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German Pages 402 [414] Year 1976
FRANCISCUS SUAREZ
De unitate individuali • • • • principio e1usque (Disputatio metaphysica V)
a) Text und Übersetzung b) Anmerkungen
FELIX MEINER VERLAG HAMBURG
SUAREZ
Über die Individualität und das Individuationsprinzip (Fünfte metaphysische Disputation)
Herausgegeben, übersetzt und mit Erläuterungen versehen von RAINER
b) Anmerkungen
FELIX MEINER VERLAG HAMBURG
PHILOSOPHISCHE BIBLIOTHEK BAND 294b
Im Digitaldruck »on demand« hergestelltes, inhaltlich mit der ursprünglichen Ausgabe identisches Exemplar. Wir bitten um Verständnis für unvermeidliche Abweichungen in der Ausstattung, die der Einzelfertigung geschuldet sind. Weitere Informationen unter: www.meiner.de/bod
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INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort Gliederung des Ersten Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Ersten Abschnitt Gliederung des Zweiten Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Zweiten Abschnitt Gliederung des Dritten Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Dritten Abschnitt Gliederung des Vierten Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Vierten Abschnitt Gliederung des Fünften Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Fünften Abschnitt Gliederung des Sechsten Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Sechsten Abschnitt Gliederung des Siebten Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Siebten Abschnitt Gliederung des Achten Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Achten Abschnitt Gliederung des Neunten Abschnitts Erläuterungen und Paraphrase zum Neunten Abschnitt Repertorium
V 2 3 15 2o 98 1o4 191 192 2o5 2o7 227 23o 282 283 292 295 355 357 386
VORWORT Der vorliegende Erläuterungsband enthält keinen gelehrten Kommentar. Er soll allein dazu dienen, heutigen Lesern, die eine andere Vorbildung haben als Leser des sechzehnten und siebzehnten Jahrhunderts, die Lektüre eines wirkungsgeschichtlich bedeutenden Textes zu erleichtern, dessen Terminologie, Argumentationsverfahren und Realien uns nicht mehr vertraut sind. Die Beifügung eines Hilfsmittels zur deutschen Übersetzung der Fünften Metaphysischen Disputation von Francisco Suarez war um so gebotener, als in den kommenden Jahrzehnten infolge der Umorientierung der Römischen Kirche, die starke Auswirkungen auf den Religionsunterricht der Sekundarstufe, auf das Curriculum katholischer Theologiestudenten und dadurch auf den Bildungsstand katholischer Kirchenbesucher hat, die Zahl der Leser, die auch nur einige scholastische Termini verstehen, rapide abnehmen wird. Namentlich im Falle eines Werks, das sich so stark auf Sachverhalte der vorneuzeitlichen Physik konzentriert wie die Fünfte Metaphysische Disputation, war der Aufwand der Herausgabe einer deutschen Übersetzung, die sich naturgemäß in erster Linie an Nichtspezialisten wendet, im Grunde nur dann vertretbar, wenn diesen Nichtspezialisten zugleich ein Instrument zur Erschließung des Textes zur Verfügung gestellt wurde. Der Verleger Richard Meiner war freundlicherweise bereit, auch diesen Band, der ausschließlich Dienstleistungen für den Leser des Textbandes enthält, in die "Philosophische Bibliothek" aufzunehmen, und zwar trotz seiner Typoskriptgestalt, die es verhindert hat, daß die Kosten ins Exorbitante stiegen. Der Verlag hat große Mühe auf die typographische Gestaltung des Bandes verwendet, die infolgedessen, wie ich glaube, besonders übersichtlich ist und eine schnelle und mühelose Orientierung ermöglicht. Verwendet wurden die IBM-Typen Letter Gothic 12, Light Italic 12, Courier 12 und Greek Scribe 12. Der Erläuterungsband besteht aus vier Elementen: der Gliederung, der Paraphrase, den Erläuterungen und dem Repertorium. Die Gliederung, die den einzelnen Abschnitten vorangestellt wird, soll dem Leser einen
vrn Einblick in die Feinstruktur des Textes vermitteln und zugleich - in der Weise eines analytischen Inhaltsverzeichnisses - das Zurechtfinden in der Paraphrase erleichtern. Die Unterteilung des Textes in Abschnitte ("seationes") und Paragraphen ("numeri") ist dem Original entnommen; die Unterteilung der manchmal ausgedehnten Paragraphen in Sinnabschnitte, die mit lateinischen Minuskeln bezeichnet werden, habe ich zur Unterstützung des Lesers in der deutschen Übersetzung eingeführt. Ich bezeichne Abschnitte und Paragraphen durch arabische Ziffern; links des Punktes findet man die Abschnittzahl, rechts des Punktes die Nummer des Paragraphen. Die Angabe "2.28 c" bedeutet mithin: "Zweiter Abschnitt, Paragraph 28, Sinnabschnitt c der Fünften Metaphysischen Disputation". Das zweite Element des Erläuterungsbandes bildet eine Paraphrase des gesamten Textes der Fünften Metaphysischen Disputation in numerierten Sätzen. Ich habe dieses außerordentlich aufwendige Verfahren gewählt, weil eine der größten Schwierigkeiten beim Lesen des Textes darauf beruht, daß die häufigen impliziten oder expliziten Rück- und Vorverweise des Autors für heutige Leser fast unverständlich sind. Die Paraphrase ermöglichte mir in allen solchen Fällen exakte und unmißverständliche Angaben. Zugleich hat sie den Vorzug, den Leser für sämtliche Passagen des Textes (und nicht nur für solche, die der Erläuterer aus irgend welchen Gründen schwierig fand) mit einem Interpretationsvorschlag zu versehen. Das war schon deshalb wünschenswert, weil die im Textband enthaltene Übersetzung sich in der Formulierung nie sehr weit vom Original entfernt. Die Interpretationsvorschläge der Paraphrase entfernen sich dagegen bisweilen recht weit vom Wortlaut des Textes; doch dürfte selbst dann, wenn das Maß der Entfernung in Richtung auf spätere und vertrautere Denkweisen und Ausdrücke zur Beanstandung Anlaß geben könnte, die Orientierung des Lesers dadurch erleichtert sein, daß zumindest eine Position markiert wird. Verweise wie "2.28 c 2" beziehen sich auf die Paraphrase und bedeuten: "Zweiter Abschnitt, Paragraph 28, Sinnabschnitt c, zweiter Satz der Paraphrase". Das dritte Element des Erläuterungsbandes bilden die Einzelerläuterungen. Sie beziehen sich a) auf den Aufbau des Textes, b) auf Gang und Verfahren der Argumentation, c) auf im Text verhandelte Sachverhalte, die heutigen Lesern weniger vertraut sind, und d)
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auf Fachausdrücke eines vergangenen Stadiums der Wissenschaft. Diese Erläuterungen werden in Verweisen mit "Erl." (Erläuterungen vor Sinnabschnitten) bzw. mit "E" (Erläuterungen innerhalb von Sinnabschnitten) bezeichnet. "Erl. vor 8.11 a" bedeutet "Erläuterung vor dem Sinnabschnitt 8.11 a", "2.25 c E" bedeutet "Erläuterung innerhalb des Sinnabschnittes 2.25 c". Wenn es in einem Sinnabschnitt mehrere Erläuterungen gibt, bezeichnet "8.13 c 3 E" die Erläuterung nach Satz 3 der Paraphrase zu 8.13 c. Bei der Erklärung von Sachverhalten und Fachausdrücken beziehe ich mich in der Regel auf Stellen in den "Metaphysischen Disputationen" des Autors, weil diese heutigen deutschen Lesern von allen Werken Suarez' am leichtesten zugänglich sind. Ich beziehe mich auf sie selbst dann, wenn es maßgeblichere Bezugsstellen in anderen Werken des Autors gibt. So scheint es mir dem Gebrauchscharakter dieses Erläuterungsbandes am ehesten angemessen zu sein. Bei Verweisen auf die genannten Bezugsstellen bedeutet "DM" "Disputatio Metaphysica"; bei Abschnitten und Paragraphen verfahre ich wie bei Stellen aus der Fünften Disputation; von der Stellenangabe durch Semikolon getrennt findet der Leser den Hinweis auf Bandzahl, Seitenzahl und Kolumne der Pariser VivesAusgabe, die in Deutschland aufgrund des Olmssehen Nachdruckes leicht einzusehen ist. Die Angabe "DM 5o, 9.14-18; 26, 954 b- 956 a" bedeutet mithin: "Fünfzigste Metaphysische Disputation, Neunter Abschnitt, Paragraphen 14 - 18; Band 26 der Pariser Vives-Ausgabe, Seite 954, rechte Spalte, bis Seite 956, linke Spalte". Bei Obersetzungen innerhalb von Erläuterungen sind Passagen, die in spitze Klammern ("") eingeschlossen sind, Hinzufügungen des Übersetzers, die das Verstehen der Stelle erleichtern sollen. In den Erläuterungen wird (wie in der Paraphrase) in reichlichem Maße auf sachdienliche Kontext- und Erläuterungsstellen verwiesen. Noch ausführlichere und weniger gelegentliche Verweise enthält das alphabetische Repertorium zu den Erläuterungen am Ende dieses Bandes, das für begriffs- und wissenschaftsgeschichtlich interessierte Leser von Nutzen sein s 011
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Der Erläuterer hat es als mißlich empfunden, für andere Menschen entscheiden zu müssen, welche Details des Textes und der Sache ihnen Verständnisschwierigkeiten zu bereiten haben. Obgleich die Erfahrung aus
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Seminarien hier e1n1ge Anhaltspunkte bietet, wird man der Individualität nicht eines einzigen Lesers mit allgemeinen Vorkehrungen gerecht. Ich habe im Angesichte dieser Mißlichkeit mich von der probabilioristischen Erwägung leiten lassen, daß es weniger schlimm ist, dem Leser eine Information zu geben, über die er schon verfügt, als ihm einen Hinweis vorzuenthalten, auf den er zum Verständnis des Textes angewiesen sein könnte.
Mannheim, im April 1976
Rainer Specht
GLIEDERUNG PARAPHRASE ERLÄUTERUNGEN
Gliederung des Ersten Abschnitts .
A. ARGUMENTE GEGEN DIE THESE 1.1 a Die götttiahe Natur ist reaL, aber niaht individueLL b EngeL sind reaL, aber niaht individue~~ a Das Artwesen ist reaL, aber niaht individueH B. KLXRUNG DES SACHVERHALTS 1.2 a b a d 1.3 a
Privativer Gegensatz von A~Lgemeinem und IndividueLLem Beispiet Einwand und Erwiderung Definition von "Individua~ittlt" Er~tluterung zu 1.2 d 2: "Negation der
b a d
Beispiet Einwand gegen 1.3 b 2 und Erwiderung Einwand gegen 1.3 a 4 und Erwiderung
Mittei~barkeit"
C. ENTSCHEIDUNG DER FRAGE 1.4 a
b a 1.5 a b a
Grundsatz: A~~es Rea~e ist individuet~ Verweis auf Aristote~es Beweis für 1.4 a 1.4 a giLt unabhtlngig von Gottes absotuter Maaht Resume: Es gibt niahts ALLgemeines außerha~b des Individue~~en Der Dritte Mensah aLs IHustration zu 1.5 b
D. BEHANDLUNG DER GEGENARGUMENTE 1.6 1. 7 a
b
1.8
Behand~ung von 1.1 a Behand~ung von 1.1 b Er~tluterung zu 1.7 a
nem Individuum Behand~ung von 1.1 a
3: Arten mit nur ei-
Fünfte Disputation
OBER DIE INDIVIDUELLE EINHEIT UND IHR PRINZIP
Die ErZauterung zum TiteZ skizziert die in der Disputation zu behandelnden Fragen. Erster Absahnitt: Was bedeutet "individueZZ"? zweiter Absahnitt: Geht bei aZZen Arten die Individuation auf das Hinzutreten einer Individualdifferenz zur Artnatur zurüak? Dritter bis Seahster Absahnitt: WeZahes ist das physisahe Individuationsprinzip der Substanzen? Siebenter bis Neunter Absahnitt: WeZahes ist das physisahe Individuationsprinzip der Akzidentien? Erster Absahnitt
IST ALLES, WAS EXISTIERT ODER EXISTIEREN KANN, SINGULÄR UND INDIVIDUELL?
Die Absahnitte dieser Disputation sind zum TeiZ wie hoahsahoZastisahe Artikel gebaut: a) verneinende Argumente, b) Entsaheidung der Frage, a) Widerlegung der verneinenden Argumente. Im ersten Absahnitt dieser Disputation entspreahen dem ersten GZied (a) 1.1, dem zweiten (b, corpus) 1.2-5, dem dritten (a, ad primum dicendum ••• etc.J 1.6-8. Der Umfang der Absahnitte ist im VergZeiah zu hoahsahoZastisahen Artikeln stark angewaahsen. Das ist angesiahts der Diskussionen in den dreihundert Jahren, die zwisahen der HoahsahoZastik und den Metaphysisahen Disputationen Ziegen, niaht erstaunZiah. Bei ihrer Aufarbeitung dringt die Argument-Gegenargument-Struktur, der im hoahsahoZastisahen Artikel durah die Konfrontation von (a) mit (a) Genüge getan war, auah in die Untereinheiten ein. Ferner waahst der Umfang des Textes dadurah, daß Aussagen, die man zu Beweiszweaken einführt, nun ihrerseits, manahmaZ außerordentZiah ausführZiah, belegt und erläutert werden. - Am Anfang des Ersten Absahnittes steht die Frage, ob alles, was existiert oder unmittelbar existieren kann, singulär und individuell sei. Die verneinenden Argumente beziehen siah auf Gott, auf die Engel und auf das sogenannte Realallgemeine (1.1). Das Corpus beginnt mit der Gegenüberstellung von "individuell" und "allgemein" und definiert "IndividuaZitat" als "doppelte Negation": Individuum est indivisum in se et
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divisum a quolibet alio (1.2).
Erl. vor
1. 1 a
Diese Definition
wiPd in l.J naah ihPen beiden G~iedePn eP~äutePt. Die positive Entsaheidung deP FPage bPingen 1.4-5. In 1.6-8 wePden die GegenaPgumente aus 1.1 widePlegt. Diese WidePlegung zeigt, daß auah Gott und die Engel als "individue~l" bezeiahnet wePden massen und daß dem sogenannten Realallgemeinen Individualität deshalb niaht zukommt, weil es niaht als solahes existiePt.
A. Argumente gegen die These Die folgenden APgumentationen beziehen siah auf die poPphyPianisahe Reihe Gattung-APt-Individuum, in deP (duPah sogenannte spezifisahe DiffePenzen) die Gattung an die APten und (duPah sogenannte IndividualdiffePenzen, die fPeiliah wedeP ana~ysieP baP noah besahPeibbaP sind) die APt an die Individuen mitgeteilt wiPd. Die näahsthöhePe Gattung PPimaten wUPde beispielsweise duPah eine spezifisahe DiffePenz, die zu den GattungsmePkmalen hinzutPitt, zu deP APt Mensah konkPetisiePt. Diese steht unteP deP Gattung deP PPimaten, ist ein Teil von ihP, und deshalb pflegt man zu sagen, sie habe an ihP teil. Sie wüPde wiedePum duPah IndividualdiffePenzen, die zu den APtmePkmalen hinzutPeten, zu Individuen wie PeteP, Paul usw. konkPetisiePt, die unteP ihP stehen bzw. an ihP tei~haben. Die Individuen bilden in deP genannten Reihe die untePste Stufe. Mit ihnen sind die Mögliahkeiten zuP KonkPetisiePung deP APt ePsahöpft, und sie können niaht an etwas unteP ihnen Stehendes mitgeteilt WePden es gibt Subspeaies, abeP keine Subindividuen. Die APt gibt dem Ding sein Wesen. AufgPund deP APtzugehöPigkeit stehen jedem Ding seine spezifisahen PPädikate zu (eine APt zu spPeahen, die zu VePwiaklungen fühPen kann). Deshalb daPf die Einheit deP APt odeP die spezifisahe Einheit (im Gegensatz zuP individuellen Einheit) als "essentielle Einheit" bezeiahnet WePden (unitas essentialis, unitas formalis). 1. 1 a
Die göttliche Natur ist real, aber nicht individuell 1. Die göttliche Natur wird nach dem Trinitätsdogma drei Personen mitgeteilt, kann also nicht individuell sein.
1. 1 a
2
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2. Aber sie existiert real, wie der Glaube lehrt. 3. Folglich gibt es etwas real Existierendes, das nicht individuell ist.
Dieses Argument ist mögZich, weiZ die Terme aus dem Partizipationsbereich sehr vieZdeutig sind: TeiZhabe des Individuums an der Species, TeiZhabe der Materie an der Form. TeiZhabe der Substanz an einer Eigenschaft, TeiZhabe einer göttlichen Person an der göttlichen Natur. "TeiZhabe" bedeutet denn auch in 1.1 a etwas anderes aZs in AusdrUcken mit "TeiZhabe eines Individuums an seiner Species". VgZ. 3.6
b 2 E. 1. 1 b
Engel sind real, aber nicht individuell
"Größere Pr~misse" (maior) heißt unabh~ngig von der Reihenfolge der Pr~missen diejenige, die das Pr~ dikat des Schlußsatzes enth~Zt, sei es aZs Subjekt oder sei es aZs Pr~dikat. "KZeinere Pr~misse" (minor) heißt unabh~ngig von der Reihenfolge der Pr~ missen diejenige, die das Pr~dikat des Schlußsatzes weder aZs Subjekt noch aZs Pr~dikat enth~Zt, jedoch das Subjekt des Schlußsatzes (den kleineren Term) aZs Subjekt oder Pr~dikat enth~Zt. 1. Jeder Engel existiert real als seine eigene Art. 2. Also gibt es etwas Existierendes, das nicht individuell ist.
Man kann am Individuum zwei Gruppen von Eigenschaften unterscheiden:sogenannte aZZgemeine, die es mit jedem Ding derseZben Art gemeinsam hat, und individueZZe, die nur ihm zukommen. L~ßt man die eine Gruppe auf der Art und die andere auf der IndividuaZit~t beruhen und nennt man die Einheit der einen "essentieZZ". die der anderen "individueZZ~ so kann man sagen, daß das Individuum aZZes besitzt, was die Art besitzt, aber daß die Art nicht aZZes besitzt, was das Individuum besitzt. Dann aber bZeibt, wenn man die Art vom Individuum fortdenkt, eine Differenz, deren metaphysische Bedingung aZs "Individua Zdifferenz" bezeichnet wird; im Text: "differentia individualis". Bei einer bestimmten Fassung der EngeZZehre ergibt sich aber dadurch eine Schwierigkeit. Die Thomisten sehen in der Materie den Grund des IndividueZZseins der Körper. Gleichzeitig Zehren sie, daß EngeZ keine Materie haben. Daher fehZt nun bei den EngeZn das Individuations-
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1. 1 c
1
prinzip, das ihre Arten zu Individuen konkretisieren könnte, und deshaLb biLdet naah thomistisaher Lehre jeder EngeL seine eigene Speaies. Er existiert sahon immer auf derjenigen Stufe der Abstraktion, die wir erst erreichen, wenn wir aus den VorsteLLungen von Peter und FauL den Artbegriff "Mensah aLs soLcher" abstrahieren. "Mensah aLs soLcher" bezeichnet die Einheit der Art Mensah im Unterschied zu der individueLLen (numerischen) Einheit Peters oder PauLs. Man gewinnt diesen Begriff, indem man die individueLLen Besonderheiten Peters und PauLs von dem ihnen gemeinsamen MensahLiahen abtrennt. Insofern spricht man von einer Einheit im Sinne des Abstraktums oder von Einheit im abstrakten Sinn. 1. 1 c
Das Artwesen ist real, aber nicht individuell 1. Das Artwesen Mensch existiert real in Peter und Paul. 2. Es kann aber nicht individuell sein, sonst wäre es kein Artwesen. 3. Ergo gibt es etwas real Existierendes, das nicht individuell ist.
B. Klärung des Sachverhalts 1. 2 a
Privativer Gegensatz von Allgemeinem und Individuellem 1. Das Individuelle steht dem Allgemeinen gegenüber. 2. Nicht nur relativ, sofern das Individuum in einem mentalen Akt unter den logischen ("dialektischen") Artbegriff subsumiert wird (denn das geht nicht bei allen individuellen Naturen). 3. Sondern es steht ihm gleichsam privativ gegenüber, so wie die Einheit der Vielheit gegenübersteht.
Zu (2.): Gott ist persönlich, aLso individueLL, es gibt aber keine Speaies Gott, der die drei göttZiahen Personen aLs Individuen unterzuordnen wären. Da mithin mindestens drei Individuen niaht unter einen Artbegriff subsumiert werden können, darf man Subsumierbarkeit unter den Artbegriff niaht aLs atZgemeines Charaateristiaum von Individuen bezeichnen.- Zu "privativ" DM 4, 1.19; 25, 12o b - 121 a: "Iah sagte, geschehe in deP Weise eineP PPiVation, denn in gewisseP Hinsicht ahmt sie deP PPivation naah und entfePnt siah von deP bloßen Negation. Denn so wie 'PPiVation' niaht ganz beliebig 'Negation' besagt, sondePn gleichsam , sofePn sie einem Pealen Subjekte anh~ngt, so besagt 'eines' diese Negation, indem es sie gZeiahsam zu etwas Pealem Seiendem hinzutPeten Z~ßt, das es mitbezeichnet. Und daheP heißt das Nichtseiende odeP das Niahts, sofePn es ein so besahaffenes ist, wedeP 'eines' noah 'mehPePe' (obgZeiah man ihm die VePneinung deP GeteiZtheit, sahZechthin genommen, zusahPeiben k8nnte), denn es ist kein ungeteiltes Eines ... 'Eines' besagt ePgo 'VePneinung deP GeteiZtheit bei etwas Seiendem', und insofePn sagt man, ein Eines sei in deP Weise eineP PPivation, mag nun das so besahaffene Seiende deP Teilung f~hig sein odeP niaht." 1. 2 b
Beispiel 1. Menschsein als solches ist nichs Individuelles, denn zahlreiche Individuen haben daran teil. 2. Dagegen haben an der Bestimmtheit "gerade dieser Mensch sein" nicht mehrere Individuen, sondern nur ein einziges teil.
DeP AusdPuak "foPmaleP BegPiff" bedeutet dasselbe wie "BegPiff"in dem uns geZ~ufigen Sinn. "ObjektiVeP BegPiff" (conceptus obiectivus) bedeutet dagegen dasjenige, was deP foPmale BegPiff PeppäsentiePt. Kennzeichnend fUP die spätePe EntwiakZung deP euPopäisahen Philosophie sind Wendungen wie: "Iah beginne mit dem foPmaZen BegPiff, deP, wie iah meine, bekannteP sein mag" (DM 2, 1.1; 25, 65 a). 1. 2 c
Einwand und Erwiderung 1. Gegen 1.2 b 2 spricht, daß an der Bestimmtheit "dieser Mensch Jesus sein" nach dem christologischen Dogma außer dem Menschen Jesus auch eine göttliche Person teilhatte. 2. Antwort: Die Menschheit Jesu wurde der zweiten göttlichen Person nicht so mitgeteilt, wie die Art den Individuen mitgeteilt wird (vgl. 1.1 a E).
Naah deP LehPe von deP hypostatischen Union vePmag eine g8ttliahe PePBOn odeP ein g8ttliahes Suppositum aufgPund seineP Unendlichkeit außeP seineP ei-
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1. 2 d
1
genen Wesensnatur auch noch eine oder mehrere fremde Wesensnaturen in sich aufzunehmen, ohne sie in ihrer Individua~ität zu vervie~fä~tigen. In dieser Weise wurde die Menschheit des Menschen Jesus der zweiten g8tt~iahen Person (Hypostase oder Suppositum, vgl. 5.1 E) mitgetei~t. Das Wort "mittei~en" hat aber hier einen anderen Sinn a~s in Aussagen, nach denen eine Art ("h8here Menschheit") den Individuen ("niedrigere Menschheit") mitgetei~t wird, näm~iah den, daß im Gottmenschen das mensah~iahe Enhypostaton und die zweite Person in der Trinität in hypostatische Union treten. 1. 2 d
Definition von "Individualität" 1. Die individuelle Einheit beruht auf einer doppelten Negation. 2. Nämlich der Negation der Mitteilbarkeit an Niedrigere und der Negation realer innerer Geteiltheit.
Der
Sahu~satz zur doppe~ten Negation ~autet so: "Individuum est indivisum in se et divisum a quolibet alio". Der später sehr wichtige Satz, daß Determiniertheit Negation ist ("Omnis determinatio est negatio") saheint zunächst hier seinen Sinn zu haben.
1. 3 a Erläuterung zu 1.2 d 2:
"Negation der Mitteilbarkeit"
1. Die Analogie verlangt, daß e3 neben den spezifischen Differenzen, die die Teilbarkeit der Gattung erschöpfen und dadurch negieren, auch Individualdifferenzen gibt, die den Obergang von der Art zum Individuum bewirken, indem sie die Teilbarkeit der Art erschöpfen und dadurch negieren. 2. Die Art unterscheidet sich von der Gattung dadurch, daß sie nicht in neue Arten derselben Stufe unterteilt werden kann. 3. Entsprechend muß das Individuum sich von der Art dadurch unterscheiden,·daß es nicht in neue Individuen derselben Art unterteilt werden kann.
Die (determinierende) spezifische Differenz ~äßt auf der Artstufe das (determinierbare) Genus in der Art konkret werden ("contrahere"). Entsprechend ~äßt die (determinierende) Individua~differenz auf der Individuenstufe die (determinierbare) Species im Individuum konkret werden.
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1. 3 b 1. 3 b
Beispiel 1. Die Bestimmtheit "Mensch" ist an mehrere Individuen mitteilbar und daher spezifisch, nicht individuell. 2. Das konkrete Quantum organisierter Materie mit zwei Füßen (z.B. Peter oder Paul) wird dagegen zerstört, sobald man es in Teile zerlegt. 3. Man kann es nicht in mehrere menschliche Individuen zerlegen.
Daß der Ausdruck "teiZen" mehrdeutig ist. wird auah hier nicht eigens erwähnt. Es kommt jedoch später in 2.17 b zur Sprache. 1. 3 ,,
Einwand gegen 1.3 b 2 und Erwiderung
Zu noesamte Bestimmtheit" ("tota ratio"l s. unten 2.37 d 1. GenereZZ unterscheidet man die Einheit, die in der Natur einer Sache begrUndet ist ("unum per se", z.B. die Einheit eines Organismus). von der Einheit, die zufäZZig oder artifizieZZ durch physisches Zusammengeraten, ZusammensteZZen oder geistiges Zusammenfassen entsteht ("unum per accidens", z.B. die Einheit eines Haufens von Steinen, eines Hundegespanns oder der BUaher in einem KataZog). Dazu DM 4, 3.6; 25, 127 b: "Ein ens per se zu sein besteht darin, daß etwas genau dasjenige hat, was zur Wesenheit, Unversehrtheit oder VoZZständigkeit eines so besahaffenen Seienden in seiner Kategorie unabdingbar und innerZieh erforderZiah ist." VgZ. ebd. 3.13; 129 b - 13o a: Ein ens et unum per accidens "ist das, was aus verschiedenen Dingen besteht. die siah in keiner physischen und reaZen Vereinigung befinden." S. unten 2.5, 3 (1)
E.
1. Nach 1.3 b 2'wäre auch ein Haufen Steine individuell, denn er kann nicht in mehrere unterteilt werden, die ihm gleich sind, Antwort: 2. Ein Haufen Steine bildet ein unum per aaaidens; an ihm als ganzem ist nur das Akzidens Größe individuell, denn er kann nicht in mehrere Haufen geteilt werden, die so groß sind wie er. 3. Das gilt generell für Mengen bestimmter Gegenstände: bei ihrer Teilung entstehen Teilmengen, deren Größe von der der ursprünglichen Menge verschieden ist, während sich an der Artzugehörigkeit ihrer Elemente nichts ändert.
1o
1. 3 c
4
4. Demgegenüber beruht die natürliche Einheit der Individuen, die in dieser Disputation behandelt wird, auf der realen Ungeteiltheit und Unteilbarkeit des unum per se, mit dessen Teilung zugleich seine Teilhabe an der Art erlischt.
Wenn man ein Sahwein zerlegt, dann bleibt es kein Schwein, sondern wird zu Vorderschinken, Lende, Leber u.dgl. 1. 3 d
Einwand gegen 1.3 c 4 und Erwiderung 1. Nach 1.3 c 4 könnte Wasser nicht individuell sein, denn es ist in mehrere Mengen teilbar, die ebenfalls richtiges Wasser sind. 2. Antwort: Eine bestimmte Menge Wasser ist nicht in mehrere ihr gleichgroße Mengen Wasser teilbar, sondern nur in mehrere kleinere Mengen, die zwar Wasser, aber nicht die Ursprungsmenge "dieses Wasser da" sind (vgl. 1.3 c 3).
C. Entscheidung der Frage 1. 4 a Grundsatz
Alles, was existiert oder unmittelbar existieren kann, ist individuell.
Die Arten und Gattungen bei Substanzen wie bei Akzidentien k6nnen nicht unmittelbar, sondern nur in Individuen ("vermittelst von Individuen") existieren, die an ihnen teilhaben. Daraus folgt nicht, daß die Existenz das Individuationsprinzip ist, vielmehr wird diese These im Fünften Abschnitt ausdrücklich widerlegt bzw. stark interpretiert. Im Sechsten Abschnitt erweist sich schließlich, daß die Entit~t das Individuationsprinzip ist. Eine Entit~t ist alles das, was eine reale Essenz besitzt, d.h. was zumindest unmittelbar existieren könnte. Dazu 6.1 a E. Deswegen ist in 1.4 a der Zusatz "oder unmittelbar existieren kann" erforderlich. Zu allem, was kontingent existiert, sind zumindest Gott die unmittelbaren Alternativen bekannt, die ebenfalls individuell bestimmt sein müssen. "Goliath t6tet David" bzw. "Die Bürger von Kegila Ziefern David aus" sind nicht weniger individuelle Ereignisberichte als "David t6tet Goliath" bzw. "Die Bürger von KegiZa Ziefern David nicht aus". Soweit die individuellen, aber nicht existen-
1. 4 b 1
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ten Alternativen zu wirkZiehen Ereignissen von Willensakten freier Geister abhängen, gehören sie naah Suarez zum Gegenstand der göttlichen scientia
media. 1.4 b
Verweis auf Aristoteles 1. 1.4 a enthält die evidente These, die Aristoteles gegen Platon vertreten hat. 2. Einige Autoren meinen allerdings, er habe Platon falsch verstanden, der in Wirklichkeit mit "Ideen" entweder die ewigen Urbilder des Geschaffenen im Geist des Schöpfers oder intramentale Produkte von Abstraktionsprozessen bezeichnet habe. 3. Die Entscheidung dieser Frage ist allerdings für uns im Augenblick nicht wichtig. 1. 4 c Beweis für 1.4 a
1. Das feste Bestimmtsein der Entität bei allem Existierenden setzt notwendig Negation und damit Individualität voraus. 2. Denn die Entität ist bei allen Individuen etwas Abgegrenztes, und man kann sie nicht als solche teilen, ohne daß aus ihr etwas anderes würde (Negation der Geteiltheit und Teilbarkeit, 1.2 d). 3. Könnte man die Entität dessenungeachtet in mehrere ihr völlig gleiche Entitäten teilen, so müßten sie die gesamte ursprüngliche Entität enthalten. 4. Damit wäre diese zugleich mit sich identisch und von sich getrennt, und das ist ein Widerspruch.
Zu "Entität" vgZ. 6.1 a E. Die Entität ist, wie Suarez im Sechsten Abschnitt zeigt, das Prinzip der Individuation. Daß sie in siah widerspruchsfrei, in aiah abgeschlossen und Individuationsprinzip sei, ist eine These, die noah dem jungen Leibniz einleuchten wird (AA VI 1, S. 12, § 4), der freiZieh Suarez unter ihren Vertretern aufführt, ohne siah seiner besonderen RoZZe bewußt zu sein. 1. 5 a
1.4 agiltunabhängig von Gottes absoluter Macht Selbst Gott mit seiner absoluten Macht kann aufgrunddes in 1.4 c beschriebenen Sachverhaltes
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1. 5 a E
nichts daran ändern, daß jede real existierende oder des Existierens unmittelbar fähige Entität individuell ist.
Gott tut nichts WidePsinniges. FoPmuliePungen dieseP Tatsache mit "~ill" odeP "kann" sind iPPefUhPend. Gott VePstößt nicht gegen das KontPadiktionspPinzip, ~eil eP nicht sich selbst negiePt: seine Macht negiePt nicht seine Intelligenz. Zu "absolute Macht" s. 2.3o a E. 1. 5 b
Resume Aufgrund des in 1.4 c beschriebenen Sachverhaltes steht es fest, daß das Allgemeine nicht außerhalb des Individuellen existieren kann. 1. 5 c
Illustration zu 1.5 b 1. Existierte der Mensch als allgemeiner außerhalb von Peter und Paul, so existierte er entweder (A) außerdem noch in diesen oder (B) nicht in ihnen. 2. Wäre (B) der Fall, so wäre der Mensch als allgemeiner genau wie Peter und Paul individuell und hätte keinen Anspruch auf das Prädikat "allgemein", auch hätten Peter und Paul keinen Anspruch auf das Prädikat "Mensch", weil sie nicht das gemeinsame menschliche Artwesen enthielten. 3. Wäre (A) der Fall, so wären entweder Peter und Paul nur ein einziger Mensch, oder der allgemeine Mensch wäre von ihnen beiden verschieden. 4. Dann könnte er allerdings nicht allgemein sein, sondern wäre individuell wie Peter und Paul und existierte nicht in ihnen, es sei denn, er wäre zugleich mit sich identisch und von sich verschieden.
DeP AutoP denkt an das APgument vom DPitten Menschen, das APistoteles (Philos .• 15o9 b 19 - 3o und Soph. El .• 178 b 36 ff.) gegen die IdeenlehPe ent~ickelt und in deP Metaphysik mehPfach ep~ähnt (99o b 17, 1o39 a 2, 1o59 b 8, 1o79 a 13).
D. Behandlung der Gegenargumente in 1.1 1.6
Behandlung von 1.1 a 1. "Individuell" und "allgemein" widersprechen einander, und deshalb kann in der göttlichen Natur nur eine dieser Bestimmungen am Platze sein. 2. Da diese nach der Trinitätslehre eine einzige ist und weder vervielfältigt noch in sich geteilt werden kann, partizipiert sie an der doppelten Negation nach 1.2 d und ist infolgedessen individuell. 3. Den göttlichen Personen wird die göttliche Natur nicht so wie das Allgemeine dem Einzelnen, sondern wie die Natur dem Suppositum mitgeteilt.
VgZ. 1.2 a E. Zu "Suppositum" s. 5.1 E, letate:t' Absahnitt. 4. Diese Art der Teilhabe widerstreitet nicht der Individualität der Natur, an welcher das Suppositum partizipiert. 1. 7 a Behandlung von 1.1 b
1. Die thomistische These, daß jeder Engel eine existierende Art ist, wird in 2.21-3o überprüft. 2. Aufgrund von 1.6 ist es aber klar, daß real existierende Engelnaturen a fo:t'tio:t'i individuell sein müssen, da sie (im Gegensatz zur göttlichen Natur) nicht mehreren Supposita mitgeteilt werden können.
Die eine mensahliahe APtnatu:t' konkPetisie:t't siah in eine:t' Vielzahl individueller' Natu:t'en, die an ih:t' teilhaben. An eine:t' englisahen Natur' dagegen haben wede:t' dPei Pe:t'sonen noah (zumindest naah den Thomisten} viele Individuen teil. 3. Jeder geistigen Natur, sofern sie existiert oder existieren kann, kommt die Negation der Geteiltheit und Teilbarkeit nach 1.2 d zu, und daher sind auch Engel individuell. 1. 7 b
Erläuterung zu 1.7 a 3 1. Ob es unter einer Art mehrere Individuen oder nur eines gibt, ist für die Feststellung von Individualität belanglos; entscheidend ist das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein der doppelten Negation nach 1.2 d und die Tatsache, daß Arten nur in Individuen existieren können (1.5 b).
14
1.7 b 2
2. Sollte eine Art von solcher Natur sein, daß nur ein einziges Individuum an ihr teilhaben kann, dann wäre dieses Individuum gleichsam noch individueller als ein normales Individuum. 3. Denn es wäre bereits aufgrund seines Artwesens individuell, während das Artwesen normaler Individuen eine Vielheit von Individuen nicht ausschließt.
Hiermit ist gekZärt, daß EngeZ, seZbst wenn sie subsistierende Arten sein soZZten, dennoah aZs Individuen zu gelten haben. 1.8 Behandlung von 1.1 c 1. Der Mensch, sofern er real existiert, ist dasselbe wie Peter und Paul. 2. Ob aber das in Peter existierende Allgemeinmenschliche von dem in Peter existierenden Peterhaften und ob das in Paul existierende Allgemeinmenschliche von dem in Paul existierenden Faulhaften real verschieden ist, das ist im Zweiten Abschnitt sowie in der Sechsten Metaphysischen Disputation zu prüfen.
Der Autor denkt an die Erste, Zweite und Dritte These im Zweiten Abschnitt (unten 2.8, 2.9-15 und 2. 16-2o) sowie an DM 6: De unitate formali et universali; 25, 2ol a - 25o a.
Gliederung des Zweiten Abschnitts 2.1
Vorbemerkung
A. DIE SCOTISTISCHE LEHRE ZU DIESER FRAGE 2.2 a b 2.3 a b c 2.4
Die These Erste BegrUndung fUr 2.2 a zweite BegrUndung fUr 2.2 a Erste Folgerung aus 2.3 a: Das Individuum hat außer dem Artwesen auch einen Grund seiner Individualität Zweite Folgerung aus 2.3 a: Dieser ist vom Artwesen real verschieden Dritte BegrUndung fUr 2.2 a
B. DIE KONZEPTUALISTISCHE ("NOMINALISTISCHE"} LEHRE ZU DIESER FRAGE 2.5 a b c d
c.
Die These Erste Begr..Undung fUr 2.5 a Zweite BegrUndung fUr 2.5 a Dritte BegrUndung fUr 2.5 a
DIE THOMISTISCHE LEHRE ZU DIESER FRAGE
2.6 a b c d e
Die These Erste AristoteZes-SteZZe fUr 2.6 a Zweite AristoteZes-SteZZe fUr 2.6 a Auslegung der StelZe in 2.6 b Dritte AristoteZes-SteZZe fUr 2.6 a
D. AN WELCHER STELLE LIEGT DIE SCHWIERIGKEIT? 2.7 a b c
Vber 1.2 d besteht Konsens Bekräftigung von 2.7 a Der Anlaß des Dissenses
E. ERSTE THESE ZUR 2.8 a b c d e
L~SUNG
DES PROBLEMS
Die These Erste BegrUndung fUr 2.8 a Zweite BegrUndung fUr 2.8 a Dritte BegrUndung fUr 2.8 a Weitere BegrUndungen fUr 2.8 a
16
Gliederung
F. ZWEITE THESE ZUR LaBUNG DES PROBLEMS 2.9
a b a d
2.1o a b a d 2.11 a b a 2.12 a b a d 2.13 a b a d 2.14 a b a d e 2.15 a b a d e
Die These Vertreter der These Die Niahtakzeptierung von 2.9 a fuhrt in ein DiZemma DurahspieZen des DiZemmas: Wäre die IndividuaZdifferenz ein individueZZer Modus, so wäre die Artnatur sahon vor ihrer Ankunft individueZZ; wäre die IndividuaZdifferenz dagegen niaht individueZZ, so wäre sie niaht reaZ. Saotistisaher Einwurf aus AnZaß von 2.9 a-d: FormaZe Einheit Erste WiderZegung von 2.1o a Erste Begrundung fur 2.1o b Zweite Begrundung fur 2.1o b Zweite (unmitteZbare) WiderZegung von 2.1o a Die beiden M8gZiahkeiten naah 2.11 a 2 B: Der Modus konstituiert die Entität oder er konstituiert sie niaht Beweis der kZeinen Prämisse 2.11 b 2 Erster Beweis fUr 2.11 b 4 zweiter Beweis fur 2.11 b 4 Dritter Beweis fUr 2.11 b 4 Vierter Beweis fUr 2.11 b 4 Saotistisahe Erwiderung auf den Vierten Beweis 2.12 d WiderZegung der saotistisahen Erwiderung BegrUndung von 2.13 b 3 VerbaZe Konzession an die Saotisten FUnfter Beweis fur 2.11 b 4 Ausdehnung des Beweises auf Individuen Einwand und Erwiderung: Sind Differenzen sahZeahthin einfaah? Konsequenz aus 2.14 a 3: IndividuaZdifferenzen sind seZbst zusammengesetzt Einwand und Erwiderung Seahster Beweis fur 2.11 b 4 Beweis fur die große Prämisse 2.15 a 2 Beweis fur den ersten TeiZ der kZeinen Prämisse 2.15 a 3 Beweis fur den zweiten TeiZ der kZeinen Prämisse 2.15 a 3 Einwand und Erwiderung: Ist das MensahZiahe von Peter trennbar?
Gliederung
2.15 f
SchLußfoLgerung aus der Argumentation von 2.9 a - 2.15 e
G. DRITTE THESE ZUR 2.16 a b a d e 2.17 a b 2.18 a b a d e 2.19 a b a d e 2.2o a b a
a 2.22 a b a 2.23 2.24 a b a d
L~SUNG
DES PROBLEMS
Die These Begründung von 2.16 a 1 VorbehaLt: Das Hinzutretende ist nicht nur gedacht Einwand und Erwiderung: Ist hier "Hinzutreten"nur der Ausdruck einer witZkürZiahen gedanktiahen Konstruktion? ErLäuterung zu 2.16 d 3 Begründung von 2.16 a 2 Begründung von 2.16 a 3 Einwand gegen 2.16 a in AnaLogie zu 2.14 a, d Begründung für 2.18 a Erste Erwiderung auf 2.18 a - b Zweite Erwiderung auf 2.18 a - b Konsequenzen aus 2.18 d: Der Begriff des Individuums ist ein verdeutLichter Artbegriff Bedenken gegen die zweite Erwiderung: Einige PhiLosophen sprechen anders SteZZungnahme zu diesem Bedenken Begründung für 2.19 b 3 Einwand gegen 2.19 a Antwort auf 2.19 d Dritte Erwiderung auf 2.18 a - b Begründung für 2.2o a 2 Begründung für 2.2o b 3
H. VIERTE THESE ZUR 2.21 a b
17
L~SUNG
DES PROBLEMS
Die These VorbehaLt hinsichtZieh 2.21 a: Gott biLdet keine Speaies Cajetan beachtet diesen VorbehaLt nicht Der VorbehaLt tangiert nicht die GeLtung von 2.21 a Beweis für die Vierte These 2.21 a Gegenthese zu 2.21 a: Enget werden ohne positive Individuation individueZZ Vertreter der Gegenthese WiderLegung der Gegenthese 2.22 a Beweis für 2.24 a 1 Beweis für 2.24 a 2 Erster Beweis für 2.24 a 2 unter Verzicht auf 2.24 c
18
Gliederung
2.24 e
f
g h
2.25 a b
a 2.26 a b
a 2.27 a b a 2.28 a b d
2.29 a b a d
e 2.3o a
b
a d
ZweiteP Beweis füP 2.24 a 2 unteP VePziaht auf 2.24 a APgument fuP 2.24 e Einwand und EPwidePung SahZuß 1 daß die kleine PP~misse 2.24 a 2 in jedem FaZZ bewiesen ist RuakkehP zum Stand von 2.21 b EPsteP Einwand zuP Rettung deP Gegenthese 2.22 a: Unendlichkeit innePhaZb deP APt EPwidePung auf 2.25 b DuPahspieZen deP ePsten Möglichkeit: intensive Unendlichkeit FaZZ deP Konzession eineP intensiven Unendlichkeit bei Engeln BegPundung fuP 2.26 b 2 DuPahspieZen deP zweiten Möglichkeit: extensive Unendlichkeit Einwand und EPwidePung Resurne ZweiteP Einwand zuP Rettung deP Gegenthese 2.22 a: ImmatePiaZität Entgegnung auf 2.28 a 2-3 ZuP BeweiskPaft von 2.28 a 3 bei "MatePie" im physikaZischen Sinn ZuP BeweiskPaft von 2.28 a 3 bei "MatePie" im metaphysischen Sinn EPste Bestätigung füP die ViePte These 2.21 a anZäßZiah des Beispiels aus 2.28 d 3 Einwand gegen 2.29 a und EPwidePung: Haben EngeZ eine viPtueZZ extensive Unendlichkeit? FoPtfuhPung von 2.29 b 2 Zweite Best~tigung fuP die ViePte These AhnZiehe Best~tigungen DPitte Best~tigung fuP die ViePte These FoZgePung aus 2.3o a 2: Die Existenz nuP numePisah vePsahiedeneP EngeZ ist nicht widePspPuahZiah ViePte Best~tigung fuP die ViePte These SahZußfoZgePung aus 2.22 a - 2.3o a: Auch bei Gott gibt es eine positive Individuation
I. BEHANDLUNG DER GEGENARGUMENTE 1· Behandlung deP saotistisahen APgumente 2.31 a b
Behandlung des ePsten APguments (2.2 b} BemePkung hinsichtZieh deP PPopPien: die APtzugehöPigkeit ist nicht ihPe physische UPsaahe
Gliederung
2.32 a
b
a
d
e 2.33 a b
a
19
Behandlung des zweiten Arguments (2.3) Beispiel fur 2. 3 2 a: "Mensah" Zwei Bedeutungen von "außerhalb der Wesenheit~erste Bedeutung Einwand und Erwiderung: Haben Peter und Paul niaht dieselbe Wesenheit? Zweite Bedeutung von "außerhalb der Wesenheit" Behandlung des dritten Arguments (2.4) Der Anlaß des Irrtums ist das AbstraktionsvermC!gen Resurne
2. Behandlung der konzeptualistisahen Argumente 2.34 2.35 a b a d 2.36 2.37 a b a d e
Behandlung des ersten Arguments (2.5 b) Beiläufige Behandlung des ersten Einwandes Cajetans Beiläufige Behandlung des zweiten Einwandes Cajetans Das Argument in 2.35 b 1 sahließt einen Realuntersahied zwisahen Artnatur und Individualdifferenz aus Das Argument in 2.35 b 1 sahließt einen gedankliahen Untersahied zwisahen Artnatur und Individualdifferenz niaht aus Behandlung des zweiten Arguments (2.5 a) Behandlung des dritten Arguments (2.5 d) Zu 2.5 d 1: Die Individualdifferenz ist fur das Individuum essentiell Erläuterung zu 2.37 b 2 Zur Allgemeinheit der Wissensahaft Aus der Allgemeinheit der Wissensahaft folgt niaht die Realität des abstrakt Allgemeinen
3. Behandlung der thomistisahen Argumente
2.38 a b a d e 2.39 a b a 2.4o a b a
Behandlung des ersten Arguments (2.6 b-d) Die Auslegung Alexanders von Aphrodisias Folgerung aus 2.38 b Fortfuhrung von 2.38 b Resurne Behandlung des zweiten Arguments (2.6 e) Die thomistisahe Auslegung ist ungewiß Argument fur 2.39 b 2 Zusammenfassung Bedeutung von "Geistige Substanzen sind von selbst individuell" Die Individualdifferenz der KC!rper
zweiter Abschnitt
ENTSTEHEN BEI ALLEN ARTEN DIE lNDIVIDUEN DADURCH, DASS ZU DER ARTNATUR DIE INDIVIDUALDIFFERENZ HINZUTRITT? Nach der klassischen Artikelgliederung reicht das erste Glied von 2.2 bis 2.6. Es referiert drei verschiedene Antworten auf die Fragestellung des Dritten Abschnitts: die scotistische (2.2-4), die ockhamistische (2.5) und die thomistische (2.6). Das Corpus reicht von 2.1 bis 2.3o und besteht aus vier Thesen, die der Autor &ur Schlichtung des Streites vorschl~gt und begrUndet. Nach den ersten drei Thesen tritt bei der Individuation etwas Reales, das nicht real verschieden ist, zu der spezifischen Natur hinzu; die Vierte These behandelt in Auseinandersetzung mit Thomisten die Individuation der reinen Geister. - Die Behandlung der Gegenargumente reicht von 2.31 bis 2.4o (scotistische Argumente: 2.31-33, ockhamistische: 2.34-37, thomistische: 2.38-4o). 2. 1
Vorbemerkung Bevor geklärt wird, welches die physische Grundlage der Individualität ist, wird untersucht, was bei der Individuation zur Artnatur hinzutritt.
Daß alles, was existiert oder unmittelbar existieren kann, individuell ist, hat der Erste Abschnitt gezeigt. Jetzt wird die Frage er8rtert: "Wodurch entsteht Individualit~t?". Dabei untersucht Suarez zun~chst, was bei der Individuation zu der abstrakten Artnatur hinzutritt; es wird sich in 2.18 e nach 2.18 d zeigen, daß hier "hinzutreten" nur metaphorisch verwendet sein kann. Der Autor beschreibt das Hinzutretende als eine Individualdifferenz, die die Art auf ~hnliche Weise zu Individuen konkretisiert, wie die spezifische Differenz die Gattung zu Arten konkretisiert (1.3 a). Die Konkretisierung der Gattung zu Arten und der Arten zu Individuen ist aber ein Gegenstand der Metaphysik, nicht der Physik. Auch die Physik behandelt Zusammensetzungen, z.B. die der Materie mit der Form und die der Substanz mit dem Akzidens, physischer Entit~ten mit physischen Entit~ten (vgl.
Forts.
2. 1 E
21
2.17 b E). Gelegentlich wird zwar beim analogen Reden die Gattung als "metaphysische Materie" und die spezifische Differenz als "metaphysische Form" bezeichnet (s. 2.24 d E), aber die beiden Arten von Zusammensetzung dUrfen nicht verwechselt werden. Es handelt sich im Zweiten Abschnitt (anders als in den folgenden) ausdrUcklieh um die metaphysische Zusammensetzung des Individuums aus einer individuellen und einer spezifischen Komponente. Daß metaphysische Zusammensetzung physische Einfachheit nicht ausschließt, wird später zum entscheidenden Argument fUr die Individualität auch der Engel. - Peter hat Eigenschaften, die er mit allen anderen Menschen gemeinsam hat; von diesen sagt man, daß sie unmittelbar auf der menschlichen Natur beruhen. Peter hat aber auch Eigenschaften, die er mit keinem anderen Menschen gemeinsam hat; diese könnte man "das Pet'erhafte" nennen und als dessen metaphysische Bedingung die Peterheit ansetzen. Wenn Peter allerdings (metaphysisch, nicht physisch) aus der gemeinsamen Natur und aus der Peterheit zusammengesetzt ist, dann kann man folgendermaßen reden: "Bei der Entstehung des Individuums Peter tritt zu der gemeinsamen menschlichen Natur die Peterheit hinzu". Die Peterheit aber kann man - so wie die Faulheit, die Franzheit oder die Sokratesheit - als "Individualdifferenz" bezeichnen. Bei Beachtung einiger Regeln, die der Autor angeben wird, ist diese Art zu sprechen, die durch historische Vorgegebenheiten veranlaßt wurde, nicht nachteilig. Die Frage von 2.1 kann man nun folgendermaßen paraphrasieren: "Was ist die Individualdifferenz, die möglicherweise bei allen Arten im Prozeß der Individuation zu der gemeinsamen Artnatur hinzutritt?" Diese Individualdifferenz darf nicht mit dem Individuationsprinzip verwechselt werden. Das Individuationsprinzip ist gleichsam das physische Substrat der Individualdifferenz, das im Dritten bis Neunten Abschnitt dieser Disputation behandelt wird. Wenn man nichtsdestoweniger die Individualdifferenz als Individuationsprinzip bezeichnen will, so muß man einschränkend "metaphysisches Individuationsprinzip" sagen, damit keine Verwechslung mit dem physischen Individuationsprinzip oder dem Individuationsprinzip im engeren Sinn entsteht. Sowohl die saotistisahe als auch die thomistische und die oakhamistisahe Position beachten, sofern sie sich als widerstreitend verstehen, diese Unterscheidung nicht.
22
2.2 a 1
Verhilft man ihr zu ihrem Recht, dann erweist sich der Widerstreit dieser Meinungen in fast allen Punkten als Schein.Die Erhellung der Unangemessenheit des Streites dieser drei Schulen, die gesellschaftliche Mächte repräsentieren, geh8rt zu den Leistungen der scheinbar ganz akademischen Unterscheidung, deren erstes Glied der Zweite Abschnitt behandelt.
A. Die scotistische Lehre zu dieser Frage 2.2a Die These 1. Bei Geschöpfen tritt bei der Individuation zur Artnatur ein von dieser real verschiedener realer Modus hinzu.
Nach 1.6 J-4 ist auf die g8ttliche Natur der Speciesbegriff nicht anwendbar. Folglich ist auf sie auch der Begriff der Individualdifferenz nicht im gew8hnlichen Sinne anwendbar, bei dem an eine Verbindung mit der Species gedacht zu werden pflegt. Daher ist in 2.2 a 1 die Einschränkung "bei Gesch8pfen" erforderlich. 2. Artnatur und Modus zusammen bilden das Individuum.
"Modus" heißt in der Schulphilosophie eine Entität, die einem Dinge mitgeteilt wird, um dessen Indifferenz gegenüber einem best·immten Zustand zu beenden. So k8nnen Leib und Seele den Modus Vereinigung empfangen, der ihr Getrenntsein ausschließt und sie zum Vereinigtsein bestimmt. Daraus, daß das Vereinigtsein von Leib und Seele etwas Reales ist, wird geschlossen, daß auch der der Vereinigung zugrundeliegende Modus etwas Reales ist. Daraus, daß Leib und Seele auch getrennt sein, also den Modus Vereinigung haben oder auch nicht haben k8nnen, wird darüber hinaus geschlossen, daß der Modus von der ihn empfangenden Sache real verschieden ist (vgl. 6.14 a E und 6.14 b E). Der Ausdruck "modus realis", der im Text vorkommt, ist nicht redundant, weil die Schulphilosophie eine Anzahl weiterer Bedeutungen für "modus" kennt. Zu Suarez' Modusbegriff v.a. DM 7, 1, wo erklärt wird, daß man die Existenz gewisser realer Modi anerkennen muß, die nicht unmittelbar Entitäten, aber dennoch etwas Positives sind, das Entitäten affiziert. Solche Modi sind Inhäsion, Subsistenz, Vereinigung
Erl. vor 2.2 b
23
und Kausalität. Beispielsweise ist zwisahen Substanz und Quantität die Inhäsion anzusetzen, die in diesem spezie Z Zen Sinne "Modus" heißt: sie ist etwas • das die Quantität modifiziert, indem es ihr gZeiahsam den letzten Anstoß zum Existieren gibt (ebd. 1.17; 25, 255 b - 256 a). Die Versahiedenheit zwisahen Modus und Entität kann man aZs "modale Versahiedenheit" bezeiahnen (a.a.O. 1.19; 256 b 257 b); manahe bezeiahnen sie auah aZs "reale Versa.hiedenheit", doah ist zu beaahten, daß diese Versahiedenheit geringer ist aZs die zwisahen zwei Substanzen, zwei Akzidentien oder einer Substanz und einem Akzidens, die ursprüngZiahen Anspruah auf die Bezeiahnung "reale Versahiedenheit" haben. Deswegen empfiehlt siah hier sehr die Subdistinktion "rea Ze Versahiedenhei t i. e. S. " (für Versahiedenheit zwisahen zwei Dingen, seien sie substantiell oder akzidenteZZ) und "reale Versahiedenheit i.w.S.~ das auah bei Versahiedenheit zwisahen einer Substanz bzw. einem Akzidens einerseits und einem Modus andererseits stehen kann (a.a.O. 1.2o; 257 b). Außer diesen StelZen s. DM 7, 2.21; 25, 269 a, und DM 32, 1.13-19; 26. 315 b 318 a.- "Modus" bedeutet sahon in der SahuZphiZosophie etwas unserem "Zustand" sehr XhnZiahes. Daher ist es verständZiah, daß das Wort in der Neuzeit Funktionen des alten Ausdruaks "Akzidens" mitübernimmt. Bei der Akzeptierung korpuskuZaristisaher und atomistisaher Physiken, die das Vorhandensein von Qualitäten sparsamer erklären aZs durah die Annahme reaZ versahiedener Akzidentien in physisahen Substanzen, entsaheidet man siah in der Regel dafür, momentane Zustände von Korpuskel- oder Atomverbänden als physisahes Korrelat der Qualitätsempfindungen anzusehen. Unter den traditionellen Termen ist offenbar "Modus" besonders geeignet, solahe Zustände zu bezeiahnen. 2.2 b
Erste Begründung für 2.2 a
Es geh8rt zu den Selbstverständliahkeiten dieser Art zu philosophieren, daß man die gegnerisahe These mit hinreiahend vielen und mBgliahst guten Argumenten fundiert. Ihre Widerlegung wird dadurah eindruaksvoller, und die Effizienz der eigenen These tritt ins Liaht. Niahtsdestoweniger geh8rt es ebenso zur Kunst, die zu widerlegende These und die Argumente für sie zugleiah widerlegbar zu formulieren.
24
2.2 b 1
1. (A) Wissenschaft besteht aus allgemeinen Aussagen, (B) Definitionen sind allgemein, (C) die Proprien oder notwendigen Eigenschaften kommen den Individuen aufgrund ihrer Artzugehörigkeit zu; z.B. kommt einem bestimmten Menschen die Fähigkeit zu lachen aufgrund seiner Zugehörigkeit zu der menschlichen Art zu, denn alle Individuen dieser Art können lachen. 2. Weil (A) die Wissenschaft Realitäten behandelt, (B) Definitionen häufig etwas Reales bezeichnen, ( c) nur Reales die Ursache von etwas Realem sein kann, darf man annehmen, daß das Allgemeine etwas Reales ist. 3. Da aber in den Individuen nicht nur Allgemeines, sondern auch Individuelles ist, darf man ferner annehmen, daß Individuen außerdem aus einer realen individuellen Komponente bestehen. "Proprium" (der Text sagt "proprietas")und "accidens" (der Text sagt "kontingentes Pradikat") sind die Namen der beiden letzten Pradikabilien oder Universalien. die in der "Isagoge" des PlotinSahUlers Porphyrios behandelt werden. Die "Isagoge" hat bis in die Neuzeit zu den kanonisahen LehrbUahern der Logik gehört; in ihr wird das Sahema Gattung-spezifisahe Differenz-Art Ubermittelt. das für die klassisahe Methode der Definition ("Definitio fit per genus proximum et differentiam specificam") und auah für den Gegenstand dieser Disputation maßgebliah war. "Proprium" bezeiahnet eine Eigensahaft. die einem Individuum notwendig zukommt. wenn es einer bestimmten Art angehört (Lebendigsein einer Pflanze. Bellfähigkeit eines Hundes). "Akzidens" bezeiahnet dagegen eine Eigensahaft. die einem Individuum ohne Notwendigkeit. d.h. aus einem anderen Grunde als seiner Artzugehörigkeit zukommt (das Struppigsein einem Hund. das Magersein einer Pflanze). Der Ausdruak "Akzidens"kann zweideutig sein. weil mit ihm auah die letzten neun Positionen der aristotelisahen Kategorientafel bezeiahnet werden. In dieser weiten Bedeutung sahließt er den Bereiah des porphyrianisahen "Proprium" mit ein. Zum Verhaltnis von Proprium und Substanz s. DM 18. 3.1-14; 2~ 615 a 619 b. Zu "Kategorien" 2.17 a 1 E und 2.18 d E.
2.3 a
25
2.3 a zweite Begründung für 2.2 a 1. Die Definition von "Mensch" enthält die Bestimmung "vernünftiges Lebewesen", aber nicht die Bestimmung "dieser bestimmte". 2. Die Kennzeichnung "dieser bestimmte" steht mithin für etwas anderes als für die in der Definition genannten Merkmale der Art, unter der die menschlichen Individuen enthalten sind. 3. Denn die Definition von "Mensch" kann man verstehen, ohne etwas über bestimmte Individuen zu wissen (während es zum Verständnis der Definition von "Gott" gehört zu wissen, daß Gott nur einer ist). 2.3 b Erste Folgerung aus 2.3 a 1. Wenn ein menschliches Individuum entsteht, muß zu dem Artwesen, das die Definition ausdrückt, noch etwas Reales hinzutreten, das durch die Kennzeichnung "dieser bestimmte" ausgedrückt wird. 2. Begründung: Das Artwesen muß nicht real sein (die Klasse aller Individuen ließe sich ohne Widerspruch denken, auch wenn sie eine Nullklasse wäre), ein Individuum aber ist etwas Reales. 3. Deshalb muß man für ein Individuum außer dem Artwesen auch einen Grund seiner individuellen Realität annehmen.
"Individuum im al-l-gemeinen" oder "Individual-ität" ist aZs Begriff (im Gegensatz zu einem konkreten Individuum) niaht seZbst individueZZ. - so wie "Drei eakigkeit"niaht sel-bst dreieckig ist. 2.3 c Zweite Folgerung aus 2.3 a 1. Der Grund, den man nach 2.3 bannehmen muß, ist vom Artwesen real verschieden. 2. Denn in der Definition der Art ist von ihm, wie 2.3 a gezeigt hat, nicht die Rede.
Diese saotistisahe Behauptung wird in der Zweiten These kritisiert. Gegen die Behauptung, daß bei der Individuation zur Artnatur etwas Real-es hinzutritt, wird dagegen niahts eingewendet.
26
2.4 1
2.4 Dritte Begründung für 2.2 a 1. Der Grund dafür, daß Peter Peter ist, kann nicht derselbe sein wie der Grund dafür, daß Peter ein Mensch ist. 2. Aber der Grund dafür, daß Peter ein Mensch ist, muß derselbe sein wie der Grund dafür, daß Paul ein Mensch ist, denn Peter und Paul fallen gleichermaßen unter den gemeinsamen Artbegriff "Mensch 3. Auf der anderen Seite muß der Grund dafür, daß Peter Peter ist, von dem Grund dafür, daß Paul Paul ist, verschieden sein, denn sofern Peter von Paul verschieden ist, also das Peterhafte im Unterschied zum Faulhaften an sich hat, gibt es für Peter und Paul keinen gemeinsamen Begriff. 11
•
B. Die konzeptualistische ("nominalistische") Lehre zu dieser Frage 2.5 a Die These Jedes Ding ist immer schon individuell. Es bedarf keiner besonderen Entität, um etwas zu werden, das es immer schon ist.
Der Hinweis auf die Meinung Heinriahs von Gent. "Uber die wir im foZgenden Absahnitt. Meinung 3. mehr sagen werden". bezieht siah auf einen frtiheren Textzustand und wurde bei der SahZußredaktion Ubersehen. Naah der hier vorZiegenden Fassung ist 5.8 gemeint. -Das Individuationsproblem wäre naah 2.5 a ein Saheinproblem. veranlaßt durah Uberkommene Verwendungen von Wartern wie "allgemein" u.ä. Individuen hat man ohnehin. und die einzige Frage. die dabei interessant sein könnte. ist die. wie man dennoah zum Allgemeinen kommt. Demgegenaber mtissen die Gegenmeinungen so tun. als wäre es selbstverständliah. daß man vom Allgemeinen ausgehen kann. und als wäre es ein Problem. von dort aus zum Individuellen zu gelangen. Suarez kommt bei seiner Entsaheidung Uber das physisahe Individuationsprinzip der oakhamsahen Lösung am näahsten. maaht aber klaP. daß man der IndividualdiffePenz mit der saotistisahen These gereahteP wird und daß es abgesehen davon pPagmatisahe Aspekte gibt. unter denen alle konkurrierenden Lösungen jeweils angemessen sind. Es kann u.U. wenigeP wiahtig sein.
2.5 b
27
davon zu spreahen, daß jedes Individuum von seZbst individueZZ ist (was man mit oakhamistisahem VokabuLar am besten kann), aZs davon zu spreahen, daß einige Individuen einander ahnZiah sind (was man mit saotistisahem bzw. thomistisahem VokabuZar besser aZs mit oakhamistisahem kann). Die Autoren, die 2.5 a vertraten, geZangten in der RegeZ zu der Ansiaht, daß das AZZgemeine ein Begriff (conceptus) ist, und zwar ein abstrakter. Diese Lehre war Zange erfoZgreiah und findet siah u.a. noah bei John Loake im Dritten Buah des "Essay". Nur Außenseiter waren der Ansiaht, daß das AZZgemeine ein ZautZiahes SymboZ (nomen) sei (vgZ. H. Sahepers: Holkot contra dicta Crathorn, PhiZosophisahes Jahrbuah 77/2, S. 32o - 354, und 79/1, S. 1o6 - 136). Daher dUrfte es korrekter sein, Autoren wie Oakham und BieZ "KonzeptuaZisten" und niaht (wie es suarez tut) "NominaZisten" zu nennen. Daß suarez mit dieser Benennung Ubrigens keine diskriminierende Absiaht verbindet, zeigt seine sahonende BehandLung konzeptuaZistisaher Positionen. "In diesem Punkt stimmen aZZe PhiLosophen und AristoteZesKommentatoren Uberein - mit Ausnahme der NominaZisten, die meinen, nur die W8rter in ihrer Zeiahenfunktion und die Begriffe in ihrer Reprasentationsfunktion seien aZZgemein, und Definitionen und Wissensahaften handeZten unmitteLbar von diesen ... Was nun den einen oder anderen Ausdruak betrifft, so sind sie mit Reaht zu tadeZn; denn in der Saahe weiahen sie m8gZiaherweise von der riahtigen These gar niaht ab. Ihre Argumente soZZen nur beweisen, daß das AZZgemeine niaht den Dingen innewohnt, sondern ihnen zukommt, sofern sie reprasentativ im Geiste sind oder sofern man ihnen das aufgrund einer bestimmten geistigen Operation zuerkennt; dies aber ist wahr" (DM 6, 2.1; 25, 2o6 a, b). "Darauf haben die NominaZisten niaht genug geaahtet, und daher haben sie andere AusdrUake gewahZt, obwohZ sie in der Saahe seZbst niaht sehr von mir abweiahen" (DM 6, 5. 3; 223 b). "Man mag die soeben genannte Meinung den NominaZisten zusahreiben, sofern sie durahaus Zeugnen,daß siah die Universalien in den Dingen befinden. Doah dUrfte es kaum gLaubhaft sein, daß wirkZiah ein PhiZosoph auf eine soZahe Meinung verfaZZen sein soZZte (DM 6, 9.7; 25, 238 b). 2.5 b Erste Begründung für 2.5 a 1. Alles Reale ist individuell
(1.4 a,
1.4 c).
28
2.5 b 2
2. Daher braucht nichts hinzuzutreten, um das Reale individuell zu machen.
Real ist alles, was unmittelba~ existie~t ode~ existie~en kann (was eine ~eale Essenz ode~ aktuelle Entität besitzt, s. 6.1 a E). Etwas Reales, das hinzut~äte, wä~e schon singulä~ und e~fo~de~te seine~seits einen G~und seine~ Individualität. T~äte es wi~klich hinzu, so setzte es auße~dem etwas Reales vo~aus, zu dem es hinzutPeten könnte und das wiedePum schon singuläP sein mUßte, also eine~ solchen HinzufUgung gap nicht bedUPfte. - Das APgument von 2.5 b wä~e beachtlich, wenn hie~ von eineP Pealen (physischen) Zusammensetzung die Rede wä~e (s. 2.17 e E). Gedacht ist abe~ an eine Zusammensetzung im VOPphysischen BePeich, die dem physischen Individuellsein vo~ausgeht und es ePst e~möglicht. Man muß nicht so spPechen, abe~ man kann es tun, es ist sogaP in einigen Situationen nUtzlich (ganz abgesehen von deP FPage, ob es in andePen auch schädlich sein kann). 2.5 c zweite Begründung für 2.5 a 1. Tritt wirklich etwas Positives zu einem Ding hinzu, so hat man zwei Dinge und nicht ein einziges und individuelles. 2. Denn Individualität ist eine Art von Einheit.
In diesem Abschnitt soll noch nicht daPUbeP gesppochen WePden, was es mit physischen Individuen auf sich hat, sondePn UbeP die voPphysischen Bedingungen dafUP, daß es physische Individuen geben kann. 2.5 d Dritte Begründung für 2.5 a 1. Das, was hinzutritt, gehört entweder zum Wesen (A) oder ist akzidentell (B). 2. Ist (A) der Fall, so folgt 1., daß auch die unterste Art noch durch Wesensdifferenzen unterteilt werden kann, 2. daß Individuen derselben Art nicht dasselbe Artwesen haben, 3. daß der Artname nicht die unterste definierbare Art (Gesamtwesenheit, s. 2.37 d 1) bezeichnet, und 4. daß es für jedes Individuum eine eigene Wesensdefinition im strengen Sinne gibt.
Das wäPe absuPd. NuP Gattungen und APten sind definiePbaP, weil eine Definition in deP Angabe deP nächsthöhe~en Gattung und deP spezifischen Diffe-
2.5 d 3
29
renz besteht. Durah die Angabe weder der Gattung noah der spezifisahen Differenz ist aber ein Individuum eindeutig bestimmt. Daher gäLte naah der SahuLphiLosophie für wissensahaftLiahe Texte, in denen man zu definieren hat, der goethesahe Satz: "Individuum est ineffabile".
3. Ist (B) der Fall, so folgt 1., daß auch Substanzindividuen durch etwas Akzidentelles konstituiert werden und folglich etwas Akzidentelles sind (ens per aaaidens).
Hier bedient siah Suarez einer geLäufigen SahuLuntersaheidung. "Ens per se" nennt man dasjenige Sein,in dem nur eine einzige substantieLLe Wesenheit verwirkLiaht ist, z.B. Gott oder Mensah. "Ens per accidens"nennt man dagegen ein KongLomerat aus mehreren Dingen derseLben Art oder versahiedener Arten, z.B. einen Steinhaufen oder eine Armee. Suarez behandeLt die Untersaheidung DM 4, 3.2-14; 25, 126 a - 13o b. -Aus 2.2 a müßte foLgen, meinen die Vertreter dieser These, daß ein Mensah oder Hund in demseLben Sinne "einer" heißt, in dem ein StapeL Münzen oder ein Haufen Sand "einer" heißt. Eine soLahe UntersteLLung spriaht zumaL vor der Erfindung korpuskuLaristisaher oder atomistisaher OrganismenLehren niaht für die Theorie, die sie naheLegt. Auah wäre naah 2.2 a die Substanz, die das ens per se sahLeahthin ist, widersprüchLicherweise zugLeiah ein ens per accidens, wobei das ens per accidens dadurah aharakterisiert ist, daß es kein Gegenstand von Wissensahaft sein kann ("De ente per accidens non est scientia").
Es folgt 2., daß Akzidentien nicht individuellen Substanzen inhärieren, sondern sie allererst konstituieren - ein Verstoß gegen die Rangordnungen in der bestehenden Welt, nach welcher nicht das Unvollkommenere das Vollkommenere, sondern das Vollkommenere das unvollkommenere konstituiert.
Der Grundsatz "Perfectum prius imperfecto" geh8rte bis ins 18. Jahrhundert zu den SeLbstverständLiahkeiten des Westens. Seine Preisgabe war eine Veränderung mit großen Konsequenzen, darunter Phänomene wie moderne WeLtentstehungsLehren, Darwinismus und poLitisahe UmwäLzungen.
C. Die thomistische Lehre zu dieser Frage 2.6 a Die These 1. Beim materiellen Seienden entsteht das Individuum dadurch, daß zu der Artnatur etwas hinzutritt. 2. Beim immateriellen Seienden braucht nichts hinzuzutreten. 2.6 b Erste Aristoteles-Stelle für 2.6 a 1. Die Vertreter dieser These scheinen sich auf Aristoteles zu stützen, der in 1o37 a 33 - b 7 erklärt, bei immateriellen Dingen sei im Gegensatz zu materiellen das Was-etwas-ist vom Wessen-etwasist nicht verschieden. 2. Damit kann Aristoteles entweder das Verhältnis von Definition und Definiertem oder das Verhältnis von Artnatur und Individuum im Auge haben.
Es
hande~t sich aristote~ischer
um Schu~adaptationen schwieriger Texte. Sie beruhen auf Entscheidungen, uber die man streiten kann. Zug~eich gehören sie zu den Bedingungen dafur, daß es so etwas wie eine Aristote~estradition und phi~osophi sche Schu~enbi~dung im Umkreis der Aristote~es Sahriften geben konnte. - Suarez bezeichnet nicht nur hier mit dem Wort "Definition" auah das Artwesen (natura communis, essentia specifica), das in der Definition exp~iziert wird. Diese nur bedingt empfeh~enswerte Art zu sprechen ~iegt ihm nahe, denn nach seinem konzeptua~istischen Universa~ienverständnis ist das A~~gemeine zunächst ein abstrakter Begriff; auch ist sie niaht sehr irrefuhrend, wei~ er mit Sicherheit davon ausgehen darf, daß seinen Hörern die Unterscheidung zwischen forma~er und materia~er Supposition vertraut ist. Dazu DM 2, 2. 24; 25, 78 b: "Diese drei, der forma~e Begriff, der objektive Begriff und das sprach~iche Zeichen, bedingen ana~oge Strukturen, und daher sch~ießen wir oft von dem einen auf das andere nicht, um einen circulus vitiosus zu vo~~ fuhren, sondern um von jedem das zu nehmen, was uns bekannter ist oder von den anderen ~eichter zugegeben wird."
2.6 c
31
2.6 c zweite Aristoteles-Stelle für 2.6 a 1. Auf das Verhältnis der Definition zum Definierten bezieht sich Aristoteles nach der gewöhnlichen Auslegung in lo31 a 15 - 1o32 a 11. 2. Nach ihm unterscheidet sich durchweg bei dem für sich Seienden das Individuum von der Artnatur bzw. die Definition vom Definierten nur insofern, als man sie mehr oder weniger deutlich erkennt. 3. Das gilt für einfache und zusammengesetzte Substanzen sowie für separat genommene Akzidentien.
Wenn man von weitem eine siah nahernde Gestalt undeutlich sieht {individuum vagum), dann kann man ledigliah sagen: "Dort kommt ein Mensah". Man weiß über ihn vorerst nur so viel, wie man im allgemeinen über Mensahen weiß. Sobald man aber bemerkt, daß es Peter ist, der da kommt, weiß man über den Nahenden wesentlich mehr, als man im allgemeinen über Mensahen weiß. Hierzu spater ausführlicher 2.18 d E.- "Für siah Seiendes" (vgl. 2.5 d 3, 1 E) nennt man einfaahe Substanzen (z.B. einen Stein), zusammengesetzte Substanzen (z.B. einen Mensahen, der aus Leib und Seele zusammengesetzt ist) und sahließlieh in einem weiteren Sinn abstrakt gedaahte Akzidentien ("Weiß ist eine Farbe"), die freiliah in dieser Abstraktheit keiner konkreten Substanz inharieren {"accidentia si, quatenus sunt per se unum, definiantur", "accidens per se sumptum"). Demgegenüber ist alles, "was aus niaht phy-
sisah und real miteinander vereinigten verschiedenen Dingen besteht, im strengen Sinn ein ens per accidens" (DM 4, 3.13; 25, 129 b - 13o a). Beim akzidentell Seienden, z.B. dem Weißsein Peters, ist eine Definition, die es als Einheit definiert ("Weiß ist eine Farbe"), von der Definition des Subjektes, dem dieses akzidentell Seiende zukommt, verschieden. Bei im strengen Sinne für siah Seiendem ist es anders. Die Aussage "Der Mensah ist ein vernünftiges Wesen" und die Aussage "Peter ist ein vernünftiges Wesen" sind gleichermaßen wahr. Von den Aussagen "Peter ist weiß" und "Der Mensah ist weiß" ist dagegen die zweite, wenn der Mensah im allgemeinen gemeint sein sollte, eine falsahe Aussage. 2.6 d Auslegung der Stelle in 2.6 b 1. Unabhängig vom Grad der Bekanntschaft besteht bei immateriellen Dingen nach der thomistischen
32
2.6 d 2
Meinung kein Unterschied zwischen Individuum und Art. 2. In der Stelle 1o37 a, b, aus der dies hervorgehen soll, bezieht sich Aristoteles nach der gewöhnlichen Meinung nicht auf das Verhältnis von Definition und Definiertem, sondern auf das Verhältnis von Art und Individuum. 3. Wenn diese Auslegung richtig ist, dann hat Aristoteles bezeugt, daß Engel keine Individualdifferenzen haben können.
Das immaterielle Ding Zweiheit ist mit dem Eidos "Zweiheit" iden tisah. Weil auah Engel (an die Aristoteles hier niaht gedaaht haben muß) immaterielle Dinge sind. wird fUr sie dasselbe gelten. 2.6 e Dritte Aristoteles-Stelle für 2.6 a 1. Demgegenüber ist nach 429 b, 1o 12 bei einigen, aber nicht bei allen Dingen das Individuum von der Art verschieden. 2. Die Einschränkung hat Aristoteles nach Meinung von Philoponos, Aristoteles und Thomas wegen der immateriellen Wesen gemacht, bei denen die Individuen nichts anderes sind als die subsistierenden Artnaturen. 3. So ist es Lehre der Thomisten.
Die Zahlenangabe im Text mUßte naah der jetzigen Textgestalt entweder "Absahni tt 3 11 oder "Absahnitt 6" (wegen 6. 2-13) lauten. - Uber die In terpre tation der Aristoteles-Stelle darf gestritten werden. Hier wird sie zunäahst in Hinsiaht auf die Erfahrung interpretiert. daß bei Peter. der aus Materie und Form besteht. die Definition "vernUnftiges Lebewesen" nur einen Teilbereiah dessen umfaßt. was bei Peter wirkliah und wiahtig ist. Denn sie berUaksiahtigt niaht das Peterhafte. mit dem siah Peter von allen anderen vernUnftigen Lebewesen untersaheidet.
D. An welcher Stelle liegt die Schwierigkeit? 2.7 a tiber 1.2 d besteht Konsens 1. Keine der Parteien bezweifelt, daß bei der Individuation eine Negation zu der gemeinsamen Artnatur hinzutritt (vgl. 1. 2 d) . 2. Dies geht schon aus der Definition von "Ein-
2.7 b
33
heit" hervor, die in der Vierten Metaphysischen Disputation gegeben wurde (DM 4, 1.12-19; 25,118 b-121a). 2.7 b Bekräftigung von 2.7 a 1. Man könnte zwar von den sonstigen Bestimmtheiten des Konkretums A abstrahieren und lediglich seine Bestimmung, ein Individuum zu sein, im Auge behalten. 2. Auch dann wäre bei der Intension zur Klasse aller Individuen die Negation mitzudenken, daß sie keine andere als diese Intension ist und daß eine singuläre Entität, die zur Klasse aller Individuen gehört, nicht unterteilbar ist, ohne ihre Artzugehörigkeit zu verlieren.
Eine ähn~iche Argumentation findet sich in 2.3 b 2. "Forme~~ vom Individuum sprechen": beim Sprechen nur seine Tei~habe an der Bestimmung "Individuumsein" ins Auge fassen. Sofern Bestimmtheiten eines Individuums darauf beruhen, daß es die entsprechende Form empfangen hat, darf man sie auch "Formen" nennen. Insofern kann Suarez sagen: "In Hinsicht auf die Form vom Individuum sprechen" oder "forme~~ vom Individuum sprechen". Ich werde diesen fur Suarez' Sprachkritik sehr wichtigen Ausdruck "forme~~ sprechen" später a~s "pointiert sprechen" deuten. 2.7 c Der Anlaß des Dissenses 1. Die Schwierigkeit betrifft denn auch nicht die Negation als solche, sondern ihren Ansatzpunkt: auf welchem metaphysischen Bestandteil des Individuums ruht sie auf?
metaphysische Konstituentien eines Dinges sind sein Genus, seine spezifische Differenz, seine Speaies und seine Individua~differenz anzusehen. Genus und spezifische Differenz bi~den zusammen die Species; von ihnen muß hier niaht gesondert die Rede sein. Zur Rede stehen dagegen Speaies und Individua~differenz. Auf we~chem dieser beiden metaphysischen Konstituentien ruht die doppe~te Negation auf, in der die Individua~ität besteht? We~ aher metaphysische Bestandtei~ bringt sie ein, verursacht sie oder ist fur sie verantwort~iah? A~~e diese Aktiva sind, wie sich später zeigen wird, Metaphern, jedoah Metaphern, die etwas deutZieh ma-
A~s
2.7 c 2
34
ahen. Im Dritten Abschnitt tritt zu den beiden EZementen IndividuaZität {doppeZte Negation) und IndividuaZdifferenz {metaphysische GrundZage der doppeZten Negation) noah ein drittes hinzu, das Individuationsprinzip, das aZs physisches Fundament der IndividuaZdifferenz definiert wird und niaht mit ihr verweahseZt werden darf. In diesem Abschnitt ist noah niaht {wie später im AnsahZuß an 3.2 e) an physische oder reaZe TeiZe zu denken, die ihrerseits naah 1.4 a sahon individueZZ sein müßten {s. 2.17 b E). Es geht noah niaht um Individuen, sondern um metaphysische Bedingungen von IndividuaZität aZs doppeZter Negation. 2. Denn auf der Artnatur allein beruht sie sicher nicht, weil deren Begriff grundsätzlich nichts darüber sagt, ob Individuen an ihr teilhaben oder nicht.
Das ist die sogenannte Indifferenz der Wesensform, die von siah aus keine Präferenz für dieses oder jenes Individuum hat; vgZ. die SteZZungnahme in 2.8 a 2. Nur im Begriff Gottes ist etwas über WirkZiehsein festgeZegt, denn er enthäZt die Bestimmung, daß Gott notwendig existiert. Die vorZiegende Argumentation bezieht siah nur auf die Artnaturen von GesahBpfen, wie mehrfach betont worden ist, vgZ. 2.2 a 1 und 2.3 a 3. Wenn von den beiden metaphysischen Konstituentien die Artnatur aZs Grund der doppeZten Verneinung niaht in Frage kommt, so bZeibt aZZein die IndividuaZdifferenz.
E. Erste These zur Lösung des Problems Naah dieser kurzen SahiZderung der DiskussionsZage (2.2 a - 2.6 e) und des Streitobjektes (2.7) Zegt Suarez in vier Thesen seine eigene Meinung dar. Diese fungieren naah dem Streit der Parteien niaht aZs die Meinung einer vierten Partei, sondern aZs UrteiZ. 2.8 a Die These Grundlage der doppelten dividualität besteht, ist Entstehung des Konkretums natur hinzutritt und ihre
Negation, in der die Inetwas Reales, das bei der zu der gemeinsamen ArtMitteilbarkeit beendet.
Dieser TeiZ des UrteiZs bestätigt die prinzipieZZe Berechtigung der thomistischen und der saotistisahen Weise zu sprechen. In einer weniger spezia-
2.8 b 1
35
LisiePten SpPaahe Zieße siah dePseLbe SaahvePh~Zt so ausdPUaken: "In Individuen gibt es niaht nup soLahe Komponenten, mit denen sie andePen Individuen ähnLiah sind, sondePn auah soLahe, mit denen sie keinem andePen Individuum entspPeahen." DieseP FoPmuZiePung WUPden Oakhamisten beistimmen. Sie WUPden u.U. auah konzediePen, daß Individuen unmitteLbaP aufgPund deP zuLetzt genannten Komponenten aLs "individueLL" bezeiahnet wePden und daß die Eigensahaften, duPah weLahe einige Individuen andePen ähnLiah sind, etwas ReaLes an ihnen und deP GPund dafUP sind, daß sie unteP APten gePeahnet WePden. Doah wUPden es Oakhamisten in deP RegeL fUP unzuLässig haLten, wenn jemand diese ähnLiahen und insofePn gLeiahsam gemeinsamen Eigensahaften aLs "PeaLes Spezifisahes" bezeiahnete. Man kann duPah eine soLahe ChaPaktePisiePung in deP Tat zu iPPigen SahLUssen VePLeitet WePden. Auf deP andePen Seite kann es nUtzLiah sein, so zu spPeahen. Denn es gibt Situationen, in denen man siah mit Saotisten und Thomisten niaht nuP auseinandePsetzen, sondePn auah einigen muß, und in denen es nUtzZiah ist, dieseZben TePme zu benutzen wie Saotisten und Thomisten. SoLahe Situationen sind nuP ePtPägLiah, wenn man geLePnt hat, mit diesen TePmen so umzugehen, daß man die sie enthaLtenden Aussagen vePtPeten kann. 2.8 b Erste Begründung für 2.8 a 1. Hinweis auf die Indifferenz der gemeinsamen Form (vgl. 2.7 c 2). 2. Da der im Konkretum real gewordenen Natur (im Gegensatz zu der bloß gedachten gemeinsamen Natur) die Negation der Mitteilbarkeit notwendig zukommt, muß diese Negation zu der gemeinsamen Natur hinzugetreten sein. 3. Um aber an der gemeinsamen Natur sein zu können, bedarf sie eines realen und positiven Ansatzpunktes, weil jede Privation etwas Positives voraussetzt ( s. 1.2 a E). 2.8 c Zweite Begründung für 2.8 a 1. Hinweis auf die Indifferenz der gemeinsamen Fc.rm (vgl. 2.7 c 2). 2. Der Artbegriff widerstreitet der Mitteilung nicht, sondern ist gegenüber Individuen negativindifferent (s. DM 6, 4; 25, 216 b - 223 b); das
36
2.8 c 3
in einem Individuum existierende Artwesen dagegen widerstreitet der Mitteilung. 3. Also wird durch die Individuation eine reale Sperre eingebaut.
