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German Pages 328 Year 1995
Beiträge zur
Verhaltensforschung
Die von Günter Schmölders 1959 begründete Buchreihe „Beiträge zur Verhaltensforschung" hatte es sich zum Ziel gesetzt, die vorherrschende, weitgehend deduktiv operierende und den lebensweltlichen Prozessen entrückte Volkswirtschaftslehre mit erfahrungswissenschaftlicher Evidenz über das reale Verhalten der Menschen im Wirtschaftsprozeß zu konfrontieren. Inzwischen, eine Generation später, hat sich die Nationalökonomie vielen in den anderen Sozial- und Verhaltenswissenschaften heimischen Konzepten und Betrachtungsweisen gegenüber geöffnet. Die lebhafte Diskussion um die Logik des kollektiven Handelns, der rationalen Erwartungen und der Wahl zwischen privaten und kollektiven Gütern, die Konzeptionen der spieltheoretischen, der institutionenökonomischen und der produktionstheoretischen Analyse mikroökonomischer Prozesse lassen den Abbau von Berührungsängsten zwischen der Ökonomie und den benachbarten Wissenschaften erkennen. Die „splendid isolation" der Ökonomie ist von außen her durch Methodenkritik, von innen durch Reflexion aufgebrochen worden. Nach wie vor aber bedürfen politikrelevante Konzepte der ökonomischen Theorie wie Angebotsorientierung, Flexibilisierung, Konsumentensouveränität dringend der empirischen Fundierung, Differenzierung und Erprobung, damit sie nicht als pseudopräzise positive Weltbilder - mit der Autorität der Wissenschaft versehen - für Interessenpositionen herhalten müssen. Die ökonomische Verhaltensforschung muß daher die der Wirtschaftswissenschaft immanenten Welt- und Wertvorstellungen, ihre Logik und Struktur ebenso wie ihre Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft, kritisch untersuchen. Dazu wird sie weiterhin, ganz im Sinne ihres Gründers, mit erfahrungswissenschaftlichen Methoden wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Prozesse analysieren und bestrebt sein, mit diesen Analysen auch ein außerakademisches Fachpublikum zu erreichen. Wie bisher wird also das Profil der Reihe durch Arbeiten charakterisiert sein, die von dieser methodologischen Orientierung geleitet sind. Die Arbeiten werden darüber hinaus manche inhaltlichen Fragen aufnehmen, die bislang von der ökonomischen Verhaltensforschung weniger beachtet wurden. Die ersten Beiträge der neuen Folge befassen sich mit gesellschaftlichen Problemen und Politikfeldern in den sensiblen Bereichen Umweltschutz, Beschäftigung, Technologiegestaltung, Verbraucherpolitik und Produktentwicklung; sie orientieren sich an dem Triangel Produzenten - Konsumenten - Staat. Wie geht die Konsumgüterindustrie mit einer neuen Schicht unzufriedener und selbstbewußter Kunden um? Wie wirken sich gängige Leitbilder der Wissenschaft in der Praxis wirtschaftspolitischer Beratung aus? Wie werden staatliche Aufrufe und Anreize zur Beschäftigung jugendlicher Arbeitsloser in Unternehmen wahrgenommen und strategisch und organisatorisch umgesetzt? Wirken sich Deklarationen unternehmerischer Verantwortung in realen Strategien des Umwelt- und Ressourcenschutzes aus? Hat der vielbeschworene Wertewandel, die Individualisierung und Pluralisierung der Lebensverhältnisse Konsequenzen für Lebenspläne, Arbeits- und Konsumstile? Es ist das Ziel der Herausgeber, in dieser Reihe Arbeiten zusammenzufassen, die in zugleich theoriegeleiteter und theoriekritischer, politikbezogener und anwendungsorientierter Weise die Fruchtbarkeit verhaltenswissenschaftlicher Ansätze für die Ökonomie vor Augen führen.
CHRISTIAN SCHNEIDER
Barter-Clubs - Chancen und Probleme
Beiträge zur
Verhaltensforschung
Herausgegeben von Prof. Dr. Meinolf Dierkes, Berlin Prof. Dr. Gerhard Scherhorn, Hohenheim Prof. Dr. Burkhard Strümpel t , Berlin
Heft 30
Barter-Clubs Chancen und Probleme Eine theoretische und empirische Analyse
Von
Christian Schneider
Duncker & Humblot * Berlin
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme
Schneider, Christian: Barter-Clubs - Chancen und Probleme : eine theoretische und empirische Analyse / von Christian Schneider. Berlin : Duncker und Humblot, 1995 (Beiträge zur Verhaltensforschung ; H. 30) Zugl.: Stuttgart, Univ., Diss., 1994 ISBN 3-428-08284-2 NE: GT
D 100 Alle Rechte vorbehalten © 1995 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0522-7194 ISBN 3-428-08284-2
Geleitwort Die Arbeit stößt in eine Lücke. Mit den Mitteln der empirischen Sozialforschung sind die Barter-Clubs bisher noch nicht untersucht worden. Auch die ökonomische Aufarbeitung des Phänomens läßt vieles zu wünschen übrig; in den Wirtschaftswissenschaften werden nicht nur die Barter-Clubs, sondern auch die übrigen Formen der Tauschringe und Kooperationsringe bisher wenig beachtet. Ganz unbegreiflich ist das nicht; schließlich sind es Randerscheinungen mit - bisher - nur geringem quantitativem Gewicht, wenn man von dem rasch wachsenden Umfang des internationalen Countertrade absieht, der nur insoweit aus dem hier behandelten Rahmen fällt, als er fallweise und bilateral organisiert wird, während Tausch- und Kooperationsringe dauerhafte Organisationen zur Förderung des Ringtausches unter vielen Mitgliedern sind. Am Rande also, aber schon seit Jahrzehnten und mit deutlich zunehmender Verbreitung demonstrieren die Einrichtungen des Ringtausches eine Möglichkeit, die Nachteile der Geldwirtschaft - Instabilität und Wachstumszwang - zu mildern, ohne das Marktprinzip aufzugeben. So ist an der raschen Zunahme und quantitativen Bedeutung des wternationalen Countertrade zu erkennen, daß es einen wachsenden Bedarf an Realtauschgeschäften gibt. Im //rtranationalen Zusammenhang nehmen die Anlässe für einen zahlungsmittelunabhängigen Austausch von Leistungen ebenfalls zu. In beiden Bereichen liegt die Ursache letztlich in der ungebremsten geldwirtschaftlichen Dynamik, die einer zunehmenden Anzahl von Wirtschaftssubjekten Liquiditätsprobleme bereitet, weil sie das systemimmanente Gebot der Produktivitätssteigerung nicht hinreichend erfüllen. Das betrifft zum einen Landwirte sowie generell kleine Geschäftsleute, Handwerker, Arbeitnehmer in zurückbleibenden Regionen. Hier sind die Kooperationsringe entstanden, Tauschringe von Konsumenten und kleinen Gewerbetreibenden. Zum anderen betrifft es einen zunehmenden Teil der mittleren Unternehmen. Aus ihrer Mitte haben sich die Barter-Clubs entwickelt, die den Gegenstand der vorliegenden Arbeit bilden. Sie unterscheiden sich von den Kooperationsringen unter anderem darin, daß ihnen anders als jenen nicht der Gedanke der gemeinsamen Selbsthilfe zugrundeliegt, obwohl die Verrechnungsgeschäfte durchaus auch als Mittel zur Bewältigung von Krisensituationen gesehen werden, sondern das Verlangen nach individueller Umsatz- bzw. Gewinnmaximierung. Dem betriebswirtschaftlichen Denken mag das geradezu
Geleitwort
6
selbstverständlich erscheinen; doch ist es hinderlich für das Entstehen eines Solidaritätsgefühls, das es neu gegründeten Tauschringen erleichtern würde, die Hürden des Anfangs zu überwinden. Die Anfangsschwierigkeiten werden transparent, weil es dem Verfasser möglich war, im größten Barter-Club in Deutschland und Österreich, Barter Clearing & Information (BCI), eine Befragung von Mitgliedsunternehmen durchzuführen. Die Befragung wurde von BCI unterstützt, weil der Club sich von ihr Aufschlüsse über die Ursachen der suboptimalen Tauschfrequenz vieler Mitglieder erhoffte. Sie stützt sich zum einen auf eine eingehende Beschreibung der bestehenden Barter-Clubs oder Wirtschaflsringe und zum anderen auf eine theoretische Analyse der Barter-Clubs, in der die gesamte einschlägige Literatur verarbeitet ist. Barter-Clubs lassen sich als Tauschsysteme ohne Tauschmittel charakterisieren, also als Formen einer Wirtschaft, in der das Geld primär die Funktion der Recheneinheit hat. Die Funktionen des Wertaufbewahrungs- und des Zahlungsmittels sind weitgehend eliminiert, weil das System durch Zinsverzicht und Glattstellungsregeln so konsequent auf den Austausch realer Leistungen angelegt ist, daß ein Verkäufer die ihm zuwachsende Forderung stets möglichst bald durch eigene Käufe innerhalb des Tauschrings ausgleicht. Das funktioniert, wenn die Clearingzentrale den Mitgliedern des Tauschringes durch effektive Vermittlung von Informationen und effiziente Organisation der Verrechnungen in hinreichendem Maße Transaktionskosten erspart, und wenn der Kreis der Mitglieder so zusammengesetzt und so groß ist, daß jeder einzelne im Ring nicht nur Partner für Verkäufe, sondern in gleichem Umfang auch Partner für Käufe findet. Das kann nicht schon gleich am Anfang der Fall sein, allein schon deshalb, weil erst ein entsprechend großer Teilnehmerkreis aufgebaut werden muß. Dazu bedarf es zumindest in der Anfangsphase der Solidarität. Sie wird erleichtert, wenn die Unternehmen erkennen, daß die strukturelle Ursache für ihre Schwierigkeiten in der Dynamik der Geldwirtschaft selbst liegt, und daß deren Schwächen überwunden werden können, weil die Fortschritte in der elektronischen Datenverarbeitung es ermöglichen, Rechnungseinheiten an die Stelle des Währungsgeldes zu setzen.
Stuttgart, im Oktober 1994 Gerhard Scherhorn
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im März 1994 von der wirtschafte- und sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Hohenheim als Dissertation angenommen. Sie wurde anschließend noch aktualisiert und in einigen Punkten ergänzt, wobei neuerschienene Literatur und aktuelle Entwicklungen bis Oktober 1994 berücksichtigt wurden. Da die Arbeit nicht ohne die Beihilfe und die Mitwirkung einer Vielzahl von Personen zustandegekommen wäre, möchte ich mich bei all denjenigen, die mich bei der Arbeit in unterschiedlicher Art und Weise unterstützt haben, herzlich bedanken. Mein ganz besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Gerhard Scherhorn, der die Arbeit anregte und ihre Entstehung mit konstruktiver Kritik begleitete. Mein Dank gilt darüber hinaus dem Geschäftsführer der Firma Barter Clearing & Information in Deutschland, Herrn Friedrich Weissenbeck. Ohne seine Bereitschaft, die Befragung zu unterstützen und mir Einblick in die Geschäftsentwicklung von BCI zu geben, wäre die Arbeit in der vorliegenden Form nicht möglich gewesen. Dank gebührt schließlich Herrn Professor Dr. Johann Heinrich von Stein für die Übernahme des Korreferats und seine jederzeitige Diskussionsbereitschaft.
Freising, im November 1994 Christian Schneider
nsverzeichnis
Α. Einführung I. Problemstellung, Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit H. Barter-Clubs - Eine alternative Handelsform für die Zukunft?
19 22
B. Grundlagen I. Historie 1. Tauschsozialismus und Freiwirtschaft als Ursprung des organisierten Tauschhandels 2. Ausgleichskassen und Arbeitsgemeinschaften 3. Tauschringe im besetzten Nachkriegsdeutschland 4. WIR-Wirtschaftsringe in Berlin und Nürnberg 5. Heutige Tauschringe: Barter-Clubs Π. Funktionsweise, Aufbau und Zielsetzung von Barter-Clubs 1. Grundmodell eines Barter-Clubs 2. Aufbau der Barter-Organisation 3. Zielsetzungen von Barter-Clubs ΠΙ. Barter-Clubs in Abgrenzung zu weiteren Formen des Tauschhandels 1. Barter und Countertrade 2. Barter-Firmen und Kooperationsringe IV. Finanz- und realgüterwirtschaftliche Auswirkungen des Barter-ClubTauschhandels 1. Einfluß auf den Absatz 2. Einfluß auf die Beschaffung 3. Einflüsse auf denfinanzwirtschaftlichen Bereich a) Finanzierung durch Verrechnungskredite b) Auswirkungen auf die Liquidität V. Zusammenfassung
27 28 33 35 40 42 43 43 46 48 50 50 53 57 57 61 64 64 66 69
10
nsverzeichnis
C. Tauschringe in der Praxis I. Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft 71 1. Historie, Funktionsweise und Aufbau 71 2. Entwicklung der Geschäftstätigkeit 75 3. Besonderheiten des Wirtschaftsrings 80 Π. Barter-Clubs in den USA 86 ΙΠ. Barter-Clubs in Deutschland und Österreich 91 1. Barter Clearing & Information (BCI) 91 a) Funktionsweise und Organisationsstruktur 93 b) Aufbau und Funktionsweise der Datenbank 98 c) Entwicklung der Geschäftstätigkeit 100 2. EBC Exchange Business Club, BATCO Barter Transactions Company, EBB Euro Barter Business und Allgemeiner Absatzring 106 IV. Exkurs: Imageprobleme der Tauschhandelsbetriebe 110 V. Zusammenfassung 114 D. Theoretische Analyse der Barter-Clubs I. Barter-Clubs als ZahlungsVerkehrssysteme 116 1. Charakterisierung des Zahlungsverkehrssystems 117 a) Organisation des Zahlungsverkehrs 117 b) Charakterisierung des Zahlungsmittels 119 2. Bankaufsichtsrechtliche Behandlung von Barter-Clubs in Deutschland.... 120 3. Die Sicherheit der Verrechnungsguthaben bei deutschen Barter-Clubs.... 130 IL Barter-Clubs als besondere Form der Marktorganisation 134 1. Informationsinhalte, Informationsnutzen und Grad der Markttransparenz 137 2. Transaktionskosten des nicht-monetären Bedarfsausgleichs 142 ΠΙ. Barter-Clubs als beschränkte Marktsysteme 146 1. Preisbildung 147 2. Qualität und Verfügbarkeit von Leistungen 150 3. Eintrittsbarrieren 151 IV. Die Funktionsfähigkeit eines Barter-Clubs in Abhängigkeit von der Teilnehmerzahl 153 V. Zusammenfassung 157
nsverzeichnis
11
E. Empirie I. Gegenstand und Methodik der empirischen Studie 160 1. Untersuchungsteilnehmer und Inhalt der Studie 163 2. Erhebung und Auswertung der Daten 166 Π. Ergebnisse der postalischen Befragung 167 1. Rücklaufquote 167 2. Organisationale Merkmale der befragten Unternehmen 168 3. Beginn und Motive der Mitgliedschaft 172 4. Teilnehmerverhalten - Resultate der Mitgliedschaft 174 a) Erhalt von und Reaktion auf Nachfragen 174 b) Nutzung von Datenbank und Einkaufsführer sowie Versand von Mailings und Teilnahme an UnternehmertrefFen 177 c) Häufigkeit und Volumen von Geschäftsabschlüssen 180 d) Preise, Qualitäten und organisatorischer Aufwand bei Verrechnungsgeschäften 186 e) Matching-Probleme und Passivität der Mitgliedsfirmen 187 f) Inanspruchnahme von Überziehungskrediten 190 5. Beurteilung der Mitgliedschaft - Kritik und Verbesserungsvorschläge 191 6. Resümee 195 ΙΠ. Ergebnisse der Interviews 197 1. Fallbeispiele 197 2. Ausgewählte Probleme 207 a) Hoher Aufwand bei Transaktionen 208 b) Fehlendes Systemvertrauen 211 3. Resümee 213 IV. Exkurs: Ergebnisse einer empirischen Studie über die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft 215 F. Schlußbetrachtung I. Zusammenfassendes Ergebnis 219 Π. Handlungsempfehlungen für die Zukunft 222 ΙΠ. Ausblick: Barter-Clubs als Pilotprojekte auf dem Weg zu einer alternativen Geldordnung 229
12
nsverzeichnis
Anhang Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft in Zahlen Barter Clearing & Information in Zahlen Vertragsbedingungen der Barter Clearing & Information - Deutschland Geschäftsbedingungen der BATCO Barter Transactions Company Anschreiben Fragebogen Ergebnisse der postalischen Umfrage
235 237 240 245 246 247 255
Literaturverzeichnis
288
Adressenverzeichnis
325
blnverzeichnis Tabelle 1 : Tauschringe in Württemberg-Baden
38
Tabelle 2: WIR-Kreditarten im Überblick
83
Tabelle 3: Entwicklung des Barter-Business in den USA
87
Tabelle 4: Geschäftsentwicklung je Barter-Teilnehmer bei BCI-Gesamt
104
Tabelle 5: Beurteilung der Mitgliedschaft (1)
192
Tabelle 6: Beurteilung der Mitgliedschaft (2)
193
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Stufen der Geldentwicklung
26
Abb. 2: Entwicklung der Teilnehmerkonten beim WIR seit 1949
76
Abb. 3: Entwicklung der WIR-Umsätze seit 1983
77
Abb. 4: Aufteilung der WIR-Umsätze nach Verrechnungskreisen im Jahr 1993.. 78 Abb. 5: Entwicklung der Umschlaghäufigkeit des WIR-Geldes seit 1949
79
Abb. 6: Entwicklung des WIR-Kreditvolumens seit 1983
84
Abb. 7: Aufbau der BCI-Organisation
97
Abb. 8: Einsatzmöglichkeiten des Datenbanksystems bei BCI
98
Abb. 9: Entwicklung des Mitgliederbestandes bei BCI-Deutschland
101
Abb. 10: Entwicklung des Mitgliederbestandes bei BCI-Österreich
102
Abb. 11 : Entwicklung der Anzahl verrechneter Geschäfte bei BCI
102
Abb. 12: Entwicklung der Barter-Umsätze bei BCI
103
Abb. 13: Entwicklung des Nachfragevolumens bei BCI
105
Abb. 14: Anzahl der an die Mitglieder versandten Nachfragelisten bei BCI
105
Abb. 15: Die Stellung der Barter-Geschäfte im Zahlungsverkehr
116
Abb. 16: Phasen einer Markttransaktion
143
Abb. 17: Überblick über die Methodik der Untersuchung
162
Abb. 18: Umsätze der Auskunftsfirmen im Jahr 1990
169
Abb. 19: Personalbestand der Auskunftsfirmen zum Jahresende 1990
170
Abb. 20: Branchenverteilung der Auskunftsfirmen
170
Abb. 21: Handelsstufen der Auskunftsfirmen
171
Abb. 22: Beitrittsjahr der Auskunftsfirmen
173
Abb. 23: Motive der Mitgliedschaft
174
Abbildungsverzeichnis
15
Abb. 24: Anzahl erhaltener Nachfragen innerhalb von zwölf Monaten
175
Abb. 25 : Anzahl abgegebener Nachfragen innerhalb von zwölf Monaten
177
Abb. 26: Anteil der Verrechner
180
Abb. 27: Verrechner nach Branchen
181
Abb. 28: Verrechner nach Handelsstufen
182
Abb. 29: Anzahl verrechneter Transaktionen innnerhalb von zwölf Monaten
183
Abb. 30: Verkaufserlöse bei Verrechnungsgeschäften innerhalb von zwölf Monaten
184
Abb. 31: Verrechnungsquoten bei Barter-Geschäften in Abhängigkeit vom Auftragswert
185
Abb. 32: Matching-Probleme bei Verrechnungsgeschäften
188
Abb. 33: Beurteilung des Zinsvorteils
191
Abb. 34: Beurteilung der Betreuung durch die BCI-Geschäftsstellen
194
Abungsverzeichnis AAR Abb. Abs. Anm. d. Verf. Art. A.R.T.A.
Allgemeiner Absatzring Abbildung Absatz Anmerkung des Verfassers Artikel Australian Association of Trade Exchanges
BAKred BankG BankWO BATCO BBankG BCI Bd. BEI BGB BGBl BRD bspw. BTX bzw.
Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen Bankengesetz Bankenvollziehungsverordnung Barter Transactions Company Gesetz über die Deutsche Bundesbank Barter Clearing & Information Band Barter Exchange Incorporation Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesrepublik Deutschland beispielsweise Bildschirmtext beziehungsweise
ca. CSFR
cirka ehemalige tschecheslowakische Republik
DDR d.h. DM
ehemalige Deutsche Demokratische Republik das heißt Deutsche Mark
EBB EBC EDV EFTPOS EG E.R.T.A. etc. e.V.
Euro Barter Business Exchange Business Club Elektronische Datenverarbeitung Elektronic Funds Transfer am Point of Sale Europäische Gemeinschaft European Association of Trade Exchanges et cetera eingetragener Verein
Abkürzungsveizeichnis
17
f. ff.
folgende fortfolgende
GmbH/Ges.m.b.H
Gesellschaft mit beschränkter Haftung
HGB Hrsg. HSG
Handelsgesetzbuch Herausgeber Hochschule St. Gallen
I.A.T.E. i.d.R. IGW I.R.T.A. ISDN Iss ITA
International Association of Trade Exchanges in der Regel Schweizerisches Institut für gewerbliche Wirtschaft International Reciprocal Trade Association Integrated Services Digital Network Issue/Ausgabe Illinois Trade Association
Jg.
Jahrgang
kfr. KG KWG
kurzfristig Kommanditgesellschaft Gesetz über das Kreditwesen
lfr.
langfristig
MA Mio. Mrd. m.w.N.
Mitarbeiter Millionen Milliarden mit weiteren Nachweisen
Ν A.T.E. No./Nr.
National Association of Trade Exchanges Nummer
o. J. o.O. O.S. o.V. öS.
ohne Jahresangabe ohne Ortsangabe ohne Seitenangabe ohne Verfasserangabe österreichischer Schilling
RGBl
Reichsgesetzblatt
S. sfr. Sp. StAE
Seite/Satz Schweizer Franken Spalte Stadtarchiv Esslingen
Tab. Tsd.
Tabelle Tausend
2 Schneider
18
Abkürzungsverzeichnis
u.a. USA
und andere Vereinigte Staaten von Amerika
VAG vgl. Vol.
Verrechnungsstelle für Austauschgeschäfte vergleiche Volume
z.B. zit.
zum Beispiel zitiert
Α. Einführung
Ι . Problemstellung, Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit Die dominante Form des Austausches in entwickelten Volkswirtschaften ist zweifellos die über das Geldmedium vermittelte. Dennoch ist die Abwicklung von Leistungstransaktionen ohne die Verwendung von Geld auch in hochentwickelten Volkswirtschaften kein unbekanntes Phänomen. Gegenwärtig erlebt der Tauschhandel mit seiner Jahrtausende währenden Tradition 1 sogar eine Rennaissance. Vor allem internationale Tauschgeschäfte gewinnen dabei als Folge einer Reihe von Fehlentwicklungen auf den Geld- und Gütermärkten zunehmend an Gewicht.2 Darüber hinaus entstehen zusehends neue, moderne Formen des Tauschhandels. Diese unterscheiden sich von den althergebrachten Formen des geldlosen Austausches insofern, als sie versuchen, deren Schwächen wie wechselseitiger Bedarf, wertmäßiger Ausgleich und zeitliche Übereinstimmung zu beseitigen. Zu diesen neuen Formen des Tauschhandels zählen auch Barter-Clubs, Tauschringe bzw. Tauschbörsen oder Trade Exchanges, wie sie ebenfalls genannt werden. In Deutschland wurden die ersten Barter-Clubs zu Beginn der achtziger Jahre dieses Jahrhunderts gegründet. Zielsetzung dieser Organisationen ist es, den geldlosen Leistungsaustausch zwischen den ihnen angeschlossenen Unternehmen zu organisieren und den Unternehmen dabei Absatz-, Beschaöungsund Finanzierungsmöglichkeiten einzuräumen. Eine Tauschzentrale übernimmt dabei die Rolle des Vermittlers multilateraler Tauschgeschäfte und verrechnet die entstehenden Forderungen und Verbindlichkeiten auf Verrech1
vgl. Strahm, C , Frühgeschichte, 1984, S. 20; Dopsch, Α., Naturalwirtschaft, 1930; Knapp, Α., Entstehung, 1986, S. 103 ff. 2 Schätzungen zur gegenwärtigen Stellung von Tauschgeschäften im Welthandel weichen stark voneinander ab . So bezifferte das Institut der deutschen Wirtschaft den Anteil des Tauschhandels am Welthandel im Jahre 1988 auf ca. 15 - 20% (vgl. Jalloh, S. B., Außenhandel, 1989, S. 41). Schätzungen der US-Regierung und der Vereinten Nationen nennen einen Anteil zwischen 10 - 20% (vgl. West, D., Testimony, 1992, S. 62). Berechnungen der OECD und des GATT auf der Basis von Zahlen Mitte der achtziger Jahre weisen demgegenüber einen wesentlich geringeren Anteil von 5 8% aus (vgl. Lake, J. C., Testimony, 1992, S. 59). Einen Überblick über weitere Schätzungen geben: Howard A A/Yeakel, J. A , Countertrade, 1990, S. 48 ff ; Jalloh, S. B., Countertrade, 1990, S. 23). Unstrittig ist allerdings die wachsende Bedeutung des Tauschhandels (vgl. Aggarwal, R., Business, 1989, S. 75; Marvel, Β. Κ., Preface, 1991, S. 57; Schuster, F., Countertrade, 1990, S. 4).
20
Α. Einführung
nungskonten unter Verwendung einer eigens zu diesem Zweck geschaffenen, meist zinslosen Verrechnungswährung. Tauschobjekte sind Realgüter aller Art, und zwar sowohl aus dem Waren- als auch aus dem Dienstleistungssektor. Da es sich bei den über Barter-Clubs abgewickelten Geschäften in Deutschland um eine neuartige Form des Leistungsaustauschs handelt, mangelt es bisher sowohl an wissenschaftlicher als auch an praxisorientierter Literatur, die sich mit diesem neuen Phänomen eingehender auseinandersetzt. Lediglich die Dissertationen von Kruthaup 3 und Köstler 4, wissenschaftliche Aufsätze von Godschalk 5 und Iske 6 sowie ein "Handbuch für Praktiker" von Weissenbeck und Mehler 7 behandeln den Barter-Club-Tauschhandel ausführlicher. Hinzu kommen drei Arbeiten, die allerdings nur auf die in der Schweiz seit nunmehr 60 Jahren existierende WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft Bezug nehmen und deren Entstehung zum Teil über 30 Jahre zurückliegt.8 Die erwähnten Schriften lassen allerdings viele Fragestellungen offen. Vor allem ist es ihr Makel, daß sie sich fast ausschließlich auf theoretische Ansätze stützen und dabei die Praxis kaum in die Überlegungen mit einbeziehen. Zielsetzimg der vorliegenden Arbeit ist es deshalb, die Chancen und Probleme des Barter-Club-Handels in der Gegenwart aufzuzeigen und dabei Erfahrungen aus der Praxis in adäquater Weise einfließen zu lassen. Erstmals wurden daher Teilnehmer eines Barter-Clubs befragt, um empirisch fundierte Aussagen über die Leistungs- und Funktionsfahigkeit dieser Form des Güteraustausches treffen zu können. Die Arbeit ist neben der Einführung (Gliederungspunkt A) und den Schlußbetrachtungen (Gliederungspunkt F) in vier weitere Abschnitte untergliedert. Dabei wird im einführenden Abschnitt, nachdem Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit erläutert wurden, die Frage aufgeworfen, ob und unter welchen Bedingungen die bei Barter-Clubs praktizierte Form des Güteraustausches als eine fortschrittliche Handelsform betrachtet werden kann.
3 Kruthaup, F., Barter-Business, 1985. 4 Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991; Köstlers Dissertation stimmt dabei inhaltlich in vielen Punkten mit einer ebenfalls von ihm verfaßten Diplomarbeit über Barter-Clubs (Köstler, W. Α., Analyse, 1989) überein. 5 Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1984; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986; Godschalk, H. T. C., Pilotprojekte, 1986. 6 Iske, T., Barter, 1987. 7 Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987. 8 Gisin, G., Bedeutung, 1955; Meierhofer, L., Analyse, 1985; Lautner, M., "WIRM-Verrechnungsverkehr, 1964: Diese Dissertation behandelt schwerpunktmäßig rechtliche Fragestellungen zum WIRVerrechnungsverkehr.
I. Problemstellung, Zielsetzung und Vorgehensweise der Arbeit
21
Im zweiten Abschnitt (Gliederungspunkt B) erfolgt zunächst ein Abriß über die historische Entwicklung von Tauschringen. Sodann werden die Funktionsweise, der organisatorische Aufbau sowie die Zielsetzungen von Barter-Clubs beschrieben. Schließlich wird eine kurze Systematisierung der verschiedenartigen Ausprägungsformen des Tauschhandels vorgenommen, um Unterschiede zwischen dem Barter-Club-Tauschhandel und weiteren Erscheinungsformen des Tauschhandels aufzuzeigen. Ausführlicher wird dabei auf das vor allem in den USA von darauf spezialisierten Barter-Firmen praktizierte Corporate Barter mit seinen verschiedenen Ausprägungsformen sowie auf private Austauschnetze, sogenannte Kooperationsringe, eingegangen, da diese beiden Formen des Tauschhandels große Ähnlichkeiten mit dem Barter-Club-Tauschhandel aufweisen. Im Anschluß daran wird analysiert, wie sich die Mitgliedschaft in einem Barter-Club bei den angeschlossenen Unternehmen auf die einzelnen betrieblichen Funktionsbereiche auswirkt und dabei zur Realisierung der vorhergenannten Zielsetzungen beisteuern kann. Der dritte Abschnitt (Gliederungspunkt C) beschäftigt sich ausschließlich mit der Beschreibung der gegenwärtigen Situation und Ausgestaltung des Barter-Club-Tauschhandels in der Praxis. Neben einer Darstellung des BarterBusiness in den USA wird auf die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft sowie auf die Situation des Tauschhandels in Deutschland und Österreich Bezug genommen. Besonderer Wert wird dabei auf die Darstellung des Systems von Barter Clearing & Information (BCI) gelegt, da sich die empirische Untersuchung auf die Befragung von BCI-Mitgliedern stützt. In einem kurzen Exkurs wird außerdem auf Imageprobleme heutiger Tauschringe hingewiesen. Innerhalb eines Tauschringes werden Zahlungen in eigens geschaffenen Verrechnungsguthaben angewiesen. Dies erfordert den Aufbau eines Zahlungsverkehrssystems, bei dem die Tauschzentrale als Clearing-Stelle fungiert. Zu Beginn des vierten Abschnitts (Gliederungspunkt D) wird die Ausgestaltung des Zahlungsverkehrssystems beschrieben. Daran anschließend wird die bankaufsichtsrechtliche Behandlung von Barter-Clubs in Deutschland analysiert und untersucht, ob Verrechnungsguthaben bei der gegenwärtigen Ausgestaltung deutscher Barter-Systeme ausreichend Sicherheit vor Wertverlusten gewährleisten. Da Tauschringe neben einer eigenen Verrechnungswährung auch über Regeln verfügen, die für das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage gelten, wobei normalerweise bei allen Transaktionen zwischen den Mitgliedsfirmen die Tauschzentrale zwischengeschaltet ist, wird im weiteren Verlauf des vierten Abschnitts erläutert, warum Tauschringe eine spezielle Form der Marktorganisation darstellen. Dies führt schließlich zu der entscheidenden Frage, ob es sich dabei um eine effiziente Form der Marktorganisation handelt. Da die Kategorien Markttransparenz und Transaktionskosten zentrale
22
Α. Einführung
Kriterien zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit institutioneller Arrangements bilden, wird, nachdem ein Urteil über den Nutzen der im Tauschring zur Verfügung stehenden Informationen abgegeben wurde, dargelegt, wie es um die Markttransparenz im Tauschring bestellt ist. Als nächstes wird dann zur Frage nach den Transaktionskosten des nicht-monetären Bedarfsausgleichs übergegangen. Außerdem leitet sich aus der Tatsache, daß es sich bei Tauschringen um eigenständige und zugleich beschränkte Märkte handelt, die Frage ab, welche Konsequenzen sich daraus im Hinblick auf den Marktzugang, die Preisbildung sowie die Verfügbarkeit und Qualität der gehandelten Güter ergeben. Abschließend wird erörtert, welchen Einfluß die Größe und Teilnehmerzahl eines Tauschringes auf die Funktionsfahigkeit des Barter-Club-Tauschhandels ausübt. In Abschnitt fünf (Gliederungspunkt E) wird Methodik und Vorgehensweise der empirischen Untersuchimg beschrieben. Die Darstellung sowie die Analyse der Untersuchungsergebnisse schließen an. Zweck der Erhebung ist es dabei vor allem, am Beispiel BCI herauszufinden, wie es um die Funktions- und Leistungsfähigkeit des Barter-Club-Tauschhandels bestellt ist. Zugleich soll die Studie eine Überprüfung theoretischer Überlegungen im Lichte empirischer Daten ermöglichen. Den Abschluß der Untersuchung (Gliederungspunkt F) bildet eine Zusammenfassung und kritische Würdigung der Ergebnisse, um darauf aufbauend Aussagen über die Chancen des Barter-Club-Tauschhandels zu geben und Handlungsempfehlungen für die Zukunft abzuleiten. Zuletzt wird in einem kurzen Ausblick dargelegt, warum Barter-Clubs aus gesamtwirtschaftlicher Sicht Aufmerksamkeit verdienen.
I I . Barter-Clubs - Eine alternative Handelsform fur die Zukunft? Obwohl es mittlerweile als erwiesen gilt, daß das Geld ursprünglich nicht zur Tauschvereinfachung geschaffen wurde,9 werden als wesentliche Aufgaben des Geldes heute gesehen, daß es den Austausch erleichtert und die Transaktionskosten reduziert. Unter Transaktionskosten sind dabei jene Kosten zu verstehen, "die aufgewendet werden müssen, damit Tauschakte (Transaktionen) zustande kommen können"10. In der reinen Tauschwirtschaft, also ohne
9
vgl. bspw. Laum, B., Geld, 1924; Gerloff, W., Geld, 1952, insbesondere S. 122; Schmölders, G., Geld, 1968, S. 10 ff.; Heinsohn, G./Steiger, O., Barter, 1986; Heise, Α., Tauschwirtschaft, 1991, S. 18 ff; Haesler, A , Topos, 1983, S. 292. 10 Wegehenkel, L., Marktsystem, 1980, S. 2. Ähnlich: Niehans, J., Transaktionskosten, 1979, S. 50: "Als Transaktionskosten werden jene Kosten definiert, die nicht bei der Produktion der Güter
Π. Barter-Clubs - Eine alternative Handelsform für die Zukunft?
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das Vorhandensein eines allgemeinen Tauschmittels, müssen sich Tauschpartner finden, die das von der Gegenseite angebotene Gut als Gegenleistung für ihr eigenes Tauschgut akzeptieren. Dies setzt voraus, daß Einigkeit über die Wertgleichheit der Güter besteht. Darüber hinaus müssen die Tauschobjekte zeitgleich bereitgestellt werden. 11 Die Einführung von Geld führt nun zu einer Ökonomisierung des Tauschprozesses. Als ein direktes Tauschmittel überwindet Geld die für den Güteraustausch notwendige Bedingung gegenseitiger Übereinstimmung der Tauschangebote, so daß das Geld angesichts der niedrigen Transaktionskosten als das Gut mit dem höchsten Tausch- bzw. Informationswert definiert wird. 12 Als Recheneinheit reduziert Geld die Zahl der Austauschrelationen von η (η -1) auf η Preise13 und als Wertaufbewahrungsmittel ermöglicht es die Trennung der Tauschakte Ware gegen Geld sowie Geld gegen Ware und reduziert damit Lager- und Aufbewahrungskosten. 14 Die Geldverwendung und das Entstehen einer ausgeprägten Geld- und Kreditwirtschaft wird deshalb mit den im Vergleich zur Tauschwirtschaft niedrigeren Transaktionskosten begründet. Demgegenüber wird die Tauschwirtschaft als "second best solution" bzw. vielfach sogar als Krisenerscheinung betrachtet. 15 Es läßt sich auch nachweisen, daß die Tauschwirtschaft in den vergangenen Jahrhunderten immer in Krisenzeiten einen Aufschwung nahm.16 Daran hat sich bis heute nichts geändert: So läßt sich auch der in den sechziger Jahren beginnende und seitdem anhaltende Anstieg von Countertrade-Geschäften auf hohe Inflations- und Zinsraten sowie auf eine zunehmende Zahlungsunfähigkeit vieler Entwicklungs- und Schwellenländer zurückführen. 17 Außerdem erhält der Tauschhandel gegenwärtig einen weiteren Impuls durch den Verfall der Wirtschafts- und Währungssysteme in den früheren Ostblockstaaten, allem voran auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion.18 Tauschgeschäfte lassen sich damit gesamtwirtschaftlich als eine Ausweichreaktion auf Ungleichgewichte auf den Geld- und Gütermärkten interpretie-
(einschließlich Transport, Verpackung etc.) entstehen, sondern bei ihrem Übergang von einem Eigentümer auf einen anderen." 11 vgl. Kath, D., Kredit, 1992, S. 180. 12 vgl. Fuhrmann, W., Geld, 1987, S. 5; Borchert, M., Kredit, 1992, S. 23 ff. 1 3
vgl. Schüller, Α., Geldwirtschaft, 1988, S. 308. 14 vgl. Kath, D., Kredit, 1992, S. 181. 1 5 vgl. bspw. Möhring, W., Gegengeschäfte, 1991, S. 110 ff; Dalton, G., Barter, 1982, S. 181 ff; Bürgin, R., Countertrade, 1986, S. 217. 1 6 vgl. Dopsch, A , Naturalwirtschaft, 1930, S. 243 ff; Möhring, W., Gegengeschäfte, 1991, S. 13 ff 1 7 vgl. Ferscha, R., Handelsdienste, 1991, S. 11 ff, insbesondere S. 14. vgl. Thoma, F., Agonie, 1992, S. 25.; ο. V., GUS-Märkte, 1992, S. 11; ο. V., GUS-Staaten, 1992, S. 13; Lichter, W., Weißrußland, 1993, S. 1; Lambroza, S., Rubles, 1993, S. 14 f.; ο. V., Rußland, 1994, S. 25.
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Α. Einführung
ren. 19 Sie bieten den entscheidenden Vorteil, daß auch deijenige Tauschtransaktionen abwickeln kann, der nicht über Geld als Tauschmittel verfügt: Während in der Geldwirtschaft eine Beschränkung der Austauschmöglichkeiten dadurch stattfindet, daß nur dann Transaktionen möglich sind, wenn ein Tauschpartner über Geld verfügt, kann in der reinen Tauschwirtschaft jedes Gut gegen jedes andere Gut getauscht werden. Jedes Gut, das auf mehr als einem Markt gehandelt wird, kann somit als Tausch- und Zahlungsmittel verwendet werden, so daß auch indirekte Tauschtransaktionen möglich sind. Dadurch erhöht sich die Anzahl der Märkte von M = m - 1 in der Geldwirtschaft auf M = m (m - 1) /2 Märkte in der Tauschwirtschaft, so daß die Tauschmöglichkeiten größer sind. 20 Dies führt dazu, "daß in der Tauschwirtschaft auch ohne Übereinstimmung der gegenseitigen Wünsche die allgemeine Gleichgewichtsallokation erreicht wird." 21 In der Geldwirtschaft ist dies nicht unbedingt der Fall, da selbst im Gleichgewichtszustand noch Tauschmöglichkeiten existieren, die infolge einer suboptimalen Geldversorgung nicht realisiert werden können.22 Allerdings gilt die höhere Allokationseffizienz des Tauschhandels nur dann, wenn keine Transaktionskosten anfallen, was in der Realität aber nicht der Fall ist. 23 Während also die Geldwirtschaft als Wirtschaftsform die niedrigeren Transaktionskosten aufweist, ist die Tauschwirtschaft aufgrund ihrer höheren Allokationseffizienz einer Geldwirtschaft überlegen, wenn von Transaktionskosten abstrahiert wird. Ein alternatives, fortschrittliches Tauschsystem müßte insofern die Vorteile der Geldwirtschaft und der Tauschwirtschaft in sich vereinigen. Dies wäre, wie es Koopmans im Zusammenhang mit seiner Forderung nach neutralem Geld 24 formuliert, erfüllt, "wenn sämtliche Vorgänge in der Geldwirtschaft dem Idealtypus einer reinen Tauschwirtschaft nach den Gesetzen der Gleichgewichtstheorien entsprechen"25 und dabei gleichzeitig "die von einem jeden anerkannten Vorzüge der geldlichen Organisation der Wirtschaft mit der Eliminierung deren anderweitigen Nachteile"26 verbunden würden.
1 9
vgl. Bürgin, R., Countertrade, 1986, S. 217 f.; Schräge, F./Wilhelm, F. G., Tauschhandel, 1984, S. 6. 2 0 vgl. Schräge, H./Wilhelm, F. G., Tauschhandel, 1984, S. 7 f. 2 1 Schräge, F./Wilhelm, F. G., Tauschhandel, 1984, S. 11. 2 2 vgl. Schräge, F./Wilhelm, F. G., Tauschhandel, 1984, S. 11. Ausführlicher mit dem Problem der suboptimalen Liquiditätsversorgung befassen sich: Suhr, D./Godschalk, H. T. C., Liquidität, 1986. 2 3 vgl. Bonus, H./Weiland, R., Transaktionskosten, 1992, S. 344; Schräge, H./Wilhelm, F. G., Tauschhandel, 1984, S. 12. 2 4 Perfekte oder qualitative Neutralität existiert allerdings nur in einer Welt ohne Transaktionskosten (vgl. Richter, R., Geldtheorie, 1990, S. 185). 2 5 Koopmans, J. G., Problem, 1933, S. 228. 2 6 Koopmans, J. G., Problem, 1933, S. 230.
Π. Barter-Clubs - Eine alternative Handelsform für die Zukunft?
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Die Ausgestaltung eines derartigen Tauschsystems könnte dabei so aussehen, daß eine Tauschzentrale als Vermittler von Transaktionen auftritt, 27 die begünstigt durch den Einsatz moderner, kostengünstiger und leistungsfähiger Medien zur Informationsbeschaffiing und -Vermittlung die Informations- und Transaktionskosten im Tauschsystem erheblich senken kann. 28 Der Verzicht auf ein Tauschmittel wird dadurch ermöglicht, daß ein multilaterales Verrechnungssystem aufgebaut wird, bei dem die Tauschzentrale die gegenseitigen Forderungen und Verbindlichkeiten der Tauschteilnehmer verrechnet. Dadurch daß die Tauschzentrale Informationen über potentielle Tauschpartner gewährt, erhöht sich die Markttransparenz der Tauschteilnehmer. Dies verringert die Unsicherheit über die Verwendbarkeit von Guthabensalden sowie das Risiko von Zahlungsausfällen, so daß ein sofortiger Ausgleich von Guthabensalden nicht mehr erforderlich wird, da der hohe Grad an Information die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel ersetzt.29 Dabei schaffen erst moderne Informations- und Kommunikationstechniken als exogener Faktor die Voraussetzung für das Entstehen einer derartigen "geldlosen Wirtschaft", indem sie die Funktion des Geldes als "Substitut für spezialisierte Marktkenntnisse"30 einnehmen. Vor diesem Hintergrund kann der Barter-Club-Tauschhandel, bei dem das Koordinationsproblem einer Tauschwirtschaft durch ein Informations- und Verrechnungssystem auf das einer Geldwirtschaft reduziert wird, ohne daß dabei die Anzahl der Märkte abnimmt, als reale Entsprechung eines derartigen alternativen Tauschsystems gelten, sofern "die Kosten eines Güteraustausches zumindest nicht höher sind als in der Geldwirtschaft" 31. Im Falle einer Reduktion der Transaktionskosten läßt sich der Barter-Club-Tauschhandel sogar als weiterer Schritt einer durch zunehmende Entmaterialisierung und Verringerung der Transaktionskosten geprägten Marktentwicklung des Geldes interpretieren, 32 in der Informationssysteme die Funktion des Geldes als Informationsträger einnehmen und bestimmte Geldarten, Geldfunktionen oder Geldemittenten ersetzen.33
27 Die Tauschzentrale wird "somit ein Substitut für ein Tauschmittel" (Niehans, J., Theorie, 1980, S. 128; ebenso: Seongwhan, Ο. H., Theory, 1989, S. 117). 2 8
vgl. Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1984, S. 58. Zum Einfluß der Informations- und Kommunikationstechnik auf die Transaktionskosten siehe auch: Michaelis, E., Transaktionskosten, 1985, S. 169. 2 9 vgl. Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 12 und S. 24. 30 Brunner, K./Meltzer, Α. H., Geld, 1974, S. 65. 3 1 3 2
3 3
Schräge, H./Wilhelm, F. G., Tauschhandel, 1984, S. 13. vgl. Godschalk, H. T. C., Computergeld, 1983, S. 12 und S. 31; Weimer, W., Geschichte, 1992, S. 8; Harlandt, H., Evolution, 1989, S. 7 ff. vgl. Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, insbesondere S. 16 und S. 24; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1984, S. 54 f.
