allein Planck unterstrich seine Überzeugung den richtigen Weg eingeschlagen zu haben mit einer ausführlichen Erwiderung auf die geäußerte Kritik.898 In dem Aufsatz, in dem er sich hauptsächlich mit der Kritik von Gierke und Brühl auseinandersetzte, verteidigte er ausdrücklich die juristische Gestaltung dieser Regelungen. Betreffend die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut stellte er sich der Behauptung Gierkes entgegen, sein Vorschlag führe von einem einheitlichen Recht an der Person der Frau zu einem unübersehbaren Sammelsurium von Rechten an dem Vermögen der Frau, ohne dass dieser Kunstgriff auf die rechtliche Situation der Ehegatten irgendeinen Effekt hätte. Dies verneinte er mit der Begründung, dass er ein einheitliches Recht des Mannes geschaffen habe, indem er das Vermögen der Frau durch rechtliche Fiktion zu einer Einheit zusam896 Klöppel, Familien- und Erbrecht, S. 343; Mitteis, Bemerkungen, S. 574; Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 3 f.; v. Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 74. 897 Schröder, Familiengüterrecht, S. 15 ff.; Mitteis, Bemerkungen, S. 582. 898 Planck, Zur Kritik, S. 344 ff.

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

mengefasst hatte. Dies glaubte er mit § 1293899 erreicht zu haben, in dem genau bestimmt werden sollte, was zu der Einheit des eingebrachten Gutes gehört. Mit dieser klaren Abgrenzung glaubte er den Rechten des Ehemannes eine einheitlichen Bezugspunkt gegeben zu haben. „Die Behauptung Gierke’s, daß der Entwurf dies verkannt und das einheitliche Recht des Ehemannes an dem Ehegute in Einzelrechte an den einzelnen Gegenständen zerstückelt habe, ist völlig unrichtig. Der Entwurf enthält allerdings nicht den theoretischen Lehrsatz, daß das Ehegut ein Vermögensinbegriff sei, aber er stellt im § 1293 den zur Erreichung des Zweckes erforderlichen Rechtssatz auf, indem er bestimmt, daß ein Gegenstand der ehelichen Nutznießung nur so lange unterliege, als er zum Ehegute gehöre. Vielleicht hätten, um jedem Mißverständnisse vorzubeugen, hinter dem Worte ,solange‘ noch die Worte ,und so weit‘ eingeschoben werden können. Damit ist klar ausgesprochen, daß das Recht des Ehemannes sich immer nur auf das jeweilige Vermögen der Ehefrau bezieht, daß also jeder Gegenstand, welcher aus dem Vermögen der Ehefrau ausscheidet, dem Rechte des Ehemannes entzogen, jeder Gegenstand, der in dasselbe eintritt, dem Rechte des Ehemannes unterworfen, jede Belastung oder sonstige Veränderung der zu dem Vermögen der Ehefrau gehörigen Gegenstände, auch das Recht des Ehemannes in entsprechender Art modificirt.“ 900

Daneben wandte er sich gegen die Behauptung Brühls, die Rechte des Mannes selbst seien zersplittert, womit wohl auf die Kritik Brühls betreffend die Trennung von Nutznießung und Verwaltung angespielt wurde. Planck setzte diesen Vorwurf Brühls in Zusammenhang mit der Forderung der Gegenseite, das Mundium, im Sinne eines Rechts an einer Person, als Richtlinie für das Handeln, als offenen Rechtsbegriff oder als Handlungsmaxime des ehelichen Verhältnisses im Güterstand zu belassen. Er deutete diese Kritik als eine Oppositionsbekundung zu seinem Versuch, die Rechte des Mannes im Gesetz genau festzuhalten, und damit eine gewisse Rechtssicherheit zu schaffen. Planck bewertete also die Forderungen seiner Gegner nach einheitlichen Rechten des Mannes am Ehegut als Ablehnung seines Ziels, für die Ehe Ansprüche und Rechte im Gesetz durch ausdrückliche Regelungen festzulegen. Nur dieses Vorhaben habe dazu geführt, dass im Gesetz unterschiedliche Rechte des Mannes am eingebrachten Gut geregelt werden mussten. Diese Rechte seien schon immer vorhanden gewesen, es habe nur an ihrer expliziten Regelung im Gesetz gefehlt. Durch die bloße ausdrückliche Regelung könne jedoch die Einheit nicht aufgehoben werden, schließlich würden die Rechte immer noch das eheherrliche Recht des Mannes als einheitliche Grundlage stützen. „Aber auch bei dem Nutzungsrechte an einem Vermögensinbegriff muß das Gesetz doch ergeben, welche Befugnisse und Pflichten der Berechtigte in Ansehung der je899 § 1293: „Ein Gegenstand unterliegt der ehelichen Nutzniessung nur so lange, als er zum Ehegute gehört.“ Die Vorschrift wurde nicht ins Gesetz aufgenommen. (Synoptische Darstellung bei Mugdan, Die gesamten Materialien, Band 4 (Familienrecht), S. XVIII). 900 Planck, Zur Kritik, S. 358.

§ 5 Ergebnis

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weilig zu dem Inbegriffe gehörigen einzelnen Gegenstände hat. Diese Rechte ergeben für sich allein zwar kein vollständiges Bild des Gesammtrechtes, aber sie bilden doch ein wesentliches Element desselben und bedürfen deshalb ebensogut der Bestimmung durch das Gesetz, wie die übrigen zur Ergänzung des Gesammtbildes dienenden . . . Vorschriften. Zweifelhaft mag sein, ob es erforderlich gewesen wäre, das Recht des Ehemannes an den einzelnen, jeweilig zum Ehegute gehörigen Gegenständen, wie dies durch die allgemeine Fassung des § 1292 geschehen ist, als ein dingliches zu charakterisiren und ob es, wie Brühl vorschlägt, nicht richtiger gewesen wäre, statt der directen nur die entsprechende Anwendung der Vorschriften über den Nießbrauch vorzuschreiben. Sachlich ist dies indessen ohne Bedeutung; denn das dem Ehemanne in Ansehung der einzelnen zum Ehegute jeweilig gehörenden Gegenstände zustehende Recht ist, wie das eheherrliche Recht selbst, als dessen Ausfluß es erscheint, jedenfalls ein absolutes Recht und hat als solches in der hier in Frage kommenden Beziehung dieselben Wirkungen wie ein dingliches Recht.“ 901

Auch die Regelung der Verwaltungsrechtes verteidigte Planck. Hier lehnte er sich an die bereits im Entwurf vorgebrachte Absicht, die Stellung der Frau verbessern zu wollen, an, indem er die Beschränkung der Geschäftsfähigkeit aufhob902 und das Verwaltungsrecht des Mannes einschränkte.903 Er hielt ebenfalls an den Begründung des Verwaltungsrechtes als Stütze des Rechtes auf Nutznießung fest. So konstatierte er, das erstere sei nur deshalb installiert worden, weil sonst das letztere „illusorisch gemacht werden könnte.“ 904

§ 5 Ergebnis Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut sind das Kernstück des Planckschen Güterstandes, das die Verwaltungsgemeinschaft von der Gütertrennung unterscheidet. Mit diesen Vorschriften wurde die Grundlage geschaffen, die Frau nach der Abschaffung des Mundiums in der vom Mann abhängigen und untergeordneten Stellung zu halten. Daher kann man im Ergebnis der Aussage zustimmen, dass die Nutznießungs- und Verwaltungsrechte am eingebrachten Gut die Aufgabe des Mundiums in vermögensrechtlicher Hinsicht übernahmen. Es verwundert folglich nicht dieselben Parteien wiederzufinden, die bereits bei der Diskussion um das Mundiums versuchten, den Entwurf in ihrem Sinne zu beeinflussen. So stritten auch hier diejenigen, die die Erhaltung des Mundiums forderten, mit den Verfechtern der Frauenrechte. Und wie auch bei früherer Gelegenheit festgestellt, stand Planck in der Mitte zwischen diesen Parteien und versuchte einen Kompromiss zwischen den beiden Extremen zu finden. Vielmehr als die vermittelnde Position Plancks fällt ins Auge, dass er in seiner Erwiderung auf die 901 902 903 904

Planck, Zur Kritik, S. Planck, Zur Kritik, S. Planck, Zur Kritik, S. Planck, Zur Kritik, S.

359 f. 361 f. 361. 360.

362

3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

Kritik an seinem Entwurf, in einem Artikel von erheblichem Umfang, nur auf die Einwendungen der konservativen Seite einging. Die Forderungen der Frauenbewegung und ihrer Mitstreiter verhallten dagegen ungehört. Doch nicht nur dieses Schweigen zeigt, wie überwältigend die Macht der konservativen Mehrheit war. Vielmehr wird dies auch deutlich in den Anpassungen des Entwurfs, die auf deren Anregungen hin, in den Güterstand aufgenommen wurden. Als erneuter Beweis für das oben bereits dargestellte Kräfteverhältnis (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, B. und § 4) dokumentiert diese Nichtbeachtung die unbedeutende Stellung der kleinen Minderheit der Vertreter Frauenrechte. Trotz dieser vorsätzlichen Verengung des Meinungsspektrums kann man aus der Diskussion Plancks mit seinen konservativen Gegnern einige Erkenntnisse gewinnen, die die Probleme Plancks bei der Regelung der Rechte am eingebrachten Gut verständlich machen. Tatsächlich scheint man sich bei der Diskussion um das eheliche Güterrecht im Kreis zu drehen. Planck propagierte auch nach der Kritik seiner Gegner immer noch das Ziel, die Stellung der Frau in der Ehe zu heben, und ihr Vermögen besser abzusichern. Gleichzeitig wollte er die überkommene Kompetenzverteilung in der Ehe abbilden und verfestigen. Die Argumentation seiner Gegner ist unterschiedlich, ja auf den ersten Blick sogar widersprüchlich. Und doch lässt sich die Kritik auf einen gemeinsamen Ursprung zurückführen. Zum einen werde, wie Schröder oder Mitteis es vertreten, durch den Güterstand die Position des Mannes geschwächt; gleichzeitig bescheinigen Gierke und Brühl Planck, dass er durch seine Regelungen die Position der Frau keineswegs gestärkt habe. Allen konservativen Gegnern gemeinsam ist die Kritik, dass sich durch die Regelungen Plancks der Güterstand kompliziert habe, die Rechte zersplittert worden wären und in der Anwendung, vor allem im Verhältnis der Ehegatten zu Dritten, wie im Zusammenspiel mit anderen Rechtsbereichen, erhebliche Probleme zu befürchten seien. Auch die durch Bähr, der eher eine neutrale Position zu den Inhalten von Plancks Entwurf bezog, vorgeschlagenen Änderungen deuten in diese Richtung. Diese Kritik und die Erwiderung Plancks lassen sich auf einen Nenner bringen, wenn man bedenkt, dass der Entwurf insofern einen Neubeginn in der Rechtswissenschaft bedeutete, als er versuchte aus einem eher biblisch strukturierten Recht, das sich im Wesentlichen auf die Integrität des Rechtsträgers gründete, ein modernes Gesetz zu machen, in dem Rechte und Pflichten ausdrücklich normiert sein sollten. Die Verwaltungsgemeinschaft beruhte im historischen Recht auf dem Mundium, dem Recht an einer Person. Diese Vormundschaft enthielt eine Vielzahl von Verhaltensmaßregeln, die sehr einfach zusammengefasst werden konnten, weil man dem Mann weitgehende Rechte zuwies in der Beurteilung der konkreten Situationen. Statt Pflichten und Rechte ausdrücklich zu regeln, konnte man sich so darauf beschränken, kompetenzverteilende Generalklauseln zu schaffen

§ 5 Ergebnis

363

und vom Einzelfall unabhängige Verhaltensmaßregeln für den Gebrauch der Rechte aufzustellen. Eine Konkretisierung aber musste nur so weit erfolgen, wie dies gewünscht wurde, weil man für die restlichen Fallgestaltungen ja auf den Ehemann als Entscheider zurückgreifen konnte. Die Änderungen Plancks verfolgten nun das Ziel, die Rechte und Pflichten des Ehemannes im Gesetz zu normieren. Die Gesetzgebung sollte eine positiv-rechtliche Regelung schaffen, durch die ausdrückliche und einklagbare Ansprüche der Ehepartner entstehen sollten. Er wollte die reinen Verhaltensmaßregeln abschaffen und zu einer Regelung gelangen, die nach objektiven Maßstäben juristisch überprüfbare Ansprüche bieten sollte (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel). Durch diese Maßnahme glaubte Planck tatsächlich, die Stellung der Frau verbessern zu können. Schließlich ist eine klare Eingrenzung der Rechte und Pflichten einer übergeordneten Person ein Schutz für den Untergeordneten, weil dieser dadurch die Möglichkeit hat, seinen eigenen eingegrenzten Bereich zu schützen und zu verteidigen. Im Vergleich dazu birgt das Entscheidungsrecht eines Übergeordneten, der nur an eine Verhaltensmaßregel gebunden ist, eine wesentlich größere Gefahr der Willkür, weil seine konkreten Entscheidungen nicht objektiv nachprüfbar sind. Auf dieser Grundlage lassen sich Plancks Forderungen nach Gleichberechtigung der Frau und Erhaltung der Stellung des Mannes durchaus zusammenführen. Er glaubte an die Kompetenzverteilung in der Ehe, so wie sie der damaligen gesellschaftlichen Norm entsprach. Aber er glaubte auch die Frau dadurch schützen zu müssen, dass er im Gesetz klare Normen schuf, die der Willkür des Ehemannes ein Ende bereiten sollten. Zwar hatte er sich nicht von der Vorstellung verabschiedet, der Mann werde mit der ihm übergebenen Gewalt über seine Frau in gewissenhafter Weise umgehen. Für den überwiegenden Teil der Ehen bejahte er weiterhin dieses gesellschaftliche Ideal. Doch hatte er sich nicht der Erkenntnis verschlossen, dass es auch andere Ehen geben könnte und dass das Gesetz vor allem die Aufgabe habe, in diesen Ehen klare Verhältnisse zu schaffen. Vor diesem Hintergrund wird nun auch die Kritik der konservativen Gegner Plancks begreifbar. Tatsächlich wurde die Position des Mannes geschwächt und seine Rechte zersplittert. Er wurde in seinen Entscheidungen nicht mehr an Werte gebunden, sondern an klare Regeln für den Umgang mit dem Vermögen seiner Frau. Diese Rechte mussten, da sie objektiv nachvollziehbar sein sollten, in verschiedenen Einzelrechte aufgesplittet werden, um regelbar zu sein. Auf der anderen Seite erhielt dadurch die Frau in der Ehe nicht wesentlich mehr Rechte, als ihr vorher bereits zustanden, weil Planck ja die gesellschaftliche Situation der Frau in dieser Zeit abbilden wollte. Ihre Sicherung sollte auf einer anderen Ebene liegen. Sie sollte keine andere Position erhalten, sondern nur geschützt werden, wenn sich ihr Ehemann nicht als der ideale Gatte erwies und sich nicht an die aufgestellten Verhaltensmaßregeln gebunden fühlte. Nun stellt sich die Frage, warum dieser Versuch Plancks fehlschlug. Warum gelang es ihm nicht, die Frau auf die von ihm vorgesehene Weise zu schützen.

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3. Teil, 5. Kap.: Die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut

Die Antwort ist, dass er sich und der gesetzlichen Regelung zu viel zugemutet hatte. Der Vorteil, den das Mundium und alle Regelungen, die die Entscheidungen Personen zuweisen, und sich damit begnügen Verhaltensmaßregeln aufzustellen, auf ihrer Seite haben, ist, dass sich durch diese Methode komplizierte Rechtsverhältnisse zwischen Personen auf eine einfache Art und Weise regeln lassen. Planck aber wollte die ehelichen Verhältnisse, die aus der Vormundschaft des Mannes entstanden waren, in rechtliche Schablonen gießen, die für den Einzelfall konkrete Lösungen vorgeben sollten. Jedoch war diese umfassende Rechtsbeziehung zwischen den Ehegatten, mit zersplitterten Kompetenzen an unterschiedlichen Vermögensmassen nicht erfassbar. Die Fallgestaltungen waren zu komplex und die Anforderungen an die Rechteaufteilung zwischen Mann und Frau zu hoch, als dass eine klare, einfache, und auch für den einfachen Bürger nachvollziehbare Regelung hätte geschaffen werden können. Eine solche wäre aber für die Möglichkeit der Frauen ihre Rechte auch verteidigen zu können eine Grundvoraussetzung gewesen. Stattdessen führten die komplexen Regelungen, die vor allem das Verwaltungsrecht des Ehemannes kennzeichneten, dazu, dass der Ehemann, bei einer Beachtung der Regeln tatsächlich Probleme bei der ihm anvertrauen Aufgabe gehabt haben dürfte. Im umgekehrten Fall der Nichtbeachtung dieser Regeln erlangten die Frauen aber nicht mehr Rechte. Der Hauptgrund dafür liegt in der Beschränkung der gerichtlichen Durchsetzbarkeit der Rechte gegen den Ehemann, solange das eingebrachte Gut seiner Verwaltung und Nutznießung unterworfen war. Daneben sind auch die tatsächlichen Umstände zu beachten, die eine Durchsetzung der von Planck vorgesehenen Schutzrechte weitgehend unmöglich machten. Hier sind die psychologischen Schranken ebenso zu nennen, wie die Komplexität der Vorschriften, die für viele Frau bereits eine Kenntnis ihrer Rechtspositionen unmöglich gemacht haben dürfte. Schließlich sollte wohl noch darauf hingewiesen werden, dass Planck, darüber hinaus in vielen Bereichen seines Entwurfs gezwungen war, trotz der komplexen und zahlreichen Regelungen auf Generalklauseln zurückzugreifen, was einen Rückfall in die oben geschilderten ursprünglichen Probleme bewirkte (§ 1391 BGB a. F.). Der Fehler den Planck bei der Regelung der Verwaltungs- und Nutznießungsrechte gemacht hatte, war, dass er die festzustellenden ehelichen Verhältnisse nicht vereinfacht hatte, indem er eine klare Trennung der Vermögensmassen zugrundelegte. Die Wertungen und Kompetenzverteilungen der historischen Verwaltungsgemeinschaft konnten unter der Maßgabe Plancks einer positiv rechtlichen Normierung von Rechten und Pflichten, nicht aufrecht erhalten werden. Und so muss Gierke und den anderen konservativen Gegnern Plancks zumindest insofern recht gegeben werden, als die Verwaltungsgemeinschaft tatsächlich nicht geeignet war, um auf einer anderen Grundlage als dem Mundium aufgebaut zu werden. Planck befand sich in dem Dilemma, dass er die gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit abbilden und verfestigen und gleichzeitig Rechte und Pflichten der

§ 1 Die Hintergründe der Regelung

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Ehegatten im Gesetz ausdrücklich regeln wollte. Und aus diesem Zwiespalt entstand die Regelung des BGB. Der einzige und richtige Ausweg aus dieser Lage wäre gewesen, den Forderungen der Frauenbewegung und ihrer Mitstreiter Gehör zu schenken und einen radikalen Wechseln bereits bei der Wahl des Güterrechtes zu vollziehen. Eine solche Maßnahme hätte die Regelung der ehelichen Verhältnisse wesentlich vereinfacht. Da Planck, wie der Rest der Rechtswissenschaft diesen Schritt aber nicht wagen wollte, musste er die, teilweise sicher berechtigte Kritik aus dem konservativen Lager hinnehmen. Die Probleme und die Unwägbarkeiten, welche Plancks Regelung, vor allem im Zusammenspiel mit anderen Rechten verursachte, sind sicher nicht übertrieben. Sie sind eine Warnung dafür, dass man eine explizite und ideale Rechteverteilung im Gesetz für eine derart intime Beziehung wie die Ehe nicht festlegen kann. Das Gesetz kann in diesem Bereich immer nur eine Grundlage für die Aufteilung des Vermögens bei Auflösung der Ehe bieten. Das Verhalten der Ehegatten während der Ehe regeln zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt. Diese Erkenntnis propagierte zwar auch Planck, da er jedoch die historische Bevorzugung des Mannes nicht aufgeben wollte, gelangte er unausweichlich zu der Notwendigkeit, die Frau während der Ehe zu schützen. Dieser Knoten hätte nur gelöst werden können, wenn man die Frau nicht nur nominal aus der Vormundschaft des Ehemannes entlassen und die Beschränkungen, die auf ihrem Vermögen lagen, völlig aufgehoben hätte.

6. Kapitel

Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut (§ 1367 BGB a. F.) § 1 Die Hintergründe der Regelung A. Die Verwertung der weiblichen Arbeitskraft Neben der Sorge um die Aufteilung und Sicherung des weiblichen Vermögens existierte noch eine weitere, bei der Gestaltung des Güterrechts zu berücksichtigende Eigenschaft der Frau, die zu einer Vermögensbildung führen konnte – die Arbeitskraft der Frau. Auch über die Verwertung der Arbeitskraft und die Aufteilung, der durch die Frau erwirtschafteten Vermögenswerte, machte sich der Entwurf und später der Reichstag Gedanken. Dabei ging man zunächst von dem folgenden Ausgangspunkt aus: „Der Grundgedanke des Systemes der Verwaltungsgemeinschaft, nach welchem die ehelichen Lasten zwar vom Manne allein getragen werden sollen, ihm dafür aber der Ertrag des beiderseitigen Vermögens und der beiderseitigen Arbeit überwiesen wird, scheint auf den ersten Blick dahin führen zu müssen, den durch die Arbeit und den Fleiß der Frau gemachten Erwerb unterschiedslos dem Manne zuzuweisen. In der

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3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

That ist dies auch der Standpunkt des Sachsenspiegels. Auch für das heutige gemeine deutsche Recht wird, wenigstens als Regel, angenommen, daß die Frau Alles, was sie in solcher Art erwirbt, dem Manne erwirbt . . .“ 905

Unter Zugrundelegung der historischen Gestalt der Verwaltungsgemeinschaft ging man von einer Zuweisung der Erträge, die die Ehefrau unter Einsatz ihrer Arbeitskraft erwirtschaftet hatte, in das Vermögen des Ehemannes aus. Dieser Aufteilung lag die Vorstellung zugrunde, dass die Tätigkeit der Frau sich auf den Haushalt und das Geschäft des Mannes beschränke, wie dies im Allgemeinen für die Zeit des Sachsenspiegels angenommen wurde. Für die damaligen Verhältnisse hielt man aus diesem Grund den Satz, dass der Ertrag der Arbeit, wie des Vermögens der Frau, dem Manne zufalle, für durchaus gerechtfertigt.906 Der Entwurf übernahm aus diesem überkommenen Verständnis sowohl die Verpflichtung der Frau diese Arbeiten auszuführen, als auch die Zuordnung der Erträge dieser Tätigkeit in das Vermögen des Mannes, wie die Regelung des § 1275 (Gesetzesfassung § 1356 BGB a. F.)907 belegt. Der Ertrag aus solcher Arbeit sollte auch weiterhin dem Ehemann zufallen, wie Planck in den Erläuterungen zum Entwurf darlegte: „Die Frau ist verpflichtet, dem Hauswesen vorzustehen, und soweit dies standesgemäß üblich, häusliche Arbeiten zu leisten und im Geschäfte des Mannes zu helfen. Was durch diese Thätigkeit gewonnen wird, fällt dem Manne in derselben Art und nach denselben Grundsätzen zu, wie ihm das von andern in seinem Hause oder Geschäfte verwandten Gehülfen Erworbene zufällt.“ 908

Die Zuweisung selbstständigen Erwerbs der Frau in das Vorbehaltsgut der Frau, die vielfach als große Neuerung zur Stärkung der Frauenrechte gepriesen wurde, ist nur eine scheinbare Abweichung vom historischen Recht. Vielmehr beruhte sie auf einer Erweiterung des Regelungsbereiches. Denn durch die wirtschaftliche Entwicklung wurde die selbstständige Arbeit der Frau in immer mehr Erwerbszweigen erst ermöglicht. Diese Änderung der tatsächlichen Umstände machte ein neues Urteil über die der Frau erworbenen Vermögenswerte notwendig, während sich aber an dem Idealbild des „wahren“ Berufes der Frau, wie oben dargelegt (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, A.), nichts änderte. B. Zusammenfassung der vorgesehenen Neuerungen im Entwurf I. Die Erweiterung des Vorbehaltsgutes

Der ursprüngliche Entwurf sah eine Erweiterung des Vorbehaltsgutes in § 82 vor (Gesetzesfassung § 1367 BGB a. F.): 905 906 907 908

Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 95. Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 96. Mugdan, Die gesamten Materialien, Bd. 4 (Familienrecht), S. XIII. Planck, Vorentwürfe, S. 539; Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 96.

§ 1 Die Hintergründe der Regelung

367

„Vorbehaltsgut wird ferner, was die Ehefrau in einem von ihr selbstständig betriebenen Erwerbsgeschäft oder sonst durch ihre Arbeit erwirbt, sofern dieselbe nicht unter die Bestimmung des zweiten Absatzes des § 69909 fällt.“ 910

Wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel), stand auch diese Vorschrift im Zusammenhang mit den Bemühungen Plancks um eine gerechte Verteilung der ehelichen Lasten. Die Frau erfüllte diese Verpflichtung in der Vorstellung Plancks durch die Überlassung ihres eingebrachten Vermögens und die Verrichtung ihrer Pflichten im Haus und Geschäft des Mannes. Alle anderen selbstständigen Arbeiten lagen für Planck außerhalb ihres eigentlichen Beschäftigungsfeldes. Da die Frau mit der selbstständigen Tätigkeit, nach diesem Verständnis, über ihre eheliche Verpflichtung hinaus arbeitete, sollte sie den Ertrag dieser Arbeiten auch selbst behalten dürfen.911 Deshalb erstreckte Planck die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den selbstständigen Arbeitserwerb der Frau und teilte ihr so die Entscheidungsbefugnis über das auf diese Weise Erworbene zu.912 Planck berief sich zur weiteren Rechtfertigung dieser Neuerung auf die veränderten wirtschaftlichen Umstände und deutete damit selbst an, dass es sich bei dieser Vorschrift weniger um eine materielle Verbesserung des bestehenden Rechts zugunsten der Frau, als um eine durch die gesellschaftlichen Veränderungen notwendig gewordene ergänzende Regelung handelte.913 Planck betonte gleichzeitig, dass er mit dieser Regelung dem Drängen der Frauen nach größerer Selbstständigkeit nachgekommen sei.914 II. Die Wechselwirkung mit § 1358 BGB a. F.

Wie oben bereits dargestellt (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 2, A.), versuchte Planck die Auswirkungen dieser Vorschrift auf verschiedene Art und Weise herunterzuspielen. Die extremste Möglichkeit zur Umgehung dieser Vorschrift, die er in diesem Zusammenhang den Ehemännern nahelegte, war die Ausnutzung der Wechselwirkungen zwischen § 1367 BGB a. F. und § 1358 BGB a. F.915. Durch die Beschränkung der Frauen, die diese Vorschrift bei der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit enthielt, glaubte Planck für die Ehemänner eine Möglichkeit geschaffen zu haben, durch die sie mittelbar auf den Erwerb der Frau durch selbstständige Arbeit zugreifen konnten. Nach dem Entwurf Plancks war die Ehe909 Der zweite Absatz des § 69 (Gesetzesfassung § 1356 BGB a. F.) lautete: „Zu häuslichen Arbeiten und zur Hülfeleistung im Geschäfte des Ehemannes ist sie, soweit dies standesmäßig üblich, verpflichtet.“ (Planck, Vorentwürfe, S. 14) 910 Planck, Vorentwürfe, S. 17. 911 Planck, Vorentwürfe, S. 540. 912 Planck, Vorentwürfe, S. 539. 913 Planck, Vorentwürfe, S. 539; siehe auch: Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 174. 914 Planck, Vorentwürfe, S. 541. 915 Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, S. 754; § 71 im Entwurf Plancks (Planck, Vorentwürfe, S. 14) und § 1341 in der Vorlage des Reichstages.

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3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

frau wegen § 1358 BGB a. F., wollte sie überhaupt eine selbstständige Tätigkeit ausüben, von der Zustimmung und damit von dem Wohlwollen des Mannes abhängig. Der § 71 des Entwurfs lautete: „Die Ehefrau bedarf zu Rechtsgeschäften, durch welche sie sich zu einer persönlichen Dienstleistung verpflichtet, der Genehmigung des Ehemannes. Die Genehmigung ist nicht erforderlich, wenn die Einholung derselben wegen längerer Abwesenheit oder Krankheit des Ehemannes nicht erfolgen kann oder derselbe unter Vormundschaft steht. Rechtsgeschäfte der vorbezeichneten Art, welche der erforderlichen Genehmigung des Ehemannes entbehren, sind anfechtbar. Die Anfechtung steht nur dem Ehemanne zu. Das Anfechtungsrecht kann, wenn aus zureichenden Gründen die häusliche Gemeinschaft aufgehoben ist, während dieser Zeit nicht ausgeübt werden und fällt mit Auflösung der Ehe gänzlich weg.“ 916

So gehörte zwar dasjenige, was die Frau aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit oder der Führung eines eigenständigen Gewerbes erwirtschaftete, zum Vorbehaltsgut, jedoch konnte der Mann gemäß § 1358 BGB a. F. unter bestimmten Voraussetzungen das Arbeitsverhältnis der Frau anfechten und damit untersagen. Im Hinblick auf diese Rechtslage gab Planck selbst den Ehemännern folgenden Rat: „. . .; denn da die Ehefrau ohne die Einwilligung des Ehemannes sich zu persönlichen Dienstleistungen wirksam nicht verpflichten kann . . . und ein Erwerbsgeschäft nicht betreiben darf, wenn der Betrieb eines solchen mit den ihr auf Grund der ehelichen Gemeinschaft gegenüber dem Ehemanne obliegenden Pflichten nicht vereinbar ist . . ., so hat der Ehemann es in der Regel in der Hand, den eigenen Erwerb der Ehefrau durch ihre Arbeit zu verhindern bezw. seine Einwilligung davon abhängig zu machen, daß der Erwerb der Ehefrau durch ihre Arbeit ganz oder zum Theil ihm oder dem Ehegute zufalle. Zudem wird bei normalen Verhältnissen thatsächlich im Leben die Ehefrau ohnehin den Erwerb der hier fraglichen Art regelmäßig entweder selbst in die häusliche Wirthschaft verwenden oder zu diesem Zwecke dem Ehemanne überlassen.“ 917

Die Einschränkung des § 1358 BGB a. F. macht zweierlei deutlich. Zum einen baute Planck bewusst Druckmittel zugunsten der Ehemänner in den Entwurf ein, die es ihnen ermöglichen sollten, bei Bedarf auf das der Frau vorbehaltene Vermögen zuzugreifen. Zum anderen kam durch diese Einschränkung die überkommene Ansicht zum Ausdruck, dass der wahre Beruf der Frau im Bereich der häuslichen Arbeit liege. Daher schien es Planck notwendig die Geschäftsfähigkeit der Frau beim Abschluss von Arbeitsverträgen für den Fall einzuschränken, dass der Mann die Pflichten der Frau im häuslichen Bereich vernachlässigt glaubte. Im Bezug auf die geschilderte mittelbare Einschränkung durch § 1358

916 917

Planck, Vorentwürfe, S. 14. Motive, Bd. IV, Familienrecht, S. 175 f.

§ 1 Die Hintergründe der Regelung

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BGB a. F. wurden die Pläne Plancks aber vom Reichstag mit einer bedeutsamen Abänderung des Entwurfs durchkreuzt. C. Die Änderung des Entwurfs im Reichstag Der Entwurf Plancks sah vor, dass der Ehemann Rechtsverhältnisse, die seine Frau eingegangen war und die sie zu einer persönlichen Leistung verpflichteten, anfechten konnte, wenn er nicht zuvor eingewilligt hatte. Diese Gestaltung wurde vom Reichstag zuungunsten der Ehemänner abgeändert. Nach der Vorschrift, die als § 1358 BGB a. F. ins Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen wurde, musste der Ehemann, bevor er das Arbeitsverhältnis seiner Frau kündigen konnte, die Ermächtigung des Vormundschaftsgerichts einholen. Das Vormundschaftsgericht hatte diese Ermächtigung nur zu erteilen, wenn es der Ansicht war, dass die Frau ihre häuslichen Pflichten vernachlässigte. Die Ersetzung der Einwilligung des Ehemannes durch das Vormundschaftsgericht sollte auf Antrag der Frau nach § 1358 II BGB a. F. gleichzeitig möglich sein. Wörtlich lautete § 1358 BGB a. F.: „Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn er auf seinen Antrag von dem Vormundschaftsgericht dazu ermächtigt worden ist. Das Vormundschaftsgericht hat die Ermächtigung zu ertheilen, wenn sich ergiebt, daß die Thätigkeit der Frau die ehelichen Interessen beeinträchtigt. Das Kündigungsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Mann der Verpflichtung zugestimmt hat oder seine Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt worden ist. . . .“

Diese Änderungen kamen erst durch einen langwierigen Streit im Reichstag und den Reichstagskommissionen zustande. In erster Lesung wurde der entscheidende Antrag eingebracht, der im Kern forderte, dass der Mann die Befugnis zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses der Frau nur dann haben sollte, wenn er zuvor vom Vormundschaftsgericht dazu ermächtigt worden war.918 Der Antrag wurde folgendermaßen begründet: Der Vorschlag des Entwurfs sei Ausdruck eines patriarchalischen Ehebildes, das, vor allem in den industriellen Kreisen der Arbeiter, oft nicht mehr mit den tatsächlichen Verhältnissen vereinbar sei. In vielen Fällen verschulde der Mann die Zerrüttung der Ehe und die Frau, als das konservative Element, müsse sich um die Erhaltung der Kinder kümmern. Daher sei eine solche Beschränkung der Frau, die sie in ihrer Berufstätigkeit treffe, nicht statthaft. Schließlich sei die patriarchalische Struktur der Ehe bereits vielerorts geschwunden und in solchen Fällen könne es „nur von Uebel sein, wenn man sich nicht auf den Boden der thatsächlichen Verhältnisse stelle, sondern eine 918

Bachem in Bericht der Reichstags-Kommission, S. 224 (zu § 1341).

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3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

ideale Ordnung aufrecht zu erhalten bestrebt sei, wo doch die Entwicklung der Zeit über dieselbe hinweggegangen sei.“ 919 Mit dem Antrag wurde die Absicht verfolgt, der Frau eine freiere Stellung gegenüber dem Ehemann zu verschaffen, indem man diesen zwang, wenn er der Frau die selbstständige Arbeit untersagen wollte, die Initiative vor Gericht zu ergreifen. „Das Recht der Frau sei nur ein halbes Recht, wenn man dem Manne die Befugniß gebe, dasselbe ohne Weiteres aufzuheben. Wollte man überhaupt der Frau ein Recht geben, dann solle man ihr ein ganzes Recht geben; dann müsse dieses Recht so lange bestehen, bis auf Anrufen des Mannes das Vormundschaftsgericht aus sorgfältig geprüften Gründen dasselbe beseitige.“ 920

Von den Mitgliedern der Kommission des Reichstages wurde der Änderungsvorschlag verteidigt. Sie stellten sich auf den Standpunkt, „dass der Mann in der Ehe nicht mehr Rechte haben könne als die Frau. Die volle Gleichberechtigung beider Theile müsse dazu führen, daß der Mann ebensowenig der Frau die Ausübung eines Berufs untersagen könne wie die Frau dem Manne.“ 921 Der Vorschlag der Kommission war nicht unumstritten. Die Regierungsvertreter bemerkten dazu, dass er zu schweren Nachteilen für den Mann führen könne, während der Vorschlag des Entwurfs eine gerechte Lastenverteilung zwischen Mann und Frau enthalte.922 Speziell die notwendige Ermächtigung des Mannes zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Frau wurde von Dritter Seite skeptisch betrachtet: „Von anderer Seite wurde entgegnet, die Annahme dieses Abänderungsantrags würde zu sehr sonderbaren Resultaten führen. Alsdann könne die Frau z. B. ohne Weiteres auf die Bühne gehen, ohne daß der Mann das hindern könne. Dann müsse der Mann sich erst an das Vormundschaftsgericht wenden und abwarten, ob das Vormundschaftsgericht es für gerathen finde, der Frau diese Bühnenthätigkeit zu untersagen. Inzwischen müsse der Mann es ruhig ansehen, daß seine Frau auf der Bühne thätig sei, was doch unseren sozialen Verhältnissen gar nicht entspreche und den Interessen der Familie vielfach außerordentlich zuwiderlaufen werde.“ 923

Die Abstimmung über diese Vorschrift im Reichstag erfolgte in der 114. Sitzung am Donnerstag, den 25. Juni 1896. Es wurden nochmals Bedenken von dem Abgeordneten Stadthagen vorgetragen, die dahin gingen, dass die von der Kommission vorgesehene Verschiebung zugunsten der Frauen nicht ausreichend sei. Diese würde zwar eine erhebliche Verbesserung bedeuten, aber nur eine Streichung des betreffenden Paragrafen würde der Gleichberechtigung der Geschlechter entsprechen. Anderenfalls müsse die Frau auch das Recht erhalten,

919 920 921 922 923

Bachem in Bericht der Reichstags-Kommission, S. Bachem in Bericht der Reichstags-Kommission, S. Bachem in Bericht der Reichstags-Kommission, S. Bachem in Bericht der Reichstags-Kommission, S. Bachem in Bericht der Reichstags-Kommission, S.

224 (zu § 1341). 224 f. (zu § 1341). 225 (zu § 1341). 225 f. (zu § 1341). 226 (zu § 1341).

§ 2 Die Diskussion des § 1367 BGB a. F. in der Rechtswissenschaft

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das Arbeitsverhältnis des Mannes unter den beschlossenen Voraussetzungen zu kündigen, was er wohl selbst für undurchführbar hielt. „Meine Herren, diese Konsequenz haben Sie nicht gezogen, konnten Sie nicht ziehen, weil thatsächlich nicht die reine eheliche Gesinnung der Gleichberechtigung, sondern der Gedanke der Gewalthabers gegenüber der Frau, wenn auch in minderem Maße als in anderen Gesetzgebungen, immer noch den Entwurf durchzieht und nur dies den § 1341 schaffen konnte. Ich bitte dringend mindestens um Annahme des Streichens bezüglich des § 1341, eines Paragraphen, der nur geeignet sein kann, zu unangenehmen gerichtlichen Auseinandersetzungen zu führen, und der im übrigen ausdrückt die unterthänige, die botmäßige Stellung der Ehefrau in einer Art und Weise, wie sie ungerechtfertigt wäre gegenüber den Darlegungen, die der verehrte Herr Regierungsvertreter über das Wesen der Ehe gemacht hat.“ 924

Der Abgeordnete Stadthagen konnte sich mit seinem Antrag nicht durchsetzen. Der Vorschlag der Kommission zum § 1341 (Gesetzesfassung § 1358 BGB a. F.) wurde mit Mehrheit angenommen.925 Auch wenn die Abänderung des Entwurfs, insofern ist Stadthagen recht zu geben, das Ziel der vollen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau nicht auszudrücken vermochte, wurde die Position der Frauen insofern gestärkt, als dass sie bezüglich ihres Vorbehaltsgutes eine stärkere Position erhielten. Durch die Änderung wurde dem Ehemann die Möglichkeit entzogen, ein Arbeitsverhältnis unmittelbar, sogar ohne Kenntnis der Frau und ohne zeitlichen Aufschub, beim Vertragspartner zu kündigen. Jetzt musste er sich vor der Auflösung nicht nur mit der Ehefrau auseinandersetzen, sondern er war gezwungen, den Weg zu einem unabhängigen Gericht anzutreten und dieses zu überzeugen, dass eine Notwendigkeit zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses bestand. Der Druck den der Ehemann so auf die Frau, bezüglich der Beteiligung an ihrem selbstständigen Arbeitserwerb ausüben konnte, dürfte wegen der hohen Hürden, die der Mann nehmen musste, kaum noch existent gewesen sein.

§ 2 Die Diskussion des § 1367 BGB a. F. in der Rechtswissenschaft Auch die Zuweisung des Arbeitserwerbes in das Vorbehaltsgut wurde in der Rechtswissenschaft kontrovers diskutiert. Von einigen wurde diese Vorschrift als die wichtigste Neuerung zugunsten der Frauen aufgefasst.926 Kritisch äußerten 924 Stadthagen, Berathung im Reichstage, S. 554 (114. Sitzung des Reichstags am Donnerstag, den 25. Juni 1896). 925 Berathung im Reichstage, S. 555 (114. Sitzung des Reichstags am Donnerstag, den 25. Juni 1896). 926 Planck, Stellung, S. 19; Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 17; Wolff, in: Kipp/ Wolff, Lehrbuch, Familienrecht, S. 172; Scheuerer, Deutsches Privatrecht, S. 398; siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 99; Malsbenden, Stellung, S. 68.

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3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

sich dazu Gierke und Brühl. Teilweise Zustimmung, aber auch einige Vorbehalte, hatte Weber zur Diskussion beizutragen. A. Otto von Gierke Wie oben bereits dargestellt (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. II. 3. c)), wandte sich Gierke gegen die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den selbstständigen Erwerb der Frau. Unter den Neuerungen, die zugunsten der Frauen eingeführt wurden, erregte der Entwurf des späteren § 1367 BGB a. F. und vor allem, die von Planck nahegelegte Ausnutzung der Wechselwirkung mit § 82 des Entwurfs (Gesetzesfassung § 1358 BGB a. F.), das besondere Missfallen Gierkes. „Dazu kommt, um dem Gemeinschaftsgedanken den Todesstoss zu geben, eine übermässige Ausdehnung des dem Eherecht ganz entzogenen Vorbehaltsgutes der Frau. Insbesondere soll aller eigne Erwerb der Frau zum Vorbehaltsgut der Frau gehören und nicht einmal eine Beitragslast zu den Kosten des Hauswesens tragen. . . . Die Motive trösten damit, dass der Mann seine Einwilligung (SS.: zur selbstständigen Tätigkeit) von der Zusage eines Beitrages der Frau abhängig machen könne. Ist das aber eine gesunde Eheordnung, welche die Ehegatten anweisen muss, mit einander zu markten und zu feilschen, damit die gesetzliche Regel unschädlich werde?“ 927

An dieser Aussage fällt zunächst auf, dass Gierke für seine Argumentation, den Hinweis Plancks auf die Wechselwirkung mit § 1358 BGB a. F. nutzte. Dass dieser Vorschlag mit solcher Entrüstung zurückgewiesen wurde, ist insofern bemerkenswert, als Planck damit versucht hatte, der konservativen Seite die Erweiterung des Vorbehaltsgutes in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Der argumentative Seitenhieb auf die tatsächlichen Verhältnisse innerhalb einer Ehe, die die rechtliche Regelung nach ihren Bedürfnissen anpassen werde, verfing jedoch zumindest bei Gierke nicht. Zutreffend wies Gierke darauf hin, dass eine gesetzliche Regelung nicht mit der Absicht erstellt und durch die Aussage gerechtfertigt werden dürfe, dass die tatsächlichen Verhältnisse die Wirkungen in der Ehe ohnehin konterkarieren und auf ein gesundes, der jeweiligen Ehe entsprechendes Maß zurückführen würde. Auf diese Weise hatte Gierke zwar die von ihm vorgeschlagene Gestaltung des Eherechts durch Rahmenregelungen und sittliche Pflichten gerechtfertigt (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. III.). Planck wollte er diese Argumentation für die Begründung einer konkreten Regelung aber offensichtlich nicht zugestehen. Forscht man nun nach den Motiven, warum Gierke der Erweiterung des Vorbehaltsgutes derart kritisch gegenüberstand, dann finden sich andere Gründe, als die für seine Polemik ausgeschlachtete Empfehlung Plancks. Die Ursprünge für die Ablehnung des § 1367 BGB a. F. stammen wiederum aus seiner Einstellung zum historischen Recht und seinem ehelichen Idealbild (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, 927

Gierke, Haus, S. 654; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 408.

