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German Pages 537 [730] Year 2007
GIOR DANO
WERKE
B RU N O
Meiner
GIOR DA NO BRU NO W E R K E
GIORDANO
Mit der kritischen Edition von Giovanni Aquilecchia herausgegeben von Thomas Leinkauf
WERKE
B RU N O
BAND 3
F E L I X M E I N E R V E R L AG · H A M B U R G
GIOR DA NO BRU NO DE L A C AUSA , PR I NCI PIO ET U NO Ü BER DI E U R SACH E , DA S PR I NZ I P U N D DA S E I N E Italienisch – Deutsch
Übersetzt, kommentiert und herausgegeben von thomas leinkauf
F E L I X M E I N E R V E R L AG · H A M B U R G
Diese Ausgabe folgt der unter der Schirmherrschaft des Istituto Italiano per gli Studi Filosofici und des Centro Internazionale di Studi Bruniani bei »Les Belles Lettres« erschienenen kritischen Edition Œuvres Complètes de Giordano Bruno (Paris 1993 – 1999), ediert von Giovanni Aquilecchia, herausgegeben unter der Leitung von Yves Hersant und Nuccio Ordine. Wir danken dem Verlag »Les Belles Lettres« für die freundliche Genehmigung zur Verwendung des italienischen Textes, dem Istituto Italiano per gli Studi Filosofici und dem Centro Internazionale di Studi Bruniani für die gute Kooperation sowie der Fritz Thyssen-Stift ung für die großzügige Unterstützung der deutschen Ausgabe.
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.d-nb.de› abrufbar. ISBN: 978-3-7873-1803-2 eBook ISBN: 978-3-7873-3512-1 Zitiervorschlag: BW III
www.meiner.de © Felix Meiner Verlag Hamburg 2006. Alle Rechte vorbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Übertragung einzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bänder, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich gestatten. Gestaltung: Jens-Sören Mann. Satz: Type & Buch Kusel, Hamburg. Druck: Strauss, Mörlenbach. Bindung: Litges & Dopf, Heppenheim. Gedruckt auf alterungsbeständigem »Alster«-Werkdruck papier (ANSI-Norm resp. DIN-ISO 9706), hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Printed in Germany.
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Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Einleitung. Von Thomas Leinkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Einleitende Bemerkungen ix | 2. Die Texte vor De la Causa: De umbris idearum, Cantus circaeus, Sigillus sigillorum, Candelaio, Cena de le ceneri xix | 3. Der engere historische Kontext (Paris – London) lxiii | 4. Die Schrift De la Causa: Aufbau und Grundthemen lxix | 5. Wirkungsgeschichte cxiv | 6. Editorische Notiz cliii
Bibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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giordano bruno de la causa, principio et uno über die ursache, das prinzip und das eine Einleitungsschreiben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . [Gedichte] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erster Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweiter Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dritter Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vierter Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Fünfter Dialog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Kommentar. Von Thomas Leinkauf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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VO R B E M E R K U N G
Diese neue zweisprachige Ausgabe Giordano Bruno, Werke umfaßt in chronologischer Reihenfolge zunächst alle sieben Schriften, die Bruno in italienischer Sprache verfaßt hat. Sie ist die erste philologisch zuverlässige italienisch-deutsche Edition und ersetzt die einsprachige Gesamtausgabe der italienischen Dialoge, die Ludwig Kuhlenbeck unter dem Titel Gesammelte Werke in den Jahren 1904–1909 im Eugen Diederichs Verlag (Leipzig und Jena) herausgegeben hat. Nach Möglichkeit werden die italienischen Dialoge im Anschluß durch die lateinischen Werke ergänzt. Das Ziel aller an dieser Ausgabe Beteiligten war, nicht nur dem heutigen Stand der Forschung entsprechende neue Textausgaben für den deutschen Sprachraum vorzulegen, sondern zugleich die Werke Brunos auf gesicherter Basis durch ausführliche Kommentare zu erschließen. Grundlegend für die Neuedition ist die kritische Ausgabe von Giovanni Aquilecchia, die einen gesicherten italienischen Grundtext bereitstellt. Für die Übersetzungen konnte zum Teil auf bereits vorliegende Einzelausgaben zurückgegriffen werden, die überprüft und, wo nötig, überarbeitet wurden, während andere vollständig neu anzufertigen waren. Jeder Band enthält darüber hinaus eine ausführliche Einleitung, in der über Werk, Werkgenese und die Wirkungsgeschichte informiert wird, eine Bibliographie, Namen- und Sachregister sowie ein Glossar. Die Paginierungen der Ausgaben Œuvres complètes, hg. von Yves Hersant und Nuccio Ordine, Paris 1993 ff. (Les Belles Lettres), sowie der Dialogi italiani, hg. von Giovanni Aquilecchia, Firenze 1958 (Sansoni), werden mitgeführt, um den Bezug auch älterer Forschungsliteratur auf die Neuausgabe zu ermöglichen. Der Herausgeber der Ausgabe, die Herausgeber der einzelnen Bände und der Verlag danken Christiane Bacmeister, Prof. Dr. Ferdinand Fellmann und Dr. Kai Neubauer dafür, daß sie ihre Übersetzungen für die Ausgabe Giordano Bruno, Werke zur Verfügung gestellt haben. Herzlich gedankt sei auch Prof. Nuccio Ordine und der Société d’édition
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vorbemerkung
Les Belles Lettres für die kollegiale Kooperation und die Bereitstellung der italienischen Texte, dem Italienzentrum der Freien Universität Berlin und seinem Leiter Prof. Dr. Jörg Hempfer, sowie Prof. Dr. Wilhelm Schmidt-Biggemann vom Philosophischen Seminar der Freien Universität, die dem Projekt seit der Anfangsphase ideelle und logistische Unterstützung angedeihen ließen. Besonderer Dank gilt schließlich der Fritz Thyssen-Stiftung für die großzügige Förderung dieses Editionsvorhabens. Stephanie von Beverfoerde und Robert Klimek (Philosophisches Seminar der Universität Münster) sei für unermüdliche Hilfe bei bibliographischen und organisatorischen Dingen, Henning Hufnagel MA (Freie Universität Berlin) und Maureen Lukay MA sei für das kompetente Korrekturlesen des dritten Bandes der Ausgabe gedankt. Thomas Leinkauf (Münster / Berlin)
EINLEITUNG
1. Einleitende Bemerkungen Giordano Brunos drittes (erhaltenes) italienisches Werk, der Dialog De la causa, principio et uno, ist Teil eines Ganzen und zugleich dieses Ganze selbst.1 Er ist weder, in der Folge eines gleichsam scholastischen Distinktionswillens des Idealismus des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, als, wie es Giovanni Gentile getan hat, sogenannter »metaphysischer« Dialog von den »moralischen« Schriften getrennt zu lesen (eine Trennung, der noch E. Garin verpflichtet blieb2), noch ist er, zusammen mit den anderen italienischen Schriften, vom lateinischen 1
Nicht erhalten sind: die Arca di Noè (vermutlich entstanden im Neapler Konvent im Jahr 1568), die Abhandlung De’ segni de’ tempi (Venedig 1577) und die Clavis magna (vgl. Explicatio, OL II, 2, S. 160), die vielleicht in Tolouse (1578–81) oder schon in Neapel entstanden ist und den »Kern« von De umbris und Sigillus enthalten haben dürfte (De Benart: Immaginazione e scienza (1986), S. 12 ff.; Sturlese: Introduzione (1991), S. X; siehe auch unten Anm. 24). Daß De la causa das eigentlich metaphysische Hauptwerk Brunos ist, gilt in der Forschung zu Recht als ausgemacht, vgl. Beierwaltes: Einleitung (1977), S. XI; Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978), S. 63: »il De la causa può essere considerato come l’opera in cui si dispiega il tentativo di una riforma della metafisica che trovi il suo fondamento nelle sostanziali novità sul piano cosmologico«, das sich als zitathafte Übernahme auch findet bei Spruit: Il problema della consocenza (1988), S. 161, 164: »una effettiva riforma della metafisica in base alle innovazioni sostanziali recepite dalla cosmologia«; Ciliberto: Introduction (1996), S. XII f.: »la grande réflexion métaphysique que développe Bruno dans le De la causa«; Raimondi: Il sigillo (1999), S. 123 f.: »il più metafisico dei dialoghi italiani«; Granada: Giordano Bruno (2002), S. 127: »fundamento metafísico«; Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 19: De la causa steht im Zentrum der Ausarbeitung einer »ontologia, come dottrina fisica dell’ente e non quindi su un piano logico-astratto. Un’ ontologia […] che fa tutt’ uno con la sua cosmologia«. 2 So etwa in Garin: L’umanesimo italiano (1978), S. 240–245. Zu der Ein-
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Werk sachlich absetzbar. Er teilt mit allen Schriften des Nolaners, daß in ihm, trotz der evidenten Orientierung an philosophischen Spezialproblemen und dem unabweislichen Überwiegen metaphysischer Grundsatzüberlegungen, in nuce das Ganze seines Denkens gegenwärtig ist – jede Einzelschrift kontrahiert den universalen Grundgedanken dieses Werkes in einen singulären, gerade durch seine Werkindividualität ›sprechenden‹, faszinierenden Ausdruck. Wie in der fraktalen Geometrie, deren Grundstruktur unabhängig vom konkreten Bereich der Exemplifikation durch die infinitesimale Sichselbstgleichheit des bestimmenden Formprinzips gekennzeichnet ist, so erscheinen die Werke Brunos, sicherlich in verschiedener Intensität, als insistierender Selbstausdruck dieses unruhigen, überreichen Ingeniums. Sie verweisen also auf den allgemeinen philosophischen Gehalt in einer besonders ausgeprägten und immer auch für den Leser anregenden Weise durch die »eigenen Augen« des Nolaners selbst. Die neuere Forschung hat zu Recht immer intensiver, wenn auch auf verschiedene Weise und mit verschiedener Intention, auf die Einheit zumindest des italienischen Werkes gepocht3, und sie hat, in teilweise minutiösen Einteilung in G. Gentile, Opere italiane, I Dialoghi metafisici, Bari 1907; II Dialoghi morali, Bari 1908 (= DI) vgl. Canone: Nota introduttiva (1999), S. XVII. 3 Vgl. etwa Guzzo: Giordano Bruno (1960), S. 37 f., 43 ff.; Ingegno: Regia pazzia (1987), S. 143–148, ders.: L’unità dell’opera (1990); Granada: Introduction (1999), S. XXXIX–LVI; ders.: Giordano Bruno (2002), S. 12: »la interpretación de la obra italiana de Bruno (los seis diálogos filosóficos publicados en Londres en 1584–85) como una obra unitaria (un único libro, podriámos decir)«, 127, 185; Canone: Nota introduttiva (1999), S. XIX–XXI; ders.: Le leggi dell’anima (2001); Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 11: »Le opere italiane, nella struttura di fondo, sono invece il frutto di un disegno filosofico coerente, sono la testimonianza di un progetto che dalla Cena – ma, in maniera più informe, anche dal Candelaio – si estende fino ai Furori«, so auch S. 40–43. Ordine schlägt folgende Entwicklungslinie vor: 1) Beginn mit der Naturphilosophie (Cena, Causa, Infinito), 2) Weiterentwicklung mit der Moralphilosophie (Spaccio, Cabala), 3) Ende mit einer Philosophie der »Betrachtung« (filosofia contemplativa) (Furori), ebd. S. 13, 42. Dem ist grundsätzlich zuzustimmen. Allerdings wird dabei, so sehr die »aufsteigende« Entwicklungslinie überzeugen mag, der besondere Charakter von De la causa zu sehr auf die astronomisch-kosmologischen Reflexionen von Cena und In-
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zeluntersuchungen, nachgewiesen, daß die italienischen Schriften, deren erste noch zu Ende des Pariser Aufenthaltes verfaßt und gedruckt worden ist (Candelaio, 1582), direkt auf zentralen Gedanken aufruhen, die in den durchgängig auf Latein verfaßten Texten der Pariser Zeit formuliert worden sind, deren letzte, wohl noch in Frankreich verfaßten oder zumindest begonnenen Schriften selbst erst in Oxford/London, also zu Beginn des Englandaufenthaltes, zum Druck gegeben wurden (vgl. hierzu Einleitung Teil 3). Die Einheit des Brunonischen Denkens in der Verschiedenheit der thematischen Bezüge (Mnemonik, Kosmologie, Humanismuskritik, Religionskritik, Magie) erfahren wir als heutige Leser vor allem darin, daß es Konstanten gibt, die sich von den frühesten, zum großen Teil durch Bruno selbst oder indirekt überlieferten Nachrichten aus der Zeit in Neapel, über die in Frankreich verfaßten lateinischen Abhandlungen, die Londoner Schriften, die Wittenberger und Frankfurter Texte bis in die letzten, nur noch durch die Inquisitionsprotokolle dokumentierten Äußerungen dieses Denkers durchhalten. Die Hauptkonstante ist sicherlich ein genuin philosophisches – vom eigenen Anspruch her nicht theologisches – Bewußtsein von der durchgreifenden Einheit der Wirklichkeit, das jedoch in einer originellen, neuen Weise als komplexe Philosophie von Bruno exponiert wird: als eine duplike Form von Denken, die einmal durch den Gedanken eines immanenten und zum anderen durch den eines transzendenten Einen bestimmt ist.4 Im Rahmen dieser Vorgabe finito eingeschränkt und die übergreifende Verbindlichkeit der ontologischmetaphysischen Diskussionen und Lösungsvorschläge von De la causa für alle folgenden Texte (schon anfangend mit De l’infinito) nicht hinreichend deutlich; hierzu jetzt Leinkauf, Metaphysische Grundlagen (2005 b). Zudem sollte auch im Blick bleiben, daß schon die Cena nicht nur ›kosmologisch‹ argumentiert, sondern, wenn auch wenig entfaltet, doch schon die Grundzüge von Brunos Religionskritik aufweist, die nicht von der Vision der neuen physikalisch-kosmologischen Ordnung zu trennen ist. Granada: Giordano Bruno. Universo infinito (2002), S. 185 spricht hier zu Recht von einer Reziprozität von Dechristianisierung und Deeschatologisierung der Wirklichkeit und der Verunendlichung und Homogenisierung des Universums – beide Aspekte sind im Denken Brunos nur abstrakt zu trennen. 4 Aufschlußreich hierzu sind die Analysen Mancinis, der von einer »ambi-
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geht Brunos Philosophieren, obgleich auch der Nolaner den für seine Zeit typischen skeptischen Grundzug des Denkens an manchen Stellen zum Vorschein kommen läßt, zudem unbeirrlich davon aus, daß es eine substantielle Korrespondenz zwischen Sein und Denken gebe. Damit stellt sich seine Perspektivierung der Wirklichkeit ganz dezidiert – und an vielen Stellen durch explizite Hinweise reflektiert – in eine Tradition des Denkens, die sich, ausgehend vom älteren Parmenides, über Platon und Plotin, bis hin zu Cusanus und Ficino in immer neuen Ansätzen als Denken des Einen ohne Reduzierung der Vielfalt guitá« der nolanischen Philosophie spricht, die nicht dazu führen dürfe, daß man einen Aspekt dieses Denkens ausschaltet – entweder die Immanenz gegen die Transzendenz als einzigen, wahren Kern von Brunos Denken herausstellt oder etwa die Identität gegen die Differenz et vice versa zum philosophischen Fundemant macht –, sondern die als konstanter und intendierter Ausdruck des einen, in sich dynamischen Denkens Brunos festgehalten werden müsse, das sich in zwei »parallelen und komplementären Philosophien« ausdrücke: »la via analogica della differenza e la via dialettica dell’identità«; vgl. Mancini: La sfera (2000), S. 16 f., 21 ff., 169 u. ö. Der erste Weg, der der Differenz, der Analogie und der »scala rerum«, baue auf Marsilio Ficino auf (der seit De umbris idearum und dem Sigillus sigillorum präsent ist), der zweite, der der Spekulation, der Überwindung des Widerspruchsprinzips und des absoluten Einen (der Identität), auf Nicolaus Cusanus, ebd. S. 25 f.; jetzt auch ähnlich – aber nur andeutend – Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 57: »il carattere ›binario‹ della filosofia – e della metafisica – bruniana«. Schon Michel: La cosmologie (1962), S. 79 hat, angelegentlich der Terminologie und der Sachaspekte der Summa terminorum metaphysicorum, darauf hingewiesen, daß Bruno »n’a jamais cessé d’être hanté par les images et les formules du néoplatonisme«, Beierwaltes hat dies auch für die Argumente selbst an mehreren Stellen nachgewiesen, vgl. Beierwaltes: Einleitung (1977); ders.: Actaeon (1978); ders.: Denken des Einen, (1985); Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 54 f. verweist zusätzlich darauf, daß im Gedanken des Einen eher das »ens unum« zu sehen sei, also nicht das absolute Eine oder unum simpliciter. Hierzu solle verglichen werden Ficino, in Parm., Opera 1138; in Philebum, Opera 1222 und in Plotinum, Opera 1775 mit Summa, OL II/1, S. 24. M. E. sollte diese grundsätzlich richtige Beobachtung jedoch dahingehend relativiert werden, daß Bruno, wie schon die neuplatonische Tradition, zwischen dem unum supersubstantiale und dem unum coordinatum oder unum ens differenziert, vgl. unten S. LXXIX f.
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und Differenz des Seienden erwiesen hatte.5 Die – scheinbar skeptischen – Ausführungen Brunos zu der »Schattenhaftigkeit« unserer Erkenntnis bzw. unserer Erkenntnisinhalte werden nicht nur relativiert durch seine immer wieder durchbrechende Emphase für die Leistungen des menschlichen Denkens – seines »ingeniums« (ingegno), seiner »mens« (mente) –, die diesem einen unverlierbaren, fundamentalen Orientierungsanhalt in der Weite des unbegrenzten, zur Konturlosigkeit tendierenden Seins vermitteln6: die Einsichten in die Existenz und das Wesen des Einen, die Präsenz moralisch-ethischer Gewißheiten, das Herausstellen der intentionalen Grundvollzugsform der »Liebe« (amore), die bewußte imitatio göttlicher Schöpferkraft7; sondern auch durch klassische Argumente der antiken und mittelalterlichen Tradition, in denen Idee – Sein (Substanz) – Begriff, als drei Modi der Präsenz des Einen und Wahren, untereinander in bestimmten Verhältnissen stehen, die Ausdruck der Architektur des Seins sind8 und in denen das Sein dem Denken (selbst noch wenn dieses, wie bei Cusanus, das Messende ist) das Maß gibt.9 Gegenüber diesen Leit-Gewißheiten stellen sich, ver-
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Zu dieser Tradition vgl. Beierwaltes: Denken des Einen (1985) mit weiterführender Literatur. Zu Brunos im Grunde nicht-pessimistischem, auf unendliche Varianz und Neuheit setzendem Ansatz vgl. – gegen Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 111–140 – Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 178 f. 6 Zum Ingenium vgl. Canone: Il concetto di ›ingenium‹ (1998) passim; zur ›Teilhabe‹ der menschlichen Seele, mittels ihres »intelletto« oder ihrer »mente«, am göttlichen Prinzip Michel: La cosmologie (1962), S. 121 ff., 123: »doué d’intellect, il prend conscience de cette participation et, dans la mesure où il le peut, imite l’action créatrice de l’Intelligence suprême au lieu de subir passivement ses impulsions«. 7 Vgl. Furori, OC VII, S. 135–137 (DI, S. 995 f.). 8 Vgl. Bruno, Imaginum, OL II/3, S. 215 ff. (Deus–natura–ars, metaphysica–physica–logica, idea–forma–ratio/intentio); Minimo, OL I/3, S. 301; Theses de magia OL III S. 462. Zur Bedeutung von »ante rem-in re-post rem« allg. vgl. A. Schmitt: Anschauung und Denken (1998); für Bruno vgl. Spruit: Il problem della conoscenza (1988) passim; Mancini: La sfera (2000), S. 25, 29, 32. 9 Vgl. G. Bruno, Immenso, OL I/2, S. 275: »Naturaque sit rationi lex; non naturae, ratio«; aber auch schon Acrotismus, OL I/1, S. 101.
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gleichbar etwa dem, was wir auch bei Cusanus beobachten können, die kritischen oder besser: erkenntniskritischen Reflexionen und begrifflichen Prägungen des Nolaners als zwar wichtige, aber nicht letzt-entscheidende Züge seines Denkens heraus. Es ist etwas anderes, ob ich grundsätzlich davon ausgehe, daß uns das Sein nicht so, wie es an ihm selbst ist, erkennbar ist, mit der Folge, daß ich ebenso grundsätzlich kein Wissen über dieses Sein – die Welt – erwerben kann und daß ich, weil es kein Wissen gibt, mich daher auch jeglicher Positionierung enthalten müsse oder mich so positionieren müsse, daß mir jede Position als möglich erscheint. Oder ob ich, von derselben Grundannahme ausgehend (daß mir kein unmittelbarer epistemischer Zugriff auf das Sein der Dinge möglich ist), dennoch sage: das Wissen, was uns möglich ist (gerade in seinen höchsten Formen der Genauigkeit, Exaktheit, Überprüfbarkeit und Sicherheit: der Mathematik und der Philosophie), ist wirklich Wissen, es sagt etwas über das Sein aus, es führt uns in unserem In-der-Welt-Sein weiter (dignitas hominis-Argument), es ist eine Form der Wahrheit selbst10, und es erschließt uns auch, in seinen äußersten Möglichkeiten, eine andere Dimension, auf die hin ich mich durch Spekulation und Intuition (Schau) bewegen kann. Die genuin platonische Vorstellung von einer ontischen (vestigium) wie epistemischen (umbra) Abschattung11, die alles partizipierende Sein in bezug auf das »participatum« erfährt (zu ›Teilhabe‹ bei Bruno siehe Einleitung Teil 2, unten S. XXIII f., Teil 4, unten S. LXXXIV]), ist in der oben genannten Tradition ebenso in je verschiedener Intensität präsent gewesen, hat vielleicht ihre originellste Deutung durch die Theorie des Cusaners von
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Vgl. G. Bruno, Umbris, intentio 14; Sturlese S. 36: der »Schatten«, als »umbra conducens ad lucem«, ist »latenza della verità«; vgl. Immenso, OL I/1, S. 312: das Universum selbst ist ein »unermeßliches körperliches [d. i. schattenhaftes, T. L.] Abbild der Gottheit« – »corporeum illius [sc. divinitatis sive intellectus universi] immensum simulacrum«. Causa, dialogo 2, BW III, S. 88 (OC III, S. 105 ff.): vestigio, remoto effetto, indumenti, spalli, spechio, ombra, enigma. Für Bruno geht es jedoch immer darum, die »Dinge selbst« (res ipsas) zu erfassen, nicht nur ihre Abbilder oder Schatten und nicht nur ihre sinnliche vermittelten Projektionen »quae sunt in nobis«, vgl. Sigillus, OL II/2, S. 169. 11 G. Bruno, Magia, OL III, S. 458, 462.
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der Konjekturalerkenntnis gefunden, von der intrinsischen »Ungenauigkeit« unseres Denkens, die aber eben keinerlei Defaitismus, Skeptizismus oder gar Nihilismus zur Folge hatte. Die »Unerreichbarkeit« des Einen selbst (Transzendenzaspekt), die gerade auch in De la causa thematisch ist12, hat nicht zur Folge, daß überhaupt nichts erreichbar wäre; die Präsenz des Einen im Sein (Immanenzaspekt) hat allerdings zur Folge, daß nichts genau so erkennbar ist, wie es ist, daß nichts direkt oder unmittelbar für uns wißbar ist – denn jedes Sein ist in seinem letzten Grund nichts anderes als das Eine selbst (dieses ist allem Seienden innerlicher/näher als dieses selbst sich je sein kann13) –, sondern daß es nur indirekt und d. h. in Brunos Terminologie »schattenhaft«14 wißbar ist. Eine weitere Konstante in Brunos Werk ist in dem – durchaus problematischen, mit vielen systematischen Aporien behafteten – Versuch zu sehen, die hierarchisch-teleologische Seinsordnung der Tradition, die 12
Vgl. Causa, BW III, S. 14, 84, 170 f., 226 f. (OC III, S. 17, 101, 207 f., 271f.). 13 Vgl. Causa, BW III, S. 22, 232 (OC III, S. 27, 279 sowie den Kommentar S. 285 f., Anm. 66). Mancini: La sfera (2000), S. 59 f. hat zu Recht darauf hingewiesen, daß Bruno (etwa in Summa OL I/4, S. 113, 120, 125; Furori, I dialogo 3, OC VII, S. 137 [DF, S. 812], dialogo 5, S. 231 f. [DF, S. 851] auch mit Blick auf die Vernunft (intelletto) selbst unterscheiden kann zwischen einer transzendenten, absoluten, einfachen Vernunft, die, als »Deus primus«, »simplicissimo intuitu« alles erkennt, und einer (immanenten), relativen, menschlichen, in sich vielfältigen Vernunft, die nur diskursiv und abbildlich (schattenhaft) erkennt. Erstere entspreche dem intellectus agens, letztere dem intellectus possibilis/passivus der aristotelischen Tradition. 14 Brunos These von der Indirektheit und Schattenhaftigkeit des menschlichen Erkennens steht allerdings immer wieder in Spannung zu seiner hohen Bewertung der Sinnlichkeit und der sinnlichen Evidenz, die ihn zu einem direkten Vorläufer Campanellas macht, vgl. Cantus, dialogus 2, OL II/1, S. 218; Summa, OL I/4, S. 127. Eine zentrale Stelle hierzu, auf die schon Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 237 aufmerksam gemacht hat, ist Imaginum I c. 1, OL II/3, S. 94 f.: »Ideae sunt causa rerum ante res, idearum vestigia sunt ipsae res seu quae in rebus, idearum umbrae sunt ab ipsis rebus seu post res, quae tanto minori ratione esse dicuntur, quam res ipsae quae a naturae gremio proficiscuntur, quanto res ipsae quam mens, idea atque principium effectivum, supernaturale, substantificum, superessentiale.«.
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ihm vor allem im Denken des Plotin, des Thomas von Aquin und in dem Werk des Marsilio Ficino gegenwärtig war, durch eine egalitär-topologische Ordnung zu ersetzen. In letzterer werden traditionelle Formen der ›Vermittlung‹, seien es philosophisch-spekulative, seien es religiös-theologische, einer radikalen Kritik unterworfen.15 Es läßt sich jedoch zeigen – und in dieser Einleitung soll einläßlicher darauf hingewiesen werden –, daß die Enthierarchisierung nicht ohne Hierarchien, die Entdifferenzierung nicht ohne Differenzen, die Homogenisierung nicht ohne Heterogenes sich im Denken durchhalten läßt, daß, mit anderen Worten, die Kritik an aristotelisch-ptolemäischer Kosmologie, an aristotelisch-scholastischer (und auch platonischer) Ontologie, an christlicher Religion und allgemein an der traditionellen Anthropologie (die z. B. in ihrem »monogenismus« auf diesen Faktoren aufbaute16) zwar eine aktive Negation von den dort errichteten Differenzen, Abstufungen und Kriterien des Urteilens bedeuten mußte (vor allem der problematischen Wert-Hierarchien), nicht jedoch eine vollständige Aufgabe und Aufhebung aller Struktur überhaupt (etwa der SpeciesDifferenzen, der Differenzen zwischen Individuen, zwischen Denken und Handeln, zwischen einfachem Volk und Weisem, zwischen Gegensätzen und Elementen).17 15
Vgl. hierzu Dagron/Védrine: Mondes, formes et société (2003); zur egalitär-tropologischen Ordnung, d. h. zur Wendung in die ›Horizontale‹, vgl. auch Mancini: La sfera (2000), S. 94 f.: »tale scritto è il luogo dove più si palesa questa caratteristica unità e duplicità della nolana filosofia, in cui la scala della conoscenza perde la sua verticalità, subendo una torsione circolare […]. La rivoluzione bruniana onnicentrica sul piano della conoscenza si compie così con l’affermazione ›iperdialettica‹ (Merleau-Ponty) del principio di omogeneità, di cui riesce a sprigionare tutta la potenza liberatrice.« 16 Vgl. Augustinus, De civitate Dei, lib. XVI, cc. 7–9, bes. c. 8 (CSEL 40,2, S. 141): »aut si sunt, homines non sunt, aut ex Adam sunt, si homines sunt«; hierzu Granada: Giordano Bruno (2002), S. 208 f., 244 ff. An Brunos Kritik des Monogenismus zeigt sich, daß es gerade nicht nur darum geht, falsche Differenzierungen (durch Vereinheitlichung: una sostanza), sondern auch darum, falsche Vereinheitlichungen (durch Vervielfältigung: separatio) rückgängig zu machen. 17 Dazu ein paar Beispiele aus der unmittelbar an De la causa anschließen-
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Trotz der unübersehbaren inneren Geschlossenheit des Brunonischen Œuvres sind doch die einzelnen Werke Individuen und stehen untereinander, vergleichbar etwa der Art und Weise, wie einzelne Kunstwerke sich zueinander verhalten, in einer gewissen Spannung, die durch die jeweils eigentümliche Thematik und die eigentümliche Durchführung einer solchen Thematik und deren unverwechselbarem Gepräge bewirkt wird. Vor diesem Hintergrund, der sich wohl allen Lesern des Nolaners zu allen Zeiten aufgedrängt hat, ist es dennoch stets so gewesen, daß es gerade die Schrift De la causa war, die als die Grundlegungsschrift seines Philosophierens galt und gilt. Während Giovanni Aquilecchia, in seiner typisch nüchternen Art, De la causa eine »funzione ›mediana‹« zwischen der Cena de le ceneri und De l’infinito zugewiesen hatte18, ist die neuere Forschung grundsätzlich von der theoretisch-systematischen Bedeutung dieses Werkes für das ganze Denken Brunos überzeugt. So beginnt etwa Michele Ciliberto seine »Introduction« zum dritten Band der Œuvres complètes, der, der chronologischen Ordnung der italienischen Schriften entsprechend, De la causa enthält, mit der apodiktischen Feststellung: »Il ne fait aucun doute que le dialogue De la cause, du principe et de l’un constitue le noyau théorique fondamental de la ›nova filosofia‹«19, und er kann dies mit guten den Schrift De l’infinito: Infinito, dialogo 3, BW IV, S. 198 f. (OC IV, S. 239): von der »diversità e contrarietà« der Grundfaktoren warm-kalt, Feuer-Erde etc. hängt alle Ordnung, Symmetrie, Komplexion, Zusammenstimmung, alles Leben ab; dialogo 4, ebd., S. 216 (OC IV, S. 259): die individuellen »Differenzen« sind konstitutiv dafür, daß im konkreten natürlichen Sein Prozesse und Entwicklungen möglich sind; dialogo 5, ebd., S. 282 (OC IV, S. 337): »dove è numero infinito, ivi non è grado né ordine numerale, benché sia grado et ordine (!) secondo la raggione e dignità o de diverse specie e geni, o de diversi gradi in medesimo geno e medesima specie.« Zur zentralen Spezies- bzw. Form-Differenz vgl. jetzt Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 10 f., 60 f., 176 mit Bezug auf Causa, dialogo 5, BW III, S. 238 f. (OC III, S. 285–289). 18 Aquilecchia: Schede bruniane (1993), S. 261 [= Introduzione zu C1 von 1973], vgl. auch S. 234–254. 19 Ciliberto: Introduction (1996) [= OC III] S. IX, XII. Ciliberto wiederholt dabei die Ausführungen, die er schon an anderer Stelle gegeben hatte, fast wörtlich, vgl. Ciliberto: Introduzione a Bruno (1996), S. 55: »nel De la causa
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Gründen tun, nicht nur deswegen, weil es, bei aller Verschiedenheit der einzelnen interpretativen Ansätze, nahezu einhellige Überzeugung ist, daß De la causa die metaphysische Grundlegungsschrift Brunos ist20, in der die mnemotechnischen und kosmologischen Reflexionen, die ihr vorangingen, ebenso ein Fundament erhalten wie die ethisch-politischen, religionskritischen Entwürfe, die ihr unmittelbar, im Spaccio della bestia trionfante und in den Eroici furori, nachfolgen; sondern vor allem auch deswegen, weil Bruno selbst durchgehend in seinem darauf folgenden Werk, sei es in den quasi zeitgleichen italienischen, sei es in den späteren lateinischen Schriften, auf De la causa Bezug nimmt.21 In De la causa kreuzen sich sozusagen – und das, im Unterschied zu den anderen Londoner Schriften, wegen des ›metaphysischen‹ Charakters – die Entwicklungslinien von Brunos Denken: die des Zusammenfassens einer schon vielfältigen, perspektivenreichen Position, die Bruno sich vornehmlich in Paris angeeignet hatte22, und die einer durch diese konstruktive, fundamentale Zusammenfassung erreichten systematischen Grundlegung und Vorbereitung der zukünftigen Arbeiten. Hin-
– cioè nel testo capitale, in tutti i sensi, della ›nova filosofia‹«, S. 63: »quel testo davvero decisivo che è il De la causa, principio et uno«; ders.: Giordano Bruno (1990), S. 84: »La posizione ontologica del De la causa, speculativamente sollecitata dalla elaborazione della Cena, è il fondamento della visione del mondo riportata alla luce dalla Musa nolana«. 20 Vgl. etwa zusätzlich zu oben Anm. 1 Kristeller: Giordano Bruno (1965), S. 132; Ingegno: The new philosophy (1988), S. 254; Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 161: »una ancora provvisoria ma pur sempre sistematica esposizione del suo pensiero metafisico«; Ciliberto: Introduction (1996), S. XIII; Canone: Giordano Bruno (1999), S. 201; Mancini: La sfera (2000), S. 94 f.; Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 19, 82 f.: »fondamenti ontologici«. 21 Vgl. die Zusammenstellung Ciliberto: Introduction (1999) S. X f.: Infinito, BW IV, S. 40 (OC IV, S. 47); Principiis, OL III, S. 525; Vinculis, OL III, S. 695 f. 22 Es handelt sich um folgende zentrale Themenbereiche: den der Zeit (tempus) und der damit zusammenhängende der »vicissitudo rerum«; den der epistemologischen und ontologischen Einheit (mens bzw. unum), den der konstitutiven »Schattenhaftigkeit« unseres Erkennens (umbra); ders., Metaphysische Grundlagen (2005 b).
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ter die hier geleistete Arbeit an Zentralproblemen und Grundbegriffen der philosophisch-theologischen Tradition, an dem der Welt-Seele, der Vernunft (intellectus), der Substanz, der Form, der Materie und, vor allem, des Einen, konnte Bruno selbst schwerlich zurückfallen, wohl aber konnte er, auf der Basis des Geleisteten, Modifikationen und andere Perspektivierungen vornehmen.23 Und es sind diese Perspektivierungen, die deutlich machen, daß eben auch noch im Ansatz des Nolaners eine ›metaphysische‹ Grundlegung die Basis für alle anderen, sei es ethischen, theologischen, magischen oder politischen Theoreme darstellen kann. 2. Die Texte vor De la causa: De umbris idearum, Cantus circaeus, Sigillus sigillorum, Candelaio, Cena de le ceneri 24 Bruno hatte sich in Paris, wo er im Herbst 1581, nach vorangehenden, durchaus immer wieder prekären Aufenthalten in Genf, Lyon und Toulouse ankam, vor allem durch seine Kompetenz in Sachen Gedächtnis23
Vgl. hierzu Leinkauf: Einheit, innere Kraft und substantielle Form (2003); ders. Metaphysische Grundlagen (2005b). 24 Vor der Publikation der vier Schriften De umbris idearum, Cantus circaeus, Candelaio und De compendiosa architectura, alle Paris 1582, hat Bruno nach eigener Auskunft nur zwei weitere Schriften verfaßt und publiziert, die jedoch nicht überliefert sind: 1. eine Arca di Noè, gewidmet Pius V. (1566– 72), eventuell im Jahr 1572 (Druckort: Venedig ?), vgl. Cena, Appendice II, OC II, S. 321 (= DI, S. 79); Cabala, OC VI, S. 13–15 (DI, S. 841–842) und 2. einen Text betitelt De’ Segni de’ tempi, Venetiae 1577; nicht publiziert, aber von Bruno mehrfach erwähnt, ist eine – sicherlich lullistische – Clavis magna und ein Purgatorio de l’inferno, zur Sache Sturlese: Introduzione (1991), S. X mit nn. 4–5. Hier kann nicht alles zur Sprache kommen, was die Forschung an inneren Vernetzungen und Verwebungen zwischen der Pariser Zeit und London, zwischen den Texten vor De la causa und diesem selbst, herausgearbeitet hat; vgl. u. a. zu Umbris Sturlese: Introduzione (1991), Per un’interpretazione (1993) passim; zu Sigillus Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978), S. 247–257; ders.: Regia pazzia (1987), S. 133–143; Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 14 f., 112 f., mit Betonung des erkenntnistheoretischen Hintergrundes; Spruit geht S. 14 davon aus, daß es nach 1585, also nach dem zweiten Pariser Aufenthalt, »keinen Bruch mehr in seinem Denken« gegeben habe und
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kunst – ars memorativa – bis hin zum Hofe Ansehen erworben und von Heinrich III. eine Stelle als lecteur royal, d. h. als »lecteur« am damaligen Collège Royal, erhalten.25 Die Reflexionen zu Struktur, Funktion und Leistungsvermögen des Gedächtnisses waren ein thematischer Bereich, der nicht nur das Denken des Nolaners immer wieder herausforderte und auch zu neuen Lösungsansätzen etwa in der Verbindung von ars memorativa und »logica phantastica«26 provozierte, sondern der, wie die Rezeptionsgeschichte des Lullismus, aber auch die unmittelbare Wirkung von De umbris idearum beweisen, ein allgemeines Interesse in den gebildeten Kreisen repräsentierte.27 So stehen eben schon in der Pariser Zeit rekonstruierende und verbessernde Auslegungen der sogenannten »lullschen Kunst« (ars lulliana), wie sie in De compendiosa architectura vorliegen, neben einer Schrift wie De umbris idearum, deren Gehalt deutlich über diesen Hintergrund hinausgeht und in der Bruno, obgleich noch fest in der Tradition der durch den Ähnlichkeitsbegriff (similitudo, simile) bestimmten Ontologie stehend28, in gewisser Weise daß Bruno die menschliche Erkenntnis »nella struttura metafisica della realtá« fundieren wollte, ebd. S. 15; Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 34–49; zu Cantus circaeus vgl. Tirinannzi: Il cantico dei cantici (1999), zu Candelaio Ordine: Introduzione (2002), S. 26–68 und zur Cena Aquilecchia: Introduzione (1955); ders.: Giordano Bruno in Inghilterra (1995). 25 Siehe Brunos Berichte im Rahmen des Prozesses in: Spampanato: Vita di Giordano Bruno (1921), S. 700 f. Vgl. Sturlese: Introduzione (1991); Ordine: Introduzione (2002), S. 16 f.; ders.: La soglia dell’ ombra (2003), S. 9–25. 26 Zum Begriff »logica phantastica« vgl. Bruno, Cantus, dialogus 2, OL II/1, S. 234. 27 Vgl. Yates: The art of memory (1966); Rossi: Clavis universalis (1983); Ricci: La fortuna (1990), S. 13–47; Sturlese: Introduzione (1991), S. XIII–XV; zu den philosophisch-theologischen Hintergründen vgl. Leinkauf: Scientia universalis, memoria und status corruptionis (1993). 28 Vgl. Nicolaus Cusanus, De ludo globi I n. 42, h IX, S. 47, der die Wirklichkeit, als einen »triplex mundus« aus m. parvus = homo, m. magnus = universum und m. maximus = deus, innerlich durchgehend durch die Ähnlichkeitsrelation bestimmt sieht: jede der »Welten« ist eine »similitudo« der ihr je vorgeordneten; ders., De theologicis complementis n. 6, h X/2, S. 33: »effluit autem creatura a creatore […] in similitudine creatoris« (vgl. die weiteren Hinweis im Kommentar ad loc.); n. 9, S. 43–44: »omnis forma est similitudo
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Intentionen von Athanasius Kircher und vor allem Gottfried Wilhelm Leibniz vorgreifend, eine Art »semiotisches« kombinatorisches System entwickelt, in welchem ikonische Verweisungszusammenhänge immer konsequenter durch radikal zeichenhafte Beziehungen ersetzt werden: ein Bild soll nicht selbst für ein Bild, sondern für eine Kombination von Buchstaben oder Charakteren stehen, Ähnlichkeitsbilder werden durch (willkürliche) Zeichen, analoge Strukturen durch digitale ersetzt, wie letztlich in der ars characteristica von Leibniz.29 Dabei gilt: das, was conceptus mentalis infiniti vigoris«. Man darf allerdings diesen – letztlich platonischen – Begriff von ›Ähnlichkeit‹ nicht mit einer nur formalen oder abbildhaften Ähnlichkeit gleichsetzen; vielmehr meint ›Ähnlichkeit‹ hier, wie man besonders am Denken des Cusaners (und an dem des Proklos, von dem er ausgeht) sehen kann, strukturelle und dynamische Ähnlichkeit oder Gleichförmigkeit, die durchaus ›hinter‹ einer äußerlichen Form- oder Gestaltunähnlichkeit anzusetzen ist. 29 Zur Sache vgl. Sturlese: Introduzione (1991). Weiterentwicklungen bzw. Versuche der Weiterentwicklung der lullschen ›Kunst‹ hat es immer wieder gegeben, und Bruno steht hier in einer Reihe mit den Autoren des Pariser Lullismus, mit Johann Heinrich Alsted (der sich auf Bruno stützt; Sturlese: Introduzione [1991], S. LXXII), Athansius Kircher oder eben Leibniz; hierzu Rossi: Clavis universalis (1983); Leinkauf: Art. Lullismus (2001); Clucas: Illa est mater (2004). Das Hauptinteresse lag dabei jeweils darin, unter Beibehaltung der Basiskriterien: Leichtigkeit (facilitas), Schnelligkeit (velocitas) von Aneignung und Applikation sowie Grundbezug zur Struktur des Seins (Gott, Welt, Mensch), das innere Gefüge des Systems sozusagen technisch zu erweitern – so finden wir in De umbris idearum anstelle der drei Basiskreise Lulls deren fünf – und zusätzlich die Faktoren der kombinatorisch-faktoriellen Ausdifferenzierung zu erhöhen, also etwa mehr Subjektklassen oder Fragetypen aufzunehmen, sowie neue Formen der Verbindung oder Kombinationsumsetzung einzusetzen. Rita Sturlese hat dankenswerter Weise die spezielle Form der Chiffrierung, die Bruno in De umbris idearum eingeführt hat, minutiös rekonstruiert und dabei, gegen die Erwartung der communis opinio, eine innere Effektivität und auch eine sachliche Rigorosität des Gesamtsystems nachweisen können, die darin besteht, daß ikonische Zusammenhänge (die vor allem in der Rekonstruktion von Yates eine zentrale Rolle spielten) durch zeichenhafte Zusammenhänge ersetzt worden sind, vgl. Sturlese: Introduzione (1991), S. LIV–LXXIII, bes. LXX. Eine der wohl frühesten ausführlichen Darstellungen und Diskussionen von De umbris idearum findet sich
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im Zeichen gemeint ist oder worauf es verweist, seine Bedeutung, steht in keiner Ähnlichkeitsbeziehung mehr zu dem, was es bedeutet (vgl. Descartes, Regulae X, 3, AT X, 494 f.; Discours II n. 12; AT VI 20; Dioptrique I, AT VI 85; IV, ebd. 113). Grundsätzlich ist hierbei festzuhalten, daß für Bruno die »ars«, neben »amor«, »magia« und »mathesis«, zu den sogenannten »vier inneren Lenkern der (sc. seelisch-geistigen) Akte« (quatuor internos actuum rectores) gehört30 und vor allem die unendliche, »fruchtbare« und innovative Kraft (vis/virtus infinita) des menschlichen Geistes, des »intellectus non errans« (Umbris n. 7), wie sie von Nicolaus Cusanus, Marsilio Ficino oder Carolus Bovillus u. a. in vielfältiger Weise im Rahmen des neuplatonischen Renaissancehumanismus als Leitbegriff thematisiert worden war, zum Ausdruck bringt: »primus intellectus foecunditate sua modo suo propagat ideas non novas, nec noviter. Natura novas res producit in numero, non noviter tamen – modo suo – si semper eodem modo operatur. Ratio novas atque noviter in infinitum species format, componens, dividens, abstrahens, contrahens, addens, subtrahens, ordinans, deordinans« (Umbris n. 64).31 Wichtig ist, daß es Bruno, wie sich im Verlauf seiner
bei Buhle: Geschichte der neuern Philosophie (1800), S. 720–739 mit der signifikanten resümierenden Bemerkung: »Das ganze metaphysische System, das Bruno in dem Werke de umbris idearum entwickelt hat, ist im Wesentlichen kein anderes als der Plotinismus, auf welchen er sich auch oft ausdrücklich bezieht. Ich habe schon anderswo erinnert, daß dieser auf Pantheismus hinausläuft« (S. 739). 30 G. Bruno, Sigillus II, 1; OL II/2, S. 194. Vgl. Clucas: Amorem, artem, magiam (1999), S. 9 f. 31 Vgl. auch ebd. n. 17: »Ars ista non simplicem ad memoriae artem confert, sed et ad multarum facultatum inventionem viam aperit et introducit.« Zum Geist-Begriff, insbesondere zum Konzept der »mens« als einer »vis/virtus infinita« vgl. Leinkauf: Mens und intellectus (2002). Zu dem, was Bruno hier, mit Blick auf eine klassische ontologische Differenzierung der Renaissance – Gott = primus intellectus, Welt = natura, Mensch = ratio – mit »foecunditas« meinen konnte, vgl. Nicolaus Cusanus, De coniecturis I c.1, n. 5; h III, S. 7 f.; Cribratio Alchorani II, c. 4, nn. 97–98; h VIII, S. 79–81. Ficino, in Timaeum c. 41, Opera, fol. 1463: der »intellectus« ist der »divinus mundi opifex«; TP XVIII 1 (3, 179–180): »Deus opifex« schafft den »mundus spiritalis«.
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weiteren Auseinandersetzung mit diesen Problemen zeigen wird, nicht so sehr darum geht, die semantische Kraft eines Zeichens oder eines Bild-Zeichens (imago) in bezug auf das Bezeichnete – also das ›außerhalb‹ befindliche Ding oder die Sache – zu thematisieren, sondern auf das im Zeichen selbst, also im genuinen Produkt des menschlichen Geistes liegende Potential zu reflektieren. Es geht also hier, trotz des grundsätzlich durchgehaltenen Bezuges von Denken auf Sein (siehe das Folgende), um eine kritische Reflexion auf den genuinen Entfaltungsbereich des menschlichen Geistes, d. h. um das Potential oder das Vermögen des Geistigen überhaupt, denn es ist eben der menschliche Geist, der – in direkter neuplatonischer Tradition – an einem absoluten, göttlichen Geist partizipert und zwar, wie Bruno sich ausdrückt: »sub umbra sedens«.32 Bruno versucht, die konstitutive Defizienz des endlichen, geschaffenen (und gefallenen) Seins – »cuius esse non est proprie verum, et cuius essentia non est proprie veritas« (De umbris idearum n. 21)33 – vor dem Hintergrund der letztlich optimistisch-missionarisch orientierten ars magna des Ramon Llull und im Rückgriff auf Nicolaus Cusanus und Marsilio Ficino durch den Gedanken der Teilhabe zu kompensieren, eine Teilhabe, die sich jedoch signifikanterweise jetzt nicht so sehr auf das Sein und das Wesen (esse, essentia) als auf das geistige Tätigsein – den »actus«, die »operatio« und die damit verbundene »efficacia« – der Seele bezieht.34 Die durch den Begriff »umbra« 32
Zum Hintergund vgl. Noferi: Il gioco delle tracce (1979), S. 69–209. Vgl. Imaginum OL I/1, S. 113: »non ex ratione rerum significatarum, sed ex ipsarum significantium conditione […] ideoque imagines non ad ea quae in proposito significant, sed ad ea ex quibus significant collocare nuncupantur«. 33 G. Bruno, Umbris n. 21 (25 Sturlese): »Non enim est tanta haec nostra natura, ut pro sua capacitate ipsum veritatis campum [vgl. Platon, Phaidros 248 B] incolat«, d. h. es bedarf des Sukkurses einer anderen, übergeordneten ›Natur‹, des »supersubstantialen« Wahren und Guten, vgl. folgende Anm. 34 G. Bruno, Umbris n. 21 (25–26 Sturlese): »Sufficiens ergo est illi (sc. enti) atque multum, ut sub umbra boni, verique sedeat. Non inquam sub umbra veri bonique naturalis atque rationalis – hinc enim falsum diceretur atque malum – sed metaphysici, idealis, et supersubstantialis. Unde boni et veri pro sua facultate particeps efficitur animus.« Zu »supersubstantialis« vgl. ebd. n. 25 (28 f.); Sigillus, OL II/2, S. 203, die Nachweise von Sturlese ad loc., Ca-
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ausgedrückte Form der Teilhabe hinsichtlich des geistigen Tätigseins betrifft den Horizont des Wahren und Falschen (und erst indirekt den des Seins und Nichtseins), ausgedrückt durch einen lichttheoretischen Modus, der zwischen reinem Licht und vollständiger Dunkelheit anzusetzen ist: »lucis vestigium, lucis particeps, lux non plena« (Umbris n. 22). Die »Schatten« gehören also nicht dem Bereich des Nichts an, sondern dem des Seins oder des Lichtes; sie bringen Sein oder Licht in dessen Anderem, im Nichtsein und Dunkel, durch »alteratio et motus« zu positivem Ausdruck, sind sozusagen übergängliche, subtile Formen, die in der Natur und im menschlichen Intellekt die Gegensätze, Extreme und polaren Formen vermitteln.35 Die »Schatten« stehen, wie die Seele in der Tradition des Neuplatonismus, »in horizonte«, d. h. auf der Grenzscheide zwischen Licht und Dunkel36, sie sind der Modus, in none: Il dorso e il grembo (2003), S. 14 f. und unten Kommentar zu Causa, BW III, S. 244 (Anm. 75). Vgl. allgemein zu den Implikationen des in vielen Punkten äußerst ambivalenten Begriffs ›Seele‹ bei Bruno jetzt Canone: L’anima in trilogia, in: Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 207–243. 35 G. Bruno, Umbris n. 37 (36 Sturlese): »Neque enim natura patitur immediatum progressum ab uno extraemorum ad alterum, sed umbris mediantibus, adumbratoque lumine sensim«, vgl. auch n. 9 (32 Sturlese). Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 126 hält richtig fest, daß im systematischen Grundriß von Brunos Ontologie zu den Schatten (umbrae), als »entia media«, auch die »entia rationis« gehören; im Hintergrund steht immer noch die durchaus traditionelle Auffassung, daß es ein »ordinamento discensivo ontologico-gnoseologico dei predicati o attributi dell’ente« gibt, dessen stufenhafter Aufbau quer zur Indifferenz- und Homogeneitätsforderung steht, die der Nolaner an anderen Stellen behauptet, siehe hierzu auch unten Abschnitt 4, S. LXIX ff. Zur vermittelnden Kraft der Schatten vgl. auch Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 63 f. 36 G. Bruno, Umbris n. 24 (28 Sturlese): »In orizonte quidem lucis et tenebrarum nil aliud intelligere possumus quam umbram. Haec in orizonte boni et mali, veri et falsi.« Ich denke, daß es typisch für Brunos anthropologischen Ansatz ist, daß er die ontologische Position der Seele und die Position des semiotisch aktiven Bereiches der Schatten zur Deckung bringt. Zum Gedanken des ›in horizonte‹, der auf Plotin IV 4, 3, 11–15 zurückgeht und der vor allem durch die propositio 2 des Liber de causis in die mittelalterliche und frühneuzeitliche Diskussion wirkte, vgl. etwa Thomas von Aquin, ScG II 68
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welchem die Intentionalität des menschlichen Denkens die (transzendenten) Ideen zum Ausdruck bringt.37 Die Stärke der menschlichen Natur kann sich für Bruno, trotz des neuplatonischen Hintergrunds, nur in einem Bereich des traditionell ›schwachen‹ ontologischen Modus der Abschattung, der Trübung und der negativen Präsenz der ›Spur‹ erweisen (Bruno konnotiert umbra direkt mit vestigia und imagines). Es ist, als ob der Aufstieg aus Platons Höhle abgebremst und die im Aufstiegsimpuls gespeicherte intentionale Energie auf die Anaund 81; Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia III c. 6 n. 215; h I, S. 136; De venatione sapientiae c. 32 n. 95; h XII, S. 91; De aequalitate n. 11, h X/1, S: 15; Marsilio Ficino, Theologia Platonica X c. 3 (2, 66 Marcel); ep. ad J. Bracciolinum, Opera omnia, Basileae 1576 fol. 657. Schon Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 237 hatte klar gesehen, daß »Brunos Metaphysik […] – vor allem in der frühesten systematischen Schrift De umbris idearum – zunächst durchaus den neuplatonischen Weg [verfolgt]«. 37 G. Bruno, Umbris n. 52 (44 Sturlese): »Caeterum idea in mente divina est in actu toto simul, et unico. In intelligentiis sunt ideae discretis actibus. In coelo, in potentia activa multiplici et successive. In natura per vestigii modum quasi per impressionem. In intentione, et ratione per umbrae modum«; so auch Cantus circaeus, dialogus 2, OL II/1, S. 235: die »interiores vestigia« sind »umbrae idearum«, die »exteriores« hingegen »vestigia«. Zu den »Ideen« vgl. ebd. n. 60 (50 f. Sturlese): »Non enim quae vere sunt, sensibilia ipsa sunt, atque individua […] quae enim vere sunt semper manent […]. Ab ideis igitur, ab ideis, conceptionum fixionem perquirat anima, si intelligis«; n. 141 (103 Sturlese): die körperlichen Formen sind »imagines idearum«, dieselben Formen als in den menschlichen Sinnen (re-)produziert sind »divinarum idearum umbrae«, dies vor dem Hintergrund der Ordnung: realitas metaphysicalis, naturalis, [mentalis, notionalis ?]. Auf Plotin VI 7, 5 und Ficinos Deutung geht n. 61 (51) zurück: »Ideam primum hominem, animam secundum, tertium vero quasi iam non hominem dixit Plotinus, ubi de ratione multitudinis idearum edisserit.« Vgl. Michel: Cosmologie (1962), S. 56 f. mit Blick auf De umbris idearum: »Encore que certains développements poétiques et symboliques puissent faire illusion, Bruno ne croit pas à l’existence des idées;il refuse de reconnaître en elles des substances.« Dies setzt aber eben einen Ideenbegriff voraus, den man so weder dem Platon noch Plotin vindizieren kann; die durch Plotin entwickelte und dann durch Ficino zugänglich gemachte Deutung von ›Idee‹ als einer funktional-dynamischen Konstante hingegen war für Bruno alles andere als obsolet.
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lyse und Beherrschung des innerhalb der Höhle gelegenen Ambientes umgelenkt würde, d. h., um es aus dem metaphorischen Gefüge abgelöst zu sagen, auf die Analyse der Existenz- und Erkenntnisbedingungen in dieser konkreten Welt und ›in statu isto‹ (bei Bruno ist dieser für den Scotismus und die reformatorische Bewegung wichtige Ausdruck – jetzt italienisch als »in questo stato« – mehrfach zu finden).38 Der Katalane Ramon Llull (Raimundus Lullus, im Folgenden immer latinisiert) hatte im späten 13. und zu Beginn des 14. Jahrhunderts, neben einer »neuen Logik« (logica nova), eine Denkform entwickelt,
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Dafür spricht, wenn man einmal von den philosophischen Intentionen, die sich dann in den Londoner Schriften immer deutlicher in diesem Sinne artikulieren werden, absieht, auch eine Stelle aus der Lampas triginta statuarum, die Rita Sturlese ad loc. anführt, OL III, S. 111: »tanquam consistentibus in Platonis antro … non lucem sed lucis vestigium, non species et ideas sed specierum et idearum umbras licet intueri«; vgl. auch Umbris n. 38 (37 Sturlese); Furori I, dialogo 3, OC VII, S. 145 (DI, S. 1000; U II, S. 569): »l’antro platonico«, so auch ebd., II, dialogo 4, OC VII, S. 457 (DI, S. 1159; U II, S. 732 mit Anm.; DF, S. 946); Immenso VII c. 11, OL I/2, S. 270. Zu »in questo stato« = »in questa terrena vita« vgl. Furori I, dialogo 3, OC VII, S. 135 (DF, S. 812), ebd. II, dialogo 4, OC VII, S. 457 (DI, S. 1159; U II, S. 732), hierzu Michel: Cosmologie (1962), S. 57 f., Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 96 und Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 166 (proprio stato): für Bruno ist der Versuch des einzelnen Seienden, sich im präsentischen »status iste« zu erhalten, weil es ihm eben nur um sein Sein als Existieren geht, negativ besetzt; zum Gebundenbleiben an den Bereich der Schatten, der nur intentional in Richtung auf ein »ewiges und bleibendes ›idem‹« durch das heroische Bewußtsein überstiegen werden kann, vgl. Otto: Die Augen und das Herz (2000), S. 14 f. Auch Nicolaus Cusanus, den Bruno intensiv konsultiert hat (siehe die Nachweise im Kommentarteil), sagt etwa im für Brunos kosmologische und ontologische Reflexionen zentralen zweiten Buch von De docta ignorantia (II c. 9, n. 144) mit Blick auf die »Platonici«: »neque voluerunt illas formas, ut sunt in materia, esse alias ab illis, quae sunt in anima mundi, sed tantum secundum modum essendi differenter, ut in anima mundi veraciter et in se, in materia verisimiliter, non in sua puritate, sed cum obumbratione, adiecentes veritatem formarum solum per intellectum attingi, per rationem, imaginationem et sensum non, sed imagines prout formae sunt permixtae possibilitati. Et quod propterea non vere attingerent quidquam, sed opinative«.
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die er als »ars magna« bzw. »ars artium« bezeichnet hatte. Ziel dieser »Kunst« war es, so die lakonische Auskunft in der Kurzform, der aus dem Jahr 1308 stammenden Ars brevis, die wirkungsgeschichtlich von größter Bedeutung geworden ist und die auch Bruno mit Sicherheit gekannt hat39, »auf alle Fragen antworten zu können« (respondere de omnibus quaestionibus), elementare Fragen, die sich aus Grundfaktoren – Attributen, Frageformen, Relationsbegriffen und Subjekten – zusammensetzen, die als solche allerdings schon »gewußt« werden.40 Diese Denkform stellte er als eine enge Verknüpfung von Sache und Methode dar, deren signifikantester, weil ikonisch vermittelter Ausdruck des elementaren Regelwerks des methodischen Tätigseins der Vernunft die sogenannten »Figuren« geworden sind, d. h. Kreise, Dreiecke, Tabellen und die sie konstituierenden Grundbuchstaben, 39
Zu Lullus und zur Ars brevis im besonderen vgl. die Einführung zur Ausgabe von A. Fidora: Raimundus Lullus, Ars brevis, Hamburg 1999, S. IX– XIV; zu Bruno und Lullus vgl. Rossi: The legacy of Ramon Llull (1961); ders.: Studi sul lullismo (1959); wirkungsgeschichtlich Ricci: La fortuna (1990), S. 13–47; Clucas: Illa est Mater (2004) S. 59 ff. 40 R. Lullus, Ars brevis, mit einer Einführung herausgegeben von Alexander Fidora, Hamburg 1999, Prologus, S. 2: »Subiectum huius Artis est respondere de omnibus quaestionibus, supposito, quod sciatur, quid dicitur per nomen«; in Lullus’ Texten finden sich durchgehend, neben der These, daß Buchstaben, Buchstabenkombinationen und Wörter je »multa significata« haben können (die dann als Basis der kombinatorischen Verknüpfung dienen können), Vollständigkeitsansprüche formuliert, so etwa Ars brevis, secunda pars, De tertia figura, ebd. S. 18: »Ratio huius est, ut intellectus cum omnibus principiis cognoscat quolibet principium, ut ad eandem quaestionem deducat multas rationes«; vgl. auch Quinta pars, De tabula, ebd. S. 38: »Tabula est subiectum, in quo intellectus se facit universalem, eo quia intelligit et abstrahit ab ipso multa particularia omnium materiarum, dicurrendo principia per particularia obiective, et regulas subiective, applicando cuilibet quaetioni viginti rationes, declarando ipsam quaestionem«; ebd. S. 40: »Per ipsam tabulam intellectus est ascensivus et descensivus. Ascensivus est, quia ascendit ad priora et generaliora. Descensivus est, quia descendit ad posteriora et particularia«; De octava parte, ebd. S. 50: »Et per talem discursum intellectus habet notitiam de quolibet principio. Et tot vicibus, quot miscet ipsum diversimode, habet notitiam diversam ab ipso.«
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das Alphabet, das auf sich die Bedeutungen der Grundfaktoren versammelt. Ziel ist es, daß die menschliche Vernunft (intellectus) durch die Umsetzung der nur ihr eigenen, weil ihr genuines Produkt darstellenden »Kunst« (ars), »sich selbst zu einer anwendenden, erforschenden und erfindenden/entdeckenden Vernunft macht« (et sic [sc. intellectus] facit se applicativum et investigativum et inventivum).41 Dies entspricht einem Begriff von Philosophie, der die Vernunft als ein Agens faßt, das im Medium des Philosophierens (d. h. durch den Vollzug geistiger Akte) sich »auf alle Wissenschaften zusammenzieht oder (produktiv) einschränkt« – se contrahit ad omnes scientiae.42 Bei aller späteren Erweiterung und ›Verbesserung‹, die die verschiedensten mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Autoren am Grundgerüst dieses methodischen Regelwerkes versucht haben, ist doch diese Grundintention, neben den pragmatischen Kriterien der Leichtigkeit der Aneignung und der Schnelligkeit der Umsetzung, der sich durchhaltende Tenor geblieben, der die Ars überhaupt hat attraktiv werden lassen. Bruno stellt die lullsche ›Kunst‹ als ein in sich geordnetes Ganzes dar, das, als »discursiva architectura« (De umbris idearum n. 87), Ausdruck des reflektierten Tätigseins der Vernunft ist.43 Die ›Kunst‹ läßt sich
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R. Lullus, Ars brevis (s. letzte Anm.), De sexta parte S. 42. Die Selbstkonturierung der Vernunft, im Lateinischen ausgedrückt durch die Ausdrücke »se facere« oder »se condicionare«, findet sich auch im unmittelbaren Kontext dieser Stelle als ein »se disputativum et determinativum facere« oder S. 46 als »se condicionat et disponit ad investigandum et inveniendum, et obiciendum et probandum, et ad determinandum«. 42 R. Lullus, Ars brevis. Decima pars, de centum formis, n. 81, (s. Anm. 40) S. 88. 43 G. Bruno, Architectura, OL II/2, S. 6 f.: »Caussa efficiens universalis artis Lullianae est intellectus extrinsecus agens […]. Huius opere prius facultate tantum visibilia actu redduntur talia, ut inde sensitiva protinus sollicitata facultas evigilans informetur; illius [sc. intellectus] causa […] potentiaque intelligibilia in actum intelligibilitatis velut a tenebris emergant.« Vgl. auch Umbris n. 90 (67 Sturlese): »ars nil aliud est dicendum, quam naturae facultas connata rationi, cum seminibus primorum principiorum, quibus inest potentia, qua ab extrinsecus oiectis tamquam diversis illectentur illecebris, et ab agente intellectu tanquam irradiante sole illustrentur, et ab aeternis ideis quasi siderum
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entsprechend philosophischer Kriterien (die zum großen Teil aus der aristotelischen metaphysischen Tradition gezogen werden) analysieren, d. h. also etwa, daß sich für sie Ursachentypen (causae) angeben lassen – causa efficiens, causa materialis, causa formalis –, Gegenstandsbereiche, eine Bedeutung (dignitas) entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit, eine Struktur und eine Arbeitsweise ihrer Hauptvermögen (facultates). Die von Lullus eingeführten Grundorientierungen der »ars generalis« haben nach Bruno den Anspruch (und den Vorteil), daß »in ihnen (jeweils) der Reichtum der Argumente implizit gegeben ist, der dazu befähigt, jede Art von Problemen zu erfassen und zu bearbeiten«.44
mediante concursu influxum recipiant […].« Daß Bruno in seinen Entwürfen zur Mnemotechnik, ebenso wie Lullus in seiner Konzeption der »ars magna«, auch die genuine Tätigkeitsform des Denkens selbst als des höchsten seelischen Vermögens thematisierte, wurde erst von der neu entstehenden, durch den Idealismus geprägten Philosophiegeschichtsschreibung des späten 18. Jahrhunderts, etwa durch J. G. Buhle, wieder herausgestellt, nachdem Bruno schon lange mit dem Verdikt eines konfusen, inkonsistenten und ›bloß‹ imaginierenden Denkers belegt war. Darauf hat mit vollem Recht Rita Sturlese hingewiesen, Sturlese: Introduzione (1991), S. XV. Zur strukturellen Affinität von ars magna und Architektur vgl. auch Umbris n. 119 (88 Sturlese): »ordo cogitabilium specierum in statuas, vel microcosmon, vel in aliam generaliter architecturam dispositus«. Zum Ganzen vgl. De Bernart: Immaginazione e scienza (1986), zur Bedeutung der Methodenreflexion für Brunos Philosophiebegriff vgl. Blum: Being a modern philosopher (2002), bes. S. 415. 44 G. Bruno, Architectura, OL II/2, S. 9: »in quibus ad omne genus problematum implicita continentur argumentorum copia«. Zu beachten ist hierbei die – in den Augen Brunos – grundsätzlich inventive Orientierung der ars lulliana wie auch seiner eigenen »Sigel-Kunst«, die es gestatten soll, das in der genuinen Tätigkeit der anderen Wissensformen Erfaßte und Gewußte sich unter bestimmten methodischen Gesichtspunkten leicht zu erschließen – also das Wißbare/Gewußte aufzufinden – oder sich leicht zu vergegenwärtigen – also das Wißbare/Gewußte zu erinnern; vgl. Explicatio, OL II/2, S. 73, wo es von der Abhandlung Sigillus sigillorum heißt, sie sei: »ad omnes animi operationes comparandas et earundem rationes habendas maxime conducens. Et non temere ars artium nuncupatur; hic enim facile invenies quidquid per logicam, metaphysicam, cabalam, naturalem magiam, artes magnas atque breves theorice inquiritur«; ebd., S. 81: »Ordinate quaerenti per patrem ordinem proles
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Der mit diesem Erfassen und Bearbeiten zentral verbundene, seit Lullus immer stärker sich artikulierende Hauptgedanke ist derjenige der Formung oder Gestaltung, die sich dann als Findung (inventio) oder gar als Er-Findung (novatio) erweisen soll. Bruno konstruiert diesen Formungsvorgang in Analogie zur Formung des primordialen Chaos (materia prima, absolutes Substrat) durch den »dator formarum« Gott: das semiotische Chaos oder die semiotische materia prima ist, als »ipsum informe formabile«, durch die erste (lullsche) Kreis-Figur topischmnemotechnisch bestimmt. Dem ungeordneten Meer an formbaren Elementarteilchen (Buchstaben, Figuren) wird durch das methodische Ordnungsmuster eine dynamische, geometrisch selbst figurierte Entfaltungskontur zugeordnet. Was sich sozusagen im Akt des »informe chaos formare« wirklich durch den intellectus humanus formen läßt, d. h. durch die Buchstaben der Alphabete und durch die Zodiakalfiguren o. ä. bezeichnen und figurieren läßt, ist gewissermaßen in diesem geometrischen Netz apriori eingefangen und kann dort allein einen »Ort« erhalten.45 Der Nolaner teilt dabei sicherlich mit der ganzen Tradition, die sich an die Vorarbeit des Katalanen angeschlossen hatte und die über den in Köln tätigen Heymericus de Campo (der stark auf Nicolaus Cusanus einwirkte) und den Pariser Lullismus um 1500 eben bis in die vielen Topik- und Ars memorativa-Traktate des 16. Jahrhunderts hinein verbreitet war46, die Faszination des Gedankens der Vollständigkeit (des Gegenstandsbereiches), der Schnelligkeit (der Ausübung) und der Leichtigkeit (der Aneignung) dieser ›Kunst‹ (ars).47 Neben der praktischen Orientierung, neben dem Experimentieren an Verbesserungen methodisch-didaktischer Provenienz48, ist daher auch für inventio inventique retentio suppeditatur« (meine Hervorhebung). Zum enormen Reichtum des mnemotechnisch präsent Gehaltenen vgl. Schmidt-Biggemann: Topica universalis (1983); Sturlese: Introduzione (1991), S. LVII. 45 Hierzu vor allem Umbris nn. 119–121 (Sturlese, S. 88–90). 46 Daß Bruno große Teile dieser Tradition vertraut waren, dokumentiert etwa Combinatoria, Praefatio, OL II/2, S. 234 f. 47 Zur Sache vgl. Leinkauf: Art. ›Lullismus‹ (2001), S. 242–247. Vgl. G. Bruno, Architectura, OL II/2, S. 17: die »ars generalissima« will »omnia modo suo applicari […] ad omnia«; Explicatio, OL II/2, S. 135. 48 G. Bruno, Architectura, OL II/2, S. 62: »[…] videbis nos multum ad-
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Bruno immer darauf zu achten, daß in seinem Denken die – teilweise auch ikonisch vergegenwärtigte49 – Idee der inneren Vollständigkeit und Universalität dieser Form des Denkens als herausforderndes Korrektiv neben der Grundüberzeugung von der faktischen Unendlichkeit des Universums und des unendlichen Entstehens und Vergehens der in ihm begriffenen einzelnen Dinge durchgehend Bestand hatte. Die vollständige Konvertibilität und Kombinierbarkeit von irreduziblen, durch Buchstaben indizierbaren Grundelementen – »omnia per omnia possunt figurari«50 – ist als eine solche ›stabile‹ Form zu betrachten,
didisse, quantum ad facilitatem, ordinis rationem, distinctionem et sufficientiam disciplinae spectat, et aliud quid de memoria, quod non est pars istius disciplinae, sed ad ipsius retentionem est maxime necessarium«. Wie Raimundus Lullus selbst und die ihm folgende Tradition sieht auch Bruno lullsche Kunst und Gedächtniskunst als zwei verschiedene Formen der »Kunst« (ars) an, wobei die erstere eine inventiv-explorierende, die letztere eine verwahrend-wiederherstellende Grundorientierung aufweist. Daß Bruno sich selbst ohne jeden Selbstzweifel auf gleicher Augenhöhe mit Lullus gesehen hat, ist jedem klar, der diese Texte genauer liest, und wird auch durch den Nolaner selbst an einigen Stellen explizit ausgesprochen, vgl. etwa Explicatio, OL II/2, S. 132: »[…] quas [sc. deductiones] Lullius et nos in inventivis artibus instituimus«. 49 Vgl. G. Bruno, Architectura, OL II/2, S. 15 f. die Abbildung der lullschen »prima figura« mit dem Kommentar: »In prima quidem causa convertibiliter omnia dicuntur et concretive er abstractive, affirmative tantum; ideoque lineae a singulis elementis extentae ad omnia et [ab] omnibus ad singula reflexae conversionem significant et aequalitatem.« S. 19: von den absoluten Prädikaten (Gottes) gilt: »se invicem praedicata penetrant«. 50 G. Bruno, Explicatio, OL II/2, S. 136; vgl. Umbris n. 30 (32 Sturlese): »Quoniam vero quod est simile simili, est etiam simile eidem similibus sive per ascensum, sive per descensum, sive per latitudinem, hinc accidit ut – infra suos limites – natura facere possit omnia ex omnibus, et intellectus, seu ratio cognoscere omnia ex omnibus«; n. 155 (113 Sturlese): »cum innumerabiles habeantur combinationum et compositionum differentiae«, nn. 179–195 (131–149 Sturlese) die – lullschen Kreise – mit der »combinatio elementorum«, symbolisiert durch die Buchstaben der drei Grundsprachen Hebräisch, Griechisch und Lateinisch, deren Normativität Bruno etwa aus seiner Lektüre des Erasmus hat ziehen können, vgl. etwa Desiderius Erasmus, Ra-
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die es erlaubt, durch Denkprozesse dem unendlichen Fluktuieren im unendlichen Horizont des Seins immer wieder eine Struktur zu vindizieren und dadurch eine memorierbare Ordnung zu etablieren, so daß es geradezu zu einer Überlagerung folgender Ordnungen kommt: Ordnung des Seins, Ordnung der begrifflichen Formen oder Begriffe und Ordnung des Memorierbaren.51 Wobei es eine für die Entwicklung des neuzeitlichen und modernen Denkens kardinale Frage ist, ob die diese Ordnungen verbindende Struktur ein Selbstausdruck des Seins ist, der vom Denken sozusagen in anderer Form, d. h. begrifflich oder »notionaliter« (wie es der für Bruno wichtige Nicolaus Cusanus ausdrückte)52, und mit einem gewissen Spielraum an Abweichungen tio seu compendium verae theologiae, in: Ausgewählte Schriften, hg. von W. Welzig, Darmstadt 1967, Bd. III, S. 130 ff. Sturlese: Introduzione (1991), S. LXVI: »In altre parole, con le ruote del Bruno abbiamo un codice, una sorta di sistema semiotico, caratterizzato da leggi di cifratura combinatoria precise e rigorose.« 51 G. Bruno, Umbris n. 30 (32 Sturlese): »Sicut inquam materia formis omnibus informatur ex omnibus, et passivus – quem vocant – intellectus formis omnibus informari potest ex omnibus, et memoria memorabilibus omnibus ex omnibus, quia omne simile simili fit, omne simile simili cognoscitur, omne simile simili continetur.« Zu den drei Ordnungen und zum Kontext vgl. Leinkauf: Scientia universalis, memoria und status corruptionis (1993), S. 1–34; zu Brunos »Totalvorstellungen« vgl. Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 119. Um das Verhältnis zwischen diesen Bereichen Sein, Begriffe, Memorialgehalte nicht falsch zu verstehen, ist es hilfreich, die Grundeinsicht der mittelalterlich-frühneuzeitlichen Tradition sich vor Augen zu halten, daß es, so wie es zwischen Unendlichem und Endlichem, so auch etwa zwischen Unsinnlichem und Sinnlichem »kein Verhältnis« (nulla proportio) gebe; vgl. Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia I c. 3, n. 9, h I, S. 20; De principio (Tu quis es) n. 38, h X/2b, S. 53. Daß es »kein Verhältnis« gibt, heißt jedoch nicht, daß es keine Analogie, Strukturparallelität und Abbildlichkeit gibt, es heißt nur, daß ich im Sein wie im Denken nie Endliches als selbst Unendliches, Sinnliches als selbst Unsinnliches antreffen kann, daß im Endlichen alles endlich, im Sinnlichen alles sinnlich bleiben muß, ohne daß deswegen jeder verweisende Bezug abgeschnitten ist. 52 Vgl. etwa Idiota de mente, c. 2, n. 58, h V, S. 49 (H 21, S. 11); c. 3, n. 72, h V, S. 57 (H 21, S. 26): »si omnia sunt in mente divina ut in sua praecisa et
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›wiederholt‹ wird, oder ob diese Struktur dem Sein durch das Denken nur äußerlich appliziert wird und über das Sein als solches eigentlich nichts ausgemacht und ausgesagt werden kann. Giordano Bruno steht hierbei sicherlich noch in der vor-cartesianischen und vor-transzendentalen Denkform, für ihn gilt, daß dem »Auge des Intellektes« das Sein der Dinge, wenn auch abgeschattet oder verschattet (umbratilis), noch als solches zugänglich ist. In der ›Kunst‹ des Lullus ist es das Potential der universalen Vernunft (intellectus universalis), das sich in der endlichen Vernunft (intellectus particularis) des Menschen als Struktur der allgemeinen Kunst ›abschattet‹, so daß aus der Sicht des Nolaners die »ars lulliana«, d. h. die »neue«, inventive, an der Struktur des Seins selbst orientierte »Logik« (die im Rahmen des Humanismus mit den Funktionen Urteil [iudicium] und Erinnerung [memoria] verbunden worden war53), zwar ein reines und genuines Produkt des Denkens ist, zugleich jedoch – und zumindest das ist nur metaphysisch ›erklärbar‹ – durch die Homogeneität von universaler (göttlicher) und menschlicher Vernunft einen fundamentalen, sachlich-objektiven Bezug auf das Sein selbst hat. So betont Bruno ausdrücklich, vor dem Hintergrund des Topos ›ars imitatur naturam‹, die Priorität der Natur beziehungsweise des zentralen ›natürlichen‹ Agens, der Weltseele, gegenüber der »ars«.54 Die begrifflichen Schatten und die Schatten, die unsere Denkvollzüge als Akte produzieren, sind wirkliche Schatten propria veritate, omnia sunt in mente nostra ut in imagine seu similitudine propriae veritatis, hoc est notionaliter, similitudine fit cognitio«. 53 Der Ternar inventio-iudicium-memoria findet sich etwa Sigillus II, 14; OL II/2, S. 205, zum kanonischen Ternar inventio-dispositio-iudicium-memoria erweitert, ebd. II, 23, 217. Zur Sache Rossi: Clavis universalis (1983); Schmidt-Biggemann: Topica universalis (1983). 54 G. Bruno, Sigillus II, 3; OL II/2, S. 196: »Cum igitur aliquid ita perficitur, prout animae illius (sc. animae mundi) essentia ad talem materiam requirere videtur, non fit adventitia quadam sententia et exspectata consideratione (ita enim ars, quae posterior est et aemula, fabricat), sed velut ab intrinseco praesentem formam explicante natura. Vide igitur unde ars mirabilis emanet.« Zum Hintergrund vgl. Flasch: Ars imitatur naturam (1965). Zu »natura« vgl. auch Acrotismus, OL I/1, S. 83 f., zum Gedanken einer »Weltseele«, der später, etwa bei Mersenne, neben dem des unendlichen Universums unter die Punkte
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von etwas anderem, das, selbst im Licht stehend, von konkreter Seinsweise ist: »Ars enim non solum ut primum subiectum naturam ipsam supponit, sed et ut subiectum proximum ipsum naturale« (Umbris n. 102). Vermittelnde Instanz zwischen den Dingen selbst, die eine kontinuierlich aus der absolut formbaren Materie durch die Kraft (vis, virtus) der Weltseele emergierende Multiformität darstellen, und den »Schatten«, die die aus der Imaginations- und Denkkraft des menschlichen Ingeniums kontinuierlich emergierende Vielfalt von – mentalen – Bildern, Gedanken und Ideen darstellen, sind die Zahlen und die Figuren. Durch deren formale Stabilität wird in den Augen Brunos sowohl die indifferenzierende Koaleszenz der Dinge ineinander verhindert als auch das nivellierende Ineinanderfließen unserer Intentionen, Vorstellungen und Gedanken durch Konturierung, Proportionierung und Koordination sistiert.55 So kann Bruno die von ihm intendierte ›Kunst‹ des atheistisch-libertinistischen Kernes des brunoschen Denkens gezählt werden wird, vgl. unten S. CXX mit Anm. 120 bzw. 202. 55 Zu Zahl vgl. G. Bruno, Triginta sigilli, OL II/2, S. 86: »Inter omnia, quid melius numero suppeditabit omnia ? Non modo ex ipso, sed et ipse est intelligendi modus; ipse omnia includit proportionabilia; ipsum in omnibus et in ipso omnia licet contemplari […]«; Sigillus II, 22, ebd., S. 214 f. Zu Figuren bzw. Ikonen, Triginta sigilli, ebd., S. 90: »Hic iam cum res rebus connectentur, ne quasi in confusam corporis massam membra coalescerent, capita quaeque numeris illustrando, insigniendo, veluti inter cohortes, quae non suum modo, sed et suorum ordinem efficacius refferent, prominentiora constitui.« Die »capita prominentiora«, zu denen etwa auch die sogenannten »atria« der Mnemonik gehören (vgl. ebd. S. 91), haben genau die Funktion, den unübersichtlichen, konfusen Strom der ›Objekte‹ sowohl auf der Ding- (wenn auch nur hypothetisch) als auch der Gedanken-Seite (hier thetisch im Sinne eines revozierbaren Mittels der »ars«) zu strukturieren. Vgl. auch die Funktion der Figur der »arbor«, Explicatio, OL II/2, S. 125, die jeden Objektbezug vermittelt, indem sie durch ihre eigene Struktur – den gegliederten Aufbau: Wurzeln, Stamm, Äste, Zweige, Blätter, Blüten – die Struktur der Sache selbst und die Struktur unseres denkenden Sich-Annäherns anzeigt. In diesen Kontext gehört auch Brunos Anerkennung der »mathesis« Platons, d. h. des Grundgedankens, daß es eine nicht-empirisch induzierte, rein noetische, aber noch nicht vollständig intelligible Zwischenform des Geistigen gibt, die das Den-
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auch als eine »pictura intrinseca« bezeichnen, die in permanenter Produktivität »imagines« hervorbringt, die sich – dies ist ja das Hauptziel (finis generalis) – auf »res novae« beziehen und die als »scriptura extrinseca« in den ars-typischen »notae«, »characteres« und »signa« ihren Ausdruck finden.56 Die Zuweisung dieser Stabilisierungsfaktoren Zahl und Figur an einen Katalog von Gegenständen, Kategorien und Fragen führt dann zur Ausbildung von sogenannten »Orten« (loci), die der nach Wissen suchenden Seele einen Ausgangspunkt und Anhalt ihrer geistigen Operationen bieten sollen, einen, wie Bruno sagt, »contemplandi locus«.57 Dies jedoch immer vor dem schon erwähnten Hintergrund der genuin frühneuzeitlichen Vorstellung von der unendlichen Kraft der »mens« oder der »anima«, die, im Unterschied zu der ebenfalls unendlichen Macht der Natur, die jedoch auf bestimmte materielle und zeitliche innerkosmische Bedingungen eingeschränkt ist, eine »vis infinita« besitzt, die die Naturformen multipliziert, erweitert, kombiniert58 – sozusagen, analog zur prospettiva pingendi mit ihren
ken befähigt, vom mundus sensibilis zum mundus intelligibilis aufzusteigen, und die zu einem System der Wissenschaften (Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie) ausgebaut werden kann und muß: »nobis sane a corporum imaginibus et umbris, quae sunt obscura sensibilia, per mathemata, quae Platoni sunt obscura intelligibilia, ad ideas, quae eidem sunt clara intelligibilia, datur accessus, sicut et illarum claritas nostrae rationi per media mathemata esse intrudit«, Sigillus II, 4; OL II/2, S. 196 f.; II, 11, S. 203: »[prima forma] […] in rationali [sc. mundo] umbras idearum numerales ad sensum, specificas ad intellectum effingit«. Zur Sache Clucas: Amorem, artem, magiam (1999), S. 13–15; Schmitt: Querelle des anciens et modernes (2002), S. 620. 56 G. Bruno, Umbris n. 102 (75 Sturlese); vgl. auch Cantus II, OL II/1, S. 220. Vgl. Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia libri tres, s. l. 1533, I c. 33, p. 38 f.: De signaculis & characteribus rerum naturalium. Zum Begriff des ›Malens‹ und der ›Malerei‹ bei Bruno vgl. Ordine: La soglia dell’ ombra (2003), S. 163–207 und unten Anm. 59. 57 G. Bruno, Sigillus I, 50; OL II/2, S. 193. 58 Neben den von Bruno im von mir beigezogenen Text explizit genannten Verben amplificare und multiplicare (siehe nächste Anm.) wäre m. E. noch combinare resp. combinatio zu stellen, vgl. Explicatio, OL II/2, S. 128: »Modica nimirum, tenuia, imbecillia paucaque esse rerum semina videntur;
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geometrischen Sichtpunkt-Konstruktionen, in einen unendlichen Imaginations- und Denkraum vergrößert, und zwar durch die Projektion der natürlichen Formen in einen ›künstlichen‹, genuin menschlichen Raum der mentalen Gestaltung.59 In Brunos Ausführungen zu den Projektionsmodi, d. h. zu den spezifischen mentalen Operationen, anhand derer die Seele in der Lage ist, die emphatisch herausgestellte »amplimultiplici tamen combinatione, compositione, habitudine, relatione, cohaerentia et universaliter applicatione et adaptatione innumerabilia innumerabiliumque profluunt propriae rationes.« Bruno setzt eindeutig auf eine durch Raimundus Lullus inspirierte, durch seine eigene pythagoreisch-platonische Kosmologie gestützte Theorie der Elementarformen (elementa), deren begrenzte aber stabile Anzahl durch eine unendliche Kombination zur faktisch vorliegenden Vielgestaltigkeit und Ordnung der Welt erweitert worden ist (und durch den menschlichen Geist durchaus angemessen, wenn auch im Modus des »Schattens« analog hervorgebracht werden kann, ja sogar nochmals erweitert werden kann). Sein Beispiel ebd., S. 129 ist seit Platon klassisch das der Buchstaben: »Numero quatuor et viginti elementorum, omnium quae fuerunt, sunt et esse possunt infinitorum idiomatum vocabula articulataeque voces infinitae conflari possunt.« Mit »elementa« ist klar der Bezug zum griechischen στοιχεῖα hergestellt, das ineins (physikalisches) Element und Buchstabe bedeutet. Grundgedanke des Verfahrens der »ars« ist, daß diese Elemente bzw. »sigilla« aufeinander abbildbar sind, so daß ein Grundelement, etwa eine »species« oder ein »individuum«, der Such- und Findeort aller anderen Spezies bzw. Individua werden kann; so etwa deutlich in der »explicatio« des elften Siegels, ebd., S. 132: »[…] sed in arborum omnium speciebus omnium animalium species inquiras et invenias, in omnium lapidum speciebus plantarum species, in unius speciei individuis omnium aliorum species individuaque similia«. Vgl. auch die »multiplicatio« bzw. »combinatio indumentorum« ebd., II, 12–14; S. 204–207. Zu »prospettive pingendi« und geistiger Perspektivierung vgl. Leinkauf: Freiheit und Geschichte (1998). 59 G. Bruno, Umbris n. 27 (29 Sturlese): »Cum vero in rebus omnibus ordo sit atque connexio, ut inferiora mediis et media superioribus succedant corporibus, composita simplicibus, simplicia simplicioribus uniantur etc.«; Explicatio, OL II/2, S. 121 f.: »Hic ideo amplissimus sinus intitulatur phantasia, quia quod terminatum determinatumque a sensibus externis accepit, in immensum amplificare et in innumerum multiplicare valet«; ebd., S. 138 f. das »circa omnia operari« als vielgestaltige, variable Applikation verschiedener Einzelmethoden der »ars«. Zur Sache seit Nicolaus Cusanus vgl. Leinkauf:
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ficatio« oder »multiplicatio« der sinnlich vermittelten Informationen zu leisten, hält Bruno jedoch durchgehend, wie schon weiter oben gesagt, an dem seit der Antike überlieferten Gedanken fest, daß Sein und Denken einen »ordo« miteinander teilen, dessen primäre (zumindest quoad nos zunächst primäre) Realisierung im Sein selbst anzutreffen ist und dessen ›Bild‹ (das wir übrigens auch mehrfach in De la causa antreffen) in unserem Vorstellen und Denken das der »Stufung« oder der »Kette« der Dinge/des Seins ist (scala rerum, catena rerum)60, die
Diversitas identitate compensata (1996), S. 70–80. Daß Bruno auch hier, wie im Sigillus, wohl mit ständigem Blick auf Ficino argumentiert, macht ein Vergleich mit dessen TP VIII 16 (1, 329 f.) deutlich, einem Text, zu dem schon Rita Sturlese, Le fonti (1994, S. 150) einen Bezug herzustellen versuchte: »Mentis igitur quodammodo infinita virtus est, quae in eo quoque apparet quod non modo reperit infinitum actum, qui Deus est, verumetiam potentiam infinitam, quae est materia subdita Deo atque ad innumerabiles formas inde capiendas idonea. […] Apparet rursus quod universales rerum rationes capit«; Furori, I dialogo 5, OC VII, S. 269–271 (U II, S. 634): »[l’intelletto umano] perché è eterno, et acciò sempre si dilette, e non abbia fine né misura la sua felicità; e perché come è finito in sé, cossì sia infinito nell’oggetto«, und zwar wegen seiner »infinita potenza«, die Bruno hier deutlich vor dem Hintergrund der cusanischen Unterscheidung zwischen infinitas infinita (Deus) und infinitas finita (mundus) – vgl. De docta ignorantia II c. 1, nn. 96–97 – differenziert in »attualità infinitamente infinita« des »divino oggetto« und »potenza finitamente infinita« der menschlichen Vernunft; so nochmals II, dialogo 3, S. 415– 417 (709 f.). Zur »phantasia« bzw. »imaginatio« und zum für Bruno zentralen Zusammenhang von »pictor«, »poeta« und »philosophus« vgl. Explicatio, OL II/2, S. 133; hierzu Ciliberto: Giordano Bruno (1990) S. 67–71, 158 f.; Ordine: Introduzione (2002); die Verbindung »philosophus« – »pictor« findet sich, am Beispiel Platons, auch schon etwa bei Marsilio Ficino, vgl. In dialogum septimum de Legibus epitome, Opera omnia, Basileae 1576, fol. 1506. Zu »imaginatio/phantasia« Klein: L’imagination (1970); Garin: Phantasia e imaginatio (1988). 60 G. Bruno, Explicatio, OL II/2, S. 123, 126–128 (scala, catena), mit den wertenden vektoriellen Differenzierungen »inferius-superius«, »ascensusdescensus«, »dignitas-defectio« etc. Die Beobachtungen von Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978) S. 62, 84 und ders.: Regia pazzia (1987) S. 114 ff., 130, daß Bruno, nachdem er noch in De umbris und im Sigillus den Begriff der
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dann in übertragener Gestalt (Kreise, Atrien etc.) in die das Ganze abschließende Konzeption einer umfassenden Gedächtniskunst eingehen.61 In der frühen Entfaltung dieser Gedanken in der Pariser Zeit erweist sich Bruno zudem als genuiner Denker der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, eines Denkens, das bei Autoren wie Girolamo Car»scala rerum« im Sinne der neuplatonisch-ficinianischen Tradition verwendet hätte, dann in De la causa zugunsten eines Koinzidenzsystems »verlassen« hätte – weil nämlich mit der Vorstellung der Seinsstufen unablösbar das falsche Phantasma der geschlossenen Welt mit ihren Sphären und Schalen verbunden hätte –, sind nur bedingt richtig. Blickt man auf die unabweisbare Präsenz des »scala«-Gedankens nicht nur in De la causa, sondern bis hin in die Frankfurter Schriften, so scheint es sinnvoller, neben die ironisch-polemische Zurückweisung kosmologischer Implikationen (Infinito, Proemiale epistola, BW IV, S. 22 f.; OC IV, S. 27; dialogo 3, ebd., S. 154; OC IV, S. 183: sordide e bestiale imaginazioni; ebd., S. 176 f.; OC IV, S. 213: »gli sogni, le fantasie, le chimere«; Immenso, OL I/2, S. 261: »scala somniata«) eine positive Akzeptierung gestufter Wirklichkeit im Sinne einer modalen Abstufung der Einen Substanz zu stellen, die in ihren distinkten, nach Gattungs- und Artbegriffen unterteilbaren, stabilen und nicht beliebigen »Formen« – immerhin spricht Bruno in überspitzender Erweiterung des bedeutenden RenaissanceTopos von der dignitas hominis, von einer »dignità delle nature e specie corporee« (Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 64; OC IV, S. 77) – zumindest epistemisch, im Sinne einer Standpunkt-Perspektive (Infinito, dialogo 2, ebd., S. 110 f.; OC IV, S. 131 ff.) notwendig ist (hierzu einiges bei Spruit: Il problema della conoscenza (1988); Granada: Giordano Bruno (2002), S. 78 f.), m. E. aber auch transsubjektive, ontologische Bedeutung besitzt. Die Parallelität beider Optionen dokumentiert eben auch die Parallelität von Monismus-Pluralismus bzw. Identität-Differenz, die wir ansonsten im Œuvre des Nolaners antreffen (duplike Struktur). 61 Die Mnemonik ist für Bruno sicherlich der Abschluß und das Ziel seiner eigenen Rekonstruktion der Kunst Lullus’: sie ist das ausgezeichnete Vermögen des Menschen, anhand dessen er den ganzen Reichtum seines Wissens dem immerwährenden Fluß des Entstehens und Vergehens entreißen kann; wichtig ist, daß die Erinnerung selbst nur Teil der »ars« ist, wie Bruno sie (mit Lullus) versteht: eigentlich erschließt sie dem Menschen Wahrheit und Weisheit (bei dem Katalanen sogar Wissen um Gottes Sein), Sigillus I,23; OL II/2, S. 167: »Itaque […] per artem non solum rerum memoriam, sed et veritatem
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dano, Jean Bodin oder Francesco Patrizi durchgehend durch den Gedanken der positiven Neubewertung der ontologischen Faktoren Differenz, Vielfalt, Andersheit und Gegensatz innerhalb einer sie übergreifenden Einheit geprägt ist.62 Sprechender Ausdruck dieses Denkens, das sich in der weiteren Entwicklung von Brunos Ansatz durchhalten wird, ist die Intentio XII aus dem systematisch grundlegenden Anfangsteil von De umbris idearum: »Verum Anaxagoricum chaos est sine ordine varietas. Sicut igitur in ipsa rerum varietate admirabilem concernimus ordinem, qui supraemorum cum infimis. et infimorum cum supremis connexionem faciens, in pulcherrimam unius magni animalis – quale est mundus – faciem universas facit conspirare partes, cum tantum ordinem tanta diversitas. et tantam diversitatem tantus ordo requirat – nullus enim ordo ubi nulla diversitas extat, reperitur –, unde primum principium nec ordinatum, nec in ordine licet intelligere«.63 Die Einheit, die sich in Vielheit ›besser‹ ausdrückt, je größer die Vielheit ist und zwar als eine in sich wiederum durch die Einheit bestimmte, atque sapientiam per universum humanam possis assequi.« Vgl. Sturlese: Le fonti (1994), S. 107: »la deificazione considerata non come risultato, ma come possibilità ha il suo indispensabile strumento nella facoltà della memoria«; mit Verweis auf Asclepius in: Ficino, Opera fol. 1868, Bruno, Furori II, dialogo 2, OC VII, S. 395 (DI, S. 1125; U II, S. 697); Immenso, OL I/1, S. 205 f.; Minimo, OL I/3, S. 132 f. 62 Zur Sache vgl. Leinkauf: Absolute Einheit und unendliche Vermittlung (1999), S. 23–55. Eine sachliche Basis findet sich natürlich schon im Denken des Nicolaus Cusanus, vgl. etwa Idiota de sapientia I, h V, S. 22: »magna diversitas immultiplicabilitatem melius exprimit«; II, h V, S. 33. 63 G. Bruno, Umbris n. 33 (33 f. Sturlese), n. 129 (95): »evitanda est uniformitas«. Vgl. unten Causa, dialogo 4, BW III, S. 196, 208 (OC III S. 237, 251) mit Rückgriff auf Plotin II 4, 4. Analog zu dem hier angezogenen anaxagoreischen »chaos« ist m. E. das »chaos phantasticum« der neuen brunonischen Kunst zu sehen, vgl. Umbris n. 105 (78 Sturlese), das aufgrund seiner extremen Formbarkeit – quam nubes ab externis impulsa ventis – durch die »potentia cogitativa« in einen »ordo« und eine »effigies« gebracht werden kann, die eine innovative Grundausrichtung besitzt: »tamquam novae arboris vel animalis, vel mundi prospectum incurrens«. Siehe oben S. XXX. Zur Sache und zur Verbindung mit Brunos Konzeption des Candelaio vgl. Sabbatino: Giordano Bruno e la »mutazione« (1993), S. 48–57, bes. S. 50 f.
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also geordnete Vielheit, teilt sich diesem Vielen durch eine Vielfalt von untergeordneten Einheiten mit, deren Funktion die Implantierung der klassischen signa gubernationis sind: Leben, Bewegung, Zusammenhang, geordnetes Wachstum. Alle diese dynamisch-funktionalen Einheiten sind selbst wieder nichts anderes als Abbilder der primären Einheit und somit Abbilder und Promulgatoren von deren unbegrenzter Kraft und Mächtigkeit (vis, virtus): die eine »vivida potentia« terminiert so in unzählig vielen »variae atque multiplices […] virtutes« der Einzeldinge.64 Dieser ganze Zusammenhang – die (Welt)Seele als unendliche, vervielfältigende Kraft (vis, virtus), die elementarisch-kombinatorische Struktur einer Wirklichkeit, deren sinnlich und intellektuell ›erfahrbare‹ Oberfläche noch die Faktur eines traditionellen »ordo rerum« aufweist, und die zu dieser Wirklichkeit in Bezug stehende inventivorganisierende und memorative »Kunst« des Katalanen Lullus (die von Bruno ›verbessert‹ ist) – steht in Brunos Pariser Zeit und in den frühen Oxforder Vorlesungen in deutlichem, wenn auch kritisch-transformierendem Bezug zu einem Grundgedanken der Renaissancephilosophie: der deificatio.65 Die ars lulliana wird so, in deutlichem Unterschied zu
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Vgl. G. Bruno, Cantus, dialogus 1, OL II/1, S. 185: die naturtheoretische, an antike Zeus-/Sonnen-Hymnen anklingende Umsetzung (sol-lux/ignis-vires inscrutabiles rerum); 186: die »mirabilis potentia« der Sonne, »qua unus tam plurima facis«. Im weiteren Verlauf dieses emphatischen ›Gesanges‹ ist die Diktion für sich selbst sprechend, so etwa der Zusammenhang von »mundi principes«, »potentia«, »vicarii«, »administratores« (ebd. 192), der auf einen analog zur Polis-Verwaltung gedachten Vermittlungs- und Bestimmungsprozeß trifft, den die höheren Kräfte in bezug auf die ihnen je unterstehenden einzelnen Seinsbereiche ausüben. Und es ist in diesem – durchaus panpsychistisch zu nennenden – Seinsganzen, wo Bruno glaubt, metaphorisch durch die Anrede an antikische Götter angezeigt, auch seine – nicht-biologischen – Zeichenstrukturen erkennen zu können, als »literae«, »characteres«, »notae« und »vestigia«, die sich auf das Geschick der Menschen beziehen (ebd. S. 193) und zwar vor allem auf deren Sprachfähigkeit. 65 Vgl. für den Sigillus mit Blick auf Ficino Sturlese: Le fonti (1994), S. 106 f., zu »deificatio« Sorrentino: Senso del divino (2002), S. 124–132; Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 115 f.; allg. vgl. immer noch Trinkaus: In
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den Intentionen ihres Autors, mit der Vorstellung vom Menschen als »parvus deus« oder »deus in terris« verbunden; die Reflexionen des Cusanus und des Ficino zur Unsterblichkeit der Seele und zu »Rückkehr/Aufstieg« (regressus/ascensus) in den transzendenten Bereich einer intelligiblen, durch Gott bestimmten höheren Wirklichkeit, werden, in ebenso deutlichem Unterschied zu deren Intentionen, mit einer immanent ausgerichteten Perfektionierung der ars lulliana, insbesondere der Gedächtniskunst, verknüpft. Die Natur übernimmt die Stelle des transzendenten Gottes.66 Der Text, der dies vor De la causa am deutlichsten zeigt, ist der letzte Teil der Explicatio triginta sigillorum, der Sigillus sigillorum. Dieser Text gipfelt in der Darstellung der ars memorativa als höchstem Vermögen des Menschen und ist zugleich, wie Rita Sturlese nachgewiesen hat, von Beginn an eine intertextuelle Auseinandersetzung mit zentralen Passagen aus den Hauptwerken des Marsilio Ficino – eine Auseinandersetzung, die, wie wir wissen, bis in die späteste Zeit reichen wird, so heißt es noch in De monade: »unus
our image and likeness (1970). Im Hintergrund steht immer Platon, Theaitetos 176 D; vgl. auch Plotin I 2, 3, 19–21, wobei »Gott« auch die nächsthöhere Stufe der Angleichung/Anähnlichung sein kann (für Plotin eben der »Geist«, vgl. ebd. 6, 6 ff.), in letzter Instanz jedoch immer der absolute Grund des Seins Ziel dieser Aufstiegs-/Rückkehrbewegung ist. 66 G. Bruno, Sigillus I, 10; OL II/2, S. 163: »Cunctis, pro sufficientia, exquisitas alas tribuit natura etc.«; II, 1, S. 194: »adest quippe illi a patrio lucis et intelligibili mundo exulanti, tamquam in puppi praesidens naturalis facultas, qua duce etc.« Hier zeigt sich deutlich hellenistischer Einfluß. Vor allem wohl das Denken der Stoa und des Synkretismus von Lukrez. Vgl. auch Immenso V 11, OL I/2, S. 151. Zur Sache vgl. Mancini: La sfera (2000), S. 178 f. Vgl. auch die Heraushebung der Natur in Umbris nn. 92–96 (68–70 Sturlese) und die Nachweise dort ad loc. Schon in De umbris idearum hatte Bruno festgehalten, daß auch die Seele selbst Teil der Natur sei, ja ein Produkt dieser universalen Natur, n. 92: »a natura sane parturiente«, die »ars« Lullus’ und Brunos also eigentlich eine Erweiterung der »ars naturae« sei und daher das Signum von deren universaler Produktivität in sich trage, vgl. auch die Bemerkung Sturleses: Niccolò Cusano (1991), S. 962 f. Zu fragen ist allerdings, was für ein Begriff von ›Natur‹ hier eigentlich zur Anwendung kommt – sicher keiner, der eine radikale Andersheit zum höchsten Prinzip hat.
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e principibus Platonicis, Ficinus«.67 Wir finden hier etwa die Lehre (1) von den drei Welten (mundus supremus, mundus ideatus, mundus contemplativus/humanus)68, (2) den neuplatonischen Grundgedanken des Hervorgangs (descensus, effluxus) und der »Rückkehr« (ascensus, refluxus)69 sowie (3) des »mundus supremus« als »fons idearum«70, (4) den platonisch-christlichen Gedanken, daß die Welt in Form einer idealen Präfiguration im Intellekt (Sohn) Gottes »präexistiert«71, (5) die
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G. Bruno, Monade VI, OL I/2, S. 408. Zu den Nachweisen hier vgl. Sturlese: Le fonti (1994) passim; zuvor jedoch schon Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978), S. 237–283; ders.: Regia pazzia (1987), S. 114–117 zu Ficino-Cusanus schon vor dem Sigillus (1583) in De umbris (1582) – »documentabile con precisione« ! – mit Bezug auf: 1. »la ficiniana scala dell’essere, distesa tra i due estremi della pura potenza e del puro atto, con la sua teoria del primum in aliquo genere«, 2. »la cusaniana coincidenza dei contrari«. Die sozusagen subkutane Präsenz des Ficino im Werke Brunos, die immer stärker und genauer durch die neuere Forschung herausgestellt worden ist, ist für diese Zeit alles andere als ungewöhlich, sie läßt sich für Francesco Patrizi ebenso nachweisen wie etwa auch für Antonio Persio; vgl. etwa Trattato intorno all’ingegno dell’huomo, a cura di Luciano Artese, Bruniana & Campanelliana, Supplementi-Testi Vol. II, Pisa-Roma 1999, S. 24 ff., 31, 36, 38 ff., u. ö. Eine umfassende Darstellung der Wirkungsgeschichte Ficinos im 16. und 17. Jahrhundert steht leider noch aus. 68 G. Bruno, Sigillus I, 16; OL II/2, S. 164 f.; I, 17; S. 165: »mundus triplex«; II, 11; S. 203: mundus metaphysicus, physicus, rationalis. Vgl. Nicolaus Cusanus, De ludo globi I n. 42, h IX, S. 47: »triplex mundus«; Marsilio Ficino A I 3 (139–141 Marcel). Spruit, Il problema della conoscenza (1988) S. 54 f. hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, daß es im Rahmen von Brunos Engführung von Plotin, Thomas von Aquin und Ficino, d. h. der Verbindung der Begriffe »unum«, »ens unum« und »ens primum«, »schwierig wird, zwischen dem Begriff ›Gott‹, ›erster Intellekt‹ und ›intelligible Welt‹ zu unterscheiden«. Vgl. Summa, OL II/1, S. 24, Ficino, in Platonis Parmenidem c. 2, Opera fol. 1138, in Philebum I c. 16, fol. 1222 und in Plotinum, fol. 1775. 69 G. Bruno, Sigillus I, 5; OL II/2, S. 162 u. I, 16; S. 165. 70 G. Bruno, Sigillus I, 17; OL II/2, S. 164. 71 G. Bruno, Sigillus I, 14; OL II/2, S. 164: »in primi opificis mente präexistere«. Vgl. zum Kontext, der von Ficino bis ins 17. Jahrhundert reicht, Leinkauf: Amor in supremi opificis mente residens (1989).
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Vorstellung, daß ein Eines als Zentrum alles in sich enthält und aus sich hervorgehen läßt72, (6) die platonische Lehre von »amor« als Vermittler und »großem Dämon«73 (als den sich Bruno auch selbst sah74), (7) die insistierende Fokussierung auf die Seele als die – letztlich noch geheimnisvolle – Seinsform, in der sich Sinnliches und Geistiges permanent gegenseitig konturieren75 und die vor dem möglichen Verlust der »vita intelligibilis«, bewirkt durch Fixierung auf die »species sensibiles«, bewahrt werden soll76, (8) den zentralen Ansatz der »theologia negativa«, durch die das (göttliche) Wesen der Dinge vor verkürzendem Zugriff durch eine unangemessene menschliche Denk- und
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G. Bruno, Sigillus I, 18; OL II/2, S. 165; I, 29; S. 170; I, 31, S. 174: »Et certe ex nostris principiis nos haec omnia in unum concurrere principium iudicamus«; I, 34, S. 179 f.: »unum ergo proprium subiectum unam simplicem radicem et unum virtuale principium recognoscit. […] ita ut omnia sint unum, ut bene novit Parmenides unum omne et ens«; II, 7, S. 201; II, 21, S. 211: »ad unius tandem super omnia principis (ob id quod in unum tandem diversa, varia atque contraria omnia conspirant) cognitionis nostrae obtutum […] promovere«. Camoeracensis Acrotismus, OL I/1, S. 96–98. Vgl. Ciliberto: Introduction (1996), S. XIX, der eine réprise »à la lettre« etwa in Causa, dial. 5, OC III, S. 279 (unten S. 232 f.) sieht; Mancini: La sfera (2000), S. 24 f. 73 G. Bruno, Sigillus I, 23; OL II/2, S. 166 f. Bruno versteht jedoch »amor« als natürlichen Grundimpuls im Menschen, der ihn nach Wissen und Handeln streben läßt; die vollkommene Annahme Amors oder dessen vollkommene Realisierung von Seiten des Menschen koinzidiert mit der Perfektionierung der ars lulliana. 74 So Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 51 zu Furori I, dialogo 4, OC VII, S. 191 (DI, S. 1023; U II, S. 595): »Eroe e demone, il Nolano è, ormai, intermediario fra cielo e terra, punto di comunicazione fra uomo e divinità […] vero Mercurio […].« 75 Es ist signifikant, daß Bruno im Titel der Explicatio (die den Sigillus als letzten Teil enthält) von den »animi operationes« als Themenbereich spricht (OL II/2, S. 73), daß im Sigillus bezüglich des Erinnerungsvermögens (memoria) von einer »innominata facultas animi« die Rede ist (ebd., S. 169). 76 G. Bruno, Sigillus I, 30; OL II/2, S. 171: »A Circaeis demum veluti poculis abstinentes, caveamus ne animus a sensibilibus speciebus illectus, ita sui in ipsis fixionem faciat, ut intelligibilis vitae privetur delitiis.«
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Sprachform in seinem eigenen Sein gehalten werden soll.77 Das Eine, das Bruno zusammen mit Parmenides, Plotin und Ficino als ontologischen Grund ansetzt, ist ineins epistemisches Prinzip und Ziel: »qui enim non disponit, quaerit, intelligit et facit unum, nihil disponit, nihil quaerit, nihil intelligit, nihil facit«.78 Die ganze innere Bewegung des Seienden, sei es die physikalisch-kosmologische, sei es die psychischepistemische, die sich in allen ihren Phasen (explicatio-complicatio, descensus-ascensus, proditus-reditus79) auf den einen Seinsgrund bezieht, ist in der Instanz der Seele bzw. Weltseele fokussiert. Auch diesen zentralen platonischen Gedanken, der für De la causa essentiell werden wird, finden wir, unter deutlichem Rekurs auf Marsilio Ficino, im zweiten Teil des Sigillus sigillorum: »Ut igitur absolutam consummatamque artem adipiscare, animae mundi te copulari cumque ipsa copulatum agere oportet, quae naturali foecunditate rationibus plena mundum rationibus similibus plenum generat. Quae quidem rationes (ut et sentit Plotinus) in seminibus fingunt formantque universa quasi exiguos quosdam mundos. Unde cum anima ubique praesens existat, illaque tota et in toto et in quacumque parte«.80 Mit den italienischen Dialogen Candelaio und Cena de le ceneri ändert sich nicht nur die sprachliche Form, in der sich Bruno äußert, und dokumentiert sich nicht nur eine fundamental andere soziale und politische Erfahrung, die durch den Wechsel der beiden Großstädte, also von Paris nach London, markiert ist (siehe den nächsten Abschnitt), 77
G. Bruno, Sigillus I, 30; OL II/2, S. 172: Bruno vergleicht sein Verfahren der indirekten Thematisierung der »essentia rerum«, die nicht durch die species sensibilis direkt erfaßt werden könne und die durch die »notae« und »signa«, d. h. durch Sprache und Symbolisierung, nur »unzureichend« (non satis) ausgedrückt werden könne, der durch die Pythagoräer und durch Platon praktizierten »negativen Theologie«: »ut quidquid (etiam perfecti) de rerum principe dici et cogitari potest, idem per adcursum ad eminentissimam inattingibilemque rationem proprie etiam negari debeat«. 78 G. Bruno, Sigillus I, 34; OL II/2, S. 180. 79 Vgl. Umbris nn. 27–28 (29–31 Sturlese). 80 G. Bruno, Sigillus II, 3; OL II/2, S. 196. Vgl. Plotin IV 3, 10; IV 2, 1, 65– 67; Cusanus, De docta ignorantia II c. 9, n. 145; h I, S. 92. Zur Sache Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 56–66; Sturlese: Le fonti (1994), S. 146.
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sondern es zeigen sich jetzt, in ganz verschiedener Weise, erste Konsequenzen einer Neuperspektivierung des in De umbris idearum, Sigillus sigillorum oder Cantus circaeus noch zum großen Teil unreflektiert vorausgesetzten oder thesenhaft (und häufig genug wohl im Modus der Uneigentlichkeit) in die Konstituierung eines erneuerten Lullismus eingebauten traditionellen, vor allem neuplatonischen (Plotin, Cusanus, Ficino) und hochscholastischen (Thomas von Aquin, Albertus Magnus) Denkens. Dies betrifft vor allem die Einschätzung der Kosmologie und des astronomischen status quaestionis und, vor diesem Hintergrund, die Frage nach ersten Prinzipien oder Ursachen – im Folgenden wird daher, dem Rahmen dieser Einleitung entsprechend, der auch für De la causa grundlegendere Text Cena de le ceneri diskutiert und der eher literarisch und literaturhistorisch interessante Candelaio81 beiseite gelassen. Im Candelaio allerdings, dies soll wenigstens erwähnt werden, schlägt Bruno schon gleich zu Anfang, im Widmungsschreiben, einen Ton an, der dann über sein ganzes Œuvre hin erklingen wird: das Eine ist das, was allein – in einem emphatischen Sinne – ist (sozusagen das Ist selbst ist), was nicht vom Umschwung der Zeiten vernichtet werden kann, sondern in ewiger Sichselbstgleichheit Bestand hat.82 Diese Bedeutung des Einen, die wir schon in den Pariser Texten gefunden haben, wird in allen folgenden Texten, gerade auch den Texten der Londoner Zeit, auf je verschiedene Weise bestätigt werden, und sie wird die Hauptschwierigkeit in einem angemessenen Verständnis des Denkens Brunos ausmachen. Brunos Auseinandersetzung mit der Kosmologie ist von Anfang an gekennzeichnet durch eine deutliche Parteinahme für die kopernikani-
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Zum Candelaio, der 1582 publiziert wurde, und seiner möglichen Funktion innerhalb des italienischen Werkes vgl. Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 27–43, bes. 40–43. 82 G. Bruno, Candelaio a cura di G. B. Sqarotti, Torino 1975, Alla Signora Morgana, S. 22: »Il tempo tutto toglie e tutto dà; ogni cosa si muta, nulla s’annichila; è un solo che non può mutarsi, un solo è eterno, e può perseverare eternamente uno, simile e medesmo. – Con questa filosofia l’animo mi s’aggrandisse, e me si magnifica l’intelletto.« Zu Brunos Zeit- und Geschichtsvorstellung vgl. Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 112–119.
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sche Position des Heliozentrismus, die ihm als vom reinen und freien Denken her zu fordernde Minimalannahme für die Erklärung eines solaren, planetaren ›Systems‹ erschien, die allerdings, da sie grundsätzlich noch den klassischen »Stufenkosmos« voraussetzt83, nur bedingt seine eigenen Intuitionen von der Unendlichkeit und Homogeneität des Kosmischen zum Ausdruck bringen konnte.84 Wie schnell und in der Sache kompromißlos er mit seinem Begriff einer unendlichen Welt oder eines unendlichen Universums über die dem Kopernikus und seinen unmittelbaren Schülern und Nachfolgern selbst möglichen Konsequenzen hinausgegangen ist, zeigen die Schriften Cena de le ceneri, De la causa und vor allem De l’infinito: Hier bleibt, wenn man so sagen darf, vom traditionellen ordo rerum, von der subtilen Stratifizierung der welthaften Wirklichkeit, von der mathematisch-geometrisch tatsächlich angemessen beschreibbaren und darstellbaren Bewegung mitund untereinander vernetzter Planeten und Gestirne für den ersten Eindruck nahezu nichts mehr übrig.85 Wie hinsichtlich der Faszination gegenüber einer »informitas formabilis« des ursprünglichen semantisch-semiotischen Chaos (siehe oben S. XXX f.), die gleichsam nur durch das Ansetzen einer Unendlichkeit des Formbaren angesichts des Anspruchs des in ihr Implizierten angemessen beherrschbar zu machen war – einer Beherrschung allerdings, das zeigte das figürlich-zeichenhafte Regelwerk des lullistischen Erbes, die dem Nolaner nicht ohne das Implantieren präziser Basisstrukturen durch den intellectus humanus auch nur ansatzweise realisierbar erschien –, so wird auch angesichts der Faszination, die von der Unendlichkeit des kosmischen Raumes und der in diesem sich zeigenden Vielfalt der Welten ausgeht, eine
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Vgl. Cassirer: Individuum und Kosmos (1927). Bruno wurde schon in der unmittelbaren Wirkungsgeschichte, neben Rheticus, Maestlin, Patrizi oder Hill, als großer Kopernikaner bezeichnet, vgl. etwa Tobias Adam, Praefatio, zu: T. Campanellae Apologiae pro Galileo, Mathematico, Fiorentino, Francofurti 1622, S. 4. 84 Zur Sache vgl. Michel: Cosmologie (1962); Védrine: La conception de la nature (1967); Granada: Giordano Bruno et la stoa (1994); ders.: Giordano Bruno (2002), S. 65–123; Seidengart: Der Unendlichkeitsbegriff (1999), S. 31 f. 85 Vgl. Koyré: Von der geschlossenen Welt (1969), S. 46–59.
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mentale Beherrschung – die sich in den astronomischen Berechnungen und Rekonstruktionen des ordo planetarum nur sehr unvollkommen zeigt – nur durch das Ansetzen einer Unendlichkeit des Formbaren (posse fieri) und, dies die Differenz zum reinen Menschenwerk der ars magna, schon actu Geformten (posse factum) erreichbar. Einzig im spekulativen Begriff, der den neuplatonischen Einheitsgedanken, den häretischen Begriff einer in sich produktiven, ja göttlichen Materie (Avicebron, David von Dinant86) und die stoisch-neuplatonische Vorstellung einer unbegrenzten dynamischen Schaffenskraft neu synthetisiert, kann Giordano Bruno seine spezifische Vision einer unendlichen Welt in kritischer Wendung gegen Schulphilosophie und Humanismus thematisieren. Es ist in diesem Zusammenhang eine unabweisbare Tatsache der Geistesgeschichte, daß, wie Miguel Angel Granada es formulierte, »Giordano Bruno der einzige Philosoph gewesen ist, der im 16. Jahrhundert der kopernikanischen Kosmologie anhing«87 und zwar in der konkreten und direkten Weise, daß er sie bei aller Kritik ganz realistisch verstand: Die Zentralstellung der Sonne und die Erdbewegung sind für ihn reale Gegebenheiten, ebenso wie dann auch konsequent seine eigene, dem kopernikanischen Ansatz hinzugefügte Unendlichkeitsthese nicht hypothetisch, sondern konkret-faktisch gemeint ist. Die zur Begründung dieser kosmologischen Realvision erforderlichen philosophischen Schritte konnten sich nicht mehr damit begnügen, die metaphysische Tradition anspielungsreich im Hintergrund zu halten – jetzt mußte der Nolaner, und hierin wird dann De la causa seine Bedeutung gewinnen, metaphysisch und prinzipientheoretisch eine eigene explizite Position beziehen. Es ist signifikant, daß diese Positionierung, wie sie dann in De la causa, neben den Spitzen, die auch dort noch gegen den englischen
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Avicebron: vgl. G. Bruno, Causa, dialogo 3, BW III, S. 138 (OC III, S. 169, 191; DI, S. 262, 274; U I, S. 678, 687), dialogo 4, ebd., S. 192 (OC III, S. 233; DI, S. 298; U I, S. 708)); Vinculis, OL III S. 696; David von Dinant: vgl. Causa, proemiale epistola, BW III, S. 14 (OC III, S. 17; DI, S. 180; U I, S. 601), dialogo 4, ebd., S. 222 (OC III, S. 267; DI, S. 315; U I, S. 723). Vgl. Tocco: Le fonti (1892), S. 505. 87 Granada: Giordano Bruno (2002), S. 93.
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Wissenschaftsbetrieb genüßlich ausgebreitet werden, versucht wird, in Cena de le ceneri durch eine naturtheoretische Auskunft präludiert wird, die in ihrer polemisch-kritischen Inszenierung sich gerade auch noch gegen die astronomische Tradition bis hin zu ihren herausragendsten Repräsentanten, von Palingenius Stellatus und Thomas Digges bis hin zu Kopernikus selbst, stellen kann.88 So, wenn Bruno in der für ihn typischen kompromißlosen Art darauf insistiert, daß er »nicht durch die Augen des Kopernikus oder des Ptolemäus, sondern durch seine eigenen Augen sehen« wolle, um direkt auf und in die Natur zu schauen.89 Durch die eigenen Augen zu schauen: dies ist eine konkrete Metapher für den weitergehenden Anspruch, durch das Auge des eigenen Intellekts (occhio dell’intelletto) zu schauen, d. h. das eigene Ingenium in seiner spekulativen und visionären Kraft freizusetzen, und unter dieser Prämisse die Sache selbst zu beurteilen und zu bestimmen (quanto al giudizio e la determinazione). Denn für Bruno ist das Ingenium selbst ein Teil dessen, was es erforschen will, selbst ein Teil der Natur. Es weist sozusagen gegenüber den abstrakten, rationalistischen Methoden der mathematisch fundierten Naturtheorie, zu der Bruno eben auch den ansonsten verehrten Kopernikus zählte (und darin sei er eben nicht von der konstruktiven hellenistischen Tradition unterschieden), eine andere Möglichkeit des epistemischen, nicht auf reine oder Apparat-gestützte (Fernrohr) Sinnlichkeit restringierten Zugriffs auf.90 Bruno stellt schon in der Cena dem modernsten astronomischen
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Hierzu sind zu vergleichen die Arbeiten von Miguel Angel Granada, insbesondere Granada: Il rifiuto (1994) passim, ders.: Giordano Bruno (2002), S. 93–123. Vgl. Marcellus Palingenius Stellatus, Zodiacus vitae; Nicolaus Copernicus, De revolutionibus libri sex (hg. von H. M. Nobis und B. Sticker, Gesamtausgabe Bd. II, Hildesheim 1984); Thomas Digges, A perfit description of the celestiall orbes, 1576. 89 G. Bruno, Cena, dialogo 1, OC II, S. 35 (DI, S. 90; U I, S. 447). 90 Vgl. schon die Hinweise bei Michel: Cosmologie (1962), S. 32–36, 67. Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 52 (OC IV, S. 61; DI, S. 369 f.; U I, S. 35 f.); Cena, dialogo 5, OC II, S. 241 (DI, S. 148; U, S. 549): »altro è giocare con la geometria, altro è verificare con la natura«, d. h. eine rein geometrisch-quantifizierende, mechanistische Ableitung des Naturgeschehens ist falsch. Bruno bringt als
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System den Anspruch entgegen, daß er, der Nolaner, mit »altri proprii et piú saldi principi« aufzuwarten habe, die sich aus einer freien, nicht Autorität-gebundenen und (daher) lebendigen Rationalität herleiten.91 Die Betrachtung und wissenschaftliche Durchdringung der Natur – la teoria delle cose della natura – ist nicht Angelegenheit geistlicher Autorität oder Sache der Theologie, sondern vielmehr grundsätzlich Aufgabe der »uomini contemplativi«.92 Die traditionelle, sich an klassischen Bibeltexten, vor allem am Buch Genesis, orientierende ›Weltentstehungslehre‹ sei, so Bruno, in ihren Aussagen zur Natur nur in einem uneigentlichen, für das einfache Volk (volgo) gedachten Sinne zu nehmen; Hauptskopos der heiligen Texte sei vielmehr die »vita prattica«, die Etablierung oder der Verweis auf »leggi«, die Einforderung von »costumi«, die dem Zusammenleben und der Kultur der Menschen förderlich sind.93 Die von Bruno eingeforderte freie, nicht autoritätsgebundene Naturtheorie, die sich in vielem durchaus als »Versuch einer Wiedergewinnung des vorsokratischen Begriffs der physis« verstehen läßt94, basiert wiederum auf der durchaus historisch vermittelten95 Intuition, daß die
Beispiel die Einsicht, daß es eben nicht die Linien und Winkel sind, die dazu führen, daß das Feuer mehr oder weniger wärmt, sondern »le vicine e distanti situazioni, lunghe e brieve dimore«. Acrotismus OL I/1, S. 89: »philosophi illi qui naturam rationi, non rationem naturae conformant et accommodant, logici sunt, non physici«. Vgl. Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978), S. 213 f. 91 G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 131 (DI, S. 91; U, S. 494 f.). Seidengart: Der Unendlichkeitsbegriff (1999), S. 27 f. verweist auf insgesamt vier Hauptquellen der Kosmologie Brunos: 1. Nicolaus Cusanus, 2. antike Atomistik (Lukrez), 3. Hermetismus und 4. Kopernikus. 92 G. Bruno, Cena, dialogo 4, OC II, S. 189–191 (DI, S. 120 f.; U, S. 522). 93 G. Bruno, Cena, dialogo 4, OC II, S. 189–193 (DI, S. 121 ff.; U, S. 523 f.); Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 78 f. (OC IV, S. 95; DI, S. 387; U II, S. 51): »e le quali (sc. le vere proposizioni) non sono proposte da noi al volgo, ma a sapienti soli che possono aver accesso all’intelligenca di nostri discorsi«. Zur Sache ist immer noch zu vergleichen Papi: Antropologia (1954), jetzt auch Granada: Giordano Bruno (2002), S. 42 f. 94 So Bremer: Geistesgeschichte (1993), S. 499. 95 Hier spielt das epikureische System, wie es in der Gestalt von Lukrez
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Natur ein durchgehend konkretes und d. h. letztlich auf irreduziblen Elementen (Atomen) basierendes komplexes Gebilde ist, ein Organismus, der, trotz der Sprengkraft des Unendlichkeitsgedankens und trotz der These von einer durchgehenden unterirdischen fruchtbaren Chaos-Struktur, sich immer wieder herstellt und – sei es auch in unausweichlicher perspektivischer Verkürzung – durch geistige Wesen, vermittelt über die ihnen konstitutiv eigene Sinnlichkeit – aber auch in der gebotenen imaginativ-geistigen Erweiterung der Leistungsdimension der »sensibilità«96 – als solch ein konkreter Organismus erfahrbar ist. Die Grundstruktur des Organismus ist aber die einer selbständigen Einheit, die in sich so differenziert ist, daß die einzelnen Teile abgestuft, entsprechend ihrer Funktion für das Ganze, als integrierende, nicht ersetzbare Glieder zu betrachten sind. Die natürliche Grundgestalt des Organismus – sei es in der Großform des Kosmos, sei es in den Formen der Einzelorganismen – ist durchaus als sozusagen ›reales‹ Gegenbild der Grundformel der Nolanischen Philosophie zu sehen (siehe unten S. LXXI f.), die, wir haben das schon gesehen, von Anfang an eine Emphase für den Begriff der Einheit hatte und die zugleich mit diesem Begriff des Einen die Vorstellung einer möglichst großen Ausdifferenzierung (varietas/varietà; molteplicità; vicissitudo) verbunden hat.97 Vor diesem Hintergrund ist auch die Faszination zu verstehen großem Lehrgedicht De natura rerum überliefert ist, eine bedeutende Rolle; Granada: Giordano Bruno (2002), S. 94. 96 Hierzu dann ganz deutlich etwa Infinito, dialogo 2, BW IV, S. 146 (OC IV, S. 173; DI, S. 430; U II, S. 84). 97 Zur Einheit vgl. Causa, dialogo 4, BW III, S. 210 (OC III, S. 253; DI, S. 308 f.; U I, S. 717): »ogni cosa è uno« etc.; vgl. Michel: Cosmologie (1962), S. 77 f., bes. S. 256–260 zur »précellence de l’un« im Kontext der Pluralität (der Welten). Zu »vicissitudine/vicissitudo« vgl. schon Cena, dialogo 5, OC II, S. 257–259 (DI, S. 156; U, S. 557); 269 (163; 563) u. ö.; hierzu Bremer: Geistesgeschichte (1993), S. 496 f. Den Begriff und die Sache der »vicissitudo« kennt aber auch schon Brunos Gewährsmann Ficino, vgl. etwa TP IV 2 (1, S. 171). Als Beispiel, das nicht so bekannt dafür ist, wie die Bruno vertraute Renaissance-Philosophie dieses Konzept des Organischen als in sich abgeschlossene (aber deswegen nicht begrenzte) Ein-Vielheit denken konnte, siehe Nicolaus Cusanus, Responsio de intellectu evangelii Ioannis n. 2, h X/1, S. 97 f.: »Nihil
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(die für die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich ist), die die vorsokratische Philosophie, insbesondere der Parmenides, aber auch Empedokles, Anaxagoras und Heraklit, auf Bruno ausgeübt hat.98 In Verbindung mit dem Rekurs auf die hellenistische Philosophie, auf die Stoa, den Neuplatonismus und die Hermetika, ermöglichte sie ihm zumindest die Perspektivierung einer Synthese aus parmenideischer enim omnium sine ratione esse potest, sicuti enim in homine alia est ratio oculi et alia auris et alia manus, ut nullum membrum absque legitima ratione existat, quae quidem singulorum membrorum rationes in simplici ipsa totius hominis ratione complicantur, quae est ratio omnium rationum, ita est una simplicissima universi ratio [!], in se omnium membrorum universi rationes complicans, quae est ratio, sine qua nec universum nec quidquam universi esse potest.« Michel: Cosmologie (1962), S. 124 f. hat völlig zu Recht darauf hingwiesen, daß Bruno – etwa mit dem cusanischen Begriff der »complicatio« – auch die höchste göttliche Einheit selbst als »organique« gedacht habe und somit der Aufstieg oder Rückgang der heroischen Seele nicht in einer Selbstauflösung enden muß. Diese Einsichten, die sich schon in De la causa finden, müssen neben die radikale Betonung einer alle Differenz in sich aufhebenden Substanz gehalten werden. Es ist sachlich angemessener, die organische Einvielheit und die radikale Einheit im Sinne der Bruno wohl bekannten dionysischen Theologie als Gottesaussagen respektive in Gestalt der theologia positiva und theologia negativa zu interpretieren – das »unum supersubstantiale« wäre dann, neuplatonisch gesehen, das noch jenseits dieser sich ausschließenden Aspekte anzusetzende »unaussagbare« Eine. Bruno zitiert in De la causa mehrfach auch aus Nicolaus Cusanus’ Abhandlung De beryllo, wo etwa n. 12, h XI/1, S. 15 auf die negative und affirmative Theologie des Dionysius hingewiesen wird. 98 G. Bruno, Sigillus, OL II/2, S. 180. Causa, proemiale epistola, BW III, S. 24 (OC III, S. 29); dialogo 3, ebd. S. 178 f. (OC III, S. 217): »che il tutto secondo la sustanza è uno« (von Jacobi in seinen Auszug aufgenommen); dialogo 5, ebd. S. 238 (OC III, S. 285), ebenfalls bei Jacobi, siehe den Kommentar unten BW III, ad loc. Auf die Präsenz des Parmenides hat auch Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976) immer wieder zu Recht hingewiesen. Im Kontext der Reflexionen auf Einheit als erstes Prinzip oder auf Gott als den Einen/Einzigen sind die Bezugnahmen auf Parmenides schon bei Meister Eckhart, Cusanus Ficino, Pico u. a. zu finden, vgl. Meister Eckhart, Prologus in opus propositionum, n. 5, LW I, S. 168: »Ad hoc facit, quod Parmenides et Melissus I Physicorum ponebant tantum unum ens, ens autem hoc et hoc
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Einheit (immobilitas: das Eine schließt Vielheit/Bewegung aus) und den Prozeßformen kosmogonischer Art (vicissitudo: das Eine schließt Vielheit/Bewegung ein). In einer solchen Perspektive war der Gedanke schon gedacht, daß Gott das oder der schlechthin Eine sei, und zwar als »esse absolutum«, »esse purum« oder »esse simpliciter«, und daß dieses Sein schlechthin sich einem relativen, immer auf es bezogenen und von ihm abhängigen Sein mitteilt (esse hoc et hoc, ens particulare).99 Die Kosmologie oder Naturtheorie des Nolaners ist einerseits metaphysisch fundiert, und sie ist, weil sie dies ist, nicht vom Gedanken der Metaphysik und der Kosmogonie abzulösen100; sie ist andererseits jedoch, und das macht ihre spezifische Differenz aus, auch von dem Gedanken getragen, daß das Sein der Welt »nicht im Willen der Gottheit begründet« ist, d. h. daß es Manifestation, nicht jedoch Offenbarung ist, daß in ihm sich das Wesen unvermittelt, durch keine intentionale Brechung gelenkt einfach an ihm selbst zeigt, daß, mit anderen Worten, alle Möglichkeit auch Wirklichkeit geworden ist. Die
ponebant plura, puta ignem et terram et huiusmodi, sicut testatur Avicenna in libro suo physicorum, quam Sufficientiam vocat.« Nicolaus Cusanus, De principio (Tu quis es) n. 7, h X/2b, S. 6 f.: »Cum igitur ad necessitatem essendi respicimus, Parmenidem verum dixisse videmus, scilicet non esse nisi unum, quemadmodum et Christus unum dixit necessarium«; n. 30, S. 42: »Parmenides […] ad ipsum unum exaltatum respiciens unum ens esse dicebat«; vgl., allerdings mit Übertragung des Einheitsgedankens auf die Platonici, De venatione sapientiae c. 9, n. 24, h XII, S. 25, c. 21 nn. 59 u. 61, S. 56–59. Zur Sache auch Dagron: Unité de l’être (1999), S. 356: De la causa sei »une réécriture de l’œuvre perdue de David de Dinant, tout autant que comme une tentative de reconstitution de la philosophie de Parménide«; Montano: La mente e la mano (2000), S. 27–83, der m. E. auch zu Recht auf intentionale Gemeinsamkeiten abhebt, etwa S. 49: »la polemica di Bruno contro quanti non sanno riconoscere in modo chiaro e intelligente le verità presente nelle età precedenti o nella propria ha qui (sc. in Cena de le ceneri) lo stesso sapore della polemica istituita da Parmenide, da Eraclito, da Democrito e da altri presocratici contro la moltitudine (oi polloi)«. 99 Hierzu vgl. Albert: Meister Eckharts These vom Sein (1976). Wackerzapp: Der Einfluß Meister Eckharts (1962). 100 Michel: Cosmologie (1962), S. 92.
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vicissitudinale Struktur dieser Wirklichkeit ist nichts anderes als der ontologische Ausdruck für die Selbsteinholung alles Möglichen in das Existieren. Dies allerdings, das werden wir bei der kurzen Darstellung zu De la causa sehen, hat etwas mit der dennoch bestehenden Differenz von erster Ursache oder erstem Einen und aus diesem folgender Wirkung zu tun: In der Wirkung, d. h. im Universum, ist die absolute Einheit von Möglichkeit und Wirklichkeit in eine relative, vermittelte Einheit auseinandergetreten. Es ist zwar alles Mögliche wirklich, aber unter Existenz-Bedingungen bedeutet dies das Auseinandertreten der Möglichkeits- und Verwirklichungsorte, ein Auseinandertreten, das wir als raum-zeitliche Dimensionalität erfahren.101 Die dem Leser nicht nur in der Cena de le ceneri begegnende polemisch-aphoristische Faktur der Texte, die alles andere als zufällig ist, sondern sich differenziertem Kalkül verdankt, ist, das hatte schon P. H. Michel richtig festgehalten, Ausdruck der Tatsache, daß Bruno nicht als ›klassischer‹, d. h. entweder in der aristotelischen Schulphilosophie ausgebildeter oder in der ›neuen Physik‹ messend und berechnend tätiger Naturtheoretiker argumentiert, sondern daß er von einer kosmologischen Gesamtvision ausgeht, die zurückgeht auf eine »vision antérieure à toute expérience«102, auf eine »vision«, in der nicht-empirische, nicht-sinnliche, also durch die Anschauung des Geistes (mente, intel101
Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 132 f. hat als handlungstheoretische Konsequenz dieser Wirklichkeitsstruktur einen »metaphysischen Urbefehl« zum Durchlaufen aller Gestalten und Formen der Realität herausgestellt, beispielhaft verdeutlicht durch die Worte der Kirke im Proemio der Eroici furori, vgl. Furori, Argomento del quinto dialogo, OC VII, S. 47–49 (DI, S. 946; U II, S. 518): »Per largo e per profondo peregrinare il mondo, cercate tutti gli numerosi regni, significa che non è progresso immediato da una forma contraria a l’altra, né regresso immediato da una forma a la medesima; però bisogna trascorrere, se non tutte le forme che sono nella ruota delle specie naturali, certamente molte e molte di quelle.« 102 Michel: Cosmologie (1962), S. 47: »L’univers tel qu’il apparaît à travers les dialogues, les poèmes et les gloses du Nolain, résulte moins d’une construction logique ou d’une réflexion méthodique sur le donné sensible qu’il ne répond à une vision antérieure à toute expérience et en laquelle l’être pensant traduit son plus intime secret.«
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letto) bestimmte Grundvorstellungen maßgebend sind: Einheit, Unendlichkeit, Substantialität. Das Durchbrechen der »fantastiche muraglia de le sfere« konnte nur durch die produktive Verbindung philosophischer Vision und naturtheoretischer Desiderata zuwege gebracht werden. Gegen die mathematisch-logische und gegen die aristotelischscholastische Tradition setzt Bruno daher gleich zu Anfang seines ersten kosmologischen Werkes die – eine seit dem Hochmittelalter bestehende zentrale theologische Diskussion beendende – Grundthese, daß das Universum (die Welt als Totalität des Seienden) die »unendliche Wirkung einer unendlichen Ursache« und damit die »wahre und lebendige Spur der unendlichen (Schöpfer-)Kraft« dieser Ursache sei.103 103
G. Bruno, Cena, dialogo 1, OC II, S. 49 (DI, S. 34, U, S. 455): »l’infinito effetto dell’infinita causa, il vero e vivo vestigio de l’infinito vigore«. Zu »vestigio« vgl. Kommentar zu De la causa, unten S. 322 f., 330. Die Grundthese ›unendliche Ursache – unendliche Wirkung‹ wird in anderer Form wiederholt im dialogo 3, OC II, S. 159 (DI, S. 104; U I, S. 508): »essendo [sc. il mondo] effetto e principiato da una causa infinita e principio infinito, deve secondo la capacità sua e modo suo essere infinitamente infinito«. Immenso I 9, OL I/1, S. 235 f. Zwar steht, wie etwa Aquilecchia in seinem Kommentar ad loc. richtig anmerkt, im Hintergrund zentraler Argumente des dritten Dialoges die Kosmologie des Nicolaus Cusanus, die dieser im zweiten Buch von De docta ignorantia vor dem ontologischen und epistemologischen Gedanken der durchgehenden Inexaktheit des Seienden entfaltet hatte. Bruno geht jedoch mit dem Ausdruck »infinitamente infinito« gerade den entscheidenden Schritt weiter, den Cusanus, für den das Universum als Ganzes nur privativ unendlich, eine »infinitas finita« ist, noch nicht gehen wollte; vgl. Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia II c. 2 n. 104, h I, S. 68: »quoniam ipsa forma infinita non est nisi finite recepta, ut omnis creatura sit quasi infinitas finita aut Deus creatus […]«. Auch Marsilio Ficino hatte sowohl eine unendlich große Welt als auch die Annahme unendlich vieler Welten abgelehnt, hingegen den Gedanken von vielen Welten in einer Welt, die diese – etwa als Universum durchaus im Sinne Brunos – umgreift, zugelassen, vgl. in Timaeum c. 16, Opera fol. 1444; vgl. hierzu auch Proklos, in Tim. I 436,6– 437,32 Diels. Zur quasi direkten Rezeption des strikten Infinitismus-Argumentes auf derselben Basis wie bei Bruno (unendliche Ursache – unendliche Wirkung) vgl. Nicholas Hill, Philosophia Epicurea, Democritiana, Theophrastica proposita simpliciter, non edocta, Parisiis 1601, sec. Ed. Coloniae Al-
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Diese These hat zur Konsequenz, daß 1. die unendliche »Masse« (mole) des Universums weder ein Zentrum noch eine Peripherie haben kann (hierzu vgl. den zweiten Dialog von De l’infinito104), daß 2. in diesem unendlichen Universum die in ihm befindlichen unendlich vielen Welten in sich gleichförmig sind (conformi in materia), d. h. daß es keinen substantiellen Unterschied zwischen der Erde und anderen Planeten oder Welten geben kann105 und daß es ebenfalls keinen solchen Unterschied geben kann, was deren Bewohner betrifft (Lebewesen, Geistwesen), und daß 3. die Erde, wie auch alle anderen Weltkörper, eine eigene Bewegung haben muß.106 Es sind diese drei Konsequenzen, die im Durchgang durch die Dialoge 3 bis 5 diskutiert werden. Die Position, die Bruno hiermit vorstellt, ist die Position der von ihm selbst so genannten »nolana« oder auch – was für ihn dasselbe ist – »nova filosofia«107, die, nicht nur in ihrem naturtheoretischen Aspekt, das grundsätzliche Ziel hat, »fermar la contemplazione ne le cose costante e certe«108, d. h. in der Betrachtung der Dinge selbst, nicht ihrer geometrischen oder begrifflichen mentalen Äquivalente, das dem Auge des Intellektes intuitiv Gewisse und Beständige zur Grundlage von Philosophie zu machen. Das Festhalten dieses Geschauten (contemplazione !) ist sozusagen der philosophische Grundakt, dessen tatsächlicher Vollzug den wirklich Weisen vom nur scheinbaren unterscheidet, lobrogum 1690, prop. 123, S. 32: »effectus causae adaequatus dicitur in quo causa vires suas omnes expressit […]. Omne agens agit secundum modum suae naturae, infinitus ergo Deus sifinita solummodo, virtute, & essentia produxerit, nullatenus se expressit«; prop. 363, S. 114; von Ricci (1990) S. 60 mit Immenso, OL I/1, S. 241–243 verglichen. 104 Infinito, dialogo 2, BW IV, S. 110 ff. (OC IV, S. 131 ff.; DI, S. 406 f.; U II, S. 67 ff.). 105 Siehe auch Infinito, dialogo 2, BW IV, S. 110 (OC IV, S. 131 ff.): »Cossì non è più centro la terra, che qualsivoglia altro corpo mondano.« 106 Vgl. die Ankündigung des Inhaltes der Cena in der Epistola proemiale, dort das Argomento del terzo dialogo, OC II, S. 11 ff. (DI, S. 11 f.; U I, S. 435 f.). Zum historischen Hintergrund vgl. Granada: Bruno, Digges, Palingenio (1992). 107 G. Bruno, Cena, dialogo 1, OC II, S. 35 (DI, S. 27; U I, S. 447). 108 G. Bruno, Cena, dialogo 1, OC II, S. 37 (DI, S. 28; U I, S. 449).
