132 31 54MB
German Pages 446 Year 1990
Willi
Weihten · Beschäftigungsförderung
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht Herausgegeben von Wolfgang Graf Vitzthum in Gemeinschaft mit M a r t i n Heckel, Ferdinand Kirchhof Hans von Mangoldt, Thomas Oppermann Günter Püttner sämtlich in Tübingen
Band 11
Beschäftigungsförderung Eine kommunale Aufgabe zwischen Personalhoheit und Finanzhoheit
Von Dr. Willi Weiblen
Duncker & Humblot * Berlin
CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Weiblen, Willi: Beschäftigungsförderung / Willi Weiblen. - Berlin: Duncker und Humblot, 1990 (Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht; Bd. 11) Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 1990 ISBN 3-428-07043-7 NE: GT
D 21 Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: TecDok März, Tübingen Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0935-6061 ISBN 3-428-07043-7
Vorwort Den Anstoß für diese Arbeit lieferte ein Referat, das ich 1983 auf einem Seminar über „Kommunale Handlungsmöglichkeiten zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" beim Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin übernommen hatte. Angesichts der sich verschärfenden Beschäftigungskrise in der ersten Hälfte der 80er Jahre war eine umfassendere Vertiefung des Themas vor dem kommunalrechtlichen Hintergrund eine faszinierende Konsequenz, zumal dies bisher nicht untersucht wurde. Die Arbeit wurde im Oktober 1989 abgeschlossen und im Wintersemester 1989/90 von der Juristischen Fakultät der Universität Tübingen als Dissertation angenommen. Bis zur ersten Jahreshälfte 1989 veröffentlichte Rechtsprechung, Literatur sowie empirisches Material wurden, soweit sinnvoll, noch eingearbeitet. Die bevorstehende Vereinigung beider deutscher Staaten konnte in ihrer Auswirkung auf das Thema nicht mehr berücksichtigt werden. Ich gehe aber davon aus, daß das vorliegende Werk angesichts der prognostizierten Arbeitslosigkeit in der DDR an Aktualität noch gewinnen wird, wenngleich empirisch meßbare Erkenntnisse derzeit nicht vorliegen. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Prof. Dr. Günter Püttner. Er ließ mir den nötigen Freiraum, die Arbeit zu konzipieren und auszuarbeiten. Für sein wohlwollend und zügig erstelltes Zweitgutachten danke ich Prof. Dr. Martin Heckel. Prof. Dr. Wolfgang Graf Vitzthum danke ich für die ehrenvolle Aufnahme der Arbeit in diese Reihe. Zu danken habe ich auch den zahlreichen Gesprächspartnern der kommunalen Spitzenverbände in Köln und Baden-Württemberg, dem Deutschen Institut für Urbanistik und dem Wissenschaftszentrum, Internationales Institut für Management und Verwaltung, in Berlin, die mir über ihre Erfahrungen und Erhebungen berichteten, großzügig umfangreiches Material zur Verfügung stellten und dabei wichtige Informationen lieferten. Mein besonderer Dank gilt auch meinem Arbeitgeber, der Landeshauptstadt Stuttgart, der mich in Information, Organisation und Technologie aufgeschlossen unterstützte. Schließlich danke ich meinem Studienkollegen, Richter am VGH Gerhard Pelka aus Stuttgart, der die Entstehung der Arbeit mit Kritik und Anregungen begleitete. Das Buch ist meiner Ehefrau Andrea und meiner Familie gewidmet. Reutlingen, im August 1990
Willi
Weiblen
Inhaltsübersicht
Einleitung
29
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
33
I. Die Arbeitslosigkeit und die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in ihrer Auswirkung auf die Städte und Gemeinden
33
II. Gibt es normative Grundlagen, aus denen lokale Beschäftigungsförderung herzuleiten ist?
53
III. Die Grenzen und Möglichkeiten der kommunalen Beschäftigungspolitik vor und nach dem Zweiten Weltkrieg
71
B. Die Personalhoheit I. Das kommunale Personalwesen II. Die Personalhoheit nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz
108 108 123
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
135
IV. Die mittelbaren Grenzen innerhalb der Personalhoheit
156
V. Die beamten- und dienstrechtlichen Grenzen und Möglichkeiten einer Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
166
VI. Die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung der Arbeit im öffentlichen Dienst
213
VII. Die finanziellen Beiträge des öffentlichen Dienstes zur Entspannung des Arbeitsmarkts
261
C. Die Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes in rechtlicher und praktischer Sicht
269
I. Die Beschäftigung von arbeitslosen Sozialhilfeempfängern und die Hilfe zur Arbeit
269
II. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG)
299
Inhaltsübersicht
8 D. Die Finanzhoheit
I. Die Finanzlage der Städte und Gemeinden in den 80er Jahren II. Der Inhalt und die Grenzen der kommunalen Finanzhoheit
324 325 345
III. Erweiterung der finanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsförderung durch Mobilisierung eigener Ressourcen?
357
IV. Erweiterung der finanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsförderung durch Umschichtung kommunaler Ausgaben?
380
V. Erweiterung der finanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsförderung durch Mobilisierung externer Ressourcen?
388
VI. Die Selbstfinanzierung kommunaler Beschäftigungsförderung
409
Zusammenfassung in Thesen
418
Literaturverzeichnis
424
nsverzeichnis
Einleitung
29
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
33
I. Die Arbeitslosigkeit und die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in ihrer Auswirkung auf die Städte und Gemeinden
33
1. Die Arbeitsmarktentwicklung und das Wirtschaftswachstum
33
2. Der finanzpolitische Rahmen der öffentlichen Haushalte
40
3. Die Kosten der Arbeitslosigkeit
42
4. Die Sozialhilfebelastungen aufgrund von Arbeitslosigkeit
44
5. Der Handlungsrahmen für die Städte und Gemeinden
47
II. Gibt es normative Grundlagen, aus denen lokale Beschäftigungsförderung herzuleiten ist?
53
1. Zum Recht auf Arbeit
53
2. Die Verpflichtung der Gemeinden zur Konjunkturpolitik aus Art. 28 Abs. 2 G G
55
2.1. Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft
55
2.2. Die „Angelegenheit" Konjunkturpolitik
63
3. Art. 109 GG
64
4. Die konjunkturpolitische Verpflichtung der Gemeinden
65
5. § 77 Gemeindeordnung Baden-Württemberg
68
6. Das Arbeitsförderungsgesetz
69
7. Das Bundessozialhilfegesetz
70
8. Ergebnis
71
III. Die Grenzen und Möglichkeiten der kommunalen Beschäftigungspolitik vor und nach dem Zweiten Weltkrieg
71
1. Die Arbeitslosigkeit und die Gemeindefinanzen in den zwanziger Jahren und während der Wirtschaftskrise
75
2. Die kommunale Arbeitsmarktpolitik in der Wirtschaftskrise
85
3. Die kommunalen Arbeitsbeschaffungsprogramme der Weimarer Zeit
89
10
nsverzeichnis 4. Die Arbeitsbeschaffung durch städtische Subventionen
92
5. Die Personalpolitik als Mittel der Arbeitsbeschaffung
93
6. Die Kommunen als öffentliche Auftraggeber
97
7. Die finanzpolitische Bedeutung der kommunalen Unternehmen für die Gemeindehaushalte
100
8. Die Kommunalisierung im System der Arbeitslosenhilfe?
105
B. Die Personalhoheit I. Das kommunale Personalwesen
108 108
1. Die Rolle der Kommunen als öffentliche Arbeitgeber
108
2. Die Beschäftigungslage im öffentlichen Dienst und bei den Kommunen
109
2.1. Die Stellen- und Laufbahnstrukturen
111
2.2. Die Frauen im öffentlichen Dienst und bei den Kommunen . .
115
3. Der Personalaufwand und die Finanzierung zusätzlicher Arbeitsplätze
117
4. Der kommunale Personalbedarf
121
II. Die Personalhoheit nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz
123
1. Der normative und administrative Inhalt der Personalhoheit
125
2. Die Gewährleistung der Personalhoheit
127
3. Die staatliche Gesetzgebung
128
4. Die weiteren Begrenzungen und praktischen Schranken der Personalhoheit
130
5. Das allgemeine kommunale Dienstrecht
132
6. Ergebnis
135
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
135
1. Der Stellenplan
136
2. Die Stellenobergrenzen
141
3. Die Stellenobergrenzenverordnungen der Länder
143
4. Die Wirkungen von Stellenobergrenzen
144
4.1. Die rechtlichen Wirkungen
144
4.2. Die praktischen Wirkungen
150
5. Die Funktionszuweisungsverordnungen
155
nsverzeichnis
11
IV. Die mittelbaren Grenzen innerhalb der Personalhoheit
156
1. Die rechtlichen Grenzen für einen Einsatz des öffentlichen Dienstes zugunsten des Arbeitsmarktes
156
2. Das Sozialstaatsprinzip
157
3. Die materielle Gestaltungsfreiheit für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen durch das öffentliche Dienstrecht
160
3.1. Das Beamtenverfassungsrecht
161
3.2. Die Grenzen im öffentlichen Dienstrecht
163
3.3. Die Folgerungen
165
V. Die beamten- und dienstrechtlichen Grenzen und Möglichkeiten einer Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
166
1. Die Änderung der obligatorischen Altersgrenze
166
1.1. Die arbeitsmarktpolitischen Erwägungen
169
1.2. Die Kostenbelastung
170
1.3. Die Herabsetzung der obligatorischen Altersgrenze im Tarifbereich
171
2. Die Änderung der Antragsaltersgrenze 3. Die Erweiterung durch Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung
172 ...
173
3.1. Die Problemstellung
173
3.1.1. Das Tarifrecht
175
3.1.2. Das Beamtenrecht
176
3.2. Die Bedeutung der Teilzeitarbeit
177
3.3. Die beamtenrechtlichen Voraussetzungen von Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung
185
3.4. Die Landesregelung
188
3.5. Das Versorgungsrecht und die Kosten
190
3.6. Die verfassungsrechtliche Problematik der Neuregelung
192
3.7. Die rechtlichen Voraussetzungen der Teilbeschäftigung und Beurlaubung im Arbeitnehmerbereich
196
3.8. Die personalwirtschaftlichen und organisatorischen Auswirkungen sowie die arbeitsmarktpolitische Effizienz der Teilzeitbeschäftigung im kommunalen Bereich
199
4. Die Vorruhestandsregelung
207
5. Die Besoldungsrückstufung
209
6. Die Beschäftigung von Ehepaaren im öffentlichen Dienst
212
nsverzeichnis
12
VI. Die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung der Arbeit im öffentlichen Dienst 213 1. Die Arbeitszeitverkürzung und der Abbau von Mehrarbeit 1.1. Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit
213 213
1.1.1. Die Sachgerechtigkeit
214
1.1.2. Die Personalwirtschaftlichkeit und die Effizienz von Arbeitszeitverkürzungen
216
1.1.3. Die Kostenneutralität
217
1.1.4. Das Tarifrecht, die Änderungen der Arbeitszeitverordnung und der Erholungsurlaubsverordnung
219
1.2. Der Abbau von Mehrarbeit
220
1.3. Die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen
228
2. Das Beschäftigungsförderungsgesetz (BeschFG) und die Befristung von Arbeitsverträgen
229
2.1. Zur Einleitung
229
2.2. Der Inhalt des BeschFG
230
2.2.1. Die arbeitsrechtlichen Regelungen der Teilzeitarbeit
233
2.2.2. Die weiteren Artikel des BeschFG
235
2.3. Welchen beschäftigungspolitischen Gestaltungsspielraum kann das BeschFG den Städten und Gemeinden eröffnen?
236
2.3.1. Die Rechtsfragen
237
2.3.2. Das Spannungsfeld Tarifrecht
239
2.4. Die arbeitsmarktpolitischen Folgerungen 3. Die Maßnahmen zur Begrenzung von Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst
245 246
3.1. Die Problemstellung
246
3.2. Die Änderungen der Gesetzgeber
247
3.3. Die verfassungsrechtliche Würdigung
251
3.4. Die beamtenrechtlichen Regelungen der Nebentätigkeit
253
3.4.1. Der Grundrechtsschutz
253
3.4.2. Der Genehmigungsvorbehalt
254
3.5. Die arbeitsmarktpolitischen Erwägungen
256
3.6. Das Tarifrecht
258
3.7. Die Wirkungen einer Begrenzung von Nebentätigkeiten
259
nsverzeichnis VII. Die finanziellen Beiträge des öffentlichen Dienstes zur Entspannung des Arbeitsmarkts
13
261
1. Die Arbeitsmarktabgabe
262
2. Der rechtliche Charakter einer Arbeitsmarktabgabe
264
3. Die Selbstbeschränkung
267
C. Die Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes in rechtlicher und praktischer Sicht
269
I. Die Beschäftigung von arbeitslosen Sozialhilfeempfängern und die Hilfe zur Arbeit
269
1. Die Problemstellung
269
2. Die Hilfe zur Arbeit
272
3. Die Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und die Arbeitshilfen nach § 19 BSHG
274
3.1. Die besonderen Berührungspunkte mit dem AFG
274
3.2. Die einzelnen Maßnahmen nach § 19 BSHG
276
3.2.1. § 19 Abs. 1 BSHG
276
3.2.2. § 19 Abs. 2 BSHG
277
4. Die Schaffung einer Arbeitsgelegenheit nach § 19 Abs. 1 BSHG . .
277
4.1. Die Zuständigkeiten - formelle Rechtmäßigkeit
278
4.2. Die materielle Rechtmäßigkeit
279
5. Die Heranziehung zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG
281
5.1. Die Heranziehung als Verwaltungsakt
281
5.2. Die formelle Rechtmäßigkeit
282
5.3. Die materielle Rechtmäßigkeit
283
5.3.1. Die Gemeinnützigkeit
283
5.3.2. Die Zusätzlichkeit 5.3.3. Die weiteren Anforderungen an die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 2 BSHG 5.3.4. Das Ermessen des Sozialhilfeträgers
284 286 286
5.3.4.1. Die Wahl der richtigen Arbeitsform
286
5.3.4.2. Entgelt oder Sozialhilfe zuzüglich Mehraufwandsentschädigung?
287
nsverzeichnis 6. Der Ausschluß der Sozialhilfe nach § 25 Abs. 1 BSHG
288
6.1. Der Anwendungsbereich des § 25 Abs. 1 BSHG
290
6.2. Die praktischen Auswirkungen
293
6.3. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 BSHG
293
7. Die Wirkungen und die arbeitsmarktpolitischen Erfahrungen
294
II. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG)
299
1. Die Problemstellung und die Bedeutung
299
2. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als historisch gewachsenes Instrument zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
303
3. Die rechtlichen Voraussetzungen der ABM
311
3.1. Das AFG (§§ 91-96)
311
3.2. Die Kommunen als Maßnahmeträger i.S.v. § 92 AFG - die Zuständigkeit der Gemeinden -
313
3.3. Die allgemeinen Voraussetzungen nach § 91 Abs. 2 AFG
314
...
3.3.1. Das „öffentliche Interesse"
314
3.3.2. Die Zusätzlichkeit
316
3.3.3. Die Zweckmäßigkeit
317
3.4. Die weiteren wesentlichen Kriterien zur Förderung durch ABM 4. Die kommunalen Erfahrungen und Wirkungsweisen von ABM
...
D. Die Finanzhoheit I. Die Finanzlage der Städte und Gemeinden in den 80er Jahren
318 319 324 325
1. Die aktuelle Finanzsituation
325
2. Die Entwicklung der Zuweisungen und Finanzausgleiche
328
3. Die Rolle der Gemeinden als Auftraggeber für öffentliche Investitionen
337
4. Der Blick auf den Beginn der neunziger Jahre
344
II. Der Inhalt und die Grenzen der kommunalen Finanzhoheit
345
1. Die Finanzhoheit als Teil der Selbstverwaltungsgarantie
345
2. Die Begrenzungen der Finanzhoheit
352
3. Zusammenfassung
357
nsverzeichnis III. Erweiterung der finanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsförderung durch Mobilisierung eigener Ressourcen? 1. Die Erschließung zusätzlicher eigener Einnahmequellen
15
357 357
1.1. Die Steuern
358
1.2. Die Gebühren
364
2. Die Erweiterung des Kreditspielraumes
368
2.1. Die haushaltsrechtlichen Schranken
370
2.2. Die Verschuldensgrenze
373
2.3. Die konjunkturellen Grenzen
376
IV. Erweiterung der finanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsförderung durch Umschichtung kommunaler Ausgaben?
380
1. Die Umschichtung von Ausgaben
383
2. Die Haushaltskonsolidierung
384
V. Erweiterung der finanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsförderung durch Mobilisierung externer Ressourcen?
388
1. Die allgemeinen Zuweisungen
390
2. Die Zweckzuweisungen
393
3. Die allgemeinen und rechtlichen Grundlagen für kommunale Ansprüche aus dem Finanzausgleich
400
4. Die Mobilisierung durch Soziallastenansätze im Finanzausgleich . . .
404
5. Die Folgerungen aus der Praxis des kommunalen Finanzausgleichs .
407
VI. Die Selbstfinanzierung kommunaler Beschäftigungsförderung
409
1. Die kommunalen Investitionen und Investitionsprogramme
410
2. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen arbeitslosen Sozialhilfeempfängern
414
und die Beschäftigung von
3. Die Rolle der kommunalen Wirtschaftsunternehmen
415
Zusammenfassung in Thesen
418
Literaturverzeichnis
424
blnverzeichnis
Tabelle Is Entwicklung am Arbeitsmarkt
34
Tabelle 2s Die Arbeitslosen und die Kurzarbeiter im Bundesgebiet und nach Landesarbeitsbezirken - Jahresdurchschnitte 1987 und 1986 . . . .
38
Tabelle 3: Hilfe zum Lebensunterhalt in DM/Einwohner
47
Tabelle 4: Verteilung der unterstützten Arbeitslosen auf die Betreuungsarten
79
Tabelle 5: Ausgaben des Wohlfahrtswesens im Gemeindehaushalt
80
Tabelle 6: Die 1928-1938
81
Arbeitslosen
je
1000
Einwohner
in
Großstädten
Tabelle 7: Neu- und Ersatzinvestitionen der öffentlichen Hand 1924-1933 (1928 = 100)
103
Tabelle 8: Personal im unmittelbaren Dienstverhältnis (in 1000)
112
öffentlichen
Dienst
nach dem
Tabelle 9s Personal im unmittelbaren öffentlichen Dienst am 30. Juni 1986 nach Laufbahngruppen (in 1000) '
113
Tabelle 10: Städte mit unterschiedlicher Personalentwicklung 1980-1986
118
.
Tabelle Iis Wirkungen der Stellenobergrenzenverordnungen
151
Tabelle 12s Teilzeitquoten im öffentlichen Dienst 1978-1986
177
Tabelle 13s Teilzeitquoten in den Gemeinden 1978-1986
178
Tabelle 14: Teilzeitquoten bei kommunalen Beamten und Angestellten nach Laufbahngruppen und Geschlecht
179
Tabelle 15s Teitzeitbeschäftigte der Stadt Stuttgart
180
Tabelle 16s Übersicht über Teilzeitbeschäftigte nach dem Grad der Teilbeschäftigung bei der Stadt Stuttgart
181
Tabelle 17s Übersicht über die Entwicklung der Teilzeitbeschäftigung ab 1973
182
Tabelle 18s Übersicht über Teilzeitbeschäftigte nach Bereichen
183
Tabelle 19s Die Praxis der §§ 152/153 LBG in den baden-württembergischen Städten im Jahr 1986
189
Tabelle 20s Teilzeit und Beurlaubung im Landesbereich 1986
197
bnverzeichnis
17
Tabelle 21: Anwendung der arbeitsmarktpolitischen Teilzeit- und Urlaubsregelungen im kommunalen Bereich
198
Tabelle 22: Aufstellung über vergütete Überzeitarbeit / Mehrarbeit bei der Landeshauptstadt Stuttgart vom 1.1.-30.6.1985
223
Tabelle 23: Umfrage über Ableistung von Überstunden im Jahr 1984 . . . 225 Tabelle 24: Einsatzfelder der Hilfe zur Arbeit
271
Tabelle 25: Zuständigkeitsbereiche für Arbeitsgelegenheiten in Bayern . . .
289
Tabelle 26: Finanzielle Aufwendungen der Stadt Stuttgart für Arbeitshilfen nach § 19 BSHG
298
Tabelle 27: Beschäftigungsmöglichkeiten für ABM in den Städten 1985 . .
301
Tabelle 28: Wiederaufnahme von ABM am Beispiel Stuttgarts
302
Tabelle 29: Beschäftigte in öffentlichen Beschäftigungsprogrammen 19501954 und 1976-1980
306
Tabelle 30: Allgemeine 1972-1982
308
Maßnahmen
zur
Arbeitsbeschaffung
Tabelle 31: Städtische Sozialhilfebelastung durch Arbeitslosigkeit Beispiel einzelner Mitgliedstädte des Deutschen Städtetags -
(ABM) -
am 327
Tabelle 32: Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (GV) 1978-1989 .
329
Tabelle 33: Staatliche Zuweisungen an die Gemeinden (GV)
331
Tabelle 34: Länderhaushalte und Zahlungen an Kommunen 1980-1988
334
Tabelle 35: Entwicklung und gesamtwirtschaftliche Bedeutung der kommunalen Investitionen
339
Tabelle 36: Gemeindeanteil an Einkommensteuer, Grundsteuern der Gemeinden (GV)
359
Gewerbesteuer
und
Tabelle 37: Kostendeckungsgrade in ausgewählten kommunalen Gebührenhaushalten 1982/87
366
Tabelle 38: Verschuldung der Gemeinden (GV)
369
Tabelle 39: Ausgaben der Gemeinden (GV) 1988 und 1989
381
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitslose Abbildung 2: Schuldenstand der öffentlichen schaftsgruppen
Haushalte
35 nach Körper43
Abbildung 3: Entwicklung der Gemeindefinanzen und wirtschaftliche Indexzahlen
84
Abbildung 4: Kommunale Sachinvestitionen und staatliche Zuweisungen (BRD) in Mrd D M
340
Abbildung 5: Auf und Ab der kommunalen Investitionen
342
Abungsverzeichnis a.A.
anderer Ansicht
a.a.O.
am angegebenen Ort
ABFG
Abfailbeseitigungsgesetz
ABl.
Amtsblatt des Saarlandes
ABM
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen
Abs.
Absatz
Abschn.
Abschnitt
Änd.
Änderung
ÄndG
Änderungsgesetz
a.F.
alte Fassung
AFG
Arbeitsförderungsgesetz v. 25.6.1969 (BGBl. I S. 582), zuletzt geänd. durch Ges. v. 6.1.1987 (BGBl. I S. 89)
AfK
Archiv für Kommunalwissenschaften
AFKG
Gesetz zur Konsolidierung der Arbeitsförderung v. 22.12.1981 (BGBl. I S. 1497)
AGBSHG
Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes
Alt.
Alternative
ANBA
Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit
Anm.
Anmerkung
AnpG
Anpassungsgesetz
AO
Abgabenordnung 1977 v. 16.3.1976 (BGBl. I S. 613)
AöR AP
Archiv für öffentliches Recht Arbeitsrechtliche Praxis, Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts
Arb.
Arbeitsgericht
Art.
Artikel
AS
Amtliche Sammlung
Aufl.
Auflage
20
Abkürzungsverzeichnis
AVAVG
Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung v. 16.7.1927 (BGBl. I S. 187)
AZVO
Vierte Verordnung zur Änderung der Arbeitsverordnung v. 15.7.1985 (GBl. 1985, S. 230)
Β.
Bericht
BA
Bundesanstalt für Arbeit, Nürnberg
BAG
Bundesarbeitsgericht
BÄK
Bundesarchiv Koblenz
BAnz.
Bundesanzeiger
BAT
Bundesangestelltentarifvertrag v. 23.2.1961 (GMB1. 1961, S. 138)
BayVBl.
Bayerische Verwaltungsblatter
BayVerfGH
Sammlung von Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs mit Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs
BayVGH
Bayerischer Verfassungsgerichtshof
BayWG
Bayerisches Wassergesetz
BB
Betriebs-Berater (zitiert nach Jahr und Seite)
BBesG
Bundesbesoldungsgesetz i.d.F. v. 21.2.1989 (BGBl. I S. 261
BBG
Bundesbeamtengesetz i.d.F. v. 27.2.1985 (BGBl. I S. 479; BGBl. I I I 2030-2)
BBVAnpG
Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern/Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz v. 21.12. 1981 (BGBl. I S. 465)
Bd.
Band
BeamtVG
Gesetz über die Versorgung der Beamten und Richter in Bund und Ländern (Beamtenversorgungsgesetz) v. 24.8.1976 (BGBl. I S. 2485), zuletzt geänd. d. Ges. v. 22.12.1981 (BGBl. I S. 1523)
Bes.AndG
Besoldungsänderungsgesetz
BeschFG
Beschäftigungsförderungsgesetz (BGBl. I S. 710)
BesVNG
Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern
betr.
betreffend
BGB
Bürgerliches Gesetzbuch
1985 v. 30.4.1985
Abkürzungsverzeichnis
21
BGBl.
Bundesgesetzblatt
BGHZ
Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen
BMA
Bürgermeisteramt
BMF
Bundesminister der Finanzen
BMI
Bundesminister des Innern
BMT
Bundesmanteltarif
BMWi.
Bundesminister für Wirtschaft
BNV
Bundesnebentätigkeitsverordnung i.d.F. v. 28.8.1974 (BGBl. I S. 2117)
BRDrucks.
Drucksachen des Bundesrates
BRRG
Rahmengesetz zur Vereinheitlichung des Beamtenrechts (Beamtenrechtsrahmengesetz) i.d.F. v. 27.2. 1985 (BGBl. I S. 462), zuletzt geänd. durch Art. 1 Achtes Ges. zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften v. 30.6.1989 (BGBl. I S. 1282) und Art. 4 Ges. z. Änderung d. BundeserziehungsgeldG u.a. Vorschriften v. 30.6.1989 (BGBl. I S. 1297)
BSHG
Bundessozialhilfegesetz i.d.F. v. 20.1.1987 (BGBl. I S. 401, ber. S. 494)
BTDrucks.
Drucksachen des Deutschen Bundestages
BVerfG
Bundesverfassungsgericht
BVerfGE
Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts
BVerwG
Bundesverwaltungsgericht
BVerwGE
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts
BW
Baden-Württemberg
BWGZ
Die Gemeinde, Zeitschrift für die Städte und Gemeinden, Organ des Gemeindetages Baden-Württemberg (zitiert nach Jahr und Seite)
BWVPr.
Baden-Württembergische Verwaltungspraxis (zitiert nach Jahr und Seite)
BY
Bayern
DAG
Deutsche Angestelltengewerkschaft
DB
Der Betrieb (zitiert nach Jahr und Seite)
ders.
derselbe
DGB
Deutscher Gewerkschaftsbund
Difu
Deutsches Institut für Urbanistik, Berlin
22
Abkürzungsverzeichnis
Diss.
Dissertation
DIW
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, Berlin
DJT
Deutscher Juristentag
DÖD
Der öffentliche Dienst (zitiert nach Jahr und Seite)
DÖV
Die öffentliche Verwaltung (zitiert nach Jahr und Seite)
DSt.
Deutscher Städtetag, Köln
DVB1.
Deutsches Verwaltungsblatt (zitiert nach Jahr und Seite)
DVP
Deutsche Verwaltungspraxis
ebd. ESVGH
ebenda Entscheidungen des Hessischen Verwaltungsgerichtshofsund des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg
EW
Einwohner
FA
Finanzarchiv
FAG BW FAZ
Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich in Baden-Württemberg v. 18.3.1986 (GBl. S. 122) i.d.F. v. 5.12.1988 (GBl. S. 398) Frankfurter Allgemeine Zeitung
FEVS
Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs(ab 5.1960) und Sozialgerichte (1.1956 ff.)
Fußn. GABI.
Fußnote Gemeinsames Amtsblatt des Landes Baden-Württemberg
GBl.
Gesetzblatt für Baden-Württemberg
Gemhlt.
Der Gemeindehaushalt (zitiert nach Jahr und Seite)
GemHVO Gemkasse GemO
Gemeindehaushaltsverordnung BW v. 7.2.1973 (GBl. S. 33) i.d.F. v. 28.8.1986 (GBl. S. 325) Die Gemeindekasse Gemeindeordnung f. Rheinland-Pfalz v. 14.12.1973 (GVB1.S. 491), zuletzt geänd. d. Ges. v. 5.5.1986 (GVB1. S. 103)
Ges.
Gesetz
GG
Grundgesetz
GMB1.
Gemeinsames Ministerialblatt
Abkürzungsverzeichnis
23
GO BW
Gemeindeordnung für Baden-Württemberg i.d.F. ν. 3.10.1983 (GBl. S. 578 und S. 720), zuletzt geänd. d. Ges. v. 17.12.1984 (GBl. S. 675) und v. 18.5.1987 (GBl. S. 161)
GO BY
Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern i.d.F. v. 26.10.1982 (GVB1. S. 953), zuletzt geänd. durch Ges. v. 6.8.1986 (GVB1.S. 210)
GO NW
Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen i.d.F. v. 13.8.1984 (GVB1. S. 475)
GO SH
Gemeindeordnung für Schleswig-Holstein i.d.F. v. 11.11.1977 (GVB1. S. 410), zuletzt geänd. durch Ges. v. 14.5.1985 (GVB1.S. 123)
GRDrucks.
Gemeinderatsdrucksache
GS
Gesetz-Sammlung für die kgl. Preußischen Staaten
GV
Gemeindeverbände, zitiert auch als Gemeinde
GVB1.
Gesetz- und Verordnungsblatt
GVFG
Gesetz über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden v. 13.3.1972 (BGBl. I S. 1077) sowie ÄndG v. 28.1.1988 (BGBl. I S. 100)
Hab-Schr.
Habilitations-Schrift
HBegleitG 1983
Gesetz zur Wiederbelebung der Wirtschaft und Beschäftigung und zur Entlastung des Bundeshaushalts (Haushaltsbegleitgesetz 1983) v. 20.12.1982 (BGBl. I S. 1857)
HBegleitG 1984
Gesetz über Maßnahmen zur Entlastung der öffentlichen Haushalte und zur Stabilisierung der Finanzentwicklung in der Rentenversicherung sowie über die Verlängerung der Investitionshilfeabgabe (Haushaltsbegleitgesetz 1984) v. 22.12.1983 (BGBl. I S. 1532)
HE
Hessen
HGO
Hessische Gemeindeordnung i.d.F. v. 1.4.1981 (GVB1.1 S. 66), zuletzt geänd. durch Ges. v. 6.3.1985 (GVB1. I S. 57)
HkWP
Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis. 1. Aufl. (Bd. I-II), hrsg. v. Hans Peters; 2. Aufl. (Bd. I-VI), hrsg. v. Günter Püttner
h.M.
herrschende Meinung
HNTVO
Hochschulnebentätigkeitsverordnung (BW) v. 18.5. 1987 (GABI. S. 170)
24
Abkürzungsverzeichnis
Hrsg.
Herausgeber, herausgegeben
Hs.
Halbsatz
IAB
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit
i.d.F.
in der Fassung
IMS
Informationen zur modernen Stadtgeschichte
ISG
Institut für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e.V., Köln
i.V.m.
in Verbindung mit
Jg.
Jahrgang
JuS
Juristische Schulung (zitiert nach Jahr und Seite)
JZ
Juristenzeitung (zitiert nach Jahr und Seite)
KAG
Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg i.d.F. v. 15.2.1982 (GBl. S. 57)
KAPOVAZ
Kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit
KfW KGSt.
Kreditanstalt für Wiederaufbau, Frankfurt Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung, Köln Kündigungsschutzgesetz i.d.F. v. 25.8.1969 (BGBl. I S. 1317) Kommunale Steuer-Zeitschrift (zitiert nach Jahr und Seite)
KSchG KStZ KSVG
Saarländisches Kommunalselbstverwaltungsgesetz i.d.F. v. 1.9.1978 (ABl. S. 801), zuletzt geänd. am 11.6.1986 (ABl. S. 526)
LAG
Landesarbeitsgericht
Landkr.
Der Landkreis (zitiert nach Jahr und Seite)
LBG
Landesbeamtengesetz i.d.F. v. 8.8.1979 (GBl. S. 398), zuletzt geänd. d. Art. 5 Ges. v. 5.10.1987 (GBl. S. 397)
LHO
Landeshaushaltsordnung BW i.d.F. v. 19.10.1987 (GBl. S. 150), ergänzt durch VO v. 19.3.1985 (GBl. S. 71)
LHSt.
Landeshauptstadt
LNTVO
Verordnung der Landesregierung (BW) zurÄnderung der Landesnebentätigkeitsverordnung v. 18.5.1987 (GABI. S. 170)
LSG
Landessozialgericht
25
Abkürzungsverzeichnis LTDrucks.
Drucksachen des Landtags Baden-Württemberg
LTDrucks. NW
Drucksachen des Landtags Nordrhein-Westfalen
LVG
Landesverwaltungsgesetz
i.d.F. v. 2.1.1984 (GBl.
S. 101) MB1.
Ministerialblatt
MDR
Monatsschrift für Deutsches Recht (zitiert nach Jahr und Seite)
Mio.
Millionen
Mitt.
Mitteilungen
MittDSt.
Mitteilungen des Deutschen Städtetages
Mrd.
Milliarden
MTA
Gesetz über technische Assistenten in der Medizin
MTB
Manteltarifvertrag für Arbeiter des Bundes
MTL
Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder
MTV
Manteltarifvertrag
m.w.N.
mit weiteren Nachweisen
ND
Niedersachsen
Nds. NDV
Niedersachsen (niedersächsisch) Nachrichtendienst des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge Neue Fasung
N.F. NGO
Niedersächsische Gemeindeordnung i.d.F. v. 22.6. 1982 (GVB1. S. 229), zuletzt geänd. durch Ges. v. 20.12.1984 (GVB1. S. 283)
NJW
Neue Juristische Wochenschrift (zitiert nach Jahr und Seite)
NVwZ
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (zitiert nach Jahr und Seite)
NW
Nordrhein-Westfalen
NZA
Neue Zeitschrift für Arbeits- und Sozialrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr
ÖTV OVG
Oberverwaltungsgericht
OVGE
Entscheidungen der Oberverwaltungsgerichte für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster sowie für die Länder Niedersachsen und Schleswig-Holstein in Lüneburg
26
Abkürzungsverzeichnis
PersV
Die Personalvertretung (zitiert nach Jahr und Seite)
Rath.
Das Rathaus (zitiert nach Jahr und Seite)
RdA
Recht der Arbeit (zitiert nach Jahr und Seite)
RDErl.
Runderlaß
RdErL-GO
Runderlaß des Innenministeriums zur Gemeindeordnung Baden-Württemberg v. 9.12.1977 Nr. IV 3/644 (GABI. S. 1549) i.d.F. v. 30.8.1978, Nr. IV 3/667 (GABI. S. 920)
Rdnr.
Randnummer
RegE.
Regierungsentwurf
RGBl. I
Reichsgesetzblatt, Teil I (1922-1945)
RGZ
Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen
RP
Rheinland-Pfalz
Rspr.
Rechtsprechung
Rundschr.
Rundschreiben
RVO
Reichsversicherungsordnung i.d.F. v. 15.12.1924
s.a.
siehe auch
SAI
Schriften allgemeinen Inhalts / Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge, Frankfurt/M. (Eigenverlag)
SG
Soldatengesetz i.d.F. v. 19.8.1975 (BGBl. I S. 2279)
SGB
Sozialgesetzbuch v. 11.12.1975 (BGBl. I S. 3015/ BGBl. I I I 86-7-1)
SGB I
Sozialgesetzbuch, Allgemeiner Teil
SGB X
Sozialgesetzbuch, Teil X: Verwaltungsverfahren v. 18.8.1980 (BGBl. I S. 1469)
SH
Schleswig-Holstein
SL
Saarland
sog.
sogenannt
SR StabG
Sonderregelung Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft v. 8.6.1967 (BGBl. I S. 582) Der Städtetag (21.1927-27.1933, N.F. 1.1948 ff., vorher Mitteilungen des DSt. bis 1926) (zitiert nach Jahr und Seite)
StädteT
StAnz.BW
Staatsanzeiger für Baden-Württemberg
Abkürzungsverzeichnis
27
StGH
Staatsgerichtshof Baden-Württemberg
StOGVO
Verordnung des Innenministers (BW) zur Festsetzung von Stellenobergrenzen in den Gemeinden, Landkreisen und sonstigen unter der Aufsicht des Innenministeriums unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (Stellenobergrenzen-Verordnung) v. 24.11.1981 (GBl. S. 603), zuletzt geänd. am 29.4.1988 (GBl. S. 149)
str.
streitig
stRspr.
ständige Rechtsprechung
SVR
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
Tz.
Textziffer
VB1BW
Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg (1.1980 ff.) (zitiert nach Jahr und Seite)
Verf.
Verfassung des Landes Baden-Württemberg v. 11.11. 1953 (GBl. S. 173) i.d.F. v. 14.5.1984 (GBl. S. 301)
VerfGH
Verfassungsgerichtshof
Verw.
Die Verwaltung (zitiert nach Jahr und Seite)
VerwArch.
Verwaltungsarchiv
VerwRspr.
Verwaltungsrechtsprechung in Deutschland (1.194932.1981)
VfZ
Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte
VGH
Verwaltungsgerichtshof
vgl.
vergleiche
VkA
Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände
vo
Verordnung
VOB
Verdingungsordnung für Bauleistungen
VOB1.
Gesetz- und Verordnungsblatt der Landesregierung Rheinland-Pfalz
VR
Verwaltungsrundschau (zitiert nach Jahr und Seite)
VRG
Vorruhestandsgesetz, Gesetz zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand v. 13.4.1984 (BGBl. I S. 601)
VwGO
Verwaltungsgerichtsordnung v. 21.1.1960 (BGBl. I S. 17), zuletzt geänd. d. Ges. v. 8.12.1986 (BGBl. I S. 2191)
WiSt
Wirtschaft und Statistik, hrsg. v. Statistischen Bundesamt Wiesbaden (zitiert nach Jahr und Seite)
28 ZBR ZfA
Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für Beamtenrecht (zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für Arbeitsrecht (zitiert nach Jahr und Seite)
ZfSH
Zeitschrift für Sozialhilfe (zitiert nach Jahr und Seite)
zit.
zitiert
ZKF
Zeitschrift für Kommunalfinanzen (zitiert nach Jahr und Seite) Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen (zitiert nach Jahr und Seite)
ZögU ZRP
Zeitschrift für Rechtspolitik (zitiert nach Jahr und Seite) (Beilage zur NJW)
ZVK
Zusatzversorgungskasse
Einleitung In der ersten Hälfte der 80er Jahre geriet die Bundesrepublik in die bisher langwierigste Beschäftigungskrise der Nachkriegszeit. Sowohl demographische Faktoren - Anstieg der erwerbsfähigen Bevölkerung, vermehrte Frauenerwerbstätigkeit - als auch strukturelle Veränderungen der Binnen- und Außenwirtschaft bilden die Ursachen der heute gegebenen Beschäftigungsschwierigkeiten, die bis 1984 zu einer Arbeitslosigkeit mit einer durchschnittlichen Quote von 9,1% geführt haben. Seit diesem Zeitpunkt liegt die Zahl der Arbeitslosen mit Schwankungen bei rd. 2-2,2 Millionen. Von dieser Entwicklung sind unmittelbar auch die Gemeinden betroffen. Die sozialen, individuellen und finanziellen Folgen sind auf dieser Ebene am stärksten spürbar. Trotz begrenzter Einflußmöglichkeiten auf örtliche arbeitsmarktpolitische Gegebenheiten wird der kommunale Handlungsbedarf allgemein nicht bestritten. Obwohl die originäre Zuständigkeit für diesen Bereich fehlt, initiieren und fördern die Städte und Gemeinden eine Vielzahl von Maßnahmen oder führen sie selbst durch, um die Folgen der Arbeitslosigkeit zu mildern. Vor diesem Hintergrund werden die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen für eine beschäftigungspolitische Maßnahme zur Bekämpfung örtlicher Arbeitslosigkeit untersucht. Die Maßnahmen reichen von Beratungs- und Informationsstellen für alle Problemgruppen infolge von Arbeitslosigkeit bis hin zu eigenen kommunalen Initiativen zur Schaffung und zur Ermittlung von Ausbildungs- und Arbeitsplätzen sowie zur Verschaffung von Arbeitsgelegenheiten nach dem Bundessozialhilfegesetz und von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Die Palette kommunaler Beschäftigungsförderung wird ergänzt durch die örtliche Gewerbe- oder Wirtschaftsförderung bis hin zur mittelbaren oder unmittelbaren Subvention, beispielsweise durch Bereitstellung von Grundstücken für Gewerbebetriebe oder dem „Zweiten Arbeitsmarkt". Kommunale Beschäftigungsförderung setzt sich ferner mit der Rolle der Städte und Gemeinden als Arbeitgeber, mit sozialen Hilfen und Unterstützungen sowie den Steuerungsmechanismen in und aus den kommunalen Haushalten auseinander. Sie ist eng mit den konjunkturellen und finanziellen Gegebenheiten verknüpft.
30
Einleitung
Diese Vielfalt kommunaler Betätigungsfelder zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit muß zwingend in der Darstellung begrenzt werden. Der Verfasser versucht daher, die Schwerpunkte zum Thema aus der kommunalen Selbstverwaltung in den Kernbereichen Personal und Finanzen zu sehen: Beides, sowohl die Personal- als auch die Finanzhoheit erlauben verfassungsrechtliche und kommunalwissenschaftliche Bezüge, um sie erweitern oder begrenzen zu können. Sie erleichtern dadurch die spezifisch juristische Auseinandersetzung, wohingegen die Gesamtdarstellung eher eine Aufgabe der Verwaltungswissenschaft wäre. Vor dem Hintergrund geschichtlicher Entwicklungen vor dem Zweiten Weltkrieg werden mit Hilfe empirischer Materialien und Untersuchungen die konjunkturellen Rahmenbedingungen gezeigt, die den Problemdruck zur kommunalen Betätigung verschärfen. Die Grundlagen der kommunalen Personal- und Finanzhoheit im Rahmen kommunaler Selbstverwaltung werden als rechtlich ausgetragen vorausgesetzt, weshalb die Schwerpunkte nur in der Darstellung der besonderen kommunalrechtlichen Berührungspunkte zu den verfassungs-, bundes- und landesrechtlichen Voraussetzungen untersucht werden können. Der politische Problemdruck, der die Auseinandersetzung der Städte und Gemeinden mit der örtlichen Arbeitslosigkeit prägte und prägt, spiegelt sich in zahlreichen interdisziplinären Quellen der Literatur, vorwiegend in Fachzeitschriften, wieder. Sie stammen vor allem aus den Politik-, Gesellschafts- oder Sozial- und Verwaltungswissenschaften, weniger aus der reinen Jurisprudenz. Für die Judikatur konnte vorwiegend auf Veröffentlichungen aus dem öffentlichen Dienstrecht, Arbeitsrecht, Sozialrecht, den Finanzwissenschaften sowie dem kommunalen Wirtschaftsrecht zurückgegriffen werden. Die kommunalrechtliche Relevanz der Themenstellung berücksichtigt darüber hinaus die verschiedenen Disziplinen der Kommunalwissenschaft. Schwierigkeiten bereitete die Verarbeitung der Vielfalt allgemeiner, wenig empirisch und rechtlich belegbarer Aussagen zum Thema. Die politischen Zielsetzungen, die Parlamente und Gesetzgebungsorgane veranlaßten und veranlassen, aktiv zu werden, reichen je nach politischem Standpunkt von der umstrittenen Schaffung von Arbeitsplätzen im (kommunalen) öffentlichen Dienst durch Um- oder Neuverteilung der Arbeit bis hin zum Bemühen um antizyklische Wirkungen der öffentlichen Haushaltssteuerung und Finanzpolitik. Die Auseinandersetzung mit diesen politischen Grundsätzen und den sich hieraus ergebenden Fragestellungen, beispielsweise aus den Wirtschaftswissenschaften, kann hier nur begrenzt erfolgen; sie würde diese
Einleitung
Arbeit ebenso sprengen wie die umfassende Darstellung aller kommunalen Handlungsmöglichkeiten zum Thema Arbeitslosigkeit, soweit sie sich aus der Universalität des kommunalen Wirkungskreises sowie als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft überhaupt ergeben könnten. Die Bereitschaft der Städte und Gemeinden, sich aktiv an der Beschäftigungsförderung zu beteiligen, wird um so größer sein, je mehr die Finanzsituation dies zuläßt. Daher wird den finanziellen Grundlagen und Bezügen in der Beschreibung besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Im Bereich der Personalhoheit werden die unmittelbaren und mittelbaren Grenzen aufgezeigt, die letztlich mit den beamten- und dienstrechtlichen Möglichkeiten gezogen sind. Daneben werden mit den besonderen Schwerpunkten der Arbeitszeitverkürzung, dem Beschäftigungsförderungsgesetz und der Darstellung der Maßnahmen zur Begrenzung von Nebentätigkeiten die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung der Arbeit im öffentlichen Dienst dargestellt. Auch besondere Beiträge des öffentlichen Dienstes zur Entspannung des Arbeitsmarktes werden diskutiert. Während Arbeitszeitverkürzung und Nebentätigkeitsbegrenzung in allen Varianten der Gebietskörperschaften propagiert werden, wird die kommunalrechtliche Bedeutung und Praxis des Beschäftigungsförderungsgesetzes praktisch nirgends erfaßt. Das Thema wird besonders mit dem sogenannten „Zweiten Arbeitsmarkt" vertieft, den kommunalen Maßnahmen zur Beschäftigung von arbeitslosen Sozialhilfeempfängern sowie der Hilfe zur Arbeit nach dem Bundessozialhilfegesetz und den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz. Beide Bereiche erlangen zunehmende Bedeutung, vermutlich aus der Erkenntnis, daß andere Maßnahmen zur Bekämpfung lokaler Arbeitslosigkeit mit dem bestehenden kommunalen Instrumentarium nur begrenzte Wirkung haben können. Der „Zweite Arbeitsmarkt" wurde bisher nicht in seinen kommunalrechtlichen Grundzügen und gemeindlicher Erheblichkeit beschrieben. Das vierte Kapitel ist der kommunalen Finanzhoheit gewidmet. Dort werden vor dem Hintergrund der Kurzbeschreibung von kommunaler Finanzverfassung und konjunkturpolitischem Instrumentarium der Gemeinden die finanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsinitiativen oder -impulse untersucht. Die Schlußfolgerungen zum Thema münden sowohl bei der Personalals auch der Finanzhoheit in die Erkenntnis, daß die gemeindlichen oder gemeinderechtlichen Voraussetzungen für zusätzliche Beschäftigungs-
32
Einleitung
impulse auf örtlicher Ebene äußerst begrenzt sein müssen. Besonders durch bundesgesetzliche Rahmenbedingungen und landesrechtliche Regelungen sind die Gestaltungsmöglichkeiten für eine eigenständige Personalsteuerung oder -politik sehr eng gezogen. Ähnliches muß für die Mobilisierung eigener und externer finanzieller Ressourcen gelten, die für Beschäftigungsinitiativen zur Verfügung gestellt werden könnten. Die kommunale Forderung muß daher darauf abzielen, den gesetzgeberischen Rahmen sowie die Finanzausstattung zu erweitern und zu entflechten, um der verfassungsrechtlich garantierten Eigenverantwortung der Städte und Gemeinden mehr Möglichkeiten einzuräumen, örtlicher Arbeitslosigkeit entgegenwirken zu können. Gesetzesnovellierungen, empirisches Material und Judikatur wurden bis zum 1. Quartal 1989 verarbeitet. Die aktuellen Ereignisse zur Vereinigung beider deutscher Staaten konnten daher nicht mehr berücksichtigt werden. Die gesetzlichen Grundlagen beziehen sich vorwiegend auf das Landesrecht in Baden-Württemberg.
Α. Allgemeiner und historischer Überblick I. Die Arbeitslosigkeit und die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in ihrer Auswirkung auf die Städte und Gemeinden 1. Die Arbeitsmarktentwicklung und das Wirtschaftswachstum Die Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik hatte im Verlauf der weltweiten Rezession der 70er Jahre 1975 bereits die Millionengrenze überschritten. Seit 1983 waren im Jahresdurchschnitt mehr als zwei Millionen Menschen ohne Arbeit. Im Februar 1983 erreichte die Arbeitslosenquote 10,4%. Über 2,5 Millionen Erwerbspersonen waren als arbeitslos registriert, 0,2 Millionen nahmen an beruflichen Förderungsmaßnahmen der Bundesanstalt für Arbeit (BA) teil, weitere 1,15 Millionen befanden sich in unfreiwilliger Kurzarbeit 1. Die Zahl der besetzten Arbeitsplätze ging von 26,3 Millionen 1980 bis auf 25,3 Millionen in den Jahren 1983 und 1984 zurück und stieg 1985 erstmals wieder um knapp 200 000. Wie Tabelle 1 (s. unten) verdeutlicht, hat sich aber die Zahl der Erwerbspersonen von 27,2 Millionen 1980 auf 27,8 Millionen 1985 kontinuierlich erhöht. Das Erwerbspersonenpotential dürfte nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der BA (IAB) auch in den kommenden Jahren, bedingt vor allem durch den Berufseintritt geburtenstarker Jahrgänge und steigender Frauenerwerbsquoten, bis ca. 1990 um rd. 300 000 Erwerbspersonen noch weiter zunehmen2. Die seit Anfang 1984 zu beobachtende Zunahme der Beschäftigung in der Bundesrepublik konnte am hohen Stand der Arbeitslosigkeit nichts bewirken. Die durch den Konjunkturaufschwung 1985/1986 bedingte Beschäftigungszunahme blieb dann deutlich hinter der des Aufschwunges 1975 bis 1979 zurück, wenn man berücksichtigt, daß es 1977 zu einem Rückschlag gekommen war. Ähnliches gilt für den Abbau der Arbeitslosigkeit. Zwar 1 2
ANBA 3/83, S. 139 f.; ANBA 2/83, S. 69 f.
Maier, Lokale Beschäftigungspolitik, S. 14; IAB, 3. Nachtrag zu Quint, AB 1, Nürnberg 1985.
26.817 27.002 26.990 27.195 27.147 26.884 26.651 26.577 26.692 26.923 27.217 27.416 27.542 27.589 27.612 27.838
1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985°
26.668 26.817 26.744 26.922 26.565 25.810 25.591 25.547 25.699 26.047 26.328 26.144 25.709 25.331 25.346 25.536
22.246 22.606 22.633 22.906 22.640 22.014 21.939 22.029 22.264 22.663 23.009 22.869 22.436 22.057 22.064 22.241
1.807 2.128 2.285 2.498 2.381 2.061 1.925 1.872 1.857 1.924 2.018 1.912 1.787 1.694 1.609 1.580
1000 4.422 4.211 4.111 4.016 3.925 3.796 3.652 3.518 3.435 3.384 3.319 3.275 3.273 3.274 3.282 3.295
10 795 0,7 86 648 0,8 76 546 1,1 44 572 1,2 292 315 2,5 1.074 773 236 4,7 1.060 277 235 4,6 1.030 231 231 4,5 993 191 246 4,3 876 88 304 3,7 889 137 308 3,7 1.272 347 208 5,3 1.833 606 105 7,6 2.258 675 76 9,3 2.266 384 88 9,3 2.302 239 108 9,4
149 185 246 273 582
insgesamt zusammen darunter SelbArbeitsKurzOffene Ausländer^ ständiged) losec) arbeitet Stellen^ Quotee)
a) b) c) e)
Erwerbstätige und Arbeitslose Nach dem Inländerkonzept (ständiger Wohnsitz im Bundesgebiet) in der Abgrenzung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen; Jahresdurchschnitte Quelle: Bundesanstalt für Arbeit; Jahresdurchschnitte d) Einschließlich mithelfender Familienangehöriger Anteil der Arbeitslosen an den abhängigen Erwerbspersonen (beschäftigte Arbeitnehmer und Arbeitslose) f) Eigene Schätzung
Quelle: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR), Jahresgutachten 1985/86, BT-Drs 10/4295, S. 61.
Erwerbspersonena)
Jahr
beschäftigte Arbeitnehmer
Erwerbstätige0)
Entwicklung am Arbeitsmarkt
Tabelle 1
v.H.
Arbeitsl.-
34 Α. Allgemeiner und historischer Überblick
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
35
gelang es 1986, die Kurzarbeit nahezu vollständig abzubauen, doch die Verminderung der Arbeitslosigkeit kam erheblich weniger als damals voran, zumal der beschleunigte Rückgang 1986 von Sondereinflüssen wie Vorruhestandsregelungen (58er Regelung) beeinflußt war. 1986 belief sich die Zahl der Arbeitslosen - in saisonbereinigter Rechnung - immer noch auf 2,17 Millionen. BESCHÄFTIGTE ARBEITNEHMER UND ARBEITSLOSE 1 ] in Mill. Personen
Saisonbereinigt
nach aem Berliner
Verfahren
(BV3)
Quelle: DIW, Wochenbericht 14/88, S. 193
Abbildung 1
Die 1987 nachlassende Dynamik der Wirtschaft bewirkte einen erneuten Anstieg der Arbeitslosigkeit. Daß im Juni 1987 sogar der Vorjahresstand deutlich überschritten wurde, obwohl seitdem eine Reihe entlastender arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen wie Vorruhestandsregelungen sowie eine wesentliche Erhöhung von Arbeitsbeschaffungs- und be-
36
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
ruflichen Förderungsmaßnahmen zu Buche schlugen, zeigt nach Ansicht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), welche Folgen für den Arbeitsmarkt eine scheinbar nur leichte Wachstumsabschwächung mit sich bringt. Im Jahresdurchschnitt 1987 erreichte die Zahl der Arbeitslosen - saisonbereinigt - 2,23 Millionen (s. Abbildung 2): Sie verdeutlichte bei leicht sinkender Zahl der offenen Stellen und merklich über dem Vorjahr liegenden Kurzarbeiterzahlen, daß das Problem der hohen Arbeitslosigkeit „wieder sehr viel weiter von einer Lösung entfernt ist, als es vor kurzem noch für möglich gehalten wurde" 3. Die seit langem bekannten Prognosen des IAB werden durch die bisherige und gegenwärtige Wirtschaftsentwicklung bestätigt. Die Beschäftigungskrise, unterbrochen von nur kurzen Erholungsphasen, hält sich seit mehr als 10 Jahren hartnäckig. Konjunkturelle Ursachen der Arbeitslosigkeit werden von strukturellen Faktoren überlagert. Selbst bei voller Auslastung des vorhandenen Arbeitsplatzpotentials, schätzte der Sachverständigenrat (SVR) 19824, wäre eine Mehrbeschäftigung nur in der Größenordnung von ca. 500 000 Erwerbstätigen möglich. Bestehende Arbeitsplätze wurden vernichtet, andere sind veraltet, das strukturelle Arbeitsplatzdefizit erreicht die Größenordnung von 1,8 bis 2 Millionen Arbeitsplätzen 5. Insofern ist fraglich, ob wirtschaftliche Aufschwungphasen an der Höhe der Arbeitslosigkeit etwas ändern können. Selbst bei der optimistischen Annahme von 3-3,5% Wirtschaftswachstum pro Jahr, müßte die Diskrepanz zwischen Arbeitskräfte-Nachfrage und Arbeitskräfte-Angebot weiter zunehmen6. Diese Einschätzung wird vom DIW bestätigt7. Gegenüber der ersten Hälfte der 80er Jahre, als sowohl keynesianischen wie auch angebots-
3 DIW, Wochenbericht 30/87, S. 409 f.; sämtliche Zahlenangaben beruhen daneben auf DIW, Wochenbericht 6/86, S. 73-78; Wochenbericht 46/86, S. 585-590; Wochenbericht 14/88, S. 193-199. 4
SVR, Jahresgutachten 1982/1983.
5
Ebenda.
6
IAB, 2. Nachtrag zu Quint, AB 1, Nürnberg 1982; im übrigen erreichte das Wirtschaftswachstum nicht ganz 2% im Jahresdurchschnitt 1987, hingegen 4,2% im 1. Vierteljahr 1988 bei voraussichtlichen 3,2% im zweiten Vierteljahr 1988, bei einer Arbeitslosenquote von 8,5% im Bundesdurchschnitt (Stand August 1988). Berechnungen gehen davon aus, daß nur ein Wachstum von 6% jährlich die gegenwärtigen Arbeitsmarktprobleme einigermaßen lösen könnte, vgl. Rothe, Beiträge zur Zeitgeschichte 1983, Bd. 13, S. 32 ff. 7
DIW, Wochenbericht 6/88, S. 86 ff.
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
37
orientierten Strategien der Wachstumsförderung vor allem durch das weltweit hohe Zinsniveau enge Grenzen gesetzt waren8, sind die Bedingungen für wirtschaftliches Wachstum heute besser als zu Beginn der 70er Jahre. Die Prognosen des Sachverständigenrates, anderer nationaler Institutionen und der internationalen Organisationen zeigen nach Auffassung der Bundesregierung für das Wirtschaftswachstum mit 1 Vi bis gut 3 v.H. „ein breiteres Spektrum als üblich"9: „Allen Prognosen ist gemeinsam, daß mit einer Fortsetzung des wirtschaftlichen Wachstums und weiter zunehmender Beschäftigung gerechnet wird" 10 . Dennoch kann selbst unter den gegenwärtig optimalen Wachstumsbedingungen nicht damit gerechnet werden, daß die Massenarbeitslosigkeit rasch verringert oder gar beseitigt werden kann11. So wichtig wirtschaftliches Wachstum auch in Zukunft für den Arbeitsmarkt bleiben wird, so wenig dürfte es alleine ausreichen, die bestehende und vielfach regional und strukturell „verhärtete" Arbeitslosigkeit wirkungsvoll zu bekämpfen 12. Problematisch dürften dabei auch die erheblichen regionalen Unterschiede in der Höhe der Arbeitslosigkeit sein. Baden-Württemberg hat mit Abstand die beste Beschäftigungssituation in der Bundesrepublik13. Auffallend ist auch der Abstand zwischen den nördlichen und südlichen Teilen der Republik. Während sich die monostrukturierten Industrieregionen an der Küste, im Ruhrgebiet und im Saarland bei der Überwindung ihrer Strukturprobleme außerordentlich schwer tun und weit überdurchschnittliche Arbeitslosenquoten aufweisen, liegen diese in Baden-Württemberg fast um
8
Maier, Lokale Beschäftigungspolitik, S. 14; Scharpf, Institutionelle Bedingungen der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, S. 3-15; ebd. S. 3 f. auch zur Auseinandersetzung zwischen angebots- und nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik. 9
Jahreswirtschaftsbericht 1987 der Bundesregierung, II. Tz. 11.
10
Vgl. auch DIW, Wochenbericht 26/27, 1989, S. 297-304; wie die Ergebniszahlen des August 1988 mit einem Rekordwirtschaftswachstum von 3,9% belegen; DIW, Wochenbericht 25 / 26, 1985, S. 304. 11
Vgl. SVR, Jahresgutachten 1984/1985; SVR, Jahresgutachten 1987/1988; Sondergutachten des Sachverständigenrats, BTDrucks. 10/3575, Tz. 18; vgl. Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim BMWi 1985; im übrigen kritisch Holzheu, FA 1986, S. 1-31. 12
Maier, Lokale Beschäftigungspolitik, S. 17; vgl. auch DIW, Wochenbericht 33/ 88, S. 419. 13
Bundesdurchschnitt 8,5%; Arbeitslosenquote in BW 5% (Stand Aug. 1988).
38
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
die Hälfte, in Hessen und Südbayern gleichfalls unter dem Bundesdurchschnitt (vgl. Tabelle 2). Tabelle 2 Die Arbeitslosen und die Kurzarbeiter im Bundesgebiet und nach Landesarbeitsbezirken - Jahresdurchschnitte 1987 und 1986 -
Jahresdurchschnitte Arbeitslose
Schleswig-Holstein / Hamburg Niedersachsen / Bremen Nordrhein-Westfalen Hessen Rheinland-Pfalz/ Saarland Baden-Württemberg Nordbayern Südbayern Berlin (West) Bundesgebiet
Arbeitsl.-Quote
Kurzarbeiter
1987
1986
1987
1986
1987
1986
1
2
3
4
5
6
210 279
209 234
11,8
11,7
16 435
17 774
361 667 737 043 155 351 168 886
365 916 725 345 155 348 172 398
11,8 11,0 6,7 9,2
11,9 10,9 6,8 9,4
35 366 100 699 19 317 20 703
25 172 60 662 13 329 18 385
198 377 144 141 162 433 90 611
198 911 149 731 166 308 84 813
5,1 7,5 6,1 10,7
5,1 7,8 6,4 10,5
34 195 27 607 17 386 6 258
28 824 16 103 11 886 5 235
2 228 788
2 228 004
8,9
9,0
227 967
197 371
Quelle: Landesarbeitsamt Baden-Württemberg, Arbeitsmarktzahlen 1987, Nr. 60/1988, S. 25. Abweichungen in den Summen der Durchschnittszahlen durch Rundung der Zahlen.
Jeder Blick auf die regionalen Arbeitslosenquoten oder Wachstumsraten zeigt, daß Arbeitslosigkeit, Wirtschaftswachstum und damit auch die Finanzkraft der Gemeinden regional streuen. Gerade die Gemeinden mit hoher Arbeitslosigkeit haben Probleme, ihre Investitionen bedarfsgerecht durchzuführen und ihr Dienstleistungsangebot aufrecht zu erhalten oder gar angemessen auszuweiten. Über Gelder für Industrieansiedlungen verfügen weder sie noch die Bundesländer, in denen sie liegen. Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen unterbleiben häufig, weil die Gemeinden ihren Anteil nicht aufbringen können. Es spricht deshalb einiges dafür, die begrenzten finanziellen Spielräume für regional gezielte, selektiv nachfrage- und angebotsorientierte Maßnahmen der Wachstums-
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen39
förderung, für aktive Arbeitsmarktpolitik und Maßnahmen der Arbeitsumverteilung zu nutzen14. Neben den Unterschieden im Niveau der Arbeitslosigkeit und den starken unterschiedlichen sektoralen Wachstumsraten wird die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit durch die Struktur der Arbeitslosen erschwert. Nach ersten vorläufigen Ergebnissen der Strukturanalyse 1987 der BA hatten mehr als die Hälfte der Ende September gemeldeten Arbeitslosen keine abgeschlossene Berufsausbildung. Die Arbeitslosenquote für Arbeitnehmer ohne Berufsausbildung belief sich auf etwa 16% und die für Arbeitslose mit Berufsausbildung auf rund 6%. 810 700 der Ende September gemeldeten Arbeitslosen hatten eine betriebliche Ausbildung, 2% mehr als ein Jahr zuvor. 105 800 Arbeitslose konnten auf eine Berufsfach-/Fachschulausbildung verweisen. Diese Zahl überschritt den Stand von Ende September 1986 und 5%. Relativ am stärksten nahm die Zahl der Arbeitslosen mit Fachhoch- oder Hochschulausbildung zu. Sie erhöhte sich um 10% auf 125 600. Trotz der starken Ausbildungsjahrgänge gab es erneut weniger Arbeitslose mit betrieblicher oder sonstiger Ausbildung. Gezählt wurden 63 900. Das waren 8% weniger als ein Jahr zuvor. 63 900 Arbeitslose, 7% mehr als Ende September 1986, hatten ihre Erwerbstätigkeit längere Zeit unterbrochen. 266 200 Arbeitslose - ein Zuwachs von 4% - hatten zuvor noch nicht gearbeitet. Die Zahl jüngerer Arbeitsloser ist weiter zurückgegangen, während die Zahl älterer Arbeitsloser wiederum zunahm. Um 12% oder 17 400 auf 131 600 verringerte sich die Zahl der Arbeitslosen unter 20 Jahren. Auch die der 20- bis 25jährigen Arbeitslosen ging zurück. Sie ermäßigte sich um 2% oder 7 100 auf 347 100. Arbeitnehmer höheren Alters verlieren nach wie vor zwar seltener ihren Arbeitsplatz als jüngere; wenn sie aber arbeitslos werden, finden sie schwerer wieder eine Beschäftigung. In der Altersgruppe von 50 bis 55 Jahren erhöhte sich der Arbeitslosenbestand um 9% oder 16 700 auf 192 800. Die Zahl der Arbeitslosen von 55 bis 60 Jahren nahm um 11% oder 22 400 auf 233 900 zu, in der Gruppe zwischen 60 und 65 Jahren stieg die Arbeitslosenzahl sogar um 16% oder 7 000 auf 51 500. Ein besonders gravierendes Problem bleibt die langfristige Arbeitslosigkeit mit ihren Auswirkungen auf die Sozialhilfe, während die Be-
14
Maier, Lokale Beschäftigungspolitik, S. 18 ff.
40
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
schäftigten seit 1983 um rd. 700 000 zunahmen15. Ende September 1987 waren 331 900 Arbeitnehmer ein bis zwei Jahre arbeitslos und 338 300 zwei Jahre und länger16. Während sich bei der ersten Gruppe ein geringfügiger Rückgang um 2 100 ergab, war die zweite Gruppe um 18 300 oder 6% größer als vor einem Jahr. Im Durchschnitt dauerte die Arbeitslosigkeit seit Jahren sechseinhalb Monate17. Ohne Arbeitsbeschaffungs- oder Qualifizierungsmaßnahmen, die auf die jeweiligen Problemgruppen und regionalen Rahmenbedingungen zugeschnitten sind, lassen sich diese Arbeitslosen selbst bei einem dauerhaften Wirtschaftsaufschwung kaum vermitteln 18.
2· Der finanzpolitische Rahmen der öffentlichen Haushalte Die Bereitschaft der Städte und Gemeinden, sich in der Beschäftigungsförderung aktiv zu beteiligen, hängt von ihrer wirtschaftlichen Situation und damit ihren finanziellen Möglichkeiten ab. Das Jahr 1986 brachte einen Wendepunkt in der Finanzpolitik. Nachdem von 1982 bis 1985 die Haushaltsdefizite von Bund, Ländern und Gemeinden um fast die Hälfte auf 38 Mrd. DM reduziert worden waren - die Gemeinden erzielten 1984 und 1985 sogar Überschüsse - , stieg die Finanzierungslücke 1986 auf 42 Mrd. DM 19 . Dieser Anstieg hatte sich 1987 beschleunigt und wird sich auch 1988 fortsetzen. Der wichtigste Grund hierfür ist die am Jahresbeginn in Kraft getretene zweite Stufe der Steuererleichterungen, die einen Umfang von schätzungsweise 14 Mrd. DM haben dürfte20. Nach den im Finanzplanungsrat vom Bundesfinanzministerium (BMF) vorgelegten Tabellen mußte zu Beginn des Jahres 1988 davon ausgegangen werden, daß sich das Finanzierungsdefizit des öffentlichen Gesamthaushaltes 1988 weiter erhöhen wird 21. Das BMF rechnete dabei mit einem Gesamtdefizit von 48 Mrd. DM.
15
Deutsche Bundesbank 1988, Nr. 2, S. 34; DIW, Wochenbericht 32/88, S. 409.
16
Vgl. DIW, Wochenbericht 32/88, S. 412 ff.
17
Alle Angaben zur Strukturanalyse, MittDSt. 1988, S. 64; Landkr. 1988, S. 100.
18
Maier, Lokale Beschäftigungspolitik, S. 20.
19
DIW, Wochenbericht 35/87, S. 469.
20
Deutsche Bundesbank 1988, Nr. 6, S. 23.
21
BMF-Pressemitteilung 69/87.
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen41
Die Bundesseite vertrat im Finanzplanungsrat die Auffassung, daß dieser Defizitanstieg aus konjunkturpolitischen Gründen vertretbar sei, zumal auch bei einem Finanzierungsdefizit von 58 Mrd. D M der Anteil dieses Defizits am Bruttosozialprodukt noch unter 3 v.H. bliebe. Sofern sich das Defizit aus konjunkturellen Gründen noch weiter erhöhe, sei dies auch gesamtwirtschaftlich und finanzpolitisch vertretbar, eine Einschätzung, die das DIW teilte22. Am Jahresbeginn 1988 war vielfach befürchtet worden, daß außer diesen Faktoren auch ein schwaches Wirtschaftswachstum zu Steuerausfällen gegenüber den Haushaltsansätzen führen und noch höhere Defizite verursachen würde. Nach der günstigen Entwicklung des Jahres 1988 und dem damit verbundenen Anstieg des Steueraufkommens sowie angesichts der guten Aussichten für den weiteren Verlauf der Konjunktur waren weniger Einbußen zu erwarten. So kam die offizielle Steuerschätzung vom Mai 1988 zu dem Ergebnis, daß die Steuereinnahmen der Gebietskörperschaften im laufenden Jahr um 2 Vi % zunehmen dürften. Das Aufkommen läge damit um 1 Mrd. DM über dem Ergebnis der Steuerschätzung vom November 1987, das den Haushaltsplanungen für 1988 zugrundegelegt worden war 23. Die Gemeinden beabsichtigten im Jahre 1988 angesichts voraussichtlich nur relativ schwach wachsender Einnahmen, den Anstieg ihrer Ausgaben zu bremsen. Gleichwohl rechneten die kommunalen Spitzenverbände mit einem nochmals höheren Defizit der Gemeinden. Allerdings ist die Finanzlage innerhalb des kommunalen Bereichs sehr unterschiedlich. In strukturstarken Regionen der Bundesrepublik ist sie erheblich besser als in strukturschwachen, und die kleineren Gemeinden sind im allgemeinen in einer günstigeren Situation als die großen Städte. Die schlechter gestellten Gemeinden müssen sich bei den von ihnen selbst zu beeinflussenden Ausgaben stark zurückhalten; finanziell besser gestellte Gemeinden haben dagegen mehr ausgabenpolitischen Spielraum. Für die Gemeinden in ihrer Gesamtheit erwartete der Städtetag auf der Einnahmenseite 1988 nur ein Plus von 1 Vi%. Neben dem durch die Steuersenkungen und gesamtwirtschaftliche Einflüsse gedämpften Anstieg der Steuereinnahmen schlägt hier zu Buche, daß die Zuweisungen von Bund und Ländern nach deren Planungen kaum höher ausfallen als 1987. Der Anstieg der gesamten kommunalen Ausgaben wurde mit 2 Vi% veranschlagt.
72
DIW, Wochenbericht 35/87, S. 469.
23
Deutsche Bundesbank 1988, Nr. 6, S. 23.
42
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Wenn - womit zu rechnen sein wird - die Belastungen aus der Sozialhilfe weiterhin annähernd so stark wie bisher wachsen, und auch der Personalaufwand überdurchschnittlich zunimmt, sehen die kommunalen Spitzenverbände allerdings keinen Raum für höhere Investitionen als im vergangenen Jahr. Sie prognostizieren unter diesen Bedingungen für die gesamten Investitionsausgaben der Gemeinden einen leichten Rückgang und für die Bauausgaben allein eine Stagnation24. Um die kommunale Investitionstätigkeit zu stärken oder zumindest eine „prozyklische" Abnahme zu verhindern, wird die Kreditanstalt für Wiederaufbau nach dem Beschluß der Bundesregierung vom Dezember 1987 für die Gemeinden in den Jahren 1988 bis 1990 Investitionsdarlehen im Umfang von 15 Mrd. DM mit einer vom Bund getragenen Zinssubvention von bis zu 2 Prozentpunkten für die ersten zehn Jahre der Laufzeit bereitstellen. Wenn die Gemeinden hiervon in vollem Umfang Gebrauch machen, würde der Bund ihnen in der Zeit bis zum Jahre 2000 auf diesem Wege insgesamt 2,6 Mrd. DM zur Verfügung stellen. Angesichts der geschilderten Finanzsituation im kommunalen Bereich dürften allerdings nicht alle Gemeinden in der Lage sein, die Verschuldung auszuweiten (zum Schuldenstand der öffentlichen Haushalte vgl. Abbildung 2); ärmere Gemeinden, die sich bereits der Verschuldungsgrenze genähert oder sie erreicht haben - die haushaltsrechtlichen Vorschriften sind hier enger als bei Bund und Ländern - können hiervon u.U. gar keinen Gebrauch machen, zumal nur zusätzliche Investitionen gefördert werden sollen. Im Hinblick auf die Förderung der Investitionstätigkeit der Gemeinden stellt sich - besonders wegen weiterer Steuerausfälle durch die für 1990 beabsichtigte Steuerreform - die Frage, ob die Finanzausstattung der Gemeinden und die Verteilung der Mittel innerhalb des kommunalen Bereichs als dauerhaft befriedigend anzusehen sind25.
3. Die Kosten der Arbeitslosigkeit Die anhaltende Beschäftigungskrise belastet die öffentlichen Haushalte erheblich. Nach einer Veröffentlichung des IAB 26 belief sich die Gesamtbelastung durch die Arbeitslosigkeit allein im Jahre 1984 - bei
24 Vgl. DSt. zur Konjunktur- und Finanzpolitik, Umdruck Nr. SA 4238 vom 3.12.1987. 25 26
Deutsche Bundesbank 1988, Nr. 2, S. 25; vgl. dazu besonders D.I.
Alle Angaben in ZKF 1985, S. 188; nähere Einzelheiten bei Deininger, WiSt 1987, S. 872.
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
43
durchschnittlich 2,27 Millionen registrierten Arbeitslosen - auf 54,1 Mrd. DM. In dieser Summe sind Mindereinnahmen von 30,3 Mrd. D M und Mehrausgaben von 23,8 Mrd. DM zusammengefaßt. Jeder Arbeitslose kostet den Staat und die Sozialversicherung demnach rd. 24 000 DM im Jahr. SCHULDENSTAND 1 » DER ÖFFENTLICHEN HAUSHALTE NACH KÖRPERSCHAFTSGRUPPEN
Gemeinden/ Gv. und Zweck verbände
Lander
Bund einschl. Lasten ausgleichs fonds und ERPSonder vermögen
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1) Fundiene Schulden einschl. Schulden bei Verwaltungen Quelle: WiSt 1988, S. 436.
Abbildung 2
Rund 15,4 Mrd. DM mußten für Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe aufgewandt werden (1986: 14,3 Mrd. DM). Hinzu kamen die Beiträge, die von der BA für die Renten- und Krankenversicherung der Arbeitslosen abgeführt wurden (7,1 Mrd. DM), und der durch die Arbeits-
44
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
losigkeit verursachte Mehraufwand für Sozialhilfe und Wohngeld (1,3 Mrd. DM). Den Sozialversicherungsträgern gingen 1984 insgesamt rund 16,1 Mrd. DM an Beitragseinnahmen verloren — gemessen an den hypothetischen Zahlungen, die sie bei Vollbeschäftigung erhalten hätten. Die Verluste an Lohn- und Einkommensteuer, Mehrwertsteuer und anderen Steuern beliefen sich auf schätzungsweise 14,2 Mrd. DM.
4. Die Sozialhilfebelastungen aufgrund von Arbeitslosigkeit Am 1. Juni 1962, vor mehr als 25 Jahren, trat das Bundessozialhilfegesetz in Kraft 27. Es regelt die individuelle Betreuung und Hilfe für den einzelnen im Falle seiner Bedürftigkeit durch Leistungen der Sozialhilfe. Aufgabe der Sozialhilfe ist es, in Not geratenen Menschen zu helfen und ihnen ein menschenwürdiges Leben zu sichern. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht ein Rechtsanspruch auf Sozialhilfe. Die Gewährung der Hilfe ist unabhängig davon, ob der Hilfesuchende die Notlage selbst verschuldet hat oder nicht. Zielsetzung der Sozialhilfe ist jedoch auch, den Hilfeempfänger wieder unabhängig von ihr zu machen, wobei dessen Mitwirkung erwartet wird. Für die Sozialhilfe gilt der Grundsatz des Nachrangs. Sie wird nur gewährt, wenn sich der Hilfesuchende nicht selbst helfen kann oder die erforderliche Hilfe nicht von anderen, z.B. von Angehörigen oder Sozialversicherungsträgern, erhält. In jedem Einzelfall wird der Bedarf ermittelt und die Hilfe zugemessen. Örtliche Träger der Sozialhilfe sind die Landkreise und kreisfreien Städte; sie tragen zunächst die bei ihnen anfallenden Kosten. Bis auf Nordrhein-Westfalen weisen alle Bundesländer die Sozialhilfe ihren kreisfreien Städten und Landkreisen als „Selbstverwaltungsangelegenheit (weisungsfreie Pflichtaufgabe)" 28 bzw. als „Aufgabe ihres eigenen Wirkungskreises"29 zu. Damit wird klar, daß es sich hierbei nicht um die Erfüllung einer Auftragsangelegenheit handelt, die zu Kostenerstattungen durch die Länder führen könnte30.
27
BSHG vom 30. Juni 1961 (BGBl. I S. 815).
28
Vgl. jeweils § 1 AGBSHG BW v. 23.4.1963 (GBl. S. 33, ber. S. 54), ähnlich § 1 AGBSHG RP v. 8.3.1963 (GVB1. S. 79), § 1 AGBSHG SL i.d.F. d. Bek. v. 1.6.1974 (ABl. S. 586), § 1 AGBSHG SH v. 6.7.1962 (GVB1. S. 277). 29
§ 1 AGBSHG BY ν. 23.12.1965 (GVB1. S. 357); ähnlich § 1 AGBSHG ND v. 31.12.1965 (GVB1. S. 277). 30
Prinz, FA 1983, S. 439 f.
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
45
Nach vorläufigen Rechnungen kletterten die Sozialhilfeausgaben der Bundesrepublik im Jahr 1988 auf schätzungsweise 28 Mrd. DM. Stärker noch als die gesamten Sozialhilfeaufwendungen expandierten die Ausgaben für die Hilfe zum Lebensunterhalt um durchschnittlich 8 Vi% pro Jahr seit 1980. Die Ausgaben für Sozialhilfe erhöhten sich stärker als die gesamten Ausgaben der Gebietskörperschaften. Im Jahr 1988 entfielen auf sie bereits etwa 13% der gesamten kommunalen Ausgaben31. Diese Steigerung der Sozialhilfe führte seitdem zu erheblichen Diskussionen, und zwar in zweierlei Hinsicht: Die kreisfreien Städte und Landkreise als Träger der Sozialhilfe klagen über die Höhe der Aufwendungen, die ihrer Meinung nach vor allem durch die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit verursacht werden. Zum zweiten wird darüber diskutiert, ob nicht die Höhe der Sozialhilfe-Zahlungen die Anreize schwächt, einer Beschäftigung nachzugehen32. Diese Diskussion berührt nicht nur die Städte und Gemeinden, sondern führte 1988 zu einer Gesetzesinitiative im Bundesrat, um einen Ausgleich der strukturschwachen Länder vom Bund und den Umsatzsteueranteilen der Länder zu erhalten 33. 1986 wurden Ergebnisse einer Sonderuntersuchung der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände in Zusammenarbeit mit der BA zum Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebezug veröffentlicht 34. Nach dieser Sonderuntersuchung haben im September 1985 33 v.H. der Empfängerhaushalte laufende Hilfe zum Lebensunterhalt aufgrund von Arbeitslosigkeit bezogen; 55 v.H. aller Sozialhilfeempfängerhaushalte hatten mit mindestens einem gemeldeten Arbeitslosen keinen Anspruch nach dem AFG 35 . 5% der Haushalte erhielten Arbeitslosengeld, 23% Arbeitslosenhilfe.
31
Deutsche Bundesbank 1989, Nr. 4, S. 34; s.a. Wochenbericht 27/86, S. 341.
32
DIW, Wochenbericht 27/86, S. 341.
33
BRDrucks. 124/88.
34
L. Fuchs, Sonderuntersuchung 1985; vgl. auch DIW, Wochenbericht 27/86, S. 343 f. und Fazit S. 346. 35
Zum Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und den kommunalen Sozialhilfeausgaben vgl. Hotz, Landkr. 1985, S. 526-527; Selige, Sozialhilfe und Arbeitslosigkeit in Osnabrück 1987; zur Strukturreform vgl. Happe, Gemhlt. 1984, S. 2933.
46
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Rund 760 000 Haushalte bezogen Ende September 1985 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz. Gegenüber 1981 ist das eine Steigerung um knapp 60%. In einigen Großstädten war in rund 45% aller Sozialhilfehaushalte mindestens ein Haushaltsmitglied arbeitslos gemeldet; in kleineren kreisfreien Städten betrug der Anteil gut 20%. In den Kreisen lag er zwischen 13 und 42%. Die von Arbeitslosigkeit betroffenen Einpersonenhaushalte waren mit 52% überdurchschnittlich vertreten. Knapp 17% der Haushalte mit mindestens einem arbeitslos Gemeldeten hatten vier oder mehr Haushaltsmitglieder. Vor allem Ehepaare mit Kindern, die Leistungen der Arbeitsämter bezogen, sind mit 21% gegenüber 6% der übrigen Sozialhilfebezieher überrepräsentiert. Rund 48% der arbeitslosen Sozialhilfeempfänger waren bereits 1984 arbeitslos gemeldet, 22% kamen im Laufe des Jahres 1984 neu hinzu. Langfristige Arbeitslosigkeit stand damit als Ursache der Sozialhilfebedürftigkeit stark im Vordergrund. Ein Viertel der arbeitslosen Sozialhilfeempfänger war unter 25 Jahre alt. Der Schwerpunkt lag hier bei den Berufsanfängern, d.h. Jugendlichen, die keine Ausbildungsstelle erhalten hatten, und sonstigen Berufsanfängern ohne abgeschlossene Ausbildung. 5% der arbeitslosen Sozialhilfeempfänger waren zuletzt als Selbständige tätig36. An der Last der Sozialhilfe haben vor allem die Städte und Gemeinden im Norden der Republik schwer zu tragen. Mit Sozialhilfeausgaben zwischen 668 DM und 589 DM je Einwohner bereiten diese Lasten vor allem den Finanzsenatoren der Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen Sorgen. Aber auch Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und das Saarland sind mit Sozialhilfeleistungen von 300 DM je Einwohner erheblich belastet. Begründet wird dies nach wie vor mit der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit 37. Die Tatsache, daß die Stadtstaaten weit höhere Werte aufweisen als die Flächenländer, verwundert nicht. Auch Untersuchungen in Baden-Württemberg bestätigen, daß
36
Kommunale Korrespondenz, Pressedienst des DSt., Nr. 462 vom 2. Juni 1986; vgl. auch Kommunale Korrespondenz Nr. 461 vom 21. April 1986; zur Sozialhilfestatistik Seewaid, WiSt 1988, S. 268-276. 37
ZKF 1988, S. 118, nach Angaben des Stat. Bundesamtes Wiesbaden; zu den Vorjahreszahlen vgl. DIW, Wochenbericht 27/86, S. 344 f.; zum Nord-Süd-Gefälle bei der Arbeitslosigkeit Kühn, Der Bürger im Staat 1986, S. 383; zu den finanziellen und ökonomischen Folgen der Arbeitslosigkeit am Beispiel der Stadt Essen vgl. Kätnper, Stadt Essen 1984, S. 1-26; Rothgang, AfK 1985, S. 225-241.
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen47
große Städte höhere Aufwendungen als ländliche Gebiete haben. Es wird auch deutlich, daß ein Nord-Süd-Gefälle der Bundesländer bei den Sozialhilfeausgaben besteht. Noch stärker ist - s. Tabelle 3 - der Unterschied bei einem Vergleich bei der Hilfe zum Lebensunterhalt. Tabelle 3 Hilfe zum Lebensunterhalt in DM/Einwohner
Bundesland
Bremen Hamburg Berlin (West) Nordrhein-Westfalen Saarland Schleswig-Holstein Niedersachsen Bundesgebiet Hessen Rheinland-Pfalz Baden-Württemberg Bayern
1986 DM/Ew
Abweichung vom Durchschnitt in v.H.
400 329 320 196 190 176 163 154 150 106 92 77
260 214 208 127 123 114 106 100 97 69 60 50
Quelle: Gemicasse BW, Heft 8/1988, S. 170. Hier wird deutlich, daß die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Saarland mehr als doppelt so hohe Ausgaben in D M / E W auftveisen als z.B. Baden-Württemberg oder Bayern. Der Abstand zu den Stadtstaaten ist hier noch größer als bei den Gesamtaufoendungen.
5. Der Handlungsrahmen für die Städte und Gemeinden Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, wo die kommunalen Möglichkeiten für eine örtliche Beschäftigungsförderung bestehen können. Eine grundsätzlich bedenkliche Rolle spielt dabei die regional unterschiedliche, wechselhafte und von konjunkturellen Gegebenheiten abhängige Finanzausstattung der Gemeinden und Städte in der Bundesrepublik. Der Abbau hoher Finanzierungsdefizite zu Beginn der 80er Jahre veranlaßte die Kommunen, ihre Investitionen zu senken und daran festzuhalten. Trotz der inzwischen erreichten Konsolidierung der Kommunalfinanzen seit Mitte der 80er Jahre befinden sich nach wie vor viele Gemeinden - vor allem Großstädte und Gemeinden in arbeitsmarktpolitischen Problemregionen - in einer äußerst schwierigen Finanzsituation. Sie findet ihren Niederschlag in einer anhaltenden Investitionszu-
48
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
rückhaltung, die in den vergangenen Jahren durch die negativen Erfahrungen gegenüber der mittelfristigen Zuweisungspolitik der Länder und den steuerpolitischen Entscheidungen des Bundesgesetzgebers (Diskussion um die Abschaffung der Gewerbesteuern, Einkommensteuerreform) verstärkt wird. Vor diesem Hintergrund sowie den steigenden Sozialhilfeleistungen scheint das geringe Vertrauen der Gemeinden auf einen stabilen künftigen Einnahmerahmen nicht unbegründet38. Dies läßt den Schluß zu, daß der beschäftigungspolitische Handlungsspielraum der Gemeinden in den letzten Jahren erheblich enger geworden sein muß39. Eine „Haupttriebfeder" für die zunehmende Mobilisierung der Kommunen in der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik ist die dramatisch gewachsene Belastung mit den Folgeproblemen der Arbeitslosigkeit und der Ausbildungsnot für die kommunalen Haushalte, darüber hinaus aber auch die auf örtlicher Ebene täglich sichtbar werdenden Problemverschärfungen des sozialen Lebens40. In der Erfahrung vergangener Jahre setzte sich zugleich die Erkenntnis durch, daß in der Praxis begleitende Maßnahmen zur strukturellen Verbesserung des Arbeitsmarktes nicht umgesetzt werden konnten. Dies spiegelt sich in der Arbeitsmarktentwicklung bis heute wider. Die Folgeprobleme konnten daher den Regionen und Kommunen nicht abgenommen werden. Ein weiteres Problem ist die schwierige Quantifizierbarkeit für die BA - Beeinflussung der Zahl der registrierten Arbeitslosen - und daraus resultierend für die Kommunen. Ein erfolgversprechender Einsatz beschäftigungspolitischer Instrumente setzt Kenntnis von Umfang und Struktur der Arbeitslosigkeit voraus. Die international übliche Maßgröße für den Beschäftigungsgrad ist die Arbeitslosenquote. In der Bundesrepublik wird sie gebildet aus der Zahl der bei den Arbeitsämtern registrierten Arbeitslosen (im Zähler) und den abhängigen Erwerbspersonen (im Nenner) 41. Nicht erfaßt wird dabei die sogenannte versteckte Arbeitslosigkeit. Sie kann nur geschätzt werden. Freigesetzte Arbeitskräfte werden innerhalb des Bildungssystems ver- oder umgesetzt, Arbeitslose lassen sich nach Verlust des Arbeitsplatzes nicht registrieren, ausländische Arbeitnehmer gehen in die Heimat zurück. Arbeitskräfte nehmen eine unterwertige oder andere Be-
38
SVR, Jahresgutachten 1985/1986.
39
Maier, Lokale Beschäftigungspolitik, S. 21.
40
Sund, Kommunale Beschäftigungspolitik, S. 481; kritisch zum methodischen Vorgehen ebd. S. 482. 41
Noll, WiSt 1984, S. 614.
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen49
schäftigung auf, verzichten auf Überstunden, Kurzarbeit u.a. Besonderheiten, wie Doppelverdiener eines Haushaltes, werden nicht erfaßt. Auch die Zahl der abhängigen Erwerbspersonen ist keine unmittelbar berechenbare Größe, sondern beruht auf Annahmen über die Bevölkerung und die potentielle Erwerbsquote. Ebenso unklar ist das Bild des Arbeitsplatzangebots als Summe von besetzten und freien Stellen. Originäre Zahlen liegen für die Beschäftigten aus dem Gewerbe und dem Baugewerbe vor. Für den Bereich der öffentlichen und privaten Dienstleistungen bleiben Vermutungen. Auch die Frage nach den freien, das heißt unbesetzten Stellen innerhalb einer Stadt läßt sich nur ansatzweise über die beim Arbeitsamt gemeldeten offenen Stellen beantworten. Die offenen Stellen sind nur eine Teilmenge der freien Stellen und werden wiederum nicht für einzelne Gemeinden oder Städte ausgewiesen. Damit dürfte es für die Ursachenforschung der Arbeitslosigkeit schwerfallen, eine örtlich wirksame beschäftigungspolitische Therapie oder Strategie zu entwickeln, die quantifizierbare Ergebnisse aufweisen könnte42. Über welche Handlungsmöglichkeiten verfügen die Städte und Gemeinden, um arbeits- und beschäftigungspolitisch aktiv werden zu können?43 1. Eine der wichtigsten Strategien betrifft die kommunale Wirtschaftspolitik. Wirtschaftspolitische Aktivitäten - heute üblicherweise als kommunale Wirtschaftsförderung oder neuerdings als kommunale Gewerbepolitik/-förderung bezeichnet - sind zwar aus den öffentlichen Aufgaben nicht hinwegzudenken, die wissenschaftliche und praktische Aufmerksamkeit richtet sich aber in der Regel mehr auf gesamtstaatliche Aktivitäten oder Länderinitiativen zur Förderung der Wirtschaft 44. 2. Im kommunalen Bereich gelten wirtschaftspolitische Maßnahmen eher als Mittel zum Zweck: Die Stadt braucht Arbeitsplätze, früher stand die Verbesserung der Einnahmesituation im Vordergrund. Da durch die Gemeindefinanzreform 1969 den Gemeinden ein Anteil an der 42
Weitgehend ablehnend Sund, a.a.O., S. 482.
43
Sund, a.a.O., S. 482 ff., der offensive (Schaffung neuer Arbeitsplätze) und defensive (Erhaltung und Verteilung bestehender Arbeitsplätze) Strategien unterscheidet; vgl. u.a. Bullinger, Basel 1984, S. 1-14; Lerch, Sozialer Fortschritt 1984, S. 270-277; Kühn, a.a.O., S. 286 f.; Maier, Lokale Beschäftigungspolitik, S. 17 ff. 44 H. Naßmacher, Kommunale Gewerbepolitik, S. 29; Noll, WiSt 1984, S. 615; zur Wirtschaftsförderung in Zusammenhang mit der Arbeitslosigkeit vgl. DStBeiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 259.
50
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Einkommensteuer erschlossen wurde, ist diese Zweck-Mittel-Beziehung teilweise entkoppelt45. Dies führte dazu, daß Ende der 70er Jahre das Bemühen um die Wirtschaftsentwicklung am Ende der Prioritätsskala kommunaler Politik rangierte 46. Erst bedingt durch stagnierendes Wirtschaftswachstum, sinkende Einnahmen und wachsende Arbeitslosenzahlen hat sich ein Wandel vollzogen. 3. „Gewerbeförderung" war lange Zeit „Ansiedlungsförderung". Heute steht - vor allem in Ballungsräumen - die Bestandssicherung (Standortsicherung) angesiedelter Betriebe im Spannungsfeld ökologischer Probleme im Vordergrund 47. 4. Die Gemeinden gehören häufig zu den größten örtlichen Arbeitgebern. Deren Personalpolitik kann durchaus einen Stellenwert zur Entlastung der örtlichen Arbeitsmarktsituation einnehmen. Zusätzlicher Personalbedarf wird immer dann entstehen, wenn neue Aufgaben hinzukommen, der gewünschte Erfüllungsgrad bestehender Aufgaben steigt oder das Aufgabengebiet wächst. Stellenschaffungen stehen immer in engem Zusammenhang mit deren Finanzierbarkeit. Aus diesem Grund ist eine Ausweitung des kommunalen Dienstes unter rein arbeitsmarktpolitischen Erwägungen ebenso umstritten wie im gesamten öffentlichen Dienst48. 5. Kommunale Beschäftigungsförderung besteht in vielen Fällen in der Koordination vorhandener Möglichkeiten. Im Vordergrund stehen dabei vornehmlich die Mobilisierung und Koordinierung finanzieller Ressourcen. Dazu gehört die Ausnutzung vorhandener Förderprogramme insbesondere der Länder, um die Mittel gezielt regional einzusetzen. Auch Überlegungen innerhalb der BA zu einer stärkeren Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik setzen voraus, die Städte und Gemeinden aktiv mit einzubeziehen49.
45
H. Naßmacher, a.a.O., S. 29.
46
Naßmacher /Naßmacher, Lokale Eliten in der Gewerbepolitik, S. 22 ff.
47
Vgl. auch Kühn, a.a.O., S. 286 f., sowie Reuss, Die klassische Gewerbeförderung vor neuen Aufgaben, S. 148-178, besonders S. 152 ff. 48
Vgl. dazu Hoff, Arbeitsumverteilung, S. 319-335; Richter, strukturen für die Kommunalverwaltung, S. 336-346. 49
Neue Arbeitszeit-
Vgl. insbesondere Sund, a.a.O., S. 487 ff.; Lerch, a.a.O., S. 270 ff., der in diesem Zusammenhang von einer „institutionellen Lücke" spricht; zur Dezentralisierung der Arbeitsmarktpolitik vgl. Blankenburg /Krautkrämer, AfK 1979, S. 61 ff.; Wollmann, Grenzen und Chancen kommunaler Sozialstaatspolitik, S. 539 ff.
I. Arbeitslosigkeit und gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen
51
6. In der öffentlichen Diskussion finden sogenannte „unkonventionelle Beschäftigungsinitiativen" immer stärkere Beachtung. Verstanden werden darunter Selbsthilfeaktivitäten von - statistisch erfaßten und nicht erfaßten - Arbeitssuchenden, die sich mit dem Ziel der Existenzsicherung als Alternative zum herkömmlichen Beschäftigungsbzw. Arbeitslosen-System verstehen. Im Einzelfall mag die Abgrenzung von einer „normalen" Existenzgründung eines Unternehmens schwierig sein, generell zeichnen sie sich aber durch eine verändernde Orientierung gegenüber der Erwerbsarbeit und dem Wunsch nach andersartigen Formen der Arbeitsorganisation aus. Die Förderung solcher Projekte aus öffentlichen Mitteln ist aus Arbeitnehmersicht nicht unumstritten. Probleme ergeben sich insbesondere aus der sozialen und arbeitsrechtlichen Absicherung, des Lohnniveaus und der Arbeitsbedingungen, die sich überwiegend der Kompetenz der Kommunen entziehen. 7. Weitere Handlungsfelder kommunaler Beschäftigungsförderung liegen in dem Bemühen, die Qualifikation, Ausbildung und beruflichen Bildung von Arbeitslosen und insbesondere von Jugendlichen zu verbessern. Dazu gehören Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die auf breiter Ebene ergänzt werden, ebenso wie Bildungsmaßnahmen zur Verbesserung der Qualifikation, die von Städten initiiert oder in eigener Trägerschaft durchgeführt werden50. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Initiativen zur Schaffung und zur Vermittlung von Ausbildungsund Arbeitsplätzen, bei denen die Städte die intensive Zusammenarbeit mit allen anderen Initiativen anstreben51, ebenso wie eine Fülle kommunaler Beratungs- und Informationsstellen über die herkömmlichen Angebote hinaus52. Die Umsetzung örtlicher Initiativen in arbeitsmarktwirksames Verwaltungshandeln hängt wesentlich vom Problemdruck ab, der auf den Städten und Gemeinden lastet. Dabei reicht das objektive Vorhanden-
50
Zur Qualifizierungspolitik als Element einer kommunalen Beschäftigungspolitik vgl. Sund, a.a.O., S. 493 ff.; zu den einzelnen Bildungsmaßnahmen vgl. DStBeiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 233-242. 51 Mit Vertretern der Handels- und Handwerkskammern, Gewerkschaften, berufsbildenden Schulen, der Arbeitsverwaltung, der Wohlfahrtsverbände und der Kirchen, vgl. im einzelnen unter Darstellung der Einzelmaßnahmen DSt-Beiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 143-242; zur Jugendarbeitslosigkeit vgl. Kuhnert-Schroth / Rauch ! Siewert, Difu, Berlin 1987. 52
Vgl. dazu im einzelnen DSt-Beiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 11-75.
52
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
sein eines Problems nicht aus, vielmehr muß es öffentlich wahrgenommen werden. Dies ist eine notwendige Voraussetzung, um die verwaltungsinternen Restriktionen bei der Implementierung der skizzierten Instrumente zu überwinden. Wenn die Kommunen verstärkt in die beschäftigungspolitische Verantwortung gehen und von ihren Bürgern in die Verantwortung genommen werden, hat dies Auswirkungen auf viele Bereiche kommunaler Politik. Kommunale Beschäftigungsförderung ist ein Aufgabenfeld, das manches andere überlagert. Berührt sind vorwiegend die traditionellen Felder der Wirtschaftsförderung, die Personal- und Haushaltswirtschaft, die Sozialpolitik und beispielsweise die Auftragsvergabe. Für eine personelle und organisatorische Verankerung der kommunalen Beschäftigungsförderung gibt es innerhalb der Kommunalverwaltung verschiedene Anknüpfungspunkte 53, vor allem zur Lösung der fachübergreifenden Aufgaben. Die Empfehlungen reichen von Koordinierungs- und Stabstellen über die Ämter für Wirtschaftsförderung bis zur Städteplanung, Stadtentwicklung und Städtestatistik54 wie auch den Sozialämtern55. Weitere Forderungen zielen auf eine verstärkte Zusammenarbeit der kommunalen Ämter mit dem Arbeitsamt und seinen Ausschüssen56. Zusammenfassend läßt sich eine Fülle von praktischen Möglichkeiten feststellen, wie kommunale Beschäftigungsförderung eingeleitet und durchgeführt werden kann. Strukturell oder kommunalrechtlich eingrenzbare bzw. umrissene Aufgabenfelder besonderer Zuständigkeit der Gemeinden gibt es nicht. Dies wird noch aufzuzeigen sein.
53
Zur Organisation der kommunalen Beschäftigungsförderung - Aktivitäten gegen Arbeitslosigkeit - vgl. vor allem KGSt-Bericht 6/1986, vgl. auch Lerch, a.a.O., S. 275 und Sund, a.a.O., S. 499 ff.; zum Überblick über die Vielfalt der Initiativen und Maßnahmen auf kommunaler Ebene, DSt-Beiträge zur Sozialpolitik 1986; zur Veränderung konventioneller Organisationsformen vgl. Eißel, Herausforderungen und Möglichkeiten einer kommunalen Arbeitsmarktpolitik, S. 40. 54
Vgl. Rothgang, AfK 1985, S. 225-240; Beitrag zur Stadtentwicklung 24, LHSt. Stuttgart 1987; Eine Kommune macht Arbeitsmarktpolitik, LHSt. Saarbrücken 1988. 55
Vgl. z.B. Arbeitslosigkeit und Beschäftigung in Bielefeld, Stadt Bielefeld 1985; Struktur der Sozialhilfe, Stadt Bielefeld 1987. 56 Vgl. § 190 f. AFG; Lerch, a.a.O., S. 275 ff. sowie im besonderen Sund, a.a.O., S. 500 f.; Rauch, Kommunale Arbeitsmarktpolitik, S. 63-69.
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
53
II. Gibt es normative Grundlagen, aus denen lokale Beschäftigungsförderung herzuleiten ist? 1. Zum Recht auf Arbeit Nach wie vor ist der Freiheitsbegriff für die Auslegung in Artikel 12 Abs. 1 GG entscheidend. Er bestimmt die dem Gesetz durch das Grundrecht gezogenen Grenzen und enthält Kriterien für den Gesetzgeber, der Arbeit und Beruf auch der abhängig Arbeitenden schützen will. Weitergehende Versuche, dem Freiheitsrecht verfassungsrechtliche Schutzpflichten zu entnehmen, um die Asymmetrie des staatsgerichteten Freiheitsrechtes auszugleichen, stoßen auf grundsätzliche Bedenken1. Es ist zu fragen, wo die Grenzen des Freiheitsrechtes die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit berühren. Unter dem Schlagwort eines Rechts auf Arbeit wird in der juristischen Diskussion sehr viel verstanden2. Vor allem wird die Frage diskutiert, ob eine verfassungsrechtliche Verpflichtung des Staates besteht, jedem einen - möglichst angemessenen - Arbeitsplatz zu verschaffen 3. Es besteht weitgehend Einigkeit darin, daß eine solche Verpflichtung im Sinne einer strikten, mit einem subjektiven Erfüllungsanspruch des einzelnen korrespondierenden Rechtspflicht des Staates nicht denkbar ist; ein solches Recht gewährt das Grundgesetz nicht4. Nahezu allgemein wird die Auffassung vertreten, daß eine absolute, uneingeschränkte Verpflichtung des Staates von vornherein unerfüllbar wäre, und vielfach ist man ferner der Auffassung, daß ordnungspolitisch eine volle Verwirklichung gar nicht wünschbar wäre5. Die Verpflichtung des Staates kann nicht soweit reichen, die ökonomische und ordnungspolitische Vernunft preiszugeben und etwa der Vollbeschäftigung in Abweichung von der Rangbestimmung des Stabilitätsgesetzes6 absolute Priorität zu verleihen7.
1
Pietzcker, NVwZ 1984, S. 550.
2
Ders., S. 556 m.w.N.
3
Zöllner, DJT 1978, S. 91 ff. m.w.N.; Scholz, in: Maunz/Dürig, 44 ff. 4
Pietzcker, S. 93.
Art. 12, Rdnr.
NVwZ 1984, S. 556; Papier, DVB1. 1984, S. 811; Zöllner, DJT 1978,
5
Vgl. dazu im einzelnen die Nachweise bei Zöllner, DJT 1978, S. 92; Pietzcker, NVwZ 1984, S. 556. 6
StabG - Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft vom 8.6.1967 (BGBl. I S. 582).
54
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Eine andere Frage ist, dem Staat de constitutione lata oder jedenfalls de constitutione ferenda die Verantwortung für einen hohen Beschäftigungsstand zu übertragen, ob es also eine Staatszielbestimmung der Schaffung und Erhaltung eines hohen Beschäftigungsstandes und der angemessenen Verteilung der vorhandenen Arbeit gibt oder geben sollte. Die Sachverständigenkommission Staatszielbestimmungen / Gesetzgebungsaufträge empfahl eine diesbezügliche ausdrückliche Ergänzung des Grundgesetzes, allerdings ohne in Formulierung und Standort innerhalb des Grundgesetzes Einigkeit zu erzielen8. Bereits das geltende Verfassungsrecht verpflichtet den Staat, für einen hohen Beschäftigungsstand zu sorgen. Dies folgt aus der Staatszielbestimmung der Sozialstaatlichkeit nach Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG 9 , einschließlich der staatlichen Verantwortung für das „gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht" nach Art. 109 Abs. 2 GG 10 . Das Sozialstaatsprinzip begründet den staatlichen Auftrag zur Sozialgestaltung und überträgt ihm damit auch die Aufgabe, in der Wirtschafts-, Sozial-, Finanzund Haushaltspolitik den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen. Art. 109 Abs. 2 GG konkretisiert in seiner Begrenzung auf die „Haushaltswirtschaft" von Bund und Ländern nur diesen allgemein sozialstaatlichen Verfassungsauftrag 11. Der Auftrag zur „Gleichgewichtsvorsorge" bindet die Politik verfassungsrechtlich umfassender in Bund, Länder und Gemeinden und impliziert die Wahrung bzw. Wiederherstellung eines hohen Beschäftigungsstandes. Allerdings ist dieser eingebettet in den umfassenden Gesamtauftrag zur Wahrung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts und daher mit den weiteren Teilzielbestimmungen, wie z.B. dem Ziel der relativen Preisstabilität, des angemessenen Wirtschaftswachstums und des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts12 in eine ausgewogene Abstimmung zu bringen. Letztlich wird somit auch mit der Erwähnung der Vollbeschäftigung als Ziel des AFG durch den einfachen Gesetzgeber kein Recht auf Arbeit eingeführt. § 1 AFG gibt dem einzelnen keinen klagbaren Anspruch 13.
7
Zöllner, DJT 1978, S. 93; Papier, DVB1. 1984, S. 811.
8
Sachverständigenkommission Pietzcker, NVwZ 1984, S. 556. 9
1983, S. 67 ff.; vgl. auch zur Staatszielbestimmung
Vgl. dazu B.IV.2.
10
Vgl. auch Scholz, in: Maunz/Diirig,
11
Papier, DVB1. 1984, S. 811.
12
Vgl. § 1 StabG.
13
Knigge ! Ketelsen ! Marschall ! Wittrock
Art. 12, Rdnr. 45.
1984, § 1, Anm. 10.
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
55
2. Die Verpflichtung der Gemeinden zur Konjunkturpolitik aus Art. 28 Abs. 2 GG Ob aus Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, der institutionellen Garantie 14 des Grundgesetzes für die kommunale Selbstverwaltung, auch eine Verpflichtung zu kommunaler Konjunkturpolitik abgeleitet werden kann, und welche Ziele nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG insoweit immanent sind, kann nur über die Auslegung der Allzuständigkeitsformel: „Alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze zu regeln" interpretiert werden. Der Gesetzgeber hat durch §§ 16, 23, 1 StabG i.V.m. Art. 109 GG, landesrechtlich übertragen durch § 77 Abs. 1 S. 1 GO BW, den Gesetzesvorbehalt des Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG hinsichtlich der Verpflichtungen der Gemeinde in der Konjunkturpolitik ausgefüllt.
2.1. Die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft
2.1.1. „Örtliche Angelegenheiten" nach der Rechtsprechung des BVerfG sind solche, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben und von der örtlichen Gemeinschaft eigenverantwortlich und selbständig bewältigt werden15. Damit hat das BVerfG den Auslegungsgegenstand erweitert. Zunächst ging man unter dem Kriterium der Kompetenzabgrenzung von einer räumlichen Begrenzung der Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft aus16. Die Auslegung des BVerfG läßt die notwendige Erweiterung zu, den Gemeinden Wahrnehmungskompetenzen, das heißt Alleinentscheidungs- oder Mitspracherechte, überall dort einzuräumen, wo die Erfüllung von Aufgaben für die örtliche Gemeinschaft unmittelbare Bedeutung hat, auch wenn diese Aufgaben zugleich von überörtlicher Bedeutung sind17.
14
Blilmel, Wesensgehalt und Schranken des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, S. 266. 15
BVerfGE 8, 122 (134); 50, 195 (201); 52, 95 (120).
16
Stern, in: Bonner Grundgesetz, Art. 28, Rdnr. 86; Bliimel, Wesensgehalt und Schranken des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, S. 271 m.w.N. 17
Roters, in: Grundgesetz-Kommentar, Art. 28, Rdnr. 40.
56
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Diese Auslegung findet auch Anerkennung im Schriftum. Von Mutius stellt zutreffend heraus18, daß der Begriff der Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft sowohl den Bezug zur Örtlichkeit als auch denjenigen zur Gemeinschaft voraussetzt. Die Aufgabe muß nicht nur örtlich verwurzelt sein, sondern sie muß sich auch innerhalb des Leistungsvermögens (Verwaltungs- und Finanzkraft) der Gemeinschaft halten19. Diese beiden Erfordernisse kommen in den zitierten Formulierungen des BVerfG zum Ausdruck. Damit sind jedoch nur wenige Eckpunkte für die Auslegung des Merkmals der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft vorgegeben. Was dieses Merkmal im einzelnen konkret bedeutet, das heißt, welche Aufgaben zu diesen Angelegenheiten gehören, ist oft höchst streitig 20. Die meisten Aufgaben haben einen Bezug sowohl zur örtlichen als auch zur überörtlichen Gemeinschaft. Näheres dazu hat das BVerfG bisher nicht angegeben und keine faßbareren, abstrakten Kriterien genannt21. 2.1.2. Das BVerwG hat sich im sogenannten „Rastede"-Urteil mit diesen verfassungsrechtlichen Fragen der Aufgabenabgrenzung grundsätzlich auseinandergesetzt22. Die Gemeinde Rastede hatte mit dem Ziel geklagt, ihrem Antrag auf Rückübertragung der Abfallbeseitigung in ihrem Gemeindegebiet zu entsprechen. Dies veranlaßte das BVerwG, im Rahmen der Prüfung der Rechtmäßigkeit (Verfassungsmäßigkeit) der Abfallbeseitigungsregelung nach dem Nds. Ausführungsgesetz zum Abfallbeseitigungsgesetz 23 grundlegende Aussagen zur verfassungsmäßigen Garantie kommunaler Selbstverwaltung zu treffen. Im Hintergrund dieser Entscheidung steht ein Verlagerungsprozeß kommunaler Aufgaben auf den Staat und innerhalb des kommunalen Bereiches selber24. Immer mehr werden Selbstverwaltungsangelegenheiten durch die Gesetzgeber in Bund und Land zu sogenannten Pflicht18
von Mutius, Örtliche Aufgabenerfüllung, S. 227-263.
19
Ders., S. 245 f.
20
Th. Clemens, StädteT 1986, S. 262.
21
BVerfGE 8, 122 (134); vgl. auch Knemeyer, Die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Selbstverwaltungsrechts der Kommunen, S. 221. 22 Vorrangig zwischen kreisangehörigen Gemeinden und Kreisen, BVerfGE 67, 321; BVerwG vom 4.8.1983 - 7 C 2/81 = DVB1. 1983, S. 1152 ff. = NVwZ 1984, S. 176 ff.; dazu von der Mühlen, StädteT 1984, S. 464-468. 23
Nds. AG ABfG v. 9.4.1973, Nds. GVB1. 1973, S. 109 f.
24
Blümel, VerwArch. 1984, S. 254 f.
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
57
aufgaben oder zu Auftragsangelegenheiten umgestaltet mit der Wirkung, daß sich die Kommunen ganz ober überwiegend mit der Wahrnehmung übertragener Aufgaben befassen müssen und ihr kommunaler Handlungs- und Entfaltungsspielraum eingeschränkt wird 25. Daneben besteht ein Wanderungsprozeß von unten nach oben auch innerhalb des kommunalen Bereichs. Diese gelegentlich als „stille Aufgabenwanderung von unten nach oben"26 bezeichnete Übertragung ureigenster kommunaler Aufgaben muß zwangsläufig zu einer Verwaltungsentwicklung führen, die an die Grenzen der Garantie kommunaler Selbstverwaltung stößt27. Die Rechtsprechung vor dem „Rastede"-Urteil sieht die Selbstverwaltung für die Gemeinden in Art. 28 Abs. 2 GG als institutionell garantiert an, weshalb gesetzliche Beschränkungen den Kernbereich oder Wesensgehalt dieser Garantie nicht antasten dürfen 28. Das BVerwG tritt in der „Rastede"-Entscheidung der Auffassung des OVG Lüneburg 29 bei, wonach die Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG als interkommunale Kompetenzabgrenzungsnorm angesehen wird sowie, daß es eine Gewährleistung für einen unantastbaren Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung geben muß30. Um die Reichweite der Selbstverwaltungsgarantie im übrigen nicht beliebig der Willensentscheidung des Gesetzgebers zu überlassen, zog das BVerfG bereits früher den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und das Erforderlichkeitsprinzip heran, um so den aus Art. 28 Abs. 2 GG folgenden Beschränkungen Rechnung tragen zu können31. Im unmittelbaren Vorfeld der „Rastede"-Entscheidung findet sich eine gemeindefreundliche
25
von Mutius, DJT 1980, S. 66 ff.; Schmidt-Jortzig,
26
BVerwG, NVwZ 1984, S. 176; Knemeyer, DVBl. 1976, S. 766 ff. 27
DÖV 1981, S. 396 m.w.N.
DVB1. 1984, S. 24; Pappermann,
Brühl, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 126 C, S. 708 m.w.N.
28
BVerfGE 56, 298 ff. m.w.N. - Flughafen Memmingen; BVerfG, DÖV 1982, S. 448 (449) - Änderung eines Gemeindenamens. 29
DVBl. 1980, S. 81 = DÖV 1980, S. 417-419.
30
BVerwG, NVwZ 1984, S. 176; S. 7 der Urteilsausfertigung v. 4.8.1983 - 7 C 2/81 unter Berufung auf BVerfGE 22, 180 (205) = BayVBl. 1967, 343 (345). 31
BVerfGE 56, 298 (313, 315 f.) unter Bezugnahme auf E 26, 228 (241) und ferner BVerfG, DVBl. 1982, S. 27 (29) - Wasserversorgungsbeschluß = NVwZ 1982, S. 306 ff. = JZ 1982, S. 288 ff. = JuS 1983, S. 61 ff.; Brühl, a.a.O., S. 708 mit weiteren Einzelheiten.
58
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Rechtsprechung32 wie das „Rastede"-Urteil der Vorinstanz, dem OVG Lüneburg, das sich mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Übertragung der Abfallbeseitigung von den Gemeinden auf die Kreise beschäftigt 33. Darin wird aus der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG begründeten Allzuständigkeit der Gemeinden für „alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" geschlossen, daß in Selbstverwaltungsangelegenheiten ein Subsidiaritätsgrundsatz 34 zugunsten der kreisangehörigen Gemeinden verfaßt sei35. Die weitere Auseinandersetzung dazu mag hier im Zusammenhang mit der Beschäftigungsförderung dahinstehen. Bemerkenswert ist vielmehr, daß das OVG Lüneburg diese Aufgabenübertragung auf die Kreise im Rahmen des allgemeinen Verfassungsgrundsatzes der Verhältnismäßigkeit nochmals an dem zu beachtenden Subsidiaritätsgrundsatz prüft und damit das Verhältnismäßigkeitsprinzip im Sinne des gemeindefreundlichen Subsidiaritätsprinzips versteht 36: Gemeindliche Selbstverwaltungsaufgaben dürfen danach nur dann „nach oben" verlagert werden, wenn sich dies als unerläßlich erweise37. Das BVerwG schloß sich dieser für die Gemeinden positiven Interpretation des Art. 28 Abs. 2 GG jedoch nicht an. Zwar bestätigte es die Selbstverwaltungsgarantie als Schutz der Gemeinden auch im interkommunalen Bereich 38 mit Hilfe der Kernbereichslehre und wandte den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als weitere Regelungsschranke an, aber seine Anwendung im Sinne eines strikten Subsidiaritätsprinzips lehnte es ab39. Vielmehr billigte es dem Gesetzgeber einen weitergehenden Ge-
32 „Düren"-Urteil des VerfGH NW, DÖV 1980, S. 691 ff. (m. Anm. von Blümel) = DVB1. 1981, S. 216 ff. 33
S. Fußn. 29.
34
Bliimel f DÖV 1980, S. 694 ff.; Knemeyer, NJW 1980, S. 1146; ders., DVB1. 1984, S. 27; gegen ein Subsidiaritätsprinzip im Sinne einer verfassungsrechtlichen Vorgabe Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 581 ff.; Weides, NVwZ 1984, S. 155; Papier, DVB1. 1984, S. 456; Püttner, DVB1. 1983, S. 716. 35
Vgl. auch „Düren"-Urteil, s. Fußn. 32; Brühl, a.a.O., S. 710.
36
Papier, DVB1. 1984, S. 454.
37
OVG Lüneburg, DÖV 1980, S. 418. Der StGH BW hebt bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung darauf ab, daß die Rückübertragung der Aufgaben auf die Gemeinden vorgesehen war, ESVGH 28, 1 ff.; vgl. auch VGH BW, BWVPr. 1979, S. 16 ff.; dazu auch OVG Lüneburg, DÖV 1980, S. 419. 38
Anders noch Roters, in: Grundgesetz-Kommentar, Art. 28, Rdnr. 63.
™ Brühl, a.a.O., S. 711.
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
59
staltungs-, Beurteilungs- und Typisierungsspielraum zu, um so eine „bestmögliche Aufgabenerfüllung zu verwirklichen" 40. Darüber hinaus führt das BVerwG in seinen Gründen aus, daß der in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG garantierte Kernbereich gemeindlicher Selbstverwaltung kein ein für allemal feststehendes Aufgabenfeld umfassen kann. Dabei soll das „Örtlichkeits"-Kriterium durch die Merkmale Effizienz und Leistungsfähigkeit aufgefüllt werden: „Denn "Örtlichkeit" als kompetenzbegründendes und kompetenzwahrendes Merkmal wird von den Anforderungen beeinflußt, welche an die Art und Weise des Aufgabenvollzugs im Hinblick auf die Notwendigkeiten des modernen Sozial- und Leistungsstaates, der ökonomischen Entwicklung und der ökologischen Vorsorge gestellt werden müssen". Bei dieser Definition wird wegen der darin liegenden Dynamik eine „stille Aufgabenwanderung von unten nach oben" beobachtet, bei der der damit verbundenen Gefahr für die kommunale Selbstverwaltung nur durch eine inhaltliche Erweiterung ihres Schutzbereiches begegnet werden kann. Ansonsten schirmt die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung gegen unzulässige, weil sachlich nicht gerechtfertigte Eingriffe in die kommunale Selbstverwaltung ab. „Jede den Kernbereich nicht antastende gesetzliche Zuständigkeit muß also zureichende Gründe in dem Sinne haben, daß sie im Hinblick auf die Funktion der Garantie ausreichend legitimiert und damit verhältnismäßig erscheint" 41. 2.1.3. Die „Rastede"-Entscheidung des BVerwG hat in zahlreichen Rezensionen Zustimmung und Widerspruch gefunden 42. Dabei überwiegt die Kritik am Urteil die die Entscheidung befürwortenden Stimmen43. Während sich Weides in vollem Konsens mit dem Urteil befindet 44, begrüßt Wagener in seiner Urteilsanmerkung 45, daß das BVerwG dem Landesgesetzgeber dann, wenn er ein flächendeckendes System kommunaler Aufgabenerfüllung haben will, zugesteht, sich immer nur an Durchschnittsgrößen und Durchschnittsleistungsfähigkeiten zu orientieren. 40
BVerwG, DVBl. 1983, S. 1155 ff.
41
Zitate nach S. 8 der Urteilsausfertigung v. 4.8.1983.
42
Th. Clemens, StädteT 1986, S. 262 f; besonders von der Mühlen, StädteT 1984, S. 466 ff. m.w.N.; ders., StädteT 1984, S. 660-662. 43
von der Mühlen, StädteT 1984, S. 466; vgl. auch Brühl, a.a.O., S. 712.
44
Weides, NVwZ 1984, S. 155-157.
45
Wagener, DÖV 1984, S. 168-170.
60
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Papier stellt fest 46, daß das BVerwG von einem Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers vor allem im Hinblick auf die Erforderlichkeit der Aufgabenüberwälzung ausgeht. Ob eine Aufgabe aus der „lokalen Örtlichkeit" herausgewachsen sei und besser auf der Kreisebene wahrgenommen werde, wird also offenbar einer Einschätzungs- oder Beurteilungsprärogative des Gesetzgebers überantwortet, dem insoweit ein sicherlich begrenzter - Prognosespielraum zukommt. Hassel meint47, das BVerwG habe die Gelegenheit nicht genutzt, mit der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Kernbereichstheorie, die er für untauglich hält, aufzugeben. Eindeutig kritisch stehen auch Hofmann 48 und Richter 49 den Deduktionen des BVerwG gegenüber. Vor allem Hofmann kritisiert, daß bei der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zum Schutze gegen Aufgabenübertragungen, die außerhalb des Kernbereichs liegen, ausschließlich auf die „Eignung" abgestellt wird. Die wohl massivste Kritik erfährt das Urteil des BVerwG bei Blümel 50 und Knemeyer51. Blümel verweist zu Recht darauf, daß, wenn das Gericht den Begriff der „örtlichen Gemeinschaft" nicht raumbezogen auffasse, es auf der anderen Seite nicht davon sprechen dürfe, daß „Örtlichkeit" die Qualität eines kompetenzbegründenden und kompetenzwahrenden Merkmals habe. Hilfskonstruktionen, wie der Begriff „lokale Örtlichkeit" führten dann auf die schiefe Ebene nicht mehr verfassungskonformer Interpretation. Knemeyer wiederum rügt die fehlende Abgrenzung zwischen örtlichen und überörtlichen Angelegenheiten, da das Gericht dem Begriff der Örtlichkeit nicht den Komplementärbegriff der Überörtlichkeit zur Seite stellt, sondern eine Differenzierung zwischen lokaler Örtlichkeit und übergemeindlicher Örtlichkeit versucht52.
46
Papier, DVBl. 1984, S. 453-457.
47
Hassel, VR 1984, S. 145-152.
48
J. Hofmann, BayVBl. 1984, S. 289-296.
49
Vgl. G. J. Richter, Verfassungsprobleme der kommunalen Funktionalreform, S. 62 ff. 50
Blümel, VerwArch. 1984, S. 197 ff.; vgl. auch Brühl, a.a.O., S. 709.
51
Knemeyer, DVBl. 1984, S. 23-29.
52
DersDVBl.
1984, S. 24.
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
61
Die in der Entscheidung des BVerwG befürwortete Abgrenzung nach organisatorischer oder wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit53 würde das in Art. 28 Abs. 2 GG verankerte Abgrenzungsmerkmal „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" preisgeben. Demgemäß ist diese Entscheidung insoweit abzulehnen54. Sie steht jedoch der Verpflichtung der Gemeinden zur konjunkturpolitischen Verantwortung als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft nicht entgegen. 2.1.4. Die gegen die Revisionsentscheidung des BVerwG angestrengte kommunale Verfassungsbeschwerde blieb inzwischen zwar im Ergebnis ohne Erfolg 55, aber das BVerfG äußerte sich ausgesprochen selbstverwaltungsfreundlich. Im Einklang mit OVG und BVerwG geht das BVerfG davon aus, daß der Gesetzesvorbehalt, den Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG ausspricht, nicht nur die Art und Weise der Erledigung, sondern ebenso die gemeindliche Zuständigkeit für die Angelegenheiten erfaßt 56. Nach übereinstimmendem Normverständnis der Gerichte ist dem gesetzlichen Zugriff jedoch derjenige Bereich an Selbstverwaltungsaufgaben entzogen, der zum sogenannten Kernbereich oder auch Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung zählt57. Die Gerichte sind sich weiter darin einig, daß gesetzliche Einschränkungen jenseits des sogenannten Kernbereichs, also in dem der gesetzlichen Ausgestaltung grundsätzlich zugänglichen Randbereich 58, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 59 gemessen werden müssen60.
53 BVerwGE 67, 321 = NVwZ 1984, S. 176 ff. = DVB1. 1983, S. 1152 ff.; ebenso auch Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, insbesondere S. 143, 167 f.; auch S. 137; vgl. ferner S. 22-26, 70-75, 80-83, 95-100, 112 f.; Pappennann, DÖV 1975, S. 181; Roters, Kommunale Mitwirkung an höherstufigen Entscheidungsprozessen, S. 30-35. 54
Auch Th. Clemens, StädteT 1986, S. 262.
55
BVerfG, DVB1. 1989, S. 300 ff. = NVwZ 1989, S. 347 ff. = BWGZ 1989, S. 262 ff.; dazu Gemeindedirektor Ullrich aus Rastede, BWGZ 1989, S. 258-260. 56
BVerfG, DVB1. 1989, S. 301 = BWGZ 1989, S. 264.
57
BVerfG, DVB1. 1989, S. 301 = BWGZ 1989, S. 265.
58
Schmidt-Jortzig,
59
Dazu auch Hassel, VR 1984, S. 145 ff.; J. Hofmann, BayVBl. 1984, S. 289 ff.