§ 2 Die Diskussion des § 1367 BGB a. F. in der Rechtswissenschaft

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§ 3, B. I. und II.). Die Betonung des Gemeinschaftsgedankens ist auch bei seiner Meinungsäußerung zum Vorbehaltsgut erkennbar federführend. Aus ihm folgerte Gierke, dass alle Vermögenswerte der Ehegatten einer gemeinsamen Vermögensmasse unter der Verfügungsgewalt des Ehemannes angehören sollten. Jede Vermögensmasse, die sich, so wie das Vorbehaltsgut der Frau, einer gemeinschaftlichen Verwendung entzog, musste daher von Gierke zwangsläufig negativ bewertet werden. Dies gilt im vorliegenden Fall umso mehr, als auf das weibliche Vorbehaltsgut das Haupt der ehelichen Gemeinschaft, der Ehemann, nicht zugreifen konnte. In diesem Zusammenhang muss seine obige Befürchtung der Verletzung des Gemeinschaftsgedankens betrachtet werden; und auch das folgende Zitat drückt dies zutreffend aus: „Die Ausdehnung der Vorbehaltsgutseigenschaft auf den erwähnten eignen Erwerb der Frau zerreißt die Einheit in der Ehe.“ 928

Typisch ebenfalls der erneute Verweis auf die Regelungstechnik Plancks, die laut Gierke auch hier wieder zu Abgrenzungsproblemen führen würde, welche durch ein Güterrecht mit einer einheitlichen Vermögensmasse umgangen werden könnten. Die Bedenken, ob die Vorschriften Plancks überhaupt durchführbar sind, manifestierten sich hier in der Frage, ob eine Abgrenzung zwischen den Geschäften der Frau, die der Einwilligung des Ehemannes bedürfen (wie dies bei Geschäften betreffend das eingebrachte Gut der Fall sei) und anderen, für welche keine Zustimmung erforderlich sei, weil sie sich auf das Vorbehaltsgut beziehen, möglich wäre.929 „Dazu nehme man die Unsicherheit der Grenzen zwischen den der ehemännlichen Einwilligung bedürftigen und den ihrer nicht bedürftigen Rechtsgeschäften, die Unwürdigkeit des hierbei ausschlaggebenden Gesichtspunktes der ehemännlichen Rechte an der Person der Frau, den in § 1288 statuierten geschäftsmäßigen Verkehr der Eheleute über Erteilung oder Verweigerung der Genehmigung mit Fristensetzung und Kontumacialfolgen – und man wird sich ein Bild von den ehelichen Zuständen machen können, auf deren Herbeiführung diese Vorschriften über Vorbehaltsgut abzielen.“ 930

Auch alle anderen Argumente, die Gierke vorbrachte, gehen im Kern auf die oben dargestellten Grundlagen zurück. So etwa der Vorwurf, das Vorbehaltsgut leiste keinen Beitrag zu der Bestreitung der ehelichen Lasten.931 Seine Kritik geht hier dahin, dass in einer Gemeinschaft die Vorteile des ehelichen Vermögens, wie auch die Lasten gemeinschaftlich getragen werden sollten. Diesem Ziel musste eine Nichtberücksichtigung des weiblichen Vorbehaltsgutes bei der Bestreitung der ehelichen Lasten zuwiderlaufen.

928 929 930 931

Gierke, Entwurf, S. Gierke, Entwurf, S. Gierke, Entwurf, S. Gierke, Entwurf, S.

408. 408. 408 f. 408.

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3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

In die gleiche Kerbe schlug er mit seiner Anmerkung, die Zuweisung des Arbeitserwerbes ins Vorbehaltsgut sei kein Ersatz für den Anteil der Frau an der ehelichen Errungenschaft.932 Auch hier sah Gierke keine gerechte Verteilung der in der Ehe erwirtschafteten Gewinne. Dies gehe hauptsächlich zulasten der Frauen, die ihre Zeit und Kraft, der nach Gierke „eigentlichen weiblichen Arbeit“, also der Betreuung der Familie und der Mitarbeit im Geschäft des Mannes, widmen würden.933 „Allein welche Ungerechtigkeit liegt darin, daß die sich dem Hauswesen oder dem Geschäft widmende Frau keinen Pfennig zugleich für sich erarbeitet, die als Schriftstellerin, Sängerin, Händlerin usw. thätige Frau umgekehrt von ihrem Erwerbe keinen Pfennig für den gemeinsamen Haushalt und die Erziehung der Kinder herzugeben braucht.“ 934

Die Intention dieser Kritik tritt klar zutage, wenn man den von Gierke proklamierten Erziehungscharakter von gesetzlichen Regelungen mit einbezieht (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, B. III. 2.). Die Möglichkeit selbst Vermögen durch eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit zu gewinnen, wäre im besten Falle, so Gierke, eine gewisse Kompensation für den Ausschluss von der ehelichen Errungenschaft, jedoch nur für selbstständig tätige Frauen. Die Frauen aber, die im Hauswesen oder im Geschäft des Mannes mitarbeiten würden, erarbeiteten dadurch für sich keinen Pfennig und dies sei die zu tadelnde Ungerechtigkeit. Schließlich würden gerade diese Frauen „durch Sparsamkeit und häusliche Thätigkeit und oft zugleich durch geschäftliche Mitarbeit zu dem günstigen Erfolge“ ihres Mannes wesentlich beitragen.935 Für solche Frauen, dem Idealbild Gierkes, biete der Entwurf nur Nachteile. Als Lohn für ihre Bemühungen würden diese Frauen nur ihr eingebrachtes Kapital zurück empfangen und auch die anderen von Planck vorgesehenen Vergünstigungen würden ihnen nichts nützen: „Es nützt ihr unter normalen Verhältnissen wenig, daß sie nun dafür vom Entwurf gewissermaßen außerhalb der Ehe gestellt, von der Mittragung der ehelichen Lasten und aller Haftung für die Eheschulden befreit, als Geschäftsherrin mit allen möglichen selbständigen Befugnissen und Ansprüchen gegen den verwaltenden Mann ausgerüstet und auf den Erwerb von Vorbehaltsgute durch Arbeit außer dem Haus hingewiesen wird. Geht es dagegen mit der Wirthschaft bergab, so bleibt freilich die Frau von der vielleicht durch sie wesentlich mitverschuldeten Einbuße verschont, entbehrt aber gegenüber den Gläubigern des Mannes aller der Sicherungs- und Vorzugsrechte wegen ihres Eingebrachten . . .“ 936

Für Gierke wurde folglich durch die Neuerungen Plancks der „falsche Frauentyp“ gefördert, unter Berücksichtigung der Erziehungsfunktion des Gesetzes, für 932 933 934 935 936

Gierke, Entwurf, S. 408; siehe auch: Gierke, Haus, S. 654. Gierke, Haus, S. 654. Gierke, Entwurf, S. 408. Gierke, Entwurf, S. 416. Gierke, Entwurf, S. 416.

§ 2 Die Diskussion des § 1367 BGB a. F. in der Rechtswissenschaft

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Gierke ein schwerwiegender Fehler. Gierke wollte die Frauen bevorzugen, die sich nach seiner Meinung dem idealen Bild der Ehe entsprechend verhielten. Tatsächlich unterstützte die in Rede stehende Erweiterung des Vorbehaltsgutes ausschließlich selbstständig arbeitende Frauen. Und da Planck diese Vorschrift als einen Vorteil für alle Frauen wertete, ist das Urteil durchaus berechtigt, dass für die klassische „Hausfrau“ die Bilanz Plancks bezüglich des Interessenausgleichs zwischen Mann und Frau einige schwerwiegende Nachteile enthielt. Insbesondere ist hier mit Gierke der Ausschluss von der ehelichen Errungenschaft zu nennen. Diese Benachteiligung dürfte für Gierke aber gerade deshalb so schwerwiegend gewesen sein, weil damit aus seiner Sicht falsche Signale für die weitere Entwicklung und Erziehung des Volkes ausgesendet wurden, indem man den selbstbewussten, vom Ehemann unabhängigen, selbstständig arbeitenden Frauentyp vermögensrechtlich besser stellte, als die klassische „Hausfrau“. B. Karl Ferdinand Brühl Karl Ferdinand Brühl setzte sich mit dem behandelten Thema in einem Aufsatz auseinander, in dem er die Verwertung der weiblichen Arbeitskraft und ihre Berücksichtigung bei der Ausgestaltung der Verwaltungsgemeinschaft erläuterte.937 Durch diese umfassendere Auffassung des Themas war es ihm möglich, den selbstständigen Arbeitserwerb und die anderen Arbeitsfelder der Ehefrau im Zusammenhang zu betrachten. Dadurch konnte er die Auswirkungen der Regelung besser beurteilen. So gelangte er bereits bei grundlegenden Fragen zu einem von der Meinung Plancks abweichenden Standpunkt. I. Das Arbeitsvermögen

Brühl wollte die Tätigkeit der Frau im Geschäft des Mannes nicht als eine eheliche Verpflichtung einstufen938; er stützte seine Meinung hierzu auf das Wesen der Ehe, das er durch historische939 und gesellschaftliche Aspekte zu ergründen suchte. „Daß nach deutscher Auffassung das Geschäfts- und Berufsleben von der ehelichen Gemeinschaft mitergriffen werde, dürfte wohl bei näherer Betrachtung sich als eine unhaltbare Annahme der Motive erweisen. Denn nicht nur bei Berufsarten, deren Ausübung weniger in wirthschaftlicher Arbeit besteht, als vielmehr gesellschaftliche und Bildungs-Zwecke verfolgt, ist die Betheiligung der Ehefrau an der beruflichen Thätigkeit des Mannes größtentheils unmöglich, ja unzulässig, sondern auch in den Zweigen des Wirthschaftslebens wird eine solche Betheiligung vielfach ausgeschlossen sein. Wenigstens wird es beinahe immer vom Zufall abhängen, ob der Ehemann 937 938 939

Brühl, Arbeit, S. 399 ff. Brühl, Arbeit, S. 403 f. Brühl, Arbeit, S. 404 ff.

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3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

in der Lage ist, die Ehefrau zur Hülfeleistung in seinem Geschäft heranzuziehen. Den Ausschlag werden hierbei meistens Umstände geben, welche das Wesen der Ehe ebensowenig berühren, wie etwa die Frage, ob die Frau im einzelnen Falle Vermögen besitzt oder nicht.“ 940

Der tiefere Grund, warum Brühl eine Erstreckung der ehelichen Verpflichtung der Frau auf die Mitarbeit im Geschäft des Mannes ablehnte, ist wohl in seiner Ansicht zum Arbeitsvermögen der Frau zu finden. Brühl unterschied in diesem Zusammenhang zwischen Arbeitserwerb, also den Gewinnen aus einer Verwertung der Arbeitskraft und der Arbeitskraft selbst, die er als Arbeitsvermögen bezeichnete. Bezüglich des Arbeitsvermögens der Frau vertrat er die Meinung, dass das Recht des Ehemannes daran auf das absolut Notwendige beschränkt werden müsse. „Während das Kapitalvermögen im subjektiven Sinne (unmittelbare oder mittelbare) Herrschaft über Dinge außerhalb des Vermögensubjekts ist, besteht das Arbeitsvermögen einer Person in der Herrschaft über ihre eigenen Körper- und Geisteskräfte, kurz: in der Herrschaft über sich selbst. Hiernach dürfen wir ohne Weiteres davon ausgehen, daß die Arbeitskraft im Vergleiche zur Kapitalkraft eines erhöhten Rechtsschutzes bedarf.“ 941

Der Entwurf berücksichtigte nach der Meinung Brühls diese besondere Stellung des Arbeitsvermögens der Frau nicht ausreichend, was sich für ihn, sowohl in der zu weit gehenden Definition der Arbeitspflichten der Frau zeigte, als auch in § 1358 BGB a. F. Durch diese Vorschrift habe der Entwurf, obwohl er aus der Sicht Brühls die Freiheit der weiblichen Arbeitskraft durch die Gewährung der unbeschränkten Geschäftsfähigkeit anerkannt habe942, eine ungerechtfertigte Beschränkung der Geschäftsfähigkeit beim Abschluss von Geschäften ausgesprochen, durch die sich die Frau zu einer persönlichen Dienstleistung verpflichte.943 II. Der Arbeitserwerb

Eine völlig andere Bewertung ließ Brühl den Regelungen zum Arbeitserwerb der Frau angedeihen. Hier sprach er von einer zu weitgehenden Belastung des Ehemannes durch die Freistellung des selbstständigen Arbeitserwerbes der Frau von den ehelichen Lasten. Er riet dazu, einen angemessenen Anteil von dem Arbeitserwerb der Frau, für die Bestreitung der ehelichen Lasten zu sichern. Der Entwurf dagegen entziehe, durch die Zuweisung des selbstständigen Erwerbs ins Vorbehaltsgut der Frau, diesen vollständig dem Zugriff des Mannes. Nach Ansicht Brühls wäre es sinnvoller gewesen, eine Erstreckung der ehelichen Nutznie940 941 942 943

Brühl, Arbeit, S. Brühl, Arbeit, S. Brühl, Arbeit, S. Brühl, Arbeit, S.

403. 408 f. 409. 409 ff.

§ 2 Die Diskussion des § 1367 BGB a. F. in der Rechtswissenschaft

377

ßung auf den Arbeitserwerb der Frau einzuführen. Davon habe der Entwurf, nach Ansicht Brühls, bei näherer Betrachtung „nur deshalb keinen Gebrauch gemacht, um nicht in die Errungenschaftsgemeinschaft einlenken zu müssen.“ 944 Brühl lobte in dieser Hinsicht die Vorteile der Errungenschaftsgemeinschaft, schlug aber auch eine mögliche Maßnahme vor, mit der kein Wechsel des Güterrechts verbunden gewesen wäre. Stattdessen könne man die Frau verpflichten, aus ihrem selbstständigen Arbeitserwerb einen angemessenen Teil zu den ehelichen Lasten zu leisten. Bei der Bemessung dieses Anteils sollte darauf geachtet werden, wieviel Erträge die Frau durch die Nutznießung an ihrem eingebrachten Vermögen beitrage.945 „Es beruht diese Ansicht auf der einfachen Thatsache, daß nicht jede Ehefrau Kapitalvermögen besitzt und deshalb nicht jede Ehefrau in der Lage ist, ihren Beitrag zu den ehelichen Lasten in der Form der ehelichen Nutznießung zu gewähren. Eigenthümlich ist, mit welcher Konsequenz der Entwurf sich vor dieser Logik der Thatsachen verschließt. Der einen Ehefrau, welche selbstständig erwirbt, wird ihr Erwerb als Vorbehaltsgut überlassen, um der (anderen) Frau, welche Vermögen besitzt, einen Ausgleich für die Entziehung der Vermögensnutzungen zu gewähren. Dem Ehemanne der ersteren wird zum Troste gleichzeitig versichert, daß die Ehefrau regelmäßig nur deshalb einen selbstständigen Erwerbszweig betreibe, um den Ertrag desselben für die ehelichen Lasten zu verwenden, und diese Verwendung daher auch ohne besondere rechtliche Verpflichtung eintreten lassen werde.“ 946

Brühl kritisierte, dass innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft ein Interessenausgleich zwischen „den Frauen“ und „den Männern“ stattfand, der von einer homogenen Verteilung von Vermögen und Arbeit in der Bevölkerung ausging. Da jedoch tatsächlich die Geschäftstätigkeit der Frau und weibliches Kapitalvermögen in der Regel in unterschiedlichen Bevölkerungsschichten vorkämen, sei ein echter Ausgleich durch die vom Entwurf vorgeschlagenen Regelungen nicht zu gewinnen. Ein gerechter Ausgleich ergebe sich nämlich nur dann, wenn die Frau gleichzeitig arbeite und Vermögen besitze. „Dieser Fall aber bildet sicherlich nicht die Regel.“ 947 Konkret bezogen auf die Zuweisung des selbstständigen Arbeitserwerbes bedeute dies, dass nicht jede Frau Kapitalvermögen besitze, welches einen Beitrag zu den ehelichen Lasten leiste.948 Auch die Argumente Plancks, mit welchen dieser die Wirkung abschwächen wollte, ließ Brühl nicht gelten. Der Rat, wenn die Ehefrau keinen Beitrag zu den ehelichen Lasten aus ihrem Erwerb zahlen wolle, dann solle der Ehemann ihr einfach die Genehmigung zur Weiterarbeit verwehren, verliere dadurch an Durchschlagskraft, dass die Ehefrau sich einfach weigern könnte, weiter zu arbeiten. Schließlich bestünde

944 945 946 947 948

Brühl, Arbeit, S. Brühl, Arbeit, S. Brühl, Arbeit, S. Brühl, Arbeit, S. Brühl, Arbeit, S.

414 f. 414, 420. 415 f. 419. 415.

378

3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

nach dem Konstrukt Plancks keine eheliche Verpflichtung für die Frau eine selbstständige Arbeit aufzunehmen.949 Weiterhin wandte sich Brühl sehr deutlich gegen die unterschiedliche Behandlung von selbstständiger Arbeitstätigkeit der Frau und der Mitarbeit der Frau im Geschäft des Mannes. Im ersteren Falle könne die Frau den ganzen Erwerb ungeschmälert für sich behalten und zweiten Fall gehe ihr ganzer Profit in die Hände des Mannes über. Dies sei um so misslicher, als es sich um einen Zufall handele, ob der Ehemann ein Geschäft hat, in dem er die Arbeitskraft seiner Frau nutzen könne und damit die Möglichkeit habe, die eheliche Nutznießung auf die ganze Arbeitskraft der Frau auszudehnen.950 Daher erschien Brühl die extrem unterschiedliche Bewertung, die Planck diesen beiden Tätigkeiten hatte angedeihen lassen, als eine unglückliche Lösung. Wie bereits in seiner Kritik an der Ausgestaltung der Verwaltung und Nutznießung (s. o. 3. Teil, 5. Kapitel, § 1, B.), wandte sich Brühl auch hier wieder gegen die Pauschalregelungen, die Planck zur Vereinfachung des Güterrechts eingeführt hatte. So sprach er sich gegen die komplette Zuweisung der Vermögenszuwächse an den Ehemann bei Mitarbeit der Frau im Geschäft des Mannes aus. Planck hatte diese Lösung gewählt, um einer Bewertung der weiblichen Arbeitsleistungen und einer Aussonderung eines angemessenen Anteils aus dem Vermögen des Mannes zu entgehen. Zum anderen wandte sich Brühl gegen die pauschale Zuweisung von selbstständig erworbenem Vermögen in das weibliche Vorbehaltsgut, die Planck vor einer genauen Definition einer Beitragspflicht der Frau bewahrt hatte. Wiederum fand Planck in Brühl einen Gegner, der seinen „klar strukturierten Güterstand“ zugunsten von idealen Grundsätzen, die sich in Begriffen wie „angemessenen Beiträgen“ zeigen, opfern wollte. Dabei muss man zugunsten von Brühl anführen, dass er die unterschiedliche, zu ungerechten Ergebnissen führende Behandlung von weiblicher Arbeit voraussah, zumindest bezüglich der Frauen, die im Geschäft des Mannes mitarbeiteten. Dagegen unterschätzte er, bei seiner Besorgnis um die Männer selbstständig arbeitender Frauen, wohl den wirtschaftlichen Druck, in dem sich diese Frauen befanden und der sich, wie von Planck vorhergesehen, sicher dahin gehend auswirkte, dass der selbstständige Erwerb der Frauen in den meisten Fällen für die ehelichen Lasten verwendet wurde. Die Kritik Brühls wurde bei den wenigen Änderungen, die an dem Entwurf Plancks zum ehelichen Güterrecht vorgenommen wurden, berücksichtigt. Zumindest hinsichtlich der Benachteiligung der Männer unvermögender Frauen, die einer selbstständigen Tätigkeit nachgehen. Für diesen Fall wurde § 1371 BGB a. F. ergänzt um die von Brühl (und auch von Gierke) geforderte Beitragspflicht des 949 950

Brühl, Arbeit, S. 418. Brühl, Arbeit, S. 419.

§ 2 Die Diskussion des § 1367 BGB a. F. in der Rechtswissenschaft

379

Vorbehaltsgutes der Frau zu den ehelichen Lasten.951 Wie von Brühl vorgeschlagen, wurde diese an die Voraussetzung gebunden, dass die Nutznießung des eingebrachten Gutes dem Ehemann keinen angemessenen Beitrag einbringen würde. Die ebenfalls geforderte finanzielle Verbesserungen für Frauen, die im Geschäft des Mannes mitarbeiteten, etwa durch eine Beteiligung an der ehelichen Errungenschaft, wurde dagegen nicht umgesetzt. C. Marianne Weber Auch Weber ging ausführlich auf die Vorschriften der Verwaltungsgemeinschaft zur Behandlung der weiblichen Arbeitskraft ein. Interessant an ihrer Darstellung ist, dass sie sich in dem 1907 erschienenen Buch „Ehefrau und Mutter“ nicht nur mit dem Entwurf Plancks auseinandersetzte, sondern auch die Änderungen und Anpassungen des Gesetzgebungsprozesses berücksichtigte. Weber nannte die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den selbstständigen Arbeitserwerb der Frau einen Stützpunkt für die Bewegungsfreiheit der Frau, die der moderne Individualismus erstritten habe: „Durch diese wichtige Neuerung sucht auch dies rückständige Vermögensrecht (SS.: die Verwaltungsgemeinschaft) den, bei der Regelung des persönlichen Verhältnisses der Gatten durch den oben erörterten § 1358 berücksichtigten, Tatsachen des modernen Wirtschaftslebens Rechnung zu tragen, die einen zunehmenden Bruchteil von Ehefrauen nötigen, durch selbstständigen Nebenerwerb zum Unterhalt der Familie beizutragen. Es ist also wenigstens nicht mehr wie früher gesetzlich zulässig, daß der arbeitsscheue Taugenichts, auch wenn er wochenlang herumvagabondiert und keinen Pfennig zum Unterhalt der Familie beisteuert, seiner Frau den sauerverdienten Groschen aus der Schieblade nimmt, um ihn zu vertrinken.“ 952

Auch Weber machte, wie Brühl, die Einschränkung, dass diese Vorschrift nur für einen Teil der Frauen zu einer Verbesserung ihrer Lage führe. „Durch die Erweiterung des gesetzlichen Vorbehaltsguts hat nun zwar die erwerbstätige Ehefrau eine Sphäre der Freiheit gewonnen, nicht aber die vermögende Frau, die normalerweise auf selbstständigen Gelderwerb verzichtet, auch nicht die Frau des Mittelstandes, deren Kräfte durch ihre Arbeit im Haushalt und Geschäft des Mannes absorbiert werden. Diese sind – mögen sie auch noch so reich oder so fleißig sein – zur Bestreitung ihrer Bedürfnisse nach wie vor auf die Freigebigkeit ihrer Gatten angewiesen. Man hat, recht charakteristischerweise, auch bei uns die Herrenrechte des ,kleinen Mannes‘, dessen Frau erwirbt, weit bereitwilliger preisgegeben, als diejenigen des Mannes der führenden Schichten, der eine Frau heiratet, die besitzt.“ 953

Ermöglicht wurde diese selbstständige Arbeit der Frau nach Weber durch die Gewährung der Geschäftsfähigkeit für die Ehefrauen, die in einem sinnvollen 951 Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 753; Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 390 f., 400 f. 952 Weber, Ehefrau, S. 467. 953 Weber, Ehefrau, S. 468.

380

3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

Rahmen durch die Einschränkung des § 1358 BGB a. F. im Gesetzgebungsprozess für diese Art von Verträgen aufrechterhalten wurde.954 Weber sah darin eine Bestätigung, dass die Frau nicht mehr ausschließlich auf ihren häuslichen Pflichtenkreis beschränkt wurde: „Der patriarchale Grundsatz: ,Die Frau gehört ins Haus‘ ist hier also nicht nur in ihrem, sondern vor allem im ökonomischen Interesse der Familie vom Gesetzgeber beiseite geschoben. Nur sofern der dem Manne, als Aequivalent für seine Unterhaltspflicht, gewährte Anspruch auf Erfüllung ihrer Hausmutterpflichten durch solche Leistungen an Dritte verletzt würde, ist ihm das Recht verliehen, Einspruch zu erheben.“ 955

Zu diesem Ergebnis sei man aber erst durch die Einschränkung des § 1358 BGB a. F. gekommen, der in seiner ersten Fassung im Entwurf „ein böser Rückfall in ungeschwächten Patriarchalismus (gewesen sei), der das Prinzip der eheweiblichen Geschäftsfähigkeit gänzlich durchlöcherte.“ 956 Durch das uneingeschränkte Zustimmungserfordernis des Mannes zu der selbstständigen Tätigkeit wäre die Frau in einer wichtigen Entscheidung wiederum vom Mann abhängig gewesen. Dies sei um so bedenklicher gewesen, weil für die Frau nicht einmal eine Handhabe gegen die missbräuchliche Vorenthaltung der ehemännlichen Zustimmung vorgesehen gewesen wäre. Der Entwurf des § 1358 BGB a. F. wurde jedoch von der 2. Kommission, wie oben bereits dargestellt (s. o. 3. Teil, 6. Kapitel, § 1, C.), beschränkt, nach Weber „namentlich zufolge des zähen und energischen Auftretens des Freiherrn StummHalberg“ 957. Diese Beschränkungen hätten einen wichtigen Schutz für die Tätigkeitbestrebungen der Frau geschaffen, indem sie dadurch eine sichere, nicht nachträglich verschiebbare Basis für den Abschluss ihrer Verträge erhalten hätte. Die „sorgsamen Verklausulierungen“ des Kündigungsrechts des Ehemannes würden die Frau vor einer willkürlichen Anwendung schützen und Weber bewertete den Regelungsinhalt „wenigstens für die mit Kindern gesegnete Ehe, als eine richtige Konsequenz der vom Gesetzgeber zwischen den Ehegatten vollzogenen Arbeitsteilung.“ 958 Diese Zustimmung Webers, zeigt deutlich, wie tief sich das damalige Frauenbild sogar in das Bewusstsein dieser nach Gleichberechtigung strebenden Frau eingraben hatte: „Es ist in der Tat nicht zu bestreiten, daß durch die rechtliche Befugnis und wirtschaftliche Nötigung der Frau, ihre Tätigkeitssphäre über die Grenzen des Hauses auszudehnen, unter Umständen Gefahren für das Familien- und Eheleben, speziell für die Interessen der Kinder, entstehen können. . . . Aber auch abgesehen hiervon kann es, vom Standpunkt einer Arbeitsteilung aus, wünschenswert erscheinen, daß 954 955 956 957 958

Weber, Ehefrau, S. Weber, Ehefrau, S. Weber, Ehefrau, S. Weber, Ehefrau, S. Weber, Ehefrau, S.

434 f. 433. 434. 434. 435.

§ 2 Die Diskussion des § 1367 BGB a. F. in der Rechtswissenschaft

381

eine Instanz vorhanden ist, welche, durch Anrufung des Vormundschaftsgerichts, die Frau sozusagen gegen sich selbst schützen kann, wo sie sich unter dem Druck der Not weitergehend gebunden hat, als objektiv im Interesse der Familie, insbesondere der Kinder, gerechtfertigt war.“ 959

Neben dieser durchweg positiven Bewertung der Neuerungen zum § 1358 BGB a. F. hatte Weber auch Einwände vorzubringen. Diese betrafen zunächst die, von der gesetzlichen Regelung gewählten „objektiven Instanz“, das Vormundschaftsgericht und die Gründe für eine Ermächtigung des Mannes zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses seiner Frau: „Freilich erscheint eine völlige Objektivität auch bei dieser wie bei der Entscheidung aller derartiger, immerhin schwieriger, Fragen erst dann gesichert, wenn die in solchen Fällen Ausschlag gebende Instanz – das Vormundschaftsgericht – zweigeschlechtlich geworden sein wird. Und es müßte auch in der Formulierung des Gesetzes unzweideutig zum Ausdruck kommen, daß nicht Bequemlichkeitsinteressen des Mannes, sondern nur solche Fälle in einer mit Kindern gesegneten Ehe, welche jede gewissenhafte Mutter als eine Art ethischer ,höherer Gewalt‘ ansehen müßte, dem Gericht die Befugnis zur Annullierung des Kontrakts und damit zur Beseitigung der Pflichtenkollission der Mutter geben dürfen.“ 960

Des Weiteren sorgte sich Weber, dass unabhängig von der gesetzlichen Regelung der psychologische Druck auf die Frauen aufgrund des oben dargestellten idealen Geschlechterverhältnisses (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, A.) und der patriarchalischen Denkweise der männlichen Bevölkerung zu groß sein werde, als dass sie die ihnen gewährte Freiheit nutzen würden.961 Unter Einbeziehung dieser Situation erhalte der Mann, durch die im Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft enthaltenen Mischung von Grundsätzen von vorne herein eine bessere Position und werde sich gegenüber der Frau immer auf den Standpunkt stellen, die Frau vernachlässige ihre häuslichen Pflichten. Daher kommt sie zu dem Ergebnis: „Es ist also ein Irrtum, aus dem Wortlaut des Gesetzes zu folgern, daß die Frau – falls sie nur ihre Pflichten innerhalb des Gemeinschaftslebens erfüllt – sich auch gegen den Willen ihres Gatten eine Sphäre wirklicher Freiheit reservieren könne.“ 962

Die Ausführungen Webers, zu den Neuerungen im Güterrecht rund um die Erwerbstätigkeit der Frau, zeigen, dass diese Frau den oben dargestellten Einfluss der gesellschaftlichen Idealbilder (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, A.) deutlich erkannt hatte. Gleichzeitig ist aber auch eine tiefe Verwurzelung dieses Frauenbildes bei Weber selbst zu beobachten. Dies zeigt sich in der Besorgnis um das Familien- und Eheleben, für das auch Weber eine Gefahr der Vernachlässigung befürchtete und daher eine gesetzliche Auffangregelung im Interesse der Frauen 959 960 961 962

Weber, Ehefrau, S. Weber, Ehefrau, S. Weber, Ehefrau, S. Weber, Ehefrau, S.

435. 435 f. 497. 498.

382

3. Teil, 6. Kap.: Der Arbeitserwerb der Frau als Vorbehaltsgut

und Kinder befürwortete. Tatsächlich ist gerade die Bewertung dieser Regelung als „Hintertür“ für Frauen, die sich selbst zu viel zumuten, ein Indiz dafür, dass eine volle Akzeptanz der weiblichen Entscheidungs- und damit Geschäftsfähigkeit, in dem Sinne, dass sie in der Lage sind, eigene Entscheidungen unter Tragung der Konsequenzen zu treffen, noch nicht stattgefunden hatte. Auch die Betonung der Mutterrolle, in deren Dienste eine Beschränkung der weiblichen Selbstbestimmung als gefertigt angesehen wurde, zeigt die Probleme von Weber, über die gesellschaftliche Situation hinaus, das Ideal der Gleichberechtigung der Geschlechter zu verteidigen.

§ 3 Ergebnis In seinem Aufsatz „Die sozialen Tendenzen des Bürgerlichen Gesetzbuches“, wies Planck § 1367 BGB a. F. den Status einer Vorschrift mit besonderer sozialer Bedeutung im Bereich des Familienrechts zu.963 Den Begriff „sozial“ verwendete Planck dabei im Sinne der Absicht, wirtschaftlich Schwächere gegenüber wirtschaftlich Stärkeren zu schützen.964 Die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den selbstständigen Arbeitserwerb der Frau war tatsächlich eine der wenigen Vorschriften, mit denen Planck einen Konzession an die, aus der Industrialisierung entstandenen gesellschaftlichen Veränderungen machte. Diese Neuerung und die daraus folgenden gesellschaftlichen Auswirkungen waren Gegenstand einer lebhaften Diskussion. So wandte sich, als Verfechter der Gemeinschaftsidee und Wächter der männlichen Hausherrnstellung, Gierke gegen diese Einschränkung der Zugriffsrechte des Ehemannes auf den selbstständigen Arbeitserwerb der Frau. Seine Befürchtungen, dass diese Vorschrift wiederum die Einheit in der Ehe durch die Aufspaltung der vorhandenen Vermögensmassen verletzen würde, werden in diesem Bereich ergänzt durch eine Darstellung der ungerechten Auswirkungen dieser Vorschrift bei Zugrundelegung unterschiedlicher Vermögenssituationen. Diese Befürchtungen teilten auch die anderen Diskussionsteilnehmer, die sich mit dieser Vorschrift beschäftigten, so Brühl, Weber und andere965. Um diese Kritik nachvollziehen zu können, muss man sich zunächst die oben im Exkurs bereits dargestellte Aufspaltung der Gesellschaft in verschiedene Schichten vor Augen halten (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B.). Die Vorschrift des § 1367 BGB a. F. bewirkte aufgrund der unterschiedlichen finanziellen Ausstattung und den gesellschaftlichen Umständen ein Ungleichgewicht zwischen der besitzenden, der ärmeren bürgerlichen Schicht und der Arbeiterklasse. 963

Planck, Tendenz, S. 184. Planck, Tendenz, S. 181. 965 Grimme, Entwicklung, S. 105; Schmid, Entstehung, S. 118; Hachenburg, Gesetzbuch, S. 382 f.; Menger, Volksklassen, S. 46 f.; Dörner, Industrialisierung, S. 105 f.; Twellmann, Frauenbewegung, S. 201. 964

§ 3 Ergebnis

383

Der Grund dafür liegt darin, dass in der bürgerlichen Schicht ein selbstständiger Arbeitserwerb der Frau bereits durch den gesellschaftlichen Ehrenkodex weitgehend ausgeschlossen war (s. o. 3. Teil , 4. Kapitel, § 2, B. I.). Für die bürgerlichen Frauen konnte die Zuweisung des selbstständigen Arbeitserwerbs ins Vorbehaltsgut daher keinerlei Wirkung entfalten. Stattdessen wurden sie von anderen, sie benachteiligenden Teilen des ehelichen Güterrechts betroffen, die durch die Erweiterung des Vorbehaltsgutes teilweise als gerechtfertigt betrachtet wurden. Bei der Frau aus der oberen Schicht, die Vermögen in die Ehe einbrachte, traten diese Nachteile bei der oben dargestellten Unterwerfung ihres Vermögens unter die Verwaltung und Nutznießung des Mannes zutage. Ein Vermögenszuwachs war bei diesen Frauen ausgeschlossen. Noch schlimmer trafen diese Nachteile die Frauen aus den ärmeren bürgerlichen Schichten, die durch Mitarbeit im Gewerbe des Mannes und durch Führung des Haushaltes ihren Beitrag zum Auskommen der Familie leisten mussten. Die so durch ihre Arbeit zustande gekommene Vermögensmehrung wurde allein dem Ehemann zugesprochen. Die Frau erhielt nicht einmal einen Ausgleich in Form einer Aufteilung der ehelichen Errungenschaft bei Beendigung der Ehe. Eine positive Wirkung entfaltete § 1367 BGB a. F. dagegen zugunsten der Frauen aus der Arbeiterklasse. Diese Frauen gingen vielfach in den im Zuge der Industrialisierung erbauten Fabriken einer selbstständigen Arbeitstätigkeit nach und konnten den erworbenen Lohn zur eigenen Verfügung behalten. Dadurch dürften sie, zumindest im Hinblick auf die Verwendung ihres Erwerbs gegenüber dem Ehemann eine relativ selbstständige Stellung erhalten haben. Eine Vermögensmehrung dürfte aufgrund der oben dargestellten Verhältnisse (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 2, B. II.), die eine Verwendung des erworbenen Lohns zum Erhalt der Familie notwendig machte, aber ebenfalls nicht möglich gewesen sein. Diese Frauen wurden gleichzeitig nicht mit den nachteiligen Vorschriften der Verwaltungsgemeinschaft konfrontiert, weil sie kein Vermögen in die Ehe einbrachten und die Bildung einer ehelichen Errungenschaft aufgrund der wirtschaftlichen Situation weitgehend ausgeschlossen gewesen sein dürfte. Der § 1367 BGB a. F. kann somit allgemein gesprochen als kleiner Schritt bewertet werden, der der Frau eine bessere Stellung und finanzielle Freiheit gegenüber ihrem Ehemann sichern konnte. Dabei darf jedoch, darauf weisen die Vertreter aller Seiten hin, die Wirkung dieser Vorschrift nicht überbewertet werden, da die gesellschaftlichen Ideale und Zwänge die Entwicklung zu einer gleichberechtigten und selbstständigen Stellung der Frau noch lange gehemmt haben.