Α. Einführung
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Zahlungs-ZTauschmittel 1 Trans1. Stufe 1 aktions- / 1 kosten /
MetalWMOnzgeld
Vollwertige Münzen
2. Stufe
Papiergeld
Banknoten, mit und ohne Deckung durch Edelmetalle
3. Stufe
Immaterielles/ substanzloses Geld
Geldsurrogate, Kreditkarten, Computergeld und Informationssysteme als Substitut für ein Zahlungsmittel Barter-Clubs?
Abb. 1: Stufen der Geldentwicklung Quellen: In Anlehnung an: Harlandt, H., Evolution, 1989, S. 7 ff.; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1984, S. 60.
Β. Grundlagen
Ι . Historie Erste Vorläufer heutiger Barter-Clubs existierten in England und Frankreich bereits in den dreißiger und vierziger Jahren des 19. Jahrhunderts. In London wurde die National Labour Exchange von Owen} in Marseille die Banque d'échange von Proudhon sowie die Tauschbank von Mazel und in Paris die Crédit central von Bonnard sowie die Banque du Peuple (Volksbank) von Proudhon ins Leben gerufen. 2 Im deutschsprachigen Raum lassen sich erste Versuche Tauschringe und Tauschbanken zu gründen, in die dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts zurückverfolgen. In Erfurt wurde die WÄRATauschgesellschaft gegründet und in Zürich die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft. Außerdem fand in Österreich das Notgeldexperiment der Gemeinde Wörgl statt. Dabei war diesen ersten Versuchen, einen organisierten Tauschverkehr aufzubauen, gemeinsam, daß sie auf das Gedankengut des Tauschsozialismus, dessen wichtigster Vertreter Proudhon war und der Freigeldlehre, deren Grundgedanken von Silvio Gesell formuliert wurden, zurückgriffen. 3 Ebenfalls in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts entstanden in Deutschland vor dem Hintergrund der Weltwirtschaftskrise als Ausgleichskassen und Arbeitsgemeinschaften bekannt gewordene Tauschringe. Diese waren genossenschaftlich organisiert und vom Ziel der Beschaffung von Arbeit und Verdienst geleitet. Am bekanntesten wurden die Ausgleichskasse in Rendsburg sowie die Arbeitsgemeinschaft Oberschlesien e.V. in Oppeln und Falkenberg.4 In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg wurden mit Unterstützung der Militärregierungen in Deutschland Tauschringe gegründet. Ihr Ziel war es, in einer Phase, in der das Geld seine Funktion infolge kriegsbedingter Inflation
1 Die Arbeitsbörse von Owen war ein Markt, auf dem alle Produkte zu ihrem Arbeitswert, d.h. zum Selbstkostenpreis ausgetauscht wurden. Am Tauschverkehr beteiligten sich ausschließlich Arbeiter, die in der Rolle als Produzenten und Konsumenten ihre Waren tauschten. Als Tauschmittel dienten Arbeitsscheine (vgl. hierzu ausführlicher: Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 111 ff). 2 vgl. Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1984, S. 69; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 31. 3 vgl. Wegelin, W., Tauschsozialismus, 1921, S. 4 ff. 4 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 9.
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Β. Grundlagen
und Bewirtschaftung nicht mehr erfüllen konnte, zur Überwindung von Versorgungsengpässen beizutragen. Von ihren Vorgängern unterschieden sie sich vor allem dadurch, daß neben Tauschbons stets auch Geld als Tauschmittel diente. Schließlich datiert ein weiterer Versuch, die Idee des organisierten Ringtauschs in Deutschland zum Leben zu erwecken, in die fünfziger Jahre zurück. Zwei Wirtschaftsringe wurden in Nürnberg und Berlin gegründet. Nach deren Scheitern dauerte es bis Anfang der achtziger Jahre, ehe erste Barter-Clubs nach amerikanischem Vorbild in der Bundesrepublik Deutschland ihre Geschäftstätigkeit aufnahmen.
1. Tauschsozialismus und Freiwirtschaft als Ursprung des organisierten Tauschhandels Proudhon, der als Vertreter eines friedlichen Übergangs zum Sozialismus gilt, 5 sieht den Hebel zur Überwindung des Kapitalismus im Mutualismus, der auf der Wiederherstellung der Gegenseitigkeit im Verkehr der Menschen beruht: "Die Gegenseitigkeit ist in der Schöpfung das Prinzip allen Daseins und in der sozialen Ordnung das Prinzip der sozialen Wirklichkeit, die Formel der Gerechtigkeit."6 Voraussetzung dafür ist die Herstellung von Tauschgerechtigkeit im ökonomischen Bereich. Diese Tauschgerechtigkeit sieht Proudhon aufgrund der Vormachtstellung des Geldes gegenüber den Waren, infolgedessen der Geldbesitzer Geld aus dem Kreislauf entziehen und von jenem, der auf akkumuliertes Geld als Kredit angewiesen ist, Zins verlangen kann, nicht verwirklicht. 7 Ein weiteres "Übel" sieht Proudhon im Eigentum an Grund und Boden. Die wenigen Eigentümer von Grund und Boden können aufgrund ihrer Monopolstellung Einkommen in Form von Bodenrente von jenen "erpressen", die auf dessen Nutzung angewiesen sind.8 Geldzins, Kapitalrendite und Bodenrente reduzieren die Arbeitseinkommen, erhöhen als Kostenbestandteile die Preise der Produkte und fließen als "arbeitsloses Einkommen" den Geldbesitzern (Kapitalisten) und Eigentümern von Boden zu. Zur Wiederherstellung von Gerechtigkeit und zur Vermeidung von Wirtschaftskrisen fordert Proudhon deshalb die Sozialisierung der privaten Grundrente sowie als zentrales Anliegen die Herstellung eines Gleichgewichts in der Zirkulationssphäre der Wirtschaft durch die Gleichstellung von Waren und Geld.9
5 6 7 8 9
vgl. Senil, G., Kapitalismus, 1990, S. 72. Proudhon, P. J., Organisation, 1973, S. 68 zit. nach Schmitt, K., Geldanarchie, 1989, S. 37. vgl. Schmitt, K., Geldanarchie, 1989, S. 37 f. vgl. Schmitt, K., Geldanarchie, 1989, S. 38. vgl. Proudhon P. J., Arbeit, 1849, S. 62 und S. 67.
I. Historie
29
Gesell, der an die Ideen Proudhons anknüpft, 10 macht die Besserstellung des Geldbesitzers gegenüber dem Warenbesitzer, das Privateigentum an Grund und Boden, den Zins sowie allgemeine Preisschwankungen für wirtschaftliche Krisen und Arbeitslosigkeit verantwortlich. Er fordert diese "Grundübel" durch Freigeld, Festwährung und Freiland zu beseitigen. Der Freilandgedanke sieht vor, allen Grund und Boden gegen eine Entschädigung in Staatsbesitz zu überführen, um so "arbeitsloses Einkommen" aus dem Eigentum an Boden zu verhindern. Die einzelnen Grundstücke sollen verpachtet und der erzielte Pachtzins für gemeinnützige Zwecke verwendet werden.11 Durch Einführung einer Festwährung will Gesell Preisschwankungen ausschalten, indem auf die Geldumlaufgeschwindigkeit steuernd eingewirkt wird. 12 Eine Steuerung des Preisniveaus über die Geldumlaufgeschwindigkeit hält Gesell jedoch nur im Zusammenhang mit der Einführung von Freigeld für möglich. Unter Freigeld versteht Gesell ein Geld, das wie die Waren einer periodischen Abwertung unterworfen ist, indem z.B. regelmäßig die alten Münzen gegen neue von geringerem Wert getauscht werden müssen: "Geld, das wie eine Zeitung veraltet, wie Kartoffeln fault, wie Eisen rostet, wie Äther sich verflüchtigt, kann allein sich als Tauschmittel von Kartoffeln, Zeitungen, Eisen und Äther bewähren. Denn solches Geld wird weder vom Käufer noch vom Verkäufer den Waren vorgezogen. Man gibt dann nur noch die eigene Ware gegen Geld her, weil man das Geld als Tauschmittel braucht, nicht, weil man vom Besitz des Geldes einen Vorteil erwartet." 13 Ein derartiges mit "Durchhaltekosten" belastetes Geld (Schwundgeld) "büßt seine zinstragende Eigenschaft ein" 14 und führt damit zur Abschafiung des Zinses, da die Geldbesitzer ihr Geld nicht mehr so lange zurückzuhalten können, bis sie von denjenigen, die auf Geld als Kreditnehmer angewiesen sind, Zinsen "erpressen" können.15
1 0
vgl. Gesell, S., Wirtschaftsordnung, 1986, S. 32 f. Eine ausführliche und zugleich kritische Abhandlung zu Proudhons Tauschprinzip und Gesells Zikulativitätstheorie gibt: Langelütke, H., Tauschbank, 1925. 11 vgl. Gesell, S., Wirtschaftsordnung, 1986, S. 54 ff. und S. 90 ff. Eine Kurzzusammenfassung von Gesells Freilandlehre mit aktuellem Bezug gibt: Schmitt, K., Geldanarchie, 1989, S. 115 ff. Ein kurzer Gesamtüberblick über Gesells Gedankengut findet sich bei: Senft, G., Marktwirtschaft, 1993, S. 85 ff. 1 2 vgl. Senft, G., Kapitalismus, 1990, S. 109. 13 Gesell, S., Wirtschaftsordnung, 1986, S. 183. Ein von Gesell propagiertes Schwundgeld existierte bereits im Mittelalter. Mitte des 12. Jahrhunderts wurden Brakteaten ausgegeben, Münzen, die vierteljährlich mit über 12% Verlust gegen neue Münzen ausgetauscht werden mußten. Die alten Münzen verloren ihre Gültigkeit (vgl. Sentì, G., Kapitalismus, 1990, S. 20 f.). 14 Gesell, S., Wirtschaftsordnung, 1986, S. 189. 1 5 vgl. Gesell, S., Wirtschaftsordnung, 1986, S. 32 ff. und S. 210 ff.
30
Β. Grundlagen
Proudhons und Gesells Reformvorschläge stehen damit auf zwei Säulen. Zum einen fordern sie eine Bodenreform, zum anderen die Veränderung der funktionalen Eigenschaften des Geldes verbunden mit der Abschaffung von Zinseinkommen: Geld solle ausschließlich als Tauschmittel verwendet werden, um so Störungen in der Warenzirkulation zu verhindern. Beide sehen in der Funktion des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel die Gefahr, daß Geld gehortet und Tauschprozesse erschwert werden. Sie fordern daher Geld und Ware auf die gleiche Stufe zu stellen, damit die "Überlegenheit" des Geldbesitzers gegenüber dem Warenbesitzer, die die Prämierung des Geldes durch den Zins zur Folge hat, beseitigt werde. Beide kommen zum gleichen Ergebnis, schlagen aber eine unterschiedliche "Therapie" vor. Während Proudhon fordert, die Waren sollten die Funktion des Geldes als Tauschmedium übernehmen, indem man Waren und Arbeitskraft auf die Rangstufe des Geldes hebt, fordert Gesell genau den umgekehrten Weg: 16 Geld solle auf die Stufe von Produkten heruntergesetzt werden, indem man es mit "Durchhaltekosten" belastet. Entsprechend sah dann auch die praktische Ausgestaltung der Tauschexperimente unterschiedlich aus. Dabei erzeugten vor allem eine von Proudhon selbst konzipierte Volksbank sowie neben der Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft 17 zwei weitere Tauschbank- bzw. Tauschringexperimente, die auf den Ideen Gesells fußten, nämlich die in Deutschland gegründete WÀRATauschgesellschaft sowie das Notgeldexperiment der österreichischen Gemeinde Wörgl, besondere Aufmerksamkeit. Die 1848 von Proudhon konzipierte Banque du Peuple sollte nach folgendem Grundkonzept aibeiten:18 Die an der Volksbank teilnehmenden Produzenten liefern, sofern ein direkter Tausch zwischen zwei Mitgliedern nicht möglich ist, ihre Erzeugnisse bei der Bank ab. Im Gegenzug erhalten sie Tauschbons, die in Kupons von 5, 10, 20 und 100 Francs ausgegeben werden. Die Tauschbank nimmt die Schätzung und Qualitätskontrolle der angelieferten Produkte vor und gewährt den Mitgliedern zinslose bzw. niedrig verzinsliche Kredite. Die Mitgliedschaft verpflichtet zur Entgegennahme der Tauschbons. Die Tauschbons verbriefen ein Anrecht auf den Bezug eines bestimmten Warenwerts. Um eine kontinuierliche Zirkulation zu gewährleisten, sind sie nicht in gesetzliche Zahlungsmittel einlösbar. Konsumenten wird eine Teilnahme am Tauschverkehr dadurch ermöglicht, daß sie Währungsgelder in Tauschbons transferieren können. Ziel der Tauschbank sollte es sein, das herkömmliche Geld allmählich als Zahlungsmittel abzulösen. Kurz vor Aufnahme der
1 6 1 7 1 8
vgl. Schmitt, K., Geldanarchie, 1989, S. 37 f.; Senft, G., Kapitalismus, 1990, S. 75. vgl. hierzu ausführlich: C. I. vgl. Proudhon, P. J., Arbeit, 1849, S. 72 - 77 sowie S. 86 ff.; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 34 ff.; Senft, G., Kapitalismus, 1990, S. 73 f.; Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 114 ff.
I. Historie
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Tauschaktivitäten wurde Proudhon jedoch verhaftet und zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt. Seine Tauschbank konnte dadurch ihre Tätigkeit nie aufnehmen, obwohl bis zu diesem Zeitpunkt bereits 13.627 Personen den Statuten der Tauschbank beigetreten waren. 19 Bei der von Timm und Rödiger 1929 in Erfurt gegründeten WÄRA-Tauschgesellschaft wurde mit der WÄRA ein Tauschmittel geschaffen, das mit "Durchhaltekosten" belastet war, um so einen permanenten Umlauf zu sichern. Wertmäßig war eine WÄRA beim Erwerb der Reichsmark gleichgesetzt. Allerdings mußten monatlich Wertmarken in Höhe von 0,01 WÄRA gekauft und auf die WÄRA-Scheine geklebt werden, um so die monatliche Abwertung der WÄRA-Guthaben von 1% abzugleichen. Ein Umtausch der WÄRA in Reichsmark war ausgeschlossen. Nach Mitteilung des WÄRA-Handelsblattes gehörten der WÄRA-Tauschgesellschafi 1931 mehr als tausend Firmen verteilt über viele Branchen und das gesamte Reichsgebiet an. 20 Aufsehen erregte die WÄRA-Tauschgesellschaft insbesondere in dem niederbayerischen Ort Schwanenkirchen und seinen beiden Nachbargemeinden, wo ein Zentrum des WÄRA-Tauschhandels entstand. Einem bereits stillgelegten Bergwerk wurde ein Kredit in Höhe von 50.000 WÄRA gewährt, um den Betrieb wieder aufzunehmen. Löhne und Gehälter der Bergleute wurden fortan zu 90% in WÄRA ausbezahlt. Die WÄRA verdrängte dadurch in Schwanenkirchen die Reichsmark als Tausch- und Zahlungsmittel. Nach anfanglichen Erfolgen wurde die WÄRA-Tauschgesellschaft allerdings am 30. Oktober 1931 kraft einer Verordnung, die den Gebrauch von Notgeld untersagte, verboten, denn nach dieser Verordnung waren auch WÄRA-Tauschbons als Notgeld anzusehen.21 Der wohl bedeutendste Versuch durch Schwundgeld Absatzstockungen und Arbeitslosigkeit zu beseitigen, wurde in der Tiroler Gemeinde Wörgl unternommen.22 Ein im Juli 1932 verabschiedetes Nothilfeprogramm sah die Einführung von Notgeld in Form von Arbeitswertscheinen vor. Im Gegensatz zur WÄRA-Tauschgesellschaft, die auf Privatinitiative gegründet wurde, zeichnete sich in Wörgl die Gemeinde für die Ausgabe von Arbeitswertscheinen in Höhe
vgl. Proudhon, P. J., Arbeit, 1849, S. 92. Allerdings weichen die Angaben hinsichtlich des Zeitpunktes und der Zahl der Mitglieder voneinander ab. So berichten bspw. Offe/Heinze von lediglich knapp über 10.000 Mitgliedern (vgl. Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 116). 2 0 vgl. WÄRA-Handelsblatt, 1931, S. 3 zit. nach Onken, W., Freigeld, 1986, S. 66. 2 * vgl. Onken, W., Freigeld, 1986, S. 66 ff.; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 36 ff 2 2 vgl. im folgenden: Onken, W., Freigeld, 1986, S. 70 ff; von Muralt, Α., Versuch, 1989, S. 275 ff; Unterguggenberger, S., Freigeld, 1983, S. 1 - 3. Kritisch äußern sich: Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 119 ff. Neben den beiden hier dargestellten Schwundgeldversuchen in Schwanenkirchen und Wörgl gab es weltweit weitere Versuche (vgl. Onken, W., Freigeld, 1986, S. 77-82).
32
Β. Grundlagen
von 32.00023 Schilling verantwortlich. Die Arbeitswertscheine waren im Wert dem Schilling gleich und wurden monatlich um 1% ihres Nennwertes abgewertet. Die Entwertung konnte durch den Kauf von Wertmarken verhindert werden. Als Deckung für das Freigeld dienten österreichische Schillinge, in die die Arbeitswertscheine zurückgetauscht werden konnten. Beim Umtausch wurde eine Gebühr von 2% einbehalten. Die beim Umtausch fällige Gebühr sowie die durch den monatlichen Kauf von Wertmarken anfallende Gebühr von 1% fiel der Gemeinde zu und diente ihr zur Finanzierung kommunaler Aufgaben. Nachdem anfangs nur Gemeindeangestellte und -arbeiter in Arbeitswertscheinen entlohnt wurden, setzte sich allmählich ein eigenständiger Kreislauf des gemeindeeigenen Geldes durch und die Arbeitswertscheine wurden anerkanntes Zahlungsmittel, mit denen Gemeindesteuern entrichtet, Löhne und Gehälter bezahlt sowie Schulden getilgt werden konnten. Dadurch wuchsen die Steuereinnahmen der Gemeinde und es konnte ein Arbeitsbeschaflungsprogramm in die Wege geleitet werden. Trotz des wirtschaftlichen Aufschwunges kam es auch in Wörgl bereits im Januar 1933 zum Verbot des Notgeldes gemäß Artikel 122 der österreichischen Notenbankgesetzgebung, der lediglich der Zentralbank das Recht zur Ausgabe von Geld zubilligte.24 Auch heute noch ist das Gedankengut Gesells Anlaß für "Tauschexperimente", wie eine 1993 von Künstlern im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg initiierte Knochen-Geld-Aktion beweist.25 Bei dieser Aktion, die in Abstimmung mit der Landeszentralbank Berlin vom 10. November bis zum 29. Dezember 1993 befristet war, fungierte eine Kunstgalerie als "Dezentralbank" und tauschte DM-Scheine in die von Künstlern gestalteten Knochen-GeldScheine um. Der maximal mögliche Umlauf des Knochengeldes wurde auf 100.000.-- DM begrenzt. Die Knochen-Geld-Scheine, die in etwa 25 Geschäften als Zahlungsmittel verwendet werden konnten, verloren wöchentlich 5% an Wert. Dieser Wertverlust konnte durch den Kauf von Wertmarken, die auf die Scheine geklebt werden mußten, ausgeglichen werden. Damit der Kreislauf als solches geschlossen war, konnten die Knochen-Geld-Scheine wieder in DM zurückgetauscht werden.
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vgl. Onken, W., Freigeld, 1986, S. 71. Die Angaben über die Höhe der ausgegebenen Arbeitswertscheine weichen aber beträchtlich voneinander ab. So berichtet Unterguggenberger, daß die maximale Höhe der im Umlauf befindlichen Arbeitswertscheine im November 1932 erreicht wurde und 12.600 öS. betrug (vgl. Unterguggenberger, S., Freigeld, 1983, S. 2). 4 vgl. Onken, W., Freigeld, 1986, S. 71. 5 vgl. hier und im folgenden: Höge, H., Knochen, 1993, S. 11 f.; Onken, W., Kunstgeld, 1994, S. 42 ff.; Lyfond, S., Praxis, 1994, S. 8 f.; Becher, J., Seifenblase, 1994, S. 20.
I. Historie
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Schließlich greift auch das im März 1993 im Schweizerischen Aarau initiierte Talent-Experiment auf die Ideen der Freiwirtschaftslehre zurück. 26 Es handelt sich dabei um ein Geldreformprojekt, das anläßlich einer Tagung über alternative Geldsysteme ins Leben gerufen wurde. Ziel des Talent-Experiments ist es, einen bargeldlosen Tauschkreislauf mit einer durch eine monatliche Abwertung von 0,5% unter Umlaufdruck stehenden zinslosen Verrechnungswährung zu errichten. Teilnahmeberechtigt sind sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen. Jeder Teilnehmer verfügt über ein in der Zentrale in Aarau geführtes Verrechnungskonto, über das alle in der Verrechnungseinheit Talent abgewickelten Zahlungen verbucht werden. Einheitlich wird jedem Mitglied ein Kreditrahmen von zunächst maximal 700 Talent gewährt. Für die Mitgliedschaft wird eine Gebühr in Höhe von 70 Talent erhoben. Dafür erhalten die Teilnehmer eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift, in der Angebote und Nachfragen der Mitglieder publiziert werden. Zum Jahresbeginn 1994 zählte das Talent-System ca. 380 Konten mit einer umlaufenden Geldmenge von 80.000 Talent.
2. Ausgleichskassen und Arbeitsgemeinschaften Infolge der Weltwirtschaftskrise, 27 die beginnend mit dem "Schwarzen Freitag" in New York im Oktober 1929 weltweit auf nahezu alle industrialisierten Länder übergriff und zu einem drastischen Rückgang der Güternachfrage, Umsätze, Einkommen und Produktion bei gleichzeitig auftretender Massenarbeitslosigkeit führte, wurden im Deutschen Reich zu Beginn der dreißiger Jahre Tauschringe zur Selbsthilfe gegründet. Diese waren durch die bargeldlose Abwicklung des Zahlungsverkehrs eine wesentliche Fortentwicklung in Richtung moderner Tauschbörsen. Der Übergang auf bargeldlose Zahlungsmethoden war dabei eine Folge der Notgeldverordnung, die die Ausgabe von Geldsurrogaten in Form von Tauschscheinen untersagte.28 Zielsetzung der als Ausgleichskassen, Arbeitsgemeinschaften, Verrechnungsgesellschaften, Tauschbanken oder Waren-Clearingstellen bekannt gewordenen Tauschringe war es, innerhalb eines eigenständigen, geschlossenen Kreislaufs die Begleichung aller Schuldverhältnisse zu erreichen und den Be-
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vgl. hier und im folgenden: Pfluger, C., Talent-Experiment, 1993, S. 4 f.; Pfluger, C., Geld, 1993, S. 6; Armbühl, I., Geldmangel, 1994; Estermann, T., Schweiz, 1994, S. 3 ff. vgl. zum Beginn und Verlauf der Weltwirtschaftskrise ausfuhrlich: Born, Κ. E., Beginn, 1983, S. 97-104. vgl. Kennedy, M., Geld, 1993, S. 43.
3 Schneider
34
Β. Grundlagen
teiligten Beschäftigung und damit Einkommen zu sichern. 29 Dabei wickelte erstmals eine Zentrale die Verrechnung von Forderungen und Verbindlichkeiten ab. Als Tauschmittel dienten Verrechnungsscheine oder Ausgleichsschecks, die in Reichsmark oder systemeigener Währung ausgestellt waren. Zur Teilnahme berechtigt waren alle Wirtschaftssubjekte, sofern sie über ein Guthaben verfügten. Guthaben entstanden aus dem Verkauf von Gütern und Dienstleistungen, der Entlohnung von Arbeitsleistungen, durch Bareinzahlung sowie durch Kreditgewährung der Zentrale. Die Unverzinslichkeit der Guthaben sollte ähnlich dem Schwundgeld einen Anreiz zum raschen Umlauf bilden. Eine Barabhebung der Guthaben war entweder ganz ausgeschlossen oder nur in sehr begrenztem Umfang möglich. Damit sollte gewährleistet werden, daß vorhandene Guthaben auch nachfragewirksam verwendet werden. Kredite wurden zinslos und ausschließlich für produktive Zwecke bei banküblicher Besicherung vergeben. Es wurde allerdings eine geringe Verwaltungskostengebühr erhoben. Trotz ihrer anfanglichen Erfolge waren auch die Arbeitsgemeinschaften und Ausgleichskassen bald heftiger Kritik ausgesetzt und wurden bereits 1934 durch das am 3. Juli verabschiedete Gesetz gegen den Mißbrauch des bargeldlosen Zahlungsverkehrs verboten. Diesem Gesetz unterlagen all jene Unternehmen, die Guthaben auf unbarem Wege zum Zwecke der Einräumung von Krediten schufen, über die durch Scheck, Anweisung oder Verrechnungsauftrag verfügt werden sollte, sofern die Barabhebung ausgeschlossen war. 30 Voran ging dem endgültigen Verbot der damaligen Tauschgesellschaften ein Bericht des Untersuchungsausschusses zur Vorbereitung eines Kreditwesengesetzes aus dem Jahr 1933.31 Darin wurde den Verrechnungsgesellschaften vorgeworfen: 32 (1) Die Tauschmittel (Schecks, Wechsel, Notgeld, Tauschscheine) stellten Geldsurrogate dar, die die Geldhoheit der Reichsbank bedrohten. (2) Die Möglichkeit der Geldschöpfung durch die Tauschringe beinhalte eine Inflationsgefahr und bedrohe damit die Stabilität der Volkswirtschaft. (3) Der Ausschluß der Barabhebung von Verrechnungsguthaben führe dazu, daß die Forderungen nicht gedeckt und die Gläubiger damit nicht hinreichend gesichert seien.
2 9
3 3 3
vgl. hier und im folgenden ausfuhrlich: Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 9 ff.; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 29 f. Insgesamt wurden im Jahre 1931 sechzehn und im Jahre 1932 fünfzehn Tauschgesellschaften gegründet. 0 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 34 f. 1 vgl. Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 30. 2 vgl. Witte, Geldschöpfungsversuche, 1933, S. 100 -116.
I. Historie
35
(4) Unverzinsliche Kredite bewirkten, daß der Zins seiner Allokationsfunktion beraubt werde. (5) Mitglieder der Verrechnungsgesellschaften würden im Vergleich zu den Nicht-Mitgliedern bevorzugt und erlangten Wettbewerbsvorteile. Ohne näher auf Fragen der Berechtigung der vorgebrachten Kritik einzugehen,33 gilt es, das Verbot der Verrechnungsgesellschaften dabei auch vor dem Hintergrund der nationalsozialistischen Machtergreifung zu sehen: Die als Selbsthilfeprojekte konzipierten Tauschgesellschaften widersprachen den zentralistischen Ordnungsvorstellungen im Zuge der "Gleichschaltung".34
3. Tauschringe im besetzten Nachkriegsdeutschland Ursächlich für das Entstehen von Tauschringen in Deutschland nach Beendigung des zweiten Weltkrieges war die katastrophale wirtschaftliche Lage. Infolge des Krieges waren mehr als 25% des Wohnraums,35 ca. 20% aller Gewerbe- und Industriebetriebe 36 sowie große Teile der Infrastruktur ganz oder teilweise zerstört. 37 Erhebliche Teile des Privatbesitzes waren geplündert, 38 weite Teile der Industrie und der Gewerbebetriebe durch Entindustrialisierung, Produktionseinschränkungen und -verböte sowie Demontage lahmgelegt. 39 Infolgedessen erreichte die Industrieproduktion in den vier Besatzungszonen einschließlich Berlin 1946 lediglich 30% des Standes von 1938.40 Die Verbrauchsgüterproduktion belief sich im gleichen Jahr bei gleichzeitiger Zunahme der Bevölkerung durch Zuwanderungen aus den Ostgebieten41 auf ca. 25% des Standes von 1936.42 Es herrschte ein starker Mangel an Lebensmit-
3 3
vgl. hierzu ausführlich: Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 30 f.; Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 17 - 35, insbesondere S. 30 ff. 3 4 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 31; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 31. 3 5 vgl. Nieschlag, R., Kriegsschäden, 1947, S. 46 f. 3 6 vgl. Ziemer, G., Exodus, 1973, S. 106. 3 7 vgl. Nieschlag, R., Kriegsschäden, 1947, S. 45 f.; Ziemer, G., Exodus, 1973, S. 103. Schätzungen gehen davon aus, daß ca. 40% aller Verkehrsverbindungen zerstört waren. 3 8 Schätzungen zufolge wurde ca. 50% des privaten Vermögens geplündert (vgl. Nieschlag, R., Kriegsschäden, 1947, S. 48). vgl. Lampert, H., Wirtschaft, 1980, S. 705 f. In den westlichen Besatzungszonen wurden bis 1949, dem Ende der Demontagen, ca. 1.800 Industrieanlagen demontiert. 4 0 vgl. Grüning, F., Zusammenbrach, 1947, S. 65. vgl. Bauer, W., Kriegsschäden, 1947, S. 14 ff. 1946 lebten in den vier Besatzungszonen 65,9 Mio. Deutsche, 6,1 Mio. mehr als im Reichsgebiet von 1939. 4 2 vgl. Bauer, W., Lebensstandard, 1947, S. 175.
36
Β. Grundlagen
teln 43 sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgütern aller Art. Das preisbereinigte Bruttosozialprodukt betrug 1946 etwa die Hälfte des Wertes von 1936.44 Während die Produktion im Vergleich zu den Vorkriegsjahren drastisch sank, hatte sich durch die Kriegsfinanzierung gleichzeitig das Geldvolumen von 56,4 Milliarden Reichsmark im Jahre 1938 auf 298 Milliarden Reichsmark im Jahre 1945 erhöht. 45 Infolge dieses Geldüberhangs übernahmen die Alliierten das bereits während des Krieges praktizierte Rationierungssystem. Dieses sah die Bewirtschaftung von Nahrungsmitteln und Verbrauchsgütern, die Zuteilung von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, Preis- und Lohnstops, staatliche Kontrollen von Ein- und Ausfuhr, Devisenbewirtschaftung und eine Ablieferungspflicht für produzierte Güter vor. 46 Damit war die Rolle des Geldes als Tausch- und Zahlungsmittel weitgehend außer Kraft gesetzt. Lediglich auf den Schwarzmärkten konnte das Geld seine Tauschmittelfunktion bei überhöhten Preisen noch erfüllen. 47 Zielsetzung der mit Unterstützung und Überwachung durch die Militärregierungen errichteten Tauschringe war es, ein bereits überbeanspruchtes Rationierungssystem zu entlasten, indem diejenigen Bevölkerungskreise, die noch über Besitzwerte verfugten, sich durch Tausch diejenigen Güter beschaffen sollten, die sie am nötigsten brauchten. Außerdem sollten Reserven an Verbrauchsgütern, die sich in privater Hand befanden, in Umlauf gebracht und einer nutzbringenden Verwendung zugeführt sowie der starken Expansion von Schwarzmärkten entgegengetreten werden.48 Bei den Tauschringen schlossen sich verschiedene Einzelhandelsgeschäfte in einer Stadt zusammen, und zwar jeweils ein Geschäft aus einer Branche, das damit quasi eine Monopolstellung erlangte, und erließen einheitliche Tauschbedingungen. Diese sahen vor, daß ein Tauschinteressent sein Tauschobjekt bei dem dafür zuständigen Fachgeschäft schätzen lassen mußte. Nach erfolgter Schätzung wurde entschieden, ob der Gegenstand angenommen wurde. Im Falle der Annahme erhielt der Tauschverkäufer einen Tauschbon und zusätzlich Bargeld im Wert des Tauschobjekts. Neben eigens geschaffenen Tauschscheinen fungierte also stets auch Geld als Tauschmittel. Ein Tauschbon berechtigte zum Erwerb eines Tauschgutes bei allen dem Tauschring an^3 Die Zuteilung an Lebensmitteln betrug 1946 ca. 1.450 Kalorien pro Kopf und Tag. Das entsprach 60% des vom Völkerbund festgelegten Minimums für einen Erwachsenen ohne Arbeitsleistungen (vgl. Liebe, H., Ernährung, 1947, S. 77). 4 4
vgl. Grüning, F., Zusammenbruch, 1947, S. 68 ff 45 vgl. Wolf, E., Finanzprobleme, 1947, S. 206. 4 6 4 7
vgl. Lampert, H., Wirtschaft, 1980, S. 706. vgl. dazu ausfuhrlich: Wolf, E., Finanzprobleme, 1947, S. 223 ff.; Bothe, G., Weg, 1954, insbesondere S. 256 ff. StAE: Referat für Preiskontrolle und Rationierung, Abteilung Wirtschaft, Landes-Militärregierung für Württemberg-Baden (Hrsg.), Tauschring, o. J., S. 5; Nitsche, W., Denkschrift, 1947, S. 2 f.
I. Historie
37
geschlossenen Geschäften binnen einer Frist von sechs Monaten. Getauscht wurden alle Arten von Ge- und Verbrauchsgütern mit Ausnahme von Lebensmitteln, Brennstoffen, Tieren, Büchern und Kunstgegenständen. Die Tauschstellen erhielten für ihre Dienste eine Schätzgebühr zuzüglich einer Kostenpauschale.49 Dieser Aufschlagsatz sorgte auch dafür, daß in den einzelnen Tauschstellen Vorräte in Höhe des Aufschlagsatzes abzüglich des Prozentsatzes eines in geringem Rahmen zulässigen Barausgleichs entstanden.50 Im Laufe der Zeit versuchte man die Attraktivität der Tauschringe weiter zu erhöhen, indem man zusätzliche Tauschformen entwickelte. So entstanden (1) der "Zurücklegetausch", bei dem sich ein Tauschinteressent, der noch nicht über einen Tauschschein verfugte, einen Gegenstand drei Tage lang zurücklegen ließ, um in dieser Zeit durch den Verkauf eigener Waren einen Tauschschein zu erwerben, (2) der "Liebhabertausch", bei dem die Tauschstelle kein Eigentum am Tauschobjekt erwarb, sondern sich lediglich bereit erklärte, den Gegenstand in den Verkaufsräumen darzubieten, um einen Tauschkäufer zu finden, (3) der "Kommissionstausch" bei dem der Tauschverkäufer solange Eigentümer der Ware blieb, bis er einen Tauschgegenstand gefunden hatte, den er im Gegenzug für sein Tauschgut erwerben wollte und (4) der "Garantietausch", bei dem der Verkäufer die Garantie erhielt, daß er sein Tauschobjekt in einen bestimmten Gegenstand eintauschen konnte.51 Der erste Tauschring wurde bereits im Juli 1945 in Stuttgart gegründet. In ihm schlossen sich zunächst 20 Einzelhandelsfachgeschäfte zusammen.52 Später wurde der Kreis auf 24 Geschäfte erweitert. 53 Der zweite Tauschring wurde im Oktober 1945 in Esslingen errichtet. Bis zum 30. September 1947 folgten 25 weitere Tauschringgründungen in der französischen und amerikanischen Besatzungszone Württemberg-Badens. Insgesamt gehörten den württembergisch-badischen Tauschringen zu diesem Zeitpunkt 513 Einzelhandelsfachgeschäfte an. 54 Darüber hinaus wurden weitere Tauschringe auch außer-
So betrug bspw. beim Tauschring Groß-Stuttgart die Schätzgebühr 10% und die Kostenpauschale 15% (später 20%) des Ankaufswerts der Tauschware. Ein Barausgleich war maximal in Höhe von 10% des Kaufpreises zulässig. 5 0 vgl. o. V., Tauschring, 1947, S. 22 f.; StAE: Referat fur Preiskontrolle und Rationierung, Abteilung Wirtschaft, Landes-Militärregierung für Württemberg-Baden (Hrsg.), Tauschring, o. J., S. 6.; ο. V., Tausch, 1946, o. S. 5 1 StAE: Nitsche, W., Denkschrift, 1947, S. 2 f.; Nitsche, W., Kommissionstausch, 1946. 52 StAE: Referat fur Preiskontrolle und Rationierung, Abteilung Wirtschaft, Landes-Militärregierung Württemberg-Baden (Hrsg.), Tauschring, o. J., S. 7. 5 3
StAE: o. V., Groß-Stuttgart, 1947, o. S. 54 StAE: Nitsche, W., Denkschrift, 1947, S. 6 f.
38
Β. Grundlagen
halb Württemberg-Badens, so z.B. in Nordbayern, Augsburg, München, Hessen, Niedersachsen und Berlin gegründet.55
Tabelle 1 Tauschringe in Württemberg-Baden Tauschring
Anlaufsmonat
Umsätze bis 30.9.1947
Zahl der Tauschvorgänge
Amerikanische Zone Württemberg
5 5
Groß-Stuttgart
Juli '45
2 348 672 RM
549 760
Esslingen am Neckar
Okt.'45
1 144 686 RM
301 720
Schwäbisch Gmünd
März'46
205 705 RM
52 833
Göppingen
März'46
406 713 RM
110 634
Waiblingen
April '46
50 248 RM
15 348
Ludwigsburg
Mai'46
338 324 RM
60 132
Heidenheim
Juni'46
221 501 RM
63 045
Aalen
Aug.'46
208 748 RM
61 605
Geislingen
Sept. '46
169 112 RM
62 097
Backnang
Okt. '46
80 325 RM
28 054
Heilbronn
Okt. '46
125 616 RM
36 275
Oehringen
Okt. '46
15 702 RM
5 513
Winnenden
Nov. '46
6 441 RM
2 007
Nürtingen
Dez. '46
21 333 RM
7 919
Schwäbisch Hall
Febr. '47
7 674 RM
2 250
Schorndorf
April '47
25 814 RM
8 081
Herrenberg
Mai '47
8 681 RM
3 616
vgl. ο. V., Tauschring, 1947, S. 24; ο. V., Situation, 1946, S. 75; StAE: ο. V., Tausch, 1946, o. S.; ο. V., Tausch-Ringe, 1947, o. S.; ο. V., Ring, 1947, S. 7; Nitsche, W., Denkschrift, 1947, S. 8.; Seher, Bericht, 1947, S. 2.
39
I. Historie
Tauschring
Anlaufsmonat
Umsätze bis 30.9.1947
Zahl der Tauschvorgänge
Amerikanische Zone Baden Pforzheim
Febr. '46
202 215 RM
23 040
Heidelberg
Aug. '46
1 374 465 RM
369 102
Karlsruhe
Sept. '46
822 398 RM
171 452
Mannheim
Sept. '46
362 386 RM
71015
Bruchsal
Nov. '46
5 609 RM
2 061
Sinsheim/Eppingen
Dez. '46
9 076 RM
2 736
Französische Zone Reutlingen
Sept. '46
299 643 RM
102 354
Tübingen
Febr. '47
78 715 RM
26 588
Calw
März'47
41 967 RM
20 994
Schramberg
Aug. '47
33 530 RM
8 342
Quelle: StAE: Nitsche, W., Denkschrift, 1947, S. 8.
In Württemberg-Baden arbeiteten alle Tauschringe von Beginn an eng mit dem Stuttgarter Tauschring zusammen und übernahmen dessen Geschäftsbedingungen. Bereits im Sommer 1946 wurde eine Hauptgeschäftsstelle aller in Württemberg-Baden ansässigen Tauschringe zum Zwecke der Interessenvertretung in Stuttgart gegründet. Zu ihrer Finanzierung mußte jede Tauschringstelle eine einprozentige Umsatzabgabe abführen. Die Hauptgeschäftsstelle war zuständig für Beratung und Erfahrungsaustausch. Dazu wurden ab September 1946 eigene Informationsbroschüren publiziert. Um nach außen hin einheitlich aufzutreten, wurde ein eigenes Tauschringlogo kreiert und der Bekanntheitsgrad zusätzlich durch Werbekampagnen in Zeitungen, Rundfunk und auf Plakaten erhöht. 56 Schließlich erfolgte am 15. September 1947 der rechtliche Zusammenschluß aller Tauschringe Württemberg-Badens durch die Gründung der Vereinigten Tauschringe e.V. Von diesem Zeitpunkt an hatten
5 6
StAE: Nitsche, W., Denkschrift, 1947, S. 3 ff
40
Β. Grundlagen
die Tauschbons in allen den Vereinigten Tauschringen angeschlossenen Geschäften Gültigkeit.57 Ihrer Zielsetzung entsprechend zur Selbsthilfe gegründet, konnten die Tauschringe in gewissem Ausmaß zur Verbesserung der Versorgungslage bei denjenigen Bevölkerungskreisen beitragen, die über Tauschgegenstände verfügten. Außer zur Versorgung der Bevölkerung dienten die Tauschringe den angeschlossenen Firmen zur Gewinnerzielung sowie zur Sicherung der Beschäftigung ihrer Mitarbeiter. 58 So erzielten z.B. die dem Tauschring GroßStuttgart angeschlossenen Einzelhandelsgeschäfte im Sommer 1946 25% ihres Gesamtumsatzes mit Tauschgeschäften. 59 Dadurch trugen die Tauschringe auch dazu bei, die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand zu erhöhen.60
4. WIR-Wirtschaftsringe in Berlin und Nürnberg Im Zuge des kriegsbedingten Wiederaufbaus wurden 1950 in Westberlin die Berliner Wirtschaftsring GmbH und 1954 in Nürnberg die Bayerische Wirtschaftsring GmbH, die sich 1955 in Wirtschaftsring GmbH umbenannte, gegründet. 61 Beide Wirtschaftsringe wurden in enger Kooperation mit der Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft ins Leben gerufen. 62 Dabei stand die Idee der Selbsthilfe im Vordergrund: Primär kleinen und mittelständischen Unternehmen sollten zusätzliche kostengünstige Beschaffungsund Absatzkanäle sowie zinsgünstige Finanzierungsmöglichkeiten eröffnet werden. Dabei sollten die Teilnehmer ihre Käufe und Verkäufe primär innerhalb des Ringes tätigen, um die Kaufkraft zu binden.63 Erstmals war bei den Wirtschaftsringen in Deutschland eine aktive Absatzund Auftragsvermittlung vorgesehen. Die Kontoführung sollte dagegen Kreditinstituten übertragen werden, weil Kontoführung und Guthabenverwaltung nach den Bestimmungen des Kreditwesengesetzes ausschließlich zugelassenen Kreditinstituten zustanden. Gleichzeitig wollte man dadurch Bedenken aus dem Weg gehen, es käme zu einer volkswirtschaftlich unkontrollierbaren Kreditschöpfung, wenn den Wirtschaftsringen die Möglichkeit offenstünde, 57 StAE: Nitsche, W., Denkschrift, 1947, S. 7 und S. 9. StAE: Referat für Preiskontrolle und Rationierung, Abteilung Wirtschaft, Landes-Militärregierung für Württemberg-Baden (Hrsg.), Tauschring, o. J., S. 5. 59 StAE: Referat für Preiskontrolle und Rationierung, Abteilung Wirtschaft, Landes-Militärregierung fur Württemberg-Baden (Hrsg.), Tauschring, o. J., S. 12. 6 0
StAE: Nitsche, W., Denkschrift, 1947, S. 8. So betrug das Umsatzsteueraufkommen aller württembergisch-badischen Tauschringe zusammen bis Ende September 1947 rund 258.000 Reichsmark. 6 1 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 44. 62 vgl. Walker, K., Absatzwege, 1959, S. 9 und S. 29. 3 6 vgl. Walker, K., Absatzwege, 1959, S. 10 ff. und S. 29 f.