60
Kommunalrecht, Rdnr. 517.
OVG Lüneburg, DÖV 1980, 417 (418); BVerwGE 67, 321 (323); BVerfG, DVB1. 1989, S. 300 (304) = BWGZ 1989, S. 262 (265); vgl. auch Frers, DVB1. 1989, S. 452.
62
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Entscheidend sind jedoch die Feststellungen des BVerfG, daß zum Wesensgehalt der gemeindlichen Selbstverwaltung kein eigenständlich bestimmter oder nach feststehenden Merkmalen bestimmbarer Aufgabenkatalog, sondern die Befugnis gehört, sich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, die nicht durch Gesetz bereits anderen Trägern öffentlicher Verwaltung übertragen sind, ohne besonderen Kompetenztitel anzunehmen61 — die sogenannte Universalität des gemeindlichen Wirkungskreises 62. Wenn das Gericht ferner feststellt, daß nach Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zur Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft alle diejenigen Bedürfnisse und Interessen gehören, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben63, so kann mit dieser Entscheidung durchaus die Beschäftigungsförderung der Gemeinden als Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft begründet werden. Aus dem Beschluß des BVerfG ist zu folgern, daß der die Aufgabenzuständigkeiten regelnde Gesetzgeber künftig im Bereich von Selbstverwaltungsaufgaben den grundsätzlichen Zuständigkeitsvorrang der Gemeinden für alle Angelegenheiten mit relevantem örtlichen Bezug in seiner Entscheidung zu berücksichtigen haben wird 64. Wenn er sich dieser Maßgabe des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG bewußt ist und nicht versucht, bei dieser verfassungsgerichtlich zugestandenen Einschätzungsprärogative65 und Beschränkung auf eine Vertretbarkeitsprüfung bis an die Grenzen zu gehen, hat der Beschluß des BVerfG sicherlich zu einer Stärkung der Gemeinden geführt 66. Für die Beurteilung, ob und inwieweit Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft vorliegen, kommt es nicht darauf an, ob die Gemeinden diese Angelegenheiten eigenverantwortlich und selbständig bewältigen können. Die Verwaltungs- und Finanzkraft der Gemeinden ist deshalb nicht maßgeblich67.
61
Leitsatz 2 in BVerfG, DVBl. 1989, S. 300 = BWGZ 1989, S. 262.
62
BVerfG, DVBl. 1989, S. 301 = BWGZ 1989, S. 265.
63
BVerfG, DVBl. 1989, S. 303 f. = BWGZ 1989, S. 266.
64
von Mutius, Städte- und Gemeindebund 1989, S. 301; auch Frers, DVBl. 1989, S. 452. 65
Zum Begriff Wolff /Bachof Verwaltungsrecht I, § 31 I c 4.
66
Ullrich, BWGZ 1989, S. 258 ff.; kritisch von Mutius, Städte- und Gemeindebund 1989, S. 299. 67
Fr er s, DVBl. 1989, S. 452.
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
63
2.2. Die „Angelegenheit" Konjunkturpolitik
Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG billigt den Gemeinden im Rahmen des arbeitsteiligen Prozesses der Erledigung öffentlicher Aufgaben auch im Bereich der Konjunkturpolitik Spielraum zu, denn Belange der örtlichen Gemeinschaft werden den Konjunkturverlauf vielfach beeinflussen. Die typischen Aufgabenfelder der kommunalen Selbstverwaltung können, bis auf die Rechtsetzungsbefugnis, durchweg als konjunkturabhängig bzw. -beeinflußt angesehen werden: -
in der Daseinsvorsorge erfordert Wirtschaftswachstum die notwendige Infrastruktur; bei der Planungshoheit braucht Wirtschaftswachstum Gewerbeansiedlung/-gebiete; im Rahmen der Finanzhoheit beeinflußt die Einnahme- und Ausgabepolitik die Konjunktur durch Investitionen, Kreditaufnahmen u.ä.; bei der Steuerhoheit beeinflussen die Grund- und Gewerbesteuern sowie andere Kommunalsteuern die Ansiedlung; bei der Personalhoheit beeinflußt der Arbeitgeber die örtliche Beschäftigungsquote; im Rahmen der Organisationshoheit wird die Organisation einer Gemeindeverwaltung durch den Aufgabenzuwachs bei Wirtschaftswachstum beeinflußt.
-
-
Örtliche Arbeitsmarktpolitik oder Beschäftigungsförderung sind als „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft" keineswegs getrennte Aufgabenbereiche. Wirksame Maßnahmen einer aktiven Beschäftigungsförderung sollen nicht nur zentral definiert, sondern sie müssen in Reaktion auf die höchst unterschiedlichen lokalen und regionalen Probleme und Möglichkeiten von einer fachlich kompetenten und engagierten Lokalverwaltung entwickelt werden68. Insofern rechnet Roters Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftsförderung nach den Zielen des § 1 StabG zu den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im weiteren Sinne69, wobei er über Püttner 70 und von Mutius 71 hinausgehend, Wirtschafts-
68
Schmidt-Jortzig (Kommunalrecht, Rdnr. 535 f.) spricht in ähnlichem Zusammenhang von „faktischen Wahrnehmungspflichten" und einem „Initiativzwang aus politischen Gründen". 69
Roters, in: Grundgesetz-Kommentar, Art. 28, Rdnr. 42b, 42d.
70
Püttner, Besonderes Verwaltungsrecht, S. 146.
71
von Mutius, DJT 1980, S. 152.
64
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
förderung nicht als „Kirchturmpolitik", sondern als Wahrnehmung kommunaler Wirtschaftsinteressen innerhalb einer arbeitsteilig gegliederten regionalen Funktionseinheit sieht. Nach Roters wären die Gemeinden aus Art. 28 Abs. 2 GG also sogar zu einer regionalen Konjunkturpolitik verpflichtet, soweit sie kommunalen Interessen diente. Diese Folge kann durchaus im Einklang mit der sich abzeichnenden Ausdehnung der „örtlichen Angelegenheiten" stehen. Mit dieser Begründung sollte die Beschäftigungsförderung deshalb als „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft" im Sinne von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG verstanden werden.
3. Art. 109 GG Die Einbeziehung der kommunalen Ebene in die staatliche Konjunkturpolitik wurde erstmals 1967 haushaltsrechtlich verankert 72. Ob durch die Änderung von Art. 109 GG im Jahre 1969 die Einbeziehung aufgehoben und erst mit Inkrafttreten des neuen § 77 Abs. 1 Satz 2 der Gemeindeordnung BW zum 1. Januar 1974 wieder rechtsverbindlich festgelegt wurde, ist umstritten. Aus dem Auftrag in Art. 109 Abs. 2 GG an Bund und Länder, bei ihrer Haushaltswirtschaft den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen, könnte eine unmittelbare verfassungsrechtliche Inpflichtnahme dieser Adressaten folgen 73. Die in Art. 109 Abs. 3 GG enthaltene Ermächtigung zur Grundsatzgesetzgebung für das Haushaltsrecht, für eine konjunkturgerechte Haushaltswirtschaft und für eine mehrjährige Finanzplanung umfaßt allerdings auch die kommunale Ebene74, da es sich bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden, wie sich bereits aus der systematischen Stellung der Garantienorm des Art. 28 Abs. 2 GG im II. Abschn. des GG (Der Bund und die Länder), aber auch aus dem zur Verdeutlichung in den Verfassungstext eingefügten Art. 106 Abs. 9 GG ergibt, um in staatsrechtlicher Sicht den Ländern zuzuordnende Korporationen 75 handelt. Danach ist es grundsätzlich Sache der Länder, Vorschriften über die kommunale Haushaltswirtschaft aufzustellen, jedoch können bei einer verfassungsrechtlichen Absicherung, wie sie unbestrittenermaßen von 1967 bis 1969
72
Kunze/Bronner/Katz/von
73
Tettinger,
74
Zweifelnd Möller 1969, Art. 109, Rdnr. 12.
75
Tettinger,
Rotberg, § 77 Rdnr. 20.
in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 120 D, S. 442. a.a.O., S. 442.
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
65
bestand, die Gemeinden unmittelbar durch Bundesrecht verpflichtet werden76. Da nach den Gesetzesmaterialien dieser Rechtszustand 1969 beibehalten werden sollte, und auch bei einer an Sinn und Zweck des Art. 109 Abs. 2 GG i.d.F. von 1969 orientierten Interpretation die §§ 16, 1 StabG uneingeschränkt weiter gelten sollten, ist die verfassungsrechtliche und gesetzliche Inpflichtnahme der kommunalen Ebene seit 1967 ohne Unterbrechung geltendes Recht. Seit dem Inkrafttreten des § 77 Abs. 1 S. 2 GO BW zum 1.1.1974 kommt dieser Streitfrage allerdings keine praktische Bedeutung mehr zu77. Danach hat § 77 Abs. 1 GO BW keine konstitutive Bedeutung, greift vielmehr die bereits nach Art. 109 GG i.V.m. § 16, 1 StabG unmittelbar geltende Regelung auf und bestätigt sie landesrechtlich. Baden-Württemberg erfüllt damit seine Verpflichtung aus § 16 Abs. 2 StabG und faßt alle für die kommunale Haushaltswirtschaft bedeutsamen Grundsätze in § 77 GO BW zusammen78.
4. Die konjunkturpolitische Verpflichtung der Gemeinden 4.1. Eine theoretische Begründung der lokalen oder kommunalen Beschäftigungspolitik fehlt ebenso wie eine systematisch erkennbare oder einordenbare kommunale Arbeitsmarktpolitik 79. Insofern kann ebenso von arbeitsmarktorientierter kommunaler Wirtschaftspolitik wie - vorsichtiger — von kommunaler Beschäftigungsförderung gesprochen werden. Die Diskussion wird vor allem von der Praxis bestimmt, von ihren Problemanalysen ebenso wie von ihren Lösungsansätzen. Kommunale Verwaltung und Parlamente reagieren auf den Problemdruck, „dessen Ablösung durch andere sie nicht erwarten und sie reagieren vielfach ,vorläufig', in der Spekulation auf Konsolidierung und Finanzierung von Lösungen durch künftige Regelungen zugunsten einmal eingeleiteter Prozesse und Entwicklungen"80.
76
Kunze ! Bronner/Katz/
von Rotberg, § 77, Rdnr. 20.
77
Ganz h.M., vgl. Maunz, in: Maunz/DUng , Art. 109, Rdnr. 22; Böckenförde, DÖV 1969, S. 744; Rauschning, DÖV 1987, S. 9 ff. 78
Zur Vereinbarkeit mit Art. 28 Abs. 2 GG vgl. Möller 1969, § 16, Rdnr. 4.
79
Sund, Kommunale Beschäftigungspolitik, S. 481.
80
Ebenda.
66
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Unter Beschäftigungspolitik wird jener Teil der Wirtschaftspolitik verstanden, der darauf gerichtet ist, ein möglichst hohes Beschäftigungsniveau zu erreichen 81. Beschäftigungspolitik ist damit auch eine Politik, die auf die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit abzielt. Als staatliche Wirtschaftspolitik kann sie diese Ziele innerhalb eines gegebenen Ordnungsrahmens - wie beispielsweise Tarifhoheit der Sozialpartner - anstreben oder aber den Ordnungsrahmen selbst zur Disposition stellen. In diesem Sinne richtig verstandene Beschäftigungspolitik kann nicht immer mit Konjunkturpolitik gleichgesetzt werden, wenngleich sie in engem Zusammenhang mit ihr steht. Konjunkturpolitik hebt stärker auf kurz- bis mittelfristige Zeiträume ab, als es die Beschäftigungspolitik tun muß, um Wirkungen zu erzielen. Konjunkturpolitik strebt zudem die Beeinflussung von mehreren gesamtwirtschaftlichen Größen an, unter denen die Beschäftigung lediglich eine ist, spielt aber insofern eine ausschlaggebende Rolle, als es um die konjunkturpolitische Inpflichtnahme der Gemeinden geht82. 4.2. Unter Konjunkturpolitik werden die Maßnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden zur Bekämpfung von Konjunkturschwankungen verstanden83. § 1 StabG umreißt Inhalt und Ziel der Konjunkturpolitik und bezieht einen hohen Beschäftigungsstand ausdrücklich ein84. Diese Verpflichtung anerkennt auch § 77 Abs. 1 S. 2 GO BW 85 . Das StabG gründete ausdrücklich auf dem bestehenden marktwirtschaftlichen System als geltender Wirtschaftsordnung. Es stellt auf die Gleichrangigkeit der genannten Ziele ab . Da aber diese Ziele zum
81
G. Graf VR 1985, S. 431.
82
Vgl. § 77 GO BW; Kunze /Bronner/Katz
/ von Rotberg, § 77, Rdnr. 19 ff.
83
Vgl. Stern, DJT 1968, S. 13 m.w.N. Danach ist Konjunkturpolitik die Schwankung wirtschaftlicher Gesamtgrößen wie Sozialprodukt, Beschäftigungsstand und Preisniveau. Die Steuerung ihrer durch die Konjunkturtheorie festgestellten Bewirkungsgrößen, ihre Faktoren, Gesetzlichkeiten, Bedingungen und Einflußnahmen ist Aufgabe der Konjunkturpolitik. Zu den wesentlichen Problemen der Konjunktursteuerung vgl. dens., S. 9; Übersicht der konjunkturpolitischen Mittel, vgl. Albuschkat, Verw. 1978, S. 183. 84
Niedrige Arbeitslosenquote und Auslastung der übrigen Produktionsfaktoren, vgl. Möller 1969, § 1 Rdnr. 10; ferner Stern, DJT 1968, S. 21 f. 85 86
Vgl. auch § 16 Abs. 2 StabG.
Möller 1969, § 1, Rdnr. 8; Stern ! Münch ! Hansmeyer räumen in ihrem Kommentar zum StabG den Zielen „hoher Beschäftigungsstand" und „Preisstabilität44 den Vorrang vor Wachstum" und „außenwirtschaftlichem Gleichgewicht" ein.
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
67
Teil in Konkurrenz zueinander stehen, werden sie als „magisches Viereck" gekennzeichnet. Einzelne Ziele sind miteinander vereinbar. So führt stetiges Wachstum tendenziell zu einem hohen Beschäftigungsgrad. Andere Zielsetzungen widersprechen dagegen einander und führen zu Zielkonflikten: Z.B. können starkes Wirtschaftswachstum und hoher Beschäftigungsgrad die Preisstabilität gefährden. Diese gleichzeitige Zielsetzung bedeutet nicht gleichwertig. Einem besonders gefährdeten Ziel sollte Vorrang eingeräumt werden, allerdings unter Beachtung der anderen Ziele87. Man wird davon ausgehen können, daß das StabG im Rahmen der hiermit geschaffenen Stabilisierungspolitik den konjunkturpolitischen Teil der Beschäftigungspolitik liefert 88. Damit sind wirtschaftspolitische Aktivitäten bezeichnet, die auf eine Verstetigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung zielen, so daß die vier Ziele des „magischen Vierecks" verwirklicht werden können. Wenn aber die Hauptlast für die Erreichung eines „hohen Beschäftigungsstandes" bei der allgemeinen Wirtschaftspolitik, insbesondere bei der Beschäftigungspolitik liegt, diese aber in bestimmten Problemkonstellationen an Grenzen stößt, dann dürfte auch die Arbeitsmarktpolitik überfordert sein. Dies läßt weiter folgern, daß Arbeitsmarktpolitik die Konjunktur- und Wachstumspolitik nicht ersetzen, sondern nur flankierend eingreifen kann. Formal gesehen waren die Gemeinden schon durch das StabG von 1967 für die Erreichung des Vollbeschäftigungsziels (hoher Beschäftigungsstand) (mit-)verantwortlich. Nach § 16 Abs. 1 StabG haben sie bei ihrer Haushaltswirtschaft den Zielen des § 1 StabG Rechnung zu tragen, wonach Maßnahmen zur Erhaltung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts so zu treffen sind, daß sie im Rahmen der marktwirtschaftlichen Ordnung zur genannten Zielsetzung beitragen. Die hier genannten makroökonomischen Größen sind zwar „zur Beschreibung eines Optimalzustandes tauglich, als kumulierte und partiell antinomische unbestimmte Rechtsbegriffe mit jeweils ausgedehntem gouvernementalen Beurteilungsspielraum scheiden sie aber als Maßstab für eine einzelfallbezogene Rechtskontrolle im Rahmen der Kommunalaufsicht aus"89.
87
Dazu im einzelnen Möller 1969, § 1, Rdnr. 8.
88
Seifert,
89
WSI-Studie zur Wirtschafts- und Sozialforschung 1984, 2.1., S. 21 f.
Tettinger, a.a.O., S. 443.; h.M., vgl. Kunze /Bronner /Katz / von Rotberg, § 77, Rdnr. 35; Möller 1969, § 16, Rdnr. 5; Stern, DJT 1968, S. 51; „Konjunkturpolitische Rahmenbegriffe", vgl. etwa BVerwG, NJW 1982, S. 1168 f. sowie Eisner, Gemeindehaushalte, Konjunktur und Finanzausgleich, S. 44.
68
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Voraussetzung für konjunkturpolitische Einwirkungsmöglichkeiten der Länder über die Rechtsaufsicht können nur entsprechende landesrechtliche Rechtspflichten der Gemeinden sein. Einer Konjunktursteuerung der Gemeinden über die Rechtsaufsicht sind jedoch enge Grenzen gezogen90. Ebenso wie § 1 StabG können entsprechende landesrechtliche Bestimmungen für die Gemeinden nur allgemeine Normen aufstellen und müssen unbestimmte Rechtsbegriffe mit einem weiten wirtschaftspolitischen Beurteilungsspielraum verwenden. Die Rechtskontrolle über die Beachtung derartiger Vorschriften muß den Beurteilungsspielraum der Selbstverwaltungskörperschaften respektieren, da andernfalls die Rechtsaufsicht zu einer unzulässigen Zweckmäßigkeitsaufsicht wird 91 , mit der die durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete Finanz- und Haushaltshoheit der Gemeinden unterlaufen werden könnte. Über die Rechtsaufsicht ist daher eine Konjunktursteuerung der Gemeinden kaum durchführbar 92. Da die Gemeinden in erster Linie räumlich begrenzte Ziele verfolgen, können diese, je nach Konjunkturlage, den gesamtwirtschaftlichen Erfordernissen zuwiderlaufen. Darüber hinaus ist zu bedenken, daß gesamtwirtschaftliche Rücksichtnahmen nicht von den Wählern honoriert werden, da die Leistung der Gemeinden, z.B. in Form des Verzichts auf eine kommunale Einrichtung schwerer wiegt, als ein ohnehin nicht zurechenbarer Stabilisierungserfolg. Von den Gemeinden ist daher unter den gegebenen Umständen ein freiwilliger Stabilisierungsbeitrag nicht unbedingt zu erwarten. Er hängt vom politischen Problemdruck ab. Die Einbeziehung der Gemeinden in die Stabilitätspolitik ist nur über eine Änderung der institutionellen Rahmenbedingungen möglich93. Wie das geschehen kann, wird im weiteren Verlauf der Arbeit zu diskutieren sein.
5. § 77 Gemeindeordnung Baden-Württemberg Inhaltlich deckt sich der in § 77 Abs. 1 S. 2 GO BW enthaltene Haushaltsgrundsatz, den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen, weitestgehend mit der Regelung in Art. 109 90 91
Möller 1969, § 16, Rdnr. 7.
Tettinger, § 16, Rdnr. 5.
a.a.O., S. 443; besonders Stern, DJT 1968, S. 63 f.; Möller 1969,
92
Möller 1969, § 16, Rdnr. 7; vgl. Kunze /Bronner /Katz / von Rotberg, Rdnr. 19 f., 25, 30. 93
Kock 1975, S. 95.
§77,
II. Rechtsgrundlagen lokaler Beschäftigungsförderung
69
GG i.V.m. dem StabG. Aus der Entstehungsgeschichte des § 77 GO BW kann ferner geschlossen werden, daß keine über § 16 Abs. 1 StabG hinausgehende Rechtspflicht geschaffen werden sollte94: Vielmehr sollten die allgemeinen Ziele des StabG, soweit sie auf die kommunale Ebene übertragbar und wesensmäßig anwendbar sind, gelten, insbesondere § 1 StabG. Insoweit sind § 16 Abs. 1 StabG und § 77 Abs. 1 S. 2 GO BW inhaltsgleich95.
6. Das Arbeitsförderungsgesetz Eng mit dem Thema Arbeitslosigkeit verbunden ist das AFG. Es entfaltet seine Bedeutung im Bereich der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung. Nach § 1 AFG sind die Maßnahmen nach diesem Gesetz darauf auszurichten, daß ein hoher Beschäftigungsstand erzielt und aufrechterhalten, die Beschäftigungsstruktur ständig verbessert und damit das Wachstum gefördert wird. Die Maßnahmen zur Verhütung der Arbeitslosigkeit stehen dabei im Vordergrund (z.B. durch Förderung der beruflichen Bildung nach dem AFG). Die Aufgaben nach dem AFG werden von der BA durchgeführt. Sie ist nach § 189 Abs. 1 AFG eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung96. „Arbeitsmarktpolitik" nach dem AFG ist nach Auffasung der BA weder zuständig noch finanziell wie instrumenteil in der Lage, ein gesamtwirtschaftliches Defizit von 2 bis 3 Millionen Arbeitsplätze zu beseitigen97. Nach § 3 Abs. 1 AFG obliegen der BA die Berufsberatung, die Arbeitsvermittlung, die Förderung der beruflichen Bildung, die Gewährung von berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation, die Gewährung von Leistungen zur Erhaltung von Schaffung von Arbeitsplätzen, die Gewährung von Arbeitslosen- und von Konkursausfallgeld sowie die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. Nach § 3 Abs. 4 AFG gewährt sie im Auftrag des Bundes die Arbeitslosenhilfe. Kommunalrechtliche Bezüge liegen daher nicht vor. In der Organisation und in den Organen der Bundesanstalt sind die Kommunen allerdings vertreten, vgl. § 195 Abs. 3 1. b., 2.-4. AFG. Trotz dieser Einbin-
94
LT-Drucks. 6/510, S. 23, 25.
95
Kunze/Bronner/Katz/von
96
Vgl. auch Knigge /Ketelsen /Marschau ! Wittrock
97
Vgl. BA-Sonderdrucke vom März und Mai 1988, Nr. 3 und 5, S. 728.
Roiberg, § 77, Rdnr. 21. 1984, Einleitung Anm. 22.
70
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
dung der Arbeitsverwaltung von Verbänden in die Gremien der Selbstverwaltung ergeben sich weder aus dem AFG selbst noch aus der Sonderstellung der Arbeitsverwaltung Verpflichtungen wie Verbote für eine lokale Beschäftigungsförderung durch die Städte und Gemeinden.
7. Das Bundessozialhilfegesetz Nach Art. 20, 28 GG ist die Bundesrepublik ein sozialer Rechtsstaat. Mit dem Erlaß des Bundessozialhilfegesetzes ist der Bundesgesetzgeber, der sich aus der Sozialstaatsklausel der Verfassung ergebenden Verpflichtung zur sozialen Aktivität auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge nachgekommen98. Im Mittelpunkt des Leistungsrechts steht die Hilfe in besonderen Lebenslagen. Dadurch ist seit Schaffung des BSHG eine eindeutige Schwerpunktverlagerung der kommunalen Fürsorgearbeit von der Sicherung des reinen Existenzminimums - der Hilfe zum Lebensunterhalt - zur Hilfe in besonders qualifizierten Bedarfssituationen eingetreten99. Die in Abschn. 2 des BSHG geregelte Hilfe zum Lebensunterhalt bildet mit der sogenannten laufenden Unterstützung einen Schwerpunkt. Er besteht in laufenden Leistungen, die z.T. nach festen Sätzen bemessen sind100, z.T. den tatsächlich entstandenen Aufwand berücksichtigen 101. Bedingt durch die derzeitige Arbeitsmarktsituation und durch die Reduzierung anderer Sozialleistungen nahm die Hilfe zum Lebensunterhalt in den letzten Jahren nach Zahl der betreuten Personen und finanziellem Aufwand zu102. Träger der Sozialhilfe auf örtlicher Stufe sind die kreisfreien Städte (Stadtkreise) und die Landkreise. Die Ausführungsgesetze der Länder zum BSHG bestimmen ausdrücklich, daß sie diese als Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen103. Die Bestimmung der überörtlichen Träger der Sozialhilfe hat der Bundesgesetzgeber den Ländern überlassen104.
98
Schellhorn / Jirasek /Seipp 1984, Einführung I., S. 3.
99
Dies., Einführung V., S. 8.
100
Regelsätze, vgl. § 22 BSHG.
101
Kosten der Unterkunft bei Hilfe außerhalb einer Anstalt, bzw. Übernahme des Pflegesatzes bei Hilfe in einer Anstalt, Heim oder gleichartigen Einrichtung. 102
Vgl. oben A.I.4.
103
Vgl. § 96 BSHG sowie A.I.4., § 1 AGBSHG BW.
104
Vgl. auch Schellhorn /Jirasek / Seipp 1984, § 96, Rdnr. 1-26; in Baden-Würt-
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
71
Ein direkter kommunalrechtlicher Bezug zur örtlichen Beschäftigungsförderung durch die Städte und Gemeinden kann aus dem BSHG nicht hergeleitet werden, wenngleich die Städte und Gemeinden die örtliche und sachliche Trägerschaft zu übernehmen haben. Mit der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 BSHG wird den Kommunen allerdings aufgegeben, nach Möglichkeit Arbeitsgelegenheiten zu schaffen 105.
8. Ergebnis Ein Recht auf Arbeit gibt es nach geltendem Recht nicht. Beschäftigungsförderung ist „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft" im Sinne von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. Eine theoretische Gründung der konjunkturpolitischen Inpflichtnahme der Gemeinden fehlt ebenso wie normativ bindende Zielsetzungen aus der Verfassung, dem StabG, der GO BW, dem AFG und dem BSHG.
I I I . Die Grenzen und Möglichkeiten der kommunalen Beschäftigungspolitik vor und nach dem Zweiten Weltkrieg Die Möglichkeiten einer kommunal gesteuerten Beschäftigungspolitik rückten bei den Städten erst spät ins Blickfeld. Sie hängen zusammen mit der Entwicklung der kommunalen Selbstverwaltung ab 1848, da kommunale Selbstverwaltung eine Erscheinung der politischen Entwicklung Deutschlands seit Beginn des 19. Jahrhunderts ist1. Diese Entwicklung war stärker geprägt durch soziale als durch rechtliche Veränderungen, da die industrielle Revolution in Deutschland in dieser Zeit zur vollen Entfaltung gelangte2. Dabei gewöhnte sich durch einen Prozeß der Urbanisation der größere Teil der Bevölkerung an städtische Lebensformen, wobei die Städte aller Größenordnungen wuchsen. Bevölkerungswachstum und Wanderung führten zur Landflucht einerseits und zur Zusammenballung andererseits und brachten den Städten und Gemeinden un-
temberg ist nach § 2 AGBSHG der Landeswohlfahrtsverband überörtlicher Träger der Sozialhilfe. 105
Siehe dazu C.I.
1
von Unruh, in: HkWP, Bd. I, 2. Aufl., § 5, S. 57.
2
W. Hofmann, in: HkWP, Bd. I, 2. Aufl., § 6, S. 72.
72
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
terschiedliche Probleme, in den Ballungsgebieten allerdings mit größerer sozialer Dynamik3. Während das kommunale Verfassungsrecht in der Epoche von 1848 bis 1918 in den Städten nur eine graduelle Fortentwicklung erfuhr und auf dem Lande noch deutlich hinter den gesellschaftlichen Erfordernissen zurückblieb, vollzog sich bei den kommunalen Aufgaben vor allem der Groß- und Mittelstädte eine tiefgreifende Wandlung. Die ursprünglich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begrenzte soziale Tätigkeit wurde durch ein Konzept der Wohlfahrtspflege ausgeweitet und durch die Nutzbarmachung der Industrialisierung für die technischen Belange der Städte zur umfangreichen Leistungsverwaltung umgewandelt4. Die Leistung in allen öffentlichen Angelegenheiten des Gemeinwesens geriet zunehmend in den Mittelpunkt kommunalpolitischer Aufgaben 5. Schon damals bildete die rechtliche Grundlage für die Aufnahme zahlreicher neuer Verwaltungstätigkeiten der bereits in § 108 der Preußischen Städteordnung von 1808 niedergelegte Grundsatz der Allzuständigkeit, der durch die Rechtsprechung im Kaiserreich eine weitere Absicherung erfuhr 6. Die politische Rechtfertigung für die Übernahme neuer Aufgaben wurde zunächst weniger in allumfassenden Theorien wie Munizipalsozialismus7 oder Daseinsvorsorge8 gesehen, „die erst gegen Ende oder nach dieser Epoche rezipiert bzw. entwickelt wurden, als die kommunale Leistungsverwaltung bereits weithin etabliert war" 9. Dabei wurde allerdings die öffentliche Intervention in die sozialpolitisch kritischen Bereiche der Gesellschaft gegen Ende des 19. Jahrhunderts durch die als Forderung verstandene These von „sozialen" oder „wirtschaftlichen Aufgaben der Städte" abgedeckt10. Das Tätigkeitsfeld reichte von der Versorgung mit Energie und Wasser über kulturelle Einrichtungen bis hin zu bedeutenden Leistungen sozialer Art. Im Be-
3
Ebenda.
4
W. Hofmann, a.a.O., S. 79.
5
Becker, in: HkWP, Bd. I, 1. Aufl., § 12, S. 91.
6
Becker, a.a.O., S. 72 f.
7
Krabbe, Munizipalsozialismus und Interventionsstaat. Die Ausbreitung der städtischen Leistungsverwaltung im Kaiserreich, S. 265 ff. 8
Zu Ernst Forsthoffs Begriff der Daseinsvorsorge vgl. die Darstellung mit umfangreichen Literaturangaben bei Gröttrup 1976, S. 58 ff. 9
W. Hofmann, a.a.O., S. 79.
10
Ebenda.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
73
reich der Sozialpolitik setzte sich die Besorgung des Armenwesens als kommunale Aufgabe immer mehr durch 11. Bekannt wurde das Elberfelder System der Armenpflege, das auf den Prinzipien der individuellen Fürsorge, dem bürgerlichen Ehrenamt und der Bereitstellung gemeindlicher Finanzmittel beruhte 12. Daneben entwickelten sich ausgangs des letzten Jahrhunderts besondere Zweige der Fürsorgetätigkeit bis hin zur Organisation von Notstandsarbeiten und kommunalen Arbeitsnachweisen. Dabei dürfen Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung nicht unerwähnt bleiben13. Die Erzberger'sche Finanzreform von 1920 zog unter dem Druck der Reparationen die Finanzhoheit an das Reich, festigte die Zentralgewalt und machte Länder und Gemeinden weitgehend von Steuerzuweisungen abhängig14. Den Gemeinden blieb zwar die Grund- und Gewerbesteuer, sie verloren aber das Zuschlagsrecht zur Einkommensteuer und damit ihre bisher ergiebigste Finanzquelle, was die individuelle Beweglichkeit ihrer Haushaltspolitik erheblich einschränkte. Nach der Währungsstabilisierung wurde das zentralistische Dotationssystem direkter Überweisungen vom Reich an die Gemeinden zugunsten eines dreistufigen föderalistischen Verteilungsmodus aufgegeben, so daß die kommunalen Steueranteile zunächst durch die Länderkassen flössen und von dort wegen des staatlichen Eigenbedarfs häufig zu knapp und im einzelnen sehr unterschiedlich bemessen wurden. Schon damals klagten ebenso wie heute die Gemeinden über die kommunale Finanznot und fanden sich darin bestätigt, daß die Priorität des Reichshaushalts vor dem Länderetat und dessen Vorrang vor den kommunalen Haushalten die Gemeinden beim Verteilungskampf um die Finanzmasse praktisch an die letzte und schwächste Stelle verwiesen. Die Folge davon war, zumal immer nur provisorische Regelungen des Finanzausgleichs erfolgten, daß die Kommunen ein starkes Bedürfnis nach direkten Einwirkungsmöglichkeiten auf den Reichsgesetzgeber entwickelten15. In der Weimarer Republik begannen die reichsrechtlichen Bestimmungen in viel stärkerem Maße als früher den kommunalen Verwaltungsalltag zu beeinflussen und zu formen. Beispielhaft kann an dieser Stelle das
11
Becker, a.a.O., S. 91.
12
Es wurde z.B. 1857 in Bielefeld eingeführt, 1863 in Barmen und 1871/88 schrittweise in Köln. 13
Nach dem Berner oder Genfer System, vgl. Becker, a.a.O., S. 92.
14
Rebentisch, in: HkWP, Bd. I, 2. Aufl., § 7, S. 90 f.
15
Ders., S. 91.
74
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
von 1920 bis 1926 gültige Reichsbesoldungssperrgesetz erwähnt werden, das alle Kommunalbeamten in seine schematischen Regelungen einbezog und damit eine an den örtlichen Bedürfnissen orientierte Beamtenpolitik ausschloß16. Das Reichsmietengesetz und die folgende umfangreiche Einzelgesetzgebung auf dem Gebiet der Wohnungszwangswirtschaft und der Wohnungsbauförderung waren bezeichnend für eine Tendenz, den Gemeinden neue Aufgaben ohne entsprechende Kostendeckung zu übertragen. „Vor allem der dichter werdende Staatsinterventionismus im Bereich der Sozialpolitik brachte detaillierte Ausführungsbestimmungen und strenge Kontrollauflagen, die die Gemeinden trotz ihrer staatsrechtlichen Eingliederung in die Länder praktisch zu Exekutivbehörden des Reiches machte"17. Von daher war es naheliegend, daß die Gemeinden die unmittelbare Verbindung zum Reich suchten, um Gesichtspunkte der kommunalen Praxis möglichst frühzeitig in den Gesetzgebungsprozeß einzubringen. Die Interessenpolitik der kommunalen Spitzenverbände, die allesamt schon vor dem Ersten Weltkrieg gegründet worden waren, erreichte damit eine „verfassungspolitische Dimension"18. Die Auseinandersetzung mit den Problemen der Arbeitslosigkeit und deren Auswirkungen auf kommunaler Ebene waren weder für den Deutschen Städtetag noch für die übrigen kommunalen Spitzenverbände neu. Sie befaßten sich schon 1910 mit der Frage der Arbeitslosenversicherung, wobei sie zunächst nur feststellten, daß es „keinerlei Recht auf Arbeit" - auch kein ungeschriebenes - gebe, alle Arbeitslosenfürsorge also nur im Notfall von den Stadtverwaltungen zu übernehmen sei19. Auf der anderen Seite ergaben Recherchen des Verfassers, daß die Auseinandersetzung mit Problemen der Arbeitsbeschaffung auf kommunaler Ebene weder erstrangig in den Spitzengremien der Verbände erfolgte noch von dort eine einheitliche Linie zu dem hieraus entstehenden oder entstandenen Problemdruck erkennbar war. Der Deutsche Städtetag setzte sich beispielsweise erst später infolge der Wirtschaftskrise mit konzeptionellen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auseinander20.
16
Ziebill 1956, S. 122 ff.
17
Rebentisch, a.a.O., S. 91.
18
Ebenda.
19
Ziebill 1956, S. 161: 1 Jahr später erfolgte die Einschränkung, daß diese staatliche Aufgabe nicht allein mit städtischen Mitteln bewältigt werden könnte. 20
Zur „praktischen kommunalen Arbeitsbeschaffung" vgl. StädteT 12 (1932),
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
75
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Weimarer Zeit in der kommunalen Wirtschaft und der Daseinsvorsorge das Schwergewicht wirtschaftpolitischer Aktivität auf soziale Vorsorge- und Strukturverbesserungen für die freie Wirtschaft legte. Im Vordergrund standen dabei die Sicherung der Erwerbsmöglichkeiten und der wirtschaftlichen Infrastruktur als Vorbedingungen für Wirtschaftswachstum und sozialen Fortschritt. Dies erstreckte sich nicht nur auf das Wohnungswesen, sondern in gleicher Weise auf erhebliche Investitionen der Gemeinden in die Entwicklung künftiger Wirtschaftsfaktoren, wie Einrichtungen für Luftverkehrsunternehmen, Autobahnprojektierung und Wasserstraßenbau oder Markthallen und Messen, die weniger im Rentabilitätsinteresse gesehen wurden, wohl aber der Pflege des Arbeitsmarktes, der Stärkung der Kaufkraft und langfristigen Verbesserung der Produktivität dienten21.
1. Die Arbeitslosigkeit und die Gemeindefinanzen in den zwanziger Jahren und während der Wirtschaftskrise Bereits unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Kommunalbehörden in der Erwerbslosenfürsorge besonders belastet. Immerhin muß te 1/6 der Gesamtkosten der Erwerbslosenfürsorge von den Gemeinden aus eigenen Mitteln bestritten werden. Hinzu trat im Spätherbst 1920 die finanzielle Benachteiligung der Gemeinden durch die Finanzreform. Dies veranlaßte den Deutschen Städtetag, mit einer Eingabe an das Reich wegen der Kostendeckung für die Arbeitslosenfürsorge vorstellig zu werden. Gefordert wurde die volle Übernahme der Kosten durch das Reich, da die generelle Beteiligung der Gemeinden mit einem Sechstel des Aufwandes für die schwerbetroffenen Städte ungerecht und auch unerträglich sei22. Gegenüber der Neigung der Reichsinstanzen, durch Notstandsarbeiten vorübergehend Entlastung zu schaffen, betonten die Vertreter des Städtetages, es sei mehr Gewicht darauf zu legen, daß mit staatlicher Hilfe neue Arbeitsplätze geschaffen werden23.
S. 543 f.; zum Arbeitsbeschaffungsprogramm des Städtetags vgl. StädteT 12 (1932), S. 577-579; vgl. auch Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 145. 21
Rebentisch, HkWP, S. 95.
22
Ziebill 1956, S. 162.
23
StädteT 7 (1920), Sp. 553 ff.
76
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
In der Folgezeit verschärften sich die Probleme für die Gemeinden. Nachdem 1920 ein vorübergehender Rückgang der Arbeitslosigkeit in den Städten auftrat, verschlechterten der fortschreitende Währungsverfall, die ständig wachsenden Arbeitslosenunterstützungen und die Kosten der Notstandsarbeiten die Situation für die Gemeinden. Die Reichszuschüsse und die Fragen der produktiven Erwerbslosenfürsorge waren daher Hauptthemen der Initiativen des Städtetags im Jahre 1923. Dennoch brachte eine neue Reichsverordnung über die Erwerbslosenfürsorge vom Oktober 1923 den Gemeinden keine wesentliche Entlastung. Zu den Reichs- und Landeszuschüssen sowie den Anteilen der Arbeiter und Arbeitnehmer wurde den Gemeinden ein Betrag von einem Fünftel auferlegt, der erst 1924 auf ein Neuntel gesenkt wurde. Bezirkliche „Gefahrengemeinschaften" wurden gebildet. Auch konnten die Erwerbslosen von nun an zu Pflichtarbeiten herangezogen werden24. Die gesamte öffentliche Organisation zum Nachweis der Beschäftigungslosigkeit, wie sie durch verschiedene Reichsordnungen gestaltet worden war, führte zur Forderung nach einer vollen Eingliederung der hierfür zuständigen Behörden in die kommunale Selbstverwaltung bei gleichzeitiger Unterstellung nur unter die allgemeine Staatsaufsicht 25. 1924 wurden dann spezielle Vorschläge zur Neuorganisation der Arbeitsvermittlung vorgelegt. Der Städtetag verwies auf die „Überorganisation in Gestalt der Landesämter für Arbeitsvermittlung" und lehnte deren Fachaufsicht gegenüber den gemeindlichen Arbeitsvermittlungsstellen ab26. Nachdem Ende 1925 die Erwerbslosigkeit vor allem in den Großstädten wieder erheblich zunahm, forderte der Städtetag neben der Erhöhung staatlicher Kredite zur Finanzierung produktiver gemeindlicher Notstandsarbeiten eine Heraufsetzung der Unterstützungssätze für Erwerbslose. Darüber hinaus wurde eine Kreditförderung für die private Wirtschaft dringend empfohlen, um eine Entlastung der städtischen Arbeitsmärkte anzubahnen27. Mit der Bereitschaft zur Übernahme des Hauptteiles der Verwaltungsaufgaben wurden ausführliche, bis ins einzelne gehende Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit gegenüber dem
24
Ziebill 1956, S. 163.
25
Vgl. StädteT 11 (1924), Sp. 21 ff.
26
Eingabe des Deutschen Städtetages vom 10.3.1924, in: StädteT 11 (1924), Sp. 55 ff. 27
Ziebill 1956, S. 164.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
77
Reichsarbeitsministerium gemacht28. Bereits in der Vorbereitungsphase des Gesetzes über die Arbeitslosenversicherung und die Arbeitsvermittlung29, (AVAVG), hatten die kommunalen Spitzenverbände - wenn auch mit geringem Erfolg - auf die zu erwartenden Folgen hingewiesen, die tatsächlich sehr bald und lange vor Beginn der eigentlichen Wirtschaftskrise eintraten. Trotz des Anziehens der Konjunktur im Jahre 1927 waren ein beträchtlicher Teil der Arbeitskräfte, insbesondere ältere Erwerbstätige ganzer Berufsgruppen und ungelernte Arbeiter infolge der Rationalisierung der Wirtschaft nicht mehr vom Arbeitsmarkt aufgenommen worden. Damit wurden zugleich die Auswirkungen der strukturellen Arbeitslosigkeit in den Gemeinden spürbar 30. Das AVAVG wollte die Gemeinden von ihren bisherigen Aufwendungen für die Arbeitslosen entlasten, schuf aber in der Praxis ein dreiteiliges Unterstützungssystem, das auf der 3. Stufe, auf der Ebene der Gemeinden, offenblieb und sie zum Auffangbecken für die von der gesetzlichen Unterstützung nicht oder nicht mehr erfassten Arbeitslosen machte31. Die Reichsanstalt der Arbeitslosenversicherung gewährte Arbeitnehmern, die wenigstens 26 Wochen vor Eintritt der Arbeitslosigkeit eine versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten, für die Dauer von 26 Wochen eine nach Lohnklassen gestaffelte Unterstützung. Danach konnte eine Unterstützung aus Mitteln der Reichsanstalt erst gezahlt werden, wenn die Anwartschaft von neuem erfüllt war. Eine Novelle des Jahres 192932 verschärfte die Bestimmungen dahin, daß die Anwartschaft erst erreicht war, wenn der Arbeitslose in den letzten 2 Jahren mindestens 52 Wochen in einer versicherungspflichtigen Beschäftigung gestanden hatte. Zusätzlich zu dieser Regelung ließ das Arbeitslosenversicherungsgesetz die schon im November 1926 eingeführte Krisenunterstützung für Arbeiter bestehen, die kein Anrecht auf Arbeitslosenunterstützung hatten, aber im letzten Jahr wenigstens 13 Wochen beschäftigt gewesen waren 33. Wer also für die gesetzlich vorgeschriebene Dauer eine Arbeitslosenunterstützung aus Mitteln der Reichsversicherungsanstalt erhalten hatte, konnte von der staatlichen Krisenfürsorge, die zum Ausgleich sektoraler 28
Vgl. StädteT 13 (1926), Sp. 2 ff., 11 ff.
29
AVAVG v. 16.7.1927 (RGBl. I S. 187) vgl. auch C.II.
30
H. Meyer, StädteT 23 (1929), S. 131 ff.
31
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 112.
32
RGBl. 1929 I, S. 153.
33
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 113.
78
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
und regionaler Konjunkturabschwünge geschaffen worden war, wiederum nur für eine befristete Zeit aufgefangen werden. Denn hier erlosch der Anspruch nach insgesamt einem halben Jahr. Die Gemeinden wurden erst mit einem Viertel, seit Oktober 1927 mit einem Fünftel an den Kosten beteiligt. Alle übrigen Arbeitslosen fielen als sogenannte „Wohlfahrtserwerbslose" der kommunalen Fürsorge zur Last34. Einzelheiten über die Verteilung der unterstützten Arbeitslosen vermittelt Tabelle 4 (s. unten). Je länger die Krise dauerte, umso größer wurde das Heer der Wohlfahrtsempfänger. Während am 31. März 1929 ungefähr 245 000 arbeitslose Personen von den gemeindlichen Fürsorgeverbänden unterstützt wurden, schwoll diese Zahl 35 gegen Ende 1932 auf 2,7 Millionen an. Die Ausgaben für Unterstützungsgelder vervielfachten sich; die Gemeindehaushalte wurden - s. unten Tabellen 5 und 6 - ausgesprochene Wohlfahrtshaushalte. Nach Erhebungen des Deutschen Städtetages36 stellten die Ausgesteuerten aus der Arbeitslosenversicherung und der Krisenfürsorge das Hauptkontingent der Wohlfahrtserwerbslosen der Gemeinden. Dabei handelte es sich um ausnahmslos voll arbeitsfähige und arbeitswillige Personen, die lediglich aus Konjunkturgründen am Arbeitsmarkt nicht unterzubringen waren. Der „Fehler dieser Konstruktion" lag wohl darin, daß die Gemeinden für die großen Massen von Arbeitslosen dauernd oder doch für unbestimmte Zeit zu sorgen hatten, was nach „Ziel und Technik der kommunalen Wohlfahrtspflege nicht ihre Aufgabe sein konnte"37. Es läßt sich ohne weiteres statistisch belegen, daß das AVAVG einen Mechanismus auslöste, der bei langanhaltender Arbeitslosigkeit die Reichsanstalt unweigerlich zum Nachteil der Gemeinden entlastete. Die Gemeinden beklagten daher, daß die Arbeitslosenversicherung in der Hauptsache nur die Auswirkungen des saisonmäßigen und kurzwelligen Konjunkturverlaufs trug, während ihnen die langfristige Arbeitslosigkeit aus strukturellen Verschiebungen und tiefergreifenden Depressionsphasen zur Last fiel 38.
34
Ebenda sowie ders., HkWP, S. 100.
35
Einschließlich Arbeitslose mit Zusatzunterstützungen; Zahlenangaben aus: Die Gemeindefinanzen in der Wirtschaftskrise (Einzelschriften für Statistik des Deutschen Reiches Nr. 32), Berlin 1936, S. 11. 36
Elsas, StädteT 24 (1930), S. 55 ff.
37
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 113.
38
Vgl. ders., S. 115; Elsas, StädteT 24 (1930), S. 525 ff.
Tabelle 4
2 807
430 15,3
30
294 10,5 31
14
0,3
5 459
2 122 38,9
100
0,7
100
2 401
1 479
1931/32
14
0,3
4 580
52,4
32,3
15,0
in v.H. in der Gesamt1000
686
zahl 1 579 28,9
1 744 31,9
4 304
1 032 24,0
100
1,1
zahl 2 317 53,8
924 21,5
2 053 73,1
zahl
in v.H. in v.H. in der Gein der Gein der Gesamt1000 samt1000
1930/31
100
zahl
samt-
in v.H.
1932/33
a) einschließlich der als Wohlfahrtserwerbslose anerkannten Arbeitsdienstwilligen (bis 31. Juli 1932: Zählung der Bezirksfürsorgeverbände, seit 31. August 1932: Zählung der Arbeitsämter nach den neuen Zählungsgrundsritzen auf Grund der Wohlfahrtshilfeverordnung vom 14. Juni 1932).
Quelle: Die Gemeindefinanzen in der Wirtschaftskrise (Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reiches, Nr. 32), Berlin 1936, S. 11.
Gesamtzahl der unterstützten Arbeitslosen einschließlich der Notstands- und Fürsorgearbeiter
Hauptunterstützungsempfänger der Arbeitslosenversicherung Hauptunterstützungsempfänger der Krisenfürsorge Notstandsarbeiter der Arbeitslosenversicherung und Krisenfürsorge Anerkannte3^ Wohlfahrtserwerbslose einschließlich der Notstands- und Fürsorgearbeiter der Gemeinden
6J
Verteilung der unterstützten Arbeitslosen auf die Betreuungsarten . _ ^ , , . . . 1000 c# Stand am EndeD des Rechnungsjahres
1929/30
Verteilung der unterstützten Arbeitslosen auf die Betreuungsarten III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik 79
8 8 6 6 6
461,1 082,1 997,9 289,3 340,6 1 324,6 1 125,5
827,2
-
a) Bereinigte Ausgaben b) Einschließlich Löhne der Fürsorgearbeiter der Kämmereivenvaltungen und Betriebe c) Geschätzt
179,1
100,0
Wohlfahrtserwerbslose in Mio. RM
Soziale Unterstützungen10 insgesamt in Mio. RM
1 245,0C> 1 521,2 1 983,2 1 791,1
849,3
davon Wohlfahrtswesen in v. H.
27,3 32,3 40,0 49,5 44^5
Verwaltungszweige insgesamt in Mio. RM
Ausgaben50
Quelle: Die Gemeindefinanzen in der Wirtschaftskrise (Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reiches, Nr. 32), Berlin 1936, S. 11.
1929/30 1930/31 1931/32 1932/33 1933/34
Die Ausgaben des Wohlfahrswesens im Haushalt der Gemeinden (Gv.)
Tabelle 5
Ausgaben des Wohlfahrtswesens im Gemeindehaushalt
233,5 210,9
146,6
Quote (1929/30 = 100)
80 Α. Allgemeiner und historischer Überblick
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
81
Tabelle 6 Die Arbeitslosen je 1000 Einwohner in Großstädten 1928-1938
Stadt
1928
1929
1932
1933
1936
1938
Bochum Dortmund Dresden Köln München Stuttgart
33,8 26,3 27,7 24,2 28,1 11,8
26,0 21,0 37,7 24,2 32,2 14,9
114,9 136,0 136,9 109,7 102,1 90,5
83,6 119,9 127,5 104,3 98,9 75,3
24,9 47,7 61,8 52,8 24,8 6,1
3,5 7,0 17,4 18,4 8,3 2,1
Quelle: Statistisches Jahrbuch von Deutschland 1928-1944, München 1949, W 485.
Während im Dezember 1930 rund 2,1 Mio. Arbeitslose von der Versicherung, 0,6 Millionen von der Krisenfürsorge und 0,7 Millionen von der kommunalen Wohlfahrt unterstützt wurden, hatte sich im Dezember 1932 das Verhältnis umgekehrt. Jetzt erhielten 0,8 Millionen ihre Unterstützung von der Versicherung, 1,2 Millionen von der Krisenfürsorge und 2,4 Millionen von den Gemeinden39. Andererseits läßt ein Vergleich des Versorgungssystems im Januar 1931 und Januar 1933 die Umverteilung der Lasten vom Reich auf die Schultern der Gemeinden erkennen: Waren zu Beginn des Jahres 1931 noch 2,554 Mio. Arbeitslose in der Versicherung und 0,846 Millionen bei der gemeindlichen Wohlfahrt, so gestaltete sich das Verhältnis Anfang 1933 gerade umgekehrt (0,913 zu 2,459 Mio.) Dies hatte zur Folge, daß die Unterstützungssätze in der staatlichen Krisenfürsorge und bei der kommunalen Wohlfahrt hart an der Grenze des Existenzminimums und häufig darunter lagen. Daher suchten viele Gemeinden durch Zuschüsse und Heizkosten oder durch Unterstützung mittels Sachleistungen in Bekleidung, Heizmaterial, Schuhen wie auch durch die sogenannten Winterbeihilfen die ärgste Not zu lindern. Immerhin erhielten in manchen Orten ein Viertel bis ein Drittel aller Haushalte irgendwelche Zuwendungen von der Gemeinde40. Im Herbst 1929 stand die wirtschaftliche Entwicklung vor ihrer Wende. Anzeichen des Konjunkturumschwunges waren schon 1928 vorhanden: Die industrielle Produktion war leicht zurückgegangen, die Arbeits39
Rebentisch, HkWP, S. 100 sowie ders., Verwaltungsgeschichte, S. 155 f.
40
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 118 ff.
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
82
losigkeit gestiegen. Die ausländische Kapitalversorgung, auf die die deutsche Wirtschaft in großem Umfange eingestellt war, ließ nach. Die private Wirtschaft war gezwungen, ihre Investitionen einzuschränken. Jedoch wurde die rückläufige Entwicklung durch andere Momente zum Teil überdeckt und kam deshalb zunächst wenig zum Ausdruck. Die öffentliche Bautätigkeit und die Förderung des Wohnungsbaus durch die Gemeinden wurden noch nicht eingeschränkt, denn der für den Kommunalkredit wichtige Zuwachs an Spareinlagen war 1929 nicht wesentlich geringer als 1928, die Kapitalbestände der Versicherungen wiesen noch etwas erhöhte Zugänge auf 41. Erst Ende 1929 trat bei Zusammenbruch der Auslandskonjunktur ein ganz entschiedener Konjunkturabschwung ein. Die Schwierigkeiten nahmen nun von Jahr zu Jahr zu. Ende 1930 setzte die Vertrauenskrise ein. Ihr folgten zahlreiche Betriebsstillegungen und Konkurse. Im Juli 1931 kam es zur Zahlungseinstellung mehrerer Großbanken, nachdem vorher die Abzüge bei Sparkassen und Banken einen großen Umfang angenommen hatten. Der weitere Niedergang gipfelte 1932: Die Beschäftigung der Industrie sank auf ein bisher nicht dagewesenes Minimum von 40,3 v.H. der Arbeiterplatzkapazität, die Zahl der Erwerbslosen stieg auf 6 Millionen 42 . Die Wirkungen dieses gewaltigen wirtschaftlichen Rückganges auf die öffentlichen Haushalte konnten nicht ausbleiben. Sie traten allerdings haushaltsbedingt erst mit Verzögerung ein. Die Haushaltspläne des Rechnungsjahres 1929/30 waren noch in Zeiten verhältnismäßig günstiger Konjunkturlage aufgestellt worden. Infolgedessen zeigten die öffentlichen Haushalte im Rechnungsjahr 1929/30 noch ein leichtes Anwachsen ihres Ausgabenbedarfs. Erst 1930 setzte auch im öffentlichen Haushalt der Umschwung ein, um im Jahre 1931 und 1932 die vollen Auswirkungen der Krise zu zeigen. Der reine Finanzbedarf der gesamten öffentlichen Finanzwirtschaft (Reich, Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände) nahm in den Rechnungsjahren 1929/30 bis 1932/33 um 6,3 Mrd. RM ab und erreichte damit etwa den Stand des Rechnungsjahres 1925/2643. Dabei waren die Finanzen der Gemeinden und Gemeindeverbände der im örtlichen Bereich besonders engen Verflechtung der öffentlichen und privaten Wirtschaft und der damit verbundenen größeren Konjunkturabhängigkeit den Wirkungen der Wirtschaftskrise am
41
Öffentliche Kredit- und Wirtschaftskrise (Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reiches, Nr. 27), Berlin 1929, S. 12. 42
Die Gemeindefinanzen in der Wirtschaftskrise (Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reiches Nr. 32), Berlin 1936, S. 10. 43
Ebenda.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
83
stärksten ausgesetzt. Ihre Entwicklung wurde beherrscht - wie aufgezeigt - durch das Wachsen der Arbeitslosigkeit. Der Anteil des Wohlfahrtswesens hat in den Rechnungsjahren 1929/30 bis 1932/33 ständig zugenommen. 1929/30 entfielen 27,3 v.H. der Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände auf das Wohlfahrtswesen, 1932/33, als die Krise ihren Höhepunkt erreichte, dagegen 49,5 v.H., ein Zeichen, wie sehr die allgemeine Krisenlage den gemeindlichen Haushalt beeinflußte (dazu unten Abbildung 3). Dem immensen Anwachsen der Soziallasten stand gleichzeitig ein Schrumpfen der Einnahmen der Kommunen gegenüber, da das kassenmäßige Steueraufkommen der Gemeinden und Gemeindeverbände von 1928/1929, im letzten Jahr vor der Krise, bis zum Rechnungsjahr 1932/ 33 auf 70,2% der Vorjahre sank. Die Gemeinden, die deshalb schon aus Eigeninteresse eine Sparpolitik betrieben, wurden im Zeichen der Notverordnungspolitik des Kabinetts Brüning noch zu weiteren gesetzlichen Kürzungen ihrer Ausgaben gezwungen, obwohl sie die krisenverschärfende Wirkung dieser Deflationspolitik durchaus erkannten. Weder bei den Notstandsarbeiten, mit denen die Gemeinden traditionell zur Entlastung des Arbeitsmarktes eingriffen, und die sich zur Ergänzung regionaler und nationaler Arbeitsbeschaffungsprogramme angeboten hätten, noch bei der Konjunkturankurbelung durch defizitär finanzierte öffentliche Aufträge sind die Gemeinden in einem Umfang eingeschaltet worden, der ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung entsprach44. Obwohl der Städtetag ständig auf eine erträgliche Neuordnung der Arbeitslosenversorgung drängte, einigte man sich erst Ende 1931 schließlich auf die Teilforderung einer Zusammenlegung der gemeindlichen Erwerbslosenfürsorge mit der (Reichs-)Krisenfürsorge. Damit sollte das unzweckmäßige, zu Doppelbearbeitung führende Nebeneinander von staatlichen arbeits- und kommunalen Wohlfahrtsämtern aufgehoben und eine Bedürftigkeitsprüfung eingeführt werden. Der Deckungsvorschlag sah eine Beteiligung des Reiches zu 50% und der Länder sowie der Gemeinden zu je 25% vor 45 . Inzwischen war aber die Erwerbslosenfrage zu einer Schicksalsfrage der Weimarer Republik geworden46. Das Reich blieb bei kleinen Mitteln, wie sie mit der vorhandenen Finanzmasse und in Ansehung der innenpolitischen Kämpfe zu verwirklichen waren: Als im Spätherbst 1932 44
Rebentisch, HkWP, S. 100.
45
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 128.
46
Ziebill 1956, S. 166.
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
84
Gemeinden une/
Mrdje*
Geme/nc/ererbinde
Entwicklung der,Gemeindefinanzen und wirtschaftliche Indexzahlen
1925 1926 1927 1928 1929 1930 1931 1932 1933
Rechnungsj ahre
Quelle: Die Gemeindefmanzen in der Wirtschaftskrise (Einzelschriften zur Statistik des Deutschen Reiches, Nr. 32), Berlin 1936, S. 11.
Abbildung 3
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
85
endlich eine allmähliche Besserung in Sicht kam, hatten die Gegner des demokratischen Staates bereits zu viele Anhänger im zermürbten Volk gefunden. Damit blieben die Bemühungen der Städte und Gemeinden von den Arbeitsbeschaffungsprogrammen über Preissenkungsaktionen und Plänen zur Naturalversorgung der Erwerbslosen bis zu den Noterscheinungen der „Steuergutscheine" und der „Beschäftigungsprämien" ohne große Wirkung, weil durchgreifende Maßnahmen weder finanziell noch politisch möglich schienen47. In der Folgezeit gelang durch die erhöhten Reichszuschüsse für die Gemeinden und durch das geringe Ansteigen der Erwerbslosigkeit eine gewisse fühlbare Besserung der Situation der Städte. Allerdings kam es von den Wohlfahrtslasten her zur weitgehend finanziellen Aushöhlung der kommunalen Selbstverwaltung durch die Etablierung einer Staatsführung, die der Arbeitslosigkeit mit anderen Methoden zu Leibe rückte, dabei aber jegliche Rechtsstaatlichkeit sowie die Selbstverwaltung unterdrückte 48.
2. Die kommunale Arbeitsmarktpolitik in der Wirtschaftskrise Die überwiegend kritische Haltung der Städte und Gemeinden zur Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Weimarer Zeit, vor allem in der Ära Brüning, wirft die Frage auf, ob die Kommunalpolitik vor Ort bedingungslos den Richtlinien des Reiches folgte oder eigenständige und abweichende Vorstellungen entwickelte oder wenigstens in Ansätzen realisierte. Dies lenkt den Blick auf die konkreten konjunkturellen Maßnahmen, mit denen die Gemeinden den Arbeitsmarkt in der Weimarer Zeit zu beleben versuchten und auf den wirtschaftspolitischen Spielraum, den ihnen der staatliche Dirigismus ließ. Die Fragestellung ist nicht neu und es gibt Feldforschungen, jedoch lassen die Ergebnisse stadtgeschichtlicher Forschung eine generalisierende Zwischenbilanz noch nicht zu49. Die Schere zwischen schrumpfenden Einnahmen und wachsenden Wohlfahrtslasten zwang die Kommunen frühzeitig, ihre Aufgaben zu beschneiden. Dies entsprach zwar der Rezeption der Brüning'schen Sparpolitik, jedoch haben die Sparmaßnahmen der Kommunen schon früher eingesetzt, längst vor Beginn der eigentlichen Krise. Bereits im Sommer
47
Ders., S. 167.
48
Ebenda.
49
Vgl. Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 132; Blaich, AfK 1979, S. 92-108.
86
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
1929 hatte sich in München die Auffassung durchgesetzt, daß infolge der beschränkten Einnahmequellen zur Vermeidung übergroßer Verschuldung Einsparungen auf den verschiedensten Sektoren notwendig seien50. Auch das Düsseldorfer Stadtparlament bildete im Herbst 1930 ebenso wie die Münchner Stadtväter im folgenden Jahr einen gesonderten Sparausschuß, wohingegen andere Städte wie Frankfurt oder Ludwigshafen zur Ausweitung ihrer Sparmaßnahmen einen Wirtschaftsprüfer zur Begutachtung der Neuorganisation der gesamten Stadtverwaltung sowie über Vorschläge von Einsparungen beauftragten 51. Wieder andere, voran Stuttgart, Mannheim und Halle, schlossen mit dem Reichssparkommissar einen Vertrag über die Prüfung der Verwaltung mit dem Ziel, verstärkte Spar- und Rationalisierungsmaßnahmen durchzuführen 52. Immerhin gelangen mit Hilfe dieser Maßnahmen beträchtliche Einsparungen, die nicht nur den Personalbereich betrafen. Es verbot sich aus mehreren Gründen eine defizitäre Haushaltspolitik. Das Wegführen der Gemeinden vom langfristigen Auslandskapital hin zu den kurzfristigen inländischen Schatzanweisungen legte äußerste Zurückhaltung in der Kreditpolitik nahe53, ganz zu schweigen von den psychologischen Sperren, die im Wege standen. Der Ausgleich eines Etatdefizits durch einen Überbrückungskredit, also eine Defizitanleihe, kam schon in „normalen Zeiten" als ungesunde Politik nicht in Frage. Kommunale Anleihen hatten ihre Berechtigung nur für wertschaffende Projekte der innerstädtischen Infrastrukturpolitik, deren Nutzen für spätere Generationen eine Verteilung der Kosten auf viele Haushaltsjahre rechtfertigte. Defizitanleihen waren verboten, sie schadeten außerdem dem Ruf der Kommune und gefährdeten ihre Kreditwürdigkeit, auf die sie wegen Aufnahme von Kassenüberprüfungskrediten (als dritte Form der kommunalen Anleihen) immer wieder angewiesen war. Der Haushaltsausgleich war zwingend vorgeschrieben, und zwar seit der Notverordnung vom 24. August 1931 auch reichsrechtlich 54. Für die Themenstellung bedeutender ist die Darstellung von direkten Maßnahmen zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit. Diese ergriffen die Gemeinden durch das Angebot von Notstandsarbeiten auf dem Arbeitsmarkt. Die Kommunen hatten schon vor dem Ersten Weltkrieg
50
Vgl. Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 133.
51
Blaich, AfK 1979, S. 95.
52
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 134.
53
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 137.
54
RGBl. 1931 I, S. 453.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
87
Erfahrungen sammeln können, wie die Mittel der 20er Jahre als Ersatz für die in der Privatwirtschaft wegrationalisierten Arbeitsplätze verfeinert werden konnten. Es handelte sich dabei in der Regel um reguläre Bauvorhaben einer Stadt, vor allem Straßenbauarbeiten und Flußkanalisierungen, die von der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung als sogenannte wertschaffende Arbeitslosenfürsorge anerkannt und finanziell gefördert wurden und die ohne diese Unterstützung zurückgestellt worden wären. Allerdings bewegte sich das Gesamtvolumen dieser Notstandsarbeiten vom Sommer 1928 an bis in das erste Krisenjahr parallel zum Konjunkturabschwung rückläufig. Daher forderten die Städte - wenn auch vergeblich - , die sehr eng gefaßten Anerkennungsmaßstäbe der Reichsanstalt für Arbeit zu ändern, den Wohnungsbau zuzulassen, die Grundförderung als verlorenen Zuschuß und die Kredite zu niedrigen Zinssätzen und zu langen Laufzeiten zu gewähren55. Auch die zweite Art der Notstandsarbeiten zur Minderung der Erwerbslosenzahlen, nämlich eine produktive Beschäftigung in eigener kommunaler Regie bei Erdarbeiten, auf Friedhöfen, bei der Anlage von Schwimmbädern und Grünanlagen, bei der Errichtung von Dauerkleingärten, der Durcharbeitung von Müllkippen und zur Altmetallsammlung sowie zur Aufbereitung von Baumaterial, minderte sich gemäß der Beschränkung kommunaler Finanzmittel und nahm offenbar mit starken örtlichen Abweichungen ab Mitte 1932 wieder zu. Allein schon durch den insgesamt relativ geringen Umfang konnte eine solche Politik der künstlichen Arbeitsbeschaffung die Massenarbeitslosigkeit nicht wirksam bekämpfen 56. In der stadtgeschichtlichen Diskussion ist die Beantwortung nach dem Gewicht derartiger kommunaler Notstandsmaßnahmen daher nicht von ungefähr umstritten 57. Dabei wird immerhin versucht nachzuweisen, daß Maßnahmen der kommunalen Arbeitsbeschaffung während der Krisenjahre 1930 bis 1932 im Schatten von Wirtschafts- und Finanzpolitik der Reichsregierung eine spürbare Wirkung entfalteten. Für die effektive Entlastung des Arbeitsmarktes waren Notstandsarbeiten aber sicher ein unzulängliches Instrument58.
55
Vgl. StädteT 23 (1929), S. 288 ff.
56
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 138.
57
Vgl. ders., S. 138 sowie Blaich, AfK 1979, S. 98.
58
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 139.
88
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
Die von den Gemeinden durchgeführten Notstandsarbeiten wirkten wie „berüchtigte Tropfen auf den heißen Stein"59. Im Sommer 1931 konnten mit solchen Arbeiten in Hamburg ungefähr 3%, im Jahr 1932 in Bochum ca. 4% und im August 1932 in Frankfurt am Main 4,3% aller Arbeitssuchenden beschäftigt werden. Von den Wohlfahrtserwerbslosen, die keinen Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung mehr hatten und ausschließlich der Gemeinde zur Last fielen, erfaßte die kommunale Arbeitsbeschaffung 1931 in Heidelberg 6%, in Mannheim 13%, im März 1931 in Hannover 3,9%, 1932 in Fulda 6,5%, hingegen in Gelsenkirchen - zumindest in einigen Monaten des Jahres 1932 - fast 30% der Arbeitssuchenden60. Derartige statistische Bruchstücke erlauben jedoch keine aussagekräftigen Vergleiche, da aus den Quellen nicht immer eindeutig hervorgeht, auf welche Maßnahmen sich die Zahl der Beschäftigten jeweils bezieht. Außerdem wurde hinsichtlich der Finanzierung zwischen „Notstandsarbeiten", die von der Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung gefördert wurden und „Fürsorgearbeiten", die die Gemeinde in eigener Regie durchführte, unterschieden. Auch ist zu kritisieren, daß die Notstands- und Fürsorgearbeiten nicht auf ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis abzielten, wurden sie doch in der Regel im „Karusselsystem" vergeben61. Die Stadtverwaltungen beschäftigten Wohlfahrtserwerbslose mit entsprechenden Arbeiten nur so lange, wie sie wieder ein Anrecht auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung oder der Krisenfürsorge erlangt hatten. War diese Anwartschaft erreicht, wurden die Arbeiter entlassen und durch andere, inzwischen von der Versicherung „ausgesteuerte" Erwerbslose ersetzt. Ludwigshafen z.B. beschäftigte 1931 insgesamt 342 Wohlfahrtserwerbslose, von denen 335 die Anwartschaft auf Unterstützung aus der Versicherung wieder erlangten. In Frankfurt unterstellte die Arbeitszentrale für Erwerbsbeschränkte, die Werkstätten für Kriegsversehrte unterhielt, ihre Arbeiter dem Wohlfahrtsamt und übernahm von dort vollerwerbsfähige, aber ausgesteuerte Arbeitskräfte, um sie nach einem Jahr wieder an das Arbeitsamt abzuschieben62. Damit war die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu einer Funktion der Entlastung des städtischen Haushalts durch Minderung der Wohlfahrtserwerbslosen geworden. Dennoch scheint die Folgerung etwas voreilig, die Aufwen-
59
Blaich, IMS 1983, H. 2, S. 1 ff.
60
Blaich, IMS 1983, S. 1.
61
Ders., S. 2.
62
Vgl. Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 140 m.w.N.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
89
düngen für solche Arbeiten hätten in keinem Verhältnis zu deren Nutzen gestanden. Ausgesprochene Großprojekte waren zwar nicht vorgesehen, wenn größere Vorhaben erörtert wurden, kamen sie selten zur Ausführung 63. Das Wohlfahrtsreferat der Stadt Nürnberg, das im April 1932 eine Kosten-Nutzen-Analyse vornahm, berechnete, daß die Beschäftigung von 300 Personen bei Notstands- und von 360 Personen bei Fürsorgearbeiten nach dem „Karusselsystem" zwar einen jährlichen Gesamtaufwand von 860 000 RM erfordere, aber unmittelbar eine Unterstützung von 500 000 RM durch die Reichsanstalt und mittelbar 800 000 RM durch den Minderaufwand für Wohlfahrtserwerbslose einbringe. Hinzu komme noch der Wert der geleisteten Arbeit. Mittelbare Effekte für die städtische Wirtschaft werden zwar behauptet, aber im einzelnen nicht nachgewiesen64. Über die Bemühungen der Gemeinden, jugendliche Erwerbslose zu beschäftigen, in dem sie diese gegen ein geringes Entgelt mit „gemeinnützigen" Arbeiten beschäftigen, wurde bisher nur wenig bekannt65. Bis Juli 1932 konnte Frankfurt/M. ungefähr 300 Jugendliche in „Pflichtarbeit" nehmen, während Dortmund und Köln zu diesem Zeitpunkt bereits je 2 000 und Gelsenkirchen 1 300 Pflichtarbeiter eingestellt hatten. In Ludwigshafen/Rh. konnten zwischen Oktober 1932 und April 1933 im Rahmen des „freiwilligen Arbeitsdienstes" 230 jugendliche Erwerbslose bei Erdarbeiten eingesetzt werden. Da die Vertreter des lokalen Handwerks und Gewerbes in den gemeinnützigen Arbeiten vielfach eine unlautere Konkurrenz erblickten, dürfte wohl die jeweilige politische Zusammensetzung des Gemeinderats über den Einsatz dieses Instruments am Arbeitsmarkt entschieden haben66.
3. Die kommunalen Arbeitsbeschaffungsprogramme der Weimarer Zeit Die Voraussetzungen für die Entwicklung eines Arbeitsbeschaffungsprogrammes in der Weimarer Zeit waren „an sich günstig"67. 1929 hatte sich die Zeitschrift des Städtetages mit dieser Problematik auseinander-
63
Vgl. ders., S. 139 mit Nachweisen eines Beispiels in Frankfurt.
64
Vgl. Blaich, IMS 1983, S. 2.
65
Ebenda.
66
Ebenda.
67
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 147.
90
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
gesetzt68, die dauernde Störung des Arbeitsmarktes prognostiziert und auf den ständigen Kreislauf zwischen Arbeitslosenversicherung, Krisenfürsorge, Armenpflege, kurze Arbeitsverhältnisse oder Notstands- und Fürsorgearbeit hingewiesen. Die Lösung der Probleme gipfelte in der Forderung, daß den Arbeitslosen und damit der Wirtschaft nur durch besondere öffentliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen geholfen werde, deren Finanzierung Reich, Länder und Gemeinden gemeinsam zu erarbeiten hätten. Solange der Städtetag im Jahre 1930 der verordneten Sparpolitik entgegensteuerte, forderte er die „organische Belebung des Arbeitsmarktes" durch Auftragserteilung der deutschen Gemeinden an die gesamte Volkswirtschaft, was er durch Konsolidierung der Kommunalkredite zu erreichen hoffte, vor allem durch die Wiederzulassung von Auslandsanleihen69. Mit Nachdruck wurde jedoch die Forderung nach Arbeitsbeschaffung erst relativ spät im Herbst 1932 vom Städtetag wieder aufgegriffen, ohne daß man ein eigenes Programm mit selbständigen Finanzierungsvorschlägen entwickelte70. Im übrigen war man der Meinung, daß ein „großzügiger kommunaler Arbeitsbeschaffungsplan der Wirtschaft nicht nützen" werde, wenn die Finanzen der Gemeinden „so notleidend" blieben, daß diese weder ihre normalen Aufgaben erfüllen noch den bereits eingegangenen Verpflichtungen genügen könnten71. Von der Regierung Papen verlangte man die Unterstützung der Gemeinden im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und die Ergänzung von Maßnahmen, die für die Ankurbelung der privaten Wirtschaft getroffen wurden. Dienen sollte dazu ein kommunales Arbeitsbeschaffungsprogramm, das durch normale kommunale Aufträge rund 400 000 langfristig Erwerbslose wieder beschäftigen konnte72. Die Verhandlungen kamen wegen der fehlenden Einigung über die Finanzierung nicht mehr zum Abschluß.
68
Reeber, StädteT 23 (1929), S. 428 ff.
69
Neue Wege kommunaler Kreditwirtschaft, in: StädteT 24 (1930), S. 221 ff., vgl. auch C.II.2. 70
Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 148.
71
Das Arbeitsbeschaffungsprogramm des Städtetags, in: StädteT 12 (1932), S. 578. 72
Niederschriften über die Besprechungen Papens mit Vertretern des Städtetags am 9.11.1932, in: Akten der Reichskanzlei - Das Kabinett von Papen, Nr. 198 (S. 892 ff.).
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
91
Zuvor hatte das Kabinett Brüning unter dem Druck eines sich deutlich abzeichnenden Defizits in der Arbeitslosenfürsorge wiederholt eine Reihe von Projekten erörtert, die sich weniger mit der Ankurbelung der Wirtschaft als vielmehr mit einer Beschäftigung von Arbeitslosen auseinandersetzten. Dies kam dem Gedanken an freiwilligen Arbeitsdienst und Notstandsarbeiten sowie der weitverbreiteten Wunschvorstellung näher, daß die Unterstützung produktiv gestaltet werden könne, wenn man von den Erwerbslosen für die Unterstützung eine Arbeitsleistung verlange73. Bei der Durchführung der Maßnahmen sollte möglichst umfangreich Handarbeit, nicht Maschinenarbeit zum Einsatz kommen. Auch die Unterschreitung des Tariflohns wurde zur Erzielung von Ersparnissen und Erhöhung der Beschäftigtenziffern erwogen74. Zur Arbeitsbeschaffung wählte die Reichsregierung vorrangig solche Projekte aus, die scheinbar sofort verwirklicht werden konnten. Straßenbau, Wasserbauvorhaben, landwirtschaftliche Meliorationen, ländliche und vorstädtische Kleinsiedlungen kehrten in den unterschiedlichsten Kombinationen wieder. Die Wiedereingliederung der Erwerbslosen in den Arbeitsmarkt durch Rückkehr zum normalen Auftragsverhalten der öffentlichen Hände stieß auch bei Brüning selbst auf Vorbehalte, da die Realisierung dieser Wirtschaftsexperimente nur auf dem Wege der Kreditfinanzierung erfolgen konnte75. Weder der Regierung Papen noch dem Brüning'schen Programm gelang die klare Entscheidung zwischen öffentlicher Auftragsvergabe und Hilfe zur Selbsthilfe der Wirtschaft. Dem besonderen Interesse der Kommunen wurde erst Aufmerksamkeit unter Schleicher und der Bestellung des Präsidenten des Landesgemeindetages Gereke zum Reichskommissar für Arbeitsbeschaffung zuteil. Gereke hatte schon im Sommer 1932 einen großen, aus sehr heterogenen Elementen zusammengesetzten Plan zur Krisenbekämpfung vorgelegt, der nicht eigentlich ein kommunales Arbeitsbeschaffungsmodell war, aber den Kommunen eine wichtige Funktion zur Vergabe öffentlicher Aufträge einräumte 76. Gereke schaltete in dem sogenannten Sofortprogramm ganz auf direkte öffentliche Arbeitsbeschaffung um. Als Träger des Programms in Höhe von 600
73
Vgl. Köhler, VfZ 17 (1969), S. 266 ff.; vgl. zu den Notstandsarbeiten in der Weimarer Zeit auch C.II.2. 74
Vgl. Rebentisch, Verwaltungsgeschichte, S. 152.
75
Vgl. Chefbesprechung vom 25.1.1932, in: Akten der Reichskanzlei - Die Kabinette Brüning I u. //, Nr. 644 (S. 2220 ff.). 16
Petzina, VfZ 15 (1967), S. 23-30.
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
92
Mio. RM hatte er Reich, Länder und Gemeinden, sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts und auch gemischtwirtschaftliche Versorgungsbetriebe ins Auge gefaßt. Zielsetzung war es, die Reichsregierung dafür zu interessieren, daß sich gerade solche Gemeinden, die sich in finanzieller Bedrängnis befinden, in dem Arbeitsbeschaffungprogramm beteiligen könnten, damit auf diese Weise das Programm in erster Linie in den Notstandsbezirken wirke. Aus diesem Grund wurde erwogen, den besonders verschuldeten Gemeinden einen möglichst starken Anreiz zu geben, sich neu zu verschulden. Dies gipfelte in dem Wunsch, bei der Kreditvergabe von einer Zinsforderung gegenüber den Gemeinden abzusehen, was allerdings am Einspruch des Finanzministeriums scheiterte.
4. Die Arbeitsbeschaffung durch städtische Subventionen Nicht nur heute, auch während und nach der Weltwirtschaftskrise waren die Wirkungen gemeindlicher Subventionspolitik umstritten. Immerhin gab es Versuche, die Notstandsarbeiten in den Gemeinden zu vernachlässigen, um statt dessen zu versuchen, private Industriefirmen durch Subventionsangebote zur Beschäftigung von Arbeitslosen zu bewegen77. Auf diese Weise gelang es 1931 der Stadt Kiel, 273 Wohlfahrtserwerbslose bei den Howaldtwerken unterzubringen, was ihren Wohlfahrtsetat zunächst spürbar entlastete. Ebenfalls 1931 zahlte die Stadt Harburg· Wilhelmsburg den Ölwerken Brinkmann und Mergell für jeden auf die Dauer von 8 Wochen neu eingestellten Arbeitslosen einen einmaligen Betrag von 60 RM. Dennoch bleibt die Subventionspolitik der Gemeinden bis heute im Schatten der Forschung, obwohl gerade sie vorrangig darauf abzielte, Arbeitsplätze zu erhalten und zu gewinnen. Die wenigen Beispiele, die bisher vor allem aus dem Bereich der Betriebs- und Firmengeschichte beigesteuert wurden, deuten aber bereits die Problematik dieses Zweigs der kommunalen Beschäftigungspoltik an78. 1929 gewährte die Stadt Heidelberg der vom Konkurs bedrohten Waggon-Fabrik Fuchs AG ein Darlehen in Höhe von 500 000 RM, nachdem sie ausgerechnet hatte, daß bei einem Zusammenbruch dieser Firma wesentlich höhere Lasten auf ihr Wohlfahrtsamt zukommen würden. Diese Subvention - heute undenkbar - lohnte sich anscheinend, denn der größte Teil der Belegschaft konnte über die ganze Krisenzeit hinweg weiterbeschäftigt werden.
77
Blaich, IMS 1983, S. 1.
78
Ders., S. 4.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
93
In zwei mit Produzenten hoffnungslos überbesetzten Branchen, dem Lokomotivbau und der Werftindustrie, gab es z.B. auch Unternehmungen, deren Schließung durch die kommunale Subvention nur kurzfristig hinausgezögert werden konnte, so daß die von der Gemeinde eingesetzten Geldmittel zum großen Teil verloren waren. In einem anderen Fall - es handelte sich wahrscheinlich um die Gewährung eines zinslosen Darlehens der Stadt Hagen an die Gesenkschmiede „Schmiedag" für die Neueinstellung von 200 Arbeitern im Jahre 1932 - wehrten sich auswärtige Konkurrenzunternehmen gegen diese Begünstigung, in dem sie Aufträge an Zulieferer stornierten, die ihren Firmensitz in dieser Stadt hatten79. Selbst wenn die Gemeinde durch ihre Subvention die Zahl der Arbeitsplätze auf Dauer halten oder gar vermehren konnte, war nicht auszuschließen, daß dieser Erfolg mit einer Zunahme der Arbeitslosigkeit in anderen Gemeinden erkauft wurde. Zudem neigten die Träger einer auf den lokalen Arbeitsmarkt fixierten Subventionspolitik dazu, Schwächen der von ihnen gestützten Unternehmen zu übersehen, so daß nicht gewährleistet war, daß die jeweils leistungsfähigsten Anbieter einer Branche die Krisenjahre überlebten. Insofern bleibt festzuhalten, daß wegen des weithin unbekannten Feldes der Gemeindesubvention sich die Frage nach der Wirkung der kommunalen Arbeitsbeschaffung während der Weltwirtschaftskrise nicht eindeutig beantworten läßt80. Die erheblichen Anstrengungen der Gemeinden, auch mit anderen Mitteln Arbeitsplätze zu schaffen, sollten eine gezielte Erforschung dieses Teilbereichs der Kommunalpolitik jedoch rechtfertigen.
5. Die Personalpolitik als Mittel der Arbeitsbeschaffung In der Weimarer Zeit gab es Versuche der Gemeinden, trotz schrumpfender Einnahmen das Personal in Verwaltung und Betrieben auf dem ursprünglichen Stand zu halten. Die Herabsetzung der täglichen Arbeitszeit, wie sie ζ. B. in Bremen, Dortmund, Hagen, Ludwigshafen und Stuttgart für einzelne Teile der Belegschaft angeordnet wurde, bildete wohl das übliche Verfahren, um Entlassungen zu vermeiden. Neben dem „Grümpersystem", bei dem jeweils ein Teil der Arbeiter für eine gewisse Zeit, aber nicht auf Dauer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden mußte,
79
Ebenda.
»Waich, IMS 1983, S. 5.
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
94
kamen auch andere Maßnahmen zur Anwendung. Bereits 1930 tauschte die Hagener Straßenbahn ihre Hilfsarbeiter in Schichten von fünf Wochen gegen Wohlfahrtserwerbslose aus. In Ludwigshafen mußten in den städtischen Krankenanstalten die Arbeiter jeweils für drei Monate ihre Arbeitsplätze verlassen81. Bereits 1919/20 mußten sich die Städte und Gemeinden angesichts der finanziellen Not gegenüber den einschneidenden Vorschriften des Reichsgesetzgebers auf dem Gebiet des gemeindlichen Personalwesens zur Wehr setzen82. Dies galt vor allem für das Recht der Gemeinden zur selbständigen Regelung der Besoldung ihrer Dienstkräfte, das bis dahin immerhin unbestritten war. Mit der Finanzreform von 1919/20 zeichnete sich jedoch die Notwendigkeit ab, zur Deckung des mit den Aufgaben der Gemeinden gewachsenen Personalaufwands direkte Beihilfen des Reichs zu fordern, zumal das Reichsbesoldungssperrgesetz von 1920 alle Kommunalbeamten in seine schematische Regelung einbezog und damit die bewährten Vergütungsbestimmungen der Stadtverwaltung beseitigte sowie eine an den örtlichen Bedürfnissen orientierte Beamtenpolitik ausschloß. Bis 1926 stand dieses Gesetz im Mittelpunkt der Bemühungen des Städtetags um eine den Bedürfnissen der Gemeinden angemessenen Besoldungspolitik83. Es gelang ferner nicht, ein einheitliches Beamtenreichsrecht zu verwirklichen. Die Städte wandten sich unter diesen Voraussetzungen vor allem gegen die Unifizierung der Anstellungsverhältnisse mit Vergütungen, die den Gemeinden aufgezwungen wurden. Schwieriger war die Auseinandersetzung über die Bestimmungen zum Personalabbau, die nach der Stabilisierung der Währung erlassen wurden. Ebenso wie zu Beginn der 80er Jahre richtete sich der Ruf nach vermehrtem Verwaltungsabbau und Entbürokratisierung, der 1924/1925 immer lauter wurde, besonders gegen die städtischen Verwaltungen. Demgegenüber versuchten die Städte nachzuweisen, daß die Zahl ihrer Bediensteten trotz vermehrter Aufgaben in den Gemeinden nicht annähernd so schnell gewachsen war wie bei den Ländern und beim Reich. Ferner konnte darauf verwiesen werden, daß die Städte von sich aus schon seit 1923 einen starken Abbau von Beamten vorgenommen hatten,
81
Blaich, IMS 1983, S. 3.; im übrigen vgl. auch die Rede des OBM Raabe (Hagen) am 19.9.1930 in der Stadtverordnetenversammlung; nach einem Abdruck in den Akten der Reichskanzlei, BÄK R 43 1/1138. 82
Ziebill 1956, S. 122.
83
Ebenda.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
95
was kaum bemerkt worden war, da dies aufgrund der gemeindlichen Bedürfnisse und nicht aufgrund zentralisierter Anweisung geschehen war 84. Obwohl 1926 mit dem Reichsbesoldungssperrgesetz die wesentlichsten Einengungen der kommunalen Besoldungspolitik wegfielen, blieb die Möglichkeit freier Beschlüsse der Gemeinden durch Rechtsvorschriften und vor allem durch finanzielle Erwägungen weiterhin begrenzt. In der Folgezeit hatte vor allem der Personalausschuß des Städtetags unentwegt mit Besoldungsfragen zu tun, besonders 1927 wegen der Vorbereitung der großen Besoldungsreform und seit Ende 1930 mit den Einzelheiten der Krisenmaßnahmen. Angesichts der Notlage 1930/1932 war es selbstverständlich, auch die Kommunalbeamten durch eine gewisse Minderung der Bezüge zu den unumgänglichen Sparmaßnahmen beitragen zu lassen. Die Angriffe richteten sich gegen die Höhe der Besoldung für kommunale Wahlbeamte und dagegen, daß die preußische Regierung durch sehr scharfe Vorschriften unnötig weitgehend in die kommunalen Besoldungsfragen eingriff 85. Zu den durch die Brüning'schen Notverordnungen reichsrechtlich vorgeschriebenen Senkungen der Beamtengehälter und Löhne kamen freiwillige Reduzierungen der Gemeinden hinzu. Auch damals griff man bereits zu den pauschalen Maßnahmen der Einstellungs- und Beförderungssperren sowie zur Aufhebung aller zusätzlichen sozialen Leistungen der Kommunen86. In Duisburg schrumpften der Besoldungshaushalt von 1930 bis 1932 um 23,5%, die Lohnausgaben der städtischen Werke um 12,4%. Die Zahl aller Beamtenstellen verminderte sich um 7,5%. Die kommunalen Arbeitgeber sahen sich vor allem bei den Verkehrsbetrieben durch den Rückgang der Auslastung genötigt, Entlassungen auszusprechen. Die Belegschaft der Berliner Verkehrsgesellschaft (BVG) wurde von 1929 bis 1932 um rd. ein Viertel vermindert 87. Insgesamt führte die Drosselung auf dem Personalsektor zu einer fühlbaren Minderung der unteren Einkommen und mithin zu einer Schrumpfung der Massenkaufkraft, die ihrerseits krisenverschärfend wirkte. Eine progressive Staffelung der Gehaltskürzungen, insbesondere die Beschneidung der Spitzengehälter, fiel demgegenüber nicht ins Ge-
84
Ders., S. 124.
85
Ziebill 1956, S. 125.
86
Vgl. Rebentisch, AfK 1979, S. 134.
87
Büsch 1960, S. 160.
Allgemeiner und historischer Überblick
96
wicht. Es bleibt festzuhalten, daß die Gemeinden in der Regel dauernde Entlassungen von Arbeitskräften aus ihren Diensten vermeiden konnten, was mindestens eine weitere Belastung des Arbeitsmarktes verhinderte, wenn es nicht schon die „erste, sozusagen die normale Form der Arbeitsbeschaffung" war 88. Nach dem Zweiten Weltkrieg mußten die Gemeinden am „ungemein lebhaften Meinungsstreit" über die Existenz eines deutschen Berufsbeamtentums - seit 1945 wurde dieser Streit durch Hinweise auf nationalsozialistische Erfahrungen immer von neuem entfacht - insofern Anteil nehmen, als erfahrungsgemäß auch der Gemeindebeamte von Neuerungen des öffentlichen Dienstrechtes in den Ländern oder im Reich miterfaßt wurde. Lange, bevor das Bonner Grundgesetz durch die Übernahme der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums der künftigen Regelung wieder eine feste Richtung geben konnte, wurde von der kommunalen Selbstverwaltung und ihren Spitzenverbänden mit Erfolg um die allgemeine Anerkennung der Notwendigkeit eines gemeindlichen Berufsbeamtentums gerungen89. Als die Länder der amerikanischen Besatzungszone nach 1946 darangingen, das Recht ihrer Beamten neu zu ordnen, waren trotz andersartiger Einwirkungen der Besatzungsmacht die Ansichten schon so weit geklärt, daß zumindest bei der besonderen Bedeutung des gemeindlichen Beamtentums keine wesentlichen Zweifel mehr bestanden. Dennoch konnte nicht verhindert werden, daß eine wachsende Unübersichtlichkeit des in den einzelnen Ländern geltenden Rechts hingenommen werden mußte90. Mit der Konsolidierung der wirtschaftlichen Verhältnisse und dem allmählichen Ansteigen der Lebenshaltungskosten trat auch die Forderung nach Änderung des Besoldungsrechts mehr in den Vordergrund. Wie schon zur Zeit der Weimarer Republik spielten alsbald wieder Pläne zu Besoldungssperrmaßnahmen des Bundes eine Rolle, wogegen sich die Städte und Gemeinden mit dem Hinweis auf die überaus nachteilige Auswirkung schematischer Besoldungsregelungen auf die kommunale Selbstverwaltung mehrfach wandten91.
88
Hettlage, Jahrbuch für Kommunalwissenschaft 2 (1935), S. 160.
89
Ziebill 1956, S. 126.
90
Ders., S. 127.
91
Ders., S. 129.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
97
6. Die Kommunen als öffentliche Auftraggeber In den Arbeitsbeschaffungsplänen, die in der Endphase der Weimarer Republik in großer Zahl entwickelt wurden, spielten die Gemeinden in der Regel keine zentrale Rolle92. Das war insoweit verständlich, als die Hauptursachen der Wirtschaftskrise nicht im kommunalen Bereich lagen und auch nicht von dort aus bekämpft werden konnten. Die meisten der ernstzunehmenden Reformvorschläge beschäftigten sich mit monetären Bekämpfungsmaßnahmen, mit dem Nachfragedefizit der Kaufkrafttheorie und vor allem dem Problem der Kreditschöpfung. Erst in einem zweiten Schritt schlugen sie die Vergabe öffentlicher Aufträge vor. Dabei blieb das vorrangige Problem die Kreditschöpfung, die Schaffung neuer Kaufkraft für Investitionsgüter, während der Verwendungszweck der Kredite im großen und ganzen sekundär war. Immerhin ist auffallend, wie wenig die Kommunen, die als ausführende Träger für öffentliche Aufträge der Arbeitsbeschaffung in Frage kamen, in den Projekten Berücksichtigung fanden. Ihnen fiel allenfalls eine subsidiäre Exekutivfunktion zu, ohne daß ihre speziellen Erfahrungen in volkswirtschaftlicher Bedarfsplanung und ihre Kenntnis in lokaler und regionaler Strukturpolitik recht genutzt wurden 93. Die relativ späte Besinnung auf die Rolle der Gemeinden als öffentliche Auftraggeber läßt den Schluß zu, daß man in der Weimarer Zeit keine klaren Vorstellungen vom Umfang und der volkswirtschaftlichen Bedeutung des kommunalen Auftragvolumens hatte. Dabei gehörte die gezielte Auftragserteilung der öffentlichen Hand zum selbstverständlichen konjunkturpolitischen Instrumentarium, das in saisonalen Konjunkturtiefs und selbst bei länger anhaltenden Abschwüngen in der Regel erfolgreich eingesetzt wurde 94. Der Reichsarbeitsminister forderte daher von den Gemeinden und Gemeindeverbänden bereits im November 1929, ihre Aufträge so zu verteilen und die Lieferfristen so zu stellen, daß besonders in den Wintermonaten Dezember bis März ein Ausgleich für die fehlenden privatwirtschaftlichen Aufträge geschaffen würde 95. Eine umfassende laufende Übersicht über die Auftragsverteilung der öffentlichen Hände, die Anhaltspunkte für eine positive Konjunkturpoli-
92
Rebentisch, AfK 1979, S. 149.
93
Ebenda.
94
Ders., S. 154.
95
Schriftwechsel zwischen Reichsarbeitsminister und Städtetag vom 29.11.1929, in: StädteT 24 (1930), S. 9 ff.
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
98
tik liefern konnte, existierte jedoch nicht. Dennoch versuchte man im Reichswirtschaftsministerium auch ohne statistische Grundlagen, wenigstens ein provisorisches Bild zu gewinnen. Im Rechnungsjahr 1930 wurden erstmals eine größere Zahl kommunaler Auftraggeber erfaßt, die jedoch keine zuverlässigen Rückschlüsse auf die Vergabepraxis der öffentlichen Hände zuließ. Zudem wiesen die Tabellen erhebliche Mängel auf 96. Aus ihnen konnte allerdings die Erkenntnis gewonnen werden, daß sich die Städte als größere Auftraggeber als die Länder erwiesen. Zum zweiten zeigte die branchenmässige Aufschlüsselung, daß zwar die Bauindustrie und die Kohlewirtschaft („Bergbau") von städtischen Aufträgen am meisten profitierten, daß aber auch die Maschinenindustrie mit einem Anteil von immer noch 15,5% („Maschinen und Elektromaschinen") zu den Nutznießern städtischer Aufträge zählten. Dies und die breite Streuung der Auftragsverteilung belegen die gesamtwirtschaftlich investitionsfördernde Wirkung der Städte, ein Ergebnis, das sie zur Ankurbelung der Wirtschaft prädestinierte, und zwar in einem größeren Maß, als es damals wohl bewußt wurde 97. Da Bauvorhaben als erste einer Haushaltsdrosselung zum Opfer fielen98, ist zu fragen, in welchem Umfang die Gemeinden trotz der krisenbedingten Schwierigkeiten der Finanzierung die Bauwirtschaft mittelbar oder unmittelbar fördern konnten. Dies ist stadtgeschichtlich noch nicht geklärt. Obwohl die Gemeinden vor allem am Wohnungsbau - erklärtermaßen aus konjunkturpolitischen Zielsetzungen - festhalten wollten, bestanden in der Praxis der kommunalen Wohnungspolitik in der Krise erhebliche Unterschiede. Die Stadt Frankfurt konnte bis 1931 ein kommunales Wohnungsbauprogramm durchführen. Auch die Stadt Stuttgart konnte noch 1930 eine Anzahl von Wohnungen fertigstellen. Andererseits legten in den deutschen Städten private Bauherren den Grundstein für einen neuen Aufschwung der Bauwirtschaft. Während nämlich dort die Zahl der Wohnungen, die von Gemeinden und gemeinnützigen Baugesellschaften vollendet wurden, von 1932 auf 1933 weiter abnahm, nahm der private Wohnungsbau in diesem Zeitraum wieder zu. Ob das Wiederaufleben der privaten Bautätigkeit auch solchen Investitionsbedingungen zuzuschreiben war, die die Kommunalpolitik geschaf-
96
Rebentisch, AfK 1979, S. 154.
91
Ders., S. 156.
98
Neue Wege kommunaler Kreditwirtschaft, in: StädteT 24 (1930), S. 223.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
99
fen hatte, ist noch nicht untersucht". In Ludwigshafen z.B. gewährte die Stadtsparkasse privaten Bauherren günstige Kredite. Das städtische Wohnungsamt kümmerte sich um die Einhaltung bestehender Mietverträge, in dem es den Wohlfahrtserwerbslosen Mietbeihilfen auszahlte100. Die Stadt Stuttgart, die 1931 ihre Wohnungsbautätigkeit einstellen mußte, förderte den privaten und genossenschaftlichen Wohnungsbau. Sie gewährte Zinszuschüsse und übernahm obendrein die Bürgschaft von Krediten bis zu einer Höhe von 4.000 RM. Ab 1.4.1932 bot sie bauwilligen Privatpersonen und gemeinnützigen Baugesellschaften Grundstücke aus städtischem Besitz an, für die nur 10% des Kaufpreises bar bezahlt werden mußten, während der Rest in Raten über 20 Jahre hinweg getilgt werden konnte101. Es gab verschiedene Gründe, die der konjunkturellen Belebung des Baumarktes durch die Gemeinden entgegenstanden. Die öffentlichen Gelder für den Wohnungsbau schrumpften, je mehr sich die kommunalen Einnahmen verringerten; die Ersatzfinanzierungen wurden dadurch erschwert, daß der Wohnungsbau nach den Richtlinien der Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung nicht als wertschaffende Arbeitslosenfürsorge anerkannt wurde. Dabei blieb der konjunkturelle Mechanismus aus, wonach Zinsverbilligungen den Baumarkt bei gleichbleibenden Mieten belebten102. Erst ab 1932 konnten die Kommunen den Baumarkt wieder ankurbeln. Die Wohnungsbaupolitik wurde jetzt in der Form der Stadtrandsiedlung fortgesetzt, allerdings mit geringem quantitativen Erfolg. Wichtiger als Gesichtspunkte akuter Depressionsbekämpfung durch Belebung des Baumarktes schienen Reagrarisierungstendenzen und Motive der gesellschaftlichen Umschichtung103. Weiter war eine Verschiebung der kommunalen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf dem Baumarkt zugunsten des Tiefbaus erkennbar. Die in den Vorjahren zurückgestellten Bauaufgaben, Straßenunterhaltung, Kanal- und Leitungsarbeiten sowie Brückenbauten traten wieder stärker hervor und signalisierten den Wil-
99
Blaich, IMS 1983, S. 3.
100
Blaich, AfK 1979, S. 105; auch in Stuttgart fielen die kommunalen Bauprogramme praktisch aus; s. Borst 1973, S. 371. 101
Blaich, IMS 1983, S. 4.
102
Nähere Einzelheiten: Konjunkturprognose und Bauwirtschaft, in: StädteT 24 (1930), S. 345, und Bau- und Wohnungswirtschaft in der Krise, StädteT 25 (1931), S. 364 ff. 103
Rebentisch, AfK 1979, S. 142.
100
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
len zur Rückkehr einer normalen Auftragsvergabe. Die Notstandsarbeiten, die die Gemeinden zur Entlastung des Arbeitsmarktes organisierten, waren wegen ihres geringen Umfanges und des fehlenden Anreizes für den Investitionsgütersektor ein unzulängliches Mittel der Krisentherapie. Allenfalls zur Ergänzung regionaler und nationaler Arbeitsbeschaffungsprogramme im Übergang von der Depression zur Hochkonjunktur hatten sie ihren Wert. Eine selbständige Konjunkturankurbelung durch Vergabe öffentlicher Aufträge, Finanzierung durch defizitäre Haushaltspolitik, war den Gemeinden aber rechtlich untersagt104.
7. Die finanzpolitische Bedeutung der kommunalen Unternehmen für die Gemeindehaushalte Korrespondierend mit einer wachsenden finanzpolitischen Bedeutung der kommunalen Unternehmen für die Gemeindehaushalte wurde eine heftige Auseinandersetzung über das Verhältnis von kommunaler und privater Wirtschaft im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung geführt 105 . Dies war eine Folge der revolutionären Forderungen nach einer Sozialisierung der Wirtschaft in der unmittelbaren Zeit nach dem 1. Weltkrieg, die im lokalen Bereich neue Kommunalisierungstendenzen aufkommen ließen. Sie sind zum Teil als Fortsetzung des starken öffentlichen Interventionismus im Bereich der Rohstoff- und Versorgungswirtschaft während des Ersten Weltkrieges zu verstehen. Aber weder dieser sogenannte Kriegssozialismus noch radikale Züge des Gemeindesozialismus, die sogar streckenweise in einzelnen Städten dominierten, haben die Kommunalwirtschaft der Weimarer Republik entscheidend formen können. Die Eigenständigkeit der Kommunalwirtschaft erlangte im Gegenteil sehr große Bedeutung, weil die kommunalen Werke angesichts der verschlechterten Finanzlage zu einer unentbehrlichen Stütze der Gemeindehaushalte geworden waren. Viele Gemeinden verwalteten ihre Werke unter ausgesprochen erwerbswirtschaftlichen Gesichtpunkten, um durch möglichst hohe Ertragsüberschüsse zur Haushaltsdeckung beitragen zu können. Der beste Indikator hierfür ist der Anteil der Überschüs-
104 105
Ders., S. 157.
Vgl. Ambrosius, AfK 1980, S. 251; s.a. Stern ! Püttner, schaft, S. 25 ff.
Die Gemeindewirt-
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
101
se des Erwerbs- 106 und Betriebsvermögens 107, der für den Zuschußbedarf der Gemeinden zur Verfügung gestellt werden konnte108. Auf der anderen Seite verdeutlichten sozialpolitische Zielsetzungen der gemeindeeigenen Werke bei der Tarifgestaltung und die Berücksichtigung des Arbeitsmarktes bei der Beschäftigungspolitik oder auch Motive planmäßiger Strukturverbesserungen für die lokale Industrieansiedelung, daß sich die Gemeinden ihrer volkswirtschaftlichen Interventionskapazität vollauf bewußt waren 109. Darüber, daß die Auftragsvergabe der Gemeinden grundsätzlich auch unter konjunkturpolitischen Gesichtspunkten erfolgen sollte, bestanden kaum Zweifel 110. Inwieweit jedoch die kommunalen Unternehmen einbezogen werden konnten, blieb unsicher, wenn nicht gar offen 111. Es waren nicht nur betriebswirtschaftliche, strukturpolitische und andere Überlegungen, sondern eher finanzpolitische Zwänge, die einer solchen konjunkturpolitischen Funktionalisierung entgegenstanden. Ab Winter 1930/1931 wurden die Gemeinden endgültig auf den Kurs der Brüning'schen Politik gezwungen und mußten auf eigene konjunkturpolitische Maßnahmen verzichten, was sich auch auf die Auftragsvergabe und Investitionsprogramme der Betriebe auswirkte 112. Da genaue Zahlenangaben über das in sämtlichen kommunalen Unternehmen investierte Kapital nicht existieren, ist man bei der Beurteilung kommunaler Investitionen hinsichtlich ihrer konjunkturpolitischen Bedeutung vor allem auf das Statistische Jahrbuch des Deutschen Reiches angewiesen. Es wies die Investitionen der Elektrizitäts-, Gas- und Wasserwerke aus, die sich überwiegend in kommunaler Hand befanden113. Bei einem Vergleich mit den Investitionen der Industrie zeigt
106
Das Erwerbsvermögen umfaßt das eigentliche Betriebsvermögen, das allgemeine Grundvermögen und Kapitalvermögen sowie außergewöhnliche Einnahmen. 107
Das Betriebsvermögen umfaßt die Versorgungs- und Kreditunternehmen, Schlacht- und Viehhöfe sowie die Beteiligungsunternehmen. 108
Nähere Einzelheiten bei Ambrosius, AfK 1980, S. 251 ff.
109
Rebentisch, HkWP, S. 95.
110
Vgl. Elsas, Der Kommunalbeamte 1928, S. 201; ders., StädteT 24 (1930), S. 221 ff. 111
Ambrosius, AfK 1980, S. 254.
112
Ders., S. 255.
113
Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reiches 1937, S. 539.
102
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
sich ein geringer konjunkturstabilisierender Effekt der Investitionen dieser Wirtschaftsgruppe. Wie Tabelle 7 (s. unten) zeigt, nahmen die Investitionen im Gegensatz zur Industrie 1929 noch zu und danach in geringem Maße ab. Allerdings stiegen die industriellen Investitionen ab 1933 wieder schneller an. Dasselbe Bild ergibt sich bei einem Vergleich der Salden aus den gesamten Anlageinvestitionen und den geschätzten Normalabschreibungen. Während sich dieser Saldo bei der Industrie 1931 bereits stark im Minus bewegte, lag er bei der Versorgungswirtschaft noch knapp im Plus. Ein weiterer Indikator für die Investitionsentwicklung können die vorhandenen Kapazitäten sein. Während sich ζ. B. die Leistungsfähigkeit der öffentlichen Elektrizitätswerke von 1927 bis 1930 um 40% erhöhte, blieb sie von da ab konstant114. Aus alledem läßt sich nur ein mäßig antizyklischer Effekt von Investitionen der kommunalen Unternehmen ableiten. Dies mag daran liegen, daß Investitionen in einem Monopolbereich, wie z.B. der Versorgungswirtschaft, nicht nur nach Rentabilitätskriterien, sondern auch nach anderen Gesichtspunkten erfolgen und insgesamt langfristiger geplant sein müssen. Zweifellos gab es aber Ansätze, die kommunalen Betriebe als Mittel der Konjunkturpolitik aktiv einzusetzen115. Aufgrund einer Umfrage des Deutschen Städtetages 1932 war der Wille zu gesonderten Investitionsprogrammen der städtischen Unternehmen bei knapp der Hälfte der angeschriebenen Städte zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erkennbar. Die Größenordnungen waren unterschiedlich, insgesamt handelte es sich um ein Volumen von 70 bis 80 Mio. RM. Angesichts der 4,2 Mrd. RM, die die Deutsche Wirtschaft auch im Jahre 1932 in Neuund Ersatzanlagen investierte - dem allerdings geschätzte Normalabschreibungen im Wert von 5,8 Mrd. RM gegenüberstanden - wäre der antizyklische Effekt selbst dann gering gewesen, wenn alle Projekte durchgeführt worden wären 116. Auch bei der Tarifgestaltung wurden neben finanzpolitischen, betriebswirtschaftlichen und sozialpolitischen konjunkturpolitische Argumente berücksichtigt. Dies galt bereits für die 20er Jahre, ganz besonders aber für die Zeit der Brüning'schen Deflationspolitik, in der konjunkturpolitische Gesichtspunkte im Vordergrund standen. Die harten Auseinandersetzungen zwischen den Städten und dem Reichssparkommissar um 114
Ambrosius, AfK 1980, S. 255.
115
Ders., S. 256; vgl. auch D.VI.3.
116
Nachweise bei Ambrosius, AfK 1980, S. 256.
7,4
8,0
100
5,5
7,4
106 73 39 22
100 77 60 34 17
ç>uelle: Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reichcs 1937, S. 539; Wirtschaft und Statistik, 15. Jg. 1935, S. 688 ff.
5,8
42 74 84 71
Gas-, Wasser-, Elektrizitätsversorgung
Anteil der Gas-, Wasser-, Elektrizätsversorgung an den gesamten Investitionen (in %)
53 83 68 86
8,5
20
32
1929
101 83 46 29
Industrie
1928
100
1927
50 71 79 99
1926 100 82 67 45 28
1925
58 81 73 93
1924
Private Investitionen Öffentliche Investitionen (ohne öffentliche Verwaltung)
Investitionsgruppen
Tabelle 7
20
34
7,2
1930
6,1
1931
5,1
1932
Neu- und Ersatzinvestitionen der öffentlichen Hand 1924-1933 (1928 = 100)
3,9
1933
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik 103
104
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
eine Senkung der Tarife zeigten, daß sich die Städte mit allen Mitteln dagegen wehrten, weil sie glaubten, aus finanzpolitischen Gründen eine Verminderung ihrer Einnahmen nicht hinnehmen zu können. Dabei verschloß man sich keineswegs der konjunkturpolitischen Argumentation. Im Gegenteil, die konjunkturpolitische Bedeutung von hohen und niedrigen Tarifen wurde in den Stadtverordneten-Versammlungen und den entsprechenden Ausschüssen diskutiert. Da man sich Gedanken darüber machte, ob die durch niedrige Tarife der Verbraucher belassene Kaufkraft oder die über hohe Tarife finanzierten Investitionen einen stärkeren antizyklischen Effekt hätten, kann von - wenn auch nur bedingt - antizyklischen Multiplikatoreffekten gesprochen werden. In der Praxis wurden die Tarife nur zögernd gesenkt und die Überschüsse auch nicht zu Investitionszwecken verwendet, sondern ohne Zweckbindung in den Haushalt überführt 117. Die kommunale Unternehmenspolitik sollte vor allem Entlassungen im Mitarbeiterstamm in größerem Umfange verhindern. Entweder wurden trotz der angestrebten Sparmaßnahmen alle Arbeiter und Angestellten weiterbeschäftigt oder man setzte die tägliche Arbeitszeit herab, um auf diese Weise die Belegschaft in ihrer ursprünglichen Höhe halten zu können, beispielsweise in Bremen, Hagen, Stuttgart und Dortmund. Auch das sogenannte „Grümpersystem" wurde angewandt118. Die gesamtwirtschaftlichen Zahlen zur Beschäftigung in den kommunalen Betrieben zeigen, daß nach einem leichten Anstieg bis 1930 die Beschäftigung in den Krisenjahren nur wenig abnahm. Nach der gewerblichen Betriebszählung von 1925 waren in 12 707 Gemeindebetrieben die gemischt-wirtschaftlichen Unternehmen mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung mitgerechnet - 381 890 Personen beschäftigt. Angesichts dieses geringen Anteils an der Gesamtbeschäftigung mußten die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen äußerst begrenzt sein. Immerhin spiegelten zahllose Anträge das Problembewußtsein wieder, das in den Stadtverordnetenversammlungen vorhanden war. Vor allem SPD und KPD forderten eine generelle Weiterbeschäftigung der Belegschaft oder eine Arbeitszeitverkürzung in den städtischen Betrieben zur Vermeidung von Entlassungen. Hettlage stellte 1935 fest, daß der Verzicht auf Massenentlassungen „die erste, sozusagen die normale Form der öffentlichen Arbeitsbeschaffung" im Bereich der Kommunalwirtschaft darstellte 119.
117
Ambrosius, AfK 1980, S. 257.
118
Vgl. Syrup!Neuloh
119
Hettlage, a.a.O., S. 116; zur Statistik vgl. Ambrosius, AfK 1980, S. 257.
1957, S. 345.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
105
Reichsgesetzlich vorgeschrieben waren dagegen die Senkungen der Löhne und Gehälter. Aber auch mit diesen Maßnahmen scheint man sich auf der kommunalen Ebene hinsichtlich ihrer prozyklischen Wirkungen kritischer als auf Reichsebene auseinandergesetzt zu haben120. Die Gründe, die eine konjunkturpolitische Instrumentalisierung der Gemeindebetriebe verhinderten oder abschwächten, lagen vor allem im finanzpolitischen Bereich. Dies galt gleichermaßen für die Investitionsprogramme wie für die Tarifgestaltung und die Weiterbeschäftigung. Die kommunalen Finanzverwaltungen waren vor allem bemüht, Neu- und Ersatzinvestitionen sowie Tarifsenkungen zu verhindern. Bei der Fremdfinanzierung der Investitionen, soweit es überhaupt möglich war, scheuten die Gemeinden vor den hohen Zinssätzen zurück, deren Kosten die Überschüsse der Unternehmen hätten schmälern müssen. Insgesamt nahm die Verschuldung der Gemeinden in der Krise sogar leicht ab, wobei sich bei der Verwendungseite der Verschuldung der Nachweis führen läßt, daß gerade die Unternehmen und Betriebe in dieser Zeit am wenigsten betroffen wurden. Für die Regiebetriebe wurden auch weiterhin in zunehmenden Maße Mittel bereitgestellt, während die Verschuldung der selbständigen kommunalen Unternehmen leicht abnahm121.
8. Die Kommunalisierung im System der Arbeitslosenhilfe? Bereits in der Weimarer Zeit wandten sich die Städte und Gemeinden wiederholt gegen die zentralistischen Tendenzen und die Bürokratie der Arbeitsverwaltung 122. Der Druck der gewachsenen Probleme in der Wirtschaftskrise sowie die unerträglichen Überbelastungen der Gemeinden veranlaßten den letzten Großen Städtetag in Dresden 1930, die Zweckmäßigkeit der gesamten Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung in Zweifel zu ziehen123. Nicht nur deren zentralistische Arbeitsweise, sondern überhaupt die Spaltung der Unterstützungsträgerschaften zwischen Gemeinden und Reichsversicherungsanstalt wurden als gefährliche Fehlorganisation angegriffen. Diese Kritik und die Forderungen der kommunalen Spitzenverbände stießen kaum auf Gehör. Das Reich konnte sich nur mit Teillösungen behelfen, wie z.B. mit der Notverordnung
120
Rebentisch, AfK 1979, S. 134 ff.
121
Ambrosius, AfK 1980, S. 258.
122
Vgl. u.a. Fußn. 25.
123
Ziebill 1956, S. 166.
106
Α. Allgemeiner und historischer Überblick
vom Juli 1930 und hoffte vergeblich auf die Wirkung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, die von der Entwicklung am Arbeitsmarkt bereits in den Schatten gestellt waren, bevor sie anlaufen konnten124. Nachdem der nationalsozialistische Staat sowohl in der Arbeitslosenversorgung als auch der Arbeitsvermittlung nicht nur die Zentralisation verstärkte, sondern diesen Zweig zu einer bürokratischen Hoheitsverwaltung mit Monopolstellung ausbaute, mußte den Gemeinden nach 1945 an einer bloßen Wiederherstellung der Organisation entsprechend dem AVAVG von 1927 eigentlich wenig gelegen sein. Nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 wurde die völlig bürokratische Verwaltung unter Wegfall der Reichsspitze vorerst jedoch beibehalten und nicht einmal überall der Versuch unternommen, ein Mitwirkungsrecht im Stile der einstigen Ausschüsse bei den Organen der Reichsanstalt wieder einzuführen 125. In einer Denkschrift der Stadt Köln wurde daher der Gedanke vom Städtetag aufgegriffen, auf eine Kommunalisierung der Arbeitsverwaltung zunächst nach dem Vorbild der Regelung von 1922 abzuzielen126. Die Nachkriegsprobleme unter der inflationistischen Währungs- und Wirtschaftslage verdrängte jedoch die Fragen der Hilfen für Arbeitslose. Auch nach der Währungsreform kam es nur in Notstandsgebieten zur größeren Massenarbeitslosigkeit mit stärkerer Belastung für die kommunale Fürsorge. Fragen der Finanzierung von Notstandsarbeiten sieht man von der besonderen Situation Berlins ab - wurden damit nur zeitweilig aktuell. Im Zuge der Vorbereitungen zur Gründung des Bundes und damit der voraussichtlichen Neugründung einer Institution im Stile der ehemaligen Reichsanstalt für Arbeitslosenversicherung und Arbeitsvermittlung begannen allerdings ausführlichere Erörterungen über mögliche Neuerungen im System der Arbeitslosenhilfe. In Kreisen des Städtetages wurde davon ausgegangen, daß, wenn keine Kommunalisierung der örtlichen Arbeitsämter erreichbar sei, wenigstens auf eine Beseitigung der Kompetenzkonflikte und Reibungsverluste zwischen lokalem Arbeitsamt und gemeindlicher Fürsorge hingearbeitet werden müsse. Dabei wurde die Ausschaltung der Vertreter der öffentlichen Körperschaften aus den
124
Ebenda.
125
Ziebill 1956, S. 167.
126
Denkschrift von Turegg, Köln 1946, Registratur des neuen Deutschen Städtetages, Dir. 710-02, Bd. 1.
III. Grundlagen kommunaler Beschäftigungspolitik
107
Organen einer künftigen Bundesanstalt für Arbeit als unmöglich erachtet 127 . Bei der Gründung der Bundesanstalt für Arbeit 1951 wurden Vertreter der kommunalen Spitzenverbände folgerichtig zu den entscheidenden Beratungen des zuständigen Bundestagsausschusses hinzugezogen, um wenigstens eine den Umständen nach angemessene Vertretung der Gemeinden in allen Stufen der Arbeitsverwaltung zu erreichen 128. Die Folgejahre bedingten mehrfach die Notwendigkeit, Einzelheiten von Arbeitsbeschaffungsprogrammen zu erörtern, auch die Jugendarbeitslosigkeit bereitete den Städten Sorge. Später traten diese Sorgen mit der Verbesserung der Wirtschaftslage in der Bundesrepublik in den Hindergrund, weshalb die Bemühungen mehr auf grundsätzliche Anliegen der Koordination von Hilfeleistungen der verschiedensten Sozialträger abzielten. Immerhin verdient in diesem Zusammenhang festgehalten zu werden, daß die Kommunalisierung der Bundesanstalt für Arbeit als Alternative bei Gründung der Bundesrepublik ernsthaft diskutiert wurde. Sie wird jedoch heute nicht mehr gefordert.
127
Ziebill 1956, S. 168.
128
Vgl. Kolb, StädteT 1949, S. 49 ff.
Β. Die Personalhoheit Die Personalhoheit der Gemeinden gehört zum Recht ihrer Selbstverwaltung. Sie umfaßt die Befugnis ihrer Organe, „in eigener Verantwortung Anzahl und Rechtsverhältnisse der Personen zu bestimmen, die zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben benötigt werden, sowie sie anzustellen, zu befördern und zu entlassen"1. Die Städte als oft größte Arbeitgeber am Ort können durch verschiedene Formen der Arbeitszeitgestaltung und Arbeitsplatzbesetzung sowie durch Einstellung neuer Arbeitskräfte und Schaffung von Ausbildungsplätzen den örtlichen Arbeitsmarkt entlasten. Inwieweit dies gelingen kann und welche Grenzen den Gemeinden gezogen sind, soll im folgenden vor dem Hintergrund des rechtlichen Instrumentariums geprüft werden. Dazu ist es zweckmäßig, zunächst die kommunale Personalsituation darzustellen.
I . Das kommunale Personalwesen 1. Die Rolle der Kommunen als öffentliche Arbeitgeber Von gewerkschaftlicher Seite wird an die öffentlichen Arbeitgeber die Forderung herangetragen, zur Verminderung der Arbeitslosigkeit mehr Personal im öffentlichen Dienst einzustellen. Die Forderung wirkt deshalb vordergründig überzeugend, weil die zusätzliche Einstellung von Personal im öffentlichen Dienst eine Maßnahme wäre, die sofort und unmittelbar „greifen" könnte. Während bei anderen konjunkturellen Stützungsmaßnahmen, sei es durch Beschäftigungsprogramme, durch konsumfördernde oder auch durch steuerpolitische Maßnahmen für den Staat praktisch nicht vorhersehbar ist, ob und wann diese Maßnahmen wirken, belebt die Mehreinstellung von Personal im öffentlichen Dienst den Arbeitsmarkt direkt und zahlenmäßig erfaßbar 2. Arbeitsfördernde Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst sind dort besonders populär, wo sie sich mit anders motivierten Forderungen verbinden, wie
1
von Unruh, Gemeinderecht, S. 135.
2
von Münch, ZBR 1978, S. 127.
I. Das kommunale Personalwesen
109
z.B. beim Abbau von Pflegenotstand in kommunalen Krankenhäusern und Altenheimen. Dem Postulat quantitativer Personalpolitik im öffentlichen Dienst stehen die Warnungen entgegen, eine Lösung der brennenden Probleme des Arbeitsmarktes nicht unmittelbar über die Einstellungpraxis der öffentlichen Arbeitgeber und Gebietskörperschaften zu suchen. Wenn die Gemeinden neue Arbeitsplätze schaffen sollen, können sie es nicht, weil ihnen das Geld fehlt; wenn sie es könnten, brauchen sie es nicht, weil die Situation auf dem Arbeitsmarkt es dann nicht mehr so dringlich erscheinen läßt. Tun sie es trotzdem, finden sie möglicherweise keine Arbeitskräfte, die sie für die neuen Arbeitsplätze im kommunalen Bereich brauchen3. Daher ist zu fragen, ob der kommunale öffentliche Dienst durch gezielte Maßnahmen der Personalpolitik zur Lösung der örtlichen Arbeitsmarktprobleme beitragen kann sowie, ob eine mit Verminderung der Arbeitslosigkeit begründete Ausweitung des öffentlichen Dienstes rechtlich zulässig wäre. Die anhaltend hohe Arbeitslosigkeit ist in Städten und Gemeinden aller Größenklassen seit längerem zentrales Thema geworden, und zwar unbeschadet orginärer Zuständigkeiten anderer Stellen (Bund, Länder, BA) 4 . Aus diesem Grund hat der DSt. zwar deutlich herausgestellt, daß die Beseitigung der Arbeitslosigkeit und deren Folgen nicht Aufgabe der Städte sei, gleichwohl jedoch die Verantwortung der Städte als Träger der Jugend- und Sozialhilfe sowie als Arbeitgeber bei der Bewältigung des Problems bestätigt5.
2. Die Beschäftigungslage im öffentlichen Dienst und bei den Kommunen Die öffentliche Hand ist der größte Arbeitgeber in der Bundesrepublik 6 . In den Dienststellen des unmittelbaren öffentlichen Dienstes7 wa-
3
Spilker, Difu 1979, S. 181 ff.
4
Pröpper, Mit wenig Geld viel machen: Spielräume aus der Sicht des Stadtkämmerers, S. 64 f. 5
DSt-Beiträge zur Sozialpolitik 1984, S. 10.
6
Breidenstein, WiSt 1984, S. 920.
7
Die Behörden, Gerichte und Einrichtungen des Bundes und der Länder, Ge-
Β. Die Personalhoheit
110
ren am 30. Juni 1986 insgesamt 3,61 Millionen Voll- und 770 000 Teilzeitbeschäftigte eingesetzt. Gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres ergab sich bei den Vollzeitbeschäftigten ein Rückgang um 1 700 Beschäftigte; dem stand ein Zuwachs um 28 000 Teilzeitarbeitskräfte gegenüber8. Von den insgesamt 4,1 Mio. Beschäftigten hatten 258 000 einen befristeten Arbeitsvertrag 9. Gegenüber dem Vorjahr ergab sich ein Zuwachs bei den befristeten Arbeitsverträgen um knapp 19 000 oder 7,7%10. Traditionsgemäß stellten die Beamten 1986 mit 1,81 Millionen die stärkste Gruppe des Personals im öffentlichen Dienst, 1,51 Millionen arbeiteten als Angestellte und 1,06 Millionen als Arbeiter. Gegenüber dem Vorjahr erhöhte sich die Zahl der Angestellten um 31 000, während die Zahl der Beamten um 1 300 und die der Arbeiter um 3 600 zurückging11. Bezogen auf die einzelnen Beschäftigungsbereiche verlief die Entwicklung allerdings unterschiedlich. Während bei Bahn, Ländern und Bundesbehörden rückläufige Beamtenzahlen gemeldet wurden, beriefen die Kommunen 3 000 mehr Mitarbeiter in ein Beamtenverhältnis. Auch im Angestelltenverhältnis konnten Personalverstärkungen gemeldet werden. Insgesamt standen 1,31 Millionen Bedienstete in einem Beschäftigungsverhältnis bei einem kommunalen Arbeitgeber (Gemeinden, Gemeindeverbände und kommunale Zweckverbände); das waren knapp 37 000 mehr (plus 2,9%) als im Jahr zuvor. Im kommunalen Dienst waren 1986 erstmals mehr als 1 Million Vollzeitbeschäftigte eingesetzt; als Teilzeitbeschäftigte waren knapp 300 000 Bedienstete bei den Kommunen tätig. Im Vergleich zum Vorjahr wurden insbesondere mehr Vollzeitbeschäftigte (+ 21 000 oder 2,1%) eingestellt; aber auch die Zahl der Teilzeitbeschäftigten nahm kräftig (+ 16 000 oder 5,6%) zu. Der bemerkenswerte Anstieg bei den Vollzeitbeschäftigten dürfte zu einem Teil auf die weiter erhöhte Zahl von Beschäftigungsverhältnissen im Rahmen von ABM
meinden / Gemeindeverbände, Zweckverbände, Deutsche Bundesbahn und Deutsche Bundespost werden von der amtlichen Statistik als unmittelbar öffentlicher Dienst zusammengefaßt. 8
Breidenstein, WiSt 1987, S. 920.