384

3. Teil, 7. Kap.: Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

7. Kapitel

Zusammenfassung unter besonderer Berücksichtigung der gesellschaftlichen Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft § 1 Zusammenfassung Die vorliegende Untersuchung hat zu der Erkenntnis geführt, dass trotz der oberflächlich vielschichtigen Argumente im Kern eine Frage die Diskussion um den Entwurf der Verwaltungsgemeinschaft beherrschte, nämlich, welche Stellung der Frau durch das gesetzliche Güterrecht in der Ehe zugewiesen werden sollte. Diese Auseinandersetzung stellt nur einen kleinen Bereich in der allgemein aufflammenden Diskussion über die Frauenfrage, die sich mit der Stellung der Frau in Familie, Gesellschaft und Staat beschäftigte, dar. Die allgemeine Bedeutung dieser Frage erklärt auch die extremen Unterschiede in den vertretenen Standpunkten, wie auch die Heftigkeit, mit der die Auseinandersetzung teilweise geführt wurde. Entsprechend diesem Ausgangspunkt bildeten sich bei genauerer Betrachtung des Meinungsspektrums zwei Gruppen heraus. Die eine kämpfte für die Erhaltung der bestehenden Zustände, indem sie die Frau teilweise zwar nominal besser stellen wollte, insgesamt aber auf dem, gesellschaftlich vorgezeichneten Geschlechterverhältnis, beharrte. Dies bedeutete im ehelichen Güterrecht konkret die Erhaltung des Mundiums oder die Ersetzung der Geschlechtsvormundschaft durch eine andere juristische Konstruktion mit äquivalenten rechtlichen Wirkungen. Die andere, wesentlich schwächere Gruppe, beabsichtigte eine wirkliche Besserstellung der Frauen durch eine vermögensrechtlich selbstständige und gesicherte Position gegenüber dem Ehemann im ehelichen Güterrecht. Zwischen diesen beiden Polen bewegte sich Planck als materiell eher der ersten Gruppe zuneigender Vermittler. Diese Position verursachte, wie bereits im zweiten Teil festgestellt (s. o. 2. Teil, 5. Kapitel, § 3), eine innere Zerrissenheit des Güterstandes. Gerade diese Zerrissenheit ist ein Zeichen für die unterschiedlichen Einflüsse, die bei der Auseinandersetzung um die Verwaltungsgemeinschaft aufgedeckt wurden. Dabei wurden von Weber, allerdings bezüglich des ganzen BGB, die im Gesetzgebungsprozess gewichtigen Aspekte treffend zusammengefasst. Diese lassen sich, wie die obige Darstellung gezeigt hat, weitgehend auch auf das eheliche Güterrecht übertragen. „Für den allgemeinen Charakter des Gesetzbuchs war . . . maßgebend der dynamischmilitärische Charakter des deutschen Staatswesens, die zur Zeit des Beginns der Beratung noch geringe Bedeutung der deutschen Frauenbewegung, und der Respekt, welchen die Erfolge Bismarck’s dem deutschen Bürgertum vor allem ,Autoritären‘ und in diesem Sinn ,Männlichen‘ beigebracht hatten. Daneben die Machtstellung, welche gerade zur Zeit der Verabschiedung des Gesetzes reaktionäre Parteien, wie

§ 1 Zusammenfassung

385

namentlich das Zentrum, im Reichstag einnahmen und endlich der gewaltige Einfluß, welchen gerade in Deutschland die Gedankengänge der ,historischen Schule‘ auf die Anschauungsweise der Fachjuristen geübt hatten.“ 966

Alle genannten Aspekte, ausgenommen der dynamisch-militärische Charakter, traten bei der Kritik an dem Entwurf Plancks mehr oder weniger deutlich zutage. A. Die Rechtswissenschaft So bestätigte das eheliche Güterrecht etwa Webers Aussage über die Rechtswissenschaft. Tatsächlich beschäftigte sich der überwiegende Teil der mit dem ehelichen Güterrecht befassten Juristen mit den „Gedankengängen der Historischen Rechtsschule“. Zusätzlich hatten die Aussagen dieser Diskussionsteilnehmer bei dem Konflikt um den Entwurf Plancks großes Gewicht, was sowohl aus dem Charakter des Entwurfs, als auch aus den von Planck zur Verteidigung seiner Arbeit gemachten Aussagen abzulesen ist. So hatte diese Gruppierung, mehr als irgend eine andere, Planck in der materiell konservativen Ausrichtung der Verwaltungsgemeinschaft bestärkt bzw. weitere Schritte in Richtung Stärkung der männlichen Position gefordert. Bei der näheren Betrachtung der Ansichten dieser Diskussionsteilnehmer konnte die anfängliche Vermutung, diese Ausrichtung bestehe aufgrund ihrer Konzentration auf das historische Recht, weitgehend ausgeräumt werden.967 Vielmehr stellte sich heraus, dass diese Juristen ihre Forderungen zwar oberflächlich an den jeweiligen, als historische Entwicklung erkannten Feststellungen ausrichteten; inhaltlich verfolgten diese Diskussionsteilnehmer aber abweichende Ziele. Allen gemeinsam war der teilweise reaktionär, teilweise konservativ ausgeprägte Wunsch, die Hausherrnstellung des Ehemannes zu befestigen und Veränderungen im Sinne einer Besserstellung der Frau möglichst rückgängig zu machen bzw. zu verhindern. Für diese gemeinsame Grundlage war, neben der gemeinsamen Ausrichtung an den Lehren der Historischen Rechtsschule, die Beeinflussung dieser Juristen durch das Idealbild der bürgerlichen Gesellschaft zumindest mitverantwortlich.968 Um zu diesem Ergebnis zu kommen, wurden den Vertretern der Historischen Rechtsschule die ersten beiden Kapitel dieses Teiles der Arbeit gewidmet, wobei die in Kapitel eins dargestellte Fahndung nach dem Güterrecht mit dem größten Verbreitungsgebiet vor Schaffung des BGB nur als Modifikation des eigentlichen Themas aufgefasst werden kann. Dieses lautete, die historische Entwicklung des 966

Weber, Ehefrau, S. 411 f. Abweichend: Kroj, Abhängigkeit, S. 258 (Sieht die mangelnde Beachtung weiblicher Interessen in der Art der Rechtsfindung, die das Hauptaugenmerk auf das Vergangene richtet.). 968 Zustimmend: Kroj, Abhängigkeit, S. 262 f. (Auch Kroj sieht in der fehlenden Bereitschaft der Juristen, das traditionelle Leitbild von Ehe und Familie aufzugeben den Grund für die bloße Umbenennung des Mundiums.). 967

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3. Teil, 7. Kap.: Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

ursprünglichen deutschen Güterrechts zu erfassen und für die Zukunft des Deutschen Reiches nutzbar zu machen. Im Rahmen dieser großen Frage stellte ein großes Verbreitungsgebiet nur ein weiteres Argument dar, das eine Verwurzelung dieses Güterrechts im deutschen Volk, und damit die historische Relevanz, nachweisen sollte. Trotzdem zeigte sich bereits bei dem Kapitel um die Verbreitungsgebiete deutlich das Problem (oder der Vorteil), mit dem die Historische Rechtsschule bei der Erfassung der geschichtlichen Grundlagen der ehelichen Güterrechte zu kämpfen hatte. Eine einheitliche Grundlage, eine hervorstechende Entwicklungslinie eines bestimmten deutschen Güterrechts konnte wegen der vor Einführung des BGB bestehenden Zersplitterung nicht ausgemacht werden. Umso mehr fanden die der Historischen Rechtsschule angehörenden Juristen im Bereich des ehelichen Güterrechts einen Raum, in dem sie sich ungehindert von fundierten historischen Erkenntnissen, auf die Suche nach dem „deutschen Volksgeist“ machen konnten. Sie stützten sich dabei auf die Methode Savignys, die ursprünglich davon ausgegangen war, dass bei zukünftigen Rechtsbildungen die historischen Entwicklungen des Rechts zwingend berücksichtigt werden müssten. Dies sollte durch systematisierende historische Forschung an Dokumenten der Vergangenheit erfolgen. Bis zu diesem Punkt bestand unter den Vertretern der Historischen Rechtsschule weitgehende Einigkeit. Jedoch trat durch die unterschiedliche Bewertung der Relevanz von römischen Rechtsquellen eine Spaltung der Schule in Germanisten und Romanisten ein. Der Grund dafür liegt darin, dass Savigny und seine Anhänger alle historischen Rechtsquellen berücksichtigen wollten, also auch die durch Rezeption auf dem Gebiet des Deutschen Reiches zur Anwendung gelangten römischen Quellen; während ihre Gegner, die Germanisten, dargestellt anhand der Ansicht von Beseler, die Erstreckung der historischen Forschung auf das römische Recht ablehnten und als allein maßgeblich die germanischen Rechtsquellen ansahen. Beim Streit um das eheliche Güterrecht waren Vertreter aus beiden Gruppierungen beteiligt. So äußerten sich die Romanisten Friedrich Mommsen und Ludwig Mitteis und die Germanisten Otto von Gierke, Andreas Heusler, Carl Friedrich Gerber und Richard Schröder. Trotz des unterschiedlichen Ausgangspunktes von Romanisten und Germanisten kann für das eheliche Güterrecht keine einheitliche Gruppenbildung ausgemacht werden. Der Grund dafür liegt wohl auch in der uneinheitlichen Entwicklung der Güterrechte. Diese eröffnete den Juristen die Möglichkeit außerhalb des historischen Rechts liegende Interessen in ihre Forderungen einfließen zu lassen, die für den jeweiligen Standpunkt erkennbar bestimmend waren. Diese entfernte den Streit zwischen Romanisten und Germanisten von einer fundierten historischen Forschung und verlieh ihm einen eher dogmatischen Charakter. Die Interessen dieser Juristen, die ihre Meinungen zum ehelichen Güterrecht prägten, sind vielfältig und stammen jenseits der historischen Forschung aus den Bereichen Politik, Religion, gesellschaftliche Ideale und praktische Notwendigkeiten. Vor allem und zuvorderst

§ 1 Zusammenfassung

387

sind die vertretenen Ansichten aber durch den Wunsch geprägt eine neue Rechtfertigung für die dominierende Position des Mannes in der Ehe zu finden. Diese Aussagen werden belegt durch den Versuch, die unterschiedlichen Meinungen der Anhänger der Historischen Rechtsschule in einen geordneten Zusammenhang zu stellen. Dies führte zu der Erkenntnis, dass weder die beteiligten Diskussionsteilnehmer noch die von ihnen vertretenen Ansichten in eine Einteilung, die allein nach romanistisch oder germanistisch unterscheidet, eingeordnet werden können.969 Im Bezug auf die beteiligten Juristen bedeutet das, dass die Begriffe Romanist und Germanist zugrunde gelegt, eine Zersplitterung der Meinungsblöcke vorhanden war.970 Zu dieser Erkenntnis gelangt man durch die Diskrepanz zwischen der Vorprägung der Juristen und den von ihnen vertretenen Meinungen. So ist es notwendig bei Berücksichtigung der Ähnlichkeit der vertretenen Meinungen, die Germanisten Gierke und Heusler in eine Gruppe mit dem Romanisten Mommsen971 einzuteilen, weil die Ansichten der drei Juristen in den wesentlichen Forderungen vollkommen übereinstimmten. Alle drei forderten die Gütergemeinschaft als gesetzlichen Güterstand und eine Erhaltung des Mundiums. Die Beweggründe waren trotz dieses übereinstimmenden Ergebnisses unterschiedlich. So waren die Forderungen des Germanisten Gierke wesentlich geprägt von seinem Wunsch nach der Verwirklichung seiner Gemeinschafts- und Genossenschaftstheorie, die er für die Inbegriff der germanischen Rechtsgestaltung hielt; die Ansicht des Romanisten Mommsen dagegen war auf dessen christliche Haltung zurückzuführen, weshalb er von dem Wunsch beseelt schien, das biblische Geschlechterverhältnis im ehelichen Güterrecht abzubilden. Ihnen am nächsten stünde wohl der Romanist Mitteis, der zwar die Wahl der Verwaltungsgemeinschaft als gesetzliches Güterrecht nicht kritisierte, aber mit seinen Forderungen eine klare Annäherung des Entwurfs an das altdeutsche Prinzip des Mundiums beabsichtigte. Dabei ließ er sich ausdrücklich, wegen der schwankenden historischen Grundlage, die seiner Meinung nach keine bestimmte Ausgestaltung nahe legen würde, von praktischen Erfordernissen leiten, deren wichtigste er in der Stärkung der männlichen Rechte erblickte. Ähnlich ist der Standpunkt Gerbers zu bewerten, der zwar die Grundlagen für die Verwaltungsgemeinschaft Plancks geschaffen hatte, aber in bestimmten Fragestellungen, z. B. bei seiner Befürwortung des Mundiums, das er durch reine Umbenennung an die Erfordernisse der Zeit anpassen wollte, ebenfalls die historische Stellung des Mannes in der Ehe aufrecht erhalten wollte. Trotzdem unterstützte der Germanist Gerber mit seinen Vorgaben für die Regelung des ehelichen Güterrecht den von Gierke als 969 Siehe zu den Problemen dieser Einteilung auch: Dilcher/Kern, Germanistik, S. 2, 15 ff. (Einteilung erfolgt nach Dilcher durch die Forschungsschwerpunkte und den methodischen Ansatz.). 970 Zustimmend: Schmid, Entstehung, S. 89 (Fußnote 284). 971 Mommsen wurde von Schmid tatsächlich zu den Germanisten gerechnet. (Schmid, Entstehung, S. 89, Fußnote 284, S. 94).

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3. Teil, 7. Kap.: Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

romanistisch bewerteten Entwurf Plancks. Er steht damit an der Grenze zu den nach Gierke „romanistisch eingestellten“ Juristen. Diese Grenze verläuft fließend und wird durch die ambivalente Meinung von v. Beaulieu-Marconney symbolisiert, die eindeutig Argumente beider Gruppen enthält. Deutlich für die Verwaltungsgemeinschaft plädierte auch der Germanist Schröder, ohne dabei jedoch den Boden des germanistischen Rechts verlassen zu wollen. Der Germanist Schröder stellt unter der Vertretern der Historischen Rechtsschule, die sich mit der Ausgestaltung des ehelichen Güterrechts befassten, insofern einen Besonderheit dar, als er sich tatsächlich mittels fundierter historischer Forschung mit der Vergangenheit der deutschen Güterrechte auseinander gesetzt hatte. Wegen seiner mehrmaligen Meinungsänderungen, sowohl bezüglich des zu wählenden Güterrechts, als auch der inhaltlichen Ausgestaltung, ist davon auszugehen, dass er den praktischen Belangen zumindest ein mitbestimmendes Gewicht einräumte. Auch Planck fühlte sich niemals in Opposition zum germanischen Recht als Befürworter eines ausschließlich römischen Rechts. Trotz der Vorwürfe Gierkes, die letztendlich alle von dem Wunsch getragen waren, seine Gemeinschaftstheorie im ehelichen Güterrecht abzubilden, kann eine romanistische Ausgestaltung seines Entwurfs zumindest inhaltlich nicht gefunden werden. Anders muss wohl die von Planck verwendete Regelungstechnik bewertet werden.972 Inhaltlich aber wählte Planck das Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft, das aufgrund der historischen Forschung Schröders als das ursprüngliche germanische Güterrecht bezeichnet werden muss; und nicht die Gütertrennung, die dem römischen Dotalrecht entsprochen hätte. Auch die von Gierke kritisierte Abschaffung des Mundiums hatte inhaltlich gesehen nur geringe Auswirkungen, da Planck die Geschlechtsvormundschaft sehr wirksam durch die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut ersetzte und so die ursprüngliche finanzielle Abhängigkeit der Ehefrau im Güterrecht erhielt. Auch die anderen Verbesserungen zugunsten den Frauen kritisierte Gierke mit heftigen Worten als „Ausprägung des römischen Rechts“. So etwa die Kontrollrechte der Frau im Zusammenhang mit der Nutznießung und Verwaltung des eingebrachten Gutes oder der Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den selbstständigen Arbeitserwerb der Frau. Inhaltlich jedoch, haben diese Regelungen, wie oben festgestellt wurde (s. o. 2. Teil, 5. Kapitel, § 1), wenig zur Verbesserung der Position der Frau in der Ehe beigetragen, da sie entweder in der gerichtlichen Durchsetzung beschränkt oder aus tatsächlichen Gründen weitgehend wirkungslos waren. Aus diesen Gründen ist eine inhaltliche Abweichung von den historischen Vorbildern der Verwaltungsgemeinschaft kaum erkennbar.973 Eine Änderung hatte Planck lediglich durch eine neue Regelungstechnik herbeigeführt. Diese unternahm den Versuch, die Rechte 972 So auch: Dörner, Industrialisierung, S. 87, 90; siehe auch: Schmid, Entstehung, S. 118 (Schmid führt die Neuerungen auf die ideellen Grundlagen Savignys zurück.). 973 Zu diesem Ergebnis kommt auch Malsbenden bei ihrem Vergleich das ALR mit dem BGB: Malsbenden, Stellung, S. 207, 338; siehe auch: Kroj, Abhängigkeit, S. 261.

§ 1 Zusammenfassung

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und Pflichten der Ehegatten durch gerichtlich nachprüfbare Voraussetzungen einzugrenzen und damit den Boden der schlichten Kompetenzzuweisung an den Mann zu verlassen. Hier zeigte sich der Wunsch Plancks wirkliche Anspruchsgrundlagen zu schaffen, die in bestimmten Situationen klare Rechtsfolgen vorgeben sollten, damit die Ehefrau als schwächere Partei vor der Willkür des Mannes geschützt wäre. Vor allem diese neue gesetzes-technische Umsetzung wurde von Gierke als Ausprägung des römischen Rechts gebrandmarkt und stellte tatsächlich eine Abweichung von dem bisherigen Rechtszustand dar, in dem die allgemeine Entscheidungskompetenz des Ehemannes in ehelichen Angelegenheiten ohne eine inhaltliche Konkretisierungen die Regel war. Dieser Kreis repräsentiert trotz der vorhandenen Unterschiede die konservative, ja teilweise reaktionäre Seite der Rechtswissenschaft. Dies erwies sich bei den behandelten Einzelproblemen, wie dem Kapitel über die Stellung der Frau, das sich mit den verschiedenen Einstellungen zum Mundium beschäftigte; der Diskussion um die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut der Frau und dem Streit über die Erweiterung des Vorbehaltsgutes der Frau auf deren selbstständigen Arbeitserwerb. In allen Fällen kamen die Bedenken einer zu starken Berücksichtigung der weiblichen Interessen überwiegend von den Vertretern der Historischen Rechtsschule. Die Betrachtung der Einzelprobleme unter Einbeziehung der Diskussionsteilnehmer, die außerhalb der Historischen Rechtsschule standen, hat zusätzlich das Ergebnis erbracht, dass das vertretene Meinungsspektrum bezüglich des ehelichen Güterrechts nicht auf die Vertreter der Historischen Rechtsschule reduziert werden darf. So haben die Ausführungen Brühls und Bährs, die von praktischen Erwägungen im Bezug auf die Verwendbarkeit des Entwurfs in der Praxis geprägt werden, bestätigt, dass die Zerrissenheit und Komplexität der Verwaltungsgemeinschaft Plancks (s. o. 2. Teil, 5. Kapitel, § 3) auch weitgehende Probleme bei der Anwendung des Güterstandes befürchten ließ. Demgegenüber müssen die Vertreter einer Besserstellung der Frau in der Rechtswissenschaft berücksichtigt werden. Hier sind zunächst Jastrow und Bähr zu nennen, die beide grundsätzlich mit dem im Güterstand Plancks abgebildeten Geschlechterverhältnis einverstanden waren, aber die fehlende Beteiligung der Frau an der ehelichen Errungenschaft als die Frau ungerechtfertigt benachteiligend betrachteten. Des Weiteren taten sich hervor Bulling und Weber, die beide mit ihrer Forderung nach Einführung der Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand den Vorschlag Plancks zur Verwaltungsgemeinschaft wegen einer zu starken Benachteiligung der Frau vollständig ablehnten. Dabei ist Bulling eher als Vertreter einer liberalen Haltung zu bezeichnen, der durch die Einführung der Gütertrennung nicht notwendigerweise eine Änderung der gesellschaftlichen Verhältnisse herbeiführen wollte. Er verfolgt das Ziel im Gesetz möglichst wenig Regelungen zu den vermögensrechtlichen Belangen in der Ehe aufzunehmen, um den Eheleuten einen Freiraum in diesem Bereich zu sichern. Gleichzeitig hoffte

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er zuversichtlich, dass die Eheleute diesen Freiraum auf die altbekannte Weise füllen würden. Weber dagegen kämpfte als Frauenrechtlerin für eine Besserstellung der Frau in der Gesellschaft und hoffte dieses durch Änderungen im Bereich des ehelichen Güterrechts vorantreiben zu können. Sie befürwortete zwar die Verbesserungen Plancks zugunsten der Frauen, insbesondere die Abschaffung des Mundiums und die Erweiterung des Vorbehaltsgutes der Frau, insgesamt aber gingen ihr die Veränderung nicht weit genug. Schließlich äußerte sich noch der Sozialist Anton Menger zum ehelichen Güterrecht. Diesem Juristen ist innerhalb des Meinungsspektrums ein besonderer Platz zuzuweisen, da er mit seinen Ausführungen das Ziel verfolgte, den Entwurf Plancks, wie den des ganzen Bürgerlichen Gesetzbuches, als eine Schöpfung der bürgerlichen Gesellschaft darzustellen, die allein auf die Lebensumstände der bürgerlichen Gesellschaft zugeschnitten sei und die Interessen der Arbeiterklasse vernachlässige. Aus diesem Grund lehnte er den Entwurf ab. Seine Ausführungen sind aufgrund seiner politischen Einstellung von dem Kampf gegen die besitzenden Schichten gekennzeichnet und von einem Denken, das die Gesellschaft nur eingeteilt in Klassen begreifen wollte. Er schlug dementsprechend für die güterrechtliche Regelung unterschiedliche Güterstände für die einzelnen gesellschaftlichen Klassen vor. B. Die politische Situation Auch die politische Situation, die bei der Abstimmung zum ehelichen Güterrecht zutage trat, bestätigt den eingangs zitierten Ausspruch von Weber. Wie von Weber bemerkt, kam die Annahme der Verwaltungsgemeinschaft zustande, weil die reaktionären Parteien im Reichstag eine beherrschende Stellung innehatten. Vor allem zu nennen ist hier das Zentrum, die Vertretung der Katholiken im Reichstag, das als größte Partei für eine Annahme des Güterstandes stimmte, auch wenn es durch mehrere Änderungsanträge versucht hatte, noch eine weitere Stärkung der Position des Mannes zu erreichen. Die anderen Parteien stellten größtenteils eine schweigende Mehrheit dar, abgesehen von einigen Abgeordneten, die zum Schutz der Frauen für eine Einführung der Gütertrennung kämpften. Unter diesen Politikern waren vor allem die folgenden sechs Mitglieder des Reichstages, nämlich die Freikonservativen von Stumm und Pauli, die Freisinnigen Kauffmann, Munckel und die Sozialdemokraten Frohme und Stadthagen. Ihre Stimmen und Appelle wurden jedoch, genau wie die Petitionen der bürgerlichen Frauenbewegung von der Mehrheit kaum beachtet oder mit wenigen Worten als Mindermeinung abgetan. Die bürgerliche Frauenbewegung vertrat im Bereich des ehelichen Güterrechts ebenfalls das Ziel, die Gütertrennung als gesetzliches Güterrecht einzuführen. Zu diesem Zweck richteten die Frauen eine Petition, die das ganze Familienrecht betraf, an den Reichstag. Die Mitstreiterin der Frauenbewegung Emilie Kempin forderte zusätzlich zur Einführung der Gü-

§ 1 Zusammenfassung

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tertrennung eine Absicherung der Frau in Form eines Anteils an der ehelichen Errungenschaft. Die Kombination dieser beiden Forderungen muss insofern als zukunftsweisend betrachtet werden, da Kempin so dem heutigen gesetzlichen Güterstand, der Zugewinngemeinschaft, sehr nahe kam.974 Die Bemühungen der Frauenbewegung wurden aber kaum berücksichtigt. In der Regel wurden sie mit dem Hinweis abgetan, dass diese Meinungsäußerungen nur von einem sehr kleinen Teil der weiblichen Bevölkerungen getragen würden. Wie Weber bemerkte, hatte die Frauenbewegung politisch noch zu wenig Gewicht, um ihre Forderungen durchsetzen zu können. C. Die Position von Plancks Entwurf im Meinungsspektrum Um das beschriebene Meinungsspektrum und die Position von Planck und seinem Entwurf innerhalb dieses Rahmens besser darstellen zu können, folgt ein tabellarischer Überblick über die beteiligten Diskussionsteilnehmer. Es kann sich dabei wegen der vielen verschiedenen Aspekte, die im Zusammenhang mit dem ehelichen Güterrecht diskutiert wurden, nur um eine vereinfachende Übersicht handeln. Aus diesem Grund kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass sich bei einer Betrachtung von bestimmten Einzelfragen die gewählte Reihenfolge verändern könnte. Trotzdem ist die Übersicht sinnvoll, weil so die Tendenzen, die sich aus der Gruppenzugehörigkeit oder bestimmten Einstellungen ergeben, am besten dargestellt werden können. Die Aufstellung beginnt mit der reaktionären Einstellung Gierkes und geht über die konservativen, liberalen und linken Meinungen zu der sozialistischen Einstellung Mengers. An dem folgenden tabellarischen Überblick kann besonders deutlich nachvollzogen werden, dass sich Planck mit seinem Entwurf zwischen zwei gegensätzlichen Polen bewegte.975 Auf der einen Seite standen die Vertreter der konservativen Seite, die eine Stärkung des Mannes durch die Wiederbelebung des Mundiums forderten. Bei diesen Vertretern ist auffällig, dass sie größtenteils Anhänger der Historischen Rechtsschule waren bzw. von christlichen Lehren beeinflusst wurden. Diese Gruppe hatte hinsichtlich der gesellschaftlichen und politischen Macht das größte Gewicht. Dies spiegelt die Ausrichtung von Staat und Gesellschaft an den bürgerlichen Idealen wieder. Auf der anderen Seite standen die wenigen Vertreter einer realen Besserstellung der Frauen, die sowohl im politischen Prozess, als auch in der Rechtswissenschaft, zahlenmäßig unterlegen waren und wenig politischen Einfluss hatten. Eine durchgreifende Anpassung des Entwurfs an ihre Forderungen, die größten974 975

Siehe auch: Lehmann, Ehefrau, S. 119, 120. Zustimmend: Malsbenden, Stellung, S. 345.

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3. Teil, 7. Kap.: Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

teils aus einer Beobachtung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation resultierten, konnte diese Gruppe wegen mangelnden Durchsetzungsvermögens und fehlender Unterstützung nicht erreichen. Gruppenzugehörigkeit

Diskussionsteilnehmer

Meinungseckpunkte Bevorzugtes Güterrecht

Historische Schule – Germanist

Otto von Gierke

Gemeinschaftsgedanke Mundium

Historische Schule – Romanist

Friedrich Mommsen Christliche Ausrich- Gütergemeinschaft tung Mundium

Historische Schule – Romanist

Ludwig Mitteis

Mundium

Keine besondere Präferenz

Historische Schule – Germanist

Carl Friedrich Gerber

Umbenanntes Mundium

Verwaltungsgemeinschaft

Fraktion im Reichstag

Zentrum

Gütergemeinschaft, Katholizismus Stärkung der männ- später Verwaltungsgemeinschaft lichen Machtposition

Praktischer Jurist

Karl Ferdinand Brühl

Praktische Belange Mundium

Verwaltungsgemeinschaft

Historische Schule – Germanist

Richard Schröder

grds. Zustimmung Entwurf Stärkung der männlichen Position

Errungenschaftsgemeinschaft, später Verwaltungsgemeinschaft

Jurist

Eugen v. BeaulieuMarconney

grds. Zustimmung Entwurf

Verwaltungsgemeinschaft

Redaktor des Entwurfs

Gottlieb Planck

Verwaltungsgemeinschaft

Amtsgerichtsrat

Herrmann Jastrow

grds. Zustimmung Entwurf 976 aber Teilung der Errungenschaft

Gütergemeinschaft

Verwaltungsgemeinschaft

976 Jastrows Anmerkungen hatten vorrangig das Ziel den Frauen eine „objektive Belehrung“ über den Inhalt des Entwurfs zu geben. Seine kritischen Äußerungen fielen bei dieser Gelegenheit sozusagen nebenbei, indem er, wo es ihm angebracht erschien, die „Mißbilligung nirgend zurückgehalten“ hat. Daher erscheint er überwiegend als „Verteidiger des Gesetzbuches“. (Jastrow, Recht, Vorwort, S. IV) Einziger wesentlicher Kritikpunkt war die fehlende Teilung der ehelichen Errungenschaft (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 3, B.; s. u. 3. Teil, 7. Kapitel, § 2, B.).

§ 1 Zusammenfassung Gruppenzugehörigkeit

Diskussionsteilnehmer

393

Meinungseckpunkte Bevorzugtes Güterrecht

Jurist und Parlamen- Otto Bähr tarier

Zustimmung zur Kompetenzverteilung des Entwurfs, aber Teilung der Errungenschaft

Errungenschaftsgemeinschaft

Liberaler Jurist

Carl Bulling

Beschränkung des staatlichen Reglements

Gütertrennung

Abgeordnete im Reichstag

Freikonservative v. Stumm und Pauli

Besserstellung der Frau

Gütertrennung

Abgeordnete im Reichstag

Freisinnige Kauffmann und Munckel

Besserstellung der Frau

Gütertrennung

Angeordnete im Reichstag

Sozialdemokraten Frohme und Stadthagen

Besserstellung der Frau

Gütertrennung

Frauenrechtlerin

Marianne Weber

Besserstellung der Frau

Gütertrennung

Bürgerliche Organisation

Frauenbewegung

Besserstellung der Frau

Gütertrennung, teilweise mit Anteil an der Errungenschaft

Sozialistischer Jurist

Anton Menger

Kampf für die Arbeitsklasse

Güterrecht je nach Gesellschaftsschicht

Zwischen diesen beiden Extremen bewegte sich Planck mit seinem Entwurf, da er sich das Ziel gesetzt hatte, die Interessen beider Gruppen in seinem Vorschlag zu berücksichtigen (s. o. 2. Teil, 2. Kapitel, § 2). Diese vermittelnde Rolle verlangte die erste und ausschlaggebende Partei dadurch zu beschwichtigen, dass er sich weitgehend an historische Vorbilder hielt, um dadurch die von der bürgerlichen Gesellschaft vorgegebenen Geschlechterrollen im bürgerlichen Recht abbilden zu können. Dies ist Planck, zumindest inhaltlich weitgehend gelungen.977 Gleichzeitig versuchte er der anderen Seite und den von ihnen vertretenen Belangen entgegenzukommen und die weiblichen Interessen bei der Schaffung der Verwaltungsgemeinschaft stärker zu berücksichtigen. Diese Versuche zeigen sich in der vom bisherigen Recht abweichenden Regelungstechnik und einigen wenigen Verbesserungen zugunsten der Frauen, wie z. B. der Abschaffung des Mundiums, der Einschränkung der Rechte des Mannes am eingebrachten Gut und der 977 Zum konservativen Charakter der Entwurfs: Schmid, Entstehung, S. 118; Malsbenden, Stellung, S. 341; siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 89; Gernhuber, Familienrecht, S. 6 f.

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3. Teil, 7. Kap.: Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

Erweiterung des Vorbehaltsgutes der Frau auf den selbstständigen Arbeitserwerb. Inhaltlich haben diese Neuerungen, wie oben bereits dargestellt (s. o. 2. Teil, 5. Kapitel, § 1), kaum Verbesserungen der Position der Ehefrau gebracht978, während diese Ausrichtung aber die komplexe Struktur des Güterstandes verursacht hatte979. Denn die Berücksichtigung derart unterschiedlicher, ja unvereinbarer Ziele führte zu der Zerrissenheit und Komplexität, die den Güterstand der Verwaltungsgemeinschaft kennzeichnen. Nach meiner Einschätzung hatte in diesem Zusammenhang die größten Auswirkungen die Kombination von historischen Inhalten mit der von Planck gewählten Regelungstechnik. Der Versuch die komplexen Inhalte, die vormals durch eine einfache Kompetenzzuweisung an den Ehemann abgedeckt und damit auf eine moralische Ebene verlagert wurden, durch materielle Rechtsregeln abbilden zu wollen, war zum Scheitern verurteilt, weil Planck dadurch ein Wirrwarr von Rechten und Pflichten schuf und damit die praktische Anwendbarkeit empfindlich beschnitt. Die nur vereinzelten positiven Stimmen von Diskussionsteilnehmern zeigen, dass er mit seinem Kompromissvorschlag wenige, aktiv beteiligte Personen wirklich zufrieden stellen980, jedoch eine breite politische Mehrheit gewinnen konnte, wie die Abstimmung im Reichstag belegt.

§ 2 Die gesellschaftlichen Folgen der Verwaltungsgemeinschaft Um die realen Auswirkungen des Streitgegenstandes auf die Gesellschaft und das Leben der einzelnen Frauen zu zeigen und damit eine Verbindung zu der praktischen Relevanz der Diskussion um das eheliche Güterrecht herbeiführen zu können, wurden im Folgenden die Aussagen über die gesellschaftlichen Folgen der Einführung der Verwaltungsgemeinschaft gesammelt und unter Berücksichtigung der gewonnen Ergebnisse neu bewertet. Bei der Erläuterung der gesellschaftlichen Folgen der Verwaltungsgemeinschaft ist eine Darstellung unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten notwendig, weil die Zugehörigkeit zu einer der gesellschaftlichen Gruppen im Hinblick auf Vermögen und Lebensumstände stark differierende Grundlagen schuf. Auf die daraus resultierenden, voneinander abweichenden Umstände hatte die Verwaltungsgemeinschaft natürlich unterschiedliche Auswir978 Grimme sieht darin jedoch den Beginn der Entwicklung hin zur Gleichberechtigung der Frau: Grimme, Entwicklung, S. 89. 979 Zustimmend: Weber, Ehefrau, S. 470 f.; Malsbenden, Stellung, S. 345; abweichend: Grimme, Entwicklung, S. 106 (Grimme bezeichnet das eheliche Güterrecht des BGB als gelungene Kombination der Überordnung des Mannes mit dem durch die marktwirtschaftliche Ordnung bedingten Erfordernis einer selbstständigeren Stellung der Frau.). 980 Weber, Ehefrau, S. 471.

§ 2 Die gesellschaftlichen Folgen der Verwaltungsgemeinschaft

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kungen.981 Die Frage, wie die Verwaltungsgemeinschaft auf die eheliche Gemeinschaft und die Gesellschaft, vor allem aber auf die Situation der Frauen wirkte, wurde bereits mehrmals bearbeitet.982 Die hierzu getroffenen Aussagen stützen sich nicht auf empirische Forschungen, sondern auf Betrachtungen, die zum Teil noch während der Diskussion des Güterrechts, teilweise später geäußert wurden983 bzw. auf theoretische Schlussfolgerungen, die unter Zugrundelegung der gesellschaftlichen Umstände für die einzelnen Schichten ermittelt wurden. Mangels anderem Material scheint diese Vorgehensweise zwar die einzige Möglichkeit zu sein, der Frage nach den tatsächlichen gesellschaftlichen Folgen näher zu kommen, jedoch muss insoweit besonders darauf geachtet werden, dass die verwerteten Aussagen in dem geschichtlichen Zusammenhang erläutert werden, in dem sie abgegeben wurden. A. Die Oberschicht Dies wird besonders deutlich bei Überlegungen zu der Frage, wie die Verwaltungsgemeinschaft auf die Ehen der damaligen Oberschicht, also den Adel und die gehobenen Kreise der bürgerlichen Gesellschaft, wirkte. In diesem herrschenden und vermögenden Kreis heirateten die Männer nicht erwerbstätige, sondern vermögende Frauen. Zur Bewertung der Situation dieser Frauen unter dem Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft wird in der Sekundärliteratur984 oftmals auf die folgende bereits zitierte Aussage Mengers zurückgegriffen: „In den vornehmen Bevölkerungsschichten, zu welchen man die Geburts-, Finanz-, und Beamtenaristokratie, sowie auch das höhere Bürgertum zählen kann, ist die Ehegattin kaum mehr als ein anmutiges Dekorationsstück. An der Berufstätigkeit ihres Mannes und an der häuslichen Arbeit nimmt sie persönlich fast gar keinen Anteil, ja selbst die Erfüllung ihrer intimsten Mutterpflichten: das Säugen und die Aufziehung ihrer Kinder in den ersten Lebensjahren pflegt sie auf Frauen der besitzlosen Volksklassen abzuwälzen. Häufig bringt die Frau Vermögen in die Ehe mit, an welchem der Mann zur Bestreitung der beträchtlichen Unterhaltskosten die Nutzung erhält. Wird dann die Ehe aufgelöst, so erhält die Frau ihr Eigentum zurück, auf das während der Ehe erworbene Vermögen hat sie, die ja immer nur konsumiert hat, naturgemäss keinen Anspruch.“ 985 981 Grimme, Entwicklung, S. 105; Schmid, Entstehung, S. 118; Aufteilung nach Schichten auch bei: Hachenburg, Gesetzbuch, S. 382 f.; Menger, Volksklassen, S. 46 f.; allgemein zu den unterschiedlichen Auswirkung von Güterrechten auf verschiedene Lebenssituationen: Müller-Freienfels, Gleichberechtigungsprinzip, S. 268. 982 Grimme, Entwicklung, S. 105 f.; Schmid, Entstehung, S. 116 f.; Dörner, Industrialisierung, S. 105 f.; Twellmann, Frauenbewegung, S. 201. 983 Menger, Volksklassen, S. 46 f.; Kipp/Wolff, Lehrbuch Familienrecht, S. 173 (§ 46 I 1 b); Hachenburg, Gesetzbuch, S. 382 f. 984 Schmid, Entstehung, S. 117; Dörner, Industrialisierung, S. 105 f.; mit Einschränkung: Grimme, Entwicklung, S. 106. 985 Menger, Volksklassen (5. Auflage), S. 47 f.

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3. Teil, 7. Kap.: Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

Während Schmid und Dörner diese Aussage, mit der sie die Ausrichtung des Güterrechts an der bürgerlichen Schicht belegen, kommentarlos übernehmen986, benutzte sie Grimme dazu die damals innerhalb der Gesellschaft herrschende Meinung zu charakterisieren.987 Wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, B. III. 2. b)), ist dieser Standpunkt Mengers jedoch nicht repräsentativ. Vielmehr muss diese Aussage, wegen Mengers politischer Ausrichtung, als absolute Sondermeinung behandelt werden. Aus ihr spricht der Sozialist, der im Kampf gegen die besitzende Klasse zu beweisen suchte, dass die Verwaltungsgemeinschaft entgegen den Interessen der Arbeiterklasse die bürgerliche Schicht einseitig bevorzugte. Menger bestimmte den Wert des Einzelnen nach seinem Arbeitsbeitrag für die Gesellschaft. Deshalb mussten Frauen der feindlichen Oberschicht natürlich in dem schlechten Lichte erscheinen, was Mengers Aussage beherrscht. Der Schluss Mengers, dass die Frauen der Oberschicht durch ihre passive Rolle die Benachteiligungen der Verwaltungsgemeinschaft verdient hätten, kann jedoch in keiner Weise mitgetragen werden. Ganz im Gegenteil brachten diese Frauen durch ihr Vermögen wirtschaftliche Vorteile mit in die Ehe, die ihnen durch die Verwaltungsgemeinschaft ungerechtfertigt vorenthalten wurden.988 Die gravierendsten Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft zeigten sich demnach für die vermögende Frau in der Behandlung des eingebrachten Gutes. Dabei hatte die Nutznießung zur Folge, dass der Frau eine Vermögensmehrung durch ihr eingebrachtes Gut nicht möglich war, weil alle Früchte in das Vermögen des Ehemannes flossen. Dies wog umso schwerer als die Frau auch nicht am in der Ehe erworbenen Vermögen, also der ehelichen Errungenschaft, partizipierte. Gleichzeitig wurde die Frau in ihrer wirtschaftlichen Selbstständigkeit, durch die mit dem Verwaltungsrecht des Mannes korrespondierende Einschränkung der weiblichen Kompetenzen am eingebrachten Gut, beschnitten. Dadurch verblieben vermögende Frauen in einer wirtschaftlichen Abhängigkeit von ihrem Ehemann. Eine Verbesserung ihrer Position könnte man oberflächlich betrachtet lediglich durch die von Planck eingeführten Kontrollrechte annehmen, die darauf ausgerichtet waren, das Vermögen der Frau in der Substanz zu wahren.989 Wie jedoch oben bereits erläutert wurde (s. o. 2. Teil, 5. Kapitel, § 1), handelte es sich dabei lediglich um marginale oder gar nominale Verbesserungen, die zum großen Teil leer liefen, da eine gerichtliche Durchsetzung größtenteils erst nach der Aufhebung des Güterstandes möglich war bzw. die Voraussetzungen so hoch gesteckt waren, dass bei Vorliegen des Anspruchs eine Sicherung des Vermögens in vielen Fällen bereits nicht mehr möglich gewesen sein dürfte. 986

Schmid, Entstehung, S. 117; Dörner, Industrialisierung, S. 105 f. Grimme, Entwicklung, S. 106. 988 So auch: Grimme, Die Entwicklung, S. 106. 989 Bejahung einer Verbesserung: Hachenburg, Gesetzbuch, S. 383 f.; Grimme, Entwicklung, S. 106. 987

§ 2 Die gesellschaftlichen Folgen der Verwaltungsgemeinschaft

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Die Unterschiede im Vergleich zur Behandlung der Frauen aus anderen Schichten ergaben sich vor allem durch die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf das selbstständig durch die Frau erworbene Arbeitsvermögen.990 Diese „Neuerung“ der Verwaltungsgemeinschaft kam nämlich den vermögenden Frauen aus der Oberschicht in der Regel nicht zugute, da sie meist keiner selbstständigen Tätigkeit nachgingen, bzw. nachgehen konnten. Diese Tatsache, die Mengers Mund als Vorwurf gegenüber den Frauen der Oberschicht formulierte, war größtenteils eine Folge der gesellschaftlichen Umstände. Dies zeigte sich, um ein Beispiel zu nennen, insbesondere bei der Diskussion um § 1358 BGB a. F. im Reichstag. Die konservative Seite versuchte hier das im Entwurf vorgesehene Entscheidungsrecht des Mannes, was die Aufnahme und den Bestand eines von der Frau eingegangenen selbstständigen Arbeitsverhältnisses betraf, mit der Argumentation zu rechtfertigen, dass ansonsten „die Frau z. B. ohne Weiteres auf die Bühne gehen (könne), ohne daß der Mann das hindern könne.“ Ein derartiges Verhalten entspreche nicht den sozialen Verhältnissen und laufe vielfach den Interessen der Familie zuwider, weshalb der Ehemann auf jeden Fall das Recht haben müsse, derartiges sofort zu unterbinden.991 Diese Aussage belegt beispielhaft, dass eine selbstständige Erwerbstätigkeit in bestimmten gesellschaftlichen Kreisen nicht als standesgemäß galt und daher zu unterlassen war, selbst in dem unwahrscheinlichen Fall, dass die Frauen eine entsprechende Ausbildung gehabt hätten. Zusammenfassend kann also die Aussage getroffen werden, dass die Verwaltungsgemeinschaft des BGB zwar tatsächlich schwerpunktmäßig die Zustände und Ideale der bürgerlichen Gesellschaft abbildete992; gleichzeitig aber dieses Nachzeichnen der bestehenden Zustände für die Frauen dieser Schicht aus heutiger Sicht zu schweren, nicht zu rechtfertigenden Nachteilen und Abhängigkeiten führte. B. Die Mittelschicht Auf die Lebensumstände der mittleren Schicht hatten die Regelungen der Verwaltungsgemeinschaft andere Auswirkungen. Die Unterschiede zur Oberschicht bezüglich der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation resultierten aus der abweichenden finanziellen Ausstattung und beruflichen Tätigkeit des Ehemannes. So brachten die Frauen der Mittelschicht auch, aber in geringerem Umfang, eingebrachtes Gut in die Ehe. Ihre Tätigkeit beschränkte sich regelmäßig auf die Kindererziehung und Hausfrauentätigkeit. Für den Fall, dass die beruf990 Weber, Ehefrau, S. 468; Brühl, Arbeit, S. 419; Gierke, Entwurf, S. 408; Hachenburg, Gesetzbuch, S. 382 f. 991 Bachem in Bericht der Reichstags-Kommission, S. 226 (zu § 1341). 992 So auch: Dörner, Industrialisierung, S. 104, 106; Schmid, Entstehung, S. 116, 118.

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liche Ausrichtung des Mannes es zuließ, war durchaus auch eine Mitarbeit im Gewerbe des Mannes üblich. Eine selbstständige Tätigkeit der Frau war, trotz vielerorts bestehender Notwendigkeit nach einem zusätzlichen Einkommen, nicht üblich. Die Auswirkungen des gesetzlichen Güterrechts auf die Frauen dieser Bevölkerungsgruppe werden oftmals als besonders benachteiligend bezeichnet.993 So unterlag ihr eingebrachtes Gut den gleichen Beschränkungen, die oben bereits bei den Frauen der Oberschicht dargestellt wurden. Eine Vermögensmehrung war also bezüglich des eingebrachten Gutes ausgeschlossen und zusätzlich hatten die Frauen die Risiken zu tragen, die sich aus der männlichen Verwaltung ergaben. Die besondere Benachteiligung dieser Frauen lag in der Verwertung ihrer Arbeitskraft. Diese wurde durch die Tätigkeit für Haushalt und Familie aufgezehrt, im Extremfall verrichteten die Frauen dieser Schicht noch zusätzlich im Geschäft des Mannes besondere Arbeitstätigkeiten. Für diesen Einsatz wurden sie in keiner Weise entlohnt, da diese Leistungen von Planck zum weiblichen Beitrag zu den ehelichen Lasten gezählt wurden.994 Aus diesem Grund wurden alle Gewinne, die durch diese Arbeit der Frau erwirtschaftet wurden, allein dem Vermögen des Mannes zugewiesen.995 Ein Vermögenszuwachs auf Seiten der Frau war damit praktisch ausgeschlossen. Befanden sich die Vermögensmehrungen aber erst in der Hand des Mannes, konnte die Frau nicht mehr daran partizipieren, weil die Verwaltungsgemeinschaft eine Teilung der ehelichen Errungenschaft nicht vorsah.996 Allein für den Fall, dass der Mann als Erster verstarb, hatte man versucht mit einer erbrechtlichen Regelung entgegen zu wirken.997 Bei einer Eheauflösung durch Scheidung aber war das in der Ehe erwirtschaftete Vermögen für die Frau vollkommen verloren998, wie Kempin nach einem Beispiel des Amtgerichtsrates Jastrow eindrucksvoll schilderte. „Er ist ,junger Mann‘ in einem Verkaufsladen, sie ist Direktrice in einem Wäschegeschäft. Sie versteht die Fabrikation der Wäsche, er den Ein- und Verkauf. Auf die vereinten Fähigkeiten gründen sie den Hausstand. Er eröffnet – vielleicht mit etwas geliehenem Kapital – ein Geschäft. Geschick und Fleiß werden ihres Glückes Schmiede. Mit Meisterschaft versteht es die Frau, Geschäft und Hauswirtschaft mit 993 Grimme, Entwicklung, S. 106; Schmid, Entstehung, S. 117; Menger, Volksklassen, S. 47; Dörner, Industrialisierung, S. 106. 994 Mehnert, Entwicklungen, S. 15 f. 995 Twellmann, Frauenbewegung, S. 201; siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 106. 996 Gierke, Entwurf, S. 408, 416; Gierke, Haus, S. 654 (Ausschluss von der Errungenschaft wurde vor allem deshalb negativ bewertet, weil die Frauen, die den „wahren Beruf der Frau“ ausübten, also als Hausfrau und durch Mitarbeit im Geschäft des Mannes zu dem Unterhalt der Familie beitragen würden, dadurch benachteiligt wurden.). 997 Planck, Vorentwürfe, S. 472. 998 Malsbenden, Stellung, S. 320.