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wobei Bruno, mit unnachahmlicher sprachlicher Genialität, darauf insistiert, daß jemand, der hier mitreden und vor allem mitdenken können will, die platonische Grundeinsicht in das Auseinanderfallen von äußerem Schein und innerer – nur dem Intellekt zugänglicher – Wahrheit / Wahrhaftigkeit sich bewußt zu halten hat, um die Silenen identifizieren und die bloßen Robenträger aussondern zu können.109 Das ›Durchbrechen‹ des äußeren Scheins betrifft in gleicher Weise das Ignorieren körperlicher Häßlichkeit angesichts des unausschöpfbaren inneren moralisch-epistemischen Reichtums, das Redimensionieren äußerer repräsentierender symbolischer Formen angesichts dessen, wofür sie tatsächlich einstehen sollten, z. B. philosophische Einsicht, die sich jeder Gängelung durch falsch verstandene Autoritäts- und Traditionsbildung, vor allem von seiten der christlichen Religion widersetzt110, wie auch das Hindurchschauen durch den sinnlichen Schein
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G. Bruno, Cena, Proemiale epistola, OC II, S. 17 (DI, S. 14; U I, S. 438): »perché questi Catoni saranno molto ciechi e pazzi, se non sapran scuoprir quel ch’è ascosto sotto questi Sileni«. Vgl. Platon, Symposion 215 A, 221 E222 A. Zum ›äußeren‹, falschen Schein der Talare und Roben vgl. auch Causa, dialogo 1, BW III, S. 62 (OC III, S. 75; U I, S. 629), Spaccio, Epistola esplicatoria, OC V/1, S. 9–11 (DI, S. 550 f.; U II, S. 173 f.); zu den verschiedenen Modi, in denen die »Wahrheit« für uns gegeben sein kann, vgl. Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 52 (OC IV, S. 61): »Onde la verità come da un debile principio è da gli sensi in picciola parte: ma non è nelli sensi […]. [È] ne l’ogetto sensibile come in un specchio. Nella raggione per modo di argumentazione e discorso. Nell’intelletto per modo di principio, o di conclusione. Nella mente in propria e viva forma.« Die letztere Wendung erinnert an die Bestimmung der »mens« als einer »viva imago« Gottes, vgl. Nicolaus Cusanus, Idiota de mente, c. 3, n. 72 f.; h V, S. 108–112; c. 5, nn 80–87, h V, S. 121–131 (viva substantia). Zur Sache und zu Brunos Attitüde, sich selbst – in der Tradition des rhetorischen genus humile – als Silen darzustellen, in dessen Innerem, wie bei Sokrates, die Weisheit lebendig ist (Oratio, OL I/1, S. 22 f.; Candelaio OC I, S. 39), vgl. Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 37–40. 110 G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 131 (DI, S. 91; U, S. 494 f.): »perché lui lo tiene per altri proprii e più saldi principii, per i quali non per autoritate, ma per vivo senso e raggione, ha cossì certo questo etc.«. Zum schon in der Cena, vor allem zu Beginn des vierten Dialoges (OC II, S. 199–201) ange-
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dessen, was sich dem menschlichen Auge als konstanter phänomenaler Natureindruck darbietet, zugunsten der – sei es uns nur im bewaffneten Auge (Fernrohr, später Mikroskop) zugänglichen oder gar selbst unanschaulichen – Vorgänge unterhalb oder außerhalb der Seh- und Sichtbarkeitsschwelle.111 Nicht nur gegen den Augenschein, der sich sozusagen nicht ändern läßt (weil er natürlich eine eigene, gleichsam regionale Wahrheit seines Zustandekommens besitzt), gilt es, die Wahrheit festzuhalten, also etwa gegen den täglich neu bestätigten Eindruck der stehenden Erde und der rotierenden Sonne dessen radikale, kontraintuitive Umkehrung zu verteidigen und sich dabei der Einsichten seines »ingeniums« oder seiner Vernunft zu bedienen; sondern auch gegen die Suggestionen einer ›abstrakten‹, kalkulierenden Geometrie und Mathematik, deren traditionell immer mit Emphase behauptete Exaktheit aus Brunos Sicht – und darin trifft er sich der Sache nach mit
sprochenen Verhältnis zwischen Philosophie und Religion, das letztlich eine deutlich averroistische Sprache spricht, vgl. Granada: Giordano Bruno (2002), S. 180–183; zum Zusammenhang Averroes – Pomponazzi – Bruno vgl. schon Nardi: Studi su Pietro Pomponazzi (1965), S. 142 f.; Papi: Antropologia (1968), S. 297–308, jetzt auch Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 79–120. 111 Vgl. G. Bruno, Cena, dialogo 5, OC II, S. 233 ff. (DI, S. 144 f.; U, S. 545), wo Bruno die Bewegung der quoad nos unbewegt »erscheinenden«, sogenannten Fixsterne aus seiner Homogenitätsthese ableitet und darauf hinweist, daß die sich faktisch an diesen Weltkörpern vollziehende Selbst-Bewegung (grandi animali) nur unseren Sinnen verborgen sei – per che il lor moto non è sensibile a noi –, nicht jedoch unserem Intellekt. Ähnlich auch ebd., S. 251 (152 f.; 554), wo die Differenz zwischen der Elementarebene, z. B. dem »elemento del fuoco«, das Ausdruck des (telesianischen) Prinzips »primo caldo« ist, und der Phänomen- bzw. Sichtbarkeitsebene gemacht wird, in welcher, was »uns« als Feuer erscheint, nur »aria acceso, che si chiama fiamma« ist; also wieder: »quello che noi veggiamo« gegen das, was denkende Betrachtung herausbringt. Zur Kritik der konstanten und konsistenten Verbindung von Sinneseindruck und intellektuellem Konzept vgl. Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 77 f.: »Le ombre fisiche, paragonabili in quest’ambito alle species sensibiles di Tommaso, hanno soltanto un valore relativo e limitato per la nostra conoscenza. Esse non garantiscono una conoscenza valida.«
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Cusanus112 – für ein adäquates Erfassen der »Dinge selbst« (cose medesme, cose stesse) nicht mehr hinreicht und durch eine Verbindung von Aufmerksamkeit gegenüber sinnlich vermittelten Daten und einer rationalen Extrapolation aus diesen Daten ersetzt werden muß. Ein Beispiel hierfür ist die Auseinandersetzung mit dem Osiander-Brief im dritten Dialog von Cena de le ceneri. Bruno begreift sich explizit als Philosoph, der die Natur gemäß neuen Grundsätzen begreifen will, der also auch selbst ein »fisico« ist, dessen Ziel der Beweis ist und der sich nicht nur auf die mathematisch gestützte Hypothese verläßt: »non solo fa ufficio di matematico che suppone, ma anche di fisico che dimostra il moto de la terra«.113 Dies Programm umzusetzen ist Movens und Ziel zugleich der »nova filosofia«, und Bruno wußte, daß er sich mit seiner radikalen Position auch historisch in eine Grenzsituation bringt. Dafür steht folgender Text aus dem ersten Dialog der Cena de le ceneri: »Das, worauf wir also das Auge der Betrachtung konzentrieren müssen, ist doch Folgendes: sind es wir, die am Tage leben und das Licht der Wahrheit leuchtet jenseits unseres Horizontes oder sogar am Horizont unsrer antipodischen Gegner; die Frage ist, sind wir im Dunkeln oder eher sie. Und in der Folge: ob wir, die wir den Anfang einer Erneuerung der alten Philosophie machen (wollen), uns an einem Morgen befinden, damit wir die Nacht, oder an einem Abend, damit wir den Tag beenden«.114 Bruno zumindest war bis zu seinem schrecklichen Ende davon 112
Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia II c. 1 n. 91, h I, S. 61: die »ars calculatoria« entbehrt der epistemischen »praecisio«: »cum nulla duo loca in tempore et situ praecise concordent, manifestum est indicia astronomica longe in sua particularitate a praecisione esse«; dies wird, unter Berufung auf das Grundgesetz ›in excessis et excedentibus ad maximum in posse et esse non deveniri‹, im Folgenden an den Disziplinen der artes liberales durchgespielt, vgl. nn. 92–94, h I, S. 61–63. 113 G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 131 (DI, S. 90; U, S.494). 114 G. Bruno, Cena, dialogo 1, OC II, S. 61 (DI, S. 43; U, S. 461 f.): »Quello dumque al che doviamo fissar l’ochio de la considerazione, è si noi siamo nel giorno, e la luce de la verità è sopra il nostro orizonte, overo in quello de gli aversarii nostri antipodi; si siamo noi in tenebre, o ver essi; et in conclusione si noi che damo principio a rinovar l’antica filosofia, siamo ne la mattina per dar fine a la notte, o pur ne la sera per donar fine al giorno.« Zu den Implikationen
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überzeugt, daß seine »neue Philosophie«, in Verbindung mit den Vorarbeiten des Cusaners, tatsächlich auf der Seite des ›Tages‹ bzw. des Lichtes stehe, daß sein Denken, nicht nur das im engeren Sinne kosmologische Denken (das sich ja letztlich nicht von den metaphysischen Grundannahmen trennen läßt), Licht in unsere Perspektive auf die Schatten bringe, sozusagen die »umbrae« vor dem Hintergrund der Einsicht in ihr Wesen zum Leuchten bringe und zugleich vor dem falschen Licht einer bestimmten, aristotelisch-scholastischen und humanistisch-philologischen Rationalität schütze, deren Einsichten als »ombre fantastiche« entlarve.115 Nicht ›phantastisch‹ hingegen seien die Einsichten der »neuen Philosophie«, die in ihren kosmologischen Konsequenzen in Cena de le ceneri vorgestellt (wenn auch nicht bis in die letzten Punkte diskutiert) werden: (1) die Unendlichkeit des Universums, denn da keine geometrisch exakt bestimmbare ›Position‹ und ›Größe‹ der einzelnen Teile des Universums, also der Planeten, Sterne, Sonnen, möglich ist und daher auch kein Mittelpunkt (Zentrum) und
vgl. Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 116 ff.; wichtig ist die Verbindung zum Candelaio, Alla Signora Morgana, OC I, S. 15: »qualunque sii il punto di questa sera ch’aspetto, si la mutazione è vera, io che son ne la notte, aspetto il giorno, e quei che son nel giorno, aspettano la notte: tutto quel ch’è, o è cqua o llà, o vicino o lungi, o adesso o poi, o presto o tardi«. Vgl. Sabbatino: Giordano Bruno e la »mutazione« (1993), S. 7 f.; Bremer: Geistesgeschichte (1993), S. 493 f. 115 G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 157 (DI, S. 104; U, S. 508): »Ma noi che guardamo non a le ombre fantastiche, ma a le cose medesme.« Vgl. Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 64: »in Bruno diventa via via più forte la persuasione di svolgere un ruolo straordinario nella ›ruota del tempo‹, di essere un messaggero della luce, un nuovo Mercurio mandato dalla Provvidenza per riportare la verità tra gli uomini«; Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 80 zur anfänglichen Ausbildung bei dem averroistisch inspirierten Giovan Vincenzo Colle (detto il Sarnese), die Bruno schon früh ein »Mißtrauen« (diffidenza) gegenüber humanistischen Versuchen vermittelt habe, »di istituire ›nove dialettiche‹, ›far nuove logiche e metafisiche‹«, so Furori OC VII, S. 375 (zentrale Feindbilder geben dabei etwa Petrus Ramus, Gian Francesco Pico und Francesco Patrizi ab, die auch in De la causa, dialogo 3, direkt aufgespießt werden, siehe unten S. 134 ff., OC III, S. 165 ff.
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keine äußere Grenze (Peripherie) des Universums angegeben werden kann, kann nur auf die Unendlichkeit des Universums und, als Konsequenz davon, auf die Unendlichkeit der Welten im Universum geschlossen werden116; (2) die Homogeneität aller Teile dieses unendlichen Universums nach dem Muster der Spezieskonformität, das heißt z. B. daß die Planeten grundsätzlich untereinander gleich sind und ihre »inequalità« ausschließlich aus »differenze individuali« resultiert, wie sie in jeder Arteinheit, die sich in individuelle Exponenten ausdifferenziert, vorkommen muß117; (3) die durchgehende Belebtheit der »membri principali de l’universo« in dem Sinne, daß jeder Planet, auch die Erde, ein »Lebewesen« (animale) ist, das, analog zur platonischen Vorstellung der Seele als Prinzip der Selbstbewegung und des Lebens, sein eigenes inneres Prinzip des Lebens und der Bewegung besitzt118. Ein
116
G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 125–155 (DI, S. 87–103; U, S. 492– 507), bes. 157–159 (103 f.; 507 f.); dialogo 4, OC II, S. 207–209 (DI, S. 131; U, S. 531 f.): »[il mondo è] vero soggetto et infinita materia della infinita divina potenza attuale«; vgl. oben den Grundsatz zur »virtù infinita« S. XXI f., XXXV f. Vgl. ebd., dialogo 5, OC II, S. 237 (DI, S. 146; U, S. 547): »capacità infinita di mondi innumerabili simili a questo«. 117 G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 161–163 (DI, S. 106–111; U, S. 509 f.); dialogo 4, OC II, S. 195 (DI, S. 123; U, S. 525): »che alla luna et altri corpi mondani che si veggono e che sono a noi invisibili, convenga tutto quel che conviene a questo nostro mondo, o al meno il simile«; dialogo 5, OC II, S. 231 (DI, S. 143 f.; U, S. 544); wegen der strikten Homogenität sind auch alle Weltkörper – Planeten, Sterne, Sonnen – bewegt, es gibt keine Fixsterne, ebd., S. 233–235 (143 f.; 545). 118 G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 163–167 (DI, S. 109 f.; U, S. 510– 512): die »membri principali […] hanno la vita in sé«, aber im Grunde, so erweitert Bruno diese These, hat jedes Ding (ogni cosa) in sich ein »sufficiente principio interiore«, das es zu seinen Selbstkonstitutions- und Selbsterhaltungsbewegungen treibt, übrigens gemäß dem vorsokratischen Gesetz von Attraktion und Repulsion: »trovar il simile, e fugge il contrario«; vgl. ebd. S. 167 (109; 512). Zu »principio interiore« siehe dann die Ausführungen in De la causa, dialogo 2 (OC III, S. 109 f.); siehe unten S. 90 f. mit Kommentar. Die unendlich vielfältigen Bewegungen im Universum drücken in der Perspektive der nolanischen Philosophie ein durch Grundprinzipien gesteuer-
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solches Sternenlebewesen ist in sich selbst so unterschieden (dissimilare), wie es alle lebendigen Organismen sind: nämlich gemäß funktionaler, auf das Sein des Ganzen bezogener Differenzen (Organ-Analogie119; siehe oben S. L): Der hierbei ausschlaggebende Gedanke, der dann auch in De la causa eine zentrale Rolle spielen wird, ist der des »inneren Prinzips«, des »principio intrinseco«, dessen, man kann sagen: spontane Selbstexplikation im Rahmen des nolanischen Theorieansatzes als Ausdruck des ›Natürlichen‹ schlechthin (il naturale) gilt. Dieses Natürliche und sein variantenreicher Selbstausdruck artikulieren für Bruno somit eine optimale, weil nicht ›von außen‹, wie in der Tradition, gerade auch der platonischen mit der Weltseele als »gubernans« oder »διοικοῦσα«, sondern ›von innen‹ gesteuerte Selbsterhaltung aller Dinge120; (4) die Etablierung, wohl in der Folge von Thomas Digtes Netz von Kommunikations- bzw. Teilhabeimpulsen aus, die dazu dienen, das »principio vitale«, das allem einwohnt, optimal zu verteilen (communicar, participar) und dadurch einen optimalen Status von (Selbst-) Erhaltung zu erreichen, vgl. ebd., dialogo 4, OC II, S. 209 (DI, S. 131; U, S. 532); dialogo 5, 265–267 (161; 562). 119 G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 163, 167–169 (DI, S. 106, 110 f.; U, S. 510, 512 f.): Bruno verweist natürlich explizit darauf, daß der Gedanke, die Erde sei ein Lebewesen und ein Organismus, nicht im Sinne einer eindeutigen Übertragbarkeit zu nehmen sei, sondern daß innerhalb der verbindenden Analogie auch die unterscheidende Dimension zu berücksichtigen sei, vgl. ebd. bes. S. 169 (110; 513); vgl. auch ebd. S. 173 (112; 514): »per che sotto nome di terra vuol lui [sc. il Nolano] che se intenda tutta la machina e tutto l’animale intiero che costa di sue parti dissimilari: onde gli fiumi, gli sassi, gli mari, tutto l’aria vaporoso e turbulento il quale è rinchiuso ne gli altissimi monti, appartiene a la terra come membro di quella […]«. 120 G. Bruno, Cena, dialogo 5, OC II, S. 241–243 (DI, S. 148; U, S. 550): »il naturale […] è principio intrinseco, il quale da per sé porta la cosa dove conviene«; vgl. zuvor ebd., 237–239 (146; 547 f.): »principio di moti intrinseco [id est: nel] la propria natura, la propria anima, la propria intelligenza. […] E certo tutte cose, che son mosse in questo mondo, riconoscono il principio de lor moto […] è dunque cosa conveniente alla commodità delle cose che sono ed a l’effetto delle perfettissima causa [hier auch die Differenz von causa und principio, wie in De la causa], che questo moto sii naturale da principio interno e proprio appulso senza resistenza.« Es ist natürlich klar, daß Bruno,
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ges und mit Wirkung auf Galilei, des Gedankens der Kontextgebundenheit von Bewegungen gemäß dem Grundsatz ›con la terra si muovono tutte le cose che si trovano in terra‹. Innerhalb eines Systems verhält sich etwa ein fallender Körper relativ zu diesem System (der vom Mast fallende Stein fällt scheinbar senkrecht, obgleich sich das ganze Schiff bewegt), obgleich er im selben Moment auch Teil eines übergreifenden Systems ist (der Stein fällt also tatsächlich nicht senkrecht, sondern in einer gemischten Bewegung).121 Im Horizont aller dieser physikalisch-kosmologischen Konsequenzen, deren Linien in De l’infinito, in den Articuli adverus mathematicos (1588) und in der Frankfurter Trilogie (1591, vor allem in De immenso) noch weiter ausgezogen werden122, ist zu sehen (sofern wir natürlich den ProzeßMitschriften und ihrer Tradierung überhaupt einen Aussagewert zutrauen), daß Bruno, in einer – sei es bewußten (was wohl eher anzunehmen ist), sei es unbewußten – übersteigernden Transformation eines mystischen Grundgedankens, dessen prekäre Implikationen mit
wenn er Platon so versteht, ihn im Grunde mißversteht, denn in der platonischen Tradition ist die Seele natürlich inneres Lebens- und Bewegungsprinzip, zumal wenn man den späteren Grundsatz hinzuzieht, daß der Körper in der Seele und nicht die Seele im Körper zu denken sei. Vgl. unten Kommentar zu De la causa, S. 338 f., 340 f. Zur »Selbsterhaltung« (conservarsi) vgl. Infinito, dialogo 4, BW IV, S. 226 (OC IV, S. 273): »l’appetito di conservarsi«, der, sofern er nur das »essere presente« betrifft (also bedeutet: sich nur im momentanen Sosein zu erhalten), nur den zusammengesetzten Dingen (cose composte, composita) zukommt; dialogo 5, ebd., S. 286 (OC IV, S. 343). Das Ziel des eigentlichen, geistigen Seienden, des heroischen Individuums, kann ja dagegen nur sein, das je eingeschränkte, kontrakte »essere presente« absolut aufzugeben und die »vicissitudo« auszuhalten. 121 G. Bruno, Cena, dialogo 3, OC II, S. 181–183 (DI, S. 116 f.; U, S. 518– 520); zur Sache siehe die Hinweise von Aquilecchia ad locum und seine Introduzione zu Ce, S. 41–44. Daß man hier von innovativen Gedanken der »neuen Philosophie« sprechen kann, vor allem eben auch von ›Systemen‹, die sich zueinander verhalten, in sich aber abgeschlossene Einheiten bilden, zeigt schon die Einschätzung von Koyré: Études galiléenes (1939), 1–73, bes. S. 9 f. 122 Hierzu vgl. Tessicini: Pianeti consorti (1999); Granada: Giordano Bruno (2002), S. 127–167.
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seiner Entstehung augenscheinlich waren, und in einer radikalen Umkehrung der neu-platonischen Ontologie die Überzeugung zum Ausdruck bringt, daß »Gott der Welt ebenso stark bedürfe, wie die Welt Gottes bedürfe«, ja daß, »wenn die Welt nicht existierte, auch Gott nicht existierte« und daß Gott daher – geradezu verzweifelt hinsichtlich des Gedankens, es önnte zu wenig Sein sein – nichts anderes tue, als immer neue Welten zu erschaffen (um sich damit gleichsam selbst im Sein zu halten).123
3. Der engere historische Kontext (Paris – London) Giordano Bruno erreichte England im April des Jahres 1583, zuvor, von Anfang Herbst 1581 bis Frühjahr 1583, hatte er sich in Paris aufgehalten, wohin er sich, nachdem die bürgerkriegsartigen Auseinandersetzungen zwischen Katholiken und Hugenotten zugenommen hatten, aus der Stadt Toulouse abgesetzt hatte. In Paris legte er sicherlich den Grundstein seines Werkes, d. h., er eignete sich durch Rezeption der Schriften des Kopernikus (De revolutionibus), des Raimundus Lullus, des Cusanus, des Ficino, durch kritische Lektüre des Aristoteles (Metaphysik), des Thomas von Aquin und des Petrus Ramus Kenntnisse derjenigen Traditionen an, die er dann schrittweise und radikal in seine »nova filosofia« transformieren sollte (siehe Teil 2 der Einleitung).124 Brunos Position am Hofe Heinrichs III. war angesehen. Hier hätte er durchaus längeren Aufenthalt nehmen können, wenn es nicht zu einer empfindlichen (zumindest für das feine Gespür des Nolaners empfindlichen) Veränderung und Verschlechterung im politisch-religiösen
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Vgl. Mercati: Il sommario (1942), S. 79: »L’eternità del mondo, e che li mondi siano molti molte volte l’ha asserito dicendo ancora che tutte le stelle erano mondi e ciò ancora affermano i suoi libri stampati, e un giorno discorrendo lui di questa materia disse che Dio havea tanto bisogno del mondo quanto il mondo di Dio, e che Dio non sarebbe niente se non vi fosse il mondo, e che per questo Dio non faceva altro che crear mondi nuovi.« 124 Vgl. die einführenden Hinweise in Canone: Introduzione (2000), S. XXVIII–XXXII und ders.: Nella Parigi (2000), S. 85 f.
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Klima gekommen wäre, die ihn, der deutliche Position für Heinrich von Navarra, für die »politiques« und gegen den Katholizismus bezogen hatte, dazu bewog, Paris zu verlassen125 und, nicht ohne offizielles königliches Empfehlungsschreiben und unter diplomatischem Schutz des Botschafters, nach London zu gehen. Der Dialog De la causa ist der zweite italienische Text, den Bruno direkt in England (London bei Charlewood) publizierte, und er steht deutlich, zumindest was seinen Anfang, d. h. den einleitenden Brief und den ganzen ersten Dialog, betrifft, unter dem Zeichen der ihm unmittelbar vorausgehenden Schrift Cena de le ceneri, dem »Aschermittwochsmahl«. Bruno hatte dort nicht nur auf provokante Weise seine klare und uneingeschränkte Option für die astronomisch revolutionären Thesen des Kopernikus, die auch erhebliche kosmologische Konsequenzen implizierten, deutlich gemacht, sondern dies in einen Rahmen eingebettet, der seine englischen Gastgeber in einem durchaus ungünstigen Licht erscheinen lassen mußte (obgleich für eine differenzierte Lektüre deutlich wird, daß Bruno durchaus Respekt und Anerkennung für die große Tradition der englischen Schule, vor allem wohl für die auf Duns Scotus zurückgehende skotistische Tradition zeigt). Die Cena, in der Bruno seine Erfahrungen in Oxford, d. h. mit dem auf Aristoteles als dem ›Philosophen‹ schlechthin sowie auf die Grammatik fixierten Typus von Universitätsphilosophie, und seine Einschätzung der Londoner Gesellschaft auf satirische Weise in einem zu London stattfindenden ›Gastmahl‹ schildert (das genau genommen gar nicht wirklich zustande kommt und deswegen in ›anderer Gestalt‹ im ersten Dialog von De la causa nochmals abgehalten wird), wurde, das steht unzweifelhaft fest, außerordentlich kritisch, ja feindlich aufgenommen. Für Bruno entstand dadurch eine Lage, die er eigentlich unter allen Umständen ver-
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Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 27 f.; ders.: Introduzione (1996), S. 41 f. Anders Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 11–25, der analoge, für Bruno im Grunde positive Situationen politischer Art in Paris und London sieht: den nüchternen instrumentalistischen Religionsbegriff von Heinrich III. und Elisabeth, die Existenz intellektueller Zirkel, die explizit gegen die akademische Enge der Sorbonne bzw. Oxfords ausgerichtet waren, die direkte Unterstützung durch die beiden Herrscher selbst.
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meiden wollte, die sich dann jedoch – nicht ganz ohne eigenes Mitverschulden – 1586 in Cambrai-Paris wiederholen sollte. Die politischdiplomatischen Mühlen hatten ja schon eifrig gemahlen und die Ankunft des Nolaners als einer Person angekündigt, deren politisch-religiöse sowie intellektuelle Einstellung »nicht zu empfehlen« sei.126 Das allezeit reizbare Naturell des Nolaners führte in seinem Leben immer wieder zu Situationen, die ein ganz analoges Grundmuster aufwiesen und deren sich gleichbleibende Komponenten etwa folgendermaßen summiert werden können: der Grundimpuls, seine philosophischen Einsichten einem interessierten intellektuellen Publikum vorzutragen, einem Publikum, das er sich natürlich an den gebildeten Kreisen des Hofes, vor allem aber an den Universitäten suchte; die Konsequenz und innere Wahrhaftigkeit, mit der er direkt und schnörkellos seine Gedanken, in Thesen zusammengefaßt, präsentierte (wobei es ihm eben nicht darauf ankam, die fast immer vorhandenen Zusammenhänge mit, Abhängigkeiten oder Übernahmen von vorausgegangenen Autoren explizit zu machen); die überwache Intelligenz, die es ihm schwer machte, Einwände nicht als Angriffe zu interpretieren, da er sich durchaus als Protagonisten, ja als Merkur/Hermes, eines »neuen« Denkens sah, und die Reizbarkeit, Affektbestimmheit und Schnelligkeit seines Temperamentes, die ihm allzu oft Auswege und Vermittlungen verstellte, die noch möglich gewesen wären. Die Oxforder Erfahrung127, in der dieses Grundmuster wieder einmal zum Austrag gekommen war und in der Bruno unter anderem der – sachlich durchaus berechtigte – Vorwurf des Plagiates umfangreicher Textpassagen des Marsilio Ficino gemacht
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So Henry Cobham, Botschafter Englands am Hofe Heinrichs III. – sozusagen das Pendant zu Castelnau – in einem Brief vom 25. März 1583 an Francis Walsingham: »Il Sr. Doctor Jordano Bruno, Nolano, a professor in philosophy, intends to pass in to England; whose religion I cannot commend«, in: Aquilecchia: Giordano Bruno in Inghilterra (1995), S. 24. 127 Es handelt sich um Disputationen, die vom 10. bis zum 13. Juni 1583 in Oxford abgehalten worden sind. Hierzu vgl. Aquilecchia: Introduzione, in: Cena de le ceneri, Torino 1955 (= Schede bruniane [1993] S. 82 f.); ders.: Ancora su Giordano Bruno, in: Schede Bruniane (1993), S. 243–252; Sturlese: Le fonti (1994).
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worden war128, war also, gebrochen durch die dialogische, ironischsatirische Kraft von Brunos Ingenium, eingegangen in die Komposition der Cena. Auf die negativen Reaktionen, die die Publikation dieses Textes erzeugte, die unter anderem dazu führte, daß Bruno Teile des Textes rückwirkend änderte beziehungsweise entschärfte129, geht nun das Vorwort von De la causa und der ganze erste Dialog (der als eigenständige kleine Abhandlung dem eigentlichen Werk De la causa vorausläuft) ein: es bedurfte »eines wahrhaft heroischen Geistes […], um nicht die Arme sinken zu lassen, zu verzweifeln, und sich dem schnell anwachsenden Strom krimineller Verleumdungen zu ergeben, mit welchen mich der Neid der Unwissenden, die Anmassung der Sophisten, die Herabsetzung der Übelwollenden, das Geraune der Dienerschaft, die Flüstereien der Söldner, das Genörgel des Gesindes, die Verdächtigungen der Dummköpfe, die unterstellenden Bedenken der Spitzel, der Eifer der Heuchler, der Haß der Ungebildeten, die Wutausbrüche des einfachen Volkes, die Rasereien der Volksverhetzer, die Klagen der (von mir) Getroffenen, die Schreie der (von mir) Gezüchtigten nach Kräften übergossen haben«.130 Diesen »heroischen Geist« zeigte der Botschafter Frankreiches am Hofe Elisabeths, Michel de Castelnau, an den diese Proemiale epistola auch direkt adressiert ist und dem der
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Hierzu ist zu vergleichen George Abbot, The reasons which Doctor Hill hath brought, Oxford (J. Barnes) 1604, jetzt in: Aquilecchia: Giordano Bruno in Inghilterra (1995), S. 33–36, bes. S. 34: »when he [sc. Bruno] had read his […] lecture, a grave man, both then and now of good place in that university […] remembered himself then, and repayring to his study, found both the former and the later lecture, taken almost verbatim out of the workes (in margine: De viat coelitus comparanda) of Marsilius Ficinus«; zu Ficino-Bruno in diesem Kontext vgl. die Nachweise der Präsenz des Ficino, sowohl der Theologia Platonica als auch der Platon- und Plotin-Kommentare, in Texten wie De umbris idearum und dem Sigillus sigillorum durch Rita Sturlese, in Sturlese: Niccolò Cusano (1991); dies.: Le fonti (1994). 129 Vgl. Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 78 f.; ders.: Introduzione (1996), S. 56 ff.; Aquilecchia: Nota filologica (2002), S. 232–243 [= Introduction philologique in OC]. 130 De la causa, Proemiale epistola, (OC III, S. 7), unten S. 4 f.
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ganze Dialog gewidmet ist.131 Aber, sieht man von dem rhetorisch meisterhaft inszenierten Feuerwerk weg auf die Sachen selbst, so ist deutlich, daß es Bruno, sowohl in der Cena als auch in De la causa und den anderen Londoner Dialogen, nicht nur um eine literarische Aufarbeitung seiner Probleme mit der ›englischen Perspektive‹, sei sie philosophischer, theologischer oder politischer Provenienz, ging, sondern um eine umfassendere Positionierung seines eigenen Denkens im Rahmen der ›weltpolitischen‹ Konstellationen, d. h. vor allem: im Rahmen der großen konfessionell-politischen Gegensätze, die ihn schon in Frankreich zu einer klaren Orientierung sowohl an Ronsard und dem Kreis um Henri III. als auch an der Politik der Spanien-feindlichen, liberal-libertären Bewegung der sogenannten politiques bewogen hatte.132 Unter diesem Aspekt sind, wie Michele Ciliberto richtig festgehalten hat133, die ›satirischen‹ Äußerungen Brunos zu Religion, Pedanterie und Aristoteles-Devotion gerade nicht als ›Satire‹, jedenfalls nicht als literarische Satire, zu lesen, sondern als Ausdruck von Brunos ernsthafter Analyse des geschichtlichen status iste: hinter der deformierenden äußeren Form, mit ihren Überzeichnungen, stehen glasklare, von Bruno auch immer durchgehaltene Perspektiven zu den sachlich-anthropologischen Implikationen der genannten drei Momente Religion [1], Pedanterie [2] und Aristoteles-Verehrung [3]. Also: [1] der Ausgang von religiösen inneren Erfahrungen darf nicht, wie etwa im Protestantismus, zu universalen Behauptungen hinsichtlich der inneren Struktur der Welt und ihrer sie bestimmenden Konstanten führen, [2] der Ausgang von der formalisierten Form der Sprache, von der ›Grammatik‹, darf nicht, wie im Humanismus, zu der universalen Behauptung führen, daß aus der Sprache allein das Wissen und die Weisheit folge, [3] der Ausgang von Autoritäten, vor allem der des Stagiriten, darf nicht, wie in der universitären Schulphilosophie, zu der universalen Konsequenz führen, daß alles Denken und alle aus der Berücksich131
Siehe Titelblatt, unten S. 1. 132 Vgl. hierzu, vor dem Hintergrund seiner Analyse des Spaccio della bestia trionfante, Ordine: Introduction (1999), bes. S. LVIII–LXII, CLI–CLX. 133 Ciliberto: Introduction (1996), S. XXIII. Für den historischen Hintergrund des Spaccio hat dies Ordine geleistet, Ordine: Introduzione (1999).
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tigung der methodisch-formalen Regeln des Denkens folgende Wissenschaft nichts anderes als eine permanente Modifikation dieser Autorität ist, die in die Zukunft gerichtete Perspektive menschlichen Wissens sich also ausschließlich im gehorsamen Rückbezug auf solche Autoren wie Aristoteles erschließe.134 Dies heißt natürlich nicht, daß Religion, Sprache und Autorität für Bruno überhaupt keine positive Bedeutung besitzen können. Dagegen spricht schon überdeutlich seine permanente Auseinandersetzung mit dem Phänomen und dem diesem korrespondierenden begrifflich-sachlichen Gehalt von Religion, das sich nicht in bloßer Kritik am Christentum erschöpft; dagegen spricht die Bedeutung, die Sprachliches und die Sprachform für das Denken des Nolaners selbst besitzt; dagegen spricht schließlich, daß Bruno, etwa in seinem affirmativen Rekurs auf die vorsokratische Philosophie, insbesondere auf Pythagoras und auf die eleatische Schule, auf Parmenides, aber auch auf Platon, die Kraft von Autoritäten im Sinne der Präsenz von Einsichten und Grundargumenten anerkennt: Immer jedoch ist es so, daß sich die »musa nolana« primär von und aus ihr selbst her verstehen will und also zu den drei Basisfaktoren, an denen sozusagen der Seismograph der Zeitanalyse Brunos seine Befunde abtastet, ein durchgehend kritisches Verhältnis einzunehmen sich vornimmt. Diese ›kritische‹ Position versteht einen unreflektierten Umgang mit Religion, Sprache und (insbesondere philosophischer) Autorität als direkten Ausdruck kultureller Dekadenz, als leblos, steril und trügerisch, als Verkehrung natürlicher Basisverhältnisse.135 In De la causa konzentriert sich die allgemeine Kulturkritik Brunos auf das Paradigma ›Oxford‹, auf die dort präsente »imbecillitas vulgatae philosophiae«136, und es ist genau dies, was auch schon in der Cena de le ceneri und allge-
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Paradigma für das Problem ›Religion‹ ist Luther, für das der ›Pedanterie‹ Polihimnio, für das der ›Autorität‹ die Universitätsphilosophie der eigenen Zeit tout court. Bruno identifiziert das Christentum mit Betrügerei (impostura), die Reformation mit dem Pedantentum, vgl. Ingegno: Regia pazzia (1987), Granada: Giordano Bruno (2002), S. 52–60. 135 Vgl. Cantus, OL II/1, S. 193 f., 199 f., 205 f. 136 Epistola ad vicecancelarium Oxoniensis, OL II/2, S. 76 ff.
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mein an der Art des Auftretens des Nolaners im damaligen England heftigen Anstoß erregte.137
4. Die Schrift De la causa: Aufbau und Grundthemen In De la causa, das von Bruno selbst durchaus als eine »Einführung« – im generellen Sinne wie im speziellen Blick auf De l’infinito – eingeschätzt wird138, gibt Bruno zum ersten Mal den Grundriß einer Metaphysik, der den Grundintuitionen seiner neuen Philosophie, seiner ›filosofia nova‹ oder ›philosophia nolana‹, gerecht werden können soll. Innerhalb der italienischen Schriften der Londoner Zeit ist die geistige Spannung zwischen De la causa auf der einen und De gl’eroici furori auf der anderen Seite wohl am größten: Kann man letztere Schrift vielleicht als Brunos Manifest der – durch den Geist des heroischen Subjektes gebrochenen – Vielheit des Seins bezeichnen – mit dem signifikanten Ausruf: »non è armonia e concordia dove è unità«139, so De la causa als dasjenige 137
Ciliberto: Introduction (1996), S. XXIII–XXV: De la causa »présente Oxford et la culture oxonienne comme la clé fondamentale pour comprendre la décandence en cours«; ders.: Giordano Bruno (1990), S. 29–195, zu Causa S. 78–103. 138 G. Bruno, Causa, Proemiale epistola, BW III, S. 26 (OC III, S. 31): »questa isagogia«; vgl. auch Infinito, Proemiale epistola, BW IV, S. 40 (OC IV, S. 47; DI, S. 362 f.): »a fine che quello che è seminato ne gli dialogi De la causa, principio et uno, nato in questi De l’infinito, universo e mondi, per altri germoglie, per altri cresca […]«. Der Aufbau und die Gliederung von De la causa ist am besten durch Brunos eigene knappe Darstellung in der Proemiale epistola zugänglich (unten S. 8 ff.), es macht keinen Sinn, hier eine eigene Darstellung geben zu wollen. Vgl. zur Bedeutung Canone: Nota introduttiva (1999), S. XXVIII: »Se ci si chiede quale die Dialoghi in particolare costituisca, per lo stesso autore, il cuore di quella complessa moltifigurata tessitura che è la ›Nolana philosofia‹, si deve rispondere senz’altro: il De la causa, principio et uno e, in un certo senso, a ragione l’opera è stata considerata come il ›capolavoro‹ di Bruno da pensatori quali Jacobi, Hegel, Schelling, Feuerbach, Schopenhauer e Bertrando Spaventa.« Hierzu siehe unten Abschnitt 5 zur Wirkungsgeschichte. 139 Furori I, dialogo 4, OC VII 185 (DI, 1020; U II, S. 592): »Non è armonia
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der Einheit, die in sich alle Vielheit vorgreifend aufhebt – mit dem großen Monolog Teofilos zu Beginn des fünften Dialoges könnte man hier nämlich (mit auch sachlich berechtigtem Blick auf Parmenides) sagen: nur das Eine ist und das Nicht-Eine ist nicht. Einheit und Vielheit sind jedoch im Denken des Nolaners so ineinander verschränkt, daß weder, wie in den Furori, das Viele ohne das Eine, noch, wie in unserem Text, das Eine ohne das Viele in einer wirklich fruchtbaren Weise thematisch werden kann. In der Ethik, so scheint es (schon seit den Hinweisen, die uns der Candelaio gibt), wird verzweifelt die Einheit gesucht, die bewirkt, daß das handelnde Subjekt hinter der Fassade seiner »Erscheinung« und seiner permanent wechselnden Intentionen und Handlungen eine Wirklichkeit zum Ausdruck bringen kann, die dieses Subjekt als seine eigene ›Wahrheit‹, als sein wirkliches Sein (essere), begreifen kann; in der Metaphysik wird, nachdem das »Auge der Vernunft« das Eine als die einzige Wirklichkeit erschaut hat, verzweifelt nach den Stabilisierungskriterien einer Erfahrungs-konstitutiven Vielheit gesucht, die ansonsten, gleichsam auf der Substanz aufgetragen, für das nicht-philosophische Bewußtsein den reinen Schein einer Wirklichkeit erzeugt, die an sich so gar nicht existiert. Die Reflexionen zur Moralität und zum heroischen Individuum sollen vom Schein zu einem (geretteten) e concordia dove è unità, dove un essere vuol assorbir tutto l’essere; ma dove è ordine ed analogia di cose diverse; dove ogni cosa serva la sua natura«; dies gilt grundsätzlich für die ›moralischen‹ Texte: die Reform der (durch die Reformation und Gegenreformation) in äußerste Bedrohung geratenen gesellschaftlichen Wirklichkeit – etwa durch die Enttheologisierung der Religion zu einem innerweltlich-regulativen »Gesetz« für das Zusammenleben des »vulgus« und für die Produktion heroisch-tugendhafter Individuen, so auch im Spaccio, dialogo 1, OC V/1, S. 141 (DI, S. 622; U II, S. 237): »non è vera né buona legge quella che non ha per madre la Sofia, e per padre l’intelletto razionale; e però là questa figlia non deve star lungi da la sua madre: et fin che da basso contempleno gli uomini come le cose denno essere ordinate appreso loro, si proveda qua in questa maniera, se cossì piace a Giove« – auch fordert Bruno geradezu Gesetz und Geordnetsein als Einheit, unter deren Regiment allein ein vernünftiges Zusammenleben möglich sei; hierzu ebd., dialogo 2, OC V/2, S. 197–199 (DI, S. 654–657; U II, S. 262–265). Zur Sache Sabbatino: Giordano Bruno e la »mutazione« (1993).
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Sein – als dem Einen140 – führen (unter anderem von dem Faktum, wie es im Candelaio heißt, daß nicht zählt »was wir sind und tun […], sondern was andere von uns halten und über uns denken«141), die, zeitlich etwas vorgelagerten, Reflexionen zur Ontologie sollen vom Sein – als dem Einen – zu seinem (geretteten) Schein führen, in dem, gegen die traditionelle Grundannahme »impossibile est infinita ordinari«142, die Unendlichkeit der Wirklichkeit einer grundlegenden, stabilen Gesamtordnung verbunden ist. Es herrscht eine Inversionslage zwischen Brunos Metaphysik und seiner Ethik, zugleich aber auch das fundierend Gemeinsame, daß durchgehend gegen den Schein auf ein Sein und eine Wirklichkeit zu rekurrieren ist, die teilweise nur gegen den Augenschein und gegen die ausgefahrenen Gleise einer rein rationalen Verständigkeit, da letztere dem konstitutiven ›Phänomen‹ der »vicissitudo« und der permanenten »trasmutazione« nicht gerecht werden können, für den Menschen zu erreichen sind. Ist zwischen Einheit und Erscheinungsvielheit in der Ethik das handelnde Individuum gestellt, das für sich und in sich ein Bild der Einheit in der ausgehaltenen Spannung unausweichlichen Wechsels werden soll (daher die unaufhörliche Tendenz zum Selbstüberstieg, denn als Individuum und Teil der Wirklichkeit kann Einheit schlechterdings nicht realisiert werden – dies gelingt nur in der Schau, der Verwandlung in Vernunft und dem Überstieg in die intelligible Welt143), so sind zwischen Einheit und Erscheinungs140
Candelaio, Alla Signora Morgana, OC I, S. 13–15 (U I, S. 263): »Il tempo tutto toglie e tutto dà; ogni cosa si muta, nulla s’annihila; è uno solo che non può mutarsi, un solo è etereno, e può perseverare eternamente uno, simile, e medesmo.« 141 Candelaio, OC I, S. 321–323 (U I, S. 388). Zur Sache vgl. Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 55, 59 f. 142 Vgl. etwa Bonaventura, II sent., dist. 1, pars 1, a. 1, q. 2 ad 2, Opera omnia (Quaracchi) Bd. II, S. 21a: »Impossibile est infinita ordinari. Omnis enim ordo fluit a principio in medium, si ergo non est primum, non est ordo.« 143 Furori I, dialogo 4, OC VII, S. 153 (U II, S. 575): »il discorso del’amor eroico per quanto tende (!) al proprio oggetto ch’è il sommo bene; l’eroico intelletto che gionger si studia al proprio oggetto che è il primo vero o la verità absoluta«; ebd., S. 173 (U II, S. 588) zu »vedere« und »vista«; ebd. S. 189 (U II, S. 594 f.): »Come quando il senso monta all’immaginazione, l’immaginazione
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vielheit in der metaphysischen Reflexion überindividuelle Instanzen (Weltseele, Universum) eingeschoben, die, als relative Einheiten, ebenfalls den Horizont des unausweichlichen Wechsels strukturieren und damit ordnen sollen. Und – was ebenfalls im Blick bleiben sollte – : So wie das Sein der Individuen, nimmt man die heroischen Subjekte aus, nur im Kontext einer durch stabile Gesetze und durch Religion zusammengehaltenen Gesellschaft (società) überhaupt eine Chance auf zureichende Realisierung besitzen kann144, so kann auch das Sein der einzelnen Dinge nur im Kontext, d. h. nur unter Nicht-Ausblendung der Tatsache geordneter Differenzen und differenter Ordnungen (scala rerum), in seiner ansonsten gleichrangigen Dignität für das Denken Bestand haben.145 Systematisch gesehen bildet dabei der zwischen die Extreme eingestellte Bereich den Horizont der »Schatten« (wir haben dies im zweiten Kapitel der Einleitung schon aufgewiesen); diese bilden die Struktur des Seins indirekt (eben durch den Wurf des Schattens auf die Wand der Wirklichkeit) ab. Liest man Bruno, so muß man alla raggione, la raggione a l’intelletto, l’intelletto a la mente, all’ora l’anima tutta si converte in Dio, et abita il mondo intelligibile.« 144 Hierzu ist die »riforma celeste« als Muster einer universalen, nichtreformatorischen – also nicht-protestantischen – Reform der menschlichen Gemeinschaft im Spaccio zu vergleichen; Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 105 spricht hier völlig zu Recht davon, daß »uscire dal caos significa innanzitutto ristabilire la Legge«. Ethisch-soziales »Gesetz« und ontlogisch-metaphyische »Hierarchie« haben – trotz aller Polemik Brunos – eine durchaus entscheidende Vermittlungsfunktion für das Erlangen individueller Einheit. Dies ist der Grund, warum sie auch bis in die letzten Werke durchgehend in seinen Texten thematisch werden. Vgl. jetzt Leinkauf: Metaphysische Grundlagen (2005 b). 145 Vgl. – unter anderer Perspektive, in der Sache, wie ich meine, jedoch übereinstimmend – Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 216: »Il filosofopittore-poeta non può trascurare il piano formale. Sa che un processo eversivo non riguarda solo i contenuti. Sa che la lingua, la metrica, lo stile e la stessa scelta dei generi contribuiscono in maniera importantissima ad esprimere un pensiero teso a spezzare catene di ogni sorta. […] tutto ciò [sc. annullare le difference] non può prescindere da una scrittura capaca di farsi essa stessa universo infinito, coincidenza degli opposti, teatro della varietà e della contraddizione.«
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›Schatten‹ als einen Begriff verstehen, der so unterschiedliche Dinge wie Gesetze, Vorstellungen, Kunst, religiöse Vollzugsformen unter sich begreift, der, als durchaus positiver Begriff, einerseits die Legitimität von Differenzen in einer durch die »unità« bestimmten Wirklichkeit festhält und andererseits darauf verweist, daß menschliches Erfahren und Denken konstitutiv durch Nicht-Wissen bestimmt ist, höchstens (wie auch etwa schon im Denken des Nicolaus Cusanus) konjekturales oder indirektes Wissen erreichen kann. Dies Szenario zu erschließen und in den Grundzügen zu bestimmen (Grundriß), ist die Hauptaufgabe der Dialoge, die unter dem Titel De la causa von Giordano Bruno im Jahre 1584 veröffentlicht worden sind. Der Grundriß also, der vor diesem tieflotenden Hintergrund in De la causa gegeben wird und der in der Folge in seiner Substanz nicht mehr aufgegeben, sondern nur noch modifiziert werden wird, wird nun hier schon vor dem Hintergrund einer grundsätzlichen Spannung zwischen der Unerkennbarkeit und Unsagbarkeit eines Einen, das alle Verschiedenheit aufhebt, auf der einen Seite und der durchgehenden Präsenz eines ordo rerum, einer »scala dell’essere«, der eine unendliche Vielfalt des Verschiedenen repräsentiert, auf der anderen Seite entwikkelt. Dieser Grundriß baut auf wenigen Faktoren auf, die alle durchweg aus der klassischen philosophischen Tradition vertraut sind146: Einheit,
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Die durchgehende Präsenz traditioneller Spezialterminologie, sei es aus dem (Neu-)Platonismus, aus Aristoteles oder aus der Scholastik – Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 298 spricht in diesem Zusammenhang von einer »contaminazione«, die, was Theoreme und Termini betrifft, äußerst schwierig »aufzulösen« sei – ist nicht nur Indiz für die triviale Feststellung, daß kein Denken, sei es auch noch so vom Geist der Innovation durchdrungen, ohne terminologische Voraussetzungen auskommen kann, sondern vor allem auch der Tatsache, daß Bruno bestimmte Einzelgedanken und die ihnen korrespondierenden Begriffe positiv aufgreift und in seine Argumentation integriert. Wir versuchen im Kommentarteil die wichtigsten dieser Begriffe jeweils am Ort zu diskutieren, d. h. ihren Ursprung nachzuweisen und ihre Funktion im Kontext des Gedankens Brunos zu erörtern. Daß wir hier von ›Einheiten‹ sprechen, die in einem gewissen Verhältnis zueinander stehen, kann aus Bruno selbst leicht legitimiert werden, vgl. Furori II, dialogo 2, OC
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Substanz, Mächtigkeit / Kraft, Entfaltung, Möglichkeit und Akt sowie Form und Materie. Aus der Reihe dieser Faktoren, die alles Sein im Sinne von »principii constantissimi«147 durchgängig bestimmen, wird einzig das Eine oder die Einheit von Bruno immer wieder als ›herausgehoben‹ und in bestimmter Hinsicht auch transzendent gedacht.148 Dabei muß, dies ist die These dieser Interpretation, unterschieden werden zwischen der [1] absoluten Einheit des ersten, höchsten Prinzips VII, S. 393 (DI, S. 1125; U II, S. 696; DF, S. 921): »dalla monade che è la divinitade, procede questa monade che è la natura, l’universo, il mondo«. 147 So von Materie und Form ausgesagt in Causa, dialogo 2, BW III, S. 114 (OC III, S. 139); in Cena, dialogo 1, OC II, S. 31 (DI, S. 22; U I, S. 443) heißt es ganz entsprechend: »principii essenziali«, das Gegensatz-Paar ›kalt-warm‹ wird ebd., dialogo 4, OC II, S. 199 (DI, S. 125; U I, S. 526) als »doi principii formali et activi« bezeichnet. 148 G. Bruno, Cena, dialogo 5, OC II, S. 259 (DI, S. 156; U I, S. 557): »sostanza soprasustanziale«; Causa, dialogo 2, BW III, S. 86–90 (OC III, S. 105– 107; DI, 227; U I, S. 648): »la divina sustanza […] lontanissima da quelli effetti«; Furori II, dialogo 4, OC VII, S. 457 (DF, S. 946; U II, S. 731 f.): »la divina beltà e bontà […] è oltre et oltre incomprensibile«; Summa, art. »nomen«, OL I/4, S. 85 f.: »deus innominabilis est […] est rerum omnium essentia«, deswegen aber eben nicht in gleicher Weise, wie die anderen Einzeldinge, »definiert«; Immenso I c. 1, OL I/1, S. 205: das Universum ist »imago omniformis« und »magnum simulacrum« Gottes; ebd., IV c. 14, OL I/2, S. 80: das Universum bzw. das »universum ubique totum immensum caelum« ist nicht Gott selbst, sondern »sedes Dei«. Zu dieser in der Forschung kontrovers diskutierten Einschätzung vgl. den Kommentar unten S. 414 f. Da sich von den Pariser Schriften bis hin zu den Frankfurter Texten zeigen läßt, daß Bruno das Eine oder ein Eines, das er auch Gott nennt, von allem anderen Seienden absetzt – durch Begriffe wie »supersubstantialis« etwa oder durch die Differenz Urbild – Abbild (imagine/simulacro) – und da es zusätzlich nicht kontrovers ist, daß Bruno, was seinen Sprachgebrauch betrifft, in höchstem Maße reflektiert und kalkuliert vorgegangen ist, gehe ich davon aus, daß ihm sachlich etwas an dieser transzendenten Position des höchsten Prinzips von allem gelegen war, das er nicht ohne weiteres seinen ansonsten provokanten und kühnen Umbesetzungen und Transformationsversuchen opfern wollte. Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 179 ff. scheint dies ebenso zu sehen, wenn er zwischen Sigillus sigillorum und De la causa »una tendenza nel pensiero di Bruno verso una crescente assimilazione tra Dio, il mondo intelligibile e
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(das Bruno auch als ›das Eine‹ bezeichnet), der [2] ebenfalls »unteilbaren« Einheit, die den relativen Prinzipien Gott, (Welt)Seele und Materie zukommt, und der [3] Einheit, die, als Universum, die lebendige, dynamische Explikation der herausgehobenen Einheit ist.149 Für ein Verständnis von Brunos ›Metaphysik‹ hängt alles davon ab, in welchem Bezug diese Einheiten, die analog auch schon David von Dinant unterschieden hatte150, untereinander stehen. Im Folgenden wird diese Inl’universo« einerseits feststellt, andererseits jedoch auch konstatieren muß, daß es eine bleibende Differenz zwischen erster Einheit (Gott) und zweiter Einheit (Universum) gibt, vgl. Infinito, proemiale epistola, BW IV, S. 36–38 (OC IV, S. 43–45; DI, S. 361 f.; U II, S. 26 f.). Immenso, OL I/1, S. 205, 307, 31 ff. Mit dem Ausdruck ›herausgehoben‹ soll im Folgenden auf den neuplatonischen, durch Dionysius Areopagita, Cusanus und Ficino auch dem Denken Brunos vermittelten systematischen Begriff ἐξηρῃμένον abgehoben werden, der die Superiorität des Einen noch gegenüber dem (reinen) Sein sprachlich zum Ausdruck bringen soll; vgl. Proklos, in Parm. 1076, 35 sqq Cousin; in Parm. VII 70, 9 sq Klibansky (exaltatum); zur Sache Beierwaltes: Proklos (1979), S. 343–348; zu Bruno ders.: Absolute Identität (1980), S. 227. 149 Es läßt sich zeigen, daß in Brunos Ausführungen zumindest die (Welt-) Seele und das Universum, als immer wieder als »Einheit[en]« (unità) bezeichnete ontologische Instanzen, auch eine Transzendenz gegenüber den unter oder in ihnen begriffenen Seienden – Einzelseiendes, Einzelseelen – aufweisen, d. h. daß etwa das Wesen der Seele oder der intelligiblen Substanz gegenüber seinen ephemeren operationalen Instantiierungen in Einzelseelen transzendent und indifferent bleibt, vgl. etwa Causa dialogo 5, BW III, S. 232 f. (OC III, S. 279); Spaccio, Epistola esplicatoria, OC V/1, S. 21 (DI, S. 556; U II, S. 181), Furori II, dialogo 2, OC VII, S. 385 (U II, S. 691); dies bestätigen auch die Analysen von Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 66, 174 (anima del mondo è trascendente rispetto ai corpi come sussistenze accidentali), 169 (universo trascendente rispetto agli innumerabili individui). Daß hier Einheiten aus Einheiten »hervorgehen« ist keine von außen durch Interpretation herangetragene These, sondern gehört zum Systemgedanken des Nolaners selbst, vgl. Furori II, dialogo 2, OC VII, S. 393 (DI, S. 1125; U II, S. 696): »dalla monade che è la divinitade, procede questa monade che è la natura, l’universo, il mondo«. Vgl. die ausführlichere Differenzierung des im Hintergrund stehenden ›Systems‹ oder ›Grundrisses‹ in Anm. 152 dieser Einleitung. 150 So jedenfalls nach dem Referat bei Albertus Magnus, Summa de creaturis II q. 5, a. 2, in: Opera omnia, ed. St. C. A. Borgnet, Parisiis 1896,
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terpretation daher Linien in Brunos Begriff des Seins wieder eintragen, die er selbst, etwa durch seine »homogeneización ontológica«151, permanent auszulöschen suchte, ohne sie jedoch, vor allem im Bereich der Vol. XXXV/2, S. 68: »unam solam substantiam esse, non tantum omnium corporum [=hyle, materia], sed etiam animarum omnium [=mens], et eam nihil aliud esse, quam ipsum Deum«; hier haben wir also die Einheiten Materie, Seele (Geist), Gott, aber als eine einzige Substanz ! Der Bezug ist u. a. sicherlich David von Dinant, Tractatus naturalis, in: Q, S. 69–71, wo aus den Grundfaktoren Deus, Mens und Hyle die substantielle Einheit der Wirklichkeit konstruiert wird, vgl. etwa Q, S. 70: »Mens enim, de qua loquimur et quam unam dicimus [sc. weil sie, wie die Hyle, rein passives Einheitssubstrat aller aktiven Seelen ist] eamque impassibilem [sc. weil sie durch die Seelen nicht selbst eingeschränkt, differenziert oder bestimmt wird], nichil aliud est quam Deus. Si ergo mundus est ipse Deus preter se ipsum perceptibile sensui, […] yle igitur mundi est ipse Deus, forma vero adveniens yle nihil aliud quam id, quod facit Deus sensibile se ipsum«. Q, S. 71: »Manifestum est igitur unam solam substanciam esse, non tantum omnium corporum, sed etiam animarum omnium et eam nichil aliud esse, quam ipsum Deum. Substancia vero, ex qua sunt omnia [corpora], dicitur yle; substancia vero, ex qua sunt omnes animae, dicitur racio sive mens.« Grundlage hierfür sind die Gleichsetzungen: »yle est corpus passivum« und »nois [sc. mens] est anima passiva«, vgl. etwa Q, S. 88. Gott ist also, wie das Eine bei Bruno [1], die absolute einfache, allem zugrunde liegende Substanz, Geist und Materie bilden, wie bei Bruno [2] die Welt-Seele (deren erstrangige Funktion ja der Geist bzw. Vernunft ist) und ebenfalls die Materie, intermediäre Einheiten, Seelen und Körper schließlich die modalen, akzidentellen, nicht selbst substantielle individuellen Einheiten. Was bei David ›fehlt‹ ist die dritte Einheit [3]: das Universum selbst. Was bei Bruno irritiert, ist einerseits die unscharfe Verwendung des Begriffs ›Gott‹, der teils dem Einen, viel häufiger jedoch einer schon aus der absoluten Einheit explizierten Einheit – sei es der Stufe [2], etwa als »intelletto« (vielleicht im Anschluß an den »intellectus conditor« (Cusanus, Ficino)), oder sei es dem Universum selbst [3] – zugewiesen werden kann, andererseits die Verschränkung von Intellekt und Welt-Seele. Die Verbindung von Gott und Universum wäre der »deus in rebus« oder »deus sensibilis« Platons (Timaios 92 B), der konkret gewordene Gott, bei David, der sich hierauf direkt bezieht, als Gott, der sich selbst fühlbar-sinnlich begreifbar geworden ist. Vgl. zum Verhältnis Intellekt-Seele bzw. Intellekt-Gott Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 64 f., 99–106. 151 Granada: Giordano Bruno (2002), S. 73, 77–92, bes. 84 f.
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Ethik, tatsächlich aufheben zu können; es soll, im Sinne eines heuristischen Ansatzes, die Entdifferenzierung, Enthierarchisierung und Chaotisierung des Seins durch diese Re-Differenzierung dabei nicht in ihrer Intention rückgängig gemacht werden, sondern nur in ihren Konsequenzen einerseits und vor allem in ihrer Uneingelöstheit andererseits deutlicher sichtbar gemacht werden.152 Es ist also darauf zu achten, daß 152
Es ergibt sich folgender systematischer Grundriß, der im Folgenden, d. h. auch im Kommentarteil, durch die Zahlzuordnungen unsere Interpretation mit strukturieren wird: [1] das (herausgehobene, absolute) Eine = reines Sein; [2] die (relativen) Einheiten Gott, Intellekt, Seele, Materie, die nach der absoluten Grundopposition Form-Materie aufgeteilt sind, also [2.1]: Form = Gott/Intellekt, Seele; [2.2]: Materie; [3] die (konkrete) Einheit = das Universum, gegliedert nach Gegensatzpaaren, die alle die Prozeß- oder Vollzugsformen – vicissitudine, tramutazione, commutazione, rinnovazione etc. – innerhalb des Universums strukturieren, [3.1]: warm – kalt, [3.2]: Liebe – Haß, [3.3]: Ruhe – Bewegung, [3.4]: Einheit – Vielheit, [3.5]: Aktivität – Passivität; [4] das (konkrete) Einzelseiende, mit der Grunddifferenz [4.1]: beseelt und [4.2]: unbeseelt. Als Spezifikum von Brunos Ansatz erscheint nun zunächst, daß er 1. und 2.–4. nochmals so konfrontiert, daß ›eigentlich‹ nur 1. wirklich »ist« und alles, was durch 2.–4. repräsentiert ist, an sich nichts ist oder nur ein immer wieder wechselnder Selbstausdruck (volto) von 1.; schaut man jedoch genauer hin, so ist es doch eher so, daß 2. und 3. eigenständige, stabile Formen von Einheiten darstellen, die als nicht durch den ständigen Wechsel zur permanenten Disposition gestellte konstitutive Einheitsfunktionen zu denken sind (wobei zu berücksichtigen ist, daß Bruno die Unterscheidung von Intellekt und Welt-Seele in eine Einheit zurücksetzt, in der der Intellekt als Funktion der Welt-Seele zu denken ist). Es ist ausschließlich 4., also der unendliche Bereich des Einzelseienden – zu dem übrigens auch große Teile der mentalen Realität, also Vorstellungen, Gedächtnisinhalte, Sprachformen, Denkinhalte gehören –, der tatsächlich in einem unaufhaltsamen Entstehen und Vergehen begriffen ist. Man sieht auch, daß, setzt man die große Aufteilung an, das herausgehobene Eine als »natura naturans« fungiert, und alles andere als »natura naturata« – dies jedoch widerspricht vielen Stellen zu Funktion und Seinsweise von Intellekt, Seele und Materie; stellt man jedoch den Fokus um, so kann innerhalb der primären »natura naturata« sich diese Grundaufteilung noch einmal wiederholen, so daß 2.1 und 2.2 als »natura naturans« gegenüber 3. und 4. erscheinen; diese Aufschachtelung läßt sich mehrfach wiederholen, bis sie etwa in beseelten Einzelindividuen 4.1 als Ver-
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das absolute Eine [1], das mit dem Begriff des reinen Seins zusammenfällt und jede Differenz und damit jedes propositional strukturierte Begreifen absolut transzendiert153, etwas anderes ist als die relativen Einheiten [2] und [3], die in sich und aus der Koordination und dem Interagieren mit anderen Einheiten heraus strukturiert und damit aussagbar und ›darstellbar‹ sind. Diese untergeordneten Einheiten, die im Text hältnis von Innerem (Seele) und Äußerem (beseelter Körper, Leib) sich in letzter Kontraktion darstellt. Die Hauptfaktoren dieses Grundrisses bringen auch die von Bruno selbst aufgestellten Zuordnungen seiner Philosophie zu den Personen der christlichen Trinität zum Ausdruck: [1] entspricht Gott-Vater, [2.1] dem Hl. Geist, [3] dem Sohn; Bruno hat zumindest die Zuordnungen Hl. Geist – Welt-Seele und Sohn –Universum/Natur selbst expressis verbis angestellt, vgl. Causa, dialogo 3, BW III, S. 176 f. (OC III, S. 213–217); Firpo: Il processo (1998), S. 23 und doc. 13, S. 169. Mit »Uneingelöstheit« meine ich die unabweisliche Tatsache, daß Bruno letztlich häufig inkonsistent argumentiert, daß er die Ent-Differenzierung immer wieder zurücknimmt, daß er z. B., was seine moralisch-ethischen Überlegungen betrifft, einerseits, nachdem er (in der Cabala, dialogo 2, OC VI, S. 95–97; U II, S. 453 f.) die Vorrangstellung des Menschen ent-differenziert hat (also keine metaphysische oder teleologische Ableitung mehr zulassen will, wie sie etwa im Gedanken des Epilogos sich ausdrückte), diese in einer rein naturalistischen Dimension restituieren will (singulärer Vorteil des nur dem Menschen eigenen Organs der Hand), und daß er andererseits – etwa in den Furori – den Menschen voll in der Tradition der geistmetaphysischen, hierarchisch fundierten Theoreme darstellt, also als kontemplativ-ekstatisches Individuum (die Hand spielt hier kaum eine Rolle). Vgl. auch die Beobachtungen Canones: Il dorso e il grembo (2003), S. 166 f., der am Beispiel der eklatanten Differenz von ontologischer und ethisch-moralischer Position des Individuums von »inconseguenze (!) della filosofia bruniana« spricht: einmal sei das menschliche Individuum »sul piano ontologico« vollständig akzidentalisiert und marginalisiert, andererseits sei es, auf ethischem Gebiet, von Bruno zu einem »soggetto libero«, ja zu einem »deus in terris« stilisiert worden, so Furori, OC VII, S. 195–197. 153 G. Bruno, Causa, dialogo 5, BW III, S. 232 f. (OC III, S. 279–281). Zum ›Herausgehobensein‹ des Einen oder zur »Transzendenz« vgl. die zu dieser Interpretation gegensätzliche Position von Eugenio Canone: Canone Il dorso e il grembo (2003) S. 5 f., 15 f., obgleich, und das zeigt, wie schwer sich auch ein so ausgezeichneter Kenner Brunos mit diesem Problem tut, auch Canone von der »trascendenza dell’ente« spricht, das gegenüber den unendlichen Modi
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als »zwei Gattungen von Substanz« bezeichnet werden (doi geni di sustanza), sind die Form [2.1], die der Weltseele und dem Intellekt (esagitator de l’universo) als Ursachen gleichgesetzt ist, und die Materie [2.2], die dem innerlich und samenhaft aus sich hervorbringenden Prinzip gleichgesetzt ist. Beide »Ursachen« – einmal als »causa« und zum anderen als »principio« (d. h. einmal als »äußerliche« und einmal als »innerliche Ursache) – strukturieren im Sinne einer primordialen Duplizität, zusammen mit anderen ebenfalls duplik oder zweifältig aufgebauten Prinzipien (etwa den Formalprinzipien warm-kalt, den Affektprinzipien Liebe-Haß), die Einheit [3] des aus dem Einen, das alles komplikativ-seminal in sich enthält154, explizierten Universums in des Seienden als »infigurabile« herausgehoben sei (S. 6), bzw. behauptet »ciò che trascende è l’oggetto archetipo infinito rispetto alle specie […] ciò che trascende è la struttura, intrinseca ed infigurabile, della natura naturans rispetto agli individui composti« (S. 7). Also in einem Satz haben wir zugleich: »trascende« und »struttura intrinseca« ! Die immer wieder als »spekulativ« bezeichnete Position Brunos ist wohl doch aufschlußreicher zu interpretieren, wenn man die neuplatonische Diskussion des Verhältnisses Eines-Sein/Vieles hinzuzieht, in der immer wieder, von Plotin bis hin zu Meister Eckhart und Cusanus, darauf verwiesen worden ist, daß das Eine zugleich transzendent und immanent ist, sofern es einerseits absoluter Grund allen Seins ist und sofern andererseits alles, was ist, nur eingeschränkter, abblidhafter, kontrakter Ausdruck eben dieser Einheit selbst ist. Ausführungen Brunos, wie folgender Passus aus Causa, dialogo 5, BW III, S. 228 (OC III, S. 273): »Essendo [sc. l’universo uno] medesimo et uno, non ha essere et essere […] non ha parte e parte, non è composto« erinnern unmittelbar etwa an die Unterscheidung zwischen »esse ipsum« und »esse hoc et hoc«, die Meister Eckhart in seinem Prologus zum Opus propositionum und dann in seinem Genesis-Kommentar macht, LW I, S. 166 f. und die eine Differenz im Sein zum Ausdruck bringt, die grundsätzlich nicht einzuebnen ist: die zwischen absolutem, in sich einem und primären Sein (Gott) und relativem, ein-vielheitlichem, sekundären Sein. 154 Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia libri tres, s. l. 1533, III c. 36, p. CCCXXXV: »Est igitur homo expressissimum dei simulacrum, quando homo omnia in se continet, quae in deo sunt; sed deus per eminentiam quandam omnia continet virtute sua & simpliciter, sicut omnium causa & principium.«
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diesem selbst (wenn man so will: immanent).155 Das heißt, überall dort, wo die theoretische Betrachtung einen analytischen ›Schnitt‹ durch das Gewebe der Welt zieht, trifft sie auf nicht weiter trennbare duplike Einheiten (die nur begrifflich oder »formal«, in den grundsätzlichen FormMaterie- oder Kalt-warm-Gegensatz, aber nicht in re unterschieden 155
Infinito, diaologo 2, BW IV, S. 92 f. (OC IV, S. 111; DI, S. 395; U II, S. 58 f.). Das Universum ist, wie in Immenso zu lesen ist (OL II/1, S. 80), nur »sedes Dei«, fällt nicht mit Gott zusammen. Zu Duplizität vgl. Leinkauf: Einheit, innere Kraft und substantielle Form (2003), S. 433; ich habe diesen Gedanken der Duplizität, der u. a. auch schon in den Analysen Diltheys zu Brunos Denken anzutreffen ist (vgl. Dilthey, Giordano Bruno [1970] S. 297), in einem Vortrag im Jahre 1998 angesprochen (jetzt als Einheit, innere Kraft und substantielle Form (2003) veröffentlicht), es ist eine gute Bestätigung, daß auch Mancini: La sfera (2000), S. 118–122 diese Einsicht teilt; anders Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 81, der von »dualismo« spricht und diesen zu Recht zurückweist (hier geht es aber nicht um einen Dualismus von zwei Einheiten, sondern um Duplizität an einer Einheit bzw. als Ausdruck des Einen); vgl. auch Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 53 f.: »il peculiare dualismo bruniano«. Zu Duplizität vgl. die Ausführungen in Cena de le ceneri zur Zahl Zwei als einem »numero misterioso«, die die ontologische, psychologische und epistemische Bedeutung von ›Zweiheiten‹ betont; es ist nicht verwunderlich, daß Bruno in der Aufzählung dieser an die pythagoereischen Syzygien angelehnten Zweiheiten auch Materie und Form anführt und zwar als »principii essenziali«, vgl. Cena, dialogo 1, OC II, S. 27–29 (DI, S. 22; U, S. 442 f.). Vgl. aber auch dialogo 4, OC II, S. 197 (DI, S. 125; U, S. 526) den Verweis auf »doi principii formali et activi, freddo e caldo«, der mit Sicherheit am radikalen Ansatz der Naturphilosophie Bernardino Telesios orientiert ist, diesen jedoch in die »nova filosofia« eines unendlichen Universums einbaut; Causa, dialogo 5, BW III, S. 260 f. (OC III, S. 311) zu Liebe und Haß. Zu Bruno-Telesio vgl. Aquilecchia: Schede Bruniane (1993), S. 283–310; zu Telesio Bondí: Introduzione a Telesio (1997); Mulsow: Frühneuzeitliche Selbsterhaltung (1998). Bremer: Geistesgeschichte (1993), S. 496 ff. führt die Gegensatzpaare bei Bruno auf Heraklit zurück. Es wäre in diesem Zusammenhang sinnvoll – und Brunos durchaus ›eklektischer‹ Umgang mit seinen Quellen legt dies nahe –, einmal den stoischen Grundgedanken einer durch die ganze Struktur des Seins hindurchgehenden Doppelbestimmung als Verständnishilfe heranzuziehen: die Stoiker waren, sofern sie wie Zenon strenge Monisten waren, zu der Annahme gezwungen, das in sich einheitliche Sein müsse sich durchgehend aus
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werden können156). Es ist aber, akzeptiert man einmal die hier vorgeschlagene subkutane ontologische Differenzierung, präsent zu halten, daß Bruno, im Unterschied zu Cusanus, etwa das von diesem übernommene Faktum der Koinzidenz in einem nicht-transzendenten »Überall« (ubique) ansetzen will, d. h. in dem Zusammen von Einem und Universum, das die ganze Wirklichkeit analog zu einem unendlichen beseelten Lebewesen strukturiert sein läßt. Das Eine, selbst wenn es noch Transzendenz-Implikationen aufweist (das Eine bzw. Gott ist ja allein wirklich und uneingeschränkt »unendlich«, vgl. unten Anm. 157), ist doch selbst nicht ohne seine Modi und Affektionen gegeben; das »unum superius ente« Ficinos und der neuplatonischen Tradition ist sozusagen transformiert in ein »unum interius ente«. Alle erwähnten Einheiten und die ihnen entsprechenden Grundbegriffe werden von Bruno des weiteren einerseits mit einem reflektierten Begriff von ›Unendlichkeit‹ in Verbindung gebracht, der auf seiner persönlichen, weit über Kopernikus und den Standard der damaligen Astronomie und Kosmologie hinausgehenden Intuition eines unendlichen Universums und einer differenzierten Diskussion seit dem 14. Jahrhundert
zwei komplementären Faktoren zusammensetzen, einem »tätigen« Prinzip ( ) und einem »leidenden« Prinzip ( ). Sofern die »Natur« ( ), als dieses Tätige, als Kraft-und Gestaltungsprinzip, nicht ohne stoffliches Substrat sein kann (also keine transzendente Seinsform besitzt), insofern ist alles, was ist, jeweils ein Kompositum aus diesen beiden Prinzipien. Das kommt Brunos Ansatz dann sehr nahe, wenn man die Doppelung nun selbst als Ganze nochmals als einheitliche Bestimmung der Materie denkt, die »Natur« also eine immanente Bestimmung von Materie selbst wird. Vgl. für die Stoa: M. Pohlenz, Die Stoa. Geschichte einer geistigen Bewegung (1959), Göttingen 1978, Bd. I, S. 67 f.; M. Hossenfelder: Die Stoa, in: Geschichte der Philosophie, hgg. von W. Röde, Bd. III: Stoa, Epikureismus und Skepsis, München 1985, S. 79–94. 156 Bruno selbst verweist mehrfach auf die – in der späteren scholastischen, vor allem scotistischen Tradition gut vorbereitete – Einsicht in die Differenz von ›logisch-formaler‹ und ›realer‹ Unterscheidung (distinctio formalis/rationis, distinctio realis), so etwa Causa, proemiale epistola, BW III, S. 22 (OC III, S. 27); dialogo 5, ebd., S. 248 (S. 297), vgl. hierzu die kommentierenden Anmerkungen im Haupttext.
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aufbaut157, andererseits und sofern sie ›unterhalb‹ des absoluten Einen selbst gedacht werden, als untereinander substituierbar oder konvertierbar angesetzt, so daß etwa die Materie als Einheit, Substanz, Mächtigkeit/Kraft und Entfaltungsprinzip in einem gedacht werden kann oder das Eine – als Gott – als Substanz, Mächtigkeit/Kraft, Form und Entfaltungsprinzip, die Weltseele als Eines, Form, Mächtigkeit/Kraft 157
Vgl. das oben zu Cena de le ceneri Gesagte, S. XLV f. Zum historischen Kontext vgl. Koyré: Von der geschlossenen Welt ([1957] 1969) passim, Michel: Cosmologie (1962), S. 165–191; zu den Implikationen des Begriffs Granada: Giordano Bruno (2002), S. 65–92. Die Lösung, die Bruno angesichts der schon mittelalterlichen Unterscheidung zwischen potentia absoluta Dei, die durchaus unendlich viele Welten hätte schaffen können, und potentia ordinata Dei, die eine Einschränkung der göttlichen Kraft entsprechend der capacitas recipientis (sc. des Seienden, der Materie etc.) ist (direkter Reflex Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 80 f. [OC IV, S. 97], dort »alcuni teologi« zugeordnet), und angesichts der cusanischen Differenzierung zwischen infinitas infinita und infinitas finita – infinitum privativum – erreicht, geht der Sache nach nicht über das dort Geleistete hinaus: auch bei ihm ist letztlich nur das Eine, das alles das ist, was (es) sein kann, strictu sensu unendlich, das Universum ist ein Bild dieser Unendlichkeit (vom »unendlichen simulacrum« spricht Bruno selbst in Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 64 (OC IV S. 77; DI, S. 377; U II, S. 43). Vgl. auch Immenso I c. 1, OL I/2, S. 205 f.: »ad omniformis dei omniformem imaginem conjectemus oculos, vivum et magnum illius admiremur simulacrum«), eine »contractio« im cusanischen Sinne, denn in ihm ist nichts alles je das, was es sein kann, selbst wenn es selbst alles das ist, was in ihm sein kann. Dies trotz Infinito, dialogo 5, BW IV, S. 302 f. (OC IV, S. 361–363); Immenso VII 6, OL I/2, S. 252 f., 258, 295; die Behauptung der Unendlichkeit des Universums (der Welt) steht im Widerspruch zu dem, was durch die Argumente ausgewiesen ist, Michel, Cosmologie (1962) S. 171 spricht denn auch davon, daß Bruno »n’hésite pas à faire de l’univers, au mépris de toute logique, un infini réalisé, un infini donné«. Aber Bruno sieht auch selbst die Grenzen einer radikalen Infinitätsbehauptung und nimmt diese zurück, vgl. Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 73 (OC IV, S. 87; DI, S. 382; U II, S. 47): »Io dico l’universo tutto infinito, perché non ha margine, termino, né superficie; dico l’universo non [!] essere totalmente infinito, perché ciascuna parte che di quello possiamo prendere, è finita, e de mondi innumerabili che contiene, ciascuno è finito. Io dico Dio tutto infinito, perché da sé esclude ogni termine ed ogni suo attributo è uno e infinito; e dico Dio totalmente infinito, perché tutto lui è tutto il mondo, ed
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und universaler Intellekt. Diese ontologisch unterhalb des Einen [1] angesetzte, alles Seiende betreffende Konvertibilität der Grundfaktoren vor dem Hintergrund einer qualitativen und quantitativen Unendlichkeit (eine Konvertibilität, die letztlich systematisch der Konvertibiltät der mittelalterlichen Transzendentalien entspricht), bestätigt eine schon hinsichtlich der mnemotechnisch-semiologischen Arbeiten gemachte Beobachtung: So wie es dort eine absolute, alles implizierende – zunächst semantisch chaotische – Einheit gibt, die ›unterhalb‹ der Klarheit und absoluten Ordnung des höchsten Einen (Intellektes) steht und deren unorganisierte, unstrukturierte Elemente durch den Meister der sprachlichen ›Kunst‹ (ars) in eine Struktur gebracht werden können, so setzt Bruno auch hier, sicherlich auch im Blick auf sein Verständnis des Anaxagoras, eine chaotische, alles »implicite« und dynamisch in sich tragende Materie an, die durch Form(al)prinzipien), d. h. durch den formenden Intellekt als Meister der ›Natur‹ und Funktion der Seele, in eine Struktur gebracht werden kann. Und so wie dort die methodische kombinatorische Flexibilität der Sprachstruktur es ermöglichen soll, auch auf der Seite der Explikation nicht hinter den Implikationen des ›Chaos‹ der unbestimmten Sprachmaterie zurückzubleiben, wobei alle Prozesse sich auf der semiologischen Grenzscheide zwischen Form und Gehalt bewegen, so sollen auch hier die tatsächlichen, faktischen Explikate der Intellekt- und Seelen(natur)intention nicht hinter dem Reichtum dessen, was implicite, in der Materie, gegeben war, zurückbleiben. Daher kann bei Bruno (im Unterschied zur Tradition) der unendlichen Implikation/Komplikation nur eine ebenso unendliche Explikation entsprechen, wobei sich alle natürlichen Prozesse auf der ontologischen Grenzscheide zwischen Materie oder relativer Formlosigkeit und relativem Geformtsein bewegen. Der Gedanke, daß sich das Eine in eine doppelte, immer in ihren polaren Momenten untereinander verspannte Entfaltungsbewegung entläßt, führt zu den semantischen Konvertibilitäten, die entsprechend unserer These von der Duin ciascuna sua parte infinitamente e totalemente.« Zur Bedeutung der traditionellen Seelen-Definition für das Konzept einer Ein-Vielheit vgl. Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 56–66; zur Sache in De la causa siehe unten S. 360, 415, 419.
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plizität auf eine sachliche Einheit mit zwei Aspekten verweisen (die aber auch immer wieder als ›paradoxal‹ erscheinen158): die Materie ist absolute Form in der Weise, daß sie die possibilitas absoluta jeglicher Form ist, die Form ist selbst Materie, in der Weise, daß sie die Wirklichkeit aller possibilitas absoluta ist, d. h. die Möglichkeit ist selbst schon eine Form des Aktes, der Akt ein Moment der Entfaltung des Möglichen: »potentia infinita non est, nisi sit possibile infinitum; non est, inquam, potens facere infinitum, nisi sit potens fieri«.159 Er führt aber eben auch dazu, daß die Ordnungen und Strukturen selbst, die »Stufenfolgen« und »Leitern« im Universum, als Modi oder kontrakte Seinsformen gedacht werden müssen, die nur durch Defizienz bestimmt sind und die ihre Defizienz im Einzelnen durch den indefizienten Reichtum, d. h. die Wirklichkeit alles Seins-Möglichen im Allgemeinen (in totalitate), kompensieren. Diese immanenten Modi, die zugleich nicht nur entia rationis oder phänomenale Oberfläche eines an sich rein Einen (Absoluten) sind, sondern partizipative Explikationen der zugrunde liegenden Einheit160, sind in sich selbst wiederum
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So etwa Dagron: La doctrine de l’essence (2003), S. 142 f. Es ist dies diejenige Form von kalkulierter Paradoxalität, die alles spekulative Denken als grundsätzliche Zumutung an etablierte, logische und ›rationale‹ Denkformen, vor allem aber Denkgewohnheiten, für unabdingbar hält. Bruno bewegt sich mit diesen Zumutungen in einer Linie mit den Neuplatonikern, mit Cusanus oder mit bestimmten Aspekten des Denkens Ficinos. 159 G. Bruno, Immenso I, c. 11, OL I/1, S. 243; Lampas, OL III, S. 29: Untrennbarkeit von Materie und Akt(Form). Vgl. Michel: Cosmologie (1962), S. 82 f., 135 f. 160 Zur Bedeutung der »partecipazione« (vgl. oben Einleitung, Teil 2, S. XXIII f.), die ja grundsätzlich Differenz voraussetzt und die ebenso grundsätzlich einen unabhängigen Selbststand des Partizipierten gegenüber dem Partiziierenden voraussetzt, also in einem vollständig nivellierten Sein gar nicht angesetzt werden kann, vgl. die Hinweise bei Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 85 f.; Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 8 f., 77, 105, 185. Es ist durchaus bezeichnend, wie oft der Begriff ›Teilhabe‹ (Partizipation) bzw. das Verbum ›teilhaben‹ in der Bruno-Analyse von Hans Blumenberg vorkommt, vgl. Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), z. B. S. 123, 146, 154, 156.
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zweifältige Einheiten aus Form-Materie, Substanz-Akzidenz, EinheitVielheit, Aktivität-Passivität. Da diese Zweifältigkeit oder Duplizität sich bis in die mikroskopische Ebene des physischen und psychischen Seins erstreckt (etwa durch die Gegensätze warm-kalt, Liebe-Haß), entsteht das systematische Problem, daß die Unteilbarkeit der Aspekte, da es keine Instantiierung der einzelnen Aspekte (Form-Materie etc.) in reiner Form außer im Denken gibt, dazu führt, daß weder Form noch Materie, weder Enheit noch Vielheit, weder Aktivität noch Passivität, weder warm noch kalt, weder Liebe noch Haß, weder reich noch arm rein als solche wirklich existieren, sondern ausschließlich ihre unendlich vielen Komposita und gegenseitigen Verschränkungen.161 Eine Rekonstruktion der metaphysischen Systematik Brunos sollte, vor dem Hintergrund der hier vorgeschlagenen Differenzierungen im Begriff der Einheit (und, diesem folgend, im Begriff des Seins), die relativen Einheiten Form (Intellekt/Seele) [2.1], Materie [2.2], Universum [3] als nicht-dispositionale, stabile Einheiten von den Formen von Einheit unterscheiden, die man im Unterschied hierzu als dispositionale Einheiten bezeichnen könnte. Letztere, zu denen die »zusammengesetzten Dinge« (cose composte162) gehören [4], sind Einheiten, die im Horizont des Natürlichen die dispositionale ›Masse‹ ausmachen, die die Natur in ihren vicissitudinalen Selbstvollzügen permanent ›verbrauchen‹ muß – so daß historisch-entwicklungsgeschichtlich gesehen selbst die vormals als stabil und fest bezeichneten Artformen, sofern sie eben als 161
Hierzu Spaccio, dialogo 1, OC V/1, S. 57–59 (DI, S. 573). Wie Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 101 ff. gezeigt hat, ›komponiert‹ Bruno etwa die Furori entsprechend den analogen Gegensätzen Wasser – Feuer / Augen – Herz, die selbst wiederum der metaphorische Ausdruck für Intellekt / Wille bzw. Erkenntnis / Begierde sind. Zur Sache vgl. Infinito, dialogo 4, BW IV, S. 208 f. (OC IV, S. 251–253); dialogo 5, ebd., S. 296 f. (OC IV, S. 355). Zu Intellekt–Wille vgl. Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 95–99. 162 Bruno ist sich signifikanter Weise nicht sicher, ob das Universum, als Einheit, selbst ein Zusammengesetztes ist oder nicht: in De la causa wird dies explizit und entschieden verneint: »non è composto« (dialogo 5, OC III, S. 273), später in Infinito allerdings wird es als ein »composto« aus unendlichem Raum und allen in ihm begriffenen Körpern bezeichnet (dialogo 3, BW IV, S. 152; OC IV, S. 181).
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in der Welt seiend gedacht werden, nicht mehr stabil sein können, und die analog im Horizont des Menschlichen die dispositionale ›Masse‹ ausmachen, die der Mensch (ver)braucht, um sich in den Wechselzuständen historischer, sozialer und politischer Art wenigstens kurzfristig stabilisieren, d. h. im Leben (essere presente) oder sogar im guten Leben (bene essere) halten zu können. So sind in den Augen Brunos politische Strukturen, religiöse Verhaltensformen und soziale Interaktionsmuster von einer entscheidenden, jedoch radikal vergänglichen Bedeutung. Obgleich Bruno, was das Eine selbst [1] betrifft, die inneren Probleme, die mit dem Begriff des Einen verbunden sind, durch den neuplatonisch-dionysischen Gedanken zu überwinden sucht, daß das Eine aus dem Sein/Seienden und damit auch aus der Sinnlichkeit und Denkbarkeit / Sagbarkeit ›herausgehoben‹ (supersubstantialis) ist, gelingt ihm dies nicht hinsichtlich der nachgeordneten Einheiten Form (= Intellekt / Seele) und Materie [2]. Sie sollen wirklich sein, und zugleich soll ›Wirklich-Sein‹ ausschließlich gelten für ein Sein, dessen Existenz keine Kontraktion einer übergeordneten Wesensform ist, sondern das diese unkontrahiert ›ist‹, und dieses Sein kann nur das des Einen und Absoluten selbst sein. Sofern das Wesen einerseits ›schwach‹ gedacht wird und abhängt von einem Fundiertsein im Sein (essere), und sofern es andererseits da, wo es uneingeschränkt mit (s)einem Sein koinzidiert, als ›stark‹ gedacht wird, finden wir immer nur einen erneuten Ausdruck des oben skizzierten ontologischen Gefälles163 und werden wieder zurückverwiesen auf den platonischen Gedanken der Teilhabe, platonisch deswegen, weil das Teilhabende selbst nicht nur ein intrinsischer oder immanenter Modus des Teilgehabten ist, sondern ein eigenes (wenn auch gemindertes) Sein besitzt.164 Die nicht-disposi-
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G. Bruno, Causa, dialogo 4, BW III, S. 194 f. (OC III, S. 235). 164 Wenn ich das Argument von Tristan Dagron richtig verstehe, so in Dagron: Unité de l’être (1999) und ders.: La doctrine de l’essence (2003), dann will er die platonisch-neuplatonischen Theoreme wie Teilhabe, Einheit, Stufung, in eine strikt modalistische Interpretation Brunos einbinden, in eine Interpretation, wo alles außer dem Einen kein selbständiges Sein besitzen kann, sondern ausschließlich einen Modus des Einen selbst darstellt. Ich denke, daß
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tionalen, stabilen relativen Einheiten sind also, wie Bruno ja gerade in bezug auf das Universum [3] immer wieder betont, als kontrakte Explikate nicht das Eine selbst, sondern dessen vollgültige Manifestation (ja geradezu Theophanie) unter den Bedingungen der Differenz von Möglichkeit und Wirklichkeit. Dort, wo die kategorialen Opposita des Seienden nicht koinzidieren, wo also der Akt nicht der Potenz/Möglichkeit, die Form nicht der Materie/Implikation wirklich entspricht, dort ist jeweils, wenn überhaupt in einem Universum, wo nichts in Latenz bleiben kann, die Signatur der Kontingenz auf den Rücken der Materie eingezeichnet. Nur im herausgehobenen Einen koinzidieren Akt und Potenz, Form und Materie, Freiheit und Notwendigkeit165, als jeweils absolute, ins letzte gesteidiese Deutung zu radikal ist und daß sie dadurch ihre im Einzelnen sehr guten Analysen im Dienste einer letztlich unzutreffenden Vision opfert – Bruno wird so zu einem Spinoza ante Spinozam und zu einem Materialisten, der er nicht ist. Ich denke eher, daß wir die Spannungen und Unaufgelöstheiten in Brunos Denken erhalten müssen und als Ausdruck der – über ihn selbst hinausgehenden – Grundprobleme der Philosophie der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und den dort überall anzutreffenden Ambiguitäten und Unentschiedenheiten verstehen sollten. 165 Hierzu G. Bruno, Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 78 f. (OC IV, S. 95–97; DI, S. 387 f.; U II, S. 52 f.); Immenso I c. 9, OL I/1, S. 293. Einer der wichtigsten Gewährsmänner Brunos, der Florentiner Platoniker Marsilio Ficino, hatte in seinen 1580 bei Perna in Basel neu aufgelegten, teilweise mit Kommentaren oder doch Zusammenfassungen versehenen Übersetzungen der Enneaden des Plotin, insbesondere in seinem wichtigen, ausführlichen Kommentar zur Enneade II 4 (Plotini Enneades fol. 148–159), strikt gegen die von Bruno hier ins Spiel gebrachte Äquivalenz und Äquiponderanz »zweier Prinzipien«, also von Form und Materie, argumentiert. Er tat dies in einer expliziten Wendung gegen die mittelplatonische Option, die vor allem Plutarch eröffnet hatte, und in einer ebenso klaren Hinwendung zur neuplatonisch-hierarchisierenden Gegenthese, fol. 149: »quod aequè principia esse non possunt«. Bei Ficino konnte Bruno jedoch auch, und das erscheint hier noch wichtiger, auf der ontologisch ›tieferen‹ Ebene eine seinen eigenen Ausführungen nahe kommende, dialektische Verschränkung der Opposita Form und Materie finden, vgl. Plotini Enneades, fol. 148 (zu II 4, 1): »In hac enim [sc. in compositione quae ex materia formaque conficitur] sola est unio maxima, siquidem & ma-
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gerte Exponenten ihrer selbst, und nur im Einen selbst ist daher keine Kontingenz und Defizienz anzusetzen. Im nicht-herausgehobenen, in das Seiende eingegangenen Einen, d. h. in den unendlich vielen Formen des Wirklichen, die sich als jeweils existierendes, singuläres Eines zeigen [4], ist die Kontingenz im Einzelnen, die durch die Ungleichkeit der Grundfaktoren bedingt ist, durch die Nicht-Kontingenz im Ganzen, d. h. durch die Notwendigkeit des Universums selbst [3], aufgehoben. Das Universum als Ganzes ist das einzig der Unendlichkeit des im Einen Eingefalteten angemessene Explikat – angemessen, weil in ihm gerade nichts unentfaltet bleibt und daher, sub specie totalitatis, die Gleichheit oder Äquiponderanz der Grundfaktoren Akt-Potenz und Form-Materie realisiert ist: »Lo universo che è il grande simulacro, la grande imagine e l’unigenita natura, è ancor esso tutto quel che può esser per le medesime specie e membri principali e continenza di tutta la materia; alla quale non si aggionge e dalla quale non si manca, di tutta et unica forma: ma non già è tutto quel che può essere per le medesime differenze, modi, proprietà et individui; però non è altro che un’ombra del primo atto e prima potenza, e per tanto in esso la potenza e l’atto non è assolutamente la medesima cosa, per che nessuna parte sua è tutto quello che può essere. Oltre che in quel modo specifico che abbiamo detto, l’universo è tutto quel che può essere, secondo un modo esplicato, disperso, distinto: il principio suo è unitamente et indifferentemente; perché tutto è tutto et il medesmo semplicissimamente, senza differenza e distinzione.«166 Aber, wie der angeführten zentralen Stelle aus dem dritten Dialog von De la causa zu entnehmen ist: Es
teria est aliquid formae, & forma vicissim aliquid est materiae, imò & materia quasi forma est in potentia, & forma quasi materia est in actu. Itaque similis sic unio est atque in Diapason consonantia ex duplo proportione nascente: ubi vox acuta cum gravi quasi forma cum materia coit in unum« (meine Hervorhebung). Ficinos Kurz-Kommentar zu Plotin II 4 verdiente einmal eine nähere Analyse. 166 G. Bruno, Causa, dialogo 3, BW III, S. 170 f. (OC III, S. 207; DI, S. 282; U I, S. 693), siehe auch unten den Kommentar ad loc. So auch noch Immenso I c. 1, OL I/1, S. 205: »[…] ad omniformis Dei omniformem imaginem conjectemus oculos, vivum et magnum illius admiremur simulacrum«.
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bleibt ein entscheidender Unterschied zwischen absoluter Einheit und d. h. absoluter Koinzidenz und »complicatio« einerseits und der entfalteten gegenbildlichen (grande simulacro, imagine), durch die primordialen Einheiten Form (Gott/Intellekt, Seele [2.1]) und Materie [2.2] vermittelten Einheit des Universums [3] andererseits. Im Universum ist die Äquiponderanz der Grundfaktoren zwar realisiert, aber nur, sofern man das Ganze in Anschlag bringt; sie ist nicht in gleicher absoluter Weise auch in allen Teilen des Universums realisiert. Die Materie, die aufgrund der Konvertibilität auch Form ist, ist dies nur, insoweit sie absolute Möglichkeit und seminaler Grund aller Formen ist (also nicht selbst rein aktuale Form), und sie erschöpft sich daher nicht in der Aufnahme bestimmter Formen, wird durch diese nicht substantiell »begrenzt« (finiatur), so daß sie immer in der Lage ist, neue Formen aufzunehmen.167 Deswegen haben wir, aus der Perspektive beliebiger, aber endlicher Bewohner dieses Universums (zu denen natürlich auch die Menschen gehören), denen weder die unendliche Form als absolute Wirklichkeit alles Möglichen noch das Universum als relative Wirklichkeit alles Möglichen (in zeit-räumlicher Erstreckung) zugänglich ist, immer Differenz- und Kontingenzerfahrungen zu vermelden, die nicht nur ›subjektive‹ Projektionen oder Verzerrungen darstellen – wie dies später bei Leibniz der Fall sein wird –, sondern denen ein fundamentum in re entspricht.168 Der koinzidentalen Einheit des Einen, als 167
So schon deutlich im Sigillus, OL II/2, S. 203: »Est […] forma infinita quia est ita omne esse, ut non ad hoc et ad illud esse finiatur […] sicut ex opposito infinita dicitur materia, quae non hoc vel illo esse per formam finiatur.« Dies geht sogar so weit, daß Bruno der Materie – im Unterschied zur Tradition, wo derselben, wenn überhaupt eine eigenständige Dynamik, dann ein appetitus formarum zugeschrieben worden ist – einen direkten »Haß« gegenüber den sie einschränkenden, kontrahierenden Formen vindizieren kann. Dadurch wird die Materie zu einem selbstständigen Sein gegenüber den Formen erhoben, einem Sein, das jedoch zugleich sein Sein nicht ohne Form[en] haben kann. Siehe Causa, dialogo 5, BW III, S. 260 f., OC III, S. 311 und Anm. 124. 168 Alleine schon diese Differenz zwischen dem Prinzip als dem, was auf absolute Weise alles das ist, was (es) sein kann, und dem Universum, als dem, was nur auf eingeschränkte Weise alles das ist, was (es) sein kann, spricht,
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Zusammenfall aller Gegensätze als Nicht-Gegensatz, ist die komparativisch-proportionale Einheit des Universums, als Zusammensein aller Gegensätze als Gegensätze, nicht gleich gesetzt.169 Der Aufhebung des kosmologischen Gegensatzes ›Innen‹ (unsere Welt, die Geoperspektive) und ›Außen‹ (Empyreum, Äther, Vakuum), durch das Einreißen der »fantastiche muraglie« (siehe oben S. LIV–LVI)170 entspricht nicht die Elimination des epistemischen Gegensatzes ›Innen‹ (das eigentliche Sein, die natura naturans, das principio intrinseco) und ›Außen‹ (das erscheinende, vicissitudinale Sein, die natura naturata), der sich intentional auf ein ihm entsprechendes Sein bezieht. Es ist dies ein nicht nur bei Bruno zu konstatierender Gegensatz, der für das Denken der Folgezeit, d. h. vom 17. bis zum 19. Jahrhundert, die Gegenposition zur mechanischen Natur- und Weltdeutung ausmachen wird.171 Vor allem jedoch wird für Bruno die Differenz zwischen dem, was das Universum als das Ganze und was die einzelnen Welten und Systeme (Organis-
neben der ebenfalls in De la causa aufgemachten Differenz zwischen Prinzip und Ursache, eher für eine Interpretation, die das Herausgehobensein des Absoluten real oder reell versteht und nicht als virtuell oder als einen bloßen modus dicendi. 169 Beierwaltes: Einleitung (1977), S. XXV, zur Bedeutung des Gegensatzes im Zusammenhang mit der cusanischen Koinzidenzlehre Beierwaltes: Absolute Identität (1980), S. 227 ff. Brunos Kritik der rein logischen Tradition zeigt sich auch darin, daß er die spekulativ-vernünftig zu erschauende Koinzidenz des Gegensätzlichen dadurch gegen die Kriterien dieser Tradition ausspielt, daß er festhält: »tutte le cose essere uno […] e per tanto le contradittorie enunciazioni [!] son vere«, Causa, dialogo 5, BW III, S. 242, (OC III, S. 289); zuvor ebd., S. 234 (S. 281) hieß es ganz deutlich, daß die Naturphilosophen, also gerade auch Bruno selbst, die Dinge »tiefer« betrachten, »lasciando i logici ne le lor fantasie«. 170 Vgl. Gatti: Giordano Bruno (1999), S. 101–105, die Bruno – sozusagen nach dem Naufragium seines Hermetismus – in den bis auf heute perspektivierten wissenschaftlichen ›Fortschritt‹ eingliedern will, vgl. S. 126 f.; sie beruft sich dabei auf die Abhandlung von Mendoza: The acentric labyrinth (1995). 171 Hierzu vgl. Leinkauf: Der Naturbegriff des 17. Jahrhunderts (2000) passim.
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men) in ihm als Teile sind, durch die Zeit realisiert und spürbar: denn nur sie ist es, die einerseits die Kontingenzerfahrung als unmittelbaren Ausdruck der Nichtübereinstimmung von Möglichkeit und Wirklichkeit, von Intentionalität und Realität, von seminaler Implikation und tatsächlicher Gestalt dadurch begründet, daß sie das individuelle Sein kontrahiert auf seine ›Spezifität‹, und nur sie ist es andererseits, innerhalb derer allein, durch die Möglichkeit des Veränderungs-, Variations- und Transformationsprozesses, die Vollständigkeit möglicher Formen auch tatsächlich gegen die Zeitpunkt-bedingte Reduktion auf die kontingente Einzelheit, als unendliche Folge immer anderer Zustände realisiert werden kann. Das Universum selbst – setzt man es als actu unendlich groß an – besitzt sozusagen die Wirklichkeit aller Möglichkeit synchron und durch die kategoriale Differenz von Identität und Differenz vermittelt, denn in ihm ist jede Realisierungskette in einzelnen Zeitreihen schon in einem synchronen anderen Weltort realisiert (deswegen hat es selbst keine eigene Zeit), das in ihm befindliche Teilmoment – ob Einzelseiendes, Planetensystem o. a. – besitzt immer nur einen spezifischen Zeitmoment als Ausdruck seiner schlechthinnigen Endlichkeit und Bedingtheit.172 Die permanente Bewegtheit und der dauernde Formwechsel in der konkreten Einheit des Universums – die vicissitudo – ist unmittelbarer Ausdruck der Untrennbarkeit von Potenz und Akt, Form und Materie auf Basis eines zugleich unüberwindlichen Gefälles zwischen dem an sich Möglichen und dem tatsächlich Wirklichen innerhalb eines beliebigen Teilausschnittes dieses Universums, eines Gefälles, das Bruno jedoch – im Unterschied zu großen Teilen der Tradition – positiv deutet. So kann er sagen, daß es der »Wille der(jenigen) Natur, die das Weltall lenkt« (volontà de la natura che ordina l’universo) sei, daß die Materie sich mit keiner je aktual angenommenen Form »begnüge« (se contentar), daß »alle Formen allen anderen Formen weichen«173 müßten und daß es somit immer eine Grundspannung zwischen absoluter und kon-
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Vgl. die Analysen von Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 134 f. 173 G. Bruno, Causa, dialogo 4, BW III, S. 190 f. (OC III, S. 229–331).
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trakter Materie174 geben werde (analog zu der weiter oben S. LXXIV f. erwähnten Spannung zwischen absolutem Einen und den vielen Einen), zwischen einer Materie, die unbeweglich sich immer gleich bleibt (wie eine absolute Substanz), und einer Materie, die eingegangen ist in den Horizont der permanenten Bewegung und vicissitudo rerum, durch die die einzelnen Dinge sozusagen ›restituiert‹ werden in ihr eigenes Einheits-Prinzip.175 Die positive Deutung, die Bruno diesem Sachverhalt gibt, findet in verschiedenen Grundthesen ihren Ausdruck: 1. die Materie, insofern sie absolut und inkontrakt ist, ist jenseits jeder Form und Dimension, aber sie ist dies nicht im ausschließenden Sinne, sondern im einschließenden Sinne, d. h. insofern sie alle Formen virtuell in sich enthält und aus sich selbst hervorbringt und entläßt176; 2. der permanente Wechsel aller Formen, die Instabilität und Flüchtigkeit der äußeren, phänomenalen Seinskontur verweisen nicht auf einen Mangel und auf Substanzlosigkeit, sondern sie sind genuiner Ausdruck des sich in eine selbst unendliche Welt entfaltenden, unendlich implikationsreichen Einen, Ausdruck der Tatsache, daß dieses Eine die unendliche Macht besitzt, für unendlich viele Veränderungen das absolut Zugrundeliegende zu sein177; 3. in dieser so beschaffenen Welt erhalten alle Tä174
Zu dieser auch an Cusanus angelehnten Unterscheidung vgl. Causa, dialogo 4, BW III, S. 202 f. (OC III, S. 243 f.). 175 Hierzu Raimondi: Il sigillo (1999), S. 165 f.: »La vicissitudine tende a configurarsi come movimento di restitutzione o addirittura il movimento della restituzione di ogni uno al proprio principio, ossia all’infinita potenza che rende tutti uguali nell’infinità delle differenze proprie delle singole contractiones. La forma bruniana della restitutio in integrum però non è in sintonia con quella tradizione ebraico-cristiana: contrariamente a questa infatti la prima non ha bisogna di alcun redentore, salvatore o messia, poichè tutta la potenza divina è dispiegata dal principio.« 176 Vgl. G. Bruno, Causa, dialogo 4, BW III, S. 202 f., 212 (OC III, S. 243– 249, 255). 177 Mancini: La sfera (2000), S. 149 stellt ganz richtig heraus, daß Brunos »pensiero dell’Uno« zu einer »liberazione di un inespresso spazio di manifestazione dell’intreccio dei fenomeni« führe, die alles andere als ein »annientamento delle differenze« sei. Schaut man voraus auf De gl’eroici furori, so muß man an Brunos Ausführungen durchaus die Frage stellen, welchen Status im Rahmen seines ontologischen Neuentwurfes die dort mehrfach an-
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tigkeiten, die in der Lage sind, nicht nur reproduktive Strukturen, d. h. reproduzierte künstliche Formen (Bilder) zu schaffen, sondern selbst in Analogie zur unendlichen Produktivität des Natürlichen zu treten, einen Dignitäts-Bonus: »invenzione« wird, ganz im Sinne auch des sich aus Argumenten der rhetorischen Tradition speisenden Methoden-Diskurses und den Reflexionen zur Mnemonik, der bloßen »imitazione« als ein Hauptziel aller Individuen, nicht nur des heroischen Subjektes, gegenübergestellt178; 4. trotz aller positiven Deutung des Wechsels, die ja aus der Sicht Brunos nichts anderes ist als eine nüchterne Analyse dessen, was sich tatsächlich dem Auge des Intellekts zeigt, darf das, was im Wechsel sich gleich bleibt und jedem Wechsel und somit auch jeder produktiven, innovativen Tätigkeit Struktur gibt, nicht fehlen.179 Ein gesprochenen »specie intelligibili« einnehmen können, oder wo für sie ein ontologischer Ort ist, sofern sie ja explizit als »rimosse de la materia« bezeichnet werden ? Es ist gerade auch in dieser Schrift deutlich, daß selbst in den italienischen Schriften, vor allem in den Furori, Bruno immer wieder auf traditionelle Differenz-Strukturen rekurriert: vgl. Furori I, dialogo 5: »conversione al splendor de la specie intelligibile« (OC VII, S. 223; DF, S. 848); II, dialogo 1: »quelle [cose] che son tanto più eccellenti in sé e grate a l’animo ripurgato, quanto son più rimosse da la materie e senso« – welchen Sinn machen solche Aussagen, wenn nur die Materie das eigentliche Sein ist ? – (OC VII, S. 297; DF, S. 880 f.); ebd.: »superate gli studi materiali« (OC VII, S. 345; DF, S. 900), etc. 178 Hierzu Erhellendes bei Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 209– 215. 179 Es ist eine nicht nur den Interpreten verdankte Crux in der BrunoInterpretation, wenn die Autoren einerseits emphatisch das Auflösen aller Grenzen, aller Ordnungsmuster (Seinsstufen, Kosmologie etc.), aller rational kalkulierbaren Kontinuitäten im Denken Brunos feiern und zur gleichen Zeit dennoch darauf insistieren müssen, daß – zumindest hinsichtlich der den Menschen betreffenden Erkenntnisform – eine strukturierte Realität erforderlich ist. Es ist klar, daß Bruno für die Emphase der universalen Indifferenzierung selbst verantwortlich ist, es ist aber ebenso klar, daß seine Ausleger häufig die Texte nicht genau lesen. Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 147 hebt zu Recht hervor: »l’attività conoscitiva dell’uomo è soltanto possibile in una realtà strutturata e nello stesso tempo la struttura della realtà è tagliata a misura della conoscenza divina«.
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Beispiel für eine solche stabile Struktur, die im Wechsel nicht vergeht, sondern den Wechsel selbst erst ermöglicht, ist in physicis etwa das Leben oder die Lebendigkeit selbst, in psychicis die (für alle menschlichen Individuen) unausweichliche Präsenz der Liebe – Leben und Liebe sind, neben der Intellektualität, Modi der Vermittlung zwischen dem Einen und dem Vielen180, in politicis die Formen des religiösen 180
Für Bruno kann alles, was lebt und beseelt ist, als solches nicht vergehen – hier trifft er sich übrigens mit Leibniz’ Einsichten, die letzterer systematisch zuerst im Systeme nouveau von 1695 ausgeführt hat – d. h. »Leben« ist in für uns unabsehbarer Vielfalt und Dichte nicht nur im makroskopischen, sondern gerade auch im mikroskopischen Bereich anzusetzen. Vgl. Cena, dialogo 3, OC II, S. 169–171 (DI, S. 110 f.; U, S. 513): »Come è più che verisimile (essendo che ogni cosa participa de vita), molti et innumerabili individui vivono non solamente in noi, ma in tutte le cose composte; e quando veggiamo alcuna cosa che se dice morire, non doviamo tanto credere quella morire, quanto che la si muta, e cessa quella accidentale composizione e concordia, rimanendo, le cose che quella incorreno, sempre immortali: più quelle che son dette spirituali, che quelle dette corporali e materiali«; Causa, proemiale epistola, BW III, S. 8 f. (OC III, S. 11–13); dialogo 2, ebd., S. 112 f. (OC III, S. 137–139), wo signifikanter Weise dieser Gedanke im Kontext der Diskussion des von der äußeren Ursache (causa) unterschiedenen »principio intrinseco« angeführt wird. Vgl. auch Infinito, Proemiale epistola, BW IV, S. 36 (OC IV, S. 41); De minimo, OL I/3, S. 141. Zu Leibniz vgl. Systeme nouveau, Erster Entwurf (1695), GP IV, S. 474: »Il semble qu’il n’y a ny generation ny mort à la rigeur, mais seulement des developpemens ou enveloppemens, augmentations ou diminuitions des animaux déja formés et tousjours subsistans en vie, quoyque avec differens degrés de sensibilité«, vgl. Systeme nouveau, GP IV, S. 480 f.. Für Bruno könnte Ausgangspunkt dieses Gedankens der von ihm immer wieder beigezogene Empedokles sein, vgl. fr. B 8, Diels-Kranz Vol. I, S. 312: ! ˜# $ %& &% ' ’™ ( * ˜+ – »Geburt ist (gibt es) von keinem einzigen unter den sterblichen Dingen auch nicht ein Ende im verwünschten Tode, sondern nur Mischung und Austausch der gemischten Stoffe ist: Geburt wird nur dafür bei den Menschen als üblicher Name gebraucht« (Übers. Diels). Zusätzlich ist an Aristoteles, De generatione et corruptione I 3, 317a 33–b 13 zu denken, der das Entstehen aus einem schlechthinnigen Nichtsein ( , - † ) als unmöglich nachweist. Eine wichtige Wurzel dieses Gedankens findet sich auch
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Vollzuges. Für die Umsetzung ontologisch-metaphysisch vorgegebener oder intuitiv erschauter, unendlich fruchtbarer Formen von Einheit (Struktur) in die Diskursivität einer sei es naturhaften Entwicklungslinie, sei es anthropologischen Form von Leben und Geschichte in handwerklich-künstlerischen oder sozial-politischen Bereichen und für die dadurch erst mögliche ›Umwendung‹ des heroischen Individuums in die Schau des Einen sind der »intelletto universale« bzw. sind die an ihm partizipierenden Einzelintellekte verantwortlich.181
im 11. Traktat von CH I, vgl. 11, 3, S. 148: . ! % /œ0 '# 1 2 . ˜(% ™ 3 4$ 5 4 6 œ ™ , d. h.: »daher wird nichts von dem, was in der Welt ist, jemals vergehen (denn die Ewigkeit ist unvergänglich) noch zerstört werden, denn die Welt ist ganz von der Ewigkeit umfaßt«; 11, 15, ebd. S. 153: , . 7, $ 8 # . , . , œ ˜. (9 # $ 5 3 $'3 :…; 4 4$ :…; 7 # '% 4’ . 9 4 ™ # 4$ ! 4 4 ? 9 4 š . % ! = . 4 ? ˜ (Sie sagen, daß die Umwandlung Tod sei, weil der Körper sich auflöse, das Leben sich im Unsichtbaren verliere. Was sich aber auf diese Weise auflöst […] und die Welt, von diesen sage ich, daß sie sich umwandeln und zwar dadurch, daß jeden Tag ein Teil der Welt ins Unsichtbare eingeht, daß sie sich jedoch nicht auflösen. Dies sind also die Zustände der Welt: Umschwung und Verschwinden, und der Umschwung ist eine Umwendung, das Verschwinden eine Eneuerung). Vgl. auch Apuleius, Asclepius XXIX, S. 72, 17–22 Moreschini: »nihil in mundo mortale est«. Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia II c. 12, n. 172; h I , S. 108 f.: »Nobis enim constare non poterit, postquam est unus mundus universalis et proportiones influentiales omnium particularium stellarum ad invicem, quod aliquid sit corruptibile penitus, sed bene secundum alium et alium essendi modum […]. Mors enim nihil esse videtur nisi ut compositum ad componentia resolvatur.« Zum averroistischen Hintergrund – vor allem zum Einfluß des Prooemiums zum Physik-Kommentar bei Bruno vgl. Granada: Giordano Bruno (2002), S. 54 ff. 181 Das heroische Indiviuum hatte Bruno auch schon in Cena de le ceneri beschworen, vgl. Cena, dialogo 2, OC II, S. 91 (DI, S. 63; U, S. 475): »gli uomini rari, eroichi e divini passano per questo camino de la difficoltà, a fine che sii
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Dennoch: Im gesamten Text von De la causa bleibt das genaue Verhältnis von Einheit und Vielheit merkwürdig unklar ! Der Phänomenalisierung oder Akzidentalisierung der gesamten Vielheit des Einzelseienden, der »moltitudine ne le cose«182, oder der Marginalisierung des historischen Datums auf ein unerhebliches Moment eines sich ansonsten immer gleich bleibenden historischen Geschehens (nihil sub sole novum)183 und der damit verbundenen Reduktion von Sein im starken Sinne, dem »esse ipsum« oder »esse purum« der Tradition, (siehe nächsten Absatz) auf das Eine selbst oder auf die eine Substanz, die ausschließlich das Eine selbst ist, steht gegenüber der Versuch einer Resubstantialisierung und Restabilisierung dieser Vielheit.184 Es ist eine heroische Aufgabe, das Gefälle zwischen Einem und Vielem begrifflich auszuloten, eine Aufgabe, die durchaus in der platonischen Tradition einer Antwort auf die Gigantomachie zwischen Eleaten (das Eine) und Herakliteern (das Viele) steht und die daher auf die vermittelnden Instanzen zu achten hat, auf das, was Platon im Sophistes als das »seiende Nichtsein« oder »nichtseiende Sein« intendierte, auf die »moyens terms«185, die – zumindest im Falle von De la causa (und dem dort sich zeigenden Eleatismus) – die Vielheit gegen die Einheit ›retten‹ müssen. Es sind
costretta la necessità a concedergli la palma de la immortalità«. Man kann sagen, daß für Bruno immer noch (d. h. wie im Neuplatonismus der Nus als »patria« des menschlichen Geistes gilt) als Fernziel sozusagen (s)einer heroischen Bewegung des Geistes das »abita[re] il mondo intelligibile« im Blick ist, vgl. Furori I, dialogo 4, OC VII, S. 185–7 (DI, S. 1022; U II, S. 594). 182 G. Bruno, Causa, dialogo 5, BW III, S. 240 f. (OC III, S. 287–289): »E quello che fa la moltitudine ne le cose, non è lo ente, non è la cosa: ma quel che appare, che si rapresenta al senso et è nella superficie della cosa.« 183 »Salomon & Pythagoras. Quid est quod est ? Ipsum quod fuit. Quid est quod fuit ? Ipsum quod est. Nihil sub sole novum.« So in einem erhaltenen Autograph, das sich auf einem Holzschnitt findet, den Bruno seinen Wittenberger Freunden zum Abschied schenkte (datiert auf den 8. März 1588), vgl. Canone: Gli anni napoletani (1992), S. 121 f. 184 Zur Sache Leinkauf: Einheit, innere Kraft und substantielle Form (2003), S. 429–434. 185 Auf die systematische Bedeutung solcher »moyen terms« hat zu Recht Dagron: La doctrine l’essence (2003) hingewiesen.
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diese vermittelnden Instanzen, für die Bruno sein Reich der Schatten reserviert hat, den Horizont des nicht nur epistemisch Unscharfen, Gebrochenen und Indirekten, sondern des ontologisch Zusammengesetzten (composto), Veränderlichen (mutazione, trasmutazione) und Kontrahierten (contratto, contrazione). In diesem Reich der Schatten ist es, daß der Mensch auf die Jagd nach dem gehen kann und muß, das ihm einen – sei es nur momentane, sei es vielleicht auch einen gewissen Zeitraum andauernde – Überstieg in die Ebene der Stabilität, also des Lichtes, der Wahrheit und der Einheit ermöglichen kann. Bruno setzt dieses Reich gleich mit dem, was er Universum oder Natur nennt [3], und er setzt – in der für ihn typischen mythologischen Unterfütterung seines Denkens – Diana ein als Göttin in diesem Reich der ewigen Jagd, ebenso wie er den Lichtgott Apollo der »luce absoluta« gleichsetzt, mythisches Symbol des herausgehobenen, reinen Seins [1].186 Diana zu schauen, wie es dem Aktaion widerfährt, ist, in Brunos Ansatz, gleichbedeutend mit dem Faktum, das Göttliche in der Natur oder im Universum zu schauen, d. h. das absolute Licht, das sich im Schatten gebrochen zeigt, die (göttliche) Natur (= natura naturans), die sich in den Dingen selbst zum Ausdruck bringt (= natura naturata), kurz: die relativen Einheiten [2.1] und [2.2], die das Sein des absoluten Einen im Nicht-Einen sind.187 In der schattenhaften Wirklichkeit das Prinzip zu sehen bedeutet, die Einheit in der Vielheit als deren Einheitsgrund
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Furori II, dialogo 2, OC VII, S. 391 (DI, S. 1123; U II, S. 694): »Questa verità è cercata come cosa inaccessibile, come oggetto inobiettabile, non sol che incomprensibile: però a nessun pare possibile de vedere il sole, l’universale Apollo e luce absoluta per specie suprema et eccellentissima; ma sì bene la sua ombra, la sua Diana, il mondo, l’universo, la natura che è nelle cose, la luce che è nell’opacità della materia: cioè quella in quanto splende nelle tenebre«; siehe auch ebd., I, dialogo 3, OC VII, S. 123 (DI, S. 989; U II, S. 558): »il splendor dell’universale Apolline«. Zu den Implikationen vgl. Leinkauf: Metaphysische Grundlagen (2005 b), S. 196 f. 187 Vgl. in gleicher Intention Granada: Giordano Bruno (2002), S. 127, 158 f., 294, 327, 348 und ders.: Introduction, zu: Giordano Bruno, De gl’eroici furori/Des fureurs héroiques, OC VII; ebenso Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 49, 106.
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zu erfassen, es bedeutet des Weiteren, diese inkorporierte, konkretisierte Einheit in relativen Einheiten, als Intellekt/Gott, als (Welt)Seele, als Materie zu erfassen. Es bedeutet allerdings noch nicht, die an sich »unerreichbare« (inaccessibilis) und »unbegreifbare« (incomprehensibilis) lichthafte Wahrheit selbst zu erfassen, denn das Erschauen und Denken der relativen Einheiten setzt immer mehr als nur Einheit, es setzt die Einheit als Etwas, als »Prinzip von«, als »Kraft«, als Präsenz. Diese Einsicht bestimmt auch schon De la causa, wo es im zweiten Dialog heißt: »von der göttlichen Substanz können wir, sei es weil sie unendlich ist, sei es weil sie von den Wirkungen am weitesten entfernt ist, die wiederum die äußerste Möglichkeit unseres diskursiven Erkenntnisvermögens ausmachen, überhaupt nichts erkennen, außer auf eine Weise, die die Platoniker Spur (vestigio) nennen, die Peripatetiker entfernte Wirkung (remoto effetto), die Kabalisten Hülle (indumenti), die Talmudisten Rückansicht oder Hinteransicht (di spalli o posteriori), die Apokalyptiker Spiegel (spechio), Schatten (ombra) und Rätsel (enigma)«.188 Die Ontologie Brunos, die diese komplexen, teilweise ineinander verlaufenden Strukturen trägt (zu deren Klärung wir uns hier der Indizierung durch Zahlen bedienen), basiert zudem auf einem zentralen modalontologischen Grundsatz: dem Grundsatz, daß Sein in einem starken Sinne – also als das, was die Tradition mit ›wahrhaftem‹ oder 188
G. Bruno, Causa, dialogo 2, BW III, S. 86 f. (OC III, S. 105–107). Es ist dieses Absetzen des Einen oder Gottes von seiner ›Erscheinung‹, eine Absetzung zumindest epistemischer Art, die den immer wieder durchbrechenden Transzendent-Setzungen des selben Einen/Gottes korrespondieren und die es zweifelhaft machen, ob Bruno tatsächlich eine völlige »Selbsterschöpfung Gottes« (Blumenberg) in der Welt oder im Universum angenommen hat. Dennoch bleibt der Satz, daß aus einer unendlichen Ursache eine unendliche Wirkung (das Universum) folge, und die Konsequenzen dieses Satzes sind, wie Blumenberg richtig konstatiert, ein »entscheidender Schritt« über die spätmittelalterliche, noch bei Cusanus anzutreffende Grenzziehung, nach welcher das Geschaffene nur eine »infinitas finita«, ein »deus creatus«, ein relativ Unvollkommenes und daher Perfektibles sein konnte (Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia II), hinaus, vgl. Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 125.
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›wirklichem‹ Sein (ὄντως ὄν) beziehungsweise mit Substanz (οὐσία) bezeichnete – nur dann vorliegt, wenn etwas alles das ist, was (es) sein kann, »omne est quod esse potest«. Bruno, der, wie wir gesehen haben, das absolute Eine und das absolute Sein als herausgehobene Einheit denkt [1], denkt insofern also das Eine-Sein – sofern von ihm überhaupt etwas sinnvoll gedacht und ausgesagt werden kann – als »omne id quod esse potest«. Cusanus, der eine zentrale Autorität für Bruno ist und ihm in vielem auch tatsächlich vom Denken her nahe steht, hat etwa in De beryllo – einer Schrift, die Bruno nachweislich in De la causa anführt – festgehalten: »quomodo esset [aliquid] veritas, quando non esset quod esse potest« ?189 Die Wahrheit einer Sache kann nicht schon dann erreicht sein, weder im Sein noch im Denken, das sich auf Sein bezieht, wenn diese Sache noch »anders sein kann, als sie ist« (aliter esse potest quam est), wenn ein Winkel etwa noch größer oder kleiner bzw. stumpfer oder spitzer sein kann, als er actu ist. Sein ist also nur dann wirkliches, wahres Sein, wenn sein Können mit seiner Wirklichkeit zusammenfällt, und es ist, geht man weiter, nur dann absolutes Sein, wenn das gesamte Können oder das ›Können-Selbst‹ (Cusanus) mit der gesamten Wirklichkeit oder dem absoluten Akt koinzidiert. Cusanus entwickelt diese Reflexion vor dem Hintergrund der These, daß Wahrheit »kein mehr oder weniger aufnimmt« (non 189
Nicolaus Cusanus, De beryllo n. 14, h XI/1, S. 17. Das »alquid« habe ich ergänzt, es erweitert das Beispiel des Cusaners, das sich an der Stelle auf den geometrischen Winkel (angulus) bezieht, in eine allgemeine Grundaussage; vgl. ebd. n. 18, h XI/1, S. 22: »veritas, quae est id quod esse potest, est impartcipabilis, sed in similitudine sua quae potest secundum magis et minus recipi secundum dispositionem recipientis est communicabilis«; siehe auch Possest n. 9, h XI/2, S. 10. Letztlich findet sich dieser Gedanke schon in De docta ignorantia I c. 4, n. 11; h I, S. 10: »maximum absolutum, cum sit omne id quod esse potest, est penitus in actu«, aber auch in anderen Schriften. Hierzu vgl. die Parallelstellen in Compendium, Epilogus, h XI/3, S. 34; zur Sache vgl. auch K. Bormann, Kommentar zum Compendium, H 16, S. 82. Vgl. auch Meister Eckhart, Expositio libri Genesis c. 1, n. 33, LW I, S. 210: »Macrobius dicit [in Somnium Scipionis I c. 5 n. 3] quod plenitudo est proprie divinorum; perfecta enim sunt et formalia. Unde simul sunt omne quod esse possunt in essentialibus.«
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capit maius nec minus), einer These, die den Wahrheitsbegriff eng an einen Aspekt der aristotelischen Definition von Substanz anschließt.190 Dieser Grundgedanke findet sich auch an mehreren Stellen von De la causa – dann aber auch gleich darauf in De l’infinito – angesprochen, und zwar im Zusammenhang der schon erwähnten Vorstellung, daß das Universum [3], ebenso wie das unum supersubstantiale [1], alles das ist, was (es) sein kann, im Unterschied zu letzterem jedoch nicht in allen seinen Teilen, sondern nur als Ganzes191: »l’universo è tutto in tutto […] explicatamente, e non totalmente«, wogegen Gott, da er in jedem Teil und überall das ist, was (er) sein kann, »tutto l’infinito complicatamente e totalmente« ist.192 Mit der Konzeption 190
Dies wird schon darin deutlich, daß Cusanus in De beryllo n. 28, h XI/1, S. 31 festhält, daß auch die »essentia secundum se« kein Mehr oder Weniger aufnimmt, sondern nur, insofern sie ihrem Sein (esse) und ihren eigentümlichen Akten (actus proprios) verglichen wird. Siehe auch Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia I c. 3 n. 10, h I, S. 9; c. 6 n. 16, h I, S. 14. Vgl. Aristoteles, Cat. V, 3 b 34 – 4 a 9; vgl. auch Topica II cc. 10 f. 191 Vgl. aber schon Cena, dialogo 5, OC II, S. 253–255 (DI, S. 154; U, S. 555 f.): »dovendo quella [sc. la material] secondo tutte le parti esser soggetto di tutte forme, a fin che secondo tutte le parti (per quanto è capace) si fia tutto, sia tutto, se non in un medesmo tempo et instante d’eternità, al meno in diversi tempi, in varii instanti d’eternità successiva e vicissitudinalmente«. Der unendliche Formenreichtum kann selbst von der unendlich aufnahmefähigen Materie nicht »uno ictu« aufgenommen werden, sondern muß sich gleichsam verteilen in eine Reihe und Sukzession von Formzuständen, die, alle zusammen genommen und umgelegt auf die unendliche Ausdehnung, ein abbildliches quasi-Zugleich ausmachen, durch welches das Universum wahrhafter »effetto« der »causa infinita« ist. 192 Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 70 f. (OC IV, S. 85–87; DI, S. 382; U II, S. 47 f.) »lui è in tutto il mondo, e in ciascuna parte infinitamente e totalmente« und zwar deswegen, weil er von sich aus (da sé), d. h. von seinem Wesen und seiner Natur aus, »alle Begrenzung ausschließt« (esclude ogni termine) – dies entspricht der Definition des ersten Prinzips als unendlich oder immens. Vgl. Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia II c. 1, n. 97; c. 3, n. 105; c. 4, nn. 112 f., vgl. aber vor allem auch Marsilio Ficino, der in seinem Hauptwerk Theologia Platonica eine zumindest vergleichbare Position zu Bruno eingenommen hatte: nach Ficino kann die Materie nicht »alles zugleich« (omnia simul) an
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des Universums als der selbst unendlichen ›Wirkung‹ einer unendlichen ›Ursache‹ (Gottes) kann Bruno einerseits die – in seinen Augen – fatale Un-Gleichung der aristotelisch-christlichen Konzeption überwinden, einer Konzeption, in der es eine radikale Differenz, und zwar im Sinne der radikalen Ungleichheit, ja sogar Unähnlichkeit, zwischen unendlicher Ursache und endlicher Wirkung genau dann geben mußte, wenn der Grundsatz galt, daß es zwischen Unendlichem und Endlichem keinerlei Verhältnis (also auch kein Abbild- oder Ähnlichkeitsverhältnis) geben könne193. Andererseits kann er aber dennoch auch, durch Binnendifferenzierung, indem das Universum eben nur als Ganzes unendlich ist und nicht auch in seinen Teilen, neben der Behauptung eines starken Verhältnisses von Ähnlichkeit (simulacrum) die völlige Unähnlichkeit des einzelnen Seienden zu seinem absoluten Ursprung hervorheben. Das unendliche Ganze ist starkes Bild des unendlichen Ursprungs, es ist nicht, wie noch das Empyreum, in der Formulierung Dantes, dasjenige, was »in sich in jedem beliebigen Teil [!] das was es haben kann auf vollkommene Weise besitzt«, so daß es keine Differenz etwa in der Strebe-Bewegung aufweist und daher absoluter Ort ist;194 das endliche Einzelne ist, wenn überhaupt, dann Fragment,
Formen und Gestalten (figurae) aufnehmen, wie dies etwa die rein geistigen Einheiten (mentes, intellectus, animae) können, obgleich sie, wie diese, alles, d. h. alle Formbestimmungen, erstrebt: »ubique tamen appetit omnes, tanquam naturae suae perfectiones«. Sie muß daher dies »Alles-Zugleich« in ein »Alles-Nacheinander« umwandeln, d. h. sie muß durch eine ewige Bewegung und durch ein ewiges Nacheinander versuchen, alle Formen in sich aufzunehmen: »ut quod non potest statu consequi, successione saltem quodammodo consequatur« (TP IV c. 2 [1, 171 M.]). Das Universum kann also auch nach Ficino nicht alles das sein, was (es) sein kann, denn die Materie, in der sich die Formentotalität ausdrücken muß, kann diese nur in einer zeitlichen Folge aufnehmen, die das Alles-Zugleich nicht zuläßt. Siehe auch oben Anm. 59. 193 Der allgemein für das Mittelalter und die Frühe Neuzeit gültige Gedanke lautet in seiner Kurzformel: »infiniti ad finitum nulla est proportio«. Zum Kontext, der auch die Differenz von »potentia absoluta« und »potentia ordinata« Gottes betrifft, vgl. Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 123 f.; Granada: Il rifiuto (1994) passim. 194 Dante Alighieri, Epistula XIII (an Cangrande della Scala), n. 72: das
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Kontraktion, Verkürzung, dokumentiert einen Status, dessen wirkliche Bedeutung für den menschlichen Geist nur durch Re-Integration ins Ganze und nicht durch Isolation erschließbar wird. Die Isolation des Einzelnen rein als Einzelnes machte es geradezu zu einem »Nichts« (niente, nihil).195 In der Umkehrung zu dem, was sich dem forschenden Grundimpuls aufdrängt, zum mikroskopisch-isolierenden, die Einzelding-Analyse favorisierenden Blick, erfordert eine adäquate Umsetzung der »filosofia nolana« den synthetischen, immer das Ganze berücksichtigenden Blick. Brunos Reflexionen in De la causa auf den Zusammenhang von posse fieri – posse facere und vor allem auf den von »alles sein können, was überhaupt sein kann« (perfectum simpliciter) und »nur das sein, was ein bestimmtes Seiendes sein kann«196, führen zu einer Unterscheidung, die das Eine [1], als absolute Koinzidenz von Können und Sein, absetzt vom Universum [3], als einem explizierten Einen, das diese Koinzidenz relativ und gemindert abbildet. Dabei wird das Universum noch einmal abgesetzt von denjenigen Einheiten [4], die es selbst in sich als seine integrierenden, selbst jedoch nicht unendlichen Teile besitzt, Teile also, in denen Können und Sein nochmals stärker divergieren. Diese Divergenz entspricht systematisch ungefähr derjenigen, die Thomas von Aquin am Beispiel der nicht-körperlichen, einfachen Substanzen (Geister, Engel) entwickelt, d. h. sie entspricht einer Differenzierung, die nicht an ein materielles Substrat gebunden ist, sondern sich innerhalb der substantiellen Einheit als (unendliche) Abstufung von Intensitätsgraden der Potenz-Akt-Relation äußert. Zu diesem Grundgedanken, der Einheit durch die Koinzidenz und Divergenz von Können und Sein definiert, tritt eine weitere Bestim-
Empyreum ist der sich nicht bewegende »Himmel«, der »in se in qualibet parte habet quicquid potest modo perfecto, ita quod motus non indiget ad suam perfectionem«; im Unterschied zu seiner Auffassung Convivio II 3, 8– 10 ist das Empyreum hier jedoch nicht mehr »Ort« (luogo) Gottes, sondern das, was ihm in seiner Vollkommenheit am nächsten kommt. 195 G. Bruno, Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 68 f. (OC II, S. 83–85; DI, S. 381 f.; U II, S. 46 f.) mit dem Kommentar von Jean Seidengart; jetzt auch den Kommentar von Angelika Bönker-Vallon in BW IV, S. 336. 196 Vgl. G. Bruno, Immenso II c. 13, OL I/1, S. 312.
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mung hinzu: die der Unteilbarkeit (indivisibilitas). In ihr finden wir eine Konsequenz der Einsicht, daß wahres Sein einerseits weder mehr noch weniger sein kann, als es ist, und daß somit jede Teilung dieses erfüllte, bei sich seiende Ist vernichten würde197, und daß andererseits jedes bestimmte, so und nicht anders seiende Sein einer Sache, sofern sie eben Teil der ganzen »Wirkung« der »unendlichen Ursache« ist, d. h. eben Teil des Universums, immer ein Kompositum aus den irreduziblen »principii« Form und Materie, Licht und Schatten, Akt und Potenz, warm und kalt, Liebe und Haß, Glück und Unglück sein muß. Es ist Brunos These, daß auch diese Komposita in ihrer zweifachen, dupliken Grundform ebenfalls »unteilbar« sind198, obgleich die Grundformen, sofern sie materialisiert und damit Quanta sind, je für sich teilbar sind und es daher immer, gemäß dem Prinzip der vicissitudo, ein »mehr oder weniger« an Form oder an Materie geben wird.199 Versteht man die Ausführungen Brunos so, dann erweist sich seine
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Auch hier konnte Bruno in den von ihm konsultierten Texten des Cusanus intensive Vorarbeiten finden, so etwa wiederum in De beryllo n. 53, h XI/1, S. 59 f.: »quod indivisibilitas sit principium prius omnibus […] sublata enim indivisibilitate constat nihil substantiae manere atque ideo omnem subsistentiam tantum habere esse et substantiae quantum indivisibilitatis«. Zu den Vorgaben bei Dionysius Areopagita, Thomas von Aquin und Albertus Magnus vgl. Kommentar ebd. n. 8, h XI/1, S. 10 ad loc. Vgl. Thomas von Aquin, Quaestiones disputatae de veritate q. 1, a. 1: »nihil enim est aliud unum quam ens indivisum«; »unde sicut ens dicitur unum, in quantum est indivisum in se, ita dicitur aliquid, in quantum est ab aliis divisum«; Albertus Magnus, Metaphysica IV tr. 1, c. 4–6. Editio Coloniensis XVI/1, Monasterium 1960, S. 166–168. 198 Die Unteilbarkeit und Ununterscheidbarkeit von Form–Materie, Potenz–Akt, Seiendes–Sein am Kompositum oder »actuatum« hatte etwa Meister Eckhart behauptet, vgl. In Sap. n. 155 f.; LW II, S. 491 f. Die indistinctum-Theorie wirkte auch auf den für Bruno wichtigen Nicolaus Cusanus, vgl. Beierwaltes: Identität und Differenz (1977); Mojsisch: Meister Eckhart (1983), S. 92 ff. 199 G. Bruno, Cena, dialogo 5, OC II, S. 257 (DI, S. 156 f.; U, S. 557); vgl. auch ebd. den Rückgriff auf die pythagoreischen Syzygien, Anm. 155, oben S. LXXX.