9
Einschließlich Beschäftigte, die im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen von öffentlichen Arbeitgebern eingestellt sind. 10
Breidenstein, WiSt 1987, S. 919.
11
ZKF 1988, S. 188.
I. Das kommunale Personalwesen
111
zurückzuführen sein, auf die vor allem kommunale Arbeitgeber zurückgreifen 12. Weitere Einzelheiten vermittelt Tabelle 8 (s. unten). Diese Entwicklung trifft im wesentlichen auch auf die Verhältnisse in Baden-Württemberg zu13. Bei der Ausbildungskapazität standen 4 000 Plätze mehr als im Vorjahr zur Verfügung. Im öffentlichen Dienst zählen zur personalen Ausbildung die Beamten, die den gesetzlich vorgeschriebenen Vorbereitungsdienst ableisten, Auszubildende, das Krankenpflegepersonal in Ausbildung sowie Praktikanten im Rahmen der Lehrer- bzw. Juristenausbildung14. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Länder teilweise ein Ausbildungsmonopol besitzen. Am Erhebungsstichtag 30.6. 1986 wurden im öffentlichen Dienst 284 500 Mitarbeiter ausgebildet, was einem Anteil von 7,4% der Vollbeschäftigten entsprach. Die Hälfte davon war weiblich15. In Baden-Württemberg haben die Kommunen bei 19 101 Beamten 1 876 Ausbildungsverhältnisse begründet (9,8%), bei 98 438 Angestelltenverhältnissen sind 11 557 Ausbildungsverhältnisse begründet worden (11,7%) und bei 50 460 Arbeiterplätzen wurden 1 546 Ausbildungsverhältnisse eingegangen (3%)16.
2.1. Die Stellen- und Laufbahnstrukturen
Von den 3,61 Mio. Vollzeitbeschäftigten des unmittelbaren öffentlichen Dienstes waren am 30. Juni 1986 11,5% in einer Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppe des höheren Dienstes eingestuft. 22,1% gehörten dem gehobenen, 38,8% dem mittleren und 5,7% dem einfachen Dienst an; 22% der Mitarbeiter waren Arbeiter. Damit erhielt rund ein Drittel der Vollzeitbeschäftigten Bezüge des höheren und gehobenen Dienstes, während zwei Drittel eine Tätigkeit ausübten, die nach Besoldungs- bzw. Vergütungsgruppen des mittleren und einfachen Dienstes bewertet waren 17. Im einzelnen ist auf Tabelle 9 (s. unten) hinzuweisen.
12
Breidenstein, WiSt 1987, S. 920; zu weiteren Einzelheiten vgl. Geske, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 113, S. 41 f. 13
Städtetag Baden-Württemberg, Wochenspiegel, Nr. 326/1988.
14
Breidenstein, WiSt 1987, S. 925.
15
Ebenda; in Baden-Württemberg entfielen im Beamtensektor zwei Drittel der Ausbildungsverhältnisse und im Angestelltenbereich 86 % auf Frauen in kommunalen Diensten. 16
Vgl. Fußn. 13.
17
Sämtliche Angaben in ZKF 1988, S. 141.
112
Β. Die Personalhoheit Tabelle 8 Personal im unmittelbaren öffentlichen Dienst nach dem Dienstverhältnis1 (in 1000) Dagegen 30. Juni 30. Juni 1983 19802)
30 Juni 1986 Beschäftigungsbereich
Beamte ! Ange- Arbeiter und Richter stellte
insgesamt
Vollzeitbeschäftigte Gebietskörperschaften . 1 194,7 1 088,4 560,5 2 843,6 2 832,4 2 804,5 dar:Frauen 978,4 273,2 599,8 105,5 978,3 982,1 Bund3) 113,2 89,5 109,1 311,8 315,5 316,2 dar:Frauen 67,1 7,5 43,0 16,6 66,3 65,8 Länder 463,7 163,7 1 559,6 1586,5 1 567,9 932,3 dar:Frauen 528,4 235,1 257,5 35,8 547,3 552,8 Gemeinden/Gv 149,2 920,4 287,8 535,2 972,2 930,3 dar : Frauen 30,6 299,3 53,1 383,0 364,7 363,5 Kommunale Zweckverbände 36,4 2,2 23,0 29,7 11,2 33,9 dar:Frauen 0,2 2,4 12,0 14,5 11,4 13,5 Deutsche Bundesbahn 163,5 6,3 115,3 285,0 319,7 338,0 dar: Frauen 5,1 3,5 14,9 6,3 16,6 17,5 Deutsche Bundespost .. 304,1 31,0 425,7 105,0 440,2 437,2 dar.:Frauen 60,7 21,8 91,7 15,5 98,0 96,3 Insgesamt ... 1 664,5 1 148,6 dar : Frauen . . 339,1 637,1 Gebietskörperschaften . dar:Frauen Bund dar:Frauen Länder . . dar:Frauen Gemeinden/Gv. dar Frauen Kommunale Zweckverbände dar. Frauen Deutsche Bundesbahn dar: Frauen Deutsche Bundespost dar:Frauen Insgesamt dar : Frauen ... 1
792,1 3 605,2 3 623,3 3 597,9 129,6 1 105,8 1 104,7 1 102,6
Teilzeitbeschäftigte 136,3 329,3 199,9 123,4 249,9 180,8 0,8 13,1 4,9 0,7 4,7 12,8 188,7 130,8 42.5 118,5 123,3 39,6 127,4 4,6 152,5 4,1 113,9 136,5
665,4 554,1 18,8 18,1 362,1 281,3 284,5 254,6
571,2 485,7 16,2 15,5 301,4 240,5 253,6 229,7
505,3 431,4 13,5 12,9 255,6 204,6 236,2 213,9
0,1 0,0 0,7 0,6 9,8 9,7
5,4 47 07 0,7 22,5 21,4
6,8 6,2 17 1,6 56,7 53,1
12,3 10,9 3,0 2,9 89,1 84,2
11,7 10,2 3,9 3,3 89,1 84,5
10,5 8,9 3,5 3,4 76,0 73,0
146,8 133,7
357,8 276,6
265,2 241,8
769,9 652,2
676,0 583,8
595,3 516,7
) Teilweise geschätzt - 2 ) Berichtigte Zahlen. - 3 ) Ohne Soldaten.
Quelle: WiSt 1987, S. 920.
Insgesamt „ ,οο^«,^« zusammen
Höherer „. Dienst
Mittlerer Dienst
Gehobener Dienst
Beamte, Richter und Angestellte
Dienst
Einfacher
Quelle: WiSt 1987. S. 921
a) Teilweise geschätzt
b) Ohne Soldaten
Insgesamt 3 605,2 2 813,2 dar.: Frauen 1105,8 976,3 74,7 dagegen am 30. Juni 1983 3 623,3 2 828,4 dar.: Frauen 1 104,7 971,6
Arbeiter
414,4 796,8 1 397,5 204,3 792,1 250,0 605,9 45,7 129,6 428,0 809,9 1 388,6 201,8 795,0 79,4 262,2 588,9 41,1 133,2
Gebietskörperschaften 2 843,6 2 283,1 406,0 726,2 1 087,5 63,4 560,5 dar.: Frauen 978,4 873,0 74,0 242,8 524,0 32,3 105,5 Bundb) 311,8 202,7 19,3 47,7 128,9 6,8 109,1 dar.: Frauen 67,1 50,5 1,4 6,7 40,6 1,8 16,6 Länder 1 559,6 1 396,0 332,2 503,9 532,6 27,2 163,7 dar.: Frauen 528,4 492,6 63,4 189,8 229,2 10,2 35,8 Gemeinden/Gv. 972,2 684,4 54,5 174,5 426,0 29,4 287,8 dar.: Frauen 383,0 329,9 9,3 46,3 254,2 20,2 53,1 Kommunale Zweckverbände 36,4 25,2 2,8 5,2 15,8 1,3 11,2 dar.: Frauen 14,5 12,1 0,4 1,0 9,8 0,9 2^4 Deutsche Bundesbahn 285,0 169,8 2,1 22,6 122,9 22,3 115,3 dar.: Frauen 14,9 8,6 0,1 1,1 7,2 0,3 6,3 Deutsche Bundespost 440,2 335,1 3,5 42,9 171,3 117,4 105,0 dar.: Frauen 9^0 8^5 ^2 5^2 64ß 15,5
Beschäftigungsbereich
Personal im unmittelbaren öffentlichen Dienst am 30. Juni 1986 nach Laufbahngruppen a) (in 1000) - Teil 1: Vollzeitbeschäftigte -
Tabelle 9
I. Das kommunale Personalwesen 113
Quelle: WiSt 1987, S. 922.
a) Teilweise geschätzt
131,3 118,8 100,6 92,9
b) Mit mindestens der Hälfte der regelmäßigen Wochenarbeitszeit
53,3 33,8 325,2 38,2 25,9
205,5 13,2 200,5 12,1 174,3 170,0 11,2
185,9 174,0 12,1 171,9
403,3 365,1 506,8 300,0
Insgesamt 589,3 dar: Frauen 539,1 dagegen am 30. Juni 1983 dar.: Frauen 471,9
Höherer
Beamte, Richter und Angestellte
Gebietskörperschaften 510,1 dar.: Frauen 464,0 Bund 17,5 dar.: Frauen 17,0 Länder 287,1 dar.: Frauen 254,1 Gemeinden/Gv. 205,5 dar.: Frauen 192,9 Kommunale Zweckverbände 7,7 dar.: Frauen 7,2 Deutsche Bundesbahn 2,6 dar.: Frauen 2,5 Deutsche Bundespost 68,9 dar.: Frauen 65,4
Insgesamt
- Teil 2: Teilzeitbeschäftigte b) -
Gehobener Mittlerer Einfacher zusammen . Dienst Dienst Dienst Dienst 372,5 53,2 130,4 176,6 12,3 137,6 335,4 33,7 118,1 172,4 11,2 128,7 13,8 0,4 0,9 11,6 1,0 3,8 13,4 0,2 0,8 11,4 0,9 3,7 251,6 49,2 118,5 79,5 4,3 35,5 220,4 30,9 108,0 77,5 4,0 33,7 107,1 3,6 11,0 85,6 7,0 98,3 101,6 2,6 9,2 83,4 6,3 91,3 4,1 0,1 0,3 3,5 0,3 3,6 3,8 0,1 0,2 3,3 0,3 3,3 1,4 0,1 1,2 1,2 1,3 0,1 1,2 1,2 25,3 0,5 24,2 0,6 43,5 24,6 0,4 23,6 0,6 40,8
Beschäftigungsbereich
Fortsetzung Tabelle 9
181,7
Arbeiter
114 Β. Die Personalhoheit
I. Das kommunale Personalwesen
115
In der Aufteilung nach Laufbahngruppen für die Beamten und Angestellten - einfacher, mittlerer, gehobener und höherer Dienst sowie Arbeiter - weisen die Statistiken nach, daß vor allem der Anteil des höheren Dienstes in der Vergangenheit deutlich zugenommen hat; immerhin gehörten 1980 16 v.H. aller Vollzeitstellen dieser Kategorie an, 1963 waren es nur 10 v.H. 18 Diese Entwicklung vollzog sich vor allem Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre. Nach 1972 ist der Anteil des höheren Dienstes nur wenig gestiegen. Der gehobene Dienst hat statistisch an Gewicht gewonnen, sein Anteil nahm um knapp 2 v.H. auf 26,5 v.H. zu. Entsprechend an Bedeutung eingebüßt haben der einfache Dienst und die Arbeiter, der Anteil des mittleren Dienstes ist geringfügig gesunken. In welchem Ausmaß die Strukturverschiebungen auf gestiegenes Qualifikationsniveau oder auf Stellenhebungen zurückzuführen sind, kann anhand des verfügbaren Datenmaterials nicht exakt bestimmt werden19. Die Untergliederung nach Haushaltsebenen läßt vermuten, daß die Entwicklung der Stellenstruktur im engen Zusammenhang mit den Prioritäten im Ausbau der öffentlichen Funktionen zu sehen ist und damit der Anteil von Beschäftigten mit Hochschulabschluß im öffentlichen Dienst im Vergleich zu anderen Wirtschaftsbereichen besonders hoch ist. Bezieht man den Bildungsbereich mit ein, so liegt nahe, daß sowohl auf Bundesebene als auch bei den Gemeinden die Anteilsgewinne im höheren Dienst bei weitem nicht so ausgeprägt waren wie bei den Ländern. Neben den strukturellen Verbesserungen, wie sie der Bund, vor allem Ende der 60er Anfang der 70er Jahre brachte, sind für die Beförderungssituation in einem Verwaltungsbereich auch die jährlichen Expansionsquoten entscheidend. Mit der Vermehrung von Haushaltsstellen ergeben sich zusätzliche Beförderungsmöglichkeiten. Bei Beamten ist dies aus den Vorgaben des gesetzlichen Stellenkegels ableitbar, der in Vomhundertsätzen das Verhältnis der Eingangs- zu den Beförderungsämtern festlegt20.
2.2. Die Frauen im öffentlichen Dienst und bei den Kommunen Aufgrund der Arbeitsmarktlage kommt der Wahrung gleicher Zugangschancen für Frauen im öffentlichen Dienst besondere Aktualität zu. Die 18
DIW, Wochenbericht 23/84, S. 268; Meixner, Personalpolitik, S. 49 f.
19
DIW, Wochenbericht 23/84, S. 268.
20
§ 26 BBesG; vgl. BJII.2.
Β. Die Personalhoheit
116
kommunalpolitischen Forderungen nach Gleichstellungsstellen für Frauen in den Stadt- oder Gemeindeverwaltungen zur Wahrung von Chancengleichheit sind praktische Belege hierfür. Nach der Erwerbstätigkeitsstatistik gab es 1986 im Jahresdurchschnitt 25,8 Mio. Erwerbstätige, darunter 9,9 Mio. oder 38,4% Frauen. Im öffentlichen Dienst waren am 30. Juni 1986 4,6 Mio. Personen beschäftigt, davon 1,9 Mio. oder 41% Frauen21. Innerhalb des gesamten öffentlichen Dienstes verfügen die Länder und Kommunen über den größten Mitarbeiterstab, dort sind auch besonders viele Frauen beschäftigt. Von den insgesamt 1,9 Mio. im öffentlichen Dienst beschäftigten Frauen erhielten 661 000 ihre Bezüge aus kommunalen Haushalten. Bei den Kommunen ist jede zweite Beschäftigte eine Frau (davon 54% als Angestellte). Die Kommunen in Baden-Württemberg haben mehr Frauen als Männer beschäftigt. Der Anteil der Beamtinnen ist dort recht niedrig: 1986 befanden sich 15,9% im gehobenen, 1,6% im höheren Dienst22. Die Gliederung der weiblichen Bediensteten nach Laufbahngruppen insgesamt gibt Hinweise auf die berufliche Qualifikation der Frauen im öffentlichen Dienst, wobei den Neueinstellungen besondere Bedeutung zukommt. Mehr als die Hälfte der weiblichen Vollzeitbeschäftigten (54,8%) war in Besoldungs-bzw. Vergütungsgruppen des mittleren Dienstes eingestuft. Dieser hohe Anteil weist auf typische Frauenberufe im öffentlichen Dienst, wie zum Beispiel als Schreib- bzw. Bürokräfte oder Krankenschwestern hin. Im höheren, besonders aber im gehobenen Dienst mit einem überdurchschnittlichen Frauenanteil von 31,4% kommt statistisch das starke berufliche Engagement von Frauen als Lehrerinnen zum Ausdruck. Relativ niedrig ist der Anteil der weiblichen Beschäftigten im einfachen Dienst und bei den Arbeitern. Interessante Aufschlüsse gibt die Personalentwicklung in den einzelnen Laufbahngruppen im Vergleich der Vorjahre: Zum einen dürften viele Frauen aufgrund der zwischenzeitlich erheblich verbesserten Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitgestaltung eine Vollzeitbeschäftigung zugunsten einer Teilzeitbeschäftigung aufgegeben haben; zum anderen wurde der höhere Frauenanteil im öffentlichen Dienst überwiegend durch Einstellung von Frauen für weniger qualifizierte Arbeiten erreicht 23.
21
Breidenstein, WiSt 1988, S. 629.
22
Vgl. Fußn. 13.
23
ZKF 1986, S. 141.
I. Das kommunale Personalwesen
117
3. Der Personalaufwand und die Finanzierung zusätzlicher Arbeitsplätze Eine Diskussion über die Vermehrung von Stellen im öffentlichen Dienst zur Entspannung der Arbeitsmarktsituation ist ohne Berücksichtigung von Kosten und Aufwand undenkbar. Dies gilt für alle Gebietskörperschaften. Auf der anderen Seite kommen Einsparungen der BA weder den betroffenen Ländern noch den Gemeindehaushalten zugute. Eine Senkung der Aufwendungen für die Leistungen an Arbeitslose ist ohnedies in die Überlegungen zur Konsolidierung des Bundeshaushaltes einbezogen und wurde teilweise in die Haushaltsbegleitgesetze aufgenommen24. Andererseits hat sich von 1960 bis 1983 die Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Sektor fast verdoppelt. Bereits 1983 waren bei den Gebietskörperschaften und den Sozialversicherungen 25 über 4 Mio. Arbeitnehmer beschäftigt (1960: 2,1 Mio.); dies entsprach knapp einem Fünftel aller Beschäftigungsverhältnisse (1960: 10 v.H.). Diese Entwicklung vollzog sich relativ stetig, wenn auch mit konjunkturellen Schwankungen. Seit Anfang der 80er Jahre betragen die Personalausgaben fast ein Drittel aller Ausgaben der Gebietskörperschaften, bei den Städten und Gemeinden durchschnittlich rund 25 bis 30% des Budgetvolumens26. Tarif- und Besoldungserhöhungen haben bei den Kommunen aufgrund ihrer spezifischen Personalstruktur zu etwas höheren Personalausgabenzuwächsen geführt als bei Bund und Ländern. Darin schlagen sich auch mit etwa 1 Vi bis 2 v.H. Personalverstärkungen nieder, die vor allem der Erfüllung zusätzlicher bzw. neuer Aufgaben im Sozial- und Umweltschutzbereich dienten27. Darüber hinaus werden als Ursachen für den schnellen Anstieg der Personalausgaben auch die Stellenanhebungen in Form von Höherbewertung und -bezahlung für bestimmte Tätigkeiten angesehen28.
24
Vgl. Teil D.IV.2.
25
Ohne öffentliche Unternehmen (unabhängig von ihrer Rechtsform), aber einschließlich der kommunalen Zweckverbände. 26 M. Fuchs, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 120 B, S. 416-422, der von einem Viertel der Gesamtausgaben ausgeht und über 40% der Ausgaben des Verwaltungshaushalts dem Personal zurechnet, S. 419. 27
Karrenberg /Münstermann,
28
Bohnet, ZBR 1986, S. 360.
StädteT 1987, S. 60.
Salzgitter Wilhelmshaven Lüneburg Neustadt a. Rbge. Springe Nordenham Papenburg Osterode Verden (Aller) Bramsche Bad Pyrmont Essen Dortmund Düsseldorf Duisburg Bochum Wuppertal Gelsenkirchen Oberhausen Remscheid Gladbeck Castrop-Rauxel Minden Nettetal
Kiel Lübeck Neumünster
Stadt
5425 5698 2095
1980 1986
~
1980 1986
~
1986 geg.
+ 28,8 1751 + 16,9 187 + 24,7 25 30
1207
%
Anzahl
Teilzeitbeschäftigte
177 361
+ 3,8 635 605 - 4,7 39 110 - 6,5 625 667 + 6,7 60 203 - 2,0 440 449 + 2,1 20 38 - 10,0 133 151 + 13,5 14 43 - 6,9 74 54 - 27,0 10 23 - 1,3 154 136 - 11,7 54 - 3,5 57 68 + 19,3 - 9,8 130 128 - 1,5 15 20 + 3,0 198 209 + 5,6 9 5 - 5,3 69 62 - 10,1 10 12 + 3,3 50 50 1 12 + 0,0 2 905 2421 - 16,7 405 842 - 4,0 2109 2272 + 7,7 670 - 0,7 1774 1922 + 8,3 148 - 1,4 1 676 1 754 + 4,7 364 647 - 3,0 1524 1565 + 2,7 609 829 - 2,7 939 1085 + 15,6 277 100 - 8,1 1104 1331 + 20,6 646 743 + 1,0 1121 1190 + 6,2 128 177 2,6 454 439 - 3,3 10 49 + 0,8 293 370 + 26,3 83 156 - 7,3 343 373 + 8,8 70 64 + 0,6 223 205 - 8,1 24 70 - 2,7 88 98 + 11,4 7
1498 580
1980 1986
1986 geg. 1980 in
+ 1,9 937 - 1,9 + 1,6 465
1980 in Anzahl
2063 2142 2424 2266 1502 1472 230 207 189 176 232 229 199 192 254 229 440 453 133 126 245 253 9433 9434 11501 11040 10532 10458 9145 9015 6159 5974 6994 6803 5066 4658 3602 3 637 1793 1839 + 947 955 975 904 716 720 256 249
5323 5807 2062
Anzahl
Vollbeschäftigte
Städte mit unterschiedlicher Personalentwicklung1* 1980—1986
Tabelle 10
ABM-Kräfte 2
118 Β. Die Personalhoheit
14144
13456
305835
- 4,9 311139
1,7
1 406 +
52497
1 660
65162
+ 18,1
8
62 13 4
36
5
+ 24,1
167 25 9 13 12
1
6
10 68
132 28
22 22 91 34
22
12
Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Ergebnissen einer Umfrage bei Mitgliedern des Deutschen Städtetages
30
5282
1) Einschließlich des Personals der rechtlich unselbständigen Eirtschaftsunternehzmen und Krankenhäuser mit kaufmännischem Rechnungswesen 2) Nach §§ 91 bis 99 AFG im Rahmen von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen von der Bundesanstalt für Arbeit Finanziell geförderter Einsatz von Arbeitskräften 3) Beschäftigte aller Städte, Gemeinden und Landschaftsverbände, die sich an der Erhebung beteiligt haben.
Quelle: Gemeindefinanzbericht 1987, StädteT 1987, S. 61
Gesamter Berichtskreis3
Nachrichtlich: Landschaftsverband Rheinland
24 24 41 35
+ 87,0 110 - 1,4 + 37,1 18 + 17,2 23 + 10,6 + 2,1 4 - 1,0 - 0,6 1
1799
10
5959 5970 + 0,2 366 462 + 26,2 2354 2313 - 1,7 111 291 X 372 368 - 1,1 133 148 + 11,3 1028 996 - 3,1 32 118 X 511 512 + 0,2 165 186 + 12,7
- 1,3 962 - 3,7 209 206 1,2 213 292 4,3 93 109 5,6 132 146 3,2 143 146 7,1 103 102 2,1 161 160
- 5,7 + 24,4 + 27,9 X
Augsburg Bamberg Neu-Ulm Amberg Ansbach
8605 1153 923 419 320 224 + 157 229 -
117 56 55
8718 1197 934 438 339 217 169 234
- 1,6 124 - 10,3 45 - 18,9 43 - 13,2 5
Mannheim Konstanz Lörrach Ettlingen Geislingen a. d. St. Vaihingen a. d. E. Winnenden Nagold
1056 733 120 236
21808 + 1,7 2269 2655 -1-17,0 55 5850 + 4,2 1052 911 - 13,4 37 3090 + 0,9 557 601 + 7,9 34 52 798 + 0,4 124 146 + 17,7 37 831 - 2,1 206 203 - 1,5 51 38 954 + 1,6 180 205 + 13,9 92 91 594 - 11,9 137 167 + 21,9 4 43
1073 817 148 272
21439 5617 3062 795 849 939 674
Neunkirchen/Saar Völklingen Lebach Dillingen/Saar
Frankfurt a. M. Wiesbaden Mainz Pirmasens Landau i. d. Pf. Idar-Oberstein Zweibrücken
10996
I. Das kommunale Personalwesen 119
120
Β. Die Personalhoheit
Während zu Beginn der 70er Jahre die Personalausgaben im Durchschnitt noch um 15 v.H. im Jahr zugenommen haben, hat sich in der Folgezeit die Steigerungsrate weit mehr als halbiert; seit 1981 ist sie um weniger als 3 v.H. gestiegen29. 1985 gaben die Gemeinden 51,37 Mrd. DM, 1986 54,5 Mrd. DM und 1987 57,52 Mrd. DM für Personal aus30. Eine Übersicht über die Personalentwicklung bei den Städten vermittelt Tabelle 10 (s. oben). Auf gesamtwirtschaftliche Krisen reagierten die öffentlichen Arbeitgeber mit einer zurückhaltenden Einstellungspolitik31: Sowohl 1968 als auch 1977 und 1982/83 flachte die Beschäftigungszunahme spürbar ab, während in den Phasen der Vollbeschäftigung bzw. Aufschwungsperioden auch im öffentlichen Sektor vermehrt Arbeitsplätze geschaffen worden sind. Nach Auffassung des DIW hat der öffentliche Dienst dadurch „in erheblichem Maße die gesamtwirtschaftliche Beschäftigungslage stabilisiert" 32. Die Forderung nach Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze 33 im öffentlichen Dienst muß die Höhe der Arbeitsplatzkosten in der wirtschaftlichen Verantwortung berücksichtigen. Bereits nach einer Untersuchung des Bundesinnenministeriums von 1978 waren für einen Durchschnittsbeamten rund 53 000 DM aufzuwenden34. Dies schien noch sehr günstig35. Weit differenzierter für die Gemeinden beurteilt die KGSt die Arbeitsplatzkosten und errechnet für einen Beamten in der Besoldungsgruppe A 11 im Verwaltungsdienst, einschließlich der Sach- und Verwaltungskosten, jährlich 77 500 DM 36 . Die Stadt Stuttgart ermittelte ihren Personalaufwand in der vergleichbaren Besoldungsgruppe (inkl. der Zuschläge für Versorgungen und Beihilfen) mit jährlich 88 000 DM für 1989, für eine Schreibkraft auf
29
DIW, Wochenbericht 23/84, S. 269.
30
Finanzbericht 1989, S. 142.
31
DIW, Wochenbericht 23/84, S. 264.
32
Ebenda.
33
Dazu von Münch, ZBR 1978, S. 127.
34
Bundestagsprotokolle, 74. Sitzung, S. 5871, Nachweise bei Meixner, Personalpolitik, S. 56. 35
Vgl. im einzelnen Mebcner, Personalpolitik, S. 56 f.; zur Komponentenrechnung der Personalausgaben - Tarife - Beschäftigung und Strukturveränderungen vgl. DIW, Wochenbericht 23/84, S. 269. 36
KGSt-Bericht 10/1986, S. 11.
I. Das kommunale Personalwesen
121
48 500 DM 37 . Eine kostenneutrale Hilfe des öffentlichen Dienstes für den Arbeitsmarkt allgemein und durch die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Kommunalverwaltung kann es demnach nicht geben. Lecheler folgert daraus, daß das, was hier an vereinzelten Maßnahmen zulässigerweise ergriffen werden kann, den symbolischen Charakter nicht zu übersteigen vermag38. Die Personalentscheidungen innerhalb der Beschäftigungs- und Besoldungs- bzw. Tarifpolitik des öffentlichen Dienstes wirken sich sowohl auf den Arbeitsmarkt als auch auf die Personalausgaben aus, die einen festen und großen Ausgabenblock in den öffentlichen Haushalten bilden39. Gegenwärtig werden an die Personalpolitik der öffentlichen Arbeitgeber in der allgemeinen Diskussion unterschiedliche, zum Teil sich ausschließende Forderungen gestellt. Einerseits soll durch personalpolitische Maßnahmen sowie durch eine restriktive Besoldungs- und Tarifpolitik ein Beitrag der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte erbracht, zum anderen zur Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen der Arbeitsmarkt entlastet werden. Eine weitere Steigerung der Aufwendungen für Personalkosten wird nicht nur von Kämmerern, sondern auch von den Finanzministern als unannehmbar bezeichnet. Der Verzicht auf eine Expansion der Personalkosten liegt nicht nur im Interesse der Stabilisierung des öffentlichen Dienstes. Manches spricht auch dafür, daß eine solche Zurückhaltung aus der Sicht des Arbeitsmarktes richtig sein müßte. Die Steigerungen des Personalkostenanteils in den Verwaltungshaushalten der Kommunen führen zwangsläufig zu einer Verkürzung der Zuführungsrate des Verwaltungshaushaltes an den Vermögenshaushalt und damit zu einer Kürzung der investiven Ausgaben. Negative Folgen für den Arbeitsmarkt und besonders für die örtliche Bauwirtschaft blieben unvermeidlich.
4. Der kommunale Personalbedarf Es ist umstritten, inwieweit der öffentliche Dienst einen Beitrag zur Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsplatz leisten könnte40. Wenn die finanzpolitischen Entscheidungsträger ihre restriktive Einstellungspolitik 37
Nach Berechnungen des Personalamts und der Kämmerei der LHSt. Stuttgart vom Sept. 1988. 38
Lecheler, Bonn 1979, S. 79.
39
Breidenstein, WiSt 1984, S. 920.
40
Zurnieden, StädteT 1984, S. 552-554; DIW, Wochenbericht 23/84, S. 269 f.
122
Β. Die Personalhoheit
lockern wollten, könnten auf mittlere Frist, unter Status quo-Bedingungen vom Teilarbeitsmarkt „Staat im weiteren Sinne" nur in begrenztem Umfang entlastende Wirkungen auf den Gesamtarbeitsmarkt ausgehen. Beispiele hierfür wären nur noch wenige Einrichtungen wie kommunale Krankenhäuser und Einrichtungen der Altenversorgung. Auf der anderen Seite zeichnen sich schon heute im personell intensiven Bildungsbereich wegen der demographischen Entwicklung langfristige Überkapazitäten ab41. In anderen Sektoren der Verwaltung dürfte der Zusatzbedarf durch Umschichtungen und Rationalisierung, vor allem durch Einführung neuer Technologien befriedigt werden können. Groß ist auch der Personalbedarf der sozialen Dienste (Behinderte, Suchtkranke, Kriminalität, Jugend· und Altershilfe, Asylanten, Aussiedler, psychologische Betreuung usw.). Mit anhaltend hoher Arbeitslosenquote nimmt er zu. Die Korrelation zwischen Arbeitslosigkeit und verstärkter Sozialhilfeleistung ist unverkennbar. Schätzungen42 gehen in diesen Bereichen von zusätzlichen Arbeitsplätzen in einer Größenordnung von 150 000 bis 360 000 aus. Das DIW errechnete die bedarfsorientierten Überlegungen für Bund, Länder und Gemeinden bis zum Ende der 80er Jahre auf 30 000 bis 40 000 zusätzliche Vollzeitstellen pro Jahr 43. Auch Breidenstein folgerte aus den natürlichen Personalabgängen und der Personalfluktuation in den Ruhestand, durch Dienst-, Berufs- und Erwerbsunfähigkeit 1984/ 1985 „echte Entlastungen für den Arbeitsmarkt" 44 und analysierte nach den Ergebnissen der Personalstatistik den Ersatz- und Zusatzbedarf auf 120 000 Stellen, davon zusätzlich auf 36 000 Teilzeitarbeitsplätze. Damit stellt sich nicht nur die Frage nach dem Sinn verstärkter Einstellungen im öffentlichen Dienst als „Hilfe" für den Arbeitsmarkt, sondern auch nach dem Bedarf. Es fällt schwer, den Bedarf an öffentlichen Gütern (Dienstleistungen) zu bestimmen und Bedarfskriterien zu begründen, weil Bedarf keine objektive Größe ist und im öffentlichen Bereich - anders als im privaten Sektor - einer Ausgabenentscheidung nur in wenigen Fällen quantifizierbare Ertrags- bzw. Nutzenkalküle zugrundegelegt werden können45. An die Stelle von marktwirtschaftlichen Lösungen muß der politisch-administrative Willensbildungs- und Ent-
41
Vgl. Meixner, Personalpolitik, S. 54; DIW, Wochenbericht 23/84, S. 269 f.
42
Nachweise bei DIW, Wochenbericht 23/1984, S. 270.
43
DIW, Wochenbericht 23/84, S. 270.
44
Breidenstein, WiSt 1986, S. 788 f.
45
DIW, Wochenbericht 23/84, S. 263.
II. Die Personalhoheit nach Art. 28 II 1 GG
123
scheidungsprozeß treten, im kommunalen Bereich vor allem der von Gemeinderäten. Hier entscheiden Gruppeninteressen sowie Machtverhältnisse und die Finanzierungsmöglichkeiten über Umfang und Struktur des für erforderlich gehaltenen Bedarfs, in Form von Standards, Richtwerten, Ausstattungsnormen sowie der Art und Weise der Dienstleistung. Danach richtet sich der Personalbedarf, nicht nach dem Arbeitsmarkt. Eng verbunden mit der Fragestellung künftigen Bedarfs an Dienstleistungen von Städten und Gemeinden ist die Suche nach geeigneten (Steuerungs-)Instrumenten einer überschaubaren Personalpolitik. Dabei ist das Personalwesen der öffentlichen Verwaltung insgesamt und ebenso das der Gemeinden von der Wissenschaft noch unzureichend erschlossen und kann als von der Praxis generell vernachlässigt bezeichnet werden46. Dazu tritt erschwerend, daß es an einem personalwirtschaftlichen Konzept für die kommunale Verwaltung generell fehlt. Erst eine Personalbedarfsplanung, die sich der Methoden der quantitativen und qualitativen Personalbemessung als einer der Bestandteile der personalwirtschaftlichen Planung bedient, kann der Erstellung der jährlichen Stellenpläne dienen und längerfristige Personalbedarfsberechnungen ermöglichen. Darüber hinaus hat die Personalbedarfsplanung bereits im Stadium des politischen Entscheidungsprozesses der Bestimmung einer öffentlichen Aufgabe die legitime Funktion, über die personalen Folgewirkungen einer Entscheidung zu informieren 47. Eine Personalbedarfsplanung ist eine der Lösungen, wie unabhängig von konjunkturellen Schwankungen einer bestehenden, örtlichen Arbeitsmarktsituation durch methodisches Schaffen und Sichern von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst begegnet werden könnte. Daraus folgt, daß der errechnete Bedarf an Arbeitsplätzen maßgebend sein muß, nicht der Überhang auf dem örtlichen Arbeitsmarkt.
I I . Die Personalhoheit nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz In Literatur und Rechtsprechung ist grundsätzlich anerkannt, daß die Personalhoheit der Gemeinden zum Recht ihrer Selbstverwaltung nach
46
Vgl. für weitere Einzelheiten Siedentopf, S. 238. 47
Siedentopf a.a.O., S. 242.
in: HkWP, Bd. III, 2. Aufl., § 55,
124
Β. Die Personalhoheit
Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG gehört1. Sie umfaßt nach der Rechtsprechung des BVerfG vor allem die Befugnis, die kommunalen Beamten auszuwählen, anzustellen, zu befördern und zu entlassen2. Wie Lecheler3 zutreffend bemerkt, beinhaltet diese Definition nur das Minimum dessen, was zur Personalhoheit gerechnet werden muß, wie in deren einleitenden Worten „vor allem" auch zum Ausdruck kommt. Die Anstellungshoheit kann schwerlich auf die Beamten beschränkt werden, sondern muß auch im Bereich der Angestellten und Arbeiter anerkannt werden, ihre Zahl war gerade im Kommunalbereich schon immer besonders groß4. Ferner ist zu fragen, ob die Personalhoheit außer der Anstellungshoheit nicht auch das Recht umfaßt, das kommunale Personalwesen normativ zu regeln5. Wird den Gemeinden die Befugnis eingeräumt, in eigener Verantwortung Anzahl und Rechtsverhältnisse der Personen zu bestimmen, die zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben benötigt werden6, dürften die Grenzen dabei - neben der allgemeinen verfassungsrechtlichen Absicherung durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG - genau im Schnittpunkt zwischen Allzuständigkeit und Eigenverantwortlichkeit liegen7. Die Eingriffsmöglichkeiten des Staates „im Rahmen der Gesetze" bzw. „nach Maßgabe der Gesetze" hat das BVerfG nicht deutlich begrenzt8. Insoweit beanstandet Lecheler zu Recht9, daß die Rechtsprechung bei der Rechtfertigung von Beschränkungen der Personalhoheit keine einheitliche Argu1
BVerfGE 1, 167; 7, 358; 9, 268; 11, 266; 17, 172; OVG NW, OVGE 9, 74; 10, 282; StGH BW, ESVGH 24, 164; OVG SL, AS 14, S. 131; Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 461 ff.; Gönnenwein 1983, S. 122 ff.; Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 71 ff.; von Unruh, Gemeinderecht, S. 135 f. 2
BVerfGE 17, 172 (182).
3
Lecheler, Die Personalhoheit der Gemeinden, S. 551-554.
4
Zutreffend BayVerfGH (N.F.) 31, 1978; 44, 63.
5
Lecheler, Die Personalhoheit der Gemeinden, S. 542 f.
6
Vgl. Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 71.
7
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 462. 8
Vgl. BVerfGE 1, 167 (178-180): Unterbringungspflichten nach dem G 131; BVerfGE 7, 358 (364 f.): staatliche Disziplinarbefugnisse gegenüber Kommunalbeamten; BVerfGE 172, (182-187): Pflicht der Kommunen zur Übernahme von Landesbediensteten bei Aufgabenübergang. 9
Th. Clemens, StädteT 1986, S. 322.
II. Die Personalhoheit nach Art. 28 II 1 GG
125
mentationslinie erkennen läßt10, vielmehr neue Begründungen beliebig gefunden werden können11. Einen neuen systematischen Ansatz zur Einschränkung des staatlichen Zugriffs vermag allerdings auch Lecheler weder selbst anzubieten noch im Schrifttum zu erkennen12. Er warnt jedenfalls davor, dem Staat Eingriffe so weit zu gestatten, daß die Personalhoheit der Kommunen auf das Recht zur Personalentscheidung im Einzelfall verkürzt und die gemäß Art. 33 Abs. 2 GG notwendige Ermessensbetätigung als ausreichender Handlungsspielraum gesehen wird 13. Ausgehend vom Dienstrecht kennzeichnet die Personalhoheit „keinen hermetisch abgeschlossenen Freiraum gemeindlicher Beliebigkeit", sondern ein System funktionsgerechter Befugnisse und Bindungen, die auf die Gesamtheit des öffentlichen Dienstes in Bund und Ländern, vor allem aber auch auf die gemeindespezifische Organisation „vielfältig rückbezogen sind"14.
1. Der normative und administrative Inhalt der Personalhoheit Die Personalhoheit wie oben15 könnte man in einem weiten Sinne als Befugnis definieren, sowohl über die allgemeinen Fragen des Personalwesens als auch über die konkreten Maßnahmen der Personaleinstellung, der Beförderung und des Personaleinsatzes nach eigenem Ermessen zu entscheiden16. Der Sache nach müßte sie enthalten: das Recht der Gemeinde, in eigener Verantwortung zu bestimmen, wie viele und welche Bedienstete sie zur Erledigung ihrer Aufgaben im Stellenplan einstellen will, in welchem Rechtsverhältnis diese Bediensteten zur Gemeinde stehen (Einstellungs- und Beförderungsvoraussetzungen), wie ihre Vergütungen bemessen werden und welche Versorgungsbezüge ihnen zustehen sollen (Besoldungs- und Vergütungsmaßstäbe) und inwieweit ihnen Schutz und Fürsorge zu gewähren ist. Vor allem ist unter Personalhoheit neben den eingangs bemerkten Befugnissen weiter die Handhabung von
10
Z.B. beim Thema „Verflechtung von Staat und Kommunen".
11
Lecheler, Die Personalhoheit der Gemeinden, S. 546 f.
12
Ders., S. 546.
13
Ders., S. 553 f.
14
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 462. 15
Vgl. Fußn. 1 und 2.
16
Schmidt-Aßmann, Kommunalrecht, S. 120.
126
Β. Die Personalhoheit
Dienstaufsicht und Disziplinargewalt zu verstehen17. Die Personalhoheit beinhaltet somit normative und administrative Befugnisse 18. Personalhoheit ist jedenfalls Grundlage und Voraussetzung einer eigenverantwortlichen Aufgabenerledigung 19. Dabei wird die inhaltliche Bestimmung der Personalhoheit nicht auf normative Befugnisse der Selbstverwaltungskörperschaften, das heißt auf die Gewährleistung einer eigenen dienstrechtlichen Rechtsetzungsbefugnis, sondern im wesentlichen auf die Anstellungshoheit oder die Dienstherrenfähigkeit bezogen20. Damit wird die Rechtstellung der kommunalen Körperschaften als Dienstherr mit der Befugnis verbunden, Anzahl und Rechtsverhältnisse der Bediensteten eigenverantwortlich zu regeln. Sie beinhaltet von ihrem sächlichen Substrat her eine Fülle potentieller Entscheidungsbefugnisse, die zugleich wichtige und enge Beziehungen des Personalwesens zum kommunalen Haushaltsrecht und zur Organisation aufweisen 21. Weil danach nur ein Teil der genannten Befugnisse nach geltendem Recht in die Zuständigkeit der Gemeinden fällt, wird das konstituiert, was Schmidt-Aßmann als aktuelle Personalhoheit bezeichnet22. Andere Teile dagegen hat der Staat - auch historisch - stets für sich beansprucht und anstelle der Gemeinden wahrgenommen23. Sie können der geschichtlichen Entwicklung nach nicht zum verfassungsfesten Bereich gemeindlicher Kompetenzen gerechnet werden24.
17
Gönnenwein 1983, S. 122; von Mutius, DJT 180, S. 133.
18
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, besonders S. 465 ff.; Gönnenwein 1983, S. 122; Ipsen, DÖV 1955, S. 225 ff., 228 f. 19
Schnidt-Jortzig (Kommunalrecht, Rdnr. 358) rechnet Personalhoheit als Teil der Organisationshoheit. 20
Görg, in: HkWP, Bd. II, 1. Aufl., § 6, S. 44, bes. S. 54 ff.; im übrigen ganz h.M., s. Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 72; Ipsen, DÖV 1955, S. 228; Gönnenwein 1963, S. 122; von Unruh, Gemeinderecht, S. 135; von Mutius, DJT 1980, S. 131. 21
Schmidt-Aßtnann, a.a.O., S. 463; im übrigen ließ der VerfGH NW in seiner Entscheidung vom 21.8.1954, DÖV 1955, S. 248, die Beurteilung des Rechts der kommunalen Selbstverwaltung unbeantwortet, sich haushaltsmäßig die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Stellen im Stellenplan zu verschaffen. 22
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 463. 23
Vgl. Görg, a.a.O., S. 47 ff.; Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 73.
24
Schmidt-Aßmann, a.a.O., S. 464.
II. Die Personalhoheit nach Art. 28 II 1 GG
127
2. Die Gewährleistung der Personalhoheit Die Frage, inwieweit Eingriffe des Staates in personelle Befugnisse aufgrund von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zulässig sind, war und ist umstritten25. Die Rechtsprechung befaßte sich wiederholt mit der Verfassungsmässigkeit der personalrechtlichen Bindung in der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaft an staatliches Dienstrecht. Als eines der ersten Gerichte nach Gründung der Bundesrepublik hat der BayVGH bereits 194926 die Personalhoheit der Gemeinden als einen integrierenden Bestandteil ihrer verfassungsmäßig gewährleisteten Selbstverwaltungsrechte bezeichnet. Ihm folgten das BVerfG 27 sowie der VerfGH NW 2 8 und das BVerwG 29. Alle die genannten Entscheidungen gehen von der Personalhoheit als einem wesentlichen Bestandteil des kommunalen Selbstverwaltungsrecht aus, das nach dem zitierten Urteil des BVerfG in seinem Wesensbestand nur vorübergehend in Notzeiten eingeschränkt werden darf. Wichtig für das Thema kommunale Beschäftigungsförderung ist, daß aus weiteren Entscheidungen zugleich das Verbot hergeleitet werden kann, den Gemeinden durch Gesetz oder Verwaltungsakte Dienstkräfte aufzuzwingen 30. Allerdings ließ der VerfGH NW in der bereits zitierten Entscheidung31 die angeschnittenen Fragen offen, ob sich aus dem Recht der Selbstverwaltung der Gemeinden und Gemeindeverbände auch das unbeschränkte und demnach zum Wesensbestand auf Personalhoheit gehörige Recht ableitet, über die Qualifikation des Dienstverhältnisses32 selbst zu entscheiden oder über dessen Inhalt 33 zu befinden 34. Folgt man der Literatur, wonach Personalhoheit sich vor allem auf das kommunale Beamtenrecht bezieht, „so verrät sie an dieser Stelle eine
25
Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd. I, S. 71.
26
BayVerfGH N.F. 2, 143.
27
BVerfGE 1, 167 ff., später 8, 332 (359).
28
DÖV 1955, S. 248.
29
BVerwGE 2, 329 = DÖV 1956, S. 371.
30
OVG Münster, DVB1. 1953, S. 208 (209); VerfGH NW, DÖV 1955, S. 248 und 282 (286) sowie BVerwG, DVB1. 1958, S. 277 (279). 31
Vgl. Fußn. 28.
32
Anstellung als Beamter, Angestellter oder Arbeiter.
33
Höhe der Vergütung und Festsetzung der Dienstzeit.
34
Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 72.
128
Β. Die Personalhoheit
unverkennbare Schwäche ihres historischen Erscheinungsbildes", weil die Entwicklung des Kommunalbeamtenwesens von ihrem Beginn an von staatlichen Regelungen begleitet worden ist, so daß sich, anders als bei der Finanz- oder Raumplanungshoheit, ein fester Kern kommunaler Befugnisse durch positive oder generelle Bestimmungen nur schwer bilden konnte35. Damit dürfte ausgeschlossen sein, daß alle denkbaren Einzelinhalte des Begriffs Personalhoheit zum unentziehbaren Zuständigkeits- und Aufgabenbereich der Gemeinde gehören. Dies muß nicht bedeuten, daß die genannten Bereiche aus dem Schutz des Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG schlechthin hinausfielen 36. Der Staat kann vielmehr seine eigene Regelung an die Stelle der Regelung durch die Gemeinden setzen37. Von daher hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, daß sich um die eigentliche Kerngarantie des Art. 28 Abs. 2 GG „in mehreren Sphären lockere Zuordnungsformen bewegen", die sich entweder in gestuften Mitwirkungsrechten, in anderen Randzonen, aber auch in besonderen „Rücksichtnahmepflichten" manifestieren 38. Insofern ist Schmidt-Aßmann zuzustimmen, der dies als „Verfassungsgebot kommunaladäquater Entscheidung" formuliert, gleichgültig, ob es sich nun als materielle Determinante oder formell als besondere Ausgestaltung des Entscheidungsverfahrens darstellt 39. Wichtig bleibt, daß auch dieser Bereich Verfassungsboden ist, auf dem Einzelmaßnahmen in ihren Vor- und Rückwirkungen auf das kommunale Gefüge insgesamt bedacht sein müssen40.
3. Die staatliche Gesetzgebung Das geltende Gemeinderecht wird dadurch geprägt, daß das Selbstverwaltungsrecht auf dem Gebiet der Personalhoheit „sehr stark" durch die
35
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 464. 36
Ipsen, DÖV 1955, S. 255 ff.
37
Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 73; vgl. auch Fußn. 23 und 24.
38
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 464; vgl. auch Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 73. 39
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 464 m.w.N. 40
Zustimmend Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 75: „Zum unentziehbaren Wesensgehalt der Personalhoheit wird man aber auch den Anspruch auf ein sachgerechtes Dienstrecht zählen müssen".
II. Die Personalhoheit nach Art. 28 II 1 GG
129
staatliche Gesetzgebung eingeschränkt ist41. Der „Rahmen der Gesetze" ist auf diesem Gebiet ungewöhnlich weit gespannt42. Unabhängig von der organisatorischen Entwicklung der Gemeinden zu rechtlich verselbständigten Körperschaften mit Selbstverwaltungsrechten bestanden von jeher für sie personalrechtliche Bindungen an staatlich gesetztes Dienstrecht 43. Seitdem der Bund auch von der Möglichkeit, das Recht des öffentlichen Dienstes für die Gemeinden in Rahmenvorschriften zu regeln, Gebrauch gemacht hat44 und seit dem die Länder ausführende Beamtengesetze erlassen haben, ist den Gemeinden die Rechtsetzungsbefugnis hinsichtlich des Beamtenverhältnisses genommen45. Der wachsende Umfang öffentlicher Aufgaben, die von Selbstverwaltungskörperschaften wahrgenommen werden müssen, berechtigt auch den Staat zu normativen Regelungen für die Stellung aller im öffentlichen Dienst beschäftigten Personen, um eine gleichmäßigere Behandlung zu erreichen. Normativ 46 sind alle diejenigen Entscheidungen, die den beamtenrechtlichen Status allgemein festlegen, Laufbahnvorschriften, Besoldungs· und Versorgungsregelungen und das Disziplinarrecht 47. Zugrunde liegt hier ein elementares Allgemeininteresse an einer gewissen Einheitlichkeit von Besoldungs- und Versorgungsgrundsätzen. Die Aufstellung dieser Grundsätze für die Besoldung und Versorgung gemeindlicher Dienstkräfte muß primär in die Zuständigkeit des Staates fallen, denn ein einheitlicher Beamtenstatus kann nicht einzelgemeindlich vorgehalten werden48. Der Staat ist aber in der Wahrnehmung dieser Aufgabe nicht unbeschränkt frei, sondern muß bei ihrer Erfüllung den ge-
41
Gönnenwein 1963, S. 122; von Unruh, Gemeinderecht, S. 135, Schmidt-Aßtnann, Kommunalrecht, S. 120; von Mutius, DJT 1980, S. 133 f. 42
Gönnenwein 1963, S. 122.
43
Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 73.
44
Art. 74 a Abs. 1 GG eröffnet dem Bund dazu ein Regelungsmandat für die Besoldung und Versorgung, das er im Rahmen der KommunalbesoldungsVO v. 7.4.1978 (BGBl. I. S. 468) über § 21 Abs. 2 Nr. 1 BBesG teilweise an die Länder weitergegeben hat. 45
Gönnenwein 1963, S. 123.
46
Zur Unterscheidung vgl. oben 1.
47
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 465. 48
Diese normativen Regelungen, wie sie auch von Schmidt-Aßmann bezeichnet werden (S. 465), bezwecken besonders die Schaffung eines einheitlichen, die kommunale Ebene übergreifenden Dienst- bzw. Beamtenrechts.
130
Β. Die Personalhoheit
meindlichen Selbstverwaltungkörperschaften die notwendige Bewegungsfreiheit lassen, damit sie die für die Durchführung ihrer Aufgaben benötigten Dienstkräfte in der erforderlichen Zahl und Qualifikation gewinnen und auf die Dauer erhalten können. Diese Bewegungsfreiheit drückt sich besonders auf dem Gebiet des Stellenschlüssels und der Dienstpostenbewertung49 aus.
4. Die weiteren Begrenzungen und praktischen Schranken der Personalhoheit Wenn die Personalhoheit den kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften die Befugnis einräumt, ihre Bediensteten nach eigenem Willensentschluß auszuwählen, anzustellen, zu befördern und zu entlassen50, kann der Staat regelnd und konkret in diesem Bereich - wie in die übrigen konstitutiven Teile der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie eingreifen, soweit dadurch der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung nicht berührt wird 51. Daraus kann geschlossen werden, daß die kommunalen Gebietskörperschaften Anspruch auf ein sachgerechtes Dienstrecht haben, das ihnen die Erfüllung der ihnen obliegenden Selbstverwaltungsaufgaben und die Gewinnung des dafür erforderlichen Personals ermöglicht. Einschränkungen erfährt die gemeindliche Personalhoheit insbesondere durch staatliche Regelungen, die der Anpassung des kommunalen Dienstrechtes, insbesondere des Besoldungsrechtes an das allgemeine Dienstrecht, dienen52. Zu den auf Anpassung und Angleichung zielen-
49 Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 77; was im übrigen relevant werden kann für Reaktionen einer Gemeinde durch Ausweitung ihres Personals. 50
BVerfGE 17, 172 (182).
51
Siedentopf in: HkWP, Bd. III, 2. Aufl., § 55, S. 236.
52
S. auch oben 3. Eine bis in den Kommunalbereich durchschlagende Anpassung durch den Bundesgesetzgeber erfolgte beispielsweise durch das 2. BesVNG vom 23.5.1975 (BGBl. I. S. 1173), in dem auch die Gemeinden und Gemeindeverbände erfaßt und in die Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnungen A und Β übergeleitet werden, in dem das Recht der kommunalen Selbstverwaltungskörperschaften auf Verleihung von Amtsbezeichnungen an den durch diese Besoldungsordnungen vorgezeichneten Rahmen gebunden wird, und in dem die Bundesregierung das Recht erhält, auch für die Eingruppierung der Wahlbeamten der kommunalen Gebietskörperschaften Eckwerte in Form von Höchstgrenzen festzusetzen.
II. Die Personalhoheit nach Art. 28 II 1 GG
131
den Regelungen und Eingrenzungen der kommunalen Personalhoheit zählen vor allem die in allen Bundesländern vorhandenen Besoldungsangleichungs-bzw. Eingruppierungsbestimmungen. Es ist zulässig, den Gemeinden für den öffentlichen Dienst durch Gesetz die Überschreitung des Tariflohns zu untersagen53. Auch die Bewertung der Stellen im Wege der Dienstpostenbewertung tangiert die Personalhoheit der Gemeinden nicht. Die dadurch eintretenden Beschränkungen der Selbstverwaltung sind überkommenermaßen rechtens, da die Befugnis, die besoldungsrechtlichen Verhältnisse ihrer Beamten normativ zu gestalten, den Selbstverwaltungskörperschaften nicht zugestanden wird 54. Bei der Bewertung eines Dienstpostens steht den Gemeinden jedoch ein „Beurteilungsspielraum" zu. Dies sind „Restbestände" der kommunalen Personalhoheit, soweit generelle Regelungen des Dienst- und Besoldungsrechts in Frage stehen55. Im Verhältnis zur kommunalen Personalhoheit aus Art. 28 Abs. 2 GG ist dabei vor allem zu diskutieren, „wie stringent jeweils die Besoldungsmargen" für die Kommunalbeamten sein können und wie ausdifferenziert die Richtlinien für eine wirtschaftliche und sparsame Stellengestaltung sein dürfen 56. Diese ergehen regelmäßig in Form von „Stellenobergrenzen-Verordnungen" und „Eingruppierungs-Verordnungen" 57. Besonders umstritten ist dabei die Praxis der Kommunalaufsicht über die Stellenpläne, die über die in allen Ländern eingeführten starren Obergrenzen in der Kommunalbesoldung58 zu vermehrten Zugriffsmöglichkeiten führt. Der Konflikt zwischen Aufsicht und Kommune setzt hier bei der Zuordnung einer Stelle im funktionalen Sinne zu einer Besoldungsgruppe ein59. Im Bereich der administrativen Befugnisse 60, vor allem bei Auswahl, Ernennung, Umsetzung, Beförderung, Entlassung der Kommunalbeamten, haben die Gemeinden Raum zu eigenverantwortlichen Entscheidun-
53
BVerwG, BayVBl. 1964, S. 186.
54
OVG ND, DVBl. 1969, S. 77.
55
Siedentopf, a.a.O., S. 237.
56
Schmidt-Jortzig,
Kommunalrecht, Rdnr. 360.
57
von Mutius, DJT 1980, S. 134 und S. 186 f.; Schmidt-Jortzig, Rdnr. 360; vgl. dazu besonders B.III. 1. und 2. 58
Im einzelnen dazu B.III.2.
59
von Mutius, DJT 1980, S. 134.
60
S. oben 1.
Kommunalrecht,
132
Β. Die Personalhoheit
gen. Mögen staatliche Ingerenzen auch in diesem Bereich nach Maßgabe der Gesetze zulässig und üblich sein, werden sie als Ausnahmen verstanden und müssen sich als solche rechtfertigen. Sie bilden sich zurück, wie am Beispiel der aufsichtsbehördlichen Bestätigungsvorbehalte verfolgt werden kann61. Auf der anderen Seite können sie erneut aktuell werden und dann punktuell zu einer erheblichen Belastung für die Personalhoheit werden. In diesem Bereich der individuellen Personalentscheidungen können die Gemeinden durch staatliche Vorgaben und Mitwirkungsrechte beschränkt werden62. Zu denken ist dabei an die die Personalauswahl einschränkenden Übernahme- und Beschäftigungspflichten 63.
5. Das allgemeine kommunale Dienstrecht Anders als im Beamtenrecht wird die gemeindliche Personalhoheit im Bereich des Dienstrechtes der Angestellten und Arbeiter kaum als ein „Problem mit verfassungsrechtlichen Bezügen erkannt" 64. Angesichts der zahlenmäßigen Überlegenheit von „Nicht-Beamten" im kommunalen Bereich und der dortigen Verschiebungen erstaunt die geringe Beachtung in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung umso mehr, als gerade den von dem genannten Personalkörper getragenen gemeindlichen Dienstund Versorgungsleistungen eine Bedeutsamkeit zukommt, die den Fragen der Personalhoheit in diesem Bereich „einen hohen Stellenwert" zuweist65. Angestellte und Arbeiter werden im kommunalen Bereich aufgrund privater Arbeitsverträge beschäftigt. Von Gesetzes wegen sind die Verträge kaum stärker eingebunden als die üblichen Arbeitsverträge im Wirtschaftsbereich 66. Hinzu treten einige öffentlich-rechtliche Sondervorschriften, so die Qualifikations-und Stellenplanbindungen der Ge61
Gönnenwein 1963, S. 123 ff.
62
Vgl. Fußn. 38.
63
Stern, in: Bonner Grundgesetz, Art. 28, Rdnr. 149; Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 465; zur Beschäftigungsförderung vgl. Fußn. 30. 64
Gönnenwein 1963, S. 142 f.
65
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 472. 66
Z.B. durch das Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmer (Bundesurlaubsgesetz) vom 8. Jan. 1963 (BGBl. I S. 2); Kündigungsschutzgesetz (KSchG) i.d.F. vom 25. Aug. 1969 (BGBl. I S. 1317).
II. Die Personalhoheit nach Art. 28 II 1 GG
133
meindeordnungen67 und das Personalvertretungsrecht 68. Es gibt trotzdem keinen Zweifel, daß die Entscheidungsmöglichkeiten der Gemeinden auch in diesem Sektor ihres Personalwesens der kommunalen Personalhoheit unterliegen. Die Konflikte zwischen kommunaler Eigenverantwortlichkeit und eigener Personalsteuerung sowie staatlicher Steuerungsnotwendigkeit sind hier typischerweise ebenso gegeben69. Grundsätzlich erfolgt die Eingruppierung der Angestellten und Arbeiter faktisch, nach einigen Gemeindeordnungen auch rechtsnormativ verbindlich70, nur im Rahmen der zwischen den Arbeitgebervereinigungen und Gewerkschaften getroffenen tarifvertraglichen Regelungen und den hieraus resultierenden Gestaltungsmöglichkeiten. Weitere Beschränkungen ergeben sich ferner aus dem freiwilligen Zusammenschluß der kommunalen Arbeitgeber, der ihnen über seine Bindungen wiederum Spielraum bei Tarifverhandlungen sichern soll. Dies alles bewegt sich in den Formen des Privatrechts, woraus Ansätze für staatliche Bindungen im Rahmen der Personalhoheit gefunden werden können71. Die Folge ist, daß die Personalhoheit in diesem Sektor auf doppelte Weise geschützt ist: zum einen wegen ihrer vielfachen Beziehungen zum kommunalen Organisationswesen als „typisch öffentlich-rechtliche Garantie" 72 in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG, zum anderen in ihren privatrechtlichen Erscheinungsformen über die Grundrechte, insbesondere die Vertragsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG und Art. 9 Abs. 3 GG, auf die sich die Gemeinden in diesem Bereich dem Staat gegenüber nach Meinung der Literatur ebenfalls berufen können73.
67
Vgl. § 57 GO BW.
68
Dazu im einzelnen Hintzen, in: HkWP, Bd. III, 2. Aufl., § 54, S. 217 ff.
69
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 472. 70
Vgl. Art. 43 Abs. 4 GO BY; § 61 Abs. 2 GemO; vgl. auch § 80 NGO.
71
Vgl. im einzelnen Schmidt-Aßmann, öffentlichen Dienstes, S. 473 f. 72 73
Gemeinden und Staat im Recht des
Ders., S. 473.
Art. 19 Abs. 3 GG, dazu auch BVerwGE 45, 77 ff.; vgl. Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 473 m.w.N.; vgl. besonders ders., Kommunalrecht, S. 123 f. m.w.N., der dort in Bereiche öffentlicher Aufgabenerfüllung und Bereiche fiskalisch-erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit trennt; auch von Unruh, Gemeinderecht S. 137; a.A. vor allem die Rspr., BVerfGE 61, 82 (101); auch BVerwGE 18, 135 (141 f.); dazu Brillìi, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 126 C. I. zur „Sasbach"- Entscheidung des BVerfG, besonders S. 703 ff.
134
Β. Die Personalhoheit
Die staatlichen Bindungen der Personalhoheit sind verzahnt mit den Beschränkungen, denen sich die Gemeinden im freiwilligen Zusammenschluß mit den kommunalen Arbeitgebern unterworfen haben. Damit haben sich die kommunalen Körperschaften im Grunde der Befugnis begeben, eigenständig Verträge mit ihren Angestellten und Arbeitern zu schließen74. Bedenkt man ferner, daß Grundlage für den Vergütungsanspruch kommunaler Angestellter der Bundes-Angestelltentarifvertrag für Bund, Länder und Gemeinden ist, werden Differenzierungen nach regionalen oder örtlichen Besonderheiten nicht ermöglicht 75. Das Tarifrecht kann also, bezogen auf örtliche Arbeitsmarktsituationen, nicht herangezogen werden76. Das auf den tarifvertraglich fixierten Tätigkeitsmerkmalen aufbauende Vergütungssystem der Arbeiter und Angestellten gestattet eine bis ins einzelne gehende arbeitsgerichtliche Prüfung, ob dem einzelnen nicht eine Tätigkeit zugewiesen ist, die höherwertig sein kann, als diejenige, für die er bezahlt wird. Wäre das der Fall, so besteht nach der Rechtsprechung des BAG ein Anspruch auf Höhergruppierung, ohne Rücksicht auf den gemeindlichen Haushalts- oder Stellenplan77. Diese Abkoppelungen von den unflexibleren Regelungen des Beamtenund Haushaltsrechts mag zwar in erster Linie für einen Ausgleich des öffentlichen Dienstes auf dem Arbeitsmarkt zugänglich erscheinen, räumt jedoch individuelle Spielräume den Gemeinden nicht ein. Die privatrechtliche Konstruktion sorgt über die „Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände e.V." (VkA) und die kontrollierenden Mitgliedsverbände eines Landes78 dafür, daß die Gemeinden nicht in den über- oder außertariflichen Bereich ausbrechen und begrenzen über das einheitliche Tarifrecht Einzelfallentscheidungen der Gemeinden79. Mit einer immer-
74
von Mutius, DJT 1980, S. 136.
75
BAT vom 23.2.1961 (GMB1. 1961, S. 138). Der BAT wurde geschlossen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, der Tarifgemeinschaft Deutscher Länder sowie der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände einerseits und der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft andererseits. 76
Z.B. um unter Tarif bezahlen zu können, um mehr Arbeitskräfte gleichzeitig einstellen zu können. 77
Nachweise bei Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 474. 78
Nachweise zu diesen Organisationen Uttlinger /Breyer, Bundesangestelltentarifvertrag, Bd. I, Erläuterungen 3 zu § 1 BAT, sowie Erläuterungen 2 zu § 20 BAT; B. Keller, ZögU 1987, S. 262-277. 79
Allerdings kann die VkA Ausnahmen von der Bindung des § 9 d ihrer Sat-
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
135
hin diskutierten Übertragung der Tarifhoheit der Gemeinden auf den Bund80 würden die Grenzen noch enger gezogen.
6. Ergebnis Trotz der aufgezeigten Begrenzungen und Beschränkungen der Personalhoheit bleibt nach alledem der Grundsatz der Selbstverwaltung gewahrt, weil den kommunalen Organen die Auswahl ihrer Bediensteten sowie die Entscheidung über ihr Beschäftigungsverhältnis, ihre Beförderung und Tätigkeit nach §§ 56 Abs. 1, 57 GO BW in eigener Verantwortung überlassen bleibt81. Damit ist im Rahmen der Personalhoheit die Grundlage und die Voraussetzung der verlangten eigenverantwortlichen Aufgabenerledigung gewährleistet. Durch inhaltliche Grenzen der Personalhoheit sind die gemeindlichen Interessen auch dann nicht berührt, wenn sie auf eine Verminderung der Arbeitslosigkeit durch Ausweitung des kommunalen Stellenschlüssels abzielen.
I I I . Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit Es bestehen nur wenige gesetzliche Regelungen, die sich ausschließlich oder überwiegend mit den Rechtsverhältnissen der Angehörigen des kommunalen Verwaltungsdienstes befassen1. Von Bedeutung im öffentlichen Dienstrecht sind daher nur jene Teilbereiche, die im Hinblick auf die Organisations- und Personalstruktur der Kommunen einer besonde-
zung zulassen, wonach jeder Mitgliedsverband gehalten ist, seinen eigenen Mitgliedern " die Überschreitung eines von der Vereinigung abgeschlossenen Tarifvertrags zu verbieten und das zuständige Organ zu ermächtigen, Verstöße gegen dieses Verbot zu ahnden"; außerdem ist es nach der Rspr. zulässig, den Gemeinden für den öffentlichen Dienst durch Gesetz die Überschreitung des Tariflohns zu untersagen, BVerwG, BayVBl. 1964, S. 186. 80 Dazu im einzelnen Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 476 f. 81
Gönnenwein 1963, S. 124; Roters, in: Grundgesetz-Kommentar, Art. 28, Rdnr. 48 a; vgl. auch RdErl.-GO BW v. 9.12.1977, Nr. IV 3/644 (GABI. S. 1549) i.d.F. vom 30. Aug. 1978 Nr. IV 3/667 (GABI. S. 920): Die Gemeinde entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen darüber, welche personelle Ausstattung zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist, und über die personellen Eignungsvoraussetzungen der einzustellenden Bediensteten. 1
Hintzen, in: HkWP, Bd. III, 2. Aufl., § 54, S. 218.
136
Β. Die Personalhoheit
ren Betrachtung zugänglich sind und insoweit vom Gesetzgeber ausdrücklich beachtet wurden. Dazu gehören die gesetzlichen Grundlagen des gemeindlichen Stellenplans und die Stellenobergrenzen für die Beförderungsämter. Dabei ist zu prüfen, ob der Stellenplan mit seinen Begrenzungen als arbeitsmarktpolitisches Mittel einer Gemeinde tauglich sein kann2.
1. Der Stellenplan Die Kommunalverfassungen legen durchweg fest, daß der Stellenplan unverzichtbare Grundlage des gesamten Personalgefüges ist3. Nach den Gemeindeordnungen ist der Stellenplan für Beamte, Angestellte und Arbeiter der kommunalen Körperschaften Teil des Haushaltsplans. In Baden-Württemberg regelt dies § 80 Abs. 1 i.V.m. § 57 Satz 1 GO 4 . Er enthält die in der Gemeinde für das Rechnungsjahr verfügbare Personalausstattung nach Art und Zahl. Nach § 57 S. 1 GO BW, § 6 GemHVO hat die Gemeinde im Stellenplan die Stellen ihrer Beamten sowie ihrer nicht nur vorübergehend beschäftigten Angestellten und Arbeiter aufzuführen, die für die Erfüllung der Aufgaben im Haushaltsjahr erforderlich sind; er weist den Stellenbedarf (Stellenbedarfs- und Bewirtschaftungsplan) für das jeweilige Haushaltsjahr aus (vgl. RdErl.-GO zu § 57). Die Stellen müssen demnach so ausgebracht werden, wie sie in dem jeweiligen Haushaltsjahr erforderlich und besetzbar sind. Durch den Stellenplan bestimmt der Gemeinderat die „Personalwirtschaft" für jedes Jahr (RdErl.-GO zu § 57). Dieses anspruchsvolle Ziel entspricht allerdings nicht den Erfordernissen einer verantwortlichen Personalwirtschaft, soweit sie über den quantitativen Nachweis der Personalausstattung hinausgehen soll. Als obligatorische Anlage zum Haushaltsplan (vgl. § 80 Abs. 1 GO BW) hat der Stellenplan die Wirkung, daß die Gemeindeverwaltung den quantitativen und qualitativen Rahmen für die Personalbewirtschaftung bei der Einrichtung von Stellen nicht überschreiten darf.
2
nieme, Hannover 1984, S. 1-29, zum Stellenplan als arbeitsmarktpolitisches Mittel sowie zum Stellenabbau, besonders S. 9 ff. 3
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 470. 4 Art. 64 Abs. 2 S. 2 GO BY; § 95 Abs. 2 GemO; § 83 Abs. 2 S. 2 KSVG; § 78 Abs. 2 S. 2 GO SH.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
137
Damit wird der Stellenplan nicht nur Veranschlagungsgrundlage für den Haushaltsplan, sondern auch Grundlage für die Einstellung und Beförderung von Beamten, Angestellten und Arbeiter. Ist der Haushaltsplan beschlossen, so wird der ihm beigegebene Stellenplan rechtswirksam mit der Folge, daß nur die in ihm festgesetzten Planstellen besetzt sind bzw. besetzt werden dürfen, die planmäßige Anstellung oder Beförderung eines Beamten wie auch die Einstellung oder Höhergruppierung eines Angestellten oder Arbeiters mithin nur dann erfolgen darf, wenn im Stellenplan eine freie besetzbare Planstelle für die beabsichtigte Personalmaßnahme zur Verfügung steht (vgl. §§ 6, 14 Abs. 5 GemHVO, RdErl.-GO zu § 57). Damit setzt der Stellenplan Höchstzahlen der Stellen jeweils einer Besoldungs-, Vergütungs-und Lohngruppe fest und begrenzt auf diesem Wege die Anstellungen, Einstellungen, Beförderungen und Höhergruppierungen auf das vom Haushaltsplan durch die Festsetzung der Personalausgaben abgedeckte Maß. Besoldungen und andere Dienstbezüge dürfen nur nach dem Stellenplan, der Besoldungsordnung, den Anstellungs- und Tarifverträgen, den Versorgungsvorschriften und aus den im Haushaltsplan bereitgestellten Mitteln gewährt werden. Eine Überschreitung dieser Mittel im Rahmen der haushaltsrechtlichen Bestimmungen ist nur zulässig, soweit die Notwendigkeit im Laufe des Rechnungsjahres aufgrund gesetzlicher oder tariflicher Vorschriften oder unzutreffender Veranschlagung eintritt 5. Daher ist die Gestaltungsmöglichkeit für den Stellenplan erheblich eingeschränkt6. Neben diesen allgemeinen dienstrechtlichen Auswirkungen werden in Baden-Württemberg in Angleichung an das Recht des Bundes und der Länder sowie an das für die Gemeinden der anderen Bundesländer geltende Recht seit 19727 die Beamtenstellen nicht mehr gesondert in einer Stellensatzung, sondern nur noch in dem jährlich als Teil des Haushaltsplans aufzustellenden Stellenplan (§ 80 Abs. 1 GO BW) ausgebracht. Damit verbunden war die Zielsetzung, die Personalwirtschaft zu erleichtern und die besoldungs- und haushaltsrechtlichen Grundlagen für die öffentliche Personalwirtschaft zu vereinheitlichen8.
5
Pagenkopf Haushaltssatzung, S. 133.
6
Dazu Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 867, 359 f.; im übrigen gelten Haushalts- und Stellenplan für ein Haushaltsjahr: § 79 Abs. 1 GO BW, RdErl.GO zu § 57; § 7 GemHVO; zu den allgemein dienstrechtlichen Auswirkungen vgl. Sembdner, PersV 1977, S. 361. 7
Gesetz zur Neuordnung des Gemeindewirtschaftsrechts vom 29.12.1972 (GBl. 1973 S. 1). 8
Kunze ! Bronner /Katz / von Rotberg, § 57, Rdnr. 2.
Β. Die Personalhoheit
138
Dies befreit systematisch nicht von den Bindungen des Haushaltsrechts, wie z.B. in § 6 GemHVO geregelt, und damit von den Restriktionen einer konjunkturabhängigen Haushaltspolitik. Im Spannungsverhältnis zwischen zurückhaltender Einstellungspolitik und Personalexpansion entsprechend örtlicher Arbeitsmarktgegebenheiten sind Stellenschaffungen nur unter den Einschränkungen der §§ 77 und 80 Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 1 und §§ 57 sowie 82 Abs. 2 Nr. 4 GO BW möglich. Obwohl die Gemeinden ihren Verwaltungsapparat grundsätzlich in eigener Verantwortung besetzen können9, sind die Gemeinden in ihrem administrativen Bereich 10 durch die landesrechtlichen Reglementierungen für den Stellenplan in ihrer kommunalen Gestaltungsfreiheit eingeschränkt11. Dem Stellenplan stehen außerdem staatliche Steuerungsmechanismen gegenüber, die sich heute in den Vorschriften über Ämterbewertung, Funktionszuweisung und Stellenkegel präsentieren (vgl. §§ 18 ff., besonders §§ 18, 20, 26, 2. BesVNG12). „Ließen diese Vorschriften eine in jedem Fall eindeutige Zuordnung zu, so könnte der kommunale Stellenplan der Idee nach nahezu vollständig staatlich determiniert werden" 13. Freiheit bliebe den Gemeinden dann nur in den Lücken des Gesetzes, insbesondere in den faktischen jBeurteilungsspielräumen der Bewertungsakte, was jedoch nicht ausreichte, um die Personalhoheit zu sichern oder gar dem Anspruch auf Dispositionsfreiheit zu Gunsten einer örtlichen und selbständigen Einstellungspolitik zu dienen. Im übrigen ist zu befürchten, daß der Stellenplan, so wie er sich unmittelbar aus der einzelgemeindlichen Verwaltungsgliederung und Aufgabenverteilung ergibt, über die staatlichen Eingriffe direkt auf den ge9
Roters, in: Grundgesetz-Kommentar, Art. 28, Rdnr. 48 a.
10
S. dazu B.II.l. und 4.
11
Str., dazu vor allem Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 470, der darin eine Beschränkung der Personalhoheit sieht; Ipsen, DÖV 1955, S. 229; von Mutius / Schoch, DVBl. 1981, S. 1086; zu den Beschränkungen der Gestaltungsfreiheit beim Stellenplan Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 867, 359 f.; Roters, in: Grundgesetz-Kommentar, Art. 18, Rdnr. 48 a; von Unruh, Gemeinderecht, S. 135; a.A. Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd. I, S. 75, wonach die kommunale Selbstverwaltung mit dem Inhalt des Dienstververhältnisses auch die Stellenbeschaffung und die haushaltsmäßige Einordnung aller Dienstkräfte einschließt. 12
2. Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern v. 23.5.1975 (BGBl. I S. 1173). 13 Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 470.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
139
meindlichen Organisationsbereich zurückwirkt. Damit ist die kommunale Reaktion auf eine örtliche Arbeitsmarktsituation und ein direkter Beitrag zur Entlastung eher erschwert denn erleichtert. Besonders umstritten ist die Einwirkung der Kommunalaufsicht auf die Stellenpläne14. Die eigenverantwortliche Ausweisung einer Stelle in einer durch Dienstpostenbewertung ermittelten Besoldungsgruppe im Stellenplan kann der kommunalen Vertretungskörperschaft dadurch verwehrt sein, daß bestehende Rechtsnormen, wie z.B. Stellenobergrenzen15, entgegenstehen und/oder die Kommunalaufsicht die Dienstpostenbewertung als solche nicht anerkennt und insofern den Stellenplan beanstandet. Nachdem der Stellenplan aufgrund von § 80 Abs. 1 S. 3 GO BW i.V.m. § 2 Abs. 1 GemHVO Bestandteil des Haushaltsplanes ist, erhält der Stellenplan im Rahmen von § 79 GO BW Satzungsqualität, weil der Haushaltsplan selbst Teil der Haushaltssatzung ist (§ 80 Abs. 1 S. 1 GO BW) 16 . Die Haushaltssatzung ist Pflichtsatzung 17 und nach § 81 Abs. 3 GO BW der Rechtsaufsichtsbehörde vorzulegen. Insofern hat die Kommunalaufsicht die ihr nach § 121 Abs. 1 GO BW zustehenden Einwirkungsmöglichkeiten 18 und kann die Rechtmäßigkeit des Stellenplans19 prüfen. Aufsichtsbehördliche Beanstandung und abstrakt-generelle Beschränkung der Personalhoheit durch detaillierte gesetzliche und untergesetzliche Vorschriften stehen in engem Zusammenhang. Wird durch eine aufsichtsbehördliche Beanstandung etwa eine niedrigere Eingruppierung bestimmter Stellen vorgenommen, so kann dies dazu führen, daß insgesamt der Stellenkegel trotz „sachgerechter Bewertung" 20 den abstrakt generell festgesetzten Obergrenzen in bestimmten Beförderungsämtern
14
Vgl. Β.Π.4.; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 867, 359 f.; zur gerichtlichen Nachprüfung der Festsetzungen der Stellenpläne vgl. Sembdner, PersV 1977, S. 363 ff. 15
S. dazu unten 2.
16
Faiß/Faiß/
17
Schmidt-Jortzig,
18
Giebler/Lang ! Schmid 1986, S. 114; s. dazu auch oben Fußn. 8. Kommunalrecht, Rdnr. 872.
Vgl. dazu Schmidt-Jortzig, Nr. 4 a; vgl. Art. 75 Abs. 1 Verf.
Kommunalrecht, Rdnr. 86 ff.; RdErl.-GO zu § 121,
19
von Unruh, Gemeinderecht, S. 178; von Mutius, DJT 1980, S. 135; Sander, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 75, Rdnr. 3. 20
Dazu vor allem Pestalozza, BWVPr 1980, S. 29 f.
140
Β. Die Personalhoheit
nicht mehr entspricht. Insoweit wäre eine weitere Rückstufung einiger Ämter normativ geboten21. Im übrigen erlauben die starren Obergrenzenregelungen 22 für Beförderungsämter 23 in vielen Fällen keine funktionsgerechte Eingruppierung, bzw. vorher schon keine den Bedürfnissen der betreffenden Körperschaft gerecht werdende Stellenbeschreibung24. Insoweit drängt sich die Frage auf, ob diese auf § 26 BBesG gestützten Verordnungen 25, soweit sie keine Ausnahmen zulassen, überhaupt noch mit Art. 28 Abs. 2 GG - worauf noch eingegangen wird 26 - vereinbar sind27. Zum anderen verführt der normative Maßstab einer „sachgerechten Bewertung" von Stellen28 die Aufsichtsbehörde leicht dazu, den Gemeinden eigene Kriterien der Dienstpostenbewertung aufzuzwingen. Man wird zwar festhalten können, daß die Gemeinden in der Schaffung von Stellen grundsätzlich frei sind29. Aber da Anstellung und Einstellung aufgrund eines Stellenplans erfolgen müssen, sind die dauernd erforderlichen Stellen als Planstellen einzurichten. Auf der anderen Seite sind die Gemeinden nur verpflichtet, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen geeigneten Beamten, Angestellten und Arbeiter einzustellen. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung, sei es im Wege des Anordnungsrechts (§ 122 GO BW) oder gar der Ersatzvornahme (§ 123 GO BW) durch die Rechtsaufsichtsbehörde kann nicht erfolgen (vgl. auch Art. 75 Abs. 1 Verf.). Staatliche Regelungen des Dienstrechtes zur Schaffung von Stellen im Hinblick auf den örtlichen Arbeitsmarkt sind
21
von Mutius, DJT 1980, S. 134.
22
S. unten 3. und 4.
23
Gemeint sind die sogenannten weiteren Beförderungsämter, Eingangs- und erstes Beförderungsamt der verschiedenen Laufbahngruppen sind durch § 26 Abs. 6 BBesG selbst einer Regelung unterzogen, vgl. von Mutius, DJT 1980, S. 135. 24
Gern, DVBl. 1978, S. 789 ff., der zutreffend einen möglichen Konflikt zwischen dem Grundsatz funktionsgerechter Besoldung (§ 18 BBesG) und den Stellenobergrenzen (§ 26 Abs. 1 und 5 BBesG) beschreibt. 25
§ 26 Abs. 5 BBesG i.V.m. Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums BW v. 22.6.1983 (GABI. S. 773) und StOGVO v. 24.11.1981 (GBl. S. 603), zuletzt geänd. am 29.4.1988 (GBl. S. 149); im übrigen s. unten 3. 26
Vgl. unten 4.
27
von Mutius, DJT 1980, S. 135.
28
Vgl. Fußn 20.
29
Gönnenwein 1963, S. 127.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
141
nicht vorhanden; das Haushaltsrecht (§ 57 GO BW), § 6 GemHVO, läßt dazu im Stellenplan keine zusätzlichen Freiräume.
2. Die Stellenobergrenzen Eine Eingrenzung ihrer Personalhoheit im Beamtenrecht erfahren die Gemeinden vor allem durch die Stellenobergrenzen (Höchstzahlen) für die Beförderungsämter. Seit dem Inkrafttreten des 1. BesVNG im Jahre 197130 sind die Anteile der Beförderungsämter in den Laufbahngruppen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes (Stellenobergrenzen) für den gemeindlichen Bereich verbindlich geworden. Mit dem 28. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 18. März 197131 erhielt der Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 74 a GG für die Besoldung und Versorgung der Beamten, Richter und Soldaten in Bund, Länder und Gemeinden. Auf der Grundlage dieser Regelungsbefugnis setzte der Bundesgesetzgeber durch Art. 1 des 1. BesVNG in § 5 Abs. 6 des BBesG allgemein die Anteile für Beförderungsämter in den genannten Laufbahngruppen auch für die Kommunen fest 32. In § 53 Abs. 1 BBesG33 wurde die Regelung des § 5 BBesG über die Stellenobergrenzen für den Geltungsbereich der Länder und Gemeinden für anwendbar erklärt. Gleichzeitig konnten die Länder durch § 53 Abs. 6 BBesG für den kommunalen Bereich abweichende Regelungen von den Obergrenzen zulassen, soweit dies wegen der Organisations- und Personalstruktur zur Einhaltung des Grundsatzes sachgerechter Bewertung notwendig war 34. Die gesetzgeberische Entwicklung der Regelung von Stellenobergrenzen erfuhr ihren vorläufigen Abschluß 1975 durch das 2. BesVNG35. Seitdem sind Stellenobergrenzen in § 26 Abs. 1 BBesG für die zweiten
30
1. Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern v. 18.3.1971 (BGBl. I S. 208). 31
BGBl. I S. 206.
32
Der in Bezug genommene § 5 Abs. 5 S. 1 BBesG 1971 entsprach im wesentlichen dem heutigen § 26 Abs. 1 BBesG; insbesondere ist der in beiden Bestimmungen verwendete Stellenschlüssel für den höheren Dienst identisch (40 v.H. bzw. 10 v.H.). 33
1.d.F. der Bekanntmachung v. 5.8.1971 (BGBl. I S. 1281).
34
Vgl. im einzelnen Hintzen, a.a.O., S. 219.
35
S. Fußn. 12.
142
Β. Die Personalhoheit
und weiteren Beförderungsämter in den Laufbahnen des mittieren, gehobenen und höheren Dienstes festgeschrieben. Die Ausnahmeregelung des § 53 Abs. 6 BBesG wurde in § 26 Abs. 5 BBesG dahin eingeschränkt, daß Abweichungen von den Obergrenzen nur für die Gemeinden von weniger als 100 000 Einwohnern zugelassen werden können. Daneben wurden die Länder ermächtigt, nach Maßgabe einer Rechtsverordnung der Bundesregierung zu bestimmen, welche besonderen Funktionen unberücksichtigt bleiben. Durch die Verordnung der Bundesregierung zu § 26 Abs. 4 Nr. 4 des BBesG vom 8. Juni 197636 wurden die Funktionsbereiche bestimmt, die von den Ländern im Rahmen der Ermächtigung des § 26 Abs. 5 BBesG von den Obergrenzen ausgenommen werden können37. Durch das Haushaltsstrukturgesetz vom 18. Dezember 197538 wurde dem § 26 BBesG ein neuer Absatz 6 zugefügt, der von 1976 an auch die Obergrenzen für die Eingangsämter und ersten Beförderungsämter in den Laufbahnen des mittleren, gehobenen und höheren Dienstes vorschreibt. Bereits mit dem Reichsbesoldungsgesetz vom 30. April 192039 konnten negative Erfahrungen zu den Stellenobergrenzen gesammelt werden, die in der Umgangssprache auch als Stellenschlüssel bekannt sind. Dabei wurde festgestellt, daß die Schematisierung in den Besoldungsordnungen des Reichsbesoldungsgesetzes 1920 eine Unterscheidung nach dem sachlichen Bedürfnis unmöglich machte, obwohl der Gesetzgeber dies nicht gewollt hatte. Die Folge davon war, daß bei der Bewilligung und Verteilung der Planstellen schematisch verfahren und der jeweilige Stellenschlüssel nach den Besonderheiten der einzelnen Verwaltung variiert wurde. Damit zeigte sich sehr bald, daß eine Verteilung und Beförderung der Beamten nach den dienstlichen Bedürfnissen und nach dem Leistungsprinzip kaum noch möglich war. Die engen Vorschriften, wie sie auch heute noch aus kommunaler Sicht empfunden werden, wurden am 16. Dezember 1927 in der Form der Stellenschlüsselung abgeschafft, weil sie unbrauchbar schienen40.
36
BGBl. I S. 1468.
37
Vgl. Hintzen, a.a.O., S. 221.
38
BGBl. I S. 3091.
39
RGBl. 1920, S. 805 sowie amtliche Begründung dazu vom 16.12.1927, RGBl. I S. 349. 40
Dazu Hintzen, a.a.O., S. 221.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
143
3. Die Stellenobergrenzenverordnungen der Länder Nach § 26 Abs. 5 des BBesG sind die Landesregierungen ermächtigt, „durch Rechtsverordnung zur sachgerechten Bewertung der Funktionen", andere Obergrenzen festzusetzen 41 und Vorschriften über die höchstzulässigen Ämter sowie über das Verhältnis der Beförderungsämter zueinander zu erlassen. Auf der Grundlage dieser Ermächtigung haben fast alle Bundesländer entsprechende Rechtsverordnungen erlassen. In Baden-Württemberg ist dies die StOGVO 42 . Diese enthält Regelungen über -
die Einrichtung, Bewertung und Bewirtschaftung der Planstellen für Beamte im 2. Abschnitt; die Nichtberücksichtigung von Funktionsbereichen nach Maßgabe der Verordnung zu § 26 Abs. 4 Nr. 4 BBesG, § 5 StOGVO; die Abweichungen von den Obergrenzen nach § 26 Abs. 1 BBesG für Gemeinden von weniger als 100 000 EW, § 6 StOGVO; die höchstzulässigen Ämter sowie über die Zahl und das Verhältnis der Beförderungsämter untereinander, § 7 bis 12 StOGVO für die Gemeinden; den Abbau von Stellenüberhängen, § 17 StOGVO.
-
-
Neben Baden-Württemberg haben auch die Länder Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein sowie die Stadtstaaten Bremen und Hamburg entsprechende Verordnungen erlassen. Alle bestimmen nach Maßgabe der Verordnung der Bundesregierung zu § 26 Abs. 4 Nr. 4 des BBesG vom 8. Juni 197643, welche kommunalen Funktionsbereiche bei der Anwendung der Obergrenzen nach § 26 Abs. 1 BBesG unberücksichtigt bleiben44.
41
Für Gemeinden dürfen nach Ziff. 1 höhere Obergrenzen nur festgesetzt werden, wenn sie weniger als 100 000 Einwohner haben. 42
S. Fußn. 25.
43
BGBl. I S. 1468.
44
Vgl. Hintzen, a.a.O., S. 223 f. mit weiteren Einzelheiten zu den Bundeslän-
dern.
144
Β. Die Personalhoheit
4. Die Wirkungen von Stellenobergrenzen Die bereits angedeuteten Probleme anläßlich der Anwendung des Reichsbesoldungsgesetzes wirken auch heute in der Auswirkung der StOGVO fort. In der Praxis hat sich die starre Bindung an die Obergrenzen als außerordentlich nachteilig erwiesen und stößt nach wie vor bei den kommunalen Vertretern auf erhebliche Kritik 45 .
4.1. Die rechtlichen Wirkungen
Zwei prinzipiell sich widersprechende Normierungen kennzeichnen die geltende Rechtslage. Während § 18 BBesG46 dem Postulat funktionsgerechter - und damit funktionsorientierter - Besoldung normative Geltung verleiht, stellt § 26 Abs. 1 S. 1 BBesG Obergrenzen für Beförderungsämter (Stellenobergrenzen) auf. Wenn § 26 Abs. 1 S. 1 BBesG davon spricht, daß bestimmte Obergrenzen „nach Maßgabe sachgerechter Bewertung" nicht überschritten werden dürfen, „so impliziert diese Gesetzesauffassung die unzutreffende Aussage, der von den Stellenobergrenzen zur Verfügung gestellte Rahmen reiche aus, um eine funktionsgerechte Besoldung zu erzielen" 47. Nach dem Wortlaut des § 26 Abs. 1 S. 1 BBesG jedenfalls darf mittels kommunaler Stellenpläne bei der Ausweisung von Beamtenplanstellen je Laufbahngruppe nur der gesetzlich durch die Höchstgrenze vorgezeichnete Stellenkegel errichtet werden. Eine auch nur ausnahmsweise Überschreitung der Stellenobergrenzen ist nicht zugelassen. Daher stellt sich die Frage, ob nicht die Personalhoheit dadurch unmittelbar beschränkt wird. Die Rechtsprechung hat dies verneint 48. In der Auseinandersetzung zwischen der Vereinbarkeit besoldungsrechtlicher Stellenobergrenzen für Gemeinden mit der institutionellen Garantie 49 der kommunalen Selbst45
Vgl. Hintzen, a.a.O., S. 222; von Mutius, DJT 1980, S. 134 f.; Gern, DVBl. 1978, S. 789 ff.; Knemeyer, NJW 180, S. 1142; zur Auseinandersetzung mit § 26 BBesG im einzelnen Pestalozzi BWVPr. 1980, S. 1-7, 29-32. 46
Der Geltungsbereich des BBesG erstreckt sich nach dessen § 1 Abs. 1 Nr. 1 auch auf die Kommunalbeamten. 47
von Mutius ! Schock, DVBl. 1981, S. 1077.
48
Vor allem BVerwG, NVwZ 1984, § 667 ff. = ZBR 1985, S. 201; auch Fußn.
52. 49
Eingehend dazu von Mutius ! Schock, DVBl. 1981, S. 1078; Sander, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 71, Rdnr. 2.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
145
Verwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG wurde zwar eingeräumt, die Begrenzung aus den Stellenobergrenzen berühre sowohl die Personal- als auch die Organisationshoheit50. Jedoch sei das kommunale Selbstverwaltungsrecht „nur im Rahmen der Gesetze" - einschließlich ordnungsgemäß erlassener und von einer gültigen gesetzlichen Ermächtigung gedeckter Rechtsverordnungen - gewährleistet. Eine Verletzung der Selbstverwaltungsgarantie lehnen die Gerichte aber ab. Nach Meinung des BVerwG bestünden weder „klärungsbedürftige Zweifel" an der Anwendbarkeit und Vereinbarkeit des § 26 Abs. 6 S. 1 und 2 BBesG mit Art. 3, 33 Abs. 5 GG bei den Gemeinden noch Zweifel, ob § 26 Abs. 6 BBesG und die Kommunal-Einstufungsverordnung des Landes Rheinland-Pfalz 51 mit der institutionellen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar seien. Zur Begründung führt das Gericht aus, die Begrenzung berühre zwar sowohl die Personal- als auch die Organisationshoheit der klagenden Gemeinde, jedoch sei der Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung durch die hier streitige Einengung der gemeindlichen Gestaltungsfreiheit auch unter Berücksichtigung der Gesamtheit der die Gemeinden bindenden staatlichen Vorschriften im Besoldungsbereich nicht angetastet worden. Letztlich sei auch keine unverhältnismäßige Beschränkung der gemeindlichen Gestaltungsfreiheit zu erkennen52. Nach Auffassung von Lecheler 53 stellt sich das BVerwG damit in die Tradition einer Rechtsprechung, die inzwischen eine weitgehende Aushöhlung der gemeindlichen Selbstverwaltung mit zu vertreten habe54. Diese Auffassung der Rechtsprechung kann nicht geteilt werden. Neben
50
Schmidt-Jortzig (Kommunalrecht, Rdnr. 358) sieht die Personalhoheit als Teil der Organisationshoheit; auch von Mutiiis /Schoch, DVB1. 1981, S. 1080 f. 51
Landesverordnung über die Einstufung der Kommunalbeamten und sonstiger mittelbarer Landesbeamten im Geschäftsbereich des Ministers des Innern (Kommunal-Einstufungsverordnung) v. 23.12.1977 (GVB1. 1977 S. 462). 52
BVerwG, ZBR 1984, S. 201 = NVwZ 1984, S. 667 ff.; auch BVerwGE, DÖV 1986, S. 338 f.; dazu Erlenkämpcr, NVwZ 1985, S. 801; für Baden-Württemberg vgl. VGH, Beschluß v. 16.5.1980, in: Wochenspiegel, Städtetag BadenWürttemberg Nr. 406/80; VG Freiburg, BWVPr. 1980, S. 212. 53
Lecheler, JZ 1987, S. 451, der mit der Rspr. des BVerwG die richtige Abgrenzung zwischen staatl. Besoldungskompetenz und Selbstverwaltungsgarantie noch nicht abschließend gelöst hält. 54
Ders., Die Personalhoheit der Gemeinden, S. 541-554; auch von Mutius/ Schoch, DVB1. 1981, S. 1081 f.
146
Β. Die Personalhoheit
den verschiedenen verfassungsunmittelbaren Schranken55 erfährt das kommunale Selbstverwaltungsrecht seine Begrenzung durch das Merkmal „im Rahmen der Gesetze"56. Dieser Vorbehalt zugunsten des Gesetzes57 bezieht sich sowohl auf den Umfang der zu erledigenden Sachaufgaben als auch auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung im Rahmen der Eigenverantwortlichkeit 58. Allerdings erlaubt die in Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG zugelassene Begrenzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nicht jede Einschränkung, sondern die Schranken unterliegen ihrerseits verfassungsrechtlichen Grenzen. Die Ermittlung im konkreten Fall stellt das eigentliche Problem bei der Bestimmung der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung dar 59. Im Ergebnis besteht jedoch weitgehende Einigkeit, daß nur der sogenannte Wesensgehalt des kommunalen Selbstverwaltungsrechts absolut, also vor jeglichem Eingriff geschützt ist. Danach sind Beschränkungen nach ganz überwiegender Meinung in Rechtsprechung60 und Schrifttum 61 mit Art. 28 Abs. 2 GG vereinbar, wenn sie den Kernbereich 62 der kommunalen Selbstverwaltung unangetastet lassen; außerhalb des Kernbereichs sind Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht, insbesondere durch das Übermaßverbot, begrenzt63.
55
Vgl. hierzu von Mutius, DJT 1980, S. 32. f.
56
Vgl. dazu besonders B.II.3.
57
Kritisch zum Verständnis des Merkmals „im Rahmen der Gesetze" i.S. eines echten Gesetzesvorbehalts durch die h.M. Burmeister, Verfassungstheoretische Neukonzeption der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, S. 84 ff. 58
OVG Lüneburg, OVGE 26, 487 (490), dazu A.II.2.1.2.; Stern, in: Bonner Grundgesetz, Art. 28, Rdnr. 114; Gönnenwein 1963, S. 49 ff.; auch Hintzen, a.a.O., S. 218; von Mutius, DJT 1980, S. 37 f. 59
von Mutius ! Schock, DVBl. 1981, S. 1079.
60
Vgl. BVerfGE 23, 353 (365); 38, 258 (278); OVG Lüneburg, OVGE 26, 487 (493) und DÖV 1980, S. 417 f., dazu A.II.2.1.2.; VerfGH NW, NJW 1979, S. 1201; VGH HE, DVBl. 1965, S. 371 (372). 61
Stern, in: Bonner Grundgesetz, Art. 28, Rdnr. 120; Sander, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 71, Rdnr. 10. 62 Kritisch Burmeister, a.a.O., S. 29 ff., S. 95 ff.; ebenso bei AII.2.1.3; eindeutig Sander, in Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 71, Rdnr. 10 f. 63
von Mutius ! Schock, DVBl. 1981, S. 1079 f.; OVG Lüneburg, DÖV 1980, S. 417 (418); AII.2.1.2.; G. J. Richter, Verfassungsprobleme der kommunalen Funktionalreform, Fußn. 16; von Mutius, DJT 1980, S. 44; Schmidt-Aßmann, Kommunalrecht, S. 119.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
147
Die Befugnisse im Bereich der „administrativen Personalhoheit" 64 rechnen nach einhelliger Auffassung zum Kernbereich der von Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Personalhoheit65 mit der Folge der Unantastbarkeit der genannten Befugnisse. Obwohl die bestehenden Querverbindungen bisher kaum aufgezeigt wurden 66, sind die Stellenobergrenzenregelungen als besoldungsrechtliche Bestimmungen in Beziehung zum administrativen Teil der kommunalen Personalhoheit zu setzen67. Dazu weist Schmidt-Aßmann68 auf vorhandene Interdependenzen hin, indem er vermerkt, die administrative Personalhoheit sei von Auszehrung bedroht, weil die den Kommunen in diesem Bereich verbliebenen Entscheidungen zunehmend durch staatliche Reglementierungen im normativen Teil der Personalhoheit vorgeprägt seien. Am Beispiel der Stellenobergrenzen erweise sich, daß die zunächst als sehr gängig erscheinende Unterscheidung zwischen normativer und administrativer Personalhoheit mehr vernebelt als erhellt 69. Die enge Verzahnung beider Komplexe ist eine Tatsache, weil die normative Ausgestaltung der Anstellungsverhältnisse bereits die Personalauswahl unstreitig wesentlich beeinflußt 70. In der Wirkung von Stellenobergrenzen gilt dies umsomehr für Beförderungen. Danach fehlt den Gemeinden nicht nur der Spielraum, sie sind bisweilen an Beförderungen schlicht gehindert. Obergrenzen sind nicht nur zulässigerweise, sondern in vielen Fällen notwendigerweise ausgeschöpft worden. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die mitunter nicht gerade großzügig bemessenen Vomhundertsätze für bestimmte Besoldungsgruppen71. Stellenobergrenzen mögen besoldungsrechtliche Funktionen wie Harmonisierung und Kostendämpfung erfüllen 72. Sie erreichen diese Ziele aber nur mittelbar über den
64
Vgl. Schmidt-Aßmann, S. 1086.
a.a.O., S. 465; von Mutius ! Schoch, DVB1. 1981,
65
VGH BW, BWVPr. 1980, 212 (213); BVerwGE 18, 135 (142); BVerwGE 17, 172 (182). 66
Seele, Göttingen 1964, S. 272; Kornblum, DÖV 1962, S. 850.
67
von Mutius!Schoch, DVB1. 1981, S. 1086.
68
Schmidt-Aßmann, a.a.O., S. 466.
69
Ders., S. 465.
70
von Mutius!Schoch, DVB1. 1981, S. 1086.
71
Vgl. anhand kommentierter Beispiele aus der Praxis von Mutius ! Schoch, DVB1. 1981, S. 1083; VGH BW, BWVPr. 1980, S. 212. 72 Dazu Schmidt-Jortzig, DVB1. 1978, S. 789/791.
Kommunalrecht, Rdnr. 359 sowie besonders Gern,
Β. Die Personalhoheit
148
Stellenplan, der, wiederum orientiert an den geltenden Obergrenzenregelungen, den Umfang von administrativen Entscheidungsbefugnissen festlegt73. Sind die Obergrenzen in der Tendenz eng bemessen, drohen sie leicht ausgeschöpft zu werden. Als Folge davon tendieren die Möglichkeiten administrativer kommunaler Personalentscheidung praktisch gegen Null. Aus diesem Grund sind die Stellenobergrenzen die entscheidende Reglementierung der verbal als unantastbar bezeichneten administrativen Personalhoheit74. Die Personalhoheit wird durch sie in ihrer konkreten Auswirkung auf den kommunalen Stellenplan unmittelbar beschränkt. Die Tragweite der Wirkungsweise von Stellenobergrenzen reicht jedoch noch weiter. Personalbewirtschaftung sowie Aufbau- und Ablauforganisation der Verwaltung stehen zueinander in vielfältigen und engen - in der Praxis sicherlich untrennbaren - Beziehungen75. Dies gilt gleichermaßen bezüglich der Stellenobergrenzen, da besoldungsrechtliche Regelungen praktisch immer auch Materien außerhalb des Besoldungsrechts tangieren76. Im Stellenplan werden besoldungsrechtliche und organisationsrechtliche Entscheidungsmöglichkeiten verknüpft 77. Bei dieser Koppelung zwischen Personalbewirtschaftung und Verwaltungsorganisation muß jede Stellenobergrenze direkte Auswirkungen auf die Strukturierung der Stellenplanung - weitergehender sogar der Stellenbedarfsplanung - und damit auf das innere Organisationsgefüge und die Organisationsgewalt haben. Diese faktischen Folgen führen zu rechtsnormativen Konsequenzen: Bei der Planung und Aufstellung des Stellenplans haben die kommunalen Körperschaften bei der Ausweisung der Ämter (im statusrechtlichen Sinne) die gesetzlich vorgegebenen höchstzulässigen Anteile der Beförderungsämter der einzelnen Besoldungsgruppen zu beachten. Das Stellenplangefüge - quasi als Spiegelbild der inneren Organisation - kann damit im Einzelfall nicht mehr Beförderungsämter ausweisen, als nach den Obergrenzen zugelassen.
73
von Mutius /Schock, DVBl. 1981, S. 1086.
74
Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 470; auch oben 1., vor allem Fußn. 11; im Ergebnis wohl auch Schmidt-Jortrig, Kommunalrecht, Rdnr. 360. 75
Vgl. BVerfGE 34, 9 (20); OVG Koblenz, DVP 1980, S. 85 (86).
76
BVerfGE 34, 9 (20).
77
Seele, Landkr. 1977, S. 231; Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 463 und 466.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
149
Nach Auffassung von von Mutius/Schoch78 erscheint die beschriebene Bindung der Organisationsgewalt an Stellenobergrenzen unbedenklich, solange die festgesetzten Höchstsätze organisatorische Änderungen im inneren Behördenaufbau zulassen. Dies dürfte in der Regel der Fall sein. Es ist jedoch nicht auszuschließen, daß es in Einzelfällen zu vermehrten Stellenzahlen und erhöhter Belastung des Haushaltes kommt. Erfordert eine Dienstpostenbewertung z.B. die Einstufung eines städtischen Rechtsamtsleiters nach Besoldungsgruppe A 15, etwa weil verschiedene Aufgabenbereiche innerorganisatorisch in einem Amt zusammengefaßt worden sind (Aufgabenbündelung), müßte diese Zusammenfassung unter dem Druck der Obergrenzen jedenfalls dann rückgängig gemacht werden, wenn nach den Stellenobergrenzen eine Stellenbewertung nach A 15 unzulässig wäre. Diese indirekte Steuerung kommunaler Organisationsakte kann nur dadurch unterbunden werden, daß in solchen Fällen die Obergrenzen überschritten werden dürfen, zumal dann auch der haushaltspolitische Zweck der Obergrenzenregelung nicht durchschlägt. Eine Gemeinde, die unter vorgenannten Voraussetzungen eine Stelle nach Besoldungsgruppe A 15 nicht ausbringen dürfte, wäre genötigt, das geschaffene Amt mit zwei Amtsleitern, etwa nach der Besoldungsgruppe A 13 aufzuteilen, wodurch einerseits die Stellenzahl vermehrt und andererseits die Kosten eines betroffenen Haushaltes erhöht würden 79. Unter dem Druck der Obergrenzen können auch organisatorische Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung verhindert werden, wenn diese mit einer Verringerung der Zahl der Eingangsstellen und unteren Beförderungsämter einer Laufbahngruppe verbunden sein sollten80. Dadurch würde automatisch die Stellenbasis vermindert, auf deren Grundlage die in Vomhundertsätzen die Stellenobergrenzen zu berechnen sind. Folglich könnte durch eine Verringerung der Eingangs- bzw. der unteren Beförderungsämter einer Laufbahngruppe die Anzahl der höchstzulässigen Spitzenämter dieser Laufbahngruppe verkleinert werden, ohne daß insoweit eine Aufgabenänderung stattgefunden hat und obwohl es, § 18 BBesG folgend, dadurch beim bisherigen Stellenniveau bleiben müßte81. In letzter Konsequenz müßte die organi-
78
von Mutius!Schoch, DVB1. 1981, S. 1087.
79
Beispiel nach Gern, DVB1. 1978, S. 791; weitere Beispiele bei von Mutius! Schoch, DVB1. 1981, S. 1087. 80
KGSt-Gutachten, Stellenplan/Stellenbewertung, S. 15.
81
von Mutius!Schoch, DVB1. 1981, S. 1087.
Β. Die Personalhoheit
150
satorische Manövrierunfähigkeit bei den Stellen vieler Besoldungsgruppen befürchtet werden. Im Ergebnis verletzten Stellenobergrenzennormierungen so den unantastbar geschützten Kernbereich kommunaler Organisationsgewalt82. Der innere Behördenaufbau ist der wohl letzte Bereich organisatorischer kommunaler Eigenverantwortlichkeit 83. Käme es zur befürchteten organisatorischen Unbeweglichkeit bei den Stellen durch staatliche Reglementierung, könnte von kommunaler Organisationshoheit keine Rede mehr sein. Deshalb sind Stellenobergrenzennormierungen, soweit sie dergestalt in die kommunale Organisationshoheit eingreifen, mit Art. 28 Abs. 2 GG unvereinbar 84.
4.2. Die praktischen Wirkungen
Die Aushöhlung der administrativen Entscheidungsbefugnisse der kommunalen Körperschaften läßt sich durch die Heranziehung von Tatsachenmaterial noch besser beurteilen. Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Vorbericht des Städtetags BW vom 5. Februar 198585, der die Wirkungen der Stellenobergrenzenverordnungen von 1971 bis 1981 für die Größengruppen zwischen 20 000 und 100 000 Einwohnern und den höheren Dienst wie folgt darstellte (s. unten Tabelle 11). Seit 1982 ließ sich das Obergrenzenrecht nicht zugunsten der Kommunen bewegen. Im Hinblick auf die Einrichtung und Bewirtschaftung von Planstellen im kommunalen Bereich ging es insbesondere um die Einweisung von Mitarbeitern im Wege der Unterbesetzung. Bereits mit dem Stellenerlaß von 198386 wurde versucht, auf der Grundlage des § 12 LBesG das Ver-
82
von Mutius ! Schock, DVBl. 1981, S. 1087; Gern, DVBl. 1978, S. 781; Hintzen, a.a.O., S. 222, der Eingriffe in die Organisationsbefugnis durch Stellenobergrenzen nur durch Landesgesetzgebung für möglich hält. 83 Sander (in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 71, Rdnr. 9) spricht von „organisatorischem Kernbestand". 84
Kornblum, DÖV 1962, S. 850; Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 467; von Mutius ! Schoch, DVBl. 1981, S. 1087; Knemeyer, NJW 1980, S. 1142; wohl auch Seele, Landkr. 1977, S. 231. Zur weiteren Ausgestaltung der Obergrenzenregelungen nach dem BBesG ferner von Mutius ISchoch, DVBl. 1981, S. 1083. 85
GZ: U / B - D 108/1985.
86
GABI. 1983, S. 773 ff.
A 14
A 14, jedoch 1 Stelle A 15 für einen Beamten des bautechnischen Verwaltungsdienstes, wenn ihm der gesamtbautechnische Bereich unterstellt und kein qualifizierter Beigeordneter vorhanden ist.
A 15
A 16
60 - 100
A 16
A 15
A 16
A15
A 14, jedoch Rechtsamt, BauA 15, jedoch nur, wenn keine A 15, sind es mehrere Stellen, amt, die Leiter A 15, Stellen für weitere Beikann eine davon nur mit sofern es keine Aufstiegsgeordnete eingerichtet einem technischen Bebeamten sind. sind. amten besetzt werden.
A 14
1970: Erlaß des Innenministeri1978: StOGVO vom 20.1. 1981: StOGVO vom 24.11. ums über die Durchfüh1978 (GBl. S. 111) 1981 (GBl. S. 613) rung des Landesbesoldungsgesetzes im kommunalen Bereich vom 22.3.1971 (GABI. S. 381)
40 - 60
30 - 40
20 - 30
Größengruppe in Ts. Einwohner
Wirkungen der Stellenobergrenzenverordnungen
Tabelle 11
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit 151
152
Β. Die Personalhoheit
fahren der Einrichtung und Bewirtschaftung von Planstellen bis ins Detail so zu regeln, daß auch eine jederzeitige und umfassende Kontrolle durch die Rechtsaufsicht bei Prüfung des Stellenplans möglich ist. Die Rechtsaufsichtsbehörden prüfen verstärkt, ob auf Beamtenplanstellen Angestellte eingesetzt sind. Solcher Einsatz wird unter Berufung auf o.a. Stellenerlaß nicht mehr geduldet87. Die Folge ist eine weitere Einengung der Entscheidungsmöglichkeiten im Personaleinsatz. Eine Reihe von Städten kann für längere Zeit keine Beförderungen mehr aussprechen. Stellen müssen bei deren Freiwerden in niedrigere Besoldungsgruppen umgestuft werden. Kritisiert wird vor allem das summarische Verfahren des Obergrenzenrechts, das im Hinblick auf eine moderne Personalführung nicht zum Maßstab für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit kommunalen Handelns gemacht werden kann88. Aus diesem Grund forderte der Städtetag auch eine Änderung des § 6 GemHVO mit dem Ziel, aus Gründen dienstlicher Bedürfnisse Unterbesetzungen zuzulassen und aus demselben Grund freie Beamtenstellen vorübergehend mit nichtbeamteten Kräften zu besetzen. Dem hat das Innenministerium BW nicht entsprochen89. Auf das gleichzeitige Bemühen, § 3 Abs. 1 StOGVO 90 zu ändern, beließ es das Land bisher bei der
87
Betroffen war auch die LHSt. Stuttgart, der mit Erlaß des Regierungspräsidiums Stuttgart v. 8.6.1984, AZ: 12-235 S/62 aufgegeben wurde, diejenigen Beamtenstellen umzuwandeln, bei denen Stelleninhaber höherwertig eingestuft waren; vgl. auch Genehmigung der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 1985, AZ: 12-761 S/75, mit den entsprechenden Bemerkungen zum Stellenplan; vgl. zum Vorgang auch GRDrucks. Nr. 665/1984, auch unter Berufung auf arbeitsmarktpolitische Gründe. 88
Sixt, BWGZ 1988, S. 624.
89
Verordnung zur Änd. der GemHVO vom 28.8.1986 (GBl. S. 325): § 6 Abs. 1 GemHVO vom 7.2.1973 (GBl. S. 33) lautete bisher wie folgt: „Der Stellenplan hat die im Haushaltsjahr erforderlichen, voraussichtlich besetzbaren Stellen der Beamten und der nicht nur vorübergehend beschäftigten Angestellten und Arbeiter auszuweisen". Durch die Änd.- Verordnung sind in diesem Satz die Worte „voraussichtlich besetzbar" gestrichen worden. An der Rechtslage hat sich allein durch die Streichung nichts geändert, denn die gestrichenen Worte dienten nur der Verdeutlichung dessen, was sich aus dem - unverändert weitergeltenden - § 80 GO BW i.d.F. vom 3.10.1983 (GBl. S. 578) ohnehin ergibt. 90
Nach Auffassung des Städtetages Baden-Württemberg fehlt dazu die Ermächtigungsnorm, vgl. Rundschreiben des Städtetags D 354/1985 v. 4.7.1985: Das Ziel, das Erfordernis der grundsätzlichen Besetzung mit angestellten Beamten aufzugeben sowie auch für die Obergrenzenberechnung künftig von einem Soll an Stellen auszugehen, konnte nicht erreicht werden.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
153
angekündigten grundsätzlichen Bereitschaft, den derzeit im Haushaltsund Obergrenzenrecht des Landes maßgebenden Begriff der Planstelle auszuweiten, um über die Möglichkeiten einer von der Stellenausbringung abweichenden Stellenbesetzung hinaus noch eine zeitlich befristete Besetzung von Planstellen mit Angestellten und Arbeitern zuzulassen. Unter Hinweis auf Lecheler 91 lassen sich die beiden hauptsächlichen Wirkungen der Stellenobergrenzen wie folgt beschreiben: 1. Die Stellenobergrenzen führen zwangsläufig zu einem Beförderungsstau, weil für Beamte, bei denen die persönlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Beförderung gegeben wären, eine Beförderungsstelle nicht verfügbar ist. Dies gilt insbesondere für kleine Gemeinden. Zum anderen können Beamte in den Eingangsämtern oder im ersten Beförderungsamt nicht befördert werden, weil die Stellenschlüsselung eine Beförderung nicht zuläßt, während die Kollegen im Angestelltenverhältnis entsprechend der ausgeübten Tätigkeit höher bezahlt werden. 2. Die Mechanik der Stellenobergrenzen kann aber auch dazu führen, daß bei fehlendem Beamtennachwuchs die Spitzenämter abgebaut werden müssen und eine „Spiralenbewegung" zum Nachteil des Beamtentums einsetzt (vgl. § 17 StOGVO). Den geforderten Dispositionsmöglichkeiten der Gemeinden als Reaktion auf die örtliche Arbeitsmarktlage sind damit Grenzen gezogen. Mindestens gilt dies so lange, als die landesrechtlich festgesetzten Stellenobergrenzenverordnungen nicht auf relativ exakten Bewertungsmodellen, sondern primär auf Haushaltserwägungen unter Beachtung der Kostenneutralität beruhen. Insoweit tragen sie zu einer Verschärfung der Personalsituation bei und verstärken damit die durch Haushaltskonsolidierungsmaßnahmen erzwungenen negativen Auswirkungen für den örtlichen Stellen- bzw. Arbeitsmarkt. Weiter ist darauf hinzuweisen, daß die Obergrenzen auf große Behörden zugeschnitten sind und für den kommunalen Bereich nicht die unterschiedlichen Organisations- und Personalstrukturen berücksichtigen, die bei sonstigen Regelungen durch die Berücksichtigung von Einwohnergrenzen zum Ausdruck gebracht werden. Die Stellenobergrenzen verhindern trotz zunehmender analytischer Dienstpostenbewertung sehr oft eine sachgerechte Ämterbewertung und Verwaltungsorganisation. Denn sie unterstellen im kommunalen Bereich wegen der andersartigen Personalstruktur gegenüber dem Bund und dem
91
Lecheler, Bonn 1986, S. 44 f.
Β. Die Personalhoheit
154
Land zu Unrecht, der Zwang vorgegebener hierarchisch gestufter Ämteraufteilung gewährleiste automatisch eine gleiche Besoldung identischer Amtsinhalte. Besonders in Laufbahnen des gehobenen Dienstes erweist sich die Bindung an die Obergrenze schon deshalb als besonders schwierig, weil das Schwergewicht der Sachbearbeiterfunktionen auf Beamte verteilt ist und demgemäß die Obergrenzen bei weitem nicht ausreichen, um den sachlichen Anforderungen gerecht zu werden92. Für die spezifischen örtlichen Belange und eine sachgerechte Aufgabenerfüllung erweisen sich Stellenobergrenzen zusätzlich erschwerend und hemmend. Unter dem Primat der Organisationshoheit sollte die personelle Ausstattung in quantitativer Hinsicht - damit im übrigen aber auch arbeitsmarktrelevant - ausschließlich Angelegenheit der Organisationsbefugnis sein, weil sich die Zahl der Dienstkräfte nach dem jeweiligen Aufgabenstand zu richten hat. Wenn überhaupt Eingriffe in diese Organisationsbefugnisse als zulässig hingenommen werden müssen, dann nur durch die Landesgesetzgebung. Insofern bezweifelt Hintzen zu Recht, ob der Bundesgesetzgeber eine Regelungskompetenz für eine Bindung der Kommunen an Stellenobergrenzen besitzen kann93. Stellenpläne sind Bestandteile des Haushaltsplans. Die Gemeinden setzen in diesen Stellenplänen den Bedarf an Stellen für die Erledigung der Aufgaben fest. Eine zahlenmäßige Begrenzung von Planstellen für Beamte könnte demnach nur der Landesgesetzgeber beschließen, der für die Regelung des Haushaltsrechts im Bereich der Gemeinden ausschließlich zuständig ist94. Für die Praxis ist ferner davon auszugehen, daß die Obergrenzen sich deshalb auch als leistungsfeindlich erweisen, weil sie aufgrund der früheren Dispositionen in vollem Umfang ausgeschöpft sind. Sie lassen daher keinen Bewegungsspielraum in Fällen zu, in denen besonders befähigte Beamte eine berufliche Beförderung verdienen und die Aufgaben dies rechtfertigen. Damit sind auch Möglichkeiten verbaut, im Nachzug jüngere Beamte oder Nachwuchskräfte zu rekrutieren und für diese die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu steigern.
92
Hintzen, a.a.O., S. 222.
93
Ders., S. 222 f.
94
Dies erscheint zwingend; a.A. von Mutius ! Schoch, DVBl. 1981, S. 1081, die davon ausgehen, daß Stellenobergrenzenregelungen quantitative Begrenzungen des Anteils der Beförderungsämter in kommunalen Stellenplänen und damit in erster Linie besoldungsrechtliche Normierungen darstellen.
III. Die unmittelbaren Grenzen der Personalhoheit
155
Daneben ist darauf hinzuweisen, daß das Stellenobergrenzenrecht nur für Beamte gilt; Angestellte des öffentlichen Dienstes sind diesen Regelungen nicht unterworfen. Von daher schränken die Stellenobergrenzen nicht nur die Disposition einer örtlichen Gemeindeverwaltung ein, sondern verschärfen die heterogene Struktur des öffentlichen Dienstes. Außerdem hat sich erwiesen, daß die Ausschöpfung der Obergrenzen zu einer Ausweitung der Personalkosten geführt hat95.
5. Die Funktionszuweisungsverordnungen Aufgrund von § 20 Abs. 2 S. 3 BBesG vom 13. November 198096, zuletzt geändert durch BBVAnpG 198197, ist die Bundesregierung ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrats Funktionen den Ämtern in den Besoldungsordnungen zuzuordnen. Die Regelung bezweckt eine differenzierte und sachgerechte Zuweisung der Funktionen zu den Ämtern 98. Auch hier stellt sich die Frage nach der Begrenzung der Organisationshoheit für örtliche Personaldispositionen. Im Hinblick auf die Themenstellung kann die Problematik hier dahinstehen. Bisher wurden Funktionszuweisungsverordnungen nicht erlassen und mit entsprechenden Regelungen für den Kommunalbereich braucht auch nicht gerechnet zu werden99. Die Landesregierung Baden-Württemberg hat von der Ermächtigung des § 26 Abs. 5 BBesG100 mit ihrer Stellenobergrenzenverordnung mit dem Ziel Gebrauch gemacht101, auf solche Funktionszuweisungsverordnungen zu verzichten 102.
95
Hintzen, a.a.O., S. 223.
96
BGBl. I S. 2081.
97
Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 1981 BBVAnpG 81) vom 21.12.1981 (BGBl. I S. 465). 98
Hintzen, a.a.O., S. 225.
99
Ders., S. 226.
100
I.d.F. v. 13.11.1980 (BGBl. I S. 1081).
101
Ursprünglich StOGVO v. 20.1.1978 (GBl. S. 111).
102
Gern, DVBl. 1978, S. 789.
Β. Die Personalhoheit
156
IV. Die mittelbaren Grenzen innerhalb der Personalhoheit Die beschränkten Möglichkeiten des Staates zur Schaffung neuer Arbeitsplätze werfen die Frage auf, ob die Gemeinden in dem Bereich, in dem sie verhältnismäßig frei disponieren können, nämlich im Bereich des öffentlichen Dienstes, Maßnahmen zur Verminderung der Arbeitslosigkeit ergreifen können. Damit sind vor allem die rechtlichen Grenzen der Disposition über den öffentlichen Dienst sowie deren Beschränkungen und Auswirkungen auf die Kommunen angesprochen.
1. Die rechtlichen Grenzen für einen Einsatz des öffentlichen Dienstes zugunsten des Arbeitsmarktes In der Literatur besteht weitgehend Einigkeit darüber, die realen Möglichkeiten des öffentlichen Dienstes, den Arbeitsmarkt zu entlasten, als begrenzt einzuschätzen1. Schon eine „allgemeine Rechtspflicht des Staates", den Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt durch eigenes Eingreifen zu begegnen, läßt sich schwerlich herleiten2. Umsomehr müßte dies für eine Verpflichtung gelten, eine solche Hilfe durch Einsatz des öffentlichen Dienstes zu leisten3. Aus der Verfassung läßt sich eine solche Verpflichtung nicht entnehmen4. Art. 109 Abs. 2 GG und § 1 StabG bilden eher den „organisationsrechtlichen" Rahmen5. Hieraus kann dem Staat kaum rechtswirksam ein Verhalten zur Pflicht gemacht werden, für das die Wirtschaftstheorie bisher keinen eindeutigen Weg weisen konnte6. Jedenfalls hat die gleichzeitige Verfolgung der in § 1 StabG gesetzten vier Ziele sich in ihrer praktischen Anwendung als nicht durchführbar erwiesen. Im übrigen nennt das StabG als zweites Ziel nicht den geläufigen Terminus Vollbeschäftigung, sondern nur einen „hohen Beschäftigungs-
1 Vgl. dazu Lecheler, ZBR 1980, S. 5; von Münch, ZBR 1978, S. 129; Thieme, JZ 1985, S. 1028; Schwandt, ZBR 1984, S. 93. 2
Lecheler, ZBR 1980, S. 5 f.
3
Vgl. dazu von Münch, ZBR 1978, S. 127; Lecheler, Bonn 1979, S. 75; ders ZBR 1980, S. 6. 4
Lecheler, Bonn 1979, S. 55.
5
Vgl. dazu A.II.4.2.; Lecheler, ZBR 1980, S. 6.
6
Vgl. A.II.3. und 4.
I . Die mittelbaren Grenzen der Personalhoheit
157
stand"7. Welche politischen Ziele damit verbunden werden sollten, mag dahinstehen. Immerhin schienen nach früherer Auffassung Maßnahmen lediglich geboten, wenn eine konjunkturelle oder strukturelle Beschäftigungslosigkeit auftreten sollte8. Auf jeden Fall muß die „Rechtspflicht", um einen „hohen Beschäftigungsstand" anzustreben, stets unter dem Vorbehalt des in der Abwägung mit den anderen Handlungszielen des § 1 StabG praktisch Möglichen gestellt werden9. Angesichts der tatsächlichen Widersprüchlichkeiten der dort normierten Ziele ist die Bandbreite des ohne Gefährdung der jeweils anderen Ziele gebotenen Verhaltens nur sehr schmal. Gegen eine gleichwertige Rechtsverpflichtung des Staates auf die verschiedenen Zielvorgaben des StabG spricht auch, daß der Staat zu ihrer Erreichung über sehr unterschiedlich wirksame Instrumente verfügt. Der staatliche Einfluß auf das außenwirtschaftliche Gleichgewicht sowie die Geldwertstabilität (Stabilität des Preisniveaus) ist ungleich höher als seine Möglichkeiten zur Steuerung des Arbeitsmarktes.