I. Historie
41
Guthaben zu schaffen, die nicht der währungspolitischen Kontrolle durch die Deutsche Bundesbank unterlägen.64 Unter Berufung auf § 29 KWG in der Fassung vom 25.09.1939, wonach Institutionen, die den unbaren Zahlungsverkehr abwickeln, der Erlaubnis des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen bedürfen, wurde der Berliner Wirtschaftsring GmbH trotzdem die Gewerbezulassung versagt und ihr die Aufnahme der Geschäfte bis zur endgültigen gerichtlichen Entscheidung verwehrt. 65 Nach einem längeren Gerichtsverfahren über mehrere Instanzen wurde ihr schließlich 1964 endgültig die Erlaubnis zur Geschäftstätigkeit entzogen.66 Die bayerische Wirtschaftsring GmbH konnte hingegen ihre Tätigkeit aufnehmen.67 Teilnahmeberechtigt war jedes Wirtschaftssubjekt, das gegen Zahlung einer einmaligen Gebühr seine Aufnahme beantragte. Jedes Mitglied unterhielt bei einem Kreditinstitut ein eigenes Wirtschaftsringkonto, auf dem die Verrechnung von in WIR-Handelseinheiten getätigten Umsätzen vorgenommen wurde. Geschäfte zwischen den Wirtschaftsring-Teilnehmern konnten, mußten allerdings nicht in WIR-Handelseinheiten abgewickelt werden. Zahlungen in Verrechnungseinheiten konnten nur vorgenommen werden, sofern man über ein entsprechendes Guthaben verfugte. Diese entstanden durch Bareinzahlung, Umschuldung von Bankguthaben auf das WIR-Konto sowie durch Kreditgewährung der Bank. Um möglichst viele Mittel in den Ring zu lenken, wurde jede Einzahlung auf ein WIR-Konto mit einer 7,53%igen Aufgeldprämie versehen. Damit mußte ein WIR-Teilnehmer, der bei anderen Teilnehmern Waren im Wert von 1000.-- DM einkaufen wollte, lediglich über WIRGuthaben im Wert von 930.-- DM verfügen. Die Aufgeldprämie wurde von der WIR-Gesellschaft aus eigenen Mitteln finanziert. Für jedes über den Wirtschaftsring verrechnete Geschäft mußte der Verkäufer eine Umsatzprovision von maximal 3% entrichten. Diese verringerte sich, sofern der Zahlungsempfänger die erhaltene Gutschrift innerhalb von 30 Tagen wieder für den Kauf von Lieferungen und Leistungen verwendete. Barabhebungen sowie Umschichtungen auf andere Konten waren möglich, wurden aber mit einem Abschlag von bis zu 9% bestraft. Zur Geschäftsanbahnung zwischen den Mitgliedern publizierte der Wirtschaftsring ein Branchenverzeichnis, in dem alle Teilnehmer aufgeführt waren. Außerdem veranstaltete er Messen sowie Verkaufsausstellungen und veröffentlichte periodisch erscheinende Informationsblätter, die auch Werbeanzeigen der Mitglieder enthielten. Über die Entwicklung der Teilnehmerzahlen und Umsätze der bayerischen Wirtschaftsring GmbH liegen keine Informationen vor. Kruthaup stellte im 64 vgl. Walker, K., Absatzwege, 1959, S. 28 f. 6 5 6 6 6 7
vgl. Walker, K., Absatzwege, 1959, S. 74 ff. vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 49. vgl. im folgenden: Walker, K., Absatzwege, 1959, S. 32 ff.
42
Β. Grundlagen
Rahmen einer Überprüfung des Handelsregisterauszuges nur fest, daß die Gesellschaft im Jahre 1977 mangels Vermögen aus dem Handelsregister gelöscht wurde. 68
5. Heutige Tauschringe: Barter-Clubs Tauschringe in ihrer heutigen Form, auch bekannt unter dem Begriff Unternehmerring, Tauschbörse, Tauschclub, Tauschverein, Tauschhandelsbetrieb,69 Commercial Trade Exchange, Retail Barter, Retail Broker, Barter Exchange, Trade Exchange oder Barter-Club, 70 entstanden zu Beginn der sechziger Jahre in den USA. 71 In der Bundesrepublik Deutschland wurden die ersten Tauschringe nach amerikanischem Vorbild Ende 1982 gegründet, als Meldungen vom Barter-Boom in den USA die Runde machten.72 Es waren dies der Barter Business Club Abrechnungsgesellschaft für Handelseinheiten mbH in Witten, die BTZ Barter Tauschzentrale GmbH & Co. KG in Hamburg, die CENTACO Centraitausch Organisation GmbH in Herford sowie die Erste Deutsche Tauschbörse in Köln. 73 1984 wurde Barterpool Developments Ltd. in Düsseldorf sowie EXTRA in Hamburg gegründet.74 Alle diese Organisationen existieren mittlerweile nicht mehr. 75 Ebenso stellte die erst 1992 gegründete GEROS Internationale Barter Gesellschaft, von der nur bekannt ist, daß sich der Verwaltungssitz der Gesellschaft in Emmendingen im Breisgau befand, 76 bereits im darauf folgenden Jahr ihre Geschäftstätigkeit wieder ein. Auch das im August 1992 im badischen Hatzenbühl ins Leben gerufene "Büro für Austauschgeschäfte und gegenseitige Hilfe" existiert mittlerweile nicht mehr. Es handelte sich dabei um einen als Selbsthilfeeinrichtung konzipierten Vermittlungsdienst, bei dem Kontakte zwischen Anbietern und Nachfragern mittels einer Datenbank geknüpft wurden und dessen Inanspruchnahme Privatpersonen sowie kleinen Unternehmen kostenlos möglich war. Bei entsprechendem
6 8
vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 51. 69 Dieser Begriff wird ausschließlich von Kruthaup verwendet (Kruthaup , F., Barter-Business, 1985, insbesondere S. 141). 7 0
7 1 7 2
7 3
7 5 7 6
vgl. Fröhlich, S., Extramarkt, 1982, S. 193; ο. V., Zeiten, 1984, S. 92; ο. V., Purpose, 1990, S. 3; Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 10. vgl. Poe, R., Game, 1981, S. 18. vgl. Jaspert, W., Gründungseifer, 1983, S. 3; Fröhlich, S., Geschäflsidee, 1983, S. 29; Iske, T., Barter, 1987, S. 1 f. und S. 45. vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 51; ο. V., Zentrale, 1985, S. 35 f. vgl. Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 155; ο. V., Zentrale, 1985, S. 35 f. vgl. ο. V., Tauschbörsen, 1989, S. 8; Jalloh, S. B., Countertrade, 1990, S. 59. vgl. GEROS, Kurzinformation, o. J., ο. S.
Π. Funktionsweise, Aufbau und Zielsetzung von Barter-Clubs
43
Erfolg sollte das System später um ein Verrechnungssystem ergänzt werden, um Geschäfte auch geldlos abwickeln zu können.77 Der einzige gegenwärtig in Deutschland bundesweit aktive Barter-Club, die Barter Clearing & Information Vermittlung von Kompensationsgeschäften GmbH & Co. KG, wurde 1986 in etwa zeitgleich mit der österreichischen Firma Barter Clearing & Information Gesellschaft m.b.H. gegründet. Außerdem wurde im Herbst 1990 die BATCO Barter Transactions Company mit Verwaltungssitz in Neuburg an der Donau gegründet. Ihre Geschäftstätigkeit nahm sie im März 1991 bisher beschränkt auf wenige Orte in Deutschland auf. Seit 1993 existiert darüber hinaus der Allgemeine Absatzring (AAR) mit Sitz der Zentrale in Neu-Wulmstorf bei Hamburg in der Rechtsform einer GmbH. Ferner wurde im Januar 1994 die EBB-Euro Barter Businesss Deutschland GmbH mit Verwaltungssitz in Baden-Baden gegründet.78 Während alle bis Ende der fünfziger Jahre praktizierten Versuche einen organisierten Tauschverkehr zu errichten, von Ideen der Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Wirtschaftsordnung, der Überwindung von Wirtschaftskrisen oder der gegenseitigen Hilfe und Solidarität geleitet waren, stehen bei den erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Barter-Clubs heutiger Prägung die Förderung der Umsatztätigkeit der angeschlossenen Unternehmen durch eine Verbesserung der Informationsversorgung im Vordergrund. 79 Die Entstehung heutiger Barter-Clubs wird insofern als Folge der Entwicklung moderner Informations- und Kommunikationstechniken gedeutet.80 Dabei wird vor allem dem zunehmenden Einfluß des "Produktionsfaktors Information" maßgebliche Bedeutung für die zukünftige Entwicklung und den Erfolg von Barter-Clubs zugesprochen.81
I I . Funktionsweise, Aufbau und Zielsetzung von Barter-Clubs
1. Grundmodell eines Barter-Clubs Ein Barter-Club besteht aus einer Barter-Club-Zentrale, die auch als BarterOrganisation oder Tauschzentrale bezeichnet wird, und den angeschlossenen 7 7
vgl. dazu ausfuhrlich: Wünstel, M., Büro, 8/1992, S. 2 ff.; Wünstel, M., Büro, 9/1992, S. 2 f.; Wünstel, M., Büro, 10/1992, S. 2 f.; ο. V., Büro, 1993, S. 3. 7 8 vgl. hierzu ausführlicher: C. III. 2. 7 9 vgl. hierzu ausfuhrlich: Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 56 - 63, insbesondere S. 57. 80 vgl. Scherhorn, G., Barter, 1990, S. 3; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986; S. 12. 8 1
vgl. Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 1 - 5.
44
Β. Grundlagen
Mitgliedern, die eine Leistungsgemeinschaft bzw. eine Art Pool bilden.82 Die Tauschzentrale sorgt für die Verwaltung und Organisation des Clubs und fungiert dabei als Vermittler geldloser Tauschgeschäfte zwischen den Teilnehmern, wozu auch die Verrechnung von Transaktionen auf eigens eingerichteten Konten gehört. Jeder Teilnehmer kann dadurch Leistungen anderer Teilnehmer beanspruchen, für die er eigene Leistungen erbringen muß. Gemeinsam ist allen Barter-Clubs dabei folgendes Grundschema:83 * Die Mitgliedschaft erstreckt sich fast ausschließlich auf Unternehmen. Eine Beschränkung der Mitgliedschaft auf bestimmte Branchen und Unternehmensgrößen findet im Regelfall nicht statt. Privatpersonen können am Tauschverkehr nur partizipieren, soweit sie als Arbeitnehmer eines Mitgliedsunternehmens in den Besitz von Verrechnungsguthaben gelangen.84 * Mitglieder müssen im Normalfall eine einmalige Aufnahmegebühr entrichten. Darüber hinaus erhält die Barter-Organisation für ihre Dienste entweder vom Käufer, Verkäufer bzw. von beiden für jede verrechnete Transaktion eine bestimmte umsatzabhängige Vermittlungsgebühr. Alternativ bzw. komplementär erhebt sie einen jährlichen Mitgliedsbeitrag, der sich in der Regel nach dem Gesamtumsatz des Unternehmens staffelt. Weitere Gebühren fallen eventuell für die Kontoführung sowie den Erwerb bzw. Eintragungen in clubeigene Print- und Informationsmedien an. * Da der Tausch indirekt mittels Verfügung über Teilnehmerkonten erfolgt, unterhält jedes teilnehmende Unternehmen bei der Zentrale ein Verrechnungskonto, das in eigens geschaffenen Verrechnungseinheiten (Barter Units, Trade Units, Trade Dollars, Handelseinheiten) geführt wird. Die Handelseinheiten sind in der Regel mit der jeweiligen Landeswährung wertgleich. * Der Abschluß von Geschäften obliegt allein den jeweiligen Unternehmen. Es besteht für die Mitgliedsfirmen keine Verpflichtung, ihre Geschäfte innerhalb des Tauschringes zu tätigen. Bei Geschäften mit Tauschringmitgliedern steht es den Teilnehmern meist frei, einen bestimmten Prozentsatz zu vereinbaren, der über Barter verrechnet wird, und den restlichen Betrag in der jeweiligen Landeswährung zu begleichen (Teils-teils-Geschäfte). Aller8 2
vgl. Weiler, F., Bartergeschäfte, 1993, S. 16. vgl. hier und im folgenden: Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 24 ff; Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 43 ff.; Godschalk, H. T. C., Pilotprojekte, 1986, S. 19 f.; Iske, T., Barter, 1987, S. 18 ff. und S. 30 ff; Iske, T., Systematik, 1987, S. 16; Samsinger, B. R., Countertrade, 1986, S. 74; Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, insbesondere S. 69 ff ; Weiler, F., Bartergeschäfte, 1993, S. 16 ff ; Kaikati, J. G., Exchange, 1982, S. 74. 8 4 vgl. zu den Möglichkeiten der Einbeziehung von Mitarbeitern ausführlich: Schaub, R., Arbeitnehmerkonti, 10/1992, S. 16 f.; Dale, J., Employees, 1989, S. 33 f. 8 3
Π. Funktionsweise, Aufbau und Zielsetzung von Barter-Clubs
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dings können die Geschäftsbedingungen des Barter-Clubs eine bestimmte Mindestverrechnungsquote vorsehen. Nach Abschluß eines Geschäftes fuhrt die Zentrale die Verrechnung durch, nachdem sie von den Teilnehmern über die Transaktion mittels eigens eingerichteter Belege oder per Datenfernübertragung informiert wurde. Das Konto des Käufers wird belastet, dem Verkäufer wird der jeweilige Betrag gutgeschrieben. Eine Umwandlung der Guthaben in gesetzliche Zahlungsmittel und damit verbunden eine Abhebung ist entweder nicht oder nur in Ausnahmefallen, z.B. im Falle des Austritts eines Teilnehmers, gestattet bzw. an bestimmten Stichtagen im Jahr vorgesehen. Im Falle des Ausschlusses der Auszahlung können Guthaben ausschließlich für Käufe bei Tauschringmitgliedern verwendet werden. Sofern eine Auszahlung an Stichtagen erfolgt, müssen zeitgleich alle Debetsalden in der jeweiligen Landeswährung ausgeglichen werden. Eine Kontoüberziehung ist entweder ausgeschlossen oder nur in Höhe eines zuvor erteilten Kreditrahmens (Einkaufsrahmen, Einkaufslimit) erlaubt und erfolgt ausschließlich zur Vornahme von Leistungstransaktionen. Im Überziehungsfall erfolgt meist eine Bonitätsprüfung durch die Club-Zentrale. Daneben werden Verrechnungskredite entweder durch bankübliche Sicherheiten, z.B. Bankgarantien, besichert oder die Kreditnehmer sind zum Abschluß einer Kreditversicherung verpflichtet, die einen eventuellen Zahlungsausfall abdeckt. Alternativ decken einzelne Barter-Clubs das Zahlungsausfallrisiko durch eigene "Reserve-" bzw. "Solidarfonds" nach Art einer Kreditgarantiegemeinschaft ab. In diesem Fall bezahlt jeder Kreditnehmer einen bestimmten Prozentsatz vom erteilten Kreditrahmen in einen Fonds ein, der zur Absicherung von Zahlungsausfällen dient. Für in Anspruch genommene Kredite fallen keine oder deutlich unter den sonst üblichen Kreditmarktzinsen liegende Zinssätze an. Guthaben werden ebenfalls nicht verzinst. Sofern Kredite nicht binnen einer vorher festgelegten Frist mit eigenen Leistungen beglichen werden können, hat die Rückzahlung in der jeweiligen Landeswährung zu erfolgen. Der Zentrale obliegt die Aufgabe, die Mitgliedsfirmen mit aktuellen Informationen über potentielle Geschäftspartner zu versorgen und im Bedarfsfall auftragsindividuell Geschäftspartner zu vermitteln. Dies geschieht mittels Herausgabe eigener Printmedien, in denen Teilnehmer vorgestellt und ihnen die Möglichkeit zur Plazierung von Werbeaussagen gegeben wird. Ferner durch Veranstaltung von Teilnehmertreffen und Tauschmessen, bei denen Teilnehmern die Möglichkeit zur gegenseitigen persönlichen Kontaktaufnahme und Produktdarbietung geboten wird, sowie durch Herausgabe von
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Β. Grundlagen
Verzeichnissen (Einkaufsführer), in denen die Mitgliedsunternehmen gegliedert nach Branchen und/oder Produktgruppen aufgeführt sind. Häufig verfügen Tauschzentralen zudem über selbsterstellte Datenbanken zur Geschäfisvermittlung, in denen alle Teilnehmer mit ihrem Produktangebot gespeichert sind. 85 Darüber hinaus führen Barter-Organisationen im Regelfall telefonische oder persönliche Beratungsgespräche mit ihren Mitgliedsfirmen durch.
2. Aufbau der Barter-Organisation Vorrangige Aufgabe der Barter-Organisation ist die Vermittlung und Verrechnung von Geschäften zwischen Mitgliedsfirmen. Dazu müssen Informationen über die Teilnehmer beschafft, aufbereitet und bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden. Gegebenenfalls ist auch eine individuelle Beratung der Mitglieder notwendig. Außerdem müssen neue Teilnehmer akquiriert werden, um den Kreis der Mitgliedsfirmen und die Transaktionsalternativen zu erweitern. Solange sich die Tätigkeit der Tauschbörse dabei auf eine Region beschränkt, können all diese Funktionen von der Zentrale ausgeübt werden. Mit zunehmender räumlicher Distanz zu den Mitgliedsfirmen können jedoch Beratung und Akquisition nur mehr dezentral erfolgen, 86 zumal aufgrund der Neuigkeit dieser Form des Leistungsaustausches eine umfangreiche Aufklärungs- und Beratungsarbeit bei den angeschlossenen bzw. neu zu werbenden Unternehmen notwendig sein dürfte, die beispielsweise telefonisch kaum erbracht werden kann. Da jedoch das Ziel, einen eigenständigen Verrechnungskreislauf mit Teilnehmern aus verschiedenen Branchen aufzubauen, eine Ausdehnung der Geschäftstätigkeit über ein größeres räumliches Gebiet erfordert, 87 ist der Aufbau einer flächendeckenden Organisation notwendig. Dazu bieten sich verschiedene Alternativen an: (1) Filialisierung, d. h. Errichtung organisationseigener Geschäftsstellen
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Köstler sieht den Einsatz eines Datenbanksystems zur Geschäftsanbahnung zwischen den Teilnehmern sogar als konstitutives Element eines Barter-Clubs an (vgl. Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 14). 6 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 155; Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 23. Zur Notwendigkeit der Dezentralisierung beim Vertrieb von Dienstleistungen siehe: Grote, B., Entscheidungskriterium, 1990, S. 103. 7 Alle in den achtziger Jahren in Deutschland gegründeten Barter-Clubs mit lokalem Radius gaben ihre Geschäftstätigkeit rasch wieder auf.
Π. Funktionsweise, Aufbau und Zielsetzung von Barter-Clubs
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(2) Ausgliederung der Vertriebs- und Beratungsfunktionen auf betriebsfremde Organe (3) Kooperationsabkommen zwischen lokalen Barter-Clubs (4) Errichtung einer Vertriebs- und Beratungsorganisation mittels Franchising In der Praxis finden sich alle vier Varianten. 88 So betreibt beispielsweise der deutsche Tauschring BATCO Barter Transactions Company den Aufbau eines Geschäftstellennetzes mittels Filialisierung. Der österreichische Barter Club EBC Exchange Business Club bedient sich zur Anwerbung von Neuteilnehmern einer externen Vertriebsorganisation. In den USA versuchen kleinere Unternehmerringe mit lokalem Aktionsradius zu kooperieren und durch den Aufbau einer übergeordneten Organisation auch überregionale Tauschgeschäfte abzuwickeln. Ihre rechtliche Selbständigkeit bleibt dadurch erhalten. Auch die deutschen und österreichischen Barter-Clubs BATCO und EBB Euro Barter Business Austria arbeiteten bis zur Gründung einer deutschen EBB-Gesellschaft im Januar 1994 zusammen und ermöglichten ihren Mitgliedern dadurch, untereinander Verrechnungsgeschäfte durchzuführen. Gleiches galt für die nicht mehr existierende EXTRA Tauschbörse in Hamburg und den österreichischen Exchange Business Club. Am häufigsten praktiziert und zur raschen Errichtung eines flächendeckenden Geschäftsstellennetzes am geeignetsten erscheint jedoch das Franchising. 89 Beim Franchising handelt es sich gemäß einer Definition des Deutschen Franchiseverbandes um "ein vertikal-kooperativ organisiertes Absatzsystem rechtlich selbständiger Unternehmen auf der Basis eines vertraglichen Dauerschuldverhältnisses. Dieses System tritt am Markt einheitlich auf und wird geprägt durch das arbeitsteilige Leistungsprogramm der Systempartner, sowie durch ein Weisungs- und Kontrollsystem eines systemkonformen Verhaltens. Das Leistungsprogramm des Franchise-Gebers ist das Franchise-Paket. Es besteht aus einem Beschaffungs-, Absatz- und Organisationskonzept, dem Nutzungsrecht an Schutzrechten, der Ausbildung des Franchise-Nehmers und der Verpflichtung des Franchise-Gebers, den Franchise-Nehmer aktiv und laufend zu unterstützen und das Konzept ständig weiterzuentwickeln. Der Franchise-Nehmer ist im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig; er hat das Recht
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vgl. zu den Organisationsstrukturen von Barter-Clubs (mit Literaturbelegen) ausfuhrlicher: Abschnitt C. 9 Genauso äußern sich: Reiter, B., Gegengeschäfte, 1987, S. 24; Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 24. Zur Frage Franchising oder Filialisierung siehe auch: Steuwer, G., Filiale, 1993, S. V.
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Β. Grundlagen und die Pflicht, das Franchise-Paket gegen Entgelt zu nutzen. Als Leistungsbeitrag liefert er Arbeit, Kapital und Information." 90
Franchising ist damit im Regelfall nicht nur eine bloße Gestaltung des Absatzweges, sondern eine strategische Grundausrichtung, die eine Lizenzierung der Marke, des Know-hows und des gesamten geschäftlichen Systems beinhaltet und auf die Erzielung einer großen Wirtschaftlichkeit und einer maximalen Marketingwirksamkeit ausgerichtet ist. 91 Bei dieser Organisationsform tritt die Zentrale des Barter-Clubs als Franchisegeber auf. Sie spezialisiert sich auf die Betreuung und Verwaltung der Datenbank, das Clearing der Verrechnungskonten, die Herausgabe von Informationsbroschüren, die Durchführung von Schulungen sowie die Überwachung, Kontrolle und Verbesserung des Unternehmenskonzepts. Dadurch wird das Erbringen redundanter Leistungen verhindert. Die einzelnen Geschäftsstellen übernehmen als Franchisenehmer die Betreuung der Mitglieder vor Ort sowie die Anwerbung neuer Teilnehmer. Damit ermöglicht ein Franchisesystem eine rasche Expansion, um so möglichst schnell am gesamten Markt präsent zu sein und die für das Funktionieren eines Tauschringes nötige Mitgliederzahl zu erreichen, und zwar mit einem geringen finanziellen Aufwand für die Zentrale. 92 Nach außen hin treten die Geschäftsstellen mit dem Namen und Logo des Franchisegebers auf, um ein einheitliches Erscheinungsbild zu gewährleisten. Für das ihnen zugeteilte Gebiet erhalten sie Gebietsschutz und gegebenenfalls das Recht, Unterfranchisen zu erteilen, wobei sie das ihnen selbst vermittelte Leistungspaket in systementsprechender Form weitergeben müssen. Die vertikale Kooperationsform Franchising trägt dadurch auch zum Aufbau und zur Nutzung von Synergiepotentialen bei. 93 3. Zielsetzungen von Barter-Clubs Heutige Barter-Clubs sind erwerbswirtschaftlich organisierte Unternehmen, die ihren Mitgliedern Hilfe bei der Erfüllung ihrer Zielsetzungen aus der Überlegung heraus versprechen, daß Wirtschaftssubjekte einem Barter-Club Deutscher Franchiseverband e.V., Franchising, o. J., S. 1. Einen ausfuhrlichen Überblick über weitere Definitionsansätze geben: Skaupy, W., Franchising, 1987, S. 3 ff.; Martinek, M., Franchising, 1987, S. 6ff. und S. 107 ff. 9 1 vgl. Kotier, P./Bliemel, F., Marketing-Management, 1992, S. 766; Orthmann, C., Umfang, 1990, S. 20 ff; Skaupy, W., Franchising, 1987, S. 24 ff; Tietz, B., Franchising, 1991, S. 146 ff 92 Bis heute steht die Erklärung des Franchising als Finanzierungskonzept zur raschen Expansion im Vordergrund (vgl. Skaupy, W., Franchising, 1987, S. 149; Grote, B., Entscheidungskriterium, 1990, S. 113). 9 3 vgl. Grote, B., Entscheidungskriterium, 1990, S. 111 ff.
Π. Funktionsweise, Aufbau und Zielsetzung von Barter-Clubs
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nur dann beitreten und ihre Mitgliedschaft aufrechterhalten werden, wenn sie sich davon einen höheren Zielerreichungsgrad erwarten. 94 In erster Linie verfolgen marktwirtschaftlich orientierte Unternehmungen das Ziel der Gewinnmaximierung verbunden mit einer Reihe weiterer Primärziele 9 5 Aus den originären Zielen leiten sich betriebliche Teilziele (Subziele) ab, die hierarchisch den obersten Unternehmenszielen untergeordnet sind und zueinander in komplementärer, konkurrierender, antinomer bzw. indifferenter Beziehung stehen.96 Entsprechend der Einteilung eines Unternehmens in die güterwirtschaftlichen Bereiche Beschaffung, Leistungserstellung (Produktion) und Leistungsverwertung (Absatz) sowie denfinanzwirtschaftlichen Sektor, 97 lassen sich absatz-, beschaffungs-, produktions- sowie finanzwirtschaftliche (Sub-) Zielsetzungen unterscheiden. Barter-Organisationen sehen sich in der Rolle eines "universellen Erfüllungsgehilfen", die ihren Mitgliedern bei der Zielrealisation in allen vier genannten Unternehmensbereichen zur Seite stehen, um dadurch zu einer Verbesserung der Gewinnsituation der Unternehmen beizusteuern. Dabei soll die Mitgliedschaft in einem Barter-Club im absatzwirtschaftlichen Bereich dazu beitragen, neue Märkte durch Hinzugewinn neuer Kunden aus dem Teilnehmerkreis zu erschließen, Absatzengpässe zu überwinden und überschüssige Lagerbestände abzubauen. Außerdem sollen absatzwirtschaftliche Aktivitäten durch einen verbesserten Einsatz des absatzwirtschaftlichen Instrumentariums optimiert und Aufwendungen im absatzwirtschaftlichen Bereich, z.B. Kosten für Werbung und Vertrieb, reduziert werden.98 Im beschaffungswirtschaftlichen Bereich 99 sollen die Unternehmen durch die Teilnahme am Ringtausch ihre Beschaffungskosten senken, indem sie neue kostengünstige Bezugsquellen erschließen und/oder den Beschaffungsaufwand reduzieren. Ferner sollen sich infolge der Club-Mitgliedschaft die Lieferanten-
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vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 174. Empirische Untersuchungen belegen, daß das Streben nach Gewinn zwar an erster Stelle genannt wird, aber nicht das allein dominierende Unternehmensziel ist (vgl. Korndörfer, W., Unternehmensführungslehre, 1989, S. 39 f.; Fritz, W. u.a., Untemehmensziele, 1985, S. 379). 9 6 vgl. Wöhe, G., Einführung, 1993, S. 125 ff. 9 7 vgl. Gutenberg, E., Finanzen, 1987, S. 1. 9 8 vgl. im folgenden: Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 175 f.; Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 13; Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 27; BCI, Presseinformation, 1989, S. 2.; BATCO, Barter, ο. J., ο. S.; AAR, Umsatz, 1993, S. 3 ff. 9 9 Der Begriff Beschaffung wird hier im Sinne von Einkauf verwendet und umfaßt die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen (vgl. Kupsch, P. U./Lindner, T., Materialwirtschaft, 1990, S. 274; Mellerowicz, K., Industrie, 1981, S. 159). In der allgemeinsten Form bezeichnet der Begriff Beschaffung "alle Tätigkeiten des Betriebes, die die Gewinnung der Mittel zum Ziele haben, deren sich der Betrieb zur Realiserung seiner gesetzen Zwecke bedient." (Wöhe, G., Einführung, 1993, S. 516) und umfaßt auch die Beschaffung von Arbeitskräften und Kapital. 4 Schneider
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Β. Grundlagen
beziehungen verbessern und die Lieferzuverlässigkeit erhöhen, so daß sich die Beschaffung risikoloser gestaltet und Fehlmengen- sowie Ausfallkosten reduziert werden. 100 Im produktionswirtschaftlichen Bereich stellen Barter-Organisationen ihren Mitgliedsfirmen eine bessere Auslastung ihrer Produktionskapazitäten als Folge eines erhöhten Absatzvolumens in Aussicht und versprechen ihnen dadurch einen Impuls für das Wachstum.101 Insbesondere auf kurze Sicht soll die Teilnahme an einem Barter-Club zu einer besseren Auslastung freier Kapazitäten beitragen, indem die Mitgliedsfirmen Zusatzaufträge erhalten, die anderweitig nicht beschaffbar wären. 102 Im finanzwirtschaftlichen Bereich, in dem sich das komplette Unternehmensgeschehen widerspiegelt, weil den Güterströmen jeweils finanzielle Ströme entgegenfließen, soll die Barter-Club-Mitgliedschaft dazu fuhren, Liquiditätsengpässe zu überbrücken, die Liquidität zu verbessern sowie Zinskosten durch Inanspruchnahme zinsloser bzw. zinsgünstiger Verrechnungskredite einzusparen. Daneben sollen Forderungsausfalle durch eine Absicherung des Zahlungsausfallrisikos ausgeschlossen und eine größere Unabhängigkeit von herkömmlichen Finanzintermediären (Banken) erreicht werden. 103
I I I . Barter-Clubs in Abgrenzung zu weiteren Formen des Tauschhandels
1· Barter und Countertrade Barter-Clubs und ihre Form der Geschäftsabwicklung werden dem Tauschhandel zugerechnet.104 Eine Abgrenzung des Barter-Club-Handels von anderen Erscheinungsformen des Tauschhandels wird dadurch erschwert, daß die verschiedenen Ausprägungen von Tauschgeschäften im nachhinein mit unein-
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vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 175 f.; Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 35 ff; BCI, Presseinformationen, 1989, S. 2; BATCO, Barter, o. J., o. S. 0 1 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 176; BATCO, Barter, o. J., o. S. 0 2 vgl. Bieber, Β., Gegengeschäftspolitik, 1989, S. 47 f. 0 3 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 175 f.; Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 17 ff ; BCI, Presseinformation, 1989, S. 2; BATCO, Barter, o. J., o. S.; WIR, Bank, o. J., S. 13; AAR, Umsatz, 1993, S. 12. 0 4 vgl. bspw. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 14; Köstler, W. A , Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 6 ff; Weissenbeck, F./Mehler, H. A , Barter, 1987, S. 17.
ΠΙ. Barter-Clubs in Abgrenzung zu weiteren Formen des Tauschhandels
51
heitlichen Begriffen belegt 105 und verschiedene Ansätze zu deren Systematisierung entwickelt wurden. 106 Bereits der Begriff Barter wird in der Literatur unterschiedlich verwendet. Während beispielsweise einige Autoren Barter als Oberbegriff für alle Erscheinungsformen des Tauschhandels verwenden, 107 grenzen andere den Begriff stärker ein und benutzen ihn als Bezeichnung für alle Tauschgeschäfte innerhalb eines Landes.108 In der engsten Begriffsfassung bezeichnet Barter entsprechend der eigentlichen Wortbedeutung109 den bilateralen Austausch von Ware gegen Ware ohne Verwendung von Zahlungsmitteln.110 Ein gemeinsames und damit konstitutives Element aller Arten von Tauschtransaktionen besteht darin, daß der Absatz und die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen mittelbar oder unmittelbar wechselseitig gekoppelt sind. 111 Ansonsten lassen sich Tauschgeschäfte nach verschiedenen Kriterien systematisieren und klassifizieren. 112 Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal stellt dabei auf die Nationalität der an den Tauschbeziehungen beteiligten Wirtschaftssubjekte ab. Danach lassen sich länderübergreifende Tauschgeschäfte von nationalen unterscheiden. Erstere werden meist mit dem Begriff Countertrade belegt und ihrerseits wieder in verschiedene Formen ausdiffe105 D i e s wird a u c h von verschiedenen Autoren beklagt: Moser, R./Topritzhofer, E., Gegengeschäfte, 1978, S. 190; Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 142; Ferscha, R., Handelsdienste, 1991, S. 26; Taprogge, C., Countertrade-Management, 1991, S. 11; Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 10; Schuster, F., Countertrade, 1990, S. 13. 106 So betonen auch einige Autoren, daß sich die Baiter- und Countertrade-Forschung vorwiegend auf deskriptive Systematisierungsansätze beschränkt (vgl. Schuster, F., Countertrade, 1990, S. 13 f.; Taprogge, C., Countertrade-Management, 1991, S. 9). 1 0 7 vgl. Fieleke, N. S., Barter, 1983, S. 34 ff.; Banks, G., Countertrade, 1983; Weissenbeck, F/ Mehler, Η. Α., Barter, 1987. 108 vgl. Sell. F. L., Kompensationshandel, 1988, S. 452.; ο. V., Purpose, 1990, S. 3. 109 vgl. Homby, A. S., Dictionary, 1992, S. 84: barter = exchange of goods for other goods without using money. HO Synonym werden dafür die Begriffe "klassisches Barter" oder "einfaches Barter" in der deutschsprachigen sowie die Bezeichnungen "straight barter", "pure barter", "simple barter", "pure swaps" sowie "individuals barter" in der angloamerikanischen Literatur verwendet (vgl. Taprogge, C., Countertrade-Management, 1991, S. 17; Jalloh, S. Β., Countertrade, 1990, S. 57; Schuster, F., Countertrade, 1988, S. 42; Alexandrides, C. G./Bowers, B. L., Countertrade, 1987, S. 5; Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 17; Elderkin, Κ. W., Role, 1989, S. 52; Samsinger, B., Countertrade, 1986, S. 53; Bürgin, R., Countertrade, 1986, S. 14 f; Veizariu, P., Barter, 1985, S. 24; Peemöller, J., Politik, 1981, S. 15 f). Eine Sonderform des klassischen Barter stellt das "personal barter" dar. Davon spricht man, wenn ein Tausch zwischen Privatpersonen, z.B. in Form der Nachbarschaftshilfe, vorgenommen wird (vgl. Higgiston, J., Barter, 1985, S. 158). H l Hennart, J. F., Dimensions, 1990, S. 244;Mirus, R./Yeung, Β., Countertrade, 1993, S. 413. Iske verwendet deshalb den Begriff Verbundgeschäfte für alle Erscheinungsformen des Tauschhandels (vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 13). U 2 vgl. bspw. Bürgin, R., Countertrade, 1986, S. 11; Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 102 f.; Sell, F. L., Kompensationshandel, 1988, S. 452; Peemöller, Politik, 1981, S. 85 ff; Jalloh, S. B., Welthandel, 1992, S. 17; Hennart, J. F., Dimensions, 1990, insbesondere S. 245.
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Β. Grundlagen
renziert. 113 Sofern die Tauschbeziehungen auf Rahmenvereinbarungen zwischen im Regelfall zwei Ländern basieren und eine Clearing-Stelle eingeschaltet ist, handelt es sich um sogenannte Clearing-Abkommen (Clearing Agreements, Verrechnungsabkommen), die aufgrund ihrer länderübergreifenden Ausrichtung auch als countertradeähnliche Geschäftsform bezeichnet werden. 114 Demgegenüber werden alle Tauschgeschäfte innerhalb eines Landes in der angloamerikanischen Literatur unter dem Begriff Domestic Barter subsumiert. 115 Ferner lassen sich Tauschgeschäfte danach systematisieren, wie viele Transaktoren am Tauschprozeß beteiligt sind. So sind Tauschbeziehungen an denen nur zwei oder wenige Transaktoren beteiligt sind, von solchen zu unterscheiden, an denen eine Vielzahl von Wirtschaftssubjekten partizipiert. 116 Weiterhin lassen sich Austauschbeziehungen danach unterscheiden, ob monetäre Ströme, häufig in Form spezieller Zahlungsmittel, verwendet werden und ob zur Koordination und Abwicklung von Transaktionen eigens darauf spezialisierte Unternehmen als Vermittler eingeschaltet werden. Letztere Form des Tauschhandels wird mit dem Begriff Middleman Barter belegt. 117 Der Barter-Club-Tauschhandel ist (bislang) überwiegend national ausgerichtet und wird demzufolge dem nationalen Tauschhandel zugerechnet.118 Da bei Tauschbörsen eine Tauschzentrale als Vermittler eingeschaltet ist, ergeben
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vgl. Bürgin, R., Countertrade, 1986, insbesondere S. 1; Samsinger, B. R. , Countertrade, 1986, insbesondere S. 49 ff.; Verzariu, P., Barter, 1985, S. 27; Marschner, H., Counter Trade, 1988, S. 74. Ferscha, R., Handelsdienste, 1991, S. 22. Anders hingegen: Jalloh, S. B., Countertrade, 1990. Jalloh verwendet den Begriff Countertrade als Oberbegriff fur alle Formen von Realtauschgeschäften. Generell herrscht auch vielfach Unklarheit darüber, welche Geschäftspraktiken zu den Countertrade-Geschäften zu rechnen sind: "There is a great deal of confusion over the definition of countertrade and its various forms. "(Alexandrides, C. G./ Bowers, B. L., Countertrade, 1987, S. 5; ebenso: Ferscha, R., Handelsdienste, 1991, S. 26). Beispielsweise werden zu den Countertrade-Geschäften Kompensations-, Gegen-, Rückkauf-, Offset-, Swap- sowie Auflagengeschäfte gerechnet (vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 59 ff). Einen guten Überblick über den Stand der Countertrade-Forschung gibt: Schuster, F., Countertrade, 1990, S. 3 ff. 1 1 4 vgl. Jalloh, S. B., Countertrade, 1990, S. 86 ff; Schuster, F., Countertrade, 1988, S. 65 f.; Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 93 ff. Eine dem Clearing-Abkommen ähnliche Vertragsform stellen sogenannte Evidenz-Konten Abkommen dar. Im Unterschied zu Clearing-Abkommen werden Evidenz-Konten Abkommen nicht zwischen zwei Ländern, sondern zwischen einzelnen Unternehmen und Regierungen abgeschlossen (vgl. Verzariu, P., Barter, 1985, S. 31 ff ; Peemôller, J., Politik, 1981, S. 206; Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 90 ff; Alexandrides C. G./Bowere, B. L., Countertrade, 1987, S. 8). 1 1 5 vgl. Kaikati, J. G., Reincarnation, 1976, S. 23; Higgiston, J., Barter, 1985, S. 165; Neale, C. W./ Sercu. P., Countertrade, 1993, S. 283. 1 1 6 vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 103. 1 1 7 vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 23 ff. 1 1 8 vgl. Higgiston, J., Barter, 1985, S. 165 ff; Köstler, W. A , Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 14; Godschalk, H. T. C., Banken, 1986, S. 2.
ΠΙ. Barter-Clubs in Abgrenzung zu weiteren Formen des Tauschhandels
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sich gewisse Ähnlichkeiten mit dem Tätigkeitsbild von Handelshäusern.119 Diese unterstützen Unternehmen allerdings vornehmlich bei der Anbahnung und Abwicklung von Countertrade-Geschäften 120 und können dabei verschiedene Funktionen ausüben. Sie können in der Form eines Eigenhändlers, eines selbständigen Handelsvertreters, eines Kommissionärs, eines Maklers oder eines Beraters eingebunden sein. 121 Die Barter-Club-Zentrale fungiert dagegen vornehmlich als Vermittler und gegebenenfalls als Berater. Der Barter-ClubTauschhandel wird demzufolge auch unter dem Begriff Middleman Barter subsumiert. 122 Zur Abwicklung von Transaktionen wird im Barter-Club ein eigenes Zahlungsmittel ausschließlich oder neben der Landeswährung verwendet. Dadurch stehen den Realgüterströmen innerhalb eines Barter-Clubs ebenso wie in der Geldwirtschaft finanzielle Leistungsströme in Form von Verrechnungsguthaben gegenüber, so daß die Interdependenz zwischen Absatz und Beschaffung reduziert wird. Da eine Verrechnung der Transaktionen auf Konten durch die Tauschzentrale in ihrer Funktion als Clearing-Stelle erfolgt, sind auch indirekte Tauschtransaktionen zwischen einer Vielzahl von Wirtschaftssubjekten möglich. Der Barter-Club-Tauschhandel unterscheidet sich dadurch von allen bilateralen sowie von allen multilateralen Tauschbeziehungen, an denen nur wenige Transaktoren beteiligt sind. Er grenzt sich vom traditionellen Tauschhandel vor allem durch seine geldwirtschaftliche Organisationsform ab. Infolge seines hohen Organisationsgrades wird der Ringtauschverkehr auch als organisierter Barter- bzw. organisierter Tauschhandel bezeichnet.123 Viele Gemeinsamkeiten weist der Barter-Club-Tauschhandel dadurch nur mit zwei Formen des Tauschhandels auf, die bisher kaum Eingang in die wissenschaftliche Literatur fanden: Barter-Firmen sowie privatwirtschaftliche Austauschnetze, sogenannte Kooperationsringe. 124
2. Barter-Firmen und Kooperationsringe Barter-Firmen (Barter Companies) sind wie Barter-Clubs darauf spezialisiert, Unternehmen auf nationaler Ebene bei der Anbahnung von TauschtransBei Handelshäusern handelt es sich dabei häufig nicht um eigenständige Agenturen, sondern um eigene Abteilungen oder rechtlich selbständigen Tochtergesellschaften von großen Handels- und Dienstleistungsunternehmen bzw. von Banken (vgl. Scheitz, S., Handelshäuser, 1986, S. 6 f.). 120 Schätzungen gehen davon aus, daß an 94% aller Countertrade- bzw. countertradeähnlichen Transaktionen Handelshäuser beteiligt sind (vgl. Bussard, W., Countertrade, 1984, S. 55). 1 2 1
vgl. Scheitz, S., Handelshäuser, 1986, S. 5; Ferscha, R., Handelsdienste, 1991, S. 115. vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 24; Köstler, W. A , Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 10. 1 2 3 vgl. Bürgin, R., Countertrade, 1986, S. 74. 124 D e r Terminus Kooperationsring stammt von Offe/Heinze und wird von diesen für alle Formen überhaushaltlich organisierter Austauschnetze verwendet (vgl. Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, insbesondere S. 89). 1 2 2
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Β. Grundlagen
aktionen behilflich zu sein. Ihre Klientel setzt sich überwiegend aus mittelständischen und größeren Firmen zusammen,125 die aber nicht wie bei BarterClubs Mitglied werden, sondern nur im Bedarfsfall die Dienste der BarterFirma in Anspruch nehmen. Dabei haben sich fünf verschiedene Handelsformen herausgebildet:126 (1) Account Receivable Program: Bei dieser am häufigsten praktizierten Form kaufen die Barter-Firmen Unternehmen überschüssige Lagerbestände ab und räumen ihnen dafür Trade Credits (Tauschkreditwerte) ein. Die erworbenen Waren setzen die Barter-Firmen auf eigene Rechnung ab. Als Geschäftspartner kommen nur solche Unternehmen in Frage, die Trade Credits akzeptieren, wobei im Regelfall nur ein Teil des Kaufpreises in Trade Credits und der Rest in Landeswährung beglichen wird. (2) Costs of Goods Recovery Program : Ziel dabei ist es, gebundenes Kapital umgehend in liquide Mittel zu transferieren. Dazu verkaufen Unternehmen ihre überschüssigen Vorräte an BarterFirmen und erhalten dafür zunächst Trade Credits gutgeschrieben. Darüber hinaus wird vereinbart, daß die Barter-Firmen nach Verkauf der Waren einen vorher festgelegten Prozentsatz des erzielten Verkaufspreises in Landeswährung an die Unternehmen abführen, so daß sich die Verrechnungsguthaben der Firmen im Umfang der erhaltenen Geldzahlungen reduzieren. (3) Reverse Account Receivable Program: Bei dieser Handelsform kauft eine Barter-Firma im voraus Produktionskapazitäten eines Lieferanten auf und bezahlt teils in Geld, teils in Verrechnungskreditwerten. Der Lieferant verfügt sofort über Liquidität und kann mit den erhaltenen Trade Credits Einkäufe tätigen. Die Barter-Firma verfügt dagegen über einen Lieferanspruch, den sie dann geltend machen kann, wenn sie die Produkte zum Weiterverkauf benötigt. 127 (4) Receivable Buy Back Program: Diese Geschäftsform wird angewandt, wenn Unternehmen es vermeiden wollen, überschüssige Lagerbestände zu Diskountpreisen abzusetzen, beispielsweise um bei Neuprodukten einen Preisverfall zu verhindern. Sie verkaufen dann ihre Produkte zum Marktpreis an eine Barter-Firma und erhalten dafür Trade Credits gutgeschrieben. Zeitgleich kaufen sie ihre Produkte zu einem niedrigeren Preis gegen Bezahlung in Landeswährung wieder von der Barter1 2 5
vgl. ο. V., Comparison, 1990, S. 55. vgl. im folgenden: Meyer, B., Barter, 1990, S. 36 f.; ο. V., Techniques, 1990, S. 42 f.; Healey, N., Guide, 1991, S. 13 ff. 2 7 vgl. hierzu auch: Lundberg, L., Tool, 1992, S. 44 f.