Das nächste Objekt oder gegenständ~iche Korre~at des Gattungsnamens ist der Artbegriff ("die Artnatur an sich"}; "Mensch"oder "Menschheit" bezeichnen zunächst die Intension zu der K~asse Mensch. Die entfernten Objekte oder gegenständ~ichen Korre~ate des Gattungsnamens sind Peter bzw. Pau~; "Mensch" oder "Menschheit" bezeichnen insofern indirekt nicht die Intension zu der K~asse Mensch, sondern deren E~emente. 2.8 d Dritte Begründung für 3.8 a 1. Bei Peter bzw. Paul tritt zu der gemeinsamen Natur die Peterheit bzw. Paulheit hinzu. 2. Diese verdankt ihre Existenz mit Sicherheit nicht bloß negierenden Gedankenoperationen am Artbegriff "Mensch", sondern ist etwas Positives. 2.8 e Weitere Begründungen für 2.8 a Darüber hinaus sind als Begründungen für 2.8 a geeignet: 2.2 b, 2.3 a - b und 2.4.
F. Zweite These zur Lösung des Problems 2.9 a Das nach 2.8 a hinzutretende Reale ist von der Artnatur nicht rEal verschieden; eine reale Zusammensetzung findet daher nicht statt.
Dieser Tei~ des Urtei~s verwirft ein Detai~ der scotistischen Art zu reden und bestätigt ein Detai~ der thomistischen. Er fo~gt bereits aus der Voraussetzung, daß in diesem Tei~ nicht vom physischen Rea~en die Rede sein so~~. das, wenn es zusammengesetzt ist, physisch getei~t werden kann. In einer weniger spezia~isierten Sprache ~ieße sich derse~be Saahverha~t so ausdrUcken: "In Individuen können die Komponenten, mit denen sie anderen Individuen ähn~ich sind, nur in Gedanken von den Komponenten abgetrennt werden, mit denen sie keinem anderen Individuum entsprechen. In Wirk~ichkeit sind a~so beide Arten von Komponenten unscheidbar miteinander vermischt." Dieser Formu~ierung wUrden
2.9 b 1
37
Oakhamisten zustimmen. Sie wurden es aber fur unzulässig erklären, wenn jemand sagte, daß im Individuum das reale Spezifische mit dem realen Individuellen unscheidbar vermischt ist, weil sie den Ausdruck "reales Spezifisches" in der Regel fur unzulässig halten, der in der Tat verwirrend sein kann. Nichtsdestoweniger kann es nutzZieh oder erforderlich sein, ihn zu benutzen. 2.9 b Vertreter der These 1. 2.9 a entspricht erstens der antiscotistischen Argumentation von Thomisten wie Cajetan, Soncinas und Niphus, die allerdings zu 2.8 a nicht eindeutig Stellung beziehen. 2. 2.9 a entspricht zweitens der Polemik derbedeutenderen Autoren sowie aller Thomisten gegen die scotistische These, daß die Artnatur auch allgemein ist, sofern sie real ist.
Die kleine Bosheit der Unterscheidung zwischen bedeutenderen Autoren und Thomisten ist kaum ubersehbar. Da die Scotisten ohnehin kritisiert werden, ist die Beantwortung der Frage, wer denn die bedeutenderen Autoren sind, kein unlösbares Problem. 2.9 c Die Nichtakzeptierung von 2.9 a führt ins Dilemma 1. Die erste und zweite These gehören zusammen; wer die eine verwirft und die andere verteidigt, redet inkonsistent. 2. Denn wenn das Individuierende von der gemeinsamen Natur verschieden ist, dann muß die gemeinsame Natur auch unabhängig von ihm real sein können, und beide verhalten sich zueinander wie Ding zu Ding oder Ding zu Modus und haben je ihre eigene reale Einheit. 3. Diese muß entweder (A) individuell oder (B) allgemein sein.
Anzahl setzt Einheit voraus, weil man die Folge der naturZiehen Zahlen als eine Folge jeweils um eine Einheit vergrößerter Mengen von Einheiten interpretiert; vgZ. PauZus PerguZensis, Logica I,2, herausg. v. M.A. Brown, St. Bonaventure 1961, S. 4: "Unitas non est numerus, sed est principium numeri." Wenn Artnatur und Individualdifferenz zusam-
men eine Zweiheit bilden, dann mussen sie vorher je eine Einheit gewesen sein. VgZ. 1.4 c und 1.5 c.
38
2.9 d 1
2.9 d Durchspielen des Dilemmas 1. 2.9 c 3 (A) kann nicht der Fall sein, denn die Individualdifferenz wäre überflüssig, wenn die Artnatur schon vor ihrem Hinzutreten individuell wäre. 2. 2.9 c 3 (B), wonach die Artnatur, sofern sie real existiert, allgemein ist, kann ebenfalls nicht der Fall sein. 3. Das geht bis zur Behandlung in der Sechsten Disputation (Zweiter, Fünfter und Sechster Abschnitt; 25, 2o6 a - 211 a und 222 a - 228 b) einstweilen aus 1.4 a, c und 1.5 b hervor. 2.1o a Scotistischer Einwurf aus Anlaß von 2.9 c - d 1. Die von der Individualdifferenz real verschiedene Artnatur hat nicht individuelle oder allgemeine, sondern formale Einheit, die zwischen den genannten in der Mitte steht. 2. Sie ist die Einheit des in der Definition explizierten Wesens.
Es gibt die Einheit des Individuums und die Einheit der Gattung, denn es ist nicht unsinnig zu sagen, daß in bestimmter Hinsicht alle Lebewesen eine Einheit bilden. Ebenso gibt es die Einheit der Species, die zwischen Individuum und Gattung in der Mitte steht, denn es ist nicht unsinnig zu sagen, daß in bestimmter Hinsicht alle Menschen eine Einheit bilden. Da das Spezifische durch die Form eingebracht wird, kann man die Einheit der Species, sofern sie sich von der Einheit der Gattung unterscheidet, aLs "Einheit der Form nach" oder als "formale Einheit" bezeichnen. Insoweit ist gegen den scotistischen Einwurf nichts einzuwenden. Die Frage ist jedoch, wie diese formale Einheit, von der man in plausibler Weise sprechen kann, in Hinsicht auf die Realität zu beurteilen ist. Nach den Verwendungsregeln, die Suarez angibt, ist die Antwort klar: "universelle Einheit der Gattung" bezeichnet in Wirklichkeit denselben Gegenstand wie "formale Einheit der Species", denn der erste Term wird verwendet, wenn man die Einheit der Species undeutlich perzipiert, der zweite, wenn man sie deutlich perzipiert (vgl. 2.18 d, e). Unmittelbar existent ist weder die Einheit der Gattung noch die der Species, vgl. DM 6, 1 - 3; 25, 2ol a- 216 b; zu "formale Einheit" ebf. 6, 1 f.; 2ol a - 211 a. Zur Terminologie der Distinktionen s. DM 7, 3.6; 25, 273 b: "Aristoteles sagt 5 Meta-
2.1o b 1
39
physik, a.9, Buah lo, a. 5, daß 'siah untersaheiden'(differre) und 'untersahiedliah sein' (esse diversa) niaht dasselbe ist; 'siah untersaheiden' sagt man nämliah von dem, was in etwas übereinstimmt und in etwas anderem versahieden ist, 'untersahiedliah sein' aber sagt man von dem, das in niahts übereinstimmt; daher dürfte 'untersahiedZiah sein' gegenüber 'siah untersaheiden' etwas H8heres sein, was AristoteZes selber sagt, Buah 4, a. 2. Und in dieser Breite wird hier 'untersahiedZiah sein' verwendet, 'versahieden sein' aber wird für dasselbe genommen wie 'untersahiedliah sein', obgleiah in einem anderen und aiemZiah häufigen Verständnis 'versahieden sein' wohZ nur die Negation reaZer Identität besagt; 'untersahiedZiah sein' aber saheint außerdem die Negation der XhnZiahkeit und Vbereinstimmung beizubringen, so wie man sagt, daß ein BiZd von anderen versahieden ist, wie ähnZiah sie einander auah sein m8gen; wenn man jedoah sagt, sie seien untersahiedZiah, so saheint niaht ZedigZiah dies gemeint au sein, sondern auah, daß eines unähnZiah und weniger voZZkommen ist." 2. 1o b Erste Widerlegung von 2.1o a 1. Man kann die Einheit des Wesens vor der Individuation erdenken. 2. Aber man darf nicht behaupten, daß die Einheit des Wesens erstens bei realer Trennung von der Individualdifferenz real und daß sie zweitens nicht allgemein, sondern etwas anderes ist. 2.1o c Erste Begründung für 2.1o b 1. Denn erstens stehen die Prädikate "gemeinsam" und "unmitteilbar" in unvereinbarem Gegensatz. 2. Der Artnatur muß aber eins von beiden zukommen 3. Kommt ihr das Prädikat "gemeinsam" zu, so muß sie allgemeine Einheit haben; kommt ihr das Prädikat "unmitteilbar" zu, so muß sie individuelle Einheit haben (vgl. 1.6). 2.1o d Zweite Begründung für 2.1o b 1. Die von der Peterheit (von Peters Individualdifferenz) verschiedene Artnatur in Peter ist gegenüber der von der Johannesheit (von Johannes' Individualdifferenz) verschiedenen Artnatur in Johan-
4o
2. 1o d 2
nes entweder (A) real verschieden oder (B) nicht real verschieden. 2. Ist (B) der Fall, so haben beide allgemeine Einheit. 3. Ist (A) der Fall, so haben beide individuelle Einheit, weil sie nur numerisch und nicht der Art nach verschieden sind. 2. 11 a
Zweite
(unmittelbare)
Widerlegung von 2.1o a
1. Es kann keine reale, von Operationen des Intellektes unabhängige Verschiedenheit zwischen Artnatur und Individualdifferenz geben. 2. Denn eine solche Verschiedenheit ist nur (A) zwischen realen Dingen oder (B) zwischen einem realen Ding und seinem Modus möglich (s. 1.2 a). 3. Im Falle (A) wären beide Dinge schon unabhängig voneinander individuell. 4. Im Falle (B) müßte die Artnatur auch abgetrennt von der Individualdifferenz real existieren können.
In beiden FäZZen kämen die in 2.9 d entwiakeZten Argumente zum Zuge. - Zu "Entität" im Text vgZ. 6.1 a E. 2. 11 b Die beiden Möglichkeiten nach 2.11 a 2
(B)
1. Der betreffende Modus gehört entweder zu den inneren Konstituentien der betreffenden Entität oder nicht. 2. Im ersten Fall ist er von der Entität nicht real verschieden, sondern (so, wie es die Zweite These behauptet) in ihr mitenthalten, und man kann sie ohne ihn nicht angemessen begreifen. 3. Im zweiten Fall wäre die Entität schon unabhängig vom Modus voll konstituiert, er träte noch außerdem zu ihr hinzu und konstituierte sie. 4. Das Zweite kann nicht der Fall sein. 5. Ergo ist das Erste der Fall.
Daß das zweite niaht der FaZZ sein kann, ist durah 1.4 a, 1.5 b, a und 2.9 a, d bereits gesiahert, wird aber in 2.12 noah einmaZ ausführZieh begründet. 2. 11 c
Beweis der kleinen Prämisse 2.11 b 3 1. Ist die Artnatur schon vor dem Hinzutreten des Modus voll konstituiert, so ist sie unabhängig
2.11 c 2
41
von ihm individuell, und der Grund für die Annahme seiner Existenz entfällt (vgl. 2.9 d 1). 2. Aber von der unbekannten Individualdifferenz, die in diesem Falle die Artnatur schon vor der hier besprochenen Modifizierung individuiert haben muß, kann die Artnatur auf keinen Fall verschieden sein, sofern reale Verschiedenheit gemeint ist. 3. Entsprechend dürfte man, wenn es nur gerade Linien gäbe, Geradheit nicht als einen von der Linie real verschiedenen Modus betrachten, der erst zu ihr hinzutritt, wenn sie schon fertig ist. 4. In Wirklichkeit betrachtet man die Geradheit als einen real verschiedenen Modus, und das ist richtig, weil es auch Linien gibt, die nicht gerade sind.
Dagegen gibt es keine realen Entitäten, die nicht individuell sind. Folglich darf man die Individualität nicht als einen von der realen Entität real verschiedenen Modus betrachten. der erst zur Entität hinzutritt. wenn sie schon fertig ist. 2. 12 a Erster Beweis für 2.11 b 4 1. Jede real existierende Entität ist notwendig von selbst individuell (s. 6.1 a). 2. Denn sie ist aus ihren Ursachen in die reale Aktualität hinausgetreten. 3. Nur etwas Singuläres kann aber das Wirken der Ursachen beenden, denn die Ursachen sind singulär.
Gedacht ist an die Deutung von "exsistere" als "aus den Ursachen heraustreten". Erst im Augenblick der Herstellung wirklicher singulärer Existenz wird die Tätigkeit der Ursachen überflüssig und infolgedessen eingestellt. 2. 12 b zweiter Beweis für 2.11 b 4 1. Eine als schon vor dem Hinzutreten des Modus nach 2.11 b 3 real vorgestellte Entität kann nicht mehr wie die bloße Artnatur an Niedrigeres mitgeteilt werden, denn sie kann weder von sich abgeteilt noch vervielfältigt werden (s. 1. 4 c, 1. 5 c) 2. Das aber ist nur eine andere Beschreibung der Eigentümlichkeit, die das Wort "individuell" ausdrückt (vgl. 1. 2 d) .
42
2.12 c 1
2.12 c Dritter Beweis für 2.11 b 4 1. Wenn der angenommene Modus Diesheit singulär ist und durch eine Modifizierung der Artnatur Peter konstituiert, so kann diese Modifizierung nur in einer realen Zusammensetzung bestehen (vgl. 2.9 c E und 2. 17 b E) . 2. Dem Modus als bestimmtem Akt muß dann aber auch eine bestimmte Potenz in Gestalt einer bestimmten Artnatur entsprechen.
Die Artnatur ist in der Potenz, den Modus Peterheit zu empfangen, der insofern ihr Akt ist. Bestimmte Akte erfordern bestimmte Potenzen, weiZ die Potenz dem Akte angemessen sein muß. FoZgZiah muß die Artnatur sahon vor ihrer besonderen Aktuierung durah die angebZiahe IndividuaZdifferenz eine bestimmte, d.h. eine individueZZe Potenz gewesen sein ( vg Z. 8. 2 b 4 E, 8. Z a E, 8. 8 a E) . 2. 12 d Vierter Beweis für 2.11 b 4 1. In Peter und Paul zusammen gibt es zwei Zusammensetzungen: Artnatur - Peterheit und Artnatur - Paulheit. 2. Im angenommenen Fall müßten nicht nur Peterheit und Paulheit, sondern auch Artnatur' und Artnatur'' schon vor der Ankunft ihrer Individualdifferenzen real verschieden sein, denn Zusammensetzung setzt eine Anzahl von Einheiten voraus (vgl. 2. 9 c E). 3. Folglich sind die beiden Artnaturen als solche genau so verschieden wie zwei individuelle Dinge, denn reale Verschiedenheit gibt es bei Entitäten nur, sofern sie individuell sind ("divisum a quoZibet aZio", 1.2 d). 2. 13 a
Scotistische Erwiderung auf den Beweis in 2.12 d Individualdifferenz und Artnatur sind in derselben Weise verschieden, in der zwei Materien durch ihre Formen oder Quantitäten verschieden sind.
Dieses Argument vermengt metaphysisahe und physisahe Zusammensetzung (2.5 b E, 2.1 E). Auah ist es reiah an ImpZikationen; es maaht grundsätzZiahe Erörterungen über so umstrittene Gegenstände wie Materie und Quantität erforderZiah. Ist die Materie sahon vor der Einführung der Form als etwas
2.13 b
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Reales anzusehen? In welcher Weise unterscheidet sich die Quantit~t von der Materie? Der Autor tut gut daran, ein Argument, das solche Fragen aufwirft, ganz unabh~ngig davon, ob es zur Sache geh8rt oder nicht, nicht außerhalb der Tagesordnung zuzulassen. Auf der anderen Seite muß er es erw~hnen, denn es geh8rt zum argumentativen Repertoire. Eine Behandlung der genannten Fragen bringt der Dritte Abschnitt. 2.13 b Widerlegung der scotistischen Erwiderung 1. Diese Erwiderung ist später zu behandeln. 2. Doch wird man allgemein behaupten dürfen, daß der Grund der Verschiedenheit eines Dinges von einem anderen in ihm selber und nicht in einem real verschiedenen dritten liegt. 3. Denn die Verschiedenheit eines Dinges beruht auf seinen inneren Konstituentien. 2.13 c Begründung von 2.13 b 3 1. Obgleich die Behauptung in 2.13 b 3 nicht unter allen Umständen zutrifft, gilt sie doch unter den Voraussetzungen,die Scotisten machen. 2. Denn die Individualdifferenzen in Peter und Paul modifizieren angeblich von ihnen real verschiedene reale Naturen und setzen mit ihnen real verschiedene Individuen zusammen. 3. An diesen können nicht nur die Individualdifferenzen real verschieden sein, auch die Naturen selber müssen es sein (2,12 d 2); selbst wenn man die Individualdifferenzen fortdenkt, ist also das in Peter und Paul Verbleibende real verschieden und mithin im individuellen (nicht im formalen Sinne von 2.1o a) eines. 4. Wer das bestreitet, muß auch bereit sein zu behaupten, daß die Individualdifferenzen in Peter und Paul etwas real Identisches konkretisieren {s. 1. 5 c).
2. 13 d Verbale Konzession an die Scotisten
1. Man kann sich aufgrundder in 2.1o a vorgeschlagenen Distinktion für eine verbale Lösung entscheiden und behaupten, die Naturen in Peter und Paul seien nicht real, sondern formal identisch. 2. Der Sache nach kann aber diese Identität nur in einer gewissen Ähnlichkeit der betreffenden In-
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2.13 d 3
dividuen bestehen; daher berührt diese Art zu reden den Sachverhalt nicht, denn Ähnlichkeit ist eine Art realer Verschiedenheit (s. 2.33 a, 2.37 c). 3. Soll dagegen "formale Identität" die Einheit von Naturen bedeuten, so kann es sich nur um eine aus Anlaß des Namens für eine Denkoperation gedachte Einheit handeln.
Diese Argumentation ist sprachkritischer Natur. Daß man fur etwas einen sprachZiehen Ausdruck gefunden hat, sagt nichts darüber aus, ob es wirkZieh ist oder nicht. Man kann auch über bZoß gedachte Dinge sprechen. VgZ. 2.15 a - c. 2.14 a Fünfter Beweis für 2.11 b 4 1. Für die Wahrheit der ersten Folgerung (2.11 b 4) spricht außer den Beweisen in 2.12 a bis 2. 13 b auch die folgende Argumentation, die bei den Individualdifferenzen ansetzt. 2. Die Individualdifferenzen von Peter und Paul unterscheiden sich real wie unvollständige, aber individuelle Dinge. 3. Zugleich sind sie einander ähnlicher als der Individualdifferenz eines Pferdes oder Löwen. 4. Aber deshalb kann man nicht das Ähnliche und das Unähnliche in ihnen für real verschieden erklären. 5. Sonst gerät man in einen unendlichen Progreß, der allenfalls bei gedachten, aber nicht bei real verschiedenen Entitäten erträglich ist.
WeshaZb ein soZcher Progreß entsteht, erklären 2.14 d und 2.18 b. Unähnliche Dinge sind einander zumindest darin ähnZich, daß sie einander unähnlich sind. Ein Progreß ins Unendliche ist in Hinsicht auf nur gedachte Entitäten nicht unerträglich; beim Denken endlicher Intelligenzen muß man auf MißZichkeiten dieser Art gejaßt sein. In Hinsicht auf geschaffene reaZe Entitäten ist aber die Zulassung eines Progresses nicht möglich, weil kein geschaffener Prozeß unendlich sein kann. Gott, der aZZein unendlich ist, hat ihn begonnen und fuhrt ihn zu Ende. 2.14 b Ausdehnung des Beweises auf Individuen 1. Was in 2.14 a für die Individualdifferenzen entwickelt wird, gilt entsprechend für Individuen.
2.14 b 2
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2. Obgleich sie sowohl voneinander unterschieden als auch einander ähnlich sind, muß man darauf verzichten, das Ähnliche und das Unähnliche an ihnen bloß deshalb für real verschieden zu halten, weil man es beim Denken und Sprechen auseinanderhalten kann. 3. Sonst gerät man auch bei ihnen in einen unendlichen Progreß. 4. was man aber bei den Individuen nicht darf, das darf man bei den Individualdifferenzen erst recht nicht.
S. 2.15 a, ferner DM 2, 2.16; 25, 75 b: "Es ist zu beaahten, daß die Abstraktion oder Abtrennung durah den InteZZekt niaht eine Versahiedenheit der Dinge oder eine Abgetrenntheit irgend eines Wesens oder Modus erfordert, die aus der Natur der Saahe der Abtrennung durah den InteZZekt vorausgeht, sondern daß seZbst bei der einfaahsten Saahe eine soZahe Abtrennung auf versahiedenartige Weise m8gZiah ist ... So abstrahiert und trennt der InteZZekt aZso etwas von etwas (z.B. das Gemeinsame vom Besonderen) niaht aufgrund einer Versahiedenheit oder Abgegrenztheit, die in dem Dinge vorausgeht, sondern aufgrund einer undeutZiahen, unvoZZkommenen oder inadäquaten Weise zu denken; aufgrund ihrer denkt er in dem Objekt, das er betraahtet, niaht aZZes, was darin ist, sofern es aufseiten der ReaZität existiert, sondern ZedigZiah gemäß irgend einer Übereinstimmung oder ÄhnZiahkeit mehrerer Dinge untereinander, die unter diesem Gesiahtsp~nkt in der Weise eines einzigen betraahtet werden. 2. 14 c Einwand gegen 2.14 b 1 und Erwiderung
1. Die Individualdifferenzen sind einfacher als die Individuen, die sie konstituieren und dadurch verschieden machen; folglich müssen sie a fortiori verschieden sein. 2. Antwort: Diese Bemerkung mag nützlich sein, solange man über Begriffe redet (vgl. 2.1B d E). 3. Bezieht man sie jedoch auf die Realität, so muß man die Individualdifferenzen als reale und von jeder anderen Entität real verschiedene Modi betrachten.
Dann aber sind sie niaht auf eine besondere Weise, sondern in derseZben Weise wie aZZe Individuen individueZZ, die gesahaffen sind.
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2.14 d
1
2. 14 d
Konsequenz aus 2.14 c 3 1. Die Individualdifferenzen konstituieren numerisch verschiedene Individuen und müssen daher selbst numerisch verschieden sein. 2. Sofern sie unterschiedliche Individuen konstituieren, gehören ihre Namen in die Antwort auf die Frage, woduFah die betreffenden Individuen entstehen; sofern sie außerdem etwas (unvollständiges) Reales sind, gehören ihre Namen in die Antwort auf die Frage, WOFaus die betreffenden Individuen bestehen - ähnlich, wie es früher anläßlich des Seinsbegriffes gezeigt worden ist.
SuaFez veFweist hieF auf DM 2, 5; 25, 92 b - 98 b. VgZ. unten 2.18 d E. 3. Trotz ihrer Verschiedenheit sind die Individualdifferenzen einander insofern ähnlich, als sie Individualdifferenzen sind. 4. Ein Scotist müßte daher konsequenterweise auch in den Individualdifferenzen selbst das Ähnliche und das Unähnliche für real verschieden erklären und sich damit auf den genannten unendlichen Progreß einlassen. 5. Oder er müßte zugeben, daß es unzweckmäßig ist, aus einer bloß gedanklich oder sprachlich konstruierbaren Verschiedenheit prinzipiell auf reale Verschiedenheit zu schließen. 2. 14 e Einwand gegen 2.14 d und Erwiderung
1. Die Abstraktion eines gemeinsamen Begriffes "Individualdifferenz" aus der Peterheit oder aus der Paulheit ist unzulässig. 2. Antwort: Das wäre erst noch zu beweisen; im übrigen wird es in der Sechsten Disputation widerlegt (s. DM 6, 8.13-14; 25, 235 b - 236 a). 2. 15 a
Sechster Beweis für 2.11 b 4 1. Die Annahme eines Realunterschiedes zwischen Individuum und Artnatur beruht auf folgender Beobachtung. 2. Man kann bei Individuen vieles gedanklich bzw. sprachlich unterscheiden oder gleichsetzen. 3. Die Annahme, daß dieses zugleich real verschieden bzw. real identisch sein müsse, ist unbegründet; die besseren Argumente sprechen dagegen.
2.15 a 4
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4. Ergo gibt es keinen Realunterschied zwischen Individuum und Artnatur.
Der seahste Beweis benutzt wie 2.13 d, 2.14 b und 2.14 dein Verfahren, das man heute al.s "spraahkritisah" bezeichnen würde. Es Uefert in dieser Disputation wiahtige Argumente und tritt in den folgenden Abschnitten der Saahe naah häufiger auf. als der Wortlaut vermuten läßt. Während bei späteren VberZegungen die Sprachkritik v.a. das Verhältnis zwisahen der Genauigkeit der Deskription und der Absiaht und Situation des Sprechenden betrifft (vgl.. 4.3 d 3 E, 4.4 d E, 4.6 b E, 4.7 E und 6.17 f E), betrifft sie hier und im Dritten Absahnitt v.a. Mißverständnisse über die Repräsentationsleistung abstrakter Wörter. Einer der wichtigsten Topoi der aartesianisahen, hobbessahen und Zockesahen Kritik an der Schulphilosophie wird siah derselben kritischen VberZegung bedienen ("Wörter, die kein Ding bezeichnen"). Da Wörter Gedanken und Wortkonte~te Gedankenkonte~te abbilden, sind hier Bemerkungen über die Struktur von GedankenkompZe~en zugl.eiah Bemerkungen über die Struktur von Wortkompl.e~en. Ausdrüake wie "secundum nestrum modum concipiendi et loquendi" sind daher synonym sowohl mit "secundum nestrum modum concipiendi" als auah mit "secundum nestrum modum loquendi".
2.15 b Beweis für die große Prämisse 2.15 a 2 Dieser Beweis ist mit 2.2 b und 2.3 a bereits geführt. 2. 15 c Beweis für den ersten Teil der kleinen Prämisse in 2.15 a 3
1. Daß nicht alles, was man sprachlich oder gedanklich unterscheiden kann, auch real verschieden ist, wurde erwähnt und gezeigt: (A) mit den bisherigen sechs Beweisen für 2.11 b 4 (2.12 a 2.15 a); (B) bei der Untersuchung der Verschiedenheit des Seinsbegriffes von den unter ihm stehenden Begriffen in DM 2, 6 (s. 2.18 d E); (C) durch den Aufweis der Unmöglichkeit, das Allgemeine vom Individuellen real zu scheiden, der schon in 1.5 c und 2.5 dangedeutet wurde und in 2.17 b weiter ausgeführt wird.
48 2. Bei der Behandlung der Argumente wird dies vollends klar.
2.15 c 2 (2.31-32)
2. 15 d Beweis für den zweiten Teil der kleinen Prämisse in 2. 15 a 3 1. Daß Artnatur und Individuum nicht real verschieden sind, geht hervor: (A) aus den bisherigen sechs Beweisen für 2.11 b 4 (2.12 a - 2. 15 a); (B) aus dem Indiz der Untrennbarkeit: das angeblich in Peter und Paul real Verschiedene wüßte nicht einmal Gatt aufgrund seiner absoluten Macht zu trennen - ergo ist es auch nicht real verschieden. 2. Dieses Indiz wird in DM 7, 2.6-8; 25, 263 a bis 264 b, behandelt. 2. 15 e Einwand und Erwiderung
1. Das Menschliche ist in der Tat von Peter trennbar, weil es auch in Paul sein kann. 2. Antwort: Man kann das Menschliche im allgemeinen von Peter oder Paul in Gedanken abheben. 3. Aber das ist nach kein Beweis dafür, daß Artnatur und Individualdifferenz real verschiedene Dinge sind. 2. 15 f Schlußfolgerung aus der Argumentation von 2.9 c 2 .'15 e
1. Zwischen Individuum und Artnatur besteht nicht reale, sondern gedankliche Verschiedenheit, denn eine abgetrennte Artnatur gibt es nur als Begriff in unserem Verstand. "Obiective" bedeutet in dieser Sahulspraahe "in der Weise einer Vorstellung", "subiecti ve" bedeutet da-
gegen "in der Weise eines Dinges". Die gegenwartige Umgangsspraahe würde die Attribute genau umgekehrt verwenden. Bei dieser Entwiaklung hat wahrsaheinliah der Ausdruak "canceptus obiectivus" eine Rolle gespielt (s. 1.2 b E). 2. Wer sich für diese gedankliche Verschiedenheit auf den Ausdruck "formale Verschiedenheit" kapriziert, der veranlaßt Streit um Worte.
"Formale Versahiedenheit" ist der Gegenterm zu "formale Einheit". Zu diesem vgl. 2.1o a E.
G. Dritte These zur Lösung des Problems 2.16 a Die These 1. Die hinzutretende Individualdifferenz ist von der Artnatur gedanklich verschieden. 2. Sie gehört zu derselben Kategorie wie die Artnatur. 3. Sie setzt das Individuum metaphysisch zusammen.
Dieser Teil des Urteils korrigiert die scotistische Formulierung, die in 2.9 a als unakzeptabel zurückgewiesen wurde. Zur Formulierung in einer weniger spezialisierten Sprache s. die Erl~uterung dort. Sachlich ergibt sich die Dritte These aus der Zweiten, wie 2.15 f 1 klar macht. Sie ist daher, systematisch gesehen, von geringerem Gewicht als die Zweite These, doch kommt ihr aus Darstellungsgründen Wichtigkeit zu, denn sie gibt Gelegenheit zu zeigen, daß die Individualdifferenz v.a. deshalb von der Artnatur nur gedanklich verschieden ist, weil die Artnatur nicht etwas Reales, sondern etwas Gedankliches ist. Daraus ergeben sich Konsequenzen für die Bedeutung von "Hinzutreten" in diesem Zusammenhang (s. 2.16 d E}. 2.16 b Begründung von 2.16 a 1 Diese Behauptung folgt aus 2.8 a und 2.9 a. 2. 16 c
Vorbehalt 1. Sie schließt jedoch nicht ein, daß das Hinzutretende etwas nur Gedachtes ist. 2. Daraus, daß A von B nicht real, sondern nur gedanklich verschieden ist, muß nämlich nicht folgen, daß A etwas nur Gedachtes ist.
Die jetzige KBnigin von England ist von Elizabeth nur dem Gedanken nach verschieden. Dennoch ist die jetzige KBnigin von England nicht weniger real als EZizabeth. Das sieht man daran, daß die" jetzige KBnigin von England Befugnisse hat, die Elizabeth nicht h~tte, wenn sie nicht die jetzige KBnigin von England w~re. "EZizabeth" und "jetzige KBnigin von England" sind verschiedene Namen für denselben realen Gegenstand, von denen je nach der Situation der eine angemessener als der andere ist. XhnZich verh~lt es sich mit "Artnatur" und "Individualdif-
So
2.16 d
ferenz". Am Ockhamismus, der der Sache nach das Richtige trifft, ist zu tade~n. daß er die Nütz~ichkeit der konkurrierenden Redeweisen für bestimmte Situationen nicht anerkennt. 2.16 d Einwand und Erwiderung 1. 2.16 a 1 ist nicht ernst zu nehmen, denn das Hinzutreten findet nur in Gedanken statt. 2. Antwort: Das stimmt für den Prozeß des Hinzutretens, der nur eine gedankliche Konstruktion ist.
ist das Individuum. "Individua~differenz" und "Artnatur" sind nur verschiedene Namen für das Individuum bzw. für etwas am Individuum. Beide haben daher das Individuum zum rea~en Korre~at, in dem das Individue~~e nicht reaZ vom Spezifischen geschieden werden kann. Das reaZe Individuum ist zug~eich spezifisch, und das rea~e Spezifische ist zugleich individue~z. auch hat es niema~s eine Zeit gegeben, in der das rea~e Individue~~e nur individue~Z und das rea~e Spezifische nur spezifisch war. Daher kann etwas rea~es Individue~~es a~s so~ches nie zu etwas rea~em Spezifischen a~s solchem rea~ hinzugetreten sein. Ebensowenig kann irgendwann ein gedanklich verschiedener IndiRea~
vidue~~macher
(g~eichsam a~s
Individua~itätsaspekt}
zum rea~en Spezifischen rea~ hinzugetreten sein, denn das reaZe Spezifische (das, worin Peter anderen Menschen ähnlich ist} war immer schon individue Z ~ und ist es nie geworden. "Hinzutreten" ist eine bloße Metapher für einen konstruierten Vorgang der Zusammensetzung, der nur die vorphysische Region oder metaphysische Region betrifft (vgZ. 2.17 b E). Diese Metapher ist in der Lage, etwas Wichtiges anschau~ich zu machen. Sie ist dagegen nicht in der Lage, in den Prämissen wissenschaft~icher Schlüsse über die Rea~ität aufzutreten, denn wissenschaftliches Sch~ießen hat frei zu bleiben von der Verzauberung durch Sprache. Die korrekte Verwendung der "additio"-Metapher setzt ein hohes Maß an Distanz zur gew8hn~ichen Sprache voraus. Diese Distanz geh8rt jedoch zum täglichen Brot, soba~d man SchoZastiken von diesem Nivea~ veransta~ten wi~Z.
3. Dennoch gibt es im Individuum außer dem Spezifischen tatsächlich etwas Individuelles ("Spezifisches" bedeutet hier so viel wie "Ähnliches").
2.16d3E
51
Man könnte sagen, daß die Bestimmtheit "jetzige Königin von England" zu Elizabeth real hinzugetreten ist, denn es gab eine Zeit, in der Elizabeth noah niaht die Königin von England war. Dagegen kann man niaht sagen, daß die Individualdifferenz real zur Artnatur hinzugetreten ist, denn es gab nie eine Zeit, in der die Artnatur existierte, ohne ein bestimmtes Individuum zu sein. Dennoah ist das Individuellsein etwas Reales, denn das Wort "Individualdifferenz" hat ein reales Korrelat. Die Sahwierigkeit liegt u.a. darin, daß das Wort "Artnatur" ein reales Korrelat hat, das mit dem realen Korrelat zu "Individualdifferenz" realidentisah ist, wie 2.16 e nun zeigt. 2. 16 e Erläuterung zu 2.16 d 3 1. Die Trennung der gemeinsamen Natur von der Individualdifferenz beruht genau so auf einer gedanklichen Operation wie das Hinzutreten der Individualdifferenz zu der gemeinsamen Natur. 2. In Wirklichkeit gibt es in jedem Individuum nur eine einzige Entität, die sowohl die Bestimmtheiten der Art als auch die Bestimmtheiten dieses bestimmten Individuums besitzt.
DQs Argument von 2.16 d 1 kritisiert eine der wenigen Mögliahkeiten, auf Lateinisah über Individualität zu reden. Es ist eine der Thesen der Fünften Disputation. daß sie zum Anlaß von Mißverständnissen werden kann und wird. Dennoah läßt sie siah objektiv reahtfertigen, denn das Individuelle ist wie das Spezifisahe niaht nur etwas Gedaahtes. Die Entität ist wirkliah individuell, besitzt jedoah zugleiah alle Bestimmtheiten der Art in Wirkliahkeit. Das überzeugendste Argument dafür ist. daß Individuen ihre Art reproduzieren. 2.17 a Begründung von 2.16 a 2 1. Das hinzutretende Individuelle gehört zur Kategorie derjenigen Art, um deren Individuation es geht.
Suarez bezieht siah auf die aristotelisahe Tafel der Kategorien oder Prädikamente naah Kateg. 4, in der mögliahe Prädikate klassifiziert werden, während die porphyrianisahe Prädikabi1ientafe1 (vg1. 2.2 b E) diese Klassen von Prädikaten klassifiziert. Die erste Position der Kategorientafel heißt
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2.17 a 2
"Substanz "• die ilbPigen neun Positionen fallen unte1' die Bestimmung "Akzidens" im WeitePen Sinn, de!' die Bedeutung des poPphyPianischen "proprium" mit einschließt: Quantität, Qualität, Relation, Handeln, Leiden, 01't, Lage, Zeit und Habitus. - Die seh1' allgemeine FoPmuliePung des Textes ePinnePt daPan, daß nicht nuP von Substanzindividuen, sondePn auch von Akzidensindividuen die Rede sein soll. Bei deP Illust!'ation des Gedankenganges mit Exempeln sind bislang die Akzidentien so seh1' in den HintePgPund getPeten, daß man sie nahezu VePgessen hat. 2. Denn nach der Rangordnung des Seienden könnte ein Akzidens als das Niedrigere nicht eine Substanz als das Höhere konstituieren (s.2.5 d 3, 2).
Alles bleibt und wiPkt auf seine!' Stufe. Diese!' metaphysischen Maxime entsppicht eine Sozialideologie, in deP soziale Mobilität als etwas nicht WilnschenswePtes ePscheint. Sie hatte unteP andePen geschichtlichen Bedingungen als den heutigen bestimmte Leistungen zu ePbPingen. Da in deP gegenWäPtig im Westen akzeptiePten Sozialideologie soziale Mobilität vopepst als wilnschenswePt gilt, WiPd sie gelegentlich fil1' etwas schlechthin moPalisch Gefo!'de!'tes gehalten. Es gibt jedoch Situationen, in denen soziale Mobi Li tä.t s t8Pend ist. DaPauf bePuht die zentPale These des spanischen Schelmen!'omans, dessen BlUte wenige JahPe nach dem EPscheinen deP Metaphysischen Disputationen begann. 3. Gehört das Individuierte zu einer Substanzart, so ist die Individualdifferenz eine Substanz, genauer: eine Teilsubstanz; gehört das Individuierte zu einer Akzidensart, so ist die Individualdifferenz ein Akzidens, genauer: ein Teilakzidens.
Die W8Pte1' "Tei lsubs tanz" und "Tei lakzidens" bezeichnen nicht physische Teile de1' Substanz odeP des Akzidens, sondePn metaphysische Komponenten, was immeP das sein mag (s. 2.1 E). Bez8ge man die W8Pte1' auf physische Teile, so spPäche man nicht von deP IndividualdiffePenz, sondePn allenfalls vom IndividuationspPinzip, das im DPitten Abschnitt behandelt wiPd (vgl. 2.7 c 1 E). 2. 17 b Begründung von 2.16 a 3
1. Physische Teile von Substanzen sind abtrennbar (Arm, Blatt, Vorsprung); ihre Namen bezeichnen nicht die gesamte Substanz (Leib, Pflanze, Fels).
2.17 b 2
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2. Die Individualdifferenz ist von der individuellen Substanz nicht abtrennbar, und ihr Name bezeichnet etwas an der gesamten Substanz (Peterheit - Peter). 3. Andrerseits ist die Individualdifferenz nicht die gesamte Substanz, denn ihr Name bezeichnet nicht unmittelbar auch das Spezifische. 4. Folglich heißt sie in einer anderen Weise "Teil" als ein physischer Teil; und diese besondere Bedeutung von "Teil" soll durch das Attribut "metaphysisch" ausgezeichnet werden ("metaphysischer Teil") .
ALs physisch zusammengesetzt giLt etwas, das aus reaL verschiedenen TeiLen besteht. Der Mensah besteht fUr die SchuLphiLosophen physisch aus Leib und SeeLe, die (beim Sterben) getrennt werden k8nnen. ALs metaphysisch zusammengesetzt giLt demgegenUber etwas, das aus bLoß gedankLich verschiedenen TeiLen besteht. Der Mensah besteht fUr die SchuLphiLosophie metaphysisch aus einer Tierkomponente und einer Vernunftkomponente. Metaphysisch Zusammengesetztes giLt aLs niaht physisch trennbar. Das kann man so ausdrUcken: "Die TeiLe einer metaphysischen Zusammensetzung sind niaht reaL, sondern nur gedankLich trennbar." Das kLassische BeispieL fUr metaphysische Zusammensetzung ist die Zusammensetzung aus näahsth8herem Genus und spezifischer Differenz bei der Spezifikation. Zur AnaLogie von Spezifikation und Individuation s. ErL. vor 1.1 asowie 1.3 a. An Suarez-SteLLen Uber metaphysische Zusammensetzung s. v.a. DM 15, 11.1-2; 25, 557 b - 558 a: ALs metaphysische Zusammensetzung betrachtet man die aus Natur und Suppositum, Essenz und Existenz und Genus und Differenz. Bei jeder Zusammensetzung kann etwas aLs Form und etwas aLs Materie betrachtet werden, und daher spricht man bei der metaphysischen Zusammensetzung von metaphysischer Form und metaphysischer Materie (im Gegensatz zu physischer Form und physischer Materie), vgL. 2.24 d E. -Ferner DM 35, 3.33-34; 26, 449 b - 45o b: Metaphysische Zusammensetzung sahließt physische Einfachheit niaht aus,·und metaphysische Einfachheit kommt bei Gesah8pfen niaht vor. 2. 18 a
Einwand gegen 2.16 a in Analogie zu 2.14 a, d Auch wenn bei der Individuation nur etwas gedanklich Verschiedenes hinzutritt, ergibt sich der in
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2.18 b 1
2.14 a 5 und 2.14 dangedeutete unendliche Progreß für die betroffenen Teilsubstanzen. 2.18 b Begründung für 2.18 a 1. Peter läßt zum Menschen etwas gedanklich Verschiedenes (die Peterheit) hinzutreten. 2. Er stimmt im Menschlichen mit Paul überein, unterscheidet sich aber von Paul, der eine Paulheit hat, dadurch, daß er eine Peterheit hat. 3. Die Individualdifferenz Peterheit stimmt ihrerseits mit der Individualdifferenz Paulheit der Art nach überein, ist aber nur numerisch von ihr verschieden. 4. Folglich muß auch bei Individualdifferenzen zum Spezifischen (dem Individualdifferenzsein) eine individuierende Differenz hinzutreten usw. bis ins Unendliche. 2. 18 c Erste Erwiderung auf 2.18 a - b 1. Unser Verstand kann auch dann noch teilen, wenn real nichts mehr zu teilen ist (s. 2.14 b E und 2.15 c). 2. Daher können beim Denken und Sprechen vorgestellte Progresse ins Unendliche entstehen, obgleich es einen realen Progreß ins Unendliche nicht gibt (vgl. 2.14 a, d). 2. 18 d Zweite Erwiderung auf 2.18 a - b Ferner kann hier so argumentiert werden, wie in DM 2, 6 bei der Untersuchung der Verschiedenheit des Seinsbegriffes von den unter ihm stehenden Begriffen argumentiert worden ist.
Gemeint ist DM 2, 6.7-lo; 25, loo b - lo2 a. Die Konkretisierung des Seinsbegriffes zu Genera und Species ist, genau genommen, nicht als Zusammensetzung, sondern als detailliertere ("expressa") Fassung des Begriffes "Seiendes" zu verstehen. Der Begriff "Substanz" ist wie der Begriff "Seiendes" einfach und nicht in mehrere Begriffe anaZysierbar. Der Unterschied zwischen beiden liegt darin, daß "Substanz" deutlicher bezeichnet als "Seiendes". Der detailliertere Begriff entsteht nicht dadurch, daß man den weniger detailZierten nimmt und noch weitere Bestimmungen zu ihm hinzufUgt, sondern dadurch, daß man genauer auf die Sache seZ-
Forts. 2.18 d E
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ber sahaut (cognitio minus confusa, distincta) und weniger (mit Absiaht oder ohne Absiaht) Ubersieht (praecise). Diese ErkLarung der Konkretisierung des Seinsbegriffes hat den Vorzug, SaahverhaLte einLeuaktend ersaheinen zu Lassen, die bei der Annahme anderer ErkLarungen sahwer zu begreifen sind. Wie kann der obere Begriff in dem unteren eingesahLossen sein, ohne daß der untere zusammengesetzt ist ("Lebewesen" - "Mensah ")? Die Sahärfe des BLiakes ist gr8ßer, wenn man den Begriff "Mensah" bekommt, und geringer, wenn man den Begriff "Lebewesen" bekommt. Die Konkretisierung des H8heren zum Niedrigeren besteht darin, daß der Geist in Hinsiaht auf dieseLbe Saahe versahieden detaiLLierte Begriffe erzeugt (a.a.O. 6.7). - 6.8 reahtfertigt diese niaht beweisbare, aber sehr wahrsaheinLiahe Meinung mit Aussagen Thomas von Aquinos, 6.9 reahtfertigt sie mit Erfahrungsbefunden. 6.1o weist darauf hin, daß von den konkurrierenden Meinungen nur die hier vertretene zwei Sahwierigkeiten LBsen kann: 1. die Sahwierigkeit, wie das Seiende zum Niedrigeren determiniert und in ihm eingesahLossen werden kann, ohne daß ein unendLiaher Progreß entsteht, und 2. die Sahwierigkeit, daß man die Kategorien "sahLeahthin einfaah" nennt, obgLeiah aus ihnen der Begriff "Seiendes" abstrahiert werden kann. WeLaher Abstraktionsbegriff bei dieser AufgabensteLLung im SpieL ist, Liegt auf der Hand. Bei dieser Interpretation wird der Ausdruak ·~eta physisahe Zusammensetzung" nur metaphorisah verwendet. Er bedeutet bei Suarez etwas anderes aLs bei Autoren, die unter "ReaLaLLgemeines" etwas anderes verstehen aLs er. Die metaphorisahe Verwendung bei Suarez hat im Zusammenhang mit der IndividuaLdifferenz den Vorzug, unmitteLbar pLausibeL zu maahen, weshaLb eine metaphysisahe Zusammensetzung im Gegensatz zu einer physisahen niaht aufL8sbar ist: sie ist gar keine wirktiahe Zusammensetzung. "Seiendes" • "K8rper "• "Lebewesen" • "VernUnftigkeit" sind Begriffe, die man zu Individuen wie Peter biLdet und deren reaLes KorreLat Peter ist. WeLaher Begriff entsteht, hängt davon ab, wie genau jemand hinsahaut und wie detaiLLiert er zu spreahen wUnsaht. Wenn man nur fLUahtig hinsahaut, bekommt man "Lebewesen", wenn man genauer hinsahaut, bekommt man "Peter". Daß man mit "Peter" miterfaßt, was man mit "Lebewesen" erfaßt, ist verständLiah, denn wer genauer hinsahaut, bekommt niaht weniger Informationen aLs jemand, der nur fLUahtig hinsahaut, sondern mehr.
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2.18 e 1
2. 18 e Konsequenz aus 2.18 d 1. Das Individuum ist nicht so zusammengesetzt, daß sich in ihm die Artnatur von der Individualdifferenz wirklich scheiden ließe (vgl. 2.17 b). 2. Der Begriff des Individuums ist der unter dem Gesichtspunkt, daß die Art in Individuen existiert, aufs Detail gebrachte Begriff der Art. 3. Denn man kann am Individuum nichts deutlich vorstellen, wenn man nicht das Spezifische mitvorstellt - so wie man Spezifisches nicht deutlich vorstellen kann, wenn man es nicht in Individuen vorstellt (s. 2.16 d 2 E). 4. Daraus ergibt sich, daß hier wie bei der Konkretisierung des Seinsbegriffs realiter und abgesehen vom menschlichen Denken und Sprechen ein unendlicher Progreß nicht zu befürchten ist (vgl. 2. 14 a E). 2. 19 a Bedenken gegen die zweite Erwiderung 2.18 d, e
Die Philosophen, die das Verhältnis von nächsthöherer Gattung und spezifischer Differenz und auch die Individuation als metaphysische Zusammensetzung verstehen, sprechen darüber gewöhnlich anders als der Autor aus Anlaß von 2.18 d.
Auch hier erscheint der communis modus loquendi et concipiendi, der fUr Suarez' Sprachkritik zentral ist, in Verbindung mit scotistischen Philosophen, wie es nach 2.13 d und 2.14 b zu erwarten war und in 2.37 d fortgefUhrt wird. 2.19 b Stellungnahme zu diesem Bedenken 1. Unabhängig davon, wie andere Philosophen sprechen, ist die Bezugnahme auf die metaphysische Zusammensetzung der Art aus nächsthöherer Gattung und spezifischer Differenz wohlbegründet. 2. Denn wie aus DM 6, 9.8-19; 25, 238 b - 242 b, hervorgeht, sind auch Gattung und spezifische Differenz im Individuum der Art nicht real voneinander verschieden, obgleich der Intellekt von ihnen getrennte Begriffe bildet. 3. Folglich darf der Autor bei der Art und der Individualdifferenz, deren Verhältnis zum Seinsbegriff dem von Gattung und spezifischer Differenz zum Seinsbegriff analo~ ist, entsprechend verfahren.
2.19bE
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2.19 b erinnert noah einmal daran. daß hier das Wort "metaphysisahe Zusammensetzung" nur bildliah verwendet wird. 2.19 a maaht demgegenüber klar. daß es trotz dieser Einsahränkung angemessen ist. das Wort "Zusammensetzung" hier zu verwenden. 2. 19 c Begründung von 2.19 b 3 1. Der Begriff "seiend" ist transzendent, also nicht auf eine Kategorie begrenzt: er übersteigt die Grenzen der Kategorien und kommt allem und jedem zu; deshalb kann sein gegenständliches Korrelat nicht durch reale Zusammensetzung entstehen, denn alle Konstituentien wären ihrerseits seiend. 2. Die Begriffe bestimmter Arten und Gattungen sind jedoch so wenig transzendent wie die Begriffe bestimmter Individualdifferenzen. 3. Folglich ist es bei Individuen nicht weniger angemessen als bei Species, den Ausdruck "metaphysische Zusammensetzung" zu benutzen.
Was den Gattungsbegriff "Lebendiges" zusammensetzt. muß niaht seinerseits lebendig sein. Was den Gattungsbegriff "geometrisahe Figur" zusammensetzt. muß niaht selbst eine geometrisahe Figur sein. Was den Artbegriff "Dreieak" zusammensetzt. muß niaht selbst dreieakig sein. 4. Somit ist es statthaft, im Individuum Artnatur und Individualdifferenz verschieden zu setzen, denn die Individualdifferenz ist weder dasselbe wie die Artnatur noch wie das Individuum.
Es ist bereahtigt. eine Mehrzahl von Termen (nämliah "Artnatur" und "Individualdifferenz"l zu benutzen. selbst wenn man mit beiden nur einen einzigen Gegenstand (nämliah Peter) meint. Denn wenn man "Individualdifferenz" sagt. erreiaht man etwas anderes. als wenn man "Artnatur" sagt. Wenn man "Individualdifferenz" sagt. dann maaht man darauf aufmerksam. daß es an Peter Unverweahselbares gibt. und wenn man '~rtnatur" sagt. dann maaht man darauf aufmerksam. daß es an Peter manahes gibt. worin er anderen Mensahen ähnliah ist. 2.19 d Einwand gegen 2.19 c 1. Das Verfahren von 2.19 c ist nicht statthaft, weil das Verhältnis von Gattung und Art sich von dem Verhältnis von Art und Individuum unterscheidet
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2.19 d 2
2. Denn das Generische kann man vom Spezifischen nicht nur abstrakt, sondern auch in Hinsicht auf die reale Existenz unterscheiden. 3. Dagegen kann man das Spezifische von der Individualdifferenz nur abstrakt und nicht in Hinsicht auf die reale Existenz unterscheiden, denn sofern es real existiert, kann es nur mit einem Einschuß von Individuation vorgestellt werden. 4. Deshalb paßt der Ausdruck "Zusammensetzung" eher auf das Verhältnis zwischen Generischem und Spezifischem als auf das Verhältnis zwischen Spezifischem und Individuellem.
Zur Saahe s. DM 6, 2.5; 25, 2o? b, so~ie ebd. 2. 1o-11; 2o9 a - 21o a; ferner 6, 9; 236 b - 244 b: "Quomodo in re distinguatur unitas generis et differentiae tam inter se, quam a specifica unitate". Das Generische kann man vom Spezifischen in Hinsicht auf die reale Existenz unterscheiden, denn WöZfe existieren, gehören aber niaht zu derselben Art ~ie ~ir, sondern nur zu derselben Gattung. Selbst die Behauptung, man könne die Gattung auah, sofern sie etwas Reales ist, unspezifiziert vorstellen, müßte insofern niaht ganz unz~eakmäßig sein, aZs man siah bei der Konstruktion von Gattungsketten in einen Bereiah abstrakter BeZiebigkeit begibt, für den es niaht unmittelbare objektive Standards, sondern lauter nominal essences gibt. Bei der untersten Speaies hört diese abstrakte Beliebigkeit auf, für ihre BiZdung gibt es ~enigstens hie und da das unübersehbare Kriterium beobaahtbarer Individuen. 2. 19 e Antwort auf 2.19 d
1. Für die Berechtigung der Anwendung des Ausdrucks "metaphysische Zusammensetzung" auf die Individuation ist es nicht maßgeblich, daß die Artnatur, sofern sie real sein soll, nicht unindividuiert vorgestellt werden kann. 2. Maßgeblich ist, daß unser Verstand sie überhaupt als nicht von einer bestimmten Individualdifferenz modifiziert vorstellen kann.
Dem Autor liegt daran, daß er den Ausdruck "Zusammensetzung" bz~. "me taphysisahe Zusammensetzung" ~eiterhin benutzen darf, denn es ist ein TeiZ seiner Strategie, den Saatismus aZs eine begrenzt zuLässige fa~on de parler ersaheinen zu Zassen.
2.2o a
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2.2o a Dritte Erwiderung auf 2.18 a, b 1. Ein unendlicher Progreß kommt nicht zustande, weil die Individualdifferenz - im Gegensatz zum Individuum - vom Geist als etwas Einfaches und Unzusammengesetztes begriffen wird. 2. Denn es liegt im Begriff der Differenz, daß sie ihrerseits einfach und nicht aus etwas Spezifischem ("Differenzheit") und etwas Individuierendem zusammengesetzt ist.
Wenn tatsäahliah ein gedaahter unendlicher Progreß entstehen sollte (was naah 2.18 niaht sahlimm ist). so k8nnte man ihm durah die Sprachregel begegnen. daß "Differenz" niaht mit "zusammengesetzt" verbunden werden darf. Diese Sprachregel wäre niaht willkurliah. sondern k8nnte durah den fur uns erkennbaren analogen Sachverhalt bei den spezifischen Differenzen gereaktfertigt werden. 2.:Zo b Begründung für 2.2o a 2 1. Das zeigt sich bei spezifischen Differenzen verschiedener Stufen; beispielsweise sind "sinnlich" (spezifische Differenz von "Tier") und "vernünftig" (spezifische Differenz von "Mensch") nicht aus etwas Generischem und je einer spezifischen Differenz zusammengesetzt. 2. Vielmehr sind sie (als Gründe der Verschiedenheit) ohne das Hinzutreten verschiedenmachender Differenzen eo ipso verschieden. 3. Was die Individualdifferenzen betrifft, so ist entsprechend anzunehmen, daß das Seiende durch die bloße stärkere Ausprägung seines (objektiven) Begriffes von innen her (d.h. ohne das Hinzutreten einer Differenz von außen) zu Individualdifferenzen determiniert wird.
Das Sinnliahe und das Vernunftige sind von selbst verschieden; es ist nicht so. als träte zum Sinnlichen eine Differenz hinzu. die es zum Vernunftigen konkretisiert. Ein Pferd und Peter sind von selbst verschieden. denn Peter ist niaht durah zusätzliche Ausstattung eines Pferdes entstanden. In 2.2o b 1 - 2 wird von koordinierten Speaies her argumentiert. aber ihre Subordination unter ein gemeinsames Genus niaht zum Thema gemaaht. In 2.2o b 3 zeigt dagegen der Autor die Analogie der spezifischen Differenzen zu den Individualdifferenzen. Tertium comparationis ist die Unzusammengesetzt-
6o
2.20 c 1
heit. In ihr stimmen Individualdifferenzen mit spezifischen Differenzen überein (vgl. 2.18 d E). Ob für die Individualdifferenz ein anderer Grund der Unzusammengesetztheit anzugeben ist als für die Individualdifferenzen, kann im Augenblick vernachl~ssigt werden. Im Argumentationszusammenhang genügt vorerst die bloße Analogie. 2.2o c Begründung für 2.2o b 3 1. Sofern man die Individualdifferenzheit als gemeinsame reale Bestimmung aller Individualdifferenzen denken kann, muß man sie nicht als etwas Spezifisches (oder Generisches), sondern (in Analogie zum Sein, vgl. 2.19 c) geradezu als etwas Transzendentes verstehen, d.h. als etwas, das allen Individualdifferenzen immer schon zukommt: sobald man Individualdifferenzen denkt, hat man ihr Individuellsein schon mitgedacht. 2. Wegen ihrer Transzendenz muß die Bestimmung Individualdifferenzheit etwas an Einzeldifferenzen sein - aber sie ist nicht eine Komponente von ihnen, sondern prägt sich in ihnen (wie das Sein) in immer neuen Gestalten aus. 3. Weil Individualdifferenzen mithin nichts Zusammengesetztes, sondern solche Ausprägungen von innen her sind, kann man sie auch nicht in Gedanken beliebig immer weiter auflösen; daher findet der gefürchtete unendliche Progreß nicht statt.
H. Vierte These zur Lösung des Problems 2.21 a Die These Auch bei geschaffenen geistigen Substanzen tritt bei der Individuation etwas gedanklich Verschiedenes zu der spezifischen Komponente hinzu.
Suarez ist daran interessiert, zwischen Individualdifferenz und physischem Individuationsprinzip zu unterscheiden, damit sich der Streit zwischen Ockhamisten, Thomisten und Scotisten in diesem Punkt auch sprachZieh aZs Streit über unterschiedZiehe Dinge und damit aZs unn8tiger Streit erweist. Die These der Scotisten widerspricht der These der Thomisten und Ockhamisten nur scheinbar, denn die eine betrifft die IndividuaZdifferenz, die andere das Individuationsprinzip, und daß man über das Individuationsprinzip nicht dieselben Aussagen machen
Forts. 2.21 a E
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kann wie Uber die Individuatdifferenz, ist kein Wunder. Spater wird siah zeigen, daß naherhin die These der Thomisten der These der Oakhamisten nur deshalb zu widersprechen scheint, weit sie in einer anderen Sprache Uber das Individuationsprinzip redet. Alterdings kann auah Suarez niaht verhindern, daß die Bereiche, die er auseinanderzuhalten suaht, bei der aktuellen Diskussion ineinander Ubergreifen. Die in 2.21 a formulierte These, die eine These zur Individualdifferenz ist, wird durah eine thomistische These zum Individuationsprinzip provoziert. Wenn die Materie Individuationsprinzip ist, dann haben nichtmaterielle Wesen keine Möglichkeit, individuell zu werden, und müssen fUr siah existierende Speaies sein. Diese These kam in 1.1 b und 2.6 a - d zur Sprache und wurde bereits in 1.7 a, b widerLegt. Sie beruht naah Suarez auf einem doppelten Irrtum: erstens mißversteht sie ihre eigene Aussage Uber das Individuationsprinzip, und zweitens vergißt sie, daß außer dem Individuationsprinzip noah die Individualdifferenz zu beachten ist. Der Irrtum hinsiahttiah des Individuationsprinzips wird im Dritten Abschnitt riahtiggestettt. Der Irrtum Uber die Individualdifferenz muß sahon hier besprochen werden, denn diese wird im Zweiten Abschnitt absahließend behandelt (vgt. 7.1 a). Die thomistische These, daß Engel speziell und niaht individuell sind, widerspricht den drei ersten Thesen des Autors (2.8 a, 2.9 a und 2. 16 a) aber die Individuatdifferenz. Daß aber zwischen Hypothesen Uber das Individuationsprinzip und Hypothesen Uber die Individualdifferenz ein saahtiaher Zusammenhang bestehen kann, ist niaht verwunderlich. Denn das Individuationsprinzip ist, wie aus 3.2 d hervorgeht, das physische Fundament der Individuatdifferenz. Die unmittelbare Beschäftigung mit der Vierten These wird mehrfach unterbrochen. Die erste Unterbrechung bringt die Behandlung der Gegenthese (2.22 a - 2.24 h), die siah im wesentlichen auf zwei Argumente stUtzt: wenn es bei Engeln keine positive Individuation geben kann, dann kann es bei ihnen auah keine positive Spezifikation geben (2.24 d), und dann kann es ferner auah bei der Himmelsmaterie keine positive Individuation geben (2.24 e - 2.24 g). Die zweite Unterbrechung bringt die Behandlung des zur StUtzung der Gegenthese 2.22 a nachgeschobenen Arguments, daß Engeln die Individuation widerstreitet, weit sie innerhalb ihrer Art unendlich sind (2.25 b); dieses Argument wird widerlegt, indem die beiden mögtiahen Bedeutungen von "unendlich" einge-
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2.21 b
setzt werden (2.26 a - 2.26 a, 2.27 a - 2.27 a). Die dritte Unterbreahung bringt die BehandLung des ebenfaLLs zur Stützung der Gegenthese 2.22 a naahgesahobenen Arguments, daß sahon die bLoße ImmateriaLität der EngeL ihrer positiven Individuation widerstreite (2.28 a - 2.28 d); es wird v.a. mit HiLfe der Untersaheidung von metaphysisaher und physisaher Materie (s. 2.24 d E) widerLegt. Erst anLäßLiah dieses Arguments und gLeiahsam assoziativ kehrt der Autor zur unmitteLbaren BehandLung seiner eigenen These zurüak (2.29 a). Seine Argumentation ist in diesem Passus außerordentLiah bewegtiah. 2.21 b Vorbehalt hinsichtlich 2.21 a 1. Für die ungeschaffene göttliche Natur gilt 2.21 a nicht. 2. Denn es gehört zu Gottes Wesen, daß er einer ist (er ist gleichsam von innen her alles, so daß nichts hinzutreten kann). 3. Die Abstraktion einer Species "Gottheit" aus Gottindividuen widerspricht daher der Unendlichkeit Gottes.
Ein Individuum unter einer Art ist etwas Bestimmtes, es drüakt niaht einmaL aLLe M~gLiahkeiten seiner Art aus, sondern unterLiegt im Gegensatz zum UnendLiahen Negationen. Zu Gott aber kann niahts hinzutreten, _das er niaht immer sahon hat. SahLießLiah kann es'nur ein einziges unendLiahes Wesen geben, denn gäbe es zwei, so widerstritte die Unendtiahkeit des einen der des anderen. 2.21 c Cajetan beachtet diesen Vorbehalt nicht 1. Daher ist Cajetan zu tadeln, wenn er sagt, man dürfe unter "Gott" das Spezifische der göttlichen Natur verstehen. 2. Denn da Gott notwendig einer ist, ist die Vorstellung eines Art- oder Gattungsbegriffes von Gott so unsinnig wie die Vorstellung eines Art- oder Gattungsbegriffes von Peter, sofern er Individuum ist. 2. 2 2 a Der Vorbehalt tangiert nicht die Geltung von 2.21 a Die in 2.21 b, c genannte Ausnahme bestätigt nur die Regel.
2.22 b
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2.22 b Beweis für die Vierte These 2.21 a 1. Wenn der Geist die Verbindung "Erzengel Gabriel" denkt, dann denkt er sowohl (in "Gabriel") Individuellsein als auch (in "Erzengel") etwas Spezifisches, das von sich aus gegenüber bestimmten Individuen indifferent ist (die Indifferenz der Artnatur, vgl. 2.7 c 2 E). 2. In dieser Hinsicht besteht (entgegen 2.6 a - e) kein Unterschied zwischen immateriellen und materiellen Substanzen. 2.22 c Gegenthese zu 2.21 a 1. Jede Engelart wird (analog zu dem Sachverhalt in 2.19 c und 2.2o b) nicht durch das Hinzutreten von etwas Positivem und Realem, sondern durch Ausprägung von innen her individuell, und ihre Individualität besteht allein in der unmittelbar zu ihrem Artwesen gehörigen Negation der Mitteilbarkeit an mehrere Individuen. 2. Folglich tritt bei ihrer Individuation nichts Positives nach 2.8 a, ja nicht einmal etwas nur gedanklich verschiedenes Positives nach 2.16 a, zur Art hinzu.
Die These behauptet, daß EngeZ aZZein aufgrund der doppelten Negation nach 1.2 d individueZZ sind. Das ist aber nach der Konzeption in diesem Abschnitt nicht mögZich: wie jede Negation etwas Positives untersteZZt, an dem negiert wird oder in Hinsicht auf das negiert wird (vgZ. 1.2 a E), so unterstelZt auch die doppeZte Negation, mit der die Individualität beginnt, ein metaphysisches Fundament, an dem negiert wird; dies hat der Passus 2.7 c gezeigt. Das metaphysische Fundament der Negation erfordert aber seinerseits, wie in 3.2 e gezeigt werden soZZ, noch eine physische Basis, an der es reeZZ ist: das Individuationsprinzip. Wer von der doppelten Negation spricht, kommt nicht umhin, fUr sie ein metaphysisches Fundament und damit eine Individualdifferenz zu untersteZZen. 2.23 Vertreter der Gegenthese 2.22 c 2.24 a Widerlegung der Gegenthese 2.22 c 1. Die Gegenthese unterstellt, daß die gezeichnete Materie (die später im Dritten Abschnitt behan-
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2.24 a 2
delt wird) das angemessene Prinzip der metaphysischen Individuation auch für die geistigen Substanzen ist (vgl. 2.6 a 2). 2. Diese Unterstellung ist falsch. Hie~ geht es nicht um besonde~e physische Indivi-
duationsp~inzipien fa~ Substanzen, m"t denen sich de~ D~itte, Vie~te und FUnfte Abschnitt beschäftigen wi~d. Es geht allein um das metaphysische Individuationsp~inzip, die Individualdiffe~enz (vgl. 2.1 E). Daß von de~ physischen Individuation nicht die Rede ist, geht nicht nu~ aus dem Aufbau de~ A~
gumentation, sonde~n auch aus dem Text unmittelba~ he~vo~. E~ bezieht sich ausd~acklich "auf jene Individuation, bei de~ das Individuum etwas Positives zu~ A~tnatu~ hinzut~eten läßt", d.h. auf eine Zusammensetzung aus metaphysischen P~inzipien (vgl. 2.7 c 1 E), abe~ nicht auf eine physische Zusammensetzung wie die aus Mate~ie und Fo~m. Dies ist bei den folgenden E~wägungen zu beachten. Die F~age ist, ob man Thomisten ku~ze~hand unte~stellen soll, daß sie von de~ metaphysischen Individuation und nicht von de~ physischen Individuation ~eden wollten, als sie die Mate~ie als Individuationsp~inzip akzeptie~ten.
2.24 b Beweis für 2.24 a 1 1. Die große Prämisse 2.24 a 1 wird aus dem Wortlaut der genannten Autoren bewiesen. 2. Denn sie bestreiten das Vorhandensein einer positiven Individuation (durch die zu der Artnatur etwas Positives hinzutritt, vgl. 2.6 a) bei geistigen Substanzen mit der Begründung, daß diese keine Materie haben. 3. Daraus ergibt sich entweder, daß sie die Materie überhaupt oder die sogenannte gezeichnete Materie als das angemessene Prinzip dieser positiven Art von metaphysischer Individuation ansehen oder daß sie einen Teil der Schwierigkeit überhaupt nicht bemerken. 4. Daraufhin verfahren sie entsprechend der Schlußregel: "Ist die Bejahung Ursache der Bejahung, so ist die Verneinung Ursache der Verneinung".
Man kann die Bedeutung diese~ an Anal. Post. A 13, 78 b 17, geschulten Regel an einem klassischen Beispiel kla~machen, dem Satz: "Wenn die u~sache gesetzt ist, wi~d auch die Wi~kung gesetzt" (Posita causa ponitur effectus). Aus de~ Bejahung des Vo~ de~satzes ("Die U~sache ist gesetzt") folgt die Bejahung des Folgesatzes ("Die Wi~kung wi~d gesetzt").
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2.24 c
Insofern ist die Bejahung des Vordersatzes die Ursaahe der Bejahung des FoZgesatzes. Umgekehrt foZgt aus der Verneinung des Vordersatzes ("Es ist niaht wahr, daß die Ursaahe gesetzt ist") die Verneinung des FoZgesatzes ("Es ist niaht wahr, daß die Wirkung gesetzt wird"). Insofern ist die Verneinung des Vordersatzes die Ursaahe der Verneinung des FoZgesatzes. In unserem FaZZe sähe die Argumentation unter der Voraussetzung, daß die Materie das Prinzip der positiven Individuation ist, foZgendermaßen aus: "Wenn an einer Substanz gezeiahnete Materie ist, so ist an ihr auah positive Individuation, und wenn an einer Substanz keine Materie ist, dann ist an ihr auah keine positive Individuation". Die SahZußregeZ entspriaht der heutigen ÄquivaZenz ("W oo, 11; F o1, 1o~. Zu der RoZZe, die diese RegeZ unmitteZbar vor Suarez in der Ordensdiskussion der GeseZZsahaft Jesu spieZte, s. K. Reinhardt: "Pedro Luis S.J. "• Münster 1965, S. 192 und 199. 2.24 c Beweis
fü~
2.24 a 2
Die kleine P~ämisse 2.24 a 2 wi~d im Dritten Abschnitt dieser Disputation ausführlich begründet.
Der Leser kann aZZerdings niaht voraussehen, ob der in Aussiaht gesteZZte Naahweis im Dritten Absahnitt stiahhaZtig sein wird. Daher maaht Suarez vom Hinweis auf kommende Beweise hier keinen weiteren Gebrauah und begründet 2.24 a 2 mit sahon an dieser SteZZe überprüfbaren Argumentationen. 2.24 d Erster Beweis für 2.24 a 2 unter Verzicht auf 2.24 c 1. Wenn man sich mit dem H~nweis auf Kommendes nicht zufriedengeben mag und die thomistische Unterstellung, daß die Materie der Individualdifferenz der Körpe~ gleichkommt, zunächst akzeptiert, so hat man immer noch kein Recht zu schließen, daß bei allen geschaffenen Substanzen einschließlich der Geister allein die Materie das angemessene Prinzip einer positiven metaphysischen Individuation ist. 2. Denn unterschiedliche Substanzen können unterschiedliche Prinzipien erfordern: Wenn der Substanzklasse A das Prinzip C zukommt, so ist es nicht sicher, daß auch der Substanzklasse B das Prinzip C zukommt. 3. Mit demselben Argument, mit dem man die positive metaphysische Individuation de~ Engel leugnet,
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2.24 d 4
könnte man auch die Existenz von Engelspecies (Zusammensetzungen aus nächsthöherer Gattung und spezifischer Differenz) bestreiten. 4. Denn bei den Körpern bezeichnet man die Gattung als "Materie" und die spezifische Differenz als "Form", und viele Autoren meinen, diese Ausdrücke seien ganz wörtlich zu verstehen.
"Materie" heißt aZZes, was ftihig ist, irgend eine Bestimmtheit zu empfangen. "Form" heißt aZZes, was an der Materie irgend eine Bestimmtheit hervorbringen kann. Die Gattung ist ftihig, zu Arten bestimmt zu werden, und darf insofern "Materie" heißen. Die spezifische Differenz ist ftihig, die Gattung zu Arten zu bestimmen, und darf insofern "Form" heißen. Da es sich aber um diejenige Form und um diejenige Materie handeZt, die zu der sogenannten metaphysischen Zusammensetzung führen, pf'Legt man sie (zum Unterschied von der physischen Form und Materie, aus der die individueZZen Substanzen bestehen) aZs "metaphysische Form" und "metaphysische Materie" zu bezeichnen. Diese Bezeichnung darf insoweit wörtLich genommen werden, aZs es sich um die Gattung der Körper handeZt. Was dort durch spezifische Differenzen zu den Arten der MineraLien, Pf'Lanzen und Tiere bestimmt wird, ist nttmZiah etwas MaterieZZes, das Körpersein. Ob die Bezeichnung darüber hinaus so wörtZiah genommen werden muß,daß sie die Anwendung des metaphysischen Materie-Form-Schemas auf geistige Substanzen aussahZießt, steZZt Suarez poLemisch dahin. Zur Antwort unten 2.28 d. Zur Sache DM 15, 11; 2 5, 55 7 b - 56 6 a. 2.24 e Zweiter Beweis für 2.24 a 2 bei Verzicht auf 2.24 c 1. wenn man die Unterstellung laut 2.24 d 1 akzeptiert, so folgt über das in 2.24 d Gesagte hinaus, daß es eine positive metaphysische Individuation nach 2.6 a 1 auch bei Himmelskörpern nicht geben kann. 2. Besonders, wenn man behauptet, daß Himmelskörper überhaupt keine Materie haben, aber auch, wenn man sagt, daß sie aus anderer Materie bestehen als irdische Körper (vgl. DM 12, 1o - 11; 25, 434 a - 452 a).
Die HimmeLsmaterie ist unverttnderZiah, Die irdische Materie ist verlinderZieh und vergttngZiah. Die Grenze zwischen verttnderZicher und unverttnderZicher Materie markiert der Mond, weiZ er zugZeiah ein HimmeLskörper und (wegen seiner Phasen) etwas Verttn-
2.24 f
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ist. Die Dinge unterha~b des Mondes heißen "die unteren Dinge" ("sub~unarisahe Dinge"), die Dinge oberha~b des Mondes heißen "die oberen Dinge". Unter Berufung auf die Unver~nder~iahkeit der Himme~skörper wurde sahon im Sp~tmitte~a~ter für Himme~skörper etwas wie Tr~gheitsbewegung konzipiert: Wenn sie einma~ Bewegung bekommen haben, müssen sie immer Bewegung haben, wei~ an ihnen natür~iaher weise niahts vergehen kann. der~iahes
2.24 f Argument für 2.24 e Entsprechend 2.24 d 2 muß daraus, daß bei irdischen Körpern die Materie das angemessene Prinzip der Individuation ist, für die himmlischen Körper nicht dasselbe folgen, weil diese aus einer höheren Materie bestehen. 2.24 g Einwand und Erwiderung 1. zwar bestehen die oberen Körper aus einer anderen Art von Materie als die unteren, doch ist die Quantität bei beiden von derselben Art, und deshalb kann bei beiden die mit Quantität affizierte Materie das hinreichende Prinzip der positiven Individuation sein. 2. Antwort: Dieser Einwand ist nicht überzeugend, denn die Quantität als ein Akzidens kann nicht zum Individuationsprinzip materieller Substanzen gehören. 2.24 h Schluß, daß die kleine Prämisse 2.24 a 2 in jedem Fall bewiesen ist 1. Da die Behauptungen in 2.24 d 3 und in 2.24 e 1 gleichermaßen absurd sind, jedoch mit genau so viel Recht vertreten werden wie die Unterstellung nach 2.24 a 1,wird man annehmen dürfen, daß auch diese falsch ist. 2. Es kann also bei der Individuation auch geistiger Substanzen eine metaphysische Zusammensetzung geben, wenngleich sie vollkommener und einfacher sein dürfte als die der unteren Körper. 2.25 a Rückkehr zum Stand von 2.21 b 1. Zur göttlichen Wesenheit gehört eine positive Individuation, denn ihre Vervielfältigung in Individuen widerstreitet der Unendlichkeit Gottes.
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2.25 a 2
2. Jeder geschaffene Geist ist dagegen endlich. 3. Daher kann es der Artnatur geschaffener Geister nicht widerstreiten, in mehrere numerisch verschiedene, jedoch derselben Art angehörende Individuen vervielfältigt zu werden. 2.25 b Erster Einwand zur Rettung der Gegenthese 2.22 c 1. Geistige Substanzen gehören einer Gattung endlicher Wesen an und sind in dieser Hinsicht endlich. 2. Weil aber geistige endliche Wesen in ihrer Entfaltung nicht von der Materie beeinträchtigt werden, ist schon in einem einzigen geistigen endlichen Wesen alle innerhalb seiner Art erreichbare Vollkommenheit realisiert. 3. Insofern ist im Rahmen seiner spezifischen Möglichkeiten das Geistindividuum unendlich (bedingt unendlich) . 4. Damit entfällt der Grund zu weiteren Individuationen.
Die Bestimmung des Seins zu einer Gattung sch~ießt dadurch, daß der Gattung ein bestimmtes .Fe~d von M8g~ichkeiten zugewiesen wird, unend~ich vie~e andere M8g~ichkeiten aus: die Gattung ist end~ich. Die Bestimmung der Gattung zu einer Art sch~ießt dadurch, daß der Art nur ein bestimmter Ausschnitt aus den M8g~ichkeiten der Gattung zugewiesen wird, auch noch unend~ich vie~e M8g~ichkeiten der Gattung aus. Insofern ist die Art noch end~icher a~s die Gattung. Sie hat ihre M8g~ichkeiten in Individuen zu rea~isieren. Wei~ bei k8rper~ichen Individuen die Materie der Verwirk~ichung des Artprogramms Grenzen setzt, rea~isieren k8rper~iche Individuen das Artwesen nur in begrenztem Maße und werden dadurch innerha~b ihrer Art noch einma~ verend~icht. So hat jeder individue~~e Leib sein punctum minoris resistentiae und seine Ungenauigkeiten in der Textur, auch wird er durch außere Faktoren wie k~ima tische Bedingungen, Knappheit an Subsistenzmitte~n. Epidemien und Konkurrenzen der verschiedensten Art an seiner optima~en Entfa~tung gehindert. Jede k8rper~iche Art ist daher zur Verwirk~ichung ihrer M8g~ichkeiten auf die Produktion immer neuer Individuen angewiesen. Nur durch optima~ haufige Geburten (und das sch~ießt ein: durch optima~ haufige Tode) kann sie ein breites Spectrum von Rea~i sierungen erreichen. Daß dies der Grund des Entstehens und Vergehens in der Natur sei, ~euchtet noch Autoren des deutschen Idea~ismus ein und wird im
2.25 c 1
69
übrigen (in modifizierter Form) auch heute gelehrt. Bei den geistigen Individuen fällt die genannte Beeinträchtigung durch die Materie fort, weil sie keine Materie haben. Alle M8glichkeiten der Art k8nnen daher bei ihnen in einem einzigen Individuum verwirklicht werden. Ein solches Individuum ist endlich, sofern die Art, der es angeh8rt, endlich ist. Sofern es aber alle M8glichkeiten aussch8pft, die seine Art ihm bietet, darf man es andererseits "im Rahmen seiner Art unendlich" nennen. Durch die perfekte Produktion der geistigen Art entfällt der Grund für ihre Reproduktion. Zu den methodologischen Problemen dieser Auffassung geh8rt die Undefiniertheit ihres Unendlichkeitsbegriffs. 2.25 c Erwiderung auf 2.25 b 1. Es gibt keinen triftigen Grund, die Behauptung von 2.25 b zu akzeptieren. 2. Denn die Unendlichkeit innerhalb der Art, deren geistige Substanzen sich erfreuen sollen, läßt sich nicht ohne petitio principii konstruieren.
Zu "petitio principii" s. unten 2.27 a und 2.28 b. Das Problem der Unendlichkeit der Engel wird in DM 35, 3.23-32; 26,447 a - 449 b, behandelt. Suarez bedient sich im folgenden Absatz der Unterscheidung zwischen extensiver und intensiver Unendlichkeit. Als "extensive Unendlichkeit" bezeichnet man die unendliche Vergr8ßerung einer extensiven Quantität. Da extensive Quantität entweder kontinuierlich (Linien, Flächen, K8rper) oder diskret (Anzahlen) ist, wird sowohl die Unendlichkeit der Ausdehnung als auch die Unendlichkeit der Zahl als "extensive Unendlichkeit" bezeichnet. - Der Ausdruck "intensive Unendlichkeit" setzt bei der Qualitätenlehre an. Die Intension einer Qualität ist das Maß ihrer Steigerung ("Intensivierung~. die damals (wie heute v.a. noch bei Temperaturen) in Graden angegeben wird. Da man sich erst in der späteren Neuzeit auf reliable Festpunkte einigen konnte, war außer bei Beschleunigungen eine einigermaßen zuverlässige Messung von Graden zur Zeit der Abfassung dieser Disputation nicht m8glich (beispielsweise wurde die Intensität von Fieber nach dem subjektiven Empfinden des Arztes in eine Gradbestimmung übersetzt). Wird der K8rperwärme ein Grad hinzugefügt, so liegt nach dem genannten Sprachgebrauch Intensivierung vor. Wird sie um einen Grad vermindert, so liegt Abschwächung (remissio) vor. Die Beschleunigung oder Ver-
7o
2.26 a
Langsamung räumLiaher Bewegungen gaLt gewöhnLiah aLs ein SpeziaLfaLL der Intensivierung und Absahwäahung von QuaLitäten. Das SpätmitteLaLter hat denn auah die (heute aLs kinematisahe Ausdrüake interpretierten) FormeLn "v=b·t" und "s=1/2bt2" aLs genereLLe Intensions- und AbsahwäahungsformeLn entwiakeLt, und zwar ohne das, was man heute aLs "empirisahe Basis" bezeiahnet. Mit ihrer HiLfe bereahnete man zunäahst aLLe intensivierbaren QuaLitäten, z.B. Wärme, Gesahwindigkeit, Weisheit, Gnade oder Liebe. Der Faahausdruak dafür, daß eine QuaLität intensivierbar oder absahwäahbar ist, Lautet "recipit magis et minus". Dabei steLLt siah geLegentLiah, z.B. in diesem Zusammenhang, die Frage, ob niaht nur akzidenteLLe Formen, nämLiah Formen von QuaLitäten, sondern auah substantieLLe Formen intensivierbar und absahwäahbar sind (Sententia communis: "Forma substantialis non recipit magis et minus"); der Streit wird im 17. Jahrhundert naah der Einführung meahanistisaher OrganismenLehren noah einmaL intensiv gefUhrt. - ALs "intensive UnendLiahkeit" ist das Vorhandensein unendLiah vieLer Grade in einer QuaLität zu bezeiahnen. Suarez' DM 46; 26, 753 a - 781 b, ist ganz der intensio qualitatum gewidmet. 2.26 a Durchspielen der ersten Möglichkeit: intensive Unendlichkeit 1. Ein Engel kann keine intensive Unendlichkeit haben, denn seine Vollkommenheit ist durch die Möglichkeiten seiner Gattung und Art begrenzt.
Insofern widerstreitet intensive UnendLiahkeit dem Gesahaffensein Uberhaupt (vgL. DM 35, 3.25-27; 26, 447 b - 448 a). Bei EngeLn kommt aLs spezieLLer Grund hinzu, daß sie keinen IntensivierungsspieLraum haben, denn "Quantifizierbarkeit" und "Einfaahheit" sind unvereinbare Attribute (a.a.O. 3.26; 447 b - 448 a). ALs ResuLtat steLLt siah heraus ("discurrendo per omnes perfectiones formales et essentiales"), daß EngeL in aLLem endLiah sind: sie sind endLiahe Substanzen, endLiahe Geister, von endLiaher Güte, endUahem Verstand usw. (a.a.O. 3.27; 448 a). 2. Man könnte Engeln allenfalls so etwas wie synkategorematische Unendlichkeit zusprechen, sofern es unterhalb ihrer Stufe noch unendlich viele Arten geben kann. 3. "Unendlichkeit" in diesem Sinne bedeutet aber gerade "Endlichkeit", denn das Wort soll zum Ausdruck bringen, daß die Art, der synkategorematische
2.26 a 3 E
71
Unendlichkeit zugesprochen wird, ein bestimmtes Maß an Vollkommenheit besitzt.
Es gibt naah diesem E~klä~ungskonte~t Stufen des Seins: unbelebte Natu~. Pflanzen, Tie~e. Geiste~. Gott. De~ Mensah ist das Bindeglied zwisahen Geiste~n und Tie~en; Pflanzen haben in diese~ Hie~ a~ahie eine g~öße~e Vollkommenheit als unbelebte Gegenstände, Tie~e eine g~öße~e Vollkommenheit ats Pflanzen, Engel eine g~öße~e Vollkommenheit ats Mensahen. Das kann so ausged~Uakt we~den: "Die Vollkommenheit de~ höhe~en Stufen sahließt die Vollkommenheit atze~ unte~en Stufen mit ein". Ein Wesen, das die Vollkommenheit eines Mensahen besitzt, ve~ fUgt auah Ube~ atZe Vollkommenheiten, die ein Stein besitzt. Wenn man von de~ Vollkommenheit eines Mensahen sp~iaht, dann behandelt man atso implizit die VoZZkommenheiten de~ Mine~ate, Pflanzen und Tie~e mit. Das Mitbedeutetwe~den atZe~ unte~engtisahen Voltkommenheiten du~ah den Ausd~uak "Engel" kann man (in einem seh~ Ube~t~agenen Sinn} ats "synkatego~ematisah" bezeiahnen. Insofe~n da~f man sagen, daß ein Engel die Voltkommenheiten de~ unendtiah vielen unte~ ihm stehenden A~ten synkatego~ematisah enthält ode~ daß e~ im synkatego~ematisahen Sinne unendliah ist. 4. Auch begründet diese bloß verbale Unendlichkeit (vgl. DM 35, 3.28; 26, 448 a, b) keine Sonderstellung der Engel, denn sie kommt gleichermaßen auch körperlichen Substanzen, z.B. dem Menschen, zu, unterhalb dessen es unendlich viele Arten von Tieren, Pflanzen und Mineralien gibt. 2.26 b Fall der Konzession einer intensiven Unendlichkeit bei Engeln 1. Selbst wenn man den Engeln eine echte intensive Unendlichkeit konzedierte, so spräche das nicht gegen die Möglichkeit ihrer Vervielfältigung in Individuen. 2. Beide Bestimmungen sind disparat. 2.26 c Begründung für 2.26 b 2 1. Gäbe es beispielsweise in Jesus eine unendlich intensive Gnade, so schlösse sie das Vorhandensein anderer unendlich oder endlich intensiver Gnaden nicht aus.