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einander zu vereinen. Und als ihre Ehe fünf Jahre gedauert hat, da haben sie dem Geschäft eine Grundlage gegeben, bei der es nicht mehr erforderlich ist, daß die Frau noch in eigener Person der Fabrikation vorsteht. Sie darf sich ganz dem Hauswesen, den Kindern und der Erfreuung ihres Mannes widmen. Nur ihr Rat wird noch immer eingeholt, wenn etwas Wichtiges vorgenommen werden soll. Und immer erweist er sich nutzbringend, immer fördernd, den Wohlstand mehrend. Und nach weiteren zehn Jahren sind sie reiche Leute geworden. Doch nein: nicht sie, nur er ist reich geworden. Und wenn jetzt eine Tänzerin ihm besser gefällt, als die alternde Frau – dann kann die Frau sich freilich scheiden lassen. Aber was ist ihr Los? Ein elender und ganz bedingungsweise gewährter Anspruch auf Unterhalt und auch dieser nicht einmal, wenn sie selbst einen Teil Schuld auch auf sich geladen hat. Und wie leicht kann ein vernachlässigtes Weib der Schuld in die Arme getrieben werden! Daß hier nach der Scheidung er reich ist, wie er geworden, sie arm, wie sie gewesen, das ist ein Unrecht, welches zum Himmel schreit!“ 999

Zusätzlich wurde der Frau der mittleren und unteren Schichten der bürgerlichen Gesellschaft eine selbstständige Betätigung erschwert, mit der Folge, dass auch eine Vergrößerung ihres Vorbehaltsgutes nach § 1367 BGB a. F. praktisch ausgeschlossen war. Dies hatte gleich mehrere Gründe. Zum einen konnte der Ehemann, solange die wirtschaftliche Not die Frau nicht unmittelbar zur Mitarbeit zwang, die mit eigenem Verdienst verbundene größere Unabhängigkeit der Frau dadurch verhindern, dass er die Einwilligung zur selbstständigen Arbeit verweigerte.1000 Auch wenn dies dem Mann gegenüber dem ursprünglichen Entwurf von Planck erschwert wurde (s. o. 3. Teil, 6. Kapitel, § 1, C.), dürfte der Plan Plancks, damit dem Mann die Lenkung der Erwerbstätigkeit der Frau zu übergeben, nicht völlig misslungen sein. Dies gilt unter Berücksichtigung der Umstände umso mehr, wenn man die Voraussetzungen in Betracht zieht, unter denen der Mann nach § 1358 BGB a. F. seine Einwilligung verweigern konnte. Dies war nämlich der Fall, wenn eine selbstständige Tätigkeit der Frau mit den ihr auf Grund der ehelichen Gemeinschaft gegenüber dem Ehemann obliegenden Pflichten unvereinbar war. Die Ehefrau in den mittleren und unteren Bereichen der bürgerlichen Schicht dürfte aber mit der Kinderpflege und dem Haushalt ausgefüllt gewesen sein. Zusätzlich kommt die gesetzliche Verpflichtung der Frau hinzu, in dem Betrieb und Handelsgewerbe des Mannes mitzuarbeiten. Bedenkt man die Aufzehrung der weiblichen Arbeitskraft, die bei einer solchen Definition der ehelichen Pflichten in den meisten Fällen vorhanden gewesen sein dürfte, wird die Einholung der gerichtlichen Entscheidung für den Ehemann relativ problemlos gewesen sein. Schließlich ist noch zu bedenken, dass nicht nur der Mann sich gegen die selbstständige Erwerbstätigkeit der Frau wehrte. Vielmehr beschränkte die bürgerliche Gesellschaft und ihre Moralvorstellungen die Frauen bei der Aufnahme einer freien Berufstätigkeit. Dies zeigte sich besonders deutlich in den Hürden, 999 1000

Jastrow, Recht, S. 146 f.; siehe auch: Kempin, Grenzlinien, S. 64 f. Grimme, Entwicklung, S. 105.

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3. Teil, 7. Kap.: Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

die der Staat für Frauen bereithielt, die sich über die Berufstätigkeit des Ehemannes in seinem Einflussbereich befanden. So war es z. B. bei Beamten der mittleren und unteren Schichten durchaus notwendig, dass die Frau wegen des geringen Einkommens des Mannes mitarbeitete. Dabei wurde eine Heimarbeit der Frau noch akzeptiert, eine Tätigkeit der Frau in der freien Wirtschaft aber wurde prinzipiell abgelehnt und von einer Genehmigung abhängig gemacht, die nur in Ausnahmefällen erteilt wurde.1001 Zusammenfassend bleibt festzustellen, dass sich der Güterstand Plancks auf die Frauen der mittleren Schicht besonders benachteiligend ausgewirkt hat, da sie aufgrund der Definition der ehelichen Pflichten einen weitgehenden Beitrag zu den ehelichen Lasten durch Einsatz ihrer Arbeitskraft leisten mussten und gleichzeitig nicht auf ihr eingebrachtes Vermögen zugreifen konnten. Da eine Teilung der ehelichen Errungenschaft nicht stattfand, fielen alle in der Ehe erwirtschafteten Gewinne in das Vermögen des Ehemannes. Eine Erweiterung ihres eigenen Vermögens war dadurch völlig ausgeschlossen, auch weil eine selbstständige Tätigkeit wegen der gesellschaftlichen Umstände von ihnen nicht ausgeübt werden konnte. Der Kern der besonderen Benachteiligung der Frauen aus der mittleren Schicht liegt, wie Weber anmerkte, in der unterschiedlichen Behandlung von selbstständiger Tätigkeit der Frau und der Mitarbeit im Geschäft des Mannes, die vielfach als Ungerechtigkeit empfunden wurde1002 – eine Ungerechtigkeit, die vor allem die Frauen der bürgerlichen Schicht traf und für deren Ehemänner besondere Vorteile beinhaltete. Anders sei der Gesetzgeber mit den Rechten des „kleinen Mannes“ umgegangen, also den Angehörigen der Arbeiterklasse. „Durch die Erweiterung des gesetzlichen Vorbehaltsguts hat nun zwar die erwerbstätige Ehefrau eine Sphäre der Freiheit gewonnen, nicht aber die vermögende Frau, die normalerweise auf selbstständigen Gelderwerb verzichtet, auch nicht die Frau des Mittelstandes, deren Kräfte durch ihre Arbeit im Haushalt und Geschäft des Mannes absorbiert werden. Diese sind – mögen sie auch noch so reich oder noch so fleißig sein – zur Bestreitung ihrer Bedürfnisse nach wie vor auf die Freigebigkeit ihrer Gatten angewiesen. Man hat, recht charakteristischerweise, auch bei uns die Herrenrechte des ,kleinen Mannes‘, dessen Frau erwirbt, weit bereitwilliger preisgegeben, als diejenigen des Mannes der führenden Schichten, der eine Frau heiratet, die besitzt.“ 1003

C. Die Arbeiterklasse Tatsächlich wirkte sich die Geltung der Verwaltungsgemeinschaft Plancks in der Arbeiterklasse anders aus als bei den bereits dargestellten Schichten. Die Un1001 1002 1003

Beuys, Familienleben, S. 435 ff. Brühl, Arbeit, S. 419. Weber, Ehefrau, S. 468.

§ 2 Die gesellschaftlichen Folgen der Verwaltungsgemeinschaft

401

terschiede sind im Wesentlichen auf die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den selbstständigen Erwerb der Frau zurückzuführen. Unter den Bedingungen und Lebensumständen, die die Lebenswirklichkeit der Arbeiterklasse prägten, führte diese Neuerung, nach verschiedenen Meinungen zu einer faktischen Gütertrennung.1004 Diese Aussage wird erst durch die Betrachtung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Situation der Eheleute der Arbeiterklasse vor dem Hintergrund des ehelichen Güterrechts des BGB a. F. begreifbar. So war in der Arbeiterklasse bei Eingehung der Ehe in der Regel kein oder nur marginal Kapital vorhanden. Um den Lebensunterhalt zu sichern, war es aufgrund des fehlenden Kapitalstammes und der niedrigen Löhne notwendig, dass sowohl Mann, als auch Frau einer selbstständigen Berufstätigkeit in den durch die Industrialisierung entstandenen und aufstrebenden Fabriken nachgingen. Das Güterrecht des BGB bewirkte in dieser Situation eine tatsächliche Annäherung an die Gütertrennung, da eingebrachtes Gut regelmäßig nicht existierte, was zur Folge hatte, dass die Vorschriften zur Nutznießung und Verwaltung des Mannes an dieser Vermögensmasse mangels Gegenstand wirkungslos waren.1005 Die diesbezüglichen Beschränkungen, die im Wesentlichen den Unterschied zwischen der Verwaltungsgemeinschaft und der Gütertrennung ausmachten, belasteten daher die Frauen aus der Arbeiterklasse nicht. Gleichzeitig bewirkte die zum Lebenserhalt der Familie notwendige selbstständige Erwerbstätigkeit der Frau eine Erweiterung ihres Vorbehaltsgutes nach § 1367 BGB a. F., sodass der Ehemann auch von diesem Erlös grundsätzlich ausgeschlossen war, was zu einer weiteren Annäherung an die Gütertrennung führte. Die Arbeiterin konnte aus diesem Grund über ihren Arbeitserwerb juristisch frei disponieren1006, was rein rechtlich betrachtet zu einer Besserstellung der Frau führte. So auch Endemann, der in seinem Lehrbuch anmerkte, dass diese Entwicklung begrüßt wurde, weil die Frau so vor der Ausbeutung des Mannes und seiner Gläubiger geschützt werde, indem sie eine gewisse finanzielle Unabhängigkeit vom Mann erlange.1007 Auch Weber gibt zu, dass diese Neuerung durchaus Vorteile mit sich bringen würde, so wäre es nunmehr „wenigstens nicht mehr wie früher gesetzlich zulässig, daß der arbeitsscheue Taugenichts, auch wenn er wochenlang herumvagabondiert und keinen Pfennig zum Unterhalt der Familie

1004 Schröder, Güterrecht Deutschlands, S. 17, Fußnote 3; Kipp/Wolff, Lehrbuch, Familienrecht, S. 172; Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1900), S. 726, Fußnote 28; siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 105 f. 1005 So auch: Martiny, Integration, S. 61. 1006 Grimme, Entwicklung, S. 105 f.; siehe auch: Dörner, Industrialisierung, S. 105 f.; Schmid, Entstehung, S. 117. 1007 Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1908), S. 344, Fußnote 39.

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3. Teil, 7. Kap.: Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft

beisteuert, seiner Frau den sauerverdienten Groschen aus der Schieblade nimmt, um ihn zu vertrinken.“ 1008 Wie das Zitat bereits andeutet, waren die Auswirkungen der Neuerung für die Besserstellung der Frau jedoch beschränkt auf die Freiheit, über die Verwendung des erworbenen Gutes zu entscheiden.1009 Darüber hinaus bedeutete die Neuerung aber nicht, dass der Frau damit die Möglichkeit einer Vermögensmehrung zugestanden wurde, die sie für einige Zwecke oder zur eigenen Absicherung hätte aufsparen können.1010 Vielmehr ging man von Anfang an aufgrund der wirtschaftlichen Situation dieser Ehen davon aus, dass der selbstständige Arbeitserwerb der Frau regelmäßig für den Lebensunterhalt aufgebraucht werden würde.1011 Zusätzlich dürfte wegen der angespannten finanziellen Lage vieler Familien aus dieser Schicht auch der Entscheidungsspielraum bei der Verwendung des Arbeitslohnes ein sehr beschränkter gewesen sein. Daher wird die neue Dispositionsbefugnis der Ehefrau auch in der Arbeiterklasse vielfach als praktisch bedeutungslos bewertet.1012 Mit den Aspekten zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Verwaltungsgemeinschaft schließt der Teil über die Streitpunkte bei der Wahl der Verwaltungsgemeinschaft zum gesetzlichen Güterrecht des BGB 1900. Damit bleibt nur noch ein Bereich der Diskussion um das eheliche Güterrecht des BGB 1900 offen, nämlich eine Erläuterung der damals diskutierten Alternativen. Diese Ergänzung der Arbeit ist für ein vollständiges Bild der damaligen Situation unverzichtbar, da gerade die Forderung nach anderen Güterrechtssystemen bzw. die Gründe für deren Ablehnung, in der Lage ist, abweichende Meinungen aufzuzeigen und die Vorteile und Nachteile der Verwaltungsgemeinschaft im Vergleich zu anderen Güterrechten herauszustellen. Die Regelung der Wahlgüterstände des BGB bietet sich als Grundlage für eine derartige Zusammenstellung an. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, soll sich die folgende Darstellung jedoch im Wesentlichen auf eine Zusammenfassung der Regelungsinhalte der Wahlgüterstände, eine kurze Darstellung der Argumentation eines ausgewählten Vertreters und die Gründe beschränken, die Planck für die Ablehnung dieser Güterrechte angab. 1008

Weber, Ehefrau, S. 467. Diese Folge hatte Planck von Anfang an beabsichtigt: Planck, Vorentwürfe, S. 540. 1010 Grimme, Entwicklung, S. 105 f.; Dörner, Industrialisierung, S. 105 f.; Schmid, Entstehung, S. 117; Malsbenden, Stellung, S. 74. 1011 Tatsächlich war Planck bereits bei der Regelung dieses Passus von der praktischen Bedeutungslosigkeit ausgegangen: Planck, Vorentwürfe, S. 539. 1012 Zustimmend: Grimme, Entwicklung, S. 105 f.; Schmid, Entstehung, S. 117; Dörner, Industrialisierung, S. 105; Martiny, Integration, S. 61; zur mangelnden Berücksichtigung der gesellschaftlichen Umwälzungen durch die Industrialisierung: Wieacker, Privatrechtsgeschichte (2. Auflage), S. 480. 1009

4. Teil

Die Alternativen Neben der Verwaltungsgemeinschaft wurden auch andere Güterrechtsformen für den gesetzlichen Güterstand des BGB in Betracht gezogen. Die vorgeschlagenen Alternativen finden sich in der Regelung des BGB als Wahlgüterstände wieder, d. h. diese Güterstände konnten von den Eheleuten durch den Bezug auf die Vorschriften des BGB per Ehevertrag zum geltenden Güterrecht gewählt werden. Solche Regelungen existierten für die allgemeine Gütergemeinschaft (§§ 1437– 1518 BGB a. F.), die Errungenschaftsgemeinschaft (§§ 1519–1548 BGB a. F.) und die Fahrnisgemeinschaft (§§ 1549–1557 BGB a. F.). Daneben war, wenn die Verwaltungsgemeinschaft ausnahmsweise nicht eintrat (§ 1364 BGB a. F.) oder während des Bestehens der Ehe endete (§§ 1418–1420 BGB a. F.) außerordentlicher gesetzlicher Güterstand die Gütertrennung (§ 1426 BGB a. F.).1 Dieser Aufbau des Güterrechtes in gesetzlichen Güterstand und Wahlgüterstände wurde nach einer längeren Diskussion auf Antrag Plancks in der Beratung der 1. Kommission 1876 festgeschrieben.2 Die Entscheidung fiel in der zehnten Sitzung am 20. 10. 1875, nachdem der Redaktor unter anderem auf die Notwendigkeit der „Vertragsfreiheit durch Feststellung der Grundsätze der allgemeinen Gütergemeinschaft und der Errungenschaftsgemeinschaft . . . den Weg (zu) ebnen“ hingewiesen hatte.3 Im weiteren Gesetzgebungsverfahren wurde der Vorschlag Vertragsrechte im Gesetz zu kodifizieren auf die Fahrnißgemeinschaft ausgedehnt und man entschied sich zur Ausgestaltung von fünf möglichen Güterständen im Gesetz4. Die Gegner dieses Aufbaues brachten vor, dass eine derartige Regelung im Hinblick auf die angestrebte Rechtsvereinheitlichung (s. o. 1. Teil, 2. Kapitel, § 6) kontraproduktiv sei. Aufgrund der Bequemlichkeit der Bevölkerung, die tendenziell dazu führe, die angestammten Güterrechte zu bevorzugen, sei bei dieser Gestaltung zu befürchten, dass die Rechtseinheit durch das vermehrte Abschlie-

1 Überblick über die Regelung der Wahlgüterstände siehe auch: Offen, Verwaltungsgemeinschaft, S. 9 ff.; Malsbenden, Stellung, S. 40 ff. 2 Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 366. 3 Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 375. 4 Diederichsen in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (41. Auflage, 1982), Einf. v. § 1363, S. 1291.

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4. Teil: Die Alternativen

ßen von Eheverträgen erschwert, wenn nicht gar dauernd verhindert würde.5 Die Zersplitterung könne auf diese Weise nicht beseitigt werden: „Jedes der Systeme ist der Feind der anderen; und es kommt mir vor, als ob man durch die Freistellung mehrerer Systeme gewissermaßen dem Feinde eine goldene Brücke bauen will, damit er seinen geordneten Rückzug darauf nehmen kann. Dadurch, meine Herren, bringen wir keine Einheit zu Wege, die Einheit kommt nur, wenn wir ein ganz bestimmtes System gesetzlich vorschreiben, vorbehaltlich der Vertragsfreiheit der Eheleute. Ich würde sogar so weit gehen, daß mir selbst das schlechteste System in dieser Hinsicht recht ist, wenn es eben nur eins ist.“ 6

Die Mehrheit stimmte aber aus verschiedenen Gründen für den Aufbau des Güterrechts in gesetzlichen Güterstand und Wahlgüterstände. Es wurde argumentiert, dass man Rücksicht nehmen müsse auf die Anhänglichkeit der Bevölkerung an das bestehende Recht7, und daher wegen der Zumutung eines einheitlichen gesetzlichen Güterstandes wenigstens den Abschluss von Eheverträgen so weit als möglich erleichtern müsse. Eine schlichte Bezugnahme auf eines der geregelten Güterrechtssysteme sollte daher genügen8 und so gleichzeitig verhindern, dass die gewährte Vertragsfreiheit auf diesem Gebiet ad absurdum geführt werde.9 Gleichzeitig versprach man sich von der Regelung der Wahlgüterstände auch eine gewisse inhaltliche Vereinheitlichung innerhalb der einzelnen Güterrechtssysteme10 und daraus folgend eine Erleichterung der Rechtsanwendung.11 5

Wilmowski, in: 12. DJT, S. 69. Wilmowski, in: 12. DJT, S. 69; zustimmend mit ähnlichen Argumenten: Beckh, in: 12. DJT, S. 73 f.; Mecke, in: 13. DJT, S. 81 f. 7 Planck, Vorentwürfe, S. 449; zustimmend: Petersen, Gesetzbuch, S. 4 f.; Brunner, in: 13. DJT, S. 86; Schröder, in: 13. DJT, S. 99. 8 Planck, Vorentwürfe, S. 450. 9 So führte etwa Planck aus, dass die Ehevertragsfreiheit, als in Deutschland von jeher anerkanntes Prinzip, nicht durch Schwierigkeiten beim Abschluss von Eheverträgen unterlaufen werden dürfe. Daher müsse den Beteiligten die Möglichkeit einen, in seinem wirtschaftlichen Resultaten dem bisherigen Recht entsprechenden Zustand herzustellen, soweit als möglich erleichtert werden. (Planck, Vorentwürfe, S. 450); zustimmend: Petersen, Gesetzbuch, S. 4, 7; Schröder, in: 13. DJT, S. 94 f. 10 So etwa Mitteis, der durch die Einführung einer einheitlichen Regelung für die häufigsten Güterrechtsformen eine Chance sah, die die Zersplitterung der Güterrechte verursachenden Varianten vom gleichen Güterrechtstyp zusammenzuführen und so die unterschiedlichen Güterrechte zumindest auf ihre Hauptformen zu reduzieren. (Mitteis, Bemerkungen, S. 564 f.); siehe auch: Petersen, Gesetzbuch, S. 9. 11 Ohne die Unterstützung der Ehegatten durch die Regelung der Wahlgüterstände prophezeite Planck wegen der Komplexität der Regelungsmaterie, dass aus den so abgeschlossenen Eheverträgen oftmals mehr Zweifel und Unklarheiten resultieren würden, als toleriert werden könnten. (Planck, Vorentwürfe, S. 449) Auch Mitteis wies darauf hin, dass man nicht erwarten könne, dass die Ehegatten alle Konsequenzen ihrer Vereinbarung klar erwägen oder überhaupt wahrnehmen würden, müssten sie doch nicht nur ihre eigenen Interessen bedenken, sondern auch auf die Rechte Dritter Personen wie Kinder, Erben oder Gläubiger achten. Ohne die Normierung der Vertragsrechte wäre durch Abschluss eines relativen Vertrages die Festlegung der Auswirkungen auf Dritte auch gar nicht möglich. (Mitteis, Bemerkungen, S. 544; siehe auch: Petersen, Gesetz6

4. Teil, 1. Kap.: Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung

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Ursprünglich waren die als Wahlgüterstände ins Gesetz aufgenommenen Güterrechte von verschiedenen Diskussionsteilnehmern als gesetzlicher Güterstand statt der Verwaltungsgemeinschaft vorgeschlagen und teilweise heftig und ausdauernd verteidigt worden. Bei der Bewertung der Verwaltungsgemeinschaft müssen diese Vorschläge zwingend berücksichtigt werden, weil die Wahl eines Güterstandes aus den vorhandenen Alternativen eine Einordnung des Güterstandes ermöglicht und so Aufschluss über seinen Charakter gibt. Um den Rahmen der Arbeit nicht zu sprengen, soll sich die Darstellung zu den Wahlgüterständen auf die wesentlichen Regelungsinhalte beschränken. Die Ausführungen zur Diskussion dieser Güterstände wurden aus dem gleichen Grund auf die Argumentation eines ausgewählten Verfechters des jeweiligen Güterrechts und die von Planck angegebenen Ablehnungsgründe reduziert. So konzentriert sich die Darstellung zur Gütertrennung im Wesentlichen auf die Ausführungen des Freiherrn von Stumm-Halberg. Für die Gütergemeinschaft wurde als Vertreter Otto von Gierke ausgewählt. Für die Errungenschafts- und Fahrnisgemeinschaft spricht Richard Schröder. 1. Kapitel

Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung Die Verfechter der Gütertrennung hatten für ihr Engagement einen wesentlichen Grund: Sie wollten die Stellung der Frau in der Ehe verbessern, indem sie versuchten ihr die uneingeschränkte Verfügungsgewalt über ihr Vermögen zu sichern.12 Einer der Vorkämpfer dieser zahlenmäßig kleinen Gruppe war der buch, S. 7; Weber, Ehefrau, S. 459) In der Folge könne eine Vielzahl von Streitigkeiten entstehen, die durch die gesetzliche Regelung der Wahlgüterstände vermieden werden könnte. So sei zu befürchten, dass Begriffsdefinitionen und die genaue Fassung der unterschiedlichen Vermögensmassen regelmäßig in einem Ehevertrag nicht explizit geregelt werden würden. In solchen Fällen wäre man dann auf die Interpretation des Willens der Parteien bei Abschluss des Ehevertrages zurückgeworfen, weshalb dieselben Begriffe gänzlich unterschiedliche Auslegungen erfahren könnten. Auf diese Weise schaffe man für die Gerichte ein nicht zu unterschätzendes Problem, weil die Auslegung von derartig verschiedenartigen Verträgen zahlreiche Prozesse auslösen würde, die alle eine gesonderte Prüfung erfordern würden, während eine einmalige Interpretation der Gesetze ausreichen würde um alle gleich gelagerten Fälle abzudecken. (Schröder, in: 13. DJT, S. 96) Wolle man daher eine Prozesslawine verhindern sei eine gesetzliche Regelung der Wahlgüterstände anzuraten. (Brunner, in: 13. DJT, S. 87). 12 So setzten sich für die Gütertrennung vor allem ein, die bürgerliche Frauenbewegung (Twellmann, Frauenbewegung, S. 197 f.; Lehmann, Ehefrau, S. 101 f.), aus der Rechtswissenschaft Carl Bulling und Marianne Weber (Bulling, Frau, S. 111 ff., 135; Weber, Ehefrau, S. 486) und aus der Politik die Reichstagsabgeordneten von Stumm und sein Parteikollege der Freikonservative Pauli, die Freisinnigen Kauffmann, Munckel und die Sozialdemokraten Frohme und Stadthagen (Bachem, Bericht der Kommission, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 143 (1895/97), S. 2062 (Aktenstück Nr. 44b)); zum politischen Einsatz für die Gütertrennung siehe auch: SPD (Hg.), Parla-

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4. Teil, 1. Kap.: Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung

Freiherr von Stumm, der durch den ganzen Gesetzgebungsprozess hindurch versuchte die Einführung der Verwaltungsgemeinschaft als gesetzlichen Güterstand zu verhindern. Seiner Ansicht nach sollte diesen Platz die Gütertrennung einnehmen.13 Wie aus dem folgenden Zitat aus der 3. Lesung des Gesetzesentwurfs im Reichstag hervorgeht, konnte sich von Stumm nur schwer mit dem Scheitern dieses Zieles abfinden: „Meine Herren, es wird mir Zeit meines Lebens eine große Ehre sein, in der Kommission an dem großen Werk haben mitwirken zu dürfen, welches uns heute beschäftigt; es wird mir aber ebenso für mein ganzes Leben ein tiefer Schmerz sein, daß das große Werk mit diesem Makel der Verwaltungsgemeinschaft behaftet ist. Ich beschwöre Sie deshalb, meine Herren, in letzter Stunde: befreien Sie die deutsche Frau von der Knechtschaft der Verwaltungsgemeinschaft! Weisen Sie ihr auch rechtlich diejenige Stellung an, welche sie sozial schon seit Jahrzehnten einnimmt, und welche sie in vollsten Maße verdient!“ 14

§ 1 Grundzüge der gesetzlichen Regelung Das Güterrecht der Gütertrennung sah vor, dass die Eheschließung auf die vermögensrechtliche Zuständigkeit der Ehegatten über ihr Vermögen keinerlei Einfluss hat.15 Die Vermögen der Ehegatten blieben völlig isoliert, weshalb jeder Ehegatte für sein Vermögen die Rechte zur Verwaltung und Nutznießung behielt. Dieses Wesen der Gütertrennung beschrieb Planck, indem er darauf hinwies, dass gegenüber dem gesetzlichen Güterstand alle „Wirkungen wegfallen, welche die Ehe in Ansehung des Vermögens der Frau durch Unterwerfung desselben unter die Verwaltung und Nutznießung des Mannes ausübt. Die Frau hat mithin in Beziehung auf ihr Vermögen die Stellung einer unverheiratheten Frau und dem Manne steht rechtlich auf Grund des ehelichen Verhältnisses keine Einwirkung auf das Vermögen der Frau zu.“ 16 Daraus folgte auch, dass die weiteren Einschränkungen wegfielen, die aus der Verwaltung und Nutznießung für die Frau bei der Verwaltungsgemeinschaft resultierten. Dies bedeutete, dass die Frau bei der Gütertrennung über eine uneingeschränkte Geschäftsfähigkeit verfügte und auch bezüglich der Schuldenhaftung die Belastungen der Frau durch die Verwaltungsgemeinschaft nicht eintraten.17 mentarisches, in: Vorwärts, 13. Jahrgang, Nr. 109, S. 3; Vormbaum, Sozialdemokratie, Nr. 48, S. 245 f.; Brandt, Parteien, S. 36, 106); siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 98; erschöpfende Aufstellung aller Argumente und Gegenargumente: Weber, Ehefrau, S. 477 ff. 13 Siehe auch: Weber, Ehefrau, S. 479 ff. (Auch sie wählte wegen seines großen und ausdauernden Einsatzes Stumms Argumentation als Beispiel für die Forderung nach Gütertrennung.) 14 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2923 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 15 Siehe auch: Offen, Verwaltungsgemeinschaft, S. 11. 16 Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 183.

§ 2 Freiherr von Stumm-Halberg und sein Einsatz für die Gütertrennung

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Unterschiede im Vergleich zu einem unverheirateten Paar existierten jedoch durchaus. Vor allem die allgemeinen Wirkungen der Ehe (§§ 1353–1362 BGB a. F.) blieben unberührt. Als Gegenleistung für die darin dem Mann gewährten Rechte musste der Ehemann auch bei der Gütertrennung den ehelichen Aufwand bestreiten (§ 1427 I BGB a. F.). Als Äquivalent dafür erhielt er zwar nicht die Nutzungen am Vermögen der Frau, aber Beiträge, die sie aus ihren Einkünften zu leisten hatte (§ 1427 II BGB a. F.).18

§ 2 Freiherr von Stumm-Halberg und sein Einsatz für die Gütertrennung Freiherr von Stumm-Halberg setzte sich trotz seiner sonst eher konservativen politischen Ausrichtung mit Vehemenz und Ausdauer für die Einführung der Gütertrennung ein. Weber bezeichnete Stumm in diesem Zusammenhang als Anwalt für die Frauen der rechten Seite des Hauses, „der bei jeder Lesung, sowohl in der Kommission, wie im Plenum, mit Leidenschaft und wohldurchdachter Logik für die Gütertrennung eintrat.“ 19 Sein Ziel die Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand im BGB zu verankern formulierte er auch in dem folgenden Antrag an den Reichstag, der die Nummer 446 Nr. 2 erhielt: „Der Reichstag wolle beschließen: . . . 2. den § 1346 in folgender Fassung anzunehmen: In Ermangelung von Eheverträgen, die güterrechtliche Stellung der Ehegatten betreffend, tritt Gütertrennung ein.“ 20

Freiherr von Stumm-Halberg war Mitglied der Reichspartei, die als Interessenvertretung der Industriebarone die Rechtsvereinheitlichung vorantrieb, um der Wirtschaft ein einheitliches Recht im Deutschen Reich bieten zu können. Dies wurde als unabdingbare Voraussetzung für eine wirtschaftliche Prosperität angesehen.21 Des Weiteren strebte die Reichspartei danach, die Ziele der Sozialdemokratie auch auf parlamentarischem Feld zu unterdrücken. Der „König Stumm“, der in seinem eigenen Industriereich wie ein absoluter Herrscher regiert habe, war ein erklärter Feind der Arbeiterbewegung. So drohte er während der Debatten zum BGB mit ihren vielen Anträgen, bei zwei Begehren mit der Nichtannahme des Gesamtwerks – beides waren Verlangen, die dem politischen Arbeiter dienen sollten.22 Daher sind die abwertenden Äußerungen des Abgeordneten Be17

Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 183. Planck, Bürgerliches Gesetzbuch, Vierter Band, S. 183; Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 117. 19 Weber, Ehefrau, S. 479. 20 Antrag von Stumm/Pauli, in: Verhandlungen des Reichstages, Anlagenband 143 (1895/97), Nr. 446 Ziff. 2, S. 2197. 21 Brandt, Parteien, S. 88. 22 Brandt, Parteien, S. 89; Grebing, Geschichte, S. 64 f. 18

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4. Teil, 1. Kap.: Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung

bel von den Sozialdemokraten über die „despotischen Neigungen des Freiherrn von Stumm“ im Rahmen der politischen Gegnerschaft genauso begreiflich wie die Verwunderung Bebels, dass die Forderungen des Freiherrn von Stumm bezüglich des ehelichen Güterrechts, trotz ansonsten reaktionärer Ansichten, mit denen der Sozialdemokratie übereinstimmten.23 Tatsächlich distanzierte sich Stumm ausdrücklich von der sozialdemokratischen Seite, welche die völlige Gleichberechtigung von Mann und Frau angestrebt habe. Er setzte dem entgegen, dass seiner Meinung nach dem Manne in allen gemeinschaftlichen Angelegenheiten die Entscheidung gebühre, dass er überhaupt in der Ehe die erste Stelle einnehmen müsse. Gleichzeitig hielt er aber an der Gütertrennung als dem einzig richtigen Güterrecht fest, obwohl er sich mit dieser Forderung gegen seinen Willen auf die Seite seiner politischen Gegner schlug.24 „Es war mir überhaupt tief beschämend, während der ganzen Kommissionsberathung bei den sozialdemokratischen Vertretern eine richtigere Würdigung, wenn auch mit Uebertreibungen, der Stellung der Frau zu finden als bei den mir nahestehenden Parteien.“ 25, 26 23 Diese Sachlage veranlasste Bebel zu dem folgenden süffisanten Ausspruch: „Wir haben allerdings erlebt, daß in einem Punkt er (SS.: v. Stumm) eine erheblich andere Auffassung in Bezug auf die Stellung der Frau in der Ehe hat. Aber da hat sich wieder einmal gezeigt, wie außerordentlich scharfsinnig Leute werden, denen man sonst in anderen Fragen auf diesem Gebiet keinen Scharfsinn zutraut und einräumen kann (Heiterkeit), nämlich wenn es sich um eigene persönliche Interessen und schlimme persönliche Erfahrungen handelt.“ (Bebel, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 3076 (118. Sitzung, 1. Juli 1896)). Trotz dem in diesem Ausspruch anklingenden Sarkasmus deutet auch die Argumentation Stumm’s stellenweise auf einen persönlichen Hintergrund seiner Forderung nach Gütertrennung hin. So stellte etwa Weber einen Zusammenhang mit seiner Position als begüterter Vater von Töchtern und seinem Ausspruch, dass es für den Vater einer Tochter ein tief demütigendes Gefühl sei, wenn die Tochter Zuwendungen des Vaters erst von ihrem Ehemann erbetteln müsse, her. (Weber, Ehefrau, S. 480 f.; v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896)) Auch Lehmann führt dieses Zusammentreffen von politischen Gegnern auf persönliche Erfahrungen von Stumm-Halberg zurück. Der Abgeordnete hatte vier Töchter. (Lehmann, Ehefrau, S. 149). Des Weiteren berichtete v. Stumm selbst von Briefen, „von einfachen, verständigen Frauen, die außerhalb jeder Agitation stehen und mir eine solche Fülle von Jammer, Elend und Verzweiflung aufgedeckt haben, die durch diese Verwaltungsgemeinschaft entstanden sind, daß mir wahrhaft davor graut.“ (v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 (114. Sitzung, 25. Juni 1896)). 24 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896); siehe auch: Weber, Ehefrau, S. 479. 25 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896); Kommentar zu diesem ungewöhnlichen politischen Koalition: Martiny, Integration, S. 61. 26 Der Sozialdemokrat Bebel quittierte diese Äußerung von Stumms folgendermaßen: „Meine Herren, es ist ein sehr seltenes Vorkommniß, daß der Standpunkt des Abgeordneten Freiherrn von Stumm mit dem Standpunkt der äußersten Linken sich wesentlich deckt, und ich freue mich im Interesse des Abgeordneten Freiherrn von Stumm, daß er heute in so angenehmer Gesellschaft sich befindet. (Lebhafte Heiterkeit).“ (Be-

§ 2 Freiherr von Stumm-Halberg und sein Einsatz für die Gütertrennung

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von Stumm untermauerte seine Überzeugung, dass die Gütertrennung die richtige Wahl für den gesetzlichen Güterstand sei, mit einer Reihe von schlagenden Argumenten, die im Grunde alle die Absicht widerspiegeln, der Frau durch das eheliche Güterrecht eine stärkere vermögensrechtliche Position gegenüber dem Ehemann einzuräumen, als ihr durch die Verwaltungsgemeinschaft gewährt wurde. Diese Absicht kam besonders deutlich zum Ausdruck, als er zur Berücksichtigung des anerkannten Grundsatzes, durch das BGB die Schwächeren zu schützen, mahnte. Dies bedeute im ehelichen Güterrecht den Schutz der Frauen, die nach Weber aufgrund von verschiedenen Faktoren, wie der natürlichen Gebundenheit in der Ehe, „überdies durch ihre regelmäßig größere Jugendlichkeit und vor allem, vorläufig, durch die Art ihrer Erziehung, der abhängigere Teil (SS.: seien), was sie im Effekt dem Manne gegenüber in das Verhältnis des „Schwächeren“ zum „Stärkeren“ setzt.“ 27 Mit dem ehelichen Güterrecht ginge man jedoch in die diesem Grundsatz entgegengesetzte Richtung, indem man den Frauen, die bisher in dem Recht der Gütertrennung lebten durch die Verwaltungsgemeinschaft eine Verschlechterung ihrer Situation beschere: „Meine Herren, wenn im übrigen der Entwurf und die Kommissionsbeschlüsse einen erheblichen Fortschritt in kultureller Beziehung bedeuten, wenn der Entwurf sich sonst überall auf den Standpunkt gestellt hat, daß neben der Kodifikation des bestehenden Rechtes das Recht des Schwächeren schärfer in den Vordergrund gestellt werden muß, so ist auch hier das gerade Gegentheil eingetreten. Meine Herren, in großen Rechtsgebieten in Deutschland, überall da, wo das Dotalrecht herrscht, wird die Frau jetzt erheblich schlechter gestellt als bisher; und gerade diejenigen, die zur Motivirung ihrer Anschauungen immer von dem schwächeren Geschlecht sprechen, von der Nothwendigkeit, die Frau zu bevormunden, haben am allerwenigsten Grund, hier zu Gunsten des Stärkeren, des Mannes, einzutreten.“ 28

Die Verschlechterung der weiblichen Situation zeige sich in der weitreichenden Beschränkung ihrer Entscheidungsrechte und der daraus resultierenden Unterwerfung unter den Willen des Mannes. Nach Stumm habe des Güterrecht der Verwaltungsgemeinschaft eine vollkommene Abhängigkeit der Frau von ihrem Mann zur Folge, weil der Mann jederzeit in der Lage sei, „sie zu allem, was er will, zu zwingen, indem er ihr den Brodkorb höher hängt.“ 29 Eine solche Situation sei möglicherweise gerechtfertigt, wenn der Ehemann der alleinige Ernährer der Familie sei. Aufgrund der wirtschaftlichen Veränderungen könne man davon aber nicht ausgehen. Vielmehr mehrten sich die Fälle, in denen die Frau „unter Umständen allein zum gemeinschaftlichen Unterhalt beträgt“. Während im ersbel, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2923 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 27 Weber, Ehefrau, S. 480. 28 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 29 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896).

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4. Teil, 1. Kap.: Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung

ten Fall die Machtverhältnisse, die die Verwaltungsgemeinschaft erzeugt, durch die tatsächlichen Umstände entstehen würden, hätte die Verwaltungsgemeinschaft im zweiten Fall ein künstliches und unnatürliches Verhältnis zur Folge, welches Stumm mit folgendem Ausspruch kommentiert: „Ja, dieses Verhältniß wird dann ein für die Würde der Frau geradezu unerträgliches.“ 30

Diese durch die Verwaltungsgemeinschaft entstehende Machtposition des Mannes innerhalb der Ehe sei darüber hinaus für die Psychologie der ehelichen Beziehung unvorteilhaft, weil der Ehemann so in der Lage sei, die Ehefrau bei Streitigkeiten mit seiner Machtposition zu überfahren. Dadurch zwinge er die Frau entweder dazu über Umwege durch Intrigen ihre Ziele zu erreichen oder sie müsse sich mit dem Verzicht auf jegliche Selbstständigkeit abfinden. Beide Varianten würden ihren Fähigkeiten zur Kindererziehung und beim Tode des Mannes zur Vermögensverwaltung kaum förderlich sein. Daher empfehle es sich der Frau durch die Gütertrennung eine bessere Verhandlungsposition in der Ehe einzuräumen, und damit den Ehemann von Anfang an zu zwingen, sich mit ihrer Person und ihren Einstellungen auseinanderzusetzen. Nur so könnten die Ehegatten durch ein fruchtbares gegensätzliches Aussprechen zu einer konstruktiven Streitbeilegung gelangen.31 Neben dieser, das Entscheidungsrecht in der Ehe betreffenden Argumentation, begründete Stumm seine Forderung nach Gütertrennung mit der Notwendigkeit, die Frau in wirtschaftlicher Hinsicht abzusichern und ihr vermögensrechtlich eine gleichwertige Position gegenüber dem Ehemann einzuräumen. Nur durch diese Maßnahme könne das Vermögen der Frau in der Ehe ausreichend vor einer Verschleuderung durch den Ehemann geschützt werden. Die Verwaltungsgemeinschaft schaffe dagegen in unglücklichen Ehen die folgende Situation: „Viel schlimmer sind die unglücklichen Ehen, wo der Mann ein Trunkenbold, ein Spieler, ein Wüstling ist, der das Vermögen der Frau – nicht bloß die Revenüen, sondern das Vermögen selbst – vergeudet. Denn wenn einem solchen Menschen das Vermögen zur Verwaltung übergeben ist und die Frau nichts darein zu reden hat, so kann er ebenso gut das Vermögen der Kinder verprassen, wie die Revenüen zu Spiel und Trunk und für seine Maitressen ausgeben.“ 32

Zusätzlich wies von Stumm darauf hin, dass die Möglichkeiten zum Erwerb von Vermögen bei der Verwaltungsgemeinschaft ungerechtfertigt ungleich verteilt wären, indem der selbstständige Erwerb der Frau zum Vorbehaltsgut gezählt

30 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 31 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 32 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 (114. Sitzung, 25. Juni 1896).

§ 2 Freiherr von Stumm-Halberg und sein Einsatz für die Gütertrennung

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werde, dasjenige was sie durch die Sorgfalt, den Fleiß und die Fürsorge ihrer Eltern erwerben würde, jedoch nicht. Dazu merkte von Stumm an: „Ich muß offen gestehen: es ist für den Vater, der seiner Tochter etwas hinterläßt, ein tief demüthigendes Gefühl, wenn nun diese Tochter dasjenige, was aus diesem Vermögen fließt, sich vom Manne erst erbetteln muß!“ 33

Eine Rechtfertigung für diese Benachteiligungen konnte von Stumm weder in der Religion noch in der Sitte finden. So werde in der christlichen Religion der Frau zwar Gehorsam gegenüber ihrem Mann vorgeschrieben, doch würden dem Mann auf der anderen Seite auch erhebliche Pflichten gegenüber seiner Frau auferlegt. Auch werde die gesetzliche Regelung nicht nur für christlich gesinnte Menschen gelten, auch dies sei zu berücksichtigen.34 Zusätzlich würden mit der Verwaltungsgemeinschaft und der dadurch entstehenden Unterdrückung der Frau die sittlichen Maßstäbe der Gesellschaft nicht korrekt wiedergegeben. „Meine Herren, unsere Dichter wissen die Würde und die Bedeutung der Frau nicht genug mit den lebhaftesten Farben zu schildern, mehr, als das von irgend einer anderen Nation geschieht; wir betrachten es als die höchste Pflicht der Ritterlichkeit in allen gebildeten Ständen, für die Frau, wo irgend möglich, einzutreten; es vergeht keine Gelegenheit im öffentlichen und privaten Leben, wo wir nicht in Toasten und begeisterten Worten die Frau als die Krone der Schöpfung feiern. (Sehr richtig! Heiterkeit.) Wir gehen so weit, daß wir dem Mädchen von der Verheiratung an einen höheren Rang anweisen, sie gewissermaßen als in eine höhere Stellung eingerückt betrachten. Das, meine Herren, ist die Sitte. Und was sagt das Gesetz? Von dem Moment, wo das Mädchen sich verheiratet, wird es von einem vermögensrechtlich völlig gleichgestellten Wesen in die Knechtschaft der Verwaltungsgemeinschaft hinuntergestoßen (sehr richtig! links), es wird gewissermaßen zum Geschöpf zweiter Klasse degradirt.“ 35

Auch mit den weiteren Einwänden gegen die Gütertrennung setzte sich von Stumm ausführlich auseinander. So mit etwa mit dem Argument die deutsche Frau habe kein Talent zur Vermögensverwaltung. Hierzu bemerkte von Stumm, dass es in diesem Fall ein nicht zu rechtfertigender Widerspruch sei, der unverheirateten Frau die gleichen Rechte zu gewähren wie einem Mann; bei der verheirateten Frau dann aber völlig grundlos das Gegenteil anzunehmen.36 Den Einwurf, dass sich die deutsche normale Ehe nicht mit der Gütertrennung vertrage, bezeichnete er als „unglaubliches Armuthszeugnis, das Sie (SS.: die politischen 33 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 34 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 35 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2920 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 36 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2921 f. (114. Sitzung, 25. Juni 1896).