1 2 6
1
ΠΙ. Barter-Clubs in Abgrenzung zu weiteren Formen des Tauschhandels
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Firma zurück, um sie dann zu einem Preis am Markt zu veräußern, der zwischen dem Marktpreis und dem Rückkaufspreis liegt. (5) Trade for Trade Program: Es handelt sich hierbei um die Anwendung des klassischen Barter durch Barter-Firmen: Produkte bzw. Dienstleistungen werden unter Einschaltung einer Barter-Firma ohne Verwendung eines Zahlungsmittels ausgetauscht. In den USA haben sich bestimmte Barter-Firmen auf diese Geschäftsform spezialisiert. Am weitesten verbreitet ist diese Form in der Werbe- und Touristikbranche. In der Werbebranche (Media Barter) wird Werbezeit im Fernsehen gegen praktisch alle darin enthaltenen Produkte getauscht.128 Häufig bieten große Unternehmen auch selbsterstellte Fernseh-Shows und Serien an Privatsender im Tausch gegen Weibezeiten an. 1 2 9 In der Touristikbranche bieten Fluggesellschaften freie Plätze bei Flügen im Tausch gegen Waren und Dienstleistungen an. 1 3 0 Ähnlich verhält es sich im Hotel- und Gaststättengewerbe, wofreie Betten gegen verschiedene Leistungen getauscht werden. 131 In erster Linie dienen die aufgezeigten Geschäftspraktiken dem Abbau zu hoher Lagerbestände, der Auslastung freier Kapazitäten sowie der Überbrükkung von Liquiditätsengpässen. Die Barter-Firmen erhalten für ihre ausgeübte Marklerfunktion Provisionen. Sofern Unternehmen Verrechnungskreditwerte erhalten - dies ist mit Ausnahme des Trade for Trade Programs immer der Fall - hängt die Vorteilhaftigkeit des Corporate Barter davon ab, ob es durch Vermittlung der Barter-Firmen gelingt, geeignete Einkaufsmöglichkeiten zu finden und Trade Credits erfolgreich zu piazieren. Im Unterschied zu BarterClubs, die nur eine Vermittlungsfunktion zwischen den angeschlossenen ClubMitgliedern ausüben, treten Barter-Firmen häufig auch als Zwischenhändler auf, d.h. sie kaufen Waren und Dienstleistungen auf eigene Rechnung und verkaufen sie weiter. 132
128 vgl. Healey, N., Bartering, 1990, S. 183. 129 vgl. ο. V., Soap, 1991, S. 23; Neu, M., Aspekte, 1990, S. 117 f.; Neu, M., TV-Werbung, 1990, S. 410 ff.; Hildemann, C., Trend, 1990. In den USA hat diese Tauschform 1992 ein geschätztes Umsatzvolumen von ca. 1.375 Mio. Dollar erreicht (vgl. McClellan, S., World, 1992, S. 42 ff.). Nach Foisie wurden dabei 1993 pro Woche durchschnittlich 139 "gebarterte" Fernsehserien im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt (vgl. Foisie, G., Barter, 1994, S. 126). Mittlerweile wird Medien-Barter auch in Deutschland und Europa praktiziert. Zur Situation in Deutschland siehe: Jacobs, H. J., Bartering, 1989, S. 225 ff.; Wülfing, C., Zellulid, 1988, S. 78 f.; ο. V., Femsehserien, 1994, S. 15. 130 Diese Form des Barter wird auch mit den Begriffen "complementary tickets", "discount tickets", "bonus tickets" umschrieben (vgl. Higgiston, J., Barter, 1985, S. 165 f.). 1 3 1
vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 52; Sympson, R., Cash, 1992, S. 36; Dagenais, D., Guestrooms, 1993, S. 59; Morton, Α., Deal, 1994, S. 38 ff. 132 vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 50 ff.
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Β. Grundlagen
Im Gegensatz zu den erwerbswirtschaftlich ausgerichteten Barter-Clubs und Barter-Firmen, die Tauschgeschäfte fast ausnahmslos zwischen Unternehmen vermitteln, sind Kooperationsringe Selbsthilfeeinrichtungen, die sich auf den Austausch von Leistungen, vornehmlich Dienstleistungen, zwischen privaten Haushalten, beschränken. Zielsetzung dieser Organisationen ist es, durch Begründung einer informellen Nebenökonomie Leistungen zu erzeugen und untereinander auszutauschen, die im Rahmen der Geldwirtschaft nicht erbracht worden wären. Dadurch sollen das Versorgungsniveau der Privathaushalte erhöht sowie Versorgungsengpässe und materielle Ungleichgewichte abgebaut werden. Wie bei Barter-Clubs werden dabei tauschsimulierende Transaktionen mittels einer eigenen zinslosen Verrechnungswährung durchgeführt. Es gilt ausnahmslos das Äquivalenzprinzip, was im Regelfall seinen Ausdruck in der Verwendung einer Zeitwährung findet, bei der allein die in ihrem zeitlichen Aufwand gemessene Leistung austauschbar gemacht wird. Eine Zentrale registriert dabei Angebote und Nachfragen der Mitglieder, führt über die ausgetauschten Leistungen Buch und vermittelt die Adressen der Tauschpartner. 133 Erste Vorläufer derartiger Kooperationsringe entstanden in den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts zunächst in den Vereinigten Staaten als Selbsthilfebewegungen von Arbeitslosen. 134 Zwischenzeitlich existieren solche Austauschnetze vor allem in den USA, Kanada, Australien, Neuseeland, England, Wales und den Niederlanden. 135 Den derzeit wohl größten Bekanntheitsgrad besitzt das erstmals im Jahre 1983 in der kanadischen Region um Vancouver ins Leben gerufene und mittlerweile vielerorts verbreitete Local Employment and Trade (LET) System.136 Im deutschen Sprachraum sind überhaushaltlich organisierte Austauschnetze bislang nur spärlich verbreitet. Als Pilotprojekt kann das im Umfeld der Freiwirtschaftsbewegung unter dem Namen "Talent-Experiment1' im Schweizerischen Aarau 1993 ins Leben gerufene Tauschnetzwerk interpretiert werden. 137 Weitere Projekte sind in Vorbereitung bzw. haben im Laufe des Jahres 1994 bereits ihre Tätigkeit aufgenommen. 138
1 3 3
vgl. hierzu ausfuhrlich: Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 86 ff.
1 3 4
vgl. hierzu ausfuhrlich: Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 124 ff. 1 3 5 vgl. Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 139 und S. 189 ff; Weidinger, B., Steinzeit, 1994, S. II; o. V., Geschäft, 1993, S. 132; Wünstel, M., Großbritannien, 1993, S. 6. 136 V g i zu den Ausgestaltungsmöglichkeiten von LET-Systemen ausführlich: Kennedy, M., Geld, 1993, S. 189 ff; Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 131 ff. 137 vgl. hierzu ausfuhrlicher: B. I. 1. 1 3 8
vgl. hierzu bspw. Lyfond, S., Praxis, 1994, S. 9 f.
IV. Auswirkungen des Barter-Club-Tauschhandels
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IV. Finanz- und realgQterwirtschaftliche Auswirkungen des Barter-Club-Tauschhandels Barter-Clubs erheben den Anspruch, ihre Mitgliedsfirmen bei vielfaltigen Zielsetzungen zu unterstützen. Im folgenden wird deshalb dargelegt, wie sich Barter-Geschäfte zur Erreichung einzelwirtschaftlicher Ziele einsetzen lassen und welche Folgen ihr Einsatz auf die einzelnen betrieblichen Funktionsbereiche hat. Gemeinhin werden dabei zwei gegensätzliche Auffassungen vertreten, wenn es darum geht, den Tauschhandel im allgemeinen als Mittel der Unternehmenspolitik zu klassifizieren. Während Vertreter der einen Richtung im Tauschhandel vornehmlich eine Notlösung sehen,139 betrachten Vertreter der Gegenseite den Tauschhandel als unternehmenspolitisches Wettbewerbsinstrument, mit dem Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz erlangt werden sollen. 140 Gleiches gilt für den Barter-Club-Tauschhandel: Auch der Handel über Tauschringe wird einerseits als Instrument zur Bewältigung von Krisensituationen, so z.B. zum Abbau überschüssiger Lagerbestände, zur Auslastung freier Kapazitäten oder zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, und andererseits zur Erzielung von Wettbewerbsvorteilen, z.B. zum Einstieg in noch nicht erschlossene Märkte, zur Ausweitung von Marktanteilen oder zur Verdrängung von Konkurrenten, betrachtet. 141
1. Einfuß auf den Absatz In erster Linie wird die Mitgliedschaft in einem Barter-Club in der Literatur als Absatzinstrument betrachtet, mit dem Mitgliedsfirmen ihre Umsätze erhöhen können, indem sie neue Märkte und zusätzliche Handelskanäle erschließen. 142 Die zusätzliche Umsatzerwartung wird vor allem darauf zurückgeführt, daß neue Abnehmer innerhalb des Tauschrings gewonnen werden können, die bisher Käufer bei Konkurrenzunternehmen waren. Indem man den potentiellen Kunden anbietet über Verrechnung einzukaufen und dabei die sonstigen liquiden Mittel zu schonen, soll sich deren Kaufbereitschaft erhö-
1 3 9
vgl. bspw. Dalton, G., Barter, 1982, S. 181 ff.; Möhring, W., Gegengeschäfte, 1991, S. 101 ff vgl. bspw. Peemöller, J., Politik, 1981, insbesondere S. 234; Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 247 f., Reisman, A/Fuh, D. C./Li, G., Advantage, 1988, S. 55 ff ; Alexandrides, C. G., Strategies, 1991, S. 58. 4 1 vgl. bspw. Williams, J. G./Tondkar, R. H./Coffinan, Ε. N., Technique, 1984, S. 24 ff ; Hinterhuber, H. H./Köstler, W. A , Wettbewerbsvorteile, 1992, S. 82. 4 2 vgl. bspw. Iske, T., Barter, 1987, S. 50; Weissenbeck, F./ Mehler, H. A , Barter, 1987, S. 27; Iske, T., Marketinginstrument, 1989, S. 16 f.; Dale, L., Marketing, 1983, S. 14 ff ; Williams, J. G./Tondkar, R. H./Coffinan, Ε. N., Technique, 1984, S. 26; BATCO, Barter, o. J., o. S.; Neale, C. W./Sercu, P., Countertrade, 1993, S. 285.
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1
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58
Β. Grundlagen
hen. 143 Dabei kann sich besonders die Möglichkeit des Käufers, Einkäufe über Verrechnungskredite zufinanzieren und gegebenenfalls eine suboptimale Versorgung mit Geld zu überbrücken, für den Verkäufer absatzfordernd auswirken. 1 4 4 Einige Autoren vergleichen den Kauf auf Verrechnung deshalb mit dem Kauf auf Kreditkarte. 145 Darüber hinaus gründet sich die Umsatzerwartung der Mitglieder auf die Ausgestaltung des Verrechnungssystems: Im Tauschring wird mit den Verrechnungsguthaben komplementär zum bereits bestehenden Geld ein zweites separates Zahlungsmittel mit eingeschränkter Akzeptanz geschaffen. Da ein Umtausch der Verrechnungsguthaben in Währungsgeld meist ganz ausgeschlossen oder nur bei Austritt aus dem Tauschring möglich ist, können Tauschringteilnehmer ihre angesammelten Verrechnungsguthaben nur für Käufe innerhalb des Tauschrings verwenden. Hinzu kommt, daß eine Ansammlung zinsloser Verrechnungsguthaben unrentabel ist, so daß Teilnehmer bemüht sein werden, ihre Verrechnungsguthaben vorrangig als Zahlungsmittel zu verwenden. Diese vorzugsweise Verwendung als Zahlungsmittel beruht auf der Höherbewertung von Geld als NichtZahlungsmittel. In der Literatur wird dieser Effekt, wonach gutes von schlechtem Geld als Zahlungsmittel verdrängt wird, als Gresham'sches Gesetz bezeichnet.146 Allerdings werden Tauschringgeschäfte deshalb auch im Regelfall nicht an die Stelle von Geldgeschäften treten, weil Mitgliedsfirmen aufgrund der eingeschränkten Akzeptanz der Verrechnungsguthaben nicht daran interessiert sind, daß aus Cash-Kunden Barter-Kunden werden und sie Barter-Guthaben anstelle von Geld erhalten. Es handelt sich bei Barter-Geschäften also vornehmlich um Zusatzgeschäfte. 147 Innerhalb eines Tauschringes kann ein Unternehmen aufgrund der Ausgestaltung des Verrechnungssystems und der Beschaffenheit der Verrechnungswährung mit umso höheren Umsätzen rechnen, je höher sein Annahmesatz für Verrechnungsguthaben ist. Allerdings ist ein Unternehmen bei der Gestaltung seiner Annahmesätze nicht frei. Der Annahmesatz eines Teilnehmers wird vielmehr durch die Beschaffungsmöglichkeiten im Tauschring determiniert. Dazu ein Beispiel: Der Fertigfabrikant A kann seine Rohstoffe nicht mit Verrechnungsguthaben begleichen, da seine Rohstofflieferanten nicht dem Tauschring angeschlossen sind. Zur Aufrechterhaltung seiner Zahlungsfähigkeit kann A beim Verkauf seiner Produkte maximal den Prozentsatz in Ver-
1 4 3
vgl. Dagenais, D., Payment, 1989, S. 20 f.; Dagenais, D., Penetration, 1992, S. 11. 144 V g i zu Wirkungen der Absatzförderung durch Maßnahmen der Absatzfinanzierung: Betge, P., Absatzförderung, 1990, S. 38 ff. 145 vgl. Weiler, F., Bartergeschäfte, 1993, S. 29; Dagenais, D., Payment, 1989, S. 20. 1 4 6 vgl. Schüller, Α., Geldwirtschaft, 1988, S. 303; Leverkus, E., Tausch, 1990, S. 62 f. vgl. Weiler, F., Bartergeschäfte, 1993, S. 21 f.; Williams, J. G./Tondkar, R. H./Coffinan, Ε. N., Technique, 1984, S. 26; Iske, T., Barter, 1987, S. 50.
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IV. Auswirkungen des Barter-Club-Tauschhandels
59
rechnungsguthaben akzeptieren, der dem erwirtschafteten Nettogewinn nach Abzug der Steuern entspricht, zuzüglich seines Nettogewinns, den er bei Währungsgeldumsätzen erzielt, sofern er bereit ist, den Gewinn in Verrechnungsguthaben umzuwandeln. Zurückzuführen ist dieser von Gisin als "wesentlicher Funktionsmangel " eines Tauschringes bezeichnete Sachverhalt darauf, daß die Wertschöpfung eines großen Teils an Gütern und Dienstleistungen außerhalb des Tauschringes erfolgt und mit Währungsgeldern finanziert wird. 1 4 8 Hohe Verrechnungsquoten sind deshalb nur möglich, falls es gelingt, Teilnehmer aus allen Branchen und über alle Wirtschaftsstufen zu gewinnen. Für den einzelnen Teilnehmer ist die Möglichkeit seine Annahmesätze zu erhöhen, umso besser, * je höher seine außerhalb des Tauschrings erwirtschafteteten Erlöse im Vergleich zum Umsatz innerhalb der Tauschbörse sind, * je höher seine Gewinnspanne ist, * je besser seine Beschaffiingsmöglichkeiten innerhalb des Tauschringes sind. Der Beitritt in einen Barter-Club ist aus absatzpolitischen Erwägungen für solche Unternehmen besonders interessant, die auf Zusatzaufträge aufgrund unausgelasteter Kapazitäten bzw. zur Vergrößerung von Marktanteilen angewiesen sind. Dies trifft zum einen besonders auf neugegründete Unternehmen zu, zum anderen auf Unternehmen mit Produkten in der Einführungs- und Degenerationsphase des Produktlebenszyklusses, wenn neue Abnehmerschichten gewonnen bzw. fallende Umsätze kompensiert werden sollen. 149 Ferner werden Tauschgeschäfte deshalb auch in Zeiten einer rezessiven Konjunktur ansteigen, weil Unternehmen dann im Regelfall besonders auf zusätzliche Umsätze angewiesen sind. 150 Die Wirkung einer Teilnahme am Ringtauschverkehr ist dabei aus absatzwirtschaftlicher Sich umso positiver zu beurteilen, je geringer die Möglichkeiten sind, Zusatzaufträge auf eine andere Art und Weise zu erhalten. 151 Bei unausgelasteten Kapazitäten wirken sich Tauschgeschäfte dann besonders vorteilhaft aus, wenn Betriebe einen hohen Fixkostenanteil und einen geringen Anteil variabler Kosten aufweisen, was zu einem
1 4 8
vgl. hierzu ausführlich: Gisin, G., Bedeutung, 1955, S. 69 ff. vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 58; Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 182; Peemöller, J., Politik, 1981, S. 80; Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 251; Hinterhuber, H. H./Köstler, W. Α., Wettbewerbsvorteile, 1992, S. 84. 1 5 0 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 189; Cohn, J. E.T./Kaufinan , S., Money, 1991, S. 26.; Kleiman, R. T., Swap, 1992, S. 21. 1 5 1 vgl. Bieber, Β., Gegengeschäftspolitik, 1989, S. 48. 1 4 9
60
Β. Grundlagen
flachen Gesamtkostenverlauf führt. 152 Bei Betriebstypen mit dem angesprochenen Gesamtkostenverlauf führen nämlich unausgelastete Kapazitäten schnell dazu, daß die Fixkosten nicht mehr gedeckt werden können, so daß Geschäfte über Verrechnung selbst zu niedrigeren Preisen noch vorteilhaft sind, wenn sie einen positiven Deckungsbeitrag aufweisen. Vorteile können aus einer Barter-Club-Mitgliedschaft im absatzwirtschaftlichen Bereich auch dann realisiert werden, wenn für den zusätzlichen Absatz reduzierte Vertriebsanstrengungen nötig sind und damit eine Verringerung der Vertriebskosten einhergeht. 153 Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn es gelingt, durch die Auflistung der Unternehmen in der Datenbank und im Einkaufsführer neue Abnehmer zu gewinnen, die mit herkömmlichen Verkaufsförderungsmaßnahmen aufgrund einer zu großen räumlichen Distanz nur mit verhältnismäßig hohen Kosten, z.B. nur durch den Aufbau eines eigenen Vertriebsnetzes im Absatzgebiet, erreicht worden wären. 154 Langfristig kann dabei die Strategie verfolgt werden, neue Abnehmer zunächst mit dem Verkaufsargument "Einkauf über Verrechnung" zu gewinnen und dann später zu versuchen, aus diesen Barter-Kunden Cash-Kunden werden zu lassen.155 Zur Förderung ihres Absatzes können die Mitgliedsfirmen Teilnehmeradressen selektiert nach Branchen von der Tauschzentrale anfordern bzw. selbst aus den Einkaufsführern entnehmen, um Werberundschreiben zu versenden. Dadurch ist allerdings eine Ansprache der Zielgruppe nur auf der Basis der Branchenzugehörigkeit möglich. Zusätzlich können die Mitglieder Werbeanzeigen in tauschringinternen Publikationen schalten, wobei bei diesem Werbemedium eine zielgruppenspezifische Ansprache von potentiellen Abnehmern aufgrund der Heterogenität der Mitgliedsfirmen ganz ausgeschlossen ist. 1 5 6 Gelegenheit zu umsatzwirksamen Verkaufsforderungsmaßnahmen bieten sich den Mitgliedern auch, sofern Barter-Organisationen Messen und Ausstellungen veranstalten. Ferner unterhalten Barter-Clubs in der Regel Geschäftsstellen mit Außendienstmitarbeitern. Durch diese können ebenfalls Kontakte vermittelt werden, aus denen Geschäftsabschlüsse und Umsätze resultieren. 157 Selbständigen Unternehmern aus Berufsgruppen, die aufgrund berufs- oder standesrechtlicher Restriktionen keine Werbeaktivitäten betreiben dürfen, z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, eröffnet die 1 5 2
vgl. Ammer, D. S., Reciprocity, 1962, S. 116 f.; Peemöller, J., Politik, 1981, S. 76; Bieber, B., Gegengeschäftspolitik, 1989, S. 48; Reisman, A/Aggarwal, R./Fuh, D. C., Opportunities, 1989, S. 66; Gamble, R., Cahflow, 1991, S. 13 f. 153 vgl. Szekeres, R., Art, 1991, S. 18. 1 5 4
vgl. Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 190 f.; Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 60; Schaub, R., Werbung, 11/1991, S. 20 f. 155 vgl. Iske, T., Barter, 1987, S. 51. 1 5 6 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 183. 1 5 7 vgl. Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 32.
IV. Auswirkungen des Barter-Club-Tauschhandels
61
Auflistung im Einkaufsführer und in der Datenbank außerdem die Möglichkeit, unter Umgehung standesrechtlicher Reglementierungen auf sich aufmerksam zu machen.158 Darüber hinaus wird in der Literatur betont, daß eine absatzfördernde Wirkung auch davon ausgehe, daß die Mitgliedsunternehmen durch die Zugehörigkeit zum Club untereinander ein Zusammengehörigkeitsgefühl entwickelten und von dieser so entstandenen Solidarität profitierten, indem sie Waren und Dienstleistungen bevorzugt im Tauschring erwerben. 159 Trotz der akquisitorischen Wirkung des Barter-Club-Tauschhandels darf aber nicht übersehen werden, daß gewisse Faktoren den Einsatz und den Erfolg dieses Absatzinstruments begrenzen. Diese liegen, wie bereits erwähnt, zum einen in den bestehenden Einkaufsmöglichkeiten innerhalb des Tauschringes, weil Umsätze innerhalb des Tauschringes Einnahmen in Verrechnungsguthaben begründen, die ausschließlich für die Beschaffung im Tauschring verwendet werden können. Dadurch werden die Einnahmen im Tauschring durch die mögliche Ausgaben begrenzt. 160 Zum anderen arbeiten BarterClubs vorrangig nachfrageorientiert, d.h. im Falle eines Einkaufsbedarfs einer Mitgliedsfirma wird versucht, Lieferanten zu vermitteln. Dadurch werden die Mitglieder aber in erster Linie bei der Beschaffung unterstützt: "Our focus has always been on helping clients buy." 161 Zudem eignen sich bestimmte Produkte nicht oder nur schlecht für eine Vermarktung über den Tauschring: So muß bei höherwertigen, erklärungsbedürftigen und beratungsintensiven Gütern davon ausgegangen werden, daß diese nur über persönliche Kontakte und den Einsatz firmeneigener Außendienstmitarbeiter abgesetzt werden können. Auch Konsumgüter können kaum über Tauschringe abgesetzt werden, weil Endverbraucher bisher nur ausnahmsweise am Tauschhandel partizipieren, wenn sie beispielsweise als Arbeitnehmer einer Mitgliedsfirma in den Besitz von Verrechnungsguthaben gelangen.
2. Einfluß auf die Beschaffung Da aus Barter-Geschäften erzielte Einnahmen für Beschaflungszwecke im Tauschring wiederverwendet werden müssen, muß ein Teilnehmer im Tauschring umso mehr einkaufen, je mehr er über den Tauschring verkauft. Dies macht eine unternehmensinterne Koordination von Absatz- und Beschaffungs158 vgl. Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 109; Hinterhuber, H. H./Köstler, W. Α., Wettbewerbsvorteile, 1992, S. 84. 159 vgl. Godschalk, H. T. C., Wirtschaft, 1986, S. 46; Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 64; Weiler, F., Bartergeschäfte, 1993, S. 24; Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 80. Dieser Effekt wird als sogenannter "Club-Effekt" bezeichnet. 1 6 0 1 6 1
vgl. Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 55. Schacht, J./Varner, J., Demand, 1991, S. 6.
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Β. Grundlagen
prozeß notwendig. Dadurch können den Mitgliedsfirmen zusätzliche Kosten entstehen, worunter gegebenenfalls anteilige Kosten für die Einrichtung einer speziellen Abteilung fallen, die die Koordination vornimmt. 162 Gleichzeitig wird von den Mitgliedsunternehmen ein Umdenken verlangt: Statt Umsatzdenken wird Einkaufsplanung und -Optimierung gefordert 163 Dabei ist im Gegensatz zu allen bilateralen Tauschformen aufgrund der Wertspeicherungsfunktion der Verrechnungswährung keine vollständige zeitliche Synchronisation von Absatz und Beschaffung erforderlich. Auch müssen sich Absatz- und Beschaffungsvolumen eines Teilnehmers nicht die Waage halten: Da Transaktionen teils in Verrechnungsguthaben, teils in gesetzlichen Zahlungsmitteln abgewickelt werden können, ist bei nicht identischem Absatz- und Beschaffungsvolumen ein Ausgleich der Verrechnungskonten durch eine entsprechende Anpassung der Annahmesätze für Verrechnungsguthaben möglich. 164 Aus der Interdependenz von Absatz und Beschaffung folgt, daß die Teilnahme am Tauschverkehr für Unternehmen nur dann vorteilhaft ist, wenn nicht nur neue Abnehmer gewonnen und zusätzliche Umsätze realisiert, sondern gleichzeitig geeignete Lieferanten gefunden werden. Dabei können sich vor allem dann Schwierigkeiten ergeben, wenn Tauschringe nur über einen kleinen Teilnehmerkreis verfügen und dabei einzelne Branchen im Tauschring nicht vertreten sind. In diesem Fall können entweder gewünschte Leistungen überhaupt nicht beschafft oder es kann nur zwischen wenigen Anbietern ausgewählt werden, so daß mitunter höhere Beschaffungspreise akzeptiert werden müssen. Auch können bestimmte Leistungen dann nicht bezogen werden, wenn zwar grundsätzlich geeignete Anbieter im Tauschring vorhanden sind, diese aber nicht über Verrechnung liefern, weil sie beispielsweise über ausgelastete Kapazitäten verfügen und nicht an zusätzlichen Verrechnungsgeschäften interessiert sind. Darüber hinaus kann sich die Beschaffung im Regelfall auch deshalb schwierig gestalten, weil die Annahme von Verrechnungsguthaben beim Verkäufer ein großes Maß an Vertrauen erfordert und ein mitunter bestehendes Mißtrauen überwunden werden muß: Der Verkäufer erhält lediglich eine Gutschrift auf seinem Verrechnungskonto, die nichts anderes als einen Anspruch auf den Bezug von Leistungen innerhalb des Tauschringes verbrieft. Er muß darauf vertrauen, für sein Verrechnungsguthaben jederzeit Leistungen von weiteren Tauschringmitgliedern in Anspruch nehmen zu können, die er benötigt, und geht das Risiko ein, daß es schwierig oder sogar unmöglich wird, notwendige Beschaffungsvorgänge im Tauschring vorzunehmen. Dadurch findet im Tauschring im Vergleich zur Geldökonomie eine Risiko1 6 2
vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 202; Iske, T., Preisbildung, 1987, S. 22; Schuster, F., Countertrade, 1990, S. 12. 163 vgl. Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Fallgruben, 1989, S. 11. 1 6 4
vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 127.
IV. Auswirkungen des Barter-Club-Tauschhandels
63
Umverteilung zwischen Käufer und Verkäufer statt: In der Geldwirtschaft verfügt der Käufer über Geld, das kraft Gesetzes als Zahlungsmittel akzeptiert wird. Aufgrund der allgemeinen Akzeptanz als Zahlungsmittel kann er sich sicher sein, daß er für Geld gewünschte Güter oder Dienstleistungen beziehen kann. Der Käufer trägt damit in der Geldwirtschaft das größere Risiko, weil er durch die Hingabe von Geld eine jederzeit einlösbare Tauschchance aufgibt und dafür eine Leistung erhält, die z.B. ein gewisses Enttäuschungsrisiko in sich birgt. Im Tauschring trägt dagegen der Verkäufer das höhere Risiko. Während der Käufer sofort über den Kaufgegenstand verfügt, der zwar wie in der Geldwirtschaft ein gewisses Risiko beinhaltet, trägt der Verkäufer das viel größere Risiko, daß er Guthaben im Tauschring nicht oder nicht zum gewünschten Zeitpunkt einlösen kann. 165 Infolgedessen wird im Tauschring spiegelbildlich zur Geldwirtschaft das Einkaufen schwieriger sein als das Verkaufen. 166 Für die Mitgliedsfirmen ist es deshalb vorteilhaft, wenn sie zunächst einkaufen und dabei eine Schuldnerposition aufbauen, deren Tilgung durch den Absatz im Tauschring erreicht wird. Dabei entstehen Zins- und Liquiditätsvorteile. Beschaffungsvorgänge im Tauschring können demzufolge zur Überwindung kurzfristiger Liquiditätsengpässe beitragen. Das kann gleichzeitig bedeuten, daß ein Unternehmen nicht das den Beschaffungszielen entsprechende Angebot eines Nichttauschringteilnehmers akzeptiert, sondern auf das Angebot eines Tauschringmitglieds zurückgreift, um Absatzziele zu realisieren bzw. Liquiditätsengpässe zu überbrücken. 167 Bei umgekehrter Vorgehensweise, d.h. wenn die Beschaffung dem Absatz folgt, verschlechtert sich für ein Unternehmen die Ausgangsbasis, weil für angesammelte Guthaben Zinsverluste entstehen und dadurch der Druck wächst, zu ungünstigen Konditionen einzukaufen. Generelle Vorteile können im beschaffungswirtschaftlichen Bereich dagegen dann realisiert werden, wenn infolge der Vermittlungsfunktion der Tauschzentrale eigene Aktivitäten zur Suche nach Lieferanten unterbleiben können und sich dadurch der Beschaflungsaufwand reduziert oder wenn günstigere Lieferanten gefunden werden und dadurch die unmittelbaren Beschaffungskosten sinken. 168
1 6 5
vgl. hierzu ausführlich: Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 271 - 276. Ähnlich: Creutz, H., Auswege, 1994, insbesondere S. 19 f. 166 Zu demselben Ergebnis kommt Iske, T., Barter, 1987, S. 52: "Das Hauptproblem in einem BarterClub ist die Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen." 1 6 7 vgl. Peemöller, J., Politik, 1981, S. 218. 1 6 8 vgl. hierzu auch: Weissenbeck, F./Mehler, H. A , Barter, 1987, S. 35 ff.; Hinterhuber, H. H./ Köstler, W. Α., Wettbewerbsvorteile, 1992, S. 84.
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Β. Grundlagen
3. Einflüsse auf den finanzwirtschaftlichen Bereich a) Finanzierung durch Verrechnungskredite Tauschringe vermitteln an ihre Teilnehmer zur Abwicklung von Leistungstransaktionen Verrechnungskredite, die niedrig verzinslich bzw. unverzinslich sind. Dabei ist die Kreditvermittlung durch die Tauschzentrale unabdingbare Voraussetzung für das Funktionieren eines Tauschringes: Da Ein- und Verkäufe der Mitgliedsunternehmen in den seltensten Fällen zeitlich und im Wert synchron verlaufen, benötigen die Teilnehmer zur Durchführung von Transaktionen Kredite. Andernfalls müßten sie Währungsgelder in Verrechnungsguthaben transferieren, was aufgrund des geringeren Liquiditätsgrades der Verrechnungsguthaben ungünstig ist, oder sie müßten liquide Mittel in Form unverzinslicher Verrechnungsguthaben halten. Auch letzteres ist suboptimal, wie Kruthaup unter Verwendung des Modells von Baumol und Miller/Orr zur Bestimmung der optimalen Transaktionskasse von Teilnehmern an Tauschhandelsbetrieben nachweist. Aufgrund der Unverzinslichkeit der Verrechnungsguthaben strebt die optimale Transaktionskasse gegen Null. 1 6 9 Für den Kreditnehmer lassen sich bei einer Finanzierung von Einkäufen über Verrechnung Zinskosten für Fremdkapital bzw. für die Inanspruchnahme teurer Lieferantenkredite senken bzw. sogar ganz vermeiden. Dies hat Auswirkungen auf die Rentabilität sowie das Verschuldungsrisiko: "Bei gegebener und konstanter Gesamtkapitalrentabilität und geringerer durchschnittlicher Fremdkapitalzinsen steigt die Eigenkapitalrentabilität, die mit zunehmender Fremdkapitalquote weiter ansteigt (Leverage-Effekt). Da das Überschuldungsrisiko zunimmt, je höher der Verschuldungsgrad, je niedriger die Gesamtkapitalrentabilität und je größer die Gefahr längerfristig die Gesamtkapitalrentabilität übersteigender Fremdkapitalzinsen ist, mindert sich das Risiko aus der Verschuldung durch Aufnahme von Verrechnungskrediten. Insbesondere wenn die Gesamtkapitalrentabilität aufgrund einer Rezession sinkt und/oder steigende Kapitalmarktzinsen die Fremdkapitalkosten ansteigen lassen, kann diese Gefahr durch die Teilnahme am Tauschring zumindest reduziert werden." 170
Aufgrund der Zinslosigkeit bzw. der niedrigen, von der Konjunkturlage unabhängigen Verzinsung der Verrechnungskredite, ergeben sich aus der Sicht der Kreditnachfrager vor allem in Hochzinsphasen Zinsvorteile im Vergleich zur Inanspruchnahme monetärer Liquidität auf dem Geld- oder Kapitalmarkt.
1 6 9 1 7 0
vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 191 ff. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 195.
IV. Auswirkungen des Barter-Club-Tauschhandels
65
Neben dem Vorteil einer fehlenden oder geringeren Zinsbelastung ergibt sich bei Verrechnungskrediten die Möglichkeit, sie mit im Tauschring erwirtschafteten Umsätzen zu amortisieren. Sofern es dabei gelingt, die Umschlaghäufigkeit der Waren zu erhöhen, erfolgt eine Finanzierung aus beschleunigter Kapitalfreisetzung. Darüber hinaus können bei zinslosen bzw. niedrig verzinslichen Krediten Investitionen durchgeführt werden, die anderweitig nicht rentabel wären. Dieser Sachverhalt ist auch aus der Investitionsrechnung bekannt: 171 Eine Investition ist nur dann vorteilhaft und wird durchgeftihrt, wenn ihre Rentabilität höher ist, als der auf dem Kapitalmarkt erzielbare Zins. Im Vergleich zu Investitionen, die über den Kapitalmarkt finanziert werden, sind über zinslose bzw. niedrig verzinsliche Verrechnungskredite finanzierte Investitionen auch dann vorteilhaft, wenn sie bei der Finanzierung über den Kapitalmarkt längst unrentabel wären. Dies wird im folgenden exemplarisch dargestellt: Unter der Annahme einer Kreditaufnahme von 100.000.-- DM und einem Tilgungszeitraum von 20 Jahren ergibt sich bei einem Verrechnungskredit, der mit 1,75% jährlich verzinst wird, eine Annuität von 5.996.- DM. Dieser Betrag reicht beim Bankdarlehen mit einem Zinssatz von 8% nicht einmal aus, um die jährliche Zinsbelastung zu decken. Entsprechend würde sich die jährliche Annuität beim Bankdarlehen auf 10.185.-- DM. annähernd verdoppeln. Damit hat die Finanzierung kapitalintensiver Projekte über Verrechnungskredite die Wirkung und Funktion eines Eigenkapitalersatzes, da auch Projekte mit geringem Eigenkapitalanteil durchgeführt werden können. Allerdings vermitteln die meisten Barter-Clubs ausschließlich kurzfristige Kredite, die nicht zur Finanzierung kapitalintensiver Investitionen geeignet sind, da die Überziehungsspielräume weder groß genug sind, um einen höheren Kapitalbedarf abzudecken, noch die zeitliche Befristung ausreicht, damit die Kreditsumme fristgerecht durch genügend Einzahlungen (Verkäufe) getilgt werden könnte. 172 Gelingt es einem Teilnehmer nicht, einen Verrechnungskredit innerhalb der vorgesehenen Frist durch Verkäufe im Tauschring zu erwirtschaften, muß er in der Regel Währungsgelder in Verrechnungsguthaben transferieren. Auch in diesem Fall ergeben sich für die Dauer der Inanspruchnahme des Verrechnungskredits Zinsersparnisse, die selbst bei kurzfristigen Krediten ein beträchtliches Ausmaß annehmen können. Beispielsweise entsteht unter der Annahme, daß monatlich ein Verrechnungskredit von 5.000,-- DM in Anspruch genommen wird, nach Ablauf von zwölf Monaten ein Finanzierungsplateau von 60.000,- DM, das konstant bleibt, sofern nach dem Ablauf von zwölf Monaten der erste Verrechnungskredit mit Währungsgeldern getilgt wird und
1 7 1 1 7 2
vgl. Perridon, L./Steiner, M., Finanzwirtschaft, 1993, S. 63 f. vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 196.
5 Schneider
66
Β. Grundlagen
weiterhin monatlich ein Kredit von 5.000,-- DM in Anspruch genommen wird. 60.000,-- DM stehen so dauerhaft zinslos zur Verfügung. Abgesichert werden kurzfristige Verrechnungskredite am häufigsten durch Bankbürgschaften oder eine Warenkreditversicherung. Dafür fallen durchschnittlich Kosten in Höhe von 2 - 3 % des in Anspruch genommenen Kreditvolumens an. Sofern langfristige Kredite ausgereicht werden, erfolgt im Regelfall eine Besicherung über Grundpfandrechte. Demzufolge werden auch im Tauschring Kredite nur an kreditwürdige Unternehmen gewährt, die die erforderlichen Bürgschaften oder Kreditgarantien aufbringen können. Firmen, die aufgrund einer angespannten Kreditsituation keine Bankkredite mehr erhalten und deshalb am ehesten auf zinslose Kredite angewiesen wären, erhalten auch keine Verrechnungskredite, weil sie keine Kreditsicherheiten vorlegen können. Damit ist es nicht möglich, wie gelegentlich behauptet wird, 1 7 3 Verrechnungskredite einzusetzen, wenn klassische Finanzierungsalternativen ausgereizt sind. Barter als Finanzierungsinstrument eignet sich folglich nur für solche Unternehmen, die gegebenenfalls zwar nicht über ausreichende Liquidität, aber trotzdem über hinreichende Bonität verfügen. Außerdem ist jeder Finanzierungsvorgang zeitgleich an einen Beschaflungsvorgang gekoppelt. Deshalb können nur solche Teilnehmer Zinsvorteile realisieren, die Einkäufe über Verrechnung vorfinanzieren und deren Verrechnungskonto dauerhaft einen Debetsaldo aufweist. Konsequenterweise werden Teilnehmer, die eingekauft haben, versuchen, ihre Gegenleistung möglichst lange zurückzuhalten. 174
b) Auswirkungen auf die Liquidität Auswirkungen von Barter-Geschäften auf die Liquidität gilt es einerseits vor dem Hintergrund zu untersuchen, daß die Aufrechterhaltung der Liquidität, worunter man die Fähigkeit versteht, "falligen Verbindlichkeiten unter der Voraussetzung des reibungslosen Ablaufs des Betriebsprozesses (...) termingerecht nachkommen zu können," 175 conditio sine qua non für den Fortbestand eines Unternehmens ist. 1 7 6 Andererseits wird in der Literatur immer wieder betont, daß gerade eine Teilnahme an einem Barter-Club zur Verbesserung der Zahlungsfähigkeit beitragen kann. 177 Dabei können Unternehmen ihre Liquidität durch eine Barter-Club-Mitgliedschaft vor allem dann verbessern, 173 vgl. bspw. Linke, K., Barter, 1985, S. 24. 1 7 4 vgl. hierzu ausführlich: Creutz, H., Auswege, 1994, S. 20. 1 7 5 Wöhe, G./Bilstein, J., Untemehmensfinanzierung, 1994, S. 22. 1 7 6 vgl. Gutenberg, E., Finanzen, 1987, S. 274. 1 7 7 vgl. Kern, W., Liquidität, 1988, S. 14 ff.; Hickok, R., Capital, 1988, S. 70 f.; Suhr, D./Godschalk, H. T. C., Liquidität, 1986, S. 109; Iske, T., Barter, 1986, S. 51; Kleiman, R. T., Swap, 1992, S. 21; Cohn, J. E./Kaufinan, S., Money, 1991, S. 44 f.
IV. Auswirkungen des Barter-Club-Tauschhandels
67
wenn es ihnen gelingt, durch eine Erweiterung ihres Kundenkreises die Umsätze zu erhöhen und durch einen höheren Umschlag von Leistungen gebundenes Kapital schneller in liquide Mittel zu transferieren. Dabei verbessert sich im Vergleich zu zusätzlichen Währungsumsätzen die Liquidität bei Barter-Geschäfte in dem Maße stärker, in dem es gelingt, Zinskosten einzusparen. Dies ist dann möglich, wenn der Einkaufsbedarf über Verrechnungskredite vorfinanziert werden kann. Sofern zur Finanzierung zusätzlicher Umsätze keinerlei Bankkredite in Anspruch genommen oder liquide Mittel bereitgehalten werden müssen, können gegebenenfalls vorhandene liquide Mittel zum Abbau verzinslicher Passiva verwendet werden, so daß eine weitere Liquiditätsverbesserung durch Reduzierung auszahlungswirksamer Zinsaufwendungen erfolgt und sich gleichzeitig das Risiko vermindert, Bankkredite nicht oder nicht mehr fristgerecht tilgen zu können.178 Eine Verbesserung der Liquidität tritt auch ein, sofern auszahlungswirksame Aufwendungen im absatz- oder beschaffungswirtschafllichen Bereich, so z.B. Aufwendungen für den Vertrieb, infolge der Club-Mitgliedschaft reduziert werden können. Liquiditätsverschlechternd wirken bei einer Teilnahme an einem Barter-Club dagegen Auszahlungen in Form von Aufnahmegebühren, Mitgliedsbeiträgen, Provisionen, Gebühren für die Bonitätsprüfung etc., die zusätzlich, meist in herkömmlicher Währung, anfallen. Gefahren für die Zahlungsfähigkeit können vor allem daraus resultieren, daß keine ausreichende Verwendbarkeit der Verrechnungsguthaben gewährleistet ist und Guthaben nicht durch Einkäufe abgebaut werden können. Die eingeschränkte Verwendbarkeit von Verrechnungsguthaben kann soweit führen, daß Mitglieder eines Tauschringes in Zahlungsschwierigkeiten geraten, wenn sie hohe Guthaben ansammeln. Damit ein Teilnehmer am Tauschverkehr seine Zahlungsfähigkeit dauerhaft aufrecht erhalten kann, sollte er bei Verkäufen maximal so viel Verrechnungsguthaben akzeptieren, wie er voraussichtlich für Ausgaben verwenden kann. Dazu bedarf es einer genauen Planung aller in Zukunft anfallenden auszahlungswirksamen Aufwendungen, um dann zu ermitteln, welcher Teil dieser Aufwendungen über den Tauschring bestritten werden kann. 179 Die Höhe der maximal in Verrechnungsguthaben zu begleichenden Aufwendungen bildet dann die Obergrenze für die im Gegenzug bei Verkäufen zu akzeptierenden Verrechnungsguthaben, zumal sich für Teilnehmer im Falle des "Überbarterns" nur die Möglichkeit ergibt, Verrechnungsguthaben, soweit zulässig, gegen Abschlag zu verkaufen oder Güter
1 7 8 1 7 9
vgl. Aus, R. M., Loans, 1989, S. 49 f.
vgl. hierzu ausführlich: Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 34 ff; Schaub, R., PlazierungsBeratung, 7/1991, S. 27 f.; Schaub, R., WIR-Plazierung, 9/1991, S. 14 ff
68
Β. Grundlagen
zu erwerben, die zwar selbst nicht benötigt werden, die aber ohne allzu große Umstände gegen Geld weiterveräußert werden können. Vergleicht man Barter-Geschäfte hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Liquidität mit Geldgeschäften, weisen Barter-Geschäfte den Vorteil auf, daß ein gegebenenfalls entstehender Debetsaldo vom Käufer durch eigene Leistungen ausgeglichen werden kann. Erst wenn ein Ausgleich innerhalb von neun bzw. zwölf Monaten nicht erfolgt ist, hat ein Ausgleich nach dieser Frist in der jeweiligen Landeswährung auf ein Sicherungskonto stattzufinden. Damit wirkt Barter quasi wie eine Prolongation des Zahlungsziels. Anders sieht die Lage beim Verkäufer aus. Im Vergleich zum Verkauf auf Ziel, bei dem ein Käufer das vom Verkäufer eingeräumte Zahlungsziel in Anspruch nimmt, verbessert sich seine Liquidität beim Absatz über Verrechnung. Während beim Zielverkauf eine Transformation der Forderungen in liquide Mittel 1 8 0 erst nach einer gewissen Zeit erfolgt, verfügt der Verkäufer bei Verrechnungsgeschäften sofort über ein Zahlungsmittel. Anders verhält es sich, wenn der Verkäufer anstelle einer sofortigen Zahlung in Währungsgeld Verrechnungsguthaben erhält. In diesem eher unwahrscheinlichen Fall, weil Barter-Geschäfte gewöhnlich nicht an die Stelle von Geldgeschäften treten werden, verschlechtert sich seine Liquidität, da Verrechnungsguthaben einen geringeren Liquiditätsgrad aufweisen als gesetzliche Zahlungsmittel. Im Ergebnis läßt sich festhalten, daß Aussagen über den Einfluß einer Barter-Club-Mitgliedschaft auf die Liquidität nur unter Zuhilfenahme sorgfaltig ausgewählter Prämissen getroffen werden können. Liquiditätsverbesserungen sind vor allem dann zu erwarten, wenn durch Zusatzgeschäfte ein höherer Warenumschlag erreicht werden kann. Im besonderen hängt die Beurteilung der Auswirkungen von Verrechnungsgeschäften auf die Liquidität dabei aber von der Liquidisierbarkeit, d.h. von der Gütererwerbsfähigkeit der Verrechnungsguthaben ab. Bereitet die Beschaffung gewünschter Güter und Dienstleistungen innerhalb des Tauschringes keine Schwierigkeiten, so ist sogar die Annahme von Verrechnungsguthaben anstelle von Währungsgeld mit keiner oder nur mit unbedeutenden Einschränkungen der Zahlungsfähigkeit verbunden. Umgekehrt kann aber der Verkauf über Verrechnung mit sofortiger Gutschrift des Kaufpreises auf dem Verrechnungskonto eine Schlechterstellung im Vergleich zum Verkauf auf Ziel sein, wenn die Verrechnungsguthaben nicht piaziert werden können. Die sofortige Verbuchung wäre in diesem Fall nur scheinbar von Vorteil.