2. Das Sozialstaatsprinzip Angesichts anhaltend hoher Arbeitslosigkeit wird das geltende Beamtenrecht in seiner überkommenen Struktur kritisiert. Im Mittelpunkt steht die Auseinandersetzung mit dem Sozialstaatsprinzip. Die Bundesrepublik ist gemäß Art. 20 Abs. 1 GG ein „sozialer" Bundesstaat. Gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG muß die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern den Grundsätzen „des sozialen Rechtsstaates" im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. Dieses Sozialstaatsprinzip gibt den Auftrag an den Gesetzgeber, läßt ihm aber, der Regierung, der Verwaltung und der Rechtsprechung keine unbegrenzte Entscheidungsfreiheit. Die Grenzen ergeben sich aus den anderen Staatszielbestimmungen der Verfassung, insbesondere aus dem Rechtsstaatsprinzip, falls - was immerhin möglich ist - Sozialstaatsund Rechtsstaatsprinzip im Einzelfalle in einer Konfliktlage zueinander stehen. Eine solche Konfliktsituation, in der etwa eine Maßnahme vom Sozialstaatsprinzip als geboten erscheint, während dieselbe Maßnahme vom Rechtsstaatsprinzip als verboten erscheint, ist danach zu lösen, ob
7
Vgl. Münch, in: Stern ! Münch ! Hansmeyer 1972, Anm. III. 2. zu § 1.
8
Stern, DJT 1968, S. 22.
9
Lecheler, ZBR 1980, S. 6.
158
Β. Die Personalhoheit
nach der Gesamtidee des GG bei Abwägung aller wesentlichen Umstände dem Sozialstaatsprinzip oder dem Rechtsstaatsprinzip der Vorrang einzuräumen ist10. Das Gebot des sozialen Rechtsstaates ist auf einen Ausgleich sozialer Ungleichheiten zwischen den Menschen ausgerichtet und dient vor allem der Erhaltung und Sicherung der menschlichen Würde als oberstem Grundsatz der Verfassung. Dies ist „ein Gebot sozialer Solidarität, daß der Staat helfend einzugreifen hat, wenn sich der Mensch bemüht, zu seinem Recht zu kommen"11. Das GG enthält, wie das BVerfG zutreffend festgestellt hat, mit dem Bekenntnis zum Sozialstaat zugleich einen Sozialauftrag an den Staat12. Der Gesetzgeber ist deshalb, um eine Formulierung des BVerfG aus einer früheren Entscheidung aufzunehmen, „gewiß verfassungsrechtlich zu sozialer Aktivität, insbesondere dazu verpflichtet, sich um einen erträglichen Ausgleich der widerstreitenden Interessen und um die Herstellung erträglicher Lebensbedingungen für alle zu bemühen, die in Not geraten sind"13. Die Frage richtet sich also nach der Pflicht des Gesetzgebers zur aktiven Sozialgestaltung, hier insbesondere zur Überwindung der Arbeitslosigkeit. Für die Antwort gibt das GG „in der Tat weniger Handreichungen"14 als für den Inhalt des Rechtsstaats-, Bundesstaats- und Demokratieprinzips. Die Gründe für diese Zurückhaltung der Verfassung zum Sozialstaatsprinzip sind vielfältig und können hier nicht vertieft werden. Festgehalten werden kann, daß das Sozialstaats- mit dem Rechtsstaatsgebot korrespondiert, beide wechselseitig verschränkt sind. Speziell für das Beamtenrecht ist Art. 33 Abs. 5 GG zu nennen15. Ob daraus hergeleitet werden kann, die Dienstherren zu einer Öffnung des öffentlichen Dienstes im Falle der Arbeitslosigkeit zu verpflichten, ist fraglich. Während Lecheler dies schon wegen der rechtlich umstrittenen Tragweite des Sozialstaatsprinzips richtigerweise verneint 16, hat Zacher den Versuch
10
von Münch, ZBR 1980, S. 125, insbesondere zur „praktischen Konkordanz" als Lösung der Konfliktlage. 11
BVerfGE 35, 348 (355 f.).
12
von Münch, ZBR 1980, S. 126.
13
BVerfGE 1, 97 (105).
14
von Münch, ZBR 1980, S. 126.
15
Vgl. BVerfGE 8, 16; 17, 355; 21, 346.
16
Lecheler, ZBR 1980, S. 6.
I . Die mittelbaren Grenzen der Personalhoheit
159
unternommen, das Sozialstaatsgebot nicht als politischen Rechtssatz, sondern als politische Verpflichtung zu interpretieren 17. Falls ihm gefolgt würde, gäbe es keine Zweifel, die Beseitigung der Arbeitslosigkeit als eines der Hauptanliegen des Sozialstaates zu betrachten18. Wird für das Beamtenrecht Art. 33 Abs. 5 GG zugrundegelegt, haben sich die Maßnahmen des Gesetzgebers zur aktiven Sozialgestaltung, hier insbesondere zur Überwindung der Arbeitslosigkeit, innerhalb der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums und ihrer rechtlich zulässigen Modifikation zu halten. Für den Bereich des Beamten- und Besoldungsrechts stellt nämlich die Garantie der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums eine spezielle Konkretisierung der Sozialstaatsklausel dar. Wie das BVerfG 19 hervorgehoben hat, sichern diese Grundsätze insbesondere, daß die Besoldung und Versorgung der Beamten den Mindestanforderungen genügen, die sich aus dem Sozialstaatsprinzip ergeben. Das Berufsbeamtentum beruht auf einer Gewährleistung des Lebenszeitprinzips, das in erster Linie nicht dem Beamteninteresse, sondern dem Staatsinteresse dient20. Es gewährleistet die Stabilität und Kontinuität der Verwaltung, bedingt die rechtliche und wirtschaftliche Sicherung der inneren und äußeren Unabhängigkeit des Beamten, um die dem Berufsbeamtentum zufallende Aufgabe in den Grenzen des Staates als ausgleichender Faktor erfüllen zu können. Dabei ist bei der Frage, ob und inwieweit die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, insbesondere das Lebenszeitprinzip, einer Überprüfung durch die Sozialstaatsklausel zugänglich sind, zu berücksichtigen, daß der Beamte, im Gegensatz zu den anderen Bediensteten im öffentlichen Dienst, keine eigenen rechtlichen Möglichkeiten hat, auf die nähere Ausgestaltung seines Rechtsverhältnisses einzuwirken. Er ist nicht befugt, zur Förderung gemeinsamer Berufsinteressen kollektive wirtschaftliche Kampfmaßnahmen zu ergreifen, sondern ist auf die Regelung angewiesen, die sein Dienstherr als Gesetzgeber getroffen hat21.
17
Zacher, Was können wir über das Sozialstaatsprinzip wissen?, S. 207 ff.
18
von Münch, ZBR 1978, S. 126.
19
BVerfGE 8, 1 (16); 17, 337 (355).
20
Schwandt, ZBR 1984, S. 95.
21
BVerfGE 8, 1 (17).
Β. Die Personalhoheit
160
Daraus folgt, daß unter Hinweis auf das Sozialstaatsgebot lediglich „eine allgemeine Staatsaufgabe Arbeitsmarkt" 22, nicht aber eine spezielle Verpflichtung, diese Aufgabe durch Einsatz des öffentlichen Dienstes zu lösen, begründet werden kann23.
3. Die materielle Gestaltungsfreiheit für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen durch das öffentliche Dienstrecht Die Um- oder Neuverteilung der verfügbaren Arbeit unter möglichst vielen Bewerbern kann normativ im öffentlichen Dienst geregelt werden. Besonders die Mehreinstellung von Personal im öffentlichen Dienst wirft jedoch die Frage auf, ob eine mit Verminderung der Arbeitslosigkeit begründete Ausweitung des öffentlichen Dienstes rechtlich zulässig und politisch sinnvoll sein kann24. Bei der Erörterung praktischer Handlungsmöglichkeiten zur Überwindung von Beschäftigungskrisen muß zwischen der Verantwortungssphäre der Tarifautonomie und der Regelungszuständigkeit des Gesetzgebers in Bund und Ländern unterschieden werden. Das Gemeindebeamtenrecht ist durchweg in den Beamtengesetzen der Länder enthalten25. Besondere Kommunalbeamtengesetze gibt es nicht mehr 26. Eine beschränkte Rechtsetzungsbefugnis verbleibt den Selbstverwaltungskörperschaften bei den Besoldungsordnungen und den dem Haushaltsplan beigefügten Stellenplänen27, wobei jedoch die Besoldungsbestimmungen als auch die Regelung von Aufwandsentschädigungen für Wahlbeamte die Bestimmungen normativer Rechtsätze oder daraus abgeleiteter Vorschriften nach Art. 75 Abs. 1 GG nicht verletzen dürfen. Das Beamtenverhältnis ist dadurch geprägt, daß es als ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis - anders als das Arbeitsverhältnis des privaten Rechts - die Beteiligten umfassend rechtlich in Anspruch nimmt28.
22
von Münch, ZBR 1978, S. 126.
23
Lecheler, ZBR 1980, S. 5 ff. m.w.N.
24
von Münch, ZBR 1978, S. 127.
25
Gönnenwein 1963, S. 125.
26
Wiese 1982, S. 46.
27
Vgl. dazu B.III. 1.
28
BVerfGE 44, 249 (264).
I . Die mittelbaren Grenzen der Personalhoheit
161
Folgt man dem BVerfG 29, stellen „sowohl der Grundsatz, daß der Beamte seine volle Arbeitskraft dem Beruf zu widmen hat, als auch das korrespondierende Alimentationsprinzip heute die wesentlichen, das Beamten- und Richterverhältnis kennzeichnenden Strukturinhalte dar". Sie haben „durch im Laufe der Zeit veränderte Vorschriften über die Arbeitszeit der Bediensteten keinen essentiellen Wandel erfahren".
3.1. Das Beamtenverfassungsrecht Gesetzgeber und Dienstherren sind an Verfassung und Gesetz gebunden. Im Mittelpunkt dieser Ordnung stehen für den öffentlichen Dienst Art. 33 Abs. 4 und 5 des GG als geltendes Verfassungsrecht 30. In beiden Absätzen wird die Institution des Berufsbeamten vom GG garantiert 31 . Der Gesetzgeber ist dazu aufgerufen, dieses verfassungsrechtlich gesicherte Institut auszugestalten und seine Leistungsfähigkeit auch in einer veränderten gesellschaftlichen Umwelt sicherzustellen32. Die Grenzziehung erfolgt dabei durch die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums", die ohne Verfassungsänderung nicht verändert werden dürfen 33. Die unmittelbare Rechtsverbindlichkeit dieser hergebrachten Grundsätze hat sich in Rechtsprechung und Judikatur praktisch voll durchgesetzt34. Sie sind daher für kommunale Dienstherren gleichfalls verbindlich. Das Berufsbeamtentum in Bund, Ländern und Gemeinden bildet eine Einheit. Dieser Grundsatz wird durch das GG - Art. 33, 74 a, 75 Nr. 1 - verfassungsrechtlich abgesichert und durch eine Fülle gesetzlicher Bestimmungen konkretisiert. Von verfassungsrechtlicher Bedeutung ist hier insbesondere Art. 33 Abs. 4 GG 35 . Soweit hoheitsrechtliche Befugnisse von den einzustellenden Personen ausgeübt werden sollen, müssen diese Personen wegen des Funktionsvorbehaltes des Art. 33 Abs. 4 GG als Beamte eingestellt werden36. Die in dieser Bestimmung enthaltene Einschränkung „in der Re29
BVerfGE 55, 207 (240).
30
Lecheler, ZBR 1980, S. 7.
31
Zur Interpretation vgl. besonders Schwandt, ZBR 1984, S. 94 m.w.N.
32
Lecheler, Bonn 1979, S. 57.
33
Zu den Prinzipien im einzelnen vgl. Lecheler, Bonn 1979, S. 58 m.w.N.
34
Lecheler, AöR 1978, S. 349.
35
von Münch, ZBR 1978, S. 127.
36
Maunz, in: Maunz/Diirig,
Art. 33, Rdnr. 40-42; Zur „Funktionsgarantie" im
162
Β. Die Personalhoheit
gel" würde eine zusätzliche allgemeine Suspendierung des Verfassungsgebots nicht decken: „Eine Auslegung des Art. 33 Abs. 4 GG dahin, daß der Funktionsvorbehalt im Normalfall zu beachten ist, in Zeiten erhöhter Arbeitslosigkeit dagegen nicht beachtet werden muß, ist mit dieser Norm nicht vereinbar" 37. Die umgekehrte Konstellation - zur Verminderung der Arbeitslosigkeit werden Beamte eingestellt, jedoch nicht zur Ausübung hoheitlicher Befugnisse - wird von Art. 33 Abs. 4 GG nicht so klar geregelt. Ein absolutes Verbot, Beamte zur Ausübung fiskalischer Tätigkeit heranzuziehen, enthält Art. 33 Abs. 4 GG nicht38. Jedoch sind der Ausweitung der wirtschaftlichen Tätigkeit des Staates verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Schranken39 gesetzt, die sich damit zugleich - mittelbar - auch als Schranken für Ausweitung des öffentlichen Dienstes erweisen40. Für die Themenstellung spielt eine Rolle, daß das Berufsbeamtentum und seine Regelungen auf den Lebenszeitbeamten ausgerichtet sind41. Auf den Status des Beamten beziehen sich die Garantien des Art. 33 Abs. 5 GG 42 , während die Einrichtung zeitlich begrenzter Beamtenverhältnisse, wie die des Teilzeit-, Zeit-, Wahl- und Widerrufsbeamten weder in Art. 33 Abs. 5 gewährleistet ist noch sich hierzu hinsichtlich der Regelungen eine verfassungsrechtliche Grenze findet 43. Das BVerfG hat klarstellend hervorgehoben, daß der Beamte - auch heute noch - als Träger und Vollstrecker öffentlicher Gewalt grundsätzlich auf Lebenszeit unmittelbar mit dem Staat verbunden ist. Er schuldet dem Dienstherrn aus dieser besonderen gegenseitigen Bindung prinzipiell qualitativ mehr als lediglich eine zeitliche begrenzte Führung der Amtsgeschäfte; er soll
besonderen vgl. Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 31; zu den praktischen und arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen kritisch Lecheler, ZBR 1980, S. 7. 37
von Münch, ZBR 1978, S. 127.
38
Μαιιηζ , in: Maunz/Diirig,
39
Vgl. BVerfGE 30, 292 (311); 32, 311 (317).
40
von Münch, ZBR 1978, S. 127.
41
BVerfGE 55, 207 (236 f.).
42
Schwandt, ZBR 1984, S. 94.
43
BVerfGE 44, 249 (262 f.).
Art. 33 Rdn. 41.
I . Die mittelbaren Grenzen der Personalhoheit
163
ferner seine ganze Arbeitskraft in den Dienst des Staates stellen und den Anforderungen seines Berufs mit vollem Einsatz begegnen44. Die Frage, ob aus Art. 33 Abs. 5 GG auch subjektive Rechte abgeleitet werden können, wird vom BVerfG inzwischen in ständiger Rechtsprechung bejaht45. Dabei dient die Vorschrift in erster Linie „staatsorganisatorischen Zwecken", was aber nicht hindert, „zugleich die Menschen zu sehen, die in der Organisation stehen und sie tragen" 46. Legislatorische Maßnahmen zur Fortentwicklung des Beamtenrechts sind daher zulässig, soweit die Gewährleistung des Berufsbeamtentums nicht entgegensteht47. Art. 33 Abs. 5 GG kann für arbeitsmarktpolitische Zwecke nicht zur Verfügung stehen48. Der Beamte ist vielmehr den allgemeinen grundrechtlichen Vorschriften sowohl auf der Seite der Berechtigung als auch der Begrenzung unterstellt. Die gerechte Verteilung der knappen Arbeit ist ein allgemeines Problem, keine Herausforderung für das Beamtenverfassungsrecht.
3.2. Die Grenzen im öffentlichen Dienstrecht
Beamtenverfassungsrechtlich werden heute unter dem Oberbegriff „Öffentlicher Dienst" die Dienstverhältnisse aller beim Staat oder bei einem Träger mittelbarer Staatsverwaltung in abhängiger Beschäftigung Tätigen zusammengefaßt 49. Entsprechend dem Funktionsvorbehalt des Art. 33 Abs. 4 GG bestimmen §§ 2 Abs. 2 BRRG, 4 BBG, daß die Berufung in das Beamtenverhältnis nur zulässig ist zur Wahrnehmung hoheitsrechtlicher oder solcher Aufgaben, die aus Gründen der Sicherung des Staates oder des öffentlichen Lebens nicht ausschließlich Personen übertragen werden dürfen, die in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis stehen. Allerdings folgt hieraus nicht zwingend, daß der Begriff auch in Art. 33 Abs. 5 GG in
44
BVerfGE 55, 207 (241).
45
BVerfGE 3, 288 (333); 4, 205 (210); 4, 294 (295); vgl. ferner BVerfGE 13, 356 (361); 15, 298 (302); 16, 94 (94). 46
Maunz, in: Maurizi Dürig, Art. 33, Rdnr. 82.
47
BVerfGE 7, 155 (169).
48
Thiene, JZ 1985, S. 1026.
49
Maunz, in: Maunz/Dürig,
Art. 33 Rdnr. 44.
164
Β. Die Personalhoheit
gleichem Sinne zu verstehen ist50. Die Auseinandersetzung dazu kann dahinstehen, da Art. 33 Abs. 5 GG jedenfalls so zu verstehen ist, daß sich die Pflicht zur Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Beamtentums nicht auf Angestellte und Arbeiter bezieht51. Das BVerfG hat den tatsächlichen Befund der vielfach gleichartigen Funktion von Beamten und Angestellten nicht beanstandet, trotz des für Angestellte als Ausnahmevorschrift bezeichneten Art. 33 Abs. 4 GG. Das BVerfG geht davon aus, daß das GG in Art. 33 Abs. 4 der tatsächlichen Entwicklung Rechnung getragen habe, in dem es die Übertragung hoheitsrechtlicher Befugnisse an Angestellte - wenn auch grundsätzlich nur als Ausnahme - zulasse52. Daraus wird also nicht etwa de lege ferenda, sondern de lege lata der Schluß auf die Gleichheit der Pflichten gezogen — ein sicher wohl ebenso richtiges wie methodisch anfechtbares Verfahren 53. Es gibt wenig Regelungen, die sich ausschließlich oder überwiegend mit den Rechtsverhältnissen der Angehörigen des kommunalen Verwaltungsdienstes befassen. Von daher gelten die genannten Grundsätze und somit das allgemeine öffentliche Dienstrecht. Es ist außerdem zu berücksichtigen, daß das kommunale Dienstrecht der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes und des Landes unterworfen ist. Die Kommunen verfügen über keine legislatorischen Befugnisse für das Recht des öffentlichen Dienstes oder Teilbereiche davon. Inhaltlich wird dieses Dienstrecht durch Art. 8 Abs. 2 und Art. 3 Abs. 5 des GG begrenzt. Restbestandteile früherer noch eigenständiger Regelungen der Kommunen haben der Vereinheitlichung des gesamten öffentlichen Dienstrechtes weichen müssen54. Von Bedeutung in diesem Zusammenhang und für die Wechselwirkung zwischen Arbeitsmarkt und öffentlichem Dienstrecht sind daher nur noch jene Teilbereiche, die im Hinblick auf die Organisations- und Personalstruktur der Kommunen einer besonderen Betrachtung zugänglich sind und insofern vom Gesetzgeber ausdrücklich Beachtung gefunden haben. In den Nebengebieten des öffentlichen Dienstrechtes hingegen finden sich kaum noch Unterschiede zwi-
50
A.A Thieme, Der öffentliche Dienst in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, S. 32, 41. 51
Maunz, in: Maunz!Dürig, Art. 33 Rdnr. 46.
52
BVerfGE 28, 191 (198).
53
Wiese 1982, S. 11.
54
Hintzen, in: HkWP, Bd. III, 2. Aufl., § 54, S. 217 ff.
I . Die mittelbaren Grenzen der Personalhoheit
165
sehen dem kommunalen Dienstrecht und dem Recht aller anderen Angehörigen des öffentlichen Dienstes.
3.3. Die Folgerungen Der Nachweis, daß der Staat oder die öffentliche Hand verpflichtet sei, durch Anpassungsmaßnahmen innerhalb des öffentlichen Dienstes den Arbeitsmarkt zu entlasten, wurde „mit Überzeugungskraft" - soweit ersichtlich - „bisher noch nirgends versucht" 55. Dennoch stellt sich die Frage, ob vom öffentlichen Dienstherrn nicht doch wenigstens eine konjunkturgerechte Einstellungspraxis verlangt werden kann. Eine solche Forderung könnte nicht schon damit zurückgewiesen werden, daß Personal nur zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben eingestellt werden darf. Der Zusammenhang zwischen Personal- und Sachaufgaben ist sicher zutreffend. Der Kreis kommunaler Aufgaben liegt aber nicht für alle Zeiten fest. Die Forderung könnte also dahingehend umformuliert werden, daß die Gemeinden in Zeiten der Personalknappheit bei der Übernahme neuer bzw. der Erfüllung alter Aufgaben restriktiv verfahren, in Zeiten des Personalangebots dagegen expansiv. Dieses Vorgehen wäre rechtlich sicherlich zulässig. Eine Entscheidung darüber liegt im Ermessen des Gesetzgebers, des Gemeinderates wie auch der Verwaltung. Eine Verpflichtung zu einem solchen Verhalten läßt sich aber „mit Sicherheit nicht begründen"56. Die Ausweitung des öffentlichen Dienstes durch Mehreinstellungen erscheint zumindest kein geeignetes Mittel, um die Arbeitslosigkeit zu vermindern, zumal hiergegen auch verfassungspolitische Einwände nach Art 34 Abs. 4 GG bestehen57. Darüber hinaus besteht weitgehende Übereinstimmung, daß das öffentliche Dienstrecht nicht als Instrument zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt werden kann58.
55
Lecheler, ZBR 1980, S. 6.
56
Lecheler, ZBR 1980, S. 4.
57
Vgl. vor allem oben 3.1., s.a. von Münch, ZBR 1978, S. 127 f.
58
Ders., S. 128; Thieme, JZ 1985, S. 128 und ders., Hannover 1984, S. 28 f.; Lecheler, ZBR 1980, S. 3 f.; Schwandt, ZBR 1984, S. 93.
166
Β. Die Personalhoheit
V. Die beamten- und dienstrechtlichen Grenzen und Möglichkeiten einer Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen Eine Neuverteilung der Arbeit liegt auch in der Verkürzung der Arbeitszeit. Hierzu gehören alle Formen wie Verkürzung der Lebensarbeitszeit, Änderung der Antragsaltersgrenze, Ausweitung der Beurlaubung und Teilzeitbeschäftigung sowie Vorruhestandsregelung, Besoldungsrückstufung und letztlich die Verkürzung der Wochenarbeitszeit1. Im öffentlichen Dienst, insbesondere im Beamtenrecht, haben diese Maßnahmen ihre Besonderheiten. Es ist daher nicht möglich, alle Einzelheiten hier auszubreiten. Hinzutritt, daß die Städte und Gemeinden an die bundesrechtlichen Rahmengesetze wie auch die Landesbeamtengesetze gebunden sind und kommunalrechtliche Spielräume praktisch nicht bestehen oder nur wenig ausgefüllt werden können.
1. Die Änderung der obligatorischen Altersgrenze Nahezu übereinstimmend wurde in der öffentlichen Diskussion über die Lage des Arbeitsmarktes die Forderung erhoben, im öffentlichen Dienst die gesetzliche Altersgrenze für Beamte oder einzelne Beamtengruppen vorzuverlegen. Von einer solchen Maßnahme versprachen sich die Befürworter eine Verbesserung der allgemeinen Beschäftigungslage, weil hierdurch früher als sonst vorhandene Arbeitsplätze freigemacht und zur Verfügung gestellt werden könnten. Gemäß § 25 BRRG tritt der Beamte auf Lebenszeit nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand. Dieser Zeitpunkt ist durch Gesetz zu bestimmen2. Bund und Länder haben übereinstimmend für die Beamten allgemein das vollendete 65. Lebensjahr als Altersgrenze festgelegt. Sie ließen sich von der Überlegung leiten, daß die Mehrzahl der Beamten, die dieses Lebensalter erreicht haben, erfahrungsgemäß nicht mehr oder nicht mehr in jeder Hinsicht belastungsfähig sind3. Dabei kann davon ausgegangen werden, daß die Gesetzgeber aufgrund der rahmenrechtlichen Vorschrift des § 25 BRRG nicht an einer ander-
1
Vgl. unten B.VI.l.
2
BVerfGE 9, 268 (285 ff.); Thieme, JZ 1985, S. 1026; Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 33, Rdnr. 65. 3
Thieme, Hannover 1984, S. 14.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
167
weitigen Festsetzung der obligatorischen Altersgrenze für Beamte allgemein oder für besondere Beamtengruppen gehindert sind. Dies müßte allerdings sachgerecht sein4. Als sachgerecht ist eine Regelung anzusehen, der die Lebenserfahrung des durchschnittlichen Eintritts der Dienstunfähigkeit zugrundeliegt. Seit der normativen Regelung von 19205 werden sachgerechte Erwägungen nicht in Zweifel gezogen. Damit könnte sich eine anderweitige Festsetzung der obligatorischen Altersgrenze verfassungskonform - nur an einer geänderten Sachlage orientieren. Daß diese allein mit arbeitsmarktpolitischen Erwägungen begründet werden könnte, ist nirgends ersichtlich. Eine Herabsetzung der obligatorischen Altersgrenze ohne nachweisbare tatsächliche Änderung des Eintritts durchschnittlicher Dienstunfähigkeit wäre wohl als nicht sachgerecht anzusehen, sondern willkürlich 6. Eine Herabsetzung der vorgezogenen Altersgrenzen für einzelne, besonders belastete Beamtengruppen wie Polizeivollzugsbeamte7 und Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes8 (jeweils mit Vollendung des 60. Lebensjahres, neuerdings diskutiert auch für Offiziere der Bundeswehr) kann ebenfalls nur zulässig sein, wenn sie - nachweislich - auf einer entsprechenden Änderung des durchschnittlichen Eintritts der Dienstunfähigkeit beruht. Sie darf mithin nicht willkürlich, sondern muß sachgerecht sein9. Die Änderung der Sachlage setzte Untersuchungen voraus, ob und inwieweit der mutmaßliche Eintritt durchschnittlicher Dienstunfähigkeit aufgrund der heutigen Arbeitsbelastung früher als bisher eintritt. Je weiter die Herabsetzung der obligatorischen Altersgrenze gehen sollte, desto enger würde der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers. Ohne entsprechende wissenschaftliche Untermauerung wäre die Herabsetzung
4
Schwandt, ZBR 1984, S. 96.
5
Die Einführung von Altersgrenzen in Preußen (65. Lebensjahr) beruht auf Gesetz vom 5.12.1920 (GS S. 621); nach der Personalabbauverordnung vom 27.10. 1923 (RGBl. I S. 999) konnten alle mindestens 58 Jahre alten Reichsbeamten, falls ihr Ausscheiden im Interesse des Abbaus erwünscht war, ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit auf Antrag in den Ruhestand treten. Die preußische Personalabbauverordnung vom 8.2.1924 (GS S. 73) räumte sogar ein unfreiwilliges Ausscheiden der 58-jährigen ein. 6
Schwandt, ZBR 1984, S. 96.
7
§ 146 LBG.
8
§§ 150 i.V.m. § 146 LBG.
9
Schwandt, ZBR 1984, S. 96 f.
168
Β. Die Personalhoheit
auf das 60. Lebensjahr oder darunter als willkürliche Maßnahme und damit als Verstoß gegen das Lebenszeitprinzip anzusehen: Sie würde der allgemeinen Lebenserfahrung über den Eintritt der durchschnittlichen Dienstunfähigkeit offensichtlich widersprechen 10. Insofern ist das Beamtenrecht an die allgemeinen Vorstellungen der Arbeitswelt ausgerichtet11. Sinkt die tatsächliche Altersgrenze in Wirtschaft und Gesellschaft, wird es auch möglich sein, sie für die Beamten herabzusetzen oder die Spanne zwischen dem Zeitpunkt zu vergrößern, in dem der Beamte ausscheiden darf und dem Zeitpunkt, in dem er ausscheiden muß. Auf der anderen Seite hat der Beamte ein Recht auf Belassung im Amt bis zum Eintritt der Dienstunfähigkeit, hat aber bereits nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts12 kein „wohlerworbenes Recht" darauf, daß die Dienstunfähigkeit individuell festgestellt und danach die jeweilige Altersgrenze ermittelt wird. Zwar schränkt die obligatorische Altersgrenze das nach Art. 33 Abs. 5 GG zu beachtende Lebenszeitprinzip 13 ein, sie stellt ihrerseits jedoch keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums dar 14. Angesichts der Arbeitsmarktsituation setzten sich die Städte und Gemeinden mit der Forderung auseinander, die gesetzliche Altersgrenze für Beamte oder einzelne Beamtengruppen vorzuverlegen. Sie gingen davon aus, daß sich die Befürworter einer solchen Maßnahme eine Verbesserung der allgemeinen Beschäftigungslage versprechen, weil hierdurch früher als sonst vorhandene Arbeitsplätze freigemacht und zur Verfügung gestellt werden könnten15. Allgemein wurde darauf hingewiesen, daß viele Beamte ohnedies dazu neigten, vorzeitig in den Ruhestand zu treten. Entweder machten sie von der Antragsaltersgrenze Gebrauch oder sie profitierten zu einem nicht unerheblichen Teil auch von der Vergünstigung für Schwerbehinderte, ab Vollendung des 60. Lebensjahres auszuscheiden (vgl. § 26 Abs. 3 BRRG, § 42 Abs 3 BBG).
10
BGHZ 12, 312 (326).
11
Thieme, JZ 1985, S. 1026.
12
RGZ 104, 58 (66).
13
BVerfGE 9, 268 (285 ff).
14
Schwandt, ZBR 1984, S. 96.
15
Vgl. Vorbericht für die 77. Sitzung der Personalausschusses des DSt. am 28./ 29.10.1982, Umdruck Τ 1516 vom 14. Oktober 1982.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
169
Von Ausnahmen für besondere Beamtengruppen abgesehen16, bleibt es im kommunalen Bereich bei der üblichen Dreijahresfrist nach § 26 Abs. 3 BRRG, § 42, Abs. 3 BBG, § 52 LBG. Es war zweifelhaft, ob ein früherer Eintritt in den Ruhestand - etwa nach Vollendung des 60. Lebensjahres - geeignet sein könnte, einen Anreiz zur Beendigung des Beamtenverhältnisses zu bieten. Dies hinge in besonderem Maße auch davon ab, ob der Beamte den Höchstsatz der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge erreicht hat17.
1.1. Die arbeitsmarktpolitischen Erwägungen
Eine allgemeine Herabsetzung der Altersgrenze wird in ihrer Wirkung für den Arbeitsmarkt eher zurückhaltend beurteilt 18. Zwar ließen sich durch die Vergrößerung der Spanne zwischen dem Zeitpunkt, in dem der Beamte auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzt werden kann, und dem Zeitpunkt, in dem „zwangsweise" in den Ruhestand versetzt wird, eine Reihe von Planstellen freimachen. Dennoch dürfte die Herabsetzung der obligatorischen Altersgrenze aus rein arbeitsmarktpolitischen Erwägungen weder rechtlich noch rechtspolitisch vertretbar sein, denn die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers zur Modifizierung des Lebenszeitprinzips ist nur in engen Grenzen eröffnet. Im Unterschied zu dienstlichen Interessen, insbesondere personalwirtschaftlichen Steuerungsgesichtspunkten, sieht Schwandt daher in allgemeinen arbeitsmarktpolitischen Erwägungen keine Kriterien, „die im Dienstverhältnis begründet sind oder relevant werden können"19. Die Forderung nach Herabsetzung der Altersgrenze sollte außerdem berücksichtigen, daß sie
16 Auf die besonderen Altersgrenzen braucht an dieser Stelle nicht mehr eingegangen zu werden, da die Kommunen nach baden-württembergischen Recht allenfalls von der Regelung besonderer Altersgrenzen im feuerwehrtechnischen Dienst betroffen sein könnten. 17 Vor allem der DSt. wollte die gesetzgeberischen Überlegungen nur dann unterstützen, wenn die Finanzneutralität gewahrt bliebe, vgl. DSt. im Vorbericht für die 77. Sitzung des Personalausschusses am 28./ 29.10.1982, Umdruck Nr. Τ 1516 vom 14. Oktober 1982; Städtetag Baden-Württemberg vom 15.12.1983, Umdruck D 662/83; ders. im Vorbericht D 567/1983 vom 10. Oktober 1983 für die Sitzung des Vorstandes am 2. November 1983; vgl. auch Bericht des Gemeindetags Baden-Württemberg, Beratungsunterlage 24/1984 vom 12.3.1984 zu „Arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen im öffentlichen Dienst". 18
Lecheler, Bonn 1979, S. 74.
9
Schwandt, ZBR 1984, S. 9 .
170
Β. Die Personalhoheit
angesichts zunehmenden Arbeitskräftemangels und der demographischen Entwicklung durchaus reversibel sein sollte20. Darüber hinaus dürften die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen gering sein: Die Herabsetzung der Altersgrenze könnte lediglich einen einmaligen Nachfrageschub auf dem Teilarbeitsmarkt qualifizierter Berufsanfänger und eine gewisse Aufstiegsbewegung innerhalb des öffentlichen Dienstes auslösen21. Probleme des allgemeinen Arbeitsmarktes würden davon nicht berührt. Die freiwerdenden Stellen könnten auch nicht „kostenneutral" besetzt werden, denn Versorgungsbezüge und Folgebeförderungen dürften die Einsparungen weitgehend aufzehren. Nach bisherigen Erfahrungen - auch bei den Gemeinden - machte die weitaus überwiegende Zahl der Beamten in zunehmendem Maße von der Befugnis Gebrauch, aufgrund der Regelung über die Antragsaltersgrenze (Vollendung des 62. Lebensjahres) vorzeitig in den Ruhestand zu gehen.
1.2. Die Kostenbelastung Das Beamtenversorgungsrecht, bei dem die Dienstjahre für das Ruhegehalt unterschiedlich zählen22, erleichtert sicherlich den freiwilligen Vorruhestand, verteuert ihn allerdings sehr. Die Kostenlast ist es wohl auch, die dazu führt, daß eine allgemeine, das heißt zwangsweise Herabsetzung der Altersgrenze bisher nicht durchgesetzt und von den Kommunen die Forderung nach Finanzneutralität erhoben wurde. In der Regel hat der Beamte von der Vollendung des 65. Lebensjahres an seine Höchstpension verdient. Die Gegenrechnungen zwischen den Mehrkosten an Versorgung und Beihilfe für einen neueingestellten Beamten mit dem entsprechenden besoldungsmässigen Gefälle zwischen den Dienstaltersstufen der ausscheidenden und neu eintretenden Beamten sowie der Verzögerung der Ausschöpfung der Beförderungsmöglichkeiten dürfte wohl nicht greifen. Auch die „Möglichkeit einer Umwandlung freiwerdender Beförderungsstellen in solche des Eingangsamtes ist
20
Das Hinausschieben der Altersgrenze wird bereits politisch diskutiert und angesichts der Rentenfinanzierung als gesetzgeberische Maßnahme vorgesehen. 21
Schwandt (ZBR 1984, S. 97) spricht insofern vom sog. „Einmaleffekt".
22
§ 14 Abs. 1 BeamtVG.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
171
nur im Rahmen der Wahrung einer aufgaben- und funktionsgerechten Struktur realisierbar" 23. Ohne eine wesentliche Kürzung der Ruhestandsbezüge oder Versorgungsabschläge ließe sich die obligatorische Altersgrenze kostenneutral nicht herabsetzen. Ein solcher Eingriff des Bundesgesetzgebers wäre schwerlich mit dem hergebrachten Grundsatz der amtsangemessenen Versorgung zu vereinbaren. Zu verweisen ist dabei insbesondere auf Art. 33 Abs. 5 GG, der zwar nicht die Versorgung in ihrer jeweiligen Höhe, jedoch das überkommene Versorgungssystem und seine prägenden Grundsätze24 gewährleistet. Dazu gehört das Prinzip der amtsgemäßen Versorgung, die sich in Form eines gesetzlich festgesetzten Vomhundertsatzes nach den aktiven Bezügen, die der Beamte zuletzt erhalten hat, und nach der Dienstzeit, die er tatsächlich abgeleistet hat, bemißt. Erwägungen, die auf eine Anpassung des Beamtenversorgungsrechts an das Rentenrecht zielen, müßten gleichfalls wegen der Eigenständigkeit des Berufsbeamtentums auf „durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken" stoßen25.
1.3. Die Herabsetzung der obligatorischen Altersgrenze im Tarifbereich
Im Tarifbereich des öffentlichen Dienstes wäre die Herabsetzung der obligatorischen Altersgrenze nur im Rahmen einer Änderung der Tarifverträge möglich, ggf. durch Änderung der Rentenversicherungsgesetze. Andernfalls müßte der Arbeitgeber bei Herabsetzung der Lebensarbeitszeit eine Übergangsversorgung leisten, bis der Versicherungsfall in der gesetzlichen Rentenversicherung eintritt. Würde mit der Verkürzung der Lebensarbeitszeit die Altersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung herabgesetzt, entstünde für den Rentenversicherungsträger erheblicher Mehraufwand, der „noch nicht näher quantifizierbar erscheint" 26. Auf die Arbeitgeber entfielen höhere Aufwendungen in der (kommunalen) Zusatzversorgung. Sie müßten sich in höheren Beiträgen und Umlagen auswirken.
23
Vgl. im einzelnen Schwandt, ZBR 1984, S. 98.
24
BVerfGE 18, 159 (166).
25
Schwandt, ZBR 1984, S. 98.
26
Ebenda.
Β. Die Personalhoheit
172
Bei Würdigung der Umstände im Tarifbereich sind allenfalls arbeitsmarktpolitische Wirkungen erkennbar, die bereits dargestellt wurden. Außerdem ist zu bedenken, daß die Herabsetzung der obligatorischen Altersgrenze im Tarifbereich zwar nicht rechtlich, „aber de fakto schwer reversibel sein dürfte und nicht dem Freiwilligkeitsprinzip Rechnung trägt" 27.
2. Die Änderung der Antragsaltersgrenze § 26 Abs. 3 BRRG räumt dem Beamten auf Lebenszeit ein, frühestens drei Jahre vor Erreichen der Altersgrenze, jedoch nicht vor Vollendung des 62. Lebensjahres, auch ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit auf seinen Antrag hin in den Ruhestand versetzt zu werden. Bund (§ 12 Abs. 3 BBG) und Länder haben in unterschiedlicher Weise von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht. Die Länder haben die Antragsaltersgrenze auf die Vollendung des 62. Lebensjahres festgesetzt. Nach § 52 LBG kann ein Beamter auf seinen Antrag in den Ruhestand versetzt werden, wenn er das 62. Lebensjahr vollendet hat oder schwerbehindert ist und das 60. Lebensjahr vollendet hat. 1983 gab es eine Reihe von Initiativen zur Herabsetzung der Antragsaltersgrenze, allerdings mit unterschiedlichen zeitlichen Limits 28 . Durch eine Bundesratsinitiative29 haben die Länder Rheinland-Pfalz und Baden· Württemberg die Bundesregierung aufgefordert, Beamten zu ermöglichen, auf Antrag schon nach Vollendung des 58. Lebensjahres unter Kürzung der Versorgungsbezüge in den Ruhestand zu treten. Wie es in der Begründung hieß, erfordere die „gegenwärtige Arbeitsmarktlage" für eine Übergangszeit besondere Maßnahmen auf dienstrechtlichem Gebiet30. Mit Ausnahme Bayerns forderte die Mehrheit der Länder durch Entschließung vom 21. Oktober 198331 deshalb die Bundesregierung auf, als Beitrag zur Schaffung zusätzlicher Beschäftigungsmöglichkeiten im öffentlichen Dienst und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Beamten einzuräumen, vorzeitig in den Ruhestand zu treten. In
27
Ebenda.
28
Vor allem mit Blick auf die hohe Lehrerarbeitslosigkeit in den Bundesländern vgl. die Übersicht bei Schwandt, ZBR 1984, S. 99. 29
Vgl. BRDrucks. 218/83.
30
LTDrucks. 8/4336.
31
BRDrucks. 464/83.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
173
der Begründung wird ferner auf den engen Sachzusammenhang zwischen Beamten- und Sozialpolitik verwiesen. Denn die Frage einer Herabsetzung der flexiblen Altersgrenze stellt sich vor allem im Rentenversicherungsrecht, so daß empfohlen wurde, auch im Beamtenrecht beweglich zu bleiben32. Obwohl rechtliche oder personalwirtschaftliche Bedenken gegen die Herabsetzung der Antragsaltersgrenze auf das 62. oder 58. Lebensjahr nicht erhoben wurden 33, blieb dieser arbeitsmarktpolitische Vorstoß des Bundesrates zur Einführung einer flexiblen Altersgrenze im öffentlichen Dienst letztlich folgenlos 34. Eine frühere Versetzung in den Ruhestand auf Antrag des Beamten, die dem Dienstherrn die zusätzliche Übernahme von Bewerbern für den öffentlichen Dienst ermöglichen könnte, förderte die personalwirtschaftliche Disposition und trüge zugleich dem Freiwilligkeitsprinzip Rechnung. Ein früheres Ausscheiden aus dem aktiven Dienst könnte sowohl dem Interesse des Beamten als auch dem seines Dienstherrn dienen. Außerdem hätte eine Herabsetzung der Antragsaltersgrenze - im Verhältnis zur obligatorischen Altersgrenze - den Vorteil der jederzeitigen Reversibilität 35.
3. Die Erweiterung durch Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung 3.1. Die Problemstellung Die gegenwärtige Arbeitsmarktlage mit einer hohen Zahl an Arbeitslosen bzw. Arbeitsuchenden dürfte auch weiterhin besondere Maßnahmen im und für den öffentlichen Dienst auf dienstrechtlichem Gebiet erfordern. Insofern dürfte auch für die Kommunen die „Verpflichtung" fortbestehen, Möglichkeiten zur Entlastung des Arbeitsmarktes zu prü-
32
Wenngleich auf einen Vorschlag zur Höhe des Versorgungsabschlages verzichtet wird, vgl. BRDrucks. 464/83; siehe auch Gesetzesantrag Nordrhein-Westfalen zur Herabsetzung der Altersgrenze, BRDrucks. 314/83. 33
Schwandt, ZBR 1984, S. 99.
34
Battis , NJW 1984, S. 1333; D. Keller, VB1BW 1985, S. 329; vgl. dazu auch die Stellungnahme der Bundesregierung, BRDrucks. 301/84, zur Entschließung des Bundesrates vom 28.10.1983, BRDrucks. 464/83. Schwandt, ZBR 1984, S.
.
174
Β. Die Personalhoheit
fen 36. Die Gestaltungsmöglichkeiten des öffentlichen Dienstrechtes, insbesondere beamtengesetzliche Regelungen, können als arbeitsmarktpolitische Instrumentarien allerdings nur begrenzte Wirkung haben. Erweiterte Teilzeitbeschäftigung und verstärkte Beurlaubung können beispielsweise den Arbeitsmarkt nur vorübergehend entlasten, weil sich der Anspruch auf künftige Wiederbeschäftigung zu Ungunsten neuer Bewerbergenerationen auswirken wird 37. Im Gegensatz zum Vollarbeitsverhältnis liegt ein Teilzeitarbeitsverhältnis vor, wenn für den Arbeitnehmer generell die regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer eines Betriebs38. Anders ausgedrückt, „Teilzeitarbeit ist abhängige Arbeit, bei der die Mitarbeiter einen Teil der Normalarbeit tätig werden" 39. Die bisherige Praxis der Gemeinden umfaßte vor allem den Bereich der „klassischen Teilzeitarbeit" (Teilung einer Vollzeitstelle in zwei Teilzeitstellen), wie er vor allem in den Angestelltenbereichen Schreibdienst, Schulsekretariate, Registratur, Küchenpersonal und Kassenwesen zu finden ist. Darüber hinaus wird man wohl davon ausgehen können, daß fast jeder Arbeitsplatz teilbar ist. Dieser Grundsatz findet dort seine Grenzen, wo beispielsweise der erforderliche Informations- und Kommunikationsaufwand zu hoch wäre40.
36
Zahlreiche, übereinstimmende Stellungnahmen weisen in diese Richtung; z.B. Hoff, Arbeitsumverteilung - die Kommunen als Vorreiter?, S. 319 ff.; Städtetag Baden-Württemberg D 662/1983 v. 15.12.1983 Rundschreiben an die Oberbürgermeister und Bürgermeister der Mitgliedstädte mit dem Grundsatzpapier „arbeitsmarktpolitische Überlegungen", Ziff. 1: Den Mitgliedstädten wird empfohlen, vermehrt Teilzeitarbeit anzubieten; ders., Vorbericht für die Sitzung des Personal- und Organisationsausschusses am 8.10.1985, D 507/1987: „Die Städte werden gebeten, Teilzeitarbeit mit Nachdruck zu forcieren", S.2; erneute Hinweise durch den Städtetag Baden-Württemberg im Umdruck D 282/1986 v. 26.5.1986. 37
Zu den Überlegungen bei Rückkehransprüchen vgl. unten 3.8.
38
Vgl. Art. § 2 Abs. 2 BeschFG; im übrigen so schon vor Inkrafttreten des BeschFG 1985; Zöllner 1984, § 38 II, S. 302; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, § 44 II 1, S. 187; ders., BB 1988, S. 2253 ff.; zum Begriff des Arbeitsrechts weiter Winterfeld / Göbel /Seelmann, Rdnr. 136 ff.; zur Arbeitnehmereigenschaft des Teilzeitbeschäftigten dies., Rdnr. 143 ff.; vgl auch Schaub, BB 1988, S. 2253-2258; zum BeschFG 1985 vgl. B.VI.2. 39
So die Definition im Vorbericht des Städtetags Baden-Württemberg, D 507/ 1985, Arbeitsgruppe „Teilzeitarbeit" der Personalämter vom 26.9.1985. 40
Vgl. Thieme, Hannover 1984, S. 15.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
175
Die Teilzeitbeschäftigung half der Kommunalverwaltung in der Zeit des allgemeinen Arbeitskräftemangels, ihren Bedarf an Arbeitskräften zu decken. In der veränderten Arbeitsmarkt- und Finanzlage kann Teilzeitbeschäftigung dienen: -
der Anpassung des Personalbedarfs an einen (tatsächlich) rückläufigen Aufgabenbestand, der Anpassung der Arbeitszeit an individuelle Bedürfnisse von Mitarbeitern, vor allem der Schaffung eines weiteren Arbeitsplatzangebotes für Stellensuchende41.
-
Zusätzliche Arbeitsplätze im kommunalen Dienst können allerdings wegen der in den meisten Fällen bedrängenden Haushaltssituation und wegen der Gemeinwohlbindung des öffentlichen Dienstes nur kostenneutral und unter Wahrung des öffentlichen Dienstrechtes geschaffen werden42. Wie können nun die arbeitsmarktpolitischen Handlungsmöglichkeiten der Kommunen aussehen? Sie sind zunächst durch die tarifvertraglichen und beamtenrechtlichen Regelungen eingeschränkt, die auf zentraler Ebene zwischen der Tarifgemeinschaft der öffentlichen Arbeitgeber und den Gewerkschaften ausgehandelt bzw. den Gesetzgebern in Bund und Ländern verabschiedet werden43.
3.1.1. Das Tarifrecht
Die Vereinbarung einer Teilzeitbeschäftigung ist ebenso wie die einvernehmliche Umwandlung einer Vollzeit- in eine Teilzeitbeschäftigung bei Arbeitern und Angestellten im Rahmen des Arbeits- und Tarifrechtes zulässig und nahezu rechtlich nicht begrenzt44. Zu beachten ist allerdings zum einen, daß im öffentlichen Dienst nur Arbeitsverhältnisse mit mindestens 20 Wochenstunden tarifvertraglichen Schutz genießen, zum anderen, daß Teilbeschäftigte gegenüber Vollzeitbeschäftigten durch die Tarifverträge in verschiedener Hinsicht schlechter gestellt werden. So 41
Vgl. Fußn. 39 sowie KGSt-Bericht Nr. 8/1983.
42
Städtetag Baden-Württemberg, Vorbericht D 662/1983, S. 2, der hier ausdrücklich darauf hinweist. 43 44
Hoffi a.a.O., S. 320.
Vgl. vor allem zum BeschFG B.VL; zur Rspr. im Bereich der Teilzeitbebe schäftigung s. Becker-Schaffner, DB 1984, S. 1773-1778.
Β. Die Personalhoheit
176
gewährt das Tarifrecht bei Angestellten neben anteiligen Bezügen und entsprechend gekürzten Rentenansprüchen (ZVK) die vermögenswirksamen Leistungen nur zur Hälfte; Überstundenvergütung wird nur für Arbeitsstunden gezahlt, die die Arbeitszeit eines vollbeschäftigten Angestellten überschreitet; Übergangsgeld steht nicht zu; Beschäftigungszeiten mit einer regelmäßigen Arbeitszeit unter 10 Wochenstunden werden bei der Berechnung eines Bewährungsaufstieges nicht angerechnet. Außerdem unterliegen Teilzeitbeschäftigte der Einschränkung von Nebentätigkeiten nach beamtenrechtlichen Vorschriften. Auf der anderen Seite wirkt sich die Teilzeitbeschäftigung nicht aus auf Kündigungsfristen oder Unkündbarkeit, Kindergeldzahlungen und Beihilfe, Beschäftigungs- und Dienstzeiten sowie Mutterschutz und Mutterschaftsurlaub. Die Konsequenzen bei Arbeitern sind ähnlich, wobei die Kündigungsfristen kürzer als bei vollbeschäftigten Arbeitern 45 sind, und der für vollbeschäftigte Arbeiter vorgesehene Ausschluß der ordentlichen Kündigung nach einer Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren nicht bei Teilzeitbeschäftigung gilt 46 .
3.1.2. Das Beamtenrecht
Für Beamte und Richter ist Teilzeitarbeit auf Dauer nicht zulässig. Ihnen kann nach dem 5. ÄndG dienstrechtlicher Vorschriften vom 25. Juli 198447 Teilzeitarbeit nur ab 20 Wochenstunden („Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit") und nur befristet 48 auf Antrag gewährt werden. Durch dieses Gesetz sind die Möglichkeiten der Teilzeitbeschäftigung und langfristigen Beurlaubung von Beamten49 erheblich erweitert worden. Es wurden vor allem zusätzliche Möglichkeiten der Freistellung vom Dienst „zur Behebung einer arbeitsmarktpolitischen Notsituation" ge-
45
Anlage 9 zum BMT-G II.
46
Arbeiter mit wöchentlicher Arbeitszeit von 20, aber weniger als 30 Stunden; zu den Nachteilen aus der Sicht des Dienstherrn, vgl. vor allem unten 3.5. 47
BGBl. I S. 998.
48
Bis 31. Dezember 1990.
49
Auf die Änderungen des Soldatengesetzes und des Deutschen Richtergesetzes wird hier nicht eingegangen.
177
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
schaffen 50. Auf die Neuregelungen ist im einzelnen noch einzugehen. Der Handlungsspielraum für öffentliche Arbeitgeber wurde indessen umfassend erweitert.
3.2. Die Bedeutung der Teilzeitarbeit Dieser Handlungsspielraum wurde in den letzten Jahren - wohl auch vorrangig unter dem Aspekt der Personalrationalisierung - weitgehend genutzt51. Tabelle 12 gibt die Entwicklung der Teilzeitquoten, also des Anteils der Zahl der Teilzeitbeschäftigen an der Gesamtbeschäftigung, für die letzten neun Jahre an. Tabelle 12 Teilzeitquoten im öffentlichen Dienst 1978-1986
Jahr
Beamte
Angestellte
Arbeiter
1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986
2,6 2,9 3,6 4,0 5,4 6,1 6,5 7,4 8,9
17,5 18,1 18,2 18,9 19,0 19,6 20,5 21,2 22,0
24,6 24,7 24,8 25,0 25,2 25,2 25,7 25,8 25,5
insgesamt 13,3 13,7 14,0 14,5 15,0 15,5 16,1 16,75 17,3
Quelle: Statistische Jahrbücher der Gemeinden 1985, 1986, 1987
Insgesamt liegt die Teilzeitquote mit gegenwärtig rund 17% auf gesellschaftlich durchschnittlichen Niveau52. Die Quoten bei Beamten und Richtern weichen, vermutlich wegen der bis zum 5. ÄndG der dienstrechtlichen Vorschriften 53 höheren rechtlichen Schranken, erheblich
50
Niksch, ZBR 1986, S. 291.
51
Hoff a.a.O., S. 324.
52
Ders., S. 325.
53
Vgl. zu den rechtlichen Voraussetzungen unten 3.3. und 3.7; zu den Auswir-
178
Β. Die Personalhoheit
nach unten, diejenigen der Angestellten erwartungsgemäß und besonders die der Arbeiter erheblich nach oben ab. In allen drei Bereichen war die Aufwärtsentwicklung in den letzten Jahren ungebrochen, wobei sie zuletzt weniger auf die Zunahme von Teilzeit- als auf den Abbau von Vollzeitarbeit zurückzuführen war. Rein rechnerisch bestand praktisch der gesamte Beschäftigungszuwachs im öffentlichen Dienst von 1981 bis 1982 aus Teilzeitarbeitsverhältnissen: Von 1982 bis 1983 und von 1983 bis 1984 waren bei insgesamt weiter leicht steigendem Beschäftigungsniveau sogar geringfügige Verminderungen des Vollzeit- bzw. des Teilzeitanteiles zu verzeichnen54. Im Vergleich zum gesamten öffentlichen Dienst liegen bei den Gemeinden die Teilzeitquoten der Beamten sowie der Angestellten deutlich niedriger, diejenigen der Arbeiter deutlich höher, was auf die unterschiedliche Beschäftigtenstruktur in den einzelnen Bereichen im Gegensatz zum gesamten öffentlichen Dienst zurückzuführen ist (s. Tabelle 13). Tabelle 13 Teilzeitquoten in den Gemeinden 1978-1986
Jahr
Beamte
Angestellte
Arbeiter
insgesamt
1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986
1,0 1,0 1,3 1,3 1,6 1,8 2,1 2,5 2,9
14,7 14,9 15,1 16,1 16,8 17,2 17,9 18,3 19,3
35,1 34,5 34,4 34,9 35,2 34,7 34,4 34,3 34,6
20,5 20,5 20,4 21,0 21,4 21,4 21,7 22,0 22,7
Quelle: Statistische Jahrbücher der Gemeinden 1979, 1981, 1983, 1985, 1986, 1987
Die Entwicklung der Teilzeitarbeit verlief über die letzten Jahre in etwa parallel zur Entwicklung im gesamten öffentlichen Dienst, wobei
kungen der Teilzeitbeschäftigung und des Urlaubs bei Beamten und Richtern in den 20 Monaten vom 1.8.1984 bis 31.3.1986 für die Bereiche der Bundesverwaltung und der Länderverwaltungen vgl. Niksch, ZBR 1986, S. 292 f. 54
Hoff a.a.O., S. 325; Statistisches Jahrbuch der Gemeinden 1983, 1985.
179
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
sich allerdings bei den Arbeitern eine ganz leicht rückläufige Tendenz auf hohem Niveau abzeichnet. Der Hauptgrund für diese gegenwärtig sehr ungleichmäßige Verteilung der Teilzeitarbeit liegt, wie gleichfalls am Beispiel der Kommunen gezeigt werden kann, in den Tätigkeiten, in denen gegenwärtig teilzeitig gearbeitet wird und gearbeitet werden kann. Wie in der Privatwirtschaft handelt es sich vor allem um „Frauenarbeitsplätze", denn ca. 90% aller kommunalen Teilzeitbeschäftigten sind Frauen in untergeordneter Stellung55. Betrachtet man beispielsweise die Teilzeitquote bei kommunalen Beamten und Angestellten nach Laufbahngruppen und bezieht dabei nur Teilzeitarbeitsverhältnisse mit mindestens 20 Wochenstunden ein, dann ergibt sich (Tabelle 14) für Mitte 1983 das folgende Bild: Tabelle 14 Teilzeitquoten bei kommunalen Beamten und Angestellten nach Laufbahngruppen und Geschlecht
Laufbahngruppe Höherer Dienst Gehobener Dienst Mittlerer Dienst Einfacher Dienst
weiblich
männlich
18,8 12,0 22,4 23,8
1,5 0,9 1,2 6,5
insgesamt 4,7 4,0 14,9 19,8
Quelle: Statistisches Jahrbuch der Gemeinden 1985
Bezogen auf die Aufgabenfelder kann auf die bereits im vorigen Kapitel als „klassische Teilzeitarbeit" bezeichnete Einteilung verwiesen werden56. Insgesamt gesehen ist nach dem Bericht der BA im Jahre 1985/ 1986 (jeweils zum 31.03.) in der Bundesrepublik die Teilzeitbeschäftigung um 83 000 oder 4,5% gewachsen. In der gleichen Zeit hat auch die Vollzeitbeschäftigung zugenommen. Gegenwärtig gibt es nach Berechnungen der BA gut 1,9 Mio. Teilzeitbeschäftigte. Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung beträgt 9,5%. Mitte der 70er Jahre lag er noch bei 7%57. Als Vorreiter bei der Einführung von Teilzeitarbeit wird nach wie
55
Breidenstein, WiSt 1985, S. 744 ff.
56
Vgl. oben 3.1.
57
Nach Handelsblatt vom 5.11.1986, S. 3.
Β. Die Personalhoheit
180
vor der öffentliche Dienst angesehen58. Dort liege der Anteil der Teilzeitbeschäftigten bei den rund 17% mit steigender Tendenz, während die entsprechende Quote der Wirtschaft bei 13% liege. Nach Meldungen des Innenministeriums des Landes Baden-Württembergs macht jeder vierte Mitarbeiter im öffentlichen Dienst inzwischen von der Möglichkeit Gebrauch, sich beurlauben zu lassen oder nur noch in Teilzeit zu arbeiten 59. Bei einem Stellenplan von 15.519 Beschäftigten bei der Stadtverwaltung Stuttgart, darunter 3.252 Beamte, 8.347 Angestellte, 3.920 Arbeiter waren nach einer neuerlichen Berichterstattung gegenüber dem Gemeinderat zum 1. Juli 1987 teilzeitbeschäftigt. Einzelheiten hierzu enthält Tabelle 15.
Tabelle 15 Teilzeitbeschäftigte der Stadt Stuttgart
Mitarbeiterguppe Beamte Angestellte Arbeiter Summe
weiblich
männlich
Summe
4 87 27 118
47 1 623 281 1 951
51 1 710 308 2 069
Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Gemeinderats-Druclcs. Nr. 405/1987
Diese Beschäftigten gliedern sich nach dem Grad der Teilbeschäftigung wie folgt (s. unten Tabellen 16-18). Tabelle 17 gibt dabei die Entwicklung der Teilzeitbeschäftigung ab 1973 bei der Stadt Stuttgart wieder, Tabelle 18 zeigt eine Übersicht nach Bereichen. Insgesamt gesehen, so wurde berichtet, stehe die Stadtverwaltung einer Teilzeitbeschäftigung grundsätzlich positiv gegenüber60.
58
WSI-Studie, vgl. Handelsblatt vom 6./7.3.1987, S. 3.
59
Vgl. Stuttgarter Zeitung vom 18.7.1986, S. 5; näher dazu unten 3.8.
60
Vgl. GRDrucks. Nr. 405/1987 vom 27.10.1987.
Tabelle 16
87
2 3
44 8
-
-
-
1 623
Arbeiter insg.
20
1 710
3 6 1
weibl.
männl.
weibl.
27
281
308
23 156 132 19 20 9 143 152 152 152 3 61 64 733 777 9 151 160 2 42 44 2 28 30 18 138 156 13 96 109 4 113 117 64 64 18 18
männl.
Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Gemeinderats-Drucks. Nr. 405 /1987
51
4
Summe
47
-
-
5
38
2 3
37
1 3 -
-
Beamte Angestellte weibl. insg.
unter 25% 25% 25-32% 33,33% 34-49% 50% 51-65% 55,66% 57-74% 75% 75-85% 87,5% ab 89%
Grad der Teilbeschäftigung männl. insg.
Übersicht über Teilzeitbeschäftigte nach dem Grad der Teilbeschäftigung bei der Stadt Stuttgart V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen 181
13 884
1 569
318
1 241
10
14
21
1983
11,49
51
12,15
12,65
16 355
308
1987
15 708
2 069
257
1 710
1986
15 500
1 909
12,06
15 490
1 870
258
1 521
1985
1 590 241
11,66
15 417
1 772
1 545
31
1984
1 807
22 252
1 506
15 179
1 660
281
1 367
10,93
12
1980
Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Gemeinderats-Drucks. Nr. 405/1987
11,30
1 401
13 156
Anteil der Teilzeitbeschäftigten in % 10,64
5
1976
1 041
355
1973
nachrichtlich: Mitarbeiter insgesamt
Summe der Teilzeitbeschäftigten
Arbeiter
Angestellte
Beamte
Jahr
Tabelle 17
Übersicht über die Entwicklung der Teilzeitbeschäftigung ab 1973
182 Β. Die Personalhoheit
Tabelle 18
10
51
Summe
8
-
1 710
133
171 422 397 587
Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Gemeinderats-Drucks. Nr. 405/1987
19
14
Verwaltungsbereich Kultur- und Schulbereich Sozialbereich Gesundheitsbereich Baubereich und öffentliche Einrichtungen
Beamte
18
308
95
84 75
36
Angestellte
238 2 069
221 440 500 670
Arbeiter
Übersicht über Teilzeitbeschäftigte nach Bereichen
11,50
10,68 21,27 24,17 32,38
100
Summe
Anteil in %
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
184
Β. Die Personalhoheit
Trotz der immensen Bedeutung der Teilzeitarbeit auch und gerade für den öffentlichen Dienst in den Gemeinden werden im folgenden nur die rechtlichen Problembereiche der Teilzeitarbeit und Beurlaubung im Sinne des Beamten- und Tarifrechts behandelt. Wegen der Arbeitspolitik und der Arbeitszeitmodelle 61 , wie z.B. -
Kürzung der Monatsarbeitszeit, Jahresarbeitszeit, kapazitätsorientierte variable Arbeitszeit ( K A P O V A Z ) 6 2 , Langzeiturlaub (Sabbatical) 63 , job-sharing 64 , Teilzeitbeschäftigung zum Modell der Dreiviertel-Stellen (niedersächsisches Modell) 6 5
wird auf das besondere Schrifttum verwiesen.
61
Vgl. Stellungnahme des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung zur Arbeitszeitverkürzung, LTDrucks. 8/2376; strategische Ansatzpunkte für „arbeitsumverteilungswillige Kommunen", vgl. Hoff a.a.O., S. 328 ff.; zur beamtenrechtlichen Einordnung neuer Rechtsfiguren des Arbeitszeitstatus in das beamtenrechtliche System vgl. auch Summer, ZBR 1985, S. 237-241; zu den chronometrischen und chronologischen Aspekten der Arbeitszeitpolitik Meixner, PersV 1984, S. 271-280; zum Begriff der Teilzeitarbeit nach dem BeschFG (vgl. auch B.VI.2.) Winterfeld / Göbel /Seelmann 1985, Rdnr. 135 ff.; zu den Erscheinungsformen, dies., Rdnr. 148; zur arbeitsrechtlichen Einordnung der Teilzeitarbeit ebenda, Rdnr. 159 ff. 62 Die monatliche Normalarbeitszeit ist nach Arbeitsanfall variabel einteilbar; kurzfristige Verteilung der Arbeitszeit erfolgt normalerweise durch den Arbeitgeber. 63
Sonderurlaub für mehrere Monate oder ein ganzes Jahr, z.B. zur Weiterbil-
dung. 64
Vgl. dazu im einzelnen Danne 1986; Bekanntmachung des Finanzministeriums über das Arbeitszeitmodell „job-sharing" mit Hinweisen zu arbeitsrechtlichen Fragen, GABI. 1984, S. 306-308; ferner zum Modellversuch einer Mitgliedstadt vgl. Vorbericht des DSt., Τ 1324 vom 23.4.1982; Thieme (Hannover 1984, S. 16) bezeichnet das „job-sharing" im engeren Sinne als nicht realisierbar. 65
Vgl. im einzelnen Thiele, DVB1. 1986, S. 753-760; Cludius-Brandt, DÖD 1986, S. 193-198, kritisch zu den Dreiviertelplanstellen, S. 194; Hoff a.a.O., S. 328 f.; vgl. auch Thieme, JZ 1985, S. 1027; zur arbeitsmarktpolitischen Auseinandersetzung vgl. Rothe 1983, S. 59.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
185
3.3. Die beamtenrechtlichen Voraussetzungen von Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung
Das 5. ÄndG dienstrechtlicher Vorschriften hat Teilzeitbeschäftigung und langfristige Beurlaubung bei Beamten wesentlich ausgeweitet. Die erst 1980 als bis zum 31.12.1985 befristete Ausnahme eingeführte arbeitsmarktpolitische Teilzeitbeschäftigung 66 wurde von acht auf zehn Jahre ausgeweitet und die Antragsfrist bis zum 31.12.1990 verlängert. Hinzugekommen ist der ebenfalls arbeitsmarktpolitisch motivierte Altersurlaub 67. Im einzelnen betreffen die Neuregelungen: -
die Einführung einer arbeitsmarktorientierten Teilzeitbeschäftigung von bis zu 10 Jahren für alle Beamten mit Dienstbezügen68; die Einführung eines sogenannten Altersurlaub für alle Beamten nach vollendetem 55. Lebensjahr und nach einer Vollzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst von mindestens 20 Jahren69; die Einführung eines arbeitsmarktpolitischen Urlaubs von bis zu 6 Jahren70.
-
-
Alle diese Tatbestände setzen voraus, daß in Bereichen, in denen in einer Ausnahmesituation ein dringendes öffentliches Interesse besteht, Bewerber im öffentlichen Dienst zu beschäftigen, ein entsprechender Antrag des Betroffenen gestellt wird. Dieser muß vereinbar mit dienstlichen Belangen sein und die Erklärung enthalten, genehmigungsfreie Nebentätigkeiten nicht in größerem Umfang auszuüben als dies bei Vollzeitbeschäftigung zulässig wäre und im übrigen auf entgeltliche Nebentätigkeit zu verzichten71.
66
Vgl. für weitere Einzelheiten Schwandt, ZBR 1980, S. 305-309.
67
Battis , NJW 1985, S. 715.
68
§§ 44 a Abs. 1 Nr. 1 BRRG, 72 a Abs. 1 Nr. 1 BBG. Die Ausdehnung des Zeitraums wird für 1989 angestrebt. 69
§§ 44 a Abs. 1 Nr. 2 BRRG, 72 a Abs. 1 Nr. 2 BBG.
70
§§ 44 a Abs. 1 Nr. 3 BRRG, 72 a Abs. 1 Nr. 3 BBG. Die Ausdehnung des Zeitraums wird für 1989 angestrebt. 71
Für eine Lösung der Nebentätigkeitsproblematik in diesem Zusammenhang (Art. 2 Abs. 1 GG) nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Thieme, Hannover 1984, S. 18.
186
Β. Die Personalhoheit
Ferner wird der Bewilligungszeitraum für familienpolitischen Urlaub von 6 auf 9 Jahre ausgedehnt72. Bei Beamten können Teilzeitbeschäftigung und Urlaub nach familien- und arbeitsmarktpolitischen Fallgruppen zusammen nunmehr eine Dauer von 18 Jahren, in Ausnahmefällen von 23 Jahren ausmachen73. Teilzeitbeschäftigung ist bislang einerseits „als familienpolitische", andererseits als „arbeitsmarktpolitische Maßnahme" eröffnet worden, um flexible Gestaltungsformen einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst zu ermöglichen. Die einzelnen Möglichkeiten zur Teilzeitbeschäftigung von Beamten wurden bereits zu Beginn der 60er Jahre von einzelnen Bundesländern eingeführt 74, denen der Bund schließlich im Jahre 1969 mit den §§ 79 a BBG, 48 a BRRG folgte 75. Schon damals wurde bezweckt, zusätzliche Arbeitnehmer angesichts der angespannten Arbeitsmarktlage zu mobilisieren 76 und berufstätigen Ehefrauen nach der Geburt von Kindern zu ermöglichen, weiterhin berufstätig zu sein77. Angesichts der zu Beginn der 80er Jahre dramatisch gewachsenen Arbeitslosigkeit von Bewerbern für den öffentlichen Dienst gab und gibt es zunehmende Betrebungen, die Teilzeitbeschäftigung sowie Beurlaubung als Handlungsinstrumente zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu erweitern 78. Allerdings war schon die bisherige Rechtsentwicklung zur Eröffnung der Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung im öffentlichen Dienst nicht als unproblematisch angesehen worden 79. Bei der jetzigen bundesrechtlichen Regelung der §§ 44 a, 48a BRRG geht es um dienstrechtliche Maßnahmen zur Entlastung des Arbeitsmarktes, damit auch
72
§§ 44 a BRRG, 79 a BBG.
73
§§ 44 a Abs. 4 BRRG, 72 a Abs. 4 BBG.
74
Vgl. § 213 Abs. 1 und 3 LBG.
75
6. BesÄndG vom 12.2.1969 (BGBl. I S. 257); zur Initiative vom 4.11.1966 s. BTDrucks. V/1901. 76
Vgl. Lecheler, Bonn 1979, S. 80.
77
Sog. familienpolitische Zielsetzung, vgl. im einzelnen auch Schwandt, ZBR 1977, S. 81-86. 78 Vgl. die neue Bundesratsinitiative der Landesregierung BW zur weiteren Entlastung des Arbeitsmarkts und zur Möglichkeit für berufstätige Frauen, ihre Aufgaben in der Familie besser erfüllen zu können, StAnz.BW Nr. 94 vom 28.11. 1987, S. 2, sowie ZRP 1988, S. 108, Dokumentation; BRDrucks. 497/87. 79 Schwandt, ZBR 1984, S. 100; Battis , NJW 1985, S. 715; Lecheler, ZBR 1980, S. 7; Schwandt, ZBR 1980, S. 305 ff.; Summer, ZBR 1985, S. 237 ff.; Schwandt, ZBR 1977, S. 81 ff.; Battis, ZBR 1986, S. 285 ff.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
187
im öffentlichen Dienst ein Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geleistet wird 80. In dieser Zielsetzung waren sich die Länder, die den Gesetzentwurf über den Bundesrat eingebracht hatten81, die Bundesregierung 82 und die Fraktionen im Deutschen Bundestag83 einig. Im Gesetzgebungsverfahren wurde aber auch das Bestreben deutlich, die wesentlichen Strukturprinzipien, auf denen die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes beruht, zu erhalten 84. Besonders der Innenausschuß des Deutschen Bundestages machte deutlich, daß mit der erheblich erweiterten Teilzeitregelung85 bis an die äußerste Grenze des Vertretbaren gegangen werde und daß eine Beurlaubung über die Höchstdauer von neun Jahren hinaus nicht in Betracht kommen könne86. Damit wurde die arbeitsmarktpolitische Beurlaubung auf den bisher durch § 44 a BRRG (arbeitsmarktpolitische Teilzeitbeschäftigung) begünstigten Personenkreis sowie auf ältere Beamte beschränkt. Außerdem wollte der Gesetzgeber wissen, ob und in welchem Umfang die angestrebten arbeitsmarktpolitischen Wirkungen auch tatsächlich eintreten, in dem er bis zum 1. Juni 1986 einen Bericht über den Umfang der bewilligten Teilzeitbeschäftigungs- und Beurlaubungsanträge verlangte87.
80
Niksch, ZBR 1986, S. 291.
81
Vorausgegangen waren Gesetzesanträge von Baden-Württemberg und Rheinland· Pfalz (BRDrucks. 217/83) sowie von Hamburg und Hessen (BRDrucks. 245/83); vgl. für weitere Einzelheiten Schwandt, ZBR 1984, 101 ff.; BRDrucks. 463/83; BTDrucks. 10/930 sowie die dazugehörige Begründung, S. 8; vgl. dazu ferner D. Keller, VB1BW 1985, S. 326. 82 Vgl. die Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrates, BTDrucks. 10/930. 83
Stenographischer Bericht über die 78. Sitzung des Deutschen Bundestages am 29. Juli 1984, S. 5760 ff. 84
S. dazu unten 3.6.; so insbesondere die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme, Fußn. 82; D. Keller, VB1BW 1985, S. 326; für weitere Einzelheiten Schwandt, ZBR 1984, S. 102 f. 85
Zur Diskussion über die Zulässigkeit der Teilzeitbeschäftigung von Beamten Schwandt, ZBR 1984, S. 102. 86 87
Nähere Einzelheiten s. unten 3.6.; BTDrucks. 10/1619, S. 18.
BTDrucks. 10/5564 sowie zur Berichterstattung zu den Einzelheiten Niksch, ZBR 1986, S. 291.
188
Β. Die Personalhoheit 3.4. Die Landesregelung
Baden-Württemberg hat mit dem 7. ÄndG die vom Rahmenrecht eingeräumte Ermächtigung in vollem Umfang ausgeschöpft 88. Künftig kann einem Beamten mit Dienstbezügen (ohne Beamte auf Widerruf) auf Antrag befristet zum 31. Dezember 1990 bewilligt werden: -
Teilzeitbeschäftigung bis zur Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit für die Dauer von insgesamt 10 Jahren89; Urlaub ohne Dienstbezüge bis zum Beginn des Ruhestands90.
-
Ferner kann Beamten, die im sogenannten Monopolbereich tätig sind, Urlaub ohne Dienstbezüge bis zur Dauer von 6 Jahren bewilligt werden91. Der mittlere und gehobene nichttechnische Verwaltungsdienst sowie der höhere Verwaltungsdienst (nicht aber Juristen) sind damit eingeschlossen. Vorausgesetzt ist jeweils, daß in dem Bereich, in dem der Beamte tätig ist, ein dringendes öffentliches Interesse besteht, Bewerber im öffentlichen Dienst zu beschäftigten 92. Beim Altersurlaub muß der Beamte mindestens 20 Jahre im öffentlichen Dienst (als Beamter oder Arbeitnehmer) vollzeitbeschäftigt gewesen sein und das 55. Lebensjahr vollendet haben93. Weiter ist in allen Fällen Voraussetzung, daß dienstliche Belange einer Freistellung im gewünschten Umfang nicht entgegenstehen. Vor allem aber muß die Aufgabenstellung in Zukunft gewährleistet sein: Bei der Teilzeitbeschäftigung muß sich das Arbeitsgebiet quantitativ (bei gleichartigem Arbeitsanfall) sowie funktional aufteilen lassen. Darüber hinaus lassen die geänderten Verwaltungsvorschriften zu § 49 LHO nunmehr zu, daß zwei Planstellen auch mit drei, drei Planstellen mit vier teilzeitbeschäftigten Beamten besetzt werden können94. Wie bei
88
7. Gesetz z. Änd. d. Landesbeamtengesetzes v. 10.12.1984 (GBl. S. 666).
89
§ 153 Abs. 1 Nr. 1 LBG.
90
§ 153 Abs. 1 Nr. 2 LBG.
91
Altersunabhängiger Urlaub - § 153 Abs. 2 LBG.
92
Dieses Kriterium ist aufgrund der Arbeitsmarktlage wohl in den meisten Verwaltungszweigen erfüllt. Der Landesgesetzgeber hat deshalb das bisher bestehende Erfordernis einer Rechtsverordnung zur Bestimmung der Bereiche mit Ausnahmesituation, § 153 Abs. 4 LBG a.F., gestrichen. 93
§ 153 Abs. 4 S. 5 LBG gestattet eine Rückkehr beim Auftreten besonderer Härtefälle, z.B. Verlust des den Unterhalt sichernden Ehepartners. 94
Teilzeitbeschäftigung zum Modell der Dreiviertel-Stellen, vgl. auch Fußn. 65.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
189
der bundespolitischen Regelung soll nach Landesrecht die arbeitsmarktpolitische Zielsetzung auf dem Umweg über eine Nebentätigkeit nicht zunichtegemacht werden können95. Bei der schon bisher möglichen Beurlaubung aus familären Gründen wurde der Bewilligungszeitraum von 6 auf 9 Jahre verlängert 96. § 153 Abs. 4 LBG enthält für die Kumulierung der verschiedenen Freistellungsarten detaillierte Bestimmungen. Für das Zusammentreffen von Teilzeitbeschäftigung und Urlaub aus arbeitsmarktpolitischen Gründen sowie bei der familienpolitischen Regelung gilt nunmehr die zwingende Höchstgrenze von 15 Jahren. Für die arbeitsmarktpolitische Beurlaubung, bei der der Urlaub in jüngeren Jahren mit Altersurlaub kombiniert werden kann, gilt ebenso wie für das Zusammentreffen von Urlaub aus arbeitsmarktpolitischen Gründen und familiären Gründen die Höchstgrenze von 9 Jahren. Schließlich wurden für alle Freistellungsarten zusammen als Obergrenze 18 Jahre, in Ausnahmefällen (z.B. für Lehrer) 23 Jahre festgelegt 97. Tabelle 19 Die Praxis der §§ 152/153 LBG in den baden-württembergischen Städten im Jahr 1986
1. Im Jahr 1986 neu erteilte Bewilligungen bei Beamten a) b) c) d) e)
in in in in in
familienpolitischer Teilzeit familienpolitischem Urlaub arbeitsmarktpolitischer Teilzeit arbeitsmarktpolitischem altersabhängigen Urlaub arbeitsmerktpolitischem altersunabhängigen Urlaub
31 31 6 2 4
2. Abgelehnte Anträge im Jahr 1986 - Beamte a) Teilzeit b) Beurlaubung
1 5
3. Ersatzeinstellungen im Jahr 1986 (auch wenn als Ersatz für Beamte, Angestellte oder Arbeiter eingestellt wurden) a) Teilzeit b) Beurlaubung Quelle: Städtetag Baden-Württemberg, Wochenspiegel Nr. 262/1987, S. 8.
95
Sog. Nebentätigkeitsverzicht.
96
§ 152 Abs. 2 LBG.
97
Zur Bundesratsinitiative der Landesregierung vgl. Fußn. 78.
21 39,5
190
Β. Die Personalhoheit
Nach dem Willen des Landesgesetzgebers wurde den Gemeinden und Landkreisen nachdrücklich empfohlen, bei der Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung von Beamten entsprechend der Landesverwaltung zu verfahren. „Dabei wird erwartet, daß hiervon auch positive Wirkungen für den Angestelltenbereich bei den Kommunen ausgehen werden" 98. Auf Wunsch des Innenministeriums hat der Städtetag Baden-Württemberg bei seinen Mitgliedstädten eine Umfrage gehalten, wie 1986 die §§ 152 und 153 LBG angewandt worden sind und welche Folgen für den Arbeitsmarkt daraus erwachsen. Das Ergebnis enthält Tabelle 19 (s. oben).
3.5. Das Versorgungsrecht und die Kosten Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung mit gleichzeitigen Neueinstellungen führen zu Mehraufwendungen für den Dienstherrn. Soweit es sich dabei um Gemein- und Arbeitsplatzkosten handelt, lassen sich diese Kosten nicht auf die Begünstigten abwälzen99. Anders steht es mit den Mehrkosten der Versorgung, die durch die höhere Kopfzahl bzw. durch den längeren Bezug von Versorgungsbezügen anfallen. Um diese zusätzlichen Aufwendungen wenigstens annähernd zu neutralisieren und die Haushalte von Bund, Länder und Gemeinden insoweit zu entlasten, hat der Bundesgesetzgeber einen Versorgungsabschlag für alle Fälle der Teilzeitbeschäftigung, Ermäßigung der Arbeitszeit und Beurlaubung (einschließlich der familiären Freistellungsarten) eingeführt 100. Danach vermindert sich der Hundertsatz des Ruhegehalts in dem Verhältnis, in dem die ruhegehaltsfähige Dienstzeit101 zu der Zeit steht, die ohne Freistellungen als ruhegehaltsfähige Dienstzeit erreicht worden wäre 102. Bei ausreichend langer Gesamtdienstzeit kann gleichwohl noch der Höchstruhegehaltssatz von 75 v.H. erreicht werden 103. Schwandt sieht
98
Stellungnahme des Innenministeriums, LTDrucks. 9/1351, S. 3 sowie die Hinweise der Ministerien zur Neuregelung der Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung von Beamten vom 30.1.1985 (GABI. S. 353). 99
Vgl. dazu auch unten 3.8. sowie B.I.3.
100
§ 14 BeamtVG geänd. durch 5. ÄndG dienstrechtlicher Vorschriften vom 25.7.1984 (BGBl. I S 998); zuvor führte nur die arbeitsmarktpolitische Teilzeitbeschäftigung zu einem Versorgungsabschlag von 0,5% pro Fehljahr. 101
Wie bisher sind Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge nicht, Zeiten einer Teilzeitbeschäftigung nur anteilmäßig ruhegehaltfähig. 102
Neuregelung für Freistellungen nach dem 31.7.1984.
103
Vgl. D. Keller, VB1BW 1985, S. 328; zur quantitativen Analyse beim Versor-
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
191
in dem für alle Formen von Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung vorgesehenen einheitlichen Versorgungsabschlag keine rechtlichen Bedenken. Er diene der kostenneutralen Verwirklichung aller Änderungsvorschläge und einer Gleichbehandlung der Freistellungszeiten innerhalb des Beamtenversorgungsrechts 104. Eine vom baden-württembergischen Finanzministerium durchgeführte Modellrechnung 105 zu den durch Teilzeitarbeit von Beamten entstehenden Versorgungskosten hat ergeben, daß der Staat innerhalb der nächsten 10 bis 15 Jahre etwa 2,4 Mrd. DM zusätzlich für Versorgung aufwenden müsse, um die Ansprüche von zehntausend infolge von Teilzeitbeschäftigung, ermäßigter Arbeitszeit und Beurlaubung neu eingestellten Beamten abzudecken: Der Versorgungsabschlag von Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung ist bei dieser Modellrechnung berücksichtigt. Eine einzige teilzeitbedingte Neueinstellung erhöhe die Versorgungslast um 16 000 DM jährlich; dies führe zu einer Mehrbelastung der Länderhaushalte von 1 Mrd. DM pro Jahr. Da die Versorgungszeit eines Beamten durchschnittlich 15 Jahre dauere, sei mit Mehrkosten von 15 Mrd. DM zu rechnen. Hierin sind meßbare Mehrkosten der Teilzeitbeschäftigung in Form von Gemein- und Arbeitsplatzkosten nicht enthalten. Die Gemeinkosten (zentrale Dienste, Querschnittsaufgaben, Personalverwaltung, Aus- und Fortbildung, Schreibdienste, allgemeine Organisationsführung) und die Arbeitsplatzkosten (Dienstzimmer, Ausstattung mit Schreibmaschinen, Rechengeräten, Erhaltungsaufwand, Büromaterialien, Unterhalt für Dienstgebäude) werden für die Beamten auf insgesamt 3 000 DM jährlich geschätzt106. Von der strukturellen Grundsätzlichkeit her dürfte dies auch für die Kommunalverwaltungen gelten.
gungsabschlag Berens, DB 1985, S. 2047-2050, mit kritischer Würdigung unter Hinweis aus Verletzung von Gleichheitsrechten, S. 2050. 104
Schwandt, ZBR 1984, S. 105.
105
StAnz.BW, Nr. 78, vom 2.10.1985, S. 3; FAZ vom 12.10.1985; Stuttgarter Nachrichten vom 13.2.1986, S. 5. 106
Battis , PersV 1984, S. 219; bezüglich der Arbeitsmarktpolitik und tariflichen Ausgestaltung vgl. Rothe 1983, S. 67; zu den personalwirtschaftlichen Auswirkungen vgl. unten 3.8.
192
Β. Die Personalhoheit 3.6. Die verfassungsrechtliche Problematik der Neuregelung
In ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf des Bundesrats hat die Bundesregierung auf die zu den elementaren Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums gehörenden Grundsätze der Hauptberuflichkeit, der Vollalimentation und des Lebenszeitprinzips hingewiesen107. Sie hielt es für unerläßlich, den Ausnahmecharakter der Teilzeitbeschäftigung von Beamten durch eine engere zeitliche Begrenzung deutlich zu machen. Sie befristete die Bewilligungsmöglichkeit bis Ende 1990 und staffelte den Bewilligungszeitraum so, daß die Teilzeitbeschäftigung zunächst für 10 Jahre, in den Jahren 1987 und 1988 aber nur noch bis zur Dauer von 9 Jahren und in den Jahren 1989 und 1990 nur noch bis zu 8 Jahren gewährt werden kann. Bei der arbeitsmarktpolitischen Beurlaubung gälten die rechtlichen Bedenken in noch stärkerem Maße als gegenüber der generellen Teilzeitbeschäftigung, weil die langfristige Abwesenheit eines Beamten bei voller Wahrung des beamtenrechtlichen Status die Ausgewogenheit der gegenseitigen Rechte und Pflichten innerhalb des Dienst- und Treueverhältnisses einseitig zu Lasten des Dienstherrn verschiebe. Um substantielle Eingriffe in das Beamtenrecht zu vermeiden, solle der arbeitsmarktpolitische Urlaub - mit Ausnahme des sog. Altersurlaubs - auf den Personenkreis der bisherigen §§ 44a BRRG, 72a BBG 108 beschränkt bleiben. Ferner schlug die Bundesregierung umfassende Kumulationsregelungen vor, um zu vermeiden, daß weit mehr als die Hälfte der Lebensarbeitszeit eines Beamten mit Ausnahmemöglichkeiten belegt109 und damit der Beamtenberuf als Haupt- und Lebenszeitberuf in Frage gestellt wird 110 . In der Einschätzung stimmen Bundes- und Landesregierung überein, daß sich diese weitgehenden Regelungen zwar noch im Rahmen des verfassungsmäßig Vorgegebenen halten, daß aber Maßnahmen darüber hinaus nicht ohne substantielle Auswirkungen auf die elementaren Strukturprinzipien des Berufsbeamtentums bleiben können. Unbefristete Teilzeitbeschäftigungsverhältnisse werden danach nicht für möglich gehalten, weil damit der Ausnahmecharakter verlassen und „ein Teilzeit-
107
BTDrucks. 10/930; Schwandt, ZBR 1984, S. 102.
108
Sog. Monopolbereich.
109
Nach dem Bundesratsentwurf war theoretisch die Bewilligung von 25 Jahren Teilzeitbeschäftigung nach 5 Jahren möglich. 110
Vgl. zur Beurteilung der Änderungsvorschläge des Bundesrats im einzelnen Schwandt, ZBR 1984, S. 104 f.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
193
beamtenverhältnis ganz neuer Qualität neben das hauptberufliche Beamtenverhältnis treten würde" 111. Die regierungsamtlichen Stellungnahmen tragen Bedenken Rechnung, die in der Literatur gegen die Teilzeitbeschäftigung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen erhoben worden sind112. Während nämlich die Freistellung aus familiären Gründen, die bundesweit schon im Jahre 1969 eingeführt wurde 113, mittlerweile als prinzipiell zulässig, ja sogar als eine durch die Fürsorgepflicht und durch die Verfassungsgebote des Schutzes von Ehe und Familie nach Art. 6 GG und der Verwirklichung des Sozialstaates nach Art. 20 Abs. 1 GG gebotene Weiterentwicklung des Beamtenrechts angesehen wird 114 , sind gegen die Teilzeitbeschäftigung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen erhebliche Vorbehalte geltend gemacht worden, die Schröder so formuliert: „Eine Instrumentalisierung des öffentlichen Dienstes für arbeitsmarkt- und gesellschaftspolitische Zwecke muß den Widerstand derer auf den Plan rufen, denen es um die Erhaltung der verfassungsrechtlich geschützten Substanz des Beamtenrechts geht" 115 . Diese Einschätzung wird von Lecheler geteilt, der in dem beschäftigungspolitischen Mittel der Ausweitung des Teilzeitdienstes für Beamte eher eine Störung des „Gefüges des Staatsdienstes" sieht, als eine Entlastung des Arbeitsmarktes 116. Inbesondere wird dabei hervorgehoben, daß - anders als Art. 6 GG bei der familiären Teilzeitbeschäftigung - keine Verfassungsnorm eingreife, die für die Einschränkung der
111
LTDrucks. 9/1917, S. 4.
112
D. Keller, VB1BW 1985, S. 328.
113
6. ÄndG beamten- und besoldungsrechtlicher Vorschriften vom 31.3.1969 (BGBl. I. S. 257); in BW wurde Teilzeitbeschäftigung bereits 1962 aus Gründen der Personalnot, vor allem im Lehrerbereich, eingeführt, § 213 LBG a.F. 114
D. Keller, VB1BW 1985, S. 328; vgl. auch Wiese 1982, S. 169; Battis 1984, S. 217, 220 m.w.N.; Battis, ZBR 1986, S. 288; auch Schwandt (ZBR 1984, S. 105) hält die „familienpolitische" Maßnahme der Ausdehnung der Höchstdauer einer Beurlaubung auf 9 Jahre für rechtlich unbedenklich. 115
Schröder, ZBR 1979, S. 189; bejahend jedoch ausdrücklich Summer, der Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung aus familien- wie arbeitsmarktpolitischen Gründen für vereinbar mit dem Grundsatz der Hauptberuflichkeit des Beamtenverhältnisses hält, der wohl unstrittig ein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG sei, ZBR 1985, S. 237; ders., ZBR 1984, S. 260; zur verfassungsrechtlichen Einordnung aus arbeitsmarkt- und familienpolitischen Gründen vgl. Battis 1984, S. 220 f.; zur Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Bestimmungen vgl. auch Cludius-Brandt, DÖD 1986, S. 195 ff. 116
Lecheler, Bonn 1979, S. 93, ders. ZBR 1980, S. 7 f.
194
Β. Die Personalhoheit
durch Art. 33 Abs. 5 G G gewährleisteten Grundsätze herangezogen werden könnte 117 . Wie jede gesetzgeberische Tätigkeit auf dem Gebiet des Beamtenrechts ist die Einführung von Teilzeitbeschäftigung für Beamte an der Forderung des Art. 33 Abs. 5 G G zu messen, wonach das Berufsbeamtentum unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln ist 118 . Die Einrichtung zeitlich begrenzter Beamtenverhältnisse ist eine Ausnahme vom Lebenszeitprinzip, mithin kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, und findet daher in Art. 33 Abs. 5 G G keine Gewährleistung 119 . Im Beschluß des BVerfG zum Teilzeitbeamtenverhältnis vom 15. Okt. 1985 heißt es daher folgerichtig: „Nicht die Teilzeitbeschäftigung, sondern die Vollzeitbeschäftigung auf Lebenszeit bildet seit jeher das Leitbild und den wesentlichen Strukturinhalt, der das Beamten- und Richterverhältnis kennzeichnet"120. Da der Beamte - auch heute noch - dem Dienstherrn grundsätzlich auf Lebenszeit aus der besonderen gegenseitigen Bindung des öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses „qualitativ mehr schuldet als lediglich eine zeitlich begrenzte Führung der Amtsgeschäfte" 121, kann die Teilzeitbeschäftigung - bei verfassungskonformer Interpretation des in Art. 33 Abs. 5 GG erteilten Regelungsauftrages für den einfachen Gesetzgeber - weder als normativ oder faktisch gleichwertige Alternative zum Vollzeitbeschäftigungsverhältnis auf Lebenzeit noch als abweichende Gestaltungsform mit zunehmender Ausweitungstendenz konzipiert werden 122 . Denn Vollzeitbeamtenverhältnis und entsprechende Vollalimentation gehören als „Regeltyp des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Wesensgehalt der institutionellen Gewährleistung des Berufsbeamtentums" 123. „Weiterentwicklungen der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums finden dort ihre Grenzen, wo die Funktion des Berufsbeamtentums nicht mehr gewährleistet ist, sind der Modifikation aber insoweit zugänglich, als sie diese Funktion nicht in Frage stellen"124. Bei der Beurteilung der gesetzlichen Neuregelungen von Bund und Land wird man jedoch nicht umhin können, beim Gestaltungsspielraum
117
D. Ketter, VB1BW 1985, S. 328.
118
Vgl. auch Schwandt, ZBR 1977, S. 82 ff.; Thieme, JZ 1985, S. 1027.
119
BVerfGE 44, 249 (262 f.); vgl. Battis , ZBR 1986, S. 287 f.
120
Vgl. BVerfGE 44, 249 (262 f.); 55, 207 (240).
121
BVerfGE 55, 207 (241).
122
Schwandt, ZBR 1984, S. 103.
123
Ebenda, vgl. auch ders., ZBR 1977, S. 83 f.
124
Battis, ZBR 1986, S. 288.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
195
des Gesetzgebers angesichts der Situation am Arbeitsmarkt auch die Verpflichtung des Staates auf das Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 zu berücksichtigen125. Über dessen Inhalt besteht insoweit Einigkeit, als es ein verfassungsrechtliches Mandat zu einer aktiven Sozial-, Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik beinhaltet126. Hierzu zählt auch die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit 127. Als Staatszielbestimmung des Grundgesetzes gewinnt es für die Beamtengesetzgebung angesichts der Arbeitslosigkeit von Bewerbern für den öffentlichen Dienst zunehmende Bedeutung, weshalb Schwandt darin gefolgt werden kann, den Regelungsauftrag des Artikels 33 Abs. 5 GG zugleich als Auftrag zur aktiven Sozialgestaltung auch im öffentlichen Dienst zu begreifen 128. Allerdings genießt das Sozialstaatsprinzip - entgegen mancher politischer Meinungsäußerung - verfassungsrechtlich keinen Vorrang gegenüber den Rechtsgarantien des Art. 33 Abs. 5 GG. Aus diesem Grund kann eine voraussetzungslose Teilzeitbeschäftigung nicht akzeptiert werden, wie sie vom Bundesminister des Innern früher aus gesellschaftspolitischen Gründen angestrebt wurde 129. Solange sich die Regelung aber eindeutig als lediglich vorübergehende Abweichung von den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums qualifizieren läßt, die zur Behebung einer besonderen Notlage unerläßlich ist, dürfte die verfassungsrechtliche Zulässigkeit nicht überschritten sein130. Jedenfalls entsprechen alle vorliegenden Neuregelungen nach Bundes- und Landesrecht diesen Anforderungen 131. Im übrigen hat der einzelne Beamte keinen Anspruch darauf, daß ein Antrag auf Teilzeit genehmigt wird 132 .
125
Vgl. von Münch, Öffentlicher Dienst, S. 36 f.; außerdem B.IV.2.
126
Wolff /Bachof, Verwaltungsrecht I, § 10 I I 5 b.
127
Battis , ZBR 1986, S. 289.
128
Schwandt, ZBR 1984, S. 103.
129
Sog. „Große Lösung" des früheren BMI Maihofer; vgl. dazu Schröder, ZBR 1979, 189 f.; Köper, NJW 1980, S. 1779-1782; Battis, PersV 1984, S. 218; Schwandt, ZBR 1984, S. 103 m.w.N. 130
Vgl. Battis , ZBR 1986, S. 290, von Münch, Öffentlicher Dienst, S. 37; Schwandt, ZBR 1984, S. 104. 131 132
D. Keller, VB1BW 1985, S. 328.
Thieme, JZ 1985, S. 1027; zur fehlerfreien Ermessensausübung bei der Beurlaubung vgl. VGH BW, Beschluß vom 2.7.1987 - 4 S 1239/87, in: Städtetag Baden-Württemberg, Wochenspiegel Nr. 460/1987. - 1985 waren unter Ausschöpfung der bestehenden Möglichkeiten Pressemeldungen zufolge im Landesbereich immerhin ca. 25 000 Beamte teilzeitbeschäftigt und ca. 14 000 Beamte
196
Β. Die Personalhoheit 3.7. Die rechtlichen Voraussetzungen der Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung im Arbeitnehmerbereich
Die für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes maßgeblichen Tarifverträge enthalten keine Vorschriften, die die Ausweitung von Teilzeitbeschäftigung behindern. Sie ist nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit im Rahmen des organisatorisch und verwaltungsmäßig Vertretbaren unbeschränkt möglich. Für die Beurlaubung aus familiären und arbeitsmarktpolitischen Gründen hat das Finanzministerium BW bereits übertariflich zugestimmt, daß sie für Arbeitnehmer des Landes in dem Rahmen zugelassen werden kann, wie sie bei Beamten ermöglicht wurde133. Diese Verwaltungsvorschrift gilt zunächst nur für den Landesbereich, sie wurde allerdings für die Gemeinden teilweise übernommen 134. Im kommunalen Bereich ist für die Zusatzversorgung die ZVK des kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg zuständig mit Ausnahme der wenigen Fälle, in denen Städte oder Sparkassen eigene Zusatzversorgungseinrichtungen unterhalten. Die Stadt Stuttgart folgte dem und erklärte sich aus „arbeitsmarktpolitischen Gründen" bereit, auch älteren Angestellten und Arbeitern die Möglichkeit zu bieten, vorzeitig ihren Arbeitsplatz freizumachen. Dabei wird die Anwartschaft auf Zusatzversorgung weiterhin aufrechterhalten 135. Auch andere Städte verfahren dementsprechend136.
beurlaubt, nähere Einzelheiten dazu in: Die Fundstelle, Heft 19 vom 1.10.1987, Rdnr. 614. 133
Erlaß des Finanzministeriums BW betr. langfristige Beurlaubung im Arbeitnehmerbereich vom 7.1.1985 - Ρ 8081 - 22/83, Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums BW über Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung im Arbeitnehmerbereich des Landes vom 27.2.1985 (GABI. S. 478); vgl. auch Gemeinsame Hinweise der Ministerien vom 30.1.1985 (GABI. S. 353) zur Neuregelung der Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung von Beamten. 134 Vgl. dazu beispielsweise Stuttgart: Mitt. des BMA der LHSt. Stuttgart, Nr. 19/1985, wonach ausdrücklich die Hinweise des Landes übernommen wurden (vgl. Fußn. 133); auch Rundschr. Nr. 015/1984, wonach bei den „Bemühungen um den Abbau der Arbeitslosigkeit" folgendes festgestellt wird: „Die Stadtverwaltung wird in Zukunft bemüht sein, im Rahmen der Möglichkeiten weitere Teilzeitarbeitsplätze einrichten, wobei eine weitgehende Kostenneutralität angestrebt wird. Künftig soll bei der Ausschreibung von Stellen, die für eine Teilzeitbeschäftigung in Frage kommen, Teilzeitarbeit zumindest alternativ angeboten werden", vgl. S. 1. 135
Vgl. Mitt. des BMA der LHSt. Stuttgart, Nr. 22/1987.
136
Vorbericht des Städtetags Baden-Württemberg, D 507/1985 v. 30.9.1985.
197
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
Es gilt aber auch hier, Teilzeitbeschäftigung kann nur vereinbart werden, wenn die dienstlichen Verhältnisse eine Teilzeittätigkeit zulassen. Die vertragliche Vereinbarung bindet den Angestellten und Arbeitgeber. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die Teilzeitbeschäftigung auf Dauer oder befristet zu vereinbaren. Die vorzeitige Rückkehr bei Befristung oder Rückkehr auf einen Dauerarbeitsplatz ist allerdings nur möglich, soweit eine entsprechende Planstelle zur Verfügung steht. Da der Angestellte im kommunalen Dienst dominiert, bestehen im Hinblick auf die konkrete Verwirklichung auf Teilzeitarbeit erhebliche Unterschiede zwischen Beamten- und Arbeitsrecht. Inzwischen hat die Landesregierung berichtet, wieviele Bedienstete nach dem Stichtag 31. Dezember 1986 sich im Hinblick auf §§ 152, 153 LBG, § 50 Abs. 2 BAT und § 54 a MTL (§ 47 a BMT-G) in Teilzeitarbeit oder Urlaub befinden (Tabelle 20). Tabelle 20 Teilzeit und Beurlaubung im Landesbereich 1986
Beamte
v.H. a)
familienpolitische Teilzeit
15 775
11
5 457
familienpolitischer Urlaub
9 762
7
355
12 447
9
272
arbeitsmarktpolitische Teilzeit
Ang. /Arb.
arbeitsmarktpolitischer altersabhängiger Urlaub
22
0
arbeitsmarktpolitischer altersunabhängiger Urlaub
852
37
v.H. a)
10
Quelle: LTDrucks. 9/4730. a) %-Zahlen geben das ungefähre Verhältnis zu den Vollbeschäftigungen an.
Die Entwicklung der Teilzeitarbeit verlief über die letzten Jahre in etwa parallel zur Entwicklung im gesamten öffentlichen Dienst, wobei sich allerdings bei den Arbeitern eine ganz leicht rückläufige Tendenz auf hohem Niveau abzeichnet.
198
Β. Die Personalhoheit Tabelle 21 Anwendung der arbeitsmarktpolitischen Teilzeit- und Urlaubsregelungen im kommunalen Bereich
1. Zahl der Beamten (Stichtag: 31.12.1984) a) in familienpolitischer Teilzeit:
125
b) in familienpolitischem Urlaub:
239
c) in arbeitsmarktpolitischer Teilzeit:
3
2. Im Jahr 1985 erteilte neue (keine Fortsetzungs-)Bewilligung bei Beamten a) in familienpolitischer Teilzeit (§ 152 Abs. 1 Nr. 1):
28 = 0,25%
b) in familienpolitischem Urlaub (§ 152 Abs. 1 Nr. 2):
84 = 0,75%
(?) in arbeitsmarktpolitischer Teilzeit (§ 153 Abs. 1 Nr. 1):
13 = 0,12%
d) in arbeitsmarktpolitischem altersabhängigem Urlaub (§ 153 Abs. 1 Nr. 2): e) in arbeitsmarktpolitischem altersunabhängigem Urlaub (§ 153 Abs. 2):
0 4 = 0,04%
3. Zahl der 1985 abgelehnten Anträge auf a) Teilzeitarbeit:
0
b) Beurlaubung:
2
4. Zahl der Ersatzeinstellungen für die Bewilligungen bei Nr. 2 (auch wenn als Ersatz Angestellte oder Arbeiter eingestellt wurden): 5. Falls Ersatzeinstellungen vorgenommen wurden: Zahl der Inanspruchnahme der Rechtsform des Widerrufsbeamten: 6. Zahl der Planstellen für Beamte lt. Stellenplan 1985:
87
4 11 212
7. Teilzeit insgesamt:
169 = 1,51%
8. Urlaub insgesamt:
327 = 2,92%
Gesamtgewicht der Freistellungen: (Zueile: Städtetag Baden-Württemberg, Auswertung der Umfrage D 24/1984 vom 17.11986.
3,67%
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
199
Nach § 50 Abs. 2 BAT kann ein Angestellter bei Vorliegen eines wichtigen Grundes unter Verzicht auf die Bezüge Sonderurlaub erhalten, wenn die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es gestatten. Nach den Hinweisen des Finanzministeriums kann Sonderurlaub auch in den Fällen gewährt werden, in denen Beamte ohne Dienstbezüge nach §§ 152, 153 LBG beurlaubt werden können. Für den Arbeiterbereich ist für eine Beurlaubung aus familiären Gründen eine entsprechende Regelung in § 54 a MTL und den Hinweisen des Finanzministeriums hierzu enthalten, während die Ausdehnung auf Beurlaubung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen durch die Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums BW über Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung im Arbeitnehmerbereich des Landes137 erfolgt ist. Auf diese Weise ist gewährleistet, daß die Arbeitnehmer des Landes auch in den Städten und Gemeinden bei Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung aus familien- und arbeitsmarktpolitischen Gründen entsprechend der beamtenrechlichen Regelungen verfahren können. Die Anwendung des 7. ÄndG des Landesbeamtengesetzes, nämlich bezüglich der Anwendung der neuen arbeitsmarktpolitischen Teilzeit- und Urlaubsregelungen, ergab für den kommunalen Bereich die in Tabelle 21 (s. oben) enthaltene Übersicht.
3.8. Die personalwirtschaftlichen und organisatorischen Auswirkungen sowie die arbeitsmarktpolitische Effizienz der Teilzeitbeschäftigung im kommunalen Bereich
Der Bundestag hat in einer Entschließung die gesetzlichen Neuregelungen als einen wichtigen Beitrag des öffentlichen Dienstes zur Verringerung der Arbeitslosigkeit bezeichnet und die Erwartung ausgesprochen, daß freiwerdende Stellen auf dem schnellsten Weg neu besetzt werden 138. Trotz ansehnlicher Beschäftigungszahlen im öffenlichen Dienst 139 dürfen die Erwartungen an die Effektivität nicht zu hoch geschraubt werden140. Die arbeitsmarktpolitische Wirkung von dienstrechtlichen Ent-
137
Vom 27.2.1985 (GABI. S. 478).
138
BTDrucks. 10/1619.
139
Vgl. B.I.2.
140
D. Keller, VB1BW 1985, S. 329.
200
Β. Die Personalhoheit
lastungsmaßnahmen allein kann immer nur begrenzt sein141. Von daher liegt es auf der Hand, daß der Gesetzgeber bei den weitreichenden dienstrechtlichen Regelungen ein Interesse daran haben muß, zu beobachten, ob und in welchem Umfang die angestrebten arbeitsmarktpolitischen Wirkungen auch tatsächlich eintreten. Der Bundestag hat deshalb bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfs die Bundesregierung aufgefordert, bis 1. Juni 1986 einen Bericht über den Umfang der bewilligten Teilzeitbeschäftigungs- und Beurlaubungsanträge für den Zeitraum unmittelbar vor dem Inkrafttreten der neuen Vorschriften bis zum 31. März 1986 vorzulegen und ferner zum gleichen Zeitpunkt über die Neueinstellungen aufgrund der beschlossenen gesetzlichen Maßnahmen zu berichten 142. Dieser Bericht wurde zwischenzeitlich veröffentlicht 143. Danach sind in der Bundesverwaltung nur aufgrund der gesetzlichen Neuregelungen vom Juli 1984 mindestens 3 000 neue Mitarbeiter als Beamte, Richter, Angestellte oder Arbeiter eingestellt worden. Aufgrund der übermittelten Daten sind bei den Ländern aufgrund des 5. ÄndG dienstrechtlicher Vorschriften 7 000 Einstellungen vorgenommen worden 144. Beim Land Baden-Württemberg machte jeder 4. Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, 1986 und 1987 jeder 5. von der Möglichkeit Gebrauch, sich beurlauben zu lassen oder nur noch in Teilzeit zu arbeiten 145. Allerdings sind die meisten davon Lehrer, nämlich 82%. Für viele Bedienstete dürfte die Inanspruchnahme einer an sich erwünschten Teilzeitbeschäftigung oder Beurlaubung aber an wirtschaftlichen Gründen scheitern 146. Wahlfreiheit zwischen Freizeit und Einkommen besteht insoweit nur für Bedienstete in höheren Besoldungsund Vergütungsgruppen und für die sogenannten Zweitverdiener 147. Bleibt zu fragen, wie sich die dienstrechtlichen und tariflichen Gestal-
141 Ablehnend Lecheler, Bonn 1979, S. 93; ders., ZBR 1980, S. 5, der weder von der Notwendigkeit noch von der Verfassungsmäßigkeit überzeugt scheint; Battis , ZBR 1986, S. 289 f.; Schröder, ZBR 1979, S. 193. 142 Stenographischer Bericht über die 78. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 29.6.1984, S. 5762 i.V.m. BTDrucks. 10/1619. 143
Vgl. Niksch, ZBR 1986, S. 292 ff.
144
Niksch, ZBR 1986, S. 293.
145
Vgl. Stuttgarter Zeitung vom 18.7.1986, S. 4; Stuttgarter Nachrichten vom 13.2.1986, S. 5; Stuttgarter Zeitung vom 31.7.1986, S. 5. 146
D. Keller, VB1BW 1985, S. 329; Battis , ZBR 1986, S. 290.
147
Battis , PersV 1984, S. 217, 219.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
201
tungsmöglichkeiten für Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung bei den Städten und Gemeinden auswirken? Für alle erwähnten Regelungen zur Erweiterung von Teilzeit und Beurlaubung bleiben den Städten und Gemeinden keine eigenen Spielräume. Sie sind ebenso an die Normierungen des Landes- und Bundesgesetzgebers gebunden wie an die tarifrechtlichen Vereinbarungen im Arbeitnehmerbereich. Erweiterten Raum für örtliche Einzelfallentscheidungen bilden lediglich die durch die genannten Normierungen eingeräumten Ermessensspielräume nach Gesetz oder Tarif. Es besteht sicher Einigkeit darüber, daß die mittelfristig vorhandene Menge Arbeit bei gleichbleibender Verteilung verhindert, daß die hohe Arbeitslosigkeit abgebaut werden kann. Eine Problemlösung kann demnach eigentlich nur in einer anderen Verteilung der Arbeit gesehen werden148. Auf der anderen Seite „kann" für die Kommunalverwaltungen „nicht damit zu rechnen sein", daß die Gesetzesänderungen spürbare Entlastungen des Arbeitsmarktes zur Folge haben könnten149. Diese Annahme beruht auf der Überlegung, daß jüngere Beamte, wenn nicht auch der Ehegatte einer Beschäftigung nachgeht, mit den verbleibenden Bezügen bei einer Teilzeitbeschäftigung den Lebensunterhalt für sich und ihre Familie nicht bestreiten können. Dies müßte umso mehr gelten, als der Verzicht auf eine entgeltliche Nebentätigkeit diese Situation noch verschärfen müßte. Außerdem ist zu befürchten, daß bei einer Teilzeitbeschäftigung mit einem Verlust an beruflicher Förderung gerechnet werden muß und eine Beschäftigung nur in Fachbereichen ermöglicht werden kann, in denen sich die Teilzeitbeschäftigung dienstlich nicht nachteilig auswirken könnte150.
148
Vgl. Hoff a.a.O., S. 319 ff.; B. Richter, Neue Arbeitszeitstrukturen für die Kommunalverwaltungen, S. 336-346; außerdem Rundschreiben des Städtetags Baden- Württemberg an die Oberbürgermeister und Bürgermeister der Mitgliedstätte im Grundsatzpapier „Arbeitsmarktpolitische Überlegungen", D 662/1983 v. 15.12.1983, S. 2, wonach u.a. den Städten empohlen wird, vermehrt Teilzeitarbeit anzubieten; auch Vorbericht des Städtetags Baden-Württemberg, D 440/1984 v. 3.10.1984, in dem begründet wird, daß diese Empfehlung „nach wie vor Bedeutung und Rechtfertigung hat", S. 1. 149
DSt., Vorbericht für die 80. Sitzung des Personalausschusses, Umdruck Nr. V 1275 v. 27.3.1984 zur Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung ohne Dienstbezüge. 150
Ähnlich Battis , ZBR 1986, S. 290: eine allgemeine arbeitsmarktpolitische
202
Β. Die Personalhoheit
Unabhängig von diesen Erwägungen bestehen Zweifel, ob es sich in der Kommunalverwaltung um Bereiche zu § 44 a BRRG handelt, „in denen in einer Ausnahmesituation ein dringendes öffentliches Interesse daran besteht, Bewerber im öffentlichen Dienst zu beschäftigen". Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, würde eine Teilzeitbeschäftigung von Arbeitnehmern geringere Schwierigkeiten bereiten, als dies bei Beamten der Fall wäre. Eine Teilzeitbeschäftigung von Arbeitnehmern kann zeitlich oder unbegrenzt vereinbart werden. Bei der Teilzeitbeschäftigung von Beamten wird immer darauf zu achten sein, daß nach Ablauf der Teilzeitbeschäftigung eine Rückkehr in ein Vollzeitbeamtenverhältnis bevorsteht 151. Dies ist der ganz wesentliche Unterschied zur Privatwirtschaft. Personalwirtschaftlich entsteht das Problem, teilzeitbeschäftigte Verwaltungsbeamte nach § 152 LBG wieder als Vollzeitkräfte unterzubringen. In der Praxis führt dies zu erheblichen Schwierigkeiten bei der Aufstellung und Bewirtschaftung der Stellenpläne. Insbesondere für Dienstherren mit geringeren Personalstärken, wie z.B. für eine Vielzahl von Kommunen, entstehen durch den Aufbau von Personalüberhängen Probleme. Durch kurzfristige Teilzeitbeschäftigung werden „zwangsläufig langfristige Personalüberhänge programmiert" 152. Die kommunale Praxis zeigt ferner, daß Stellen weder ganz noch teilweise freigehalten werden (können). Die eben geschilderte Gefahr, dann mit Personalbeständen arbeiten zu müssen, die nicht benötigt werden, kann wohl dazu führen, daß § 152 LBG kaum oder sehr restriktiv gehandhabt wird. Dies kommt weder dem Gesetzgeber noch den Betroffenen und auch nicht dem Arbeitsmarkt entgegen. Der Anspruch von Teilzeitbeschäftigten und beurlaubten Beamten auf Rückkehr wird nicht nur durch die Erhöhung der Personalkosten belastet, sondern „auch durch die grundsätzliche Fragwürdigkeit dieser Kon-
Teilzeitbeschäftigung werde Beamten auf niederbesoldeten Dienstposten wegen der anteiligen Kürzung der Dienstbezüge nicht mehr die materielle Unabhängigkeit gewährleisten. 151 152
Zum rechtlichen Status des Beurlaubten vgl. Thieme, Hannover 1984, S. 15.
Battis , ZBR 1986, S. 289; zur Rspr. in einer kleinen Körperschaft mit 5 Beamten und dieser Problematik sowie zur fehlerfreien Ermessensausübung vgl. VGH BW, Fußn. 132; im übrigen auch DSt., Vorbericht für die 82. Sitzung des Personalausschusses, Umdruck W 1260 v. 8.3.1985 unter Hinweis auf Ausführungen zum Rückkehranspruch nach § 152 LBG des Städtetags Baden-Württemberg v. 10.12.1984.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
203
zeption bezüglich der arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung"153. Solange Ansprüche auf Rückkehr bestehen, kann der „Umverteilungseffekt" naturgemäß nur vorübergehend sein; sind die zeitlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, so blockieren die „Rückkehrer" die Planstellen für Berufsanfänger. Die Problematik des Überangebots von Arbeitskräften wird damit verschoben und kann dann in einigen Jahren verschärft auftreten. Aus diesen Gründen ließe es sich immerhin überlegen, den Rückkehranspruch bei Beamten aus dienstlichen Gründen in begrenzten Umfang hinausschieben zu können. Dies setzte eine Änderung der genannten beamtenrechtlichen Vorschriften voraus. Die Dienstherren müssen die Planstellen während der Teilzeitbeschäftigung oder Beurlaubung anderweitig besetzen. Da nach Rückkehr in die Verwaltung oft Schwierigkeiten bestehen, entsprechende Planstellen zur Verfügung zu stellen, sollte dem rückkehrenden Beamten zugemutet werden können, den Rückkehranspruch aus dienstlichen Gründen hinauszuschieben, wenn vorhandene Besetzungen eine Beschäftigung unmöglich erscheinen lassen. Dieser Suspensiveffekt müßte ebenfalls mit einem zeitlichen Limit versehen sein, nach dessen Ablauf Rückkehr- bzw. Vollbeschäftigungsansprüche verwirklicht werden müssen. Dies scheint zumutbar: Der Beamte kann bei voller Absicherung des Beschäftigungsanspruches Urlaub und Teilzeitbeschäftigung beanspruchen, wie sie in anderen Rechts- oder Dienstverhältnissen nicht vorstellbar sind154. Wenn die geschilderten Wirkungen von Teilzeitbeschäftigung und Beurlaubung vermieden werden sollen, müßten den Kommunen zusätzliche Hilfen bei der Bewilligung von Planstellen für Beamte eingeräumt werden, was praktisch durch eine Lockerung oder Verbesserung der Regelung über die Stellenobergrenzen des § 26 BBesG zu erreichen wäre 155. Auch in Fällen, in den junge Nachwuchsbeamte nach Abschluß ihrer Ausbildung zunächst in das Beamtenverhältnis auf Probe in Form einer Teilzeitbeschäftigung übernommen werden könnten, müßten die laufbahnrechtlich festgelegten Mindestprobezeiten rahmenrechtlich überprüft werden 156.
153
Battis , ZBR 1986, S. 289.
154
In diesem Sinne auch die Initiative des Städtetags Baden-Württemberg vom 10.12.1984, der aus kommunaler Sicht auf eine Relativierung des Rückkehranspruches drängte. 155
Vgl. im einzelnen B.III.2.
156
§§ 11 Abs. 1, 15 BRRG.
204
Β. Die Personalhoheit
Darüber hinaus setzt ein zeitlich begrenzter Umverteilungseffekt voraus, daß die durch Teilzeit und Urlaub freiwerdenden Stellen überhaupt wieder besetzt werden. Die Finanzkrise der Städte zu Beginn der 80er Jahre hat praktisch seit 1981 die Eckdaten der kommunalen Personalwirtschaft entscheidend verändert. Der Kampf gegen die vorhandenen oder drohenden Defizite im Verwaltungshaushalt bewirkte zwangsläufig auch eine Begrenzung der Personalkosten. Die Jahre der Anstrengungen um die Rückgewinnung der kommunalpolitischen Handlungsfähigkeit durch Haushaltskonsolidierung haben das Arbeitsplatzangebot vieler großer Städte drastisch verändert 157. Dieser negative Trend wird noch verschärft durch die zusätzliche Belastung der öffentlichen Haushalte und durch die bereits angesprochenen, mit der Teilzeitbeschäftigung verbundenen Mehrkosten 158. Angesichts der Publizität der Initiativen zur Teilzeitbeschäftigung aller Gebietskörperschaften mag es verwundern, wenn die Geeignetheit der Teilzeitbeschäftigung zum Abbau der Arbeitslosigkeit eher zurückhaltend beurteilt wird. Jedenfalls zu große Erwartungen dürften in sie nicht gesetzt werden 159. Anlaß zur Skepsis verbarg sich immerhin auch hinter der Zielsetzung des Gesetzantrags der Länder 1984, wegen der damals überaus bedrängenden Haushaltslage und der Gemeinwohlbindung des öffentlichen Dienstes zusätzliche Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst nur kostenneutral zu schaffen 160. Damit dürfte feststehen, daß es nicht darum ging, neue Arbeitsplätze durch neue Aufgaben oder durch die Beseitigung von etwaigen Personalengpässen in bestimmten Verwaltungsbereichen einzurichten. Ob sich der arbeitsmarktpolitische Effekt dadurch verbessern läßt, daß freiwerdende Stellen mit befristeten Angestelltenverträgen 161 besetzt werden, scheint zweifelhaft. Die Rückkehr des „Teilzeiters" bedingt die Freisetzung oder Arbeitslosigkeit dieser Angestellten. Da die arbeitsmarktpolitische Teilzeitbeschäftigung in ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung, insbesondere wegen
157
B. Richter, a.a.O., S. 336.
158
Vgl. oben 3.5.
159
Vgl. auch Battis , PersV 1984, S. 219. Befürwortend jedoch ausdrücklich für den öffentlichen Dienst als Leitfunktion Rothe 1983, S. 48. 160
Battis (PersV 1984, S. 219 f.) äußert sich im übrigen zur Geeignetheit der Teilzeitbeschäftigung zum Abbau der Arbeitslosigkeit skeptisch. 161
Vgl. B.VI.2.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
205
des Rückkehranspruches und dessen personalwirtschaftlichen Auswirkungen vor allem bei Kommunen ungeeignet sein muß, einen wirksamen und damit dem Sozialstaatsprinzip Rechnung tragenden Beitrag zum Abbau der Arbeitslosigkeit zu leisten, kann andererseits der Rückgriff auf das Sozialstaatsprinzip keine Modifikation der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zugunsten der arbeitsmarktpolitischen Teilzeitbeschäftigung rechtfertigen 162. Die Auseinandersetzung mit weitergehenden personalwirtschaftlichen und organisatorischen Folgen der Teilzeitbeschäftigung würde den Rahmen dieser Darstellung sprengen163. Es kann allerdings festgehalten werden, daß das organisatorische Instrumentarium der Stellenbildung heute so weit entwickelt ist, daß eine Aufteilung von mitarbeiterbezogenen Arbeitsgebieten in mehrere Segmente nahezu in allen Bereichen von Wirtschaft und Verwaltung möglich sein müßte. Teilzeitbeschäftigung dürfte auch einen flexibleren Personaleinsatz erlauben. Daß dennoch auf Seiten des Dienstherrn Probleme in der Arbeitsorganisation auftreten können, wird nicht zu leugnen sein. Immerhin deckt sich die tägliche Arbeitszeit eines Teilzeitbeschäftigten nur teilweise mit der von vollzeitbeschäftigten Mitarbeitern. Auf der anderen Seite haben Untersuchungen ergeben, daß auch im öffentlichen Dienst insgesamt ernsthafte Bedenken aus organisatorischen Gesichtspunkten oder aus Gesichtspunkten der Effektivität nicht bestehen können164, wenngleich bestimmte Dienstposten, wie z.B. Leitungsfunktionen weniger in Betracht kommen können165. Probleme und deutliche Mehrkosten entstehen allerdings überall dort, wo die Aufteilung eines Arbeitsgebiets zu einer Verdoppelung der Infrastruktur am Arbeitsplatz führt (Bildschirmausstattung, EDV-gerechte Ausstattung, Schreibarbeitsplätze etc.). Diese Konsequenz konnte bei der traditionellen Teilzeitarbeit bislang nicht ausgeschlossen werden 166.
162
Battis , ZBR 1986, S. 289.
163
Vgl. dazu im einzelnen KGSt-Bericht Nr. 8/1983, S. 8 ff.; auch Meixner, PersV 1984, S. 271-280, besonders zu den betriebswirtschaftlichen Aspekten, S. 272 f. 164
Battis , ZBR 1986, S. 290 m.w.N.
165
Thieme, Hannover 1984, S. 15.
166
So etwa zu beobachten in den Schreibdiensten; im übrigen auch Auffassung der Arbeitsgruppe „Teilzeitarbeit" der Arbeitsgemeinschaft der Personalämter, vgl. Fußn. 39, sowie Meixner, PersV 1984, S. 273.