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Ontologie als Ausdruck eines grundsätzlich einheitsmetaphysischen Ansatzes, in welchem das ›Eine selbst‹ (das übersubstantielle, nicht selbst seiende Eine) in ein zweifältiges oder duplikes Eines hervorgeht, das sich nur bedingt als ›Gegensatz‹ von äußerer Ursache – Form im Sinne von Weltseele bzw. Vernunft (intelletto) – und innerem Prinzip – Materie im Sinne von Sich-selbst-generierender Formmannigfaltigkeit – beschreiben läßt. Denn, wie wir schon gesehen haben, unterhalb des absoluten Einen ist alles, da es auf seine Weise die unteilbare Duplizität der entfalteten Einheit realisiert, konvertibel: also ist auch die Materie, da sie ein »principio intrinseco« der Formgeneration in sich trägt, als Form zu bezeichnen; also ist auch die Form, sofern sie ihre Allgemeinheit (Universalität) noch nicht entfaltet hat, als (intelligible) Materie zu bezeichnen. Die gängigen Kategorialisierungen scheitern, sofern man eine konsistente, durchgängige Zuordnungsmöglichkeit erwartet; sie sind dann erhellend, und deswegen verwendet Bruno sie ja auch selbst durchgehend, wenn man bereit ist, sie permanent zur Disposition zu stellen. Auch ist es sicherlich mehr als problematisch, daß das hervorgegangene Eine Brunos keine Möglichkeit einer Selbstreflektiertheit erhält, etwa eine solche, wie sie in der zweiten Hypostasis des Plotin, dem νοῦς, gegeben ist, oder eine solche, wie sie im Rahmen der trinitätstheoretischen Reflexionen im Begriff des christlichen Logos (Verbum) als dem sich selbst Aussprechen und Bedenken Gottes vorliegt. Daß dieses Eine sich gleichsam nicht auf seinen eigenen Rükken schauen kann und die andere Seite seiner eigenen dupliken Natur nicht erfassen kann – dies kann eigentlich nur eine gleichsam ›äußere‹ philosophische Reflexion tun – und daß es eigentlich diese Einheit des Verschiedenen nur als und durch die Verschiedenheit ›ist‹ (also aktual immer nur als Differenzaspekt, als Naturgesetz und nicht als es selbst), während das herausgehobene Eine überall nur es selbst ist (wobei man eigentlich auch den Ausdruck ›ist‹ zurücknehmen müßte), all dies rückt das Gewicht des unreflektierten Seins im hervorgegangenen Einen selbst vor das des Denkens und der (Selbst-)Reflexion, all dies macht auch verständlich, warum es das Gegensätzliche ist (und sein muß), das in der Vielfalt seiner Instantiierungen (den vielen Gegensatz-Formen) eine fast unüberwindliche Stabilität im vicissitudinalen Wirbel des Naturgeschehens, eine strukturgebende Permanenz in den
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Prozessen des Entstehens und Vergehens, eine durch keine Einsicht aufzuhebende Macht über das Sein aufweist.200 Denken und Wollen Gottes gehen in Brunos Ansatz vollständig ein in das Explikat Gottes: das Wollen wird identisch mit dem absolut stabilen Naturgesetz, das Denken mit der allerdings völlig labilen, nur wenigen Individuen gelingenden Denkanstrengung des Menschen. Brunos Einheitsmetaphysik ist untrennbar verbunden mit einer für die Entwicklung der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts typischen Gegensatz-Ontologie, die in vielen Punkten auf vorsokratische Überlieferung zurückgreift (siehe oben S. LI f., und man würde sich täuschen, wenn man Brunos emphatische anthropologische Visionen einer universalen Philanthropie, einer »libertas philosophandi« oder eines geradezu stoischen Weltbürgertums, als naive Projekte einer möglichen Überwindung dieser ontologischen Grundstrukturen betrachten wollte. Denn ebenso wie es selbst dem Philosophen nicht möglich ist, die Wahrheit selbst zu erschauen, das Eine selbst zu sehen und somit die inkontrakte Grundform alles Seins im Denken zu erreichen, so ist es auch dem heroischen Reformer des Politisch-Religiösen nicht möglich, einen wirklich stabilen, aus sich heraus selbständigen und ungefährdeten, also befriedeten gesellschaftlichen Zustand zu etablieren. Gegen das in De la causa und in De l’infinito mit Schärfe erkannte und theoretisch abgesicherte, vom Menschen als solchen (das ist eben auch die Differenz zum christlichen Entwurf) unabhängige Sein des Universums können auch die für Bruno unabweislich notwendigen ›Reformen‹ des »status iste« in der Substanz nichts ändern. Selbst die Insistenz auf dem antiken, von Machiavelli aufgenommenen Gedanken der kreisförmigen »renovatio« der Welt kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß das tatsächliche Sein und das Er-
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Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 130 f. verweist zum Problem der »theoretischen Selbstbezogenheit« Gottes auf Spaccio, dialogo 2 (terza parte), OC V/2, S. 297–299 (DI, S. 708; U II, S. 304 f.): »E questo procede dal non aver intelligenza ed apprensione di se stessa; come quello che è semplicissimo, se non vuol essere altro che semplicissimo, non intende se stesso. Perché quello che si sente e che si remira, si fa in certo modo molto, e, per dir meglio, altro ed altro; perché si fa obietto e potenza, conoscente e conoscibile; essendo che ne l’atto dell’intelligenza molto cose incorreno in uno.«
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kennen dieses Seins selbst nicht reduplikative Prozesse darstellen, sondern in die Linearität des Materiell-Geschichtlichen eingesenkt sind, daß also ›eigentliches‹ Sein in seiner Idealität und ›tatsächliches‹ Sein in seiner Realität für den Menschen nicht zur Deckung kommen können, es sei denn, er nähme – wie Bruno es in vielen Passagen andeutet – sein Sein sozusagen in seiner Selbst-Geltung (nicht nur in der traditionellen, von Bruno explizit bekämpften christlichen Geltung) zurück. Dies jedoch ist es gerade, was Bruno selbst nicht tut und wogegen er auch – vor allem durch den Grundgegensatz Weiser – Volk (siehe den nächsten Absatz) – vehement opponiert. Daß sich im Universum Identität und Differenz, Selbigkeit und Andersheit zum Einen untrennbar (koinzidental) zeigen, bedeutet eben auch, daß die Identität und Selbigkeit, die für alles Sein ›gleich‹ ist und es dadurch gleichsam enthierarchisiert, die Differenz und Andersheit aufhebt, die im Sein dessen Verschieden-Sein als unausweichlichen Unterschied an Komplexität und auch Dignität zum Ausdruck bringt. In unserem Text De la causa wird zwar die neue Ontologie im wesentlichen als eine neue Theorie der Natur und als Kosmologie diskutiert, Bruno legt damit jedoch auch die Grundlage, und man muß hier natürlich auch De l’infinito hinzuzählen, für seine kritischen Analysen der traditionellen Gesellschaftsformen, ihrer intellektuell-religiösen Selbstvermittlungen und vor allem ihrer innerlichen Struktur der Selbstzerfleischung, wie sie insbesondere in den konfessionellen Kriegen zum Ausdruck gekommen war.201 Wenn klar ist, daß der Wech-
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Zur Sache vgl. Ingegno: Regia pazzia (1987), S. 29 f., der in einem sozial-psychologischen Ansatz davon ausgeht, daß für Bruno die grundsätzliche »Furcht« (timore), die der Mensch gegenüber seinem Existieren haben kann und die von der katholischen Kirche instrumentalisiert worden ist, nur überwindbar gewesen sei durch das Bewußtsein von dem Gesetz der Realität (la legge stessa della realtá), nämlich dem »perenne divenire«, durch das Bewußtsein also von der Notwendigkeit der ewigen Substanz. Vgl. die späteren Analysen in den Articuli adversus mathematicos, OL I/3, S. 3 f.: »De eiusmodi pietatis fonte derivat, ut (contra omnem rationem, statum atque naturam, ius item gentium et consequenter verum Dei optimi ordinem rebus inditum) dissoluta iaceant foedera naturae, et suggestione misanthropon spirituum mini-
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sel der Dinge, die vicissitudo rerum, aus einer Grundrelation weniger Faktoren – dem Einen, d. h. dem Göttlichen, der Weltseele und ihrem Intellekt, und der Materie als einer unendlich fruchtbaren, die Dinge aus sich in einen Kreis von Entstehen und Vergehen hervortreibenden Kraft – vor dem Hintergrund der strukturellen Duplizität aller Wirklichkeit besteht, dann kann auch die Position des Individuums angesichts der für es maßgebenden Größen – Gott, Natur, Gesellschaft (Religion, Wissen, Ethik) – im Blick auf diese unvorgreiflichen kosmischen Zusammenhänge neu bewertet werden. Wenn die Instanz, die Bruno ›Natur‹ nennt und für die er – unklar genug – häufig synonym die Begriffe Weltseele oder Materie verwendet, als die Vermittlungsinstanz oder der ›Mittler‹ (nicht umsonst spricht Bruno von der »unigenita natura«202) zwischen dem Einen und den inkorporierten, materiellen Dingen gilt, dann liegt, was jedoch nicht Thema dieser Einleitung sein kann, eine kritische Transformation klassischer sozialer und vor allem religiöser Strukturen auf der Hand: sowohl der Staat, d. h. dessen personalisierte Instantiierungen (von Gottes Gnaden), die sich in allen Formen von Herrschaft darstellen, als auch die Kirche (im Sinne der katholischen Ekklesia), insbesondere aber Christus als ›Mittler‹ schlechthin, können und werden von Bruno jetzt entweder als Gestalten (Masken, Bilder, Symbole) oder als kalkulierte Verdeckungen (in Vorwegnahme des Diskurses des 17. Jahrhunderts um das Problem des imposteur) des ›eigentlichen‹, authentischen Mittlers, nämlich der Natur, decouvriert.203 Wenn es die ›Natur‹ selbst ist, die das Eine in un-
sterioque Erynnium infernalium […] eo deventum est, ut plus homo ab homine quam a caeteris dissideat, et plus homo homini quam caeteris adversetur animantibus, et lex illa amoris longe lateque diffusa nusquam servata iaceat, quae non ab unius gentis cacodaemone, sed certe a Deo omnium patre profecta, utpote naturae universali consona, generalem edicit philanthropiam«; hierzu, mit Parallelstellen und mit Blick auf Spinoza (Tractatus theologicopoliticus c. 14), Granada: Giordano Bruno (2002), S. 153 ff., 163–167. 202 G. Bruno, Causa, dialogo 3, BW III, S. 170 und Kommentar S. 412 f. 203 Severino: Bruno e il pensiero ontologico (2003), S. 13: »Rispetto a Galilei, per il quale la Bibbia non mostra come va il cielo, ma come si va in cielo, il pensiero di Bruno è essenzialmente più radicale, perché per lui la filosofia non
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endlichen gestuften Vermittlungsformen der Totalität des Natürlichen (natura naturata) vermittelt – sei es, daß sie »im Inneren« der Materie wirkt, die dadurch in der Formgenese eine Art abbildhafter Autonomie zum Einen selbst erhält, sei es, daß sie »von Außen«, wie der aristotelische νοῦς, Strukturen universalen Charakters dem unendlichen Formenreichtum des Materiellen präskribiert – so ist es nur folgerichtig, daß es auch im einzelnen menschlichen Individuum dessen ›Natur‹ selbst ist, die es ihm gestattet – im Modus dessen, was Bruno »Freiheit« (libertá) nennt204 –, sich selbst als Ausdruck des Einen zu begreifen und sich selbst der es umgebenden Natur und Gesellschaft zu vermitteln. Diese Prozedur verlangt jedoch starke, heroische Individuen, denn sie müssen es aushalten, daß alles, was sie in den möglichen Formen der Selbst-Vermittlung tun, und alles, was sie – ganz im Sinne der Vorstellung von der »dignitas hominis« – an operativem Potential umsetzen, angesichts der Dominanz der rasenden Veränderung, des permanenten Wechsels der Formen und der grundsätzlichen Instabilität keinen Bestand wird haben können (allerhöchstens sind dispositionale, also kurzfristige Einheiten möglich), ja daß noch nicht einmal theoretisch konsistent auszumachen ist, wo denn überhaupt verläßliche konstante Formmodelle (seien es platonische Ideen, stoische Seminalgründe, christliche Seinsformen) für das Begreifen der Wirklichkeit gewonnen
solo mostra come va il cielo, ossia come si configura il senso dell’essere – il senso ontologico del mondo – , ma mostra come si va autenticamente in cielo, ossia come gli individui e la società debbano adeguarsi al senso dell’essere per diventare felici; e pertanto la filosofia mostra come si va in cielo proprio perché mostra come va il cielo«; vgl. auch Ingegno: La sommersa nave (1985); Granada: Giordano Bruno (2002), S. 49 f., 148 f. Daß die Differenz zum Kirchen-Begriff Luthers wie auch Calvins trotz aller reformatorischen Kritik größer nicht sein könnte, zeigt eine Lektüre von Obermann: Zwei Reformationen (2003). Zum Hintergrund der »imposteur«-Problematik vgl. die hervorragende Darstellung von Schröder: Ursprünge des Atheismus (1998). 204 Vgl. Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978), S. 206: »la libertà per il Nolano è libertà di agire, di mutare la natura, e in questo senso dio provvede l’uomo di due organi, necessari nella loro complementarietà, come la mano e l’intelletto. Ora questo mutare gli ordini della natura è esso stesso naturale.«
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werden können.205 Die Selbststabilisierung des Individuums angesichts einer für es unkalkulierbaren »vicissitudo rerum« gelingt in den Augen Brunos daher nur noch durch die spontane, freie und unkonditionierte Aktivierung eines ›anderen‹ Feldes: des genuin zu seiner mentalen ›Natur‹ gehörenden Feldes der Phantasie und der, um es idealistisch zu sagen, ›produktiven Einbildungskraft‹. Gegen das Sich-selbst-Verschlingen der Natur in ihren einzelnen Wesen (nicht natürlich in ihrer nur dem Intellekt zugänglichen Art- und Gattungskonstanz) kann der Mensch etwas Festes nur setzen, indem er Produkte hervorbringt, die die Natur selbst so nicht hervorbringt, die aber auf der anderen Seite die Grenzen des Naturhaften auch nicht überschreiten (eine Natur darf sozusagen der anderen nicht widersprechen oder widerstreiten)206: Sprache, Zeichen, Figuren, Bilder auf der einen Seite (siehe hierzu Kapitel 2 der Einleitung) und spezifische menschliche Formen des Handelns auf der anderen Seite. So kann dann, wie Alfonso Ingegno herausgestellt hat, die Neubestimmung dessen, was genuin menschliche Praxis sein soll und sein kann, als Ausdruck der kontinuierlichen Transformation des Begriffs von Religion und als »Wiedergewinnung eines richtigen Begriffs des Göttlichen« verstanden werden.207 Für Bruno handelt es sich hierbei immer um die stabilisierende, die permanenten Wechselzustände der menschlichen Wirklichkeit produktiv konturierende Funktion von Politik und Religion, auf diese Funktion kam es ihm 205
Vgl. hierzu Granada: Giordano Bruno (2002), S. 273–295, bes. 281 f. Wichtig hierzu G. Bruno, Acrotismus, art. XXI, OL I/1, S. 117: »non enim plus debet habere imaginatio naturalis […] quam natura«; zum »spiritus phantasticus« vgl. De imaginum compositione, OL II/3, S. 119: »mundus quidam et sinus […] inexplebilis formarum et specierum«; Theses de magia, n. XLIII, OL III, S. 481 (OM, S. 376): »nihil enim est in ratione quod aliquo pacto non fuerit in sensu, et nihil a sensu pertransit in rationem, quod per phantasiam non deferatur«. 207 Verhältnis zur christlichen Religion vgl. Ingegno: Regia pazzia (1987) passim, bes. S. 96 ff., 144: These: die »Einheit des italienischen Werkes« zeigt sich in der kontinuierlichen Entwicklung von Cena bis Furori als «riconquista della corretta nozione della divinità«, d. h. zunächst kosmologisch-ontologisch, dann religionstheoretisch-praktisch (moralisch); vgl. auch Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 52 ff. 206
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insbesondere an.208 Es ist durch neuere Untersuchungen, vor allem durch die Arbeiten Rita Sturleses und Miguel Angel Granadas, nachgewiesen worden, daß Bruno in zentralen Punkten der Anthropologie des Averroes und der damit verbundenen Bewertungen der Religion als sozial-politischer Stabilisierungsfunktion verpflichtet ist. Auch in diesem Kontext vertritt Bruno Theoreme, die die Entdifferenzierung und Gleichstellung allen Seins durch Differenzierung wieder aufheben. So, wenn er einer durchaus im griechischen Denken wurzelnden aristokratisch-intellektualistischen Grundhaltung anhängt, die auf der Überzeugtheit von der Ungleichheit der Menschen aufbaut, die sich trotz ihrer ontologisch fundierten, idealen Gleichheit in der Wirklichkeit als Realität erweist.209 Hier fällt der Grundgegensatz ›einfaches Volk – Weiser (kontemplatives Indiviuum)‹ auf 210 und die Rigorosi-
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Hierzu vgl. Papi: Antropologia (1968); Ordine: La soglia dell’ombra (2003), S. 93–124. 209 Sturlese: Averroe quantumque arabo (1992), die S. 248 ff. die Grundlegung durch F. Tocco, A. Corsano, G. Spini und B. Nardi skizziert; Granada: Giordano Bruno (2002), S. 36–39, 43 f. Granada verweist etwa auf Averroes, Destructio destructionum philosophiae Algazelis, in the latin version of Calo Calonymos, ed. B. H. Zedler, The Marquette UP, Milwaukee 1961, disputatio sexta, S. 291 f. Vgl. auch Bianchi: Filosofi, uomini e bruti (1992), S. 185–201. Auf die Sache hatte etwa schon Brucker hingewiesen, vgl. Brucker, Historia critica philosophiae (1744), De studio philosophiae eclecticae, lib. I, c. 2, S. 12– 62, hier § 12, S. 34: »Ita vero dum latebras quaerit, et velo se tegit, Pythagoreos, ut videtur, imitatus, ne tanta mysteria vulgo patescerent; philosophorum ' % numero se ipsum expungit.«. 210 G. Bruno, Cena, dialogo 4, OC II, S. 193 (DI, S. 121; U I, S. 523): »Tanto più uno che vuole dare a l’universo volgo la legge e forma di vivere, se usasse termini che le capisse lui solo et altri pochissimi, e venesse a far considerazione e caso de materie indifferenti dal fine a cui sono ordinate le leggi, certo parrebbe che lui non drizza la sua dottrina al generale et alla moltitudine per la quale sono ordinate quelle; ma a savii e generosi spirti, e quei che sono veramente uomini, li quali fanno senza legge quel che conviene«; zentral auch der Passus aus Infinito, Proemiale epistola, BW IV, S. 32 (OC IV, S. 37–39; DI, S. 359 f.) zur »volgare filosofia« und »nostra [id est: Brunos] filosofia«, die, durch die ausschließliche Betrachtung der »wahren Substanz« des Seins, d. h.
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tät, mit der Bruno es ausschließlich denen zutraut (und gestattet), eine Einung mit dem Göttlichen tatsächlich zu erreichen, die »mit Flügeln begabt sind« (vgl. Platon, Phaidros 246 B–251 D), d. h. der Minderheit, die (im Sinne des Averroes/Averroismus) ihrem Intellekt den Status des »intellectus adeptus« verliehen haben und der eigentlichen Kontemplation fähig sind.211 Daß diese Kontemplation – auch da, wo sie in den Augen Brunos selbst das Höchste erreicht – immer eingeschränkt und begrenzt bleiben muß auf die Betrachtung des Göttlichen im Zustand seiner dupliken Entfaltung als Universum und Kompositum aus »posse facere« und »posse fieri«, Materie und Form, Unendlichkeit und Endlichkeit, ist nur konsequente Einlösung der These von der für den Menschen konstitutiven Unfähigkeit, als endliches Wesen das Unendliche als Unendliches zu erfassen. Letzteres bleibt das »Unerreichbare« (inaccesibile) schlechthin, die menschliche »Einung« mit dem Göttlichen ist eine Einung mit dem Göttlichen, das sich ›sichtbar‹, ›fühlbar‹, ›denkbar‹ gemacht hat.212 Auch hier setzt sich ein durch Differenz
des nicht-vicissitudinalen Einen, zur wahren »beatitudine« führen soll: diese kann nicht Resultat der »fanciulleschi pensieri« der Vielen, sondern nur der wahren »contemplazione« der Wenigen sein. 211 G. Bruno, Furori II, dialogo 2, OC VII, S. 377 (DI, S. 1115; U II, S. 687) und den Kommentar von Granada ebd. zur Stelle, der darauf hinweist, daß Bruno hier, durch die Verwendung des Ausdrucks »sursum corda«, den Egalitarismus, den die Kirche – vor allem die reformatorische – hinsichtlich der »Erhebung der Geister« aufrechterhalten hatte, in einen Nonegalitarismus gerdazu umdreht; vgl. auch Immenso I c. 4, OL I/1, S. 215. Zu den kosmologischen Aspekten Granada: Giordano Bruno (2002), S. 85–92. 212 So sieht es auch mit vollem Recht Granada: Giordano Bruno (2002), S. 50 f.: »para Bruno, la unión con la divinidad a través de la filosofia (en realidad la única posible absolutamente al hombre) no es nunca con la divinidad en sí misma y menos en una existencia ultramundana fuera del universo fisico. […] La copulatio con la divinidad es siempre con la divinidad manifesta en la naturaleza infinita que es su retrato e imagen necesaria (no con Apolo, sino con Diana) […]«. Der Diktion Granadas ist zu entnehmen, daß auch er – im Sinne Brunos, den er hier, wie immer, mit großer Kompetenz interpretiert – ein Eines/Göttliches ansetzt, »la divinidad en sí misma«, das gegenüber der »divinidad manifesta« abgesetzt und in gewisser Weise ›transzendent‹
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bestimmtes Gefälle gegen die Einebnung des Einen in das Viele und des Vielen in das Eine durch: der Begabung zur Kontemplation (dem Höchsten im menschlichen Sein), die im Endlichen das Unendliche als dort Eingegangenes sieht und die in der averroistischen Tradition den »homo perfectus« ausmacht, der gegenüber der Masse sich ›heraushebt‹, entspricht das schlechterdings Nicht-Kontemplierbare (das Höchste im Sein überhaupt), das als Eines immer ›Herausgehoben‹ bleibt, obgleich zur gleichen Zeit nichts von dem, was ist, in seiner Substanz oder seinem wahren Sein nicht dieses Eine selbst ist. Die kritische Wieder-Einsetzung des Philosophen (Weisen) gegen den Gläubigen, der Philosophie gegen die christliche Religion, eine Wiedereinsetzung, deren ethisch-politische Konsequenzen insbesondere im Spaccio de la bestia trionfante213 und in den Eroici furori diskutiert werden, hat in De la causa ihre metaphysische Grundlegung erfahren. Daß Bruno sich zu denen zählen konnte, die als »caecorum duces«214 die (wäre sie durchgeführt worden) in ihren tatsächlichen Konsequenzen unabsehbare Totalreformation des menschlichen Zu-
bleibt. Rita Sturlese hatte schon zuvor eindringlich darauf hingewiesen, daß es gerade das Neue (novitá) an Brunos Position sei, daß »anche la somma felicità raggiungibile dall’uomo attraverso il congiungimento con le intelligenze separate o la prima mente è una felicità imperfetta«, Sturlese: Averroe quantumque Arabo (1992), S. 260 f. Dies, weil 1. die natürliche Wirklichkeit als Gegenstand philosophischer Forschung faktisch unendlich ist und daher durch keine noch so große Verkettung einzelner Erkenntnisse oder Anschauungen eingeholt werden kann, und weil 2. das Vermögen der menschlichen »mens« gegenüber einem jeweils einzeln instantiierten Vereinigungs-(Erkenntnis)akt selbst unendlich ist und daher »immer weiter« (oltre quel che possiede, vgl. Furori I, dialogo 5, DI, S. 1062 f.) gehen muß. 213 Zum Religionsbegriff, wie er im Spaccio entwickelt wird, vgl. Blum: Die Religion der Phantasie (2002) passim; Blum erarbeitet, von anderen Ausgangspunkten als diese Interpretation ausgehend, vor allem von einem »absolut immanent[en]« Gott (S. 167), den Begriff einer quasi natürlichen Religion bei Bruno: Religion sei eine legitime »Sonderform des Verhaltens zur Welt«, »ein natürliches Produkt des Universums der Menschen« (S. 172). Zu Voraussetzungen hierzu bei Ficino vgl. Leinkauf: Philosophie und Religion (2002). 214 Articuli adversus mathematicos, OL I/3, S. 5.
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sammenlebens in Angriff nehmen sollten, die also ineins Philosophen (theoretische Kompetenz) und heroisches Subjekte (praktische Kompetenz) sind, mußte, nach den Auseinandersetzungen mit der scholastischen und (neu)platonischen Lehre in der frühen Zeit und nach den ersten radikalen Expositionen der neuen kosmologischen Position in der Cena, eine zumindest in den Grundzügen orientierende allgemeine metaphysische Absicherung erhalten. Wie wir es auch immer wenden wollen – und die im nächsten Abschnitt im kurzen Abriß gegebene Wirkungsgeschichte spricht darüber Bände –: Brunos Akzidentalisierung des Einzelseienden wie auch des Einzelseelischen führt gerade nicht zu einem paralysierten Fatalismus, der das Resultat einer unendlichen Verzagung wäre, die den Menschen angesichts der absoluten Notwendigkeit, mit der sich die eine Substanz oder das Eine selbst expliziert, befallen könnte, sondern sie ist im Gegenteil – zumindest für ihn selbst, und er hat es durch sein Leben dokumentiert – Quelle nie versiegender Aktivität, in der er bis zuletzt versuchte, seinen »eigenen Platz« zu finden und seine »eigene Ehre« zu verteidigen.215 Aber eben hierfür brauchte selbst er Kriterien: im Konturlosen ist kein Ort zu finden, im Indifferentismus keine Ehre zu (er)halten. Die in dieser Einleitung vorgelegte Analyse des Textes von De la causa versuchte mit dem hermeneutischen, aus dem Text selbst gewonnenen Instrument des Grundrisses und seiner ontologischen Struktur zu zeigen, daß man von einer Metaphysik Brunos zu Recht sprechen kann und daß dieser Metaphysik eine bestimmte, obgleich von Bruno selbst immer wieder verunklärte und in Frage gestellte Kontur zugrunde liegt, die Kriterien vorgibt, an denen wir wohl auch die ethischen Einstellungen des Nolaners im Kontext seiner Ontologie besser interpretieren können.
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Vgl. Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 23 f., der hierzu auf den autobiographischen Passus in De monade verweist, Monade OL I/2, S. 425 und, was die soziale Verankerung des »onore« betrifft, auf Candelaio, atto 5, scena 11, OC I, S. 323 (U I, S. 388): »Onore non è altro che una stima, una riputazione […]. Onore è la buona opinione che altri abbiano di noi: mentre persevera questa, persevera l’onore.«
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5. Wirkungsgeschichte Der Dialog De la causa hat eine innere Wirkungsgeschichte im Œuvre Giordano Brunos selbst, in dem immer wieder auf diese grundlegende Schrift explizit Bezug genommen wird216, und er hat eine äußere Wirkungsgeschichte in der auf Bruno folgenden Geistesgeschichte, die einen ihrer Kulminationspunkte sicherlich in den Exzerpten erreichen wird, die Friedrich Heinrich Jacobi als Anhang seiner zweiten Auflage des Gesprächs mit Lessing aus dem Jahre 1789 beigegeben hat217, einen anderen hingegen in der Rolle, die Brunos Biographie und Denken im Italien des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts gespielt hat.218 Bis hin zu Jacobis Versuch einer Rehabilitierung Brunos als eines Denkers des spinozistischen ἔν καὶ πᾱν vor Spinoza selbst stand das Denken des Nolaners einerseits durchgehend unter dem Verdikt einer »großen Dunkelheit«, die durch die sprachliche Faktur seiner späten lateinischen Schriften, vor allem aber auch durch seine mnemotechnischlullistischen Werke bedingt sei – so hielt etwa schon Johann Heinrich Alsted, für den Bruno eine der Hauptautoritäten hinsichtlich der Gedächtniskunst (ars memorativa, Mnemonik) und der »lullschen Kunst« war, in seinem Systema mnemonicum duplex von 1610 lakonisch fest:
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Als Beispiel sei hier nur auf die Nachweise verwiesen, die die Editorinnen der magischen Werke in ihren »nota ai testi« am Beispiel der Lampas triginta statuarum gerade auf De la causa geben, vgl. OM, S. C f., CVII, CIX–CXI, aber auch auf die Hinweise von Canone, Nota introduttiva (1999) S. XXXI f., XXXVII f. mit Anm. 78 f. zu Acrotismus OL I/1, S. 102 f., 105, 122; Minimo I/3, S. 272; Monade I/1, S. 357, 391). Vgl. aber auch Infinito, proemiale epistola, BW IV, S. 10 (OC IV, S. 11): essere – posser essere, ebd., S. 12 (OC IV, S. 15): può fare – può essere fatto; ebd., S. 36 (OC IV, S. 41): das Unendliche hat eine Oberfläche als »volto«, die sich permanent verändert (vgl. Causa, dialogo 5); Infinito, dialogo 2, BW IV, S. 92 (OC IV, S. 109) zur Koinzidenz von »posser fare« und »posser esser fatto« im Einen, die schon »altre volte«, d. h. in De la causa, nachgewiesen worden sei. 217 Vgl. allgemein Michel: Cosmologie (1962), S. 317–334; Beierwaltes: Einleitung (1977), S. XXXIV–XL; Canone: Introduzione (1998). 218 Vgl. Cacciatore: Giordano Bruno e noi (2003), S. 15–30, 51–109.
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»Nolanus […] qui multa scitu digna scripsit, sed obscure«.219 Ein ›obscure‹, das, wie Jacobi später bemerken wird, auch noch das Urteil Bruckers prägte220 und das auch in Hegels Würdigung in seinen Vorlesungen zur Geschichte der Philosophie noch eine Rolle spielen wird.221 Andererseits und in der überwiegenden Zahl der Einschätzungen späterer Zeit jedoch figurierte Bruno, obwohl er von der Kirche 219
J. H. Alsted: Systema mnemonicum duplex, Fancofurti 1610, I Systema minus, lib. II c. 17, p. 104; vgl. ebd., lib. IV, c. 3, p. 129 zu G. Bruno, De triginta sigillis lib. 3: »ubi dicit, quod quartum sigillum in domo Mnemosines sit Proteus. Est autem talis, ars quae subiectam materiam docet transformare in omnes imagines & similitudines, quemadmodum ex eadem cera omnes imagines suscitamus«; p. 129: »hoc ergo pro rato esse debet: de omnibus omnia possunt dici, at non eodem modo.« Zur Verbreitung von Brunos Schriften im Windschatten der Werke Lulls, vor allem in der Zetznerschen Edition (1. Auflage 1598 und dann 1609, 1617, 1651) und zu Bruno-Alsted siehe Ricci: La fortuna (1990), S. 13–47. 220 Vgl. Jacobi: Über die Lehre des Spinoza (1789), dann in: W IV/1, S. 1– 253, IV/2, S. 1–167, dann Werke I/1, S. 147–268. Die Ausgabe 1789 weist wesentliche Zusätze gegenüber 1785 auf (hierzu auch den ausführlichen editorischen Bericht zu W in Werke I/2, S. 361–375): 1. Zueignung zur 2. Auflage 1789 an Heinrich Schenck (Werke I/1, S. 149 = W IV/1, S. 3 f.), 2. Vorrede (Werke I/1, S. 151–157 = W IV/1, S. 7–15), vor allem mit Bemerkungen zu den Beilagen, die jetzt beigegeben sind; wichtig zur 1. Beilage (Werke I/1, S. 151–153 = W IV/2, S. 7–10) die Bemerkung, er habe weder in De la causa noch in De l’infinito univero et mondi die »große Dunkelheit« finden können, die man, so etwa Brucker oder Bayle, Bruno vorgeworfen habe (152/9). »Mein Hauptzweck bei diesem Auszuge ist, durch die Zusammenstellung des Bruno mit dem Spinoza, gleichsam die Summa der Philosophie des hen kaì pân in meinem Buche darzulegen. […] Schwerlich kann man einen reineren und schöneren Umriß des Pantheismus im weitesten Verstande geben, als ihn Bruno zog« (152/10). Zu Brucker vgl. Historia critica (1744) lib. I, c. 2, § 12, S. 33: »ineluctabilem obscuritatem et confusionem in eius philosophematis regnare debere«; § 16, S. 47: nach der Diskussion von De minimo heißt es, »haec potiora sunt, quae ex tenebrosa Bruni sylva in lucidiorem paulo campum producere visum est«. Buhle bezeichnet vor allem die Schriften zum Lullismus als »äußerst unverständlich«, Geschichte der neuern Philosophie (1800) S. 715. 221 Hegel: Vorlesungen (1928), siehe unten S. CXXXV f.
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selbst nicht so bezeichnet worden ist222, zusammen etwa mit Machiavelli (der schon zu Zeiten Brunos selbst in der kontroverstheologischen Literatur als Verkörperung des Bösen galt) als Atheist und Libertinist, als einer, der es »gewagt habe, das ganze Feld und den Horizont der Philosophie zu verändern und eine neue und zwar völlig abstruse Philosophie« dagegen zu setzen223, ja als »un des plus mechans hommes que la terre porta jamais«, so das vernichtende Urteil Marin Mersennes in seinem 1624 erschienen Werk L’impiété des déistes, athées et libertins de ce temps.224 Der Minorit wird sein Urteil in dem im sel-
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So Ricci: La fortuna (1990), S. 239 f. Brucker: Historia critica philosophiae (1744), De studio philosophiae eclecticae, lib. I, c. 2, S. 12–62, hier § 1, S. 12: »Primus, quantum quidem nobis constat, qui totum philosophiae circulum mutare, et philosophiam dare novam eamque abstrusissimam ausus est, fuit Iordanus Brunus«; Brucker hält fest, daß, im direktem Kontrast zur Bekanntheit Brunos selbst, bis in seine Zeit eine präzise »historia« zu Leben und Werk Brunos fehle, vor allem wegen der außerordentlichen Rarität seiner Werke (insignis raritas librorum Bruni) – er selbst habe sich daher, neben Auszügen gelehrter Kollegen aus den Opera, nur auf die Abhandlung De minimo und auf die Werke zum Lullismus stützen können. Brucker greift zusätzlich für seine ausführliche Darstellung auf K. Schoppe, »qui omnes fere, qui Bruni historiam attigerunt, sequuntur« (§ 3, S. 19, aber, wie auf S. 13 f. und 28 zu lesen, durchaus kritisch), P. Bayle, J. Toland und M. Lacroze zurück, ebd. S. 14 f. 224 Mersenne: L’impiété des déistes (1624) Vol. I, S. 230 f. Zu Machiavelli–Bruno vgl. Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 128–133; Granada: Giordano Bruno (2002), S. 169–196. Bruno seinerseits reagiert, wie G. Gliozzi gezeigt hat (Adamo e il nuovo mondo (1977) S. 335 f.), auf kontroverstheologische Schriften wie die von Philppe Du Plessis Mornay, De veritate religionis christianae adversus Atheos, Epicureos, Ethnicos, Iudaeos, Mahumedistas, et caeteros Infediles liber, Antverpen 1581 (Paris 1582). In den atheistischen Kontext wird Bruno ebenfalls durch Lacroze gestellt: Mathurin Lacroze de la Veyssière, königlicher Bibilothekar zu Berlin, verfaßte eine Dissertation sur l’atheisme et sur les athées modernes, veröffentlicht in: Entretiens sur divers sujets d’Histoire, de Littérature, de Réligion et de Critique, Köln 1711, in der Bruno (auf Basis der Lektüre vor allem von De immenso) als Spinozist figuriert; in die Atheismus-Kerbe schlägt auch Johann Franz Budde mit seinen Theses theologicae de atheismo (1717) S. 109–115, in denen Bruno, zusammen 223
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ben Jahr erschienenen zweiten Band dieses Werkes noch verschärfen und große Teile dieses Bandes der Auseinandersetzung mit Giordano Bruno widmen, von dem selbst die Libertinisten sagten, er sei »le plus subtil de tous ceux qui servent de rempart à leur impiété«.225 Nicht nur Brunos offensichtlich selbst gewollter (weil aus bestimmten Konsequenzen seines Denkens folgender, obgleich nicht ›gesuchter‹) Tod, seine ihm schon seit der Spätphase des Prozesses nachgesagte Sturheit und Unbeugsamkeit (vuol morir ostinato, heretico pertinace etc.), sein Insistieren auf den inkriminierten Grundthesen seines Denkens, sein Sich-Erheben über die ihn Richtenden226, sondern eben auch die Texte selbst provozierten harte, ablehnende Reaktionen über Tycho Brahe (Iordanus Nullanus), Johannes Kepler, Robert Burton bis hin zum Dictionnaire historique et critique des Pierre Bayle.227 Obgleich es dann in der Philosophiegeschichtsschreibung des 18. Jahrhunderts, so vor allem im Polyhistor des Daniel Morhof, auch klare Zurückweisungen
mit Pomponazzi, Machiavelli, Cardano, Cremonini zu den gefährlichsten Atheisten gezählt wird. Vgl. jedoch den skeptischen Hinweis bei Schröder: Ursprünge des Atheismus (1998), S. 61 f.. Zur Sache Schmidt-Biggemann: Aspekte der Rezeptionsgeschichte (1999), S. 71 ff. 225 Mersenne: L’impiété des déistes […] Ensemble la réfutation des Dialogues de Iordan Brun (1624b) ol. II, S. 369. Vgl. Gómez: Marin Mersenne: la pólemica acerca de la pluralidad de los mundos (1997); Granada: Palingenio, Patrizi, Bruno, Mersenne (2000); Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 8–12; Seidengart: Mersenne lecteur et critique de l’infinitisme brunien (2003) passim. 226 Hierzu ist durchgehend zu vergleichen Firpo: Il processo (1993); neuerdings Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 1–62. In den Prozeßakten ist festgehalten (Firpo S. 351), daß Bruno sich noch ganz am Ende gegenüber den ihn zum Tode verurteilt habenden Inquisitoren folgendermaßen geäußert habe: »maiori forsan cum timore sententiam in me fertis quam ego accipiam« (mit größerer Furcht, als ich selbst es annehme, fällt ihr wohl dieses Urteil über mich). 227 Bayle: Dictionnaire (1720) Vol. I, S. V: Brunus. Siehe auch dann Sixième édition, revue et corrigée et augmentée avec la vie de l’auteur par M. Maiseaux, Bâle 1751. Zu Bayle und den Folgen vgl. Schmidt-Biggemann: Aspekte der Rezeptionsgeschichte (1999).
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gegenüber diesem Atheismus-Vorwurf sowie eine nachträgliche Verurteilung seiner Hinrichtung gegeben hat.228 Neben dieser, vor allem gegen Inkonsistenzen in der Argumentation und gegen theologischreligiöse Radikalität gerichteten kritischen Wendungen gegen Bruno gab es natürlich eine affirmative Rezeption, die immer wieder auf dessen Einbildungskraft, seinen Scharfsinn, seine spekulative Kompetenz und sein großes Ingenium abhebt (vir ingeniosus)229: Neben der
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Morhof: Polyhistor (1747) Vol. I, lib. 1, c. 8, n. 22 (S. 73 f.): »Iordanus tamen Brunum huic classi non annumerarem: quanquam enim pluralitatem terrarum & solium statuit in libro De innumerabilibus, sive de universo & mundi, quod aliis quoque factum; manifesta tamen in illo Atheismi vestigia non deprehendo«; ebd., Vol. II, lib. 2/1, c. 15, n. 1 (S. 244): »Sed ille miser vivicomburio sententiarum suarum audaciam luit; in quo magnam ei factam iniuriam esse credo; neque enim Atheismi crimine suspectum eum scripta eius faciunt.« Vgl. Heumann: Jordani Bruni Unschuld in Puncto Atheisterey (1718). Zu Heumann, der Bruno, im negativen Sinne, als »Enthusiasten« charakterisierte (Enthusiasmus war, nebenbei gesagt, das allgemeine negative Kriterium, mit dem der gesamte Neuplatonismus im 18. Jahrhundert belegt worden ist), vgl. Schmidt-Biggemann: Aspekte der Rezeptionsgeschichte (1999), S. 72–83. 229 Morhof: Polyhistor (1747) Vol. I, lib. 2, c. 5 n. 29 (S. 355), c. 6 n. 12 (S. 370): »summi ac profundi ingenii Vir« (alles ohne Bezug auf De la causa). Morhof subsummiert Bruno ansonsten – neben der Zuordnung zum Lullismus – unter die »epikureische Philosophie«, d. h. auch unter den demokritischen Atomismus vgl. ebd. Vol. II, lib. 1, c. 5 n. 6 (S. 28), ihn dabei weitsichtig in den Kontext mit Cusanus, Descartes u. a. stellend, ebd. Vol. II, lib. 2/2, c. 11 n. 5 (S. 319–321). Die grundlegende, allerdings knappe Darstellung findet sich ebd. Vol. II, lib. 2/1, c. 15, n. 1 (S. 244 f.) und basiert ausschließlich auf De immenso. Tiedemann: Vom Geist der spekulativen Philosophie (1796) S. 570: »Die Einbildungskraft war bei ihm ebenso feurig, aber auch eben so zügellos wie bey Cardan, und auch er ward von ihr zu Entzückungen nicht selten hingerissen«; die Bergiffe »Entzückungen« oder auch »Alexandrinische Schwärmerey« (ebd. S. 573), schlagen in dieselbe negative Kerbe wie Bruckers »enthusiasmus« (auf den er sich ja auch hauptsächlich bezieht, so etwa auch in der Datierung des England-Aufenthaltes nach Frankfurt !), siehe oben Anm. 228. Tiedemann sieht den »schnellen Genie-Blick« Brunos als dessen eigentlichen Kompetenzbereich und hält kritisch fest, daß der Nolaner nicht zu einer »Untersuchung mit anhaltendem Denken« kommen konnte (ebd., S. 572 f.).
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durchgehend positiven Würdigung Brunos in der bis weit ins 17. Jahrhundert anhaltenden Diskussion um die Gedächtniskunst und deren methodische Strategien ist hier vor allem die Rezeption von Brunos lateinischen Schriften bei William Gilbert und im sogenannten Northumberland-Zirkel zu nennen (Sir Henry Percy, Thomas Harriot, Walter Warner, John Donne u. a.), in dem Brunos Atomismus und Lukrezianismus, gemeinsam mit den astronomischen Thesen des Thomas Digges, große Wirkung ausübte230, aber auch die durch Jacobi angestoßene, neue Wertschätzung Brunos als Vertreter von Denkfreiheit »zur Zeit einer allgemeinen Geistes-Sclaverey«231, als »originaler Denker«, als »interessantester Denker dieser Zeit« (d. h. vom 15. bis Ende 16. Jahrhundert)232 und als ein »als Metaphysiker tiefsinnge[r] und consequente[r] Denker«.233 Es ist der Minorit Mersenne, der, worauf jetzt wieder zu Recht Michele Ciliberto hingewiesen hat234, die zentrale Bedeutung von De la causa für das Denken und für das Schicksal Brunos erkannt hat: »dies sind die Dialoge, für welche er in Rom verbrannt worden ist,
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Hierzu Gatti: Giordano Bruno: the texts (1983), S. 63–67; Ricci: La fortuna (1990), S. 49–79 auch zu Gilbert; Sacerdoti: Tre re, Erode di Giudea (1994), S. 181–209. 231 So Tiedemann: Vom Geist der spekulativen Philosophie (1796), S. 571. 232 Tennemann: Grundriss der Geschichte der Philosophie (1829), §§ 298– 301: Giordano Bruno, S. 324–330, hier: § 298, S. 325. Johann Jacob Wagner, in: Journal für Wissenschaft und Kunst, hgg. von Johann Jacob Wagner, 1. Heft, Leipzig 1805, S. 67–69 hält Bruno, mit Blick vor allem auf die lullistische Kunst, für den »glänzendste[n] Geist der vorcartesischen Philosophie«, vgl. Ricci: La fortuna (1990), S. 16. 233 In die Reihe der »originale[n] Denker« des 16. Jahrhunderts wird Bruno, zusammen mit Cardano, Vanini, Ruggeri und Campanelle, von Buhle gestellt, vgl. Geschichte der neuern Philosophie (1800), S. 703, der Abschnitt zu Bruno umfaßt die S. 703–856 und ist wohl die seit Bayle gründlichste Auseinandersetzung mit dem Nolaner; daß Brunos lullistische Werke unlogisch, »gekünstelt« und willkürlich seien, er hingegen in der Metaphysik tiefsinnig und konsequent sei, hält ebenfalls Buhle S. 748 fest. 234 Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 9–12; aber zuvor: Ricci: La fortuna (1990), S. 86–95.
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wie mir (von anderer Seite) versichert worden ist«.235 Dabei ist es signifikant, daß es für den hochangesehenen, langjährigen kritischen Briefpartner des Descartes nicht so sehr die Unendlichkeitsthese ist, die ihn zu seiner vernichtenden Kritik motivierte, sondern vielmehr die mit dem Monosubstantialismus zusammenhängende, aus der Akzidentalisierung der Individualseele resultierende Lehre von der ewig lebenden Weltseele einerseits und von der ephemeren Endlichkeit der Einzelseele sowie ihrer Depotenzierung zu einer allgemein-seelischen Größe (wie die der Tiere) andererseits.236 Es wird dann später Pierre Bayle sein, der in seinem Dictionnaire ebenfalls explizit die Schrift De la causa diskutiert und sein kritisches Urteil just auf derselben Zuordnung von Brunos Denken zu dem des Spinoza fundiert – die Philosophie von De la causa »est au fond toute semblable au Spionzisme«237 –, die dann wiederum Friedrich Heinrich Jacobi dazu veranlaßte, Auszüge aus De la causa und De l’infinito in den Beilagen zur zweiten Auflage seines Lessing-Buches zu veröffentlichen.238 Es ist diese Veröffentlichung, die wesentlich zur ›Renaissance‹ von Brunos Denken im Deutschen Idealismus, bei Schelling wie bei Hegel, beige-
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Mersenne: L’impiété des déistes (1624b), Vol. II, S. 364. 236 Daß P. D. Huet Giordano Bruno in seiner Censura philosophiae Cartesianae zum Vorläufer des Descartes (oder des Cartesianismus) erklärt – vgl. Huet: Censura (1689), S. 214 – ist vor diesem historischen Hintergrund mehr als ironisch, denn die Differenz von Mersenne gegenüber Bruno, die von radikaler Ablehnung und Verurteilung aller zentralen Punkte seines Ansatzes zeugt, ist von der freundschaftlich-kritischen Differenz zu Descartes, sit venia verbo, Lichtjahre entfernt. 237 Bayle: Dictionnaire (1720), S. 673 f.; hierzu Ricci: La fortuna (1990), S. 239–242. Es ist genau diese für Jacobi zündende Zuordnung von Bruno und Spinoza/Spinozismus, die schon Brucker nicht mitgemacht hat, vgl. Historia critica (1744), Vol. IV, pars 1, S. 59 f.: das System Brunos ist »non spinocisticum, sed emanativum«; durch die Unterscheidung von Atheismus und Pantheismus konnte Brucker, wie Ricci: La fortuna (1990), S. 384 richtig festhält, Brunos Denken, etwa durch die Beachtung des Partizipations-Begriffs (siehe oben S. XIV, XXIII f., LXXXIV), auf neupythagoreische, kabalistische und vor allem neuplatonische Ursprünge zurückführen. 238 Jacobi: Über die Lehre des Spinoza (1789).
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tragen hat, die vor allem aber auch Ausdruck der wirkungsgeschichtlichen Tatsache ist, daß von Brunos Schriften im 17. und 18. Jahrhunderts vor allem De la causa, De l’infinito und die lateinischen Lehrgedichte der Frankfurter Trilogie239 gekannt und rezipiert worden sind. Es ist aber immerhin bemerkenswert, daß schon vor der Jacobischen Re-Implantierung zumindest der Bezug zu De la causa (und wohl auch zu den anderen italienischen Schriften) aufgrund der Quellenlage teilweise verloren gegangen sein muß, wenn etwa ein informierter Autor wie Brucker die Schrift De la causa, sieht man von einer allgemeinen Aufzählung der Schriften ab240, nur aus den Exzerpten sich erschließen
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Dies gilt ganz eindeutig etwa auch für G. W. Leibniz, der von Brunos Schriften allerdings wohl nur die lateinischen Abhandlungen, De immenso und De monade, kannte, vgl. Leinkauf: Einheit, innere Kraft und substantielle Form (2003); Ricci: La fortuna (1990), S. 172 f., 242 f. hält etwa mit Blick auf die englische Situation fest: »Fino a quel momento [d. h. bis Toland das Konvolut von lateinischen und italienischen Schriften aus dem Besitz des Arztes Francis Bernard erwarb, am 4. Oktober 1698], in Inghilterra, del Nolano era stata nota, come si è visto, soprattuto la sintesi pitagorico-epicurea dei Poemi francofortesi, a causa del estrema rarità dei daloghi italiani«, vgl. S. 244, Anm. 15. Toland erwarb auf einen Schlag den Spaccio, De la causa, De l’infinito, die Cena und vermutlich die Frankfurter Trilogie. Auch in dem aus dem Besitz von Isaac Vossius stammenden, seit 1690 in ihrem Besitz nachgewiesenen Bruno-Bestand der Rijks Universität Leiden finden sich, neben den Frankfurter Schriften, ein Großteil der italienischen Werke mit der Schrift De la causa, vgl. Catalogus librorum … Bibliothecae Publicae Universitatis Lugduno-Batavae, Lugduni 1716, S. 80; vgl. Ricci: La fortuna (1990), S. 261, Anm. 43. Eine Beschränkung auf das lateinische Werk kennzeichnet auch die Auseinandersetzung Johann J. Zimmermanns mit Bruno, vgl. De atheismo (1751), dann in: Opuscula theologica (1759), hierzu Ricci: La fortuna (1990), S. 387 f., korrigierend von Wille: Bruno, Campanella e l’Ateismo (1996), bes. S. 261–264, vor allem hinsichtlich der These Zimmermanns, daß Leibniz, obgleich Brunos »principia ex asse conveniunt cum iis, quae ab Leibnizio sunt prolata« (De atheismo, Opuscula (1759) S. 1132), nicht direkt von Bruno beeinflußt sei, sondern daß die gemeinsame Basis beider Denker auf der platonischen und stoischen Tradition zu ähnlichen systematischen Konsequenzen geführt habe (Monadenlehre). 240 Brucker: Historia critica philosophiae (1744) lib. I, c. 2, S. 12–62, hier
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kann, die Pierre Bayle sich gemacht und in seinem Dictionnaire verarbeitet hat.241 Das ›Kennen‹ dieser Texte war also sehr wahrscheinlich ein eher durch Kompendien und weniger durch Autopsie vermitteltes. Mehr noch gilt dies für die Zeit in der ersten Jahrhunderthälfte des 17. Jahrhunderts, wenn man berücksichtigt, daß Autoren wie Nicholas Hill, Johannes Kepler, Henry More, Abraham von Franckenberg, Jacob Thomasius, Gottfried Wilhelm Leibniz ausschließlich auf die lateinischen Werke Bezug nehmen, wobei die Schrift De immenso zweifellos die bedeutendste Rolle gespielt haben dürfte.242 Es sind, vor Jacobi und
§ 14, S. 38. Inhaltlich bezieht sich Brucker selbst fast ausschließlich auf Minimo, vgl. ebd. § 15, S. 40 und die folgende Analyse in § 16, S. 40–47. 241 Brucker: Historia critica (1744) lib. I, c. 2, § 18, S. 49–51: Bayles Auswahl (selegit) von »assertiones« aus De la causa. Die andere Hauptquelle für Brucker ist der Berliner königliche Bibliothekar Mathurin Lacroze de la Veyssière. Auch etwa Charles Etienne Jordan hält sich, was De la causa betrifft, an die Auszüge und das Urteil Bayles, vgl. Disquisitio historico-literaria de Jordano Bruno Nolano, Primislaviae, s. a. (1726), hierzu Ricci: La fortuna (1990) S. 376 f. Ricci hält S. 34 fest: »nei primi decenni del XVII secolo la circolazione delle opere italiane di Bruno, e degli stessi Poemi francofortesi, in cui più forte ed evidente appare l’antiaristotelismo del Nolano, fosse piuttosto limitata«, zur gleichen Zeit sei jedoch die Vita, seien die inkriminierten Positionen und sei vor allem das schreckliche Ende des Nolaners in der englischen gelehrten Öffentlichkeit (Gilbert, Burton, Bacon) und dann auch in Frankreich (Mersenne) bekannt gewesen. 242 Vgl. die Nachweise bei Ricci: La fortuna (1990), S. 61, 111, 119 ff., 139 f., 143, 172 f., 196 zu Nicholas Hill, Philosophia Epicurea, Democritiana, Theophrastica proposita simpliciter, non edocta, Parisiis 1601, Coloniae Allobrogum 1690; Johannes Kepler, Stella nova, Werke Bd. I, München 1938, Briefwechsel mit Bernegger, Werke Bd. XVI, München 1954; Abraham von Franckenberg, Oculus Sidereus: oder Neu-eroffendes Sternlicht und Fer-gesicht, Danzig 1644; Henry More, Democritus Platonisans or the Infinitie of Worlds, Cambridge 1646; Juan Caramuel di Lobkowitz, Mathesis biceps, vetus et nova, Campaniae 1670, Mathesis nova, Syntagma 10, S. 1612A. Interessant ist der Index der Bibliotheca Thomasiana, Lipsiae 1685, der ausschließlich lateinische Werke verzeichnet, so Ricci: La fortuna (1990), S. 182, Anm. 142. Eine Ausnahme könnte, folgt man den Ausführungen, die Giuseppe Cacciatore auf der Basis von Namers Vorarbeiten neuerdings gibt, hierbei Giambattista Vico
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allem, was daraus folgt, insbesondere Pierre Bayle und John Toland, die Bruno für das 18. und 19. Jahrhundert in ein neues, interessantes Licht stellten. Zunächst Pierre Bayle, der Bruno, vor allem – und auch das ist eben neu – im Rückgriff auf De la causa, in eine völlig neue philosophische Perspektive stellt: Brunos in De la causa grundgelegtes Denken wird zum Vorläufer der spinozistischen Ethik, des neuen Maßstabes in philosophicis; und dann John Toland, der im Rückgriff auf eine andere italienische Schrift, auf den Spaccio della bestia trionfante, Bruno für seine politische Überzeugung (Free-Thinkers, Whig-Party) einspannen wollte: Bruno dokumentiert für ihn den Ansatz zu einer rein menschlichen Ethik, die auf der Erkenntnis der Natur, auf der Wertschätzung der genuin menschlichen Tätigkeitsformen und vor allem auf einem bürgerlich-politischen Enthusiasmus und Heroismus basiert.243 Unstrittig dürfte wohl sein, daß dann, wie Eugenio Canone konstatiert, »per tutto l’Ottocento e ancora per una parte del Novecento, Bruno è soprattutto il filosofo del De la causa«244, und eben diese starke Beachtung unseres Textes verdankt sich seiner vorauslaufenden, durch gewichtige Autoren wie Bayle verstärkten Präsenz. Die Lektüre dieser Schrift (oder der Auszüge, die zugänglich waren) war durchgängig, so scheint es, verbunden mit der Erkenntnis von deren grundlegendem darstellen, in dessen Werk auch Bezüge auf die großen italienischen Dialoge (vor allem auch zu De la causa) zu beobachten sind, vgl. Cacciatore: Bruno e noi (2003), S. 31–49; Namer: Vico et Giordano Bruno (1977). 243 Hierzu vgl. John Towland e G. W. Leibniz: otto lettere, a cura di G. Carabelli, in: Rivista critica di storia della filosofia 29 (1974), Sturlese: Postille autografe (1986) und die Ausführungen von Ricci: La fortuna (1990), S. 242–310; Ricci kann aber auch wahrscheinlich machen, daß Toland, wie die Letters to Serena, London 1704 zeigen, auch De la causa studiert und sich, trotz seines grundsätzlich mechanistischen Ansatzes, zentrale Positionen des Brunoschen Materie-Konzeptes (Selbstbewegung und Belebtheit der Materie, Kraftbegriff, Homogeneität etc.) angeeignet hat, vgl. ebd., S. 320 ff. Hierzu ist auch zu vergleichen John Toland, Pantheisticon, sive Formula Celebrandae Sodalitatis Socraticae (…), Cosmopoli 1720; in direkter Reaktion auf Toland findet sich eine Auseinandersetzung mit De la causa auch bei Jenkin Thomas, Historia Atheismi breviter delineata (Basileae 1709), Altorfi Noricorum 1713, S. 174–177. 244 Canone: Il dorso e il grembo (2003b), S. 27 ff.
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Charakter. Wie auch Jacobi, so bemerkt Brucker hinsichtlich dieses Textes, daß Bruno in ihm – im Unterschied zur sonstigen ›Dunkelheit‹ – seine Meinung zu Ursprung und Natur der Substanzen, d. h. also zu Grundfragen der Ontologie, »klarer« entfaltet habe.245 So orientiert sich etwa Tiedemann zunächst, wie seine Hauptquelle Brucker, ausschließlich an den lateinischen Texten, ja dort nur an De minimo, um dann, gegen Ende seiner kurzen Ausführungen zu Bruno, im Rückgriff auf Jacobis Exzerpte, die von ihm bis dahin überhaupt nicht erwähnte Schrift De la causa als zentrales Dokument von Brunos Spinozismus und Pantheismus anzuführen246: »Hier [sc. in De la causa, principio
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Brucker: Historia critica philosophiae (1744), lib. I, c. 2, § 18, S. 50: »Haec Baylius, quem dolemus haud plura ex isto libro descripsisse, in quo clarius mentem suam de origine naturaque substantiarum detexisse videtur.« Brucker führt acht Thesen an, die aus dieser Bayleschen Lektüre von De la causa resultieren: 1. Ens, quod revera existit, non nisi unum esse potest, idque infinitum, immobile, indivisibile, sine discrimine totius et partis, principii et principiati. 2. Extensio infinita reducitur necessario ad individuum, ut numerus infinitus ad unitatem revocatur. 3. Forma substantialis nunquam perit, differunt enim forma et materia, ut potentia et actus. Ex quo sequitur, universum non nisi esse unum. 4. Inde porro concluditur, materiam spirituum a materia corporum nihil prorsus differre. 5. Recte statuit David de Dinanto: materiam esse substantiam divinam. 6. Causa efficiens et caussa formalis uniuntur in uno subiecto, quod est anima mundi. 7. Differt tamen caussa formalis generalis, quae una modo est, a caussis formalibus particularibus, quae in infinitum multiplicantur. 8. His rite perpensis felicitas humanae vitae sublato inani mortis terrore, confirmatur, et Acherontis metus tollitur, quo solent corrumpi vitae humanae deliciae. Brucker nimmt Bayle jedoch nicht ab, daß Bruno Spinozist ante Spinozam gewesen sei, § 20, S. 52: »Haec enim [sc. die Causa-Exzerpte] si cum iis comparentur, quae alibi dixit, patet ex eo, Brunum non Spinozisticum sed emanativum systema secutum esse […]«, Brucker belegt dies im Folgendem unter anderem damit, daß Bruno immer zwischen Gott/dem Einen und der Welt unterschieden habe, vgl. § 22. S. 58 f. (dabei rückt er ihn weg vom Atheismus und hin zum pythagoreisch-platonischen »enthusiasmus«). 246 Tiedemann: Vom Geist der spekulativen Philosophie (1796), S. 570–582, hier S. 581 f. Zur Bruno-Rezeption im 19. Jahrhundert vgl. den von Eugenio Canone herausgegebenen Supplement-Band der Bruniana & Campanelliana
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ed uno] wendet er allen Fleiß an, den Spinozistischen, und Alexandrinischen [id est: neuplatonischen] Satz, alles ist Eins; Materie, Form, und wirkende Ursache, machen in der That ein Wesen aus; alle einzelne Dinge in der Welt, sind nur verschiedene Modifikationen eines einzigen; aus den Begriffen von Materie und Form zu erweisen, ohne jedoch diesen Beweisen neue und bemerkenswerte Bündigkeit, oder Deutlichkeit zu geben.« De la causa wird schon ein paar Jahre später, in der ausführlichen Darstellung und Würdigung durch Johann Gottlieb Buhle aus dem Jahre 1800, der sich übrigens ausdrücklich auf die Pionierleistung der Jacobischen Einschätzung beruft, neben Texten wie De l’infinito zu dem Dokument des »metaphyischen und physikalischen Systems« durch welches Bruno »sich einen unsterblichen Namen in der Geschichte der Philosophie erworben« habe.247 Hatte Jacobi, sicherlich auch unter dem Eindruck der traditionellen Zuweisung von Brunos Denken an pantheistisches Denken, den Nolaner zu einem Spinoza ante Spinozam gemacht248, so fängt mit Buhle die Analogisierung
mit dem Titel: Brunus redivivus. Momenti della fortuna di Giordano Bruno nel XIX secolo, Pisa (Istituti editoriali poligrafici internazionali) 1998. Zur Präsenz Brunos in den »manuali di storia della filosofia« vgl. Giovannozzi: Bruno nei manuali italiani (1998). 247 Buhle: Geschichte der neuern Philosophie (1800), S. 768; die Diskussion von De la causa umfaßt die Seiten 768–795; vgl. 768 f.: »Vor wenigen Jahren hat Jacobi […] einen Auszug aus ihr [sc. der Schrift De la causa] geliefert, der den Geist derselben auf eine unübertreffliche Weise darstellt«; 795: Buhle weist darauf hin, daß er den Inhalt von De la causa »nach Jacobi’s Darstellung desselben angegeben habe«. 248 Jacobi, Über die Lehre des Spinoza (1789), W S. 181–261. Mit Blick auf die hier vorgelegte Ausgabe von De la causa dürfte es nützlich sein, die genauen Belege zu den in den Exzerpten Jacobis angeführten Stellen hier einzurücken: Die Beilage I (W 5–46 [185–205]) gibt folgende Stellen aus dem 1. Dialog: betitelt »I. Von der Ursache« (6–18 [185–191]) zum Unterschied zwischen »Prinzip« und »Ursache« (bes. entspricht S. 6–11 [185–188] = OC III, S. 111–121) über die Weltseele und die Seelen bzw. Beseeltheit (S. 12–14 [188 f.] = OC III, S.127–135), zur »geistigen Substanz« (S. 15–18 [190 f.] = OC III, S. 135–141); aus dem 3. Dialog zur Materie: betitelt »II. Von dem materiellen Princip überhaupt« (S. 18–27 [192–196]) zu Form und Mate-
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und Parallelisierung von Brunos Philosophie mit Grundansätzen des Idealismus an: Brunos Denken stellt nach ihm, insofern es Pantheismus ist, ein System der Objektivität dar. Es ist nämlich »ein objektiver Realismus, sofern es ein objektiver Idealismus, und ein objektiver Idealismus, sofern es ein objektiver Realismus ist«.249 Angesichts des objektiven unendlichen »Ich«, hat das »subjektive Ich […] kein wahrhaftes Seyn, außer sofern es in dem objektiven ist«. Buhle setzt diesen objektiven Pantheismus gegen den »subjektiven Pantheismus« »des neuen Wissenschaftslehrers in Deutschland, Johann Gottlieb Fichte« ab und sieht – wohl unter dem Eindruck Schellings – die Brunosche Position als der »philosophierenden Vernunft« angemessener an. Dennoch gebe es eine »auffallende Ähnlichkeit« mit Fichte hinsichtlich der »Geistesphysiognomie«: Talent zur höheren Spekulation, leidenschaftlicher Ei-
rie (192/18 f. = OC III, S. 169), zum Natur/Materie-Kunst-Vergleich (S. 19 f. [192 f.] = OC III, S. 173 und S. 20–22 [193] = OC III, S. 175–179), zu Materie-Form (S. 22 f. [103–194] = OC III, S. 189–191), zu Potenz-Akt, absolute Einheit (S. 23 f. [194] = OC III, S. 203–205 und S. 24–27 [194–196] = OC III, S. 209–213), zur Einen Substanz (S. 28 [196] = OC III, S. 213–215), mit dem wichtigen Satz: »Daß alles der Substanz nach Eins sey« »(S. 28 [196]) – che il tutto secondo la sustanza è uno (OC III, S. 217); aus dem 4. Dialog: betitelt »III. Von dem materiellen Prinzip als Subject betrachtet« (S. 28–34 [196– 199]) zum Prinzip der Wirklichkeit (S. 28 f. [196 f.] =OC III, S. 231–233), zum Alles-und Nichts-sein der Materie (S. 30–31 [197 f.] = OC III, S. 245–249), zur Weltseele (S. 32 f. [198 f.] = OC III, S. 253), zur Hervorbringung der Formen/Dinge (S. 33 f. [199] = OC III, S. 257–259); aus dem 5. Dialog betitelt IV. »Von dem Einen« (S. 34–46 [200–205]) zum Universum als Einheit (S. 34–39 [200–202] = OC III, S. 271–281), Vergleich Seele-Körper, Eines/ Universum-Weltall (S. 39–41 [202 f.] = OC III, S. 285–287), zu Zahl-Analogie (S. 41–43 [203 f.] = OC III, S. 291–295), zu Aufstieg-Abstieg (S. 43 [204] = OC III, S. 297), zur heraklitisch-cusanischen Gegensatz-Koinzidenz (S. 44 f. [204 f] = OC III, S. 307–311), zum Einen (S. 45 f. [205] = OC III, S. 315–317). Jacobi besaß, wie Canone, Introduzione (1998) S. XXI hervorhebt, eine der vollständigsten Sammlungen von Brunos Werken zu dieser Zeit. Zu »Jacobis Bruno« vgl. Schmidt-Biggemann: Aspekte der Rezeptionsgeschichte (1999), S. 83–87. 249 Buhle: Geschichte der neuern Philosophie (1800), S. 854.
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fer für »ihre« (!) Wahrheit, Hang zu »unnöthiger, abgeschmeckter und zweckwidriger Logodädalie«, Geradheit des Charakters.250 Gegenüber dem 17. und 18. Jahrhundert, in denen Brunos Werke eher schwer zugänglich waren und die Überlieferung oft einen indirekten Charakter annehmen konnte, hebt sich das 19. Jahrhundert, bei Beibehaltung auch der Präsentation von Auszügen und teilweise unsystematischen Textsammlungen, nicht nur dadurch ab, daß das Denken Brunos jetzt intensiver im Kontext der neuen systematischen philosophischen Ansätze diskutiert wird – nicht nur für die Entwicklung in Deutschland war hierfür sicherlich Jacobis Beilage von unabsehbarer Folgewirkung, da sie Bruno unmittelbar in den Kontext der Diskussion um den Pantheismus- und Spinozismusbegriff stellte – und daß es zusätzlich, was die völlig andere Situation in Italien betrifft, in die ideologischen Debatten des Risorgimento mit eingebracht wird251, sondern vor allem dadurch, daß es in seinem Verlaufe schließlich zu mehreren vollständigen Editionen des gesamten Œuvres kommen wird, die die kritischen Ausgaben des 20. Jahrhunderts maßgeblich vorbereiten.252
250
Ebd., S. 854 f. Buhle führt noch mehr Gemeinsamkeiten an, die ich hier nicht alle aufzählen will. 251 Vgl. Giovannozzi: Bruno nei manuali italiani (1998), S. 291. Es ist, wie Giovannozzi ebd. S. 295 konstatiert, für den Status der italienischen Philosophiehistorie des 19. Jahrhunderts bezeichnend, daß die De la causa-Exzerpte Jacobis, ja wohl überhaupt dieser Dialog, im wesentlichen durch die Kenntnis von Buhles Darstellung bekannt wurden. Canone: Introduzione (1998), S. XXXIV f. 252 Es handelt sich einmal um die italienischen Werke in den Augaben von A. Wagner: Opere di Giordano Bruno Nolano, Lipsiae (Weidmann) 1830 (kursierte aber schon 1829), 2 Vol., mit einer ausführlichen Einleitung Vol. I, S. 1–112 (De la causa findet sich Vol. I) und von Paul De Lagarde: Le opere italiane di Giordano Bruno, Göttingae 1888 [1889], 2 Bde.; um die lateinischen Werke in der Ausgabe von A. Fr. Gförer: Giordano Bruno scripta quae latine confecit, omnia in unum redegit corpus, praefatione instruxit, mendis expurgavit innumeris A. Fr. Gförer, Stuttgart 1834, und um die großartige Edition des gesammten lateinischen Werkes in der italienischen Nationaledition: F. Tocco, H. Vitelli, V. Imbriani, C. M. Tallarigo: Jordani Nolani Opera latine conscripta, publicis sumptibus edita, recensebat F. Fiorentino, Neapoli-Floren-
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Die »studi bruniani« werden damit, vor allem wenn man zusätzlich noch die kontinuierliche Aufarbeitung der Daten seiner Vita und seines Prozesses hinzuzieht253, auf eine sowohl philologische als auch interpretatorische Grundlage gestellt, die weit bis ins 20. Jahrhundert hin von Einfluß gewesen ist. Das 19. Jahrhundert ist aber auch deswegen von der vorhergegangenen Präsenz Brunos deutlich unterschieden, weil in ihm die Schrift De la causa zum Hauptwerk und zur »Hauptschrift« (Schopenhauer) werden wird.254 Wirkungsgeschichtlich hat dies, wie schon erwähnt, seine Wurzeln darin, daß die Konzentration auf De la causa durch Pierre Bayle und vor allem Friedrich Heinrich Jacobi eine Vorprägung schon im 18. Jahrhundert erhalten hatte, von der noch Schelling, Goethe, Hegel und Schopenhauer abhängig gewesen sind – Giovanni Gentile wird noch im Vorwort seiner Ausgabe der »Dialoghi metafisici« festhalten, daß die Textsammlung Jacobis »den Anfang des erneuerten Erfolges der Werke Brunos« bildet255, eines Erfolges, der doch so groß zu sein scheint, daß schon Franz Jakob Clemens im Jahre 1847 glaubte, davon ausgehen zu können, bei seinen »Lesern eine vertrautere Bekanntschaft mit den Lehren des Italieners, als mit denen des
tiae 1879–1891, 3 Vol. Diese Ausgabe ist bis heute durch keine umfassende, kritische Neuedition ersetzt worden. Vgl. Aquilecchia, L’ecdotica (1998). In Deutschland ging den Ausgaben von Wagner und Lagarde die Teilübersetzug von De la causa und De l’infinito in dem Werk von Th. A. Rixner und Th. Siber: Leben und Lehrmeinungen berühmter Physiker am Ende des XVI. und am Anfange des XVII. Jahrhunderts, Sulzbach 1824, Bd. V: Jordanus Brunus mit dessen Porträt heraus, vgl. Aquilecchia: L’ecdotica (1998), S. 1. 253 Hier grundlegend: Domenico Berti: Vita di Giordano Bruno da Nola, Firenze-Torino-Milano 1868, vermehrte zweite Auflage 1889. 254 Vgl. für das Folgende Vieillard-Baron: De la connaissance de Giordano Bruno (1971); Ricci: La ricezione (1991); Canone: Introduzione (1998), bes. S. XX–XXXI. 255 DI, S. XXXVIII: »Questo estratto, mirabile di chiarezza e precisione, segnò il principio della rinnovata fortuna delle opere bruniane.« So sah es schon etwa Friedrich J. H. Schlosser: Versuche von Übersetzungen aus dem Werke des Giordano Bruno, in: Studien, hg. von C. Daub und F. Creuzer, Bd. VI, Heidelberg 1811, S. 448.
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Deutschen [Nikolaus von Kues] voraussetzen« zu dürfen.256 Die erste vollständige (und zugleich meisterhafte) Übersetzung unserer Schrift durch Adolf Lasson aus dem Jahre 1872 verdankt sich gerade auch diesem Mißverhältnis zwischen nur fragmentarischer Präsenz und hoher Wertschätzung eines Textes. Die Präsenz Brunos in der deutschen philosophischen Debatte des 19. Jahrhunderts, einer Debatte übrigens, die, wie Francesco Fiorentino 1879 im Vorwort der großen italienischen Opera latina-Ausgabe hervorgehoben hatte, zuerst »den Wert der brunoschen Philosophie erkannte«257, ist eine Präsenz, das läßt sich rückblickend sagen, die im Wesentlichen durch eine, wie immer auch reduzierte und indirekte Auseinandersetzung gerade mit De la causa geprägt ist. Die kurze Diskussion in Tennemanns Grundriss basiert deutlich auf De la causa und, in Teilen, auch auf De l’infinito258, Schopenhauer teilt in einem Brief (25. 11. 1824) mit, daß er die Intention habe, die Schrift De la causa ins Deutsche zu übersetzen259, Ludwig Feuerbach läßt uns wissen, daß
256
Clemens: Giordano Bruno und Nicolaus von Cusa (1847), Vorwort,
S. III. 257
OL I, S. XI. Tennemann: Grundriss (1829), §§ 300 f., S. 328–330; aufschlußreich das Resumée S. 330: »Brunos System ist nichts anderes, als die Lehre der Eleaten und Plotin’s, aber gereinigt und geläutert; ein Pantheismus, der von Vielen mit Unrecht als Atheismus vorgestellt worden ist, mit hinreissender Kraft der Ueberredung und grosser Fülle der Phantasie entwickelt.« Tennemann ist im wesentlichen von Buhle abhängig, vgl. Micheli: Tennemann (1995) S. 93. Gegen diese Deutung Brunos hat sich dann später die italienische idealistische Schule seit Bertrando Spaventa gewandt, die Bruno eher als »predecessore« der modernen Philosophie von Descartes bis Hegel verstehen wollte; vgl. etwa Spaventa: Principii (1851), S. 157; Cacciatore: Bruno e noi (2003), S. 54, 84, 89 f. 259 Arthur Schopenhauer, Gesammelte Briefe, hg. von A. Hübscher, Bonn 1978, S. 96; vgl. aber auch Kritik der Kantischen Philosophie (Anhang zu: Die Welt als Wille und Vorstellung), in: Werke in zehn Bänden, Zürich 1977, Bd. I/2, S. 520. Zu den im Besitz von Feuerbach befindlichen Werken Brunos vgl. Der handschriftliche Nachlaß in fünf Bänden, hg. von A. Hübscher, Bd. V, S. 22; vgl. Canone: Introduzione (1998), S. XLIV. 258
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er, um diese Schrift lesen zu können, angefangen habe, Italienisch zu lernen260, der Herausgeber der italienischen Schriften, A. Wagner, entwickelt 1829/1830 die Darstellung von Brunos Denken auf der Basis von De la causa261, F. J. Clemens hält etwas später (1847) fest, daß seine Darstellung der Lehre Brunos »sich […] ganz eng und beinahe wörtlich an die beiden Hauptwerke: De la causa, principio, et uno, und: De l’infinito universo e mondi an[schließe]«.262 Vor allem ist es jedoch Friedrich Wilhelm Josef Schelling, der schon im Jahr 1802, unmittelbar durch Jacobis Publikation inspiriert und ohne direkten Zugriff auf den Text Brunos, in seinem Dialog Bruno oder über das göttliche und natürliche Prinzip der Dinge den durch Jacobi systematisierten Gedanken des Nolaners zum Ausgangspunkt der Weiterentwicklung seines eigenen Denkens machen wird.263 Deutlichstes Dokument dieser ausgeprägt enthusiastische Züge tragenden Synthese ist die Tatsache, daß es unter den Gesprächsteilnehmern Gior-
260
Vgl. Badaloni: Ludovico Feuerbach interprete (1994), S. 309. 261 Wagner: Opere italiane (Anm. 243), hierzu Canone: Introduzione (1998), S. XXVII–XXX; diese Ausgabe befand sich im Besitz Schopenhauers. 262 Clemens: Giordano Bruno und Nicolaus von Cusa (1847), S. 5, Anm. 3; die Darstellung Brunos umfaßt die S. 5–36; De la causa ist direkt thematisch auf S. 6–20. 263 F. W. J. Schelling: Bruno oder über das göttliche und natürliche Prinzip der Dinge. Ein Gespräch. Herausgegegben von Schelling, Berlin (J. Fr. Unger) 1802, in: Sämtliche Werke, hg. von K. F. A. Schelling, Stuttgart–Augsburg 1859, Bd. I/4, S. 213–329. Ins Italienische übersetzt mit großer Wirkung durch Marchesa Florenzi Waddington, F. W. Schelling: Bruno, ossia un discorso sul principio divino e naturale delle cose, Milano 1844, hierzu vgl. Canone: Introduzione (1998), S. XIII–XIV. Zu Schellings Bruno vgl. Fischer: Geschichte der neueren Philosophie (1899), S. 595–613, Fischer belegt die Abhängigkeit Schellings von Bruno ausschließlich mit Zitaten aus der einzigen Quelle Jacobi, vgl. ebd. S. 598 f.; vgl. auch Herrmann: Einleitung (1954); Tilliette: Schelling (1970) Vol. II, S. 335–355; Beierwaltes: Absolute Identität (1980), S. 204–240, wo allerdings vor allem die gerade auch über Bruno vermittelten neuplatonischen Implikationen im Blick stehen; Blum: Franz Jakob Clemens (1998), S. 71 f. Vgl. dazu allgemein Heimsoeth: Giordano Bruno und die deutsche Philosophie (1942).
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dano Bruno selbst ist, der zum Sprachrohr Schellings wird264: zum der Sache nach in vielem affinen Sprachrohr, denn nicht nur begegnen sich beide Denkansätze in der Bedeutung, die sie einem absoluten Prinzip als Einheit oder Identität zuweisen (Dilthey wird später konstatieren, daß Bruno »im Anfang des 5. Buches« schon den »Ausgangspunkt der deutschen Identitätsphilosophie« selbst eingenommen habe265), sondern es hat auch Schellings insistenter Versuch, in den Schriften zur Identitätsphilosophie gegenüber der absoluten Identität die Differenz ›zu retten‹, ein Pendant in Brunos ebenso konsequentem Einziehen von Differenzen in den Goldgrund seiner »unità assoluta«. Die nicht nur epistemische, sondern auch ontologische Funktion der Differenz ebenso wie auch der Indifferenz, die beide selbst als Opposita gegen die noch einmal abgesetzte absolute Identität fungieren, ja die ganze Syntax der Gegensätze in Schellings Text hat eine deutliche Entsprechung in der Gegensatzdynamik und in der dupliken Grundstruktur des Brunoschen Ansatzes von De la causa, wie wir sie im vierten Teil der Einleitung (vgl. oben S. LXXIX f., LXXXV) zu rekonstruieren versucht haben.266 Schellings Differenzierung von »urbildlicher Natur«
264
Fischer: Geschichte der neueren Philosophie (1899), S. 598: »der Hauptunterredner, durch welchen Schelling seine eigene Sache führt«; Tilliette: Schelling (1970), S. 337: »Sous le masque de son porte-parole, Schellings’ exprime en son propre nom.« Die Gesprächsteilnehmer werden von Schelling, ganz in der Tradition der dialogischen Darstellung, verschiedenen Positionen zugeordnet, vgl. Fischer: Geschichte (1899), S. 599, Herrmann: Einleitung (1954), S. VIII–IX; Tilliette: Schelling (1970), S. 350: Anselmo – Leibniz, Alexander – Hylozoismus/Materialismus, Lucian – Fichte, Bruno – Schelling. Zu Brunos Philosophie als »monismo ilozoistico« vgl. Tocco: Giordano Bruno (1886), S. 27. 265 Dilthey: Der entwicklungsgeschichtliche Pantheismus (1970), S. 331. Gemäß dieser Deutung ist es das reine Eine selbst [1], das im Vordergrund beider Denkansätze stehe. 266 Für Schelling vgl. Tilliette: Schelling (1970), S. 339–342 (zur Bedeutung der »contraires«), S. 337 zu den Inspirationsquellen des Brunoschen Textes: »l’unité inséparable de la forme et de la matière premières«, »l’unité indissoluble de la possibilité et de la réalité dans le premier principe«; »l’univers«, »la nature inengendrée«, »le principe comme lumière inaccessible et ténébreux
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und »hervorbringender« bzw. »schaffender Natur«, wobei letztere, wie Gott, die Urbilder und Grundformen der Dinge in sich trägt, erstere hingegen die im Endlichen gegenwärtige urbildliche Natur meint, könnte durchaus mit Brunos Differenzierung in die (Welt-)Seele, die der hervorbringenden, und Gott, der der urbildlichen Natur entspricht, zusammengesehen werden.267 Ebenso entspricht Schellings doppeltes Sein, das er jedem Seienden zuweist – es ist sowohl unabhängig in ihm selbst und es ist abhängig als ein Hervorgebrachtes –, der durchgehend dupliken Struktur der brunonischen Ontologie, wie er auch auf der anderen Seite und mit derselben Problematik Brunos Insistieren darauf teilt, daß »das Innere« jeder Natur in keinem Gegensatz zur göttlichen absoluten Einheit steht.268 Die Bedeutung des Gegensatzes allerdings ist andererseits genau das, was sowohl Schelling als auch – in anderer Weise dann – Hegel mit Bruno als entscheidend ansehen: sowohl aus der Einheit das Entgegengesetzte (dieser Einheit) zu entwickeln als auch diesen Gegensatz oder das Gegensätzliche in seinen vielen polaren Varianten als genuinen Ausdruck der Entfaltung des selbst gegensatzlosen Einen zu denken, erschien dem Idealismus als zentrales Moment in der Entwicklung des philosophischen Gedan-
abîme (Abgrund)«; für Bruno siehe unsere Ausführungen oben im vierten Abschnitt der Einleitung. 267 Schelling: Bruno, SW I/4, S. 223 f. Es ist interessant, daß Bruno diese Unterscheidung, die in De la causa angelegt ist, dort jedoch zugunsten der übergreifenden Unterscheidung Eines – Welt-Seele teilweise wieder verwischt wird (siehe oben Anm. 152), in den Verhören wieder aufgreift und zwar sowohl in Venedig als auch später in Rom, vgl. etwa Terzo costituto, 15. Juni 1592 (Venedig), in: Spampanato: Documenti (1933), S. 709: »Di più, in questo universo metto una providenza universal, in virtù della quale ogni cosa vive, vegeta et si move et sta nella sua perfettione; et la intendo in due maniere, l’una nel modo in cui presente è l’anima nel corpo, tutta in tutto et tutta in qual si voglia parte, et questo chiamo natura, ombra et vestigio della divinità; l’altra nel modo ineffabile col quale Iddio per essentia, presentia et potentia è in tutto e sopra tutto, non come parte, non come anima, ma in modo inesplicabile.« 268 Schelling: Bruno, SW I/4, S. 231.
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kens (der Idee, wie Hegel sagt).269 Auch die bei Bruno zu beobachtende Nominalisierung der Differenzen, gegen die unsere Interpretation den dennoch sich erhaltenden Realbezug herausstellen wollte, läßt sich bei Schelling belegen: alles Sein ist »der Sache nach völlig eins, doch dem Begriff nach ewig verschieden«270, so Denken-Sein, Ideal-Real, Differenz-Indifferenz etc., alles Seiende außer dem Einen ist daher »nur Nicht-Realität« (Schelling) oder »vanità« (Bruno).271 Es ist hier nicht der Ort, den vielen auffälligen Gemeinsamkeiten nachzugehen, etwa daß, bei beiden sicherlich vor dem Hintergrund ihrer Lektüre des Platonischen Timaios, die »Weltkörper« bzw. »astri/pianeti« als »selige Tiere«, »unsterbliche Götter« oder »himmlische Tiere« bezeichnet werden272, oder daß die Seele als »lebendige Kunst verstanden« wird, »welche alle Dinge baut«.273 Hingewiesen sei nur darauf, daß alles dieses nicht über eine fundamentale Differenz hinwegtäuschen darf: Für Schelling ist das »Ich« der Ausdruck der »höchsten Absonderung« vom Einen und ineins damit auch die Instanz, in der allein eine »Öffnung der Welt« stattfindet, d. h. eine Reflexion der »Harmonie der Dinge« im Gegenbild des Denkens und der Vernunft274; für Bruno, so nahe er grundsätzlich dem Gedanken steht, daß es das heroische Individuum
269
Vgl. Jacobi: Briefe, W IV/2, S. 45; Schelling: Bruno, SW I/4, S. 328; Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie (1928), S. 233, 239. Zum Gegensatz bei Schelling vgl. Beierwaltes: Absolute Identität (1980b), S. 208–221 (Endlich–Unendlich, Möglichkeit–Wirklichkeit, Sein–Denken, Real–Ideal); zum Gegensatz bei Bruno siehe Spaccio, dialogo 1, OC V/1, S. 55–59. 270 Schelling: Bruno, SW I/4, S. 258. 271 Dies wurde auch vom Hl. Officium inkriminiert, vgl. Mercati: Il sommario (1942), S. 113–119: Summarium quarundam responsionum Fratris Iordani ad censuras factas super propositionibus quibusdam ex eius libris elicitis: »negat individua vere esse, quae sunt, sed sunt vanitas«; Schelling: Propädeutik der Philosophie (1804), SW I/6, S. 130. 272 Schelling: Bruno, SW I/4, S. 262, 271 f. 273 Ebd., S. 312, vgl. auch zur Seele S. 278 f., 282, 293; bei Bruno ist diese Kraft, die »alles macht« (che fa tutto), die Vernunft (intelletto) als Funktion der Seele. 274 Ebd., S. 288 f.
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mit seinen geistigen Fähigkeiten (ingenium, phantasia, mens) ist, das allein der Natur als Diana ansichtig werden kann, ein Gedanke, der allerdings nicht in De la causa, sondern in De gl’eroici furori zu eigentlicher Ausprägung kommt. Für Bruno ist es dabei eben nicht das ›Ich‹, das hierbei von Schelling nicht ohne seine transzendentalphilosophische Vorgeschichte in das Identitätssystem eingesetzt werden kann, sondern der trans-subjektive Geist (mente, intelletto) und sein enthusiastisches, subjektive Einschränkungen übersteigen könnendes Potential, der die »Enge« des Seins überwindet.275 Ebenso entspricht der Schellingschen Gleichsetzung von Denken und Möglichkeit der Dinge276 nichts in Brunos Ansatz, denn in diesem ist die Möglichkeit der Dinge eine vor dem Denken in der vor-reflexiven Einheit des Seins gesetzte absolute Implikation dieser Einheit (deren erste oder primordiale Ausprägung die Materie als unendliche fruchtbare, die Samen [Logoi] und Formen aller Dinge in sich tragende Kraft darstellt). Schellings Spinozismus (und somit sein Jacobischer Blick auf Bruno) steht einerseits Platons Intellektualismus näher, andererseits Spinozas rigorosem Begriff von Substanz277, drittens ist er nicht wirklich von seinen transzendentalen
275
Zur Trans-Subjektivität vgl. Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 210. Um die Nähe größer zu machen, müßte man das ›Transsubjektive‹ des idealistischen Ich gegenüber dem rein transzendentalen betonen. 276 Schelling, Bruno, SW I/4, S. 244 f. Dem reflexionskritischen Ansatz Brunos wiederum entspricht Schellings Analyse der »Verkehrung« des Verstandes (im Unterschied eben zur Vernunft), für den die Substanz die bloße Möglichkeit und die Akzidentien die Wirklichkeit der Dinge ausmachen: so äußert sich ja auch Bruno, vielleicht sogar noch schärfer, gegen die ›Verkehrung‹ der Scholastiker, die nicht begreifen, daß die eigentliche Substanz der Dinge noch nicht einmal die geläufige, die Akzidentien ontisch tragende Substanz des Aristoteles ist, sondern die Einheit, die allem zugrunde liegt, so daß diese Schulphilosophen hinsichtlich der Akzidenz-Fixiertheit eigentlich immer nur von »accidenti degli accidenti« handeln. 277 Allerdings mit Abweichungen, vgl. Bruno, SW I/4, S. 306 f.: die Natur ist nicht außer Gott, sondern »in Gott«, d. h. die »wahre« Natur begreift Gott in sich, der »wahre Gott« umgekehrt die Natur, sodaß eigentlich zwei parallele Ganzheiten unter verschiedenem Vorzeichen (ideal-real) gesetzt sind, die wir bei Spinoza nicht haben. ›Darüber‹ oder ›davor‹ setzt Schelling dann – als
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Voraussetzungen abzulösen, deren Verarbeitung und Aufhebung er ja darstellen soll. Auch Georg Friedrich Wilhelm Hegel hat, in ganz anderer Art, Bruno denkwürdige Seiten in seinen Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie gewidmet278, die, was die Darstellung »seines Systems«, also der philosophischen Hauptleistung, betrifft, fast ausschließlich auf De la causa in dem Jacobischen Extrakt und der Buhleschen Rekonstruktion basieren.279 Neben der »mystischen Schwärmerei«, der allegorischen ›Verwirrung‹ und der lullistisch-kombinatorischen Konfusion, die Hegel als Zeichen sowohl der durchgehenden »Begeisterung« (dieser Begriff taucht immer wieder auf) wie auch der noch unentwikkelten »wissenschaftliche(n) Bildung« interpretiert, sei hervorzuheben, daß Bruno sich »zu der einen, allgemeinen Substantialität« erhoben habe – daß er also einen Begriff von Einheit konzipiert habe, in dem die »Einheit des Lebens« und die Einheit der Gegensätze (Form–Materie) selbst lebendig vereint sind – und daß dadurch, ähnlich wie bei Spinoza, in seinem Denken »alle diese Verhältnisse der Äußerlichkeit [sc. Trennung von Mensch und Welt, Trennung von Seele und Leib etc.] hineingeworfen [sind] in seine lebendige Einheit von allem«.280
absolute Identität – die »heilige Einheit« an, wo Gott und Natur ungetrennt sind. 278 Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie (1928), S. 224– 244. 279 Ebd., S. 227–234. 280 Ebd., S. 228. Diese Formulierung erinnert unmittelbar an die berühmte Wendung aus den Vorlesungen zur Philosophie Spinozas und damit eben auch an die starken systematischen Vorbehalte, die Hegel gegenüber jeglichem radikal monistischen und die Vorstellungstätigkeit betonenden Ansatz haben mußte, ebd. Neuere Philosophie, Zweiter Abschnitt, 1. Kapitel, A, S. 377: »In die eine Substanz gehen alle Unterschiede und Bestimmungen der Dinge und des Bewußtseins zurück; so, kann man sagen, wird im Spinozistischen System alles nur in diesen Abgrund der Vernichtung hineingeworfen. Aber es kommt nichts heraus; und das Besondere, wovon er spricht, wird nur vorgefunden, aufgenommen aus der Vorstellung, ohne daß es gerechtfertigt wäre.« Andererseits ist das Denken eines solchen radikalen Substanz-Begriffs für die Entwicklung des Denkens selbst absolut unabdingbar: »Die Seele muß sich baden
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Diese Deutung Hegels hat unmittelbare Konsequenzen insbesondere in der italienischen philosophischen Debatte des ausgehenden 19. Jahrhunderts gehabt.281 Hegel schätzt auch, nicht nur im Blick auf De la causa, sondern auch im Blick auf das System der Zeichen in De ummbris idearum und auf Brunos Anwendung der lullschen »ars«, die Idee, den inneren Sachgehalt dieser ›Kunst‹ nicht durch »äußerliche(.)« Zeichen, durch »ein System von Gedankenbestimmungen« (so Hegel für Brunos, an Lullus orientierte Zeichen/Schrift-Formen »species, formae, simulacra, imagines, spectra, exemplaria, indicia, signa, notae, characteres und sigilli«) wiederzugeben282: »Alle Hochachtung verdient dieser Versuch, das logische System des inneren Künstlers, des produzierenden Gedankens so darzustellen, daß ihm die Gestaltungen der äußeren Natur entsprechen«283 heißt es sicherlich mit Blick auf den Anspruch des eigenen Systems und der dort behaupteten Entsprechung von begrifflicher Durchbestimmungen und der objektiven Entfaltung der Idee in der Natur. Was von Bruno »aufzufassen« ist, sind genau die im Hegelschen Idealismus selbst zur wesentlichen Ausformung gekommenen Ansätze: »die Einheit zu denken; und […] dieser Versuch, das Universum in seiner Entwicklung, im System seiner Be-
in diesem Äther der einen Substanz, in der alles, was man für wahr gehalten hat, untergegangen ist« (S. 376). Die von Hegel an Spinozas System konstatierte »Negation alles Besonderen« (ebd.) ist auch das, was Bruno letztlich von dem einfordert, der tatsächlich in eine philosophische Einstellung gelangen will: die kategorialen Grenzen, die für das Denken das Spezielle (Besondere) vom Gattungshaften (Allgemeinen) und das Individuelle (Einzelne) vom Speziellen (Besonderen) unterscheiden und identifizierbar machen, verlieren angesichts des Einen-Absoluten selbst und seines unmittelbaren Explikats, des Universums, ihre Unterscheidungskraft. Was unterschieden wurde, soll nach Bruno jetzt spekulativ-synthetisch un-unterschieden werden, allerdings, per impossibile, salva distinctione et varietate. 281 Vgl. etwa den expliziten Rückgriff auf Hegel bei Bertrando Spaventa und dessen Schüler Francesco Fiorentino; hierzu vgl. Cacciatore: Giordano Bruno e noi (2003), S. 51 ff., 64 f. 282 Hegel: Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie (1928), S. 236 f. 283 Ebd., S. 243.
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stimmungen aufzufassen«.284 Neben die ›Begeisterung‹ und als wesentliches Komplement derselben, das Bruno eben von Denkern wie Cardano, Campanella oder Vanini unterscheide, stellt Hegel die »Tiefe« von Brunos Denken285, eine Tiefe, die er darin sieht, daß Bruno, neben den Gedanken der Einheit, den der durchgehend auf diese bezogenen Differenz, Entgegensetzung und Vielheit stelle und diese miteinander zu vermitteln suche: dadurch könne die Idee als eine »Notwendigkeit von Bestimmungen« erkannt werden286, die Einheit als »Einheit der Entgegengesetzten« gedacht werden.287 Das Ungenügende an Brunos Denken sei letztlich, daß er diese Möglichkeiten, die er in seinem »objektiven Spinozismus« und Pantheismus in den Blick genommen habe, nicht wirklich ›wissenschaftlich‹ habe umsetzen können, daß sein ›System‹ letztlich auseinanderfalle in eine enthusiastische Vision einer lebendigen absoluten Einheit und eine alexandrinisch-aristotelische288, äußerliche, ja »willkürliche« Begriffskonstruktion, die diese Einheit nicht wirklich als in und durch ihre Momente entfaltet aufweisen könne. Eine wichtige, dann etwa für die Einschätzung Ernst Cassirers einflußreiche Stellungnahme zu Bruno findet sich im Werke Wilhem Diltheys, der sich wiederholt mit Bruno auseinandersetzte, insbesondere jedoch in den postum edierten Texten Giordano Bruno (1893) und Der entwicklunsgeschichtliche Pantheismus (1900).289 Für Dilthey
284
Ebd., S. 244. Ebd., S. 231: Bruno ist »tief« in den objektiven Spinozismus »eingedrungen«; S. 234: »die Begeisterung seiner edlen Seele und tiefes Denken«; S. 236: »Bruno hat der Kunst [sc. Lulls] eine tiefere innere Bedeutung gegeben.« 286 Ebd., S. 233 f. 287 Ebd., S. 239. 288 Hegel stellt Bruno explizit in die »alexandrinische« Tradition, insbesondere in die des Proklos, den er als Folie der Diskussion von Brunos »Verstandes«-Begriff (intelletto) benützt, vgl. ebd., S. 227, 237. 289 Beide Texte finden sich in dem von G. Misch herausgegebenen Band: W. Dilthey: Weltanschauung und Analyse des Menschen seit Renaissance und Reformation, Gesammelte Werke Bd. II [1914], Göttingen 9. Aufl. 1970, 285
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ist Bruno, wie für Jacobi, Schelling und Hegel auch, ein ›Pantheist‹, eine radikale Antizipation Spinozas – wir erinnern uns des Hegelschen Ausdrucks »objektiver Spinozismus« –, aber er ist auch ein Denker, der (dies wird sich auch in der Diagnose Cassirers dann wiederfinden) das monadologische System des Leibniz mit vorbereitet.290 Wie schon für Hegel so ist, wenn auch durch seinen Gedanken der Typologie der Weltanschauungen deutlich verstärkt, auch für Dilthey Bruno das Muster des Renaissance-Denkers („der Philosoph der italienischen Renaissance«), der Lebensform und Denkform synthetisiert hat, ja man kann zu Recht sagen, daß Bruno von Dilthey »als sinnbildlich für eine ganze Epoche der Menschheitsgeschichte erachtet wird«.291 Sinnbildlich oder ›typisch‹ ist Bruno für Dilthey nicht nur dadurch, daß er »der erste philosophische Künstler der modernen Welt« war und dadurch, daß er dieser Welt einen philosophischen Ausdruck »in einem von der Autonomie des Denkens erfüllten System« gegeben habe292, sondern vor allem dadurch, daß er paradigmatischer Ausdruck eines Grundtypus von Denkhaltung gewesen sei, einer Denkhaltung, die, als Pantheismus, einen historisch immer wieder reflektierten »objektiven Idealismus« in der Neuzeit zu differenziertem, auf die eigene Zeit, d. h. auf das 19. Jahrhundert vorausweisendem Ausdruck gebracht habe. Bruno wird so in eine Reihe gestellt, die von Anaxagoras, Demokrit, Epikur, Stoa, Lukrez zu Spinoza, Shaftesbury, Goethe, Schelling bis auf Diltheys Zeit reicht. War Bruno zuvor als Atheist, Libertinist und Magus an den Rand, dann, durch Bayle und Jacobi, Schelling und Hegel, in die klare Vorläuferschaft Spinozas, d. h. ins Zentrum, gestellt, so wird er jetzt zum Denker eines übergreifenden
S. 297–311 (Giordano Bruno), S. 312–390 (Der entwicklungsgeschichtliche Pantheismus). Über Bruno handelt Dilthey auch im Grundriss (1949). Vgl. zur Sache Cacciatore: Giordano Bruno nell’interpretazione di Dilthey (1985), jetzt auch in: ders.: Bruno e noi (2003) S. 111–126; Bianco: Giordano Brunos Pantheismus (1993). 290 Dilthey: Grundriss (1949), S. 146 f. 291 So Bianco: Giordano Brunos Pantheismus (1993), S. 226. Das vorangegangene Dilthey-Zitat findet sich in: Dilthey: Giordano Bruno (1970), S. 298. 292 Dilthey: Giordano Bruno (1970), S. 297 f.
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Typus von Geisteshaltung und Wirklichkeitsverständnis. Auch hier zwar wieder mit konsequentem Blick auf die grundsätzlichen Formulierungen von De la causa, aber es wird auch deutlich, daß für Dilthey die kosmologischen Texte, vor allem De l’infinito und De immenso, stärker in den Vordergrund rücken.293 Brunos These vom »All-Einen«, die zu Beginn des fünften Dialoges von De la causa dargelegt werde – und die »rückwärts auf die Eleaten […] vorwärts auf Spinoza« verweise –, sei der Grundgedanke seines Systems, der aber, als metaphysischer, auf einem kosmologischen weiteren, ersten »Hauptsatz« basiere: dem (1) der Welt als einer in sich kontinuierlich vermittelten Unendlichkeit („Zusammenhang aller Teile des Universums«).294 Aus diesem Satz habe Bruno mehrere weitere abgeleitet (insgesamt sind es vier Grundsätze), die alle das argumentative Rückgrat jedes folgenden Pantheismus bilden. Zunächst den vielleicht wichtigsten Satz, auf dem er »den ganzen folgenden Pantheimus begründet« habe (dies bedeutet, daß für Dilthey die kosmologische Unendlichkeits-Hypothese keine conditio sine qua non des Pantheismus ist, sondern Eigenlehre des Nolaners): (2) »Die Welt ist eine notwendige Explikation der Gottheit«.295 Mit dieser These tue Bruno »den letzten Schritt in dem Fortgang der Verlegung aller göttlichen Werte in die Weltwirklichkeit«296, mit anderen Worten: Bruno radikalisiere den Prozeß zunehmender Theologisierung des Natürlichen, der das 16. und 17. Jahrhundert allgemein kennzeichnet.297 Dilthey sieht in den Reflexionen, die Bruno
293
Vgl. die Zitationen in Dilthey: Der entwicklungsgeschichtliche Pantheismus (1970), S. 328–330, 338 f. Auf De la causa beziehen sich explizit und mit Nachweisen, vor allem aus dem 3. und 5. Dialog (aus der Wagnerschen Ausgabe), die zentralen Ausführungen zum ersten und zweiten »Hauptsatz« auf S. 330–335. 294 Ebd., S. 326, 330. Dilthey beachtet hier genau die Antizipation von Positionen des Spinoza, vgl. S. 331 mit Verweis auf Ethica II, prop. 6, S. 332 zur All-Beseelung (omnia animata sunt). 295 Ebd., S. 331. 296 Ebd. 297 Vgl. Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 35–129, 324–348; ders.: Der Naturbegriff (2000).
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vor allem in De la causa zum Verhältnis Gott-Welt und zum Verhältnis Einheit–Vielheit anführt, einen strikten Pantheismus mit Tendenz zum »Akosmismus« grundgelegt: Die radikale Einheit des »Grundes« als der einen Substanz und die ebenso radikale Modalisierung und Akzidentalisierung allen einzelnen Seins (aller Vielheit) ist der zentrale Grundzug von Brunos systematischem Ansatz.298 Hinzu treten noch zwei weitere ›pantheistische‹ Grundsätze: (3) das endliche Ding ist ein »Teil des Universums, in welchem das Unendliche gegenwärtig ist«, und (4) das System (das Sein) weist eine Stufung auf, in der »der Mensch sich aus der Einschränkung leidenschaftlichen Eigenlebens und sinnlicher Weltauffassung zu der Äternität und dem einheitlichen universalen Zusammenhang erhebt, welcher der Seele in Gott aufgeht und ihr die kontemplative Seligkeit erwirkt«.299 Dilthey hält fest, daß dieser letzte Punkt vor allem in der Schrift von den heroischen Affekten entwickelt worden sei, die zentralen Ausführungen dieses BrunoKapitels der Pantheismus-Abhandlung basieren also ganz folgerichtig und sachlich adäquat auf den beiden Haupttexten des italienischen Werkes, De la causa und De gl’eroici furori. Dilthey setzt Bruno, neben der allgemeinen Diagnose seiner Grundlegungsarbeit für den »neueren Pantheismus«, auch in eine spezifische, an die besondere Signatur der ›Renaissance‹ gebundene weitere Position: Bruno trage, zusammen vor allem mit Shaftesbury und Spinoza, zur »zukunftsreiche[n] Umbildung der europäischen Religiosität« zentrale Gedanken bei300, in welchen die Basisperspektiven des Menschen – Pantheismus und Personalismus – in eine neue Synthese geführt werden, die dann vor allen auch die Entwicklung des 19. Jahrhunderts (Schleiermacher, Hegel, Dilthey selbst) bestimme. So wird Bruno bei Dilthey zu einem Autor, dessen
298
Dilthey: Der entwicklungsgeschichtliche Pantheismus (1970), S. 333 f.; auch hier wieder Hauptbezugspunkt De la causa, Dilthey zitiert die zentralen Stellen, Causa, dialogo 5, BW III, S. 234 (OC III, S. 281): »non fa questo che lo ente sia più che uno, ma moltimodo e moltiforme e moltifigurato«, und (wie zuvor Schelling und Hegel) aus demselben Dialog die sich anschließende Stelle mit dem Nichts-Sein, der »vanità«, aller Dinge gegenüber dem Einen. 299 Dilthey: Der entwicklungsgeschichtliche Pantheismus (1970), S. 334 f. 300 Ebd., S. 339.
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Denken, sowohl in seinem inneren Sachbezug als auch in seiner wirkungsgeschichtlichen Fortune, Konsequenzen für die Entwicklung der europäischen Denkgeschichte gehabt hat, vor allem auch in seinem Insistieren auf der »moralischen Würde der Person«, die die Depotenzierung des Einzelnen gegenüber dem Absoluten und unendlichen Einen im selben Denkansatz überwinde.301 Brunos systematischer Ansatz habe zur Konsequenz, daß »sich Gott an dem unendlichen Universum […] zum Bewußtsein bringt«, und zwar durch die selbstüberwindende Hingabe des heroischen Subjektes, als dessen genuinem Freiheitsakt, an die Natur.302 Einen bedeutenden Reflex entfaltet das Werk des Nolaners auch in der Deutung der Entwicklungslinien der Neuzeit durch Ernst Cassirer.303 Cassirer äußert sich mehrfach zum Denken Brunos, zunächst und wohl am ausführlichsten im ersten Band seines großen Werkes Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit (1906), dann, zwanzig Jahre später, in seiner Aby Warburg gewidmeten Abhandlung Individuum und Kosmos von 1927.304 Cassirer, das wird im Vergleich zum Idealismus und auch zu Dilthey deutlich, geht es bei seiner Interpretation Brunos vor allem um die Rolle, die dieser in der wissenschaftshistorischen Entwicklung gespielt hat, in der die »Funktion des Verstandes«, die »gedankliche Konstruktion« und die Möglichkeiten der »mathematischen Vernunft« gegen den sinnlichen Augenschein schrittweise eine sachangemessen »Tiefenansicht« der Wirklichkeit erschliessen.305 Bruno wird, in der Dar-
301
Ebd., S. 339 f. Ebd., S. 340 f.: Dilthey nimmt hier aber auch zu Recht Bezug etwa auf die Summe terminorum – so S. 341 zu Summa, II art. 12: »perfectio«. 303 Hierzu vgl. allgemein Leinkauf (Hg.): Dilthey und Cassirer (2003). 304 Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), dort das Kapitel: Das kopernikanische Weltsystem und die Metaphysik. Giordano Bruno, S. 225–261, zu Bruno ab S. 231; ders.: Individuum und Kosmos (1927) S. 74–79, 128 f., 143, 197–201. 305 Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 226 f. Mit Dilthey verbindet die Cassirersche Deutung bei allem Unterschied jedoch noch die Tatsache, daß auch letzterer von der »Geisteswissenschaft« spricht, einer Dimension, die 302
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stellung durch Cassirer, zu dem Autor, in und an dem sich »am deutlichsten« die »Rückwirkung der neuen Weltsicht auf das Selbstbewußtsein des Individuums« darstelle.306 Dabei schließt er, um keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, Bruno radikal von der wirklichen wissenschaftlichen Entwicklung der frühen Neuzeit aus: »der moderne Begriff der mathematischen Kausalität bleibt Bruno gänzlich fremd«.307 Cassirer, der, wie auch sonst, bei Bruno aus dem vollen einer kompetenten Lektüre sowohl der italienischen als auch der lateinischen Werke schöpft (dadurch wird die sonst vorherrschende Präsenz von De la causa etwas zurückgedrängt308), setzt den Ansatz des Nolaners völlig zu Recht als dem eines Fracastoro oder Agrippa von Nettesheim gleich: in diesem Ansatz sei Kausalität ausschließlich als durch ein seelisches Prinzip – die Welt-Seele – bewirkt zu verstehen, das Ganze der Wirklichkeit daher grundsätzlich (allerdings mit mehr oder weniger Intensität) als beseelt zu denken.309 Im Unterschied zur Naturphilosophie der Renaissance von Ficino bis Campanella jedoch sei Bruno mit seinem »Gedanken der Unendlichkeit der Welt« einen entscheidenden Schritt weiter gegangen, der eine »neue« Konzeption von Erkenntnis
erst dann erreicht ist, wenn mathematischer Begriff und ästhetische Erfahrung ›sich wechselseitig ergänzen‹, vgl. ebd. S. 228. Zum Problem Leinkauf (Hg.): Dilthey und Cassirer (2003), S. 11–17. 306 Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 231. Bei allem Unterschied ist auch hier Gemeinsames mit Dilthey anzumerken, der ja ebenfalls die Grundsätze zum Pantheismus als Ausdruck einer durch das Individuum und die Person gebrochenen Wirkung des neuen Unendlichkeitsgedankens verstanden hat. 307 Ebd., S. 232. 308 Im Erkenntnisproblem (1922) zitiert Cassirer erheblich häufiger aus den lateinischen als aus den italienischen Werken; De la causa wird erwähnt S. 236, Anm. 137 f., S. 245, Anm. 160, S. 246–248, Anm. 162–169, d. h. es ist deutlich, daß sich die Analyse des Erkenntnisbegriffs auf lateinische Abhandlungen wie Umbris, Sigillus, Imaginum compositione etc. stützt, die des Naturbegriffs eben dann stärker, neben den Frankfurter Schriften, auch auf De la causa. 309 Ebd., S. 232 f. mit Verweis auf Summa, OL I/4, S. 103 f.; Magia, OL III, S. 413, 416; Cena, Lagarde 1888, S. 163, vgl. auch ebd., S. 260 f.
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erforderte und der »das Selbst und seine Erkenntniskraft ins Ungemessene erweitert hat«.310 Cassirer deutet Bruno vor dem Hintergrund Kants, des Idealismus und vor allem seines eigenen Konzeptes von »moderner Wissenschaft«311, er ignoriert sozusagen vollständig die Präsenz der Geistmetaphysik des Neuplatonismus und der Renaissance in Brunos eigenem Vernunft- und Geistbegriff; seine Analyse der Erkenntnistheorie Brunos, die sich gerade auch auf Felice Toccos Ergebnisse stützt312, führt zu dem Resultat, daß für Bruno, im Unterschied etwa zu Galilei, »die individuelle Beschaffenheit jedes Einzelsubjekts die einzige Richtschnur bleibt« und daher die »Möglichkeit einer exakten und notwendigen Wissenschaft der Phänomene« nicht gewährleistet sei.313 Bruno erreiche, durch den »Verzicht auf das echte Mittelglied der Mathematik«, »lediglich« eine nicht-begriffliche, »ästhetische Einheitsanschauung« !314 Allerdings arbeitet Cassirer die Ansätze einer analytischen, letztlich auf der lullschen Kombinatorik und auf Cusanus aufbauenden Erkenntnislehre heraus, in der eine ›funktionale‹, alle Relationen des Einzeldinges zur Gesamtordnung des Seins berücksichtigende Bestimmung allein zureichenden Aufschluß über das epistemische Datum geben kann: »Diese Funktion, die Mannigfaltigkeit der
310
Ebd., S. 234 f. Cassirer legt in seinen späteren Einschätzungen dann sehr viel mehr Wert auf den ethisch-religiösen Aspekt im Denken Brunos. Vgl. ders.: Individuum und Kosmos (1927), S. 102 f.: »Bei ihm herrscht der ins Heroische und Titanische gesteigerte Affekt der Selbstbehauptung des Ich. […] Das Ideal der Humanität schließt das Ideal der Autonomie in sich«; S. 128, mit Blick auf den Spaccio della bestia trionfante: »Eine neue Moralphilosophie soll gegründet werden, die den Gegenstand rein nach dem ›inneren Licht‹ darstellt, das auf der Warte oder am Steuer unsrer Seele sitzt. Dies Prinzip des Gewissens und des Selbstbewußtseins: das Prinzip der ›Sinderesis‹, wie Bruno es nennt, tritt an die Stelle der unbewußt wirkenden, kosmisch-dämonischen Kräfte.« 311 Zum Problem vgl. Leinkauf: Rez. Cassirer (2001). 312 Tocco: Le opere latine (1889), vgl. Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 242, Anm. 153. 313 Ebd., S. 242. 314 Ebd., S. 242 f. Dieser Aspekt wird intensiver in Cassirer: Individuum und Kosmos (1927), S. 128 f., 143, 174, Anm. 1, 197 ff. betont.
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Bestimmungen in einer Einheit der Regel zu begreifen, erscheint jetzt im Gegensatz zur herkömmlichen logischen ›Subsumtion‹ als der eigentliche Charakter des Verstandes«.315 Was Cassirer hier im Blick hat, entspricht dem durch die Verbindung von Kombinatorik und Kontraktionslehre entwickelten Gedanken Brunos (den er mit Cusanus teilt und der genau auf Spinoza und vor allem Leibniz vorausweist), daß alles Einzelseiende eine singuläre Instantiierung des Universums selbst ist, daß es, mit anderen Worten, die Immanenz des Absoluten im Sein auf kontrakte Weise zum vollen Ausdruck bringt (so wie das Universum diese Präsenz auf inkontrakte Weise). Allerdings sei, so Cassirer, die Grenze der brunonischen Erkenntnislehre eben auch gerade da erreicht, wo, in einer solchen allgemeinen Relationalität und Funktionalität, das Viele und Unterschiedene nur als Negation, als »Schranke« und als Nicht-Sein erscheint, und nicht als selbst Positives im Sein und in dem das Sein begreifenden Begriff aufgehoben werden kann.316 De la causa tritt in der Cassirerschen Analyse erst da stärker in den Blickpunkt, wo es um die Bestimmung des »Naturbegriffs« geht: diesen verortet Cassirer in einem »dynamischen Begriff des Seins«, der die Differenz zwischen Einzelnem und Universum, zwischen kontrakter Endlichkeit und Unendlichkeit, die nicht in einem beliebigen Jetzt-Zustand aufgehoben werden kann, in die dynamische Prozeßlinie eines Strebens und einer Entwicklung einträgt, deren im Unendlichen liegender Zielpunkt die Indifferenz als vollständige Realisierung aller Differenzen wäre.317 Die »Kritik des Seinsbegriffs« der aristotelischen Tradition ist für Cassirer die logische Konsequenz aus der Einsicht darein, daß die epistemisch geforderte Totalbestimmtheit des Einzelseienden tat-
315
Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 243 mit Verweis auf Umbris, OL II/1, S. 47; Libri physicorum, OL III, S. 269 f. Es wird an solchen Stellen deutlich, wie Cassirer überall Spuren seines eigenen Vorbegriffs der Erfolgsgeschichte eines bestimmten Rationalitätstypus herausarbeiten will. 316 Ebd., S. 244 f.; signifikanter Weise zitiert Cassirer in Anm. 160 hierzu aus De la causa, dialogo 5, BW III, S. 242 (OC III, S. 289): »et quello che fá la moltitudine ne le cose; non è lo ente, non è la cosa: ma quel che appare, che si rapresenta al senso, et è nella superficie della cosa«. 317 Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 245 f. mit Rekurs auf De la causa.
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sächlich nur dem »Auge der Vernunft« zugänglich ist, das in der Lage ist, die potentiell unendliche Vielheit der Einzelgestalten und die potentiell unendliche Bestimmtheit des Einzelseienden als innere, vorempirische Bestimmung der Materie selbst zu »sehen«. Es sind die einschlägigen Stellen aus De la causa zum Vernunft- und Materiebegriff, die Cassirer zur Dokumentation seiner Analyse ins Feld führt, insbesondere ist es die These Brunos, daß die Materie »deve haver la principal prerogativa d’esser conosciuta sol principio substantiale«.318 Es ist Brunos Festhalten am antiken, vor allem platonischen Begriff des substantialen, d. h. unwandelbaren ›Allgemeinen‹ (der Idee), so Cassirer, das seine Erkenntnis- wie auch seine Naturtheorie von derjenigen etwa Telesios aber auch derjenigen Galileis unterscheide, denn Bruno mußte so auf einem ebenso substantiellen Begriff von ›Natur‹ beharren, den er in seine Konzepte einer fruchtbaren, absolut einheitlichen Materie, einer produktiven Weltseele und einer allgemeinen Vernunft, die alle Einheiten darstellen, als das Kraft-Prinzip einschrieb, das allem einen Selbstvollzug ermöglicht, der dem menschlichen Denken als »Gesetz« erfaßbar ist.319 Cassirer beschließt seine Darstellung von Brunos System mit der These, daß aufgrund des Auseinanderfallens von unerkennbarem, weil wandelbarem und überdeterminiertem Einzelsein und erkennbarem, weil unwandelbarem, einheitlichen Allgemeinen die »Physik in die Metaphysik aufgelöst« sei, und daß Bruno in den Frankfurter Schriften mit seiner Theorie insbesondere des Minimums eine »logische Wiederherstellung des Einzelwesens« anstrebe.320 Diese Wiederherstellung, die auf Reflexionen zu mathematisch-geometrischen Grundsachverhalten basiere, vor allem auf der zum Begriff des »Maßes« (metrum, mensura, terminus), muß in den Augen Cassirers mißlingen, da Bruno die Geometrie-Mathematik metaphysisch kritisiere – mit der »Vernunft der Logik und Ontologie […] der Vernunft der Mathematik entgegentritt« – und sich dadurch »die Einsicht in den
318
Ebd., S. 247 f. mit Zitaten aus dialogo 3, unten S. 150 (OC III, S. 183) und S. 156 f. (OC III, S. 191). 319 Ebd., S. 249 f. 320 Ebd., S. 250–261, hier S. 251.
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wissenschaftlichen Charakter der Mathematik verschlossen hat«.321 Brunos Versuch, einen metaphysischen und mathematischen Atomismus (oder Diskretismus) zur bestimmenden Basis zu machen, schlage – so Cassirer mit Verweis auf die Untersuchungen von Lasswitz –, zumindest was die mathematische Anschauung betreffe, fehl, denn die »Gebilde der Mathematik werden durchgehend wie physische Körper gedacht«322, die logisch-mathematische Größe der »Grenze« (terminus) werde zwar von der ontologisch-physikalischen Größe »Minimum« unterschieden, zugleich jedoch der Mathematik ein ihr nicht zukommendes ontologisches Gewicht angehängt (sie soll selbst sinnenfällige Größen strukturell als solche bestimmen), was dazu führe, daß Bruno ineins zu viel von ihr verlange und zu wenig aus ihr mache.323 Die Bruno-Darstellung Cassirers endet, in deutlichem Unterschied zu der Diltheys, in einer durchaus kritischen Wendung. Die ›andere‹ Art und Weise der geistesgeschichtlichen Rekonstruktion, die Cassirer von derjenigen Diltheys absetzt, führt auch zu einer völlig anderen Betonung des Wichtigen: zwar ignoriert Cassirer das für Dilthey zentrale Moment des Pantheismus nicht völlig, es spielt jedoch, auch wenn ein Verstehen Brunos nicht ganz ohne Rekurs auf die »Grundzüge seines Pantheismus« auskommen kann324, nicht die entscheidende Rolle für eine Bewertung und Einordnung des Nolaners in der Entstehungsgeschichte der Moderne. Es ist in diesem Kontext, den Cassirer mit Lasswitz und anderen teilt und der völlig quer zu der Bewertung etwa G. Gentiles steht, daß auch die Bedeutung des Grundlegenden von De
321
Ebd., S. 253; zur Sache vgl. Bönker-Vallon: Metaphysik und Mathematik (1995). 322 Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 254, Anm. 182: Lasswitz: Geschichte der Atomistik (1890), Bd. I. 323 Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 256 f. Bei Bruno trete nicht, wie schon im antiken Atomismus, »dem substantiellen Dasein […] der stetige Raum, als Quell möglicher Beziehungen, ebenbürtig zur Seite«, d. h. Bruno bleibe fixiert auf das ontologisch eingeführte Minimum und Atom, dieses ist das Sein, ohne daß er ein dazu korrespondierendes, zumindest mathematisch notwendiges Nicht-Sein (= leerer Raum) einführen könne. 324 Ebd., S. 236.
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la causa zurücktritt gegenüber vor allem den lateinischen Schriften und hier insbesondere gegenüber der Frankfurter ›Trilogie‹. Dennoch ist auch für Cassirer Bruno der Philosoph, der den bildhaften, symbolischen Ideen-Begriff am deutlichsten reflektiert hat325, der der »kühnste[…] und entschiedenste[…] Anhänger der neuen astronomischen Weltansicht« ist326, dessen Denken eine Art Vorform des funktionalen Welt- und Seinsverständnisses darstellt, eine Vorform, die letztlich noch in der Vorstellung einer universalen Beseeltheit und in der Annahme eines ›Inneren der Dinge‹ den wissenschaftlichen Begriff von Kraft, Dynamik und Funktion nicht wirklich erreichen kann.327 Eine letzte übergreifende, die Spezialforschung hinter sich lassende Bedeutung wurde dem Denken Brunos, durchaus auch im Anschluß an die Beobachtungen Cassirers, in den Arbeiten Hans Blumenbergs zugewiesen, vor allem in seiner Abhandlung Aspekte der Epochenschwelle. Cusaner und Nolaner (Frankfurt/M. 1976).328 Blumenberg sieht in Giordano Bruno den »signifikanten Ketzer« der frühen Neuzeit, der durch sein Grundtheorem, daß aus einer unendlichen Ursache eine unendliche Wirkung folgen müsse, »für den trinitarischen Prozeß keinen Raum mehr« lasse und der konsequent jeden Person-Begriff – sowohl den göttlichen als auch den kreatürlichen – ablehnen
325
Cassirer: Individuum und Kosmos (1927), S. 78 f. Cassirer: Erkenntnisproblem (1922), S. 302. 327 Ebd., S. 294 f., besonders deutlich in der Konfrontation mit Descartes S. 389 f.. Zum Problem vgl. Leinkauf: Der Naturbegriff des 17. Jahrhunderts (2000) passim. 328 Ursprünglich als vierter Teil von Die Legitimität der Neuzeit 1966 publiziert, im Jahre 1976 separat in einer Neubearbeitung herausgegeben (dieser letztere Text wird zitiert); Blumenberg hat sich zu Bruno weiterhin geäußert in Die Genesis der kopenikanischen Welt, Frankfurt/M. 1975, S. 416–452 und in seiner Einleitung zu der von F. Fellmann besorgten Übersetzung der Cena de le ceneri: Das Aschermittwochsmahl, Frankfurt/M. 1969. Zur Sache vgl. Frank: Hans Blumenbergs Bruno-Relektüre (1998) und Rudolph: Bruno und Cusanus (1999). Kritische Reaktionen auf Blumenbergs Thesen finden sich z. B. bei Löwith: Rez. zu Die Legitimität der Neuzeit (1968); Pannenberg: Die christliche Legitimität der Neuzeit (1972); ders.: Anthropologie (1983), S. 161 ff. 326
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müsse.329 Blumenberg konfrontiert (wie zuvor schon etwa Clemens und an manchen Stellen auch Cassirer) Bruno mit Nicolaus Cusanus, indem er beide vor dem Horizont der mittelalterlichen Diskussion um eine »potestas absoluta Dei«, um die Differenz zwischen Willen und Wesen, voluntas und intellectus (Stichwort: theologischer Absolutismus), zu verstehen versucht. Durch die katalytische Funktion der kopernikanischen Weltsicht vermittelt, erreiche Bruno, im Unterschied zu der immer noch theologisch vermittelten Position des Cusaners, einen Standpunkt humaner Selbstbehauptung: »Daß eine Welt ist, liegt im Wesen, nicht im Willen der Gottheit begründet. Die Welt ist das Korrelat der Impersonalität Gottes, und deshalb ist sie Manifestation, aber nicht Offenbarung«.330 Brunos Unendlichkeitsdenken markiert für Blumenberg eine »Epochenschwelle«, durch welche die traditionelle Metaphysik, deren Begriff von ›Unendlichkeit‹ sich als sei es innerlich-voluntaristischer im Begriff absoluter Macht (potestas) oder sei es transzendent-ontologischer im Begriff absoluter Unermeßlichkeit (immensitas, magnitudo) äußert, in eine andere Art von Metaphysik transformiert wird, die eine tatsächliche kosmologisch-astronomische Unendlichkeit zu ihrem tragenden Grund hat.331 »Das [sc. unendliche] nachkopernikanische Universum hält keinen designierten Ort und kein ausgezeichnetes Substrat für die göttliche Heilstat mehr bereit. An dieses Universum hat sich die Gottheit bereits in der Schöpfung voll
329
Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 126–128. In seiner umfassenden Darstellung der Genesis der kopernikanischen Welt sieht Blumenberg Bruno als den Indikator einer im Widerspruch gegen Kopernikus sich artikulierenden, neuen Weltsicht, Genesis (1975), S. 416: »Dieser elementare Sachverhalt der Wirkung durch Gegenwirkung [sc. den Kopernikus ausgelöst habe], der Potentialbildung am Widerspruch, verdichtet sich in der Gestalt des unseligen Giordano Bruno, in seinem Schicksal und in seinem Werk«; Kriterium hierfür ist letztlich die Einsicht, ebd. S. 416 f.: »Die Unermeßlichkeit, die Kopernikus zugestehen mußte, wird bei Giordano Bruno zur Unendlichkeit.« 330 Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 132. 331 Daher auch der bezeichnende Titel des Abschnittes zu Bruno: »Der Nolaner: Die Welt als Selbsterschöpfung Gottes«, ebd., S. 109.
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ausgegeben«.332 Mit Blumenbergs Thesen ist dem Nolaner, wie es auch etwa zeitgleich durch die nicht minder einflußreichen Untersuchungen von Francis A. Yates für den englischsprachigen Raum geschehen ist, nach der Pantheismus-These Diltheys zum letzten Mal eine bedeutende Position in der allgemeinen Genese der frühen Neuzeit zugewiesen worden, die den engeren Horizont der (ohnehin meist pro domo argumentierenden) Spezialforschung weit übergriffen hat: Bruno habe alle theologisch gebundenen Singularisierungen des (späteren) Mittelalters – die der einen Schöpfung, die der einen Inkarnation, die der individuell-singulären Beseelung – umgewendet in eine auf absoluter Homogeneität des ebenso absolut einen Substrates basierende Universalisierung.333 Die Welt sei keine Offenbarung Gottes mehr, sie sei nur nicht-intentionaler, direkter Ausdruck des Sich-Äußern(-Müssen ?)s seines Wesens334, in ihr kann sich keine Inkarnation, keine Gottwerdung, keine Vervollkommnung des Menschen im traditionellen Sinne mehr ereignen: »Die große Symmetrie von Gottwerdung des Menschen und Menschwerdung Gottes, die der Cusaner gegen den ausbrechenden Konflikt zwischen mittelalterlichem Gottesbewußtsein und neuem Selbstbewußtsein aufgerichtet hatte, war durch das dritte Element des Systems […]: die entgrenzte Welt, zerstört worden«.335 Der Dialog De la causa spielt in den Analysen Blumenbergs zwar immer noch eine wichtige Rolle, insbesondere was die genuin philosophisch-metaphysischen Themen betrifft, also Prinzipientheorie, Materiebegriff, Möglichkeitsspekulation, er ist jedoch nicht der Grundlegungsdialog und gerät gegenüber den kosmologischen Texten der Cena de le ceneri und De l’infinito sogar ins Hintertreffen336, dies vor allem, weil es die kos-
332
Ebd., S. 111. 333 Ebd., S. 111, 113. 334 Ebd., S. 132 f. 335 Ebd., S. 161. 336 Aus De la causa führt Blumenberg an: ebd., S. 134 f. dialogo 3, BW III, S. 166 ff. (OC III, S. 203–207; DI, S. 280 f.; U I, S. 692 f.) zu MöglichkeitWirklichkeit; Aspekte, S. 137 dialogo 3, ebd., S. 176 f. (OC III, S. 213–217; DI, S. 285 f.; U I, S. 696–699) zur Materie und zum Universum als »unigenita natura«; Aspekte, S. 139 dialogo 5, ebd., S. 230 und 238 (OC III, S. 275, 285; DI,
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mologische Option Brunos ist, die für Blumenberg der entscheidende Grund zur Auflösung »des ›ewigen Bundes‹« zwischen christlichem Gott und Mensch geworden ist; eine Auflösung, die an Stelle der Inkarnation und an Stelle des Einmaligen die »Metamorphose«, die permanente Transformation und das »Episodische« gesetzt habe.337 Das Problematische beider Thesen, der Yatesschen Magie-These und der Blumenbergschen Selbstbehauptungs- und Legitimitätsthese 338 darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß das Denken Giordano Brunos selbst, das durch sie ja allererst wieder ins richtige Licht gerückt werden sollte, jenseits der Gefahren solcher nachträglichen Vereinnahmungen stehend ein unreduzierbares Eigenlicht an Attraktivität und – durchaus auch bis heute – Provokation bietet. Es ist das unverkennbare Anliegen der neuesten intensiven Einzelforschungen zum Œuvre Brunos, dieses vielfarbige Eigenlicht als integrierende Lichtquelle, aus dem dasjenige hervorstrahlt, was wir ›Neuzeit‹ oder ›Moderne‹ nennen, immer stärker zum Leuchten zu bringen, ohne anderes dabei im selben Maße zu verdunkeln. De la causa ist, nach den in Deutschland besorgten Ausgaben von Wagner (1830) und Lagarde (1888/9) und nach der im 19. Jahrhundert Maßstäbe setzenden Übersetzung durch Adolf Lasson (1872)339, S. 320, 326; U I, S. 727, 731 f.) zur Relativität und Nichteigenständigkeit aller Bewegung und aller Einzelseienden im Verhältnis zum Universum; Aspekte, S. 155 dialogo 4, ebd., S. 192 (OC III, S. 231; DI, S. 297; U I, S. 707) und Aspekte, S. 163 f. dialogo 4, ebd., S. 208 f., 222 f. (OC III, S. 251, 267; DI, S. 307, 316; U I, S. 717, 723) zur Materie. Es ist auffällig, daß die Stellen, die Blumenberg anzieht, immer noch eine große Schnittmenge mit den Exzerpten Jacobis aufweisen. Die zentrale Bedeutung der Cena für Blumenbergs Deutung zeigt sich nicht nur darin, daß er zu der neuen Übertragung dieses Dialoges durch seinen Schüler F. Fellmann eine ausführliche Einleitung verfaßte, sondern vor allem auch darin, daß nahezu der ganze Bruno-Abschnitt in der Genesis der kopernikanischen Welt eine Diskussion der Implikationen der Cena darstellt; vgl. Blumenberg: Genesis (1975), S. 421–430, 432 f., 441 f. 337 Blumenberg: Aspekte der Epochenschwelle (1976), S. 162. 338 Vgl. hierzu, ebd., passim, und Genesis (1975) S. 420. 339 G. Bruno, Von der Ursache. Dem Princip und dem Einen, aus dem Italienischen übersetzt und mit erläuternden Bemerkungen versehen von Adolf
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dann mit allergrößter Wirkung durch die für ein halbes Jahrhundert Standardausgabe bleibende Edition der Opere italiane durch Giovanni Gentile zugänglich gemacht worden, und zwar im ersten Band, betitelt: Dialoghi metafisici (Bari 1907). Maßgeblich für Gentile war die auf der textlichen Autorität der Quinquecentine fußende Ausgabe Lagardes, die Aquilecchia als »il capolavoro ecdotico bruniano del secolo XIX« bezeichnet hat.340 Nach weiteren Editionen durch Vincenzo Spampanato, De la causa, principio ed uno, Messina (Principato) 1923, sowie durch Romano Amerio und Augusto Guzzo, Opere di Giordano Bruno e di Tommaso Campanella, Milano-Napoli (Ricciardi) 1956, lag dann erst mit der durch Aquilecchia selbst besorgten kritischen Ausgabe – Torino (Einaudi) 1973 – ein zuverlässiger und gut kommentierter Text vor, der in die jetzt abgeschlossenen Œuvres complètes, die bei Les belles Lettres in Paris erschienen sind, eingegangen ist: De la cause, du principe et de l’un. Texte établi par Giovanni Aquilecchia, IntroducLasson, Berlin 1872 (Philosophische Bibliothek, hg. von J. H. v. Kirchmann, Bd. LIII). Die Qualität von Lassons Übersetzung bewog P. R. Blum, diese unverändert in die von ihm 1977 besorgte und durch W. Beierwaltes mit einer Einleitung versehene fünfte Neuauflage als Bd. XXI der Philosophischen Bibliothek des Felix Meiner Verlages zu übernehmen, vgl. den Editorischen Bericht, ebd., S. LI. Für Deutschland ist noch 1. auf die Übertragung von De la causa durch Rixner-Silber in: Beiträge zur Geschichte der Physiologie, Heft V, Sulzbach 1818–26, S. 51–139, die etwa M. Wittmann als »völlig mangelhaft« bewertete (Archiv für Geschichte der Philosophie 13, 1900, S. 147) und 2. auf die – allerdings ebenfalls sehr problematische – Übersetzung der italienischen Werke durch Ludwig Kuhlenbeck hinzuweisen, die mit der Übertragung des Spaccio im Jahre 1889 begann und dann, als Gesammelte Werke Giordano Brunos, in den Jahren 1904–1909, erschienen beim Diederichs Verlag, abgeschlossen war; zu dieser Ausgabe vgl. Aquilecchia: L’ecdotica (1998), S. 15–17 und vor allem Heidler: Zum Kontext der Gesammelten Werke Giordano Brunos (1998), S. 141–163, zu der Ausgabe S. 153–158. 340 Aquilecchia: L’ecdotica (1998), S. 17, vgl. auch ders., Le opere italiane (1991). Eugenio Canone hat verdienstvoller Weise eine vollständige Ausgabe der italienischen Schriften nach Cinquecento-Drucken, basierend auf dem Bestand der Biblioteca Trivulziana zu Mailand, als Nachdruck in vier Bänden besorgt: G. Bruno, Opere italiane. Ristampa anastatica delle cinquecentine, Firenze 1999, 4 Vol.
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tion Michele Ciliberto, traduction par Luc Hersant, notes de GiovanniAquilecchia, Paris 1996 (OC III; dies ist der Text, der auch dieser Ausgabe zugrunde liegt341), und der auch den Ausgangspunkt für die durch Michele Ciliberto besorgte Ausgabe bildet: Dialoghi filosofici italiani, a cura e con un saggio introduttivo di M. Ciliberto, Milano (Mondadori) 2000. Weiterhin sind in jüngster Zeit englische, französische, portugiesische, spanische, dänische, japanische und eine zusätzliche deutsche Übertragung erschienen.342 Hinsichtlich der aktuellen Diskussion um das Werk Giordano Brunos im allgemeinen und um die Bewertung von De la causa im besonderen wäre auf eine sehr umfangreiche Forschungsliteratur zu verweisen, die durch die vielen Würdigungen zum 400. Todestag im Jahre 2000 noch einmal einen bislang ungekannten, nicht nur quantitativen Schub erfahren haben343; vieles hiervon ist in den vorhergehenden einleitenden Ausführungen zu De la causa (oben S. VII–CL) und vor allem auch in den Apparat der Kommentierung eingegangen, so daß eine besondere Darstellung, zumal sie den Rahmen dieser Einleitung sprengen würde, hier nicht erforderlich erscheint. Es ist jedoch nicht übertrieben, daß sich in De la causa – und das bestätigt bis heute die Einschätzung der interessierten Leser des 18. Jahrhunderts – die erste systematische Grundlegung der Metaphysik und der 341
Die kritische Pariser Ausgabe liegt auch der jetzt erschienenen, durch Nuccio Ordine besorgten und eingeleiteten Ausgabe bei UTET zugrunde, vgl. U; hierzu die Rez. von Thomas Gilbhardt (2005). 342 G. Bruno, Über die Ursache, das Prinzip und das Eine. Übersetzung und Anmerkungen von Philipp Rippel. Zeittafel, Literaturhinweise und Nachwort von Alfred Schmidt, Stuttgart 1986. G. Bruno, A causa, o principio e o uno, trad. A. Cancian, Sâo Paulo 1988. Eine japanische Übersetzung mit Einleitung und kommentierenden Anmerkungen durch M. Kato ist ebenfalls erschienen, Tokio 1998; Om årsagen, princippet og enheden, i oversaettelse ved O. Jorn og med indledning af A. Haadare. Københaven 2000. Eine neue »kritische« Ausgabe der italienischen Schriften ist von Seiten des Istituto nazionale di studi sul rinascimento angekündigt: Giordano Bruno, Opere volgari. Edizione critica promossa dall’istituto nazionale di studi sul rinascimento, dort: De la causa, principio et uno, a cura di Elisabetta Scapparone. 343 Vgl. die Nota bibliografica von Maria Cristina Figorilli, in U I, S. 197– 221.
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Ontologie Giordano Brunos findet. Hier werden die eigentlichen Grundlagen gelegt, die auch die anderen, anthropologischen und moralischen Themen aus der Sicht des Nolaners fundieren sollen, und es ist und bleibt dieser Text, den man gut studiert haben muß, um die Intention dieses komplexen Denkers angemessen verstehen zu können.
6. Editorische Notiz Dieser Ausgabe und Übersetzung von De la causa liegt der kritische, durch Giovanni Aquilecchia besorgte italienische Originaltext zugrunde, der auch die Basis des dritten Bandes der bei Les Belles Lettres erschienenen, durch das Istituto italiano per gli studi filosofici geförderten, von Yves Hersant und Nuccio Ordine geleiteten Œuvres complètes bildet: Giordano Bruno, De la cause, du principe et de l’un, texte établi par Giovanni Aquilecchia, notes de Giovanni Aquilecchia, introduction de Michele Ciliberto, traduction de Luc Hersant, Paris 1996. Zum italienischen Text, der letztlich auf die Editio princeps: London bei John Charlewood 1584 zurückgeht (jetzt durch den neubesorgten Gesamtnachdruck der Cinquecentine durch Eugenio Canone: Giordano Bruno, Opere italiane. Ristampa anastatica delle cinquecentine, Firenze (Olschki) 1990, 4 Vol., leicht zugänglich) sowie zu den philologischen Problemen selbst sind die einschlägigen Arbeiten von Aquilecchia zu vergleichen: zunächst die Dieci postille ai Dialoghi ›De la causa‹ (1958) sowie seine Introduzione zur kritischen Ausgabe (Torino 1973), beide in der Sammlung Schede bruniane (1950–1991), Roma (Vecchiarelli) 1993, S. 133–142, S. 253–278, und dann die sich direkt auf De la causa beziehende Note philologique der Œuvres complètes, Bd. III, S. LIII–LXIX sowie insbesondere die umfassende, seine gesamte bisherige editorische Tätigkeit zusammenfassende Nota filologica der neuen UTET-Ausgabe, Torino 2002, S. 223–256, dort S. 251–254 zu den »norme adottate« der Ausgabe (kritische Anmerkungen hierzu gibt Thomas Gilbhard in seiner Rezension der UTET-Ausgabe in: Gilbhard [2005]).