180 Gemeint sind hier liquide Mittel in Form von Bank-, Kassen- oder Postscheckguthaben.
V. Zusammenfassung
69
V. Zusammenfassung Historisch reichen die Wurzeln des organisierten Ringtausches bis ins letzte Jahrhundert zurück. Erste Tauschringe heutiger Prägung, sogenannte BarterClubs, wurden allerdings erst Anfang der sechziger Jahre dieses Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten gegründet. Schließlich führten Meldungen über die positive Entwicklung dieser Organisationen zu Beginn der achtziger Jahre auch zu Barter-Club-Gründungen in Deutschland. Dabei unterscheiden sich Barter-Clubs von anderen Ausprägungsformen des Tauschhandels durch ihren hohen Organisationsgrad, weil ein eigens geschaffenes Tauschmittel zur Abwicklung von Transaktionen benutzt wird und eine Club-Zentrale als Vermittlungs- und Clearingstelle agiert. Während der überwiegende Teil des Tauschhandels (Countertrade und Clearing-Abkommen) auf internationaler Ebene abgewickelt wird, sind Barter-Clubs fast ausschließlich regional oder national tätig. Die größten Ähnlichkeiten bestehen dabei zu den von Barter-Firmen in den USA praktizierten und mit dem Begriff Corporate Barter belegten Geschäftspraktiken, bei denen eine Tauschzentrale ebenfalls unter Zuhilfenahme von Tauschkreditwerten Tauschgeschäfte zwischen Unternehmen vermittelt, ohne daß diese Firmen dort Mitglied werden. Beschränkt auf den haushaltlichen Austausch von Leistungen arbeiten außerdem sogenannte Kooperationsringe nach dem gleichen Grundprinzip wie Barter-Clubs. Zielsetzung heutiger Barter-Clubs ist es zum einen, ihren Mitgliedern, die sich fast ausschließlich aus Unternehmen rekrutieren, eine Erhöhung des Absatzvolumens zu ermöglichen. Darüber hinaus soll die Mitgliedschaft im Tauschring zu Zeit- und Kosteneinsparungen beim Einkauf führen. Im finanzwirtschaftlichen Sektor sollen durch die Inanspruchnahme zinsloser bzw. zinsgünstiger Verrechnungskredite Liquiditätsengpässe überbrückt und Zinskosten eingespart werden. Barter-Organisationen verstehen sich insofern als Erfüllungsgehilfen ihrer Mitgliedsfirmen, so daß allein unternehmerische Zielsetzungen eine Rolle spielen. Ideologische Ziele wie Selbsthilfe und/oder Reformierung der Geldwirtschaft verfolgen Barter-Clubs dagegen nicht. Angesichts dieser Zielsetzungen spricht einiges dafür anzunehmen, daß sich in erster Linie kleinere Firmen für eine Mitgliedschaft entscheiden werden: Im Vergleich zu größeren Unternehmen sind sie häufiger mit Finanzierungsproblemen konfrontiert und dadurch auch eher auf eine Unterstützung des Absatzes ihrer Leistungen angewiesen, weil sie aufgrund von Finanzierungsengpässen oftmals nur in sehr beschränktem Umfang eigene Werbe- und Verkaufsförderungsmaßnahmen durchführen können.181
1 8 1
vgl. Kück, M., Finanzierungsprobleme, 1990, S. 23 ff.
70
Β. Grundlagen
Der Barter-Club-Tauschhandel ist kein Substitut für geldwirtschaftliche Tauschprozesse, sondern weist einen komplementären Charakter auf, bei dem zusätzliche Umsätze durch Ansprache neuer Kunden innerhalb des Tauschringes erzielt werden. Dabei begründen Umsätze auf den Absatzmärkten gleichzeitig Einnahmen in Verrechnungsguthaben und aufgrund deren ausschließlicher Verwendbarkeit für Käufe im Tauschring Interdependenzen zu den Beschaffungsmärkten. Eine Teilnahme am Tauschverkehr ist deshalb nur dann vorteilhaft, wenn nicht nur neue Abnehmerschichten erschlossen, sondern gleichzeitig geeignete Lieferanten gefunden werden. Im Regelfall dürfte sich die Beschaffung allerdings schwieriger gestalten als der Absatz. Vorteile aus der Inanspruchnahme kostengünstiger Liquidität, die den Mitgliedsfirmen in Form von Verrechnungskrediten zur Verfügung steht, können nur dann realisiert werden, wenn es gelingt, Einkäufe über Verrechnung vorzufinanzieren. Dies setzt vorhandene Einkaufsmöglichkeiten im Tauschring voraus. Dabei ergeben sich aufgrund meist nur kurzfristiger Kreditfaszilitäten lediglich in eingeschränktem Maße Möglichkeiten zur Einsparung von Zinskosten sowie zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen.
C. Tauschringe in der Praxis
I. Die Schweizer W I R Wirtschaftsring-Genossenschaft
1· Historie, Funktionsweise und Aufbau Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft, deren Geschäftstätigkeit sich mittlerweile über das Gebiet der gesamten Schweiz erstreckt, wurde während der Weltwirtschaftskrise im Jahre 1934 in Zürich von Werner Zimmermann und Paul Enz gegründet.1 Als Vorbild diente ein Wirtschaftsring in Nordeuropa, bei dem sich die Länder Finnland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Island, Estland, Lettland sowie Litauen zu einem Tauschring mit gemeinsamer Verrechnung zusammenschlossen.2 Die Gründer des WIR machten in Anlehnung an Gesell monetäre Faktoren für einen Rückgang der Güternachfrage und die damit einhergehende Wirtschaftskrise verantwortlich. Sie behaupteten, daß durch eine restriktive Geld- und Kreditpolitik die zirkulierende Geldmenge verringert werde und sich infolge des Hortens von Geld die Geldumlaufgeschwindigkeit vermindere. 3 Ziel der Wirtschaftsringgründung war es deshalb, das Währungsgeld als Vermittler von Tauschakten zu eliminieren und mittels eigens geschaffenem WIR-Geld einen bargeldlosen Ringtauschverkehr aufzubauen, um ein "Absickern von Geld aus dem Kreislauf in Horte" 4 zu unterbinden und die Nachfrage in Schwung zu bringen. Darüber hinaus strebte man eine Abschaffung des Zinseinkommens an. Dazu wurden im Jahre 1938 Verrechnungsscheine eingeführt, die einer periodischen Abwertung unterlagen. Diese negative Verzinsung wurde aber wegen Mißbrauchs bald wieder abgeschafft. 5 Erst im Jahre 1952 löste man sich jedoch endgültig von der durch Gesells Freigeldlehre ideologisch geprägten Zielsetzung.6 Seither versteht sich der Wirtschaftsring, dessen Hauptsitz sich seit 1948 in Basel
1
2 3 4 5 6
vgl. Godschalk, H. T. C., Pilotprojekte, 1986, S. 21. Einen ausfuhrlichen geschichtlichen Abriß gibt: Stutz, E., Cercle, 1984. vgl. Lautner, M., "WIR"-Verrechnungsverkehr, 1964, S. 31. vgl. Gisin, G., Bedeutung, 1955, S. 12. Zu den Thesen Gesells siehe: Β. I. 1. Gisin, G., Bedeutung, 1955, S. 15. vgl. Godschalk, H. T. C., Pilotprojekte, 1986, S. 21; Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 58. vgl. Godschalk, H. T. C., Pilotprojekte, 1986, S. 22.
72
C. Tauschringe in der Praxis
befindet, als Selbsthilfeorganisation des Mittelstandes, in dem mittelständische Unternehmen mit dem Ziel vereinigt sind, Kaufkraft innerhalb des Ringes zu binden, zusätzliche Umsätze zu erzielen sowie durch Kosteneinsparungen im Vergleich zu Großunternehmen wettbewerbsfähiger zu werden.7 Zur Teilnahme am Wirtschaftsring berechtigt sind natürliche und juristische Personen, wobei die Teilnehmer in vier Kategorien eingeteilt werden können:8 Genossenschafter: Genossenschafter müssen seit mindestens zwei Jahren ein offizielles Verrechnungskonto führen und mit je zehn Stammanteilen im Nennwert von jeweils 100 sfr. am Genossenschaftskapital beteiligt sein. Im Vergleich zu den Nicht-Genossenschaftern werden ihnen einige Vergünstigungen eingeräumt. Dazu zählen vor allem die Möglichkeiten, Gebühren für die Kontoführung sowie Umsatzprovisionen in WIR-Geld entrichten zu können. Teilnehmer mit offiziellem Konto: Darunter fallen alle Teilnehmer, die als offizielle Mitglieder in den Teilnehmerverzeichnissen aufgeführt sind, also auch Genossenschafter. Sie sind verpflichtet, im Geschäftsverkehr mit anderen WIR-Teilnehmern einen von ihnen selbst gewählten Prozentsatz, mindestens aber 30%, in WIR-Geld anzunehmen. Dieser Annahmesatz wird in den Einkaufsführern publiziert und ist bis zu einem Kaufbetrag von 2000 sfr. verbindlich. Offizielle Teilnehmer können nur mittelständische Betriebe werden. Teilnehmer mit stillem Konto: Stille Teilnehmer sind nicht in den Teilnehmerverzeichnissen enthalten und nicht an die Einhaltung eines bestimmten Annahmesatzes gebunden. Darüber hinaus ist die stille Mitgliedschaft nicht auf Mittelstandsbetriebe beschränkt. Im Gegensatz zu den offiziellen Teilnehmern dürfen stille Teilnehmer nicht innerhalb des Wirtschaftsringes werben. Arbeitnehmer mit Konten: Mitgliedsfirmen haben die Möglichkeit, für ihre Mitarbeiter Konten einzurichten und einen Teil des Lohnes oder Gehalts in Form von Gratifikationen und Sondervergütungen in WIR-Geld zu entrichten. Bei Eintritt in den Wirtschaftsring fällt keine Aufnahme- oder Mitgliedsgebühr an, wenn man einmal davon absieht, daß stille Teilnehmer bei erstmali-
7 8
vgl. Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 13; Meierhofer, L., Systeme, 1984, S. 7. vgl. Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 15; Bührer, S., Genossenschafter, 4/1993, S. 20 ff.; Reber, D., Akzente, 4/1993, S. 15; WIR, Konto, o. J., S. 9.
I. Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
73
ger Kontoeröffnung eine Kontoeröflnungsgebühr entrichten müssen.9 Die Genossenschaft erhebt lediglich eine Umsatzprovision für die Verbuchung einer Gutschrift auf dem WIR-Konto, die für offizielle Teilnehmer 0,6% und für stille Teilnehmer 1,2% beträgt. Ferner fällt eine jährliche Kontotaxe von 44 sfr. für die Kontoführung an, 10 die in Basel erfolgt. Dazu stehen alle Regionalbüros online mit der Zentrale in Verbindung.11 Verrechnungswährung ist das WIR-Geld, das im festen Wertverhältnis (1:1) zum Schweizer Franken steht. Mit Ausnahme von Guthaben, die bar einbezahlt wurden, besteht kein Auszahlungsanspruch.12 Als Zahlungsverkehrsinstrument dient neben einer WIR-Zahlkarte ein WIR-Verrechnungsformular, das vom Zahlungsempfänger auf dem Postweg an die Zentrale versandt werden muß. Allerdings sind bereits Vorbereitungen im Gange, den Zahlungsverkehr zu rationalisieren und in Zukunft auch die Möglichkeiten des Electronic Banking zu nutzen.13 So ist geplant, daß die Mitglieder über Bildschirmtext (Videotex) künftig ihre Kontostände abfragen, Buchungsaufträge erteilen sowie ihre Adressen eigenständig ändern können. Auch der Handel der Genossenschaftsanteile soll über Bildschirmtext abgewickelt werden können.14 Darüber hinaus soll die WIR-Zahlkarte, die mit einem Magnetstreifen versehen ist, für Zahlungen über EFTPOS einsetzbar sein.15 Diese Zahlkarte wird in zwei Ausprägungen angeboten: In Form der "WIR-Zahlkarte" und der "Goldenen WIR-Zahlkarte". Während erstere von allen Mitgliedern gegen eine Jahresgebühr von 30 sfr. erworben werden kann, ist letztere ausschließlich den Genossenschaftern vorbehalten und wird an diese kostenlos abgegeben. Beide Karten unterscheiden sich außerdem durch die Höhe des garantierten Deckungsbetrages.16 Zum Jahresende 1993 waren 37.396 Zahlkarten an 7.290 registrierten Akzeptanzstellen im Umlauf. 17 Mit ihnen wurden 1993 435.941 Transaktionen, also rund 18% aller 1993 innerhalb des Wirtschaftsringes angefallenen Transaktionen im Gesamtwert von 80,8 Mio. sfr. beglichen. Insgesamt wurden im Geschäftsjahr
9
vgl. Godschalk, Η. T. C., Pilotprojekte, 1986, S. 23; WIR, Konto, o. J., S. 9. 10 vgl. ο. V., Gebühren, 3/1992, S. 21; WIR, Konto, o. J., S. 9. H vgl. Homy, C., Werbung, 6/1991, S. 16; WIR, Geschäftsbericht 89, 1990, S. 9. 12 vgl. Godschalk, H. T. C., Pilotprojekte, 1986, S. 23. Der Anteil bar einbezahlter Guthaben lag im Jahr 1984 allerdings bei lediglich 0,5%. 13 vgl. Horny, C., Mitglied, 8/1991, S.14 ff.; Horny, C., Ergebnisse, 3/1992, S. 16 f.; Bührer, S., Geschäftsjahr, 5/1992, S. 14. 14 vgl. Schaub, R., Bild, 3/1994, S. 18. 1 5 vgl. Schaub, R., Anschluss, 4/1993, S. 16 ff., insbesondere S. 19; Schaub, R., Trumpf, 4/1994, S. 12 und S. 15; Schaub, R., Dienstleistung, 9/1994, S. 14 ff. 16 vgl. WIR, Geschäftsbericht 89, 1990, S. 7; WIR, Geschäftsbericht 91,1992, S. 9. 17 Bis zur Jahresmitte 1994 erhöhte sich die Anzahl der Zahlkarten auf 40.700 bei 7.565 registrierten Zahlkartenstellen (vgl. Schaub, R., Dienstleistung, 9/1994, S. 14).
74
C. Tauschringe in der Praxis
1993 2.358.651 Buchungsbelege ausgestellt und bearbeitet. Damit belief sich der durchschnittliche Umsatz je Transaktion auf etwa 1.000 sfr. 18 Die Wirtschaftsring-Genossenschaft führt noch keine aktive Geschäftsvermittlung mit Hilfe einer Datenbank durch. Zur Kontaktaufnahme stehen den Teilnehmern bislang ausschließlich Branchenverzeichnisse (Einkaufsführer) zur Verfügung, in denen alle offiziellen Teilnehmer am Verrechnungsverkehr aufgeführt sind. Allerdings ist geplant, diese Informationen mit Beginn des Jahres 1995 auch in einer Datenbank anzubieten, auf die die Teilnehmer per Bildschirmtext direkten Zugriff haben.19 Mittels einer Kombination von Suchbegrififen wird es den Teilnehmern dann möglich sein, geeignete Transaktionspartner zu finden, und zwar schneller und einfacher als dies bislang der Fall war. Ergänzend sollen die Mitglieder via Bildschimtext auch über das komplette Dienstleistungsangebot des Wirtschaftsringes sowie über die Funktionsweise des WIR-Systems informiert werden. 20 Der Einsatz dieser neuen Technik soll dabei die Eigeninitiative der Teilnehmer stärken und den Beratungsaufwand der Teilnehmer reduzieren. 21 Trotzdem werden die Mitarbeiter des Wirtschaftsrings im Bedarfsfall weiterhin kostenlose Beratungsgespräche bei den Mitgliedsfirmen durchführen. Dabei werden auch Adreßlisten potentieller Lieferanten zur Verfügung gestellt.22 Bis zur Einführung von BTX kommt den WIR-internen Informationsbroschüren, die den Mitgliedern kostenlos zugestellt werden, die bedeutendste Funktion bei der Geschäftsanbahnung und Informationsvermittlung zu: Einmal monatlich publiziert der Wirtschaftsring ein "WIR-Info", in dem Neuteilnehmer bekanntgemacht und allen offiziellen Mitgliedern gegen Gebühr die Möglichkeit eingeräumt wird, Werbeanzeigen zu piazieren. Außerdem wird den Teilnehmern das ebenfalls monatlich erscheinende "WIR-MAGAZIN" kostenlos zugestellt, das neben Werbeanzeigen Informationen über die Geschäftspolitik des Wirtschaftsringes sowie über aktuelle Themen aus der Wirtschaft enthält. Zusätzlich veröffentlicht der Wirtschaftsring in unregelmäßigen Abständen das Bulletin "WIRextra", das sich ausschließlich an Genossenschafter wendet und Einblick in die Geschäftspolitik des Verwaltungsrates, der Direktion und der Verwaltung ge-
1 8
vgl. Baumgartner, K., Bilanzsumme, 2/1994, S. 11; WIR, Geschäftsbericht 93, 1994, S. 14 und S. 17 f.; Schaub, R., Trumpf, 4/1994, S. 12. Bei Zahlung mit Zahlkarte beflief sich der durchschnittliche Betrag je Transaktion sogar auf lediglich 185 sfr. 1 9 vgl. Frech, R., Verzeichnisse, 7/1991, S. 12 ff.; Frech, R., Informationszeitalter, 11/1991, S. 8 ff.; WIR, Geschäftsbericht 91, 1992, S. 8; Frech, R., Weichenstellung, 7/1992, S. 9; Homy, C., Auswirkungen, 5/1993, S. 19; Baumgartner, K., Bilanzsumme, 2/1994, S. 12. 2 0 vgl. Schaub, R., Bild, 3/1994, S. 18; Schaub, R., Teilnehmerverzeichnisse, 8/1994, S. 24 ff 21 vgl. WIR, Geschäftsbericht 93, 1994, S. 9; Bührer, S., Einigkeit, 7/1994, S. 12. 2 2 vgl. Schaub, R., Plazierungs-Beratung, 7/1991, S. 27 f.
I. Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
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währt. 23 Darüber hinaus veranstaltet der Wirtschaftsring jährlich Messen in Bern, Lenzburg, Luzern, St. Gallen und Zürich, bei denen WIR-Teilnehmer ihre Produkte ausstellen können.24 Speziell für den Textileinzelhandel werden zusätzlich Modeschauen durchgeführt. 25 Überdies sind die Mitglieder des Wirtschaftsringes in Ortsgruppen organisiert, die Zusammenkünfte, Seminare, Vorträge und Tagungen veranstalten.26 Als besondere Form der Informationsvermittlung und der persönlichen Kontaktaufnahme dienen als Untersektion der jeweiligen Ortsgruppen sogenannte WIR-Economy-Clubs und BusinessLunches, denen jeweils 40 bis 60 Vertreter aus verschiedenen Mitgliedsfirmen angehören, die sich etwa alle zwei Monate treffen, um über selbstgewählte Themen zu diskutieren.27
2. Entwicklung der Geschäftstätigkeit Bis zum Jahre 1949 war den Bemühungen des Wirtschaftsringes, Mitglieder zu gewinnen, wenig Erfolg beschieden. Nach fünfzehnjährigem Bestehen existierten lediglich 1.070 Teilnehmerkonten. Erst ab diesem Zeitpunkt setzte eine Expansion ein. Bereits neun Jahre später, im Jahre 1958, hatte sich die Zahl der Konten mit 11.606 mehr als verzehnfacht. Seither hat sich die Kontenzahl versiebenfacht und umfaßte angesichts des in den letzten gut zehn Jahren in absoluten Zahlen stärksten Wachstums zum Jahresende 1993 76.718 Konten.28 Davon entfielen 20.548 auf offizielle Konten, 40.960 auf stille Konten, 14.596 auf Arbeitnehmer- und 2.131 auf Genossenschaftskonten, wobei die Arbeitnehmerkonten und die stillen Konten in den letzten Jahren die stärksten Wachstumsraten verzeichneten.29 Nachdem sich die Anzahl der Teilnehmerkonten bis zum 30.6.1994 auf 78.675 erhöhte, dürfte noch im Geschäftsjahr 1994 die Schwelle von 80.000 Teilnehmern überschritten werden.30 Da einige Firmen über mehr als ein Konto beim Wirtschaftsring verfügen, ist die Zahl der Teilnehmer am Verrechnungsverkehr nicht identisch mit der Kontenzahl: So gehörten dem Wirtschaftsring zur Jahresmitte 1994 ca.
2 3
2 2 2 2
vgl. Schaub, R., Regionalteil, 4/1992, S. 8 f.; Bührer, S., Geschäftsjahr, 5/1992, S. 13; WIR, Geschäftsbericht 90, 1991, S. 11. 4 vgl. WIR, Geschäftsbericht 89, 1990, S. 6; WIR, Einsatz, o. J., S. 13; WIR, Bank, o. J., S. 19. 5 vgl. Bührer, S., Geschäftsjahr, 5/1992, S. 13. 6 vgl. WIR, Geschäftsbericht 90, 1991, S. 11. 7 vgl. Köhler, W., Economy-Clubs, 6/1991, S. 14 f.; Bührer, S., Geschäftsjahr. 5/1992, S.13; Homy, C., Kommunikation, 2/1994, S. 18 f.
2 8 2 9 3 0
vgl. Tab. A3 im Anhang. vgl. dazu auch: Tab. A l im Anhang sowie WIR, Geschäftsbericht 93, 1994, S. 17. vgl. Baumgartner, K., Konsolidierung, 8/1994, S. 10.
76
C. Tauschringe in der Praxis
60.000 Mitglieder an. 31 Dies entspricht etwa einem Anteil von 18% aller gewerblichen Betriebe in der Schweiz,32 wobei der WIR-Umsatz 1993 einen Anteil von 1,2% am Bruttoinlandsprodukt der Schweiz erreichte. 33
Abb. 2: Entwicklung der Teilnehmerkonten beim WIR seit 1949 Quellen: Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 59; Bührer, S., Kapitalerhöhung, 8/1992, S. 12; WIR, Geschäftsbericht 92,1993, S. 21; WIR, Geschäftsbericht 93,1994, S. 19.
Analog zur Anzahl der Teilnehmerkonten entwickelten sich die WIR-Umsätze.34 Auch sie expandierten erstmals in den fünfziger und sechziger Jahren kräftig. Nach zwei Jahrzehnten des Wachstums stagnierte das Umsatzwachstum dann in den siebziger Jahren und die WIR-Umsätze gingen inflationsbereinigt sogar zurück. 35 Erst in den achtziger Jahren kehrte sich dieser Trend wieder um. Die nominalen Verrechnungsumsätze verneunfachten sich von 1981 bis 1993 von 275,2 Mio. sfr. auf 2,521 Mrd. sfr. Erstmals war dabei im Geschäftsjahr 1993 eine deutliche Abschwächung des Umsatzwachstums von
3 1
vgl. Horny, C., Zukunft, 1/1993, S. 11; ο. V., Controlling, 2/1994, S. 9; Homy, C., Mehrumsatz, 8/1994, S. 15. 32 vgl. Frech, R., Kulissen, 11/1992, S. 10. 33 Auskunft der WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft; vgl. dazu auch: Frech, R., Vertrauensdemonstration, 6/1991, S. 10. 34 vgl. dazu auch: Tab. A3 im Anhang. 35 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 65.
I. D i e Schweizer W I R Wirtschaftsring-Genossenschaft
77
seit 1982 zweistelligen Wachstumsraten auf zuletzt 4,9% zu verzeichnen.36 Umgerechnet entfiel 1993 auf jedes Teilnehmer-Konto im Durchschnitt ein WIR-Umsatz von knapp 33.000 sfr. Der WIR-Umsatz je Mitglied lag demgegenüber etwas höher und betrug ca. 42.000 sfr. Der gesamte je Mitglied über den Wirtschaftsring realisierte Umsatz dürfte jedoch mindestens doppelt so hoch sein, nachdem sich die durchschnittlich registrierten Annahmesätze für WIR-Geld bei Beträgen bis 2.000 sfr. im Regelfall zwischen 30 und 50% bewegen und bei höheren Kaufbeträgen sogar noch darunter liegen.37
3.000.000 ^
2.500.000
(Λ
J c
2.000.000
£
1.500.000
I ώ
1.000.000
^
500.000 0 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
A b b . 3: E n t w i c k l u n g der WIR-Umsätze seit 1983 Quellen: Bührer, S., Kapitalerhöhung, 8/1992, S. 12; WIR, Geschäftsbericht 93,1994, S. 18.
Knapp 97% aller Umsätze wurden auf dem Gebiet der deutschsprachigen Schweiz erzielt. Lediglich 69 Mio. entfielen auf das Gebiet der Westschweiz (Suisse Romande) und knapp 14 Mio. auf die Südschweiz (Svizzera Italiana). In letztgenannter Region, in der 1993 sogar ein Umsatzminus von 12,6% zu verzeichnen war, wurde allerdings erst 1989 ein eigenes Regionalbüro errichtet. 38
36 Dieser Trend wird sich 1994 fortsetzen, nachdem der Umsatz im ersten Halbjahr 1994 nur um 3,2% im Vergleich zum Voijahreszeitraum zunahm (vgl. Baumgartner, K., Konsolidierung, 8/1994, S. 10). 37 vgl. Meierhofer, L., Systeme, 1984, S. 11; IGW-HSG, Ergebnisbericht, 1994, S. 20 f. 3 8
vgl. WIR, Geschäftsbericht 89, 1990, S. 6; Frech, R., Tessin, 3/1992, S. 12 ff; Baumgartner, K., Bilanzsumme, 2/1994, S. 10.
78
C. Tauschringe in der Praxis
Abb. 4: Aufteilung der WIR-Umsätze nach Verrechnungskreisen im Jahr 1993 Quelle: Baumgartner, K., Bilanzsumme, 2/1994, S. 10
Eine Statistik über die Verteilung aller WIR-Umsätze nach Branchen aus dem Jahr 1980 weist dem Baugewerbe mit 28,2% mit weitem Abstand die stärkste Stellung zu. 39 Diese Vorrangstellung dürfte sich zwischenzeitlich sogar weiter verstärkt haben, nachdem Ende 1992 20.301 Mitgliedsfirmen - das sind ca. 36% aller WIR-Mitglieder bzw. 70% aller Baufirmen in der Schweiz dieser Branche angehörten.40 Zurückzuführen dürfte die dominierende Stellung des Baugewerbes vor allem auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme zinsgünstiger Bau- und Investitionskredite sein, die von den Mitgliedsfirmen rege genützt wird, um Bauvorhaben und Investitionsprojekte zu realisieren. 41 Bedeutende Branchen sind außerdem "Fahrzeuge" und "Graphik" mit einem Anteil am WIR-Umsatz von 11,4% bzw. 10,2% im Jahr 1980.42 Der restliche Umsatz streut über eine Vielzahl von Branchen.43 Zu den Branchen, die regional oder gesamtschweizerisch schwach oder ungenügend vertreten sind,
39 Eine neuere Statistik über die branchenmäßige Verteilung ist nach Auskünften der WIRGenossenschaft nicht verfügbar. 4 0
vgl. Horny, C., Zukunft, 1/1993, S. 11; Reber, D., Akzente, 4/1993, S. 13. Auch aus der BranchenStruktur in der Südschweiz aus dem Jahre 1991 geht die Dominanz des Baugewerbes hervor: 35% aller Verrechner gehörten dort zur Baubranche, 20% zum Einzelhandel, 10% zum Sektor Dienstleistungen und 10% zum Gastgewerbe. Der Rest verteilte sich über verschiedene Branchen (vgl. Frech, R., Tessin, 3/1992, S. 13). 4 1 vgl. hierzu: C. I. 3. 42 Auch wenn keine neuen Statistiken über die Anteile dieser beiden Branchen am WIR-Gesamtumsatz vorliegen, nehmen sie auch 1994 noch eine dominierende Stellung ein (vgl. ο. V., WIR-Umfrage, 2/1994, S. 22). 4 3
vgl. Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 19.
I. Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
79
gehören dabei auch gegenwärtig noch Einzelhandelsfachgeschäfte und Großlieferanten. 44 Ein stetiges Wachstum verzeichnete seit den fünfziger Jahren auch die WIR-Geldmenge. Sie stieg von 0,51 Mio. sfr. im Jahre 1949 auf 892,14 Mio. Franken im Jahr 1993. Mit Ausnahme des Geschäftsjahres 1993 expandierte sie seit Beginn der achtziger Jahre sogar jährlich mit zweistelligen Zuwachsraten. 45 Dagegen verringerte sich die Umlaufgeschwindigkeit des WIR-Geldes: Während sie zu Beginn der fünfziger Jahre ihren höchsten Wert (5,945) erreichte, lag ihr Wert in den letzten zwanzig Jahren konstant bei drei.
Abb. 5: Entwicklung der Umschlaghäufigkeit des WIR-Geldes seit 1949 Quelle: Auskünfte der WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
Meierhofer führt die Verringerung der Umschlaghäufigkeit trotz Zunahme der Verrechner darauf zurück, daß sich im Laufe der Zeit einerseits das Vertrauen in die Kaufkraft des WIR-Geldes erhöht hat, und andererseits die WIRTeilnehmer durch vermehrten wirtschaftlichen Wohlstand weniger auf WIREinnahmen angewiesen sind. Die Teilnehmer lassen deshalb Guthaben längere Zeit ungenützt und bezahlen kleinste Beträge in Landeswährung.46 Um dem entgegenzutreten und die Zirkulation der Verrechnungswährung zu erhö44 vgl. WIR, Geschäftsbericht 89,1990, S. 14. 45 vgl. Tab. A3 im Anhang. Die 1993 begonnene Abschwächung des Wachstums der WIRGeldmenge wird sich auch 1994 fortsetzen (vgl. Baumgartner, K., Konsolidierung, 8/1994, S. 10). 46 vgl. Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 42 f.
80
C. Tauschringe in der Praxis
hen, wird beispielsweise vorgeschlagen, eine verbesserte Umlaufsicherung in Form einer periodischen Abwertung der Verrechnungsguthaben ähnlich dem Schwundgeld einzuführen. 47 Der Einführung einer derartigen "Liquiditätsgebühr" kommt dabei mit zunehmender Größe eines Tauschringes infolge eines steigenden Liquiditätsgrades der Verrechnungsguthaben wachsende Bedeutung zu. 48 Als Folge des kräftigen Teilnehmer- und WIR-Umsatzwachstums in den letzten knapp fünfzehn Jahren, das sich erstmals 1993 deutlich abschwächte, entwickelten sich auch die Erträge der Genossenschaft positiv. So erhöhten sich beispielsweise die Erträge von 5,72 Mio. sfr. im Jahr 1980 auf 44,25 Mio. sfr. im Jahre 1993. Hauptertragsquelle war 1993 der Verrechnungsverkehr (48,9%), gefolgt von den Erträgen aus dem Kreditgeschäft (42,0%).49 Infolge der positiven Ertragsentwicklung konnte die WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft im genannten Zeitraum auch jährlich Gewinne ausweisen. Im Geschäftsjahr 1993 belief sich der Reingewinn auf 5,26 Mio. sfr. 50 Parallel zur Entwicklung der Erträge und Gewinne verlief die Entwicklung der Bilanzsumme, die sich in den letzten fünfzehn Jahren annähernd verzehnfachte und mit 1.028, 67 Mio. sfr. im Jahre 1993 erstmals die Milliarden-Schwelle überschritt. 51
3. Besonderheiten des Wirtschaftsrings Zwischen dem Schweizer Wirtschaftsring und Barter-Clubs, die in der Bundesrepublik Deutschland, in Österreich und in den USA existieren, bestehen Unterschiede, die darauf beruhen, daß der Wirtschaftsring in der Rechtsform der Genossenschaft in Form einer Kreditbank geführt wird. Die Zielsetzung einer Genossenschaft, einer Gesellschaft mit nicht geschlossener Mitgliederzahl, bei dem jedem Genossenschafter unabhängig von seinem Kapitalanteil das gleiche Mitspracherecht zusteht, liegt in der Förderung der wirtschaftlichen Interessen ihrer Mitglieder. Genossenschaften werden mit der Intention gegründet bzw. neue Mitglieder treten bereits bestehenden Genossenschaften in der Erwartung bei, durch gemeinsames Handeln gegenüber individuellem Vorgehen einen höheren Zielerreichungsgrad realisieren zu können. Entsprechend dieser Zielsetzung steht nicht die Gewinnerzielung, son4 7
vgl. Kennedy, M , Geld, 1993, S. 207 f. vgl. Suhr, D./Godschalk, H. T. C., Liquidität, 1986, S. 109. 4 9 vgl. WIR, Geschäftsbericht 91, 1992, S. 23; WIR, Geschäftsbericht 92, 1993, S. 22 f.; WIR, Geschäftsbericht 93, 1994, S. 21. 50 vgl. WIR, Geschäftsbericht 93, 1994, S. 24. 5 1
vgl. WIR, Geschäftsbericht 89, 1990, S. 10; WIR, Geschäftsbericht 93, 1994, S. 20.
I. Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
81
dem die Selbsthilfe der Mitglieder durch gegenseitige Förderung im Vordergrund der Genossenschaftsaktivitäten. 52 Da sich die WIR-Genossenschaft als Selbsthilfeorganisation mittelständischer Unternehmen versteht, wurde vom Wirtschaftsring angesichts der BegrifiFsvielfalt und verschiedener Bedeutungsinhalte mit denen der Terminus Mittelstand belegt ist, 53 auch eigens eine Leitlinie verabschiedet, die regelt, wann ein Unternehmen zum Mittelstand zählt und derzufolge ca. 99% aller Schweizer Unternehmen Mittelstandsbetriebe sind. 54 Systemwidrige Wirkungen resultieren allerdings daraus, daß zusätzliche Umsätze innerhalb des Ringes zum Teil auf Kosten mittelständischer Unternehmen gehen, die nicht dem WTR angeschlossen sind.55 Darüber hinaus haben Großunternehmen mit Ausnahme von Großkonzernen als stille Teilnehmer dann Zugang zum WIR, wenn sie eine "mittelstandsfreundliche Einstellung" aufweisen. 56 Dahinter verbirgt sich die Zielsetzung, günstige Einkaufsund Beschaflungsmöglichkeiten für die mittelständischen WIR-Teilnehmer zu schaffen. Außerdem verfügt nur ein geringer Teil aller WIR-Mitglieder, zum Jahresende 1993 waren es gerade 2.131 (ca. 4%), über den Status eines Genossenschafters. Vor allem der große Umfang der "Nichtgenossenschafter-Geschäfte" rechtfertigt deshalb die Annahme, daß kein Unterschied in den Zielsetzungen der WIR-Genossenschaft und in anderweitigen Rechtsformen geführten Barter-Clubs besteht.57 Auch beim Blick in die WIR-Informationsbroschüren bestätigt sich, daß der Wirtschaftsring die materiellen Vorteile der WIR-Verrechnung gegenüber der Selbsthilfe und Solidarität mittelständischer Unternehmen in den Vordergrund stellt.58 Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, daß sich der Wirtschaftsring, wie andere Genossenschaften auch, einem starken Ökonomisierungsdruck ausgesetzt sieht, der ihn zwingt, sich genau wie jede erwerbswirtschaftliche Unternehmung verstärkt am Wirtschaftlichkeitsprinzip als Handlungsmaxime zu orientieren. 59 Im übrigen ist diese Entwicklung beim Wirtschaftsring nicht neu. Bereits in den fünfziger Jahren entfernte sich der Wirtschaftsring mehr und mehr vom Solidaritätsgedanken und stellte die Gewinnorientierung in den Vordergrund. Dies rief damals heftige Kritik und den aus heutiger Sicht gescheiterten Versuch hervor,
5 2
vgl. Boettcher, E., Genossenschaften, 1981, S. 540 f. vgl. Andreae, C. Α., Mittelstand, 1974, Sp. 1489 f. 5 4 vgl. Frech, R., Vertrauensdemonstration, 6/1991, S. 9 f; Frech, R., Mikros, 4/1994, S. 34 f. vgl. Lautner, M., "WIR"-Verrechnungsverkehr, 1964, S. 49. 5 6 vgl. Frech, R., Vertrauensdemonstration, 6/1991, S. 10; WIR, Bank, o. J., S. 9; WIR, Leitbild, o. J., S. 6 f. 57 vgl. Wöhe, G., Einfuhrung, 1993, S. 354. 5 3
5 8 5 9
vgl. WIR, Einsatz, o. J., insbesondere S. 3; WIR, Geld, o. J; WIR, Bank, o. J., S. 13. vgl. Engelhardt, W. W./Schmid, G., Ökonomisierung, 1987, S. 311.
6 Schneider
82
C. Tauschringe in der Praxis
in einer 1958 vorgenommenen Statutenrevision den Zweck der Selbsthilfe wieder in den Mittelpunkt zu rücken. 60 Während also in der Praxis kein nennenswerter Unterschied zwischen dem Wirtschaftsring und anderen Barter-Clubs aufgrund der unterschiedlichen Rechtsformen besteht, nimmt der Wirtschaftsring eine Sonderstellung ein, weil er den Status einer Bank besitzt. Bereits seit 1936 unterliegt er dem Schweizer Bundesgesetz über Banken und Sparkassen und damit auch der Überwachung durch die Eidgenössische Bankenkommission.61 Im Unterschied zu Barter-Clubs, die bei entsprechender Absicherung lediglich kurzfristige Überziehungskredite (Einkaufslimits) mit einer maximalen Laufzeit von zwölf Monaten vermitteln und nicht selbst als Kreditgeber fungieren, 62 tritt der Wirtschaftsring als Kreditinstitut auf, bei dem Einlagen in WIR-Geld begründet und Kredite gewährt werden. Wie im Giralbankmodell von Wicksell kann der Wirtschaftsring dabei eigenständige Geld- und Kreditschöpfung betreiben und Kredite vergeben, die erheblich unter den sonst üblichen Bankkonditionen liegen, ohne daß für die Zentrale die Gefahr der Illiquidität in WIR-Geld besteht.63 Zudem befähigt die kreditrechtliche Stellung als Bank den Schweizer Wirtschaftsring, seine Bankdienstleistungen auch auf den Bereich traditioneller Bankdienste ("Bargeldbank") auszuweiten. Als erstes Projekt ist die Realisierung des Barinkassos bei den WIR-Zahlkarten ("WIR-Kombikarte") zu Beginn des Jahres 1995 geplant, so daß bei Zahlungen mittels WIR-Zahlkarte nicht nur der WIR-Geld-Anteil, sondern auch der Baranteil über den Wirtschaftsring verbucht werden kann. 64 Dem Kontoinhaber wird dafür eine Gebühr in Rechnung gestellt, die sich in Abhängigkeit von der Höhe des Baranteils auf 1 bis 1,5 % des Buchungsbetrages beläuft. 65 Angesichts seiner Stellung als Bank gewählt der Wirtschaftsring auch längerfristige Bau- und Investitionskredite. Gegenwärtig liegt der Zinssatz für Baukredite bei 2,5% und für Investitionskredite bei 1,75% per anno. Der Zinssatz für Baukredite verringert sich um 0,75%, sofern von der vorrangig finanzie-
6 0
vgl. Lautner, M., "WIR'Werrechnungsverkehr, 1964, S. 50 ff. Im Gegensatz zum deutschen und österreichischen Kreditwesengesetz findet sich im Schweizer Bankengesetz keine enumerative Aufzählung von Bankgeschäften. Gemäß Rechtsauslegung hat sich in der Schweiz herausgebildet, daß Bankgeschäfte bei der gewerbsmäßigen Aufnahme von Fremdgeldem sowie bei der Aufnahme von Krediten und Darlehen vorliegen (vgl. Kleiner, B., Geltungsbereich, 1986, 1. Abschnitt - 7). vgl. Β. II. 1 sowie insbesondere D. I. 2. 6 3 vgl. hierzu ausführlich: Wicksell, K., Geldzins, 1968, S. 63 ff.; Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 23 - 30; Gisin, G., Bedeutung, 1955, S. 33 ff. 6 4 vgl. Frech, R., Weichenstellung, 7/1992, S. 10 f.; Frech, R., Zukunft, 9/1992, S. 8 f.; Homy, C., Realisierungsphase, 11/1992, S. 14 ff; Horny, C., Zukunft, 1/1993, S. 9; Schaub, R., Anschluss, 4/1993, S. 19; Schaub, R., Trumpf, 4/1994, S. 12 ff; Schaub, R., Dienstleistung, 9/1994, S. 14 ff 6 5 vgl. Schaub, R., Trumpf, 4/1994, S. 15. 6 1
I. Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
83
renden Bank eine Bankgarantie oder ein Grundpfandrecht auf eine Drittliegenschaft vorliegt. 66 WIR-Baukredite sind mit einer Laufzeit zwischen 10 bis 35 Jahren ausgestattet und durch Grundpfandtitel abgesichert. Sie sind in halbjährlichen Raten zu 100% in WIR-Geld zu tilgen. Ebenso verhält es sich mit den WIR-Investitionskrediten, mit dem Unterschied, daß die Laufzeit frei vereinbart wird und mitunter auch kürzer sein kann als die der Baukredite. Sowohl Investitionen als auch Bauvorhaben können maximal zu 20% über WIRKredite finanziert werden. Um einer in der Vergangenheit erfolgten übermäßigen Kreditausweitung entgegenzuwirken, ist diese Quote seit Oktober 1992 bei Krediten über eine Halbe Mio. sft. auf 15% und bei Krediten über eine Mio. sfr. auf 10% reduziert worden. Auch wurden im Zuge einer restriktiveren Kreditpolitik die Beleihungsgrenzen gesenkt.67 Ferner gewährt der Wirtschaftsring kurzfristige Kredite, die mit Zinssätzen zwischen 2,5% und 4,5% ausgereicht werden. Auch diese Kredite sind gänzlich in WIR-Geld zu tilgen. Je nach vereinbarter Sicherheit unterscheidet man dabei gedeckte und ungedeckte Kredite sowie geduldete Überziehungen. Letztere sind nicht weder banküblich besichert noch mit einer bestimmten Laufzeit ausgestattet. Für alle Kreditformen gilt, daß die Zinsen in Franken zu begleichen sind. Tabelle 2
WIR-Kreditarten im Überblick Tilgung
Kreditart langfristige Kredite
WIR-Baukredit
100% WIR
Laufzeit 10 - 35 Jahre
Zins vorschüssig 2,5% in sfr.
(Darlehen mit Deckung)
WIR-Investi-
100% WIR
tionskredit kurzfristige Kredite
gedeckt
100% WIR
nach
vorschüssig
Vereinbarung
1,75% in sfr.
nach
2,5% in sfr.
Vereinbarung ("Kontokorrentkredite")
ungedeckt
100% WIR
nach
3,5% in sfr.
Vereinbarung tolerierte Oberziehungen
ungedeckt
100% WIR
maximal 12
4,5% in sfr.
Monate Quellen: Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 24 f. und S. 66; Schaub, R., Konditionen, 2/1992, S. 13; Homy, C., Neuerungen, 10/1992, S. 14 f.; WIR, Bank, o. J., S. 15; WIR, Gewinne, o. J., S. 12; Fritschi, D., Kreditpolitik, 1/1994, S. 14 ff.;Traxler, B., Erfolg, 8/1994, S. 23.
6 6 6 7
vgl. Horny, C., Neuerungen, 10/1992, S. 14 f.; Fritschi, D., Kreditpolitik, 1/1994, S. 15. vgl. Horny, C., Neuerungen, 10/1992, S. 15; Fritschi, D., Kreditpolitik, 1/1994, S. 15.
84
C. Tauschringe in der Praxis
Die Kreditgewährung zu Konditionen, die beträchtlich unter den Kreditkonditionen bei Geschäftsbanken liegen, trug in der Vergangenheit zu einer expansiven Ausweitung des Kreditvolumens bei. So lag die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate des Kreditvolumens in den Jahren 1949 bis 1958 bei 47%. In den zwei darauffolgenden Jahrzehnten betrug die Steigerungsrate knapp 14% in den sechziger und knapp 8% in den siebziger Jahren. 68 Von 1979 bis 1993 verzehnfachten sich die Kreditausleihungen sogar von 92,25 Mio. sfr. auf 960,0 Mio. sfr. Dabei fiel die Steigerung bei der Kreditvergabe im Geschäftsjahr 1993 mit 7% erstmals in den letzten Jahren einstellig aus. Dies wird sich im Geschäftsjahr 1994 fortsetzen. In den Jahren 1987 bis 1992 lagen die Steigerungen bei der Kreditvergabe dagegen über 10%, mit 22,1% am deutlichsten im Geschäftsjahr 1988. 69
Abb. 6: Entwicklung des WIR-Kreditvolumens seit 1983 Quellen: Bührer, S., Kapitalerhöhung, 8/1992, S. 12; Baumgartner, K., Veränderungen, 2/1993, S. 9; WIR, Geschäftsbericht 93, 1994, S. 19.
Vor allem in den achtziger Jahren bestätigte sich damit, daß die Gefahr einer zu starken Ausweitung des Kreditvolumens besteht, wenn eine Lenkung der Kreditvergabe nicht vorrangig über den Zinssatz erfolgt. Dies hat der Wirtschaftsring mittlerweile erkannt und mit einer Verschärfung der Kredit-
6 8
vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 66. vgl. Tab. A2 im Anhang. Über die Entwicklung im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 1994 informiert: Baumgartner, K., Konsolidierung, 8/1994, S. 10 und 12.