Die Gnade in Jesus sahlösse
ande~e
Gnaden, unabhän-
72
2.26 c 2
gig davon, ob sie unendlich intensiv sind oder niaht, nur insofern aus, als sie mit ihr niaht kompatibel wären. Kompatible Gnaden läßt sie zu, unabhängig davon, ob sie unendlich oder endliah intensiv sind. Die Existenz unendlich heißen Feuersam Orte l' wäre sowohl mit der Existenz unendlicher Trockenheit an l' als auah mit der Existenz unendlich heißen Feuers an l'' vereinbar. 2. Dieses Argument betrifft ein Akzidens, doch geht aus ihm hervor, daß es jene intensive Unendlichkeit, die eine Vervielfältigung der Engel in Individuen ausschließen soll, auch bei geschaffenen Substanzen nicht geben kann. 2.27 a Durchspielen der zweiten Möglichkeit: extensive Unendlichkeit 1. Man könnte stattdessen sagen, die Unendlichkeit nach 2.25 b 3, die die Vervielfältigung der Engelindividuen innerhalb einer Art unmöglich machen soll, sei als extensive Unendlichkeit anzusehen. 2. Aber dann bewiese man erstens die Behauptung durch sich selber, denn "Extension" bedeutet bei diskreten Quantitäten dasselbe wie "Vervielfältigung der Individuen".
Man sagte näm liah: "Die Vervie lfä l tigung der Engel innerhalb einer Art ist deshalb unmöglich, weil Engel extensive Unendlichkeit, d.h. unendliche Vervielfältigung der Individuen, haben". Zu "extensive Unendlichkeit" s. 2.25 a E. Der hier verwendete Sinn von "Extension" ist noah heute in der Logik der Klassen üb Ziah. 3. Man redete zweitens widersprüchlich, denn wenn jeder Engel ein Individuum ist, dann kann es in ihm nicht nochmals extensive Unendlichkeit, d.h. unendliche Vervielfältigung in Individuen, geben.
Dazu 1.3 a, b. Diese These wird später im Zusammenhang mit der Einführung solaher Organismenlehren schwierig, die mit der Vorstellung von Mikroorganismenverbänden operieren. Durah sie werden Neufassungen des Individuumsbegriffes notwendig, zu denen u.a. Leibniz' Theorie vom geschlossenen Individuum gehört.
2.27 b
73
2.27 b Einwand und Erwiderung 1. Engel enthalten extensive Unendlichkeit nur der Möglichkeit nach ("virtuell"), nicht als wirkliche Bestimmtheit ("formell"). 2. Antwort: Man hat bei diesem Einwand unterlassen, "virtuelle Unendlichkeit" und "Enthalten" zu definieren. 3. Das ist bedauerlich, besonders, weil aufgrund von 2.26 die Möglichkeit einer Definition unter Verwendung von "intensive Unendlichkeit" entfällt. 4. Man kann mithin keinen Grund angeben, weshalb die Vervielfältigunq der Engel in Individuen ihrer Vollkommenheit widerstreitet. 2.27 c Resume 1. Es ist nicht unmöglich, daß Endlichkeit, zumindest bei nichtmateriellen Formen, auf etwas anderem als Materie beruht. 2. Sie könnte beispielsweise auf der Individualdifferenz oder auf der Entität beruhen, sofern Gott entweder einen Engel gerade so hat schaffen wollen oder sofern jeder Engel als Person existiert.
Die Alternative nimmt Bezug auf die Entität (vgZ. 6.1 a E), die im Sechsten Abschnitt aZs das eigentZiahe Individuationsprinzip erkannt wird; sie nimmt ferner Bezug auf das Suppositum ("Person") aZs das Individuationsprinzip der gewöhnZiehen Sprache (vgZ. 5. 10 d). 3. Deswegen hat man kein Recht zu behaupten, daß die Artnaturen der Engel wegen der Unendlichkeit der Engel nur ein einziges Individuum zulassen. 2.28 a Zweiter Einwand zur Rettung der Gegenthese 2.22 c 1. Man könnte sagen, daß die positive Individuation der Engelindividuen der Immaterialität der Engel widerspricht. 2. Was nämlich keine Materie hat, das kann nicht durch Materie, sondern allenfalls durch seine Form oder durch sein Artwesen vervielfältigt werden. 3. In diesem Falle liegt aber numerische Vervielfältigung nicht vor, denn "numerische Vervielfältigung" ist gleichbedeutend mit "Vervielfältigung durch Materie".
74
2.28 b 1
2.28 b Entgegnung auf 2.28 a 2 -
3
1. Versteht man unter "Materie'' und ''Form'' in
2.28 a 2 Materie und Form im Sinne der Physik, so ist bislang für die Behauptung kein Grund erbracht (vgl. 2.24 d E). 2. Außerdem beweist man in 2.28 a 3 die Behauptung durch sich selbst. 3. Man setzt nämlich kurzerhand fest, daß "numerisch verschieden sein" und "materiell verschieden sein" dasselbe bedeutet, und beweist allein damit, daß es numerische Verschiedenheit allein aufgrund von Materie geben kann. 2.28 c Zur Beweiskraft von 2.28 a 3 bei "Materie" im physikalischen Sinn 1. Dann trifft der Satz für materielle Dinge in einem partiellen Umfang zwar zu.
Diese Disputation, DPitteP Absahnitt, wo am Ende aLs dPitte Meinung die Ansiaht vertreten und gebiLLigt wiPd, daß die Materie zWaP niaht das PPinzip des IndividueLLseins der matePieLLen Dinge, wohL abeP das PPinzip ihreP sinnLichen UntePsaheidung durah uns und füP das Agens deP AnLaß ihPes VersahiedenwePdens ist (3.29 a - 3.32 d). 2. Aber daraus folgt für das Sprechen über immaterielle Individuen nichts, denn "individuell sein" bedeutet mehr als "aufgrund von Materie verschieden sein''.
3. "Numerisch verschieden sein" bzw. "individuell verschieden sein" bedeutet "der Entität nach verschieden, der Art nach aber ähnlich sein". 4. Eine solche Explikation widerstreitet aber geistigen Wesen nicht mehr als körperlichen (s. 6.18). 2.28 d Zur Beweiskraft von 2.28 a 3 bei "Materie" im metaphysischen Sinn 1.
''Materie'' und ''Form'' haben außer ihrem physi-
kalischen Sinn auch einen metaphysischen, wonach ''Form'' dasselbe wie riell'' dasselbe wie
''abstraktes Artwesen'' und ''mate''das abstrakte Artwesen einer
Entität konkretisierend" bedeutet (vgl. 2.24 d E). 2. Bei diesem Sinn ist es kein Widerspruch zu sagen, daß zwei Engel derselben Art materiell (d.h. ihrer Entität nach) verschieden sind.
2.28 d 3
75
3. Daß sie wie vollständige Formen und nicht wie Menschenseelen, die unvollständige Substanzen darstellen, verschieden sind, bewirkt nicht notwendig, daß sie auch in dem hier verwendeten Sinn formell, d.h. der Species nach, verschieden sind. "Forma completa" bedeutet hier das GegenstUak zu "substantia incompleta", das eine Form bezeiahnet,
die niaht fUr siah selbst subsistiert, sondern der Ergänzung durah physisahe Materie (wie die mensahZiahe Seele) bedarf. Dazu DM 33, 1.4-28; 26, 331 b - 338 b. 2.29 a Erste Bestätigung für die Vierte These 2.21 a anläßlich des Beispiels aus 2.28 d 3 1. Die menschliche Seele ist physisch einfach. 2. Aber auch sie wird nicht durch ihr bloßes Artwesen individuell. 3. Auch bei ihr tritt anläßlich der Individuation gedanklich etwas hinzu und bewirkt, daß sie metaphysisch zusammengesetzt wird. 2. 29 b Einwand gegen 2.29 a und Erwiderung
"Transzendental" bezeiahnet im strengen Sinn den Gegensatz zu "prädikamentaZ" ("an eine Kategorie gebunden"). Bei weniger strengem Spreahen kann "transzendental" auah aZZes heißen, das zur Essenz eines Dinges geh8rt - die Essenz eines Dinges ist sein Sein, bei Sein assoziiert siah "transzendental". Diese Bedeutung verwendet auah der folgende Einwand, sie ergibt siah aber aufgrund der suarisahen Einteilung der RelationenZehre sahon aus dem strengen Spraahgebrauah. Im Gegensatz zur Mehrheit der Autoren bezeiahnet nämZiah Suarez mit "transzendentale Relation" niaht dasselbe wie mit "bloß verbale ReLation" ("relatio secundum dici"), sondern die (neben den prädikamentaZen Relationen) zweite Unterklasse der realen Relationen, die den bloß mentalen oder bloß verbalen Relationen gegenaberstehen (DM 47, 3.9; 26, 797 a, b). "Es gibt eine gewisse Klasse von realer Beziehung mit einer besonderen und bestimmten Seinsweise, die eine eigene Gattung des Seins konstituiert, und derartige Klassen sind prädikamentaZe Relationen. Außer diesen gibt es aber andere und genau so wahre und wirkZiahe Beziehungen, die dem Wesen naah zu versahiedenen, ja zu beinahe aZZen Gattungen des Seienden gehBren und deshalb "transzendental" heißen, weil sie niaht zu einer
76
1.29 b 1
bestimmten Kategorie gehören, sondern durah alle sahweifen"(ebd. 3.1o; 797 b). BeispieZe: die Form (etwas Aktives),bestimmt durah ihre Beziehung auf die Materie (etwas Passives); die Potenz, ein Akzidens zu bekommen, bestimmt durah ihre Beziehung auf den Akt; der Habitus zu einer Tätigkeit, bestimmt durah seine Beziehung auf diese Tätigkeit. Da diese Bestimmtheiten zur Besahreibung des Wesens gehören, sind sie ein TeiZ der Begriffsexplikation (ebd. 3.11; 797 b - 798 a). Es widerspriaht dem Wesen des niahtreZationalen Seienden niaht, daß eine derartige Relation in ihm eingesahZossen ist. Wahrsaheinliah sahließt sogar das Wesen alles gesahaffenen Seienden eine transzendentaZe ReZation ein, nämZiah die, ein Seiendes aufgrund von Teilhabe zu sein, das notwendig von Gott als demjenigen abhängt, der aufgrund seines Wesens existiert (ebd, 3.12; 798 a, b). Zumal von den unvollständigen Substanzen (s. oben 2.28 d E), zu weZahen die mensahliahe Seele gehört, weil sie auf Ergänzung durah die Materie angelegt ist, ist keine so absolut, daß sie niaht in ihrem Wesen eine transzendentale Beziehung einsahließt, wie an der Form, dem Akzidens und der Potenz zu sehen ist. Diese Beziehung ist ein Teil des Wesens, und weil man sie niaht auf eine einzige Kategorie zuruakfuhren kann, heißt sie "transzendental" (ebd. 3.13; 798 b f.). 1. Die Seele wird durch ihre transzendentale Beziehung auf den Leib individuiert, eine transzendentale Beziehung aber ist ein Teil des Wesens; ergo wird die Seele durch ihr bloßes Wesen individuiert. 2. Antwort: (1.) ist bisher nicht bewiesen, und daher darf man mit demselben Recht das Gegenteil behaupten, nämlich: "Diese Seele hat diese individuelle Beziehung auf den Leib, weil sie diese individuelle ist"(vgl. 6.4 d, e; 6.6 a - 6.13 b). 2.29 c Fortführung von 2.29 b 2 1. Auch hat der Einwand 2.29 b 1 mit dem gegebenen Problem nichts zu tun, denn die vorgeschlagene Antwort läßt sich entsprechend auf den Sachverhalt bei Engeln übertragen. 2. Die Seele, zu deren Wesen die Beziehung auf diesen Leib gehört, bekommt ihre Individuation aufgrundeines gedanklichen Hinzutretens (s. 2.16 d), und diese Individuation determiniert die allgemeine Beziehung auf einen menschlichen Leib dazu, eine
2.29 c 3
77
bestimmte Beziehung auf einen bestimmten Leib zu sein (vgl. 6.4 e 3). 3. Entsprechend wird ein Engel, dessen Wesen keine transzendentale Beziehung auf einen Leib enthält, nicht aufgrund einer solchen Beziehung, sondern aufgrund einer gedanklichen Hinzufügung individuell. 2.29 d zweite Bestätigung für die Vierte These 2.21 a 1. Ähnlich ist es bei geistigen Akzidentien. 2. Bei ihnen tritt mit der Individuation etwas zur Art hinzu, gleichgültig, ob sie an demselben Subjekt oder an verschiedenen Subjekten sind. 3. Deswegen können geistige Akte in demselben Subjekt zumindest nacheinander vervielfältigt werden (s. Neunter Abschnitt), und daß sie es können, geht daraus hervor, daß im Intellekt eines Engels verschiedene Tätigkeiten von derselben Art erfolgen können.
Trate niahts Individuierendes hinzu, so hande~te es sieh, wenn derse~be Enge~ mehrmals dasselbe erkennt, stets um numerisah dense~ben geistigen Akt; daß dies aber niaht der Fall ist, zeigt prinzipiell der Neunte Absahnitt (s. 9.3 a). 4. Wenn es aber bei geistigen Akzidentien eine positive Individuation gibt, so ist nicht einzusehen, weshalb sie bei geistigen Substanzen nicht möglich sein soll. 2.29 e Ähnliche Bestätigungen 1. Entsprechende Beispiele findet man bei allen unzusammengesetzten Entitäten. 2. Sie sind aus sich numerisch verschieden, ohne daß eine weitere Entität hilfsweise tätig wird. 3. So ist es bei Materien und Quantitäten, und es ist nicht einzusehen, weshalb es bei den Engeln anders sein sollte, bei deren Individuation die Materie sicher nicht hilfeweise tätig wird, wie jeder zugibt. 2.3o a Dritte Bestätigung für die Vierte These 2.21 a 1. Wer lehrt, Gott könne nicht mehrere nur numerisch verschiedene Engel erschaffen oder er könne nicht böse Engel vernichten und stattdessen andere Engel derselben Art ("ähnliche Engel") erschaffen,
78
2.3o a 2
der stellt Gottes Macht ohne Grund als eingeschränkt dar und widerspricht der sententia aommunis. 2. Selbst Thomas und Ferrariensis lehren nämlich, daß Gott (der nichts Widersprüchliches tut, vgl. 1.5 a E) aufgrundseiner absoluten Macht nur numerisch verschiedene Engel erschaffen könnte, obgleich er es wegen der Ordnung der von ihm erwählten Natur nicht tut.
Wenn Gott siah an die Naturordnung h~Lt (s. 7.J g J E), die er in Freiheit erLassen hat, so sagt man, daß er kraft seiner potentia ordinata handeLt. Wenn er es dagegen für riahtig h~Lt, etwas zu tun, das aLs soLahes zwar widerspruchsfrei ist, aber der von ihm erLassenen Ordnung der wirktiahen WeLt niaht entspricht, so sagt man, daß er kraft seiner potentia absoluta handeLt. VgL DM Jo, 17. J6; 26, 217 b f. 2.3o b Folgerung aus 2.3o a 2 1. Ob Gott aufgrund seiner potentia ordinata oder aufgrund seiner potentia absoLuta nur numerisch verschiedene Engel erschaffen kann, ist für die gegenwärtige Frage belanglos. 2. Denn daß er es überhaupt kann, beweist zur Genüge, daß Engel nicht aufgrund ihrer bloßen Artnatur individuell sind. 3. Sonst wäre ihre numerische Vervielfältigung innerhalb der Arten so widersprüchlich wie die Vervielfältigung eines Individuums, aber Widersprüchliches tut Gott weder kraft seiner potentia ordinata nochkraftseiner potentia absoLuta (vgl. 1.5 a E). 2.3o c Vierte Bestätigung für die Vierte These 2.21 a 1. Im übrigen ist es unsinnig zu sagen, im Engel existiere die reine Artnatur (so, wie sie uns bei Körperdingen durch Abstraktion bekannt wird), doch widerstreite es ihr innerlich, in mehrere Individuen vervielfältigt zu werden. 2. Denn gehörte die Bestimmung, nur in einem einzigen Individuum existieren zu können, tatsächlich zu dieser Artnatur, so wäre es unangemessen, mit Ausdrücken wie "Indifferenz" oder "Mitteilbarkeit" bei ihr zugleich auch Allgemeinheit zu unterstellen. 3. Allgemeinheit wäre mit einer solchen Artnatur nicht vereinbar, wie das Beispiel der göttlichen Natur beweist (vgl. 2.21 b).
2.3o d
79
2.3o d Schlußfolgerung aus 2.22 c - 2.3o c 1. Es ist richtiger, im Sinne der Vierten These 2.21 a zu sagen, daß es bei Geistern wirkliche Arten und jenen Typ von Individuation gibt, bei dem zur Artnatur etwas gedanklich hinzutritt ("positive Individuation"). 2. Demnach ist zuzugeben, daß es auch bei Geistern mehrere Individuen unter einer Art geben kann. 3. Ob es sie aber nur möglicherweise oder auch wirklich gibt, das ist nicht hier, sondern in der dafür zuständigen Theologie zu entscheiden.
I. Behandlung der Gegenargumente Mit 2.31 a beginnt der Tei~ des Zweiten Absahnitts, der der Wider~egung der Gegenargumente im k~assi sahen Artike~ entspriaht (vg~. erste Er~. vor 1.1 a). Dortware 2.31 a mit den Worten "Ad primum dicendum"
einzu~eiten.
1. Behandlung der scotistischen Argumente
Der saah~iahe Spie~raum für die Entsaheidung des Autors ist festge~egt. Man hat den Saotisten darin Reaht zu geben, daß sie die Korre~ate von ·~rtna tur" und "Individua~differenz" ftlr etwas Rea~es ha~ ten. Das Korre~at von ·~rtnatur" ist das Individuum, das Korre~at von "Individua~differenz" ist ebenfa~~s das Individuum (vg~. 2.16 d 2 E und 2.19 a 4 E). "Artnatur von A" entsteht, wenn von dem Individuum A ein weniger deut~iaher Begriff gebi~det wird; "Individuum A" entsteht, wenn von dem Individuum A ein deutUaher Begriff gebi~det wird; und "Individua~differenz von A" entsteht, wenn siah jemand a~~ ein auf die Komponenten von "Individuum A" konzentriert, die niaht zug~eiah Komponenten von "Artnatur von A" sind. - Wahrend man bei der Behauptung der Rea~itat der Korre~ate von "Artnatur" und "Individua~differenz" den Saotisten Reaht geben muß, denn das Individuum ist rea~. kann man ihnen bei der Bestimmung des Untersahiedes zwisahen beider rea~en Korre~aten ("Rea~untersahied") niaht beistimmen. Denn das rea~e Korre~at von "Individuum A" ist mit dem rea~en Korre~at von "Artnatur von A" identisah (vg~. 2.14 b E und 2.18 d E). Entspreahend müssen a~le saotistisahen Argumente abgewiesen werden, die dieser Identität niaht Reahnung tragen.
So
2.31 a 1
2.31 a Behandlung des ersten Arguments
(2.2 b)
Die Beispiele in 2.2 b belegen nur, daß die Artnatur, sofern sie existiert, von den Individuen nur gedanklich verschieden ist, und daß bei der Individuation etwas nur gedanklich Verschiedenes zu ihr hinzutritt. 2. Das Allgemeine als der Gegenstand der Wissenschaft muß von den Dingen nicht real getrennt sein, es wird vielmehr durch gedankliche Operationen aus ihnen abstrahiert. 3. Dies wird am Seinsbegriff (dem allgemeinsten Begriffe) klar, den die Wissenschaft der Metaphysik behandelt: sein gegenständliches Korrelat existiert nie als solches, sondern immer nur als ein zu Individuen bestimmtes (vgl. 2.18 d E). 1.
2. 31 b Bemerkung hinsichtlich der Proprien 1. Sagt man wie 2.2 b 1 (c) und wie 2.2 b 2 (c), daß die Artzugehörigkeit der Grund des Vorhandenseins der Proprien in den Individuen ist, so bedeutet "Grund" etwas anderes als "physische Ursache", denn das Menschsein ruft nicht durch eine bestimmte Tätigkeit in Peter die Lachfähigkeit hervor. 2. Man gibt durch Aussagen dieser Art lediglich den Grund an, weswegen Peter des Lachens fähig ist: er gehört zur Species Mensch, zu deren Merkmalen u.a. die Lachfähigkeit gehört.
2.32 a Behandlung des zweiten Arguments
(2.3 a -
c)
"Verschiedensein" ist mehrdeutig; wer übersieht, daß nicht alles, was gedanklich und sprachlich unterscheidbar ist, auch real verschieden sein muß, der verwickelt sich und andere in trügliche Schlüsse (vgl. 2.15 a). 2.32 b Beispiel für 2.32 a 1. Der abstrakte Begriff "Mensch als solcher" enthält nicht die Bestimmung "Individualdifferenz", wie 2.3 a mit Recht erklärt, denn er ist durch Abstraktion von Individuen zustande gekommen. 2. Das Verfahren seiner Rückbeziehung auf Individuen kann man so beschreiben, als würde er in Gedanken durch subspezifische Differenzen oder durch die Individualdifferenz determiniert.
2.32 b 3
81
3. Nach dieser Beschreibung ist zum Artbegriff "Mensch" etwas hinzugetreten, allerdings nur dem Gedanken nach. 4. Der Grund ist einfach: der abstrakte Artbegriff "Mensch als solcher" ist ein Produkt des Verstandes, das nur in Gedanken existiert. 2.32 c Zwei Bedeutungen von "außerhalb der Wesenheit". Erste Bedeutung
1. Ob die Aussage in 2.3 c über die real~ Verschiedenheit dessen, was zur Wesenheit gehört und was außerhalb der Wesenheit ist, zutrifft, hängt davon ab, was man mit "außerhalb der Wesenheit" bezeichnet. 2. Man kann diesen Ausdruck entweder (A) auf die Realität oder (B) auf das Denken beziehen. 3. Ist (A) der Fall, so ist die genannte Aussage wahr, paßt aber nicht auf die Individuation. 4. Denn der Mensch als solcher existiert nicht unmittelbar, sondern nur in Peter, Paul usw., und sofern er in Peter, Paul usw. existiert, ist er individuiert, und die Individualdifferenz gehört unweigerlich zu ihm (vgl. 2.16 d 2 E).
"Menseh aLs soLeher" ist ein Begriff oder Denkprodukt, das das mensehLiehe Individuum Peter undeutlieh abbiLdet. "Peter" ist ein Begriff oder Denkprodukt, das Peter deutLieher abbiLdet und aLLe Bestimmtheiten von "Menseh aLs soleher" mitenthalt. Diejenigen Bestimmtheiten von "Peter", die "Peter" und 'Wenseh als soleher" nieht gemeinsam sind, haben als metaphysisehe Bedingung die Individualdifferenz. Bezeiehnet man "Menseh als soleher" als Wesenheit, so darf man sagen, daß die Intension zu "Individualdifferenz" niehts enthalt, das zugleieh die Intension zu "Wesenheit" enthieLte, oder daß "Individualdifferenz" außerhaLb von "Wesenheit" ist. Man muß siah aLLerdings klar maehen, daß die Intension zu "Individualdifferenz" ein Begriff ist und daß die Intension zu "Wesenheit" ebenfaLls ein Begriff ist. Zwar weisen solche Begriffe letztZieh auf das Individuum Peter zurück, aber der Weg ist komplizierter, als 2.32 d vermuten laßt. 2.32 d Einwand und Erwiderung
1. Dann hätten Peter und Paul nicht dieselbe Wesenheit. 2. Antwort: Real haben sie tatsächlich nicht die-
82
2.32 d 3
selbe Wesenheit, aber weil der Verstand den abstrakten Begriff "Mensch als solcher" bilden kann, haben sie in Hinsicht auf diesen Begriff ("dem Gedanken nach") dieselbe Wesenheit. 3. In Wirklichkeit aber haben sie lediglich ähnliche Wesenheiten, und deshalb kann in diesem Kontext "sich wesensmäßig unterscheiden" reale Verschiedenheit von Wesenheiten bei gleichzeitiger Ähnlichkeit von Individuen bedeuten. 4. Diese reale Ähnlichkeit von Individuen ist der Anlaß zur Bildung des Artbegriffes, der eine gedachte Wesenheit repräsentiert, und insofern (nämlich dem Gedanken nach) haben Peter und Paul dieselbe Wesenheit. 5. Das ändert nichts daran, daß sie der Realität nach verschiedene Wesenheiten haben - Ähnlichkeit ist eine Art von Verschiedenheit. 6. Lediglich die Äußerung in 2.3 a, daß in Gott Vater, Sohn und heiliger Geist dasselbe Wesen haben, ist auf die Wirklichkeit und nicht auf das Produkt einer geistigen Operation von Menschen zu beziehen.
Dies entspriaht der UniversalienZehre Oakhams und des KonzeptuaZismus, die sp~ter in Zeiaht modifizierter Form u.a. bei John Loake ersaheint. VgZ. E. Hoahstetter: "Studien zur Metaphysik und ErkenntnisZehre WiZheZms von Oakham~ BerZin-Leipzig 1927, v.a. S. 85, sowie P. Ph. Boehner OFM: "CoZZeated ArtiaZes on Oakham", hrsg. v. EZigius Buytaert OFM, St. Bonaventure, Louvain, Faderborn 1958, v.a. S. 156 - 174. Dort finden siah BelegstelZen aus den versahiedenen Stadien der Theorie, von denen hier z.B. Ordinatio d.2, q.8 F von Interesse ware: "Talia ficta non sunt realiter similia, sed magis dissimulantur et distant a substantia plusquam ac accidentia. Tamen sunt talia in esse obiectivo qualia sunt alia in esse subiectivo. Et hoc habet intellectus ex natura sua, talia fingere qualia cognoscit extra." 2.32 e Zweite Bedeutung von "außerhalb der Wesenheit" 1. Ist 2.32 c 2 (B) der Fall, so bedeutet "außerhalb der Wesenheit des Dinges" alles das, an das man nicht denken muß, wenn man den Artbegriff denkt. 2. Eine Aussage, die "außerhalb der Wesenheit" in dieser Bedeutung verwendet, unterstellt nicht reale, sondern nur gedankliche Verschiedenheit.
2.32 e 3
83
3. In diesem Sinn bringt die Aussage, P sei außerhalb der Wesenheit von M, nur zum Ausdruck, daß man von M auch dann noch angemessen sprechen kann, wenn man P nicht erwähnt.
Man kann angemessen uber den Mensahen spreahen, ohne zu erw~hnen, daß Peter sahwarze Haare hat. Daraus folgt aber niaht, daß in Peter das Menschsein vom Schwarzehaarehaben real getrennt ist. Beides ist vielmehr in Peter real vereinigt. 2.33 a Behandlung des dritten Arguments (2.4) 1. In keinem realen Stadium existiert der abstrakte Mensch als solcher, sondern immer nur Peter und Paul. 2. Das Menschliche in Peter oder Paul wird durch dieselbe Ursache wie das Peterhafte in Peter oder das Paulhafte in Paul konstituiert, denn Natur und Individualdifferenz sind im konkreten Individuum nicht real verschieden. 3. Auch gibt es kein reales gemeinsames Konstitutiv für das Menschliche in allen Menschen, vielmehr wird den existierenden individuellen Menschnaturen verbal bzw. in Gedanken deswegen eine Art Gemeinsamkeit zugesprochen, weil sie real einander ähnlich sind.
2.33 b Der Anlaß des Irrtums 1. Der Umstand, daß wir abstrahieren können, verleitet uns zu dem Schluß, dem abstrakten Begriffe "Mensch" müsse unmittelbar etwas Reales entsprechen. ( vg 1. 2 . 14 b E) . 2. Man darf jedoch nur schließen, daß das Menschliche von den Individualdifferenzen gedanklich verschieden ist (vgl. 2.16 d E).
2.33 c Res um~ 1. Bereits aufgrundder früheren Überlegungen zum Seinsbegriff (2.18 d) ist klar, daß man zwischen dem Peterhaften und dem Menschlichen in Peter keinen Realunterschied ansetzen darf. 2. Dasselbe wird später für höhere und niedrigere Gattungen bzw. Arten bewiesen (DM 6, 9; 25, 236 b -
244 b) .
Erl. vor 2.34
84
2. Behandlung der konzeptualistischen Argumente
Mit 2.34 beginnt das "Ad secundum dicendum" des Zweiten Abschnitts. Dieses gestaltet sich schwierig, weil der Autor selbst eine konzeptualistische These vertritt. Was über konventionellen Konzeptualismus hinausging, war eine differenziertere Würdigung der konkurrierenden Redeweisen, und allein in dieser Hinsicht lägen Polemiken nahe. Das ist kein großer Spielraum, und deshalb zieht der Autor seine zu knapp geratene Kritik am Ockhamismus durch längeres Verweilen bei einer Seitenfrage in die Länge (2.35 a - 2.35 d). Darin, daß der anläßlich dieser Seitenfrage Attackierte nicht etwa ein Ockhamist, sondern ein prominenter Thomist ist, liegt eine Pikanterie eigener Art. 2.34 Behandlung des ersten Arguments
(2.5 b)
1. 2.5 b beweist, daß die Individualdifferenzen von der gemeinsamen Natur nicht real verschieden sein können, sonst wären beide schon vor der Individuation individuell. 2. Es beweist aber nicht, daß zwischen der Individualdifferenz und der gemeinsamen Natur keine gedankliche Verschiedenheit bestehen kann.
Das ist für den Autor entscheidend, denn er will zeigen, daß es bei dem Streit zwischen Scotisten und Konzeptualisten bzw. Thomisten um verschiedene Dinge geht. 2.35 a Beiläufige Behandlung des ersten Einwands Cajetans 1. 2.34 entkräftet zwei Einwände Cajetans gegen Scotus, die die erste und dritte These (2.8 a und 2.16 a) tangieren. 2. Der erste: "Ein singulärer Akt setzt eine singuläre Potenz voraus, daher müßte die Natur schon vor der Individuation individuell sein." 3. Antwort: Dies gilt für real verschiedene Potenzen und Akte, aber nicht für gedanklich verschiedene; Analoges gilt hinsichtlich der spezifizierenden Differenz (Akt) und der zu spezifizierenden nächsthöheren Gattung (Potenz). 2.35 b Beiläufige Behandlung des zweiten Einwands Cajetans 1. Der zweite Einwand lautet so:
"Was Paul zu-
2.35 b 2
85
kommt und Peter widerstreitet, setzt Verschiedenheit zwischen Peter und Paul voraus; nun widerstreitet Peter die Individualdifferenz Pauls; ergo setzt die Individualdifferenz zwischen Peter und Paul bereits Verschiedenheit voraus." 2. Antwort: Der Vordersatz ist unvollständig, denn es müßte hinzugefügt werden: "oder bewirkt sie"; dadurch verliert das Argument schon aus formalen Gründen seine Kraft.
Zur formaLen Argumentation: Die Menge der Eigenschaften, die einem Individuum zukommen und einem anderen widerstreiten, ist nicht identisch mit der Menge der Eigensqhaften, die die Verschiedenheit dieser beiden Individuen voraussetzen (von ihr bewirkt werden). Denn sie enthäLt außerdem die Menge der Eigenschaften, die die Verschiedenheit der beiden Individuen bewirken. DeshaLb ist die FormuLierung des Arguments in (1.) nicht voLLständig; im ersten HaLbsatz mUßte es mindestens heißen "setzt zum Teil die Verschiedenheit beider voraus". Damit ist dieser HaLbsatz jedoch aLs partikuLärer Satz ausgewiesen. Da nach den formaLen RegeLn (der Form) des SchLießens aus einer partikuLären affirmativen Prämisse nichts universeLL Affirmatives foLgen kann, verst8ßt das Argument in 2.35 b 1 gegen die Form, d.h. die formaLen RegeLn, des SchLießens und ist infoLgedessen "verm8ge der Form ein wenig schwach". Zum Sachargument: WeshaLb muß die Menge der Eigenschaften, die x zukommen und y widerstreiten, aLs Untermenge auch die Menge der Eigenschaften enthaLten, die die Verschiedenheit von x und y bewirken? Peters Entität kann Peters Verschiedenheit von PauL nicht voraussetzen, weiL es vor ihr noch keinen Peter gibt. Sie konstituiert ihn und bewirkt dadurch erst die Verschiedenheit des existierenden Peters von dem existierenden PauL. Nichtsdestoweniger ist es wahr zu sagen, daß Peters Entität Peter zukommt und PauL widerstreitet. 2.35 c Das Argument in 2.35 b 1 schließt einen Realunterschied zwischen Artnatur und Individualdifferenz aus 1. Bezieht man es statt auf Peter und Paul auf die gemeinsame Natur, so widerlegt es zwar den angeblichen Realunterschied zwischen Individualdifferenz und gemeinsamer Natur. 2. Denn bei verschiedenen Individuen sind die Naturen real verschieden; wenn auch die Differenzen von den Naturen real verschieden (und das schließt
86
2.35 c 3
ein: wenn sie real getrennte singuläre Entitäten) wären, dann setzte Peters Individualdifferenz das Verschiedensein Peters und Pauls voraus, statt es zu bewirken. 3. Denn sie setzte eine ihr zug~ordnete singuläre Potenz voraus und könnte deshalb keine Individualdifferenz sein. 2.35 d Das Argument in 2.35 b 1 schließt einen gedanklichen Unterschied zwischen Artnatur und Individualdifferenz nicht aus 1. Wenn man eine nur gedankliche Verschiedenheit zwischen Artnatur und Individualdifferenz unterstellt, so sticht das Argument nicht für den Fall, daß die zu konkretisierende Natur (die nur etwas Mögliches oder Gedachtes ist) gemeint sein soll. 2. Es gibt ja nicht real die zu verwirklichende Natur Peters und die zu verwirklichende Natur Pauls, der Peters Individualdifferenz widerstreitet; sondern Peters zu verwirklichende Natur und Pauls zu verwirklichende Natur sind beide nur etwas Gedachtes, nämlich die Menschennatur, und insofern geradezu dasselbe. 3. Soll aber die bereits konkretisierte Natur gemeint sein, so gilt, daß in der Wirklichkeit nur ein ungeteiltes Individuum Peter oder Paul existiert, bei dem es einen realen Unterschied zwischen der Natur und der Individualdifferenz nicht gibt. 2.36 Behandlung des zweiten Arguments
(2.5 c)
1. Daß ein Ding nicht durch das Hinzutreten von etwas Positivem individuell werden kann, ist wahr, wenn man sich auf den unmittelbaren Formalgrund des Individuellseins bezieht (vgl. 2.7 a, b). 2. Denn der unmittelbare Formalgrund der Individuation ist die Negation nach 1.2 d. 3. Bei der gegenwärtigen Untersuchung handelt es sich aber gemäß der Festsetzung in 2.7 c nicht um diese Negation, sondern um das metaphysische Prinzip, dem sie zukommt. 4. Daher verfehlt das Argument in 2.5 c das Thema, die Individualdifferenz, die man u.U. als "metaphysisches Individuationsprinzip" (im Gegensatz zum physischen Individuationsprinzip) bezeichnen könnte (vgl. 2. 1 E).
2.37 a
87
2.37 a Behandlung des dritten Arguments (2.5 d) 1. Daß das bei der Individuation Hinzutretende nichts Akzidentelles sein kann, geht aus den Argumenten zu 2.5 d bereits hervor; auch wird es im Dritten Abschnitt dieser Disputation bewiesen; und schließlich ergibt es sich aus dem Wortlaut der Dritten These (2 .16 a).
Der Dritte Abschnitt behandelt die thomistische These. die Materie sei das Individuationsprinzip der K8rper. Sofern des Näheren die von der Quantität gezeichnete Materie aZs Individuationsprinzip der K8rper angegeben wird. k8nnte vermutet werden. daß der aussahZaggebende Faktor bei der Individuation der K8rper die Quantität ist. Darin Zäge jedoch die Absurdität. daß ein Akzidens an der Individuation von Substanzen maßgebZiah beteiligt ist; vgZ. 2.5 d 3 (2) und 2.17 a 2 E. Das klingt im Dritten Abschnitt häufig an. z.B. in 3.11 f. g. 3.12 a. f. 3.19 b. 3.2o a. 3.24 c und 3.27 a. 2. Denn was von der gemeinsamen Natur nur gedanklich verschieden und in der Realität als Grund ihrer Konkretisierung mit ihr verbunden ist, das kann nicht ihr Akzidens sein. 2.37 b Anmerkung zu 2.5 d 1 1. Es ist der Sache nach richtig, daß die Individualdifferenz zum Wesen des Individuums gehört (im Gegensatz zum Wesen der Art) bzw. ihm essentiell ist, denn neben der Artnatur ist sie das zweite Konstituens des Individuums, das ohne sie weder sein noch gedacht werden kann, und entspricht insofern der Definition von "essentiell".
Ohne das. was mit "IndividuaZdifferenz" bezeichnet wird. k8nnte Peter nicht Peter sein. es ist für Peter wesentZiah. geh8rt zu Peters Wesen. "Wesen" pflegt aZZerdings etwas Spezifisches zu bezeichnen. während es soeben etwas sahZechthin Individuelles bezeichnete. Was daraus für die menschZiehe Erkenntnis zu entnehmen ist. klärt z.T. 2.37 d. Das Wort "Wesen" bzw. "wesentlich". das in Zusammenhang mit "IndividuaZdifferenz" im Prinzip verwendet werden k8nnte. wird mit Rüaksiaht auf den eingeführten Sprachgebrauch für das Spezifische reserviert. Diese Bevorzugung des Spezifischen ist saahZiah begründet. da bei der mensahZiahen Erkenntnis das Spezi-
88
2.37 b 2
fische eine größere Rolle spielt als das Individuelle. Es wäre allerdings falsch, wenn man darin einen Vorzug des menschlichen Erkennens sehen wollte (vgZ. 2. 37 d, e). 2. Der akzeptierte Sprachgebrauch in Logik und Metaphysik, der mit Tendenzen des menschlichen Denkens zusammenhängt, gestattet es freilich nicht, die Individualdifferenz "essentiell" zu nennen; diese Bezeichnung ist der spezifischen Differenz vorbehalten. 3. Als zulässige Bezeichnungen für die Individualdifferenz bleiben "innerlich entitativ" und "dem Individuum gleichsam materiell" (vgl. 2.24 d E und 2.37c3). 2.37 c Erläuterung zu 2.37 b 2 1. Individuen derselben Art sind voneinander real verschieden und zugleich einander real ähnlich. 2. Das menschliche Denken hat die Tendenz, die Züge, in denen sie einander ähnlich sind, in einem Begriff zusammenzufassen, der der Repräsentant speziell der Artform und der Gegenstand der menschlichen Wissenschaft ist.
In der Tat ist die gemeinsame Artform der unmittelbare Gegenstand der menschlichen Wissenschaft. Aber dieser unmittelbare Gegenstand ist nicht etwas Reales, sondern etwas Gedachtes. Nicht in der Behauptung, daß die Species der Gegenstand menschlicher Wissenschaft ist, sondern in der Behauptung, daß die Species aZs solche existiert, liegt der Irrtum, gegen den 2.37 c 2 sich wendet. 3. Unter diesem speziellen Gesichtspunkt erscheint das Besondere an den Individuen gleichsam als etwas Zufälliges ("Akzidentelles") und kann insofern, da sein Gegenstück "formell" heißt, gleichsam als "materiell" bezeichnet werden. 2.37 d Zur Allgemeinheit der Wissenschaft 1. Der in 2.37 c 2 genannte abstrakte Begriff ist der Gegenstand der Definition, und die unterste definierbare Art ("Gesamtwesenheit" - ein verhältnismäßig inhaltsreiches Abstractum) gilt als Grundlage der menschlichen Wissenschaft. 2. Man sollte allerdings bemerken, daß diese Allgemeinheit eher ein Mangel als ein Vorzug derjenigen
2.37 d 2 E
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Art von Wissenschaft ist, die Menschen betreiben können: sie sind nicht fähig, auf alle Individuen oder gar auf ihre jeweiligen Akzidentien angemessen einzugehen.
Begriffe sind SimpLifikationen, zu denen wir aufgrund der EndLiahkeit unseres InteLLekts gezwungen sind. Eine Spraahe, die ein Wort für jedes Individuum hätte, wäre für uns niaht praktikabeL, und deshaLb benutzen wir Gattungsnamen. Die von ihnen bezeiahneten aLLgemeinen Begriffe werden zu unangemessenen SimpLifikationen, wenn wir vergessen, daß sie SimpLifikationen sind und daß wir zu ihnen gezwungen sind. Dagegen ist Gottes unendZiaher InteLLekt in der Lage, die Individuen mit aZZen ihren Besonderheiten zu erkennen. Deswegen kann siah Gott das Arbeiten mit Abstraktionen ersparen. 3. Denn Akzidentien sind entweder kontingent, und dann bleibt uns wegen unserer Unkenntnis des Planes der Welt der Grund ihres Zukommens verborgen; oder sie kommen dem Individuum aufgrund seines Wesens zu, doch kennen wir dieses Wesen zu wenig, als daß wir wissen könnten, wieso. 4. Auch ist ein endlicher Intellekt kaum in der Lage, die unendlich vielen Besonderheiten der Individuen zu verarbeiten, und deshalb behelfen wir uns mit abstrakten Begriffen.
Wir sind zu Abstraktionen gezwungen, die uns die angemessene Erkenntnis der Individuen ersetzen müssen, A) weiZ wir niaht erkennen können, weshaZb einem Individuum etwas, das ihm niaht notwendig zustoßen muß, in WirkLiahkeit zustößt. Denn wir kennen niaht den göttLiahen WeLtpLan, aufgrund dessen es beispieZsweise erforderLiah sein könnte, daß a gesahieht, damit b und a gesahehen können. B) Das individueZZe Wesen (vgL. 2.37 b 1), gLeiahsam die real essence des Individuums, ist uns niaht zugängZiah, und deshaLb ist uns verborgen, mit weLahem Grade von Notwendigkeit ihm diese oder jene Eigensahaft zukommt. C) Wir können aLs endLiahe Geister nur mit einer endLiahen AnzahZ von Zeiahen operieren, seien es Begriffe oder Wörter. Die Besonderheiten der Individuen sind aber unendLiah zahLreiah. Wir können beim Denken und Spreahen nur einen TeiL davon berüaksiahtigen und sind gezwungen, von den übrigen zu abstrahieren. Da wir jedenfaLLs zur Besahränkung gezwungen sind, ist es zweakmäßig, daß wir uns auf soLahe Zeiahen konzentrieren, die mögZiahst vieZe Besonderheiten von Individuen bezeiah-
9o
2.37 e 1
nen und uns verfügbar maahen. Deswegen ist das mensahLiahe Denken und Spreahen, das zu so vieLen Irrtümern AnZaß gibt, so konstruiert, wie es konstruiert ist. 2.37 e Aus der Allgemeinheit der Wissenschaft folgt nicht die Realität des abstrakt Allgemeinen 1. Das faute de mieux-Verfahren in der tatsächlichen menschlichen Wissenschaft darf uns nicht darüber täuschen, daß es keine realallgemeine Wesenheit gibt, sondern daß jedes Individuum seine besondere Wesenheit hat. 2. Wollte man diese angemessen beschreiben und erklären, dann müßte man für jedes Individuum eine eigene Definition aufstellen. 3. Auch dürfte jede individuelle Wesenheit ihre eigenen Proprien haben, wie immer deren ontologische Zuordnung sein mag. 4. Da wir zu einer solchen Wissenschaft wegen unserer Endlichkeit nicht in der Lage sind, müssen wir sie den Engeln oder Gott überlassen.
Erwagungen dieser Art, die auah Thomas von Aquino niaht fremd sind, wirken auf dem Hintergrund einer konzeptuaZistisahen Philosophie besonders pZausibeZ. Wiahtige Autoren der Neuzeit haben sie mit hoher WahrsaheinZiahkeit von der SahuZphiZosophie rezipiert; jede andere Hypothese setzt zahZreiahere und gewagtere Annahmen voraus (vg Z. Loakes "Essay" • z. B. Drittes Buah, 1.3, 2.5, 3.2-4, 9-13, 6.3, 9.18-2o, 35, 36; Viertes Buah, 3.9-1o, 1?.14 u.v.a.). Inzwischen ist es übZiah geworden, soZahe Erwägungen aZs kritisahe Einsiahten spezieZZ der Neuzeit anzusehen und zu untersteZZen, daß sie den vorhergehenden Epoahen versagt geblieben sind. Für unsere Selbsteinsahatzung und für unsere Ansiahten über historische Kontinuität ist es aber wiahtig zu sehen, daß soZahe UnterstelZungen faZsah sind. 3. Behandlung der thomistischen Argumente
Mit 2.38 a beginnt das "Ad tertium dicendum ... " des Zweiten Absahnitts. Es wirkt niaht sehr detaiZZiert, wahrsaheinZiah, weiZ die thomistische These, die in erster Linie eine These über das Individuationsprinzip und niaht eine These über die Individualdifferenz ist, im Dritten Absahnitt sehr ausführZieh behandelt wird; hier bestreitet Suarez ZedigZiah die Deakung der These durah die von ihr bean-
2.38 a 1
91
spPuahten Autopitäten (Metaph. 1oo5 a 35, 1o3? a 33 - b ?, 1o31 a 15 - 1o32 a 11, behandeLt in 2.38; De Anima 429 b 1o- 12, behandeLt in 2.39). DeP Passus ist niaht ohne Reiz, denn er zeigt das VerhaLten des Autors in einer deLikaten Autoritätensituation. Ein Resurne der SteLLungnahme zur thomistischen These bringen hinsiahtLiah der geistigen Individuen 2.4o a, b und hinsiahtLiah der kBrperliahen Individuen 2.4o a. 2.38 a Behandlung des ersten Arguments
(2.6 b-d)
1. Die Stelle 7 Metaph., 1o37 a 33- 1o37 b 7 (Anm. 14), auf die sich die Thomisten stützen, ist möglicherweise anders auszulegen. 2. Z.B. glaubt Alexander von Hales, daß dort materia nicht für die erste Materie oder für das eigentümliche Subjekt einer bestimmten Form (wie für Paul als eigentümliches Subjekt der Artform Mensch) steht, sondern ganz allgemein für solche Supposita, bei denen sich das Individuum von der Art real unterscheidet.
Diese Meinung ist soeben in 2.21-3o (Vierte These) begründet worden. 3. Was Alexander von Hales an Sachlichem behauptet, trifft zu, doch dürfte die Stelle anders zu deuten sein. 2.38 b Die Auslegung Alexanders von Aphrodisias 1. Alexander von Aphrodisias glaubt, daß Aristoteles in 1o37 a 33 - b 7 (Anm. 14) und in 1o31 a 15 - 1o32 a 11 (Anm. 15) dieselben Substanzen meint und daß er sie an beiden Stellen auf dieselbe Weise vergleicht. 2. Alexander schließt das aus dem Worte •erpnTaL" (1o37 a 21), das er als Rückverweis auf 1o31 b 15 1o32 a 11 versteht. 3. Dieses wird zwar bei der Textüberlieferung in 1o37 a 33 gewöhnlich nicht wiederholt, doch das ''xat
das
24)
~TL'' ebendort ist offenbar genau so wie ''xa't OLCt TL" (ebd. 22) und das "xal. ÖTL"
auf •erpnTaL" zu beziehen.
vorher (ebd.
Dieser Ansiaht ist auah Fonseaa, Metaph. Bd. III, KBLn 1615, s. 354, Anm. ee.
92
2.38 c 1
2.38 c Folgerung aus 2.38 b 1. Wenn beide Stellen (Anm. 14 und 15) tatsächlich denselben Sachverhalt intendieren, dann kann das Wort "erste Substanzen" in 1o37 b 1 - 2 nicht, wie Themas meint, dasselbe wie "immaterielle Substanzen" bedeuten, denn von immateriellen Substanzen ist in 1o31 a, b weder ausdrücklich noch implizit oder mutmaßlich implizit die Rede. 2. Auch spricht nichts dafür, daß Aristoteles die Gewohnheit hatte, "Wessen-etwas-ist" äquivok zu benutzen, nämlich einmal für das zu Definierende als eine sprachliche und einmal für das Suppositum als eine nichtsprachliche Entität; hätte er sie gehabt, dann könnte allerdings bei Anm. 14 und 15 von unterschiedlichen Sachverhalten die Rede sein. 3. 4 Metaph., c.3 (1oo5 a 35, Anm. 52) spricht nicht gegen die Position des Autors, weil erstens dort nach Meinung vieler Ausleger, z.B. des Averroes, "erste Substanz" für Gott steht und weil zweitens diese Stelle ganz andere Gegenstände behandelt als die Stellen von Anm. 14 und 15.
Zu (2.): 7 Metaph .• a.11. text. 4. hat "ab eo cuius est". 7 Metaph .• a. 6. text. 2o.21. hat "cum eo cuius est". das der Text hier nur nennt. naahdem es sahon 19 Zeilen vorher außerhalb eines Zitates ersahienen ist. - Zu (3.): Die Interpretation. die Averroes vorsahlägt. hält auah Fonseaa für mögliah; s. Metaphysik Bd. I. Köln 1615. aoll. 843 - 844. Anm. f. 2.38 d Fortführung von 2.38 b 1. Alexander von Aphrodisias versteht jedenfalls unter "erste Substanz" alle substantiellen Supposita, körperliche wie geistige, von denen die gemeinsame Natur nicht verschieden ist. 2. Die Definition von "erste Substanz" in 1o37 b 3 - 4 deutet er so, daß Substanzen im Gegensatz zu Akzidentien wie "Weiß" oder "Stumpfnasig" etwas in sich Bestehendes sind (vgl. 2. 6 c E) . 3. Von dem zusammengesetzten aus einem Subjekt als Materie und einem in diesem existierenden Akzidens sagt nämlich Aristoteles sogleich darauf, es sei etwas akzidentell Eines, so daß sein Wesen von dem Subjekt, dem es inhäriert, verschieden ist (s. 2. 6 c).
93
2.38 d E
Die ist rez dem
Verwendung von "Subjekt" in diesem Zusammenhang niaht befremdliah; das Wort bezeiahnet bei Sua(in einer Ubliahen Verwendung) u.a. dasjenige, eine Eigensahaft zukommt ("Substanz").
2.38 e Resuml! 1. Weil diese Auslegung wahrscheinlich und diejenige Themas von Aquinos nicht zwingend ist, spricht 1o37 a, b nicht gegen die Lehre des Autors. 2. Doch gibt es eine Interpretation, die vielleicht noch wahrscheinlicher ist als die Alexanders von Aphrodisias. 3. Es ist aber zweckmäßiger, diese nicht hier, sondern in einem späteren Zusammenhang zu erörtern (s. DM 34, 3.18-21; 26, 365 b - 366 b). 2.39 a Behandlung des zweiten Arguments
(2.6 e)
1. wenn die akzeptierte Auslegung von 3 De Anima, c.4, 429 b 1o - 12, richtig ist, so kann man dazu (wie Duns Scotus) nur sagen, daß eben Aristoteles dieser Ansicht war.
Der Autor spriaht hypothetisah. Ob tatsäahliah niahts anderes Ubrig bleibt, ist offen (vgl. 2.39 b 1). SeZbst bei BerUaksiahtigung dieser Unentsahiedenheit gibt der Passus ein Bild davon, was in diesem System traditioneller Legitimität gegenUber Autoritäten auah Uber die Interpretation hinaus noah m8gZiah ist, solange man gute GrUnde hat. 2. Müßte die Stelle auf die Engel bezogen werden, so hätte in der Tat (wie Scotus sagt) für Aristoteles zu folgen, daß es in einer Engelart nicht mehrere Engel geben kann. 3. Denn wenn es sie geben könnte, so gäbe es sie wirklich, weil bei ihnen als (nach Aristoteles) unmittelbar notwendigen Wesen Sein und Können (Wirklichkeit und Möglichkeit) dasselbe sind. 4. Auch könnten sie, wenn es mehrere gäbe, bis ins Unendliche vervielfältigt werden, so daß sie schließlich aktuell unendlich wären.
Was aber von dieser Folgerung zu halten ist, das weiß der Leser bereits aus 2.26-27. 2.39 b Die thomistische Auslegung ist ungewiß 1. Ob man 429 b 1o -
12 tatsächlich so auslegen
94
2.39 b 2
muß, als hätte Aristoteles die Engel fur unbedingt notwendige und ewige Wesen gehalten, ist ungewiß. 2. Es könnte sein, daß "Individuum" dort nicht im abstrakten Sinn der Metaphysik dasselbe bedeuten soll wie "singuläre Substanz" (im Gegensatz zu "Species"), sondern daß Aristoteles bloß im physischen Sinn von "Individuum" Gebrauch macht, sofern das Individuum real mit seinen Akzidentien behaftet ist.
Wenn es aber niaht um das Individuum im metaphysischen Sinne geht, dann geht es auah niaht um die IndividuaZdifferenz, sondern aZZenfaZZs um das physische Individuationsprinzip. Das Individuationsprinzip ist erst sp~ter zu behandeln, und foZgZiah verfehlt der Hinweis auf 429 b das jetzige Thema. 2.39 c Argument für 2.39 b 2 1. Dafür, daß diese Auslegung nicht abwegig ist, spricht Aristoteles' Bemerkung wenige Zeilen später (429 b 15), daß ein materielles Individuum Objekt des Wahrnehmungsvermögens ist. 2.Dies könnte für ein Individuum im Sinne der Metaphysik nicht zutreffen, denn die Sinnlichkeit perzipiert nicht Singularität, sondern jeweils etwas Singuläres; es trifft aber fur ein Individuum im physischen Sinne zu, denn die Sinnlichkeit perzipiert individuelle Akzidentien. 3. Die sinnliche Wahrnehmbarkeit ist übrigens ein praktikables Kriterium für die Unterscheidung von materiellen und geistigen Individuen.
2.38-39 sind aufschlußreich für die Behandlung von in der SahuZphiZosophie. GrundsätzZieh galt die Ubereinstimmung mit Autoritäten als das nahe_liegendste Kriterium für die ZuZ~ssigkeit wissenschaftlicher Aussagen. Das entspricht im Grunde dem Konsensprinzip, das auah heute gesah~tzt wird, wendet es allerdings in die Sukzessivit~t. während heute nur Simultankonsens erstrebt zu werden pflegt. Die frühere Festsetzung bot in der bisherigen Geschichte des Westens mehrmals praktische Vorzüge und war daher weniger abwegig, aZs man heute zu unterstellen pflegt. In einigen Situationen war sie denn auah besonders zweckmäßig, denn sie bot Garantien gegen ein Absinken unter den status quo der Wissenschaften und machte strittige Aussagen in einem beträchtlichen Umfang entsaheidbar. Das Autoritätsprinzip brachte u.a. die Gefahr zu großer Inflexibilität, doah wurde ihr durah die Methode der
Autorit~ten
2.4o a 1
95
IntePpPetation begegnet. Wie wiPksam diese Methode angewendet wePden kann, zeigen 2.38-39. In Ausnahmefällen, in denen IntePpPetation niaht zu akzeptablen Ergebnissen fuhrte, galt es als zulässig, siah unter Angabe guter Grunde in Widerspruah zu einer Autorität oder zu mehreren Autoritäten zu setzen. Dies tut Suarez, wenn auah nur sub condicione, in 2.39 a 1. 2.4o a Zusammenfassung 1. Bei immateriellen Dingen fungiert die gezeichnete Materie nicht als Individuationsprinzip (bei Körpern tut sie es auch nicht, wie der Dritte Abschnitt zeigen wird); nichtsdestoweniger muß es bei reinen Geistern etwas der Individualdifferenz Entsprechendes geben. 2. Denn auch immaterielle Dinge sind wirklich individuell, und zwar nicht vermöge ihrer Artnatur (vgl. 2.3o b). 3. Daher ist es falsch, sie als "subsistierende Artnaturen" zu bezeichnen.
Dies ist in der Vierten These (2.21-3o) hinlängZiah begrundet worden. 2.40 b Bedeutung von "Geistige Substanzen sind von selbst individuell" 1. Bezieht man in der Aussage "Geistige Substanzen sind von selbst individuell" "von selbst" auf die Artnatur, so ist sie erstens unbegründet und zweitens falsch.
Wer diesen FehZer begeht, deP setzt VOPaus, es gehe bei der Individuation allein um das Individuationsprinzip, und als soZahes komme nur die MatePie in Betraaht. Der Dritte Absahnitt wiPd zeigen, daß die Materie nur in einem sehr speziellen Sinn als "Individuationsprinzip" bezeiahnet wePden darf; und der Seahste Absahnitt wird zeigen, daß das Individuationsprinzip bei allen Dingen gZeiahermaßen die Entität ist. Der Zweite Absahnitt hat bereits gezeigt, daß bei deP Individuation außer deP physisahen Zusammensetzung auah die metaphysisahe Zusammensetzung bePuaksiahtigt wePden muß, die der physisahen Einfaahheit niaht widerspriaht (vgZ. 2.17 b E). Wer die Existenz von Individuen ohne Individualdifferenz und damit die Existenz von Individuen ohne die doppelte Negation naah 1.2 d untePsteZZt (denn jede
96
2.4o b 2
Negation bedarf einer positiven Grundlage), der übersieht, daß es auah eine metaphysisehe Zusammensetzung gibt und daß insofern die Saotisten niaht Unreaht haben. Das ist bei der Lehre der Thomisten über die Individuation der Engel der Fall. 2. Soll dagegen "von selbst" dasselbe bedeuten wie "aufgrund ihrer Entität", so ist es kein Widerspruch, auch bei geistigen Substanzen die Artnatur von der Individualdifferenz gedanklich (nicht real) zu unterscheiden (vgl. 6.1 a und 6.18). 3. In diesem Fall ist dieselbe Entität als reales Korrelat der beiden metaphysischen Aspektbegriffe anzusehen (vgl. 2.16 d E). 2.4o c Die Individualdifferenz der Körper 1. Für materielle Substanzen gilt bezüglich der Individuation fast dasselbe wie für geistige (vgl. 6.2-13 und 6.15-17). 2. Wenn man die gezeichnete Materie zu ihrem Individuationsprinzip ernennt, so ernennt man letzten Endes die Entität dazu, und zwar die ganze oder einen Teil von ihr, denn die Materie ist bei körperlichen Substanzen zumindest ein Teil der Entität. 3. An dieser aber hat man im Sinn der metaphysischen Zusammensetzung ein spezifisches Konstituens, aufgrund dessen sie als "Wesen" oder "Teil des Wesens" bezeichnet wird, und ein von diesem nicht real, sondern nur gedanklich verschiedenes individuelles Konstituens, aufgrunddessen sie als "Individualdifferenz" bezeichnet wird, gedanklich zu unterscheiden.
Bei einfaahen K8rpern bildet die Materie sozusagen die ganze Entität, bei leib-seelisahen Zusammensetzungen zumindest einen Teil der Entität. Die Entität ist das physisahe Prinzip der Individuation, denn sie ist die physisahe Grundlage der Individualdifferenz, die ihrerseits die metaphysisahe Grundlage der doppelten Verneinung ist. Damit ist intensiv auf die Entsaheidung der Frage im Seahsten Absahnitt vorverwiesen, v.a. auf 6.2-4 und 6.18. Zugleiah ist der Streit über die Individualdifferenz nun entsahieden. Die korrigierte saotistisahe These ist eine These über die Individualdifferenz. Die oakhamsahe These ist eine These über das Individuationsprinzip, die zu Unreaht unterstellt, ihr k8nnte eine These über die Individualdifferenz widerspreahen. Die thomistisahe These ist eine spezial-
2.4o c E Fs.
97
sprachliche Behauptung über das Individuationsprinzip. die ihre Vertreter für eine generelle Aussage halten. obgleich sie in Wirklichkeit nur für Körper gilt. und auah das nur unter bestimmten einsahrankenden Voraussetzungen. die im Dritten Abschnitt die Behandlung der dritten Interpretation (3.28 a - 3. 34 e) explizieren wird. Die Folge ist. daß die Thomisten glauben. mit ihrer These sei über die Individuation alles Erforderliche gesagt. und daher Erörterungen über die Individualdifferenz nicht mehr zulassen. Wie sich spater bestatigt (7.1 a). soll nunmehr die Individualdifferenz oder das metaphysische Individuationsprinzip auch in Hinsicht auf die Akzidentien als erörtert gelten.
GZiedePung des DPitten Abschnitts 3.1
VoPbehaZt
A. ZUM VERSTA'NDNIS DER FRAGE 3.2 a EPsteP EPtPag des Zweiten Abschnitts: Die IndividuaZdiffePenz konkPetisiePt die APt b zweiteP EPtPag des zweiten Abschnitts: Die IndividuaZdiffePenz ist von deP APtnatuP nuP gedankZich VePschieden. c Im DPitten Abschnitt wiPd es um das physische IndividuationspPinzip gehen d Die EPnennung physischeP Konstituentien zu Bezugspunkten fuP metaphysische PP~dikate ist nicht ungewBhnZich e "Konstituens" bedeutet immeP eine innePe UPsache f Im FoZgenden wiPd zuePst nach den Konstituentien kBPpePZicheP Substanzen gefPagt 3.3 Die thomistische These 3.4 a EPste und zweite BegPundung fuP 3.3 b DPitte BegPundung fuP 3.3 3.5 a Zum Gewicht deP BegPundungen fuP 3.3 b BehandZung deP epsten BegPundung fuP 3.3 (3.4 a 2} c BeZeg fuP 3.5 b aus Thomas d AusfZucht deP Thomisten 3.6 a BehandZung deP zweiten BegPundung fuP 3.3 b c d e f 3.7 a
b 3.8 a b
(3.4
a 3}
EPste IntePpPetation von "unmitteiZbaP" SteZZungnahme zuP epsten IntePpPetation von "unmitteiZbaP" (3.6 b 3} Zweite IntePpPetation von "unmitteiZbaP" und SteZZungnahme Die fuP die IndividuationsZehPe aZZein beZangPeiche metaphysische IntePpPetation von "unmitteiZbaP" Resume: DeP EPstsubstanzchaPakteP deP MatePie hat mit deP UnmitteiZbaPkeit deP KöPpeP nichts zu tun BehandZung deP dPitten BegPundung fuP 3.3 (3.4 b} FoPtsetzung von 3.7 a EPw~gung des weitePen VoPgehens PP~zisiePung deP thomistischen These: "von deP Quantit~t gezeichnete MatePie"
Gliederung
99
B. WIDERLEGUNG DER ERSTEN INTERPRETATION DES AUSDRUCKS "GEZEICHNETE MATERIE" 3.9 a b a
d
Wie lautet die erste Interpretation? Autoritäten fUr 3.9 a ZurUakfUhrung der These auf AristoteZes VernUnftige BegrUndung fUr 3.9 a
Erste Weise, die Interpretation 3.9 a zu widerlegen 3.1o a Die zu unterstelZende These b Konsequenzen aus der Behauptung, daß die Quantität die Materie versahieden maaht, unter Voraussetzung von 3.1o a a Einwand und Erwiderung: ist die Quantität materiaZursäahZiah vor der Form in der Materie? d Erläuterung zu 3.1o a 3 - 4 e SahZuß zu 3.1o a - d Zweite Weise, die Interpretation 3.9 a zu widerlegen 3.11 a Die These nebst Stellungnahme b Einwand gegen 3.11 a: Die Materie mit terminierten Dimensionen kann Individuationsprinzip sein a Erste Mögliahkeit, auf 3.11 b zu erwidern d Zweite MögZiahkeit, auf 3.11 b zu erwidern e Widerlegung von 3.11 d f Beweis fUr die zweite Behauptung in 3. 11 e 1 BegrUndungen zu 3.11 f g 3.12 a Bemerkung Uber die Beweiskraft von 3.11 g Dritte Weise, die Interpretation 3.9 a zu widerlegen 3.12 b Das Argument der Widerlegung a Erläuterung: Der Grund der Individualität ist zugZeiah der Grund der Versahiedenheit d Bekräftigung von 3.12 b, a e Anwendung von 3.12 b, a auf die Materie f Anwendung von 3.12 b, a auf die Quantität 3.13 a Einwand gegen 3.12 f 2: numerisahe und quantitative Einheit b Erwiderung auf 3.13 a Vierte Weise, die Interpretation 3.9 a zu widerlegen 3.14 a Das Argument der Widerlegung b BegrUndung fUr 3.14 a a Bestätigungaposteriori fUr 3.14 a 3.15 a Resume: Die Quantität setzt in der Materie Versahiedenheit voraus
loo
Gliederung
3.15 b c 3.16 a b 3.17 a
Beg~ündung fü~ 3.15 a Fo~tfüh~ung von 3.15 b Bestätigung fü~ 3.15 c 3 hinsicht~ich de~ situe~~en ve~schiedenheit Bestätigung fü~ 3.15 c 3 hinsicht~ich de~ quantitativen Ve~schiedenheit Ausf~ucht und K~a~ste~~ung: nume~ische Ein-
heit b Bestätigung
fü~
3.17 a 2 - 4
C. WIDERLEGUNG DER ZWEITEN INTERPRETATION DES AUSDRUCKS "GEZEICHNETE MATERIE" 3.18 a Wie fo~m
3.19
3.2o
3. 21
3.22
~autet
die zweite
Inte~p~etation? G~und
b Cajetans Sonde~fo~mu~ie~ung de~ Inte~p~eta tion in 3.18 a c "Die Quantität vo~ausbesitzen" bezeichnet keinen ande~en Sachve~ha~t a~s den von 3.18 a d Fo~tfüh~ung von 3.18 c e "Wu~ze~ und G~und~age de~ Quantität" bezeichnet keinen ande~en Sachve~ha~t a~s den von 3.18 a a Weite~e Sonde~fo~mu~ie~ung de~ Inte~p~etation in 3.18 a b E~ste Aus~egung de~ Sonde~fo~mu~ie~ung in 3.19 a c Zweite Aus~egung de~ Sonde~fo~mu~ie~ung in 3.19 a a E~ö~te~ung von 3.19 c K~itik des Einwandes in 3.2o a 3 - 4 b Zu~ückweisung eine~ fonsecaschen Ve~teidi gung Cajetans a A~gument de~ e~sten Weise, die zweite Inte~ p~etation des Ausd~ucks "gezeichnete Mate~ie" zu wide~~egen b Beg~ündung von 3.21 a 2 c Anwendung auf 3.18 b d Anwendung auf 3.19 a in de~ Ve~sion von 3.19 c e Anwendung auf 3.19 a in de~ Ve~sion von 3.19 b a A~gument de~ zweiten Weise, die zweite Inte~p~etation des Ausd~ucks "gezeichnete Mate~ie" zu wide~~egen b Beg~ündung fü~ 3.22 a 1:Was siege~t die Mate~ie nach dem Unte~gang de~ vo~he~gehen den Dispositionen? c Du~chspie~en von 3.22 b 3 d E~fo~gt die Siege~ung du~ch einen Modus?
Gliederung
3.22 e f g 3.23 a b a d 3.24 a b a 3.25 a
b 3.26 a b a d e f g 3.27 a b a
lol
Die UntePstellung eines Siegelmodus sahafft keine deP bishePigen SahwiePigkeiten aus deP We Zt DetePminiePen unmittelbaP vo~hePgehende Dispositionen zu dem Siegelmodus? DetePminiePt das Agens zu dem Siegelmodus? EPste MBgliahkeit hinsiahtliah deP Entstehungszeit: DeP Siegelmodus entsteht sukzessiv NähePe AusfühPung zu 3.23 a 2 Zweite MBgliahkeit hinsiahtliah deP Entstehungszeit: deP Siegelmodus entsteht instantan FoPtfühPung von 3.23 a EPste MBgliahkeit hinsiahtliah deP KategoPie: DeP Siegelmodus ist niaht substantiell BekPäftigung füP 3.24 a: EP müßte etwas Relationales sein Zweite MBgliahkeit hinsiahtliah deP KategoPie: DeP Siegelmodus ist niaht akzidentell VePziaht auf die Annahme eines Siegelmodus und UntePstellung. daß das Agens im EPstakt die DetePminiePung unmittelbaP voPnimmt UntePstellung. daß das Agens im Zweitakt die DetePminiePung unmittelbaP voPnimmt Ausfluaht VOP 3.25 b BekPäftigung füP 3.26 a 3 Welahe Kausalität kBnnen die voPhePgehenden Dispositionen naah 3.26 b 3 hinsiahtliah deP MatePie haben? Sie kBnnen niaht FoPmaluPsaahen sein Sie kBnnen niaht WiPkuPsaahen sein Anwendung auf Cajetans FoPmuliePung naah 3.18 b Resurne deP zweiten WidePlegung deP zweiten IntePpPetation (3.22 a- 3.26 f) ZuPFunktion deP WBPteP "innePliah und positiv" in 3.26 g 3 FoPtfühPung von 3.27 a Allgemeines Resurne deP WidePlegung deP zweiten IntePpPetation
D. BEHANDLUNG DER DRITTEN INTERPRETATION DES AUSDRUCKS "GEZEICHNETE MATERIE" 3.28 a TePminologisahe VoPbemePkung
1o2
Gliederung
3.28 bErste Behauptung: Die Materie ist niaht das innere Individuationsprinzip naah 3.2 d 3.29 a Zweite Behauptung: Die Materie ist das a~l gemeine Prinzip der Vervie~fä~tigung der Körper b Präzisierung von 3.29 a: die mit Quantität affizierte Materie a Einwurf gegen die zweite Behauptung: Die Materie ist das Prinzip der Vervie~fä~tigung in Arten d Entgegnung auf 3.29 a 3.3o a Dritte Behauptung: Die Materie ist bei Körpern der Grund fUr die Determinierung zu bestimmten Individuen b Der Grund der Versahiedenheit eines wirk~iahen Individuums von den anderen wirk~iahen Individuen a Der Grund der Versahiedenheit des Individuums von den in derse~ben Materie mög~i ahen Individuen d Der Grund der Versahiedenheit eines wirk~iahen Individuums von den in anderen Materien mög~iahen Individuen 3.31 a Weitergehende Erwägungen zu 3.3o a b Ist der Grund der Versahiedenheit mög~i aher Individuen ihre Materie und Quantität zusammen mit den Dispositionen der Tätigkeit? a Erörterung von 3.31 b 1 d Fortsetzung der Erörterung von 3.31 b 1 A~ternative zu 3.31 d: Kommt die Determie nierung von Gott? f Zusammenfassung der bisherigen Erörterungen zur dritten Behauptung 3.32 a Unterstellung: Die disponierte Materie ist auah inneres Individuationsprinzip b Entgegnung auf 3.32 a a Er~äuterung zu 3.32 b 1 d Resurne zur dritten Behauptung 3.33 a Vierte Behauptung: Die Materie ist fUr uns der An~aß zur Erkenntnis der Versahiedenheit der Körper b Diese Behauptung hat Thomas se~bst intendiert a Er~äuterung zu 3.33 a 1 d Anmerkung Uber unsere Untersaheidung der QuaUtäten 3.34 a WUrdigung der dritten Aus~egung des Ausdruaks "ge zeiahnete Materie" b BegrUndung fUr 3.34 a 3
Gliederung
3.34 a d e
f
Kritik an 3.31 Beurteilung von 3.33 Anmerkung zu 278 a 25 - 28 Resurne des gesamten Dritten Absahnitts
lo3
Dritter Absahnitt
IST DIE GEZEICHNETE MATERIE DAS INDIVIDUATIONSPRINZIP DER KöRPER? Der Dritte Absahnitt bringt naah der Behandlung der metaphysischen Konstituentien des Individuums den Ubergang zur Behandlung des Individuationsprinzips, d.h. des physisahen Fundaments der Individuation. Auf die Behandlung des Individuationsprinzips der Substanzen (Dritter bis Seahster Absahnitt) folgt im Siebten bis Neunten Absahnitt die des Individuationsprinzips der Akzidentien. Der Dritte und Vierte Absahnitt erläutern fremde Thesen über das Individuationsprinzip der Körper, der Fünfte Absahnitt erläutert eine fremde These über das Individuationsprinzip der geistigen wie der körperZiehen Substanzen, und der Seahste Absahnitt, der die Behandlung des Individuationsprinzips der Substanzen absahZießt, übermittelt die Meinung des Autors.- Im Dritten Absahnitt wird die Meinung der Thomisten über das Individuationsprinzip der Körper, die in 2.4o a sehr summarisah behandelt wurde, im Detail diskutiert. Der Aufbau des Absahnitts unterscheidet siah von dem der beiden vorhergehenden dadurah, daß er niaht mehr dem Sahema des kZassisahen Artikels folgt, sondern aus einer erklärenden EinZeitung und einer dreimaligen Abfolge von Argument und Widerlegung besteht. Zunäahst sahließt 3.1 Gott von der Erörterung aus, und 3.2 erläutert den Ubergang von der Individualdifferenz zum Individuationsprinzip. Auf diese Präliminarien folgt eine allgemeine Erörterung der thomistischen These und ihrer Schwierigkeiten (3.3-8); diese veranlassen drei verschiedene Interpretationen zur Rettung der These, die nacheinander erörtert werden (3.9-17, 3.18-27, 3.28-34). Die dritte Interpretation erklärt der Autor für akzeptabel, sie hat jedoah den NaahteiZ, daß bei ihrer Anwendung die thomistische Lehre keine Information über das innere Individuationsprinzip, sondern nur eine Information über den äußeren Anlaß der Individuation bzw. der individuellen Kenntnis von Körpern enthält. Mit der Behandlung dieser Thesen kann daher das Thema "Individuationsprinzip der Substanz" noah niaht abgeschlossen sein, es muß vielmehr in den folgenden Abschnitten erörtert werden, ob die unmittelbaren Alternativen zur thomistischen These leistungsfähiger sind als diese selbst.
3. 1
loS
3. 1
Vorbehalt 1. Das Individuationsprinzip der göttlichen Substanz braucht nicht behandelt zu werden. 2. Sie ist vom Wesen her individuell. 3. Daher bedarf sie zum Individuellsein so wenig eines besonderen Prinzips wie zum Existieren oder zum Wesenhaben (vgl. 2.21 b, c).
A. Zum Verständnis der Frage 3.2 a Erster Ertrag des Zweiten Abschnitts 1. Im vorigen Abschnitt wurde die gedankliche oder metaphysische Zusammensetzung der geschaffenen Substanzen aus Artnatur und Individualdifferenz nachgewiesen. 2. Wie die spezifische Differenz metaphysisch zur Gattung hinzutritt, sie aufteilt und konkretisiert und die Art konstituiert, so teilt die metaphysisch zur Art hinzutretende Individualdifferenz die Art auf, konkretisiert sie und konstituiert unter ihr numerisch verschiedene Individuen (vgl. 1.3 a). 3. Deshalb kann man behaupten, daß der Artname von einer Menge numerisch verschiedener Individuen ausgesagt wird. 3.2 b zweiter Ertrag des zweiten Abschnitts 1. Außerdem wurde im Zweiten Abschnitt gezeigt, daß das bei der Individuation zur Art Hinzutretende nur gedanklich von dieser verschieden (s. 2.16 a), aber dennoch etwas Reales und Positives ist (2.8 a). 2. Es liegt der Negation der Geteiltheit und Mitteilbarkeit gleichsam als positive Basis zugrunde (vgl. 2.7 und 2.8 a) und konstituiert das Individuum unter seiner Art. 3. Daher fällt es mit Siche=heit unter das porphyrianische Prädikabile "Differenz" (s. 2.2 b 3 E). 3. 2 c
Im Dritten Abschnitt wird es um das physische Individuationsprinzip gehen 1. Einige Autoren meinen, mit dem Aufweis der Individualdifferenz sei von der Individuation genug gesprochen, und erklären sie zum Individuationsprinzip.
1o6
3.2 c 2
2. Aber das ist eine Verwechslung, denn die Individualdifferenz nach 2.7 c ist zumindest der Sache nach in den verschiedenen Schulen nicht umstritten, obgleich in ihnen das Individuationsprinzip umstritten ist. 3. Mit "Individuationsprinzip" ist hier das reale oder physische Fundament der Individualdifferenz gemeint.
Das Individuum wird metaphysisah von Artnatur und IndividuaZdifferenz konstituiert, wie der Zweite Absahnitt gezeigt hat. Die Negation naah 2.2 d kommt dem Individuum niaht aufgrund der Artnatur, sondern aufgrund der IndividuaZdifferenz zu, und daher ist die IndividuaZdifferenz aZs metaphysisahe GrundZage oder metaphysisaher Ansatzpunkt der genannten Negation anzusehen. Artnatur und IndividuaZdifferenz aZs metaphysisahe Konstituentien müssen in etwas Physisahem reaZisiert sein (wobei den Gegenstand der Physik Körper wie Geister biZden). Dieses Physisahe aZs reaZe GrundZage der IndividuaLdifferenz soZZ im strikten Sinn "Individuationsprinzip" heißen. Die Frage ist, weZahem physisahen Element des Individuums der Name "Individuationsprinzip" zukommt. Ihrer Beantwortung dienen die folgenden vier Absahnitte, die naaheinander Materie, Form, Existenz, Subsistenz und Entität aZs mögZiahe physisahe Individuationsprinzipien zur Debatte stelZen. Diese Diskussion über das Individuationsprinzip im Gegensatz zur IndividuaLdifferenz ist niaht nur saahZiah begründet, sondern auah pragmatisah erhebZiah. Der Zweite Absahnitt hat gezeigt, daß siah die saotistisahe These auf die IndividuaZdifferenz bezieht und daß die konkurrierenden Thesen siah niaht auf die IndividuaZdifferenz beziehen können. Daher ist der Streit zwisahen den SahuZen ein Streit über untersahiedZiahe Dinge. Dem Aufweis des Prinzips, das im Gegensatz zu den Saotisten die Thomisten und Oakhamisten meinen, geZten die foZgenden drei Absahnitte, die so eine neutraLisierende Funktion erfüZZen. 3.2 d Die Ernennung physischer Konstituentien zu Bezugspunkten für metaphysische Prädikate ist nicht ungewöhnlich
1. Metaphysische Prädikate werden häufiger mit physischen Konstituentien in Zusammenhang gebracht. 2. So bezieht man die Gattung auf die Materie und die spezifische Differenz auf die Form (vgl. 2.24 d E) , auch charakterisiert man Substanzen teils nach
3.2 d 3
lo7
ihrem physischen Konstituens Materie ("Der Mensch ist ein belebter Körper"), teils nach ihrem physischen Konstituens Form ("Der Mensch ist vernunftbegabt") und teils nach beiden ("Der Mensch ist ein vernunftbegabter belebter Körper"). 3. Ähnlich wie bei diesem geläufigen Verfahren soll im Dritten und Vierten Abschnitt vorbereitend untersucht werden, welchem physischen Prinzip das metaphysische Konstituens bei körperlichen Substanzen, im Fünften und Sechsten Abschnitt, welchem physischen Prinzip es bei Substanzen überhaupt zugeordnet werden muß; und dieses Prinzip soll als "Individuationsprinzip" bezeichnet werden.
Die Auftei~ung in (2.) weist schon auf das von Su&rez gewäh~te Verfahren voraus, das in 6.17 zur Entscheidung der Frage nach dem Individuationsprinzip dient: die Bezugnahme auf a~~e Konstituentien entspricht dem per se loqui, die auf nur ein Konstituens den verschiedenen Weisen des formaliter loqui. 3.2 e "Konstituens" bedeutet stets "innere Ursache" 1. Das Wort "physische Konstituentien" in 3.2 d schließt aus, daß es im Folgenden um äußere Ursachen von Individuen geht. 2. Diese verursachen zwar von außen her die Entität der Individuen und insofern auch das innere Prinzip ihrer Individuation. 3. Aber das soll im Folgenden nicht beachtet werden, vielmehr soll nur vom inneren physischen Prinzip der Individuation die Rede sein.
Unter den vier Ursachen des traditione~~en Ursachenkata~ogs, von denen heute nur noch die Wirkursache a~s "Ursache" bezeichnet wird, bezeichnete man die Wirk- und Fina~ursache, da sie etwas außerha~b des hervorgebrachten Dinges sind, a~s "äußere Ursachen". Die Materia~- und Forma~ursache (Materie und Form) dagegen bezeichnete man, da sie etwas in dem hervorgebrachten Dinge sind, a~s "innere Ursachen", biswei~en auch a~s "innere Konstituentien". Wird nach physischen Konstituentien gefragt, so kann in der Schu~phi~osophie die Antwort nur ~auten: Materie und/oder Form bzw. eine Bestimmtheit an diesen. A~s die in Frage kommende "Bestimmtheit" erweist sich im Sechsten Abschnitt die Entität.
loB
3.2 f
1
3.2 f Im Folgenden wird zuerst nach den Konstituentien körperlicher Substanzen gefragt
1. Die Frage nach dem genannten inneren Prinzip stellt sich bei allen geschaffenen Substanzen gleichermaßen. 2. Weil uns aber die materiellen Substanzen am bekanntesten sind, werden sie in dieser Schrift vor den geistigen Substanzen behandelt. 3. Ober das Individuationsprinzip der Körper bestehen unterschiedliche Meinungen, die eine ausführliche Erörterung verlangen und jeweils in eigenen Abschnitten (III und IV) behandelt w~rden. 3. 3
Die thomistische These
Die Antwort der Thomisten lautet, daß die Materie das Individuationsprinzip der K8rper ist. Im Vierten Abschnitt wird sodann die zweite Antwort behandelt, nach der die Form das Individuationsprinzip der K8rper ist. Die beiden folgenden Abschnitte gehen schließlich nicht mehr davon aus, daß K8rper ein besonderes Individuationsprinzip haben, sondern fragen allgemein nach dem Individuationsprinzip der Substanzen. Entsprechend werden der Siebte, Achte und Neunte Abschnitt nach dem Individuationsprinzip k8rperlicher wie geistiger Akzidentien fragen. 1. Nach der unter Thomisten vertretenen Meinung ist die gezeichnete Materie das Prinzip der Individuation der Körper. 2. Diese Meinung wird auch Aristoteles zugeschrieben, weil er an zahlreichen Stellen die numerische Verschiedenheit und Identität auf die Materie zurückführt. 3. Dies war also möglicherweise die Meinung des Aristoteles (vgl. 2.38 a - 2.39 c und 3.34 b), und aus ihr folgt,·daß immaterielle Substanzen kein positives Individuationsprinzip und keine metaphysische Individualdifferenz besitzen, weil ihre Natur von selbst unmitteilbar ist.
"Zeichen" ("signa") k8nnen die verschiedenen Aspekte heißen, unter denen man über einen Gegenstand disputiert. Mit dem Ausdruck "materia quantitate signata" ("materia signata") kann man verhaltnismaßig mühelos einen Sinn verbinden, wenn man ihn als synonym mit "materia sub signo quantitatis" versteht und im Sinn der soeben angegebenen Bedeutung von "signum" übersetzt: "die Materie, sofern man sie
3.4 a 1
lo9
aZs mit Quantitat verbunden betraahtet". In den tatsaahZiahen Disputationen wurde der Ausdruak aZZerdings anders interpretiert, und zwar gewöhnZiah so, aZs gebe es eine sigillatio oder signatio (Analogie zum kZassisahen Zeiahen fUr Besitzergreifung), die die Materie durah die Quantitat erhaZt und die den Zweak hat, ihre Indifferenz gegenüber mögtiahen Formen zu beenden und sie auf eine bestimmte festzulegen. Diese Meinung behandelt Suarez spezieZZ in 3.22-24 und Zehnt sie an spaterenStellen unter Berufung auf diesen Passus saharf ab, z.B. DM 13, 8.11; 25, 427 b:"Sigillatio materiae, quae sit ali-
quid distinctum a quantitate et qualitatibus disponentibus materiam, prorsus est aliquid fictum et commentitium." Weshalb die Thomisten mit "Materie"
allein niaht auskommen und "von der Quantitat gezeichnete Materie" sagen mUssen, erklart Suarez knapp in 3.5 d und 3.8 b. -Die drei BegrUndungen 3.4 a - b orientieren siah an der doppelten Negation naah 1.2 d: Prinzip der Individualitat, die in Verschiedenheit von allen anderen und Unmitteilbarkeit an alle anderen besteht, muß dasjenige sein, welahes diese Verschiedenheit (erste BegrUndung) und diese Unmitteilbarkeit (zweite und dritte Begründung) allererst hervorruft. 3. 4 a Erste und zweite Begründung für 3.3
1. Fragt man nach einer sachlichen Begründung für diese These, so hört man v.a. Berufungen auf Aristoteles. 2. Die Materie sei nach ihm das Prinzip der Verschiedenheit der Individuen und damit das Prinzip der Individuation. 3. Zweitens müsse sie die erste Grundlage der Unmitteilbarkeit der Individuen sein, da die Form ihrer Definition nach mitteilbar sei, während die Materie als erste Potenz schon ihrer Definition nach unmitteilbar sei und ihrerseits die Form begrenze.
Die Form ist Akt und insofern auf eine Potenz angelegt, der sie zur Aktuierung mitgeteilt wird: die Materie. Diese ist naah der Meinung der Thomisten fUr siah allein noah niahts Reales (vgl. 3.1o a E) und daher erste Potenz oder Potenz zum Erstakt (vgl. 3.25 a 2 E). Niaht die Potenz wird mitgeteilt, sondern der Potenz wird (der Akt) mitgeteilt; insofern ist sie per definitionem unmitteilbar. - Daß diese Position bezogen wird, ist niaht unverstandliah. Dadurah, daß eine Form an eine bestimmte Materie
11o
3.4 b 1
gerät, wird sie auf deren Gegebenheiten angewiesen. Vieles, was von der Form her mögliah wäre, ist von der jeweiligen Materie her niaht mögliah. Ihr größeres oder geringeres Maß an Geschmeidigkeit, Feinheit und Misahbarkeit gestattet der Form nur ein beschränktes Maß an Selbstaktuierung. Insofern wird der Akt Form von der Potenz Materie begrenzt. Alle Potenzen können im weiteren Sinn als "Materie" bezeiahnet werden (8.24 d und 2.28 d). Denn die Materie ist prinzipiell etwas Empfangendes, niaht etwas Mitzuteilendes. Sie wird niaht an andere mitgeteilt, sondern sie empfängt von anderen. 3.4 b Dritte Begründung für 3.3 1. Drittens ist das Individuum das erste Subjekt, weil es zwar Prädikate empfangen, aber nicht selber prädiziert werden kann.