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4. Teil, 1. Kap.: Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung

Gegner) dem Ehemann ausstellen“. Ihm seien keine Fälle bekannt, in denen die Gütertrennung auf normale Ehen einen negativen Einfluss gehabt habe und selbst wenn dies in Einzelfällen der Fall wäre, wären die negativen Wirkungen der Verwaltungsgemeinschaft doch wesentlich häufiger und schwerwiegender.37 Auf die immer wieder vorgebrachte Besorgnis, die Gütertrennung entspreche nicht der deutschen Rechtsentwicklung erwiderte von Stumm, dass nach seiner Kenntnis kein Güterrecht „mit dem Deutschthum einen größeren oder geringeren Zusammenhang habe“ und dass bei einer rechtlichen Regelung der Anlehnung an die Vergangenheit an sich nur ein sehr begrenztes Gewicht zukommen dürfe.38 Aus der Argumentation von Stumms wird deutlich, dass sein Einsatz für die Gütertrennung immer wieder auf die ungerechtfertigten Benachteiligungen der Frau unter der Verwaltungsgemeinschaft zurückzuführen ist. Die Gütertrennung sah er als Alternative an, der Frau innerhalb der Ehe eine angemessene Position gegenüber ihrem Ehemann einzuräumen.

§ 3 Die Ablehnungsgründe Der von den Befürwortern der Gütertrennung in den Vordergrund gestellte Vorteil, dass der Frau durch dieses Güterrecht eine gegenüber dem Ehemann gesicherte Position eingeräumt werden würde, wurde auch von denen Gegnern der Gütertrennung nicht geleugnet.39 „Auch ist nicht zu verkennen, daß die rechtliche Stellung der Ehefrau bei keinem System des ehelichen Güterrechts eine so selbstständige und gesicherte ist, wie bei demjenigen, welches im Anschluß an den Grundgedanken des römischen Rechts der Ehe eine unmittelbare Einwirkung auf das Vermögen der Ehefrau versagt, und in der von dem Allgemeinen deutschen Frauenverein und einer großen Anzahl Zweigvereinen desselben an den deutschen Reichstag gerichteten Petition wird eine Umgestaltung des bestehenden ehelichen Güterrechts auf dieser Grundlage erbeten und diese Forderung unter Hinweis auf die aus dem jetzigen Rechtszustande für die Frauen entspringenden Gefahren und auf den Grundsatz, daß den Frauen dieselben Rechte, wie den Männern gebühren, zu rechtfertigen gesucht . . .“ 40

Geleugnet wurde allerdings die Notwendigkeit und die Möglichkeit, die Rechte der Frau gegenüber ihrem Ehemann in einer derart einschneidenden Weise zu verbessern. So wurde gegen die Einführung der Gütertrennung vorgebracht, dass 37 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2922 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 38 v. Stumm, in: Verhandlungen des Reichstages, Band 136 (1895/97), S. 2922 (114. Sitzung, 25. Juni 1896). 39 Ausdrücklich trotz diesem Argument gegen die Gütertrennung sprachen sich aus: Planck, Vorentwürfe, S. 451; Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 2; Klöppel, Familienund Erbrecht, S. 342; Mitteis, Bemerkungen, S. 565; zur Ablehnung der Gütertrennung, siehe auch: Gerber, Betrachtungen, S. 258. 40 Planck, Vorentwürfe, S. 451.

§ 4 Ergebnis

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diese politische Forderung nur von einem sehr kleinen Kreis vertreten würde und man Rücksicht nehmen müsse auf die Interessen der größtenteils schweigenden Mehrheit: „Ich verkenne die Bedeutung dieser Bewegung (SS.: Der Frauenbewegung) durchaus nicht, aber wenn ich nicht irre, so beschränkt sie sich zur Zeit doch auf einen gewissen Kreis gebildeter Frauen in den größeren Städten und auf die socialdemokratischen Kreise. Die große Masse des Bürger- und Bauernstandes ist, wie ich glaube, von dieser Bewegung noch nicht ergriffen. Bei dieser Sachlage war es nicht möglich, auf die Forderungen der Frauenbewegung einzugehen. . . . Zur Zeit wäre es ein unverantwortlicher Sprung ins Ungewisse gewesen, wenn man so radikal mit der ganzen bisherigen Rechtsentwicklung hätte brechen wollen, wie dies durch die Einführung der Gütertrennung als gesetzliches Güterrecht geschehen sein würde.“ 41

Gegen die Gütertrennung spreche auch, dass sie nicht der „geschichtlichen Entwickelung des deutschen Rechts“ entspreche. Aus dieser geschichtlichen Entwicklung schloss Planck, dass nach der deutschen Vorstellung „unmittelbar kraft Gesetzes durch die Eingehung der Ehe eine dem Zwecke derselben entsprechende Gestaltung der vermögensrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten eintreten“ solle. Diese Auffassung liege allen Güterrechten deutschrechtlichen Ursprungs zugrunde und habe auch bei der Rezeption des römischen Recht eine erhebliche Widerstandskraft bewiesen.42 Dies zeige sich auch in dem geringen Verbreitungsgebiet, das sich die Gütertrennung auf dem Gebiet des deutschen Reiches erobern konnte und welches nach der Aufstellung Schröders für 890.000 Personen das maßgebliche Güterrecht darstellen würde.43 Dies entsprach bei einer zugrunde gelegten Einwohnerzahl von 13.629.000 etwa 6,5%.44 Zusätzlich sei auch in denjenigen Landstrichen, in denen das römische Dotalrecht Anwendung finde, zu beobachten, dass Kraft des deutschen Rechtsbewußtseines durch vielfältige Modifikationen eine so deutliche Annäherung an das deutsche Recht entstanden wäre, dass ein inhaltlicher Unterschied zu dem deutschen Recht der Verwaltungsgemeinschaft kaum mehr gegeben sei und nur noch eine unterschiedliche juristische Konstruktion beide Güterrechte trenne.45

§ 4 Ergebnis Vergleicht man die Gütertrennung mit den anderen Güterrechtstypen, die für den gesetzlichen Güterstand des BGB in Betracht gezogen wurden, dann kommt 41

Planck, Stellung, S. 26; siehe auch: Hedemann, Rechtsstellung, S. 10. Planck, Vorentwürfe, S. 451; siehe auch: Schmid, Entstehung, S. 59 f. 43 Schröder, ganz Deutschland, S. 38; siehe auch: Planck, Planck’s Kommentar, Bd. IV, S. 161. 44 Schröder, ganz Deutschland, S. 30 f. 45 Planck, Vorentwürfe, S. 451 f.; Schröder geht noch weiter und stellt fest, dass nirgends eine vollständige Annahme des römischen Rechts stattgefunden habe. (Schröder, ganz Deutschland, S. 38). 42

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4. Teil, 1. Kap.: Das römische Dotalrecht – Die Gütertrennung

man in der Tat zu dem Ergebnis, dass dieser Güterstand für den Schutz der Frau am besten geeignet gewesen wäre. Der Grund dafür liegt darin, dass allein die Gütertrennung darauf verzichtete, dem Ehemann weitgehende Entscheidungsbefugnisse über das Vermögen der Frau bzw. Nutznießungsrechte zu gewähren. Der bessere Schutz des weiblichen Vermögens und ihrer Entscheidungsfreiheit zeigt sich besonders deutlich bei einem Vergleich der Gütertrennung mit der Verwaltungsgemeinschaft. Der Unterschied zwischen beiden Güterrechten besteht schließlich in den Nutznießungs- und Verwaltungsrechten des Mannes am eingebrachten Gut der Frau, die bei den Erläuterungen zur Verwaltungsgemeinschaft immer wieder als eigentlicher Grund für die Benachteiligungen der Frau identifiziert wurden (s. o. 2. Teil, 4. Kapitel, § 1; 3. Teil, 4. Kapitel und 5. Kapitel). Das Wegfallen dieser Rechte, die die Machtposition des Mannes innerhalb der Ehe in vermögensrechtlicher Hinsicht sicherten, hätte für die Frau eine deutliche Verbesserung ihrer Stellung zur Folge gehabt, worüber auch weitgehende Einigkeit bestand. Trotzdem wurde den Forderungen des Freiherrn von Stumm und seiner Mitstreiter die Gütertrennung als gesetzlichen Güterstand einzuführen mit großer Mehrheit nicht entsprochen (s. o. 3. Teil, 4. Kapitel, § 3, C. II. und § 4). Vielmehr muss aufgrund der Kürze der Stellungnahmen zu der Gütertrennung, die sich meist auf den Hinweis der Vorteile für die Frau und die entgegenstehende Rechtsentwicklung in Deutschland oder den sittlichen Charakter der Ehe beschränkten, davon ausgegangen werden, dass die Gütertrennung von Anfang an nicht ernstlich in Betracht gezogen wurde.46 Der zentrale Grund für diese Haltung war, wenn auch getarnt durch die Ausführungen zu Verbreitungsgebieten und dem deutschen Rechtsbewußtsein (s. o. 3. Teil, 1. und 2. Kapitel), dass man die Stellung des Mannes innerhalb der Gütertrennung nicht als mit der ihm zukommenden Hausherrnstellung kompatibel ansah.47 Nach Weber hätten sogar mehrere Gegner zugegeben, dass die Gütertrennung das Recht der Zukunft sei, „ohne freilich irgend welche sachlichen Gründe dafür anzugeben, warum es alsdann nicht schon dasjenige der Gegenwart sein könne“.48 Das Recht der Zukunft war die Gütertrennung nicht. Zwar bewegte sich die Gesetzgebung nach dem Gleichberechtigungsgesetz mit dem Güterrecht im Jahre 195849 in Richtung Gleichberechtigung der Frau, jedoch wurde die Stellung der Frau über das in der Gütertrennung vorgesehene Maß hinaus noch weiter verbessert. Die Frauen erhielten mit der Zugewinngemeinschaft, zusätzlich zu den Rechten, die durch die Gütertrennung gewährt wurden, eine Ausgleichsforderung mit der sie zur Hälfte am ehelichen Zugewinn beteiligt wurden (§§ 1363–1407 BGB). Später im Jahre 2001 hob gar das Bundesverfassungsgericht einen Ehe46 47 48 49

Zustimmend: Malsbenden, Stellung, S. 41 f. Zustimmend: Schmid, Entstehung, S. 59 f. Weber, Ehefrau, S. 479. Staudinger, Kommentar, BGB-Synopse 1896–2000, S. XXVI.

§ 4 Ergebnis

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vertrag, in dem die Gütertrennung als eheliches Güterrecht vereinbart wurde, wegen unangemessener Benachteiligung der Frau auf.50 Diese Entwicklung der Gütertrennung von der Forderung der Frauenbewegung hin zum unter gewissen Umständen unwirksamen, weil die Frau unangemessen benachteiligenden Güterrecht zeigt besonders deutlich den enormen Fortschritt, den die Gleichberechtigung der Frau den vergangenen 100 Jahren gemacht hat. 2. Kapitel

Die allgemeine Gütergemeinschaft War die Gütertrennung dasjenige Güterrecht, von dem man sich in unglücklichen Ehen den besten Schutz der Frau und ihres Vermögens versprach; dann war die Gütergemeinschaft dasjenige, mit dem man die idealen und sittlichen Dimensionen der Ehe abzubilden hoffte. Die Befürworter der Gütergemeinschaft führten für ihren Favoriten regelmäßig den idealen Charakter der Ehe ins Feld, einen Begriff, der inhaltlich zwar unterschiedlich ausgefüllt wurde, aber einige Juristen zu der Ansicht führte, die Gütergemeinschaft sollte als gesetzliches Güterrecht ins BGB aufgenommen werden.51 Dies zeigt sich beispielsweise bei dem ausdauerndsten und wortgewaltigsten Vertreter dieses Güterrechtes, Otto von Gierke, dessen Argumentation für die Gütergemeinschaft hier im Mittelpunkt stehen soll. „Wir haben den Mut, auf die Gefahr hin, dem Verdachte der Schwärmerei zu verfallen, dem ,idealen Zuge‘ zu folgen und die allgemeine Gütergemeinschaft allen übrigen Systemen vorzuziehen. Sie ist das folgerichtige Endergebnis der geschichtlichen Entwicklung des deutschen ehelichen Güterrechts und bringt dessen Grundgedanken zu vollendetem Ausdruck.“ 52 50 BVerfG, Urteil vom 6.2.2001 in FamRZ 2001, S. 343 ff. (Das Gericht hatte die ehevertraglichen Abreden, die vor der Eheschließung mit einer Schwangeren getroffen wurden und die Betreuungs- und Unterhaltssituation des gemeinsamen Kindes berührten, am Maßstab des Art. 2 I i.V. m. Art. 6 IV GG und des Art. 6 II GG einer Inhaltskontrolle unterzogen (FamRZ 2001, S. 343) und war zu dem Ergebnis gekommen, dass aufgrund der Situation eine besonders einseitige Aufbürdung der ehelichen Lasten und eine erheblich ungleiche Verhandlungsposition ersichtlich gewesen sei. „Hier bringt das BVerfG den Gleichheitsgrundsatz ins Spiel, der auch für das Eherecht maßgeblich ist: Die Verfassung schützt mit der Ehe auch deren Struktur als gleichberechtigte Partnerschaft. Der Vertragsfreiheit sind dort Grenzen gesetzt, „wo der Vertrag nicht Ausdruck und Ergebnis gleichberechtigter Lebenspartnerschaft ist, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegelt“. (Schwab, Anmerkung in FamRZ 2001, S. 349). 51 Für die Gütergemeinschaft traten ein: Gierke, Entwurf, S. 417; Mommsen, Güterrecht, S. 167; Geck, in: 3. DJT, S. 204 f.; Freiherr von Godin, siehe: Lehmann, Ehefrau, S. 252 f.; die Zentrumspartei, siehe bei: Wolters, Zentrumspartei, S. 322 f. (Das Zentrum hatte ursprünglich die Gütergemeinschaft präferiert, trat jedoch später, weil sie keine Möglichkeit sah die politische Forderung nach Gütergemeinschaft zu verwirklichen, für die Verwaltungsgemeinschaft ein.). 52 Gierke, Entwurf, S. 417.

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4. Teil, 2. Kap.: Die allgemeine Gütergemeinschaft

Die Gütergemeinschaft wurde bereits am 26. August 1862 auf dem Deutschen Juristentag in Wien als gemeinsames eheliches Güterrecht verworfen.53

§ 1 Grundzüge der gesetzlichen Regelung Die Gütergemeinschaft vereinigte das gesamte Vermögen der Ehegatten in einer Vermögensmasse, dem Gesamtgut, das beiden Ehegatten als gemeinschaftliches Vermögen zugeordnet wurde.54 Juristisch wurde das Gesamtgut als Miteigentum zur gesamten Hand ausgestaltet.55 Das Gesamtgut hatte grundsätzlich den ehelichen Aufwand zu bestreiten (§ 1458 BGB a. F.).56 Neben diesem Gesamthandsvermögen, in das alle Vermögensgegenstände eingeordnet wurden, falls keine anders lautende ausdrückliche Regelung vorhanden war57, konnte noch getrenntes Eigentum als Sondergut oder Vorbehaltsgut der Ehegatten gebildet werden.58 A. Die unterschiedlichen Vermögensmassen Das Gesamtgut der Gütergemeinschaft war das engste und festeste Gesamthandsvermögen, welches das BGB zu dieser Zeit kannte. Diese Beständigkeit resultierte daraus, dass keiner der Gesamthänder über seinen Anteil verfügen (§ 1442 BGB a. F.) oder eine Teilung verlangen konnte.59 Die Verwaltung des Gesamtgutes oblag dem Ehemann (§ 1443 BGB a. F.).60 Seine Stellung war bei der Gütergemeinschaft noch wesentlich gefestigter und freier als bei der Verwaltungsgemeinschaft, weil er das Gesamtgut frei und ohne Verantwortlichkeit gegenüber seiner Ehefrau verwaltete, denn die Regelung des § 1359 BGB a. F. war durch § 1466 BGB a. F. ausgeschlossen.61 Auch der Einwilligung der Frau bedurfte er nur in sehr begrenztem Umfang. So wenn er eine Verfügung über das Gesamtgut als Ganzes treffen oder eine derartige Verpflichtung auf sich nehmen wollte. Ebenso war er auf die Einwilligung seiner Frau angewiesen, wenn er über zum Gesamtgut gehörende Grundstücke verfügen wollte. Schließlich durfte er aus dem Gesamtgut kein Vermögen für Schenkungen entnehmen, es sei denn, es handelte sich um im Verkehr übliche Zuwendungen.62 In allen anderen Fällen 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62

3. DJT, S. 217. Planck, Planck’s Kommentar, Bd. IV, S. 340. Ridder, Erbrecht, S. 91 f. Fischer/Henle, Bürgerliches Gesetzbuch, (14. Auflage), § 1458, S. 717. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 119. Schröder, Güterrecht, S. 51. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 120. Planck, Planck’s Kommentar, Bd. IV, S. 357. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 120. Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 167 f.

§ 1 Grundzüge der gesetzlichen Regelung

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aber konnte er unbelastet von Rechten der Frau Entscheidungen über das Gesamtgut treffen. Der Frau stand lediglich ein subsidiäres Verwaltungsrecht bei Verhinderung des Mannes zu (§ 1450 BGB a. F.).63 Ein Sondergut der Ehegatten bestand dann, wenn Vermögensgegenstände vom Gesamtgut ausgenommen werden mussten, weil sie einem Ehegatten ausschließlich persönlich zustanden und eine Übertragung aus diesem Grunde nicht möglich war (§ 1439 BGB a. F.), so z. B. Nießbrauch, unabtretbare Lohnforderungen, unpfändbare Unterhalts- oder Rentenansprüche aus der Sozialversicherung.64 Die Nutzungen dieser Sondergüter fielen ins Gesamtgut; im Gegenzug wurden die Kosten für Erhaltung und Nutzung des Sondergutes vom Gesamtgutes getragen.65 Sondergut konnte von beiden Ehegatten gebildet werden und verblieb im Alleineigentum des betreffenden Ehegatten. Das Sondergut wurde vom Ehemann verwaltet (§ 1525 BGB a. F.). Dabei konnte er über sein eigens Sondergut frei verfügen, war aber beim Sondergut der Frau insoweit gebunden, wie er beim eingebrachten Gut der Frau im gesetzlichen Güterstand beschränkt gewesen wäre.66 Vorbehaltsgut konnten in der allgemeinen Gütergemeinschaft beide Ehegatten durch eine entsprechende Vereinbarung bilden.67 Es existierte jedoch kein gesetzliches Vorbehaltsgut (§ 1440 BGB a. F.).68 Sollte eine Vermögensmasse dem Vorbehaltsgut zugeordnet werden, dann musste dies durch Ehevertrag oder durch Bestimmung des Erblassers oder des Schenkers geschehen. Das Vermögen, das in das Vorbehaltsgut fiel, war freies Vermögen und unterlag grundsätzlich den für die Gütertrennung geltenden Vorschriften.69 B. Die Beendigung des Güterstandes Die Auseinandersetzung des Gesamtgutes bei Beendigung der Ehe hatte grundsätzlich in zwei Schritten zu erfolgen. Zunächst mussten alle Gesamtgutsverbindlichkeiten berichtigt werden (§ 1475 BGB a. F.). Danach wurde der verbleibende Aktivrest je zur Hälfte den beiden Ehegatten zugewiesen (§ 1476 BGB a. F.). Für die Teilung des Überschusses nach § 1477 BGB a. F. fanden die Vorschriften über die Teilung der Gemeinschaft (§§ 752 ff. BGB a. F.) Anwendung.70 Für den Fall des Vorversterbens eines Ehepartners bestand die Möglichkeit, die Gütergemeinschaft mit den gemeinschaftlichen, zur gesetzlichen Erbfolge berufe63 64 65 66 67 68 69 70

Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 121. Schröder, Güterrecht, S. 51. Planck, Planck’s Kommentar, Bd. IV, S. 340. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 120. Schröder, Güterrecht, S. 76. Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 165. Schröder, Güterrecht, S. 51. Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 178.

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4. Teil, 2. Kap.: Die allgemeine Gütergemeinschaft

nen Abkömmlingen fortzusetzen (§ 1483 BGB a. F.).71 Zweck der fortgesetzten Gütergemeinschaft war es, das Gesamtgut als Vermögensmasse ungeschmälert zu erhalten, solange ein Ehegatte noch am Leben war und so im Bezug auf die Verwaltung des Vermögens den status quo möglichst zu konservieren.72 Im Fall der fortgesetzten Gütergemeinschaft übernahm der überlebende Ehegatte das Verwaltungsrecht bezüglich des Gemeinschaftsvermögens. Der Ehegatte trat insoweit in die rechtliche Stellung des Ehemannes ein, während den Abkömmlingen die Stellung der Ehefrau zugewiesen wurde (§ 1487 BGB a. F.).73

§ 2 Die Verteidigung der Gütergemeinschaft durch Otto von Gierke Otto von Gierke, dessen Kritik an der Verwaltungsgemeinschaft ausführlich behandelt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. und B.; 4. Kapitel, § 3, A. I.; 5. Kapitel, § 1, A. I.; 6. Kapitel, § 2, A.), wurde nicht müde darauf hinzuweisen, dass eigentlich der Gütergemeinschaft der Platz des gesetzlichen Güterrechts gebührt hätte. Die Begründung dieser Wahl kann, wie zuvor seine Kritik an der Verwaltungsgemeinschaft, wiederum nur vor den oben bereits dargestellten Hintergründen, also seiner Zugehörigkeit zum germanischen Zweig der Historischen Rechtsschule und seinem Eintreten für die Genossenschaftstheorie (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. und B.), vollständig erfasst werden. Im Anschluss an diese Grundlagen brachte er zugunsten der Gütergemeinschaft vor, dass diese den idealen und sittlichen Charakter der Ehe zu vollendetem Ausdruck bringe; dass die Gütergemeinschaft außerdem das folgerichtige Endergebnis der Entwicklung germanischen Rechts sei und dass auch aus praktischen Gesichtspunkten die Gütergemeinschaft in normalen Ehen die wirtschaftlichen Verhältnisse für einen Großteil der Bevölkerung am besten abbilden würde. Seine Forderung den idealen Charakter der Ehe auch in der gesetzlichen Regelung abzubilden, führte Gierke aufgrund seines Eheverständnisses fast zwangsläufig zur Gütergemeinschaft, da sie „in der normalen Ehe, die nun doch einmal eine Gemeinschaft aller göttlichen und irdischen Dinge ist, den Anforderungen der Zweckmäßigkeit wie der Gerechtigkeit“ entspreche.74 Dabei sah Gierke in der ehelichen Lebensgemeinschaft „eine Verschmelzung der Ehegatten zu der Personeneinheit des Ehepaares, welches den Mann als Haupt, die Frau als Genossin darstellt“.75 Aufgrund dieses patriarchalischen Ehebildes, das sogar soweit geht, die Ehegatten als eine Person zu betrachten, wurde von Gierke folgerichtig 71 72 73 74 75

Fischer/Henle, Bürgerliches Gesetzbuch, (14. Auflage), § 1483, S. 725. Ridder, Erbrecht, S. 98. Fischer/Henle, Bürgerliches Gesetzbuch, (14. Auflage), § 1487, S. 727. Gierke, Entwurf, S. 417. Gierke, Haus, S. 650.

§ 2 Die Verteidigung der Gütergemeinschaft durch Otto von Gierke

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die Gütergemeinschaft als ideales Güterrecht dargestellt, da sie auch die Vermögen der Ehepartner verschmolz und die Verwaltung der entstehenden Vermögensmasse dem Ehemann zu wies. Dieser Argumentation folgend kam er daher zu dem Ergebnis: „Ich stehe nicht an, für den geeignetsten gesetzlichen Güterstand die allgemeine Gütergemeinschaft zu erklären, weil sie dem sittlichen und wirthschaftlichen Wesen der Ehe als allseitige Lebensgemeinschaft am meisten entspricht . . .“ 76

Der Schutz und die Gleichberechtigung der Frau innerhalb der Ehe, die bei der Befürwortung der anderen Güterrechte zumindest auch eine Rolle spielte, hatte für Gierke, aufgrund seines germanischen Personenbegriffes und der Überbetonung der Gemeinschaft kaum Bedeutung. Seine Besorgnis galt der Erhaltung der Gemeinschaft unter der einheitlichen Führung des Ehemannes. Dies zeigte sich besonders deutlich bei seiner Kritik an der Verwaltungsgemeinschaft im Hinblick auf die Abschaffung des Mundiums77, der getrennten Schuldenhaftung78, der fehlenden Teilung der ehelichen Errungenschaft79 und der Ausweitung des Vorbehaltsgutes der Frau80 (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. und B.). Bereits bei der Beschreibung der idealen Grundlagen der Ehe, mit denen Gierke die Bevorzugung der Gütergemeinschaft primär rechtfertigen wollte, hat sich die enge Verbindung seiner Ansicht zu seiner Theorie über die Grundlagen des germanischen Rechts, der Genossenschaftstheorie, gezeigt. Weit deutlicher wird diese Verbindung noch, wenn man seine Argumentation über die historische Bedeutung der Gütergemeinschaft betrachtet. Gierke sah die Gütergemeinschaft als das folgerichtige Endergebnis der geschichtlichen Entwicklung des deutschen ehelichen Güterrechtes an. Sie bringe die Grundgedanken des germanischen Rechts zu vollendetem Ausdruck81, da sie „sich geschichtlich als vollste Blüthe des deutschen ehelichen Güterrechts entwickelt hat . . .“ 82 Dabei betonte Gierke den Charakter der Gütergemeinschaft als typisch germanische Rechtsgestaltung, obwohl, wie oben bereits dargestellt wurde (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 2), die historische Forschung zu dem Ergebnis kam, dass die Verwaltungsgemeinschaft das ursprüngliche germanische Güterrecht gewesen sei. Trotz alledem vertrat Gierke unbeirrt die Ansicht, dass die Gütergemeinschaft das germanische Rechtsgefühl am Besten zum Ausdruck bringe. Der Grund dafür ist wiederum in seiner Genossenschaftstheorie zu finden, mit der er als Germanist gegen die Romanisten und 76 Gierke, Haus, S. 652, Zusammenfassung dieser Argumentation siehe auch: Planck, Vorentwürfe, S. 457 f. 77 Gierke, Haus, S. 651. 78 Gierke, Haus, S. 653. 79 Gierke, Haus, S. 654; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 408. 80 Gierke, Haus, S. 654; siehe auch: Gierke, Entwurf, S. 408. 81 Gierke, Entwurf, S. 417. 82 Gierke, Haus, S. 652.

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4. Teil, 2. Kap.: Die allgemeine Gütergemeinschaft

deren Rechtsauffassung, die er immer wieder auf die Idee des Individualismus reduzierte (s. o. 3. Teil, 2. Kapitel, § 3, A. I. 1. und B.), bekämpfte. Der aus der Genossenschaftstheorie folgende Gemeinschaftsgedanken, den Gierke zu der Essenz germanischen Rechtsverständnisses stilisiert hatte, zwang ihn gerade auch mit dem ehelichen Güterrecht diese Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen. Das besondere Gewicht des ehelichen Güterrechts in dieser Hinsicht resultierte aus dem großen Stellenwert, den die Familie und insbesondere die Ehe, bei der Herleitung der Genossenschaftstheorie hatte.83 Da Gierke die Ehe als Ausgangspunkt für die Herleitung dieser Theorie verwendet hatte, hatte er natürlich ein besonders Interesse daran, in diesem Bereich seine Idee vom Gemeinschaftsgedanken zu verwirklichen.84 Welches Güterrecht wäre dazu besser geeignet als die Gütergemeinschaft, die die Vermögen der Ehegatten im Gesamtgut zusammenführte? Neben diesen Argumenten führte Gierke noch an, dass die Gütergemeinschaft auch einfach anzuwenden sei und den Anforderungen der Gerechtigkeit, wie der Zweckmäßigkeit in normalen Ehen am Besten entsprechen würde. Außerdem werde durch die Möglichkeit der fortgesetzten Gütergemeinschaft auch der Fortbestand der Einheit des Hauses nach dem Tode eines Ehegatten ermöglicht.85 „Daß sie (SS.: Gütergemeinschaft) in Verbindung mit einem kräftigen Anerbenrecht vorzüglich geeignet ist, auch gesunde ländliche Grundbesitzverhältnisse zu erhalten und zu fördern, zeigen die westfälischen Zustände. Freilich wird es stets auch Ehen geben, für welche sie nicht paßt. Allein die Erfahrung zeigt, daß dann eben der vertragsmäßige Ausschluß der allgemeinen Gütergemeinschaft erfolgt, auf welchen um so eher verwiesen werden kann, als es sich dabei vorzugsweise um die ohnehin an geschäftliche Fürsorge für ihre künftigen Vermögensangelegenheiten gewöhnten Bevölkerungsschichten handelt. Das Normalssystem muß auf die breite Masse des Volkes berechnet sein und darf nicht Verhältnisse zur Richtschnur nehmen, die bei noch so erheblicher Bedeutung doch immer nur die Ausnahme darstellen.“ 86

Ein Güterrecht für die Vermögensverhältnisse der breiten Masse, das für diese Menschen außerdem auch sittliche Verhaltensrichtlinie und Leitfaden sein sollte87, wünschte Gierke mit seiner Forderung nach Einführung der Gütergemeinschaft zu schaffen. Er konnte diesen Wunsch jedoch mangels ausreichender Unterstützung nicht in die Wirklichkeit umsetzen.

83 Gierke, Genossenschaftsrecht I, S. 1; siehe auch bei seinem Lehrer Beseler: Beseler, Volksrecht, S. 5. 84 Im Ergebnis zustimmend: Hofer, Ehe, S. 86. 85 Gierke, Entwurf, S. 417. 86 Gierke, Entwurf, S. 417. 87 Gierke, Gesetzbuch, S. 11 f.; Gierke, Haus, S. 645.

§ 3 Die Ablehnungsgründe

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§ 3 Die Ablehnungsgründe Die Gegner der Gütergemeinschaft wehrten sich aus verschiedenen Gründen gegen die Aufnahme dieses Güterrechts als gesetzlichen Güterstand ins BGB.88 Die von ihnen vorgebrachten Argumente wurden von Planck bei seinen Erläuterungen zur Ablehnung der Gütergemeinschaft in den Vorentwürfen zu einem großen Teil aufgegriffen. Dabei gestand Planck zwar zu, dass für ihn persönlich die Gütergemeinschaft den idealen Charakter der Ehe am deutlichsten zum Ausdruck bringe. Dies bedeute aber nicht, dass dieser Güterstand gleichzeitig die Anforderungen an das gesetzliche Güterrecht des BGB am besten erfüllen würde. „Es handelt sich hier ja allerdings um eine zweifelhafte Frage, und wenn ich lediglich meiner persönlichen Auffassung von der Bedeutung der Ehe und dem dieser Bedeutung am meisten entsprechenden Güterstande folgen wollte, so würde ich mich mit Gierke für die allgemeine Gütergemeinschaft entscheiden. Es handelt sich hier aber nicht darum, welchen Güterstand man von seinem individuellen oder principiellen Standpunkte für den besten hält, sondern darum, welcher Güterstand sich zur Einführung als gesetzliches Güterrecht in ganz Deutschland am besten eignet.“ 89

Planck leugnete also den idealen Charakter der Gütergemeinschaft nicht, der sich darin zeige, dass unter den Ehegatten „der Unterschied zwischen Mein und Dein“ vollständig beseitigt werde und die Vereinigung der Ehegatten zu einer Person auch durch den Zusammenschluss des beiderseitigen Vermögens zu einem Gesamtgut abgebildet werde.90 Jedoch gab Planck zu bedenken, dass „dem Rechte hier eine Aufgabe zugemuthet ist, welche es zu erfüllen nicht im Stande ist. Die vollständige Einheit im Wollen und Handeln unter den Eheleuten läßt sich, da dieselben physisch zwei getrennte Persönlichkeiten bleiben, nicht in Wirklichkeit, sondern nur durch eine rechtliche Fiktion erreichen.“ 91 Diese rechtliche Fiktion könne letztlich nur durch zwei Varianten umgesetzt werden. So wäre es möglich durch ein Prinzip zur gesamten Hand beiden Ehepartnern dieselben Verpflichtungen aufzuerlegen und beide in ihrer Handlungsfähigkeit zu beschränken und gewissermaßen unter die Vormundschaft des anderen zu stellen. Diese gleichberechtigte Ausgestaltung würde aber dazu führen, dass die Ehegatten nur noch gemeinsam verfügen könnten und wäre daher für die Bedürfnisse des praktischen Lebens völlig unbrauchbar. Tatsächlich würde dieses Prinzip da88 Ausdrücklich gegen die Gütergemeinschaft sprachen sich aus: Planck, Vorentwürfe, S. 458 ff.; Gerber, Betrachtungen, S. 243 ff., 245 ff.; Weber, Ehefrau, S. 471 ff.; Beaulieu-Marconney, Güterrecht, S. 74; auf dem Deutschen Juristentag: Jhering, in: 3. DJT, S. 209 f.; Hendemann, in: 3. DJT, S. 211 ff.; Unger, in: 3. DJT, S. 208 f.; Vorund Nachteile erwägend: Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 118 f.; Mitteis, Bemerkungen, S. 569; Zusammenfassung der Ablehnungsgründe siehe auch: Grimme, Entwicklung, S. 98 f.; Schmid, Entstehung, S. 51. 89 Planck, Zur Kritik, S. 355. 90 Planck, Vorentwürfe, S. 457. 91 Planck, Vorentwürfe, S. 458.

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4. Teil, 2. Kap.: Die allgemeine Gütergemeinschaft

her nirgends in Reinform umgesetzt, sondern man ginge allgemein dazu über, dem Ehemann die Entscheidungsrechte für das Gesamtgut einzuräumen.92 Dies sei aber mit einer schweren Gefährdung des weiblichen Vermögens verbunden, die keinesfalls als eine notwendige Konsequenz des sittlichen Wesens der Ehe betrachtet werden könne.93 „Die schwere Gefährdung der berechtigten Interessen der Frau, welche mit dem System der Gütergemeinschaft, wenn dem Manne die für das praktische Bedürfniß unerläßliche freie Bewegung gelassen werden soll, untrennbar verbunden erscheint, hat sich allenthalben in solchem Maße fühlbar gemacht, daß die meisten Rechte den Versuch gemacht haben, Bestimmungen zu finden, durch welche dieselben verringert werden sollen. . . . Abgesehen indessen davon, daß die Anwendung solcher Mittel fast immer einen tiefen und oft unheilbaren Riß in das sittliche Verhältniß der Gatten machen wird, so wird durch sie in der großen Mehrzahl der Fälle dem Bedürfnisse nicht abgeholfen, indem es, wenn die Voraussetzungen, unter welchen die Anwendung jener Mittel zulässig ist, vorliegen, regelmäßig bereits zu spät sein wird, um noch etwas zu retten.“ 94

Bedenklich sei in diesem Zusammenhang auch die Schuldenhaftung der Frau, für Entscheidungen, die der Ehemann über das Gesamtgut fällt, auch wenn Planck zugesteht, dass dadurch eine „Einfachheit des Verhältnisses nach außen, die Erhöhung des Kredites des Mannes und die größere Sicherung der Gläubiger“ 95 erreicht werden könne. Trotz dieser Vorteile erschien Planck die damit in Zusammenhang stehende Gefährdung der Frau als ein zu hoher Preis und die Ehevertragspraxis, bei der ein vermehrter Ausschluss der Gütergemeinschaft durch Eheverträge beobachtet werden könne, zeige, dass auch die Bevölkerung sich der Nachteile der gemeinsamen Schuldenhaftung bewusst sei.96 Darüber hinaus gestand Planck zu, dass die Gütergemeinschaft bei Auflösung der Ehe unleugbare Vorteile gegenüber anderen Güterrechten biete. Das eheliche Vermögen könne durch eine einfache Quotenregelung auf die Ehegatten oder bei Vorversterben eines Ehegatten auf den Überlebenden und die Abkömmlinge verteilt werden. Zusätzlich werde der überlebende Teil noch durch die Möglichkeit der fortgesetzten Gütergemeinschaft geschützt. Gleichzeitig warf Planck jedoch die Frage auf, ob in einer Aufteilung des Vermögens nach diesen Grundsätzen nicht auch eine Härte liegen könne. So führe etwa die hälftige Teilung des Gesamtgutes zu ungerechten Ergebnissen, wenn bei Eingehung der Ehe eine ungleichen Vermögensverteilung gegeben war oder wenn die Ehe nur von kurzer Dauer gewesen sei. In jedem Fall aber verliere der reichere Ehepartner bzw. die Erben

92 93 94 95 96

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

458. 458 f. 459. 459. 460.

§ 4 Ergebnis

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des Sterbenden die Hälfte des eingebrachten Vermögens.97 Die Quotenteilung beinhalte auf diese Weise auch die Gefahr, dass Familienvermögen zersplittert oder in eine andere Familie verschleppt werde, weil die Gütergemeinschaft nicht nach der Herkunft des zu teilenden Vermögens unterscheide.98 In Anbetracht dieser schwerwiegenden Nachteile kam Planck zu dem Ergebnis, dass den Interessen der Beteiligten durch ein maßvolles Erbrecht auf der Grundlage der Verwaltungsgemeinschaft besser Rechnung getragen werden könne als mit der Einführung der Gütergemeinschaft.99

§ 4 Ergebnis Die Gütergemeinschaft war im Vergleich zu den anderen Güterrechten die den Ehemann am meisten begünstigende Gestaltung. Durch die Verschmelzung der Vermögen der Ehepartner zum Gesamtgut, wie durch die weitgehenden Entscheidungsrechte des Ehemannes über diese Vermögensmasse, war jedoch bei keinem anderen Güterrecht die Frau und ihr Vermögen derart gefährdet wie bei der Gütergemeinschaft. Genau diese abhängige Stellung der Frau wurde von den Gegnern dieses Güterrechts als der zentrale Mangel angesehen, der es für die Wahl des gesetzlichen Güterrechts des BGB disqualifizierte.100 Das für die Gütergemeinschaft vorgebrachte Hauptargument, das im Wesentlichen auf das Argument der Abbildung des idealen Charakters der Ehe im Gesetz reduziert werden kann, führte aber dazu, dass gerade dieses Ungleichgewicht zwischen den Ehegatten von den Vertretern der Gütergemeinschaft als wünschenswert betrachtet wurde, da es das vorherrschende sittliche Bild des zu einer Einheit verschmolzenen Ehepaars unter der Führung des Ehemannes wiedergab. Die Vertreter der Gütergemeinschaft müssen sich jedoch den Vorwurf gefallen lassen, dass sie aufgrund dieser Konzentration auf die sittlichen Ideale, die Berücksichtigung der realen Zustände ungerechtfertigt außer Acht ließen: „Jedem, der auch nur die Zustände in unsern Proletarierehen kennt, muß diese Forderung, einem Begriff (SS.: der Einheit der Ehe) zuliebe himmelschreiende Ungerechtigkeiten zu dulden und zu fördern, geradezu unglaublich klingen. Lebensfremd, mit dem Haupt in den Wolken, jagt Gierke, wo immer wir ihm begegnen, dem Phantom der äußerlichen ,Einheit‘ der Familie und eines, nach seiner durch die Geschichte widerlegten Ansicht, spezifisch ,deutschnationalen‘ Eherechts nach . . .“ 101

97

Planck, Vorentwürfe, S. 460. Planck, Vorentwürfe, S. 461. 99 Planck, Vorentwürfe, S. 462. 100 Zustimmend: Schmid, Entstehung, S. 59 f. 101 Weber, Ehefrau, S. 471. 98

424

4. Teil, 3. Kap.: Die Errungenschafts- und die Fahrnisgemeinschaft

3. Kapitel

Die Errungenschaftsgemeinschaft und die Fahrnisgemeinschaft – die partiellen Gütergemeinschaften Auch die partikulären Gütergemeinschaften, also die Errungenschaftsgemeinschaft und die Fahrnisgemeinschaft, wurden bei der Wahl des gesetzlichen Güterstandes des BGB in Betracht gezogen.102 Der Hauptvertreter dieser Form des Güterrechts war Richard Schröder, der sich lange mit der historischen Entwicklung der ehelichen Güterrechte auf dem Gebiet des deutschen Reiches beschäftigt hatte.103 Er wählte nach der Anfertigung seines Gutachtens über die Verbreitung der Güterrechte auf dem Gebiet des Deutschen Reiches104 dieses Güterrecht hauptsächlich wegen seines vermittelnden Charakters zwischen der Verwaltungsgemeinschaft und der Gütergemeinschaft. „Immerhin aber scheint mir die particuläre Gütergemeinschaft als Errungenschaftsund beschränkte Mobiliargemeinschaft am geeignetsten für das gesetzliche System, weil sie zwischen den beiden einander schnurstracks gegenüberstehenden Systemen der Verwaltungsgemeinschaft und der allgemeinen Gütergemeinschaft vermittelt; man wird sich eher mit diesem vermittelnden System befreunden als mit dem schnurstracks entgegenstehenden.“ 105

Schröder konnte sich mit dieser Forderung nicht durchsetzen.106

§ 1 Grundzüge der gesetzlichen Regelung A. Die Errungenschaftsgemeinschaft Die Errungenschaftsgemeinschaft war eine partielle oder beschränkte Gütergemeinschaft.107 Der Charakter einer Gütergemeinschaft zeigte sich bei diesem Güterrecht darin, dass wie bei der allgemeinen Gütergemeinschaft ein Gesamtgut gebildet wurde. Die Beschränkung der Gütergemeinschaft wurde gleichzeitig 102 Für die partikulären Gütergemeinschaften traten ein: Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 47; Schröder, Güterrecht Deutschlands, S. 37; siehe auch: Stutz, Schröder, S. 30 f.; Binding, Reichsgesetze, S. 70 f.; Bähr, Güterrecht, S. 237; siehe auch: Lehmann, Ehefrau, S. 191 ff. 103 Schröder, Geschichte des ehelichen Güterrechts in zwei Bänden; Stutz, Schröder, S. 23. 104 Schröder, ganz Deutschland, S. 29 ff. 105 Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 47. 106 So lehnte zunächst der Deutsche Juristentag seine Forderungen ab und sprach ein Empfehlung für die Verwaltungsgemeinschaft aus: 12. DJT, Bd. 3, S. 80; zugehöriger Bericht: Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 302–306; später wurde auch in der Kommission innerhalb des Gesetzgebungsprozesses im Reichstag ein Antrag auf Einführung der Errungenschaftsgemeinschaft abgelehnt: Jakobs/Schubert, Beratung, Familienrecht, S. 375; Zusammenfassung siehe: Stutz, Schröder, S. 29 ff. 107 Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 126.