BIBLIOGRAPHIE
Ausgaben von De la causa
Italienische Ausgaben De la causa, principio e uno, a cura di A. Corsano, Milano 1961. De la causa, principio et uno, a cura di Giovanni Aquilecchia, Torino 1973. [maßgeblich]
Deutsche Ausgaben Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen. Aus dem Italienischen übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen von A. Lasson, Berlin 1872. Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen. Aus dem Italienischen übersetzt und mit erläuternden Anmerkungen versehen von P. Seliger, Leipzig 1909. Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen. Akten des Prozesses der Inquisition gegen G. Bruno, aus dem Italienischen übersetzt von P. Seliger und L. Kuhlenbeck, Überarbeitung der Übersetzung von E. G. Schmidt, hg. von J. Teller, Berlin/Leipzig 1984. Über die Ursache, das Prinzip und das Eine. Übersetzung und Anmerkungen von Ph. Rippel, Zeittafel, Literaturhinweise und Nachwort von A. Schmidt, Stuttgart 1986.
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Englische Ausgaben Cause, Principle, and Unity. Five Dialogues, translated with an introduction by J. Lindsay, Essex Castle Hedingham 1962. Cause, Principle, and Unity, translated and edited by R. de Lucca, Cambridge/New York 1998.
Spanische Ausgaben De la causa, principio y uno. Tradución, prólogo y notas por A. Vassallo, Buenos Aires 1941.
Sigla Einzeleditionen C1 Giordano Bruno, De la causa, principio et uno, a cura di Giovanni Aquilecchia, Torino 1973. C2 Giordano Bruno, De la cause, du principe et de l’un, Œuvres complètes (Œuvres ital.) III, Paris 1996. Texte établi par Giovanni Aquilecchia, notes de Giovanni Aquilecchia, introduction de Michele Ciliberto, traduction de Luc Hersant. Ce Giordano Bruno, La cena de le ceneri, a cura di Giovanni Aquilecchia, Torino 1955.
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Sigla Werkausgaben Brunos BW Giordano Bruno, Werke, hg. von Thomas Leinkauf, unter Mitwirkung von Elisabeth Blum, Paul Richard Blum, Angelika BönkerVallon, Eugenio Canone, Sergius Kodera, Maria Moog-Grünewald, u. a., Hamburg 2005 f., zitiert mit Bandzahl und Paginierung (z. B. BW III, S. 231). DI Dialoghi italiani, nuovamente ristampati con note da Giovanni Gentile, 3a ed. a cura di G. Aquilecchia, Firenze 1958 u. ö. DF Dialoghi filosofici italiani, a cura e con un saggio introduttivo di M. Ciliberto, Note ai testi a cura di Nicoletta Tirinnanzi, Milano 2000. MV De magia, De vinculis in genere, a cura di A. Biondi, Pordenone 1986. OL Opera latine conscripta, ed. F. Tocco, H. Vitelli, V. Imbriani, C. M. Tallagrio, Neapel-Florenz 1879–1891 (3 Bde. in 8 Teilen), zit. mit Bandzahl und Paginierung, (z. B. OL II/1, S. 52). OC Œuvres complètes de Giordano Bruno. Publiées sous le patronage de L’Istituto Italiano Per Gli Studi Filosofici, collectio dirigée par Yves Hersant et Nuccio Ordine, Paris 1993 sqq., zit. mit Bandzahl und Paginierung (z. B. OC IV, S. 271). OM Opere magiche. Edizione diretta da Michele Ciliberto, a cura di Simonetta Bassi, Elisabetta Scapparone, Nicoletta Tirinnanzi, Milano 2000. U Opere italiane di Girodano Bruno, testi critici e nota filologica di Giovanni Aquilecchia, introduzione e coordinamento generale di Nuccio Ordine, Torino 2002, 2 Bde., zit. mit Bandzahl und Paginierung (z. B. U I, S. 598).
Sigla Übersetzungen / Kommentare A1 Aquilecchia, Notae zu C1. A2 Aquilecchia, Commentaire zu C2. Am Amerio, R., Opere di Giordano Bruno e di Tommaso Campanella, a cura di Augusto Guzzo e di Romano Amerio, Milano-Napoli 1956.
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Abkürzungen der Texte Brunos Acrotismus = Camoeracensis Acrotismus seu rationes articulorum physicorum (Wittenberg 1588) [= Neubearbeitung von Centum articuli], OL I/1, S. 53–190.
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Architectura = De compendiosa architectura et complemento artis Lullii (Paris [Aegidius Gorbinus] 1582), OL II/2, S. 5–65. Ars = Ars deformationum (1591), in: Testi inediti, a cura di G. Aquilecchia, Roma (Edizioni Storia e Letteratura) 1964. Ars reminiscendi = Ars reminiscendi (London 1583), OL II/2 enthält Praefatio (an den Kanzler der Universität Oxford), Explicatio, Sigillus sigillorum. Articuli = Articuli centum et sexaginta adversus huius tempestatis mathematicos atque philosophos (Prag 1588), OL I/3, S. 1–118; Übersetzung der Praefatio jetzt durch N. Tirinnanzi, in: Giordano Bruno, scelta e introduzione di M. Ciliberto, Roma 1995. Artificium = Artificium perorandi (Wittenberg 1588), publ. par J. H. Alsted, Frankfurt 1612. Cabala = Cabala del cavallo pegaseo (London 1585), OC VI, ed. G. Aquilecchia, introduction et notes N. Badaloni, traduction T. Dagron, Paris 1994. Candelaio = Candelaio (Paris 1582), OC I, ed. G. Aquilecchia, introduction et notes G. Bàrberi Scquarotti, traduction Y. Hersant, Paris 1992. Cantus = Cantus circaeus (Paris 1582), OL II/1, S. 179–257; jetzt auch in: Le ombre delle idee. Il canto di Circe. Il sigillo dei sigilli, a cura di N. Tirinnanzi, Mailand 1997. Causa = De la causa, principio et uno (London 1584), OC III, ed. et notes par G. Aquilecchia, introduction M. Ciliberto, traduction L. Hersant, Paris 1996. Cena = Cena de le ceneri (London 1584), OC II, ed. et notes G. Aquilecchia, préface A. Ophir, traduction Y. Hersant, Paris 1994. Centum articuli = [J. Hennequin] Centum et viginti articuli de natura et mundo adversus Peripateticos (Paris 1586); ND in: E. Canone, Giordano Bruno. Gli anni napoletani e »la peregrinatio europea«. Immagini. Testi. Documenti, Cassino 1992, Appendice I, S. 59–180. Combinatoria = De lampade combinatoria Lulliana (Wittenberg 1587, übernommen in Specierum, Prag 1588), OL II/2, S. 227–327; Übersetzung der Praefatio jetzt durch N. Tirinnanzi, in: Giordano Bruno, scelta e introduzione di M. Ciliberto, Roma 1995. Dialogi = Dialogi due de Fabricii Mordentis Salernitani prope divina
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adinventione ad perfectam cosmimetrie praxin (Paris [Chevillot] 1586), in: Due dialoghi sconosciuti, ed. G. Aquilecchia, Roma 1957, S. 29–58. Explicatio = Explicatio triginta sigillorum (Oxford 1583), OL II/2, S. 121–160. Figuratio = Figuratio aristotelici physici auditus (Paris 1586), OL I/4, S. 131–221. Furori = De gl’eroici furori (London 1585), OC VII, ed. G. Aquilecchia, introduction par Eugenio Garin, notes par Michele Ciliberto, traduction P.-H. Michel, Paris 1997. Geometrica sylva = Dialogus qui de somnii interpretatione seu geometrica sylva, Paris (1586), in: Due dialoghi sconosciuti, ed. G. Aquilecchia, Roma 1957, S. 19–28. Idiota = Idiota triumphans (1586), in: Due dialoghi sconosciuti, ed. G. Aquilecchia, Roma 1957, S. 3–17. Imaginum = De imaginum, signorum et idearum compositione (Frankfurt 1591), OL II/3, S. 87–322. Immenso = De innumerabilibus, immenso et infigurabili (Frankfurt 1591), OL I/1, S. 191–398 (lib. 1–3) und OL I/2, S. 1–318 (lib. 4–8); In: Opere latine. Il triplici minimo e la misura; La monade, il numero e la figura; L’immenso e gli innumerevoli, Italienische Übersetzung C. Monti, Turin 1980. Infinito = De l’infinito, universo e mondi (London 1584), OC IV, ed. G. Aquilecchia, introduction Miguel A. Granada, notes J. Seidengart, traduction J.-P. Cavaillé, Paris 1996. Lampas = Lampas triginta statuarum (Wittenberg 1587, transskr. H. Besler 1591; publ. von F. Tocco in: Le opere inedite, Napoli 1891), OL III, S. 1–258. Libri Physicorum = Libri physicorum Aristotelis explanati (1588), OL III, S. 259–393. Magia = Theses de magia (Helmstedt 1589/90), OL III, S. 455–491. In: De magia. De vinculis in genere, Text und italienische Übersetzung durch A. Biondi, Pordenone 1986; in: OM, S. 321–412 (mit Kommentar). Magia naturale = De magia naturale (Helmstedt 1589/90), in: OM, S. 159–320.
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Medicina = De medicina lulliana (Fankfurt 1591; post.), OL III, S. 571– 633. Minimo = De triplici minimo et mensura (Frankfurt 1591), OL I/3, S. 121–361; In: Opere latine. Il triplici minimo e la misura; La monade, il numero e la figura; L’immenso e gli innumerevoli, Italienische Übersetzung C. Monti, Turin 1980. Monade = De monade, numero et figura (Frankfurt 1591), OL I/2, S. 319–484; In: Opere latine. Il triplici minimo e la misura; La monade, il numero e la figura; L’immenso e gli innumerevoli, Italienische Übersetzung C. Monti, Turin 1980. Oratio = Oratio valedictoria (1588 ?), OL I/1, S. 1–25. Praelectiones = Praelectiones geometricae (1591), in: Testi inediti, a cura di G. Aquilecchia, Roma 1964. Principiis = De rerum principiis, elementis et causis (Helmstedt 1589/90), OL III, S. 507–567. Italienische Übersetzung in: Giordano Bruno, De rerum principiis. Una riforma della ›Magia‹, a cura di Nicoletta Tirinnanzi, Neapel 1995. Progressu = De progressu et lampade venatoria logicorum (Wittenberg 1587), OL II/3, S. 5–84. Sigillus = Sigillus sigillorum (London 1583), OL II/2, S. 161–217; jetzt auch in: Le ombre delle idee. Il canto di Circe. Il sigillo dei sigilli, a cura di N. Tirinnanzi, Mailand 1997. Spaccio = Lo spaccio della bestia trionfante (London 1584), OC V, ed. G. Aquilecchia, traduction J. Balsamo, notes M. P. Ellero, introduction N. Ordine, Paris 1999. Specierum = De specierum scrutinio (Prag 1588), OL II/2, S. 329–356. Summa = Summa terminorum metaphysicorum (Padua 1591/2; hg. von R. Egli, teilw. 1595, vollst. 1609), OL I/4, S. 1–128. Nachdruck der Ausgabe Marburg 1609, hg. von E. Canone, Roma Lessico intellettuale europeo (Edizione Ateneo) 1989. Triginta sigilli = Triginta sigilli (Oxford 1583), OL II/2, S. 79–119. Umbris = De umbris idearum (Paris 1582) OL II/1, S. 1–177; ed. Rita Sturlese, Florenz 1991. Italienische Übersetzung: Le ombre delle idee, Text und italienische Übersetzung von A. Caiazza, Mailand 1988. L’arte della memoria. Le ombre delle idee, a cura di Manuela
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Titel der deutschen Übersetzungen in BW Kerzenzieher Das Aschermittwochsmahl Über die Ursache, das Prinzip und das Eine Über das Unendliche, das Universum und die Welten Die Kabbala des Pegasus Von den Heroischen Leidenschaften Die Vertreibung der triumphierenden Bestie
Primärliteratur A Marsilii Ficini: De amore, ed. G. Marcel, Paris 1956, Opera Marsilii Ficini Opera omnia, Basileae 1576 (ND Torino 1975). CAG Commentaria in Aristotelem Graeca, edita consilio et auctoritate Academiae Litterarum Regiae Borussicae Berolini. CH Corpus Hermeticum, ed. A. D. Nock, A. J. Festugière, Paris 1945 ff, Bd. 1–4. Fons vitae Avicebron (Ibn Gabirol): Fons vitae, Translationem ex Arabico in Latinum primum edidit Clemens Baeumker, Monasterii 1895 (Beiträge zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters I, 2–4); (Livre de la source de la vie, trad. J. Schlanger, Paris 1970). GP G. W. Leibniz, Die Philosophischen Schriften, hg. von C. I. Gerhardt, Berlin 1880, ND Hildesheim/New York 1978.
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Sigla im Text [ ] Einfügungen des Herausgebers, z. B. sinngemäße Ergänzungen oder Zählungen von Argumenten (so wird die Zählung der Argumente zu den einzelnen Dialogen in der Epistola esplicatoria im Haupttext zur Orientierung wiederholt).
G I O R DA N O B RU N O Nol ano De la causa, principio et uno A l’Illustrissimo Signor di Mauvissiero
Stampato in Venetia Anno MDLXXXIIII
G I O R DA N O B RU N O Nol ano Über die Ursache, das Prinzip und das Eine An den hocherlauchten Herrn von Mauvissière
Gedruckt in Venedig im Jahre 1584
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P R O E M IA L E E P I S T O L A Scritta all’illustrissimo Signor Michel di Castelnovo, Signor di Mauvissiero, Concressalto, e di Ionvilla, Cavallier de l’ordine del Re Cristianissimo, Conseglier del suo privato Conseglio, Capitano di 50 uomini d’arme et Ambasciator alla Serenissima Regina d’Inghilterra.
Illustrissimo et unico cavalliero, s’io rivolgo gli occhi della considerazione a remirar la vostra longanimità, perseveranza e sollecitudine, con cui giongendo ufficio ad ufficio, beneficio a beneficio, m’avete vinto, ubligato e stretto, e solete superare ogni difficultà, scampar da qualsivoglia periglio, e ridur a fine tutti vostri onoratissimi dissegni: vegno a scorgere quanto propriamente vi conviene quella generosa divisa, con la quale ornate il vostro terribil cimiero. Dove quel liquido umore, che suavemente piaga, mentre continuo e spesso stilla, per forza di perseveranza rammolla, incava, doma, spezza et ispiana un certo, denso, aspro, duro e ruvido sasso. Se da l’altro lato mi riduco a mente come (lasciando gli altri vostri onorati gesti da canto) per ordinazion divina, et alta providenza e predestina | zione, mi siete sufficiente e saldo difensore ne gl’ingiusti oltraggi ch’io patisco (dove bisognava ¦ che fusse un animo veramente eroico per non dismetter le braccia, desperarsi, e darsi vinto a sì rapido torrente di criminali imposture con quali a tutta possa m’have fatto empeto l’invidia d’ignoranti, la presunzion di sofisti, la detrazzion di malevoli, la murmurazion di servitori, gli susurri di mercenarii, le contradizzioni di domestici, le suspizioni di stupidi, gli scrupoli di ri-
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EINLEITENDER BRIEF
Geschrieben an den sehr erlauchten Herrn Michel de Castelnau, Herrn von Mauvissière, Concressault und Joinville, Ritter des Ordens des allerchristlichsten Königs, Ratgeber seines persönlichen Rates, Hauptmann über fünfzig Bewaffnete und Botschafter bei der allerdurchlauchtigsten Königin von England.
Erlauchtester und einziger Ritter ! Wenn ich meine Augen von der philosophischen Betrachtung bewundernd auf Eure Langmut, Beharrlichkeit und Fürsorge wende, Eigenschaften, mit welchen Ihr mich, indem Ihr mir eine Gunst nach der anderen, eine Wohltat nach der anderen erwiesen, gewonnen, verpflichtet und gebunden habt, und mit welchen Ihr jede Schwierigkeit zu meistern, aus jeglicher Gefahr zu entkommen und alle Eure hoch ehrenwerten Pläne schließlich zu verwirklichen pflegt: so beginne ich zu verstehen, wie sehr Euch die großmütige Devise zukommt, mit der Ihr Euer gefürchtetes Wappen ziert. Darauf findet sich nämlich jenes flüssige Element, das sanft verletzt, während es unablässig und fortwährend tropft, das kraft Ausdauer den dichten, rauhen, harten und kantigen Felsen erweicht, aushöhlt, bezwingt, aufbricht und glättet. Wenn ich mir dann andererseits – wobei ich Eure anderen edlen Taten beiseite lasse – auch noch vor Augen führe, wie Ihr aufgrund von göttlicher Fügung, hoher Vorsehung und Vorbestimmung mich wirkungsvoll und standhaft gegenüber den ungerechten Ausfällen, denen ich ausgesetzt bin, verteidigt – wobei es eines wahrhaft heroischen Geistes bedurfte, um nicht die Arme sinken zu lassen, zu verzweifeln und sich dem so reißenden Strom verbrecherischer Verleumdungen zu ergeben, mit welchen mich der Neid der Unwissenden, die Anmaßung der Sophisten, die Herabsetzung der Übelwollenden, das Geraune der Dienerschaft, die Flüstereien der Söldner, das Genörgel des Gesindes, die Verdächtigungen der Dummköpfe, die Bedenken der Spitzel, der
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proemiale epistola
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portatori, gli zeli d’ipocriti, gli odii di barbari, le furie di plebei, furori di popolari, lamenti di ripercossi e voci di castigati: ove altro non mancava ch’un discortese, pazzo e malizioso sdegno feminile, di cui le false lacrime soglion esser più potenti, che quantosivoglia tumide onde e rigide tempeste di presunzioni, invidie, detrazzioni, mormorii, tradimenti, ire, sdegni, odii e furori), ecco vi veggio qual saldo, fermo e constante scoglio, che risorgendo e mostrando il capo fuor di gonfio mare, né per irato cielo, né per orror d’inverno, né per violente scosse di tumide onde, né per stridenti aerie procelle, né per violento soffio d’Aquiloni punto si scaglia, si muove o si scuote: ma tanto più si rinverdisce, e di simil sustanza s’incota e si rinveste. Voi dumque dotato di doppia virtù, per cui son potentissime le liquide et amene stille, e vanissime l’onde rigide e tempestose; per cui contra le goccie si rende sì fiacco il fortunato sasso, e contra gli flutti sorge sì potente il travagliato scoglio: siete quello che medesimo si ¦ rende sicuro e tranquillo porto alle vere muse, e ruinosa roccia in cui vegnano a svanirsi le false munizioni de impetuosi dissegni de lor nemiche vele. Io dumque, qual | nessun giamai poté accusar per ingrato, nullo vituperò per discortese, e di cui non è chi giustamente lamentar si possa; io odiato da stolti, dispreggiato da vili, biasimato da ignobili, vituperato da furfanti, e perseguitato da genii bestiali; io amato da savii, admirato da dotti, magnificato da grandi, stimato da potenti, e favorito da gli dèi; io per tale tanto favore da voi già ricettato, nodrito, difeso, liberato, ritenuto in salvo, mantenuto in porto; come scampato per voi da perigliosa e gran tempesta: a voi consacro questa àncora, queste sarte, queste fiaccate vele, e
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einleitender brief
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Eifer der Heuchler, der Haß der Ungebildeten, die Wutausbrüche des einfachen Volkes, die Rasereien des Pöbels, die Klagen der [von mir] Getroffenen, die Schreie der [von mir] Gezüchtigten nach Kräften übergossen haben: dem konnte nur noch die abgeschmackte, verrückte und tückische Verachtung einer Frau die Krone aufsetzen, deren falsche Tränen viel wirkungsvoller zu sein pflegen als jede noch so angeschwollene Woge und jeder noch so heftige Sturm aus Vorurteilen, Neid, Verleumdung, Murren, Betrug, Zorn, Verachtung, Haß und Wut –, unter diesen Umständen also sehe ich Euch, den standhaften, festen und unerschütterlichen Felsen, der immer wieder aus der tobenden Meeresflut auftaucht und sein Haupt zeigt, der weder durch den Zorn des Himmels noch durch die Schrecken des Winters, noch durch die gewaltigen Stöße der aufschäumenden Wellen, die schneidenden stürmischen Winde oder den harten Atem der Nordwinde auch nur um einen Deut zurückgetrieben, bewegt oder erschüttert wird, sondern gerade dadurch sich noch verjüngt und mit ähnlicher Substanz anreichert und bedeckt. Ihr also seid mit jener doppelsinnigen Kraft begabt, die die weichen und milden [Wasser-]Tropfen von höchster Wirkung, die starken und wilden Wellen hingegen von höchster Wirkungslosigkeit sein läßt, die den starken Stein gegen den steten Tropfen so schwach macht und den geplagten Felsen gegen die Flut so mächtig: so vermögt Ihr, in einer Person, zugleich der sichere und ruhige Hafen der wahren Musen zu sein und der todbringende Fels, an dem die falschen Geschosse zerschellen, die die ihnen feindlichen, wild angreifenden Schiffe abschießen. Ich also, den niemand jemals der Undankbarkeit beschuldigen kann, dem niemand Unhöflichkeit vorwarf und über den niemand zu Recht sich beklagen kann, ich, gehaßt von Dummköpfen, verachtet von Niederträchtigen, getadelt von Unwürdigen, geschmäht von Gaunern und verfolgt von bestialischen Geistern; ich, von den Weisen geliebt, von den Gelehrten bewundert, von den Großen gerühmt, von den Mächtigen geschätzt und von den Göttern begünstigt, ich, durch so große Gunst von Euch bereits aufgenommen, ernährt, verteidigt, befreit, in Sicherheit gebracht, in einen festen Hafen aufgenommen, dank Euch gleichsam aus einem großen gefährlichen Unwetter entkommen, Euch bringe ich diesen Anker dar, diese Schiffstaue, diese ermatteten Segel und vor allem dieses Frachtgut, das
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queste a me più care et al mondo future più preziose merci, a fine che per vostro favore non si sommergano dall’iniquo, turbulento e mio nemico Oceano. Queste nel sacrato tempio de la fama appese, come saran potenti contra la protervia de l’ignoranza e voracità del tempo, cossì renderanno eterna testimonianza dell’invitto favor vostro: a fin che conosca il mondo che questa generosa e divina prole inspirata da alta intelligenza, da regolato senso conceputa, e da nolana Musa parturita, per voi non è morta entro le fasce, et oltre si promette vita: mentre questa terra col suo vivace dorso verrassi svoltando all’eterno aspetto de l’altre stelle lampegianti. Eccovi quella specie di filosofia nella quale certa e veramente si ritrova quello che ne le contrarie e diverse vanamente si cerca: e primeramente con somma brevità vi porgo per cinque dialogi tutto quello che par che faccia alla contemplazion reale della causa, principio et uno. |
Argomento del primo dialogo Ove nel primo dialogo avete una apologia, o qualch’altro non so che, circa gli cinque dialogi intorno la cena de le ceneri, ecc. ¦
Argomento del secondo dialogo Nel dialogo secondo avete primamente la raggione della difficultà di tal cognizione: per sapere quanto il conoscibile oggetto sia allontanato dalla cognoscitiva potenza. Secondo, in che modo e per quanto dal causato e principiato vien chiarito il principio e causa. Terzo, quanto conferisca la cognizion della sustanza de l’universo alla noticia di quello da cui ha dependenza. Quarto, per qual mezzo e via noi particolarmente
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mir so wertvoll ist und für die zukünftige Welt so kostbar sein wird, damit alles dies durch Eure Gnade davor bewahrt werden möge, in dem ungerechten, wilden und mir feindlich gesinnten Ozean unterzugehen. So wie dieses Gut, einmal in dem geheiligten Tempel des Ruhmes aufgehangen, Macht haben wird gegen die Anmaßungen der Dummheit und die Gefräßigkeit der Zeit, so wird es auch ewiges Zeugnis Eurer unbesieglichen Güte ablegen: damit die ganze Welt erfahre, daß dieses großmütige und göttliche Geschöpf, das inspiriert ist von höchster Vernunft, empfangen von regelhaftem Verstand und geboren durch die Muse des Nolaners, es Euch verdankt, daß es nicht in den Windeln umgekommen ist, sondern sich weiter den Bestand seines Lebens verspricht, indessen diese Erde mit ihrem Rücken voller Leben sich unter dem ewigen Anblick der anderen leuchtenden Gestirne drehen wird. Hier also nun jene Art von Philosophie, in der man gewiß und wahrhaft all dasjenige finden wird, was man in den ihr entgegengesetzten und von ihr verschiedenen vergeblich sucht. Zunächst stelle ich Euch in höchster Kürze in fünf Dialogen dasjenige vor, was wohl zur wahrhaften Betrachtung der Ursache, des Prinzips und des Einen erforderlich ist. Inhalt des ersten Dialogs Im ersten Dialog findet Ihr eine Verteidigung – oder wie man es nennen soll – betreffs der fünf Dialoge über das Aschermittwochsmahl usw.
Inhalt des zweiten Dialogs
[1] Im zweiten Dialog findet Ihr zunächst den Grund für die Schwierigkeit einer solchen Erkenntnis, damit Ihr wißt, wie weit der Erkenntnisgegenstand von dem Erkenntnisvermögen entfernt ist. [2] Zweitens [findet Ihr], auf welche Weise und in welchem Umfang man das Prinzip und die Ursache vom Prinzipiierten und Verursachten her erklären kann. [3] Drittens, was die Erkenntnis der Substanz des Universums zur Kenntnis dessen beiträgt, von dem es abhängt. [4] Viertens, mit
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tentiamo di conoscere il primo principio. Quinto, la differenza e concordanza, identità e diversità, tra il significato da questo termino »causa« e questo termino »principio«. Sesto, qual sia la causa la quale si distingue in efficiente, formale e finale: et in quanti modi è nominata la causa efficiente, e con quante raggioni è conceputa. Come questa causa efficiente è in certo modo intima alle cose naturali, per essere la natura istessa; e come è in certo modo esteriore a quelle. Come la causa formale è congionta a l’efficiente, et è quella per cui l’efficiente opera; e come la medesima vien suscitata dall’efficiente dal grembo de la materia. Come coincida in un soggetto principio, l’efficiente e la | forma; e come l’una causa è distinta da l’altra. Settimo, la differenza tra la causa formale universale, la quale è una anima per cui l’universo infinito (come infinito) non è uno animale positiva, ma negativamente, e la causa formale particulare moltiplicabile e moltiplicata in infinito; la quale ¦ quanto è in un soggetto più generale e superiore, tanto è più perfetta: onde gli grandi animali quai sono gli astri denno esser stimati in gran comparazione più divini, cioè più intelligenti senza errore, et operatori senza difetto. Ottavo, che la prima e principal forma naturale, principio formale e natura efficiente, è l’anima de l’universo: la quale è principio di vita, vegetazione e senso in tutte le cose, che vivono, vegetano e senteno. E si ha per modo di conclusione, che è cosa indegna di razional suggetto posser credere che l’universo et altri suoi corpi principali sieno inanimati: essendo che da le parti et escrementi di quelli derivano gli animali che noi chiamiamo perfettissimi. Nono, che non è cosa sì manca, rotta, diminuta et imperfetta, che per quel che ha principio formale, non abbia medesimamente anima, benché non abbia
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welchen Mitteln und Wegen wir insbesondere das erste Prinzip zu erkennen versuchen. [5] Fünftens, den Unterschied und die Übereinstimmung, die Identität und Verschiedenheit zwischen der Bedeutung des Begriffes ›Ursache‹ und des Begriffes ›Prinzip‹. [6] Sechstens, welches die Ursache ist, die sich in wirkende, formale und finale Ursache unterscheidet: und, zunächst, auf wie viele Weisen man die Wirkursache benennt und denkend erfaßt; wie diese wirkende Ursache, da sie die Natur selbst ist, in gewisser Weise den natürlichen Dingen innewohnt und wie sie andererseits ihnen äußerlich ist. Wie die formale Ursache der wirkenden verbunden ist und daß sie es ist, mittels derer die letztere tätig ist; und wie eben dieselbe [die formale Ursache] von der wirkenden aus dem Schoß der Materie hervorgetrieben wird; wie die wirkende Ursache und die Form in einem zugrundeliegenden Prinzip zusammenfallen und wie die eine Ursache von der anderen verschieden ist. [7] Siebtens, den Unterschied zwischen der universalen formalen Ursache einerseits, die eine Seele ist, durch welche das unendliche Universum [als unendliches] ein Lebewesen ist, und zwar nicht auf positive, sondern auf negative Weise, und der besonderen formalen Ursache andererseits, die ins Unendliche vervielfältigbar und vervielfältigt ist, und die um so vollkommener ist, um so allgemeiner und höher das Substrat ist, in dem sie sich befindet. Daher müssen die großen Lebewesen wie die Sterne im Vergleich [zu den anderen] als viel göttlicher eingeschätzt werden, d. h. als Lebewesen, die viel vernünftiger und irrtumsfrei sowie ohne Mängel tätig sind. [8] Achtens, daß die erste und hauptsächliche natürliche Form, das Formprinzip und die wirkende Natur die Weltseele ist, die das Prinzip des Lebens, des Vegetativen und der Sinnlichkeit in allen lebenden, wachsenden und wahrnehmenden Dingen ist. In Form eines [hieraus folgenden] Schlusses kann gesagt werden: es ist eines denkenden Subjektes unwürdig, annehmen zu können, daß das Universum und andere seiner wesentlichen Körper unbelebt seien, wo es doch so ist, daß aus den Teilen und Absonderungen dieser Körper jene Lebewesen entstehen, die wir als die vollkommensten bezeichnen. [9] Neuntens, daß es keine noch so mangelhafte, kaputte, eingeschränkte und unvollkommene Sache gibt, die nicht deswegen, weil sie ein formales Prinzip besitzt, zugleich auch eine Seele hätte, auch wenn sie kein individuierender Akt auszeichnet,
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atto di supposito che noi diciamo animale. E si conchiude con Pitagora et altri che non in vano hanno aperti gli occhi, come un spirito immenso secondo diverse raggioni et ordini, colma e contiene il tutto. Decimo, se viene ad fare intendere che essendo questo spirito persistente insieme con la materia la quale gli Babiloni e Persi chiamaro ombra, et essendo l’uno e l’altra indissolubili, è impossibile che in punto alcuno cosa veruna vegga la corrozzione, o vegna a morte secondo la sustanza; benché secondo certi accidenti | ogni cosa si cangie di volto, e si trasmute or sotto una or sotto un’altra composizione, per una o per un’altra disposizione, or questo or quell’altro essere lasciando e repigliando. Undecimo, che gli Aristoteleci, Platonici et altri sofisti non han conosciuta la sustanza de le cose; e si mostra chiaro che ne le cose naturali quanto chiamano sustanza oltre la materia, tutto è purissimo accidente. E che da la cognizion de la vera forma s’inferisce la vera notizia di quel che sia vita, e di quel che sia morte; e spento a fatto il terror vano e puerile di questa, si conosce una parte de la felicità che apporta la nosta contemplazione, secondo i fondamenti de la nostra filosofia: ¦ atteso che lei toglie il fosco velo del pazzo sentimento circa l’Orco et avaro Caronte, onde il più dolce de la nostra vita ne si rape et avelena. Duodecimo, si distingue la forma non secondo la raggion sustanziale per cui è una; ma secondo gli atti et essercizii de le facultose potenze, e gradi specifici de lo ente che viene a produre. Terzodecimo, si conchiude la vera raggion definitiva del principio formale: come la forma sia specie perfetta, distinta nella materia secondo le accidentali disposizioni dependenti da la forma materiale, come da quella che consiste in diversi gradi e disposizioni de le attive e passive qualitadi. Si vede come sia variabile, come invariabile; come definisce e termina la materia, come è definita e terminata da quella. Ultimo, si mostra con certa
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welchen wir mit dem Begriff ›Lebewesen‹ bezeichnen. Und mit Pythagoras und anderen, die ihre Augen nicht umsonst geöffnet halten, ist daraus zu schließen, daß ein unermeßlicher Geist, entsprechend unterschiedlicher Verhältnisse und Rangstufen, das Ganze erfüllt und in sich enthält. [10] Zehntens wird, da dieser Geist zusammen mit der Materie – die die Babylonier und Perser ›Schatten‹ nannten – unveränderlich ist und beide unauflöslich sind, verständlich gemacht werden, daß es unmöglich ist, daß irgendeine Sache in irgendeiner Hinsicht ihrer Substanz nach vergeht oder zu Tode kommt, obwohl zugleich jede Sache wegen bestimmter Akzidentien ihr Aussehen verändert und sich verwandelt, indem sie diese oder eine andere Zusammensetzung annimmt, indem sie diese oder eine andere Anordnung eingeht oder dieses oder ein anderes Sein aufgibt oder wieder annimmt. [11] Elftens, daß die Aristoteliker, Platoniker und andere Sophisten die Substanz der Dinge nicht gekannt haben; und es wird klar erwiesen, daß alles das an den natürlichen Dingen, was sie ›Substanz‹ nennen, mit Ausnahme der Materie, als reinstes Akzidens zu gelten hat und daß aus der Erkenntnis der wahren Form der wahre Begriff dessen abgeleitet wird, was Leben und was Tod ist. Und daß sich, ist erst einmal der leere und kindische Schrecken vor dem letzteren erloschen, ein Teil des Glückes erschließt, das unsere Betrachtung, die den Prinzipien unserer Philosophie entspricht, mit sich bringt: denn es ist diese Betrachtung, die den trüben Schleier des verrückten und törichten Gefühles gegenüber dem Orkus und dem gierigen Charon wegnimmt, das uns das Angenehmste unseres Lebens raubt und vergiftet. [12] Zwölftens unterscheidet man die Form nicht nach ihrem Substanzbegriff, gemäß welchem sie [nur immer] eine ist, sondern nach den Akten und Tätigkeiten ihrer Vermögen und den besonderen Stufen des Seins, die sie hervorbringt. [13] Dreizehntens wird das wahre und endgültige Verständnis des Formprinzips festgelegt: es wird gezeigt, daß die Form eine vollkommene Art ist, die in der Materie gemäß den akzidentellen Eigenschaften unterschieden ist, die von der materiellen Form abhängen, insofern diese [wiederum] aus verschiedenen Stufen und Eigenschaften der aktiven und passiven Qualitäten besteht. Es wird deutlich, wie die Form veränderlich oder unveränderlich ist, wie sie die Materie bestimmt und begrenzt, wie sie selbst wiederum durch diese bestimmt und begrenzt ist.
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similitudine accomodata al senso volgare, qualmente questa forma, quest’anima può esser tutta in tutto e qualsivoglia parte del tutto. |
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Argomento del terzo dialogo Nel terzo dialogo (dopo che nel primo è discorso circa la forma, la quale ha più raggion di causa che di principio) si procede alla considerazion de la materia, la quale è stimata aver più raggion di principio et elemento che di causa: dove (lasciando da canto gli preludii che sono nel principio del dialogo) prima si mostra che non fu pazzo nel suo grado David de Dinanto in prendere la materia come cosa eccellentissima e divina. Secondo, come con diverse vie di filosofare possono prendersi diverse raggioni di materia, benché veramente sia una prima et absoluta; perché con diversi gradi si verifica, et è ascosa sotto diverse specie cotali, diversi la possono prendere diversamente secondo quelle raggioni che sono appropriate a sé: non altrimente che il numero che è preso ¦ da l’aritmetrico pura e semplicemente, è preso dal musico armonicamente, tipicamente dal cabalista, e da altri pazzi et altri savii, altrimente suggetto. Terzo, si dechiara il significato per il nome »materia« per la differenza e similitudine che è tra il suggetto naturale et arteficiale. Quarto, si propone come denno essere ispediti gli pertinaci, e sin quanto siamo ubligati di rispondere e disputare. Quinto, dalla vera raggion de la materia s’inferisce che nulla forma sustanziale perde l’essere; e fortemente si convence, che gli Peripatetici et altri filosofi da volgo (benché nominano forma sustanziale) non hanno conosciuta altra sustanza che la materia. Sesto, si conchiude un principio formale constante, come è conosciuto un | constante principio materiale; e che con la diversità de disposizioni che son nella materia, il principio formale si trasporta alla moltiforme figurazione de diverse specie et
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[14] Letztens wird in einem gewissen, der gewöhnlichen Auffassung angepaßten Gleichnis gezeigt, auf welche Weise diese Form oder diese Seele als ganze im Ganzen und in jedem beliebigen Teil des Ganzen zu sein vermag. Inhalt des dritten Dialogs
Im dritten Dialog wird (nachdem im zweiten über die Form gehandelt wurde, die eher die Bedeutung von Ursache als von Prinzip hat) zu der Betrachtung der Materie übergegangen, von der man annimmt, daß sie eher die Bedeutung eines Prinzips und eines Elementes als die einer Ursache habe: [1] in ihm wird erstens gezeigt (wenn man die Vorspiele zu Anfang des Dialoges beiseite läßt), daß David von Dinant auf seine Art nicht töricht gewesen ist, wenn er annahm, daß die Materie etwas äußerst Herausragendes und Göttliches sei. [2] Zweitens wird gezeigt, wie man durch verschiedene Weisen des Philosophierens verschiedene Bestimmungen der Materie gewinnen kann, obgleich es in Wahrheit nur eine erste und absolute Materie gibt; denn sie verwirklicht sich in verschiedenen Stufen und verbirgt sich unter verschiedenen Gestalten, so daß sie von verschiedenen [Denkern] auf verschiedene Weise erfaßt werden kann, und zwar jeweils den Begriffen entsprechend, die ihnen eigentümlich sind – nicht anders als die Zahl vom Arithmetiker rein und einfach aufgefaßt wird, vom Musiker harmonisch, vom Kabbalisten symbolisch und von anderen Toren und anderen Weisen anders zugrunde gelegt wird. [3] Drittens wird die Bedeutung des Wortes ›Materie‹ durch Bezug auf die Verschiedenheit und Ähnlichkeit erklärt, die zwischen einem natürlichen und einem künstlichen Gegenstand besteht. [4] Viertens wird vorgeschlagen, wie halsstarrige Gesprächspartner abzuservieren sind, und inwieweit man verpflichtet ist, ihnen Rede und Antwort zu stehen. [5] Fünftens wird aus dem wahren Begriff der Materie geschlossen, daß keine substantielle Form ihr Sein verliert, und behauptet, daß Peripatetiker und andere Populärphilosophen (auch wenn sie von substantieller Form reden) keine andere Substanz als die Materie gekannt haben. [6] Sechstens wird gefolgert, daß es, wie es ein beständiges materiales Prinzip gibt, so auch ein beständiges formales Prinzip gibt; und daß das formale Prinzip bei der Verschiedenheit der
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individui: e si mostra onde sia avenuto che alcuni allevati nella scuola peripatetica, non hanno voluto conoscere per sustanza altro che la materia. Settimo, come sia necessario che la raggione distingua la materia da la forma, la potenza da l’atto; e si replica quello che secondariamente si disse: come il suggetto e principio di cose naturali per diversi modi di filosofare può essere, senza incorrere calunnia, diversamente preso; ma più utilmente secondo modi naturali e magici, più vanamente secondo matematici e razionali: massime se questi talmente fanno alla regola et essercizio della raggione, che per essi al fine non si pone in atto cosa degna, e non si riporta qualche frutto di prattica, senza cui sarebbe stimata vana ogni contemplazione. Ottavo, si proponeno due raggioni con le quali suol essere considerata la materia, cioè come la è una potenza, e come la è un soggetto. E cominciando dalla prima raggione, ¦ si distingue in attiva e passiva, et in certo modo se riporta in uno. Nono, s’inferisce dall’ottava proposizione come il supremo e divino è tutto quello che può essere, e come l’universo è tutto quello che può essere, et altre cose non sono tutto quello che esser possono. Decimo, per conseguenza di quello ch’è detto nel nono, altamente, breve et aperto si dimostra onde nella natura sono i vizii, gli mostri, la corrozzione e morte. Undecimo, in che modo l’universo è in | nessuna et in tutte le parti: e si dà luogo a una eccellente contemplazione della divinità. Duodecimo, onde avvenga che l’intelletto non può capir questo absolutissimo atto, e questa absolutissima potenza. Terzodecimo, si conchiude l’eccellenza della materia, la quale cossì coincide con la forma, come la potenza coincide con l’atto. Ultimo, tanto da questo che la po-
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Anlagen, die in der Materie vorliegen, sich in die vielfältige Gestaltung der verschiedenen Arten und Individuen überträgt. Ebenso wird gezeigt, wie es gekommen ist, daß einige, die in der peripatetischen Schule ihre Ausbildung erfahren haben, nur die Materie als Substanz anerkennen wollten. [7] Siebtens, warum es notwendig ist, daß der Verstand die Materie von der Form und die Potenz vom Akt unterscheidet; und dabei wird wiederholt, was schon an zweiter Stelle gesagt wurde: daß das Substrat und Prinzip der natürlichen Dinge, ohne üble Nachrede zu erzeugen, durch verschiedene Formen des Philosophierens verschieden aufgefaßt werden kann, jedoch am sinnvollsten durch naturtheoretisches und magisches, am vergeblichsten durch mathematisches und rationales Argumentieren. Vor allem dann, wenn die Vertreter des letzteren derart den Vorschriften und Verfahren des Verstandes folgen, daß dadurch am Ende nichts herauskommt, was irgend Wert hätte, nichts hervorgebracht wird, was von praktischem Nutzen wäre, alles Dinge, ohne die jede philosophische Betrachtung als sinnlos gelten muß. [8] Achtens werden zwei Sichtweisen vorgestellt, nach denen man die Materie zu betrachten pflegt: daß sie ein Vermögen und daß sie ein Substrat sei. Beginnend mit der ersten Sichtweise wird sie unterschieden in ein aktives und passives Vermögen, und diese Unterscheidung auf gewisse Weise wieder in Eines zurückgeführt. [9] Neuntens wird aus dem achten Argument geschlossen, wie das Höchste und Göttliche alles das ist, was [es] sein kann, und wie das Universum alles das ist, was [es] sein kann, und wie die anderen Dinge nicht alles das sind, was sie sein können. [10] Zehntens wird als Folge dessen, was im neunten Argument gesagt ist, auf erhabene, kurze und klare Weise bewiesen, woher in der Natur Laster, Mißgeburten, Verderben und Tod kommen. [11] Elftens wird bewiesen, in welchem Sinne das Universum in keinem und in allen [seinen] Teilen ist und einer herausragenden Betrachtung des Göttlichen Raum gegeben. [12] Zwölftens, woher es kommt, daß die Vernunft diesen absolutesten Akt und diese absoluteste Potenz [d. h. die Materie] nicht begreifen kann. [13] Dreizehntens wird die herausragende Natur der Materie abgeleitet, die dabei mit der Form so zusammenfällt wie die Potenz mit dem Akt. [14] An letzter Stelle wird sowohl daraus, daß die Potenz mit
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tenza coincide con l’atto e l’universo è tutto quello che può essere, quanto da altre raggioni, si conchiude ch’il tutto è uno.
Argomento del quarto dialogo Nel quarto dialogo (dopo aver considerata la materia nel secondo, in quanto che la è una potenza) si considera la materia in quanto che la è un suggetto. Ivi prima con gli passatempi polihimnici s’apporta la raggion di quella secondo gli principii volgari tanto di Platonici alcuni, quanto di Peripatetici tutti. Secondo, raggionandosi iuxta gli proprii principii, si mostra una essere la materia di cose corporee et incorporee con più raggioni. De quali: la prima si prende dalla potenza di medesimo geno. La seconda dalla raggione di certa analogia proporzionale del corporeo et incorporeo, absoluto e contratto. La terza da l’ordine e scala di natura, che monta ad un primo complettente o comprendente. La quarta da quel che bisogna che sia uno indistinto, prima che la materia vegna ¦ distinta in corporale e non corporale: il quale indistinto vien significato per il supremo geno della categoria. La quinta da quel che sicome è una raggion comune al sensibile | et intelligibile, cossì deve essere al suggetto della sensibilità [et al suggetto della intelligibilità]. La sesta da quel che l’essere della materia è absoluto da l’esser corpo: onde non con minor raggione può quadrare a cose incorporee che corporee. La settima da l’ordine del superiore et inferiore che si trova ne le sustanze: perché dove è questo, se vi presuppone et intende certa comunione la quale è secondo la materia che vien significata sempre per il geno, come la forma vien significata dalla specifica differenza. La ottava è da un principio estraneo, ma conceduto da molti. La nona dalla pluralità di specie che si dice nel mondo intelligibile. La decima
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dem Akt zusammenfällt und das Universum alles das ist, was es sein kann, als auch aus anderen Gründen geschlossen, daß das Ganze Eines ist. Inhalt des vierten Dialogs
Im vierten Dialog wird (nachdem im dritten die Materie, sofern sie ein Vermögen ist, betrachtet wurde) die Materie betrachtet, sofern sie ein Substrat ist. [1] Dort wird mit Hilfe polyhymnischer Zeitvertreibe zuerst dargelegt, wie ihre Definition gemäß den gewöhnlichen Grundannahmen einiger Platoniker wie aller Peripatetiker zu denken ist. [2] Zweitens wird unter Stützung auf den Argumentationstyp ›gemäß den eigentümlichen Prinzipien‹ mit mehreren Gründen aufgezeigt, daß die Materie der körperlichen und unkörperlichen Dinge eine einzige ist: [i] deren erster Grund wird aus dem Vermögen einer und derselben Gattung gezogen; [ii] der zweite aus der Annahme eines bestimmten analogischen Verhältnisses zwischen Körperlichem und Unkörperlichem, Absolutem und Eingeschränktem; [iii] der dritte aus der Ordnung und Stufenleiter der Natur, die zu einem ersten Erfüllenden oder Erfassenden aufsteigt; [iv] die vierte daraus, daß man ein erstes Ununterschiedenes annehmen muß, bevor die Materie in körperliches und nicht körperliches Sein unterschieden wird – dieses Ununterschiedene wird durch die oberste Gattung innerhalb der Kategorie angezeigt; [v] die fünfte aus dem Umstand, daß es, wie es einen gemeinsamen Begriff vom Sinnlichen und Intelligiblen gibt, so ebenfalls einen gemeinsamen Begriff vom Substrat des Sinnlichen (und vom Substrat des Intelligiblen) geben muß; [vi] der sechste daraus, daß das Sein der Materie vom Sein der Körper abgelöst und frei ist: weshalb es mit nicht geringerer Berechtigung auf unkörperliche wie auf körperliche Dinge zutreffen kann; [vii] der siebte aus der Hierarchie von Höherem und Niedrigerem, die man bei den Substanzen antrifft: wo diese sich nämlich findet, wird eine bestimmte Gemeinschaft vorausgesetzt und angenommen, die aus der Materie abgeleitet ist, die immer gemäß der Gattung bezeichnet wird, so wie die Form gemäß der spezifischen Differenz bezeichnet wird; [viii] der achte aus einem fremdartigen, aber von vielen zugestandenen Prinzip; [ix] der neunte aus der Vielzahl der
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dalla similitudine et imitazione di tre mondi: metafisico, fisico, e logico. La undecima da quel che ogni numero, diversità, ordine, bellezza et ornamento è circa la materia. Terzo, si apportano con brevità quattro raggioni contrarie, e si risponde a quelle. Quarto, si mostra come sia diversa raggione tra questa e quella, di questa e quella materia, e come ella ne le cose incorporee coincida con l’atto e come tutte le specie de le dimensioni sono nella materia, e tutte le qualitadi son comprese ne la forma. Quinto, che nessun savio disse mai le forme riceversi da la materia come di fuora: ma quella cacciandole come dal seno, mandarle da dentro. Là onde non è un prope nihil, un quasi nulla, una potenza nuda e pura, se tutte le forme son come contenute da quella, e dalla medesima per virtù dell’efficiente (il qual può esser anco indistinto da lei secondo l’essere) prodotte e parturite; e che non hanno minor raggione di attualità nell’essere sensibile et esplicato, se non | secondo sussistenza accidentale: essendo che tutto il che si vede, e fassi aperto per gli accidenti ¦ fondati su le dimensioni, è puro accidente; rimanendo pur sempre la sustanza individua, e coincidente con la individua materia. Onde si vede chiaro, che dall’esplicazione non possiamo prendere altro che accidenti; di sorte che le differenze sustanziali sono occolte, disse Aristotele forzato da la verità. Di maniera che, se vogliamo ben considerare, da questo possiamo inferire una essere la omniforme sustanza, uno essere il vero et ente, che secondo innumerabili circostanze et individui appare, mostrandosi in tanti e sì diversi suppositi. Sesto, quanto sia detto fuor d’ogni raggione quello che Aristotele et altri simili intendeno quanto all’essere in potenza la materia, il qual certo è nulla: essendo che secondo lor medesimi, questa è sì fattamente permanente, che giamai cangia o varia l’esser suo, ma circa lei è ogni varietà e mutazione; e
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Arten, die man der intelligiblen Welt zuschreibt; [x] der zehnte aus dem Verhältnis der Ähnlichkeit und Nachahmung zwischen den drei Welten: der metaphysischen, der physischen und der logischen [Welt]; [xi] der elfte aus der Tatsache, daß jede Zahl, jede Verschiedenheit, jede Ordnung, jede Schönheit und jeder Schmuck sich auf die Materie [als ihr Substrat] beziehen. [3] Drittens werden kurz vier [hierzu] gegensätzliche Argumente vorgestellt und auf sie geantwortet. [4] Viertens wird der Unterschied aufgewiesen, der zwischen der einen und der anderen Materie besteht, und es wird gezeigt, wie sie bei den unkörperlichen Dingen mit dem Akt zusammenfällt, wie alle Arten der Dimensionen in der Materie und alle Qualitäten in der Form begriffen sind. [5] Fünftens [wird gezeigt], daß kein Weiser jemals gesagt hat, die Materie nähme die Formen als von außen kommend an, sondern daß sie vielmehr diese, indem sie sie gleichsam aus ihrem Schoße hervortreibt, aus sich selbst hervorbringt. Daher ist sie, wenn alle Formen gleichsam in ihr enthalten sind und von ihr kraft der Wirkursache (welche von ihr auch in Hinsicht des Seins ununterschieden sein kann) hervorgebracht und geboren sind, kein »prope nihil«, kein ›fast nichts‹, keine nackte und reine Möglichkeit. Die Formen haben einen geringeren Grund des Wirklichseins im sinnlichen und entfalteten Sein doch nur gemäß ihrer akzidentellen Subsistenz: denn alles das, was man sieht und was sich durch die auf den Dimensionen basierenden Akzidentien offenbart, ist reines Akzidens, während die Substanz immer ungeteilt bleibt und mit der ungeteilten Materie zusammenfällt. Daraus ist klar ersichtlich, daß man aus der Entfaltung nichts anderes als Akzidentien entnehmen kann, und zwar so, daß die substantiellen Differenzen verborgen sind, wie [auch] Aristoteles, von der Wahrheit gezwungen, sagte. Wenn wir es also genau bedenken, so können wir aus diesem allem schließen, daß die allförmige Substanz Eine ist und daß das Wahre und Seiende, das unter unzähligen Bedingungen und Individuen erscheint, das sich in so vielen und verschiedenen Supposita zeigt, [ein] Eines ist. [6] Sechstens, wie abwegig das ist, was Aristoteles und ähnliche Philosophen von der Materie als einem Sein der Möglichkeit nach meinen, was sicherlich nichtig ist, denn schon nach ihrer eigenen Meinung ist die Materie so beständig, daß sie niemals ihr Sein verändert oder wechselt, sondern vielmehr jeder Wechsel und jede Veränderung nur an ihr stattfindet,
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quello che è dopo che posseva essere, anco secondo essi, sempre è il composto. Settimo, si determina de l’appetito de la materia, mostrandosi quanto vanamente vegna definita per quello, non partendosi da le raggioni tolte da principii e supposizioni di color medesimi che tanto la proclamano come figlia de la privazione, e simile a l’ingordiggia irreparabile de la vagliente femina.
Argomento del quinto dialogo Nel quinto dialogo, trattandosi specialmente de l’uno, viene compito il fondamento de l’edificio di tutta la cognizion naturale e divina. Ivi prima s’ap | porta proposito della coin ¦ cidenza della materia e forma, della potenza et atto: di sorte che lo ente logicamente diviso in quel che è e può essere, fisicamente è indiviso, indistinto et uno; e questo insieme insieme infinito, inmobile, impartibile, senza differenza di tutto e parte, principio e principiato. Secondo, che in quello non è differente il secolo da l’anno, l’anno dal momento, il palmo dal stadio, il stadio da la parasanga, e nella sua essenza questo e quell’altro essere specifico non è altro et altro; e però nell’universo non è numero, e però l’universo è uno. Terzo, che ne l’infinito non è differente il punto dal corpo: per che non è altro la potenza et altro l’atto; et ivi se il punto può scorrere in lungo, la linea in largo, la superficie in profondo, l’uno è lungo, l’altra è larga, l’altra è profonda; et ogni cosa è lunga, larga e profonda: e per consequenza medesimo et uno; e l’universo è tutto centro, e tutto circonferenza. Quarto, qualmente da quel che Giove (come lo nominano) più intimamente è nel tutto che possa imaginarsi esservi la forma del tutto (perché lui è la essenzia per cui tutto quel ch’è ha l’essere; et essendo lui in tutto, ogni cosa più intimamente che la propria forma ha il tutto), s’inferisce che tutte le cose sono in ciascuna
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ebenso, und zwar gleichfalls nach ihrer Meinung, ist stets das Zusammengesetzte dasjenige, das ist, nachdem es sein konnte. [7] Siebtens wird das Streben der Materie diskutiert und gezeigt, daß letztere ganz vergeblich durch dieses Streben definiert wird, wenn man dabei nicht Abstand nimmt von Argumenten, die aus den Prinzipien und Annahmen eben derjenigen gezogen sind, die verkünden, daß sie die Tochter des Mangels und dem unersättlichen Heißhunger einer liebestollen Frau ähnlich sei. Inhalt des fünften Dialogs
Im fünften Dialog, der insbesondere vom Einen handelt, wird das Fundament des Gebäudes aller natürlichen und göttlichen Erkenntnis vollendet. [1] Dort wird erstens der Satz vom Zusammenfall von Materie und Form, von Möglichkeit und Akt herbeigebracht, und zwar derart, daß das Seiende, das logisch unterteilt ist in das, was ist, und in das, was sein kann, physisch ungeteilt, ununterschieden und eines ist; und daß dieses zugleich und ineins unendlich, unbeweglich, unteilbar ist, ohne Unterschied zwischen Ganzem und Teil, Prinzip und Prinzipiiertem. [2] Zweitens, daß in jenem [ungeteilten Sein] das Jahrhundert nicht vom Jahr, das Jahr nicht vom Augenblick, die Spanne nicht vom Stadion, das Stadion nicht von der Parasange unterschieden ist, und daß dieses und jenes besondere Sein in seinem Wesen nicht diese verschiedenen Seienden sind, daß es also im Universum keine Zahl gibt und das Universum daher Eines ist. [3] Drittens, daß im Unendlichen der Punkt nicht vom Körper verschieden ist, da Potenz und Akt keine je verschiedenen Dinge sind; und wenn dort der Punkt in die Länge, die Linie in die Breite und die Oberfläche in die Tiefe fließen kann, dann ist der Punkt lang, die Linie breit und die Fläche tief; und jede Sache ist lang, breit und tief: und daher eine und dieselbe; und das Universum ist ganz Zentrum und ganz Umkreis. [4] Viertens wie man daraus, daß Iuppiter (wie sie ihn nennen) in dem Ganzen viel innerlicher ist, als man es sich von der Form des Ganzen vorstellen kann (denn er ist das Wesen, durch das alles, was ist, sein Sein hat; und weil er in allem ist, hat jedes Ding das Ganze viel innerlicher in sich als seine eigene Form), schließt, daß alle Dinge in jedem einzelnen Ding
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cosa, et per consequenza tutto è uno. Quinto, se risponde al dubio che dimanda, perché tutte le cose particolari si cangiano, e le materie particolari, per ricevere altro et altro essere, si forzano ad altre et altre forme; e si mostra come nella moltitudine è l’unità, e ne l’unità è la moltitudine; e come l’ente è un moltimodo e moltiunico, et in fine uno in sustanza e verità. Sesto, se inferisce onde proceda quella differenza e quel numero, e che | questi non sono ente, ma di ente e circa lo ente. Settimo, avertesi che chi ha ritrovato quest’uno, dico la raggione di questa unità, ha ritrovata quella chiave, senza la quale è impossibile aver ingresso alla vera contemplazion de la natura. Ottavo, con nova contemplazione si replica, che l’uno, l’infinito, lo ente, e quello che è in tutto, ¦ è per tutto, anzi è l’istesso ubique; e che cossì la infinita dimensione, per non essere magnitudine, coincide con l’individuo, come la infinita moltitudine, per non esser numero, coincide con la unità. Nono, come ne l’infinito non è parte e parte, sia che si vuole ne l’universo esplicatamente: dove però tutto quel che veggiamo di diversità e differenza, non è altro che diverso e differente volto di medesima sustanza. Decimo, come ne li doi estremi che si dicono nell’estremità della scala de la natura, non più è da contemplare doi principii che uno, doi enti che uno, doi contrarii e diversi, che uno concordante e medesimo. Ivi l’altezza è profondità, l’abisso è luce inaccessa, la tenebra è chiarezza, il magno è parvo, il confuso è distinto, la lite è amicizia, il dividuo è individuo, l’atomo è immenso; e per il contrario. Undecimo, qualmente certe geometriche nominazioni come di punto et uno, son prese per promovere alla contemplazione de lo ente et uno, e non sono da per sé sufficienti a significar quello: onde Pitagora, Parmenide e Platone non denno essere sì scioccamente interpretati, seconda la pedantesca censura di Aristotele.
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sind und folglich alles eines ist. [5] Fünftens wird auf die zweifelnde Frage geantwortet, warum alle Einzeldinge in stetem Wandel sind, und warum die einzelnen Materien, um immer wieder anderes Sein annehmen zu können, sich zu immer neuen Formen zwingen; und es wird gezeigt, wie in der Vielheit die Einheit und in der Einheit die Vielheit ist und wie das Seiende ein vielartiges, vieleines und letztlich eines an Substanz und Wahrheit ist. [6] Sechstens wird gefolgert, woher jener Unterschied und jene Zahl kommen, und daß diese selbst nichts Seiendes sind, sondern eher vom Seienden und in bezug auf das Seiende. [7] Siebtens wird klargestellt, daß, wer dies Eine gefunden hat – ich meine damit: den Grund dieser Einheit –, auch jenen Schlüssel gefunden hat, ohne welchen es unmöglich ist, Zugang zur wahren Betrachtung der Natur zu erhalten. [8] Achtens wird mit einer neuen Betrachtung der Gedanke wiederholt, daß das Eine, das Unendliche, das Seiende und das, was in allem ist, daß dieses überall ist, ja sogar das Überall selbst ist; und daß so die unendliche Ausdehnung, um nicht Größe zu sein, mit dem Individuum zusammenfällt wie die unendliche Vielheit, um nicht Zahl zu sein, mit der Einheit. [9] Neuntens, daß das Unendliche nicht, wie man dies für das entfaltete Universum annehmen mag, aus Teilen besteht; hingegen ist in letzterem überall dort, wo wir Verschiedenheit und Unterschied sehen, tatsächlich nichts anderes vorhanden als ein verschiedener und unterschiedlicher Anblick der selben Substanz. [10] Zehntens, daß an den beiden Extremen, von denen man sagt, sie befänden sich an den äußersten Punkten der Stufenleiter der Natur, nicht mehr zwei Prinzipien anzusetzen sind, sondern eines, nicht mehr zwei Seiende, sondern eines, nicht mehr zwei gegensätzliche und verschiedene Instanzen, sondern ein Zusammenstimmendes und Identisches. Dort ist die Höhe Tiefe, der Abgrund unerreichbares Licht, die Finsternis Helligkeit, das Große klein, das Ungeordnete klar geschieden, der Streit Freundschaft, das Geteilte Ungeteiltes, das Atom unermeßlich und so auch umgekehrt. [11] Elftens, auf welche Weise bestimmte geometrische Bezeichnungen, z. B. der Punkt und die Eins, dazu benutzt worden sind, die Betrachtung des Seienden und des Einen voranzutreiben, daß sie selbst aber nicht dazu ausreichen, diese zu bezeichnen: weshalb Pythagoras, Parmenides und Platon nicht so dumm interpretiert werden dürfen, wie es geschieht, wenn man der
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Duodecimo, da quel che la sustanza et essere è distinto dalla quantità, dalla misura e numero, s’inferisce che la è una et individua in tutto et in qualsivoglia cosa. Terzodeci | mo, s’apportano gli segni e le verificazioni per quali gli contrarii veramente concorreno, sono da un principio, e sono in verità e sustanza uno: il che dopo esser visto matematicamente, si conchiude fisicamente. ¦ Ecco, illustrissimo signore, onde bisogna uscire primache voler entrare alla più speciale et appropriata cognizion de le cose. Quivi come nel proprio seme si contiene et implica la moltitudine de le conclusioni della scienza naturale. Quindi deriva la intessitura, disposizione et ordine de le scienze speculative. Senza questa isagogia in vano si tenta, si entra, si comincia. Prendete dumque con grato animo questo principio, questo uno, questo fonte, questo capo: per che vegnano animati a farsi fuora e mettersi avanti la sua prole e genitura; gli suoi rivi e fiumi maggiori si diffondano; il suo numero successivamente si moltipliche, e gli suoi membri oltre si dispongano: a fin che cessando la notte col sonnacchioso velo e tenebroso manto, il chiaro Titane parente de le dive muse, ornato di sua fameglia, cinto da la sua eterna corte, dopo bandite le notturne faci, ornando di nuovo giorno il mondo, risospinga il trionfante carro dal vermiglio grembo di questa vaga Aurora. Vale. | ¦
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pedantischen Kritik des Aristoteles folgt. [12] Zwölftens wird aus der Tatsache, daß die Substanz bzw. das Sein von der Quantität, dem Maß und der Zahl verschieden sind, geschlossen, daß sie eine und unteilbar in allem und in jedem einzelnen Ding ist. [13] Dreizehntens werden Zeichen und Bestätigungen vorgelegt, nach welchen die Gegensätze wahrhaftig ineinander übergehen, von einem Prinzip herstammen und in Wahrheit und der Substanz nach eines sind: dies wird, nachdem es auf mathematische Weise gesagt worden ist, auch auf physikalische Weise bewiesen. Hier also, erlauchtester Herr, das, wovon man ausgehen muß, bevor man in die speziellere und angemessenere Erkenntnis der Dinge eintreten darf. Hierin ist, wie in ihrem eigenen Samengrund, die Vielfalt der Schlußfolgerungen der Wissenschaft von der Natur enthalten und eingefaltet. Hieraus leitet sich das Gewebe, die Anordnung und die Ordnung der spekulativen Wissenschaften ab. Ohne eine solche Hinführung bleiben jeder Versuch, jedes Eindringen, jeder Anfang vergeblich. Nehmt daher dieses Prinzip, dieses Eine, diese Quelle, dieses Hauptstück gnädigen Sinnes an, damit seine Nachkommen und Kinder dazu ermutigt werden hervorzutreten und voranzukommen, damit seine Bäche und größeren Ströme sich verbreiten, damit seine Zahl sich nach und nach vervielfältige und seine Glieder sich weiter erstrekken: damit schließlich, nachdem die Nacht mit ihrem Schleier des Schlafs und ihrem dunklen Mantel gewichen, der strahlende Titan, der Vater der göttlichen Musen, umgeben von den Seinen, umringt von seinem ewigen Hofstaat, die nächtlichen Fackeln verbanne, die Welt mit einem neuen Tag schmücke und den triumphierenden Wagen aus dem rosigen Schoß dieser holden Aurora herausführe. Lebt wohl.
giordano nolano A i principi de l’universo Lethaeo undantem retinens ab origine campum emigret o Titan, et petat astra precor. Errantes stellae, spectate procedere in orbem me geminum, si vos hoc reserastis iter. Dent geminas somni portas laxarier usque, vestrae per vacuum me properante vices: obductum tenuitque diu quod tempus avarum, mi liceat densis promere de tenebris. Ad partum properare tuum, mens aegra, quid obstat, seclo haec indigno sint tribuenda licet ? Umbrarum fluctu terras mergente, cacumen adtolle in clarum, noster Olimpe, Iovem. |
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GEDICHTE
giordano aus nola
An die Prinzipien des Universums Der du im flutenden Meer noch weilst an der Grenze des Orkus, Titan, steige empor, fleh’ ich, zum Sternengefild ! Wandelnde Sterne, o seht den Kreislauf mich auch betreten, Jenem gesellt, wenn ihr frei nur eröffnet die Bahn. Gönnet mir eure Huld, daß des Schlafes doppelte Pforte Weit aufstehe, wenn ich eile durch Leere empor. Was mißgünstig die Zeit in dichten Schleier verhüllet, Dürft’ ich’s aus dunkler Nacht ziehen ans freudige Licht ! Zauderst du, schwaches Gemüt, dein hehres Werk zu vollenden, Weil unwürdig die Zeit, der du die Gabe verleihst ? Wie auch der Schatten Schwall die Länder decke, du hebe, Unser Olymp, das Haupt frei zu dem Äther empor !
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Al proprio spirto Mons, licet innixum tellus radicibus altis te capiat, tendi vertice in astra vales; mens, cognata vocat summo de culmine rerum, discrimen quo sis manibus atque Iovi. Ne perdas hic iura tui, fundoque recumbens impetitus tingas nigri Archerontis aquas: ¦ at mage sublimeis tentet natura recessus, nam, tangente Deo, fervidus ignis eris. |
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gedichte
An den eigenen Geist
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Wurzelnd ruhet der Berg, tief mit der Erde verwachsen, Aber sein Scheitel ragt zu den Gestirnen empor. Du bist beiden verwandt, mein Geist, dem Zeus wie dem Hades, Und doch von beiden getrennt. Mahnend ertönt dir der Ruf: Wahre dein Recht auf des Weltalls Höhn ! Nicht haftend am Niedern Sinke vom Staube beschwert dumpf in des Acherons Flut ! Nein, vielmehr zum Himmel empor ! Dort suche die Heimat ! Denn wenn ein Gott dich berührt, wirst du zu flammender Glut.
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Al tempo Lente senex, idemque celer, claudensque relaxans; an ne bonum quis te dixerit, anne malum ? Largus es, esque tenax: quae munera porrigis, aufers; quique parens aderas, ipse peremptor ades, viscerebusque educta tuis in viscera condis, tu cui prompta sinu carpere fauce licet; omnia cumque facis, cumque omnia destruis, hinc te non ne bonum possem dicere, non ne malum ? Porro ubi tu diro rabidus frustraberis ictu, falce minax illo tendere parce manus, nulla ubi pressa Chaos atri vestigia parent ne videare bonus, ne videare malus. |
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gedichte
An die Zeit Greis, der langsam und schnell zugleich, der verschließet und auftut, Nennt man richtiger gut, nennt man dich böse vielmehr ? Reichlich gibst du und bist doch geizig; was du gespendet, Raubst du; was du gezeuget, selber vernichtest du’s auch. Alles entspringt aus dir, dann schlingst du alles hinunter; Was du am Busen gehegt, pflücket dein gieriger Schlund. Wenn du alles erzeugst und alles zerstörest im Wechsel, Dürft’ ich dich dann nicht gut nennen und böse zugleich ? Doch wo umsonst in Wut du dich hebst zu grausigem Streiche, Strecke nicht sichelbewehrt dorthin die drohende Hand ! Wo von des Chaos Nacht die letzten Spuren verschwunden, Nimmer zeige dich gut, nimmer dich böse, o Greis !
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De l’amore Amor per cui tant’alto il ver discerno, ch’apre le porte di diamante e nere, per gli occhi entra il mio nume, e per vedere nasce, vive, si nutre, ha regno eterno. Fa scorger quant’ha il ciel terr’et inferno, fa presente d’absenti effigie vere, repiglia forze e trando dritto fere, e impiaga sempr’il cor, scuopr’ogn’interno. ¦ O dumque volgo vile, al vero attendi, porgi l’orecchio al mio dir non fallace, apri, apri (se puoi) gli occhi, insano e bieco. Fanciullo il credi perché poco intendi. Perché ratto ti cangi, ei par fugace. Per esser orbo tu, lo chiami cieco. |
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Causa, principio, et uno sempiterno, onde l’esser, la vita, il moto pende; e a lungo, a largo e profondo si stende quanto si dic’in ciel terr’et inferno: con senso, con raggion, con mente scerno ch’atto, misura e conto non comprende quel vigor, mole e numero, che tende oltr’ogn’inferior, mezzo e superno. Cieco error, tempo avaro, ria fortuna, sord’invidia, vil rabbia, iniquo zelo, crudo cor, empio ingegno, strano ardire non bastaranno a farmi l’aria bruna, non mi porrann’avanti gli occhi il velo, non faran mai ch’il mio bel sol non mire. ¦ |
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gedichte
Von der Liebe
Gott Amor tut mir auf die Demantpforten Und lehrt die hehre Wahrheit mich verstehen. Das Aug’ ist meines Gottes Thor; im Sehen Entspringt, lebt, wächst er, ewig herrscht er dorten.
Er offenbart die Wesen aller Orten; In treuem Bild darf ich das Ferne spähen. Mit Jugendkraft zielt er: nun ist’s geschehen. Er trifft ins Herz und sprenget alle Pforten.
O töricht Volk, von Sinnen stumpf und öde, Hör’ auf mein Wort ! denn es ist recht und tüchtig. Kannst du’s, tu’ ab vom Aug’ die dunkle Binde !
Ihn schiltst du blind, weil deine Augen blöde; Weil wankelmütig du, nennst ihn du flüchtig; Weil du unmündig, machst du ihn zum Kinde. Ursach’ und Grund und Eins von Ewigkeiten, Daraus Bewegung, Leben, Sein entspringen, Was immer Himmel, Erd’ und Höll’ an Dingen Umfaßt in allen Längen, Tiefen, Breiten: Mit Sinn, Verstand, Vernunft schau’ ich die Weiten, Die keine Tat, nicht Maß noch Rechnung zwingen; Die Masse, Kraft und Zahl kann ich durchdringen, Die Untres, Obres wie die Mitte leiten. Nicht blinder Wahn, der Zeit, des Schicksals Tücke, Nicht offne Wut, noch Hasses gift’ges Flüstern, Nicht Bosheit, roher Sinn und freches Trachten
Vermögen je, den Tag mir zu verdüstern, Mir zu verschleiern meine hellen Blicke, Noch meiner Sonne Glanz mir zu umnachten.
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G I O R DA N O B RU N O N O L A N O De la causa, principio et uno D IA L O G O P R I M O
Interlocutori Elitropio, Filoteo, Armesso Elitropio Qual rei nelle tenebre avezzi, che liberati dal fondo di qualche oscura torre escono alla luce, molti de gli essercitati nella volgar filosofia, et altri, paventaranno, admiraranno e (non possendo soffrire il nuovo sole de tuoi chiari concetti) si turbaranno. ¦ Filoteo Il difetto non è di luce, ma di lumi: quanto in sé sarà più bello e più eccellente il sole, tanto sarà a gli occhi de le notturne strige odioso e discaro di vantaggio. Elitropio La impresa che hai tolta, o Filoteo, è difficile, rara e singulare, mentre dal cieco abisso vuoi cacciarne, et amenarne al discoperto, tranquillo e sereno aspetto de le stelle, che con sì | bella varietade veg- | 45 giamo disseminate per il ceruleo manto del cielo. Benché a gli uomini soli l’aitatrice mano di tuo piatoso zelo soccorra, non saran però meno varii gli effetti de ingrati verso di te, che varii son gli animali che la benigna terra genera e nodrisce nel suo materno e capace seno; se gli è vero che la specie umana, particularmente ne gl’individui suoi, mostra de tutte l’altre la varietade: per esser in ciascuno più espressamente il tutto, che in quelli d’altre specie. – Onde vedransi questi, che qual appannata talpa, non sì tosto sentiranno l’aria discoperto, che di bel nuovo, risfossicando la terra, tentaranno a gli nativi oscuri penetrali. Quelli qual notturni ucelli, non sì tosto arran veduta spuntar dal lucido
G I O R DA N O B RU N O AU S N O L A Über die Ursache, das Prinzip und das Eine E R S T E R D IA L O G
Gesprächsteilnehmer Elitropio, Filoteo, Armesso Elitropio Ebenso wie Gefangene, die an das Dunkle gewöhnt sind und, wenn sie befreit sind, aus dem Verlies irgendeines dunklen Turmes ins Licht hinaustreten, werden diejenigen, die in der allgemein verbreiteten Philosophie ausgebildet sind, ebenso wie auch andere noch, erschrecken, sich wundern und (da sie die neue Sonne Deiner klaren Einsichten nicht ertragen können) wütend werden. Filoteo Der Fehler liegt hierbei nicht am Licht, sondern an ihrer Einsichtsfähigkeit: je schöner und strahlender die Sonne ist, desto verhaßter und widerwärtiger wird sie den Augen d[ies]er Nachteulen sein. Elitropio Dein Vorhaben, Filoteo, ist schwierig, selten und einzigartig: Du willst sie aus ihrem lichtlosen Abgrund vertreiben und dem unverhüllten, ruhigen und heiteren Anblick der Sterne entgegenführen, die wir mit so reicher Vielfalt über den blauen Mantel des Himmels ausgestreut sehen. Obgleich die hilfreiche Hand Deines mitfühlenden Eifers nichts anderes tut, als die[se] Menschen zu unterstützen, werden allerdings die Handlungen der Undankbaren Dir gegenüber nicht weniger verschieden sein, als es die Tiere sind, die die großmütige Erde in ihrem mütterlichen und fruchtbaren Schoß hervorbringt und ernährt – wenn es denn wahr ist, daß die menschliche Art die Verschiedenheit aller anderen Lebewesen insbesondere in ihren Individuen aufweist, um dadurch, mehr als es in den Individuen der anderen Arten möglich ist, in jedem Einzelnen das Ganze zu sein. – Die einen werden sich daher, blinden Maulwürfen gleich, sobald sie die freie Luft verspüren, wieder von neuem in die Erde eingraben und versuchen, in ihre angestammten dunklen Behausungen zurückzukehren. Die anderen werden, Nachtvögeln gleich, sobald sie die rötliche Botin der Sonne
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dialogo primo
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oriente la vermiglia ambasciatrice del sole, che dalla imbecillità de gli occhi suoi verranno invitati alla caliginosa ritretta. Gli animanti tutti banditi dall’aspetto de le lampade celesti, e destinati all’eterne gabbie, bolge et antri di Plutone, dal spaventoso et erinnico corno d’Alecto richiamati, apriran l’ali, e drizzaranno il veloce corso alle lor stanze. ¦ Ma gli animanti nati per vedere il sole, gionti al termine dell’odiosa notte, ringraziando la benignità del cielo, e disponendosi a ricevere nel centro del globoso cristallo de gli occhi suoi gli tanto bramati et aspettati rai, con disusato applauso di cuore, di voce e di mano adoraranno l’oriente: dal cui dorato balco avendo cacciati gli focosi destrieri il vago Titane, rotto il sonnacchioso silenzio de l’umida notte, raggionaranno gli uomini; belaranno gli facili, inermi e semplici lanuti greggi; gli cornuti armenti sotto la cura de ruvidi bifolchi muggiranno. | Gli cavalli di Sileno (perché di nuovo in favor de gli smarriti dèi possano dar spavento a i più de lor stupidi gigantoni) ragghiaranno; versandosi nel suo limoso letto, con importun gruito ne assordiranno gli sannuti ciacchi. Le tigri, gli orsi, gli leoni, i lupi, e le fallaci golpi, cacciando da sue spelunche il capo, da le deserte alture contemplando il piano campo de la caccia, mandaranno dal ferino petto i lor grunniti, ricti, bruiti, fremiti, ruggiti et orli. Ne l’aria e su le frondi di ramose piante, gli galli, le aquile, gli pavoni, le grue, le tortore, i merli, i passari, i rosignoli, le cornacchie, le piche, gli corvi, gli cuculi e le cicade non sarran negligenti di replicare e radoppiar gli suoi garriti strepitosi. Dal liquido et instabile campo ancora, li bianchi cigni, le molticolorate anitre, gli solleciti merghi, gli paludosi bruzii, le ocche rauche, le querulose rane ne toccaranno l’orecchie col suo ¦ rumore: di sorte ch’il
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am leuchtenden Morgenhimmel aufblitzen sehen, durch die Schwäche ihrer Augen in ihre finsteren Höhlen zurückgetrieben. Alle die Lebewesen, die vom Anblick der himmlischen Lichter verbannt und den ewigen Verliesen, Grüften und Höhlen des Pluto bestimmt sind, werden, sobald das fürchterliche erynnische Horn der Alekto sie zurückgerufen, die Flügel ausspannen und schnellstmöglich ihre Wohnungen anfliegen. Aber die Lebewesen, die dazu geboren sind, das Sonnenlicht zu sehen, werden, sobald das Ende der verhaßten Nacht erreicht ist, der Güte des Himmels danken, sich bereit machen, im Zentrum des kugelförmigen Kristalls ihrer Augen die so sehr ersehnten und erwarteten Strahlen zu empfangen und mit ungewohntem Jubel des Herzens, der Stimme und der Hände den Morgen anbeten: wenn der strahlende Titan die feurigen Rösser vom goldenen Balkon des Morgens fortgetrieben und das schlaftrunkene Schweigen der feuchten Nacht zerbrochen hat, werden die Menschen mit Vernunft sprechen, die unschuldigen, wehrlosen und naiven wolletragenden Herden blöken und die behörnten Stiere unter der Obhut des rauhen Landvolks brüllen, die Reittiere des Silen werden schreien (um erneut den verängstigten Göttern hilfreich zu sein und den Giganten, die noch dümmer sind als sie selbst, einen Schrecken einzujagen), die hauerbewehrten Eber, die sich in ihrem schlammigen Bett wälzen, werden mit aufdringlichem Grunzen lärmen. Die Tiger, die Bären, die Löwen, die Wölfe und die hinterhältigen Füchse, die ihre Köpfe aus den Höhlen hervorstrecken und von den kahlen Höhen herab das flache Gelände der Jagd betrachten, werden aus tierischer Brust ihr Grunzen, Brummen, Heulen, Brüllen, Winseln und Schreien ertönen lassen. In der Luft und auf den Zweigen weitverästeter Bäume werden Hähne, Adler, Pfauen, Kraniche, Tauben, Amseln, Sperlinge, Nachtigallen, Krähen, Elstern, Raben, Kuckucke und Zikaden ihr geräuschvolles Schlagen oder Singen ohne Unterlaß wiederholen und verdoppeln. Und schließlich werden aus ihren flüssigen und unbeständigen Gebieten die weißen Schwäne, die buntgefiederten Enten, die eilfertigen Tauchvögel, die Parasiten der Sümpfe, die heiseren Gänse, die klagend quakenden Frösche die Ohren mit ihrem Geräusch erfüllen: auf diese
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dialogo primo
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caldo lume di questo sole diffuso all’aria di questo più fortunato emisfero, verrà accompagnato, salutato e forse molestato da tante e tali diversitadi de voci, quanti e quali son spirti che dal profondo di proprii petti le caccian fuori. Filoteo Non solo è ordinario, ma anco naturale e necessario, che ogn’animale faccia la sua voce: e non è possibile che le bestie formino regolati accenti et articulati suoni come gli uomini: come contrarie le complessioni, diversi i gusti, varii gli nutrimenti. Armesso Di grazia concedetemi libertà di dir la parte mia ancora: non circa la luce, ma circa alcune circonstanze, per le quali non tanto si suol | consolare il senso, quanto molestar il sentimento di chi vede e considera: perché per vostra pace e vostra quiete, la quale con fraterna caritade vi desio, non vorrei che di questi vostri discorsi vegnan formate comedie, tragedie, lamenti, dialogi (o come vogliam dire) simili a quelli che poco tempo fa, per esserno essi usciti in campo a spasso, vi hanno forzato di starvi rinchiusi e retirati in casa. Filoteo Dite liberamente. Armesso Io non parlarò come santo profeta, come astratto divino, come assumpto apocaliptico, né quale angelicata asina di Balaamo; non raggionarò come inspirato da Bacco, né gonfiato di vento da le puttane muse di ¦ Parnaso, o come una Sibilla impregnata da Febo, o come una fatidica Cassandra, né qual ingombrato da le unghie de piedi sin alla cima di capegli de l’entusiasmo apollinesco, né qual vate illuminato nell’oraculo, o delfico tripode; né come Edipo esquisito contra gli nodi de la sfinge; né come un Salomone in ver gli enigmi della regina Sabba; né qual Calcante interprete dell’olimpico senato; né come un inspiritato Merlino, o come uscito da l’antro di Trofonio: ma parlarò per l’or-
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Weise wird das warme Licht der Sonne, das sich über die Luft dieses so überaus glücklichen Himmelsstriches verteilt, von einer solchen und so großen Mannigfaltigkeit von Stimmen begleitet, begrüßt und vielleicht auch belästigt, wie sie der Vielfalt der Geister entspricht, die sie aus der Tiefe ihrer Brust herausschleudern. Filoteo Es ist nicht nur selbstverständlich, sondern auch natürlich und notwendig, daß jedes Lebewesen sich mit eigener Stimme äußert: und es ist unmöglich, daß Tiere, wie es die Menschen tun, sinnvolle Betonungen und gegliederte Laute ausbilden, denn die Körperbeschaffenheit ist gegensätzlich, der Geschmack verschieden und die Ernährung anders. Armesso Ich bitte Euch, gestattet mir die Freiheit, mich in meinem Sinne zu äußern – nicht über das Licht, aber über einige Begleitumstände, die für gewöhnlich nicht den Sinn dessen, der zuschaut und betrachtet, erheitern, sondern vielmehr sein Gefühl verletzen: daher möchte ich, um Eures Friedens und Eurer Ruhe willen, die ich Euch mit brüderlichem Wohlwollen wünsche, daß aus Euren Ausführungen keine Komödien, Tragödien, Klagegesänge, Dialoge (oder wie immer wir es nennen wollen) werden, die denen ähnlich sind, die Euch vor kurzem zwangen, nachdem Ihr sie an die Öffentlichkeit gelassen hattet, eingeschlossen und zurückgezogen zuhause zu bleiben. Filoteo Redet nur frei heraus ! Armesso Ich werde nicht wie ein heiliger Prophet sprechen, nicht wie ein verzückter Gottgleicher, nicht wie ein entrückter Apokalyptiker oder wie der bekannte engelgleiche Esel Bileams; ich werde auch nicht räsonieren wie vom Bacchus inspiriert, wie vom Wind der hurengleichen Musen des Parnaß aufgeschwollen, wie eine von Apoll geschwängerte Sibylle oder eine schicksalsverkündende Kassandra, noch gar wie einer, der von den Fußzehen bis zu den Haaresspitzen mit apollinischem Enthusiasmus vollgestopft ist, oder wie jener vom Orakelspruch oder dem delphischen Dreifuß erleuchtete Seher; auch nicht wie ein Oedipus, der sich den von der Sphinx gestellten Problemen überlegen erweist, nicht wie ein Salomon gegenüber den Rätseln der Königin von Saba, nicht wie Kalchas, der den olympischen Senat deutet, nicht wie ein inspirierter Merlin oder wie jemand, der aus der Orakelhöhle des Trophonios kommt: sondern ich werde in gewöhnlicher, einfacher Spra-
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dialogo primo
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dinario e per volgare, come uomo che ho avuto altro pensiero che d’andarmi lambiccando il succhio de la grande e picciola nuca, con farmi al fine rimanere in secco la dura e pia madre; come uomo dico che non ho altro cervello ch’il m’io: a cui manco gli dèi dell’ultima cotta e da tinello nella corte celestiale (quei dico che non beveno ambrosia, né gustan nettare, ma si vi tolgon la sete col basso de le botte e vini rinversati, se non vogliono far stima | de limfe e nimfe, quei dico che sogliono essere più domestici, familiari e conversabili con noi), come è dire né il dio Bacco, né quel imbreaco cavalcator de l’asino, né Pane, né Vertunno, né Fauno, né Priapo, si degnano cacciarmene una pagliusca di più e ¦ di vantaggio dentro, quantumque sogliano far copia de fatti lor sin a i cavalli. Elitropio Troppo lungo proemio. Armesso Pacienza, che la conclusione sarà breve. Voglio dir brevemente che vi farò udir paroli, che non bisogna disciferarle come poste in distillazione, passate per lambicco, digerite dal bagno di maria, e subblimate in recipe di quinta essenza: ma tale quali m’insaccò nel capo la nutriccia, la quale era quasi tanto cotennuta, pettoruta, ventruta, fiancuta e naticuta, quanto può essere quella londriota, che viddi a Westmester; la quale per iscaldatoio del stomaco, ha un paio di tettazze, che paiono gli borzacchini del gigante san Sparagorio: e che concie in cuoio varrebono sicuramente a far due pive ferrarese. Elitropio E questo potrebe bastare per un proemio. Armesso Or su, per venire al resto, vorrei intendere da voi (lasciando un poco da canto le voci e le lingue a proposito del lume e splendor che possa apportar la vostra filosofia) con che voci volete che sia salutato particolarmente da noi quel lustro di dottrina, che esce dal libro de La cena de le ceneri ? quali animali son quelli, che hanno ¦ recitata La cena
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che reden, als ein Mensch, der ganz anderes im Sinn hat, als sich den Saft des Groß- und Kleinhirns herauszudestillieren, bis schließlich am Schluß nichts als die trockene, sei es harte, sei es weiche Hirnhaut übrig bleibt, wie ein Mensch, sage ich, der eben kein anderes Hirn als sein eigenes besitzt und dem nicht einmal die Götter letzter Ordnung fehlen, die, die in der Küche des himmlischen Hofstaates zu sitzen kommen (ich meine jene, die nicht Ambrosia trinken oder genüßlich Nektar schlürfen, sondern sich den Durst mit dem Bodensatz der Fässer und den verschütteten Weinen löschen müssen, wenn sie nicht dem Wäßrigen und Nymphischen den Vorzug geben wollten, also jenen Wesen, die uns gegenüber viel heimischer, vertrauter und umgänglicher sind), soll heißen: weder der Gott Bacchus, noch jener besoffene Eselsreiter, noch Pan, noch Vertumnus, Faun, Priap lassen sich herab, mir auch nur um eines Strohhalms Breite tiefere Aufklärung zu geben, während sie doch von ihren Taten gewöhnlich selbst ihren Pferden Mitteilung geben. Elitropio Ziemlich lange Vorrede. Armesso Nur Geduld, dafür wird der Schluß kurz sein. Ich will Euch nämlich nur ganz kurz klarmachen, daß ich Euch Worte zu hören geben werde, die man nicht dadurch erst entziffern muß, daß man sie der Destillation aussetzt, durch die Retorte jagt, sich im Marienbad auflösen läßt und im Behälter der quinta essentia verdünnt: sondern solche, wie sie mir meine Amme in den Kopf eingetrichtert hat, welche beinah so fett, vollbrüstig, dickbäuchig, starklendig und breitärschig war, wie jene Londonerin, die ich in Westminster sah: diese hatte nämlich wegen einer übermäßigen Erwärmung des Bauches ein paar riesiger Brüste ausgebildet, die den Stulpstiefeln des Riesen Sankt Sparagorio gleichen und die, sofern sie zu Leder verarbeitet würden, sicherlich dazu ausreichten, zwei ferraresische Dudelsäcke zu machen. Elitropio Dies könnte doch nun für eine Vorrede reichen. Armesso Also, um zum Ende zu kommen – und dafür lassen wir einmal die Stimmen und Äußerungen hinsichtlich des Lichtes und Glanzes, der von Eurer Philosophie ausgehen mag, ganz beiseite –, ich möchte von Euch hören: mit welchen Stimmen wollt Ihr, daß insbesondere wir jene strahlende Gelehrsamkeit begrüßen, die von dem Buch Das Aschermittwochsmahl ausgeht ? Was für eine Art von Tieren hat
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de le ceneri ? dimando se sono acquatici, o aerei, o | terrestri, o lunatici; e lasciando da canto gli propositi di Smitho, Prudenzio e Frulla, desidero di sapere, se fallano coloro che dicono, che tu fai la voce di un cane rabbioso et infuriato, oltre che tal volta fai la simia, tal volta il lupo, tal volta la pica, tal volta il papagallo, tal volta un animale, tal volta un altro: meschiando propositi gravi e seriosi, morali e naturali, ignobili e nobili, filosofici e comici. Filoteo Non vi maravigliate, fratello, per che questa non fu altro ch’una cena dove gli cervelli vegnono governati da gli affetti, quali gli vegnon porgiuti dall’efficacia di sapori e fumi de le bevande e cibi. Qual dumque può essere la cena materiale e corporale, tale conseguentemente succede la verbale e spirituale: cossì dumque questa dialogale ha le sue parti varie e diverse, qual varie e diverse quell’altra suole aver le sue; non altrimente questa ha le proprie condizioni, circonstanze e mezzi, che come le proprie potrebbe aver quella. Armesso Di grazia fate ch’io vi intenda. Filoteo Ivi (come è l’ordinario et il dovero) soglion trovarsi cose da insalata da pasto, da frutti da ordinario, da cocina da speciaria, da sani da amalati; di freddo di caldo, di crudo di cotto, di acquatico di terrestre, di domestico di salvatico, di rosto di lesso, di maturo di acerbo; e cose da nutrimento solo e da gusto, sustanzioze e leggieri, salse et insipide, agreste e dolci, amare e suavi. Cossì quivi, per certa conseguenza, vi sono apparse le sue contrarietadi e ¦ diversitadi, accomodate a contrarii e diversi stomachi e gusti, a’ quali può | piacere di farsi presenti al nostro tipico simposio: a fine che non sia chi si lamente di esservi gionto in vano, et a chi non piace di questo, prenda di quell’altro. Armesso È vero: ma che dirai, se oltre nel vostro convito, ne la vostra cena appariranno cose, che non son buone né per insalata né per pasto,
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denn das Aschermittwochsmahl vorgetragen ? Sind es, frage ich, Wasser-, Luft-, Land- oder Mondtiere ? Und, ebenfalls abgesehen von den Äußerungen des Smith, Prudenzio und Frulla, ich möchte doch gerne wissen, ob die sich irren, die sagen, daß Du die Stimme eines wütenden und tollen Hundes angenommen habest und, zusätzlich, bald den Affen, bald den Wolf, manchmal die Elster, manchmal den Papagei, hier dies, dort ein anderes Tier nachmachtest und dabei wichtige und ernste Sätze, moralische und physikalische, unwürdige und würdige, philosophische und komische wild durcheinander mischtest. Filoteo Wundert Euch nicht, Bruder, denn dies war nichts anderes als ein abendliches Gastmahl, bei dem die Hirne durch solche Affekte bestimmt werden, die durch kräftige Geschmäcker und Gerüche von Getränken und Speisen entstehen. Wie also das materielle und körperliche Mahl sein mag, das sprachliche und geistige wird ihm folglich entsprechen, und so hat also dieses Gastmahl in Gesprächsform ebenso viele eigene vielfältige und verschiedene Teile, wie sie ein Gastmahl eben zu haben pflegt; nicht anders hat ersteres Bedingungen, Umstände und Mittel eigener Art, als auch dieses zweite eigene haben könnte. Armesso Könntet Ihr Euch bitte verständlicher ausdrücken ? Filoteo Dort pflegt man (wie es ganz normal und sachgemäß ist) Salat und Vorspeise zu bieten, Hauptspeise und Obst, aus der Küche wie aus der Spezerei [der Apotheke], für Gesunde und für Kranke; Kaltes und Warmes, Rohes und Gekochtes, aus dem Wasser und vom Lande, von Haustier und Wild, Braten und Gesottenes, Reifes und frühzeitig Gepflücktes; Dinge, rein zur Ernährung die einen, reine Gaumenfreude die anderen, gehaltvolle und leichte, salzige und fade, saure und süße, bittere und milde. Und so sind Euch auch hier, gemäß bestimmter Entsprechung, die Gegensätze und Verschiedenheiten begegnet, die zu den gegensätzlichen und verschiedenen Mägen und Geschmäckern derer gehören, denen es gefallen könnte, an unserem symbolischen Gastmahl teilzunehmen: denn es soll keinen geben, der sich beklagen könnte, er sei umsonst gekommen, und es soll gelten: wem dieses nicht gefällt, der möge eben von jenem anderen nehmen. Armesso Schon wahr, aber was würdest Du sagen, wenn überdies bei Eurem Gastmahl, bei Eurem Abendessen Dinge präsentiert würden,
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né per frutti né per ordinario, né fredde né calde, né crude né cotte, né vagliano per appetito né per fame, non son buone per sani né par ammalati; e conviene che non escano da mani di cuoco né di speciale ? Filoteo Vedrai che né in questo la nostra cena è dissimile a qualumqu’altra esser possa. Come dumque là nel più bel del mangiare, o ti scotta qualche troppo caldo boccone, di maniera che bisogna cacciarlo de bel nuovo fuora, o piangendo e lagrimando mandarlo vagheggiando per il palato, sin tanto che se gli possa donar quella maladetta spinta per il gargazzuolo al basso; o vero ti si stupefà qualche dente; o te s’intercepe la lingua che viene ad esser morduta con il pane; o qualche lapillo te si viene a rompere et incalcinarsi tra gli denti, per farti regittar tutto il boccone; o qualche pelo o capello del cuoco ti s’inveschia nel palato, per farti presso che vomire; o te s’arresta qualche aresta di pesce ne la canna, a farti suavemente tussire; o qualch’ossetto te s’attraversa ne la gola per metterti in pericolo di suffocare: cossì nella nostra cena (per nostra e comun disgrazia) vi si son trovate cose corrispondenti e proporzionali a quelle. Il che tutto avviene per il peccato dell’antico ¦ nostro protoplaste | Adamo, per cui la perversa natura umana è condannata ad aver sempre i disgusti gionti a i gusti. Armesso Pia e santamente. Or che rispondete a quel che dicono che voi siete un rabbioso cinico ? Filoteo Concederò facilmente, se non tutto, parte di questo. Armesso Ma sapete che non è vituperio ad un uomo tanto di ricevere oltraggi, quanto di farne. Filoteo Ma basta che gli miei sieno chiamati vendette, e gli altrui sieno chiamati offese. Armesso Anco gli dèi son suggetti a ricevere ingiurie, patir infamie e
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die zu nichts taugen, weder zu Salat noch Vorspeise, weder zu Hauptgericht noch zu Obst, weder als kalte noch warme Platte, weder roh noch gekocht, nicht für den Anfangsappetit noch für den richtigen Hunger, die weder für Gesunde noch für Kranke bekömmlich sind und daher wohl kaum aus der Hand eines Koches oder der eines Apothekers stammen können ? Filoteo Du wirst gleich sehen, daß auch in diesem Punkt unser Abendessen jedem beliebigen anderen nicht unähnlich ist. Wie Dir bei den letzteren folgendes alles zustoßen kann: Mitten im besten Schmausen verbrennst Du Dir mit einem zu heißen Bissen den Mund, und zwar so, daß Du ihn sogleich wieder ausspeien mußt oder ihn unter Stöhnen und Tränen solange im Gaumen hin und her schiebst, bis Du ihn schließlich mit einem verflixten Ruck den Schlund hinunterdrükken kannst, oder Dir wird ein Zahn stumpf oder Du beißt Dir, zusammen mit einem Stück Brot, auf Deine sich querlegende Zunge, oder irgendein kleines Steinchen zerbricht und dringt zwischen die Zähne, was dazu führt, daß Du den ganzen Bissen wieder ausspeist, oder irgendein Härchen vom Bart oder Kopf des Kochs gelangt an Deinen Gaumen, so daß Du Dich fast übergeben mußt, oder eine Fischgräte vergrätscht sich in Deinem Hals und bringt Dich zum Hüsteln, oder ein Knöchelchen schiebt sich vor Deinen Schlund und bringt Dich in Gefahr zu ersticken: so finden sich auch bei unserem Gastmahl (zu unserem und anderer Unglück) entsprechende und gleichgelagerte Dinge. Dies alles verdankt sich der Sünde unseres Urahns Adam, des erstgebildeten Menschen, durch den die verderbte Natur des Menschen dazu verurteilt ist, immer Genuß und Verdruß in einem haben zu müssen. Armesso Dies ist fromm und heilig gesprochen. Aber was antwortet Ihr denen, die behaupten, Ihr seid ein wütender Zyniker ? Filoteo Da kann ich ihnen nur zustimmen – wenn auch nicht in bezug auf alles, so doch, was einen Teil betrifft. Armesso Aber Ihr wißt auch, daß es für einen Menschen weniger tadelnswert ist, beschimpft zu werden als selbst zu beschimpfen. Filoteo Ich denke, es genügt, wenn meine als Vergeltungen, die anderen hingegen als Angriffe bezeichnet werden. Armesso Auch die Götter sind Gegenstand von Beschimpfungen,
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comportar biasimi: ma biasimare, infamare et ingiuriare, è proprio de vili, ignobili, dappoco e scelerati. Filoteo Questo è vero, però noi non ingiuriamo, ma ributtiamo l’ingiurie, che son fatte non tanto a noi quanto a la filosofia spreggiata, con far di modo ch’a gli ricevuti dispiaceri non s’aggiongano de gli altri. Armesso Volete dumque parer cane che morde, a fin che non ardisca ogn’uno di molestarvi ? Filoteo Cossì è, perché desidero la quiete, e mi dispiace il dispiacere. Armesso Si, ma giudicano che procedete troppo rigorosamente. Filoteo A fine che non tornino un’altra volta essi, et altri imparino di non venir ad disputar meco e con altro, trattando con simili mezzi termini queste conclusioni. | ¦ Armesso La offesa fu privata, la vendetta è publica. Filoteo Non per questo è ingiusta: perché molti errori si commetteno in privato, che giustamente si castigano in publico. Armesso Ma con ciò venite a guastare la vostra riputazione, e vi fate più biasmevole che coloro; perché publicamente se dirà che siete impaziente, fantastico, bizarro, capo sventato. Filoteo Non mi curo: purché oltre non mi siano essi o altri molesti; e per questo mostro il cinico bastone, acciò che mi lascino star co’ fatti miei in pace; e se non mi vogliono far carezze, non vegnano ad esercitar la loro incivilità sopra di me. Armesso Or vi par che tocca ad un filosofo di star su la vendetta ? Filoteo Se questi che mi molestano fussero una Xantippe, io sarei un Socrate. Armesso Non sai che la longanimità e pazienza sta bene a tutti, per la
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erleiden Verleumdungen und ertragen Tadel; aber das Tadeln, Verleumden und Beschimpfen selbst ist Sache der Schwachen, Gemeinen, Minderwertigen und Verbrecher. Filoteo Dies ist zwar richtig, aber nicht wir sind diejenigen, die beleidigen, sondern wir geben nur die Beleidigungen zurück, die nicht so sehr uns persönlich als der Philosophie gelten, die verachtet wird, um auf diese Weise zu erreichen, daß sich den schon entstandenen Unannehmlichkeiten nicht noch andere hinzugesellen. Armesso Wollt Ihr also einem beißenden Hund gleichen, damit sich keiner unterstehe, Euch zu belästigen ? Filoteo Genau so ist es, denn ich brauche Ruhe und mich verdrießt der Verdruß. Armesso Mag schon sein, aber man sagt, daß Ihr allzu streng vorginget. Filoteo Dies deswegen, damit jene es nicht ein zweites Mal versuchen, die anderen hingegen daraus lernen, nicht mit mir und anderen so zu disputieren, daß sie aus ähnlichen Mittelbegriffen solche falschen Schlüsse ziehen. Armesso Der Angriff war privat, die Vergeltung ist öffentlich. Filoteo Deswegen allein ist sie nicht unrecht: denn es werden viele Irrtümer im privaten Bereich begangen, die völlig zu Recht öffentlich bestraft werden. Armesso Aber mit dem Ganzen lauft Ihr Gefahr, Euren Ruf zu verderben und Euch tadelnswerter als jene zu machen; denn es wird öffentlich heißen, daß Ihr ungeduldig, wunderlich, sonderlich, ein leichtsinniger Kopf seid. Filoteo Kümmert mich nicht, wenn nur diese oder auch andere mir nicht zur Last fallen. Deswegen zeige ich den Stock des Zynikers, damit sie mich und meine Arbeit in Frieden lassen; und wenn sie schon nicht nett zu mir sind, so sollen sie wenigstens ihre Ungehobeltheit nicht an mir auslassen. Armesso Scheint es Euch denn Sache eines Philosophen zu sein, auf Vergeltung zu sinnen ? Filoteo Wenn die, die mich ärgern, Xanthippen wären, so wäre ich deren Sokrates. Armesso Weißt Du nicht, daß Langmut und Geduld allen gut an-
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quale vegnano ad esser simili a gli eroi et eminenti dèi: che secondo alcuni si vendicano tardi, e secondo altri né si vendicano né si adirano ? Filoteo Ti inganni pensando ch’io sia stato su la vendetta. Armesso E che dumque ? Filoteo Io son stato su la correzzione, nell’esercizio della quale ancora siamo simili a gli dèi. Sai che il povero Vulcano è stato dispensato da | Giove di lavorare anco gli giorni di festa, e quella maladetta incudine non si lassa o stanca mai ad comportar le scosse di tanti e sì fieri martelli, che non sì tosto è alzato l’uno, che l’altro è chinato: per far che gli ¦ giusti fólgori (con gli quali gli delinquenti e rei si castigheno) non vegnan meno. Armesso È differenza tra voi et il fabro di Giove e marito de la ciprigna dea. Filoteo Basta che ancora non son dissimile a quelli forse nella pazienza e longanimità, la quale in quel fatto ho essercitata, non rallentando tutto il freno al sdegno, né toccando di più forte sprone l’ira. Armesso Non tocca ad ogn’uno di essere correttore, massime de la moltitudine. Filoteo Dite ancora, massime quando quella non lo tocca. Armesso Si dice che non devi esser sollecito nella patria aliena. Filoteo Et io dico due cose: prima, che non si deve uccidere un medico straniero, perché tenta di far quelle cure, che non fanno i paesani. Secondo, dico che al vero filosofo ogni terreno è patria. Armesso Ma se loro non ti accettano né per filosofo, né per medico, né per paesano ? Filoteo Non per questo mancarà ch’io sia. Armesso Chi ve ne fa fede ? Filoteo Gli numi che me vi han messo, io che me vi ritrovo, e quelli ch’hanno gli occhi, che me vi veggono. |
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steht, denn durch diese wird man den Heroen und erhabenen Göttern ähnlich, die entweder, wie manche sagen, spät Vergeltung üben oder, folgt man andern, weder Vergeltung üben noch sich erzürnen. Filoteo Du täuschst Dich, wenn Du glaubst, ich sei auf Vergeltung aus gewesen. Armesso Und auf was dann ? Filoteo Auf Besserung, denn durch deren Vollzug sind wir den Göttern immerhin noch ähnlich. Du weißt, daß der arme Vulkan von Iuppiter die Erlaubnis erhielt, auch an Feiertagen zu arbeiten, und daß sein verfluchter Amboß daher niemals aufhört oder müde wird, die Schläge so vieler wilder Hämmer zu ertragen; denn sobald der eine erhoben ist, fährt schon der andere hinab, damit die gerechten Blitze, mit denen Verbrecher und Angeklagte gestraft werden, nicht ausbleiben. Armesso Es gibt da doch wohl einen Unterschied zwischen Euch und dem, der der Schmied des Iuppiter und der Gemahl der zyprischen Göttin ist. Filoteo Es genügt, daß ich den Göttern vielleicht, was Geduld und Langmut betrifft, noch nicht unähnlich bin. Denn ich zeigte in dieser Sache wohl beides, indem ich weder meinem Zorn vollends die Zügel schießen ließ noch meiner Wut übermäßig die Sporen gab. Armesso Nicht jedem steht es an, vor allem was die Menge der Menschen angeht, der große Verbesserer zu sein. Filoteo Fügt noch hinzu: besonders wenn diese ihn in Frieden läßt. Armesso Man sagt aber doch: du sollst dich in einem fremden Land nicht herausfordern lassen. Filoteo Dazu zwei Dinge: Erstens darf man einen fremden Arzt nicht deswegen umbringen, weil er versucht, Heilmethoden anzuwenden, die die heimischen Ärzte nicht kennen. Zweitens ist meiner Meinung nach dem wahren Philosophen jedes Land ein Vaterland. Armesso Wenn diese Dich aber nicht akzeptieren, weder als Philosophen noch als Arzt, noch als Landsmann ? Filoteo Deswegen höre ich nicht auf, es zu sein. Armesso Wer bezeugt denn das ? Filoteo Die Götter, die mich hierher gesandt, ich, der ich mich hier befinde, und diejenigen, die Augen dazu haben, mich hier zu sehen.
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Armesso Hai pochissimi e poco noti testimoni. Filoteo Pochissimi e poco noti sono gli veri medici: quasi tutti sono veri amalati. Torno a dire, che loro non hanno libertà altri di fare, altri di permettere che sieno fatti tali trattamenti a quei che porgono onorate merci: o sieno stranieri o non. Armesso Pochi conoscono queste merci. ¦ Filoteo Non per questo le gemme sono men preciose, e non le doviamo con tutto il nostro forzo defendere e farle defendere, liberare e vendicare, dalla conculcazione de piè porcini, con ogni possibil rigore. E cossì mi sieno propicii gli superi, Armesso mio, che io mai feci di simili vendette per sordido amor proprio, o per villana cura d’uomo particulare: ma per amor della mia tanto amata madre filosofia, e per zelo della lesa maestà di quella; la quale da mentiti familiari e figli (per che non è vil pedante, poltron dizzionario, stupido fauno, ignorante cavallo, che o con mostrarsi carco di libri, con allungarsi la barba, o con altre maniere mettersi in prosopopeia, non voglia intitolarsi de la fameglia) è ridutta a tale, che appresso il volgo tanto val dire un filosofo, quanto un frappone, un disutile, pedantaccio, circulatore, saltainbanco, ciarlatano, buono per servir per passa-tempo in casa e per spavantacchio d’ucelli a la campagna. Elitropio A dire il vero la famiglia de filosofi è stimata più vile, dalla maggior parte del mondo, che la famiglia ¦ de cappellani; perché non tanto quelli, assunti da ogni specie di gentaglie, hanno | messo il sacer- | 65 docio in dispreggio, quanto questi, nominati da ogni geno di bestiali, hanno posto la filosofia in vilipendio. Filoteo Lodiamo dumque nel suo geno l’antiquità, quando tali erano gli filosofi, che da quelli si promovevano ad essere legislatori, consiliarii e regi. Tali erano consiliarii e regi, che da questo essere s’inalzavano ad essere sacerdoti; a questi tempi la massima parte di sacerdoti son tali, che son spreggiati essi, e per essi son spreggiate le leggi divine: son tali
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Armesso Du hast dafür äußerst wenige und auch nur wenig bekannte Zeugen. Filoteo Äußerst wenige und wenig bekannt sind aber auch die wahren Ärzte: fast alle anderen hingegen sind wahre Kranke. Und ich wiederhole, daß es ihnen weder erlaubt ist, die, die ehrenvolle Dienste leisten, seien es nun Fremde oder nicht, auf solche Art zu behandeln noch zuzulassen, daß sie so behandelt werden. Armesso Nur wenige kennen diese Dienste. Filoteo Deswegen sind die Perlen nicht weniger kostbar, und wir müssen sie nicht weniger mit unserer ganzen Kraft verteidigen oder mit aller Konsequenz dafür sorgen, daß sie verteidigt, befreit und davor bewahrt werden, von den Schweinen zertreten zu werden. Und, so wahr mir die Götter beistehen mögen, ich habe nie, mein bester Armesso, aus schmutzigem Eigennutz oder aus gemeinem Privatinteresse vergleichbare Rache geübt, sondern aus Liebe zu der von mir so geliebten Mutter Philosophie und aus Eifer um ihre verletzte Majestät; diese ist nämlich durch falsche Freunde und Söhne (denn es gibt zur Zeit keinen nichtsnutzigen Pedanten, faulen Sprüchemacher, dummen Faun, unwissenden Esel, der, sei es, daß er sich mit Büchern beladen zeigt, sich den Bart lang wachsen läßt oder auf andere Weise in Szene setzt, sich nicht zu dieser Familie zählen wollte) so weit heruntergekommen, daß beim gewöhnlichen Volk ein Philosoph so viel heißt wie: ein Spitzbube, ein unnützer Mensch, ein schlimmer Pedant, ein Gerüchtestreuer, ein Seiltänzer, ein Gaukler, gut genug, um zum häuslichen Zeitvertreib zu dienen und dazu, auf dem Lande die Vogelscheuche zu spielen. Elitropio Um die Wahrheit zu sagen, die Familie der Philosophen wird vom größten Teil der Welt geringer geachtet als die der Geistlichen. Denn letztere hat, obgleich sie sich aus jeder Art von Gesindel zusammensetzt, das Priesteramt nicht so in Verruf gebracht, wie die Philosophen, die selbst nach allen Tierarten benannt werden, die Philosophie der Verachtung preisgegeben haben. Filoteo Laßt uns daher in ihrer Art die Antike loben, als Philosophen von solcher Bedeutung waren, daß aus ihnen Gesetzgeber, Räte und Könige hervorgingen. Räte und Könige von solcher Bedeutung, daß man aus ihrem Amt zur Priesterschaft aufstieg. Zu unserer Zeit
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quasi tutti quei che veggiamo filosofi, che essi son vilipesi, e per essi le scienze vegnono vilipese. Oltre che tra questi la moltitudine de forfanti, come di urtiche, con gli contrari sogni suole dal suo canto ancora opprimere la rara virtù e veritade, la qual si mostra a i rari. Armesso Non trovo filosofo che s’adire sì per la spreggiata filosofia, né (o Elitropio) scorgo alcuno sì affetto per la sua scienzia, quanto questo Teofilo: che sarrebe se tutti gli altri filosofi fussero della medesima condizione, voglio dire sì poco pazienti ? Elitropio Questi altri filosofi non hanno ritrovato tanto, non hanno tanto da guardare, non hanno da difender tanto: facilmente possono ancor essi tener a vile quella filosofia che non val nulla, o altra che val poco, o quella che non conoscono; ma colui che ha trovata la verità, che è un tesoro ascoso, acceso da la beltà di quel volto divino, non meno doviene geloso perché la non sia defraudata, negletta e contaminata, che possa essere un altro sordido affetto sopra ¦ l’oro, carbuncolo e diamante, o sopra una carogna di bellezza feminile. | Armesso Ma ritorniamo a noi, e vengamo al quia. Dicono di voi, Teofilo, che in quella vostra cena tassate et ingiuriate tutta una città, tutta una provinzia, tutto un regno. Filoteo Questo mai pensai, mai intesi, mai feci: e se l’avesse pensato, inteso, o fatto, io mi condennarei pessimo, e sarrei apparecchiato a mille retrattazioni, a mille revocazioni, a mille palinodie; non solamente s’io avesse ingiuriato un nobile et antico regno come è questo, ma qualsivogli’altro quantumque stimato barbaro: non solamente dico qualsivoglia città quantumque diffamata incivile, ma e qualsivoglia lignaggio, quantumque divolgato salvaggio; ma e qualsivoglia fameglia,
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hingegen ist die größte Zahl der Priester von solcher Art, daß sie, und durch ihr Tun auch die göttlichen Gesetze, verachtet werden: und fast alle, die als Philosophen gelten, von solcher Art, daß sie, und durch ihr Tun die Wissenschaften, geringgeschätzt werden. Zusätzlich pflegt die Menge von Schurken unter ihnen mit schädlichen Träumereien die Tugend und Wahrheit, die sich nur den wenigsten zeigt, wie ein Gesträuch von Brennesseln zu überwuchern. Armesso Ich finde keinen Philosophen, der sich so wie dieser Teofilo für die verachtete Philosophie ereifert, keinen, o Elitropio, der für seine Wissenschaft eine solche Leidenschaft besitzt: was wäre aber wohl, wenn alle anderen Philosophen denselben Charakter hätten, ich meine: wenn sie so wenig geduldig wären ? Elitropio Diese anderen Philosophen haben nicht so viel entdeckt, haben nicht so viel zu bewahren, haben nicht so viel zu verteidigen: sie können ohne weiteres eine Philosophie, die nichts wert ist, eine andere, die wenig wert ist, oder eine, die sie gar nicht kennen, geringschätzen; aber derjenige, der die Wahrheit gefunden hat, die ein verborgener Schatz ist, wird, entzündet von der Schönheit des göttlichen Anblicks, von nicht geringerer Eifersucht gepackt, daß sie nicht geschändet, vernachlässigt oder befleckt werde, als ein Geiziger seine schmutzige Leidenschaft für Gold, Karfunkel und Diamanten oder für die verdorbene weibliche Schönheit erfährt. Armesso Aber kehren wir doch zu unserer Diskussion zurück, und kommen wir zum quia. Man sagt von Euch, Teofilo, Ihr hättet in diesem Eurem Gastmahl eine ganze Stadt, eine ganze Provinz, ein ganzes Königreich kritisiert und beleidigt. Filoteo Dies habe ich niemals gedacht, gewollt oder gar getan: und wenn ich es gedacht, gewollt und getan hätte, dann würde ich mich selbst mit aller Schärfe verurteilen und zu tausend Überarbeitungen, Widerrufen und Palinodien bereit sein; und zwar gilt dies nicht nur für den Fall, daß ich ein ehrwürdiges und altes Königreich wie dieses hier beleidigt hätte, sondern auch, wenn es ein beliebiges anderes, für noch so unkultiviert gehaltenes Königreich gewesen wäre, nicht nur, sage ich, für den Fall, daß ich eine beliebige Stadt, sei sie auch als noch so unzivilisiert verschrien, beleidigt hätte, sondern auch für den, daß es ein beliebiges Geschlecht gewesen wäre, wie immer sein Grad an
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quantumque nominata inospitale: per che non può essere regno, città, prole o casa intiera la quale esser possa o si deve presupponere d’un medesimo umore, e dove non possano essere oppositi e contrarii costumi; di sorte che quel piace a l’uno, non possa dispiacere a l’altro. Armesso Certo quanto a me, che ho letto e riletto, e ben considerato il tutto (benché circa particolari non so perché vi trovo alquanto troppo effuso) circa il generale vi veggo castigata, raggionevole e discretamente procedere: ma il rumore è sparso nel modo ch’io vi dico. Elitropio Il rumore di questo et altro è stato sparso dalla viltà d’alcuni di quei che si senton ritoccati: li quali, desiderosi di vendetta, veggendosi insufficienti con propria raggione, dottrina, ingegno e forza, oltre che fingono quante altre possono falsitadi, alle quali altri che simili a loro non posson | porger fede, cercano compagnia con fare ch’il castigo particolare sia stimato ingiuria commune. ¦ Armesso Anzi credo che sieno di persone non senza giudicio e conseglio, le quali pensano l’ingiuria universale, perché manifestate tai costumi in persone di tal generazione. Filoteo Or quai costumi son questi nominati, che simili, peggiori e molto più strani in geno, specie e numero non si trovino in luoghi de le parti e provinze più eccellenti del mondo ? Mi chiamarete forse ingiurioso et ingrato a la mia patria s’io dicesse, che simili e più criminali costumi se ritrovano in Italia, in Napoli, in Nola? Verrò forse per questo a digradir quella regione gradita dal cielo, e posta insieme insieme talvolta capo e destra di questo globo, governatrice e domitrice dell’altre generazioni (e sempre da noi et altri è stata stimata maestra, nutrice e madre de tutte le virtudi, discipline, umanitadi, modestie e cortesie),
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Rohheit sein möge, oder irgendeine Familie, wie immmer auch ihr Ruf an Ungastlichkeit sein möge. Denn es kann kein Königreich, keine Stadt, kein Geschlecht oder kein Haus geben, in dem eine einheitliche Gesinnung entweder herrschte oder angenommen werden könnte, und wo es nicht entgegengesetzte und verschiedene Gebräuche geben könnte – mit der Konsequenz, daß das, was dem einen gefällt, dem anderen nicht mißfallen könnte. Armesso Gewiß, was mich betrifft, der ich das Ganze gelesen, nochmals gelesen und gut erwogen habe (obgleich ich Euch, ich weiß nicht zu sagen warum, betreffs bestimmter Einzelheiten bisweilen allzu exzessiv finde), ich sehe, daß Ihr im allgemeinen maßvoll, vernünftig und taktvoll vorgeht: aber das Gerücht hat sich nun einmal so verbreitet, wie ich es Euch sage. Elitropio Dieses und andere Gerüchte sind durch die Niederträchtigkeit derer ausgestreut worden, die sich betroffen fühlten: diese, begierig nach Rache, sehen sich dazu mit eigenen Argumenten, mit ihrer Lehre, Intelligenz und Kraft nicht in der Lage, und sie suchen daher, außer daß sie so viele Unwahrheiten als möglich erfinden, denen nur ihresgleichen Vertrauen schenken kann, Gesinnungsgenossen, um den ihnen geltenden Tadel als allgemeine Beleidigung hinstellen zu können. Armesso Dennoch glaube ich: es gibt Personen, nicht ohne Urteilskraft und Einsicht, die deswegen eine allgemeine Beleidigung unterstellen, weil Ihr deutlich macht, daß solche Sitten zu Personen von genau solch einer Abkunft gehören. Filoteo Um was für Sitten geht es denn hier, daß nicht ähnliche, schlimmere und noch viel fremdartigere nach Gattung, Art und Anzahl an bestimmten Orten der hervorragendsten Teile und Provinzen der Welt angetroffen werden könnten ? Würdet Ihr denn sagen, ich beleidigte mein Vaterland und sei ihm gegenüber undankbar, wenn ich sagte, daß sich ähnliche und verbrecherischere Verhaltensweisen in Italien, in Neapel, in Nola finden lassen ? Würde ich denn etwa deswegen jene vom Himmel begnadete Gegend herabsetzen, dieses Land, das bisweilen ineins als Haupt und rechte Hand dieses Erdkreises galt, als Lenkerin und Beherrscherin der Völker (und von uns und anderen immer als Lehrerin, Amme und Mutter aller Tugenden, Wissenschaften und Bildung, allen Anstandes und aller Umgangsfor-
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se si verrà ad essagerar di vantaggio quel che di quella han cantato gli nostri medesimi poeti, che non meno la fanno maestra di tutti vizii, inganni, avarizie e crudeltadi ? Elitropio Questo è certo secondo gli principii della vostra filosofia; per i quali volete che gli contrarii hanno coincidenza ne’ principii e prossimi suggetti: per che que’ medesimi ingegni, che sono attissimi ad alte, virtuose e generose imprese, se sian perversi, vanno a precipitar in vizii estremi. Oltre che là si sogliono trovare più rari e scelti ingegni, dove per il comune sono più ignoranti e sciocchi; e dove per il più generale son meno civili e cortesi, nel | più particulare si trovano de cortesie et urbanitadi estreme: ¦ di sorte che in diverse maniere, a molte generazioni, pare che sia data medesima misura de perfezzioni et imperfezzioni. Filoteo Dite il vero. Armesso Con tutto ciò io (come molti altri meco) mi dolgo, Teofilo, che voi nella nostra amorevol patria siate incorsi a tali suppositi, che vi hanno porgiuta occasione di lamentarvi con una cinericia cena; che ad altri et altri molti che vi avesser fatto manifesto, quanto questo nostro paese (quantumque sia detto da vostri penitus toto divisus ab orbe) sia prono a tutti gli studi de buone lettere, armi, cavalleria, umanitadi e cortesie; nelle quali per quanto comporta de le nostre forze il nerbo, ne forziamo di non esser inferiori a nostri maggiori, e vinti da le altre generazioni, massime da quelle che si stimano aver le nobilitadi, le scienze, le armi e civilitadi come da natura. Filoteo Per mia fede, Armesso, che in quanto referisci, io non debbo, né saprei con le paroli, né con le raggioni, né con la conscienza contradirvi, perché con ogni desterità di modestia e di argomenti fate la vostra causa. Però io per voi, come per quello che non mi vi siete avicinato con un barbaro orgoglio, comincio a pentirmi, e prendere a dispiacere
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men geschätzt wurde), wenn ich das noch übertrieben hervorhöbe, was unsere Dichter selbst an ihm besangen, die es eben zugleich zur Lehrerin der Laster, des Betruges, der Begierde und der Grausamkeit machten ? Elitropio Dies entspricht bestimmt den Prinzipien Eurer Philosophie, in der Ihr annehmt, daß die Gegensätze in den Prinzipien und ihren nächsten Subjekten zusammenfallen: dieselben Geister, die am geeignetsten sind zu hohen, tugendhaften und großmütigen Unternehmungen, fallen daher, wenn sie verkommen, in die äußersten Laster. Zusätzlich ist es so, daß man die seltensten und erlesensten Geister genau dort anzutreffen pflegt, wo sich normalerweise die unwissendsten und dümmsten befinden; und daß dort, wo man im allgemeinen die weniger kultivierten und höflichen Menschen antrifft, sich einzelne Fälle äußerster Höflichkeit und Urbanität finden lassen. Vielen Völkern sind also, wenn auch auf verschiedene Weise, Vollkommenheit und Unvollkommenheit in gleichem Maße gegeben. Filoteo Ganz richtig. Armesso Bei alledem, Teofilo, bedauere ich (wie viele andere mit mir), daß Ihr in unserem liebenswürdigen Vaterland auf solche Individuen gestoßen seid, die Euch dazu Anlaß gegeben haben, Euch mit einem Aschenmahl zu beklagen, und nicht auf die vielen anderen, die Euch davon überzeugt hätten, wie sehr unser Land (obgleich es in Eurer Heimat als penitus toto divisus ab orbe gilt) dem Studium edler Wissenschaften, des Kriegshandwerks, der Ritterlichkeit, der humanistischen Bildung und den höfischen Sitten zugewandt ist. In allem diesen versuchen wir, soweit es unsere Kräfte zulassen, nicht hinter unseren Vorfahren zurückzubleiben oder von anderen Völkern übertroffen zu werden, vor allem nicht von solchen, die glauben, sie besäßen Adel, Wissenschaften, Kriegskunst und Kultur gleichsam von Natur aus. Filoteo Meiner Treu, Armesso, ich darf dem, was Ihr hier vorbringt, nicht widersprechen, und ich wüßte auch nicht, wie ich es mit Worten, mit Argumenten, mit meinem Gewissen tun sollte, denn Ihr vertretet Eure Sache, was Bescheidenheit und Argumentation betrifft, ausgesprochen geschickt. Ich aber beginne um Euretwegen und weil Ihr mir nicht mit barbarischem Stolz entgegengetreten seid, zu bereuen,
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di aver ricevuta materia da que’ prefati, di contristar voi et altri d’onestissima et umana complessione: però bramarei, che que’ dialogi non fussero prodotti; e se a voi piace, mi forzarò che oltre non vengan in luce. Armesso La mia contristazione, con quella | d’altri nobilissimi animi, tanto manca che proceda dalla divolgazione ¦ de quei dialogi, che facilmente procurarei che fussero tradotti in nostro idioma: a fin che servissero per una lezzione a quei poco e male accostumati, che son tra noi; che forse quando vedessero con qual stomaco son presi, e con quai delineamenti son descritti gli suoi discortesi rancontri, e quanto quelli sono mal significativi, potrebe essere che se per buona disciplina e buono essempio che veggano ne gli megliori e maggiori non si voglion ritrar da quel camino, al meno vegnano a cangiarsi e conformarsi a quelli per vergogna di esserno connumerati tra tali e quali: imparando che l’onor de le persone e la bravura non consiste in posser e saper con que’ modi esser molesto, ma nel contrario a fatto. Elitropio Molto vi mostrate discreto et accorto nella causa de la vostra patria; e non siete verso gli altrui buoni uffici ingrato et irreconoscente: quali esser possono molti poveri d’argumento e di consiglio. Ma Filoteo non mi par tanto aveduto per conservar la sua riputazione e defendere la sua persona: perché quanto è differente la nobiltade dalla rusticitade, tanto contrarii effetti si denno sperare e temere in un scita villano, il quale riuscirà savio, e per il buon successo verrà celebrato, se partendosi dalle ripe del Danubio, vada con audace riprensione e giusta querela a tentar l’autorità e maestà del Romano Senato, che dal colui biasimo et invettiva sappia prendere occasione di fabricarvi sopra atto di estrema prudenza e magnanimitade, onorando il suo rigido riprensore di statua e di colosso; ¦ che se un gentil’uomo e senator romano
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und auch beginnt mir leid zu tun, daß die erwähnten Individuen mich dazu veranlassen konnten, Euch und andere von ehrenhaftester und menschlicher Beschaffenheit zu betrüben: deshalb wünschte ich, jene Dialoge wären nicht veröffentlicht worden, und wenn es Euch gefällt, so werde ich mich bemühen, daß sie nicht wieder ans Licht kommen. Armesso Meine Betrübnis, wie auch die anderer sehr ehrenhafter Leute, hat so wenig mit der Verbreitung jener Dialoge tun, daß ich mich gerne darum bemühen würde, daß man sie in unsere Sprache übersetzt: damit sie dazu dienen, daß diejenigen unter uns, die wenig und schlecht gebildet sind, eine Lehre erhielten. Wenn sie dann vielleicht sehen, mit welchem Widerwillen ihre unhöflichen Angriffe aufgenommen, mit welchen Zügen sie dargestellt worden sind und welche schlechte Wirkung davon ausgeht, könnte es sein, wenn sie sich schon durch die gute Erziehung und das Vorbild der Besseren und Höhergestellten, die sie ja vor Augen haben, nicht von ihrem Wege abbringen lassen, daß sie sich wenigstens wandeln und den letzteren angleichen aus Scham davor, zum rohen Volk gezählt zu werden. Sie sollen daraus lernen, daß die Ehre und Tüchtigkeit einer Person nicht darin besteht, die Fähigkeit und das Wissen zu haben, auf diese Art andere zu ärgern, sondern in dem genau entgegengesetzten Verhalten. Elitropio Ihr zeigt Euch sehr taktvoll und umsichtig in Sachen Eures Vaterlands, und den guten Diensten anderer gegenüber seid ihr nicht undankbar und unerkenntlich, wie es doch viele sein können, die arm an Gedanken und Rat sind. Filoteo hingegen scheint mir nicht so umsichtig, was die Erhaltung seines guten Rufes und die Verteidigung seiner Person anlangt. Denn so entgegengesetzt Adel und Bauerntum sind, so entgegengesetzt sind die mit ihnen verbundenen Handlungsweisen, die man erwarten kann oder zu befürchten hat: sei es zum einen, daß ein roher Skythe, dem es gelänge, weise zu werden, und der ob seines guten Erfolges gefeiert würde, die Ufer der Donau verlassend, mit kühnem Tadel und berechtigter Klage die Autorität und Majestät des römischen Senates herausforderte, und dieser wiederum dessen Tadel und heftige Ausfälle zum Anlaß nähme, einen Akt äußerster Weisheit und Großmut zu begehen und seinen strengen Tadler mit einer kolossalen Statue zu ehren; sei es zum anderen, daß ein römischer Edelmann
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per | il mal successo possa riuscir poco savio, lasciando le amene sponde del suo Tevere sen vada, anco con giusta querela e raggionevolissima riprensione, a tentar gli scitici villani, che da quello prendano occasione di fabricar torri, e Babilonie d’argumenti di maggior viltade, infamia e rusticitade: con lapidarlo, rallentando alla furia populare il freno, per far meglio sapere all’altre generazioni quanta differenza sia di contrattare e ritrovarsi tra gli uomini, e tra color che son fatti ad imagine e similitudine di quelli. Armesso Non fia mai vero, o Teofilo, che io debba o possa stimare, che sia degno, ch’io o altro che ha più sale di me voglia prendere la causa e protezzione di costoro, che son materia de la vostra satira, come per gente e persone del paese, alla cui difensione dall’istessa legge naturale siamo incitati: perché non confessarò giamai, e non sarò giamai altro che nemico de chi affirmasse che costoro sieno parte e membri de la nostra patria, la quale non consta d’altro che di persone cossì nobili, civili, accostumate, disciplinate, discrete, umane, raggionevoli come altra qualsivoglia. Dove, benché vegnan contenuti questi, certo non vi si trovano altrimente che come lordura, feccia, lettame e carogna; di tal sorte, che non potrebono con altro modo esser chiamati parte di regno o di cittade, che la sentina parte de la nave: e però per simili tanto manca che noi doviamo risentirci, che risentendoci doveneremmo vituperosi. Da questi non escludo gran parte di dottori e preti, de quali quantumque alcuni per mezzo del dottorato doventano signori, tutta volta per il più quella autorità villanesca che prima non | ardivano mostrare, appresso per la baldanza e presunzione, che se gli aggiunge dalla riputazion di lette ¦ rato e prete, vegnono audace e magnanimamente a porla in campo; là onde non è maraviglia se vedete molti e molti, che con quel dottorato e presbiterato sanno più di armento, mandra e stalla,
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und Senator, der in einem Unglücksfall sehr wenig Weisheit zeigte, die lieblichen Gestade seines Tiber verlassend, ebenfalls mit berechtigter Klage und sehr verständlichem Tadel die bäuerlich rohen Skythen herausforderte, die dies nur zum Anlaß nehmen würden, daraus babelsche Türme aus Argumenten größter Niedrigkeit, Unverschämtheit und Rohheit zu bauen, ihn zu steinigen und dem Volkszorn die Zügel schießen zu lassen, um damit alle anderen Völker klar wissen zu lassen, wie groß der Unterschied ist, wenn man mit Menschen Handel und Umgang pflegt oder mit denen, die nach dem Bild und Gleichnis der Menschen gemacht sind. Armesso Es möge nie geschehen, o Teofilo, daß ich es als angemessen erachten müßte oder könnte, daß ich oder ein anderer, der mehr Witz hat als ich, sich der Sache und des Schutzes derer, die Gegenstand Eurer Satire sind, allein deswegen annehmen wollte, weil diese Leute und Personen aus dem Lande stammen, zu dessen Verteidigung wir durch das Naturgesetz selbst angespornt werden: daher werde ich nie die Behauptung vertreten – und werde immer Feind derer sein, die dies tun –, daß diese Leute Teile und Glieder unseres Vaterlandes sind, das sich, wie jedes andere Land, ausschließlich aus sehr ehrenhaften, gebildeten, sittlichen, wohlerzogenen, maßvollen, menschlichen und verständigen Menschen zusammensetzt. Auch wenn sich Leute solcher Art in ihm finden sollten, dann sind sie dort nichts anderes als Verunreinigung, Abschaum, Mist und Aas; so daß sie als Teil des Königreiches oder der Stadt nur in dem Sinne bezeichnet werden können wie das Faulwasser im Kielraum als Teil des Schiffes: wir dürfen uns daher um so weniger von solchen Leuten getroffen fühlen, als gerade dieses Betroffensein uns selbst tadelnswert machen würde. Aus dem Kreis dieser Leute schließe ich einen großen Teil der Ärzte und Priester nicht aus: denn wenn auch einige durch die Tatsache, daß sie Doktoren geworden sind, zu hohen Herren werden, so kehrt doch bald darauf der große Teil von ihnen jenen bäurischen Dünkel, den sie zuvor nicht zu zeigen wagten, gestützt durch die Unverfrorenheit und Eingebildetheit, die ihnen durch das Ansehen als Literat und Geistlicher zuwächst, dreist und großspurig in aller Öffentlichkeit hervor. Es nimmt daher nicht wunder, wenn Ihr viele und aberviele sehen könnt, die, mit jener Doktorwürde und Priesterweihe bekleidet, mehr von Tierhaltung,
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che quei che sono attualmente strigliacavallo, capraio e bifolco: per questo non arrei voluto che sì aspramente vi fusse portato verso la nostra Universitade ancora, quasi non perdonando al generale, né avendo rispetto a quel che è stata, sarà o potrà essere per l’avenire, et in parte è al presente. Filoteo Non vi affannate, perché, benché quella ne sia presentata per filo in questa occasione, tutta volta non fa tale errore che simile non facciano tutte l’altre che si stimano maggiori, e per il più sotto titolo di dottori cacciano annulati cavalli et asini diademati. Non gli toglio però quanto da principio sia stata bene instituita, gli belli ordini di studii, la gravità di ceremonie, la disposizione de gli esercizii, decoro de gli abiti, et altre molte circonstanze che fanno alla necessità et ornamento di una academia: onde senza dubio alcuno non è chi non debba confessarla prima in tutta l’Europa, e per conseguenza in tutto il mondo; e non niego che quanto alla gentilezza di spirti et acutezza de ingegni gli quali naturalmente l’una e l’altra parte de la Brittannia produce, sia simile e possa esser equale a quelle tutte che son veramente eccellentissime: né meno è persa la memoria di quel, che, prima che le lettere speculative si ritrovassero nell’altre parti de l’Europa, fiorirno in questo loco, e da que’ suoi principi de la metafisica (quan ¦ tumque | barbari di lingua e cucullati di professione) è stato il splendor d’una nobilissima e rara parte di filosofia (la quale a tempi nostri è quasi estinta) diffuso a tutte l’altre academie de le non barbare provinze. Ma quello che mi ha molestato e mi dona insieme insieme fastidio e riso è, che con questo che io non trovo più romani e più attici di lingua che in questo loco, del resto (parlo del più generale) si vantano di essere al tutto dissimili e contrarii a quei che furon prima, li quali poco solleciti de l’eloquenza e rigor grammaticale, erano tutti intenti alle speculazioni, che da costoro son
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Herden und Ställen wissen als wirkliche Pferdestriegler, Ziegenhirten und Bauern. Daher hätte ich mir gewünscht, Ihr wärt nicht so heftig gegen unsere Universität vorgegangen, als ob Ihr sie in Bausch und Bogen verurteilen und keine Rücksicht darauf nehmen wolltet, was sie war, was sie in Zukunft sein wird oder sein könnte und was sie in der Gegenwart zum Teil schon ist. Filoteo Verdrießt Euch nicht ! Obgleich sie in diesem Fall ziemlich genau dargestellt worden ist, so begeht sie doch im allgemeinen keine Fehler, die nicht auch bei allen anderen Universitäten vorkommen, die sich für bedeutender halten und die obendrein, unter dem Ehrentitel ›Doktor‹, Pferde mit Ringen und Esel mit Diademen produzieren. Ich bestreite denn auch nicht, daß Eure Universität seit ihrer Gründung wohl eingerichtet gewesen ist, nicht ihre schönen Studienordnungen, die Würde ihrer Zeremonien, den Aufbau ihrer Kurse, den Schmuck ihrer Trachten und viele andere Umstände, die zu den Bedürfnissen und zur Zierde einer Akademie gehören. Daher gibt es ohne Zweifel niemanden, der nicht zugeben müßte, daß ihr in ganz Europa und daher auf der ganzen Welt der erste Rang gebührt, und ich stelle nicht in Abrede, daß sie an Gewandtheit und Schärfe der Geister, die der eine wie der andere Teil Britanniens von Natur hervorbringen, allen den Universitäten, die wahrhaft herausragend sind, ähnlich ist und gleichkommen kann. Ebensowenig ist die Erinnerung daran verloren, daß, noch bevor in den anderen Teilen Europas die spekulativen Studien wiedererstanden, sie hier bereits in Blüte standen, und daß es ihre Meister der Metaphysik waren (wie barbarisch auch immer ihre Sprache und wie mönchisch auch immer ihre Berufung gewesen sein mag), von denen der Glanz eines wunderbaren und äußerst kostbaren Teiles der Philosophie (der zu unseren Zeiten fast ausgelöscht ist) auf alle anderen Akademien der nicht barbarischen Länder ausstrahlte. Was mich aber verstimmt und ineins Weinen oder Lachen provoziert: ich finde zwar keine Menschen, die sich mehr römisch und attisch im Sprachverhalten geben als an diesem Ort, zugleich rühmen dieselben sich (zum allergrößten Teil, wie ich meine), in jeder Hinsicht ihren Vorgängern unähnlich und ihnen entgegengesetzt zu sein, die, wenig besorgt um Schönheit des Redeflusses und grammatikalische Strenge, freilich vollständig auf die Spekulation konzentriert waren, die von den Heu-
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chiamate sofismi: ma io più stimo la metafisica di quelli, nella quale hanno avanzato il lor prencipe Aristotele (quantumque impura et insporcata con certe vane conclusioni e teoremi, che non sono filosofici né teologali, ma da ociosi e mal impiegati ingegni), che quanto possono apportar questi de la presente etade con tutta la lor ciceroniana eloquenza et arte declamatoria. Armesso Queste non son cose da spreggiare. Filoteo È vero, ma dovendosi far elezzione de l’un de doi, io stimo più la coltura de l’ingegno, quantumque sordida la fusse, che di quantumque disertissime paroli e lingue. ¦ Elitropio Questo proposito mi fa ricordar di fra Ventura: il quale trattando un passo del santo Vangelo che dice »reddite quae sunt Caesaris Caesari», apportò a proposito tutti gli nomi de le monete che sono state a tempi di Romani, con le loro marche e pesi, che non so da qual diavolo di annale o scartafaccio l’avesse racolti, che furono più di cento e vinti, per farne conoscere quanto era | studioso e retentivo; a costui (finito il sermone) essendosegli accostato un uom da bene li disse: »Padre mio reverendo, di grazia imprestatemi un carlino». A cui rispose che lui era de l’ordine mendicante. Armesso A che fine dite questo ? Elitropio Voglio dire che quei che son molto versati circa le dizzioni e nomi, e non son solleciti de le cose, cavalcano la medesima mula con questo reverendo padre de le mule. Armesso Io credo che oltre il studio de l’eloquenza, nella quale avanzano tutti gli loro antiqui e non sono inferiori a gli altri moderni, ancora non sono mendichi nella filosofica et altrimente speculative professioni; senza la perizia de le quali non possono esser promossi a grado alcuno: perché gli statuti de l’Università (alli quali sono astretti per giuramento) comportano che »Nullus ad Philo ¦ sophiae et Theologiae magisterium et doctoratum promoveatur, nisi epotaverit e fonte Aristotelis».