206
Β. Die Personalhoheit
Da viele weibliche Teilzeitbeschäftigte nur in den Morgenstunden, während die Kinder zur Schule oder in den Kindergarten gehen, zur Verfügung stehen können oder wollen, sind die Arbeitsplätze meist während vier, statt acht Stunden belegt. Weitere Mehrkosten entstehen den Dienstherren bei den traditionellen Modellen der Teilzeitarbeit durch die erhöhten Sozialabgaben (bei Angestellten und Arbeitern), eine meist um das doppelte verlängerte Einarbeitungszeit und einen erhöhten Verwaltungsaufwand der Personalämter. Diesen Mehrkosten kann aber auch eine stärkere Arbeitsintensivierung gegenüberstehen167. Die bisherigen Empfehlungen oder Rezepte, -
daß kommunale Arbeitsplätze sich am aktuellen öffentlichen Aufgabenstand auszurichten hätten, daß die Schaffung neuer kommunaler Arbeitsplätze nur durch einen zusätzlichen öffentlichen Bedarf gerechtfertigt werden könnte 168 sowie daß kommunale Stellenpläne deshalb kein geeignetes Instrument der Arbeitsmarktpolitik sein könnten169,
-
dürften nicht mehr ganz den veränderten Verhältnissen und der gesellschaftspolitischen Einstellung gerecht werden. Aus diesem Grund gibt es auch im öffentlichen Dienst Veranlassung, über die Strukturen der Arbeitsverteilung und damit auch der Arbeitszeiten nachzudenken. Es ist nicht auszuschließen, daß Investitionen in der Privatwirtschaft den Rationalisierungsprozeß eher beschleunigen und den Personalabbau forcieren. Hierdurch könnte die Nachfrage nach Arbeitsplätzen im kommunalen Dienst noch verstärkt werden 170. Auf der anderen Seite kann die Prognose für mehr kommunale Service-Einrichtungen, damit nach einem Ausbau des kommunalen Beschäftigungsangebots nicht günstig sein. Mit der demographischen Entwicklung und dem Sinken der Bevölkerungszahl schrumpft auch der kommunale Dienstleistungsbedarf, jedenfalls für allgemeine, nicht auf bestimmte
167
Zum Arbeitsmarkt und dem Zusammenhang mit dem öffentlichen Aufgaben und dem Personalbedarf vgl. Meixner 1983, S. 365 f. 168
Vgl. einzelne Vorschläge bei B. Richter, a.a.O., S. 336 ff., der sich auch um Lösungswege aufzuzeigen angesichts tariflicher und dienstrechtlicher Spielräume bemüht, S. 341 ff. 169
B. Richter, a.a.O., S. 336.
170
B. Richter, a.a.O., S. 339.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
207
Altersgruppen bezogene Dienste. Hinzu treten Probleme aufgrund der Kommunikations- und Bürotechnologie, die auch vor Rathäusern nicht halt machen. Auch wenn das akute Stadium der Finanzkrise in vielen Städten seit Mitte der 80er Jahre überwunden ist, bleibt in den kommenden Jahren die Aufgabe, den Personalbedarf häufiger und schneller als früher veränderten Aufgabenstellungen anzupassen und den Personaleinsatz exakter zu steuern 171. Ein den individuellen Beschäftigungszeitansprüchen variierender Mitarbeiterkreis dürfte diesen Herausforderungen zumindest besser gerecht werden.
4. Die Vorruhestandsregelung Allgemein wird davon ausgegangen, daß die Einführung einer Vorruhestandsregelung im öffentlichen Dienst mindestens in beschränktem Umfang zu einer Entlastung des Arbeitsmarktes beitragen könnte172. Die Bundesregierung brachte 1984 den Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung des Übergangs vom Arbeitsleben in den Ruhestand beim Bundesrat als besonders eilbedürftige Vorlage ein 173 . Sie begründete diesen Entwurf mit der Forderung nach einer Verbesserung der Beschäftigungslage im Rahmen ihrer politischen Gesamtstrategie. Der Entwurf wurde als Gesetz am 13. April 1984 verkündet und umgesetzt174. Dieses VRG will für eine Übergangszeit auch die Verkürzung der Lebensarbeitszeit für ältere Arbeitnehmer ermöglichen; sie sollen ihre Arbeitsplätze insbesondere für Jugendliche der geburtenstarken Jahrgänge, die in den nächsten Jahren auf den Arbeitsmarkt drängen, vorzeitig frei machen. Im einzelnen sieht das Gesetz u.a. die Zahlung eines Zuschusses an die Arbeitgeber zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen an Arbeitnehmer vor, die das 58. Lebensjahr vollendet und ihre Erwerbstätigkeit beendet haben (vgl. Art. 1 VRG, § 1 Abs. 1). Gezahlt werden
171
Vgl. B.I.4.
172
Vgl. Stellungnahme des Finanzministeriums BW, LTDrucks. 9/1957, auf einen Antrag der Abgeordneten Weimer u.a. (SPD) zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. 173
BRDrucks. 552/1983.
174
Vorruhestandsgesetz (VRG) vom 13.4.1984 (BGBl. I S. 601).
Β. Die Personalhoheit
208
soll das Vorruhestandsgeld direkt vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer. Dabei wird die Höhe des Vorruhestandsgeldes entweder von den Tarifvertragsparteien oder vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer in Einzelverträgen festgelegt. Das Gesetz soll nur dadurch regelnd eingreifen, daß der Zuschuß durch die BA nur gezahlt wird, wenn die Höhe des Vorruhestandsgeldes mindestens 65% des Bruttoentgelts beträgt. Damit sollen die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit erhalten, einen Leistungsrahmen zu vereinbaren, der über der gesetzlichen Mindesthöhe liegt. Es soll auch möglich sein, das Vorruhestandsgeld zu dynamisieren, also an die Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse jeweils anzupassen. Das VRG findet auf die Kommunen in Baden-Württemberg keine Anwendung, da bis heute versorgungsrechtliche Bedenken bestehen, solange nicht die Voraussetzungen für den Rentenbezug aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes diesem Gesetz angepaßt sind. Der Kommunale Arbeitgeberverband Baden-Württemberg hat zwar die grundsätzliche Geltung für den öffentlichen Dienst bejaht, jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, daß zur Ausführung des gesetzlichen Rahmens ein entsprechender Tarifvertrag erforderlich sei. Das VRG sieht zwar auch einzelvertragliche Regelungen vor. Diese können jedoch nur für Bereiche in Betracht kommen, in den üblicherweise keine tarifvertraglichen Regelungen getroffen werden. Aus diesem Grund besteht derzeit keine Möglichkeit, mit den Arbeitnehmern des kommunalen öffentlichen Dienstes Vorruhestandsvereinbarungen zu treffen. Eine Vorruhestandsregelung für Beamte käme im Ergebnis einer Herabsetzung der Altersgrenze für die Versetzung in den Ruhestand auf Antrag ohne Nachweis der Dienstunfähigkeit 175, verbunden mit einem Versorgungsabschlag, gleich. „Abgesehen davon, daß durch eine solche Regelung der hergebrachte Grundsatz des Lebenszeitprinzips berührt würde, ist die Landesregierung der Auffassung, daß die Einführung eines ,Vorruhestands 4 für Beamte erst dann erwogen werden könnte, wenn entsprechende tarifliche Vereinbarungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes getroffen würden." 176 Dem Beamtenbereich könne insoweit auch innerhalb des öffentlichen Dienstes keine Vorreiterfunktion zukommen. Eine ganz wesentliche Rolle würde dabei das Problem der Finanzierbarkeit spielen. Eine Übertragung der auf Arbeitnehmer zugeschnittenen
175
Vgl. oben Β. V. 2.
176
Vgl. LTDrucks. 9/1957, S. 6.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
209
Vorschriften des VRG auf den Beamtenbereich würde wohl nicht uneingeschränkt möglich und für das Land mit erheblich höheren Kosten verbunden sein, als für den privaten Arbeitgeber. Das gesetzlich vorgeschriebene Vorruhestandsgeld in Höhe von mindestens 65% des Bruttoentgelts müßte bei den Beamten in vollem Umfang vom Dienstherrn erbracht werden, während im Tarifbereich 35% der Aufwendungen von der BA getragen werden. Wie aus einer Erhebung des Staatsanzeigers hervorgeht 177, erhielten zum Stichtag 1983 ungefähr 76 000 allgemeine Versorgungsempfänger in Baden-Württemberg Ruhegehälter oder Hinterbliebenenbezüge, davon entfielen 57 000 in die Zuständigkeit des Landes Baden-Württemberg und 17 000 in die Zuständigkeit der Kommunen. Aus dem Altersicherungssystem für die Beamten und Richter wurden 1987 rd. 1,22 Mio. Personen versorgt. Setzt man die Zahl der Empfänger von Ruhegehalt in Beziehung zur Zahl der aktiven Beamten und Richter, so kommen auf 100 aktive Beamte (einschließlich Richter) 23 Ruhegehaltsempfänger, beim Bund sind es 25 und bei den Gemeinden/Gemeindeverbänden 39178. Angesichts dieser Zahlen ist die Zurückhaltung von Landesgesetzgebern und kommunalen Tarifvertragsparteien verständlich 179.
5. Die Besoldungsrückstufung Weiter stellt sich die Frage, ob es gerechtfertigt scheint, daß der Besoldungsgesetzgeber angesichts der Problematik einer Beseitigung oder Milderung der Arbeitslosigkeit auch die Besoldungseinstufung einzelner Ämter überprüfen kann180. Dem Besoldungsgesetzgeber steht es frei, in dem sich aus Art. 3 Abs. 1 GG ergebenden Rahmen181 die vorhandenen Ämter besoldungsrechtlich neu oder anders als bisher zu bewerten sowie auch ihr Verhältnis zueinander, das sogenannte Besoldungsgefüge, neu zu bestimmen: „Insoweit ist er von Verfassungs wegen nicht gehindert", die bisherige Besol-
177
StAnz.BW vom 21.9.1983, S. 1.
178
Breidenstein, WiSt 1987, S. 426.
179
Vgl. kritisch zum Teilvorruhestand als Beitrag zur Beseitigung von Arbeitslosigkeit DIW, Wochenbericht 34/88, S. 440. 180
Insbesondere angesichts der Lehrerarbeitslosigkeit; vgl. Schwandt, ZBR 1984, S. 109. 181
Vgl. auch BVerfGE 56, 175 (182).
210
Β. Die Personalhoheit
dung zu verringern 182. Mit der 1984 durchgeführten, zeitlich begrenzten Absenkung der Besoldung bei den Eingangsämtern des höheren und gehobenen Dienstes durch das HBegleitG 1984183 blieb der Gesetzgeber jedenfalls im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit 184. Diese Absenkung der Eingangsbesoldung für den höheren und gehobenen Dienst wurde durch das BVerwG für verfassungsgemäß erklärt 185. § 19 a BBesG beruhe einerseits auf dem Bestreben, Personalausgaben einzusparen, andererseits auf einer verstärkten Berücksichtigung der in den ersten Berufsjahren geringeren Berufserfahrung und deshalb typischerweise geringeren Leistung. Der Gesetzgeber sei im Rahmen eines kleinen Gestaltungsspielraums grundsätzlich nicht gehindert, bei der besoldungsrechtlichen Regelung verschiedener Fallgruppen unterschiedlichen besoldungspolitischen Erwägungen zu folgen und verschiedene - sachliche - Anknüpfungsmerkmale zu wählen186. Damit wird die ständige Rechtsprechung bestätigt, wonach dem Gesetzgeber bei der Regelung der Beamtenbesoldung gemäß Art. 33 Abs. 5 GG ein verhältnismäßig weiter Gestaltungsspielraum zugestanden wird 187 , innerhalb dessen sehr unterschiedliche Gestaltungen rechtlich möglich und allein politisch zu verantworten sind. Es ist dem Besoldungsgesetzgeber nicht verwehrt, die Frage aufzuwerfen, ob die bisherige Besoldungseinstufung bestimmter Ämter - noch als sachgerecht anzusehen ist. Dabei kann der Besoldungsgesetzgeber allerdings nicht das Faktum zunehmender Arbeitslosigkeit als solches „zum rechtfertigenden Kriterium" 188 für eine Neubewertung der Ämter erklären. Schwandt verneint die unmittelbare oder mittelbare Einflußnahme auf die Besoldungseinstufung des jeweils betroffenen Amtes durch eine zunehmende Arbeitslosigkeit von Bewerbern des öffentlichen
182
Schwandt, ZBR 1984, S. 109.
183
Lecheler, JZ 1987, S. 450.
184
Art. 30 zu § 19 a BBesG, Gesetz zur Änderung besoldungsrechtlicher Vorschriften (BGBl. 1983 I S. 1564). 185
BVerwG, NVwZ 1987, S. 501 f.
186
Vgl. BVerwG, DVB1. 1984, 1216 und BVerwG, Buchholz, 235 § 42 Nr. 7 = ZBR 1985, S. 24. 187
Vgl. u.a. BVerfGE 8, 1 (22) = NJW 58, 122; 26, 141 (158) = NJW 1969, 1803; 56, 87 (95); 64, 367 (378). 188
Schwandt, ZBR 1984, S. 109.
V. Personalausweitung durch konkrete Maßnahmen
211
Dienstes189. Er gesteht dem Besoldungsgesetzgeber allerdings zu zu prüfen, ob und inwieweit im Laufe der zeitlichen Entwicklung neue Bewertungskriterien aufgetreten sein könnten, die eine inhaltliche Änderung der Besoldung nahelegten oder rechtfertigten. Dabei könnte auch ein Anreiz verbunden werden, mit der Besoldungseinstufung Bewerber für den öffentlichen Dienst zu gewinnen oder sie - je nach Intention nicht wieder zu verlieren. Danach kann der Gesetzgeber die Struktur des Beamtengehalts jederzeit für die Zukunft ändern, insbesondere die Gehaltsbeträge kürzen, allerdings nur insoweit, als sie nicht an der unteren Grenze der Alimentierung liegen190. Dabei ist diese Rückstufung einzelner Beamtengruppen innerhalb des Besoldungsgefüges nach der Rechtsprechung des BVerfG 191 nur zulässig, wenn dem einzelnen Beamten das bisherige Besoldungsniveau durch Besitzstandsregelung erhalten bleibt. § 19 a BBesG hat, wenn auch aus fiskal-, nicht aus arbeitsmarktpolitischen Gründen, den Besoldungsrahmen in den Eingangsämtern der Laufbahnen des gehobenen und höheren Dienstes durch Verweisung auf die Grundgehaltssätze der nächstniedrigeren Besoldungsgruppe für die ersten drei bzw. vier Jahre des Besoldungsbezuges verändert. Die Gemeinden sind hiervon besonders betroffen. Die Absenkung der Eingangsbesoldungen in den Laufbahnen des gehobenen und höheren Dienstes sowie die Kürzung der Anwärterbezüge stieß demzufolge bei den kommunalen Spitzenverbänden auf Ablehnung. Dort wurde und wird diese Maßnahme als besoldungspolitisch verfehlt erachtet 192. Die Gründe liegen in den geringfügigen Einsparungen 193 und im erheblichen Verwaltungsaufwand. Weiter wird gegenüber der temporären Gehaltskürzung eingewandt, daß sie sich demotivierend auf den Beamtennachwuchs auswirken und damit zu einer Negativauslese führen könnte. Da das BVerfG 194 auf die formellen Grenzen des
189
Ebenda.
190
BVerfGE 44, 249 (363).
191
BVerfGE 56, 145 (163) und (175) (183).
192
DSt., Umdruck W 1518 vom 3.10.1985, der sich mit dem Petitum des Städtetags Baden-Württemberg und des hessischen Städtetages auseinandersetzte, die besoldungsrechtlichen Maßnahmen wieder aufzuheben. 193
Für die Stadt Frankfurt errechnete der hessische Städtetag ein jährliches Volumen von 90 000 DM. 194 BVerfG (Vorprüfungsausschuß) vom 15.1.1985, NVwZ 1985, S. 333 = DÖV 1985, S. 318 ff.
212
Β. Die Personalhoheit
Gleichstellungssatzes abstellen mußte, konnte nicht berücksichtigt werden, daß die Gewinnung qualifizierten Nachwuchses für den Beamtendienst außerordentlich erschwert worden sei195. Der Haupteinwand der kommunalen Seite richtet sich jedoch gegen die Ungleichbehandlung zwischen dem Beamten- und Tarifbereich, zumal der Appell des Bundestages nach Gleichbehandlung bei den kommunalen Tarifvertragsparteien ungehört verhallte. Von daher muß die Besoldungsrückstufung obwohl verfassungsrechtlich zulässig - als taugliches Mittel für eine örtliche Beschäftigungsförderung ausscheiden.
6. Die Beschäftigung von Ehepaaren im öffentlichen Dienst Der Stuttgarter Oberbürgermeister sprach sich 1983 für eine verfassungsrechtliche Prüfung der Frage aus, ob angesichts zahlreicher arbeitsloser Bewerber die öffentliche Hand Ehepaare gemeinsam im Höheren Dienst beschäftigen müsse196. Selbst wenn man es für berechtigt hielte, im politischen Raum unter den gegebenen Arbeitsmarktverhältnissen die Prüfung aller denkbaren Möglichkeiten anzuregen, die zu einer Entspannung dieser Lage auf dem Arbeitsmarkt beitragen könnten, begegnen solche Vorschläge verfassungsrechtlich erheblichen Bedenken. Das Verfassungsrecht eröffnet in seiner herrschenden Interpretation durch die Rechtsprechung keinen bzw. nur einen sehr geringen Spielraum für die Ablehnung eines Bewerbers, dessen Ehepartner im öffentlichen Dienst beschäftigt ist. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat „jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte", jedoch werden die sachlichen Auswahlkriterien unter Bewerbern für den öffentlichen Dienst dort abschließend benannt197. Darüber hinausgehende Unterschiede dürfen nicht gemacht werden, da jede Bevorzugung oder Benachteiligung aus anderen Gründen durch Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 3 GG untersagt ist 198 . Sowohl die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als auch neuere Entscheidungen der Ver195
Lecheler, JZ 1987, S. 450.
196
Vgl. LTDrucks. 8/4554.
197
Vgl. für alle Maunz, in: Maunz/Dürig, Art. 33, Anm. 16; Schmidt-Bleibtreu/ Klein, GG-Kommentar, Art. 33 Abs. 2, Rdnr. 6. 198
Jess, in: Bonner Grundgesetz, Art. 33, Anm. II. 3.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
213
waltungsgerichte lassen erkennen, daß eine Differenzierung zwischen Bewerbern gleicher Eignung nach dem Kriterium, ob der Ehepartner eines Bewerbers bereits im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, im Hinblick auf Art. 6 GG grundsätzlich als unzulässig zu erachten ist. Da Art. 6 GG auch verbietet, an Ehe und Familie negative Folgen zu knüpfen 199, scheitern an dieser Vorschrift alle Tendenzen, das sogenannte Doppelverdienertum im öffentlichen Dienst durch Beschränkungen der Einstellungsmöglichkeiten von Ehegatten einzuschränken200. Abgesehen davon, daß im Falle einer Verwirklichung entsprechender Maßnahmen notwendigerweise der Grundsatz der Chancengleichheit der Frauen im Berufsleben in erheblichem Maße eingeschränkt würde, ist wohl eher davon auszugehen, daß die Entscheidung, welcher der Ehepartner im öffentlichen Dienst tätig sein will, bei entsprechender beiderseitiger Eignung allein in die Hand der Ehepartner zu legen ist. Insofern kann die weitere rechtliche Auseinandersetzung hier dahinstehen.
VI. Die Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung der Arbeit im öffentlichen Dienst 1. Die Arbeitszeitverkürzung und der Abbau von Mehrarbeit 1.1. Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit Maßnahmen zur Arbeitszeitverkürzung sind in der Wirtschaftsgeschichte kein Novum. In den letzten 100 Jahren ist die Arbeitszeit immer wieder herabgesetzt worden. Während die Verkürzung der Wochenarbeitszeit in der Vergangenheit eine Verringerung der Arbeitslast zum Ziel hatte, wird heute diskutiert, wie durch Arbeitszeitverkürzungsmaßnahmen eine Umverteilung des vorhandenen Arbeitsvolumens kurz- oder mittelfristig auf mehr Personen erreicht werden könnte1. Daher steht nicht nur die Wochenarbeitszeit als Anknüpfungspunkt für diese Überlegungen im Vordergrund, sondern auch direkt oder indirekt die Lebensarbeitszeit2, die Jahres- und Monatsarbeitszeit sowie die tägliche Arbeitszeit. Bei allen Vorschlägen wird unterstellt, daß von Arbeitszeitver-
199
BVerfGE 44, 249 (262).
200
Batiis, PersV 1984, S. 223; Summer, ZBR 1984, S. 260.
1
Vgl. Hoff, Arbeitsumverteilung - Die Kommunen als Vorreiter?, S. 319.
2
Vgl. oben B.V.l. und 2.; 5.
214
Β. Die Personalhoheit
kürzungen positive Beschäftigungswirkungen ausgehen. Die freiwerdenden Arbeitszeitanteile sollen zu Neueinstellungen durch die Arbeitgeber genutzt werden3. Einer Verkürzung der Regelarbeitszeit (und einer Verlängerung des Jahresurlaubs), die für Beamte und Tarifbedienstete gegenwärtig im Durchschnitt 40 Stunden nicht überschreiten darf, wird rechnerisch von allen gegenwärtig diskutierten Arbeitszeitverkürzungsmodellen der größte Beschäftigungseffekt eingeräumt4. Sie könnte durch Änderung der einschlägigen Arbeitszeitvorschriften des Bundes und der Länder, nicht jedoch der Gemeinden, sowie durch Änderung der Tarifverträge über die Arbeitszeit der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst um eine oder mehrere Stunden herabgesetzt werden. Zur Wahrung der Kostenneutralität wäre dann als korrespondierende Maßnahme eine Änderung des BBesG5 in Betracht zu ziehen. Für Angestellte und Arbeiter könnte sie im übrigen durch vertragliche Vereinbarungen in Schriftform abbedungen werden. Damit würde die Vergütung entsprechend dem Umfang festgelegt, der der vereinfachten Arbeitszeit entspräche, was allerdings bei den Tarifparteien höchst umstritten ist. Diese Möglichkeiten sind für die einzelnen Städte und Gemeinden eingeschränkt. Sie hängen davon ab, ob in der diesbezüglichen Tarifvertragsklausel Abweichungsmöglichkeiten nach unten ausdrücklich zugelassen werden6.
1.1.1. Die Sachgerechtigkeit
Seit 1938 wurde die regelmäßige Arbeitszeit im öffentlichen Dienst von 51 Stunden/Woche auf den gegenwärtigen Stand von 40 Stunden kontinuierlich herabgesetzt. Die Verringerung dieser Regelarbeitszeit im öffentlichen Dienst war in erster Linie Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und diente zum anderen der Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes7. Mit der Arbeitsmarktsituation hatte die Verkürzung der Wochenarbeitszeit nichts zu tun, denn mit der Festsetzung einer Regelarbeitszeit werden die Grundbedingungen geschaffen,
3
Vgl. auch Lecheler, Bonn 1979, S. 72.
4
Vgl. Hoff a.a.O., S. 321.
5
Besoldungsabschlag oder entsprechende Aussetzung im Rahmen einer Besoldungsanpassung. 6
Näheres dazu unten 1.1.4.
7
Schwandt, ZBR 1984, S. 105.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
215
die es den Bediensteten ermöglichen, sich einer ständig verändernden Arbeits- und Freizeitwelt unter arbeitsmedizinischen Erkenntnissen anzupassen. Damit stehen vor allem individualrechtliche Belange, wie die Wahrung der Gesundheit, die Erhaltung der vollen Arbeitskraft und Einsatzbereitschaft im Vordergrund 8. Bei einer Kürzung der Wochenarbeitszeit unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten ist zu fragen, ob und inwieweit sie sachgerecht sein kann. Soll die wöchentliche Arbeitszeit allein eingespart werden, um insgesamt mehr Bewerber in den öffentlichen Dienst zu übernehmen, dann ist die Maßnahme weder Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn noch dient sie rein dienstlichen Interessen zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes. Soweit sie sich im „Rahmen sachgerechter Bewertung" hält9, begegnet sie keinen rechtlichen Bedenken. Lecheler sieht allerdings zentrale Pflichten des Berufsbeamtentums durch eine voranschreitende Senkung der Arbeitszeit zunehmend verändert und eine Abkehr von der Verpflichtung des Beamten zu „totaler Hingabe"10. Er folgert dabei, daß die durch Produktivitätszuwächse der Privatwirtschaft ermöglichten Einsparungen an Arbeitszeit mit den „Erfordernissen eines sachgerechten Staatsdienstes im Ansatz" nichts zu tun hätten11. Die beschäftigungspolitische Zielsetzung einer Ausweitung des öffentlichen Dienstes ist letztlich auf die Verringerung der Arbeitslosenzahlen von Bewerbern für den öffentlichen Dienst gerichtet. Dabei kann es sich durchaus um öffentliches Interesse handeln, da der Normgeber bei der Regelung der Arbeitszeit dies „im Rahmen seines Ermessensspielraums" mit berücksichtigen kann12. Da die arbeitsmarktpolitische Entlastung zugleich den Zugang zum öffentlichen Dienst steuert, erscheint dieses Interesse jedenfalls dann nicht sachfremd, „wenn es sich in Relation zu den individualrechtlichen Belangen der Bediensteten und den dienstlichen Interessen in einem quantitativ vertretbaren Zeitanteil darstellt" 13 .
8
BVerfGE 55, 207 (240 f.).
9
Schwandt, ZBR 1984, S. 105.
10
Lecheler, Bonn 1979, S. 72 m.w.N.
11
Ders., ZBR 1980, S. 4.
12
Schwandt, ZBR 1984, S. 105.
13
Ebenda.
216
Β. Die Personalhoheit 1.1.2. Die Personalwirtschaftlichkeit und die Effizienz von Arbeitszeitverkürzungen
Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit müßte sich arbeitsmarktpolitisch dann auswirken, wenn entsprechend der Kürzung Neueinstellungen erfolgen und die Arbeitszeitverkürzung nicht durch organisatorische Maßnahmen, Mehrbelastung der vorhandenen Bediensteten und Einschränkung der öffentlichen Leistungen der Städte und Gemeinden aufgefangen würde. Die Problematik ist also ähnlich der Einräumung von erweiterter Teilzeit und Beurlaubung. Aufgrund der personalwirtschaftlichen Konsequenzen wird jedoch nach den bisherigen Erfahrungen die Effizienz einer Kürzung der Wochenarbeitszeit zumindest als zweifelhaft angesehen14 und dürfte trotz anderslautender Äußerungen in der Zielsetzung der Tarifverhandlungen vom März 1988 nicht ausgeräumt werden können (Stichwort „verlängerte Mittagspause"). Zum einen wird in der Verkürzung der derzeitigen Regelarbeitszeit „kein taugliches Mittel" gesehen, die Arbeitsmarktsituation zu entspannen und deswegen empfohlen, den Verkürzungstendenzen entgegenzutreten15. Zum anderen sollte für eine allgemeine Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit im öffentlichen Dienst solange kein Raum sein, solange sie sich in der Privatwirtschaft nicht überwiegend durchgesetzt hat. Jedenfalls wird nach wie vor dem öffentlichen Dienst insoweit die Vorreiterfunktion überwiegend abgesprochen16. Diese Zweifel hinsichtlich der personalwirtschaftlichen Effizienz werden vor allem dadurch erhärtet, daß im Verwaltungsbereich - vor allem bei Städten und Gemeinden - Kürzungen der Wochenarbeitsstunden in der Praxis bisher dadurch aufgefangen wurden, daß von den Bediensteten die Erledigung der Aufgaben in der verkürzten Arbeitszeit erwartet wor-
14
Schwandt, ZBR 1984, S. 105; in der Folgerung aber auch Hoff a.a.O., S. 321; Meixner, PersV 1983, S. 370. 15
Vgl. Städtetag Baden-Württemberg in einem Rundschreiben an die Oberbürgermeister und Bürgermeister der Mitgliedstädte vom 15. Dezember 1983, D 662/1983, S. 1, vor allem zu grundsätzlichen arbeitsmarktpolitischen Überlegungen, Ziffer 2.: „Der Städtetag wendet sich im Rahmen seiner Möglichkeiten gegen eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich"; sowie Vorbericht für die Sitzung des Vorstandes vom 10. Oktober 1983, D 567/1983, S. 2. 16 Dies ist z.B. auch die Auffassung der Landesregierung von Baden-Württemberg, vgl. LTDrucks. 9/1957; Lecheler, Bonn 1979, S. 72, ähnlich auch Schwandt, ZBR 1984, S. 106.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
217
den ist17. Wie etwa in der freien Wirtschaft, so ging man hier bisher davon aus, daß sich in den verwaltenden Bereichen eine Verkürzung der Arbeitszeit ohne zusätzliche Stellen regulieren müßte. Nur dort, wo der Schichtbetrieb zu einem unabweisbaren Mehrbedarf führte, wurde zusätzliches Personal eingestellt. Daß der öffentliche Dienst gleichwohl in den letzten Jahren expandierte, ist auf einzelne Aufgabenbereiche zurückzuführen und nicht etwa auf eine anteilige Expansion in allen Aufgabenbereichen18.
1.1.3. Die Kostenneutralität
In engem Zusammenhang mit der Personalwirtschaftlichkeit steht die Kostenneutralität. Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit müßte sich arbeitsmarktpolitisch dann auswirken, wenn sie durch Neueinstellungen ausgeglichen werden könnte. Die dadurch verursachten Kosten wären jedoch angesichts der Haushaltslage der öffentlichen Arbeitgeber auf allen Ebenen der Gebietskörperschaften insgesamt nicht finanzierbar. Für eine kostenneutrale generelle wöchentliche Arbeitszeitverkürzung durch entsprechenden Lohn- und Gehaltsverzicht (Kürzung der Tarifvergütung und Besoldung) - wie er immerhin seit den Tarifverhandlungen 1988 vehement und kontrovers diskutiert wird - ist die Bereitschaft der Gewerkschaften und Berufsverbände (noch) nicht vorhanden19. Ohne diese Maßnahmen wären Neueinstellungen nur mit einer Zusatzbelastung der Haushalte erreichbar, wobei die Mehrkosten vor allem durch die Gewährung von Beihilfe und künftiger Versorgung für neueingestellte Bedienstete verursacht würden. Im übrigen wären kostenneutrale Lösungen im Beamtenbereich aufgrund des Alimentationsgrundsatzes rechtlich problematisch20, im Tarifbereich faktisch nicht durchsetzbar 21. Es bliebe außerdem fraglich, ob sie der überwiegenden Zahl der öffentlichen Bediensteten zugemutet werden könnte. Damit dürfte eine kostenneutrale Realisierung der Kürzung der Wochenarbeitszeit nur mittel- bzw. langfristig durch Fluktua-
17
Meixner, PersV 1983, S. 370; vgl. hinsichtlich weiterer Einzelheiten Schwandt, ZBR 1984, S. 105 f. 18
Meixner, Personalpolitik, S. 87 ff.
19
Vgl. LTDrucks. 9/1957; Hoff, a.a.O., S. 321.
20
Hoff, a.a.O., S. 321; LTDrucks. 9/1957, S. 3; Schwandt, ZBR 1984, S. 106.
21
Hoff; a.a.O., S. 321.
Β. Die Personalhoheit
218
tion des Personals erreicht werden können. Dies gilt umso mehr, als vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des BVerfG 22 zur erforderlichen Besitzstandswahrung eine besoldungsmäßige Rückstufung einzelner Beamtengruppen innerhalb eines bestehenden Besoldungsgefüges nur zulässig sein kann, wenn dem einzelnen Beamten das bisherige Besoldungsniveau erhalten bleibt23. Obwohl eine Besoldungskürzung im Rahmen der Neubewertung der Ämter grundsätzlich statthaft ist, könnte sie im Falle der Herabsetzung der Wochenarbeitszeit weder mit dieser Maßnahme begründet werden noch eine solche rechtfertigen 24. Die Besoldung ist ebenso wie die Besoldung des Beamten und seiner Familie kein Entgelt im Sinne einer arbeitsvertraglichen Entlohnung für konkrete Dienste, sondern Erfüllung der Alimentationsverpflichtung des Dienstherrn 25. Letztlich schuldet der Beamte seinem Dienstherrn aufgrund der besonderen gegenseitigen Bindung des Beamtenverhältnisses grundsätzlich qualitativ mehr als nur eine zeitlich begrenzte Führung der Amtsgeschäfte 26. Wenn statt der 40-Stunden-Woche die wöchentliche Arbeitszeit um nur 1 Stunde reduziert würde, ergäbe sich bei insgesamt 3.758.345 Vollbeschäftigten im öffentlichen Dienst rechnerisch ein maximaler Mehrbedarf von 93 836 Mitarbeitern 27. Bei einem Durchschnittskostensatz von 36 800 DM/Mitarbeiter und Jahr errechneten sich in diesem Fall jährliche Mehrkosten von 3,45 Mrd. DM 28 . Für diese Mehrbelastungen müßten bei tarifvertraglichen Regelungen entweder Rationalisierungsmaßnahmen zum Abwenden dieser finanziellen Belastung vorangetrieben werden oder die Verkürzung der Arbeitszeit ginge als Solidaritätsopfer zu Lasten der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Festgehalten werden kann, daß bisher die Reduzierung der Wochenarbeitszeit im öffentlichen Dienst zu keinem nennenswerten zusätzlichen Arbeitskräftemehrbedarf geführt hat29.
22
BVerfGE 56, 145 (163) und 175 (183).
23
Zur Zulässigkeit im einzelnen vgl. auch B.V.5.
24
Schwandt, ZBR 1984, S. 106.
25
BVerfGE 8, 1 (14); 16, 24 (115); 21, 329 (344).
26
BVerfGE 55, 205 (241).
27
Stand 1979, vgl. Meixner, Personalpolitik, S. 47: bei Verkürzung auf insgegesamt 35 Wochenstunden erhöhte sich der Mehrbedarf auf 469 181. 28
Meixner, PersV 1983, S. 370.
29
Ebenda.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
219
1.1.4. Das Tarifrecht, die Änderungen der Arbeitszeitverordnung und der Erholungsurlaubsverordnung
Die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes haben in der Tarifrunde 1984/1985 eine Verkürzung der Arbeitszeit durch die nach Altersgruppe gestaffelte, stufenweise Einführung von zwei freien Arbeitstagen pro Jahr vereinbart. Dieses Ergebnis aus den Tarifverhandlungen für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes wurde mit Beschluß der Bundesregierung 30 auf den Beamtenbereich übertragen, dem die Landesregierung BW durch die 4. Verordnung zur Änderung der Arbeitszeitverordnung (AZVO) vom 15. Juli 198531 für die Beamten (und Richter) des Landes folgte. Dort ist aufgeführt, daß nach § 90 Abs. 1 LBG die Arbeitszeitverordnung nur für Landesbeamte gilt; für die Gemeinden und die Landkreise gilt sie nur insoweit, als diese keine andere durchschnittliche Wochenarbeitszeit festsetzen dürfen, als sie für Landesbeamte besteht. Damit galt diese Neuregelung in der AZVO bezüglich der Gewährung von freien Tagen zunächst nicht für die Beamten der genannten Körperschaften, was jedoch mit der Änderung des § 90 Abs. 1 LBG durch das ÄndG vom 9. Juli 198632 beseitigt wurde. Vom 1. Januar 1987 an fiel die bisherige Altersbegrenzung weg. Da inzwischen auch für Auszubildende, Praktikanten u.ä. entsprechende Regelungen getroffen wurden, werden ab 1. Januar 1987 grundsätzlich alle städtischen und gemeindlichen Bediensteten, die die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, in jedem Kalenderhalbjahr an einem Arbeitstag von der Arbeit freigestellt 33. Auch hier kann nach bisherigen Erfahrungen festgehalten werden, daß zusätzliche Arbeitskräfte deswegen nicht in den öffentlichen Dienst übernommen wurden.
30
Beschluß der Bundesregierung vom 13. November 1984; Bekanntmachung des BMI v. 20.12.1984 (GMB1. 1985, S. 26 ff.); Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Bundesbesoldungs- und Versorgungsanpassungsgesetz 1985) v. 25.2.1985 (BGBl. I S. 431); Siebte Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte v. 28.1.1985 (BGBl. I S. 192); im einzelnen Engstier, ZBR 1986, S. 11-14. 31
AZVO v. 15.7.1985 (GBl. 1985, S. 230).
32
Gesetz zur Änderung des Landesbeamtengesetzes vom 9.6.1986 (GBl. S. 181).
33
§ la AZVO; § 15 a BAT i.d.F. von § 2 Nr. I, 1. i.V.m. Nr. I I I des 53. Tarifvertrages zur Änderung des BAT vom 12.12.1984 (für Angestellte); § 14 a BMTG I I i.d.F. von § 2 Nr. I i.V.m. Nr. I I I des 32. Ergänzungstarifvertrages zum BMTG I I vom 12.12.1984 (für Arbeiter).
220
Β. Die Personalhoheit
Im Bereich der tariflichen Verkürzung der Wochenarbeitszeit wurde bereits darauf hingewiesen, daß die Möglichkeit für die einzelnen Städte und Gemeinden davon abhängt, ob die diesbezüglichen Tarifvertragsklauseln Abweichungsmöglichkeiten eröffneten. Soweit dies nicht der Fall ist, müßten die Kommunen, was grundsätzlich möglich wäre, aus der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände austreten und direkt mit den Gewerkschaften einen Tarifvertrag aushandeln. Dies wurde zwar praktisch bisher nicht relevant, wurde aber 1985 in einigen Städten von den Grünen beantragt, jedoch stets von den Räten abgelehnt. Hauptgrund dieser Ablehnung waren die mit einer spürbaren Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Beschäftigungsausgleich verbundenen finanziellen Folgelasten. Immerhin wurde aber auch eingeräumt, daß über weitgehend kostenneutrale Lösungen mit nur partiellen Lohn- und Beschäftigungsausgleich nachgedacht werden könnte. Trotzdem werden die Chancen für generelle beschäftigungswirksame Arbeitsumverteilungsmaßnahmen auf der kommunalen Ebene als äußerst gering anzusehen sein34.
1.2. Der Abbau von Mehrarbeit
Mehrarbeit kann in diesem Zusammenhang verstanden werden als jede Arbeitszeitleistung, die über den vertraglich vereinbarten Rahmen hinausgeht35. Dazu gehören vorrangig Überstunden im eigentlichen Beschäftigungsverhältnis, aber auch Nebenbeschäftigungen 36. Hinter dem Ausgangspunkt der Überlegungen zur Umwandlung von Mehrarbeit steht die Maxime, daß in der gegenwärtigen Situation des Arbeitsmarktes das Einkommensinteresse einzelner Arbeitnehmer hinter der „Arbeitszeitsolidarität" mit den Arbeitslosen zurückstehen sollte37. Dies könnte den Beschäftigten vor allem dann deutlich werden, wenn freiwerdende Arbeitsvolumina nicht zu Kosteneinsparungen verwendet, sondern tatsächlich und nachvollziehbar in Zusatzbeschäftigung, aber auch zur Verbesserung der Dienstleistungsqualität eingesetzt würde.
34
Vgl. Hoff a.a.O., S. 321.
35
Vgl. Hoff a.a.O., S. 322; vgl. aber zum Begriff der Mehrarbeit § 7 Arbeitszeitverordnung vom 24.9.1974 (BGBl. I S. 2356). 36 37
Vgl. dazu im einzelnen B.VI.3.
Hoff a.a.O., S. 322; vgl. auch B. Richter, Neue Arbeitszeitstrukturen für die Kommunalverwaltungen, S. 342.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
221
Die praktische Umsetzung stößt auf Grenzen und ist ebenso umstritten wie die Möglichkeit der Umwandlung von Überstunden in Zusatzbeschäftigung 38. Vor allem wird darauf verwiesen, daß Ursache der Überstunden in aller Regel kurzfristig und zeitlich beschränkt auftretende Dienstleistungsanforderungen, wie z.B. die Anpassung an vorübergehende Arbeitsspitzen und Personalengpässe, nicht dagegen permanenter Personalbedarf sei39. Die Möglichkeit, grundsätzlich Mehrarbeit von den Bediensteten zu verlangen, kann schließlich sogar die einzige Möglichkeit für die Dienstherren sein, den unumgänglichen Grad an Flexibilität der Personalpolitik zu gewährleisten. Wenn die Einstellung von Tarifangestellten den Dienstherren nicht nach ihrem Ermessen möglich ist, was mehrfach aufgezeigt wurde 40, wenn deren Dienstverhältnisse immer schwerer lösbar werden und auch dem Abschluß von Zeitverträgen unter Begründung von Teilzeit-Dienstverhältnissen rechtliche Hindernisse entgegenstehen, dann dürfte im Falle einer vorübergehenden Mehrbelastung der Verwaltung nur die „Überlastquote" in Einzelfällen, die Mehrarbeit bleiben41. Vor allem aus dem Bereich des Berufsbeamtentums kann die Verwaltung nicht Lebenszeitbeamte einstellen, die in einigen Jahren überflüssig sind, aus diesem Grund aber nicht entlassen werden können. Dabei ist nicht auszuschließen, daß es Bereiche der Kommunalverwaltung gibt, die grundsätzlich mit einer hohen Überstundenquote operieren, sie fallen jedoch empirisch im kommunalen Bereich nur begrenzt ins Gewicht42. Auf der anderen Seite beweist die Kritik an den im öffentlichen Dienst geleisteten Überstunden die „Widersprüchlichkeit der Dienstrechtsdiskussion"43: Die grundsätzliche Verpflichtung zu Mehrarbeit ist ein Spezifikum des Beamtenrechts, sie entwächst der Verpflichtung des Beamten zur „vollen Hingabe" an den Dienstherren, der da-
38
Vgl. im einzelnen Hoff , a.a.O., S. 322 m.w.N.
39
LTDrucks. 9/1957; vgl. auch Städtetag Baden-Württemberg D 189/1985 v. 2.4.1985: Vorbericht für die Sitzung des Personal- und Organisationsausschusses am 23.4.1985, mit dem das von der ÖTV festgestellte Überstundenpotential, bei dessen Abbau zusätzliche Arbeitsplätze eingerichtet werden könnten, bezweifelt wird. 40
Vgl. oben vor allem B.IV.3.4., B.III.
41
Lecheler, Bonn 1979, S. 78.
42
Vgl. unten die Tabelle 22.
43
Lecheler, Bonn 1979, S. 77.
222
Β. Die Personalhoheit
durch über eine „gewisse Treuereserve" verfügt, denn Mehrarbeit hat der Beamte nach § 72 Abs. 2 BBG grundsätzlich zu leisten44. Ein erheblicher Anteil der bei den Städten und Gemeinden anfallenden Überstunden ist vor allem auf die regelmäßigen Bereitschaftsdienste der kommunalen Krankenhausärzte zurückzuführen 45. Darüber hinaus werden Überstunden aber auch in städtischen Betriebsämtern (Stadtreinigung, Kur- und Bäderamt, Tiefbauamt) und Ämtern mit unmittelbarem Publikumsverkehr, wie z.B. beim Sozialamt, geleistet. Nach einer Untersuchung der Stadt Stuttgart wurden während des Zeitraums vom 1. Januar 1985 bis 30. Juni 1985 insgesamt 257.212,37 Überstunden bei den städtischen Ämtern geleistet. Die entsprechende Übersicht vermittelt Tabelle 22 (s. unten). Dabei variierte die Belastung der einzelnen Mitarbeiter sehr stark und reichte im Extremfall von 1 Überstunde monatlich bis zu 66 Überstunden bei Angestellten im Krankenhausbereich und 105 Überstunden bei den Arbeitern in den Betriebsämtern. Interessant ist auch der Ausgleich der Überstundenbelastung, den die Stadt Stuttgart gleichfalls wie folgt erfaßte: -
bei Beamten in vollem Umfang (1.229,5 Std.) finanziell. Die von Beamten geleistete, durch Freizeitgewährung ausgeglichene Mehrarbeit wird nicht erfaßt. bei Angestellten a) finanziell 57.585,86 Std. b) durch Freizeitausgleich 42.700,49 Std.
-
Bei Arbeitern ist eine Aufteilung nach vergüteter und abgefeierter Überzeitarbeit nicht möglich, weil nach dem Tarifrecht für Abrechnungszwecke eine getrennte Erfassung und Speicherung nicht erforderlich ist. Insgesamt wurden 149.991,42 Überstunden geleistet, die Mehrarbeit teilzeitbeschäftigter Arbeiter belief sich auf 5.705,10 Stunden. Die finanziellen Mittel, die für Überstunden ohne Freizeitausgleich aufgewendet wurden, beliefen sich bei -
Beamten auf 22.822,35 DM Angestellten auf 1.212.639,86 DM.
44 Zur Mehrarbeitsvergütung vgl. die bereits vom Rahmengesetzgeber aufgrund der Ermächtigung des § 48 BBesG erlassene Verordnung i.d.F. vom 1.7.1977 (BGBl. I S. 1107); zur historischen Entwicklung vgl. BVerwGE 37, 21 (26, 29 f.). 45
Bawnann, Mit kommunaler Arbeitszeitverkürzung gegen Stellenabbau, S. 23 ff.; vgl. auch LHSt. Stuttgart, GRDrucks. Nr. 404/1985, in Beantwortung einer Anfrage der Grünen betreffend der Überstunden bei den städtischen Ämtern.
Beamte
Angestellte
Übertrag:
1 174,50
Arbeiter
3 488,29
42 419,94
32 989,84
1 206,70
44 835,71
133,00
MehrarbeitsentÜberstundenZeitzuschlag f. Mehrarbeitsentsch. Zeitzuschlag f. Schädigung f. nicht Vergütung f. Ang. Überstunden b. f. nicht vollbesch. Arb. (30%) vollbesch. Ang. Std. Freizeitausgl. Arb., Std. Std. Std. f. Ang. (Std.)
2 958,00 18,00 1 595,00 969,25 21,00 645,00 314,50 453,12 38,00 1 689,00 - 120,00 336,00 110,00 44,00 56,00 - 156,00 11,00 - 180,00 27,00 - 180,00 - 275,00 175,50 36,00 - 112,92 20,75 - 495,00 54,00 — — 50,00 156,75 43,00 124,14 726,99 336,00 550,20 337,50 65,50 1 175,75 9 799,75 41,50 4 476,50 72,50 8 173,08 2 628,75 21,00 376,50 121,00 7 872,50 1 254,00 945,40 3 758,42 2 667,32 20,00 9 690,50 592,85 5 885,65 4 047,83 2 109,25 15 563,26 10 065,78 113,00 13 694,63 114,15 566,00 853,17 3 207,33 - 113,84 — 329,50 103,40
MehrarbeitsVergütung Std.
Bürgermeisteramt Hauptamt 228,00 15,00 Personalamt Presse- und Informationsamt Bezirksämter Stadtkämmerei Steueramt Liegenschaftsamt Amt für Verteidigungslasten Amt für öffentliche Ordnung Branddirektion 729,50 Amt für Zivilschutz Schulverwaltungsamt Kulturamt Sozialamt Jugendamt Sportamt Gesundheitsamt Bürgerhospitalverwaltung Krankenhausverwaltung Bad Cannstatt Katharinenhospitalverwaltung 217,00 858,25 Olgahospitalverwaltung Chemisches Untersuchungsamt — Stadtplanungsamt -
Amt
Aufstellung über vergütete Überzeitarbeit / Mehrarbeit bei der Landeshauptstadt Stuttgart vom 1.1.-30.6.1985
Tabelle 22
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung 223
1 229,50
-
32 989,84
3 488,29
54 097,57
42 700,49
5 705,10
44 835,71
149 991,42
24,00 -
1 206,70
1 695,00 79,55 '32^00 9,50 2 346,92 1 555,75 319,40 15 166J0 1 017,00 16,00 2 184,75 1 748,50 516,75 42,00 57 967,76 - 545,00 2 832,50 163J5 1 090,00 1 342,96 2 826,05 3 734,50 17 208,00 4 057,25 1 943,05 292,00 6 867,00 - 867,00 2 048,75 70,50 134,50
- 298,00 -
42 419,94
3 488,29
-
1 174,50
Arbeiter MehrarbeitsentÜberstundenZeitzuschlag f. Mehrarbeitsentsch. Zeitzuschlag f. Schädigung f. nicht Vergütung f. Ang. Überstunden b. f. nicht vollbesch. Aib. (30%) vollbesch. Ang. Std. Freizeitausgl. Arb., Std. Std. Std. f. Ang. (Std.)
Angestellte
MehrarbeitsVergütung Std.
23,00 32,00
Beamte
Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart/Der Oberbürgermeister, GZ: OB 0605 vom 13.11.1985, Beantwortung der Anfrage Nr. 401/1985
Insgesamt:
Stadtvermessungsamt Amt für Wohnungswesen Hochbauamt Tiefbauamt Gartenbauamt Stadtreinigungpamt Vieh- und Schlachthof Marktamt Kur- und Bäderamt Fnedhofsamt Verkehrsamt
Übertrag:
A®»1
Fortsetzung Tabelle 22
224 Β. Die Personalhoheit
1 691
1,8 1
0,38%
0,19%
Überstunden = Oberstunden./. Personalstellen Gesamtdienstleistung
a) Fehlanzeige: Aalen, Baden-Baden, Balingen, Bietigheim-Bissingen, Filderstadt, Freiburg i.B., Heidelberg, Heidenheim, Karlsruhe, Lörrach, Ludwigsburg. Neckarsulm, Reutlingen, Rottweil, Sinsheim, Tuttlingen, Villingen-Schwenningen, Waiblingen, Weinstadt, Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollem b) Notiert sind bezahlte Uberstunden
Quelle zu Ted 1-3: Städtetag Baden-Württemberg vom 2.10.1985 - U/B D 513/1985 - AZ: 054.26; Vorbericht für die Sitzung des Personal- und Organisationsausschusses am &10.1985 in Weingarten
257
Pforzheim
3 115
Zahl der Zahl der Überstunden10
917
Beamten
Mannheim
Stadta)
Teil 1: Beamte
Umfrage über Ableistung von Überstunden im Jahr 1984
Tabelle 23
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung 22
Angestellten
Aalen Baden-Baden Balingen Bietigheim-Bissingen Filderstadt Freiburg i.B. Heidelberg Heidenheim Karlsruhe Lörrach Ludwigsburg Mannheim Neckarsulm Pforzheim Reutlingen Rottweil Sinsheim Tuttlingen Villingen-Schwenningen Waiblingen Weinstadt Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern
Stadt
Fortsetzung Tabelle 23
1 407
368 357 118 279 200 1 371 996 325 5 150 823 452 2 823 175 1 713 792 173 103 292 665 333 128
Zahl der Überstundenb)
700
0,41
1 320 0,65 1 373 7,6 750 0,5 7 000 4,11 3 674 2 5 675 3,40 6 023 3,54 2 500 1,47 22 529 13,25 12 521 7,36 14 224 8,36 52 101 30,6 13 0 34 384 20,2 6 916 4,0 6 673 3,9 1 700 1 9 965 5,86 1 576 1 1 556 1 200 0,11 0,02%
1,17% 2,21% 0,42% 1,47% 1,00% 0,25% 0,35% 0,45% 0,25% 0,89% 1,85% 1,08% 1,17% 0,51% 2,25% 1,00% 2,00% 0,15% 0,30% 0,08%
Zahl der Überstunden = Überstunden ./· Personalstellen Gesamtdienstleistung
Teil 2: Angestellte
226 Β. Die Personalhoheit
Arbeiter
Aalen Baden-Baden Balingen Bietigheim-Bissingen Filderstadt Freiburg i.B. Heidelberg Heidenheim Karlsruhe Lörrach Ludwigsburg Mannheim Neckarsulm Pforzheim Reutlingen Rottweil Sinsheim Tuttlingen Villingen-Schwenningen Waiblingen Weinstadt Landeswohlfahrtsverband Württemberg-Hohenzollern
Stadt
Fortsetzung Tabelle 23
475
473 514 128 190 150 1 795 363 4 358 274 2 226 1 642 170 141 228 613 117 197
136
276
505
597
500
0,29
0,06%
2,6% 0,64% 0,15% 1,85% 0,90% 1,90% 1,66% 3,16% 0,76% 0,23% 5,76% 3,45% 0,06% 3,18% 0,7% 2,52% 1,20% 1,17% 1,01% 0,70% 0,20%
Überstunden = Überstunden./. Personalstellen Gesamtdienstleistung
15 700 7,5 5 664 3,3 350 0,2 6 000 3,52 2 592 1,5 41 800 25,5 22 475 13,22 19 500 11,47 58 809 34,59 1 445 0,85 26 861 15,80 61 803 36,3 251 0,14 61 550 36,2 7 595 4,5 7 351 4,3 3 000 1,7 4 563 2,68 10 580 6,2 2 188 1,3 700 0,41
Zahl der Zahl der Überstunden50
Teil 3: Arbeiter
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung 227
228
Β. Die Personalhoheit
Bei Arbeitern betrug der Aufwand für tatsächlich geleistete, vergütete und abgefeierte 149.991,42 Überstunden insgesamt 1.813.812,31 DM, für Zeitzuschläge allein sind darin 590.586,89 DM enthalten46. Nach einer Umfrage über Überstunden im städtischen Bereich, die der baden-württembergische Städtetag durchführte 47, haben die bezahlten Überstunden ein unterschiedliches Gewicht; im Angestelltenbereich reicht das Potential bis 2% der Gesamtarbeitsmenge, im Arbeiterbereich bis 5,76%. Allerdings kann aus der Umfrage auch geschlossen werden, daß Reserven, aus denen etwas im Hinblick auf die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze gefolgert werden könnte, hinter den bezahlten Überstunden nicht stecken. Jedenfalls läßt sich dies aus Tabelle 23 (s. oben) nicht folgern. Nach Auffassung von Hoff werden bei dieser Ausgangslage die Möglichkeiten einer insgesamt flexibleren und differenzierten Arbeitszeitgestaltung unterschätzt48. Er versucht entsprechende Vorschläge zu unterbreiten. Allerdings bleibt festzuhalten, daß es sich dabei vor allem um organisatorische, nicht um rechtliche Spielräume handeln kann. Denn Ursache der Überstunden sind in der Regel kurzfristig und zeitlich beschränkt auftretende Dienstleistungsanforderungen, nicht dagegen ein permanenter Personalbedarf.
1.3. Die arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen
Es ist eine gesellschaftspolitische Frage ersten Ranges, ob die wöchentliche Arbeitszeit gesenkt werden soll und kann. Im März 1988 haben sich die Tarifparteien des öffentlichen Dienstes auf die 38,5 Stunden· Woche in zwei Schritten bis 1990, verbunden mit stufenweisen Lohnerhöhungen, verständigt. Diese Arbeitszeit von 38,5 Stunden/ Woche wurde bis Ende 1991 für die 2,7 Mio. Arbeiter und Angestellte bei Bund, Ländern und Gemeinden festgeschrieben, sie wird auch auf die 1,8 Mio. Beamten übertragen werden. Heftig umstritten ist der arbeits46
Vgl. GRDrucks. 404/1985, S. 1 sowie GRDrucks. 121/1983 v. 16.2.1983, wonach eine Begrenzung der Aufwendungen für Überstunden auf 80% anläßlich der Haushaltsplanberatungen 1983 gefordert und abgelehnt wurde. 47
Vorbericht des Städtetags Baden-Württemberg D 513/1985 vom 2. Oktober 1985, für die Sitzung des Personal- und Organisationsausschusses am 8.10.1985 in Weingarten. 48
Hoff, a.a.O., S. 322 m.w.N.; vgl. aber auch Tenet, Arbeitszeitflexibilisierung, Perspektive ohne Alternative, S. 28-38.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
229
marktpolitische Effekt dieser Tarifeinigung. Während die ÖTV nach Pressemeldungen davon ausgeht, daß durch die 38,5 Stunden-Woche bis zu 100 000 neue Stellen im öffentlichen Dienst geschaffen werden könnten, kündigten die Arbeitgeber Einsparungen an und lehnten dagegen Stellenneuschaffungen ab. Vor allem die kommunalen Arbeitgeber erklärten, daß Städte und Gemeinden jetzt gezwungen seien zu rationalisieren und die bisherigen Dienstleistungen zu reduzieren. Nachweisbare Stellenschaffungen können bis dato für den kommunalen Bereich nicht nachgewiesen werden. Dasselbe muß für den Abbau von Mehrarbeit und von Überstunden gelten. Wie Tabelle 23 des Städtetags Baden-Württemberg (s. oben) belegt, sind Reserven für die sichtbare Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze hinter den bezahlten Überstunden nicht erkennbar geworden. Von daher dürften die Zweifel bezüglich der Effizienz aller Bemühungen in dieser Richtung bestehen bleiben.
2. Das Beschäftigungsförderungsgesetz (BeschFG) und die Befristung von Arbeitsverträgen 2.1. Zur Einleitung
Am 1. Mai 1985 trat das BeschFG in Kraft3 49. Nach der Begründung des Regierungsentwurfes hat es zum Ziel 50 , zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten zu schaffen und ist Bestandteil politischer Gesamtstrategie zur Verbesserung der Beschäftigungslage 51. Die politischen Diskussionen verliefen nicht nur im Vorfeld 52 kontrovers, sondern auch nach Inkrafttreten des Gesetzes. Davon sind nicht nur die rechtspolitische Bewertung des Gesetzes und seine Folgen berührt 53, sondern auch die angesprochenen Rechtsfragen. Während die Bundesregierung verkündete, über die Zwischenstufe weniger geschützter Arbeitsverhältnisse letztlich zu einem Ausbau von Dauerarbeitsplätzen gelangen zu wollen und auf die zeitliche Begrenzung
49
Vom 30.4.1985 (BGBl. I S. 710).
50
Vgl. BTDrucks. 10/2102.
51
Lorenz/Schwedes,
52
Vgl. Plenarprotokoll 10/133.
53
Vgl. Bauschke, VR 1987, S. 118.
DB 1985, S. 1077.
230
Β. Die Personalhoheit
des Gesetzes verwies, wurde von Gewerkschaften und Opposition der Vorwurf erhoben, die „Erosion des Normal-Arbeitsverhältnisses" 54 sei nicht Mittel, sondern Zweck des Gesetzes55. Auch die Wissenschaft erhob zunächst Bedenken, die sich vor allem gegen eine Verletzung des Sozialstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 1 GG wandten56. Auf der einen Seite äußerten sich die Arbeitgeberorganisationen zumindest verhalten positiv57. Auf der anderen Seite hielten z.B. Buschmann/Schwegler aufgrund einer von der Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen durchgeführten empirischen Untersuchung im privaten Dienstleistungsgewerbe die Zielsetzung des BeschFG für völlig verfehlt 58. Mit dem BeschFG wurde arbeitsrechtlich Neuland betreten 59. Nach wie vor wird um seine arbeitsmarktpolitische Berechtigung und die praktischen Auswirkungen gestritten 60. Die rechtlichen Implikationen sind zahlreich und berühren nicht nur das Arbeitsrecht. Die Bedeutung der Neuregelung in arbeitsrechtlicher Hinsicht und der Streit um ihre rechtliche Auswirkung, namentlich auch im Bereich des öffentlichen Dienstes, rechtfertigen die Darstellung, vor allem im Hinblick auf die Handlungsspielräume von Städten und Gemeinden sowie auf das Verhältnis BeschFG zu den mit seiner Intention kollidierenden tarifvertraglichen Regelungen. 2.2. Der Inhalt des BeschFG
Durch das BeschFG wird die Möglichkeit gegenüber der geltenden Rechtslage erleichtert, befristete Arbeitsverträge abzuschließen. Das
54
Buschmann/Schwegler,
BB 1986, S. 1355.
55
So u.a. Kehrmann /Buschmann, Parlamentarische Anhörung des Bundestagsausschusses für Arbeit- und Sozialordnung vom 16./17.1.1985, vgl. stenographisches Protokoll des Ausschusses für Arbeit- und Sozialordnung des Deutschen Bundestages. 56
Dagegen mit Recht Löwisch, BB 1985, S. 1200; vgl. auch Otto, NJW 1985, S. 1813. 57
Vgl. etwa die Stellungnahme der Hauptgemeinschaft des Deutschen Einzelhandels, Handelsblatt v. 28.5.1986, S. 5. 58
Buschmann/Schwegler,
59
Bauschke, VR 1987, S. 117.
60
BB 1986, S. 1355, 1357.
Stuttgarter Zeitung vom 30.7.1986, S. 7; Handelsblatt vom 23.4.1987, S. 5; neuerdings wird die Verlängerung des BeschFG bis 1995 diskutiert.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
231
bedeutet nicht, daß die Grundsätze, die in der bisherigen Rechtsprechung entwickelt worden sind, mit Inkrafttreten des BeschFG ihre Bedeutung verlieren 61. Soweit befristete Arbeitsverträge nach bisherigem Recht zulässig waren, sind sie es auch während des Zeitraumes vom 1. Mai 1985 bis zum 1. Januar 1990. Artikel 1, Gesetz über arbeitsrechtliche Vorschriften zur Beschäftigungsförderung, § 1 BeschFG, bedeutet also nicht, wie in der Literatur zutreffend erkannt wurde 62, daß durch diese Neuregelung der bisherige, richterrechtlich begründete Rechtszustand umfassend aufgehoben oder eingeschränkt worden ist63. Liegen die Voraussetzungen, unter denen nach dieser Vorschrift eine erleichterte Befristung zulässig ist, nicht vor, schließt das nicht aus, daß mit dem Arbeitnehmer ein begrenzter Arbeitsvertrag unter Beachtung der bislang entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze abgeschlossen werden kann. Allerdings bedeutet das BeschFG insoweit eine einschneidende Veränderung der arbeitsrechtlichen Betrachtung, als es den Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages unter gewissen, näher zu erläuternden Voraussetzungen zuläßt, ohne hierfür einen rechtfertigenden sachlichen Grund zu verlangen. Damit beseitigt das BeschFG aus seiner arbeitsmarktpolitischen Zielsetzung heraus die Anforderungen, die das BAG in jahrelang gewachsener Rechtsprechung64 an die Zulässigkeit des befristeten Arbeitsvertrages gestellt hatte. Nach bisherigem Recht konnten befristete Arbeitsverträge aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 620 BGB im Wege richterrechtlicher Rechtsfortbildung nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes abgeschlossen werden, wenn und soweit durch die Befristung der gesetzliche Kündigungsschutz65 umgangen worden wäre 66.
61
Winterfeld
/ Göbel / Seebnann 1985, S. 30.
62
Vgl. Löwisch, BB 1985, S. 1201 ff.; Lorenz/Schwedes,
63
Heinze, DB 1986, S. 2328.
DB 1985, S. 1079 f.
64
Vgl. BAG v. 12.10.1960, AP Nr. 16 zu § 620 BGB, sowie für die weitere Entwicklung der Rechtsprechung Otto, NJW 1985, S. 1812. 65
Eines sachlichen Grundes für die Befristung bedurfte es auch nach altem Recht nicht, soweit das Kündigungsschutzrecht nicht eingriff, z.B. bei befristeten Arbeitsverträgen mit einer Vertragsdauer bis zu 6 Monaten (Lorenz / Schwedes, DB 1985, S. 1078) und bei Kleinbetrieben (vgl. § 23 KSchG), sofern kein Sonderkündigungsschutz eingriff (BAG, AP Nr. 7 zu § 1 KSchG 1951). 66
StRspr. seit BAG vom 12.10.1960, AP Nr. 16 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag; zur dogmatischen Auseinandersetzung, vgl. nur Heinze, DB 1986, S. 2327 f.; Hueck 1980, § 1 KSchG, Rdnr. 50.; Schwerdtner, in: Münchener Kommentar zum BGB, Schuldrecht BT, § 620 BGB, Rdnr. 25; sowie Überblick über
232
Β. Die Personalhoheit
Damit wurde die der Rechtsprechung zum unzulässigen Kettenarbeitsvertrag zugrundeliegende Überlegung, wonach der unbefristete Arbeitsvertrag aus sozialen Erwägungen die Regel, der befristete die Ausnahme darstellen sollte, konsequent weiterverfolgt 67. Als sachliche Gründe für die Befristung wurden in der Rechtsprechung u.a. angesehen68: die Vertretung 69, die Erprobung des Arbeitnehmers 70, eine vorübergehende Aushilfs- oder Vertretungstätigkeit 71, eine bestimmte, überschaubare Arbeitsaufgabe 72 oder die Bindung der Stelle an ABM-Mittel 73 . Auch soziale Gründe 74 konnten die Rechtfertigung eines befristeten Arbeitsvertrages sein, wenn sie im Interesse des betroffenen Arbeitnehmers lagen, und sich nicht als verkappte wirtschaftliche Überlegungen des Unternehmens entpuppten75. Ausgesprochen problematisch war in der Vergangenheit der im öffentlichen Dienst nicht selten anzutreffende Hinweis auf fehlende Haushaltsmittel. Zwar ist unstreitig, daß die Befristung der Finanzmittel den Abschluß eines auf den gleichen Zeitraum befristeten Arbeitsvertrages rechtfertigt, unterdessen ist fraglich, mit welchem Grad an Sicherheit der spätere Wegfall der Haushaltsmittel zu erwarten sein muß. Hatte das BAG zunächst noch festgestellt, es genüge die bloße „Möglichkeit" 76 , daß der neue Haushaltsplan die Mittel nicht mehr bereitstelle 77, so wurde in späteren Entscheidungen gefordert, der Wegfall der Mittel müsse
den Meinungsstand bei Hillebrecht, in: Gemeinschaftskommentar zum KSchG und sonstigen kündigungsrechtlichen Vorschriften, § 620 BGB, Rdnr. 83 ff. 67
Bauschke, VR 1987, S. 117.
68
Vgl. für weitere Einzelheiten Otto, NJW 1985, S. 1811 m.w.N.
69
Vgl. neuerdings BAG, DB 1986, S. 1826.
70
BAG, AP Nr. 28, 45 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag.
71
BAG, AP Nr. 22, 42 und 63 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag.
72
BAG, AP Nr. 62 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag.
73
BAG, AP Nr. 52 und 72 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag; zu den weiteren Einzelheiten einer Befristung vgl. Winterfeld I Göbel ! Seelmann 1985, Rdnr. 47, S. 50. 74
Vgl. BAG, BB 1985, S. 2045.
75
Bauschke, VR 1987, S. 118.
76
Im Gegensatz zur nur „entfernten Möglichkeit"; vgl. auch BAG, BB 1988, S. 1390 (1391). 77
BAG, AP Nr. 17 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
233
entweder feststehen 78 oder zumindest mit einiger Sicherheit zu erwarten sein79. Demgegenüber läßt § 1 BeschFG - zeitlich befristet auf den Zeitraum 1. Mai 1985 bis 1. Januar 1990 - die einmalige Befristung eines Arbeitsvertrages bis zur Dauer von 18 Monaten zu, wenn der Arbeitnehmer entweder „neu eingestellt wird" (§ 1 Abs. 1 Ziff. 1) oder „in unmittelbarem Anschluß an die Berufsausbildung nur vorübergehend weiterbeschäftigt werden kann, weil kein Arbeitsplatz für einen unbefristet einzustellenden Arbeitnehmer zur Verfügung steht" (§ 1 Abs. 1 Ziff. 2) 80 . Trotzdem soll jedoch neuerdings die Zulassung eines befristeten Arbeitsvertrages nach § 1 Abs. 1 BeschFG an die Schaffung eines „tatsächlich neuen Arbeitsplatzes" nicht gebunden werden81. Der Gesetzgeber schränkte allerdings von Anfang an zugleich den Begriff der Neueinstellungen ein, um Mißbräuchen vorzubeugen82. Es darf dabei kein früheres Arbeitsverhältnis mit dem gleichen Arbeitgeber bestanden haben, das mit dem neubegründeten in einem engen sachlichen Zusammenhang steht. Ein solcher Zusammenhang ist insbesondere dann anzunehmen, wenn nicht mindestens vier Monate seit dem letzten Arbeitsvertrag vergangen sind (vgl. Art. 1 § 1 S. 3 BeschFG).
2.2.1. Die arbeitsrechtlichen Regelungen der Teilzeitarbeit
Während § 1 BeschFG, der im übrigen auch für üblicherweise verstärkt geschützte Arbeitnehmer gilt 83 , Beschäftigungserfolge durch eine - partielle und befristete - Einschränkung bestehender und befristeter
78
BAG, AP Nr. 61 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag.
79
BAG, AP Nr. 64 zu § 620 BGB - Befristeter Arbeitsvertrag; zusammenfassend Schaub, Städte- und Gemeindebund 1986, S. 12. 80
Vgl. Art. 1 § 1 Abs. 2 BeschFG für die Erweiterungsmöglichkeiten auf 2 Jahre. 81
BAG, DB 1988, S. 1803; BAG, DB 1988, S. 2004; LAG Berlin, DB 1987, S. 2106; Oetker ! Kiel, DB 1989, S. 582. 82 83
Bauschke, VR 1987, S. 118.
Der Gesetzgeber hat sich trotz intensiver Diskussion - vgl. die Beschlußempfehlung und den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BTDrucks. 10/3206, S. 23 f. - nicht entschließen können, diese Personengruppen, vor allem Schwangere, Schwerbehinderte und Wehrpflichtige, auszunehmen, weil er befürchtete, daß sich die Beschäftigungschancen dieser Personengruppen sonst noch verschlechtern würden; Lorenz /Schnedes, DB 1985, S. 1078.
234
Β. Die Personalhoheit
Arbeitnehmerschutzvorschriften erreichen soll, wählte der Gesetzgeber im 2. Abschn. des Art. 1 den umgekehrten Weg. Über eine Verbesserung der Arbeitnehmerschutzvorschriften im Bereich der Teilzeitarbeit sollen die in Ermangelung einer gesetzlichen Regelung entstandenen Benachteiligungen von Teilzeitarbeitnehmern abgebaut und Teilzeitarbeit auch für Vollzeitbeschäftigte attraktiver gemacht werden84. Beschäftigungseffekte erhofft sich der Gesetzgeber hier also nicht von einem Verhalten der Arbeitgeber, sondern von einem Umdenkprozeß auf Arbeitnehmerseite. Im einzelnen enthält Art. 1, 2. Abschn. folgende Bestimmungen: 2.2.1.1. § 2 Abs. 1 BeschFG verbietet eine unterschiedliche Behandlung von Arbeitnehmern „wegen der Teilzeitarbeit", es sei denn, daß „sachliche Gründe" eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Die Vorschrift, eine Ausprägung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes, verbietet also nicht die Differenzierung zwischen Vollzeitund Teilzeitbeschäftigten schlechthin, stellt aber klar, daß die Teilzeitbeschäftigung per se keinen sachlichen Grund für eine Differenzierung im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes darstellt. Es ist daher zumindest unscharf, wenn Lorenz /Schwedes feststellen, „§ 2 Abs. 1 dürfte nicht entgegenstehen, wenn der Arbeitgeber insbesondere freiwillige Leistungen von einem Mindestumfang an Beschäftigung abhängig macht"85. Richtigerweise wird man das Vorliegen eines sachlichen Grundes in diesen Fällen nur bejahen können, wenn der Arbeitgeber die Differenzierung aus rational nachvollziehbaren Gründen vornimmt, etwa weil er die Teilzeitarbeit für den Betriebsablauf benötigt oder weil die Einrichtung von Teilzeitarbeitsplätzen zu teuer ist86. 2.2.1.2. § 4 BeschFG enthält eine gesetzliche Regelung der sogenannten kapazitätsorientierten variablen Arbeitszeit (KAPOVAZ). Diese Vertragsgestaltungen zur Flexibilisierung der Arbeitszeit waren in der Vergangenheit wegen einer möglicherweise unzulässigen Einschränkung der Dispositionsfreiheit der Arbeitnehmer kontrovers diskutiert worden87. Aufgrund der notwendigen Ausgrenzung bleiben dazu Einzelhei-
84
BTDrucks. 10/2102; Lorenz ! Schwedes, DB 1985, S. 1077, 1079.
85
Lorenz!Schwedes, DB 1985, S. 1079.
86
Löwisch, DB 1985, S. 1203.
87
Das BAG hatte am 12.12.1984 (BB 1985, S. 731) Vertragsvereinbarungen ohne festgelegte Dauer der Arbeitszeit wegen objektiver Umgehung der Kündigungsvorschriften gem. § 134 BGB für rechtsunwirksam erklärt, am 7.11.1984 (DB 1985, S. 603) aber derartige Gestaltungen noch zugelassen; weitere arbeitsrechtliche Einzelheiten zu § 4 BeschFG bei Löwisch, BB 1985, S. 1200, 1204.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
235
ten ebensowenig beschrieben wie zum Thema job-sharing 88, bei dem der Gesetzgeber das bisherige Haupthindernis für dessen weitere Verbreitung, die vielfach vorab vereinbarte gegenseitige Vertretungspflicht der job-sharer 89, einer gesetzlichen Regelung zugeführt hat. Allerdings hat das BeschFG die Möglichkeit einer vorab vereinbarten Vertretungspflicht nicht vollständig verworfen, wie dies von der SPD-Fraktion in ihrem „Entwurf eines Gesetzes zum Schutz der Teilzeitbeschäftigten" 90 1984 gefordert worden war. Nach § 5 Abs. 1 BeschFG kann die Pflicht zur gegenseitigen Vertretung für den Fall eines dringenden betrieblichen Erfordernisses auch zukünftig vorab vereinbart werden. Der Arbeitnehmer ist allerdings auch bei Bestehen einer derartigen Vereinbarung zur Vertretung nur verpflichtet, „soweit sie ihm im Einzelfall zumutbar ist" 91 . 2.2.1.3. Schließlich statuiert § 3 BeschFG, wohl um die legislatorische Intention einer Anregung der Nachfrage nach Teilzeitarbeit auch instrumentell abzusichern, eine Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers im Verhältnis zu Arbeitnehmern, die ihm gegenüber den Wunsch nach einer Veränderung von Dauer oder Lage ihrer Arbeitszeit angezeigt haben. 2.2.1.4. § 6 BeschFG erlaubt den Tarifparteien, auch zu ungunsten der Arbeitnehmer von den Schutzvorschriften des 2. Abschnittes abzuweichen. Derartige Tariföffnungsklauseln sind in jüngster Zeit verstärkt anzutreffen. Offenbar geht der Gesetzgeber davon aus, daß der durch die tarifliche Gleichgewichtslage geschaffene abstrakte Arbeitnehmerschutz ausreichend sei, eine Fähigkeit, die er dem anderen kollektivrechtlichen Regelungsinstrument, der Betriebsvereinbarung, in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BAG 92 nicht konzediert.
2.2.2. Die weiteren Artikel des BeschFG
Neben dem bisher beschriebenen Kernstück des BeschFG enthält das Gesetz in den Art. 2 bis 13 begleitende Bestimmungen, mit denen entwe-
88
Vgl. B.V.3.
89
Zusammenfassender Überblick über den Meinungsstand vor Inkrafttreten des BeschFG bei Danne 1986, S. 58 ff. 90
BTDrucks. 10/2559.
91
Ausführlich zu den damit aufgestellten Kriterien Danne 1986, S. 63 ff.
92
Vgl. BAG, AP Nr. 142 zu § 242 BGB - Ruhegehalt.
236
Β. Die Personalhoheit
der die Attraktivität der vom Gesetzgeber favorisierten Beschäftigungsformen erhöht oder unerwünschte Beschäftigungsformen zusätzlich unattraktiv gemacht werden sollen. Sie sind für den öffentlichen Dienst unerheblich und können an dieser Stelle dahinstehen. Kommunalrechtlich relevant könnte die in Art. 7 gefaßte Änderung des AFG 93 werden. Der in § 91 Abs. 3 AFG enthaltene Katalog bevorzugt zu fördernder ABM wurde um Maßnahmen zur Erhaltung oder Verbesserung der Umwelt erweitert. Die bisher in § 94 Abs. 1 AFG enthaltene zwingende Regelung über die Mindestförderung in Höhe von 60% des Arbeitsentgeltes wurde Sollvorschrift. § 97 AFG wurde dahingehend geändert, daß Zuschüsse für zusätzliche Einstellungen älterer Arbeitnehmer in Zukunft auch an juristische Personen des öffentlichen Rechts gezahlt werden dürfen.
2.3. Welchen beschäftigungspolitischen Gestaltungsspielraum kann das BeschFG den Städten und Gemeinden eröffnen?
Da die öffentlichen Hände zu den größten Arbeitgebern in der Bundesrepublik gehören, hängen Erfolg oder Mißerfolg des BeschFG maßgeblich auch von der Inanspruchnahme durch die öffentlichen Arbeitgeber ab. Der Gesetzgeber hat diese Erwartung ausgedrückt, auch und gerade im öffentlichen Dienst zusätzliche Arbeitsplätze schaffen zu wollen94. Vor allem die Kommunen hatten bis Mitte der 80er Jahre nicht antizyklisch reagiert, sondern - bedingt durch Steuermehreinnahmen den durch einen wirtschaftlichen Aufschwung wiedergewonnenen finanziellen Handlungsspielraum nahezu auschließlich zur Haushaltskonsolidierung genutzt95. Ob zu dieser Zurückhaltung nicht zuletzt das geltende Arbeitsrecht beigetragen hat, läßt sich schwerlich nachweisen. Kritiker des BeschFG96 räumten ein, daß bei unverändeter Aufrechterhaltung der geltenden Arbeitnehmerschutzrechte die Gefahr bestünde, daß die öffentliche Hand mit Rücksicht auf die arbeitsrechtlichen Restriktionen auf Einstellungen verzichtet, für die Haushaltsmittel an sich auf Zeit zur
93 AFG v. 25.6.1969 (BGBl. I., S. 582), Inhalt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 20.12.1984 (BGBl. I S. 1713). 94
Vgl. BTDrucks. 40/3217, RegE. zum BeschFG.
95
Vgl. dazu Weiblen, ZKF 84, S. 128.
96
Vgl. etwa Plunder, DB 1984, S. 2091-2094, 2139-2142.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
237
Verfügung gestellt werden könnten. Vor diesem Hintergrund kann die Zurücknahme arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften durch das BeschFG auch Impulse für eine Bereitstellung zusätzlicher Arbeitsplätze im kommunlen öffentlichen Dienst97 geben. Besonders könnte dies für den durch § 1 BeschFG erleichterten Abschluß befristeter Arbeitsverträge gelten, weil die Kommunalverwaltungen ohnehin überwiegend und in wesentlich größerem Umfange als die übrigen öffentlichen Hände Angestellte und Arbeiter anstelle von Beamten beschäftigen 98. Davon abgesehen könnte der Abschluß befristeter Arbeitsverträge nicht nur vor dem Hintergrund einer möglicherweise unzulässigen Umgehung der Tarifautonomie 99 die wünschenswerte Alternative gegenüber den beamtenrechtlichen Befristungsmöglichkeiten (Beamter auf Zeit oder auf Widerruf) darstellen. Weiterer Spielraum dürfte durch das BeschFG für die Einstellung sogenannter ABM-Kräfte entstanden sein. Nicht nur durch die Einbeziehung der umwelterhaltenden oder -verbessernden Maßnahmen in den Katalog der bevorzugt zu fördernden Arbeiten 100, sondern auch durch die Bezuschussung der Einstellung älterer Arbeitnehmer wurde die Attraktivität der ABM nach dem AFG erhöht. Zu beachten ist allerdings dabei, daß das AFG selbst die Inanspruchnahme wieder einschränkt, soweit es sich um die Erfüllung kommunaler Pflichtaufgaben im Sinne der Gemeindeordnung handelt101. Deshalb ist es insoweit von vornherein nicht möglich, hinsichtlich der Zusätzlichkeit etwa auf die einschlägigen Kriterien des § 91 Abs. 2 S. 1 AFG abzustellen. Demgegenüber hat das BeschFG die Teilzeitarbeit zwar ebenfalls attraktiver gestaltet, empirisch meßbare Erfolge für den kommunalen Bereich liegen allerdings noch nicht vor.
2.3.1. Die Rechtsfragen
Fraglich ist, ob der gewünschten Nutzung des vorgestellten Instrumentariums durch die Kommunen rechtliche Hindernisse entgegenstehen. Dabei geht es vor allem darum, ob staatlich-normative oder tarifliche
91
Ders., S. 2142.
98
Vgl. B.I.
99
Bedenken dieser Art deutet Plander, DB 1984, S. 2139/2142 an.
100
Vgl. oben. 2.2.2.
101
§ 2 Abs. 2 GO BW, § 91 Abs. 2, Satz 1 AFG.
238
Β. Die Personalhoheit
Einschränkungen102 der kommunalen Personalhoheit 103 einer uneingeschränkten Nutzung des im BeschFG bereitgestellten Instrumentariums entgegenstehen. Zusätzliche, über die bisherigen Rechtsfragen hinausgehende Probleme wirft die erleichterte Schaffung befristeter Arbeitsverträge auf. Fraglich ist bereits, ob über die Bereitstellung ausreichender Mittel im Haushaltsplan hinaus eine Änderung des Stellenplans notwendig ist. Nach § 57 GO BW und vergleichbarer Rechtsvorschriften anderer Bundesländer sind die Kommunen nämlich grundsätzlich verpflichtet, sämtliche Stellen in einem Stellenplan auszuweisen. Kraft der normativen Wirkung dieses Planes sind die Gemeinden an die von ihnen selbst geschaffenen Stellenpläne gebunden mit der Folge, daß zusätzliche Einstellungen trotz möglicherweise bereitstehender Haushaltsmittel - rechtlich unzulässig sein können104. Sofern allerdings - wie in § 57 GO BW - die Stellen der nur vorübergehend beschäftigten Arbeiter und Angestellten von der Ausweispflicht im Stellenplan ausgenommen sind, dürfte die Normativkraft des Planes einer Nutzung des § 1 BeschFG nicht entgegenstehen. Zwar existiert keine Regelung, die bestimmt, bis zu welcher Dauer ein Beschäftigungsverhältnis als nur vorübergehend im Sinne der Gemeindeordnung anzusehen ist. Im Hinblick auf die mit dem BeschFG verfolgten legislatorischen Zwecke wird man die 18monatige Befristung des BeschFG jedoch als „vorübergehend" qualifizieren müssen. Dies hat das Innenministerium BW inzwischen ausdrücklich klargestellt 105. Auch das kommunale Haushaltsrecht steht dem Abschluß von Zeitarbeitsverträgen im Sinne von BeschFG und AFG nicht entgegen. Eine Regelung, bis zu welcher Dauer ein Beschäftigungsverhältnis für Angestellte und Arbeiter als vorübergehend im gemeindehaushaltsrechtlichen Sinne gilt,
102
Vgl. dazu Stern, in: Bonner Grundgesetz, Rdnr. 150; ausführlich zu den daraus resultierenden Rechtsproblemen Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 471 ff. 103
Zu dem aus den einschränkenden Regelungen resultierenden Streit um Schutzumfang und Schranken der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie, vgl. nur Schmidt-Aßmann, Gemeinden und Staat im Recht des öffentlichen Dienstes, S. 461; vgl. im übrigen Ipsen, DÖV 1955, S. 228 ff.; Gräfe, Erwiderung zu Ipsen, DÖV 1955, S. 650-652; Stern, in: Bonner Grundgesetz, Rdnr. 147 ff. 104
Vgl. dazu oben 2.2. sowie Fußn. 76-79; im einzelnen zur rechtlichen Einordnung von Fragen des Stellenplans s. unter B.III. 1. 105
Die Fundstelle 1986, H. 15, Rdnr. 454.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
239
besteht nicht 106 . Bei allen befristeten Arbeitsverträgen ist aber Voraussetzung, daß die erforderlichen Haushaltsmittel verfügbar sind.
2.3.2. Das Spannungsfeld Tarifrecht
Höchst umstritten ist seit Inkrafttreten des BeschFG, inwieweit die erweiterte Zulässigkeit von befristeten Arbeitsverhältnissen dann durchgreifen soll, wenn sie mit einer Einschränkung solcher Befristungsmöglichkeiten durch zuvor abgeschlossene Tarifverträge kollidiert. Solche Kollisionen kommen recht häufig vor 107 ; auch der öffentliche Dienst ist davon betroffen 108. Vor allem für die Gemeinden stellt sich die Frage, wie sich § 1 BeschFG zu günstigeren tarifvertraglichen Vereinbarungen verhält und in der Sonderregelung für den öffentlichen Dienst 2y zu § 2 lit. 2y BAT bedeutsam wird. Die Anlage zum BAT enthält eine besondere Regelung für befristete Arbeitsverträge 109. In dieser für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben bestimmter Dauer und Aushilfsangestellte geltenden Tarifnorm ist u.a. bestimmt, daß Zeitangestellte nur eingestellt werden dürfen, wenn hierfür ein sachlicher oder in der Person des Angestellten liegender Grund vorhanden ist. Streitig ist, ob diese im Verhältnis zum BeschFG ältere und für die Betroffenen günstigere Bestimmung der gesetzlichen Befristungsregelung des § 1 BeschFG vorgehen kann mit der Folge, daß Befristungen nach § 1 BeschFG innerhalb des Anwendungsbereichs der Tarifnorm ausgeschlossen wären. Kaum ein Thema des Arbeitsrechts ist in der jüngeren Vergangenheit mit „größerer Literaturdichte" behandelt worden als die Konfliktfälle von BeschFG und Tarifverträgen 110. Im Ergebnis lassen sich die zahlreichen Meinungsäußerungen auf zwei Hauptansichten reduzieren: Die einen wollen dem BeschFG grundsätzlich Vorrang vor bestehenden oder künftigen abweichenden Tarifvertragsregelungen geben111, die anderen gelangen in der Regel im Rahmen eines Günstigkeitsver-
106
Gemkasse BW 1986, H. 8, Rdnr. 117.
107
Vgl. hierzu u.a. die Hinweise bei Winterfeld, 1986, S. 397.
ZfA 1986, S. 158 und Kokte, BB
108
Vgl. BAT SR y, Protokollnotiz Nr. 1 zu la; MTA SR 2a, Protokollnotiz Nr. 1 zu Nr. la. 109
Vgl. Schaub, Städte- und Gemeindebund 1986, S. 12.
110
Bauschke, VR 1987, S. 118.
111
Vgl. stellvertretend Winterfeld,
ZfA 1986, S. 175.
240
Β. Die Personalhoheit
gleichs zum Vorrang der entsprechenden tarifvertraglichen Regelungen112. Was als herrschende Meinung angesehen werden kann, ist derzeit offen 113. Das ArbG Bonn bejahte ausdrücklich den Vorrang der tariflichen Sonderregelung (SR 2y BAT) vor dem BeschFG114 und wird darin inzwischen vom BAG gestützt115. 2.3.2.1. Die Befürworter des Tarifvorrangs stützen ihre Argumentation vornehmlich auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Tarifautonomie. Im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 GG fehle dem Gesetzgeber die Kompetenz, tarifliche Regelungen zu ändern, zu ergänzen oder gar Tarifsperren zu errichten 116. Dem Betätigungsrecht der Koalitionen dürften nur solche Schranken gezogen werden, die zum Schutze anderer Rechtsgüter verhältnismäßig, das heißt geeignet, erforderlich und angemessen seien. Die Verfolgung schützenswerter Interessen habe der Gesetzgeber des Beschäftigungsförderungsgesetzes zwar geltend gemacht, empirische Untersuchungen hätten jedoch die mangelnde Eignung des Gesetzes für Beschäftigungsförderungszwecke ergeben117. Diese Grundsätze gelten auch für die SR 2y BAT. Zwar nehme dieser in seiner Formulierung Bezug auf § 620 BGB in der richterrechtlich fortentwickelten Gestalt, doch könne man bei einer Änderung der in Bezug genommenen Rechtsnorm nicht ohne weiteres davon ausgehen, daß der Tarifvertrag dann mit geändertem Inhalt fortbestehen solle. Vielmehr gelte es, den hypothetischen Parteiwillen der Tarifparteien im Auslegungswege zu ermitteln. Tarifverträge, die wie die SR 2y BAT die Befristungsabreden vom Erfordernis eines sachlichen Grundes abhängig machten, seien im Zweifel dahingehend auszulegen, daß sie den Befristungsschutz ohne Rücksicht auf spätere Auflockerungen des gesetzlichen Kündigungsschutzes an dem im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bestehenden Kündigungsschutzniveau orientieren wollten 118 .
112
Vgl. stellvertretend Kothe, BB 1986, S. 408; zum Günstigkeitsvergleich vgl. Bauschke, VR 1987, S. 119: ein befristetes Arbeitsverhältnis sei günstiger als Arbeitslosigkeit. 113
Bauschke, VR 1987, S. 118.
114
ArbG Bonn, BB 1986, S. 1360 und DB 1986, S. 1683.
115
BAG, DB 1988, S. 1022/2106; vgl auch BAG, BB 1987, S. 1951.
116
Plander, DB 1984, S. 2183 f.
117
Kohte, BB 1986, S. 399 f.
118
Plander, DB 1984, S. 2184 ff.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
241
Etwas abweichend von dieser Begründung stellt das ArbG Bonn 119 jedoch primär auf eine Auslegung der beiden kollidierenden Rechtsnormen ab: § 1 BeschFG enthalte in seinem Kern - wie wohl gegenüber der bisherigen Rechtslage ein reduziertes - Arbeitnehmerschutzrecht und besitze daher nur einseitig, das heißt zugunsten der Arbeitnehmer, zwingenden Charakter. Einen Tarifvertrag günstigeren Inhalts könne und wolle die Vorschrift daher nicht ablösen. Dies ergäbe auch der systematische Vergleich mit der gleichzeitig erlassenen, eine zweiseitig zwingende Wirkung ausdrücklich anordnenden Vorschrift des § 57 a Hochschulrahmengesetz120 und ein Vergleich mit § 6 Abs. 1 BeschFG der, wie die Verwendung des Wortes „auch" impliziere, offensichtlich wie selbstverständlich von der tarifvertraglichen Abweichungsmöglichkeit zugunsten von Arbeitnehmern ausgehe. Die einschränkende Interpretation werde desweiteren auch durch die Entstehungsgeschichte des BeschFG selbst belegt. Während nämlich der Referentenentwurf vom 23. März 1984 in § 10 Abs. 3 in Verbindung mit § 11 Abs. 1 übereinstimmend mit § 57 a Hochschulrahmengesetz vorsah 121, daß nur nach Inkrafttreten des BeschFG abgeschlossene Tarifverträge Abweichungen von der gesetzlichen Regelung ermöglichen sollten, wurde diese Einschränkung im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens fallengelassen. Die SR 2y BAT gehe daher nach den allgemeinen und spezifisch arbeitsrechtlichen Regeln über Normenkollisionen als eine zugunsten der Arbeitnehmer abweichende Sonderregelung der gesetzlichen Bestimmung vor. Zwar habe die Protokollnotiz 1 zur SR 2y BAT bis zum Inkrafttreten des BeschFG mit dem Erfordernis eines sachlichen oder in der Person des Angestellten liegenden Grundes nur die bis dahin nach der Rechtsprechung geltende Rechtslage wiedergegeben. Indem die tarifvertragliche Vorschrift diesen Grundsatz aber in ihrem Wortlaut aufgenommen habe, mache sie ihn zu einer eigenen tarifvertraglichen Norm mit der ihr eigenen Geltungskraft. Im übrigen stehe jeder Tarifvertragspartei offen, den Tarifvertrag zu kündigen und in neuen Verhandlungen die Geltung des BeschFG zu vereinbaren 122.
119
Vgl. Fußn. 114.
120
Vom 14.6.1985 (BGBl. I S. 1065).
121
In dem veröffentlichten RegE. v. 23.3.1984 (RdA 1984, 169 ff.) war für die Erleichterung der Befristung eine Sonderregelung vorgesehen, nämlich ein Vorrang neuer, nicht aber alter Tarifverträge. 122 Zum Vorstehenden ArbG Bonn, BB 1986, S. 1360; vgl. zur Tarifdispositivität der Neuregelungen auch Otto, NJW 1985, S. 1810.
Β. Die Personalhoheit
242
2.3.2.2. Demgegenüber teilt die Mehrzahl der Gegner des Tarifvorrangs zwar den dogmatischen Ansatzpunkt eines grundsätzlichen Tarifvorrangs, sie gelangen aber gleichwohl zu einem gegensätzlichen Ergebnis. Sie erblicken entweder in § 1 BeschFG123 oder im Zweck der Beschäftigungsförderung 124 einen sachlichen Grund im Sinne der Tarifnorm oder legen die SR 2y BAT so aus, daß mit ihr nur die aktuelle Rechtslage abgesichert, keineswegs aber gegenüber späteren Veränderungen festgeschrieben werden sollte125. Daß die Tarifpartner beabsichtigt hätten, gleichsam vorsorglich auch solche Befristungsmöglichkeiten auszuschließen, die vom Gesetzgeber neu eingeführt werden würden, um einer Sondersituation auf dem Arbeitsmarkt Rechnung zu tragen, könne nicht angenommen werden 126. Zum gleichen Ergebnis gelangt Heinze127, der die Anwendung komplizierter Auslegungsmechanismen für überflüssig hält und schlicht mit der dogmatischen Struktur der Tarifnorm operiert. Bei dieser handele es sich um eine „abgeleitete" Rechtsnorm, die keinen eigenständigen Regelungsinhalt besitze, sondern diesen im wesentlichen aus § 620 BGB in dessen richterrechtlich fortentwickelter Gestalt beziehe128. Dementsprechend erfasse die partielle Derogation des § 620 BGB durch § 1 BeschFG nicht nur die implizierende, sondern auch die inhaltlich abgeleitete Rechtsnorm, mit anderen Worten den Tarifvertrag selbst129. Erst recht müsse dies dann gelten, wenn man vor einem bloß verweisenden Charakter der SR 2y BAT ausgehe130. Zu einer Negierung des Tarifvorranges gelangen schließlich auch diejenigen Autoren, die unter Hinweis auf den legislatorischen Zweck des BeschFG von dessen zweiseitig zwingendem Charakter ausgehen131.
123
So Lorenz/Schnedes, DB 1985, S. 1078 f.
124
Letzteres hat zur Konsequenz, daß nur wirklich beschäftigungsfördernde Neueinstellungen, „wenn Arbeitskräfte zusätzlich, also über den Regelbedarf eingestellt werden," dem Erfordernis des sachlichen Grundes genügen; in diesem Sinne auch Schaub, Städte- und Gemeindebund 1986, S. 14. 125
Lorenz/Schnedes, DB 1985, S. 1079; Löwisch, BB 1985, S. 1202.
126
Löwisch, BB 1985, S. 1202.
127
DB 1986, S. 2327.
128
Ders., S. 2331 f.
129
Ders., S. 2332.
130
Ebenda.
131
So Winterfeld,
ZfA 1986, S. 157 ff.; Peiseler, NZA 1985, S. 241.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
243
2.3.2.3. Zweifellos gehört es zu den schwierigsten Problemen des Arbeitsrechts, ob und inwieweit ein Gesetz tarifliche Bestimmungen verdrängen kann. Der Gesetzgeber hat jedenfalls - abweichend vom Referentenentwurf - im BeschFG keine Regelung des Konflikts von Tarifvertrag und Gesetz getroffen. Dies erscheint um so signifikanter, als er in Art. 1 § 6 BeschFG im Zusammenhang mit der Teilzeitarbeit ausdrücklich auch gegenüber dem Gesetz verschlechternde Abweichungen in Tarifverträge zuläßt. Darin dürfte der Grund in der kontrovers geführten Debatte zu suchen sein. Rechtspolitisch dürfte aber auch deutlich geworden sein, daß der Effekt des BeschFG nur in dem Umfang greifen kann, als er nicht an entgegenstehenden Bestimmungen der Tarifverträge scheitert 132 . Dabei überzeugt wohl am ehesten die Ansicht, daß ein derartig starker Eingriff in die nach Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistete Tarifautonomie, wie ihn das Verbot günstigerer tarifvertraglicher Regelung darstellt, der ausdrücklichen gesetzlichen Normierung bedarf 133. Mit § 1 BeschFG ist der Gesetzgeber soweit nicht gegangen. Was kann dies bedeuten? Im Umkehrschluß läßt sich aus dieser Normierung folgern, daß der Gesetzgeber in die Tarifautonomie jedenfalls nicht eingreifen wollte. Man wird daher davon auszugehen haben, daß § 1 BeschFG ermöglicht, befristete Arbeitsverträge abzuschließen, allerdings nur bis zur Grenze des § 1 BeschFG134. Darüber hinaus ergibt sich, daß solche Tarifverträge, die über § 1 BeschFG und die allgemeinen Rechtsgrundsätze hinausgehen, den Abschluß befristeter Arbeitsverträge erleichtern und wirksam sein müßten135. Vor diesem Hintergrund ist die „Ablösung" der SR 2y BAT durch das BeschFG nur unproblematisch, wenn sich die Offenheit der Regelung gegenüber gesetzlichen Veränderungen durch Auslegung ermitteln läßt oder wenn eine „Ablösung" im eigentlichen Sinne gar nicht vorliegt, weil § 1 BeschFG selbst einen sachlichen Grund im Sinne der Tarifnorm beinhaltet136. Ersteres ist, wie die gegensätzlichen Stellungnahmen im Schrifttum aufzeigen, zumindest nicht ohne weiteres festzustellen, während man letzteres zumindest nicht von allen Tatbestandsvoraussetzun-
132
Bauschke, VR 1987, S. 118.
133
Ders., S. 119; vgl. auch Otto, NJW 1985, S. 1810.
134
Schaub, Städte- und Gemeindebund 1986, S. 14.
135
Vgl. die Kontroverse BAG vom 27.3.1969, AP Nr. 31 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag; BAG vom 4.12.1969, AP Nr. 32, a.a.O. 136 Verneinend Bauschke, VR 1987, S. 119; vgl. dazu auch Schaub, Städte- und Gemeindebund 1986, S. 14 sowie Löwisch, BB 1985, S. 1201.
244
Β. Die Personalhoheit
gen behaupten kann137. Daß eine Neueinstellung vorliegt, ist für sich genommen kein Grund, der ein Abweichen vom Kündigungsschutz rechtfertigen würde. Anders könnten die Dinge liegen, wenn tatsächlich neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Motiv der Gesetzesregelung war die Behebung der Arbeitslosigkeit und die Erwartung von Beschäftigungserfolgen 138. Daher kann der Zweck der Beschäftigungsförderung durchaus ein sachlicher Grund sein. Obwohl es aus arbeitsrechtlichen Gründen schwerfallen dürfte, das BeschFG in der vorliegenden Form gegenüber den angesprochenen Tarifregeln durchgreifen zu lassen139, wird die Weitergeltung der tariflichen Sonderregelung SR 2y BAT im öffentlichen Dienst dem Abschluß befristeter Arbeitsverträge nach § 1 BeschFG nicht entgegenstehen, wenn dadurch tatsächlich neue Arbeitsplätze geschaffen werden140. Unproblematischer stellt sich die Rechtslage hinsichtlich einschränkender Tarifverträge dar, die nach Inkrafttreten des § 1 BeschFG geschlossen werden. In diesem Falle bedarf die Frage, ob und inwieweit der Gesetzgeber Tarifvereinbarungen behindern oder sperren kann, schon deshalb keiner Entscheidung, weil § 1 BeschFG eine derartige Wirkung nicht zukommt. Die in § 6 BeschFG für den 2. Abschn. des 1. Artikels gewählte Formulierung, mit der „auch" eine tarifvertragliche Abweichung nach unten zugelassen wird, zeigt, daß der Gesetzgeber von der Zulässigkeit einer Abweichung zugunsten der Arbeitnehmer ohne weiteres ausging141. Für die Gemeinden bedeutet dies, von den vorbezeichneten Möglichkeiten Gebrauch machen zu können, wenn unter Geltung des derzeitigen BAT tatsächlich neue Arbeitskräfte zusätzlich, also über den Regel- und Normalbedarf eingestellt werden und künftig abzuschließende Tarifverträge nicht wieder Einschränkungen des Instrumentariums vorsehen.
137
Vgl. zur Ausgrenzung Bauschke, VR 1987, S. 119.
138
Vgl. zur Begründung des Gesetzentwurfes vom 11.10.1984, BTDrucks. 10/ 2102: durch die gemäß § 1 BeschFG erleichterte Zulassung befristeter Arbeitsverträge sollten auch und gerade im öffentlichen Dienst zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten geschaffen werden. 139
Bauschke, VR 1987, S. 119.
140
In diesem Sinne auch Schaub, Städte- und Gemeindebund 1986, S. 14.
141
Löwisch, BB 1984, S. 1201; Schaub, Städte- und Gemeindebund 1986, S. 14.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
245
2.4. Die arbeitsmarktpolitischen Folgerungen
Das BeschFG zielt auf neue Arbeitsplätze, die jedoch ein Mehr an Arbeit voraussetzen142. Inwieweit Überstunden zugunsten von befristeten Arbeitsverträgen mit neueingestellten Arbeitnehmern tatsächlich abgebaut wurden und werden, dürfte trotz aller Appelle eher skeptisch zu beurteilen sein143. Immerhin dürfte die Gefahr - je nach örtlicher Arbeitsmarktlage - nicht auszuschließen sein, daß von dem befristeten Arbeitsvertrag zu Lasten von Ausweitungen des Stammpersonals bzw. des Stellenplans Gebrauch gemacht wurde und wird. Umgekehrt könnte es zusätzliche - allerdings befristete - Einstellungen nach sich ziehen, wenn das BeschFG angewandt würde. Es spricht aus arbeitsmarktpolitischen Gründen manches dafür, die Gemeinden in Fällen eines für längere - wenngleich unsichere - Dauer absehbaren, später wegfallenden Arbeitsbedarfs Beschäftigungsverhältnisse auf Zeit begründen zu lassen. Zwar mag die befristete Anstellung für den Betroffenen wiederum nur das kleinere Übel sein144, auf der anderen Seite erleichtert dies die Chance145, später in unbefristeten Anstellungsverhältnissen übernommen zu werden. Dies gilt vor allem für die kommunale Praxis, wonach befristete Arbeitsverträge vor allem zu Zeiten der Vertretung von Mutterschutz und auch Erziehungsurlaub eingegangen werden. Wenngleich hierzu derzeit keine Untersuchungen vorliegen, greifen Städte und Gemeinden nach der Erfahrung aus naheliegenden Gründen weniger auf beamtenrechtliche als auf arbeitsrechtliche Gestaltungen zurück 146. Dabei ist entscheidend, ob die zuständigen Kommunalverwaltungen die Vergütung der befristet Beschäftigten aus Mitteln bestreiten, die sie nicht bereitgestellt hätten, wenn sie diese von Rechts wegen für unbefristete Dauer hätten anstellen müssen. Inwieweit dies seit Inkrafttreten des BeschFG geschehen ist, läßt sich nicht verläßlich nachprüfen. Die durch das BeschFG eingeräumte begrenzte Freigabe befristeter Arbeitsverträge, um die Eingliederung von Arbeitslosen in das Arbeitsleben zu erleichtern, dürfte als Versuch zu werten sein, über dessen beschäftigungspolitische Auswirkungen vermutlich erst 1991 Rechenschaft abgegeben werden kann.
142
Otto, NJW 1985, S. 1812.
143
Vgl. Wlotzke, DB 1985, S. 758; allgemein zur arbeitsmarktpolitischen Einschätzung Plander, DB 1984, S. 2141 ff. 144
Sogenannter Günstigkeitsvergleich, vgl. Fußn. 112.
145
Wlotzke, DB 1985, S. 758; vgl. auch BWGZ 1985, S. 485.
146
Vgl. dazu im einzelnen oben 2.3.
246
Β. Die Personalhoheit
3. Die Maßnahmen zur Begrenzung von Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst 3.1. Die Problemstellung
Angehörige des öffentlichen Dienstes, die in ihrer Freizeit eine entgeltliche Nebentätigkeit im privatwirtschaftlichen Bereich ausüben, stoßen angesichts hoher Arbeitslosigkeit und angespannter Wettbewerbsituation in der freien Wirtschaft und in den freien Berufen auf kritische Resonanz. Dabei wird gefordert, daß solche Nebentätigkeiten grundsätzlich nicht stattfinden sollten. Die kommunale Bedeutung ist erheblich. In den Städten und Gemeinden häuften und häufen sich die Anfragen verschiedener politischer Gruppierungen nach einer Begrenzung der Nebentätigkeiten bei kommunalen Bediensteten. Daher befaßte sich auch der Städtetag Baden-Württemberg sowie der Deutsche Städtetag in zahlreichen Vorberichten für die Sitzungen der Personal- und Organisationsausschüsse mit der Begrenzung von Nebentätigkeiten147. In der Stadt Stuttgart wurde angesichts der Arbeitsmarktsituation die künftige Versagung der Nebentätigkeit für städtische Bedienstete mehrfach gefordert 148. Für die 430 städtischen Mitarbeiter, einschließlich des ärztlichen Personals, lehnte der Stuttgarter Oberbürgermeister die künftige Versagung von Nebentätigkeitsgenehmigungen aus arbeitsmarktpolitischen Gründen unter Berufung auf Verfassungsrecht und höchstrichterliche Rechtsprechung ab und verwies auf insoweit fehlende gesetzlich normierte Versagungsgründe. Zwar wird generell die Verpflichtung der öffentlichen Hand verneint, durch Anpassungsmaßnahmen innerhalb des öffentlichen Dienstes den Arbeitsmarkt zu entlasten149. Wenn aber Arbeit knapp ist, drängt sich die Frage auf, ob der Staat Nebentätigkeiten150 der Beamten reduzieren sollte und inwieweit dies rechtlich möglich ist.
147
Städtetag Baden-Württemberg, Vorbericht D 282/1982 v. 25.5.1982; DSt., Umdruck Nr. V 1278 vom 27.3.1984. 148
GRDrucks. Nr. 748/1975, Nr. 60/1984 und Nr. 438/1985.
149
Vgl. B.IV.l. und 3.3.
150
Zum Begriff der Nebentätigkeit als Oberbegriff zur Ausübung eines Nebenamtes und zur Nebenbeschäftigung, vgl. § 1 Abs. 1 BNV, im einzelnen Günther, ZBR 1986, S. 97 ff.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
247
Das Nebentätigkeitsrecht wurde vielfach geändert, angefangen vom völligen Verbot jeglicher Nebentätigkeit in § 16 des Reichsbeamtengesetzes in seiner ursprünglichen Fassung vom 31. März 1873151 und in der Neufassung vom 18. Mai 1907152 bis hin zur heutigen Erlaubnis der Nebentätigkeiten unter Verbotsvorbehalt. Ursprünglich durfte kein Reichsbeamter ohne vorherige Genehmigung ein Nebenamt oder eine Nebenbeschäftigung, mit der eine fortlaufende Remuneration verbunden war, übernehmen. Für die Regelung, die in der Nebentätigkeitsverordnung von 1937 Ausdruck fand und letztlich auch die Beamtengesetze des Bundes und der Länder prägte, waren verschiedene Gesichtspunkte von nachhaltigem Einfluß. In erster Linie ging es dabei um das Interesse an der Wahrung der maßgeblichen beamtenrechtlichen Strukturprinzipien und an der Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Beamtentums153, nicht jedoch um arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte. Das Nebentätigkeitsrecht hat unterschiedliche Interessen auf einen Nenner zu bringen. Auf der einen Seite schützt die Verfassung in Art. 2 Abs. 1 GG auch den Beamten, seine Arbeitskraft - außerhalb eines konkreten Arbeits- oder Dienstverhältnisses - gegen Entgelt „verwerten" zu können154. Ihm gegenüber stehen die Interessen des Dienstherrn, die den Grundrechten der Beamten nicht einfach untergeordnet werden dürfen 155. Zwischen dem Art. 2 Abs. 1 GG, der den Freiheitsraum auch der Beamten schützt, und dem berechtigten Interesse des Dienstherrn an der Arbeitskraft des Beamten, hat sich das Nebentätigkeitsrecht zu bewegen156.
3.2. Die Änderungen der Gesetzgeber
Bund und Länder waren bestrebt, das Nebentätigkeitsrecht der Beamten mit dem Ziel einer weitergehenden Kontrolle und Einschränkung zu ändern. Rechtspolitisch umstritten war vor allem die Vorstellung, daß der Dienstherr - neben dem Kriterium der Wahrung dienstlicher Inter-
151
RGBl. I S. 61.
152
RGBl. I S. 245.
153
Schwandt, ZBR 1985, S. 101-108, 141-148.
154
BVerwG, MDR 1970, S. 887; zustimmend alle Kommentierungen zum Grundgesetz. 155
Vgl. BVerwG, ZBR 1970, S. 184 ff.
156
Lecheler, Bonn 1979, S. 76.
248
Β. Die Personalhoheit
essen - „die Beeinträchtigung erheblicher Belange des Arbeitsmarktes oder Wirtschaftslebens" prüfen und insoweit ein neuer Versagungstatbestand geschaffen werden sollte. Damit wurde eine weitere zentrale Frage des Beamtenrechts aufgegriffen, ob und inwieweit die Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips157 für arbeitsmarktpolitische Belange bei der Genehmigung von Nebentätigkeiten mit dem Verständnis des Grundgesetzes vom Beamtenverhältnis und seiner individualgrundrechtlichen Interpretation vereinbar sein kann158. Die SPD-Bundestagsfraktion brachte dazu den Entwurf eines Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetzes vom 22. Februar 1984 ein 159 , der als „Sollvorschrift" dem Dienstvorgesetzten durch Änderungen der §§ 42 Abs. 2 S. 5 BRRG, 65 Abs. 3 BBG und 20 Abs. 2 und 3 SG die Möglichkeit einräumte, die Genehmigung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen zu versagen. Ähnlich wie die Novelle zum nordrhein-westfälischen Beamtengesetz160 war damit bundesweit die Beschränkung der Nebentätigkeit vorgesehen, wenn erhebliche Belange des Arbeitsmarkts beeinträchtigt werden. Allerdings gingen die Koalitionsfraktionen einen anderen Weg161. Sie erschwerten die Genehmigung von Nebentätigkeiten gegen Entgelt, beschränkten dies allerdings auf streng dienstliche Gründe, wobei die begriffliche Fassung der dienstlichen Gründe „extrem" 162 ausgeweitet wurde 163. Diesem Entwurf folgte der federführende Innenausschuß weitgehend, der die Einschränkung von Nebentätigkeiten im Gesetzentwurf bei Beeinträchtigung erheblicher Belange des Arbeitsmarkts und Wirtschaftslebens164 als verfassungsrechtlich bedenklich deswegen ablehnte, weil der Gesetzgeber nach der Verfassung bei dienstrechtlichen Regelungen
157
Vgl. dazu B.IV.2.
158
Schwandt, ZBR 1985, S. 101.
159
BTDrucks. 10/1034.
160
Vgl. Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vom 22.12.1983, LTDrucks. NW 9/ 3020 und Modifikation vom 5.9.1984; vgl. im einzelnen Schwandt, ZBR 1985, S. 107; Papier, DÖV 1984, S. 536. 161
Vgl. BTDrucks. 10/1319.
162
Thieme, JZ 1985, S. 1027.
163
Vgl. im einzelnen auch Schwandt, ZBR 1985, S. 101; Schnellenbach, NVwZ 1985, S. 327 ff. 164
Vgl. BTDrucks. 10/1034.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
249
grundsätzlich nur dienstliche Interessen schützen könne165. Zu diesen Bedenken traten nach Auffassung der Mehrheit der Mitglieder des Innenausschusses noch weitere Vorbehalte gegen einen arbeitsmarktpolitischen Versagungsgrund, weil er wegen der besonderen Gemeinwohlbindung nur bei Beamten, dagegen nicht bei Angestellten und Arbeitern angewendet werden könnte. Letztendlich wurde der Vorschlag als unpraktikabel angesehen, weil der Dienstvorgesetzte nicht feststellen könne, wann erhebliche Belange des Arbeitsmarkts und des Wirtschaftslebens beeinträchtigt seien. Die dringlichen Probleme des Arbeitsmarkts müßten vorrangig mit arbeitsmarktkonformen Mitteln gelöst werden 166. Ähnlich äusserten sich im parlamentarischen Beteiligungsverfahren zum Gesetzentwurf des Landesbeamtengesetzes NW 1 6 7 bereits die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, die vor allem die Praktikabilität des arbeitsmarktpolitischen Versagungstatbestandes und die angestrebte Entlastung des Arbeitsmarktes in Zweifel zogen168. Ausserdem sei auch nicht erkennbar, von welchen Gegebenheiten die Relevanz der Arbeitsmarktbelange abhängig gemacht werden solle. Damit wurden die praktisch erheblichen Argumente gegen eine solche „Arbeitsmarktklausel" vorgebracht. Aufgrund der Beschlußempfehlung des Innenausschusses beschloß der Bundestag das 6. Gesetz zur Änderung der dienstrechtlichen Vorschriften 169 , das am 1. März 1985 in Kraft trat. Durch dieses Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz wurde das Nebentätigkeitsrecht des Bundes und der Länder weitgehend vereinheitlicht, da die Länder durch die Neufassung des BRRG durch Art. 1 des Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetzes auf die gleichen Regelungen festgelegt worden sind wie der Bund, vgl. Art. 1 und 2 Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz. Damit wurde das Ziel des Gesetzgebers umgesetzt, die uneingeschränkte Erfüllung der dienstlichen Pflichten des Beamten zu gewährleisten170. Daneben verfolgt dieses Gesetz aber auch den Zweck, einen arbeitsmarktpolitischen Beitrag des
165
Vgl. Schwandt, ZBR 1985, S. 104; ferner Papier, DÖV 1984, S. 537 ff.
166
Schwandt, ZBR 1985, S. 104.
167
LTDrucks. 9/3020.
168
Schwandt, ZBR 1985, S. 107.
169
Nebentätigkeitsbegrenzungsgesetz v. 21.2.1985 (BGBl. I S. 371).
170
Durch die Verweisung in §§ 11 und 13 MTB auf das Beamtenrecht sind von der Neuregelung nicht nur Beamte, sondern auch die Angestellten und Arbeiter des Bundes betroffen; BTDrucks. 10/2542.
250
Β. Die Personalhoheit
öffentlichen Dienstes angesichts hoher Arbeitslosenzahlen zu leisten171, nachdem die entsprechende, von der SPD-Fraktion vorgelegte Entschließung vom Bundestag ausdrücklich angenommen wurde. Er forderte damit alle Beteiligten auf, diesem wichtigen Ziel des Gesetzes durch eine restriktive Anwendung der gesetzlichen Vorschriften unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitsmarktes Rechnung zu tragen. Die Umsetzung dieser rahmenrechtlichen Vorgaben erfolgte in BadenWürttemberg durch das ÄndG des Landesbeamtengesetzes, das zum 1. Juli 1986 in Kraft trat 172 . Die entsprechende Landesregelung ist in Art. 1, Nr. 2 bis 7 enthalten173. Mit der Veröffentlichung der Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums BW zum Nebentätigkeitsrecht vom 14. Juni 1987174 wurden auch Empfehlungen für den kommunalen Bereich und die staatlichen Körperschaften gegeben und den Gemeinden ausdrücklich empfohlen, entsprechend den landesrechtlichen Grundlagen zu verfahren 175. Danach sind wie bisher Nebentätigkeiten zu versagen, wenn die Besorgnis besteht, daß „dienstliche Interessen beeinträchtigt werden" (vgl. § 83 Abs. 2 LBG n.F.). Dies ist Schwerpunkt der Neuregelung mit der konkreteren Formulierung der Versagungsgründe in § 83 Abs. 2 LBG, um dadurch eine Begrenzung der Nebentätigkeiten zu erreichen. Diese Norm geht davon aus, daß eine Nebentätigkeit genehmigt werden muß, wenn kein Versagungsgrund vorliegt 176. Begründet wird dies aus dem Grundrecht des Beamten auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und aus seiner Berufsfreiheit, die ein Recht auf entgeltliche Verwertung der eigenen Arbeitskraft außerhalb der dienstlichen Tätigkeit gewährleisten, soweit nicht aus dem Dienst- und Treueverhältnis sich Schranken erge-
171 Vgl. BTDrucks. 10/2542 sowie Beschluß des Bundestages v. 6.12.1984, Stenographischer Bericht, 10. Wahlperiode, S. 8122; Knüppel, DÖD 1985, S. 96. 172
LBG v. 9.6.1986 (GBl. S. 181).
173
Vgl. zum neuen Nebentätigkeitsrecht in Baden-Württemberg Braun lEnkler, BWVPr. 1987, S. 265-267. 174
GABI. S. 790.
175
Hinweise zu §§ 82-88 a LBG i.d.F. vom 8.8.1979 (GBl. S. 398), zul. geänd. durch Ges. v. 9.6.1986 (GBl. S. 181); LNTVO, HNTVO v. 18.5.1987 (GABI. S. 170); vgl. auch zu weiteren Einzelheiten Die Fundstelle 1987, H. 20, Rdnr. 647. 176
VGH BW, Urteil v. 25.4.1979, IV 507/78 und Urteil v. 26.5.1987, I V S 1685/85.
VI. Schaffung von Arbeitspltzen durch Umverteilung
251
ben177. Die Bestimmung in § 83 Abs. 2 LBG wird in der Neufassung durch sechs Gründe, die insbesondere eine Versagung der Nebentätigkeit nach sich ziehen müssen, ergänzt. Besonders deutlich hervorgehoben ist, daß die Arbeitskraft des Beamten in der Regel nur dann unzulässig stark beeinträchtigt wird, wenn die Nebentätigkeiten 1/5 der regelmäßigen Wochenarbeitszeit, derzeit also 8 Stunden, überschreiten (vgl. § 83 LBG n.F.). Neu ist dagegen, daß Nebentätigkeiten nur noch außerhalb der Arbeitszeit ausgeübt werden dürfen 178. Bei genehmigungsfreien Nebentätigkeiten (vgl. § 84 LBG n.F.) sind die Dienstbehörden künftig strenger zum Eingreifen verpflichtet, wenn es zu Kollisionen mit den dienstlichen Obliegenheiten des Beamten kommt. In diesen Fällen hat der Beamte auf Verlangen weitgehende Auskünfte zu geben. Für Nebentätigkeiten dürfen Einrichtungen, Personal oder Material des Dienstherrn nur noch entgeltlich und bei Vorliegen eines öffentlichen oder wissenschaftlichen Interesses beansprucht werden. Eine Genehmigung ist nach wie vor erforderlich 179. Nach § 88 a LBG n.F. müssen auch Ruhestandsbeamte und frühere Beamte Tätigkeiten anzeigen, die mit ihren letzten Dienstaufgaben zusammenhängen. Wenn zu besorgen ist, daß dienstliche Interessen beeinträchtigt werden, müssen solche Tätigkeiten untersagt werden. Ähnliche „Konkurrenzklauseln" sind aus der Privatwirtschaft bekannt. Diese Bestimmungen gelten unmittelbar für gemeindliche Beamte und über § 11 BAT auch für Angestellte, nach dem für die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes grundsätzlich die Regelungen des Beamtenrechts über die Nebentätigkeit entsprechend gelten180.
3.3. Die verfassungsrechtliche Würdigung
Die Vorstellung einer arbeitsmarktpolitisch orientierten Einschränkung der Nebentätigkeit von Angehörigen des öffentlichen Dienstes wirft die Frage nach ihrer Vereinbarkeit mit geltendem Verfassungsrecht auf. Soweit politisch diskutierte Maßnahmen des Gesetzgebers in Bund und
177
Vgl. LTDrucks. 9/2542, S. 12.
178
Vgl. besonders im einzelnen Braun / Enkler, BWVPr. 1987, S. 266 ff.
179
§ 87 LBG n.F.; § 9 Abs. 1 LNTVO und HNTVO.
180
Papier, DÖV 1984, S. 540.
252
Β. Die Personalhoheit
Ländern Restriktionen bei Beamten zum Ziel haben, wird das „Spannungsverhältnis" zwischen den besonderen Kriterien des Beamtenverfassungsrechts und der Verwirklichung des Sozialstaatsprinzips berührt 181 . Inzwischen sind die Neuregelungen des Bundes182 und des Landes Baden-Württemberg 183 zur Begrenzung der Nebentätigkeiten in die Umsetzungs- und Anwendungsphase getreten. Die politische Hauptfrage des Gesetzgebungsvorhabens, ob Nebentätigkeiten von Beamten (allein) aus arbeitsmarktpolitischen Gründen untersagt 184 werden können, wird heute verfassungsrechtlich klar verneint 185. Arbeitsmarktpolitische Erwägungen oder allgemein wirtschaftspolitische Gründe sind keine Kriterien, die vom Sinn und Zweck des konkreten Dienst- und Treueverhältnisses des Beamten erfaßt werden und durch Art. 33 Abs. 5 GG zur Gewährleistung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums vorgesehen sind186. Der Bundes- und die meisten Landesgesetzgeber187 haben dies akzeptiert: „Die Problematik kann als juristisch ausgetragen angesehen werden" 188. Auch aus dem Sozialstaatsprinzip läßt sich wegen der lediglich programatischen Zielsetzung einer Verpflichtung des Staates zu aktiver Sozialgestaltung nicht die Befugnis des Gesetzgebers herleiten, über eine Beschränkung der Nebentätigkeit von Angehörigen des öffentlichen Dienstes korrigierend einzugreifen 189.
181
Schwandt, ZBR 1985, S. 141.
182
6. ÄndG dienstrechtlicher Vorschriften v. 21.2.1985 (BGBl. I S. 371).
183
AnpG an das durch Ges. v. 21.2.1985 (BGBl. I S. 371) geänderte Rahmen-
recht. 184
Untersagung durch Genehmigungsvorbehalt Versagungsgrund.
und arbeitsmarktpolitischen
185
Battis , Verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer gesetzlichen Regelung der Nebentätigkeit, S. 12 ff.; Battis , NJW 1985, S. 716; Papier, DÖV 1984, S. 536 ff.; Schwandt, ZBR 1985, S. 101, 141, 145; Thieme, JZ 1985, S. 1024/1026; Wendt, DÖV 1984, S. 607. 186
Schwandt, ZBR 1985, S. 142; von Münch, ZBR 1978, S. 128.
187
Ausgenommen NW, vgl. hierzu Schwandt, ZBR 1985, S. 1005 ff.
188
Summer, ZBR 1988, S. 1.
189 Schwandt, ZBR 1985, S. 143; vgl. auch Papier, DÖV 1984, S. 539; zum Sozialstaatsprinzip im Arbeitsrecht Wlotzke, DB 1985, S. 756.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
253
3.4. Die beamtenrechtlichen Regelungen der Nebentätigkeit 3.4.1. Der Grundrechtsschutz
Die grundrechtliche Gewährleistung der Nebentätigkeit des Beamten wird unterschiedlich beurteilt 190. In Übereinstimmung mit Rechtsprechung und herrschender Lehre ist davon auszugehen, daß die Nebentätigkeit der Beamten grundrechtlich gewährleistet ist 191 , weil das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) grundsätzlich das Recht auf entgeltliche Verwertung der eigenen Arbeitskraft umfaßt und auch dem Beamten zusteht192. Im Falle der Einschränkung ist im Gegensatz zur Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts 193 in erster Linie die Berufsfreiheitsgarantie des Art. 12 Abs. 1 GG 194 , nicht das (Auffang-)Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG einschlägig195. Als „Beruf 4 im Sinne des Art. 12 GG wird jede Betätigung gesehen, die auf Dauer angelegt und geeignet ist, eine individuelle Lebensgrundlage zu schaffen und zu erhalten 196. Soweit eine außerdienstliche Nebentätigkeit des Beamten im Sinne dieser Zielsetzung eine gewisse Nachhaltigkeit und ein gewisses Ausmaß erreicht, wird sie dem Grundrechtsschutz von Art. 12 Abs. 1 GG unterstellt, während einmalige, gelegentliche oder unbedeutende private Nebentätigkeiten des Beamten dem Grundrechtsschutz der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG zugerechnet werden 197. Die Abgrenzung zwischen den beiden Grundrechtsnormen kann allerdings im Hinblick auf dienstliche oder
190
Vgl. im einzelnen die Nachweise bei Schwandt, ZBR 1985, S. 143.
191
Papier, DÖV 1984, S. 538 m.w.N.; von Münch, ZBR 1978, S. 128; Thieme, JZ 1985, S. 1026. 192
BVerfGE 55, 205 (238); BVerwGE 60, 254 (256); zu den Grenzen BVerwGE 35, 201 (205) m.w.N. 193
BVerwGE 35, 201 (205); 29, 306; 31, 248; 60, 254 = ZBR 1981, S. 31.
194
Scholz, in: Maunz!Düng, Art. 12, Rdnr. 20, 203, 280.
195
Papier, DÖV 1984, S. 538: Der Beamte muß allerdings die gesetzlichen Einschränkungen seiner Persönlichkeitsentfaltung, die sich im Rahmen des Art. 33 Abs. 5 GG halten, hinnehmen. 196
StRspr. des BVerfG, Nachw. bei Scholz, in: Maunz/Dürig,
197
Schwandt, ZBR 1985, S. 143; Papier, DÖV 1984, S. 539.
Art. 12, Rdnr. 18.
254
Β. Die Personalhoheit
außerdienstliche Nebentätigkeiten dahinstehen198. Denn auch bei Anwendung des Art. 12 Abs. 1 GG ist im Falle einer Nebentätigkeit des Beamten die besondere Vorschrift des Art. 33 Abs. 5 GG einschlägig199. Danach können „Gemeinwohlbelange allgemeiner Art ohne dienstlichen Bezug" nicht für normative Eingriffe in die Grundrechtssphäre des Beamten herangezogen werden 200.