§ 1 Grundzüge der gesetzlichen Regelung

425

durch die Ausscheidung bestimmter Vermögenswerte aus dem Gesamtgut ausgedrückt. Zum Gesamtgut gehörte bei der Errungenschaftsgemeinschaft nur dasjenige Vermögen, das durch die Arbeit eines der Ehegatten während der Geltung der Errungenschaftsgemeinschaft erworben wurde. Nicht in das Gesamtgut flossen dagegen Vermögenswerte, die die Ehepartner bei Eingehung der Ehe bereits besaßen oder später unentgeltlich erwarben.108 Zweck dieser Regelung war es, die Schaffung eines Stammvermögens zu ermöglichen, das als befestigter Familienbesitz über die Generationen weitergegeben werden konnte. Deshalb wurde das eingebrachte Vermögen der Ehegatten von der gesamten Hand ausgeschieden.109 Aufgrund dieser Konzeption mussten bei der Errungenschaftsgemeinschaft vier Vermögensmassen unterschieden werden, nämlich das Gesamtgut, dass eingebrachte Gut beider Ehegatten und das Vorbehaltsgut der Frau (§ 1526 BGB a. F.).110 Dem Gesamtgut wurde nach § 1519 BGB a. F. alles zugeordnet, was Mann oder Frau während des Bestehens des Güterstandes erwarben, sei es durch Arbeit, Betrieb eines Erwerbsgeschäftes111 oder Nutzungen des eingebrachten Gutes (§ 1525 BGB a. F.)112. Das Gesamtgut bildete das Gesamthandsvermögen der Ehegatten (§ 1519 BGB a. F.) und es folgte bezüglich dem Verwaltungsrecht den Regeln der allgemeinen Gütergemeinschaft.113 Im Unterschied zur allgemeinen Gütergemeinschaft wurden jedoch alle Vermögenswerte, die die Ehegatten beim Eintritt in den Güterstand besaßen, dem eingebrachten Gut der Ehepartner zugeordnet (§ 1520 BGB a. F.). Durch Ehevertrag konnten dieser Vermögensmasse bestimmte Güter zugewiesen werden (§ 1523 BGB a. F.). Kraft Gesetzes wurde sie vermehrt um den Erwerb durch Schenkung, Erbschaft oder Ausstattung (§ 1521 BGB a. F.), des Weiteren durch etwaige Sondergüter (§ 1522 BGB a. F.) und Surrogation (§ 1524 BGB a. F.).114 Die Verwaltung des eingebrachten Gutes von Mann und Frau oblag dem Ehemann. Dabei konnte er sein eingebrachtes Vermögen frei verwalten. Soweit es sich um Vermögen der Frau handelte, musste er aber die Einschränkungen, die sich aus der Nutzwaltung ergaben (§ 1525 II BGB a. F.), beachten.115 Da auch das eingebrachte Gut der Frau der Verwaltung des Mannes unterlag, gab man der Frau auch bei der Errungenschaftsgemeinschaft die Möglichkeit ein Vorbehaltsgut durch ausdrückliche rechtsgeschäftliche Bestimmung oder nach 108 109 110 111 112 113 114 115

Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 198. Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1908), S. 470 f. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 127. Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 198. Fischer/Henle, Bürgerliches Gesetzbuch, (14. Auflage), § 1525, S. 739. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 206. Warneyer, Kommentar, 2. Band (1930), §§ 1520–1524, S. 727 f. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 127.

426

4. Teil, 3. Kap.: Die Errungenschafts- und die Fahrnisgemeinschaft

§§ 1369 f. BGB a. F. durch Surrogation zu bilden. Das Vorbehaltsgut folgte den Regeln der allgemeinen Gütergemeinschaft für die korrespondierende Vermögensmasse (§ 1526 BGB a. F.).116 Folglich fielen die Erträge des Vorbehaltsgutes nicht in das Gesamtgut. Jedoch bestand auch hier eine Verpflichtung, bei unzureichendem Gesamtgut zur Bestreitung des ehelichen Aufwands einen angemessenen Beitrag zu leisten.117 Die Auflösung und Auseinandersetzung des Gesamtgutes erfolgte nach den für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Regeln (§ 1546 BGB a. F.).118 Nur die Fortsetzung der Errungenschaftsgemeinschaft mit den ehelichen Kindern war ausgeschlossen.119 B. Die Mobiliargemeinschaft (Fahrnisgemeinschaft) Die Fahrnisgemeinschaft war, wie die Errungenschaftsgemeinschaft, eine Form der partikulären bzw. beschränkten Gütergemeinschaft.120 Das Gesamtgut erfasste hier die Errungenschaft, d. h. das in der Ehe angesammelte Vermögen egal ob beweglich oder unbeweglich. Zusätzlich wurde dem Gesamtgut die „Fahrnis“ hinzugefügt, also dasjenige bewegliche Vermögen, das die Eheleute bei Eintritt in die Fahrnisgemeinschaft bereits besaßen.121 Kurz gesagt war die Fahrnisgemeinschaft also die Gemeinschaft des gesamten, in der Ehe vorhandenen beweglichen Vermögens und des während der Ehe erwirtschafteten unbeweglichen Vermögens.122 Dieser Einteilung der Vermögensmassen lag der Gedanke zugrunde, dass das Immobiliarvermögen als Stammgut der Familie eines Ehegatten anzusehen sei. Mit dem Ausschluss, des in die Ehe eingebrachten unbeweglichen Vermögens vom Gesamtgut wurde sichergestellt, dass bei Auflösung der Ehe diese Güter nicht der Familie des anderen Ehegatten anfielen.123 Die Fahrnisgemeinschaft unterschied wiederum vier Vermögensmassen, nämlich das Gesamtgut, das eingebrachte Gut beider Ehegatten und das Vorbehaltsgut der Frau (§ 1549 BGB a. F.).124 Dabei umfasste das Gesamtgut die eheliche Errungenschaft und die Fahrnis (§ 1549 BGB a. F.). Ansonsten folgte die Fahrnisgemeinschaft bezüglich dem Gesamtgut der allgemeinen Gütergemeinschaft.125 Das eingebrachte Gut wurde abgesehen von der eingebrachten Fahrnis, die dem Ge116 117 118 119 120 121 122 123 124 125

Fischer/Henle, Bürgerliches Gesetzbuch, (14. Auflage), § 1526, S. 739. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 127. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (8. Auflage, 1950), § 1546, S. 1449. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 128. Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 118 f. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 211. Endemann, Lehrbuch, Bd. 2 (1908), S. 480. Dernburg, Recht, Bd. 4, S. 212. Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 205. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (8. Auflage, 1950), § 1549, S. 1450.

§ 2 Schröder und sein Einsatz für die Errungenschaftsgemeinschaft

427

samtgut zugeordnet wurde, wie bei der Errungenschaftsgemeinschaft gebildet (§§ 1552 ff. BGB a. F.). Die allgemeine Gütergemeinschaft und die Errungenschaftsgemeinschaft bestimmten auch den Umfang des Vorbehaltsgutes der Frau bei der Fahrnisgemeinschaft (§§ 1549, 1440, 1526 BGB a. F.).126 Die Beendigung der Fahrnisgemeinschaft erfolgte nach den für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Regeln.127 Es bestand die Möglichkeit der Fortsetzung der Fahrnisgemeinschaft mit den ehelichen Kindern, wenn dies im Ehevertrag bestimmt war (§ 1557 BGB a. F.).128 Durch die Stellung der Fahrnisgemeinschaft zwischen der allgemeinen Gütergemeinschaft und der Errungenschaftsgemeinschaft sind die Unterschiede zu diesen beiden Güterrechten nur sehr gering. So unterschied sich die Fahrnisgemeinschaft von der allgemeinen Gütergemeinschaft insofern, als das Gesamtgut der Fahrnisgemeinschaft nur den Teil von unbeweglichem Vermögen erfasste, der in der Gemeinschaft erwirtschaftet wurde; während bei der allgemeinen Gütergemeinschaft sämtliches unbewegliches Vermögen ins Gesamtgut fiel. Einziges Abgrenzungskriterium von der Errungenschaftsgemeinschaft war, dass bei der Fahrnisgemeinschaft auch dasjenige bewegliche Vermögen, das in die Ehe eingebracht wurde, vom Gesamtgut aufgesogen wurde. Die Errungenschaftsgemeinschaft dagegen schloss alle Vermögenswerte, die in die Ehe eingebracht wurden vom Gesamtgut aus, gleich ob unbeweglich oder beweglich.129 Die Fahrnisgemeinschaft wurde dementsprechend in der Diskussion um das Güterrecht des BGB als ein Anhängsel an die allgemeine Gütergemeinschaft und die Errungenschaftsgemeinschaft behandelt. Dies zeigte sich in der Argumentation für und wider diesen Güterstand. Da darüber hinaus diesem Güterstand auch in der Praxis keine große Bedeutung eingeräumt wurde, beschränkt sich diese Arbeit auf die Darstellung der Grundzüge dieses Güterstandes.130

§ 2 Richard Schröder und sein Einsatz für die Errungenschaftsgemeinschaft Richard Schröder, der sich wie bereits mehrfach erwähnt (s. o. 3. Teil, 1. Kapitel, § 3; 2. Kapitel, § 3, A. I. 2.; 5. Kapitel, § 1, A. II.), ausführlich mit dem historischen ehelichen Güterrecht beschäftigt hatte131, wurde von dem Deutschen 126

Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 206. Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 207. 128 Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 128. 129 Goldmann/Lilienthal/Sternberg, Gesetzbuch, Dritter Band, S. 205. 130 Zur Diskussion um die Fahrnisgemeinschaft: Planck, Vorentwürfe, S. 462 f.; Mitteis, Recht, Familienrecht, S. 128; Mitteis, Bemerkungen, S. 573; Weber, Ehefrau, S. 476; Gerber, Betrachtungen, S. 247 f. 131 Schröder, Geschichte des ehelichen Güterrechts in zwei Bänden; Stutz, Schröder, S. 23. 127

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4. Teil, 3. Kap.: Die Errungenschafts- und die Fahrnisgemeinschaft

Juristentag angerufen, um die Frage zu klären, ob ein einheitliches eheliches Güterrecht in Deutschland eingeführt werden sollte und wenn ja auf welcher Grundlage.132 Schröder sprach sich in diesem ersten Gutachten für das Regionalsystem aus, weil nach seiner Untersuchung zu der Verteilung der ehelichen Güterrechte im Deutschen Reich drei Hauptformen des ehelichen Güterrechtes relativ gleichmäßig verteilt vorkommen würden (s. o. 3. Teil, 1. Kapitel, § 3). Aufgrund dieses Ergebnisses könne keines dieser Güterrechte, also der partikulären und der allgemeinen Gütergemeinschaft sowie der Verwaltungsgemeinschaft, als herrschende Rechtsauffassung bezeichnet werden. Deshalb empfahl er zunächst sie als gesetzliche Systeme in ihren bisherigen Herrschaftsgebieten zu belassen.133 Doch noch vor dem Zusammentritt des Juristentages bekehrte er sich aus nationalen und vor allem praktischen Gründen zur völligen Vereinheitlichung und trat für die partikuläre Gütergemeinschaft im Sinne einer Errungenschaftsgemeinschaft- und beschränkten Mobiliargemeinschaft als gesetzliches System für das gesamte Deutsche Reich ein.134 Diese Entscheidung war von dem Wunsch geprägt, die Übergangsschwierigkeiten, die er bei Einführung eines einheitlichen Güterrechts voraus sah, zu minimieren. Dabei präferierte er eine Form der Gütergemeinschaft, weil diese nach seiner Rechnung bereits für zwei Drittel der Bevölkerung Geltung beanspruche, während die Verwaltungsgemeinschaft, die auf dem Gedanken der Gütertrennung beruhe, nur für ein Drittel der Bevölkerung das maßgebliche Güterrecht darstelle.135 Obwohl er von diesem Ausgangspunkt ausgehend zugestand, dass die partikuläre Gütergemeinschaft in der Praxis im Vergleich zu der allgemeinen Gütergemeinschaft schwieriger zu handhaben sei, empfahl er trotzdem die Errungenschaftsgemeinschaft, weil sie „zwischen den beiden einander schnurstracks gegenüberstehenden Systemen der Verwaltungsgemeinschaft und der allgemeinen Gütergemeinschaft vermittelt.“ 136 So kam er zu dem Ergebnis: „Sie (SS.: die Errungenschaftsgemeinschaft) erscheint am meisten geeignet, um das berechtigte Verlangen des deutschen Volkes nach Rechtseinheit mit einem durch die Geschichte berechtigten Rechtsparticularismus der deutschen Stämme in Einklang zu bringen.“ 137

Außerdem brachte Schröder Bedenken gegen die Verwaltungsgemeinschaft vor, da er dieses Güterrecht als zu wenig fortschrittlich ansah, weil „dieses System auf einem Gedanken (SS.: beruht), der heutzutage unser Rechtbewußtsein nicht mehr beherrscht, auf dem Gedanken der nutzungsberechtigten Vormund132

Schröder, ganz Deutschland, S. 29 ff. Schröder, ganz Deutschland, S. 40. 134 Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 47; Schröder, Güterrecht Deutschlands, S. 37; Stutz, Schröder, S. 30 f. 135 Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 47. 136 Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 47. 137 Schröder, Güterrecht Deutschlands, S. 38. 133

§ 3 Die Ablehnungsgründe

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schaft.“ 138 Zusätzlich wies er darauf hin, dass die Verwaltungsgemeinschaft wegen der fehlenden Teilung der ehelichen Errungenschaft im Hinblick auf die bestehende gesellschaftliche Situation in vielen Fällen zu ungerechten Ergebnissen führen würde: „Heutzutage, wo bei der fortschreitenden Emancipation des weiblichen Geschlechts eine ganze Reihe von Erwerbszweigen sich demselben öffnet, wo es außerordentlich häufig vorkommt, daß das, was während der Ehe erworben wird, viel mehr der Frau als dem Manne zu verdanken ist, erscheint ein System, welches allen Erwerb der Frau und alle Erträge ihres Vermögens zum Eigenthum des Mannes macht, als ungerechtfertigt, sobald wir es als das alleinige System aufstellen . . .“ 139

Schröder kämpfte auf den Verhandlungen des Juristentages und später auch innerhalb des Gesetzgebungsprozesses im Reichstag für die Errungenschaftsgemeinschaft. Obwohl er manchmal sein Ziel zu erreichen glaubte, wurden seine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt.140 Nachdem deutlich wurde, dass er sein Ziel die Errungenschaftsgemeinschaft als gesetzliches Güterrecht einzuführen, verfehlt hatte, bemühte er sich konstruktiv an der Gestaltung der Verwaltungsgemeinschaft mitzuarbeiten.141 Er fand auch an der Verwaltungsgemeinschaft positive Aspekte, wie z. B. dass dieser Güterstand am besten geeignet sei, um die weibliche Selbständigkeit und das Vermögen der Frau abzusichern. Die große Schwäche der Verwaltungsgemeinschaft, nämlich der Ausschluss der Frau von der ehelichen Errungenschaft, sei durch ein weitgehendes Ehegattenerbrecht abgemildert worden.142

§ 3 Die Ablehnungsgründe Die Gegner der Errungenschaftsgemeinschaft unter ihnen Planck143 zweifelten an der Möglichkeit, die Grundgedanken dieses Güterrechts in zweckmäßige juristische und praktikable Formen gießen zu können. Zwar gab Planck zu, dass der diesem Güterrecht zugrunde liegende Ansatz, die in die Ehe eingebrachten Vermögen der Eheleute getrennt zu halten und gleichzeitig die eheliche Errungenschaft als Gemeingut zu behandeln, einfach und natürlich erscheine und „ansprechend . . . für das Gemüth“ sei. Jedoch sei gleichzeitig zu bedenken, dass sich „ihrer juristischen Ausführung doch sehr erhebliche Schwierigkeiten und Beden138

Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 46. Schröder, in: 12. DJT, Bd. 3, S. 46. 140 Stutz, Schröder, S. 30 f., 39. 141 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 3; Schröder, Familiengüterrecht, S. 6 f. 142 Schröder, Güterrecht Reichstag, S. 3 f.; siehe auch: Schmid, Entstehung, S. 89, Fußnote 284; zu späteren eher kritischen Äußerungen, siehe: Schröder, Abänderung, S. 167. 143 Gegen die Errungenschaftsgemeinschaft sprachen sich aus: Planck, Vorentwürfe, S. 463 ff.; Zusammenfassung: Mugdan, Materialien, Bd. 4, Familienrecht, S. 747; sonstige Gegner: Mitteis, Bemerkungen, S. 572 f.; Gerber, Betrachtungen, S. 248 ff. 139

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4. Teil, 3. Kap.: Die Errungenschafts- und die Fahrnisgemeinschaft

ken entgegen“ stellen würden.144 Die Notwendigkeit bei der Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft eine komplexe Abrechnung durchzuführen, sei die größte und bedenklichste Schattenseite. „Eine dem Rechte entsprechende Auseinandersetzung ist also in der That nicht anders möglich, als wenn die Ausgaben und Einnahmen sowohl der beiderseitigen Sondergüter, als der gemeinsamen Errungenschaftsmasse durch die ganze Ehe verfolgt und festgestellt werden. Dazu würde aber die Aufnahme eines genauen und vollständigen Inventars des beiderseitigen Vermögens bei Eingehung der Ehe und eine fortlaufende Rechnungsführung während derselben nicht zu entbehren sein und, selbst wenn diese Bedingungen erfüllt wären, würde die natürliche Unbestimmtheit des Begriffs der ehelichen Lasten und der Eheschulden noch immer reichen Stoff zu Zweifeln und Streitigkeiten bieten. Aus der Praxis der Länder, in welchen die Errungenschaftsgemeinschaft gilt, wird nun zwar bezeugt, daß sich die Sache in Wirklichkeit regelmäßig viel einfacher mache, als nach der obigen Darstellung anzunehmen. Der Grund dafür liegt aber nicht darin, daß eine dem Rechte entsprechende Auseinandersetzung nicht wirklich von allen oben angegebenen Ermittlungen abhängig wäre, sondern darin, daß man nach von Alters her bestehender Sitte sich regelmäßig auf die Vergleichung des bei Eingehung und bei Auflösung der Ehe vorhandenen Vermögensbestandes beschränkt und auf Grund derselben, ohne in Einzelheiten einzugehen, das Verhältnis vergleichsweise zu ordnen pflegt. . . . Wenn aber auch regelmäßig die Auseinandersetzung in Güte erfolgen mag, so liegt darin kein Beweis für die Zweckmäßigkeit des Systems, sondern man wird im Gegentheil daraus, daß eine solche gütliche Auseinandersetzung erfolgen muß, um die verwickeltsten und unerträglichsten Untersuchungen zu vermeiden, auf einen schweren Mangel des Systems zu schließen berechtigt sein.“ 145

Diese praktischen Nachteile der Errungenschaftsgemeinschaft würden sich nach Planck nicht erst bei der Auflösung der Ehe ergeben, vielmehr sei die Unbestimmtheit der verschiedenen Vermögensmassen und Begriffe auch für den Rechtsverkehr, etwa hinsichtlich der Schuldenhaftung etc., problematisch, wenn die Ehegatten zu Dritten in rechtliche Beziehung treten würden.146 Neben diesem für Planck ausschlaggebenden Einwand brachte er zusätzlich vor, dass die Stellung der Frau in der Ehe ebenso wie bei der allgemeinen Gütergemeinschaft erheblichen Gefährdungen ausgesetzt sei, weil je nach Ausgestaltung des Güterrechts sowohl Gesamt- als auch Sondergut der Frau mehr oder weniger der Verwaltung des Mannes unterworfen würden. Dies bedeute ein großes Risiko für die Frau, weil so ihr ganzes Vermögen mittelbar dem Leichtsinn und der Missverwaltung des Mannes preisgegeben werde.147 Dieses Risiko aber sei eng verknüpft mit dem viel gerühmten Vorteil der Errungenschaftsgemeinschaft, der Beteiligung der Frau an der ehelichen Errungen144 145 146 147

Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S. Planck, Vorentwürfe, S.

464. 467. 465. 464.

§ 4 Ergebnis

431

schaft. Zwar profitiere sie durch die hälftige Beteiligung am Gesamtgut an einem in der Ehe erwirtschafteten Vermögensüberschuss, jedoch bestehe gleichzeitig auch die Verpflichtung, einen in der Ehe erwirtschafteten Verlust mitzutragen. Dies sei umso misslicher als es, durch die ihm eingeräumten Entscheidungsbefugnisse, in der Hand des Mannes liege, ob die von ihm geführte Wirtschaft einen Überschuss oder einen Verlust produziere.148 Nach Planck sei daher die Beteiligung der Frau an der ehelichen Errungenschaft ein zweischneidiges Schwert, das trotz verschiedener Korrekturversuche noch nicht entschärft werden konnte.

§ 4 Ergebnis Die Beurteilung des Charakters der Errungenschaftsgemeinschaft im Vergleich zu den anderen Güterrechten ist schwierig, weil zwischen der vorgesehenen Verteilung des Vermögens und den Entscheidungsbefugnissen in der Ehe unterschieden werden muss. Betrachtet man zunächst die Entscheidungsbefugnisse des Mannes hinsichtlich der unterschiedlichen Vermögensmassen im Verhältnis zu den Mitspracherechten der Frau, dann fällt auf, dass die Errungenschaftsgemeinschaft die Interessen der Frau deutlich zugunsten der patriarchalischen Stellung des Ehemannes vernachlässigte. Bei isolierter Betrachtung dieses Aspektes verkörperte die Errungenschaftsgemeinschaft also eher die Ehevorstellungen der konservativen Seite. Gleichzeitig aber ist die Errungenschaftsgemeinschaft paradoxerweise hinsichtlich der Vermögensverteilung bei Auflösung der Ehe sogar als fortschrittlicher anzusehen als die Gütertrennung, denn sie hielt die eingebrachten Vermögen der Ehegatten getrennt, sprach aber gleichzeitig den Ehegatten jeweils einen hälftigen Anspruch an der eheliche Errungenschaft zu. Dieser Vorteil wurde auch von den Gegnern dieses Güterrechts anerkannt. So versuchte etwa Planck, die Verwaltungsgemeinschaft dem Abrechnungsergebnis der Errungenschaftsgemeinschaft mittels einer großzügigen erbrechtlichen Regelung anzunähern149 und den Unterschied zwischen den beiden Güterrechten auf die praktische Anwendbarkeit zu reduzieren. „Mit dem System der Errungenschaftsgemeinschaft steht es (SS.: System der Verwaltungsgemeinschaft) in keinem tieferen prinzipiellen Gegensatz. Ihm gegenüber handelt es sich im Wesentlichen um eine Zweckmäßigkeitsfrage.“ 150

Darüber hinaus stand die in der Errungenschaftsgemeinschaft vorgesehene Vermögensverteilung auch Pate für den der Verwaltungsgemeinschaft folgenden gesetzlichen Güterstand des BGB, nämlich die Zugewinngemeinschaft (§§ 1363– 148 149 150

Planck, Vorentwürfe, S. 464. Planck, Vorentwürfe, S. 472. Planck, Vorentwürfe, S. 473.

432

4. Teil, 4. Kap.: Zusammenfassung

1390 BGB). Beide Güterstände gehen davon aus, dass die von den Ehegatten in die Ehe eingebrachten Vermögenswerte dem jeweiligen Ehepartner verbleiben, während die in der Ehe erwirtschaftete Errungenschaft zwischen den Ehepartnern aufgeteilt werden soll. Die Zugewinngemeinschaft hat es aber durch eine prinzipiell andere juristische Konstruktion verstanden, den großen Nachteil der Errungenschaftsgemeinschaft, also die wegen der schwierigen Abrechnung zwischen den Vermögensmassen eingeschränkte Praktikabilität, zu vermeiden. So geht die Zugewinngemeinschaft davon aus, dass grundsätzlich zwischen den Ehepartnern Gütertrennung herrscht und erst bei Auflösung der Ehe eine Ausgleichszahlung stattfindet, wenn ein Ehepartner während der Ehe einen höheren Gewinn erwirtschaftet hat als der andere (§ 1372 ff. BGB). Der abweichende Aufbau der Errungenschaftsgemeinschaft veranlasste dagegen eine partielle Vereinigung des ehelichen Vermögens, mit der Folge, dass über die gesamte Dauer der Ehe die Entwicklung der unterschiedlichen Vermögensmassen beobachtet werden musste, um eine Aussage über den Wert des Gesamtgutes und die Verteilung des Gewinnes oder Verlustes auf die Ehepartner treffen zu können. Die umfangreichen Abrechnungen, die aus diesem Ansatz resultierten, waren letztendlich der Grund, warum, wie auch Schröder selbst später einräumte, dieser Güterstand für das gesetzliche Güterrecht des BGB nicht geeignet war. 4. Kapitel

Zusammenfassung Das Vorhaben, den Charakter der Verwaltungsgemeinschaft durch einen Vergleich mit den für das gesetzliche Güterrecht des BGB diskutierten Alternativen näher zu bestimmen, führte zu dem Ergebnis, dass dieses Güterrecht auch in dieser Hinsicht eine Vermittlerrolle zwischen den verschiedenen Güterrechtstypen einnahm. Wollte man den Versuch machen die Güterrechte nach den von Planck aufgestellten Zielsetzungen, also der Abbildung der Hausherrnstellung des Mannes und der Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau (s. o. 2. Teil, 2. Kapitel, § 2), zu bewerten, müsste man die Güterrechte wohl wie folgt ordnen. Am deutlichsten wäre die Hausherrnstellung, bei gleichzeitiger Vernachlässigung der weiblichen Interessen, wohl ausgeprägt bei der Gütergemeinschaft, ihr am nächsten wären den wohl die partiellen Gütergemeinschaften, also die Errungenschafts- und die Fahrnisgemeinschaft. Die Verwaltungsgemeinschaft würde dann die Vermittlerrolle, zwischen den zur damaligen Zeit eher konservativen Güterrechten hin zu der fortschrittlichen Gütertrennung spielen, bei der die Machtposition des Mannes über die Frau zumindest bei einer reinen Betrachtung der rechtlichen Regelung nicht mehr vorhanden und die Frau damit gleichberechtigt gewesen wäre. Zu diesem Ergebnis gelangt man, wenn man sich mit den Wirkungen der Güterrechte auf die Vermögen und der Verteilung der Entscheidungsbefugnisse in der Ehe näher auseinandersetzt.

4. Teil, 4. Kap.: Zusammenfassung

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Die juristische Konstruktion der allgemeinen Gütergemeinschaft beruhte darauf, dass sie die Vermögen der Ehepartner zu einem Gesamtgut verschmolz, das zwar beiden Ehepartnern als Gesamthandseigentum zugeordnet wurde, aber fast ausschließlich dem Willen des Mannes unterworfen war. Somit konnte dieses Güterrecht die Forderungen der idealen Ehevorstellung der Zeit, die eine Verschmelzung der Ehepartner zu einer Personeneinheit unter der Führung des Mannes vorsah, in vermögensrechtlicher Hinsicht vollkommen abbilden. Vor allem dieser ideale Blick auf das eheliche Güterrecht veranlasste einige Juristen, unter ihnen Gierke, zu der Forderung die Gütergemeinschaft als gesetzlichen Güterstand ins BGB aufzunehmen. Die Vernachlässigung der weiblichen Interessen, die die Verwirklichung dieses Ideals mit sich gebracht hätte, wurden von diesen Diskussionsteilnehmern zum Teil ausgeblendet, zum Teil auch, vor allem von christlichen Vertretern, wie Mommsen, als wünschenswert angesehen. Trotzdem war unter anderem gerade die Gefährdung der Frau, mit ihren in schlechten Ehen unabsehbaren Folgen für das weibliche Vermögen, ein Grund für die Ablehnung dieses Güterrechtes. Die partiellen Formen der Gütergemeinschaft, also die Errungenschafts- und die Fahrnisgemeinschaft, stehen der Gütergemeinschaft nicht nur vom Aufbau, sondern auch im Hinblick auf die Verteilung der Befugnisse innerhalb der Ehe am nächsten. So wurde auch bei der Errungenschaftsgemeinschaft ein Gesamtgut gebildet, das nach den Regeln der Gütergemeinschaft vom Ehemann verwaltet wurde. Im Unterschied zur allgemeinen Gütergemeinschaft erstreckte sich das Gesamtgut jedoch nur auf die in der Ehe erworbenen Vermögenswerte, die so genannte eheliche Errungenschaft, die bei Auflösung der Ehe auf beide Ehepartner hälftig verteilt wurde. Das von den Ehepartnern in die Ehe eingebrachte Vermögen dagegen blieb getrennt, wurde im Falle des weiblichen Vermögens aber ebenfalls vom Ehemann verwaltet, allerdings nach den Regeln der Nutzwaltung. Auch für diese Form des Güterrechts wurden ideale Gründe, vor allem im Hinblick auf eine gerechte Verteilung des ehelichen Vermögens bei Auflösung der Ehe, vorgebracht; während der hier im Fokus stehende Vertreter Schröder hauptsächlich auf die Vorteile bei Einführung dieses Güterrechts hinwies, die er durch die vermittelnde Stellung zwischen der allgemeinen Gütergemeinschaft und der Verwaltungsgemeinschaft annahm. Bei der Errungenschaftsgemeinschaft war die beherrschende Stellung des Mannes, was die Entscheidungsrechte in der Ehe anging, ähnlich ausgeprägt, wie bei der Gütergemeinschaft, doch sah dieses Güterrecht einen besseren Schutz des eingebrachten Vermögens der Frau und eine relativ fortschrittliche Verteilung des Vermögens bei Auflösung der Ehe vor, indem es die Ehefrau an der ehelichen Errungenschaft beteiligte. Der ausschlaggebende Grund für die Ablehnung der Errungenschaftsgemeinschaft war die mangelnde Praktikabilität, die durch die komplexe Struktur und die notwendigen komplizierten Abrechnungen zwischen den unterschiedlichen Vermögensmassen verursacht wurde.

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4. Teil, 4. Kap.: Zusammenfassung

Die zum gesetzlichen Güterstand gewählte Verwaltungsgemeinschaft schuf durch ihre grundsätzlich andere juristische Konstruktion bessere Möglichkeiten zum Schutz der Frau und ihres Vermögens. Die Verwaltungsgemeinschaft beruhte auf dem Prinzip der Gütertrennung. Dementsprechend fand keine Vermischung der eingebrachten Güter statt. Jedoch wurde dem Ehemann durch die Nutznießungs- und Verwaltungsrechte ein weitgehender Zugriff auf das eingebrachte Gut der Frau ermöglicht, und so die von Planck gewünschte Hausherrnposition des Mannes festgeschrieben. Der Schutz der Frau, den Planck durch eine getrennte Schuldenhaftung, Beschränkungen der Verwaltungsrechte des Mannes, die Erweiterung des gesetzlichen weiblichen Vorbehaltsgutes usw. erreichen wollte, konnte zwar keine Gleichstellung der Frau mit ihrem Ehemann erreichen. Im Vergleich zu den auf der Gütergemeinschaft beruhenden Gestaltungen sind diese Regelungen für die Frau aber deutlich vorteilhafter. Ein großer Nachteil war, dass die Frau bei der Verwaltungsgemeinschaft keinen Anteil an der ehelichen Errungenschaft erhielt, was man jedoch durch eine großzügige erbrechtliche Regelung aufzufangen hoffte. Bleibt noch der Güterstand der Gütertrennung, der von den Vertretern der weiblichen Interessen befürwortet wurde. Die Gütertrennung ging davon aus, dass die Ehe auf die vermögensrechtliche Beziehung der Ehegatten ohne jeden Einfluss ist. Daher verblieb sowohl das Eigentum, als auch die zugehörigen Rechte zur Verwaltung und Nutznießung etc. bei derjenigen Person, der diese Rechte auch vor Eheschließung zustanden. Gegenüber allen diskutierten Güterrechten war dieser Güterstand als einziger geeignet, eine wirkliche Verbesserung der weiblichen Position zu erreichen und ihr, wenn man die gesellschaftlichen Verhältnisse außer acht lässt, eine gleichwertige Position gegenüber ihrem Ehemann einzuräumen. Die Gütertrennung konnte sich nicht durchsetzen, weil man sie als nicht vereinbar mit dem männlichen Interessen und der dem Mann innerhalb der Ehe zukommenden Stellung betrachtete. Durch die Betrachtung der Verwaltungsgemeinschaft im Verhältnis zu den anderen Güterrechten, die Eingang in die Diskussion um das gesetzliche Güterrecht des BGB gefunden haben, wurde nochmals die vermittelnde Stellung der Verwaltungsgemeinschaft zwischen den angesprochenen Alternativen deutlich.

Schlussbemerkung Im Zuge der Verabschiedung des BGB im Jahre 1900 wurde erstmals auf dem Gebiet des Deutschen Reiches ein einheitliches Güterrecht geschaffen. Vor diesem Zeitpunkt existierten an die hundert verschiedene Güterrechte mit großen inhaltlichen Diskrepanzen. Diese Zersplitterung belastete nicht nur die rechtliche Betreuung, sie verursachte auch eine erhebliche Rechtsunsicherheit und erschwerte die juristische Weiterentwicklung dieses Rechtsgebietes. Die Rechtsvereinheitlichung war daher ein erklärtes Ziel, als man sich im Rahmen der Schaffung des BGB um eine tragfähige Regelung bemühte. Zwar hatten anfänglich Zweifel bestanden, ob eine Rechtsvereinheitlichung im Sinne eines gesetzlichen Güterstandes für das ganze Reichsgebiet verwirklicht werden könne. Im Laufe der Diskussion nahmen die Beteiligten aber überwiegend von dem Regionalprinzip Abstand, nach dem der gesetzliche Güterstand regional, also für Teilgebiete des Reiches, individuell festgelegt werden sollte, und sprachen sich für eine vollständige Rechtsvereinheitlichung aus. Als gesetzlichen Güterstand wählte Planck für seinen Gesetzesentwurf die Verwaltungsgemeinschaft. Dieses Güterrecht beruhte auf dem Gedanken der Gütertrennung. Während der Ehe erhielt der Mann abweichend davon an dem eingebrachten Gut der Frau weitgehende Nutzungs- und Verwaltungsrechte. Die Zielsetzung, die Planck dem Entwurf zugrundelegte, war teilweise widersprüchlich. Er wollte der Frau gegenüber dem Ehemann eine gleichberechtigte Stellung einräumen und gleichzeitig, als Ausdruck der gegebenen gesellschaftlichen Situation, die Hausherrnstellung des Mannes befestigen. Bereits die Wahl des Güterrechts verhinderte, dass Planck der Frau im ehelichen Güterrecht eine gleichberechtigte Stellung einräumte. Er benachteiligte die Frau wirtschaftlich, indem er dem Ehemann einseitig Rechte an ihrem eingebrachten Gut einräumte; dem Ehemann den Erwerb ihrer Arbeit im Haushalt und im Geschäft des Mannes als Eigentum zuwies und die Frau von einer Beteiligung an der ehelichen Errungenschaft ausschloss. Die Tragung der ehelichen Lasten durch den Mann, die Beschränkung der Verwaltungsrechtes des Mannes, mit der die Substanz des eingebrachten Gutes gesichert werden sollte, und die Zuweisung des selbstständigen Arbeitserwerbes in das Vorbehaltsgut der Frau konnten diese Nachteile nicht ausgleichen. Auch hinsichtlich der Entscheidungsrechte in der Ehe kann nicht von einer Gleichbehandlung von Mann und Frau gesprochen werden. Zwar blieb die Frau auch bei Eingehung der Ehe voll geschäftsfähig, eine Geschlechtsvormundschaft fand nicht mehr statt. Der Mann erhielt aber an dem eingebrachten Vermögen der Frau weitgehende Entscheidungsrechte – denen auf Seiten der Frau kein

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Schlussbemerkung

Äquivalent gegenüberstand. Eine neue Entscheidungsfreiheit für die Frauen brachte jedoch die Zuweisung ihres selbstständigen Erwerbs ins Vorbehaltsgut, über den sie nunmehr grundsätzlich frei disponieren konnten. Schließlich bleibt noch zu erwähnen, dass der Entwurf Plancks für die Ehefrau auch keine gleiche Betätigung am wirtschaftlichen Verkehr gewährleistete, da der Ehemann auf die Entscheidung der Frau eine selbstständige Tätigkeit auszuüben Einfluss nehmen konnte. Dies schmälerte auch die rechtlichen Wirkungen der Erweiterung des Vorbehaltsgutes erheblich. Durch die materielle Vernachlässigung der Frauen eröffnete sich für Planck die Möglichkeit seiner zweiten Zielsetzung, der Festigung der Hausherrnstellung, gerecht zu werden. Trotzdem verursachte die Berücksichtigung dieser unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Interessen eine innere Zerrissenheit, die sich am deutlichsten an der komplexen Kompetenzverteilung am eingebrachten Gut ablesen lässt. Auch die Diskussion des Entwurfs wurde im Kern von der Frage beherrscht, welche Stellung die Frau im ehelichen Güterrecht in Zukunft einnehmen sollte. Oft wurde diese grundsätzliche Fragestellung überlagert durch die Beeinflussung der Auseinandersetzung mit den Lehren der Historischen Rechtsschule. Die Vorschläge dieser Diskussionsteilnehmer wurden aber regelmäßig nur oberflächlich an, aus der historischen Entwicklung gebildeten Rechtsgestaltungen, ausgerichtet. Diese Ansicht rechtfertigt die Betrachtung der einzelnen Juristen, wie z. B. Mommsen, dessen Vorschläge hauptsächlich von seiner religiösen Prägung beeinflusst wurden, oder Gierke, dessen Ansichten immer wieder auf seine Genossenschaftstheorie zurückgeführt werden können, genauso, wie die Betrachtung des Meinungsspektums. Betrachtet man nämlich die von der Historischen Rechtsschule beeinflussten Standpunkte im Zusammenhang, kann keine einheitliche Grenzlinie zwischen den sich angeblich feindlich gegenüberstehenden Fronten, den Germanisten und Romanisten ausgemacht werden. So setzen sich z. B. der Romanist Mommsen und der Germanist Gierke materiell für dieselben Ziele ein. Tatsächlich findet die Diskussion aber immer wieder zu dem Thema zurück, wie das Geschlechterverhältnis im ehelichen Güterrecht abgebildet werden soll. So etwa bei der zentralen Frage, wie mit der bisherigen Grundlage der Verwaltungsgemeinschaft, dem Mundium, also der Geschlechtsvormundschaft des Ehemannes über die Ehefrau, verfahren werden soll. Die Stellungnahmen reichten hier von einer Wiederbelebung des Mundiums bis zu einer völligen Abschaffung durch die Einführung der Gütertrennung. Letztendlich entschied man sich mit Planck für eine vermittelnde Lösung, die nominale Abschaffung des Mundiums; materiell erzeugten aber die Rechte des Mannes am eingebrachten Gut der Frau ähnliche Rechtswirkungen. Durch diesen Bruch sollte die Stellung der Frau in der Ehe verbessert werden. Dieses Ziel konnte aber nicht erreicht werden, weil die Grundstruktur der Verwaltungsgemeinschaft dies nicht zuließ. Das Mundium ging davon aus, dass eine beherrschende Partei die Belange innerhalb der Ehe regelt, eine kompetenzverteilende Rahmenregelung wies dem Ehemann die Ent-

Schlussbemerkung

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scheidungsrechte zu; Planck aber wollte durch die Regelung der Rechte am eingebrachten Gut konkrete nachprüfbare Ansprüche für wichtige Entscheidungen innerhalb der Ehe vorgeben. Die durch die Verwaltungsgemeinschaft indizierte komplexe Rechteaufteilung zwischen Mann und Frau konnte aber nicht schlüssig durch eine konkrete Definition der einzelnen Rechte abgebildet werden. Die neue Regelungstechnik in Verbindung mit alten Inhalten schuf eine komplexe Regelung, bei der viele praktische Probleme befürchtet wurden, ohne dass eine wirkliche Besserstellung der Frau eintrat. Die Erweiterung des Vorbehaltsgutes auf den selbstständigen Arbeitserwerb schließlich wurde oftmals als großer Fortschritt für die Gleichberechtigung gepriesen. Wahr ist, sie vergrößerte die der Frau vorbehaltene Vermögensmasse und festigte so ihre Stellung – zumindest dann, wenn sie einem selbstständigen Arbeitserwerb nachging. Insgesamt betrachtet nahm Plancks Entwurf im Meinungsspektrum eine vermittelnde Stellung, zwischen den Vertretern der Gütergemeinschaften, der idealen Form der Ehe und den Verfechtern einer materiellen Besserstellung der Frau durch die Einführung der Gütertrennung, ein. Diese Güterrechte wurden von verschiedenen Vertretern als gesetzlicher Güterstand vorgeschlagen, aber endlich abgelehnt. Sie wurden dann als Wahlgüterstände bzw. als Ersatzgüterstand ins BGB aufgenommen. Enthalten war etwa die Gütergemeinschaft, die von Gierke immer als der ideale Güterstand angepriesen wurde. Als gesetzlicher Güterstand wurde sie abgelehnt, weil durch die Vereinigung der Vermögen von Mann und Frau unter der Verwaltung des Mannes, der Schutz des Frauenvermögens nicht realisiert werden konnte. Auch die Errungenschaftsgemeinschaft wurde als Wahlgüterstand im BGB geregelt. Als Vorteile dieses Güterrechts wurde oftmals die gerechte Aufteilung des Vermögens bei Beendigung des Güterstandes angeführt, weil die Frau an der ehelichen Errungenschaft beteiligt wurde. Während der Ehe wurde aber auch hier der Frau keine gleichberechtigte Position eingeräumt, dem standen die umfangreichen Verwaltungsbefugnisse des Ehemannes entgegen. Ausschlaggebender Nachteil waren praktische Erwägungen, da die Ermittlung der Ausgleichsforderung durch die Konstruktion mit unterschiedlichen Vermögensmassen sehr schwierig war. Die Gütertrennung schließlich wurde von den Vertretern einer materiellen Besserstellung der Frau, allen voran dem Freiherrn von Stumm, als eheliches Güterrecht gefordert. Das Recht der Zukunft war die aber Gütertrennung nicht. Zwar bewegte sich die Gesetzgebung nach dem Gleichberechtigungsgesetz mit dem Güterrecht im Jahre 1958 in Richtung Gleichberechtigung der Frau, jedoch wurde die Stellung der Frau über das in der Gütertrennung vorgesehene Maß hinaus noch weiter verbessert. Die Frauen erhielten mit der Zugewinngemeinschaft, zusätzlich zu den Rechten, die durch die Gütertrennung gewährt wurden, eine Ausgleichsforderung, mit der sie zur Hälfte am ehelichen Zugewinn beteiligt wurden (§§ 1363– 1407 BGB). Später im Jahre 2001 hob gar das Bundesverfassungsgericht einen

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Schlussbemerkung

Ehevertrag, in dem die Gütertrennung als eheliches Güterrecht vereinbart wurde, wegen unangemessener Benachteiligung der Frau auf. Diese Entwicklung der Gütertrennung von der Forderung der Frauenbewegung hin zum unter gewissen Umständen unwirksamen, weil die Frau unangemessen benachteiligenden Güterrecht zeigt besonders deutlich den enormen Fortschritt, den die Gleichberechtigung der Frau in den vergangenen 100 Jahren gemacht hat.