Dieser Saahverhalt wird in der Schulphilosophie durah "subiectum attributionis" oder "subiectum praedicationis" bezeiahnet. Das erste subiectum praedicationis ist dadurah charakterisiert, daß es selbst niaht prädiziert werden kann. Dagegen können die späteren subiecta praedicationis auah selber Prädikate sein. Man kann sagen: "Peter ist ein Mensah", "Peter ist sterbliah" und "Peter ist vernanftig", man kann auah sagen: "Der Mensah ist vernanftig" oder "Der Mensah ist sterbliah". Aber man kann niaht ohne weiteres sagen: "Der Mensah ist Peter" oder "Das Sterbliahe ist Peter". denn das Wort "Peter" ist mit soloher Intensität Subjekt, daß es niaht prädiziert werden kann, es sei denn in einem tautologischen Satz oder in einer speziellen Supposition. Die genannten Prädikate dagegen sind sowohl des Prädiziertwerdens als auah des Subjektseins fähig. Die Terminologie "erstes Subjekt" kann mit dem Hinweis ontologisch begrUndet werden, daß dem Mensahen dieses oder jenes Prädikat mittelbar zukommt, weil es Peter, Paul oder Franz unmittelbar zukommt. 2. Das Prinzip eines ersten Subjektes muß selbst ein erstes Subjekt sein, und das Prinzip eines physischen ersten Subjektes kann nur das erste Subjekt der Physik sein.
Dies ist ein Sahluß aufgrund hierarahisaher Analogien: die Ursaahe darf niaht geringer sein als ihre Wirkung. Ist die Wirkung etwas Erstes, so muß auah die Ursaahe etwas Erstes sein. Als Ursaahe wird
3.4 b 3
111
nunmehr jedoah das subiectum inhaesionis angegeben, obg~eiah bisher nur vom subiectum praedicationis die Rede war. Das Inhäsionssubjekt ist im Gegensatz zum Prädikationssubjekt a~s einer spraah~iahen Entität eine physisahe Entität. Es ist dadurah charakterisiert, daß ihm ein Akzidens zukommt, während das Prädikationssubjekt dadurah charakterisiert ist, daß ihm ein Prädikat zukommt. Näherhin wird das Inhäsionssubjekt definiert a~s Materia~ursaahe (im engeren oder weiteren Sinn) des Akzidens bzw. a~s das, was von der akzidente~~en Form inner~iah affiziert wird. Da dies bei physisahen Akzidentien k8rper~iaher Art stets die Materie ist, darf man sagen, daß in der Physik der K8rper, in der es weitgehend um das Affiziertwerden mit und um das Entaffiziertwerden von Akzidentien geht ("alteratio", 8.11 a 1 E), die Materie das erste Inhäsionssubjekt ist. 3. Ergo ist die Materie das Prinzip der Individuation bei den materiellen Substanzen. 3. 5 a Zum Gewicht der Begründungen für 3.3
Sieht man davon ab, daß eine Autorität diese Gründe geäußert haben soll, so bleibt nicht viel Rechtfertigung für sie übrig. 3. 5 b
Behandlung der ersten Begründung für 3.3 (3.4 a 2)
Der Lauf der Argumentation wird sein, daß zuerst die Grande untersuaht werden, die die Thomisten zur Annahme ihrer Theorie motivieren. Erst wenn gezeigt ist, daß diese GrUnde einen Assens niaht rechtfertigen (3.5 a - 3.7 b), wird (ab 3.8) die These se~bst UberprUft. Daß der Autor diese Reihenfo~ge beabsichtigt, zeigt der Text in 3.5 d: "Wie wahr und fo~ge riahtig das gesagt ist, wo~~en wir später untersuchen; jetzt wo~~en wir näm~iah nur die Kraft der genannten GrUnde abwägen."- In 3.5 b - d wird gegen die erste BegrUndung der thomistischen These argumentiert, daß die Materie der Grund der Verschiedenheit der Individuen ist. Danaah wird in 3.6-7 die Behauptung angefochten, daß die Materie der Grund der Unmittei~barkeit der Individuen ist ("Zweite Begrandung", "Dritte 1Jehauptung"). Das Verfahren in 3.5 ist antithetisch: niaht die Materie, wie die Thomisten behaupten, sondern eher die Form ist der Grund der Verschiedenheit (vg~. 4.7). Diese antithomistische These wird ausgereahnet mit Thomasste~-
112
3.5 b 1
Zen belegt - ein Verfahren, das Anlaß gibt, an der der Thomisten durch BezweifZung ihrer Vbereinstimmung mit dem Schulstifter zu zweifeln. Dadurch entsteht für den Thomisten der Disputation der Zwang, die ursprüngliche These 3.3 durch Interterpretation zu modifizieren: nicht die Materie, sondern, genau genommen, die Quantit~t ist der Grund der Verschiedenheit der Körper (3.5 d). Legitimit~t
1. Beim ersten Grund braucht man lediglich die große Prämisse (3.4 a 2) zu bestreiten. 2. Individuationsprinzip ist das, was in Wirklichkeit Prinzip der Verschiedenheit ist. 3. Prinzip der Verschiedenheit ist aber in Wirklichkeit nicht die Materie, sondern die Form, denn laut Schulsatz ist es der Akt, der verschieden macht.
Diese Behauptung wird im Folgenden mehrmals ausführlicher begründet, z.B. bei 4.4 und 6.16 d. Hier kann schon deshalb auf eine ausführliche Begründung verzichtet werden, weil die These Plausibilit~t besitzt. Verschiedenheit setzt Bestimmtheit voraus. Was Bestimmtheit gibt, gibt zugleich Verschiedenheit. Die Materie als solche ist schlechthin unbestimmt, kann also Bestimmtheit nicht geben. Zu etwas Bestimmtem wird sie durch die Form, ergo. Daß diese Argumentation anfechtbare Schlüsse enth~lt, zeigt sich sp~ ter. Hier liegt daran, sie als trivial erscheinen zu lassen. Das ist argumentationstaktisch durchaus verst~ndlich. Der Schluß zu 3.4 a 2 lautet in Schematisierung so: 1. Die Materie ist Prinzip der Verschiedenheit, 2. Das Individuationsprinzip ist Prinzip der numerischen Verschiedenheit, 3. Ergo sind Individuationsprinzip und Materie identisch. - Suarez will diesen Schluß bei der ersten Prämisse attackieren: Wird nachgewiesen, daß die Materie nicht das Prinzip der numerischen Verschiedenheit sein kann, so ist der thomistische Schluß widerlegt. Die zweite Prämisse bleibt davon unbetroffen. Doch bekommt sie, da sie die Gegenposition zu markieren hat ("potius"), eine neue Nuance: "Individuationsprinzip ist nicht das, was vermeintlich, sondern das, was in Wirklichkeit Prinzip der Verschiedenheit ist." Zur Begründung dafür, daß in Wirklichkeit die Form das Prinzip der Verschiedenheit ist, beruft sich Suarez lakonisch auf den SchuZsatz: "Actus est qui distinguit". Da dieser Satz auch bei den Thomisten gilt, fungiert er als argumentum ad hominem, bei dem Pr~missen des Gegners gegen den Gegner verwendet werden. Thomas von Aquino Zehrt, daß Potenzen aufgrund ihrer Akte verschieden werden -
3.5 c 1
113
niaht aufgrund beliebiger Akte, sondern aufgrund soZaher Akte, bei denen die Potenz dadurah verwirkZieht wird, daß sie mit der ihr angemessenen Form vereinigt wird (z.B. Summa TheoZogiaa 1, qu. 77, a.3). Daß die Widerlegung mit Zweideutigkeiten von "Verschiedenheit" arbeitet und daher kritisierbar ist, übersieht Suarez niaht, wie sein Arrangement beweist. Die kZeine Prämisse des thomistischen SyZZogismus Zautet: "Illud est principium individua-
tionis, quod est principium numericae distinctionis". Die kZeine Prämisse der suarisahen Widerlegung Zautet dagegen: "Illud est principium individuationis, quod est principium distinctionis".
Die thomistische Prämisse bezieht siah ausdrüakZiah auf die Verschiedenheit von Individuen, die suarisahe aber Zäßt offen, auf weZahe Verschiedenheit sie siah bezieht. Sofern Suarez hiernach die Form einführt, die bei Thomisten ausdrüakZiah zum Prinzip der Verschiedenheit der Arten (im Gegensatz zur Verschiedenheit der Individuen) erkZärt ist, eröffnet er siah die MögZiahkeit der Vervierfaahung der Terme. Ein soZahes Vorgehen würde heute diskriminiert (obgZeiah niaht unterlassen). In Schuldisputationen ist es aZZtägZiah, und jeder Beteiligte weiß das. Disputationen sind Kampfspiele (mit Einsätzen), und bei KampfspieZen kann es wünschenswert sein, zunächst einmaZ kurzfristig Zeit zu gewinnen. Wie das geZingt, ist niaht entscheidend. In diesem Sinn ist 3.5 b ein kurzfristiges HinhaZtemanöver, das außerdem den Vorzug hat, Zehrreiah zu sein. Ein Gegner, der soZahe Operationen niaht durahsahaut, beherrscht die Kunst noah niaht, und es geschieht ihm reaht. Er Zernt durah Sahaden, faZZs er Zernen kann. Daß Suarez trotz dieses Manövers das theoretische Niveau der Diskussion niaht absinken Zäßt und auf die FehZerqueZZe hinweist, zeigt 3.5 a 2. 3.5 c Beleg für 3.5 b aus Themas 1. Deshalb zeigt Themas in Contra Gentes 2.4o, daß die Materie nicht die erste Ursache der Verschiedenheit der Dinge ist. 2. Obgleich er dort hauptsächlich von der Artverschiedenheit redet, tangieren seine Argumente wahrscheinlich auch die numerische Verschiedenheit. 3. Denn er sagt, daß nicht die Form sich der Materie anpaßt, sondern daß die Materie der Form angepaßt wird.
114
3.5 c 4
GZeiahgüZtig, weZahe ImpZikationen soZahe FeststeZZungen in der gegen Anaxagoras gerichteten Thomasargumentation, auf die sich Suarez bezieht, für die IndividuationsZehre haben m8gen - Thomas wiZZ ohne ZweifeZ zun~ahst von spezifischen und nicht von individueZZen Unterschieden reden. S. erstes "Adhuc":
"Distinctio enim rerum secundum speciem est per formas. Distinctio ergo re~um non est propter materiae diversitatem sicut propter primam causam." VgZ. ferner zweites "Adhuc", auf das sich Suarez ausdrückZieh bezieht: "Non igitur distinctio specierum in rebus, quae est secundum formam, est propter materiam, sed magis materiae sunt creatae diversae ut diversis formis conveniant." Suarez operiert denn
auch (trotz seiner Vermutung, es gehe Thomas dort
praecipue um die Verschiedenheit der Arten) aus-
sahließZieh mit unangenehmen FoZgen, die Thomas' Argumente haben, wenn sie mit der von Thomas explizierten Intention geZesen werden.
4. Themas sagt auch, daß alles, was ursprünglich durch die Materie verursacht werde, nicht in der Intention des Agens liegt und folglich durch Zufall entsteht; wäre also die Materie das Individuationsprinzip, so entständen die Individuen durch Zufall. 5. Ferner sagt Themas, daß eine Materie von einer anderen nur durch etwas von ihr selbst Verschiedenes verschieden werden kann; dann aber kann sie ihrerseits wohl kaum das Prinzip der numerischen Verschiedenheit der Dinge sein.
Die Argumentation in 3.5 c 5 ist anfechtbar. Der Text Zautet: "Item: Constat autem quod materia
quaelibet habet esse ab alio, per hoc quod supra ostensum est, omne quod qualitercumque est, a Deo esse. Ergo aliud est causa distinctionis in materia".
Natürlich ist in diesem Sinne auch für die Form (wie für aZZe Dinge ab alio) die Aussage wahr, daß etwas anderes (n~mZich Gott) die erste Ursache ihrer Verschiedenheit ist. AZso foZgt aus der SteZZe für die Materie nichts, das nicht genau so für aZZe anderen Dinge einschließZieh der Formen g~Zte.
3.5 d Ausflucht der Thomisten 1. Diese Argumente geben vielen Thomisten zu denken. 2. Sie modifizieren daher ihre These und sagen, bei der Doppelnegation in 1.2 d sei die Materie der Grund der ersten Teilnegation "Unmitteilbarkeit an Niedrigeres", die Quantität jedoch der Grund der
3.5 d 3
115
zweiten Teilnegation "Verschiedensein von allen anderen Individuen", weil sie ihrerseits die Materie verschieden mache (was später zu überprüfen ist) . 3. Das Argument in 3.4 a 2 betraf aber gerade die zweite Teilnegation und wird durch diese Modifizierung desavouiert. 4. Es wird nicht völlig desavouiert, denn später zeigt sich, daß die Materie, sofern sie aktuell ist, in zwei speziellen Hinsichten als Grund der Verschiedenheit gelten darf (s. 3.28-34). 5. Aus 3.5 geht allerdings hervor, daß es keinen Anlaß gibt, den Grund für die Verschiedenheit der Körper eher in der Materie als in der Form zu suchen.
Mit der These, daß die Quantität versahieden maaht, ist 3.4 a 2 aufgegeben. 3.28-34 wird aLLerdings zeigen, daß 3.4 a 2 niahtsdestoweniger mit einer akzeptablen Interpretation vertreten werden kann. Mit 3.5 d 2 kommt die Lehre von der gezeiahneten Materie ins SpieL. 3. 6 a
Behandlung der zweiten Begründung für 3.3
(3.4 a 3)
Die zweite Begründung bekräftigt wie die dritte, daß die Materie das Prinzip der Unmitteilbarkeit der Individuen ist. 3.6 b - f zeigen demgegenüber zunäahst, daß dieser Argumentation eine Zweideutigkeit von "UnmitteiZbarkeit" zugrunde Liegt. Wenn man diese aufklärt. so verZiert das Argument seine Kraft. 1. Mit dem Verschiedensein von anderen, das beim ersten Grund zur Debatte stand, verhält es sich auch in diesem Fall entsprechend den allgemeinen Ausführungen in DM 4, 1.16-18. ''Unum'', ''verum'' und ''bonum'' bezeichnen passiones entis, transzendentale Proprietäten des Seienden.
DM 4, 1.16-18; 25, 119 b - 12o b, stelZt die Frage, ob auah Versahiedenheit vom andern ("esse divisum ab alio") eine eigene transzendentale Proprietät oder Zedigliah einen Aspekt der transzendentalen Proprietät bezeiahnet, die man "unum" nennt. Die Untersuahung berüaksiahtigt drei m8gliahe Bedeutungen von "versahieden sein". Ebd. 1.16; 119 b 12o a: "Versahieden sein" kann ein Name für eine reale Relation eines Seienden zu einem anderen Seienden sein, das wirkliah existiert. In diesem FaZZ bezeiahne t "versahieden sein" keine innere Wesensbestimmung von Einssein, weiZ Vielheit Einheit voraussetzt. Versteht man dagegen "versahieden sein" in
3.6 a 2
116
Hinsicht auf ein anderes Seiendes, das e~istieren kann (gleichguLtig, ob es tatsächLich e~istiert oder nicht), so bezeichnet es zwar keine innere Wesensbestimmung von Einssein, kommt aber dem Einssein notwendig zu, weiL fur jedes Seiende die E~i stenz eines anderen mBgLich ist. - Ebd. 1.17; 12o a: Man kann zweitens "verschieden sein" aZs Namen fur eine bloße Negation verstehen. Auch diese kann auf einen positiven Term bezogen werden, der wirkZieh e~istiert; dann gilt dasseLbe wie bei der realen Relation. Die Relation kann aber andrerseits auf einen positiven Term bezogen werden, der mBgZiaherweise e~istiert (gZeichguZtig, ob er es wirkZieh tut oder nicht), und dann kommt sie jedem Seienden zu, sofern es eines ist, denn es ist mit Notwendigkeit nicht das andere. Auch in diesem Sinn gehBrt "verschieden sein" nicht aZs Name fur eine innere Wesensbestimmung zum Einssein, ist aber aZs Name fur eine notwendige Folge mit ihm verbunden. Ebd. 1.18; 12o a, b: Wird drittens "verschieden sein" auf einen negativen Term bezogen, so gilt, daß jedes Seiende sich dadurch, daß es eines ist, von jedem Nichtseienden unterscheidet. Diese Verschiedenheit entsteht aber lediglich, weil der Intellekt reflektiert, und in Hinsicht auf die ReaLität entspricht ihr eine Affirmation: das Nicktseiende ist vom Seienden durch sich selbst und nicht durch eine Negation verschieden. Auch in dieser Interpretation ist also "verschieden sein" nicht der Name fur eine innere Bestimmung von Einssein, ferner bezeichnet es keine transzendentale Proprietät, sondern ist ledigLich eine äußere Relation oder Benennung. 2. Der zweite Grund dagegen bezieht sich auf das Fundament speziell der Unmitteilbarkeit. 3. Wenn er Beweiskraft hätte, dann müßte die Materie in der Tat als Individuationsprinzip angesehen werden. 3.6 b Erste
Interpretation von "unmitteilbar"
1. 3.4 a 3 arbeitet mit einer Äquivokation, weil es die Materie zum Prinzip der Unmitteilbarkeit mit der Begründung erklärt, sie sei das erste und deshalb ganz unmitteilbare Subjekt. 2. Aber dabei ist entweder "unmitteilbar" nicht eindeutig, oder die Behauptung ist falsch.
3.6 b 2 E
117
DeP heute voPLiegende Text sagt niaht, daß die MatePie das ePste Subjekt ist, sondePn daß sie die epste Potenz ist. "EPstes Subjekt" tPitt ePst in deP dPitten BegPündung auf (3.4 b). "EPste Potenz" Ließe siah aLLePdings insofePn wie "ePstes Subjekt" intePpPetiePen, aLs "Subjekt" dasjenige zu heißen pfLegt, was von einem Akt bestimmt wiPd (vgL. 3.4 b 2 E); entspPeahend k8nnte in einem sehp unpPäzisen Sinne die Potenz, die duPah den Akt bestimmt wiPd, "Subjekt des Aktes" heißen. Daß soLahe Benennungei iPPefühPend sind, ePweist deP Kontext. Zu (2.) vgZ. 1.1 a E und 1.6. "MitteiLen" hat 1. eine auf die SpPaahe bezogene Bedeutung. sofePn das PPädikat dem Subjekt mitgeteiLt wiPd. Es hat 2. eine auf die Physik bezogene Bedeutung, sofePn die FaPm deP MatePie, das Akzidens deP Substanz odeP die NatuP dem Suppositum mitgeteiLt wiPd; diese Bedeutung kommt in 3. 6 a - d zum Zuge. Und "mitteiLen" hat 3. eine auf die Metaphysik bezogene Bedeutung, sofePn die APt dem Individuum mitgeteiZt wiPd; hiePzu äußePt siah 3.6 e. 3. "Unmitteilbar'' kann in Verbindung mit ''Materie" erstens bedeuten, daß die Materie keinem physischen Subjekt in der Weise mitgeteilt werden kann, daß sie wie eine Form in es eingeht oder ihm wie ein Akzidens inhäriert.
3.6 c Stellungnahme zur ersten Interpretation von "unmitteilbar"(3.6 b 3) 1. In diesem Sinn ist "Die Materie ist unmitteilbar" ein wahrer Satz, der damit, daß die Materie als erstes Subjekt fungiert (vgl. 3.6 b 2 E), begründet werden kann. 2. Doch hat er mit dem gegenwärtigen Thema nichts zu tun. 3. Denn erstens ist diese Art von Unmitteilbarkeit kein allgemeines Charakteristikum der Individuen, denn Akzidentien und substantielle Formen sind individuell, jedoch im hier verwendeten Sinne mitteilbar; und zweitens ist die Materie im hier verwendeten Sinne bereits aufgrund ihrer Artnatur unmitteilbar, obgleich sie nicht aufgrund ihrer Artnatur individuell, sondern vielen Individuen gemeinsam ist.
Daß keine MatePie eineP andePen aLs FoPm mitgeteiLt WePden kann, geh8Pt zuP Definition von "MatePie". Daß keine MatePie eineP andePen aLs Akzidens mit-
118
3.6 c 4
werden kann, gehört ebenfa~~s zur Definition von "Materie". Was zur Definition gehört, ist in der Artnatur begründet. Wenn die genannte physika~i sahe Unmittei~barkeit das Individuationsprinzip der Körper wäre, so wäre das Individuationsprinzip der Körper etwas Spezifisahes, was naah dem zweiten Absahnitt absurd ist. Wenn Individua~ität zum Wesen der Materie a~s so~aher gehörte, dann könnte es außerdem keine Vie~zah~ individue~~er Körper geben.
getei~t
4. Folglich kann diese Art von Unmitteilbarkeit weder das Individuationsprinzip der Materie oder der Körper, noch kann ihretwegen die Materie das Individuationsprinzip der körperlichen Substanzen sein. 3. 6 d
Zweite Interpretation von "unmitteilbar" und Stellungnahme 1. zweitens kann "unmitteilbar" in Verbindung mit "Materie" bei Sachverhalten aus dem Bereiche der Physik bedeuten:"Die Materie kann nicht als Ursache, nicht als Teil und nicht als Natur für ein Suppositum fungieren, und schließlich kann sie auch nicht als Höheres (Art) für ein Niedrigeres (Individuum) fungieren. 2. Bei allen diesen Bedeutungen wäre "Die Materie ist unmitteilbar" falsch. 3. Denn die Materie ist die Ursache der Form, sofern sie sie trägt ("Materialursache"); sie ist Bestandteil und innere Ursache zusammengesetzter Substanzen (vgl. 3.2 e E), und sie wird als Teil der Natur nicht nur ihrem eigenen Suppositum (in diesem Leib konkretisierte menschliche Person), sondern im Fall der Menschheit Christi sogar einem fremden Suppositum mitgeteilt (der zweiten göttlichen Person) 4. Das alles geht uns allerdings im Augenblick nicht an. 3.6 e Die für die Individuationslehre allein belangreiche metaphysische Interpretation von "unmitteilbar" 1. Die Behauptung, daß man die Materie nicht als Art der materiellen Individuen auffassen darf, wäre einfach falsch, obgleich allein die in ihr verwendete Bedeutung von "unmitteilbar" im vorliegenden Zusammenhang paßt. 2. Denn "materiell sein" kann als Prädikat für viele singuläre Satzsubjekte dienen, und zwar unge-
3.6 e 3
119
achtet des Umstands, daß die Materie nicht wie ein Akzidens den entsprechenden physischen Inhäsionssubjekten inhärieren kann (vgl. 3.4 b 2 E). 3. Gegen den Einwand, das Spezifische sei die Materie als solche, während die gezeichnete Materie das Unmitteilbare sei, spricht der Umstand, daß die gezeichnete Materie nicht deshalb unmitteilbar ist, weil sie als erstes Subjekt fungiert (vgl. 3.6 c 3); der Thomist beruft sich aber gerade auf diese Bestimmung (freilich erst in 3.4 b; vgl. 3.6 b 2 E). 4. In Wirklichkeit ist die gezeichnete Materie, wie später gezeigt wird, aufgrund von etwas unmitteilbar, das eben so sehr auch Formen haben.
Der Seahste Absahnitt wird zeigen, daß die Materie genau so wie die Form und der Modus der Vereinigung beider aufgrund ihrer Entität unmitteilbar ist (6.2-4). 3.6 f Resume 1. Daher hat die Eigentümlichkeit der Materie, erstes Subjekt zu sein, mit der Unmitteilbarkeit der körperlichen Individuen nichts zu tun, denn nicht nur Potenzen, sondern auch Akte, z.B. subsistierende Formen oder Gott, sind in demselben Sinn unmitteilbar. 2. Die Mitteilbarkeit der Form nach 3.4 a 3 spielt für das gegenwärtige Thema keine Rolle, denn die Form wird der Materie wie ihrem Subjekt, nicht aber wie die Art dem Individuum zugeteilt. 3. Übrigens widerstreitet es dem Wesen der Materie nicht, nacheinander (vgl. 3.8 a 3) verschiedenen Formen mitgeteilt zu werden, und insofern könnte man sie genau so gut als "mitteilbar" bezeichnen. 4. Schließlich ist eine individuelle Form in dem Sinn, daß sie Individuen unter sich haben könnte, so wenig mitteilbar wie eine individuelle Materie, so daß für die Unmitteilbarkeit der körperlichen Substanzen die eine so wenig wie die andere als Grundlage dienen kann. 3.7 a Behandlung der dritten Begründung für 3.3
(3.4 b)
Auah die dritte Begründung bekräftigt die Behauptung, die Materie sei die Ursaahe der Unmitteilbarkeit des körperliahen Individuums. Ihre Argumentation übersahneidet siah z.T. mit der der zweiten Begründung, zumal da Su~rez die Erste-Substanz-Dis-
12o
3.7 a 1
kussion sahon in 3.4 a 1 beginnt. Das Gegenargument des Autors greift auf den Grundsatz von 2.15 a zurüak. 3.4 b sahließt vom spraahliahen Prädikationssubjekt auf das physisehe Inhäsionssubjekt mit dem Ziel, die Materie als Ursaahe der Unmitteilbarkeit auszuweisen. 3.7 a - b maahen deutliah, daß dieser Rüaksahluß aus dem Verfahren der Spraahe auf die Struktur des Seiendenniaht zulässig ist. 3.4 b beruht auf demselben sprachunkritischen Verhalten, das bereits im Zusammenhang mit 2.15 a kritisiert worden ist. 1. Der dritte Grund sticht nicht, denn was für das Inhäsionssubjekt gilt, muß nicht auch für das Prädikationssubjekt gelten (vgl. 3.4 b 2 E). 2. Zwar kann man zwischen beiden Arten von Subjekten Analogien finden, doch bleiben sie schlechthin verschieden und hängen nicht voneinander ab. 3. Sonst könnte es bei einfachen Substanzen keine Subordination der niedrigeren unter die höheren ohne Inhäsion der höheren in den niedrigeren geben.
Die Rangordnung der Engel kann in der Prädikation zum Ausdruak kommen, z.B. "Der Erzengel Gabriel steht h8her als ein gew8hnliaher Engel". Daraus folgt niaht notwendig, daß der Erzengel Gabriel einem einfachen Engel inhäriert, auah tut er es tatsäahliah niaht. Im Gegensatz dazu steht die Seele des Mensahen h8her als der Stoff des Mensahen und inhäriert diesem Stoff zugleich. Was für das eine gilt, muß niaht auah für das andere gelten. 3.7 b Fortsetzung von 3.7 a 1. Ein weiterer Unterschied zwischen dem Prädikationssubjekt und dem Inhäsionssubjekt ist es, daß das Prädikationssubjekt nicht unvollkommener sein muß als sein Prädikat, während die Materie als erstes Inhäsionssubjekt von Natur aus unvollkommener ist als die Form, die sie empfängt. 2. Ferner: Was im Zusammenhang der physischen Entstehung erstes Inhäsionssubjekt ist, muß nicht aus bloßer Analogie auch Individuationsprinzip sein. 3. Das Individuum ist seinerseits im Zusammenhang der Prädikation das erste Subjekt, das alle Merkmale der Art und außerdem individuelle Merkmale in sich enthält, die die Merkmale der Art gleichsam auffüllen und abrunden.
Damit ist gezeigt, daß die Materie weder der Grund der Verschiedenheit noah der Grund der Unmitteil-
3.8 a 1
121
barkeit des Individuums ist. Das bringt den Autor (zumindest auf den ersten Blick) in die Lage, sich gegen angesehene Autoritäten zu stellen. Der Vberlegung, was in dieser Situation zu geschehen hat, dient 3.8. Am Ende zeigt sich, daß der Autor gerechtfertigt ist, denn was er nicht akzeptieren kann, das folgt nicht aus den Äußerungen der Autoritäten, sondern aus einer nicht zwingenden Interpretation der Autoritäten. 3.8 a Erwägung des weiteren Vergehens 1. Obgleich die These 3.3 nicht beweisbar ist, wollen wir mit Rücksicht auf die Autoritäten Aristoteles und Thomas zumindest versuchen, sie angemessen zu vertreten und zu verteidigen.
"Die These angemessen zu vertreten und zu verteidigen" bedeutet, daß man nicht nur sie, sondern auch die zu ihrer Rettung dienenden Interpretationen pruft, denn es könnte sein, daß sie sich am Ende als akzeptabel erweisen und daß die bisherigen Schwierigkeiten auf Mißverständnissen beruhten. So wird im voraus das langwierige Prufungsverfahren gerechtfertigt, das den Rest dieses Abschnittes ausfullt. Die Muhe ist gleichsam aus Verfassungsgranden erforderlich, denn die Legitimität der Schulwissenschaft ist eine traditionelle Legitimität. Sie ruht auf Autoritäten, fur sie begrundet die Vbereinstimmung einer These mit Autoritäten die Vermutung der Wahrheit. Daß dies nicht eine a limine abwegige Kriteriumsfestsetzung ist, kann man plausibel machen (vgl. 2.39 c E). Daß sie gegebenenfalls (wie in diesem Fall) die Bestreitung einer These, die man fur falsch hält, erschwert, ist klar. Das hier zunächst gebotene Verfahren ist die Interpretation. Ist die Interpretation ("angemessenes Vertreten und Verteidigen") kein Ausweg, so hat man das Recht, sich gegen die Autorität zu erklären. Diese Möglichkeit faßt Suarez jetzt ins Auge. 2. Das aber ist schwierig, v.a. deshalb, weil die Materie von Hause aus mitteilbar und nicht unmitteilbar ist. 3. Nicht nur, sofern das Artwesen Materie den Materieindividuen mitgeteilt wird, sondern auchi sofern dasselbe Materieindividuum zumindest nacheinander mehreren Formen derselben Art oder verschiedener Arten unterliegen kann. 4. Das Prinzip der Individuation müßte aber über
122
3.8 b
die Zeit hinweg ganz individuell sein und dürfte keinesfalls, weder gleichzeitig noch nacheinander, verschiedenen Individuen angehören, so wie es die Materie tut. 3.8 b Präzisierung der thomistischen These 1. Deshalb hat man die These dahingehend präzisiert, daß nicht die Materie in beliebiger Hinsicht, sondern die von der Quantität gezeichnete Materie das Prinzip der Individuation sei. 2. Der Ausdruck "von der Quantität gezeichnete Materie" (vgl. 3.3 E) ist allerdings so dunkel, daß ihm eine Vielfalt von Bedeutungen untergelegt werden kann. 3. Die Oberprüfung dieser Interpretationen wird vollends zeigen, wie wahrscheinlich die These 3.3 in Wirklichkeit ist.
B. Widerlegung der ersten Interpretation des Ausdrucks "gezeichnete Materie" tlber die Bedeutung des Ausdruaks "von der Quantit~t gezeiahnete Materie" bestehen vieLe Meinungen. ALLe diese haben beruaksiahtigt zu werden. Man kann sie in zwei oberste KLassen unterteiLen: 1. die KLasse der Bedeutungen. naah denen die Quantit~t zum reaLen KorreLat des Ausdruaks "von der Quantit~t gezeiahnete Materie" geh8rt. und 2. die KLasse der Bedeutungen. naah denen die Quantität niaht zum reaLen Korrelat des Ausdruaks "von der Quantität gezeiahnete Materie" geh8rt. sondern Ledigliah eine Beziehung auf die Quantität. was immer das bedeuten mag. Die erste Klasse ("Materie mit Quantität") wird bei der ersten Interpretation behandelt (3.9-17). die zweite Klasse bei der zweiten Interpretation (3.18-27). Bei der ersten und bei der zweiten Interpretation gibt es zunäahst zwei M8gliahkeiten: entweder ist die Quantität sahon eine Eigensahaft der ersten Materie (3.11 aJ. oder sie ist erst eine Eigensahaft des Zusammengesetzten aus Materie und Form (3.1o a). Die dritte und vierte Widerlegung der ersten Interpretation erfolgt ohne Ruaksiaht auf diesen Dissens (3.12-13. 3.14-17). 3.9 a Wie lautet die erste Interpretation? 1. Die von der Quantität gezeichnete Materie ist
3.9 a 2
123
die Materie mit Quantität oder die von Quantität affizierte Materie. 2. Sie ist in der Weise Prinzip der Individuation, daß die Materie für die Unmitteilbarkeit des Individuums, die Quantität jedoch für seine Verschiedenheit von den anderen aufkommt (vgl. 3.5 d 2). 3.9 b Autoritäten für 3.9 a 1. Autoritäten für diese Meinung sind Capreolus, Ferrariensis und Soncinas. 2. Auch Thomas erklärt gelegentlich, daß "natürliche gezeichnete Materie" so viel bedeute wie "Materie mit Determinierung dieser oder jener Dimensionen" und daß die Dimensionen unterworfene Materie als Prinzip der numerischen Verschiedenheit bei solchen Arten fungiert, in denen es mehrere Individuen gibt.
Naah thomistisaher Terminologie bedeutet "Quantitat" zunaahst die Eigenschaft. durch die ein k8rperliahes Ding der Dimensionen oder des Gr8ßerund Kleinerwerdens fahig wird ("virtuelle Qu. "). "Reale Quantitat" oder "dimensive Quantitat" heißt die Quantität eines K8rpers. der solche Dimensionen tatsachlich hat. Eine Dimension als solche und vor der Festlegung bestimmter Gr8ßen heißt "dimensio interminata" odeP ''dimensio indeterminata'' (3.11 d weist auf eine andere Bedeutung dieser Ausdrucke hin). "Materie mit Determinierung dieser oder jener Dimension" bedeutet eine Materie. deren Ausdehnung naah Länge. Breite oder Tiefe festgelegt ist. 3. Ferner sagt er, daß die Quantität die materiellen Dinge unterscheidet.
3.9 c Zurückführung der These auf Aristoteles 1. Diese Ansicht scheint auf Aristoteles zurückzugehen. 2. Er lehrt 999 a, - 5, daß die spezifische Verschiedenheit durch die Form und die numerische Verschiedenheit durch die Quantität entsteht, und erwähnt 1o53 a, 19 - 2o, nur diese beiden Arten der Verschiedenheit. 3. Auch deutet er 1o2o a, 7 - 8, an, daß die Quantität das Prinzip der Teilung in Individuen ist, und sagt 2o7 b, 1 - 5, daß die Zahl durch die Teilung eines kontinuierlichen Quantums entsteht.
3.9 d 1
124
3.9 d Vernünftige Begründung für 3.9 a 1. Als Vernunftgrund für die erste Interpretation mag es dienen, daß etwas den individuellen Materien ihre Verschiedenheit gegeben haben muß, bevor sie zum Individuationsprinzip werden konnten. 2. Denn sie konnten sie sich nicht selber geben, weil sie bloße Potenzen sind (vgl. 3.1o a E), Verschiedenheit aber durch einen Akt entsteht (vgl. 3. 5 b 2).
3. Die Form kann ebenfalls den Materien ihre Verschiedenheit nicht geben, weil nach thomistischer Lehre diese Form erst durch die Materie von jener verschieden wird.
"Die Materie begrenzt die Form" bedeutet für Thomisten: "Die Spezifizität der Form wird durah die Materie zu einem bestimmten Individuum konkretisiert". vgZ. Summa TheoZogiaa la, qu. 44, a. 2, a.; qu. 7, a. 1, a. Der saahZiahe Hintergrund ist folgender. Naah thomistisaher Lehre sind die Materie an siah und die Form an siah nichts Reales, sondern beide sind Konstituentien, aus denen etwas Reales wird, und zwar bei ihrer Vereinigung. Diese Lehre steht in Widerspruch zu der von Suarez, naah weZaher auah die erste Materie sahon etwas Reales ist, das Individualität und Existenz besitzt. Die Form als Prinzip der Speaies ist naah thomistisaher Lehre vom Wesen her spezifisch, d.h. gemeinsam; sie verZiert ihre Spezifizität und wird individuell durah ihre Vereinigung mit Materie. Dies ist der Grund für die Behauptung, daß Engel, die keine Materie haben, subsistierende Speaies sein müssen (vgZ. 2.6 a 2). Es ist auah der Grund für die Behauptung, daß der Leib die mensahZiahe Seele individuell maaht, die für siah als spezifisches Prinzip (Form) der Individualität niaht fähig wäre. Erste Weise, die Interpretation 3.9 a zu widerlegen 3. 1o a
Die zu unterstellende These 1. Hierbei bedient man sich der von thomistischen Autoren vertretenen These, daß es Quantität nicht in der ersten Materie,
sondern erst in dem aus Ma-
terie und Form Zusammengesetzten gibt. 2. Sie vergeht, wenn die zusammengesetzte Substanz vergeht, und eine neue entsteht, wenn eine neue Substanz entsteht. 3. Demnach müßte zuerst eine individuelle substan-
3.1o a E
125
tielle Form in eine individuelle Materie eingeführt werden, bevor die Quantität hinzutreten kann. "Simpliciter loquendo" ist auah hier sahwer zu deuten (vgZ. 4.4 d 2 und 4.7 E). -Die strittige Frage behandeZt DM 14, 3.5-51; 25, 472 a - 49o a. Die vorwiegend thomistische Meinung, daß die Quantität niaht der ersten Materie, sondern der zusammengesetzten Substanz zukommt, referiert mit Autoritäten ebd. 3.6. AZs Saahgründe werden angeführt: 1. Die erste Materie ist vor ihrer Vereinigung mit der Form bZoß reine Potenz; sie bekommt aZZes, was sie hat, von der Form. 2. Die Materie aZs Potenz ist primär auf die substantieZZe Form hingeordnet und muß zuerst einmaZ diesen Akt empfangen, bevor sie weitere Akte empfangen kann (ebd. 3.7). 3. Wenn in der ersten Materie ein Akzidens wäre, dann siaherZiah die Quantität; diese kann es aber niaht sein, weiZ die Proprien der Substanzen (z.B. die Quantität des Körpers) auf die Form und niaht auf die Materie zurückzuführen sind (ebd. 3.8). 4. Daß die Quantität (so wie die anderen Akzidentien) dem Zusammengesetzten mitteZs der Form zukommt, ist einerseits kein Widerspruch und entspricht andererseits der Natur der Saahen, ergo (ebd. 3. 9). -Die entgegengesetzte Meinung, die Suarez für die wahrsaheinZiahere häZt, behauptet demgegenüber, daß die erste Materie die hinreichende MateriaZursaahe der ihr angemessenen Akzidentien ist; aZs Autoritäten werden genannt: Averroes, SimpZiaius, PhiZoponus, Ammonius, Thomas, Gregor von Rimini, AureoZus, MarsiZius, PauZus Venetus, Aegidius Romanus und Augustinus Niphus (ebd. 3.1o). Naah dieser Meinung ist die Materie sahon vor ihrer Vereinigung mit der Form etwas WirkZiahes und IndividueZZes und niaht nur reine Potenz. An Gründen wird u.a. angeführt: 1. Die Materie hat unabhängig von der Form ihre eigene individueZZe Entität, Existenz und partieZZe Subsistenz und kann daher aZs MateriaZursaahe auah ohne die Form tätig sein (ebd. 3.12). 2. Die Materie hat genügend subsistierende Entität, um eine substantieZZe Form zu tragen, daher kann sie a fortiori eine akzidenteZZe tragen (ebd. 3.13). 3. Es ist kein Widerspruch, daß die Materie zugZeiah die Ursaahe der Quantität aZs der ihr konnaturaZen EigentümZiahkeit und die Ursaahe der substantieZZen Form aZs ihres primären Aktes ist (ebd. 3.14). 4. Die mensahZiahe SeeZe ist geistig, hat aZso niahts mit Quantität zu sahaffen; daher kann der Mensah aZs das Zusammengesetzte nur aufgrund seiner Materie quantitativ sein (ebd. 3.15 - 19).
126
3.10 b
5. Wenn die Seele des Mensahen den Leib verläßt, also niaht mehr die seiner Materie zugeteilte Form ist, behält dennoah der Leib zunäahst dieselbe Quantität, ergo (ebd. 3.2o-22). 6~ Die Materie ist gegenaber den versahiedenen Formen indifferent und muß auf jede einzelne erst von einem Agens vorbereitet werden; diese Agentien sind häufig k8rperliah, ein k8rperliahes Agens erfordert aber ein k8rperliahes und ausgedehntes Passum, sofern es tätig werden soll, ergo (ebd. 3.23-25). -Der Autor entsaheidet siah aufgrund dieser Argumente fUr die Meinung, daß die Quantität sahon immer in der ersten Materie ist (coaeva materiae) und daß sie bei den versahiedenen Zeugungen, in die die Materie verwiakelt wird, weder erworben noah geweahselt wird (ebd. 3.35). 3.36-37 zeigen naah dieser prinzipiellen Entsaheidung, daß die Quantität bisweilen sogar der Materie allein inhäriert, 3.41-43 untersuahen das wirkliahe Verhältnis von Quantität und substantieller Form, 3.44-51 von dem umgekehrten Aspekt her das Verhältnis von substantieller Form und Quantität. Die Entsaheidung im Sinne der These von der Koävität der Materie wird vom Autor zur wahrsaheinliaheren erklärt; der Gegenthese wird geringere Wahrsaheinliahkeit zugesproahen. 3.10 b Konsequenzen der Behauptung, daß die Quantität die Materie verschieden macht, unter Voraussetzung von 3.1o a 1. Falls man 3.1o a für zutreffend hält, so muß man unterstellen, daß man die Aufnahme der Form in eine unmitteilbare Materie und in eine von allen anderen verschiedene Materie gleichzeitig erkennt. 2. Die Materie wird also schwerlich erst durch die Ankunft der Quantität von allen anderen verschieden, sie ist es schon vorher. 3. Ferner bilden nach dieser These Materie und Form schon vor der Ankunft der Quantität ein Substanzindividuum, das aufgrund seiner Entität nicht nur real in sich ungeteilt, sondern auch von allen anderen verschieden ist.
Wenn die Versahiedenheit als Teil der Negation naah 1.2 d sahon da war, bevor die Quantität kam, so ist sahwer einzusehen, wie die Quantität diese Versahiedenheit bewirkt haben soll.
3.1o c
127
3. 1o c Einwand und Erwiderung
1. Bei rein materialursächlicher Betrachtung darf man sagen, daß die Quantität schon vor der Form in der Materie ist (s. 3.1o a E). 2. Antwort: Wenn man 3.1o a vertritt, dann führt dieser Einwand zu Komplikationen (z.B. 3.12 a). 3. Zweitens kann es sich bei (1.) nicht um eine reale zeitliche Inhäsion der Quantität in der Materie handeln, denn real kann die Quantität laut Voraussetzung erst dem Zusammengesetzten inhärieren. 4. Ergo kann sie der Materie nicht vor der Zusammensetzung inhärieren, denn was ihr nicht real und zeitlich inhäriert, das inhäriert ihr weder früher noch später.
"Zeichen" ("signa") bedeutet hier verschiedene Aspekte, unter denen man über etwas disputieren kann (vgZ. 3. 3 E}. Das Zeichen MateriaZursache darf "früher aZs das Zeichen Zusammengesetztes" heißen, weiZ die MateriaZursache wie die FormaZursache ein Konstitutiv des Zusammengesetzten und daher früher aZs dieses ist. 3.10 d Erläuterung zu 3.1o c 3 - 4 1. Die Quantität kann verschieden machen, sofern sie real inhäriert, aber real inhäriert sie laut These nur dem Zusammengesetzten. 2. Sie setzt also das, was sie angeblich bewirkt, in Wirklichkeit schon voraus. 3. Im übrigen genügt es zur Widerlegung von 3.9 a in der Version von 3.1o a, daß die Materie hinsichtlich irgend einer der vier Ursachen schon vor der Ankunft der Quantität von anderen verschieden ist.
Das Agens führt die Form in die Materie ein, und unmitteZbar dadurch entsteht Zaut These ein Substanz individuum, das von aZZen anderen verschieden ist. Erst diesem Substanzindividuum, nicht seinen Konstituentien, kommt Zaut These die Quantität zu. Dieser SachverhaZt erZaubt es nicht zu sagen, daß das Individuum durch die Quantität verschieden wird. SeZbst wenn die Einwendung des Opponens zuträfe, daß, materiaZursächZich gesehen, die Quantität schon vor der Form in der Materie ist und sie zumindest insofern verschieden macht (3.1o c 1}, so änderte das nichts an dem genannten SachverhaZt. Denn daß die Quantität, wirkursächZich oder formaZursächZieh gesehen, später aZs die Verschiedenheit ist, verbietet
128
3.1o e 1
(gLeichguLtig, wie es sich bei der MateriaLursache verhaLten mag) die allgemeine Behauptung, daß die Quantitat das Prinzip der Verschiedenheit ist. Da der Sprecher des Einwandes 3.1o c 1 nur die MateriaLursache abzusichern sucht, gibt er die ubrigen drei Ursachen frei, und damit ist der Disput bereits entschieden. 3. 1o e Schluß zu 3.1o a - d In Schlußform lautet die Widerlegung so: 1. Die Form wird in die Materie aufgenommen, bevor die Materie Quantität hat; da es aber physische Entstehung nur bei Singulärem gibt, müssen beide schon individuell sein. 2. Entsprechend müssen sie schon vor der Ankunft der Quantität eine individuelle Substanz zusammensetzen. 3. Zu dieser Substanz tritt die Quantität hinzu; Gott könnte sie aber de potentia absoLuta (erklärt in 2.3o a E) auch ohne diese Quantität als individuelle erhalten. 4. Folglich kann die Quantität weder ein Teil des Individuationsprinzips von Materie und Form noch ein Teil des Individuationsprinzips zusammengesetzter Substanzen sein. Zweite Weise, die Interpretation 3.9 a zu widerlegen 3. 11 a Die These nebst Stellungnahme
1. Man könnte zweitens 3.9 a (anders als in 3.1o a) so interpretieren, daß die Quantität schon vor der Form in der ersten Materie ist und unabhängig vom Wechsel der Formen stets in ihr bleibt (vgl. 3.1o a E).
2. Auch dann bleibt 3.9 a widerlegbar. 3. Denn nicht nur die Materie für sich allein, sondern auch die mit bestimmter Quantität affizierte Materie kann unter verschiedenen Formen bzw. in verschiedenen Individuen sein. 4. Folglich taugt sie nicht besser zum Individuationsprinzip als die Materie für sich allein.
An einer Quantitat, die immer in der ersten Materie bLeibt, mussen genau so vieLe Individuen partizipieren können wie an der ersten Materie. Sie ist also keineswegs exklusiver als die Materie, an der sie ist. Doch muß das Individuationsprinzip fur jedes Individuum etwas Exklusives sein (s. 3.8 a 4).
3.11 b
129
3.11 b Einwand gegen 3.11 a 1. Die quantitativ gezeichnete Materie kann zwar mit unterminierten Dimensionen unter verschiedenen Formen bzw. in verschiedenen Individuen sein und taugt insofern nicht zum Individuationsprinzip. 2. Aber die Materie mit individuell determinierten Dimensionen kommt nur dem jeweiligen Individuum zu und taugt daher zum Individuationsprinzip (vgl. 3.9b2E). 3.11 c Erste Möglichkeit, auf 3.11 b zu erwidern 1. Das Wort "unterminiert" ("undeterminiert") ist nicht eindeutig; die Terminierung (Determinierung) kann erstens die äußeren Dimensionen betreffen und darin bestehen, daß eine bestimmte Länge, Breite und Tiefe festgelegt wird, d.h. daß die Quantität in den drei Dimensionen bestimmte Grenzen erhält. 2. Dadurch ist aber dem Mangel nach 3.11 a 3 nicht abgeholfen, denn dieselbe Materie kann auch mit derselben in drei Dimensionen determinierten Quantität verschiedenen Formen unterliegen. 3. Beweis: Dieselbe Gerte, die am Strauch grün und lebendig ist, wird nach dem Abschneiden trocken, ohne ihre Länge und ihren Durchmesser zu verändern.
Am StPauch untePliegt die GePtenmatePie deP FoPm des StPauches baw. eineP UntePfoPm deP FoPm des StPauches. Wenn sie nach dem Abschneiden tPocken wiPd, untePliegt sie nicht mehP deP FoPm des StPauches, denn unteP dieseP müßte sie wachsen und feucht sein. AndPePseits muß sie iPgend eineP FoPm untePliegen, sonst k8nnte sie nicht von bestimmteP Elementenmischung, TextuP und Beschaffenheit sein, sondePn waPe völlig unstPuktuPiePt. Also hat an deP MatePie deP GePte nach dem Abschneiden ein Wechsel deP FoPm stattgefunden. DieseP Wechsel hat nachweislich die mit detePminiePten Dimensionen affiaiePte Quantität nicht vePändePt. HieP liegt kein SondePfalZ voP, denn man kann viele vePgleichbaPe Beispiele nennen. 3. 11 d Zweite Möglichkeit, auf 3.11 b zu erwidern
1. "Terminierung der Quantität" kann zweitens bedeuten, daß die Quantität mit bestimmten Qualitäten (Dispositionen gelten als eine der vier Species des Genus Qualität, vgl. Erl. vor 8.11 a) wie Dünnheit
13o
3.11 d E
oder Dichte affiziert wird, die sie mehr zu dieser als zu jener Form disponieren.
Während sich bei der Deutung in 3.11 c das Wort "Terminierung" quantitativ auf die äußere Extension bezog, bezieht es sich hier gleichsam qualitativ auf die Innenstruktur der Materie. Ist die Materie dicht, so liegt es näher, daß die Form eines schweren Elementes wie Erde oder Wasser eingeführt wird. Ist sie dagegen nicht dicht, so liegt es näher, daß die Form eines leichten Elementes wie Luft oder Feuer eingeführt wird. Nähert sie sich jenem Grad von Dichte, der zu der Species Mensch paßt, so dürfte in sie die Form des Menschen (Seele) eingeführt werden. Gibt es bei ihr im Rahmen dieser "spezifischen Dichte" ein relatives tlberwiegen des Dichten, so ist die Form eines Melancholikers oder Phlegmatikers zu erwarten (Beziehung zu Erde oder Wasser). Gibt es dagegen ein relatives tlberwiegen des Dünnen, so ist die Form eines Sanguinikers oder cholerischen Menschen zu erwarten (Beziehung zu Luft oder Feuer). Gibt es ein relatives tlberwiegen der Dichte in der Weise, die genau dem tlberwiegen des Saftes Phlegma in Peters Temperament entspricht, so ist mit der Einführung der Seele Peters zu rechnen usw. 2. Bei dieser Interpretation entfiele der Einwand von 3.11 a 4. 3.11 e Widerlegung von 3.11 d 1. Erstens können die betreffenden Autoren "unterminiert" nicht im Sinne von 3.11 d verstanden haben, und zweitens wäre 3.9 a auch in dieser Interpretation eine falsche These. 2. Beweis für die erste Behauptung in 3.11 e 1: Nach 3.9 a macht die Quantität das Individuum aus eigener Kraft von allen anderen materiellen Individuen verschieden; nach 3.11 d aber tut sie es nicht aus eigener Kraft, sondern in der Kraft bestimmter Qualitäten (Dispositionen) ,die ihr inhärieren. 3. Wenn 3.11 d richtig ist, dann muß mithin (im Gegensatz zu 3.9 a) die wahre These lauten: "Nicht die von der Quantität gezeichnete Materie, sondern die von der Qualität gezeichnete (und im übrigen schon vorher qu-antitativ bestimmte) Materie ist das Individuationsprinzip."
Dichte und Dünnheit sind Qualitäten der Elemente, mit denen die Elementarqualitäten Schwere, Leichtigkeit, Kälte, Wärme, Feuchtigkeit und Trockenheit
3.11 f
1
131
in einem funktionalen Zusammenhang stehen. In der These 3.11 d ist daher von wesentliah mehr die Rede als von der terminierten Quantität oder von der von der Materie gezeiahneten Quantität. In Wirklichkeit wäre die Materie naah 3.11 deine materia qualitate signata. Daß die Qualität in der Materie die Quantität voraussetzt, bleibt davon unberührt. Die Quantität ist jedenfalls naah 3.11 d niaht das hinreiahende Prinzip der Verschiedenheit, und das ist hier entscheidend. 3.11 f Beweis für die zweite Behauptung in 3.11 e 1 1. Die These 3.11 d ist zweitens falsch. 2. Denn es folgt aus ihr, daß Qualitäten, die die Materie zu einer bestimmten Form disponieren, dem Individuationsprinzip der Substanz zuzurechnen sind.
Das wäre absurd, denn ein Akzidens kann niaht das Prinzip einer Substanz sein. Das Niedrigere kann nie das Prinzip des H~heren sein, vgl. 2.5 d 3, 2 und 2.17 a 2. 3. 11 g Begründungen zu 3.11 f
1. 3.11 f 2 ist abgesichert, denn die gezeichnete Materie schließt nach 3.11 d die Dichte, Dünne usw. in der Weise ein, daß sie dadurch zu einer bestimmten Form disponiert wird. 2. Erster Beweis für 3.11 f 1: Die individuelle Substanz ist ein unum per se und steht jeweils unter ihrer Substanzart, und zwar unmittelbar (Tier, Stock, Mineral u.dgl.); daher können in ihrem Wesen keine Akzidentien enthalten sein, sonst müßte sie außerdem noch unmittelbar unter einer Akzidensart oder unter mehreren Akzidensarten stehen; ihr inneres Individuationsprinzip muß aber laut Festlegunq in 3.2 e in ihr enthalten sein, ergo kann es kein Akzidens sein. 3. Zweiter Beweis für 3.11 f 1: Die Individualdifferenz einer individuellen Substanz ist laut 2.9 a von ihrer A~twesenheit nicht real verschieden.
Da die These 2.9 a siah gegen Saotisten riahtet und von Thomisten mitvertreten wird (naah denen die Artwesenheit niaht als solahe real e~istiert), kann dieses Argument bei Thomisten auf Zustimmung reahnen. Bei einer Disputation mit Saotisten bräahte es dagegen zur Begründung eine These, die Saotisten niaht akzeptieren und die daher den erstrebten Uberzeugungseffekt niaht bringt.
132
3.11 g 4
4. Ergo kann die Individualdifferenz einer individuellen Substanz kein Akzidens, sondern nur etwas Substantielles sein. 3. 12 a Anmerkung über die Beweiskraft von 3.11 g
1. 3.11 g 2 und 3.11 g 3 sind Argumente gegen 3.9 a nicht nur in der Version von 3.11 a, wonach die Quantität schon in der ersten Materie ist, sondern auch in der Version von 3.1o a, wonach die Quantität erst in dem aus Materie und Form Zusammengesetzten ist. 2. Denn die Quantität ist ein Akzidens. 3. Da ein Akzidens nur an der Substanz sein kann und sie daher voraussetzt, kann es auf der anderen Seite nicht an ihrer Konstitution beteiligt sein (s. 2.17a2).
3.11 g hätte demnaah genau so gut hinter 3.1o aZs Argument gegen 3.9 a stehen können. Damit sind die WiderZegungen von 3.9 a, die beim Quantitätsbegriff ansetzen, beendet. Mit 3.12 b beginnt eine neue Etappe der WiderZegung. Dritte Weise, die Interpretation 3.9 a zu widerlegen
Die dritte WiderZegung von 3.9 a sieht von der QuantitätsZehre ab und stutzt siah auf die Forderung, daß man die Prinzipien niaht unnötig vervieZfäZtigen darf, sowie auf die spraahkritisahe Maxime naah 2 15 a. Wenn etwas in siah eines ist, dann ist es eo ipso von anderem verschieden. Verschiedenheit ist nur ein Aspekt der Einheit und niaht etwas, das siah aus Einheit unter gewissen Bedingungen aZs neue Bestimmung ergibt. Der Text druakt das etwa foZgendermaßen aus: Verschiedenheit ist eine innerZiehe ("Zogisahe") Konsequenz der Einheit und niaht ein reaZer Effekt der Einheit. Da zwisahen beiden keine reaZe Verschiedenheit besteht, bedurfen sie niaht verschiedener reaZer Prinzipien (vgZ. 3.6 a 1 E). 3. 12 b Das Argument der Widerlegung
1. Die folgende Widerlegung ist unabhängig davon, ob man 3.9 a die Interpretation 3.1o a oder 3.11 a geben möchte. 2. Zwar ist jedes Ding von Natur aus zuerst in sich eins und danach von anderen verschieden, doch ist dieses Spätere sozusagen eine logische Konsequenz und keine reale Wirkung des Früheren.
3.12 b 3
133
3. Um die Verschiedenheit des Dinges A von den mit A nicht identischen Dingen zu erzeugen, bedarf es nicht der Zugabe einer realen positiven Entität wie beispielsweise der Quantität. 4. Wenn außer A auch B gegeben ist und wenn Bs Identität nicht As Identität, sondern Bs Identität ist, so ist "A ~ B" allein deshalb und nicht, weil B oder A eine bestimmte Quantität besitzt, eine wahre Aussage.
wäre auah dann von Peter verschieden. wenn er größer oder k~einer wäre. a~s er wirk~iah ist. Suarez' Behauptung. daß Identität (Ungetei~theit in siah) ~ogisah früher ist a~s Verschiedenheit. könnte man u.a. damit begründen. daß es zur Identität nur eines A bedarf. während zur Verschiedenheit außer dem A auah noah ein B erforder~iah ist. Um von "A = A" (zwei Zeiahen) zu "A I B" (vier Zeiahen) zu ge~angen. bedarf es ~edig~iah der Einsetzung des Individuumzeichens "B" und des Negationszeichens "/". aber niaht eines fünften Zeiahens wie "Quantität". Auah hier geht Suarez wie in 2.15 a davon aus. daß niaht a~~e spraah~iahen Zeiahen rea~e Korre~ate von so~aher Beschaffenheit haben. daß man aus der Anordnung der Zeiahen unmitte~bar die Anordnung der Korre~ate ersah~ießen kann. Das spraahkritisahe Interesse Suarez' ~iegt hier v.a. in dem Hinweis. daß man bei Sah~üssen von spraah~iahen Zeiahen auf gegenständ~iahe Korre~ate beaahten muß. daß nur einigen spraah~iahen Zeiahen unmitte~bar eine positive Rea~ität entspricht und daß die übrigen Zeiahen rea~e Korre~ate haben. die Suarez a~s "negativ" zu bezeichnen pf~egt. Denn die Negation bi~det niaht unmitte~bar etwas Rea~es ab. sondern bezeichnet Rea~es mitte~bar. Der Umstand. daß A mit siah identisah ist und B mit siah identisah ist. kann mit Hi~fe der Negation kurz a~s "A I B" ausgedrückt werden. Die Negation gehört naah Suarez' Meinung zu den Zeiahen. deren gegenständ~iahes Korre~at niaht unmitte~bar ein E~ement der K~asse P (Gegenstände. Eigenschaften. Re~ationen und Hand~ungen). sondern nur ein Aspekt eines E~ementes oder mehrerer E~emente der Klasse P ist (vg~. 3.6 a E). Der Ausdruak "Blau" und der Ausdruak "Unb~au" ist auf dasselbe eigensaha/tZiahe E~ement der K~asse P bezogen. aber jewei~s in verschiedener Hinsiaht. Entsprechendes gi~t für "Identität" und "Verschiedenheit" unter der Voraussetzung. daß "Verschiedenheit" ein anderes Wort für "Niahtidentität" ist. Die eingeführten Zeiahen "A". "B". "=". "!" und "Quantität" haben die rea~en Korre~ate A. B. Identität von A. Identität Pau~
134
3.12 c 1
von B und Quantität. Von diesen sind für Suarez A, B und Quantität ohne Zweifel positive Entitäten. Ob Identität als positive Entität gelten darf, ist zumindest umstritten. Daß es ein unmittelbares reales Korrelat zu "Negation" etwa als reale Entität Negation nicht gibt, wird seinerzeit von niemandem bestritten (vgl. 2.? c}. Suarez' Behauptung lautet: "Wenn A und B gegeben sind und A mit sich selbst identisch ist, dann braucht keine positive Entität zu A hinzuzutreten, um es von B, das ebenfalls mit sich identisch ist, verschieden zu machen. Vielmehr ist 'AI B' nur ein kurzer sprachlicher Ausdruck für den Sachverhalt, daß A mit sich identisch ist und daß B mit sich identisch ist." Hierzu vgl. 3.6 a E. 3.12 c Erläuterung 1. Die Realität, die die erste Negation (Ungeteiltheit in sich bzw. Identität mit sich selbst) erzeugt, erzeugt zugleich die zweite Negation (Verschiedenheit von anderen) . 2. Daher sagt man, daß A durch das verschieden wird, durch das es konstituiert wird bzw. durch das es ist. 3. Dies ist der Sinn der Thomas-Stelle in 1a, qu. 76, a. 2, ad 2.
3.12 c 3 ist ein starkes Argument, weil für Thomisten Aussprüche Thomas von Aquinos vermutungsweise maßgeblich sind (vgl. 2.39 c E, 3.8 a 1 E}. 3. 12 d
Bekräftigung von 3.12 b, c 1. Für den Bereich des Spezifischen bestreitet die Behauptung 3.12 c 1 kein Mensch, denn die spezifische Differenz gilt sowohl als Prinzip der Einheit der Art wie auch als Prinzip ihrer Verschiedenheit von allen anderen Arten desselben Genus. 2. Nach der Analogie laut 1.3 a ist die Individualdifferenz sowohl das Prinzip der Konstitution des Individuums und seiner inneren Einheit als auch das Prinzip seiner Verschiedenheit von allen anderen Individuen. 3. 12 e Anwendung von 3.12 b, c auf die Materie
1. Wenn die Materie unmittelbar und ohne Zuhilfenahme der Quantität das Prinzip der Konstitution des Individuums und seiner inneren Einheit ist, dann muß
3.12 e 2
135
sie auch das Prinzip seiner Verschiedenheit von allen anderen Individuen sein. 2. Wenn sie nicht das Prinzip seiner Verschiedenheit ist, dann kann sie auch nicht das Prinzip seiner Konstitution und seiner inneren Einheit sein. 3. Das Prädikat "unmitteilbar" besagt nämlich in Verbindung mit dem Individuumzeichen "A": "A ist dermaßen in sich eines, daß man es nicht in mehrere Individuen seiner Art aufteilen kann". 4. Bereits aufgrund dieses Einsseins hat ein Körper zugleich die Eigenschaft, daß er, falls er der Körper A ist und falls es einen Körper B gibt, von diesem verschieden ist. 3.12 f Anwendung von 3.12 b, c auf die Quantität 1. Wenn die Quantität die Substanzindividuen verschieden macht, dann muß sie sie auch konstituieren und das Prinzip ihrer inneren Einheit sein; und nur, wenn sie sie konstituiert und das Prinzip ihrer inneren Einheit ist, kann sie sie auch verschieden machen. 2. Sie kann aber nicht das Prinzip der Konstitution und der inneren Einheit von Substanzindividuen sein, denn sie ist ein Akzidens und setzt als solches die Substanz voraus (vgl. 3.12 a 3). 3. Damit ist die These 3.9 a zum dritten Mal widerlegt. 3. 13 a Einwand gegen 3.12 f 2 1. 3.12 f 2 beweist, daß die Quantität nicht die erste Verschiedenheit der Substanzindividuen verursacht. 2. Es widerlegt aber nicht, daß die Quantität die numerische und quantitative Verschiedenheit verursacht. 3. Dieses Verursachen berechtigt aber dazu zu sagen, daß die Quantität insofern innerlich zum Individuationsprinzip gehört.
Dieses APgument begegnet bald ausfühPliaheP in 3. 15 b - 3.1? b. Es dient hieP gePadezu als VbePleitung zuP viePten WidePlegung von 3.9 a. 3.13 b Erwiderung auf 3.13 a 1. 3.13 a operiert mit ungesicherten Begriffen (vgl. 2.28 b 3), so daß zunächst zu untersuchen wäre, welche Verschiedenheit die Quantität verursacht
136
3.13 b 2
und welche sie voraussetzt. 2. Sie setzt die entitative Verschiedenhein voraus, die diese Materie bzw. Substanz verschieden macht, denn erstens ist keine Verschiedenheit denkbar, die früher wäre, und zweitens besitzt jede Entität diese Verschiedenheit (die vom Autor in Hinsicht auf Individuen derselben Art auch als numerische bezeichnet zu werden pfleg~ vgl. 3.17 a), unmittelbar.
"Die Entitat von A ist mit siah identisah und die Entitat von B ist mit siah identisah" kann abersetzt werden durah "Die Entitat von A ist von der En ti tat von B versahieden" bzw. "A ist von B in Hinsiaht auf seine Entitat versahieden" bzw. "A ist von B entitativ versahieden" (vgl. 3.12 b E). Daraufhin kann man das Abstraktum "entitative Versahiedenheit" bilden und behaupten, daß die entitative Versahiedenheit die frUheste von allen Versahiedenheiten ist. Denn "entitative Versahiedenheit" bezeiahnet bloß einen Aspekt (vgl. 3.6 a E) des Saahverhaltes, daß A mit siah selbst identisah ist und daß B mit siah selbst identisah ist; und dieser Saahverhalt ist deshalb der erste, weil das Individuum das Erste ist (vgZ. 2.5a). 3. Die Entität ist das, was jedes Seiende am unmittelbarsten hat, und deshalb ist auch die Verschiedenheit, die unmittelbar auf der Entität beruht, vor allen anderen Verschiedenheiten da. 4. Deshalb muß man sagen, daß die Entität A von der Entität B allererst durch sich selbst verschieden ist.
Zur Bedeutung von "Entitat" s. 6.1 a E. suarez erklart niaht die reale Existenz, sondern die Entitat zum Individuationsprinzip, weil niaht nur das real Existierende, sondern auah die unmittelbaren Alternativen zu ihm als "individuell" bezeiahnet werden mUssen, auah wenn sie niaht real existieren. Ein abstrakt gedaahter Saahverhalt ist weitgehend beliebig und daher spezifisah oder generisah, aber ein mögliaher Saahverhalt, der als unmittelbare Folge existierender und individuell bestimmter Saahverhalte gedaaht wird, hat weniger Beliebigkeit, und zwar bei hinreiahender Kenntnis seiner Bedingungen so wenig, daß er als "individuell" bezeiahnet werden muß, obgleiah er niaht existiert. Alternativen der genannten Art sind v.a. dort von Belang, wo es Freiheit gibt. Diese Freiheit tritt bei Suarez einerseits als Freiheit Gottes (libertas specificationis und
Erl. vor 3.14 a
137
libertas exercitii) und andererseits a~s Freiheit des vernunftigen Individuums (liberum arbitrium) auf. Bei der Entsaheidung fUr die Entität, die im Seahsten Absahnitt ausgesproahen werden soZZ, spie~t der Saahverha~t. der dank Vo~taire und Leibniz unter dem Namen "Se~ektion unter mßg~iahen We~ten" noah heutigen Lesern vertraut ist, sowie der Saahverha~t. der fruher mit "liberum arbitrium" bezeiahnet wurde, eine wiahtige Ro~~e. Wenn Gott abwägt, ob er die PersonA zu der Hand~ung h' hinreiahend motivieren so~~ oder niaht, so wägt er, da er niaht in Abstraktionen denkt (vg~. 2.37 d 2 E und 2.37 d 4 E), einen mßgZiahen individue~Zen Zustand von A gegen einen anderen mBg~iahen individue~Zen Zustand von A ab, von denen vorerst weder der eine noah der andere existiert, obgZeiah es mora~isah siaher ist, daß der eine oder der andere oder ein dritter existieren wird. - Daß der existierende PauZ von dem existierenden Peter versahieden ist, beruht auf beider Entitäten, näm~iah darauf, daß der eine Pau~ und der andere Peter ist. Man nennt diese Versahiedenheit, die auf der Entität beruht, "entitative Versahiedenheit". Sie entspriaht derjenigen, die in diesem Text auah aZs "numerisahe Versahiedenheit" bezeiahnet wird und Individuen einer Speaies untereinander zukommt. Die entitative Versahiedenheit, aufgrund derer Pau~ niaht Peter ist, ist die a~~er erste. Denn Pau~ ist zua~Zererst PauZ, und daraus fo~gt unmitte~bar, daß er niaht Peter ist (vg~. 3. 12 b E). Im vor~iegenden Fa~~e gi~t: Pau~ wäre auah von Peter versahieden, wenn er grßßer oder kleiner wäre, aZs er wirk~iah ist. Das ist das Resurne der dritten Wider~egung von 3.9 a. Vierte Weise, die Interpretation 3.9 a zu widerlegen
Die vierte und ~etzte Wider~egung von 3.9 a geht davon aus, daß etwas Rea~es wie die Quantität nur etwas Realem zukommen kann, und behandelt danaah eine Reihe von Seitenfragen. Dabei treten Argumente auf, die sahon bei fruheren Wider~egungen begegnet sind, z.B. in 3.1o d, 3.11 f - g, 3.12 a, f und 3. 13 a, b. 3. 14 a Das Argument der Widerlegung
1. Es ist keine wesenseigentümliche ("formelle") Wirkung der Quantität, Materien oder Teile von Materien entitativ verschieden zu machen.
138
3.14 a 2
2. Denn jede reale Quantität setzt eine Materie
voraus, der sie inhäriert, und zwar eine reale Materie mit einer individuellen Entität, die von allen anderen Materien entitativ verschieden ist. 3. Mithin ist die Voraussetzung dafür, daß es verschiedene Quantitäten bzw. Teilquantitäten geben kann, das Vorhandensein verschiedener Materien bzw. Teilmaterien. 3.14 b Begründung für 3.14 a 1. 3.14 a 2 ist durch den Satz Cajetans bewiesen, daß ein singulärer Akt eine singuläre Potenz voraussetzt (wie 2.35 a geklärt worden ist, gilt freilich dieser Satz nur für real verschiedene Potenzen und Akte). 2. Wenn aber die Quantität als singuläre von ihrer Materie bereits real verschieden ist, dann setzt sie ihrerseits in dieser Materie eine Entität als Grundlage entitativer Verschiedenheit voraus (3.13 b). 3. Durch diese Entität - und nicht durch eine Quantität - ist diese Materie von jedem anderen Seienden verschieden, ergo. 3. 14 c Bestätigungaposteriori für 3.14 a
Erhielte Gott Teilentitäten des Leibes von Peter ohne ihre Quantität, dann wären diese trotzdem entitativ voneinander verschieden, gleichgültig, ob sie beieinander blieben oder nicht. 2. Denn da sie laut Annahme ihre Entität behalten, können sie sich weder ineinander verwandeln noch zu etwas Unteilbarem zusammenwachsen. 3. Sie können ja nicht zugleich verschieden und nichtverschieden sein. 1.
3.14 a ist ein Argument a posteriori (vgl. 3.33 a E), weil es aus einer (hypothetisahen) Wirkung (Erhaltung von Teilentitäten bei Wahrung ihrer entitativen Versahiedenheit) auf die Ursaahe dieser Wirkung sahließt. Daß Gott, was die Saahe betrifft, Teilentitäten des mensahliahen Leibes ohne ihre Quantität erhalten kann, ist für Suarez und seine Leser aus der tridentinisahen Euaharistielehre bekannt, naah welaher Fleisah und Blut Jesu niaht unter ihren eigenen, sondern unter den Quantitäten der verwandelten Substanzen Brot und Wein erhalten werden. Diese Teilentitäten Fleisah und Blut bleiben individuell, denn sie sind das Fleisah und Blut des
3.15 a 1
139
Individuums Jesus. UntePstellte man gegen diese Fakten, daß matePielle Teilentitäten zu eineP einzigen MatePie zusammenwaahsen, so entstünde daduPah eine neue Entität, hinsiahtliah dePeP man das PPädikat "vePsahieden" so vePwenden müßte wie fPüheP hinsiahtliah jedeP deP Teilentitäten. Das PPoblem wäPe also niaht gelBst, wenn man Zusammenwaahsen untePstellte, denn hinsiahtliah deP VePsahiedenheit deP neuen Entität von allen andePen ePhBbe siah dieselbe FPage, die siah zuvoP hinsiahtliah deP VePsahiedenheit deP Teilentitäten ePhob. 3. 15 a Resuml!
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1. Die Quantität setzt in der Materie die entitative und substantielle Verschiedenheit voraus, die der zweiten Verneinung in der Definition des Individuums entspricht, und kann sie daher nicht bewirken. 2. Aufgrund dieser Verschiedenheit erweist sich ein Individuum als von jedem anderen verschieden, mag es auch zu derselben Art oder Gattung oder Kategorie gehören. 3. Eine Verschiedenheit, die die Quantität bewirkt, ist also für die Individualität nicht von Bedeutung. 4. Folglich ist die Quantität kein Bestandteil des Individuationsprinzips. 3.15 b Begründung für 3.15 a
1. Die Quantität gibt der Substanz nur quantitative Einheit und kann ihr deshalb auch nur quantitative oder situelle Verschiedenheit geben. 2. Die quantitative Verschiedenheit beruht darauf, daß jede körperliche Substanz auf ihre besondere Weise begrenzt ist, so daß sie nicht eigentlich in eine andere verfließen kann. 3. Die situelle Verschiedenheit beruht darauf, daß jede körperliche Substanz ihre eigene Lage hat. "Situalis" ist ein Adjektiv zu "situs". Densitus
(Lage) behandelt DM 52.1. DoPt 1.7; 26, 1oo8 b: DeP Situs ist ein innePeP Modus des situiePten KBPpePs, aufgPund dessen eP "sitzend", "liegend" o. dgL heißt. Seine Besahaffenheit und sein UntePsahied zum ubi ist umstPitten; SuaPez neigt dazu, eine nuP gedankliahe VePsahiedenheit anzusetzen. Ebd. 1.9; 1oo9 a, b: Die VePsahiedenheit besteht daPin, daß "Wo" nuP den Modus bezeiahnet, deP ein Ding iPgendwo konstituiePt; daheP ePmittelt man das Wo mit Hilfe deP
14o
3.15 c 1
Distanz. Nahe oder Prasenz. "Situs" besagt Jedoch darüber hinaus. daß der vom Wo disponierte Körper in sich auf eine bestimmte Weise disponiert ist. und zwar mit einer Disposition. die sich aus der örtlichen Zuordnung seiner Teile ergibt. - Das Wo behandelt DM 51; s. 1.14; 26. 976 a: Das Wo ist ein innerer real verschiedener Modus des Körpers. aufgrund dessen er irgendwo örtlich prasent ist. Ebd. 1.18; 977 a: Dieser Modus wird nicht formell von einem außeren Körper oder von der umgebenden Oberflache erzeugt. 1.22; 978 b: Dieser Modus ist das Abstraktum der Kategorie Wo. und sein SubJekt ist der Körper. dem er inhariert. Das Konkretum der Kategorie Wo ist dagegen der Körper zusammen mit diesem Modus. Zum Verhaltnis von locus und ubi s. DM 52.2; vgl. unten 9.lo c E. -Diese zunachst abstrus anmutenden Distinktionen und Definitionen hangen primar mit einer Grundannahme der peripatetischen Mechanik zusammen (Endlichkeit des materiellen Universums). vor deren Hintergrund sie als plausible Instrumente erscheinen. während sie im Kontext einer atomistischen oder korpuskularistischen Mechanik keineswegs plausibel wären. 3. 15 c
Fortführung von 3.15 b 1. Andernfalls stimmte der Grundsatz nicht, daß die Quantität in derselben Weise Verschiedenheit bewirkt, in der sie konstituiert. 2. Erst macht sie die Substanz ausgedehnt und begrenzt und versieht sie mit einer bestimmten körperlichen Masse, danach läßt sie sie einen bestimmten Ort ausfüllen; das ist die quantitative und situelle Konstitution, aus der die quantitative und situelle Verschiedenheit folgt. 3. Beide Verschiedenheiten bewirken aber nicht die Individualität der körperlichen Substanz, sondern setzen sie voraus und sind wie die Quantität selber akzidentell. 3. 16 a Bestätigung für 3.15 c 3 hinsichtlich der situellen Verschiedenheit
1. 3.15 c 3 ist hinsichtlich der situellen Verschiedenheit evident, die den Körpern äußerlich ist, denn sie behalten ihre Individualität, wie oft sie ihre Lage auch wechseln mögen. 2. Gott kann sogar, wie die reale Präsenz des Leibes Christi im Abendmahl zeigt, de potentia absoluta
3.16 a 3
141
eine körperliche Substanz unbeschadet ihrer Identität mit sich selbst der Quantität bzw. der Lage berauben (vgl. 3.14 c E) -was er nicht könnte, wenn es widersprüchlich wäre. 3. Ähnlich könnte er de potentia absoluta einen quantitativ bestimmten Körper mehrere Lagen oder zwei verschiedene Körper dieselbe Lage einnehmen lassen. 4. Das Letztere hat er sogar öfters getan: wenn beispielsweise Christus nach seiner Auferstehung durch verschlossene Türen ging, dann nahmen zeitweilig die Tür und sein Leib dieselbe Lage ein. 5. Also hat die situelle Verschiedenheit mit der Individualität nichts zu tun. 3.16 b Bestätigung für 3.15 c 3 hinsichtlich der quantitativen Verschiedenheit 1. 3.15 c 3 gilt aber auch für die quantitative Verschiedenheit, die für die Individualität einer körperlichen Substanz nicht wesentlich ist, sie laut 3.15 a vielmehr voraussetzt. 2. zwar ist unter den Bedingungen der bestehenden Ordnung der Natur die Quantität ein proprium körperlicher Substanzen (vgl. DM 14, 4.58; 25, 492 a, b). 3. Aber de potentia absoluta kann Gott einen Körper unbeschadet seiner Individualität der Quantittät berauben. 3.17 a Ausflucht und Klarstellung 1. Am Ende erklären Soncinas und Ferrariensis, daß die körperliche Substanz zwar nicht ihre transzendentale, aber doch ihre numerische Einheit von der Quantität bekommt.
Zu Suarez' Deutung des Ausdrueks "transzendentale Einheit" s. DM 4, 9.8; 25, 143 a: "Die transzendentale Einheit ist nieht die quantitative Einheit, die der körperliehen Substanz vermittelst der Quantität denaminativ und akzidentär zukommt ... Denn die transzendentale Einheit ist jeaem Seienden höehst innerZieh und kommt ihm allein aufgrund der Entität in Verbindung mit einer Negation zu." Dies ist die Einheit als transzendentale Proprietät. Suarez' Argument wird sein, daß "numerisehe Einheit"dasselbe bedeutet wie "transzendentale Einheit in Hinsieht auf Individuen". Vgl. 3.13 b 3 E.
3.17 a 2
142
2. Dieser Wortgebrauch ist nicht eindeutig; und daß "numerische Einheit" in diesem Kontext nicht eine quantitative Einheit im Sinne von 3.15 b bezeichnen soll, geht daraus hervor, daß nach Themas auch eine immaterielle Substanz (die nicht quantitativ ist, vgl. DM 14, 3.16; 25, 476 a) numerische Einheit besitzt. 3. "Numerische Einheit" bedeutet hier vielmehr, wie auch aus Aristoteles' Aufzählung der Arten von Einheit hervorgeht, die Einheit, die jedem Individuum zukommt; diese ist nicht (wie die arithmetische Einheit) an die Kategorie Quantität gebunden, sondern erscheint unter allen Kategorien, d.h. sie ist transzendental. 4. Wenn aber diese numerische bzw. transzendentale Einheit den Körpern nicht aufgrund der Quantität zukommt, dann gehört die Quantität auch nicht zum Individuationsprinzip der Körper. 3.17 b Bestätigung für 3.17 a 2 -
4
1. Wenn ein Körper seine quantitative Einheit durch die Quantität bekommt, dann bekommt er nicht nur von der Quantität seine von allen anderen verschiedene besondere Größe, sondern er wird auch durch die Quantität ein Quantum, das individuell, d.h. ungeteilt und unmitteilbar ist (vgl. 1.3 c - d). 2. Denn "quantitative Einheit" bedeutet dasselbe wie "quantitative Ungeteiltheit und Unmitteilbarkeit". 3. Sollten die genannten Autoren im Sinne von 3.5 d von quantitativer Unmitteilbarkeit und quantitativer Verschiedenheit reden wollen, dann setzten sie fälschlich verschiedene Prinzipien (Materie und Quantität) für dieselbe Sache an.
Die Versahiedenheit ist niaht etwas Setbständiges neben der Einheit, sondern eine Begteitersaheinung der Einheit (vgt. 3.6 a 1 E); deshatb ist ihr Prinzip von dem der Einheit niaht versahieden. 4. Sollten sie dagegen das eine Mal von der Unmitteilbarkeit der Substanz und das andere Mal von der Verschiedenheit der Quantitäten reden, dann wichen sie vom Thema ab und benutzten die Terme nicht eindeutig.
Damit ist mindestens viermat die Frage überprüft, ob "Die gezeiahnete Materie ist das Individuationsprinzip der KDrper" eine wahre Aussage ist, wenn "gezeiahnete Materie" dassetbe bedeutet wie "mit Quantität affizierte Materie". Das Ergebnis ist vier-
Erl. vor 3.18 a
143
maL negativ. Es gibt jedoah noah andere MBgLiahkeiten, "gezeichnete Materie" zu expLizieren, die ebenfaLLs überprUft werden müssen (vgL 3. 8 b E).
C. Widerlegung der zweiten Interpretation des Ausdrucks "gezeichnete Materie" Naah der zweiten Interpretation bedeutet "von der Quantitctt gezeichnete Materie" dasseLbe wie "Materie, die vom Agens so disponiert ist, daß sie nur noah eine ganz bestimmte Quantitctt aufnehmen kann" bzw. "Materie aLs Potenz zu einer bestimmten Quantitctt". Diese Wendung ist einLeuchtend, denn es war der Haupteinwand gegen die erste Interpretation, daß sie ein Akzidens ins Individuationsprinzip von Substanzen hineinnahm und damit gegen die Rangordnung des Seienden verstieß. Bei dieser zweiten Interpretation wird die Materie niaht aLs mit der Quantitctt aktueLL behaftet gedaaht, wenn sie aLs "Individuationsprinzip" bezeiahnet wird, auah wird ein pLausibLer Grund genannt, weshaLb trotz ihrer einstweiLigen Abwesenheit die Quantitctt dennoah indirekt ins SpieL kommen kann: an der Materie wird, bevor sie eintrifft, spezieLL für diese Quantitctt alLes hergerichtet. Die Grundform der zweiten Interpretation nennt 3.18 a; die SonderformuLierungen (3.18 b - e und 3.19 a - a} konkurrieren nur saheinbar mit ihr. - Die erste WiderLegung dieser Interpretation (3.21) beruht darauf. daß die Materie primctr niaht auf die Quantitctt, sondern auf die Form bezogen ist. Die zweite WiderLegung (ab 3.22 a} beruht auf der These, daß eine von siah aus indifferente Potenz wie die Materie hinsiahtLiah der Form entweder durah eine Verctnderung ("SiegeLung") oder gar niaht determiniert wird. Die von der Gegenseite vorgeschLagenen MBgLiahkeiten, daß die erfordertiahe SiegeLung durah einen spezieLLen Modus (3.22 d 3.24 a}, unmitteLbar durah das Agens (3.25) oder durah die vorhergehenden Dispositionen (3.26} erfoLgt, werden nacheinander widerLegt. ALs ResuLtat bLeibt übrig, daß auah dieser zweiten Interpretation zur Rettung der thomistischen These Uber das Individuationsprinzip der ErfoLg versagt bLeibt. 3.18 a Wie lautet die zweite Interpretation? Grundform 1. Die Quantität ist (entgegen der Interpretation 3.9 a) nicht ein Bestandteil der von der Quantität
144
3.18 a 2
gezeichneten Materie, sondern lediglich etwas, das zu ihr hinzutreten wird. 2. Von der Quantität gezeichnete Materie und Quantität sind also real verschiedene Dinge, sie stehen aber in Beziehung zueinander. 3. Die Materie ist einerseits so beschaffen, daß sie quantitativ werden kann, und andererseits so, daß sie allein das Individuationsprinzip nicht sein kann, denn dazu ist sie nicht exklusiv genug (vgl. 3.8 a 4 und 3.11 a 3), weil sie gegenüber jeder Form und jeder Quantität indifferent ist. 4. Durch das Einwirken des natürlichen Agens, das zur Entstehung eines individuellen Körpers führt, wird aber die zunächst indifferente Materie derart verändert, daß sie nur noch eine ganz bestimmte Quantität aufnehmen kann; und als solche heißt sie ''Individuationsprinzip''.
Die Materie muß disponiert oder hergeriahtet ~erden (dispositio praeparans, dispositio praevia, alteratio), bevor sie eine akzidenteZZe Form ~ie die Quantität aufnehmen kann. Sie muß auah disponiert oder hergeriahtet ~erden, bevor sie eine substantielle Form aufnehmen kann (3.19 a E). Die Disposition, durah die die Materie für eine bestimmte Quantität reserviert ("determiniert") ~ird, heißt gelegentZieh "signatio" oder "sigillatio" (vgl. 3.3 E). Es sind Terme für den Akt der Besitzergreifung: der Materie ~ird zum Zeiahen dafür, daß sie das Besitztum einer bestimmten Quantität ist, ein Stempel aufgedrückt. 5. "Quantität" bedeutet in diesem Kontext nicht "Quantität im Sinne der Mathematik", sondern "Quantität im Sinne der Physik" bzw. "Quantität, der körperliche Qualitäten und körperliche Dispositionen aufliegen".
Dies ist eine übliahe Unterscheidung. Bei Suarez s. DM 1, 2.13; 25, 16 b: "Obgleiah die Philosophie vom SinguZären abstrahiert, abstrahiert sie dennoah niaht von der sinnliah ~ahrnehmbaren Materie, d.h. von der den sinnliah ~ahrnehmbaren Akzidentien unter~orfenen , sondern benützt sie vielmehr bei ihrer Weise des Argumentierens. Die Mathematik jedoah abstrahiert dem Gedanken nach z~ar von der sinnliah ~ahrnehmbaren Materie, nicht aber von der inteZligiblen, denn auah ~enn abstrahiert ~ird, kann trotzdem die Quantität nur als et~as K8rperliahes und Materielles gedaaht ~erden."