3.4.2. Der Genehmigungsvorbehalt
Die eingangs gestellte Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit der Reduzierung von Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst ist zu bejahen. Nebentätigkeiten im öffentlichen Dienst201 könnte die öffentliche Hand insgesamt ohne weiteres entfallen lassen, denn es gibt keinen Rechtsanspruch des Beamten auf Ausübung einer Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst, es sei denn, es lägen besondere Umstände vor, wie z.B. eine rechtsverbindliche Zusicherung 202. Jedenfalls hat der Beamte nach den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums keinen unbeschränkten Anspruch darauf, neben seiner hauptamtlichen Tätigkeit eine bezahlte Nebentätigkeit auszuüben203. Nach deutschem Beamtenrecht ist die Nebentätigkeit des Beamten seit jeher besonderen Beschränkungen unterworfen 204. Bei der Nebentätigkeit im öffentlichen Dienst - also der Übernahme eines Nebenamtes - ist lediglich die umgekehrte Konstellation unter Umständen rechtlich problematisch, ob der Beamte verpflichtet werden kann, ein Nebenamt zu übernehmen205. Bei Maßnahmen zur
198
Schwandt, ZBR 1985, S. 144; vgl. zur Abgrenzung im einzelnen Lecheler, ZBR 1985, S. 97-101; Günther, ZBR 1986, S. 97-115. 199
Dazu Scholz, in: Maunz/Dürig, S. 538 f.
Art. 12, Rdnr. 203, 201; Papier, DÖV 1984,
200
Schwandt, ZBR 1985, S. 144; ebenso Battis , ZBR 1982, S. 169, der arbeitsmarktpolitische Erwägungen als Eingriff in die Grundrechtsausübung des Beamten für nicht gerechtfertigt hält. 201
Zum Begriff vor allem Günther, ZBR 1986, S. 98; § 2 BNV.
202
von Münch, ZBR 1978, S. 128.
203
BVerwGE 29, 306 (307).
204
BVerfGE 53, 303 (343).
205
Was bejaht werden muß, sofern die Ausübung des Nebenamtes der Vorbildung oder Berufserfahren des betreffenden Beamten entspricht und ihn nicht über Gebühr in Anspruch nimmt, vgl. § 54 BBG, § 82 LBG; von Münch, ZBR 1978, S. 128; vgl. auch Günther, ZBR 1986, S. 106.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
255
Verminderung der Arbeitslosigkeit geht es allerdings nur darum, die Beamten eines Nebenamtes zu entkleiden, was rechtlich zu bejahen ist 206 . Eine uneingeschränkte Möglichkeit, Nebentätigkeiten zu verrichten und dadurch zusätzliche Vergütungen neben der Besoldung zu erlangen, kann die Leistungen im Hauptamt und damit die Belange des Dienstherrn sowie das Interesse des Staates und seiner Bürger an der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes gefährden. Da der Gesetzgeber dem mit der Regelung des Nebentätigkeitsrechts entgegenwirken will, hat er der Übernahme von Nebentätigkeiten Schranken gesetzt207. Der Beamte braucht bei Übernahme einer Nebentätigkeit gegen Vergütung grundsätzlich eine Genehmigung, die bei konkreter Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen zu versagen ist 208 . Im übrigen ist der Gesetzgeber verfassungsrechtlich nicht gehalten, die Steuerung dienstrechtlicher Nebentätigkeiten nur über den Grundsatz der Genehmigungspflicht vorzunehmen209. Es steht ihm nach Auffassung des BVerfG 210 vielmehr frei, „neben der Möglichkeit einer Versagung der Genehmigung bei konkreter Besorgnis der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen allgemein den Anreiz zur Übernahme von Nebentätigkeiten durch entsprechende, die Nebentätigkeitsvergütungen regelnde, sie einschränkende Vorschriften zu verringern und so das gleiche Ziel, die Wahrung wichtiger öffentlicher Belange im Bereich des Beamten- und Richterdienstrechtes, nunmehr mit minder schweren Eingriffen weiter zu verfolgen". Probleme ergeben sich demzufolge nur im Zusammenhang mit der Frage der Grenzen der Genehmigungspflicht 211 und der Pflicht zur Ablieferung empfangener Vergütungen. Das BVerwG will zwar den Begriff der Beeinträchtigung „anderer dienstlicher Interessen" im Sinne von § 65 Abs. 2 Satz 1 BBG, die eine Versagung der Genehmigung einer Nebenbeschäftigung rechtfertigen 212 weit auslegen213. Aus der Einbeziehung
206
von Münch, ZBR 1978, S. 128; Schwandt, ZBR 1985, S. 144.
207
Schwandt, ZBR 1985, S. 144.
208
BVerfGE 55, 205 (237).
209
Schwandt, ZBR 1985, S. 144.
210
BVerfGE 5, 205 (238).
211
Vgl. auch Thieme, Hannover 1984, S. 25, vor allem kritisch zu den genehmigungsfreien Tatbeständen sowie zur Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG. 212
BVerfGE 55, 205 (237).
Β. Die Personalhoheit
256
„öffentlicher Interessen" (vgl. auch § 83 Abs. 2 LBG a.F.), ohne den gleichzeitig geforderten dienstlichen Bezug214, kann jedoch nach der bisherigen Judikatur eine Untersagung der Nebentätigkeit zur Wahrnehmung allgemeiner öffentlicher Interessen - dazu gehören „zweifellos" 215 die arbeitsmarktpolitischen Belange - nicht hergeleitet werden, auch wenn sie im weitesten Sinne zu begreifen sind216. Außerdem liegt eine Einschränkung dienstlicher Interessen nicht ohne weiteres dann vor, wenn der Beamte durch die Nebentätigkeit im Wettbewerb zu diesen dritten Personen tritt und diese dadurch in ihren Erwerbschancen geschmälert werden 217. Jedenfalls schützen die beamtenrechtlichen Vorschriften über die Genehmigung einer Nebentätigkeit nur „dienstliche Interessen" 218 und begründen für außenstehende Dritte keine individuelle Rechtsposition219. Insofern begegnet die rahmenrechtliche Regelung des Bundes der Nebentätigkeitsbegrenzung sowie deren Übernahme in das LBG 2 2 0 keinen Bedenken, da diese nunmehr noch auf das Kriterium der Beeinträchtigung dienstlicher Interessen abheben221.
3.5. Die arbeitsmarktpolitischen Erwägungen Im übrigen kann den Ausführungen der bisherigen Rechtsprechung nicht entnommen werden, daß „arbeitsmarktpolitische Erwägungen" die
213
Papier, DÖV 1984, S. 537.
214
Vgl. BVerfGE 35, 201 (205); 29, 306; 31, 248; 60, 254 = ZBR 1981, S. 31.
215
Papier, DÖV 1984, S. 537; Schwandt, ZBR 1985, S. 145.
216
Vgl. BVerwGE 60, 254 (257) m.w.N.; zu dieser Auslegung auch von Münch, ZBR 1978, S. 128. 217
BVerwGE 12, 34 (36).
218
„Öffentliche Interessen" sind in der Neufassung nach § 83 LBG ohnedies nicht enthalten. 219
Schwandt, ZBR 1985, S. 145.
220
Vom 9.6.1986 (GBl. S. 181).
221
Vgl. Schwandt, ZBR 1985, S. 143; Papier, DÖV, 1984, S. 541, der den Gesetzentwurf NW (LTDrs. 9/3020 NW) mit Arbeitsmarktklausel mit geltendem Verfassungsrecht für nicht vereinbar hält; ebenso Schwandt, ZBR 1985, S. 145; Braun /Enkler, BWVPr. 1987, S. 266.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
257
Versagung einer Nebentätigkeit rechtfertigen könnten222. Das OVG Rheinland-Pfalz 223 stellte vielmehr ausdrücklich unter Berufung auf die stRspr. klar, daß eine beantragte Nebentätigkeit nicht von vornherein mit der Begründung versagt werden könne, angesichts hoher Arbeitslosigkeit sei in der Öffentlichkeit kein Verständnis zu erwarten, daß Beamte, die ohnehin einen sicheren Arbeitsplatz hätten, durch eine vom Dienstherren genehmigte Nebentätigkeit noch zusätzliche Einnahmen erzielen könnten. Mit derartigen allgemeinen arbeitsmarktpolitischen Erwägungen könne dem Beamten jedenfalls nach der - geltenden Rechtslage, die auch die Öffentlichkeit hinzunehmen und zu respektieren habe, die Nebentätigkeit nicht versagt werden 224. Aber auch in der Literatur wird die Vorstellung einer Beschränkung von Nebentätigkeiten des Beamten aus arbeitsmarkt- oder beschäftigungspolitischen Gründen kritisiert 225 oder gänzlich abgelehnt226. Wie bereits dargelegt, stellt Art. 33 Abs. 5 GG keine verfassungsrechtliche Grundlage für allgemeine Grundrechtseingriffe dar. Denn Gemeinwohlbelange allgemeiner Art ohne dienstlichen Bezug - also öffentliche Interessen, wie z.B. beschäftigungspolitische Erwägungen - können nach dem Schutzzweck der Verfassungsnorm nicht als gewährleistet angesehen werden 227. Soweit sich die Kritik auf Art. 12 GG als einschlägiges Grundrecht bezieht, stellt sie auf die objektive Berufswahlbeschränkung ab, die jedenfalls dann für unzulässig erklärt wird, wenn sie unter Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG allein die Beamten und nicht alle Arbeitnehmer trifft 228 .
222
Vgl. BVerfGE 55, 205 (238).
223
OVG Rheinland-Pfalz, DÖD 1984, 149 (150).
224
BVerwGE, ZBR 1977, 27 (28); Schwandt, ZBR 1985, S. 145; von Münch, ZBR 1978, S. 128; Battis , Bundesbeamtengesetz, § 65, Anm. 3. 225
Scholz, in: Maunz/Düng, Art. 12, Rdnr. 203, 92 und 280; Battis , ZBR 1982, S. 169; Papier, DÖV 1984, S. 539 und DVBl. 1984, S. 804, Wendt, DÖV 1984, S. 607, Anm. 75. 226
Vgl. Lecheler, Bonn 1979, S. 75 f.; Braun / Enkler, BWVPr. 1987, S. 266.
227
Schwandt, ZBR 1985, S. 145.
228
Papier, DÖV 1984, S. 539; Wendt, DÖV 1984, S. 607.
258
Β. Die Personalhoheit
3.6. Das Tarifrecht Für den Bereich des Arbeitsrechts vertritt die arbeitsrechtliche Judikatur den bisherigen Darlegungen entsprechende Rechtsauffassungen 229. Das BAG sieht ein Verbot entgeltlicher Nebentätigkeit des Arbeitnehmers oder eine allgemeine Genehmigungspflicht solcher Tätigkeit nicht generell als zulässig an, sondern hält sie im Hinblick auf den Grundrechtsschutz des Arbeitnehmers nach Art. 12 Abs. 1 GG und die Entwicklung des Beamtenrechts für bedenklich, soweit nicht durch die Nebentätigkeit der eigene Dienstbetrieb des Arbeitgebers beeinträchtigt wird 230 . Danach kann die Ausübung einer Nebentätigkeit vom Arbeitgeber nur untersagt werden, „wenn die vertraglich geschuldeten Leistungen durch die Nebentätigkeit beeinträchtigt werden" 231. Der Arbeitgeber kann eine Nebentätigkeit seines Arbeitnehmers nur dann von einer Genehmigung abhängig machen, wenn diese Nebentätigkeit den „eigenen Dienstbetrieb" beeinträchtigt, etwa wenn die Nebentätigkeit während der betrieblichen Dienststunden ausgeübt wird 232 . Auch durch Tarifverträge können Nebentätigkeiten nur dann verboten werden, wenn schutzwürdige Interessen des Arbeitsgebers dies rechtfertigen 233. Dadurch können dem Arbeitnehmer weder durch - individualrechtlichen - Arbeitsvertrag noch durch Tarifvertrag generelle oder solche Nebentätigkeitsverbote auferlegt werden, die sich auf allgemeine wirtschafts- oder arbeitsmarktpolitische Erwägungen gründen 234. In diesem Zusammenhang spielt der Grundrechtsschutz des Arbeitnehmers nach Art. 12 Abs. 1 GG eine wesentliche Rolle, dem hier wie allgemein eine unmittelbare Drittwirkung beigemessen wird 235 .
229
Papier, DÖV 1984, S. 538.
230
Schwandt, ZBR 1985, S. 146.
231
BAG, AP Nr. 68 zu § 626 BGB.
232
BAG, AP Nr. 60 zu § 626 BGB.
233
Wiedemann ! Stumpf 1977, Einleitung Rdnr. 82 m.w.N.
234
Schwandt, ZBR 1985, S. 146; Papier, DÖV 1984, S. 538/540.
235
Papier, DÖV 1984, S. 538; Schwandt, ZBR 1985, S. 146, der im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG Nebentätigkeitsverbote für nicht „absprachefähig" hält.
VI. Schaffung von Arbeitsplätzen durch Umverteilung
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3.7. Die Wirkungen einer Begrenzung von Nebentätigkeiten Als Folgerung ist aus den genannten Gründen davon auszugehen, daß das Nebentätigkeitsrecht als Instrument der Arbeitsmarktpolitik ausscheiden muß. Lecheler erkennt darin bereits „aus Rechtsgründen ein untaugliches Werkzeug" 236. Für die Rahmengesetzgebung des Bundes bestand nach bisherigen Erfahrungen mit der Erteilung von Nebentätigkeitsgenehmigungen ein aktueller Bedarf 237, weil Mißbrauchsfälle bei kommunalen Aufgaben bauplanender und bauleitender Art trotz restriktiver Intention von früheren Normen nicht auszuschließen waren, so daß für den Dienstvorgesetzten die Möglichkeit einer wirksamen Einschränkung unerwünschter Nebentätigkeiten von Beamten nicht mehr gegeben schien. Damit mag zwar im politischen Raum ein weitergehendes Bedürfnis zur Einführung eines arbeitsmarktpolitischen Versagungstatbestandes postuliert sein, dieser wirkt aber weder argumentativ noch rechtlich überzeugend. Die fehlende sachliche Indikation zeigt sich vor allem bei näherer Überprüfung der in der Öffentlichkeit besonders kritisch gesehenen Nebentätigkeitsfälle in einzelnen Dienstleistungsbereichen mit Architekten und Bauingenieuraufgaben 238. In Nordrhein-Westfalen wurde deren Wahrnehmung als Nebentätigkeit beispielsweise durch Verwaltungsverordnung des Innenministeriums des Landes vom 19.7.1983 näher geregelt, um der Gefahr der unangemessenen Inanspruchnahme von Nebentätigkeiten in diesem Bereich unmißverständlich entgegenzuwirken239. Solche Verwaltungsverordnungen 240 gewährleisten durchaus bei konsequenter Anwendung eine Entscheidungspraxis unter Wahrung „dienstlicher Interessen", daß daneben für eine mögliche „Beeinträchtigung erheblicher Belange des Arbeitsmarkts" wohl kaum ein Regelungsbedürf-
236
Lecheler, Bonn 1979, S. 77.
237
Schwandt, ZBR 1985, S. 146.
238
Vgl. Schwandt, ZBR 1985, S. 146.
239
Vgl. nähere Einzelheiten bei Schwandt, ZBR 1985, S. 146.
240
Ebenso in BW, Hinweise zur Genehmigung und Überwachung von Nebentätigkeiten der Landesbeamten v. 13.3.1983, mit entsprechender Auflage für die Gemeinden, ebenso zu verfahren (GABI. 83, 450), inzwischen mit Verwaltungsvorschrift des Innenministeriums zum Nebentätigkeitsrecht v. 14.7.1987 (GABI. S. 790) außer Kraft getreten.
Β. Die Personalhoheit
260
nis besteht241. Bedenken bestehen ohnedies, ob mit einer solchen Arbeitsmarktklausel der „Gefährdung des Gleichgewichtsziels" eines hohen Beschäftigungsstandes effektiv begegnet werden kann. Betroffen sind nur die Nebentätigkeit der Beamten, nicht aber die der Arbeitnehmer insgesamt, sei es in der Privatwirtschaft, sei es im öffentlichen Dienst. Dabei geht einer empirischen Untersuchung der BA zufolge jeder 10. Bundesbürger einer Nebentätigkeit nach242. Daher sind Zweifel an der arbeitsmarktpolitischen Effizienz angebracht243. Es gibt viele Nebentätigkeiten, bei deren Unterbindung eine beschäftigungspolitische Wirkung überhaupt nicht eintreten wird oder eintreten kann244, weil Spezialkenntnisse im Nebenamt aus der Praxis gebraucht werden. Dies gilt insbesondere für nebenamtliche Dozenten (Schulen, Fachhochschulen, Justiz) und für viele Bereiche der Aus- und Fortbildung. Außerdem muß die Prognose zu der Frage bezweifelt werden, ob und inwieweit normative Maßnahmen entsprechend ihrer jeweiligen Zielsetzung eine wirksame Begrenzung der Nebentätigkeit überhaupt ermöglichen können. Dementsprechend gehen auch die Spitzenorganisationen der Gewerkschaften und Berufsverbände von unterschiedlichen Erwartungen aus. Während der DGB und die DAG der Überzeugung Ausdruck gegeben haben, daß eine restriktive Änderung des Nebentätigkeitsrechts, insbesondere durch Einführung eines arbeitsmarktpolitischen Versagungstatbestandes, zu einer spürbaren Verbesserung der Berufschancen für Arbeitslose führen wird, geht der Deutsche Beamtenbund nicht davon aus, daß eine wesentliche Verbesserung der Arbeitsmarktsituation zu erzielen ist 245 . Auch der Städtetag Baden-Württemberg sowie der DSt. äußerten sich kritisch. Während der Städtetag Baden-Württemberg anläßlich der Kommentierung der LTDrucks. 8/2426 ein regulierendes Eingreifen „im Ernstfalle" kaum für möglich hält 246 , hielt der DSt. bei der Behandlung des Entwurfs der SPD-Bundestagsfraktion 247 vom Grundsatz her ein
241
Schwandt, ZBR 1985, S. 146.
242
Veröffentlicht in Handelsblatt vom 7.8.1986, S. 5, zitiert nach Mitt. aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. 243
Papier, DÖV 1984, S. 540.
244
Kritisch dazu auch Thieme, JZ 1985, S. 1026; ferner von Münch, ZBR 1978, S. 128, jeweils mit Einzelbeispielen. 245
Schwandt, ZBR 1985, S. 147.
246
Umdruck D 282/1982 vom 25.5.1982.
247
BTDrucks. 10/1034.
VII. Finanzielle Beiträge zur Arbeitsmarktentspannung
261
solches Vorgehen für unterstützungswürdig 248. Allerdings sieht auch der DSt. verfassungsrechtliche Bedenken. Über die Nebentätigkeiten außerhalb des öffentlichen Dienstes gibt es, soweit bisher bekannt, keine zuverlässigen und zeitnahen Ermittlungen249. Deshalb ist auch nicht überschaubar, ob und inwieweit die normativen Maßnahmen in Bund und Land sowie den Kommunen entsprechend ihrer jeweiligen Zielsetzung verwirklicht werden können. Im Ergebnis erweist sich bei verfassungsrechtlicher Beurteilung die auf die Wahrung „dienstlicher Interessen" ausgerichtete Maßnahme des Bundesgesetzgebers als unbedenklich, während eine landesgesetzliche Regelung eines arbeitsmarktpolitischen Versagungstatbestandes erheblichen Bedenken begegnen müßte und mit der in Kraft getretenen Rahmengesetzgebung des Bundes nicht in Einklang stünde. Außerdem ist für die Einführung eines arbeitsmarktpolitischen Versagungstatbestandes weder „ein sachliches Bedürfnis indiziert noch eine hinreichende Effizienz" erkennbar 250. Ein Regelungs- oder Handlungsbedarf für die kommunalen Arbeitgeber besteht darüber hinaus nicht.
VIL· Die finanziellen Beiträge des öffentlichen Dienstes zur Entspannung des Arbeitsmarkts Neben personalrechtlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand zur Entlastung des Arbeitsmarktes werden auch indirekte Beiträge des öffentlichen Dienstes an den Kosten der Arbeitslosigkeit wiederholt diskutiert. Anlaß hierfür war und ist die angespannte Finanzlage der BA. Der Haushaltsplan der Anstalt hätte ohne Einsparungen im AFG 1 für das Haushaltsjahr 1989 ein Defizit von 5,82 Mrd. DM aufweisen müssen2. Auch in den folgenden Haushaltsjahren ist selbst bei langsam zurückgehenden Arbeitslosenzahlen mit hohen Defiziten zu rechnen3. 248
Umdruck Nr. V 1278 vom 27.3.1984.
249
Vgl. für die LHSt. Stuttgart, GRDrucks. Nr. 438/1985; Schwandt, ZBR 1985, S. 147; zur begrifflichen Abgrenzung vgl. Lecheler, ZBR 1985, S. 100. 250 1
Schwandt, ZBR 1985, S. 148.
Zu den Einzelheiten Pröbsting, DB 1989, S. 678.
2
Ders., S. 679; vgl. zur Finanzentwicklung der BA Deutsche Bundesbank 1989, Nr. 1, S. 13-21 3
In der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes sind Bundeshilfen von 2,8 Mrd. D M für 1990 und von 1,3 Mrd. DM für 1991 vorgesehen. Angesichts stei-
262
Β. Die Personalhoheit
Gedacht wird an Möglichkeiten zur Verbesserung der Einnahmeseite bei der BA durch die Erweiterung der Solidargemeinschaft mittels Einbeziehung solcher Gruppen, die bislang keine Zahlungen an die Arbeitslosenversicherung entrichten mußten. Dies zielt auf die Gruppe der Beamten, die wegen ihres geringen Arbeitsplatzrisikos eine Solidarleistung erbringen sollten, indem sie künftig eine Arbeitsmarktabgabe zahlen. Solidarität in diesem Sinne ist dabei kein Rechtsbegriff des Beamtenrechts und kann somit keine erzwingbare dienstliche Verpflichtung darstellen4. Die Kommunen haben hierauf zwar keinen Einfluß, jedoch wären die Kommunalbeamten von gesetzlichen Regelungen betroffen.
1. Die Arbeitsmarktabgabe Die Erhebung einer Arbeitsmarktabgabe bei Beamten zur Sanierung der Finanzen der BA wäre grundsätzlich in zwei Ausgestaltungen denkbar 5: Man könnte entweder die Beamten a) b)
voll in die Arbeitslosenversicherung einbeziehen oder sie nur verpflichten, an die BA Zahlungen zu entrichten, ohne daß ihnen hierfür Gegenleistungsansprüche erwüchsen.
Bereits 1973 beschäftigte sich die Bundesregierung eingehend mit den Möglichkeiten einer Änderung der geltenden Finanzierung der BA 6 . Dabei wurde die volle Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung als unzweckmäßig erachtet7. Beamte auf Widerruf, die aus dem Vorbereitungsdienst ausscheiden und keine Beschäftigung finden, erhalten nach der derzeitigen Rechtslage nur Arbeitslosenhilfe gemäß §§ 134 ff. AFG, weil sie die Anspruchsvoraussetzungen für das Arbeitslosengeld nach §§ 104 ff. AFG nicht erfüllen. Denn die Tätigkeit der Beamten auf Widerruf ist nach §§ 169 Nr. 1 AFG, 172 Abs. 1 Nr. 5 RVO versicherungsfrei und die Nachversicherungspflicht bezieht sich gem. § 1232 Abs. 1, Abs. 2 RVO nur auf die
gender Aussiedlerzahlen werden die Hilfen wesentlich höher sein müssen; zu den Ursachen des Defizits Pröbsting, DB 1989, S. 679; ferner Deutsche Bundesbank 1989, Nr. 1, S. 13-21. 4
von Münch, ZBR 1978, S. 128.
5
Berg/Tettmann,
ZBR 1983, S. 218.
6
BTDrucks. 7/403, Arbeitsförderungsbericht gemäß § 239 AFG vom 23.3.1973.
7
Berg/Tettmann,
ZBR 1983, S. 218; vgl. Thieme, Hannover 1984, S. 18 ff.
VII. Finanzielle Beiträge zur Arbeitsmarktentspannung
263
Rentenversicherung. Würde man die Beamten also voll in die Arbeitslosenversicherung einbeziehen und ihnen dann auch Leistungsansprüche gewähren, so daß den ausscheidenden Beamten auf Widerruf Arbeitslosengeld zustünde, wäre je nach Berufssituation dieser Personen im Ergebnis kaum eine Besserung der Finanzen der BA zu erwarten 8. Bund, Länder und Gemeinden als Anstellungskörperschaften, bzw. Dienstherren der Beamten müßten in einem solchen Fall den Arbeitgeberanteil an die Arbeitslosenversicherung abführen, was angesichts der Finanzlage sich wohl kaum verwirklichen ließe. Nachdem der Bund gesetzlich verpflichtet ist, den Haushalt der BA auszugleichen, hätte die Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung nur eine Verschiebung der Finanzlasten innerhalb der öffentlichen Haushalte zur Folge. Der von den Beamten zu entrichtende Arbeitnehmeranteil würde mit großer Wahrscheinlichkeit durch eine Inanspruchnahme der Leistungen der BA weitgehend aufgezehrt werden. Daher wird die Einbeziehung der Beamten in die Arbeitslosenversicherung vor allem deswegen für unzweckmäßig erachtet, weil davon keine Verbesserung der Finanzsituation der BA zu erwarten wäre. Die zweite Variante wäre die Erhebung einer Arbeitsmarktabgabe von Beamten, ohne diesen hierfür eine Gegenleistung zu gewähren9. Dies bedeutete, daß die Beamten mit einer an die BA abzuführenden Abgabe belastet würden, daß sie aber keinerlei Ansprüche aus dem AFG herleiten könnten10. Bei dieser Form der Arbeitsmarktabgabe müssen die Dienstherren keinen Arbeitgeberanteil tragen. Daher würde diese Ausgestaltung der Arbeitsmarktabgabe die öffentlichen Haushalte insgesamt entlasten. Eine solche Abgabe in Höhe von 2% des Bruttoeinkommens aller aktiven Beamten brächte nach Schätzungen 1983 für die BA einen zusätzlichen Ertrag von rd. 1,4 Mrd. DM jährlich. Im Gegensatz zu dem oben unter a) aufgezeigten Weg würde diese Form der Abgabe eine willkommene Minderung der Finanzlücke bewirken.
8
Naujoks, ZBR 1976, S. 66 ff.
9
Berg/Tettmann, ZBR 1983, S. 218, unter Hinweis auf die Einführung eines solchen Modells in Frankreich. 10
Naujoks, ZBR 1976, S. 70.
264
Β. Die Personalhoheit
2. Der rechtliche Charakter einer Arbeitsmarktabgabe Die andiskutierte Arbeitsmarktabgabe läßt sich unter die klassischen Abgabeformen der Steuern, Gebühren, Beiträge oder Sozialversicherungsbeiträge subsumieren11. Während von Münch von einer rechtlichen Verpflichtung spricht 12, wenn der Gesetzgeber den Beamten zu einer Gehaltsabgabe verpflichten würde, kommt Naujoks zu dem Ergebnis, daß eine solche „Beamtenabgabe" rechtlich nicht möglich wäre, vor allem nicht als Steuer13. Im Ergebnis scheint er jedoch diesen Weg als sogenannte Ausgleichsabgabe für rechtlich nicht ganz ausgeschlossen zu halten. Die Diskussion führt in den Bereich der außersteuerlichen Finanzierung, der mittlerweile wegen seiner vielfältigen Ausprägungen sehr schwer überschaubar ist 14 und nicht außerhalb aller rechtlichen Zweifel steht15. Ob die Arbeitsmarktabgabe unter die Abgaben für die Freistellung von öffentlich-rechtlichen Pflichten fällt oder eher dem T^pus der Förderungsabgaben unterliegt 16, mag hier dahinstehen. Am ehesten wird man in ihr eine außersteuerliche Abgabe „sui generis" sehen, die allenfalls in funktioneller Hinsicht Ähnlichkeit mit der Gruppe der Förderungsabgaben aufweist. Sie soll gleichzeitig jedoch in Zeiten der schlechten Arbeitsmarktlage und der schwierigen Finanzsituation der öffentlichen Hand den in einer solchen Situation besonders zum Tragen kommenden Vorteil eines relativ geringen Arbeitsplatzrisikos abgelten. Dabei geht es primär um die Sanierung des Haushaltes der BA. Auf der anderen Seite kann sie mittelbar bewirken, daß diese vom Staat geschaffene Körperschaft des öffentlichen Rechts gerade auf dem Gebiet der allgemeinen Beschäftigungspolitik wieder aktiver werden könnte, um so einen Beitrag zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu leisten. Der insoweit denkbare Nebeneffekt tritt aber jedenfalls dann hinter das primäre Ziel zurück, die Einnahmen der BA generell zu verbessern, wenn die Arbeits-
11 Berg/Tettmann, ZBR 1976, S. 73.
ZBR 1983, S. 218; von Münch, ZBR 1978, S. 129; Naujoks,
12
von Münch, ZBR 1978, S. 129.
13
Naujoks, ZBR 1976, S. 73.
14
Berg/Tettmann,
ZBR 1983, S. 218.
15
von Münch, ZBR 1978, S. 129.
16
Berg/Tettmann,
ZBR 1983, S. 219.
VII. Finanzielle Beiträge zur Arbeitsmarktentspannung
265
marktabgabe von den Förderungsabgaben wesentlich verschieden ist und somit wohl eher dem Spektrum der „Sonderabgaben" zuzuorden ist17. Die Rechtsprechung des BVerfG unterscheidet dabei zwischen gruppen- und fremdnützigen Sonderabgaben und erachtet grundsätzlich nur die gruppennützigen Sonderabgaben für zulässig18. Gruppennützigkeit der Abgabe setzt voraus, daß zwischen den Beamten und den sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern eine Solidargemeinschaft besteht19. Aber schon die soziale Sicherung dieser Gruppen ist so grundverschieden organisiert, daß von einer vorgegebenen Solidargemeinschaft keine Rede sein kann, denn den Beamten steht als Anspruchsgegner kein Sozialversicherungsträger, sondern der jeweilige Dienstherr selbst gegenüber 20. Außerdem trifft das Risiko, vor dem die Arbeitslosenversicherung schützt, den Beamten nicht, weil der Lebenszeitbeamte nur unter bestimmten Voraussetzungen arbeitslos werden kann. Darüber hinaus würde auch die Einbeziehung der Berufsbeamten in die Arbeitslosenversicherung gegen das Äquivalenzprinzip verstoßen, weil eine sachgerechte Verknüpfung zwischen Vergünstigung und Belastung fehlt 21. Letztlich wäre eine solche Einbeziehung mit Art. 33 Abs. 5 GG nicht zu vereinbaren 22, weil dem Beamten der Dienstherr, nicht aber ein Sozialversicherungsträger als Anspruchsgegner gegenübersteht, und weil alle versicherungsrechtlichen Lösungen dem beamtenrechtlichen Alimentationsprinzip widersprechen 23. Daraus kann geschlossen werden, daß eine Solidargemeinschaft zwischen Beamten und privaten Arbeitnehmern gerade nicht besteht. Sie kann auch nicht über die Beteiligung der Beamten an der Finanzierung der Arbeitslosigkeit, sondern nur durch eine Beseitigung des Sonderstatus der Berufsbeamten, also durch eine Änderung des Art. 33 Abs. 4 und 5 GG herbeigeführt werden. Eine weitere Frage ist, ob sich aus der besonderen Beziehung der Beamten zum Dienstherrn eine solch enge Bindung geben kann, daß dieser in Zeiten des Geldmangels auf diese Berufsgruppe zurückgreifen kann. Faktisch und rechtlich sind eine Trennung der Staatsfinanzen von
17
Dies., S. 220.
18
BVerfGE 55, 274.
19
Berg/Tettmann,
ZBR 1983, S. 220.
20
Lecheler, Bonn 1979, S. 67 ff.
21
BVerfGE 11, 105 (115).
22
Naujoks, ZBR 1976, S. 68; Thieme, Hannover 1984, S. 19.
23
BVerfGE 11, 203 (210).
Β. Die Personalhoheit
266
der Beamtenbesoldung nicht möglich24. So, wie die allgemeine Wirtschaftslage nicht nur die Staatsfinanzen, sondern auch die Kommunalfinanzen prägt, spiegelt der Verlauf der Beamtenbesoldung die Situation der öffentlichen Haushalte allgemein wider. Dies folgt ferner aus dem geltenden Recht, z.B. aus § 14 BBesG und noch deutlicher aus § 17 Abs. 1 BeamtVG. Danach faßt der Gesetzgeber nicht nur eine allgemeine Erhöhung, sondern auch eine allgemeine Verminderung der Dienstund Versorgungsbezüge ins Auge. Er verfügt über ein Instrumentarium, um seinen finanziellen Engpässen Rechnung zu tragen, wovon besonders in Zeiten der Haushaltskonsolidierung Gebrauch gemacht wird. Die Instrumente sind vielfältig, sie reichen von der Verschiebung von Besoldungsanpassungen über nur geringe Aufbesserungen bis hin zu Stellenstreichungen und der damit verbundenen Arbeitsbelastung der übrigen Beamten. Dienstherr, Staat und Beamtentum sind also so eng miteinander verbunden, daß man die finanzielle Lage des einen vom Haushaltsstandard des anderen nicht trennen kann25. In Rechtsprechung und Lehre ist daher anerkannt, daß den Beamten in Krisenzeiten des Staates sogar Gehaltskürzungen auferlegt werden können, zumal das Alimentationsprinzip keine summenmäßig bestimmte Besoldung, sondern nur den Kernbestand standesgemäßen Unterhalts garantiert 26. Die Vielzahl der angesprochenen und anzusprechenden Rechtsfragen und die damit verbundenen Zweifel haben den Gesetzgeber bisher veranlaßt, Beamte nicht zur Finanzierung des Arbeitsmarktes heranzuziehen27. Die rechtlichen Bedenken folgen vor allem aus dem besonderen Rechtsstatus des Beamten, nicht aus dessen Privilegien. Für die Städte und Gemeinden spielt die weitere Diskussion daher keine Rolle.
24
Berg/Tettmann,
25
Dies., S. 222.
ZBR 1983, S. 221.
26
BVerfGE 21, 239 (344 f.) = NJW 1967, 1851 m.w.N.; vgl. auch BVerfGE 37, 167 (173); mit Schreiben vom 3.5.1984 an den Bundeskanzler legte der badenwürttembergische Ministerpräsident einen „Entwurf eines Gesetzes über einen Solidaritätsbeitrag des öffentlichen Dienstes zur Verbesserung der Arbeitsplatzchancen junger Menschen" vor, der eine Kürzung der Sonderzuwendung für 5 Jahre (1985-1990) vorsah, jedoch nach ablehnenden Stellungnahmen des Bundes und einiger Länder offensichtlich nicht weiterverfolgt wurde, vgl. Carl, DÖD 1988, S. 102. 27
Thieme, Hannover 1984, S. 21.
VII. Finanzielle Beiträge zur Arbeitsmarktentspannung
267
3. Die Selbstbeschränkung Diskutiert wird die Selbstbeschränkung berufstätiger Personen in Zeiten der hohen Arbeitslosigkeit wiederholt. An erster Stelle steht die Einkommensbeschränkung, wobei im öffentlichen Dienst zu unterscheiden ist, ob es sich um eine rechtliche Verpflichtung oder nur um eine moralische Selbstbeschränkung handelt. Während die Arbeitsmarkt- oder Beamtenabgabe rechtlich zweifelhaft sein dürfte, ist es ohne weiteres rechtlich zulässig, eine Gehaltskürzung bei Beamten vorzunehmen, sofern dabei der amtsgemäße Unterhalt gesichert bleibt. Die Treuepflicht des Beamten verlangt insbesondere, daß der Dienstherr dem Beamten - und nach seinem Tod seinen Angehörigen - angemessene Dienst- und Versorgungsbezüge gewährt28. Die Ausgestaltung der Bezüge im einzelnen ist von der Verfassung nicht reglementiert 29. Insbesondere können nicht bestimmte Formen von Bezügen wie Weihnachtsbeihilfen, 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld u.ä. verlangt werden, solange die Bezüge nur insgesamt als standesgemäß anzusehen sind. Dabei läßt sich die Tendenz nicht verleugnen, Vorbilder aus arbeitsrechtlichen Regelungen zu übernehmen. Das ist zulässig, von der Verfassung aber nicht gefordert. Auch für Beihilfen in besonderen Fällen gilt entsprechendes. Die in Weimarer Zeit umstrittene Frage, ob hinsichtlich der ziffernmäßigen Höhe der Besoldung das „Meistbegünstigungsprinzip" (keine Herabsetzung) zu gelten habe, wird heute eindeutig verneint 30: Einmal können die allgemeinen Lebensbedingungen in Krisenzeiten sich negativ verändern, so daß sie auch die Vorstellungen von dem, was standesgemäß ist - was ja immer im Verhältnis zu anderen gesehen werden kann - , wandeln können. In diesem Fall kann den Beamten sicher eine Einschränkung in ihren Lebensverhältnissen zugemutet werden. Weniger gesichert ist, ob Beamte bei einer besonderen finanziellen Notlage des Staates bereit sein müssen, Abstriche an der Besoldung hinzunehmen. Eine Verpflichtung dazu könnte sich allenfalls aus der Treuepflicht des Beamten ergeben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Begriff „standesgemäß" sehr dehnbar ist und der Staat im Notfall bis an die Grenze dessen gehen kann, was noch „standesgemäß" ist31. Eben-
28
BVerfGE 9, 268 (286).
29
Maunz, in: Maunz!Düng, Art. 33 Rdnr. 69.
30
Ebenda.
31
Vgl. BVerfGE 8, 1 (22 ff.).
268
Β. Die Personalhoheit
falls muß man ihn für verpflichtet halten, dann durch entsprechende Steuermaßnahmen für die erforderlichen Mittel der Beamtenbesoldung zu sorgen32. Die „wohlerworbenen Rechte" des Beamten enthalten keine ziffernmäßige Garantie, sondern nur die Sicherung im Rahmen der zulässigen Veränderungen 33. Nicht dagegen dürfen beeinträchtigt werden, die vom Beamten „erdienten" Voraussetzungen für den Besoldungsanspruch, wie etwa das Dienstalter, lebenslange Anstellung und anderes mehr. Andere, nicht oder nicht nur auf die vermögensrechtlichen Wirkungen des Beamtenverhältnisses bezogenen Rechte werden durch Abs. 5 des Art. 33 GG ebenfalls geschützt. Das Initiativrecht für Gehaltskürzungen bei Beamten liegt nicht bei den kommunalen Dienstherren, sondern bei den Beamtengesetzgebern in Bund und Ländern 34. Eingriffe der kommunalen Dienstherren sind daher nicht möglich. Anders sieht es bei freiwilligen Selbstbeschränkungen aus. Hier kann jeder Betroffene sich selbst und seine finanziellen Möglichkeiten einschätzen, wenngleich sich auch hier die Frage stellt, ob solche freiwilligen Gehaltsverzichte, die teilweise auch für den öffentlichen Dienst diskutiert werden (Lehrer) genug einbringen, um einen nennenswerten Beitrag zur Verminderung der Arbeitslosigkeit zu leisten. Rechtlich ist dies ohne Belang.
32
Maunz, in: Maunz!Düng, Art. 33, Rdnr. 69.
33
Maunz, in: Maunz /Dürig, Art. 33, Rdnr. 70.
34
Vgl. auch zu den Besoldungskürzungen B.V.5.
C. Die Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes in rechtlicher und praktischer Sicht L Die Beschäftigung von arbeitslosen Sozialhilfeempfangern und die Hilfe zur Arbeit 1. Die Problemstellung Je stärker die Städte und Gemeinden mit ungelösten Arbeitsmarktproblemen konfrontiert sind - insbesondere wegen der finanziellen Folgen steigender Zahlen von Sozialhilfeempfängern - , um so mehr werden eigene kommunale Aktivitäten im Bereich der Beschäftigungsförderung und Arbeitsmarktpolitik gefordert. Daher wurden und werden neue Handlungsmöglichkeiten erschlossen, die außerhalb konventioneller und rechtlicher Steuerungsmechanismen von kommunaler Personal- oder Finanzhoheit anzusiedeln sind. Man spricht in diesem Fall auch vom sogenannten „Zweiten Arbeitsmarkt" 1. Seit 1983 sind viele Gemeinden mit erhöhtem Problemdruck aus der Arbeitslosigkeit - dem Beispiel Hamburgs folgend - dazu übergegangen, arbeitslosen Sozialhilfeempfängern, die weder Arbeitslosengeld noch Arbeitslosenhilfe erhalten, befristete sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse anzubieten, um mit ihnen zusätzliche kommunale Aufgaben wahrzunehmen2. Mit Hilfe dieser Beschäftigungsverhältnisse sollen diejenigen Arbeitslosen, die nicht oder nicht mehr in Arbeit vermittelt werden können, eine Chance zur (Wieder-) Eingliederung in den Arbeitsmarkt und in das Sozialversicherungssystem erhalten. In erster Linie handelt es sich dabei um Empfänger von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG3.
1
Zu weiteren Einzelheiten vgl. Fiedler / Farenholtz, Möglichkeiten und Grenzen Grenzen des Zweiten Arbeitsmarkts als Modell regionalisierter Arbeitsmarktpolitik S. 388-402; auch: Reissert, Loccumer Protokolle 15 /1985, S. 97 ff. m.w.N.; Ncißmacher, Demokratische Gemeinde 1987, S. 24-26; Schulte, Zur Tradition der Arbeitshilfe in Fürsorge und Sozialhilfe, S. 57-71. 2
Münder/Bürg
3
Zur geschichtlichen Entwicklung Giese, HkWP, Bd. IV, 2. Aufl., § 78, S. 335 f.
1983, S. 83 ff.; Bruche ! Reissert 1985, S. 116 ff.
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
270
Diese Beschäftigungsprogramme sind Ausfluß kommunalen Problemund Handlungsdrucks, beruhen also zumeist ausschließlich auf kommunaler Initiative und werden vollständig aus den Gemeindehaushalten finanziert. Nur in Nordrhein-Westfalen sowie ansatzweise auch in Hessen werden sie durch Zuschüsse aus Landesmitteln unterstützt 4. Nach der jüngsten Untersuchung der kommunalen Spitzenverbände und der Bundesanstalt für Arbeit über den Zusammenhang von Arbeitslosigkeit und Sozialhilfe sind rd. 25% aller arbeitslosen Sozialhilfeempfänger unter 25 Jahren5. Für Hilfesuchende, die keine Arbeit finden können, sollen nach der Intention des BSHG nach Möglichkeit Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Dies könnte im wesentlichen durch folgende Maßnahmen geschehen: -
Bereitstellung von gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages mit Zahlung des üblichen Arbeitsentgelts, Bereitstellung von gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit unter Weitergewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich Zahlung einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen.
-
Während bis Ende der 70er Jahre nur in wenigen Städten Sozialhilfeempfängern gemeinnützige und zusätzliche Arbeit angeboten wurde, sind die Beschäftigungsmöglichkeiten in den letzten Jahren infolge der stark angestiegenen Zahl arbeitsloser Sozialhilfeempfänger und der veränderten Empfängerstruktur verstärkt ausgebaut worden. 37% der an der genannten Erhebung beteiligten Städte verstehen die Hilfen zur Arbeit als Angebote an die Sozialhilfeempfänger. Sie verzichten auf eine Anordnung der Arbeit, zu der Sozialhilfeempfänger grundsätzlich verpflichtet sind6. Einer früheren Untersuchung des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik e.V.7 über die Praxis der Hilfe zur Arbeit nach dem Bundessozialhilfegesetz zufolge wurden im Jahre 1983 im Monatsdurchschnitt ca. 22 000 Sozialhilfeempfänger im Rahmen der Hilfe zur Arbeit nach dem BSHG beschäftigt. Das entsprach etwa 4% aller Empfänger 4
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 57.
5
DSt-Beiträge zur Sozialpolitik, 1986, S. 243; vgl. auch Selige, Stadt Osnabrück 1987, S. 35. 6 7
DSt-Beiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 243 f. ISG, Köln 1984.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
271
von Hilfe zum Lebensunterhalt im erwerbsfähigen Alter. Damals standen 14 414 Einsatzplätze für Sozialhilfeempfänger zur Verfügung. Nach der jüngsten Erhebung des Deutschen Städtetags, an der sich insgesamt 91 Mitgliedstädte beteiligt hatten, wurden allein dort 1984 39 000 Sozialhilfeempfänger beschäftigt. Dies entspricht rd. 30% aller Sozialhilfeempfänger, die nach Schätzung der Städte arbeitsfähig waren. Die Mehrzahl (88%) der mit gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit beschäftigten Sozialhilfeempfänger erhielt auch 1984 Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwand. In 9% der Fälle wurde ein reguläres Arbeitsentgelt gezahlt. 3% der Beschäftigungen erfolgte im Rahmen des § 20 BSHG8. Die Einsatzfelder für Sozialhilfeempfänger im Rahmen der Hilfe zur Arbeit vermittelt Tabelle 24.
Tabelle 24 Einsatzfelder der Hilfe zur Arbeit
Einsatzort Garten- und Grünflächenamt / Friedhofamt
Anteil an Plätzen 29%
Schulen / Kindergärten
4%
Stadtwerke / Stadtreinigung
7%
Altenheime/sonstige Heime
10%
Krankenanstalten
6%
Jugendfreizeiteinrichtungen
2%
Sportamt / Schwimmbäder
4%
Museen / Büchereien
3%
Sonstige Insgesamt:
35% 100%
Quelle: DSL-Beiträge zur Sozialpolitik 1966, S. 245.
Die Hilfen zur Arbeit erfordern einen hohen Aufwand an Beratung, Information und Organisation. Auf diesbezügliche Einzelheiten kann 8 Alle Angaben nach DSt.-Beiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 244, und Selige, a.a.O., S. 28 ff.
272
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
hier nicht eingegangen werden9. Es ergeben sich allerdings eine Reihe rechtlicher Problemstellungen, auf die unter besonderer Darstellung von § 19 BSHG, der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten durch die kommunalen Träger der Sozialhilfe, eingegangen werden wird.
2. Die Hilfe zur Arbeit Die Hilfe zur Arbeit nach den §§ 18, 19 und 20 BSHG unterscheidet sich mit einigen Merkmalen grundlegend von den übrigen Hilfearten des BSHG. Entsprechend ihrer Einordnung in das System der Sozialhilfe ist sie gleichzeitig Hilfe zum Lebensunterhalt sowie Maßnahme zur Sicherung und Durchsetzung des Nachrangs der Sozialhilfe. Als Hilfe zum Lebensunterhalt soll sie einerseits den Hilfeempfänger befähigen, den notwendigen Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen aus eigenen Kräften zu beschaffen. Als Maßnahme zur Sicherung und Durchsetzung des Nachrangs ist sie andererseits mit gesetzlich näher bestimmten Pflichten zum Einsatz der eigenen Arbeitskraft oder zur Verhütung von Arbeitslosigkeit ausgestaltet und mit besonderen „Sanktionen" bei unberechtigter Arbeitsverweigerung bewehrt. Materiellrechtlich ist Hilfe zur Arbeit in ihrem konkreten Leistungsangebot und bezüglich der rechtlichen Folgen einer Leistungsverweigerung einigen Teilen des AFG stark angenähert. Dies gilt vor allem für die persönliche Hilfe nach § 8 BSHG, die als Beratung, Vermittlung und Information zu leisten ist 10 und die eine enge Zusammenarbeit mit den Dienststellen der BA nahelegt. Soweit als Hilfe zur Arbeit besondere Arbeitsgelegenheiten nach § 19 BSHG oder geeignete Tätigkeiten nach § 20 BSHG geschaffen und angeboten werden sollen, zeigen sich Berührungspunkte mit Maßnahmen zur beruflichen Bildung nach § 33 AFG, zur Förderung der Arbeitsaufnahme nach § 53 AFG und mit den Allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung nach § 91 AFG 11 . Gleiches gilt für die leistungsrechtlichen Folgen einer unberechtigten Arbeitsverweigerung nach § 25 BSHG im Vergleich zu § 119 AFG.
9
Vgl. Fußn. 5 sowie die dortigen weiteren Hinweise auf entsprechende Arbeitshilfen; Fiedler, Maßnahmen und Instrumente lokaler Beschäftigungspolitik, S. 7-26. 10
Vgl. auch §§ 13-15 AFG.
11
Vgl. C.II.3.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
273
Die Hilfe zur Arbeit nach §§ 18 bis 20 BSHG ist Teil der Hilfe zum Lebensunterhalt, so daß nur Empfänger dieser Hilfeart auf sie verwiesen werden können und die leistungsrechtlichen Konsequenzen nach § 25 Abs. 1 oder § 25 Abs. 2 Nr. 3 BSHG zu tragen haben. Hilfe zum Lebensunterhalt wird nach § 2 und § 11 Abs. 1 S. 1 BSHG nur demjenigen gewährt, der sich nicht selbst helfen kann. Dabei dürfte der rehabilitative Charakter der Leistung im Vordergrund stehen. Nach § 1 Abs. 2 BSHG sollte die Hilfe zur Arbeit inhaltlich und methodisch so ausgestaltet sein, daß der Hilfesuchende ein Höchstmaß an Mitwirkung und damit an persönlicher Verantwortung entfalten kann, und daß er soweit wie möglich befähigt wird, unabhängig von Sozialhilfe zu leben12. Es entspricht Aufgaben und Zielsetzung der Sozialhilfe, zuerst den Hilfesuchenden selbst zu verpflichten, so zu handeln, daß er von Hilfe unabhängig bleibt oder wird. Reichen seine Kräfte und Bemühungen dazu nicht aus, muß der Träger der Sozialhilfe im Rahmen seiner pflichtgemäßen Ermessensausübung tätig werden. § 19 BSHG räumt ihm die Möglichkeit ein, durch Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für solche Arbeitslose, die auf dem normalen Arbeitsmarkt nicht zu vermitteln sind, den Sozialhilfeaufwand zu reduzieren 13. Soweit hier ein entlohntes und damit sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nach § 19 Abs. 1 oder § 19 Abs. 2, 1. Alt. BSHG begründet wird, führt dies zu einer Entlastung des Gemeindehaushalts. Diese Maßnahmen haben jedoch - auch das ist zu bedenken - eine Verlagerung der Kosten auf den Bund und die BA zur Folge, wenn der Sozialhilfeempfänger erneut arbeitslos wird 14. Die Arbeitshilfen können sich allerdings auch unter anderen Gesichtspunkten als vorteilhaft erweisen: Zum einen erhöhen sie die Chancen des Arbeitslosen, aufgrund der - wenn auch in der Regel nur befristeten - Tätigkeit wieder in den normalen Arbeitsmarkt integriert zu werden, zum anderen helfen sie im Einzelfall die schädlichen Folgen der Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren 15. Die Maßnahmen erscheinen insge-
12
BVerwG, FEVS 15, 121.
13
Vgl. Schellhorn ! Jirasek! Seipp 1984, § 19, Rdnr. 1.
14
Vgl. Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 92 f.; auch unten 7. mit näheren Einzelheiten. 15
Reissert, Loccumer Protokolle 15 /1985, S. 77 f.; Münder, NVwZ 1984, S. 209.
274
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
samt auch deshalb als sinnvoll, weil sie mit den im Rahmen der Sozialhilfe eingesparten Mitteln durchgeführt werden können16. Andererseits wirft die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten Probleme auf 17. Die Träger der Sozialhilfe laufen Gefahr, den regulären Arbeitsmarkt und die Arbeitsmarktpolitik des Bundes und der Länder zu unterlaufen 18. Außerdem ist die Versuchung groß, über die Anwendung von § 25 Abs. 1 BSHG - nach dieser Vorschrift geht bei der Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten, der Sozialhilfeanspruch verloren - Druck auf die Sozialhilfeempfänger auszuüben, der im Hinblick auf Art. 12 Abs. 2 GG und das Verbot des Arbeitszwangs problematisch sein könnte19.
3. Die Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und die Arbeitshilfen nach § 19 BSHG § 19 regelt für Hilfesuchende, die keine Arbeit finden können, nach Möglichkeit die „Schaffung von Arbeitsgelegenheiten".
3.1. Die besonderen Berührungspunkte mit dem AFG Bei den Maßnahmen zur Förderung der Schaffung von Arbeitsplätzen nach §§ 91 ff. und 97 AFG finden sich besondere Berühungspunkte der Aufgaben der BA 2 0 mit den Aufgaben der Träger der Sozialhilfe 21. Dementsprechend sollte die Zusammenarbeit zwischen beiden Leistungsträgern bei der Schaffung gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeiten organisiert werden. 16
Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 77; vgl. unten 7.
17
Vgl. Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 79 ff., der die Idee des Zweiten Arbeitsmarktes ausführlich beschreibt, hiervon jedoch Maßnahmen nach nach § 19 Abs. 2, 2. Alt. BSHG ausgrenzt. 18
Schellhorn / Jirasek / Seipp 1984, § 19 Rdnr. 1.
19
Vgl. dazu ausführlich unter 6.2.; Münder, NVwZ 1984, S. 209 f.
20
1233 § 3 AFG; unmittelbar von Bedeutung sind: Arbeitsvermittlung nach § 13 AFG, Berufsberatung nach § 25 AFG, Förderung der beruflichen Bildung nach § 33 AFG, Hilfe bei Arbeitsaufnahme nach § 53 AFG, Gewährung von Leistungen zur Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen, insbesondere §§ 91-96 AFG (allgemeine ABM). 20
21
§§ 18 i.V.m. 19 BSHG.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
275
Es ist Aufgabe des Trägers der Sozialhilfe, aus dem Kreis der Hilfesuchenden diejenigen Personen auszuwählen (ggf. im Zusammenwirken mit der Arbeitsvermittlung), die als Hilfeempfänger auch zum Personenkreis nach § 93 AFG 2 2 gehören. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Direktor des Arbeitsamts von den engen Anspruchsvoraussetzungen des § 91 Abs. 2 AFG oder § 93 Abs. 1 AFG abweichen kann, wenn es sich um Arbeitslose nach § 5 Abs. 5 der ABM-Anordnung handelt23. Das hat zur Folge, daß auch Kommunen als Träger von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auftreten und auch Arbeitslose zugewiesen werden können, die nicht unmittelbar vor der Zuweisung Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen haben oder einen Anspruch auf diese Leistungen hatten. Wie kann sich dies in der Praxis auswirken? Der Auftrag zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 1 und 2, 1. Alt. BSHG deckt sich in vielen Fällen inhaltlich mit den nach § 91 AFG förderungsfähigen Arbeiten, die dann aus rechtlichen (§§ 2 und 18 BSHG) wie aus arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Gründen vorrangig bereitgestellt werden können. Die Arbeiten nach § 91 AFG müssen im öffentlichen Interesse liegen, also gemeinnützig sein und zusätzlich durchgeführt werden. Insoweit decken sie sich mit den Anforderungen an eine gemeinnützige und zusätzliche Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG. Interessanterweise ermöglichen die Förderungskriterien eine Übernahme des vollen Arbeitsentgelts aus Mitteln der BA 24 . AB-Maßnahmen werden auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages unter den üblichen tariflichen Arbeitsbedingungen durchgeführt, obwohl auf derartige, in der Regel befristete Arbeitsverhältnisse, die tarifrechtlichen Regelungen des öffentlichen Dienstes keine Anwendung finden 25.
22
§ 93 AFG i.V.m. § 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der BA über die Förderung von Allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der BA (ABM-Anordnung) vom 25.6.1980, i.d.F. der 2. Änderungsanordnung vom 21.12.1982 (ANBA 1983, S. 132). 23
Ebenda.
24
§ 10 ABM-Anordnung.
25
Bundesmanteltarif für Arbeiter, § 3 Abs. 1 c sowie § 3 d BAT.
276
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
3.2. Die einzelnen Maßnahmen nach § 19 BSHG § 19 wie auch § 20 BSHG statten den Träger der Sozialhilfe mit den notwendigen rechtlichen Instrumenten aus, um seinem Auftrag nach § 18 Abs. 2 BSHG mit konkreten Maßnahmen nachkommen zu können. Die §§ 19 und 20 BSHG erweitern damit die Hinwirkungspflicht des Trägers der Sozialhilfe. Er ist gehalten, hierfür seine finanziellen und organisatorischen Möglichkeiten auszuschöpfen und je nach den örtlichen Verhältnissen Arbeitsgelegenheiten zu schaffen.
3.2.1. § 19 Abs. 1 BSHG
Mit der Schaffung dieser Arbeitsgelegenheiten nimmt der Träger der Sozialhilfe die Möglichkeit wahr, statt der Vermittlung regulärer Arbeitsplätze durch das Arbeitsamt dem Hilfesuchenden eine andere Gelegenheit zum Einsatz seiner Arbeitskraft zu geben und kommt damit einer Pflicht nach, die § 18 Abs. 2 BSHG ihm auferlegt 26. Wo dem Hilfesuchenden Gelegenheit zur Arbeit gegeben wird, steht dem Träger der Sozialhilfe frei. Er kann zum einen im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Bereiches Arbeitsplätze schaffen, zum anderen aber auch Arbeitsplätze in der Privatwirtschaft oder bei freien Trägern initiieren oder unterstützen27. Die Verpflichtung nach § 19 Abs. 1 BSHG kann der Träger der Sozialhilfe also auf verschiedene Art und Weise erfüllen. In jedem Fall entsteht jedoch ein Arbeitsverhältnis nach bürgerlichem Recht28. Dieses kann sowohl mit dem Sozialhilfeträger als auch mit einem Dritten begründet werden. Es ist auch denkbar, daß der Sozialhilfeträger als Arbeitgeber den Sozialhilfeempfänger einem Dritten zur Verfügung stellt, so daß Arbeitgeber und Tätigkeitsgeber auseinanderfallen 29. Die Begründung eines solchen Arbeitsverhältnisses zieht arbeits-und sozialversicherungsrechtliche Rechte und Pflichten des Hilfesuchenden nach sich. Insbesondere erhält er ein übliches Arbeitsentgelt 30. Auf der
26
Schellhorn / Jirasek / Seipp 1984, § 18 Rdnr. 9.
27
Schellhorn ! Jirasek! Seipp 1984, § 19 Rdnr. 3; Münder, NVwZ 1984, S. 207.
28
Münder, NVwZ 1984, S. 207.
29
Vgl. Schulte, Bundessozialhilfegesetz, § 19, Anm. 2; a.A ohne Begründung wohl Knopp ! Fichtner 1983, § 19 Rdnr. 5, nach deren Ansicht zum Dritten als Träger der Maßnahme kein Arbeitsverhältnis entsteht. 30
VG Hannover, NVwZ 1986, 417 (418).
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
277
anderen Seite gelten für dieses Arbeitsverhältnis jedoch besondere Regelungsmöglichkeiten, etwa bezüglich einer Befristung der Arbeitsdauer und Kündigung oder sonstiger Arbeitsbedingungen31.
3.2.2. § 19 Abs. 2 BSHG
Eine besondere Form der nach § 19 Abs. 1 BSHG anzubietenden Arbeitsgelegenheiten stellt die „gemeinnützige und zusätzliche Arbeit" nach § 19 Abs. 2 BSHG dar. Hierbei handelt es sich allerdings nicht wie bei § 19 Abs. 1 BSHG - um „normale" Arbeit, sondern um eine besondere Art der Beschäftigung im Rahmen der Sozialhilfe 32. Diese zusätzliche und gemeinnützige Tätigkeit kann durch Zahlung eines Arbeitsentgeltes abgegolten werden (§ 19 Abs. 2, 1. Alt. BSHG). Dies hat zur Folge, daß ein reguläres Arbeitsverhältnis entsteht33. Der Sozialhilfeträger kann aber auch weiterhin Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer Entschädigung von Mehraufwendungen gewähren, § 19 Abs. 2, 2. Alt. BSHG. In diesem Fall entsteht kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts und kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Kranken- und Rentenversicherungsrechts, § 19 Abs. 3 BSHG. Vielmehr wird ein öffentlich-rechtliches Beschäftigungsverhältnis besonderer Art begründet, bei dem der Beschäftigte keinerlei sozialversicherungsrechtliche Ansprüche erwirbt 34. Auch die Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 2 BSHG kann der Sozialhilfeträger nach eigenem Ermessen bei sich oder bei einer dritten Stelle schaffen 35.
4. Die Schaffung einer Arbeitsgelegenheit nach § 19 Abs. 1 BSHG Als Arbeitsgelegenheit im Sinne von § 19 BSHG kommt jede Arbeit in Betracht, die der Zielsetzung von § 18 BSHG entspricht und den Hilfesuchenden befähigt, wenigstens vorübergehend und zum Teil den Lebensunterhalt für sich und seine unterhaltsberechtigten Angehörigen zu beschaffen. Die Maßnahmen des Trägers der Sozialhilfe nach § 19
31
Schulte, Bundessozialhilfegesetz, § 19 Anm. 3.
32
Münder, NVwZ 1984, S. 207; Schellhorn ! Jirasek ! Seipp 1984, § 19 Rdnr. 6.
33
Riedel, VerwArch. 1984, S. 239.
34
Vgl. Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 81; Schellhorn / Jirasek /Seipp 1984, § 19 Rdnr. 12. 35
Schellhorn ! Jirasek! Seipp 1984, § 19 Rdnr. 6.
278
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
Abs. 1 BSHG können nur dann rechtmäßig sein, wenn sie bestimmte formelle und materielle Voraussetzungen erfüllen.
4.1. Die Zuständigkeiten - formelle Rechtmäßigkeit Die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 1 BSHG gehört zu den Maßnahmen der Sozialhilfe gemäß § 9 BSHG. Damit sind für Fragen der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit die §§ 96 ff. BSHG einschlägig. Träger der Sozialhilfe auf örtlicher Stufe sind - wie nach altem Fürsorgerecht - die kreisfreien Städte (Stadtkreise) und die Landkreise36. Die Ausführungsgesetze der Länder zum BSHG bestimmen ausdrücklich, daß sie diese Aufgaben als Selbstverwaltungsaufgaben wahrnehmen37. Die Bestimmung der überörtlichen Träger der Sozialhilfe hat der Bundesgesetzgeber den Ländern überlassen. Über die Mitwirkung der örtlichen Träger bei der Erfüllung der Aufgaben der überörtlichen Träger und über die Mitwirkung der kreisangehörigen Gemeinden bei der Durchführung der den Landkreisen übertragenen Aufgaben enthält das BSHG in § 96 einige Grundsatzbestimmungen. Der örtliche Träger der Sozialhilfe ist nach § 99 BSHG sachlich zuständig, wenn § 100 BSHG oder das Landesrecht keine Zuweisung an den überörtlichen Träger der Sozialhilfe enthalten. Da die Maßnahmen nach § 19 BSHG weder in der Enumeration des § 100 Abs. 1 BSHG enthalten noch Gegenstand einer besonderen landesgesetzlichen Regelung sind, bleibt es insoweit bei dem Grundsatz des § 99 Abs. 1 BSHG, also bei der sachlichen Zuständigkeit der Land- und Stadtkreise. Nach § 97 Abs. 1 BSHG ist die örtliche Zuständigkeit für alle Hilfesuchenden gegeben, die sich in dem Bezirk des Sozialhilfeträgers tatsächlich aufhalten. Soweit Landkreise zur Wahrnehmung der Aufgaben nach dem BSHG verpflichtet sind38, können diese gemäß § 96 Abs. 1 S. 2 BSHG i.V.m. den Ausführungsgesetzen der Länder zum BSHG die ihnen zugehörigen Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung dieser Aufgaben heranziehen, ohne daß sich die sachliche Zuständigkeit
36 Entspr. in Baden-Württemberg die Stadt- und Landkreise, § 1 AGBSHG BW, vgl. § 13 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 LVG BW i.d.F. vom 2.1.1984 (GBl. S. 178). 37
Schellhorn / Jirasek /Seipp 1984, Einführung VII., S. 13; im übrigen AGBSHG BW. 38
§ 96 Abs. 1, S. 1 i.V.m. §§ 97, 99 BSHG.
§1
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
279
der Landkreise hierdurch ändert 39. Der Umfang dieser Mitwirkungspflicht ergibt sich für Baden-Württemberg aus den AGBSHG. Nach § 4 Abs. 2 AGBSHG BW kann eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband im Einzelfall mit der Wahrnehmung einer Aufgabe beauftragt werden. Nach § 4 Abs. 1 AGBSHG BW ist sogar eine förmliche Beauftragung mit der Durchführung aller oder einzelner Aufgabengebiete möglich. Diese generelle Übertragung der Aufgaben darf jedoch nur mit Einwilligung der Gemeinde und durch Satzung erfolgen 40. Soweit einzelne Landkreise von dieser Ermächtigung des § 96 Abs. 1 S. 2 BSHG Gebrauch gemacht haben, ist dies auch für die Durchführung von Maßnahmen nach § 19 Abs. 1 BSHG beachtlich.
4.2. Die materielle Rechtmäßigkeit Hier ergeben sich zunächst keine besonderen Anforderungen. Der von § 19 Abs. 1 BSHG erfaßte Personenkreis ist nicht eingeschränkt41. Es ist auch nicht erforderlich, daß der Hilfesuchende sich zunächst selbst erfolglos um die Beschaffung eines Arbeitsplatzes bemüht hat42. Nach der Rechtsprechung des BVerwG 43 besteht zwischen der Vermittlung eines Arbeitsplatzes auf dem freien Arbeitsmarkt nach § 18 Abs. 1 und 2 BSHG und der Verschaffung einer Arbeitsgelegenheit nach § 19 Abs. 1 BSHG ein Stufenverhältnis: Die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 1 BSHG ist „Ersatz für Arbeit, die auf dem freien Arbeitsmarkt (§ 18 Abs. 1 und 2 BSHG) nicht gefunden werden konnte. Zwischen den §§ 18 und 19 besteht ein innerer Zusammenhang; in beiden Vorschriften ist - gewissermaßen abgestuft - die Hilfe zur Arbeit für den der Arbeit noch nicht entwöhnten Hilfesuchenden geregelt." Daher muß der erste Schritt der in den Vorschriften der §§ 18 ff.
39
Hierbei handelt es sich nicht um eine echte Delegation mit der Folge des Kompetenzverlustes, vgl. Giese, a.a.O., S. 354; Schellhorn / Jirasek / Seipp 1984, § 9 Rdnr. 11. 40
Vgl. zum vorstehenden Schellhorn ! Jirasek ! Seipp 1984, §96 Rdnr. 15 ff., insbesondere 18 f.; zum AGBSHG BW vgl. Fußn. 36. 41
Einschränkungen können sich lediglich im Rahmen des § 25 BSHG bei der Frage ergeben, ob der Sozialhilfeempfänger eine angebotene Arbeit hätte annehmen müssen, näheres dazu unten 6. 42
Schellhorn ! Jirasek! Seipp 1984, § 19 Rdnr. 4.
43
BVerwG, NVwZ 1983, S. 410 f.
280
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
BSHG geregelten „Hilfe zur Arbeit" der Versuch sein, dem Hilfesuchenden in Zusammenarbeit mit den Arbeitsämtern einen regulären Arbeitsplatz zu verschaffen 44. Erst wenn dies nicht gelingen kann, sollte der Sozialhilfeträger nach § 19 Abs. 1 BSHG eine - in der Regel befristete 45 - Arbeitsgelegenheit schaffen. § 19 Abs. 1 BSHG schließt bei seinem Arbeitsbegriff damit sowohl Arbeit auf den freien Arbeitsmarkt als auch Arbeit im Sinne des § 19 Abs. 2 BSHG, gemeinnütziger und zusätzlicher Art, ein. Nur bei Einhaltung dieses „Stufenverhältnisses" dürfte sichergestellt werden können, daß dem Nachrang der Sozialhilfe 46 insoweit Geltung verschafft werden kann, als zuerst Arbeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ermöglicht werden soll oder über § 18 BSHG zumindest versucht wird. Was sind die Rechtsfolgen der Schaffung einer Arbeitsgelegenheit? Wie bereits erwähnt, entsteht im Rahmen des § 19 Abs. 1 BSHG ein reguläres entlohntes Arbeitsverhältnis mit der Folge, daß der Anspruch auf Sozialhilfe entfällt 47. Zu beachten ist allerdings, daß der Träger der Sozialhilfe damit den (ehemaligen) Hilfeempfänger nicht völlig aus seiner Obhut entlassen darf. Bei der Schaffung einer Arbeitsgelegenheit, die eine Maßnahme der Sozialhilfe darstellt, bleibt - anders als bei der Vermittlung durch das Arbeitsamt nach § 18 BSHG - immer eine erhöhte Verantwortlichkeit des Sozialhilfeträgers bestehen. Dies gilt in besonderem Maße für Personen, die aufgrund körperlicher, geistiger oder seelischer Mängel auf dem regulären Arbeitsmarkt chancenlos und auch auf die Unterstützung des Sozialhilfeträgers angewiesen sind48.
44
Riedel, VerwArch. 1984, S. 239; VG Hannover, NVwZ 1986, S. 417 f. (418).
45
Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 80.
46
Vgl. § 2 BSHG; in BVerwGE 67, 1 ff. = FEVS 32, 265 wird, soweit ersichtlich, zum ersten Mal der Regelungszusammenhang der §§ 18 ff. sowie die Abgrenzung zu § 2 BSHG umfassend dargestellt; zum Nachrang als „fürsorgerische Subsidiarität" im einzelnen, vgl. Giese, a.a.O., S. 340 f. 47
Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 80.
48
Schellhorn ! Jirasek! Seipp 1984, § 19 Rdnr. 3.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
281
5. Die Heranziehung zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG 5.1. Die Heranziehung als Verwaltungsakt Es ist zunächst zu fragen, wie eine Maßnahme nach § 19 Abs. 2 BSHG rechtlich zu qualifizieren sein könnte. Das BVerwG 49 hat in einer Grundsatzentscheidung im Jahre 1983 ausgeführt, daß die Heranziehung zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Abs. 1 SGB X sei und damit in Rechtsprechung50 und Literatur 51 zum großen Teil Zustimmung erfahren. Das BVerwG stützt sich dabei darauf, dieser Verwaltungsakt sei Grundlage für einen weiteren Verwaltungsakt nach § 25 Abs. 1 BSHG, auf dessen Grundlage dem Sozialhilfeempfänger die Hilfe zum Lebensunterhalt gestrichen werden könnte52. Dem hält das OVG Berlin 53 jedoch mit Recht entgegen, daß ein Eingriff nach § 25 Abs. 1 BSHG nicht eines Verwaltungsakts als Grundlage bedürfe. Dies zeige sich etwa, wenn der Hilfeempfänger eine nach § 18 BSHG vermittelte Arbeit nicht aufnehme. Auch im Rahmen des § 19 Abs. 1 BSHG werde die Frage der Rechtsnatur einer Arbeitsplatzbeschaffung nicht diskutiert. Hingegen dürfte für die Frage der Rechtsnatur im Rahmen des § 19 Abs. 2 BSHG von entscheidender Bedeutung sein, daß die Heranziehung zu zusätzlicher und gemeinnütziger Arbeit einen besonderen Regelungscharakter hat54. Hier werden etwa Bestimmungen über Art und Umfang der Arbeit und das Entgelt getroffen, die im Rahmen der §§ 18, 19 Abs. 1 BSHG dem normalen Arbeitsvertrag vorbehalten sind. Diese Regelungen müssen innerhalb des § 19 Abs. 2 BSHG auch für diejenigen verbindlich sein, die für die zu verrichtende Arbeit letztendlich verantwortlich sind55. Für die Begründung dieses besonderen öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses legt das BVerwG daher mit Recht die strengeren Maßstäbe der §§ 31 ff. SGB X an. Das allgemeine Bestimmtheitsgebot,
49
BVerwGE 68, 97 ff. = NVwZ 1984, S. 243 f. = FEVS 33, 45.
50
VG Schleswig, NVwZ 1987, S. 163 ff.; offen gelassen bei OVG Koblenz, NVwZ 1987, S. 151 f. 51
Schellhorn ! Jirasek I Seipp 1984, § 13 Rdnr. 15.
52
BVerwG, NVwZ 1984, S. 243.
53
OVG Berlin, ZfSH 1985, S. 508 (509).
54
VG Schleswig, NVwZ 1987, S. 163; a.A Friehe, NVwZ 1983, S. 388.
55
BVerwG, NVwZ 1984, S. 243.
282
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
das das OVG Berlin für ausreichend hält, schützt den Hilfeempfänger nicht in gleichem Maße vor einem eventuellen Mißbrauch des Sozialhilfeträgers. Daß damit in der Regel Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben und einschneidende Maßnahmen nach § 25 BSHG - soweit zulässig - nur erschwert getroffen werden können56, sichert gleichfalls den „Hilfscharakter" 57 von gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG. Daher ist mit dem BVerwG davon auszugehen, daß die Heranziehung zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG ein Verwaltungsakt darstellt, dessen Rechtmäßigkeit an den §§ 31 ff. SGB X zu messen ist.
5.2. Die formelle Rechtmäßigkeit Für die Frage der Zuständigkeit kann auf 4.1. verwiesen werden. Nach § 96 ff. BSHG ist auch für Maßnahmen im Rahmen von § 19 Abs. 2 BSHG in der Regel der Land- oder Stadtkreis sachlich und örtlich zuständig, in dem sich der Hilfeempfänger aufhält. Vor Erlaß eines Heranziehungsbescheids bedarf es gemäß § 24 Abs. 1 SGB X einer Anhörung des Hilfeempfängers, da nur so eine den Besonderheiten des Einzelfalls gerechtwerdende Entscheidung möglich ist (vgl. § 3 Abs. 1 BSHG)58. Nach § 33 Abs. 2 S. 1 SGB X kann ein Verwaltungsakt schriftlich, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden59. § 33 Abs. 1 SGB X verlangt, daß ein Verwaltungsakt hinreichend bestimmt sein muß. Diese Vorschrift hat das BVerwG 60 in seiner Rechtsprechung weiter konkretisiert.
56
Gegen eine Anwendung des § 80 Abs. 1 VwGO und daher auch gegen die Einordnung als Verwaltungsakt: OVG Berlin, ZfSH 1985, S. 508 f. (509); dafür: Steuer-Kapteina, VR 1985, S. 277. 57
Zum Hilfscharakter ausführlich BVerwG, NVwZ 1983, S. 410 (411); NVWZ 1984, S. 241 (242). 58
BVerwG, NVwZ 1984, S. 243; VG Hannover, NVwZ 1986, S. 417 (418).
59
BVerwG, NVwZ 1984, S. 243.
60
Vgl. ebenda; ihm folgend VG Schleswig, NVwZ 1987, 163; OVG Koblenz, NVwZ 1987, S. 151, wobei die Frage nach der Rechtsnatur (Verwaltungsakt) offengelassen wird; Steuer-Kapteina, VR 1985, S. 274.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
283
Zunächst ist erforderlich, daß der Sozialhilfeträger die zu leistende Arbeit genau bezeichnet61. Dies erscheint aus zwei Gründen geboten: -
Erstens muß derjenige, der für die zu verrichtende Arbeit verantwortlich ist, konkret und verbindlich wissen, welche Aufgaben der Hilfeempfänger ausführen soll. Zweitens ist nur so im Rechtsbehelfsverfahren eine Überprüfung der Maßnahme unter den Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 BSHG - im Rahmen des § 25 BSHG bei Verweigerung der Sozialhilfe auch im Hinblick auf eine Zumutbarkeit nach § 18 Abs. 3 BSHG - möglich62. Des weiteren muß der Heranziehungsbescheid Angaben zum zeitlichen Umfang und zur zeitlichen Verteilung der Arbeit enthalten63. Auch dies ist für eine Überprüfung der Maßnahmen im Hinblick auf Sinn und Zweck des § 19 Abs. 2 BSHG und ihre Zumutbarkeit nach § 18 Abs. 3 BSHG unerläßlich.
-
Schließlich muß der Träger der Sozialhilfe die Frage regeln, ob er dem Hilfeempfänger das übliche Arbeitsentgelt oder die regelmäßige Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer - zu beziffernden - angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen gewähren will 64 . Soweit die Heranziehung zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit schriftlich erfolgt oder schriftlich bestätigt wird, bedarf es nach § 35 Abs. 1 SGB X einer Begründung für diese Maßnahme. Insbesondere muß die Behörde erkennen lassen, auf welchen Gesichtspunkten die von ihr gefällten Ermessensentscheidungen beruhen. Dies kommt besonders im Rahmen der Wahl des Hilfsmittels nach §§ 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 oder Abs. 2 BSHG65 sowie bei der Frage der Entgeltregelung zum Tragen.
5.3. Die materielle Rechtmäßigkeit 5.3.1. Die Gemeinnützigkeit
Gemeinnützig ist eine Arbeit dann, wenn sie dem öffentlichen Wohl dient, also „dem allgemeinen Besten auf materiellem, geistigem oder
61
BVerwG, NVwZ 1984, S. 243.
62
Zu den einzelnen Voraussetzungen vgl. unten zu § 25 BSHG, 6.
63
BVerwG, NVwZ 1984, S. 243.
64
Ebenda.
65
VG Hannover, NVwZ 1986, S. 417 (418).
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
284
sittlichen Gebiet nützt und nicht unmittelbar erwerbswirtschaftlichen Zwecken dient" 66 . Dabei wird von den steuerrechtlichen Grundsätzen nach der AO ausgegangen67. Maßgeblich ist hier wohl die Gemeinnützigkeit der Tätigkeit des Arbeitgebers, nicht die des einzelnen Hilfeempfängers, da diese Einschränkung die Gewährung von „Hilfe zur Arbeit" nur unnötig erschweren würde 68. Es können auch private Träger mit erwerbswirtschaftlicher Zielsetzung in Einzelfällen gemeinnützige Arbeit anbieten. Andererseits kann generell davon ausgegangen werden, daß eine als gemeinnützig anerkannte Zweckbestimmung bzw. Funktion des Maßnahmeträgers im Sinne von § 52 AO auch Gewähr dafür bietet, daß die im Einzelfall verrichteten Arbeiten gemeinnützig sind.
5.3.2. Die Zusätzlichkeit
Gemeinnützigkeit der Arbeit genügt nach § 19 Abs. 2 BSHG nicht. Die Arbeit muß auch „zusätzlich" sein69. Dabei fragt sich, wie die Legaldefinition in § 19 Abs. 2, S. 2 BSHG, wonach „zusätzlich" nur die Arbeit ist, die „sonst nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet werden würde", ausgelegt werden kann. Ansatzpunkte hierfür können sich aus § 91 Abs. 2, S. 2 AFG ergeben, in dem festgestellt wird, daß solche Arbeiten nicht förderungsfähig sind, die ohne Verzug durchzuführen sind oder üblicherweise ohne Verzug durchgeführt werden. Daher ist allgemein anerkannt, daß etwa Reparaturaufgaben, die sofort durchzuführen sind, nicht unter die Aufgaben nach § 19 Abs. 2 BSHG fallen können. Das gleiche muß für Arbeitsgelegenheiten gelten, die vorhandene reguläre Arbeitsplätze berühren. Folgerichtig dürfte dies auch dann anzunehmen sein, wenn diese momentan nicht besetzt sind70. Ansonsten würden die - zusätzlichen - Arbeiten einen unzulässigen Druck auf den normalen Arbeitsmarkt ausüben71. Um die Zusätzlichkeit der Arbeit zu gewährleisten, muß darauf geachtet werden, daß die dem Hilfesuchenden übertragenen Tätigkeiten 66
Knopp!Fichtner
1983, § 19 Rdnr. 3.
67
§ 52 AO; Schellhorn/Jirasek!Seipp
68
Schulte, Bundessozialhilfegesetz, § 19 Anm. 4.
69
Ausführlich dazu vgl. Reissert, Loccumer Protokolle, 15/1985, S. 87 ff.
1984, § 19 Rdnr. 7.
70
Schellhorn ! Jirasek! Seipp 1984, § 19 Rdnr. 8
71
VG Schleswig, NVwZ 1987, S. 163 (164 m.w.N.).
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
285
nicht die dem Auftraggeber ohnehin obliegenden planmäßigen Arbeiten ersetzen. Dies könnte gemeinderechtlich dann bedeutsam werden, wenn bestimmte Aufgaben wegen fehlender Haushaltsmittel bisher oder derzeit nicht erledigt werden konnten. Hierbei geht es um eine Auslegung nach § 19 Abs. 2 BSHG hinsichtlich der Einstufung als „zusätzlich". Das VG Schleswig vertritt die Ansicht, daß dies wegen der ohnedies anfallenden Arbeit lediglich zu einer Kostenverlagerung führe, so daß eine Subsumtion unter § 19 Abs. 2 BSHG unzulässig sei72. Andererseits wird darauf verwiesen, daß wegen der heutigen Finanzsituation viele Arbeiten, die früher als notwendig galten, heute nicht mehr durchgeführt werden können und daher als „zusätzlich" einzustufen sind73. Von daher wird man Arbeiten als „zusätzlich" betrachten können, die im Rahmen der Pflichtaufgaben etwa zur Schaffung von Arbeitsgelegenheiten zeitlich - außerplanmäßig - vorgezogen oder besonders sorgfältig, umfassend und intensiv durchgeführt werden. Als gemeinnützige und zusätzliche Arbeiten können solche Tätigkeiten angeboten werden, die den Gemeinden und Landkreisen als Aufgaben im eigenen oder übertragenen Wirkungskreis obliegen und ohne diese Maßnahme nicht, nicht in diesem Umfang oder nicht zu diesem Zeitpunkt verrichtet würden 74. Zwar ist den Kritikern einer weiten Auslegung des § 19 Abs. 2 BSHG zuzugestehen, daß ein Mißbrauch der „Hilfe zur Arbeit" - etwa durch Abbau von Planstellen durch Einsatz von Sozialhilfeempfängern 75 verhindert werden muß. Das entspricht auch dem Interesse der kommunalen Träger der Sozialhilfe. Diese werden sich nicht dem Vorwurf aussetzen wollen, durch Einsparen von Haushaltsmitteln den regulären Arbeitsmarkt zu beeinträchtigen und die Arbeitsmarktpolitik des Bundes und der Länder zu unterlaufen 76. Auf der anderen Seite wird mit Recht darauf hingewiesen, daß eine zu enge Auslegung des § 19 Abs. 2 BSHG dem mit der „Hilfe zur Arbeit" verfolgten Zweck zuwiderlaufe. Eine wirkungsvolle Integration in das normale Arbeitsleben ist sicherlich nicht möglich, wenn der Hilfeempfänger den Sinn seiner Arbeit nicht erkennen kann.
72
Ebenda.
73
Schellhorn ! Jirasek! Seipp 1984, § 19 Rdnr. 8.
74
Vgl. § 2 GO BW.
75
Krahmer, ZfSH 1983, S. 212.
76
Schellhorn /Jirasek/Seipp
1984, § 19 Rdnr. 1, 8.
286
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes 5.3.3. Die weiteren Anforderungen an die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 2 BSHG
Man könnte daran denken, daß im Rahmen des § 19 Abs. 2 BSHG weiterhin zu prüfen sei, ob die Ausübung der dem Hilfeempfänger angebotenen Arbeit diesem zumutbar im Sinne des § 18 Abs. 3 BSHG ist. Diese Frage wird jedoch allgemein erst im Rahmen des § 25 BSHG, also bei der Zulässigkeit der Versagung der Sozialhilfe, erörtert 77. Es hängt damit zusammen, daß die „Heranziehung" zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG zunächst nur ein Arbeitsangebot enthält. Dem Hilfeempfänger steht es grundsätzlich frei, auch eine nach § 18 Abs. 3 BSHG unzumutbare Arbeit anzunehmen, da die in dieser Vorschrift aufgeführten Zumutbarkeitskriterien allein seinem Schutz dienen78. Verweigert er diese Arbeit jedoch, so ist die - schon grundsätzlich strittige - Anwendung des § 25 BSHG auf jeden Fall ausgeschlossen79.
5.3.4. Das Ermessen des Sozialhilfeträgers
Soweit eine vom Sozialhilfeträger angebotene Arbeitsgelegenheit die Anforderungen der Gemeinnützigkeit und Zusätzlichkeit erfüllt, muß weiterhin überprüft werden, ob die Behörde das ihr zustehende Ermessen richtig ausgeübt hat. Dies betrifft die Frage der Auswahl dieser Arbeitsgelegenheit für den einzelnen Hilfesuchenden und die Entscheidung über die Art der Entgeltregelung sowie den Umfang der zu leistenden Arbeit.
5.3.4.1. Die Wahl der richtigen Arbeitsform
Das BVerwG 80 hat - wie erwähnt - festgestellt, daß die Maßnahmen im Rahmen der §§ 18 ff. BSHG in einem „Stufenverhältnis" zueinander stehen. Richtigerweise ist daher die gemeinnützige und zusätzliche
77
BVerwG, NVwZ 1983, S. 410 (411); OVG Hamburg, NVwZ 1982, S. 519 (520); Schellhorn ! Jirasek ! Seipp 1984, § 25 Rdnr. 4. 78
Schellhorn ! Jirasek ! Seipp 1984, § 18 Rdnr. 22.
79
BVerwG, NVwZ 1983, S. 410 (411).
80
BVerwG, NVwZ 1983, S. 410 f.; NVwZ 1984, S. 241 (242); dem folgend VG Hannover, NVwZ 1986, S. 417 (418); Riedel, VerwArch. 1984, S. 244.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
287
Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG nur ein Ersatz für die Schaffung einer Arbeitsgelegenheit nach § 19 Abs. 1 BSHG, so wie diese wieder an die Stelle der Verschaffung eines regulären Arbeitsplatzes nach § 18 Abs. 2 BSHG tritt 81 . Die Behörde ist bei der Auswahl einer Arbeitsstelle für den einzelnen Hilfesuchenden an dieses „Stufenverhältnis" gebunden. Praktisch bedeutet dies nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel 82 bei staatlichem Handeln die Prüfung bei der Auswahl der zur Verfügung stehenden Arbeiten, welche Maßnahme nach § 19 BSHG im Einzelfall den berechtigten persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Hilfesuchenden am besten entsprechen bzw. am wenigsten in die Rechte des Hilfesuchenden eingreifen können83. Da Arbeit grundsätzlich unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeübt wird, haben solche Arbeitsgelegenheiten den Vorrang, die ein Arbeitsverhältnis begründen84. Dies kann nicht für Personen gelten, die Arbeit unter den Bedingungen des Arbeitsmarktes aus in ihrer Person liegenden Gründen nicht finden können85 oder die einem Beschäftigungsverbot unterliegen 86.
53A.2. Entgelt oder Sozialhilfe zuzüglich Mehraufwandsentschädigung?
Wird nach § 19 Abs. 2 BSHG für den Hilfesuchenden Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit geschaffen, kann der Träger der Sozialhilfe von Fall zu Fall nach pflichtgemäßem Ermessen und mit Rücksicht auf seine Leistungsfähigkeit wählen zwischen gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit gegen Arbeitsentgelt 87 auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages oder gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit gegen
81
Vgl. die Ausführungen des BVerwG in NVwZ 1983, S. 410 f.
82
Schulte, Bundessozialhilfegesetz, § 19 Anm. 5.
83
Als Ermessensentscheidung nicht unumstritten, vgl. Schulte, Bundessozialhilfegesetz, § 19 Anm. 5; auch Schellhorn ! Jirasek ! Seipp 1984, § 19 Rdnr. 9, stimmen dem insoweit zu, als sie darauf hinweisen, die Träger der Sozialhilfe sollten sich um Arbeiten im Rahmen des § 19 Abs. 2, 1. Alt. bemühen. 84
§ 18 Abs. 2 i.V.m. § 19 Abs. 1 und 2, 1. Alt. BSHG.
85
Siehe auch § 20 BSHG.
86
Ausländer, § 18 Abs. 2, Satz 2 BSHG.
87
Als „übliches Entgelt" entweder der tarifliche Lohn oder Vergütung gemäß § 612 Abs. 2 BGB; Schulte, Bundessozialhilfegesetz, § 19 Anm. 6.
288
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Mehraufwandsentschädigung88 auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses eigener Art. Ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis wird dann in Betracht kommen, wenn der zeitliche Umfang der Arbeit für ein Beschäftigungsverhältnis nicht ausreicht oder im Falle des § 18 Abs. 2 S. 2 BSHG ein Arbeitsvertrag nicht geschlossen werden kann. Gemeinnützige und zusätzliche Arbeit gegen Fortzahlung der Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen kann nur auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses angeboten werden89. Die Entscheidung für die eine oder die andere Art 9 0 hat leistungsund versicherungsrechtliche Konsequenzen für den Hilfesuchenden und den Träger der Sozialhilfe. Entweder wird ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet oder der Hilfesuchende erwirbt evtl. Ansprüche nach der RVO und dem AFG oder das Sozialhilferechtsverhältnis besteht unverändert fort und der Träger der Sozialhilfe verliert seinen möglichen Anspruch auf Überleitung nach § 90 Abs. 4 BSHG oder auf Kostenersatz nach § 92 Abs. 2 BSHG. In folgenden, beispielhaft aufgezeigten Zuständigkeitsbereichen können Arbeitsgelegenheiten zusätzlich erschlossen und als privatrechtliches Arbeits- oder öffentlichrechtliches Dienstverhältnis eigener Art angeboten werden91, wie eine Untersuchung für Bayern ergab (s. unten Tabelle 25).
6. Der Ausschluß der Sozialhilfe nach § 25 Abs. 1 BSHG § 25 Abs. 1 BSHG lautet: „Wer sich weigert, zumutbare Arbeit zu leisten, hat keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt." Anwendungsbereich und Anwendung der Vorschrift im Einzelfall sind problematisch.
88
Vgl. dazu ausführlich Knopp ! Fichtner 1983, § 19, Rdnr. 7.
89
Wegen des zulässigen (nicht rechtswidrigen) zeitlichen Umfangs dieser Arbeit vgl. BVerwG, NDV 1984, S. 93-95. 90
Zum Umfang der Arbeit vgl. im einzelnen BVerwG, NVwZ 1984, S. 241 (243); VG Schleswig, NVwZ 1987, S. 163 (165); BVerwG, NVwZ 1984, S. 243; OVG Hamburg, NVwZ 1982, S. 519. 91 Die gesetzlichen Grundlagen beruhen entweder auf Bundes- oder bayer. Landesrecht.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
289
Tabelle 25 Zuständigkeitsbereiche für Arbeitsgelegenheiten in Bayern Beschäftigungsbereich
Zuständigkeit
Arbeitsgelegenheiten
Abfallbeseitigung:
Landkreise, kreisfreie Gemeinden, ggf. Gemeinden
Sperrmüll- oder Sondermüll-Verwertung, Anlage oder Wartung von Abfallcontainern bzw. -behältern in öffentlichen Anlagen
Gemeinden
Pflege von Geräten und Anlagen (unter Aufsicht)
Gemeinden, Kirchen
Gärtnerische Hilfstätigkeiten, Winterdienst
Gemeinden, Landkreise, Vereine
Wartung und Pflege von Anlagen, Einrichtungen, Hinweistafeln etc.; Verschönerungsarbeiten; Betreuung von Spielgruppen, Aufsicht etc.
Staat, Gemeinden, Kirchen, Verbände, Vereine
Wartung und Pflege von Einrichtungen, Geräten, Info-Tafeln, evtl. Aufsicht, Kartenverkauf, Botendienste
Landkreise, kreisfreie Gemeinden und Bezirksregierungen, Forstämter, Bauämter, Landwirtschatsämter, Wasserwirtschaftsämter, Gemeinden, Naturschutzverbände
Anlage und Pflege von Erholungsgebieten, Wegen, Gewässern, Wäldern, Auen (insb. Beseitigung von Unrat, Sperrmüll, Ausholzen und Holzverwertung, Waldlehrpfade), Wartung und Pflege von Geräten, Büroarbeiten für statistische oder Informationszwecke etc.
Abfallbeseitigungsgesetz vom 7.6.1972 (BGBl. I S. 873), Bay. Abfallgesetz vom 25.6.1972 (GVB1. S. 324), Art. 57 Abs. 2 BayGemO
Feuersicherheit'. Bay. Feuerwehrgesetz vom 23.12.1981 (GVB1. S. 526)
Friedhofspflege: Bay. Bestattungsgesetz i.d.F. vom 11.11.1974 (GVB1. S. 610)
Freizeit- und Fremdenverkehrseinrichtungen : Sport- und Spielplätze, Erholungs- und Ruhezonen (Parks, Gärten, Wanderwege), Jugendfreizeitheime, Begegnungsstätten, Info-Zentren
Kulturelle Einrichtungen: Archive, Bibliotheken/ Büchereien, Galerien, Messen, Theater, Schulen, VHS, Bürgerhäuser
Natur- und Landschaftspflege: Bay. NaturschutzG vom 27.7.1973 (GVB1. S. 437) Bay. WasserG i.d.F. vom 18.9.1981 (GVB1. S. 425) Bay. Waldgesetz i.d.F. vom 25.8.1982 (GVB1. S. 824) Bay. Jagdgesetz vom 13.10.1978 (GVB1. S. 678)
Fortsetzung nächste Seite
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
290
Fortsetzung Tabelle 25 Beschäftigungsbereich
Zuständigkeit
Reinigung von Straßen und Gemeinden, kreisfreie Wegen (Verkehrssicherungs- Gemeinden, Landkreise, Straßenbaupflicht): Art. 57 BayGemO
ämter
Bayer. Straßen- und Wegegesetz i.d.F. vom 25.4.1968 (GVB1. S. 64) Fernstraßengesetz vom 1.10.1974 (BGBl. I S. 2414)
Sozialeinrichtungen :
Arbeitsgelegenheiten Anlage und Pflege von Spielstraßen, Wohnwegen, insb. Geh- und Radwegen, öffentlichen Feldund Waldwegen (s.a. Landschafts- und Naturschutz), verstärkter Winterdienst, Arbeiten im Bauhof
Altenheime, Pflegeheime, Kindergärten, Krankenhäuser, Rehabilitationseinrichtungen, Unterkunftsanlagen, Sozialstatio-
Gemeinden, Kirchen, Stiftungen, Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts, gemeinnützige Vereine
Hilfe bei der Betreuung alter/kranker Menschen (auch in Krankenhäusern), Reparatur von Wohnungen sozial Schwacher, Verschönerungs-/ Pflegearbeiten in Einrichtungen, Botendienste
öffentlicher Personennahverkehr
öffentliche Verkehrsbetriebe, Gemeinden
Verkehrszählung, Pflege der Wartehäuschen, Reparatur· und Wartungsarbeiten im Fuhrpark
Quelle: Deutscher Städtetag, Hilfe zur ArbeiL Eine Arbeitshilfe für die Praxis vom 18.6.1984, Ani. S. 29 f.
6.1. Der Anwendungsbereich des § 25 Abs. 1 BSHG Nach ganz h.M. ist § 25 Abs. 1 BSHG nicht nur auf reguläre Arbeitsverhältnisse anzuwenden (§ 18 Abs. 2 BSHG), sondern auch auf Arbeitsgelegenheiten gemäß § 19 Abs. 1 BSHG sowie gemeinnützige und zusätzliche Arbeit, die entlohnt wird 92. In diesen Fällen könnte der Hilfeempfänger - wenn auch in der Regel nur vorübergehend - „Arbeit" im Sinne des § 25 Abs. 1 BSHG leisten und durch seine Tätigkeit unabhängig von Sozialhilfe seinen Lebensunterhalt bestreiten93. Heftig umstritten ist jedoch die Frage, ob der Sozialhilfeträger auch dann die Sozialhilfe streichen oder kürzen kann, wenn der Hilfeempfän92
Münder, N V w Z 1984, S. 208; Schellhorn ! Jirasek ! Seipp 1984, § 25 Rdnr. 4.
93
Münder, N V w Z 1984, S. 208.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
291
ger sich weigert, das Angebot zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit gegen Mehraufwandsentschädigung anzunehmen. Das BVerwG hat diese Frage mit ausführlicher Begründung bejaht94 und diese Auffassung in einer weiteren Entscheidung95 trotz in der Zwischenzeit laut gewordener Kritik nochmals ausdrücklich bestätigt. Nach Auffassung des BVerwG kann die Versagung oder Kürzung der Sozialhilfe ein „taugliches Mittel" sein, „mit dem ein Hilfesuchender zur Selbsthilfe durch Aufnahme von (zumutbarer) Arbeit motiviert werden kann"96. Die §§ 18 ff. BSHG seien insgesamt als Maßnahme der Hilfe zur Arbeit zu verstehen; dazu gehöre von seiner Stellung her auch § 25 BSHG97. Die Kritiker dieser Rechtsprechung begründen ihre einschränkende Auslegung des § 25 Abs. 1 BSHG zum Teil damit, der Begriff der „Arbeit" in § 19 Abs. 2 und § 25 Abs. 1 BSHG sei nicht identisch. Dies ergebe sich insbesondere aus der Formulierung in § 25 Abs. 1 BSHG, der auf „zumutbare Arbeit" und damit auf solche im Sinne des § 18 Abs. 3 BSHG abstelle98, sowie aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift 99. Teilweise wird auch - in der Regel im Zusammenhang mit der Anwendbarkeit der §§ 18 ff. BSHG auf Asylbewerber - die Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift im Hinblick auf Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 S. 1 und 12 Abs. 2 GG in Zweifel gezogen100. Den Kritikern des BVerwG ist zwar zuzugeben, daß eine Verknüpfung von Arbeit und Sozialhilfe im Sinne von Leistung und Gegenleistung mit dem Normcharakter des § 19 BSHG als Hilfsnorm nicht vereinbar wäre 101. Dies wäre im Hinblick auf Art. 12 Abs. 2 GG unzulässiger Zwang zur Arbeit. Auf der anderen Seite ist eine - eingeschränkte - Anwendung des § 25 Abs. 1 BSHG auch in der Weise möglich, daß von einem „Zwang
94
BVerwG, N V w Z 1983, S. 410 (411).
95
BVerwG, N V w Z 1984, S. 241 (242).
96
Ebenda.
97
BVerwG, N V w Z 1983, S. 410 (411).
98
Friehe, N V w Z 1983, S. 383.
99
Krahmer, ZfSH 1983, S. 213 f.
100 101
Vgl. Münder, N V w Z 1984, S. 208; Friehe, N V w Z 1983, S. 387.
Auch V G Hannover, N V w Z 1986, S. 417 (418); Münder, S. 210.
NVwZ
1984,
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
292
zur Arbeit" nicht gesprochen werden kann. Das verbieten vom Grundsatz her weder Wortlaut noch Entstehungsgeschichte der Vorschrift 102: Einer Restriktion vom Wortlaut der Vorschrift her hält das BVerwG zu Recht entgegen, der Begriff Arbeit werde in den §§ 25 ff. BSHG einheitlich verwandt 103. Die Argumentation vom Wortlaut her kann also zu keinem eindeutigen Ergebnis führen. Gleiches gilt für eine Auslegung aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Eine ausdrückliche Erklärung zum Anwendungsbereich des § 25 Abs. 1 BSHG gibt es in der Begründung zum Regierungsentwurf nicht. Dennoch glauben sowohl Befürworter 104 als auch Kritiker 105 eine Anwendung des § 25 Abs. 1 BSHG auf die gemeinnützige und zusätzliche Arbeit hierauf stützen zu können. Jedoch ist es möglich, § 25 Abs. 1 BSHG so auszulegen, daß seine Anwendung keinen Verstoß gegen das Verbot von Zwangsarbeit in Art. 12 Abs. 2 GG darstellt. Hierzu ist es erforderlich, den Sinn und Zweck der Vorschrift als Hilfsnorm in den Vordergrund zu stellen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Überprüft man die Entscheidungen des BVerwG, so stellt man fest, daß auch dieses Gericht eine Verknüpfung der Leistung von gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit mit dem Anspruch auf Sozialhilfe nur unter sehr strengen Voraussetzungen und nicht im Sinne einer Gegenleistung zuläßt. Es fordert schon grundsätzlich, daß § 25 Abs. 1 BSHG nur dort zur Anwendung kommen darf, wo eine Reintegration in das Arbeitsleben noch möglich und daher Hilfe zur Selbsthilfe erfolgversprechend sein kann. Die Intention des BVerwG wird dadurch verdeutlicht, daß die Weigerung, gemeinnützige und zusätzliche Arbeit zu leisten, nach dieser Auffassung nicht automatisch zur Streichung der Sozialhilfe führt, sondern nur den Verlust des Anspruches hierauf zur Folge hat. Folglich muß der Träger der Sozialhilfe wiederum in pflichtgemäßem Ermessen prüfen, inwieweit die Kürzung oder Streichung der Sozialhilfe im Einzelfall greifen kann106.
102
Vgl. auch Riedel, VerwArch. 1984, S. 249 ff.; zur Interpretation des § 25 BSHG auch BVerwG, FEVS 15, 121 und FEVS 32, 265. 103
Vgl. BVerwG, NVwZ 1984, S. 241 (242).
104
Ebenda.
105
Vgl. Krahmer, ZfSH 1983, S. 214
106
BVerwG, NVwZ 1983, S. 410 (411).
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
293
6.2. Die praktischen Auswirkungen Für die Praxis bedeutet diese restriktive Anwendung des § 25 Abs. 1 BSHG allerdings, daß eine völlige Streichung der Sozialhilfe wohl nicht in Betracht kommen kann, da der Sozialhilfeempfänger zumindest das zum Leben Unerläßliche benötigt und er hierauf aus dem Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GG einen Anspruch hat 107 . Insoweit dürfte regelmäßig eine Ermessensreduktion auf Null vorliegen. Der Anspruch geht kraft Gesetzes verloren, wenn die Zumutbarkeit abgelehnt wird. Eine Kürzung bis auf das zum Leben Unerläßliche muß im konkreten Einzelfall davon abhängig gemacht werden, welche Chancen einer Reintegration überhaupt bestehen und ob diese Chancen durch eine Kürzung der Sozialhilfe verbessert werden können. Der Träger der Sozialhilfe muß den Hilfscharakter der Maßnahme im einzelnen darlegen und begründen, § 35 SGB X. In der Praxis bedeutet diese Auffassung insbesondere, daß eine automatische Verknüpfung von gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit und Sozialhilfe, wie sie wohl zum Teil praktiziert wird 108 , unzulässig ist. Es ist mit dem Grundgesetz und dem Sozialrecht nicht vereinbar, daß versucht wird, auf dem Wege des Angebots gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit letztlich Sozialhilfe einzusparen, indem extensiv von der Vorschrift des § 25 Abs. 1 BSHG Gebrauch gemacht wird. Es ist auffällig, daß in fast allen von der Rechtsprechung entschiedenen Fällen die Streichung oder Kürzung der Sozialhilfe als unzulässig angesehen wurde. Dies zeigt, daß die Träger der Sozialhilfe in der praktischen Anwendung dieser Vorschrift bislang zu wenig die Belange des Sozialhilfeempfängers und den vom BVerwG hervorgehobenen Hilfscharakter der Norm beachtet haben.
6.3. Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 1 BSHG Voraussetzung einer Kürzung (oder Streichung) der Sozialhilfe ist zunächst, daß der Träger der Sozialhilfe eine rechtmäßige, also den Voraussetzungen des § 19 Abs. 1 oder 2 BSHG entsprechende Maßnahme durchgeführt hat109. Des weiteren muß die Annahme der angebotenen Arbeitsgelegenheit oder gemeinnützigen oder zusätzlichen Arbeit dem 107
Riedel, VerwArch. S. 253 f.
108
Vgl. etwa Krahmer, ZfSH 1983, S. 211 f.; Riedel, VerwArch. 1984, S. 237.
109
BVerwG, NVwZ 1984, S. 243.
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
294
Hilfeempfänger „zumutbar" gewesen sein. Wann eine Arbeit zumutbar ist, ergibt sich aus § 18 BSHG110. So entfällt die allgemeine Arbeitspflicht nach § 18 BSHG und damit auch die Anwendbarkeit des § 25 Abs. 1 BSHG im Falle der Arbeitsunfähigkeit 111. Schließlich muß der Träger der Sozialhilfe sein durch § 25 Abs. 1 BSHG eingeräumtes Ermessen in dem oben dargestellten Sinne ausüben. Insbesondere muß die Kürzung der Sozialhilfe dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Sie muß also geeignet sein, den Zweck des § 25 Abs. 1 BSHG - eine Hilfe zur Selbsthilfe - zu erreichen. Es darf keine weniger einschneidende Maßnahme den gleichen Zweck erfüllen insofern ist § 25 Abs. 1 BSHG im Rahmen der §§ 18 ff. BSHG „das letzte Mittel" 112 . Schließlich darf die Entscheidung des Trägers der Sozialhilfe den Hilfeempfänger nicht unverhältnismäßig belasten, was etwa bei einer völligen Streichung der Sozialhilfe gegeben wäre.
7· Die Wirkungen und die arbeitsmarktpolitischen Erfahrungen Das Verständnis für Inhalt und Umfang der Hilfe zur Arbeit als Aufgabe des örtlichen Trägers der Sozialhilfe dürfte sich aus der Abgrenzung dieser Aufgabe gegenüber den vorrangigen Leistungspflichten anderer Sozialleistungsträger im Rahmen der Ausbildungsförderung, der Arbeitsund Berufsförderung und der Rehabilitation113 erschließen. Daraus folgt, daß es nicht Aufgabe der Sozialhilfe sein kann, berufs- und arbeitsmarktpolitische Konzepte sowie Maßnahmen zur Lösung etwa des Ausbildungsstellenmangels oder der Arbeitslosigkeit zu entwickeln oder einzusetzen. Das Instrument der Hilfe zur Arbeit verschafft auch kein individuelles Recht auf Arbeit, ebenso wie es keine unbedingte Arbeitspflicht vorsieht. Hilfe zur Arbeit ist als Hilfe zur Selbsthilfe ausschließlich Einzelfallhilfe und geht in § 19 BSHG davon aus, daß der Hilfesuchende (subjektiv) bereit und (objektiv) in der Lage ist, seiner Pflicht zur Arbeit nach § 18 Abs. 1 BSHG nachzukommen, aber trotz eigener Anstrengungen und trotz Bemühungen des Arbeitsamtes und des Sozialhilfeträgers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Arbeit finden kann. 110
Schellhorn/Jirasek!Seipp
111 m
1984, § 25 Rdnr. 4.
Vgl. BVerwG, NVwZ 1983, S. 410 (411).
Schellhorn/Jirasek! Rdnr. 3.
Seipp 1984, §25 Rdnr. 8; Knopp ! Fichtner
1983, §25
113 Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation v. 7.8.1974 (BGBl. I S. 1881).
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
295
Daß dennoch die Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger durch die Gemeinden den sog. Zweiten Arbeitsmarkt 114 prägten und prägen und damit den „Kernbereich eines Ergänzungsarbeitsmarktes" 115 darstellen, liegt nahe: Wenn Dauerarbeitsplätze zur Erfüllung zusätzlicher Aufgaben der öffentlichen Hand nicht finanzierbar sind, wird nach „zweitbesten Lösungen" gesucht, um die finanziellen Mittel, die von der Allgemeinheit ohnehin für die mittelbare oder unmittelbare Finanzierung der Arbeitslosigkeit aufgewendet werden müssen, zumindest teilweise für die Finanzierung zeitlich befristeter Arbeitsplätze in bestimmten Bereichen einzusetzen. Die Wirkungen und Konfliktfelder werden dann deutlich, wenn gefragt wird, wie und unter welchen Bedingungen ein Zweiter Arbeitsmarkt funktionieren und seine Ziele erreichen kann. Ein Spannungsfeld bildet zweifellos die Forderung nach Aufrechterhaltung der Tarifbedingungen des „Ersten Arbeitsmarktes" einerseits mit den höchst umstrittenen Reallohnsenkungen andererseits. In der Praxis bewegen sich die bisherigen Ansätze eines Zweiten Arbeitsmarktes durchaus ambivalent zwischen diesen Forderungen. Nicht überall werden die Tarifbedingungen des öffentlichen Dienstes angewandt116. Weiter kann ein sogenannter Ersatzarbeitsmarkt nur dann zur Verminderung der Arbeitslosigkeit beitragen, wenn er zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse schafft und das Beschäftigungsvolumen insgesamt ausweitet. Dies muß zur Forderung führen, daß Beschäftigungsverhältnisse im Zweiten Arbeitsmarkt nicht zu Lasten der regulären Beschäftigung in Privatwirtschaft und Staat (also im Ersten Arbeitsmarkt) gehen dürfen. Verhaltene Kritik mag vereinzelt dort ansetzen, wenn in der Schaffung zusätzlicher Beschäftigungsverhältnisse im Zweiten Arbeitsmarkt eine unerwünschte Ausweitung des öffentlichen Sektors gesehen wird. Dem kann entgegengehalten werden, daß der Zweite Arbeitsmarkt definitionsgemäß im wesentlichen mit Mitteln finanziert wird, die ohnehin als Kosten der Arbeitslosigkeit bei den öffentlichen Haushalten anfallen. Ob solche Maßnahmen in größerem Umfange überhaupt finanzierbar sein können, ist nicht unumstritten.
114
Vgl. oben Fußn. 1.
115
Reissert, Loccumer Protokolle 15 /1985, S. 82: er zählt zu den Kernbereichen die Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung (ABM) und die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger. 116
Ders., S. 86.
296
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
Die Frage ist, ob die mit Hilfe des Zweiten Arbeitsmarktes eingesparten Kosten der Arbeitslosigkeit tatsächlich ausreichen, um die entsprechenden zusätzlichen Arbeitsplätze zu finanzieren, ob sich also ein „Ersatzarbeitsmarkt" für Arbeitslose „selbst finanzieren" kann117. Zweifelhaft ist auch, ob die Kosten für den Zweiten Arbeitsmarkt bei denjenigen öffentlichen Haushaltsträgern anfallen, bei denen auch die entsprechenden Kosten der Arbeitslosigkeit eingespart werden. Bei den Programmen zur befristeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger durch die Gemeinden118 dürften diese Programme für die Gesamtheit der öffentlichen Haushalte etwas teurer als die Finanzierung von Arbeitslosigkeit sein, nicht jedoch für die einzelnen Gemeinden, die die Programme organisieren und finanzieren 119. Selbst wenn ein vorher arbeitsloser Sozialhilfeempfänger nach der befristeten Beschäftigung bei der Kommune wieder arbeitslos wird, entstehen für die Gemeinde mittelfristig keine zusätzlichen Kosten aus dem Arbeitsbeschaffungsprogramm. Das hängt damit zusammen, daß arbeitslose Sozialhilfeempfänger durch die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse je nach der Dauer ihrer Beschäftigung Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe erwerben. Sie sind also auch dann, wenn sie im Anschluß an eine befristete kommunale Beschäftigung wieder arbeitslos werden, in der Regel nicht mehr auf die kommunale Sozialhilfe angewiesen, sondern erhalten Leistungen der BA. Folgt man dem Beispiel Hamburgs 120, daß ein arbeitsloser Sozialhilfeempfänger für 1 Jahr von der Kommune sozialversicherungspflichtig beschäftigt und dann wieder arbeitslos wird, ergibt eine Modellrechnung für einen Dreijahreszeitraum folgendes Ergebnis: Dieser Beschäftigte im Zweiten Arbeitsmarkt ist für die gesamte öffentliche Hand in den drei Jahren knapp 6 000 DM teurer, als wenn er über den gesamten Zeitraum Sozialhilfe bezogen hätte. Für die Gemeinde ist er jedoch rd. 4 000 D M billiger, als wenn er Sozialhilfeempfänger geblieben wäre. Für den
117
Dazu Reissert, Finanzieren sich kommunale Beschäftigungsinitiativen für arbeitslose Sozialhilfeempfänger selbst?, S. 205-218. 118
Etwa nach dem Hamburger Modell, vgl. Fußn. 1 und 2.
119
Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 92.
120
Zum Hamburger Modell Fiedler /Farenholtz, a.a.O., S. 388 ff.; zum Kölner Konzept der Handwerksbetriebe als Stütze des Zweiten Arbeitsmarkts vgl. Vornehm, Köln modernisiert das Handwerk, S. 403-417; insbesondere zur Finanzierung in Zusammenhang mit der Sozialhilfe, S. 410 ff.
I. Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger
297
Bund und die BA wird er wesentlich teurer als ein Sozialhilfeempfänger 121; hierauf wurde eingangs bereits hingewiesen. Dies wird durch Erfahrungswerte der Stadt Stuttgart bestätigt, die 1986 ebenfalls Arbeitshilfen nach § 19 BSHG initiierte 122 . In Tabelle 26 (s. unten) werden die finanziellen Aufwendungen im einzelnen errechnet 123. Es ist durchaus anzuerkennen, daß der sogenannte Ergänzungsarbeitsmarkt einem erheblichen Teil der dauerhaft Arbeitslosen eine sinnvolle Beschäftigung und eine Möglichkeit zur Erhaltung ihrer Qualifikation und Arbeitsfähigkeit bieten kann124. Einmal werden durch solche Arbeitshilfen anstelle konsumtiver Sozialleistungen produktive Werte geschaffen; gleichzeitig wird nicht unwesentlich zur persönlichen Stabilisierung der Hilfeempfänger beigetragen. Zum anderen können die Arbeitshilfen durchaus die Chancen für eine Wiedereingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhöhen, nicht zuletzt deshalb, weil - wie schon erwähnt - der Hilfeempfänger nach dem Auslaufen der befristeten Arbeitshilfen Ansprüche auf die verschiedenen Arbeitsförderungsmaßnahmen der Arbeitsverwaltung hat. Offen bleibt jedoch, was mit dem Personenkreis geschieht, wenn seine - notwendigerweise befristete - Beschäftigung im Rahmen des Zweiten
121
Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 92.
122
GRDrucks. Nr. 286/1986 betreffend Arbeitshilfen nach § 19 BSHG.
123
-
-
-
Diese Berechnung läßt außer acht, daß die Arbeitshilfen die Eingliederungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erhöhen und dadurch der Sozialhilfeträger in den Folgejahren ganz entlastet wird; in Einzelfällen zur Finanzierung des Aufwands der Arbeitshilfen individuelle Förderungsmaßnahmen der Arbeitsverwaltung erschlossen werden können; der Hilfeempfänger während der Dauer der Arbeitshilfen monatlich DM 267.Lohnsteuer entrichtet, die teilweise wieder den Kommunen zugute kommt; durch das im Rahmen der Arbeitshilfen begründete versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis nicht nur die Anspruchsvoraussetzungen für die Leistungen der Arbeitslosenversicherung begründet werden. Auch die Anspruchsvoraussetzungen für die Rentenversicherung werden verbessert, was mittel- und langfristig ebenfalls der Entlastung des Sozialhilfeträgers dient; während der Dauer der Arbeitshilfen keine Verwaltungskosten für die Gewährung von Sozialhilfe anfallen; durch die Arbeitshilfen anstelle rein konsumtiver Sozialleistungen produktive Werte geschaffen werden.
124 Zu den Perspektiven an der Grenze zwischen Arbeitsmarkt und Sozialhilfe Dieckmann /Reis, Hilfe zur Arbeit, S. 263, 280.
(+) 2 512 739
1 343 040
3 855 779
(+) 630 210
1 343 040
1 973 250
45 360
1 927 890
2. Jahr in DM
(-) 1 184 640
1 343 040
226 080
(-) 1 116 960
226 080
-
-
6 715 200
(-) 1 116 960 (-) 275 611
1 343 040
5 783 669
in 5 Jahren in DM
6 439 589
655 920
5. Jahr in DM
226 080
4. Jahr in DM
226 080
-
1 343 040
158 400
158 400
3. Jahr in DM
a) Die Arbeitshilfen sollen bis zu 18 Monate befristet werden. In dieser Zeit erwirbt der Hilfeempfänger in vollem Umfang einen Anspruch auf die Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz einseht aller Maßnahmen, die die Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zum Ziel haben (u.a. Eingliederungshilfen, Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen). b) Et wird davon ausgegangen, daß 100 Hilfeempfänger in vollem Umfang auf Sozialhilfe angewiesen sind und 20 Hilfeempfänger aus früheren Arbeitsverhältnissen einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Arbeitslosenhilfe haben, der mindestens 50% des sozialhilferechtlichen Bedarfs deckt; die durchschnittliche Bedarfsdeckung wird mit 40% angenommen.
Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Gemeinderats-Drucks. Nr. 286/1966 vom 2&5.1966
von Arbeitshilfen
C. Mehrausgaben (+)/Minderausgaben (-) bei Angebot
B. Aufwand ohne Angebot von Arbeitshilfen Aufwand für Sozialhilfe ohne Arbeitshilfen b)
3. Summe
-
3 855 779
A. Aufwand bei Angebot von Arbeitshilfen 1. Aufwand für 120 Arbeitsplätze, befristet auf 18 Monate3^
2. Aufwand für ergänzende Sozialhilfe nach Beendigung der Arbeitshilfen und anschließendem Bezug von Arbeitslosenhilfe
1. Jahr in DM
Finanzieller Aufwand für die Stadt (in DM)
Finanzielle Aufwendungen der Stadt Stuttgart für Arbeitshilfen nach § 19 BSHG
Tabelle 26
298 C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
299
Arbeitsmarktes zu Ende geht und sich die Arbeitsmarktsituation nicht gebessert hat. Für die Betroffenen ist zu befürchten, daß die befristete Beschäftigung im Zweiten Arbeitsmarkt im nachhinein nur eine weitere Station im längeren, unstabilen Berufs- oder Jobleben sein kann. Ohne weitere beschäftigungspolitische Initiativen oder Strategien dürfte der Ersatzarbeitsmarkt nur ein Hilfsmittel für die Gemeinden als örtliche Sozialhilfeträger sein, um die Probleme mittelfristig zu lindern oder aufgrund der dringenden Situation andere öffentliche Haushaltsträger zu beschäftigungspolitischem Handeln zu drängen125.
I L Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) 1. Die Problemstellung und die Bedeutung Die Arbeitsmarktsituation erfordert nach wie vor den Ausbau des sogenannten Zweiten Arbeitsmarktes, wie er durch Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen1 und andere vergleichbare kommunale Aktivitäten entstanden ist, um größeren Gruppen von schwer vermittelbaren Arbeitslosen die Chance einzuräumen, wieder eine Beschäftigung zu finden 2. Dabei ist davon auszugehen, daß ABM den Schwerpunkt dieser Maßnahmen auch in Zukunft bilden müssen3. In der zweiten Jahreshälfte 1986 konnte die Zahl der in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beschäftigten Arbeitslosen erneut gesteigert werden, sie betrug 111.800 und erreichte damals ihren bisherigen Höchst-
125
Vgl. Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 94 f.
1
AFG vom 25.6.1969 (BGBl. I S. 582), Inhalt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 20.12.1984 (BGBl. I S. 1713); am 1.1.1988 sind weitere umfangreiche Änderungen des AFG vom 25.6.1969, zuletzt geändert durch Gesetz vom 27.6. 1987 in Kraft getreten. Die Änderungen sind in dem als Artikelgesetz ergangenen „Gesetz zur Änderung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente und zum Schutz der Solidargemeinschaft vor Leistungsmißbrauch" vom 14.12.1987 enthalten. Die insgesamt 45 Positionen des AFG sind für die Themenstellung ohne besondere Relevanz. 2
Zum Zweiten Arbeitsmarkt vgl. oben C.LI, und 7., jeweils m.w.N.; vor allem Fiedler / Farenholtz, Möglichkeiten und Grenzen des Zweiten Arbeitsmarktes als Modell regionalisierter Arbeitsmarktpolitik, S. 388-402; Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 74-97. 3
DSt-Beiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 247.
300
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
stand4. Träger von ABM sind in erster Linie die Städte, daneben insbesondere im Sozial- und Jugendbereich die Wohlfahrtsverbände und die sogenannten freien Träger, nur vereinzelt Privatunternehmen. Der Anteil der öffentlich-rechtlichen Träger beläuft sich derzeit auf mehr als 80%. Die Städte beschäftigen in ihren Projekten im wesentlichen schwer vermittelbare Arbeitnehmer, darunter besonders Jugendliche. Als schwer vermittelbar gelten Arbeitnehmer ohne Berufsausbildung, ältere Arbeitnehmer, Langzeitarbeitslose und Arbeitnehmer mit gesundheitlichen Einschränkungen. Wenn bei einem Arbeitnehmer zwei oder mehrere dieser Beschränkungen zusammentreffen, bleibt er auf dem Arbeitsmarkt praktisch chancenlos. In diesen Fällen bedeuten ABM in der Regel eine der letzten Möglichkeiten, die subjektiven und objektiven Folgen der Arbeitslosigkeit zu lindern oder ihnen zu begegnen5. Eine Erhebung des Deutschen Städtetages umreißt die kommunale Bedeutung und zeigt, in welchen Bereichen der kommunalen Verwaltung vorübergehend zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten mit dem Instrument der ABM geschaffen werden können6 (zur Verteilung der 1985 bereitgestellten Beschäftigungsmöglichkeiten vgl. unten Tabelle 27). Nach Feststellung der BA waren die meisten geförderten Arbeitnehmer im ersten Halbjahr 1986 in Maßnahmen von „sozialen Diensten" beschäftigt, gefolgt von Maßnahmen in „Landwirtschaft, Garten- und Landschaftsgartenbau" mit rd. 19.000 Arbeitnehmern 7. Nach diesen Angaben waren Ende Juni 1986 rd. 42% der geförderten Arbeitnehmer vor Eintritt in die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen 12 Monate und länger arbeitslos gemeldet. Etwa jeder Vierte ABM-Beschäftigte gehörte zur Personengruppe der Jugendlichen und jungen Arbeitslosen unter 25 Jahren, die keinen beruflichen Abschluß haben. Etwa 13% der ABMBeschäftigten waren 50 Jahre und älter und 14% hatten gesundheitliche Einschränkungen oder waren schwerbehindert. Der Anteil der Frauen in ABM-Maßnahmen lag im gleichen Zeitraum bei 36,5% und damit deutlich unter dem Anteil der Frauen an der Gesamtarbeitslosigkeit, die im Juni 1986 48,2% betrug.
4
MittDSt. 1985, S. 424.
5
Zur Problemstellung vgl. insbesondere Reissert, Loccumer Protokolle 15 /1985, S. 74-77; zum Beispiel der Stadt Kassel Fauth, Chancen und Grenzen einer kommunalen Beschäftigungspolitik, S. 190 f.; zum Beispiel Hamburgs Fiedler ! Forenholtz, a.a.O., S. 388-402. 6
Vgl. besonders DSt-Beiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 248-255.
7
Lindlahr, Landkr. 1986, S. 553 f.
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
301
Tabelle 27 Beschäftigungsmöglichkeiten für ABM in den Städten 1985
Projekte
in v.H.
Bereich Soziales
insgesamt 28
Alte Menschen Kinder Kranke, Behinderte Jugendliche Ausländer, Randgruppen Bereich Grünflächen-, Naturschutz,
3 6 6 11 2 Umweltschutz, Reinigung
Grünflächen-, Naturschutz Umweltschutz Reinigung und Säuberung von stadteigenen, nicht genutzten Grundstücken, Hinterhöfen, Vorgärten Bereich Bau- und Denkmalpflege Bau Denkmalpflege
34 5 2 insgesamt 7 5 2
Bereich Verwaltung
insgesamt 15
Aufbau, Fortschreibung und Auswertung von Karteien Erstellung von Katastern Katalogisierungsarbeiten Umstellung von herkömmlichen Karteien auf EDV Archiv- und Registraturarbeiten Zusätzliche Verwaltungsarbeiten in verschiedenen Ämtern Bereich Wirtschaft
insgesamt 41
und Verkehr
Sonstige Bereiche (insb. Bildung, Kultur, Sport)
3 1 3 1 4 3 insgesamt 5 insgesamt 4
Quelle: DSL-Beiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 255
Die kommunalen Träger können bestätigen, daß die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gegenwärtig als ein besonders wichtiges und schnell greifendes Instrument der Arbeitsmarktpolitik angesehen werden können 8 . Die B A hat die für die Förderung von allgemeinen AB-Maßnah-
8
Ebenda, S. 553; DSt. Umdruck W 3184 vom 21.10.1985 zu ABM und Städte,
302
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
men bereitgestellten Mittel in den letzten Jahren dementsprechend ständig aufgestockt. So wurde zuletzt der Haushaltsansatz für 1986 um über 26% gegenüber 1985 auf 3,27 Mrd. D M erhöht 9 . Es gibt allerdings regional erheblich unterschiedliche Entwicklungen bei der Zahl der A B M Beschäftigten 10 . Das Beispiel Stuttgarts seit Wiederaufnahme von A B M im Jahre 1983 vermittelt die Übersicht in Tabelle 28.