Anhang 1

Ausgewählte Gesetzestexte Im Folgenden ist der Text des BGB in der Fassung von 1900 abgedruckt. Der Auszug umfasst die Vorschriften zu den allgemeinen Wirkungen der Ehe und die Regelungen zum ehelichen Güterrecht. Fünfter Titel. Allgemeine Wirkungen der Ehe §. 1353. Die Ehegatten sind einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet. Stellt sich das Verlangen eines Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft als Mißbrauch seines Rechtes dar, so ist der andere Ehegatte nicht verpflichtet, dem Verlangen Folge zu leisten. Das Gleiche gilt, wenn der andere Ehegatte berechtigt ist, auf Scheidung zu klagen. §. 1354. Dem Manne steht die Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung. Die Frau ist verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten. wenn sich die Entscheidung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt. §. 1355. Die Frau erhält den Familiennamen des Mannes. §. 1356. Die Frau ist, unbeschadet der Vorschriften des §. 1354, berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche Hauswesen zu leiten. Zu Arbeiten im Hauswesen und im Geschäfte des Mannes ist die Frau verpflichtet, soweit eine solche Thätigkeit nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist. §. 1357. Die Frau ist berechtigt, innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises die Geschäfte des Mannes für ihn zu besorgen und ihn zu vertreten. Rechtsgeschäfte, die sie innerhalb

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte

dieses Wirkungskreises vornimmt, gelten als im Namen des Mannes vorgenommen, wenn nicht aus den Umständen sich ein Anderes ergiebt. Der Mann kann das Recht der Frau beschränken oder ausschließen. Stellt sich die Beschränkung oder die Ausschließung als Mißbrauch des Rechtes des Mannes dar, so kann sie auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht aufgehoben werden. Dritten gegenüber ist die Beschränkung oder die Ausschließung nur nach Maßgabe des §. 1435 wirksam. §. 1358. Hat sich die Frau einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältniß ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wenn er auf seinen Antrag von dem Vormundschaftsgerichte dazu ermächtigt worden ist. Das Vormundschaftsgericht hat die Ermächtigung zu ertheilen, wenn sich ergiebt, daß die Thätigkeit der Frau die ehelichen Interessen beeinträchtigt. Das Kündigungsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Mann der Verpflichtung zugestimmt hat oder seine Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt worden ist. Das Vormundschaftsgericht kann die Zustimmung ersetzen, wenn der Mann durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Auffschube Gefahr verbunden ist oder wenn sich die Verweigerung der Zustimmung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt. Solange die häusliche Gemeinschaft aufgehoben ist, steht das Kündigungsrecht dem Manne nicht zu. Die Zustimmung sowie die Kündigung kann nicht durch einen Vertreter der Mannes erfolgen; ist der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. §. 1359. Die Ehegatten haben bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältniß ergebenden Verpflichtungen einander nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche sie in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegen. §. 1360. Der Mann hat der Frau nach Maßgabe seiner Lebensstellung, seines Vermögens und seiner Erwerbsfähigkeit Unterhalt zu gewähren. Die Frau hat dem Manne, wenn er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, den seiner Lebensstellung entsprechenden Unterhalt nach Maßgabe ihres Vermögens und ihrer Erwerbsfähigkeit zu gewähren. Der Unterhalt ist in der durch die eheliche Lebensgemeinschaft gebotenen Weise zu gewähren. Die für die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§. 1605, 1613 bis 1615 finden entsprechende Anwendung. §. 1361. Leben die Ehegatten getrennt, so ist, solange einer von ihnen die Herstellung des ehelichen Lebens verweigern darf und verweigert, der Unterhalt durch Entrichtung einer

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Geldrente zu gewähren; auf die Rente finden die Vorschriften des §. 760 Anwendung. Der Mann hat der Frau auch die zur Führung eines abgesonderten Haushalts erforderlichen Sachen aus dem gemeinschaftlichen Haushalte zum Gebrauche herauszugeben, es sei denn, daß die Sachen für ihn unentbehrlich sind oder daß sich solche Sachen in dem der Verfügung der Frau unterliegenden Vermögen befinden. Die Unterhaltspflicht des Mannes fällt weg oder beschränkt sich auf die Zahlung eines Beitrags, wenn der Wegfall oder die Beschränkung mit Rücksicht auf die Bedürfnisse sowie auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Ehegatten der Billigkeit entspricht. §. 1362. Zu Gunsten der Gläubiger des Mannes wird vermuthet, daß die im Besitz eines der Ehegatten oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Manne gehören. Dies gilt insbesondere auch für Inhaberpapiere und für Orderpapiere, die mit Blankoindossament versehen sind. Für die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere für Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräthe, gilt im Verhältnisse der Ehegatten zu einander und zu den Gläubigern die Vermuthung, daß die Sachen der Frau gehören. Sechster Titel. Eheliches Güterrecht. I. Gesetzliches Güterrecht. 1. Allgemeine Vorschriften. §. 1363. Das Vermögen der Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes unterworften (eingebrachtes Gut). Zum eingebrachten Gute gehört auch das Vermögen, daß die Frau während der Ehe erwirbt. §. 1364. Die Verwaltung und Nutznießung des Mannes tritt nicht ein, wenn er die Ehe mit einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Frau ohne Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters eingeht. §. 1365. Die Verwaltung und Nutznießung des Mannes erstreckt sich nicht auf das Vorbehaltsgut der Frau. §. 1366. Vorbehaltsgut sind die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräthe.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1367.

Vorbehaltsgut ist, was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäftes erwirbt. §. 1368. Vorbehaltsgut ist, was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt ist. §. 1369. Vorbehaltsgut ist, was die Frau durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder als Pflichttheil erwirbt (Erwerb von Todeswegen) oder was ihr unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung, der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb Vorbehaltsgut sein soll. §. 1370. Vorbehaltsgut ist, was die Frau auf Grund eines zu ihrem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht. §. 1371. Auf das Vorbehaltsgut finden die bei der Gütertrennung für das Vermögen der Frau geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; die Frau hat jedoch einen Beitrag zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes nur insoweit zu leisten, als der Mann nicht schon durch die Nutzungen des eingebrachten Gutes einen angemessenen Beitrag erhält. §. 1372. Jeder Ehegatte kann verlangen, daß der Bestand des eingebrachten Gutes durch Aufnahme eines Verzeichnisses unter Mitwirkung des anderen Ehegatten festgestellt wird. Auf die Aufnahme des Verzeichnisses finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des §. 1035 Anwendung. Jeder Ehegatte kann den Zustand der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen. 2. Verwaltung und Nutznießung. §. 1373. Der Mann ist berechtigt, die zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen. §. 1374. Der Mann hat das eingebrachte Gut ordnungsmäßig zu verwalten. Ueber den Stand der Verwaltung hat er der Frau auf Verlangen Auskunft zu ertheilen.

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§. 1375. Das Verwaltungsrecht des Mannes umfaßt nicht die Befugniß, die Frau durch Rechtsgeschäfte zu verpflichten oder über eingebrachtes Gut ohne ihre Zustimmung zu verfügen. §. 1376. Ohne Zustimmung der Frau kann der Mann: 1. über Geld und andere verbrauchbare Sachen der Frau verfügen; 2. Forderungen der Frau gegen solche Forderungen an die Frau, deren Berichtigung aus dem eingebrachten Gute verlangt werden kann, aufrechnen; 3. Verbindlichkeiten der Frau zur Leistung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstandes durch Leistung des Gegenstandes erfüllen. §. 1377. Der Mann soll Verfügungen, zu denen er nach §. 1376 ohne die Zustimmung der Frau berechtigt ist, nur zum Zwecke ordnungsmäßiger Verwaltung des eingebrachten Gutes vornehmen. Das zum eingebrachten Gute gehörende Geld, hat der Mann nach der für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften für die Frau verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereit zu halten ist. Andere verbrauchbare Sachen darf der Mann auch für sich veräußern oder verbrauchen. Macht er von dieser Befugniß Gebrauch, so hat er den Werth der Sachen nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung zu ersetzen; der Ersatz ist schon vorher zu leisten, soweit die ordnungsmäßige Verwaltung des eingebrachten Gutes es erfordert. §. 1378. Gehört zum eingebrachten Gute ein Grundstück sammt Inventar, so bestimmen sich die Rechte und die Pflichten des Mannes in Ansehung des Inventars nach den für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des §. 1048 Abs. 1. §. 1379. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des eingebrachten Gutes ein Rechtsgeschäft erforderlich, zu dem der Mann der Zustimmung der Frau bedarf, so kann die Zustimmung auf Antrag des Mannes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn die Frau sie ohne ausreichenden Grund verweigert. Das Gleiche gilt, wenn die Frau durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist. §. 1380. Der Mann kann ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend machen. Ist er befugt, über das Recht ohne Zustimmung der Frau zu verfügen, so wirkt das Urtheil auch für und gegen die Frau.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1381.

Erwirbt der Mann mit Mitteln des eingebrachten Gutes bewegliche Sachen, so geht mit dem Erwerbe das Eigenthum auf die Frau über, es sei denn, daß der Mann nicht für Rechnung des eingebrachten Gutes erwerben will. Dies gilt insbesondere auch von Inhaberpapieren und von Orderpapieren, die mit Blankoindossament versehen sind. Die Vorschriften des Abs.1 finden entsprechende Anwendung, wenn der Mann mit Mitteln des eingebrachten Gutes ein Recht an Sachen der bezeichneten Art oder ein anderes Recht erwirbt, zu dessen Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt. §. 1382. Haushaltsgegenstände, die der Mann an Stelle der von der Frau eingebrachten, nicht mehr vorhandenen oder werthlos gewordenen Stücke anschafft, werden eingebrachtes Gut. §. 1383. Der Mann erwirbt die Nutzungen des eingebrachten Gutes in derselben Weise und in demselben Umfange wie ein Nießbraucher. §. 1384. Der Mann hat außer den Kosten, welche durch die Gewinnung der Nutzungen entstehen, die Kosten der Erhaltung der zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstände nach den für den Nießbrauch geltenden Vorschriften zu tragen. §. 1385. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, für die Dauer der Verwaltung und Nutznießung zu tragen: 1. die der Frau obliegenden öffentlichen Lasten mit Ausschluß der auf dem Vorbehaltsgute ruhenden Lasten und der außerordentlichen Lasten, die als auf dem Stammwerth des eingebrachten Gutes gelegt anzusehen sind; 2. die privatrechtlichen Lasten, die auf den zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenständen ruhen; 3. die Zahlungen, die für die Versicherung der zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstände zu leisten sind. §. 1386. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, für die Dauer der Verwaltung und Nutznießung die Zinsen derjenigen Verbindlichkeiten der Frau zu tragen, deren Berichtigung aus dem eingebrachten Gute verlangt werden kann. Das Gleiche gilt von wiederkehrenden Leistungen anderer Art, einschließlich der von der Frau auf Grund ihrer gesetzlichen Unterhaltspflicht geschuldeten Leistungen, sofern sie bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden.

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Die Verpflichtung des Mannes tritt nicht ein, wenn die Verbindlichkeiten oder die Leistungen im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Vorbehaltsgute der Frau zur Last fallen. §. 1387. Der Mann ist der Frau gegenüber verpflichtet, zu tragen: 1. die Kosten eines Rechtsstreits, in welchem er ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht geltend macht, sowie die Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau führt, sofern nicht die Kosten dem Vorbehaltsgute zur Last fallen; 2. die Kosten der Vertheidigung der Frau in einem gegen sie gerichteten Strafverfahren, sofern die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist oder mit Zustimmung des Mannes erfolgt, vorbehaltlich der Ersatzpflicht der Frau im Falle ihrer Verurtheilung. §. 1388. Soweit der Mann nach den §§. 1385 bis 1387 der Frau gegenüber deren Verbindlichkeiten zu tragen hat, haftet er den Gläubigern neben der Frau als Gesammtschuldner. §. 1389. Der Mann hat den ehelichen Aufwand zu tragen. Die Frau kann verlangen, daß der Mann den Reinertrag des eingebrachten Gutes, soweit dieser zur Bestreitung des eigenen und des der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen zu gewährenden Unterhalts erforderlich ist, ohne Rücksicht auf seine sonstigen Verpflichtungen zu diesem Zwecke verwendet. §. 1390. Macht der Mann zum Zwecke der Verwaltung des eingebrachten Gutes Aufwendungen, bis er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so kann er von der Frau Ersatz verlangen, sofern nicht die Aufwendungen ihm selbst zur Last fallen. §. 1391. Wird durch das Verhalten des Mannes die Besorgniß begründet, daß die Rechte der Frau in einer das eingebrachte Gut erheblich gefährdenden Weise verletzt werden, so kann die Frau von dem Manne Sicherheitsleistung verlangen. Das gleiche gilt, wenn die der Frau aus der Verwaltung und Nutznießung des Mannes zustehenden Ansprüche auf Ersatz des Werthes verbrauchbarer Sachen erheblich gefährdet sind. §. 1392. Liegen die Voraussetzungen vor, unter denen der Mann zur Sicherheitsleistung verpflichtet ist, so kann die Frau auch verlangen, daß der Mann die zum eingebrachten Gute gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank mit der Bestimmung hinterlegt, daß die Herausgabe von dem Manne nur mit Zustimmung der Frau verlangt werden kann. Die Hinter-

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legung von Inhaberpapieren, die nach §. 92 zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten-, oder Gewinnantheilscheinen kann nicht verlangt werden. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind. Ueber die hinterlegten Papiere kann der Mann auch eine Verfügung, zu der er nach §. 1376 berichtigt ist, nur mit Zustimmung der Frau treffen. §. 1393. Der Mann kann die Inhaberpapiere, statt sie nach §. 1392 zu hinterlegen, auf den Namen der Frau umschreiben oder, wenn sie von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgestellt sind, in Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundesstaat umwandeln lassen. §. 1394. Die Frau kann Ansprüche, die ihr auf Grund der Verwaltung und Nutznießung gegen den Mann zustehen, erst nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung gerichtlich geltend machen, es sei denn, daß die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Frau nach §. 1391 Sicherheitsleistung verlangen kann. Der im §. 1389 Abs. 2 bestimmte Anspruch unterliegt dieser Beschränkung nicht. §. 1395. Die Frau bedarf zur Verfügung über eingebrachtes Gut der Einwilligung des Mannes. §. 1396. Verfügt die Frau durch Vertrag ohne Einwilligung des Mannes über eingebrachtes Gut, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Mannes ab. Fordert der andere Theil den Mann zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung der Frau gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. Verweigert der Mann die Genehmigung, so wird der Vertrag nicht dadurch wirksam, daß die Verwaltung und Nutznießung aufhört. §. 1397. Bis zur Genehmigung des Vertrags ist der andere Theil zum Widerrufe berechtigt. Der Widerruf kann auch der Frau gegenüber erklärt werden. Hat der andere Theil gewußt, daß die Frau Ehefrau ist, so kann er nur widerrufen, wenn die Frau der Wahrheit zuwider die Einwilligung des Mannes behauptet hat; er kann auch in diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem Abschlusse des Vertrags bekannt war. §. 1398. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, durch das die Frau ohne Einwilligung des Mannes über eingebrachtes Gut verfügt, ist unwirksam.

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§. 1399. Zu Rechtsgeschäften, durch die sich die Frau zu einer Leistung verpflichtet, ist die Zustimmung des Mannes nicht erforderlich. Stimmt der Mann einem solchen Rechtsgeschäfte zu, so ist es in Ansehung des eingebrachten Gutes ihm gegenüber wirksam. Stimmt er nicht zu, so muß er das Rechtsgeschäft, soweit das eingebrachte Gut bereichert wird, nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gegen sich gelten lassen. §. 1400. Führt die Frau einen Rechtsstreit ohne Zustimmung des Mannes, so ist das Urtheil dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes unwirksam. Ein zum eingebrachten Gute gehörendes Recht kann die Frau im Wege der Klage nur mit Zustimmung des Mannes geltend machen. §. 1401. Die Zustimmung des Mannes ist in den Fällen der §§. 1395 bis 1398, des §. 1399 Abs. 2 und des §. 1400 nicht erforderlich, wenn der Mann durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist. §. 1402. Ist zur ordnungsmäßigen Besorgung der persönlichen Angelegenheiten der Frau ein Rechtsgeschäft erforderlich, zu dem die Frau der Zustimmung des Mannes bedarf, so kann die Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn der Mann sie ohne ausreichenden Grund verweigert. §. 1403. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das sich auf das eingebrachte Gut bezieht, ist dem Manne gegenüber vorzunehmen. Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das sich auf eine Verbindlichkeit der Frau bezieht, ist der Frau gegenüber vorzunehmen; das Rechtsgeschäft muß jedoch auch dem Manne gegenüber vorgenommen werden, wenn es in Ansehung des eingebrachten Gutes ihm gegenüber wirksam sein soll. §. 1404. Die Beschränkungen, denen die Frau nach den §§. 1395 bis 1403 unterliegt, muß ein Dritter auch dann gegen sich gelten lassen, wenn er nicht gewußt hat, daß die Frau eine Ehefrau ist. §. 1405. Ertheilt der Mann der Frau die Einwilligung zum selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist seine Zustimmung zu solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten nicht erforderlich, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Einseitige Rechts-

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geschäfte, die sich auf das Erwerbsgeschäft beziehen, sind der Frau gegenüber vorzunehmen. Der Einwilligung des Mannes in den Geschäftsbetrieb steht es gleich, wenn die Frau mit Wissen und ohne Einspruch des Mannes das Erwerbsgeschäft betreibt. Dritten gegenüber ist ein Einspruch und der Widerruf der Einwilligung nur nach Maßgabe des §. 1435 wirksam. §. 1406. Die Frau bedarf nicht der Zustimmung des Mannes: 1. zur Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, zum Verzicht auf den Pflichttheil sowie zur Errichtung des Inventars über eine angefallene Erbschaft; 2. zur Ablehnung eines Vertragsantrags oder einer Schenkung; 3. zur Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber dem Manne. §. 1407. Die Frau bedarf nicht der Zustimmung des Mannes: 1. zur Fortsetzung eines zur Zeit der Eheschließung anhängigen Rechtsstreits; 2. zur gerichtlichen Geltendmachung eines zum eingebrachten Gut gehörenden Rechtes gegen den Mann; 3. zur gerichtlichen Geltendmachung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Rechtes gegen einen Dritten, wenn der Mann ohne die erforderliche Zustimmung der Frau über das Recht verfügt hat; 4. zur gerichtlichen Geltendmachung eines Widerspruchrechts gegenüber einer Zwangsvollstreckung. §. 1408. Das Recht, das dem Manne an dem eingebrachten Gute kraft seiner Verwaltung und Nutznießung zusteht, ist nicht übertragbar. §. 1409. Steht der Mann unter Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu vertreten, die sich aus der Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die Frau Vormund des Mannes ist. 3. Schuldenhaftung. §. 1410. Die Gläubiger des Mannes können nicht Befriedigung aus dem eingebrachten Gute verlangen.

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§. 1411. Die Gläubiger der Frau können ohne Rücksicht auf die Verwaltung und Nutznießung des Mannes Befriedigung aus dem eingebrachten Gute verlangen, soweit sich nicht aus dem §§. 1412 bis 1414 ein Anderes ergiebt. Sie unterliegen bei der Geltendmachung der Ansprüche der Frau nicht der im §. 1394 bestimmten Beschränkung. Hat der Mann verbrauchbare Sachen nach §. 1377 Abs. 3 veräußert oder verbraucht, so ist er den Gläubigern gegenüber zum sofortigen Ersatze verpflichtet. §. 1412. Das eingebrachte Gut haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach der Eingehung der Ehe vorgenommenen Rechtsgeschäft entsteht, nur dann, wenn der Mann seine Zustimmung zu dem Rechtsgeschäft ertheilt oder wenn das Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung ihm gegenüber wirksam ist. Für die Kosten eines Rechtsstreits der Frau haftet das eingebrachte Gut auch dann, wenn das Urtheil dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes nicht wirksam ist. §. 1413. Das eingebrachte Gut haftet nicht für eine Verbindlichkeit der Frau, die in Folge des Erwerbes einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses entsteht, wenn die Frau die Erbschaft oder das Vermächtniß nach der Eingehung der Ehe als Vorbehaltsgut erwirbt. §. 1414. Das eingebrachte Gut haftet nicht für eine Verbindlichkeit der Frau, die nach der Eingehung der Ehe in Folge eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entsteht, es sei denn, daß das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das die Frau mit Einwilligung des Mannes selbstständig betreibt. §. 1415. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen dem Vorbehaltsgute zur Last: 1. die Verbindlichkeiten der Frau aus einer unerlaubten Handlung, die sie während der Ehe begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen einer solchen Handlung gegen sie gerichtet wird; 2. die Verbindlichkeiten der Frau aus einem sich auf das Vorbehaltsgut beziehenden Rechtsverhältniß, auch wenn sie vor der Eingehung der Ehe oder vor der Zeit entstanden sind, zu der das Gut Vorbehaltsgut geworden ist; 3. die Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau über eine der in Nr. 1, 2 bezeichneten Verbindlichkeiten führt. §. 1416. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen die Kosten eines Rechtstreits zwischen ihnen dem Vorbehaltsgute zur Last, soweit nicht der Mann sie zu tragen hat.

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Das Gleiche gilt von den Kosten eines Rechtsstreits zwischen der Frau und einem Dritten, es sei denn, daß das Urtheil dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes wirksam ist. Betrifft jedoch der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit der Frau oder eine nicht unter die Vorschriften des §. 1415 Nr. 1, 2 fallende Verbindlichkeit, für die das eingebrachte Gut haftet, so findet diese Vorschrift keine Anwendung, wenn die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. §. 1417. Wird eine Verbindlichkeit, die nach den §§. 1415, 1416 dem Vorbehaltsgute zur Last fällt, aus dem eingebrachten Gute berichtigt, so hat die Frau aus dem Vorbehaltsgute, soweit dieses reicht, zu dem eingebrachten Gute Ersatz zu leisten. Wird eine Verbindlichkeit der Frau, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Vorbehaltsgute zur Last fällt, aus den Vorbehaltsgute berichtigt, so hat der Mann aus dem eingebrachten Gute, soweit dieses reicht, zu dem Vorbehaltsgut Ersatz zu leisten. 4. Beendigung der Verwaltung und Nutznießung. §. 1418. Die Frau kann auf Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung klagen: 1. wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Frau nach §. 1391 Sicherheitsleistung verlangen kann; 2. wenn der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist. Eine Verletzung der Unterhaltspflicht liegt schon dann vor, wenn der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen nicht mindestens der Unterhalt gewährt wird, welcher ihnen bei der ordnungsmäßiger Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes zukommen würde; 3. wenn der Mann entmündigt ist, 4. wenn der Mann nach §. 1910 zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat; 5. wenn für den Mann ein Abwesenheitspfleger bestellt und die baldige Aufhebung der Pflegschaft nicht zu erwarten ist. Die Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein. §. 1419. Die Verwaltung und Nutznießung endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der Konkurs über das Vermögen des Mannes eröffnet wird. §. 1420. Die Verwaltung und Nutznießung endigt, wenn der Mann für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte, der als Zeitpunkt des Todes gilt.

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§. 1421. Nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung hat der Mann das eingebrachte Gut der Frau herauszugeben und ihr über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Auf die Herausgabe eines landwirthschaftlichen Grundstücks findet die Vorschrift des §. 592, auf die Herausgabe eines Landguts findet die Vorschriften der §§. 592, 593 entsprechende Anwendung. §. 1422. Wird die Verwaltung und Nutznießung auf Grund des §. 1418 durch Urtheil aufgehoben, so ist der Mann zur Herausgabe des eingebrachten Gutes so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe mit der Erhebung der Klage auf Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung rechtshängig geworden wäre. §. 1423. Hat der Mann ein zum eingebrachten Gute gehörendes Grundstück vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn das Mieth- oder Pachtverhältniß bei der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung noch besteht, die Vorschriften des §. 1056 entsprechende Anwendung. §. 1424. Der Mann ist auch nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung zur Fortführung der Verwaltung berechtigt, bis er von der Beendigung Kenntniß erlangt oder sie kennen muß. Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung der Verwaltung und Nutznießung kennt oder kennen muß. Endigt die Verwaltung und Nutznießung in Folge des Todes der Frau, so hat der Mann diejenigen zur Verwaltung gehörenden Geschäfte, mit deren Auffschube Gefahr verbunden ist, zu besorgen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann. §. 1425. Wird die Entmündigung oder Pflegschaft, wegen deren die Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung erfolgt ist, wiederaufgehoben oder wird der die Entmündigung aussprechende Beschluß mit Erfolg angefochten, so kann der Mann auf Wiederherstellung seiner Rechte klagen. Das Gleiche gilt, wenn der für todt erklärte Mann noch lebt. Die Wiederherstellung der Rechte des Mannes tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Die Vorschrift des §. 1422 findet entsprechende Anwendung. Im Falle der Wiederherstellung wird Vorbehaltsgut, was ohne die Aufhebung der Rechte des Mannes Vorbehaltsgut geblieben oder geworden sein würde. 5. Gütertrennung §. 1426. Tritt nach §. 1364 die Verwaltung und Nutznießung des Mannes nicht ein oder endigt sie auf Grund der §§. 1418 bis 1420, so tritt Gütertrennung ein. Für die Gütertrennung gelten die Vorschriften des §§. 1427 bis 1431.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1427.

Der Mann hat den ehelichen Aufwand zu tragen. Zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes hat die Frau dem Manne einen angemessenen Beitrag aus den Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von ihr selbstständig betriebenen Erwerbsgeschäfts zu leisten. Für die Vergangenheit kann der Mann die Leistung nur insoweit verlangen, als die Frau ungeachtet seiner Aufforderung mit der Leistung im Rückstande geblieben ist. Der Anspruch des Mannes ist nicht übertragbar. §. 1428. Ist eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen, den der Mann der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen zu gewähren hat, so kann die Frau den Beitrag zu dem ehelichen Aufwand insoweit zur eigenen Verwendung zurückbehalten, als er zur Bestreitung des Unterhalts erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn der Mann entmündigt ist oder wenn er nach §. 1910 zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat oder wenn für ihn ein Abwesenheitspfleger bestellt ist. §. 1429. Macht die Frau zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes aus ihrem Vermögen eine Aufwendung oder überläßt sie dem Manne zu diesem Zwecke etwas aus ihrem Vermögen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, Ersatz zu verlangen. §. 1430. Ueberläßt die Frau ihr Vermögen ganz oder theilweise der Verwaltung des Mannes, so kann der Mann die Einkünfte, die er während seiner Verwaltung bezieht, nach freiem Ermessen verwenden, soweit nicht ihre Verwendung zur Bestreitung der Kosten der ordnungsmäßigen Verwaltung und zur Erfüllung solcher Verpflichtungen der Frau erforderlich ist, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden. Die Frau kann eine abweichende Bestimmung treffen. §. 1431. Die Gütertrennung ist Dritten gegenüber nur nach Maßgabe des §. 1435 wirksam. Das Gleiche gilt im Falle des §. 1425 von der Wiederherstellung der Verwaltung und Nutznießung, wenn die Aufhebung in das Güterrechtsregister eingetragen worden ist. II. Vertragsmäßiges Güterrecht. 1. Allgemeine Vorschriften. §. 1432. Die Ehegatten können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln, insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder ändern.

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§. 1433. Der Güterstand kann nicht durch Verweisung auf ein nicht mehr geltendes oder auf ein ausländisches Gesetz bestimmt werden. Hat der Mann zur Zeit der Eingehung der Ehe oder, falls der Vertrag nach der Eingehung der Ehe geschlossen wird, zur Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz im Auslande, so ist die Verweisung auf ein an diesem Wohnsitze geltendes Güterrecht zulässig. §. 1434. Der Ehevertrag muß bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Theile vor Gericht oder vor einem Notar geschlossen werden. §. 1435. Wird durch Ehevertrag die Verwaltung und Nutznießung des Mannes ausgeschlossen oder geändert, so können einem Dritten gegenüber aus der Ausschließung oder der Aenderung Einwendungen gegen ein zwischen ihm und einem der Ehegatten vorgenommenes Rechtsgeschäft oder gegen ein zwischen ihnen ergangenes rechtskräftiges Urtheil nur hergeleitet werden, wenn zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit die Ausschließung oder die Aenderung in dem Güterrechtsregister des zuständigen Amtsgerichts eingetragen oder dem Dritten bekannt war. Das Gleiche gilt, wenn eine in dem Güterrechtsregister eingetragene Regelung der güterrechtlichen Verhältnisse durch Ehevertrag aufgehoben oder geändert wird. §. 1436. Wird durch Ehevertrag die Verwaltung und Nutznießung des Mannes ausgeschlossen oder die allgemeine Gütergemeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft oder die Fahrnißgemeinschaft aufgehoben, so tritt Gütertrennung ein, sofern sich nicht aus dem Vertrag ein Anderes ergiebt. 2. Allgemeine Gütergemeinschaft §. 1437. Ein Ehevertrag, durch den die allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart oder aufgehoben wird, kann nicht durch einen gesetzlichen Vertreter geschlossen werden. Ist einer der Vertragschließenden in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. §. 1438. Das Vermögen des Mannes und das Vermögen der Frau werden durch die allgemeine Gütergemeinschaft gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesammtgut). Zu dem Gesammtgute gehört auch das Vermögen, das der Mann oder die Frau während der Gütergemeinschaft erwirbt.

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Die einzelnen Gegenstände werden gemeinschaftlich, ohne daß es einer Uebertragung durch Rechtsgeschäft bedarf. Wird ein Recht gemeinschaftlich, das im Grundbuch eingetragen ist oder in das Grundbuch eingetragen werden kann, so kann jeder Ehegatte von dem anderen die Mitwirkung zur Berichtigung des Grundbuchs verlangen. §. 1439. Von dem Gesammtgut ausgeschlossen sind Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. Auf solche Gegenstände finden die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut geltenden Vorschriften, mit Ausnahme des §. 1524, entsprechende Anwendung. §. 1440. Von dem Gesammtgut ausgeschlossen ist das Vorbehaltsgut. Vorbehaltsgut ist, was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut eines der Ehegatten erklärt ist oder von einem der Ehegatten nach §. 1369 oder §. 1370 erworben wird. §. 1441. Auf das Vorbehaltsgut der Frau finden die bei der Gütertrennung für das Vermögen der Frau geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; die Frau hat jedoch dem Manne zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes einen Beitrag nur insoweit zu leisten, als die in das Gesammtgut fallenden Einkünfte zur Bestreitung des Aufwandes nicht ausreichen. §. 1442. Ein Ehegatte kann nicht über seinen Antheil an dem Gesammtgut und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu verlangen. Gegen die Forderung, die zu dem Gesammtgute gehört, kann der Schuldner nur eine Forderung aufrechnen, deren Berichtigung aus dem Gesammtgute verlangt werden kann. §. 1443. Das Gesammtgut unterliegt der Verwaltung des Mannes. Der Mann ist insbesondere berechtigt, die zu dem Gesammtgute gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen, über das Gesammtgut zu verfügen sowie Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das Gesammtgut beziehen, im eigenen Namen zu führen. Die Frau wird durch die Verwaltungshandlungen des Mannes weder Dritten noch dem Manne gegenüber persönlich verpflichtet. §. 1444. Der Mann bedarf der Einwilligung der Frau zu einem Rechtsgeschäfte, durch das er sich zu einer Verfügung über das Gesammtgut im Ganzen verpflichtet, sowie zu einer

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Verfügung über Gesammtgut, durch die eine ohne Zustimmung der Frau eingegangene Verpflichtung dieser Art erfüllt werden soll. §. 1445. Der Mann bedarf der Einwilligung der Frau zur Verfügung über ein zu dem Gesammtgute gehörendes Grundstück sowie zur Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung. §. 1446. Der Mann bedarf der Einwilligung der Frau zu einer Schenkung aus dem Gesammtgute sowie zu einer Verfügung über Gesammtgut, durch welche das ohne Zustimmung der Frau ertheilte Versprechen einer solchen Schenkung erfüllt werden soll. Das Gleiche gilt von einem Schenkungsversprechen, das sich nicht auf das Gesammtgut bezieht. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird. §. 1447. Ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesammtguts ein Rechtsgeschäft der in den §§. 1444, 1445 bezeichneten Art erforderlich, so kann die Zustimmung der Frau auf Antrag des Mannes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn die Frau sie ohne ausreichenden Grund verweigert. Das Gleiche gilt, wenn die Frau durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist. §. 1448. Nimmt der Mann ohne Einwilligung der Frau ein Rechtsgeschäft der in den §§. 1444 bis 1446 bezeichneten Art vor, so finden die für eine Verfügung der Frau über eingebrachtes Gut geltenden Vorschriften des §. 1396 Abs. 1, 3 und der §§. 1397, 1398 entsprechende Anwendung. Fordert bei einem Vertrage der andere Theil den Mann auf, die Genehmigung der Frau zu beschaffen, so kann die Erklärung über die Genehmigung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Manne gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert. Wird die Genehmigung der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt, so ist im Falle einer Aufforderung nach Abs. 2 der Beschluß nur wirksam, wenn der Mann ihn dem anderen Theile mittheilt; die Vorschriften des Abs. 2 Satz 2 finden entsprechende Anwendung. §. 1449. Verfügt der Mann ohne die erforderliche Zustimmung der Frau über ein zu dem Gesammtgute gehörendes Recht, so kann die Frau das Recht ohne Mitwirkung des Mannes gegen Dritte gerichtlich geltend machen.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1450.

Ist der Mann durch Krankheit oder durch Abwesenheit verhindert, ein sich auf das Gesammtgut beziehendes Rechtsgeschäft vorzunehmen oder einen sich auf das Gesammtgut beziehenden Rechtsstreit zu führen, so kann die Frau im eigenen Namen oder im Namen des Mannes das Rechtsgeschäft vornehmen oder den Rechtsstreit führen, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist. §. 1451. Ist zur ordnungsmäßigen Besorgung der persönlichen Angelegenheiten der Frau ein Rechtsgeschäft erforderlich, das die Frau mit Wirkung für das Gesammtgut nicht ohne Zustimmung des Mannes vornehmen kann, so kann die Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn der Mann sie ohne ausreichenden Grund verweigert. §. 1452. Auf den selbstständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch die Frau finden die Vorschriften des §. 1405 entsprechende Anwendung. §. 1453. Zur Annahme oder Ausschlagung einer der Frau angefallenen Erbschaft oder eines ihr angefallenen Vermächtnisses ist nur die Frau berechtigt; die Zustimmung des Mannes ist nicht erforderlich. Das Gleiche gilt von dem Verzicht auf den Pflichttheil sowie von der Ablehnung eines der Frau gemachten Vertragsantrags oder einer Schenkung. Zur Errichtung des Inventars über eine der Frau angefallene Erbschaft bedarf die Frau nicht der Zustimmung des Mannes. §. 1454. Zur Fortsetzung eines bei dem Eintritte der Gütergemeinschaft anhängigen Rechtsstreits bedarf die Frau nicht der Zustimmung des Mannes. §. 1455. Wird durch ein Rechtsgeschäft, das der Mann oder die Frau ohne die erforderliche Zustimmung des anderen Ehegatten vornimmt, das Gesammtgut bereichert, so kann die Herausgabe der Bereicherung aus dem Gesammtgute nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden. §. 1456. Der Mann ist der Frau für die Verwaltung des Gesammtguts nicht verantwortlich. Er hat jedoch für eine Verminderung des Gesammtguts zu diesem Ersatz zu leisten, wenn er die Verminderung in der Absicht, die Frau zu benachtheiligen, oder durch ein Rechtsgeschäft herbeiführt, das er ohne die erforderliche Zustimmung der Frau vornimmt.

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§. 1457. Steht der Mann unter Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu vertreten, die sich aus der Verwaltung des Gesammtguts ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die Frau Vormund des Mannes ist. §. 1458. Der eheliche Aufwand fällt dem Gesammtgute zur Last. §. 1459. Aus dem Gesammtgute können die Gläubiger des Mannes und, soweit sich nicht aus den §§. 1460 bis 1462 ein Anderes ergiebt, auch die Gläubiger der Frau Befriedigung verlangen (Gesammtgutsverbindlichkeiten). Für Verbindlichkeiten der Frau, die Gesammtgutsverbindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich als Gesammtschuldner. Die Haftung erlischt mit der Beendigung der Gütergemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen. §. 1460. Das Gesammtgut haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft vorgenommenen Rechtsgeschäft entsteht, nur dann, wenn der Mann seine Zustimmung zu dem Rechtsgeschäft ertheilt oder wenn das Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung für das Gesammtgut wirksam ist. Für die Kosten eines Rechtsstreits der Frau haftet das Gesammtgut auch dann, wenn das Urtheil dem Gesammtgute gegenüber nicht wirksam ist. §. 1461. Das Gesammtgut haftet nicht für Verbindlichkeiten der Frau, die in Folge des Erwerbes einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses entstehen, wenn die Frau die Erbschaft oder das Vermächtniß nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft als Vorbehaltsgut erwirbt. §. 1462. Das Gesammtgut haftet nicht für eine Verbindlichkeit der Frau, die nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft in Folge eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entsteht, es sei denn, daß das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das die Frau mit Einwilligung des Mannes selbstständig betreibt. §. 1463. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen folgende Gesammtgutsverbindlichkeiten dem Ehegatten zur Last, in dessen Person sie entstehen: 1. die Verbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung, die er nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen einer solchen Handlung gegen ihn gerichtet wird;

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2. die Verbindlichkeiten aus einem sich auf sein Vorbehaltsgut beziehenden Rechtsverhältniß, auch wenn sie vor dem Eintritte der Gütergemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu der das Gut Vorbehaltsgut geworden ist; 3. die Kosten eines Rechtsstreits über eine der in Nr. 1, 2 bezeichneten Verbindlichkeiten. §. 1464. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen die Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihnen der Frau zur Last, soweit nicht der Mann sie zu tragen hat. Das Gleiche gilt von den Kosten eines Rechtsstreits zwischen der Frau und einem Dritten, es sei denn, daß das Urtheil dem Gesammtgute gegenüber wirksam ist. Betrifft jedoch der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit der Frau oder eine nicht unter die Vorschriften des §. 1463. Nr. 1, 2 fallende Gesammtgutsverbindlichkeit der Frau, so findet diese Vorschrift keine Anwendung, wenn die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist. §. 1465. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fällt eine Ausstattung, die der Mann einem gemeinschaftlichen Kinde aus dem Gesammtgute verspricht oder gewährt, dem Manne insoweit zur Last, als sie das dem Gesammtgut entsprechende Maß übersteigt. Verspricht oder gewährt der Mann einem nicht gemeinschaftlichen Kinde eine Ausstattung aus dem Gesammtgute, so fällt sie im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Vater oder der Mutter des Kindes zu Last, der Mutter jedoch nur insoweit, als sie zustimmt oder die Ausstattung nicht das dem Gesammtgute entsprechende Maß übersteigt. §. 1466. Verwendet der Mann Gesammtgut in sein Vorbehaltsgut, so hat er den Werth des Verwendeten zu dem Gesammtgute zu ersetzen. Verwendet der Mann Vorbehaltsgut in das Gesammtgut, so kann er Ersatz aus dem Gesammtgute verlangen. §. 1467. Was ein Ehegatte zu dem Gesammtgut oder die Frau zu dem Vorbehaltsgute des Mannes schuldet, ist erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten; soweit jedoch zur Berichtigung einer Schuld der Frau deren Vorbehaltsgut ausreicht, hat sie die Schuld schon vorher zu berichtigen. Was der Mann aus dem Gesammtgute zu fordern hat, kann er erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft fordern. §. 1468. Die Frau kann auf Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen: 1. wenn der Mann ein Rechtsgeschäft der in den §§. 1444 bis 1446 bezeichneten Art ohne Zustimmung der Frau vorgenommen hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung der Frau zu besorgen ist;

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2. wenn der Mann das Gesammtgut in der Absicht, die Frau zu benachtheiligen, vermindert hat; 3. wenn der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist; 4. wenn der Mann wegen Verschwendung entmündigt ist oder wenn er das Gesammtgut durch Verschwendung erheblich gefährdet; 5. wenn das Gesammtgut in Folge von Verbindlichkeiten, die in der Person des Mannes entstanden sind, in solchem Maße überschuldet ist, daß ein späterer Erwerb der Frau erheblich gefährdet wird. §. 1469. Der Mann kann auf Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen, wenn das Gesammtgut in Folge von Verbindlichkeiten der Frau, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen, in solchem Maße überschuldet ist, daß ein späterer Erwerb des Mannes erheblich gefährdet wird. §. 1470. Die Aufhebung der Gütergemeinschaft tritt in den Fällen des §§. 1468, 1469 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Für die Zukunft gilt Gütertrennung. Dritten gegenüber ist die Aufhebung der Gütergemeinschaft nur nach Maßgabe des §. 1435 wirksam. §. 1471. Nach der Beendigung der Gütergemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinandersetzung statt. Bis zur Auseinandersetzung gelten für das Gesammtgut die Vorschriften des §. 1442. §. 1472. Die Verwaltung des Gesammtguts steht bis zur Auseinandersetzung beiden Ehegatten gemeinschaftlich zu. Die Vorschriften des §. 1424 finden entsprechende Anwendung. Jeder Ehegatte ist dem anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zu Erhaltung nothwendigen Maßregeln kann jeder Ehegatte ohne Mitwirkung des anderen treffen. §. 1473. Was auf Grund eines zu dem Gesammtgute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesammtgute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf das Gesammtgut bezieht, wird Gesammtgut. Die Zugehörigkeit einer durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zum Gesammtgute hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehö-

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rigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften des §§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung. §. 1474. Die Auseinandersetzung erfolgt, soweit nicht eine andere Vereinbarung getroffen wird, nach den §§. 1475 bis 1481. §. 1475. Aus dem Gesammtgute sind zunächst die Gesammtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen. Ist eine Gesammtgutsverbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten. Fällt eine Gesammtgutsverbindlichkeit im Verhältnisse der Ehegatten zu einander einem der Ehegatten allein zur Last, so kann dieser die Berichtigung aus dem Gesammtgute nicht verlangen. Zur Berichtigung der Gesammtgutsverbindlichkeiten ist das Gesammtgut, soweit erforderlich, in Geld umzusetzten. §. 1476. Der nach der Berichtigung der Gesammtgutsverbindlichkeiten verbleibende Ueberschuß gebührt den Ehegatten zu gleichen Theilen. Was einer der Ehegatten zu dem Gesammtgute zu ersetzen verpflichtet ist, muß er sich auf seinen Theil anrechnen lassen. Soweit die Ersatzleistung nicht durch Anrechnung erfolgt, bleibt er dem anderen Ehegatten verpflichtet. §. 1477. Die Theilung des Ueberschusses erfolgt nach den Vorschriften über die Gemeinschaft. Jeder Ehegatte kann gegen Ersatz des Werthes die ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauche bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräthe, sowie diejenigen Gegenstände übernehmen, welche er in die Gütergemeinschaft eingebracht oder während der Gütergemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben hat. §. 1478. Sind die Ehegatten geschieden und ist einer von ihnen allein für schuldig erklärt, so kann der andere verlangen, daß jedem von ihnen der Werth desjenigen zurückerstattet wird, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hat; reicht der Werth des Gesammtguts zur Rückerstattung nicht aus, so hat jeder Ehegatte die Hälfte des Fehlbetrags zu tragen. Als eingebracht ist anzusehen, was eingebrachtes Gut gewesen sein würde, wenn Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hätte. Der Werth des Eingebrachten bestimmt sich nach der Zeit der Einbringung.