3.18 b
145
3.18 b Cajetans Sonderformulierung der Interpretation in 3.18 a 1. Die Interpretation in 3.18 a vertraten Cajetan, Javellus und Aegidius Romanus. 2. Cajetan distanzierte sich aber später von ihr (zum Grund 3.2o a 3) und wählte eine andere Formulierung. 3. Nach dieser ist die Materie nicht Individuationsprinzip, sofern sie in der Potenz zu einer bestimmten Quantität ist, sondern sofern sie sie virtuell vorausbesitzt bzw. ihre Wurzel und ihre Grundlage ist. 3.18 c "Die Quantität vorausbesitzen" bezeichnet keinen anderen Sachverhalt als den von 3.18 a 1. Wieso jedoch damit etwas anderes gesagt sein soll als mit 3.18 a, bleibt dunkel. 2. Denn die Materie besitzt gerade nach Cajetan die Quantität nicht so voraus, als ob sie deren Wirkursache wäre, sondern sie empfängt die Quantität durch ein äußeres Agens bzw. durch die substantielle Form. 3. Der Ausdruck "Die Materie besitzt die Quantität voraus" kann sich also nur darauf beziehen, daß die Materie die Materialursache der Quantität ist, d.h. dasjenige, das von ihr affiziert wird.
Daß die Materie die MateriaZursaahe der Quantität ist, zeigt u.a. DM 14, 3.1o-15; 25, 474 a - 476 a. Niaht sie, sondern das Agens dürfte die Wirkursaahe der Quantität sein. Wenn aber das Agens die Quantität einführt, dann muß es über sie bereits verfügen, bevor sie in der Materie ist, denn transportieren kann man nur, was man hat. Dies könnte ein pZausibZer Sinn von "vorausbesitzen" sein, er paßt aber niaht, weiZ die Materie niaht das Agens ist. Für Suarez ist es übrigens niaht ausgemaaht, daß die Materie siah hinsiahtZiah der Quantität ganz passiv verhäZt; vgL DM 14, 3. 58; 25, 492 b: "Auf zwei Weisen kann aber diese natürZiahe Verbindung zwisahen Materie und Quantität verstanden werden. Erstens nur im Sinne einer passiven Potenz, weZahe eine soZahe Affektion innerZiah aufgrund ihrer Natur erfordert. Es ist auah niaht nötig, daß jede angeborene Proprietät aufgrund eines aktiven Prinzips gesahuZdet wird, sondern bisweiZen genügt ein passives ... Auf die zweite Weise kann sie verstan-
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3.18 d 1
den werden als durch eine innerliche aktive Ausfließung. Und obgleich die vorige Weise ausreicht, hat diese spatere nichts Unzutragliches, denn mag auch die Materie hinsichtlich der substantiellen Form Potenz sein, so hat sie dennoch in sich eine wahre aktuelle und entitative Essenz; was sollte ergo daran wunderbar sein, daß aus ihr irgend eine ihr angemessene Proprietat fließt~ 3.18 d Fortführung von 3.18 c 1. Daß die Materie eine Potenz, die Quantität zu empfangen, bzw. eine rezeptive Potenz zur Quantität besitzt, ist aber nichts anderes als der durch 3. 18 a ausgedrückte Sachverhalt. 2. "Die Materie, sofern sie die substantielle Form vorausbesitzt" bedeutet ja ebenfalls dasselbe wie "die Materie, sofern sie in Potenz zu der substantiellen Form" bzw. "sofern sie in rezeptiver Potenz hinsichtlich der substantiellen Form ist". 3. Denn die Materie besitzt die substantielle Form nur insofern voraus, als sie deren Materialursache ist, und für die Quantität muß Entsprechendes gelten, da die Materie auch hinsichtlich der Quantität die Materialursache ist.
Daß die Behauptung einer doppelten Materialursachlichkeit der Materie (hinsichtlich der Quantitat und hinsichtlich der Form) nicht widersprüchlich ist, zeigt DM 14, 3.14; 25, 475 b - 476 a. Vgl. 3. 2o c
3.
3. 18 e "Wurzel und Grundlage der Quantität" bezeichnet keinen anderen Sachverhalt als den von 3.18 a
1. Wörter wie ''Grundlage", ''Wurzel'' und ''Ursache'' bedeuten in Hinsicht auf die Materie alle dasselbe. 2. Die Materie ist die materielle Grundlage der Quantität und verhält sich ihr gegenüber rezeptiv; sie ist die Wurzel der Quantität insofern, als sie ihr unmittelbares subiectum inhaesionis ist (3.4 b). 3. Die genannten Ausdrücke deuten nur darauf hin, daß die Materie in Potenz zu einer bestimmten Quantität ist, und daher ist es nicht erforderlich, die Sonderformulierung Cajetans als eigene These zu behandeln.
3.19 a 1
147
3.19 a Weitere Sonderformulierung zu 3.18 a 1. Hierher gehört unter Umständen auch die These, daß "gezeichnete Materie" dasselbe bedeutet wie "unmittelbar zu einer bestimmten substantiellen Form disponierte Materie". 2. Denn die Materie kann zu einer bestimmten Form nur durch eine mit bestimmten Qualitäten affizierte Quantität disponiert werden.
Hiermit rüakt der Autor eines der schwierigsten Kapitel der aristotelischen Physiken in den Vordergrund: die Lehre von der Einführung der Formen in die Materie ("Information"). Die Mehrzahl der Autoren ist der Ansiaht, daß die Materie aufgrund ihrer Indifferenz gegenüber allen Formen zu einer bestimmten Form erst disponiert werden muß. Diese Disposition ("dispositio praevia"; zur Terminologie s. "fJber 'Oaaasio' und verwandte Begriffe vor Desaartes", Arah. f. Begriffsgesahiahte XV/2, 1971, S. 215 - 256) ist eine notwendige Bedingung für die Einführung der Form, neigt aber dazu, auah eine nötigende Bedingung für sie zu werden ("dispositio necessitans", "dispositionem habenti non denegatur forma"). Vgl. DM 14, 3. 25; 25, 48o a: "Diese Akkomodierung und Disponierung erfolgt jedoah durah vorhergehende akzidentelle Dispositionen, die in die Materie aufgenommen werden müssen; ... diese Dispositionen sind vermittelst der Quantitat in dem Subjekt." Die Meinung, daß solahe Dispositionen und QuaZitaten zunaahst der Quantitat inharieren, kann man plausibel maahen, indem man auf siah ausbreitende warme, auf das AbsahmeZzen von Siegellack (ein Teil der Stange hat die QuaZitat Flüssig, der andere die Qualitat Fest) oder auf die immer mit Ausdehnung verbundenen FarbquaZitaten hinweist. Eine der zentralen Auseinandersetzungen, die mehrfaah anklingt, z.B. 3.1o a mit 3.11 a und 3.19 b mit 3.19 a, betrifft die Frage, ob die Quantitat mit den ihr aufliegenden Dispositionen unmittelbar der Materie inhariert oder ob sie erst zu dem Zusammengesetzten aus Materie und Form hinzutritt (vgl. 3.1o a E). In Hinsieht auf die Dispositionen behandelt Suarez diese Frage in DM 14, 3.26 ff: "Forma substantialis et dispositiones ad illam quem ordinem servent". Die erste Meinung (dort 3.26; 48o a, b), die Suarez zurückweist, behauptet, daß die Dispositionen zeitlieh der Einführung der Form vorausgehen, jedoah vergehen, unmittelbar bevor die Form mit der Materie vereinigt wird. Es bleibt aber eine Wirkung von ihnen
148
Forts.
3.19 a E
in der Materie zurüak. die als "sigillatio" bezeichnet wird: die Materie wird durah die Dispositionen gleichsam für eine bestimmte Form in Besitz genommen. -Die zweite Meinung (ebd. 3.27; 48o b}. die Suarez ebenfalls zurückweist. behauptet. daß die Materie erst im Augenblick der Entstehung des Zusammengesetzten von den sogenannten letzten Dispositionen an eine bestimmte Form akkommodiert wird. daß diese Dispositionen jedoch der Materie erst naah deren Disponierung durah die substantielle Form inhärieren. aus der sie per naturalem dimanationem hervorgehen. Dieser etwas verwirrende Sachverhalt soZZ durah den Gedanken der Weahselursäahliahkeit pZausibeZ gemacht werden. Demnach dient hohe Hitze aZs Disposition einer Materie zur Feuerform. gehört aZso zu deren Materialursaahe; gZeiahzeitig ist aber die Feuerform die Wirkursache dieser hohen Hitze. HinsiahtZiah der MateriaZursäahZiahkeit (d.h. aZs Disposition) ist die Hitze früher aZs das Feuer. hinsichtlich der Wirkursäahliahkeit aber ist das Feuer früher aZs die Hitze. Suarez wendet ein (ebd. 3.28; 48o b - 481 a). daß es reale Wirkungen nur in der realen Zeit geben kann und daß daher die Dispositionen. sofern sie wirkZieh vorbereitende Dispositionen sind. auf jeden Fall der realen Zeit naah früher sein müssen aZs die Form (während bloß sahmükkende und vollendende Dispositionen. also solahe. die dem Zusammengesetzten gleichsam den letzten Schliff geben. der Form niaht vorausgehen}. Suarez' eigene Einführung der WeahselursäahZiahkeit (ebd. 3.41). die zu ähnZiahen Schwierigkeiten führen kann. ist denn auah durah das Bemühen charakterisiert. zwischen dem prius natura und dem prius tempere genau zu unterscheiden. - Die dritte Meinung. die der sententia communis niaht entspricht und der Suarez siah ansahließt (ebd. 3.32; 482 a. b}. behauptet. daß die einzuführende Form niaht unmittelbar. sondern Zedigliah mittelbar eine dispositio praevia der Materie erfordert. die in der Austreibung der vorhergehenden Form und soloher durah sie bedingter Dispositionen besteht. die mit der neuen Form niaht verträgZieh sind; eine darüber hinausgehende positive Disposition der Materie ist naah Suarez wegen der Indifferenz der Materie niaht erforderlich. Diese per accidens-Dispositionen stehen in einer komplizierten Wechselabhängigkeit zur substantiellen Form. die die Bestimmung des Früher und Später erschwert. Vgl. dort 3.41-43; 486 a - 487 a: Hinsiaht1iah der Materialursache (als dispositio} ist die Quantität früher als das Zusammengesetzte aus Mate-
3.19 b 1
149
Pie und FoPm, hinsiahtZiah deP FoPmaZuPsäahZiahkeit abeP ist sie späteP aZs dieses. Das ist deshalb kein WidePSpPuah, weiZ etwas, das deP NatuP naah späteP ist, deP Zeit naah fPüheP sein kann. In diesem FalZe ist die Quantität deP Natur naah späteP aZs die substantielle Form, deP Zeit naah aber früher aZs sie. Eine etwas andere L8sung vePsuaht ebd. 3.43; 486 b - 487 a. 3.19 b Erste Auslegung der Sonderformulierung in 3.19 a 1. Bei der ersten Deutung wird (was zulässig ist) unterstellt, daß die Quantität und die übrigen Dispositionen schon vor der Einführung der substantiellen Form der Materie inhärieren ("vorausgehende Dispositionen").
Das ist niaht unumstritten. Die Frage "Quantitas an insit materiae" er8rtert Suarez ausführZieh in DM 14, 3.5-15; vgZ. 3.1o a E. Die Fragestellung bei soZahen Disputen klingt abstrus, doah ergeben siah Schwierigkeiten, die gegen eine soZahe odeP ähnZiahe Meinung spPeahen, in deP Regel unmittelbar odeP mit plausiblen Analogien aus der aZZtägZiahen Erfahrung mit elementaren Dingen. Die Ausgangstheorie wird Aspekten der Realität niaht gerecht und hat duPah Zusatzbehauptungen akkommodiert zu werden. Die Anzahl und Kompliziertheit soZaheP Behauptungen vePanZaßte in der fPühen Neuzeit beim Publikum zunehmend die Yberzeugung, daß eine so schwierige Physik weder lernbar noah pPaktikabeZ sei. Diese YbePzeugung erklärt zum TeiZ die rasahe DuPahsetzung deP FoZgephysiken im 17. JahPhundert. Suarez VePsuaht, den Schwierigkeiten, die die KompZiziePung der Physik mit siah bringt, durah die UntePsteZZung zu entgehen, daß ZedigZiah unseP SpPeahen über die Dinge kompliziert ist und daß wir, wenn wiP einsehen, woher das kommt, auah merken, wie einfach die Dinge sind. 2. Bei dieser Auslegung entspricht 3.19 a weitgehend dem früher behandelten 3.9 a in der Interpretation von 3.11 a, könnte also schon deshalb als widerlegt gelten, weil Quantität und Qualität nicht Bestandteile des Individuationsprinzips von Substanzen sein können (vgl. z.B. 3.11 f - g und 3.12 a). 3. Sagt man jedoch, die genannten Dispositionen gehörten nicht innerlich zum Individuationsprinzip, sondern seien lediglich eine notwendige Bedingung der Individuation, so behauptet man in Wirklichkeit,
!So
3.19 b 4
daß das eigentliche Individuationsprinzip (die Materie) von sich aus vielen Individuen gemeinsam ist und erst aufgrund einer äußeren Bedingung exklusiv wird (vgl. z.B. 3.8 a, 3.11 a). 4. Man hat also allenfalls anstelle des Individuationsprinzips ein für uns verständliches Zeichen von Individuellsein oder einen Anlaß für das Agens genannt, gerade dieses Individuum hervorzubringen. 5. Damit liefe diese Version von 3.19 a auf die dritte Interpretation (3.28-34) hinaus. 3. 19 c Zweite Auslegung der Sonderformulierung 3.19 a
1. Bei der zweiten Deutung wird unterstellt, daß die Quantität und die übrigen Dispositionen nicht schon in der Materie, sondern erst in dem Zusammengesetzten aus Materie und substantieller Form sind. 2. In diesem Falle wären sie später als die Form und brächten lediglich die unmittelbare Disposition der Materie zur substantiellen Form zum Abschluß ("letzte Dispositionen").
Das wäre jedoch ein wichtiger Akt, denn Gott garantiert durch die natürliche Ordnung, daß bei entsprechender Disposition die Eingießung der Form erfolgt: "Dispositionem habenti non denegatur forma". Mit der unmittelbaren Disposition ist der Materie gleichsam ein Rechtsanspruch auf die Eingießung der Form gegeben. Versagen gegenüber diesem Anspruch natürliche Agentien, so greift Gott selber ein. Diese Theorie kann in einer Weise formuliert werden, die die Vermutung nahe legt, als k8nnten Gesch8pfe durch Dispositionen auf Gott einen Zwang ausüben bzw. Gott determinieren. Derartigen Formulierungen pflegte man aber durch die Feststellung zu begegnen, daß sich Gott aus freien Stücken zu der genannten Garantieleistung entschlossen habe. Die Frage spielte eine wichtige Rolle bei den Streitigkeiten um die aktuelle Gnade (die als bloßer Spezialfall des Concursus verstanden werden kann) und bei den occasionalistischen Formulierungen des Cartesianismus, die ihrerseits auf die Gnadenstreitigkeiten zurückweisen. 3. Insofern bedeutet "Die Materie ist disponiert" dasselbe wie "Die Materie ist auf eine bestimmte Quantität mit bestimmten Dispositionen festgelegt", und das entspricht weitgehend dem früher behandelten 3.9 a in der Interpretation von 3.1o a.
3.19 c 3 E
151
Uneraahtet dieser Hinweise auf die MBgliahkeit einer Pausahalbehandlung werden beide Versionen eigens behandelt: 3.19 a in 3.21 d verhältnismäßig knapp, 3.19 b von 3.22 an sehr ausfUhrliah; dies ist der Hauptgegenstand der Zweiten Widerlegung. Zu dem verwirrenden Verhältnis von FrUher und Später bei Disposition und substantieller Form, das hier unterstellt werden muß, s. 3.19 a E. Zur Saahe vgl. den Verweis auf DM 14, 3.28 in derselben Anmerkung. 3.2o a Erörterung von 3.19 c
Der Ausdruak "gesamte Auslegung" saheint siah jeweils nur auf 3.19 b und 3.19 a zu beziehen. Die Anwendung auf 3.19 a liegt hier vor, die Anwendung auf 3.19 b folgt im ersten Satz von 3.22 a. 1. Diese These unterstellt, daß der Materie keine eigene Quantität nebst Dispositionen inhäriert, und das ist möglicherweise weniger wahrscheinlich als das Gegenteil (vgl. 3. 1o a E) . 2. Cajetan argumentiert unter Voraussetzung dieser These (s. 3.18b). 3. Aber die Potenz der Materie zur Aufnahme einer Quantität muß unter die Kategorie der Quantität gehören, denn nach Aristoteles gehören Akt und Potenz unter dieselbe Kategorie.
Zu dieser Frage DM 53, 5.14; 26, 655 b - 656 a. Zu untersaheiden ist zwisahen aktiven Potenzen und Akten, d.h. Potenzen und Akten in Hinsiaht auf ein Tätigsein, und passiven Potenzen und Akten, d.h. Potenzen und Akten in Hinsiaht auf das Empfangen von etwas. Aktive Potenzen und Akte gehBren naah der genannten Stelle niaht notwendig derselben Kategorie an. Versteht man unter "Akt" die Tätigkeit selbst, so gehBren Potenz und Akt sogar notwendig unter versahiedene Kategorien, denn Tätigkeitsprinzip ist immer eine Substanz oder Qualität, die jeweils unter ihre eigene Kategorie gehBrt, während die Tätigkeit unter die Kategorie Tätigkeit fällt. Versteht man dagegen unter "Akt" den Effekt der Tätigkeit, so gehBrt der Akt bisweilen zu derselben und bisweilen zu einer anderen Kategorie - was man versteht, wenn man siah den Untersahied von causa univoca und causa aequivoca klar maaht. Eine passive Potenz gehBrt niaht immer derselben Kategorie an wie ihr Akt, sondern nur dann, wenn sie primär auf ihren Akt hingeordnet ist. Beispielsweise ist die Materie primär
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3.2o a 4
auf die substantielle Form hingeordnet, und beide geh8ren aZs Teilsubstanzen unter die Kategorie Substanz - nicht anders aZs die voltständige Substanz, die aus beider Vereinigung hervorgeht. S. die ausführlichere Behandlung unter dem TiteZ "Declaratur axioma: Actus et potentia sunt in eodem genere" in DM 14, 2.12-17; 25, 468 b - 471 b. 4. Daher kann die Potenz der Materie zu einer bestimmten Quantität nicht zum Individuationsprinzip der Substanz gehören, sonst würden substantielle Individuen nicht nur durch etwas Substantielles, sondern außerdem durch etwas Akzidentelles individuell. 3.2o b Kritik des Einwandes in 3.2o a 3 - 4 1. Dieses Argument ist nicht schlagend. 2. Javellus entgegnet treffend, daß die Potenz zu der Kategorie des wichtigsten Aktes gehört, auf den sie primär bezogen ist und von dem sie ihre Artzugehörigkeit empfängt. 3. Die Materie ist aber nicht primär auf die Quantität, sondern auf die substantielle Form bezogen, und deshalb ist ihr wichtigster Akt nicht die Quantität, sondern die substantielle Form. 4. Mithin fällt die Potenz der Materie zur Quantität nicht notwendig unter die Kategorie Quantität. 3.2o c Zurückweisung einer fonsecaschen Verteidigung Cajetans 1. Fonseca verteidigt zwar Cajetan mit der Behauptung, daß die Potenz der Materie nicht schlechthin, sondern nur, sofern sie Potenz zur Quantität ist, zur Kategorie der Quantität gehöre. 2. Aber einer solchen Verdopplung der Materie in etwas mit einer Potenz überhaupt und etwas mit einer Potenz zur Quantität entspricht keine reale Vielheit von Potenzen, sie beruht vielmehr auf unserer Denkund Sprechweise.
Damit gelten für sie die Konsequenzen aus dem ersten Ansatzpunkt der Sprachkritik (2.15 a E). 3. In der Realität entspricht der Behauptung Cajetans nur der umstand, daß eine einzige Potenz auf mehrere Akte bezogen sein kann, von denen in diesem Fall einer sekundär ist bzw. nur um eines anderen willen gegeben wird. 4. Daß die Erwiderung des Javellus (s. 3.2o b 2)
Erl. vor 3.21 a 1
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hinsichtlich der Kategoriengleichheit von Akt und Potenz nicht unzutreffend ist, wird in DM 14, 2.12 -17 (vgl. 3.2o a E) gezeigt. 3.21 a Argument der ersten Weise, die zweite Interpretation des Ausdrucks "gezeichnete Materie" zu widerlegen
Diese Widerlegung ist verhältnismäßig unkompliziert. Sie geht davon aus, daß die natUrZiahste und wiahtigste Beziehung der Materie die Beziehung zur Form und niaht die Beziehung zur Quantität ist. DafUr kann man eine Anzahl von GrUnden nennen, die gewöhnZiah auf die Rangordnung des Seienden hinauslaufen: Materie und Form sind etwas Substantielles, die Quantität aber ist etwas Akzidentelles, ergo. Nun kann der in 3.19 a 2 E angedeutete Saahverhalt so präzisiert werden, daß mit der Individualität derjenigen Dispositionen, die die EinfUhrung der substantiellen Form gleiahsam erzwingen, auah Uber die Individualität der Form bestimmt ist. Zu einer bestimmten individuellen Form paßt immer nur eine bestimmte Disposition; die Quantität gehört zu den Dispositionen, ergo. - Suarez will zeigen, daß damit niaht alles gesagt ist, denn man kann die Interdependenz von Quantität und Form noah näher bestimmen, und zwar anläßZiah folgender Frage: Hat siah die substantielle Form mit ihrer Individualität naah der Individualität der Quantität zu riahten, oder bekommt die Quantität gerade die Individualität, damit gerade diese substantielle Form in die Materie eingefUhrt werden kann? Im zweiten FalZe wäre die Individualität der Quantität bloß um der Individualität der Form wiZZen da und folgZiah von untergeordneter Bedeutung. Im ersten Falle entsahiede die Individualität der Quantität Uber die Individualität der Form, d.h. die Quantität wäre in der Tat das Individuationsprinzip oder dessen Teil, wie die Thomisten behaupten. Die Widerlegung soll zeigen, daß diese Mögliahkeit aussaheidet und daß vielmehr die Individualität der Form fUr die Individualität der Quantität maßgebliah ist. 1. Diese Überlegung knüpft an bei 3.2o b 3. 2. Da die Potenz der Materie sich unmittelbarer auf die substantielle Form als auf die Quantität bezieht, wird sie auch unmittelbarer zu einer bestimmten substantiellen Form als zu einer bestimmten Quantität determiniert.
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3.21 a 3
3. Daher kann die Determinierung zu einer bestimmten Quantität als das weniger Unmittelbare nicht die Ursache der Determinierung zu einer bestimmten substantiellen Form als des Unmittelbareren sein. 3.21 b Begründung von 3.21 a 2 1. Weil die Materie unter die Kategorie Substanz fällt, fällt auch ihre Potenz unter diese Kategorie, denn ihr wichtigster Akt ist die substantielle Form. 2. Daher richtet sich die Determinierung der Potenz nach den substantiellen und nicht nach den akzidentellen Faktoren, die im Spiele sind. 3. Die Potenz der Materie bezieht sich auf den akzidentellen Akt nur vermittelst des substantiellen, wenn nach 3.19 c die Quantität erst hinzukommt, nachdem die substantielle Form mit der Materie vereinigt ist. 4. Die Fähigkeit der Potenz der Materie wird also zu dieser bestimmten Quantität erst determiniert, nachdem sie zu dieser bestimmten Form determiniert worden ist. 3.21 c Anwendung auf 3.18 b 1. Unter der Voraussetzung von 3.19 c, daß im Zusammengesetzten die Form früher ist als die Quantität, besitzt die Materie die Quantität erst dann voraus, wenn sie die Form vorausbesitzt 2. Ergo besitzt sie auch diese bestimmte Quantität nur voraus, wenn sie diese bestimmte Form vorausbesitzt. 3. Ergo kann die Quantität nicht der Grund dafür sein, daß die Materie für diese bestimmte Form reserviert ("gesiegelt") wird. 3.21 d Anwendung auf 3.19 a in der Version von 3.19 c 1. Unter der Voraussetzung von 3.19 c, daß im zusammengesetzten die Form früher als die Quantität ist, kann die Materie nur vermittelst der Form zu einer sogenannten letzten Disposition determiniert werden. 2. Daher kann die Materie weder durch ihre Beziehung zu einer solchen Disposition noch durch deren tatsächliche Aufnahme für eine bestimmte Form reserviert ("gesiegelt") werden. 3. Denn laut Voraussetzung wird die Materie zu-
3.21 d 4
155
erst zu dieser bestimmten Form und erst danach zu dieser bestimmten Quantität mit ihren Dispositionen determiniert. 4. Diese Widerlegung gilt ausdrücklich nur für den Fall, daß jemand die Existenz von sogenannten letzten Dispositionen unterstellt.
In der Frage der Dispositionen gLaubt Su&rez, daß zum Zweak der praeparatio auf eine neue substantieLLe Form niaht neue positive Entitäten zu der empfangenden Materie hinzutreten müssen, sondern daß es genügt, wenn die besonderen Zurüstungen für die ausgetriebene Form wieder entfernt werden; er denkt an etwas wie negative Disponierung (vgL. in 3.19 a Eden Hinweis auf DM 14, 3.32). Hier hat er siah jedoah mit Meinungen anderer Autoren auseinanderzusetzen. Diese zerfaLLen in zwei KLassen, von denen die erste nun kurz behandeLt wird (vgL. in 3.19 a E den Hinweis auf DM 14, 3.27). Naah ihr wird die Materie im AugenbZiak der Entstehung des Zusammengesetzten von sogenannten Letzten Dispositionen an die Form akkommodiert; sie soLLen aber der Materie erst inhärieren, naahdem die substantieLLe Form mit ihr in Berührung getreten ist; und sie soLLen wirksam werden, bevor die endgüLtige Vereinigung der Materie mit der Form erfolgt. Man könnte sie mit PersonaL vergleiahen, das die Braut in ihr neues Haus mitbringt. Daß bei dieser Konstruktion die letzten Dispositionen niaht die Funktion haben können, die Materie für eine individuelle Form zu siegeLn, liegt auf der Hand: ehe die SiegeLung erfoLgt sein könnte, wäre sahon aLLes gesahehen, denn die individuelle Form ist ja da. So argumentiert 3.21 d. Außer der Hypothese von den Letzten Dispositionen gibt es aber auah die von den vorausgehenden Dispositionen (vgl. in 3.19 a Eden Hinweis auf DM 14, 3.26). Diese gehen zeitliah der Einführung der Form voraus, vergehen unmittelbar, bevor die Materie mit der Form vereinigt wird, und hinterZaasen in ihr eine Marke oder ein SiegeL ("sigillatio"). Wenn 3.19 a in dieser Version (3.19 b) widerLegt werden soLl, dann bedarf es eines vieZ umfangreiaheren Unternehmens aLs 3.21 d. Dieses wird in 3.21 e niaht etwa durahgeführt, sondern ZedigLiah durah einen knappen Hinweis eingeleitet. 3.21 e Anwendung auf 3.19 a in der Version von 3.19 b 1. Die erste Weise, die zweite Interpretation des Ausdrucks "gezeichnete Materie" zu widerlegen, ging
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3.21 e 2
im Anschluß an 3.19 c von der Voraussetzung aus, daß im Zusammengesetzten die Form der Quantität und damit den ihr inhärierenden Dispositionen vorausgeht. 2. Es gibt jedoch daneben die 3.19 b entsprechende Auffassung, daß im Zusammengesetzten die Quantität und die ihr inhärierenden Dispositionen der Form unmittelbar vorausgehen. 3. Gegen diese Auffassung, der die zweite Widerlegung der zweiten Interpretation hauptsächlich gewidmet ist, richten sich die weiteren Argumente bis 3.26. 3.22 a Argument der zweiten Weise, die Zweite Interpretation von "gezeichnete Materie" zu widerlegen
Diese Widerlegung konzentriert siah auf die in 3.21 d E angedeutete Sahwierigkeit. die im Zusammenhang mit 3.19 b entsteht. 1. Die Materie ist von sich aus gegenüber einer bestimmten Quantität und Disposition indifferent, ferner gehen in ihr nach der hier behandelten Auffassung unmittelbar vor der Einführung der substantiellen Form die unmittelbar vorhergehenden Dispositionen zugrunde. 2. Sobald sie zugrunde gegangen sind, müßte aber die Materie wieder völlig indifferent und gleichsam nackend sein. 3. Eine solche indifferent gewordene Potenz bedarf, um wieder zu einer determinierten zu werden, einer Hinzufügung oder Veränderung. 3.22 b Begründung für 3.22 a 1 1. Daß die Materie von sich aus indifferent ist, ergibt sich unmittelbar aus ihrer Natur. 2. Daß die Materie nach dem Untergang der unmittelbar vorhergehenden Dispositionen gleichsam nakkend dasteht, geht aus der hier bekämpften Auffassung hervor.
Naah dem Referat in 3.19 a E, Hinweis auf DM 14. 3.26, vergehen die vorhergehenden Dispositionen unmittelbar. bevor die substantielle Form eingeführt wird; folgliah muß die Materie zwisahen dem Vergehen der Dispositionen und der Einführung der Form einen wenn auah noah so kleinen Augenbliak sowohl ohne Form als auah ohne Dispositionen sein. 3. Sollte sich dessenungeachtet etwas Determinierendes zwischen die unmittelbar vorhergehenden Dispositionen und die substantielle Form einschieben,
3.22 b 3 E
157
so müßte es entweder etwas Substantielles oder etwas Akzidentelles oder ein Modus sein.
Dies wird nun zum Brennpunkt der Kontroverse. Worin besteht das Siegel, das in der Materie zurUakbleibt, naahdem die vorausgehenden Dispositionen vergangen sind? Ist es eine Substanz (3.22 a 1), ein Akzidens (3.22 a 2 - 4) oder sahließliah ein Modus (3.22 d3.24)? Die dritte Mögliahkeit setzt der Text hier niaht ausdrUakliah an, doah ergibt siah aus dem späteren Kontext, daß sie vorzusehen ist. 3.22 c Durchspielen von 3.22 b 3 1. Substantiell kann es nicht sein,denn die substantielle Form ist das erste Substantielle, das zu der Materie hinzutreten kann. 2. Akzidentell kann es ebenfalls nicht sein. 3. Denn erstens können die Akzidentien des aus Materie und Form Zusammengesetzten nicht früher im zusammengesetzten sein als die Form selber. 4. Zweitens behaupten alle, daß die Materie zuerst die Quantität und danach die übrigen Akzidentien empfängt.
Das akzidentelle Siegel, das die vorausgehenden Dispositionen naah ihrem Untergang hinterlassen mUßten, kann einerseits niaht im Zusammengesetzten sein. Bevor die Form kommt, gibt es kein Zusammengesetztes, und Dispositionen, die stärker sind als die Form, können die Materie niaht fUr eine Form siegeln, die sie sahon hat. Andererseits kann das akzidentelle Siegel, das die vorausgehenden Dispositionen hinterZaasen mUßten, niaht vor der Quantität in der Materie sein, denn die Quantität liegt allen anderen körperliahen Akzidentien zugrunde. Nur was die Quantität determiniert, aZso sahon vor der Quantität da ist, kann aber hier, im Zusammenhang mit der Lehre von der gezeiahneten Materie, von Interesse sein. 3.22 d Erfolgt die Siegelung durch einen Modus? 1. Nach einigen Autoren tritt in der Spanne zwischen dem Untergang der unmittelbar vorhergehenden Dispositionen und der Einführung der substantiellen Form ein realer Modus zur Materie hinzu, der von ihr real verschieden ist. 2. Angeblich ist dieser Modus, der einigen als substantieller und anderen als akzidenteller gilt, das gesuchte Siegel der Materie.
158
3.22 d 3
3. Es dürfte jedoch ein unwissenschaftliches Verfahren sein, eine Entität ohne eine andere Rechtfertigung zu postulieren, als daß sie beim Argumentieren zupasse kommt.
Zum Modusbegriff s. 2.2 a E. Ein Modus, der eine Substanz (bzw. eine TeiLsubstanz wie Materie und Form) kompLettiert, heißt "substantieLLer"; ein Modus, der wie ein Akzidens affiziert, heißt dagegen "akzidenteLLer". VgL. 6.14 a E. 3.22 e Die Unterstellung eines Siegelmodus schafft keine der bisherigen Schwierigkeiten aus der Welt 1. Der Zweck des Modus ist es angeblich, die Materie zu einer bestimmten Form zu determinieren. 2. Sie ist allerdings auch gegenüber diesem Modus indifferent und bedürfte zunächst einer Determinierung zu ihm. 3. Wollte man behaupten, sie würde zu diesem Modus durch einen weiteren Modus determiniert, so folgte ein Progreß ins Unendliche. 3.22 f Determinieren unmittelbar vorhergehende Dispositionen zu dem Siegelmodus? 1. Behauptet man, die Materie werde durch die unmittelbar vorhergehenden Dispositionen zu dem siegelnden Modus determiniert, so hat man die Schwierigkeiten nach 3.22 a von neuem. 2. Überhaupt beweisen die Gründe, nach denen die Materie nicht durch die unmittelbar vor'hergehenden Dispositionen zu einer bestimmten Form determiniert werden kann, daß sie auf diese Weise auch nicht zu einem bestimmten siegelnden Modus determiniert werden kann.
Die Schwierigkeit wird in 3.23 ausführLicher durchgespieLt. Hier wird zunächst unterstellt, daß die Dispositionen, die den Modus herbeinötigen sollen, laut These unmittelbar vor seiner Hervorbringung vergehen müssen, da sie vorausgehende Dispositionen sind. Dadurch entsteht das ProbLem, daß die Materie in der Zeit zwischen dem Vergehen der Dispositionen und dem Vorhandensein des Siegels wieder indifferent ist.
3.22 g
159
3.22 g Determiniert das Agens zu dem Siegelmodus? 1. Wenn man sagt,
daß die Determinierung zu einem bestimmten Modus vom Agens kommt, das gerade diesen einführt, so könnte man genau so gut dasselbe schon für die Form behaupten. 2. Es gibt also keine Rechtfertigung für die Einführung des Siegelmodus. 3.23 a Erste Möglichkeit hinsichtlich der Entstehungszeit: Der Siegelmodus entsteht sukzessiv 1. Wenn man annimmt, daß der Modus mit den Dispositionen allmählich entsteht, dann impliziert man, daß er verstärkt und abgeschwächt werden kann (vgl. 2.25 c E und 8.22 a 1 E). 2. In diesem Fall muß er erstens akzidentell sein (denn nur Akzidentelles ist intensivierbar) und zweitens vor der Entstehung des zusammengesetzten vergehen, denn die Behauptung lautet, daß er mit den Dispositionen entsteht.
Die voPausgehenden disponiePenden Akzidentien VePgehen unmittel-baP VOP deP EinfuhPung deP substantieLLen FoPm, fol-gl-iah mußte es auah deP intensiviePbaPe Modus tun. Damit gePiete man wiedeP an die SahwiePigkeit, wie etwas VePgangenes die MatePie noah siegeln kann (vgl. 3.22 a). 3. Ferner müßte das Individuationsprinzip von Substanzen intensivierbar und abschwächbar sein.
Das spPiaht gegen die RegeL, daß das IndividuationspPinzip von Substanzen niahts AkzidenteLLes sein kann. Im ubPigen mußten dann auah KöPpeP selbst absahwäahbaP und intensiviePbaP sein. Es folgte die AbsuPdität, daß PeteP zum Zeitpunkt t' mehP PeteP wäPe als zum Zeitpunkt t'', und zwaP niaht im moPa7-isahen, sondePn im physisahen Sinn. 4. Auch müßte die Materie schon vor dem Zeitpunkt gesiegelt sein, vor dem sie den Modus empfinge.
Mit deP LesaPt "illam" Läßt siah kein guteP Sinn vePbinden. Die These von den vo~ausgehenden Dispositionen geht ja davon aus, daß die MatePie gesiegelt ist, bevoP sie die substantiel-Le FoPm empfängt; man kann ihP niaht das entgegenhalten, was sie a limine zugibt. Iah untepstel-Le daheP, daß "illum" zu Lesen ist ("als sie ihn -den Modus -aufnahm"): Die VoPausgehenden Dispositionen VePgehen und hintePLas-
16o
3.23 b 1
sendie Materie naakt (3.22 a); wenn der Siegelmodus mit den Dispositionen vergeht, so hinterläßt auah er die Materie naakt, und es entsteht die in 3.22 a monierte Situation von neuem. Wenn dessenungeaahtet die Materie dennoah gesiegelt ist. so muß sie es unabhängig vom Siegelmodus gewesen sein ("zeitliah vor dem Siegelmodus"). ergo ist es UberflUssig, ihn zu unterstellen. - Bei Verziaht auf die angedeutete Textänderung bestände die Mögliahkeit, daß Suarez sagen wollte: Die Materie ist sahon zu der neuen Form gesiegelt, bevor die neue Form sie besitzt, d.h. während sie noah ein Besitztum der alten Form ist. 3.23 b Nähere Ausführung zu 3.23 a 2 1. Der Siegelmodus vergeht vor Einführung der Form; daraus darf geschlossen werden, daß er dem Modus der Vereinigung von Materie und Form widerstreitet (vgl. 6.14 b E). 2. Ferner ist anzunehmen, daß die Materie den Siegelmodus (so wie die vorausgehenden Dispositionen) erst allmählich verliert, denn laut Voraussetzung gewinnt sie ihn allmählich; und daß sie entsprechend den Modus der Vereinigung mit dieser Form auch nur allmählich gewinnt, weil er die Ursache dafür ist, daß sie den vorigen verliert.
Es mUßte also angenommen werden, daß die beiden Modi doah niaht einander so widerstreiten, wie es (1.) unterstellt. Dann mUßte es ein Stadium der Abgesahwäahtheit fUr beide Modi geben (fUr den einen beim Vergehen, fUr den anderen beim Entstehen), in dem sie miteinander vereinbar sind. Können sie aber, wenn sie dermaßen abgesahwäaht sind, Uberhaupt noah wirken? Stattdessen unterstellt, daß sie einander niaht Uberlappen: was tut die Materie in der u.U. langen Zeit, in der sie den ersten fast niaht mehr und den anderen noah gar niaht hat? 3. Die Materie müßte auch den Modus Vereinigung mit dieser Form allmählich verlieren (denn sie gewinnt ihn allmählich), und das ist absurd und unwahrscheinlich. 3.23 c Zweite Möglichkeit hinsichtlich der Entstehungszeit: Der Siegelmodus entsteht instantan
Man untersaheidet Bewegungen, die siah in der Zeit vollziehen, von solahen,die siah ohne Zeit in einem
3.23 c 1
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Nu vo~~ziehen (sukzessive oder a~~mäh~iahe Bewegungen, instantane Bewegungen). Das k~assisahe Beispie~ instantaner Bewegung ist für peripatetische Physiken die Ausbreitung des Liahtes (s. 8.12 d E, 9.4 a E). Suarez zieht in diesem Fa~~ den Ausdruak "mutatio" gegenüber"motus" vor, vg~. 8.11 a 1 E (C). 1. Noch größere Schwierigkeiten bekommt man, wenn man annimmt, daß der siegelnde Modus instantan entsteht. 2. Man kann in diesem Falle erstens annehmen, daß er vor der Entstehung des Zusammengesetzten entsteht. 3. Dann stände die Materie zwar noch unter ihrer vorherigen Form, wäre aber für die neue schon fest reklamiert. 4. Auch könnte man keinen Grund angeben, weshalb der siegelnde Modus gerade im richtigen Augenblick und in keinem anderen entsteht. 3. 23 d Fortführung von 3.23 c
1. Unterstellte man dagegen, daß der siegelnde Modus im Augenblick der Entstehung des Zusammengesetzten entsteht, so hätte man wieder die Schwierigkeit entsprechend 3.22 a, denn die Materie wäre unmittelbar vor der Entstehung des siegelnden Modus indifferent. 2. Das Agens könnte folglich mit ihr machen, was es will. 3. Weshalb sollte es dann nicht genau so gut wie diesen bestimmten siegelnden Modus sogleich diese bestimmte substantielle Form in sie einführen können (vgl. 3.22 g)? 3.24 a Erste Möglichkeit hinsichtlich der Kategorie: Der Siegelmodus ist nicht substantiell
1. Ein substantieller Modus kann er nicht sein. 2. Denn er ist weder die Natur noch ein Teil oder Zustand von ihr noch die Subsistenz oder die Existenz. 3. Was könnte er aber darüber hinaus noch sein?
Die Subsistenz ist der den Substanzen eigentüm~iahe Modus, für siah (per se) zu sein, vg~. DM 34, 4.28; 26, 375 b - 376 a, hier 5.1 E, 2. Absahnitt, sowie 5.6 b 1 E. Suarez' Meinung über das Verhä~tnis von Subsistenz und Existenz wird niaht von a~~en Autoren getei~t. "Die Existenz ist von der aktue~~en Essenz niaht aus der Natur der Saahe verschieden. die
162
Subsistenz
3.24 b
de~ aktueLLen Essenz aus de~ Natu~ de~ Saahe ve~sahieden; e~go kann sie niaht ganz dasseLbe sein wie die Existenz ... Die Existenz de~ Natu~ ist von de~ Natu~ niaht t~ennba~, soLange sie in de~ ReaLität beha~~t, ... die Subsistenz aber ist von de~ Natu~ t~ennba~. auah wenn sie in ihre~ aktuabe~
ist von
eLLen Entität beha~~t, wie es bei de~ Mensahheit Ch~isti gesahehen ist" (die niaht seLbständig, sonde~n nu~ zusammen mit de~ Gottheit Ch~isti existie~t, wie das Dogma Leh~t). "Es ist die Aufgabe de~ Existenz, das, dessen Existenz sie ist, in de~ Bestimmung 'aktueLLes Seiendes' zu konstituie~en; die Subsistenz abe~ hat ein Seiendes zu konstituie~en, das per se von jedem es T~agenden unabhängig ist" (DM 34, 4 .15; 26,
371 b).
3. 24 b Bekräftigung für 3.24 a: Er müßte etwas Relationales sein
1. Substanzen haben nicht-relational zu sein ("absolut"), der Siegelmodus aber kann nicht völlig unrelational sein, sondern ist mindestens in Hinsicht auf eine transzendentale Beziehung relativ (2.29 b E) 2. Er determiniert nämlich die Materie zu einer bestimmten Form und siegelt sie; und wäre er ganz absolut, dann könnte die gezeichnete Materie (im Widerspruch zu der hier bekämpften These) nicht durch ihn in eine feste Beziehung zur Quantität geraten. 3. Sagt man jedoch, er müsse gerade aufgrund dieser transzendentalen Beziehung (da ihr zweites Relat etwas Substantielles ist) als "substantiell" bezeichnet werden, so gibt man zu, daß sein Relat in erster Linie die substantielle Form und nicht das Akzidens Quantität ist. 4. Folglich ist die Quantität auch nach diesem Arrangement kein Bestandteil des Individuationsprinzips der Körper. 3.24 c Zweite Möglichkeit hinsichtlich der Kategorie: Der Siegelmodus ist nicht akzidentell 1. Diese Möglichkeit entfällt, weil man ihn keiner der neun Akzidenskategorien zuzuordnen weiß. 2. Auch widerstritte seine Akzidentalität der These, daß Akzidentien nicht schon der ersten Materie, sondern erst dem Zusammengesetzten aus Form und Materie inhärieren (vgl. 3.1o a und 3.19 c). 3. Schließlich wäre im unterstellten Fall das Individuationsprinzip eine Mischung aus Substanz und
3.24 c E
163
Akzidens (wiederholt widerlegt, z.B. in 2.5 d 3, vgl. 2.17 a 2), auch träte bei der Individuation ein von der Natur real verschiedener akzidenteller Modus hinzu (widerlegt 2.9- 2.15).
Das Individuationsprinzip von Substanzen kann niahts Akzidentelles enthalten. Daß bei der Individuation kein von der Natur real versahiedener Modus hinzutreten kann. wurde in 2.9-15 zwar nur in Hinsiaht auf Individualdifferenz und Artnatur bewiesen. doah gilt es allgemein und niaht nur für die metaphysisahe Zusammensetzung. Denn aus einer physisahen Zusammensetzung vollst~ndiger Entit~ten kann kein unum per se entstehen. Damit sind die M8gliahkeiten durahgespielt: weder ein Modus noah vorhergehende Dispositionen oder das Agens k8nnen die Materie zu dem unterstellten modalen Siegel determinieren. Es kann weder sukzessiv noah instantan entstehen. ergo kann es überhaupt niaht entstehen. Es kann weder eine Substanz noah ein Akzidens bzw. ein substantieller oder akzidenteller Modus sein. also kann es überhaupt niahts sein. Es bleibt nur übrig. auf die Annahme eines Siegelmodus zu verziahten. 3.25 a Verzicht auf die Annahme des Siegelmodus und Unterstellung, daß das Agens im Erstakt die Determinierung unmittelbar vornimmt 1. Angesichts der Schwierigkeiten, die 3.22 d 3.24 c entwickeln, erklären manche Autoren, daß die Potenz der Materie im Zeitpunkt der Einführung der Form ohne vermittelnde Entitäten unmittelbar vom Agens zu einer bestimmten Quantität determiniert wird.
In 3.22 g wurde gegenüber der Unterstellung. daß das Agens die Materie zur Individualit~t des Siegelmodus determiniert. empfohlen zu sagen. daß das Agens die Materie unmittelbar zu einer bestimmten Form determiniert. Davon wird nun Gebrauah gemaaht. Zwar spriaht der Text nur von der Determinierung zu einer bestimmten Quantit~t. doah hat 3.19 a 2 erkl~rt. inwiefern "Determinierung zu einer bestimmten Quantit~t" dasselbe bedeutet wie "Determinierung zu einer bestimmten Form" (s. auah ErZ. vor 3.21 a). 2. Diese Auffassung bringt allerdings Schwierigkeiten, wenn das Agens im Erstakt gemeint sein soll.
Die Sahulspraahe untersaheidet zwei Arten der Verwirkliahung oder Aktuierung von Dingen. Die erste
164
3.25 a 3
Art der Aktuierung (actus primus) eines Dinges liegt vor, wenn es existiert (Seinsakt). Die zweite Art der Aktuierung (actus secundus) liegt vor, wenn es außerdem noah tätig wird. Von den Auswirkungen eines Dinges kann man einige auf den Erstakt und andere auf den Zweitakt zurUakfUhren. Beispielsweise besetzt ein Hund einen Raumteil unmittelbar dadurch, daß er auf natUrliehe Weise real existiert; er braucht nicht außerdem noah etwas Besonderes zu tun, um einen Raumteil zu besetzen. Insofern kann man sagen, daß er die Wirkung der Raumteilbesetzung schon aufgrund seines Erstaktes hat. Dagegen beißt ein Hund einen Dieb nur unter der Bedingung, daß er eigens zu diesem Zwecke tätig wird: auf ihn zurennt, ihn anspringt, das Maul sperrt, zubeißt. Insofern kann man sagen, daß ein Hund einen Dieb nicht schon aufgrund seines Erstaktes, sondern erst aufgrund eines Zweitakts beißt. Diese Reihenfolge kommt in dem Schulsatz zum Ausdruck: "Agere sequitur esse". 3. Die Potenz der Materie kann nicht durch den Erstakt des Agens determiniert sein, weil Agens und Materie ganz verschiedene Dinge sind, die einander nur mit Hilfe von Tätigkeit verändern können. 4. Andernfalls müßte, wenn ein Agens zugrunde geht, das hinsichtlich einer bestimmten Materie in den Zweitakt übergegangen ist, dennoch eine neue Form in diese Materie eingeführt werden. 5. Da aber in Wirklichkeit beim Untergang eines solchen Agens an der Materie keine Veränderung zu bemerken ist, müßte außerdem das Agens, das die neue Form nach (4.) einführt, nicht etwa eine ihm selber entsprechende, sondern eine dem zugrunde gegangenen Agens entsprechende neue Form einführen.
Es mögen auf einer Insel Sokrates, Peter und Paula zusammen existieren. Paula könnte sowohl von Sokrates als auah von Peter die Form empfangen, aufgrund derer man Frauen als "schwanger" bezeichnet. Die Form, die sie von Sokrates bekäme (F'), wäre eine andere als die Form, die sie von Peterbekäme (F''). Sokrates möge naah einigen Monaten jungfräulich versterben, und Peter möge wiederum naah einigen Monaten in den Zweitakt Ubergehen, um siah mit Paula zu vereinigen. In diesem Falle empfinge Paula mit Siaherheit eine Form F'' und nicht eine Form F' ob?leiah auah Sokrates eine Zeit lang unter Verbleib im Erstakt in Paulas unmittelbarer Naahbarsahaft gelebt hätte. Hätte dagegen Paula vor Sokrates' Tod eine Form F' empfangen, und zwar durah Sokrates' Erstakt, so mUßte sie naah 3.25 a 4 - 5 naah Sokrates' Tod,wenn sie von Sokrates sahwanger bleiben
3.25 b 1
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soll, eine neue Form F' empfangen, jedoah von Peter, von dem sie in Wirkliahkeit nur eine Form F'' empfangen kann. Sie wUrde also durah den Erstakt Peters von Sokrates sahwanger, und diese Annahme ist so absurd, daß sie zur Verwerfung der Unterstellung naah 3.25 a 2 genUgt. 3.25 b Unterstellung, daß das Agens im Zweitakt die Determinierung unmittelbar vornimmt 1. Unterstellt man dagegen, daß das Agens im Zweitakt gemeint ist, dann gerät man sogar in einen Widerspruch. 2. Denn man impliziert, daß das Agens die Materie durch seine Tätigkeit determiniert, ohne daß dadurch etwas der Materie Innerliches entstünde. 3. Das kann jedoch nicht richtig sein, denn die Tätigkeit des Agens gelangt im Leidenden zu irgend einem Ziel.
Jede Tätigkeit fUhrt zu irgend einer Wirkung, jedem Tun entspriaht eine Tat (Wirkung). Einem Tun an der Materie entspriaht etwas Getanes an der Materie. Wer die Materie durah Tätigkeit determiniert, der ruft in ihr als Getanes eine Determination hervor, die irgend etwas sein muß, sei es substantiell, akzidentell oder modal. Dadurah fällt man aber in die soeben verhandelte Sahwierigkeit zurUak. 3.26 a Ausflucht vor 3.25 b 1. Das Agens determiniert die Materie durch seine Tätigkeit in dem Augenblick unmittelbar vor der Vereinigung der Materie mit der Form. 2. Diese Ausflucht entspricht der Ausgangsthese 3.19 b, nach welcher die Materie von vorausgehenden Dispositionen gesiegelt wird, die unmittelbar vor Einführung der Form vergehen.
Die Entgegnung hat die Diskussion auf den Stand von 3.21 e zurUakgesahraubt, der den Anlaß zur EinfUhrung der Zusatzhypothese von den siegelnden Entitäten gab. Die Ausfluaht bringt also allenfalls einen Zeitverlust ein. 3. Auf diese Weise kann jedoch, wie in 3.19 b 2 - 5 gezeigt worden ist, eine innerliche und positive Determinierung der Materie nicht zustandekommen.
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3.26 b 1
3.26 b Bekräftigung für 3.26 a 3 1. Die Fassungskraft der Materie ist von sich aus indifferent. 2. Die Materie kann nur dadurch determiniert werden, daß etwas zu ihr hinzutritt oder daß sie innerlich verändert wird (vgl. 3.22 a 3). 3. Laut These in 3.25 a 1 geschieht aber weder das eine noch das andere mit ihr, und ihre Beziehung zu den vorhergehenden Dispositionen besteht allenfalls in Gedanken (wenn sie bereits vergangen sind) oder ist nur äußerlich. '~ußerZiah" soZZ erstens mit Raaksiaht auf 3.27 a darauf hinweisen, daß die Annahme negativer Dispositionen im Gegensatz zu positiven (vgZ. 3.19 a E, Hinweis auf DM 14, 3.32 im Gegensatz zu DM 14, 3.26 und 3.27) vom Autor zugelassen wird. Sein Einwand riahtet siah ZedigZiah gegen die Annahme einer innerZiahen und positiven Determinierung (3.26 a 3), an der aZZerdings dem Gegner aZZein gelegen ist. Zweitens soZZ "außerZiah" mit Raaksiaht auf 3.27 b die MögZiahkeit offen halten zu sagen, daß die Materie aufgrund der Ordnung der Natur (aZso eines ihr außeren Prinzips) determiniert ist (vgZ. 3.32 a, d und ErZ. vor 6.1 a).
3.26 c Welche Kausalität könnten die vorhergehenden Dispositionen nach 3.26 b 3 hinsichtlich der Materie haben? 1. Die vorhergehenden Dispositionen können die Materie determinieren wie eine Form ihre Materie oder wie eine Wirkursache ihre Wirkung. 2. Finalursächlichkeit kommt für sie nicht in Frage, und sie gehören zwar hinsichtlich der Form zur Materialursache, aber nicht hinsichtlich der Materie. 3. Sie aktuieren nämlich an ihr Potenzen, verhalten sich also wie Akte zu ihr als dem Leidenden.
Zur Tafel der Ursaahen vgZ. 3.2 e E. Zum vorliegenden Absatz: 1. Die FormaZursaahe aberfUhrt die Potenz von innen her in den Akt (FormaZursaahZiahkeit), die Wirkursaahe (Agens) transportiert die Form an die Materie heran (BewegungsursaahZiahkeit oder WirkursaahZiahkeit). - 2. FinaZursaahen (durah die Wirkung oder Bewegung Erstrebtes) können die vorhergehenden Dispositionen niaht sein, denn sie entstehen niaht um ihrer selbst, sondern um eines anderen wiZZen (der Determinierung der Form bzw. der Quantitat). Die Materie ist hinsiahtZiah der Form Material-
3.26 d 1
167
ursache (das, was die Form aufnimmt und in sich trägt), und weiZ die Dispositionen schon vor der Form zur Materie geh8ren, geh8ren sie hinsichtZieh der Form zur MateriaZursache. Die Materie ist aber nicht MateriaZursache hinsichtZieh ihrer seZbst, denn sie nimmt nicht sich seZber auf. DeshaZb k8nnen Dispositionen an der Materie nicht zur MateriaZursache der Materie geh8ren. - 3. Den Dispositionen mUssen Potenzen an der Materie entsprechen, sonst k8nnte die Materie sie nicht aufnehmen. Daher mUssen die Dispositionen entweder diese Potenzen von innen her in den Akt aberfUhren (FormaZursächZichkeit) oder die Form an die mit entsprechenden Potenzen versehene Materie herantransportieren (WirkursächZichkeit). Durch 3.26 a ist entschieden, was in 3.26 d und e gefragt werden kann. 3.26 d Sie können nicht Formalursachen sein 1. Von den Möglichkeiten, die 3.26 c übrig läßt, scheidet die Formalursächlichkeit aus. 2. Denn eine Form, die nicht mehr real ist, wirkt nicht mehr wie eine Form. 3. wenn die Materie im Augenblick der Entstehung des Zusammengesetzten die akzidentellen Formen verloren hat, in denen die vorhergehenden Dispositionen bestehen sollen, dann hat sie auch deren formale Wirkungen verloren (vgl. 3.22 a 2). 3.26 e Sie können nicht Wirkursachen sein 1. Von den Möglichkeiten, die 3.26 c übrig läßt, scheidet ebenfalls die Wirkursächlichkeit aus, denn was nicht mehr ist, das wirkt auch nicht mehr wirkursächlich. 2. Die beiden Möglichkeiten einer wirklichen und nicht bloß gedachten Einwirkung der unmittelbar vorhergehenden Dispositionen auf die Materie, die 3.26 c für möglich erklärte, sind damit entfallen. 3. Ferner ist die Materie primär auf die substantielle Form hingeordnet und nimmt insofern nichts vor der Form auf (vgl. 3.2o b, c und 3.21 a, b). 4. Folglich kann die Potenz der Materie nicht innerlich zu einer bestimmten Quantität so determiniert sein, daß die Materie dadurch aufgrund der Quantität zum Individuationsprinzip würde. 3.26 f Anwendung auf Cajetans Formulierung nach 3.18 b 1. Dieses Argument läßt sich auch gegen Cajetans
168
3.26 f 2
Sonderformulierung in 3.18 b mit "vorausbesitzen" verwenden. 2. Die Materie kann wegen ihrer Indifferenz von sich aus eine bestimmte Quantität nicht mehr vorausbesitzen als irgend eine andere und auch nicht in besonderem Maße ihre Wurzel sein. 3. Da die Frage offen bleibt, wodurch sie dennoch im Augenblick der Entstehung des Zusammengesetzten zum Vorausbesitzen dieser ganz bestimmten Quantität und keiner anderen determiniert wird, ist das Problem nach Einführung von Cajetans These genau so ungeklärt wie vorher.
Man hätte auah hier das Fragespiel zu beginnen, das mit 3.22 a einsetzt und das, wie 3.26 a bereits gezeigt hat, zu keinem hiZfreiahen Ende führt. 3.26 g Resurne der zweiten Widerlegung der zweiten Interpretation (3.22 a - 3.26 f) 1. Was hier für Cajetan gilt, das gilt ebenso für die Interpretation 3.19 b von 3.19 a ("vorausgehende Dispositionen"), wie soeben gezeigt worden ist, während über die nachfolgenden Dispositionen nach 3.19 c in 3.2o und 3.21 d (im Grund auch schon im Zusammenhang mit 3.1o) gesprochen wurde. 2. Die vorausgehenden Dispositionen hinterlassen in der Materie nichts, weil sie laut These völlig vergehen (s. 3.19 a E, Hinweis auf DM 14, 3.27). 3. Daher können sie auch keine innerlichen und positiven Dispositionen in der Materie hinterlassen, wie in 3.22 a - c und 3.26 a 3, b 3 und c 4 gezeigt worden ist. 4. Weil ''Disposition'' und ''Determination'' dasselbe
bedeuten, ist es im übrigen gleichgültig, auf welchen der beiden Ausdrücke man sich versteift.
3.27 a Zur Funktion der Wörter "innerlich und positiv" in 3.26 g 3 1. Diese Wörter sollen erstens andeuten, daß hier nur gegen angeblich positive, nicht aber gegen negative Dispositionen der Materie, die der Form vorhergehen, polemisiert werden soll. 2. Denn diese gibt es wirklich, und sie bestehen in der Austreibung der vorhergehenden Form und aller mit der neuen Form nicht vereinbaren Dispositionen.
3.7 a 2 E Vg~.
169
hierzu in 3.19 a Eden Hinweis auf DM 14, 3.32.
3. Doch wird durch negative Dispositionen die Materie nicht positiv determiniert, sondern nur wieder indifferent gemacht. 3.27 b Fortführung von 3.27 a 1. Zweitens soll mit Hilfe dieser Wörter die Möglichkeit offen gehalten werden, daß jemand die Materie als "äußerlich zur Aufnahme einer bestimmten Form determinert" bezeichnet, weil möglicherweise aufgrund der Ordnung der Natur (s. 9.1o a E) ein bestimmtes Agens zu einer bestimmten Zeit und an einem bestimmten Ort zur Einführung einer bestimmten Form determiniert ist. 2. Aber dabei handelt es sich eher um eine Determinierung des Agens als um eine Determinierung der Materie, und eine Determinierung des Agens berechtigt niemanden dazu, ausgerechnet die Materie als "Individuationsprinzip" zu benennen.
Der Passus weist auf ein Thema der Dritten Interpretation voraus; vg~. 3.31 a- e, 3.32 a- d. 3. Zumal da das Agens früher zur Einführung dieser Form als zur Einführung dieser Quantität determiniert wird, wenn anders die hier behandelte These mit Recht unterstellt, daß die Quantität in Hinsicht auf die Form und nicht die Form in Hinsicht auf die Quantität bestimmt wird (Erl. vor 3.21 a, ferner 3.2o c 3, 4, 3.21 b 3, 4 und d 1). 3.27 c Allgemeines Resum~ der Widerlegung der Zweiten Interpretation 1. Die Materie ist primär und wesentlich nicht zu einer bestimmten Quantität, sondern zu einer bestimmten Form und in Hinsicht auf sie determiniert. 2. Die Materie empfängt bestimmte Akzidentien allein wegen dieser bestimmten Form, und deshalb können sie das Individuationsprinzip der Form nicht sein, sie setzen die Individualität der Form vielmehr voraus.
3. Daher ist es mit dem Wesen der Form und mit der Ordnung der Natur nicht vereinbar, daß die Form durch Akzidentien oder durch die Hinordnung auf Akzidentien (3.9 a bzw. 3.18 a), d.h. durch die gezeichnete Materie im ersten oder zweiten Sinn individuell wird. 4. Folglich kann weder bei der ersten (3.9 a - 3. 17 b) noch bei der zweiten (3.18 a - 3.26 g) Inter-
17o
Erl. vor 3.28 a
pretation von "gezeichnete Materie" das Individuationsprinzip der Körper die gezeichnete Materie sein.
D. Behandlung der dritten Interpretation des Ausdrucks "gezeichnete Materie" Naah dem Saheitern der ersten und zweiten Interpretation der thomistisahen These vom Prinzip der Individuation der Körper bietet die dritte Interpretation eine zurUckgezogene Auffangposition, die Suarez in einigen Punkten fUr akzeptabeZ häZt. hinsiahtZiah derer er aber später zu verstehen gibt, daß die Thomisten so weit niaht hätten zurUakweichen mUssen, weiZ die thomistisahe Lehre siah auah aZs eine akzeptabZe Pointierung der wahren These interpretieren Zäßt (s. 6.17). Absatz D des Dritten Absahnitts besteht aus der Diskussion von vier Thesen. 1. Die Materie ist niaht das innere Prinzip der Individuation der Körper nach 3.2 d (3.28 b). - 2. Die Materie ist das aZZgemeine Prinzip des Entstehens und Vergehens und insofern der VieZheit der Körper (3.29 a). - 3. Die Materie ist fUr das Agens der äußere AnZaß zur Hervorbringung bestimmter Individuen (3.3o a). - 4. Die Materie ist das Prinzip der Unterscheidung körperZiaher Individuen fUr unsere Sinne (3.33 a). - 3.34 besahZießt den Abschnitt mit einer WUrdigung: Wenn die Dritte Interpretation die Meinung von Thomas wiedergibt, dann haben AristoteZes wie Thomas Uber das wahre Prinzip der Individuation der Körper naah 3.2 d nichts mitgeteiZt. Die Erste und Zweite Interpretation der thomistischen These war sachZiah nicht haZtbar, die Dritte bringt keine Information Uber das innere Prinzip der Individuation aZs den Gegenstand, der hier aZZein zur Debatte steht.Die UberprUfung hat aZso ergeben, daß die thomistisahe These Uber das Individuationsprinzip der Körper in aZZen thomistischen Versionen nicht zu haZten ist. Mit dieser UberprUfung ist dem Anspruah der Autoritäten auf Respektierung GenUge getan (vgZ. 3.8 a 1), und der Autor darf die Frage vorerst (bis 6.17) aZs negativ erZedigt betrachten und ab 4.1 zur Erörterung weiterer Thesen Ubergehen. 3.28 a Terminologische Vorbemerkung 1. Der Ausdruck "Individuationsprinzip" ist mehrdeutig. 2. Er kann erstens das innere physische Prinzip bedeuten, auf dem die Individualdifferenz aufruht.
3.28 a 3
171
3. Er kann zweitens die Ursache der Vielheit der Individuen bzw. der Hervorbringung eher dieses als jenes Individuums bedeuten. 4. In beiden Fällen kann entweder das Individuationsprinzip an sich oder aber das gemeint sein, was für uns als erkennende Wesen der Anlaß der Unterscheidung des einen Individuums vom anderen ist.
Dadurah verdoppeln siah die in 3.28 a 2 - 3 genannten Bedeutungen. Deutung (A) für (2.): Es geht um das Prinzip naah 3.2 d, auf dem die Individualdifferenz aufruht; diese Bedeutung behandelt 3.28 b. Deutung (B) für (2.): Es geht um denjenigen Bestandteil eines Individuums, der als Anlaß dafür dient, daß wir es als dieses Individuum erkennen; diese Deutung wird in 3.33 behandelt. -Deutung (A) für (3.): Es geht um das Prinzip, das für die Agentien der Anlaß ist, mehrere Individuen bzw. gerade dieses Individuum hervorzubringen; diese Deutung wird hinsiahtliah der Vielzahl der Individuen in 3.29 und hinsiaktlieh gerade dieses Individuums in 3.3o-32 behandelt. - Deutung (B) für (3.): Es geht um das Prinzip, das für uns der Anlaß ist, beim Erkennen die Hervorbringung gerade dieses Individuums von der Hervorbringung aller anderen zu unterscheiden; diese Deutung wird niaht eigens behandelt. 3.28 b Erste Behauptung: Die Materie ist nicht das innere Individuationsprinzip der Körper nach 3.2 d 1. Die gezeichnete Materie ist nicht das Individuationsprinzip im Sinne von 3.28 a 2, Deutung (A). 2. Das geht aus den Überlegungen von 3.9 a - 3.17 bundvon 3.18 a - 3.27 c hervor.
Das Individuationsprinzip naah 3.2 d ist inneres physisahes Konstituens eines ganz bestimmten Individuums. Darauf bezieht siah die Negation in 3.28 b 1. Aber das Prinzip, von dem in 3.29 a (Zweite Behauptung) die Rede sein wird, ist kein inneres Konstituens eines ganz bestimmten Individuums, sondern inneres Konstituens einer ganzen Klasse von Individuen, namliah der K8rper. Dieses Konstituens ist zwar die Bedingung der M8gliahkeit für die Vervielfaltigung der K8rper, aber bei der Frage naah dem Individuationsprinzip geht es niaht um Vervielfaltigung überhaupt, sondern um die Determinierung des einzelnen K8rpers zu gerade diesem Individuum. Auah die dritte Behauptung (3.3o a) gibt in diesem Sinne keine Antwort. Das Subjekt der dritten Behauptung ist zwar ein inneres physisahes Konstituens bestimm-
172
3.29 a 1
ter Individuen, aber niaht, sofern es unmittelbar die GrundZage ihres Individuellseins ist, sondern nur, sofern es für ein außeres Prinzip (das Agens) zum AnZaß wird, dieses und kein anderes Individuum hervorzubringen. 3.29 a Zweite Behauptung: Die Materie ist das allgemeine Prinzip der Vervielfältigung der Körper 1. Die Materie ist im Sinn von 3.28 a 3, Deutung (A), das Prinzip der Vervielfältigung der Körper zu Individuen. 2. Denn sie ist der Grund des Entstehens und Vergehens, das die Vervielfältigung der Individuen bedingt. 3. Was aus einer Form und einer individuellen irdischen (d.h. wandelbaren, vgl. 2.24 e E) Materie zusammengesetzt ist, ist aufgrund eben dieser vergänglich; daher müssen, damit die Art erhalten bleibt, immer wieder neue Individuen hervorgebracht werden (vgl. 2.25 b E).
Deutung (A) für 3.28 a 3 (s. 3.28 a E) bedingt zwei Hypothesen: 1. die Materie ist der Grund der Vielheit k8rperZiaher Individuen überhaupt, 2. sie ist der AnZaß der Hervorbringung gerade dieses Individuums. 3.29 behandelt die erste, 3.3o-32 werden die zweite behandeln. 3.29 b Präzisierung von 3.29 a 1. Näherhin ist die mit Quantität affizierte Materie das Prinzip der Vervielfältigung der Art in Individuen. 2. Denn eine Materie ohne Quantität könnte nicht die unterschiedlichen Dispositionen aufnehmen, die mit der Vervielfältigung der Individuen verbunden sind.
Die Materie nimmt die jeweils verandernden und vorbereitenden Dispositionen (alterationes, dispositiones praeparantes, praeviae, alterantes), weZahe Akzidentien sind, vermittelst der Quantitat auf (vgZ. 3.19 a E, Hinweis auf DM 14, 3.25). Ohne die Quantitat, auf der soZahe Dispositionen gZeiahsam erst PZatz nehmen k8nnen, ware die Materie weder der Veranderung noah der Vorbereitung auf bestimmte Formen fahig. 3. Da es bei der zweiten Behauptung um Vervielfältigung schlechthin und nicht um die Hervorbrin-
3.29 b 4
173
gung gerade dieses Individuums geht, ist nicht die zu einer bestimmten Quantität oder Form determinierte, sondern die überhaupt mit Quantität oder Form versehene Materie das hier zur Rede stehende Prinzip 4. Denn Prinzip der Vervielfältigung ist die Materie, sofern sie eine Vielzahl individueller Quantitä ten und gerade nicht nur eine einzige aufnehmen kann
UnteP diesem Aspekt steZZt siah noah niaht das PPobZem deP Beseitigung deP IndiffePenz deP MatePie, das in 3.22-26 duPah die EinfuhPung siegeZndeP Entitäten geZöst wePden soZZte. Die These betPifft MatePie und Quantität in ihPeP uPspPungZiahen IndiffePenz. 3.29 c Einwurf gegen die zweite Behauptung 1. Mit demselben Recht könnte man die Materie auch als Prinzip der Vervielfältigung der Arten vergänglicher Wesen bezeichnen. 2. Denn sie kann die verschiedenen Artformen aufnehmen und ist gegenüber deren Dispositionen indifferent.
Das in 3.29 a angegebene PPinzip WäPe demnaah äquivok, d.h. aZs EPkZäPungsgPund spezieZZ deP Individuation vöZZig ungeeignet. 3.29 d Entgegnung auf 3.29 c
1. Der Grund der Verschiedenheit der Individuen ist vom Grund der Verschiedenheit der Arten völlig verschieden. 2. Die in 3.29 c 2 genannte Indifferenz der Materie gegenüber verschiedenen Artformen ist eine notwendige, aber nicht die hinreichende Bedingung der Möglichkeit der Vervielfältigung in Individuen. 3. Denn erstens bildet die Materie auch ihrerseits eine einzige Art, deren Teile numerisch verschieden sind und von numerisch verschiedenen Formen besessen werden.
Was (wie die MatePie insgesamt) seZbst eine Speaies biZdet, kann niaht das PPinzip deP SpezifiziePung sein: die UPsaahe ist (wie auah immer) VOP deP WiPkung, abeP die MatePie ist niaht VOP siah seZbst. Daß SuaPez die These ablehnen muß, ist kZaP. Sie widePspPiaht seineP Ansiaht ubeP das PPinzip deP SpezifiziePung, die eP fuP die wahPe häZt und die eP in 2.32 d, e, 2.33, 2.35 d und 2.37 a umrissen hat: PPinzip der Spezifikation ist aufseiten deP
174
3.29 d 4
Dinge eine gewisse Ähnliahkeit von Individuen und aufseiten der Intellekte das Abstraktionsvermögen. 4. Zweitens gehört die Artverschiedenheit zum Wesen der Dinge und muß mithin auf die Form zurückgeführt werden (vgl. 2. 24 d E) . 5. Deshalb bestreitet auch niemand, daß es bei immateriellen und unvergänglichen Dingen Artverschiedenheit gibt, während ihnen numerische Verschiedenheit von einigen Autoren bestritten wird.
Thomisten behaupten, daß jeder Engel eine subsistierende Speaies ist, weil Engel keine individuierende Materie haben. Bei dieser Behauptung wird vorausgesetzt: 1. daß die Materie niaht der Grund der Artversahiedenheit ist, 2. daß die Materie der Grund der individuellen Versahiedenheit ist, in welaher Weise auah immer. 3.3o a Dritte Behauptung: Die Materie ist bei Körpern der Grund für die Determinierung zu bestimmten Individuen 1. Die von der Quantität gezeichnete Materie ist Prinzip oder Anlaß der Hervorbringung gerade dieses Individuums als eines von den übrigen verschiedenen.
Das ist niaht mehr wie 3.29 a eine These Uber die gezeiahnete Materie Uberhaupt, sondern Uber die gezeiahnete Materie, sofern ihre Indifferenz behoben ist. Doah kommt auah damit das innere Individuationsprinzip naah 3.2 d niaht zur Spraahe, denn die Materie, auf die siah 3.3o a bezieht, ist zwar ein inneres physisahes Prinzip, wird aber niaht als soZahes betraahtet, sondern nur in Hinsiaht auf die äußere Ursaahe, der sie zum Anlaß der Determinierung ihrer Tätigkeit zur Hervorbringung eines bestimmten Individuums wird. Deshalb ist 3.3o a in Wirkliahkeit eine These Uber das äußere Prinzip der Individuation, von dem in 3.2 e sehr kurz die Rede war, aber mit der Maßgabe, daß es niaht zum Gegenstand dieser Untersuahung gehört. Unabhängig davon, ob 3.3o a eine wahre Aussage ist oder niaht, ist es fUr die vorZiegende Thematik niaht erhebliah. 2. Dabei kann mit "übrige Individuen" (A) die Menge der wirklich existierenden, (B) die Menge der möglichen Individuen, die in numerisch derselben Materie ebenfalls existieren könnten, gemeint sein.
Der Zusatz berUaksiahtigt 3.3o d.
3.3o b
175
3.30 b Der Grund der Verschiedenheit eines wirklichen Individuums von den anderen wirklichen Individuen 1. Im Falle (A) von 3.3o a 2 ist der hinreichende Grund für die Hervorbringung dieses wirklichen Individuums als eines von den übrigen wirklichen verschiedenen die Materie, aus der es hervorgebracht wird. 2. Denn weil numerisch dieselbe Form nicht gleichzeitig in verschiedenen Materieportionen sein kann, müssen in gleichzeitig existierenden numerisch verschiedenen Materieportionen verschiedene Formen sein, und zwar zumindest numerisch verschiedene. 3. Außer der numerischen Verschiedenheit der Materie bzw. der mit einer bestimmten Quantität versehenen Materie bedarf es zur Erklärung der Verschiedenheit eines wirklich existierenden Individuums von allen anderen existierenden keiner weiteren Disposition oder Zeichnung der Materie.
Allerdings wird hier die numerisahe Versahiedenheit der Materieportionen sahliaht vorausgesetzt, desgleiahen die Unfahigkeit der substantiellen Körperformen zur Bilokation und ihre numerisahe Versahiedenheit. Es wird vom Grund der Individualitat des Zusammengesetzten gesproahen (6.15-16), aber niaht vom Grund der Individualitat seiner Konstituentien. 3.30 c Der Grund der Verschiedenheit eines wirklichen Individuums von den in derselben Materie möglichen Individuen 1. Die Frage, ob im Falle (B) von 3.3o a 2 die Materie auch das Prinzip der Verschiedenheit von in derselben Materie möglichen Individuen ist, bleibt davon unberührt. 2. Bestimmte Autoren behaupten, Aristoteles habe das Prinzip der Verschiedenheit des wirklichen Individuums von den möglichen Individuen nicht anzugeben brauchen, weil diese selbstverständlich schon durch die bloße Kontradiktion hinlänglich unterschieden seien.
Mögliahe Individuen sind nur gedaaht. Das Soundniahtandersgedaahtwerden ist der hinreiahende Grund ihrer Versahiedenheit sei es von allen anderen existierenden, sei es von allen anderen mögtiahen Individuen. Das gedaahte Individuum K' ist gerade so und anders als das gedaahte oder existierende Individuum K'', weil es gerade so und niaht anders ge-
176
3.30 c 3
dacht wird, sei es von Gott oder sei es von mir. Es gleichzeitig gerade so und auch anders zu denken, wäre kontradiktorisch. Ob damit alles gesagt ist, was in diesem Zusammenhang gesagt werden kann, stellt Suarez in 3.31 zur Frage: es könnte sein, daß sich das Denken hier an Sachgesetzlichkeiten orientiert. Ein vergleichbarer Sachverha~t kommt in der späteren Philosophie zur Sprache, wenn Leibniz davon ausgeht, daß im Bereich des in sich Möglichen das Kontradiktionsprinzip zur Entscheidung ausreicht, daß man aber im Bereich des Faktischen oder möglicherweise Faktischen außerdem des Prinzips vom zureichenden Grunde bedarf. Leibniz gibt Ubrigens einen präzisen Grund fUr die Verschiedenheit der wirklichen Individuen von den nur möglichen an: le mieux. 3. Deshalb habe Aristoteles nur das Prinzip der Verschiedenheit dieses bestimmten Individuums von allen wirklich existierenden mitgeteilt (Fall A von 3.3o a 2). 3.30 d Der Grund der Verschiedenheit eines wirklichen Individuums von den in anderen Materien möglichen 1. Die von der Quantität gezeichnete Materie ist darüber hinaus das Prinzip der Verschiedenheit eines bestimmten Individuums von allen jenen, die möglicherweise aus anderen Materien entstehen können (Fall C von 3.3o a 2). 2. Das gilt besonders für solche Individuen, deren Formen aus der Materie herausgeführt werden.
Zu dieser Frage DM 15, 2.1o; 25, 5o9 a: Die vernünftigen Seelen informieren die Materie zwar, sind aber geistig und von ihr unabhängig. Sie entstehen durch Erschaffung aus Nichts, und die Materie des Leibes spielt für sie lediglich die Rolle einer causa per accidens. - Ebd. 2.13; 51o a, b: Alle anderen substantiellen Körperformen werden aus der Potenz einer vorliegenden (praeiacens) Materie herausgeführt (educere). - Ebd. 2.14; 51o b: '~us der Potenz der Materie herausführen" kann so interpretiert werden, daß die Form, die vorher in der Potenz und in der Ursache war, danach im Akt und außerhalb der Ursache ist, und zwar vermöge des Agens und unter Mitwirkung der Materie. - Ebd. 2.15; 511 a, b: Der Ausdruck kann ferner so interpretiert werden, daß die Form in der Materie bei Abhängigkeit von ihr nach Sein und Werden entsteht. Diese Interpretation bringt sachlich nichts Neues, desgleichen die dritte, die der Autor
3.3o d 3
177
für verständlicher häZt: "aus der Potenz der Materie herausführen" bedeutet, daß die Form aus der schon vorZiegenden Materie durch dieseZbe Tätigkeit entsteht, durch die auch das Zusammengesetzte entsteht. Die Herausführung ist eine wesentZieh von der Materie abhängige Tätigkeit, durch die die Form zugZeich entsteht und mit der Materie vereinigt wird. - Ebd. 2.16; 511 b: Nur die vernünftige SeeZe wird nicht aus der Potenz der Materie herausgeführt. - Ebd. 2. 17; 511 b - 512 a: Die kimmZischen Formen werden nicht in derseZben Weise wie die irdischen aus der Materie herausgeführt. Denn es gibt im HimmeZ keine praeiacens materia, weiZ es dort kein Entstehen und Vergehen gibt. Materie und Form werden vieZmehr im HimmeZ durch denseZben Sch8pfungsakt ein für aZZemaZ hervorgebracht (concreatio materiae et formae) . 3. Denn wahrscheinlich kann numerisch dieselbe substantielle Form weder gleichzeitig noch sukzessiv aus numerisch verschiedenen Materien herausgeführt werden.
Die These begegnet mehrfach, z.B. DM 26, 4.9; 25, 928 a, b, ferner ebd. 6.2-4; 945 a, b. Sie steht nicht in Widerspruch zur These von der prinzipieZZen Indifferenz der Materie gegenüber mögZichen substantieZZen Formen und wird im Sechsten Abschnitt dieser Disputation (6.1o-13) ausführZicher behandeZt. 4. Auch bei den in 3.3o c genannten Individuen, die aus derselben Materie entstehen könnten (Fall B von 3.3o a 2), liegt keine Verschiedenheit zwischen existierenden Individuen vor, sondern nur die Verschiedenheit eines existierenden Individuums von möglichen, weil zu derselben Zeit nur eine einzige substantielle Form in derselben Materie sein kann.
Die Erwägungen in 3.3o c - d empfindet der Autor aZs nicht hinreichend, weiZ sie der Mehrdeutigkeit von "mögZich" nicht Rechnung tragen. "MögZich" heißt einerseits, was jemand ohne Rücksicht auf reaZe Bedingungen aZZein unter der Bedingung der inneren Widerspruchsfreiheit denkt. Andererseits heißt aber "mögZich~ was unter Berücksichtigung der reaZen Bedingungen zu einem gegebenen Zeitpunkt aZs AZternative für den FoZgezeitpunkt in Frage kommt (vgZ. 3.13 b 4 E). Bei "mögZich" in der ersten Bedeutung mag der VorsahZag von 3.3o c 2 erschöpfend sein; bei "mögZich" in der zweiten Bedeutung ist er es nicht. Hier setzen die weitergehenden VberZegungen des Autors ein. Auch sie betreffen niaht das innere Prinzip, sondern ein äußeres Prinzip der Individuation, ge-
178
3.31 a 1
nauer einen AnLaß fur das äußere Prinzip der Individuation. Doah hat der Autor die Tendenz, hier im Bereiah der Freiheit die Bedeutung der Materie zumindest in Hinsiaht auf das äußere Prinzip der Individuation stärker zu akzentuieren aLs bei der These, die siah nur auf den Bereiah der Widerspruchsfreiheit bezieht. 3.31 a Weitergehende Erwägungen zu 3.3o c 1. Der kontradiktorische Gegensatz nach 3.3o c 2 mag eine hinreichende Erklärung für die Verschiedenheit bloß möglicher Individuen ermöglichen. 2. Doch kann man mögliche Individuen auch auf die Realität beziehen und fragen, weswegen mögliche Individuen so verschieden sind, daß im Fall der Existenz des einen das andere nicht existieren kann, d.h. weswegen in der wirklichen Welt gerade diese Form und nicht jene andere eingeführt wird.
Dieser VorsahLag Löst die Betrachtung mögLiaher Individuen aus der Abstraktheit des bLoß widerspruchsfreien Denkens heraus und bezieht sie auf die Bedingungen der Existenz: mögLiahe Individuen werden hypothetisch so betrachtet, aLs wären sie Individuen im Sinne von J.Jo b. ALs existierend gedaahte mögLiahe Individuen sind Bestandteile mögZiaher Welten. MögZiahe Welten sind nur gedaaht (zunäahst von Gott), und insofern ist ihr numerischer Unterschied durah ihr Gedachtsein verursacht (J.Jo a). Aber abgesehen von der unmittelbaren Tätigkeit des denkenden Subjektes kann man die Frage stelZen, weshalb nur ein bestimmtes aus der unendlichen Zahl niaht weniger mögliaher Individuen verwirklicht wird. Suarez beantwortet diese Frage mit dem Hinweis auf den Plan derjenigen Welt, zu deren Verwirklichung siah Gott entschlossen hat (ordo naturalis). 3. Der Grund kann nicht in der ersten Materie liegen, die nacheinander in beiden Individuen existieren könnte. 4. Auch nicht in der Quantität, falls diese nach 3.11 a 1 schon in der ersten Materie ist und unabhängig vom Wechsel der Formen bei ihr verbleibt
(quantitas aoaeva materiae).
3. 31 b Ist der Grund der Verschiedenheit möglicher Individuen ihre Materie und Quantität zusammen mit den Dispositionen der Tätigkeit? 1. Man müßte also die Dispositionen und Umstände
3.31 b 2
179
der Tätigkeit des Agens zu Materie und Quantität noch hinzunehmen. 2. Solche sind: Disponierung des Gegenstandes der Tätigkeit, Zeitpunkt der Tätigkeit, Besonderheit des Agens, Besonderheit der Tätigkeit. 3. Solche Faktoren bewirken, daß aus der ersten Materie, obgleich sie dieselbe bleibt, dennoch nur dieses und nicht ein anderes Individuum hervorgeht. 4. Denn zur Hervorbringung eines anderen wären andere Dispositionen und Umstände erforderlich. 3.31 c Erörterung von 3.31 b 1 1. Ein bestimmtes Feuer könnte gleichermaßen eine Anzahl numerisch verschiedener neuer Feuer entzünden, es entzündet jedoch in einer bestimmten Materie zu einer bestimmten Zeit nur gerade dieses und kein anderes Feuer. 2. Diese Determinierung kann wegen der in (1.) genannten Indifferenz nicht vom entzündenden Feuer herrühren. 3. Sie kann auch nicht vom entzündeten Feuer herrühren, denn wenn über seine Determinierung entschieden wird, existiert es noch gar nicht, kann also kein Agens beeinflussen (entsprechend 3.26 e 1). 4. Die Determinierung kann schließlich nicht von der ersten Materie herrühren (3.31 a 3), denn diese ist gegenüber diesem oder jenem Individuum ganz indifferent (vgl. 6.11 a). 3.31 d Fortsetzung von 3.31 c 1. Die Determinierung zu dieser ganz bestimmten Form und keiner anderen muß infolgedessen entweder von Dispositionen an der Materie herrühren, vorausgesetzt, daß diese nicht vor der Vereinigung von Materie und Form vergehen.
Diese Bedingung ist im Zusammenhang mit 3.22 a begrundet worden. Zur Kennzeiahnung der vorausgehenden Dispositionen s. 3.19 a E, Hinweis auf DM 14, 3. 26. 2. Oder sie muß von der zeitlichen und räumlichen Situierung und den sonstigen Umständen der Tätigkeit des Agens herrühren, die von der Ordnung der Natur bestimmt sind (vgl. Erl. vor 6.1 a). 3. Denn eine andere natürliche Ursache dafür läßt sich nicht leicht denken.
18o
3. 31 e 1
3.31 e Alternative zu 3.31 d: Kommt die Determinierung von Gott? 1. Einige Autoren bemühen zwar den göttlichen Willen als Grund der genannten Determinierung, und das trifft für die unmittelbaren Wirkungen Gottes auch zu.