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tigen als Sophisterei bezeichnet wird. Ich hingegen schätze die Metaphysik der ersteren, in welcher sie ihren Meister Aristoteles übertroffen haben, höher – obgleich sie unrein und verschmutzt ist durch einige leere Schlußfolgerungen und Theoreme, die weder philosophisch noch theologisch sind, sondern Produkte müßiger und schlecht eingesetzter Geister – als alles das, was die letzteren, die Männer der heutigen Zeit, mit all ihrer ciceronianischen Beredsamkeit und Deklamationskunst beibringen können. Armesso Dies sind aber auch Dinge, die man nicht verachten sollte. Filoteo Das ist wahr, aber müßte ich zwischen beidem wählen, dann würde ich die Bildung des Geistes, wie grob auch immer sie ausfiele, bei weitem höher schätzen als noch so gewandte Worte und Redeweisen. Elitropio Was hier vorgebracht wird, erinnert mich an Bruder Ventura, der bei der Auslegung einer Stelle des Heiligen Evangeliums, an der es heißt: »reddite quae sunt Caesaris Caesari«, alle Bezeichnung der zur römischen Zeit gängigen Münzen beibrachte, zusätzlich ihre Prägungen und Gewichte, es waren mehr als einhundertzwanzig, die er aus irgendwelchen vermaledeiten alten Jahrbüchern oder Kladden herausgefischt hatte, nur um dadurch deutlich zu machen, wie gelehrt er sei und wie gut sein Gedächtnis sei. Als sich nach Schluß der Predigt ein Biedermann näherte und ihn fragte: »Ehrwürdiger Vater, seid so gut und leiht mir einen Carlin«, bekam dieser Bescheid, daß er dem Bettelorden angehöre. Armesso Weshalb erzählt Ihr uns das ? Elitropio Ich will damit sagen: diejenigen, die in Redeweisen und Namen sehr bewandert sind, aber sich nicht um die Dinge selbst kümmern, reiten denselben Maulesel wie jener ehrwürdige Vater der Esel. Armesso Ich glaube hingegen, daß sie, außer in dem Studium der Beredsamkeit, in welchem sie alle ihre Vorfahren übertreffen und den anderen Zeitgenossen in nichts nachstehen, auch in der Philosophie und anderweitigen spekulativen Wissensformen nicht bettelarm sind, denn ohne deren gründliche Kenntnis können sie keinen akademischen Grad erwerben. Daher verfügen die Statuten der Universität (denen sie durch Eid verpflichtet sind), daß »nullus ad philosophiae et theologiae magisterium et doctoratum promoveatur, nisi epotaverit e fonte Aristotelis«.
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Elitropio Oh, io ve dirò quel ch’han fatto per non esser pergiuri. Di tre fontane che sono nell’Università, a l’una hanno imposto nome Fons Aristotelis, l’altra dicono Fons Pythagorae, l’altra chiamano Fons Platonis. Da questi tre fonti traendosi l’acqua per far la birra e la cervosa (de la qual acqua pure non mancano di bere i buoi e gli cavalli), conseguentemente non è persona che con esser dimorata meno che tre o quattro giorni in que’ studii e collegii, non vegna ad esser imbibito non | sola- | 83 mente del fonte d’Aristotele, ma et oltre di Pitagora e Platone. Armesso Oimè che voi dite pur troppo il vero. Quindi aviene, o Teofilo, che li dottori vanno a buon mercato come le sardelle: perché come con poca fatica si creano, si trovano, si pescano, cossì con poco prezzo si comprano. Or dumque tale essendo appresso di noi il volgo di dottori in questa etade (riserbando però la riputazione d’alcuni celebri e per l’eloquenza e per la dottrina e per la civil cortesia, quali sono un Tobia Mattheo, un Culpepero et altri che non so nominare), accade che tanto manca che uno per chiamarsi dottore possa esser stimato aver novo grado di nobiltade, che più tosto è suspetto di contraria natura e condizione, se non fia particolarmente conosciuto. Quindi ¦ accade che quei che per linea o per altro accidente son nobili, ancor che gli s’aggiunga la principal parte di nobiltà, che è per la dottrina, si vergognano di graduarsi e farsi chiamar dottori, bastandogli l’esser dotti: e di questi arrete maggior numero ne le corti, che ritrovar si possano pedanti nell’Universitade. Filoteo Non vi lagnate, Ermesso, perché in tutti luoghi dove son dottori e preti si trova l’una e l’altra semenza di quelli: dove quei che sono veramente dotti e veramente preti, benché promossi da bassa condizione, non può essere che non sieno inciviliti e nobilitati, perché la scienza è uno esquisitissimo camino a far l’animo umano eroico; ma quegli altri tanto più si mostrano espressamente rustici, quanto par che
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Elitropio O, ich will Euch sagen, wie sie es angestellt haben, nicht meineidig zu werden. Von drei Brunnen, die sich auf dem Gelände der Universität befinden, haben sie einem den Namen Fons Aristotelis gegeben, den anderen bezeichnen sie als Fons Pythagorae, den letzten nennen sie Fons Platonis. Da man aus diesen drei Brunnen das Wasser nimmt, um Bier oder Met zu brauen (ein Wasser, von dem freilich auch die Rindviecher und Pferde saufen), so gibt es folglich keinen Menschen, der sich, nachdem er kaum drei oder vier Tage in diesen Studien- und Unterrichtsgebäuden zugebracht hat, nicht allein am Brunnen des Aristoteles, sondern zusätzlich auch an dem des Pythagoras und des Platon hätte vollaufen lassen. Armesso Ach, Ihr sprecht leider allzu wahr. Daher kommt es, Teofilo, daß Doktoren so günstig zu haben sind wie Sardellen: man kann sie ohne große Mühe züchten, finden, fischen und daher für wenig Geld kaufen. Da es heutzutage mit der Masse der Doktoren bei uns genauso steht (dabei nehme ich jedoch den Ruf einiger Männer aus, die wegen ihrer Beredsamkeit, ihrer Lehre und ihrer gesitteten Lebensart berühmt sind, den eines Tobias Matthew, eines Culpeper und anderer, die ich nicht zu nennen weiß), kommt es zu Folgendem: weit davon entfernt, für einen neuen Adelsrang zu gelten, bringt der Titel ›Doktor‹ vielmehr den Verdacht entgegengesetzter Natur und Charakters mit sich, es sei denn, der Träger sei noch insbesondere bekannt. Und daraus folgt: diejenigen, die durch Abstammung oder einen anderen zufälligen Umstand von Adel sind, schämen sich, auch wenn sie diesem natürlichen noch den höchsten, in der Bildung bestehenden Teil des Adels hinzufügen, einen akademischen Grad zu erwerben und sich Doktoren nennen zu lassen – es genügt ihnen, gelehrt zu sein. Von diesen findet Ihr allerdings an den Höfen eine größere Zahl, als sich an den Universitäten Pedanten finden lassen. Filoteo Klagt nicht, Armesso, denn überall wo es Doktoren und Priester gibt, findet man auch diese beiden Arten von ihnen. Auf der einen Seite können die wahrhaft gelehrten und wahrhaft geistlichen Menschen, auch wenn sie aus niedrigen Verhältnissen stammen, nicht anders als gebildet und geadelt sein, denn die Wissenschaft ist ein überaus geeigneter Weg, um den menschlichen Geist heroisch zu machen; auf der anderen Seite erweisen sich diejenigen um so roher, als sie mit
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vogliano o col divum pater o col gigante Salmonea altitonare, quando se la spas | seggiano da purpurato satiro o fauno, con quella spaventosa et imperial prosopopeia, dopo aver determinato nella catedra regentale, a qual declinazione appartegna lo hic, et haec, et hoc nihil. Armesso Or lasciamo questi propositi. Che libro è questo che tenete in mano ? Filoteo Son certi dialogi. ¦ Armesso La Cena ? Filoteo Non. Armesso Che dumque ? Filoteo Altri, ne li quali si tratta de la causa, principio et uno, secondo la via nostra. Armesso Quali interlocutori ? forse abbiamo qualch’altro diavolo di Frulla o Prudenzio, che di bel nuovo ne mettano in qualche briga ? Filoteo Non dubitate che tolto uno, tra gli altri, tutti son suggetti quieti et onestissimi. Armesso Sì che secondo il vostro dire arremo pure da scardar qualche cosa in questi dialogi ancora ? Filoteo Non dubitate, perché più tosto sarrete grattato dove vi prore, che stuzzicato dove vi duole. Armesso Pure ? Filoteo Qua per uno trovarete quel dotto, onesto, amorevole, ben creato e tanto fidele amico Alessandro Dicsono, che il Nolano ama quanto gli occhi suoi, il quale è causa che questa materia sia | stata messa in campo. Lui è introdutto come quello che porge materia di considerazione al Teofilo. Per il secondo avete Teofilo, che sono io, che secondo le occasioni vegno a distinguere, definire e dimostrare circa la suggetta materia. Per il terzo avete Gervasio, uomo che non è de la professione, ma per passa ¦ tempo vuole esser presente alle nostre conferenze: et è una persona che non odora né puzza, e che prende per comedia gli fatti di Polihimnio, e da passo in passo gli dona campo di fargli esercitar la sua pazzia. Questo sacrilego pedante avete per il
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dem lauten Donner des divum pater oder des Giganten Salmonea mithalten zu wollen scheinen, wobei sie, wie ein purpurgewandeter Satyr oder Faun, mit dieser furchteinflößenden, gebieterischen Miene einherschreiten, nachdem sie von ihrem Lehrstuhl aus klargestellt haben, zu welcher Deklination das hic, et haec, et hoc nihil gehören. Armesso Lassen wir doch diese Dinge. Was habt Ihr denn für ein Buch in den Händen ? Filoteo Das sind Dialoge. Armesso Das Gastmahl ? Filoteo Nein. Armesso Was also dann ? Filoteo Andere Dialoge, in denen über die Ursache, das Prinzip und das Eine gemäß unserer Methode gehandelt wird. Armesso Mit welchen Gesprächsteilnehmern ? Vielleicht haben wir ja noch so einen teuflischen Frulla oder Prudenzio, die Dich aufs neue ganz schön in Schwierigkeiten bringen können ? Filoteo Seid versichert, daß, bis auf einen, alle anderen ruhige und ehrenhafte Leute sind. Armesso So daß wir, nach dem, was Ihr da sagt, auch wieder einiges Unangenehme in diesen Dialogen ausmerzen müssen ? Filoteo Seid unbesorgt, denn Ihr werdet eher da gekratzt werden, wo es Euch juckt, als da gereizt, wo es Euch schmerzt. Armesso Was noch ? Filoteo Ihr werdet dort zunächst jenen gelehrten, ehrenhaften, liebenswürdigen, wohlgeratenen und uns so treuen Freund Alexander Dicsono vorfinden, den der Nolaner so wie seine eigenen Augen liebt und der dafür verantwortlich ist, daß hier dieses Thema diskutiert wird. Er wird eingeführt als derjenige, der Teofilo immer wieder den Stoff für seine Betrachtungen liefert. Als zweiten habt Ihr dann Teofilo, d. h. mich selbst, und ich werde, je nach Gelegenheit, hinsichtlich des Diskussionsgegenstandes Unterscheidungen, Definitionen und Beweise vorbringen. Und als dritter ist da Gervasio, ein Mann, der nicht vom Fach ist, der aber zum Zeitvertreib bei unseren Gesprächen zugegen sein will, eine Person, die weder gut noch übel riecht, die aber alles komisch findet, was Polihimnio tut, und ihm daher dann und wann Gelegenheit gibt, seine Verrücktheiten auszulassen.
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quarto: uno de rigidi censori di filosofi, onde si afferma Momo; uno affettissimo circa il suo gregge di scolastici, onde si noma nell’amor socratico; uno perpetuo nemico del femineo sesso, onde per non esser fisico, si stima Orfeo, Museo, Titiro et Amfione. Questo è un di quelli che quando ti arran fatta una bella construzzione, prodotta una elegante epistolina, scroccata una bella frase da la popina ciceroniana, qua è risuscitato Demostene, qua vegeta Tullio, qua vive Salustio; qua è un Argo che vede ogni lettera, ogni sillaba, ogni dizzione; qua Radamanto umbras vocat ille silentum, qua Minoe re di Creta urnam movet. Chiamano all’essamina le orazioni, fanno discussione de le frase, con dire: »Queste sanno di poeta, queste di comico, questa di oratore, questo è grave, questo è lieve, quello è sublime, quell’altro è humile dicendi genus; questa orazione è aspera, sarrebe leve se fusse formata cossì; questo è uno infante scrittore, poco studioso de la antiquità, non redolet Arpinatem, desipit Latium. Questa voce non è tosca, non è usurpata da Boccaccio, Petrarca et altri probati autori. Non si | scrive ¦ ›homo‹, ma ›omo‹; non ›honore‹, ma ›onore‹; non ›Polihimnio‹, ma ›Poliinnio‹«. Con questo triomfa, si contenta di sé, gli piaceno più ch’ogn’altra cosa i fatti suoi: è un Giove che da l’alta specula remira, e considera la vita de gli altri uomini suggetta a tanti errori, calamitadi, miserie, fatiche inutili; solo lui è felice, lui solo vive vita celeste, quando contempla la sua divinità nel specchio d’un spicilegio, un dizzionario, un calepino, un lexico, un cornucopia, un Nizzolio. Con questa sufficienza dotato, mentre ciascuno è uno, ¦ lui solo è tutto. Se avien che rida, si chiama Democrito; s’avien che si dolga, si chiama Eraclito; se disputa, si chiama Crisippo; se discorre, si noma Aristotele; se fa chimere, si appella Platone; se mugge un sermoncello, se intitula Demostene; se construisce Virgi-
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Dieser gotteslästerliche Pedant ist der vierte: er macht den strengen Richter der Philosophen und hält sich daher für einen Momus, er ist voller Zärtlichkeit für seine Herde von Scholastikern und schreibt sich daher die sokratische Liebe zu, er ist ewiger Feind des weiblichen Geschlechtes und hält sich daher, weil er angeblich nicht an der Natur interessiert sei, für einen Orpheus, Musäus, Tityrus oder Amphion. Einer von diesen Menschen, bei denen es sich so verhält: wenn er Dir einen schönen Satzbau gemacht hat, ein elegantes Briefchen hervorgebracht, eine schöne Redewendung aus der ciceronianischen Küche geklaut hat, dann ist in ihm Demosthenes wiedererstanden, Tullius steht wieder in Blüte, Sallust lebt wieder, und er ist der Argus, der jeden Buchstaben, jede Silbe, jedes Wort erspäht, ist Radamanthys, der umbras vocat ille silentium, ist Minos, König von Kreta, der urnam movet. Diese Menschen kritteln an jeder Rede herum, diskutieren jede Phrase, indem sie sagen: »Dies riecht nach Dichtung, dies nach Komödie, dies nach einer Rede, dies ist ernsthaft, dies leicht, das erhaben und jenes dort gehört dem humile dicendi genus an; diese Rede ist ungeschlacht, sie wäre wohlgeschliffen, wenn sie auf diese Art komponiert wäre; dies ist ein Anfänger, der wenig Ahnung vom Altertum hat, non redolet Arpinatem, desipit Latium. Dieses Wort hier ist nicht toskanisch, nicht von Boccaccio, Petrarca und anderen bewährten Autoren verwendet. Man schreibt nicht homo, sonder omo; nicht honore, sondern onore, nicht Polihimnio, sondern Poliinnio«. Mit solchen Argumenten triumphiert er, ist er mit sich zufrieden, nichts kann ihm besser gefallen als seine eigenen Behauptungen: er ist ein Iuppiter, der von hoher Warte aus das Leben der anderen betrachtet und beschaut, das so vielen Irrtümern, Unfällen, Nöten und unnützen Mühen ausgesetzt ist; nur er hingegen ist gücklich, nur er lebt ein himmlisches Leben, wenn er seine Göttlichkeit im Spiegel einer Spruchsammlung, eines Wörterbuches, eines Calepino, eines Lexikons, eines Füllhornes, eines Nizzolius bewundern kann. Begabt mit dieser Selbstgenügsamkeit ist er allein alles, während jeder andere nur einer ist. Sollte es ihn ankommen zu lachen, so nennt er sich Demokrit, sollte er weinen, dann Heraklit; disputiert er, so nennt er sich Chrysipp, argumentiert er, so heißt er Aristoteles, bringt er Phantasiegebilde hervor, Platon, brüllt er ein Sätzchen, maßt er sich den Titel Demosthenes an, rekonstruiert er Vergil,
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lio, lui è il Marone. Qua correge Achille, approva Enea, riprende Ettore, esclama contra Pirro, si condole di Priamo, arguisce Turno, iscusa Didone, comenda Acate, et in fine mentre verbum verbo reddit et infilza salvatiche sinonimie, nihil divinum a se alienum putat: e cossì borioso smontando da la sua catedra, come colui ch’ha disposti i cieli, regolati i senati, domati eserciti, riformati i mondi, è certo che se non fusse l’ingiura del tempo, farrebe con gli effetti quello che fa con l’opinione. O tempora, o mores ! Quanti son rari quei che intendeno la natura de participii, de gli adverbii, delle coniunczioni. Quanto tempo è scorso che non s’è trovato la raggione e vera causa, per cui l’adiectivo deve concordare col sustantivo, il relativo con l’antecedente deve coire, e con che regola ora si pone avanti, ora addietro de l’orazione; e con che | misure e quali ordini vi s’intermesceno quelle interieczione dolentis, gaudentis, ›heu‹, ›oh‹, ›ahi‹, ›ah‹, ›hem‹, ›ohe‹, ›hui‹, et altri condimenti, senza i quali tutto il discorso è insipidissimo ? Elitropio Dite quel che volete, intendetela come vi piace, io dico che per la felicità de la vita è meglio sti ¦ marsi Creso et esser povero, che tenersi povero et esser Creso. Non è più convenevole alla beatitudine aver una zucca, che ti paia bella e ti contente, che una Leda, una Elena, che ti dia noia e ti vegna in fastidio ? Che dumque importa a costoro l’esser ignoranti et ignobilmente occupati, se tanto son più felici, quanto più solamente piaceno a se medesimi ? Cossì è buona l’erba fresca a l’asino, l’orgio al cavallo, come a te il pane di puccia e la perdice; cossì ¦ si contenta il porco de le ghiande et il brodo, come un Giove de l’ambrosia e nettare. Volete forse toglier costoro da quella dolce pazzia, per la qual cura appresso ti derrebono rompere il capo ? Lascio che, chi sa se è pazzia questa, o quella ? Disse un pirroniano: »Chi conosce se il nostro stato è morte, e quello di quei che chiamiamo defunti è vita ?«.
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so ist er selbst der Maro. Da weist er Achill zurecht, lobt Aeneas, tadelt Hektor, wird ausfällig gegen Pyrrhus, trauert um Priamos, klagt Turnus an, entschuldigt Dido, lobt Achates, und schließlich, während er verbum verbo reddit und wildeste Synonymien auftürmt, nihil divinum se alienum putat. Und er steigt so eingebildet von seinem Lehrstuhl herab, als ob er selbst die Himmel angeordnet, die Senate gelenkt, die Heere besiegt, die Welten reformiert hätte, und es ist klar: wäre da nicht die Ungerechtigkeit der Zeiten, so würde er das, was er sonst nur in Gedanken tut, auch in die Tat umsetzen. O tempora, o mores ! Wie selten sind doch die, die das Wesen der Partizipien, der Adverbien, der Konjunktionen verstehen. Wieviel Zeit ist verflossen, bis der Grund und die wahre Ursache entdeckt wurde, durch die das Adjektiv mit dem Substantiv übereinstimmen, das Relativum mit dem vorangehenden Bezugswort zusammenstimmen muß, nach welcher Regel es jetzt vor und dann nach diesem steht, und nach welchem Maß und welcher Ordnung man die Interjektionen dolentis, gaudentis, so wie »heu«, »oh«, »ahi«, »ah«, »hem«, »ohe«, »hui«, und andere Würzungen untermischen muß, ohne die die ganze Rede durchgehend fade sein würde ? Elitropio Sagt, was Ihr wollt, versteht es, wie es Euch beliebt, ich behaupte, daß es für das Lebensglück besser ist, sich für Krösus zu halten und arm zu sein, als sich für arm zu halten und Krösus zu sein. Ist es nicht viel zuträglicher für die Glückseligkeit, eine Frau mit KürbisSchädel zu haben, die Du für schön hälst und die Dich zufriedenstellt, als eine Leda oder Helena, die Dich langweilt und Dir unerträglich wird ? Was also kann es jenen ausmachen, daß sie Dummköpfe und mit unwürdigen Dingen beschäftigt sind, wenn sie um so glücklicher sind, je mehr sie nur sich selbst gefallen ? Für den Esel ist das frische Gras, für das Pferd die Gerste so gut wie für Dich würziges Brot und Rebhuhn; für das Schwein sind die Eicheln und Brühe genauso zufriedenstellend wie für einen Iuppiter Ambrosia und Nektar. Wollt Ihr jene etwa aus diesem süßen Wahn reißen, eine Kur, welche sie Euch nachträglich damit vergelten würden, daß sie Euch den Kopf einschlagen ? Völlig offen bleibt dabei: wer weiß denn, ob dies oder jenes ein Wahn ist ? Ein Pyrrhoniker sagte: »Wer weiß denn, ob nicht unser Zustand der des Todes ist, und derjenige derer, die wir als gestorben bezeich-
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Cossì chi sa se tutta la felicità e vera beatitudine consiste nelle debite copulazioni et apposizioni de membri de l’orazioni ? Armesso Cossì è disposto il mondo: noi facciamo il Democrito sopra gli pedanti e grammatisti, gli solleciti cortegiani fanno il Democrito sopra di noi, gli poco penserosi monachi e preti democriteggiano sopra tutti; e reciprocamente gli pedanti si beffano di noi, noi di corteggiani, tutti de gli | monachi: et in conclusione mentre l’uno è pazzo a l’altro, verremo ad esser tutti differenti in specie, e concordanti in genere et numero et casu. Filoteo Diverse per ciò son specie e maniere de le censure; varii son gli gradi di quelle: ma le più aspre, dure, orribili e spaventose son de gli nostri archididascali; però a questi doviamo piegar le ginocchia, chinar il capo, converter gli occhi et alzar le mani, suspirar, lacrimar, esclamare e dimandar mercede. A voi dumque mi rivolgo, o chi portate in mano il caduceo di Mercurio, per decidere ne le ¦ controversie, e determinate le questioni ch’accadeno tra gli mortali e tra gli dèi; a voi Menippi, ch’assisi nel globo de la luna con gli occhi ritorti e bassi ne mirate, avendo a schifo e sdegno i nostri gesti; a voi scudieri di Pallade, antesignani di Minerva, castaldi di Mercurio, magnarii di Giove, collattanei d’Apollo, manuarii d’Epimeteo, botteglieri di Bacco, agasoni de le Evante, fustigatori de le Edonide, impulsori de le Tiade, subagitatori de le Menadi, subornatori de le Bassaridi, equestri de le Mimmallonidi, concubinarii de la nimfa Egeria, correttori de l’intusiasmo, demagoghi del popolo errante, disciferatori di Demogorgone, Dioscori de le fluttuanti discipline, tesorieri del Pantamorfo, e capri emissarii del sommo pontefice Aron: a voi raccomandiamo la nostra prosa, sottomettemo le nostre muse, premisse, subsumpzioni, digressioni, parentesi, applicazioni, clausule, periodi, costruzzioni, adiettivazioni, epitetismi. O voi suavissimi aquarioli, che con le belle eleganzucchie ne furate l’animo, ne legate il core, ne fascinate la mente, e | mettete in prostribulo le me-
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nen, Leben ?« So kann auch gelten: wer weiß denn, ob nicht alles Glück und die wahre Glückseligkeit gerade in der gebührenden Verknüpfung und Zusammenstellung der Satzglieder liegt ? Armesso So ist die Welt verfaßt: wir machen den Demokrit gegenüber den Pedanten und Grammatikern, die geschäftigen Höflinge den Demokrit uns gegenüber, und die denkfaulen Mönche und Priester demokritisieren gegenüber allen; umgekehrt verspotten uns die Pedanten, wir die Höflinge und alle die Mönche: wenn schließlich alle gegenseitig sich zum Narren halten, so folgte daraus nur, daß wir alle zwar verschieden der Art nach, aber gleich in genere et numero et casu wären. Filoteo Deswegen sind die Arten und Weisen des Tadels verschieden und seine Abstufungen mannigfaltig, aber die strengsten, härtesten, schrecklichsten und entsetzlichsten Rügen sind die unserer Erzschulmeister. Vor ihnen müssen wir unsere Knie beugen, das Haupt senken, die Augen verdrehen und die Hände erheben, müssen wir seufzen, weinen, schreien und um Gnade flehen. An Euch also wende ich mich, die Ihr den Stab des Merkur in der Hand tragt, um mit ihm die Streitigkeiten zu entscheiden, an Euch, die Ihr die Differenzen beendet, die zwischen den Sterblichen und Göttern auftauchen; an Euch, Menippe, die Ihr mit verdrehten und gesenkten Augen auf der Kugel des Mondes sitzt und voller Ekel und Verachtung auf unsere Taten herabseht; an Euch, Schildknappen der Pallas Athene, Bannerträger der Minerva, Verwalter des Merkur, Aufseher des Iuppiter, Ziehbrüder des Apoll, Handlanger des Epimetheus, Kellermeister des Bacchus, Ansporner der Bacchantinnen, Einpeitscher der Hedoniden, Antreiber der Thiaden, Aufreizer der Mänaden, Anstifter der Bassariden, Reiter der Mimalloniden, Liebhaber der Nymphe Egeria, Lenker des Enthusiasmus, Verführer des irrenden Volkes, Entzifferer des Demogorgon, Dioskuren im Fluß befindlicher Wissenschaften, Schatzmeister des Allesformers und Sündenböcke des Hohenpriesters Aaron. Euch empfehlen wir unsere Prosa, Euch unterstellen wir unsere Musen, unsere Prämissen, Subsumptionen, Digressionen, Parenthesen, Applikationen, Klauseln, Perioden, Konstruktionen, Adjektive, Epitheta. Oh ihr liebreizenden Wassermännchen, die Ihr mit schönen Zierlichkeiten uns um den Verstand bringt, das Herz fesselt, den Geist verzaubert und unsere dirnen-
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retricole anime nostre: riferite a buon conseglio i nostri barbarismi, date di punta a’ nostri solecismi, turate le male olide voragini, castrate i nostri Sileni, imbracate gli nostri Noemi, fate eunuchi di nostri macrologi, rappezzate le nostre eclipsi, affrenate gli nostri taftologi, moderate le nostre acrilogie, ¦ condonate a nostre escrilogie, iscusate i nostri perissologi, perdonate a’ nostri cacocefati. Torno a scongiurarvi tutti in generale, et in particulare te, severo, supercilioso e salvaticissimo maestro Polihimnio: che dismettiate quella rabbia contumace, e quell’odio tanto criminale, contra il nobilissimo sesso femenile; e non ne turbate quanto ha di bello il mondo, et il ciel con suoi tanti occhi scorge. Ritornate ritornate a voi, e richiamate l’ingegno, per cui veggiate che questo vostro livore non è altro che mania espressa e frenetico furore. Chi è più insensato e stupido, che quello che non vede la luce ? Qual pazzia può esser più abietta, che per raggion di sesso, esser nemico all’istessa natura, come quel barbaro re di Sarza, che per aver imparato da voi, disse: Natura non può far cosa perfetta, poi che natura femina vien detta. ¦ Considerate alquanto il vero, alzate l’occhio a l’arbore de la scienza del bene et il male, vedete la contrarietà et opposizione ch’è tra l’uno e l’altro: mirate chi sono i maschi, chi sono le femine. Qua scorgete per suggetto il corpo ch’è vostro amico, maschio; là l’anima ch’è vostra nemica, femina. Qua il maschio caos, là la femina disposizione; qua il sonno, là la vigilia; qua il letargo, là la memoria; | qua l’odio, là l’amicizia; qua il timore, là la sicurtà; qua il rigore, là la gentilezza; qua il scandalo, là la pace; qua il furore, là la quiete; qua l’errore, là la verità; qua il difetto, là la perfezzione; qua l’inferno, là la felicità; qua Polihimnio pedante, là Polihimnia musa: e finalmente tutti vizii, mancamenti e delitti son maschi; e tutte le virtudi, eccellenze e bontadi son femine.
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haften Seelen ins Bordell bringt: unterstellt unsere Barbarismen Eurem angemessenen Urteil, nehmt unseren Sprachfehlern die Spitze, stopft die schlechtriechenden Schlünde, entmannt unsere Silene, zieht unseren Noahs die Hosen wieder an, verschneidet unsere Makrologien, flickt unsere Ellipsen, bremst unsere Tautologien, mäßigt unsere Acyrologien, vergebt unsere Aischrologien, entschuldigt unsere Perissologien, verzeiht unsere Kakocephaten. Nochmals beschwöre ich Euch alle und insbesondere Dich, strenger, finsterer, äußerst ungezügelter Meister Polihimnio: laßt ab von der trotzigen Wut und dem so verbrecherischen Haß gegen das edle weibliche Geschlecht, verscheucht nicht alles das, was die Welt an Schönem hat und was der Himmel mit seinen vielen Augen betrachtet. Kehrt um, kehrt um zu Euch selbst, und besinnt Euch auf Euren Geist, damit Ihr einseht, daß Eure Mißgunst nichts anderes als offenbarer Wahnsinn und ausgesprochene Raserei ist. Wer ist empfindungsloser und stumpfsinniger als einer, der das Licht nicht sieht ? Welche Verrücktheit kann verwerflicher sein, als nur um des Geschlechtes willen ein Feind der Natur selbst zu sein, so wie jener barbarische König von Sarza, als ob er’s von Euch gelernt hätte, sagte: Nichts vollkomm’nes kann Natur gestalten Da für eine Frau sie wird gehalten. Betrachtet doch das Wahre, erhebt die Augen zum Baum der Erkenntnis von Gut und Böse, seht den Widerspruch und den Gegensatz, die zwischen dem einen und dem anderen bestehen, achtet genau darauf, wer zu den Männern und wer zu den Frauen gehört. Hier seht Ihr als Zugrundeliegendes den Körper, der Euer Freund ist, männlich; dort die Seele, die Eure Feindin ist, weiblich. Hier das männliche Chaos, dort die weibliche Geordnetheit; hier den Schlaf, dort die Wachheit; hier den Trägen, dort die Erinnerung; hier den Haß, dort die Freundschaft; hier den Argwohn, dort die Sicherheit; hier den Starrsinn, dort die Freundlichkeit; hier den Skandal, dort die Friedlichkeit; hier den Aufruhr, dort die Ruhe; hier den Irrtum, dort die Wahrheit; hier den Mangel, dort die Vollkommenheit; hier den Höllenabgrund, dort die Glückseligkeit; hier Polihimnio, den Pedanten, dort Polihymnia, die Muse: schließlich sind alle Laster, Fehler und Verbrechen männlich und alle Tugenden, Vorzüge und Vollkommenheiten weiblich. Klugheit, Gerechtig-
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Quindi la prudenza, la giustizia, la fortezza, la temperanza, la bellezza, la maestà, la dignità, cossì si nominano cossì s’imaginano, cossì si descriveno, cossì si pingono, cossì sono. E per uscir da queste raggioni teoriche, nozionali e grammaticali convenienti al vostro argumento, e venire alle naturali, reali e prattiche: non ti deve bastar questo solo essempio a ligarti la lingua e turarti la bocca, che ti farà confuso con quanti altri sono tuoi compagni, se ti dovesse mandare a ritrovare un maschio megliore, o simile a questa diva Elizabetta che regna in Inghilterra; la quale per esser tanto dotata, essaltata, faurita, difesa e mantenuta da’ cieli, in vano si ¦ forzaranno di desmetterla l’altrui paroli o forze ? A questa dama, dico, di cui non è chi sia più degno in tutto il regno, non è chi sia più eroico tra nobili, non è chi sia più dotto tra togati, non è chi sia più saggio tra consulari ? In comparazion de la quale, tanto per la corporal beltade, tanto per la cognizion de lingue da volgari e dotti, tanto per la notizia de le scienze et arti, tanto per la prudenza nel governare, tanto per la felicitade di grande e lunga autoritade, quanto per tutte l’altre virtudi civili e naturali, vilissime sono le Sofonisbe, le Faustine, le Semirami, le Didoni, le Cleopatre et altre tutte, de quali gloriar si possano l’Italia, la | Grecia, l’Egitto et altre parti de l’Europa et Asia per gli passati tempi ? Testimoni mi sono gli effetti et il fortunato successo, che non senza nobil maraviglia rimira il secolo presente; quando nel dorso de l’Europa, correndo irato il Tevere, minaccioso il Po, violento il Rodano, sanguinosa la Senna, turbida la Garonna, rabbioso l’Ebro, furibondo il Tago, travagliata la Mosa, inquieto il Danubio: ella col splendor de gli occhi suoi per cinque lustri e più s’ha fatto tranquillo il grande Oceano, che col continuo reflusso e flusso, lieto e quieto accoglie nell’ampio seno il suo diletto Tamesi; il quale
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keit, Tapferkeit, Mäßigkeit, Schönheit, Majestät, Würde werden daher als weiblich bezeichnet, als weiblich vorgestellt, als weiblich beschrieben, als weiblich gemalt, und weiblich sind sie auch tatsächlich. Um von diesen theoretischen, begrifflichen und grammatischen Begründungen wegzukommen, die allerdings Eurem Argumentationsstil entsprechen, und zu den natürlichen, realen und praktischen Gründen zu kommen: sollte nicht dies folgende eine Beispiel dazu hinreichen können, Dir die Zunge zu binden und den Mund zu stopfen ? Ein Beispiel, das Dich zusammen mit allen Deinen Gleichgesinnten, wie viele ihr auch sein mögt, verwirren sollte, wenn man Dir nämlich den Auftrag geben würde, einen im Vergleich zu dieser göttlichen Elisabeth, die in England regiert, besseren oder zumindest ähnlichen Mann zu finden; diese ist so vom Himmel begabt, erhaben, begünstigt, verteidigt und beschützt, daß andere sich vergeblich bemühen, sie durch Worte oder Gewaltmittel zu entmachten. Im Vergleich zu dieser Dame kann man sagen: es gibt niemanden im ganzen Königreich, der würdiger ist, es gibt niemanden im ganzen Adel, der heroischer ist, es gibt niemanden unter den universitären Würdenträgern, der gelehrter ist, und es gibt niemanden unter den Staatsbeamten, der weiser ist. Was körperliche Schönheit betrifft, die Kenntnis der Volks- und Gelehrtensprachen, die Vertrautheit mit Wissenschaften und Künsten, die Klugheit des Regierens, den Erfolg einer großen und langandauernden Herrschaft, ebenso wie den Besitz aller anderen sittlichen und natürlichen Tugenden, so sind im Vergleich zu ihr Frauen wie Sophonisbe, Faustina, Semiramis, Dido, Kleopatra und alle anderen, deren sich mit Blick auf die vergangenen Zeiten Italien, Griechenland, Ägypten, die anderen Teile Europas und Asiens rühmen können, so viel wie nichts. Als Beweise gelten mir die Wirkungen und der glückliche Erfolg ihres Regierens, den das gegenwärtige Zeitalter nicht ohne edles Bewundern vor Augen hat: während über den Rücken Europas zürnend der Tiber, drohend der Po, gewalttätig die Rhône, blutig die Seine, tobend die Garonne, wütend der Ebro, außer sich der Tago, mühselig die Maas, unruhig die Donau dahinfließen, hat sie mit dem Glanz ihrer Augen über fünf Lustren hinweg den großen Ozean zur Ruhe gebracht, der mit seinem kontinuierlichen Hin- und Rückfluß heiter und friedlich seine geliebte Themse in seinen weiten Schoß aufnimmt, eine Themse, die frei von
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fuor d’ogni tema e noia, sicuro e gaio si spasseggia, mentre serpe e riserpe per l’erbose sponde. Or dumque per cominciar da capo, quali ... Armesso Taci taci Filoteo, non ti forzar di gionger acqua al nostro Oceano, e lume al nostro sole: lascia di ¦ mostrarti abstratto (per non dirti peggio) disputando con gli absenti Polihimnii. Fatene un poco copia di questi presenti dialogi, a fine che non meniamo ocioso questo giorno et ore. Filoteo Prendete, leggete. Fine del primo dialogo | ¦
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aller Furcht und Unannehmlichkeit, sicher und voller Freude dahinfließt, während sie sich durch die wiesenreichen Gestade windet und schlängelt. Also, um nochmals von vorne zu beginnen … Armesso Ruhig, ruhig, Filoteo, bemühe Dich nicht, Wasser in unseren Ozean zu gießen und unserer Sonne Licht hinzuzufügen: hör’ auf, Dich als verrückt zu erweisen (um nichts Schlimmeres zu sagen), indem Du mit abwesenden Polihimnen disputierst. Gib uns doch eher ein paar Kostproben aus Deinen Dialogen, damit wir die Stunden dieses Tages nicht müßig zubringen. Filoteo Nehmt und lest. Ende des ersten Dialogs
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D IA L O G O SE C O N D O
Interlocutori Dicsono Arelio, Teofilo, Gervasio, Polihimnio [Dicsono ] Di grazia, maestro Polihimnio, e tu Gervasio, non interrompete oltre i nostri discorsi. Polihimnio Fiat. Gervasio Se costui, che è il magister, parla, senza dubio io non posso tacere. Dicsono Sì che dite, Teofilo, che ogni cosa che non è primo principio e prima causa, ha principio et ha causa ? Teofilo Senza dubio, e senza controversia alcuna. Dicsono Credete per questo che chi conosce le cose causate e principiate, conosca la causa e principio ? Teofilo Non facilmente la causa prossima e principio prossimo; difficilissimamente (anco in vestigio) la causa e principio primo. Dicsono Or come intendete che le cose che hanno causa e principio primo e prossimo, siano | veramente cono ¦ sciute, se secondo la raggione della causa efficiente (la quale è una di quelle che concorreno alla real cognizione de le cose) sono occolte ? Teofilo Lascio che è facil cosa ordinare la dottrina demostrativa, ma il demostrare è difficile. Agevolissima cosa è ordinare le cause, circostanze e metodi di dottrine: ma poi malamente gli nostri metodici et analitici metteno in esecuzione i loro organi, principii di metodi et arte de le arti. Gervasio Come quei che san far sì belle spade, ma non le sanno adoperare.
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Gesprächsteilnehmer Dicsono Arelio, Teofilo, Gervasio, Polihimnio [Dicsono ]. Bitte, Magister Polihimnio, und Du, Gervasio, unterbrecht nicht weiter unsere Gespräche. Polihimnio Fiat. Gervasio Wenn dieser, der Magister ist, redet, kann ich doch zweifellos nicht schweigen. [1] Dicsono Sagt Ihr also, Teofilo, daß alles, was nicht selbst erstes Prinzip und erste Ursache ist, ein Prinzip und eine Ursache hat ? Teofilo Ohne Zweifel und ohne jeden Widerspruch. Dicsono Nehmt Ihr daher folgendes an: wer die verursachten und durch ein Prinzip bestimmten Dinge kennt, der kennt auch die Ursache und das Prinzip ? Teofilo Dies ist bereits nicht leicht, was die nächste Ursache und das nächste Prinzip betrifft, und sehr schwierig (auch wenn es nur um eine Spur davon geht), was die Ursache und das Prinzip selbst betrifft. [2] Dicsono Aber wie erklärt Ihr Euch denn, daß die Dinge, die eine erste und nächste Ursache und ein erstes und nächstes Prinzip haben, wahrhaft erkannt werden, wenn sie gemäß dem Gesetz der Wirkursache (die eine derjenigen Ursachen ist, die zur wirklichen Erkenntnis eines Dinges gehören) verborgen sind ? Teofilo Ich gebe zu, daß es ein Leichtes ist, die Lehre vom Beweis zu gliedern, aber schwierig, tatsächlich etwas zu beweisen. Sehr einfach ist es auch, die Ursachen, Bedingungen und Methoden der Wissenschaften anzuordnen: aber dann tun sich unsere Spezialisten der Methode und Analyse schwer, ihre Instrumente, methodischen Vorschriften und ihre Kunst der Künste effektiv anzuwenden. Gervasio Wie die, die so schöne Schwerter verfertigen, aber nicht mit ihnen umgehen können.
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Polihimnio Ferme. Gervasio Fermati te siano gli occhi, che mai le possi aprire. Teofilo Dico però che non si richiede dal filosofo naturale, che ammeni tutte le cause e principii: ma le fisiche sole, e di queste le principali e proprie. Benché dumque, perché dependeno dal primo principio e causa, si dicano aver quella causa e quel principio, tutta volta non è sì necessaria relazione, che da la cognizione de l’uno s’inferisca la cognizione de l’altro: e però non si richiede che vengano ordinati in una medesma disciplina. Dicsono Come questo ? Teofilo Perché dalla cognizione di tutte cose dependenti non possiamo inferire altra notizia del primo principio e causa, che per modo men efficace che di vestigio: essendo che il tutto deriva dalla sua volontà o bontà, la quale è principio della sua | operazione, da cui procede | 105 l’universale ¦ effetto. Il che medesmo si può considerare ne le cose artificiali, in tanto che chi vede la statua, non vede il scultore; chi vede il ritratto di Elena, non vede Apelle: ma vede lo effetto de l’operazione, che proviene da la bontà de l’ingegno d’Apelle (il che tutto è uno effetto de gli accidenti e circostanze de la sustanza di quell’uomo, il quale quanto al suo essere assoluto non è conosciuto punto). Dicsono Tanto che conoscere l’universo, è come conoscer nulla dello essere e sustanza del primo principio, per che è come conoscere gli accidenti de gli accidenti. Teofilo Cossì; ma non vorei che v’imaginaste ch’io intenda in Dio essere accidenti, o che possa esser conosciuto come per suoi accidenti. Dicsono Non vi attribuisco sì duro ingegno, e so che altro è dire essere accidenti, altro essere suoi accidenti, altro essere come suoi acci-
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Polihimnio Ferme. Gervasio Könnte man doch Deine Augen so schließen, daß Du sie nie mehr öffnen könnest ! Teofilo Ich denke aber, vom Naturphilosophen kann man nicht verlangen, daß er alle Ursachen und Prinzipien beibringt, sondern nur die natürlichen und von diesen die wesentlichen und der Sache zugehörigen. Diese hängen zwar vom ersten Prinzip und der ersten Ursache ab, und daher sagt man also von ihnen: sie hätten jene Ursache oder jenes Prinzip; dennoch besteht hier überhaupt kein so notwendiges Verhältnis, daß sich aus der Erkenntnis des einen diejenige des anderen erschließen ließe. Deswegen sollte man nicht fordern, daß sie ein und derselben Wissensdisziplin zugeordnet werden. Dicsono Wie denn das ? Teofilo Deshalb, weil wir aus der Erkenntnis aller abhängenden Dinge kein anderes Wissen vom ersten Prinzip und der ersten Ursache gewinnen können als auf die weniger wirkungsvolle Weise, die in dem Wissen seiner Spur besteht; vorausgesetzt, das Ganze entspringt aus seinem Willen und seiner Güte, die der erste Grund seines Handelns sind, der Grund, aus dem die universale Wirkung hervorgeht. Dasselbe kann man bei den Dingen beobachten, die durch Handwerk und Künste hervorgebracht werden. Denn wer die Statue sieht, sieht nicht den Bildhauer, wer das Bildnis der Helena sieht, sieht nicht den Apelles. Was er vielmehr sieht, ist die Wirkung der Tätigkeit des Apelles, eine Wirkung, die Ausfluß der Größe seines Ingeniums ist (dies alles jedoch ist eine Wirkung der Akzidentien und besonderen Umstände an der Substanz jenes Menschen, der aber selbst, was sein absolutes Sein betrifft, überhaupt nicht erkannt wird). [3] Dicsono Das Universum zu erkennen heißt demnach also: gleichsam nichts von dem zu erkennen, was das Sein und die Substanz des ersten Prinzips betrifft, denn es ist wie ein Erkennen der Akzidentien von Akzidentien. Teofilo So ist es ! Aber ich will nicht, daß Ihr etwa meint, ich nähme an, in Gott seien Akzidentien, oder ich glaubte, daß er durch die Erkenntnis seiner Akzidentien erkannt werden könne. Dicsono Ich schreibe Euch doch nicht ein so grobschlächtiges Einsichtsvermögen zu. Zudem weiß ich, daß es etwas anderes ist, von allen
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denti ogni cosa che è estranea dalla natura divina. Nell’ultimo modo [di] dire credo che intendete essere gli effetti della divina operazione; li quali quantumque siano la sustanza de le cose, anzi e l’istesse sustanze naturali, tutta volta sono come accidenti remotissimi, per farne toccare la cognizione apprehensiva della divina sopranaturale essenza. Teofilo Voi dite bene. Dicsono Ecco dumque che della divina sustanza, sì per essere infinita, sì per essere lontanissima da quelli effetti, che sono l’ultimo termine del corso della nostra discorsiva facultade, non possia | mo conoscer nulla, se non per modo di vestigio come dicono i Platonici, di remoto effetto come dicono i Peripatetici, di indumenti come di ¦ cono i Cabalisti, di spalli o posteriori come dicono i Talmutisti, di spechio, ombra et enigma come dicono gli Apocaliptici. Teofilo Anzi di più; perché non veggiamo perfettamente questo universo di cui la sustanza et il principale è tanto difficile ad essere compreso, avviene che assai con minor raggione noi conosciamo il primo principio e causa per il suo effetto, che Apelle per le sue formate statue possa essere conosciuto: per che queste le possiamo veder tutte, et essaminar parte per parte; ma non già il grande et infinito effetto della divina potenza: però quella similitudine deve essere intesa senza proporzional comparazione. Dicsono Cossì è, e cossì la intendo. Teofilo Sarà dumque bene d’astenerci da parlar di sì alta materia. Dicsono Io lo consento, perché basta moralmente e teologalmente conoscere il primo principio in quanto che i superni numi hanno revelato, e gli uomini divini dechiarato. Oltre che non solo qualsivoglia legge e teologia, ma ancora tutte riformate filosofie conchiudeno esser
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Dingen, die nicht zur Natur Gottes selbst gehören, zu sagen, sie seien Akzidentien oder sie seien seine Akzidentien oder auch sie seien wie seine Akzidentien. Soweit ich es verstehe, nehmt Ihr an, daß in dieser letzten Bestimmung die Wirkungen der Tätigkeit Gottes liegen. Diese, obgleich sie die Substanz der Dinge oder vielmehr die natürlichen Substanzen selbst sind, müssen doch, sofern es darum geht, mittels ihrer die göttliche übernatürliche Wesenheit durch ein auffassendes Erkennen zu berühren, in jeder Hinsicht wie entfernteste Akzidentien betrachtet werden. Teofilo Gut gesagt. [4] Dicsono Damit ist klar: von der göttlichen Substanz können wir, sei es, weil sie unendlich ist, sei es, weil sie von den Wirkungen am weitesten entfernt ist, die wiederum die äußerste Möglichkeit unseres diskursiven Erkenntnisvermögens ausmachen, überhaupt nichts erkennen, außer auf eine Weise, die die Platoniker Spur nennen, die Peripatetiker entfernte Wirkung, die Kabalisten Hülle, die Talmudisten Rückansicht oder Hinteransicht, die Apokalyptiker Spiegel, Schatten und Rätsel. Teofilo Man muß noch weitergehen: da wir dieses Universum, dessen Substanz und hauptsächlicher Inhalt so überaus schwierig zu begreifen sind, nicht vollkommen anschauen können, folgt, daß wir das erste Prinzip und die erste Ursache mit noch weniger Recht aus ihren Wirkungen erkennen können als Apelles aus den von ihm gebildeten Statuen: denn diese letzteren können wir vollständig sehen und Stück für Stück untersuchen, nicht ebenso jedoch die große und unendliche Wirkung der göttlichen Macht. Diese Analogie muß daher so aufgefaßt werden, daß sie ohne einen durch Verhältnisse bestimmten Vergleich auskommt. Dicsono So ist es, und so habe ich es auch verstanden. Teofilo Es wird also gut sein, wenn wir uns bei einem so hohen Gesprächsgegenstand zurückhalten. Dicsono Ich stimme zu, denn es genügt ja auch, das erste Prinzip moralisch und theologisch zu erkennen nach Maßgabe dessen, was die höheren Mächte offenbart und die göttlichen Menschen verkündet haben. Hinzu kommt, daß nicht nur alle Gesetze und jede Theologie, sondern auch alle reformierten Philosophien zu dem Schluß kommen,
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cosa da profano e turbulento spirto, il voler precipitarsi a dimandar raggione e voler definire circa quelle cose che son sopra la sfera della nostra intelligenza. Teofilo Bene: ma non tanto son degni di riprensione costoro, quanto son degnissimi di lode | quelli che si forzano alla cognizione di questo principio e causa, per apprendere la sua grandezza quanto fia possibile discorrendo con gli occhi di regolati sentimenti, circa questi magnifici astri ¦ e lampegianti corpi, che son tanti abitati mondi, e grandi animali, et eccellentissimi numi, che sembrano e sono innumerabili mondi non molto dissimili a questo che ne contiene; i quali essendo impossibile ch’habbiano l’essere da per sé, atteso che sono composti e dissolubili (benché non per questo siano degni d’esserno disciolti, come è stato ben detto nel Timeo), è necessario che conoscano principio e causa: e consequentemente con la grandezza del suo essere, vivere et oprare, monstrano e predicano in un spacio infinito, con voci innumerabili, la infinita eccellenza e maestà del suo primo principio e causa. Lasciando dumque (come voi dite) quella considerazione per quanto è superiore ad ogni senso et intelletto, consideriamo del principio e causa per quanto, in vestigio, o è la natura istessa, o pur riluce ne l’ambito e grembo di quella. Voi dumque dimandatemi per ordine, se volete ch’io per ordine vi risponda. Dicsono Cossì farò. Ma primamente, per che usate dir »causa« e »principio«, vorei saper se questi son tolti da voi come nomi sinonimi. Teofilo Non. Dicsono Or dumque che differenza è tra l’uno e l’altro termino ? Teofilo Rispondo che quando diciamo Dio primo principio e prima causa, intendiamo una | medesma cosa con diverse raggioni; quando diciamo nella natura principii e cause, diciamo diverse cose con sue
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daß nur ein ungeweihter und verwirrter Geist sich darauf stürzen kann, bei den Dingen, die den Horizont unserer Einsichtskraft übersteigen, Vernunftgründe einzufordern und Definitionen anbringen zu wollen. Teofilo Gut: aber doch verdienen diese weniger an Tadel als jene an höchstem Lob, die sich um die Erkenntnis dieses Prinzips und dieser Ursache bemühen, um dessen Größe so weit es geht dadurch zu erfassen, daß sie mit den Augen eines besonnenen Gemüts jene wunderbaren Sterne und leuchtenden Himmelskörper erforschen, die alle bewohnte Welten, große Lebewesen, herrliche Gottheiten sind, die unzählige Welten zu sein scheinen und auch tatsächlich sind, unzählige Welten, die derjenigen, die uns umschließt, nicht sehr unähnlich sind; jene können ihr Sein unmöglich durch sich selbst haben angesichts der Tatsache, daß sie zusammengesetzt und auflöslich sind (obgleich sie es nicht schon deswegen wert sind, unterzugehen, wie im Timaios sehr gut gesagt ist), und daher ist es notwendig, daß sie ein Prinzip und eine Ursache haben und daß sie, infolge der Größe ihres Seins, Lebens und Handelns, die unendliche Exzellenz und Majestät ihres ersten Prinzips und ihrer ersten Ursache in einem unendlichen Raum und mit unzähligen Stimmen manifestieren und verkünden. Lassen wir also (wie Ihr es ja sagt) diese Betrachtung, insofern sie höher als jeder Sinn und jede Vernunft ist, und betrachten wir Prinzip und Ursache, insofern sie, als Spur, entweder die Natur selbst sind oder doch wenigstens im Bereich und im Schoß derselben widerscheinen. Fragt mich also mit Methode, wenn Ihr wollt, daß ich Euch ebenso Antwort gebe. [5] Dicsono So werde ich es machen. Aber zuerst möchte ich wissen, ob, da Ihr die Ausdrücke ›Ursache‹ und ›Prinzip‹ verwendet, diese von Euch als synonyme Worte genommen sind ? Teofilo Nein. Dicsono Welcher Unterschied besteht dann zwischen dem einen und dem anderen Begriff ? Teofilo Ich antworte so: wenn wir Gott als erstes Prinzip und als erste Ursache bezeichnen, verstehen wir darunter eine und dieselbe Sache mit verschiedenen Bestimmungen; wenn wir aber in der Natur etwas als Prinzipien und Ursachen bezeichnen, dann sprechen wir von verschiedenen Sachen mit ihren je verschiedenen Bestimmungen.
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diverse raggioni. Diciamo Dio primo principio in quanto tutte cose sono dopo lui secondo certo ordine di priore e posteriore, o ¦ secondo la natura, o secondo la durazione, o secondo la dignità. Diciamo Dio prima causa, in quanto che le cose tutte son da lui distinte come lo effetto da l’efficiente, la cosa prodotta dal producente. E queste due raggioni son differenti, perché non ogni cosa che è priore e più degna, è causa di quello che [è] posteriore e men degno; e non ogni cosa che è causa, è priore e più degna di quello che è causato, come è ben chiaro a chi ben discorre. Dicsono Or dite in proposito naturale, che differenza è tra causa e principio ? Teofilo Benché alle volte l’uno si usurpa per l’altro, nulladimeno parlando propriamente, non ogni cosa che è principio, è causa: per che il punto è principio della linea, ma non è causa di quella; l’instante è principio dell’operazione, [e non causa dell’operazione]; il termine onde, è principio del moto, e non causa del moto; le premisse son principio de l’argumentazione, non son causa di quella. Però »principio« è più general termino che »causa«. Dicsono Dumque strengendo questi doi termini a certe proprie significazioni, secondo la consuetudine di quei che parlano più riformatamente, credo che vogliate che principio sia quello che intrinsecamente concorre alla con ¦ stituzione della cosa, e rimane nell’effetto, come dicono la materia e | forma, che rimagnono nel composto, o pur gli elementi da quali la cosa viene a comporsi e ne’ quali va a risolversi. Causa chiami quella che concorre alla produzzione delle cose esteriormente, et ha l’essere fuor de la composizione, come è l’efficiente et il fine, al quale è ordinata la cosa prodotta. Teofilo Assai bene. Dicsono Or poi che siamo risoluti de la differenza di queste cose, prima desidero che riportiate la vostra intenzione circa le cause, e poi circa gli principii. E quanto alle cause, prima vorei saper della efficiente
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Wir bezeichnen Gott als erstes Prinzip, insofern alle Dinge gemäß einer bestimmten Ordnung des Früher und Später nach ihm sind, und zwar entweder entsprechend der Natur, entsprechend der Dauer oder entsprechend der Würde. Wir bezeichnen Gott als erste Ursache, insofern alle Dinge so von ihm unterschieden sind, wie die Wirkung vom Bewirkenden, die hervorgebrachte Sache vom Hervorbringenden unterschieden ist. Und diese zwei Bestimmungen sind verschieden: denn nicht jede Sache, die früher oder würdiger ist, ist Ursache dessen, was später und von geringerer Würde ist; und nicht jede Sache, die Ursache ist, ist früher oder würdiger als jenes, welches das Verursachte ist, wie für den, der richtig überlegt, sehr wohl klar ist. Dicsono Sagt aber auch hinsichtlich der Natur: welchen Unterschied gibt es zwischen Ursache und Prinzip ? Teofilo Obgleich manchmal der eine Begriff anstelle des anderen verwendet wird, ist es doch, wenn man die Begriffe richtig verwendet, nichtsdestoweniger so, daß nicht jede Sache, die Prinzip ist, auch Ursache ist. Denn der Punkt ist Prinzip der Linie, aber nicht ihre Ursache; der Augenblick ist Prinzip der Tätigkeit[, und nicht ihre Ursache]; der Ausgangspunkt ist Prinzip der Ortsbewegung, und nicht ihre Ursache; die Prämissen sind Prinzip der Argumentation, nicht jedoch ihre Ursache. Daher ist ›Prinzip‹ ein umfassenderer Begriff als ›Ursache‹. Dicsono Indem diese zwei Begriffe so, entsprechend der Gewohnheit derjenigen, die dem verbesserten Sprachgebrauch folgen, auf bestimmte eigentümliche Bedeutungen restringiert werden, denke ich, daß Ihr folgendes festlegen wollt: Prinzip sei dasjenige, das innerlich zur Erzeugung einer Sache beiträgt und in der Wirkung verbleibt, so wie man sagt, daß Materie und Form im Zusammengesetzten bleiben, oder auch die Elemente, aus denen sich eine Sache zusammensetzt und in die sie sich auflöst. Ursache nennst Du dasjenige, das äußerlich zur Hervorbringung einer Sache beiträgt und das sein Sein außerhalb der Zusammensetzung besitzt, wie es bei dem Hervorbringenden und dem Ziel der Fall ist, auf die die hervorgebrachte Sache ausgerichtet ist. Teofilo Sehr gut. [6] Dicsono Da wir jetzt über die Differenz dieser zwei Dinge Klarheit geschaffen haben, möchte ich, daß Ihr uns zuerst vortragt, was Ihr über die Ursachen, und dann, was ihr über die Prinzipien denkt. Und
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prima; della formale, che dite esser congionta all’efficiente; oltre della finale, la quale se intende motrice di questa. Teofilo Assai mi piace il vostro ordine di proponere. Or quanto alla causa effettrice, dico l’efficiente fisico universale essere l’intelletto universale, che è la prima e principal facultà de l’anima del mondo, la quale è forma universale di quello. Dicsono Mi parete essere non tanto conforme all’opinione di Empedocle, quanto più sicuro, più distinto e più esplicato, oltre (per quanto la soprascritta mi fa vedere) più profondo: però ne farete cosa grata di venire alla de ¦ chiarazion del tutto per il minuto, cominciando dal dire che cosa sia questo intelletto universale. Teofilo L’intelletto universale è l’intima, più reale e propria facultà e parte potenziale de l’anima del mondo. Questo è uno medesmo, che empie il tutto, illumina l’universo et indrizza la | natura a produre le sue specie come si conviene; e cossì ha rispetto alla produzzione di cose naturali, come il nostro intelletto alla congrua produzzione di specie razionali. Questo è chiamato da Pitagorici »motore« et »esagitator del universo«, come esplicò il poeta, che disse: totamque infusa per arctus, mens agitat molem, et toto se corpore miscet. Questo è nomato da Platonici »fabro del mondo«. Questo fabro, dicono, procede dal mondo superiore (il quale è a fatto uno) a questo mondo sensibile che è diviso in molti: ove non solamente la amicizia, ma anco la discordia, per la distanza de le parti, vi regna. Questo intelletto, infondendo e porgendo qualche cosa del suo nella materia, mantenendosi lui quieto et inmobile, produce il tutto. È detto da Maghi »fecondissimo de semi«, o pur »seminatore«: per che lui è quello che impregna la materia di tutte forme; e secondo la raggione e condizion
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was die Ursachen betrifft, so möchte ich zunächst etwas über die erste Wirkursache wissen, dann über die Formalursache, von der Ihr sagt, sie sei der wirkenden verbunden, schließlich über die Finalursache, die als bewegende Kraft der letzteren verstanden wird. Teofilo Die Ordnung, in der Ihr diese Fragen vorbringt, gefällt mir sehr. Was also die Wirkursache betrifft, so sage ich, daß die natürliche universale Wirkursache die universale Vernunft ist, die das erste und hauptsächliche Vermögen der Weltseele ist, die wiederum universale Form der Welt ist. Dicsono Ihr scheint mir nicht nur mit der Meinung des Empedokles übereinzustimmen, sondern vielmehr viel sicherer, viel genauer und viel deutlicher, ja sogar (soweit mich das oben Ausgeführte sehen läßt) viel tiefer als dieser zu sein: Ihr werdet uns also einen Gefallen tun, wenn Ihr jetzt alles im Einzelnen erklärt und dabei mit der Erklärung dessen beginnt, was denn diese universale Vernunft ist. Teofilo Die universale Vernunft ist das Vermögen und der wirkmächtige Teil der Weltseele, der ihr am innerlichsten, realsten und eigentümlichsten ist. Diese Vernunft, die die eine und selbe bleibt, erfüllt das Ganze, erleuchtet das Universum und leitet die Natur an, ihre Arten so hervorzubringen, wie sie sein sollen; und so steht sie in Bezug zur Hervorbringung der natürlichen Dinge wie unsere Vernunft zur entsprechenden Hervorbringung der rationalen Formen. Diese Vernunft wird von den Pythagoreern »Beweger« und »Antreiber des Universums« genannt, wie der Dichter erklärt hat, der sagte: Totamque infusa per arctus, Mens agitat molem, et toto se corpore miscet. Sie wird von den Platonikern als »Werkmeister der Welt« bezeichnet. Dieser Werkmeister, so sagen sie, geht aus der höheren Welt (die tatsächlich ein Eines ist) in diese sinnliche Welt hervor, die in viele [Welten] geteilt ist, wo, weil die Teile getrennt sind, nicht nur Freundschaft, sondern auch Zwietracht herrscht. Indem diese Vernunft etwas von ihr selbst in die Materie eingießt und hineingibt, selbst dabei aber ruhig und unbeweglich bleibt, bringt sie das Ganze hervor. Die Magier sagen, sie sei »der fruchtbarste der Samen« oder auch nur »der Sämann«: denn sie ist es, die die Materie mit allen Formen befruchtet und, entsprechend der Struktur und der Verfaßtheit dieser Formen, hinzutritt, um
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di quelle, la viene a figurare, formare, intessere: con tanti ¦ ordini mirabili, li quali non possono attribuirsi al caso, né ad altro principio che non sa distinguere et ordinare. Orfeo lo chiama »occhio del mondo«, per ciò che il vede entro e fuor tutte le cose naturali, a fine che tutto non solo intrinseca, ma anco estrinsecamente venga a prodursi e mantenersi nella propria simmetria. Da Empedocle è chiamato »distintore«, come quello che mai si stanca ne l’esplicare le forme confuse nel seno della materia, e di suscitar la generazione de l’una dalla corrozzion de l’altra cosa. Plotino lo dice »padre e progenitore«, per che questo distribuisce gli semi nel campo della | natura, et è il prossimo dispensator [de] le forme. Da noi si chiama »artefice interno«, perché forma la materia, e la figura da dentro, come da dentro del seme o radice manda et esplica il stipe, da dentro il stipe caccia i rami, da dentro i rami le formate brancie, da dentro queste ispiega le gemme, da dentro forma, figura, intesse, come di nervi, le frondi, gli fiori, gli frutti, e da dentro a certi tempi richiama gli suoi umori da le frondi e frutti alle brance; da le brance, a gli rami; da gli rami, al stipe; dal stipe alla radice: similmente ne gli animali spiegando il suo lavore dal seme prima e dal centro del cuore, a li membri esterni, e da quelli al fine complicando verso il cuore l’esplicate facultadi, fa come già venesse a ringlomerare le già distese fila. Or se credemo non essere senza discorso et intelletto prodotta quell’opera come morta che noi sappiamo fengere con certo ordine et imitazione ne la superficie della ¦ materia, quando scorticando e scalpellando un legno, facciamo apparir l’effige d’un cavallo, quanto credere debbiamo esser maggior quell’intelletto artefice, che da l’intrinseco della seminal materia risalda l’ossa, stende le cartilagini, incava le arterie, inspira i pori, intesse le fibre, ramifica gli nervi, e con sì
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sie zu gestalten, zu formen und gegenseitig zu verweben, und zwar mit so vielen wunderbaren Ordnungen, daß diese keinesfalls dem Zufall zugeschrieben werden können noch einem anderen Prinzip, das nicht in der Lage wäre, zu unterscheiden und zu ordnen. Orpheus nennt sie »Auge der Welt«, weil sie alle Dinge von innen und von außen sehend erfaßt, damit alles sich nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich in seinen eigentümlichen Maßverhältnissen hervorbringe und erhalte. Von Empedokles wird sie »der Unterscheider« genannt, weil sie nie müde wird, die Formen, die im Schoße der Materie vermischt sind, zu entfalten und die Entstehung der einen durch den Untergang der anderen herbeizuführen. Plotin nennt sie »Vater und Erzeuger«, weil sie die Samen auf dem Feld der Natur verteilt und die nächste Spenderin der Formen ist. Was uns betrifft, so nennen wir sie »innerer Künstler«, weil sie die Materie formt und von innen gestaltet; so wie sie etwa aus dem Innern des Samens oder der Wurzel heraus den Stamm hervorschickt und entfaltet, aus dem Innern des Stammes wiederum die Äste hervortreibt, aus dem Innern der Äste die kleineren Zweige gestaltet, aus deren Inneren die Knospen bildet und von innen heraus, als ob es Nerven wären, die Blätter, Blüten und Früchte formt, gestaltet, zusammenwebt und wiederum von innen heraus zu bestimmten Zeiten ihre Säfte von dem Laub und den Früchten zu den Zweigen, von diesen zu den Ästen, von diesen zum Stamm und zu den Wurzeln zurückleitet; auf ähnliche Weise entwickelt sie ihr Werk bei den Tieren, nämlich zunächst ausgehend vom Samen und vom Zentrum des Herzens, von dort zu den äußeren Gliedern, und wenn sie schließlich von diesen aus die ausgefalteten Vermögen wieder ins Herz einfaltet, dann tut sie so, als ob sie die zuvor schon auseinandergelegten Fäden wieder zurückspulte. Wenn wir also glauben, daß jenes tote Werk nicht ohne Überlegung und Vernunft Bestand habe, das wir gemäß bestimmter Ordnung und Nachahmung an der Oberfläche der Materie zu bilden verstehen, wenn wir etwa dadurch, daß wir Holz schälen und schnitzen, das Abbild eines Pferdes entstehen lassen, für wieviel größer müssen wir dann also jene künstlerische Vernunft halten, die aus dem Innern der samenhaften Materie die Knochen zu einem festen Gerüst verbindet, die Knorpelmasse aufbaut, die Arterien einhöhlt, die Poren durchlüftet, die Fasern verwebt, die Nerven verzweigt und mit so wunderbarer Mei-
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mirabile magistero dispone il tutto ? Quanto, dico, più grande artefice è questo, il quale non è attaccato ad una sola parte de la materia, ma opra continuamente tutto in tutto ? Son tre sorte de intelletto: il divino che è tutto, questo mundano che fa tutto, gli altri particolari che si fanno tutto; | perché bisogna che tra gli estremi se ritrove questo mezzo, il quale è vera causa efficiente, non tanto estrinseca come anco intrinseca, de tutte cose naturali. Dicsono Vi vorei veder distinguere come la intendete causa estrinseca, e come intrinseca. Teofilo Lo chiamo causa estrinseca perché come efficiente non è parte de li composti e cose produtte; è causa intrinseca in quanto che non opra circa la materia e fuor di quella, ma come è stato poco fa detto: onde è causa estrinseca per l’esser suo distinto dalla sustanza et essenza de gli effetti, e perché l’essere suo non è come di cose generabili e corrottibili, benché verse circa quelle; è causa intrinseca quanto a l’atto della sua operazione. Dicsono Mi par ch’abbiate a bastanza parlato della causa efficiente. Or vorei intendere che cosa è quella che ¦ volete sia la causa formale gionta a l’efficiente: è forse la raggione ideale ? per che ogni agente che opra secondo la regola intellettuale, non procura effettuare, se non secondo qualche intenzione, e questa non è senza apprensione di qualche cosa; e questa non è altro che la forma de la cosa che è da prodursi: e per tanto questo intelletto che ha facultà di produre tutte le specie, e cacciarle con sì bella architettura dalla potenza della materia a l’atto, bisogna che le preabbia tutte, secondo certa raggion formale, senza la quale l’agente non potrebe procedere alla sua manifattura; come al sta-
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sterschaft das Ganze anordnet ? Ein wieviel größerer Künstler, sage ich, ist nicht jene [Vernunft], die nicht an einen einzigen Teil der Materie gebunden ist, sondern unaufhörlich alles in allem wirkt ? Es gibt drei Arten der Vernunft: die göttliche Vernunft, die alles ist, die welthafte Vernunft, von der wir sprachen, die alles macht, die anderen, je einzelnen Vernunftformen, die alles werden; denn es ist notwendig, daß sich zwischen den Extremen diese mittlere Instanz befindet, die die wahre Wirkursache, und zwar nicht nur die äußere, sondern auch die innere aller natürlichen Dinge ist. Dicsono Ich würde gerne nachvollziehen, wie Ihr den Unterschied macht, wenn Ihr die Wirkursache einmal als äußere und einmal als innere Ursache versteht. Teofilo Ich nenne die wirkende Vernunft äußere Ursache, weil sie als wirkend nicht selbst Teil der zusammengesetzten und hervorgebrachten Dinge ist; und ich nenne sie innere Ursache, insofern sie nicht in bezug auf die Materie oder außerhalb von ihr tätig ist, sondern so, wie es kurz zuvor ausgeführt worden ist: so ist sie also äußere Ursache einmal dadurch, daß ihr Sein von der Substanz und dem Wesen der Wirkungen unterschieden ist, und zum anderen, weil ihr Sein nicht wie dasjenige der Dinge ist, die durch Entstehen und Vergehen bestimmt sind, obgleich sie gerade in bezug auf jene tätig ist. Innere Ursache ist sie aber, was den Aktcharakter ihres Tätigseins betrifft. Dicsono Ihr habt genug über die Wirkursache gesprochen, wie mir scheint. Jetzt möchte ich verstehen, was das für ein Ursachentyp ist, von dem Ihr wollt, daß er eine der Wirkursache verbundene Formalursache sei. Ist das vielleicht der ideale Verstand ? Denn jedes Wirkende, das entsprechend einer vernünftigen Regel tätig ist, kommt nur dann zu einer Wirkung, wenn es einer Absicht folgt, und diese wiederum ist nicht ohne das Erfassen einer Sache möglich, ein Erfassen, das selbst nichts anderes als die Form der hervorzubringenden Sache ist. Deshalb ist es notwendig, daß diese Vernunft, die das Vermögen dazu hat, alle Arten hervorzubringen und sie in Gestalt einer so schönen Architektur aus der Möglichkeit der Materie in die Wirklichkeit übergehen zu lassen, alle diese Formen entsprechend einer bestimmten formalen Bestimmung zuvor in sich trägt. Ohne diese formale Bestimmung könnte das Wirkende nicht zu seiner bildenden Tätigkeit fortschreiten, wie
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tuario non è possibile d’exequir diverse statue, senza aver precogitate diverse forme prima. | Teofilo Eccellentemente la intendete; per che voglio che siano considerate due sorte di forme: l’una, la quale è causa, non già efficiente, ma per la quale l’efficiente effettua; l’altra è principio, la quale da l’efficiente è suscitata da la materia. Dicsono Il scopo e la causa finale la qual si propone l’efficiente, è la perfezzion dell’universo: la quale è che in diverse parti della materia tutte le forme abbiano attuale existenza: nel qual fine tanto si deletta e si compiace l’intelletto, che mai si stanca suscitando tutte sorte di forme da la materia, come par che voglia ancora Empedocle. Teofilo Assai bene: e giongo a questo che sicome questo efficiente è universale nell’universo, et è speciale e particulare nelle parti e membri di quello, cossì la sua forma et il suo fine. Dicsono Or assai è detto delle cause: procediamo a raggionar de gli principii. ¦ Teofilo Or per venire a li principii constitutivi de le cose, prima raggionarò de la forma per esser medesma in certo modo con la già detta causa efficiente: per che l’intelletto che è una potenza de l’anima del mondo, è stato detto efficiente prossimo di tutte cose naturali. Dicsono Ma come il medesmo soggetto può essere principio e causa di cose naturali ? come può aver raggione di parte intrinseca e non di parte intrinseca ? Teofilo Dico che questo non è inconveniente, considerando che l’anima è nel corpo come nochiero nella nave: il qual nocchiero, in quanto vien mosso insieme con la nave, è parte di quella; | considerato in quanto che la governa e muove, non se intende parte, ma come distinto efficiente: cossì l’anima de l’universo, in quanto che anima et
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es auch dem Bildhauer unmöglich wäre, verschiedene Figuren auszuformen, ohne zuvor verschiedene Formen in sich vorausbedacht zu haben. Teofilo Ihr begreift das alles hervorragend. Aus diesem Grund will ich eben, daß man zwei Arten von Formen bedenkt: die eine ist eine Ursache, die, obgleich sie nicht selbst bewirkend ist, der Grund dafür ist, daß die Wirkursache ihre Wirkung hervorbringt; die andere ist ein Prinzip und wird als solches von der Wirkursache aus der Materie hervorgerufen. Dicsono Ziel und Finalursache, die sich die Wirkursache vornimmt, ist also die Vervollkommnung des Universums, die darin besteht, daß alle Formen in den verschiedenen Teilen der Materie eine aktuale Existenz besitzen: an diesem Ziel ergötzt und erfreut sich die Vernunft so sehr, daß sie nicht müde wird, alle Arten von Formen aus der Materie hervorzurufen. Eine Vorstellung, die, wie es scheint, auch Empedokles teilte. Teofilo Sehr gut. Ich füge noch hinzu: so wie diese Wirkursache im Universum als universale und in dessen Teilen und Gliedern als besondere und einzelne ist, so gilt es auch entsprechend für ihre Form und ihr Ziel. Dicsono Über die Ursachen soll dies genügen; gehen wir zur Diskussion der Prinzipien über. [7] Teofilo Um zu den erzeugenden Prinzipien der Dinge zu gelangen, werde ich zuerst einiges zur Form ausführen, die in bestimmter Weise mit der schon diskutierten Wirkursache identisch ist: denn es wurde festgehalten, daß diejenige Vernunft, die ein Vermögen der Weltseele ist, die nächste Wirkursache aller natürlichen Dinge ist. Dicsono Aber wie kann denn ein und dasselbe Subjekt Prinzip und Ursache der natürlichen Dinge sein ? Wie kann es zugleich gedacht werden als innerer Teil und als nicht innerer Teil ? Teofilo Ich behaupte, daß dies nicht widersprüchlich ist, wenn man annimmt, daß die Seele im Körper ist wie der Steuermann im Schiff: sofern der Steuermann zusammen mit dem Schiff bewegt wird, ist er Teil des Schiffes; sofern er als die Instanz betrachtet wird, die selbst das Schiff lenkt und bewegt, wird er nicht als Teil, sondern als unterschiedenes Wirkprinzip verstanden. Ebenso wird die Seele des Universums,
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informa, viene ad esser parte intrinseca e formale di quello; ma come che drizza e governa, non è parte, non ha raggione di principio, ma di causa. Questo ne accorda l’istesso Aristotele: il qual quant-umque neghi l’anima aver quella raggione verso il corpo, che ha il nocchiero alla nave, tutta volta, considerandola secondo quella potenza con la quale intende e sape, non ardisce di nomarla atto e forma di corpo; ma come uno efficiente separato dalla materia secondo l’essere, dice che quello è cosa che viene di fuora, secondo la sua subsistenza, divisa dal composto. ¦ Dicsono Approvo quel che dite, per che se l’essere separata dal corpo alla potenza intellettiva de l’anima nostra conviene, e lo aver raggione di causa efficiente, molto più si deve affirmare de l’anima del mondo; per che dice Plotino scrivendo contra gli Gnostici, che »con maggior facilità l’anima del mondo regge l’universo, che l’anima nostra il corpo nostro«, poscia è gran differenza dal modo con cui quella e questa governa. Quella non come alligata regge il mondo di tal sorte, che la medesma non leghi ciò che prende; quella non patisce da l’altre cose né con l’altre cose; quella senza impedimento s’inalza alle cose superne; quella donando la vita e perfezzione al corpo non riporta da esso imperfeczione alcuna: e però eternamente è congionta al medesmo soggetto. Questa poi è manifesto che è di contraria condizione. Or se secondo il vostro principio le perfeczioni che sono nelle nature | inferiori, più altamente denno essere attribuite e conosciute nelle nature superiori, doviamo senza dubio alcuno affirmare la distinzione che avete apportata. Questo non solo viene affirmato ne l’anima del mondo, ma anco de ciascuna stella, essendo (come il detto filosofo vòle) che tutte hanno potenza di contemplare Idio, gli principii di tutte le cose e la distribuzione de gli ordini de l’universo: e vòle che questo non accade per modo di memoria, di discorso e considerazione: per che ogni lor opra
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insofern sie [es] beseelt und formt, innerer und formaler Teil jenes Universums, aber insofern sie [es] leitet und lenkt, ist sie nicht Teil, wird nicht als Prinzip, sondern als Ursache gedacht. Aristoteles selbst stimmt hiermit überein: dieser, obgleich er verneint, daß die Seele dasselbe Verhältnis zum Körper habe wie es der Steuermann zum Schiff hat, wagt es doch nicht, insofern er sie entsprechend jenes Vermögens betrachtet, mit welchem sie versteht und weiß, sie als Akt und Form des Körpers zu bezeichnen; sondern er sagt, daß sie, so wie ein Bewirkendes, das von der Materie hinsichtlich seines Seins getrennt ist, etwas sei, das von außen hinzutrete und hinsichtlich ihres Bestehens vom Zusammengesetzten verschieden sei. Dicsono Ich stimme dem zu, was Ihr sagt. Wenn dem vernünftigen Vermögen unserer Seele nämlich ein Vom-Körper-Getrenntsein zukommt und damit auch die Bestimmung einer Wirkursache, dann muß man dies mit noch mehr Recht von der Weltseele behaupten. Plotin sagt nämlich in seiner Schrift gegen die Gostiker, daß »die Weltseele mit größerer Leichtigkeit das Universum regiert als unsere Seele unseren Körper«, und dann gibt es auch einen großen Unterschied in der Art und Weise, wie jene und wie diese lenkt. Jene [die Weltseele] regiert die Welt, ohne an sie gebunden zu sein, und zwar so, daß sie das, was sie beherrscht, selbst nicht bindet; sie erleidet nichts von anderen Dingen noch mit anderen Dingen; sie erhebt sich ohne Behinderung zu den höheren Dingen; sie gibt dem Körper Leben und Vollkommenheit, ohne von ihm irgendwelche Unvollkommenheit zu empfangen: deshalb ist sie auf ewig demselben Substrat verbunden. Diese [unsere Seele] hingegen steht offensichtlich unter entgegengesetzten Bedingungen. Wenn aber, entsprechend Eurem Grundsatz, die Vollkommenheiten, die sich in den unteren Naturen finden, auf viel höhere Weise den höheren Naturen zugeschrieben und in diesen erkannt werden müssen, dann müssen wir ohne jeden Zweifel die Unterscheidung, die Ihr eingeführt habt, gelten lassen. Dies betrifft in seiner Geltung aber nicht nur die Weltseele, sondern auch jedes einzelne Gestirn, vorausgesetzt, alle diese haben (wie es der erwähnte Philosoph behauptet) das Vermögen, Gott, die Prinzipien aller Dinge und die Aufteilung der Ordnungen des Universums zu schauen – und er erklärt, daß dies nicht in der Form des Sich-Erinnerns, des schlußfolgernden Denkens und der
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è opra eterna, e non è atto che gli possa esser nuovo, e però niente fanno che non sia al tutto condecente, ¦ perfetto, con certo e prefisso ordine, senza atto di cogitazione; come per essempio di un perfetto scrittore e citarista mostra ancora Aristotele, quando per questo che la natura non discorre e ripensa, non vuole che si possa conchiudere che ella opra senza intelletto et intenzion finale: per che li musici e scrittori equisiti, meno sono attenti a quel che fanno, e non errano come gli più rozzi et inerti, gli quali con più pensarvi et attendervi, fanno l’opra men perfetta et anco non senza errore. Teofilo La intendete. Or venemo al più particolare. Mi par che detrahano alla divina bontà et all’eccellenza di questo grande animale e simulacro del primo principio, quelli che non vogliono intendere né affirmare il mondo con gli suoi membri essere animato; come Dio avesse invidia alla sua imagine, come l’architetto non amasse l’opra sua singulare: di cui dice Platone che si compiaque nell’opificio suo, per la sua similitudine che remirò in quello. E certo che cosa può più bella di questo universo presentarsi a gli occhi della divinità ? et | essendo che quello costa di sue parti, a quali di esse si deve più attribuire che al principio formale ? Lascio a meglio e più particolar discorso mille raggioni naturali oltre questa topicale o logica. ¦ Dicsono Non mi curo che vi sforziate in ciò, atteso non è filosofo di qualche riputazione, anco tra Peripatetici, che non voglia il mondo e le sue sfere essere in qualche modo animate. Vorei ora intendere con che modo volete che questa forma venga ad insinuarsi alla materia de l’universo.
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Überlegung geschieht: denn jeder ihrer Akte ist ein ewiger Akt, und es kann keinen Akt geben, der für sie neu wäre; daher tun sie nichts, was nicht in vollkommener Übereinstimmung mit dem Ganzen wäre, nichts, was nicht [selbst] vollkommen wäre, nichts, was nicht mit bestimmter, vorher festgelegter Ordnung sich vollzöge, nichts, was nicht ohne jede Überlegung geschähe – wie es auch Aristoteles am Beispiel eines vollkommenen Schriftstellers und Kithara-Spielers deutlich macht, wenn er zeigen will, daß man der Natur, allein deswegen, weil sie nicht schlußfolgere und nachdenke, nicht unterstellen könne, sie sei ohne Vernunft und Zielgerichtetheit tätig; denn die herausragenden Musiker und Dichter sind auf das, was sie tun, weniger aufmerksam und irren sich nicht, wie die gröberen und weniger talentierten, welche, gerade dadurch, daß sie mehr überlegen und sich bemühen, ein weniger vollkommenes Werk, das zudem nicht ohne Fehler ist, hervorbringen. [8] Teofilo Ihr habt verstanden. Laßt uns aber jetzt mehr ins Einzelne gehen: mir scheint, daß die, die nicht verstehen oder anerkennen wollen, daß die Welt mit ihren Gliedern beseelt ist, die göttliche Güte und das Herausragende dieses großen Lebewesens und Bildes des ersten Prinzipes herabmindern. Als ob Gott sein Abbild beneidete, als ob der Baumeister sein einzigartiges Werk nicht liebte, er, von dem Platon sagt, daß er an seinem Werk Freude hat gerade wegen der Ähnlichkeit, die er in diesem erblickt. Und sicher, was kann sich schöneres als dieses Universum den Augen der Gottheit darbieten ? Und wenn es tatsächlich aus seinen Teilen besteht, welchem von diesen kann man denn größere Bedeutung zuschreiben als dem Formalprinzip ? Ich überlasse es einer gründlicheren und mehr ins Einzelne gehenden Untersuchung, neben diesen topischen und logischen Argumenten sich tausende Gründe aus dem Bereich der Naturbetrachtung vorzunehmen. Dicsono Ihr braucht Euch meinetwegen, was diese Frage betrifft, nicht allzusehr zu bemühen, denn es gibt wohl keinen Philosophen von irgendeinem Rufe, selbst unter den Peripatetikern, der nicht behauptete, daß die Welt und ihre Sphären in irgendeiner Weise beseelt seien. Ich möchte jetzt lieber verstehen, wie Eurer Meinung nach diese Form in die Materie des Universums eindringt.
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Teofilo Se gli gionge di maniera che la natura del corpo, la quale secondo sé non è bella, per quanto è capace viene a farsi partecipe di bellezza, atteso che non è bellezza se non consiste in qualche specie o forma, non è forma alcuna che non sia prodotta da l’anima. Dicsono Mi par udir cosa molto nova: volete forse che non solo la forma de l’universo, ma tutte quante le forme di cose naturali siano anima ? Teofilo Sì. Dicsono Sono dumque tutte le cose animate ? Teofilo Sì. Dicsono Or chi vi accordarà questo ? Teofilo Or chi potrà riprovarlo con raggione ? Dicsono È comune senso che non tutte le cose vivono. | 129 Teofilo Il senso più comune non è il più vero. | Dicsono Credo facilmente che questo si può difendere. Ma non bastarà a far una cosa vera per che la si possa difendere: atteso che bisogna che si possa anco provare. ¦ Teofilo Questo non è difficile. Non son de filosofi che dicono il mondo essere animato ? Dicsono Son certo molti, e quelli principalissimi. Teofilo Or perché gli medesmi non diranno le parti tutte del mondo essere animate ? Dicsono Lo dicono certo, ma de le parti principali e quelle che son vere parti del mondo: atteso che non in minor raggione vogliono l’anima essere tutta in tutto il mondo, e tutta in qualsivoglia parte di quello, che l’anima de gli animali a noi sensibili, è tutta per tutto. Teofilo Or quali pensate voi che non siano parti del mondo vere ? Dicsono Quelle che non son primi corpi come dicono i Peripatetici: la terra con le acqui et altre parti, le quali, secondo il vostro dire, constituiscono l’animale intiero, la luna, il sole et altri corpi. Oltre questi principali animali son quei che non sono primere parti de l’universo,
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Teofilo Sie verbindet sich [der Materie] so, wie die Natur des Körpers, welche, bloß für sich genommen, nicht schön ist, sich soweit es ihr möglich ist, der Schönheit teilhaftig macht; dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß es keine Schönheit gibt, die nicht in irgendeiner Gestalt oder Form besteht, keine Form, die nicht durch die Seele hervorgebracht wird. [9] Dicsono Ich glaube da etwas gänzlich Neues zu hören: meint Ihr vielleicht, daß nicht nur die Form der Universums, sondern überhaupt alle Formen der natürlichen Dinge je eine Seele seien ? Teofilo Ja. Dicsono Dann sind also alle Dinge beseelt ? Teofilo Ja. Dicsono Wer wird Euch nur hierin zustimmen können ? Teofilo Wer wird es mit Gründen zurückweisen können ? Dicsono Es entspricht der allgemeinen Überzeugung, daß nicht alle Dinge leben. Teofilo Die allgemeinere Überzeugung ist nicht auch die wahrere. Dicsono Ich glaube gern, daß letzteres sich verteidigen läßt. Aber es wird nicht hinreichen, eine Sache dadurch wahr zu machen, daß sie sich verteidigen läßt: sie muß sich vielmehr auch beweisen lassen. Teofilo Das ist nicht schwer. Gibt es nicht Philosophen, die sagen, daß die Welt beseelt sei ? Dicsono Viele, gewiß, und zwar die bedeutendsten. Teofilo Warum sollten diese denn nicht auch sagen, daß alle Teile der Welt beseelt seien ? Dicsono Das sagen sie sicher, aber nur von den wichtigsten Teilen und denen, die wahrhafte Teile der Welt sind, denn sie behaupten, daß die Seele in nicht geringerer Weise als ganze in der ganzen Welt und als ganze in jedem beliebigen Teil derselben ist, als die Seele der für uns wahrnehmbaren Lebewesen als ganze im ganzen [Körper] ist. Teofilo Aber welche Teile sind denn, Eurer Meinung nach, keine wahrhaften Teile der Welt ? Dicsono Diejenigen, die, wie die Peripatetiker sagen, keine ersten Körper sind: die Erde mit den Wassern und den anderen Teilen, die, wie Ihr sagt, das gesamte Lebewesen erzeugen, oder der Mond, die Sonne und andere Körper. Außer diesen Hauptlebewesen gibt es solche, die
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de quali altre dicono aver l’anima vegetativa, altre la sensitiva, altre la intellettiva. Teofilo Or se l’anima per questo che è nel tutto, è anco ne le parti, per che non volete che sia ne le parti de le parti ? | Dicsono Voglio, ma ne le parti de le parti de le cose animate. Teofilo Or quali son queste cose che non sono animate, o non son parte di cose animate ? Dicsono Vi par che ne abbiamo poche avanti gli occhi ? Tutte le cose che non hanno vita. Teofilo E quali son le cose che non hanno vita, al meno principio vitale ? Dicsono Per conchiuderla, volete voi che non sia cosa che non abbia anima, e che non abbia principio vitale ? ¦ Teofilo Questo è quel ch’io voglio al fine. Polihimnio Dumque un corpo morto ha anima ? dumque i miei calopodii, le mie pianella, le mie botte, gli miei sproni et il mio annulo e chiroteche, serano animate ? la mia toga et il mio pallio, sono animati ? Gervasio Sì, messersì, mastro Polihimnio, per che non ? Credo bene che la tua toga et il tuo mantello è bene animato, quando contiene un animal come tu sei dentro; le botte e gli sproni sono animati, quando contegnono gli piedi; il cappello è animato, quando contiene il capo, il quale non è senza anima; e la stalla è anco animata quando contiene il cavallo, la mula o ver la Signoria vostra. Non la intendete cossì Teofilo ? non vi par ch’io l’ho compresa meglio che il dominus magister ? Polihimnio Cuium pecus ? come che non si trovano de gli asini etiam atque etiam sottili ? hai ardir tu apirocalo, abecedario, di volerti equiparare | ad un archididascalo e moderator di ludo minervale par mio ? ¦ Gervasio Pax vobis, domine magister, servus servorum et scabellum pedum tuorum. Polihimnio Maledicat te deus in secula seculorum.
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keine ersten Teile des Universums sind, von denen sie sagen, die einen hätten eine vegetative Seele, andere eine sensitive, andere wiederum eine vernünftige. Teofilo Aber wenn die Seele dadurch, daß sie im Ganzen ist, auch in den Teilen ist, warum wollt Ihr dann nicht zugeben, daß sie auch in den Teilen der Teile ist ? Dicsono Ich gebe es zu, aber nur [daß sie] in den Teilen der Teile der beseelten Dinge [ist]. Teofilo Aber welche sind denn diese Dinge, die nicht beseelt sind oder keine Teile von beseelten Dingen sind ? Dicsono Scheint Euch denn, daß wir von diesen nur wenige vor Augen haben ? Alle Dinge, die kein Leben besitzen. Teofilo Und welche sind die Dinge, die kein Leben oder nicht wenigstens ein Lebensprinzip haben ? Dicsono Um die Sache abzuschließen: behauptet Ihr, daß es kein Ding gibt, das nicht eine Seele und ein Prinzip des Lebens hätte ? Teofilo Das ist es, was ich letztlich will. Polihimnio Also besitzt ein toter Körper eine Seele ? Also sollen meine Schuhe, meine Pantoffeln, meine Stiefel, meine Sporen, mein Fingerring und mein Handschuh beseelt sein ? Mein Rock und mein Mantel, die sind beseelt ? Gervasio Ja, aber ja, Meister Polihimnio, warum denn nicht ? Ich glaube sehr wohl, daß Deine Toga und Dein Mantel beseelt sind, wenn ein Tier wie Du drinnen steckt; die Stiefel und Sporen sind eben dann beseelt, wenn Füße in ihnen stecken; der Hut ist beseelt, wenn er den Kopf bedeckt, der wohl nicht ohne Seele ist; und so ist auch der Stall beseelt, wenn das Pferd, das Maultier oder gar Eure Herrlichkeit sich drin befinden. Meint Ihr es nicht so, Teofilo ? Meint Ihr nicht, daß ich die Sache besser begriffen habe, als der dominus magister ? Polihimnio Cuium pecus ? Als ob sich nicht auch Esel fänden, die etiam atque etiam spitzfindig wären ! Du wagst es, Du unendlich Dummer, Du A-B-C-Schütze, Dich einem Schulhaupt und Leiter der Schule der Minerva, wie ich es bin, zu vergleichen ? Gervasio Pax vobis, domine magister, servus servorum et scabellum pedum tuorum. Polihimnio Maledicat te deus in secula seculorum.
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Dicsono Senza còlera: lasciatene determinare queste cose a noi. Polihimnio Prosequatur ergo sua dogmata Theophilus. Teofilo Cossì farò. Dico dumque, che la tavola come tavola non è animata, né la veste, né il cuoio come cuoio, né il vetro come vetro, ma come cose naturali e composte hanno in sé la materia e la forma. Sia pur cosa quanto piccola e minima si voglia, ha in sé parte di sustanza spirituale; la quale, se trova il soggetto disposto, si stende ad esser pianta, ad esser animale, e riceve membri di qualsivoglia corpo, che comunmente se dice animato: perché spirto si trova in tutte le cose, e non è minimo corpusculo che non contegna cotal porzione in sé, che non inanimi. Polihimnio Ergo quidquid est, animal est. Teofilo Non tutte le cose che hanno anima si chiamano animate. Dicsono Dumque al meno tutte le cose han vita ? Teofilo Concedo che tutte le cose hanno in sé anima, hanno vita, secondo la sustanza, e non secondo l’atto et operazione conoscibile da Peripate | tici tutti, e quelli che la vita et anima definiscono secondo | 135 certe raggioni troppo grosse. Dicsono Voi mi scuoprite qualche modo verisimile con il quale si potrebe mantener l’opinion d’Anaxagora, che ¦ voleva ogni cosa essere in ogni cosa: perché essendo il spirto o anima o forma universale in tutte le cose, da tutto si può produr tutto. Teofilo Non dico verisimile, ma vero: perché quel spirto si trova in tutte le cose, le quali se non sono animali, sono animate; se non sono secondo l’atto sensibili d’animalità e vita, son però secondo il principio e certo atto primo d’animalità e vita. E non dico di vantaggio, perché voglio supersedere circa la proprietà di molti lapilli e gemme: le quali rotte e recise e poste in pezzi disordinati, hanno certe virtù, di alterar il
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Dicsono Keinen Streit ! Laßt uns diese Dinge klären. Polihimnio Prosequatur ergo sua dogmata Theophilus. Teofilo So werde ich es auch machen. Ich sage also, daß der Tisch als Tisch nicht beseelt ist, ebenso nicht die Kleidung, noch das Leder als Leder, noch das Glas als Glas; aber sie haben, als natürliche Dinge, die Materie und die Form in sich. Jedes Ding, wie klein und gering auch immer es sein möge, hat in sich einen Teil der geistigen Substanz; diese wiederum, wenn sie ein je geeignetes Substrat findet, entwickelt sich zum Pflanze-Sein oder Lebewesen-Sein und nimmt die Glieder eines jeden Körpers an, von dem man gemeinhin sagt, er sei beseelt. Denn Geist findet sich in allen Dingen, es gibt nicht das kleinste Körperchen, das hiervon nicht einen solchen Anteil enthielte, der ausreichte, es zu beseelen. Polihimnio Ergo quidquid est, animal est. Teofilo Nicht alle Dinge, die eine Seele haben, werden auch beseelt genannt. Dicsono Dann sind aber doch wenigstens alle Dinge belebt ? Teofilo Ich gebe zu, daß alle Dinge in sich Seele und Leben haben, und zwar entsprechend der Substanz, nicht jedoch entsprechend dem Akt und der Tätigkeit, so wie sie von allen Peripatetikern gedacht werden und von denjenigen, die Leben und Seele nur nach sehr groben Kriterien bestimmen. Dicsono Ihr deckt eine Möglickeit auf, wie man mit Anspruch auf Wahrscheinlichkeit die Meinung des Anaxagoras aufrechterhalten könnte: dieser nahm an, daß jedes Ding in jedem anderen Ding sei, denn wenn der Geist oder die Seele oder die universale Form in allen Dingen sei, so könne aus allem alles hervorgebracht werden. Teofilo Ich hingegen sage: nicht mit Wahrscheinlichkeit, sondern mit Gewißheit. Denn dieser Geist findet sich in allen Dingen, die, wenn sie denn nicht lebendig sind, so doch beseelt sind, und wenn sie nicht der Wirklichkeit nach für Lebendigkeit und Leben empfänglich sind, so doch dem Prinzip nach und entsprechend eines gewissen erstrangigen Aktes der Belebtheit und des Lebens. Mehr sage ich jetzt nicht, denn ich will mich erst später hinsichtlich der Eigenschaft vieler Kristalle und Edelsteine äußern, die, sofern sie zerbrochen, aufgeschnitten und in unregelmäßige Teile gebracht sind, bestimmte Kräfte aufweisen,
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spirto et ingenerar novi affetti e passioni ne l’anima, non solo nel corpo. E sappiamo noi che tali effetti non procedeno, né possono provenire da qualità puramente materiale, ma necessariamente si referiscono a principio simbolico vitale et animale; oltre che il medesmo veggiamo sensibilmente ne’ sterpi e radici smorte, che purgando e congregando gli umori, alterando gli spirti, mostrano necessariamente effetti di vita. Lascio che non senza caggione gli necromantici sperano effettuar molte cose per le ossa de morti: e credeno che quelle ritegnano, se non quel medesmo, un tale però e quale atto di vita, che gli viene a proposito a effetti estraordinarii. Altre occasioni mi faranno più a lungo discorrere circa la mente, ¦ il spirto, l’anima, la vita che penetra | tutto, è in tutto, e move tutta la materia, empie il gremio di quella, e la sopravanza più tosto che da quella è sopravanzata: atteso che la sustanza spirituale dalla materiale non può essere superata, ma più tosto la viene a contenere. Dicsono Questo mi par conforme non solo al senso di Pitagora, la cui sentenza recita il Poeta quando dice: Principio caelum ac terras camposque liquentes, lucentemque globum lunae Titaniaque astra spiritus intus alit, totamque infusa per arctus mens agitat molem, totoque se corpore miscet; ma ancora al senso del Teologo, che dice: »Il spirto colma et empie la terra, e quello che contiene il tutto«. Et un altro parlando forse del commercio de la forma con la materia e la potenza, dice che è sopravanzata da l’atto e da la forma. Teofilo Se dumque il spirto, la anima, la vita si ritrova in tutte le cose, e secondo certi gradi empie tutta la materia, viene certamente ad essere il vero atto, e la vera forma de tutte le cose. L’anima dumque del mondo è il principio formale constitutivo de l’universo, e di ciò che in quello si contiene; dico che se la vita si trova in tutte le cose, l’anima
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die den Geist verändern und in der Seele, nicht nur im Körper, neue Leiden und Begierden hervorbringen können. Und wir wissen doch, daß solche Wirkungen nicht aus einer rein materiellen Eigenschaft resultieren oder hervorgehen können, sondern sich notwendigerweise auf ein symbolisches, lebendiges und belebtes Prinzip beziehen. Zusätzlich beobachten wir dasselbe deutlich an abgestorbenen Kräutern und Wurzeln, die, indem sie die Säfte reinigen und sammeln sowie die Geister verändern, notwendig Wirkungen hervorbringen, die auf Leben hindeuten. Ich lasse beiseite, daß auch die Nekromanten nicht ohne Grund viele Dinge mittels der Gebeine von Toten zu bewirken erhoffen, denn sie glauben daß diese, wenn nicht den Akt des Lebens selbst, so doch diese oder jene vergleichbare Lebensaktivität in sich trügen, die ihnen zwecks der beabsichtigten außerordentlichen Wirkungen dienlich sein könne. Zu anderer Gelegenheit werde ich viel ausführlicher über den Geist, den körperlichen Geist, die Seele und das Leben sprechen, das alles durchdringt, in allem ist, die ganze Materie bewegt, ihren Schoß erfüllt und eher diese übertrifft, als daß es von ihr übertroffen würde; denn die geistige Substanz kann nicht von der materiellen Substanz überwunden werden, vielmehr hält sie diese in ihren Schranken. Dicsono Dies scheint mir nicht nur der Intention des Pythagoras zu entsprechen, dessen Position der Dichter wiedergibt, wenn er sagt: principio caelum ac terras camposque liquentes, lucentemque globum lunae Titaniaque astra spiritus intus alit, totamque infusa per arctus mens agitat molem, totoque se corpore miscet, sondern auch der des Theologen, der sagt: »Der Geist durchdringt und erfüllt die Erde, und er ist es, der alles in sich enthält«. Und ein anderer sagt, wenn er vermutlich von der gegenseitigen Beziehung spricht, in der die Form mit der Materie und der Möglichkeit steht, daß diese letzteren vom Akt und der Form übertroffen würden. [10] Teofilo Wenn also Geist, Seele und Leben sich in allen Dingen finden und entsprechend bestimmter Abstufung die ganze Materie erfüllen, so sind sicherlich sie jeweils der wahre Akt und die wahre Form aller Dinge. Die Weltseele ist also das erzeugende Formalprinzip des Universums und auch alles dessen, was in diesem enthalten ist. Ich
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viene ad esser forma di tutte le cose: quella per tutto è presidente alla materia, e signoreggia nelli composti, ¦ effettua la composizione e consistenzia de le parti. E però la persistenza non meno par che si convegna a cotal forma, che a la materia. Questa intendo essere una di tutte le cose; la qual però secondo la diversità delle disposizioni della materia, e secondo la facultà de principii materiali attivi e | passivi, viene a produr diverse figurazioni et effettuar diverse facultadi, alle volte mostrando effetto di vita senza senso, tal volta effetto di vita e senso senza intelletto, tal volta par ch’abbia tutte le facultadi suppresse e reprimute o dalla imbecillità o da altra raggione de la materia. Cossì mutando questa forma sedie e vicissitudine, è impossibile che se annulle: perché non è meno subsistente la sustanza spirituale che la materiale. Dumque le formi esteriori sole si cangiano, e si annullano ancora, perché non sono cose, ma de le cose; non sono sustanze, ma de le sustanze sono accidenti e circostanze. Polihimnio Non entia sed entium. Dicsono Certo se de le sustanze s’annullasse qualche cosa, verrebe ad evacuarse il mondo. Teofilo Dumque abbiamo un principio intrinseco formale, eterno e subsistente, incomparabilmente megliore di quello che han finto gli sofisti, che versano circa gli accidenti, ignoranti della sustanza de le cose; e che vengono a ponere le sustanze corrottibili perché quello chiamano massimamente, primamente e principalmente sustanza, che ¦ resulta da la composizione: il che non è altro ch’uno accidente, che non contiene in sé nulla stabilità e verità, e se risolve in nulla. Dicono quello esser veramente omo che resulta dalla composizione; quello essere veramente anima che è o perfezzione et atto di corpo vivente, o pur cosa che resulta da certa simmetria di complessione e membri; onde non è ma-
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meine damit: wenn das Leben sich in allen Dingen findet, dann ist die Seele Form aller Dinge. Denn diese ist durchgehend das Bestimmende in der Materie, regiert in den zusammengesetzten Dingen und bewirkt Zusammensetzung und Zusammenhalt der einzelnen Teile. Deshalb entsteht der Schein, daß das dauernde Bestand-Haben nicht weniger einer solchen Form als auch der Materie zukomme. Jene Form verstehe ich als Eine in allen Dingen, die jedoch, wegen der Verschiedenheit der Anlagen der Materie und entsprechend der Vermögen der aktiven und passiven Materialprinzipien, verschiedene Gestaltungen hervorbringt und verschiedene Vermögen in Wirkung setzt: manchmal zeigt sie Leben ohne Sinnesleistung, manchmal Leben und Sinnesleistung ohne Vernunfttätigkeit, manchmal scheint es, als habe sie, sei es wegen der Schwäche der Materie oder wegen eines anderen Grundes, der in der Materie liegt, alle diese Vermögen unterdrückt und zurückgedrängt. Indem diese Form so ihren Sitz und ihren Zustand ändert, kann sie nicht zugrunde gehen: denn die geistige Substanz ist nicht weniger beständig als die materielle. Also verändern sich nur die äußeren Formen und gehen zugrunde: denn sie sind keine Dinge, sondern etwas an den Dingen, sie sind keine Substanzen, sondern Akzidentien und Besonderheiten an den Substanzen. Polihimnio Non entia sed entium. Dicsono Sicher: wenn etwas von den Substanzen vernichtet würde, dann würde die Welt sich entleeren. [11] Teofilo Wir haben also ein inneres formales, ewiges und beständiges Prinzip, das unvergleich besser ist als jenes, das die Sophisten erfunden haben, die, ohne etwas von der Substanz der Dinge zu ahnen, nur von den Akzidentien handeln und dazu kommen, Substanzen als vergänglich anzusetzen, da sie nur dasjenige wesentlich, erstlich und grundsätzlich Substanz nennen, was aus einer Zusammensetzung hervorgeht; dies ist nichts anderes als ein Akzidens, das in sich selbst keine Beständigkeit und Wahrheit enthält und sich in Nichts auflöst. Sie behaupten, daß dasjenige wahrhaftig ›Mensch‹ sei, was aus der Zusammensetzung entstehe, und dasjenige wahrhaftig ›Seele‹, was entweder Vervollkommnung und Akt eines lebendigen Körpers sei oder auch eine Sache, die aus einer gewissen Proportion im organischen Bestand und den Gliedern [eines Ganzen] resultiere. Daher kann es nicht ver-
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raviglia se fanno tanto, e prendeno tanto spavento per la morte e dissoluzione: come quelli a’ | quali è imminente la iattura de l’essere. Contra la qual pazzia crida ad alte voci la natura, assicurandoci che non gli corpi né l’anima deve temer la morte, perché tanto la materia quanto la forma sono principii constantissimi: O genus attonitum gelidae formidine mortis, quid styga, quid tenebras, et nomina vana timetis, materiam vatum falsique pericula mundi ? Corpora sive rogus flamma seu tabe vetustas abstulerit, mala posse pati non ulla putetis: morte carent animae domibus habitantque receptae. Omnia mutantur, nihil interit. Dicsono Conforme a questo mi par che dica il sapientissimo stimato tra gli Ebrei Salomone: »Quid est quod est ? ¦ ipsum quod fuit. Quid est quod fuit ? ipsum quod est. Nihil sub sole novum«. Sì che questa forma, che voi ponete, non è inexistente et aderente a la materia secondo l’essere, non depende dal corpo e da la materia a fine che subsista ? Teofilo Cossì è; et oltre ancora non determino se tutta la forma è accompagnata da la materia: cossì come già sicuramente dico de la materia non esser parte che a fatto sia destituita da quella, eccetto compresa logicamente, come da Aristotele, il quale mai si stanca di dividere con la raggione quello che è indiviso seconda la natura e verità. Dicsono Non volete che sia altra forma che questa eterna compagna di la materia ? Teofilo E più naturale ancora, che è la forma materiale de la quale raggionaremo appresso. Per ora notate questa ¦ distinzione de la forma: che è | una sorte di forma, prima, la quale informa, si estende e depende; e questa perché informa il tutto, è in tutto; e perché la si stende, comunica la perfezzione del tutto a le parti; e perché la dipende e non
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wundern, daß sie sich so viel aus dem Tod und der Auflösung machen und so viel Angst davor haben, wie Leute, denen der unmittelbare Verlust des [Da-]Seins droht. Gegen solche Verrückheit erhebt sich die Natur mit lauter Stimme und versichert uns, daß weder die Körper noch die Seele den Tod fürchten dürfe, da sowohl die Materie als auch die Form schlechthin beständige Prinzipien seien: O genus attonitum gelidae formidine mortis, quid styga, quid tenebras, et nomina vana timetis, materiam vatum falsique pericula mundi ? Corpora sive rogus flamma seu tabe vetustas abstulerit, mala posse pati non ulla putetis: morte carent animae domibus habitantque receptae. Omnia mutantur, nihil interit. Dicsono Mir scheint, daß Salomon, der unter den Hebräern als der Weiseste gilt, hierzu ganz Entsprechendes sagt: »Quid est quod est ? ipsum quod fuit. Quid est quod fuit ? ipsum quod est. Nihil sub sole novum«. Ist dies so zu verstehen, daß die Form, die Ihr ansetzt, ihrem Sein nach nicht in der Materie existiert und ihr auch nicht anhängt, und daß sie, um Bestand zu haben, nicht vom Körper und der Materie abhängt ? Teofilo So ist es ! Zudem will ich jetzt noch nicht ebenso festlegen, ob die ganze Form von der Materie begleitet wird, wie ich schon jetzt mit Sicherheit behaupte, daß es keinen Teil an der Materie gibt, der tatsächlich einer Formbestimmung ermangelte; es sei denn, sie wird logisch gefaßt, wie bei Aristoteles, der niemals müde wird, mit dem Verstand das zu trennen, was der Natur und der Wahrheit nach ungetrennt ist. [12] Dicsono Laßt Ihr keine andere Form zu als diese ewige Begleiterin der Materie ? Teofilo Diese und eine noch weit natürlichere: dies ist die materiale Form, von der wir später handeln werden. Für den Augenblick haltet diese Unterscheidung der Form fest: [i] Es gibt eine Art von Form, die erste, die selbst formt, sich ausdehnt und abhängt. Weil sie das Ganze durchformt, ist sie in allem; weil sie sich auf alles erstreckt, vermittelt sie die Vollkommenheit des Ganzen an die einzelnen Teile; weil sie [vom Ganzen] abhängig ist und keine von ihr ausgehende Tätigkeit
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ha operazione da per sé, viene a communicar la operazion del tutto alle parti, similmente il nome e l’essere: tale è la forma materiale come quella del fuoco, per che ogni parte del fuoco scalda, si chiama fuoco et è fuoco. Secondo, è un’altra sorte di forma, la quale informa e depende, ma non si stende: e tale per che fa perfetto et attua il tutto, è nel tutto et in ogni parte di quello; perché non si stende, avviene che l’atto del tutto non attribuisca a le parti; per che depende, l’operazione del tutto comunica a le parti: e tale è l’anima vegetativa e sensitiva, perché nulla parte de l’animale è animale, e nulladimeno ciascuna parte vive e sente. Terzo, è un’altra sorte di forma, la quale attua e fa perfetto il tutto; ma non si stende, né depende quanto a l’operazione. Questa perché attua e fa perfetto, è nel tutto et in tutto et in ogni parte; per che la non si stende, la perfezzione del tutto non attribuisce a le parti; perché non depende, non comunica l’operazione. Tale è l’anima, per quanto può esercitar la potenza intellettiva, e si chiama intellettiva: la quale non fa parte alcuna de l’uomo che si possa nomar uomo, né sia uomo, né si possa dir che intenda. Di queste tre specie la prima è materiale, che non si può intendere, né può essere senza materia; l’altre due specie ¦ (le quali in fine concorreno a uno secondo la sustanza et essere, e si distingueno secondo il modo che sopra abbiamo detto) denominano quel principio formale, il quale è distinto dal principio materiale. | Dicsono Intendo. Teofilo Oltre di questo voglio che si avertisca, che benché parlando secondo il modo comune, diciamo che sono cinque gradi de le forme, ciò è di »elemento«, »mixto«, »vegetale«, »sensitivo« et »intellettivo«, non lo intendiamo però secondo l’intenzion volgare; per che questa distinzione vale secondo l’operazioni che appaiono e procedono da gli
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besitzt, vermag sie die Tätigkeit des Ganzen und auf ähnliche Weise auch den Namen und das Sein des Ganzen den Teilen mitzuteilen. Diese [erste Form] ist die materiale Form, wie etwa die des Feuers; denn jeder Teil des Feuers wärmt, heißt Feuer und ist Feuer. Zweitens [ii]: Es gibt eine andere Art der Form, die formt und von etwas abhängt, sich aber nicht ausdehnt; und als solche ist sie, da sie das Ganze vervollkommnet und in Wirklichkeit setzt, im Ganzen und in jedem Teil desselben. Da sie sich aber nicht ausdehnt, kann sie auch den Akt des Ganzen nicht den einzelnen Teilen mitteilen; da sie abhängig ist, teilt sie die Tätigkeitsform des Ganzen den Teilen mit. Eine solche Form ist die vegetative und sensitive Seele, denn kein [einzelner] Teil des Lebe-wesens ist selbst ein Lebewesen, und nichtsdestoweniger lebt und empfindet jeder Teil. Drittens [iii] gibt es noch eine andere Art von Form, die das Ganze in Wirklichkeit setzt und vollkommen macht, die aber hinsichtlich ihrer Tätigkeit nicht ausgedehnt noch abhängig ist. Diese Form ist, weil sie verwirklicht und vervollkommnet, im Ganzen, und zwar in diesem und in jedem seiner Teile; weil sie sich nicht ausdehnt, teilt sie die Vollkommenheit des Ganzen nicht den Teilen mit, weil sie nicht abhängig ist, vermittelt sie auch nicht dessen Tätigkeitsform. Von dieser Art ist die Seele, insofern sie das vernünftige Vermögen ausüben kann, und [folglich] intellektive Seele heißt. Diese bewirkt nicht, daß irgendein Teil des Menschen ›Mensch‹ genannt werden könnte oder Mensch sei oder von ihm gesagt werden könnte, er sei des Verstehens mächtig. Von diesen drei Arten ist die erste materiell; man kann sie nicht ohne Materie denken, noch kann sie ohne Materie sein; die anderen beiden Arten (die letztlich hinsichtlich Substanz und Sein in einer zusammenfallen und sich dabei entsprechend der oben dargelegten Weise unterscheiden) bezeichnen jenes formale Prinzip, das vom materialen Prinzip unterschieden ist. Dicsono Ich verstehe. Teofilo Außer diesem möchte ich, daß man folgendes beachtet: obgleich wir, der gewöhnlichen Redeweise entsprechend, sagen, daß es fünf Stufen der Formen gebe, d. h. »Element«, »Mischung«, »Vegetatives«, »Sensitives« und »Intellektives«, so verstehen wir dies jedoch nicht gemäß der gewöhnlichen Auffassung. Denn diese Unterscheidungen gelten hinsichtlich der Tätigkeiten, die an den zugrundeliegen-
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suggetti, non secondo quella raggione de l’essere primario e fondamentale di quella forma e vita spirituale, la quale medesma empie il tutto, e non secondo il medesmo modo. Dicsono Intendo. Tanto che questa forma che voi ponete per principio, è forma subsistente, constituisce specie perfetta, è in proprio geno, e non è parte di specie come quella peripatetica. Teofilo Cossì è. Dicsono La distinzione de le forme nella materia non è secondo le accidentali disposizioni che dependeno da la forma materiale. Teofilo Vero. Dicsono Onde anco questa forma separata non viene a essere moltiplicata secondo il numero, per che ogni multiplicazione numerale depende da la materia. Teofilo Sì. Dicsono Oltre, in sé invariabile, variabile poi per li soggetti e diversità di materie: e cotal forma benché nel soggetto faccia differir la parte dal tutto, ella però non differisce nella parte e nel tutto; benché altra raggione li con ¦ vegna come subsistente | da per sé, altra in quanto che è atto e perfezzione di qualche soggetto, et altra poi a riguardo d’un soggetto con disposizioni d’un modo, altra con quelle d’un altro. Teofilo Cossì a punto. Dicsono Questa forma non la intendete accidentale, né simile alla accidentale, né come mixta alla materia, né come inerente a quella: ma inexistente, associata, assistente. Teofilo Cossì dico. Dicsono Oltre, questa forma è definita e determinata per la materia, per che avendo in sé facilità di constituir particolari, di specie innume-
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den Dingen erscheinen und aus diesen hervorgehen, nicht jedoch hinsichtlich der Bestimmung des ersten und fundamentalen Seins jener Form und jenes geistigen Lebens, das als dasselbe das Ganze auf immer verschiedene Weise erfüllt. [13] Dicsono Ich verstehe, und zwar so, daß diese Form, die Ihr als Prinzip ansetzt, eine aus sich beständige Form ist, eine vollkommene Art erzeugt und ihre eigene Gattung ist und nicht Teil einer Art, wie jene Form der Peripatetiker. Teofilo So ist es gemeint. Dicsono Die Unterscheidung von Formen in der Materie geschieht nicht entsprechend den zufälligen Bedingungen, die von der materiellen Form abhängen. Teofilo Richtig. Dicsono Daraus folgt, daß auch diese getrennte Form nicht entsprechend der Zahl vervielfältigt werden kann, da jede zahlhafte Vervielfältigung von der Materie abhängt. Teofilo Ja. Dicsono Außerdem ist sie zwar in sich unveränderlich, veränderlich jedoch, was die zugrundeliegenden Dinge und die Verschiedenheit der Materie betrifft. Und wenn auch eine solche Form in einem zugrundeliegenden Gegenstand bewirkt, daß der Teil vom Ganzen verschieden ist, so ist sie doch selbst weder im Teil noch im Ganzen verschieden; wenngleich ihr eine je andere Bestimmung zukommt, sofern sie aus sich selbst Bestand hat, insofern sie Akt und Vollkommenheit eines beliebigen Zugrundliegenden ist, weiter auch [kommt ihr eine je andere Bestimmung zu] hinsichtlich eines Zugrundeliegenden mit einer solchen, und schließlich hinsichtlich eines Zugrundeliegenden mit einer anderen Anlage. Teofilo Genau so ist es. Dicsono Ihr versteht diese Form nicht als akzidentell noch als dem Akzidentellen ähnlich, noch als mit der Materie vermischt, noch als ihr anhängend, sondern als in ihr existierend, als ihr verbunden und beiwohnend. Teofilo So meine ich es. Dicsono Weiter ist diese Form durch die Materie begrenzt und bestimmt. Denn während es für sie an sich ein Leichtes ist, einzelnes
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rabili, viene a contraersi a constituir uno individuo; e da l’altro canto la potenza della materia indeterminata, la quale può ricevere qualsivoglia forma, viene a terminarsi ad una specie: tanto che l’una è causa della definizione e determinazion de l’altra. Teofilo Molto bene. Dicsono Dumque in certo modo approvate il senso di Anaxagora che chiama le forme particolari di natura »latitanti«, alquanto quel di Platone che le deduce da le idee, alquanto quel di Empedocle che le fa provenire da la intelligenza, in certo modo quel di Aristotele che le fa come uscire da la potenza de la materia ? Teofilo Sì, per che come abbiamo detto che dove è la forma è in certo modo tutto, dove è l’anima, il spirto, la ¦ vita, è tutto: il formatore è l’intelletto per le specie ideali; e le forme, se non le | suscita da la materia, non le va però mendicando da fuor di quella, per che questo spirto empie il tutto. Polihimnio Velim scire quomodo forma est anima mundi ubique tota, se la è individua. Bisogna dumque che la sia molto grande, anzi de infinita dimensione, se dici il mondo essere infinito. Gervasio È ben raggione che sia grande. Come anco del nostro Signore disse un predicatore a Grandazzo in Sicilia: dove in segno che quello è presente in tutto il mondo, ordinò un crucifisso tanto grande, quanta era la chiesa; a similitudine de Dio padre, il quale ha il cielo empireo per baldacchino, il ciel stellato per seditoio, et ha le gambe tanto lunghe, che giungono sino a terra, che gli serve per scabello. A cui venne a dimandar un certo paesano, dicendogli: »Padre mio reverendo, or quante olne di drappo bisognaranno per fargli le calze ?«; et un altro disse che ¦ non bastarebono tutti i ceci, faggiuoli e fave di Melazzo e Nicosia, per empirgli la pancia. Vedete dumque che questa anima del mondo non sia fatta a questa foggia anch’ella.
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Seiendes unzähliger Arten aus sich zu erzeugen, so zieht sie sich [hingegen] zur Erzeugung eines konkreten Individuums zusammen, und andererseits bestimmt sich das Vermögen der unbegrenzten Materie, das an sich jede beliebige Form annehmen kann, auf eine Art hin, sodaß letztlich die eine die Ursache der Begrenzung und Bestimmung der anderen ist. Teofilo Sehr gut. Dicsono Ihr bestätigt also in gewisser Weise die Meinung des Anaxagoras, der die besonderen Naturformen als ›verborgene‹ bezeichnet, zu einem Teil die Position Platons, der sie aus den Ideen ableitet, zu einem Teil auch die des Empedokles, der sie aus der Vernunft hervorgehen läßt, in gewisser Weise die des Aristoteles, der sie gleichsam aus dem Vermögen der Materie entspringen läßt ? Teofilo Ja ! Denn, wie wir schon ausgeführt haben: wo die Form ist, ist in gewisser Weise alles; wo die Seele ist, der körperliche Geist, das Leben, ist alles. Der Bildner ist die Vernunft und zwar mittels der idealen Arten; und wenn er die Formen nicht direkt aus der Materie hervorruft, so erbettelt er sie sich doch auf jeden Fall nicht außerhalb derselben zusammen, denn dieser Geist erfüllt das Ganze. [14] Polihimnio Velim scire quomodo forma est anima mundi ubique tota, wenn sie ungeteilt ist. So muß sie wohl sehr groß sein, ja sogar von unendlicher Ausdehnung, da Du ja sagst, daß die Welt unendlich sei. Gervasio Ein trefflicher Grund dafür, daß sie groß ist. So wie auch das, was ein Prediger in Grandazzo auf Sizilien von unserem Heiland sagte: dieser bestellte zum Zeichen, daß jener in der ganzen Welt gegenwärtig ist, ein Crucifix, das so groß wie die ganze Kirche war, nach dem Bilde Gott Vaters, der den empyreischen Himmel als Baldachin, den Sternenhimmel als Sitzplatz und so lange Beine hat, daß sie bis zur Erde reichen, die ihm als Schemel dient. Zu diesem [Prediger] kam nun ein Bauer mit der Frage: »Mein ehrwürdiger Vater, aber wie viel Ellen Tuch werden denn wohl nötig sein, um ihm auch Socken zu fertigen ?« Und ein anderer warf ein, es würden nicht alle Erbsen, Bohnen und Saubohnen von Melazzo und Nicosia ausreichen, um ihm den Bauch zu füllen. Habt also acht, daß Eure Weltseele nicht auch nach diesem Zuschnitt gemacht ist.
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Teofilo Io non saprei rispondere al tuo dubio, Gervasio, ma bene a quello di mastro Polihimnio: pure dirò con una similitudine, per satisfar alla dimanda di ambi doi, per che voglio che voi ancora riportiate qualche frutto di nostri raggionamenti e discorsi. Dovete dumque saper brevemente che l’anima del mondo, e la divinità, non sono tutti presenti per tutto e per ogni parte, in modo con cui qualche cosa materiale possa esservi: perché questo è impossibile a qualsivoglia corpo e | | 151 qualsivoglia spirto; ma con un modo il quale non è facile a displicarvelo altrimente se non con questo. Dovete avvertire, che se l’anima del mondo e forma universale se dicono essere per tutto, non s’intende corporalmente e dimensionalmente, per che tali non sono, e cossì non possono essere in parte alcuna: ma sono tutti per tutto spiritualmente; come per essempio (anco rozzo) potreste imaginarvi una voce, la quale è tutta in tutta una stanza et in ogni parte di quella: per che da per tutto se intende tutta; come queste paroli ch’io dico sono intese tutte da tutti, anco se fussero mille presenti, e la mia voce si potesse giongere a tutto il mondo, sarebe tutta per tutto. Dico dumque a voi mastro Polihimnio, che l’anima non è individua, come il punto, ma in certo modo come la voce. E rispondo a te Gervasio, che la divinità non è per tutto, come il Dio di Grandazzo è in tutta la sua cappella: per che ¦ quello, benché sia in tutta la chiesa, non è però tutto in tutta; ma ha il capo in una parte, li piedi in un’altra, le braccia et il busto in altre et altre parti. Ma quella è tutta in qualsivoglia parte, come la mia voce è udita tutta da tutte le parti di questa sala. Polihimnio Percepi optime. Gervasio Io l’ho pur capita la vostra voce. Dicsono Credo ben la voce, ma del proposito penso che vi [è] entrato per un’orecchia et uscito per l’altra.
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Teofilo Auf Deinen Zweifel, Gervasio, wüßte ich nicht zu antworten, wohl aber auf den von Magister Polihimnio: Ich werde mich also eines Gleichnisses bedienen, um Euren beiden Fragen zu genügen, denn ich wünsche doch, daß auch Ihr aus unseren Überlegungen und Diskussionen manche Frucht mitnehmen könnt. Wißt also in aller Kürze, daß die Weltseele und die Gottheit nicht auf die gleiche Weise als Ganze im Ganzen und in jedem Teil des Ganzen sind, wie irgendeine materielle Sache dies könnte, denn dies ist jedem Körper und jedem körperlichen Geist unmöglich; sondern sie sind dies auf eine Weise, die Euch kaum anders denn als auf folgende Art erklärt werden kann. Ihr müßt darauf achten: wenn gesagt wird, daß die Weltseele und die universale Form überall seien, dann wird dies nicht körperlich oder im dimensionalen Sinn verstanden, denn sie sind nicht von dieser Beschaffenheit und können auf die genannte Weise auch nicht in irgendeinem Teil sein; aber sie sind auf geistige Weise als Ganze im Ganzen, wie Ihr Euch zum Beispiel (auch wenn der Vergleich ziemlich grob ist) eine Stimme vorstellen könntet, die als Ganze im ganzen Zimmer und in jedem Teile desselben ist, denn überall wird sie ganz verstanden. Wie diese Worte hier, die ich jetzt spreche, alle von allen Zuhörern verstanden werden, auch wenn tausend zugegen wären, und wie meine Stimme, wenn ich mit ihr die ganze Welt erreichen könnte, auch als Ganze in der ganzen [Welt] wäre. Ich sage Euch also, Magister Polihimnio, daß die Seele unteilbar ist nicht wie der Punkt, sondern in gewisser Weise wie die Stimme. Und Dir, Gervasio, antworte ich, daß die Gottheit nicht so überall ist, wie der Gott von Grandazzo in seiner ganzen Kapelle ist: denn dieser letztere, obgleich er in der ganzen Kirche ist, ist deswegen doch nicht ganz in der ganzen Kirche. Sein Kopf ist nämlich in einem Teil derselben, seine Füsse in einem anderen, die Arme und der Oberkörper wieder in je anderen Teilen. Die Gottheit hingegen ist als ganze in jedem Teil, wie meine Stimme als ganze in allen Teilen dieses Raumes hier vernommen wird. Polihimnio Percepi optime. Gervasio Auch ich habe Eure Stimme verstanden. Dicsono Was die Stimme betrifft, so will ich das gerne glauben; was aber den Gehalt angeht, so denke ich, daß er Euch zum einen Ohr hinein und zum anderen wieder herausgegangen ist.
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Gervasio Io penso che non v’è neanco entrato: per che è tardi, e l’or| 153 loggio che tegno dentro il stomaco, ha toccata l’ora di cena. | Polihimnio Hoc est, idest have il cervello in patinis. Dicsono Basta dumque. Domani conveneremo per raggionar forse circa il principio materiale. Teofilo O vi aspettarò, o mi aspettarete qua.
Fine del secondo dialogo | ¦
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dritter dialog
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Gervasio Ich denke, daß er dort noch nicht einmal hineingegangen ist, denn es ist schon spät, und die Uhr, die ich im Magen drinnen trage, hat gerade die Stunde des Abendessens geschlagen. Polihimnio Hoc est, idest er hat sein Hirn in patinis. Dicsono Also laßt es damit genug sein. Morgen wollen wir zusammenkommen, um vielleicht über das Materialprinzip zu diskutieren. Teofilo Entweder werde ich Euch erwarten, oder Ihr erwartet mich hier. Ende des zweiten Dialogs
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D IA L O G O T E R Z O
Gervasio È pur gionta l’ora, e costoro non son venuti. Poi che non ho altro pensiero che mi tire, voglio prender spasso di udir raggionar costoro, da’ quali oltre che posso imparar qualche tratto di scacco di filosofia, ho pur un bel passatempo, circa que’ grilli che ballano in quel cervello eteroclito di Polihimnio pedante: il quale mentre dice che vuol giudicar chi dice bene, chi discorre meglio, chi fa delle incongruità et errori in filosofia, quando poi è tempo de dir la sua parte, e non sapendo che porgere, viene a sfilzarti da dentro il manico della sua ventosa pedantaria una insalatina di proverbiuzzi, di frase per latino o greco, che non fanno mai approposito di quel ch’altri dicono; onde senza troppo difficultà non è cieco che non possa vedere quanto lui sia pazzo per lettera, mentre de gli altri son savii per volgare. Or eccolo in fede mia, come sen viene che par che nel movere di passi ancora sappia caminar per lettera. – Ben venga il dominus magister. ¦ Polihimnio Quel »magister« non mi cale: poscia che in questa devia et enorme etade, viene attribuito non più a miei pari, che ad qualsivoglia barbitonsore, cerdone e castrator di porci; però ne vien consultato: | 157 »Nolite vocari Rabi«. | Gervasio Come dumque volete ch’io vi dica ? Piacevi il »reverendissimo« ? Polihimnio Illud est praesbiterale et clericum. Gervasio Vi vien voglia dell’»illustrissimo« ?
D R I T T E R D IA L O G
Gervasio Es ist die ausgemachte Stunde, und sie sind nicht gekommen ! Da ich sowieso nichts anderes vorhabe, was mich interessiert, hätte ich mir doch gerne das Vergnügen gemacht, ihnen weiterhin bei ihren Überlegungen zuzuhören. Denn außer der Tatsache, daß ich von ihnen den ein oder anderen philosophischen Schachzug lernen konnte, habe ich mit den Grillen, die in jenem sonderbaren Hirn des Pedanten Polihimnio herumspuken, einen schönen Zeitvertreib. Dieser will sagen können, wer gut redet, wer besser argumentiert, wer in der Philosophie Widersprüchliches und Irrtümer vorbringt, wenn dann aber er selbst an der Reihe ist, seine Sache vorzubringen, so weiß er nichts Richtiges zu sagen und schüttelt dir statt dessen aus dem Ärmel seiner aufgeblähten Schulfuchserei ein Salätchen aus verbrauchten Redensarten, aus lateinischen und griechischen Sprüchen, die nie auf das eingehen, was die Gesprächspartner sagen. Ohne große Mühe kann daher jeder Blinde sehen, was für ein Narr er bei allem Wissen doch ist, und wie die anderen durch ihren bloßen Menschenverstand weise sind. Aber, meiner Treu, da ist er ja. Die Art, wie er kommt, zeigt an, daß er noch mit der Bewegung seiner Schritte das Fortschreiten der klassischen Bildung zu verbinden weiß. – Willkommen sei der dominus magister ! Polihimnio Dies »magister« bedeutet mir wenig, denn in diesen verirrten und chaotischen Zeiten wird es ebensosehr wie an meinesgleichen an beliebige Barbiere, Flickschuster und Sauschneider vergeben. Daher rät man uns auch: »Nolite vocari Rabi !« Gervasio Wie wollt Ihr denn, daß ich Euch nenne ? Gefällt Euch vielleicht ein »Hochwürden« ? Polihimnio Illud est praesbiterale et clericum. Gervasio Steht also Euer Wunsch nach einem »illustrissimo« ?
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Polihimnio Cedant arma togae: questo è da equestri eziamdio, come da purpurati. Gervasio La »maestà cesarea« an ? Polihimnio Quae Caesaris, Caesari. Gervasio Prendetevi dumque il »domine«, deh, toglietevi il »gravitonante«, il »divum pater«. Venemo a noi: per che siete tutti cossì tardi ? Polihimnio Cossì credo che gli altri sono impliciti in qualch’altro affare, come io, per non tralasciar questo giorno senza linea, sono versato circa la contemplazion del tipo del globo, detto volgarmente il mappamondo. Gervasio Che avete a far col mappamondo ? Polihimnio Contemplo le parti de la terra, climi, provinze e regioni: de quali, tutte ho trascorse con l’ideal raggione, molte co gli passi ancora. ¦ Gervasio Vorei che discorressi alquanto dentro di te medesmo: per che questo mi par che più te importi, e di questo credo che manco ti curi. Polihimnio Absit verbo invidia; per che con questo molto più efficacemente vengo a conoscere me medesmo. | 159 Gervasio E come mel persuaderai ? | Polihimnio Per quel che dalla contemplazione del megacosmo, facilmente (necessaria deductione facta a simili) si può pervenire alla cognizione del microcosmo, di cui le particole alle parti di quello corrispondeno. Gervasio Sì che trovaremo dentro voi la luna, il Mercurio et altri astri, la Francia, la Spagna, l’Italia, l’Inghilterra, il Calicutto et altri paesi ? Polihimnio Quid ni ? per quamdam analogiam. Gervasio Per quandam analogiam io credo che siate un gran monarca: ma se fuste una donna vi dimandarei se vi è per alloggiare un putello, o di porvi in conserva una di quelle piante che disse Diogene.
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Polihimnio Cedant arma togae: dies ist mehr Sache des Ritterstandes wie auch der [höfisch-kurialen] Purpurträger. Gervasio »Kaiserliche Majestät«, wie wär’s damit ? Polihimnio Quae Caesaris, Caesari. Gervasio Dann nehmt also doch einfach das »domine« und laßt den »Schwerdonnernden«, laßt das »divum pater«. – Kommen wir jedoch zu uns: warum seid Ihr alle so spät dran ? Polihimnio Ich denke, daß die anderen in irgendeine andere Angelegenheit verwickelt sind. So wie auch ich, um dem nulla dies sine linea gerecht zu werden, mich mit der Betrachtung desjenigen Abbildes der Erdkugel beschäftigt habe, das man für gewöhnlich als Weltkarte bezeichnet. Gervasio Was habt Ihr denn mit der Weltkarte zu tun ? Polihimnio Ich betrachte die Teile der Erde, die klimatischen Zonen, die Provinzen und Regionen; alle habe ich sie idealiter, in Gedanken, durchmessen, viele aber auch schon zu Fuß. Gervasio Ich wollte, Du würdest ein bißchen mehr in Dir selbst herumwandern und herumschauen; denn meiner Meinung nach ist es genau dies, was Dir Not täte, und genau dies, um das Du Dich zu wenig kümmerst. Polihimnio Absit verbo invidia. Aber auf jenem Weg erreiche ich viel wirkungsvoller, daß ich mich selbst erkenne. Gervasio Und wie willst Du mich davon überzeugen ? Polihimnio Durch die Tatsache, daß man mittels der Betrachtung des Makrokosmos leicht (necessaria deductione facta a simili) zur Erkenntnis des Mikrokomos gelangen kann, dessen Teilchen den Teilen des ersteren entsprechen. Gervasio Etwa so, daß wir in Eurem Innern den Mond finden würden, den Merkur und andere Sterne, Frankreich, Spanien, Italien, England, Kalkutta und andere Länder ? Polihimnio Quid ni ? per quamdam analogiam. Gervasio Per quandam analogiam glaube ich auch, daß Ihr ein großer Monarch seid; aber wenn Ihr eine Frau wäret, würde ich Euch fragen, ob Ihr nicht Platz hättet, um ein Bürschlein aufzunehmen oder um Euch eines der Gewächse anzunehmen, von denen Diogenes gesprochen hat.