I. Die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
85
kontingentierung sowie mit einer Erhöhung der Bonitätserfordernisse bei der Kreditvergabe reagiert, 70 weil bei einer zu starken Wachstumsrate des Kreditvolumens sowohl für den Wirtschaftsring als auch für seine Teilnehmer Risiken erwachsen. 71 So hat der Wirtschaftsring bei der Kreditvergabe die Vorschriften des Schweizer Bundesgesetzes über Banken und Sparkassen sowie der Bankenvollziehungsverordnung zu beachten, die vorschreiben, daß die Gesamtverbindlichkeiten, je nach den vorhandenen Aktiva, zwischen 4 bis 8% mit Eigenkapital gedeckt sein müssen. 72 Eine expansive Kreditvergabe birgt deshalb das Risiko, daß der Wirtschaftsring die Vorschriften über eine angemessene Eigenkapitalausstattung im Verhältnis zu den Verbindlichkeiten nicht erfüllen kann. Die Nichteinhaltung dieser Vorschrift trieb den Wirtschaftsring bereits einmal, zu Beginn des Jahres 1939, an den Rande des Verbots, als eine Revision, wie sie die Schweizer Bankenvollziehungsverordnung vorsieht, eine Unterdeckung mit Eigenmitteln feststellte. Nur durch neue Zeichnungsaktionen der Genossenschafter zur Erhöhung der Kapitalbasis konnte die Liquidation des Unternehmens verhindert werden. 73 Zwar konnte der Wirtschaftsring diese Bestimmungen in der Nachfolgezeit immer erfüllen. Dies gelang Ende der achtziger und zu Beginn der neunziger Jahre aber nur, weil der Gewinn fast ausnahmslos den Reserven zugewiesen wurde: So wurden in den Geschäftsjahren 1989 bis 1991 jeweils mehr als 90% des Reingewinns den Reserven zugeschlagen.74 Vor dem Hintergrund einer weiter beabsichtigten Expansion des Wirtschaftsringes kam ein von der Universität Basel angefertigtes Gutachten deshalb zu dem Ergebnis, daß eine Aufstockung der Eigenmittel durch Ausgabe von Genossenschaftsanteilen erforderlich sei. 75 Im Mai 1992 wurde deshalb das Genossenschaftskapital durch Umwandlung bestehender Anteilscheine in Stammanteile sowie durch Ausgabe neuer Stammanteilsscheine, für die den Genossenschaftern ein Bezugsrecht eingeräumt wurde, erhöht. Sofern die Genossenschafter nicht von ihrem Bezugsrecht Ge-
7 0
vgl. Homy, C., Neuerungen, 10/1992, S. 15; Fritschi, D., Kreditpolitik, 1/1994, S. 14 ff. sowie die Ausführungen weiter oben. In Zukunft sollen nach Aussagen des Direktors der WIR-Genossenschaft die Geldmenge und das Kreditvolumen jährlich um maximal 10 - 12% anwachsen (vgl. Baumgartner, K., Veränderungen, 2/1993, S. 10), was 1993 und im ersten Halbjahr 1994 dank eines insgesamt moderaten Wachstums der WIR-Genossenschaft erstmals gelang. 71 Dies räumt auch die Wirtschaftsring-Genossenschaft ein (vgl. WIR, Geschäftsbericht 90, 1991, S. 14; Frech, R., Weichenstellung, 7/1992, S. 12). 7 2 vgl. Art. 4 Abs. 1 BankG sowie Art. 10, 11, 12, 13 BankWO sowie Meierhofer, L., Analyse, 1985, S. 50. Dagegen entfallt beim Wirtschaftsring die Verpflichtung, bei der Kreditvergabe bestimmte Liquiditätsvorschriften einzuhalten, wie sie fur Banken sonst verbindlich sind, weil das Risiko von Einlagenabzügen im Gegensatz zu Geschäftsbanken nicht existiert (vgl. hierzu ausführlich: Lautner, M., "WIR"-Verrechnungsverkehr, 1964, S. 68 ff.; Meierhofer, L. Analyse, 1985, S. 49). 7 3 vgl. Lautner, M., "WIR"-Verrechnungsverkehr, 1964, S. 63 f. 7 4 vgl. WIR, Geschäftsbericht 89, 1990, S. 24; WIR, Geschäftsbericht 90, 1991, S. 28; WIR, Geschäftsbericht 91, 1992, S. 28. 7 5 vgl. Frech, R., Weichenstellung, 7/1992, S. 12.
86
C. Tauschringe in der Praxis
brauch machten, erfolgte ein WIR-interner Handel der Bezugsrechte. Seit Juli 1992 werden die Stammanteilsscheine außerdem an einer WIR-internen Börse, die der kantonalen Börsenaufsicht unterliegt, zum jeweiligen börsentäglichen Einheitskurs gehandelt. 76
I I . Barter-Clubs in den USA Der erste amerikanische Barter-Club Business Exchange wurde 1960 in North Hollywood, Kalifornien, gegründet und nahm 1961 mit 600 Teilnehmern seine Geschäftstätigkeit auf. 7 7 Weitere Gründungen folgten. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, in denen die wenigen Barter-Clubs teilweise erhebliche Verluste erzielten, begann aber erst ab Mitte der siebziger Jahre, begünstigt durch die Einfuhrung von Computersystemen, eine Aufschwungphase. 78 Nach einer in der Zeitschrift BARTER NEWS publizierten Schätzung 79 existierten im Jahre 1994 ca. 400 Barter-Clubs in den U S A . 8 0 Diese Zahl liegt damit deutlich unter denen früherer Schätzungen, in denen meist eine Anzahl von 500 Clubs genannt wird. 8 1 BARTER NEWS geht ferner davon aus, daß diesen 400 Barter-Clubs etwa 240 Tsd. Firmen angeschlossen sind. Der Großteil der Mitglieder setzt sich aus kleineren Firmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 5 Mio. $ zusammen. 82 Die jährlich pro Teilnehmer über Barter-Clubs verrechneten Umsätze werden auf durchschnittlich 6.000 bis 10.000 Trade Dollar veranschlagt, wobei der Wert einzelner Transaktionen häufig unter 100 $ liegt. Durchschnittlich verrechnen die Teilnehmer zwischen 3 und 10% ihres gesamten Geschäftsvolumens über Tauschbörsen. Das gesamte über Trade Exchanges verrechnete Umsatzvolumen bezifferte BARTER NEWS fur das Jahr 1990 auf 350 Mio. Trade Dollar. Davon entfielen ca. 50% auf die 35 größten Barter-Clubs. Für die restlichen Clubs verblieb damit ein Umsatzvolumen von etwa 175 Mio. Trade Dollar, was einem Durchschnittsumsatz von knapp einer halben Mio. Trade Dollar pro Barter-Club entspricht.
7 6
7 7
8 8
vgl. Bührer, S., Kapitalerhöhung, 4/1992, S. 10 ff.; Traxler, B., Kapitalerhöhung, 5/1992, S. 21; Horny, C., Kapitalerhöhung, 6/1992, S. 14 ff; Bührer, S., Kapitalerhöhung, 8/1992, S. 14 f.; Bührer, S., WIR-Stammanteile, 5/1994, S. 15 ff 7 vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 73; ο. V., Brokers, 1994, S. 14. 8 Iske, T., Barter, 1987, S. 28; ο. V., Zentrale, 1985, S. 34. Da keine Statistiken über die genaue Anzahl amerikanischer Barter-Clubs sowie deren Umsatzvolumina vorliegen, kann lediglich auf Schätzungen zurückgegriffen werden. 0 vgl. ο. V., Trade, 1994, S. 6. 1 vgl. bspw.: Westphal, Ρ. Α., Entwicklung, 1989, S. 9; Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 146.
Π. Barter-Clubs in den USA
87
Tabelle 3 Entwicklung des Barter-Business in den USA Jahr
Anzahl der BarterFirmen und -Clubs
Umsatz der
Umsatz der
Anzahl beteiligter
Barter-Clubs in
Barter-Firmen in
Firmen in Tsd.
Mio. Trade Dollar Mio. Trade Dollar
1974 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992
100 120 150 180 230 280 340 330 350 370 390 410 430 440 450 450 460 560
80 100 120 140 160 200 240 250 290 330 380 440 500 570 640 720 800 850
850 980 1.130 1.300 1.500 1.720 1.980 2.200 2.440 2.680 2.900 3.200 3.470 3.750 4.050 4.550 5.100 5.650
10 15 20 30 50 70 90 100 110 120 140 160 180 200 210 220 240 250
Quelle: I.R.T.A., Dollars, 1993 S. 10; Neff, J., Business, 1993, S. 8 ff ; Resnick, R., Boom, 1993, S. 19 f.
Andere Angaben über die Anzahl existierender Barter-Clubs und darüber verrechnete Umsätze macht die International Reciprocal Trade Association (I.R.T.A.), ein 1979 als Interessenvertretung der Barter-Industrie gegründeter Dachverband, dem zu Beginn des Jahres 1994 168 Tauschhandelsbetriebe angehörten. 83 Ihren Angaben zufolge existierten 1992 etwas mehr als 300 Barter-Clubs und gut 100 Barter-Firmen. Zusammen erwirtschafteten sie 1992 ein Handelsvolumen von 6,5 Mrd. Trade Dollar. Der Hauptteil von 5,65 Mrd. Trade Dollar entfiel auf Barter-Firmen und nur 850 Mio. Trade Dollar auf Barter-Clubs. Dabei haben sich die Umsätze aller Barter-Clubs und Barter-
8 2 8 3
vgl. hier und im folgenden: ο. V., Comparison, 1990, S. 55 ff; ο. V., Trade, 1994, S. 6. vgl. I.R.T.A., Association, o. J., o. S; ο. V., Record, 1994, S. 13.
88
C. Tauschringe in der Praxis
Firmen zusammen seit 1974 nominal mehr als versiebenfacht, bei BarterClubs alleine sogar mehr als verzehnfacht. Im gleichen Zeitraum verfünfundzwanzigfachte sich in etwa die Zahl der am Tauschhandel partizipierenden Firmen auf geschätzte 250 Tsd. im Jahr 1992. Die Zahl der Barter-Clubs nahm um etwa den Faktor 4,5 z u . 8 4 Neben der International Reciprocial Trade Association, die seit März 1994 auch einen europäischen Ableger, die European Reciprocial Trade Association (E.R.T.A.) mit Sitz in London hat, 8 5 existieren zwei weitere Dachverbände: Die International Association of Trade Exchanges (I.A.T.E.), die 1979 in etwa zeitgleich mit der I.R.T.A. gegründet wurde. Ihr sind etwa 100 Barter-Clubs angeschlossen. 1983 wurde als weiterer Dachverband die National Association of Trade Exchanges (N.A.T.E.) gegründet. Zu Beginn des Jahres 1994 gehörten der N.A.T.E. gut 110 Mitglieder an. Alle drei Verbände verstehen sich als Interessenvertretung der ihnen angehörenden Mitgliedsunternehmen. Unterschiede bestehen zwischen den drei Verbänden insofern, als sich die I.R.T.A. als Sprachrohr des gesamten Tauschhandels versteht, während die I. A.T.E und die N.A.T.E. die Mitgliedschaft auf Barter-Clubs beschränken. 86 Neben der Interessenvertretung ihrer Mitglieder besteht das Hauptanliegen der drei Verbände darin, Programme zur Regulierung von Geschäftspraktiken zu entwikkeln, um das negative Image der Branche, resultierend aus unseriösen Geschäftspraktiken einiger Barter-Clubs in der Vergangenheit, zu verbessern. 87 So war beispielsweise die International Reciprocal Trade Association maßgeblich am Entwurf des 1982 verabschiedeten "Tax Equity and Fiscal Responsibility Act" beteiligt. Dieses Gesetz sieht die Steuer- und bilanzrechtliche Gleichstellung von Tauschhandelsbetrieben mit Banken, Kreditkartenorganisationen und anderen bankenähnlichen Institutionen vor, um die Gefahr der Steuerhinterziehung durch verschärfte Buchfuhrungspflichten zu bannen. 88 Probleme bereitet es aufgrund fehlender Statistiken auch, die bedeutendsten amerikanischen Barter-Clubs, ihre Handelsvolumina und ihre Mitgliederzahl zu benennen. Die Zeitschrift BARTER NEWS schätzt, daß die meisten BarterClubs nur regional tätig sind und lediglich ein jährliches Handelsvolumen
8 4
Nach Suplizio und Healey (vgl. Suplizio, P., Competition, 1994, S. 40; Healey, Ν., Britain, 1994, S. 60 f.), die sich in ihren Aufsätzen auf Angaben der I.R.T.A stützen, hat sich die Zahl der Tauschhandelsbetriebe im Jahr 1993 auf 600 und die Zahl der daran partizipierenden Firmen auf ca. 280 Tsd. erhöht. 8 5 vgl. Remde, C., Europe, 1994, S. 61 ff.; ο. V., Record, 1994, S. 13. Als weiterer Ableger existiert die Australian Reciprocal Trade Association (AR.T.A). 8 6 vgl. o. V., Offshore, 1994, S. 19; Schacht, J., Vision, 1994, S. 20 f.; ο. V., Decade, 1989, S. 5; ο. V., Convention, 1989, S. 44; Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 43. 8 7 vgl. Iske, T., Verbundgeschäfte, 1986, S. 45; ο. V., Evolvement, 1994, S. 40. 8 8 vgl. ο. V., Decade, 1989, S. 5; Meyer, Β., Image, 1989, S. 41; I.R.T.A., Association, ο. J., ο. S.; ausführlich: Suplizio, Ρ. E., Society, 1985, S. 11 - 13.
Π. Barter-Clubs in den USA
89
zwischen 6 und 15 Mio. Trade Dollar erreichen. Lediglich nationale Clubs - dies sind gemäß BARTER NEWS derzeit vier Organisationen - erzielen höhere Umsätze. 89 Dabei galt lange Zeit Barter-Systems Incorporation mit der Zentrale in Oklahoma City und ca. 90 im Franchisesystem angeschlossenen Geschäftsstellen in den USA, Kanada und Südafrika als größter amerikanischer Barter-Club. 30.000 Teilnehmer sollen zu Beginn der achtziger Jahre 50% des gesamten in den USA über Barter-Clubs abgewickelten Handelsvolumens verrechnet haben. 90 Mittlerweile hat Barter-Systems Incorporation nach Iske und Westphal seine dominierende Rolle verloren, 91 obwohl Healey angibt daß diese Organisation Ende der achtziger Jahre immerhin noch über 20.000 Mitglieder verfügte. 92 Allerdings dürften diese Angaben übertrieben sein, wenn man berücksichtigt, daß 1994 einer der größten lokalen BarterClubs, die Barter Corporation lediglich 3.000 Teilnehmer betreute. Die Barter Corporation ging aus einer Fusion der Chicago Barter Corporation mit zwei weiteren Barter-Clubs mit Sitz in Milwaukee und Cleveland hervor und verrechnete im Geschäftsjahr 1993 verteilt auf ca. 73.000 Transaktionen Umsätze in Höhe von ca. 20 Mio. Trade Dollar. 9 3 Auch der 1984 gegründeten Illinois Trade Association (ITA) mit Hauptsitz in Glenview, die als größter unabhängiger Barter-Club gilt, gehörten zu Beginn des Jahres 1994 nur etwas mehr als 3.000 Mitgliedsfirmen an. Diese verrechneten im Geschäftsjahr 1993 Transaktionen im Wert von etwa 25 Mio. Trade Dollar. 9 4 Westphal führt an, daß neben Barter-Systems Incorporation, Enterprises International Exchange in Salt Lake City, Business Exchange in North Hollywood sowie ITEX Barter Systems Corporation of Portland die mitgliederstärksten Barter-Clubs sind. Angaben über die Anzahl der Mitglieder sowie die jährlichen Handelsvolumina macht er allerdings nicht. 9 5 Jedoch berichtet BARTER NEWS, daß Business Exchange International zu Beginn des Jahres 1994 über ca. 18.000 Mitgliedsunternehmen verfügte. 96 Bei der ITEX Barter Systems Corporation, deren Zentrale sich in Portland befindet, handelt es sich um eine Kooperation von gegenwärtig gut 50 lokalen Barter-Clubs mit mehr als 100 Büros in über 38 Bundesstaaten.97 Ziel dieses Zusammenschlusses ist es, den Mitgliedern auch überregionale Tauschgeschäfte zu ermöglichen. Im Geschäftsjahr 1991 waren dabei nach Meyer ca. 14.000 Firmen Mitglied einer der ITEX ange-
89 vgl. ο. V., Comparison, 1990, S. 57; ο. V., Trade,1994, S. 6. 9 0
vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 74. In einer anderen Publikation (vgl. ο. V., Zentrale, 1985, S. 35) wird sogar die Zahl von 35.000 Teilnehmern genannt. 9 1 vgl. Iske, T., Barter, 1987, S. 68; Westphal, Ρ. Α., Entwicklung, 1989, S. 8. 9 2 vgl. Healey, Ν., Computer, 1989, S. 118. 9 3 vgl. ο. V., People, 1994, S. 8 f.; o. V., Events, 1994, S. 7; Meyer, Β., Interview, 1989, S. 7 ff. vgl. Schacht, J., Vision, 1984, S. 21; ο. V., Secret, 1994, S. 22 ff. 9 5 vgl. Westphal, Ρ. Α., Entwicklung, 1989, S. 8. 9 6 vgl. ο. V., Brokers, 1994, S. 14. 9 ? vgl. ο. V., System, 1994, S. 8; ο. V., Convention, 1990, S. 10.
90
C. Tauschringe in der Praxis
schlossenen Tauschbörsen. Zusammen erzielten sie Umsätze in Höhe von ca. 50 Mio. Trade Dollar. 9 8 Zu den in den vergangenen Jahren am stärksten expandierenden BarterClubs zählt die im Februar 1983 in Austin, Texas, gegründete Barter Exchange Incorporation (BEI) mit 1990 16 im Franchisesystem angegliederten Geschäftsstellen und ca. 5.000 Mitgliedern. Zusammen erzielten sie 1990 einen Umsatz von etwa 20 Mio. Trade D o l l a r . " BEI arbeitet nach folgendem System: Bei Eintritt eines neuen Mitgliedes wird eine einmalige Aufnahmegebühr erhoben, die zwischen 500 und 750 $ liegt. Diese steht der Geschäftsstelle als Franchisenehmer zu. Bei jeder Transaktion wird eine umsatzabhängige Provision in Höhe von 5% vom Käufer und vom Verkäufer erhoben. Die anfallenden Provisionen erhalten zu 80% die Geschäftsstelle und zu 20% der Franchisegeber, also die Zentrale. Die Geschäftsstelle teilt die ihr zufallende Provision hälftig mit dem für die Transaktion verantwortlichen Trader. Monatlich wird von jedem Teilnehmer zusätzlich eine Kontoführungsgebühr in Höhe von 10 $ erhoben, die je zur Hälfte der Zentrale und der Geschäftsstelle zufällt. Die Organisation verfügt über eine Datenbank mit der alle Geschäftsstellen online verbunden sind. Über die Datenbank haben die Geschäftsstellen Zugriff auf die Kontostände der Teilnehmer und deren in der Vergangenheit verbuchten Transaktionen. Gleichzeitig ermöglicht die Datenbank eine nach Produkten, Produktgruppen oder Branchen gestaffelte Abfrage, um im Bedarfsfall für die Mitgliedsfirmen aktiv zu werden und geeignete Lieferanten zu finden. 100 BEI betätigt sich auch im Medien- und Corporate Barter, einem Bereich, in dem 1990 ein Umsatz von ungefähr 30 Mio. Dollar realisiert wurde und der gegenwärtig die stärksten Umsatzzuwächse verbucht. 101 Obwohl in den USA eine im Vergleich zu Europa wesentlich größere Anzahl an Barter-Clubs existiert, haben diese gemessen an der Zahl der Teilnehmer und der durch sie vermittelten Umsätze eine wesentlich geringere Bedeutung als vielfach behauptet. Häufig wird angeführt, daß mehrere Milliarden Dollar Umsätze über Barter-Clubs verrechnet werden. Jedoch verwechseln diese Autoren 1 0 2 das gesamte über Tauschgeschäfte abgewickelte Geschäftsvolumen mit dem über Barter-Clubs verrechneten. 103 Schätzungen der Zeitschrift BARTER NEWS gehen deshalb davon aus, daß bisher lediglich 1% 98 vgl. o. V., Convention, 1990, S. 10; Meyer, B., ITEX, 1992, S. 10 ff. 9 9
vgl. hier und im folgenden: Meyer, B., Interview, 1990, S. 14 ff; ο. V., Inventory, 1990, S. 22 f.; ο. V., Franchise, 1990, S. 28 f.; Kalette, D., Firms, 1990, ο. S. 100 vgl. ο. V., Barter Line, 1990, S. 26 f.
1 0 1
vgl. ο. V., Inventory, 1990, S. 22 f. 102 vgl. Fröhlich, S., Extramarkt, 1982, S. 193; ο. V., Zentrale, 1985, S. 34; ο. V., Barterhandel, 1991, S. 11. Oppermann, C., Steinzeit, 1989, S. 86; Richter, S., Kamele, 1990; Wünstel, M., Barter, 1992, S. 3; Finck, H., Geld, 1993, S. 28; Husemann, R., Mittelstand, 1994, S. 30. 1 0 3
vgl. dazu auch: Iske, T., Barter, 1987, S. 29.
ΠΙ. Barter-Clubs in Deutschland und Österreich
91
aller in Frage kommenden US-Firmen mit einem Jahresumsatz zwischen 500 Tsd. und 10 Mio. $ Mitglied eines Barter-Clubs sind. 1 0 4 Die meisten amerikanischen Barter-Clubs verfügen bisher auch lediglich über einen lokalen Aktionsradius, 105 vermitteln Geschäfte in der Regel ohne den Einsatz von E D V 1 0 6 und praktizieren ein umständliches, meist scheckgebundenes Verrechnungssystem, bei dem die Schecks auf dem Postweg versandt werden und die Verkäufer sich zuvor telefonisch über die Bonität des Käufers bei der Zentrale erkundigen müssen. 107 Viele Clubs weisen demzufolge auch weniger als 500 Mitgliedsunternehmen auf. 1 0 8 Allerdings geht die Entwicklung in den USA dahin, daß immer mehr Barter-Clubs miteinander kooperieren und auf eine EDV-gesteuerte Abstimmung von Angebot und Nachfrage umsteigen. Damit soll der Informationsfluß zwischen den Geschäftsstellen und der Zentrale sowie zwischen der Zentrale und den Mitgliedsfirmen durch die Nutzung von Telefax, Bildschirmtext und EDV-Netzwerken verbessert werden. 1 0 9 Unverkennbar geht der Trend auch dahin, daß sich mehr und mehr Barter-Clubs im Corporate-, Medien-, Immobilien- sowie im Hotel- und Restaurant-Barter engagieren. 110 Ausschlaggebend dafür ist, daß der durchschnittliche Umsatz pro Transaktion sowie die Gewinnspanne bei diesen Handelsformen bedeutend höher liegen als bei Barter-Club-Geschäften. 111
I I I . Barter-Clubs in Deutschland und Österreich
1. Barter Clearing & Information (BCI) Die Firma Barter Clearing & Information Vermittlung von Kompensationsgeschäften Deutschland wurde im Dezember 1986 in der Rechtsform der
104 vgl. ο. V., Comparison, 1990, S. 55. 105 vgl. Iske, T., Barter, 1987, S. 29; Kleiman, R. T., Swap, 1992, S. 21. 106 vgl. Westphal, P. Α., Entwicklung, 1989, S. 9. 107 vgl. Iske, T., Barter, 1987, S. 31. 108 vgl. ο. V., Selling, 1994, S. 21. 109 vgl. ο. V., Barter, 1990, S. 36 ff.; Posner, Β. G., Computer, 1993, S. 37; Kleiman, R. T., Swap, 1992, S. 22. 11° ο. V., Barter, 1990, S. 36 ff; Meyer, Β., Interview, 1992, S. 18 ff; Healy, Ν., Computer, 1989; Healy, Ν., Bartering, 1990; Bragg, Α., Bartering, 1988, S. 62; Dunlap, Β., Boom, 1986; Suplizio, P. E., Society, 1985, S. 17; Brown, R. V., Media, 1991, S. 12 f.; Feldman, R., Hotel, 1992, S.12 ff; Willis, R., Boom, 1993, S. 4 f.; Foisie, G., Barter, 1994, S. 126; Ciandella, C. D., Estate, 1994, S. 68; McClellan, S., Barter, 1994, S. 27; Suplizio, P., Competition, 1994, S. 39 ff.; Healey, N., Britain, 1994, S. 60 ff ; Liparulo, R., Food, 1994, S. 22 ff. 111 vgl. o. V., Comparison, 1990, S. 55 f.; Healey, Ν., Britain, 1994, S. 61 f.
92
C. Tauschringe in der Praxis
GmbH & Co. K G gegründet. Der Geschäftssitz der Zentrale ist München. Das Unternehmen besteht aus zwei rechtlich selbständigen Firmen: der Zentrale und Datenbank Barter Clearing & Information sowie dem BCI Verrechnungssystem BCI V A G . 1 1 2 Ebenfalls 1986, im April, wurde in Wien die BCI-Österreich Dr. Konrad Schmidt Ges. m.b.H. gegründet. Sie wurde zum Jahresbeginn 1994 in Barter Clearing & Information Ges. m.b.H. umfirmiert. 1 1 3 Im Unterschied zu Deutschland existiert in Österreich keine Aufspaltung in zwei rechtlich eigenständige Firmen, die getrennt voneinander Vermittlung und Verrechnung vornehmen. Die Gründung beider BCI-Gesellschaften geht zurück auf die ARGE Arbeitsgemeinschaft für die Entwicklung und die Betreuimg von nationalen und internationalen Barter-Systemen, die Lizenzgeber für die BCI Barter- und Informationssysteme i s t . 1 1 4 Die Gesellschaften arbeiten deshalb auch in beiden Ländern nach dem gleichen Grundprinzip. Seit Februar 1991 ist es für österreichische und deutsche BCI-Teilnehmer möglich, untereinander Tauschgeschäfte abzuwickeln. Die Umrechnung erfolgt auf der Basis des jeweils gültigen Wechselkurses. Der Ablauf eines deutsch-österreichischen Verrechnungsgeschäfts gestaltet sich im Detail wie folgt: Ein deutscher Teilnehmer, der bei einem österreichischen Teilnehmer einkaufen will, stellt seinen Barter-Scheck in öS. aus und versendet ihn an den Exporteur. Nach erfolgter Gegenzeichnung durch den Lieferanten erfolgt eine Verbuchung durch BCI-Österreich. Der österreichische Verkäufer erhält eine Gutschrift auf seinem Verrechnungskonto und gleichzeitig wird das Verrechnungskonto, das BCI-Deutschland bei BCI-Österreich unterhält, mit dem gleichen Betrag belastet. BCI-Deutschland belastet nun das Konto des deutschen Einkäufers mit dem DM-Betrag, der sich aus dem Devisenbriefkurs am Tag der Verbuchung ergibt, und schreibt diesen Betrag dem Barter-Konto gut, das BCI-Österreich in Deutschland unterhält. Darüber hinaus verfügt BCIDeutschland über Außenstellen in Warschau, Prag, Moskau und Budapest. 115 Im Oktober 1992 nahm außerdem eine eigenständige BCI-Gesellschaft in Slowenien mit Sitz der Zentrale in Maribor ihre Geschäfte auf. Seit April 1994 existiert zudem eine weitere eigenständige BCI-Gesellschaft in der Slowakei mit Sitz der Hauptverwaltung in Bratislava. 116 Früher gehegte Expansionsplä-
1
1 2 vgl. Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 156. vgl. Weissenbeck, F./Mehler, Η. Α., Barter, 1987, S. 153 f.; BCI, Schulungsunterlagen, 1991, o. S. 1 1 4 vgl. BCI, Schulungsunterlagen, 1991, o. S. 11 5 vgl. BCI, Schulungsunterlagen, 1991, o. S. 116 Länderübergreifende Geschäfte, bspw. zwischen deutschen und slowakischen oder zwischen österreichischen und slowenischen Teilnehmern, sind möglich und funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie zwischen deutschen und österreichischen Teilnehmern. 1 1 3
ΠΙ. Barter-Clubs in Deutschland und Österreich
93
ne mit dem Ziel der Errichtung eigener BCI-Gesellschaften und Geschäftsstellen in Frankreich und Spanien wurden dagegen bisher nicht verwirklicht. 1 1 7
a) Funktionsweise
und Organisationsstruktur
Mitglied bei BCI können Unternehmen jeglicher Branchenzugehörigkeit und Größenordnung werden. 1 1 8 Bei Eintritt eines Teilnehmers wird in Deutschland eine einmalige Beitrittsgebühr fällig, die im September 1994 500.- D M betrug. In Österreich werden keine Beitrittsgebühren erhoben. Darüber hinaus erhebt BCI für die Teilnahme am Informations- und Verrechnungssystem eine Jahresgebühr, die sich nach dem gesamten Jahresumsatz des Unternehmens bemißt. Ausgenommen hiervon sind Gastronomie und Einzelhandel. Für diese existiert eine pauschale Jahresgebühr unabhängig von der Höhe des Umsatzes. Es besteht die Möglichkeit, die Teilnahme bei identischen Gebühren ausschließlich auf das Informationssystem zu beschränken. In diesem Fall erhält ein Unternehmen ausschließlich das Recht, Informationen von BCI zu beziehen. 119 Die BCI-Zentralen in München und Wien verfügen jeweils über ein eigenes Datenbanksystem, in dem Informationen über die Mitgliedsfirmen gespeichert sind, um im Falle des Einkaufsbedarfs eines Mitglieds gezielt nach potentiellen Anbietern innerhalb des Tauschringes zu suchen. Bei einem Einkaufsbedarf kann sich ein Teilnehmer an die für ihn zuständige Landes- oder Bezirksgeschäftsstelle wenden und dieser seinen Bedarf mitteilen. Die Geschäftsstellen nehmen dann, sofern sie nicht selbst Zugriff auf die Datenbank haben, 1 2 0 telefonisch bzw. per Telefax mit der Zentrale in München/Wien Kontakt auf und teilen dieser die bestehende Anfrage mit. Die Zentralen in München oder Wien nehmen dann die Verknüpfung der Nachfragen mit Anbietern in ihrer Datenbank vor und versenden an potentielle Anbieter Nachfragelisten per Post oder per Telefax. Die potentiellen Lieferanten sollen sich daraufhin mit den Nachfragern zwecks Angebotsabgabe in Verbindung setzen. Daneben kann ein Teilnehmer direkt Kontakt mit einem anderen Teilnehmer aufnehmen, indem
117 vgl. ο. V , Computer, 1988; o. V., OSGAR, 1988, S. 8 f. 118 vgl. hier und im folgenden: BCI, Presseinformationen, 1989; BCI, Geschäftsbedingungen (für Deutschland), 1993; BCI, Vertragsbedingungen (für Österreich), 1993. Weissenbeck, F./Mehler, H. Α., Barter, 1987, S. 197 ff; BCI, Schulungsunterlagen, 1991, o. S. Besonders ausführlich über die Funktionsweise des BCI-Systems informiert ein Handbuch, welches in zwei Ausführungen, eine deutsche und eine österreichische Fassung, publiziert wird ( vgl. B C I , Handbuch, o. J.). 119 vgl. hierzu ausführlich: BCI, Vertragsbedingungen (für das Informationssystem in Deutschand), 1992. 120 In Österreich sind alle Geschäftsstellen seit Anfang 1992 mit der Zentrale in Wien vernetzt. In Deutschland waren Anfang September 1994 etwa die Hälfte aller Landesdirektionen vernetzt.
94
C. Tauschringe in der Praxis
er sich dessen Adresse aus dem BARTER GUIDE besorgt. Dieser BARTER GUIDE, in dem alle im Tauschring angebotenen Produkte und Dienstleistungen, nach Produkthauptgruppen geordnet und mit den Adressen der jeweiligen Anbieter versehen, aufgeführt sind, erscheint zweimal jährlich zusammen für Deutschland, Österreich, Slowenien und die Slowakei. Zusätzlich besteht für die Teilnehmer gegen Gebühr die Möglichkeit, Adressetiketten bzw. auf Disketten gespeicherte Adressen von Mitgliedsfirmen zu beziehen, um diese für Werbewurfsendungen zu verwenden. Ferner bietet BCI den Teilnehmern an, Werberundschreiben zusammen mit eigenen Postaussendungen (Nachfragelisten, Kontoauszüge) zu versenden. Voraussetzung dafür ist, daß das Werbematerial an die Zentrale geliefert wird und mit dem Hinweis "BCI-Verrechnung möglich" versehen ist. Seit Mai 1992 wird in Österreich im Abstand von zwei Monaten zudem eine Broschüre publiziert und an alle Teilnehmer versandt, in der alle neu hinzugekommenen Teilnehmer in Deutschland und Österreich aufgelistet werden. 1 2 1 Darüber hinaus sind die Geschäftsstellen dazu angehalten, zur gegenseitigen Kontaktanbahnung der Mitgliedsfirmen regelmäßig Teilnehmertreffen zu veranstalten. Für die Kontoführung werden den Mitgliedern keine Gebühren berechnet. Teilnehmer können einkaufen, wenn sie über Verrechnungsguthaben verfügen oder ihnen ein Einkaufslimit erteilt wird. Letzteres erfordert eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft bzw. andere bankübliche Sicherheiten. Sofern derartige Sicherheiten nicht vorliegen, wird eine Bonitätsprüfung vorgenommen. In der Regel nimmt BCI für Bonitätsprüfungen die Dienste von Auskunfteien in Anspruch. Dafür wird den Teilnehmern eine Gebühr in Rechnung gestellt. Für die Erteilung des Einkaufslimits fallen zusätzlich Gebühren in Höhe von 3,5% (Deutschland) bzw. 3% (Österreich) des beantragten Einkaufslimits an. In Deutschland werden die von BCI für die Bonitätsprüfung und die Erteilung eine Einkaufslimits erhobenen Gebühren auf ein Konto überwiesen, das zur Deckung des Zahlungsausfallrisikos dient. In Österreich hat BCI im Namen aller Teilnehmer mit der österreichischen Kreditversicherungs-AG eine Versicherung abgeschlossen, die den Schaden im Falle der Zahlungsunfähigkeit eines Teilnehmers abdeckt. Die Mitglieder sind nicht verpflichtet, ihre Geschäfte über BCI zu verrechnen. Bei einem Verrechnungsgeschäft muß zunächst eine Verrechnungszusage als Voraussetzung dafür eingeholt werden, daß das Ausfallrisiko bei Zahlungsschwierigkeiten des Käufers abgesichert ist. Die Erteilung der Zusage stellt sich wie folgt dar: Der Verkäufer nimmt telefonischen Kontakt mit der Zentra-
l e Bis zum Frühjahr 1990 publizierte BCI außerdem zwei- bis dreimal im Jahr ein BARTER Magazin, in dem Mitteilungen über Neuerungen des BCI-Informations- und Verrechnungssystems veröffentlicht und Mitgliedern die Möglichkeit zur Plazierung von Werbeanzeigen gegeben wurde.
ΠΙ. Barter-Clubs in Deutschland und Österreich
95
le auf und teilt dieser seine BCI-Teilnehmernummer sowie die genaue Firmenbezeichnung des Käufers und den Kaufbetrag mit. Im Gegenzug erhält er eine verbindliche Verrechnungszusage und eine zugehörige Codenummer, die auf dem Verrechnungsformular eingetragen werden muß. Die entsprechenden Buchungen auf den Teilnehmerkonten werden erst dann vorgenommen, wenn ein von beiden Vertragsparteien unterzeichnetes Verrechnungsformular zusammen mit einer Kopie der Rechnung innerhalb von drei (Österreich) bzw. vier (Deutschland) Wochen bei BCI eingegangen sind. Da der Verkäufer mit Unterzeichnung des Buchungsbeleges ausdrücklich erklärt, daß mit der Verbuchung des Geschäftsvorfalles das Schuldverhältnis zwischen ihm als Gläubiger und dem Käufer als Schuldner erlischt, besitzt er mit seinem Guthaben lediglich einen Anspruch auf den Bezug von Leistungen aus dem Pool. Auch der Käufer hat mit Verbuchung der Transaktion seine Verpflichtung aus dem ursprünglichen Liefer-/Leistungsgeschäft erfüllt. Er ist nunmehr gegenüber der Leistungsgemeinschaft zum Ausgleich der Verbindlichkeit durch eigene Leistungen verpflichtet. Dabei weichen die Geschäftsbedingungen in Deutschland und Österreich aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Rahmenbedingungen voneinander ab. Die österreichischen Vertragsbedingungen sehen vor, daß nach Verbuchung einer Transaktion die Verpflichtung des Käufers erfüllt ist, da damit eine Quittierung des Geschäftsvorfalls an Zahlungsstatt verbunden ist. Durch den geschlossenen Barter-Vertrag sind Teilnehmer mit Guthaben berechtigt, Leistungen bargeldlos zu beziehen. Teilnehmer mit Debetsalden sind zum Ausgleich ihres Kontos zur Annahme von Buchungsbelegen an Zahlungsstatt verpflichtet (Kontrahierungszwang). 122 Die deutschen Geschäftsbedingungen sehen vor, daß der Käufer nach Verbuchung seiner Zahlungsverpflichtung nachgekommen ist (Leistung an Erfüllungsstatt, § 364 Abs. 1 BGB) und sich gleichzeitig im Wege eines abstrakten Schuldanerkenntnisses (§ 781 BGB) verpflichtet, seine vom originären Grundgeschäft losgelöste abstrakte Schuld gegenüber der Leistungsgemeinschaft durch eigene Lieferungen abzugleichen. 1 2 3 In beiden Ländern besteht dabei aufgrund der Vertragsbedingungen die Verpflichtung zur Lieferung zu marktüblichen Preisen (Preisgleichheitsprinzip). 124 Schuld- und Guthabensalden werden nicht verzinst. Sofern ein Schuldsaldo nicht binnen eines Zeitraumes von neun (Österreich) bzw. zwölf (Deutschland) Monaten ab Verbuchung einer Transaktion durch eigene Leistungen ausgeglichen werden kann, besteht die Verpflichtung zum Ausgleich in der jeweiligen Landeswährung. Die Ausgleichszahlung erfolgt auf ein von der BCI VAG/BCI verwaltetes Treuhandkonto, dessen Mittel den Teilnehmern im Verhältnis ih-
122 vgl. BCI, Vertragsbedingungen, 1993, Artikel I , V, Vili, XIV. 123 vgl. BCI, Geschäftsbedingungen, 1993, § 4 Abs. 3 und 4. 124 vgl. BCI, Geschäftsbedingungen, 1993, § 3 S. 1; BCI, Vertragsbedingungen, 1993, Artikel V.
96
C. Tauschringe in der Praxis
rer Guthabensalden zueinander zustehen. Dagegen besteht bei Verrechnungsguthaben von Teilnehmern grundsätzlich kein Anspruch auf Auszahlung. In Deutschland wird von diesem Grundsatz dann abgewichen, wenn ein Unternehmen seine Mitgliedschaft bei BCI kündigt. Der Anspruch auf Auszahlung wird allerdings erst nach Ablauf von 24 Monaten seit Beendigung der Mitgliedschaft wirksam, sofern auf dem von der BCI V A G verwalteten Treuhandkonto, über das Ausgleichszahlungen der Schuld- und Guthabensalden abgewickelt werden, ausreichende Geldmittel zur Verfugung stehen. Sofern dieses Konto zum Zeitpunkt des Auszahlungsanspruchs keine entsprechende Dekkung aufweist, muß eine Wartefrist in Kauf genommen werden, und zwar so lange bis entsprechende Geldmittel infolge Ausgleichszahlungen von Debetsalden vorhanden sind. In Österreich können Teilnehmer seit Jahresbeginn 1989, in Deutschland seit April 1992 über eine Zahlkarte OSCARD verfugen. Diese wird offiziell als Mitgliedsausweis bezeichnet und jedem Mitglied auf Antrag kostenlos zur Verfügung gestellt. Zusätzliche OSCARDS sind gegen Gebühr erhältlich. Zugleich stellt BCI die für die Verwendung von Zahlkarten notwendigen Imprinter kostenlos zur Verfügung. In Österreich können Mitglieder mit OSCARD bis zur Höhe von 2.500 öS. einkaufen, ohne vorher eine Deckungszusage einzuholen. 1 2 5 BCI-Deutschland und BCI-Österreich sind im Franchisesystem organisiert. Die Zentralen in München und Wien fungieren als Franchisegeber. In erster Linie sind sie für die Betreuung und Verwaltung der Datenbank zuständig und führen die Konten. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, gegen Teilnehmer notfalls gerichtlich vorzugehen, wenn diese mit Ausgleichszahlungen in Verzug geraten. Neben der Abwicklung des Schriftverkehrs mit den Teilnehmern publizieren sie den BARTER GUIDE und Informationsbroschüren. Außerdem führen sie Schulungen für die Mitarbeiter der Landes- und Bezirksgeschäftsstellen durch. Die Geschäftsstellen sind ausschließlich für die Betreuung und Anwerbung von Mitgliedsfirmen zuständig. BCI verfügt über Landesgeschäftsstellen, die als Hauptfranchisenehmer das Gebiet eines Bundeslandes bzw. eines Regierungsbezirkes betreuen. Zudem existieren Bezirksgeschäftsstellen, die entweder Unterfranchisenehmer der Landesgeschäftsstelle oder dieser als Filialen angegliedert sind. Die Höhe der einmalig zu entrichtenden Franchisegebühr bemißt sich nach der Anzahl der im Gebiet ansässigen Firmen. Die Franchisenehmer besitzen für ihr jeweiliges Gebiet das Exklusiwertriebsrecht. Für die Teilnehmerakquisition und -beratung sind die Mitarbeiter der Geschäftsstellen zuständig, die als freie Mitarbeiter ausschließlich auf Provisionsbasis arbeiten. Gegenwärtig verfügt BCI in Deutschland über etwa
1 2 5
vgl. o. V., OSCARD, 1989, S. 18 f.
Π . Barter-Clubs in Deutschland und Österreich
97
10 Landes- und 20 Bezirksgeschäftsstellen. Damit gibt es in der Bundesrepublik einschließlich der Neubundesländer gegenwärtig ca. 30 Geschäftsstellen von ursprünglich 400 geplanten.126 BCI-Österreich unterhält derzeit acht Landesgeschäftsstellen in den Bundesländern Wien, Vorarlberg, Steiermark, Salzburg, Oberösterreich, Tirol, Kärnten und dem Bezirk Wiener Neustadt.127
Abb. 7: Aufbau derBCI-Oganisation
Die den Mitgliedsunternehmen in Rechnung gestellten Gebühren werden zwischen Zentrale, Landes- und Bezirksdireküon sowie freien Mitarbeitern nach folgendem Schema aufgeteilt: 50% erhält die Zentrale in München bzw. Wien, 10% die Landes- und 40% die Beziiksdirektion. Die der Bezirksgeschäftsstelle zustehende Provision steht je zur Hälfte dem für die Akquisition sowie Betreuung des Teünehmers zuständigen Mitarbeiter und dem Be-
1 2 6 1 2 7
vgl. ο. V., Computer, 1988, o. S. vgl. BCI, Schulungsunterlagen, 1991, o. S.
7 Schneider
98
C. Tauschringe i n der Praxis
zirksdirektor zu. Daneben existiert ein Prämiensystem, das jedem Mitarbeiter eine Prämie sichert, sofern die von ihm akquirierten Teilnehmer einen festgelegten monatlichen Barter-Umsatz und eine bestimmte Aktivitätsquote, die sich aus der Anzahl der monatlich verrechneten Geschäfte sowie der Anzahl gestellter Nachfragen errechnet, überschreitet. Die ausgeschütteten Prämien werden von der Zentrale finanziert.
b) Auflau und Funktionsweise der Datenbank
Wichtigster Bestandteil des BCI Informations- und Vermittlungssystems sind die Datenbanksysteme in den Zentralen in München und Wien. Dort werden alle organisationsinternen Daten gespeichert und verwaltet. Als Schnittpunkt zwischen den Geschäftsstellen und den Teilnehmern erfolgt zudem die Speicherung, Verwaltung und Verarbeitung von Informationen, die der Geschäftsanbahnung zwischen den Mitgliedern dienen. Dazu gehört auch die Führung der Verrechnungskonten.