Solahe Wirkungen sind die, bei denen Gott unmittelbar als SahBpfer tätig ist; also naah Absahluß des ursprüngliahen SahBpfungsaktes, von dem in Genesis 1 heriahtet wird, jedenfalls für Niahttraduzianisten die mensahliahen Seelen (vgl. 3.3o d 2 E). An Wirkungen natürliaher Ursaahen ist Gott dagegen (wenn man von Sondermeinungen wie denen Al-Ghazalis, Biels und Aillys absieht) nur indirekt beteiligt, weil er die natürliahen Ursaahen im Sein erhält und ihnen Kraft zusahießt (conservatio, concursus). Daher sind unmittelbar ihnen, niaht aber Gott, die natürliahen Wirkungen zuzusahreiben. Entspreahend hat siah die saahgereahte Erklärung natürliaher Wirkungen auf die Zweitursaahen und niaht auf Gott zu beziehen. Ausführliah s. unten 9.7 a und 9.1o d. 2. Für Wirkungen, die Gott nur mittelbar (vermittelst natürlicher Ursachen) hervorbringt, bietet aber 3.31 e 1 keine wissenschaftlich zulässige Erklärung, denn die Metaphysik und Physik haben metaphysische und physikalische, aber keine theologischen Erklärungen zu liefern. 3. Auch führt die Bemühung des göttlichen Willens in diesem Fall zu theologischen Schwierigkeiten, denn sie tangiert die menschliche Willensfreiheit und könnte Gott die Verantwortung für unsere Sünden zuschieben.
Um solahe Konsequenzen zu vermeiden, entwiakelt Suarez die Lehre von der Kongruenz der g8ttliahen Hilfen im Zusammenhang mit der scientia media. Der sogenannte Molinismus ist ein System zur Rettung der mensahliahen Freiheit. Dazu in der Metaphysik DM 19, 3 - 4; 2 5. 7 oo b - 711 a. 3.31 f Zusammenfassung der bisherigen Erörterungen zur dritten Behauptung 1. Daher ist die gezeichnete und mit gerade diesen Umständen versehene Materie das Prinzip bzw. der Anlaß dafür, daß das Agens gerade dieses Individuum und kein anderes hervorbringt. 2. Denn weder die Materie allein noch die Umstände
3.31 f
3
181
allein können hier als hinreichende Bedingung fungieren. 3. Erst wenn sich an der Materie die Umstände geändert haben, entsteht ein anderes Individuum.
Demnaah WäPe die MatePie bei deP Determinierung insofern beteiLigt, aZs sie den SpieZPaum umPeißt und zugZeiah aZs UntePZage fUP die Dispositionen ePfoPdePZiah ist, die seine GestaLtung bestimmen; bzw. insofePn, aZs sie das Objekt dePjenigen Tätigkeit ist, duPah die die eingrenzenden Dispositionen und die Umstände des Agens mit ihr in BepUhPung tPeten (3.31 b). -V und G Zesen an dieseP SteLZe "sit". Demnaah WäPe deP Passus aZZein auf die Materie zu beziehen. Das gibt aZZePdings keinen guten Sinn, denn unmitteLbar zuvor hat deP VertPeter der These gesagt, daß die MatePie aZZein die Ursaahe deP Versahiedenheit deP K8PpePindividuen niaht sein kann. VermutZiah ist "sint" zu Zesen. Es kann aber niaht auf die Umstände aZZein bezogen sein, denn unmitteZbaP zuVoP hat deP VertreteP deP These ebenfaZZs gesagt, daß die Umstände aZZein niaht die UPsaahe der Versahiedenheit dep K8Pperindividuen sein k8nnen. Daher mUssen Subjekt zu "sint" die Umstände sein, sofern sie an der MatePie sind und sie VOPaussetzen. ALLerdings st8rt dann "haec" aLs NeutPum PZuraZ. M8gZiahePweise WäPe zu Zesen: "nam si hae sint diversae", sonst abeP:"nam si haec sint diversa". Die Ubersetzung bei G gibt keinen Hinweis, weiZ auah deP spanisahe Text an dieseP SteLZe verderbt ist; der Sinn deP SteLZe aber ist wahrsaheinZiah niaht sehr vePborgen. 3.32 a Unterstellung
ZuP Debatte steht niaht mehP die These, daß die disponiePte MatePie aZs inneres Individuationsprinzip naah 3.2 danzusehen ist. Sie wurde in Hinsiaht auf beide m8gZiahen Versionen widerLegt. HieP handeLt es siah um die andere These, daß die disponiePte Materie fUP das Agens zum Anlaß wird, ein bestimmtes Individuum und kein anderes hervorzubPingen. Das ist eine Aussage UbeP ein äußeres IndividuationspPinzip (vgZ. 3.2 e), das niaht unmitteLbar zum Gegenstand dieseP Disputation geh8rt, jedoah geZegentZiah beiher zur Spraahe kommt. DaPauf weist der foLgende kuPze Disput zum AbsahZuß der Er8PtePung deP dPitten Behauptung noah hin. 1. Die in 3.31 f 1 genannte Materie ist auch das innere Prinzip der Individuation nach 3.2 d, das die
182
3.32 a 2
Körper im Individuellsein konstituiert. 2. Beweis durch das Axiom: "Das Prinzip der Entstehung eines Dings ist auch das Prinzip seines Seins". 3. 32 b Entgegnung auf 3.32 a 1. Die Behauptung von 3.32 a 1 folgt nicht aus dem soeben genannten Axiom. 2. Daß einerseits ein Ding aufgrund eines ihm inneren Prinzips individuell ist und daß andererseits zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort aufgrund bestimmter äußerer Bedingungen gerade dieses Ding und kein anderes entsteht, sind verschiedene Sachverhalte, und verschiedene Sachverhalte lassen (vorsichtig gesprochen) auch verschiedene Erklärungen zu. 3. Im übrigen ist nach 3.28 b für die Vertreter der Dritten Auslegung die gezeichnete Materie ausdrücklich nicht das innere Prinzip der Individuation, sondern nur der Anlaß zur Einführung einer bestimmten Form und keiner anderen.
Zuz> Bedeutung dez> Ausdz>üake "Anlaß" und "Uz>saahe" "Ubez> 'Oaaasio' und verwandte Begriffe vor Desaaz>tes", Az>ah. f. Begz>iffsgesahiahte XV/2 (19?1),
s.
s.
215 -
256.
3.32 c Erläuterung zu 3.32 b 1 1. Eine Form ist nicht primär deswegen individuell, weil ein bestimmtes Agens sie unter bestimmten Umständen hervorbringt. 2. Das ist für sie nicht wesentlich, und Gott könnte ihr aufgrund seiner absoluten Macht auch ohne die genannten Umstände dieselbe Indivdualität verschaffen.
Die Individualität entsteht niaht primär duz>ah äußere Bedingungen, sondern duz>ah ein inneres Prinzip. Die Argumentation von 3.31 bezog siah aber auf eine äußere Uz>saahe (die Wiz>kuz>saahe), niaht auf eine innere Uz>saahe wie die Formal- oder Matez>ialuz>saahe. Denn sie gab Antwort auf die Fz>age, weshalb die Wiz>kuz>saahe gerade dieses Individuum und niaht jenes hervorbringt. Dez> Umstand, daß dieses Individuum nuz> duz>ah dieses, jenes Individuum nuz> duz>ah jenes andere innere Prinzip als Individuum konstituiert wird, ist davon niaht bez>ühz>t (vgl. 3.32 a 3 E). 3. Auch muß man angesichts der Rangordnung des Seienden annehmen, daß die Dispositionen mit Rücksicht
3.32 c E
183
auf eine bestimmte Form so sind, wie sie sind, und nicht, daß die Form mit Rücksicht auf bestimmte Dispositionen so ist, wie sie ist.
VgZ. ErZ. vor 3.21 a. Es wird niaht diese Form eingef'ührt, weil gerade diese Dispositionen vorhanden sind, sondern diese Dispositionen sind vorhanden, damit gesichert ist, daß diese Form und keine andere eingeführt wird. Diese Version gibt der These, daß die Dispositionen der Anlaß der Hervorbringung gerade dieser Form sind, einen Hintergrund, der in 3.31 d 2 sahon flüahtig angeklungen ist und der bald häufiger thematisch wird: die Ordnung der Natur (s. 7.3 g 3 E). Die Ordnung der Natur sahreibt vor, daß gerade diese Form eingeführt wird, damit die Welt so ist, wie ihr Plan bei Gott es vorsieht. Deswegen müssen bestimmte Dispositionen entstehen, die das Agens mit Sicherheit dazu determinieren, die von der Ordnung der Natur erforderte Form und keine andere einzuführen. 3.32 d Resume zur dritten Behauptung 1. Daher kann die gezeichnete Materie im Gegensatz zu der Unterstellung in 3.32 a nur der Anlaß dafür sein, daß das Agens gerade diese Form einführt. 2. Zum Anlaß aber wird sie aufgrund der Ordnung der Natur.
Dadurah ist niaht die Ordnung der Natur zum Individuationsprinzip naah 3.2 d erklärt, denn auah sie ist ein dem Individuum äußerliches Prinzip. Die Ordnung der Natur gewährleistet jedoah, daß jenes innere Prinzip zum Zuge kommt, das die Individualität eines Körpers im Sinn von 3.2 d begründet. 3. Denn durch die Ordnung der Natur ist festgelegt, daß das Vermögen eines bestimmten Agens und keines anderen zur Hervorbringung einer bestimmten Form und keiner anderen unter gerade diesen Umständen und keinen anderen determiniert wird (vgl. Erl. vor 6.1 a). 3.33 a Vierte Behauptung: Die Materie ist für uns der Anlaß zur Erkenntnis der Verschiedenheit der Körper
Diese Behauptung unterstelZt die Unterscheidung von prius natura (prius in esse) und prius quoad nos (prius in cognoscendo) - zwisahen dem, was zuerst da ist, und dem, was wir zuerst erkennen. Beides
184
3.33 a
fäZZt nicht zusammen. VieZes, was zuerst da war, erkennen wir zuZetzt - z.B. erst die Geschöpfe, dann Gott. Die vierte Behauptung wiZZ naheZegen, daß bei thomasischen und thomistischen Aussagen, nach denen die gezeichnete Materie die Ursache der Individuation ("das Frahere in Hinsicht auf die Individuation") ist, nur das von uns zuerst Erkannte, nicht aber das aZs soZches zuerst Vorhandene, gemeint sein soZZte. - Die vierte Behauptung behandeZt die Deutung (B) von (2.) nach 3.28 a E. 1. Die mit sinnlich wahrnehmbarer Quantität gezeichnete Materie darf in Hinsicht auf uns insofern "Individuationsprinzip" heißen, als wir vermittelst ihrer die Verschiedenheit körperlicher Individuen zur Kenntnis nehmen (vgl. 6.17 b 2). 2. In diesem Sinn müssen einige Themas-Stellen über das Individuationsprinzip der Körper gedeutet werden. 3. Die gezeichnete Materie ist für uns ein Zeichen, durch das wir a posteriori die Verschiedenheit der Körper erkennen. 4. Doch ist sie nicht die Ursache, durch die die Körper in sich verschieden werden, weil ein Akzidens nicht die Ursache einer Substanz sein kann.
Ein argumentum a posteriori (argumentum quia) ist ein Argument, bei dem man von der Wirkung auf die Ursache schZießt. Im vorZiegenden FaZZ ist die sinnZich wahrnehmbare Quantität eine Auswirkung (und insofern ein Zeichen) der Individuation, die uns den RackschZuß auf die Individuation und ihr Prinzip erZaubt. - Ein argumentum a priori (argumentum propter quid) ist demgegenaber ein Argument, das bei der Ursache, nicht bei der Wirkung ansetzt und von jener auf diese schZießt. DieseZbe Bedeutung haben die späten Terme noch bei Hume. 3.33 b Diese Behauptung hat Themas selber intendiert 1. Themas von Aquino sagt einerseits, daß die Substanzen durch sich selbst und ihnen eigentümliche Prinzipien, die Akzidentien aber durch die Substanzen individuell werden.
Die Behauptung, daß Akzidentien durch ihre Substanzen individuiert werden, wird später aberprUft(Siebter Abschnitt). Mit der Behauptung, daß Substanzen durch sich seZbst individueZZ werden, ist jedenfaZZs die Behauptung, daß sie vermitteZst der Akzidentien individueZZ werden, nicht vereinbar. Da kein AnZaß
3.33 b 2
185
zu der Annahme besteht, daß Thomas von Aquino Unsinn reden woZZte, unterstelZt man zweakmäßigerweise, daß er bei den beiden genannten Behauptungen über versahiedene SaahverhaZte hat reden woZZen. 2. Deshalb muß man Äußerungen von Themas, die plötzlich das Gegenteil zu behaupten scheinen, entweder in Hinsicht auf unsere Art zu erkennen oder in Hinsicht auf die Tatsache auslegen, daß Akzidentien der Anlaß (aber nicht die Ursache) der Hervorbringung dieses bestimmten Individuums sind (vgl. 3.31 und 3.32).
3.33 c Erläuterung zu 3.33 a 1 1. Es heißt nicht ohne Grund in 3.33 a 1 "die mit sinnlich wahrnehmbarer Quantität gezeichnete Materie", weil die Materie der Zeichenfunktion und des Anlaßgebens im Sinn von 3.33 a 3 eher aufgrund ihrer Quantität als aufgrund ihrer Qualitäten fähig ist. 2. Daß in dieser Hinsicht die Quantität gegenüber den Qualitäten das Primäre ist, sieht man schon daran, daß sie für uns ein Zeichen auch zur Unterscheidung numerisch verschiedener Qualitäten ist. 3. Z.B. können wir sehr ähnliche Bilder, d.h. sehr ähnliche Konfigurationen von Farbqualitäten, nur dadurch unterscheiden, daß wir ihre Tafeln oder Leinwände numerieren, die jeweils ein abgesetztes Quantum bilden. 3.33 d Anmerkung über unsere Unterscheidung von Quantitäten 1. Ebenfalls nur in Hinsicht auf unsere Erkenntnis ist der Lehrsatz auszulegen: "Die Quantitäten sind aufgrundihrer Örter individuell verschieden." 2. Wir können sie beim Wahrnehmen nur deshalb unterscheiden und abzählen, weil sie sich an verschiedenen Örtern befinden. 3. Ohne diese Interpretation trifft der Lehrsatz in (1.) nicht zu; in Wirklichkeit nehmen die Quantitäten nur deshalb verschiedene Örter ein, weil sie individuell verschieden sind. 4. Auch trifft der Lehrsatz in der Interpretation nach (2.) nur zu, weil die Quantität aufgrund ihrer Natur niemals zwei Körper an demselben Ort zuläßt, auch nie zwei Teile eines Körpers. 5. Das wissen wir, und wenn wir individuelle Körper unterscheiden, dann ziehen wir die Konsequenz daraus.
186
3.33 d 6
6. Ein besseres Kriterium zur Unterscheidung körperlicher Individuen hat Gott uns nicht gegeben.
HieP klingt noch einmal die BeschPanktheit unsePeP EPkenntnis und dep faute de mieux-ChaPakteP deP menschlichen EPkenntnisvePfahPen an (vgl. fPüheP 2.37 c - e). 3.34 a Würdigung der Dritten Auslegung des Ausdrucks "gezeichnete Materie"
Die UbePschPift weist daPauf hin, daß jetzt deP Teil des Abschnitts beginnt, deP dem CoPpus des klassischen APtikels entspPicht (vgl. ePste EPl. VoP 1.1 a). Ein Resurne deP schon ePfolgten WidePlegung deP gegnePischen APgumente ist nicht mehP VoPgesehen. Bezeichnend ist an diesem CoPpus, daß es fast nuP die DPitte Auslegung behandelt. Lediglich 3.34 f behandelt das Gesamtthema des Abschnitts, und zwaP in zwei Batzen, die allePdings ePschöpfend sind, weil sie das Dilemma maPkiePen, in dem die Thomisten sich nun befinden. Die wohlwollende Behandlung deP DPitten Auslegung vePbessePt ihPe Lage nicht, weil die DPitte Auslegung keinen BeitPag zum Thema bPingt. Die Bedeutungen von "wahPscheinlich", das die DPitte IntePpPetation hieP chaPaktePisiePt, sind vielfältig. UnteP Umständen wiPd duPch das WoPt nuP zum AusdPuck gebPacht, daß es AutoPitaten gibt, auf die sich eine These bePufen kann. Daß dieseP Minimalsinn hieP nicht im Spiel ist, zeigt "in sich", das inhaltliche Plausibilität anePkennt; wohl auch deP Hinweis daPauf, daß deP AutoP selbst auf eineP fPühePen Entwicklungsstufe die LehPe von deP gezeichneten MatePie in deP DPitten Auslegung VePtPeten hat. 1. Die Dritte Auslegung des Ausdrucks "gezeichnete Materie" (3.28-33) ist in sich wahrscheinlich, solange man von ihren Implikationen absieht. 2. Der Autor hat sie früher selbst vertreten. 3. Doch darf bezweifelt werden, daß sie eine befriedigende Erklärung der Ansichten von Aristoteles und Thomas erlaubt.
Nach 3.8 a 1 WaP es das Ziel deP UntePsuchung, aus Respekt VOP deP AutoPität in den XußePungen von Thomas und APistoteles zum IndividuationspPinzip deP KöPpeP einen vePtPetbaPen Sinn zu finden. Das EPgebnis deP UntePsuchung ist nun, daß APistoteles und Thomas übeP das hieP behandelte Thema übePhaupt nicht gespPochen haben. Das hat Konsequenzen füP die Einschätzung von SekundäPautoPen, die sich bei deP Be-
3.34 b 1
187
handZung des inneren Individuationsprinzips auf Äußerungen von AristoteZes und Thomas berufen, in denen von etwas v~ZZig anderem die Rede ist. 3.34 b Begründung für 3.34 a 3 1. Wenn die Dritte Auslegung richtig wäre, dann hätten Aristoteles und Thomas das Individuationsprinzip erstens nur fragmentarisch und zweitens äquivok behandelt. 2. Denn sie hätten sich statt auf das innere Individuationsprinzip nach 3.2 d nur auf ein Zeichen a posteriori zur Unterscheidung körperlicher Individuen (3.33 a 3) oder auf einen äußeren Anlaß der Hervorbringung bestimmter Individuen bezogen (3.31-32).
Bei "Individuationsprinzip" kann man gegebenenfaZZs an die IndividuaZdifferenz des Zweiten Absahnittes denken ("metaphysisahes Individuationsprinzip"), man hat jedoah zuerst an das innere physisahe Prinzip naah 3.2 d zu denken. Der Gedanke an ein außeres physisahes Individuationsprinzip (3.2 e) spieZt aZZenfaZZs eine NebenroZZe. Autoren, die siah aussahZießZiah mit einer Nebensaahe befassen, hatten vermutZiah gar niaht die Absiaht, von der Hauptsaahe zu spreahen. "Zeiahen" und "AnZaß" bezeiahnen Gegenstande aus dem Bereiah der causa per accidens, in den die AnZässe, Reize und Umstände geh~ren. Der SahuZeatz sagt von ihnen: "De causis per accidens non est scientia". Thomas und AristoteZes hätten demnaah, wenn die Dritte AusZegung des Ausdruaks "gezeiahnete Materie" riahtig wäre, ihre Aufgabe niaht darin gesehen, etwas wissensahaftZiah ReZevantes über das innere Individuationsprinzip zu sagen. Das meint der Text mit "reduzierte tJberZieferung des Individuationsprinzips". Sahwerer wiegt aber der Hinweis im foZgenden Satz, der einen Zogisahen FehZer rügt. 3. Später aber hätten sie plötzlich diesen Anlaß für eine echte Ursache gehalten und behauptet, daß es bei geistigen Substanzen mangels eines materiellen Individuationsprinzips überhaupt keine Individuen geben könne.
Der Satz "EntfaZZt die Ursaahe, so entfäZZt auah die Wirkung" ist unter den gegebenen Voraussetzungen niaht anwendbar. Ein AnZaß aZs causa per accidens ist von einer eahten Ursaahe aZs causa per se versahieden. AnZässe k~nnen weahseZn und entfaZZen, ohne daß die Ursaahe weahseZt und entfäZZt.
188
3.34 c
3.34 c Kritik an 3.31 1. Auch ist wenig glaubhaft, was in 3.31 b - e über die Determinierung des Agens behauptet wird. 2. Was dort als determinierend gilt, läuft letzten Endes auf die Zeit hinaus, die für so innerliche Wirkungen zu äußerlich ist. 3. Diesen Punkt will ich im folgenden Abschnitt behandeln.
Heutigen Lesern ist der Zusammenhang von "individuell" und "gesahiahtliah" unmittelbar plausibel. Die Zeit, die zur Zeit am ehesten als entsaheidender Faktor der Individuation verstanden würde, findet hier nur eine kurze und sehr beilaufige Behandlung. Etwas ausführliaher behandeln sie 9.2 a, 9.5 d- e und 9.6 b - a. - Wenn mit "folgender Absahnitt" der jetzige Vierte Absahnitt gemeint sein sollte, dann ware am ehesten an 4.6 zu denken. Doah meint suarez offenbar etwas anderes, vielleiaht den Absahnitt 9.5-6. Es handelt siah vermutliah um einen spater niaht mehr redigierten Verweis aus einem früheren Textzustand. 3.34 d Beurteilung von 3.33 1. Die These, die gezeichnete Materie sei ein signum a posteriori der Individuation für uns, stützt sich auf solche Thomas-Stellen, die bei einer anderen Interpretation den thomasischen Kontext seiner Konsistenz berauben müßten. 2. Aristoteles dagegen scheint das Individuationsprinzip im Sinne der heutigen Metaphysik nie zum Thema seiner Überlegungen gemacht zu haben, sondern lediglich im Rahmen der Physik einen Hinweis zu geben, woher es kommt, daß man in der sinnlichen Wahrnehmung individuelle Körper unterscheiden kann.
Die Reduzierung der Tragweite von Äußerungen der anerkannten Lehrer ist ein wiahtiges Verfahren bei der Neutralisierung widerstreitender Autoritaten in Systemen traditioneller Legitimitat: man zeigt, daß der Autor für Hypothesen in Anspruah genommen wird, an die er selbst niaht gedaaht hat und die ihm nur per aequivocationem zugesahrieben werden können. 3. Der Schluß auf die Nichtvervielfältigung bei Individuen geistiger Substanzarten aufgrund von deren Immaterialität kann nur dann als wahrscheinlich gelten, wenn damit gesagt sein soll, daß wir als er-
3.34 d 4
189
kennende Körperwesen für die Unterscheidung geistiger Individuen weniger gut ausgestattet sind als für die Unterscheidung körperlicher Individuen, denn es gibt keinen Sinn, mit dem wir Geister perzipieren können. 4. Einige Autoren dehnen dies auf die supralunarischen Körper aus. 3.34 e Anmerkung zu 278 a 25 - 28 1. In 278 a 25 - 28 will Aristoteles sagen, daß Gott die Welt aus von ihm vorgefundener Materie erschaffen hat; oder daß er sie aufgrund einer Notwendigkeit, unter der er steht, erschaffen hat; oder daß er nichts aus Nichts erschaffen kann.
Vber die G~eiahewigkeit der Materie: DM 2o, 1.17-2o; 25, 749 b - ?5o b. Vber Freiheit und Notwendigkeit bei Gott: DM 3o, 16.2o-56; 26, 189 b - 2o3 a. Vber die Ersahaffung aus Niahts: DM 2o, 5.11; 25, 782 a. 2. was von diesen Meinungen zu halten ist, das sage ich später. 3. Vorerst genügt es, daß nach der Meinung des Aristoteles materielle Substanzen allein aufgrund der Materie vervielfältigt werden können. 3.34 f Resurne des gesamten Dritten Abschnitts 1. Wenn die Dritte Auslegung des Ausdruckes "gezeichnete Materie" die richtige ist, dann steht es fest, daß die Thomisten das wirkliche Individuationsprinzip auch für die Körper nicht überliefert haben.
Daß die thomistisahe Behauptung über die Individuation der Enge~ außer in der Deutung von 3.34 d 3 niaht akzeptabe~ ist, wurde sahon im Zweiten Absahnitt gezeigt (2.21-3o). Daß die thomistisahe Behauptung zum Individuationsprinzip der KBrper mit dem Prob~em, das sie zu ~Bsen g~aubt, nur am Rande zu tun hat, ergäbe siah, wenn die Dritte Aus~egung des Ausdruaks "gezeiahnete Materie" zutreffend wäre. Denn sie gibt statt des gesuahten inneren Prinzips ein äußeres an, und sie informiert statt über eine wirk~iahe Ursaahe nur über eine causa per accidens. We~ahe ImpZikationen ein soZahes Verfeh~en des Themas hat, wird kZar, wenn man siah vergegenwärtigt, weZahe RoZ~e in diesem Stadium der Wissensahaft die Tradition zu spieZen hat. 2. Bei den beiden übrigen Interpretationen von "gezeichnete Materie" aber zeigt sich deutlich, daß
19o
3.34 f
2 E
die gezeichnete Materie in diesem Sinn das innere physische Individuationsprinzip nicht sein kann.
Das Ergebnis des Dritten Abschnitts ist der Nachweis, daß die Thomisten in einem Dilemma sind. Entweder hat ihre Autorit~t nicht zur Sache gesprochen, oder sie hat etwas Falsches zur Sache gesprochen. Beides ist gleichermaßen unangenehm. Das Resurne des Autors kann in zwei S~tzen ausgesprochen werden. Die Situation ist so unmißverst~ndlich, daß sie keines Kommentars bedarf.
GLiederung des Vierten Abschnitts A. DIE THESE 4.1 a b 4.2 a b
These: Die Form ist das Individuationsprinzip der KCJrper Erste Begründung für 4.1 a zweite Begründung für 4.1 a Beweis für 4.2 a 1 und 4.2 a 3
B. GEGENARGUMENT 4.3 a b c d 4.4 a b c d
4. 5 a b c
d 4.6 a b c d
4. 7
e f g
Gegenargument: Die Materie ist mindestens Mitprinzip bei der Individuation der KCJrper Durands Entgegnung auf 4.3 a: Die Materie wird erst durch die Form individueLL WiderLegung von Durands Entgegnung Fortführung von 4.3 c Neue Entgegnung auf 4.3 a Hinweis auf die Sprachgewohnheiten inbezug auf das Artprinzip aLs Bestätigung für 4.4 a Bestätigung für 4.4 a aus AristoteLes Hinweis auf Sprachgewohnheiten inbezug auf das Individuum aLs Bestätigung für 4.4 a Argument gegen die neue Entgegnung 4.4 a Erster Beweis für 4.5 a: Die Form hat erst einmaL seLber individueLL zu sein Zweiter Beweis für 4.5 a: Die Form ist auf die Materie hingeordnet Dritter Beweis für 4.5 a: ImmaterieLLe Formen werden nicht individuiert Argument der Erwiderunq auf 4.5 Anwendung auf 4.5 a Erste Entgegnung auf 4.6 b: Die Determinierung erfoLgt durch Gott Zweite Entgegnung auf 4.6 b: Die Determinierung erfoLgt durch die Quantität Beweis für 4.6 d 2 Beweis für 4.6 d 3 Ergebnis der ErCJrterung von 4.5 Resume
Vierter Abschnitt
IST DIE SUBSTANTIELLE FORM DAS INDIVIDUATIONSPRINZIP DER KöRPER? Die körper~iche Substanz besteht aus der Materie, der substantie~~en Form und dem Modus der Vereinigung beider. Daß von diesen die Materie das physische Individuationsprinzip der Körper nach 3.2 d cei, war die inzwischen wider~egte thomistische Behauptung des Dritten Abschnitts. In dem kurzen Vierten Abschnitt wird die Gegenthese behande~t. daß die substantie~~e Form das physische Individuationsprinzip der Körper sei (die Behauptung, daß der Modus der Vereinigung beider a~~ein das physische Individuationsprinzip der Körper sei, tritt nicht auf, vg~. 6.16 a - b). Danach wird die Behand~ung mög~icher Individuationsprinzipien a~~ein für Körper abgesch~ossen. - Der Aufbau des Vierten Abschnitts entspricht nicht dem des k~assischen Artike~s und ist sehr einfach. 4.1-2 bringen Argumente für die These, 4.3-6 behande~n Argumente gegen die These, und 4.7 spricht eine Entscheidung der Frage aus, die der These stark entgegenkommt.
A. Die These 4.1 a Wie lautet die These? 1. Das innere Individuationsprinzip der Körper nach 3.2 d ist die substantielle Form. 2. Diese Meinung findet sich (bedingt) bei Durandus, ferner bei Averroes, Avicenna, Zirnara und Bischof Sebastian. 4.1 b Erste Begründung für 4.1 a 1. Aus 2 De Anima, Kapitel 1, kann man entnehmen, daß Prinzip der Individuation von Körpern sein muß, was (A) die Substanz innerlich konstituiert und (B) der Substanz am meisten eigentümlich ist. 2. Aufgrund von (A) muß es substantiell sein, denn Akzidentelles kann weder die Substanz in genere konstituieren noch diese Substanz zu diesem Individuum konkretisieren. 3. Aufgrund von (B) kann es nicht die Materie sein, denn die Materie ist dem Körperindividuum schon deshalb nicht am meisten eigentümlich, weil dieselbe
4.1 b 4
193
Materie zu verschiedenen Zeiten unter verschiedenen Formen stehen kann. 4. Die substantielle Form dagegen erfüllt die Bedingungen (A) wie (B) . 4.2 a Zweite Begründung für 4.1 a 1. Das Prinzip der Einheit ist dasselbe wie das Prinzip der Entität. 2. Das Prinzip der Entität ist aber die Form. 3. Daher ist die Form zugleich das Prinzip der individuellen Einheit.
Zu "Entität"
s. 6.1 a E.
(1.) ist wegen des Axioms
"Ens et unum convertuntur" triviaZ: dasselbe kann
niaht zugleiah und in derselben Hinsiaht versahiedene Prinzipien haben. Dagegen ist (2.) interpretationsbedürftig, obgleiah der Autor letzten Endes zustimmt (4.7 und 6.16 a). Bezeiahnenderweise wird der triviale Satz begründet, der interpretationsbedürftige aber niaht. 4.2 b Beweis für 4.2 a 1 und 4.2 a 3 1. Das Einssein von etwas ist eine unmittelbare Folge seines Seins oder seiner Entität. 2. Denn die Identität begründende Negation nach 1.2 d ist keine positive Bestimmung. 3. Daher muß dem Einssein von X dasselbe positive Prinzip entsprechen wie der Entität von X.
B. Gegenargument 4.3 a Wie lautet das Gegenargument? 1. In 4.1 und 2 wird zwar gezeigt, daß die Form bei der Entstehung der Individualität eine Rolle spielt, aber nicht, daß sie die einzige Rolle spielt. 2. Denn die Materie gehört wie die Form zu den inneren Ursachen des Körpers (vgl. 3.2 e E), genügt also der Bedingung (A) nach 4.1 b 1. 3. Daher muß sie Prinzip der Individuation sein, zumindest Mitprinzip neben der Form.
Das Gegenargument bringt im Grunde die These des Dritten Absahnittes, die bereits widerlegt worden ist. Inzwisahen maaht freiliah der Thomist die Konzession, die Mögliahkeit eines weiteren Individua-
194
4.3 b 1
tionsprinzips zuzugeben. Dadurah wird eine erneute Erörterung seiner These mögliah. 4.3 b Durands Entgegnung auf 4.3 a 1. Die Form macht nicht nur das aus Materie und Form Zusammengesetzte individuell, sondern auch die Materie selbst. 2. Denn sie gibt nicht nur dem Zusammengesetzten, sondern auch der Materie selbst das Sein. 3. Nur weil sie mit numerisch dieser Form verbunden ist, ist diese Materie numerisch dieselbe. 4.3 c Widerlegung von Durands Entgegnung 1. Durands Entgegnung ist falsch, denn die Materie behält auch beim Wechsel der Formen ihre numerische Identität, sonst entstünde das Entstehende nicht aus dem Vergehenden.
Wenn unter der Feuerform niaht dieselbe Materie stände, die vorher unter der Holzform stand, dann wäre dieses Feuer niaht aus diesem Holz entstanden. Die Frage, ob die erste Materie niahtindividuell ist oder ob sie bereits Individualität besitzt, behandelt Suarez in DM 13, 5.1-13; 25, 414 b - 418 a, wo gegen die Meinung, die erste Materie sei im striktesten Sinne reine Potenz, die These vorgetragen wird, daß sie ein actus entitativus ist (ebd. 5.?; 415 b - 416 a). Dadurah ist über ihre Individualität sahon mitentsahieden. - "Subiectum" bezeiahnet hier wieder das, was die Form aufnimmt (vgl. 3.4
b 1 E).
2. Auch kann ein Individuum A, das ungleich einem Individuum B ist, nicht zu B werden bzw. mit B zu einem neuen Individuum verschmelzen; ferner kann A nicht zu einem von ihm verschiedenen Individuum C werden.
Besäße die Materie unter der Form A, die von der Materie unter der Form B versahieden ist, ihre Individualität nur dank der Form A, dann würde sie, sobald sie unter die Form B geriete, zu etwas, von dem sie vorher numerisah versahieden war. Wenn sie unter die Form C geriete, dann würde sie ebenfalls zu etwas, von dem sie vorher numerisah versahieden war. Ein solaher Saahverhalt saheint das Widerspruahsprinzip zu tangieren, doah kann man entgegnen, daß die erste Materie, sofern sie reine Potenz ist, niaht in-
4.3 c 3
195
dividue~~ und fo~g~iah auah niaht numerisah verschieden ist. Die Schwierigkeit tritt frei~iah gar niaht erst auf, wenn man unterste~~t. daß eine Portion Materie stets ihre eigene Identitat beha~t. A~s Ezempe~ fUr den oben. unterste~~ten Casus pf~egt das B~ut der Mutter zu dienen, das zunaahst unter der Form der Mutter steht, danaah aber unter die Form der Leibesfrucht gerat (vgL 6. 7 b 1 E und 6. 7 b 3 E). ferner (wie hier) die Materie von Speise, die naah dem Verzehr unter die Form des Essenden gerat.
3. Ergo wird die Materie, die unter der Form eines von Peter verspeisten Brotes stand, nicht dadurch zu einer numerisch anderen, daß Peters Leib sie aufnimmt und unter die Form oder Seele Peters bringt. 4. wenn umgekehrt zum Zeitpunkt t' die Materie M' den Leib Peters und die Materie M'' den Leib Pauls bildete, zum Zeitpunkt t ' ' jedoch M'' den Leib Paters und M' den Leib Pauls, so würde dennoch M'/t' nicht identisch mit M' ' / t ' '.
Der angenommene Saahverha~t könnte aufgrund eines fiktiven einma~igen Materietausahes, aufgrund eines a~~mah~iahen Materietausches info~ge p~anvo~~er Ernahrung oder aufgrund der Auferstehung des F~eisahes tatsaah~iah werden. 4.3 d Fortführung von 4.3 c 1. Schließlich: Wenn eine Materie M' unter einer Form F' vernichtet würde und wenn danach F' mit einer Materie M'' vereinigt würde, dann müßte nach Durandus M'' mit M' identisch sein.
Das ist fa~sah, denn der G~aube ~ehrt, daß Gott die Maaht hat, Materien naah Be~ieben zu vernichten. Wenn ihm naah der Vernichtung von M' immer wieder eine durah M''• M''' usw. entstandeneM' entgegentrate, dann hatte er diese Maaht niaht, und der G~au be ware wider~egt. Der angedeutete Saahverha~t wird naah tridentinischer Lehre u.a. im Zusammenhang mit der Transsubstantiation tatsaah~iah (Vernichtung der Materie von Brot und Wein). 2. Dieses Argument funktioniert freilich nur, wenn bei "Vereinigung" strikt an das unum per se (s. 1.3 c und 2.5 d 3 E), aber nicht an die weniger strenge Bedeutu~g von "Einheit" gedacht wird, die in der gewöhnlichen Sprache zugelassen ist und aufgrund derer man auch etwas ständig Fließendes und sich nur allmählich Veränderndes "eines" nennen darf.
196
4.3 d 3
3. Legt man diesen weniger strengen Einheitsbegriff zugrunde, dann ist es zulässig zu sagen, daß die Einheit von Materie und Form sogar nach einem Wechsel der Form erhalten bleibt, wie man am Beispiel des Flusses, des Baumes oder des Tieres sieht.
Wechsel der Materie: Der Neckar besteht aus immer neuer Materie, aus immer anderem Wasser; er bleibt aber trotzdem secundum apparentiam, d.h. für die Benutzer der gewöhnlichen Sprache, in seiner Einheit erhalten: "das Neckarwasser". Dieses Wasser fließt in den Rhein, man darf aber in der gewöhnlichen Sprache "das Rheinwasser" sagen, ohne das frühere Neckarwasser zu unterscheiden. Ein Baum wechselt wie ein Tier allmählich seine Materie und hat schließlich eine ganz andere, aber nach den Regeln der gewöhnlichen Sprache darf man sagen: "die Materie des Baums" und "die Materie des Tiers". - Wechsel der Form: Auf einer bestimmten Stufe der Organisation bekommt der Fetus nach der bloß vegetativen eine sensitive Seele, er unterliegt also einem Wechsel der Form. In der gewöhnlichen Sprache aber darf man weiter so sprechen, als wäre er eben derselbe geblieben. Entsprechendes gilt für den Baum bei seiner Entwicklung vom Samen an. Ob das Argument in 4.3 d 1 hier verwendbar ist, hängt davon ab, ob sein Vertreter die gewöhnliche oder eine strengere Sprache benutzt; man hat ihn gegebenenfalls daraufhin zu befragen. - Hier erscheint ein neuer Aspekt der suarischen Sprachkritik: während das Argument in 2.15 a die Repräsentationsfunktion der Sprache bei Konkretem und Abstraktem betraf, geht es nunmehr darum, daß es je nach Bedarf verschiedene Grade der Genauigkeit sprachlicher Repräsentation geben kann und daß gegebenenfalls über die Angemessenheit einer Aussage erst entschieden werden darf, wenn festgestellt ist, welcher Grad sprachlicher Genauigkeit im gegebenen Fall erforderlich oder intendiert ist. Doch stehen beide Arten von Sprachkritik in enger Beziehung. Das Verwechseln einer Abstraktion mit einer Realität wird durch das Abstraktionsvermögen ermöglicht, aber das hier zur Rede stehende formaliter loqui (2.? b E, 4.? E), bei dem man sich auf das jeweils für entscheidend Gehaltene konzentriert, wird durch dasselbe Abstraktionsvermögen ermöglicht, sofern es nach Belieben von allen Faktoren außer einem einzigen absehen kann.
4.4 a
197
4.4 a Neue Entgegnung auf 4.3 a 1. zwar sind Materie und Form, wie 4.3 a 2 behauptet, adäquate innere Ursachen der Entität und damit der Individualität von Körpern. 2. Doch spielt die Form die maßgebliche Rolle. 3. Deshalb darf man speziell sie als "Individuationsprinzip" bezeichnen.
HieP ~iPd im GPunde sahon die These des Seahsten Absahnitts vePtPeten. daß die Entität das PPinzip deP Individuation naah 3.2 d ist. ZuP Saahe vg~. 6.15 a 2 und 6.16 a. 4.4 b Hinweis auf die Sprachgewohnheiten beim Artprinzip als Bestätigung für 4.4 a 1. Die Materie ist zwar für das Artwesen der körperlichen Arten und für das Gattungswesen der körperlichen Genera unentbehrlich. 2. Dennoch darf man, wenn man allein den entscheidenden Punkt hervorheben will, von ihr abstrahieren und sagen, daß das Artwesen von der Form herrührt, denn erst sie macht das Entstehende fertig,und sie bedarf der Materie nur, um dies tun zu können, weil jedes Aktuieren einer Potenz bedarf, d.h. eines noch Aktuierbaren und Indifferenten. 3. Entsprechend darf man bei der Individuation von der Materie abstrahieren und die Form als "Individuationsprinzip" bezeichnen, weil erst sie das Individuum fertigstellt, obgleich sie dazu auch der Materie als des Potentiellen und Indifferenten bedarf.
Zu "den entsaheidenden Punkt hePVoPheben" in (2.) s. 4.7 E. EP~. VOP 5.9 a und 6.17 f. 4.4 c Bestätigung für 4.4 a aus Aristoteles 1. Ferner begründet nach Aristoteles (412 a, b mit 191 a 7 - 12) das, was ein Ding konstituiert, auch seine Verschiedenheit von allen anderen Dingen. 2. Das aber tut die Form, denn der Akt macht verschieden ( 1o39 a 7 J • 3. Daher bringt auch die Form die Individualität allererst zustande. 4.4 d Hinweis auf Sprachgewohnheiten beim Individuum als Bestätigung für 4.4 a 1. Die Ubung, allein das Entscheidende hervorzu-
198
4.4 d 2
heben, findet man auch in der gewöhnlichen Sprache. 2. Würde beispielsweise Peters Seele mit einem Leib aus anderer Materie als der seines früheren Leibes verbunden, so hieße nach den Regeln der gewöhnlichen Sprache ("des einfachen Redens") das neue Zusammengesetzte trotz des Wechsels der Materie aufgrund der Identität seiner Seele genau wie früher ''Peter".
3. Würde jedoch mit einem Leib aus bestimmter Materie eine andere Seele als vorher vereinigt, dann hätte man auch nach den Regeln der gewöhnlichen Sprache ("des einfachen Redens") zu sagen, daß ein neues Individuum entstanden ist. 4. Das ist ein Indiz dafür, daß die Individuation von der Form herrührt.
Der Absatz maaht klar, daß die durandisahe These über das Individuationsprinzip, die später Desaartes in seiner Euaharistielehre reproduziert, dem Individuationsprinzip der gewöhnliahen Spraahe entspriaht. Widersprüahe entstehen niaht, solange man angibt, zu welaher Spraahe eine Aussage gehören soll. 4.3 a- d enthalten (wie später 6.16 a) Aussagen einer strengeren Spraahe, die die Rolle der Komponenten im substantiellen Kompositum exakter besahreiben. Aussagen der gewöhnliahen Spraahe über Komposita jedoah unterliegen anderen Regeln und sind daher auah anders zu beurteilen als Aussagen strengerer Spraahen. 4.5 a Argument gegen die neue Entgegnung 4.4 a
l.Die Form gibt zwar das Artsein, kann aber die Individualität nur geben, wenn sie selbst schon individuell ist. 2. Daher ist nicht die Form, sondern das, was die Form individuell macht, das wirkliche Individuationsprinzip der Körper. 3. Nun wird die Form von der Materie individuiert, ergo ist die Materie das Individuationsprinzip der Körper.
(1.) und (2.) sind trivial, (3.) ist umstritten. Bei seiner Begründung treten Argumente auf, die bereits im Dritten Absahnitt widerlegt worden sind. Daher geht die Entgegnung in 4.6 niaht detailliert auf sie ein, sondern begnügt siah damit, ihre Ambivalenz aufzuzeigen. Die folgenden Beweise erstreaken siah eher auf 4.5 a insgesamt als (wie der Text erklärt) allein auf 4.5 a 1.
4.5 b
199
4.5 b Erster Beweis für 4.5 a: Die Form hat erst einmal selbst individuell zu werden 1. Die Form wird nicht von selbst individuell. 2. Sonst würde jede Entität von selbst individuell, und man brauchte nicht nach einem anderen Individuationsprinzip zu suchen. 3. Folglich wird die Form durch die Materie individuell, denn kein anderes Individuationsprinzip ist für sie denkbar.
Der Autor wird im Seahsten Absahnitt eben dies behaupten: Jede Form wird von seZbst individueZZ, und deshaZb brauaht man niaht naah einem anderen Individuationsprinzip zu suahen. Der Leser weiß das und ist insofern informiert, was er von dem "foZgZiah" am Anfang von (3.) zu halten hat. 4.5 c Zweiter Beweis für 4.5 a: Die Form ist auf die Materie hingeordnet 1. Die Form ist in ihrem ganzen Sein der Materie zugeordnet. 2. Daher ist sie auch bei ihrer Individuation der Materie zugeordnet. 3. Folglich ist die Materie das Individuationsprinzip der Form und damit auch des Zusammengesetzten aus Materie und Form.
Das Argument gibt in etwa den Saahverhalt wieder, der in 3.18, v.a. naah der letzten Version, zur Spraahe kam. Zum Charakter der Zuordnung der Form zur Materie s. 2.29 b. 4.5 d Dritter Beweis für 4.5 a: Immaterielle Formen werden nicht individuiert 1. Formen werden individuell, sofern sie in verschiedene Materien aufgenommen werden; das sieht man daran, daß die Formen der Engel, die nicht in Materie aufgenommen werden, auch keine Individuierung erfahren. 2. Mithin werden Formen durch ihre Zuordnung zur Materie individuiert, und ihre Individuation geht letztlich auf die Materie zurück. 3. Folglich wird eine Form dadurch individuell, daß sie in eine bestimmte Materie aufgenommen wird.
Diese Behauptung wurde zuletzt in 3.34 b kritisiert; sie beruht auf einer Vermisahung der Regeln, die fur
2oo
4.6 a 1
causae per accidens gelten, mit Regeln, die nur auf causae per se anwendbar sind. 4.6 a Erwiderung auf 4.5. Das Argument 1. 4.5 enthält die Hauptargumente für die im Dritten Abschnitt behandelte Meinung, daß die gezeichnete Materie das Individuationsprinzip der Körper ist. 2. Aber diese Argumente sprechen eher für die Meinung, daß die substantielle Form das Individuationsprinzip der Körper ist. 3. Denn sie können beinahe alle umgedreht und gegen die Materie verwendet werden. 4.6 b Anwendung auf 4.5 a 1. Gewiß ist die Form das Individuationsprinzip des Zusammengesetzten nicht, sofern sie spezifisch ist, sondern nur, sofern sie selbst individuell ist. 2. Aber Entsprechendes gilt ebenso für die Materie: auch sie kann nur individuieren, sofern sie selbst individuell ist. 3. Soll man nun weiter fragen, wodurch die Materie individuell wird?
Wenn man naah den Regeln der gewöhnZiehen Sprache reden wiZZ, dann braucht man in der Tat niaht weiter zu fragen (vgZ. 4.3 d E und 6.4 d E). Sie nimmt die Individualität der Konstituentien des Zusammengesetzten als soZahe hin und kummert sich nur um die Individuation des Kompositums. Gewiß ist es unsachgemäß, an die gewöhnZiehe Spraahe Anforderungen zu stelZen, die man nur an eine strengere Sprache stelZen kann. Es ist unsachgemäß, von der gewöhnZiehen Spraahe zu verlangen, daß sie sieh auch um die Individuation der Konstituentien des Kompositums kummert. Darauf verweist die rhetorische Frage in 4.6 b 3. Eine Uberforderung der gewöhnZiehen Spraahen ist für Vertreter extremer Thesen (wie der, daß die Materie oder die Form aZZein das Individuationsprinzip des Kompositums ist) gefährZiah. Denn sie heben gleichermaßen nur das in einer partiellen Hinsicht Entscheidende hervor und beaahten die ubrigen Aspekte nicht. Beide könnten sehr Zeiaht als Aussagen der gewöhnZiehen Spraahe vertreten werden, sind aber als Aussagen einer sehr strengen Spraahe niaht haltbar, ohne daß ihr pointierender Charakter deklariert wird (4. ? e). Deshalb empfiehlt es sieh fur Thomisten wie fur ihre unmittelbaren Gegenredner, gar nicht erst
4.6 c 1
2o1
den Gedanken heraufzubeschwören, daß man viel genauer sprechen kann, als sie es gewöhnlich tun. Daran erinnern den Opponenten (2.) und (3.). 4.6 c Erste Entgegnung auf 4.6 b: Die Determinierung erfolgt durch Gott 1. Darauf erwidern einige, die Materie werde individuell, weil Gott lieber diese als jene erschaffen wollte.
Das Argument ist ungeschickt, denn erstens ist die Einschränkung der göttlichen Determinierung auf die Materie ganz willkürlich, wie (3.) mit Recht bemerkt, zweitens nennt es auf die Frage nach dem Individuationsprinzip nicht ein inneres physisches Konstituens, sondern ein äußeres Agens. Dies ist nach der Vorklärung in 3.2 nicht mehr zulässig, wie der Autor zweimal versichert. 2. Aber das ist im Augenblick nicht von Belang, denn es geht hier nicht um ein äußeres Prinzip der Individuation, sondern um das innere Prinzip nach 3.2 d (vgl. 3.3o a 1). 3. Konsequenterweise müßten Thomisten, die 4.5 vertreten, auch konzedieren, daß Seelen und Formen nicht aufgrund der Materie, sondern nur deshalb individuell sind, weil Gott lieber diese als jene hervorbringen wollte. 4. Wie der Autor im folgenden Abschnitt zeigen wird, ist diese These sehr wahrscheinlich, aber sie gehört nicht hierher.
Die Seele ist eine unmittelbare Hervorbringung Gottes, daher ist bei ihr der göttliche Wille tatsächlich der unmittelbare Grund des Individuellseins, wie 3.31 e 1 erklärt. -Worauf sich "sectione sequenti" beziehen soll, muß anhand der Textgeschichte entschieden werden. Um einen Hinweis auf den Fünften Abschnitt handelt es sich schwerlich. Am ehesten könnte an 9.7 und 9.8-1o gedacht sein, doch geht es dort nicht um die individuelle Determinierung von Substanzen, sondern von Akzidentien. 4.6 d zweite Entgegnung auf 4.6 b: Die Determinierung erfolgt durch die Quantität 1. Andere erwidern, die Materie werde individuell aufgrund ihrer individuellen Quantität. 2. Diese Behauptung ist erstens falsch (4.6 e).
2o2
4.6 d 3
3. Sie behebt zweitens nicht die gegenwärtige Schwierigkeit (vgl. 4.6 f). 4.6 e Beweis für 4.6 d 2 1. Daß 4.6 d 1 falsch ist, wurde in Hinsicht auf das innere Individuationsprinzip bei der Ersten und zweiten Interpretation (3.9-17 und 3.18-27) sowie in Hinsicht auf das äußere Individuationsprinzip nach 3.2 e bei der Dritten Interpretation (3.31, kritisiert in 3.34 c) gezeigt; auch folgt es aus dem wiederholt genannten Axiom, daß etwas Substanzartiges nicht durch etwas Akzidentelles determiniert werden kann (zuerst 2.5 d 3, zuletzt 4.1 b 2). 2. Denn die individuelle Materie ist als Teilsubstanz etwas Substanzartiges ( 11per se"), das die Species Materie in der Weise einer Substanz konkretisiert (dazu DM 13, 3 - 5; 25, 4o2 a - 42o a) . 3. Es gibt nicht einmal einen realen Unterschied zwischen den realen Korrelaten von "die Materie" und "diese Materie", wie oben grundsätzlich gezeigt worden ist.
Die These begründet 2.9-15; dort bezieht sie sieh freilieh nicht auf das Individuum. sondern auf die Individualdifferenz. Aber das ist hier unwichtig. denn Artnatur und Individualdifferenz haben dasselbe reale Korrelat. nämlich das Individuum (vgl. 2.16 e und Erl. vor 2.31 a). 4. Folglich kann das innere physische Individuationsprinzip der Materie weder die Quantität noch die Zuordnung zur Quantität sein (vgl. Erste und Zweite Interpretation von "gezeichnete Materie", 3. 9-17 und 3.18-27), zumal da die Quantität sich eher nach der Materie zu richten hat als die Materie nach der Quantität. 4.6 f Beweis für 4.6 d 3 1. 4.6 d 1 behebt die Schwierigkeit nicht, denn weil auch die Quantität nicht schon aufgrund ihrer Artbestimmtheit individuell ist, bedarf sie ihrerseits eines Individuationsprinzips.
Hier wird das Argument von 4.5 b noch einmal (wie schon in 4.6 b) gegen den Opponens gekehrt. 2. Nun darf man bei der Suche nach dem Individuationsprinzip weder einen airaulus vitiosus noch einen progressus in infinitum erzeugen, sondern man
4.6 f
3
2o3
muß zu etwas gelangen, das von selbst individuell ist. 3. Dieses dürfte im Falle von Form und Materie eher substantiell als akzidentell sein, denn Substantielles ist früher und unbedürftiger als Akzidentelles. 4. Sollten jedoch, wie 4.5 c insinuiert, tatsächlich zwei unterschiedliche Prinzipien, die zu verschiedenen Ursacheklassen gehören (Materialursache und Formalursache), die Individualität durch ihre Beziehung aufeinander empfangen, so kämen eher die Relate Materie-Form als die Relate Materie-Akzidens bzw. Form-Akzidens in Frage (vgl. 3.2o b 3, 3.27 b 2, 3.27 c 2 und 3.32 c 3 E). 4.6 g Ergebnis der Erörterung von 4.5 1. Die in 4.5 b - c vertretenen Argumente treffen die Materie genau so wie die Form, so daß sie die Entscheidung für das eine oder andre Prinzip nicht erleichtern. 2. Man hat daher nach einem Kriterium zu suchen, an dem man wissenschaftliche Aussagen über das Individuationsprinzip orientiert, in welchen nur das Entscheidende hervorgehoben werden soll (vgl. 4.4 b, d). 3. Nun hat die Materie dies vor der Form voraus, daß sie der äußere Anlaß zur Hervorbringung individueller Formen ist (vgl. 3.32). 4. Die Form hat aber vor der Materie dies voraus, daß sie bei der Konstituierung des Individuums die maßgebliche Rolle spielt und daß sich eher die Materie nach ihr zu richten hat als umgekehrt (vgl. 4.4 a - d). 5. Wenn man bei einer Weise des Sprechens, die nur den entscheidenden Punkt hervorheben soll, für das Individuationsprinzip der Körper Materie und Form zur Auswahl hat und keine speziellen Erfordernisse etwas anderes verlangen (vgl. 4.17 b 3), dann hat man sich beim wissenschaftlichen Reden am ehesten für die Form zu entscheiden (s. ausführlicher 5.17 a - e). 4.7 Resurne
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1. 4.1 a hat ein akzeptables Maß von Wahrscheinlichkeit, wenn es die hier gegebene Auslegung erfährt, und kommt unter dieser Bedingung der Wahrheit am nächsten. 2. zwar kann, schlechthin "simpZiaiter") gesprochen, die Form allein das hinreichende Prinzip der Individuation des ganzen Körpers nicht sein, der ja außer-
2o4
4.7 3
dem aus Materie besteht, doch ist sie maßgeblicher als die konkurrierenden Prinzipien. 3. Deshalb kann man sie, wenn man sich auf die entscheidende ("formale") Komponente des Kompositums konzentrieren will und C seine Muttez> ist). Wez> Fz>eund von A ist, kann außez>dem Fz>eund von B sein. Wenn abez> E eine Sch8pfung Gottes ist, dann kann es nicht zugleich und in dez>selben Hinsicht eine Sch8pfung von F sein. Weil Gott dez> einzige m8gliche Sch8pfez> ist, ist duz>ch die Ez>schaffung von E die Kapazität zu Gesch8pfz>elationen in E ez>sch8pft. 4. Allerdings ist die Behauptung über die relativen Akzidentien in 8.11 e 1 nicht ganz so unzulässig verallgemeinert wie die dortige Behauptung über die absoluten Akzidentien, wie aus 8.13 c hervorgeht. 8. 14 b Fonsecas Interpretation von 8.11 a
1. Fonseca erklärt unter Hinweis auf die Aristoteles-Stelle in 8.5 a, bei solchen Akzidentien, die unmittelbar durch Bewegung oder im Zusammenhang mit Bewegung natürlich entstehen, sei eine nur numerische Vervielfältigunq in demselben Subjekt nicht möglich. 2. Bei solchen Akzidentien aber, die weder intensivierbar noch abschwächbar sind, könne es lediglich numerische Vervielfältigunq in demselben Subjekte geben, gleichgültig, ob sie in der in (1.) genannten Weise oder anders entstehen. 3. (1.) soll also nur für intensivierbare bzw. abschwächbare Akzidentien gelten und ist insofern nicht generell wahr.
"Unmittelbaz> duz>ch Bewegung odez> im Zusammenhang mit Bewegung" ist eine gz>oßzagige Intez>pz>etation von (A) in 8.11 a 1. Abez> auch diese extensive Intez>pz>etation duz>ch Fonseca kann nicht dazu fUhz>en, daß 8.11 a 2, 3 genez>ell wahz> sind, weil ein Agens sich sein Passum untez> allen Umständen ähnlich zu machen hat (vgl. 8.1o b 1). Kann das Agens sich das Passum duz>ch eine nuz> gz>aduelle Vez>ändez>ung (Intensiviez>ung) ähnlich machen, so daz>f es sich damit zufz>ieden geben. Kann es sich das Passum nuz> duz>ch eine qualitative Vez>ändez>ung ähnlich machen, weil keine M8glichkeit zuz> Intensiviez>ung besteht, so hat es sich wohl odez> abel auf numez>ische Vez>vielfältigung einzulassen.
326
8.14 c 1
8.14 c Vorläufige Stellungnahme zu Fonsecas Unterscheidung nach 8.14 b 1. Selbst bei so großzügiger Interpretation ist 8.11 a nicht zu retten. 2. Beispielsweise können intentionale Species abgeschwächt bzw. intensiviert und dennoch in demselben Subjekt numerisch vervielfältigt werden (vgl. 8.13c1E). 3. Auch sind wahrscheinlich Töne intensivierbar und abschwächbar, obgleich sie möglicherweise in demselben Subjekt numerisch vervielfältigt werden können, wie Fonseca zugibt.
Suarez erwahnt allerdings niaht ausdrüakliah, daß Fonseaa die Intensivierbarkeit von T8nen bestreitet (vgl. 8.15 b 4 E). Deshalb ist für ihn das Argument in (3.) niaht eben gravierend. 4. Fonsecas anschließende Behauptung eben dort, auch Gott mit seiner absoluten Macht könne nicht solche Akzidentien als in demselben Subjekt nur numerisch verschiedene erschaffen, die aufgrund ihrer Natur zu einem einzigen intensivierbaren zusammenwachsen, ist nicht besonders glaubhaft, wie bald ausführlicher erklärt wird (s. 8.24 a).
Das Argument, daß intentionale Speaies numerisah vervielfaltigt werden k8nnen, ersahien in 8.13 a 1. Daß aber intentionale Speaies intensivierbar und absahwachbar sind, geht daraus hervor, daß Peter siah naah einigen Jahren u.U. nur noah dunkel an Paul erinnern kann, obgleiah er ihn jetzt reaht gut kennt, Ergo ist 8.14 b 1 falsah. Das Argument, daß TBne numerisah vervielfaltigt werden k8nnen, ersahien in 8.13 a 2 und wurde dort als nur wahrsaheinliah qualifiziert. "Wahrsahein liah" meint in sahu lphi losophisahen Texten bisweilen nur: "von einigen Autoren behauptet"; auah wird gelegentlich die eigene These nur als "wahrsaheinliah" bezeichnet, damit keine Notwendigkeit entsteht, die These einer Autoritat als "falsah" zu bezeichnen.
B. Lösung der Frage Mit 8.15 a beginnt gleiahsam das Corpus des Aahten Abschnitts. Darin lassen siah zwei Teile unterscheiden. Im ersten Teil (8.15 - 8.16 b) zeigt der Autor zunaahst, daß die Behauptung, nur numerisah verschiedene Akzidentien k8nnten niaht in demselben
8.15 a 1
327
Subjekt koexistiePen, bloß in besahPänktem Umfang zutPifft. Als Beispiele (8.15) WePden genannt: intentionale Speaies, Relationen, T8ne, Kontinuität und DaueP von VePändePungen, niahtkonnatuPale Potenzen. Danaah (8.16 a, b) WePden demgegenübeP Akzidentien genannt, die mit SiahePheit niaht in demselben Subjekt koexistiePen k8nnen: PPopPien, konnatuPale Potenzen, absolute Peale Qualitäten. - Im zweiten Teil vepsuaht SuaPez (8.16 a - 8.19 a), ein KPitePium anzugeben, anhand dessen man Akzidentien deP einen odeP deP andePen Klasse zuoPdnen kann. EP sahlägt als KPitePium die Ähnliahkeit odeP Unähnliahkeit von Akzidentien eineP Speaies naah Funktionen und Relationen VOP (8.16 a - 8.17 d) und begPündet das in Hinsieht auf die FinaluPsaahe, das Agens und die FassungskPaft des Subjektes (8.17 d - 8.19 a). 8.19 d, e gibt ein ZwisahenPesume, das siah auf den bishePigen Teil des Aahten Absahnittes bezieht. 8.15 a Erstens steht es bislang fest, daß die These von der Unfähigkeit nur numerisch verschiedener Akzidentien, in demselben Subjekt zu koexistieren, nur bedingt wahr ist 1. Bei der geschilderten Divergenz der Meinungen ist es schwer, mit Gründen eine einfache und akzeptable Regel anzugeben. 2. Doch stehen zwei Dinge außer Zweifel. 3. Erstens stimmt es nicht, daß nur numerisch verschiedene Akzidentien überhaupt nicht in demselben Subjekt koexistieren können.
Dies wiPd in 8.15 b - e bewiesen. Die zweite Tatsaahe, die außep Zweifel steht, nennt 8.16 a. 8.15 b Erster Beweis für 8.15 a 1. Am einfachsten kann man dies am Beispiel der intentionalen Species und der Relationen beweisen sofern die Relationen tatsächlich eine selbständige Klasse neben den absoluten Akzidentien bilden.
Das Beispiel deP intentionalen Speaies wuPde häufig bemüht, das deP Relationen ePsahien in 8.13 d und 8.14 a. Weshalb es fPagliah ist, daß Relationen eine selbständige Klasse neben den absoluten Akzidentien bilden, zeigt die VbePlegung, daß alle absoluten Akzidentien gesahaffen sind und zumindest insofern etwas Relationales haben (vgl. 2.29 b E).
328
8.15 b 2
2. Weniger überzeugend wirkt das Tonbeispiel (8. 13 c), erstens, weil es nicht feststeht, daß Töne durch die Tätigkeit von Akzidentien entstehen, und zweitens, weil es nicht feststeht, daß Töne mehrstimmiger Musiken tatsächlich an derselben Stelle des Mediums koexistieren. 3. Zunächst entstehen sie jedenfalls an den verschiedenen Stellen des Ortes der Aufführung und werden, genau genommen, von dort her gehört. 4. Wenn sie danach ans Ohr bzw. in die Luft vor dem Ohr gelangen, dann handelt es sich möglicherweise schon nicht mehr um reale ursprüngliche Töne, sondern um Töne im intentionalen Sinn, d.h. um sinnliche Species.
Suarez scheint beim ersten FaLL von (2.} an die Beziehung zwischen Intensivierbarkeit und Entstehung durch eigene Bewegung zu denken (vgL. 8.11 d E und 8.22 a 1 E gegen Ende). Daß Töne nicht in WirkLichkeit, sondern nur scheinbar intensivierbar und abschwächbar sind, versucht beispieLsweise Fonseca zu beweisen: In 5 Metaph. • c. 1o, qu. 1. s. 3; KöLn 1615, c. 6o7 B - 6o8 A. Zu (3.}: Jedes Organ und Instrument ist an einer besonderen SteLLe des Raumes pLaciert, in dem das Musikstuck aufgefuhrt wird, und erzeugt dort seine Töne. Daher existieren jedenfaLLs anfangs die Töne an den verschiedenen SteLLen der Luft aLs ihres Subjektes. - Zu (4.}: Danach erreichen sie das menschLiche Ohr. das nur eine einzige RaumsteLLe einnimmt. (Davon, daß der Mensch zwei Ohren an zwei RaumsteLLen hat, darf hier abgesehen werden, denn auch monauraL kann man mehrstimmige Sätze hören}. Mehrere gLeichzeitige Töne im Ohr mussen daher an einer einzigen SteLLe koexistieren. Daraus kann geschLossen werden, daß sie bereits an der dem Ohr zunächst Liegenden SteLLe der umgebenden Luft (des Mediums} vereinigt sind. Es könnte nur fragLich sein, ob es sich hier noch um die ursprungLiehen Töne oder um intentionaLe NachbiLdungen von ihnen (Species} handeLt. Im zweiten FaLLe wäre mit dem TonbeispieL nicht mehr bewiesen aLs mit 8.15 b 1. 8.15 c Zweiter Beweis für 8.15 a 1. Weitere Beispiele bilden die Kontinuität und die Dauer verschiedener gleichzeitiger Veränderungen in demselben Subjekt. 2. Es nehme beispielsweise ein Scheit Holz gleichzeitig an Wärme und an Trockenheit zu. 3. Dann erfährt es zwar zwei spezifisch verschie-
8.15 d 1
329
dene gleichzeitige Erwärmungen, doch deren Kontinuitäten und Dauern sind bloß numerisch verschieden, weil Kontinuität und Dauer nur je eine Species bilden. 8. 15 d
Kritik am zweiten Beweis für 8.15 a 1. Auch dieses Beispiel ist nicht zwingend. 2. Denn erstens ist die Dauer von der Existenz des dauernden Dings (Bewegung) und die entitative Kontinuität von dem kontinuierenden Dinge (Bewegung) wahrscheinlich nicht real verschieden.
Zum terminoZogisahen Hintergrund der Behauptung vgZ. für "duratio" DM 5o, 1.1; 26, 913 a: "Man sagt von einem Ding, daß es dauert, wenn es in seiner Existenz beharrt; daher häZt man die Dauer für dasselbe wie das Verbleiben im Sein." Ebd. 1.5; 914 b: Dauer und Existenz sind nur gedankZiah versahieden; dabei bezeiahnet "Dauer" weder die vorgestelZte noah die äußere Dauer, sondern nur die innere Dauer, per quam res proprie durare dicitur, nam per extrinsecam durationem non durat res, sed dignoscitur duratio eius. Die Dauer einer Bewegung ist ihr Verbleiben im Sein. - Der Ausdruak "Kontinuität" ist bei räumtiahen und zeitZiahen Saahverhalten anwendbar. Bewegung im strengen Sinn (der "instantane Wandlung" niaht mit einsahZießt) ist ein ens successivum. "Continuitas motus" ist aZZerdings kein eindeutiger Ausdruak, vgZ. DM 4o, 8. 3; 26, 578 b: "Bei der Bewegung kann man eine doppelte Ausdehnung oder Kontinuität erkennen: die eine kommt Vonseiten des Subjektes, sie ist den k8rperZiahen Bewegungen eigentümZiah; die andere kommt Vonseiten des Terminus oder der formalen Breite , und sie ist jeder sukzessiven Bewegung gemeinsam. " Naah der ersten Art von Kontinuität bei Bewegungen (Kontinuität Vonseiten des Subjektes) giZt, daß die Bewegung extenditur ad extensionem subiecti; dies entspriaht bei räumtiahen Bewegungen der Kontinuität des Weges ("s"). - Ebd. 8.5; 579 a, b: Die Kontinuität Vonseiten des Terminus besteht in der Kontinuität der Intensivierung oder Absahwäahung; dies entspriaht bei räumtiahen Bewegungen der Kontinuität der Gesahwindigkeit ("a", "v", "bt"). Der Terminus "Breite" ("latitudo"), der hier aufzutreten pflegt, bezieht siah auf die spätmitteZaZterZiahen Koordinatensysteme, in denen die Intensität von Qualitäten durah die Abszisse repräsentiert zu werden pflegte. Die Länge der Abszisse bestimmte die Breite der Kon-
33o
Forts. 8.15 d 2 E
figuration (graphisahen Darste~~ung mit untersahied~iaher Interpretation des Rea~itätsbezuges) der betreffenden Qua~ität: bei g~eiahf8rmiger Bewegung, deren Konfiguration ein Reahteak ist, dessen eine Eake mit dem Ursprung des Koordinatensystems zusammenfä~~t. während die sie bi~denden Seiten auf der Abszisse bzw. Ordinate ~iegen, ist bei hoher Gesahwindigkeit die Abszisse ~änger und damit die Breite des Reahteaks (übertragen: der durah es dargeste~~ ten Bewegung) gr8ßer a~s bei einer g~eiahf8rmigen Bewegung mit geringerer Gesahwindigkeit. - "Kontinuität" und "Sukzession" bedeuten niaht dasse~be, denn instantane Wand~ungen (wie Er~euahtung) sind kontinuier~iah, aber niaht sukzessiv. Die Sukzession erfordert ein Früher und Später in der Dauer, die Kontinuität dagegen nur die Vereinigung von Tei~en, die einen gemeinsamen Terminus (Beziehungspunkt) haben. Treten Kontinuität und Dauer (wie hier im Text) zusammen auf, so hande~t es siah um sukzessive Bewegung. Zur Kontinuität der sukzessiven Bewegung s. ebd. 8.6; 579 b; sie besteht darin, "daß die Tei~e einer Veränderung, die niaht g~eiahzeitig entstehen, unmitte~bar und ohne Unterbreahung aufeinander fo~ gen und mit irgend einem untei~baren Terminus verbunden sind, so daß ein Tei~ der Bewegung ihm unmitte~bar vorausgeht und der andere Tei~ ihm unmitte~ bar fo~gt; diese Kontinuität geh8rt ergo zum inneren Begriff einer so~ahen Sukzession." Daß die Dauer von der Existenz des dauernden Dings niaht rea~ versahieden ist, erk~ärt das Zitat von DM 5o, 1.5; 26, 914 b, das am Anfang der Anmerkung genannt ist; entspreahende Exp~ikationen findet man auah später, z.B. bei Gassendi und Loake. Ob die Kontinuität von dem kontinuier~iahen Ding rea~ versahieden ist, das hängt naah Suarez davon ab, ob quantitative oder entitative Kontinuität gemeint ist. Dies exp~iziert für die Kontinuität im Raum DM 4o, 4.7; 26, 545 a: Die Tei~e der Materie, die unter der Quantität stehen, haben eine zweifaahe Versahiedenheit: die entitative und die quantitative. Letztere kommt von der Quantität, und da die Quantität von der Materie rea~ versahieden ist, ist auah die Kontinuität der Quantität von der Materie rea~ versahieden. Die Entität der Materie dagegen ist von der Materie niaht rea~ versahieden, ergo ist auah die entitative Kontinuität oder Extension von der Materie niaht rea~ versahieden. Vg~. ebd. 4.8-9; 545 a, b: Daß zwei Extensionen zu untersaheiden sind, kommt 1. daher, daß niahts seine Versahiedenheit von einer fremden Entität hat, und 2. daher, daß die Materie von Natur
8.15 d 3
331
aus fPUheP ist als die Quantität, so daß sie die VePsahiedenheit ihPeP Teile niaht von deP Quantität haben kann. VgL auah die dPeifaahe -UntePsaheidung zu "Extension" in ebd. 4.15; 547 a. - Daß zwei Kontinuitäten zu untePsaheiden sind, soll offenbaP auah fUP die Kontinuität deP DaueP gelten: die entitative Kontinuität deP Bewegung ist von deP Bewegung selbst niaht Peal vePsahieden. 3. zweitens sind die Kontinuitäten und Dauern von Erwärmung bzw. Austrocknung, selbst wenn man sie unerachtet der Bedenken von (2.) als eigene Realakzidentien zulassen will, nicht unmittelbar in dem Erwärmten und Austrocknenden, sondern nur vermittelst der Erwärmung und Austrocknung, deren Eigenschaften sie sind. 4. Folglich sind sie nicht in derselben Hinsicht in demselben Subjekte Scheit (was hier allein von Interesse wäre), sondern einerseits in Hinsicht auf die Erwärmung und andererseits in Hinsicht auf die Austrocknung.
Die betPeffenden Kontinuitäten und DauePn sind in dem Holz im stPengen Sinn per accidens, nämliah, sofePn sie Kontinuität und DaueP deP Akzidentien EPWäPmung und AustPoaknung sind, die unmittelbaP in dem Holz sind (die Kontinuität und DaueP des Holzes selbst ist von deP Kontinuität und baueP deP EPWäPmung und AustPoaknung vePsahieden) .. DaPaus geht hePVOP, daß die Kontinuitäten und DauePn, von denen hieP die Rede ist, stPeng genommen und unmittelbaP niaht in demselben Subjekt, sondePn in vePsahiedenen Subjekten (niaht im Holzscheit, sondePn in deP EPWäPmung bzw. AustPoaknung) existiePen, die ihPePseits gleichzeitig in dem Holzscheit sind. 8. 15 e
Dritter Beweis für 8.15 a 1. Die unbestrittenen Beispiele (Species und Relationen, vgl. 8.15 b 1) beweisen jedoch genug. 2. Man könnte hinzufügen, daß manchmal dieselbe Potenz mehrere nur numerisch verschiedene Akte gleichzeitig haben kann, allerdings nicht ganz unähnliche.
Das gilt fPeiliah niaht fUP konnatuPale Potenzen, vg L 8. 16 a 3. ' 3. Z.B. kann der Wille mit zwei unterschiedlichen Akten zwei Menschen gleichzeitig lieben, und ein Seliger kann Gott gleichzeitig aus Notwendigkeit und aus freien Stücken lieben.
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8.15 e 3 E
Im ersten FaLL ist die UnähnLiahkeit durah das Objekt der HandLung verursacht: die Liebe a bezieht siah auf die Person A, die Liebe b auf die Person B. Im zweiten FaLL ist die UnähnLiahkeit der Akte durah den Urheber der HandLung verursacht: der SeLige kann niaht umhin, Gott zu Lieben, weiL er erkennt, daß Gott sahLeahthin Liebenswert ist; zugLeiah ist er innerLiah bereit und gewiLLt, Gott zu Lieben. 8. 16 a Zweitens steht bislang fest, daß nicht bei allen Arten von Akzidentien zwei nur numerisch verschiedene in demselben Subjekt koexistieren können
1. Nicht bei allen Arten von Akzidentien können auf natürlichem Wege zwei nur numerisch verschiedene Exemplare in demselben Subjekt sein. 2. Das gilt für alle Proprien, die dem Subjekt aufgrund seines Wesens zukommen (vgl. 2.2 b E), z. B. für die Quantität als Proprium der Materie. 3. Ferner gilt es für solche Potenzen und Fähigkeiten, die unmittelbar mit der Artform gegeben sind; sie werden nie an derselben Stelle des Subjekts numerisch vervielfältigt, wie man der Erfahrung entnehmen kann.
Zu Proprien aLs Akzidentien, die durah natürLiche ResuLtanz entstehen, vgL. 8.9 a E. Ob diese numerisah vervieLfäLtigt werden können, Ließ Suarez in seiner SteLLungnahme zur vierten Meinung offen (B.lo a 1), hier wird es sahLiaht verneint. - Die "konnaturaLen Potenzen, die der Form entfLießen" ("congenitae cum entitate") heißen auah in einem SpeziaLsinn "natürLiche Potenzen"; die übrigen Potenzen heißen unter demseLben Aspekt "acquisitae" oder "extrinsecus inditae". SoLahe rind z.B. Künste und erworbene Fertigkeiten (vgL. DM 43, 4.3; 26, 646 a). Eine konnaturaLe Potenz ist eine Potenz zu etwas, das man von seLbst kann, ohne daß man es erst Lernen müßte. Da konnaturaLe Potenzen durah natürLiche ResuLtanz entstehen, stehen sie den Proprien nahe. Die NiahtvervieLfäLtigbarkeit giLt übrigens niaht aussahLießtich für konnaturaLe Potenzen. Z.B. hat Peter aufgrund von Lernen die Fähigkeit, ein FeLd zu besteLLen,aber niemand würde sagen, er habe zwei Fähigkeiten, ein FeLd zu besteLLen. Auah haben HammeL die erworbene Potenz, zum LeithammeL zu werden, aber niemand würde sagen, sie hätten zwei soLahe Potenzen. An derartigen BeispieLen zeigt siah wiederum, wie nahe in diesen Physiken die Bedeutung von "Spraahe" und "Erfahrung" beieinander Liegt.
8.16 b
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8.16 b
Weitere Beispiele 1. Auch existieren nicht gleichzeitig in demselben Subjekt zwei reale Qaulitäten, die keine Relationen sind - seien es erste, die die Materie zu Elementen bestimmen, oder seien es zweite, die sich aus der Vermischung von ersten ergeben; das läßt s1ch ebenfalls aus der Erfahrung entnehmen.
ALs ePste QuaLitäten gelten WäPme, KäLte und Feuchtigkeit, TPockenheit. Sie bestimmen in foLgendeP Weise die MatePie zu den vieP ELementen und anaLog das TempePament des Leibes zum hePPschenden Saft: kaLt tPocken EPde MeLanchoLie kaLt feucht WasseP PhLegma WaPm feucht Luft BLut waPm tPocken FeueP geLbe GaLLe DuPch diese AnoPdnung ist die VePteiLung von SchwePe und Leichtigkeit mitbestimmt: kuhLe ELemente sind zusammengezogen ("contracta") und daheP schweP; wapme ELemente sind LockeP geschichtet ("rarefacta") und daheP leicht. Wie sich aus deP VePmischung von EPstquaLitäten ZweitquaLitäten ePgeben, bLeibt dunkeL. - In deP Neuzeit wiPd die VePwendung deP TePme (bei LeichteP ModifiziePung des Adjektivs: "primaria" statt"prima" und "secundaria" statt "secunda"} den EPfoPdePnissen deP neuen atomistischen odeP koPpuskuLaPistischen Physiken angepaßt. ALs "pPimäPe QuaLitäten" bezeichnen BoyLe und Locke soLche QuaLitäten, die den K8PpePn unabhängig vom ePkennenden Subjekt zukommen; aLs "sekundäPe QuaLitäten" bezeichnen sie soLche QuaLitäten, die nicht den K8PpePn aLs soLche zukommen, jedoch von ihnen nach festen Regeln mit HiLfe deP pPimäPen QuaLitäten in deP SinnLichkeit ePkennendeP Subjekte hePVOPgePufen WePden und aufgPund der Konstanz ihPeP ZuoPdnung füP diese Subjekte aLs Zeichen (mit deutLich bioLogischeP PPagmatik) fungiePen k8nnen. Die duPch diese TePme untePschiedenen SachvePhaLte sind schon voPheP bei andePen AutoPen, z.B. bei Gassendi und (in koPpuskuLaPistischeP VePsion) bei DescaPtes expLizit hePausgeaPbeitet. Bei DescaPtes dient zu ihPeP UntePscheidung u.a. die TePminoLogie "cognitio distincta" und "cognitio confusa". FuP die WoPtwahL BoyLes und Lockes spPechen Analogien deP neuen zu den aLten QuaLitätssachvePhaLten, v.a. die, daß hieP wie doPt die Zweitqualitäten aLs PPodukte deP EPstquaLitäten anzusehen sind. 2. Der Einwand, daß bei intensivierbaren Qualitäten immerhin verschiedene Grade in demselben Sub-
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8.16 b 2 E
jekt koexistieren können, tut nichts zur Sache, denn Grade derselben intensivierbaren Qualität sind nicht prinzipiell nur numerisch verschieden.
Dazu DM 46, 1.34; 26, 763 b - 764 a. Dort zeigt Suarez, daß man in der Physik zu unLösbaren ProbLemen kommt, wenn man untersteLLt, daß sämtLiahe Grade einer bestimmten QuaLität nur numerisah versahieden sind und daß mithin eine Intensität im Effekt niahts anderes ist aLs eine hinsiahtLiah der ReihenfoLge des zu Addierenden beLiebige Addition von Graden derseLben Speaies. Suarez empfiehLt demgegenüber anzunehmen. daß jeweiLs nur ein ganz bestimmter, nämLiah der n+lte Grad, auf den nten Grad foLgen kann (s. 8.22 a 2 E und 4 E). Wenn unter dieser Voraussetzung eine QuaLität vier Grad Wärme hat, dann sind der erste bis vierte Grad spezifisah und niaht nur numerisah versahieden, und daher ist die Koe~istenz von erstem bis viertem Grad für die gegenwärtige Frage beLangLos. Daß es in einer Wärme von vier Grad zwei nur numerisah versahiedene Intensitäten von drei Grad gibt, das behauptet ohnehin niemand. 3. Auch können wahrscheinlich nicht zwei Lichter an derselben Stelle des Subjektes koexistieren (s. 8. 12 b) •
4. Ein voll befriedigendes Kriterium für die Feststellung der Koexistenzfähigkeit bzw. Koexistenzunfähigkeit ist nicht bekannt, der Verfasser will aber wenigstens einen Vorschlag in dieser Hinsicht unterbreiten. 8.16 c Vorschlag eines Kriteriums für die Fähigkeit nur numerisch verschiedener Akzidentien, in demselben Subjekt zu koexistieren. Die dabei maßgebliche Unterscheidung 1. Einige nur numerisch verschiedene Akzidentien sind in ihren Funktionen und Beziehungen einander außerordentlich ähnlich, z.B. zwei Wärmen oder zwei Weißen. 2. Andere stimmen der Art nach zwar überein, üben aber unterschiedliche Funktionen aus oder sind unterschiedlich bezogen. 3. Im Sinn von (1.) sind sich zwei Vorstellungen von Peter sehr ähnlich, im Sinn von (2.) unterscheidet sich beispielsweise die Vorstellung von Peter von der von Paul. 4. Die eine ist nämlich auf Peter, die andere auf Paul bezogen, bzw. die eine hat die Funktion, mir Peter, die andere die, mir Paul zu repräsentieren.
8.17 a 1
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8.17 a Die These des Kriteriumsvorschlags 1. Akzidentien nach 8.16 c 1 können nicht in demselben Subjekt vervielfältigt werden.
Der Ausdruak "drittens" am Anfang von 8.17 a bezieht siah auf eine Unterteilung des hier als "B" bezeiahneten Passus, naah der der erste Teil mit 8.15, der zweite Teil mit 8.16 (vgL dort "zweitens" zu Anfang) und der dritte Teil mit 8.17 a beginnt. 2. Aber Akzidentien nach 8.16 c 2 können in demselben Subjekt vervielfältigt werden. 3. Beides kann man der Erfahrung entnehmen und mit den angeführten Beispielen beweisen.
Die Grenzen der Koexistenzfähigkeit fallen niaht mit den Grenzen der Speaies zusammen. Das Beispiel in 8.16 a maaht klar, daß es innerhalb einer Speaies einander ganz ähnLiahe Akzidentien geben kann, von denen siah das eine niahtsdestoweniger aufgrund seiner besonderen Funktion vervieLfäLtigen ließe und das andere niaht, weiL die Natur niahts UberfLUssiges zuLäßt. "Munus" und "officium" dUrften hier dasselbe bedeuten. "Habitudo", ein Term fUr ReLationen, maaht klar, daß koexistenzfähige Akzidentien solahe sind, die in der spraahliahen Repräsentation als mehrstellige Prädikate ersaheinen kennen. Das Kriterium der Koexistenzfähigkeit saheint also fUr Suarez so zu lauten: "Ein Akzidens ist in der genannten Weise koexistenzfähig, wenn in der spraahLiahen Repräsentation 1. es als "R" in "R(x,y)" ersaheinen kann und wenn 2. fUr "y" in "R(x,y)" mehr als ein Argument "z" eingesetzt werden kann, wobei fUr z gilt "z 1 y". 8.17 b Beispiele für 8.17 a 1. Absolute Akzidentien gehören zu der Gruppe nach 8.16 c 1 und können nie in demselben Subjekt numerisch vervielfältigt werden. 2. Relationale Akzidentien können zu der Gruppe nach 8.16 c 2 gehören, aber sie müssen es nicht. 3. Wenn ja, dann sind sie aufgrund einer Unähnlichkeit in den Relaten numerischer Vervielfältigunq in demselben Subjekte fähig. 4. Das gilt sowohl für prädikamentale als auch für transzendentale Relationen (vgl. 2.29 b E).
Absolüte Akzidentien ersaheinen in der spraahLiahen Repräsentation niaht aLs mehrstellige, sondern als monadisahe PrädikatoPen ("Weiß (Sahnee)", "Kalt
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8.17 c 1
(Wasser}" u. dgl.} • faZ Zen aZso niaht unter die Bedingung naah 8.1? a 2. Mit "reZationaZe Akzidentien" saheint siah Suarez hier spezieZZ auf die konversen Relationen zu beziehen. Doah ist damit niahts AussahZießZiahes gesagt, wie das Beispiel in 8.16 a beweist: "Vors te Z Zung a repräsentiert Pe ter und VorsteZZung b repräsentiert PauZ". Die konversen Relationen sind nur ein SpeziaZfaZZ (vgZ. 8.3 f 1 E}; aber niaht nur für sie Zautet die Bedingung der VervieZfäZtigbarkeit zu derselben Zeit in demselben Subjekt, daß es in "R(x,y}" für "y" mehr aZs ein Argument "z" gibt, wobei "z I y" giZt. Beispiel: m kann hinsiahtZiah n nur einmaZ in der Relation R' stehen~ gäbe es aber außer n ein in Hinsiaht auf m der Relation R' fähiges o, so wäre außer "R' (m, n}" auah "R'(m,o)" mögZiah, wobei gäZte "n I o". Mithin könnte R' aufgrundvon n und o zweimaZ in m existieren. 8.17 c Beispiele für 8.17 b 2 1. Die Relation Geschöpflichkeit kann in Peter nicht numerisch vervielfältigt werden, denn weil es nur einen Schöpfer gibt, liegen außer Gott keine möglichen Nachrelate vor: Peter ist ein Geschöpf von Gott und kann es sonst von niemandem sein. 2. Auch kann die Vaterssohn-Relation in Peter nicht vervielfältigt werden, denn Peter hat mit Sicherheit nur einen Vater, welchen auch immer. 3. Dagegen könnte in Peters Vater die Relation Vaterschaft und in Peters Mutter die Relation Mutterschaft durch mögliche Geschwister von Peter vervielfältigt werden. 8.17 d Erstes Argument für das Kriterium nach 8.17 a: die Rolle der Finalursache 1. Der Unterschied nach 8.17 a kommt erstens von der Finalursache. 2. Die Vervielfältigung von Akzidentien nach 8.16 c 1 in demselben Subjekt ist überflüssig und wird daher von der Natur verabscheut. 3. Dagegen sind Akzidentien nach 8.16 c 2 auf unterschiedliche Zwecke hingeordnet (vgl. 8.16 c 3,4) und lassen Aussagen wie "R' (a,b) .R' (a,c) .a#c" zu. 4. Deswegen ist ihre numerische Vervielfältigung nicht überflüssig (vgl. 8.17 c E) und steht in Einklang mit dem Zweck der Natur, vgl. 8.9 b 1.