Tabelle 28 Wiederaufnahme von ABM am Beispiel Stuttgarts
1983
1984
1985
1986
1987
4
27
26
19
27
(8)
(10)
Genehmigte Maßnahmen darunter Verlängerungen
-
(6)
(12)
Maßnahmen ohne Einstellungsfolgen
-
2
1
4
25
25
19
23
4
67
76
62
40
(4)
(13)
(8)
(12)
Tatsächlich durchgeführte/laufende Maßnahmen Gesamtzahl der eingestellten Mitarbeiter (darunter bei verlängerten Maßnahmen weiterbeschäftigte Mitarbeiter)
4
-
(-)
Von diesen Mitarbeitern wurden (sind) - in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei der Stadt übernommen
1
7
2
4
2
- in ein befristetes Arbeitsverhältnis bei der Stadt übernommen
1
5
2
1
6
Vorbericht für die 24. Sitzung des Hauptausschusses am 24.11.1984 in Braunschweig, S. 3. 9
Lindlahr, Landkr. 1986., S. 553.
10
Vgl. Fußn. 5; vgl. auch Vornehm, Köln motiviert das Handwerk, S. 408.
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
303
Fortsetzung Tabelle 28 1983
1984
1985
1
3
- bei anderem Arbeitgeber in ein Arbeitsverhältnis übernommen - bei anderem Arbeitgeber bei einer ABMaßnahme beschäftigt
1987
1
- bei anderer AB-Maßnahme weiterbeschäftigt
1
12
15
7
2
2
12
12
3
40
41
38
7
- vorzeitig nach Kündigung durch die Stadt oder auf eigenen Wunsch ausgeschieden - wegen Ablaufs der Maßnahme ausgeschieden - Am 15.2.1988 waren beschäftigt
1986
1 -
-
-
-
20
Quelle: Landeshauptstadt Stuttgart, Gemeinderats-Druclcs. im Wege der Offenlegung vom* 16.11988 Somit waren am Stichtag (15.11988) 18 AB-Maßnahmen mit 20 Beschäftigten im Gang. Der Zuschuß des Arbeitsamts beträgt in zwei Fällen 80%, in 14 Fällen 70% und in zwei Fällen 60%. Die Belastung der Stadt bei allen im Berichtszeitraum genehmigten AB-Maßnahmen betrug insgesamt 136,5 Mannmonate; umgerechnet auf 12 Monate entspricht dies 11,38 Mitarbeitern, die ein Jahr lang zu Lasten der Stadt beschäftigt sind. An Personalkosten fielen dabei insgesamt 608 135 DM an; umgerechnet auf 1 Mitarbeiter je Maßnahme - bei 4 Maßnahmen sind mehrere Mitarbeiter eingesetzt - beträgt der Gesamtaufwand 488 153 DM. Bei einer Gesamtdauer aller Maßnahmen von 339 Monaten entfällt somit durchschnittlich auf 1 Monat 1 440 DM.
2. Die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen als historisch gewachsenes Instrument zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ABM gelten gemeinhin als Element „moderner" oder „aktiver" Beschäftigungspolitik. Sie sind in ihrer heutigen Form jedoch auch Resultat mehrfacher und unterschiedlicher Versuche im Umgang mit Arbeitslosigkeit, die bis in die Zeit des deutschen Kaiserreichs zurückreichen 11. In der Zeit vor und nach dem 1. Weltkrieg wurden öffentliche Beschäftigungsmaßnahmen immer häufiger durchgeführt. 1927 wurde dann 11
Dückert 1984, S. 16.
304
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
die Möglichkeit zur Arbeitsbeschaffung im AVAVG niedergelegt12. In und nach der Weltwirtschaftskrise wurden besondere Konzepte zur Arbeitsbeschaffung entwickelt, die eine zentrale Rolle spielten. Sie waren jedoch politisch weniger durchsetzbar 13. Ab 1930 wurde durch die Notverordnungspraxis der Regierungen Brüning, von Papen und Schleicher der Abbau von sozialen Leistungen und von beschäftigungspolitischen Entscheidungsspielräumen der Arbeitsverwaltung in einschneidender Weise betrieben 14. Waren die Einrichtungen der Erwerbslosenfürsorge bzw. der Arbeitslosenversicherung und der öffentlichen Arbeitsbeschaffung sozialpolitisch motiviert gewesen, wurden die Einschränkungen mehr mit ökonomischen Argumenten begründet: mit der Finanzknappheit der öffentlichen Haushalte, mit der damit verbundenen Pflicht zu deren Konsolidierung, mit der Kreditsituation sowie der Kostenbelastung der Unternehmen 15. Wenngleich mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten ABM wieder häufiger durchgeführt wurden, wenn auch aus anderer Motivation heraus, kann mit dem Ende der Weimarer Republik auch die Herausbildung des beschäftigungspolitischen Instruments ABM als abgeschlossen betrachtet werden16. Seine rechtlichen Grundlagen waren im AVAVG von 1927 bereits fixiert und wurden erst 1969 durch die Regelungen des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) abgelöst. Die direkten Vorläufer der ABM waren Notstandsarbeiten. Sie wurden seit Bestehen der Weimarer Republik von Gemeinden organisiert, nachdem erst ab 1926/27 die ABM in die Diskussion gerieten und in bescheidenem Maße zunächst parallel zu Notstandsarbeiten durchgeführt wurden 17. Die Unterscheidung zwischen ABM und Notstandsarbeiten ist nicht nur historisch bedingt, weil alle öffentlichen Beschäftigungsprogramme bis in die 20er Jahre als Notstandsarbeiten bezeichnet wurden. Unter dem Begriff der Arbeitsbeschaffung wurden vom Reich mitfinanzierte öffentliche Arbeiten verstanden, die sich inhaltlich nicht von Notstands-
12
Vgl. dazu auch im Zusammenhang und zu den Einzelheiten A.III.3.
13
Dückert 1984, S. 20.
14
Zur Notverordnungspraxis und deren Folgen für die Arbeitsverwaltung und die soziale Absicherung der Arbeitslosen vgl. Weller 1969, S. 80 ff. 15
Dückert 1984, S. 38.
16
Dieselbe, S. 20.
17
Dieselbe, S. 46; vgl. auch A. III. 3.
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
305
arbeiten unterschieden. Aufgrund dieser unterschiedlichen Finanzierung zu den Notstandsarbeiten der Gemeinden ist die Differenz vergleichbar mit der heute in der Bundesrepublik getroffenen Unterscheidung von ABM-Programmen und ABM-Sonderprogrammen 18. Die Notstandsarbeiten sollten wie die ABM-Programme heute aus den laufenden Haushalten der Reichsanstalt für Arbeit finanziert werden. ABM galten hingegen als Sondermaßnahmen, für die auch Reichssondermittel bereitgestellt werden sollten. Mit zunehmender Verschuldung der 1927 und nach dem AVAVG gegründeten Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung waren aber auch Notstandsarbeiten immer mehr auf öffentliche Darlehen angewiesen, weshalb sich die formale Grenze zwischen Notstandsarbeiten und ABM ab 1928 mehr und mehr verwischte. Allerdings waren die Inhalte der Maßnahmen ohnehin identisch. Dennoch führte ABM zu grundsätzlicheren beschäftigungspolitischen Auseinandersetzungen als bei den Notstandsarbeiten19. Die Forderungen nach ABM erreichten ihren beschäftigungspolitischen Höhepunkt vor allem in den Jahren der Weltwirtschaftskrise, als ABM-Reichsmittel in einem Umfang gefordert worden waren, die zur konsequenten Deflationspolitik ab 1930 in Widerspruch gestanden hätten. Damit wurde die herrschende wirtschaftspolitische Konzeption in Frage gestellt, anders als in den Jahren zuvor, als es um die Notstandsarbeiten ging. In der Krise ab 1926 wurde erstmals die Forderung nach öffentlichen Arbeitsmaßnahmen erhoben, die über den Umfang von Notstandsarbeiten hinausgehen sollten. Das Reich stellte über einen außerordentlichen Haushalt und über Anleihen 200 Mio. RM zur Verfügung, die durch die Ländermittel noch ergänzt wurden 20. Die Arbeitsbeschaffungsprogramme umfaßten zusätzliche Aufträge von Reichsbahn und -post sowie Aufträge für den Bau von Wasserstraßen. Als 1930 bereits über 3 Mio. Arbeitslose gezählt wurden und die Wirtschaft enorm schrumpfte, wurden in den folgenden Jahren von den unterschiedlichen Organisationen teilweise sehr detaillierte Arbeitsbeschaffungsprogramme entwickelt21. Allerdings führte die von Regierung zu Regierung zunehmende Berücksichtigung von ABM nicht zur gewünschten Umsetzung der vorgeschlagenen
18
Dieselbe, S. 20.
19
Dieselbe, S. 50.
20
Ebenda.
21
Zu den Einzelheiten vgl. A H I .
306
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
umfangreichen Programme. Die ökonomischen Wirkungen der realisierten ABM wurden allerdings „nie hinreichend untersucht" 22. Auch während der hohen Arbeitslosigkeit zu Beginn der 50er Jahre wurden Notstandsarbeiten auf der Grundlage des AVAVG von 1927 durchgeführt. Dies zeigt Tabelle 29, wonach die Zahl der Notstandsarbeiter im Jahresdurchschnitt zwischen 1950 und 1955 die Zahl der ABMBeschäftigten im Jahresdurchschnitt zwischen 1976 und 1980 übertraf. Tabelle 29 Beschäftigte in öffentlichen Beschäftigungsprogrammen 1950-1954 und 1976-1980
ABM-Beschäftigte b)
Notstandsarbeiter a) 1950 1951 1952 1953 1954
70 000 65 000 71 000 63 000 56 000
1976 1977 1978 1979 1980
29 000 38 000 51 000 51 000 41 000
a) Quelle: ANBA 2/1955, Übersicht S. 1, S. 3 b) Quelle: ANBA Arbeitsstatistik 1980
Rechtliche Grundlage der Arbeitslosenfürsorge und eines 200 Millionen-Sofortprogramms zur Arbeitsbeschaffung vom Mai 1952 war das AVAVG. Es wurde wiederholt durch Richtlinien und Erlässe23 präzisiert. Die Notstandsarbeiten der BA sowie der Landesarbeitsämter und die Maßnahmen des Sofortprogramms der Bundesregierung sollten maximal 80% der Gesamtkosten von Arbeiten decken, die „sonst nicht in dem Umfang, in dem Gebiet oder zu dem Zeitpunkt in Angriff genom-
22
Diickert allem S. 50 ff. 23
1984, S. 51; speziell zur beschäftigungstheoretischen Diskussion vor
Richtlinien über die Verteilung der Restmittel aus dem 200 Millionen-Fonds zur Arbeitsbeschaffung vom 30.5.1952, in: ANBA 1953, Nr. 1, S. 3 ff. sowie die Richtlinien für die Grundförderung und für die verstärkte Förderung von Maßnahmen der wertschaffenden Arbeitslosenfürsorge vom 17.2.1954, ANBA 1954, Nr. 5, S. 325 ff., und Durchführungsbestimmungen für die Richtlinien vom 17.2.1954 am 15.2.1955, ANBA 1955, Nr. 2, S. 188 ff. sowie weitere Erlässe zur Durchführung führung der Maßnahmen, veröffentlicht in den ersten Jahrgängen der A N B A
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
307
men würden, in denen es unter arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkten erwünscht ist" 24 . Die Zielsetzung und arbeitsmarktpolitischen Gesichtspunkte der Maßnahmen unterschieden sich wenig von den Anforderungen, die unter den Bedingungen der strukturierten Arbeitslosigkeit Ende der 70er Jahre formuliert wurden. Wie heute galten danach vor allem die arbeitsintensiven Maßnahmen als arbeitsmarktpolitisch erwünscht, bei denen längerfristig Arbeitslose beschäftigt werden konnten, Dauerarbeitsplätze geschaffen und die Regionen mit überdurchschnittlicher Arbeitslosigkeit berücksichtigt wurden. Die Maßnahmen sollten zusätzliche Arbeitsgelegenheiten schaffen, gemeinnützig, volkswirtschaftlich wertvoll und im öffentlichen Interesse sein. Genauer wurden diese Bestimmungen allerdings nicht präzisiert 25. Entsprechend den Entwicklungstendenzen von Arbeitsmarktpolitik und Beschäftigungsstruktur wurde erst wieder in der Phase des Übergangs von der Situation der Vollbeschäftigung zur zunehmenden Arbeitslosigkeit bis hin zur Massenarbeitslosigkeit von 1974/75 der Politik der Arbeitsbeschaffung erst zurückhaltende, später zunehmende Aufmerksamkeit im Rahmen der Sonderprogramme der Bundesregierung und der Aktivitäten der BA gewidmet26. Seit 1974 werden in der Bundesrepublik demzufolge ABM in größerem Umfang eingesetzt. Vor dem Hintergrund anhaltend hoher Arbeitslosigkeit nahm ihre Bedeutung bis zum Ende der 70er Jahre laufend zu. Auf dem Höhepunkt 1978 wurden in ca. 16 000 laufenden Projekten mehr als 51 000 Arbeitnehmer (Personenjahre) gefördert. Bei einer durchschnittlichen Beschäftigungsdauer von 17 Wochen wurden damit ca. 150 000 (befristete) Arbeitsverhältnisse begründet27; vgl. dazu unten Tabelle 30. Der zunächst wohl eher antizyklische Einsatz von ABM, der insbesondere im Baubereich langfristig Arbeitslosen für begrenzte Zeit eine Unterbrechung ihrer Arbeitslosigkeit ermöglichen sollte, wandelte sich verstärkt durch das ABM-Sonderprogramm „Soziale Dienste 1977" zu einem anspruchsvollen sozial- und arbeitsmarktpolitischen Konzept23, um
24
Richtlinien vom 30.5.1952, ANBA 1953, Nr. 1., S. 3.
25
Lediglich die Bauten von Spiel- und Sportplätzen, von Badeanlagen und „sogenannte Beschäftigungsarbeiten" wurden als weniger wertvoll bezeichnet, vgl. Richtlinien vom 30.5.1952, ANBA 1953, Nr. 1, S. 4. 26
Dückert 1984, S. 98.
27
Spitznagel, Mitt. aus der Arbeits- und Berufsforschung 2/1979, S. 201.
28
Auer/Maier, Mitt. aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2/1984, S. 159; Maier, in: Regionalisierte Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, S. 218.
1 576 1 539 3 208 15 810 28 842 37 754 51 236 51 192 41 251 38 461 29 189 44 680
37 + 1 669 + 12 602 + 13 032 + 8 912 + 13 482 44 - 9 941 - 2 2790 - 9 272 + 15 991
+ 68 -
4,5
2,3 + 108,4 + 392,8 + 82,4 + 30,9 + 35,7 0,1 - 19,4 7,2 - 24,1 + 53,1
+
in %
absolut
2,8 + 155,7 + 499,4 + 127,1 + 89,8 + 71,1 + 13,9 15,5 9,2 20,6 + 91,4
2,9
in %
dem Vorjahr
144 + 4 + 140 4 358 + 218 2 146 + 1 788 4 873 + 2 727 9 250 + 4 377 15 824 + 6 574 18 029 + 2 205 15 229 - 2 800 13 935 - 1 294 11 063 - 2 872 15 691 + 4 578
insgesamt
Zahl der laufenden Maßnahmena)
a) einschließlich der ruhenden Maßnahmen
Quelle: ANBA-Arbeitsstatistik 1982 - Jahreszahlen, 31. Jg. 1983, Sondernummer vom 12.8.1983, S. 211, sowie unveröffentlichte Daten der Bundesanstalt für Arbeit für das Jahr 1983
1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983
absolut
Zahl der beschäftigten geförderten JahresArbeitnehmer (Personenjahre) durchschnitt Zu-/Abnahme gegenüber Zu-/Abnahme gegenüber insgesamt dem Vorjahr
Allgemeine Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung (ABM) 1972—1982
Tabelle 30
308 C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
309
insbesondere der wachsenden Zahl Teilzeitarbeit suchender Frauen zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten zu bieten. Diese Entwicklung wurde dadurch gestützt, daß sich die Beschäftigungssituation im Baugewerbe, gemessen an den Jahren 1974 bis 1976, zunächst gebessert hatte, so daß die Einsatzmöglichkeiten von ABM verstärkt auf Bereiche wie z.B. in Landwirtschaft und Gartenbau, Küstenschutz, Forstwirtschaft, Verkehrswegebau und Versorgung, Freizeitgelände und soziale Dienste ausgedehnt werden konnten29. Zwar konnte die Zahl der Maßnahmen auch noch 1978 ganz erheblich ausgeweitet werden30, doch war bereits absehbar, daß sich bei einem Teil der bisherigen Träger von ABM, vor allem bei den Städten und Gemeinden, leichte Sättigungstendenzen ankündigten31. 1979 dehnte die Bundesregierung in ihrem Sonderprogramm im Bereich der sozialen Dienste die Laufzeit der Maßnahmen auf zwei Jahre aus; auch im Bereich der Bau- und Grünflächenarbeiten („Verbesserung der sozialen Infrastruktur") wurde durch eine Verlängerung der Laufzeit versucht, zusätzliche Anreize für Projekte im Umweltschutz und in der Wohnumfeldverbesserung zu bieten. Die Erfahrungen aus dem Sonderprogramm wiesen darauf hin, daß es möglich war, die Zahl der in ABM beschäftigten Arbeitslosen wesentlich zu erhöhen32. Trotz weiter zunehmender Arbeitslosigkeit setzte allerdings das Arbeitsförderungskonsolidierungsgesetz (AFKG) von 1981 durch wesentlich restriktivere Förderkonditionen 33 und entsprechende
29 ANBA-Arbeitsmarktstatistik 1982 - Jahreszahlen, 31. Jahrgang, Sondernummer vom 12.8.1983, S. 211. 30
1978 waren unter den 51 200 in ABM geförderten Arbeitnehmern allein 19 200, die nach dem arbeitsmarktpolitischen Sonderprogramm von 1977 gefördert wurden (ANBA, Nr. 12/1979, S. 1566). 31
Auer/Maier, Mitt. aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2/1984, S. 160; Maier in: Regionalisierte Arbeitsmarkt- und Beschäftitungspolitik, S. 221. 32 33
Auer/Maier,
Mitt. aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2/1984, S. 161.
Die Förderung von Arbeiten in ABM in Arbeitsamtsbezirken „mit einer im Verhältnis zum Bundesdurchschnitt guten Beschäftigungslage wurde ausgeschlossen" (§ 91 (4) AFG). Juristische Personen des öffentlichen Rechts, also in erster Linie Kommunen, können nur noch „strukturverbessernde und die soziale Infrastruktur verbessernde" Maßnahmen durchführen und dies auch nur in Arbeitsamtsbezirken, in denen die Arbeitslosenquote im Durchschnitt der letzten sechs Monate vor der Bewilligung der Förderung mindestens dreißig vom Hundert über dem Bundesdurchschnitt gelegen hat (§ 91 S. 3 AFG). Schließlich dürfen „grundsätzlich nur noch Arbeitnehmer zugewiesen werden, die für die Zeit unmittelbar
310
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
Haushaltseinschränkungen für ABM deutliche Grenzen, wobei auch eine starke Problemgruppenorientierung erfolgte. Gegenüber dem Höchststand von 1978 verringerte sich die Zahl der in ABM geförderten Arbeitslosen um 43% und erreichte 1982 in etwa den Stand von 1976, obwohl sich die Arbeitslosigkeit in der Zwischenzeit verdoppelt hatte34. Aufgrund der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit und der dadurch bedingten finanziellen Belastungen der öffentlichen Haushalte wurde die Konsolidierung im Bereich des Arbeitsförderungsgesetzes auch in den Jahren 1982 und 1983 fortgeführt 35. Dennoch wurden mit dem Anstieg der Zahl der Arbeitslosen auf zwei Millionen im Herbst 1982 die Mittel für ABM aufgestockt. Durch die Bereitstellung von über 1,3 Mrd. DM im Haushaltsjahr 1983 sollten ca. 56 000 Personenjahre gefördert werden. Nach weiterer Aufstockung der Haushaltsmittel 1984 auf knapp 1,7 Mrd. DM sahen inzwischen nicht nur Bundesländer und die Städte und Gemeinden die Möglichkeit, ihre regionalen und lokalen Arbeitsmarktprobleme zu verringern, sondern verstärkten auch angesichts der anwachsenden Folgebelastungen, inbesondere bei der Sozialhilfe, die Bereitschaft, finanzielle Eigenleistungen bei ABM zu erbringen 36. 1984 stellte das Arbeitsamt Baden-Württemberg fest: „Obwohl durch restriktive gesetzliche Maßnahmen für Arbeiten bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts nur Arbeitnehmer beschäftigt werden dürfen, die bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation kaum Chancen für einen anderen Arbeitsplatz haben, konnte nicht festgestellt werden, daß dadurch die Bereitschaft der Städte und Gemeinden zur Durchführung solcher Maßnahmen nachgelassen hat" 37 .
vor der Zuweisung Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe bezogen haben oder Anspruch auf eine dieser Leistungen hatten und innerhalb der letzten zwölf Monate vor der Zuweisung mindestens sechs Monate beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet waren. Arbeitnehmer, die nicht zugewiesen sind, dürfen nur in dem Umfange beschäftigt werden" § 93 (1) AFG). Ausnahmeregelungen sah das AFKG aber für sogenannte „schwervermittelbare Arbeitslose" vor. Sie können, „wenn dies nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes zweckmäßig erscheint", auch in Zukunft bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts und auch in Arbeitsamtsbezirken mit guter Beschäftigungslage in ABM vermittelt werden (§ 95 (3) AFG). 34
Auer/Maier,
35
HBegleitG 1983 und 1984.
36
Auer/Maier,
37
Mitt. aus der Arbeits- und Berufsforschung 2/1984, S. 161. Mitt. aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2/1984, S. 161.
Meisel, BWGZ 1984, S. 601: Von den rd. 740 Mio. DM von 1975 bis 1984 flössen der der überwiegende Teil dieser Mittel an Städte und Gemeinden, die in
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
311
1986 erreichte die Förderung von ABM ihren bisherigen Höchststand von 111 000 ABM-Beschäftigten 38. Auch dies bestätigt die kommunale Bedeutung der ABM.
3· Die rechtlichen Voraussetzungen der ABM 3.1. Das AFG (§§ 91-96) Wichtiger noch als die realisierten ABM war in der Phase zwischen 1968 und 1975 für die Entwicklung dieser Maßnahmen die rechtliche Neuregelung des AFG von 1969. Das Kernstück des Arbeitsförderungsgesetzes bestand in der Neuordnung der Maßnahmen zur beruflichen Bildung, Umschulung und Fortbildung 39. Damit wurden die Probleme des schnellen Wachstums, der Arbeitskräfteknappheit und des Qualifikationsbedarfs im neuen Gesetz aufgegriffen, vgl. § 1 AFG. Gleichzeitig wurden auch die Bestimmungen zur Arbeitsbeschaffung auf der Basis zurückliegender Erfahrungen und Regelung neu gefaßt. Die 1969 fixierten Bestimmungen haben - mit einigen Veränderungen - bis heute ihre Gültigkeit behalten40. Sie sind im dritten Unterabschnitt als „allgemeine Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung", §§ 91-96 AFG (§ 97 enthält die Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung für ältere Arbeitnehmer), geregelt und enthalten in § 91 AFG die grundlegenden Bestimmungen. Mit Hilfe dieser Regelungen soll ermöglicht werden, das Angebot an Arbeitsplätzen zu ergänzen und zu erweitern, so daß insbesondere arbeitslose Personen für einen gewissen Zeitraum Beschäftigung finden und ihnen hierüber - wenn möglich - der Eintritt in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis erleichtert werden kann41. In den Änderungsanordnun-
der Regel das Arbeitsentgelt für die in den Maßnahmen beschäftigten Arbeitnehmer zu 80 v.H. übernahmen. 38
MittDSt. 1986, S. 400.
39
Zu den Einzelheiten vgl. Knigge /Ketelsen /Marschall / Wittrock 1984, Einl. Anm. 1-4 sowie zu den Zielen einzelner Maßnahmen und Leistungen, Anm. 10 ff. 40 41
Dückert 1984, S. 99.
Vgl. auch § 1 Abs. 1 ABM-Anordnung, Anordnung des Verwaltungsrats der BA über die Förderung von Allgemeinen Maßnahmen für die Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der Bundesanstalt (ABM-Anordnung) vom 25.6.1980 i.d.F. der 2. Änderungs-Anordnung vom 21.12.1982 (ANBA 1983, S. 132). In den Durchführungsanweisungen der Bundesanstalt zur ABM-Anordnung vom 25.6.1980 wird in § 1 zur Zielsetzung von ABM ausgeführt: „(1) Die Bundesanstalt für Arbeit för-
312
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
gen und Durchführungsanweisungen der BA zum AFG wurden die Bestimmungen von 1969 der Veränderung beschäftigungspolitischer Zielsetzung angepaßt und präzisiert 42. Heute wird neben dem allgemeinen Ziel, Arbeitslosigkeit abzubauen, ein Akzent auf die Problematik langfristiger und regionaler Arbeitslosigkeit gesetzt, die sich aus der mittlerweile verfestigten Struktur der Arbeitslosigkeit ergibt. § 91 Abs. 1 AFG ermächtigt die BA, durch die Gewährung von Geldleistungen die Einrichtung neuer Arbeitsplätze zu unterstützen. Auf diese Gewährung von Geldleistungen zur Förderung der Einrichtung neuer Arbeitsplätze besteht allerdings kein Rechtsanspruch des Maßnahmeträgers im Sinne der §§38/40 Abs. 1 SGB I. Mit der Anführung der Vollbeschäftigung als Ziel des AFG wird durch den einfachen Gesetzgeber kein Recht auf Arbeit eingeführt: Jedenfalls gibt § 1 AFG dem einzelnen keinen klagbaren Anspruch. § 91 Abs. 1 AFG stellt vielmehr klar, daß die Förderung aus Mitteln der BA Ermessensleistungen im Sinne der §§ 39, 40 Abs. 2 SGB I darstellen43. Auf die pflichtgemäße Ausübung eines durch Gesetz oder Satzung eingeräumten Ermessens eines Sozialleistungsträgers besteht nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I zwar grundsätzlich ein Rechtsanspruch des Leistungsempfängers. Das Bestehen eines solchen Anspruches setzt aber auch im Sozialrecht voraus, daß die Ermessensentscheidung ihrer Zweckrichtung nach auch das Individualinteresse berücksichtigen soll44. Dies muß für die Entscheidung über die Gewährung von Zuschüssen und
dert allgemeine Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung (Maßnahmen) mit dem Ziel, im Rahmen der Sozial- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung 1. Arbeitslosigkeit abzubauen, 2. eine dauerhafte und qualifikationsgerechte Wiedereingliederung arbeitsloser Arbeitnehmer zu erleichtern, 3. Impulse zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur und zu sonstigen Strukturverbesserungen zu geben, um auch dadurch zusätzliche Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Bei der Planung und Förderung von Maßnahmen im Sinne von Absatz 1 Nrn. 1 und 2 sind die erhöhte Arbeitslosigkeit bestimmter Personengruppen und die regionalen und überregionalen Unterschiede der Arbeitsmärkte unabhängig von den Grenzen der der Arbeitsamtsbezirke besonders zu beachten." BA, Dienstblatt, Dienstblatt-Runderlaß 1/81 vom 18.12.1980, S. 19. 42
Dückert 1984., S. 99.
43
Knigge !Ketelsen / Marschall / Wittrock
44
Vgl. BVerwGE 39, 235.
1984, § 91 Anm. 4.
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
313
Darlehen zur Förderung der Einrichtung neuer Arbeitsplätze verneint werden, da die Förderleistungen „auch nicht teilweise den Interessen des Maßnahmeträgers zu dienen bestimmt sind, sondern ausschließlich denen arbeitsloser Arbeitnehmer oder der Allgemeinheit"45. Deshalb kann den Maßnahmeträgern auch keine Klagebefugnis zustehen. § 91 Abs. 2 AFG enthält die allgemeinen Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Förderung von ABM aus Mitteln der BA, Abs. 3 eine Aufzählung bevorzugt zu fördernder Arbeiten und Abs. 4 die Bestimmung eines generellen Ausschlusses der Förderung bei Vorliegen bestimmter Arbeitsmarktverhältnisse. Die Regelungen in § 91 AFG werden in erheblichem Umfang durch die aufgrund der in § 95 Abs. 3 AFG enthaltenen Ermächtigung erlassenen ABM-Anordnung 46 konkretisiert und ergänzt.
3.2. Die Kommunen als Maßnahmeträger i.S.v. § 92 AFG - die Zuständigkeit der Gemeinden Nach dem Wortlaut des Gesetzes können nach § 92 Abs. 2 Nr. 1 AFG Träger einer AB-Maßnahme grundsätzlich alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts und damit auch die Landkreise und Gemeinden sein. Schließlich werden die zur Schaffung von Arbeitsplätzen geförderten Arbeiten nicht von der BA selbst ausgeführt, sondern von rechtlich selbständigen Dritten, die als Träger der Maßnahme bezeichnet werden. Diese Trägerschaft bestimmt sich entsprechend Abs. 1 funktional nach der Verantwortlichkeit für die Durchführung der geförderten Arbeiten. Damit kann nur derjenige Maßnahmeträger sein, den nicht nur das wirtschaftliche Risiko der Arbeiten trifft, sondern dem auch die Erfüllung der mit der Gewährung verbundenen Verpflichtungen gegenüber der BA obliegt, vgl. § 7 ABM-Anordnung. Dies schließt nicht aus, daß gemäß § 7 Abs. 2 ABM-Anordnung der Maßnahmeträger auch ein Wirtschaftsunternehmen mit der Durchführung der Maßnahmen (Vergabearbeiten) beauftragen kann. Die Maßnahmen können von den Gemeinden nach § 12 ABM-Anordnung bei den zuständigen Arbeitsämtern beantragt werden. Diese entscheiden bis zu einem gewissen Umfang der Gesamtförderung über die Durchführung, die Dauer und die Höhe der Förderung. Der der Gemein-
45
Knigge/Ketelsen/Marschau/Wittrock
46
Vgl. C.I.3.I.; Fußn. 42.
1984, § 91 Anm. 4.
314
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
de nach § 93 zugewiesene Arbeitnehmer ist an dem mit der Bewilligung von Förderungsleistungen entstehenden Rechtsverhältnis zwischen der BA und ihr als Maßnahmeträger nicht beteiligt47.
3.3. Die allgemeinen Voraussetzungen nach § 91 Abs. 2 AFG Nach § 91 Abs. 2 AFG sollen durch ABM Arbeiten gefördert werden, die „sonst nicht, oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden". Die geschaffenen Arbeitsplätze oder Dienstleistungen sollen „zusätzlich" sein, wie es im AVAVG noch ausdrücklich hieß. Ergänzend zu diesem Kriterium dürfen nach § 91 Abs. 2 AFG Maßnahmen nur dann durchgeführt werden, wenn Sie „im öffentlichen Interesse" und „nach Lage und Entwicklung der Arbeitsmärkte zweckmäßig erscheinen". Folgt man Dückert, so scheinen diese Bestimmungen wenig präzise und in den Ausführungsbestimmungen und Erläuterungen „so wenig ausgeführt, daß sie einen weiten Interpretationsspielraum" eröffnen 48.
3.3.1. Das „öffentliche Interesse"
Der Begriff des „öffentlichen Interesses" im Sinne des § 91 Abs. 2 AFG ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der entsprechend ausgelegt werden muß. Für die Arbeitsmarktpolitik sollte beachtet werden, daß die Förderung bestimmter Arbeiten durch die BA nicht um der Arbeiten willen erfolgen kann, sondern in dem Bemühen, neue Arbeitsplätze für arbeitslose Arbeitnehmer zu schaffen 49. Darüber hinaus darf die zu erfolgende Förderung durch öffentliche Mittel nicht dazu führen, unwirtschaftliche Wettbewerbsvorteile zu begründen50.
47
Vgl. Knigge/Ketelsen/Marschall ! Wittrock insoweit weder Rechte noch Pflichten zu.
1984, §91 Anm. 5.: Ihm stehen
48
Dückert 1984, S. 100 und S. 77 ff.; in der kommunalen Praxis werden überwiegend die organisatorischen und bürokratischen Hemmnisse kritisiert, weniger die rechtlichen. Im Gegensatz zu den Maßnahmen nach § 19 BSHG sind die rechtlichen Probleme weniger umstritten. 49 50
RegE. des AFG, BTDrucks. V/2291, S. 78.
Siehe dazu unten 3.3.2.; bestehen die Arbeiten, für die eine Förderung gewährt wird, zum Beispiel aus Bauarbeiten, sind bei der Vergabe die Vorschriften der VOB zugrundezulegen (vgl. § 7 Abs. 2, Satz 2 ABM-Anordnung).
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
315
Die inhaltliche Konkretisierung des „öffentlichen Interesses" erfolgt durch § 6 ABM-Anordnung zunächst dahingehend, daß ein öffentliches Interesse an der Durchführung von Arbeiten nur dann anzuerkennen ist, wenn ihr „Ergebnis der Allgemeinheit unmittelbar oder mittelbar dient" 51 . Die durch § 6 ABM-Anordnung vorgenommene begriffliche Ausführung des „öffentlichen Interesses" kann damit den vom Gesetzgeber im Rahmen der Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung eingeschlagenen Weg verdeutlichen, zwar auch die Durchführung von Arbeiten zu fördern, die vorwiegend erwerbswirtschaftlich motiviert sind52, diesen aber nur dann die Förderungsfähigkeit zuzuerkennen, wenn sich ihr Produkt nicht allein auf die Interessenverwirklichung einzelner auswirkt 53. Insofern dürften die von Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 in Bezug genommenen Arbeiten Beispiele darstellen, deren Arbeitsergebnis als der Allgemeinheit dienend anzusehen ist, da ihm eine wirtschafts- bzw. gesellschaftspolitische Bedeutung zukommt54. Insofern konnte beispielsweise das öffentliche Interesse nach § 91 Abs. 2 Satz 1 AFG an der Durchführung von Arbeiten zum Wiederaufbau einer abgebrannten Fabrik, die ursprünglich in der Innenstadt lag, auf einem von der Gemeinde hierfür bauplanungsrechtlich ausgewiesenen Industriegelände deshalb bejaht werden, weil die Verlagerung der Produktionsstätte einem bereits beschlossenen städtebaulichen Sanierungsplan entsprach55.
51
Die Durchführungsanweisungen zu der ABM-Anordnung vom 26.6.1980, BA, erläutern diese Konkretisieung wie folgt: „Die Arbeiten liegen im Interesse, wenn deren Nutzen für die Allgemeinheit, d.h. der Wert und Erfolg sowie die Auswirkungen der Maßnahmen gegenüber den Eigeninteressen des Trägers am Ergebnis der Maßnahmen überwiegt. Maßnahmen, die z.B. überwiegend parteipolitischen Zielen, Zielen von Verbandsinteressen oder überwiegend erwerbswirtschaftlichen Zwecken dienen, liegen nicht nicht im öffentlichen Interesse. Die Beschäftigung von Arbeitslosen allein begründet noch kein öffentliches Interesse." 52 RegE. des AFG, BTDrucks. V/2291, S. 56; vgl. auch Dückert 1984, S. 148, die bei Form und Inhalt der Projekte von ABM die Unterwerfung unter die marktwirtschaftlichen Kriterien von Effizienz und Rationalität kritisiert, weil die Regelungen und Durchführungsanweisungen keine direkte Aussagen über Arbeitsinhalte und -formen enthielten. 53
RegE. des AFG, BTDrucks. V/2291, S. 78.
54
Vgl. RegE. des 5. AFG-ÄndG., BTDrucks. 8/2624, S. 25.
55 LSG Celle vom 23.1.1979, Rechtsprechungsdienst der Sozialgerichtsbarkeit 6400, §§ 91-96 AFG, 3-7.
316
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes 3.3.2. Die Zusätzlichkeit
§ 91 Abs. 2 S. 1 AFG definiert zwei Fallgruppen von zusätzlichen Arbeiten. Einerseits zählen dazu Arbeiten, die ohne die Förderungsleistungen vom Träger der Maßnahme überhaupt nicht durchgeführt würden oder durchgeführt werden könnten, weil es der Arbeit an Rentabilität fehlt oder Haushaltsmittel nicht zur Verfügung stehen. Dazu zählen nach der ausdrücklichen Regelung des Abs. 2 S. 2 diejenigen Arbeiten nicht, die der jeweilige Maßnahmeträger unverzüglich durchzuführen hat56. Insofern scheiden Arbeiten aus, deren Durchführung zur Rechtspflicht des Maßnahmeträgers gehören oder die einer ordnungsgemäßen Wirtschafts- und Verwaltungstätigkeit entsprechen57. Andererseits können der zweiten Fallgruppe Arbeiten zugerechnet werden, deren Durchführung in Zukunft zwar beabsichtigt ist, die aber mit Hilfe der Förderungsleistungen vorzeitig verwirklicht werden können58. Dabei ergibt sich aus der in Abs. 2 S. 1 enthaltenen Formulierung „soweit", daß bei Arbeiten, für die eine Förderung beantragt worden ist, ein förderungsfähiger und ein nicht förderungsfähiger Teil unterschieden werden können. Aus dem in § 91 Abs. 2 S. 1 AFG aufgestellten Erfordernis der Zusätzlichkeit der Arbeiten läßt sich schließen, daß der Zweck vor allem darin bestehen muß, nur solche Arbeiten als förderungsfähig anzuerkennen, deren Durchführung die Einrichtung neuer Arbeitsplätze voraussetzt, vgl. § 5 Abs. 4 ABM-Anordnung. Auf der anderen Seite sollen ohnehin durchzuführende Arbeiten von der Förderung ausgeschlossen und damit die Kostenverlagerung auf die BA vermieden werden. Deren Mittel können nicht dazu dienen, die Durchführung öffentlicher Aufgaben, mit der die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, damit auch die Gemeinden betraut sind, ganz oder teilweise zu finanzieren. § 91 Abs. 2 Satz 3 AFG bestimmt deshalb in Form „einer
56
Vgl. insbesondere auch die Ausführungen o. C.I.5.3.2. zur Auseinandersetzung im Rahmen von § 19 Abs. 2 BSHG; RegE. des 5. AFG-ÄndG., BTDrucks. 8/2624, S. 25: laufende Aufgaben des Trägers. 57 58
Hennig/Kühl/Heuer
1987, § 91 Anm. 5; vgl. auch § 2 GO BW.
Knigge /Ketelsen / Marschall / Wittrock 1984, §91, Anm. 13; dabei ist davon auszugehen, daß nur solche Arbeiten als förderungsfähig angesehen werden, die ohne die Gewährung von Förderungsleistungen erst im nächsten Haushaltsjahr oder 6. Monat nach Stellung des Antrags begonnen worden wären.
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
317
unwiderlegbaren Vermutung" 59, daß alle Arbeiten, die nicht nur ausnahmsweise von juristischen Personen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden und für die deshalb in der Regel keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen, von der Förderung ausgeschlossen sind. Hierzu gehören vor allem die laufenden Büro- und Verwaltungsaufgaben, Hochund Tiefbaumaßnahmen sowie die Fortführung der pflichtgemäßen Einrichtung kommunaler sozialer Dienste60.
3.3.3. Die Zweckmäßigkeit
Nach § 91 Abs. 2 Satz 1 AFG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 ABM-Anordnung wird die Entscheidung über die Förderungsfähigkeit von Arbeiten mit den jeweiligen Erfordernissen des Arbeitsmarktes verknüpft. Danach sollen nur solche Arbeiten gefördert werden, deren Durchführung den Arbeitsmarkt in sozial- und wirtschaftspolitisch erwünschter Weise beeinflußt 61. Nicht förderungsfähig sind dagegen z.B. Arbeiten, die auch ohne die Förderung nur wenig später bei unveränderter Arbeitsmarktlage durchgeführt würden 62. Im Rahmen der genannten Kriterien bestimmt der eng zu interpretierende Begriff des öffentlichen Interesses die Auswahl und den Charakter der förderungswürdigen Maßnahmen. Wenngleich in den Regelungen und Durchführungsanweisungen zu ABM keine direkten Aussagen über die Arbeitsinhalte und Arbeitsformen enthalten sind, liegt doch die Auslegung nahe, „die Form und Inhalte der Projekte den marktwirtschaftlichen Kriterien von Effizienz und Rationalität zu unterwerfen" 63. Neben diesen Voraussetzungen gelten für ABM das Subsidiaritätsprinzip, das heißt für die Maßnahmen dürfen keine Zuschüsse oder Darlehen Dritter gewährt werden64.
59
Hennig/Kühl/Heuer
60
RegE. des AFKG, BTDrucks. 9/846, S. 42.
61
Knigge /Ketelsen /Marschall / Wittrock
62
RegE. des 5. AFG-ÄndG., BTDrucks. 8/2646, S. 25.
1987, § 91 Anm. 5. 1984, § 91 Anm. 17.
63
Dückert 1984, S. 148; auf die Handhabung der ABM-Praxis hinsichtlich dieser Förderungsvoraussetzungen wird vom Gemeindetag Baden-Württemberg in BWGZ 1986, S. 22, hingewiesen. 64
Vom 13.12.1984, BWGZ 1987, S. 829; zum Konkurrenzverhältnis zwischen der Städtebauförderung und der allgemeinen Maßnahmen der Arbeitsbeschaffung im besonderen ebenda, S. 829 f.
318
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
3.4. Die weiteren wesentlichen Kriterien zur Förderung durch ABM Das AFG ermöglicht die Vermittlung von Arbeitslosengeld- oder Arbeitslosenhilfebezieher in aus Beitragsmitteln der BA geförderten ABM. Mit dieser Förderung setzt die BA Mittel ein, um zusätzliche Arbeitsplätze für arbeitslose Arbeitnehmer zu schaffen. § 94 AFG bestimmt, daß der ABM-Zuschuß mindestens 60 v.H. des Arbeitsentgelts der zugewiesenen Arbeitnehmer betragen und 80 v.H. dieses Arbeitsentgelts nicht übersteigen soll. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen die Differenzen zwischen der Grundförderung aus Mitteln der BA und dem vollen Arbeitsentgelt des zugewiesenen Arbeitnehmers sowie die sonstigen Kosten der Maßnahmen mit Eigenmitteln des Trägers, mit Bundes-/Landesmitteln der verstärkten ABM-Förderung nach § 96 AFG oder mit Drittmitteln anderer privater und öffentlich-rechtlicher Stellen abgedeckt werden. Insofern wird deren Eigeninteresse an der Maßnahme mit berücksichtigt. Die ABM-Anordnung vom 13. Dezember 1984 läßt jedoch ausnahmsweise bei Maßnahmen mit überwiegend schwer vermittelbaren Arbeitnehmern einen Förderungssatz bis zu 100 v.H. in Arbeitsamtsbezirken mit ungünstiger Beschäftigungslage sowie bis zu 90 v.H. in Arbeitsmarktbezirken mit sich dem Bundesdurchschnitt annähernder Beschäftigungslage zu. Ferner können - mit Zustimmung des Präsidenten des jeweiligen Landesarbeitsamts - die Obergrenzen für den Zuschuß bis höchstens 100 v.H. überschritten werden, wenn an der Durchführung der Maßnahme ein besonderes arbeitsmarktliches Interesse besteht und die Maßnahme ohne den höheren Förderungssatz nicht durchgeführt werden könnte. Die Förderkonditionen sind in ihrer Entwicklung und Veränderung häufig angepaßt worden 65. Dabei wurden zum Teil der zu fördernde Personenkreis im Laufe der Zeit auf besonders schwer vermittelbare Arbeitslose eingeengt, die förderungsfähigen Maßnahmen ergänzt66, die Zuweisungsdauer wesentlich verlängert und die maximale Förderhöhe verändert. Neben den Städten und Gemeinden kommt inzwischen auch den Wohlfahrtsverbänden und freien Trägern ein verstärktes Gewicht als Träger der ABM zu.
65
Detaillierte Nachweise bei Maier, in: Regionalisierte Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik, S. 216 f. 66
Z.B. durch das BeschFG in § 91 Abs. 3 AFG, vgl. B.VI.2.
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
319
Für die Zuweisung in ABM gelten die allgemeinen Vermittlungsgrundsätze, vgl. § 73 AFG. Zwischen dem Arbeitgeber und dem zugewiesenen Arbeitnehmer wird ein ordentliches Arbeitsverhältnis begründet, wobei sich die Arbeitsbedingungen nach den jeweiligen tariflichen Regelungen richten 67.
4. Die kommunalen Erfahrungen und Wirkungsweisen von ABM Mit den in den §§ 91 ff. AFG verankerten ABM steht den Kommunen ein flexibel einsetzbares beschäftigungspolitisches Instrument zur Verfügung, mit dem es nicht nur möglich ist, in wichtigen Bereichen wie dem Umweltschutz, der Wohnumfeld-Verbesserung oder der rationellen Energieverwendung gezielt Arbeitsplätze zu schaffen, sondern gleichzeitig auch die Qualifikation Arbeitsloser zu erhöhen oder gar zu verbessern68. Bei den ABM „handelt es sich also um ein nachfrage- wie angebotsorientiertes Instrument, das gezielt den regionalen und strukturellen Erfordernissen des Arbeitsmarktes angepaßt werden kann"69. Aus diesem Grund werden sie häufig als das einzig greifende Instrument der Arbeitsförderung angesehen, mit dem eine Arbeitslosigkeit unmittelbar bekämpft werden kann70. Auf der anderen Seite wird heftige Kritik gegen ABM in öffentlicher Trägerschaft, vor allem der Städte, geübt71. Diese Kritik gipfelt in dem Vorwurf, die Städte schonten ihr Budget zu Lasten der Arbeitslosenversicherung und ersetzten ihr Stammpersonal durch billigere ABM-Kräfte (Stagnieren und Abbau von Stellenplänen) und finanzierten im Endeffekt ihre eigenen Pflichtaufgaben auf Kosten der BA. Trotz der gesetzlichen Vorgabe, nur zusätzliche und im öffentli67
Vgl. Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock 1984, S. 93 Anm. 17 ff.; zur Benachteiligung der Beschäftigten in ABM vgl. jedoch im besonderen Hohmann/ Weyrich, PersV 1983, S. 7; abschwächend Reissert, Loccumer Protokolle 15 /1985, S. 86. 68
Vgl. DSt-Beiträge zur Sozialpolitik 1986, S. 247.
69
Maier, in: Regionalisierte Arbeits- und Beschäftigungspolitik, S. 215.
70
Der Hauptausschuß des DSt. hat wiederholt unterstrichen, daß ABM zur Zeit das „am schnellsten greifende und damit wirksamste Instrument der Arbeitsmarktpolitik" sein kann, vgl. Nachweise in Fußn. (8). 71
DSt. Umdruck W 3184, Vorbericht vom 21.10.1985, S. 2; DSt-Beiträge Sozialpolitik 1986, S. 248; Stuttgarter Zeitung vom 13.4.1985, S. 5; Reissert, cumer Protokolle, 15 /1985, S. 87 ff.; Maier, in: Regionalisierte Arbeits- und schäftigungspolitik, S. 231 ff.; Dückert 1984, S. 151 f.; zu den Wirkungen arbeitsmarktpolitischen Erfahrungen im Zweiten Arbeitsmarkt C.I.7.
zur LocBeund
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
320
chen Interesse liegende Projekte, die sonst nicht realisiert werden könnten, zu fördern und diese Voraussetzungen von Vertretern der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und der öffentlichen Körperschaften in den Gremien der Arbeitsämter bestätigen zu lassen, ist die Frage der Zusätzlichkeit in der Praxis in den Augen vieler Kritiker der schwächste Punkt72. Behauptet wird in vielen Fällen, daß ABM nicht zusätzliche Arbeitsplätze schaffen, sondern nur bestehende ersetzen kann. So klagte z.B. der Fachverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau im Dezember 1983, die schlechte Auftragslage in diesem Gewerbe sei von der öffentlichen Hand dadurch herbeigeführt worden, „daß immer mehr Arbeiten im Grünbereich durch Arbeitskräfte der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erledigt werden" 73. Die Zusätzlichkeit der ABM ist schon deshalb nicht leicht zu erreichen, weil mit ihnen einerseits keine Pflichtaufgaben der Träger wahrgenommen werden, andererseits die wahrgenommenen Tätigkeiten aber auch nicht sinnlos, sondern möglichst zur Weiterqualifizierung geeignet sein sollten. Der Zweite Arbeitsmarkt 74 muß also Beschäftigungsfelder auf dem schmalen Grat zwischen nicht zusätzlichen Pflichtaufgaben und sinnlosen Tätigkeiten erschließen. Bisher vorliegende Untersuchungen können bestätigen, daß die Kritik an der Zusätzlichkeit der ABM in den 70er Jahren teilweise gerechtfertigt gewesen sein muß75. Damals sind in erheblichem Umfang reguläre Planstellen der Träger - vor allem der Kommunen - in ABM-Stellen umgestellt worden 76. ABM hatten nur in geringem Umfang zu einer Ausweitung der Beschäftigten geführt. Umstritten ist ebenso wie bei der Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger im Rahmen des Zweiten Arbeitsmarktes, ob die ABM in größerem Umfang überhaupt finanzierbar sein können77.
72
Loccumer Protokolle 15 /1985, S. 88; vgl. besonders zu den Mitnahmeeffekten Holtmann/Krüger/Weyrich, PersV 1983, S. 7. 73
Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 88.
74
Zum Begriff vgl. Fußn. 2; vgl. auch C.I.7.
75
Dückert 1984, S. 137 ff.; Sund, Kommunale Beschäftigungspolitik S. 490 f.
76
Zum arbeitsrechtlichen Mißbrauch von ABM Hohmann /Krüger/Weyrich, PersV 1983, S. 7 ff.; am Beispiel Hamburgs weist Reissert (Loccumer Protokolle 15/1985, S. 89) nach, daß über ABM 1984 3 500 Stellen im Zweiten Arbeitsmarkt geschaffen, gleichzeitig aber 3 500 Stellen im öffentlichen Dienst gestrichen wurden. Vgl. C.I..
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
321
Nach den Berechnungen des IAB mußten die öffentlichen Hände (einschließlich der freien Träger) für die Beschäftigung eines in ABM geförderten Arbeitnehmers rd. 41 000 DM jährlich aufwenden 78. Von diesen Kosten entfallen auf die BA rd. 25 000 DM, rd. 15 000 DM müssen die Maßnahmeträger für ihre Eigenleistung aufbringen. Durch Einsparungen bei der Arbeitslosenunterstützung und Mehreinnahmen bei Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen werden die öffentlichen Haushalte im Rahmen von ABM gleichzeitig entlastet. Nach den Berechnungen des IAB belaufen sich diese Haushaltsentlastungseffekte für jeden in ABM geförderten Arbeitnehmer ebenfalls auf rd. 41 000 D M im Jahr. Die Kosten, die den öffentlichen Haushalten durch ABM entstehen, werden also praktisch in Einsparungen und Mehreinnahmen nahezu ausgeglichen. ABM finanzieren sich zu über 90% selbst79. Dieses Rechnungsergebnis kann nur für die öffentlichen Haushalte insgesamt gelten; bei einzelnen öffentlichen Haushaltsträgern fallen die finanziellen Belastungen unterschiedlich aus. Bei den Gemeinden und freien Trägern sind die Haushaltsbelastungen größer als die Entlastungen: es entstehen durch ABM zusätzliche Kosten80. Die Gemeinden müssen einen Großteil der Träger-Eigenmittel aufwenden, werden jedoch durch Steuermehreinnahmen und wegfallende Sozialhilfezahlungen in nur geringem Umfang entlastet. Reissert vermutet daraus81, daß diese ungleichen Belastungs- und Entlastungseffekte der ABM mindestens zwei Folgen haben müßten: Die Gemeinden initiieren wegen der hohen Zusatzbelastung durch ABM weniger ABM als sie es ohne die damit für sie verbundenen Zusatzkosten tun würden. Denkbar wäre auch, daß die Kommunen gerade wegen der hohen Nettobelastung durch zusätzliche ABM mindestens einen Teil der ABM-Beschäftigten nicht für zusätzliche Tätigkeiten, sondern für Aufgaben einsetzten, die sonst von regulären Beschäftigten auf Dauerarbeitsplätzen erfüllt worden wären. Daraus schließt Reissert, daß sich die hohen Zusatzkosten, die die Gemeinden eigentlich zu tragen hätten, durch solche Umfinanzierungen und Mitnahmeeffekte in Einsparungen für die kommunalen Haushalte verwandeln müßten.
78
Zum Kostenvergleich zwischen ABM und Arbeitslosigkeit MittDSt. 1981, S. 50. 79
Vgl. Spitznagel, Mitt. aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 1 /1985; vgl. Handelsblatt vom 15.5.1985, S. 6 sowie Handelsblatt vom 12.11.1986, S. 5. 80
Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 91.
81
Ebenda.
322
C. Aspekte des Zweiten Arbeitsmarktes
Entgegen der eingangs genannten Kritik scheint der Druck auf die kommunalen Träger unverständlich, denn weder zu den ABM als Instrument der Arbeitsmarktpolitik noch zu den Städten als Hauptträger sind derzeit überzeugende Alternativen erkennbar. In den Zentren hoher Arbeitslosigkeit können solche Maßnahmen die Arbeitslosigkeit nur mildern; sie helfen aber in zahlreichen Einzelfällen und sind für bestimmte Problemgruppen der Erwerbslosen praktisch die einzige Hoffnung, wenigstens zeitweise eine Beschäftigung zu finden. Für Jugendliche, bei denen die üblichen Möglichkeiten und Instrumente versagt haben (kein Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, Scheitern oder Auslaufen von berufsvorbereitenden oder sonstigen beruflichen Bildungsmaßnahmen), bringen ABM, die gleichzeitig eine berufliche Qualifikation vermitteln, oft doch noch den Einstieg in ein normales Arbeitsleben. Jüngere Arbeitnehmer, die mit abgeschlossener Berufsausbildung keinen Arbeitsplatz finden, können in ABM ihre berufspraktischen Erfahrungen und Fertigkeiten ausweiten und haben dann erfahrungsgemäß bessere Vermittlungschancen in ein Dauerarbeitsverhältnis der freien Wirtschaft. Selbst fehlende Hauptschulabschlüsse werden in einer Kombination von Teilzeitschule und Teilzeit-ABM nachgeholt. Diese Kombination „Arbeiten und Lernen" zielt vor allem auf die wachsende Zahl von Schulabgängern, die schul- und bildungsmüde sind und die in die Dauerarbeitslosigkeit abzugleiten drohen. Von daher mangelt es nicht an Vorschlägen, ABM-Projekte sinnvoll einzusetzen und nicht nur den arbeitstherapeutischen Charakter zu sehen. Die Kommunen fordern insbesondere, die Aufgabenfelder, in denen ABM eingesetzt werden dürfen, nicht zu eng einzugrenzen und bürokratische Hemmnisse abzubauen82. Dabei wird davon ausgegangen, daß Projekte, an denen auch der Träger selbst ein eigenes Interesse hat, erfolgreicher sein können. Neue Überlegungen sollten darauf abstellen, die persönlichen Voraussetzungen der Arbeitslosen nicht zu eng zu sehen, um in eine ABM aufgenommen zu werden. Bei bestimmten Berufen, die anerkanntermaßen kaum Vermittlungschancen auf dem normalen Arbeitsmarkt haben, sollte man eher als heute Schwervermittelbarkeit anerkennen. Bei ande-
82
Der baden-württembergische Gemeindetag kritisierte 1985 die Ausführungsbestimmungen der ABM-Vorschriften und die Praxis des auf Arbeitsamtsebene entscheidenden ABM-Genehmigungsausschusses; er fordert den Wegfall der detaillierten Zweckbindung der aufzubringenden Mittel, BWGZ 1985, S. 405, S. 438 und S. 478; ähnlich auch der DSt. Umdruck W 3184 vom 21.10.1985.
II. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem AFG
323
ren Berufen, die zur Begleitung von ABM-Projekten benötigt werden (Fachkräfte, Ausbilder), sollten ebenfalls Ausnahmen gemacht werden können. Junge Arbeitslose, die nach erfolgreicher Ausbildung keinen Anschlußarbeitsplatz bekommen, sollten nicht erst nach einem Jahr in ABM übernommen werden dürfen. Junge Arbeitslose sollten auch dann in ABM arbeiten können, wenn sie keinen Leistungsanspruch aus dem AFG haben. In diesem Zusammenhang sollte dem Zusammenwirken von örtlichem Arbeitsamt und Träger von ABM größere Spielräume eingeräumt werden können. Das gleiche gilt für die Dauer von ABM. Der Abbruch eines Projekts im sozialen Bereich nach einer bestimmten festgelegten Zahl von Jahren ist für Klienten und Mitarbeiter ebenso problematisch wie die Beschränkung des im Ansatz außerordentlich positiv zu bewertenden Instruments „Arbeiten und Lernen" auf grundsätzlich 1 Jahr. Auch die Einschränkung der Förderquoten durch die Neufassung der ABM-Anordnung aus dem Jahre 198483 konnte ihr Ziel, mehr Arbeitsplätze mit gleichem Geld zu fördern, nicht in vollem Umfang erreichen. Besonders in Städten mit hoher Arbeitslosigkeit und entsprechend schwieriger Finanzlage ist dadurch die Zahl der ABM deutlich zurückgegangen. Arbeitsmarktpolitisch wenig sinnvoll scheint es, wenn Fördermittel, die in Ländern mit besonders hoher Arbeitslosenquote wegen der Finanzschwierigkeiten der Träger nicht ausgeschöpft werden können, in andere Regionen abfließen, in denen der Arbeitsmarkt noch relativ intakt ist. In diesem Zusammenhang sollte nicht verkannt werden, daß auch die jeweiligen Länder sich mit Ergänzungsprogrammen an der Finanzierung von ABM beteiligen sollten. In vielen Fällen, insbesondere dort, wo entsprechende und vergleichbare Arbeiten von den Städten an Privatfirmen vergeben werden, würde sich die Durchführung der ABM über eine Privatfirma eher anbieten als die Übernahme der bisher nicht ausgeübten Tätigkeit in kommunaler Regie. Beispiele gibt es namentlich im Bereich des Garten- und Grünflächenwesens. Die Abwicklung der ABM durch Privatfirmen bereitet derzeit Schwierigkeiten und ist für die Firmen belastend, daß eher der Weg über die Regietätigkeit von Gemeinden gesucht wird. Insofern sollten die Regelungen in diesem Bereich überdacht werden.
83
ABM-Anordnung vom 13.12.1984: Einschränkung der 100%igen Förderung.
D. Die Finanzhoheit Auch die Finanzhoheit der Gemeinden gehört zum Recht ihrer Selbstverwaltung. Sie gewährt den Kommunen nach der Rechtsprechung des BVerfG die Befugnis zur eigenverantwortlichen Einnahmen- und Ausgabenwirtschaft im Rahmen eines gesetzlich geordneten Haushaltswesens1. Wahrgenommen wird sie dadurch, daß die Selbstverwaltungskörperschaften ihren Haushalt aufstellen und mittels dieses Plans ihr Aufgabenprogramm finanziell konkretisieren, also auch etwa Darlehen aufnehmen und den aus ihnen resultierenden Schuldendienst (Verzinsung und Tilgung) erbringen. Kernstück kommunaler Finanzwirtschaft ist deshalb die Haushaltswirtschaft 2. Die Städte und Gemeinden mit hoher Arbeitslosigkeit und beschäftigungsförderndem Handlungsbedarf besitzen ungünstige finanzielle Ausgangsbedingungen für eigene Beschäftigungsinitiativeh 3. Sie verfügen angesichts ihrer örtlichen Haushaltslage meist über nur unterdurchschnittliche Steuereinnahmen, haben aber gleichzeitig - etwa im Bereich der Sozialleistungen - hohe Ausgabenbelastungen. Aus diesem Grund ist zu überlegen, inwieweit ihre Haushaltswirtschaft finanzielle Spielräume für eine örtliche Beschäftigungsförderung eröffnen könnte. Dazu muß das kommunale Finanzsystem daraufhin überprüft werden, inwieweit es denjenigen Gemeinden, die keine oder nur wenig Haushaltsüberschüsse erwirtschaften können, Möglichkeiten bieten kann, beschäftigungsfördernde Initiativen weitgehend aus eigener Kraft zu finanzieren. Hierfür gibt es nach Reissert4 verschiedene Wege, finanzielle Spielräume zu eröffnen: 1. Die Gemeinden können versuchen, sich zusätzlich eigene Einnahmen zu erschließen. Dazu gehört auch die Möglichkeit zusätzlicher Kreditaufnahme.
1
BVerfGE 26, 226 (244).
2
Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. I, S. 80.
3
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 40.
4
Ders., S. 40 ff.
I. Die Finanzlage in den 80er Jahren
325
2. Sie können versuchen, die Ausgabenseite ihrer Haushalte so umzuschichten, daß beschäftigungswirksame Ausgaben an die Stelle weniger beschäftigungswirksamer Ausgaben treten. 3. Sie können versuchen, vor allem Finanzzuweisungen von Bund und Ländern, also externe Ressourcen zu mobilisieren. 4. Sie können versuchen, beschäftigungsfördernde Maßnahmen so auszugestalten, daß sie zu Minderausgaben und Mehreinnahmen in den Gemeindenhaushalten führen und damit sich praktisch „selbst finanzieren". Zum Einstieg ist es zweckmäßig, zunächst die kommunale Finanzsituation darzustellen.
I . Die Finanzlage der Städte und Gemeinden in den 80er Jahren 1. Die aktuelle Finanzsituation Bereits 1986 stellte die Deutsche Bundesbank fest, daß die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen in den letzten Jahren bei den Gemeinden unter allen Haushaltsebenen am weitesten vorangekommen sei5. Nach dem rezessionsbedingten Anstieg der kommunalen Defizite auf über 10 Mrd. DM im Jahr 1981 haben die Gemeinden rigoros gespart, was sich vor allem in ihrem Investitionsausgaben niederschlug. 1985 und 1986 schlossen die kommunalen Haushalte mit Überschüssen ab, die auch eine Wende im Investitionsverhalten herbeiführten 6. In der Folge verlangsamte sich jedoch das Wachstum der Einnahmen wegen der Anfang 1986 in Kraft getretenen Einkommensteuersenkung und dann auch wegen schwächer fließender Gewerbesteuererträge. Damit gerieten die Gemeinden insgesamt gesehen wieder ins Defizit. 1987 hatte sich das Finanzierungsdefizit der Kommunen auf über 3 Mrd. DM erhöht, obwohl sich der kommunale Ausgabenzuwachs durchschnittlich auf 4,2 v.H. abgeschwächt hatte7. Nach Folgerungen der Bundesbank er-
5
Deutsche Bundesbank 1986, Nr. 11, S. 30.
6
Vgl. auch AI.2.; DIW, Wochenbericht 37/86, S. 469; zur Strukturanalyse über über die Entwicklung der Gemeindefinanzen in den vergangenen 30 Jahren: Fröhner, BWGZ 1985, S. 414-417. 7
Karrenberg,
Gemhlt. 1988, S. 73.
326
D. Die Finanzhoheit
scheint die kommunale Deckungslücke im Vergleich zu den Defiziten von Bund und Ländern „freilich gering" 8, auch wenn man das kleinere Haushaltsvolumen der Gemeinden in Rechnung stellt. Zu berücksichtigen sei jedoch, daß die Gemeinden haushaltsrechtlich wesentlich geringere Verschuldensmöglichkeiten als Bund und Länder hätten. Die Entwicklung der Kommunalfinanzen verlief allerdings unterschiedlich. Es gibt Gemeinden, die angesichts ihrer günstigen Einnahmesituation zur Finanzierung ihrer Ausgaben kaum Kredite in Anspruch nehmen müssen, andere dagegen sind an der Grenze ihrer Verschuldensfähigkeit angelangt. Insbesondere die Städte in den traditionelle Ballungsgebieten steckten überwiegend in einer finanziellen Klemme: Einem unterdurchschnittlichen Realsteueraufkommen standen bei ihnen - bedingt durch die Arbeitslosigkeit (zur städtischen Sozialhilfebelastung unten Tabelle 31) - überdurchschnittlich hohe Belastungen gegenüber9. 1988 haben sich die Kommunalfinanzen erheblich besser entwickelt, als dies anfänglich nach den damaligen Konjunktur- und Steuerprognosen sowie den ursprünglichen Haushaltsplandaten der Länder und Kommunen für 1988 erwartet werden konnte10. Statt der erwarteten Verlangsamung kam es mit plus 4,9% zu einer Beschleunigung der kommunalen Einnahmeentwicklung gegenüber 1987. Diese gute Entwicklung ist primär auf die Steuern zurückzuführen; aber auch die Gebühreneinnahmen sowie die staatlichen Investitionszuweisungen und die sonstigen Einnahmen in den kommunalen Vermögenshaushalten haben sich deutlich besser entwickelt, als zu Beginn des Jahres 1988 nach dem damaligen Informationsstand über die Haushaltsplanungen der Länder und Kommunen zu erwarten war. Wie die Konjunktur haben die Steuereinnahmen 1988 die Prognosen weit übertroffen und den Kommunen mit plus 5,8% fast 2 Vi Mrd. DM mehr Steuereinnahmen erbracht als die Schätzungen ein Jahr zuvor 11.
8
Deutsche Bundesbank 1986, Nr. 11, S. 30.
9
DIW, Wochenbericht 37/86, S. 469; Karrenberg, Gemhit. 1988, S. 75; vgl. zu den Einzelheiten bei der Sozialhilfe und die Belastung der Gemeinden DIW, Wochenbericht 50/88, S. 665-673. 10 Karrenberg, Gemhit. 1989, S. 49; Karrenberg ! Münstermann, StädteT 1989, S. 86; zur Analyse der Gemeindefinanzen H. Schmid, BWGZ 1988, S. 472-478; kritisch zu den Steuerschätzungen als Instrument für Budgetplanungen G. Graf, ZKF 1989, S. 50-55; zur Finanzpolitik der öffentlichen Haushalte DIW, Wochenbericht 48/88, S. 643 ff. 11
Karrenberg ! Münstermann, StädteT 1989, S. 86.
Mill. DM
+/- %
Januar bis September 1988
nachr.:
71,8 ·
72,6 17,0
15,0
61,8 12.1 65,5 69.4 13,5 75,4 73,8 12,8 69,2 69,0 13.0 67,3 69,0 14.7 74,6 73,8 26,8 62,7 64,0 21.7 68,0 69,5 15,0 76,5 77,9 11,7 67,4 9,5 68,8 69,9 28,7 62,1 64,3 23,4 · · 16,8 · · 32,5 69,5 24,3 41,3 18,7 85,0 14,3 78,2 75,6 10,0 · 6,9
·
Anteil in v.H.
Bezieher von Arbeitslose Anteil 1987 Arbeitslosengeld ohne an den oder-hilfe AFG-Ansprüche BSHGLeistungen 1986 1987 1986 1987 insges
darunter f ü r . . .
20,0 + 5,8 28,2 27,4 19,1 + 0,5 · · · 59,5 38,2 40,5 43,8 + 8,2 34,5 30,6 - 9,1 25,2 26,2 19,5 + 10,9 30,8 31,0 38,2 + 14,6 32,7 31,0 46,5 + 13,2 25,4 26,2 26,6 - 2,0 37,3 36,0 33,9 + 5,9 32,0 30,5 13,8 + 8,4 23,5 22,1 2,3 33,1 32,6 66,9 21,9 + 3,8 31,2 30,1 12,7 + 11,8 37,9 35,7 42,2 + 19,7 · · 19,9 + 26,3 · · · 20,3 30,5 79,7 · 59,9 58,8 40,1 · 13,7 15,0 86,3 26,5 + 2,0 21,8 24,4 5,5 · · ·
DM/Einw.
95,05 91,93 79,77 · 102,20 68,96 8,3 66,02 79,10 100,79 72,33 68,97 59,82 53,38 6,8 + 119,80 68,09 76,18 171,48 27,94 · 23,48 · 17,70 · 28,93 18,69 7,3 +
+/- %
1987
18.9 22,6 + 19,6 20,1 23,2 + 15,4 4,6 4,0 - 13,0 45,0 50,7 + 12,7 11,0 10,4 - 5,5 22,6 25,5 + 12,8 39,8 46,2 + 16,1 33,1 56,8 + 71,6 35,2 38,0 + 8,0 40,0 43,0 + 7,5 17,9 17,2 - 3,9 8,2 9,3 + 13,4 26,8 29,9 + 11,6 13,3 15,0 + 12,8 46,9 47,1 + 0,4 13,9 19,1 + 37,4 2,4 3,1 + 29,2 1,2 1,2 1,6 1,7 + 6,3 31,5 34,3 + 8,9 8,2 8,8 + 7,3
Mill. DM
986
1
Quelle: Kirrenberg ! Münstermann, Gemeindefinanzbericht 1989, StädteT 1989, S. 104
Kiel Braunschweig Emden Hannover Osnabrück Bochum Dortmund Düsseldorf Duisburg Essen Gelsenkirchen Herne Mönchengladbach Oberhausen Frankfurt/M. Offenbach/M. Heilbronn Hof Ingolstadt München Nürnberg
Stadt
Insgesamt
Leistungen der SoziaJhilfe an Arbeitslose
Städtische Sozialhilfebelastung durch Arbeitslosigkeit — am Beispiel einzelner Mitgliedstädte des Deutschen Städtetags —
Tabelle 31
I. Die Finanzlage in den 80er Jahren 327
328
D. Die Finanzhoheit
Diese Einnahmeentwicklung ermöglichte - nach der annähernden Stagnation des Jahres 1987 - wieder einen Investitionszuwachs von 3,6%. Dennoch haben die Kommunen insbesondere durch geringe Steigerungen ihrer Personal- und Sachausgaben den Zuwachs ihrer Gesamtausgaben 1988 auf gleichfalls plus 3,6% begrenzen können, und dies obwohl die sozialen Leistungen mit über 7% erwartungsgemäß wieder weit überdurchschnittlich zugenommen haben. Daher dürften sich die gesamten kommunalen Einnahmen und Ausgaben 1988 in etwa ausgeglichen haben12. Vor diesem Hintergrund lassen sich die aktuellen Schätzungen und Haushaltsplanungen von Länder und Gemeinden für 1988 eine weitere Zunahme der kommunalen Einnahmen um durchschnittlich 3,5% erwarten. Dabei könnten 1989 die kommunalen Einnahmen insgesamt sogar die Ausgaben geringfügig übertreffen 13. Aus heutiger Sicht kann daher wie 1988 mit einem Zuwachs an nominalen Bauausgaben der Kommunen um rd. 6% gerechnet werden14. Trotz dieser vielfach auch in strukturschwachen Regionen guten Einnahmeentwicklung blieben die Finanzkraftunterschiede zwischen Städten und Gemeinden gleicher Aufgabenstellung und Größenordnung nach wie vor groß 15. Obwohl sich für die Kommunen insgesamt die Finanzlage Ende der 80er Jahre deutlich entspannt hat, gibt es Städte in besonderen wirtschaftsstrukturellen Problemlagen, die weiterhin nicht in der Lage sein werden, ihre laufenden Ausgaben sowie die haushaltsrechtlich vorgeschriebenen Pflichtzuführungen und sonstigen zweckgebunden Zuführungsbestandteile aus laufenden Einnahmen zu finanzieren. Eine Übersicht über die Einnahmen und Ausgaben in den letzten zehn Jahren vermittelt Tabelle 32 (s. unten).
2. Die Entwicklung der Zuweisungen und Finanzausgleiche Die Zuweisungen von Bund und Ländern machen knapp ein Drittel der kommunalen Einnahmen aus16. Die Einnahmen aus Zuweisungen von Ländern und dem Bund stiegen zwischen 1970 und 1987 jahres-
12
Karrenberg,
Gemhit. 1989, S. 49.
13
Karrenberg,
Gemhit. 1989, S. 51.
14
Karrenberg,
Gemhit. 1989, S. 53.
15
Karrenberg ! Münstermann, StädteT 1989, S. 86.
16
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 46.
7,23
47.34
1979
46.07
1980
46.96
1981
49.42
1982
1984
52.62
56.36
Mrd. DM
1983
58.81
1985
59.84
1986
63.60
1987
66.00
1988s
97,91
8,01 103,98
9,31 116,31
10,33 119,44
10,44 123,48
10,90 127,87
11,33 134,98
153,74
21,23
149,41
12.69 /
142,50
11.99
160,70
22,70
46,64
Einnahmen des Vermögenshaushalts
44,56
12,39 11,98 10,18 3,78 4,16 4,08 2,15
Einnahmen (Netto-)Zuführung vom Verwaltungshaushalt 13,47 Inv.-Zahlungen von Bund. LAF, ERP, Land 10,48 5 Schuldenaufnahmen am Kreditmarkt 9,45 9,67 Entnahmen aus Rücklagen 2,81 3.47 Veräußerungserlöse 3,34 3,79 Beiträge· 3.31 3,59 Sonstige Einnahmen 1,71 1,77
II. Vermögenshaushalt
53,30
15,71 13,24 12,59 4,33 4.18 4,27 2.02 51,12
11,54 12,19 14,28 3,49 4,27 4,29 2.08
50,54
10,35 11,78 12.76 2,96 5,25 4,26 1,88
50,75
50,16
52,28
53,31
55,00
56,10
17.21 15.85 17,80 20,00 11.21 11,77 12,20 13,10 12,15 10.20 9,20 3,27 3,30 3,00 4,38 4,80 4,50 3.39 3.70 3.60 2,50 3,00 2,70 53,69
12,54 15,50 16,86 11,10 10,72 11,08 10.76 10.96 11,54 3,00 3.27 3,55 4,54 4,27 4.19 3,67 3.45 3,32 1,97 2,40 2.67
29.49
1989s
167,00
22,00
16.88 20.22 18.06 18.22 19.94 22.21 23.93 25.01 24,70 27,15 27.80 16,71 17,51 20,66 20,86 21.27 21.74 22,50 24,31 25.46 27.04 27.86 25,61 28.39 29.64 29.94 28.99 30.71 32^37 33.98 35.72 36^40 37^50 23.54 25.31 27,25 29,36 31,39 32,63 33,67 35.58 36,96 38.70 40.80 5,63 5,95 6.14 6.78 7,17 7.69 8.11 8,35 \
41,18
1978
Ausgaben Personalausgaben 36,78 39,49 42.89 45,63 47,01 48,23 49,27 51,37 54.45 57,52 58.90 60.30 Laufender Sachaufwand 21,08 23,90 26,41 28.14 28.84 29,33 31,27 33,36 34,60 34.78 35,80 37,00 Soziale Leistungen 13,29 13,99 15.36 17.03 18,56 19,43 20,22 22,21 24.24 25.61 27.50 29.20 Zinsausgaben 5,30 5,66 6,58 7,60 8,84 8.35 8,08 8.00 7.72 7.52 7,60 7.60 Zahlungen an öffentlichen Bereich 3,41 4.08 4,53 4.43 5,10 5,24 5.44 5.52 5,92 6.34 6.70 7,00 Sonstige Ausgaben4 4.58 4,48 4.83 5.06 4,77 4,75 5,20 5.19 5.28 6.12 6.40 5^90 Ausgaben des Verwaltungshaushalts 84,44 91,60 100,59 107,89 113,13 115,34 119,49 125,65 132,20 137,89 142,90 147,00
Einnahmen des Verwaltungshaushalts
Sonstige Einnahmen
Einnahmen Steuern (netto)2 39.75 darunter: Gewerbesteuer/n (netto) 16.60 Gemeindeanteil an der Einkommensteuer Zahlungen von Bund, LAF, ERP, Land 23,25 Gebühren3 22,40 Erwerbseinnahmen 5,27
I. Verwaltungshaushalt
Art der Einnahmen und Ausgaben
Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (GV) 1978—19891
Tabelle 32
I. Die Finanzlage in den 80er Jahren 329
35.99
1978
41,23
1979
39,69
1980
35,12
1981
31,51
1982
1984
30,54
32,22
Mrd. DM
1983
35,00
1985
35,23
1986
36,50
1988s
38,00
1987
50,18
118,20
-5,28
Finanzierungssaldo9 Nachrichtlich: Nettokreditaufnahmen Nettorücklagenentnahmen10
150,32
155,83
-1,72
154,71
+0,70
151,65
+1,12
153,05
145,78
-1,34
152,12
142,01
-7,16
145,58
139,92
-5,66 -10,11
130,36
125,08
50,34
53,01
55,53
53,47
-2,31
162,94
163,63
-
172,48
170,76
55,00
184,40
184,40
190,40
190,90
55,70
1989s
Quelle: Karrenberg/Münstermann,
Gemeindefinanzbericht 1989, StìdteT 1989, S. 129
Eigene Zusammenstellung und Berechnungen nach Angaben des Statistischen Bundesamtes.
« Schätzung. - '1978 bis 1986 Rechr.jngsergebnisse. 1987 Jahresergebnis der Vierteljahresstatistik. 1988 und 1989 Schätzung unter Berücksichtigung einer Repräsentativerhebung der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (jeweils einschl. des Finanzvolumens der 1978 nicht mehr und ab 1979 statistisch gesondert erfaßten kaufmännisch buchenden Krankenhäuser; für 1978 und für 1987 sind die Daten z.T. geschätzt worden); die Zahlungen von Gemeinden (Gv) sind jeweils abgesetzt. - * Einschl. Steuerähnliche Einnahmen. 3 Einschl. Zweckgebundene Abgaben und Pflegesatzeinnahmen der Krankenhäuser. - « Einschl. Abwicklung von Fehlbeträgen aus Vorjahren. - s Einschl. beim Sonstigen öffentlichen Bereich; ohne Eigenbethebe. - « Und ähnliche Entgelte. - 7 Insbesondere Finanzinvestitionen. - β Einnahmenseite: Schuldenaufnahmen am Kreditmarkt. Innere Darlehen, Entnahmen aus Rücklagen; Ausgabenseite: Tilgung am Kreditmarkt. Rückzahlung Innerer Darlehen, Abwicklung von Fehlbeträgen aus Vorjahren, Zuführungen an Rücklagen. - 9 Einschl. des Saldos der Haushaltstechnischen Verrechnungen. - Ό Entnahmen aus Rücklagen abzüglich Zuführungen an Rücklagen (Minuszeichen bedeutet per Saldo Zuführungen). - Differenzen in den Summen sind rundungsbedingt.
2,00 1,00 -0,50
+0,50
178,06
175,74
2,98 3,93 4,35 6,14 6,45 2,68 1.24 1,10 1,80 3,32 -0,93 -0,10 +0.23 -»-1,29 +0,21 -0,64 -0,95 -1,08 -0,75 +0,17 -0,70
-1,61
ohne besondere Finanzierungsvorgänge®
116,59
51,66
169,64 177.93 185,90 191,20 197,90 203,10 169,82 178,66 187,73 191.36 197,90 202,70
52,74
166,08 166,99
55,60
163,67 165,87
56,25
138,23 153,90 159,01 141,77 156,85 163,49
46,44
24,44 27,93 32,45 31,38 27,92 24,69 23,45 24,43 26,45 26,94 28,60 30,30 6,71 8,06 8,79 8,31 7,20 6,82 7,09 7,79 8,56 8,29 7,90 7,70 8,47 5,75 5,82 6,45 7,84 10,08 9,52 9,86 9,74 8,83 8,20 8,20 3,75 3,57 3,55 3,04 3,28 3,60 3,95 4.34 4,29 3,10 4,00 3^50 5,07 4,87 5,64 6,42 6,51 6,47 6,33 6,60 6,50 6,31 6,30 6,00
31,16
Bereinigte Einnahmen 129,00 Bereinigte Ausgaben 130,88 Einnahmen ohne besondere Finanzierungsvorgänge6 Ausgaben
III. Zusammenfassung
Ausgaben des Vermögenshaushalt»
Ausgaben Sachinvestitionen davon: Baumaßnahmen Erwerb von Sachvermögen Tilgung am Kreditmarkt5 Zuführungen an Rücklagen Sonstige Ausgaben4 7
Art der Einnahmen und Ausgaben
Fortsetzung Tabelle 32 330 D. Die Finanzhoheit
in v.H.
Qiteile: Finanzbericht 1989, S. 139
Zuweisungen von Bund/Land insgesamt
15,1
10,5
10,5 28,5
13,2
18,0
1975
41,1
12,0
27,9
1980
+9,8
+10,4
29,8
11,4
20,7 31,0
19,6 9,4 29,4
20,0 8,5
41,5
11,1
29,7
1982
40,0
10,7
29,0
1983
-2,1
-6,2
-3,0
8,1 29,1
20,6
7,4 28,5
20,4
6,9 26,6
19,3
6,8 26,6
19,7
- 3,6 + 3,6 + 4,9 + 3,5 + 5,7
+3,4
41,4
11,1
30,7
1984
- 2,6 + 6,1 + 5,4 + 4,7 + 5,6
41,4
11,8
29,3
1981
-9,1
+ 9,7 + 6,9 + 9,3 + 0,5 + 0,4
+8,8
+ 10,1 + 5,0 + 8,8 + 5,0 + 1,4
Investitionszuweisungen von Bund/Land 9,1
Laufende Zuweisungen von Bund/Land
Anteil an uen Einnahmen in v.H.
Zuweisungen von Bund/Land insgesamt
Investitionszuweisungen von Bund/Land
Laufende Zuweisungen von Bund/Land
Veränderung gegenüber Vorjahr
Zuweisungen von Bund/Land insgesamt
Investitionszuweisungen von Bund/Land 4,6
Laufende Zuweisungen von Bund/Land
Einnahmen in MrdL DM
1970
Staatliche Zuweisungen an die Gemeinden (GV)
Tabelle 33
6,5 26,6
19,8
+0,3
43,4
11,1
32,4
1985
26,5
6,7
19,9
+5,9
45,0
11,8
33,9
1986
27,1
20,4
47,6
35,8
1987
I. Die Finanzlage in den 80er Jahren 331
D. Die Finanzhoheit
332
durchschnittlich um 7 v.H. Die tatsächliche Entwicklung weist erhebliche Schwankungsbreiten auf, wobei die Invesitionszuweisungen noch stärker schwanken als die laufenden Zuweisungen17. Einzelheiten zur zahlenmäßigen Entwicklung der staatlichen Zuweisungen an die Gemeinden18 vermittelt am besten Tabelle 33 (s. oben). Die Zuweisungen bestehen etwa je zur Hälfte aus allgemeinen, nicht zweckgebundenen Finanzzuweisungen nach den Finanzausgleichsgesetzen der Bundesländer und aus zweckgebundenen Zuweisungen von Bund und Ländern für Investitionen und laufende Ausgaben. Den Grundsatz regelt Art. 106 Abs. 7 GG, wonach vom Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern den Gemeinden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zufließen muß, vgl. Art. 73 Abs. 3 der Verfassung des Landes BadenWürttemberg (Verf.). Die landesrechtliche Regelung von Höhe und Verteilung dieser Mittel ist im Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich (FAG BW) enthalten19. Von den Gemeinschaftsteuern, die dem Bund und Ländern je zu bestimmten Teilen zustehen - Körperschaftsteuer, Einkommensteuer und Umsatzsteuer (Art. 106 Abs. 3 GG) - , wird ein Prozentsatz des Landesanteils der „kommunalen Finanzmasse" zugeführt. In Baden-Württemberg beträgt er seit 1987 gleichbleibend 23%20. Aus allgemeinen, nicht gebundenen Finanzzuweisungen wird dann ein Großteil dieser Finanzmasse nach zwei verschiedenen Schlüsseln verteilt, nämlich nach Einwohnerzahl 21, und nach „mangelnder Steuerkraft" 22. Die Schlüsselzuweisungen sollen innerhalb der allgemeinen Finanzzuwei-
17 Allgemeine Finanzzuweisungen und die zweckgebundenen Zuweisungen für laufende Ausgaben werden statistisch unter dem Begriff „laufende Zuweisungen" zusammengefaßt, vgl. Gemeindefinanzbericht 1989, S. 138; Die Verteilung der Verbundanteile der Gemeinden ist im übrigen in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt, das gilt sowohl für die Trennung in allgemeine und zweckgebundene Zuweisungen als auch für die Einzelaufteilung dieser Zuweisungsarten. 18
und Gemeindeverbände (GV).
19
FAG BW vom 18.5.1986 (GBl. S. 122), i.d.F. v. 5.12.1988 (GBl. S. 398).
20
§ 1 Abs. 1 FAG BW.
21
§ 11 FAG BW.
22
§ 5 FAG BW.
I. Die Finanzlage in den 80er Jahren
333
sungen die Eigeneinnahmen der Gemeinden verstärken und gleichzeitig dazu beitragen, die interkommunalen Steuerunterschiede zu mildern 23. Bei den zweckgebundenen Zuweisungen handelt es sich um Zuweisungen an die Gemeinden zur Finanzierung der bei ihnen anfallenden Ausgaben in speziellen Tätigkeitsbereichen. Den größten Anteil stellen bei den zweckgebundenen Zuweisungen die Investitionszuweisungen dar. Sie machten 1987 24,8 v.H. der Zuweisungen von Bund und Ländern an die Gemeinden aus. Daneben werden als zweckgebundene Zuweisungen Kostenerstattungen für Auftragsangelegenheiten und schlüsselmäßige Zuweisungen für bestimmte Aufgabengebiete ausgewiesen24. Die Entwicklung hinsichtlich der Finanzausgleiche in den Bundesländern verlief Ende der 80er Jahre besser als erwartet. Im einzelnen wird dabei auf Tabelle 34 (s. unten) vergewiesen, die die Zahlungen aus den Länderhaushalten an die Kommunen 1980 bis 1988 aufzeigt. Nach einer Phase der Normalisierung in der Finanzausgleichspolitik, in der die Wachstumsraten der Landesleistungen an die Kommunen nach der „ursprünglichen Logik der Steuerverbundwirtschaft mit den Entwicklungsmargen der Gemeinschaftsteuern korrespondierten" 25, wurde mit neuen systemfremden Eingriffen in die Finanzausgleichskassen der Städte und Gemeinden gerechnet. Zugrundegelegt wurde dieser Befürchtung die bisherige Konsolidierungspolitik der Länder, deren eigenen Sanierungszielen in ihren Etats die Interessen und Bedürfnisse der Kommunen untergeordnet werden. Baden-Württemberg hat diesen restriktiven Finanzausgleichskurs zu Lasten der baden-württembergischen Kommunen eingeschlagen26, und zwar mit folgender Begründung: -
Infolge der über dem Bundesdurchschnitt liegenden Finanzstärke der Gemeinden in BW werde das Land zum Hauptfinanzier des Länderfinanzausgleiches. Die baden-württembergischen Kommunen hätten sich in den letzten Jahren im Landesdurchschnitt im Gegensatz zum Land kaum noch verschulden müssen. Schließlich hätten sich die Steuereinnahmen der Kommunen in den letzten Jahren deutlich besser entwickelt als die des Landes.
-
-
23
Finanzbericht 1989, S. 138.
24
Zu den einzelnen Zahlen s. Tabelle 33.
25
Karrenberg /Münstermann,
26
StädteT 1989, S. 108.
ÄndG über den kommunalen Finanzausgleich und der Landkreisordnung v. 5.12.1988 (GBl. S. 398).
Mill. DM Mill. DM +/-% Mill. DM +/-% Mill. DM +/-% Mill. DM +/-% Mill. DM +/-% Mill. DM +/-% Mill. DM +/-% Mill. DM +/-%
1980 1981
19882
1987
1986
SchleswigH ,Ste n ° '
Nordrhein-
RheinlandBadenWürttemberg
Westfa,e n
Ausgaben der Länder
S3ChSen
Nieder^ΘΓΠ
D Β
0
+
Saar,and
,
174 160 7 976 22 775 51 972 16818 11 056 30 463 31 941 3 520 178 244 8 138 23 129 54 136 16 896 11 641 30 264 32 976 3 523 + 2.3 + 2.0 + 3.5 -»-4.2 -κ 3.1 +5.3 +1.3 +3.2 183 998 8 419 24 295 55 160 17 481 11 947 30 921 34 202 3 939 +3.2 +3.5 +5.0 +1.9 +3.5 +2.6 186 315 8 892 24 421 54 565 17 774 12 178 31 745 34 770 4 028 +1.3 +5.6 +0.5 -1.1 +1.7 +1.9 190 918 8 865 25 016 55 517 18 573 12 412 32 992 35 482 4 073 +2.5 -0.3 +2.4 +1.7 +4.5 +1.0 197 787 9 314 26 266 56 515 19 571 12 965 33 673 37 350 4 710 +3,6 +5.1 +4.7 +3.7 +5.3 +4.5 204 923 9 700 27 942 58 353 20 822 13 554 35 231 37 643 4 326 +3.6 +4.1 +6.4 +3.3 +6.4 +4.5 212 851 10 270 28 081 60 088 21 714 14 067 37 136 39 830 4 530 +3.4 +5.9 +0.5 +3.0 +4,3 +3.8 216 884 10 628 28 445 60 876 22 293 14 363 38 284 40 551 4 719 +1.9 +3,5 +1.3 +1.3 +2,7 +2,1
^ifn/w msgesamt
+3,1
+5.4
+4.6
+2.1
+3.9
+2.7
+2.
5.4
D. Die Finanzhoheit
1985
1984
1983
1982
Einheit
Jahr
Länderhaushalte und Zahlungen an Kommunen 1980-1988*
Tabelle 34
334
Nieder-
Baden-
P,alZ
Rheinland-
~ Württemberg
Ba
Vern
19882
1987
1986
1985
1984
1983
1982
Zahlungen an Gemeinden (Gv)
- 1,3
Saarlan
Mill. DM 41 679 1 804 5 234 14 314 3 562 2 359 6 535 7 249 622 Mill. DM 41 893 1 623 5 202 14 742 3 434 2 460 6 415 7 377 640 +/-% + 0,5 -10,0 - 0,6 + 3,0 -3,6 + 4,3 -1,8 4-1,8 + 2,9 Mill. DM 41 417 1 699 5 723 13 777 3 456 2 308 6 469 7 353 632 +/-% -1,1 + 4,7 +10,0 - 6,5 +0,6 - 6,2 +0,8 -0,3 Mill. DM 39 222 1 869 5 515 12 029 3 149 2 040 6 508 7 541 570 +/-% -5,3 +10,0 - 3,6 -12,7 -8,9 -11,6 +0,6 +2,6 - 9,8 Mill. DM 40 711 1 805 5 879 12 075 3 457 2 155 7 003 7 772 567 +/-% +3,8 - 3,4 + 6,6 + 0,4 +9,8 + 5,6 +7,6 +3,1 - 0,5 Mill. DM 42 170 1 879 6 220 12 587 3 791 2 237 7 431 7 375 652 +/-% +3,6 + 4,1 + 5,8 + 4,2 +9,7 + 3,8 +6,1 - 5 , 1 +15,0 Mill. DM 44 007 1 946 6 484 12 909 3 946 2 388 8 033 7 606 695 +/-% +4,4 + 3,6 + 4,2 + 2,6 + 4 , 1 + 6,8 +8,1 +3,1 + 6,6 Mill. DM 46 991 2 356 6 611 13 540 4 338 2 574 8 478 8 355 739 +/-% +6,8 + 8,7 + 2,0 + 4,9 +9,9 + 7,8 +5,5 +9,8 + 6,3 Mill. DM 47 342 2 410 6 724 13 455 4 356 2 620 8 717 8 313 748 +/-% +0,7 + 2,3 + 1,7 - 0,6 +0,4 + 1,8 +2,8 -0,5 + 1,2
Westtalen
Nordrhein-
SaChSen
1980 1981
Schleswig°'S,e,n
H
Einheil
Jahr
Flächen,,nHûr, ,nsgesamt
I. Die Finanzlage in den 80er Jahren
Einheit
Nordrhein-
sachsen
Westfalen
Baden-
Hessen
RheinlandPfalz
Württemberg
Bayem
D. Die Finanzhoheit
Sa
6 172 17 541 37 478 13 256 8 697 23 928 24 692 2 898 6 515 17 927 39 394 13 462 9 181 23 849 25 599 2 883 -»-5,6 + 2,2 + 5.1 +1,6 +5,6 -0,3 +3,7 - 0,5 6 720 18 572 41 383 14 0Ç5 9 639 24 452 26 849 3 307 +3.1 +3.6 +5.0 +4,2 +5.0 +2,5 +4 7 023 18 906 42 536 14 625 10 138 25 237 27 229 3 458 +4,5 +1.8 +2.8 +4,3 +5.2 +3.2 + 7 060 19 137 43 442 15 116 10 257 25 989 27 710 3 506 +0,5 +1.2 +2.1 +3,4 +1.2 +3,0 7 435 20 046 43 928 15 780 10 728 26 242 29 975 4 058 +5.3 +4,7 +1,1 +4.4 +4,6 +1,0 +8.2 7 754 21 458 45 444 16876 11 166 27 198 30 037 3 631 + 4.3 + 7.0 + 3,5 + 6,9 +4,1 + 3,6 + 0,2 - 10,5 7 914 21 470 46 548 17 376 11 493 28 658 31 475 3 791 + 2,1 + 0,1 + 2,4 + 3,0 + 2,9 + 5,4 + 4,8 + 4,4 8 218 21 721 47 421 17 937 11 743 29 567 32 238 3 971 +3,8 +1.2 +1,9 +3,2 +2,2 +3,2
Ausgaben der Länder ohne Zahlungen an Gemeinden (Gv)
Nieder-
Hols,ein
Schleswig-
• Ländervergleiche bei Finanzausgleichsleistungen sind insbesondere durch unterschiedliche Aufgabenverteilungen zwischen den Ländern und ihren Kommunen beeinträchtigt 1) Bereinigte Ausgaben, d.h. ohne Zahlungen von gleicher Ebene 1980 bis 1987 Kassen-Ist 2) Nach den Haushaltsplänen der Länder zusammengestellt
Gemeindefinanzbericht 1989, StädteT 1989, S. 109
132 481 136 351 + 2,9 142 581 +4,6 147 093 +3.2 150 207 +2.1 155 617 +3.6 160916 + 3.4 165 860 + 3.1 169 542 +2,2
FlächenlänHort insgesamt
Quelle: Kanrnberg/Münstennann,
Mill. DM Mill. DM +/-% 1982 Mill. DM +/-% 1983 Mill. DM +/-% 1984 Mill. DM +/-% 1985 Mill. DM +/-% 1986 Mill. DM +/-% 1987 Mill. DM +/-% 19882 Mill. DM +/-%
1980 1981
Jahr
Fortsetzung Tabelle 34
336
I. Die Finanzlage in den 80er Jahren
337
Durch ein ebenso kompliziertes wie komplexes Bündel von Kürzungsmaßnahmen will deshalb das Land seinen Haushalt 1989 zusätzlich um insgesamt 370 Mio. DM entlasten. Der neue Finanzausgleich sieht deshalb vor, den seit 1980 bestehenden bisherigen Kürzungsbeitrag von 250 Mio. DM auf 500 Mio. DM durch entsprechende Vorwegentnahmen aus dem Steuerverbund zu verdoppeln. Außerdem soll der Landesanteil aus der sogenannten Finanzausgleichsumlage (§ 1 a FAG BW) in Höhe von 55 Mio. DM aufgestockt und der Kfz-Steuerverbundsatz von 35% auf 30% mit einem Kürzungseffekt von rd. 65 Mio. DM jährlich abgesenkt werden (§ 24 Abs. 1 FAG BW) 27 . Obwohl in BW die befürchteten Eingriffe eintraten, verbuchten die Städte und Gemeinden (GV) 1988 insgesamt immerhin ein Gesamtzuweisungsplus von 2,3%. Dies lag nicht an der Entwicklung der laufenden staatlichen Zuweisungen - Gesamtvolumen von 36,4 Mrd. D M - , sondern an dem unerwarteten Zuwachs bei den Investitionszuweisungen. Dort notierten die Kommunen ein Plus von fast 4%. Dabei kann der im Bundesdurchschnitt insgesamt relativ positive 88er Zuweisungstrend nach dem gegenwärtigen Stand auch für 1989 fortgeschrieben werden28. Allerdings haben nur die Länder Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen ihre Finanzausgleichsgesetze bereits verabschiedet, in den übrigen Ländern liegen erst entsprechende Gesetzentwürfe bzw. erste Planungen vor. Daher kann die relative Normalität bei der quantitativen Entwicklung der kommunalen Finanzausgleiche nicht über Defizite in den Verteilungsfragen bei den Zuweisungen hinwegtäuschen. Der Finanzausgleich wird daher unverändert unter Reformdruck bleiben29.
3. Die Rolle der Gemeinden als Auftraggeber für öffentliche Investitionen In den letzten 25 Jahren entfielen auf die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden im Durchschnitt knapp 20% der gesamtwirtschaftlichen Bruttoinvestitionen. In den letzten Jahren weist dieser
27
Nähere Einzelheiten dazu bei Münstennann, ZKF 1989, S. 76.
28
Miinstennann, ZKF 1989, S. 74 ff.
29
Vgl. zur Gesamtübersicht Münstermann, ZKF 1989, S. 75 ff. sowie zu den interkommunalen Finanzausgleichsproblemen, ZKF 1989, S. 127 ff.; zu den kommunalen Finanzstrukturen Stargardt, Gemhit. 1988, S. 25-37; vgl. auch Karrenberg ! Münstermann, StädteT 1989, S. 108 ff.
D. Die Finanzhoheit
338
Anteil jedoch einen rückläufigen Trend auf 30. Bei der Ermittlung der Ursachen für diese Entwicklung steht die Betrachtung für kommunale Investitionen im Vordergrund. Denn auf die Städte und Gemeinden entfallen durchschnittlich der letzten 25 Jahre rund zwei Drittel der insgesamt von den Gebietskörperschaften durchgeführten Investitionen31. Die Betrachtung der in der Investitionsentwicklung eingetretenen Veränderungsraten macht deutlich, daß staatliche und private Investitionen zwar im Trend durchaus kräftige Wachstumsraten aufweisen, daß dieser Trend aber von heftigenn Schwankungen der Wachstumsraten überlagert wird. Dazu wird auf Tabelle 35 (s. unten) verwiesen. Dies mag zunächst überraschen. Denn während für die privaten Investitionen eine unstetige Entwicklung über die Veränderungen der sensibel reagierenden Ertragserwartungen im Unternehmensbereich immerhin erklärt werden kann, läßt sich ein ähnlich einleuchtendes Motiv zur Erklärung kurzfristiger Schwankungen bei den staatlichen Investitionen nicht ohne weiteres finden. Immerhin verdeutlichen die Zahlen, daß der Einsatz der staatlichen Investitionsaktivitäten für eine antizyklische Finanzpolitik nur höchst unvollkommen gelungen sein kann32. Lediglich für die Jahre 1963, 1967/68, 1974 und 1976 ergibt sich eine deutlich gegenläufige Bewegung bei den Gesamtinvestitionen einerseits und den staatlichen Investitionen andererseits. Auch für die Jahre 1983 und 1984 öffnet sich die Schere zwischen der gesamtwirtschaftlichen Investitionsentwicklung und der Entwicklung staatlicher Investitionen. Bekanntlich ist das jedoch nicht das Ergebnis einer bewußt praktizierten antizyklischen Finanzpolitik, sondern geht auf die Konsolidierungszwänge in den kommunalen Haushalten zurück 33. Dabei wird bei der Betrachtung der Wachstumsraten kommunaler Investitionen deutlich, daß die staatliche Investitionspolitik in hohem Maße von der starken Konjunkturempfindlichkeit der kommunalen Haushalte geprägt wird 34.
30
Jünger /Walter
1987, S. 16.
31
Dies., S. 17; zur Entwicklung vgl. auch Karrenberg/Münstermann, StädteT 1989, S. 129; Deutsche Bundesbank 1988, Nr. 8, S. 32-39; Flämig, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 125 A , S. 645 ff. 32
Jünger /Walter
1987, S. 18.
33
Deutsche Bundesbank 1988, Nr. 8, S. 34 f.; H. Schmid, BWGZ 1988, S. 475; Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 48; Weiblen, ZKF 1984, S. 127. 34
Jünger /Walter
1987, S. 18.
I. Die Finanzlage in den 80er Jahren
339
Tabelle 35 Entwicklung und gesamtwirtschaftliche Bedeutung der kommunalen Investitionen
Jahr
1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985
3. davon Gemeinden/GV
2. davon Staat
1. Gesamtwirtschaftliche Investitionen3^
in Mrd. DM
III. Erweiterung der Spielräume durch Ressourcenmobilisierung? 369
D. Die Finanzhoheit
370
talmarkt und bei den Verwaltungen auf 71. Von Verwaltungen haben sie bis 1987 insgesamt 9,6 Mrd. DM zur Verfügung gestellt bekommen. Weitere Einzelheiten verdeutlicht Tabelle 38 (s. oben). Für die Beschäftigungsförderung hat sich die Schuldenaufnahme der Kommunen allerdings in doppelter Weise nachteilig entwickelt: Sie ist im Zeitablauf regelmäßig den Zyklen von Konjunktur und Beschäftigung gefolgt, hat also parallel zum Niveau der Gesamtwirtschaft und der Beschäftigung zu- oder abgenommen. Damit hat sie den prozyklischen Verlauf der kommunalen Investitionsausgaben zumindest mit verursacht 72 und die Beschäftigungswirkungen verschärft 73. Parallel dazu haben sich gerade die Städte und Gemeinden mit der höchsten Arbeitslosigkeit in den zurückliegenden Jahren nur unterdurchschnittlich an der gesamten kommunalen Kreditaufnahme beteiligt74. Vermittelt über die Investitionsentwicklung75 haben sie damit ihre Beschäftigungssituation weiter verschlechtert. Nimmt man die Ursachen für diese beiden Entwicklungen, läßt sich feststellen, daß die Gemeinden auch in Zukunft wenig Chancen haben werden, ihre Schuldenpolitik aus eigener Kraft zu ändern:
2.1. Die haushaltsrechtlichen Schranken Verantwortlich und ursächlich für die prozyklische und regional ungleichmäßige Kreditaufnahme der Gemeinden sind zu einem erheblichen Teil die haushaltsrechtlichen Reglementierungen der Kreditfinanzierung. In rechtlicher Hinsicht ist zwischen dem Vorgang der Kreditaufnahme selbst und der haushaltsrechtlichen Zulässigkeit der Kreditaufnahme zu unterscheiden76. Die Kreditaufnahme selbst unterliegt keinen einschrän-
71
Dabei handelt es sich in erster Linie um zweckbestimmte Landesmittel zur Finanzierung spezifischer Aufgaben und nicht um allgemeine Deckungsmittel. Zahlenangaben nach Finanzbericht 1989, S. 140; weitere Einzelheiten dazu bei Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 124 A , S. 616 ff. 72
Dazu D.I.3., vor allem Fußn. 32.
73
Reissert, Finanzielle Spielräume durch Beschäftigungspolitik?, S. 44 f. m.w.N.; vgl. R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 281. 74
Vgl. Karrenberg/Münstermann,
StädteT 1988, S. 91 ff.
75
Vgl. D.I.3.
76
Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 618.
III. Erweiterung der Spielräume durch Ressourcenmobilisierung?
371
kenden Regeln, ist also wirksam, wenn die Gemeinde den Darlehensvertrag ordnungsgemäß und richtig vertreten abgeschlossen hat. Erlaubt ist die Kreditaufnahme aber nur, wenn dafür eine ordnungsgemäße haushaltsrechtliche Grundlage vorhanden ist. Nach § 87 Abs. 1 i.V.m. § 78 Abs. 3 GO BW wird der Verwendungsbereich für über Kreditaufnahmen beschaffte Einnahmen rechtlich klar definiert. Kredite 77 dürfen „nur im Vermögenshaushalt und nur für Investitionen, Investitionsförderungsmaßnahmen und zur Umschuldung aufgenommen werden", vgl. § 87 Abs. 1 GO BW 78 . Dies wird dadurch sichergestellt, daß der Kreditbetrag im Investitionshaushalt veranschlagt werden muß, in dem gleichzeitig die vorgesehenen Investitionen verzeichnet sind, vgl. auch § 85 Abs. 2 bis 5 GO BW, §§ 24 Abs. 2, 10 GemHVO. Es ist also ohne weiteres ablesbar, ob die Obergrenze des erlaubten Kreditvolumens eingehalten wurde 79. Dabei wird vorausgesetzt, daß der Begriff der Investition festliegt 80. Nach baden-württembergischem Gemeinderecht handelt es sich nach § 46 Nr. 13 GemHVO um „Ausgaben für die Veränderung des Anlagevermögens", also um Ausgaben für die Schaffung oder Erweiterung von größeren, länger nutzbaren „Anlagen"81. Nach § 78 Abs. 3 GO BW gilt als weitere Voraussetzung, daß eine andere Finanzierung als durch Kredite nicht möglich ist82. Diese Subsidiarität der Kreditfinanzierung klingt vom Wortlaut her so, als handele es sich bei der Kreditaufnahme lediglich um das „letzte Mittel" der Einnahmenbeschaffung. Dies ist nach herrschender Rechtsauffassung jedoch nicht der Fall 83 . Die Kreditaufnahme steht vielmehr gleichberechtigt neben den anderen Einnahmekategorien des kommunalen Vermögens-
77
Zum Begriff § 46 Nr. 18 GemHVO; vgl. auch Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 803; Pagenkopf\ Kommunalrecht, Bd. II, S. 109; Patzig, DÖV 1985, S. 303; Birk, DVB1. 1984, S. 747. 78
Dazu § 46 Nr. 13 GemHVO für Investitionen, § 46 Nr. 14 GemHVO für Investitionsförderungsmaßnahmen, § 46 Nr. 26 GemHVO für Umschuldungen. 79
Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 619; dazu unten 2.2.
80
Ders., S. 619; zu den Zweifeln bezüglich des Begriffs ders., Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 19; vgl. auch besonders Jünger /Walter 1987, S. 2 ff. 81
Faiß/Faiß/Giebler/Lang als Rechtsproblem, S. 10.
/Schmid
82
1986, S. 326 f.; Püttner, Staatsverschuldung
Schwarting (in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 124 B., S. 626) sieht darin eine „formale Einengung" des Kreditspielraumes. 83
Jünger /Walter
1987, S. 8.
D. Die Finanzhoheit
372
haushalts (vgl. § 16 Abs. 2 GemHVO - Gesamtdeckungsgrundsatz)84. Die Gemeinde muß allerdings vor der Veranschlagung von Krediten prüfen, ob und inwieweit die geplanten Investitionen auch aus Zuführungen des Verwaltungshaushalts, Entnahmen aus Rücklagen, Investitionszuschüssen, aus Beiträgen oder sonstigen Einnahmen des Vermögenshaushalts finanziert werden können. Ökonomisch betrachtet ist jedoch eine differenzierte Behandlung der verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten kommunaler Investitionsausgaben nicht möglich. Ein Vorrang für die Kreditfinanzierung mit dem Argument einer gerechteren Lastverteilung läßt sich nicht begründen; umgekehrt erweist es sich als finanzwirtschaftlich problematisch, der Rücklagen- und Steuerfinanzierung den Vorzug zu geben85. „Die einseitige Anwendung jeweils einer der drei genannten Finanzierungsarten ist für die Praxis unbrauchbar. Alle drei Arten müssen miteinander eingesetzt werden, wobei je nach der jeweiligen Situation und der daraus sich ergebenden Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit die entsprechende Gewichtung zu wählen ist" 86 . Dies bedeutet, daß sich daraus keine präzise Schuldengrenze für die einzelne Kommune ableiten läßt, selbst wenn es sich bei dem Subsidiaritätsgrundsatz nach § 78 Abs. 3 GO BW um eine ökonomisch zweckmäßige Vorschrift handeln würde. Dazu fehlt es an der konkreten Definition 87 . Nach Auffassung von Kirchhof 88 kann die Kreditaufnahme der Gemeinden ebenso wie eine staatliche Kreditaufnahme verfassungsrechtliche Strukturprinzipien" gefährden 89, wenn die Verschuldung nicht ein nachrangiges Finanzierungsinstrument bliebe. Er beruft sich dabei auf den Gleichheitssatz nach Art. 3 GG, weshalb die Finanzierung gegenwärtiger Aufgaben nicht auf die Generation künftiger Steuerzahler verlagert werden dürfe 90. Andererseits hält er zu Recht die Finanzierung
84
Dazu vor allem dies., S. 7 f.
85
Schwabing, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 626.
86
Tremer/Heinrichs
1980, S. 12.
87
Schwerting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 626, der folgert, daß sich die Grenze der kommunalen Verschuldung nicht mit grundsätzlichen Erwägungen beantworten läßt. 88
Kirchhofi
89
Vgl. auch Patzig, DÖV 1985, S. 297 ff.; Birk, DVB1. 1984, S. 745.
90
Zum „Generationenprinzip" vgl. Faiß /Faiß / Giebler /Lang / Schmid 1986,
a.a.O., S. 27.
III. Erweiterung der Spielräume durch Ressourcenmobilisierung?
373
von Investitionen durch Kredite für sachgerecht, weil die Investition ein Verzicht auf den Konsum gegenwärtig verfügbarer Finanzmittel zugunsten zukünftiger Investitionserträge sei91.
2.2. Die Verschuldensgrenze Immer wieder wird versucht, die Grenze der Verschuldensfähigkeit öffentlicher Haushalte anhand bestimmter Meßgrößen zu ermitteln. Insbesondere in der öffentlichen Diskussion wird gerne auf solche Kennziffern zurückgegriffen, um die Argumentation in der einen oder anderen Richtung zu stärken92. Nach § 87 Abs. 2 GO BW darf die Kreditaufnahme nur erfolgen im Rahmen „einer geordneten Haushaltswirtschaft" und, „wenn die Kreditverpflichtungen mit der dauernden Leistungsfähigkeit der Gemeinde im Einklang stehen"93. Diese auch als Kriterien der aufsichtsbehördlichen Genehmigung formulierten Anforderungen enthalten eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe, die der Interpretation bedürfen 94. Die kommunalen Aufsichtsbehörden können somit nicht auf einen allgemein gültigen Maßstab zurückgreifen, um eine Antwort auf die Frage zu finden, ob die Verschuldung einer Kommune mit ihrer fortdauernden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Einklang steht95. Dies läßt sich nur nach den individuellen Verhältnissen der Gemeinden beurteilen 96. In der Vergangenheit wurde dazu die Relation zwischen dem Schuldendienst auf die unrentierlichen Schulden einerseits und den allgemei-
S. 319 bzw. 317; zur verfassungsrechtlichen Grundlage der Kreditfinanzierung vgl. Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 10 ff., der die Kreditfinanzierung unter Berufung auf Art. 115 GG für nichts anderes hält als einen „Vorgriff auf künftige Einnahmen"; vgl. auch Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 624. 91
Vgl. auch Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 17 f; ders. in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 617 f.; Faiß ! Faiß ! Giebler ! Lang ! Schmid 1986, S. 318. 92 Zur Argumentationskette bzw. den einzelnen Meßziffern besonders Jünger / Walter, S. 12-15; auch Pagenkopf \ Kommunalrecht, Bd. II, S. 140. 93
Dazu auch Tremer /Heinrichs
1980, S. 35 f.; Jünger ! Walter
94
1987, S. 9.
Kunze I Bronner /Katz /von Rotberg, §87, Rdnr. 44; Püttner, VI, 2. Aufl., S. 619. 95
in: HkWP, Bd.
Kunze/Bronner/Katz/von Rotberg, § 87, Rdnr. 39; Jünger/Walter Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. II, S. 141. 96
Kunze/ Bronner /Katz /von Rotberg, § 87, Rdnr. 39.
1987, S. 15;
374
D. Die Finanzhoheit
nen Deckungsmitteln andererseits herangezogen97. Überschritt diese Quote einen bestimmten Grenzwert nicht, gab es keine Veranlassung, gegen die vorgesehene Kreditaufnahme etwas einzuwenden. Seit Einführung des neuen kommunalen Haushaltsrechts zum 1. Januar 197498 kann die Aufsichtsbehörde auf ein anderes Kriterium zur Bestimmung der dauerhaften Leistungsfähigkeit zurückgreifen. Diese sogenannte „freie Spitze"99 ist derjenige Betrag, über den die Gemeinde nach Abzug ihrer zwangsläufigen Ausgaben dauerhaft noch verfügen kann. Da in der Regel die laufenden Ausgaben zwangsläufiger Natur sind100, läßt sich aus der „freien Spitze" annähernd ableiten, inwieweit neue Einrichtungen und Investitionen aus Eigenmitteln der Gemeinde finanziert werden können, bzw. in welchem Umfang die Fremdfinanzierung notwendig ist. Die „freie Spitze" repräsentiert damit die im Wege der Sofortdeckung 101 finanzierten Investitionsausgaben102. Es kommt also darauf an, ob die Gemeinde nach Aufnahme des vorgesehenen Kreditbetrages ihren Pflichtaufgaben, den eingegangenen Verpflichtungen, den unverzichtbaren Selbstverwaltungsaufgaben weiter nachkommen und gleichwohl den Schuldendienst leisten kann103. Dafür ist nicht nur die gegenwärtige Haushaltssituation maßgeblich, sondern auch die künftige Entwicklung, die prognostisch zu ermitteln ist 104 .
97
Faiß IFaiß / Giebler /Lang/ Schmid 1986, S. 320; Schwabing, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 628; Jünger/Walter 1987, S. 12, vor allem zum RdErl. des Innenministers NW v. 14.1.1974, Grundsätze für die Kreditwirtschaft der Gemeinden (GV), (MB1. NW S. 214); R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 45 ff. 98
R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 59 ff.
99
Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet, er dient nur als Hilfsgröße im Rahmen des § 87 Abs. 2 GO BW, vgl. Kunze /Bronner/Katz/von Rotberg, § 87, Rdnr. 41; zur Ermittlung R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 117; Pagenkopf, Kommunalrecht, Bd. II, S. 141; Schwarting zu den Verschuldensgrenzen in der Praxis, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 628 f. 100
Vgl. D.U.; II.l.
101
Inanspruchnahme laufender Einnahmen zur Beseitigung der Investitionsausgaben, zum Begriff: vgl. Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 623. 102
Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 628.
103
Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 619; auch Kunze /Bronner /Katz / von Rotberg, §87, Rdnr. 40 f.; zur Überschuldungsgefahr Faiß /Faiß / Giebler /Lang/ Schmid 1986, S. 320. Lang/Schmid 1986, S. 320. 104
Einzelheiten dieses Maßstabes zur Bestimmung der dauerhaften kommunalen Leistungsfähigkeit bei Kunze /Bronner /Katz / von Rotberg, § 87, Rdnr. 42 und 44;
III. Erweiterung der Spielräume durch Ressourcenmobilisierung?
375
Nach Auffassung von Püttner steht der Aufsichtsbehörde hinsichtlich der Schuldengrenze kein Ermessensspielraum bei der Genehmigung zu 105 . Die in § 87 Abs. 2 GO BW vorgesehene aufsichtsbehördliche Genehmigung hinsichtlich des Gesamtbetrages der Darlehen ist deshalb als Mittel präventiver Rechtsaufsicht einzustufen 106, das heißt die Gemeinde hat bei Einhaltung der Voraussetzungen Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung107. Im Vergleich zu den alten Gemeindeordnungen ist damit die früher erforderliche Einzelgenehmigung der Aufsichtsbehörde für die sich aus den einzelnen Investitionsvorhaben der Gemeinden ergebenden Kreditaufnahmen entfallen 108. Dadurch kann von Mutius hier nicht gefolgt werden 109, der aufgrund dieser Einflußmöglichkeiten der Kommunalaufsicht den gemeindlichen Handlungs- und Entfaltungsspielraum gefährdet sieht: Zum einen ist die Beschränkung der Kreditaufnahme nach § 19 StabG und die dazu vorgesehene Einzelgenehmigungspraxis entfallen, spielt in der Praxis also keine Rolle mehr 110, vgl. § 87 Abs. 4 GO BW, der lediglich auf § 19 StabG Bezug nimmt. Zum anderen ist die in Frage gestellte Einzelkreditermächtigung nach § 87 Abs. 2 GO BW durch die Gesamtgenehmigung der vorgesehenen Kreditaufnahmen ersetzt worden 111, so daß die weitere Auseinandersetzung dahinstehen kann. Allerdings ist zuzugestehen, daß die strenge Bindung der Kreditgenehmigung an die aus der kommunalen Haushalts- und Finanzplanung abgeleitete Entwicklung der „freien Spitze" zu Fehleinschätzungen führen
Pagenkopf Kommunalrecht, Bd. II, S. 141 f.; Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 619; Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 613. 105
Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 619; dazu im einzelnen auch Kunze / Bronner/Katz/von Rotberg, § 87, Rdnr. 43 ff.; zu den Problemen des Genehmigungsverfahrens Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 629 ff. 106
Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 619.
107
Vgl. Schmidt-Jortzig, Rotberg, § 87, Rdnr. 41.
Kommunalrecht, Rdnr. 88; Kunze /Bronner /Katz / von
108
Jünger /Walter 1987, S. 8 f.; Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 618; Ausnahme: § 87 Abs. 5 GO BW; ebenso: § 72 Abs. 6 GO NW; § 92 Abs. 6 NGO; Art. 72 Abs. 1 GO BY; § 103 Abs. 7 HGO; § 103 Abs. 6 GemO; § 90 Abs. 6 KSVG und § 85 Abs. 5 GO SH. 109
von Mutius, DJT 1980, S. 116 f. m.w.N.
110
Jünger /Walter
111
Ausnahme § 87 Abs. 5 GO BW.
1987, S. 10.
376
D. Die Finanzhoheit
kann112. Die Aufsichtsbehörde hätte daher die Frage der Zulässigkeit einer weiteren Kreditaufnahme anhand einer umfassenden finanzwirtschaftlichen Beurteilung der betreffenden Kommune zu entscheiden113. Das bedeutet, daß alle finanzwirtschaftlich relevanten Größen herangezogen und die Betrachtung nicht mit dem Finanzplanungszeitraum abgebrochen würde 114. Die damit verbundene qualitative und quantitative Stärkung des Genehmigungsverfahrens wäre gewiß nicht unproblematisch für das Verhältnis der Aufsichtsbehörde zu den Kommunen. Die Kreditgenehmigungspraxis müßte daher so gestaltet sein, daß die kommunale Selbstverwaltung im Kernbereich nicht beeinträchtigt würde 115. Das Prinzip der dauerhaften Leistungsfähigkeit gibt fiskalischen Gesichtspunkten der Kommunalverschuldung den Vorrang. Soweit dadurch jedoch in erster Linie nicht nur die Zahlungsfähigkeit, sondern auch die Aufgabenerfüllung der Gemeinden gewährleistet ist, wird dieser Kern nicht angetastet. Das Prinzip verhindert damit aber auch akute, durch drohende Zahlungsunfähigkeit gekennzeichnete Finanzkrisen einzelner Städte, wie sie im In- und Ausland bereits vorgekommen sind116.
2.3. Die konjunkturellen Grenzen Der kommunalen Kreditaufnahme kommt erhebliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung zu, da die Städte und Gemeinden am Kapitalmarkt in Konkurrenz zu privaten und öffentlichen Aufgabenträgern treten 117 . Von daher widmet das Gemeindehaushaltsrecht den diesbezüglichen Aktivitäten der Kommunen besondere Aufmerksamkeit. Die bei Einführung des StabG herrschende konjunkturpolitische Konzeption einer antizyklischen Gestaltung öffentlicher Haushalte verlangte, die Ausgaben in der Hochkonjunktur zu drosseln und in der Rezession
112
Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 630 f., zur Einbeziehung der konjunkturellen Gesichtspunkte vgl. Kunze ! Bronner ! Katz ! von Rotberg, §87, Rdnr. 46 ff., dazu unten 2.3. 113
Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 631.
114
Dazu vor allem ders., S. 630 ff.; auch Kunze! Bronner /Katz /von Rotberg, § 87, Rdnr. 42. 115
Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 631.
116
Tremer/Heinrichs
117
Tettinger, 1980, S. 12 f.
1980, S. 9; Klein /Münstermann, AfK 1978, S. 218 f.
in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 120 D., S. 445; Tremer /Heinrichs
III. Erweiterung der Spielräume durch Ressourcenmobilisierung?
377
auszuweiten118. Da Handlungsspielraum für die öffentlichen Ausgaben vor allem im investiven Bereich vorhanden ist, waren die Kommunen als Hauptträger öffentlicher Investitionstätigkeit konjunkturpolitisch gefordert. Dementsprechend hat der Gesetzgeber den Gemeinden mit § 16 StabG sowie mit § 77 Abs. 1 S. 2 GO BW auferlegt, bei ihrer Haushaltsführung den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung zu tragen 119. Zu Beginn der 80er Jahre hätten die Kommunen daher angesichts der rezessiven Wirtschaftsentwicklung ihre Investitionsvolumina deutlich ausweiten müssen, zumindest nicht drosseln dürfen. Da aber die kommunalen Einnahmen, insbesondere aus der konjunkturempfindlichen Gewerbesteuer, in wirtschaftlich schwächeren Zeiten immer sofort rückläufig sind, hätte dies gleichzeitig eine erhöhte Kreditaufnahme zur Folge gehabt. Dabei haben sich staatliche Instrumente zur Beeinflussung der kommunalen Kreditaufnahme als wenig zweckmäßig erwiesen120. Auch gegen eine mittelbare Beeinflussung der kommunalen Kreditaufnahme ist nach den gemachten Erfahrungen erhebliche Skepsis angebracht121. Der Gesetzgeber hat allerdings in dem Konflikt zwischen der Sicherung einer geordneten Haushaltswirtschaft einerseits und den konjunkturpolitischen Erfordernissen andererseits der haushaltswirtschaftlichen Solidität den Vorrang eingeräumt 122. Bei den zwischen den Haushaltsgrundsätzen nach § 77 Abs. 1 GO BW auftretenden Zielkonflikten zwi-
118
Gesamtwirtschaftliche Budget funktion, vgl. Kunze ! Bronner ! Katz ! von Rotberg, § 77, Rdnr. 19; dazu im einzelnen sowie zu dem empirischen 3efund Klein / Münstermann, AfK 1978, S. 215 ff.; Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 631 ff. 119 Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 631; Kunze ! Bronner ! Katz ! von Rotberg, § 77, Rdnr. 23; auch Pilttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 12 f., 20 f.; vgl. ferner Schwarting, ZKF 1982, S. 166 ff.; vgl. vor allem AII.3.-5. 120 Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 633 m.w.N.; dazu vor allem auch D.V.1.2. sowie VI.l. 121
Beeinflussung im Rahmen der sogenannten Schuldendeckelverordnung, vgl. 2. VO über die Begrenzung der Kreditaufnahmen durch Bund, Länder und Gemeinden (GV) im Haushaltsjahr 1973 v. 1.6.1973 (BGBl. I S. 504); auch: RdErl. des Innenministers von NW v. 14.1.74, Grundsätze für die Kreditwirtschaft der Gemeinden (GV), (MB1. NW S. 214); vgl. Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 633; Püttner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 618; von Mutius, DJT 1980, S. 117; R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 72 ff.; § 87 Abs. 4 GO BW. 122 Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 634; Kunze ! Bronner ! Katz ! von Rotberg, § 87, Rdnr. 47.