Computergestütztes Datenbanksystem
Informationssystem
Zahlungsverkehrssystem
— Speicherung von Informationen über Absatzprogramme
— Kontenführung
— Auftragsindividuelle Verknüpfung von Nachfrage und Angebot
— Bonitätsbeurteilung
- Erstellung des BARTER GUIDE
— Erstellung von Kontoauszügen
- Erstellung von Informationsbroschüren
— Inkasso- und Mahnwesen
— Produktion von Adreßaufklebern
A b b . 8: Einsatzmöglichkeiten des Datenbanksystems bei B C I
ΠΙ. Barter-Clubs in Deutschland und Österreich
99
Zum Zwecke der Geschäftsanbahnung wird von jedem BCI-Mitglied neben dem Firmennamen, dem Ansprechpartner in der jeweiligen Firma, der Rechtsform, dem Geschäftssitz und bestehenden Telefon- und Telefaxverbindungen, das komplette Produktangebot in einer nachfrageorientierten Datenbank so gespeichert, daß im Falle des Einkaufsbedarfs eines Teilnehmers ein geeigneter Lieferant ausfindig gemacht werden kann. Dazu wurde ein mehrstufiges Produkt· bzw. Branchenverzeichnis entwickelt, in dem jede Mitgliedsfirma mit ihrem Angebotsprogramm erfaßt wird. Eine erste Unterteilung dieses Verzeichnisses erfolgt in ca. 40 übergeordnete Branchen, die ausschließlich zur Grobrasterung dienen. Eine weitere Untergliederung wird dann in sogenannte Hauptgruppen vorgenommen, die wiederum in Produktgruppen unterteilt sind. Diese Produktgruppen entsprechen marktüblichen Produktbezeichnungen und können je nach Bedarf in vier weitere Ebenen untergliedert werden. Damit entsteht eine Baumstruktur, die bei Bedarf ergänzt werden kann. Bei der Einordnung des Angebotsprogramms eines Teilnehmers in das Verzeichnis ist die Zuordnung in die jeweilige Hauptgruppe von entscheidender Bedeutung. Dabei muß festgelegt werden, ob der Teilnehmer alle Nachfragen aus einer Hauptgruppe befriedigen kann oder nur einen Teil davon. In diesem Fall müssen innerhalb einer Hauptgruppe bestimmte Produktgruppen ausgeschlossen werden. Da die alleinige Zuordnung eines Teilnehmers mit seinem Produktangebot in das Verzeichnis für eine Verknüpfung von Angebot und Nachfrage jedoch im Regelfall nicht ausreicht, werden weitere Kriterien gespeichert. Dies sind die Handelsstufe, der Handelsweg, der Mindest- bzw. Höchstauftragswert sowie die maximale Lieferentfernung. Bei der Handelsstufe wird erfaßt, ob der Teilnehmer Hersteller, Importeur, Großhändler, Einzelhändler oder ein Dienstleistungsunternehmen ist. Bei der Registrierung des Handelsweges wird festgehalten, ob der Anbieter Nachfragen von Unternehmen erhalten will, die die Waren gewerblich weiterverarbeiten (Industrie, produzierendes Gewerbe), weiterverkaufen (Handel), weitervermitteln (Handelsagenturen) oder für ihren Eigenbedarf nutzen. Die Angabe des Mindest- bzw. Maximalauftragswertes soll sicherstellen, daß Anbieter keine Nachfragen erhalten, die sie nicht befriedigen wollen oder können, weil die Auftragsannahme entweder unrentabel oder aufgrund der vorhandenen Kapazitäten nicht durchführbar ist. Bei Festlegung der Lieferentfernung kann der Teilnehmer bestimmen, ob er Nachfragen aus dem Ausland wünscht oder ausschließlich von lokalen (bis 50 km Entfernung), regionalen (bis 150 km Entfernung) oder überregionalen (über 150 km) Nachfragern. Dadurch kann der Kreis der erhaltenen Nachfragen regional begrenzt werden. So wäre es z.B. denkbar, daß ein Teilnehmer aus Wien zwar Nachfragen aus dem Ausland, aber dennoch begrenzt auf eine räumliche Distanz von maximal 600 km wünscht.
100
C. Tauschringe in der Praxis
Damit eine Verknüpfung von Angebot und Nachfrage im Falle eines Einkaufsbedarfs Zustandekommen kann, muß der Nachfrager außerdem jeweils auftragsindividuell Art und Gattung der gewünschten Leistung beschreiben. Dazu gehören Maße, Menge, Stückzahl, Größe, Format, Qualität etc. der benötigten Güter. Daneben muß er Angaben darüber machen, wie er die Ware/Dienstleistung nutzen will (Handelsweg), welcher Handelsstufe der Anbieter angehören soll, welchen ungefähren Auftragswert die Nachfrage hat und wie weit der potentielle Anbieter entfernt sein darf. Weiterhin sollte er Angaben über die Angebotsfrist, die gewünschte Form der Angebotserteiiung (schriftlich, telefonisch, persönlicher Besuch), den Liefertermin und die Höhe der Verrechnungsquote machen. Alle diese Daten werden auf einem Formular erfaßt, so daß die vorgegebenen Kategorien im Regelfall nur angekreuzt werden müssen. Die Verarbeitung der genannten Informationen soll die richtige Kanalisierung der Nachfragen in einem Filterungsprozeß sicherstellen. Falls ein Nachfragegesuch hinsichtlich Produktart, Handelsstufe und -weg, Auftragswert sowie Lieferentfernung mit mindestens einem in der Datenbank vorhandenen Anbieter übereinstimmt, wird eine Verknüpfung vorgenommen. Die herausgefilterten potentiellen Anbieter erhalten dann von den BCI-Zentralen Nachfragelisten zugestellt. Darin werden die benötigten Leistungen kurz beschrieben und Angaben über Angebotsfrist, Ansprechpartner im jeweiligen Unternehmen sowie die gewünschte Form der Kontaktaufhahme gemacht.
c) Entwicklung der Geschäftstätigkeit
Nachdem BCI in Deutschland 1987 mit der Teilnehmerakquisition begann, wurde bereits zum Jahresende 1988 ein Mitgliederbestand von über 3.000 Firmen erreicht. Ende 1989 waren es 3.905 angeschlossene Unternehmen.128 Ab 1989 begann jedoch eine Kündigungswelle der Teilnehmer. Da in den Jahren 1990 und 1991 die Austritte sogar die Neueintritte übertrafen, sank die Mitgliederzahl gegen Ende des Geschäftsjahres 1991 auf 2.001 Firmen. Erst im Geschäftsjahr 1992 kehrte sich diese Entwicklung um. Die Kündigungsquoten 128 Dig in zahlreichen Presseartikeln und Büchern genannten Zahlen zum Mitgliederbestand, die wenigstens von 7.000 Mitgliedern ausgehen, sind damit übertrieben (vgl. ο. V., BCI-Computer, 1989; Stockklausner, W., Steinzeit, 1989; ο. V., Warentausch, 1990; Kennedy, M., Geld, 1993, S. 199). Erst in neueren Veröffentlichungen werden z.T. realistische Zahlen genannt (vgl. Brunner, W., Umsatzbringer, 1991, S. 86; ο. V., Westen, 1991, S. 21). Auch Köstler geht im Rahmen seiner Dissertation von der falschen Annahme aus, daß BCI 1991 in Deutschland über 14.000 Mitgliedsfirmen verfugte (vgl. Köstler, W. A , Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 62), obwohl er diese Zahl an späterer Stelle seiner Arbeit auf 10.000 nach unten revidiert (vgl. Köstler, W. A , Wettbewerbsanalyse, 1991, S 90).
ΠΙ. Barter-Clubs in Deutschland und Österreich
101
reduzierten sich bei steigenden Zugängen. Zum Jahresende 1993 verzeichnete BCI einen Bestand von 4.370 Teilnehmern. 129 Davon partizipierten 1.706 bzw. umgerechnet knapp 40% lediglich am Informationssystem. 130 Entsprechend der Entwicklung des Mitgliederbestandes erreichten die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen mit jeweils 10,5 Mio. DM 1989 und 1993 ihre Maxima. 131 Im Durchschnitt entrichtete damit jedes deutsche BCI-Mitglied 1993 einen Jahresmitgliedsbeitrag von ca. 2.400.-- DM.
5.000 4.000 3.000 2.000
Zugänge
1.000 0
] Abgänge Gesamt-TN
-1.000
BarterTeilnehmer
-2.000 -3.000 -4.000
1
Abb. 9: Entwicklung des Mitgliederbestandes bei BCI-Deutschland Quelle: BCI-Deutschland
BCI-Österreich begann 1986 mit der Akquisition von Mitgliedern, die in den Folgejahren intensiviert wurde. Der bisher höchste Teilnehmerbestand wurde mit 2.552 Teilnehmern zum Jahresende 1989 erreicht, obwohl bereits ab 1988 zahlreiche Austritte von Mitgliedsfirmen zu verzeichnen waren. Diese nahmen in den darauf folgenden Jahren sogar weiter zu. In den Jahren 1990 und 1991 übertrafen die Kündigungen wie in Deutschland die Zahl der Neueintritte. Erst im Geschäftsjahr 1992 schwächte sich dieser Trend ab und im Jahr 1993 überstiegen die Neueintritte sogar erstmals wieder die Austritte, so daß zum Jahresende ein Bestand von 1.364 Mitgliedern erreicht wurde. Davon partizipierten umgerechnet ca. 7% ausschließlich am Informationssystem. Ins-
129 V gi hierzu auch: Tab. B1 im Anhang. 130 V gi hierzu insbesondere: Tab. B3 und B4 im Anhang, vgl. hierzu auch: Tab. B7 im Anhang.
102
C. Tauschringe in der Praxis
gesamt erzielte BCI-Österreich 1993 Beitragseinnahmen von ca. 20. Mio. öS. 132 Im Durchschnitt bezahlte jedes Mitgliedsunternehmen folglich Teilnahmegebühren von knapp 15.000 öS. per anno.
3.000 2.500 2.000 1.500
I Zugänge
1.000
J Abgänge
500
0
— Gesamt-TN
-500 BarterTeilnehmer
-1.000 -1.500 1
-2.000
Abb. 10: Entwicklung des Mitgliederbestandes bei BCI-Österreich Quelle: BCI-Österreich
30000 25000 20000 15000 10000 5000
0
Π Deutschland
Ell Österreich
Abb. 11 : Entwicklung der Anzahl verrechneter Geschäfte bei BCI Quelle: BCI-Deutschland
1 3 2
vgl. hierzu auch: Tab. B2, B3, B4 und B7 im Anhang.
ΠΙ. Barter-Clubs in Deutschland und Österreich
103
In Österreich wurden bis 1988 und in Deutschland bis 1989 kaum Tauschtransaktionen durchgeführt. Seither erhöhte sich die Anzahl verrechneter Geschäfte in beiden Ländern kräftig, und zwar in Österreich von 1.180 Verrechnungsgeschäften im Jahre 1988 auf 25.175 im Geschäftsjahr 1993 sowie in Deutschland von 1.792 im Jahre 1989 auf 15.045 im Jahr 1993. 133 Das bedeutet, daß ein österreichischer Barter-Teilnehmer 1993 durchschnittlich fast 20 Geschäfte und damit gut dreimal so viel wie ein deutscher Teilnehmer verrechnete.
•
Deutschland
^
Österreich
Abb. 12: Entwicklung der Barter-Umsätze bei BCI Quelle: BCI-Deutschland
Auch die Verrechnungsumsätze spiegeln die weitgehende Passivität der Mitgliedsfirmen in den Anfangsjahren wider. So betrugen die gesamten Verrechnungsumsätze der deutschen Mitglieder 1988 noch weniger als 300 Tsd. D M . 1 3 4 Seither haben sie sich kräftig erhöht und übertrafen im Geschäftsjahr 1993 26 Mio. DM. Umgerechnet auf den Mitgliederbestand errechnet sich daraus ein Jahresumsatz von knapp 10.000.- DM je Barter-Teilnehmer. In Österreich wurden 1988 Umsätze von knapp 10 Mio. öS. verrechnet. Seitdem stiegen die Umsätze kontinuierlich an und überschritten im Jahr 1992 eine halbe
133 V g i hierzu auch: Tab. B6 im Anhang. 134 Beachte: Der Terminus Umsatz bezeichnet bei BCI abweichend vom eigentlichen Sprachgebrauch die Summe aller Ein- und Verkaufswerte zusammen. Der Wert der Verkaufserlöse (Umsatz im eigentlichen Sinne) beträgt demzufolge die Hälfte der angegebenen Umsatzwerte.
C. Tauschringe in der Praxis
104
Milliarde öS. Im Geschäftsjahr 1993 verrechneten die österreichischen Teilnehmer 645,2 Mio. öS. Bei einem Mitgliederbestand von mehr als 1.200 Barter-Teilnehmern erzielte damit jedes Unternehmen 1993 im Durchschnitt einen Verrechnungsumsatz von etwas mehr als 500.000 öS., umgerechnet also ca. 72.000.-- DM, d.h. ungefähr das sieben- bis achtfache eines deutschen Teilnehmers. 135 BCI-Deutschland und BCI-Österreich zusammengenommen erhöhte sich der Mitgliederbestand - Informationsteilnehmer eingeschlossen - von 1990 bis 1993 um ca. 85%. Im gleichen Zeitraum nahm der Bestand an Barter-Teilnehmern bei einer Vervielfachung der Verrechnungsumsätze um lediglich 17% zu. Entsprechend ging damit fast eine Verdreifachung der Verrechnungsumsätze je Mitglied einher. Bei gleichzeitig leicht rückläufigen Jahresmitgliedsgebühren verringerte sich dadurch die durchschnittliche Kostenbelastung eines Verrechnungsgeschäfts mit Mitgliedsgebühren, die sich ergibt, wenn man den Umsatz je Teilnehmer ins Verhältnis zum durchschnittlichen Jahresmitgliedsbeitrag setzt. Tabelle 4 Geschäftsentwicklung je Barter-Teilnehmer bei BCI-Gesamt Jahr
1990 1991 1992 1993
Teilnehmer-
0 Barter-Umsatz je
0 Jahresbeitrag je
0 Jahresbeitrag in %
endbestand 136
Teilnehmer in D M
Teilnehmer in D M
des Barter-Umsatzes
8.725
2.661
30,5
18.890 25.958 30.114
2.605 2.489 2.337
13,8 9,6 7,8
3.365 3.083 3.731 3.932
Quelle: BCI-Deutschland, eigene Berechnungen
Aufschluß über die Nutzungsintensität des BCI-Informationssystems gibt die Anzahl der in der Zentrale eingegangenen Nachfragen. Trotz eines zuletzt kräftig gestiegenen Nachfragevolumens stellte jedes deutsche Mitglied im Geschäftsjahr 1993 durchschnittlich weniger als vier Datenbanknachfragen. Auch in Österreich richtete ein Teilnehmer im Durchschnitt nur etwa sieben Nachfragen an B C I . 1 3 7 Jedes in Deutschland und Österreich eingegangene
135 V g i hierzu auch: Tab. B5 im Anhang. 136 Der Teilnehmerendbestand umfaßt nur Baiter-Mitglieder, also keine Info-Teilnehmer. Der Jahresbeitrag je Teilnehmer wurde errechnet, indem der gesamte BCI-Teilnehmerbestand in Beziehung zu den jährlichen Beitragseinnahmen gesetzt wurde. 137 V g | hierzu auch: Tab. B8 im Anhang.
ΠΙ. Barter-Clubs i n Deutschland u n d Österreich
105
Einkaufsgesuch wurde dabei im Regelfall mit acht Anbietern verknüpft und an diese in Form einer Nachfrageliste weitergeleitet. Insgesamt wurden 1993 207.648 Nachfragelisten an alle BCI-Teilnehmer versandt.
18.000 16.000 §
00
14.000
1 Jahr
64,1%
Österreich
70,9%
O-Deutschland
12,9%
W-Deutschland
43,3%
49,8%
BCI-Gesamt H
1
1
1
1
1
1
1
A b b . 26: A n t e i l der Verrechner
Knapp die Hälfte der befragten Firmen führte in den zwölf Monaten vor der Befragung Tauschgeschäfte durch. Dieser Anteil erhöht sich auf über 64% bei Firmen, die zum Zeitpunkt der Befragung mindestens ein Jahr Mitglied waren. Dabei existierten erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern bzw. Landesteilen. Während in Österreich immerhin etwa 70% der befragten Firmen am Verrechnungsverkehr partizipierten, waren nur ca. 40% der westdeutschen und lediglich ca. 10% der ostdeutschen Unternehmen ak4 6
vgl. Tab. C55, C56, C57 und C58 im Anhang.
Π. Ergebnisse der postalischen Befragung
181
tiv. 4 7 Dabei läßt sich das schlechte Ergebnis in den Neubundesländern neben den vereinigungsbedingten Einflußfaktoren auch auf die Branchenstruktur der dortigen Mitgliedsfirmen zurückfuhren. Ein Chiquadrat-Test (p < 0.0000) belegt statistisch hochsignifikant, daß es unter anderem von der Branche abhängt, ob Verrechnungsgeschäfte zustande kommen. So konnten besonders Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, das in den neuen Bundesländern überproportional vertreten ist, und dem Bauhauptgewerbe kaum am Ringtauschverkehr partizipieren. Überdurchschnittlich oft nahmen dagegen Unternehmen aus dem Einzelhandel - auch in Kombination mit Großhandel und Unternehmen aus dem Ausbau- und Bauhilfsgewerbe am Ringtauschverkehr teil. 48
Produzierendes Gewerbe
37,8%
Dienstleistung
48,2%
Großhandel
48,3%
Groß- und Einzelhandel
66,7%
Einzelhandel
72,3%
Ausbau/Bauhilfsgewerbe
64,5%
Bauhauptgewerbe
31,6% Η
1
1
1
1
1
(-
Abb. 27: Verrechner nach Branchen
Ein nahezu identisches Ergebnis erhält man, wenn man der Frage nachgeht, inwiefern die Handelsstufe Einfluß darauf ausübt, ob Verrechnungsgeschäfte zustandegekommen sind. So konnte nur ein Drittel aller Unternehmen aus der Industrie Geschäfte verrechnen, im Gegensatz zu knapp 70% aller Einzelhandelsfirmen. 49 Dabei bleiben diese Ergebnisse auch dann konstant, wenn man jeweils als dritte Variable im Chiquadrat-Test die Unternehmensgröße, gemessen am Umsatz, miteinbezieht. Auch ein Gruppenvergleich, bei dem die Auskunftsfirmen in zwei Gruppen in Abhängigkeit von der Umsatzhöhe eingeteilt 47 vgl. dazu auch: Tab. C22 im Anhang. 48 V g i foza auch: Tab. C61 im Anhang. 49 vgl. dazu auch: Tab. C69 im Anhang.
182
E. Empirie
wurden, bestätigt, daß zwischen beiden Gruppen kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich der Häufigkeit bestand, mit der Geschäfte verrechnet wurden. 50 Allerdings wurde bei diesem Gruppenvergleich die Trennlinie zwischen "kleinen" und "größeren" Firmen bereits bei einem Jahresumsatzvolumen von über fünf Millionen DM gezogen. Zur Absicherung des Ergebnisses wurde deshalb in Ergänzung der Rangkorrelationskoeffizient nach Spearman berechnet. Dabei korrelierte die Unternehmensgröße nur schwach positiv (r = 0.17) mit der Anzahl verrechneter Geschäfte.
Handwerk
52,9%
Dienstleistung
52,9%
Industrie
33,7%
Großhandel
55,6%
Einzelhandel 1
1
1
1
1
1
A b b . 28: Verrechner nach Handelsstufen
Zu erklären dürften die Branchenunterschiede zum einen dadurch sein, daß Produktionsbetriebe und Baufirmen einen hohen Einsatz an Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen haben, den sie beim gegenwärtigen Teilnehmerkreis kaum auf Gegengeschäftsbasis beziehen können. Zum anderen bieten Produktionsbetriebe häufig Produkte an, die - wenn überhaupt - nur von einem geringen Teil der meist kleinen Mitgliedsfirmen benötigt werden. Speziell für Firmen aus dem Bauhauptgewerbe dürfte gelten, daß einerseits die Finanzierung von Bauprojekten bei der gegenwärtigen Ausgestaltung des Verrechnungssystems nahezu unmöglich ist, weil die Überziehungsspielräume nicht groß genug sind, um einen höheren Kapitalbedarf abzudecken und die zeitliche Befristung nicht ausreicht, die Kreditsumme durch Einzahlungen (Verkäufe) zu tilgen.51 An-
50 V g i dazu a uch: T a b . C65 ^ vgl. hierzu auch: Β. IV. 3. a.
Anhang,
Π. Ergebnisse der postalischen Befragung
183
dererseits dürften viele Baufirmen angesichts eines in der Regel hohen Auftragswerts von Bauprojekten, wenn sie Angebote über Verrechnung akzeptieren, schnell mit der Gefahr konfrontiert werden, daß sie über sehr hohe Guthaben verfügen, die sie nur schwer wieder abbauen können, weil kaum Zulieferer Mitglied sind. Sie werden deshalb Aufträge über Verrechnung vermutlich häufig ablehnen. Dagegen bieten Einzelhandels- und Dienstleistungsunternehmen häufig Leistungen an, die branchenunabhängig von einer Vielzahl von Unternehmen nachgefragt werden, so daß diese Unternehmen durch eine Teilnahme am Tauschring eher mit zusätzlichen Umsätzen rechnen können. So belegt auch ein Chiquadrat-Test (p < 0.00) statistisch hochsignifikant, daß Unternehmen aus diesen beiden Branchen häufiger Nachfragen erhielten als Firmen aus den übrigen Branchen. Im Durchschnitt realisierte nur jeder zweite BCI-Teilnehmer Verrechnungsgeschäfte. Dabei verrechneten ca. 24% der aktiven Firmen zwischen 10 und 25 sowie etwa 60% weniger als zehn Geschäfte in den zwölf Monaten vor der Befragung.
1,8%
mehr als 100
1,8%
unter 100 -
11,4%
unter 50
24,1%
unter 25
60,9%
unter 10 I
I
1 I
• 1
1 1
1 1
1 1
Abb. 29: Anzahl verrechneter Transaktionen innerhalb von zwölf Monaten
Bei mehr als der Hälfte der Firmen (56,4%) lagen die Erlöse aus Verrechnungsgeschäften unter 10.000.-- DM in einem Jahr. Nur acht Firmen verrechneten mehr als 50 Geschäftsvorfälle innerhalb von zwölf Monaten und nur 21 Firmen erzielten Erlöse von über 50.000.- DM. 5 2 Dabei war eine Reihe von vgl. dazu auch: Tab. C23 und C24 im Anhang.
184
E. Empirie
Geschäftsabschlüssen ausschließlich privat induziert: Ein Drittel (35,5%) aller Firmen nahm während der Mitgliedschaft die Möglichkeit wahr, hin und wieder für den Privatbedarf über Verrechnung einzukaufen, 53 da dies - wie in Gesprächen mit Firmenvertretern anklang - häufig die einzige Möglichkeit sei, Guthaben abzubauen.
über 100.000,--DM unter 100.000,--DM unter
50.000,-DM
unter
25.000,-DM
unter
10.000,-DM
unter
5.000,- D M
unter
2.000,- DM
G>
8% 7,1% 15,2% 18,5% 18,0% 17,5% 20,9%
A b b . 30: Verkaufserlöse bei Verrechnungsgeschäften innerhalb von z w ö l f M o n a t e n
Die Frage nach der Höhe der Verrechnungsquote sollte Aufschluß darüber liefern, inwieweit Unternehmen Geschäfte partiell verrechnen und wie hoch dabei die durchschnittlich vereinbarte Verrechnungsquote in Abhängigkeit von der Auftragshöhe liegt. Da sich die Anzahl der Auskunftsfirmen mit steigendendem Auftragswert allerdings stark verringert, muß sich das Ergebnis mit zunehmender Auftragshöhe auf eine immer dünner werdende empirische Basis stützen, so daß eine allgemeingültige Aussage nahezu unmöglich wird. Bei Einzelgeschäften, die in ihrem Wert 5.000.-- DM nicht überschritten, wurden selten Quoten von weniger als 50%, meistens sogar 100% verrechnet. Selbst bei höheren Auftragswerten wurde häufig vollständige Verrechnung vereinbart. 54 Auch in den persönlichen Gesprächen mit Unternehmensvertretern wurde betont, daß die vollständige Verrechnung eher die Regel als die Ausnahme sei und bei Teilverrechnung meist Quoten von mindestens 50% vereinbart würden. Insofern liegt trotz geringer Datenbasis der Schluß nahe,
vgl. Tab. C34 im Anhang, vgl. Tab. C25 im Anhang.
Π. Ergebnisse der postalischen Befragung
185
daß Verrechnungsquoten von weniger als 50% eine Ausnahmeerscheinung sind.55
Abb. 31 : Verrechnungsquoten bei Barter-Geschäften in Abhängigkeit vom Auftragswert
Viele Firmen nahmen aber nicht nur das Verrechnungssystem nie oder nur selten in Anspruch, sondern machten auch kaum von der Möglichkeit der Geschäftsanbahnung über den Barter-Club Gebrauch, um reine Geldgeschäfte zu tätigen. Nur gut ein Drittel (36,3%) der befragten Unternehmen führte Geschäfte mit Mitgliedern durch, die nicht über das BCI-Konto verrechnet wurden. Von einer regelmäßigen Vornahme von Geldgeschäften über den BarterClub kann aber auch bei diesen Firmen meist nicht die Rede sein. Nur 26 Unternehmen, d.h. 5,8% aller in die Auswertung einbezogenen Firmen, schlossen mehrmals im Monat Geldgeschäfte ab. Dabei läßt sich durch einen Chiquadrat-Test statistisch signifikant (p < 0.05) nachweisen, daß sich Verrechner eher als Nicht-Verrechner bemühten, Geldgeschäfte über den Tauschring anzubahnen und abzuwickeln.56
Im Vergleich dazu liegen die Verrechnungsquoten beim Schweizer Wirtschaftsring im Regelfall zwischen 30 und 50% (vgl. C. I. 2). 56 V g i fami auch: Tab. C39 und C40 im Anhang.
186
E. Empirie d) Preise, Qualitäten und organisatorischer Aufwand bei Verrechnungsgeschäften
Erwartungsgemäß waren die Firmen nicht einer Meinung,57 wenn es darum ging, eine Aussage über das Preisniveau im Tauschring zu fällen. Mehr als die Hälfte (57,8%) der Auskunftsunternehmen stimmte der Aussage zu, daß auf dem Tauschmarkt marktübliche Preise existierten. Allerdings gelangten Firmen, die häufiger Verrechnungsgeschäfte abschlossen, eher zu dem Urteil, daß Preisunterschiede bestehen. Ein Chiquadrat-Test bestätigt die statistische Signifikanz des Unterschieds (p < 0.05). Firmen, die Preisunterschiede bescheinigten, waren dabei überwiegend (92%) der Meinung, daß die Preise im Tauschring höher seien als auf dem herkömmlichen Markt. 58 Anhaltspunkte dafür, daß die Preise im Tauschring eher höher sind als auf dem herkömmlichen Markt liefern auch die persönlichen Gespräche mit Unternehmensvertretern: "Die Preise sind ganz klar höher, wie wenn Sie bar bezahlen. Das liegt einfach daran, daß keine oder geringere Rabatte gewährt werden." (Geschäftsführer Druckindustrie). Bei einem tendenziell ausgeglichenen Tauschringkonto läßt sich allerdings der Nachteil höherer Einkaufspreise zumindest teilweise durch höhere Verkaufspreise kompensieren. Auch die Vermutung, daß Unternehmen, wenn sie über zinslose Guthaben verfügen, mitunter bereit sind, höhere Preise zu akzeptieren, um ihre Guthaben abzubauen, bestätigt sich in den Interviews: "Wenn man vor der Entscheidimg steht, soll man jetzt das Auto zu einem günstigeren Preis bei einem Händler bar bezahlen, oder soll man das etwas teurere Angebot über Verrechnung akzeptieren, dann akzeptiert man schon mal höhere Preise, um das Guthaben loszuwerden." (Prokurist Antennen- und Kabelwerke). Allerdings gelten nach Meinimg eines Unternehmensvertreters nicht für alle Leistungen höhere Preise, sondern nur wenn Anbieter eine monopolistische Stellung einnehmen: "Bestimmte Sachen sind einfach teurer, weil es eben nur einen Anbieter gibt, der über Verrechnimg anbietet. Das gilt aber nicht generell. Wenn Sie beispielsweise einen Handwerksbetrieb für den Innenausbau brauchen, dann können Sie hier im Raum Wien unter zehn Anbietern auswählen und sich das günstigste Angebot aussuchen." (Geschäftsführer Kfz-Werkstatt) Eindeutigfiel dagegen die Antwort auf die Frage aus, ob im Tauschring angebotene Produkte und Dienstleistungen von minderer Qualität seien. 98,5% der befragten Unternehmen erklärten, daß hinsichtlich der Qualität der Leistungen im Tauschring kein Unterschied zum herkömmlichen Markt bestün-
5 8
vgl. dazu auch: D. III. 1. vgl. Tab. C26 und C27 im Anhang.
Π. Ergebnisse der postalischen Befragung
187
de.59 Wie erwartet bestätigten Unternehmensvertreter in den persönlichen Gesprächen auch,60 daß die Verfügbarkeit bestimmter Produkte und Dienstleistungen im Tauschring, selbst dann eingeschränkt sein könne, wenn geeignete Anbieter vorhanden seien. Neben zu hohen Guthaben, über die einige Anbieter verfügen und die ihre Bereitschaft einschränkt, über Verrechnung zu verkaufen, werden bei guter Auftragslage bevorzugt Kunden, die bar bezahlen, bedient und Aufträge über Verrechnung abgelehnt. Nur 17,1% der befragten Firmen empfanden den organisatorischen Aufwand bei der Abwicklung von Verrechnungsgeschäften als zu hoch. Dabei belegt ein Chiquadrat-Test, bei dem die Unternehmen in zwei Gruppen in Abhängigkeit von der Anzahl verrechneter Geschäfte (MViel-Verrechner M, "Wenig-Verrechner") 61 eingeteilt wurden, daß kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich der Beurteilung des organisatorischen Aufwands zwischen beiden Gruppen bestand. Mit anderen Worten, auch "Viel-Verrechner" beanstandeten nicht häufiger den organisatorischen Aufwand als Firmen, die nur selten Geschäfte verrechneten. Firmen, die den Aufwand als zu hoch empfanden, nannten dabei folgende Gründe:62 - Zusätzlicher Aufwand in der Buchhaltung, weil ein eigenes Verrechnungskonto eingerichtet und geführt werden muß. - Hoher Zeitaufwand beim Ausfüllen und Versenden der Formulare (Barter-Schecks bzw. Nachfragegesuche) - Umständliches und langwieriges Einholen einer Deckungszusage in der Zentrale - Hohe Telefon- und Portokosten e) Matching-Probleme und Passivität der Mitgliedsfirmen Wichtig für das Funktionieren eines Tauschringes ist, daß es den Teilnehmern gelingt, ihre Verrechnungsguthaben zu piazieren. Dazu ist es notwendig, daß das entsprechende Angebot auf die entsprechende Nachfrage stößt und die Verrechnungswährung akzeptiert wird. Bei BCI beklagten allerdings 55,8% aller befragten Firmen, daß sie Schwierigkeiten beim Abbau ihrer aus Verkäu5 9
vgl. Tab. C28 im Anhang. vgl. dazu auch: D. III. 2. 61 Als "Viel-Verrechner" werden hier und im folgenden solche Unternehmen bezeichnet, die in den zwölf Monaten vor der Befragung mindestens zehn Geschäfte verrechneten. Entsprechend verbuchten "Wenig-Verrechner" weniger als 10 Transaktionen. 6 2 vgl. Tab. C29 im Anhang. 6 0
188
E. E m p i r i e
fen erworbenen Guthaben hätten. Lediglich ein knappes Drittel (32,7%) der Unternehmen hatte keine Probleme beim Abbau von Guthabensalden und bei 11,5% der befragten Mitglieder hatte das Verrechnungskonto bis zum Befragungszeitpunkt noch nie ein Guthaben ausgewiesen, sie hatten also bisher lediglich im Tauschring eingekauft. 63 Dabei ergeben sich Unterschiede zwischen den Branchen, wie ein Chiquadrat-Test statistisch hochsignifikant (p < 0.000) belegt. So klagten Unternehmen aus dem Bauhauptgewerbe (83,3%) und Großhändler (85,7%) besonders häufig über Schwierigkeiten beim Guthabenabbau. Dies dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, daß diese beiden Branchen ihre Produkte überwiegend von Unternehmen aus der Industrie und dem produzierenden Gewerbe beziehen und zum Zeitpunkt der Befragung nur wenige Anbieter von Industrieprodukten und Rohstoffen BCIMitglied waren. Die geringsten Probleme beim Abbau von Guthaben hatten demgegenüber Dienstleistungsunternehmen (30,0%). Nach den Ursachen für ihre Probleme beim Abbau von Guthaben befragt, nannte die Mehrzahl der Firmen (86,0%) die Existenz weniger geeigneter Einkaufsmöglichkeiten. 6,5% der Auskunftsunternehmen brachten außerdem zum Ausdruck, daß Verrechnungsguthaben nicht abgebaut werden konnten, weil Lieferanten Guthaben nicht als Zahlungsmittel akzeptierten.64
Hatten Sie Probleme beim Abbau von Salden?
Debetsaldo
I Ja
I Nein
Guthabensaldo
[ J Hatte noch keinen Saldo
A b b . 32: Matching-Probleme bei Verrechnungsgeschäften
6 3 6 4
vgl. Tab. C30 im Anhang. vgl. Tab. C31 im Anhang.
Π. Ergebnisse der postalischen Befragung
189
Daß das Verkaufen im Tauschring im Regelfall weniger schwierig ist als das Einkaufen, zeigt sich daran, daß die Firmen weniger Schwierigkeiten beim Ausgleich von Debetsalden als beim Abbau von Guthaben hatten. Nur 18% der befragten Unternehmen klagten über Probleme beim Abbau von Debetsalden. 27,8% der Mitglieder standen auf ihrem Verrechnungskonto bis zum Befiragungszeitpunkt noch nie im Debet und konnten demzufolge auch keine Zinsvorteile in Anspruch nehmen. 65 Dieser Prozentsatz liegt genauso hoch bei Firmen, die bereits länger als ein Jahr Mitglied waren. Auch ergeben sich bei einem Chiquadrat-Test keine statistisch signifikanten Branchenunterschiede. Als Ursache, wenn es nicht gelang Debetsalden durch Verkäufe abzugleichen, wurde neben diversen "sonstigen Gründen" (18,5%) vor allem die zu geringe Nachfrage nach den eigenen Leistungen (81,5%) angeführt. 66 Firmen führten Schwierigkeiten beim Abbau von Salden überwiegend darauf zurück, daß es aufgrund eines kleinen Teilnehmerkreises schwierig sei, Lieferanten oder Käufer zu finden. Unbestreitbar übt die Teilnehmerzahl und eine damit einhergehende Diversifikation des Angebots einen gewichtigen Einfluß darauf aus, ob ein erfolgreiches Matching von Angebot und Nachfrage möglich ist und Salden ausgeglichen werden können. 67 Trotzdem liefert die empirische Datenbasis Anhaltspunkte dafür, daß es auch am Verhalten der Mitgliedsfirmen liegt, wenn keine oder nur wenige Verrechnungsgeschäfte Zustandekommen. So konnte durch Chiquadrat-Tests statistisch (hoch-) signifikant nachgewiesen werden, daß sich die Verrechner von den Nicht-Verrechnern hinsichtlich ihrer Bemühungen unterscheiden, Geschäfte über BCI anzubahnen: Verrechner nahmen im Gegensatz zu Nicht-Verrechnern eher an Unternehmertreffen teil (p < 0.00), machten öfter durch Mailings auf sich aufmerksam (p < 0.05), nahmen häufiger Datenbank und Einkaufsführer in Anspruch, um mit anderen Firmen in Kontakt zu treten (p < 0.00), und versuchten eher, potentielle Kunden mit dem Argument "Einkauf über Verrechnung" für eine Mitgliedschaft zu gewinnen (p < 0.00). Aber nicht nur die Befunde der postalischen Befragung bieten Anzeichen dafür, daß Barter-Geschäfte häufig auch infolge einer geringen Teilnehmermotivation unterbleiben. Auch nach Meinung einzelner Unternehmensvertreter partizipieren viele Teilnehmer deshalb so wenig erfolgreich am Tauschverkehr, weil sie inaktiv, uninformiert und unflexibel sind. 6 8
6 5 6 6
vgl. Tab. C32 im Anhang. vgl. Tab. C33 im Anhang, vgl. dazu insbesondere: D. IV. Auch Offe/Heinze berichten, daß von den Teilnehmern holländischer Kooperationsringe die geringe Aktivitätsrate der Mitglieder als großes Problem betrachtet wird (vgl. Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 216 f.).
190
E. Empirie
Aussagen von Unternehmensvertretern zur Passivität vieler Mitgliedsfirmen: "Viele Finnen sind mehr zufällig als geplant Mitglied bei BCI oder EBC geworden, ohne sich groß Gedanken darüber zu machen. Die wissen dann damit nichts anzufangen. Andere Finnen haben das Problem, daß sie sehr gut verkaufen, aber nichts einkaufen können, weil sie nicht imstande sind, zu planen und ihre Einkaufsmöglichkeiten zu nutzen. Weil sie keine Bedarfsliste im Haus erstellen und sich fragen, was könnte ich überhaupt auf Venechnung kaufen, versteifen sie sich meist auf ein, zwei Dinge, die es nicht gibt auf Verrechnung. Und dann kommen sie zu dem Ergebnis und sagen, ich kann eigentlich nichts kaufen. Daß sie eigentlich die Autoreifen oder die Stereoanlage für den Privatbedarf auf Gegengeschäftsbasis kaufen können, an das denken sie nicht. In vielen Fällen ist es auch so, daß die Firmen sehr starr sind. Sie kaufen seit zehn Jahren bei einem Lieferanten und sind nicht bereit, diesen Lieferanten zu wechseln. Deswegen muß man ehrlicherweise zugeben, daß es auch an den Firmen liegt, wenn sie sagen, sie können nichts einkaufen und nicht nur an der Organisation, die dahintersteht." (Geschäftsföhrer Druckindustrie) "Es gibt gewisse Firmen, die auch verstehen mit dem Barter-Geschäft zu leben und dementsprechend vorausdenken und sich die Mühe machen zu planen und ihr Guthaben abzubauen. Es gibt aber auch viele Firmen, die wollen es nicht kapieren, die sind einfach nicht flexibel genug." (Inhaber eines Architektur-ZPlanungsbiiros) "Wirklich aktiv nimmt nur ein Bruchteil aller Firmen am System teil. Sagen wir mal gut ein Viertel. Der Rest - Karteileichen." (Geschäftsföhrer Bürogroß- und -einzelhandel)
j) Inanspruchnahme von Überziehungskrediten Zum Zeitpunkt der Befragung verfügten knapp 60% der Firmen über ein Einkaufslimit, das meist (72,5%) durch eine Bankbürgschaft besichert war. Die Abdeckung des Ausfallrisikos durch eine Warenkreditversicherung bildete die Ausnahme. Allerdings hatten fast 40% der Firmen mit Überziehungsspielraum keinen Gebrauch von der Möglichkeit gemacht, ihr Konto zu überziehen und zinslose Liquidität in Anspruch zu nehmen. 69 Trotzdem beurteilte fast die Hälfte der Mitglieder den Zinsvorteil des BCI-Kontos als sehr hoch bzw. hoch. 21,5% hielt ihn für teilweise attraktiv und etwa ein Drittel betrachtete ihn als gering bzw. als sehr gering. 70 Verständlicherweise wird die Unverzinslichkeit von Firmen, die ihr Einkaufslimit regelmäßig in Anspruch nehmen, mehr ge-
69 vgl. Tab. C35, C36 und C37 im Anhang. vgl. Tab. C38 im Anhang.
7 0
Π. Ergebnisse der postalischen Befragung
191
schätzt als von Unternehmen, deren BCI-Konten nie einen Debetsaldo aufwei-
35,0%
32,1%
30,0% 24,4%
25,0%
25,0%
23>
—-—[20,6%
20,0%
I
15,0%
10,0% 5,0%
0,0% • sehr hoch
Inanspruchnahme hoch
16,2%
I Brini 9 ! Nicht-Inanspruchnahme
mittel
gering
sehr gering
Abb. 33: Beurteilung des Zinsvorteils
Der Zinsvorteil bei Inanspruchnahme von Überziehungskrediten wird durch den Nachteil von entgangenen Zinserträgen bei Guthaben relativiert. Firmen, die versuchen, ihr Verrechnungskonto durch Abstimmung von Ein- und Verkaufsvolumen tendenziell im Gleichgewicht zu halten, profitieren demzufolge nicht von der Zinslosigkeit, wie auch aus der Aussage eines Firmenvertreters hervorgeht: "Die Zinslosigkeit ist praktisch kein Vorteil. Natürlich haben wir einen Vorteil, wenn wir mit unserem Konto im Minus sind. Aber genauso häufig, wenn nicht sogar häufiger, sind wir im Plus. Das heißt dann im Klartext, Vor- und Nachteile kompensieren sich." (Geschäftsfahrer Druckindustrie)
5. Beurteilung der Mitgliedschaft - Kritik und Verbesserungsvorschläge Durch Vorlage von zehn Aussagen zu verschiedenen Aspekten der Mitgliedschaft im Tauschring sollte ein Eindruck gewonnen werden, welches Gesamtbild die Unternehmen vom Verlauf ihrer Mitgliedschaft im Tauschring hatten. Dabei konnten die Firmen Einstufungen auf einer vierstufigen Skala von "trifft zu", "trifft eher zu", "trifft eher nicht zu" bis "trifft nicht zu" vornehmen. Missing values waren nicht vorgesehen. Damit sollte sichergestellt werden, daß die Firmen eindeutig Stellung beziehen mußten, ob ihre Einstel-
E. Empirie
192
lung zum befragten Gegenstandsbereich tendenziell eher positiv oder eher negativ ist. Für die Auswertung konnten die Antworten dadurch außerdem zu zwei Kategorien - "trifft (eher) zu" und "trifft (eher) nicht zu" - zusammengefaßt werden. 71
Tabelle 5 Beurteilung der Mitgliedschaft (1)
BCI-Gesamt Die Aussage
1. Durch die Mitgliedschaft bei BCI habe ich neue Lieferanten gefunden. 2. Es ist für mich wichtig, bei Verkäufen über Verrechnung gegenüber Forderungsausfällen abgesichert zu sein. 3. Durch die Mitgliedschaft bei BCI habe ich neue Geschäftskontakte geknüpft. 4. In der Möglichkeit, über einen zinsfreien Einkaufsrahmen verfügen zu können, sehe ich einen entscheidenden Vorteil. 5. Als BCI-Mitglied in der Datenbank und im BARTER GUIDE aufgelistet zu sein, ist fur mich ein zusätzliches Werbemittel. 6. Ich versuche nach Möglichkeit, Geschäfte mit BCIMitgliedern nicht über das Verrechnungskonto abzuwickeln. 7. Die Mitgliedschaft bei BCI verschafft mir einen zusätzlichen Überblick über den Markt (Gewinn an Markttransparenz). 8. Ich würde häufiger über Verrechnung einkaufen, wenn meine Lieferanten auch Mitglied bei BCI wären. 9. Durch die Vermittlertätigkeit von BCI spare ich Zeit und Geld bei der Suche nach Lieferanten. 10. Durch die Mitgliedschaft bei BCI habe ich neue Abnehmer (Kunden) gewonnen.
Viel-Verrechner
trifft
trifft
trifft
trifft
(eher)
(eher)
(eher)
(eher)
zu
nicht zu
zu
nicht zu
30,4%
69,6%
60,5%
39,5%
65,7%
34,3%
73,8%
26,2%
41,9%
58,1%
69,8%
30,2%
58,2%
41,8%
72,3%
27,7%
49,4%
50,6%
54,8%
45,2%
28,8%
71,3%
18,1%
81,9%
24,7%
75,3%
21,7%
78,3%
74,2%
26,8%
91,8%
8,2%
28,0%
72,0%
32,1%
67,9%
34,1%
65,9%
68,2%
31,8%
71 vgl. zu den aufgeschlüsselten Ergebnissen auch: Tab. C47 - C53 im Anhang.
Π. Ergebnisse der postalischen Befragung
193
Tabelle 6 Beurteilung der Mitgliedschaft (2)
Verrechner Die Aussage
1. Durch die Mitgliedschaft bei BCI habe ich neue Lieferanten gefunden. 2. Es ist für mich wichtig, bei Verkäufen über Verrechnung gegenüber Forderungsausfallen abgesichert zu sein. 3. Durch die Mitgliedschaft bei BCI habe ich neue Geschäftskontakte geknüpft. 4. In der Möglichkeit, über einen zinsfreien Einkaufsrahmen verfugen zu können, sehe ich einen entscheidenden Vorteil. 5. Als BCI-Mitglied in der Datenbank und im BARTER GUIDE aufgelistet zu sein, ist für mich ein zusätzliches Werbemittel. 6. Ich versuche nach Möglichkeit, Geschäfte mit BCIMitgliedem nicht über das Verrechnungskonto abzuwickeln. 7. Die Mitgliedschaft bei BCI verschafft mir einen zusätzlichen Überblick über den Markt (Gewinn an Markttransparenz). 8. Ich würde häufiger über Verrechnung einkaufen, wenn meine Lieferanten auch Mitglied bei BCI wären. 9. Durch die Vermittlertätigkeit von BCI spare ich Zeit und Geld bei der Suche nach Lieferanten. 10. Durch die Mitgliedschaft bei BCI habe ich neue Abnehmer (Kunden) gewonnen.