8.18 a 1
337
8.18 a Zweites Argument für das Kriterium nach 8.17 a: das Streben des Agens nach Verähnlichung seines Objekts 1. Der Unterschied nach 8.17 kommt zweitens vom Agens. 2. Kein Agens erstrebt unmittelbar die Einführung eines Akzidens nach 8.16 c 1 in ein Subjekt, das bereits ein ähnliches Akzidens besitzt. 3. Denn Agentien streben bloß danach, sich den Gegenstand ihrer Tätigkeit ähnlich zu machen; das aber ist bereits mit einem einzigen Akzidens nach 8.16 c 1 gewährleistet.
Ein entsprechendes Argument erschien bereits bei 8.1o b, d, 8.11 d und 8.12 g. 8.18 b Eine schon bestehende Ähnlichkeit kann u.U. noch vergrößert werden 1. Dem Agens bleibt bei Akzidentien nach 8.16 c 2 auch dann, wenn schon ein ähnliches vorhanden ist, eine weitere Verähnlichung möglich. 2. Daher kann das Agens bei ihnen weiter tätig sein. 3. Z.B. ist das Medium, wenn die sinnliche Species von Peter in ihm auftritt, zwar Paul insofern ähnlich, als Peter so wie Paul ein Mensch ist.
Zwischen Peter und PauZ besteht die reale Xhnlichkeit, aufgrund derer unser Intellekt den Artbegriff bildet (vgl. 2.32 b, d). Daher kann Paul, sofern er zur menschlichen Art gehört, durch die Species von Peter mitrepräsentiert werden. Doch gibt es zwischen Peter und Paul individuelle Unterschiede, und in dieser Hinsicht wird PauZ durch die Species von Peter nicht angemessen repräsentiert. 4. Doch hier besteht die Möglichkeit einer weiteren Verähnlichung des Mediums mit Paul, und deshalb kann Paul dem Medium seine eigene Species mitteilen, obgleich es schon die einigermaßen ähnliche Species von Peter enthält. 8.19 a Drittes Argument für das Kriterium nach 8.17 a: die im Einzelfall begrenzte Fassungskraft des Subjektes 1. Der dritte Grund liegt in der Fassungskraft des Subjektes. 2. Die erste Materie ist prinzipiell gegenüber allen substantiellen Formen indifferent, wird aber be-
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8.19 a 3
reits durch eine einzige hinreichend aktuiert und kann daher jeweils nur eine einzige aufnehmen. 3. Entsprechend ist das (durch Aufnahme einer bestimmten substantiellen Form in erste Materie entstandene) Subjekt der Akzidentien zwar gegenüber allen Akzidentien einer ihm zukommenden Art gleichermaßen indifferent, kann sie aber nicht gleichzeitig alle, gegebenenfalls auch nicht gleichzeitig mehrere, aufnehmen. 8. 19 b Verdeutlichung
1. Die Fassungskraft des Subjektes ist durch ein einziges Akzidens nach 8.16 c 1 erschöpft. 2. Denn bei diesen Akzidentien realisiert jedes Exemplar sowohl dasselbe Artwesen als auch dieselbe Beziehung. 3. Von Akzidentien nach 8. 16 c 2 füllt dagegen ein einziges die Fassungskraft des Subjekts noch nicht aus. 4. Daher können sie in demselben Subjekt so lange vervielfältigt werden, bis seine Fassungskraft erschöpft ist.
Der Saahverhalt naah (1.) und (2.) entspriaht im spraahliahen Ausdruak einerseits "P'(a)" und andererseits "R'(a,y)", falls für die Variable "y" nur ein einziges Argument eingesetzt werden kann. Können dagegen, wie (3.) und (4.) unterstellen, für "y" mehrere Argumente eingesetzt werden, so kann "R'" mehrmals mit "a" verbunden werden, und zwar bei n Einsetzungsmögliahkeiten n mal. Danaah ist die Fassungskraft von a ersahöpft. Ein Beispiel bringen 8.19 a 3 - 4. 8. 19 c Beispiele für 8.19 b
1. Die Fassungskraft von Sokrates' Intellekt ist in Hinsicht auf das natürliche Wissen von Gott und dem Menschen durch eine einzige Beschlagenheit in der Wissenschaft Philosophie erschöpft. 2. Es wäre unsinnig zu sagen, Sokrates hätte in Hinsicht auf die natürliche Erkenntnis Gottes zwei Beschlagenheiten in Philosophie: die Beschlagenheit a und die Beschlagenheit b. 3. Was dagegen Sokrates' Intellekt als tätigen betrifft, so ist er weder durch den intentionalen Akt, mit dem er Peter oder Paul erkennt, noch überhaupt durch eine einzige intelligible Species voll aktuiert.
8.19 c 4
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4. Daher kann Sokrates außer Peter und Paul auch noch Franz, Paula usw. erkennen, bis die Fassungskraft seines Intellektes erschöpft ist. 5. Denn die Species der genannten Personen aktuieren seine Fassungskraft in jeweils anderer Weise. 8.19 d Resurne aus 8.2 - 8.19 a 1. Abschließend wird man sagen dürfen, daß von den referierten fünf Meinungen (8.2 - 8.14) und ihren Interpretationen die von Durandus (8.11 b 3) und die von Antonius Andreas (8.11 e) der Wahrheit am nächsten kommt, weil sie sich auf die Unterscheidung von absoluten und relativen Akzidentien beruft. 2. Absolute Akzidentien können nicht vervielfältigt werden, weil sie einander ganz ähnlich sind. 3. Relative Akzidentien können sich dagegen in der Wirklichkeit, im sprachlichen Ausdruck und in der prädikamentalen bzw. transzendentalen Natur ihrer Relationalität (vgl. 2.29 b E) vielfältig unterscheiden, und daher aktuiert von ihnen keines sein Subjekt erschöpfend. 4. Denn sie können sich auf unterschiedliche Relate beziehen und unterschiedliche Funktionen erfüllen (vgl. 8.16 c 4).
In 8.19 d 3 hat "relative Akzidentien" den weiten und dem heutigen Relationsbegriff nahestehenden Sinn, auf den 7.3 f 1 E sahon hinweist. "Dem Gesagtwerden naah" in (3.) deutet an, daß es niaht nur vom heutigen Standpunkt, sondern auah vom Standpunkt dieses Autors aus naheliegt, das Kriterium fur Koexistenz mit der Sprache in Verbindung zu bringen. "Transzendentale Beziehung" ebd. weist darauf hin, daß bei Nachrelaten aus unterschiedlichen Kategorien eine noch gr8ßere Verschiedenheit in Hinsicht auf Funktion und Beziehung vorliegen kann als bei prädikamentalen Relationen, die in einer Kategorie verharren.- Was die Erwähnung von Durandus und Antonius Andreas betrifft, so läßt siah die Gedämpftheit des Aasenses nicht ubersehen. Sie hat ihren Grund. Die Einwände in 8.14 a wurden niaht im einzelnen entkräftet, und 8.14 a 4 verzichtete darauf, die Qualifizierung "weniger falsch" zu belegen. Als gr8ßte Unsiaherheit bleibt aber die in 8.14 a 1 angedeutete Frage, ob die Bezeichnung "absolute Akzidentien" im Zusammenhang mit geschaffenen Dingen nicht einer contradictio in adiecto nahe kommt. Sie wurde in 2.29 b E referiert und findet sich in DM 47, 3.12-13. Vgl. oben 8.14 a 1 und 8.15 b 1 E.
34o
8.19 e 1
8. 19 e Beurteilung der Meinung des Aristoteles 1. Entsprechend ist die in 8.5 a 2 erwähnte Metaphysikstelle aus 1o18 a zu interpretieren. 2. In 1o18 b, 6 - 8 darf der Ausdruck "der Art nach verschieden", sofern er Akzidentien in demselben Subjekt betrifft, nicht auf jegliche Akzidentien bezogen werden. 3. Gemeint sind lediglich die Akzidentien nach 8.16 c 1, bei denen alle Individuen derselben Species einander völlig ähnlich sind.
Befinden sich zwei Akzidentien nach 8.16 c 1 in demSubjekt, so daPf man mit Recht sch~ießen, daß sie deP APt nach vePschieden sind, wenng~eich APistote~es die entspPechende EinschPänkung nicht exp~izit anbPingt. Dennoch düPfte eP in 1o18 b, 6 - 8, die Akzidentien nach 8.16 c 2 nicht ebenfa~~s im Auge gehabt haben. Das ist deswegen anzunehmen, wei~ man bei deP IntePpPetation von AutoPitätenste~~en nicht pPinzipie~~. sondePn nuP beim VoP~iegen hinPeichendeP GPünde, untePste~~en daPf, daß die AutoPitäten etwas Fa~sches meinten. In WahPheit können, wie gezeigt woPden ist, mehPePe Akzidentien nach 8.16 c 2 g~eichzeitig demse~ben Subjekt inhäPiePen, auch wenn sie nicht deP APt nach voneinandeP vePschieden sind. se~ben
C. Behandlung der Frage unter dem Gesichtspunkt der Individuation der Akzidentien Im ~etzten Tei~ des Achten Abschnitts wiPd deP LeseP daPan ePinnePt, daß deP An~aß füP die sehP ausfühP~iche UntePsuchung deP Koexistenzfähigkeit von Akzidentien dePse~ben APt, die soeben abgesch~ossen wuPde, nach 7.5 4 die VbePpPüfung eineP fPagWüPdigen Behauptung übeP das IndividuationspPinzip deP Akzidentien waP. In 7.2 d hatte deP Opponens ePk~äPt: "Daß das Subjekt das IndividuationspPinzip deP Akzidentien ist, geht schon daPaus hePVOP, daß zwei nuP numePisch vePschiedene Akzidentien nicht in demse~ ben Subjekt sein können". Diese Behauptung ist duPch die AnstPengung von 8.1-19 füP den Fa~~ deP g~eich zeitigen Inhäsion wideP~egt, und damit ist ein wichtiges APgument füP die EPhebung des Subjektes zum IndividuationspPinzip deP Akzidentien eP~edigt. Das zeigen 8. 2o und (noch schäPfeP) 8. 21 a. Die PestUchen PaPagPaphen beschäftigen sich mit einem das EPgebnis des CoPpus einschPänkenden Einwand in 8.21 b, c, deP a~~ePdings wenigeP am IndividuationspPinzip a~s an deP Ink~ination von Agentien oPientiePt ist
8.2o a 1
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und der deutliah auf die Formulierung der fünften Meinung durah Pedro de Fonseaa zurüakweist (vgl. 8. 14 b). Dieser Einwand maaht eine eingehende Besahäftigung mit der Intensivierung von Akzidentien erforderliah (8.22-23), durah welahe die Entsaheidung in 8.24 gegen 8.21 b, a vorbereitet wird. 8.2o a Die Funktion dieses letzten Teils des Abschnitts 1. Bislang wurde das Problem, das dieser Abschnitt behandelt, gleichsam materialiter um seiner selber Willen untersucht. 2. Doch wurde es anfangs in 7.2 d zur Sprache gebracht, um in der Frage des Individuationsprinzips der Akzidentien eine Entscheidung vorzubereiten. 3. Deswegen muß es nun, nachdem die materielle Klärung abgeschlossen ist, auch gleichsam formell unter diesem besonderen Gesichtspunkt behandelt werden. 8.2o b Entscheidung der Frage im Blick auf 7.2 d 1. Die Ursache dafür, daß bei einigen Akzidensarten nicht mehrere Exemplare demselben Subjekt gleichzeitig inhärieren können, liegt nicht in der Individuation. 2. Denn von sich aus könnten Akzidentien nach 8.16 c 1 bei nur numerischer Verschiedenheit ohne Widerspruch in demselben Subjekt koexistieren - genau so, wie es Akzidentien nach 8.16 c 2 können und wie einige nur numerisch verschiedene Akzidentien demselben Subjekt sukzessiv inhärieren können. 3. Daß Akzidentien nach 8.16 c 1 tatsächlich nicht in demselben Subjekt koexistieren, liegt lediglich an der begrenzten Fassungskraft des Subjektes, an der Selektion von Realisierungen in Hinsicht auf die Finalursache und am mangelnden Vervielfältigungsvermögen natürlicher Agentien.
8.2o b 3 bezieht siah auf die drei Argumente für das vom Autor vorgesahlagene Kriterium, die in 8.17 d, 8.18 und 8.19 entwiakelt worden sind, und zwar in der Reihenfolge 3, 1, 2. Diese Hinderungsgründe der Koexistenz sind faktisaher, niaht prinzipieller Natur. Sie beruhen auf der Ordnung der Natur, dem Plan der wirklichen Welt, für die nichts Uberflüssiges vorgesehen ist. Daß die Hinderungsgründe niaht prinzipieller Natur sind, wird durah zwei Äußerungen klar gemaaht: 1. Die betreffende Koexistenz kann, obgleich
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8.21 a 1
sie tatsächlich nicht vorkommt, dennoch gedacht werden (Widersprüchliches kann man nicht denken); und 2. Gott könnte, wenn er ein Wunder wirken wollte, diese Koexistenz sogar realisieren (8.21 a - Gott tut nichts Widersprüchliches). 8.21 a Folgerung bezüglich der absoluten Macht Gottes 1. Das übernatürliche Agens Gott könnte aufgrund seiner absoluten Macht mehrere nur numerisch verschiedene Akzidentien nach 8.16 c 1 in demselben Subjekt koexistieren lassen.
Das wäre aber unmöglich, wenn ihre Koexistenz einen Widerspruch einschlösse, vgl. 1.5 a E. 2. Das wäre in Hinsicht auf das Individuationsprinzip der Akzidentien kein Widerspruch, auch nicht in Hinsicht auf die natürliche Fassungskraft des Subjektes, die Gott zu diesem Zweck durch ein Wunder erweitern könnte. 3. Handelte schließlich Gott in dem angegebenen Fall zum Erweis seiner Macht, so setzte er eine sehr zweckmäßige Wirkung, und jeder Einwand im Sinn von 8.17 d wäre in diesem Falle verfehlt.
(2.) bezieht sich zunächst darauf, daß Vonseiten der Entität als des wirklichen Individuationsprinzips der Akzidentien gegen die Koexistenz nur numerisah verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt nichts spricht. Dennoch bezieht sich der Satz auf das faktische Argument in 8.19 (Fassungskraft). (3.) dagegen bezieht siah auf das Argument hinsichtlich der Finalursache in 8.17 d. Eine Bezugnahme auf 8.18 (Vermögen des Agens) erübrigt sich, da es bei Gott keine Einschränkung eines Vermögens geben kann. 8.21 b Einschränkung der Folgerung 8.21 a 1. Einige Autoren behaupten, 8.21 a 1 gelte nur für solche Akzidentien, die nicht intensiviert oder abgeschwächt werden können. 2. Sie meinen nämlich, daß Gott nur numerisch verschiedene intensivierbare Akzidentien nicht in demselben Subjekt koexistieren lassen kann, ohne daß aus ihnen ein einziges intensiveres entsteht. 3. Denn die hinreichende Bedingung dafür, daß beispielsweise zwei Wärmegrade zu einem einzigen intensiveren zusammenwachsen, sei ihre Inhärenz in demselben Subjekt.
8.21 b E
343
Das ist ein RUckgPiff auf Fonsecas IntePpPetation von 8.11 a in 8.14 b. ZuP BegPUndung dieseP IntePpPetation vgZ. die EPZ. ebd. und 8.12 f E. Eine kupze WidePZegung bPachte schon 8.14 c. 8.21 c Ausnahme von 8.21 b 1. Eine Koexistenz nur numerisch verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt sei allerdings möglich, wenn nur das eine von ihnen inhäriere, das andere aber auf irgend eine Weise von dem Subjekt ohne Inhäsion getragen werde. 2. Dann fehle ihnen nämlich die hinreichende Bedingung nach 8.21 b 3 für das zusammenwachsen. 3. Als Autorität für diese These pflegt eine Ägidius-Stelle zitiert zu werden, in der nichts davon steht. 8.22 a Drei Voraussetzungen der Einschränkung in 8.21 b 1. Diese Einschränkung setzt wahrscheinlich falsche Prinzipien über die Intensivierung von Qualitäten voraus.
"Intensitat" bezeichnet die BPeite ("latitudo". vgZ. 8.15 d E) deP intensiviePbaPen und abschwachbaPen FoPmen. "IntensiviePung" bezeichnet die VePandePung. duPch die eine QuaZitat in demseZben Subjekt und in Hinsicht auf denseZben TeiZ des Subjekts vePvoZZkommnet wiPd (GegenteiZ: "remissio". "Abschwachung"). wahPend Extension duPch Addition von TeiZen entsteht. entsteht Intensitat duPch Addition von GPaden (VoPbemePkung zu DM 46; 26. ?53 a; im Lateinischen steht fUP "Intensitat" wie fUP "IntensiviePung" "intensio". doch wePden die angegebenen Bedeutungen kZaP untePschieden). Es handeZt sich um den BePeich dessen. das geZegentZich noch heute "intensive Quantitat" heißt und das man im FaZZ deP TempePatuP noch heute mit GPaden mißt. Seit dem SpatmitteZaZteP konnte man mit HiZfe in OxfoPd (MePton CoZZege) entwikkeZteP FoPmeZn gZeichf8Pmige Intensitaten und gZeichf8Pmige VePandePungen von Intensitäten bePechnen; die FoPmeZn entspPechen den heutigen kinematischen AusdPUcken "s ct~ "v bt" und "s o.5 btt"; die empiPische Basis waP nuP gedacht. Wenig spateP entwickeZte man in PaPis geometPische IntensitatsdiagPamme ("configurationes qualitatum")mit eineP hoPizontaZen Achse zuP NotiePung deP Extension und eineP vePtikaZen Achse zuP NotiePung deP Intensitat. Diese
=
=
=
344
Forts. von 8.22 a 1 E
Abszisse hieß "latitudo", und daher rUhrt die Synonymitat von "Breite" und "Intensitat". Die Grundlinie der Konfiguration lag in der Regel auf der Horizontalaahse; Versahiebungen von Figuren innerhalb des Systems waren niaht vorgesehen. Die Konfiguration einer gleiahfBrmig intensiven Qualität war ein Reahteak (konstante Abszisse). Die Konfiguration einer gleiahförmig intensivierten oder abgesahwäahten Qualitat war bei Beginn oder Absahluß mit der untersten Intensität ein reahtwinkliges Dreieak, bei Beginn oder Absahluß mit einer höheren Intensität ein Trapez (Breite gleiahfBrmig zunehmend bzw. abnehmend). Die Konfiguration ungleiahförmig intensivierter oder abgesahwäahter Qualitäten fUhrte, sofern sie kurvenähnliah war, zu Bereahnungsproblemen. Innerhalb der Physik der intensivierbaren Qualitäten erwiesen siah die Konfigurationen als außerordentliah erklärungsfruahtbar. Vgl. M. Claggett: The Saienae of Meahanias in the Middle Ages, Madison 1961, Teil II, S. 163 - 418. DarUber, worin Intensivierung besteht, nennt Suarez kontroverse Meinungen: sie besteht in einer Intensivierung der Entität der betreffenden Qualität, in einer Intensivierung ihrer Inhäsion oder in einer kontinuierliahen Addition von Teilen zu ihrer Entitat. Suarez glaubt, daß die beiden ersten Alternativen zu niaht akzeptablen Konsequenzen fUhren und daß man siah fUr die dritte entsaheiden muß. S. DM 46, 1.35; 26, 764 a: "Zuerst ist zu sagen, daß die intensivierbare Qualität niaht in ihrer Entität unteilbar ist, sondern daß sie irgend eine Breite der Teile hat, aufgrund derer sie bisweilen ihrer Ganze naah dem Subjekt innewohnen kann, bisweilen dem größeren oder kleineren Teile naah; und weil eine solahe Qualität auf natUrliehe Weise niaht real ist, wenn sie niaht auah innewohnt, deshalb ist auah jene Entität so besahaffen, daß sie manahmal ganz real sein kann und manahmal zum Teil, und daher kommt es, daß sie intensiver oder abgesahwäahter sein kann und daß sie das Subjekt mehr oder minder affizieren kann . .. Ohne eine derartige Breite und Teilbarkeit wäre es undenkbar, wie dieselbe inharierende Form, die unteilbar ware, ein Subjekt mehr oder weniger affizieren sollte. Es ist auah niaht denkbar, daß die Entität selber in siah der Intensität naah größer oder kleiner ist, auah niaht, daß sie eine größere oder kleinere Vereinigung mit dem Subjekt hat; auah ist außer diesen beiden in einer solahen Form niahts zu finden, aufgrund dessen entweder eine neue reale Tätigkeit terminiert oder dem Subjekt eine größere oder geringere formale Wirkung beigebraaht werden kBnnte." Ebd. 1.38; 765 a: In der Tat wird die Form
Forts. von 8.22 a 1 E
345
beispielsweise von WäPme ihPeP Entität naah mehP odeP wenigeP vollkommen PealisiePt. Das bedeutet abeP keineswegs, daß die eine WäPme mehP WäPme ist als die andePe, sondePn nuP, daß die eine WäPme gpößeP und vollkommeneP als die andePe ist. NuP Qualitäten sind deP IntensiviePung und Absahwäahung fähig (ebd. 2.1; 766 a). Alles, was unteP eineP deP UbPigen KategoPien steht, kann im stpengen Sinn wedeP intensiviePt noah abgesahwäaht WePden, naah SuaPez niaht einmal die Gesahwindigkeit deP Päumliahen Bewegung (2.2-J; 766 a, b). SelbstVePständliah sind Relationen niaht intensiviePbaP (2.4; 766 a - 767 a). Auah Substanzen können niaht intensiviePt WePden, weil sie niaht in einem Subjekt sind. Denn IntensitätsbPeite kann es nuP in Hinsiaht auf ein Subjekt geben, aus dessen Potenz sie hePausgefUhPt wiPd; jede BPeite, die UbeP ein Subjekt hinausgeht, muß pPinzipiell extensiv, niaht intensiv sein. Die akzidentellen FoPmen untePsaheiden siah also hieP von den substantiellen. Die substantiellen FoPmen, die aus deP Potenz deP MatePie hePausgefUhPt wePden, sind niaht intensiviePbaP und absahwäahbaP, weil sonst auah die Komposita intensiviePbaP und absahwäahbaP sein mUßten, und das sind sie offensiahtliah niaht. Ein GPund a priori fUP die NiahtintensiviePbaPkeit deP hePausgefUhPten FoPmen ist allePdings sahWeP zu nennen (ebd. 2.5-7; 767 a, b). KontinuiePliahe wie diskPete Quantitäten können niaht intensiviePt WePden - die einen, weil sie PPopPien deP MatePie sind, deP sie daPin naahahmen, die andePen, weil jede Menge duPah eine Zahl ahaPaktePisiePt ist; wiPd ihP etwas hinzugefUgt odeP abgenommen, so entsteht niaht etwa eine IntensiviePung odeP Absahwäahung deP voPigen Menge, sondePn eine ganz andePe Menge, die duPah eine andePe Zahl ahaPaktePisiePt wiPd (2.8-9; 767 b - 768 b). Niaht alle Qualitäten sind intensiviePbaP, sondePn nup einige. UnteP den vieP species qualitatum ist die viePte (Gestalt) niaht intensiviePbaP, weil duPah eine VePändePung deP Linien zugleiah eine neue Gestalt entstUnde; fePneP, weil die Gestalt ein Modus deP kontinuiePliahen Quantität ist, die ebenfalls niaht intensiviePt WePden kann (2.1o; 768 b). Von deP zweiten Speaies (Potenz/Impotenz) sind jedenfalls die konnatuPalen ExemplaPe (vgl. hieP 8.19 a E und 8.16 a E) niaht intensiviePbaP. Das kommt daheP, daß sie duPah natUPliahe Resultanz entstehen, und zwaP aus deP Substanz, die ebenfalls niaht intensiviePbaP ist, s. oben (2.11-12; 768 b - 769 a). Alle Qualitäten deP ePsten und dPitten Speaies sind dagegen deP IntensiviePung und Absahwäahung fähig (Disposi-
346
8.22 a 2
tion/Habitus und passio/qualitas passibilis): Habitus, Dispositionen, erste QuaZitaten, Farben u.dgZ. Der Grund ist, daß bei ihnen aZZes vorZiegt, was für eine Intensivierung erfordertich ist: sie entstehen entweder durch besondere Tatigkeit von Akzidentien, die mehr oder weniger gründZieh sein kann, oder sie haben, wenn sie (wie erste QuaZitaten bei EZementen) durch natUrZiehe ResuZtanz entstehen, dennoch 1. ein positives Entgegengesetztes, das sie behindern und unterdrücken kann, und 2. die MögZichkeit, durch eigene Tatigkeit zu entstehen. Diese MögZichkeit wird immer dann verwirkZicht, wenn sie nicht im Wege der ResuZtanz, sondern durch eine aktive QuaZitat ihresgZeichen in einem Körper mit ihnen in Hinsicht auf ResuZtanz nicht angemessener ELementenmischung entstehen (2.13; 769 a, b). 2. Erstens, daß Intensivierung durch die bloße Addition einander ganz ähnlicher Grade entsteht.
Diese Meinung wurde schon früher zurückgewiesen, s. 8.16 b 2 E. Es ist nicht ein Grad wie jeder andere, sondern jeder kann nur jeweils an einer bestimmten SteZZe der GradskaZa stehen. so daß die ersten, zweiten, dritten usw. Grade jeweiZs eine Species biZden. Dazu sogleich 8.22 a 5 E. 3. Zweitens, daß diese Grade nicht aufeinander bezogen sind, weder in Hinsicht auf einen realen positiven Terminus noch in der Weise von Akt und Potenz.
Grade können durch ihre gemeinsame Beziehung auf ein Maximum miteinander verbunden sein, sie können aber auch so vereinigt sein, daß sich der niedrigere zu dem jeweiZs höheren wie die Potenz zum Akt verhaZt. 4. Nicht aus sich selbst, sondern nur vermittelst des Subjektes bzw. (wenn das Subjekt aus Teilen besteht) vermittelst desselben Teils des Subjektes sollen sie vereinigt sein können. 5. Drittens, daß sich diese Grade nicht nach einer inneren Rangordnung als b', b'' usw., sondern alle gleich unmittelbar auf das Subjekt beziehen, und daß es zwischen ihnen allenfalls eine zeitliche, aber keine natürliche Reihenfolge geben kann.
Die hier abgewiesene konzeptualistische These wird in DM 46, 1.3o; 26, 762 a, b referiert. ALs Hauptgrund für die Abweisung wird ebd. 1.32; 762 b - 763 a genannt: Wenn es für eine Reihe von warmegraden nicht einen festen Extremgrad gabe, auf den aZLe Einzelgrade hingeordnet sind, dann müßte die Intensivierung
8.22 b 1
347
der Qualitäten bis ins Unendliche gehen - das tut sie aber nicht. Heute würde man in der Wärmelehre, die noch mit Graden operiert, etwas anders argumentieren. Doch leuchtet es ein, daß man das Sprechen über die Intensivierung von Qualitäten unter Verwendung des damaligen Sprachinventars mit Orientierung an der Formel 1/2 bt2 nur dann konsistent halten kann, wenn man die von Suarez empfohlenen Sprachregeln beachtet. Suarez' Sprachregelvorschlag findet sich z.T. ebd. 1.35; 764 a. Man sollte sagen, daß eine intensivierbare Qualität nicht schlechthin unteilbar ist, sondern daß sie eine aus Teilen zusammengesetzte Intensitätsbreite hat, aufgrund derer das Subjekt sie jeweils stärker oder schwächer besitzt. Die Intensität I einer intensivierbaren Qualität ist nicht ein monolithisaher Block, sondern besteht aus x Teilen b, die als Grade bezeichnet werden. Das entspricht dem heute noch gebräuchlichen Ausdruck "bt". Entsprechend gilt "I = bx", wobei x nicht beliebig groß oder klein sein kann (s. 8.23 a E). -Den zweiten Teil des Regelvorschlages findet man ebd. 1.39; 765 a, b. Man sollte sagen, daß die genannte Intensität nicht eine unstrukturierte Menge völlig gleicher Grade b ist, sondern daß die Grade b als b', b'' usw. einander innerlich zugeordnet sind und in einer unumkehrbaren Ordnung stehen (vgl. 3.16 b 2 E). Die Vereinigung koexistierender Grade beruht also nicht nur auf etwas so Äußerlichem wie ihrer faktischen räumlichen Koexistenz in demselben Subjekt, sondern erstens verhält sich Grad bn zu Grad bn+ 1 wie die Potenz zum Akt, und zweitens stehen alle Grade in einer Gradreihe, die mit dem jeweiligen Extremgrad ("Terminus" - Maximum bzw. Minimum) endet; alle b sind also außerdem durch die gemeinsame Hinordnung auf einen realen positiven Terminus (den Endgrad) vereinigt. 8.22 b Ohne diese Voraussetzungen kommt man nicht zu der Behauptung in 8.21 b, c 1. Wenn man die drei Unterstellungen nach 8.22 a akzeptiert, dann folgt in der Tat die These von 8. 21 b, daß Gott nicht mehrere Wärmegrade in dasselbe Subjekt bringen kann, ohne daß sie zu einer einzigen intensiveren Wärme zusammenwachsen. 2. Verzichtet man jedoch auf diese Unterstellungen, dann folgt es nicht. 3. Genau genommen wird sogar in 8.21 b nicht etwa verneint, daß Gott mehrere nur numerisch verschiedene Qualitäten in demselben Subjekt koexistieren
348
8.23 a 1
lassen kann, sondern nur,daß er ihr Zusammenwachsen zu einer einzigen intensiveren Qualität verhindern kann. 8.23 a Unakzeptable Konsequenzen aus 8.22 a 1. Die Behandlung der Widerspruche, die sich aus den drei Unterstellungen nach 8.22 a ergeben, gehört hier nicht zum Thema und erfolgt in DM 46, 1 - 3 und 4. 2. Hier soll lediglich anhand einer Frage einiges angedeutet werden. 3. Sind die Grade, die eine intensivierte Qualität, z.B. Wärme von 8 Graden, zusammensetzen, unteilbar, oder haben sie eine bestimmte Breite, innerhalb derer sie ihrerseits intensiviert und abgeschwächt werden können?
Von der Antwort auf die Frage, ob Grade in der besahriebenen Weise teiZbar sind, hangt es ab, ob die zeitZiahen Veranderungen der Intensitat kontinuierZiah verZaufen kBnnen oder niaht. Ihr kontinuierZiaher VerZauf saheint bereits durah Auskunft der Erfahrung bewiesen zu sein, denn diese bemerkt keine Sprunge, deren Annahme auah zu gedankZiahen Sahwierigkeiten fuhren mußte (vgZ. 8.23 b). Ferner hangt es von der Antwort auf diese Frage ab, ob die Breite einer intensivierbaren QuaZitat eine innerZiah strukturierte Einheit biZdet oder ob sie nur ein zufaZZiges BundeZ einzeZner unteiZbarer Grade, aZso im Grunde niaht etwas Intensives, sondern etwas Extensives ist (8.23 a, d). Die Entsaheidung zu 8.22 a hangt unmitteZbar an der Beantwortung der Frage, ob Grade teiZbar sind oder niaht. Die AZternative zu "in siah unteiZbar" Zautet: 1. "in siah intensivierbar und absahwaahbar"("habent singularem latitudinem intensionis et remissionis"); durah die Konzession dieser
AZternative ist die ReihenfoZge der Grade im Sinn von 8.16 b 2 E mitkonzediert. -DM 46, 3 erkZart, daß die Breite der QuaZitat wie eine Linie bis ins UnendZiahe teiZbar ist, wenngZeiah niaht raumZiah, sed sola compositione et latitudine entitativa. Das zeigt die Erfahrung, es entspriaht der Natur einer intensivierbaren QuaZitat, und es ist die Bedingung der MBgZiahkeit fur die Kontinuitat der Intensivierung. "Denn wenn irgend ein TeiZ jener Quantitat aufgezeigt ist, kann ein anderer kZeinerer aufgezeigt werden, weiZ sie bis ins UnendZiahe teiZbar ist; ergo kann auah jeder kZeinere TeiZ in einer kZeineren Zeit und jeder grBßere TeiZ in einer grBßeren Zeit
8.23 a 4
349
erworben werden und so die ganze Intensivierung in einer kontinuierLiahen Sukzession erfoLgen" (ebd. 3.12; 773 a, b). Daß Mensahen in der Physik soLahe QuaLitäten in aaht oder zehn Grade teiLen, kommt (wie die TeiLung von Linien oder Zeitspannen in Einheiten) daher, daß sie anders aber Intensitäten gar niaht spreahen k~nnten. In WirkLiahkeit kommt eine Wärme von zwei Grad, die auf drei Grad intensiviert wird, niaht unmitteLbar auf drei Grad, sondern vorher auf 2 1/2, 2 3/4 usw. bis ins UnendLiahe (ebd. 3.13; 773 b). Niaht nur die Intensität der QuaLität aLs ganze ist aus bx zusammengesetzt, sondern jedes b ist seinerseits zusammengesetzt, und zwar innerhaLb seiner Gradbreite mit einem festen Maximum und Minimum. In besteht aus bn, und bn hat eine bestimmte Breite mit Maximum und Minimum. Wird das Minimum untersahritten, so gerät man in den Bereiah von bn-1; wird das Maximum ubersahritten, so gerät man in den Bereiah von bn+1· 4. Daß Grade unteilbar sind, sollte man aus verschiedenen Gründen nicht behaupten. 8. 2 3 b
Erste Begründung für 8.23 a 4 1. Wären Grade unteilbar, dann könnte es keine kontinuierliche, sondern nur eine schubweise Veränderung von Qualitäten geben. 2. Denn unteilbare Grade können jeweils nur ganz erworben werden, so daß die Intensivierung von Grad zu Grad in zeitlichen Sprüngen erfolgen müßte. 3. Die sinnliche Erfahrung zeigt aber, daß die Intensivierung der Qualitäten nicht schubweise, sondern kontinuierlich erfolgt. 4. Auch gibt es keinen vernünftigen Grund für die Annahme, daß ein natürliches Agens bei einem seiner Fähigkeit entsprechenden Objekte seiner Tätigkeit diese jeweils auf einen der angenommenen Sprünge hin unterbrechen und danach zum nächsten Sprung wieder aufnehmen sollte; oder daß es zu einem bestimmten Zeitpunkt tätig, zu einem anderen aber untätig ist.
Die Frage, ob Veränderungen der Intensität kontinuierLiah verLaufen, behandeLt DM 46, 3.6-18; 26, 771 a - 775 b. ALs Grunde fur die KontinuierLiahkeit von Intensitätsveränderungen werden genannt: 1. die Distanz zwisahen Agens und Passum, die durah kontinuierLiahe Bewegung zu aberwinden ist (3.16; 774 a, b); 2. der Widerstand des Subjektes durah entgegengesetzte QuaLitäten oder widerstreitende Dispositionen (3.17; 774 b); 3. die EndZiahkeit des Ver-
35o
8.23 c
mögens endliaher Agentien, die siah auah bei der Intensivierung auswirkt (3.18; 774 b - 775 a). 8.23 c Zweite Begründung für 8.23 a 4 1. Wären Grade unteilbar, so könnte aus ihnen z.B. keine per se eine Wärme entstehen (vgl. 1.3 c E und 2.5 d 3, 1 E), sondern sie existierten getrennt voneinander in demselben Subjekt wie eine Weiße und eine Süße und bildeten allenfalls ein unum per aaaidens aufgrund ihrer räumlichen Nähe (vgl. hierzu 8.23 a 2 E). 2. Bildete dennoch die aus ihnen entstehende Gesamtwärme eine Einheit, so müßten mit demselben Recht zwei verschiedene Denkvermögen, die Gott in dasselbe Subjekt legt, zu einem einzigen intensiveren zusammenwachsen, denn Gottes Macht wäre hier nicht weniger eingeschränkt als in dem Fall nach 8.21.
Dies zu behaupten, wäre allerdings häretisah, denn in Christus, einem einzigen Subjekt, gab es naah dem katholisahen Dogma ein mensahliahes und zugleiah ein göttliahes Denkvermögen, die naah der antimonergetisahen Lehre keineswegs zu einem einzigen intensiveren zusammenwuahsen. Der Text lenkt ein wenig von dieser Pointe ab, wenn er statt "Vereinigung in demselben Subjekt" den Ausdruak "Vereinigung in derselben Seele" wählt. Es gäbe den Ausweg, versahiedene Denkvermögen zu untersaheiden, so daß für göttliahen und mensahliahen Intellekt in Jesus Christus als spezifisah versahiedene Vermögen kein Zwang naah 8.21 b, a zum Zusammenwaahsen bestünde. Auf diesen unausgesproahenen Einwand geht Suarez in 8.23 a 3 flüahtig ein. 3. Wendet man ein, daß Denkvermögen im Unterschied zu anderen Qualitäten nicht zum Zusammenwachsen zu einem einzigen intensiveren geeignet sind, so verstößt man gegen die eigene Voraussetzung, nach welcher die Vereinigung von Qualitäten derselben Art in demselben Subjekt die hinreichende Bedingung für das Zusammenwachsen intensivierbarer Qualitäten deshalb ist, weil deren Grade nur numerisch verschieden sind. 4. Denn daß es für Gott nicht zu mühselig ist, Intellekte von genau derselben Bestimmtheit zu erschaffen, versteht sich von selbst.
Dieser Satz eröffnet unmittelbar die Kritik an dem Argument von 8.21 b: Fonseaa behauptet, die gemeinsame Inhäsion in demselben Subjekt sei die hinreiahende Bedingung dafür, daß zwei nur numerisah ver-
8.23 d 1
351
schiedene intensivierbare Qua~itäten zu einer einzigen intensiveren zusammenwachsen. In Wirk~ichkeit ist aber diese Bedingung keineswegs hinreichend. 8.23 d Dritte Begründung für 8.23 a 4 1. Wären Grade unteilbar, so müßte eine schwächere Qualität eine gleichstarke oder eine stärkere durch Übertragung ihrer Grade intensivieren.
Gösse man warmes Wasser in heißes Wasser, dann mußte nach der bekämpften Voraussetzung das heiße Wasser noch heißer werden. In Wirk~ichkeit erhä~t man aber nach dem Ausweis der Erfahrung eine Temperatur, die zwischen den ursprung~ichen des warmen und des heißen Wassers ~iegt. Das bedeutet, daß sich bei der Mischung die Wärmegrade beider Wasser uber die gesamte Wassermenge vertei~en. Wenn sie sich aber vertei~en, dann können sie nicht untei~bar sein. 2. Wer einwendet, daß die Ähnlichkeit der beiden Qualitäten dem entgegensteht, muß konsequenterweise konzedieren, daß aus demselben Grund die Verstärkung einer schwächeren Qualität durch eine stärkere unmöglich wäre.
"Wenn die Xhn~ichkeit entgegensteht" bezieht sich auf das Naturgesetz nach 8.1o b. Die schwächere Qua~ität a~s Agens wirkt nicht mehr, soba~d das Passum ihr ähn~ich geworden ist. Die stärkere Qua~ität hat aber von Anfang an zumindest so vie~ Vo~~kommenheit wie die schwächere, ergo braucht die schwächere nicht zu versuchen, sich die stärkere ähn~ich zu machen. Durch das Argument der Xhn~ichkeit, erk~ärt Suarez, wird aber im gegebenen Fa~~ auch die Intensivierung der schwächeren Qua~ität durch die stärkere ausgesch~ossen - m.E. in Verkennung des Umstandes, daß es hier nicht um die spezifische Xhn~ichkeit von Qua~itäten geht, sondern um die Xhn~ichkeit ihrer Intensitäten. Nach dem Ausweis der Erfahrung wird warmes Wasser wärmer, wenn man ihm heißes Wasser zugießt (vg~. 8.23 d 1 E). Uber~egungen wie die von 8.23 d fuhren unmitte~bar zum G~auben an die Nütz~ichkeit deP modernen Unterscheidung zwischen Wärmegrad und Wärmemenge. 4. Auch gäbe es keinen verständlichen Grund dafür, daß bei der Abschwächung einer Qualität von beispielsweise sieben Grad zuerst der siebte Grad und nicht etwa der dritte oder vierte abgeworfen wird.
352
Diese Frage
behande~t ausführ~icher.
8.23 d 3 E
DM 46. 1.34; 26. 763 b - 764 a
8.23 e Resume aus 8.23 b - d: Jeder Grad ist innerhalb seiner eigenen Breite teilbar 1. Also bleibt nur die in 8.23 a 2 genannte Alternative übrig, daß es bei intensivierbaren Qualitäten, z.B. bei Wärme, eine bestimmte Intensitätsbreite auch der einzelnen Grade gibt, innerhalb derer kontinuierliche Intensivierungen und Abschwächungen möglich sind, ohne daß der Bereich des jeweiligen Grades verlassen wird. 2. Die Intensitätsbreite des Grades muß aber ebenso wie die der Qualität unendlich teilbar sein, weil sonst die kontinuierliche Veränderung der Intensitäten, die die Sinne bezeugen, nicht möglich wäre. 3. Auch müssen die Grade der Intensität in Hinsicht auf einen gemeinsamen Endgrad ("Terminus") vereinigt sein, d.h. sie müssen an unvertauschbaren Stellen einer Reihe stehen, die mit dem Maximum endet.
DM 46. 4 untersucht die Frage. ob es bei Intensitäten ein Maximum und Minimum gibt. Zur Frage des Minimums weist 4.7; 26. 778 a. b darauf hin. daß sie nicht strikt entscheidbar ist. daß aber vie~es gegen die Annahme eines Minimums spricht. wenn man die Qua~ität für sich betrachtet. Betrachtet man sie dagegen. sofern sie inhäriert. dann darf man sagen. daß es vonseiten des Subjektes eine Schwe~~e gibt. unterha~b derer es faktisch nicht mehr affizierbar ist. Die Qua~ität a~s so~che aber hat kein Minimum. "denn um Qua~ität in ihrem konnatura~en und vo~~kommenen Zustand sein zu können. muß sie die ganze Intensität besitzen. die 'minima~' oder vie~mehr in Hinsicht auf den vo~~kommenen Zustand jener Qua~ität 'einzig' genannt werden kann; nach dessen Unterschreitung geht die Qua~ität in den Zustand über. in dem sie fortan keine bestimmte K~einheitsgrenze hat. denn sie kann immer vom Unvo~~kommenen zum Unvo~~kommeneren übergehen und umgekehrt die gesamte Breite ihrer Entität sukzessiv erwerben." Die Frage des Maximums behande~t 4.19; 781 a. b: "Für die natür~ichen Qua~itäten gibt es ein Maximum an Intensität. das sie auf natür~iche Weise erreichen können. 1. wei~ jedes Ding seinem Wesen nach eine bestimmte Perfektionsgrenze hat. 2. wei~ intensivierbare QuaZitäten den substantie~~en Formen. für die sie sind. und den Agentien. die sie einführen. kommensurabe~ sein müssen."
8.23 f
353
8.23 f Begründung für 8.23 e 3 1. Sonst wäre nicht einzusehen, wieso zwei Teile eines Grades zusammengehören. 2. Denn die gesamte Qualität ist genauso aus Graden zusammengesetzt, wie jeder einzelne Grad aus Teilen zusammengesetzt ist. 3. Das wäre ohne die gemeinsame Orientierung aller Grade und Teile am Maximum so wenig möglich wie die Teilung eines Kontinuums in alle seine Teile, und deshalb braucht man das genannte Ordnungsprinzip. 8.24 a Entscheidung zu 8.21 b - c 1. Aus 8.22 a - 8.23 f geht gegen 8.21 b, c klar hervor, daß Gott in demselben Subjekt mehrere nur numerisch verschiedene Qualitäten koexistieren lassen kann, ohne daß aus ihnen eine einzige intensivere entsteht. 2. Ferner, daß er beide inhärieren und dennoch nur akzidentell vereinigt sein lassen kann, und zwar in der Weise bloßer räumlicher Nachbarschaft , durch die allein noch keine Intensivierung zustandekommt. 3. In einen Widerspruch gerät man durch diese Behauptung nicht, und sie vertreten u.a. Gregor von Rimini, Wilhelm von Ockham und Ägidius von Rom.
Gemeinsame Inhäsion aLLein ist im WidePspPuah zu 8. 21 b 3 keine a priori hinPeiahende Bedingung fUP die VepsahmeLzung nuP numePisah vePsahiedeneP intensiviePbaPeP QuaZitäten. die in demseLben Subjekt koexistiePen. Und zwaP deshaLb niaht. weiZ die GPade deP Intensität niaht nuP numePisah vePsahieden sind. sondePn VePsahiedenen Speaies angehöPen; es gibt keine unifoPmen GPade. Auah sahLießt die Intensität des höhePen GPades bePeits die Intensität des niedPigePen GPades ein. so daß wedeP ein zwingendeP GPund fUP beideP Zusammenwachsen zu eineP höhePen Intensität noah auah die Tatsache eines soZahen Zusammenwachsens zu bemePken ist. denn wenn man Zaues WasseP in heißes gießt. WiPd das heiße niaht noah heißeP. FePneP können intensiviePbaPe QuaLitäten pPinzipieZL niaht UbeP ihP Maximum hinaus intensiviePt wePden. Wenn aLso zwei intensiviePbaPe QuaLitäten im Maximum. die nuP numePisah vePsahieden sind. in demseLben Subjekt koexistiePen. dann können sie sahon deshaLb niaht zu eineP einzigen intensivePen zusammenwachsen. weiZ bei ihnen eine SteigePung deP Intensität niaht mehP mögZiah ist. DaheP kann siah Gott (im WidePspPuah zu 8.21 a 1) die MUhe ePspaPen. von zwei nuP numePisah
354
8.24 b 1
verschiedenen intensivierbaren Qualitäten in demselben Subjekt die eine im Wege des Wunders ohne den Modus der Inhäsion existieren zu lassen, sofern er dadurch nur erreichen will, daß ihr Zusammenwachsen verhindert wird. Da beider Grade außer im Fall der Gradgleichheit in Wirklichkeit spezifisch verschieden sind, liegt in ihrem Nichtzusammenwachsen nicht der Widerspruch, der u.U. bei bloß numerischer Verschiedenheit darin läge. Ein Widerspruch ist allerdings das einzige, das Gott nicht realisieren kann (vgl. zur Sache und zur Formulierung 1.5 a E). 8.24 b Die Berufung auf Aegidius Romanus in 8.21 c 3 1. Aegidius nimmt im Gegensatz zu 8.21 c 3 an, daß Gott zwei nur numerisch verschiedene Qualitäten unter Wahrung ihrer Verschiedenheit sogar in derselben Lage koexistieren lassen kann, ohne dass es zu einer mehr als akzidentellen Vereinigung beider oder gar zu einer Intensivierung käme. 2. Dann aber spricht überhaupt nichts dagegen, daß Gott beispielsweise zwei Weißen unter Wahrung ihrer Verschiedenheit an benachbarten Stellen eines Subjektes koexistieren lassen kann, ohne daß es zu einer mehr als akzidentellen Vereinigung beider oder gar zu einer Intensivierung käme. 3. Damit ist nach der allgemeinen Entscheidung in 8.2o b und 8.21 a auch dieses in 8.21 b aufgetauchte Problem zu Ende geführt.
Gleichzeitig ist - ohne ein eigenes Schlußwort - der Achte Abschnitt zu Ende geführt.
GZiederung des Neunten Absahnitts 9.1
a
ExpZikation und FragesteZZung
A. DIE WIDERSTREITENDEN MEINUNGEN 9.1
b
9.2
a d e f a b a
Erste Meinung: Die sukzessive Inhäsion nur numerisah versahiedener Akzidentien in demseZben Subjekt ist unmögZiah Saotus vertritt diese Meinung nur bedingt Begrundung fur 9.1 a Einwand gegen 9.1 b 2 SteZZungnahme zu dem Einwand in 9.1 e Zweite Meinung: Die sukzessive Inhäsion nur numerisah versahiedener Akzidentien in demseZben Subjekt ist gegebenenfaZZs notwendig Begrundung der zweiten Meinung durah Durandus Bestätigung fur die zweite Meinung
B. ENTSCHEIDUNG DER FRAGE 9.3
a
9.4
b a a
Erste These zur Lösung des ProbZems: Die Meinung 9.1 b ist faZsah Damit ist 7.2 d widerZegt 9.3 a 2 giZt auah fur naturZiehe Ursaahen Zweite These zur Lösung des ProbZems: Die sukzessive Existenz nur numerisah versahiedener Akzidentien in demseZben Subjekt ist gegebenenfaZZs von der Ordnung der Natur erfordert
C. WESHALB ERFORDERT DIE ORDNUNG DER NATUR GEGEBENENFALLS DIE REPRODUKTION NUR NUMERISCH VERSCHIEDENER AKZIDENTIEN IN ·DEMSELBEN SUBJEKT? 9.4
b a
9.5
a b a d
Die Forderung naah 9.4 a beruht niaht auf der UnwiederhoZbarkeit von Tätigkeiten Die Behauptung der UnwiederhoZbarkeit von Tätigkeiten naah 9.2 b kann aZZenfaZZs in Hinsiaht auf Gesahöpfe geZten Erstes Bedenken gegen die Riahtigkeit von 9.2 b in Hinsiaht auf Gesahöpfe Zweites Bedenken gegen die Riahtigkeit von 9.2 b in Hinsiaht auf Gesahöpfe Drittes Bedenken gegen die Riahtigkeit von 9.2 b in Hinsiaht auf Gesahöpfe Erste MögZiahkeit der Interpretation von 9.5 a 3: äußere Zeit
Gliederung
356
9.5
e
f 9.6
a b c
9.7
a
b c d 9. 8
e a b c
9.9
a
b c d e 9.10 a
b c
d
zweite MBgLiahkeit der Interpretation von 9.5 c 3: innere Zeit Gott k8nnte dieseLbe Form durch numerisah dieseLbe Tatigkeit reproduzieren Bedenken gegen die Richtigkeit von 9.2 c Erste M8gLiahkeit der Interpretation von 9.2 a: mit "sukzessiv" ist etwas Negatives oder Privatives gemeint Zweite MBgLiahkeit der Interpretation von 9.2 a: mit "sukzessiv" ist etwas ReaLes und Positives gemeint Erste ALternative zu 9.2 b: In den Substanzen werden nur numerisah verschiedene Akzidentien reproduziert, weiL die Zweitursachen zu individueLL festgeLegten Wirkungen determiniert sind, und zwar von außen her ErLauterung zu 9.7 a 3 Der Autor hat sich bei früherer GeLegenheit gegen die These von 9.7 a, b gewandt Danach hat der Autor über diese Frage noch einmal nachdenken dürfen Deshalb wiederhoLt er die These von 9.7 a,b Bedenken gegen 9.7 a, b Eine individuelle Determinierung der Tatigkeiten nach 9.8 a 3 ist unbeweisbar Daß die Natur der Zweitursachen die Determinierung durch Gott erfordert, führt zu einer v8llig anderen These Zweite Alternative zu 9.2 b: Die Zweitursachen k8nnen wegen der Beschaffenheit ihres Verm8gens jede individuelle Wirkung nur einmal hervorbringen 9.9 a ist unbegründet und falsch Anmerkung zu 9.9 b 4 VorbehaLt zu 9.9 b, c Der VorbehaLt in 9.9 d hebt 9.9 b nicht auf Dritte ALternative zu 9.2 b: Natürliche Agentien sind nicht aufgrund ihres Wesens, sondern nur deshaLb, weil die Ordnung der Natur sie an dieses Verfahren bindet, zu nur jeweiLs einer individuellen Wirkung determiniert Resum~ zu 9.4 b - 9.1o a: Die frühere Entscheidung des Autors Gründe für die frühere Entscheidung des Autors Schlußfolgerung aus 9.1o c
Neunter Abschnitt
IST ES WEGEN DER INDIVIDUATION DER AKZIDENTIEN EIN WIDERSPRUCH, DASS MEHRERE NUR NUMERISCH VERSCHIEDENE AKZIDENTIEN NACHEINANDER IN DEMSELBEN SUBJEKT EXISTIEREN? Dieser Abschnitt dient der Vberprüfung der in 7.2 d 2 aufgestelZten Behauptung und damit der Vorbereitung der vom Autor in 7.5 4 zunächst verschobenen Entscheidung. die in 9.3 b kurz angesprochen wurde. Die genannte Behauptung war nicht eindeutig. Die Frage nach der Möglichkeit der gleichzeitigen Existenz nur numerisah verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt hat der Achte Abschnitt bejahend entschieden. Im Neunten Abschnitt wird demgegenüber die Frage nach der Möglichkeit der sukzessiven Existenz nur numerisah verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt untersucht. Nach der Vorbemerkung in 9.1 abringen 9.1 b - f und 9.2 die widerstreitenden Thesen. Zur Entscheidung der Frage zeigt der Autor in 9.3 und 9.4 a. daß die sukzessive Existenz nur numerisah verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt nicht nur möglich ist. sondern gegebenenfalls sogar von der Ordnung der Natur gefordert wird. Der Grund. weshalb sie von der Ordnung der Natur gefordert wird. wird in 9.4 b und den übrigen Abschnittsparagraphen behandelt. 9.5-6 behandeln die Antwort Durands. 9.7-8 die erste und 9.91o a die zweite und dritte Alternative zu ihr. 9.1 a Explikation und Fragestellung 1. Der Ausdruck "zwei nur numerisch verschiedene Akzidentien sind nacheinander in demselben Subjekt" wird dann verwendet, wenn ein Subjekt ein Akzidens verliert, aber irgendwann später ein neues von derselben Art erwirbt. 2. Die Fragestellung lautet in diesem Abschnitt: Muß oder kann das später erworbene Akzidens von dem früher erworbenen numerisch verschieden sein?
A. Die widerstreitenden Meinungen 9.1 b Erste Meinung 1. Einige Autoren sind so überzeugt von der thomistischen Meinung, nach welcher Akzidentien durch
358
9. 1 b 2
ihr Subjekt individuiert werden (s. 7.2), daß sie nicht nur die simultane, sondern sogar die sukzessive Inhäsion nur numerisch verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt für unmöglich halten. 2. Sie behaupten, daß bei dem in 9.1 a 1 bezeichneten Sachverhalt kein numerisch verschiedenes Akzidens neu entsteht, sondern daß numerisch dasselbe reproduziert wird. 3. Das gelte für Wärme und Licht nicht weniger als für das wo und die räumliche Bewegung, besonders, wenn letztere in demselben Raum erfolge. 9. 1 c Scotus vertritt diese Meinung nur bedingt
1. Diese Meinung vertritt Scotus nur für den Fall, daß Subjekt und Agens dieselben bleiben. 2. Er begründet sie aber nicht mit Erfordernissen der Individuation, sondern damit, daß dasselbe Agens in Hinsicht auf dasselbe Subjekt stets zu derselben Tätigkeit disponiert ist und daß mithin für numerische Verschiedenheit in dem genannten Fall kein hinreichender Grund zu erkennen ist. 3. Selbst Aristoteles meint, daß numerisch dieselbe Wirkung entsteht, wenn Agens und Materie dieselben bleiben.
Naah dieser Meinung kommt immer dann, wenn 1. zum zweiten Ma~ ein Akzidens derselben Art aus demselben Subjekt herausgeführt werden so~~ und wenn 2. dabei dasse~be Agens wie beim ersten Ma~ tätig ist, numerisah dasselbe Akzidens wieder zum Vorsahein, so wie naah jeder Stunde numerisah derse~be Kuakuak aus der Uhr sahaut. Bezeiahnenderweise wird diese Meinung a~s Gegenmeinung zitiert, aber niaht detai~ ~iert, sondern nur summarisah behande~t. 9. 1 d
Begründung für 9.1 c 1. Wenn man eine Stunde lang ununterbrochen auf dieselbe Wand schaut, dann konserviert man eine Stunde lang denselben Wahrnehmungsakt. 2. Wenn man aber während derselben Stunde für wenige Sekunden die Augen schließt und wieder öffnet, dann reproduziert man numerisch denselben Akt. 3. Denn eine Unterbrechung von wenigen Sekunden ändert nichts daran, daß die Potenz des Sehvermögens in dieser ganzen Stunde und in allen ihrem Teilen nu merisch denselben Akt bewirkt und in sich aufnimmt.
9.1 d E
359
(AJ Wenn das Sehvermögen einen Wahrnehmungsakt eine Stunde lang produzieren kann, dann kann es ihn auah in jeder Minute und jeder Sekunde dieser Stunde produzieren, z.B. in der 1828. bis 1831. Sekunde. (B} Wenn aber in der 1829. und 183o. Sekunde das Auge gesahlossen wird, das in allen Ubrigen Sekunden der Stunde geöffnet bleibt, so produziert das Sehvermögen in der 1831. Sekunde numerisah denselben Akt wie in der 1828. Sekunde. Denn unter (A} ist sahon bewiesen, daß das Sehvermögen in jeder Sekunde der betreffenden Stunde numerisah denselben Akt produzieren kann, und es ist kein Grund erkennbar, der es hindern sollte, das zu tun. 9. 1 e Einwand gegen 9.1 b 2
1. Wer die These von 9.1 b 2 für die akzidentellen Formen vertritt, der muß konsequenterweise auch konzedieren, daß dasselbe Agens in dieselbe Materie stets numerisch dieselbe substantielle Form einführt (vgl. 9.1o d 3). 2. Das bedeutet, daß numerisch dasselbe zusammengesetzte Individuum gegebenenfalls auf natürliche Weise wiederentstehen kann. 3. Demnach brauchte Gott zur Bewirkung der von Christus verheißenen Auferstehung der Toten kein Wunder zu wirken.
Bei der EinfUhrung einer mensahliahen Seele in hinreiahend disponierte Materie ist Gott immer das Agens (vgl. 3.3o d 2 E}. Um auf natUrliehe Weise numerisah dasselbe Individuum Peter wiederentstehen zu lassen, brauahte Gott demnaah nur die Materie herauszusuahen, mit der die Seele Peters (bei Peters Mensahwerdung oder später?} vereinigt war, und beide wieder zu vereinigen. Diese These ist zahlreiahen Einwänden ausgesetzt, z.B. dem, daß dieselbe Materie im Lauf der Gesahiahte von mehreren Seelen besetzt gewesen sein kann. Ein Teil der Argumente von 6.5 e - 6.13 b könnte mutatis mutandis auah hier verwendet werden. 9. 1 f
Stellungnahme zu dem Einwand in 9.1 e 1. Einige Autoren haben keine Bedenken, die These des Einwands zu konzedieren. 2. Andere behaupten, daß entgegen 9.1 e 1 für akzidentelle und substantielle Formen nicht dasselbe gilt. 3. Denn substantielle Formen erfordern (anders als akzidentelle) in der Materie eine Disposition (3.19 a E), die sich nie wiederholt.
36o
9.2 a 1
9.2 a Zweite Meinung 1. Die zweite Meinung behauptet das genaue Gegenteil. 2. Nach ihr können nicht nur numerisch verschiedene Akzidentien nacheinander in demselben Subjekt sein, sondern sie müssen es sogar, falls noch einmal ein Akzidens derselben Art eingeführt wird, weil alles, was entsteht, individuell ist (s. 1.4 a}. 3. Daß Gott auch de potentia absoZuta (s. 2.3o a E} daran nichts ändern kann, behaupten u.a. Durandus und Marsilius. 9.2 b Begründung der zweiten Meinung durch Durandus 1. Durandus begründet seine Meinung damit, daß jede erneute Hervorbringung die Wiederholung einer Tätigkeit voraussetzt. 2. Es wird aber niemals dieselbe Tätigkeit reproduziert, weil Tätigkeiten wie alles Sukzessive nicht reproduziert werden können. 3. Wenn aber die Tätigkeit nicht dieselbe ist, so kann auch ihr Effekt nicht derselbe sein.
Tätigkeiten sind nicht ohne weiteres sukzessive Entitäten, denn es gibt auch instantane Tätigkeiten, bei denen keine Sukzession vorZiegt, und zwar auch bei geschöpfZiehen Agentien. VgZ. 9.4 c E, v.a. aber DM 48, 2.22-23; 26, 88o a, b. Die verschiedenen Aspekte des VerhäLtnisses von Tätigkeit und Bewegung behandeLt kurz ebd. 5.3; 893 b - 894 a. Daß Tätigkeiten nicht reproduzierbar sind, Zehrt in einem bestimmten Sinn auch Suarez, vgZ. unten 9.6 b. Daraus foZgt aber nicht 9.2 b 3. 9.2 c Bestätigung für die zweite Meinung 1. Wenn nacheinander nichtsukzessive Akzidentien in demselben Subjekt entstehen könnten, die nicht einmal numerisch verschieden sind, dann müßten konsequenterweise auch sukzessive Akzidentien in ihm entstehen können, die nicht einmal numerisch verschieden sind. 2. Das aber ist nicht der Fall, beispielsweise ist die Zeit ein sukzessives Akzidens, daß aber numerisch dieselbe Zeit reproduziert werden kann, halten alle Autoren für ausgeschlossen.
Für den SchZuß in (1.) wird kein besonderer Grund angegeben, obgLeich er nicht unmitteLbar pZausibeZ
9.3 a 1
361
sein dürfte. -Die Zeit wird in DM 5o. 8.3; 26. 949 a. als realis duratio successiva bestimmt; sie kommt also nur bei sukzessiver kontinuierlicher Veränderung vor (ebd. 8.4-5; 949 a - 95o a). Zeit und Bewegung sind niaht real. sondern nur gedanklich verschieden. Sie sind real dasselbe. weil zwisahen Dauer und dauerndem Ding kein realer Unterschied besteht; doah sind sie gedanklich verschieden. weil "Bewegung" nur "Weg zu einem Zielpunkt" bedeutet. während "Zeit" auf das Verharren dieser Bewegung im Sein verweist (ebd. 9.1-2; 951 a. b; zu "duratio"• das ebenfalls hierher geh8rt. s. 8.15 d 2 E). Gegen die nur gedankliche Verschiedenheit von Bewegung und Zeit spriaht die These. daß Gott zwar numerisah dieselbe Zeit. aber niaht numerisah dieselbe Bewegung reproduzieren kann (ebd. 9.1o; 953 b). Dagegen wird erwidert. daß die Behauptung. Gott k8nne niaht numerisah dieselbe Zeit reproduzieren. falsah ist (ebd. 9.14-16; 954 b - 955 a; vgl. hier 9.6 b E). Also ist 9.2 a 3 niaht haltbar. Der Text kommt aber darauf erst in 9.6 a zurüak.
B. Entscheidung der Frage 9.3 a Erste These zur Lösung des Problems: Die Meinung 9.1 b ist falsch 1. Angesichts der genannten extrem konträren Thesen ist eine Lösung zu suchen, die zwischen beiden in der Mitte liegt (vgl. 8.15 a 1). 2. Erstens ist zu sagen, daß numerisch verschiedene Akzidentien nacheinander in demselben Subjekt existieren können. 3. Das enthält keinen Widerspruch und kann daher zumindest durch Gott verwirklicht werden (s. 1.5 a). 4. Denn wenn numerisch verschiedene Akzidentien gleichzeitig in demselben Subjekt sein können (s. 8.15 a), dann können sie erst recht nacheinander darin sein.
Daß die Koexistenz nur numerisah verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt in Hinsiaht auf Gottes Maaht niaht widersprüahliah ist. wurde in B. 21-23 bewiesen und in 8.24 a als Entscheidung verkündet. Daß nur numerisah verschiedene Akzidentien leiahter nacheinander als gleichzeitig in demselben Subjekt sein k8nnen. wird niaht eigens begründet und ist plausibel. Für die Vertreter der These in 7.2 d gilt die Behauptung der Existenz nur numerisah ver-
362
9.3 b
sahiedener Akzidentien in demselben Subjekt bloß wegen der von ihnen unterstellten Individuierung der Akzidentien durah das Subjekt als widersprüahliah. Allerdings kann ein Gegenstand widersprüahliahe Eigensahaften naaheinander leiahter haben als zugleiah: ein Baum kann jetzt niaht saftig und zugleiah verdorrt sein, er kann aber heute saftig und in zwei Jahren verdorrt sein. 9.3 a 4 ist daher wenigstens auf den ersten Bliak plausibel. 9.3 b Damit ist 7.2 d widerlegt
1. Das genügt bereits zur Widerlegung der These, daß Akzidentien derselben Art ihre Individuation durch ihr Subjekt oder durch ihre Beziehung auf ein bestimmtes Subjekt erhalten (7.2 c). 2. Sonst könnten sie nicht einmal dann numerisch verschieden sein, wenn sie in demselben Subjekt zu verschiedenen Zeiten hervorgebracht würden. 3. Denn die Verschiedenheit der Zeit allein reicht zur Begründung des Individuellseins nicht aus, man braucht vielmehr ein inneres Individuationsprinzip in den hervorgebrachten Formen selbst.
Daß die Zeit zur Begründung des Individuellseins niaht hinreiahend ist, zeigt 9.5 a - 9.6 a. Dasselbe galt bereits für die Individuation der Substanzen (3.34 a): Die Zeit ist etwas Xußerliahes, naah 3.2 a, d ist aber das Individuationsprinzip ein inneres Konstitutiv bzw. der Modus eines inneren Konstitutivs. 9.3 c 9.3 a 2 gilt auch für natürliche Ursachen
1. Man kann die These 9.3 a 2 abgesehen von der Berufung auf Gott auch auf das Vermögen und auf die Ordnung der natürlichen Ursachen beziehen. 2. Dann bleibt sie ebenfalls wahr. 3. Das folgt aus der These von 9.4 a, daß die Ordnung der Natur die numerische Verschiedenheit nacheinander in demselben Subjekt hervorgebrachter Akzidentien nicht nur zuläßt, sondern erfordert. 9.4 a Zweite These zur Lösung des Problems: Die sukzessive Existenz numerisch verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt ist gegebenenfalls von der Ordnung der Natur erfordert 1. Zweitens ist zu sagen, daß die sukzessive Entstehung numerisch verschiedener Akzidentien in dem-
9.4 a 2
363
selben Subjekt von der Ordnung der Natur nicht nur erlaubt, sondern gefordert ist. 2. So lautet die gewöhnliche These der Philosophen und Theologen, die auch der Verfasser gelegentlich vertreten hat. 3. Er erklärte nämlich, daß gemäß der Ordnung der Natur in demselben Subjekt nicht numerisch dasselbe Akzidens reproduziert wird. 4. Daraus ergibt sich für den gegenwärtigen Fall, daß in demselben Subjekt ein numerisch verschiedenes Akzidens reproduziert werden muß.
Damit ist die Entscheidung der Frage im Grunde abgeschlossen. Die folgenden Erwägungen konzentrieren sich nur noch auf das Detail, inwiefern gemäß der Ordnung der Natur numerisah verschiedene Akzidentien in demselben Subjekt reproduziert werden müssen.
C. Warum erfordert die Ordnung der Natur gegebenenfalls die Reproduktion numerisch verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt? 9.4 b Die Forderung nach 9.4 a beruht nicht auf der Unwiederholbarkeit von Tätigkeiten 1. Worauf die genannte Forderung der Ordnung der Natur beruht,ist schwer zu sagen. 2. Durandus nannte als Grund die Unwiederholbarkeit von Tätigkeiten und Veränderungen (s. 9.2 b). 3. Entsprechend lautet die Meinung Heinrichs von Gent, der freilich (anders als Durandus, s. 9.2 a 3) die genannte Unwiederholbarkeit nicht für die absolute Macht Gottes annimmt. 9.4 c Die Behauptung der Unwiederholbarkeit von Tätigkeiten nach 9.2 b kann allenfalls für Geschöpfe gelten 1. Daß Durandus hier auch die potentia absoluta bindet, ist ein schwerer Irrtum (s. 9.2 a 3). 2. Denn Gottes Handeln ist von der Zeit und den übrigen Umständen unabhängig. 3. Darin unterscheidet sich Gott von den natürlichen Agentien, die durch Bewegung und instantane Wandlung tätig werden; nur ihretwegen sagt Aristoteles in 227 b, 27 - 32 bzw. 228 b, 1 - 4, daß zur Einheit der Bewegung die Einheit der Zeit erforderlich ist, und dieses Argument benutzt auch Toletus.
364
9.5 a
1
9.5 a Erstes Bedenken gegen die Richtigkeit von 9.2 b für Geschöpfe 1.Daß die numerische Einheit einer Tätigkeit mehr auf der numerischen Einheit ihres Produktes bzw. der durch sie eingeführten Form beruht, ist (auch nach 227 b, 21 - 228 a, 6 und 228 a, 12 - 19) eher wahr als das Gegenteil. 2. Wenn man wie Durandus in 9.2 b behauptet, die hervorgebrachten Akzidentien seien wegen der numerischen Verschiedenheit der sie hervorbringenden Tätigkeiten numerisch verschieden, so begeht man einen Zirkelschluß.
Unter dem Gesiahtspunkt der Zirkularität lautet der Sahluß folgendermaßen: Das neu erworbene Akzidens a'' kann mit dem verlorengegangenen Akzidens a', das zu derselben Art gehört, niaht numerisah identisah sein, denn a'' wird durah eine andere Tätigkeit hervorgebraaht als a'. Daß die Tätigkeit, die a' hervorbringt, niaht numerisah identisah ist mit der Tätigkeit, die a'' hervorbringt, geht daraus hervor, daß a' und a'' numerisah versahieden sind. - Saahliah ist einzuwenden, daß es hier primär niaht um die Einheit von Veränderungen oder Tätigkeiten,sondern um die Einheit der Produkte von Veränderungen oder Tätigkeiten geht, nämliah um die Identität von Akzidentien. FUr die Behauptung, daß die Identität der Tätigkeiten eher auf der Identität der Produkte als die Identität der Produkte auf der Identität der Tätigkeiten beruht, spriaht vom gewöhnliahen Verstand her vieles. An demselben Produkt kann zu versahiedenen Zeiten gearbeitet werden, doah handelt es siah stets um die Arbeit an diesem Produkt. In einem zusammenhängenden Zeitabsahnitt kann an mehreren Produkten gearbeitet werden, doah handelt es siah dann niaht um eine einzige Arbeit an einem Produkt, sondern um eine Anzahl von Arbeiten, nämliah um Arbeit am Produkt p' und Arbeit am Produkt p' '· Wenn aber die Einheit des Produktes niaht auf der Einheit der es hervorbringenden Tätigkeit beruht, dann ist es unangemessen, hier darauf hinzuweisen, daß zur Einheit des Produktes Einheit der Tätigkeit im Sinne von Einheit der Zeit erforderliah ist. Der Hinweis verfehlt die Pointe, auah kommt mit ihm eine Bedeutung von "Bedingung der Einheit" ins Spiel, die hier niaht von Belang ist, nämliah "äußere Bedingung der Einheit" (s. 3.2 e). Deshalb entspriaht der Sahluß naah 9.5 a 2 auah niaht dem Erfordernis der Eindeutigkeit von Termen in SahlUssen. - Suarez behandelt
9.5 b 1
365
in DM 48, 3 ausdrüakliah die Frage, ob für die Einheit der Tätigkeit die Beziehung zum Agens oder die Beziehung zum Effekt das Entsaheidende ist (ebd. 3.7; 26, 883 a): zur spezifisahen Einheit der Tätigkeit ist die Einheit des Effektes erforderliah. Ebd. 3.1o; 884 a, b: Tätigkeiten sind niemals versahieden, wenn der Effekt derselbe bleibt. Hier wird zwar niaht von numerisaher Versahiedenheit gesproahen, jedoah die Prävalenz des Effektes betont. Ebd. 3.22; 887 b 888 a bringt sahließliah die Entsaheidung, daß die Tätigkeit sowohl in spezifisaher als auah in individueller Hinsiaht gleiahermaßen vom Agens und vom Effekt abhängig sei. jedoah in Hinsiaht auf ihre Spezifikation stärker vom Effekt, denn der Effekt sei gleiahsam die letzte äußere Form (d.h. der letzte Zweak - "finis" ist gleiahbedeutend mit "äußere Formalursaahe") der Tätigkeit, und sie determiniere das Agens, eine Tätigkeit von gerade dieser Art hervorzubringen. 9.5 b zweites Bedenken gegen die Richtigkeit von 9.2 b für Geschöpfe 1. Selbst wenn man zugibt, daß die Tätigkeiten unterschiedlich sind, folgt nicht, daß auch die durch sie hervorgebrachten akzidentellen Formen unterschiedlich sein müssen. 2. Denn in den genannten Aristoteles-Stellen (Anm. 176 und 178 im Textband) folgt aus der Behauptung, zur Einheit von Tätigkeiten seien drei Dinge erforderlich, daß Tätigkeiten nicht schon dann eine Einheit bilden, wenn die hervorgebrachte Form eine einzige ist. 3. Doch hat die Form ihre Einheit nicht von der Tätigkeit, die sie hervorbringt.
Wenn zur Einheit von Tätigkeiten niaht weniger als drei Dinge erforderliah sind, so kann zur Herstellung ihrer Einheit die Einheit der hervorgebraahten Form allein niaht hinreiahend sein. Daraus, daß zu versahiedenen Zeiten numerisah dasselbe Akzidens in demselben Subjekt hervorgebraaht würde, müßte also niaht folgen, daß numerisah dieselbe Tätigkeit wiederholt worden ist. So wird en passant festgestellt, daß 9.2 b kein sahlagendes Argument gegen die thomistisahe Meinung ist. -Zu (3.):Naah 3.2 a ist das Prinzip der Individuation etwas der Entität des Individuierten Innerliahes, die hervorbringende HandLung ist aber seiner Entität uninnerliah - s. (4.).
366
9.5 b 4
4. Sonst wäre es nicht möglich, daß numerisch dasselbe Licht, das die eine Kerze hervorgebracht hat, von einer anderen erhalten wird.
Gibt es während der Dauer eines Liahtes keine wenn auah noah so kurze Unterbreahung durah Dunke~heit, dann darf von numeriseher Einheit des Liahtes die Rede sein (vg~. 228 b, 3 - 7). Wenn an einer ver~ö sahenden Kerze reahtzeitig eine neue Kerze entzündet wird, so bringt die neue Kerze (wei~ zwisahenzeit~iah keine Unterbreahung durah Dunke~heit eingetreten ist) numerisah dasse~be Liaht hervor wie die er~osahene. Die Kraft dieses Argumentes hängt von der Entsaheidung der Frage ab, ob Hervorbringung und Erha~tung einer Form versahiedene Tätigkeiten sind. Das trifft in gewissen Fä~~en zu, wie DM 21, 2 zeigt. Biswei~en zwar wird ein Ding durah diese~be Ursaahe erha~ten, durah die es entsteht, und dann sind Hervorbringung und Erha~tung nur gedank~iah versahieden (ebd. 2.3; 25, 791 a, b). Biswei~en ist dagegen die Erha~tung eine von der Hervorbringung rea~ versahiedene Tätigkeit, und zwar aufgrund einer Versahiedenheit der Wirkursaahe und/oder der Materia~ursaahe (ebd. 2.8; 793 a). Zumindest eine Versahiedenheit der Materia~ursaahe ~iegt im Fa~~ der beiden Kerzen vor. 9.5 c Drittes Bedenken gegen die Richtigkeit von 9.2 b für Geschöpfe
1. Wenn (wie in 9.2 b) die numerische Verschiedenheit der akzidentellen Formen durch die unvermeidliche Verschiedenheit der sie hervorbringenden Tätigkeiten erklärt wird, dann bleibt die Frage nach dem Grund der letzteren. 2. Also hat man das Problem nicht gelöst, sondern nur gleichsam vertagt. 3. In 9.2 b 2 und 9.2 c steckt zwar ein Hinweis auf die Nichtreproduzierbarkeit der Zeit, doch er befriedigt nicht. 4. Mit "Zeit" kann hier die äußere oder die innere Zeit gemeint sein (s. 9.5 d 1 E), bei beiden Interpretationen wäre aber ein Hinweis auf die Zeit keine akzeptable Antwort auf die Frage in 9.5 c 1. 9.5 d Erste Möglichkeit bei 9.5 c 3: äußere Zeit
1. Die äußere Zeit, die durch Beobachtung der Himmelsbewegungen gewonnen wird, spielt für die numerische Verschiedenheit von Tätigkeiten gar keine Rolle.
9.5 d 1 E
367
Vgt. DM Sc>, 11.9; 26, 96o b: "Es steht fest, daß keine Bewegung aus ihrer Natur heraus ein Maß für die andere ist, denn in keiner findet man jene Teilung und Markierung, die zum Messen notwendig ist, sondern dies hängt immer von der Vernunft und dem mensahliahen Ermessen ab. Um aber jedoah von dem Fundament zu reden, das es in der Saahe für diese Gattung von Maß geben kann, so steht ebenfalls fest, daß dieses am meisten in der Bewegung des Himmels gefunden wird, denn jene Bewegung ist aufgrund der Gestirne, v.a. der Sonne und des Mondes, die bekannteste, sie ist auah die zuverlässigste und regelmäßigste, und insofern sie die sahnellste ist, ist sie auah gewissermaßen die kürzeste; ergo ist sie von siah aus am geeignetsten, um zur Messung der anderen Bewegungen oder ihrer Dauern genommen zu werden. 2. Die Feststellung des Standes der Sonne beim Verlauf einer Tätigkeit gibt allenfalls Gelegenheit zu einer äußeren Benennung, denn von einem inneren Zusammenhang zwischen dem Stande der Sonne und der betreffenden Tätigkeit kann man in der Regel nicht ausgehen. 3. Numerische Verschiedenheit beruht aber nicht auf einer äußeren Benennung.
Sonst wären Wilhelm II. und der letzte deutsahe Kaiser versahiedene Personen. 4. Auch kann numerisch dieselbe unteilbare Tätigkeit (z.B. Erleuchtung oder Sehen) ununterbrochen zu verschiedenen äußeren Zeiten (z.B. Morgenzeit und Mittagszeit) erfolgen.
"Unteilbare Tätigkeit" ("actio indivisibilis") heißt dasjenige, was eine instantane Änderung bewirkt. Liaht breitet siah ohne Gesahwindigkeit aus, deshalb ist die Tätigkeit des Erleuahtens eine unteilbare Tätigkeit. Auah Wahrnehmungsbilder bewegen siah ohne Gesahwindigkeit, deshalb ist Sehen eine unteilbare Tätigkeit. "Sukzessive Tätigkeit" heißt dasjenige, was eine 'Veränderung in der Zeit ("motus") bewirkt, z.B. die Intensivierung oder Absahwäahung einer intensivierbaren Qualität in der Zeit (vgl. DM 48, 5.4; 26, 894 a, b). 9.5 e Zweite Möglichkeit der Interpretation von 9.5 c 3: innere Zeit 1. Die innere Zeit, d.h. die Dauer, die der Tätigkeit innerlich ist, ist tatsächlich nur die fortwährende Existenz der Tätigkeit.
368
9.5 e
1 E
"Zeit" im Sinne von innerer Zeit nennt man die reate Dauer sukzessiver Entitäten, vgt. 8.15 d 2 E und 9.2 a E. 2. Die Behauptung, daß Tätigkeiten aufgrundihrer unterschiedlichen inneren Dauern als numerisch verschiedene existieren, besagt nichts anderes als die Behauptung, daß Tätigkeiten aufgrund ihrer unterschiedlichen Existenzen als numerisch verschiedene existieren. 3. Diese Interpretation der These wäre extrem informationsarm. 4. In 9.5 c 1 wurde ja danach gefragt, aus welchem Grund die Dauern, Existenzen oder Entitäten der betreffenden Tätigkeiten verschieden sind. 9.5 f Gott könnte dieselbe Form durch numerisch dieselbe Tätigkeit reproduzieren (vgl. 9.4 c) 1. Gott könnte sicherlich numerisch dieselbe Form durch numerisch dieselbe Tätigkeit reproduzieren. 2. Daß dies eine widerspruchsfreie Aussage ist, hat der Autor an der bei 9.4 a erwähnten Stelle (Anm. 173 im Textband) gezeigt.
"Tätigkeit ist die Abhängigkeit, durah die das Hervorbringen von der tätigen Ursaahe abhängt" (DM 48, 1.15; 26, 872 a). Dieser Exptikation entspricht ebd. 3.22; 887 b: "Jede Tätigkeit hängt hinsiahttiah der Weise ihrer Entität im Individuetten und im Partikutären so von diesem Agens und diesem Effekt ab, daß es fur sie unmögtiah ist, naah Anderung irgend eines von ihnen diesetbe Tätigkeit zu bteiben." Werden numerisch dassetbe Agens und numerisah diesetbe Wirkung noah einmat geschaffen, so tiegt kein Widerspruch darin, daß auah numerisah diesetbe Tätigkeit noah einmat geschaffen wird. Des näheren 9.6 b, a. 3. Folglich ist es kein zureichender Grund für die numerische Verschiedenheit der inneren Dauer von Tätigkeiten, wenn diese zweimal bzw. wenn sie zu einem früheren und einem späteren Punkt der äußeren Zeit geschehen; der in 9.5 c 1 geforderte Grund für die Notwendigkeit der numerischen Verschiedenheit von Tätigkeiten eines Agens muß also in etwas anderem liegen als in der inneren oder äußeren Zeit. 9.6 a Bedenken gegen die Richtigkeit von 9.2 c
1. Träfe 9.2 c durchweg zu, dann hätte es auch für Gottes absolute Macht zu gelten.
9.6 a 2
369
2. Es trifft aber nicht durchweg zu, sondern nur bei einer ganz bestimmten Interpretation. 3. Man muß an sukzessiven Entitäten das Reale und Positive vom Negativen oder Privativen unterscheiden. 4. Denn in der Bedeutung von "Sukzession"liegt außer positiven Elementen auch das negative, daß etwas, das war, nicht mehr ist, und daß etwas, das sein wird, noch nicht ist. 9.6 b Erste Möglichkeit der Interpretation von 9.2 c: Mit "sukzessiv" ist etwas Negatives oder Privatives gemeint 1. In diesem Sinn ist etwas Sukzessives nicht reproduzierbar. 2. Insofern gibt es keine Gewalt über Vergangenes.
Die Distinktion berUcksichtigt den SchuLsatz "Ad vgL. dazu DM 5o, 9. 14-18; 26, 954 b - 956 a. Ebd. 9.14; 954 b: "'Vergangene Zeit' bedeutet zweierLei, nämLich die Zeit seLber und das Vergangensein, das durch die Negation derjenigen Existenz des Dinges entsteht, die frUher war. Wenn man aLso sagt, daß eine vergangene Zeit wieder gegenwärtig wird, so darf man sich nicht denken, jene Zeit Liefe gLeichsam rUckwärts und hörte auf, unter der frUheren Negation Vergangensein zu stehen, und wUrde gegenwärtig; denn das impLiziert einen Widerstreit, wie gezeigt worden ist. Sondern dieseLbe Zeit, die einmaL war und insofern immer vergangen bLeibt, entsteht noch einmaL in der ReaLität und wird dadurch gegenwärtig." praeteritum non est potentia",
9.6 c zweite Möglichkeit der Interpretation von 9.2 c: Mit "sukzessiv" ist etwas Reales und Positives gemeint 1. In diesem Sinne dürfte es nicht widersprüchlich sein, wenn Gott bei der Reproduktion derselben Wärme auch dieselbe Erwärmung oder bei der Reproduktion desselben Sitzens auch denselben Ort und mithin dieselbe örtliche Bewegung reproduziert.
VgL. DM 5o, 9: Gott kann numerisch dieseLbe Bewegung reproduzieren. Er kann dieseLbe sukzessive Tätigkeit zweimaL reaLisieren, sofern sie numerisch denseLben Effekt hat und in numerisch demseLben Raum erfoLgt. Die Richtigkeit dieser Behauptung sieht man daran: Gott könnte einen Körper in einem Ort vernichten und mit numerisch demseLben Ort noch einmal erschaffen; wenn er aber fUr numerisch denselben Körper numerisch
37o
9.6 c
2
denseLben Ort noah einmaL erschaffen kann, dann kann er auah numerisah dieseLbe Bewegung an numerisah denseLben Ort durah numerisah denseLben Raum reproduzieren (ebd. 9.12; 954 a). Das Gegenargument, eine Bewegung habe ihre Einheit von der Zeit, bezieht siah entweder auf die äußere oder auf die innere Zeit. Beim ersten Sinn ist zu sagen, daß die innere individueLLe Einheit niaht von der äußeren Zeit kommen kann. Beim zweiten ist zu sagen, daß eine petitio prinaipii vorLiegt, denn reaL sind Zeit und Bewegung dasseLbe (ebd. 9.13; 954 a, b. Vgl. 9. 5 d, e). 2. Denn Erwärmung, Ort und örtliche Bewegung sind reale positive Modi, die von selbst individuell sind und von der äußeren Zeit nicht stärker abhängen als andere Dinge (vgl. 9.5 d). 3. Es kommt vielmehr auf ihre innere Dauer und Existenz an (vgl. 9.5 e), und insofern gilt für sie dasselbe wie für andere Dinge. 4. Daher gibt es keinen hinreichenden Grund dafür, daß numerisch dieselbe Tätigkeit nicht auch von natürlichen Agentien reproduziert werden kann, sofern man den Ausdruck "reproduzieren" in der angedeuteten Weise auf die positiven Elemente des Sukzessiven hin interpretiert.