378
D. Die Finanzhoheit
sehen den gemeindewirtschaftlichen Zielen der Sicherung stetiger Aufgabenerfüllung nach S. 1 und der Verpflichtung zu konjunkturgerechtem Verhalten nach S. 2 wird Satz 1 Priorität eingeräumt 123. Die Beachtung konjunkturpolitischer Erfordernisse tritt also nur als ergänzendes Gebot hinzu. Auch bei der Entscheidung der Rechtsaufsichtsbehörde für die Gesamtgenehmigung der Kreditaufnahmen nach § 87 Abs. 2 GO BW kommt es auf die individuelle haushaltswirtschaftliche Situation der jeweiligen Gemeinden an124. Eine Berücksichtigung gesamtwirtschaftlicher Erfordernisse, sofern nicht der Fall der Kreditlimitierung nach § 19 StabG i.V.m. § 87 Abs. 4 GO BW gegeben ist, ist jedenfalls im allgemeinen nur mittelbar und damit nur begrenzt möglich125. Zudem hat der Landesgesetzgeber von dem bundesrechtlichen Auftrag des § 16 Abs. 2 StabG nur durch die Einführung eines Genehmigungsvorbehalts bei einer bundesrechtlich geregelten Kreditlimitierung Gebrauch gemacht126. Diese Rechtslage kann durch die Rechtsaufsicht, die im Genehmigungsverfahren eine konjunkturpolitische Kreditlimitierung vornehmen will, ohne nähere gesetzliche Konkretisierung nicht verändert werden 127. Für einen Verzicht auf eine antizyklische Investitionstätigkeit und damit auf eine konjunkturpolitisch motivierte Kreditaufnahme der Gemeinden gibt es „gute Gründe" 128. Zunächst geben die haushaltsrechtlichen Bestimmungen den Gemeinden nur einen geringen schuldenpolitischen Spielraum in der Rezession.
123
Kunze / Bronner / Katz /von Rotberg, §77, Rdnr. 32; R. Klein, Schuldenpolitik , S. 68; Faiß /Faiß / Giebler /Lang / Schmid 1986, S. 54. 124
Kunze/Bronner/Katz/von
Kommunale
Rotberg,, § 87, Rdnr. 39/46.
125
Str., bejahend Scheel/Steup 1973, S. 118; verneinend Depiereux 1974, S. 94; Kunze/ Bronner /Katz /von Rotberg,, § 87, Rdnr. 46; Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 630 f., 633 f. 126
§ 87 Abs. 4 GO BW; Kunze /Bronner /Katz / von Rotberg, § 87, Rdnr. 46; Faiß /Faiß/Giebler/Lang /Schmid 1986, S. 54; aus der Entstehungsgeschichte des § 77 GO BW ergibt sich auch, daß dadurch keine über § 16 Abs. 1 StabG hinausgehende Rechtspflicht geschaffen werden sollte, vgl. Kunze / Bronner /Katz /von Rotberg, § 77, Rdnr. 21. 127 128
Kunze / Bronner /Katz /von Rotberg, § 87, Rdnr. 47.
Schwarting, 1978, S. 219.
in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 632; Klein /Münstermann,
AfK
III. Erweiterung der Spielräume durch Ressourcenmobilisierung?
379
Die Kreditgenehmigung ist an die Voraussetzung einer geordneten Haushaltswirtschaft geknüpft; diese gilt als gesichert, solange die betreffende Gemeinde über eine positive „freie Spitze"129 verfügt. Diese Finanzreserve unterliegt jedoch starken Schwankungen im Konjunkturverlauf. Die schwankende „freie Spitze" wird noch dadurch in ihrer zyklischen Wirkung verstärkt, daß sie zu entsprechend variierenden Schuldaufnahmen führt. Gerade in der Rezession geht die „freie Spitze" durchweg zurück, in vielen Gemeinden nimmt sie negative Werte an. Da die Sicherstellung der Schuldendienstleistungsfähigkeit in jedem Jahr vorrangig ist, hat dies zur Folge, daß eine kompensatorische Kreditaufnahme nicht erlaubt ist 130 . Eine große Zahl von Gemeinden hat dann keine Möglichkeit, als in der Schuldenpolitik Zurückhaltung zu üben. Dabei ist zu berücksichtigen, daß angesichts der haushaltsrechtlichen Beschränkungen und des notwendigen Schuldendienstes jede zusätzliche Neuverschuldung einer Kommune ihren zukünftigen Finanzierungsspielraum einengt, wenn sich aus den mit ihr finanzierten Investitionen nicht auch wieder positive Auswirkungen für die kommunale Haushaltssituation ergeben131. Solche „Rückflüsse" sind - etwa durch das von kommunalen Investitionen stimulierte Wirtschaftswachstum - auch für die Beschäftigungsförderung durchaus denkbar. Sie sind jedoch für die Gemeindehaushalte in der Regel längst nicht so groß wie die ursprünglich für Investitionen eingesetzten Mittel 132 . Doch selbst bei ungenutzten Verschuldungsmöglichkeiten einzelner Gemeinden ist der Anreiz zu weiterer Kreditaufnahme gering 133. Höhere, kreditfinanzierte Investitionsausgaben hätten nur geringfügige konjunkturelle Wirkungen 134, denen aber hohe laufende finanzielle
129
Dazu oben 2.2., Fußn. 99.
130
Klein ! Münstermann, AfK 1978, S. 219, vgl. auch Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 632; Kunze ! Bronner ! Katz ! von Rotberg, § 78, Rdnr. 47, die eine Kreditaufnahme allein aus konjunkturellen Gründen für nicht gerechtfertigt halten. Wohl auch Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 12 ff., der unter Berufung auf Art. 115 GG in der Theorie aus der sog. antizyklischen Fiskalpolitik keine wachsende Staatsverschuldung entstehen läßt. 131
Dazu vor allem Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 15 ff.; tiers., in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 617 f. 132
Reissert, auch D.VI.l.
Finanzielle Spielräume durch Beschäftigungspolitik?, S. 45 f.; vgl.
133
Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 632.
134
Kritisch dazu Weiblen, ZKF 1984, S. 127.
380
D. Die Finanzhoheit
Belastungen durch zusätzliche Schuldendienstleistungen gegenüberstünden. Die Erschließung vorübergehend zusätzlicher Ressourcen durch Kreditaufnahme bedeutet auf der anderen Seite die Abgabe eigener Mittel zur Rückzahlung des Kredits 135. Außerdem sind die Gemeinden verpflichtet, ihre Haushalte, und zwar getrennt nach Verwaltungs-und Vermögensetats jährlich in Einnahmen und Ausgaben materiell abzugleichen. Die Möglichkeit zu einem „deficit-spending", z.B. über einen direkten Notenbankzugang, mit dem eine rezessionsbedingte Finanzlücke überbrückt werden könnte, ist nicht gegeben136. Für die Gemeinde ist es daher vernünftig und naheliegend, auf eine konjunkturorientierte Schuldenpolitik zu verzichten 137, obwohl dies insgesamt eine aktive Beschäftigungsförderung erschwert.
IV. Erweiterung derfinanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsforderung durch Umschichtung kommunaler Ausgaben? Tabelle 39 (s. unten) zeigt, daß wesentlichen aus vier großen Blöcken sonalausgaben, die Ausgaben für den gaben für soziale Leistungen und die stungen).
die Ausgaben der Kommunen im bestehen. Dazu gehören die Perlaufenden Sachaufwand, die AusSachinvestitionen (Investitionslei-
Die kommunalen Ausgaben stiegen seit 1970 mit einer durchschnittlichen jährlichen Zuwachsrate von 6,8 v.H. Dabei lassen sich verschiedene mehrjährige Phasen mit deutlich unterschiedlichen Zuwachsraten erkennen: In der ersten Phase der Expansion von 1970 bis 1974 stiegen die Ausgaben um 14,1 v.H., es folgte eine erste Konsolidierungsphase von 1975 bis 1977 mit Zuwachsraten von 4,2 v.H., an die sich von 1978 bis 1980 - im wesentlichen bedingt durch das Programm für Zukunftsinvestitionen - eine erneute expansive Phase mit Zuwachsraten von 10,3
135
Zur gerechteren Belastung durch Kreditfinanzierung vgl. Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 624 ff., 632; auch Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 14 f. 136
Klein!Münstermann,
137
AfK 1978, S. 219.
Schwarting, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 633 m.w.N.; Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 46; zum Instrumentarium von Anreizen für eine „konjunkturgerechte" Kommunalverschuldung Schwarting, ZKF 1982, S. 166 f.; außerdem R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 178 ff.
IV. Spielräume durch Umschichtung kommunaler Ausgaben?
381
v.H. anschloß. Zwischen 1981 und 1984 stand deutlich die Konsolidierung im Vordergrund, die Ausgaben stiegen nur um jährlich 1,5 v.H. Nach der Phase der strikten Konsolidierung von 1985 bis 1986, die insbesondere zu Lasten der Sachinvestitionen ging, kam eine Phase mit stärkeren Ausgabenzuwächsen. 1987 und auch 1988 hielten die Bemühungen der Städte und Gemeinden um eine Zurückführung des Ausgabenanstieges an. In den letzten beiden Jahren betrug der jahresdurchschnittliche Ausgabenzuwachs 3,3 v.H. Dabei zeigt sich, daß erstmals die Konsolidierungsbemühungen nicht zu Lasten der Sachinvestitionen gehen. Dies deutet darauf hin, daß es den Kommunen gelungen ist, strukturelle Verbesserungen in ihren Haushalten zu erzielen1.
Tabelle 39 Ausgaben der Gemeinden (GV) 198« und 1989 a)
1989
1988
1988
Mrd. DM Ausgabenb) darunter: Personal Sachaufwand Soziales Zinsen Sachinvestitionen davon: Baumaßnahmen Erwerb von Sachvermögen
1989
+ / - in v.H.
184,40
190,40
58,90 35,80 27,50 7,60 36,50
+ 3,6
+ 3,3
60,30 37,00 29,20 7,60 38,00
+ + + + +
2,4 2,9 7,4 1,1 3,6
+ 2,4 + 3,4 + 6,2
28,60
30,30
+ 6,2
+ 5,9
7,90
7,70
- 4,7
- 2,5
-
+ 4,1
Quelle: Kamenbe/g, GemhlL 1989, S. 50 a) Schätzung der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände auf der Basis einer gemeinsamen Umfrage b) Ohne besondere Finanzierungsvorgänge (insbesondere Schuldenaufnahmen und -tilgungen, Rücklagenentnahmen und -Zuführungen, Deckung von Fehlbeträgen aus Voijahren), einschließlich der kommunalen Krankenhäuser
1
Alle Angaben nach Finanzbericht 1989, S. 133; zur Entwicklung auch Schmid , BWGZ 1988, S. 474 ff.
D. Die Finanzhoheit
382
Die weiteren Entwicklungslinien der Ausgaben sowie die Bedeutung und Zusammenhänge im Hinblick auf die Arbeitsmarktlage wurden bereits dargestellt2. Von daher stellt sich die Frage, ob finanzielle Spielräume für örtliche Beschäftigungsförderungsmaßnahmen durch Umschichtung oder besondere Sparmaßnahmen innerhalb der kommunalen Haushalte geschaffen werden könnten. Wenn beschäftigungswirksame Ausgaben an die Stelle weniger beschäftigungswirksamer Ausgaben in den Gemeindehaushalten treten würden, ließe sich ein zusätzlicher Beschäftigungseffekt erreichen, ohne daß hierfür zusätzliche Einnahmen erforderlich wären3. Bei kleineren Ausgabenpositionen ist dies wohl ohne weiteres möglich, um beschäftigungswirksame Maßnahmen zu fördern (z.B. durch Bereitstellung von Mitteln für AB-Maßnahmen im Verwaltungshaushalt)4. Sehr fraglich muß jedoch eine Umschichtung größeren Stils zwischen den eingangs genannten Ausgabeblöcken bleiben. Dies setzte voraus, daß diese im einzelnen tatsächlich unterschiedliche Beschäftigungswirkungen haben und zumindest ein begrenzter Austausch zwischen ihnen nicht auf entscheidende rechtliche, politische oder praktische Hinderungsgründe stößt5. Die aus der Finanzhoheit abgeleitete Ausgabenhoheit versteht sich zwar als „gesicherte Rechtsmacht"6, über das für die Ausgabenbewältigung nach Größenordnung und Modalität erforderliche Finanzvolumen frei verfügen zu können7, jedoch binden die rechtlich 8 oder tatsächlich feststehenden Ausgabenpositionen präsumtiv über 90% der kommunalen Finanzmittel9. Eine drastische Einengung der Ausgabenhoheit bringen
2
Vgl. vor allem D.I., zu den Investitionen besonders D.I.3.; zu den Sozialhilfebelastungen AI.4.; zu den Personalaufwendungen und Kosten eines Arbeitsplatzes B.I.3. 3
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 52.
4
Dazu C.I. und II., vor allem zum „Zweiten Arbeitsmarkt", sowie Tabelle 25; zu den beschäftigungspolitischen Instrumenten im Rahmen des kommunalen Haushalts vor allem Pröpper, Mit wenig Geld viel machen, Spielräume aus der Sicht des Stadtkämmerers, S. 70. 5
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 53.
6
Schmidt-Jortzig,
7
Vgl. D.II.l.
Kommunalrecht, Rdnr. 813.
8
Gesetzliche oder vertragliche Bindungen.
9
Schmidt-Jortzig,
Kommunalrecht, Rdnr. 814.
IV. Spielräume durch Umschichtung kommunaler Ausgaben?
383
vor allem die durch Gesetz übertragenen Pflichtaufgaben 10 sowie weitere zwangsläufige Ausgaben durch kommunaleigene Ausgabenerweiterung mit sich. In Stuttgart ergab 1982 eine Untersuchung im Rahmen der Haushaltskonsolidierung für den Abbau von Zuschüssen und sonstigen freiwilligen Geldleistungen der Stadt ein Volumen der freiwilligen Ausgaben im Verwaltungshaushalt von 135,7 Mio. D M (4,6% des Gesamthaushaltes 1982). Bei den Kürzungsvorschlägen konnten rd. 3,7 Mio. D M (2,7%) politisch verwirklicht werden11.
1. Die Umschichtung von Ausgaben Bereits die notwendigen Ausgaben für den Verwaltungsapparat verschlingen fast die Hälfte aller kommunalen Finanzmittel. Am erdrückensten sind die Personalausgaben12. Dabei bietet bei langfristiger und methodisch differenzierter Betrachtung die Ausweitung der Personalausgaben zu Lasten der anderen Ausgabenblöcke einer Kommune kaum mehr beschäftigungspolitische Vorteile 13. Hinzu tritt, daß von den direkten oder indirekten Beschäftigungswirkungen öffentlicher Personalausgaben andere Wirtschaftszweige betroffen sind als von Investitionen und Käufen für den laufenden Sachaufwand 14. Ausgabeumschichtungen könnten damit schwerwiegende sektorale Veränderungen hervorrufen, die angesichts ihrer politischen Brisanz von den einzelnen Kommunen kaum verantwortet und verkraftet werden könnten15. Danach kann eine Umschichtung zwischen den Ausgaben für Investitionen und den Ausgaben für den laufenden Sachaufwand ebenfalls nicht in Frage kommen16, da
10
§ 2 Abs. 2 und 3 GO BW, obgleich nach Art. 106 Abs. 8 GG, Art. 71 Verf. ein finanzieller Ausgleich für Mehrbelastungen geschaffen werden muß, präjudizieren diese Ausgaben doch den Haushalt künftiger Jahre. Das Land gibt häufig Mehrbelastungen pauschal im Wege des Finanzausgleiches ab. Dazu SchmidtJortûg , Kommunalrecht, Rdnr. 816; vgl. zur Veranschlagung besonders Faiß! Faiß! Giebler /Lang /Schmid 1986, S. 98 f. 11
LHSt. Stuttgart, GRDrucks. 464/1982.
12
Dazu B.I.3.; vgl. auch M. Fuchs, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 120 B., S. 419.
13
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 53; vgl. auch Pröpper, a.a.O., S. 71 f. 14
Nachweise bei Weiblen, ZKF 1984, S. 127 f.
15
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäfigungspolitik?, S. 54.
16
Weiblen, ZKF 1984, S. 127; Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 54.
D. Die Finanzhoheit
384
beide Ausgabearten in engem inhaltlichen Zusammenhang stehen. Der laufende Sachaufwand der kommunalen Haushalte besteht zum großen Teil aus Leistungen für den Unterhalt der kommunalen Infrastruktur 17. Würde er zu Gunsten weiterer Infrastrukturinvestitionen gekürzt, so blieben für den Unterhalt dieser Investitionen keine Mittel mehr übrig. Die Folge wären „Investitionsruinen" mit verheerenden Folgen für den Baumarkt 18. Damit zeigt sich, daß innerhalb der kommunalen Haushalte beschäftigungswirksame Umschichtungen nahezu ausgeschlossen sind. Mit allen großen Ausgabeblöcken ist die Sicherung von Arbeitsplätzen verbunden, so daß die Auseinandersetzung mit den umstrittenen Vorgaben einzelner Wirtschaftsinstitute hier dahinstehen kann19. Lediglich für die Umschichtung kommunaler Sozialleistungen mit anderen Ausgabearten im Sinne einer „produktiveren", beschäftigungsfördernden Nutzung dieser Leistungen gibt es reale Ansatzpunkte. Hierauf kann verwiesen werden20.
2. Die Haushaltskonsolidierung Die Umschichtung von Ausgaben mittels Sparmaßnahmen betrifft haushalts- und finanzpolitische Verhaltensweisen einer Gemeinde21, weniger Fragen geltenden Rechts22. Der Haushaltsplan bedeutet den unverzichtbaren Teil, den Kern der (anschließenden) normativen Festlegung des kommunalen Finanzgebarens durch die Haushaltssatzung23. Damit ist er nach § 80 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 S. 1 GO BW Grundlage der gemeindlichen Haushaltswirt-
17
Finanzbericht 1989, S. 135.
Regional differenzierte Nachweise vor allem bei Karrenberg /Münstermann, StädteT 1984, S. 106 ff. 19
Nachweise dazu bei Reissert, Finanzielle Spielräume für eine kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 53 sowie Weiblen, ZKF 1984, S. 126 ff. 20
C.I., besonders 7.; zu den Kosten der Arbeitslosigkeit oben AI.3.
21
Dazu vor allem Banner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 120 C., S. 422 ff., besonders 427 f.; ders., ZKF 1987, S. 50 ff. und DÖV 1984, S. 364 ff.; auch Thieme, DÖV 1984, S. 129 ff., besonders S. 131 f. 22
Im Ergebnis wohl auch Püttner, Staatsverschuldung als Rechtsproblem, S. 23; vgl. Pröpper, a.a.O., S. 83. 23 Schmidt-Aßmann, Rdnr. 840.
Kommunalrecht, S. 186; Schmidt-Jortzig,
Kommunalrecht,
IV. Spielräume durch Umschichtung kommunaler Ausgaben?
385
schaft 24. Rechtlich legt er fest, welche Vorhaben im Haushaltsjahr durchgeführt werden sollen. Die betreffenden Ansätze stellen technisch für die Finanzierungstätigkeit nur eine Ermächtigung dar, denn die bewilligten Gelder müssen nicht tatsächlich ausgegeben werden. Allerdings wirken sie für die Maximalanstrengungen als absolute Grenze, da Mittel nicht in größerem Umfang oder für einen anderen Zweck als veranschlagt ausgegeben werden dürfen 25. Rechte und Pflichten Dritter werden dagegen nicht begründet26. Neben den formellen Voraussetzungen für die Einlösung seiner Normativfunktion muß der Haushaltsplan auch gezielt materielle Vorgaben erfüllen. Sie bündeln sich im „Grundsatz des Haushaltsausgleiches"27, nachdem die jeweils veranschlagten Ausgaben durch entsprechende Einnahmen gedeckt sein müssen, § 80 Abs. 2 S. 2 GO BW. Damit wird das kommunale Haushaltsgebaren ganz konkret auf die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit seiner Vorgänge28 festgelegt. Ein nachhaltig unausgeglichener Haushaltsplan macht eine Gemeinde politisch handlungsunfähig. Er führt in die „Diktatur der leeren Kassen" und in die Fremdbestimmung durch die Aufsichtsbehörde 29. Dann muß gegebenenfalls Substanz geopfert werden, beispielsweise Grundvermögen veräußert, womit auf künftige Entwicklungschancen für Ansiedlungen von Gewerbe und Arbeitskräften verzichtet wird. „Einer Kommune mit tiefgreifend gestörtem Haushaltsgleichgewicht bleibt nichts anderes übrig, als ihre Zukunft der Gegenwart zu opfern" 30. Nur ein ausgeglichener Haushalt kann daher die politischen Aktionsreserven bereithalten, die eine Gemeinde zu jedem Zeitpunkt braucht, um im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung handlungsfähig zu bleiben31.
24
Pröpper, a.a.O., S. 70.
25
Schmidt-Jortzig,
Kommunalrecht, Rdnr. 840.
26
Ausnahmen hiervon z.B. für die Festsetzung der Steuersätze in der Haushaltssatzung, vgl. Schmidt-Aßmann, Kommunalrecht, S. 186. 27
Vgl. Banner, DÖV 1984, S. 364 f.; Schmidt-Jortzig,
Kommunalrecht, Rdnr.
847. 28
Schmidt-Jortzig,
Kommunalrecht, Rdnr. 848.
29
Banner, DÖV 1984, S. 364; R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 59 ff.; vgl. § 81 Abs. 3 GO BW i.V.m. RdErl. zu § 121 Nr. 4 a; von Mutius, DJT 1980, S. 116 f. 30
Banner, DÖV 1984, S. 364.
31
Was meistens gelungen ist, vgl. Banner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 427.
386
D. Die Finanzhoheit
Dort, wo dies nicht gelingt, kann der Haushaltsausgleich im Haushaltsvollzug durch die haushaltswirtschaftliche Sperre nach § 29 GemHVO gesichert werden. § 29 GemHVO kann allerdings nicht zur konjunkturpolitischen Steuerung von Haushaltsausgaben eingesetzt werden32. Das kommunale Haushaltsrecht hatte immer schon darüber hinaus der Sicherstellung der Finanzierung von Investitionen erhebliche Bedeutung beigemessen. Mit geltendem Recht (seit 1974) wird allerdings gemäß § 27 GemHVO lediglich gefordert, daß über Ausgabeansätze des Vermögenshaushalts nur in dem Maße verfügt werden darf, als Dekkungsmittel33 rechtzeitig bereitgestellt werden können. Die Gemeinde muß einen tatsächlich und rechtlich gesicherten Anspruch haben34. Dort, wo sich durch eine sich verschlechternde Einnahmesituation bei der Aufstellung des Haushaltsplanes abzeichnet, daß der Haushalt ohne Ausgabenkürzungen künftig nicht mehr ausgeglichen werden kann, muß gespart oder der Haushalt konsolidiert werden, wenn er nachhaltig defizitär geworden ist35. Mit den Prämissen -
einer verschlechterten Zuführungsrate vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt36, einer Begrenzung des sachlichen Verwaltungs- und Betriebsaufwandes37, einer Eingrenzung der Verschuldung38 und einer Begrenzung der Personalausgaben39
-
32
Einzelheiten dazu bei Faiß ! Faiß ! Giebler ! Lang ! Schmid 1986, S. 139 f.
33
Entweder spezielle Deckungsmittel aus Rückflüssen aus Darlehen, Beteiligungen und Kapitalanlagen, Vermögensveräußerungen, Beiträgen und aus Zuweisungen und Zuschüsse für Investitionen, die bewilligt worden sind (Bewilligungsbescheid) oder allgemeine Deckungsmittel aus der Zuführung vom Verwaltungshaushalt, Rücklagenentnahme und Krediten. 34
Faiß /Faiß / Giebler /Lang / Schmid 1986, S. 142; Depiereux 1974, S. 145.
35
Zum Begriff der Haushaltskonsolidierung vgl. Banner, ZKF 1987, S. 50; ferner dersin: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 431. 36
Die Zuführungsrate vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt gilt gemeinhin als „Gradmesser" für die Finanzlage einer Kommune; zur Tendenz seit 1986, vgl. besonders Schmid , BWGZ 1988, S. 474 und S. 473: Nettozuführungsrate (Zuführung ./. Tilgungsleistungen) 1988: 6,55 Mrd. DM. 37
Vgl. auch oben 1. und D.I.l.
38
Vgl. D.III.2.; ferner Schmid , ZKF 1986, S. 246 ff. und 1987, S. 6 ff.
39
Vgl. B.I.3.; auch Thieme y DÖV 1984, S. 130.
IV. Spielräume durch Umschichtung kommunaler Ausgaben?
387
liegen unerwünschte Wirkungen für den örtlichen Arbeitsmarkt ebenso nahe wie die Schlußfolgerung, daß von den Städten selbst keine Lösungsoder Hilfsmöglichkeiten geboten werden können40. Pauschale Kürzungen im Haushalt, der Abbau von Personal oder Streichungen bei freiwerdenden Stellen41 sowie Wiederbesetzungssperren und „Nullwachstum" bei Investitionen bergen schon vom methodischen Ansatz her die Gefahr, die Situation des örtlichen Arbeitsmarktes eher zu verschärfen 42. Der in vielen Fällen vorgesehene oder bereits vollzogene Subventionsabbau - einer Kürzung von Geldleistungen, die weder auf Gesetz oder Vertrag beruhen (sog. Freiwilligkeitsleistungen) - verstärkt gar den Druck auf den Arbeitsmarkt 43. Hiervon betroffen sind nämlich vor allem die Bereiche der Kulturförderung, des Sports und weitgehend des gesamten Sozialbereiches mit den angeschlossenen freien Wohlfahrtsträgern und den Trägern sonstiger sozialer Einrichtungen. Diese unterhalten weitgehend spezialisiertes Personal, das im Falle der Einschränkung der Dienstleistungen kaum anderweitig untergebracht oder vermittelt werden kann44. Angesichts dieser Situation - und der trotz intensiver Sparbemühungen unausweichlichen Zunahme der laufenden Ausgaben - sind die Möglichkeiten der Städte äußerst gering, aus eigener Kraft, ohne staatliche Hilfe, die beschäfigungspolitisch unerwünschten Effekte ihrer Haushalte zu vermindern oder zu vermeiden. Im Gegenteil, weitaus deutlicher waren und sind die entgegengesetzt wirkenden Aktivitäten von Bund und Ländern zur Konsolidierung ihrer Haushalte. Begonnen hatte die Bundesregierung mit der „Operation 1982" in dem Bemühen, den Bundeshaushalt zu sanieren45. Es folgten die Haushaltsbegleitgesetze46, die steuerpolitischen Beschlüsse der Bundesregie-
40
Pröpper, a.a.O., S. 83 f.; Weiblen, ZKF 1984, S. 126.
41
Thieme, DÖV 1984, S. 119 f.; auch Laux, DÖV 1984, S. 374 ff.
42
Katalog der Einzelmaßnahmen ausführlich bei Thieme, DÖV 1984, S. 129 ff.; zu den Steuerungsvoraussetzungen Banner, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 431 ff. 43
S. oben Fußn. 11.
44
Z.B. Sozialpädagogen, Erzieherinnen sowie Künstler etc.
45
Grundsatzbeschlüsse zum Bundeshaushalt 1982 v. 30.7.1981, mit denen vor allem die Soziallasten auf die Städte und Gemeinden verlagert wurden, z.B. durch das AFKG v. 22.12.1981 (BGBl. I S. 1497). 46
HBegleitG 1983 v. 20.12.1982 (BGBl. I S. 1857) sowie HBegleitG 1984 v. 22.12.1983 (BGBl. I S. 1532). Zu den Auswirkungen der HBegleitG auf den öf-
D. Die Finanzhoheit
388
rung 47 auch im Hinblick auf die Entlastung bei den Gewerbesteuern und die Sparmaßnahmen der Länder sowie deren Auswirkungen auf die kommunalen Finanzmassen48. Zieht man aus den dargestellten Maßnahmen Schlüsse, so kann daraus nur gefolgert werden: Der Zwang zur Haushaltskonsolidierung bei den Kommunen bewirkt finanzwirtschaftliche Entscheidungen, die die örtlichen Arbeitsmarktprobleme eher verschärfen, jedoch keinesfalls zu ihrer Entlastung beitragen.
V. Erweiterung derfinanziellen Spielräume für zusätzliche Beschäftigungsförderung durch Mobilisierung externer Ressourcen? Die Bedeutung und Entwicklung der Zuweisungen und Finanzausgleiche wurden bereits dargestellt1. Um aus diesen Zuweisungen von Bund und Ländern zusätzliche Quellen für örtliche Maßnahmen zur Beschäftigung erschließen zu können, gibt es für dje einzelnen Gemeinden praktisch nur zwei Möglichkeiten2: Sie können entweder versuchen, für ein größeres Gesamtvolumen dieser Zuweisungen zugunsten aller Gemeinden zu sorgen, oder sie können versuchen, ihren eigenen Anteil am gesamten Zuweisungsvolumen, allerdings zu Lasten anderer Gemeinden, zu erhöhen. Beide Versuche stoßen rasch an rechtliche Grenzen und unterschiedliche Realisierungschancen. Die einzelnen Städte und Gemeinden haben praktisch keinen Einfluß auf das Gesamtvolumen der zur Verteilung durch Bund und Länder
fentlichen Dienst H. Clemens, ZBR 1984, S. 25 ff.; Summer, PersV 1984, S. 134 ff.; ferner B.V.5. 47
Steuersenkungs-Erweiterungsgesetz v. 14.7.1987 (BGBl. I S. 1629); zu den Auswirkungen aus dem Steuersenkungsgesetz 1985 auf die Gebietskörperschaften Schmid , BWVPr. 1986, S. 56 ff.; ferner BWGZ 1986, S. 486; vor allem Steuerreformgesetz 1990 v. 25.7.1988 (BGBl. I S. 1093), das sich bei der LHSt. Stuttgart in der Finanzplanung 1988-1990 mit rund 100 Mio. DM Einnahmeausfällen niederschlägt, bedingt durch Ausfälle beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer sowie beim FAG. Zu den Auswirkungen ferner Karrenberg, ZKF 1988, S. 218 ff. und ZKF 1988, S. 50 ff. sowie Corsten, ZKF 1988, S. 122 ff. 48
S. dazu D.I.2.
1
D.I.2., besonders Tabellen 33 und 34.
2
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 46.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
389
stehenden allgemeinen und zweckgebundenen Zuweisungen3. Dieses Volumen wird durch Gesetze und Haushaltspläne von Bund und Ländern festgelegt und kann von kommunaler Seite nicht verändert werden. Kommunale Spitzenverbände und Interessenvertreter können zwar versuchen, Gesetzgebungs- und Haushaltsverfahren zugunsten eines höheren Gesamtvolumens zu beeinflussen. Ihre Durchsetzungschancen sind jedoch begrenzt, weil Zuweisungen immer in Einklang mit bundes- oder landeseigenen Ausgaben stehen müssen und Bund und Länder darüber allein zu entscheiden haben4. Zwar hat die Finanzreform von 1969 die bundespolitische Mitverantwortung für die Finanzwirtschaft der Gemeinden erhöht, unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen Bund und Gemeinden bestehen allerdings nach wie vor nicht5. Auch aus der Sicht des Landes kann die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden nicht allein garantiert werden, denn die Bestimmungen des Grundgesetzes über das Finanzsystem in der Bundesrepublik sind mit einzubeziehen. Daher hat das Land nur die Differenz zu gewähren, die sich aus den Mitteln ergibt, die aus den grundgesetzlich den Gemeinden zugeteilten Steuerquellen fließen und den Betrag, der der nötigen Standardausstattung entspricht. Sander schließt daraus folgerichtig, daß bei starker Verminderung der Aufkommen der in Art. 106 GG den Gemeinden zugeteilten Steuererträge die Verfassungsgarantie des Art. 73 Abs. 1 Verf. zu einer entsprechenden Aufstokkung der Landesmittel führen müßte6. Zuweisungen nach dem Landesfinanzausgleich bringen vor allem durch die Art der Mittelaufbringung 7 sowie der Verteilung 8 eine „starke Nivellierung" der Finanzmittel der einzelnen Gemeinden mit sich9, ohne
3
Zu den Kriterien der den Ländern zur Verfügung stehenden Finanzmasse vgl. Eisner, Gemeindefinanzsystem, S. 158; vgl. ferner Faiß ! Faiß ! Giebler ! Lang ! Schmid 1986, S. 35. 4
Reissert, m.w.N. 5
Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 47
Geske, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 113, S. 31.
6
Sander, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 73, Rdnr. 4; nach Auffassung des VerfGH NW (ZKF 1989, S. 60 f.) ist eine Herabsetzung der Verbundquote im kommunalen Finanzausgleich verfassungsrechtlich unbedenklich. 7
Umlage der Gemeinden, § 1 a FAG BW.
8
Bedarfsmeßzahl nach Größenklassen, § 10 FAG BW.
9 Sander, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 73, Rdnr. 12; zur Verfassungswidrigkeit von Mutius /Henneke, AfK 1985, S. 272.
390
D. Die Finanzhoheit
deren einzelne Aufgaben zu berücksichtigen. Diese Nivellierung dürfte ebensowenig dem Sinn von Art. 71 Abs. 1 und 2 10 und Art. 73 Abs. 1 Verf. entsprechen, wie die Ausweitung des Aufgabenvorbehaltes des Landes in Art. 73 Abs. 3 auf die finanzielle Konsolidierung des Landeshaushaltes11. Vor diesem Hintergrund wird die schwache Position der einzelnen Gemeinden bei der Festlegung des Zuweisungsvolumens deutlich. Daher folgert Reissert zu Recht, daß die Entwicklung der staatlichen Finanzzuweisungen in der Vergangenheit praktisch nicht den Interessen einer kommunalen Beschäftigungsförderung entsprochen haben konnte und ihr nach allen Anzeichen auch in Zukunft kaum entsprechen dürfte 12.
1. Die allgemeinen Zuweisungen Abbildung 4 zeigt13, daß die laufenden Zuweisungen14 sich bisher regelmäßig parallel zum Auf und Ab der Konjunktur und der Beschäftigung entwickelt haben. Daraus läßt sich schließen, daß sie damit „das prozyklische Ausgabeverhalten der Kommunen und die Beschäftigungsschwankungen tendenziell verschärft" haben15. Hierfür dürften vor allem zwei Faktoren maßgebend sein: Zum einen ist die Finanzausgleichsmasse der Bundesländer, aus der der größte Teil der laufenden Zuweisungen geleistet wird, als Anteil am Steueraufkommen der Länder nach Art. 106 Abs. 5 GG festgelegt und folgt damit praktisch dem Konjunkturzyklus, solange die Landesgesetzgebung das Anteilsverhältnis nicht ausdrücklich ändert oder ändern kann16. Darüber hinaus offenbart die
10
MüUer-Russel, BWGZ 1988, S. 378.
11
Sander, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 73, Rdnr. 12.
12
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 47.
13
S. D.I.3.: Kommunale Sachinvestitionen und staatliche Zuweisungen in Mio.
DM. 14
Allgemeine Finanzzuweisungen und die zweckgebundenen Zuweisungen werden statistisch unter Begriff „laufende Zuweisungen" zusammengefaßt, vgl. auch D.I.2. Die Verteilung der Verbundanteile der Gemeinden ist in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich geregelt, das gilt sowohl für die Trennung in allgemeine und zweckgebundene Zuweisungen als auch für die Einzelaufteilung dieser Zuweisungsarten. 15
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 47.
16
Kock 1975, S. 334.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
391
Zuweisungspolitik der Länder an ihre Kommunen in den letzten Jahren ein differenziertes und wechselhaftes Bild. Vornehmlich in den frühen 80er Jahren hatten die meisten Länder - wenn auch in unterschiedlichem Maße - eine restriktive Finanzausgleichspolitik betrieben und dabei ihren eigenen Aufgaben und Ausgaben höhere Prioritäten beigemessen als den Finanzbedarfen der Städte und Gemeinden. Die strukturellen Eingriffe zu Lasten der Gemeinden reichten dabei von der Plafondierung der Finanzsausgleichsleistungen bis hin zur massiven Befrachtung der Steuerverbünde 17. Allerdings dürfen Zielkonflikte bei der Dimensionierung ihrer Finanzausgleichssysteme den einzelnen Bundesländern unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nur schwierig nachzuweisen sein18. Sowohl aus der Selbstverwaltungsgarantie des Grundgesetzes als auch nach der baden-württembergischen Landesverfassung (Art. 73 Abs. 3 Verf.) sind lediglich fundamentale Ansprüche der Kommunen auf die Erträge aus eigenen Steuerquellen und die Durchführung eines angemessenen Finanzausgleichs abzuleiten. „Die Höhe dieser Einnahmen ist dabei so zu bemessen, daß die Erfüllung kommunaler Aufgaben - auch freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben - nicht in einer mit der Selbstverwaltungsgarantie unvereinbaren Weise erschwert oder gar unmöglich ist", soweit die überwiegende Meinung, die für die rechtliche Durchsetzung einer konkreten Finanzausgleichsmasse indes nur wenig hilfreich sein kann19. Diese Erfahrungen lassen auch für die Zukunft eine stetige oder antizyklische Entwicklung der laufenden Zuweisungen unwahrscheinlich erscheinen, denn dazu müßten die Länder das Volumen der kommunalen Finanzausgleichsmasse von ihrem eigenen Steueraufkommen praktisch loslösen und in Rezessionsperioden ausdrücklich auf eigene Einnahmen verzichten. Die Steuerreformdiskussion für die 90er Jahre hat jedoch das Gegenteil erwiesen. Ein solches Verhalten kann von den Ländern, die in der Vergangenheit selbst eine prozyklische Finanzpolitik zwangsläufig verfolgt haben, nicht erwartet werden20.
17
Münstermann, ZKF 1988, S. 74.
18
Ders., ZKF 1988, S. 102.
19
Ders., ZKF 1988, S. 103.
20
Klein!Münstermann,
AfK 1978, S. 223 f.
392
D. Die Finanzhoheit
Nur bei den allgemeinen Zuweisungen21 ist die Dispositionsfreiheit der Gemeinden nicht eingeschränkt22. Sie werden nach einem gesetzlich festgelegten Schlüssel verteilt 23 und sind per definitionem lediglich in ihrer Gewährungshöhe staatsabhängig, in ihrer konkreten Einsetzbarkeit aber grundsätzlich frei, sind also allgemeine Deckungsmittel24. Die Länder können in den jährlichen Haushaltsberatungen zwar das Gesamtvolumen oder den Verteilungsschlüssel ändern; gezielte örtliche Effekte können sie damit jedoch nicht erreichen 25. Allgemeine Zuweisungen sind zwar nicht in dem Maße wie die Steuereinnahmen „einwirkungsunabhängig"26. Nicht nur ihre Gesamthöhe, sondern auch die Berechnungsvorgaben unterliegen staatlicher Bestimmung: bei den Schlüsselzuweisungen27 die ergänzenden Ansätze der Ausgangsmeßzahl28, bei den Bedarfszuweisungen 29 die Vergabekriterien (vgl. § 13 Abs. 2 FAG BW). Gleichwohl wird der aus der Selbstverwaltungsgarantie folgenden kommunalen Eigenverantwortlichkeit durch allgemeine Zuweisungen auf der Ausgabenseite am ehesten Rechnung getragen30. Bei den Zweckzuweisungen ist dies weniger der Fall, wie nachstehend aufzuzeigen sein wird.
21
Zum Begriff vgl. oben Fußn. 14.
22
Adenauer-Stiftung,
S. 22.
23
Vgl. dazu besonders D.I.2.; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 784; Sander, Kommunale Finanzpolitik, S. 82 f.; Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 118, S. 320 ff.; von Mutius, DJT 1980, S. 119. 24
Verfügungsgewalt über Finanzmittel ohne Zweckbindung; vgl. auch Kirchhof, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 112, S. 23. 25
Adenauer-Stiftung,
26
Schmidt-Jortzig,
27
Dazu vor allem Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 320 ff.; §§ 5 und 11 FAG
S. 22. Kommunalrecht, Rdnr. 787 m.w.N.
BW. 28
Vgl. § 7 FAG BW; nach Auffassung von Katz (in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 321) haben Wissenschaft und Praxis bisher für die Gemeinden nur unzureichende Bedarfsmaßstäbe entwickeln können, so daß die Bedarfsfeststellung das zentrale Problem jedes Finanzausgleichssystems bleibt; vgl. auch Kirchhof\ in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 23 f.; Patzig, DÖV 1986, S. 690 f. 29
Vgl. §§ 13, 14 FAG BW; Bedarfszuweisungen (ca. 3% der Verbundmasse) sind begrifflich solche allgemeine Finanzzuweisungen, die nur bei spezieller Finanznot (§ 13 Abs. 1 FAG BW) und auf Antrag der betreffenden Kommune nach pflichtgemäßem Ermessen der verwaltenden Landesbehörde erfolgen (§ 14 i.V.m. § 13 Abs. 2 FAG BW); vgl. auch R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 43. 30 Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 787; von Mutius, DJT 1980, S. 119; vgl. auch Kirchhof, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 23.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
393
2· Die Zweckzuweisungen Die bisher genannten Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich sind nicht zweckgebunden. Fast die Hälfte der Finanzmasse31 dient aber Zuschüssen an die Gemeinden, die Objekt- oder projektgebunden gegeben werden. Die Objektarten, für die solche Zuschüsse zur Verfügung stehen, werden vom Landesgesetzgeber nur für bestimmte Aufgaben und unter definierten Auflagen gewährt32. Der Staat verwendet diese Zweckzuweisungen als Instrument zur Steuerung der kommunalen Finanzpolitik, durch die er Schwerpunkte in die Finanzplanung einbringt, Dringlichkeitswertungen der Kommunen verändert, die Art der Ausführung bestimmt und durch das Angebot bloßer Mitfinanzierung wesentliche Teile eigener Finanzmittel bindet33. Da es sich nie um die Vollfinanzierung von Objekten handelt, die Gemeinden vielmehr stets Eigenanteile aus Steuermitteln zusätzlich aufwenden müssen, nennt man den Einfluß solcher Dotierungen auf die politische Willensbildung in den einzelnen Gemeinden auch den „goldenen Zügel" 34 . Solche Zuschüsse werden z.B. gezahlt für Kindergärten und Schulbauten, für Kläranlagen und Sportstätten, für Sozialeinrichtungen, für Schwimmbäder und Altenheime35. Die Schwerpunkte werden jedes Jahr vom Landesgesetzgeber im Staatshaushalt gesetzt, je nachdem dieser bestimmte Projekte der Kommunen für vordringlich und förderungswürdig hält36. Vor allem die Zuweisungen für kommunale Investitionen haben sich mit der ersten Hälfte der 80er Jahre prozyklisch entwickelt37 und damit 31
Nachweise bei Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 318; im übrigen mit steigender Tendenz. 32
Kirchhof
in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 25.
33
Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 788; Kirchhof\ in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 35; zu den Motiven für die Rechtfertigung von Zweckzuweisungen vgl. vor allem Seeger, BWGZ 1985, S. 2; vgl. auch Roters, in: Grundgesetz-Kommentar, Art. 28, Rdnr. 50b. 34
Knemeyer, NJW 1980, S. 1141 f.; Sander, Kommunale Finanzpolitik, S. 84; Einzelheiten bei Seeger, BWGZ 1985, S. 2 ff.; Flämig, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 125 A , S. 661 f.; vgl. auch D.I.3. 35
In BW z.B. aus dem kommunalen Investitionsfonds (KIF) nach § 3 a, Abs. 2, Zi ff. 1 FAG BW. 36
Vor allem durch den Ausschuß zur Förderung kommunaler Investitionen (ΑΚΗ) nach § 34 Abs. 1 FAG BW. 37 Schmid, BWGZ 1988, S. 476; zur früheren Entwicklung auch Kock 1975, S. 104 ff.
394
D. Die Finanzhoheit
zur wenig beschäftigungsfördernden kommunalen Finanzpolitik beigetragen38. Sie sind in dieser Zeit sogar deutlich zurückgegangen39. Hierfür ist nicht nur die restriktive Zuweisungspolitik der Länder, sondern auch die Finanzpolitik des Bundes verantwortlich, denn die Aufgabenverteilung nach dem GG erlaubt dem Bund zwar keine laufenden Zuweisungen für die Gemeinden, jedoch nach Art. 104 a Abs. 1 und 4 sowie Art 91 a GG Zuweisungen für kommunale Investitionen durch Bundesgesetze. Dazu gehört vor allem das wichtige Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz40 und das Städtebauförderungsgesetz 41. Wie bei allen objektgebundenen Zuschüssen müssen die Gemeinden ihren Eigenanteil finanzieren (beim GVFG z.B. 15%). Entsprechend den Vorgaben der Bundesregierung sind die Mittel hierfür zurückgefahren oder plafondiert worden42. Überwiegend lehnen die im Bundestag vertretenen Parteien neue Zuweisungsprogramme ab43, obwohl diese immerhin zu einer gewissen Verstetigung kommunaler Investitionszuweisungen beitragen könnten, und vertrauen zur Stützung kommunaler Investitionen in der Zukunft eher auf zinsverbilligte Kredite 44 als auf zusätzliche staatliche Zuweisungen. Den Hintergrund für diese Zurückhaltung bilden unter anderem die Erfahrungen mit Entscheidungsprozessen in bisherigen Sonderprogram-
38
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 48.
39
Vgl. D.I.2., und vor allem zur finanzpolitischen Wirkung ebd. 3.; Abbildung 4.
40
Ges. über Finanzhilfen des Bundes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden - GVFG v. 13.3.1977 (BGBl. I S. 1077). 41
Ges. über städtebauliche Sanierungs- und Entwicklungsmaßnahmen in den Gemeinden - Städtebauförderungsgesetz - i.d.F. v. 18.8.1976 (BGBl. I S. 2318). 42
Zum 1.1.1988 wurden die Finanzhilfen nach GVFG mit 2,5 Mrd. D M plafondiert: ÄndG des GVFG v. 18.12.1987 (BGBl. I S. 2798), vgl. auch Neubekanntmachung des GVFG v. 28.1.1988 (BGBl. I S. 100). 43 44
Jahreswirtschaftsbericht 1986 der Bundesregierung, S. 10-13.
Beschluß der Bundesregierung über zusätzliche konjunktur- und wachstumspolitische Maßnahmen v. 2.12.1987: Bereitstellung zinsverbilligter Kredite für kommunale Investitionen (KfW-Gemeindeprogramm 1988). Danach können Gemeinden mit hoher Arbeitslosenquote, die rund 40% über dem Durchschnitt des Vorjahres liegt, eine verbesserte Förderung erhalten. Auf diese Gemeinden entfielen nach dem Bericht der KfW (DSt.-Umdruck C 4085 v. 17.4.1989) 24% der Kreditzusagen, mit 751 Mio. DM beinahe jede vierte Kreditzusage im KfW-Gemeindeprogramm; vgl. auch Karrenberg / Münstermann, StädteT 1989, S. 126 f.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
395
men. Da Investitionszuweisungen des Bundes nach Art. 104 a Abs. 4 GG nur über die Haushalte der Bundesländer an die Kommunen geleitet werden dürfen, benötigen Zuweisungsprogramme aus Bundesmitteln nicht nur die Initiative des Bundes, sondern auch die Zustimmung aller Bundesländer45. Die Folge sind langwierige Entscheidungsprozesse der Gebietskörperschaften, in denen alle Beteiligten angesichts des Einstimmigkeitserfordernisses ihre jeweiligen Eigeninteressen durchsetzen können46. Deshalb führen sie zu Programmgestaltungen, die von den ursprünglichen Intentionen weit entfernt sind47. Inzwischen sind sich Bund und Länder daher weitgehend einig, daß in Zukunft keine neuen Mischfinanzierungstatbestände mehr geschaffen werden sollen48. Zweckzuweisungen können den Gemeinden nicht zu einem vergrößerten einnahmepolitischen Spielraum verhelfen 49. Zunächst müssen hier diejenigen Zuweisungsarten eliminiert werden, bei denen es sich um Kostenerstattungen für Auftragsangelegenheiten 50 oder um durchlaufende Gelder - insgesamt also reine Verrechnungsposten - handelt. Übrig bleiben schlüsselmäßige Zuweisungen für bestimmte Aufgabengebiete und Beihilfen für Vorhaben auf Antrag, die von Investitionszuweisungen aller Art bis zu Zuschüssen für Schülerbeförderungen oder Schulwanderungen reichen. Hier besteht für die Gemeinden insofern ein gewisser Aktionsspielraum, als für bestimmte Verwendungsarten eine globale Erhöhung der Liquididät erfolgt oder als Antragsverfahren die Kommunen auf gezielte Liquiditätshilfen hinweist51.
45
Vgl. BVerfGE 39, 96; 41, 291.
46
Gesetz zum Ausgleich unterschiedlicher Wirtschaftskraft in den Ländern Art. 1 Strukturhilfegesetz - v. 20.12.1988 (BGBl. I S. 2358), sog. Albrecht-Initiative. 47
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 49 m.w.N. 48
Zu den Erfolgskriterien für mischfinanzierte Projekte Pappermann, VR 1985, S. 157 ff.; zur Selbstverwaltungsfeindlichkeit des Mischfinanzierungssystems besonders S. 160. 49
R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 44.
50
Vgl. § 2 Abs. 2 GO BW, Art. 71 Abs. 3 Verf.; von Mutius, DJT 1980, S. 66, besonders S. 214; R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 44; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 788; zum Rechtsanspruch der Gemeinden insb. MiiUerRusseU BWGZ 1988, S. 376 ff.; zur Aufgabenautonomie Flämig, a.a.O., S. 649 f. 51 Hansmeyer, Zweckzuweisungen an Gemeinden als Mittel der Wirtschaftspolitik, S. 433.
396
D. Die Finanzhoheit
Dennoch ist der Freiheitsgrad bei diesen auf Antrag erzielbaren Zweckzuweisungen insofern praktisch gleich Null 52 als ihre Gewährung von der Erfüllung fest umrissener Verwendungsauflagen oder von Richtlinien und Verwaltungsvorschriften 53 abhängen, die eine eigene Mitteldisposition ausschließen und die zudem das Vorhandensein eigener Komplementärmittel voraussetzen54. Zwar werden die kommunalen Körperschaften vom Staat nicht gezwungen, die Zweckzuweisungen unter Einsatz eigener Mittel anzunehmen, aber von der bloßen Möglichkeit der Inanspruchnahme geht ein starker „faktischer Zwang"55 aus angesichts der Tatsache, daß aufgrund der Finanznot die kommunalen Körperschaften kaum die meisten Investitionen allein aus eigenen Mitteln vornehmen könnten56. Der Widerspruch zur gemeindlichen Eigenverantwortlichkeit in der Verwaltungstätigkeit ist offenkundig 57: So führt die Verpflichtung zur Übernahme eines eigenen Mitfinanzierungsanteils dazu, daß finanzschwache Gemeinden im Vergleich zu anderen zusätzlich benachteiligt werden58. Die Kommunen sind nur unzureichend über die zu verteilenden Mittel bei den zahlreichen „Fördertöpfen" in den Ländern und vom Bund informiert 59. Prämiert wird die antragseifrigste und findige, mit den formellen wie informellen Verbindungen ausgestattete Gemeinde60. Das System der Zweckzuweisungen bewirkt zudem eine beträchtliche Einnahmeunsicherheit61 für die mittel- und längerfristige Aufgabenpla-
52
R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 44; von Mutius, DJT 1980, S. 119 ff.; vgl. auch Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 789; Seeger, BWGZ, S. 2 f. 53
Z.B. § 13 Abs. 2 FAG BW.
54
Sog. „Interessenquote", vgl. Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 791; von Mutius, DJT 1980, S. 120; R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 44. 55
von Mutius, DJT 1980, S. 120.
56
Gellen 1971, S. 70.
57
Schmidt-Jortzig,
58
Kommunalrecht, Rdnr. 789.
Petri 1977, S. 54; dazu vor allem Reissert, munale Beschäftigungspolitik?, S. 49 f.
Finanzielle Spielräume für kom-
59
Zu den unterschiedlichen Informationsständen Reissert, Diss., Berlin 1984, S. 66, 97, 305 f.; ders., Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 50; Petri 1977, S. 53; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 790; zur Transparenz Seeger, BWGZ 1988, S. 3. 60 61
Sog. „Windhundverfahren", vgl. Schmidt-Jortng,
Kommunalrecht, Rdnr. 790.
von Mutius, DJT 1980, S. 120 m.w.N.; vgl. auch R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik?, S. 40.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
397
nung. Außerdem ist zu befürchten, daß die Vergabe sich allein nach den Interessen des Zuwendenden richtet, so daß die kommunalen Vertretungskörperschaften selbst eigene Prioritäten nicht mehr setzen können. Schließlich ist die Bearbeitung der Anträge auf Förderungsmittel in der Regel mit einem hohen Verwaltungs- und Kostenaufwand verbunden und vollzieht sich außerhalb der Kontrolle der gewählten Repräsentanten 62 insoweit, als meist die Mittel zu einem Zeitpunkt beantragt werden, in dem der Gemeinderat über die Investitions- oder sonstige Aufgabe noch gar nicht entschieden hat. Werden dann die Mittel bewilligt, unterliegen die Kommunalvertretungen praktisch einem unausweichlichen Sachzwang63, die Mittel zu den jeweiligen Konditionen in Anspruch nehmen zu müssen. Gemeinden erhalten tendenziell um so mehr zweckgebundene Zuweisungen, je mehr sie ihre Ausgaben auf jene Aufgabenbereiche und Projekte konzentrieren, für die staatliche Fördermittel erhältlich sind, und je mehr sie ihre Ausgaben gerade dann vornehmen, wann diese Mittel erhältlich sind64. Die Gefahr besteht, daß die Gemeinden zu Investitionen veranlaßt werden, die sie hinsichtlich Eignung, Notwendigkeit oder Größenordnung sonst nicht getätigt hätten65 oder hätten tätigen können66. Dies hat fast immer zur Konsequenz, daß sich der Gemeinderat nicht hinreichend über die entsprechend dimensionierten Folgekosten, die die Gemeinde selbst tragen muß, Rechenschaft ablegt67. Solche Kosten einer fertiggestellten Einrichtung betragen oft bis zu 30% und mehr der Herstellungskosten und binden potentiell freie Mittel im Verwaltungshaushalt. Die hier erwähnten direkten und indirekten Einwirkungsmöglichkeiten auf die finanzielle Selbstgestaltung der Gemeinden im Rahmen ihrer Finanzhoheit hat nicht wenige Stimmen in Wissenschaft und Praxis ver-
62
Hansmeyer, a.a.O., S. 437 ff.
63
Vgl. von Mutius, DJT 1980, S. 120.
64
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 51.
65
Z.B. für die Durchführung von Landesgartenschauen, für die das Land BW inzwischen 5 Mio. DM an Zuschüssen gewährt. 66 Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 793; vgl. auch Reissert, Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 51 f. 67
Finanzielle
von Mutius, DJT 1980, S. 120; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 793; Kirchhof, a.a.O., S. 25, der davon ausgeht, daß einige Gemeinden sich deswegen finanzwirtschaftlich übernommen hätten; vgl. auch Seeger, BWGZ 1985, S. 3 f.; Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 330; Knemeyer, NJW 1980, S. 1142.
D. Die Finanzhoheit
398
anlaßt, die Zweckzuweisungen rundweg für verfassungswidrig zu erklären 68. Dem kann jedoch wegen der Vielfalt der einzelnen Dotationsbedingungen sowie der Tatsache, daß mit den Zuweisungsfeldern immerhin eigene und selbstgewollte Gemeindeaufgaben erfüllt werden, nicht zugestimmt werden69. Zwar kann das Instrument des „goldenen Zügels", die Vergabe von Dotationen mit Auflagen, zu einer totalen Steuerung kommunalen Handelns werden. Die Gemeinde ist aber ausdrücklich nur faktisch 70, nicht jedoch rechtlich an die Annnahme dieser Finanzmittel gebunden71. Ein Abbau von Zweckzuweisungen für bestimmte Investitionen und die Überführung der dadurch freiwerdenden Mittel in die Schlüsselmasse müßte andererseits dazu führen, daß in der Regel solche Gemeinden benachteiligt würden, die noch keinen Mindeststandard in dem betreffenden Bereich der Infrastruktur erreicht haben72. Mit zweckgebundenen Zuweisungen kommt das Land seiner Verpflichtung nach, gleichwertige Lebensverhältnisse anzustreben73. Mit zweckgebundenen Zuweisungen wird überdies eine bessere Anpassung an den Bedarf der einzelnen Gemeinde erreicht, als dies ausschließlich über Schlüsselzuweisungen im Finanzausgleich möglich wäre. Zweckzuweisungen erfüllen legitimerweise auch finanzwirtschaftliche Funktionen eines vertikalen Finanzausgleichs74 sowie Sonderlastenausgleichs75. Wenn Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG den Gemeinden die Erledigung ihrer Aufgaben in eigener Verantwortung garantiert, umfaßt die Eigenverant-
68
Ossenbühl 1968, S. 393 ff.; Petri 1977, Kommunalrecht, Rdnr. 795 m.w.N.; Roters, in: Rdnr. 50b; zurückhaltender wohl von Mutius 1980, S. 123 sowie S. 119 ff./66/77 ff.; zu den vgl. Kirchhof, DVB1. 1980, S. 711 ff. 69
Auch Schmidt-Jortzig,
S. 55 ff.; dazu auch Schmidt-Jortzig, Grundgesetz-Kommentar, Art. 28, für Investitionszuweisungen, DJT verfassungsmäßigen Grundlagen
Kommunalrecht, Rdnr. 795.
70
Vgl. oben Fußn. 55.
71
Knemeyer, NJW 1980, S. 1142.
72
Patzig, DVB1. 1979, S. 441.
73
Dazu von Mutius, DJT 1980, S. 119; vor allem Kirchhof \ in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 16 f. 74
Roters, in: Grundgesetz-Kommentar, Art. 28, Rdnr. 50b.
75
Dazu vor allem Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 324-327; §§ 15-29 FAG
BW.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
399
wortlichkeit ebenso die Investitionstätigkeit der Gemeinden76. Aber auch die Erfüllung der Aufgaben ohne Weisung und Vormundschaft des Staates ist nur in ihrem Wesensgehalt geschützt77. Insoweit kann der Gesetzgeber in die kommunale Investitionshoheit als Teil der Finanzhoheit eingreifen 78, auch wenn das Investitionsverhalten der Gemeinden durch Zweckzuweisungen stark eingeschränkt wird 79. Die damit verbundenen praktischen Knebelungen bleiben allerdings nach Auffassung Schmidt-Jortzigs ein verfassungspolitischer Mißstand besonderer Schwere 80. Auf die immer stärker werdenden Bedenken gibt es allerdings erste Ansätze von staatlichem Gegensteuern81. Da Zweckzuweisungen im übrigen aus einer Reihe verschiedener „Töpfe" entnommen werden, heben sie sich in ihren angestrebten Wirkungen gegenseitig auf und könnten daher auch durch Schlüsselzuweisungen ersetzt werden 82. Dementsprechend haben einige Länder versucht, Zweckzuweisungen zugunsten allgemeiner Zuweisungen abzubauen, um die Entscheidungsfreiheit der kommunalen Körperschaften insbesondere im investiven Bereich wieder zu stärken und gleichzeitig die staatliche Verwaltung zu vereinfachen sowie investitionshemmende Barrieren abzubauen83. Dazu gehören vor allem die Umschichtung von Zweckzuweisungen in Investitionspauschalen. Dafür kommen insbesondere der kommunale Investitionsfonds 84 innerhalb des kommunalen Finanzausgleiches in Betracht 85,
76
Wolff /Bachof Verwaltungsrecht II, § 86 VII. b.
77
BVerfGE 23, 353/305; 26, 228 (237 f.).
78
Flämig, a.a.O., S. 648.
79
Vgl. von Mutius, DJT 1980, S. 120 ff.; Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 788 ff.; Seeger, BWGZ 1985, S. 2 ff.; R. Klein, Kommunale Schuldenpolitik, S. 40; zum quantitativen Nachweis vgl. Schmid , BWGZ 1988, S. 475 f. 80
Schmidt-Jortzig,
81
Seeger, BWGZ 1985, S. 5; Schmidt-Jortzig,
82
von Mutius, DJT 1980, S. 127 m.w.N.
Kommunalrecht, Rdnr. 795. Kommunalrecht, Rdnr. 795 m.w.N.
83
Z.B. Rheinland-Pfalz und Niedersachsen, vgl. von Mutius, DJT 1980, S. 127; sowie FAG BW v. 21.11.1983 (GBl. S. 715) und FAG BW v. 16.12.1985 (GBl. S. 533); zur Begrenzung der Zweckzuweisungen in BW s. Altenmüller, VB1BW 1986, S. 85; zur Entwicklung in BW vgl. Katz, BWGZ 1988, S. 380 ff.; ferner Patzig, DÖV 1986, S. 695. 84
§ 3 a Abs. 2, Ziff. 1 und § 4 FAG BW: 1,15 Mrd. DM zuzügl. 20 v.H. nach § 20 FAG BW. 85
Seeger, BWGZ 1985, S. 7; von Mutius, DJT 1980, S. 121; zu den Zuweisun-
400
D. Die Finanzhoheit
aber auch Konjunktur-Investitionspauschalen als Instrument der Finanzhilfen aus gesamtwirtschaftlichen Gründen. Diese wurden vor allem in den 70er Jahren auf Grundlage von Art. 104 a Abs. 4 GG gewährt86. Mit diesem Verfahren könnten die oben geschilderten Schwächen der Zweckzuweisungen vermieden werden87.
3. Die allgemeinen und rechtlichen Grundlagen für kommunale Ansprüche aus dem Finanzausgleich In seiner ursprünglichen Fassung begründete Art. 106 GG keine festen Finanzansprüche zugunsten der Gemeinden. Damit stand es im Ermessen der Bundesländer, ob und in welcher Form sie die Gemeinden am Finanzaufkommen beteiligen wollten. Erst 195588 wurde der kommmunale Finanzausgleich in das GG aufgenommen. Allerdings erhielten die Kommunen keine konkreten Ansprüche, weil es den Ländern überlassen blieb, ob und inwieweit sie die Kommunen an ihrem Steueraufkommen beteiligten89. Diese Regelung war im Hinblick auf die Selbstverwaltungsgarantie in Art. 28 GG unbefriedigend und ließ die tatsächlichen finanzwirtschaftlichen Gegebenheiten außer acht. Das Finanzreformgesetz von 196990 verbriefte den Gemeinden erstmals einen konkreten Anspruch auf einen kommunalen Finanzausgleich und bestimmte zugleich dessen Mindestumfang. Die kommunale Finanzausgleichsmasse muß mindestens den Länderanteil an den Gemeinschaftsteuern umfassen91; sie kann auf das Aufkommen aus den Ländersteuern ausgedehnt
gen zur Finanzierung von Investitionen vor allem Patzig, DÖV 1986, S. 694 ff.; Kölz ! Schmid, BWGZ-Sonderdruck 1989, S. 31. 86 Klein ! Münstermann, AfK 1978, S. 230 ff. m.w.N.; wohl auch Knemeyer, NJW 1980, S. 1145; zu den Schwächen dieser Finanzhilfen Weihten, ZKF 1984, S. 127. 87
Zu den Vorzügen ausführlich Seeger, BWGZ 1985, S. 7 f.
88
Durch das Finanzverfassungsgesetz vom 23.12.1955 (BGBl. I S. 817).
89
Art. 106 Abs. 6 GG lautete in der Fassung des Finanzverfassungsgesetzes v. 23.12.1955: „als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (GV). Die Landesgesetzgebung bestimmt, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (GV) zufließt". 90
Finanzreformges. v. 12.5.1969 (20.-22. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes, BGBl. I S. 357, 359, 363). 91 Obligatorischer Steuerverbund: nach Art. 106 Abs. 3 GG gelten als Gemeinschaftsteuern die Einkommen-, die Körperschaft- und die Umsatzsteuer. Die Ge-
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
401
werden92. Dabei ist die Höhe des Verbundsatzes durch Landesgesetz zu bestimmen93. Ziel des Finanzausgleichs ist es, den Trägern öffentlicher Aufgaben die zur Aufgabenerfüllung erforderlichen Mittel zuzuweisen94. Der länderspezifische kommunale Finanzausgleich ist ein vertikaler Finanzausgleich mit horizontalem Effekt, das heißt die Länder stellen den Kommunen eine bestimmte Finanzmasse zur Verfügung, deren Verteilung auf die Gemeinden nach Bedarfs- und Leistungsfähigkeitskriterien erfolgt. Durch die Zentralisierung von Aufgaben auf der Ebene der Gemeinden und Landkreise bei anteiliger Finanzierung95 durch die einzelnen Kommunen ergibt sich de facto zusätzlich ein horizontaler Finanzausgleich zwischen den Kommunen. Dies schafft in bestimmtem Rahmen einen Ausgleich zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Gemeinden96. Im Grundsatz wird die Gewährung von Leistungen innerhalb des kommunalen Finanzausgleichs von Parlamenten und Regierungen selten als die Erfüllung einer verfassungsrechtlichen Verpflichtung gewertet97, die das Mißverhältnis von Ausgaben und Einnahmen der staatlichen und der kommunalen Träger von öffentlichen Ausgaben insgesamt und die Steuerschwäche und überhöhte Ausgabenbelastung einzelner kommunaler Gebietskörperschaften auszugleichen bestimmt sein könnte.
werbesteuerumlage wird in BW auf freiwilliger Basis einbezogen, ebenso die KfzSteuer. 92
Freiwilliger Steuerverbund.
93
§ 1 FAG BW; im übrigen stellt der Finanzausgleich ein so umfangreiches und komplexes Gebiet dar, daß sich die Darstellung nur auf die Wechselbeziehung zur Finanzhoheit und zum kommunalen Finanzsystem beschränken muß; vgl. vor allem Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 303-330. 94
Vgl. Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 309; auch von Mutius/Henneke, 1985, S. 282.
AfK
95
Der Finanzausgleich berücksichtigt in starkem Maße den Finanzbedarf, der in einer Bedarfsmeßzahl (§ 7 FAG BW) ausgedrückt wird, und die eigene Steuerkraft (§ 9 FAG BW). 96
Das FAG darf aber die Finanzkraftunterschiede nicht einebnen, sondern nur mildern, vgl. VerfGH NW, DÖV 1985, S. 916 ff. (917); im selben Urteil wird dem Gesetzgeber bei der Gestaltung des kommunalen Finanzausgleichs ein weiter Spielraum zugestanden, S. 916 m.w.N.; vgl. auch Kirchhof\ DVB1. 1980, S. 711719. 97
Staak, Gemhlt. 1988, S. 173.
D. Die Finanzhoheit
402
Landesparlamente und Landesregierungen messen in der Abwägung dem Finanzbedarf des Landes oder bestimmten landespolitischen Zielvorstellungen einen höheren Stellenwert als den Kommunalinteressen bei. Daher gilt praktisch für alle Bundesländer, daß die folgenden Instrumente immer in die Überlegungen einbezogen und vielfach zu Lasten der Kommunen genutzt worden sind: -
Begrenzungen der Verbundgrundlagen bis auf den durch bindende verfassungsrechtliche Normen festgelegten Mindestumfang (Art. 106 Abs. 7, S. 2 GG), Ausschluß von Landessteuern aus den Verbundgrundlagen (Art. 107 Abs. 2, S. 1, 2. Hs. GG) und Ausschluß der Leistungen im Länderfinanzausgleich aus den Verbundgrundlagen, obwohl sie unter Berücksichtigung der Finanzkraft und des Finanzbedarfs der Gemeinden gewährt werden (Art. 30 GG); Veränderungen des Verbundsatzes*; Veränderungen der Haupt- und Nebenansätze; Ausweitung der Zahl und des Umfanges der Vorwegabzüge, in einzelnen Fällen zur pauschalen Verkürzung der Finanzausgleichsmasse99, zur Finanzierung von aus dem Landeshaushalt in den kommunalen Bereich verlagerten Aufgaben 100 und zur Umverteilung von Mitteln zur Verstärkung der Finanzausstattung bestimmter Gruppen kommunaler Gebietskörperschaften.
-
Insgesamt läßt sich aus praktischer Erfahrung heraus feststellen, daß Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich zwar unverändert die Finnanzausstattung der kommunalen Gebietskörperschaften mit allgemeinen Deckungsmitteln verbessern, daß aber ein hoher Anteil von Zuweisungen aus dem Finanzausgleich bestimmten landespolitisch gesetzten Zielen dient 101 und die Instrumente zur Gestaltung der finanzausgleichsrechtlichen Ordnung zur Durchsetzung dieser Ziele genutzt werden 102.
98
Dazu D.I.2.; zu den Kürzungsmaßnahmen des Landes BW beim Verbundsatz Tilmann, BWVPr. 1989, S. 76; Altenmüller, VB1BW 1986, S. 82. 99
Vgl. D.I.2.
100
Beschluß des Ministerrats BW v. 22.7.1980 zur Bildung der Kommission Land-Kommunen, vgl. Seeger, BWGZ 1985, S. 5 f.; z.B. durch Abstufung von Landes- zu Kreisstraßen, LTDrucks. 8 / 3969; auch: Streichung von Personalkostenzuschüssen des Landes für Kindergärten, BWGZ 1989, S. 7. 101
Dazu vor allem: Gemeindetag Baden-Württemberg in der Kommunalen Bilanz 1988, BWGZ 1989, S. 2-13; s. auch oben 2. und unten 5. 102
Staak, Gemhlt. 1988, S. 173.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
403
Die verfassungsrechtliche Untergrenze des Finanzausgleichs kann gemeinhin dort als unterschritten angesehen werden, wo eine kommunale Körperschaft mit der Summe aus orginären Einnahmen und den Mitteln aus dem Finanzausgleich einen Mindeststandard der Aufgabenerfüllung nicht mehr sicherstellen kann103. Dies kann für Baden-Württemberg nicht festgestellt werden. Weitaus problematischer ist es, die zulässige Obergrenze des horizontalen Finanzausgleichs konkret zu ermitteln. Im Endergebnis ist anerkannt, daß es zu einer gleichmacherischen Nivellierung der Finanzkraft keineswegs kommen darf 104. Nach Kirchhof darf der im Finanzausgleich enthaltene Angleichungsauftrag vorhandene Unterschiede einander lediglich annähern, aber nicht einebnen. Finanzkraftunterschiede dürfen nicht nivelliert, sondern nur abgemildert werden. Nach seiner Auffassung darf der Finanzausgleich daher nur Ähnlichkeit in der Finanzausstattung, nicht aber eine schematische Ergebnisgleichheit erreichen. Dazu beruft sich Kirchhof insbesondere auf die Selbstverwaltungsgarantie und hebt hervor, daß eine Finanzzuweisung, die eine (größere) kommunale Finanzautonomie für den Zuweisungsberechtigten ermöglicht, gleichzeitig den finanziellen Entscheidungsspielraum für denjenigen mindert, dem eine gleiche Zuweisung aus der kommunalen Verbundmasse vorenthalten wird. Er stellt damit heraus, daß bei prinzipiell begrenzten Ressourcen die Finanzausstattung der einen Gemeinde notwendig zu Lasten einer anderen Gemeinde gehen muß105. Neben der zentralen Funktion des Finanzausgleiches, für Städte und Gemeinden mit vergleichbarer Aufgabenstellung annähernd gleiche finanzielle Handlungsspielräume zu schaffen, rückt der Finanzausgleich mit einer weiteren Funktion bewußt von dem Ziel der „fiskalischen Gleichheit" 106 ab. Dieser „funktional" orientierte Finanzausgleich berücksichtigt die besonderen Bedarfssituationen bestimmter Städte und Gemeinden, die diesen u.a. durch den Ausbau der zentralörtlichen Infrastruktur bzw. durch die laufende Erfüllung zentralörtlicher Aufgaben (wie z.B. aus Sozialhilfebelastungen) entstehen und nicht durch andere Finanzquellen (z.B. durch besondere Beschäftigungs- oder Investitions-
103
von Mutius/Henneke,
AfK 1985, S. 269.
104
Vgl. Kirchhof, DVB1. 1980, S. 715; Sander, in: Verfassung des Landes BadenWürttemberg, Art. 73, Rdnr. 12; von Mutius ! Henneke, AfK 1985, S. 269 ff. m.w.N. 105
Kirchhof i DVB1. 1980, S. 719.
106
Münstermann, ZKF 1988, S. 102.
404
D. Die Finanzhoheit
programme) gedeckt sind. Diese Sonderleistungen an zentrale Orte sind auch deshalb gerechtfertigt, weil von ihren Aktivitäten im Rahmen eines zen-tralörtlichen Versorgungssystems die anderen, vor allem umliegenden Gemeinden profitieren. Diese spezifisch städtische Finanzausgleichsproblematik verschärfte und erweiterte sich in den letzten Jahren. Besonders infolge wirtschaftsstruktureller Trends und der Stadt-Umland-Wanderungen sind insbesondere in den Kernstädten der traditionellen Industrieregionen mit tendenziell steigenden Sozialbelastungen - auch oder gerade wegen der Arbeitslosigkeit - besondere Bedarfssituationen entstanden, die unter den gegebenen finanziellen Bedingungen von den Städten aus eigener Kraft nicht zu bewältigen sind. Hier muß der Finanzausgleich als ergänzendes Finanzierungsinstrument mit besonderen Maßnahmen107 eingreifen. Im Zuge dieser Diskussion hat die Explosion der kommunalen Sozialetats dazu geführt, daß verstärkt Forderungen nach einer angemessenen bzw. verbesserten Berücksichtigung kommunaler Soziallasten im Verteilungssystem der Finanzzuweisungen erhoben werden.
4. Die Mobilisierung durch Soziallastenansätze im Finanzausgleich Die außergewöhnliche Dynamik der Sozialhilfeausgaben aufgrund der Arbeitslosigkeit in den Städten108 und die Abwälzung dieser Aufwendungen auf die Sozialhilfeträger und damit auf die Kommunen109 haben bereits in der Vergangenheit die Länder Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland veranlaßt, in ihre jeweiligen Finanzausgleichssysteme besondere Soziallastenansätze einzubauen, um hierüber denjenigen Gemeinden, die besonders von der Soziallastenproblematik betroffen waren, zusätzliche allgemeine oder spezielle Finanzzuweisungen zukommen zu lassen oder einen Ausgleich durch Sonder- bzw. Leistungsansätze zu suchen110.
107
Z.B. durch Sonderlastenausgleiche, vgl. im einzelnen dazu die Darstellung bei Altenmüller, VB1BW 1986, S. 84; zu den „Spill-over-Effekten" dabei vgl. Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 325. 108
S. dazu vor allem Tabelle 31, D.1.1.
109
Vgl. AI.4.; weitere Einzelheiten bei Münstermann, ZKF 1986, S. 275; Kattenberg ! Münstermann, StädteT 1988, S. 93. 110
Vgl. vor allem Münstermann, ZKF 1986, S. 276; Patzig, DÖV 1987, S. 1095.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
405
In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen werden und wurden derartige Soziallastenansätze von den dort eingesetzten Kommissionen zur Reform der kommunalen Finanzausgleichssysteme bisher nur diskutiert. In Schleswig-Holstein wird wegen der in den kreisfreien Städten besonders hohen Sozialhilfebelastungen zukünftig eine entsprechende Umschichtung der Finanzausgleichsmasse zugunsten der kreisfreien Städte in Höhe von rd. 100 Mio. DM gefordert 111. In Baden-Württemberg hatte die FAG-Kommission in ihrer Berichterstattung 112 vorgeschlagen, die bestehende Aufgabenverteilung zwischen örtlichen und überörtlichen Sozialhilfeträgern für die Gewährung von Sozialhilfe entgegen von ursprünglichen Forderungen nicht zu verändern. Insbesondere sollte davon abgesehen werden, die sachliche Zuständigkeit und die Kostenträgerschaft für stationäre und teilstationäre Hilfe an Personen über 65 Jahren von den überörtlichen auf die örtlichen Träger der Sozialhilfe zu übertragen 113. Zum anderen lehnte die Kommission mehrheitlich die Einführung des Sozialhilfeansatzes im FAG BW ab. Alternierend wird die einheitliche Regelung des Sozialhilfeansatzes für Stadt- und Landkreise diskutiert. Dabei sollte an objektive, möglichst aussagefähige und statistisch sicher erfaßbare Bedeutungsgrößen angeknüpft 114 , eine ausreichende Eigenbeteiligung gewährleistet und über eine steuerkraftbezogene Umlage finanziert werden 115. In Nordrhein-Westfalen löste das Urteil des VerfGH NW 1 1 6 gegen die sogenannte Aufstockung II - einer speziellen Verteilungsvariante bei
111
Münstermann, ZKF 1986, S. 277; Patzig,, DÖV 1987, S. 1094 f.
112
Kommission zur Überprüfung der Möglichkeiten für eine Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs (FAG-Kommission 1984) mit ergänzendem Bericht der Kommission zur Sozialhilfeausgabenbelastung der Stadt- und Landkreise, hrsg. v. Finanzministerium BW, Stuttgart 1988. 113 Vgl. auch Münstermann, ZKF 1986, S. 277 f.; ders., ZKF 1987, S. 76; Patzig, DÖV 1987, S. 1095. 114
Umstr., vgl. Junkernheinrich,
ZKF 1986, S. 222 ff.; Münstermann, ZKF 1986,
S. 278. 115 116
Vgl. die weiteren Einzelheiten bei Münstermann, ZKF 1988, S. 77.
VerfGH NW, NJW 1985, S. 2321 ff. = DÖV 1985, S. 916 ff.: gem. der Aufstockung II. erhielten steuerschwache Städte und Gemeinden solange zusätzliche Schlüsselzuweisungen bis die Summe aus (fiktiver) Steuerkraft und Zuweisung 90-95 v.H. der Bedarfsmeßzahl erreicht hatte; innerhalb dieser Bandbreite richtete sich die Höhe der Aufstockung I I nach dem Grad der Steuerschwäche.
406
D. Die Finanzhoheit
Schlüsselzuweisungen - erheblichen Reformdruck aus. Klarheit herrschte jedoch nur dahingehend, daß das Land zu einem Finanzausgleich und besonders zugunsten originärer finanzschwacher Städte und Gemeinden verpflichtet werden kann. Die Finanzhilfen - zumindest in Form von Schlüsselzuweisungen - dürfen indes nicht zu hoch bemessen sein, daß es zu einer interkommunalen Übernivellierung der Finanzkraft 117, zu einer Umkehr der Finanzkrafthierarchie, kommen kann. Sieht man von diesem Verbot der Übernivellierung einmal ab, so enthält das Verfassungsurteil gegen die Aufstockung II für zukünftige Finanzausgleichssystem vor allem staatsrechtliche Gestaltungsmaximen zur „Gemeinwohlorientierung, Gleichbehandlung, Willkürfreiheit, Verhältnismäßigkeit, Zumutbarkeit oder Systemgerechtigkeit"118. Dabei werden allenfalls der zulässige Handlungsrahmen definiert, weniger konkrete Lösungsmöglichkeiten geboten, die den strukturschwachen Gemeinden helfen könnten. Vor diesem Hintergrund und aufgrund der problematischen wirtschaftlichen Struktur in Nordrhein-Westfalen setzte sich eine innerministerielle Finanzausgleichsexpertenkommission119 intensiv mit Überlegungen zu einem Soziallastenausgleich bzw. zu einer adäquaten finanziellen Berücksichtigung kommunaler Folgelasten der Arbeitslosigkeit bzw. der Verteilung von Schlüsselzuweisungen auseinander. Frühere Bemühungen um einen Soziallastenansatz waren an den Aussagegrenzen der amtlichen Statistik gescheitert120. Es waren keine amtlichen Daten zu ermitteln, die mit einer gewissen Plausibilität die besonderen sozialen Lasten in den städtischen Problemräumen wiedergeben konnten. Hilfsweise waren deshalb die differenzierten sozialen städtischen Belastungen bei der Verteilung der sogenannten Investitionspauschale berücksichtigt worden. Ein Teil dieser Pauschale wurde für diejenigen Gemeinden reserviert, die überdurchschnittlich von Arbeitsmarktproblemen und dadurch bedingten sozialen Zusatzlasten betroffen waren.
117 Dazu auch Fußn. 9; ferner Zimmermann, ZKF 1987, S. 3, unter Berufung auf BVerfG, NJW 1986, S. 2625 ff. = DVB1. 1986, S. 822 ff. = DÖV 1986, S. 738 ff. 118 119
Vgl. Münstermann, Gemhlt. 1987, S. 194.
Vgl. „Gutachten zur Berechnung der Schlüsselzuweisungen im kommunalen Finanzausgleich NW" v. 30.1.1987, nähere Einzelheiten bei Münstermann, Gemhlt. 1987, S. 194. 120 Zu den Schwierigkeiten vgl. Junkernheinrich, ZKF 1986, S. 222; vgl. auch Münstermann, ZKF 1987, S. 101 f.
V. Spielräume durch Mobilisierung externer Ressourcen?
407
Die Mängel bei der Aussagefähigkeit der amtlichen Sozialhilfestatistik führten dazu, stattdessen vorzuschlagen, die differenzierte dynamische Entwicklung der kommunalen Soziallasten über einen entsprechenden Rückgriff auf Zahlen der Arbeitslosen und auf die Dauer der Arbeitslosigkeit in das Verteilungssystem bei Schlüsselzuweisungen einzuspeisen121. Diese Bewertung von Arbeitslosenzahlen dürfte deshalb gerechtfertigt sein, weil die kommunale Haushaltswirtschaft um so mehr belastet wird, je länger ein Arbeitsloser ohne Anstellung bleibt. Mit der Aufnahme dieses Arbeitslosenansatzes in das Schlüsselzuweisungssystem sollte nach Auffassung der Expertenkommission die Verteilung der Investitionspauschale nach dem Kriterium der Arbeitslosigkeit entfallen 122. Eine detailliertere Darstellung verspricht hier kaum weitere Erkenntniswerte 123, zumal die Vorschläge noch anhaltender Diskussion unterworfen sind. Die Komplexität der Materie spiegelt sich darin wieder, daß das Ausgleichsinstrumentarium und die Eingriffsparameter, die in Theorie und Praxis verwendet und diskutiert werden, außerordentlich groß sind und „mitunter im Zusammenspiel ihrer Wechselwirkungen die Einzelfolgen eines Instruments nicht mehr ganz exakt beurteilt werden können"124. Was bleibt, ist die Forderung nach weiteren Zuweisungen auch im kommunalen Finanzausgleich von Baden-Württemberg, um die stetige Aufgabenerfüllung und die Sonderlasten aus den sozialen Belastungen auf kommunaler Ebene abzufedern.
5. Die Folgerungen aus der Praxis des kommunalen Finanzausgleichs Im Hinblick auf die Finanzausgleichspraxis der 80er Jahre sind nicht nur für die angesprochenen Soziallastenausgleiche Zielkonflikte festzustellen. Zielkonflikte bei der Dimensionierung ihrer Finanzausgleichssysteme sind den Ländern unter verfassungsrechtlichen Aspekten nur schwierig nachzuweisen125. Sowohl aus der Selbstverwaltungsgarantie
121
Vgl. Münstermann, Gemhlt. 1987, S. 194 f.; ders., ZKF 1987, S. 101 f.
122
Ders. y Gemhlt. 1987, S. 195.
123
Poing, DÖV 1987,S. 1095; vgl. auch Münstermann, VR 1988, S. 13; ferner Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 314. 124
Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 313.
125
Münstermann, ZKF 1988, S. 102; Kirchhof,
DVB1. 1980, S. 711, der in die-
408
D. Die Finanzhoheit
des GG als auch den jeweiligen Landesverfassungen sind lediglich fundamentale Ansprüche der Kommunen auf die Erträge aus eigenen Steuerquellen und die Durchführung eines angemessenen Finanzausgleiches abzuleiten126. Manipulationen der Verbundgrundlagen und/oder der Verbundquoten 127 innerhalb der kommunalen Finanzausgleichssysteme zur konjunkturneutralen Verstetigung oder zum Ausgleich von Einnahmeschwächen der Gemeinden sind zwar durchaus denkbar 128, jedoch wären auch die Konsequenzen zu überlegen. Da die in die Finanzausgleichsmasse eingehenden Ländersteueranteile ebenso unstetig fließen, würde dies voraussetzen, daß die Länder für eine antizyklisch oder wenigstens stetig ausgerichtete Entwicklung der kommunalen Finanzausgleichsmittel sorgen müßten, in Boomzeiten also nur eine Teilzahlung zulassen dürften und in Zeiten der Rezession über die Automatik der Finanzausgleichsleistungen hinausgehende Dotationen weitergeben und finanzieren müßten. Durch eine Reduzierung des Steuerverbundes würden die finanzausgleichspolitischen Ziele 129 einer Aufstockung der kommunalen Finanzmasse bei gleichzeitiger Nivellierung der Steuerkraftunterschiede beeinträchtigt und die Ansprüche der Kommunen wirtschaftspolitischen Überlegungen untergeordnet 130. Eine Aufstockung der Finanzzuweisungen müßte andererseits aller Erfahrung nach an den landespolitischen Zielvorstellungen der verschiedenen Länderressorts scheitern. Dabei zeigt sich immer, daß die konjunktur- und stabilitätspolitische Funktion des kommunalen Finanzausgleichs lediglich „eine akademische Fiktion ist, die für die kommunalpolitische Praxis keinerlei Relevanz besitzt"131.
sem Zusammenhang von einer Verpflichtung des Gesetzgebers zu legislatorischem Handeln spricht und grundsätzlich einen durchsetzbaren, justiziablen Anspruch gewähren will. 126
Vgl. für BW: Art. 71 Abs. 3, S. 3 Verf.; dazu auch Müller-Rüssel, 1988, S. 376 ff.
BWGZ
127
Art. 73 Abs. 3 Verf., § 1 Abs. 1 FAG BW; vgl. Rosenschon 1980, S. 84 f.
128
Klein /Münstermann, AfK 1978, S. 223.
129
Vgl. Sander, Kommunale Finanzpolitik, S. 92 ff.; Katz, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., S. 307 f. 130
Klein!Münstermann,
131
AfK 1978, S. 224.
Münstermann, ZKF 1988, S. 76.
VI. Die Selbstfinanzierung kommunaler Beschäftigungsförderung
409
Auch die Praxis des kommunalen Finanzausgleichs in Baden-Württemberg weicht verschiedentlich von dem ab, was verfassungsrechtlich vorgegeben wird 132 . Mittel, die die Gemeinden nach Art. 71 Abs. 3, S. 3 Verf. vom Land beanspruchen können, werden ihnen nur zu einem geringen Teil über den Finanzausgleich nach Art. 73 Abs. 3 Verf. i.V.m. dem FAG BW zugewiesen. Die Mittel werden pauschal nach Einwohnerzahl und Steuerkraft der Gemeinden, nicht nach Aufgabenbelastung verteilt 133 . Immerhin lassen die angedeuteten Probleme erkennen, daß die Städte und Gemeinden wenigstens bei den zweckgebundenen Zuweisungen, die auf Antrag vergeben werden, über begrenzte Möglichkeiten verfügen, ihren Anteil an den Zuweisungen zu beeinflussen 134. Ihr Spielraum zur Mobilisierung externer Ressourcen darf allerdings auch hier nicht überschätzt werden, denn die Fähigkeit zur Informationsbeschaffung über Zuweisungsprogramme und zur Anpassung der kommunalen Ausgabenplanung an die Verfügbarkeit von Zuweisungen hängt nicht nur vom bewußten Handeln der Kommunen ab, sondern auch von kaum beeinflußbaren Faktoren wie z.B. der Gemeindegröße135. Insgesamt bleibt festzuhalten, daß zur Finanzierung örtlicher Maßnahmen für die Beschäftigungsförderung oder von entsprechenden Initiativen für die Gemeinden die Chancen zur Mobilisierung externer Ressourcen aufgrund der Gegebenheiten nur begrenzt sind.
VI. Die Selbstfinanzierung kommunaler Beschäftigungsforderung Auch durch passiv hingenommene Arbeitslosigkeit werden die öffentlichen Haushalte vor allem durch Sozialhilfeausgaben erheblich belastet1. Auf die Darstellungen dazu kann allerdings verwiesen werden2. Deswegen bleibt nur noch die Überlegung, inwieweit sich kommunale 132 Dazu vor allem Müller-Rüssel, BWGZ 1988, S. 378; zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen, vgl. auch von Mutius /Henneke, AfK 1985, S. 279 ff. 133
Sander, in: Verfassung des Landes Baden-Württemberg, Art. 73, Rdnr. 12.
134
Dazu kritisch von Mutius, DJT 1980, S. 192; ferner Knemeyer, S. 1145. 135
NJW 1980,
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 52.
1
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 54.
2
Vgl. AI.3. und 4.
D. Die Finanzhoheit
410
Beschäftigungsförderungsmaßnahmen praktisch „selbst tragen" können bzw. rechnen. Untersuchungen einzelner Forschungsinstitute haben ergeben, daß sich verschiedene arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Maßnahmen sowie Programme teilweise „selbst finanzieren". Nach Berechnungen des LAB können ABM durchaus zu Einsparungen bei den Unterstützungsleistungen für Arbeitslose und zu zusätzlichen Einnahmen aus Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen führen, die insgesamt so hoch sind wie die Aufwendungen für ABM 3 . Die öffentlichen Haushalte werden demnach durch ABM nicht in nennenswertem Umfang zusätzlich belastet4. Zum gleichen Ergebnis kommen die Berechnungen im Hinblick auf öffentliche Investitionsprogramme 5: Auch hier können die Belastungen der öffentlichen Haushalte durch die Programmkosten unter bestimmten Bedingungen nicht höher sein als die programmbedingten Haushaltsentlastungen, die durch zusätzliches Wirtschaftswachstum und die Senkung der Arbeitslosigkeit entstehen6.
1. Die kommunalen Investitionen und Investitionsprogramme Die bedeutende Rolle der Gemeinden als Auftraggeber für öffentliche Investitionen wurde bereits eingehend aufgezeigt 7. Die Investitionstätigkeit der Gemeinden erhält ihre verfassungsrechtliche Absicherung in der Generalklausel des Art. 28 Abs. 2 GG 8 . Innerhalb des durch Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG vorgegebenen Entscheidungsrahmens haben die Kommunen zunehmend an Spielraum für eigenständige Investitionsentschei-
3
Dazu im einzelnen oben C.I.7. m.w.N. (Finanzierung des „Zweiten Arbeitsmarktes") sowie zu den Erfahrungen und Wirkungsweisen von ABM oben C.H.4.; zum Kostenvergleich zwischen ABM und Arbeitslosigkeit, Mitt.DSt. 1981, S. 50; Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 89 ff.; ders., Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 55 ff. m.w.N. 4
Spitznagel, Mitt. aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 1 /1985, S. 20 ff.
5
Vgl. etwa Schmidt, Zur Bedeutung der Staatsausgaben für die Beschäftigung, S. 52; Baum, Beschäftigungswirkungen von Straßenbauinvestitionen, S. 56. 6
Reissert, m.w.N.
Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 55
7
Vgl. D.I.3.
8
Flämig, in: HkWP, Bd. VI, 2. Aufl., § 125 A , S. 647.
VI. Die Selbstfinanzierung kommunaler Beschäftigungsförderung
411
düngen eingebüßt9. Obwohl 2/3 aller Sachinvestitionen auf die Städte und Gemeinden entfallen 10, fällen sie die Grundentscheidung, ob und ggf. welche Investitionsobjekte in Angriff genommen werden sollen, nur noch zu einem geringen Teil unabhängig von anderen Entscheidungsund Planungsträgern 11. Über die Gewährung von Investitionszuschüssen12 verfügen die Länder vor allem über ein wirksames Instrumentarium, auf kommunale Investitionsentscheidungen direkt einzuwirken. Auch der Bund hat - allerdings unter Einschaltung der Länder 13 - unter Berufung auf Art. 104 a Abs. 4 GG entscheidend das Investitionsverhalten der Gemeinden beeinflußt 14. Darüber hinaus haben Bund und Länder die gemeindliche Finanzwirtschaft und damit die Investitionstätigkeit im Grundsatz den in § 1 StabG niedergelegten wirtschaftspolitischen Zielen verpflichtet 15. Insofern hat die Klage über das Ende der kommunalen Selbstverwaltung angesichts der staatlichen Lenkung kommunaler Investitionen gewissermaßen Tradition 16. Dabei ist der Grundsatz der Universalität des kommunalen Wirkungskreises 17 bei den kommunalen Investitionen praktisch außer Geltung gesetzt18. Die mit dem StabG forcierte Anbindung gemeindlicher Investitionspolitik an den „goldenen Zügel" 19 von Bund und Ländern „geschah wirtschaftspolitisch sicherlich in bester Absicht"20. Die Hoffnungen, die kommunalen Investitionen zur Dämpfung konjunktureller Schwankungen und damit zur gezielten Beschäftigungsförderung einsetzen zu können, haben sich jedoch nicht erfüllt 21. Nach 9
Flämig, a.a.O., S. 660.
10
Vgl. D.I.3. sowie Tabelle 35.
11
Eisner, DÖV 1968, S. 522; vgl. auch Schmidt-Jortzig, 813, 822 f. 12
Vgl. D.V.2.
13
Zur Durchgriffsproblematik vgl. Maunz, in: Maunz /Diirig,
14
Vgl. D.V.2.
15
Vgl. AII.2.
16
Vgl. Köngen 1931, S. 1 ff.
17
Vgl. Schmidt-Aßmann, Kommunalrecht, S. 114 f.
18
Flämig, a.a.O., S. 661.
19
Vgl. D.I.3. sowie D.V.2.
20
Flämig, a.a.O., S. 661.
21
Vgl. Klein!Münstermann, 2. Aufl., § 120 D., S. 442.
Kommunalrecht, Rdnr.
Art. 109, Rdnr. 22.
AfK 1978, S. 214 ff.; Tettinger,
in: HkWP, Bd. VI,
D. Die Finanzhoheit
412
zutreffender Auffassung von Flämig22 hat die staatliche Ingerenz auf das Investitionsverhalten der Gemeinden dazu geführt, daß die Qualität der kommunalen Trägerschaft über Sachinvestitionen eher erheblich gemindert wurde, zumal die kommunalen Investitionen immer zu Lasten der rechtlich als unabwendbar geltenden konsumtiven Ausgaben23 zurückgedrängt wurden. Eigentlich müßte die kommunale Haushaltsgestaltung der immensen Bedeutung kommunaler Investitionen Rechnung tragen und versuchen, die Investitionsquote und damit die Investitionsrate 24 auf einem konstant hohen Niveau zu halten. Das setzte aber voraus, daß es Gemeinden und Städten möglich sein müßte, erhebliche Überschüsse im Verwaltungshaushalt zu erzielen, um eine möglichst hohe Investitionsrate zu erwirtschaften. Wenn aber schon Ausgleichsprobleme in den städtischen Verwaltungshaushalten nicht zu vermeiden sind25, muß sich die kommunale Haushaltsgestaltung an den Realitäten orientieren und vermag dies nicht zu leisten. Die Wichtigkeit der kommunalen Investitionen für die wirtschaftliche und soziale Gesamtprosperität läßt sich kaum überschätzen26. Viele kommunalen Investitionen schaffen die Voraussetzungen für private und unternehmerische Investitionen, wie sich am Beispiel der Erschließung von Wohngebieten oder Industrie- und Gewerbegebieten aufzeigen läßt. Sie haben in zahlreichen Fällen einen sehr hohen Multiplikatoreffekt 27, indem sie in einem mehrfachen Umfang „Folgeinvestitionen" Dritter auslösen. Insoweit kommt ihnen eine Schlüsselfunktion für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen zu28. Betrachtet man aber den Zweck der kommunalen Investitionen, dann wird ferner deutlich, daß die Sachzwänge29 mit den konjunkturellen 22
Flämig, a.a.O., S. 662.
23
Insbesondere Personal- und Sozialausgaben; dazu auch Sander, Kommunale Finanzpolitik, S. 90 f. 24
§ 22 Abs. 1 GemHVO; zur Entwicklung der Investitionsrate Kölzl Schmid, BWGZ-Sonderdruck 1989, S. 10. 25
Vgl. D.U.
26
Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 822; vgl. vor allem Flämig, S. 645 ff.; Kölzl Schmid, BWGZ-Sonderdruck 1989, S. 14 ff.
a.a.O.,
27
Dazu vor allem Weiblen, ZKF 1984, S. 127 m.w.N.; Kölzl Schmid, BWGZSonderdruck 1989, S. 15; Flämig, a.a.O., S. 646. 28
Schmidt-Jortzig, Kommunalrecht, Rdnr. 822; Kölzl Schmid, BWGZ-Sonderdruck 1989, S. 15.; vgl. auch: Klein ! Münstermann, AfK 1978, S. 214. 29
Vgl. auch D.V.2.
VI. Die Selbstfinanzierung kommunaler Beschäftigungsförderung
413
Gesichtspunkten in Zielkonflikt stehen. Der Schwerpunkt kommunaler Investitionen liegt im Bereich der Infrastrukturmaßnahmen 30. Die kommunalen Investitionen setzen sich überwiegend aus solchen für den Bau von Schulen, Krankenhäusern, Erschließungsmaßnahmen, Verkehrseinrichtungen, Versorgungs- und Entsorgungseinrichtungen, Kindergärten, Altenwohnungen und anderes mehr zusammen. Bereits früher hat der SVR überzeugend dargelegt, daß ein Rückgang der kommunalen Investitionen zu bedenklichen Konsequenzen für die Wachstumsraten der Bundesrepublik führt 31. Der sich längerfristig abzeichnende Wandel der kommunalen Aufgaben mit der vermehrten Bedeutung von Ersatz- und Modernisierungsinvestitionen sowie mit der Ausweitung der Investitionen zur Stadtsanierung und Dorferneuerung bedingt, anders als in früheren Jahren mit der Dominante des Neubaus, personalintensivere Arbeitsmethoden. Damit können die künftigen kommunalen Investitionen, ganz abgesehen von ihrer Multiplikatorwirkung 32, durchaus gravierende beschäftigungspolitische Wirkungen haben33. Auf der anderen Seite kann das Primat des Vorrangs von öffentlichen Investitionen zur Erzielung von Beschäftigungswirkungen nicht ganz unreflektiert übernommen werden. Gerade bei den kommunalen Investitionen sind die Auswirkungen auf die Konjunktur sehr differenziert 34. Die konkrete Auswertung einer schriftlichen Befragung 35 über die beschäftigungspolitischen Wirkungen gemeindlicher Investitionen läßt den Schluß zu, daß kommunale Investitionen einem infrastrukturellen Primat folgen und beschäftigungspolitische Wirkungen eher „Gratiseffekte" sind36. Ob letztlich öffentliche Investitionen Anreize oder Spielräume für zusätzliche oder konkrete beschäftigungsfördernde Aktivitäten eröffnen, wird von Reissert bezweifelt 37, da die gesamtfiskalische Selbstfinanzie-
30
S. D.I.3.
31
Weihten, ZKF 1984, S. 127; Kötz! Schmid, BWGZ-Sonderdruck 1989, S. 15.
32
Vgl. oben Fußn. 31; z.B. bei der Stadtsanierung 1:8, also 1,- D M gemeindliche Ausgabe löst 8 , - DM Privatinvestitionen aus. 33
Kötz! Schmid, BWGZ-Sonderdruck 1989, S. 15.
34
Weihten, ZKF 1984, S. 126 f.
35
Heinett, AfK 1989, S. 86 ff.
36
Ders., S. 90.
37
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 55 f.
D. Die Finanzhoheit
414
rung sich nicht in den kommunalen Haushalten niederschlägt38. Bei öffentlichen Investitionsprogrammen erhalten beispielsweise die Gemeinden nur dann einen geringen Teil ihrer Ausgaben in Form von Haushaltsentlastungen zurück, wenn die Investitionen zu zusätzlichem Wirtschaftswachstum und zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit führen 39. Gemeinden, die ihren Finanzierungsspielraum künftig nicht einengen wollen, handeln deshalb vernünftig, wenn sie in Rezessionsphasen darauf verzichten, Investitionen im Vertrauen auf baldige Einnahmeverbesserungen über Kredite zu finanzieren. Dies gilt vor allem dann, wenn die durch ein Investitionsprojekt ausgelösten Wachstums-, Beschäftigungsund Haushaltsentlastungseffekte nicht nur bei einer Gemeinde anfallen, sondern sich auf eine Vielzahl von Gemeinden verteilen 40.
2. Die Arbeitsbeschaflungsmaßnahmen und die Beschäftigung von arbeitslosen Sozialhilfeempfangern Die Zweifel an der Selbstfinanzierung für die Städte und Gemeinden setzen sich bei ABM fort 41. Angesichts hoher „Nettobelastungen" durch ABM klagen die Kommunen, daß sie zur Finanzierung dieser Maßnahmen Beiträge erbringen müßten, die sie eigentlich nicht leisten können42. Dabei liegt die Vermutung nahe, daß sie wegen der hohen Nettobelastungen weniger ABM initiieren, als sie es ohne die damit verbundenen Zusatzkosten tun würden. Hierfür spricht, daß das Gesamtvolumen der Fördermittel sich aus sehr unterschiedlichen Anteilen von Sach- und Personalkosten ergibt. Relativ hohe Sachkosten, die bei ABM vom Träger selbst zu übernehmen sind43, fallen bei spezifischen Maßnahmen nämlich in erster Linie bei Arbeiten im Garten- und Landschaftspflegebereich sowie im Hoch- und Tiefbau - an44. Dabei ist anzumerken, daß
38 Kritisch zur Selbstfinanzierungsquote auch Schmidt-Jortng, Rdnr. 823.
Kommunalrecht,
39
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 56.
40
Ders., S. 57 m.w.N.
41
Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 55 f.; vgl. auch C.I.4. 42
Ders., S. 56 m.w.N.
43
Leistungen zur Schaffung von Arbeitsplätzen nach § 98 AFG übernimmt die BA nur bei Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung für ältere (§ 97 AFG), d.h. für Personen, die mind. 55 J. alt sind. 44
Heinelt, AfK 1989, S. 99 f.
VI. Die Selbstfinanzierung kommunaler Beschäftigungsförderung
415
die Arbeitsämter im Hinblick auf eine Berücksichtigung gering bzw. unqualifizierter Arbeitsloser beim Einsatz von ABM darauf angewiesen sind, daß Kommunen als Träger von Maßnahmen in den kostenintensiven Bereichen der vorwiegend technischen Verwaltung auftreten. Diese Tätigkeitsfelder sind nämlich für den Einsatz dieser Arbeitslosen besonders geeignet45. Unterschiedliche Relationen zwischen der Zahl beschäftigter und geförderter ABM-Kräfte und der kommunal getragenen restlichen Personalkosten ergeben sich aus der Struktur der Beschäftigten und damit aus ihrer Bezahlung. Aufgrund der Befragung von Heinelt 46 wird eine regionale Verteilung dieser Relation deutlich, die darauf zurückzuführen ist, daß die Höchstfördersätze der BA räumlich entsprechend der Höhe der Arbeitslosigkeit differieren 47. Im Gegensatz zu diesen Ausführungen dürfte sich aus dem Blickwinkel der Gemeinden die befristete öffentliche Beschäftigung arbeitsloser Sozialhilfeempfänger „selbst finanzieren" 48. Die Beschäftigungsprogramme beruhen meist ausschließlich auf kommunaler Initiative und werden vollständig aus den Gemeindehaushalten finanziert 49. Während die Gemeindehaushalte in diesen Beschäftigungsprogrammen einerseits die Lohnkosten der befristeten Arbeitsverhältnisse zu tragen haben, werden sie andererseits durch den dauerhaften Wegfall von Sozialhilfezahlungen entlastet50.
3. Die Rolle der kommunalen Wirtschaftsunternehmen 1980 legte das Difu eine Prognose des Bedarfs an kommunalen Investitionen bis zum Jahre 1990 vor 51. Als kommunaler Investitionsbe-
45
Vgl. Tabelle 27; C.II.l.
46
Heinelt, AfK 1989, S. 86 ff.
47
Ders., S. 100.
48
Vgl. dazu vor allem C.I.7.; Tabelle 26; Fiedler /Farenholtz, Möglichkeiten und Grenzen des Zweiten Arbeitsmarkts als Modell regionalisierter Arbeitsmarktpolitik, S. 388-402; vgl. auch Reissert, Loccumer Protokolle 15/1985, S. 97 ff.; Heinelt, AfK 1989, S. 100 ff. 49
Ausnahme: NW und ansatzweise auch in HE; vgl. Reissert, Finanzielle Spielräume für kommunale Beschäftigungspolitik?, S. 57; Heinelt, AfK 1989, S. 102 f. 50
Dazu im einzelnen C.I.7.
51
Kommunaler Investitionsbedarf bis 1990, Difu und DSt. 1980; vgl. auch D.I.3.
D. Die Finanzhoheit
416
darf wurde ein Volumen von knapp 930 Mrd. D M ausgewiesen. Dabei zeigt sich in der Prognose eine deutliche Bedarfsverschiebung von den „klassischen" Infrastrukturbereichen, wie z.B. dem Bau von Schulen, Sportstätten usw., hin zu Investitionen, die vor allem von kommunalen Unternehmen getätigt werden, vorwiegend von den Verkehrs- und Versorgungsunternehmen 52. In Stuttgart investieren die Straßenbahnen AG in ihrer Finanzplanung bis 1993 brutto 250 Mio. DM, wovon allein fast 30% auf rollendes Material entfallen, die Technischen Werke der Stadt Stuttgart AG bis 1994 rd. 2,3 Mrd. D M im Energie- und Versorgungssektor. Mit der Verlagerung des öffentlichen Investitionsbedarfs hin zu den öffentlichen Unternehmen verändern sich auch die Faktoren, die die Investitionsentscheidungen beeinflussen, und selbstverständlich die Finanzierungsmöglichkeiten53. So gewinnt vor allem die Rentabilität dieser öffentlichen Unternehmen an Bedeutung. Diese ist ihrerseits - vor allem im Versorgungsbereich - von sehr unterschiedlichen Faktoren abhängig. Nicht zuletzt spielt die Preisentwicklung bei der Energie eine bedeutende Rolle. Was die Folgekosten anbelangen, so werden mit der Investitionsverlagerung zu den öffentlichen Unternehmen die staatlichen Haushalte entlastet. Bei den öffentlichen Unternehmen können die Folgekosten aber dann zu Problemen und damit zu Investitionshemmnissen führen, wenn sich diese Unternehmen in ihrer Preisgestaltung aus politischer Rücksichtnahme zu wenig an kaufmännischen Kriterien ausrichten können. Für die kommunale Finanzpolitik bedeutet das, daß sie die Investitionstätigkeit der öffentlichen Unternehmen vor allem dadurch fördern kann, daß sie die dort erwirtschafteten Mittel nicht über Gewinnabführungen (gänzliche oder teilweise Nichtausschüttung) und Konzessionsabgaben wieder einzieht, sondern in dem Unternehmen beläßt54. Ihren abstrakt rechnerischen Niederschlag findet diese Gewinnbelassung in den bilanziellen Rücklagen, die gelegentlich auch als Zuwachskapital bezeichnet werden. Für kommunale Unternehmen ist in einigen Gemeindeordnungen und Eigenbetriebsverordnungen vorgeschrieben, daß diese Rücklagen den Kapitalbedarf „für die technische und wirtschaftliche Fortentwicklung des Unternehmens"
52
KarrenbergIMünstermann, StädteT 1989, S. 128; Weiblen, ZKF 1984, S. 129; Kölzl Schmid, BWGZ-Sonderdruck 1989, S. 27. 53
Vgl. dazu im einzelnen Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 191 ff.; auch Sander /Weiblen 1982, S. 104 f.; ferner Schmidt-Aßmann, Kommunalrecht, S. 178; zu den Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden J. Becker, DÖV 1984, S. 316. 54
Leibfritz,
Mehr staatliche Investitionen zum Abbau der Arbeitslosigkeit?, S. 13.
VI. Die Selbstfinanzierung kommunaler Beschäftigungsförderung
417
decken sollen55. Darüber hinaus soll die Selbstfinanzierung auch eine marktübliche Verzinsung des Eigenkapitals sicherstellen56. Das heißt, Voraussetzung ist eine ausreichende Kapitalausstattung durch die Trägergemeinden, die ihre kommunalen Unternehmen in die Lage versetzt, ihre Investitionen zu tätigen und dabei positiv auf den örtlichen Beschäftigungsmarkt einzuwirken 57. Allerdings hat nach Auffassung von Püttner die Praxis gezeigt, daß die öffentlichen Unternehmen nur wenig zur antizyklischen Finanzpolitik beitragen können58. Es steht den Gemeinden aber grundsätzlich frei, ihre Unternehmen mehr wirtschaftsfördernd, verstetigend oder vor allem arbeitsplatzsichernd einzusetzen.
55
Giesen, GemHlt 1989, S. 7.
56
§ 94 Abs. 2 GO NW; § 90 Abs. 2 GemO; § 102 Abs. 2 GO SH; nicht in BW: nach § 102 Abs. 2, 2. Hs. GO BW sollen wirtschaftliche Unternehmen „nur" einen Ertrag abwerfen. Diese Voraussetzung - Soll-Vorschrift - verlangt von den Betrieben keinesfalls eine Gewinnmaximierung, sondern unter Beachtung der öffentlichen Zweckerfüllung nach Möglichkeit die Erzielung eines angemessennen Gewinns. Der öffentliche Zweck ist ebenso Finanzierungsregulativ wie Gewinnbegrenzungspostulat, vgl. Giesen, Gemhlt. 1989, S. 8; ferner Kunze ! Bronner ! Katz ! von Rotberg, § 102, Anm. II. 3. 57 58
Weihten, ZKF 1984, S. 129.
Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, S. 202, unter Berufung auf eingehende Belege bei Münch, in: Stern ! Münch ! Hansmeyer 1972, Anm. III zu § 13.
Zusammenfassung in Thesen 1. Ein Recht auf Arbeit gibt es nach geltendem Recht nicht. 2. Beschäftigungsförderung ist „Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft" im Sinne von Art. 28 Abs. 2 S. 1 GG. 3. Eine konjunkturpolitische Inpflichtnahme der Gemeinden kann weder theoretisch noch normativ begründet werden, da bindende Zielsetzungen aus Verfassung, Stabilitätsgesetz, Gemeindeordnung, Arbeitsförderungs- und Bundessozialhilfegesetz nicht hergeleitet werden können. 4. Die Personalhoheit ist Grundlage und Voraussetzung einer eigenverantwortlichen Aufgabenerledigung. Dabei ist die inhaltliche Bestimmung der Personalhoheit nicht auf normative Befugnisse der Selbstverwaltungskörperschaften, d. h. auf die Gewährleistung einer eigenen dienstrechtlichen Rechtsetzungsbefugnis, sondern im wesentlichen auf die Anstellungshoheit oder Dienstherrenfähigkeit bezogen. Im Bereich der administrativen Befugnisse, vor allem bei Auswahl, Ernennung, Umsetzung, Beförderung, Entlassung der Kommunalbeamten, haben die Gemeinden Raum zu eigenverantwortlichen Entscheidungen. 5. In diesem Bereich der individuellen Personalentscheidungen können die Gemeinden durch staatliche Vorgaben und Mitwirkungsrechte beschränkt werden. Soweit jedoch den kommunalen Organen die Auswahl ihrer Bediensteten, ihrer Beförderung und Tätigkeit in eigener Verantwortung überlassen bleibt, ist die verlangte eigenverantwortliche Aufgabenerledigung gewährleistet. Durch inhaltliche Grenzen der Personalhoheit sind die gemeindlichen Interessen auch dann nicht berührt, wenn sie auf eine Verminderung der Arbeitslosigkeit durch Ausweitung des kommunalen Stellenschlüssels abzielen. 6. Es kann festgehalten werden, daß die Gemeinden in der Schaffung von Stellen grundsätzlich frei sind. Sind Stellenobergrenzen im Stellenplan jedoch zu eng bemessen und notwendigerweise ausgeschöpft worden, tendieren die Möglichkeiten administrativer kommunaler Personalentscheidungen praktisch gegen Null. In dieser konkreten Auswirkung auf den kommunalen Stellenplan wird die als unantastbar geltende administrative Personalhoheit unmittelbar beschränkt. Falls die Bindungen an staatlich reglementierte Stellenobergrenzen die Städte und Gemeinden in organisatorische Unbeweglichkeit führen, wird der Bereich kommunaler
Zusammenfassung in Thesen
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Eigenverantwortlichkeit beschnitten. Deshalb sind Stellenobergrenzennormierungen, soweit sie in die kommunale Organisationshoheit eingreifen, mit Art. 28 Abs. 2 GG unvereinbar. Sie verschärfen darüber hinaus die Dispositionesfreiheit der Kommunen und die heterogene Struktur zwischen Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst, anstatt sie zu erweitern. 7. Es gibt keine allgemeine Rechtspflicht des Staates und der Kommunen, den Schwierigkeiten des Arbeitsmarktes durch eigenes Eingreifen zu begegnen. Weder aus der Verfassung noch aus dem Sozialstaatsgebot kann gefolgert werden, daß eine spezielle Verpflichtung der öffentlichen Hand bestünde, den Arbeitsmarkt durch Anpassungsmaßnahmen innerhalb des öffentlichen Dienstes zu entlasten. 8. Das öffentliche Dienstrecht kann nicht als Instrument zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt werden. Art. 33 Abs. 5 GG steht für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen nicht zur Verfügung. 9. Bei den Einzelmaßnahmen zu einer Personalausweitung, vor allem durch die Verkürzung der Arbeitszeit, sind Städte und Gemeinden an die bundesrechtlichen Rahmengesetze und landesrechtlichen Regelungen gebunden. Danach bleiben den Kommunen nur geringe Ermessensspielräume nach Gesetz oder Tarif. Soweit konkrete Maßnahmen überhaupt finanziell verkraftet werden können, ist die arbeitsmarktpolitische Wirkung von dienstrechtlichen Entlastungsmaßnahmen nur begrenzt. 10. Zu fordern sind zusätzliche Hilfen für die Kommunen zur Bewilligung von Planstellen für Beamte. Dazu gehören die Lockerung oder Verbesserung der Regelungen über die Stellenobergrenzen des § 26 BBesG und das Hinausschieben des Rückkehranspruches eines teilzeitbeschäftigten Beamten nach § 152 LBG. 11. Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit und der Abbau von Mehrarbeit führten bisher nicht zu nennenswerten Stellenschaffungen im kommunalen Bereich mit Ausnahme bei den Schichtdiensten. 12. Die Zurücknahme arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften durch das Beschäftigungsförderungsgesetz kann Impulse für eine Bereitstellung zusätzlicher Arbeitsplätze bei den Kommunen geben. Spielraum wurde vor allem für die Anstellung sogenannter ABM-Kräfte geschaffen. Städte und Gemeinden greifen dabei weniger auf beamtenrechtliche als auf arbeitsrechtliche Gestaltungen zurück; verläßliche Angaben über beschäftigungspolitische politische Auswirkungen stehen derzeit noch aus. 13. Stellenplan und § 57 GO BW sowie das kommunale Haushaltsrecht stehen dem Abschluß von Zeitarbeitsverträgen nicht entgegen.
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14. Die Gemeinden können vom Beschäftigungsförderungsgesetz Gebrauch machen, wenn unter Geltung des derzeitigen BAT tatsächlich Arbeitskräfte zusätzlich eingestellt werden und künftige Tarifverträge dem nicht entgegenstehen. 15. „Arbeitsmarktpolitische Erwägungen" können die Versagung einer Nebentätigkeit nicht rechtfertigen. Das Nebentätigkeitsrecht scheidet als Instrument der Arbeitsmarktpolitik aus. Außerdem wäre für die Einführung eines arbeitsmarktpolitischen Versagungstatbestandes weder ein sachliches Bedürfnis gegeben noch eine hinreichende Effizienz erkennbar. Handlungs- oder Regelungsbedarf für kommunale Arbeitgeber besteht daher nicht. 16. Die Vielzahl der anzusprechenden Rechtsfragen und die damit verbundenen Zweifel haben bisher den Gesetzgeber veranlaßt, Beamte nicht zur Finanzierung des Arbeitsmarktes heranzuziehen. Für die Städte und Gemeinden spielt diese Diskussion derzeit keine Rolle. 17. Der „Zweite Arbeitsmarkt" bewegt sich außerhalb konventioneller und rechtlicher Steuerungsmechanismen von kommunaler Personal- oder Finanzhoheit. 18. Es kann nicht Aufgabe der Sozialhilfe sein, arbeitsmarktpolitische Konzepte zu entwickeln oder einzusetzen. Das Instrument der Hilfe zur Arbeit verschafft auch kein Individualrecht auf Arbeit, ebenso wie es keine unbedingte Arbeitspflicht vorsieht. Der Ersatzarbeitsmarkt kann daher nur ein Hilfsmittel für die Gemeinden als örtliche Sozialhilfeträger sein. 19. Kommunale Träger sehen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gegenwärtig ein besonders wichtiges und schnell greifendes Instrument der Arbeitsmarktpolitik. Mit den in §§ 91 ff. AFG verankerten ABM steht den Kommunen ein beschäftigungspolitisches Instrument zur Verfügung, mit dem es möglich ist, gezielt Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig auch die Qualifikation Arbeitsloser zu erhöhen oder zu verbessern. Arbeiten, deren Durchführung zur Rechtspflicht des Maßnahmeträgers gehören oder die nur einer ordnungsgemäßen Wirtschafts- oder Verwaltungstätigkeit entsprechen, scheiden allerdings aus. Vor allem das Merkmal „Zusätzlichkeit" der Maßnahme ist höchst umstritten. Besonders sind Arbeiten ausgeschlossen, deren Durchführung zur Rechtspflicht des Maßnahmeträgers gehören. 20. Der sogenannte Ersatzarbeitsmarkt kann nur dann zur Verminderung der Arbeitslosigkeit beitragen, wenn er zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse schafft und das Beschäftigungsvolumen insgesamt aus-
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weitet. Außerdem ist fraglich, ob sich dieser Ersatzarbeitsmarkt für Arbeitslose aus der Sicht der Kommunen „selbst finanzieren" kann. Finanzielle Vorteile können allenfalls bei den Gemeinden eintreten, die die Programme organisieren und finanzieren, jedoch nicht bei der öffentlichen Hand insgesamt. 21. Das Recht der Gemeinden, ihr Finanzwesen im Rahmen der Gesetze eigenverantwortlich zu regeln, gehört zum essentiellen Bestandteil ihrer Selbstverwaltung. Die so definierte Finanzhoheit beinhaltet einen Anspruch auf aufgabenadäquate Finanzausstattung. Darum muß zur Finanzierung freiwilliger Aufgaben wie einer örtlichen Beschäftigungsförderung durch die Gemeinden stets ein ausreichender Einnahmespielraum zur Verfügung stehen. Innerhalb dieses Rahmens müssen die Selbstverwaltungsorgane die Prioritäten allerdings selbst setzen. Eine Gewährleistung aus der Verfassung für diese Aufgabe kann nicht hergeleitet werden. 22. Auf jeden Fall ist eine Verbesserung der kommunalen Finanzausstattung dringend geboten. Da die Möglichkeiten innerhalb der Gebietskörperschaften zur Mittelbeschaffung nicht unbegrenzt sind, müßte an erster Stelle eine angemessene Verteilung der Gesamteinnahmen der öffentlichen Hand zwischen Bund, Ländern und Gemeinden stehen. 23. Eine Stärkung der kommunalen Einnahmen läßt sich insbesondere dadurch erreichen, daß den Gemeinden zusätzliche Steuereinnahmen verschafft werden. Dabei muß die umstrittene Gewerbesteuer erhalten und das kommunale Hebesatzrecht auf die Grund- und Gewerbesteuern unangetastet bleiben. Vor allem die Finanzausgleichsgesetze der Länder liefern Ansätze zur Wiederherstellung von mehr finanzieller Eigenverantwortlichkeit der kommunalen Körperschaften. 24. Insgesamt sind die finanziellen Spielräume für kommunale Beschäftigungsförderungsmaßnahmen eng begrenzt. Vor allem Gemeinden mit hoher Arbeitslosigkeit verfügen nur über sehr geringe Möglichkeiten, um aus eigener Kraft beschäftigungsfördernde Maßnahmen zu initiieren. 25. Die Gemeinden können zusätzliche eigene Einnahmequellen kaum erschließen, weil die bestehenden rechtlichen und praktischen Schranken mit den wichtigsten Einnahmequellen aus Steuern, Gebühren und Kreditaufnahmen dies nicht zulassen. Die Gemeinden haben nur über Hebesatzerhöhungen bei den Realsteuern die Möglichkeit, sich zusätzliche Einnahmen zu verschaffen. Bei den Gebühren sind die gebührenpolitischen Einnahmespielräume weitgehend ausgeschöpft und die prozyklische Schuldenpolitik der Städte und Gemeinden kann praktisch nicht geändert werden.
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26. Beschäftigungswirksame Umschichtungen innerhalb der großen kommunalen Ausgabenblöcke sind nahezu ausgeschlossen, da mit ihnen gleichzeitig auch die Sicherung von Arbeitsplätzen verbunden ist. Auch ein Zwang zur Haushaltskonsolidierung kann nur finanzwirtschaftliche Entscheidungen bewirken, die die örtlichen Arbeitsmarktprobleme eher verschärfen als zu ihrer Entlastung beitragen. 27. Die einzelnen Städte haben praktisch geringen Einfluß auf das Gesamtvolumen der zur Verteilung von Bund und Länder stehenden allgemeinen und zweckgebundenen Zuweisungen. Externe Ressourcen aus Bund- und Länderhaushalten lassen sich allenfalls zu Lasten anderer Kommunen, nicht durch Erhöhung des für alle Kommunen zur Verfügung stehenden Gesamtvolumens, mobilisieren. 28. Während bei den allgemeinen Zuweisungen die Dispositionsfreiheit der Gemeinden praktisch unbeschränkt ist, verwendet der Staat die Zweckzuweisungen als Instrument zur Steuerung der kommunalen Finanzpolitik, durch die er Schwerpunkte in die Finanzplanung einbringt, Dringlichkeitswertungen der Kommunen verändert, die Art der Ausführung bestimmt und durch das Angebot bloßer Mitfinanzierung wesentliche Teile eigener Finanzmittel bindet. Trotz dieser starken faktischen Zwänge („goldener Zügel") ist die Gewährung von Zweckzuweisungen nicht verfassungswidrig, weil mit den Zuweisungsfeldern immerhin eigene und selbstgewollte Gemeindeaufgaben erfüllt werden und die Gemeinde rechtlich nicht gezwungen ist, Zweckzuweisungen zu beantragen. 29. Zusammen mit der Summe aus originären Einnahmen reichen die Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich aus, einen Mindeststandard an Aufgaben sicherzustellen. Dennoch sind durch wirtschaftsstrukturelle Entwicklungen in den Kernstädten traditioneller Industrieregionen besondere Bedarfssituationen entstanden, die unter der gegebenen finanziellen Ausstattung von den Städten aus eigener Kraft nicht zu bewältigen sind. Daher muß eine angemessene bzw. verbesserte Berücksichtigung kommunaler Soziallasten im Verteilungssystem der Finanzzuweisungen gefordert werden. 30. Die Wichtigkeit und die Bedeutung der kommunalen Investitionen für die wirtschaftliche Entwicklung und Prosperität kann nicht hoch genug geschätzt werden. Ob letztlich aber öffentliche Investitionen Anreize oder Spielräume für zusätzliche oder konkrete beschäftigungsfördemde Aktivitäten eröffnen können, ist zu bezweifeln, da die gesamtfiskalische Selbstfinanzierung sich nicht in den kommunalen Haushalten niederschlägt.
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31. Den Städten und Gemeinden steht es frei, ihre Unternehmen wirtschaftsfördernd und arbeitsplatzsichernd einzusetzen. Die Gemeinden können die Investitionstätigkeit ihrer Unternehmen vor allem dadurch fördern, daß sie ihnen ihre Gewinne belassen. Bei ausreichender Kapitalausstattung der Trägergemeinden kann durch verstärkte Investitionstätigkeit der kommunalen Unternehmen positiv auf den örtlichen Arbeitsmarkt eingewirkt werden.
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