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Das im Abs. 1 bestimmte Recht steht auch dem Ehegatten zu, dessen Ehe wegen seiner Geisteskrankheit geschieden worden ist. §. 1479. Wird die Gütergemeinschaft auf Grund des §. 1468 oder des §. 1469 durch Urtheil aufgehoben, so kann der Ehegatte, welcher das Urtheil erwirkt hat, verlangen, daß die Auseinandersetzung so erfolgt, wie wenn der Anspruch auf Auseinandersetzung mit der Erhebung der Klage auf Aufhebung der Gütergemeinschaft rechtshängig geworben wäre. §. 1480. Wird eine Gesammtgutsverbindlichkeit nicht vor der Theilung des Gesammtguts berichtigt, so haftet dem Gläubiger auch der Ehegatte persönlich als Gesammtschuldner, für den zur Zeit der Theilung eine solche Haftung nicht besteht. Seine Haftung beschränkt sich auf die ihm zugetheilten Gegenstände; die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden entsprechende Anwendung. §. 1481. Unterbleibt bei der Auseinandersetzung die Berichtigung einer Gesammtgutsverbindlichkeit, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgut oder dem Manne zur Last fällt, so hat der Mann dafür einzustehen, daß die Frau von dem Gläubiger nicht in Anspruch genommen wird. Die gleiche Verpflichtung hat die Frau dem Manne gegenüber, wenn die Berichtigung einer Gesammtgutsverbindlichkeit unterbleibt, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander der Frau zu Last fällt. §. 1482. Wird die Ehe durch den Tod eines der Ehegatten aufgelöst und ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling nicht vorhanden, so gehört der Antheil des verstorbenen Ehegatten am Gesammtgute zum Nachlasse. Die Beerbung des Ehegatten erfolgt nach den allgemeinen Vorschriften. §. 1483. Sind bei dem Tode eines Ehegatten gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden, so wird zwischen dem überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen, die im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Erben berufen sind, die Gütergemeinschaft fortgesetzt. Der Antheil des verstorbenen Ehegatten am Gesammtgute gehört in diesem Falle nicht zum Nachlasse; im Uebrigen erfolgt die Beerbung des Ehegatten nach den allgemeinen Vorschriften. Sind neben den gemeinschaftlichen Abkömmlingen andere Abkömmlinge vorhanden, so bestimmt sich ihr Erbrecht und ihre Erbtheile so, wie wenn fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre. §. 1484. Der überlebende Ehegatte kann die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ablehnen. Auf die Ablehnung finden die für die Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften der §§. 1943 bis 1947, 1950, 1952, 1954 bis 1957, 1959 entsprechende An-

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte

wendung. Steht der überlebende Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zur Ablehnung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Lehnt der Ehegatte die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ab, so gilt das Gleiche wie im Falle des §. 1482. §. 1485. Das Gesammtgut der fortgesetzten Gütergemeinschaft besteht aus dem ehelichen Gesammtgute, soweit es nicht nach §. 1483 Abs. 2 einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge zufällt, und aus dem Vermögen, das der überlebende Ehegatte aus dem Nachlasse des verstorbenen Ehegatten oder nach dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft erwirbt. Das Vermögen, das ein gemeinschaftlicher Abkömmling zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft hat oder später erwirbt, gehört nicht zu dem Gesammtgute. Auf das Gesammtgut finden die für die eheliche Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften des §. 1438 Abs. 2, 3 entsprechende Anwendung. §. 1486. Vorbehaltsgut des überlebenden Ehegatten ist, was er bisher als Vorbehaltsgut gehabt hat oder nach §. 1369 oder §. 1370 erwirbt. Gehören zu dem Vermögen des überlebenden Ehegatten Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können, so finden auf sie die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut des Mannes geltenden Vorschriften, mit Ausnahme des §. 1524, entsprechende Anwendung. §. 1487. Die Rechte und Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie der antheilsberechtigten Abkömmlinge in Ansehung des Gesammtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestimmen sich nach den für die eheliche Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§. 1442 bis 1449, 1455 bis 1457, 1466; der überlebende Ehegatte hat die rechtliche Stellung des Mannes, die antheilsberechtigten Abkömmlinge haben die rechtliche Stellung der Frau. Was der überlebende Ehegatte zu dem Gesammtgute schuldet oder aus dem Gesammgute zu fordern hat, ist erst nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft zu leisten. §. 1488. Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind die Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie solche Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, die Gesammtgutsverbindlichkeiten der ehelichen Gütergemeinschaft waren. §. 1489. Für die Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft haftet der überlebende Ehegatte persönlich.

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Soweit die persönliche Haftung den überlebenden Ehegatten nur in Folge des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft trifft, finden die für die Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; an die Stelle des Nachlasses tritt das Gesammtgut in dem Bestande, den es zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft hat. Eine persönliche Haftung der antheilsberechtigten Abkömmlinge für die Verbindlichkeiten des verstorbenen oder des überlebenden Ehegatten wird durch die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht begründet. §. 1490. Stirbt ein antheilsberechtigter Abkömmling, so gehört sein Antheil an dem Gesammtgute nicht zu seinem Nachlasse. Hinterläßt er Abkömmlinge, die antheilsberechtigt sein würden, wenn er den verstorbenen Ehegatten nicht überlebt hätte, so treten die Abkömmlinge an seine Stelle. Hinterläßt er solche Abkömmlinge nicht, so wächst sein Antheil den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn solche nicht vorhanden sind, dem überlebenden Ehegatten an. §. 1491. Ein antheilsberechtigter Abkömmling kann auf seinen Antheil an dem Gesammtgute verzichten. Der Verzicht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung dem überlebenden Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen mittheilen. Der Verzicht kann auch durch Vertrag mit dem überlebenden Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen. Der Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. Steht der Abkömmling unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zu dem Verzichte die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich. Der Verzicht hat die gleichen Wirkungen, wie wenn der Verzichtende zur Zeit des Verzichts ohne Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben wäre. §. 1492. Der überlebende Ehegatte kann die fortgesetzte Gütergemeinschaft jederzeit aufheben. Die Aufhebung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem für den Nachlaß des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung den antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn der überlebende Ehegatte gesetzlicher Vertreter eines der Abkömmlinge ist, dem Vormundschaftsgerichte mittheilen. Die Aufhebung kann auch durch Vertrag zwischen dem überlebenden Ehegatten und den antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen. Der Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. Steht der überlebende Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zu der Aufhebung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1493.

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endigt mit der Wiederverheirathung des überlebenden Ehegatten. Der überlebenden Ehegatten hat, wenn ein antheilsberechtigter Abkömmling minderjährig ist oder bevormundet wird, die Absicht der Wiederverheirathung dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen, ein Verzeichniß des Gesammtguts einzureichen, die Gütergemeinschaft aufzuheben und die Auseinandersetzung herbeizuführen. Das Vormundschaftsgericht kann gestatten, daß die Aufhebung der Gütergemeinschaft bis zur Eheschließung unterbleibt und daß die Auseinandersetzung erst später erfolgt. §. 1494. Die fortgesetzte Gütergemeinschaft endigt mit dem Tode des überlebenden Ehegatten. Wird der überlebende Ehegatte für todt erklärt, so endigt die fortgesetzte Gütergemeinschaft mit dem Zeitpunkte, der als Zeitpunkte des Todes gilt. §. 1495. Ein antheilsberechtigter Abkömmling kann gegen den überlebenden Ehegatten auf Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft klagen: 1. wenn der überlebende Ehegatte ein Rechtsgeschäft der in den §§. 1444 bis 1446 bezeichneten Art ohne Zustimmung des Abkömmlings vorgenommen hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Abkömmlinges zu besorgen ist; 2. wenn der überlebende Ehegatte das Gesammtgut in der Absicht, den Abkömmling zu benachtheiligen, vermindert hat; 3. wenn der überlebende Ehegatte seine Verpflichtung, dem Abkömmling Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist; 4. wenn der überlebende Ehegatte wegen Verschwendung entmündigt ist oder wenn er das Gesammtgut durch Verschwendung erheblich gefährdet; 5. wenn der überlebende Ehegatte die elterliche Gewalt über den Abkömmling verwirkt hat oder, falls sie ihm zugestanden hätte, verwirkt haben würde. §. 1496. Die Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft tritt in den Fällen des §. 1495 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Sie tritt für alle Abkömmlinge ein, auch wenn das Urtheil auf die Klage eines der Abkömmlinge ergangen ist. §. 1497. Nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinandersetzung statt. Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich das Rechtsverhältniß der Theilhaber am Gesammtgute nach den §§. 1442, 1472, 1473.

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§. 1498. Auf die Auseinandersetzung finden die Vorschriften der §§. 1475, 1476, des §. 1477 Abs. 1 und der §§. 1479 bis 1481 Anwendung; an die Stelle des Mannes tritt der überlebende Ehegatte, an die Stelle der Frau treten die antheilsberechtigten Abkömmlinge. Die im §. 1476 Abs. 2 Satz 2 bezeichnete Verpflichtung besteht nur für den überlebenden Ehegatten. §. 1499. Bei der Auseinandersetzung fallen dem überlebenden Ehegatten zur Last: 1. die ihm bei dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft obliegenden Gesammtgutsverbindlichkeiten, für die das eheliche Gesammtgut nicht haftete oder die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last fielen; 2. die nach dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft entstandenen Gesammtgutsverbindlichkeiten, die, wenn die während der ehelichen Gütergemeinschaft in seiner Person entstanden wären, im Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last gefallen sein würden; 3. eine Ausstattung, die er einem antheilsberechtigten Abkömmling über das dem Gesammtgut entsprechende Maß hinaus oder die er einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge versprochen oder gewährt hat. §. 1500. Die antheilsberechtigten Abkömmlinge müssen sich Verbindlichkeiten des verstorbenen Ehegatten, die diesem im Verhältnisse der Ehegatten zu einander zur Last fielen, bei der Auseinandersetzung auf ihren Antheil insoweit anrechnen lassen, als der überlebende Ehegatte nicht von dem Erben des verstorbenen Ehegatten Deckung hat erlangen können. In gleicher Weise haben sich die antheilsberechtigen Abkömmlinge anrechnen zu lassen, was der verstorbene Ehegatte zu dem Gesammtgute zu ersetzen hatte. §. 1501. Ist einem antheilsberechtigten Abkömmlinge für den Verzicht auf seinen Antheil eine Abfindung aus dem Gesammtgute gewährt worden, so wird die bei der Auseinandersetzung in das Gesammtgut eingerechnet und auf die den Abkömmlingen gebührende Hälfte angerechnet. Der überlebende Ehegatte kann mit den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen schon vor der Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft eine abweichende Vereinbarung treffen. Die Vereinbarung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung; sie ist auch denjenigen Abkömmlingen gegenüber wirksam, welche erst später in die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintreten. §. 1502. Der überlebende Ehegatte ist berechtigt, das Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen. Das Recht geht nicht auf den Erben über.

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Wird die fortgesetzte Gütergemeinschaft auf Grund des §. 1495 durch Urtheil aufgehoben, so steht dem überlebenden Ehegatten das im Abs. 1 bestimmte Recht nicht zu. Die antheilsberechtigten Abkömmlingen können in diesem Falle diejenigen Gegenstände gegen Ersatz des Werthes übernehmen, welche der verstorbene Ehegatte nach §. 1477 Abs. 2 zu übernehmen berechtigt sein würde. Das Recht kann von ihnen nur gemeinschaftlich ausgeübt werden. §. 1503. Mehrere antheilsberechtigte Abkömmlinge theilen die ihnen zufallende Hälfte des Gesammtguts nach dem Verhältnisse der Antheile, zu denen sie im Falle der gesetzlichen Erbfolge als Erben des verstorbenen Ehegatten berufen sein würden, wenn dieser erst zur Zeit der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gestorben wäre. Das Vorempfangene kommt nach den für die Ausgleichung unter Abkömmlingen geltenden Vorschriften zur Ausgleichung, soweit nicht eine solche bereits bei der Theilung des Nachlasses des verstorbenen Ehegatten erfolgt ist. Ist einem Abkömmlinge, der aus seinen Antheils verzichtet hat, eine Abfindung aus dem Gesammgute gewährt worden, so fällt sie den Abkömmlingen zur Last, denen der Verzicht zu Statten kommt. §. 1504. Soweit die antheilsberechtigten Abkömmlinge nach §. 1480 den Gesammtgutsgläubigern haften, sind sie im Verhältnisse zu einander nach der Größe ihres Antheils an dem Gesammtgute verpflichtet. Die Verpflichtung beschränkt sich auf die ihnen zugetheilten Gegenstände; die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften der §§. 1990, 1991 finden entsprechende Anwendung. §. 1505. Die Vorschriften über das Recht auf Ergänzung des Pflichttheils finden zu Gunsten eines antheilsberechtigten Abkömmlinges entsprechende Anwendung; an die Stelle des Erbfalls tritt die Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft, als gesetzlicher Erbtheil gilt der dem Abkömmlinge zur Zeit der Beendigung gebührende Antheil an dem Gesammtgut, als Pflichttheil gilt die Hälfte des Werthes dieses Antheils. §. 1506. Ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling erbunwürdig, so ist er auch des Antheils an dem Gesammtgut unwürdig. Die Vorschriften über die Erbunwürdigkeit finden entsprechende Anwendung. §. 1507. Das Nachlaßgericht hat dem überlebenden Ehegatten auf Antrag ein Zeugniß über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft zu ertheilen. Die Vorschriften über den Erbschein finden entsprechende Anwendung. §. 1508. Die Ehegatten können die Fortsetzung der Gütergemeinschaft durch Ehevertrag ausschließen.

Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte

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Auf einen Ehevertrag, durch welchen die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ausgeschlossen oder die Ausschließung aufgehoben wird, finden die Vorschriften des §. 1437 Anwendung. §. 1509. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod aufgelöst wird, die Fortsetzung der Gütergemeinschaft durch letztwillige Verfügung ausschließen, wenn er berechtigt ist, dem anderen Ehegatten den Pflichttheil zu entziehen oder auf Aufhebung der Gütergemeinschaft zu klagen. Auf die Ausschließung finden die Vorschriften über die Entziehung des Pflichttheils entsprechende Anwendung. §. 1510. Wird die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ausgeschlossen, so gilt das Gleiche wie im Falle des §. 1482. §. 1511. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod ausgelöst wird, einen gemeinschaftlichen Abkömmling von der fortgesetzten Gütergemeinschaft durch letztwillige Verfügung ausschließen. Der ausgeschlossene Abkömmling kann, unbeschadet seines Erbrechts, aus dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft die Zahlung des Betrags verlangen, der ihm von dem Gesammtgute der ehelichen Gütergemeinschaft als Pflichttheil gebühren würde, wenn die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre. Die für den Pflichttheilsanspruch geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung. Der dem ausgeschlossenen Abkömmlinge gezahlte Betrag wird bei der Auseinandersetzung den antheilsberechtigten Abkömmlingen nach Maßgabe des §. 1500 angerechnet. Im Verhältnisse der Abkömmlinge zu einander fällt er den Abkömmlingen zur Last, denen die Ausschließung zu Statten kommt. §. 1512. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, den einem antheilsberechtigten Abkömmlinge nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Antheil an dem Gesammtgute durch letztwillige Verfügung bis auf die Hälfte herabgesetzt. §. 1513. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, einem antheilsberechtigten Abkömmlinge den diesem nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Antheil an dem Gesammtgute durch letztwillige Verfügung entziehen, wenn er berechtigt ist, dem Abkömmlinge den Pflichttheil zu entziehen. Die Vorschriften des §. 2336 Abs. 2 bis 4 finden entsprechende Anwendung. Der Ehegatte kann, wenn er nach §. 2338 berechtigt ist, das Pflichttheilsrecht des Abkömmlinges zu beschränken, den Antheil des Abkömmlinges am Gesammtgut einer entsprechenden Beschränkung unterwerfen.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1514.

Jeder Ehegatte kann den Betrag, den er nach §. 1512 oder nach §. 1513 Abs. 1 einem Abkömmling entzieht, auch einem Dritten durch letztwillige Verfügung zuwenden. §. 1515. Jeder Ehegatte kann für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt, durch letztwillige Verfügung anordnen, daß ein antheilsberechtigter Abkömmling das Recht haben soll, bei der Theilung das Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen. Gehört zu dem Gesammtgut ein Landgut, so kann angeordnet werden, daß das Landgut mit dem Ertragswerth oder mit einem Preise, der den Ertragswerth mindestens erreicht, angesetzt werden soll. Die für die Erbfolge geltenden Vorschriften des §. 2049 finden Anwendung. Das Recht, das Landgut zu dem im Abs. 2 bezeichneten Werthe oder Preise zu übernehmen, kann auch dem überlebenden Ehegatten eingeräumt werden. §. 1516. Zur Wirksamkeit der in den §§. 1511 bis 1515 bezeichneten Verfügungen eines Ehegatten ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich. Die Zustimmung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich. Die Zustimmungserklärung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. Die Zustimmung ist unwiderruflich. Die Ehegatten können die in den §§. 1511 bis 1515 bezeichneten Verfügungen auch in einem gemeinschaftlichen Testamente treffen. §. 1517. Zur Wirksamkeit eines Vertrags, durch den ein gemeinschaftlicher Abkömmling einem der Ehegatten gegenüber für den Fall, daß die Ehe durch dessen Tod aufgelöst wird, auf seinen Antheil am Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft verzichtet oder durch den ein solcher Verzicht aufgehoben wird, ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich. Für die Zustimmung gelten die Vorschriften des §. 1516 Abs. 2 Satz 3, 4. Die für den Erbverzicht geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung. §. 1518. Anordnungen, die mit den Vorschriften der §§. 1483 bis 1517 in Widerspruch stehen, können von den Ehegatten weder durch letztwillige Verfügung noch durch Vertrag getroffen werden.

Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte

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3. Errungenschaftsgemeinschaft §. 1519. Was der Mann oder die Frau während der Errungenschaftsgemeinschaft erwirbt, wird gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesammtgut). Auf das Gesammtgut finden die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften des §. 1438 Abs. 2, 3 und der §§. 1442 bis 1453, 1455 bis 1457 Anwendung. §. 1520. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was ihm bei dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft gehört. §. 1521. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er von Todeswegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt. Ausgenommen ist ein Erwerb, der den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. §. 1522. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten sind Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können, sowie Rechte, die mit seinem Tode erlöschen oder deren Erwerb durch den Tod eines der Ehegatten bedingt ist. §. 1523. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was durch Ehevertrag für eingebrachtes Gut erklärt ist. §. 1524. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er auf Grund eines zu seinem eingebrachten Gute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das eingebrachte Gut bezieht. Ausgenommen ist der Erwerb aus dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts. Die Zugehörigkeit einer durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zum eingebrachten Gute hat der Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§. 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung. §. 1525. Das eingebrachte Gut wird für Rechnung des Gesammtguts in der Weise verwaltet, daß die Nutzungen, welche nach den für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden Vorschriften dem Manne zufallen, zu dem Gesammtgute gehören. Auf das eingebrachte Gut der Frau finden im Uebrigen die Vorschriften der §§. 1373 bis 1383, 1390 bis 1417 entsprechende Anwendung.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1526.

Vorbehaltsgut der Frau ist, was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt ist oder von der Frau nach §. 1369 oder §. 1370 erworben wird. Vorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen. Für das Vorbehaltsgut der Frau gilt das Gleiche wie für das Vorbehaltsgut bei der allgemeinen Gütergemeinschaft. §. 1527. Es wird vermuthet, daß das vorhandene Vermögen Gesammtgut sei. §. 1528. Jeder Ehegatte kann verlangen, daß der Bestand seines eigenen und des dem anderen Ehegatten gehörenden eingebrachten Gutes durch Aufnahme eines Verzeichnisses unter Mitwirkung des anderen Ehegatten festgestellt wird. Auf die Aufnahme des Verzeichnisses finden die für die Nießbrauch geltenden Vorschriften des §. 1035 Anwendung. Jeder Ehegatte kann den Zustand der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen lassen. §. 1529. Der eheliche Aufwand fällt dem Gesammtgute zur Last. Das Gesammtgut trägt auch die Lasten des eingebrachten Gutes beider Ehegatten; der Umfang der Lasten bestimmt sich nach den bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung für das eingebrachte Gut der Frau geltenden Vorschriften der §§. 1384 bis 1387. §. 1530. Das Gesammtgut haftet für die Verbindlichkeiten des Mannes und für die in den §§. 1531 bis 1534 bezeichneten Verbindlichkeiten der Frau (Gesammtgutsverbindlichkeiten). Für Verbindlichkeiten der Frau, die Gesammtgutsverbindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich als Gesammtschuldner. Die Haftung erlischt mit der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen. §. 1531. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die zu den im §. 1529 Abs. 2 bezeichneten Lasten des eingebrachten Gutes gehören. §. 1532. Das Gesammtgut haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft vorgenommenen Rechtsgeschäft entsteht, sowie für die Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft führt, wenn die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder die Führung

Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte

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des Rechtsstreits mit Zustimmung des Mannes erfolgt oder ohne seine Zustimmung für das Gesammtgut wirksam ist. §. 1533. Das Gesammtgut haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft in Folge eines ihr zustehenden Rechtes oder des Besitzes einer ihr gehörenden Sache entsteht, wenn das Recht oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das die Frau mit Einwilligung des Mannes selbstständig betreibt. §. 1534. Das Gesammtgut haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die ihr auf Grund der gesetzlichen Unterhaltspflicht obliegen. §. 1535. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen folgende Gesammtgutsverbindlichkeiten dem Ehegatten zur Last, in dessen Person sie entstehen: 1. die Verbindlichkeiten aus einem sich auf sein eingebrachtes Gut oder sein Vorbehaltsgut beziehenden Rechtsverhältniß, auch wenn sie vor dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu der das Gut eingebrachtes Gut oder Vorbehaltsgut geworden ist; 2. die Kosten eines Rechtsstreits, den der Ehegatte über eine der in Nr. 1 bezeichneten Verbindlichkeiten führt. §. 1536. Im Verhältnisse der Ehegatten zu einander fallen dem Manne zur Last: 1. die vor dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft entstandenen Verbindlichkeiten des Mannes; 2. die Verbindlichkeiten des Mannes, die der Frau gegenüber aus der Verwaltung ihres eingebrachten Gutes entstehen, soweit nicht das Gesammtgut zur Zeit der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft bereichert ist; 3. die Verbindlichkeit des Mannes aus einer unerlaubten Handlung, die er nach dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen einer unerlaubten Handlung gegen ihn gerichtet wird; 4. die Kosten eines Rechtsstreits, den der Mann über eine der in Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verbindlichkeiten führt. §. 1537. Die Vorschriften des §. 1535 und des §. 1536 Nr. 1, 4 finden insoweit keine Anwendung, als die Verbindlichkeiten nach §. 1529 Abs. 2 von dem Gesammtgute zu tragen sind. Das Gleiche gilt von den Vorschriften des §. 1535 insoweit, als die Verbindlichkeiten durch den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, der für Rechnung des Gesammtguts geführt wird, oder in Folge eines zu einem solchen Erwerbsgeschäfte gehörenden Rechtes oder des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entstehen.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1538.

Verspricht oder gewährt der Mann einem Kinde eine Ausstattung, so finden die Vorschriften des §. 1465 Anwendung. §. 1539. Soweit das eingebrachte Gut eines Ehegatten auf Kosten des Gesammtguts oder das Gesammtgut auf Kosten des eingebrachten Gutes eines Ehegatten zur Zeit der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft bereichert ist, muß aus dem bereicherten Gute zu dem anderen Gute Ersatz geleistet werden. Weitergehende, auf besonderen Gründen beruhende Ansprüche bleiben unberührt. §. 1540. Sind verbrauchbare Sachen, die zum eingebrachten Gute eines Ehegatten gehört haben, nicht mehr vorhanden, so wird zu Gunsten des Ehegatten vermuthet, daß die Sachen in das Gesammtgut verwendet worden seien und dieses um den Werth der Sachen bereichert sei. §. 1541. Was ein Ehegatte zum dem Gesammtgut oder die Frau zu dem eingebrachten Gute des Mannes schuldet, ist erst nach der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft zu leisten; soweit jedoch zur Berichtigung einer Schuld der Frau ihr eingebrachtes Gut und ihr Vorbehaltsgut ausreichen, hat sie die Schuld schon vorher zu berichtigten. Was der Mann aus dem Gesammtgute zu fordern hat, kann er erst nach der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft fordern. §. 1542. Die Frau kann unter den Voraussetzungen des §. 1418 Nr. 1, 3 bis 5 und des §. 1468, der Mann kann unter den Voraussetzungen des §. 1469 auf Aufhebung der Errungenschaftsgemeinschaft klagen. Die Aufhebung tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein. §. 1543. Die Errungenschaftsgemeinschaft endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der Konkurs über das Vermögen des Mannes eröffnet wird. §. 1544. Die Errungenschaftsgemeinschaft endigt, wenn ein Ehegatte für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte, der als Zeitpunkt des Todes gilt. §. 1545. Endigt die Errungenschaftsgemeinschaft nach den §§. 1542 bis 1544, so gilt für die Zukunft Gütertrennung.

Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte

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Dritten gegenüber ist die Beendigung der Gemeinschaft nur nach Maßgabe des §. 1435 wirksam. §. 1546. Nach der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinandersetzung statt. Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich das Rechtsverhältniß der Ehegatten nach den §§. 1442, 1472, 1473. Die Auseinandersetzung erfolgt, soweit nicht eine andere Vereinbarung getroffen wird, nach den für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§. 1475 bis 1477, 1479 bis 1481. Auf das eingebrachte Gut der Frau finden die für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden Vorschriften der §§. 1421 bis 1424 Anwendung. §. 1547. Endigt die Errungenschaftsgemeinschaft durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Mannes, so kann die Frau auf Wiederherstellung der Gemeinschaft klagen. Das gleiche Recht steht, wenn die Gemeinschaft in Folge einer Todeserklärung endigt, dem für todt erklärten Ehegatten zu, falls er noch lebt. Wird die Gemeinschaft auf Grund des §. 1418 Nr. 3 bis 5 aufgehoben, so kann der Mann unter den Voraussetzungen des §. 1425 Abs. 1 auf Wiederherstellung der Gemeinschaft klagen. §. 1548. Die Wiederherstellung der Errungenschaftsgemeinschaft tritt in den Fällen des §. 1547 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Die Vorschrift des §. 1422 findet entsprechende Anwendung. Dritten gegenüber ist die Wiederherstellung, wenn die Beendigung in das Güterrechtsregister eingetragen worden ist, nur nach Maßgabe des §. 1435 wirksam. Im Falle der Wiederherstellung wird Vorbehaltsgut der Frau, was ohne die Beendigung der Gemeinschaft Vorbehaltsgut geblieben oder geworden sein würde. 4. Fahrnißgemeinschaft. §. 1549. Auf die Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft (Fahrnißgemeinschaft) findet die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften Anwendung, soweit sich nicht aus den §§. 1550 bis 1557 ein Anderes ergiebt. §. 1550. Von dem Gesammtgut ausgeschlossen ist das eingebrachte Gut eines Ehegatten. Auf das eingebrachte Gut finden die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut geltenden Vorschriften Anwendung.

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Anhang 1: Ausgewählte Gesetzestexte §. 1551.

Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist das unbewegliche Vermögen, das er bei dem Eintritte der Fahrnißgemeinschaft hat oder während der Gemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt. Zum unbeweglichen Vermögen im Sinne dieser Vorschrift gehören Grundstücke nebst Zubehör, Rechte an Grundstücken, mit Ausnahme der Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden, sowie Forderungen, die auf die Uebertragung des Eigenthums an Grundstücken oder auf die Begründung oder Uebertragung eines der bezeichneten Rechte oder auf die Befreiung eines Grundstücks von einem solchen Rechte gerichtet sind. §. 1552. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten sind Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. §. 1553. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist: 1. was durch Ehevertrag für eingebrachtes Gut erklärt ist; 2. was er nach §. 1369 erwirbt, sofern die Bestimmung dahin getroffen ist, daß der Erwerb eingebrachtes Gut sein soll. §. 1554. Eingebrachtes Gut eines Ehegatten ist, was er in der im §. 1524 bezeichneten Weise erwirbt. Ausgenommen ist, was an Stelle von Gegenständen erworben wird, die nur deshalb eingebrachtes Gut sind, weil sie nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können. §. 1555. Vorbehaltsgut des Mannes ist ausgeschlossen. §. 1556. Erwirbt ein Ehegatte während der Fahrnißgemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung Gegenstände, die theils Gesammtgut, theils eingebrachtes Gut werden, so fallen die in Folge des Erwerbes entstehenden Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgut und dem Ehegatten, der den Erwerb macht, verhältnismäßig zur Last. §. 1557. Fortgesetzte Gütergemeinschaft tritt nur ein, wenn sie durch Ehevertrag vereinbart ist.

Anhang 2

Parteienspektrum des Reichstages in der X. Legislaturperiode 1898/19031 2% 2%

3% 4%

27%

6%

7%

10%

15% 12% 13% Fraktion des Zentrums (102)

Fraktion der Reichspartei (21)

Fraktion der Sozialdemokraten (57)

Fraktion der Polen (14)

Fraktion der Deutsch-Konservativen (49)

Freisinnige Vereinigung (12)

Fraktion der Nationalliberalen (44)

Deutsch-soziale Reform-Partei (8)

Mitglieder, die keiner Fraktion angehören (39)

Deutsche Volkspartei (7)

Fraktion der deutschen freisinnigen Volkspartei (27)

* Zahlen in Klammern symbolisieren die Anzahl der Sitze im Reichstag.

1 Aufstellung nach Verhandlungen des Reichstages, Band 165 (Anlagen 1889/1900, Band 1), Nr. 1.

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Personenverzeichnis Agricola, Alfred 33 f., 37, 47 ff., 49, 56 Albrecht 28, 55, 137 Auer (Abgeordneter der Sozialdemokraten) 314 Bachem (Berichterstatter des Reichstages) 312 Bähr, Otto 34, 53, 356 ff. Beaulieu-Marconney, Eugen Karl Theodor Levin von 28, 36, 44, 45, 57, 202 ff. Bebel, August (Abgeordneter der Sozialdemokratischen Partei) 63, 315, 408 f. Becker 28,42 Beckh, Hermann 28, 45 Benningsen (Abgeordneter der Nationalliberalen Partei) 63 Beseler, Georg 153, 253 Binding, G. 28, 42 f. Brühl, Karl Ferdinand 289 ff., 342 ff., 375 ff. Bulling, Carl 292, 309 Campe, v. (Abgeordneter der Nationalliberalen Partei) 320 Donle 28, 36, 137 Förster (Abgeordneter des Reichstages) 310 Frensdorff 65 Freud, Sigmund 280 Frohme (Abgeordneter der Sozialdemokratischen Partei) 328 Geck 25, 55 Gerber, Carl Friedrich von 37, 176 f., 185, 324 f., 338 f.

Gierke, Otto von 33, 38, 40 f., 51, 54, 56, 141, 167 ff., 184, 211 ff., 223 ff., 229 ff., 240 ff., 245 ff., 255 ff., 287, 335 f., 372 ff., 418 ff. Gröber (Abgeordneter des Reichstages) 329 Hachenburg, Max 326 f. Heusler, Andreas 167, 173 f. Kaufmann (Abgeordneter der Freisinnigen) 328 Kempin, Emilie 304 Klöppel, Peter 310 Menger, Anton 313 f., 316 ff. Mitteis, Ludwig 28 f., 46 f., 52 f., 66, 197, 254, 287 f., 309, 340 ff. Mommsen, Friedrich 29, 44, 45 f., 57, 186, 254 Munckel (Abgeordneter der Freisinnigen) 328 Otto-Peters, Louise 300 ff. Pauli (Abgeordneter der Reichspartei) 320, 328 Planck, Gottlieb (Redaktor des Familienrechts) 30, 43, 49 f., 53, 54, 61 ff., 74– 131, 140 f., 160 f., 204 ff., 221 ff., 228, 233 ff., 243 ff., 249 f., 259 f., 308, 359 ff., 367 f., 412 f., 421 ff., 429 f. Rau 28, 43, 45 Rickert (Abgeordneter der Freisinnige Vereinigung) 310 Ridder 35

Personenverzeichnis Roth, Paul 34, 37, 54, 139 f., 163 Runde, Christian Ludwig 27, 38, 41 f., 52 Savigny, Friedrich Carl von 145 ff., 169, 191 f., 205, 253 f. Schönaich-Carolath, Prinz zu (Abgeordneter der Nationalliberalen) 308 Schröder, Richard 29 f., 43, 44, 46, 51, 57, 138 f., 160 f., 174, 185, 253, 336 ff., 427 ff. Seel, von 28, 36, 137 Sohm (Abgeordneter des Reichstages) 310 Spahn (Abgeordneter der Zentrumspartei) 329

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Stadthagen (Abgeordneter der Sozialdemokratischen Partei) 328 Stumm-Halberg, Freiherr von (Abgeordneter der Reichspartei) 308, 320 ff., 328, 407 ff. Sybel, Heinrich von 273 Traeger (Abgeordneter der Freisinnige Volkspartei) 310 Unger 38 Weber, Marianne 291 f., 296 ff., 311, 352 f., 379 ff.

Sachwortverzeichnis Abgrenzungsfragen 235, siehe auch Regelungstechnik des Gesetzgebers Abstrakter Individualismus 172, 227, 237 Allgemeiner Deutscher Frauenverein 300 Altentheil siehe Leibzucht Arbeit der Frau, Geschäft des Mannes 235 – Hauswesen 235 Arbeiterklasse 315, 317 ff., siehe auch Gesellschaftliche Folgen Arbeitserwerb der Frau 365 ff. Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung siehe Verwaltung und Nutznießung, Aufhebung der Augsburger Confession 195 Auskunftsanspruch 91 f., 115 Auskunftspflicht 90 Bevölkerungsentwicklung 193 Brotkorbsmacht 314, 409 Bürgerliche Schicht 277 ff., 318, 324, 327 Bürgerliches Gesetzbuch 64 – Vereinheitlichungsdruck 55 Bürgerliches Ideal 189 Christentum 188, 195 Dispositionsbefugnis 75, siehe auch Eingebrachtes Gut, Rechtsstellung der Frau Drittbezug des Güterrechts 346, siehe auch Verkehrssicherheit Ehe, Institution der siehe Institution der Ehe – Kompetenzverteilung in 85

Ehefrau, Geschäftsfähigkeit der 103, 230, 271, 296 f. – Prozessfähigkeit der 109 – selbstständige Arbeitstätigkeit der 111 ff., 367 ff., siehe auch Arbeitserwerb der Frau – Stellung der siehe Gleichberechtigung – vermögensrechtliche Absicherung der 71, 120 Ehegutsforderungen 89 ff. Eheliche Errungenschaft siehe Errungenschaft, eheliche Eheliche Lasten 73, 76, 116, 346 Ehemann, Entscheidungsrechte des 73 – Stellung des siehe Hausherrnstellung Eheordnung, ideale 66 ff., 245, 418 Eingebrachtes Gut 75, 77 ff., 118, 229, 334 ff., siehe auch Verwaltungsrecht, Nutznießung – Dinglichkeit der Rechte 344 ff. – Rechte des Mannes 334 ff. – Rechtsstellung der Frau 101 ff. – Sicherungsmittel 82 f., 86 ff., 354 f. Eingriffsintensität 67, 263 ff. Einwilligungsvorbehalt 87 f., 90 – gerichtliche Ersetzungsbefugnis 88 Empfängnisverhütung 280 Entwicklungsgedanke 151 Errungenschaft, eheliche 235 Errungenschaftsgemeinschaft 174, 318, 424 ff. Fahrnisgemeinschaft 426 f. Familienpolitik 193 Formalismus, positivistischer siehe Positivistischer Formalismus Frauenbewegung 74, 299 ff.

Sachwortverzeichnis Frauenbild 86, 273 ff., 324, 327 Frauenfrage 267 ff., 331 Freiheitsethik 192 Freisinnige Vereinigungen 311 f. Freisinnige Volkspartei 311 f. Geburtenkontrolle 280 Geldforderungen siehe Ehegutsforderungen Gemeinschaftsgedanken in der Ehe 220, 225, 236, 240, 418 Generalklauseln siehe Rahmenregelungen, kompetenzverteilende Genossenschaftstheorie 170, 173 Germanisches Recht, Eheauffassung 214 – Personenbegriff 218 ff., 226, 240, siehe auch Verbandspersönlichkeit Germanisten 143 ff., 167 ff., 184 f., 387 Gesamteigentum 271, 416 Geschäftsfähigkeit siehe Ehefrau, Geschäftsfähigkeit der Geschlechterrollen 189, 274 f., 298 Geschlechterverhältnis 274 f. Geschlechtstypen 273 f., 327 Geschlechtsvormundschaft 102 f., 173, 180, 201, 215 f., 229 f., 232, 240, 269 ff. Gesellschaftliche Folgen 395 ff. – Arbeiterklasse 400 ff. – Mittelschicht 397 ff. – Oberschicht 395 ff. Gesetzestechnische Umsetzung 239 ff., 250, siehe auch Regelungstechnik des Gesetzgebers Gesetzgebung, Aufgabe 47 Gewerbeordnung 106, 222 Gewere zu rechter Vormundschaft 198, siehe auch Geschlechtsvormundschaft Gläubigerschutz 119, siehe auch Verkehrssicherheit Gleichberechtigung 68 ff., 72 f., 124 ff., 312, 405 f. Gütereinheit siehe Gütergemeinschaft

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Gütergemeinschaft, allgemeine 182 ff., 187, 203, 223 f., 228, 265, 318, 329, 415 ff. – fortgesetzte 417 f. Gütergemeinschaften, partielle siehe Errungenschaftsgemeinschaft und Fahrnisgemeinschaft Güterrecht, ursprüngliches deutsches 159 Güterrechte 48, 403 ff., 433 ff. – statistische Verteilung 136 ff. Güterstand, gesetzlicher 26 f., 60, 135 – idealer 66, 415 Gütertrennung 307, 321, 405 ff. Haftungsmassen 117 f. Handelsgesetzbuch 106, 222 Haushalt 189 Hausherrnstellung 71 f., 73, 86 f., 98, 113, 131 f., 196 Hauswesen siehe auch Arbeit der Frau, Hauswesen Historische Kontinuität siehe Rechte, Kontinuität Historische Rechtsschule 39, 47, 58 f., 143 ff., 253, 335 ff., 385 ff. Immobilien siehe Unverbrauchbare Sachen Individualismus, abstrakter siehe Abstrakter Individualismus Industrialisierung 331 Insolvenzrisiko 91, 94 f. Institution der Ehe 193 Juristenrecht 151 Kantscher Formalismus 192 Kapitalismus 278 Katholische Kirche 280, siehe auch Zentrumspartei Klagerechte siehe Prozessuale Durchsetzbarkeit Klassengesellschaft 277 ff., 313 ff., siehe auch Gesellschaftliche Folgen Kommission 60

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Sachwortverzeichnis

Kompetenzverteilung siehe Ehe, Kompetenzverteilung in Lastenverteilung in der Ehe siehe Eheliche Lasten Lebensgemeinschaft, umfassende 183 Leibzucht 71 Liberalismus 292 ff., 329 Meinungsspektrum 392 f. Minderjährigenrecht 75, 102 Mobiliargemeinschaft siehe Fahrnisgemeinschaft Morgengabe 71 Mündelgeld 91 Mundium 201, 215 f., 229, 232, 240, 269 ff., 334 ff., siehe auch Geschlechtsvormundschaft Mutterrolle 280, 297 Nationalgedanke 157 Nationalliberale Partei 62 Nießbrauchsrecht siehe Nutznießung Nutznießung 75, 78 ff., 181, 198, 229, 231, 334 ff. – Verweisungstechnik 343 f. Parteien, Parteienspektrum 475 Partikularrechte siehe Rechte, Zersplitterung Patriarchat siehe Hausherrnstellung Petition Familienrecht 300 ff. Positives Recht 146 f., 169 Positivismus, rechtswissenschaftlicher 239, 250 Positivistischer Formalismus 169 f., 172 Privatautonomie 192 f. Prostitution 278 Prozessfähigkeit der Frau 222 Prozessuale Durchsetzbarkeit 84, 95 ff. Psychoanalyse 278, 280 Rahmenregelungen, kompetenzverteilende 240 ff. Rechte, Zersplitterung 35 ff., 42, 179

– Kontinuität 40, 58 – Zufallsprodukt 41 Rechtsentwicklung 48 f. Rechtsgeschichte, historische Forschung 159 ff. Rechtsidee 170 Rechtsvereinheitlichung 22 ff., 58 f., 63 f., 171, 179 Redaktor des Familienrechts siehe Planck, Gottlieb Regelungsbereich des Gesetzgebers im Güterrecht 192 Regelungstechnik des Gesetzgebers 206, 234, 241, 360, 363 ff., siehe auch Gesetzestechnische Umsetzung Regionalprinzip, Regionalsystem 32 ff., 59 Reichspartei 320 ff., 407 Reichstag 303, 311 ff., 328 ff., 369, 390 Rezeption des römischen Rechts 144, 149, 205, siehe auch Römisches Recht Romanisten 143 ff., 185 ff., 387 Römisches Recht 144, 168, siehe auch Rezeption des römischen Rechts – Eheauffassung 213 – Personenbegriff 227 f., siehe auch Abstrakter Individualismus Sachsenspiegel 70, 84, 199 Sandwichposition 284 Schuldenhaftung 52, 76, 117 ff., 233, 346 Selbstständige Erwerbstätigkeit der Frau siehe Ehefrau, selbstständige Erwerbstätigkeit Sicherheitsleistung 84, 93 Sicherungsmittel 86 ff., 93 ff. Sittenkodex, Gesetz als 239 ff., 251, siehe auch Regelungstechnik des Gesetzgebers Sittliche Regeln, sittliche Prämisse 183, 245 Sittliches Wesen der Ehe 183, 187, 189, 191

Sachwortverzeichnis Sozialdemokratische Partei 64, 313, 407 Soziale Frage 64 Sozialismus 313, 316 ff. Sozietätslehre 271 Spezialistendogma 151, 158 Stammesrechte 159, 171 Streit zwischen Romanisten und Germanisten 143 f., 154 f., 158, 165 ff., 206 ff., 260 ff. Systematisierung der Rechte 148, 205 Traditionelles Gesellschaftskonzept 192, siehe auch Bürgerliches Ideal Übergangsschwierigkeiten 67, siehe auch Eingriffsintensität Unfehlbarkeitsdogma 329 Unterhaltsanspruch 353 Unverbrauchbare Sachen 87 Verbandspersönlichkeit 225 ff., 248, siehe auch Verbandspersönlichkeit Verbrauchbare Sachen 89 Verbreitungsgebiete der Güterrechte 138 ff., siehe auch Güterrechte, statistische Verteilung

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Verkehrssicherheit 88, 105, siehe auch Gläubigerschutz Vermögen des Mannes 114 ff. Vertragsfreiheit 53 ff., 222 f. Verwaltung und Nutznießung, Aufhebung der 93 Verwaltungsgemeinschaft 60, 74 ff., 263, 328 Verwaltungsrecht 75, 82 ff., 181, 200, 229, 232 – Beschränkungen des 83 f., 86 ff., 100 Volksgeist, Volksgeistlehre 158, 191 Volksrecht 147 Vorbehaltsgut der Frau 76, 110 ff., 222, 235, 365 ff. Vorkommission 39 Vorwärts – Berliner Volksblatt 314 Wahlgüterstände 403 ff. Wohnortwechsel 50 Zentrumspartei 329 f. Zivilprozessordnung 106, 222 Zugewinn siehe Errungenschaft, eheliche Zugewinnausgleich 115 f. Zugewinngemeinschaft 307, 414, 431 f.