Eine frühere Tätigkeit hat (A) die Eigenschaft, eine bestimmte Tätigkeit zu sein, und (B) die Eigenschaft, daß bestimmte vergangene Tätigkeiten zu ihr in Vorgänger- bzw. NachfoLgerreLation stehten. In Hinsiaht auf (A) ist eine frühere Tätigkeit reproduzierbar, in Hinsiaht auf(B)aber nicht. Auch wenn sie in Hinsicht auf (A) reproduziert wird, befindet sie sich an einer anderen SteLLe der Zeitreihe. Diese Art zu spreahen Liegt angesichts der für die GnadenLehre der Jesuiten wiahtigen VorsteLLung mögLicher WeLten nahe, in denen dieseLbe Tätigkeit an verschiedenen ZeitstelLen eingebaut werden kann; ähnLich spricht noch Leibniz. Ob diese Art zu reden nützliah ist, hängt davon ab, für welche Bedeutung von "Zeit" man siah entscheidet. Normalerweise ist es nicht sehr nützLich zu betonen, daß aLles, was zeitLich nicht determiniert ist, zu einem späteren Zeitpunkt reproduziert werden kann, wenn man gleichzeitig unterstellt, daß alLes zeitlich determiniert ist. 9.7 a Erste Alternative zu 9.2 b: Die Zweitursachen sind von außen her zu individuellen Wirkungen determiniert 1. Es kommt zur Reproduktion numerisch verschiedener Akzidentien in demselben Subjekt, weil die Zweit-
9.7 a 2
371
ursachen zur Erzielung gerade numerisch dieser Wirkung zu dieser bestimmten Zeit an diesem bestimmten Ort determiniert sind, und zwar von außen her. 2. Denn diese Determination kann weder auf der Natur der Zweitursache noch auf der Fassungskraft des Subjektes beruhen; beide bleiben immer gleich und lassen jede individuelle Determinierung zu. 3. Deswegen sagen einige Autoren, die betreffende Determination sei auf den göttlichen Willen und auf göttliche Präfinition zurückzuführen.
Gott will, daß bestimmte Individuen existieren und andere niaht. Deshalb bringt er naah dieser Meinung aufgrund seines Willens die Zweitursaahen dazu, gerade diese Individuen und keine anderen hervorzubringen. Dies soll einer der Fälle sein, in denen Gott fUr das Versagen der Zweitursaahen einsteht. In Hinsiaht auf freie Zweitursaahen sind dabei besondere Kautelen erforderliah. 9.7 b Erläuterung von 9.7 a 3 1. Ein bestimmtes Agens ist von sich aus zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zwar dazu determiniert, in ein bestimmtes Subjekt nur eine Form von der Species A einzuführen. 2. Es ist aber weder dazu determiniert, gerade die individuelle Form A' oder A'' einzuführen, noch kann es sich in dieser Hinsicht selbst determinieren.
Vgl. DM 19, 1.11; 25, 691 b - 692 a. 3. Deshalb hat Gott in seinem Willen beschlossen, dem betreffenden Agens zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort seine Mitwirkung zur Hervorbringung gerade der individuellen Form A' zu leihen. 4. Die Zweitursache wird also zur Individuierung des Effektes, zu dessen Species sie mächtig ist, von Gott determiniert.
Zunäahst maaht diese Meinung einige allgemeine Voraussetzungen, die auah Suarez teilt. Gott ist die Ers tursaahe. Alle gesahaffenen Ursaahen heißen "Zweitursaahen". Zweitursaahen werden von Gott aus dem Niahts ersahaffen ("creatio") und im Sein erhalten ("conservatio"). Sobald Gott seine erhaltende Tätigkeit von ihnen abzieht, sinken sie wieder ins Niahts zurUak. Da Zweitursaahen nur von Gott im Sein gehalten werden, sind sie aus eigener Kraft keiner Wirkung fähig, sondern bedUrfen bei jeder Tätigkeit eines gDttliahen Beistands ("concursus"). Sahon das Mittelalter kennt Theorien, naah denen die Zweitursaahen
372
Forts. von 9. 7 b 4 E
nicht einmaL soLcher partieLLer Wirkungen fähig sind; nach ihnen wirkt Gott aLLes in aLLem, auch die saheinbaren Wirkungen der Zweitursaahen, die in WirkLichkeit nicht Ursachen, sondern AnLässe sind. Diese Theorien werden im späten Catesianismus aktuaLisiert und sind heute aLs "Oaaasionalismus" bekannt. ErfoLgreicher aLs sie bLieb aber die ConaursusLehre, die bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts in Europa die meistakzeptierte These bLieb; genau so Lange aber war auch der gBttLiahe Conaursus ein Gegenstand der öffentLichen PhiLosophie und nicht etwa nur eine TheoLogenspeziaLität. Die Besahreibung des ConaursusSaahverhaLtes war extrem kontrovers. Das kam u.a. daher, weiL mit der FormuLierung der ConaursusLehre über die FormuLierung der Lehre von der Freiheit des menschlichen WiLLens mitentschieden ist. In diesen Zusammenhang gehören die auf den übernatUrLiehen Conaursus speziaLisierten Kontroversen zwischen sog. MoLinisten und sog. Thomisten,die durch die ersten von PasaaLs "Lettres provinciales" zumindest Literarische Berühmtheit behaLten haben. Nach der von Suarez bevorzugten und von der GeseLLschaft Jesu akzeptierten Lehre wirken bei der Hervorbringung soLcher natürLicher Wirkungen, zu denen Zweitursachen fähig sind, Erstursache und Zweitursache aLs Partner zusammen. Um die WiLLensfreiheit der inteLLigenten Ursachen zu garantieren, werden die berühmten Zusatzkonstruktionen erarbeitet, die unter den Namen "scientia media" und "concursus congruus" (Letzteres eine EntwickLung Suarez' und BeLLarmins) in die Geschichte der Kontroversen eingegangen sind. Beide Konstruktionen entsprechen der Tendenz der IndividuationsLehre Suarez' mit ihrer Verteidigung des Primates des IndividueLLen. Das PartnerschaftsverhäLtnis im Conaursus, schLägt 9.7 b vor, bezieht sich aLLein auf das Spezifische der hervorzubringenden Wirkung. Bei der Bestimmung ihrer IndividuaLität ist Gott dagegen nicht aLs Partner, sondern aLs ALLeinursache tätig. 9.7 b 3 betont, daß Gott "in seinem WiLLen beschLossen hat"; von der RoLLe der gBttLiahen Vernunft ist nicht die Rede. Das entspricht im Prinzip Suarez' in der Geschichte der RechtsphiLosophie bedeutender antithomistischer Hypothese, daß ein Dekret aliquid voluntatis und nicht aliquid intellectus ist (vgL. DM 19, 4 - 1o, spezieLL 7; 25, 724 a - 726 b). Doch bedarf es nach Suarez der DetaiLLierung (vgL. 9.1o d), u. a. deshaLb, weiL die Entscheidungen des göttLichen WiLLens nicht bLind sind, sondern sich an SachverhaLten orientieren. DasseLbe Interesse findet man in Suarez' RechtsphiLosophie, die aLs voLuntaristisch giLt. obgLeich in ihr der InteLLekt eine ent-
9.7 c 1
373
saheidende Rolle spielt. die sieh mit seiner Rolle im sog. Intellektualismus zumindest vergleichen läßt. 9.7 c Der Autor hat sich bei früherer Gelegenheit gegen die These von 9.7 a, b gewandt 1. Der Autor hat die in 9.7 a, b geäußerte Meinung
an der in 9.4 a genannten Stelle (Textanmerkung 173) erwähnt und dabei angedeutet, daß sie ihm nicht gefällt. 2. Denn schon bei der Erklärung alltäglicher Vorgänge die Erstursache zu bemühen, mag Theologen wohl anstehen, ist aber für Philosophen nicht angemessen (vgl. 9.8 c E). 3. Auch macht die Annahme einer Determinierung nach 9.7 a 3 bzw. 9.7 b 3, 4, die hier bequem sein mag, an anderer Stelle beträchtliche Schwierigkeiten. 4. Denn sie ist mit der Freiheit des menschlichen Willens nur schwer vereinbar.
Zu dieser Frage vgl. DM 22. 4.1o-39; 26. 831 a 838 b. Dort wird auf kurzem Raum die Frage der Vereinbarkeit von göttlichem Vorherwissen und freien gesahöpfliahen Handlungen expliziert und im Sinne des wirkungsgesahiahtlioh sehr wiahtigen Vorschlages von Suarez gelöst. 9.7 d Danach hat der Autor über diese Frage noch einmal nachdenken dürfen 1. Inzwischen hat der Autor Gelegenheit gehabt, noch einmal über diese Meinung nachzudenken, und ist zu der Ansicht gelangt, daß sie sehr wahrscheinlich ist.
"Wahrsoheinliah" bedeutet in Texten wie diesem ggf. nur "von angesehenen Autoren bezeugt". "sehr wahrsaheinliah" entsprechend "von sehr angesehenen Autoren bezeugt". 2. Denn nicht nur Nominalisten, sondern auch gelehrte moderne Schriftsteller wie Toletus, Fonseca und die Conimbricenses vertreten sie.
3. Auch ist es weder unbegründet Philosophen unangemessen zu sagen, sachen der Unterstützung durch die allgemeinen und ganz besonders bei bedürfen, bei denen sie versagen.
noch für einen daß die ZweiturErstursache im solchen Aufgaben
Der Hinweis auf die Nominalisten in (2.) könnte eine Pointe gegen Dominikaner sein. Der Hinweis. daß eine
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9.7 d 4
Meinung fast nur von modernen Autoren vertreten wird, ist eher geeignet, sie zu diskriminieren. - Die wiahtigste Aufgabe, bei der die Zweitursaahen versagen, ist naah der gewöhntiahen Lehre die Ersahaffung der mensahtiahen Seeten, bei der die Ettern niaht wirktiahe Ursaahen sind, sondern durah die EinLeitung der Disposition der Materie des Fetus den Antaß setzen, der Gott zur Ersahaffung gerade dieser ~ensahtiahen Seete anreizt; vgt. 6.7 b 1 E. 4. Im gegenwärtigen Falle scheinen die Zweitursachen insofern zu versagen, als sie sich nach 9.7 b 2 nicht selbst zur Individualität von Wirkungen determinieren können; dieser Punkt ist später in der Ursachenlehre zu behandeln; vgl. 9.7 e E. 9.7 e Deshalb wiederholt er die These von 9.7 a, b 1. Nach der erwähnten Meinung hat man an dieser Stelle zu sagen, daß Gott seine Mitwirkung mit den Zweitursachen stets zur Hervorbringung numerisch verschiedener Wirkungen determiniert. 2. Er determiniert sie also nicht zur Reproduktion einer Wirkung, die früher hervorgebracht wurde und dann vergangen ist.
So wie in 9.7 a- e spriaht jemand, der gemaßregeLt worden ist. Man kann davon ausgehen, daß namenttiah die FormuLierungen in 9.7 d Pointen enthaLten, deren Würdigung eine genauere Kenntnis der Situation erfordert, ats iah sie besitze. Zu beaahten ist, daß Suarez trotz dieser Setbstberiahtigung die These, die er in 9.7 d für akzeptabeL erkLärt, in 9.8 noah einmal saharf kritisiert. Die Andeutungen im Text sind knapp, doah darf man annehmen, daß der Autor hier eine Kontroverse aufnimmt, die in DM mehrfaah ersaheint, z.B. DM 19, 1.11; 25, 691 b - 692 a: Die Determinierung der Zweitursaahen zu einer individueLlen Wirkung kommt vom Conaursus der Erstursaahe. Doah gibt es aufseiten der Zweitursaahe keine Indifferenz, die der natürtiahen Notwendigkeit des Handetns von Zweitursaahen widerspräahe; auah ist die Indifferenz, die sie wirktiah hat, kein Versagen gegenüber dem Lauf der Natur. Sie besteht vieLmehr atZein darin, daß siah natürtiahe Agentien nur dann zu individueLlen Wirkungen determinieren können, wenn die Erstursaahe mit dieser Determinierung beginnt; das aber gehört zur normaLen UnvolLkommenheit gesahöpfliaher Agentien und ist niaht gZeiahsam ein Ausnahmezustand in der Natur. - Eingehender wird die Frage in DM 22, 2 behandeLt. Die Gegenmeinung ersaheint dort als Se-
Forts. von 9.7 d E
375
cunda Sententia und lautet etwa so: Der Coneursus
der Erstursaehe besteht in einem Prinzip, das sieh innerhalb der Zweitursaehe befindet und auf ihre Tätigkeit hingeordnet ist, jedoeh nieht als unmittelbares Prinzip, sondern als notwendige Bedingung dieser Tätigkeit. Es handelt sieh um einen Coneursus, der der Tätigkeit der Zweitursaehe vorausgeht und sie zum Handeln determiniert (~hysisehe Prädetermination~ ebd. 2.9; 812 b). Die Zweitursaehe wird von der Erstursaehe determiniert und ist auf eine solehe Determinierung sehZeehthin angewiesen (ebd. 2.1o; 812 b - 813 a). Die Zweitursaehen sind der Erstursaehe wesentZieh untergeordnet, so wie das Werkzeug dem Handwerker wesentZieh untergeordnet ist (ebd. 2.11; 813 a), und diese Deutung des Conaursus bringt die Vollkommenheit der Erstursaehe stärker zur Geltung als die Alternativen (ebd. 2.12; 813 a). Dagegen wendet Suarez u.a. Folgendes ein: Die Determinierung der Zweitursaehen durah die Erstursaehe besteht in keiner besonderen Einwirkung der Erstursaahe auf die Zweitursaahe; auah ist die natürZiahe Ursaahe von Natur aus und niaht erst durah den Conaursus dazu determiniert, nur eine einzige individuelle Wirkung hervorzubringen. Gott paßt siah beim Mitwirken jeweils der Natur der Zweitursaahe an und brauaht deshalb keine Prädetermination, mit der er die Zweitursaahe siah selber anpaßt (ebd. 2.3o; 818 a, b). Man kann zwar sagen, daß die Zweitursaahen hinsiehtZieh der Singularität ihrer Tätigkeiten von der Erstursaahe determiniert werden, doah darf man das niaht faZsah verstehen, denn es kommt nieht von einer speziellen Einwirkung der Erstursaahe auf die Zweitursaahe, durah die der Kraft der Zweitursaehe, die vorher zu individuellen Wirkungen nieht fähig gewesen wäre, als Supplement von Gott ein Modus der Determination hinzugefügt würde, der sie nunmehr zu individuellen Wirkungen befähigt. Der Einwand, zwar komme die spezifisehe Determinierung von der Zweitursaahe selbst, die individuelle aber von der Erstursaahe, ist niaht überzeugend, denn Spezifisahes und Individuelles sind niaht real versahieden (eine Anwendung des Zweiten Absehnitts der Individuationsdisputation, DM 22, 2.31; 818 b - 819 a). Die Determinierung der Zweitursaahe zu einer individuellen Wirkung erfolgt sozusagen niaht in der Zweitursaehe, sondern in Gott selbst, und zwar im Wege der Festlegung des Conaursus durah den göttliehen Willen. Dabei gibt es zwar eine Indifferenz der Zweitursaahe, doeh ist sie von besonderer Art. Z.B. ist Feuer gegenüber dieser oder jener Wirkung zwar indifferent, aber niaht so, als
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9.8 a 1
wäre es zur Bewirkung dieser oder jener Wärme nicht vott in der Lage, sondern nur so, daß es ate nächste Ureaehe zwar beide Wärmen hervorrufen kann, aber nicht dazu determiniert ist, die eine oder die andere hervorzurufen. Angesichte dieser Situation setzt Gott in seinem Witten fest, mit dem Feuer mehr zu dieser ate zu jener Wärme mitzuwirken, und das attein genUgt, um das Feuer gerade diese und keine andere Wärme hervorrufen zu taeeen. Die Annahme einer physischen Prädetermination daraber hinaus ist UberftUeeig (ebd. 2.32; 819 a). - Aufgrund dieser Position wird man annehmen dUrfen, daß Suarez an der sehr knapp formutierten These von 9.7 a, b etwa Fotgendes auezusetzen hat: 1. Die Unterscheidung zwischen der Determinierung der Zweitureaehen zu einer spezifischen und zu einer individuetten Tätigkeit beruht auf der fateahen Annahme eines Reatuntereahiedee zwischen Individuettem und Attgemeinem. 2. Die Annahme einer negativen Indifferenz der Zweitureaehe (die darin beetUnde, daß sie aus eigener Kraft keine individuette Wirkung hervorbringen kann) ist unangemessen und setzt den Ptaner der natUrtiahen Ordnung herab. J. Die Annahme, daß Gott die Zweitureaehe nicht etwa im Wege seines btoßen und abtiahen Conaureue, sondern daraber hinaus durch eine physische Prädetermination, die der Tätigkeit der Zweitureaehe vorausgeht, zu individuetten Wirkungen bestimmt, ist unhattbar und fUhrt ohne Not zum abtiahen Lauf der Natur hinzu noah besondere Prinzipien ein. 9.8 a Bedenken gegen 9.7 a, b 1. Man könnte die Vertreter von 9.7 a, b fragen, wieso es feststeht, daß Gott die Zweitursachen in dieser Weise zu individuellen Tätigkeiten determiniert. 2. Denn entweder ist er es den Zweitursachen schuldig, d.h. es ist bei ihrer Weise zu handeln, die Gott gerade so gewollt hat, das einzig Angemessene. 3. Oder die Determinierung zu individuellen Tätigkeiten beruht (so wie die Determinierung zu bestimmten Individuen) allein auf Gottes Willen.
Suarez sagt jetzt nicht mehr, daß ihm die thomistische Meinung nicht gefättt. Auah hat er in 9.7 d zugestanden, daß sie in eiah sehr wahrscheintich ist, weit sie von so gewichtigen Autoren wie Nominatieten und Jesuiten vertreten wird (eine ähntiahe Bosheit wie die in 2.9 b 2). Nachdem es ateo mit den Formfragen seine Ordnung hat, etettt Suarez präzise Fragen.
9.8 b
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9.8 b Eine individuelle Dqterminierung der Tätigkeiten durch Gottes Willen im Sinn von 9.8 a 3 ist nicht nachweisbar
1. Behauptet man 9.8 a 3, dann ist die These von 9.7 a, b ganz ungesichert. 2. Denn in der Offenbarung ist von dem entsprechenden Willen Gottes nirgends die Rede. 3. Auch kann man ihn weder mit der natürlichen Vernunft beweisen noch aus natürlichen Prinzipien deduzieren.
Wenn siah der g8ttliahe Wille niaht an der Natur der in seinen eigenen Weltplan eingeordneten Zweitursachen orientierte, dann ware er blind, und dieselben Autoren, die siah sonst (gegen den suarisahen Voluntarismus) ihres Intellektualismus rühmen, hielten pl8tzliah die Annahme g8ttliaher Willkürentscheidungen für angemessen; vgl. 9.1o d 3. 9.8 c Daß die Natur der Zweitursachen die Determinierung durch Gott erfordert, führt zu einer völlig anderen These
1. Behauptet man dagegen 9.8 a 2, so gibt man zu, daß der letzte Grund für die individuelle Determinierung der Tätigkeiten nicht im Willen der Erstursache, sondern in der Natur der Zweitursache liegt. 2. Es steht aber gerade zur Debatte, inwiefern die Determinierung zu individuellen Tätigkeiten ihren Grund in der Natur der Zweitursache haben kann. 3. Denn 9.7 b hat behauptet, daß die Determinierung zur Hervorbringung einer individuellen Wirkung ihren Grund nicht in der Natur der Zweitursache hat, und daran entzündete sich ja der Disput.
Es müßte siah um einen jenem Dispositionem habenti non denegatur forma zuzuordnenden Fall handeln, das bei der Eingießung der mensahliahen Seele zum Zuge kommt. Die Welt ist von Gott so geplant, daß in Leiber von Mensahen vernünftige Seelen geh8ren. MensahZiahe Agentien k8nnen aber nur mensahliahe Leiber und niaht vernünftige Seelen erzeugen (3.3o d 2 E). Ergo ersahafft Gott die vernünftigen Seelen ad dispositionem corporis unmittelbar und gießt sie mensahZiahen Leibern ein, weil er es von Anfang an gewollt hat, und die mensahliahen Agentien k8nnen siah darauf verlassen, daß er es tut. Er sahuldet es ihnen gleiahsam, weil er siah, indem er die natürliche Ordnung erließ, darauf festgelegt hat. Ähnliah müßte
378
9.9 a 1
naah 8.7 b die Determinierung der Tätigkeiten zur Individualität vor siah gehen, ohne daß bisher klar geworden wäre. um weZahe Disposition analog zur dispositio corporis und um weZahe göttZiahe Zusage analog zu Gen. 1.28 es siah hier handeln könnte. - Ein wiahtiges Argument ist sahon in 9.7 a 2 zur Spraahe gekommen. Im Falle der Erzeugung der mensahliahen Seelen herrsaht in der Natur so etwas wie ein Ausnahmezustand. Dieser Ausnahmezustand ist wohlbegründet. weil Gott in Hinsiaht auf die mensahliahen SeeZen außerordentliche Pläne hat. Deshalb liegt in der Annahme eines auf Versagen der Zweitursachen gegründeten Ausnahmezustandes eine gewisse PZausibiZität. Nun aber auah. bloß weil es gewisse Erklärungsschwierigkeiten gibt. im Fall von etwas so AZZtägZiahem wie den gewöhnZiehen Tätigkeiten von Zweitursachen einsahließZieh sohliahten Naturursachen einen soZahen Ausnahmezustand zu postulieren wie bei der Entstehung der mensahZiahen Seelen, ist gänzliah unpZausibeZ und wiZZkürZiah. Weshalb hätte Gott eine Natur entwerfen sollen. in der er niaht nur ganz besondere Dinge. sondern nachgerade alles selber maahen muß? Ein Philosoph hat prinzipiell zunäahst naah natürlichen Erklärungen zu suahen. 9.9 a Zweite Alternative zu 9.2 b: Die Zweitursachen können wegen der Beschaffenheit ihres Vermögens jede individuelle Wirkung nur einmal hervorbringen 1. Die Zweitursachen können wegen der Beschaffenheit ihres Vermögens, das jede individuelle Wirkung nur einmal enthält, eine individuelle Wirkung nur einmal hervorbringen. 2. Es fehlt ihnen das Vermögen zur Reproduktion individueller Wirkungen sowie der sie hervorbringenden Tätigkeiten. 3. Ihr Vermögen ist mit jeder ersten Hervorbringung in dieser Hinsicht gleichsam erschöpft. 9.9 b 9.9 a ist unbegründet und falsch 1. Für die Behauptung in 9.9 a gibt es weder einen Grund noch einen Beweis. 2. Auch kann sie nicht wahr sein, denn das Vermögen zu wirken funktioniert nicht im Wege der Selbstabzehrung oder Selbstveränderung, sondern im Wege der Veränderung oder Hervorbringung von etwas anderem. 3. Deswegen bleibt nach der ersten Hervorbringung einer individuellen Wirkung die Effizienz des Vermö-
9.9 a 4
379
gens zu wirken so groß, als hätte es überhaupt nichts hervorgebracht. 4. Es hat prinzipiell das Vermögen, eine Wirkung beliebig oft zu wiederholen, soferne das mit ihr vereinbar ist.
Vgt. DM 26. 6 .lo; 25. 947 a: "Jede WiPkuPsaahe. sofePn sie duPah eigene Kausalität wiPkt. kann naaheinandeP mehPePe WiPkungen hePVOPbPingen ... Iah sagte abeP 'sofe:t'n sie duPah eigene Kausalität wiPkt'. denn wenn es siah um WiPksamkeit allein duPah natüPliahe Resultanz handelt. ist die UPsaahe bisweilen zu numePisah eine:!' WiPkung detePminiePt. wie diese vepnünftige Seele zu numePisah diesem Intellekt odeP Willen ... Man k8nnte jedoah sagen. das komme daheP. daß diese VePm8gen nie von deP Seele getPennt wePden k8nnen; wenn sie jedoah tatsäahliah duPah g8ttliahe Gewalt getPennt WüPden und wenn kein andePes HindePnis gesetzt WüPde. fl8ssen sogleiah andePe VePm8gen aus dePselben Seele; und so ist jene aktive KPaft aus siah niaht gänzliah auf numePisah diese WiPkung begPenzt . .. Das eigentlich wiPkende PPinzip wiPd niaht von siah heP auf numePisah eine WiPkung besahPänkt. Und deP GPund ist. daß es v.a. kein innePes PPinzip ist und niaht sein eigenes Peales Sein einbPingt. sondePn ein andePes. das ihm ähnliah ist und das es duPah seine KPaft bewiPkt; naahdem es abeP eine:!' WiPkung ein solahes Sein beigebPaaht hat. bleibt seine KPaft (stPeng gespPoahen) so unVePsehPt wie voPheP; wenn also eine MatePie angesetzt wiPd. die eine:!' andePen numePisah vePsahiedenen FoPm fähig ist. so wiPd's gleiahePmaßen eine andePe WiPkung bewiPken k8nnen. Wenn es nun noah eine UPsaahe ist. die deP MatePie zum TätigwePden niaht bedaPf. so wiPd es das um so mehP allein aufgPund seines VePm8gens und Willens k8nnen." 9.9 c Anmerkung zu 9.9 b 4 1. In 9.9 b 4 ist der Grund genannt, weshalb auch ein endliches Vermögen zu wirken auf unendliche Zeit hinaus wirken kann, sofern es auf unendliche Zeit im Sein verharrt. 2. So lange ändert sich nichts an seiner Effizienz, auch dürfte eine Vervielfältigunq bis ins Unendliche mit der Wirkung vereinbar sein. 3. Entsprechend dürfte es sich mit der Reproduktion einer individuellen Wirkung verhalten, sofern das mit der Wirkung vereinbar ist
9.9 c E
38o
Zu dieser Meinungs. DM 3o, 2.2; 26, 64 b: "Um über unendliche Zeit zu bewegen, genügt (auah wenn wir einmal zugeben wollten, daß eine solche Bewegung möglich ist) eine endliche Kraft, welche dauert und durah das Bewegen niaht ermüdet wird und abnimmt oder erschlafft; diese Besahaffenheiten aber kann sie haben, auah wenn sie endlich ist, sofern sie nur unzerstörbar ist. So ist nämlich dasselbe, sofern es dasselbe bleibt, stets geneigt, dasselbe zu tun - z. B. die Sonne, ewig zu erleuchten (wenn sie ewig wäre)." Das spezialisiert für die unendliche Beschleunigung einer Bewegung ebd. 2.14; 69 a; zum einzelnen ebd. 4.2o-27; 8o a - 83 b. 9,9 d Vorbehalt zu 9.9 b, c 1. "Sofern das mit der Wirkung vereinbar ist" mußte mehrfach hinzugefügt werden. 2. Denn eine Wirkung, die einmal hervorgebracht ist, kann während der Dauer ihrer Existenz vom Agens nicht noch einmal hervorgebracht werden, auch wenn dessen Vermögen unvermindert ist. 3. Denn es widerstreitet den Regeln der Wirklichkeit, daß dasselbe Individuum zweimal existiert, und zwar zu derselben Zeit.
Vgl. DM 26, 6.13; 25, 947 b - 948 a: Keine Wirkursache kann gleichzeitig mehrere ihrer Kraft angemessene Wirkungen hervorbringen. Selbst Gott kann gleichzeitig nur numerisah verschiedene Wirkungen derselben Art hervorbringen, wenn er siah niaht mit einer einzigen begnügen will. Zu 9.9 e ebd. 6.12; 947 b. 9.9 e Der Vorbehalt von 9.9 d hebt 9.9 b - c nicht auf 1. Ist dagegen eine Wirkung vergangen, so widerstreitet die Reproduktion ihr keineswegs. 2. Was nicht mehr ist, kann auch nicht widerstreiten, denn es ist vom Sein so weit entfernt, als hätte es nie existiert. 3. Der Grund für die Notwendigkeit, nicht die vergangene Wirkung zu reproduzieren, sondern eine andere hervorzubringen, liegt also weder in der vergangenen Wirkung noch in der Erschöpfung der Effizienz des Agens. 9 .1o a Dritte Alternative zu 9.2 b: Die Ordnung der Natur
1. Natürliche Agentien
habe~
ein Vermögen zu wir-
9. lo a
2
381
ken, das gegenüber mehreren Akzidentien derselben Art indifferent ist. 2. Doch sind sie bei der Ausübung dieses Vermögens durch die Ordnung der Natur an ein bestimmtes Verfahren und eine bestimmte Regel gebunden. 3. Daher ist die Natur dazu determiniert, zu dieser bestimmten Zeit an diesem bestimmten Ort in diesem bestimmten Subjekt nur dieses bestimmte Akzidens, danach aber jenes und schließlich ein anderes hervorzubringen. 4. Die Natur scheint eine solche Determinierung zu erfordern, damit in ihr keine Verwirrung und Unordnung entsteht. 5. Deshalb greift sie beim Handeln nie auf dieselbe Wirkung zurück, sondern bringt stets eine neue hervor.
9.1o a führt die Einschränkung des Vermögens zu wirkenniaht (wie 9.9 a) auf die innere Natur des Agens zurüak, sondern auf eine dem Agens äußere Bedingung: die Ordnung der Natur oder den Plan der wirklichen Welt. Das bedeutet, daß die natürlichen Agentien von Gott, der die Ordnung der Natur gemaaht hat, in der Tat zu individuellen Wirkungen determiniert werden (zum Modus vgl. 9.7 e E; im übrigen DM 19, 1.11; 25, 692 a: "Daraus ersehen wir mit Reaht, daß das Werk der Natur das Werk einer Intelligenz ist und daß die Wirkung, wie immer sie hinsiahtliah ihrer besonderen Ursaahe notwendig sein mag, hinsiahtliah ihrer allgemeinen Ursaahe frei ist."). Im Gegensatz zu der in 9.8 a 2 erwogenen Möglichkeit beruht jedoah die Determination durah die Erstursache niaht auf einem inneren Versagen der Zweitursaahen, als wären sie von siah aus keiner individuellen Wirkungen fähig; auah beruht sie niaht (im Gegensatz zu der in 9.8 a 3 vorgesehenen Möglichkeit) auf einem sohliahten Willensakt Gottes. Sondern sie beruht auf saahliahen Erfordernissen der Welt, zu deren VerwirkLichung siah Gott entschlossen hat. Das Verfahren der Determination der Zweitursachen niaht durah Individuierung ihrer Tätigkeit, sondern durah Anpassung des göttlichen Conaursus an eine unter ihren Möglichkeiten zu individueller Tätigkeit ist ein von Gott erdaahter Mechanismus, der garantiert, daß die Welt so wird, wie Gott sie haben wiLL; der ausschließt, daß Zweitursachen sie anders maahen, als Gott sie haben wiLL; der aber zugleiah die Möglichkeit offen Läßt, daß dessenungeachtet freie Zweitursachen bei ihren freien Handlungen tun, was sie wollen. Gäbe es diesen Mechanismus niaht, dann wäre diese Welt niaht
382
9.1o b 1
das voLLkommene von Gott geordnete Gefüge, sondern ein anarahisahes, von ZufäLLen geschütteLtes GebiLde. Der von Gott erdaahte SeLektionsmechanismus für VerwirkZiehungen setzt niaht nur das Interesse Gottes durah, sondern zugLeiah das Interesse der WeLt. Dafür, daß die WeLt auah durah die Freiheit einiger Zweitursachen niaht in Unordnung gerät, hat Gott sinnreiche Vorkehrungen getroffen, die die Freiheit unangetastet Lassen und die mit Suarez' Term "Kongruität des Conaursus" umsahrieben werden kDnnen. Die Freiheit wird am angemessensten gewahrt, wenn siah Gott bei ihrer FDrderung so verhäLt, wie er siah immer verhäLt. 9.10 b
zu 9.4 b - 9.1o a. Die frühere Entscheidung des Autors
Resum~
1. Der Autor hat sich an der in 9.4 a erwähnten Stelle für die Formulierung in 9.1o a entschieden. 2. Die Angelegenheit ist allerdings dunkel und schwierig, und damals fiel ihm so wenig wie heute etwas ein, das ihn völlig zufriedenstellt.
9.10 c Gründe für die frühere Entscheidung des Autors 1. Den Grund für die Nichtreproduzierbarkeit numerisch desselben Akzidens in der Beschaffenheit des Vermögens der Agentien zu suchen, entbehrt der Begründung und Rechtfertigung (vgl. 9.9 a - e). 2. Denn das natürliche Vermögen zu wirken ist einfach und identisch, und deshalb ist es der behaupteten Determination kaum fähig. 3. Der Verweis auf die äußeren Umstände ist ebenfalls nicht überzeugend, wie hinsichtlich der Zeit in 9.5 c - e gezeigt worden ist. 4. Für den Ort (vgl. 9.6 c) läßt sich dasselbe zeigen, wenn unter "Ort" die äußere Oberfläche oder eine Beziehung zu äußeren Körpern verstanden wird.
Meint man eine Beziehung zu äußeren KDrpern, so begründet diese (niaht anders aLs die äußere Zeit) aLLenfaLLs eine äußere Benennung, die aLs hinreichender Grund für IndividuaLität niaht in Frage kommt. Meint man dagegen die Präsenz des KDrpers seLbst, so bringt die These keine neue Information. VgL. DM 51, 2.4; 26, 98o b: "Einige Autoren benutzen dieniaht unwahrsaheinZiehe Unterscheidung von äußerem Ort und innerem Ort ... Wenn aber im eigentLichen Sinn gesprochen werden soLZ, dann saheint der Name 'Ort'
9.1o d 1
383
eher zu dem umfassenden und äußeren Ort zu gehören, und deshalb hat Aristoteles von ihm sahleahthin mit dem Namen 'Ort' gesproahen." Nun ist das Wo als innerer Ort ein realer, von dem durah es affizierten Subjekt real versahiedener Modus ("praesentia"). Der äußere Ort dagegen, der durah die umgebenden Körper gebildet wird, ist das mitniahten. Vgl. ebd.2.9; 982 a: "Obgleiah dieser äußere Ort in siah ein Akzidens hinsiahtliah des Subjektes sein mag, in dem er ist (denn er ist seine Oberfläahe), ist er dennoah hinaiahtliah des Körpers, den er umgibt, kein wahres Akzidens, denn weder affiziert er diesen Körper wirkliah noah verändert ihn, sondern er liegt bloß äußerliah an und benennt ; daher teilt er nur im Sinne einer gewissen Analogie und Entapreahung den Begriff und die Kategorie des Akzidens. Aus diesem Grunde meine iah ergo, daß diese Art von Ort und Wo niaht zu der Kategorie des Wo gehören kann. Und aus demselben Grunde kann man bei Wahrung der Entapreahung naahweiaen, daß er niaht zur Kategorie der Quantität als eine eigene Art derselben neben den anderen gehört, die wir oben gebildet haben." Etwas äußerliah Anliegendes und eine äußere Benennung kommen als zureiahender innerer Grund für Individualität niaht in Frage. 9.10 d Schlußfolgerung aus 9.1o c 1. Man hat deswegen nur die Wahl zu glauben, daß der Grund für die Nichtreproduzierbarkeit individueller Akzidentien (A) allein im Willen Gottes liegt oder daß er (B) natürlich, aber uns verborgen ist. 2. Im Falle (B) kann man jedoch darauf verweisen, daß die Nichtreproduzierbarkeit individueller Akzidentien besser zum Wesen natürlicher Vermögen paßt als das Gegenteil, denn diese erstreben von Natur aus die Vervielfältigung der Individuen (vgl. 2.21 b E, 2.25 b E). 3. Entsprechend beruht es nicht abstrakt auf Gottes Willen, sondern entspricht auch einer Art von Rücksichtnahme auf die Beschaffenheit der Natur, daß Gott anläßlich der Entstehung menschlicher Organismen immer neue Seelen erschafft, anstatt die vielen abgeschiedenen Seelen, die ihm zur Verfügung stehen, von neuem mit neuen Menschenleibern zu vereinigen.
Der Wille Gottes, von dem die Determinierung der Tätigkeiten abhängt, ist ein Wille, der aiah an den aaahZiahen Erfordernissen der von Gott erwählten Natur orientiert. Der natürliahe Grund naah 9.1o d 1
384
Forts. von 9.1o d E
(B} ist die natürLiche Ordnung oder der WeLtpLan, an dem siah Gottes Entscheidung zur Determination von Individuen der wirkLichen WeLt orientiert. Daß er uns verborgen ist, muß man in der strengen Art zu reden sagen, denn wir wissen fast nur ALLgemeines über ihn und kennen niaht seine DetaiLs. Die Frage, weshaLb das Streben naah VervieLfäLtigung der Individuen dem Wesen endLicher Verm8gen am angemessensten ist, wurde früher in den am Ende von 9.1o d 2 genannten SteLLen angesahnitten.Gott führt deshaLb immer neue SeeLen in neu entstehende mensahLiahe Organismen ein, weiL das Spektrum mensahLiaher M8gLiahkeiten durah vieLe Individuen besser reaLisiert wird aLs durah wenige. Die Erschaffung immer neuer SeeLen entspricht in der Tat Gottes WiLLen, aber damit ist noah niaht aLLes gesagt, was hier zu sagen ist. Denn dieser WiLLensakt Gottes trägt siah niaht seLbst, sondern er verfoLgt das ZieL, in der von Gott erwähLten WeLt das Menschsein in seiner FüLLe ersaheinen zu Lassen.
ALPHABETISCHES REPERTORIUM ZU DEN ERLAUTERUNGEN ABSCHWACHUNG, s. stellen bei "Intensivierung". ABSTRAKTION, 2.14 b E, 2.18 d E, 2.32 c E, 2.32 d E. Gründe, weswegen Menschen zur A. gezwungen sind 2. 37 d 4 E. Das A.-Vermögen ist (nach der Ähnlichkeit) das zweite reale Prinzip der Spezifizierung 2.29 d 3 E, 6.16 g E. AHNLICHKEIT, 2.14 a E, 2.14 b E. Reales Prinzip der Spezifikation 3.29 d 3 E. AQUIVALENZ, 2.24 b E (3.34 b 3 E). AGENS, s. auch Wirkursache, bereitet die Materie auf die Form vor 3.1o a E, 3.18 a 4 E, 3.25 a 1 E, führt die Form in die Materie ein 3.1o d E, führt die Form aus der Materie hervor 3.3o d 2 E, wird durch Dispositionen veranlaßt, gerade diese Form einzuführen 3.32 c 3 E, disponiert die Materie zur Aufnahme der Quantität Erl. vor 3.18, ist Wirkursache der Quantität 3.18 c E, strebt nach Verähnlichung des Passums 8.12 f E, 8.23 d 2 E, kann sich das Passum entweder durch qualitätive Veränderung oder durch Veränderung der Intensität ähnlich machen 8.14 b E, seine Unfähigkeit, dasselbe Individuum zweimal hervorzubringen, beruht auf der Ordnung der Natur 9.1o a E. AKT, gehört derselben Kategorie an wie die Potenz 3. 2o a 3 E, aktiver, passiver A. 3.2o a E, Erstakt, Zweitakt 3.25 a 2 E, 3.25 a 4 E, vollkommener, unvollkommener A. 8.2 b 4 E, 8.3 c E, 8.8 a E, Verhältnis von Erstakt und Zweitakt bzw. unvollkommenem und vollkommenem Akt 8.2 b 4 E. AKZIDENS, s. auch Quantität, Qualität, Relation, Intensivierung, 2.2 b E, accidens per se sumptum 2.6 c E, die Individuation des A. geschieht nicht durch das Subjekt, sondern durch seine Entität Erl. in 7. 3-5, selbst übernatürliche A.en werden aus der Potenz des Subjektes herausgeführt 8.12 a E, absolute A.en Erl. vor 8.11 a, im strengen Sinn bilden die relativen A.en nicht neben den absoluten eine eigene Klasse 8.15 b 1 E, die Abhängigkeit der A.en von der Materie ist größer als die der Form 6.9 a 2 E, A.en können für die Individuierung der Substanzen nicht maßgeblich sein 2.17 a 2 E, 2.37 a 1 E, 3.11 f E, 3.23 a 3 E, 3.24 c E, 3.33 b 1 E, 6.2 e E, 6. 18 a E,nicht bei allen spezifisch verschiedenen A.en desselben nächsthöheren Genus besteht eine contradictio respectu eiusdem subiecti B.3 b E, 8.3 e E, von-
Repertorium
387
seiten der Entität spricht nichts gegen die Koexistenz nur numerisch verschiedener A.en in demselben Subjekt 8.21 a E, jedoch vonseiten der Ordnung der Natur spricht etwas gegen die sukzessive Existenz numerisch desselben A. in demselben Subjekt 9.1o a E, koexistenzfähige nur numerisch verschiedene A.en sind solche, bei denen für "y" in "R(x,y)" mehr als ein Argument eingesetzt werden kann 8.17 a 3 E, 8.17 b E, 8.19 b E, relative A.en können durch Veränderung von etwas Äußerem numerisch vervielfältigt werden, absolute nicht 8.13 d E, A.en können durch eigene Tätigkeit oder durch natürliche Resultanz entstehen 8.9 a E, jede a.elle Form, die durch eigene Tätigkeit entsteht, wird aus der Potenz des Subjektes herausgeführt 8.11 f E, zwischen der Intensivierbarkeit von A.en und ihrer Entstehung durch eigene Tätigkeit besteht ein Zusammenhang 8.5 b 4 E.
ALLGEMEINES,
2.5 a E, 2.32 c E, 2.32 d E, 2.37 c E, 2.37 d EE, 2.37 e E.
APOSTERIORI, APRIORI (propteP
quid~ quia), Schluß aus der Wirkung auf die Ursache bzw. von der Ursache auf die Wirkung 3.33 a E, 3.14 c E.
ART,
existiert nicht als solche real 2.37 c 2 E, ihr reales Prinzip ist einerseits die Ähnlichkeit von Individuen und andererseits das menschliche Abstraktionsvermögen 3.29 d 3 E, S.b 5 E, die Bestimmung zur Art schließt Möglichkeiten aus 2.25 b E, das körperliche Individuum repräsentiert seine Art nicht optimal 2.21 b E.
ARTIKEL, HOCHSCHOLASTISCHER, erste ARTNATUR (Artwesen, Artfermi, "A."
Erl. vor 1.1 a.
und "Individualdifferenz" sind verschiedene Namen für das Individuum 2.16 d 2 E, 2.16 d 3 E, ihre Benutzung ist angemessen, weil jeder von ihnen das Individuum unter einem anderen Aspekt bezeichnet 2.19 c 4 E, die Individu~ differenz ist nie zur Artnatur real hinzugetreten 2.16 d 3 E, die A. ist primär ein abstrakter (undeutlicher) Begriff und sekundär eine Ähnlichkeit von Individuen 2.32 c E, 6.16 a E, die A. ist der unmittelbare Gegenstand der menschlichen Wissenschaft 2.37 c 2 E.
AUTORITÄTEN,
sind interpretierbar 2.39 a 1 E, 2.39 c E, 3.8 a 1 E, Erl. vor 3.34 a, 3.34 a E, 3.34 d 2 E, 6.1 c 3 E, gewöhnliche Sprache und gewöhnliche Erfahrung erlauben Selektion unter A.en 8.6 E.
BEGRIFF,
eine Vereinfachung, zu der wir aufgrund unserer Endlichkeit gezwungen sind 2.37 2 E, formaler
388
Repertorium
und objektiver Begriff 1.2 b E,
2.15 f
1 E.
BEWEGUNG,
ein physischer Akt 8.3 d E, von innerer Zeit nicht real verschieden 9.2 c E, Gott kann numerisch dieselbe B. reproduzieren 9.6 c 1 E, eine endliche Kraft ist zu B. über unendliche Zeit prinzipiell imstande 9.9 c E, Arten von B. 8.11 a E, B. i.e.S. und instantane Wandlung Erl. vor 3.23 c und 8.12 d E, instantane Wandlung t r i t t ein, wenn eine entgegengesetzte Qualität nicht aus dem Passum entfernt werden muß, sukzessive B. im Alternativfall 8.13 a E, die Dauer und die Kontinuität einer B. sind von dieser nicht real verschieden 8.15 d 2 E.
BEZIEHUNG, s. "Relation". BREITE (latitudo), 8.15 d E. CONCURSUS, 3.31 e 1 E, kongruenter
c. 3.31 e 3 E, Erl. vor 6.1 a, 9.7 b 4 E, 9.1o a E, die Determinierung der Zweitursache zu einer individuellen Wirkung geht auf den C. der Erstursache zurück 9.7 e E, 9.1o a E.
CONSERYATIO
(Erhaltung), 3.31 e 1 E, 9.7 b 4 E, von der Erschaffung nur gedanklich verschieden 9.5 b 3 E.
DAUER, s. auch "Zeit", 8.15 d 2 DETERMINIERUNG, von Dimensionen ursachen 9.7 e E,
DICHTE UND DüNNHEIT, e E.
9.1o a E.
E. 3.9 b 2 E,
von Zweit-
bei elementaren Qualitäten 3.11
DIFFERENZ,
spezifisch~ Erl. vor 1.1 a, 1.3 a E, 2.17 b E, 2.18 d E, 2.19 d E, 2.2o b E, sie heißt "Form", sofern sie die Gattung determiniert ("metaphysische Form") 2.24 d E, Individualdifferenz 1.1 b E, 2.1 E, 2.16 d 2 E, 2.16 d 3 E, 2.18 d E, 2.19 c 4 E, 2.2o b E, 2.21 a E, 2.32 c E, 2.37 b 1 E, jedes geschaffene Individuum hat eine Individualdifferenz 2.4o b 1 E, die ihm mit Notwendigkeit unmittelbar zukommt 5.3 b 5 E, sie ist der Akt der Artnatur 2.12 c E, und die Grundlage der doppelten Negation unter dem Aspekt der Metaphysik 3.2 c E.
DIMENSIONEN, 3.9 b 2 E,
DISPOSITION,
(de)terminierte und un(de)terminierte, 3.11 d E.
3.18 a 4 E, 3.19 a E, 3.19 c 2 E, gehört zu den species qualitatum Erl. vor 8.11 a, gehört zu den causae per accidens 6.5 e E, ist nicht Individuationsprinzip 6.3 a E, 6.3 b E, ist der Materie akzidentell 6.7 b 3 E, gehört hinsichtlich der Form zur Materialursache 3.26 c E, Verhältnis zur Form Erl. vor 3.21 a, 3.21 d E, 3.22 b 2 E, 3.22 f E, 3.
Repertorium
389
23 a 2 E, 3.23 a 4 E, 3.23 b E, 3.32 c 3 E, die angemessene organische D. des menschlichen Leibes nötigt Gott zur Eingießung der menschlichen Seele 6.5 e E, 9.7 d 3 E, nicht die Individualität der Seele wird der Individualität der D. angepaßt, sondern umgekehrt 6.8 e E, Verhältnis der D. zur Quantität 3. 29 b 2 E, äußerliche D. 3.26 b E.
DISTINKTIONEN, Terminologie der DRITTER MENSCH 1.5 c E. EINHEIT, Grundlage der Vielheit
2.1o a E.
2.9 c E, unum per se, per aaaidens Erl. vor 1.3 c, Einheit der Gattung 2.
1o a E, formale oder essentielle E. bzw. E. der Species Erl. vor 1.1 a, 1.8 E, 2.1o a E, abstrakte E. 1.1 b E, transzendentale E.,numerische E., E. des Individuums 2.1o a E, 3.17 a 1 E (verschieden von der quantitativen E.), die metaphysische E. der Differenz erfordert nur, daß ihr Fundament ein unum per se, nicht, daß es physisch unzusammengesetzt ist 6.17 g E, "E." bedeutet in der Christologie und der Trinitätslehre nicht dasselbe Erl. vor 5.1o a. ENGEL, Meinung, daß jeder E. eine Species bildet 1.1 b E, Meinung, daß E. ihre Art optimal repräsentieren, da die Materie sie nicht einschränkt 2.25 b E, E. sind in allem endlich 2.26 a 1 E. 6.1 a E, ens per se, per aaaidens 2.5 d 3 E, 2.6 c E.
EN~
ENTITÄT,
Bedeutung des Wortes 6.1 a E; 1.4 a E, 1.4 c E, 2.16 e E, 2.4o c E, 4.4 a E, "E." bedeutet nicht dasselbe wie "Existenz" 3.13 b 3 E, die E. ist stets individuell 2.11 c E, sie ist die physische Grundlage von Artnatur und Individualdifferenz 6.18 b E, "aufgrund der E. individuell" bedeutet dasselbe wie "durch sich selbst (von selbst) individuell" Erl. vor 6.1 a, die Form als das Prinzip der E. ist auch das Prinzip der Einheit 4.2 a E, vonseiten der E. spricht nichts gegen die Koexistenz nur numerisch verschiedener Akzidentien in dems·elben Subjekt 8.21 a E.
ERFAHRUNG,
die gewöhnliche E. entspricht der gewöhnlichen Sprache 6.16 g E, 8.6 E, die Physik Suarez' ist auf die gewöhnliche Erfahrung bezogen 8.1o b E, 8. 1o c E, die gewöhnliche E. erlaubt Selektion unter Autoritäten 8.6 E.
ESSENZ s. EXISTENZ,
"Wesen"
Bedeutung des Wortes 5.1 E, zwischen E. und aktueller Essenz besteht bei Geschöpfen kein realer Unterschied 5.1 E, Annahme eines Realunterschiedes
39o
Repertorium
5.2 a E, 5.2 b E, 5.2 c E, Verhältnis zur Subsistenz 3.24 a E, die E. beendet die Tätigkeit der Ursachen 2.12 a E, zwischen der E. eines Dinges und seiner Dauer besteht kein realer Unterschied 8.15 d E,"E." und "Individuellsein" bedeuten nicht dasselbe 3.13 b 3 E, 5.3 b 1 E, die E. ist nicht der Vermittler der Individualdifferenz 5.3 b 5 E, "Die E. ist das Individuationsprinzip" kann der Wahrheit nahe kommen 5.5 b E, denn die unmittelbare Fähigkeit zur E. ist das Individuationsprinzip 6.1 a E.
FASSUNGSKRAFT FORM (s. auch
des Subjekts 8.4 c E, 8.4 d 1 E.
"Ursache"), kann alles heißen, was eine Materie bestimmt 2.24 d E, die F. ist der Akt der Materie 3.4 a E, metaphysische F. 2.24 d E, forma compZeta, incompZeta 2.28 d E, sofern die Form Prinzip der Entität ist, ist sie auch Prinzip der Einheit 4.2 a E, die substantielle F. ist nicht das Individuationsprinzip Erl. vor 4.1 a, die Materie wird nicht durch die F. individuell 4.3 c 2 E, 4.3 d 1 E, die F. ist Hauptprinzip der Verschiedenheit des Individuums Erl. vor 3.5 b, 3.5 b E, 3.5 c 5 E, 6.16 c E, 6.16 d E, die F. ist nach Meinung der Thomisten wesentlich spezifisch 3.9 d E, sie wird von der Materie begrenzt 3.4 a E, 3.9 d E, F.en, die aus der Materie hervorgeführt werden bzw. nicht hervorgeführt werden 3.3o d 2 E, 6.5 d E, Gott kann eine aus der Potenz einer Materie hervorgeführte F. auch ohne diese Materie erhalten 6.9 a 2 E, 6.11 b E, Einführung der F. in die Materie 3.19 a E, numerisch dieselbe Form kann weder gleichzeitig noch sukzessiv aus numerisch verschiedenen Materien hervorgeführt werden 3.3o d 3 E, nach einigen Autoren kann die Materie erst dann, wenn die F. mit ihr vereinigt ist, eine Quantität besitzen 3.1o a E, die Beziehung zur F., nicht die zur Quantität, ist für die Materie primär Erl. vor 3.21 a, die Rolle der F. bei der Entstehung des Compositums 6.16 c E, wegen dieser Dispositionen wird diese F. eingeführt 3.32 c 3 E, nicht die Individualität der F. wird der Individualität der Dispositionen angepaßt, sondern umgekehrt 6.8 e E, dieselbe Materie mit derselben Quantität kann verschiedenen F.en unterliegen 3.11 c E, die Feuerform ist in derselben Materie wie vorher die Holzform 4.3 c 1 E, die Annahme einer transzendentalen Beziehung der F. auf eine bestimmte Materie führt zu Schwierigkeiten 6.13 a E, die F. ist nicht prinzipiell, sondern nur wegen der natürlichen Ordnung auf eine bestimmte Materie eingeengt 6.11 c E, 6.12 b E, 6.12 d E.
Repertorium
391
FORMELL SPRECHEN
2.7 b E, gleichbedeutend mit "pointiert sprechen", ist in der gewöhnlichen und auch in strengeren Sprachen möglich 4.7 E, wahre Aussagen der pointierten gewöhnlichen Sprache können zu wahren Aussagen einer pointierten wissenschaftlichen Sprache im Widerstreit stehen Erl. vor 5.9 a, pointierte Aussagen dürfen nicht so mißverstanden werden, als wäre mit ihnen alles gesagt 4.7 E, Beispiele für pointiertes Sprechen 5.6 b 1 E, 6.1o d E, 6.15 a 4 E.
FREIHEIT
3.13 b 3 E, Erl. vor 6.1 a, 6.7 a E, 9.7 a E, 9.7 b 3 E, 9.7 c E, 9.1o a E.
GATTUNG,
heißt "Materie", sofern sie von der spezifischen Differenz bestimmt wird ("metaphysische Materie") 2.24 d E, die Bestimmung zur Gattung schließt Möglichkeiten aus 2.25 b E.
GOTT
existiert notwendig 2.7 c 2 E, bildet keine Species 1.2 a E, 2.21 b E, hat keine Individualdifferenz 2.2 a 1 E,bedarf wegen der Unendlichkeit seines Intellektes keiner Abstraktionen 2.37 d 2 E, tut nichts Kontradiktorisches 1.5 a E, 6.11 b E, 8.2o b E, denkt mögliche Welten 3.31 a E, sein Wille ist nicht blind, sondern orientiert sich an der Natur der von ihm in den Weltplan eingeordneten Zweitursachen 9.8 b E, unmittelbare und mittelbare Wirkungen G.s 3.31 e 1 E, G. will, daß bestimmte Individuen verwirklicht werden und andere nicht 9.7 a E, G. setzt den Concursus so ein, wie es dem ordo naturaZis entspricht Erl. vor 6.1 a, die Determinierung der Zweitursache zu einer bestimmten Wirkung kommt von Gottes Concursus 9.7 e E, 9.1o a E, G. erschafft Formen, die nicht aus der Potenz der Materie hervorgeführt werden, bei angemessener Disposition der Materie 3.19 c 2 E, G. kann menschliche Seelen auch ohne Materie individuell erhalten 6.5 d E, kann aus der Potenz einer Materie hervorgeführte Formen auch ohne diese Potenz erhalten 6.9 a 2 E, 6.11 b E, G. kann Teilentitäten des menschlichen Leibes ohne Quan tität erhalten 3.14 c E, G. kann numerisch dieselbe Bewegung reproduzieren 6.9 c 1 E.
HABITUS
bedeutet "Geläufigkeit zu zweitakten" 8.3 e E, ist eine Qualität 8.2 b 3 E, benennt eine der vier speaies quaZitatum Erl. vor 8.11 a, ist etwas Relationales 7.3 f 1 E, H. desselben nächsthöheren Genus können in demselben Subjekt koexistieren 8.3 e E, es ist unwahrscheinlich, daß zwei nur numerisch verschiedene Wissens- bzw. Tugend-H. in demselben Subjekt koexistieren 8.1o a 4 E.
392
Repertorium
HERVORFüHRUNG
(Herausführung: der Materie 2.3o d 2 E.
"eductio") der Form aus
HINZUTRETEN ("addi")
ist für das Verhältnis von Artnatur und Individualdifferenz nur metaphorisch zu verwenden 2.16 d 2 E.
IDENTITÄT,
6.14 e E,
engere und weitere Bedeutung des Wortes logisch früher als Verschiedenheit 3.12 b E.
INDIFFERENZ
2.2 a 2 E, 2.7 c 2 E, 3.29 b 2 E, 6.2 b E.
3.1o a E,
3.19 a E,
INDIVIDUALDIFFERENZ, s. "Differenz". INDIVIDUATIONSPRINZIP i.w.s. ("metaphysisches
I.") und i.e.S. ("physisches I.") 2.1 E, 2.7 c 1 E, 2.21 a E, 2.22 c E, 3.2 c E, Mehrdeutigkeit von "physisches I." 3.28 a E, I. nach der gewöhnlichen Sprache 4.4 d E.
INDIVIDUUM,
das I., nicht das Allgemeine, ist das Primäre 2.5 a E, 5.3 b 5 E, 6.1 c 3 E, das I. ist nicht definierbar 2.5 d 2 E, es ist real 2.16 d 2 E, "I." bedeutet nicht dasselbe wie "Existierendes" 3.13 b 4 E, jedes geschaffene I. hat eine Individualdifferenz 2.4o b 1 E, I. im metaphysischen und physischen Sinn 2.39 b E, das Sogedachtwerden ist der Grund für die Verschiedenheit möglicher I.en 3.3o c 2 E, das körperliche I. repräsentiert seine Art nicht optimal 2.21 b E, 2.25 b E, 2.32 c E, eine Sprache aus I.ennamen ist wegen der Endlichkeit des menschlichen Intellekts nicht praktikabel 2.37 d 2 E.
INHASION,
ist der fundamentale Modus der Akzidentien, während Subsistenz der fundamentale Modus der Substanzen ist 2.2 a 2 E, 5.1 E, 6.14 a E, was für die I. des Akzidens im physischen Subjekte gilt, muß nicht auch für die Prädikation des Prädikats vom sprachlichen Subjekte gelten 3.7 a E, die gemeinsame I. zweiernur numerisch verschiedener intensivierbarer Qualitäten in demselben Subjekt ist keine hinreichende Bedingung für ihr Zusammenwachsen zu einer intensiveren 8.23 c 3 E, denn zwei im Maximum koexistierende Qualitäten sind unter keiner Bedingung weiterer Intensivierung fähig 8.24 a E.
INTENSIVIERUNG
von Qualitäten 2.25 c E, 8.22 a 1 E, I. tritt ein, wenn die Unähnlichkeit zwischen Agens und Passum nicht auf dem Fehlen einer Qualität, sondern auf dem Fehlen von Intensitätsgraden beruht 8. 12 f E, zwischen der Intensivierbarkeit von Qualitäten und ihrer Entstehung durch eigene akzidentelle Tätigkeit besteht ein Zusammenhang 8.11 d E, 8.15 b
Repertorium
393
4 E, die Unterstellung, daß alle Intensitätsgrade einer Qualität nur numerisch verschieden sind, führt zu Schwierigkeiten 8.16 b 2 E, 8.22 a 1 E, 8.22 a 3 E, 8.22 a 5 E, Grade sind nicht unteilbar, sondern haben eine Breite, innerhalb derer auch sie selbst intensivierbar und abschwächbar sind 8.23 a E, 8.23 d 1 E, 8.23 d 2 E, Veränderungen der I. erfolgen kontinuierlich 8.23 b E, von der Qualität her gesehen gibt es wahrscheinlich kein Intensitätsminimum, wohl aber von der Inhäsion her gesehen; natürliche Qualitäten haben ein natürliches Maximum der Intensität 8.23 e E, die gemeinsame Inhäsion zweier nur numerisch verschiedener Qualitäten, die intensivierbar sind, ist keine hinreichende Bedingung für ihr Zusammenwachsen zu einer einzigen intensiveren 8.23 c E, Begründung: 8.24 a E.
INTERPRETATION
ist ein Verfahren zur Adaptierung von Autoritäten 2.39 a E, 2.39 c E, 3.8 a 1 E.
KATEGORIEN, 2.17 a 1 E, 2.18 d E. KAUSALITÄT, 6.16 b E. KOMPOSITUM aus Materie und Form ist 6.17 g E.
ein unum per se
KONGRUISMUS, 3.31 e 3 E, 9.7 b 4 E, 9.7 c KONSTITUENTIEN, metaphysische K.en müssen
E, 9.1o a E.
in etwas Physischem realisiert sein 3.2 c E, physische K.en des physisch Zusammengesetzten sind Materialursache und Formalursache bzw. Subjekt und Akzidens 3.2 e E, 3.9 d E, 3.1o c 4 E, zwischen K.en des Zusammengesetzten und K.en der K.en ist zu unterscheiden 6.5 d E, das K. Materie ist die Bedingung der Möglichkeit der Vervielfältigunq von Körpern 3.28 b E.
KONTINUITÄT (Extension) 8.15 d 2 KONZEPTUALISTEN, 2.5 a E, 2.32 d LAGE, s. "Situs". LICHT wird instantan erzeugt 9.4
E. E.
c E, hat keine Geschwindigkeit 8.12 d E, ist intensivierbar 8.12 g E, wann L. numerisch eines ist 9.5 b 4 E, weshalb zwei L.er zwei Schatten werfen und weshalb bei Entfernung des einen etwas Licht in der Luft vergeht 8.12 b E.
MATERIALURSACHE,
gehört zu den vier Ursachen 3.2 e E, 3.26 c E, das subieatum inhaesionis ist die M. des Akzidens 3.4 b 2 E, Dispositionen gehören zur M. der Form 3.26 c E, M. der Quantität ist die Materie 3. 18 c E, Dispositionen der Materie zur Feuerform gehören zur M. des Feuers 3.19 a E, die Annahme einer
394
Repertorium
doppelten Materialursächlichkeit der Materie ist nicht widersprüchlich 3.18 d E.
MATERIE
(s. auch "Ursache" und "Materialursache"), kann alles heißen, was irgend eine Bestimmung (Form) empfangen kann 2.24 d E, metaphysischeM. 2.24 d E, M. erste Potenz 3.4 a E, 3.6 b 1 E, 3.1o a E, M. erstes subiectum inhaesionis 3.4 b 2 E, 3.6 b 1 E, die ersteM. ist bereits individuell 4.3 c 1 E, die erste M. ist nach Meinung der Thomisten nichts Reales 3.4 a E, 3.1o a E, 3.9 d E, Gegenmeinung 3.1o a E, 4.3 c 1 E, die M. wird nicht durch die Form individuell 4.3 c 2 E, 4.3 d 1 E, 6.2 b E, die individuelle M. ist substantieller Natur 6.6 e 2 E, himmlische und irdische M. 2.24 e E, die sublunare M. bildet insgesamt eine Species 3.29 d 3 E, aus himmlischer M. wird keine Form hervorgeführt 3.3o d 2 E, Meinungen des Aristoteles über die M. 3.34 e 2 E, von der Quantität gezeichneteM. 3.3 3 E, Erl. vor 3.9 a, Erl. vor 3.18 a, M. mit terminierten Dimensionen 3.9 c 2 E, der M. sind ihre jeweiligen Dispositionen akzidentell 6.7 b 3 E, Verhältnis der M. zur Quantität 3.18 c E, die M. ist Material- und Wirkursache der Quantität 3.18 c E, 8.13 c 3 E, die M. bekommt nach einigen erst Quantität, wenn sie schon mit der Form vereinigt ist, nach anderen nicht 3.1o a E, 3.19 a E, inwiefern die M. in der Potenz zu einer bestimmten Quantität ist Erl. vor 3.18 a, die Beziehung zur Form, nicht die zur Quantität, ist für die M. das Primäre Erl. vor 3.21 a, die M. begrenzt die Form 3.4 a E, 3.9 d E, Einführung der Form in die M. 3.19 a E, Formen, die nach Entstehung und Sein von der M. abhängig sind 3.3o d 2 E, 6.5 d E, Gott kann aus der Potenz einer M. herausgeführte Formen auch ohne dieseM. erhalten 6.9 a 2 E, 6.11 b E, die menschlichen Seelen werden nicht aus der Potenz der M. hervorgeführt 6.5 e E, Gott kann die menschliche Seele auch ohne M. individuell erhalten 6.5 d E, die Annahme einer transzendentalen Beziehung der Form auf eine bestimmte M. führt zu Schwierigkeiten 6.13 a E, dieselbe M. mit derselben Quantität kann verschiedenen Formen unterliegen 3.11 c E, die M. ist gegenüber Formen indifferent 6.2 b E, 6.16 c E, und auf viele Formen hingeordnet 6.4 c E, 6.4 e E, die M. hätte auch unter anderen Formen erschaffen werden können als unter denen, unter denen sie tatsächlich erschaffen wurde 6.7 a E, die Feuerform ist unter derselben M., unter der vorher die Holzform war 4.3 c 1 E, M., die die Leibesfrucht durch Zeugung und Ernährung erwirbt 6.7 b 1 E, 6.7 b 3 E, "Wechsel der M." in strenger Sprache muß zu "Identität der M."
Repertorium
395
in gewöhnlicher Sprache nicht im Widerspruch stehen 4.3 d 3 E, Rolle der M. bei der Entstehung des Zusammengesetzten 6.16 c E, Meinung, daß die M. das innere Individuationsprinzip der Körper ist Erl. vor 3.3, nicht die M., sondern die Form ist das Hauptprinzip der Verschiedenheit der Körper Erl. vor 3.5 b, 3.5 b E, 3.5 c 5 E, 3.7 b E, die M. ist nicht Grund der Artverschiedenheit, aber gewissermaßen Grund der individuellen Verschiedenheit der Körper 3.29 d 4 E, die M. ist Bedingung der Möglichkeit der Vervielfältigunq der Körper 3.28 b E, die M. ist der Anlaß, daß das Agens dieses Individuum hervorbringt, weil sie Materialursache der Dispositionen und Objekt der Tätigkeit des Agens ist 2.3o a 1 E, 3.31 f E, die M. ist für uns der Anlaß zur Erkenntnis der Verschiedenheit der Körper Erl. vor 3.33 a.
MITTEILEN, MODUS, 2.2
s. Teilhabe.
a 2 E, akzidenteller M., substantieller M. 3.22 d E, 6.14 a E, Existenz und Subsistenz sind Modi 5.1 E, Vereinigungsmodus 6.14 b E, der M. der Vereinigung ist von den Extremen real verschieden 6.14 e E, 6.16 b E, M. Kausalität 6.16 b E, M. Inhäsion 6.14 a E.
MöGLICH,
zwei Bedeutungen des Wortes 3.3o d 4 E, 3.31 a 2 E, auch M.es kann individuell sein Erl. vor 6.1 a.
NEGATION,
doppelte 1.2 d E, 2.22 c E, 3.2 c E, jedeN. setzt etwas Positives voraus 1.2 a E, 2.22 c E, die N. bezeichnet mittelbar etwas Reales 3.12 b E, 3.13 b 2 E.
OBIECTIVE, 2.15 f 1 E. OBJEKT, nächstes und entferntes 2.8 c E.
des Gattungsnamens
ORDNUNG DER NATUR (ordo naturaLis).
Gottes Plan der wirklichen Welt im Gegensatz zu den Plänen der möglichen Welten 7.3 q 3 E, bedingt die Entstehung bestimmter Individuen 3.31 a 2 E, die Gott durch Erstellung entsprechender Dispositionen sichert 3.32 c 3 E, 3.32 d 2 E, die O.d.N. beweist, daß die Welt das Werk einer Intelligenz ist 9.1o a E, auch mögliche Welten haben ihre Ordnung Erl. vor 6.1 a, wegen der O.d.N. führt Gott immer neue Seelen in neue menschliche Leiber ein 9.1o d E, daß in der wirklichen Welt bestimmte Formen nur in bestimmte Materien eingeführt werden, hängt nicht innerlich mit dem Wesen dieser Formen und Materien, sondern mit der O.d. N. zusammen 6.11 c E, 6.12 d E, 8.2o b E, 9.1o a E, die Determinierung der Zweitursachen durch Gott zu
396
Repertorium
bestimmten individuellen Wirkungen ist in der O.d.N. vorgesehen 9.1o a E, da Gottes Concursus kongruent ist, wird durch ihn trotz Wahrung der O.d.N. die Freiheit der Zweitursachen nicht angetastet 9.1o a E.
ORT, 3.15 b E, äußerer und innerer 0. 9.1o c E. PASSUM, dasjenige, woran das Agens (s. dort) tätig ist. PERSON, Name für "Suppositum" bei vernünftigen Naturen 5.1 E, eine göttliche P. kann außer ihrer eigenen auch fremde Naturen aufnehmen 1.2 c E.
POTENTIA ABSOLUTA, P. ORDINATA, 2.3o a E. POTENZ, gehört zu den vier speaies qualitatum
Erl. vor 8.11 a, aktive und passive P. 3.2o a E, alle P.en dürfen i.w.S. als "Materie" bezeichnet werden 3.4 a E, die P. gehört grundsätzlich zu derselben Kategorie wie ihr Akt 3.2o a 3 E, die Materie ist erste P. 3.6 b 1 E, die P. begrenzt den Akt 3.4 a E, konnaturale (natürliche) P.en 8.16 a E, konnaturale P.en entstehen durch natürliche Resultanz 8.16 a E.
PRADIKABILIEN, 2.2 b E, 2.17 a 1 E. PRADIKAMENTAL (s. "Kategorien"),Erl. vor 2.29 b. PRAMISSE, große und kleine, Erl. vor 1.1 b. PRIUS, p. tempoPe, p. natuPa, p. in aognosaendo 3.19 a E,
3.19 c 2 E, Erl. vor 3.33 a.
PRIVATIVER GEGENSATZ lem 1.2 a E.
PROGRESS, PROPRIUM,
8.9 a E.
von Allgemeinem und Individuel-
unendlicher 2.14 a E, 2.2o a E. 2.2 b E, entsteht durch natürliche Resultanz
QUALlTAT
(s. auch "Akzidens" und "Intensivierung"), vier Arten von Q.en (quattuoP speaies qualitatum) Erl. vor 8.11 a, erste, zweite Q.en 8.16 b 1 E, Q.en sind absolute Akzidentien Erl. vor 8.11 a, aktive Q.en 8.4 c E, Erl. vor 6.11 a, Erl. vor 8.11 a, nur Q.en können Prinzipien eigener akzidenteller Tätigkeit sein Erl. vor 8.11 a, Q.en werden gegen oder ohne Widerstand eingeführt 8.12 d E, extensive, intensive Unendlichkeit bei Q.en 2.25 c E.
QUANTITAT
(s. auch "Intensivierung"), Q. im Sinne der Physik, der Mathematik 3.18 a 5 E, Q. entsteht aus Körpern durch natürliche Resultanz 8.13 c 3 E, Q. hat die Materie zur Materialursache 3.18 c E, Quantifizierbarkeit und Einfachheit sind unvereinbar
Repertorium
397
2.26 a 1 E, Erl. vor 3.9 a, Erl. vor 3.18 a, die extensive Q. (das Gegenstück zur intensiven Q.) ist entweder kontinuierlich oder diskret 2.25 c E, die Q. liegt allen anderen körperlichen Akzidentien zugrunde 3.22 c E, terminierte, determinierte Q. 3.11 d E, 3.11 e E, die Q. hat das Agens zur Wirkursache 3.18 c E, Verhältnis der Q. zur Materie 3.18 a E, die Q. macht die Körper der Dimensionen fähig 3.9 b 2 E, 3.29 b 2 E, Q. setzt nach einigen Autoren die Vereinigung von Materie und Form voraus, nach anderen nicht 3.1o a E, 6.2 d E, quantitas aoaeva materiae 3.1o a E, 6.2 c E, Verhältnis der Dispositionen zur Q. 3.29 b 2 E, dieselbe Materie mit derselben Q. kann verschiedenen Formen unterliegen 3.11 c E, die Q. ist nicht das Prinzip der numerischen Verschiedenheit der Körper 3.5 d E, 3.1o b E, 3.11 e E, 3.12 b E, Meinung, daß die von der Q. gezeichnete M. das Individuationsprinzip der Körper ist 3.3 E, die quantitas aoaeva kann wegen ihrer Nichtexklusivität das Individuationsprinzip nicht sein 3.11 a E, die Beziehung zur Form, nicht die zur Q. ist für die Materie das Primäre Erl. vor 3.21 a, Teilentitäten des menschlichen Leibes können ohne Q. erhalten werden 3.14 c E.
REDUKTIVER SINN, 6.5 b E. RELATION (s. auch "Akzidens"),
ob streng genommen die R.en eine selbständige Klasse neben den absoluten Akzidentien bilden, ist zweifelhaft 8.15 b 1 E, transzendentale und prädikamentale, reale und bloß verbale Relationen Erl. vor 2.29 b, 6.6 a E, 8.19 d E, das Wesen alles geschaffenen Seins schließt eine transzendentale Relation ein Erl. vor 2.29 b, Habitus und Tätigkeiten sind etwas Relationales, der Relationsbegriff ist also nicht auf die konversen Relationen eingeengt 7.3 f 1 E, 8.19 d E, in demselben Subjekt koexistenzfähige Relationen sind solche, bei denen für "y" in "R(x,y)" mehr als ein Argument eingesetzt werden kann 8.17 a 3 E, 8.17 b E, 8.19 b E, Relationen können durch Veränderung von etwas Äußerem numerisch vervielfältigt werden 8.13 d E, die Zweitrelate geben relativen Akzidentien die Artzugehörigkeit 7.3 f 3 E.
RESULTANZ, natürliche 8.9 a SCIENTIA MEDIA, 3.31 e 3 E, 9.7 b 3 E.
SEELE, MENSCHLICHE,
E. 5.3 b 5 E, Erl. vor 6.1 a,
wird nicht aus der Potenz der Materie hervorgeführt 6.5 e E, ist nicht nach Entstehung und Sein von der Materie abhängig 6.5 d E, wird
398
Repertorium
unmittelbar von Gott ad dispositionem aorporis hervorgebracht 3.31 e 1 E, 9.7 d 3 E, 9.8 c E, nicht die Individualität der Seele wird der der Dispositionen angepaßt, sondern umgekehrt 6.8eE, wegen der Ordnung der Natur führt Gott stets neue Seelen in neue menschliche Leiber ein 9.1o d E, ob die menschliche Seele auch einen anderen Leib informieren könnte 6.6 b 1 E.
SEELE, TIERISCHE,
ist wahrscheinlich ausgedehnt und teilbar 6.9 a 3 E.
SEIN,
6.1 a E, Konkretisierung des S.s zu Genera, Species und Individuen 2.18 d E.
SIEGELUNG l"sigiZZatio"),
3.3 E, Disposition zur Form bzw. zur Quantität 3.18 a 4 E, 3.19 a E, 3.21 d E, worin besteht das Siegel 3.22 b 3 E, 3.22 c E, 3.22 f E, 3.23 a 4 E, 3.23 b E.
SITUS, 3.15 b E. SPECIES, intentionales.
entstehen nicht durch natürliche Resultanz 8.13 c 1 E, werden instantan erzeugt 9.4 c E, sind intensivierbar und abschwächbar 8.14 c E, bewegen sich instantan 8.7 b E, S. in der Erinnerung 8.8 a E, intelligibles Sein intelligibler S. 8.3 d E, Paul wird durch die S. von Peter in Hinsicht auf die Artnatur, aber nicht in Hinsicht auf seine Individualität angemessen repräsentiert 8.18 b E, Töne können an derselben Stelle des Mediums koexistieren, jedenfalls koexistieren ihre s. im Gehörsinn 8.15 d E.
SPRACHE
(s. auch "formell sprechen"), die gewöhnliche S. enthält aufgrund des menschlichen Abstraktionsvermögens Ausdrücke, denen nicht unmittelbar etwas Reales entspricht ["noster modus Zoquendi et aonaipiendi"l 2.13 d E, 2.14 b E, solche Ausdrücke, deren Vorhandensein nicht auf Willkür beruht, können Anlaß zu Irrtümern geben 2.37 d 2 E, 2.37 d 4 E, eine S. aus Individuennamen wäre nicht praktikabel 2.37 d 2 E, Verhältnis der S. zum Denken 2.6 b E, 2.15 a E, es ist unsachgemäß, von der gewöhnlichen s. zu große Genauigkeit zu verlangen 4.6 b E, die gewöhnliche s. kann zu Beweisen dienen 6.16 g E, erlaubt Selektion unter Autoritäten 8.6 E, formell (pointiert), aommuniter, simpZiaiter, per se (in einer detaillierten wissenschaftlichen Sprache) sprechen 4.7 E,"Wechsel der Materie" in strenger Sprache muß nicht mit "Identität der Materie" in gewöhnlicher Sprache im Widerstreit stehen4.3 d 3 E,4.4 d E, vgl. Erl. vor 5.9 a,
Repertorium
399
sowohl "Die Materie ist das Individuationsprinzip" als auch "Die Form ist das Individuationsprinzip" können in pointierten Sprachen wahre Sätze sein, da aber die Materie nur ein äußeres Prinzip ist, ist aete~is pa~ibus der zweite vorzuziehen 4.7 E, Beispiele für pointiertes Sprechen 5.6 b 1 E, 6.1o d E, 6.15 a 4 E, pe~ aaaidens sprechen 5.1o b E, man spricht korrekt, wenn man klargestellt hat, in welcher Art von Sprache man sprechen will, und sich sodann an die Regeln dieser Sprache hält Erl. vor 5.9 a.
SPRACHKRITIK,
ist erforderlich, weil erstens manchen Wörtern nicht unmittelbar etwas Reales entspricht 2.13 d E, 2.14 b E, 2.15 a E, 3.2o c E, weil zweitens unterschiedliche Stufen der Genauigkeit des Sprechensangemessen sein können 4.3 d E, 4.7 E, ob eine Aussage zutreffend ist, kann nicht nur unter Berücksichtigung des Sachverhaltes entschieden werden, zu berücksichtigen sind außerdem die Situation und die Absicht des Sprechenden, die Informationen darüber vermitteln, welcher Sprache die betreffende Aussage zuzuordnen ist 6.17 f E, 4.3 d 3 E, 4.4 d E, es ist unsachgemäß, die gewöhnliche Sprache zu kritisieren, weil sie den Genauigkeitsansprüchen strengerer Sprachen nicht genügt 4.6 b E, Beispiel für Sprachkritik 7.4 E, 6.17 f E, 4.7 E.
SUBIECTIVE, 2.15 f 1 E. SUBJEKT, dasjenige, dem
eine Eigenschaft oder ein Prädikat zukommt 2.38 d E, 4.3 c 1 E, 7.2 a E, das s. ist nicht das Prinzip der Individuation der Akzidentien 7.3 d E, subieatum att~ibutionis, inhaesionis 3.4 b 1 E, das subieatum inhaesionis ist die Materialursache des Akzidens 3.4 b 2 E, jede akzidentelle Form, die durch eigene Tätigkeit von Akzidentien entsteht, wird aus der Potenz des S.s herausgeführt 8.11 f E, selbst übernatürliche Akzidentien werden aus der Potenz des S.s herausgeführt 8.12 a E, vonseiten der Entität spricht nichts gegen die Koexistenz nur numerisch verschiedener Akzidentien in demselben s. 8.21 a E.
SUBSISTENZ,
3.24 a E, 5.1 E, sie ist bei Substanzen der uZtimus te~minus natu~ae seaundum existentiam eius 5.6 b 1 E.
SUBSTANZ
(s. auch "Subjekt", "Form", "Subsistenz"), erste und zweite 5.1 E, "erste S." bedeutet dasselbe wie "Suppositum" ebd. 3. Abschn.
4oo
SUKZESSION, SUPPOSITUM,
Repertorium 8.15 d E.
2.6 b E, 5.1 E, "S." bedeutet dasselbe wie "erste Substanz" 5.8 b 2 E, das S. wird sprachlich durch das Substantiv repräsentiert 5.1o d 2 E, bei geschaffenen S.en ist die Potenz zu wirken akzidentell Erl. vor 8.11 e, bei vernünftigen Naturen heißt das S. "Person" 5.1 E, die Subsistenz individuiert nicht dasS., sonst gäbe es in Gott drei Naturen 5.7 b 4 E, ähnlich 5.8 d E.
TATIGKEIT,
die Abhängigkeit, durch die das Hervorbringen von der Wirkursache abhängt 9.5 f 2 E, gehört zu den Kategorien 2.17 a 1 E, ist etwas Relationales 7.3 f 1 E, unteilbare und sukzessive T. 9.5 d 4 E, Grund der Einheit von T.en 9.5 a E, 9.5 b 3 E, Gott kann numerisch dieselbe T. reproduzieren 9.6 c 1 E, inwiefern frühere T.en reproduzierbar sind 9.6 c 4 E, Entstehung von Akzidentien durch eigene T. 8.9 a E, Erl. vor 8.11 a, bei ihr ist das nächste Prinzip der Hervorbringung ein Akzidens, nicht die Substanz Erl. vor 8.11 a, zwischen ihr und der Intensivierbarkeit von Akzidentien besteht ein Zusammenhang 8.15 b 4 E.
TEILHABE,
vieldeutiges Wort Erl. vor 1.1 b, Erl. vor 3.6 a, 3.6 b 2 E.
1.2 c E,
TEMPERATUR, 8.1o c E. TERMINIERUNG, s. "Determinierung". TRANSZENDENT(AL), Gegenstück zu "prädikamental",
Erl. vor 3.29 b, 3.6 a E, 3.17 a 1 E, 8.19 d E, die Annahme einer transzendentalen Beziehung der Form zu einer bestimmten Materie führt zu Schwierigkeiten 6.13 a, zur Sachbedeutung von "Der Seinsbegriff ist transzendent(al)" 2.18 d E.
TUGEND,
praktischer Habitus 8.2 b 3 E, daß nur numerisch verschiedene T.en in demselben Subjekt koexistieren, ist unwahrscheinlich 8.1o a 4 E.
UBI, s. ''Wo".
UNENDLICHKEIT,
extensive, intensive 2.25 c E, synkategorematische 2.26 a 3 E, intensive U. widerspricht dem Geschaffensein 2.26 a 1 E, die intensive U. einer Qualität schlösse das Vorhandensein anderer Qualitäten nicht aus 2.26 c 1 E, eine endliche Kraft ist zu Bewegung über unendliche Zeit prinzipiell imstande 9.9 c E.
URSACHE,
Katalog der u.en 3.2 e E, 3.26 c E, die u. ist immer vor der Wirkung 3.29 d 3 E, darf nicht geringer
Repertorium
4o1
sein als ihre Wirkung 3.4 b 2 E, ist mit der Wirkung durch den Modus Kausalität vereinigt 6.16 b E, die Existenz bringt die Tätigkeit der U.en zum Stillstand 2.12 a E, aausa per se, per aaaidens 3.34 b 2 E, 3.34 b 3 E, 3.34 f 1 E, 4.5 d E, 6.5 e E, 6.1o d E, Schluß von der u. auf die Wirkung ("a priori"), von der Wirkung auf die Ursache ("a posteriori") 3.33 a E.
VERSCHIEDENHEIT,
logisch später als Identität 3.12 b E, entitative (numerische) v. 3.13 b 2 E, 3.13 b 3 E, reale V. 2.2 a 2 E, ist als solche keine transzendentale Proprietät 3.6 a 1 E, Erl. vor 3.12 b, 3.17 b 3 E, ist nur zwischen Ding und Ding bzw. zwischen Ding und Modus möglich 5.4 b E, modale V. 2.2 a 2 E, formale V. 2.15 f 2 E, gedankliche V. 2.16 c 2 E, 2.17 b E, situelle V. 3.15 b E.
WAHRSCHEINLICH, Erl. vor 3.34 a, 9.7 WANDLUNG, s. bei "Bewegung" WESEN, WESENHEIT, s. auch "Artnatur"
d 1 E.
und "Form", 2.32 c E, 2.37 b 1 E, reale Essenz 5.5 d E, 6.1 a E, "aktuelle Essenz" und"Existenz" bedeutet dasselbe 5.1 a E, 6.1 a E, es gibt keinen Realunterschied zwischen Essenz und Existenz 5.1 a E.
WIRKURSACHE
(s. auch "Ursache"), kann nicht gleichzeitig mehrere ihrer Kraft angemessene Wirkungen hervorbringen 9.9 d E, kann ihre Wirkung im Prinzip beliebig oft wiederholen 9.9 b E, ihre Einschränkung hinsichtlich der Hervorbringung von Individuen beruht nicht auf ihrem Wesen, sondern auf der Ordnung der Natur 9.1o a E, zur Bewegung über unendliche Zeit genügt eine endliche Ursache 9.9 c E, Wirkursache der Quantität ist das Agens 3.18 c E. S. auch "Agens". Schluß von der w. auf die Ursache l"a posteriori") 3.33 a E, unmittelbare, mittelbare w.en Gottes 3. 31 e 1 E.
WIRKUNG,
WISSENSCHAFT,
menschliche w. ist zu einem faute de mieux-Verfahren gezwungen 2.37 e E, 3.33 d E, ihr unmittelbarer Gegenstand ist die Artform, die nichts Realallgemeines ist, sondern ein abstrakter Begriff 2.37 c 2 E.
WO I"Ubi"), 3.15 b E, 9.1o c E.
ZAHL, wird durch Einheit konstituiert ZEICHEN, eine aausa per aaaidens 3.34
2.9 c E.
b 2 E, "Z." kann "Aspekt bei der Erörterung eines Gegenstandes" bedeuten 3.3 E.
4o2
Repertorium
(s. auch "Dauer"), innere z. ist die reale sukzessive Dauer 9.2 c E, 9.5 e 1 E, sie ist von der Bewegung nicht real verschieden 9.2 c E, die äußere z. ist das Maß der Bewegung 9.5 d 1 E, zu äußerlich, um Individuationsprinzip zu sein 3.34 c E, zwei Bedeutungen von "vergangene Z." 9.6 b 1 E, zu Bewegung über unendliche Zeit genügt eine endliche Kraft 9.9 c E, die Zeit ist kein Hinderungsgrund für die Reproduktion numerisch derselben Bewegung unt Tätigkeit durch Gott 9.6 c 1 E, inwiefern eine vergangene Tätigkeit reproduzierbar ist 9.6 c 2 E.
ZEIT
ZWEITURSACHEN
(geschöpfliche Ursachen), natürliche Wirkungen sind ihnen unmittelbar zuzuschreiben, nicht Gott 3.31 e 1 E, 9.8 c E, die Determinierung der z. zu individuellen Wirkungen kommt vom Concursus der Erstursache 9.7 e E, 9.1o a E, sie ist den z. gleichsam geschuldet 9.8 e E.
ZUSAMMENSETZUNG,
physische 2.5 b E, metaphysische 2.5 b E, 2.17 b E, 2.19 d E, 3.2 c E, 6.15 b heit schließt metaphysische z. 2.4o b 2 E, 6.15 d E.
E, 2.17 b E, 6.15 b b E, 2.18 d E, 2.19 E, physische Einfachnicht aus 2.17 b E,