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Polihimnio Ah ! ah ! quodammodo facete. Ma questa petizione non quadra ad un savio et erudito. Gervasio S’io fusse erudito, e mi istimasse savio, non verrei qua ad imparar insieme con voi. Polihimnio Voi sì, ma io non vegno per imparare, perché nunc meum est docere; mea quoque interest eos qui docere volunt iudicare: però vegno per altro fine, che per quel che ¦ dovete voi venire, a cui conviene l’esser tirone, isagogico e discepolo. Gervasio Per qual fine ? Polihimnio Per giudicare dico. Gervasio In vero a pari vostri più che ad altri sta bene di far giudicio de le scienze e dottrine: per che voi siete que’ soli a quali la liberalità de le | stelle e la munificenza del fato ha conceduto il poter trarre il succhio | 161 da le paroli. Polihimnio E consequentemente da i sensi ancora, i quali sono congionti alle paroli ... Gervasio Come al corpo l’anima. Polihimnio Le qual paroli essendo ben comprese, fanno ben considerar ancor il senso: però dalla cognizion de le lingue (nelle quali io più che altro che sia in questa città sono exercitato, e non mi stimo men dotto di qualumque sia che tegna ludo di Minerva aperto) procede la cognizione di scienza qualsivoglia. Gervasio Dumque tutti que’ che intendeno la lingua italiana comprenderanno la filosofia del Nolano ? Polihimnio Sì, ma vi bisogna anco qualch’altra prattica e giudizio. Gervasio Alcun tempo io pensava che questa prattica fusse il principale; per che un che non sa greco può intender tutto il senso d’Aristotele, e conoscere molti errori in quello, come apertamente si vede: che questa idolatria che versava circa l’autorità di quel filosofo (quanto a le cose naturali principalmente) è a fatto abolita appresso tutti che comprendeno i sensi che apporta questa altra setta; et uno che non sa né di
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Polihimnio Ah ! ah ! quodammodo facete. Aber diese Frage gebührt sich nicht für einen Weisen und Gebildeten. Gervasio Wäre ich gebildet und hielte mich gar für weise, dann würde ich nicht hierher kommen, um zusammen mit Euch etwas zu lernen. Polihimnio Wohl kommt Ihr, nicht aber ich, um zu lernen, denn nunc meum est docere; mea quoque interest eos qui docere volunt iudicare: also komme ich zu einem anderen Zweck als dem, zu welchem Ihr kommen müßt, Ihr, dem es eben zukommt, ein Anfänger, ein Einzuführender, ein Schüler zu sein. Gervasio Zu welchem Zwecke denn ? Polihimnio Ich sagte doch: um zu urteilen. Gervasio Tatsächlich, es steht wohl Euresgleichen mehr als anderen zu, ein Urteil über die Wissenschaften und Lehrmeinungen zu fällen: denn Ihr seid die einzigen, denen die Freigebigkeit der Gestirne und die Großzügigkeit des Schicksals das Vermögen zugestanden haben, aus den Worten den Saft herauszuziehen. Polihimnio Und folglich auch aus dem Sinn, der den Worten verbunden ist … Gervasio Wie dem Körper die Seele. Polihimnio Sofern die Worte wohl aufgefaßt werden, erschließen sie auch sehr wohl der Betrachtung den Sinn: aus der Erkenntis der Sprachen (in welchen ich mehr als jeder andere in der Stadt ausgebildet bin, und ich erachte mich hierin für nicht weniger gelehrt als jeder andere, der eine Minerva-Schule leitet) geht also die Erkenntnis jeder Wissenschaft hervor. Gervasio Alle die also, die die italienische Sprache verstehen, werden die Philosophie des Nolaners begreifen ? Polihimnio Ja, aber hierzu bedarf es auch noch andrer Fertigkeit und Urteilskraft. Gervasio Es gab eine Zeit, da dachte ich, diese Fertigkeit wäre die Hauptsache, denn jemand, der kein Griechisch kann, kann doch den ganzen Sinn der Lehre des Aristoteles verstehen und viele Fehler darin entdecken. Denn es ist doch offensichtlich, daß der Götzendienst, der um die Autorität dieses Philosophen veranstaltet wird (hauptsächlich in bezug auf die Naturtheorie), tatsächlich bei allen denen, die die Lehre jener anderen Richtung verstehen, gänzlich verschwunden ist. Und
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greco, né di arabico, e forse né di latino, ¦ come il Paracelso, può aver meglio conosciuta la natura di medicamenti e medicina, che Galeno, Avicenna e tutti che si fanno udir con la lingua romana. Le filosofie e leggi non vanno in | perdizione per penuria d’interpreti di paroli, ma di que’ che profondano ne’ sentimenti. Polihimnio Cossì dumque vieni a computar un par mio nel numero della stolta moltitudine ? Gervasio Non vogliano gli dèi, per che so che con la cognizione e studio de le lingue (il che è una cosa rara e singulare) non sol voi, ma tutti vostri pari sète valorosissimi circa il far giudicio delle dottrine, dopo aver crivellati i sentimenti di color che ne si fanno in campo. Polihimnio Perché voi dite il verissimo, facilmente posso persuadermi che non lo dite senza raggione: per tanto come non vi è difficile, non vi sia grave di apportarla. Gervasio Dirò (referendomi pur sempre alla censura de la prudenza e letteratura vostra): è proverbio comune, che quei che sono fuor del gioco, ne intendeno più che quei che ¦ vi son dentro; come que’ che sono nel spettacolo, possono meglio giudicar de gli atti, che quelli personaggi che sono in scena; e della musica può far meglior saggio un che non è de la capella o del conserto; similmente appare nel gioco de le carte, scacchi, scrima et altri simili: cossì voi altri signor pedanti, per esser esclusi e fuor d’ogni atto di scienza e filosofia, e per non aver, e giamai aver avuto participazione con Aristotele, Platone et altri simili, possete meglio giudicarli e condannar con la vostra sufficienza grammaticale e presunzion del vostro naturale, che il Nolano che se ritrova nel medesmo teatro, nella medesma familiarità e domestichezza: tanto che | facilmente le combatte dopo aver conosciuti i loro interiori e più
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jemand, der weder Griechisch noch Arabisch, noch vielleicht Latein beherrscht, wie Paracelsus, kann die Natur der Arzneien und der Medizin besser verstanden haben als Galen, Avicenna und alle die anderen, die sich in der Sprache der Römer vernehmen lassen. Philosophische Theorien und Gesetze gehen nicht deshalb verloren, weil es Mangel an Worterklärern gäbe, sondern deswegen, weil es Mangel an solchen gibt, die gründlich in den Sinn der Gedanken eindringen. Polihimnio So willst Du also einen Menschen wie mich unter den ungebildeten Pöbel zählen ? Gervasio Das mögen die Götter verhüten. Ich weiß doch, daß Kenntnis und Studium der Sprachen (übrigens eine seltene und einzigartige Sache) nicht nur Euch, sondern alle Euresgleichen in höchstem Maße befähigt, über die philosophischen Theorien zu urteilen, nachdem Ihr erst einmal die Ansichten ihrer Verfechter durchgesiebt habt. Polihimnio Da Ihr die reine Wahrheit sagt, lasse ich mich leicht davon überzeugen, daß Ihr sie nicht ohne guten Grund vorbringt: da dies für Euch selbst kein Problem darstellt, so wird es Euch auch nicht beschwerlich sein, ihn mir gegenüber darzulegen. Gervasio Ich sage Folgendes (dabei werde ich mich natürlich durchgehend der Kritik seitens Eurer Weisheit und Bildung beugen): nach einer bekannten Redeweise verstehen die, die nicht an einem Spiel teilnehmen, dieses besser als die, die in es verstrickt sind; wie auch die Zuschauer einer Theateraufführung besser die einzelnen Handlungen beurteilen können als die Figuren auf der Bühne selbst; oder wie einer, der nicht zum Chor oder Orchester gehört, die Musik besser erforschen kann. Ähnlich scheint es beim Kartenspiel, beim Schach, beim Fechten und vergleichbaren Dingen zu sein. So ist es eben auch mit Euch anderen Herren, mit Euch Pedanten: da Ihr außerhalb von jeder wissenschaftlichen Tätigkeit und Philosophie steht, ja gänzlich davon ausgeschlossen seid, und niemals mit Aristoteles, Platon und ähnlichen Denkern irgend etwas gemein hattet, so könnt Ihr sie natürlich besser beurteilen und mit Eurer grammatischen Selbstgefälligkeit und naturgemäßen Überheblichkeit verurteilen, als dies der Nolaner kann, der sich ja auf demselben Schauplatz befindet, in derselben Familie und Gesellschaft – dieser allerdings bekämpft sie leichter, nachdem er ihre inneren und tiefsten Einsichten kennengelernt hat. Ihr, sage ich, könnt
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profondi sentimenti. Voi dico per esser extra ogni profession di galant’uomini e pelegrini ingegni, meglio le possete giudicare. Polihimnio Io non saprei cossì di repente rispondere a questo impudentissimo. Vox faucibus haesit. Gervasio Però i pari vostri son sì presuntuosi, come non son gli altri che vi hanno il piè dentro: e per tanto io vi assicuro, che degnamente vi usurpate l’ufficio di approvar questo, riprovar quello, glosar quell’altro; far qua una concordia e collazione, là una appendice. Polihimnio Questo ignorantissimo, da quel che io son perito nelle buone lettere umane, vuol inferir che sono ignorante in filosofia. Gervasio Dottisimo messer Polihimnio, io vo’ dire che ¦ se voi aveste tutte le lingue che son (come dicono i nostri predicatori) settantadue ... Polihimnio Cum dimidia. Gervasio ... per questo non solamente non siegue che siate atto a far giudizio di filosofi, ma oltre non potreste togliere di essere il più gran goffo animale che viva in viso umano: et anco non è che impedisca che uno ch’abbia a pena una de le lingue ancor bastarda, sia il più sapiente e dotto di tutto il mondo. Or considerate quel profitto ch’han fatto doi cotali: de quali è un francese arcipedante, ch’ha fatte le Scole sopra le arte liberali e l’Animadversioni contra Aristotele; et un altro sterco di pedanti, | italiano, che ha imbrattati tanti quinterni con le sue Discussioni peripatetiche. Facilmente ogn’un vede ch’il primo molto eloquentemente mostra esser poco savio; il secondo sem ¦ plicemente parlando, mostra aver molto del bestiale et asino. Del primo possiamo pur dire che intese Aristotele, ma che l’intese male; e se l’avesse inteso bene, arebbe forse avuto ingegno di far onorata guerra contra lui, come ha fatto il giudiciosissimo Telesio Consentino. Del secondo non possiamo dir che l’abbia inteso né male né bene: ma che l’abbia letto e riletto,
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sie besser beurteilen, da Ihr von allem, was Ehrenmänner und feinsinnige Geister beherrschen, ausgeschlossen seid. Polihimnio Mir fehlen die Worte, diesem unverschämten Menschen so unmittelbar etwas zu entgegnen. Vox faucibus haesit. Gervasio Dennoch ist Euresgleichen so eingebildet, wie es die nicht sind, die mitten in der Sache drin stecken. Berücksichtigt man dies, so versichere ich Euch, daß Ihr zu Recht das Amt usurpiert habt, dieses zu billigen, jenes zu verwerfen, zu diesem einen Kommentar zu machen, hier eine Parallelstelle, dort einen Anhang anzufügen. Polihimnio Dieser ausgemachte Dummkopf ! Daraus, daß ich in den schönen Wissenschaften gebildet bin, will er ableiten, daß ich keine Ahnung von Philosophie habe. Gervasio Gelehrtester Herr Polihimnio, ich wollte Euch sagen: selbst wenn Ihr alle Sprachen beherrschtet, von denen es (so sagen es zumindest unsere Kanzelredner) zweiundsiebzig gibt … Polihimnio Cum dimidia. Gervasio … so folgte daraus nicht nur nicht, daß Ihr auch in der Lage wäret, ein philosophisches Urteil zu fällen, sondern darüber hinaus könntet Ihr es auch nicht vermeiden, das allerblödsinnigste Vieh mit menschlichem Antlitz zu sein; zusätzlich gibt es nichts, was dem entgegenstünde, daß einer, der gerade einmal eine der Sprachen beherrschte, sei es auch eine Bastardsprache, der weiseste und gelehrteste Mensch der ganzen Welt wäre. Bedenkt den Nutzen, den sich diese zwei gleichgesinnten Individuen erworben haben: der eine von ihnen ist ein französischer Erzpedant, der die Scole sopra le arte liberali und die Animadversioni contra Aristotele verfaßt hat; und der andere, ein Misthaufen von Pedanterie, ist Italiener und hat so viele Seiten mit seinen Discussioni peripatetiche vollgeschmiert. Jeder kann sehr leicht sehen, daß der erstere auf äußerst eloquente Weise zeigt, daß er kaum etwas weiß, und daß der zweite in einfacher Sprache zeigt, daß er viel vom Tier und vom Esel hat. Vom ersten können wir wenigstens sagen, daß er Aristoteles verstanden, aber eben schlecht verstanden hat; und wenn er ihn gut verstanden hätte, hätte er vielleicht die Fähigkeit gehabt, einen ehrenhaften Krieg gegen ihn zu führen, wie es der äußerst scharfsinnige Telesio aus Cosenza getan hat. Vom zweiten können wir weder sagen, daß er ihn schlecht, noch daß er ihn gut verstanden hat,
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cucito scucito, e conferito con mill’altri greci autori amici e nemici di quello; et al fine fatta una grandissima fatica, non solo senza profitto alcuno, ma etiam con un grandissimo sprofitto: di sorte che chi vuol vedere in quanta pazzia e presuntuosa vanità può precipitar e profondare un abito pedantesco, veda quel sol libro, prima che se ne perda la somenza. Ma ecco presenti il Teofilo col Dicsono. Polihimnio Adeste felices, domini. La presenzia vostra è causa che la mia excandescenzia non venga ad exaggerar fulminee sentenze contra i vani propositi ch’ha tenuti questo garrulo frugiperda. Gervasio Et a me tolta materia di giocarmi, circa la maestà di questo reverendissimo gufo. Dicsono Ogni causa va bene se non v’adirate. ¦ Gervasio Io quel che dico, lo dico con gioco; perché amo il signor maestro. Polihimnio Ego quoque quod irascor, non serio irascor, quia Gervasium non odi. | Dicsono Bene: dumque lasciatemi discorrer con Teofilo. Teofilo Democrito dumque e gli Epicurei, i quali quel che non è corpo dicono esser nulla, per conseguenza vogliono la materia sola essere la sustanza de le cose, et anco quella essere la natura divina, come disse un certo arabo chiamato Avicebron, come mostra in un libro intitolato Fonte di vita. Questi medesmi, insieme con Cirenaici, Cinici e Stoici, vogliono le forme non essere altro che certe accidentali disposizioni de la materia: et io molto tempo son stato assai aderente a questo parere, solo per questo, che ha fondamenti più corrispondenti alla natura che quei di Aristotele; ma dopo aver più maturamente considerato, avendo risguardo a più cose, troviamo che è necessario conoscere nella natura doi geni di sustanza, l’uno che è forma, e l’altro che è materia; perché è necessario che sia un atto sustanzialissimo, nel quale è la po-
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sondern nur, daß er ihn wieder und wieder gelesen, ihn aufgetrennt und zusammengenäht sowie mit tausend anderen griechischen Autoren, seinen Freunden und Feinden, verglichen hat; und daß er schließlich einen riesigen Aufwand betrieben hat, der nicht nur ohne irgendeinen Gewinn geblieben ist, sondern etiam großen Verlust folgender Art eingebracht hat: daß, wer immer sehen will, in welche Verrücktheit und anmaßende Nichtigkeit ein pedantischer Charakter stürzen kann, dieses Buch anschauen soll, bevor es in Vergessenheit gerät. Aber da ist ja Teofilo zusammen mit Dicsono ! Polihimnio Adeste felices, domini. Eure Gegenwart ist Ursache dafür, daß meine glühende Wut sich nicht dazu hinreißen läßt, Sätze wie Blitze gegen die nichtigen Behauptungen zu schleudern, die dieser geschwätzige Tagedieb vorgebracht hat. Gervasio Mir hingegen raubt sie die Gelegenheit, mich an der Majestät dieses allehrwürdigsten Kauzes zu amüsieren. Dicsono Alles möge hingehen, wenn Ihr Euch nur nicht erzürnt. Gervasio Das, was ich hier sage, sage ich doch im Scherz, denn der Herr Magister ist mir lieb und teuer. Polihimnio Ego quoque quod irascor, non serio irascor, quia Gervasium non odi. Dicsono Dann ist es ja gut. Laßt mich also jetzt mit Teofilo diskutieren. [1] Teofilo Demokrit also und die Epikureer, die behaupten, daß das, was nicht Körper sei, nichts sei, wollen konsequenterweise, daß nur die Materie Substanz der Dinge, mehr noch, daß sie die göttliche Natur selbst sei, wie ein gewisser Araber namens Avicebron sagte und in einem Buch mit dem Titel Fons vitae dargelegt hat. Ebendiese behaupten auch, zusammen mit den Kyrenaikern, Kynikern und Stoikern, daß die Formen nichts anderes als bestimmte akzidentielle Eigenschaften der Materie seien; ich selbst hing dieser Meinung lange Zeit mit großer Überzeugung an, und zwar allein deshalb, weil ihre Grundsätze in viel größerer Übereinstimmung mit der Natur stehen als die des Aristoteles. Doch nach reiflicherer Überlegung und der Berücksichtigung von mehr Fakten denken wir, daß es notwendig ist, zwei Gattungen von Substanz in der Natur anzuerkennen: eine Gattung, die Form ist, und eine andere, die Materie ist. Denn es muß einen höchst substantiel-
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tenza attiva di tutto; et ancora una potenza et un soggetto, nel ¦ quale non sia minor potenza passiva di tutto: in quello è potestà di fare, in questo è potestà di esser fatto. Dicsono È cosa manifesta ad ogn’uno che ben misura, che non è possibile che quello sempre possa far il tutto, senza che sempre sia chi può essere fatto il tutto. Come l’anima del mondo (dico ogni forma), la quale è individua, può essere figuratrice, senza il soggetto delle dimensioni, o quantità, che è la materia ? E la materia come può esser figurata ? forse da se stessa ? Appare che potremo dire che la materia vien figurata da se | stessa, se noi vogliamo considerar l’universo corpo formato esser materia, chiamarlo materia; come un animale con tutte le sue facultà chiamaremo materia distinguendolo, non da la forma, ma dal solo efficiente. Teofilo Nessuno vi può impedire che non vi serviate del nome di materia, secondo il vostro modo, come ad molte sette ha medesmamente raggione di molte significazioni. Ma questo modo di considerar, che voi dite, so che non potrà star bene se non a un mecanico o medico che sta su la prattica, come a colui che divide l’universo corpo in mercurio, sale e solfro; il che dire non tanto viene a mostrar un divino ingegno di medico quanto potrebe mostrare un stoltissimo, che volesse chiamarsi filosofo: il cui fine non è de venir solo a quella distinzion di principii, che fisicamente si fa per la separazione che procede dalla virtù del fuoco, ma anco a quella distinzion de principii, alla quale non ¦ arriva efficiente alcuno materiale, per che l’anima inseparabile dal solfro, dal mercurio e dal sale, è principio formale; quale non è soggetto a qualità materiali, ma è al tutto signor della materia, non è tocco dall’opera di chimici la cui divisione si termina alle tre dette cose, e che
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len Akt geben, in welchem sich die aktive Möglichkeit von allem findet; und es muß auch ein Vermögen und Substrat geben, in dem sich eine nicht geringere passive Möglichkeit von allem findet. In jenem ist das Vermögen zu schaffen, in diesem das Vermögen geschaffen zu werden. Dicsono Es ist für jeden präzise Denkenden offensichtlich, daß jenes erstere Prinzip unmöglich immer alles bewirken kann, ohne daß es immer auch etwas gebe, das zu allem werden kann. Wie könnte die Weltseele (ich meine damit: alle Form), die unteilbar ist, als Formkraft fungieren, ohne das Substrat der Dimensionen und der Quantität, das die Materie ist ? Und die Materie andererseits, wie könnte sie denn geformt werden ? Etwa durch sich selbst ? Wir könnten, so scheint es, sagen: ›die Materie wird durch sich selbst geformt‹, wenn wir den ganzen geformten Weltkörper als Materie ansetzen und auch so nennen wollen. Wie wir ja auch ein Lebewesen mit all seinen Vermögen ›Materie‹ nennen, indem wir es nicht von der Form, sondern nur vom Bewirkenden [Prinzip] unterscheiden. [2] Teofilo Keiner kann Euch davon abhalten, den Begriff ›Materie‹, der ja auch in den verschiedenen Schulen viele verschiedene Bedeutungen erhalten hat, auf Eure Art zu verwenden. Aber ich weiß, daß die von Euch angeführte Betrachtungsart allerhöchstens zu einem Mechaniker oder einem Arzt paßt, der sich auf die Anwendung konzentriert, wie etwa zu dem, der den Weltkörper in Merkur, Salz und Schwefel einteilt. Solche Annahmen verweisen weniger auf das göttliche Genie eines Arztes als auf einen ziemlich dummen Kerl, der sich Philosoph nennen wollte; denn des letzteren Zielsetzung kann nicht sein, nur zu derjenigen Art von grundsätzlicher Unterscheidung vorzudringen, die man auf natürlichem Wege bewerkstelligt, und zwar durch die Scheidung, die aus dem Vermögen des Feuers hervorgeht, sondern auch zu jener Unterscheidung der Prinzipien, zu der keine materielle Wirkkraft hinreicht. Denn die Seele, die nicht vom Schwefel, vom Merkur und vom Salz zu scheiden ist, ist deren formales Prinzip, das nicht Substrat materieller Bestimmungen, sondern in jeder Hinsicht beherrschendes Prinzip der Materie ist. Es wird auch nicht durch das Werk der Chemiker berührt, deren Scheidekunst an den drei genannten Dingen ihre Grenze findet und die eine andere Art
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conoscono un’altra specie d’anima che questa del mondo, e che noi doviamo diffinire. Dicsono Dite eccellentemente; e questa considerazione molto mi contenta, perché veggio alcuni tanto poco accorti, che non distingueno le cause della natura assolutamente secondo tutto l’ambito de lor essere, che son considerate da filosofi, e de | quelle prese in un modo limitato et appropriato: per che il primo modo è soverchio e vano a medici, in quanto che son medici, il secondo è mozzo e diminuto a filosofi, in quanto che son filosofi. Teofilo Avete toccato quel punto nel quale è lodato Paracelso ch’ha trattata la filosofia medicinale, e biasimato Galeno in quanto ha apportata la medicina filosofale, per far una mistura fastidiosa, et una tela tanto imbrogliata, che al fine renda un poco exquisito medico e molto confuso filosofo. Ma questo sia detto con qualche rispetto: perché non ho avuto ocio, per esaminare tutte le parti di quell’uomo. Gervasio Di grazia, Teofilo, prima fatemi questo piacere a me che non sono tanto prattico in filosofia: dechiaratemi che cosa intendete per questo nome »materia«, e che cosa è quello che è materia nelle cose naturali. Teofilo Tutti quelli che vogliono distinguere la materia e considerarla da per sé senza la forma, ricorreno alla simi ¦ litudine de l’arte. Cossì fanno i Pitagorici, cossì i Platonici, cossì i Peripatetici. Vedete una specie di arte come del lignaiolo, la quale per tutte le sue forme e tutti suoi lavori ha per soggetto il legno; come il ferraio il ferro, il sarto il panno. Tutte queste arti in una propria materia fanno diversi ritratti, ordini e figure, de le quali nessuna è propria e naturale a quella. Cossì
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von Seele als diese Weltseele kennen, eine Art, die wir jetzt bestimmen müssen. Dicsono Das habt Ihr hervorragend ausgedrückt, und diese Betrachtungen rufen auch deswegen meine uneingeschränkte Zustimmung hervor, weil ich (vor meinem inneren Auge schon) einige [dieser] Uneinsichtige[n] sehe, die einfach nicht unterscheiden können zwischen natürlichen Ursachen, sofern sie absolut und entsprechend ihrem ganzen Umfang genommen werden – so, wie sie die Philosophen verstehen –, und natürlichen Ursachen, insofern sie in einem begrenzten und spezifischen Sinne angesetzt werden. Natürlich ist klar: die erste Art ist für Ärzte, insofern sie [nichts als] Ärzte sind, überzogen und leer, die zweite hingegen für Philosophen, insofern sie [nichts als] Philosophen sind, verkürzt und reduziert. Teofilo Ihr habt da den Punkt berührt, für den man Paracelsus lobt, der die Philosophie medizinisch interpretiert, und Galen tadelt, der eine philosophische Medizin einführen wollte und dabei nur eine lästige Vermischung und ein so kompliziertes Gespinst zustande brachte, daß am Ende nur ein wenig kompetenter Arzt und ein äußerst konfuser Philosoph aus ihm geworden ist. Dies sei aber doch mit Vorbehalt gesagt, da ich keine Muße gehabt habe, alle Seiten des Denkens dieses Mannes zu studieren. [3] Gervasio Verzeihung, Teofilo, tut mir, dem in der Philosophie nicht so Bewanderten, doch zunächst diesen Gefallen: Erklärt mir, was Ihr genau unter dem Wort ›Materie‹ versteht, und erklärt mir auch, was dasjenige ist, das in den natürlichen Dingen als ›Materie‹ bezeichnet wird. Teofilo Alle, die die Materie genauer unterscheiden und sie an sich, ohne die Form, betrachten wollen, greifen auf einen Vergleich mit der Kunst zurück; so machen es die Pythagoräer, so die Platoniker, so die Peripatetiker Nehmt also eine bestimmte Form der Kunst, wie etwa die des Zimmermanns: diese hat zum Substrat aller ihrer Formen und aller ihrer einzelnen handwerklichen Tätigkeiten das Holz, wie dies auch für den Schmied und das Eisen, den Schneider und den Stoff gilt. Alle diese Künste realisieren verschiedene Bildnisse, Gliederungen und Figuren in einer für sie eigentümlichen Materie, von denen jedoch keines wiederum dieser Materie selbst eigentümlich oder natürlich ist. Ganz
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la natura, a cui è simile l’arte, bisogna che de le sue operazioni abbia una materia: per che non è possibile che sia agente alcuno, che se vuol far | qualche cosa, non abia di che farla; o se vuol oprare, non abbia che oprare. È dumque una specie di soggetto, del qual, col quale e nel quale la natura effettua la sua operazione, il suo lavoro; et il quale è da lei formato di tante forme che ne presentano a gli occhi della considerazione tanta varietà di specie. E sì come il legno da sé non ha nessuna forma artificiale, ma tutte può avere per operazione de legnaiolo; cossì la materia di cui parliamo, da per sé et in sua natura, non ha forma alcuna naturale, ma tutte le può aver per operazione dell’agente attivo principio di natura. Questa materia naturale non è cossì sensibile come la materia artificiale, perché la materia della natura non ha forma alcuna assolutamente, ma la materia dell’arte è una cosa formata già della natura, poscia che l’arte non può oprare se non nella superficie delle cose formate da la natura, come legno, ferro, pietra, lana e cose simili: ma la natura opra dal centro (per dir cossì) del suo soggetto o materia; che è al tutto informe. Però molti sono i soggetti de le arti, et uno è il soggetto della natura: per che quelli, per essere diversa ¦ mente formati dalla natura, sono differenti e varii; questo, per non essere alcunamente formato, è al tutto indifferente, atteso che ogni differenza e diversità procede da la forma. Gervasio Tanto che le cose formate della natura sono materia de l’arte, et una cosa informe sola è materia della natura ? Teofilo Cossì è. Gervasio È possibile che sicome vedemo e conoscemo chiaramente gli soggetti de le arti, | possiamo similmente conoscere il soggetto de la natura ? Teofilo Assai bene, ma con diversi principii di cognizione: perché sì
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entsprechend muß auch die Natur, der die Kunst gleicht, für ihre einzelnen Tätigkeiten eine Materie besitzen, denn es ist unmöglich [sich vorzustellen], daß es irgendein tätiges Prinzip geben könne, das, wenn es etwas machen wollte, nichts hätte, woraus es dieses machen sollte, oder das, wenn es etwas tun wollte, nichts hätte als bloßes Tun. Es gibt also eine Art Substrat, aus dem, mit dem und in dem die Natur ihre jeweilige Tätigkeit, ihre ›Arbeit‹, zustande bringt; dieses Substrat wird durch sie in eine Vielheit von Formen gebracht, die der Mannigfaltigkeit der Artbegriffe entspricht, die sich den Augen unseres Verstandes darbietet. Und so wie das Holz von sich aus keinerlei künstliche Form besitzt, aber alle Formen durch die Tätigkeit des Zimmermanns annehmen kann, so besitzt auch die Materie, von der wir jetzt sprechen, von sich aus und ihrem Wesen nach keinerlei Form natürlichen Ursprungs, sondern kann alle Formen durch die Tätigkeit des wirkenden Agens, des Prinzips der Natur, annehmen. Diese natürliche Materie ist nicht so wahrnehmbar wie die Materie, die als Substrat der Kunst fungiert, denn sie besitzt schlechterdings gar keine Form. Die Materie der Kunst hingegen ist etwas, was selbst schon durch die Natur geformt ist, denn die Kunst kann nur an der Oberfläche der Dinge wirken, die bereits durch die Natur geformt sind, wie Holz, Eisen, Stein, Wolle und ähnliches. Die Natur jedoch wirkt (um es so zu sagen) aus dem Zentrum ihres Substrates oder ihrer Materie heraus, das vollkommen ungeformt ist. Deshalb gibt es viele Substrate der einzelnen Künste, und es gibt nur ein Substrat der Natur: jene sind unterschieden und viele, da sie durch die Natur verschieden geformt sind; dieses ist, in Anbetracht der Tatsache, daß jeder Unterschied und jede Verschiedenheit aus Form hervorgeht, vollkommen ununterschieden, da es überhaupt nicht geformt ist. Gervasio Sind also die durch die Natur geformten Dinge die Materie der Kunst, und eine einzige ungeformte Sache ist die Materie der Natur ? Teofilo Genau so ist es. Gervasio Ist es denn möglich, daß wir, ebenso wie wir die Substrate der Künste klar sehen und erkennen können, auf vergleichbare Weise auch das Substrat der Natur erkennen können ? Teofilo Durchaus, aber mit ganz verschiedenen Erkenntnisprinzi-
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come non col medesmo senso conoscemo gli colori e gli suoni, cossì non con il medesmo occhio veggiamo il soggetto de le arti et il soggetto della natura. Gervasio Volete dire che noi [con] gli occhi sensitivi veggiamo quello, e con l’occhio della raggione questo. Teofilo Bene. Gervasio Or piacciavi formar questa raggione. Teofilo Volentieri. Quella relazione e riguardo, che ha la forma de l’arte alla sua materia, medesma (secondo la debita proporzione) ha la forma della natura alla sua materia. Sì come dumque ne l’arte variandonsi in infinito (se possibil fosse) le forme, è sempre una materia medesima che persevera sotto quelle, come appresso la forma de l’arbore è una forma di tronco, poi di trave, poi di tavola, poi di scanno, poi di scabello, poi di cascia, poi di pettine, e cossì và discorrendo; tutta volta l’esser legno sempre persevera: non altrimente nella natura, variandosi in infinito e succedendo l’una a l’altra le forme, è sempre una materia medesma. Gervasio Come si può saldar questa similitudine ? ¦ Teofilo Non vedete voi che quello che era seme si fa erba, e da quello che era erba si fa spica, | da che era spica si fa pane, da pane chilo, da chilo sangue, da questo seme, da questo embrione, da questo uomo, da questo cadavero, da questo terra, da questa pietra o altra cosa, e cossì oltre per venire a tutte forme naturali ? Gervasio Facilmente il veggio. Teofilo Bisogna dumque che sia una medesima cosa che da sé non è pietra, non terra, non cadavero, non uomo, non embrione, non sangue o altro: ma che dopo che era sangue, si fa embrione ricevendo l’essere embrione; dopo che era embrione, riceva l’essere uomo, facendosi omo: come quella formata dalla natura che è soggetto de la arte, da quel che era arbore, è tavola, e riceve esser tavola; da quel che era tavola, riceve l’esser porta, et è porta.
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pien: wie wir nämlich nicht mit ein und demselben Sinn Farben und Töne erkennen, so können wir auch nicht mit ein und demselben Auge die Substrate der Künste und das Substrat der Natur erkennen. Gervasio Ihr wollt damit sagen, daß wir mit den sinnlichen Augen erstere, mit dem Auge des Verstandes hingegen letzteres sehen. Teofilo Ja. Gervasio Würdet Ihr liebenswürdigerweise eine genauere Begründung dafür geben. Teofilo Sehr gerne. Die Art des Verhältnisses und der Beziehung, die die Form der Kunst zu ihrer Materie hat, ist (immer entsprechend einer angemessenen Analogie) dieselbe, die die Form der Natur zu ihrer Materie hat. Wie es also in der Kunst, selbst wenn die Formen (sofern es denn möglich wäre) ins Unendliche variieren könnten, immer eine und dieselbe Materie gibt, die sich in und unter diesen Formen erhält – zum Beispiel gibt es nach der Form Baum die Form Baumstamm, dann die Form Balken, dann die des Tisches, dann der Bank, des Schemels, dann des Rahmens, des Kammes und immer so weiter, jedesmal erhält sich jedoch das Holz-Sein; so ist es auch in der Natur, wo es, wenngleich die Formen ins Unendliche variieren und eine immer wieder der anderen folgt, immer eine und dieselbe Materie gibt. Gervasio Wie kann man diesen Vergleich bekräftigen ? Teofilo Seht Ihr denn nicht selbst, daß das, was Samen war, zu Kraut wird, und daß aus dem, was Kraut war, Ähren werden, und aus dem, was Ähren waren, Brot, aus Brot Nahrungssaft, aus Nahrungssaft Blut, aus Blut Samen, aus diesem ein Embryo, aus diesem ein Mensch, aus diesem ein Kadaver, daraus Erde, daraus Stein oder anderes, und so immer weiter, um zu allen natürlichen Formen zu gelangen ? Gervasio Das leuchtet mir sofort ein. Teofilo Dazu muß es also eine identische Sache geben, die von sich selbst aus nicht Stein, nicht Erde, nicht Kadaver, nicht Mensch, nicht Embryo, nicht Blut oder anderes ist, aber die, nachdem sie Blut war, indem sie das Embryo-Sein aufnimmt, Embryo wird; nachdem sie Embryo war, das Mensch-Sein aufnimmt und Mensch wird; ganz ähnlich wie jene durch die Natur geformte Sache, die Substrat der Kunst ist, nachdem sie Baum war, [jetzt] Tisch ist und das Tisch-Sein aufnimmt; nachdem sie Tisch war, [jetzt] das Tür-Sein aufnimmt und Tür ist.
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Gervasio Or l’ho capita molto bene. Ma questo soggetto della natura mi par che non possa esser corpo, né di certa qualità: per che questo che va strafugendo or sotto una forma et essere naturale, or sotto un’altra forma et essere, non si dimostra corporalmente come il legno o pietra, che sempre si fan veder quel che sono materialmente o soggettivamente, pongansi pure sotto qual forma si voglia. Teofilo Voi dite bene. Gervasio Or che farò quando mi avverrà di conferir questo pensiero con qualche pertinace, il quale non voglia credere che sia cossì una sola materia sotto tutte le formazioni della natura, come è una sotto tutte le formazioni di ciascuna arte ? perché questa che si vede con gli ochi, ¦ non si può | negare; quella che si vede con la raggione sola, si può ne- | 181 gare. Teofilo Mandatelo via, o non gli rispondete. Gervasio Ma se lui sarà importuno in dimandarne evidenza, e sarà qualche persona di rispetto, il quale non si possa più tosto mandar via, che mandarmi via, e che abbia per ingiuria ch’io non li risponda ? Teofilo Che farai se un cieco semideo, degno di qualsivoglia onor e rispetto, sarà protervo, importuno e pertinace a voler aver cognizione e dimandar evidenza di colori, dì pure, de le figure esteriori di cose naturali: come è dire, quale è la forma de l’arbore ? quale è la forma de monti ? di stella ? oltre, quale è la forma de la statua, de la veste ? e cossì di altre cose arteficiali, le quali a quei che vedeno son tanto manifeste ? Gervasio Io li risponderei che se lui avesse occhii, non ne dimandarebe evidenza, ma le potrebe veder da per lui; ma essendo cieco, è anco impossibile che altri gli le dimostri. Teofilo Similmente potrai dire a costoro, che se avessero intelletto, non ne dimandarebono altra evidenza; ma la potrebono veder da per essi.
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Gervasio Jetzt habe ich es sehr gut begriffen. Aber mir scheint, daß dieses Substrat der Natur kein Körper sein kann und auch keine bestimmte Beschaffenheit haben kann, denn das, was sich einmal als diese Form und dieses natürliche Sein, ein andermal als eine andere Form und ein anderes natürliches Sein dem Zugriff entzieht, zeigt sich nicht auf körperliche Weise – im Unterschied zu Holz oder Stein, die, indem sie irgendwelche beliebigen Formen annehmen, doch immer als das, was sie als Materie oder Substrat sind, sichtbar bleiben. Teofilo Das habt ihr gut gesagt. [4] Gervasio Was aber mache ich, wenn ich diesen Gedanken einmal mit einem dieser starrsinnigen Zeitgenossen diskutieren sollte, mit einem von jenen, die es nicht glauben wollen, daß es unter allen Bildungen der Natur ebenso nur eine einzige Materie gibt, wie es auch unter allen Gestaltungen einer jeden Kunst nur eine einzige gibt ? Denn diejenige [Materie], die man mit den Augen sieht, kann man nicht leugnen, diejenige, die man nur mit dem Verstand sieht, hingegen schon. Teofilo Schickt ihn einfach weg oder antwortet ihm nicht. Gervasio Wenn aber dieser aufdringlich eine Evidenz in dieser Sache einforderte und dazu noch eine Person von einigem Respekt wäre, die, eher als daß ich sie wegschickte, mich wegschicken könnte, und die es als eine Beleidigung ansähe, wenn ich nicht antwortete ? Teofilo Was würdest Du denn machen, wenn ein blinder Halbgott, jeder Ehre und jeden Respekts würdig, dreist, aufdringlich und hartnäckig Erkenntnis und Beweis forderte für Farben, ja sogar für die äußeren Gestalten der natürlichen Dinge, das heißt z. B. Fragen folgender Art stellte: Welches ist die Form des Baumes ? Welches die Form der Berge, der Sterne ? Oder weiter: Welches ist die Form einer Statue, der Kleidung ? Und ebenso hinsichtlich anderer künstlich hergestellter Dinge, alles Dinge, die für die, welche sehen können, völlig klar sind ? Gervasio Ich würde ihm antworten, daß er, hätte er Augen, keine Evidenz einklagen würde, da er die Sachen selbst sehen könnte; da er aber blind sei, könne es ihm ebenso unmöglich ein anderer beweisen. Teofilo Ähnlich könntest Du jenen Aufdringlingen antworten: wenn sie Vernunft hätten, würden sie keine weiteren Beweise einklagen, denn sie könnten die Dinge selbst sehen.
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Gervasio Di questa riposta quelli si vergognarebono, et altri la stimarebono troppo cinica. Teofilo Dumque li direte più copertamente cossì: »Illustrissimo signor mio« o »sacrata maestà, come alcune cose non possono essere evidenti se non con le mani et il toccare, altre se non | con l’udito, altre | 183 non, eccetto che con il gusto, altre non, eccetto che con gli occhi: cossì questa ¦ materia di cose naturali non può essere evidente se non con l’intelletto«. Gervasio Quello forse intendendo il tratto per non esser tanto oscuro né coperto, me dirà: »Tu sei quello che non hai intelletto: io ne ho più che quanti tuoi pari si ritroveno«. Teofilo Tu non lo crederai più che se un cieco ti dicesse, che tu sei un cieco e che lui vede più che quanti pensano veder come tu ti pensi. Dicsono Assai è detto in dimostrar più evidentemente, che mai abbia udito, quel che significa il nome »materia«, e quello che si deve intender materia nelle cose naturali. Cossì il Timeo pitagorico il quale, dalla trasmutazione dall’uno elemento nell’altro, insegna ritrovar la materia che è occolta, e che non si può conoscere, eccetto che con certa analogia: »Dove era la forma della terra« dice lui, »appresso appare la forma de l’acqua«, e qua non si può dire che una forma riceva l’altra; perché un contrario non accetta né riceve l’altro, ciò è il secco non riceve l’umido, opur la siccità non riceve la umidità: ma da una cosa terza vien scacciata la siccità et introdotta la umidità, e quella terza cosa è soggetto de l’uno e l’altro contrario, e non è contraria ad alcuno. Adumque se non è da pensar che la terra sia andata in niente, è da stimare che qualche cosa che era nella terra, è rimasta et è ne l’acqua: la qual cosa per la medesima raggione, quando l’acqua sarà trasmutata in ¦ aria (per quel
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Gervasio Bei einer solchen Antwort würden die einen vor Scham erröten, die anderen würden sie als übermäßig zynisch erachten. Teofilo Dann sagt es Ihnen also mehr indirekt etwa so: »Mein allererlauchtester Herr« oder »Geheiligte Majestät, wie es einige Dinge gibt, die nicht anders evident werden können als mit Hilfe der Hände und durch das Berühren, andere nicht anders als durch das Gehör, andere nur durch den Geschmack, andere ausschließlich durch die Augen, so kann diese Materie der natürlichen Dinge nur durch die Vernunft evident werden«. Gervasio Jener aber, der vielleicht diese Ausführung, da sie weder zu dunkel noch zu verdeckt argumentiert, verstanden hat, wird mir anworten: »Du bist der, der keine Vernunft hat, ich habe davon viel mehr, als man bei allen Deinesgleichen zusammengenommen finden kann«. Teofilo Du würdest diesem doch nicht mehr glauben als einem Blinden, der Dir sagt, Du seist blind und er sähe mehr als alle die zusammengenommen, die, wie Du, glauben, daß sie sähen. [5] Dicsono Genug ist gesagt worden, um zu zeigen – und zwar auf eine viel deutlichere Weise, als ich es jemals vernommen habe – , was der Name ›Materie‹ bedeutet und was man unter Materie in bezug auf natürliche Dinge zu verstehen habe. So etwa der Pythagoräer Timaios, der lehrt, in der Umwandlung eines Elementes in das andere die Materie aufzufinden, die verborgen ist und die man ohne eine bestimmte Analogie-Konstruktion nicht erkennen kann: ›Wo die Form der Erde war‹, so sagt er, ›erscheint bald darauf die Form des Wassers‹, und da kann man nicht sagen [sc. wie zuvor], daß eine Form die andere aufnimmt, denn ein Entgegengesetztes nimmt seinen eigenen Gegensatz weder an noch auf, d. h. das Trockene nimmt nicht das Feuchte auf, oder, wenn man so will, die Trockenheit nimmt nicht die Feuchtigkeit auf. Aber durch eine dritte Sache wird die Trockenheit verjagt und die Feuchtigkeit eingeführt, und diese dritte Sache ist Substrat des einen wie des anderen Gegensatzgliedes und steht selbst zu keinem dieser Glieder im Gegensatz. Wenn daher nicht davon ausgegangen werden kann, daß die Erde zu nichts geworden ist, so muß man annehmen, daß irgend etwas, was in der Erde war, geblieben ist und sich [jetzt] im Wasser befindet: dieses Etwas wird aus demselben Grunde, sobald das Wasser in Luft umgewandelt sein wird (dadurch nämlich, daß die Kraft
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che | la virtù del calore la viene ad estenuare in fumo o vapore) rimarrà e sarà nel aria. Teofilo Da questo si può conchiudere (anco a lor dispetto) che nessuna cosa si anihila e perde l’essere, eccetto che la forma accidentale esteriore e materiale: però tanto la materia quanto la forma sustanziale di che si voglia cosa naturale, che è l’anima, sono indissolubili et adnihilabili perdendo l’essere al tutto e per tutto; tali per certo non possono essere tutte le forme sustanziali de Peripatetici et altri simili, che consisteno non in altro, che in certa complessione et ordine di accidenti: e tutto quello che sapranno nominar fuor che la lor materia prima, non è altro che accidente, complessione, abito di qualità, principio di definizione, quiddità. Là onde alcuni cucullati suttili metafisici tra quelli, volendo più tosto iscusare che accusare la insufficienza del suo nume Aristotele, hanno trovata la umanità, la bovinità, la olività, per forme sustanziali specifiche: questa umanità, come socreità, questa bovinità, questa cavallinità, essere la sustanza numerale; il che tutto han fatto per donarne una forma sustanziale, la quale merite nome di sustanza, come la materia ha nome et essere di substanza. Ma però non han profittato già mai nulla; ¦ perché se gli dimandate per ordine: »In che consiste l’essere sustanziale di Socrate ?«, risponderanno: »Nella socreità«; se oltre dimandate: »Che intendete per socreità ?«, risponderanno: »La propria forma sustanziale e la propria materia di Socrate«. Or lasciamo star questa sustanza che è la materia; e ditemi, che è la sustanza come forma ? Rispondeno alcuni, la sua anima. Dimandate: »Che cosa è | questa anima ?«. Se diranno una entelechia e perfezzione di corpo che può vivere, considera che questo è uno accidente. Se diranno che è un principio de vita, senso, vegetazione et intelletto, considerate che benché quel principio sia qualche sustanzia fundamental-
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der Wärme es in Dunst oder Wasserdampf ausdünnt), übrig bleiben und dann in der Luft sein. Teofilo Daraus kann man schließen (diesen Leuten auch zum Trotz), daß keine Sache zunichte wird und das Sein verliert, außer der zufälligen äußeren und materiellen Form: denn sowohl die Materie als auch die substantielle Form jedes beliebigen natürlichen Dinges, die dessen Seele ist, sind unauflöslich und können nicht vernichtet werden, so daß sie ihr Sein vollständig und in jeder Hinsicht verlören. Sicherlich können dies nicht alle die substantiellen Formen sein, die die Peripatetiker und vergleichbare Leute annehmen, Formen, die in nichts anderem bestehen als in einer bestimmten Verknüpfung und Ordnung von Akzidentien: und alles das, was sie zu benennen wissen, außer ihrer ersten Materie, ist eben nichts anderes als Akzidens, Verknüpfung, Anlage für bestimmte Qualitäten, Prinzip von Definition, Washeit. Deswegen haben einige von ihnen, subtile Metaphysiker in der [Mönchs]Kutte, die die Unzulänglichkeiten ihres Abgottes Aristoteles eher entschuldigen denn anprangern wollten, die Menschheit, die Rindheit, die Olivenheit als besondere Substantialformen erfunden, dagegen sei eine bestimmte Menschheit, wie die Sokratesheit, eine bestimmte Rindheit, eine bestimmte Pferdheit eine zahlhafte Substanz. Alles dies haben sie gemacht, um den letzteren eine substantielle Form geben zu können, eine, die den Namen ›Substanz‹ verdient – wie ja auch die Materie sowohl den Namen als auch das Sein einer Substanz besitzt – aber dabei ist nichts für sie herausgekommen. Wenn Ihr sie nämlich fragt, und zwar in der richtigen Reihenfolge: »Worin besteht eigentlich das Substanz-Sein des Sokrates ?«, so werden sie zunächst antworten: »In der Sokratesheit«; wenn Ihr weiterfragt: »Was versteht ihr unter Sokratesheit ?«, werden sie antworten: »Die eigentümliche substantielle Form und die eigentümliche Materie des Sokrates«. Lassen wir jetzt einmal die Substanz, die Materie ist, auf sich beruhen, und sagt mir doch: »Was ist die Substanz als Form ?«, so antworten einige: »Seine Seele«. Fragt Ihr weiter: »Was ist denn diese Seele ?«, und sollten sie antworten »eine Entelechie und Vollkommenheit des Körpers, der leben kann«, so bedenkt, daß dies ein Akzidens ist; sollten sie sagen, »ein Prinzip des Lebens, Empfindens, Wachstums und des Denkens«, so bedenkt, daß, obgleich dieses Prinzip bei gründlicher,
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mente considerato come noi lo consideriamo, tutta volta costui non lo pone avanti, se non come accidente; perché esser principio di questo o di quello, non dice raggione sustanziale et assoluta, ma una raggione accidentale e respettiva a quello che è principiato: come non dice il mio essere e sustanza quello che proferisce lo che io fo o posso fare; ma sì bene quel che dice lo che io sono, come io, et absolutamente considerato. Vedete dumque come trattano questa forma sustanziale che è l’anima: la quale se pur per sorte è stata conosciuta da essi per sustanza, già mai però l’hanno nominata né considerata come sustanza. Questa confusione molto più evidentemente la possete vedere se diman ¦ date a costoro, la forma sustanziale d’una cosa inanimata, in che consista, come la forma sustanziale del legno: fingeranno que’ che son più sottili: nella ligneità. Or togliete via quella materia la quale è comune al ferro, al legno e la pietra, e dite: quale resta forma sustanziale del ferro ? giamai ve diranno altro che accidenti; e questi sono tra principii d’individuazione, e danno la particularità, perché la materia non è contraibile alla particularità, se non per qualche forma; e questa forma, per esser principio constitutivo d’una sustanza, vogliono che sia sustanziale, ma poi non la potranno mostrare fisicamente, se non accidentale; et al fine quando aranno fatto tutto, per quel che possono, hanno una | forma sustanziale sì, ma non naturale, ma logica: e cossì al fine qualche logica intenzione viene ad esser posta principio di cose naturali. Dicsono Aristotele non si avvedde di questo ? Teofilo Credo che se ne avvedde certissimo; ma non vi potte rimediare: però disse che l’ultime differenze sono innominabili et ignote. Dicsono Cossì mi pare che apertamente confesse la sua ignoranza; e però giudicarei ancor io esser meglio di abbracciar que’ principii di filosofia, li quali in questa importante dimanda non allegano ignoranza:
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uns eigener Betrachtung eine Art Substanz ist, jener dieses Prinzip jedoch immer nur als Akzidentalbestimmung vorträgt. Denn ›Prinzip von diesem oder jenem zu sein‹ meint nicht: ›substantieller und absoluter Grund sein‹, sondern bedeutet nur einen akzidentiellen Grund, der bezogen ist auf etwas, das durch das Prinzip begründet ist: so wie mein Sein und meine Substanz nämlich nicht das bedeuten, was sie hervorbringen, d. h. was ich tue oder tun kann, sondern das, was ich, als Ich und absolut gesehen, bin. Ihr seht also, wie sie diese substantielle Form, die die Seele ist, behandeln; wenn sie sie vielleicht auch als Substanz erkannt haben, so haben sie die Seele doch niemals Substanz genannt oder als solche betrachtet. Diese ganze Verwirrung könnt Ihr noch weit besser und klarer sehen, wenn Ihr sie fragt, worin die substantielle Form einer unbeseelten Sache besteht, z. B. die Substantialform des Holzes. Die subtileren Geister unter ihnen werden sich ausdenken: in der Holz-heit, aber (so fordert Ihr weiter), nehmt doch jene Materie fort, die dem Eisen, dem Holz und dem Stein gemeinsam ist, und sagt uns: was bleibt als Substantialform des Eisens ? Niemals werden sie Euch etwas anderes benennen als Akzidentien; diese gehören zu den Individuationsprinzipien und bewirken Besonderheit, denn die Materie kann nur durch irgendeine Form auf Besonderheit eingeschränkt werden. Sie behaupten nun, daß diese Form, da sie begründendes Prinzip einer Substanz ist, ›substantiell‹ sei, dann aber können sie sie in ihrem [physischen] Sein nicht anders denn als eine akzidentielle Form nachweisen, und schließlich, wenn sie alles ihnen mögliche versucht haben, haben sie zwar eine substantielle Form in der Hand, jedoch keine natürliche, sondern eine rein logische. Am Ende wird also ein rein logischer Begriff als Prinzip der natürlichen Dinge angesetzt. Dicsono Ist Aristoteles sich dessen denn nicht bewußt gewesen ? Teofilo Ich denke, daß er sich dessen ganz sicher bewußt war, hier aber keinen Ausweg sah: deswegen hat er auch gesagt, daß die letzten Unterschiede unbenennbar und unbekannt seien. Dicsono Damit hat er, wie mir scheint, seine Unwissenheit offen eingestanden. Daher würde ich es auch für besser halten, sich denjenigen philosophischen Prinzipien zuzuwenden, die diese wichtige Frage nicht mit Unwissenheit verbinden, denjenigen also des Pythagoras,
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come fa Pitagora, Empedocle et il tuo Nolano, le opinioni de quali ieri toccaste. Teofilo Questo vuole il Nolano: che è uno intelletto che dà l’essere [a] ogni cosa, chiamato da Pitagorici et il Timeo »datore de le forme«; una anima e principio formale che si fa et informa ogni cosa, chiamata ¦ da medesmi »fonte de le forme«; una materia della quale vien fatta e formata ogni cosa, chiamata di tutti »ricetto de le forme«. Dicsono Questa dottrina (per che par che non gli manca cosa alcuna) molto mi aggrada: e veramente è cosa necessaria che come possiamo ponere un principio materiale costante et eterno, poniamo un similmente principio formale. Noi veggiamo che tutte le forme naturali cessano dalla materia, e novamente vegnono nella materia: onde par realmente nessuna cosa esser costante, ferma, eterna e degna di aver esistimazione di principio, eccetto che la materia; oltre che le forme non hanno | l’essere senza la materia, in quella si generano e corrompono, dal seno di quella esceno, et in quello si accogliono: però la materia la qual sempre rimane medesima e feconda, deve aver la principal prorogativa d’essere conosciuta sol principio substanziale, e quello che è, e che sempre rimane; e le forme tutte insieme non intenderle, se non come che sono disposizioni varie della materia, che sen vanno e vegnono, altre cessano e se rinnovano: onde non hanno riputazione tutte di principio. Però si son trovati di quelli che avendo ben considerata la raggione delle forme naturali, come ha possuto aversi da Aristotele et altri simili, hanno concluso al fine, che quelle non son che accidenti e circostanze della materia; e però prerogativa di atto e di perfezzione doverse referire alla materia, e non a cose de quali veramente possiamo dire che esse non sono sustanza né natura, ma cose della sustanza e della natura: la quale dicono essere la materia, che appresso quelli è un
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Empedokles und Deines Nolaners, deren Positionen Du gestern angeführt hast. [6] Teofilo Der Nolaner geht von Folgendem aus: Es gibt eine Vernunft, die allem das Sein gibt, von den Pythagoräern und von Timaios »Geber der Formen« genannt; es gibt eine Seele und ein Formprinzip, das alles hervorbringt und formt, von denselben »Quelle der Formen« genannt; es gibt eine Materie, aus der alles gemacht und geformt wird, von allen »Behältnis der Formen« genannt. Dicsono Diese Position sagt mir sehr zu – vor allem weil es scheint, daß ihr nichts fehlt. Und es ist wohl wahrhaft notwendig, daß wir so, wie wir ein konstantes, ewiges Materialprinzip ansetzen können, auch ein vergleichbares Formalprinzip ansetzen. Wir sehen doch, wie alle natürlichen Formen in der Materie verschwinden und aufs neue in sie wieder eintreten: aus dieser Perspektive hat nichts, mit Ausnahme der Materie selbst, ein konstantes, gesichertes, ewiges und eines Prinzips würdiges Sein; außerdem haben die Formen kein Sein ohne Materie, in der sie entstehen und vergehen, aus deren Schoß sie herauskommen und in deren Schoß sie aufgenommen werden. Es muß daher die Materie, die sich immer gleich und immer fruchtbar bleibt, das grundsätzliche Vorrecht haben, als einziges substantielles Prinzip anerkannt zu werden, als das, was [wirklich] ist und was immer Bestand hat; alle Formen zusammengenommen darf man hingegen nur als verschiedene Anlagen der Materie verstehen, die kommen und gehen, verschwinden und sich erneuern. Keine von diesen Formen kann also das Ansehen eines Prinzips erlangen. Aus diesem Grunde kann man Philosophen finden, die, so wie man es aus Aristoteles und verwandten Denkern ziehen kann, das Problem der natürlichen Formen wohl erwogen und daraus am Ende den Schluß gezogen haben, daß diese natürlichen Formen nichts anderes als Akzidentien und besondere Bestimmungen der Materie seien und daß demzufolge das Anrecht darauf, Akt und Vollkommenheit zu sein (und als solche verstanden zu werden), der Materie zuerkannt werden müsse – und nicht Dingen, von denen wir tatsächlich sagen können, daß sie selbst weder Substanz noch Natur, sondern etwas an der Substanz oder an der Natur [Vorkommendes] seien. Von letzterer, der Natur, sagen sie, sie sei die Materie, die bei ihnen ein notwendiges ewiges und göttliches Prinzip ist, wie etwa für
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principio necessario ¦ eterno e divino, come a quel moro Avicebron che la chiama »Dio che è in tutte le cose«. Teofilo A questo errore son stati ammenati quelli da non conoscere altra forma che l’accidentale: e questo moro, benché dalla dottrina peripatetica nella quale era nutrito, avesse accettata la forma sustanziale, tutta volta considerandola come cosa corrottibile, non solo mutabile circa la materia; e come quella che è parturita e non parturisce, fondata e non fonda, è rigettata e non rigetta, la dispreggiò e la tenne a vile in comparazione della materia stabile, eterna, progenitrice, madre. E certo | questo avviene a quelli che non conoscono quello che conosciamo noi. Dicsono Questo è stato molto ben considerato: ma è tempo che dalla digressione ritorniamo al nostro proposito. Sappiamo ora distinguere la materia dalla forma, tanto dalla forma accidentale (sia come la si voglia) quanto dalla sustanziale: quel che resta a vedere è la natura e realità sua. Ma prima vorrei saper se per la grande unione, che ha questa anima del mondo e forma universale con la materia, si potesse patire quell’altro modo e maniera di filosofare, di quei che non separano l’atto dalla raggion della materia, e la intendeno cosa divina: e non pura et informe talmente, che lei medesma non si forme e vesta. Teofilo Non facilmente, perché niente assolutamente opera in se medesimo, e sempre è qualche distinzion tra quello che è agente e quello che è fatto, o circa il quale è l’aczione et operazione: là onde è bene nel corpo della natura distinguere la materia da l’anima; et in questa distinguere quella raggione delle specie. Onde diciamo in questo corpo ¦ tre cose: prima l’intelletto universale indito nelle cose; secondo, l’anima vivificatrice del tutto; terzo, il soggetto. Ma non per questo ne-
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den Mauren Avicebron, der sie als »Gott, der in allen Dingen ist« bezeichnet. Teofilo Zu diesem Irrtum haben sie sich verleiten lassen, weil sie Form nur als akzidentielle Form zugelassen haben. Und obgleich jener Maure aus der peripatetischen Lehre, in der er aufgewachsen ist, die substantielle Form übernommen hat, so betrachtet er sie doch durchgehend als eine vergängliche, nicht nur im Blick auf ihre Materie veränderliche Sache. Und da sie nur erzeugt ist und nicht selbst erzeugt, da sie begründet ist und nicht selbst begründet, da sie ausgeschlossen wird und nicht selbst ausschließt, verachtet er sie und setzt sie, im Vergleich zur beständigen, ewigen, produktiven, mütterlichen Materie, auf einer unteren Seinsstufe an. Dies muß denen unausweichlich passieren, die das nicht wissen, was wir wissen. [7] Dicsono Diesen Punkt haben wir ausführlich und zutreffend diskutiert, aber es wird Zeit, daß wir von unserer Abschweifung zurückkehren zum eigentlichen Thema. Wir können jetzt also die Materie von der Form unterscheiden, und zwar sowohl von der akzidentiellen Form (was immer diese sein mag) als auch von der substantiellen Form. Was jetzt zu betrachten übrig bleibt, ist ihre Natur und ihre Realität. Aber zunächst möchte ich wissen, ob man nicht auch, bringt man die große Vereinigung der Weltseele und universalen Form mit der Materie in Anschlag, jene andere Art und jenen anderen Ansatz des Philosophierens zulassen könnte, den diejenigen einbringen, die keinen Unterschied machen zwischen dem Akt und dem Wesen der Materie, die daher die Materie als eine göttliche Sache ansehen und nicht als so rein und ungeformt, daß sie nicht in der Lage wäre, sich selbst zu formen und einzukleiden. Teofilo Nicht ohne weiteres, denn es gibt nichts, was nur rein in sich selbst tätig ist, und es gibt immer einen Unterschied zwischen dem, was tätig ist, und dem, was getan wird, oder es gibt zumindest etwas, auf das sich Tätigkeit und Wirken beziehen. Daher ist es auch gut, innerhalb der Natur die Materie von der Seele zu unterscheiden und in letzterer wiederum den Bestimmungsgrund der besonderen Arten herauszuarbeiten. Daher setzen wir in diesem Naturkörper drei Dinge an: zuerst die universale Vernunft, die den Dingen eingegeben ist, zweitens die alles belebende Seele und drittens das Substrat. Aber
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garemo esser filosofo colui che prenda nel geno di suo filosofare questo corpo formato, o (come vogliam dire) questo animale razionale; e comincie a prendere per primi principii in qualche modo i membri di questo corpo, come dire, aria, terra, fuoco; over eterea regione et astro; over spirito e corpo; opur vacuo e pieno: intendendo però il vacuo non come il prese Aristo | tele; o pur in altro modo conveniente. Non mi parrà però quella filosofia degna di essere rigettata, massime quando sopra a qualsivoglia fundamento che ella presuppona, o forma d’edificio che si propona, venga ad effettuare la perfezzione della scienzia speculativa e cognizione di cose naturali, come in vero è stato fatto da molti più antichi filosofi. Perché è cosa da ambizioso, e cervello presuntuoso, vano et individioso, voler persuadere ad altri, che non sia che una sola via di investigare, e venire alla cognizione della natura: et è cosa da pazzo et uomo senza discorso donarlo ad intendere a se medesimo. Benché dumque la via più costante e ferma, e più contemplativa e distinta, et il modo di considerar più alto deve sempre esser preferito, onorato e procurato più, non per tanto è da biasimar quell’altro modo, il quale non è senza buon frutto, ben che quello non sia il medesmo arbore. Dicsono Dumque approvate il studio de diverse filosofie ? Teofilo Assai, a chi ha copia di tempo et ingegno; ad ¦ altri approvo il studio della megliore, se gli dèi vogliono che la addovine. Dicsono Son certo però che non approvate tutte le filosofie, ma le buone e le megliori. Teofilo Cossì è: come anco in diversi ordini di medicare, non riprovo quello che si fa magicamente per applicazion di radici, appension di
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deswegen würden wir demjenigen die Bezeichnung ›Philosoph‹ nicht absprechen, der in der Art seines Philosophierens diesen geformten [Natur]Körper oder (wie wir auch sagen könnten) diesen beseelten, vernunftbegabten Organismus so auffaßte, daß er zunächst, als erste Prinzipien, gewissermaßen die Glieder dieses Organismus ansetzte, also Luft, Erde, Feuer, oder die Ätherregion und die Sterne, oder auch Geist und Körper, oder Leeres und Volles – wobei das Leere nicht so zu verstehen ist, wie es Aristoteles aufgefaßt hatte –, oder der diese Prinzipien eben auf andere geeignete Weise ansetzt. Eine solche Philosophie soll mir deswegen nicht verwerflich erscheinen, vor allem dann, wenn sie, jenseits von jedem beliebigen Fundament, das sie ansetzen mag, oder jenseits von jeder Form, die sie ihrem Gedankengebäude zu geben vermag, dazu kommt, eine Vervollkommnung der spekulativen Wissenschaft und eine Erkenntnis der natürlichen Dinge zu bewirken – was tatsächlich von vielen sehr viel älteren Philosophen erreicht worden ist. Andere überreden zu wollen, daß es nur einen einzigen Weg zur Erforschung wie zur Erkenntnis der Natur gebe, kann doch nur Sache eines ehrgeizigen, hochmütigen, eitlen und neidischen Kopfes sein, ebenso wie es nur Sache eines Verrückten und eines Menschen ohne Verstand sein kann, zu behaupten, er selbst besitze diesen einen Weg. Obgleich also der konstantere und zuverlässigere Weg, der, der seiner Art nach kontemplativer und bestimmter ist, ebenso wie die ausgefeiltere, höhere Methode der [geistigen] Betrachtung immer vorgezogen, höher geehrt und stärker praktiziert werden sollte, ist doch der andere Weg deswegen nicht zu tadeln, denn auch er trägt gute Frucht, selbst wenn diese nicht vom selben Baum stammt. Dicsono Ihr befürwortet also das Studium verschiedener Philosophien ? Teofilo Auf jeden Fall, d. h. für den, der hinreichend Zeit hat und Talent; für die anderen schlage ich das Studium der besseren Philosophie vor, sofern die Götter zulassen, daß sie diese von den anderen unterscheiden können. Dicsono Andererseits bin ich doch sicher, daß Ihr nicht alle Philosophien für gut heißt, sondern eben nur die guten und besseren. Teofilo So ist es. Unter den verschiedenen Methoden der Heilkunst weise ich etwa jene nicht zurück, die magisch vorgeht, d. h. durch
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pietre e murmurazione d’incanti, s’il rigor di teologi mi lascia parlar come puro naturale. Approvo quello che si fa fisicamente, e procede per apotecarie | ricette, con le quali si perseguita o fugge la còlera, il sangue, la flemma e la melancolia. Accetto quello altro che si fa chimicamente, che abstrae le quinte essenze, e per opera del fuoco, da tutti que’ composti fa volar il mercurio, subsidere il sale, e lampeggiar o disogliar il solfro. Ma però in proposito di medicina, non voglio determinare tra tanti buoni modi, qual sia il megliore: perché l’epilettico sopra il quale han perso il tempo il fisico et il chimista, se vien curato dal mago, approvarà non senza raggione più questo, che quello e quell’altro medico. Simil ¦ mente discorri per l’altre specie: de quali nessuna verrà ad essere men buona che l’altra, se cossì l’una come le altre viene ad effettuar il fine che si propone. Nel particolar poi è meglior questo medico che mi sanarà, che gli altri che m’uccidano o mi tormentino. Gervasio Onde avviene che son tanto nemiche tra lor queste sette di medici ? Teofilo Dall’avarizia, dall’invidia, dall’ambizione e dall’ignoranza. Comunmente a pena intendono il proprio metodo di medicare, tanto si manca che possano aver raggione di quel d’altrui. Oltre che la maggior parte non possendo alzarsi all’onor e guadagno con proprie virtù, studia di preferirsi con abbassar gli altri, mostrando dispreggiar quello che non può acquistare. Ma di questi l’ottimo e vero, è quello che non è sì fisico, che non sia anco chimico e matematico. Or per venir al proposito: tra le specie della filosofia, quella è la meglior che più comoda et altamente effettua la perfezzion de l’intelletto umano, et è più corrispondente alla verità della natura, e | quanto sia possibile [ne renda]
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Auftragen von Wurzeln, Anhängen von Steinen und Murmeln von Beschwörungsformeln, wenn mir die Strenge der Theologen nur gestattete, wie ein bloßer Naturkundiger zu reden. Ich billige auch die Medizin, die rein natürlich vorgeht und Apothekerrezepte verwendet, mit deren Hilfe man die Galle, das Blut, den Schleim und die Melancholie vermehrt oder vermindert; ich billige ebenfalls die andere Methode, die chemisch vorgeht, die die Quintessenzen extrahiert, die, durch Wirkung des Feuers, aus allen zusammengesetzten Dingen das Quecksilber entweichen läßt, das Salz ausscheidet und den Schwefel zum Aufleuchten oder Abschmelzen bringt. In Sachen Medizin möchte ich angesichts so vieler guter Methoden nicht entscheiden, welches die beste ist: denn sofern der Epileptiker, mit dem der Arzt und der Alchemist erfolglos ihre Zeit zugebracht haben, durch den Magier geheilt wird, wird er letzteren nicht ohne Grund für den besseren Mediziner halten als jene zwei anderen. Ähnliche Gedankengänge lassen sich für die anderen Arten der Medizin anstellen, von denen keine weniger gut als die andere sein wird, sofern jede für sich es nur schafft, ihr vorgesetztes Ziel zu erreichen. Im Einzelfall ist natürlich dann der Arzt, der mich tatsächlich heilen wird, besser als die anderen, die mich umbringen oder quälen. Gervasio Woher kommt es aber, daß die verschiedenen Schulen der Medizin so sehr untereinander verfeindet sind ? Teofilo Durch Habgier, Neid, Ehrgeiz und Unwissenheit. Im allgemeinen erfassen sie kaum die eigene Heilmethode, zu schweigen davon, daß sie sich eine angemessene Vorstellung von der Methode eines anderen machen können. Zusätzlich zieht es der größte Teil vor, da er es nicht aus eigener Kraft zu Ehre und Einkommen bringen kann, seine Anstrengungen auf die Herabsetzung der anderen zu konzentrieren, und dabei zeigt er Verachtung für das, was er sich selbst nicht anzueignen schafft. Von allen diesen ist jedoch derjenige der beste und wahrhafteste, der auf solche Weise Arzt ist, daß er auch zugleich Alchemist und Mathematiker ist, oder, um jetzt zu unserem Vorhaben zurückzukommen, zwischen den Arten der Philosophie ist diejenige die beste, die auf die am besten geeignete und höchste Weise die Vollkommenheit der menschlichen Vernunft bewirkt, die am meisten der Wahrheit der Natur entspricht und soweit möglich mit der Natur zusammenwirkt,
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coperatori di quella, o divinando (dico per ordine naturale, e raggione di vicissitudine; non per animale istinto come fanno le bestie e que’ che gli son simili; non per ispirazione di buoni o mali demoni, come fanno i profeti; non per melancolico entusiasmo, come i poeti et altri contemplativi), o ordinando leggi e riformando costumi, o medicando, o pur conoscendo e vivendo una vita più beata e più divina. Eccovi dumque come non è sorte di filosofia, che sia stata ordinata da regolato sentimento, la quale non contegna in sé qualche buona proprietà, che non è ¦ contenuta da le altre. Il simile intendo della medicina, che da tai principii deriva, quali presupponeno non imperfetto abito di filosofia: come l’operazion del piede o della mano, quella de l’occhio. Però è detto che non può aver buono principio di medicina, chi non ha buon termine di filosofia. Dicsono Molto mi piacete, e molto vi lodo: che sì come non sète cossì plebeio come Aristotele, non sète anco cossì ingiurioso et ambizioso come lui; il quale l’opinioni di tutti altri filosofi, con gli lor modi di filosofare, volse che fussero a fatto dispreggiate. Teofilo Benché de quanti filosofi sono, io non conosca più fondato su l’imaginazioni e rimosso dalla natura che lui; e se pur qualche volta dice cose eccellenti, son conosciute che non dependeno da principii suoi, e però sempre son proposizioni tolte da altri filosofi: come ne veggiamo molte divine nel libro Della generazione, Meteora, De animali e Piante. | Dicsono Tornando dumque al nostro proposito: volete che della materia, senza errore et incorrere contradizzione, se possa definire diversamente ? Teofilo Vero, come del medesmo oggetto possono esser giodici diversi sensi; e la medesma cosa si può insinuar diversamente. Oltre che
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entweder, indem sie [diese Wahrheit] erahnt (ich meine entsprechend der Ordnung der Natur und dem Gesetz der Wechselseitigkeit, nicht entsprechend tierischem Instinkt, wie es die wilden Tiere und wer ihnen ähnlich ist, tun; auch nicht entsprechend Eingebung durch gute oder böse Dämonen, wie es die Propheten tun, oder durch melancholischen Enthusiasmus, wie es die Dichter und andere beschaulich veranlagte Naturen tun), oder, indem sie Gesetze anordnet und Gewohnheiten reformiert, heilend wirkt, sich als Erkenntnis vollzieht oder ein glücklicheres und göttlicheres Leben lebt. Es gibt also keine einzige Form der Philosophie, immer vorausgesetzt daß sie durch vernünftige Einstellung geprägt ist, an der nicht etwas ihr eigenes Gutes dran ist, das in den anderen philosophischen Ansätzen nicht enthalten ist. Dasselbe denke ich über die Medizin, deren Prinzipien eine nicht unerhebliche Vertrautheit mit der Philosophie voraussetzen; etwa vergleichbar der Tatsache, daß Verrichtungen, die die Füße oder die Hände in Anspruch nehmen, das Funktionieren des Auges voraussetzen. Man sagt daher ja auch: keiner kann in der Medizin gut beginnen, der nicht einen guten Abschluß in der Philosophie mitbringt. Dicsono An Euch gefällt mir sehr – und ich preise Euch dafür – , daß Ihr weder so vulgär wie Aristoteles noch so verleumderisch und ehrgeizig wie er seid, der wollte, daß alle Lehrgebäude aller andren Philosophen, zusammen mit ihren Methoden, rundweg verworfen würden. Teofilo Und dennoch: Unter allen Philosophen, die es gibt, kenne ich keinen, dessen Denken mehr auf Einbildungen basiert und das zugleich weiter von der Natur der Dinge selbst entfernt ist als seines. Und auch wenn er bisweilen hervorragende Dinge sagt, so weiß man doch, daß diese nicht auf seinen Prinzipien basieren, sondern auf Lehrsätzen, die er von anderen Philosophen übernommen hat. Viele solcher göttlicher Sätze finden wir etwa in den Abhandlungen Über die Erzeugung, Über die Himmelserscheinungen, Über die Tiere und Über die Pflanzen. Dicsono Um zu unserer ursprünglichen Diskussion zurückzukehren: meint Ihr, daß man die Materie auf verschiedene Weise definieren kann, ohne in Irrtum und Widersprüche zu verfallen ? Teofilo Ja, und zwar so, wie ja auch verschiedene Sinne über ein und denselben Gegenstand urteilen können und wie man ein und die-
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(come è stato toccato) la considerazione di una cosa si può prendere da diversi capi. Hanno dette molte cose buone gli Epicurei, benché non s’inalzassero sopra la qualità materiale; molte cose excellenti ha date a conoscere Eraclito, benché non salisse sopra l’anima. Non manca Anassagora di far profitto nella natura, perché ¦ non solamente entro a quella, ma fuori, e sopra forse, conoscer voglia un intelletto, il quale medesmo da Socrate, Platone, Trimegisto e nostri teologi è chiamato Dio. Cossì niente manco bene può promovere a scuoprir gli arcani della natura, uno che comincia dalla raggione esperimentale di semplici (chiamati da loro), che quelli che cominciano dalla teoria razionale. E di costoro, non meno chi da complessioni, che chi da umori, e questo non più che colui che descende da sensibili elementi; o più da alto quelli assoluti, o da la materia una, di tutti più distinto principio. Perché talvolta chi fa più lungo camino, non farà però sì buono peregrinaggio; massime se il suo fine non è tanto la contemplazione, quanto l’operazione. Circa il modo poi di filosofare, non men comodo sarà di esplicar le forme come da un implicato, che distinguerle come da un caos, che distribuirle come da un fonte ideale, che cacciarle in atto come da una | possibilità, che riportarle come da un seno, che dissotterarle alla luce come da un cieco e tenebroso abisso: perché ogni fundamento è buono, se viene approvato per l’edificio; ogni seme è convenevole, se gli arbori e frutti sono desiderabili. Dicsono Or per venire al nostro scopo: piacciavi apportar la distinta dottrina di questo principio. Teofilo Certo questo principio che è detto materia ¦ può essere con-
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selbe Sache auf verschiedene Weise in eine Diskussion einführen kann. Und – wie wir ja schon angedeutet haben – man kann die Betrachtung einer Sache unter verschiedenen Gesichtspunkten angehen. So haben die Epikureer viele gute Dinge gesagt, obgleich sie nicht über die Ebene sinnlicher Qualitäten hinaus gelangten; Heraklit ließ uns hervorragende Dinge erkennen, obgleich er den Horizont des Seelischen nicht überschritt. Anaxagoras hat für seine Naturerkenntnis gerade daraus Nutzen gezogen, daß er nicht nur in ihr, sondern außer und vielleicht sogar über ihr eine Vernunft erkennen wollte, eben dieselbe, die von Sokrates, Platon, Trismegistos und unseren Theologen Gott genannt wird. Und so hindert nichts, daß diejenigen, die von der experimentellen Erforschung der einfachen Dinge (wie sie sie nennen) ausgehen, ebenso wie diejenigen, die mit einer begrifflich-rationalen Theorie beginnen, die Erforschung der Geheimnisse der Natur gleich gut vorantreiben können. Und von letzteren bringt die Sache nicht weniger derjenige voran, der von den Komplexionen ausgeht, als derjenige, dessen Theorie auf den Körpersäften basiert, dieser hinwiederum nicht mehr als derjenige, der von den sinnlichen Elementen ausgeht, oder der ganz oben, bei den absoluten [Wesenheiten] beginnt, oder schließlich der, der von der einen Materie aus, dem von allen unterschiedensten und vornehmsten Prinzip, ansetzt. Der längere Weg ist bisweilen nämlich nicht auch schon die bessere Reise, vor allem wenn sein Zielpunkt nicht so sehr Betrachtung als vielmehr Handlung ist. Hinsichtlich der philosophischen Herangehensweise nun wird es nicht weniger erfolgversprechend sein, die Formen aus einer Einfaltung zu entfalten, sie aus einem Chaos heraus zu unterscheiden, sie aus einer idealen Quelle aufzuteilen, sie aus einem Möglichkeitszustand heraus in die Wirklichkeit hervorzutreiben, sie wie aus einem Schoße herauszuholen oder sie aus einem blinden und dunklen Abgrund ans [Tages-]Licht zu ziehen. Denn jedes Fundament ist gut, wenn es sich durch das Tragen des Gebäudes bewährt, jeder Same ist willkommen, wenn die Bäume und Früchte begehrenswert sind. Dicsono Um jetzt endlich zu unserem Zielpunkt zu kommen: wärt Ihr so freundlich, uns Eure genaue Position zu jenem erwähnten Prinzip darzulegen. [8] Teofilo Sicherlich kann jenes als Materie bezeichnete Prinzip auf
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siderato in doi modi: prima, come una potenza; secondo, come un soggetto. In quanto che presa nella medesima significazione che potenza, non è cosa nella quale in certo modo e secondo la propria raggione non possa ritrovarse: e gli Pitagorici, Platonici, Stoici et altri, non meno l’han posta nel mondo intelligibile, che nel sensibile. E noi non la intendendo a punto come quelli la intesero, ma con una raggione più alta e più esplicata, in questo modo raggionamo della potenza over possibilità: - la potenza comunmente si distingue in attiva per la quale il soggetto di quella può operare, et in passiva per la quale o può essere, o può ricevere, o può avere, o può essere soggetto di efficiente in qualche maniera. De la potenza attiva non raggionando al presente, dico che la potenza che significa in modo passivo (benché non sempre sia passiva) si può considerare [o relativamente] o vero assolutamente; e cossì non è cosa di cui si può dir l’essere, della quale non si dica il posser essere. E questa sì fattamente risponde alla potenza attiva, che l’una non è senza l’altra in modo alcuno: onde se sempre è stata la potenza di fare, di produre, di | creare, sempre è stata la potenza di esser fatto, produto e creato; perché l’una potenza implica l’altra: voglio dir, con esser posta, lei pone necessariamente l’altra. La qual potenza, perché non dice imbecillità in quello di cui si dice, ma più tosto confirma la virtù et efficacia, anzi al fine si trova che è tutt’uno et a fatto la medesma cosa con la potenza attiva, non è filosofo né teologo che dubiti di attribuirla al primo principio sopra naturale. ¦ Per che la possibilità assoluta per la quale le cose che sono in atto, possono essere, non è prima che la attualità, né tampoco poi che quella: oltre, il possere essere è con lo essere in atto, e non precede quello; per che se quel che può essere facesse se stesso, sarebe prima che fusse fatto. Or contempla il primo et ottimo
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zwei Weisen betrachtet werden: erstens als ein Vermögen und zweitens als ein Substrat. Insofern es in derselben Bedeutung wie Vermögen genommen wird, gibt es nichts, worin es nicht auf bestimmte Weise und gemäß ihm entsprechender Gründe aufgefunden werden kann: daher haben es die Pythagoräer, Platoniker, Stoiker und andere sowohl in die sinnliche als auch in die intelligible Welt gesetzt. Wir aber verstehen die Materie gerade nicht so, wie diese sie verstanden haben, sondern mit einem viel höheren und entwickelteren Argument diskutieren wir sie folgendermaßen als Vermögen oder Möglichkeit: allgemein wird das Vermögen in ein aktives Vermögen – durch welches das ihm Zugrundeliegende tätig sein kann – und ein passives Vermögen unterschieden – durch welches das Zugrundeliegende entweder [selbst] sein-kann oder empfangen-kann oder haben-kann oder in irgendeiner Weise Substrat des Wirkenden sein kann. Um im Moment das aktive Vermögen beiseite zu lassen, sage ich, daß das als passiv bezeichnete Vermögen (auch wenn es nicht immer passiv ist) [entweder relativ oder] absolut aufgefaßt werden kann. Folglich kann man von keiner Sache ein Sein aussagen, ohne daß man nicht auch zugleich das Sein-Können von ihr aussagte, folglich entspricht das passive Vermögen so sehr dem aktiven, daß das eine auf keine Weise ohne das andere sein kann: wenn es also immer ein Vermögen, zu tun, hervorzubringen, zu schaffen gegeben hat, so auch immer ein Vermögen, getan zu werden, hervorgebracht zu werden und geschaffen zu werden. Denn das eine Vermögen impliziert das andere, d. h. wenn es gesetzt ist, setzt es notwendigerweise das andere. Da also jenes Vermögen für das, von dem es ausgesagt wird, keine Schwäche benennt, sondern vielmehr dessen Kraft und Wirkfähigkeit bekräftigt, ja da sich letztlich herausstellt, daß es mit dem aktiven Vermögen eine Einheit bildet und tatsächlich ein und dieselbe Sache ist, gibt es keinen Philosophen oder Theologen, der zögerte, es dem ersten übernatürlichen Prinzip zuzuschreiben. Denn die absolute Möglichkeit, durch welche die Dinge, die wirklich sind, sein können, ist nicht früher noch auch nur den geringsten Moment später als die Wirklichkeit; zudem ist das Sein-Können zugleich mit dem WirklichSein und geht jenem nicht voraus, denn wenn das, was sein kann, sich selbst hervorbrächte, würde es sein, bevor es hervorgebracht worden wäre.
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principio, il quale è tutto quel che può essere; e lui medesimo non sarebe tutto, se non potesse essere tutto: in lui dumque l’atto e la potenza son la medesima cosa. Non è cossì nelle altre cose, le quali quantumque sono quello che possono essere, potrebono però non esser forse; e certamente altro, o altrimente che quel che sono: perché nessuna altra cosa è tutto quel che può essere. Lo uomo è quel che può essere, ma non è tutto quel che può essere. La pietra non è tutto quello che può essere, per che non è calci, non è vase, non è polve, non è erba. Quello che è tutto che può essere, è uno, il quale nell’esser suo comprende ogni essere. Lui è tutto quel che è, e può essere qualsivogli’altra cosa che è e può essere. Ogni altra cosa non è cossì: però la potenza non è equale a l’atto, perché non è atto assoluto ma limitato; oltre che la potenza sempre è limitata ad uno atto, perché | mai ha più che uno essere specificato e particolare; e se pur guarda ad ogni forma et atto, questo è per mezzo di certe disposizioni, e con certa successione di uno essere dopo l’altro. Ogni potenza dumque et atto che nel principio è come complicato, unito ¦ et uno, nelle altre cose è esplicato, disperso e moltiplicato. Lo universo che è il grande simulacro, la grande imagine e l’unigenita natura, è ancor esso tutto quel che può esser per le medesime specie e membri principali e continenza di tutta la materia; alla quale non si aggionge e dalla quale non si manca, di tutta et unica forma: ma non già è tutto quel che può essere per le medesime differenze, modi, proprietà et individui; però non è altro che un’ombra del primo atto e prima potenza, e per tanto in esso la potenza e l’atto non è assolutamente la medesima cosa, per che nessuna parte sua è tutto quello che può essere. Oltre che in quel modo specifico che abbiamo detto, l’universo è tutto quel che può essere, secondo un modo esplicato, disperso,
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[9] Betrachte nun das erste und beste Prinzip, das alles das ist, was es sein kann: es wäre selbst nicht alles, wenn es nicht auch alles sein könnte, so daß in ihm also Akt und Vermögen ein und dasselbe sind. Dies ist bei den anderen Dingen nicht so: diese, selbst wenn sie sein sollten, was sie sein können, könnten aber vielleicht auch nicht sein, zumindest sicherlich anders oder andersartig, als sie jetzt tatsächlich sind. Denn nichts anderes (außer dem ersten Prinzip) ist alles das, was [es] sein kann. Der Mensch ist das, was er sein kann, aber nicht alles, was [er] sein kann; der Stein ist nicht alles, was [er] sein kann, denn er ist nicht Kalk, nicht Schlamm, nicht Staub, nicht Kraut. Das aber, was alles das ist, was [es] sein kann, ist ein Eines, das in seinem Sein alles Sein umfaßt. Es ist alles, was ist, und kann jedes beliebige Ding sein, das ist und sein kann. Jedes andere ist anders: bei ihm nämlich ist das Vermögen nicht der Wirklichkeit gleich, da letztere keine absolute, sondern ein begrenzte Wirklichkeit darstellt; dazu kommt, daß auch das Vermögen immer auf eine Verwirklichung begrenzt ist, da es niemals mehr als ein ganz bestimmtes und besonderes Sein besitzt. Und wenn dieses besondere Ding auch auf jede Form und jede Wirklichkeit einen Bezug haben sollte, so geschieht dies doch mittels bestimmter Anlagen und in einer ganz bestimmten Folge, in der dieses Seiende nacheinander zu ihm in Bezug tritt. Also ist alles Vermögen und alle Wirklichkeit, die im Prinzip gleichsam eingefaltet, vereint und Eines sind, in den anderen Dingen ausgefaltet, verstreut und vervielfältigt. Auch das Universum selbst, das große Abbild, das Ebenbild und die eingeborene Natur, ist alles, was [es] sein kann, dank der Konstanz der Arten und Hauptglieder sowie der Tatsache, daß es alle Materie in sich enthält, zu der man nichts hinzufügen kann, von der man nichts wegnehmen kann, und daß es von umfassender und einheitlicher Form ist. Doch ist das Universum freilich noch nicht alles das, was [es] sein kann, und zwar durch die Konstanz der Unterschiede, Arten und Weisen, Eigenschaften und Individuen; daher ist es letztlich nichts anderes als ein Schatten der ersten Wirklichkeit und des ersten Vermögens, und daher gilt auch, daß in ihm Vermögen und Wirklichkeit nicht auf absolute Weise eines sind, denn nicht jedes seiner Teile ist alles das, was [er/es] sein kann. Hinzu kommt, daß das Universum in dem spezifischen, oben erwähnten Sinn alles ist, was [es] sein kann, und zwar
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distinto: il principio suo è unitamente et indifferentemente; perché tutto è tutto et il medesmo semplicissimamente, senza differenza e distinzione. Dicsono Che dirai della morte, della corrozzione, di vizii, di difetti, di mostri ? volete che questi ancora abiano luogo in quello che è il tutto che può essere, et è in atto tutto quello che è in potenza ? Teofilo Queste cose non sono atto e potenza; ma sono difetto et impotenza, che si trovano nelle cose esplicate, per che non sono tutto quel che possono essere, e si forzano a quello che possono | essere: là onde non possendo essere insieme et ad un tratto tante cose, perdeno l’uno essere per aver l’altro; e qualche volta confondeno l’uno essere con l’altro, e tal’or sono diminuite, manche e stroppiate, per l’incompassibilità di questo essere e di quello, et occupazion ¦ della materia in questo e quello. Or tornando al proposito: il primo principio assoluto è grandezza, è magnitudine: et è tal magnitudine e grandezza, che è tutto quel che può essere. Non è grande di tal grandezza che possa esser maggiore, né che possa esser minore, né che possa dividersi, come ogni altra grandezza che non è tutto quel che può essere; però è grandezza massima, minima, infinita, impartibile, e d’ogni misura. Non è maggiore, per esser minima; non è minima, per esser quella medesima massima; è oltre ogni equalità, per che è tutto quel che ella possa essere. Questo che dico della grandezza, intendi di tutto quel che si può dire: perché è similmente bontà che è ogni bontà che possa essere, è bellezza che è bellezza che è tutto il bello che può essere; e non è altro bello che sia tutto quello che può essere, se non questo uno. Uno è quello che è tutto e può esser tutto assolutamente. Nelle cose naturali oltre non veggiamo cosa alcuna, che sia altro che quel che è in atto, secondo il quale
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auf eine entfaltete, verstreute und unterschiedene Weise, sein Prinzip hingegen ist [alles] auf einheitliche und unterschiedslose Weise, denn Alles ist [in ihm] Alles und auf schlechthin einfache Weise Dasselbe, ohne Verschiedenheit und Unterschied. [10] Dicsono Was sagt Ihr aber zum Tod, zur Vergänglichkeit, zu den Lastern, den Mängeln, den Mißbildungen ? Behauptet Ihr, daß diese Dinge noch einen Platz haben in jenem, das alles ist, was [es] sein kann, und das der Wirklichkeit nach alles das ist, was es dem Vermögen nach ist ? Teofilo Diese Dinge sind weder Wirklichkeit noch Vermögen, sondern auschließlich Mangel und Unvermögen, so, wie man es in allem Entfalteten vorfindet, denn sie sind nicht alles, was sie sein können, und sie müssen sich um dieses, was sie sein können, bemühen: da sie nicht zugleich und auf einen Schlag so viele Dinge sein können, müssen sie das eine Sein aufgeben, um das andere erlangen zu können, und manchmal vermischt sich in ihnen das eine Sein mit dem anderen, so daß, wegen der Unverträglichkeit zwischen diesem und jenem Seienden und weil die Materie [als Substrat] schon von diesem und jenem besetzt ist, einige verkümmern, Mängel aufweisen und verkrüppeln. [11] Kehren wir aber zur Sache zurück: Das erste absolute Prinzip ist Größe und Ausdehnung, und es ist Ausdehnung und Größe auf eine solche Weise, daß es alles das ist, was [es] sein kann. Sein Groß-Sein hat Größe nicht auf solche Weise, daß es noch größer sein könnte oder kleiner oder sich teilen könnte, wie dies bei jeder anderen Größe der Fall ist, die nicht alles das ist, was [sie] sein kann; denn es ist größte Größe, auch kleinste, unendliche, unteilbare Größe und eine Größe, die alle Maße in sich begreift. Sie ist nicht größte [Größe], weil sie die kleinste ist, sie ist nicht die kleinste, weil sie als dieselbe [kleinste] auch größte ist; sie ist jenseits jeder Gleichheit, weil sie alles das ist, was sie sein kann. Beziehe das, was ich von der Größe sage, auf alles, was sich [aus]sagen läßt: denn das Prinzip ist auf gleiche Weise auch das Gute, das alles Gute ist, was da sein kann, es ist die Schönheit, die alles Schöne ist, was da sein kann, und es gibt nichts anderes Schönes, das alles das wäre, was sein kann, außer diesem einen. Eines ist das, was alles ist und was auf absolute Weise alles sein kann. Ferner sehen wir bei den natürlichen Dingen keine einzige Sache, die
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è quel che può essere per aver una specie di attualità: tuttavia né in questo unico esser specifico giamai è tutto quel che può essere qualsivoglia particulare. Ecco il sole: non è tutto quello che può essere il sole, non è per tutto dove può essere il sole, per che quando è oriente a la terra, non gli è occidente, né meridiano, né di altro aspetto. ¦ Or se vogliamo mostrar il modo con il quale Dio è sole, | diremo (perché è tutto quel che può essere) che è insieme oriente, occidente, meridiano, merinozziale, e di qualsivoglia di tutti punti de la convessitudine della terra: onde se questo sole (o per sua revoluzione, o per quella de la terra) vogliamo intendere che si muova e muta loco, perché non è attualmente in un punto senza potenza di essere in tutti gli altri, e però have attitudine ad esservi; se dumque è tutto quel che può essere, e possiede tutto quello che è atto a possedere, sarà insieme per tutto et in tutto; è sì fattamente mobilissimo e velocissimo, che è anco stabilissimo et immobilissimo: però tra gli divini discorsi troviamo che è detto »stabile in eterno«, e »velocissimo che discorre da fine a fine«, perché se intende inmobile quello che in uno istante medesimo si parte dal punto di oriente et è ritornato al punto di oriente; oltre che non meno si vede in oriente, che in occidente, e qualsivoglia altro punto del circuito suo: per il che non è più raggione che diciamo egli partirsi e tornare, esser partito e tornato, da quel punto a quel punto, che da qualsivoglia altro de infiniti, al medesimo; onde verrà esser tutto e sempre in tutto il circolo et in qualsivoglia parte di quello; e per consequenza ogni punto indi ¦ viduo dell’eclittica, contiene tutto il diametro del sole: e cossì viene uno individuo a contener il dividuo; il che non accade per la possibilità na-
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außer dem, was sie wirklich ist, noch etwas anderes wäre, denn durch diese Wirklichkeit ist sie gerade das, was sie sein kann, d. h. sie ist dies [Sein], dadurch daß sie eine bestimmte Art von Wirklichkeit besitzt; aber auch in diesem einzigen bestimmten Sein ist sie niemals alles das, was irgendein beliebiges besonderes Ding sein kann. Zum Beispiel die Sonne: diese ist nicht alles das, was die Sonne sein kann, sie ist nicht überall dort, wo die Sonne sein kann – denn wenn sie sich im Osten über der Erde befindet, dann ist sie eben nicht im Westen, Süden oder in einer anderen Position. Wenn wir jedoch zeigen wollen, auf welche Weise Gott die Sonne ist, dann müßten wir (weil Er alles das ist, was [Er] sein kann) sagen, daß Er ineins und zugleich im Osten, Westen, Süden, Norden und in jedem beliebigen Punkt des Erdkreises ist. Denn wenn wir diese Sonne so verstehen wollen, daß sie sich bewegt und ihre Stellung verändert (sei es durch ihre eigene Bewegung oder die der Erde), dann wird sie – weil sie nicht tatsächlich an einem Punkt sein kann, ohne dem Vermögen nach an allen anderen Punkten zu sein und daher die Neigung hat, wirklich dort zu sein, wenn diese Sonne also alles ist, was [sie] sein kann, und wenn sie alles das besitzt, was sie besitzen kann, dann wird sie – zugleich überall und in allem sein. Sie ist dann auf eine solche Weise das Beweglichste und Schnellste, daß sie ineins auch das Feststehendste und Unbeweglichste ist. Daher finden wir in den göttlichen Schriften von ihr gesagt, daß sie »auf ewig feststehe« und »auf schnellste Weise von einem Ende zum anderen eile«. Unter ›unbeweglich‹ versteht man nämlich dasjenige, das in einem und demselben Augenblick an einem Punkt im Osten aufbricht und an diesen zurückgekehrt ist, das man, darüberhinaus, nicht weniger im Osten als im Westen und an jedem beliebigen anderen Punkte seines Umlaufes zugleich sehen kann, so daß wir nicht mit mehr Recht in bezug auf zwei Punkte als in bezug auf beliebige andere der unendlich vielen Punkte sagen: ›sie bricht von ihm auf‹ oder ›sie kehrt zu ihm zurück‹ – oder: ›sie ist von ihm aufgebrochen‹ und ›sie ist zu ihm zurückgehrt‹. Sie wird also als Ganzes und immer im ganzen Umkreis und in jedem beliebigen Teil dieses Umkreises sein, folglich enthält jeder einzelne unteilbare Punkt der Eklipse den ganzen Durchmesser der Sonne, und so geschieht es, daß ein Unteilbares das Teilbare in sich enthält. Dies kann nicht Ergebnis eines natürlichen, sondern nur eines
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turale, ma sopranaturale: voglio dire quando si sopponesse che il sole fosse quello che è in atto tutto quel che può essere. La potestà sì assoluta non è solamente quel che può essere il sole, ma quel che è ogni cosa, e quel che può essere ogni cosa. Potenza di tutte le potenze, atto di tutti gli atti, | vita di tutte le vite, anima di tutte le anime, essere de tutto l’essere; onde altamente è detto dal Revelatore: »Quel che è me invia, colui che è dice cossì«. Però quel che altrove è contrario et opposito, in lui è uno e medesimo, et ogni cosa in lui è medesima: cossì discorri per le differenze di tempi e durazioni, come per le differenze di attualità e possibilità; però lui non è cosa antica e non è cosa nuova, per il che ben disse il Revelatore: »primo e novissimo«. Dicsono Questo atto absolutissimo, che è medesimo che l’absolutissima potenza, non può esser compreso da l’intelletto, se non per modo di negazione: non può, dico, esser capito né in quanto può esser tutto, né in quanto è tutto; perché l’intelletto quando vuole intendere, gli fia mestiero di formar la specie intelligibile, di assomigliarsi, conmesurarsi et ugualarsi a quella: ma questo è impossibile, perché l’intelletto mai è tanto che non possa essere maggiore; e quello per essere inmenso da tutti lati e modi, non può esser più grande. Non è dumque occhio ch’approssimar si possa o ch’abbia accesso a tanto altissima luce e sì profondissimo abisso. ¦ Teofilo La concidenzia di questo atto con l’assoluta potenza è stata molto apertamente descritta dal spirto divino dove dice: »Tenebrae non obscurabuntur a te. Nox sicut dies illuminabitur. Sicut tenebrae eius, ita et lumen eius«. Conchiudendo dumque vedete quanta sia l’eccellenza della potenza la quale se vi piace chiamarla raggione di materia, che non hanno penetrato i filosofi volgari, la possete senza detraere alla divinità trattar più altamente, che | Platone nella sua Politica et il Ti-
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übernatürlichen Vermögens sein, will sagen, wenn man eben voraussetzte, daß die Sonne dasjenige sei, das in Wirklichkeit alles das ist, was sein kann. Eine so absolute Macht ist nämlich nicht nur das, was die Sonne sein kann, sondern das, was jede andere Sache ist und was jede andere Sache sein kann: sie ist das Vermögen aller Vermögen, die Wirklichkeit aller Wirklichkeiten, das Leben aller Leben, die Seele aller Seelen, das Sein allen Seins, weshalb es in der Offenbarung erhaben heißt: »Der, der ist, schickt mich, der, der ist, spricht also«. Was also anderswo widersprechend und entgegengesetzt ist, ist in ihm ein und dasselbe, und jede Sache ist in ihm dasselbe; Du aber sollst die Unterschiede der Zeiten und Zeiträume ebenso wie die Unterschiede von Wirklichkeit und Möglichkeit durchlaufen. Er jedoch ist weder Altes noch Neues, Er, von dem die Offenbarung treffend sagt: »Erster und Letzter«. [12] Dicsono Diese absolute Wirklichkeit, die dasselbe ist wie das absolute Vermögen, kann also vom Denken nur auf dem Wege der Negation begriffen werden: denn sie kann, sage ich, weder begriffen werden, insofern sie alles sein kann, noch, insofern sie alles ist. Denn sobald die Vernunft etwas verstehen will, muß sie sich eine intelligible Form bilden, sich dieser ähnlich machen, sich ihr kommensurabel und gleich machen; dies ist jedoch unmöglich, da die Vernunft niemals so groß sein kann, daß sie nicht noch größer sein könnte. Jene [absolute Wirklichkeit] jedoch, da sie in jeder Hinsicht und auf jede Weise unermeßlich ist, kann nicht noch größer sein. Es gibt also kein Auge, das sich ihr nähern könnte oder das einen Zugang zu jenem allerhöchsten Licht und allertiefsten Abgrund haben könnte. [13] Teofilo Der Zusammenfall dieser Wirklichkeit mit dem absoluten Vermögen ist äußerst klar vom göttlichen Geist beschrieben worden, indem er sagt: »Tenebrae non obscurabuntur a te. Nox sicut dies illuminabitur. Sicut tenebrae eius, ita et lumen eius«. Um also zum Schluß zu kommen: Ihr seht, wie herausragend dieses Vermögen ist. Ihr könnt es, wenn es Euch gefällt, als Wesen der Materie bezeichnen, etwas, das die gewöhnlichen Philosophen nicht durchdrungen haben, und Ihr könnt ihm, ohne damit der Gottheit etwas von ihrem Range zu nehmen, noch eine viel höhere Bedeutung zuweisen, als es Platon in seinem Staat und als es Timaios getan haben; weil diese Wesen und Natur
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meo. Costoro per averno troppo alzata la raggione della materia son stati scandalosi ad alcuni teologi. Questo è accaduto o perché quelli non si son bene dechiarati, o perché questi non hanno bene inteso, perché sempre prendeno il significato della materia secondo che è soggetto di cose naturali solamente, come nodriti nelle sentenze d’Aristotele; e non considerano che la materia è tale appresso gli altri, che è comune al mondo intelligibile e sensibile, come essi dicono, prendendo il significato secondo una equivocazione analoga. Però prima che sieno condannate denno essere ben bene essaminate le opinioni, e cossì distinguere i linguaggi come son distinti gli sentimenti: atteso che benché tutti convegnano tal volta in una raggion comune della materia, sono differenti poi nella propria. E quanto appartiene al nostro proposito, è impossibile (tolto il nome della materia, e sie capzioso e malvaggio ingegno quantosivoglia) che si trove teologo che mi possa imputar impietà, per quel che dico ¦ et intendo della coincidenza della potenza et atto, prendendo assolutamente l’uno e l’altro termino. Onde vorrei inferire che (secondo tal proporzione, quale è lecito dire) in questo simulacro di quell’atto e di quella potenza, per essere in atto specifico tutto quel tanto che è in specifica potenza, pertanto che l’universo secondo tal modo è tutto quel che può essere (sie che si voglia quanto a l’atto e potenza numerale), viene ad aver una potenza la quale non è absoluta dall’atto; una anima non absoluta dal animato, non dico il composto, ma il semplice: onde cossì del universo sia un primo principio che medesmo se intenda, non | più distintamente materiale e formale; che possa inferirse dalla similitudine del predetto, potenza absoluta et atto. Onde non fia difficile o grave di accettar al fine che il tutto secondo la
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der Materie zu sehr aufwerteten, haben sie den Zorn einiger Theologen hervorgerufen. Doch wohl nur, weil entweder erstere sich nicht angemessen ausgedrückt haben oder weil letztere, da sie, genährt von der Ausdrucksweise des Aristoteles, die Bedeutung von ›Materie‹ immer auf die Funktion eines Substrates natürlicher Dinge einschränkten, die Sache nicht richtig verstanden haben. Dann ziehen sie nämlich nicht in Betracht, daß ›Materie‹ bei jenen so beschaffen gedacht wird, daß sie, wie sie sagen, der intelligiblen und der sensiblen Welt angehört, wobei sie dem Wort eine äquivoke, auf einer Analogie basierende Bedeutung geben. Bevor man diese Lehrmeinungen jedoch verdammt, sollte man sie wirklich gründlich überprüfen und dabei die Sprachform entsprechend der ihr zugrundeliegenden verschiedenen Gedanken unterscheiden, insbesondere wenn man bedenkt, daß, selbst wenn alle bisweilen in einem gemeinsamen Wesensbegriff der Materie übereinstimmen, sie sich dann hinsichtlich einer eigentümlichen Bestimmung derselben doch voneinander unterscheiden. Was nun unser Vorhaben angeht, so kann sich unmöglich ein Theologe finden, der mir für das, was ich über den Zusammenfall von Vermögen und Wirklichkeit, beide Begriffe je für sich als absolute genommen, sage und denke, Gottlosigkeit unterstellen könnte (dabei muß man allerdings vom Begriff ›Materie‹ absehen, im übrigen kann der Theologe von so arglistiger und mißgünstiger Einstellung sein wie er will). [14] Daher möchte ich (das Verhältnis der Begriffe im Rahmen des Zulässigen haltend) den folgenden Schluß ziehen: In dem Bild jener [absoluten] Wirklichkeit und jenes [absoluten] Vermögens, das als besondere Wirklichkeit alles das ist, was es als besonderes Vermögen ist – weshalb das Universum alles das ist, was [es] sein kann (wieviel besondere, abzählbare Wirklichkeiten und Vermögen es immer haben mag) – , in diesem Bild gibt es ein Vermögen, das nicht von der Wirklichkeit getrennt ist, eine Seele, die nicht vom Beseelten getrennt ist –, ich meine nicht das Zusammengesetzte, sondern das Einfache. Folglich wird es so auch vom Universum [von dem Bild] ein erstes Prinzip geben müssen, das man ebenso zu verstehen hat, d. h nicht mehr als in ein materielles und formales Prinzip getrenntes, und aufgrund der Vergleichbarkeit mit dem oben Ausgeführten kann man schließen, daß es absolutes Vermögen und absolute Wirklichkeit ist. Es sollte daher weder schwierig noch allzu hart sein,
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dialogo terzo
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sustanza è uno: come forse intese Parmenide, ignobilmente trattato da Aristotele. ¦ Dicsono Volete dumque che benché descendendo per questa scala di natura, sia doppia sustanza, altra spirituale altra corporale, che insomma l’una e l’altra se riduca ad uno essere et una radice. Teofilo Se vi par che si possa comportar da quei che non penetrano più che tanto. Dicsono Facilissimamente, pur che non t’inalzi sopra i termini della natura. Teofilo Questo è già fatto. Se non avemo quel medesimo senso e modo di diffinire della divinità il quale [è] comune, avemo un particolare, non però contrario, né alieno da quello: ma più chiaro forse e più esplicato, secondo la raggione che non è sopra il nostro discorso, da la quale non vi promesi di astenermi. Dicsono Assai è detto del principio materiale, secondo la raggione della possibilità o potenza: piacciavi domani di apparecchiarvi alla considerazion del medesimo, secondo la raggione dell’esser soggetto. Teofilo Cossì farò. Gervasio A rivederci. Polihimnio Bonis avibus. Fine del terzo dialogo | ¦
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letztlich zu akzeptieren, daß das Ganze seiner Substanz nach Eines ist – wie es vielleicht Parmenides, der von Aristoteles so abfällig behandelt worden ist, gemeint haben kann. Dicsono Seid Ihr denn der Ansicht, daß – obgleich, wenn man die Stufen dieser Natur[ordnung] herabsteigt, eine zweifache Substanz gegeben ist, eine geistige und eine körperliche – doch diese beiden Substanzen im Grunde auf ein Sein und eine Wurzel zurückgehen ? Teofilo Wenn es Euch scheint, daß dieser Gedanke von denen ertragen werden kann, die nicht weiter als bis hier vordringen können. Dicsono Sicherlich problemlos, wenn Ihr nur nicht die Grenzen der Natur überschreitet. Teofilo Dies ist schon geschehen. Wenn wir auch nicht in derselben Art und Weise, wie es in der communis opinio geschieht, über Gott reden, so haben wir doch eine uns eigentümliche Vorstellung, die jener weder widerspricht, noch ihr wirklich fremd ist. Sie ist aber vielleicht klarer und differenzierter, und zwar einer Vernunft entsprechend, die nicht über die Grenzen unseres diskursiven Denkens hinausgeht, von welchen ich mich, wie versprochen, nicht entfernen will. Dicsono Über das materielle Prinzip als Möglichkeit oder Vermögen ist genug gesagt worden. Könntet Ihr uns morgen entsprechend in die Betrachtung des materiellen Prinzips als Substrat einführen ? Teofilo Das will ich tun. Gervasio Auf Wiedersehen. Polihimnio Bonis avibus. Ende des dritten Dialogs
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Polihimnio «Et os vulvae nunquam dicit: sufficit»; idest, scilicet, videlicet, ut pote, quod est dictu, materia (la quale vien significata per queste cose) recipiendis formis numquam expletur. Or poi che altro non è in questo Liceo, vel potius Antiliceo, solus (ita inquam solus, ut minime omnium solus) deambulabo, et ipse mecum confabulabor. La materia dumque di Peripatetici dal prencipe, e dell’altigrado ingenio del gran Macedone moderatore, non minus che dal Platon divino et altri, or chaos, or hyle, or sylva, or massa, or potenzia, or aptitudine, or privationi admixtum, or peccati causa, or ad maleficium ordinata, or per se non ens, or per se non scibile, or per analogiam ad formam cognoscibile, or tabula rasa, or indepictum, or subiectum, or substratum, or substerniculum, or campus, or infinitum, or indeterminatum, or prope nihil, or neque quid, neque quale, neque quantum; tandem, dopo aver molto con varie e diverse ¦ nomenclature (per definir questa natura) collimato: ab ipsis scopum ipsum attingentibus, femina vien detta; tandem inquam (ut una complectantur omnia vocula), a melius rem ipsam perpendentibus faemina dicitur. E me hercle non senza non mediocre caggione a questi del Palladio regno senatori ha piaciuto di collocare nel medesimo equilibrio queste due cose: materia e femina; poscia che da l’espe | rienza | 221 fatta del rigor di quelle, son stati condotti a quella rabia e quella frenesia (or qua mi vien per filo un color retorico): Queste sono un chaos de irrazionalità, hyle di sceleraggini, selva di ribalderie, massa di immundizie, aptitudine ad ogni perdizione. (Un altro color retorico detto da
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[1] Polihimnio »Et os vulvae nunquam dicit: sufficit«; idest, scilicet, videlicet, ut pote, quod est dictu, materia (die durch die Dinge bezeichnet wird) recipiendis formis nunquam expletur. Aber, weil ja niemand sonst in diesem Lyceum, vel potius Antilyceum, hier zugegen ist, solus (ita inquam solus, ut minime omnium solus) deambulabo, et ipse mecum confabulabor. Die Materie also wird von dem großen Fürsten der Peripatetiker, dem Unterweiser jenes alles überragenden Genies des großen Makedoniers, non minus, als vom göttlichen Platon und anderen, chaos, oder hyle, oder sylva [genannt], oder Masse, oder Vermögen, oder Geeignetheit, oder privationi admixtum, oder peccati causa, oder ad maleficium ordinata, oder per se non ens, oder per se non scibile, oder per analogiam ad formam cognoscibile, oder tabula rasa, oder indepictum, oder subiectum, oder substratum, oder substerniculum, oder campus, oder infinitum, oder indeterminatum, oder prope nihil, oder neque quid, neque quale, neque quantum; tandem nachdem (um dieses Wesen zu bestimmen) vieles mit verschiedenen und unterschiedlichen zusammenfassenden Bezeichnungen versucht worden ist, ab ipsis scopum ipsum attingentibus, Frau genannt; tandem inquam (ut una complectantur omnia vocula), a melius rem ipsam perpendentibus faemina dicitur. Und me hercle nicht ohne triftigen Grund hat es diesen Senatoren des Reiches der Pallas Athene gefallen, diese zwei Dinge in gleichen Rang und gleiche Gewichtung zu setzen: Materie und Frau. Denn indem sie deren Strenge und Härte erfahren haben, sind sie zu einer solchen Wut und Raserei gebracht worden (aber dabei kommt mir doch just eine rhetorische Stilfigur in den Sinn): die Frauen, sie sind ein chaos des Widervernünftigen, eine hyle von Ruchlosigkeit, ein Wald von Schuftigkeiten, eine Masse von Abfall, schlicht: Geeignetheit zu jeglicher Verderbnis. (Und noch eine andere Stilfigur, die manche com-
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dialogo quarto
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alcuni complessio): Dove era in potenza non solum remota, ma etiam propinqua la destruzzion di Troia ? In una donna. ¦ Chi fu l’instrumento della destruzzion della sansonica fortezza ? di quello eroe io dico che con quella sua mascella d’asino che si trovava, dovenne trionfator invitto di Filistei ? Una donna. Chi domò a Capua l’émpito e la forza del gran capitano e nemico perpetuo della Republica Romana Annibale ? Una donna. (Exlamatio): Dimmi, o citaredo profeta, la caggion della tua fragilità; »Quia in peccatis concepit me mater mea«. Come, o antico nostro protoplaste, essendo tu un paradisico ortolano et agricoltor de l’arbore de la vita, fuste maleficiato sì, che te con tutto il germe umano al baratro profondo della perdizion risospingesti ? »Mulier quam dedit mihi, ipsa, ipsa me decepit«. Proculdubio la forma non pecca, e da nessuna forma proviene errore, se non per esser congionta alla materia. Cossì la forma significata per il maschio, essendo posta in familiarità della materia, e venuta in composizione o copulazion con quella, con queste paroli, o pur con questa sentenza risponde alla natura naturante: »Mulier quam dedisti mihi«, idest la materia la quale mi hai dato consorte, »ipsa me decepit«, hoc est, lei è caggione d’ogni mio peccato. Contempla, contempla, divino ingegno, qualmente gli egregii filosofanti e de le viscere della natura discreti notomisti, per | porne pienamente avanti gli occhi la natura della materia, non han ritrovato più accomodato modo, che con avertirci con questa proporzione: qual significa il ¦ stato delle cose naturali per la materia, essere come l’economico, politico e civile per il femineo sesso. Aprite, aprite gli occhi et – Oh, veggio quel colosso di poltronaria Gervasio, il quale interrompe della mia nervosa orazione il filo; dubito che son stato da lui udito: ma che importa ? Gervasio Salve magister doctorum optime. Polihimnio Se non (tuo more) mi vuoi deludere, tu quoque salve. Gervasio Vorrei saper che è quello che andavi solo ruminando.
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plexio nennen): wo befand sich, in einer nicht nur entfernten, sondern auch nahen Möglichkeit die Zerstörung Trojas ? In einer Frau ! Wer war das Instrument der Vernichtung von Samsons Stärke ? Ich spreche von jenem Heros, der mit einem [zufällig] gefundenen Eselskinnbacken zum unüberwindlichen Triumphator über die Philister geworden ist ? Eine Frau ! Wer bändigte in Capua die Machtfülle Hannibals, des großen Befehlshabers und ewigen Feindes der römischen Republik ? Eine Frau ! Exclamatio: Sage mir, o Du Kithara-spielender Prophet, den Grund Deiner Hinfälligkeit – Quia in peccatis concepit me mater mea. Wie aber konntest Du, o unser uralter Protoplast, der Du Gärtner des Paradieses und Pfleger des Lebensbaumes warst, so sehr verzaubert werden, daß Du Dich zusammen mit dem ganzen Menschengeschlecht in den tiefen Abgrund der Vernichtung gestürzt hast ? Mulier quam dedit mihi, ipsa, ipsa me decepit. Proculdubio sündigt die Form nicht, und keine Form ist Ursprung eines Irrtums, es sei denn, sie ist mit der Materie verbunden. So antwortet also die Form, die gekennzeichnet ist durch die Rolle des Mannes, da sie in enge Berührung mit der Materie gestellt worden ist und sich mit letzterer verbunden und verknüpft hat, der natura naturans mit diesen Worten oder auch mit diesem Satz: »Mulier quam dedisti mihi«, idest: die Materie, die Du mir als Lebensgefährtin gegeben hast, »ipsa me decepit«, hoc est: sie ist die Ursache aller meiner Sünden. Betrachte, o betrachte, göttlicher Geist, wie die herausragenden Wahrheitssuchenden und die scharfsinnigen Zergliederer des Naturinneren, um uns die Natur der Materie vollständig vor Augen zu stellen, sich nicht anders zu helfen wußten, als uns mit folgender Analogie weiterzubringen, die [folgen]den Sinn hat: der Zustand der natürlichen Dinge steht im selben Verhältnis zur Materie wie die Ordnung der wirtschaftlichen, politischen und bürgerlichen Dinge zum weiblichen Geschlecht. Öffnet, o öffnet die Augen … O, ich sehe dieses riesige Großmaul Gervasio [kommen], der den Faden meiner kraftvollen und prägnanten Rede unterbricht; ich fürchte, er hat mich gehört, aber was soll’s ? Gervasio Salve magister doctorum optime. Polihimnio Wenn Du mich (tuo more) nicht nur verspotten willst, tu quoque salve. Gervasio Ich möchte gern wissen, was Du da so allein am Herumgrübeln bist.
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Polihimnio Studiando nel mio museolo, in eum qui apud Aristotelem est locum incidi, del primo della Physica, in calce; dove volendo elucidare che cosa fosse la prima materia, prende per specchio il sesso feminile; sesso, dico, ritroso, fragile, inconstante, molle, pusillo, infame, ignobile, vile, abietto, negletto, indegno, reprobo, sinistro, vituperoso, frigido, deforme, vacuo, vano, indiscreto, insano, perfido, neghittoso, putido, sozzo, ingrato, trunco, mutilo, imperfetto, incoato, insufficiente, preciso, amputato, attenuato, rugine, eruca, zizania, peste, morbo, morte: Messo tra noi da la natura e Dio per una soma e per un greve fio. Gervasio Io so che voi dite questo più per esercitarvi ne l’arte oratoria, e dimostar quanto siate copioso et elo ¦ quente, che abbiate tal sentimento che | dimostrate per le paroli. Per che è cosa ordinaria a voi | 225 signori umanisti, che vi chiamate professori de le buone lettere, quando vi ritrovate pieni di que’ concetti che non possete ritenere, non andate a scaricarli altrove, che sopra le povere donne; come quando qualch’altra còlera vi preme, venete ad isfogarla sopra il primo delinquente di vostri scolari. Ma guardatevi, signori Orfei, dal furioso sdegno de le donne tresse. Polihimnio Polihimnio son io, no sono Orfeo. Gervasio Dumque non biasimate le donne da dovero ? Polihimnio Minime, minime quidem: io parlo da dovero e non intendo altrimente, che come dico; per che non fo (sophystarum more) professione di dimostrar ch’il bianco è nero. Gervasio Perché dumque vi tingete la barba ? Polihimnio Ma ingenue loquor: e dico che un uomo senza donna, è simile a una de le intelligenze; è (dico) uno eroe, un semideo qui non duxit uxorem. Gervasio Et è simile ad un’ostreca, et ad un fungo ancora; et è un tartufo.
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Polihimnio Als ich in meinem Studierzimmerchen las in eum qui apud Aristotelem est locum incidi aus dem ersten Buch der Physica, in calce, wo dieser, indem er erklären will, was die erste Materie sei, das weibliche Geschlecht als Spiegelbild verwendet, ich meine dieses widerspenstige, zerbrechliche, unbeständige, weichliche, kleinmütige, schändliche, unedle, niederträchtige, verworfene, verachtete, unwürdige, verdammte, unheilvolle, tadelnswerte, kalte, missgestaltete, leere, eitle, rücksichtslose, wahnsinnige, niederträchtige, träge, widerliche, abstoßende, undankbare, verstümmelte, verwundete, unvollkommene, nicht zu Ende gebrachte, ungenügende, verkürzte, amputierte, verminderte Geschlecht, [ich meine] diesen Mehltau, diese Nessel, dieses Unkraut, diese Pest, diese Seuche, diesen Tod: Messo tra noi da la natura e Dio per una soma e per un greve fio. Gervasio Ich weiß, daß Ihr solches eher sagt, um Euch in der Redekunst zu üben und um zu beweisen, wie wortreich und redegewandt Ihr seid, als daß Ihr tatsächlich die durch Eure Worte ausgedrückten Gedanken teilt. Für Euch Herren Humanisten, die ihr Euch Kenner der schönen Wissenschaften nennt, macht es doch üblicherweise so: wenn ihr Euch der Gedanken voll fühlt, die Ihr nicht zurückhalten könnt, schüttet Ihr sie nirgendwo anders aus als über den armen Frauen; ebenso, wenn Euch ein anderer Unmut plagt: diesen laßt Ihr am erstbesten Eurer Schüler aus, der irgendeinen Fehler begeht. Aber hütet Euch, Ihr Orpheus-gleichen Männer, vor der Wut der thrakischen Frauen ! Polihimnio Polihimnio bin ich, nicht Orpheus. Gervasio So tadelt Ihr die Frauen nicht aus guten Gründen ? Polihimnio Minime, minime quidem: ich spreche durchaus mit guten Gründen und meine auch nichts anderes, als ich sage; denn ich mache es nicht (sophystarum more) zu meinem Beruf, zu beweisen, daß das Weiße schwarz sei. Gervasio Warum färbt Ihr Euch dann den Bart ? Polihimnio Aber ingenue loquor und sage, daß ein Mann ohne Frau einer der [reinen] Intelligenzen gleicht. Der ist ein Heros (sage ich), der ist ein Halbgott, qui non duxit uxorem. Gervasio Und er ist einer Auster ähnlich, und einem Schwamm zudem; und er ist ein Trüffel.
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Polihimnio Onde divinamente disse il lirico poeta: Credite, Pisones, melius nil celibe vita. ¦ E se vuoi saperne la caggione, odi Secondo filosofo: »La femina« dice egli, »è uno impedimento di | quiete, danno continuo, guerra cotidiana, | 227 priggione di vita, tempesta di casa, naufragio de l’uomo«. Ben lo confirmò quel biscaino che fatto impaziente e messo in còlera per una orribil fortuna e furia del mare, con un torvo e colerio viso rivoltato a l’onde: »O mare mare« disse, »ch’io ti potesse maritare«; volendo inferire che la femina è la tempesta de le tempeste. Per ciò Protagora, dimandato perché avesse data ad un suo nemico la figlia, rispose che non possea fargli peggio che dargli moglie. Oltre, non mi farà mentire un buon uomo francese, al quale (come a tutti gli altri che pativano pericolosissima tempesta di mare) essendo comandato da Cicala padron de la nave, di but ¦ tare le cose più gravi al mare, lui per la prima vi gittò la moglie. Gervasio Voi non riferite per il contrario tanti altri essempi di coloro che si son stimati fortunatissimi per le sue donne; tra quali (per non mandarvi troppo lontano): ecco sotto questo medesmo tetto il signor di Mauvissiero, incorso in una, non solamente dotata di non mediocre corporal beltade, che gli avvela et ammanta l’alma; ma oltre, che col triumvirato di molto discreto giudizio, accorta modestia et onestissima cortesia, d’indissolubil nodo tien avvinto l’animo del suo consorte, et è potente a cattivarsi chiumque la conosce. Che dirai de la generosa figlia, che a pena un lustro et un anno ha visto il sole; e per le lingue non potrai giudicare s’ella è da Italia, o da Francia, o da Inghilterra. Per la mano circa gli musici istrumenti, non potrai capire s’ella è corporea, o
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Polihimnio Deshalb sagte der lyrische Dichter auf so göttliche Weise: Credite, Pisones, melius nil celibe vita. Und wenn Du den Grund dafür wissen willst, dann höre den Philosophen Secundus: »Die Frau«, sagt dieser, »ist ein Hindernis der Ruhe, ein kontinuierlicher Schaden, ein täglicher Krieg, ein Gefängnis jeglichen Lebens, ein Unwetter im Hause, der Untergang des Mannes«. Eben dies bestätigt auch jener Biscayer, der, durch ein schreckliches Unwetter zur See in Ungeduld und Zorn versetzt, sich mit einem schauerlichen und zornesdüsteren Ausdruck an die Wogen wandte und sprach: »O Meer, Meer, wenn ich dich doch verheiraten könnte !« – womit er deutlich machen wollte, daß die Frau das Unwetter aller Unwetter sei. Weshalb auch Protagoras, als er gefragt wurde, weshalb er seine Tochter einem Feinde zur Frau gegeben habe, antwortete, daß er ihm nichts Schlimmeres hätte antun können, als ihm eine Frau zu geben. Außerdem wird mich jener französische Ehrenmann nicht Lüge strafen, dem – wie es auch allen anderen geschieht, die ein äußerst gefährliches Unwetter auf hoher See durchmachen – vom Kapitän des Schiffes, Cicala, Order gegeben wurde, die schwersten Teile seines Gepäcks über Bord zu werfen, und der dann als erstes seine Ehefrau hinabwarf. Gervasio Allerdings führt Ihr nicht alle die anderen Beispiele von denen an, die sich gerade wegen ihrer Frauen besonders glücklich schätzten, unter welchen sich (um nicht an der fernsten Stelle zu suchen), just unter diesem Dach hier, der Herr von Mauvissière befindet. Dieser ist an eine Dame geraten, die nicht nur mit einer alles andere als mittelmäßigen körperlichen Schönheit, Schleier und Mantel ihrer Seele, begabt ist, sondern die außerdem, dank des Triumvirates eines äußerst scharfsinnigen Urteiles, einer besonnenen Bescheidenheit und einer sehr edlen Höflichkeit den Sinn ihres Gatten mit unauflöslichen Banden gefesselt hält, und die die Macht hat, jeden der ihre Bekanntschaft macht, für sich einzunehmen. Und was würdest Du von der edlen Tochter sagen, die vor kaum einem Lustrum und einem Jahr das Licht der Sonne erblickt hat, und deren Sprachvermögen Dich nicht unterscheiden ließe, ob sie aus Italien, Frankreich oder aus England gebürtig ist ? Und was die Beherrschung der Musikinstrumente betrifft, so würdest Du nicht in der Lage sein zu urteilen, ob sie von körper-
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incorporea sustanza. Per la matura bontà di costumi, dubitarai s’ella è discesa | dal cielo, o pur è sortita da la terra. Ognun vede che in quella non meno, per la formazion di sì bel corpo, è concorso il sangue de l’uno e l’altro parente, ch’alla fabrica del spirto singulare, le virtù dell’animo eroico di que’ medesimi. ¦ Polihimnio Rara avis come la Maria da Bohstel. Rara avis come la Maria da Castelnovo. Gervasio Quel raro che dite de le femine, medesimo si può dir de’ maschi. Polihimnio In fine, per ritornare al proposito, la donna non è altro che una materia. Se non sapete che cosa è donna, per non saper che cosa è materia, studiate alquanto gli Peripatetici che con insegnarvi che cosa è materia, te insegnaranno che cosa è donna. Gervasio Vedo bene che per aver voi un cervello peripatetico, apprendeste poco o nulla di quel che ieri disse il Teofilo circa l’essenza e potenza della materia. Polihimnio De l’altro sia che si vuole: io sto sul punto del biasimar l’appetito de l’una e de l’altra, il quale è caggion d’ogni male, passione, difetto, ruina, corrozzione. Non credete che se la materia si contentasse de la forma presente, nulla alterazione o passione arrebe domìno sopra di noi, non moriremmo, sarrebemo incorrottibili et eterni ? Gervasio E se la si fosse contentata di quella forma che avea cinquanta anni addietro, che direste ? sareste tu Polihimnio ? Se si fusse fermata sotto quella di quaranta ¦ anni passati, sareste sì adultero, | (dico) sì adulto, sì perfetto e sì dotto ? Come dumque ti piace che le altre forme abbiano ceduto a questa, cossì è in volontà de la natura che ordina l’universo, che tutte le forme cedano a tutte. Lascio che è maggior
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licher oder unkörperlicher Substanz ist; was die Güte ihres früh ausgereiften Benehmens betrifft, so wärest Du im Zweifel, ob sie vom Himmel herabgestiegen oder tatsächlich ein Geschöpf der Erde ist. Jeder sieht, daß das Zusammenfließen des Blutes beider Eltern nicht weniger zur Gestaltung ihres schönen Körpers beigetragen hat als die Tugenden der heroischen Seelen derselben zur Ausbildung ihres einzigartigen Geistes. Polihimnio Rara avis diese Maria von Bohstel, rara avis diese Maria von Castelnovo. Gervasio Dies ›selten‹, das Ihr in bezug auf die Frauen anführt, läßt sich durchaus auch von den Männern sagen. Polihimnio Kurz und um wieder auf die Sache zurückzukommen, die Frau ist nichts anderes als eine Materie. Wenn Ihr also nicht wißt, was eine Frau ist, weil Ihr nicht wißt, was die Materie ist, so solltet Ihr ein wenig bei den Peripatetikern in die Schule gehen, die Euch, indem sie lehren, was die Materie ist, zugleich auch lehren werden, was es mit der Frau auf sich hat. Gervasio Ich merke sehr wohl, daß Ihr, da Ihr ein peripatetisches Hirn habt, wenig oder nichts von dem erfaßt habt, was Teofilo gestern hinsichtlich des Wesens und der Potenz der Materie gesagt hat. Polihimnio Mit anderem sei es, wie es wolle, ich jedenfalls beharre auf dem Punkt, daß die Begierde nach der einen [sc. der Frau] wie nach der anderen Sache [sc. der Materie] zu tadeln ist, jene Begierde, die Ursache allen Übels, allen Leidens, aller Fehler, allen Niedergangs, alles Vergehens ist. Wenn die Materie sich mit ihrer gegenwärtigen Form begnügte, glaubt Ihr nicht auch, daß dann keine Veränderung, kein Leiden Gewalt über uns haben könnte, daß wir nicht sterben würden, ja unvergänglich und ewig wären ? Gervasio Und was, wenn sie sich an jener Form begnügt hätte, die sie vor fünfzig Jahren gehabt hatte, was würdest Du sagen ? Würdest Du dann existieren, Polihimnio ? Wenn sie bei derjenigen [Form] von vor vierzig Jahren Halt gemacht hätte, wärest Du dann so verwachsen – ich meine natürlich: so erwachsen, so vollkommen und so gelehrt ? Wie es nun Dir ganz recht ist, daß die anderen [früheren] Formen dieser [jetzigen] gewichen sind, so ist es auch der Wille der Natur, die das Weltall lenkt, daß alle Formen jeweils anderen Formen weichen
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dignità di questa nostra sustanza, di farsi ogni cosa ricevendo tutte le forme, che ritenendone una sola, et essere parziale. Cossì al suo possibile ha la similitudine di chi è tutto in tutto. Polihimnio Mi cominci ad riuscir dotto, uscendo fuor del tuo ordinario naturale: applica ora, se puoi, a simili apportando la dignità che si ritrova ne la femina. Gervasio Farollo facilissimamente. Oh, ecco il Teofilo. Polihimnio Et il Dicsone. Un’altra volta dumque. De iis hactenus. Teofilo Non vedemo che de Peripatetici, come di Platonici anco, divideno la sustanza per le differenze di corporale et incorporale ? Come dumque queste differenze si reducono alla potenza di medesimo geno, cossì bisogna che le forme sieno di due sorte: perché alcune sono trascendenti, cioè superiori al geno, che si chiamano principii, come »entità«; »unità«, »uno«, »cosa«, »qualche cosa« et altre simili; altre son di certo geno distinte da altro geno, come »sustanzialità«, »accidentalità«: quelle che sono de la prima maniera, non distingueno la materia e non fanno altra et altra potenza di quella, ma come termini universalissimi che comprendono tanto ¦ le corporali, quanto le incorporali sustanze, significano quella universalissima, comu | nissima et una de l’une e l’altre. Appresso, »che cosa ne impedisce« disse Avicebron, »che sì come prima che riconosciamo la materia de le forme accidentali, che è il composto, riconoscemo la materia della forma sustanziale, che è parte di quello; cossì prima che conosciamo la materia che è contratta ad esser sotto le forme corporali, vegnamo a conoscere una potenza la quale sia distinguibile per la forma di natura corporea e de incorporea,
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müssen. Im übrigen ist es unserer [eigenen] Substanz angemessener, aus sich, indem sie alle Formen aufnimmt, alle Dinge machen zu können, als sich aus allen diesen nur eine einzige anzueignen und folglich partikulär zu bleiben. Denn so hat sie, in ihren Möglichkeiten, eine Ähnlichkeit zu dem, der alles in allem ist. Polihimnio Du fängst mir an gelehrt zu werden, denn Du weichst von Deinem gewöhnlichen Vorgehen ab: mache also, so Du es kannst, eine Anwendung a simili und stelle heraus, welche Würde im weiblichen Geschlecht zu finden ist. Gervasio Das wird mir ein leichtes sein. Aber sieh doch, da kommt Teofilo. Polihimnio Und Dicsono. Also ein anderes Mal dann. De iis hactenus. [2] Teofilo Beobachten wir nicht, daß die Peripatetiker, ebenso wie auch die Platoniker, die Substanz entsprechend der Differenz Körperlich-Unkörperlich einteilen ? [i] Da diese Differenzen sich auf das Vermögen einer und derselben Gattung zurückführen lassen, so müssen auch die Formen aus zwei Arten bestehen: denn die einen sind transzendent, d. h. der Gattung vorgeordnet, und sie nennen sich Prinzipien, wie z. B. »Seiendheit«, »Einheit«, »Eines«, »Ding«, »irgendein Ding« und andere diesen ähnliche; andere gehören einer bestimmten Gattung an und sind von anderen Gattungen unterschieden, wie etwa »Substantialität«, »Akzidentalität«. [ii] Die von der ersten Art unterscheiden die Materie nicht [aktiv] und machen aus ihr nicht ein je anderes und wieder anderes Vermögen, sondern, wie höchste Universalbegriffe, die sowohl die körperlichen als auch die unkörperlichen Substanzen in sich begreifen, bezeichnen sie auch das allgemeinste, umfassendste und eine [Vermögen] der einen wie der anderen [Substanzen]. Dazu sagt Avicebron: »Wenn wir, bevor wir die Materie der akzidentellen Formen, d. h. das, was das Zusammengesetzte ist, erkennen, die Materie der substantiellen Form erkennen, die ein Teil jenes Zusammengesetzten ist, was kann uns darin hindern, daß wir ebenso, bevor wir die Materie erkennen, die zum Sein unter den Bedingungen der körperlichen Formen zusammengezogen ist, ein Vermögen erkennen können, das unterscheidbar ist durch eine Form, die sowohl körperlicher als auch unkörperlicher, auflösbarer wie auch unauflös-
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dissolubile e non dissolubile ?«. Ancora, se tutto quel che è (cominciando da l’ente summo e supremo) have un certo ordine, e fa una dependenza, una scala, nella quale si monta da le cose composte alle semplici, da queste alle semplicissime et assolutissime per mezzi proporzionali e copulativi, e partecipativi de la natura de l’uno e l’altro estremo, e secondo la raggione propria neutri; non è ordine dove non è certa participazione, non è participazione dove non si trova certa colligazione, non è colligazione senza qualche partecipazione: è dumque necessario che de tutte cose che sono sussistenti, sia uno principio di subsistenza. Giongi a questo che la raggione medesima non può fare che avanti qualsivoglia cosa distinguibile non presuppona una cosa indistinta (parlo di quelle cose che sono, perché »ente« e »non ente« non intendo aver distinzione reale, ma vocale e nominale solamente). Questa cosa indistinta è una raggione comune a cui si aggionge la differenza e forma distintiva. E certamente non si può negare che sicome ogni sensibile presuppone il soggetto della sensibilità, cossì ogni intelligibile il soggetto della intelligibilità: bisogna dumque ¦ che sia una cosa che risponde alla raggione comune de l’uno | e l’altro soggetto; perché ogni essenzia, necessariamente è fondata sopra qualche essere: eccetto che quella prima che è il medesimo con il suo essere, perché la sua potenzia è il suo atto, perché è tutto quel che può essere, come fu detto ieri. Oltre se la materia (secondo gli adversarii medesimi) non è corpo, e precede secondo la sua natura l’essere corporale, che dumque la può far tanto aliena da le sustanze dette incorporee ? E non mancano di Peripatetici che dicono, sicome nelle corporee sustanze si trova un certo che di formale e divino, cossì nelle divine convien che sia un che di materiale, a fine che le cose inferiori s’accomodino alle superiori, e l’ordine de l’une dependa da l’ordine de l’altre. E li teologi, benché alcuni di quelli siano
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licher Natur ist ?« [iii] Zusätzlich, wenn alles, was ist (beginnend vom höchsten und obersten Seienden), eine bestimmte Ordnung aufweist und dabei eine Reihenfolge und Abstufung begründet, auf welcher man von den zusammengesetzten Dingen zu den einfachen, von letzteren zu den einfachsten und absolutesten Dingen durch Mittelglieder proportionaler, verbindender Art aufsteigt, die an der Natur des einen wie des anderen Extremes teilhaben und die in bezug auf die je besondere Beschaffenheit neutral sind, dann gilt: Es gibt keine Ordnung, wo nicht auch eine bestimmte Teilhabe stattfindet, es gibt keine Teilhabe, wo sich nicht auch eine bestimmte Verbindung findet, und es gibt keine Verbindung ohne irgendeine Teilhabe. Es ist also notwendig, daß es für alle existierenden Dinge ein Prinzip ihrer Existenz geben muß. [iv] Nimm zu diesem noch hinzu, daß es dem Verstand selbst nicht anders möglich ist, als jeder beliebigen unterscheidbaren Sache eine ununterschiedene Sache vorauszusetzen (ich spreche von den Dingen, die tatsächlich sind, weil ich nicht denke, daß ›seiend‹ und ›nicht-seiend‹ eine Realdistinktion bezeichnen, sondern nur eine lautliche und nominale Unterscheidung). Diese ununterschiedene Sache ist ein allgemeiner Begriff, zu dem Differenz und unterscheidende Form hinzutreten. [v] Es ist sicher nicht zu leugnen: Wie jedes Sinnliche ein Subjekt der Sinnlichkeit voraussetzt, so setzt auch jedes Intelligible ein Subjekt der Intelligibilität voraus: daher ist es notwendig, daß es eine Sache gibt, die dem allgemeinen Begriff des einen wie des anderen Subjektes entspricht. Denn jede Wesenheit basiert notwendigerweise auf einem Sein, außer jener ersten, die mit ihrem Sein identisch ist, weil ihr Vermögen ihr Akt ist, weil sie alles das ist, was [sie] sein kann, wie gestern gesagt wurde. [vi] Außerdem: Wenn die Materie (wie es unsere Gegner selbst sagen) nicht Körper ist und aufgrund ihrer Natur dem körperlichen Sein vorangeht, was kann sie dann von den als unkörperlich bezeichneten Substanzen so weit entfernen ? [vii] Und es fehlt auch nicht an Peripatetikern, die folgendes behaupten: Da sich in den körperlichen Substanzen etwas an Formalität und Göttlichkeit finden lasse, so müsse es auch in den göttlichen Substanzen etwas Materielles geben, und zwar, damit sich die niederen Dinge den höheren angleichen und die Ordnung der einen von der Ordnung der anderen abhängen könne. [viii] Und die Theologen, auch wenn einige von
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nodriti ne l’aristotelica dottrina, non mi denno però esser molesti in questo, se accettano esser più debitori alla lor scrittura, che alla filosofia e natural raggione. »Non mi adorare« disse un de loro angeli al patriarca Iacob, »perché son tuo fratello«; or se costui che parla (come essi intendeno) è una sostanza intellettuale, et affirma col suo dire che quell’uomo e lui convegnano nella realità d’un soggetto stante qualsivoglia differenza formale, resta che gli filosofi abbiano uno oraculo di questi teologi per testimonio. Dicsono So che questo è detto da voi con riverenza, ¦ perché sapete che non vi conviene di mendicar raggioni da tai luoghi, che son fuori de la nostra messe. Teofilo Voi dite bene e vero: ma io non allego quello per raggione e confirmazione; ma per | fuggir scrupolo quanto posso, perché non meno temo apparere, che essere contrario alla teologia. Dicsono Sempre da discreti teologi ne saranno admesse le raggioni naturali, quantumque discorrano, pur che non determinino contra l’autorità divina, ma si sottomettano a quella. Teofilo Tali sono e sarano sempre le mie. Dicsono Bene dumque. Seguite. Teofilo Plotino ancora dice nel libro De la materia, che »se nel mondo intelligibile è moltitudine e pluralità di specie, è necessario che vi sia qualche cosa comune, oltre la proprietà e differenza di ciascuna di quelle. Quello che è comune tien luogo di materia, quello che è proprio e fa distinzione, tien luogo di forma«. Gionge che »se questo è a imitazion di quello, la composizion di questo è a imitazion della composizion di quello. Oltre, quel mondo, se non ha diversità, non ha ordine; se
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ihnen mit der aristotelischen Lehre großgeworden sind, dürften mir bezüglich dieser Dinge nicht lästig werden, wenn sie nur akzeptieren, daß sie mehr ihrer Schrift verpflichtet sind als der Philosophie und der natürlichen Vernunft. »Bete mich nicht an«, sagt einer ihrer Engel zum Patriarchen Jakob, »denn ich bin dein Bruder.« Wenn jedoch jener, der spricht (wie sie es denken), eine intellektuelle Substanz ist, und wenn er zugleich mit seiner Rede behauptet, daß jener Mensch und er in der Realität eines Substrates übereinkommen, was auch immer für eine formale Differenz zwischen ihnen bestehen möge, dann ist es klar, daß die Philosophen ein Orakel dieser Theologen zu ihrem Zeugnis haben. Dicsono Ich weiß, daß dies von Euch mit allem Respekt gesagt ist, und Ihr wißt ja auch, daß es nicht gestattet ist, aus den Schriftstellen, die nicht in unserer Messe vorkommen, Beweisgründe zu entlehnen. Teofilo Ihr sprecht gut und wahr. Aber ich führe jenes nicht als Beweisgrund und Bestätigung an, sondern um, so weit ich kann, einem Bedenken zu entgehen: ich fürchte nämlich nicht weniger, als ein Gegner der Theologie zu erscheinen, denn tatsächlich einer zu sein. Dicsono Natürliche Beweisgründe werden von verständigen Theologen immer anerkannt, und zwar gleichgültig, wie weit ihre Kraft reicht, solange sie sich nicht gegen die göttliche Autorität wenden, sondern sich ihr unterordnen. Teofilo Eben von dieser Art sind und werden meine Argumente immer sein. Dicsono Also gut. Fahrt denn fort. Teofilo [ix] Auch Plotin sagt in seinem Buch Über die Materie: »Wenn es in der geistigen Welt eine Vielheit und Menge der Arten gibt, dann ist es notwendig, daß es dort auch, jenseits der Eigentümlichkeit und Unterschiedenheit jeder dieser Arten, irgend etwas [allen] Gemeinsames gibt. Dasjenige, was das Gemeinsame ist, nimmt die Position der Materie ein, dasjenige, was das Eigene ist und was Unterschiede bewirkt, nimmt die Stelle der Form ein.« [x] Er fügt hinzu, daß »wenn diese Welt eine Nachahmung [ein Abbild] jener höheren Welt ist, so ist auch die Zusammensetzung dieser eine Nachahmung der Zusammensetzung von jener Welt. Außerdem: wenn jene [höhere Welt] keine Verschiedenheit hat, so hat sie keine Ordnung; wenn sie keine
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non ha ordine, non ha bellezza et ornamento: tutto questo è circa la materia«. Per il che il mondo superiore non solamente deve esser stimato per tutto indivisible, ma anco per alcune sue condizioni divisibile e distinto; la cui divisione e distinzione non può esser capita senza qualche soggetta materia. E benché dichi che tutta quella moltitudine conviene in uno ente impartibile e fuor di qualsivoglia dimensione, quello dirò essere la materia, nel quale si uniscono tante ¦ forme; quello, prima che sia conceputo per vario e multiforme, era in concetto uniforme; e prima che in concetto formato, era in quello informe. | Dicsono Benché in quel ch’avete detto, con brevità abbiate apportate molte e forte raggioni, per venire a conchiudere che una sia la materia, una la potenza per la quale tutto quel che è, è in atto; e non con minor raggione conviene alle sustanze incorporee, che alle corporali: essendo che non altrimente quelle han l’essere per lo possere essere, che queste per lo posser essere hanno l’essere; e che oltre per altre potenti raggioni (a chi potentemente le considera e comprende) avete dimostrato: tuttavia (se non per la perfezzione della dottrina, per la chiarezza di quella) vorei che in qualch’altro modo specificaste, come ne le cose eccellentissime quali sono le incorporee, si trova cosa informe et indefinita ? come può ivi essere raggione di medesima materia, e che per advenimento della forma et atto, medesimamente non si dicono corpi ? Come dove non è mutazione, generazione, né corrozzione alcuna, volete che sia materia, la quale mai è stata posta per altro fine ? Come potremo dire la natura intelligibile esser semplice, e dir che in quella sia materia et atto ? Questo non lo dimando per me, al quale la verità è manifesta, ma forse
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Ordnung hat, dann auch keine Schönheit und keinen Schmuck: alles dieses jedoch sind Dinge, die sich auf die Materie beziehen.« Denn die höhere Welt darf nicht nur als gänzlich unteilbar betrachtet werden, sondern, was einige ihrer [inneren] Bedingungen betrifft, auch als teilbar und geteilt – und eben dieses Geteilt- und Unterschiedensein kann nicht ohne eine zugrundeliegende Materie verstanden werden. [xi] Und solltest Du auch sagen, daß jene ganze Vielheit sich in einem unteilbaren Sein zusammenfinde und jenseits jeder Dimensionalität stehe, so werde ich sagen, daß jenes [Sein] die Materie ist, in welcher sich soviele Formen vereinigen. Denn jenes [Sein] war, bevor es noch als mannigfach und vielgestaltig begriffen wird, im Begriff ein einförmiges [Sein], d. h. es war in letzterem ohne Form, bevor es in einen geformten Begriff einging. [3] Dicsono Wohlan, in dem, was Ihr gesagt habt, habt Ihr in aller Kürze viele und starke Argumente dafür angeführt, daß man zu dem Schluß kommen müsse, die Materie sei eine und ebenfalls eines sei das Vermögen, durch welches alles das, was ist, tatsächlich beziehungsweise in actu ist, und daß diese [Materie] den unkörperlichen Substanzen mit nicht weniger Gründen zukomme als den körperlichen. Denn jene haben ihr Sein auf keine andere Weise durch das Sein-Können als diese durch das Sein-Können ihr Sein besitzen, wie Ihr es an anderer Stelle durch andere mächtige Argumente erwiesen habt (zumindest für den, der sie kraftvoll zu betrachten und zu erfassen versteht). Allerdings möchte ich (wenn nicht wegen der Vollkommenheit dieser Lehre, so doch wegen ihrer Klarheit), daß Ihr noch auf eine andere Weise genauer darlegt, [i] wie sich selbst in den hervorragendsten Dingen, zu denen ja die körperlosen Substanzen gehören, etwas Ungeformtes und Unbestimmtes findet ? [ii] Wie es dort einen Sachgrund für ein sichselbstgleiches Materiesubstrat geben kann ? [iii] Wie es sein kann, daß durch das Hinzutreten der Form und des Aktes diese (hervorragendsten Dinge) sich nicht ebenso Körper nennen ? [iv] Wie Ihr annehmen wollt, daß dort, wo weder irgendeine Veränderung noch Entstehen, noch Vergehen ist, Materie sei, welche immer nur zur Erklärung eben dieser Dinge angesetzt worden ist ? [v] Wie wir sagen können, daß die intelligible Natur einfach sei, und zugleich [sagen können], daß in ihr Materie und Akt sei ? Alles dieses fordere ich nicht meinetwegen, für
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per altri che possono essere più morosi e difficili, come per essempio maestro Polihimnio e Gervasio. Polihimnio Cedo. Gervasio Accepto; e vi ringrazio, Dicsone, perché considerate la necessità di quei che non hanno ardire di diman ¦ dare, come comporta la civilità de le mense oltramontane: ove a quei che siedeno gli secondi, non lice stender le dita fuor del proprio quadretto o tondo; ma conviene aspettar | che gli sia posto in mano, a fin che non prenda boccone, che non sia pagato col suo »granmercé«. Teofilo Dirò per risoluzion del tutto, che sì come l’uomo secondo la natura propria de l’uomo, è differente dal leone secondo la natura propria del leone; ma secondo la natura comone de l’animale, de la sustanza corporea, et altre simili, sono indifferenti e la medesima cosa; similmente secondo la propria raggione è differente la materia di cose corporali dalla de cose incorporee. Tutto dumque lo che apportate de lo esser causa costitutiva di natura corporea, de l’esser soggetto di trasmutazioni de tutte sorti, e de l’esser parte di composti, conviene a questa materia per la raggione propria, perché la medesima materia, (voglio dir più chiaro) il medesimo che può esser fatto, o pur può essere, o è fatto, è per mezzo de le dimensioni et extensione del suggetto, e quelle qualitadi che hanno l’essere nel quanto: e questo si chiama sustanza corporale e suppone materia corporale; o è fatto (se pur ha l’esser di novo), et è senza quelle dimensioni, extensione e qualità: e questo si dice sustanza incorporea, e suppone similmente detta materia. Cossì ad una potenza attiva tanto di cose ¦ corporali quanto di cose incorporee,
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mich ist die Wahrheit völlig klar, sondern vielleicht für andere, die schwerer von Begriff und in ihrer Art umständlicher sein mögen, wie zum Beispiel Meister Polihimnio und Gervasio. Polihimnio Cedo. Gervasio Accepto. Und ich danke Euch, Dicsono, daß Ihr die Bedürfnisse derer in Rechnung stellt, die nicht zu fragen wagen, wie es die Tischetikette jenseits der Alpen vorschreibt, wo es denjenigen, die im zweiten Rang sitzen, nicht gestattet ist, den Finger über die eigene Serviette oder den eigenen Tellerrand herauszustrecken, die vielmehr warten müssen, bis ihnen jemand etwas in die Hand gibt, weil sie nicht einen einzigen Bissen zu sich nehmen können, bevor sie ihn nicht mit einem granmercé bezahlt haben. Teofilo Zur Lösung all dieser Probleme werde ich Folgendes sagen: so wie der Mensch entsprechend seiner Eigennatur als Mensch vom Löwen hinsichtlich dessen Eigennatur [als Löwe] verschieden ist, so sind doch beide, bringt man die gemeinsame Natur als Lebewesen und als körperliche Substanz und auch andere gleichwertige Bestimmungen in Anschlag, voneinander ununterschieden und dieselbe Sache. Auf ähnliche Weise ist auch die Materie der körperlichen Dinge entsprechend ihrer Eigennatur von jener der unkörperlichen Dinge unterschieden. Alles das also, was Ihr diesbezüglich beibringt: daß sie konstitutive Ursache der körperlichen Natur ist, daß sie Subjekt [Substrat] von Veränderungen aller Art ist, daß sie Teil von zusammengesetzten Dingen ist, alles dieses kommt der Materie gemäß ihrer eigenen Wesensnatur zu. Denn ebendiese selbe Materie, (oder um es klarer zu sagen) eben dasselbe, was hervorgebracht werden kann, oder auch das, was sein kann, dieses ist entweder [auf eine Art] hervorgebracht und ist dabei vermittelt durch die Dimensionen und die Ausdehnung des Substrates, sowie durch jene Qualitäten, die ihr Sein im Quantitativen haben: und dieses Sein nennt man körperliche Substanz, und es setzt körperliche Materie voraus – oder es ist [auf eine andere Art] hervorgebracht (wenn es sein Sein von neuem hat) und ist nicht durch jene Dimensionen, die Ausdehnung und die Qualitäten vermittelt: und dieses Sein bezeichnet man als unkörperliche Substanz, welche ganz entsprechend die besagte Materie voraussetzt. So entspricht also einem aktiven Vermögen sowohl der körperlichen als auch der unkörper-
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over ad un essere tanto corporeo quanto incorporeo, corrisponde una potenza passiva tanto corporea quanto incorporea, et un posser esser tanto corporeo quanto incorporeo. Se dumque vogliamo dir composizione tanto ne l’una quanto ne l’altra natura, la doviamo intendere in una et un’altra maniera; e considerar che se dice nelle cose eterne una materia sempre sotto un atto; | e che nelle cose variabili sempre contiene or uno or un altro. In quelle la materia ha una volta, sempre et insieme tutto quel che può avere, et è tutto quel che può essere; ma questa in più volte, in tempi diversi e certe successioni. Dicsono Alcuni, quantumque concedano essere materia nelle cose incorporee, la intendono però secondo una raggione molto diversa. Teofilo Sia quantosivoglia diversità secondo la raggion propria per la quale l’una descende a l’esser corporale e l’altra non, l’una riceve qualità sensibili e l’altra non, e non par che possa essere raggione comune a quella materia a cui ripugna la quantità et esser suggetto delle qualitadi che hanno l’essere nelle demensioni, e la natura a cui non ripugna l’una né l’altra: anzi l’una e l’altra è una medesima; e che (come è più volte detto) tutta la differenza depende dalla contrazzione a l’essere corporea e non essere corporea: come nell’essere animale ogni sensitivo è uno; ma contraendo quel geno a certe specie, ripugna a l’uomo l’esser leone, et a questo animale d’esser quell’altro. Et aggiungo a questo (sel ti piace) perché mi direste che quello che giamai è, deve essere stimato più tosto impossibile e contra natura, ¦ che naturale; e però giamai trovandosi quella materia dimensionata, deve stimarsi che
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lichen Dinge oder einem sowohl körperlichen als unkörperlichen Sein ein passives Vermögen, das sowohl körperlich als auch unkörperlich ist, und ein Sein-Können, das sowohl körperlich als auch unkörperlich ist. Wenn wir also sowohl hinsichtlich der einen wie auch hinsichtlich der anderen Natur von Zusammensetzung sprechen, dann müssen wir diese auf zwei verschiedene Weisen verstehen und auch bedenken, daß man bezüglich der ewigen Dinge von einer immer unter einem Akt befindlichen Materie spricht und daß die Materie bei den veränderlichen Dingen immer einmal diesen und einmal einen anderen Akt enthält. In Verbindung mit den ersteren hat die Materie auf einmal, für immer und zugleich alles das, was sie haben kann, hinsichtlich der letzteren hingegen auf mehrfache Weise, zu verschiedenen Zeiten und unter bestimmten Zusammenhängen. [4] Dicsono Obgleich einige zugeben, daß es eine Materie in den unkörperlichen Dingen gebe, verstehen diese sie jedoch in einem ganz anderen Sinne. Teofilo Mag auch die Differenz hinsichtlich der je eigenen Wesensform noch so groß sein, der gemäß die eine [Materie] zum körperlichen Sein hinabsteigt und die andere nicht, die eine sinnliche Bestimmtheiten annimmt und die andere nicht, und mag auch es auch so scheinen, als könne es keine gemeinsame Bestimmtheit zwischen jener Materie geben, der es widerstrebt, Quantität an sich zu haben und Träger qualitativer Bestimmungen zu sein, die ihr Sein in den Dimensionen besitzen, und jener anderen Natur [der Materie], der weder das eine noch das andere widerstrebt – dennoch sind beide eines und dasselbe. Wie schon öfter bemerkt worden ist, besteht der ganze Unterschied darin, daß die eine zum körperlichen Sein, die andere zum unkörperlichen Sein kontrahiert wird; wie z. B. bei den Lebewesen alle Sinnesbegabten eine Einheit ausmachen, indem jedoch jene Gattung auf bestimmte Spezies[formen] kontrahiert wird, widerstrebt dem Menschen das Löwe-Sein, und es widerstrebt diesem Lebewesen, jenes andere Lebewesen zu sein. Und ich füge dem noch etwas hinzu (wenn es Dir recht ist), denn Du könntest ja sagen, etwas, das niemals ist, müsse eher als völlig unmöglich und widernatürlich, denn als natürlich eingeschätzt werden, und man müsse daher, wenn jene [erste] Materie niemals als eine dimensionierte angetroffen werde, urteilen, daß [das
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la corporeità gli sia contra natura; e se questo è cossì, non è verisimile che sia una natura comune a l’una e l’altra, prima che l’una se intenda esser contratta a l’esser corporea: aggiungo (dico) che non meno possiamo attribuir a quella materia la necessità de tutti gli atti dimensionali, che (come voi | vorreste) la impossibilità. Quella materia per essere attualmente tutto quel che può essere, ha tutte le misure, ha tutte le specie di figure e di dimensioni; e perché le have tutte, non ne ha nessuna, perché quello che è tante cose diverse, bisogna che non sia alcuna di quelle particolari. Conviene a quello che è tutto, che escluda ogni essere particolare. Dicsono Vuoi dumque che la materia sia atto ? vuoi ancora che la materia nelle cose incorporee coincida con l’atto ? Teofilo Come il posser essere coincide con l’essere. Dicsono Non differisce dumque da la forma ? Teofilo Niente nell’absoluta potenza et atto absoluto; il quale però è nell’estremo della purità, simplicità, indivisibilità et unità, perché è assolutamente tutto: che se avesse certe dimensioni, certo essere, certa figura, certa proprietà, certa differenza, non sarebbe absoluto, non sarebbe tutto. Dicsono Ogni cosa dumque che comprende qualsivoglia geno, è individua ? Teofilo Cossì è, perché la forma che comprende tutte le qualità non è alcuna di quelle; lo che ha tutte le figure, ¦ non ha alcuna di quelle; lo che ha tutto lo essere sensibile, e però non si sente. Più altamente individuo è quello che ha tutto l’essere naturale; più altamente lo che ha tutto lo essere intellettuale; altissimamente quello che ha tutto lo essere che può essere. | Dicsono In similitudine di questa scala de lo essere, volete che sia la
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Attribut] Körperlichkeit gegen ihre Natur sei; und daß es, wenn dieses sich so verhalte, nicht wahrscheinlich sei, daß es für beide [Materien] eine gemeinsame Natur gebe, und zwar noch bevor die eine von beiden als auf das körperliche Sein zusammengezogen gedacht werde. Ich füge [sage ich] also hinzu, daß wir dieser [ersten] Materie ebensogut die Notwendigkeit aller dimensionalen Akte zuschreiben können als auch (wie ihr es wollt) die Unmöglichkeit eben dieser Akte. Diese Materie besitzt, um aktual alles das zu sein, was [sie] sein kann, alle Maße und alle Arten von Gestalten und Dimensionen, und weil sie sie alle hat, hat sie zugleich keine von allen, weil etwas, was so viele verschiedene Dinge [zugleich] ist, es nicht nötig hat, eines von diesen insbesondere zu sein. Dem, was alles ist, kommt es zu, alles besondere Sein [von sich] auszuschließen. Dicsono Behauptest Du also, daß die Materie Akt ist ? Behauptest Du auch, daß die Materie in den unkörperlichen Dingen mit dem Akt zusammenfällt ? Teofilo Ja, so wie das Sein-Können mit dem Sein zusammenfällt. Dicsono Sie unterscheidet sich also nicht von der Form ? Teofilo Nicht im absoluten Vermögen und im absoluten Akt, der, weil er auf absolute Weise alles ist, von äußerster Reinheit, Einfachheit, Unteilbarkeit und Einheit ist, und der, wenn er bestimmte Dimensionen besäße, ein bestimmtes Sein, eine bestimmte Gestalt, eine bestimmte Eigentümlichkeit, eine bestimmte Differenz, nicht absolut wäre, nicht alles wäre. Dicsono Jede Sache, die eine beliebige Gattung umfaßt, ist folglich unteilbar ? Teofilo So ist es. Denn die Form, die alle Qualitäten umfaßt, ist selbst keine Qualität; dasjenige, das alle Gestalten hat, hat keine Gestalt; das, was alles sinnlich wahrnehmbare Sein enthält, ist selbst nicht sinnlich wahrnehmbar. Dasjenige, das alles natürliche Sein besitzt, ist [im Vergleich hierzu] auf noch höhere Weise unteilbar, dasjenige, was alles intellektuelle Sein besitzt, auf noch höhere Weise, und dasjenige, das alles Sein besitzt, das sein kann, ist auf höchste Weise unteilbar. Dicsono Wollt Ihr, vergleichbar zu dieser Abstufung des Seins, auch eine Abstufung des Sein-Könnens annehmen, und wollt Ihr zudem,
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scala del posser essere, e volete che come ascende la raggione formale, cossì ascenda la raggione materiale ? Teofilo È vero. Dicsono Profonda et altamente prendete questa definizione di materia e potenza. Teofilo Vero. Dicsono Ma questa verità non potrà esser capita da tutti; perché è pur arduo a capire il modo con cui s’abbiano tutte le specie di dimensioni, e nulla di quelle; aver tutto l’essere formale, e non aver nessuno essere forma. Teofilo Intendete voi come può essere ? Dicsono Credo che sì: perché capisco bene che l’atto per esser tutto, bisogna che non sia qualche cosa. Polihimnio Non potest esse idem, totum, et aliquid: ego quoque illud capio. Teofilo Dumque potrete capir a proposito, che se volessimo ponere la dimensionabilità per raggione della materia, tal raggione non ripugnarebe a nessuna sorte di materia: ma che viene a differire una materia da l’altra, solo per esser absoluta da le dimensioni, et esser contratta alle dimensioni. Con esser absoluta, è sopra tutte e le ¦ comprende tutte; con esser contratta, vien compresa da alcune et è sotto alcune. Dicsono Ben dite, che la materia secondo sé, non ha certe demensioni, e però se intende indivisi | bile, e riceve le dimensioni secondo la raggione de la forma che riceve. Altre dimensioni ha sotto la forma umana, altre sotto la cavallina, altre sotto l’olivo, altre sotto il mirto: dumque prima che sia sotto qualsivoglia di queste forme, have in facultà tutte quelle dimensioni, cossì come ha potenza di ricevere tutte quelle forme. Polihimnio Dicunt tamen propterea quod nullas habet dimensiones.
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daß, vergleichbar zum Aufsteigen der Formalbestimmtheit, auch die Materialbestimmtheit aufsteige ? Teofilo So ist es. Dicsono Diese Bestimmung der Materie und des Vermögens, die Ihr hier gebt, entspringt einem ebenso tiefen wie hohen Denken. Teofilo Ja. Dicsono Jedoch: diese Wahrheit wird nicht von allen erfaßt werden können, denn es kommt immerhin hart an, die Art und Weise zu verstehen, wie etwas alle Arten von Dimensionen besitzen kann, ohne irgendeine von diesen zu besitzen, oder wie etwas das ganze formale Sein haben kann und zugleich kein Form-Sein aufweist. Teofilo Versteht Ihr denn wenigstens, wie es sein kann ? Dicsono Ich denke ja: und zwar weil ich einsehe, daß es für den Akt, damit er alles sein kann, notwendig ist, daß er nicht irgend etwas ist. Polihimnio Non potest esse idem, totum, et aliquid: ego quoque illud capio. Teofilo Dann könntet Ihr also an der Sache auch das erfassen: Wenn wir die Dimensionierbarkeit zur Wesensbestimmung der Materie machen wollten, so würde dies zu keiner Art von Materie in Widerspruch stehen, denn ein Unterschied zwischen der einen Materie und der anderen bestünde dann bloß darin, entweder von den Dimensionen frei zu sein oder auf die Dimensionen hin bestimmt zu sein. Insofern sie frei von den Dimensionen ist, ist sie über allen und begreift sie in sich; insofern sie auf die Dimensionen zusammengezogen ist, wird sie [selbst] von einigen umfaßt und steht unter ihnen. Dicsono Mit Recht sagt Ihr, daß die Materie für sich genommen keine bestimmten Dimensionen hat und daß sie daher als unteilbar gedacht wird, und daß sie ihre dimensionalen Bestimmungen entsprechend der Form, die sie aufnimmt, erhält. Denn sie hat andere Dimensionen unter der Formbestimmung ›Mensch‹, andere unter der Form ›Pferd‹, andere unter der Form ›Olivenbaum‹, andere unter der Form ›Myrte‹; bevor sie also unter irgendeiner dieser Formen zu stehen kommt, hat sie daher alle jene Dimensionen dem Vermögen nach, so wie sie ja auch das Vermögen hat, alle jene Formen anzunehmen. Polihimnio Dicunt tamen propterea quod nullas habet dimensiones.
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Dicsono E noi diciamo, che ideo habet nullas, ut omnes habeat. Gervasio Per che volete più tosto che le includa tutte, che le escluda tutte ? Dicsono Perché non viene ad ricevere le dimensioni come di fuora, ma a mandarle a cacciarle come dal seno. Teofilo Dice molto bene: oltre che è consueto modo di parlare di Peripatetici ancora, che dicono tutti l’atto dimensionale e tutte forme naturali uscire e venir fuori dalla potenza de la materia. Questo intende in parte Averroe, il qual quantumque arabo et ignorante di lingua greca, nella dottrina peripatetica però intese più che qualsivoglia greco che abbiamo letto: et arebbe più inteso, se non fusse stato cossì additto al suo nume Aristotele. Dice lui che la materia ¦ ne l’essenzia sua comprende le dimensioni interminate: volendo accennare che quelle pervegnono a terminarsi, ora con questa figura e dimensioni, ora con quella e quell’altra, quelle e quell’altre, secondo il cangiar di forme naturali. Per il qual senso si vede che la materia le | manda come da sé, e non le | 251 riceve come di fuora. Questo in parte intese ancor Plotino, prencipe nella setta di Platone. Costui facendo differenza tra la materia di cose superiori et inferiori, dice che quella è insieme tutto; et essendo che possiede tutto, non ha in che mutarsi: ma questa con certa vicissitudine per le parti, si fa tutto; et a tempi e tempi, si fa cosa e cosa, però sempre sotto diversità, alterazione e moto. Cossì dumque mai è informe quella materia, come né anco questa, benché differentemente quella e questa: quella ne l’istante de l’eternità, questa ne gl’istanti del tempo; quella insieme, questa successivamente; quella esplicatamente, questa complicatamente; quella come molti, questa come uno; quella per ciascuno e cosa per cosa, questa come tutto et ogni cosa.
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Dicsono Und wir sagen, ideo habet nullas, ut omnes habeat. [5] Gervasio Warum wollt Ihr aber, daß sie eher alle Dimensionen einschließt als ausschließt ? Dicsono Deswegen, weil die Materie die Dimensionen nicht von außen aufnimmt, sondern weil sie sie gleichsam aus ihrem Schoß aussendet und aus sich heraustreibt. Teofilo Sehr gut ausgedrückt, und außerdem entspricht es auch noch der gewöhnlichen Argumentation der Peripatetiker, die alle behaupten, daß der dimensionierende Akt und alle natürlichen Formen aus dem Vermögen der Materie hervor- und herausgehen. Dies meint zum Teil auch Averroes, der, obgleich Araber und kein Kenner der griechischen Sprache, von der peripatetischen Lehrmeinung mehr verstanden hat als irgendeiner der Griechen, die wir gelesen haben, und der wohl noch mehr verstanden hätte, wenn er nicht so sehr an seinem Abgott Aristoteles gehangen hätte. Er sagt, daß die Materie in ihrem Wesen die unbegrenzten [unbestimmten] Dimensionen einschließt, um damit anzudeuten, daß jene Dimensionen, entsprechend dem Wechsel der natürlichen Formen, sich bald zu dieser Gestalt und Dimension, bald zu jener oder einer anderen Gestalt und zu jener oder anderen Dimensionen bestimmen. Mit dieser Theorie sieht man, daß die Materie sie wie aus sich selbst hervorbringt und nicht wie von außen empfängt. Auch Plotin, Anführer der Schule des Platon, hat dies zum Teil ebenfalls so gesehen. Er setzte einen Unterschied an zwischen der Materie der höheren und der der niederen Dinge, wobei er meinte, daß jene zugleich alles sei und daß sie, weil sie alles besitze, nichts habe, wohinein sie sich verwandeln könne. Diese hingegen, da ihre Teile einen gewissen Wechsel aufwiesen, würde zu allem, d. h. sie würde schrittweise, in zeitlichem Wechsel, zu dieser und jener Sache, und zwar immer unter den Bedingungen von Verschiedenheit, Veränderung und Bewegung. Also ist jene Materie nie ohne Form, wie es auch diese nicht ist, obgleich dies bei beiden aus verschiedenen Gründen so ist: jene nämlich [ist alle Formen] im Jetztpunkt der Ewigkeit, diese in den Jetztpunkten der Zeit, jene in einem Zumal, diese in einem Nacheinander, jene auf eingefaltete, diese auf ausgefaltete Weise, jene wie das Eine, diese wie das Viele, jene als Ein und Alles, diese als jedes einzelne nacheinander.
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Dicsono Tanto che non solamente secondo gli vostri principii, ma oltre secondo gli principii de l’altrui modi di filosofare, volete inferire che la materia non è quel prope nihil, quella potenza pura, nuda, senza atto, senza virtù e perfezzione. Teofilo Cossì è; la dico privata de le forme e senza ¦ quelle, non come il ghiaccio è senza calore, il profondo è privato di luce: ma come la pregnante è senza la sua prole, la quale la manda e la riscuote da sé; e come in questo emispero la terra la notte è senza luce, la quale con il suo scuotersi è potente di raquistare. Dicsono Ecco che anco in queste cose inferiori, se non a fatto, molto | 253 viene a coincidere l’atto con la potenza. | Teofilo Lascio giudicar a voi. Dicsono E se questa potenza di sotto venesse ad essere una finalmente con quella di sopra, che sarrebe ? Teofilo Giudicate voi. Possete quindi montar al concetto, non dico del summo et ottimo principio, escluso della nostra considerazione, ma de l’anima del mondo, come è atto di tutto e potenza di tutto, et è tutta in tutto: onde al fine (dato che sieno innumerabili individui) ogni cosa è uno; et il conoscere questa unità è il scopo e termine di tutte le filosofie e contemplazioni naturali: lasciando ne’ sua termini la più alta contemplazione, che ascende sopra la natura, la quale a chi non crede, è impossibile e nulla. Dicsono È vero, perché se vi monta per lume sopranaturale, non naturale. ¦ Teofilo Questo non hanno quelli che stimano ogni cosa esser corpo, o semplice come lo etere, o composto come li astri e cose astrali: e non cercano la divinità fuor del infinito mondo e le infinite cose, ma dentro questo et in quelle.
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Dicsono Ihr wollt also nicht nur entsprechend Euren Prinzipien, sondern auch entsprechend den Grundsätzen der anderen philosophischen Ansätze zu dem Schluß kommen, daß die Materie nicht jenes prope nihil sei, jenes reine, nackte Vermögen, ohne jeden Akt, ohne Kraft und Vollkommenheit. Teofilo So ist es. Ich meine, daß sie aller Formen beraubt und ohne Formen ist, nicht jedoch wie das Eis ohne Wärme ist oder die Tiefe jedes Lichtes beraubt, sondern so, wie die Schwangere [noch] ohne ihr Kind ist, das sie dann aus sich hervorschickt und hervorspringen läßt, und so, wie in unserer Hemisphäre die Erde des Nachts ohne Licht ist, das sie dann, durch den Akt eigener Umdrehung, wiederzuerlangen vermag. Dicsono Auch in diesen niederen Dingen fällt der Akt mit dem Vermögen – wenn auch nicht gänzlich, so doch in vieler Hinsicht – offensichtlich zusammen. Teofilo Dies zu beurteilen überlasse ich Euch. Dicsono Und was, wenn dieses untere Vermögen dazu käme, schließlich eins zu werden mit jenem oberen, was würde dann folgen ? Teofilo Urteilt selbst. Diesbezüglich könnt Ihr Euch auf die Argumentationshöhe eines [zentralen] Begriffs erheben, nicht auf die des höchsten und besten Prinzips, meine ich, das sich unserem Zugriff entzieht, aber doch auf diejenige der Weltseele, die Akt von allem, Vermögen zu allem und alles in allem ist: so daß am Schluß – auch wenn es unzählig viele Individuen gibt – jede Sache in [diese] Einheit fällt. Die Erkenntnis dieser Einheit ist der Ziel- und Endpunkt aller Philosophie und aller Naturtheorie, dabei läßt man allerdings die höchste Betrachtung, die sich über die Natur erhebt und die für jeden, der nicht glaubt, als etwas Unmögliches und Nichtiges erscheint, innerhalb ihrer Grenzen auf sich beruhen. Dicsono Das ist wahr, denn zu letzterer erhebt man sich durch ein übernatürliches und nicht durch das natürliche Licht. Teofilo Jenes Licht aber fehlt denjenigen, die alles für körperlich halten, entweder für einen einfachen Körper wie den Äther oder für einen zusammengesetzten wie die Sterne und das in diesem Bereich Vorkommende, und denjenigen, die die Gottheit nicht außerhalb der unendlichen Welt und der unendlichen Dinge suchen, sondern innerhalb derselben.
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Dicsono In questo solo mi par differente il fidele teologo dal vero filosofo. Teofilo Cossì credo ancor io. Credo che abbiate compreso quel che voglio dire. Dicsono Assai bene io mi penso. Di sorte che dal vostro dire inferisco che quantumque non lasciamo montar la materia sopra le cose naturali, e fermiamo il piede su la sua comune definizione che | apporta la | 255 più volgare filosofia, trovaremo pure che la ritegna meglior prorogativa che quella riconosca: la quale al fine non li dona altro che la raggione de l’esser soggetto di forme e di potenza receptiva di forme naturali, senza nome, senza definizione, senza termino alcuno, perché senza ogni attualità. Il che parve difficile ad alcuni cucullati, i quali non volendo accusare ma iscusar questa dottrina, dicono aver solo l’atto entitativo, cioè differente da quello che non è semplicemente, e che non ha essere alcuno nella natura, come qualche chimera o cosa che si finga: perché questa materia in fine ha l’essere; e gli basta questo cossì senza modo e dignità, la quale depende da l’attualità, che è nulla. Ma voi dimandareste raggione ad Aristotele: »Perché vuoi tu, o principe di Peripatetici, più tosto che la materia sia nulla per aver nullo atto, che sia tutto per aver tutti gli atti, o l’abbia confusi o confusissimi come ti piace ? Non sei tu quello che sempre parlando del novo essere delle forme nella materia, o della generazione de le cose, dici le forme procedere ¦ e sgombrare da l’interno de la materia, e mai fuste udito dire che per opera d’efficiente vengano da l’esterno, ma che quello le riscuota da dentro ? Lascio che l’efficiente di queste cose, chiamato da te con un comun nome ›Natura‹, lo fai pur principio interno, e non esterno come
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Dicsono Genau an diesem einen Punkt scheinen sich für mich der gläubige Theologe und der wahre Philosoph zu unterscheiden. Teofilo Das ist auch meine Meinung. Ich denke also, Ihr habt verstanden, was ich klarstellen wollte. Dicsono Recht gut, wie ich denke, und zwar so, daß ich aus dem von Euch Gesagten schließe: Selbst wenn wir die Materie die Grenze der natürlichen Dinge nicht überschreiten lassen und wenn wir bei der Standarddefinition halt machen, die die allergewöhnlichste Philosophie beibringt, so werden wir dennoch finden, daß diese [Philosophie] der Materie einen höheren Rang zukommen läßt, als sie selbst sich klarmacht. Denn zu guter Letzt gibt sie ihr keine andere Bestimmung als die eines Substrates der Formen und eines Aufnahmevermögens der natürlichen Formen, und zwar, weil ohne alle Akthaftigkeit, so auch ohne Namen, ohne Definition, ohne jegliche Bestimmtheit. Dies erschien einigen Männern im Mönchsgewande schwierig, die diese Lehre nicht anklagen, sondern gleichsam entschuldigen wollten, und die behaupteten, die Materie habe nur eine Wirklichkeit als seinsstiftender Akt, d. h. sie sei von dem, was schlechthin nicht ist, und von dem, was überhaupt kein natürliches Sein besitzt (wie irgendeine Chimäre oder etwas, was man sich einbildet), doch noch verschieden, da sie letztlich ein Sein habe. Und dieses Sein genügt ihr so, wie es ist, ohne Modus und ohne die Würde, die von der Aktualität abhängt, die sich in ihr nicht findet. Aber Ihr könntet von Aristoteles Rechenschaft verlangen: »Warum, o Anführer der Peripatetiker, gehst Du denn lieber davon aus, daß die Materie, weil sie keinen Akt habe, nichts sei, als davon, daß sie alles sei, weil sie alle Akte besitze – und zwar, wie es Dir belieben mag, auf eine verworrene oder sogar sehr verworren Weise ? Bist es denn nicht gerade Du, der immer von einem neuen Sein der Formen in der Materie oder von dem Entstehen der Dinge spricht, und der dabei sagt, daß die Formen aus dem Inneren der Materie hervorgehen und in ihm verschwinden. Von Dir wurde niemals die These vernommen, daß die Formen, durch das Tätigsein einer Wirkkraft veranlaßt, von außen her [in die Materie] kämen, sondern daß dieses wirkende Prinzip sie vielmehr aus deren Innerem entspringen lasse ? Ich lasse für jetzt beiseite, daß Du auch das Wirkprinzip, von Dir mit dem allgemein gebräuchlichen Namen ›Natur‹ belegt, zu einem inneren und nicht, wie hinsicht-
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aviene ne le cose artificiali. All’ora mi par che convegna dire che la non abbia in sé forma et atto alcuno, quando lo viene a ricevere di fuora; all’ora mi par che convegna dire che l’abbia tutte, quando si dice cacciarle tutte dal suo seno. Non sei tu quello che, | se non costretto da la raggione, spinto però dalla consuetudine del dire, deffinendo la materia, la dici più tosto essere quella cosa di cui ogni specie naturale si produce, che abbi mai detto esser quello in cui le cose si fanno, come converrebe dire quando li atti non uscissero da quella, e per consequenza non le avesse ?«. Polihimnio Certe consuevit dicere Aristoteles cum suis potius formas educi de potentia materiae, quam in illam induci; emergere potius ex ipsa, quam in ipsam ingeri: ma io direi che ha piaciuto ad Aristotele chiamar ›atto‹ più tosto la esplicazione de la forma che la implicazione. Dicsono Et io dico, che l’essere espresso, sensibile et esplicato, non è principal raggione de l’attualità, ma è una cosa consequente et effetto di quella: sì come il principal essere del legno e ragione di sua attualità non consiste ne l’essere letto, ma ne l’essere di tal sustanza e consistenza, che può esser letto, scanno, trabe, idolo et ogni cosa di legno formata. Lascio che secondo più alta raggione ¦ della materia naturale si fanno tutte cose naturali, che della artificiale le artificiali; per che l’arte dalla materia suscita le forme, o per suttrazzione, come quando de la pietra fa la statua, o per apposizione, come quando giongendo pietra a pietra e legno e terra, forma la casa: ma la natura de la sua materia fa tutto per modo di separazione, di parto, di efflusione, come intesero i Pitagorici, comprese Anassagora e Democrito, confirmorno i Sapienti di Babilonia, a i quali sottoscrisse anco Mosè, che descrivendo la generazione delle cose, comandata | dal efficiente universale, usa
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lich der künstlich erzeugten Dinge, zu einem äußeren Prinzip machst. Einmal scheint es mir also so, daß man der Materie selbst keine Form und keinen Akt zuschreiben dürfe, und zwar dann, wenn sie diese von außen empfängt; ein andernmal erscheint es mir ebenso passend, daß ihr alle [Formen und Akte] zuzuordnen seien, und zwar dann, wenn sie sie alle aus ihrem eigenen Schoß hervortreibt. Und bist nicht Du derjenige, der, wenn nicht durch den Verstand gezwungen, so doch angetrieben durch eine Gewohnheit im Sprechen, von der Materie, um sie zu definieren, sagt, daß sie eher dasjenige sei, aus dem alle natürlichen Artgestalten hervorgingen, und der niemals gesagt hätte, daß sie dasjenige sei, in dem die Dinge entstünden – wie es angebracht wäre, wenn die Akte nicht aus der Materie hervorgingen und sie sie daher auch nicht in sich enthielte ?« Polihimnio Certe consuevit dicere Aristoteles cum suis potius formas educi de potentia materiae, quam in illam induci; emergere potius ex ipsa, quam in ipsam ingeri: aber ich würde dafürhalten, daß Aristoteles als ›Akt‹ eher die Entfaltung der Form als ihre Einfaltung bezeichnen wollte. Dicsono Ich sage dagegen, daß das ausgedrückte, sinnenfällige und entfaltete Sein nicht das ursprüngliche Wesen der Aktualität ausmacht, sondern eine Folge und eine Wirkung derselben ist; so wie das urspüngliche Sein des Holzes und der Grund seiner Aktualität nicht darin bestehen, daß es ein Bett-Sein annimmt, sondern darin, von einer solchen Substanz und Beschaffenheit zu sein, daß es Bett, Bank, Balken, Götzenbild und jede aus Holz gestaltete Sache sein kann. Ich lasse beiseite, daß aus der natürlichen Materie alles Natürliche entsprechend eines höheren Ursachetypus entsteht als alles Künstliche aus der künstlichen Materie. Die Kunst nämlich holt die Formen aus der Materie heraus, sei es durch Wegnehmen, etwa wenn aus dem Stein eine Skulptur gemacht wird, oder durch Hinzufügen, etwa wenn ein Haus gebaut wird, indem man Stein auf Stein setzt, Holz und Erde hinzunehmend; die Natur hingegen bringt aus ihrer Materie alles mittels Teilung, Geburt, Ausfluß hervor, so dachten es zumindest die Pythagoreer, so verstanden es Anaxagoras und Demokrit, so bekräftigten es die babylonischen Weisen, denen sich auch Moses anschloß. Als er die durch die universale Wirkursache bestimmte Enstehung der Welt beschrieb,
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questo modo di dire: »Produca la terra li suoi animali; producano le acqui le anime viventi«, quasi dicesse: producale la materia; perché, secondo lui, il principio materiale de le cose è l’acqua: onde dice che l’intelletto efficiente (chiamato da lui spirito) »covava sopra l’acqui«, cioè li dava virtù procreatrice e da quelle produceva le specie naturali, le quali tutte poi son dette da lui in sustanza acqui. Onde parlando della separazione de corpi inferiori e superiori, dice che »la mente separò le acqui da l’acqui«, da mezzo de le quali induce esser comparuta l’arida. Tutti dumque per modo di separazione vogliono le cose essere da la materia, e non per modo di apposizione e recepzione: dumque si de’ più tosto dire che contiene le forme e che le includa, che pensare che ne sia vòta e le escluda. Quella dumque che esplica lo che tiene im ¦ plicato, deve essere chiamata cosa divina, et ottima parente, genetrice e madre di cose naturali: anzi la natura tutta in sustanza. Non dite e volete cossì, Teofilo ? Teofilo Certo. Dicsono Anzi molto mi maraviglio come non hanno i nostri Peripatetici continuata la similitudine de l’arte, la quale de molte materie che conosce e tratta, quella giudica esser megliore e più degna, la quale è meno soggetta alla corrozzione et è più costante alla durazione, e della quale possono esser prodotte più cose; però giudica l’oro esser più nobile che il legno, la pietra et il ferro, perché è meno soggetto a corrompersi: e ciò che può esser fatto di legno e di pietra, può farsi de oro, e molte | altre cose di più, maggiori e megliori per la sua bellezza, costanza, trattabilità e nobilità. Or che doviamo dire di quella materia della quale si fa l’uomo, l’oro e tutte cose naturali ? Non deve esser ella più stimata degna che la artificiale, et aver raggione di meglior attualità ? Perché, o Aristotele, quello che è fondamento e base de la attualità,
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verwendete er nämlich folgende Ausdrucksweise: »Es bringe die Erde ihre Tiere hervor«, »die Wasser mögen lebendige Seelen erschaffen«, wie als ob er gesagt hätte: ›bringe die Materie sie hervor‹. Denn seiner Meinung nach ist das Wasser das Materialprinzip der Dinge, so daß er auch sagte, daß die wirkende Vernunft (die er Geist nennt) »über den Wasser schwebte«, d. h. ihnen eine hervorbringende Kraft verlieh und mittels dieser die natürlichen Artgestalten hervorbrachte, die er dann alle ihrer Substanz nach als Wasser bezeichnete. Als er dann von der Scheidung der unteren und oberen Körper handelte, sagte er daher: »der Geist schied die Wasser von den Wassern« und ließ zwischen diesen das Trockene erscheinen. Alle gehen also davon aus, daß die Dinge durch Teilung aus der Materie entstehen und nicht durch Hinzufügen und Aufnahme [von außen], also muß man doch eher sagen, daß die Materie die Formen enthält und in sich einschließt, und nicht annehmen, daß sie leer von Formen sei und sie ausschließe. Jene [Materie], die das, was sie in sich eingefaltet enthält, auch ausfaltet, sollte demnach als eine göttliche Sache bezeichnet werden, als herausragende [vollkommene] Urverwandte, Erzeugerin und Mutter der natürlichen Dinge, ja sogar: als ihrer Substanz nach die ganze Natur seiend. Sagt und wollt Ihr es nicht so, Teofilo ? Teofilo Gewiß. [6] Dicsono Was mich hingegen wundert, ist, daß unsere Peripatetiker den Vergleich mit der Kunst nicht weiter verfolgt haben. Denn die Kunst hält unter den vielen Formen von Materie, die sie kennt und bearbeitet, jene Materie für besser und von größerer Würde, die weniger der Verderbnis unterworfen und von größerer Beständigkeit ist und aus der mehr Dinge hergestellt werden können. So urteilt sie, daß Gold edler als Holz, Stein und Eisen sei, da es dem Zerfall weniger ausgesetzt ist; und [sie urteilt, daß] das, was man aus Holz und Stein machen kann, sich auch aus Gold machen lasse, und dazu noch viele andere Dinge mehr, die größer und besser seien hinsichtlich ihrer Schönheit, Beständigkeit, Formbarkeit und Vortrefflichkeit. Was aber sollen wir dann erst von der Materie sagen, aus der der Mensch, das Gold und alle natürlichen Dinge gemacht werden ? Muß diese nicht, im Vergleich zur Materie der Kunst, als würdiger eingeschätzt werden, und muß sie nicht einen Grund höherer Aktualität besitzen ? Warum, o Aristote-
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dico, di ciò che è in atto, e quello che tu dici esser sempre, durare in eterno, non vorai che sia più in atto che le tue forme, che le tue entelechie che vanno e vegnono, di sorte che quando volessi cercare la permanenza di questo principio formale ancora ... Polihimnio Quia principia oportet semper manere. Dicsono ... e non possendo ricorrere alle fantastiche idee di Platone, come tue tanto nemiche, sarai costretto e necessitato a dire che queste forme specifiche, o hanno la sua permanente attualità nella mano de l’efficiente, e cossì non puoi dire, perché quello è detto da te suscitatore e riscuotitore de le forme dalla potenza de la materia, o hanno la sua permanente attualità nel seno de la materia: ¦ e cossì ti fia necessario dire, perché tutte le forme, che appaiono come nella sua superficie, che tu dici individuali et in atto, tanto quelle che furono, quanto le che sono e sarranno, son cose principiate, non sono principio. (E certo cossì credo essere nella superficie della materia la forma particolare, come lo accidente è nella superficie della sustanza composta; onde minor raggione di attualità deve avere la forma espressa al rispetto della materia, come minor raggione di attualità ha la forma accidentale in rispetto del composto). | Teofilo In vero poveramente si risolve Aristotele che dice insieme con tutti gli antichi filosofi, che li principii denno essere sempre permanenti: e poi quando cercamo nella sua dottrina, dove abbia la sua perpetua permanenza la forma naturale, la quale va fluttuando nel dorso de la materia, non la trovaremo ne le stelle fisse, perché non descendeno da alto queste particulari che veggiamo; non ne gli sigilli ideali seperati da la materia, perché quelli per certo se non son mostri, son peggio che mostri, voglio dire chimere e vane fantasie. Che dumque ? sono nel seno della materia; che dumque ? ella è fonte de la attualità.
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les, willst Du nicht, daß das, was Fundament und Basis der Aktualität ist – ich meine: das, was im Akt ist – und von dem Du sagst, daß es immer sei und ewig dauere, eine höhere Akt-Form darstelle als Deine Formen, Deine Entelechien, die kommen und gehen ? Wenn Du also auch noch die Dauer dieses Formalprinzips suchen wolltest … Polihimnio Quia principia oportet semper manere. Dicsono … und zwar ohne zu den phantastischen Ideen Platons Zuflucht nehmen zu können, die Dir doch so zuwider sind, so wärest Du gezwungen und genötigt, folgendes zu diesen spezifischen Formen zu sagen: Entweder sie besitzen ihre beständige Aktualität in der Macht des Wirkprinzips – und so kannst Du nicht argumentieren, da dieses Wirkprinzip von Dir selbst als die Instanz bestimmt worden ist, die die Formen aus dem Vermögen der Materie hervorruft und herauslöst – oder sie haben ihre dauernde Aktualität im Schoß der Materie –, und das ist es, was Du sagen müßtest, denn alle Formen, die wie auf ihrer Oberfläche erscheinen und die Du individuell und im Akt seiend nennst, sowohl die vergangenen als auch die, die jetzt sind, und die, die in Zukunft sein werden, [alle diese Formen] sind Prinzipiate, sie sind kein Prinzip. (Und gewiß, ich glaube, daß die besondere Form so auf der Oberfläche der Materie ihr Sein hat wie das Akzidens auf der Oberfläche der zusammengesetzten Substanz, und ich glaube, daß daher die ausdrücklich gemachte Form im Verhältnis zur Materie selbst einen ebenso geringeren Grad an Aktualität aufweist, wie ihn die Akzidentalform im Verhältnis zum Zusammengesetzten aufweist). Teofilo Tatsächlich hat Aristoteles, der doch zusammen mit allen antiken Philosophen sagt, daß die Prinzipien eine ewige Dauer haben müssen, die damit zusammenhängenden Probleme schlecht gelöst. Wenn wir nämlich in seiner Lehre nachforschen, wo die natürliche, auf dem Rücken der Materie hin- und herfließende Form, ihre ewige Dauer haben könnte, so werden wir sie weder in den Fixsternen finden, denn diese besonderen Dinge, die wir hier sehen, steigen nicht aus dieser Höhe herab, noch in den idealen Typen, die von der Materie getrennt sind, denn diese sind, wenn sie nicht Monster sind, sicherlich noch schlechter als Monster, d. h. Chimären und leere Einbildungen. Was also dann ? Sie sind also im Schoß der Materie. Was also dann ? Die
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Volete ch’io vi dica di vantaggio, e vi faccia vedere in quanta assurdità sia incorso Aristotele ? Dice lui materia essere ¦ in potenza; or dimandategli: quando sarà in atto ? Risponderà una gran moltitudine con esso lui: quando arà la forma. Or aggiungi e dimanda: che cosa è quella che ha l’essere di novo ? Risponderanno a lor dispetto: il composto, e non la materia; perché essa è sempre quella, non si rinova, non si muta. Come nelle cose artificiali quando del legno è fatto la statua, non diciamo che al legno vegna nuovo essere, perché niente più o meno è legno ora, che era prima: ma quello che riceve lo esser e l’attualità, è lo che di nuovo si produce, il composto, dico la statua. Come adumque a quello dite appartenere la potenza, che mai sarà in atto o arà l’atto ? Non è dumque la materia in potenza di essere, o la che può essere; perché lei sempre è medesima et inmutabile, et è quella circa la quale e nella quale è la mutazione, più tosto che quella che si muta. Quello che si altera, si aumenta, si sminuisce, si muta di loco, si corrompe, | sempre (secondo voi medesimi Peripatetici) è il composto, mai la materia: perché dumque dite la materia or in potenza or in atto ? Certo non è chi debba dubitare, che o per ricevere le forme, o per mandarle da sé, quanto all’essenza e sustanza sua essa non riceve maggior e minor attualità: e però non esser raggione per la quale venga detta in potenza, la quale quadra a ciò che è in continuo moto circa quella, e non a lei che è in eterno stato, et è causa del stato più tosto: perché se la forma, secondo l’essere fondamentale e specifico, è di semplice et invariabile essenza, non solo logicamente nel concetto e la raggione, ma anco fisicamente nella natura, bisognarà che sia nella perpetua facultà de la ¦ materia; la quale è una
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Materie ist Quelle der Aktualität. Wollt Ihr, daß ich Euch noch mehr erzähle und Euch zeige, in welche Widersprüchlichkeiten Aristoteles hineingeraten ist ? Er sagt, daß die Materie dem Vermögen nach sei. Aber, fragt ihn doch: Wann wird sie im Akt sein ? Er wird antworten und eine große Menge mit ihm: Wenn sie die Form haben wird. Aber fahre fort und frage weiter: Was ist das für eine Sache, die ein neues Sein haben wird ? So werden sie verächtlich antworten: Das Zusammengesetzte, nicht die Materie; denn jene ist immer, die sie ist, sie erneuert sich und verändert sich nicht. So wie bei den künstlichen Dingen: Wenn eine Skulptur aus Holz gebildet wird, dann sagen wir auch nicht, daß dem Holz dadurch eine neues Sein zukomme, denn dieses ist jetzt nicht mehr und nicht weniger Holz als zuvor. Das jedoch, was Sein und Aktualität erhält, ist eben das, was das neue Produkt ist, das Zusammengesetzte, will sagen: die Statue. Wie könnt Ihr dann sagen, daß das Vermögen jenem zukommt, das niemals im Akt sein wird oder niemals einen Akt haben wird ? Also ist die Materie nicht im Zustand des Vermögens zu Sein oder ein solches, das sein kann, denn sie ist immer dieselbe und unveränderlich. Vielmehr als daß sie selbst sich verändert, ist sie es, in bezug auf welche und in welcher die Veränderung ist. Jenes, das sich verändert, das zunimmt, das kleiner wird, das eine Ortsbewegung besitzt, das zugrunde geht, ist immer (nach Euch Peripatetikern selbst) das Zusammengesetzte, niemals die Materie. Wieso also sagt Ihr dann, daß die Materie bald im Vermögen, bald im Akt sich befindet ? Sicherlich darf niemand bezweifeln, daß die Materie, um Formen aufzunehmen oder hervorzubringen, hinsichtlich ihres Wesens und ihrer Substanz eine je größere oder eine kleinere Aktualität annimmt, und daß es daher auch keinen Grund dafür gibt, von ihr zu sagen, sie sei nur dem Vermögen nach. Denn das Vermögen betrifft nur dasjenige, was an ihr in einer beständigen Bewegung ist, nicht sie selbst, die sich in ewiger Ruhe befindet, ja vielmehr Ursache dieser Ruhe ist. Wenn nämlich die Form, was ihr fundamentales und spezifisches Sein betrifft, von einfachem und unveränderlichem Wesen ist – und zwar nicht nur logisch, im Begriff und im Verstand, sondern auch physisch, in der Natur –, dann wird sie sich auch in der beständigen [Realisierungs]Fähigkeit der Materie befinden müssen, die ein vom Akt ungeschiedenes Vermögen darstellt. Aber das habe ich ja, als
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potenza indistinta da l’atto come in molti modi ho esplicato, quando della potenza ho tante volte discorso. Polihimnio Queso, dite qualche cosa dello appetito de la materia, a fine che prendiamo qualche risoluzione, per certa alterazione tra me e Gervasio. Gervasio Di grazia fatelo, Teofilo, perché costui mi ha rotto il capo con la similitudine de la femina e la materia: e che la donna non si contenta meno di maschi, che la materia di forme; e và discorrendo. Teofilo Essendo che la materia non riceve cosa alcuna da la forma, perché volete che la appetisca ? se (come abbiamo detto) ella manda dal suo seno le forme e per consequenza le ha in sé, come volete che le appetisca ? Non appetisce quelle forme che giornalmente si cangiano nel suo dorso: perché ogni cosa ordinata appetisce quello dal che | riceve perfezzione. Che può dare una cosa corrottibile ad una cosa eterna ? una cosa imperfetta come è la forma de cose sensibili, la quale sempre è in moto, ad una cosa eterna ? una cosa imperfetta come è la forma de cose sensibili, la quale sempre è in moto, ad un’altra tanto perfetta, che se ben si contempla è uno esser divino nelle cose, come forse volea dire David de Dinanto, male inteso da alcuni che riportano la sua opinione ? Non la desidera ¦ per esser conservata da quella, perché la cosa corrottibile non conserva la cosa eterna; oltre che è manifesto che la materia conservar la forma: onde tal forma più tosto deve desiderar la materia per perpetuarsi perché separandosi da quella perde l’essere lei, e non quella che ha tutto ciò che aveva prima che lei si trovasse, e che può aver de le altre. Lascio che quando si dà la causa de la corrozzione, non si dice che la forma fugge la materia, o che lascia la materia: ma più tosto che la materia rigetta quella forma, per prender l’altra. Lascio a proposito, che non abbiamo più raggion di dire che la materia appete le forme, che per il contrario le ha in odio (parlo di quelle che si generano e corrompono: perché il fonte de le forme che è in sé, non può appetere,
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ich so oft von dem Vermögen gesprochen habe, schon auf viele verschiedene Weisen dargelegt. [7] Polihimnio Queso, sagt uns doch noch etwas zur Begierde [Trieb] der Materie, damit wir einen Streitpunkt zwischen mir und Gervasio klären können. Gervasio Tut es bloß, ich bitt’ Euch, Teofilo ! Denn dieser da hat mir mit seiner Analogie von Weib und Materie, etwa daß die Frauen sich nicht mit weniger an Männern begnügten als die Materie an Formen und so weiter und so fort, vollständig den Kopf zugeschüttet. Teofilo Wenn die Materie überhaupt nichts von der Form erhält, warum wollt Ihr dann annehmen, daß sie sie erstrebt ? Wenn sie (wie wir gesagt haben) die Formen aus ihrem Schoß hervorgehen läßt und diese folglich in sich trägt, wie soll sie sie dann begehren ? Sie hat kein Bedürfnis nach diesen Formen, die täglich auf ihrem Rücken sich verändern, weil jede normale Sache nur das erstrebt und begehrt, von dem sie eine Vollendung erfährt. Was aber kann ein vergängliches Ding einem ewigen geben ? Was eine unvollkommene Sache, wie es die Form der sinnlichen Dinge ist, die sich immer in Bewegung befindet, einer anderen so vollkommenen Sache, die, wohl betrachtet, als ein göttliches Sein innerhalb der Dinge erscheint ? – so wie es wohl David von Dinant meinte, der von einigen, die seine Lehre überliefern, schlecht verstanden worden ist. Die Materie erstrebt die Form nicht, um von dieser erhalten zu werden, denn etwas Vergängliches kann etwas Ewiges nicht erhalten; überdies ist ersichtlich, daß die Materie die Form erhält, so daß es vielmehr die Form ist, die die Materie erstreben muß, um durch sie Dauer zu erhalten. Es ist die Form, die, sofern sie sich von dieser trennt, ihr Sein verliert, nicht jene [die Materie], die schon alles besaß, noch ehe sich ihr diese Form präsentierte und die auch noch andere Formen annehmen kann. Will man ferner die Ursache des Vergehens angeben, so sagt man eben nicht, daß die Form die Materie flieht oder verläßt, sondern daß die Materie vielmehr diese eine Form zurückweist, um eine andere [an deren Stelle] anzunehmen. Zur Sache gehört aber auch, daß wir nicht mehr Anlaß haben, mit Blick auf die Materie von einem Streben nach den Formen als vielmehr im Gegenteil von einem Haß auf sie zu sprechen (ich meine dabei jene Formen, die entstehen und vergehen, denn die Quelle der Formen, die sich in der
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atteso che non si appete lo che si possiede); per che per tal raggione, per cui se dice appetere lo che tal volta riceve o produce, medesimamente quando lo rigetta e toglie via, se può dir che l’abomina. Anzi più potentemente abomina che appete, atteso che eternamente rigetta quella forma numerale che in breve tempo ritenne. Se dumque ricordarai questo, che quante ne prende, tante ne rigetta, devi equalmente farmi lecito de dire che ella | ha in fastidio: come io ti farò dire che ella ha in desio. Gervasio Or ecco a terra non solamente gli castelli di Polihimnio, ma ancora di altri che di Polihimnio. ¦ Polihimnio Parcius ista viris. Dicsono Abbiamo assai compreso per oggi, a rivederci domani. Teofilo Dumque, a dio.
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Fine del quarto dialogo | ¦
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Materie selbst findet, kann sie nicht erstreben, da man dasjenige, was man schon besitzt, nicht erstrebt); denn aus demselben Grund, weshalb man sagen kann, daß sie das erstrebt, was sie jeweils annimmt oder hervorbringt, kann man auch sagen, daß sie es verabscheut und haßt, wenn sie es zurückweist und wegnimmt. Ja sie haßt sogar in einem viel stärkeren Sinne als sie begehrt, wenn man bedenkt, daß sie die singuläre Form, die sie einmal für kurze Zeit festhielt, dann für ewige Zeiten verwirft. Wenn Du Dich zusätzlich daran erinnerst, daß sie ebensoviel Formen aufnimmt, als sie zurückweist, dann wirst Du mir in gleicher Weise gestatten zu sagen, daß ihr die letzteren widerwärtig sind, als ich zulasse, daß Du sagst, sie begehre die anderen. Gervasio Sieh da, nicht nur die Luftschlösser des Polihimnio, sondern auch die anderer sind auf den Boden zurückgeholt. Polihimnio Parcius ista viris. Dicsono Für heute haben wir genug gelernt. Auf ein Wiedersehen morgen. Teofilo Lebt also wohl. Ende des vierten Dialogs
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D IA L O G O Q U I N T O
Teofilo È dumque l’universo uno, infinito, inmobile. Una, dico, è la possibilità assoluta, uno l’atto. Una la forma o anima; una la materia o corpo. Una la cosa. Uno lo ente. Uno il massimo et ottimo: il quale non deve posser essere compreso, e però infinibile et interminabile, e per tanto infinito et interminato; e per conseguenza inmobile. Questo non si muove localmente, perché non ha cosa fuor di sé ove si trasporte, atteso che sia il tutto. Non si genera, perché non è altro essere che lui possa desiderare o aspettare, atteso che abbia tutto lo essere. Non si corrompe, perché non è altra cosa in cui si cange, atteso che lui sia ogni cosa. Non può sminuire o crescere, atteso che è infinito, a cui come non si può aggiongere, cossì è da cui non si può suttrarre: perciò che lo infinito non ha parte proporzionabili. Non è alterabile in altra disposizione, perché non ha esterno da cui patisca e per cui venga in qualche affezzione. Oltre, che per comprender tutte contrarietadi nell’essere suo, in unità e convenienza, e nessuna inclinazione posser avere ad altro e novo essere, o pur ad altro et altro modo di essere, non può esser soggetto di mutazione secondo qualità alcuna, né può aver contrario o diverso ¦ che lo alteri: perché in lui è ogni cosa concorde. Non è materia, perché non è figurato né | figurabile, non è terminato né termina- | 273 bile. Non è forma, perché non informa né figura altro: atteso che è tutto, è massimo, è uno, è universo. Non è misurabile, né misura. Non si comprende, perché non è maggior di sé. Non si è compreso, perché non è
F Ü N F T E R D IA L O G
[1] Teofilo Das Universum ist also Eines, unendlich, unbeweglich. Ich sage ferner: Eine ist auch die absolute Möglichkeit, Einer der absolute Akt. Eine die Form oder die Seele; Eine die Materie oder der Körper. Eine die Sache. Eines das Seiende. Eines das Größte und Beste, und es ist dieses [letztere] also, das nicht begriffen werden können soll und das daher unabschließbar und unbegrenzbar, und daher ebenso unabgeschlossen und unbegrenzt, und folglich unbewegt ist. Jenes [Eine] kennt keine Ortsbewegung, denn es gibt, da es alles ist, nichts außer ihm, wohin es sich bewegen könnte. Es kennt kein Entstehen, denn es gibt, da es schon alles Seiende besitzt, kein anderes Sein, das es begehren oder erwarten könnte. Es kennt kein Vergehen, denn es gibt, da es alle Dinge ist, nichts anderes, in das es übergehen könnte. Es kennt kein Sich-Vermindern und Sich-Vergrößern, da es unendlich ist, ein Unendliches, dem man, da es keine meßbaren Teile hat, weder etwas hinzufügen noch von ihm etwas wegnehmen kann. Es kennt, weil es kein Äußeres hat, von dem es etwas erleidet und durch welches es unter einen Affekt gesetzt würde, keine Veränderung hin zu einer anderen Verfassung. Indem es ferner in seinem Sein alle Gegensätze in Einheit und Übereinstimmung umfaßt und keine Neigung haben kann zu einem anderen und neuen Sein oder doch wenigstens zu einer immer wieder anderen Art des Seins, so ist es ihm unmöglich, Subjekt der Veränderung gemäß irgendeiner Eigenschaft zu sein, noch kann es ein ihm in etwas Entgegengesetztes oder Verschiedenes haben, das es veränderte: denn in ihm ist alles in Eintracht. Es ist auch nicht Materie, da es nicht gestaltet ist noch gestaltbar, nicht begrenzt noch begrenzbar. Es ist keine Form, weil es anderes weder formt noch gestaltet, es ist ja alles, es ist das Größte, es ist das Eine, es ist das Universum. Es ist weder meßbar noch selbst Maß. Es umfaßt sich nicht, da es nicht größer als
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dialogo quinto
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minor di sé. Non si agguaglia, perché non è altro et altro: ma uno e medesimo. Essendo medesimo et uno, non ha essere et essere; e perché non ha essere et essere, non ha parte e parte: e per ciò che non ha parte e parte, non è composto. Questo è termine di sorte che non è termine; è talmente forma che non è forma; è talmente materia che non è materia; è talmente anima, che non è anima: perché è il tutto indifferentemente, e però è uno, l’universo è uno. In questo certamente non è maggiore l’altezza che la lunghezza e profondità: onde per certa similitudine si chiama, ma non è, sfera. Nella sfera medesima cosa è lunghezza che larghezza e profondo, per che hanno medesimo termino; ma ne l’universo medesima cosa è larghezza, lunghezza e profondo, perché medesimamente non hanno termine e sono infinite. Se non hanno mezzo, quadrante et altre misure, se non vi è misura, non vi è parte proporzionale, né assolutamente parte che differisca dal tutto: perché se vuoi dir parte de l’infinito, bisogna dirla infinito; se è infinito, concorre in uno essere con il tutto: dumque l’universo è uno, infinito, impartibile. E se nel infinito non si trova differenza come di tutto e parte, e come di altro et altro, ¦ certo l’infinito è uno. Sotto la comprensione de l’infinito, non è parte maggiore e parte minore; per che alla proporzione de l’infinito non si accosta più una parte quantosivoglia | maggiore, che un’altra quantosivoglia minore; e però ne l’infinita durazione non differisce la ora dal giorno, il giorno da l’anno, l’anno dal secolo, il secolo dal momento: perché non son più gli momenti e le ore, che gli secoli; e non hanno minor proporzione quelli che questi a la eternità. Similmente ne l’immenso non è differente il palmo dal stadio, il stadio da la parasanga: perché alla proporzione de la inmensitudine non più si accosta per le parasanghe che per i palmi.
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es selbst ist; es wird nicht von sich umfaßt, weil es nicht kleiner als es selbst ist. Es gleicht sich nicht an, denn es ist nicht dieses und dann ein anderes, sondern es ist eines und dasselbe. Als eines und dasselbe hat es nicht ein Sein und noch ein Sein, und weil es dies nicht hat, hat es auch nicht Teile und wieder Teile, und weil nicht diese, so ist es nicht zusammengesetzt. Dieses [Eine Universum] ist Grenze derart, daß es nicht Grenze ist, es ist so sehr Form, daß es nicht Form ist, so sehr Materie, daß es nicht Materie ist, und so sehr Seele, daß es nicht Seele ist. Denn es ist Alles auf ununterschiedene Weise, und deswegen ist es Eines, das Universum ist Eines. In ihm ist die Höhe nicht größer als die Breite und Tiefe, daher wird es auch, nach einer gewissen Ähnlichkeit, als Kugel bezeichnet, aber es ist keine Kugel. In der Kugel ist die Länge dasselbe wie die Breite und Tiefe, da sie eine gemeinsame Grenze besitzen; aber im Universum dagegen sind Breite, Länge und Tiefe dasselbe, weil sie in gleicher Weise keine Grenzen besitzen und unendlich sind. Wenn sie keine Hälfte, kein Viertel und keinen anderen Bruchteil haben, wenn es bei ihnen kein Maß gibt, dann gibt es auch keine aliquoten [meßbaren] Teile, ja überhaupt keinen Teil, der sich vom Ganzen unterschiede – wenn Du nämlich einen Teil des Unendlichen annehmen willst, dann bist Du gezwungen, diesen selbst als ein Unendliches zu bezeichnen, und wenn er unendlich ist, dann fällt er in seinem Sein mit dem Ganzen zusammen: daher ist also das Universum ein Eines, Unendliches, Unteilbares. Wenn sich im Unendlichen die Differenz zwischen Ganzem und Teil nicht antreffen läßt und auch nicht die von anderem und wieder anderem, so ist das Unendliche sicherlich ein Eines. [2] Im Begriff des Unendlichen gibt es keinen größeren und keinen kleineren Teil, weil sich ein noch so großer Teil ebensowenig in ein meßbares Verhältnis zu ihm setzen läßt wie ein noch so kleiner Teil. In der unendlichen Dauer unterscheidet sich die Stunde daher nicht vom Tag, der Tag nicht vom Jahr, das Jahr nicht vom Jahrhundert, das Jahrhundert nicht vom Moment, denn Momente und Stunden sind hier nicht mehr als Jahrhunderte, und jene stehen in keinem geringeren Verhältnis zur Ewigkeit als diese. Ähnlich ist im Unermeßlichen die Spanne nicht vom Stadion unterschieden, das Stadion nicht von der Parasange, denn an das Messen des Unermeßlichen kommt man mit
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Dumque infinite ore non son più che infiniti secoli, et infiniti palmi non son di maggior numero che infinite parasanghe. Alla proporzione, similitudine, unione et identità de l’infinito non più ti accosti con essere uomo che formica, una stella che un uomo: per che a quello essere non più ti avicini con esser sole, luna, che un uomo o una formica, e però nell’infinito queste cose sono indifferenti; e quello che dico di queste, intendo di tutte l’altre cose di sussistenza particulare. Or se tutte queste cose particulari ne l’infinito non sono altro et altro, non sono differenti, non sono specie, per necessaria consequenza non sono numero: dumque l’universo è ancor uno immobile. Questo, perché comprende tutto, e non patisce altro et altro essere, e non comporta seco né in sé mutazione alcuna, per consequenza è tutto quello che può essere; et in lui (come dissi l’altro giorno) non è differente l’atto da la potenza. Se dalla potenza non è differente l’atto, è necessario che in quello il punto, la ¦ linea, la superficie et il corpo non differiscano; perché cossì quella linea è superficie, come la linea movendosi può essere superficie; cossì quella superficie è mossa et è fatta corpo: come la super | ficie può moversi e con il suo flusso può farsi corpo. È necessario dumque che il punto ne l’infinito non differisca dal corpo: per che il punto scorrendo da l’esser punto si fa linea; scorrendo da l’esser linea si fa superficie; scorrendo da l’esser superficie, si fa corpo: il punto dumque perché è in potenza ad esser corpo, non differisce da l’esser corpo dove la potenza e l’atto è una medesima cosa. Dumque l’individuo non è differente dal dividuo, il simplicissimo da l’infinito, il centro da la circonferenza.
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einer Parasange ebensowenig heran wie mit den Spannen. Unendlich viele Stunden sind daher nicht mehr als unendlich viele Jahrhunderte, und unendlich viele Spannen ergeben keine größere Zahl als unendlich viele Parasangen. An ein Verhältnis, an eine Ähnlichkeit, eine Vereinigung oder [gar] Identität mit dem Unendlichen kommst Du als Mensch nicht eher heran denn als eine Ameise, als Stern nicht mehr denn als Mensch, denn man kommt diesem Sein nicht näher als Sonne oder als Mond, denn als Mensch oder als Ameise. Im Unendlichen sind daher alle diese Dinge ununterschieden, und was ich von diesen sage, gilt aus meiner Sicht auch von allen anderen Dingen, die ein besonderes Sein haben. Wenn aber alle diese einzelnen Dinge im Unendlichen nicht je andere Dinge sind, nicht unterschieden sind, nicht Artgestalten sind, dann sind sie in notwendiger Konsequenz auch nicht durch Zahl bestimmt: also ist das Universum wiederum als ein unbewegliches Eines ausgewiesen. [3] Weil dieses alles umfaßt und nicht ein je und je anderes Sein annimmt und nicht mit sich noch in sich irgendeine Veränderung beibringt, ist es folglich alles das, was [es] sein kann, und in ihm ist (wie ich neulich ausführte) der Akt nicht vom Vermögen unterschieden. Wenn der Akt nicht vom Vermögen unterschieden ist, dann folgt ebenso notwendig, daß in ihm [d. h. im Universum als dem unendlichen Einen] der Punkt, die Linie, die Fläche und der Körper sich nicht unterscheiden. Denn dann [wenn der Akt nicht vom Vermögen unterschieden ist] ist die Linie Fläche, da die Linie, insofern sie sich bewegt, Fläche sein kann, und dann ist auch jene Fläche bewegt und zum Körper geworden, da die Fläche sich bewegen kann und durch ihre Fließbewegung zum Körper werden kann. Es ist also notwendig, daß sich im Unendlichen der Punkt nicht vom Körper unterscheidet, denn der Punkt, der das Punkt-Sein in einer Bewegung verläßt, wird zur Linie; sofern er dann vom Linie-Sein sich wegbewegt, wird er zur Fläche und vom Fläche-Sein schließlich zum Körper. Da der Punkt also dem Vermögen nach Körper ist, kann er dort, wo Vermögen und Akt dieselbe Sache sind, nicht vom Körper-Sein unterschieden sein. Also ist auch das Unteilbare dort nicht vom Teilbaren unterschieden, das Einfachste nicht vom Unendlichen, das Zentrum nicht vom Umkreis.
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dialogo quinto
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Perché dumque l’infinito è tutto quello che può essere, è inmobile. Perché in lui tutto è indifferente, è uno; e perché ha tutta la grandezza e perfezzione che si possa oltre et oltre avere, è massimo et ottimo immenso. Se il punto non differisce dal corpo, il centro da la circonferenza, il finito da l’infinito, il massimo dal minimo, sicuramente possiamo affirmare che l’universo è tutto centro, o che il centro de l’universo è per tutto; e che la circunferenza non è in parte alcuna, per quanto è differente dal centro; o pur che la circonferenza è per tutto, ma il centro non si trova in quanto che è differente da quella. Ecco come non è impossibile, ¦ ma necessario che l’ottimo, massimo, incomprehensibile, è tutto, è per tutto, è in tutto: perché come semplice et indivisibile può esser tutto, esser per tutto, essere in tutto. E cossì non è stato vanamente detto che Giove empie tutte le cose, inabita tutte le parti de l’universo, è centro de ciò che ha l’essere: uno in tutto, e per cui uno è tutto. Il quale essendo tutte le cose e comprendendo tutto l’essere in sé, viene a far che ogni cosa sia in ogni cosa. Ma mi direste: perché dumque le cose si | cangiano, la materia particulare si forza ad altre forme ? Vi rispondo, che non è mutazione che cerca altro essere, ma altro modo di essere. E questa è la differenza tra l’universo e le cose de l’universo: perché quello comprende tutto lo essere e ¦ tutti modi di essere; di queste ciascuna ha tutto l’essere, ma non tutti i modi di essere. E non può attualmente aver tutte le circostanze et accidenti; perché molte forme sono incompossibili in medesimo soggetto, o per esserno contrarie, o per appartener a specie diverse: come non può essere medesimo supposito individuale sotto accidenti di cavallo et uomo, sotto dimensioni di una pianta et uno animale. Oltre, quello comprende tutto lo essere totalmente, perché estra et oltre lo infinito essere, non è cosa che sia: non avendo estra
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Weil also das Unendliche [i] alles das ist, was [es] sein kann, ist es unbewegt. Weil [ii] in ihm alles ununterschieden ist, ist es eines; und weil es [iii] alle Größe und Vollkommenheit besitzt, die überhaupt zu erlangen sind, ist es das unermeßlich Größte und Beste. Wenn der Punkt sich nicht vom Körper unterscheidet, das Zentrum nicht vom Umkreis, das Endliche nicht vom Unendlichen, das Größte nicht vom Kleinsten, dann können wir mit Sicherheit folgende Sätze aufstellen: ›das Universum ist ganz Zentrum‹ oder ›das Zentrum des Universums ist überall und sein Umkreis nirgends‹, insofern er vom Zentrum unterschieden ist; oder auch ›der Umkreis ist überall und das Zentrum ist nirgends‹, insofern es von jenem unterschieden ist. Es ist also nicht unmöglich, sondern vielmehr notwendig, daß das Beste, Größte, Unbegreifliche alles ist, überall ist und in allem ist; [4] denn gerade weil es schlechthin einfach und unteilbar ist, kann es alles, überall und in allem sein. Und so ist nicht umsonst gesagt worden, daß Zeus alles erfülle, alle Teile des Universums bewohne und das Zentrum von allem sei, das ein Sein habe: Einer in Allem, durch den Alles Eines ist. Jener, der alle Dinge ist und der alles Sein in sich begreift, macht, daß alles in allem ist. [5] Aber Ihr könntet mir sagen: [Wenn dies alles so ist,] warum verändern sich denn die Dinge dennoch, und warum sieht sich die besondere Materie dazu gezwungen, andere Formen anzunehmen ? Ich antworte so: Es gibt keine Veränderung, die ein anderes Sein, sondern nur eine solche, die eine andere Seinsweise anstrebt. Dies ist der Unterschied zwischen dem Universum und den Dingen im Universum: jenes umfaßt alles Sein und alle Seinsweisen, von diesen hingegen hat jede einzelne alles Sein, aber nicht auch alle Seinsweisen. Und [diese einzelnen Dinge] können auch nicht aktual alle Besonderheiten und Akzidentien aufweisen, da viele Form[bestimmung]en an einem und demselben Subjekt unverträglich sind, sei es, weil sie gegensätzlich sind, sei es, weil sie zu verschiedenen Arten gehören: so wie Akzidentalbestimmungen des Pferdes und solche des Menschen, oder auch solche einer Pflanze und eines Lebewesens, sich nicht auf dasselbe individuelle Suppositum beziehen können. Zudem umfaßt das Universum das ganze Sein in seiner Totalität, denn außerhalb und jenseits des unendlichen Seins, das kein Außerhalb und Jenseits kennt, gibt es nichts mehr, das ein Sein hätte; von den Dingen im
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dialogo quinto
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né oltra; di queste poi ciascuna comprende tutto lo essere, ma non totalmente, perché oltre ciascuna, sono infinite altre. Però intendete tutto essere in tutto; ma non totalmente et omnimodamente in ciascuno. Però intendete come ogni cosa è una; ma non unimodamente. Però non falla chi dice uno essere lo ente, la sustanza e l’essenza; il quale come infinito et interminato, tanto secondo la sustanza, quanto secondo la durazione, quanto secondo la grandezza, quanto secondo il vigore, non ha raggione di principio né di principiato: perché concorrendo ogni cosa in unità et identità, dico medesimo essere, viene ad avere raggione absoluta e non respettiva. Ne l’uno infinito, inmobile, che è la sustanza, che è lo ente, se vi trova la moltitudine, il numero, che per essere modo e moltiformità de lo ente, la quale | viene a denominar cosa per cosa, non fa per questo che lo ente sia più che uno: ma moltimodo e moltiforme e moltifigurato. Però profondamente considerando con gli filosofi naturali, lasciando ¦ i logici ne le lor fantasie, troviamo che tutto lo che fa differenza e numero, è puro accidente, è pura figura, è pura complessione: ogni produzzione di qualsivoglia sorte che la sia è una alterazione; rimanendo la sustanza sempre medesima, perché non è che una, uno ente divino, immortale. Questo lo ha possuto intendere Pitagora, che non teme la morte ma aspetta la mutazione: l’hanno possuto intendere tutti filosofi chiamati volgarmente fisici, che niente dicono generarsi secondo sustanza né corrompersi: se non vogliamo nominar in questo modo la alterazione; questo lo ha inteso Salomone, che dice non esser cosa nova sotto il sole: ma quel che è, fu già prima. Avete dumque come tutte le cose sono ne l’universo e l’universo è in tutte le cose, noi in quello, quello in noi: e cossì tutto concorre in una perfetta unità. Ecco come non doviamo travagliarci il spirto, ecco come cosa non è per cui sgo-
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Universum umfaßt jedes das ganze Sein, aber eben nicht vollständig: denn jenseits dieses je einen Dinges gibt es unendlich viele andere. Ihr solltet also verstanden haben: Alles ist in Allem, aber nicht schlechthin und auf jede Weise in jedem Einzelnen; und ebenso auch: jede Sache ist eine, aber eben nicht auf einheitliche Weise. Nicht irrt sich also, wer sagt: das Seiende, die Substanz und das Wesen sind Eines. Denn dieses, da es sowohl hinsichtlich der Substanz als auch hinsichtlich der Dauer, der Größe und der Kraft unendlich und unbegrenzt ist, hat nicht die Eigenschaft eines Prinzips oder eines Prinzipiierten, und zwar deshalb, weil jedes Ding in diese Einheit und Identität, d. h. in dasselbe Sein, einmündet und somit die Eigenschaft des Absolutseins und nicht des Relativseins erhält. [6] Im unendlichen, unbeweglichen Einen, das die Substanz und das Seiende ist, befindet sich die Vielheit und die Zahl, die, weil sie Seinsweise und Vielförmigkeit des Seienden ist, aus der die jeweilige Benennung einer jeden Sache resultiert, deswegen trotzdem nicht bewirkt, daß das Seiende mehr als ein Eines ist: wohl aber, daß es vielartig, vielförmig und vielgestaltig ist. Wenn wir nämlich die Sache zusammen mit den Naturphilosophen tiefer analysieren und die Logiker dabei ihren Phantasiegebilden überlassen, dann finden wir, daß alles das, was Differenz und Zahl bewirkt, reines Akzidens ist, reine Gestalt, reine Komplexion. Jedes Hervorbringen, welcher Art immer es auch sei, ist eine Veränderung, wobei die Substanz immer dieselbe bleibt, da es nur eine gibt, nur dieses eine göttliche, unsterbliche Seiende. Dies vermochte Pythagoras einzusehen, der nicht den Tod fürchtete, sondern [den Tod] als Veränderung erwartete; dies vermochten alle einzusehen, die gewöhnlich als Naturphilosophen bezeichnet werden und die behaupten, daß hinsichtlich der Substanz nichts entstehe und nichts vergehe, es sei denn, man bezeichne die Veränderung als einen solchen Prozeß; dies vermochte Salomon einzusehen, der sagte, daß es nichts Neues unter der Sonne gebe, sondern daß das, was ist, schon vorher einmal gewesen sei. Ihr habt jetzt im Blick, wie alle Dinge im Universum sind und wie das Universum in allen Dingen ist, wie wir in jenem und wie dieses in uns ist: und wie so alles in eine vollkommene Einheit zusammengeht. Eben deswegen dürfen wir uns unseren Sinn nicht zermartern, eben deswegen dürfen wir auch nicht wegen irgendeiner Sa-
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mentar ne doviamo: perché questa unità è sola e stabile, e sempre rimane: questo uno è eterno; ogni volto, ogni faccia, ogn’altra cosa, è vanità, è come nulla, anzi è nulla tutto lo che è fuor di questo uno. Quelli filosofi hanno ritrovata la sua amica Sofia, li quali hanno ritrovata questa unità. Medesima cosa a fatto è la sofia, la verità, la unità. Hanno saputo tutti dire che vero, uno et ente son la medesima cosa; ma non tutti hanno inteso: per che altri hanno seguitato il modo di parlare, ma non hanno compreso il modo d’intendere di veri sapienti. | Aristotele tra gli altri, che non ritrovò l’uno, non ritrovò lo ente, e non ritrovò ¦ il vero: perché non conobe come uno lo ente; e benché fusse stato libero di prendere la significazione de lo ente comune alla sustanza e l’accidente, et oltre de distinguere le sue categorie secondo tanti geni e specie, per tante differenze: non ha lasciato però di essere non meno poco aveduto nella verità, per non profondare alla cognizione di questa unità et indifferenza de la costante natura et essere; e come sofista ben secco, con maligne esplicazioni e con leggiere persuasioni, pervertere le sentenze de gli antichi et opporsi a la verità, non tanto forse per imbecillità de intelletto quanto per forza d’invidia et ambizione. Dicsono Sì che questo mondo, questo ente, vero, universo, infinito, inmenso, in ogni sua parte è tutto: tanto che lui è lo istesso ubique. Là onde ciò che è ne l’universo, al riguardo de l’universo (sia che si vuole a rispetto de li altri particolari corpi), è per tutto, secondo il modo della sua capacità: perché è sopra, è sotto, infra, destro, sinistro, e secondo tutte differenze locali: perché in tutto lo infinito son tutte queste differenze, e nulla di queste. Ogni cosa che prendemo ne l’universo, perché ha in sé quello che è tutto per tutto, comprende in suo modo tutta l’anima del ¦ mondo (benché non totalmente come già abbiamo detto),
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che verzagen: denn es ist diese Einheit, die als eine auch feststeht und die immer sich gleichbleibt. Es ist dieses Eine, das ewig ist. Dagegen ist alle Gestalt, jedes Gesicht, jede andere Sache eitel, wie nichts, oder besser: Alles das, was außerhalb dieses Einen ist, ist Nichts. [7] Die Philosophen haben Sophia, ihre Freundin, gefunden, die eben diese Einheit gefunden haben. Denn tatsächlich sind Sophia, Wahrheit und Einheit ein und dieselbe Sache. Alle wußten es zwar auszusprechen, daß ›wahr‹, ›eines‹ und ›seiendes‹ dieselbe Sache sind, aber nicht alle haben es auch verstanden. Denn einige folgten nur dem Ausdruck, begriffen aber nicht, was die wahren Weisen darunter verstanden hatten, so unter anderem Aristoteles, der das Eine nicht fand, der das Seiende nicht fand und der das Wahre nicht fand, und zwar, weil er das Seiende nicht als das Eine erkannte. Obgleich er freie Hand hatte, die der Substanz und dem Akzidens gemeinsame Bedeutung von ›seiend‹ zu entfalten und zusätzlich seine Kategorien entsprechend so vieler Gattungen und Arten, so vieler Differenzen auch, zu unterscheiden: es blieb dennoch nicht weniger dabei, daß er die Wahrheit kaum geschaut hat, da er [einerseits] die Erkenntnis dieser Einheit und dieser Ununterschiedenheit der beständigen Natur und des beständigen Seins nicht tief genug entwickelt hat, und da er [andererseits], als steriler Sophist, mit boshaften Erklärungen und leichtfertigen Überredungskünsten die Einsichten der Alten pervertiert und sich der Wahrheit entgegengesetzt hat – dies alles vielleicht nicht so sehr aus intellektueller Schwäche als vielmehr aufgrund machtvollen Neides und goßer Ambition. [8] Dicsono So, daß diese Welt, dieses Seiende, Wahre, Universum, Unendliche, Unermeßliche in jedem seiner Teile alles ist, ja sogar: daß es das Ubique selbst ist. In bezug auf das Universum also ist alles das, was im Universum ist (stehe es zu den anderen besonderen Körpern in welchem Verhältnis auch immer), entsprechend seiner Fähigkeit überall: denn es ist oben, unten, dazwischen, rechts, links, und entsprechend aller räumlichen Unterschiede gesetzt, weil für das ganze Unendliche gilt: in ihm sind alle diese Unterschiede und zugleich keiner dieser Unterschiede. Jedes Ding im Universum, das wir herausgreifen, erfaßt, da es in sich das hat, was alles in allem ist, auf seine Weise die ganze Weltseele (obgleich, wie wir schon sagten, nicht gänzlich), wel-
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la quale è tutta in qualsivoglia parte di quello. Però come lo atto è uno, e fa uno essere ovumque lo sia, cossì nel mondo non è da credere che sia pluralità di sustanza e di quello che veramente è ente. Appresso so che avete come cosa manifesta, che ciascuno di tutti questi mondi innu | merabili che noi veggiamo ne l’universo, non sono in quello tanto come in un luogo continente, e come in uno intervallo e spacio: quanto come in uno comprensore, conservatore, motore, efficiente; il quale cossì tutto vien compreso da ciascuno di questi mondi, come l’anima tutta da ciascuna parte del medesimo. Però benché un particolare mondo si muova verso e circa l’altro, come la terra al sole e circa il sole, niente di meno al rispetto dell’universo nulla si muove verso né circa quello: ma in quello. Oltre volete che sicome l’anima (anco secondo il dir comune) è in tutta la gran mole a cui dà l’essere, et insieme insieme è individua, e per tanto medesimamente è in tutto et in qualsivoglia parte intieramente, cossì la essenza de l’universo è una nell’infinito et in qualsivoglia cosa presa come membro di quello: sì che a fatto il tutto et ogni parte di quello viene ad esser uno secondo la sustanza. Onde non essere inconvenientemente detto da Parmenide, uno, infinito, immobile (sia che si vuole della sua intenzione, la quale è incerta, riferita da non assai fidel relatore). Dite che quel tutto che si vede di differenza ne gli corpi ¦ quanto alle formazioni, complessioni, figure, colori et altre proprietadi e communitadi, non è altro che un diverso volto di medesima sustanza; volto labile, mobile, corrottibile, di uno inmobile, perseverante et eterno essere; in cui son tutte forme, figure e membri: ma indistinti e come agglomerati, non altrimente che nel seme, nel quale non è distinto il braccio da la mano, il busto dal capo, il nervo dal osso: la qual distin-
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che selbst wiederum als ganze in jedem beliebigen Teile des Universums ist. Wie jedoch der Akt ein einziger ist und ein [einiges] Sein bewirkt, wo auch immer dieses sei, so darf man auch nicht glauben, daß es in der Welt eine Vielheit von Substanzen gebe und eine Vielheit dessen, was wahrhaft ein Seiendes ist. Indessen weiß ich, daß Ihr vor Augen habt, wie jede dieser unzähligen Welten, die wir im Universum sehen, in letzterem nicht so sehr wie in einem sie enthaltenden Ort, wie in einem Zwischenraum oder Raum ist als vielmehr wie in einem umfassenden, bewahrenden, bewegenden, bewirkenden Ort: dieser wird in seiner Ganzheit von jeder dieser Welten wiederum so umfaßt, wie auch die Seele in ihrer Ganzheit von jedem Teile dieser Welt umfaßt wird. Denn wenn auch eine besondere Welt sich auf eine andere Welt zubewegen und um diese herumbewegen mag, wie etwa die Erde auf die Sonne zu und um die Sonne herum, so bewegt sich doch in bezug auf das Universum nichts auf es zu, noch um es herum, sondern nur in demselben. [9] Zusätzlich geht Ihr von folgendem aus: so wie die Seele (wieder gemäß der gewöhnlichen Sicht) in der ganzen riesigen Masse, der sie das Leben gibt, gegenwärtig ist und ungeteilt bleibt, und wie sie daher auf dieselbe Weise im Ganzen und in jedem beliebigen Teil als ganze ist, so ist auch das Wesen des Universums Eines sowohl im Unendlichen als auch in jedem beliebigen Ding, das als Glied dieses Unendlichen genommen wird, so daß das Ganze und jeder Teil des Ganzen der Substanz nach ein Eines sind. Nicht unangemessen habe daher Parmenides gesagt, daß das Universum eines, unendlich und unbeweglich sei (was er auch immer mit dieser Aussage gemeint haben mag, die unsicher ist, weil sie von einer nicht sehr glaubwürdigen Quelle überliefert ist). Ihr lehrt, daß alle die Unterschiede, die man an den Körpern in bezug auf Form, Beschaffenheit, Gestalt, Farbe und andere eigentümliche wie auch gemeinsame Bestimmungen wahrnimmt, nichts anderes seien als verschiedene Erscheinungen einer und derselben Substanz; flüchtige, bewegliche, vergängliche Erscheinungen eines unbeweglichen, beständigen und ewigen Seins. Eines Seins, in dem alle Formen, Gestalten und Glieder enthalten sind, aber ununterschieden und wie ineinandergewickelt, nicht anders als im Samen, in dem der Arm nicht von der Hand, der Rumpf nicht vom Kopf, die Sehne nicht vom Kno-
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zione | e sglomeramento, non viene a produre altra e nuova sustanza; ma viene a ponere in atto e compimento certe qualitadi, differenze, accidenti et ordini circa quella sustanza. E quel che si dice del seme al riguardo de le membra de gli animali, medesimo si dice del cibo al riguardo de l’esser chilo, sangue, flemma, carne, seme; medesimo di qualch’altra cosa che precede l’esser cibo o altro; medesimo di tutte cose, montando da l’infimo grado della natura, sino al supremo di quella, montando da l’università fisica conosciuta da filosofi, alla altezza dell’archetipa creduta da teologi, se ti piace: sin che si dovenga ad una originale et universale sustanza medesima del tutto, la quale si chiama lo ente, fondamento di tutte specie e forme diverse. Come ne l’arte fabrile è una sustanza di legno, soggetta a tutte misure e figure, che non son legno, ma di legno, nel legno, circa il legno. Però tutto quello che fa diversità, di geni, di specie, differenze, proprietadi, tutto che consiste nella generazione, corrozzione, alterazione e cangiamento, non è ente, non è essere: ma condizione e circostanza di ente et essere, il quale è uno, infinito, immobile, soggetto, materia, vita, anima, vero e buono. ¦ Volete che per essere lo ente indivisibile e semplicissimo perché è infinito, et atto tutto in tutto, e tutto in ogni parte (in modo che diciamo parte nello infinito, non parte dello infinito), non possiamo pensar in modo alcuno, che la terra sia parte dello ente, il sole parte della sustanza: essendo quella impartibile; ma sì bene è lecito dire, sustanza della parte, o pur meglio sustanza nella parte. Cossì come non è lecito dire parte dell’anima | esser nel braccio, parte dell’anima esser nel capo: ma sì bene l’anima nella parte che è il capo, la sustanza della parte o nella parte che è il braccio; perché lo essere porzione, parte, membro, tutto, tanto, quanto, maggiore, minore,
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chen unterschieden ist, deren Unterscheidung und Sonderung jedoch nicht dazu führt, daß eine andere und neue Substanz entsteht, sondern dazu, daß bestimmte Qualitäten, Unterschiede, Akzidentien und Ordnungen in bezug auf jene Substanz in Akt und Erfüllung gesetzt werden. Und das, was man vom Samen mit Blick auf die Glieder der Tiere sagt, das sagt man auch von der Nahrung, insofern sie die Seinsart des Saftes, des Blutes, des Phlegmas, des Fleisches oder des Samens aufweist; dasselbe gilt für jede andere Sache, die der Seinsart Nahrung oder etwas anderem [derartigen] noch vorausgreift, dasselbe von allen Dingen, vom untersten bis zum höchsten Grad der Natur, von der Universalität der natürlichen Dinge, die die Philosophen kennen, bis – so es Dir recht ist – zur Höhe des Archetyps, an den die Theologen glauben, bis man zu einer ursprünglichen, universalen, für alles gleichen Substanz gelangt, die man das Seiende nennt, das Fundament aller Artgestalten und aller unterschiedlichen Formen. So wie es auch in der Zimmermannskunst eine Substanz des Holzes gibt, die allen Maßen und Gestalten, die selbst nicht Holz sind, sondern aus Holz, im Holz, am Holz, als Substrat zugrunde liegt. Alles, was daher Verschiedenheit bewirkt, sei es der Gattungen, der Arten, der spezifischen Differenzen, der Eigentümlichkeiten, alles, was aus Entstehen, Vergehen, Veränderung und Wechsel besteht, ist selbst nicht Seiendes, ist nicht Sein, sondern Bedingung und Umstand von Seiendem und Sein, welches selbst Eines, Unendliches, Unbewegliches, Substrat, Materie, Leben, Seele, wahr und gut ist. Weil das Seiende unteilbar und schlechthin einfach ist – und zwar deshalb, weil es unendlich ist und ganzer Akt im Ganzen und ganzer Akt in allen Teilen des Ganzen (in dem Sinne, in dem wir von Teilen im Unendlichen, nicht von Teilen des Unendlichen sprechen) –, geht Ihr davon aus, daß wir auf keine Weise denken dürfen, die Erde sei Teil des Seienden, die Sonne Teil der Substanz, da jene unteilbar ist, wohl aber sei es erlaubt, von der Substanz des Teiles oder, besser noch, von der Substanz im Teil zu sprechen. Dies ebenso, wie es auch nicht erlaubt ist zu sagen, ein Teil der Seele sei im Arm, ein [anderer] Teil im Kopf, sondern vielmehr [gesagt werden muß]: die Seele ist in dem Teil, der der Kopf ist, oder die Substanz ist von dem Teil oder in dem Teil, der der Arm ist. Denn ein Stück zu sein, ein Teil, Glied, Alles, Soviel-
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come questo, come quello, di questo, di quello, concordante, differente e di altre raggioni che non significano uno assoluto, e però non si possono riferire alla sustanza, a l’uno, a l’ente, ma per la sustanza, nell’uno e circa lo ente, come modi, raggioni e forme: cossì come comunmente si dice circa una sustanza essere la quantità, qualità, relazione, azzione, passione et altri circostanti geni; talmente ne l’uno ente summo, nel quale è indifferente l’atto dalla potenza, il quale può essere tutto assolutamente, et è tutto quello che può essere; è complicatamente uno, inmenso, infinito, che comprende tutto lo essere: et è esplicatamente in questi corpi sensibili, et in la distinta potenza et atto che veggiamo in essi. Però volete che quello che è generato e genera (o sia equivoco o univoco agente come dicono quei che volgarmente filoso ¦ fano) e quello di che si fa la generazione, sempre sono di medesima sustanza. Per il che non vi sonarà mal ne l’orecchio la sentenza di Eraclito, che disse tutte le cose essere uno, il quale per la mutabilità ha in sé tutte le cose; e perché tutte le forme sono in esso, conseguentemente tutte le diffinizioni gli convegnono: e per tanto le contradittorie enunciazioni son vere. E quello che fa la moltitudine ne le cose, non è lo ente, non è la cosa: ma quel che appare, che si rapresenta al senso et è nella superficie della cosa. | Teofilo Cossì è. Oltre questo, voglio che apprendiate più capi di questa importantissima scienza e di questo fondamento solidissimo de le veritadi e secreti di natura. Prima dumque voglio che notiate essere una e medesima scala, per la quale la natura descende alla produzzion de le cose, e l’intelletto ascende alla cognizion di quelle; e che l’uno e l’altra da l’unità procede all’unità, passando per la moltitudine di mezzi. Lascio che con il suo modo di filosofare gli Peripatetici e molti Platonici
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wie, Größer, Kleiner, Wie-dieses, Wie-jenes, Von-diesem, Von-jenem, Übereinstimmendes, Unterschiedenes, diese und andere Verhältnisbestimmungen drücken nicht ein Absolutes aus und können sich daher nicht auf die Substanz, auf das Eine, auf das Seiende beziehen, sondern nur wie Modi, Bestimmungen und Formen mit Bezug auf die Substanz, im Einen und am Seienden sein. So wie man auch sonst davon spricht, daß Quantität, Qualität, Relation, Tätigkeit, Leiden und andere Umstandsbestimmungen an einer Substanz sind. Ebenso, im höchsten einen Seienden, in welchem der Akt vom Vermögen ununterschieden ist, welches alles auf absolute Weise sein kann und welches alles das ist, was [es] sein kann. Dieses [höchste eine Seiende] ist nämlich auf eingefaltete Weise ein Eines, Unermeßliches, Unendliches, das alles Sein umfaßt, und es ist auf entfaltete Weise in diesen sinnlich wahrnehmbaren Körpern hier und in dem Unterschied zwischen Vermögen und Akt, den wir an diesen beobachten. Deswegen also wollt Ihr auch, daß das Erzeugte, das Erzeugende (sei dies nun ein aequivokes oder univokes Tätiges, wie die es ausdrücken, die der gewöhnlichen Philosophie folgen) und dasjenige, woraus die Hervorbringung geschieht, immer aus der gleichen Substanz bestehen. Daher klingt in Euren Ohren auch der Ansatz des Heraklit nicht schlecht, der behauptet, daß alle Dinge ein Eines seien, das wiederum aufgrund seiner Veränderlichkeit alle Dinge in sich habe und dem folglich daher, weil alle Formen in ihm seien, alle Definitionen zukämen und zwar so, daß alle widersprüchlichen Aussagen wahr seien. Das, was die Vielheit in den Dingen bewirke, sei nicht das Seiende, sei nicht die Sache selbst, sondern das, was erscheine, was sich den Sinnen darstelle und was sich nur an der Oberfläche der Dinge befinde. [10] Teofilo So ist es. Des weiteren wünsche ich, daß Ihr noch mehr Hauptpunkte dieser äußerst wichtigen Wissenschaft und dieses festesten Fundamentes der Wahrheiten und Geheimnisse der Natur erfahrt. [i] Zuerst also sollt Ihr erkennen, daß es eine und dieselbe Stufenleiter ist, auf der die Natur zur Hervorbringung der Dinge herabsteigt und auf der die Vernunft zur Erkenntnis eben jener Dinge hinaufsteigt; und daß dabei beide, indem sie die Mittelglieder durchlaufen, je von der Einheit [ausgehen und] zur Einheit voranschreiten. Ich lasse beiseite, daß die Peripatetiker und viele Platoniker, so wie es ihre Art zu philo-
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alla moltitudine de le cose, come al mezzo, fanno procedere il purissimo atto ¦ da uno estremo, e la purissima potenza da l’altro. Come vogliono altri per certa metafora convenir le tenebre e la luce alla constituzione de innumerabili gradi di forme, effigie, figure e colori. Appresso i quali, che considerano dui principii e dui principi, soccorreno altri nemici et impazienti di poliarchia, e fanno concorrere que’ doi in uno, che medesimamente è abisso e tenebra, chiarezza e luce, oscurità profonda et impenetrabile, luce superna et inaccessibile. Secondo, considerate che l’intelletto volendo liberarse e disciòrse dall’imaginazione alla quale è congionto, oltre che ricorre alle matematiche et imaginabili figure, a fin che o per quelle o per la similitudine di quelle comprenda l’essere e la sustanza de le cose, viene ancora a riferire la moltitudine e diversità di specie a una e medesima radice: come Pitagora che puose gli numeri principii specifici de le cose, intese fundamento e sustanza di tutti la unità; Platone et altri che puosero le specie consistenti nelle figure, di tutti il medesimo ceppo e radice intesero il punto come sustanza e geno universale: e forse le super | ficie e figure son quelle che al fine intese Platone per il suo »magno«, et il punto et atomo è quello che intese per il suo »parvo«, gemini principii specifici de le cose, i quali poi si riducono ad uno, come ogni dividuo a l’indi ¦ viduo. Que’ dumque che dicono il principio sustanziale esser l’uno, vogliono che le sustanze son come i numeri; gli altri che intendeno il principio sustanziale come il punto, vogliono le sustanze de cose essere come figure: e tutti convegnono con ponere un principio individuo. Ma meglior e più puro è il modo di Pitagora che quel di Platone, perché la unità è causa e raggione della individuità e puntalità, et è un principio più absoluto et accomodabile a l’universo ente.
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sophieren mit sich bringt, der Vielheit der Dinge, die wie ein Mittleres fungiert, von der einen Seite den reinsten Akt und von der anderen Seite das reinste Vermögen vorangehen lassen. Ebenso wie andere – auf der Ebene des Metaphorischen – wollen, daß der Schatten und das Licht zusammenwirken, um die unzähligen Abstufungen der Formen, Bilder, Figuren und Farben hervorzubringen. Diesen, die zwei Prinzipien und zwei Herrscher in Anschlag bringen, folgen andere nach, Feinde aller Vielherrschaft und derselben überdrüssig, die diese beiden [Prinzipien] in [ein] Eines zusammengehen lassen, das zugleich und ineins Abgrund und Schatten, Klarheit und Licht, tiefe, undurchdringliche Dunkelheit und höchstes, unerreichbares Licht ist. [11] Bedenkt zweitens [ii], daß die Vernunft, die sich von der Vorstellung, an die sie gebunden ist, befreien und ablösen will, nicht nur auf die mathematischen und vorgestellten Figuren zugreift, um durch diese oder durch deren analogisches Potential das Sein und die Substanz der Dinge zu begreifen, sondern auch [immer] noch die Vielheit und Verschiedenheit der Arten auf eine und dieselbe Wurzel zurückbezieht: so Pythagoras, der die Zahlen als besondere Prinzipien der Dinge ansetzte und als Fundament und als Substanz aller [dieser Zahlen] die Einheit begriff; so Platon und andere, die die beständigen Ideen in die Figuren setzten und den Punkt, sofern er gemeinsamer Stamm und Wurzel aller [dieser Figuren] ist, als Substanz und allgemeine Gattung verstanden – und vielleicht sind die Oberflächen und Figuren das, was Platon letztlich unter seinem »Großen« verstand, und der Punkt und das Atom jenes, was er als sein »Kleines« ansetzte, zwei artbildende Prinzipien der Dinge, die dann schließlich auf ein [Prinzip] zurückgehen, wie alles Teilbare auf ein Unteilbares. Diejenigen also, die behaupten, daß das substantielle Prinzip das Eine sei, gehen davon aus, daß die Substanzen den Zahlen gleich sind; die anderen, die unter dem substantiellen Prinzip etwas wie den Punkt verstehen, gehen hingegen davon aus, daß die Substanzen der Dinge den Figuren gleich sind. Alle jedoch kommen darin überein, ein unteilbares Prinzip anzusetzen. Der Weg des Pythagoras ist dabei besser und reiner als der des Platon, weil die Einheit Ursache und Grund der Unteilbarkeit und Punkthaftigkeit ist und weil sie ein absoluteres und dem allgemeinen Sein viel angemesseneres Prinzip ist.
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Gervasio Perché Platone, che venne appresso, non fece similmente né meglio che Pitagora ? Teofilo Perché volse più tosto dicendo peggio e con men comodo et appropriato modo, esser stimato maestro, che dicendo megliormente e meglio, farsi riputar discepolo. Voglio dire che il fine de la sua filosofia era più la propria gloria, che la verità: atteso che non posso dubitar che lui sapesse molto bene che il suo modo era appropriato più alle cose corporali e corporalmente considerate; e quell’altro non meno accomodato et appropriabile a queste, che a tutte l’altre che la raggione, l’imaginazione, l’intelletto, l’una e l’altra natura sapesse fabricare. Ogniuno confessarà che non era occolto a Platone che la unità e numeri necessariamente essaminano e donano raggione di punto e figure; e non sono essaminati e non prendeno raggione da figure e punti necessariamente, come la sustanza | dimensionata e corporea depende dal- | 295 l’incorporea et individua: oltre che questa è absoluta da quella, perché la raggione di numeri si trova senza quella de misura, ma quella non ¦ può essere absoluta da questa, perché la raggione di misure non si trova senza quella di numeri. Però la aritmetrica similitudine e proporzione, è più accomodata che la geometrica per guidarne, per mezzo de la moltitudine, alla contemplazione et apprensione di quel principio indivisibile, che per essere unica e radical sustanza di tutte cose, non è possibile ch’abbia un certo e determinato nome, e tal dizzione che significhe più tosto positiva che privativamente: e però è stato detto da altri »punto«, da altri »unità«, da altri »infinito«, e secondo varie raggioni simili a queste. Aggiungi a quel che è detto che quando l’intelletto vuol comprendere l’essenzia di una cosa, va simplificando quanto può: voglio dire, dalla composizione e moltitudine se ritira rigittando gli accidenti corrottibili, le dimensioni, i segni, le figure, a quello che sottogiace a
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Gervasio Warum hat Platon, der doch nach ihm kam, es dem Pythagoras nicht gleichgetan oder es sogar besser gemacht als dieser ? Teofilo Weil er lieber als Meister geschätzt werden wollte mit einer schlechteren Lehre und einer weniger passenden und angemessenen Weise der Mitteilung denn als Schüler mit einer besseren Lehre und entsprechender Ausdrucksart. Ich will damit sagen, daß der Zielpunkt seiner Philosophie mehr der eigene Ruhm als die Wahrheit gewesen ist, wobei ich ohne Zweifel davon ausgehe, daß er sehr wohl wußte, daß seine Form des Philosophierens eher den körperlichen Dingen und den Dingen, die wir als körperlich ansehen, angemessen war; jene andere Art [des Pythagoras] hingegen nicht weniger passend und angemessen für diese [körperlichen Dinge] ist als für alle die anderen Dinge, die der Verstand, die Einbildungskraft, die Vernunft, die eine und die andere Natur [also], zu erzeugen wüßten. Jeder wird zugeben müssen, daß Platon nicht verborgen geblieben war, daß Einheit und Zahlen zur genauen Bestimmung und Ableitung von Punkt und Figur notwendig sind, selbst jedoch nicht ebenso notwendigerweise durch Figuren und Punkte bestimmt und begründet werden, wie ja auch die dimensionierte und körperliche Substanz von der unkörperlichen und unteilbaren abhängt [und nicht umgekehrt]. Vielmehr ist diese von jener unabhängig, da sich die Zahlen bestimmen lassen ohne Bestimmung des Maßes, während jene nicht unabhängig von jener sein kann, da dimensionale Bestimmungen ohne Zahlen nicht möglich sind. Daher ist die arithmetische Analogie und das arithmetische Verhältnis viel geeigneter als etwa das geometrische, uns vermittels der Vielheit zur Betrachtung und zum Erfassen jenes unteilbaren Prinzips zu führen, das, weil es einzige und wurzelhafte Substanz aller Dinge ist, nicht einen festen und bestimmten Namen besitzen kann und auch keinen Ausdruck, der es eher positiv denn durch Beraubung bezeichnete: daher ist es von den einen als »Punkt«, von den anderen als »Einheit«, von wieder anderen als »Unendliches« oder auf verschiedene ähnliche Weisen bezeichnet worden. Nimm zum Gesagten noch hinzu, daß die Vernunft, will sie das Wesen einer Sache erfassen, soweit als möglich vereinfacht, das heißt, sie zieht sich von der Zusammensetzung und von der Vielheit zurück und führt die vergänglichen Akzidentien, die Dimensionen, die Zeichen, die Figuren auf dasjenige zurück, was
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queste cose. Cossì la lunga scrittura e prolissa orazione non intendemo, se non per contrazzione ad una semplice intenzione: l’intelletto in questo dimostra apertamente come ne l’unità consista la sustanza de le cose, la quale va cercando o in verità o in similitudine. Credi, che sarebbe consummatissimo e perfettissimo geometra quello che potesse contraere ad una intenzione sola tutte le intenzioni disperse ne’ principii ¦ di Euclide; perfettissimo logico chi tutte le intenzioni contraesse ad una. Quindi è il grado delle intelligenze: per che le inferiori non possono intendere molte cose, se non con molte specie, similitudini e forme. Le superiori | intendeno megliormente con poche. Le altissime con pochissime perfettamente. La prima intelligenza in una idea perfettissimamente comprende il tutto. La divina mente e la unità assoluta, senza specie alcuna, è ella medesimo lo che intende e lo che [è] inteso. Cossì dumque montando noi alla perfetta cognizione, andiamo complicando la moltitudine: come descendendosi alla produzzione de le cose, si va esplicando la unità. Il descenso è da uno ente ad infiniti individui e specie innumerabili: lo ascenso è da questi a quello. Per conchiudere dumque questa seconda considerazione, dico che quando aspiriamo e ne forziamo al principio e sustanza de le cose, facciamo progresso verso la indivisibilità: e giamai credemo esser gionti al primo ente, et universal sustanza, sin che non siamo arrivati a quell’uno individuo, in cui tutto si comprende. Tra tanto, non più credemo comprendere di sustanza e di essenza, che sappiamo comprendere di indivisibilità. Quindi i Peripatetici e Platonici, infiniti individui riducano ad una individua raggione di molte specie; innumerabili specie comprendono sotto determinati geni, quali Archita primo volse che fussero ¦ diece;
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allen diesen Dingen zugrunde liegt. So verstehen wir etwa eine lange Lektüre und einen umschweifigen Vortrag nicht, außer durch Zusammenfassung zu einem einfachen Grundgedanken. In diesem Vorgehen legt die Vernunft ganz offen dar, daß die Substanz der Dinge in der Einheit besteht, eine Einheit, die sie entweder in ihrer Wahrheit oder im Gleichnis zu finden sucht. Glaub mir, derjenige wäre der vollendetste und vollkommenste Geometer, der alle Sätze, die in den Elementen des Euklid verstreut vorliegen, in einen einzigen Satz zusammenfassen könnte, derjenige der vollkommenste Logiker, der alle logischen Ausdrücke in einen einzigen zusammenzuziehen vermöchte. Daher gibt es also eine Abstufung der Intelligenzen: denn die unteren können eine Vielheit der Dinge nur mittels vieler Artgestalten, der Ähnlichkeiten und Formen erfassen. Die höheren erfassen [diese Dinge] besser und mit weniger Mitteln. Die höchsten erfassen sie mit wenigsten Mitteln auf vollkommene Weise. Die erste Intelligenz erfaßt alles auf vollkommenste Weise in einer [einzigen] Idee. Der göttliche Geist und die absolute Einheit ist, ohne alle [vermittelnde] Artgestalt, eben das selbst, das versteht und das verstanden wird. So falten wir, wenn wir zur vollkommenen Erkenntnis aufsteigen, die Vielheit schrittweise ein, und entsprechend entfaltet sich die Einheit, wenn sie zur Hervorbringung der Dinge herabsteigt. Der Abstieg vollzieht sich von einem [ein(zig)en] Seienden zu unendlich vielen Individuen und unzählbaren Artgestalten, der Aufstieg hingegen von diesen [letzteren] zu jenem. Um also diese zweite Betrachtung zu schließen, sage ich noch folgendes: Wenn wir aufstreben und uns um das Prinzip und die Substanz der Dinge bemühen, dann geht unser Fortschritt [immer] in Richtung auf die Unterschiedslosigkeit, und niemals würden wir glauben, daß wir das erste Seiende und die universale Substanz erreicht hätten, sofern wir nicht bei jenem einen, unterschiedslosen [Seienden] angekommen wären, in welchem alles einbegriffen ist. Insofern würden wir nicht mehr von der Substanz und dem Wesen zu begreifen glauben, als wir eben an der Ununterscheidbarkeit zu begreifen wissen. Die Peripatetiker und Platoniker führen also unendlich viele Individuen auf einen unteilbaren Grund vieler Artgestalten zurück, begreifen unzählige Artgestalten unter bestimmten Gattungen – von denen Archytas, als erster, behauptete, es seien zehn – und die bestimmten Gattungen [führen sie]
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determinati geni ad uno ente, una cosa; la qual cosa, et ente, è compresa da costoro come un nome e dizzione, et una logica intenzione, et in fine una vanità; perché trattando fisicamente poi, non conosceno uno principio di realità et essere di tutto quel che è, come una intenzione e nome comune a tutto quel che si dice e si comprende: il che certo è accaduto per imbecillità di intelletto. | Terzo, devi sapere che essendo la sustanza et essere distinto et assoluto da la quantità, e per conseguenza la misura e numero non è sustanza ma circa la sustanza, non ente ma cosa di ente, aviene che necessariamente doviamo dire la sustanza essenzialmente essere senza numero e senza misura, e però una et individua in tutte le cose particolari, le quali hanno la sua particularità dal numero, ciò è da cose che sono circa la sustanza. Onde chi apprende Polihimnio, come Polihimnio, non apprende sustanza particolare, ma sustanza nel particolare e nelle differenze che son circa quella, la quale per esse viene a ponere questo uomo in numero e moltitudine sotto una specie. Qua come certi accidenti umani fanno moltiplicazione di questi chiamati individui dell’umanità, cossì certi accidenti animali fanno moltiplicazione di queste specie dell’animalità. Parimente certi accidenti vitali fanno moltiplicazione di questo animato e vivente. Non altrimente certi accidenti ¦ corporei fanno moltiplicazione di corporeità. Similmente certi accidenti di sussistenza fanno moltiplicazione di sustanza. In tal maniera certi accidenti di essere fanno moltiplicazione di entità, verità, unità, ente, vero, uno. Quarto, prendi i segni e le verificazioni per le quali conchiuder vogliamo gli contrarii concorrere in uno; onde non fia difficile al fine inferire, che le cose tutte sono uno: come ogni numero tanto pare quanto
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auf ein Seiendes, auf eine Sache [zurück], eine Sache und ein Seiendes, welches von ihnen wie ein Name und eine Aussage begriffen wird, wie eine logische Proposition, also am Ende als eine Nichtigkeit. Wenn sie danach dann von der Natur handeln, so kennen sie gar kein solches eines Prinzip der Realität und des Seins für alles das, was ist, ein Prinzip das [ebenso anzusetzen wäre] wie der eine Begriff und der eine Name, der allem dem, was man benennt und was man begreift, gemeinsam ist. Dies ist sicherlich Folge der Schwäche ihrer Vernunft. [12] Drittens [iii] mußt Du wissen, daß, wenn die Substanz und das Sein von der Quantität unterschieden und unabhängig sind und daher das Maß und die Zahl nicht Substanz sind, sondern [etwas] in bezug auf die Substanz, nicht Seiendes, sondern eine Sache des Seienden, dann müssen wir in der Folge notwendigerweise sagen, daß die Substanz ihr Sein wesentlich ohne Zahl und ohne Maß hat, und daß sie daher eine und unteilbar in allen besonderen Dingen ist, die ihre Besonderheit wiederum durch die Zahl besitzen, das heißt durch Dinge, die in bezug auf die Substanz sind. Wer daher Polihimnio als Polihimnio auffaßt, nimmt keine besondere Substanz wahr, sondern eine Substanz im Besonderen und in den [spezifischen] Differenzen, die zu ihr in Bezug stehen, eine Substanz, die unter dem Einfluß dieser [relativen Bestimmungen] diesen Menschen als Zahl und Vielheit unter eine Artgestalt setzt. Wie also dort bestimmte menschliche Akzidentien eine Vervielfältigung dieser sogenannten Individuen der Menschheit bewirken, so bewirken bestimmte Akzidentien der Lebewesen eine Vervielfältigung dieser Artgestalten der Lebewesen. In gleicher Weise bewirken bestimmte Akzidentien des Lebens eine Vervielfältigung dieses Belebten und Lebendigen und nicht anders bestimmte Akzidentien des Körperlichen eine Vervielfältigung des Körperlichen. Ähnlich führen auch bestimmte Akzidentien der Existenz zu einer Vervielfältigung der Substanz, und auf die gleiche Weise bestimmte Akzidentien des Seins zu einer Vervielfältigung der Seiendheit, der Wahrheit, der Einheit, des Seienden, des Wahren, des Einen. [13] Nimm viertens [iv] die Zeichen [a] und die Beweise [b], durch die wir schließen wollen, daß die Gegensätze in einem Einen zusammenfallen, woraus sich am Ende ohne Schwierigkeit folgern lassen wird, daß alle Dinge Eines sind – so wie sich alle Zahl, sei sie gerade
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ìmpare, tanto finito quanto infinito, se riduce all’unità, la quale iterata con il finito pone il numero, e con l’infinito nega il numero. I segni le prenderai dalla matematica, le verificazioni da le altre facultadi morali e speculative. Or quanto a’ | segni. Ditemi, che cosa è più dissimile alla linea retta che il circolo ? che cosa è più contrario al retto che il curvo ? pure nel principio e minimo concordano; atteso che (come divinamente notò il Cusano, inventor di più bei secreti di geometria) qual differenza trovarai tu tra il minimo arco e la minima corda ? Oltre, nel massimo, che differenza trovarai tra il circolo infinito e la linea retta ?
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oder sei sie ungerade, sei sie endlich oder sei sie unendlich, auf die Einheit zurückbezieht, [eine Einheit] welche, mit dem Endlichen wiederholt, die Zahl setzt, mit dem Unendlichen wiederholt, hingegen die Zahl negiert. Die Zeichen hierfür wirst Du aus der Mathematik nehmen, die Beweise aus den anderen moralischen und spekulativen Disziplinen. Aber, was zunächst [a] die Zeichen betrifft: Sagt mir, was ist der geraden Linie unähnlicher als der Kreis ? Was ist dem Geraden mehr entgegengesetzt als das Krumme ? Und dennoch: im Prinzip und im Kleinsten stimmen sie überein, denn (wie Cusanus, der Erfinder der schönsten Geheimnisse der Geometrie, vortrefflich bemerkt hat) welchen Unterschied wirst Du zwischen dem kleinsten Bogen und der kleinsten Sehne finden können ? Zudem, wenn wir das Größte nehmen, welchen Unterschied wirst Du zwischen dem unendlichen Kreis
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Non vedete come il circolo quanto è più grande, tanto più con il suo arco si va approssimando alla rettitudine ? chi è sì cieco che non veda qualmente l’arco BB, per esser più grande che l’arco AA; e l’arco CC più grande che l’arco BB; et l’arco DD ¦ più che gli altri tre: riguardano ad esser parte di maggior circolo, e con questo più e più avicinarsi alla rettitudine della linea infinita del circolo infinito significata per IK ? Quivi certamente bisogna dire e credere che, sì come quella linea che è più grande, secondo la raggione di maggior grandezza è anco più retta, similmente la massima di tutte deve essere in superlativo più di tutte retta: tanto che al fine la linea retta infinita vegna ad esser circolo infinito. Ecco dumque come non solamente il massimo et il minimo convegnono in uno essere, come altre volte abbiamo dimostrato, ma ancora nel massimo e nel minimo vegnono ad essere uno et indifferente gli contrari. Oltre, se ti piace comparare le specie finite al triangolo, perché dal primo finito e primo terminato tutte le cose finite se intendeno per certa analogia participare la finitudine e la terminazione (come in tutti geni li predicati analogi tutti prendeno il grado et ordine dal primo e massimo di quel geno), pertanto che il triangolo è la prima figura, la quale non si può | risolvere in altra specie di figura più semplice (come per il contrario il quatrangolo se risolve in triangoli) e però è primo fondamento di ogni cosa terminata e figurata: trovarai che il triangolo come non si risolve in altra figura, similmente non può procedere in triangoli, di quai gli tre angoli sieno maggiori o minori, benché sieno varii e diversi, di varie e diverse figure, quanto alla magnitudine maggiore e minore, minima e massima. Però se poni un triangulo infinito (non dico realmente et assolutamente, perché l’infinito non ha figura: ma infinito dico per supposizione, e per quanto angolo dà luogo
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und der geraden Linie ausmachen können ? Seht Ihr nicht, daß der Kreis, je größer er ist, sich desto mehr mit seinem Bogen der Geradlinigkeit annähert ? Wer ist so blind, daß er folgendes nicht sähe: der Bogen BB, weil er größer als der Bogen AA ist, der Bogen CC, weil er größer als BB ist, und der Bogen DD, weil er größer als die drei anderen ist, bilden je Teile eines [immer] größeren Kreises und nähern sich immer mehr der Geradlinigkeit der unendlichen Linie des unendlichen Kreises IK an ? Hier muß man sicherlich folgendes sagen und glauben: wie eine Linie, die länger ist [als eine andere], aufgrund dieser größeren Länge auch zugleich von größerer Geradlinigkeit ist, so muß ebenso die längste von allen Linien auch in einem allerhöchsten Sinne die größte Geradlinigkeit besitzen, so daß schließlich die unendlich gerade Linie zum unendlichen Kreis wird. So wird also deutlich, daß nicht nur – wie wir es schon mehrfach an anderer Stelle bewiesen haben – das Größte und das Kleinste in einem Sein zusammentreffen, sondern daß im Größten und im Kleinsten auch die Gegensätze nur ein Sein sind und ununterschieden sind. Wenn Du es möchtest, vergleiche doch [noch] zusätzlich die endlichen Artgestalten mit dem Dreieck, denn ausgehend vom ersten Endlichen und vom ersten Begrenzten lassen sich alle endlichen Dinge so verstehen, daß sie in je bestimmtem Verhältnis an der Endlichkeit und Begrenztheit teilhaben (ebenso wie bei allen Gattungsbegriffen die entsprechenden Prädikate alle ihren Rang und ihre Ordnung vom ersten und höchsten dieser Gattungsbegriffe erhalten). Das Dreieck ist nämlich die erste Figur, die sich nicht mehr in eine andere, einfachere Art von [geometrischer] Figur auflösen läßt (etwa wie sich, im Unterschied hierzu, das Rechteck in Dreiecke auflösen läßt), und daher ist es das erste Fundament jeder begrenzten und gestalteten Sache. Du wirst auch auf folgendes stoßen: ebensowenig wie sich das Dreieck in eine andere Figur auflösen läßt, ebensowenig kann es auch in Dreiecke hervorgehen, deren drei Ecken größer oder kleiner wären, seien sie auch noch so verschieden und unterschiedlich, von noch so verschiedener und unterschiedlicher Gestalt hinsichtlich ihrer größeren oder kleineren, ja der größten und der kleinsten Fläche. Setzt Du aber ein unendliches Dreieck an (ich meine natürlich nicht: wirklich und absolut [unendlich], denn das Unendliche hat keine Gestalt, sondern ich meine: unendlich im hypothetischen
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a quello che vogliamo dimostrare), quello non arà angolo maggiore ¦ che il triangolo minimo finito, non solo che li mezzani et altro massimo. Lasciando stare la comparazione de figure e figure, dico di triangoli e triangoli: e prendendo angoli et angoli, tutti (quantumque grandi e piccioli) sono equali come in questo quadro appare, il quale per il diametro è diviso in tanti triangoli: dove si vede, che non solamente sono uguali li angoli retti di quadrati A, B, C, ma anco tutti gli acuti che risultano per divisione di detto diametro, che constituisce tanti al
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doppio triangoli, tutti di equali angoli. Quindi per similitudine molto espressa si vede come la una infinita sustanza può essere in tutte le cose tutta, benché in altri finita, in altri infinitamente; in questi con minore, in quelli con maggior misura Giongi a questo (per veder oltre che in questo uno et infinito li contrarii concordano) che lo angolo acuto et ottuso sono dui contrarii, i quali non vedi | qualmente nascono da uno, individuo e medesimo
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Sinn und insofern uns der Winkel für das einen Anhaltspunkt gibt, was wir beweisen wollen), dann wird dieses keinen größeren Winkel haben als das kleinste endliche Dreieck und nicht nur [keinen größeren Winkel] als die dazwischenliegenden und als ein anderes größtes [Dreieck]. Wenn wir einmal den Vergleich von Figur zu Figur, ich meine von Dreieck zu Dreieck, beiseite lassen und [stattdessen den Vergleich] Winkel zu Winkel nehmen, dann sind alle – wie groß und klein sie auch immer sein mögen – gleich, wie es an diesem Quadrat deutlich wird, das durch die Diagonale [D] in mehrere Dreiecke geteilt ist. Man
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sieht hier, daß nicht nur die rechten Winkel der Quadrate A, B, C gleich sind, sondern auch alle spitzen Winkel, die aus der Teilung hervorgehen, die die genannte Diagonale bewirkt, die viele verdoppelte Dreiecke erzeugt, die alle gleiche Winkel aufweisen. Anhand dieses sehr deutlichen Gleichnisses kann man sehen, wie die eine unendliche Substanz als ganze in allen Dingen sein kann, obgleich in einigen auf begrenzte, in anderen auf unbegrenzte Weise, in diesen [Dingen] in einem geringeren Maße, in jenen in einem größeren Maße. Nimm noch hinzu (um ein weiteres Mal zu sehen, wie in diesem Einen und Unendlichen die Gegensätze zusammenstimmen), daß der spitze und der stumpfe Winkel zwei gegensätzliche [Winkel] sind: siehst Du nicht, auf welche Weise jene aus dem einen, unteilbaren und identischen Prinzip entstehen, das heißt aus einer Neigung der senkrechten
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principio, ciò è da una inclinazione che fa la linea perpendicolare M, che si ¦ congionge alla linea iacente BD, nel punto C ? Questa, su quel punto, con una semplice inclinazione verso il punto D, dopo che faceva indifferentemente angulo retto e retto, viene a fare tanto maggior differenza di angolo acuto et ottuso, quanto più s’avicina al punto D: al quale essendo gionta et unita, fa l’indifferenza d’acuto et ottuso, similmente annullandosi l’uno e l’altro, perché sono uno nella potenza di medesima linea. Quella, come ha possuto unirsi e farsi indifferente con la linea BD, cossì può disunirsi e farsi differente da quella, suscitando da
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Linie M, die sich der waagrechten Linie BD verbindet und zwar im Punkt C ? Diese auf jenem Punkte [C] befindliche [senkrechte Linie] bewirkt, durch eine einfache Neigung zum Punkt D, nachdem sie [zunächst] zwei unterschiedslose rechte Winkel gebildet hat, einen umso größeren Unterschied zwischen dem spitzen und dem stumpfen Winkel, je mehr sie sich dem Punkt D nähert. Nachdem sie diesen [Punkt [D]] erreicht hat und mit ihm eins geworden ist, bewirkt sie [wiederum] die Ununterschiedenheit des spitzen und stumpfen [Winkels], die sich beide gleichermaßen in ihr aufheben, weil sie jetzt Eines sind in dem Vermögen dieser selben Linie. So wie sich diese [Linie [MD]] mit der Linie BD vereinigen und von ihr ununterschieden machen konnte, so
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medesimo, uno et individuo principio i contrariissimi angoli, che sono il massimo acuto e massimo ottuso: sin al minimo acuto et ottuso minimo, et oltre all’indifferenza di retto, e quella concordanza che consiste nel contatto della perpendicolare e iacente. Quanto alle verificazioni poi, chi non sa primamente circa le qualitadi attive prime della natura corporea, che il principio del calore è indivisibile, e però separato da ogni calore, perché il principio non deve essere cosa alcuna de le principiate ? Se è cossì, chi deve dubitare di affirmare che il principio non è caldo né freddo, ma uno medesimo del caldo e del freddo ? Onde aviene che un contrario è principio de l’altro, e che però le trasmutazioni son circolari, se non per essere un soggetto, un principio, un termine, et una continuazione et un concorso de l’uno e l’altro ? Il minimo caldo et il minimo freddo non son tutte uno ? Dal termine del massimo calore, non si | prende il prin ¦ cipio del moto verso il feddo ? Quindi è aperto che non solo ocorreno tavolta i dui massimi nella resistenza, e li dui minimi nella concordanza; ma etiam il massimo et il minimo per la vicissitudine di trasmutazione: onde non senza caggione nell’ottima disposizione sogliono temere i medici, nel supremo grado della felicità son più timidi gli providi. Chi non vede uno essere il principio della corrozzione e generazione ? l’ultimo del corrotto, non è principio del generato ? non diciamo insieme: tolto quello, posto questo; era quello, è questo ? Certo (se ben misuramo) veggiamo che la corrozzione non è altro che una generazione; e la generazione non è altro che una corrozzione: l’amore è un odio, l’odio è uno amore al fine. L’odio del contrario è amore del conveniente, l’amor
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kann sie sich auch von dieser trennen und unterscheiden, indem sie aus dem identischen, einen und unteilbaren Prinzip die gegensätzlichsten Winkel hervorruft, das heißt vom spitzesten und stumpfesten bis hin zum am wenigsten spitzen und am wenigsten stumpfen Winkel, darüberhinaus bis hin zur Ununterschiedenheit im rechten Winkel und bis zu jener Zusammenstimmung, die in der Berührung der Senkrechten [MC] und der Waagrechten [BD] liegt. [b] Was nun die Beweise betrifft: nimmt man zunächst die aktiven, primären Qualitäten der körperlichen Natur, wer wüßte nicht, daß das Prinzip der Wärme unteilbar ist und daher von jeder Wärme[erscheinung] unterschieden, weil [der Grundsatz gilt, daß] das Prinzip nichts von den prinzipiierten Dingen sein darf ? Wenn es sich aber so verhält, wer könnte bei der Behauptung zögern, daß das Prinzip weder [nur] warm noch [nur] kalt ist, sondern ein identisches Prinzip des Warmen und des Kalten ist ? Woher kommt es denn, daß ein Gegensätzliches das Prinzip des anderen ist und daß daher die Veränderungen kreisförmig sind, wenn nicht daher, daß es nur ein Substrat, ein Prinzip, ein Ziel, einen Zusammenhang und eine Vereinigung beider [Gegensatzglieder] gibt ? Sind nicht das Minimum der Wärme und das Minimum der Kälte gänzlich Eines ? Ist es nicht so, daß man im Grenzpunkt größter Wärme den Ursprung der Bewegung zum Kalten hin ansetzt ? Es ist also offensichtlich, daß sich nicht nur bisweilen die beiden Maxima in ihrem Widerspruch vereinigen und die beiden Minima in ihrer Konkordanz, sondern etiam das Maximum und das Minimum wegen der Wechselseitigkeit der Veränderung. So daß etwa die Ärzte oft nicht ohne Grund [gerade dann] besorgt sind, wenn sie mit einem sehr guten Gesundheitszustand konfrontiert werden, und die Vorausschauenden selbst im höchsten Glückszustand besonders vorsichtig und furchtsam sind. Wer sieht nicht, daß das Prinzip von Vergehen und Enstehen eines ist, daß das Letzte dessen, was vergeht, nicht der Anfang dessen ist, was entsteht ? Sagen wir nicht, wenn jenes weggenommen, dieses gesetzt ist, in einem Ausdruck: es war jenes, jetzt ist es dieses ? Wir sehen (wenn wir es recht erwägen) gewiß ein, daß das Vergehen nichts anderes als ein Entstehen und das Entstehen nichts anderes als ein Vergehen ist: so ist, am Ende, Liebe ein Haß und Haß eine Liebe. Der Haß auf das Widerliche ist [identisch mit der] Liebe zu dem, was angenehm ist, die
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dialogo quinto
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di questo è l’odio di quello. In sustanza dumque e radice, è una medesima cosa amore et odio, amicizia e lite. Da onde più comodamente cerca l’antidoto il medico, che dal veleno ? chi porge meglior teriaca che la vipera ? Ne’ massimi veneni, ottime medecine. Una potenza non è di dui contrarii oggetti ? or onde credi che ciò sia, se non da quel che cossì uno è il principio de l’essere, come uno è il principio di concepere l’uno e l’altro oggetto; e che cossì li contrarii son circa un soggetto, come ¦ sono appresi da uno e medesimo senso ? Lascio che l’orbicolare posa nel piano; il concavo s’acqueta e risiede nel convesso; l’iracondo vive gionto al paziente. Al superbissimo massimamente piace l’umile; a l’avaro il liberale. | In conclusione chi vuol sapere massimi secreti di natura, riguardi e contemple circa gli minimi e massimi de gli contrarii et oppositi. Profonda magia è saper trar il contrario, dopo aver trovato il punto de l’unione. A questo tendeva con il pensiero il povero Aristotele ponendo la privazione (a cui è congionta certa disposizione) come progenitrice, parente e madre della forma: ma non vi poté aggiungere, non ha possuto arrivarvi; perché fermando il piè nel geno de l’opposizione, rimase inceppato di maniera, che non descendendo alla specie de la contrarietà, non giunse né fissò gli occhi al scopo: dal quale errò a tutta passata, dicendo i contrarii non posser attualmente convenire in soggetto medesimo. ¦ Polihimnio Alta, rara e singularmente avete determinato del tutto, del massimo, de l’ente, del principio, de l’uno. Ma vi vorei veder distinguere de l’unità, perché trovo un Vae soli. Oltre che sento grande angoscia per quel che nel mio marsupio e crumena non vi alloggia più che un vedovo solido.
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fünfter dialog
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263
Liebe des ersteren [identisch mit dem] Haß des letzteren. Der Substanz und der Wurzel nach sind also Liebe und Haß, Freundschaft und Streit eine identische Sache. Woher nimmt denn der Arzt auf bequemste und sicherste Weise ein Gegenmittel, wenn nicht aus dem Gift selbst ? Was liefert besseres Theriak als die Viper ? In den schlimmsten Giften liegen die besten Heilmittel. Ist also ein Vermögen nicht ein Vermögen zweier gegensätzlicher Gegenstände ? Aber weswegen glaubst Du denn wohl, daß dies sich so verhält, wenn nicht deswegen, weil das Prinzip des Seins dieser beiden Gegenstände ebenso [ein] Eines ist, wie das Prinzip des Begreifens der beiden, und weil daher die Gegensätze ebenso in bezug auf ein einiges Substrat existieren, wie sie auch von einem identischen Sinne wahrgenommen werden ? Zu schweigen davon, daß das Kugelförmige auf der Ebene ruht, daß das Konkave im Konvexen ruht und darin sich aufhält, daß der Zornige in Gemeinschaft mit dem Geduldigen lebt, daß dem Hochmütigsten am meisten das Demütige gefällt, dem Geizigen das Großzügige. Zum Schuß also: Wer die größten Geheimnissen der Natur erkennen will, der soll die kleinsten und größten Zustände von Gegensätzen und Gegenteilen untersuchen. Zur tiefen Magie gehört das Wissen darum, wie man, nachdem man den Punkt der Vereinigung gefunden hat, [aus diesem] den Gegensatz hervorholt. Darauf zielte der arme Aristoteles wohl mit seinem Denken, wenn er die Beraubung [der eine bestimmte Anlage zugeordnet ist] als Urverwandte, Erzeugerin und Mutter der Form ansetzte. Aber er vermochte dieses Ziel nicht zu erreichen, er konnte dort nicht ankommen, weil er bei der Gattung des Gegensatzes stehenblieb und auf eine Weise dort steckenblieb, daß er, weil er nicht bis zur Artgestalt des Gegensätzlichen herabstieg, diesen Zielpunkt weder erreichte noch wirklich in den Blick brachte. Diesen hatte er vielmehr gänzlich schon durch die Behauptung verfehlt, daß die Gegensätze nicht dem Akt nach im selben Substrat zusammentreffen können. Polihimnio Auf hohe, seltene und einzige Weise habt Ihr Euch über das Ganze, das Größte, das Seiende, das Prinzip und das Eine mit Bestimmtheit erklärt. Ich wollte aber sehen, daß Ihr auch die Unterschiede der Einheit aufzeigt, denn da sehe ich ein Vae soli. Zudem befällt mich große Angst vor dem Gedanken, daß sich in meinem Geldbeutel und Münzensack nurmehr ein vereinsamter Groschen befinde.
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dialogo quinto
¦
Teofilo Quella unità è tutto la quale non è esplicata, non è sotto distribuzione e distinzione di numero, e tal singularità che tu intendereste forse; ma che è complicante e comprendente. Polihimnio Exemplum ? Per che a dire il vero intendo, ma non capio. Teofilo Come il denario è una unità similmente, ma complicante, il centenario non meno è unità, ma più complicante; il millenario non è unità meno che l’altre, ma molto più complicante. Questo che ne l’aritmetrica vi propono, devi più alta e semplicemente interderlo ne le cose tutte. Il sommo bene, | il sommo appetibile, la somma perfezzione, la | 317 somma beatitudine, consiste nell’unità che complica il tutto. Noi ne delettamo nel colore, ma non in uno esplicato qualumque sia, ma massime in uno che complica tutti colori. Ne delettamo nella voce, non in una singulare, ma in una complicante che resulta da l’armonia ¦ di molte. Ne delettamo in uno sensibile, ma massime in quello che comprende in sé tutti sensibili: in uno cognoscibile, che comprenda ogni cognoscibile; in uno apprensibile, che abbraccia tutto che si può comprendere; in uno ente, che complette tutto: massime in quello uno che è il tutto istesso. Come tu Polihimnio ti delettareste più ne l’unità di una gemma tanto preziosa che contravalesse a tutto l’oro del mondo, che nella moltitudine di migliaia delle migliaia di tai soldi, di quali ne hai uno in borsa. Polihimnio Optime. Gervasio Eccomi dotto: perché come chi non intende uno, non intende nulla, cossì chi intende veramente uno, intende tutto; e chi più s’avicina all’intelligenza dell’uno, s’approssima più all’apprension di tutto. Dicsono Cossì io, se ho ben compreso, mi parto molto arrichito dalla contemplazione del Teofilo, fidel relatore della nolana filosofia.
fünfter dialog
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Teofilo Nur diejenige Einheit ist Alles, die nicht entfaltet ist, die nicht unter der Bedingung von Verteilung und zahlhafter Unterscheidung steht, und die nicht, so wie Du es wohl verstehen würdest, vereinzelt ist, sondern die einfaltet und einbegreift. Polihimnio Exemplum ? Denn, um die Wahrheit zu sagen: intendo, aber non capio. Teofilo So wie der Zehner auch eine Einheit ist, aber eine einfaltende, ist der Hunderter nicht weniger Einheit, aber er faltet noch mehr [in sich] ein, [und so ist auch] der Tausender nicht weniger Einheit als die anderen [beiden], aber er faltet noch viel mehr in sich ein. Dies, was ich Euch hier im Bereich der Arithmetik vorlege, mußt Du auf eine viel höhere und einfachere Weise so verstehen, daß es für alle Dinge gilt. Das höchste Gute, das am meisten Erstrebenswerte, die höchste Vollkommenheit, die größte Glückseligkeit bestehen in der Einheit, die das Ganze einfaltet. Wir erfreuen uns an der Farbe, aber nicht an irgendeiner entfalteten, sondern am meisten an einer [Farbe], die alle Farben in sich einfaltet. Wir erfreuen uns an der Stimme, aber nicht an einer einzelnen, sondern an einer einfaltenden Stimme, die aus der Harmonie vieler Stimmen entspringt. Wir erfreuen uns an einem Sinnenfälligen, aber [doch] am meisten an dem, das alles Sinnenfällige in sich begreift, an einem Erkennbaren, das alles Erkennbare umfaßt, an einem Wahrnehmbaren, das alles das, was man erfassen kann, umfaßt, an einem Seienden, das alles umschließt: am meisten an demjenigen Einen, das das Ganze selbst ist. Wie auch Du, Polihimnio, Dich mehr an der Einheit eines Edelsteines erfreutest, dessen Wert das Gold der ganzen Welt aufwöge, als an der Vielheit abertausender solcher Groschen, von denen Du [ja] einen in Deiner Börse hast. Polihimnio Optime. Gervasio So bin ich jetzt gelehrt: Wie nämlich der, der das Eine nicht begreift, nichts begreift, so begreift der alles, der das Eine wahrhaft versteht. Und je mehr sich jemand der Erkenntnis des Einen annähert, desto mehr nähert er sich der Erkenntnis des Ganzen an. Dicsono Das gilt auch für mich: denn wenn ich alles recht verstanden habe, dann gehe ich durch die Betrachtungen des Teofilo, der ein zuverlässiger Berichterstatter der nolana filosofia ist, sehr bereichert von dannen.
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dialogo primo
Teofilo Lodati sieno di dèi, e magnificata da tutti viventi la infinita, semplicissima, unissima, altissima et absolutissima causa, principio et uno.
Fine de’ cinque dialogi de la causa, principio et uno | ¦
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fünfter dialog
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Teofilo Die Götter seien gelobt, und von allem, was da lebt, seien die Ursache, das Prinzip und das Eine gepriesen, die unendlich sind und auf höchste Weise einfach, Eines, Höchstes und absolut.
Ende der fünf Dialoge über die Ursache, das Prinzip und das Eine
KOM M E N TA R
Titel (S. 1–3) Eigentlich: London, bei John Charlewood, 1584. Zur Sache Aquilecchia:
Lo stampatore Londinese (1960), S. 101–162 (jetzt: Schede Bruniane (1993), S. 157–209) und ders.: Introduction (1993), S. XLVII–L. Brunos Begründung für die Angabe des falschen Druckortes und für die Wahl Venedigs ist in den Prozeßakten überliefert, vgl. Firpo: Processo (1993), S. 166 (= Costituto vom 2. Juni 1592): nach Auskunft des Nolaners gegenüber dem Tribunal war es der Drucker selbst (fu il stampator), der aus Gründen besserer Nachfrage und daher größerer Auflage diese fiktiven Angaben wollte (per venderli più facilmente ed acciò avessero magior esito).
Einleitender Brief (S. 4–27) Michel de Castelnau, 1520–1592, Botschafter Heinrichs III. in England
am Hof von Elisabeth von England seit 1574. Bruno, der im Hause Castelnaus während seines Aufenthaltes in England vom Frühjahr 1583 bis zum Oktober 1585 wohnte, widmete Castelnau, neben De la causa, auch die Schriften Sigillus sigillorum explicatio, Cena delle Ceneri und De l’infinito. Zur Person, neben der Autobiographie Les mémoires de Messire Michel de Castelnau, seigneur de Mauvissière, Paris 1621 [Brüssel 1721], vgl. G. Hubault: Michel de Castelnau, ambassadeur en Angleterre, 1575–1585, Paris 1856 (ND Genf 1970). Vgl. A2, S. 319 f. Generosa divisa: die Devise lautet: »Gutta cavat lapidem […]«. Vgl. A1, S. 5, ausführlicher A2, S. 320 mit Nachweisen aus Ovid, Pont. IV, 10, 5, vor allem Lukrez, De natura rerum IV 1286 f.: »Nonne vides etiam guttas in saxa cadentis umoris longo in spatio pertundere saxa.« Die Bindung vor allem der Frankfurter Trilogie an den Typus des philosophischen Lehrgedichtes in der vorsokratischen Tradition, vor allem aber eben in der paradigmatischen Form, die ihm durch Lukrez gegeben worden ist, ist immer schon festgestellt worden, oft auch mit dem Hinweis, daß Bruno sich hier hinsichtlich der sprachlichen Kompetenz übernommen habe, vgl. etwa Morhof: Polyhistor (1747) Vol. II, lib.2/1, c. 15, n. 1, S. 244: »quanquam a Lucretiano stylo, quem imitatur, multum discrepet«; Brucker: Historia critica philosophiae (1744), De studio
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kommentar
philosophiae eclecticae, lib. I, c. 2, S. 12–62, hier § 12, S. 34: »Accessit dictio poetica, in qua Lucretium imitando antiquas voces affectabat, ipsas grammaticales regulas autem studio haud raro negligebat, idque et licitum sibi esse, et novae philosophiae suae haud parum decoris afferre contendebat.« Zur im Folgenden deutlich werdenden Grundstimmung der allgemeinen Krise, die die neuralgischen Punkte betrifft, die wir schon in der Einleitung (bes. Teil 3 und 4) behandelt haben – etwa der »Neid« der Pedanten oder die »Dummheit« der Philosophen – vgl. DF, 1029 f. und übernächste Anm. Zur sprachlichen Komposition vgl. Aquilecchia: Schede bruniane (1993), S. 133–142. Gl’ingiusti oltraggi: Vgl. unten, dialogo 1, S. 40 (OC III, S. 49). Vgl. G, S. 175 f., A2, S. 320; Anspielung von seiten Brunos auf die Reaktionen, die die Publikation von Cena delle Ceneri hervorgerufen hatte, vgl. Ciliberto: L’occhio di Atteone (2002), S. 16–18. Sdegno feminile: Vermutlich eine Person aus dem Kreis um Castelnau und Bruno in London, vgl. A2, S. 321 mit Verweis auf Furori I 3, OC VII, S. 185 (DI, S. 1108; U II, S. 592 f.). Vgl. die Hinweise A2, S. 321 f. auf Vergil, Aeneis VII, 586–590; X, 693– 696; Seneca, De constantia III 5: »Quemadmodum profecti in altum scopuli mare frangunt […] ita sapientis animus solidus est«; Dante Alighieri, Divina comedia, Purgatorio V 14–15; Poliziano, Stanzen II 37, 3–6; Baldassare Castiglione, Il corteggiano III 50; Torquato Tasso, La gerusalemme liberata I 4, 1–5; zur Bedeutung Tassos für Bruno und für die Kultur des 16. Jahrhunderts vgl. Bolzoni: Note su Bruno e Ariosto (2000). Vgl. G. Bruno, Ad Oxoniensis Academiae Procancellarium, OL II/2, S. 76 f. vom Nolaner: »quem stultitiae propagatores et hypocritiunculi detestantur […] quem probi et studiosi diligunt, et cui nobiliora pandunt ingenia«. Liberato … gran tempesta: Spiegelt die gefährliche öffentliche Situation z. Zt. der Veröffentlichung von Cena delle Ceneri insbesondere in London, vgl. Yates: John Florio (1934), S. 63–65, 101. Bruno, Cena, dialogo 4 OC II, S. 213–215, vgl. auch ebd. Komm. S. 335 n. 41. Merci: Anstelle der Übersetzung von »merci« mit »Ware« oder »Schiffsfracht«, die ebensogut möglich wäre, ist in dem deutschen Ausdruck »Frachtgut« die Beziehung auf das »Gut« anlegt, die in »queste (merci)« des Folgesatzes dann explizit werden kann (vgl. auch R, S. 7). Regolato senso: Blum (B, S. 5*) übersetzt mit »von einem verständigen Sinn« und deutet diesen Ausdruck B 117 mit vielen Belegen als »Klausel für Brunos Erkenntnismethode«; vgl. etwa Bruno, Sigillus, Praefatio ad Oxoniensae Academiae Procancellarium, OL II/2, S. 78; Combinatoria, OL II/2,
einleitender brief
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S. 245 f.: »in regulanda ratione, et intellectus artificiosa formatione […] tentanda est promotio«, vor allem das nahezu zeitgleich verfaßte Infinito, BW IV, S. 6, 202, 252, 278 (OC IV, S. 9, 241, 301, 333), die Cena, dialogo 5, OC II, S. 231 (U I, S. 544) und dann in Causa selbst, dialogo 3, unten, S. 164 (OC III, S. 199): »filosofia […] ordinata da regolato sentimento.« Sprechend ist die Zusammenstellung von der »vis regulatioris sensus« mit dem »obtutus illustrioris ingenii«, Acrotismus, Excubitor, OL I/1, S. 69. Hierzu M. A. Granada ad locum in seiner Ausgabe Del infinito: el universo y los mundos (1993), S. 75, Anm. 8, der von einer »capacidad visionaria superior a la percepción o imaginación falsa sobre quale se apoya el comsos aristotélico« spricht, obgleich, wie Heffernan richtig festhält, dieser Begriff von Anfang an eng mit der aristotelischen »racionalidad demostrativa« verbunden ist, vgl. Heffernan: Del infinito al inefable (2001), S. 95 f.; vgl. Infinito, proemiale epistola, BW IV, S. 6 (OC IV, S. 9; U II, S. 10): »Questo manifestaronno gli argomenti demonstrativi che pendono da vivaci raggioni, che derivano da regolato senso.« Vermutlich ist es sinnvoll, »regolato« in den Zusammensetzungen wie »regolato senso« oder »regolato sentimento« als Indikator für die nicht-kalkulatorische, nicht-diskursive Durchdringung der verschiedenen epistemischen Bereiche – Sinnlichkeit, Gefühl, Verstand – durch eine »capacidad visionaria« im Sinne Granadas zu interpretieren. Bruno hat von früh an insistiert auf einem intuitiven, lebendigen Erfassen der »cose stesse«, das eine synthetische Apriorität eher denn eine analytische Aposteriorität aufweist. Vgl. Spruit: Bruno’s use of experience (2003), S. 156 f. Siehe auch Einleitung, oben, S. XIV f., LVI f. Vivace dorso: »Dorso« bzw. das lateinische »dorsum« ist ein Ausdruck, der in Brunos Schriften immer wieder auftaucht und sich durchgehend auf den Aspekt des natürlichen Seins oder der durch Bruno auch als »Mutter« personifizierten und hypostasierten Natur bezieht, der sich an der Oberfläche befindet, somit dem Werden und Vergehen, der Zeit und der »vicissitudo« ausgesetzt ist, als solcher ›Ort‹ jedoch selbst unvergänglich und sicher ist, vgl. Cena, dialogo 1, OC II, S. 47 (DI, S. 33; U I, S. 454); dialogo 3, OC II, S. 163 (DI, S. 107; U I, S. 510): »Essendo la terra un animale«; dialogo 5, S. 269–273. Zu »dorso« vgl. Granada: Thomas Digges, Giordano Bruno (1997), S. 149; Canone: Sui concetti di ente (2001), S. 83 f.; ders.: Il dorso e il grembo (2003), S. IX–XI. Quella specie di filosofia: Bruno meint seine, insbesondere schon in der Cena mehrfach angekündigte, herausgehobene und in Teilen auch demonstrierte »nova filosofia«, die eine »filosofia nolana« ist, vgl. Cena, dialogo 1, OC II, S. 35 (DI, S. 27; U I, S. 447); dialogo 4, OC II, S. 201 (DI, S. 126; U I, S. 528) und die Bemerkungen zum Typus dieser Philosophie in unserer Einleitung, oben, S. XVII f., LV f., CII.
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kommentar
Vgl. die Anm. von G zur Stelle in: DI I, S. 177 f.: »Der ›erste‹ Dialog
wurde nach den vier anderen verfaßt, welch letztere vermutlich sogar schon vor der Veröffentlichung des Aschermittwochmahls komponiert worden waren, zu einer Zeit, da Bruno noch nicht die Verfolgungen erleiden mußte, die durch diese erste Schrift verursacht wurden. Tatsächlich kann man festhalten: 1. Die Gesprächspartner des ersten Dialoges [von De la causa], die verschieden sind von denen der anderen vier, sprechen von den letzteren [Dialogen] als schon geschrieben; 2. Hier im Anschluß, in der Inhaltsangabe des dritten Dialoges, bezeichnet Bruno den zweiten Dialog als den ersten, und in der Inhaltsangabe des vierten Dialoges bezeichnet er den dritten als den zweiten; eindeutiges Zeichen, daß zu den vier Dialogen, die eigentlich Von der Ursache, dem Prinzip und dem Einen handeln, auch schon die Inhaltsangaben verfaßt waren, als der Autor es für opportun erachtete, ihnen diese Verteidigung des Aschermittwochmahles voranzustellen und dabei vergaß, die Ordnungszahl der vorangegangenen Dialoge zu korrigieren.«. Tal cognizione: D. h. die kurz zuvor, vor dem Argument zum ersten Dialog, erwähnte »contemplazion reale della causa, principio et uno«, OC III, S. 9, siehe oben, S. 8. Wie DF, S. 1031 richtig konstatiert, klingt hier, in der Differenz von »cognoscibile oggetto« und »cognoscitiva potenzia«, das Grundthema der Frühschriften und überhaupt der Philosophie Brunos an: die Lehre von der »Schattenhaftigkeit« (umbratilitá) unsrer Erkenntnis, siehe auch Einleitung, oben, S. XXIII ff. Efficiente … finale: Vgl. Aristoteles, Metaphysica V 2, 1013 a 24 f. Non è uno animale positiva, ma negativamente: B, S. 117 verweist auf Lampas VII, OL III, S. 30, 188; Libri physicorum, OL III, S. 284; Summa, OL I/4, S. 16 sowie auf Causa, dialogo 5, OC III, S. 273; A1, S. 9 bzw. A2, S. 324 hingegen auf Summa, Prooem., ebd. S. 9 und Causa, dialogo 5, OC. III, S. 299. Die Deutung von Blum ebd., in der die Adverbien positivamente-negativamente auf »uno« und nicht auf »animale« bezogen werden, ist aus Lampas, OL III, S. 30 hinreichend begründet: »dicitur [sc. materia] una privativé [also negativamente, T. L.], non autem formaliter et terminativé; dicitur inquam una per absolutionem a numero, non per contractionem ab unitate.« Für Bruno ist die Seele nicht im Sinne des Aristoteles als forma corporis zu verstehen, sondern (neu)platonisch als inneres formales Prinzip, vgl. unten, Anm. 19 und dialogo 2, S. 114 (OC III, S. 139) mit unserem Kommentar. Zur Stelle im Kontext von Brunos Seelen-Begriff siehe Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 240 f. Grandi animali: klassischer Ausdruck der platonischen und stoischen Kosmologie, vgl. etwa Platon, Timaios 32 C–33 B: *3 , 37 D, 39 E: @ *3; 92 C: *3 A # A# . Der Tima-
einleitender brief
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ios wirkte sowohl über die lateinischen Übersetzungen und Kommentierungen (Cicero, Macrobius, Calcidius) als auch über die griechische, neuplatonische Kommentartradition weiter (Proklos), letztere wurde insbesondere durch Marsilio Ficino in größerer Breite zugänglich gemacht. Die Stoa hat die Welt oder den Kosmos als ein lebendiges ›System‹, vergleichbar einem Polis-Organismus, verstanden, vgl. etwa SVF II, S. 528: ‰ 4 A 4$ B $ ™ 4% ’6 ˜! # $' † < $ ; vgl. auch Sextus Empiricus, Adversus mathematicos IX 127: ‚ '# 6 # 4$ C4 ? C $ 4 % ’ ἶ œ *C ™ 4( 4( . *C %* 7( K (Und Euripides sagte: wer weiß, ob das Leben Tod ist, und von den Sterblichen der Tod Leben genannt wird?). A1, S. 54 verweist auf G. Cardano, Praecepta ad filios, c. 5, a. 3: »cogitate quod vita hominis mors est, et mors vita«; G. Bruno, De minimo I c. 3, OL I/3, S. 142: »[…] ignotam in lucem quia pergimus, etsi persentire datur paucis quam vivere nostrum hoc sit periisse, mori hoc sit verae adsurgere vitae interdum.« Democriteggiano: Im Sinne von ›Lachen über die Sinnlosigkeit (vanitas) der Welt‹, häufig in der Renaissance verwendet, vgl. A2, S. 342 und oben Anm. 132. In genere, numero et casu: »In Gattung, Zahl und Fall«. Die prätendierte Verschiedenheit und Individualität aufgrund alternativer Lebensformen (specie) hebt sich auf, wenn letztlich doch alle dasselbe machen. Damit fällt aber auch das Zutreffen im spezifizierenden, auf kategorialer Unterscheidung basierenden Benennungsakt weg: das Prädizieren und Nominieren – etwa mit Demokrit-Anhänger, Heraklit-Anhänger, Grammatiker, Pedant etc. – hat dann keine individuellen Referenten mehr. Archididascali: Hat bestimmt einen beabsichtigten Anklang auch an »arc(h)ivescovi«, Erzbischöfe, oder »arc(h)ipreti«, Erzpriester bzw. Stadtpfarrer, denn wir hatten bisher immer die gedoppelte Zielscheibe von Brunos Ironie und Kritik: Pedanten und Kleriker (Mönche). Tra gli dei: Ab hier kürzt L, S. 21 bis »a voi raccomandiamo«, vgl. den
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kommentar
Verweis in der Fußnote; B, S. 121 f. ergänzt, jedoch mit Auslassung des direkt anschließenden Passus »A voi Menippi.[ … .] gesti.« In dem folgenden rhetorisch übertriebenen Feuerwerk an epitheta ornantia exemplifiziert Bruno die schon in dialogo 1, S. 70 f.; OC III, S. 87–89 erwähnte enzyklopädische Methode der Pedanten und Scholarchen: er verwendet ungewöhnliche, aus den einschlägigen Wörterbüchern und Thesauri gewonnene Bezeichnungen und mythologische Begriffe. Menippi: Plural von Menippo, bezieht sich sowohl auf die in der Antike lebendige Tradition, den Freund und Unterfeldherrn des Perikles, Menippos (Plutarch, Moralia 812 D), als »Zielschiebe des Komödienspotts« zu verwenden (Der neue Pauly, Bd. VII, 1999,, Sp. 1242 f.), als auch auf den griechischen Kyniker und Satiriker Menippos von Gadara aus dem 3. Jahrhundert vor Christus; die »archididascali« werden diesem gleichgesetzt, jeder ist ein Menippos, und zwar mit Blick auf Lukians Satire Ikaromenippos aus dem zweiten nachchristlichen Jahrhundert, in der der Titelheld Menippos aus der Mondperspektive die irdischen Verhältnisse verspottet, vgl. Diogenes Laertios VI 99–101. Vgl. Lukian, Werke, Bibliothek der Antike, Weimar–Berlin 1974, Bd. I, S. 113–135. Menippos hat auch auf die römische Literatur gewirkt, vgl. Varros Menippeische Satiren, Senecas Apokolokynthosis und Petrons Satyrikon; noch im 16. Jahrhundert, also zur Zeit Brunos, gab es eine Sammlung polemischer Schriften politischen Inhalts unter dem Titel Satire Ménippéé. Magnarii: Vgl. Scoppa, Spicilegium, Venetiis 1511, fol. 428, Art. Magnarius. Dies und andere Hinweise bei A1, S. 55. Epimeteo: Bruder des Prometheus, der jedoch, im Unterschied zu dessen vorausschauender, vorausbedenkender Art, einen nachschauenden, nachdenklichen Charakterzug (Epimetheus heißt »nachbedacht«) mit handwerklichem Geschick verbindet; Pandora, seine Gemahlin, öffnete das berüchtigte Kästchen, das Prometheus dem Epimetheus zur Aufbewahrung und Verschluß hinterlassen hatte; vgl. Hesiod, Theogonie v. 507 ff.; Ranke-Graves, S. 127–132, bes. 131. Agasoni de le Evante: »Evante« ist anscheinend die Substantivierung des lautmalerischen »Euhan« oder »Evoè«, das für den Schrei der Bacchantinnen steht, vgl. die Übersetzung von H, S. 92 und A2, S. 324, fehlt bei B, S. 12. Edonide: Priesterinnen des Bacchus in Raserei; der Name kommt von dem Berg Hedon in Thrakien. Tiade: Von Thiasus, dem Tanz zu Ehren des Bacchus, vgl. Vergil, Aeneis IV 300–303. Subagitatori: Vom lateinischen subagitare, mit erotischem, auf Plautus zurückgehenden Nebensinn, vgl. den Hinweis bei A2, S. 343 auf A. S. Piccolomini, Chrysis XVIII; vgl. G.Vorberg: Glossarium eroticum (1965).
erster dialog
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Bassaridi: Priesterinnen des Bacchus, der Name ist von ihrem langen
Umhang abgeleitet: »a bassareo Lydiae loco«; vgl. Scoppa, Spicilegium, Venetiis 1511, fol. 108 D-E. A1, S. 56. Mimmallonidi: Bacchanten. Vgl. Ovid, Ars amatoria I, 539–541: »Ecce, Mimalonides sparsis in terga capillis. […] Ebrius ecce senex […] dum sequitur Bacchas, Bacchae fugiuntque petuntque, quadruoedem ferula dum malus urget eques.« Egeria: Römische Quellnymphe, Gemahlin des Hippolytos, vgl. RankeGraves, S. 326. Demogorgone: Antike, rätselhafte Gottheit, die von den orientalischen Magiern verehrt wurde; vgl. Orphica fr. 6 und 27 (Herm.); Lobeck, Aglaophemos (1829) S. 597 f.: die Demogorgon wird als »deus summus, cuius nomen scire non licet« (S. 597), als »deus magicus« (S. 598) bezeichnet, d. h. sie gehört im orphischen Schrifttum zu den 1' (S. 599). Vgl. auch G. Boccaccio, Genealogia I, Praeambula, ed. Romano, Vol. I, S. 13–15: »deorum omnium gentilium pater (proavus)«. Die Ausleger und Entzifferer können in der Frühen Neuzeit auch als die Alchemisten verstanden werden, vgl. Nowicki, Giovanni Bracesco e l’antropologia di Giordano Bruno (1969). Vgl. A1, S. 56; A2, S. 343. Pantamorfo: Nach Thesaurus linguae latinae, s. v. fälschlich (vitiose) für $ also »pantomorfo«, lateinisch »omniformis«, der Allförmige, Allgestaltige, das Prinzip aller Formen; vgl. Spaccio, dialogo 2, OC V, S. 249 ( DI, S. 681; U II, S. 285). Kann mythologisch auch auf den sich in alles verwandeln könnenden Meergott Proteus deuten; philosophische, vor allem kosmologische Bedeutung gewinnt der Begriffsname in den durch gnostische und neuplatonische Gedanken inspirierten hermetischen Schriften, vgl. etwa Hermes Trismegistos, Traktat 11 n. 16, in: CH I, S. 153: $ ™ /A 4$ 2 # # ™'4 ™ T ™ C ; Physica, IV, 10, 219 b 1–2 als ˜ 4! 4# $ 4 ‰ oder des Bewegungsbegriffs, vgl. Conen: Die Zeittheorie (1964), S. 44–52. Die Ordnung nach prius-posterius spielt in der ontologischen Hierarchie des Neuplatonismus, die im wesentlichen als zeitfreie Entfaltungsord-
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nung vom Einen zum Vielen – sprachlich eher durch die ›Folge‹ Erstes–Zweites wiedergegeben – oder doch zumindest (kosmologisch) »vertikal« gegliedert ist, also gemäß ›oben‹ und ›unten‹, dann eine Rolle, wenn es (mit Blick auch auf Aristoteles’ Zeitdefinition) um die Bestimmung des Verhältnisses von Ewigkeit und Zeit geht, vgl. etwa Plotin VI 1, 25; Proklos, Elementatio theologica, prop. 52, S. 50, 15–20 Dodds, prop. 170, S. 148 D. (mit der Zuordnung: # U œ ™&C U $ mit einer $H‰ Struktur); sie ist daher vor allem strukturelle Bestimmung aller »horizontalen« zeitlichen Ordo-Konzeptionen, vgl. Thomas von Aquin, S. th. II/2, q. 26, a. 1: »omnis ordo secundum prius et posterius determinatur«; Bonaventura, I sent., dist. 20, a. 2, q. 2: »ordo autem includit in se aliquem modum prioris et posterioris«. Zur neuplatonischen Basis vgl. O’Meara: The hierarchical ordering (1996); zur mittelalterlichen, auch für Bruno einschlägigen Diskussion bei Thomas, Bonaventura, Albertus Magnus vgl. Krings: Ordo (1982), S. 57– 59. Zu Bruno vgl. Libri physicorum, OL III, S. 337 f. (zu »tempus«); Granada: El concepto de tiempo en Bruno (2003) passim. Causa: Vgl. Aristoteles, Metaphysica V, 1033 a 1–35; Thomas von Aquin, S. th. I, q. 33. a. 1: »Principium communius est quam causa«; I sent. d. 18, q. 1, a. 5; d. 34, q. 1, a. 2; S. th. I, q. 105, a. 5 zur Präsenz der aristotelischen Ursachen in Gott bzw. als Tätigkeits-und Intentionsformen Gottes. Vgl. Anm. 38. L’uno si usurpa per l’altro: Vgl. A1, S. 65 mit Hinweis auf Aristoteles, Metaphysica 1013 a 17: '# # J ˜ %; vgl. Ross in seiner Ausgabe Aristotle, Metaphysics, 2 Vols., Oxford [1924] 1953, Vol. I, S. 291: »Sometimes Aristotle distinguishes ˜ ! from J as being the first in a series of causes (De gen. et corr., 324 a 27; [Met.] a, 994 a 1) but much often they are treated as synonymous. Though, however, they coincide in denotation, there is a difference between their definitions.« Es ist unbegreiflich, warum der Hinweis auf Ross in U I, S. 650 fehlt. Punto … linea: Vgl. Summa, V zu »principium« und VI zu »causa«, OL I/4, S. 17–19. Hintergrund bildet die aus der pythagoreischen und altakademischen (Xenokrates) Dimensionenontologie stammende Vorstellung, daß es zwischen dem ausdehnungslosen Punkt, der Linie, der Oberfläche und der Raumdimension ein hierarchisches Begründungsverhältnis gibt, in dem der Punkt als absolut irreduzibles Prinzip fungiert: der dimensionslose Punkt ist somit das Prinzip, das in aller Dimensionalität als deren geometrisches Seins-Prinzip gegenwärtig ist, ebenso wie die nicht selbst Zahl seiende Eins in allen Zahlen und wie das seins-lose, weil über-seiende Eine/Gute in allem Seienden als das ontologische Prinzip gegenwärtig ist. Diese Gedanken sind über die platonische Schule, vor allem auch über den Neuplatonismus, hier
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vor allem durch den dann im 16. Jahrhundert neu edierten und ins Lateinische übersetzten Euklid-Kommentar des Proklos, in die lateinische Tradition (z. B. Boethius, Macrobius, Chalcidius) vermittelt worden, vgl. etwa Meister Eckhart, Quaestiones Parisienses, q. 1, n. 9; LW V 45: der Punkt verhält sich zur Linie wie das Prinzip zum Prinzipiat, d. h. wie Gott, als »esse«, zum ens. Zur Sache Krämer: Der Ursprung der Geistmetaphysik (1967), S. 203–205, 208–210, 271 ff. Vgl. für Bruno selbst weiter unten, dialogo 5, S. 226 ff.; OC III, S. 275–277 und den Kommentar ad loc.; Raimondi: Il sigillo (1999), S. 80 f.: der Punkt (Gott) als Prinzip der Linie (Schöpfung/Universum) betrifft die Wesensform oder Natur ohne die, als Prius, das Posterius nicht sein (und auch nicht gedacht werden) kann (der Punkt etwa ist ideeller Weise die Implikation unendlich vieler möglicher Linien); der Punkt (Gott) als Ursache der Linie (Schöpfung/Universum) hingegen betrifft die tatsächliche Setzung der Linie (der Schöpfung/Universum), die, wenn sie aktuiert wird – wenn z. B. eine Linie gezogen wird –, dann keine andere Natur hervorbringen kann als die durch das Prinzip ideell festgelegte. Più general termino: Zu Ursache-Prinzip vgl. L2, S. 126–128, G, S. 230 (die Verweise übernächste Anm.) und, mit A1, S. 66, Thomas von Aquin, S. th., I, qu. 33, art. 1: »Principium communius est quam causa.« Vgl. auch Summa, OL I/4, S. 17: »omnis causa est principium, non autem omne principium est causa«; das »communius« aus Causa bedeutet also, daß PrinzipSein eine ontologisch breitere Präsenz aufweist, Ursache-Sein hingegen eine Teilmenge des Prinzip-Seins ist. Dies besagt jedoch noch nichts gegenüber dem ontologischen Status bzw. über die »dignitas« von Prinzip oder Ursache, sondern ausschließlich etwas über die ontologische Struktur der Wirklichkeit. Blickt man etwa auf Aristoteles, so wird, zumindest in Metaphysica XII, 1072 b 17 f., 1074 b 25 ff., das erste oder höchste Sein (Gott oder die vollkommenste Substanz) als »Ursprung« im Sinne von Prinzip bezeichnet: + ˜ !; vgl. Beierwaltes: Einleitung (1977), S. XII. Quei che parlano più riformatamente: Vgl. die »filosofia riformata« dialogo 2, oben, Anm. 26. Che principio sia quello: Dem folgenden Passus von »che principio sia quello […]« (OC III, S. 111) bis »[…] la sua forma e il suo fine« (OC III, S. 121) entspricht der wirkungsgeschichtlich hoch bedeutsame Auszug in Jacobis 1. Beilage zu seinen Spinoza-Briefen, Jacobi, S. 185, 25–188, 15. Zur Sache siehe die Ausführungen in der Einleitung, oben, S. CXXV f. Materia, forma, composto: Vgl. auch dialogo 4, S. 182 f.; OC III, S. 221. Grundbegriffe der aristotelischen Metaphysik und Naturphilosophie: jedes Einzelseiende, jede konkrete Substanz ( % $ ) ist ein ZusammenGanzes ( ), das sich aus den Komponenten Form (8 !)
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und Materie (‰) bzw. der »beraubenden«, privativen Kraft des materiellen Substrates der Form ( ) zusammensetzt: ™4 . Vgl. Metaphysica VII 3, 1028 b 33–1029 a 16; Physica II 2, 194 a 15–23. Intrinsecamente-esteriormente: Bruno greift einerseits eine Unterscheidung des Aristoteles aus seinem Definitionenbuch auf, die dieser jedoch andererseits gerade nicht analog dem Unterschied Prinzip–Ursache zuordnet, vgl. Metaphysica V 1, 1013 a 17–23: . Q 4 ˜ 8 † V V '%' V ''+ 4> . B . ™ % œ B . ™4$ 9 W ƒ ˜ , 4 ( 4 = 4 % 4 % 4 ‹ ‚4> '# 4 ' 4 C 4! ˜ , ˜' 4 4$9 (Allgemeines Merkmal von Prinzip in allen Bedeutungen ist, daß es ein Erstes ist, wovon her etwas ist, wird oder erkannt wird. Von diesen Prinzipien sind die einen [den Dingen] immanent, die anderen außerhalb [von ihnen]. Darum ist sowohl die Natur Prinzip als auch das Element und ebenso das Denken, der Entschluß, die Wesenheit und der Zweck; denn bei vielen Dingen ist das Gute und das Schöne Prinzip des Erkennens und der Bewegung [Übersetzung H. Bonitz]). Vgl. auch XII 4, 1070 b 22 f. die Zuordnung »causa formalis/causa materialis« – innere Ursache und »causa efficiens« – äußere Ursache. Zum wirkungsgeschichtlichen Hintergrund dürfte auch insbesondere Hermes Trismegistos, Traktat 11, 14 gehören, CH I, S. 152: ' '# X /A $ 2 ˜% ™ ™ 3 '5 ὐ Y @ (> œ '# % . ( . !& ˜'4 Ÿ , S *C (Gott, der selbsttätig ist, ist immer in dem, was er hervorbringt, und zwar weil er selbst es ist, den er hervorbringt; wenn [die Dinge] von ihm getrennt würden, dann würde, da kein Leben mehr [in ihnen] ist, mit Notwendigkeit alles zusammenfallen und vergehen). Vgl. auch Infinito, dialogo 4, BW IV, S. 208 (OC IV, S. 249): »principio intrinseco«; Summa, OL I/4, S. 17. Zur Sache Wurm: Substanz und Qualität (1973), S. 226: »Im theologisch-teleologischen Bereich unterscheidet Aristoteles zwischen dem von außen wirkenden ersten Beweger als ˜ ! und den innewohnenden Ursachen des Bewegten (8 ‰ entsprechend Phys. I) als ˜ 4 ( (es. Metaph. XII 4, 1070 b 22 ff.)«. Beierwaltes: Einleitung (1977), S. XII–XIV, der darauf hinweist, daß die Unterscheidung der Funktionen von »principio« und »causa« bei Bruno selbst keine radikale ontologische Unterscheidung meint, sondern eher, wie es sich dann in der Diskussion der »Weltseele« zeigt, eine Perspektivierung verschiedener Kausalitätsformen an ein und derselben Seinsform: die Weltseele ist ineins »causa effectrice« (Ursache) und – als »intelletto universale« – innere Form (Prinzip); siehe dialogo 2, oben, S. 90, OC III, S. 109–111: »quando diciamo Dio principio e causa, intendiamo una medesma cosa con diverse
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raggioni«; S. 92 f., OC III, S. 113–117 (DI, S. 231, 233). Es ist, bei der nachgewiesenen Durchgängigkeit, mit der sich Bruno schon seit den frühen Pariser Schriften auf Ficino bezieht, von nicht unerheblichem Interesse, daß auch der Florentiner, auf der Basis der aristotelischen Ursachentypen, zwei Ursachetypen angenommen hat, die sachlich und terminologisch der Grundeinteilung Brunos entsprechen: nämlich eine »causa extrinseca«, der die Ursachentypen causa efficiens, exemplaris und finalis zugeordnet sind, und eine »causa intrinseca«, der die Materie (also causa materialis) und Form entsprechen; vgl. die Stelle bei Kristeller: The scholastic background (1944), S. 293: »Quatuor autem sunt causae, scilicet effectiva formalis materialis et finalis. Harum due sunt extrinsece, ut efficiens et finalis, due intrinsece, ut formalis et materialis, secundo Physicorum«, vgl. auch in Timaeum c. 7, Opera, fol. 1440 (zu 28 A, 29 D). Hierzu Etienne: Visages d’un interprète (1998), S. 390 f.; Meier-Oeser: Die Präsenz des Vergessenen (1989), S. 236–238; Canone: Il dorso e il grembo (2003), S. 65 f. Prima … circa le cause: Der Passus zu Begriff und Funktion der einzelnen Ursachetypen reicht von S. 92 bis S. 112, OC III, S. 113–135; zu »riportiate […] intenzione« vgl. A1, S. 66: »riferiate il vostro modo di intendere«. Cause efficiente, formale, finale: Eine auf Aristoteles zurückgehende, für die Philosophie kanonisch gewordene Unterteilung des Begriffs ›Ursache‹, vgl. Metaphysica V 2 (Definitionenbuch), 1013 a 24 (Materialursache), 1013 a 26 (Formalursache), 1013 a 29 (Wirkursache) und 1013 a 32 (Finalursache); vgl. auch Metaphysica I 3, 983 a 29 ff., Physica 194 b 16 ff. Zum Problem der »causa efficiens« – vor allem vor dem Hintergrund der Unterscheidung zwischen primärer Wirkursache in bezug auf Schöpfung (creatio) und auf Bewegung (motio, motus, innerweltliche Prozesse insgesamt) vgl. Gilson: Notes (1962), zu Thomas von Aquin vgl. Mc Eroy: Finis est causa causarum (1992); zur Präsenz des Thomas bei Bruno vgl. Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 26–28 (insbesondere Summa contra gentiles, Summa theologica, Quaestiones disputatae, Commentaria in Aristotelis de anima, In librum de causis commentaria). Causa effetrice: Vgl. S. 92 ff.; OC III, S. 113–119. Intelletto universale: Daß die (universale) Vernunft eine Bestimmung des Seelischen ist, geht auf Platon, Timaios 30 B zurück, wo es heißt, daß 1. Gott bzw. der, der die Welt erschafft (29 E: A ), das Ganze gestaltete, indem er »die Vernunft in der Seele, die Seele aber im Körper erschuf« ( . ™ ? R ? , ’™ + ), und daß 2. die Welt selbst nicht nur beseelt, sondern auch von Geist durchdrungen sei: A 4$ ? 4 ™ %. Auch durch solche Zusammenhänge rechtfertigt sich unsere Übersetzung von »intelletto« mit Vernunft, da es auch im
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Griechischen und nicht etwa oder $' heißt. Man muß aber auch an einen stoischen Einfluß denken, z. B. an Cicero, De natura deorum II 22,57–58, wo von einer »mens mundi« die Rede ist, d. h. von der als »Geist« oder »Vernunft« (ratio) bezeichneten inneren Vernünftigkeit der Welt, der sozusagen ein eigenes Prinzip zugewiesen wird. Die Stoiker reagieren dabei auch explizit auf Platons Timaios. Vgl. zur Sache auch Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 194–205, der davon ausgeht, daß Bruno »sembri voler invertire la gerarchia di Plotino tra Intelletto e Anima del mondo« (S. 194), sowie Leinkauf: Art. ›Vernunft/Verstand‹ (2001). Vielleicht könnte man eher sagen, daß Bruno den hypostatischen des Plotin teils in den ™ ? R Platons transformiert – und damit zu einem Vermögen der Weltseele, aber auch jedes einzelnen Geist-begabten Lebewesens, macht, teils als Bestimmung des immer noch ›transzendent‹ oder zumindest different gedachten ersten Prinzips (Gottes), im Sinne etwa der christlichen Umdeutung der neuplatonischen Hypostasenlehre durch Ficino, ansetzt. Mancini: La sfera (2000), S. 115 f. sieht das Verhältnis Vernunft-Weltseele nicht nur als »rovesciamento della gerarchia plotiniana« (d. h. des Verhältnisses Nus–Psyche), sondern vor allem als Ausdruck der Tatsache, daß »una identica struttura della totalità« sich in zwei ontologisch gleichrangigen aber modal verschiedenen (diversa modalità) operativen Formen, einer »produktiven« und einer »regulativen«, ausdrücke und dadurch die Differenz von »causa« (=produktiv) und »principio« (= regulativ) aufnehme. Dies sei allerdings ein Komplementärverhältnis, in dem beide Einheiten, Vernunft und Seele, jeweils beide Operationen durchführen; zur Seele führt Bruno dies klar weiter unten aus, vgl. S. 100, OC III, S. 121–123. Anima del mondo: Weltseele, ein genuin platonischer, auf den Timaios zurückgehender Begriff (vgl. Timaios 31 C–32 B, 35 A: Kreis des Selben und Anderen, 92 C–D: Kosmos ist durch das Wirken der Weltseele ein wahrnehmbarer Gott), der vor allem durch den Neuplatonismus (Plotin IV 4, 32–33; IV 9, 1; V 1, 2 u. ö.) und die Tradition der Timaios-Kommentierung (Timaeus a Calcidio translatus commentsrioque instructus, ed. J. H. Waszink, LeidaeLondini 1962, S. 27–29, 36: mundi animam, S. 38 f.; Macrobius, Commentaria in sominum Scipionis, I 6; II 2) der mittelalterlichen Tradition vermittelt worden ist; in letzterer ist es insbesondere die Schule von Chartres, in der die Implikationen dieses Gedankens entfaltet wurden; von hier aus läßt sich dann eine deutliche Filiation über Bonaventura bis zu Nicolaus Cusanus, Marsilio Ficino und eben auch Giordano Bruno nachweisen. Vgl. C. Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia, Lyon 1533, Vol. I, p. 294 f. Welt-Seele ist in dieser Tradition durchgehend als ein die Allheit des differenten welthaften Seienden vermittelndes Struktur-und Bewegungsprinzip verstanden worden,
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als ein »Band«, das, im Verhältnis zum absoluten Einen oder zum rein transzendenten Geist (Nus), in der Welt selbst deren widerstrebende, heterogenen Teile (Sinnliches–Intelligibles, Zeitfreies–Zeitliches) zu einer Harmonie, einer Viel-Einheit fügt. Zur Sache vgl. Moreau: L’âme du monde (1939); Gregory: L’anima mundi (1950), S. 494–508; Aquilecchia: Introduzione (1973), S. XXXIV–XXXVI; Beierwaltes: Identität ohne Differenz (1980), S. 176–203, bes. 181–187; Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 46–66. Zu Bruno vgl. Beierwaltes: Einleitung (1977), S. XIV–XIX; Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 185–205, 319; Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 42 f., der auf den Vorgang in Sigillus, OL II/2, S. 196, 202 f. hinweist; allgemein zum komplexen Begriff »Seele« bei Bruno Canone: Fenomenologia dell’anima (2003) passim, bes. S. 56–59; ders.: Il dorso e il grembo (2003), S. 56, 66, 140. Zu Cusanus–Bruno Meier-Oeser: Die Präsenz de Vergessenen (1989), S. 235–243. Auch was die Weltseele betrifft, die in analoger Weise sich zur Welt verhält wie Gott zum Seienden, ist, gegen pantheistisch-panpsychistisch einebnende Interpretationen, auf die Differenzen zu achten, die Bruno durchhält, vgl. Lampas, OL III, S. 56 f.: unteilbar der Substanz nach und vervielfältigbar wie eine Stimme im Raum (ein Bild, das von Augustinus und Dionysius Areopagita, wohl durch Ficinos Vermittelung auch zu Bruno gelangt ist); hierzu unten, dialogo 2, Anm. 175. Ebenso steht die Stelle Acrotismus, OL I/1, S. 99 f. gegen einen Monismus der Indifferenz, an der dem Geist (als »mens«) ein »praeesse« und eine ordnende Kraft zugewiesen werden, siehe unten, übernächste Anm. Zur ethischen Dimension vgl. Canone: Le leggi dell’anima (2001), S. 189–202, der S. 193 und 198 festhält, daß das Verhältnis zwischen Weltseele (bzw. Universalseele) und Individualseele von Bruno ontologisch nur durch den Begriff der Kontraktion in Verbindung mit der »Wiederholung der Einheit« (unità iterata) – vgl. unten, S. 120, OC III, S. 145: »multiplicazione numerale«, S. 279 – erklärt werden könne; jetzt auch ders.: Il dorso e il grembo (2003), S. 166 f. Empedocle: L 2, S. 128 f.; G, S. 231 verweist auf das bei Munk, Mélanges de la philosophie juive et arabe (1927) S. 241 f. skizzierte mittelalterliche Empedokles-Bild, das sich v. a. aus (falsch) zugeschriebenen, vor allem neuplatonischen (arabischen) Schriften gebildet hatte. Zu verweisen ist aber auch auf Fr. 31 B, S. 110, 10 Diels: »Denn alles, wisse, hat Bewußtsein und am Denken Anteil.« Mit Blick auf die »universale Vernunft« bereitet sich hier eventuell schon die Konfundierung mit Anaxagoras vor, siehe dialogo 2, unten, Anm. 58. Indirizza la natura: Hier steht im Hintergrund der klassische, ursprünglich aus aristotelischen Voraussetzungen (Physica B 6, 198 a 1–14; an. post. B 11, 94 b 35 f.) kommende, dann aber im Hochmittelalter zusammen mit neuplatonischen Einflüßen (Liber de causis) ausgeprägte Topos des »opus naturae est opus intelligentiae«: vgl. Thomas von Aquin, in Phys. II c. 2, lect. 4,
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n. 6, Opera omnia (Leonina) Vol. II, fol. 65 b; In III librum sententiarum, dist. 33, q. 2, a. 5; Meister Eckhart, In genesin II, n. 214, LW I, S. 690: »In deo, principio omnium, est considerare duo, ut sic dicamus. Puta quod ipse est esse verum, reale, primordiale. Adhuc autem est ipsum considerare sub ratione, qua intellectus est. Et huius rationis proprietas altior apparet ex hoc, quod omne ens reale in natura procedit ad certos fines [sc. die dem Spezies-Telos angemessene »productio« in Brunos Text] et per media determinata tamquam rememoratum per causam altiorem, ut ait Themistius. Propter quod etiam opus naturae dicitur et est opus intelligentiae«; vor allem aber Albertus Magnus, De animalibus, lib. XVI et XX. Zur Sache vgl. Hödl: Opus naturae est opus intelligentiae (1994). Pitagorici: Zum pythagoreischen Hintergrund, der vor allem die Kosmologie und Astronomie betrifft und gleichzeitig in Cena de le ceneri von Bruno offensiv publik gemacht war, vgl. Tessicini: Pianeti consorti (2001), bes. S. 166 ff. Bruno selbst stellt diesen Bezug auch etwa in De magia mathematica her (worauf A2, S. 349 verweist), und zwar unter der Nr. XII: De anima mundi et mundanorum iuxta priscorum magiam (dies alles erinnert sehr an Giovanni Picos berühmte Thesen), OL III, S. 497 (OM, S. 22–26): »una mens infusa per ipsius artus universam molem agitat«; OM, S. 22 f. weist hier auch die Abhängigkeit von C. Agrippa, De occulta philosophia II 51 u. 55 nach. Aber schon vor De la causa hatte Bruno, deutlich unter dem Einfluß Ficinos stehend (Sturlese, Le fonti (1994)), den »Geist« als »longe super intelligibilia« angesetzt, »in qua [sc. mente] idem est species quod actus, actus quod potentia, potentia quod essentia; quae cum totum totaliter tota simul et perfecta possessione comprehendat […]«. Zur Konzeption der Vernunft Dagron: Unité de l’être (1999), S. 245–257. Totamque … miscet: Dieser Passus mit dem bekannten Vergil-Zitat stellt eine Reprise aus Sigillus, OL II/2, S. 174 dar, vgl. Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 36 f. Vergil, Aeneis VI, 726–727 lautet in wörtlicher Übertragung etwa: »in die Glieder eingeflossen bewegt der Geist die ganze Materiemasse und verbindet sich mit dem ganzen [bzw. großen, siehe das Folgende] Körper«. Die traditionelle Textüberlieferung gibt in der Zeile 727 anstelle von »toto […] corpore« das vermutlich richtige »magno […] copore«. Vgl. auch die Übersetzung von J. Götte, in: Vergil, Aeneis, lat.-dt., Kempten 1971, S. 263. Unübersehbar die Anspielungen auf diese kruziale Stelle Vergils im Acrotimus, OL I/1, S. 99 f.: »Ipsum certe substantialiter est immensum chaos, vel aer immensum, vel atomi infinitae: quibus ad rerum generationem atque vicissitudinem, ordinatricem, segregatricemque oportet praeesse mentem, spiritumque omnibus infusum, omnia vivificantem, exagitantem, alentem«; vgl. auch vorige Anm. Die Bedeutung dieser Stelle in der Philosophie der Renaissance
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und der Frühen Neuzeit kann kaum überschätzt werden, insbesondere auf die im Hintergrund stehende stoische Konzeption einer durch das Pneuma = den göttlichen »Geist« (mens, nus) bewirkten universalen Sympathie. Man sollte die Präsenz des Iuppiter in den Texten Brunos auch immer etwa mit Vergil Ekloge III 60: »Iovis omnia plena« oder Georgica IV 219–222: »deum namque ire per omnis […]« zusammensehen. Hinweise hierzu finden sich etwa bei Walker: Spiritual and demonic magic (1958), S. 13, 128 f.; Yates: Hermetic tradition (1964), S. 69; Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 71 f., 101, 329; zu Ficino-Bruno Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978), S. 132–146; Granada: Giordano Bruno et la stoa (1994 b), S. 56–58; Sturlese: Le fonti (1994) passim; zu Vergil und der Stoa siehe Lapidge: Stoic cosmology (1989), S. 1390 ff. Vgl. unten, dialogo 2, Anm. 128. Platonici … fabro: Das italienische »fabro«, lateinisch »faber«, entspricht dem griechischen ! bzw. '$ .Vgl. Platon, Timaios 28 C: :…; , 4 $ . Vgl. auch unten, dialogo 2, Anm. 55 (zu questo intelletto). Bruno interpretiert allerdings den Demiurgen aus Platons Timaios im Lichte von Plotin III 2, 2 und setzt die Vernunft (oder den Nus) mit dem Demiurgen gleich, vgl. übernächste Anm., L2, S. 130 und die Beobachtungen von Dagron: Unité de l’être (1999), S. 247 f. Procede: Verweist auf die $ , den Hervorgang, bzw. das , das Hervorgehen, termini technici der neuplatonischen Philosophie, die in ihrer grundsätzlich dynamischen Ontologie jedes Sein/Seiende als Ausdruck eines Prozesses begreift, der sich aus der ternarischen Konfiguration von Einheit (Insichstehen), Hervorgang und Rückkehr – ! $ ™ ! (unitas, progressus/processus, regressus) – zusammensetzt. Vgl. Beierwaltes: Proklos (1979), S. 118–164. Amicizia … discordia: Basistext dürfte hier (vor allem mit Blick auf Anm. 55) Plotin III 2, 2, 1–6 sein: Z[% ' ™4 4$ ˜ ™4% 4 /] ' 4 œ C 4 1 ˜ 4 4 ˜$ '' 4 4 % $ ˜# 4 R 4 ™ R ™%? ™& ˜'4 1 15 (für Bruno vermutlich in der Übertragung des Ficino) – »Aus jenem wahrhaftig seienden und einen Kosmos erhält dieser [sc. unser] nicht wirklich eins seiende Kosmos seine Existenz (denn er ist sehr ins Viele zerteilt und das Eine steht vom jeweils Anderen entfernt und ist ihm fremd, es herrscht nicht mehr nur Freundschaft, sondern auch Feindschaft wegen des Auseinanderstehens; aufgrund des Mangels ist notwendig eines dem anderen feindlich).« Siehe auch VI 7, 14, 21. Der Kommentar von Harder verweist auf Empedokles. Vgl. mit A1, S. 67 Empedokles, fr. B 17, 19–20 (Diels-Kranz I, S. 316 f.): $ H(4 . In der gegenstrebigen Verschrän-
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kung dieser das ganze Sein durchdringenden Grundkräfte hat insbesondere das 16. Jahrhundert eine zentrale Komponente seiner Wirklichkeitsdeutung gesehen; dies findet in sprachlichen Wendungen wie »concordia discors«, die auf die antike Auseinandersetzung auch mit dem empedokleischen Gedanken zurückgeht (vgl. Seneca, Naturales quaestiones VII 27, 4; [Ps] Aristoteles, De mundo, cc.19–21 [ed. J. Beaujeu, Apuleius, Opuscules philosophiques, Paris 1973, S. 332–336]), eine auffällige Dokumentation, vgl. Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 75–83; ders.: Absolute Einheit (1999), S. 39–51; Bruno greift den Gegensatz Haß–Liebe im fünften Dialog wieder auf, vgl. oben, S. 260 f. Dagron: Unité de l’être (1999), S. 34 hat als Kennzeichen von Brunos – sich von der Theologie aber, wohlgemerkt, nicht von der christlichen Religion absetzendem – ›theologischem‹ Denken »une expérience ›héorique‹ de la contrariété« festgehalten; Konsequenz dieser Verschmelzung von Theologie und heroisierender Anthropologie sei die Umkehrung »(de) l’expérience des limites en une expérience de la pleine positivité de la nature et des potentialités créatrices e l’homme« (S. 43). In diesen Kontext gehört natürlich auch die positive Einschätzung der »vicissitudo rerum«, vgl. Einleitung, oben, S. L, XCI f. und sub indice. Zu Brunos humanistisch-christlicher »religio« vgl. Articuli, Epistola dedicatoria, OL I/3, S. 4: »Lex illa amoris […] utpote naturae universali consona, generalem edicit philanthropiam, qua et ipsos diligamus inimicos, ne brutis barbarisque similes consistamus, sed in illius transferamur imaginem, qui solem suum oriri facit super bonos et malos, et gratiarum pluviam super iustos instillat et iniustos. Haec illa religio est, quam sine ulla controversia et citra omnem disputationem […] observo.« Questo intelletto … il tutto: Zitat aus Plotin III 2, 2, 15–16: %
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’™4 Y † ™7! ' ! 4 '# 4 1 ἦ; »latitantia« könnte sich aber auch auf die »Keime« oder in B 4, ebd. S. 34 beziehen. Vgl. Aristoteles, Physica I 4, 187 a 26–29; Lukrez, De rerum natura I, 876–877. Bruno: Furori II 2, OC VII, S. 389 (DI, S. 1122; U II, S. 693): »Anaxagora ed Empedocle che, considerando che la omnipotente ed omniparente divinità empie il tutto, non trovavano cosa tanto
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minima che non volessero che sotto quella fusse occolta secundo tutte le raggioni.« Platone: Vgl. Platon, Timaios 30 C, 39 E, 40 A, 51 B: das »vollkommene Lebewesen«, auf das der Demiurg blickt, enthält in sich die Ideen aller Lebewesen und Elemente, in dieser Weise leitet Platon die innerweltlichen Formen aus den Ideen ab; Phaidon 100 BC: die Ideen machen die Dinge zu dem, was sie sind, d. h. sie geben ihnen ihre Form-bestimmte, wesentliche Definition; hierzu Baltes: Idee (Ideenlehre) (1999), S. 277–279. Wahrscheinlich hat Bruno hier aber die transformierte neuplatonische Position vor Augen (so auch A2, S. 354 f.), wie sie vor allem im Werk Plotins durch Ficinos Übersetzung im 16. Jahrhundert Verbreitung gefunden hatte: dort wird der »sinnliche Kosmos« in all seiner Formbestimmtheit paradigmatisch durch den IdeenKosmos oder »geistigen Kosmos« bestimmt. Vgl. etwa Plutarch, Quaestiones platonicae 3,1; 1001 E; Plotin V 9, 9, 7; VI 4, 2, 1. Empedocle: Bruno reproduziert hier wieder die mittelalterliche Empedokles-Deutung, siehe oben, Anm. 48 zu dialogo 2. Aristotele: Vgl. Metaphysica V 24, 1023 a 26 ff.; b 2: ˜# 4 8 ™4 C J ‰ . Diese »Materie« meint jedoch nur eine analoge Art-Materie, und es ist andererseits zudem klar, daß es für Aristoteles kein Entstehen der Form als solche oder des % ` 8 geben konnte, VII 8, 1033 b 5–8, so daß Form als solche nur »von außen« an die Materie herangetragen und an der Materie sich darstellen kann. Wichtig ist auch ebd., VIII 1, 1042 a 25–31, aber auch an anderen Stellen dieser Analyse der Substanz und des Entstehens geht die Form nicht aus der Materie hervor, sondern wird ihr eher assoziiert. Möglicherweise steht hier auch die Stelle XII 1, 1069 b 19–23 im Hintergrund, wo Aristoteles zu dem Gedanken des »alles beisammen« (A ), den Bruno selbst in Causa diskutiert, ebenfalls, neben Anaximander und Demokrit, Anaxagoras und Empedokles anführt. Sì, per … il tutto: Vgl. die Zusammenfassung, die Raimondi: Il sigillo (1999), S. 89 in quasi-syllogistischer Form gibt: 1. die Seele-Form ist unendlich, 2. wo Seele-Form ist, da muß auch Materie sein, 3. also ist auch die Materie unendlich. Er beobachtet dabei in der Argumentationsweise Brunos vor allem ein prä-logisches »slittamento semantico per cui i termini si muovono in uno spazio vuoto trascinandosi appresso i loro significati«. Die Richtung hierbei gehe, wie er weiter festhält (S. 90), auf eine Transformation des FormBegriffes gemäß der Ausführung Brunos in Cantus, OL II/1, S. 234: »[forma] secundum rationem logicam non quidem rationalem, sed phantasticam«. »La forma quindi non è altro che il movimento materiale dell’immaginazione, vero logos-legein del principio.« Es ist jedoch darauf zu achten, daß Bruno an der angezogenen Stelle des Cantus nur von einer »forma quoque in pro-
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posito« spricht, d. h. von einem Form-Begriff, der spezifisch auf die »intentio authoris« gemünzt ist, »ad corrigendum defectum, roborandam infirmitatem, & sublevandam virtutem memoriae naturalis« (ebd., S. 215). Die Übertragung dieses Form-Begriffs (und dieser Intention) auf den Form-Begriff, wie er hier im Dialog 2 von Causa entfaltet wird, ist nicht zulässig und führt in eine falsche Richtung. Zu »questo spirto« ist zu bemerken, daß Bruno mit dem »questo« anscheinend direkt an die vorangehende Okkurrenz von »spirto«, zusammen mit »l’anima, il spirto, la vita« anschließt und dadurch »spirto« hier, wie auch weiter unten, eindeutig absetzt von Körper-transzendenten Formen wie der Vernunft; vgl. unten, dialogo 2, Anm. 174. Velim … tota: »Ich möchte wissen, wie die Form die überall als ganze vorhandene Weltseele ist.« Bisogna … infinito: Polihimnio legt in seiner von Bruno kalkuliert vorgetragenen Dummheit den Daumen exakt auf eine der neuralgischen Stellen, die ein Verstehen zwischen dem diskursiv-rationalen Ansatz der aristotelischen Schulphilosophie und dem spekulativen Ansatz der intuitionistischen platonischen Tradition nahezu unmöglich machen mußte: daß ein Eines ineins als Eines und Vieles, nirgends und überall, dimensionslos und in allem Dimensionalen gegenwärtig gedacht werden kann. Brunos spekulative Deutung der Materie wird vom Scholaren nicht verstanden und daher ihre traditonell quantitativ-dimensionale Natur unmittelbar der transdimensional-spirituellen (Neu-)Konzeption konfrontiert. Die folgenden Ausführungen Teofilos versuchen exakt auf dieses Grundproblem hinzuweisen (Beispiel der Präsenz der Stimme). Grandazzo: Heute Randazzo in der Provinz Catania/Sizilien. Vgl. G, S. 251. Crucifisso … chiesa: A1, S. 84 u. A2, S. 355 verweist auf den zur Zeit Brunos sprichwörtlichen Ausruf: »O guter Gott von Grandazzo«, vgl. G. B. Della Porta, Tabernaria, Akt II, Szene 3: »O buon Dieu de Grandazzo, o diavolo de Paliermo«; Commentarius Vol. I, S. 326. Scabello: Vgl. Ps 109,1, siehe schon oben, S. 108, OC III, S. 133. Melazzo, Nicosia: Sizilianische Orte, respektive in der Provinz von Messina und Catania gelegen. Tutti per tutto e per ogni parte: Auch hier wieder der klassische Topos aus der Seelen-Definition, der das Verhältnis der Seeleneinheit zum Körpersubstrat erfassen sollte, vgl. schon oben, Epistola dedicatoria S. 14, OC III, S. 15 und Anm. 26 und dialogo 3, S. 174, OC III, S. 211, Anm. 149. Corpo e spirto: Stellen wie solche rechtfertigen u. E. die Übersetzung von spirto mit »körperlicher Geist«, wie wir sie in dieser Übersetzung vorschlagen. Siehe dialogo 2, oben, Anm. 166.
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Per essempio … tutta: L1, S. 44 (ihm folgt dann A1, S. 85) verweist auf
Plotin VI 4, 12, 1–5. 9–10: »` . = , ˜ ὐ % ˜# % †« (Es war aber die Stimme überall in der Luft [sc. gegenwärtig] nicht als eine geteilte, sondern als eine überall ganze [Stimme]). 15 ff., bes. da mit Übertragung auf die Seele 20–23: »[nach der geschilderten ungeteilten Präsenz der Stimme] % ( ˜ ( œ ? , , * ˜# ‹ F R 4 ὐ K« Dieser Passus steht vermutlich, so Sturlese: Le fonti (1994), S. 140 f., im Hintergrund der Stelle Sigillus OL II/2, S. 179: »quibus addimus ad unum idemque virtuale principium referri vocem, quae ab organis vocalibus formatur, ubi velut in se ipsa et sua origine est, et eam quae est in aere, et eam quae est in origine auditus«. Es muß aber auch, nimmt man einen über die Ficino-Übersetzung vermittelten Einfluß hier an, klar sein, daß Plotin strikt zwischen dem Seelischen und dem Nicht-Seelisch-Körperlichen unterscheidet (12, 30: Š ’S ! S % D9 ˜’’™ $5 49 (Sie sagen, indem sie ein leeres Unendliches außerhalb der Welt [um diese herum] ansetzen, daß das All weder Körper noch Unkörperliches sei. Aus diesem folgt jedoch, daß das All ein Nichtsein ist; denn sie bezeichnen als seiend nur die Körper. Das etwas Tun und Erleiden ist gleich wohl [Sache] des Seienden, das All aber ist kein Seiendes, so daß es weder etwas tun noch etwas erleiden wird. Jedoch es wird [noch] nicht [einmal] an einem Ort sein etc.) Allerdings hatte die »othodoxe Stoa« wohl auch die »Subsistenz der ˜ +« angenommen, vgl. Forschner: Stoische Ethik (1995), S. 47 f. Potenza, potestà: Während »potenza« (potentia) mit Möglichkeit und Vermögen (zu) wiedergegeben werden kann, impliziert »potestà« (potestas) wiederum Vermögen und Macht, hat also auch eine deutlich voluntative Konnotation. Wir übersetzen »potenza« dort mit »Vermögen (zu)«, wo der Kontext mit »una potenza et un soggetto« auf ein dynamisches, durch eine Intention gelenktes Umsetzen verweist siehe unten Anm. 117; hingegen mit dem neutralen »Möglichkeit«, wo scholastische Terminologie durchscheint (potentia activa–potentia passiva). »Potestà« sehen wir als der »potenza« im ersten Fall sinnmäßig gleichgeordnet. – Der Text selbst stellt ein Herzstück von Brunos »neuer« Philosophie dar, die Vorstellung einer qualitativen Symmetrie von Aktivität und Passivität in natürlichen Prozessen, verbunden mit der Annahme, daß dieser auch eine quantitative Äquipolenz entsprechen
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müsse; es ist daher nicht verwunderlich, daß der ganze Passus von »Democrito dumque […]« bis »[…] di esser fatto«, interessanterweise unter Auslassung des Verweises auf Avicebron, sich als erster Teil des Jacobischen Auszuges zum dritten Dialog präsentiert, vgl. Jacobi, S. 192, der signifikanterweise die Zentraltermini »potestà di fare« und »potestà di esser fatto« in früh-idealistischer Diktion mit »zu bestimmen« und »sich bestimmen zu lassen« übersetzt. Zu »potestà di fare« und »potestà di esser fatto« vgl. die auch terminologisch auf Nicolaus Cusanus zurückgreifenden Überlegungen zu »posse facere« und »posse fieri« in dialogo 3, S. 168–180; OC III, S. 205–217. Zur Stelle und zum Folgenden Dagron: Unité de l’être (1999), S. 296–310: für Dagron ist die Argumentation Brunos hier einerseits »étroitement liée au développement du Timée consacré à la »cause errante« (48e–52d)«, d. h. daran, daß auch Platon zunächst (wie Dicsono) zwei »Gattungen des Seienden« unterscheidet (Timaios 48 A–B) und davon ausgehend (wie Teofilo) eine »andere«, »dritte« Gattung einfordert, die der Materie als Receptaculum, vgl. S. 156; OC III, S. 189; andererseits an Aristoteles’ Bestimmung der Materie als Subjekt/Substrat der Formen aus Physica I 7, 191 a anschließt, der er dann tatsächlich – gegen Platons Gedanken einer inductio formarum – folge (S. 307 f.); siehe auch Mancini: La sfera (2000), S. 124 f. Das »troviamo che è necessario conoscere etc.« verweist jedenfalls ziemlich eindeutig darauf, daß Bruno zur Zeit der Abfassung von De la causa keinesfalls einem radikalen materialistischen Standpunkt zuneigte; auch wird klar, daß eine »monistische Ontologie« nur als absolute Synthesis der »beiden Gattungen von Substanz« möglich sein konnte, denn Bruno hat nirgends die Grundunterscheidung in Form und Materie wirklich nivelliert, er hält sie viemehr im Sinne der von uns so genannten »relativen Einheiten« [2.1, 2.2] stets neben dem absoluten Einen [1] und dem Universum [3] präsent; vgl. übernächste Anm. Se noi voigliamo considerar: Vgl. die Anm. L1, S. 52 (der considerando liest; eine Variante, die Aquilecchia in DI und OC nicht mehr anführt) und B, S. 130. Appare … efficiente: Der Vorschlag Dicsonos, der sich hier nach Mancini zum »portavoce del materialismo« macht (Mancini: La sfera (2000), S. 125), ist, das zeigt die folgende Reaktion Teofilos, nicht tragfähig: denn die Trennung von »forma« und »efficiente« im analogen, erklärenden Fall des Lebewesens, müßte ja auch dazu führen, daß sich, wie beim declarandum Materie, das Lebewesen durch sich selbst formt. Es ist zwar legitim, etwas Geformtes oder Form selbst im Blick auf einen weiterführenden Prozess der Formung als ›Materie‹ zu bezeichnen, dies heißt aber nicht, daß dadurch die Form selbst mit Materie in deren Grundfunktion identisch wird, sondern nur, daß etwas Geformtes noch einmal geformt wird, und ausschließlich in bezug
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auf dieses superveniente Verhältnis als quasi–Materie, eigentlich: als schon geformte Materie gedacht wird. Die Relation Form-Materie wird hierdurch geradezu stabilisiert. Grundproblem ist: jede ›Materie‹, die wir im Unterschied zu einer ›Form‹ ansetzen, ist an sich immer schon etwas Geformtes, ebenso wie jede Form, die wir als Form sinnlich erfahren und denken können, immer schon Form an etwas oder materialisierte Form ist. Die Relationalität im Form- und im Materiebegriff läßt sich von der Sache her nicht ausschließen, setze ich eine dieser »Substanzen« absolut, so muß ich jeweils in ihrer Binnendifferenzierung ihr »Anderes« mit setzen (als Materialist die Form in der Materie, als Formalist die Materie in der Form). Colui: Vgl. G, S. 263. Deutliche Anspielung auf Paracelsus (siehe schon oben, dialogo 3, Anm. 26; OC III, S. 161), dessen alchemische Naturphilosophie in dem Ternar Merkur–Salz–Schwefel ein zentrales Prinzip besaß, das die Struktur des ganzen Seins bestimmte. Zu Paracelsus vgl. Prachter: Paracelsus. Magic into science (1851); Pagel: Das medizinische Weltbild des Paracelsus (1962); Schipperges: Paracelsus (1974); Debus: The chemical philosophy (1977). Zu Paracelsus vgl. S. 142, OC III, S. 173 und den Kommentar. Zur Achtung, die Bruno trotz allem gegenüber einer sich an der Natur orientiernden medizinischen »prattica« hatte, vgl. weiter unten, S. 160 f.; OC III, S. 195– 197. Chimici: Bruno verwendet hier den – eigentlich neutralen – Ausdruck »chimici«, Chemiker, der aber in der Terminologie der damaligen Zeit häufig promiscue zu »alchimici« verwendet wurde (H, S. 170 übersetzt daher direkt mit »alchimistes«). Der Kontext, »opera« aber vor allem »divisione«, weist deutlich auf die Alchemie. Zur Sache vgl. z. B. Holmyard: Alchemy (1957), S. 161–205 zu Paracelsus und England (bis John Dee); Carlos Gilly / Cis van Heertum (Hg): Magic, Alchemy and Science, 15th–18th centuries. The influence of Hermes Trismegistos (2002), 2 vols. Bruno läßt Dicsono hier auf ein Gundproblem kategorialer Art abheben: allgemeine Ausdrücke wie ›Ursache‹ oder ›Prinzip‹ weisen in ihrer kategorialen Allgemeinheit dennoch einen extensionalen Unterschied auf, sie können eben entweder ›Ursache schlechthin‹ bedeuten – und diese ist, wie etwa das ›Seiende als Seiendes‹ bei Aristoteles, aufgrund ihrer Abstraktheit (vgl. das »assolutamente«) genuiner Gegenstand der Philosophie – oder ›Ursache in einem bestimmten Sinne‹, die Gegenstand einer Einzelwissenschaft, etwa der Medizin, ist. Das Problem ist nur, daß einerseits die Philosophie natürlich selbst noch einmal die ihr als Gegenstand zufallende ›Ursache schlechthin‹ unterteilen kann, etwa in formale, materiale, wirkende und finale, und für alle diese Ursachen einen Grad von Allgemeinheit oder Universalität beanspruchen kann (»secondo tutto l’ambito de lor essere«), der sich von dem unter-
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scheidet, was in einer bestimmten Einzeldisziplin unter Ursache verstanden wird; daß andererseits aber auch die Einzelwissenschaften in der Verwendung des Begriffs ›Ursache‹ in einem konkreten Kontext zwangsläufig Allgemeinheitsforderungen implizieren, also auch hier beim »modo limitato et appropriato« Differenzen auftreten. Möglicherweise, darauf verweist ja das Folgende, deutet Bruno in den Ausdrücken »medici, in quanto che son medici« und »filosofi, in quanto che son filosofi« ironisch darauf hin, daß die Grenzen der Disziplinen hier zu überschreiten wären, allerdings auf eine richtige Weise und ohne in Konfusionen (mistura fastidiosa) zu geraten. Vgl. auch Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 197 f. E biasimato Galeno: grammatikalisch falsch H, S.172: »il (sc. Paracelse) a reproché à Galien etc.«, denn das »e biasimato« gehört zu »è lodato«, also: ›nel quale è lodato P. […] e[d è] biasimato G.’. La filosofia medicale-la medicina filosofale: Bruno stellt hier auch in der Wortstellung den Gegensatz zwischen Paracelsus – auf Medizin basierender Philosophie – und Galen – auf Philosophie basierender Medizin – heraus. Vgl. OL I/1, S. 17; II/2, S. 181, 234. F. Tocco, S. 514, 524, 617 f. Zu Galen vgl. Monade, OL I/2, S. 414; Minimo, OL I/3, S.143, Summa OL I/4, S. 120. Arte: Wie beim lateinischen »ars«, so steht auch im italienischen Wort »arte« vor allem Kunstfertigkeit im Sinne von Handwerk im Vordergrund, dafür stehen ja auch die Beispiele Brunos mit dem Zimmermann und dem Schmied. Ich habe mich dennoch für die durchgehende Übersetzung durch »Kunst« entschieden, weil im 15. und vor allem auch 16. Jahrhundert die Verwendung von ars/arte weiter ist als eine rein technisch-handwerkliche. Es ist aber auch präsent zu halten, daß für Bruno die Natur insgesamt, wie auch schon für Platon, eine »ars vivens«, eine »divina quaedam potentia« oder »divina potestas« ist, vgl. Summa, OL I/4, S. 73, 101: »Natura enim aut est Deus ipse, aut divina virtus in rebus ipsis manifestata« – hier fehlt fast nichts mehr zur Unterscheidung des Spinoza von »natura naturans« (= Deus ipse) und »natura naturata« (= divina virtus … manifestata). Zur Stelle Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 167 f.; zur Sache allgemein Leinkauf: Der Natur-Begriff (2000) passim. Die Argumentation Teofilos ist von Jacobi in seinen Auszuge aus De la causa aufgenommen worden, dabei entspicht OC III, S. 13. »tutti quelli [ … .]« bis »[…] naturale a quella« Jacobi, S. 192, OC III, S. 175: »ma la materia dell’arte […]« bis »[…] da la forma« ebd., S. 192 f. (allerdings nicht als durchgehende Übersetzung). Pitagorici … Peripatetici: Die Pythagoräer hat Bruno im allgemeinen mit Pythagoras, Philolaos, aber auch Timaios Lokros identifiziert und sah in Platons Timaios eine direkte Quelle gerade auch der pythagoreischen Kosmologie, vgl. dialogo 3, unten, Anm. 72 zum »Timeo pitagorico«; zu »Plato-
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nici« verweist A1, S. 96 auf Platon, Timaios 50 AB; für »i Platonici« dürften aber vor allem die Neuplatoniker und dann natürlich Marsilio Ficino stehen, vgl. Ficino, TP II, c. 7 (1, 94 Marcel); IV, c. 1 (1, 146): »Quid est ars humana? Natura quaedam materiam tractans extrinsecus. Quid natura? Ars intrinsecus materiam temperans«; In Philebum, lib. I c. 2, Opera fol. 1209: »natura enim, ut dicit Plato in Politico, vel ars Dei est, vel artificiosum Dei organum«. Kristeller: Die Philosophie des Marsilio Ficino (1972), S. 287–293, bes. 289 f.; für »i Peripatetici« steht, neben Aristoteles, vgl. etwa Physica II 1, 193 a 15–18, natürlich auch die scholastische Schule, vor allem wohl Thomas von Aquin und Albertus Magnus, durch die Bruno ja entscheidend mitgeprägt worden ist. Zur Sache Hödl: Opus naturae est opus intelligentiae (1994); Speer: Die entdeckte Natur (1995). Le sue operazioni: Die Natur wird hier, wie es für die Verwendung des Begriffs ›natura‹ durchaus typisch ist, als Subjekt oder quasi-Subjekt behandelt, d. h. als eine Instanz, der eigene »Tätigkeiten« zugeschrieben werden können. Unter diesen »Tätigkeiten«, operazioni, sind natürlich in erster Linie alle Naturprozesse, und d. h. alle Wirkungszusammenhänge natürlicher Ursachen zu verstehen, dann aber auch Vorgänge, die auf der Kenntnisstufe des 15. und 16. Jahrhunderts nicht vollständig rational erfaßbar waren. Vgl. oben, dialogo 2, Anm. 79 zum »Steuermann«-Topos, OCIII, S.121. Zum Naturbegriff vgl. Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 35–129; ders.: Der NaturBegriff (2000). Non abbia, che oprare: L1, S. 54 übersetzt: »nichts hätte, um daran zu wirken«, H, S. 174 mit »n’ait rien sur quoi opérer«; im italienischen Text jedoch steht nur »non abbia, che oprare«, das man durchaus direkt übersetzen kann, dann wird deutlich, daß reines Tätigsein eben nicht hinreicht. Soggetto: Von uns hier, wie schon an anderen Stellen zuvor (siehe Proemiale epistola, oben, Anm. 39; dialogo 1, oben, Anm. 112; dialogo 2, Anm. 115), möglichst allgemein und neutral mit »Substrat« übersetzt, im Sinne von dem, was in unbestimmter Weise zugrunde liegt, wobei Bruno in der folgenden Entwicklung seines Gedankens die traditionelle Vorstellung eines passiven Substrates ersetzt durch die eines aktiven, generierenden, unbegrenzten Prinzips. Die Zuordnung »soggetto« und »principio« resp. (aktive) »causa« z. B. schon dialogo 2, siehe oben, S. 100, OC III, S. 121. Vgl. Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 168, Anm. 20: »Con questo termine egli [sc. Bruno] intende indicare un quid communis [sic!] che sta alla base di tutti i cambiamenti e il quale sviluppa dal suo interno le varie forme. Il termine ›soggetto‹ non indica dunque più solamente il sostrato classico tradizionale«; auch Mancini: La sfera (2000), S. 38 A. 47 verwendet »subietto, insieme a ›sostrato‹, per rendere la nozione bruniana di subiectum, ancora aristotelica in quanto
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ovviamente precartesiana«. Es ist natürlich klar, daß Bruno hier auch schon seine Vorstellung der Materie als aktives Prinzip oder als aktives Vermögen im Blick hat. Gli occhi della considerazione: ich folge hier H, S. 174: »aux yeux de notre entendement«, das durch viele Stellen gestützt wird, an denen Bruno – in platonischer Tradition stehend, vgl. Platon, Timaios 27 D, 29 A; Plotin IV 3, 18, 19–22 – vom Auge des Geistes oder des Verstandes spricht; vgl. Causa, dialogo 3, S. 146, OC III, S. 177: »l’occhio della raggione«; ebd., S. 183. Vgl. auch dialogo 2, S. 96; OC III, S. 115 u. Anm. 57. Vgl. auch Minimo, OL I/3, S. 137: »Sensus est oculus in carcere tenebrarum, rerum colores et superficiem velut per cancellos et foramina prospiciens. Ratio tanquam per fenestram lumen a sole derivans et ad solum repercussum, quemadmodum in corpore lunae sepculatur. Intellectus in aperto et quasi ex alto specula undique oculus super omnem particularitatem, turbam et confusionem in universo, et distinctione specierum ipsum praefulgentem solem contemplatur.« Das richtige Interpretament gibt Bruno selbst in Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 50 f. (OC IV, S. 59–61): »L’infinito non può essere oggetto del senso; e però chi dimanda di conoscere questo per via di senso, è simile a colui che volesse veder con gli occhi la sustanza e l’essenza.«. Informe: Nimmt das lateinische »informis« auf, das einerseits klassisches Attribut der Materie ist, andererseits aber auch jeden Anfangszustand bezeichnen kann. Z. B. Aristoteles, Metaphysia VII 3, 1029 a 20, 24 f.; VIII 1, 1042 a 27; Physica I 9, 192 a 31 u. ö. Augustinus, Confessiones XII 6,6 und 8,8, vgl. hierzu dialogo 4, S. 210; OC III, S. 251 und Anm. 117. Die vermutlich unmittelbare Quelle ist allerdings Ficino, vgl. weiter unten, Anm. 73 zu dialogo 3. In der Folge wird Bruno einen Materie-Begriff anvisieren, der sich sowohl von dem des Aristoteles als auch von dem der platonisch-neuplatonischen Tradition unterscheiden soll und in dem die Materie als ein Potential unendlich vieler Formen verstanden wird. Vgl. unten, dialogo 3, S. 146; OC III, S. 177, dialogo 4, S. 202 ff.; S. 243–247; Libri physicorum, OL III, S. 304. Zum »oprar dal centro« vgl. Raimondi: Il sigillo (1999), S. 92. Indifferente: Dieser Ausdruck schließt, wie auch das deutsche Lehnwort »indifferent«, ein, daß das ungeformte Substrat nicht nur selbst nicht geformt ist, sondern sich auch hinsichtlich jeder möglichen noch ausstehenden Formung gleichgültig, unentschieden und passiv verhält. Das »indifferente« entspricht strukturell dem, was Bruno möglicherweise (vgl. Nardi: La dottrina (1960), S. 100 f.) bei Albertus Magnus hat finden können: der Vorstellung von der Materie als einem ›Vermögen‹, das in sich selbst schon Form(en) besitzt, aber so, daß diese Formbestimmung(en) noch konfus sind, d. h. noch nicht zu distinkten Einzelformen ausgeprägt sind und sich daher in gewisser Weise in
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bezug auf alle sonst noch möglichen solcherartigen Bestimmungen eben ›indifferent‹ verhalten; vgl. Albertus Magnus, Physica I tract. 3, c. 15, in: Opera omnia, Monasterii (Aschendorff ) 1987, Vol. IV/1, S. 70, 7–12. 18–21: »dicimus secundum Peripateticorum perfectam sententiam, quod forma et est intus in materia per essentiam confusam, ut diximus, et ipsa eadem numero est ab extra per virtutem formativam agentis immissam in materiam [ … .] tota est ab intus et tota [sc. forma] est ab extra secundum esse diversum.«. E possibile che sicome vedemo … l’occhio della raggione: Diesem Passus entspricht der Auszug bei Jacobi, S. 193, 8–16: »aber dürfen wir […] nicht entgehen kann«. Questa raggione: Bruno spielt mit der Verwendung von »raggione« sicherlich auch auf das zuvor angesprochene »occhio della raggione« an und L1, S. 55 hat dies in seiner Übersetzung direkt umgesetzt: »So gefalle es Euch denn, dieses Auge der Vernunft zu erleuchten«. Es scheint aber sinnvoller, die zentrale Bedeutung von »raggione« als »Grund« (wie sie auch für das lateinische ratio anzusetzen ist) in der Übersetzung durchkommen zu lassen. In dem »genauer« deute ich das italienische »formare«, mit H, S. 176: »préciser«, als genaueres Herausbilden des Arguments. Das Folgende von »quella relazione […]« bis »[…] sotto quelle« entspricht Jacobi, S. 193. Scabello: Eigentlich »sgabello«, der Schemel, Hocker oder die Fußbank. Cascia: »Cassa«, A1, S. 97 verweist auf die neapolitanische Provenienz dieses Wortes mit Nachweisen aus Candelaio (DI, S. 81) und Spaccio OC V/2, S. 225 (DI, S. 669; U II, S. 275: casce). Saldar: Soviel wie »confermare« (A1, S. 97): »bekräftigen«, »bestätigen«. Im Verbum »saldare«, eigentlich verbinden, zusammenfügen, verschweißen oder begleichen, steckt aber auch, da es sich nicht nur auf das Substantiv »saldatura«, sondern auch auf »saldezza« bezieht, »Stärke«, »Festigkeit«. Spica: Eigentlich »spiga«, die »Ähre«. Chilo: aus dem Griechischen, $ (von : schütten), abgeleitet, der Saft, mit spezifizierender Nebenbedeutung von Nahrungssaft (biologisch) oder Darmlymphe (physiologisch). Vgl. oben, dialogo 1, S. 42; OC III, S. 51 und Anm. 31. Da quel … porta: ›Tisch-Sein‹ impliziert den Besitz einer bestimmten Form, der Form ›Tisch‹, die einem Substrat das aktuale Tisch-Sein vermittelt, »è tavola«; diese an ein Substrat gebundene Form kann dann selbst wieder zur Materie einer anderen Form, etwa der Form ›Tür‹ werden, das Aktualisieren des ›Tür-Seins‹ setzt dabei das ›Tisch-Sein‹ in die Vergangenheit: »era tavola«. Entscheidend ist, daß das, was im Wechsel der Formbestimmungen sich gleich bleibt, als ›Materie‹ verschiedener Formungsprozesse durch Natur/Kunst die-
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nen kann. Vgl. die Ausführungen zum Verhältnis Materie–Form oben, dialogo 2, S. 122; OC III, S. 147 und Anm.165–166 sowie dialogo 3, S. 140; OC III, S. 171 und Anm. 45. Das Argument Teofilos von dieser »Verwandlung« des einen Substrates oder Subjektes in und durch alle Formen findet sich auch bei Jacobi, S. 193, 17 ff. und ist auch hieraus von Hegel in seine Diskussion von Brunos Materie-Begriff aufgenommen worden, Vorlesungen über die Geschichte (1928) S. 230 f. Ma questo soggetto … corporalmente: Entspricht Jacobi, S. 193 f. Dimandare: für »domandare«. Intelletto: L1, S. 57 übersetzt mit »Verstand«. Zur Wiedergabe von »intelletto« mit »Vernunft« vgl. Leinkauf: Vernunft/Verstand (2001), Sp. 796 f., 803 f. Timeo pitagorico: Es handelt sich um Timaios Lokros oder Ps.Timaios Lokros, dessen ihm zugeschriebenes Werk De anima mundi et natura in der Renaissance breit rezipiert worden ist, vgl. L. Nogarola, Timaei Locri de anima mundi. Parisiis (G. Morelius) 1572, die Stelle S. 94 A. Die Bezeichnung »Timaeus platonicus« hat auch etwa Marsilio Ficino, TP V 4 (1, S. 177). Vgl. Fr. W. A. Mullach, Fragmenta philosophorum graecorum, Paris 1881, Bd. II, S. 38; A1, S. 99 u. A2, S. 359. Zu Person und Bedeutung vgl. Baltes: Timaios Lokros (1972); Marg: Timaeus Locrus, De natura mundi et animae (1972); Reale: Storia della filosofia antica (1989), S. 564 f. Die Einschätzung Brunos basiert darauf (hierzu auch oben, Anm. 54), daß diese Schrift tatsächlich vorgibt, »Vorlage für den platonischen Timaios gewesen zu sein« (Baltes, S. 86); in Wahrheit, darüber herrscht heute Einigkeit in der Forschung, ist der Text jedoch eine Fälschung, die auf das 1. Jahrhundert v. Chr. zurückgeht, vgl. Baltes, S. 20 ff. Siehe etwa auch Infinito, dialogo 3, BW IV, S. 162 (OC IV, S. 195; DI, S. 440; U II, S. 93). Con certa analogia: Vgl. Platon, Timaios 49 E–50 A; Nogarola, Timaei Locri De anima mundi, p. 3: »Tale enim aliquid ideam & speciem appellari atque intelligi. Materiam autem, expressam effigiem, & matrem, nutricemque & genitricem esse tertii generis.« A1, S. 99 weist zurecht die Vermutung von G, S. 269 zurück, beim folgenden handele es sich um ein Zitat. Vgl. zur gesamten Argumentation Brunos, in der ja der Timaios Lokros nur als stützende Autorität erscheint, Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978), S. 80, der auf Marsilio Ficino, TP V c. 4 (1, S. 176 f.) verweist. Hier finden sich die zentralen Argumente, die Bruno zuvor bezüglich des Verhältnisses Form-Materie und der Analogie Kunst–Materiesubstrat vorgetragen hat: »Ergo et ipsa natura, rerum artifex, subiectam quamdam sibi materiam habet omnium expertem formarum, ad omnes suscipiendas pariter praeparatam. Quia sicut in gradu rerum summo Deus est actus purus, nullius indigus, formarum omnium effector, ita
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in infimo esse aliquid debet quod sit pura potentia, omnium egena, et ipsa per se informis sit formarum omnium susceptiva« (vgl. Timaios 50 BC). Wir haben hier die »potenza attiva« und »potenza passiva di tutto« Brunos als »actus purus« respektive »potentia pura«, und wir haben das »informe/informis« der letzteren; ebenso haben wir den Natur-Kunst-Vergleich. Zur Timaios-Rezeption, insbesondere auch in der Frühen Neuzeit, vgl. Leinkauf, Steel (Hg.): Platons Timaios als Grundtext der Kosmologie (2005a), S. 363–385, zu Bruno S. 377 f. E qua … l’altra: Vgl. oben, dialogo 3, S. 142 f.; OC III, S. 173–175, wo es darum ging, daß die »Kunst« nur immer schon Geformtes formt und folglich eine Form bzw. ein Geformtes eine andere Form aufnimmt. Un contrario etc.: Vgl. Aristoteles, Physica I, 5, 188 a 19–30 zu den Gegensätzen als Prinzipien, »aus« denen alles andere zusammengesetzt ist, sie selbst jedoch weder aus einander noch aus anderem. Die Fähigkeit, Gegensätzliches aufzunehmen, kommt nach Aristoteles der Substanz ( %) zu – also der »cosa terza« (siehe nächste Anm.) –, nicht jedoch den »anderen Dingen« oder Seinsbestimmungen, wie etwa der Farbe oder einer Handlung, vgl. Categoriae c. 5, 4 a 10–17, bes. 10 f.: . J C % 4( 8 4 f ˜3 - ™% 8 44$; die Gegensätze hingegen, die ™% (contrari), nehmen sich gegenseitig nicht auf und können auch nicht voneinander prädiziert werden, ebd. c. 10, 11 b 34 f.: vgl. auch Metaphysica V 10, 1018 a 20–38. Die Bedeutung der traditionellen Gegensatzlehre für Bruno haben wir in unserer Einleitung herausgestellt, sie wird von dem Nolaner, im Rückgriff auch auf vorsokratische Autoren, in seine das gesamte Universum [3] strukturierenden Gegensatzpaare [3.1, 3.2, etc.] transformiert (siehe Einleitung, oben, Anm. 152). Una cosa terza: A1, S. 100 führt an Platon, Timaios 50 E: 4 ™4 œ 8 0 # ™&$ ™ 63 ' 49 , d. h.: »Darum muß auch von allen Formen frei sein, was alle Arten in sich aufnehmen soll.« Eigentlich wird die Anspielung, die in dem »terza cosa« liegt, erst durch den Rekurs auf Timaios 48 E – 49 A deutlich, wo Platon selbst explizit von einem »Dritten« oder einer »dritten Gattung« spricht (% 1 ' ), das eingeführt werden muß, um neben den Formbestimmungen (Urbild, Nachbild) etwas ansetzen zu können, was als »das Aufnehmende allen Werdens« fungieren kann ( ' 6 !). Dies führt zur Explikation von Platons spezifischem Materiebegriff als »receptaculum«, der, zusammen mit der reichhaltigen Rezeptionsgeschichte des Timaios, die Diskussion bis in die Frühe Neuzeit hin mit geprägt hat. Nel aria: Vgl. Cena, dialogo 3, (Quinta proposta), OC II, S. 173–175 (DI, S. 112–114; U I, S. 514 f.).
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E tutto quello … quiddità: Radikal weist Bruno Grundbegriffe der ari-
stotelisch-scholastischen Prädikationslogik und Ontologie: accidens, complexio, qualitas, definitio, quidditas, einem nicht-substantiellen, akzidentellen Bereich zu, selbst die »quidditas«, die, wie Bruno nur zu gut wußte, für den aristotelischen Kunstausdruck ` 8 steht, durch den ein zentraler Aspekt von Sein als Substanz, als »das, was es für eine Sache (schon immer) war, zu sein«, reflektiert werden sollte. Er reduziert die aristotelischen Distinktionen auf Akzidentalbestimmungen einer substantiellen Sache, der »prima materia« oder + ‰; vgl. auch unseren Kommentar zum Ausdruck »accidenti degli accidenti«, oben dialogo 2, Anm. 19. Zur Sache vgl. Acrotismus, Articuli de natura et mundo, OL I/1, S. 85 f. wo Bruno allerdings deutlich zwischen Aristoteles und den »quorandam Scoticolarum voces« (siehe nächste Anm.) unterscheidet: Ersterer (und seine Schule) hätte zumindest den Unterschied der richtigen und falschen Anwendung des Kategorienapparates gekannt, d. h. wohl differenziert zwischen der Tatsache, daß es »de individuis«, also etwa über Sokrates als Sokrates, keine Wissenschaft »praeterquam historiam« geben könne, wohl aber bezüglich der Natur – »de natura« – einer Spezies, also »de natura hominis«, während die Skotisten die Wissenschaft eben auch auf die Individuen ausgedehnt hätten. Die Skotisten, die »aristotelica reclamante praeceptione«, aber »sophistarum more«, die »rationes formales universales« auf Gott, den Menschen etc. angewendet hätten und zwar »quoad eius essentiam, et simplicem quidditatem«, hätten den Unterschied auf der Gegenstandsseite zwischen »compositum, subsistens, particulare, materiale« nicht beachtet. Dies alles sei »indicium« eines »irresolutissimi, seque ipsum destruentis et abnegantis ingenii«. Vgl. Blum: Aristoteles (1980), S. 76–79; Gatti: Giordano Bruno (1999), S. 109 f. zu John Majors (Jean Mair) (1469–1550) in der Anhandlung De Logica, Paris (?)1506 eingeschlossenen Dialogus inter duos logicos et magistrum, Propositiones de infinito. Dagron: Unité de l’être (1999), S. 311 notiert, daß Bruno hier zwei Gattungen des Universalen, ein »physisches« und ein »logisches« Universale, einführe, ersteres entspreche den der Natur eigenen Formen (espèces), der ersten Materie und der einheitlichen Substantialform, letzteres hingegen dem Prinzip der Definition sowie der »quidditas«. Suttili metafisici: Der Franziskaner Duns Scotus (gest. 1308) galt im ausgehenden Mittelalter als »doctor subtilis«. Bruno hat den Ausdruck »cucullati«, der auf die in Mönchskutten eingewickelten Philosophen vor allem der Bettelsorden Dominikaner und Franziskaner anspielt, in zweiter Instanz dann auf die Schule von Oxford, in Causa mehrfach verwendet, vgl. OC III, S. 79, 189, 255. Vgl. Acrotismus, Art. 1, OL I/1, S. 85 f.: »Considerate an Aristoteles docuerit unquam dicere de Socrate, de Callia, de Platone, esse scien-
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tiam, secundum quod homo, de homine esse scientia secundum rationem specificam, quoad eius substantiam, essentiam, naturam: an potius sint quorundam Scolasticorum voces, atque simillium cucullatorum«. Vgl. G, S. 270. Sustanza numerale: Es handelt sich hier um die »abzählbare« individuelle Einzelsubstanz, die in der durch Duns Scotus geprägten (nominalistischen) Tradition auch durch eine neue, die Sache selbst gleich mit-darstellende Wortprägung bezeichnet worden ist, durch den Ausdruck »haecceitas«, d. h. ›Dies(es)heit‹ . Den Zusammenhang zwischen Individuation, Einzelheit (Singularität), Definitheit (A $ ) und Abzählbarkeit hatte schon Aristoteles klar hergestellt, vgl. Metaphysica VIII 3, 1043 b 32–1044 a 14. Die »Sokratesheit«, als »sustanza numerale«, drückt also die Individualsubstanz des Sokrates aus, die »Natur« oder das »Wesen« des Sokrates als Sokrates, das, wie schon G, S. 270 meinte, $ 8 des Aristoteles. Bruno lehnt die numerale Substanz des Nominalismus im Sinne der Dies(es)heit ab. Auch Plotin stellt die Frage nach der Möglichkeit einer Idee des Einzelnen als Einzelnen, also nicht des Menschen, sondern etwa des Sokrates (de 4 ) in V 7, V 9, 12, vgl. Blumenthal: Did Plotinus believe in ideas of individuals? (1966). Zur Sache vgl. Gilson: Johannes Duns Scotus (1959), S. 461–484; Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 139–149; zur Kritik der skotistischen Position Dagron: Unité de l’être (1999), S. 313–317. Forma sustanziale: Terminus technicus des mittelalterlichen Aristotelismus, vgl. oben, Epistola prooemiale, Anm. 32. Entelechia … vivere: Paraphrase der zentralen Seelen-Definition des Aristoteles, De anima II 1, 412 a 27–29: ? ! ™ ™ = + + 4 *, ; nach der Übersetzung W. Theilers (Aristoteles, Über die Seele, Berlin 1969, S. 24): »ist die Seele die vorläufige Erfüllung des natürlichen Körpers, welcher der Möglichkeit nach Leben besitzt«. Principio di vita: Nach der klassischen Seelen-Definition des Aristoteles wird die von Bruno demgegenüber favorisierte platonische Bestimmung angeführt, vgl. Phaidros 245 C–246 A, Timaios 30 B-D, 34 BC, 38 E: ( ™? + *3 ™'! ([nach dem] durch beseelte Bande zusammengebundene Körper Lebewesen geworden waren), Nomoi X, 895 B–897 A (Selbstbewegung-Leben), aber auch von dieser gilt: nur »considerato come noi lo consideriamo« ist sie »qualche sustanzia«, nicht unter der Perspektive des Aristoteles (costui) und seiner Schüler. Bruno knüpft hier an seine zuvor getroffen Unterscheidung von allgemeinem und bestimmtem Substrat an: die »raggione sustanziale et assoluta« entspricht der Form, die das allgemeine Materie-Substrat bestimmt, also der Natur, die »raggione accidentale« entspricht der Form, die die schon geformte
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Materie (Holz, Eisen etc.) bestimmt, also der Kunst (die in dieser Hinsicht nachträglich und akzidentell ist); vgl. oben Anm. 68. Contraibile: Der Begriff »contractio« bzw. das Verbum »contrahere« gehören zum Grundinventar des spätmittelalterlichen Diskurses um das Problem von Individuation, Einzelheit, Besonderheit. Vgl. oben, dialogo 2, S. 118–122; OC III, 145–147: »contraersi«; unten, dialogo 4, S. 202, OC III, S. 243: »contrazzione« und die Anm. ad loc. Zur Sache bei Bruno vgl. Sigillus, OL II/2, S. 180–193, 213 f., der auf Ficino, TP XIII, 1–4 zurückgreift, Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 80 (OC IV, S. 97): die »potenza motiva infinita« des absoluten Prinzips wird durch jede Akt-hafte Konkretisierung »contratta all’atto di moto secondo velocità finita«. Ingegno: La sommersa nave (1985), S. 89–93; Sturlese: Le fonti (1994), S. 141–145; Mancini: La sfera (2000), S. 67–70, wobei allerdings äußerst mißverständlich, wenn nicht falsch, die Behauptung ist, die »contractio« bedeute in Brunos Schriften auch ein »movimento dell’espandersi dell’unita nella molteplicità« (S. 67). Hierzu hätte geklärt werden müssen, daß »Sich-Ausdehnen« hier ausschließlich übertragenen Sinn macht, der Sache nach jedoch ebenfalls ein Sich-Zusammenziehen oder Zusammengehen in eine bestimmte Form der Begrenztheit gemeint ist. Das Eine ist sicherlich, als »diffusivum sui« und »bonum ipsum«, ein sich schlechthin allem Mitteilendes (vgl. Infinito, dialogo 1, BW IV, S. 70; OC IV, S. 85: infinitamente diffondere, farsi communicabile); in dieser Mitteilung jedoch wird es auf die ontologischen Bedingungen dessen »kontrahiert«, dem es sich mitteilt oder in das es sich »entfaltet«. Zu Vorgaben im Spätmittelalter und bei Nicolaus Cusanus (mit weiterführender Literatur) vgl. Leinkauf: Die Bestimmung des Einzelseienden (1994) passim. Al fine … naturali: In der Konfrontation von »intenzione logica« und »principio di cose naturali« hat Bruno die Spitze seiner Kritik am Nominalismus erreicht, denn »intenzione« rekurriert auf das lateinische »intentio«, einen Fachausdruck der erkenntnistheoretischen und sprachlogischen Debatte, durch den eine subjektive, mentale Perspektive beschrieben wird (die verschiedene Ebenen besitzen kann [prima, secunda intentio]); »principio« bzw. »principium« hingegen ist ein deutlich metaphysisch und ontologisch besetzter Begriff, der auf den vor-subjektiven, Subjekt-unabhängigen Ursprung von Sein (Natur) geht. Werden an die Stelle eines objektiven, an sich seienden Prinzips – wie z. B. der Natur, der Seele, Gottes – subjektive »intentiones« gesetzt, so wird das menschliche Verstehen von Sein und Natur auf ein Verstehen des ›subjektiven‹ begrifflich-formalen Projektionsraumes, der als ›Natur‹ oder als ›Sein‹ gesetzt wird, reduziert. Hiergegen hat Bruno zeit seines Lebens darauf gesetzt, daß es für den Menschen – insbesondere natürlich für das heroische Individuum – einen unmittelbaren Bezug auf die
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Sache selbst gibt, vgl. hierzu den Rekurs auf das platonische »occhio del intelletto« oder auf das Begriffsfeld der »Schau« und des »Schauens«, Sigillus OL II/2, S. 169 f.; Furori I, dialogo 2, OC VII, S. 113–115 (DI, S. 983 f.; U II, S. 551 f.), dialogo 3, ebd. S. 137–9 (995–7; 564–6) u. ö.; anders Otto: Die Augen und das Herz (2000), der, in teilweise allerdings übertriebener Kritik an Positionen, die die metaphysische Orientierung Brunos favorisieren, als »metaphysik-kritische(s) Moment« bei Bruno die »konsequente Orientierung an der Sprache« diagnostiziert. Zur Materie als »rein logische Form« (una forma sustanziale … logica) vgl. Acrotismus, OL I/1, S. 102; Lampas, OL III, S. 25: »quasi pure logicum«; Beierwaltes: Einleitung (1977), S. XIX f. Ultime difference: Vgl. Aristoteles, Metaphysica VII 15, 1039 b 27–29; XIII 10, 1086 b 33. »Letzte Unterschiede« bezieht sich hier auf die definitorischen Unterschiede, die als differentia specifica in einer genauen Wesensbestimmung einer Substanz fungieren; im Unterschied zu den differentiae specificae, die letztlich jeweils entweder ein übergeordnetes Genus auf eine Art hin ›spezifizieren‹ oder eine höhere Art in bezug auf eine niedere Art, sind die »differentiae ultimae« unmittelbar das Individuum bestimmende Differenzen, die die »species specialissima«, also den letzten noch begrifflich faßbaren Allgemeinausdruck, weiter – begrifflich per impossibile – unterteilen. Dies war communis opinio im aristotelisch beeinflußten Denken seit dem 12. Jahrhundert; für Bruno wichtig Thomas von Aquin, S. th. I q. 13, a 9 c: »Omne nomen impositum ad significandum aliquod singulare est incommunicabile et re et ratione«; De ente et essentia, cc. 2–3, Opera omnia (Leonina) T. XLIII, Romae 1976, S. 370–375, z. B. c. 2, S. 371, 94–96: »designatio autem speciei respectu generis est per differentiam constitutivam, quae ex forma rei sumitur«, S. 373. Uno intelletto … ricetto de le forme: Gehört in den Kontext von dialogo 2, oben, S. 94, OC III, S. 113–115: »uno medesmo intelletto« als Vermögen der einen Seele; ebd., S. 114, OC III, S. 137: »Questa [sc. anima] intendo essere una di tutte cose.« Vgl. Platon, Timaios 48 E – 52 D; Aristoteles, Physica I 7, 191 a. Die Wendung »datore delle forme« greift das lateinische »dator formarum« auf (vgl. Sigillus, OL II/2, S. 202 f.), eine Bezeichnung, die allgemein dem Avicenna zugeschrieben worden ist und wird, vgl. Nardi, Saggi (1958) S. 16, 41, 241, die aber letztlich auf den Neuplatonismus zurückgeht, vgl. die Hinweise B, S. 125 und 132. Auch etwa bei Avicebron (Salomon ibn Gabirol), Fons vitae n. 42, S. 335, 13 f., auf den Bruno immer wieder Bezug nimmt, findet sich die Wendung: »largitor formae est super omnia«, die wir Sigillus, OL II/2, S. 203 wiederfinden: »prima forma […] est fons idearum et formarum omnium elargitor et seminum in naturae gremium effusor«. Zur Sache Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 107–112, der, zumin-
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dest was Sigillus sigillorum betrifft, auf dem neuplatonischen Hintergrund insistiert: Ficino, In Plotinum commentaria, Opera fol. 1575: »intellectus« (nus) = »pater formarum« in Sigillus, OL II/2, S. 173, 202; so auch Ciliberto: Giordano Bruno (1990), S. 38 f. Bruno distanziert sich, wie Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 117 festhält, dennoch in dem Sinne von Plotin– Ficino, daß er den Nus-Intellekt in eine Gleichrangigkeit oder ein ›horizontales‹ Verhältnis zur menschlichen Vernunft versetzt, obgleich er ihn dann dort, wie er es ja auch mit dem Einen in bezug auf das Universum macht, doch wiederum in einer gewissen Erstrangigkeit hält: »magis enim [sc. als bei den Platonici] convenit, ut intelligamus et ipsum [intellecum] ad nos et nos a ipsum adpellere, unde et ille noster et nos illius. Nos quidem semper illius, quia nos semper illuminans perpetuo praesentes habet, quantumvis non ille nobis perpetuo praesens, et consequenter non semper ille noster, quia non semper intendimus, nec semper illuminamur.« Hierzu scheint Bruno die Ficinianische Differenzierung in »intellectus communis« und »intellectus proprius« beizuziehen, Opera fol. 1551 f., die aber dennoch, gegen jede Abtrennung der Vermögen, als unterschiedener Ausdruck eines einigen Intellektes gedacht werden müssen, ebenso wie Bruno ja auch die einzelnen individuellen seelischen Erkenntnisvermögen gleichsam als Paronyma des Intellektes versteht, vgl. Sigillus, OL II/2, S. 175. Zum »Intellekt« bzw. zu »intelligentia« als einer einheitlichen, in sich identischen Erkenntnispotenz, die sich in verschiedene Funktionen (sensus, imaginatio, ratio, intellectus) differenziert und die in allen Dingen (nicht nur im Menschen) gegenwärtig ist vgl. auch Summa, OL I/4, S. 103–114 und Mancini: La sfera (2000), S. 37–39. Die Wendung »ricetto de le forme« entspricht dem lateinischen »receptaculum«, das als stehende Bestimmung für die Materie im scholastischen Denken durchgehend vorkommt. Auch hier ist die Wurzel im platonischen Timaios zu suchen und zwar im Ausdruck 6 ! für die Materie, vgl. Timaios 49 A. Wichtig ist, daß Bruno – und es wird hier explizit gesagt: »questo vuole il Nolano« – drei universale und in sich einheitliche Instanzen unterschieden wissen will, die alle einen Bezug auf die Form (forma) als ontologisch und epistemologisch zentralem Prinzip aufweisen: »datore de le forme«, »fonte de le forme« und »ricetto de le forme« respektive Vernunft, Seele und Materie; dies ist zu vergleichen mit den Überlegungen in dialogo 2, oben, S. 98 f., OC III, S. 119–123 zu »forma« im Kontext von »intelletto« und »anima« und im Rahmen der Bestimmung der »causa formale« (causa formalis). Vgl. insbes. dialogo 2, Anm. 154 die dreifache Unterteilung des Seelischen, in der sich diese Unterscheidung reflektiert. Zur Unterscheidung intelletto-anima del mondo-materia vgl. auch Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia libri tres, s. l. 1533, I c. 11, p. 15 f., wo mit den »Platonici« in Gott/Vernunft,
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Weltseele, Natur, Materie unterschieden wird; im Hintergrund steht wohl Ficino. Noi veggiamo che tutte le forme naturali: Den Passus von »tutte le forme […] nella materia« und die daran anschließenden von »nessuna cosa […]« bis »[…] feconda« sowie von »però si son […]« bis »Dio che è in tutte le cose« hat Jacobi in seinen Auszug S. 193, 34–194, 13 aufgenommen. Si generano e corrompono: Anspielung auf eines der naturtheoretischen, insbesondere biologischen Hauptwerke des Aristoteles De generatione et corruptione ( '! 4 D ), hier aber, wie die Begriffe zeigen, deutlich in den Kontext des Kerngedankens der »vicissitudine« (vicissitudo rerum) gestellt: alle Naturformen »cessano« und »novamente vegnono«, »esceno« aus dem Schoß der Materie und »si accoglino«, »sen vanno, e vegnono, altre cessano, e se rinnovano« etc. Zu »vicissitudine« vgl. oben, dialogo 2, S. 84 ff., OC III, S. 139 mit Anm. 136. Avicebron: Vgl. oben, dialogo 2, S. 118, OC III, S. 143 dort Anm. 152; dialogo 3, S. 138; OC III, S. 169 dort Anm. 43. Vinculis, OL III, S. 696: »qui ausi sunt materiam etiam Deum appellare«. Vgl. Dagron: Unité de l’être (1999), S. 323: Bruno visiert hier den Themenbereich des folgenden, vierten Dialoges an. A questo errore … accidentale: Interessant ist der interpretierende Zwischenpassus, den Jacobi als Überleitung des zuvor von ihm übersetzten Textteiles zu dem nächsten Auszug (OC III, S. 203–205) einfügt: »Wirklich muß man in diesen Irrtum geraten, wenn man nur eine zufällige Form, eine Form der zweiten Gattung, und nicht jene notwendige, ewige und erste, welche aller Formen Form und Quelle ist, erkennt, die wir mit den Pythagoräern das Leben und die Seele der Welt genannt haben«, Jacobi, S. 194, 14–18. Rigettata e non rigetta: Hier sind verschiedene Übersetzungen möglich, die aber den Gesamtsinn nicht stören; »rigettare« kann nämlich heißen: zurückweisen, ablehnen, ausbrechen (im Sinne von: erbrechen), von sich geben. Während H, S. 190 für letztere Variante optiert (produite et improductive), entscheidet sich L1, S. 61 für erstere (ausgeschlossen wird und nicht ausschließt). La tenne vile: Dieser Passus ist durchaus ontologisch zu verstehen, denn es geht durchgehend um Formen und Modi des Seins (essere). Digressione: Es handelt sich um den Passus dialogo 3, S. 142–160, OC III, S. 173–193, der durch Gervasios Frage eingeleitet wurde, was Teofilo denn unter ›Materie‹ genau verstehe. Quella raggione delle specie: L1, S. 62 und R, S. 92 übersetzen so, als ob dastünde: »distinguere quella raggione dalle specie«, dadurch erhalten sie die Differenz ›Allgemeines/gemeinsames Wesen [raggione] – Besonderes / spezi-
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fische Form [specie]‹; H, S. 192 – und mit ihm Aquilecchia – hingegen liest: »distinguere quella raggione delle specie«, d. h. »jenen Grund / jene Ursache der Arten« innerhalb der Bestimmung ›Seele‹ zu unterscheiden. Prima … soggetto: Diese Einteilung entspricht der zuvor, oben, dialogo 3, S. 156, OC III, S. 189 gegebenen Unterscheidung von: »uno intelletto«, »una anima«, »una materia« bzw. »datore de le forme«, »fonte de le forme« und »ricetto de le forme«. Vgl. zu »intelletto universale«: Causa, dialogo 3, S. 156, 166, OC III, S. 189, 201; zu »anima vivicatrice«: ebd., dialogo 2, S. 106 f., 112, 118, OC III, S. 129–131, 137, 143; zu »soggetto« im Sinne von Substrat und Materie: ebd., dialogo 2, S. 120, OC III, S. 145; 3, S. 142 ff., OC III, S. 173–179. Questo corpo formato … razionale: Meint die Welt als ganze bzw. das Universum, dies wird vor allem deutlich aus der Verwendung des Begriffs »animale«, der auf die Wendung »grandi animali« für die Weltkörper zurückgeht, vgl. oben, dialogo 2, S. 90, OC III, 109 und die zugehörige Anm. 28 mit weiterführenden Hinweisen. Hintergrund für die Gleichsetzung der Welt oder des Kosmos mit einem »Lebewesen«, ja sogar mit einem »animale razionale«, ist natürlich Platons Timaios, wo die Welt nicht nur als belebt und beseelt, sondern auch als »sichtbares Lebewesen« bezeichnet wird (*3 A$), vgl. 30 D, 31 A, 92 C. Spirito: »Geist« versteht sich hier aus dem genauen Gegensatz zu ›Körper‹ oder, besser noch, zu ›Leib‹ und ist getrennt zu halten von »Geist« im Sinne von »mente« (mens), d. h. von dem, was als umfassendes intellektuelles Prinzip die ›geistigen‹ Vermögen Phantasie, Verstand und Vernunft umgreift; mit »spirito« (lat. spiritus) haben wir das vermittelnde Prinzip, das im Menschen zwischen Seele und Körper in der Mitte steht (so wie die Seele selbst zwischen Geist [mens, intellectus] und Materie). Vgl. Agrippa von Nettesheim, De occulta philosophia libri tres, s. l. 1533, I c. 14, p. 19: der »spiritus mundi« ist das »vinculum occultarum virtutum«, ein »medium«, »quod sit quasi non corpus, sed quasi iam anima, sive quasi non anima, & quasi iam corpus, quo videlicet anima corpori connectatur«; dieser »spiritus« ist daher auch »forma extensa & non extensa«; siehe aber auch etwa David von Dinant, Q, Liber de effectibus, fr. G1, 16, 18 ff. Non come il prese Aristotele: Vgl. mit A1, S. 104 Aristoteles, Physica IV 6–9, De caelo IV 2. Bruno diskutiert das Vakuum und den Raumbegriff immer wieder ausführlich, vgl. etwa mit G, S. 275 Infinito, dialogo 2, OC IV, S. 113–119, vgl. dort den Kommentar S. 393 von J. Seidengart zu Aristoteles und zur Stoa (DI, S. 396–400; U II, S. 59–63), Acrotismus, art. 33–37: Ubi de vacuo, OL I/1, S. 130–143. Vgl. Michel: La cosmologie (1962), S. 177–182; Raimondi: Il sigillo (1999), S. 63–70, 123–128 und die Hinweise im Kommentar B, S. 132.
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Molti più antichi filosofi: Dies sind für Bruno vor allem Pythagoras,
Parmenides, Platon, Timaios (Lokros). Die Synthese von »spekulativer Wissenschaft« und »Naturerkenntnis« ist Grundintention von Brunos »neuer« Philosophie. Vor dem Hintergrund des schulphilosophischen Begriffs der »scientia speculativa«, der im Anschluß an Aristoteles Metaphysica VI 1–2 Metaphysik, Mathematik und Physik einschloß, wobei Theologie (scientia divina, so nennt es etwa Duns Scotus) ein Spezialfall der Metaphysik ist oder als »praktische Wissenschaft« auf eine völlig andere Schiene gestellt ist, soll eine neue »cognitio naturalis« oder »scientia naturalis« mit dieser (läßt man die Theologie weg) genuin philosophischen Form der theoretischen Philosophie synthetisiert werden. Zum Begriff »scientia speculativa« bei Scotus vgl. Honnefelder: Ens inquantum ens (1979), S. 19–29, 108 f., 114 ff. Bruno will dabei die nicht durch abstrakt-logische Begriffsdistinktionen verstellte »vernünftige« Erfassung der grundlegenden Naturprinzipien zum Muster eben auch der traditionell übergeordneten Disziplinen Metaphysik und Ethik machen (die Theologie als Bereich sui generis findet dabei keinen Ort mehr). Der Verweis auf die ›ganz alten‹ Theoretiker dient dabei nicht nur dem trivialen Faktum, daß für die Zeit Brunos noch eine intuitive Gleichstellung von Ancienität, Autorität und Sachhaltigkeit die Regel war (und nahezu alle Philosophen und Theologen, aber ebenso auch die Humanisten nicht darauf verzichteten, solche Evokationen »alter Weisheit« zur Unterstützung ihrer eigenen Argumente ihren Texten einzufügen), sondern ist auch strategisch zu verstehen als Verweis auf ein Denken, das sich jenseits ideologischer Verhärtungen und konfessioneller Frontenstellungen als rein auf die Sache schauend vollzog. Assai … addovine: Für Brunos ironisch-skeptische Distanz typischer Passus: das Unterscheiden- oder Finden-Können setzt eigentlich schon das Studium, dessen Anfang es bilden soll, voraus, setzt eigentlich schon die Einsichtfähigkeit in die Qualität eines philosophischen Ansatzes voraus, die doch erst noch erworben werden soll. Magicamente: Zur »magischen« Medizin vgl. mit A1, S. 105 Furori I, dialogo 5, OC VII, S. 249 (DI, S. 1035; U II, S. 606); Sigillus, OL II/2, S. 183 f. Vgl. Ciliberto: Introduction (2000), bes. XXVI–XXX und OM passim. Còlera … melancolia: Grundstoffe der antiken Humoralpathologie (gelbe Galle, Blut, Phlegma, schwarze Galle), die über Hippokrates vor allem aber über die Auseinandersetzung mit Galen die medizintheoretische, methodologische und philosophische Diskussion des 16. Jahrhunderts – vor allem auch in Konfrontation mit Paracelsus – stark geprägt hat, vgl. oben, dialogo 3, S. 134, OC III, S. 161, dort auch die Anm. 26; das »si perseguita o fugge« ist Ausdruck der gegensätzlichen Bewegungen, die medizinisch erzeugt werden sollen, um zum Gleichgewicht der Körpersäfte zu gelangen: einmal deren
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Vermehrung (verfolgt, perseguita) und zum anderen deren Minderung (flieht, fugge). Zur Medizintheorie vgl. Hartbecke: Metaphysik und Naturphilosophie (2006), Teil II. Chimicamente: steht hier für alchemisch; zu den einzelnen Prozessen vgl. A1, S. 105 und Aquilecchia: Schede bruniane (1993), S. 138 mit Hinweisen auf sprachliche Besonderheiten und mögliche direkte Quellen für Bruno: V. Biringuccio, Pirotechnia, Venezia 1559, fol. 25v, 26v, 27v; G. Bracesco, Legno della vita, 1542, fol. div r. Zur paracelsistischen Trias Mercurius-Sal-Sulphur vgl. oben, dialogo 3, S. 140, Œuvres III, S. 171, wo auch schon von der »virtù del fuoco« die Rede war. Zur Sache vgl. Debus: The chemical philosophy (1977); Leinkauf: Mundus combinatus (1993), S. 92–110. Coperatori: Vgl. Sigillus, OL II/2, S. 195: »quia natura nobiscum cooperatur«. Divinando: Der explizite Ausschluß von Instinkt, Inspiration und Enthusiasmus, also von den Formen prä- oder überrationalen Eingebundenseins und Erhobenwerdens, die aus biologischer, theologischer und poetologischer Perspektive seit Platon, der Stoa oder den christlichen Autoren thematisiert worden sind (hierzu Bruno, Idiota 6 f.; Ingegno: Cosmologia e filosofia (1978), S. 192–195), soll die eigentümliche, aus der philosophia nolana allein ableitbare Form einer angemessenen Naturerkenntnis und eines In-und-mit-Naturexistierens herausstellen. »Erahnen« ist dann etwa so zu verstehen, wie wir in einer Gemeinschaft von Menschen das Reden oder Handeln eines Menschen vorher erahnen können, weil wir »gelernt« haben, seine spezifische, rational fundierte Herangehensweise an Grundprobleme zu verstehen und weil wir diese dann antizipieren können. Zu »per ordine naturale e raggione di vicissitudine« vgl. Raimondi: Il sigillo (1999), S. 163 f.: wenn Gott das Universum ›ist‹, dann kann die Naturphilosophie oder die ›Physik‹ von ihm mit ebensolchem Recht Aussagen machen und ihn zu ›benennen‹ versuchen, wie die ›Metaphysik‹ oder Theologie den Gott, der als trans-natürlich/transzendent gedacht worden ist. Non è sorte di filosofia: Brunos grundsätzliche Befürwortung einer Vielfalt philosophischer Ansätze, einer gleichsam irreduziblen Varietät, die nicht nur als unausweichlicher Index menschlicher Einzelheit und Besonderheit zu verstehen ist, sondern, da in jeder einzelnen philosophischen Position auch eine durch keine andere ersetzbare Perspektive erschlossen wird, als ein Positivum erster Ordnung, könnte u. a. auf Giovanni Pico della Mirandolas produktivem Eklektizismus basieren, der im zweiten Teil seiner Oratio besonders deutlich im Gedanken der »pax philosophica« zum Ausdruck kommt und natürlich auch das Thesen-Werk durchdringt; siehe Giovanni Pico della Mirandola, Oratio de dignitate hominis, ed. E. Garin, Bad Homburg–Berlin–
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Zürich 1968, S. 36 ff., 60: »At ego ita me institui, ut in nullius verba iuratus (Horaz, Ep. I 1,14), me per omnes philosophiae magistros funderem, omnes schedas excuterem, omnes familias agnoscerem. […] et profecto angustae est mentis intra unam se Porticum aut Academiam continuisse. Nec potest ex omnibus sibi recte propriam selegisse, qui omnes prius familiariter non agnoverit.« Diese Form von reflektiertem Eklektizismus hat sich immer mit dem Grundgedanken der »libertas philosophandi« in Einklang gesehen. Im 17. Jahrhundert wird diese Vorstellung vor allem durch J. H. Alsted, J. Chr. Sturm und G. W. Leibniz emphatisch vertreten, im 18. Jahrhundert kann Jacob Brucker Bruno, neben Cardano, Bacon, Campanella, Hobbes u. a., zu den »Reformatoribus der ganzen Philosophie, und den vornehmsten Restauratoribus der Eclectischen Philosophie« zählen, vgl. Kurtze Fragen aus der Philosophischen Historie. 7 Teile u. Zusätze, Ulm 1731–1737, Teil 7, c. 1. Im allgemeinen kann gesagt werden, daß Bruno einen ausgeprägten Sinn für die Geschichtlichkeit des Denkens hat, die in seinen Augen der selben »vicissitudo« unterworfen ist, wie die Entwicklung der Natur in ihren Bewegungen und Prozessen. Das Nichtberücksichtigen der Vielfalt der philosophischen Ansätze, das Wegdrücken der Vorarbeit der historischen Vorgänger, ist in den Augen Brunos Ausdruck der »ambitio« des betreffenden Autors, vgl. die Kritik an Aristoteles und an Platon im dialogo 5, S. 236, 244 f., OC III, S. 283, 293 (DI 325, 331). Vgl. Dagron: Unité de l’être (1999), S. 299; Montano: La mente e la mano (2000), S. 36 ff., bes. S. 38 f. mit Verweis auf Lampas, OL III, S. 8 f. Zur Sache allgemein vgl. Albrecht: Eklektik (1994). Zum »regolato sentimento« vgl. das zum »senso regolato« Gesagte oben, Proemiale epistola, S. 8, OC III, S. 9 mit Anm. 10. Nel libro … Piante: Es handelt sich um folgende Abhandlungen des Aristoteles: De generatione et corruptione, Meteorologica, Historia animalium, De plantis (unecht, aber im Mittelalter weit verbreiteter lateinischer Text, der auf eine arabische Überlieferung zurückgeht); A1, S. 107 verweist auf Brunos Liste in Figuratio, Divisio naturalis philosophiae, OL I/4, S. 141. Anassagora: Vgl. auch oben, dialogo 2, S. 110, 122, OC III, S. 135, 147, unten, dialogo 4, S. 214, OC III, S. 257. G, S. 278 verweist auf Immenso III c.8, OL I/1, S. 377: »Anaxagoras […] solis substantiam terream intellexit et igneam, humido in corpus lucidum concreatam; quam subinde uno verbo lapidem ardentem definivit. An vero cum hoc non altius senserit de substantia illa divina et animali, dubium est.« Vgl. Anaxagoras Fr. 12, 35 Diels-Kranz. Trismegisto: Vgl. G, S. 279; A1, S. 107 mit Hinweis auf Candelaio, Akt I, Szene 11, OC I, S. 97: »di questi metalli [sc.piombo, stango, ferro, oro, bronzo, argento] Mercurio Trismegisto chiamò il cielo padre, e la terra madre etc.«; Immenso III c. 8, OL I/1, S. 375 f.: mit Bezug auf die grundsätzlich homologe
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Struktur des Universums, in dem alle Welten dieselbe Art-Form repräsentieren (ad eandem speciem substantiae referas hunc mundum atque illum) und in dem auch, dokumentiert durch die alten Lehren der Chaldäer, der Pythagoräer, des Moses und eben des Hermes Trismegistos, die Elemente (Feuer, Wasser etc.) überall, trotz unterschiedlicher äußerer Form, von derselben Art und Substanz sind; Minimo I c. 9, OL I/3, S. 171 und Spaccio, Dialog 3, OC V/2, S. 429–431 (DI, S. 784–786; U II, S. 354–356); Jamblichos, De mysteriis Aegyptiorum, Venetiis 1516. Zur Bedeutung des Hermes Trismegistos und des sog. ›Hermetismus‹ für Bruno vgl. Yates: Hermetic tradition (1964); zur Stelle Dagron: Unité de l’être (1999), S. 325 f., der darauf hinweist, daß die durch Epikur, Heraklit und Anaxagoras repräsentierte, dreifache Abstufung eine »récapitulation« der Ergebnisse der ersten Hälfte von De la causa darstelle: »cette gradation définit les trois essences des dialogues II et III«, im Hintergrund stehe die ontologische Struktur des neuplatonischen Musters, wie sie etwa Ficino, TP I, c. 1 (1, 38–39) gebe, die von Bruno auf drei Grundformen reduziert werde; zum ›Hermetismus‹ allgemein siehe Leinkauf: Interpretation und Analogie (2001). Semplici: Bezieht sich wohl einerseits auf die »materialistischen« Ansätze, wie den Atomismus (Demokrit, Epikureer), andererseits auch auf Anaxagoras, der Fr. 12, Diels-Kranz II, S. 39 von »Teilen«, (, spricht, jedoch mehrfach auch den Gedanken des »Teilhabens«, also ( :H; , oder des »Teil-Enthaltens« (( ) zwischen den elementaren Grundformen anspricht vgl. Fr. 6, Diels-Kranz II, S. 35, Fr. 11, S. 37. Contemplazione-operazione: Kann auch gut, wie es schon L1, S. 65 tut, durch das Gegensatzpaar Theorie–Praxis wiedergegeben werden. Zum epistemologischen Hintergrund des Gedankens der »diversi sensi« bzw. verschiedenen Urteile, die von verschiedenen ›Sinnesvermögen‹ resp. rationalen Einstellung in bezug auf einen Gegenstand abgegeben werden können, vgl. Minimo I c. 1, OL I/3, S. 137 f. Esplicar-implicato: Bruno spielt mit diesen Begriffen auf zwei Dinge an, zum einen auf die logische Grundbedeutung von »implicatio«, die in der scholastischen Logik, vor dem Hintergrund aristotelischer und stoischer Grundlegung und der Vermittlung vor allem durch Boethius, im Wesentlichen als materiale oder kausale Implikation verstanden worden ist – Bruno sagt also: ›wenn x, als Samen, Möglichkeit, Form, in einem Substrat (der Materie) ist, dann folgt y als dessen Explikat‹ (so exakt S. 168 f., OC III S. 205 mit Anm. 117), zum anderen auf die Basisbegriffe complicatio–explicatio des Nicolaus Cusanus, die eine vor allem universale ontologische, aber auch theologische Bedeutung aufweisen, und vor allem das Verhältnis Identität–Verschiedenheit/Andersheit explizieren, vgl. De coniecturis I c. 11, n. 55, h III,
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S. 56: »Identitas igitur inexplicabilis varie differenter in alteritate explicatur, atque ipsa varietas concordanter in unitate identitatis complicatur«, De possest (das Bruno mit Sicherheit kannte und zitiert) nn. 8–9, h XI/2, S. 9 f.; De docta ignorantia II c. 3 n. 105, h I, S. 69. Vgl. dialogo 5, S. 242, OC III, S. 289, dort auch Anm. 65. Vgl. Menne: Art. ›Implikation‹ (1976), Sp. 263 f.; zu Cusanus vgl. Beierwaltes: Visio absoluta (1980) mit Nachweisen vor allem auch zum neuplatonischen Hintegrund (Proklos) und der Schule von Chartres (Thierry von Chartres). Che distinguerele … abisso: Bruno läßt verschiedene Grundformen der philosophisch-theologischen Explikation von Vielheit aus einem zugrundliegenden ersten, anfänglichen Prinzip Revue passieren: die jüdischgnostisch-christliche (distinguere da un chaos), die neuplatonisch-christliche (da un fonte ideale), die aristotelisch-scholastische (da una possibilità in atto), die mythologische (da un seno) und die vielleicht universalste metaphorische Umsetzung, die alle religiös inspirierte Denkformen kennen (da un cieco e tenebroso abisso alla luce). Siehe dagegen die Zuordnungen von Am ad loc., der zunächst auch Cusanus (esplicar […] implicato) anführt, dann aber Anaxagoras (distinguerle da un chaos), arabische Philosophie (distribuirle da un fonte ideale), Aristoteles (cacciarle […] possibilità) nochmals die arabische Tradition (riportarla da un seno) und schließlich Trismegistos (dissotterrarle alla luce) zuordnet. Ogni fondamento è buono: Vgl. schon Umbris, OL II/1, S. 17–19. Zum dahinter stehenden Gedanken einer grundsätzlichen, durchaus eklektizistische Formen aufweisenden Offenheit für alle philosophischen Ansätze und Traditionen, allerdings auch einer verschiedenen Gewichtung von Seiten Brunos, vgl. Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 23 ff. Potenza-soggetto: Über »soggetto« war mit Blick auf die Materie schon ausführlicher gehandelt worden, vgl. oben, dialogo 3, S. 144 ff., OC III, S. 175– 181; die Diskussion zu »potenza« wird dann vor allem im vierten Dialog geführt werden, siehe S. 200–224, OC III, S. 241–269. »Potenza« als »Vermögen« wird von Bruno, wie etwas weiter unten deutlich wird, von »possibilità«, als bloßer »Möglichkeit«, abgesetzt, wohl um eine Verengung auf rein logische oder modale Dimensionen (Möglichkeit, Wirklichkeit, Notwendigkeit) zu vermeiden; in Vermögen steckt eben, neben der Potentialität im Sinne des bloßen Gegensatzes zu einer aktualen Verwirklichung, auch die Dimension des »Vermögens zu«, der »Macht« oder »Mächtigkeit«, die das, was im Vermögen vermocht wird, auf ein vermögendes ›Subjekt‹ oder eine ›Instanz‹ bezieht, die aus sich heraus tätig sein kann. Genau dies ist aber die Blickrichtung, die intentio recta könnte man sagen, der Argumentation Brunos. Vgl. auch S. 140, OC III, S. 169, Anm. 45 zum Unterschied von »potenza« und
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»potestà«. Brunos Sprachgebrauch ist für den Leser alles andere als begrifflich konsistent (im Unterschied zu seinen Gedanken). Vgl. auch Plotin III 8, 10, 1; V 3, 15, 33 u. ö. zur , die auch als Mächtigkeit oder Vermögen zu allen Dingen zu denken ist und nicht als reine, in sich passive Möglichkeit (im Sinne der Formbarkeit-zu); hierzu Beierwaltes: Denken des Einen (1985), S. 49 f. Im naturtheoretischen Kontext ist zu vergleichen Plotin VI 3, 22–23, wo gegen Aristoteles der Begriff einer nicht-sinnlichen, transzendent gegründeten, aber immanent wirkenden 4( entwickelt wird, den in der Folge auch z. B. der für die Diskussion des 16. Jahrhunderts ungeheuer wichtige Johannes Philoponos übernehmen wird, vgl. Chiaradonna: Sostanza, movimento, analogia (2002), S. 188–225, bes. 212 f. Der Passus »questo principio […]« bis »[…] senza differenza e distinzione« (OC III, S. 203–207) entspricht Jacobis Auszug, S. 194, 19–196, 19. Pitagorici-platonici-stoici: Mit »Pitagorici« meint Bruno die sog. ›NeuPythagoreer‹ wie etwa Numenios, vgl. hierzu Krämer: Der Ursprung der Geistmetaphysik (1967), S. 63–92; für die »Platonici« vgl. z. B. Plotin II 4, 4 passim, bes. 6–12 mit der Feststellung: »auch dort [sc. in der intelligiblen Welt] muß es Materie geben«, 4˜4( ( ‰ 8. A1, S. 108 weist darauf hin, daß die Übersetzung des Ficino dieses Kapitel mit folgender Überschrift versieht, Plotini Enneades fol. 160 G: »Probat esse in intelligibili mundo materiam«; Chalcidius, Timaeus translatus commentarioque instructus, c. CCCXX, ed. J.-H. Waszink, London-Leiden 1962, S. 316: »Recte igitur eam simpliciter et ex natura sua neque corpoream neque incorpoream cognominamus, sed possibilitate corpus et item possibilitate non corpus«; für die »Stoici«, die umgekehrt eben alles Intelligible, d. h. Seele, Gott, als ›materiell‹ ansetzten, vgl. Pohlenz: Die Stoa (1978), Bd. I, S. 64–69. Bruno lehnt sich hier vermutlich an einen Passus bei Nicolaus Cusanus an, De docta ignorantia II c. 8, n. 134; h I, S. 87: »Unde aiebant veteres Stoici formas omnes in possibilitate actu esse, sed latitare et per sublationem tegumenti apparere, quemadmodum si coclear ex ligno fit per ablationem partium tantum«, eine Stelle, die selbst möglicherweise auf Chalcidius in Tim, c. CCCXI, ed. Waszink S. 311 zurückgeht: »quare si intra silvam ratio formarum et qualitatum latet, ut Stoicis videtur, abundat opificis moderatio, sed opinor silvae opificem necessarium, sicut ipsi etiam Stoici sanciunt. Opifex igitur silvae ut aeris informitati cervae formas insigniet atque ita constabit ob necessariam dogmatis rationem.«. Potenza over possibilità: In dem folgenden Argumentationsgang zum Verhältnis Vermögen/Möglichkeit–Wirklichkeit, das eigentlich ein zentrales, in Anlehnung an eine Grundunterscheidung des Aristoteles (Metaphysica V 12, 1019 a 15 ff.) durchgeführtes Diskussionsfeld um das Verhältnis von Gottes Natur/Wesen und der Natur der Materie aufgreift, rekurriert Bruno in
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auffälliger Weise auf Werke des Nicolaus Cusanus, vor allem auf dessen Trialogus de possest, mit dem er wohl das Anheben der Diskursqualität auf die »raggione piú alta e piú esplicata« erreichen will; vgl. die einzelnen Nachweise im Folgenden. Zu Cusanus-Bruno vgl. Wilde: Giordano Brunos Philosophie (1901), S. 15 f.; Santinello: Materia prima (1969) passim, Meier-Oeser: Die Präsenz des Vergessenen (1989), S. 243–257; Mancini: La sfera (2000), weiter unten, Anm. 122. Daß die Materie in diesem Kontext mit Bestimmungen versehen wird, die ansonsten auch Gott selbst zukommen, führt »systematisch notwendig« und gegen die Anathemata von 1277 (vgl. Chart. Univ. Paris I, ed. Denifle/Chatelain, Paris 1899, S. 544 ff.) zur Unendlichkeit der Welt bzw. des Universums, vgl. B, S. 132 f.); Nardi: Saggi (1958), S. 185, Anm. 22. Essere-posser essere: Die Untrennbarkeit von Sein und Sein-Können ist in der Tradition mehrfach behauptet worden, so auch von Nicolaus Cusanus, vgl. De docta ignorantia II c. 7 n. 128; h I, S. 82, 21 f.: »Quomodo enim quid esset, si non potuisset esse?«. Vgl. Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 168 ff. Vgl. A1, S. 109. Implica: Hier haben wir die oben, vgl. dialogo 3, S. 166, OC III, S. 201 mit Anm. 114, erwähnte logisch-ontologische Bedeutung von implicazione im Sinne des modus ponens. Primo principio sopra naturale: Zum Zugleich (simul) von Form-Materie bzw. Sein (esse/esssentia)-Möglichkeit (possiblitas) vgl. Avicebron, Fons vitae V n. 42, S. 334: »materia non fuit absque forma ictu oculi, ut ideo sit non creata et non habeat esse; sed est creata cum forma simul«; Nicolaus Cusanus, De docta ignorantia II c. 8, n. 132; h I, S. 85: »Hanc omnem rem natura praeire dicebant, ita quod numquam verum fuit dicere: ›Deus est‹, quin etiam verum esset dicere: ›Absoluta possibilitas est‹ «; ebd. n. 136; h I 88: »Quare possibiltas absoluta in Deo est Deus, extra ipsum vero non est possibilis«; ebd. n. 140, h I 89: »[…] cum possibilitas absoluta sit Deus […]«. Zum »principio sopra naturale« vgl. Umbris OL II/1, S. 23; Summa OL I/4, S. 86, 100; Cabala, OC VI, S. 157; nach Spruit: Il problema della conoscenza (1988), S. 170 indiziert das »sopra naturale« immer noch eine bewußte Nicht-Ineinssetzung von Gott und Welt; hierzu siehe Proemiale epistola, argomento del terzo dialogo, oben, S. 14, OC III, S. 17 und unsere Anm. 29 ebendort. Prima che fusse fatto: Damit etwas sich selbst hervorbringen kann, damit es also »causa sui« sein kann, müßte es »sein« – nämlich als »causa« –, bevor es »ist« – nämlich als (a se) »causatum«; der Gedanke, daß das höchste, absolut erste Sein auch »causa sui« sein müsse, um in reiner Autarkie und (ontologischer) Freiheit es selbst zu sein, geht auf Plotin zurück (VI 8, 14, 41: J ‰ '# = ( 9 Ficino, Plotini Enneades, fol. 161 B: »Indivisibilis quidem prorsus est ubique mundus ipse superior, & quadam rursus conditione dividuus. Ac si partes eius inter se dispersae sint: sectio ipsa atque dispersio est quaedam materiae passio: Ipsa enim est proprie quae passa dicitur sectionem.« Concetto informe: Geht auf Plotins Ausdruck 1 bzw. Ficinos »informe« zurück (s. u.), verbindet sich jedoch mit mittelalterlicher Terminologie. Vgl. den zuvor im dritten Dialog, vermutlich aus Duns Scotus oder einem anderen skotistischen Autor, eingeführten Begriff der Indifferenz; vgl. oben, dialogo 3, S. 172, OC III, S. 207, Anm. 131. Bruno setzt die zuvor eingeführte über-kategoriale Substanz mit dem Einen gleich, das zwar Differenz-los und Form-los ist, nicht jedoch in oder an sich leer, sondern eine ihre eigenen Implikationen in sich aufhebende Einheit, die deswegen auch jedem geformten Seienden wie auch jedem geformten Begriff (concetto formato) vorgreift, und zwar nicht als äußere Bedingung, sondern als inneres Prinzip und Zugrundeliegendes (soggetto). Nun ist es in Brunos spezifischer ontologischer Position die Materie, die genau diese Position eines vorgreifenden, alle Entfaltungsmöglichkeiten in sich begreifenden Prinzips einnimmt. Vgl. BönkerVallon: Metaphysik und Mathematik (1995), S. 24 f. Zum Text: Plotin II 4, 4, 14–17: œ . # - ˜ $ ™ # # ™