Nicht-Verrechner
trifft
trifft
trifft
trifft
(eher)
(eher)
(eher)
(eher)
zu
nicht zu
zu
nicht zu
44,1%
55,9%
15,6%
84,4%
73,5%
26,5%
57,1%
42,9%
60,0%
40,0%
22,4%
77,6%
63,1%
36,9%
53,0%
47,0%
50,0%
50,0%
48,8%
51,2%
19,3%
80,7%
39,4%
60,6%
25,9%
74,1%
23,4%
76,6%
89,0%
11,0%
57,7%
42,3%
32,7%
67,3%
22,8%
77,2%
54,8%
45,2%
11,8%
88,2%
Durch fünf Aussagen (Nr. 1, 3, 7, 9, 10) sollte ermittelt werden, ob sich für die befragten Unternehmen die mit dem Eintritt in einen Barter-Club verfolgten Ziele bisher realisiert haben. Die Antworten bestätigen dabei, daß es der Mehrzahl der Firmen während der Mitgliedschaft nicht gelungen ist, neue Lieferanten und Abnehmer zu gewinnen oder neue Geschäftskontakte zu knüpfen. Auch ein besserer Marktüberblick bzw. die Einsparung von Zeit und Kosten bei der Suche nach neuen Lieferanten konnte meist nicht erreicht werden. Erwartungsgemäß wich das Urteil der Verrechner und "Viel-Verrechner" - mit Ausnahme der Beurteilung der Markttransparenz im Tauschring - signifikant positiv von dem der Nicht-Verrechner ab. 13 Schneider
194
E. Empirie
Die Aussage, ob die Unternehmen einen Vorteil darin sähen, gegenüber Forderungsausfallen abgesichert zu sein, fand überwiegend Zustimmung. Bei der Aussage, ob eine Auflistung im Einkaufsführer und in der Datenbank als ein zusätzliches Werbemedium, ähnlich dem Eintrag ins Branchenfernsprechbuch, anzusehen sei, hielten sich hingegen positive und negative Antworten die Waage. Hinsichtlich der grundsätzlichen Bereitschaft, Geschäfte über das BCI-Konto zu verrechnen und darüber hinaus auch häufiger über Verrechnung einzukaufen, ergab sich, daß nur ein knappes Drittel der Mitgliedsfirmen vorzugsweise Geldgeschäfte mit BCI-Mitgliedern abschließen möchte. Die Mehrheit erklärte sich jedoch bereit, Geschäfte zu verrechnen, und knapp drei Viertel bzw. sogar fast 90% aller im Umgang mit Barter-Geschäften erfahrenen Unternehmen ("Viel-Verrechner") äußerte den Wunsch, gerne häufiger über Verrechnung einzukaufen. Aufgrund der allgemein geringen Verhaltensrelevanz von Einstellungen lassen diese Aussagen allerdings nur bedingt Rückschlüsse auf das tatsächliche Verhalten der Teilnehmer zu. 72
Abb. 34: Beurteilung der Betreuung durch die BCI-Geschäfisstellen
Bei der darauf folgenden Frage sollten die Teilnehmer auf einer fünfstufigen Skala ein Gesamturteil über die Qualität der Betreuung durch die BCI-Geschäftsstellen abgeben. Dabei zeigte sich, daß gut 40% der Teilnehmer mit der
vgl. zur Verhaltensrelevanz von Einstellungen: Schumann, H./Johnson, M. P., Attitudes, 1976, S. 167.
Π. Ergebnisse der postalischen Befragung
195
Betreuung zufrieden waren. Ein knappes Drittel war dagegen unzufrieden bzw. sogar sehr unzufrieden. Von der Möglichkeit Verbesserungsvorschläge zur Betreuung zu unterbreiten, machte etwa die Hälfte der Teilnehmer Gebrauch. Diese lassen sich mit den am Ende des Fragebogens ebenfalls sehr zahlreichen Anmerkungen der Teilnehmer zu folgenden wesentlichen Punkten zusammenfassen: Beanstandet wurde von den Mitgliedsfirmen vor allem die hohe Fluktuation sowie mangelnde Fach- und Branchenkenntnisse der BCI-Mitarbeiter. Eine Reihe von Unternehmen beklagte überdies, daß die Mitarbeiter der Geschäftsstellen nur selten Kontakt mit ihnen aufnähmen. Ferner wurde auch die ungenügende Informationspolitik von BCI bemängelt, durch die sich die Teilnehmer nur unzureichend über Neuerungen und Funktionsweise des Barter-Systems sowie über neu hinzugekommene bzw. ausgeschiedene Mitglieder informiert fühlten. Eine Reihe von Teilnehmern kritisierte außerdem, daß im Regelfall eine zu lange Zeitspanne zwischen der Abgabe eines Nachfragegesuchs und dem Eintreffen erster Angebote verstreiche. Auch die oftmals fehlgeleiteten Einkaufsgesuche, die nicht das Produktprogramm der Teilnehmer betrafen, wurden als lästig empfunden. Darüber hinaus wurde negativ angeführt, daß die Mitglieder aufgrund einer zu geringen Teilnehmerzahl - insbesondere auf regionaler Ebene - weder die Möglichkeit zum Einkauf noch zum Verkauf besäßen. Sie kündigten deshalb an, ihre Mitgliedschaft zu beenden, weil ihre Mitgliedsbeiträge die Verkaufserlöse übersteigen würden. Die Verbesserungsvorschläge konzentrierten sich entsprechend darauf, die Betreuung der Teilnehmer durch die Geschäftsstellen zu intensivieren und das Informationssystem und die Informationspolitik zu verbessern. Daneben wurde wiederholt die Forderung nach einer Vergrößerung des Teilnehmerkreises erhoben, damit sich mehr Möglichkeiten zur Vornahme von Verrechnungsgeschäften ergeben könnten und sich so die Qualität des Systems insgesamt verbessere.
6. Resümee Die postalische Befragung von Teilnehmern des Barter-Clubs Barter Clearing & Information ergab, daß ein großer Teil der Mitglieder bis zum Befragungszeitpunkt keine oder nur wenige Leistungen im Rahmen des Austauschnetzes erbrachte bzw. bezog, so daß sich für die Mehrzahl der Mitgliedsfirmen die in die Teilnahme gesetzten Erwartungen nicht erfüllten und die Mitgliedschaft für sie unrentabel war. Nur einzelne Firmen konnten durch die Teilnahme am Informations- und Verrechnungssystem Vorteile erlangen und realisierten ein Umsatzwachstum. Allerdings erzielten auch diese Firmen nur wenige Prozentpunkte ihres Gesamtumsatzes über den Barter-Club.
196
E. Empirie
Wenngleich sich die empirische Basis ausschließlich auf die Aussagen der Mitgliedsfirmen eines einzigen, zugleich in Deutschland und Österreich marktfuhrenden Barter-Clubs stützen muß, untermauern die Ergebnisse, daß es bei den im Aufbau befindlichen Tauschringen aufgrund einer kleinen Teilnehmerzahl und einer unausgewogenen Teilnehmerstruktur häufig schwierig ist, geeignete Tauschpartner zu finden. So beschränkt sich der Kreis der Mitgliedsfirmen bei BCI vorwiegend auf kleinere Unternehmen insbesondere aus dem Sektor der Dienstleistungen, des Handels und Handwerks, so daß eine Vielzahl von Produkten, vor allem aber Rohstoffe oder industrielle Fertigprodukte nicht über den Tauschring bezogen werden können. Wie statistisch signifikante Branchenunterschiede erkennen lassen, profitieren dabei offenbar bei einer kleinen Mitgliederzahl diejenigen Firmen am stärksten vom organisierten Ringtauschverkehr, die Leistungen anbieten, die branchenunabhängig von vielen Unternehmen benötigt werden. Dies sind vor allem Firmen aus der Dienstleistungsbranche, aus dem Ausbau- und Bauhilfsgewerbe sowie aus einigen Sparten des Einzelhandels, z.B. EDV und Bürobedarf. Dabei dürften sich Dienstleistungsunternehmen auch deshalb besonders für die Teilnahme am Tauschhandel eignen, weil sie zur Leistungserstellung nicht, wie beispielsweise Unternehmen aus dem produzierenden Gewerbe, eine Reihe von Vorleistungen in Form von Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen mit Währungsausgaben vorfinanzieren müssen.73 Die Ergebnisse belegen aber nicht nur, daß sich zumindest in der Anfangsphase überwiegend kleine Firmen für eine Mitgliedschaft entscheiden, sondern auch, daß Unternehmen in erster Linie in Erwartung zusätzlicher Umsätze einem Barter-Club beitreten. Ebenso gelang der Nachweis, daß es im Tauschring im Regelfall viel schwieriger ist, geeignete Einkaufspartner zu finden als zu verkaufen und die Einkaufspreise im Tauschring mitunter höher sind als auf dem herkömmlichen Markt. Die postalische Befragung erbrachte ferner die Bestätigung, daß prinzipiell marktgängige Produkte über den Tauschring angeboten werden, wenngleich in den Interviews anklang, daß eine Reihe von Anbietern nicht immer bereit ist, über Verrechnung zu liefern. Darüber hinaus forderte die Untersuchung ein Problem zu Tage, das auch Offe und Heinze im Rahmen ihrer Studie zur Überprüfung der Funktionsfahigkeit holländischer Kooperationsringe diagnostizierten: Eine geringe Teilnahmemotivation.74 Viele Firmen machen keine oder nur wenige Versuche, Geschäftskontakte über den Barter-Club zu knüpfen: So besuchte die Mehrzahl der BCI-Mitglieder keine Teilnehmertreffen, stellte keine Nachfragen, versandte keine Mailings und versuchte nicht, neue Mitglieder zu werben.
7 3 7 4
vgl. Β. IV. 1 sowie Gisin, G., Bedeutung, 1955, S. 71 f. vgl. Offe, C./Heinze, R.G., Kooperationsring, 1990, S. 233.
. Ergebnisse der
I
e
197
Im Hinblick auf die Ausgestaltung des Informationssystems und damit einhergehende Mängel bei der Informationsversorgung der Mitglieder kann die in den ergänzenden Anmerkungen von vielen BCI-Teilnehmern geäußerte Kritik, zwischen der Abgabe eines Einkaufsgesuchs und dem Erhalt eines Angebots verstreiche oftmals eine mehrtägige Zeitspanne, als Beleg dafür gewertet werden, daß das Informationssystem bei BCI, das dem anderer deutscher und österreichischer Tauschringe gleicht, den Erfordernissen einer raschen Informationsversorgung nicht gerecht wird. Ebenso zeigt sich, daß auch die Einkaufsführer, insbesondere vor dem Hintergrund hoher Kündigungsquoten, keine aktuelle und präzise Informationsversorgung gewährleisten können, wenngleich einzelne Firmenvertreter in den Interviews die Nüztlichkeit eines derartigen Informationsmediums grundsätzlich bestätigten. Auch den BCI-Betreuern, die sowohl für die Beratung als auch für die Informationsversorgung der Mitglieder zuständig sind, wurde von fast der Hälfte der befragten Firmen ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Vor allem wurde deren spärliche und aufgrund unzureichender Fach- und Branchenkenntnisse mangelhafte Beratung und Betreuung beklagt. Dabei dürften die ungenügenden Fach- und Branchenkenntnisse der Mitarbeiter auch dazu beitragen, daß Nachfragen an Mitglieder fehlgeleitet werden, die zu einer Befriedigung des Bedarfs nicht imstande sind, und zwar deshalb, weil die Mitarbeiter dafür verantwortlich sind, Informationen über Einkaufswünsche und Angebotsprogramme der Mitgliedsfirmen in den Tauschzentralen zu codieren und in die Datenbank einzugeben. Allerdings kann eine derartige Fehlsteuerung nicht alleine den Mitarbeitern angelastet werden, sondern auch der Ausgestaltung des Informationssystems, das den Mitgliedsfirmen keinen eigenen Zugriff auf die Datenbank mit der Möglichkeit gewährt, Eintragungen, Ergänzungen oder Löschungen des Angebotsprogramms selbst vorzunehmen.
I I I . Ergebnisse der Interviews
1. Fallbeispiele Um die Ursachen für das ungenügende Funktionieren des Tauschsystems sowie die fehlende Bereitschaft der Mitgliedsunternehmen, aktiver am Informations- und Verrechnungssystem zu partizipieren, genauer zu analysieren und dabei gleichzeitig aufzuzeigen, wie sich der Verlauf der BCI-Mitgliedschaft im konkreten Einzelfall gestaltete, wurde der Inhalt sechs ausgewählter Gespräche zu Fallbeispielen zusammengefaßt. Bei der Auswahl der Gespräche wurde darauf geachtet, drei Gruppen mit jeweils zwei Unternehmen zu schaf-
198
E. Empirie
fen: Eine Gruppe (Unternehmen A und Β), die im Verlaufe ihrer Mitgliedschaft kein einziges Verrechnungsgeschäft abwickelte, eine zweite Gruppe (Unternehmen C und D), die zumindest hin und wieder Geschäfte verrechnete und eine weitere Gruppe (Unternehmen E und F), die im Vergleich zur Mehrzahl der Mitgliedsfirmen überaus erfolgreich am Verrechnungsverkehr partizipierte. Zweck dieser Vorgehensweise ist es, gegebenenfalls Faktoren aufzudecken, durch die sich erfolgreiche Teilnehmer von weniger erfolgreichen unterschieden, die also auch für den Erfolg bzw. Mißerfolg einer Mitgliedschaft verantwortlich sind. Unternehmen A - "Nicht-Verrechner"
Gesprächspartner: Branche: Rechtsform: Umsatz (1992): Beschäftigte: Region: BCI-Mitglied:
Geschäftsführer WärmetechnikMaschinenbau/Elektrotechnik GmbH ca. 3 - 4 Mio. ca. 50 Ostberlin/Bundesrepublik Deutschland 01.01.1990-31.12.1991
Zur Situation des Unternehmens - Motive der Mitgliedschaft Das Unternehmen wurde im Januar 1990 noch als Gesamtunternehmen einer ehemaligen DDR-Produktionsgenossenschaft mit ca. 1.650 Beschäftigten BCI-Mitglied. Zum 01.07.1991 erfolgte eine Aufspaltung in fünf rechtlich selbständige Einzelfirmen in der Rechtsform der GmbH. Seither reduzierte sich der Personalbestand aller fünf Einzelfirmen zusammen auf ca. 250 Beschäftigte. Die vom Verfasser besuchte Firma beschäftigt sich ausschließlich mit der Errichtung und Wartung wärmetechnischer Anlagen (Induktionswärmeanlagen, wärmemeßtechnische Geräte). Aufgrund des Wegfalls angestammter Kunden, schwerpunktmäßig Großbetriebe des Landmaschinenbaus und der Fahrzeugindustrie in Ostdeutschland und in den ehemaligen RGWStaaten, befindet sich das Unternehmen in existentiellen Nöten. Die gegenwärtigen Umsätze werden praktisch ausschließlich mit der Wartung und Instandhaltung bereits installierter Anlagen sowie mit Lohnarbeiten für andere Unternehmen erzielt. Angesichts des Verlusts angestammter Märkte sollte die BCI-Mitgliedschaft deshalb primär dazu dienen, neue Kontakte mit Unternehmen zur Vermarktung der eigenen Erzeugnisse zu schaffen. Der Gedanke über BCI auch einzukaufen, d.h. sowohl Ein- als auch Verkäufe über das Verrechnungssystem abzuwickeln, spielte eine untergeordnete Rolle.
. Ergebnisse der
I
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199
Keine Nachfragen im Verlauf der Mitgliedschaft Während der einjährigen Mitgliedschaft erhielt das Unternehmen keine einzige Nachfrage, die das eigentliche Produktprogramm betraf. Erhaltene Nachfragen bezogen sich ausschließlich auf die Durchführung von Lohn- und Montagearbeiten. Allerdings kamen auch dabei keine Geschäfte zustande, da die Preisvorstellungen der Nachfrager ("Billiganbieter aus dem Osten" ) nicht mit denen des Unternehmens übereinstimmten. Im nachhinein führt der Gesprächspartner die fehlenden Nachfragen nach Endprodukten vor allem auf zwei Ursachen zurück. Zum einen enthielt die Struktur der BCI-Mitglieder kaum Firmen im Industriebereich, die als potentielle Kunden in Frage gekommen wären. Zum anderen ist die Art der nachfrageorientierten Geschäftsanbahnimg über eine Datenbank für stark erklärungsbedürftige Produkte (Anlagenbau) nicht geeignet: "Die Vermittlung über die Datenbank wie bei BCI praktiziert, ist wenig sinnvoll, weil zu wenig Inhalte rüberkommen. Was man braucht über Datenbanken, sind Kontaktadressen, sind Informationen über potentielle Anwender, um darauf aufbauend durch zielgruppenorientierte Mailings und persönliche Kontakte über mehrere Stufen hinweg wirkliche Interessenten herauszufiltern."
Der Gesprächspartner hob außerdem hervor, daß bei der Anwerbung des Unternehmens von BCI der Eindruck erweckt wurde, man werde das Unternehmen aktiv bei der Vermarktung der Erzeugnisse unterstützen. Eine aktive Verkaufsunterstützung findet aber bei BCI nicht statt, was die Attraktivität des Systems einschränkt: "Eine Leistung wurde angeboten und angepriesen, die in der Komplexität, wie sie angeboten wurde, im Hinblick auf eine aktive Kontaktanbahnung durch BCI nicht realisiert wurde. Die Kontaktanbahnung beschränkte sich auf die Datenbank.(...) Im Anlagenbau darauf zu vertrauen, daß sich die Kunden bei Ihnen melden, ist fatal. Sie müssen selbst den Markt bearbeiten. Dabei hilft Ihnen aber BCI nicht. Das schränkt die Nützlichkeit der Mitgliedschaft ein."
Da es nicht gelang, durch den Verkauf von Leistungen über BCI Guthaben aufzubauen, ein Überziehungskredit aber aufgrund fehlender Sicherheiten nicht eingeräumt wurde, konnte auch nicht der Versuch unternommen werden, über BCI einzukaufen.
200
E. Empirie
Unternehmen Β - " Nicht-Verrechner"
Gesprächspartner: Branche: Rechtsform: Umsatz (1992): Beschäftigte: Region: BCI-Mitglied:
Prokurist, kfm. Geschäftsführer Baudurchführung und Baubetreuung GmbH ca. 90 Mio. ca. 750 Ostberlin/Bundesrepublik Deutschland 01.11.1990-31.10.1992
Zur Situation des Unternehmens - Motive der Mitgliedschaft Das Unternehmen wurde erst am 01.07.1990 gegründet und expandiert seither stark. Es wird von einer Holding in der Rechtsform einer GmbH von Berlin aus verwaltet und verfügt über Niederlassungen in Berlin, Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Die Geschäftstätigkeit umfaßt den Hoch- und Tiefbau einschließlich des Erwerbs, der Planung, Projektierung, Modernisierung und Sanierung von Bauten. Der Kundenkreis setzt sich etwa zu einem Drittel aus öffentlichen und zu zwei Drittel aus privaten Auftraggebern zusammen. Zielsetzung der im November 1990 begonnenen BCI-Mitgliedschaft war es, im Einzugsbereich der Niederlassungen private Auftraggeber zu finden und gleichzeitig im Raum Berlin genügend Tauschpartner im Bereich Baustoffhandel als Lieferanten zu gewinnen, um Vorleistungen über Verrechnungsgeschäfte vorfinanzieren zu können. Trotz Nachfragen keine Verrechnungsgeschäfte Obwohl das Unternehmen während der Mitgliedschaft eine Reihe von Nachfragen von BCI-Firmen erhielt, kam kein einziges Geschäft zustande. Der Gesprächspartner hatte dafür folgende Erklärungen parat: (1) Eine Vielzahl von Nachfragern war nicht an konkreten Geschäften interessiert, sondern wollte "nur mal lose Kontakte knüpfen". (2) Auftragswert und Leistungsort stimmten nicht überein: "So ist beispielsweise ein Auftrag im Wert von 100.000 DM nicht interessant, wenn der Auftragsort in Stuttgart liegt. Speziell für ein Bauunternehmen bestehen Vorteile am Markt am eigenen Standort. Wenn Aufträge an anderen Orten angenommen werden, gehen Standortvorteile verloren und es entstehen zusätzliche Kosten für Lager, Transport, Unterbringung der Mitarbeiter etc. Wenn BCI uns also Auftraggeber in Westdeutschland oder Österreich vermittelt, dann nützt uns das im Regelfall nichts."
. Ergebnisse der
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(3) Viele Firmen erwarteten von einer Baufirma aus den Neubundesländern, daß sie Aufträge zu "Billigstpreisen" annimmt: "Wir haben aber mittlerweile nahezu identische Kostenstrukturen wie westdeutsche Firmen. Für unsere Leistungen gelten deshalb Marktpreise, die auch in Westdeutschland gelten. Als billiger Jakob sehen wir uns nicht." (4) Durch die Codierung der Nachfragen von BCI-Mitarbeitern, denen entsprechende Branchenkenntnisse fehlen, erhielt das Unternehmen viele Nachfragen, die nicht den angebotenen Leistungen entsprachen. Fehlende Einkaufsmöglichkeiten
- Falsche Umsetzung des Konzepts
Da bei Beginn der Mitgliedschaft kein Baustofflieferant im Großraum Berlin BCI-Mitglied war, wurde eine Liste mit Baustofflieferanten zusammengestellt und gemeinsam mit BCI-Mitarbeitern vergebens versucht, diese als Mitglieder zu gewinnen: "Es war nicht ranzukommen an die Firmen. Die haben der Sache von Anfang an nicht getraut, nicht geglaubt, daß das funktioniert." Erfolglose Versuche Mitglieder zu werben, führte der Gesprächspartner vor allem darauf zurück, daß Mitgliedsbeiträge im voraus entrichtet werden müssen, viele Firmen aber nicht bereit sind, "im voraus in eine Sache zu investieren, die unbekannt ist und der sie nicht vertrauen." Als Ursache für das Nichtfunktionieren des BCI-Tauschsystems, sieht der Gesprächspartner in erster Linie die falsche Umsetzung eines "eigentlich brauchbaren Konzepts" an: "Nicht die Barter-Idee ist gescheitert, sondern das praktische Handling ist aufgrund der Anzahl und der Struktur der Barter-Club-Mitglieder im Raum Berlin und Umgebung nicht gesichert. Wenn sie jetzt in der durchschnittlichen Struktur, die die hiesige Wirtschaft heute hat, auch den Anteil an Barter-Teilnehmer hätten und sich zu jeder Anfrage bzw. zu jedem Angebot ein Partner findet, der angesprochen werden kann, dann scheitert diese Idee nicht. Man sollte sich dazu aber überlegen, beim Aufbau des Systems anders vorzugehen. Erst wenn man regional genügend Teilnehmer entsprechend der Branchenstruktur der Wirtschaft gefunden hat, die sich bereit erklärt haben, an dem System teilzunehmen, sollte damit begonnen werden. Die umgekehrte Strategie, erst die Beiträge abzukassieren und zu sagen, wir entwickeln das schon, verärgert die Firmen, wenn sie bezahlen und merken, der Gegenwert ist doch nicht da. Das hat mir bei dem System sowieso von Anfang an mißfallen, daß man erst bezahlt, also daß BCI sich über Mitgliedsbeiträge finanziert und dabei gegen das marktwirtschaftliche Prinzip verstößt, daß Leistung erst eine Bezahlung nach sich zieht. Man müßte das System auf Provisionsbasis umstellen.(...) Es ist schade, daß die Idee nicht funktioniert. Gerade für neugegründete Firmen in den Neubundesländern wäre es aufgrund der schlechten finanziellen Situation und fehlender Kontakte zu Abnehmern und Lieferanten eine Alternative."
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E. Empirie
Unternehmen C - "Wenig-Verrechner'
Gesprächspartner: Branche: Rechtsform: Umsatz (1992): Beschäftigte: Region: BCI-Mitglied:
geschäftsführender Gesellschafter Druckvorstufe/(Photo)graphisches Gewerbe GmbH ca. 1 Mio. 8, 4 davon freiberuflich Baden-Württemberg/Bundesrepublik Deutschland seit 1989
Zur Situation des Unternehmens - Motive der Mitgliedschaft Das Unternehmen fertigt Druckvorlagen für Werbeagenturen, Verlage, Druckereien und Industriebetriebe. Zum Kundenkreis zählen ausschließlich kleinere und mittelständische Unternehmen, vorwiegend aus dem Mittleren Neckarraum. Hinter der BCI-Mitgliedschaft steckt die Idee durch die Präsenz im BARTER GUIDE und in der Datenbank, die quasi "einer flächendeckenden Werbung" entsprechen soll, neue Kunden zu gewinnen. Problem Einkauf Obwohl das Unternehmen durchschnittlich ein bis zwei Nachfragen im Monat erhält, wird nur selten über Verrechnung verkauft, weil auf der anderen Seite kaum Einkaufsmöglichkeiten existieren: "Wir machen nicht auf Teufel komm raus Umsätze über BCI und haben ein dickes Plus-Konto und können nichts einkaufen." Da sich die Einkaufsmöglichkeiten ausschließlich auf Büromaterialien, Kurierdienste, EDV Hard- und Software beschränken und sich die wichtigsten Zulieferer, Hersteller von Kontakt- und Kopierfilmen trotz Akquisitionsversuchen von BCI-Mitarbeitern nicht zur Teilnahme bereit erklärten, bleibt nur ein sehr begrenzter Spielraum für Verrechnungsgeschäfte. Bislang wurden auch nur wenige Geschäftsvorfalle über das BCI-Konto verrechnet. Sofern die Möglichkeit zur Vornahme von Verrechnungsgeschäften existiert, wird der Spielraum häufig zudem noch durch bestehende gute Bindungen zu Lieferanten eingeengt: "Wir arbeiten seit Jahren mit bestimmten Lieferanten zusammen und sehen nicht ein, warum wir die wechseln sollten." Hinzu kommt nach Aussagen des Gesprächspartners ein weiteres Problem, welches das Einkaufen erschwert: "Es ist häufig so, daß Zulieferer nicht in Frage kommen, weil sie zu weit weg sind. Wenn ich jetzt beispielsweise einen Installateur will, dann will ich einen, der in Stuttgart sitzt und nicht in München oder Frankfurt, weil ich nicht bereit bin, höhere Wegekosten zu bezahlen."
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Obwohl der Gesprächspartner einräumt, daß "BCI erst im Aufbau ist" und deshalb das System nur sehr eingeschränkt Vorteile bieten kann, ist er der Überzeugung, daß die Barter-Idee nur dann "ins Rollen kommt", wenn BCI "das Dienstleistungsangebot verbessert und erweitert, mehr Teilnehmer akquiriert, die Teilnehmer besser betreut und vor allen Dingen das Abrechnungssystem modifiziert, d.h. einfacher gestaltet."
Unternehmen D - "Wenig-Verrechner"
Gesprächspartner: Branche: Rechtsform: Umsatz (1991): Beschäftigte: Region: BCI-Mitglied:
Geschäftsführer Handelsunternehmen/EDV-Systemhaus AG 36 Mio. 60 Baden-Württemberg/Bundesrepublik Deutschland seit 1989
Zur Situation des Unternehmens - Motive der Mitgliedschaft Das Unternehmen mit einigen Niederlassungen in Deutschland, vorwiegend im Raum Baden-Württemberg, handelt mit Personalcomputern, wobei es Firmenphilosophie ist, dem Kunden maßgeschneiderte Lösungen mit dazugehörigem Service und Beratung anzubieten. Zum Kundenkreis gehören Firmen aller Größenordnungen, darunter auch namhafte Großkonzerne. Schwerpunktmäßig besteht der Kundenkreis allerdings aus mittelständischen Unternehmen. Grundgedanke, der das Unternehmen zur Mitgliedschaft bei BCI veranlaßte, war es, "durch diese neuartige, progressive, von der Idee logische Geschäftsform im Vertrieb neue Kundenkreise zu erschließen und zusätzliche Umsätze zu erzielen." Trotz zahlreicher Nachfragen wenige Verrechnungsgeschäfte Seit Beginn der Mitgliedschaft erhält das Unternehmen zahlreiche Nachfragen von BCI-Teilnehmern. Im Verhältnis dazu kamen allerdings nur wenige Verrechnungsgeschäfte zustande. Der Gesprächspartner führt dies vor allem darauf zurück, daß der überwiegende Teil der Mitgliedsfirmen "nicht groß genug ist", um als Kunde des Unternehmens in Frage zu kommen: "Kleinere Unternehmen sind weniger bereit für Investitionen in die Zukunft." Im Verhältnis zu der hohen Anzahl an Nachfragen und den wenigen Geschäftsabschlüssen, die daraus resultierten, war auch der Aufwand für die Vertriebsleute zu hoch:
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E. Empirie
"Wenn die eigenen Vertriebsleute permanent leer ausgehen und keinen Erfolg haben, dann wächst deren Widerstand die erhaltenen Nachfragen überhaupt zu bearbeiten. Reden Sie mal mit unseren Vertriebsleuten. Wenn die BCI hören, dann ist für die Schluß. Tagelanges telefonieren und Angebote erstellen, wenn dabei sowieso nichts rauskommt, weil sich hinterher rausstellt, daß die meisten Nachfrager gedacht haben, wenn sie bei BCI sind, dann gibt es nur noch Sonderpreise für BCI-Mitglieder. BCI ist aber kein Einkaufsausweis zu Sonderkonditionen, sondern eine Form der Kommunikation."
Wenige Einkaufsmöglichkeiten
- Schwierige Verhandlungen
70 - 80% des Einkaufsbedarfs des Unternehmens sind vertraglich an Hersteller von Personalcomputer, namhafte Großkonzerne, gebunden, die nicht Mitglied sind. Somit verbleibt als einzige Möglichkeit der Bezug von Sekundärbedarf - Schreibmaterialien, Benzin, Büromöbel, Automobile - über den Tauschring. Da aber diese Anbieter meist auch nicht in der Lage sind, 100% über Verrechnung anzubieten, ist eine breite Streuung der Verrechnungsguthaben über eine Vielzahl von Lieferanten notwendig. Dazu ist aber der Aufwand zu hoch: "Zwecks Kleinstbeträgen häufige und langwierige Verhandlungen mit Anbietern über Verrechnungsquoten zu fuhren, ist nicht unsere Sache. Wir haben keine Zeit mit Händlern tagelang zu verhandeln. Andererseits verstehe ich auch den Autohändler oder den Tankstellenbesitzer. Der kann sein Auto und seinen Benzin auch nicht über Verrechnung einkaufen, weil Großkonzerne nicht Mitglied sind."
Aufgrund der Probleme und dem hohen Aufwand beim Einkauf, kommen für das Unternehmen auch in (naher) Zukunft keine weiteren Verkäufe über Verrechnung in Betracht, zumal es zum Zeitpunkt des Gesprächs bereits über ein schwer abbaubares Guthaben von ca. 40.000 DM verfügte.
Unternehmen E - "Viel-Verrechner"
Gesprächspartner: Branche: Rechtsform: Umsatz (1992): Beschäftigte: Region: BCI-Mitglied:
Prokurist Antennen und Kabelwerke GmbH ca. 200 Mio. öS. ca. 150 Wien/Österreich seit 1989, darüber hinaus seit 1985 Mitglied bei EBC
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Zur Situation des Unternehmens - Motive der Mitgliedschaft Das Unternehmen produziert Antennen sowie Kabel und verkabelt Wohnanlagen in Wien und Umgebung. Mitglied bei EBC wurde es bereits 1985, weil "die Idee des organisierten Ringtauschverkehrs überzeugte". Die Mitgliedschaft bei BCI reicht zurück auf einen von BCI-Mitarbeitern vermittelten Kauf einer Maschine im Wert von 3 Mio. öS., der zur Hälfte über Verrechnung finanziert werden konnte. Dabei gaben nach Angaben des Gesprächspartners erwartete Zinsvorteile, also die Einsparung von Zinsen gegenüber der Inanspruchnahme eines Bankkredits, den Ausschlag für die Mitgliedschaft. Problem: Abbau von Guthaben Gegenwärtig erzielt das Unternehmen etwa ein bis zwei Prozent seiner Umsätze über Verrechnungsgeschäfte. Während es nach Angaben des Gesprächspartners gelungen ist, Neukunden zu gewinnen und zusätzliche Umsätze über BCI oder EBC zu erzielen, ist es für das Unternehmen allerdings schwierig, einzukaufen und Guthaben abzubauen: "Wir haben schon bei EBC ein sehr hohes Guthaben angesammelt, von dem wir schwer wieder weggekommen sind." In bezug auf die Mitgliedschaft bei BCI besteht mittlerweile ebenfalls das Problem, ein angesammeltes Guthaben von über 2 Mio. öS. abzubauen: "Wir haben zwar regelmäßige Kunden über BCI, die bei uns einkaufen, wir konnten aber bisher keinen regelmäßigen Lieferanten finden." Probleme beim Auffinden von Lieferanten werden dabei in erster Linie auf die derzeitige geringe Teilnehmerzahl bei BCI zurückgeführt: "Wir haben uns jetzt angewöhnt, jedesmal zuerst bei BCI nachzufragen, wenn wir irgend etwas, egal was, brauchen. Man muß aber sagen, daß uns BCI in zwei Drittel aller Fälle keinen Lieferanten vermitteln kann, zumindest keinen, der in der Nähe ist, weil zu wenige Firmen Mitglied sind." Vor allem Rohstoffe (Kupfer, Granulate), aber auch andere "Primärmaterialien" (Schaltungen etc.), können bisher überhaupt nicht über BCI bezogen werden, weil Rohstofflieferanten und industrielle Großanbieter nicht BCI-Mitglied sind. "Sekundärmaterialien" (Büroausstattung, Druckerzeugnisse) werden dagegen nicht permanent und in einem Umfang benötigt, daß dadurch vorhandene Guthaben abgebaut werden könnten. Das führt aber dazu, "daß man ständig kämpfen muß, daß das Guthaben nicht zu hoch wird." Gleichzeitig können infolge fehlender regelmäßiger Einkaufsmöglichkeiten häufig auch Aufträge über Verrechnung nicht oder nur bei geringen Verrechnungsquoten akzeptiert werden, weil dies die Liquiditätssituation des Unternehmens verschlechtern würde.
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E. Empirie
Unternehmen F - "Viel-Verrechner 1
Gesprächspartner: Branche: Rechtsform: Umsatz (1992): Beschäftigte: Region: BCI-Mitglied:
Geschäftsführer Druck und Kopie GmbH ca. 100 Mio. öS. ca. 100 Wien/Österreich seit 1990, darüber hinaus seit 1985 Mitglied bei EBC
Zur Situation des Unternehmens - Motive der Mitgliedschaft Die besuchte Firma druckt Bücher, Zeitschriften, Werbebroschüren sowie Mailings für Firmen, Privatpersonen, Vereine und Behörden und verfügt über weitere Tochterfirmen und Niederlassungen in Wien. Das Unternehmen wurde 1982 mit vier Mitarbeitern gegründet und trat bereits 1985 "zur Verwirklichung einer expansiven Wachstumsstrategie" einem Tauschring (EBC) bei. Ziel war es, neue Kundenkreise zu erschließen und damit die Kapazitäten voll auszulasten. Dabei ging man davon aus, daß es eher möglich sein müßte, neue Kunden zu gewinnen, wenn diese über Verrechnung einkaufen könnten und nicht auf herkömmliche Weise bezahlen müßten. Gegenwärtig erzielt das Unternehmen ca. 3 - 5 % seines Gesamtumsatzes - pro Woche durchschnittlich zwei bis drei Geschäftsvorfalle - über Verrechnungsgeschäfte. In gleichem Umfang wird auch eingekauft. Verkaufen
ist einfacher als Einkaufen
Obwohl sich nach Auffassung des Gesprächspartners die Geschäftstätigkeit im Gegengeschäftsbereich im Raum Wien sehr positiv entwickelt hat, ist es immer noch schwierig, auf Verrechnung einzukaufen: "Wir haben das Problem, daß es für unsere Branche viel einfacher ist, über Gegengeschäfte zu verkaufen als einzukaufen. Das hängt wahrscheinlich auch damit zusammen, daß sowohl auf der Maschinenseite als auch auf der Materialseite kaum geeignete Barter-Partner zu finden sind. Deswegen können wir im Verhältnis zu unserem Gesamtumsatz nur sehr wenig über BCI oder EBC verrechnen. Wenn ich nämlich sehe, daß ich meine Maschinen und mein Papier nicht über die Tauschbörse verrechnen kann und außerdem Miete, Steuern und Entlohnung der Mitarbeiter bar bezahlen muß, bleibt nur ein kleiner Spielraum. Deswegen verkaufen wir über BCI oder EBC immer weniger, als wir eigentlich verkaufen könnten, weil uns auf der anderen Seite die Einkaufsmöglichkeiten fehlen."
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Kein Erfolg im Einkauf ohne Planung Nach Ansicht des Gesprächspartners erfordert der Einkauf über eine Tauschbörse eine rechtzeitige Planung des Einkaufsbedarfs, weil das Auffinden von Lieferanten aufgrund eines beschränkten Teilnehmerkreises häufig einige Zeit in Anspruch nimmt. Aus diesem Grund eignen sich Tauschbörsen auch nicht für dringende Beschaffungen. Zudem gelingt es nach Ansicht des Gesprächspartners vielen Teilnehmern mangels rechtzeitiger Planung nicht, über die Tauschbörse einzukaufen: "Gegenschäfte sind immer dann schlecht, wenn ich etwas sofort brauche. Wenn ich Zeit habe zu planen und dazwischen ein, zwei, drei, vier Wochen oder sogar Monate liegen, kann ich das Nachfragegesuch rechtzeitig abgeben und dann kann ich das problemlos auf Gegengeschäftsbasis machen. Wenn ich aber heute merke, daß ich morgen etwas brauche, habe ich über Gegengeschäfte Probleme. Dann bin ich automatisch schneller, wenn ich in das nächstgelegene Geschäft gehe oder dort anrufe und kaufe. Wir haben deshalb einen eigenen Mitarbeiter, der damit betraut ist, einmal im Monat eine Liste zur Verfügung zu stellen, was in den nächsten Wochen und Monaten zu besorgen ist. Dann richten wir unsere Anfragen.(...) Die fehlende Planung scheint fur mich auch ein Grund zu sein, wieso häufig nicht über Gegengeschäfte gekauft wird. Man kauft irgend etwas ein und zahlt bar und kommt dann drei Wochen später drauf, das hätte ich genausogut über BCI oder EBC kaufen können. Man fragt sich dann und analysiert, wieso habe ich es nicht gemacht, und kommt zu dem Schluß, ich habe es deshalb nicht gemacht, weil ich erst am Dienstag draufgekommen bin, daß ich es am Mittwoch brauche. Wenn ich dann eine BCI Anfrage mache, dauert das bis ich einen Partner finde, mit dem ich dann noch über Preis und Verrechnungsquote verhandle, mindestens drei Tage. Das ist zu spät. Sobald ich also umgehend einen neuen Lieferanten brauche, bin ich auf Gegengeschäftsbasis automatisch zu langsam."
Trotz der Nachteile des Ringtauschverkehrs, die der Gesprächspartner vor allem in den sehr eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten der BarterGuthaben sieht, vertrat er die Auffassung, daß Tauschbörsen vor allem für neugegründete Unternehmen "gute Möglichkeiten zur Kontaktanbahnung" und damit auch zur Expansion bieten.
2. Ausgewählte Probleme Neben den Schwierigkeiten aufgrund der Teilnehmerzahl und der Struktur der Teilnehmer insbesondere zum Einkaufen Tauschpartner zu finden, klangen in den Interviews mit Unternehmensvertretern vor allem zwei Problembereiche des organisierten Ringtauschverkehrs an: Zum einen der hohe Aufwand
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E. Empirie
bei Tauschtransaktionen, zum anderen das fehlende Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Tauschsystems.
a) Hoher Aufwand bei Transaktionen Alle Interviews mit Unternehmensvertretern, deren Firmen aktiv am Verrechnungsverkehr partizipierten, enthielten Hinweise darauf, daß der Aufwand bei Barter-Transaktionen in der Regel höher ist als bei Geldgeschäften. Dafür wurden folgende Gründe angeführt: (1) Planungsvorgänge, um Ein- und Verkauf aufeinander abzustimmen (2) Probleme, Mitarbeiter in den Unternehmen zu erreichen, die über die Mitgliedschaft informiert sind (3) umständliche Handhabung des Verrechnungsverkehrs durch das Ausfüllen von Formularen, Einholen der Deckungszusage und Versenden der Barter-Schecks (4) Suchprozesse zum Auffinden geeigneter Lieferanten aufgrund einer kleinen Mitgliederzahl (4) (mitunter) langwieriges Verhandeln über Preise und Verrechnungsquoten (5) Kontaktaufnahme mit Anbietern, die dann dennoch nicht über Verrechnung liefern wollen (6) unnötiger Aufwand durch die Bearbeitung fehlcodierter und fehlgeleiteter Nachfragen Da die Aussagen von Firmenvertretern außerdem bestätigen, daß die in den schriftlichen Nachfragegesuchen und im BARTER GUIDE enthaltenen Informationen ausschließlich für eine erste Kontaktaufnahme mit den potentiellen Abnehmern bzw. Anbietern ausreichen und nicht zum Erlangen einer umfassenden Markttransparenz beitragen können, weil weitere Informationsbeschaffungsaktivitäten zur Gewinnung von Informationen über Preise, Leistungsmodalitäten etc. vor Geschäftsabschlüssen immer erforderlich sind, können die Mitgliedsunternehmen auch kaum Zeit und Aufwand bei der Anbahnung von Geschäften einsparen. Vielmehr betonten einige Gesprächspartner, daß sogar ein Mehraufwand bei der Geschäftsanbahnung entstehe, weil im Regelfall vor dem Abschluß einer Tauschtransaktion auch Preis- und Qualitätsvergleiche mit Anbietern außerhalb des Tauschrings vorzunehmen sind.
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Aussagen von Unternehmensvertretern zum Aufwand von Verrechnungsgeschäften: "Wenn Sie ein BCI-Geschäft tätigen wollen, müssen Sie einen von ein, zwei oder drei Mitarbeitern im Unternehmen erreichen, der Bescheid weiß. Der ist dann vielleicht unterwegs oder krank. Es ist also viel schwieriger und aufwendiger zu kommunizieren als bei herkömmlichen Geschäften." (Geschäftsföhrer Druckindustrie) "Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl muß man den BCI-Einsatz genau planen Ein- und Verkauf aufeinander abstimmen. Bei einem Einkaufsbedarf muß man die Nachfrage formulieren und auf Angebote warten, was unter Umständen einige Zeit dauert. Kurzfristige Sachen können deshalb über BCI gar nicht abgewickelt werden. Beim Abschluß eines Geschäfts müssen Sie dann noch die Verrechnungsschecks hin- und herversenden und die Deckungszusage einholen." (Geschäftsföhrer Bürogroß- und -einzelhandel) "Es ist natürlich einfacher, nur über den Preis zu verhandeln, und nicht auch noch über die Verrechnungsquote.(...) Sie haben als Verkäufer regelmäßig das Problem, daß der Käufer 100% Barter will. Dann müssen Sie ihm in langwierigen Verhandlungen erst mal klarmachen, daß das nicht geht." (Prokurist Antennen- und Kabelwerke) "Ärgerlich sind die vielen fehlcodierten Nachfragen.(...) Beispielsweise finden sich im BARTER GUIDE Offset-Druckereien unter der Produktgruppe Papierlieferanten oder Bürofachhändler unter der Produktgruppe Präsentationsartikel aufgelistet. Sie rufen dann bei den Firmen an und stellen fest, alles umsonst." (geschäftsföhrender Gesellschafter Werbeagentur/Werbeversandhandel) "Wenn Sie Nachfragen erhalten und sich dort telefonisch melden, kommt es schon mal vor, daß die Nachfrage gar nicht ernst gemeint war. Die sagen Ihnen dann, sie haben ihre Nachfrage gestellt, weil sie die Geschäftsstelle dazu gedrängt hat, vermutlich, weil die ein bestimmtes Kontingent an Nachfragen aufweisen müssen. Viele Nachfragen betreffen Sie dann auch nicht, weil die von Leuten in der Geschäftsstelle codiert wurden, die vom graphischen Gewerbe keine Ahnung haben." (geschäftsföhrender Gesellschafter graphisches Gewerbe)
14 Schneider
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E. Empirie
Aussagen von Unternehmensvertretern zur Informationsqualität und Markttransparenz: "Ich betrachte die Informationen, die in den BCI-Nachfragen enthalten sind, zwar grundsätzlich für ausreichend. Aber bei Interesse müssen Sie mit der jeweiligen Firma telefonischen Kontakt aufnehmen bzw., falls es komplizierter wird, dort persönlich vorbeischauen.(...) Markttransparenz und auch weitere Vorteile sind bei den begrenzten Verrechnungsmöglichkeiten kaum vorhanden." (geschäftsföhrender Gesellschafter Werbeagentur/Werbeversandhandel) "Die Datenbank kann auf keinen Fall einen persönlichen oder telefonischen Kontakt zu einem Anbieter oder Nachfrager ersetzen." (Geschäftsföhrer Kfz-Werkstätte) "Wenn Sie mit Markttransparenz meinen, daß wir nun wissen, wer alles bei BCI teilnimmt, dann haben wir Markttransparenz gewonnen, denn die Teilnehmer sind ja alle im BARTER GUIDE aufgeführt. Aber dieser BARTER GUIDE ist ja im Prinzip nichts anderes als ein Telefonbuch auch. Und wenn Sie ein Telefonbuch aufschlagen, dann finden Sie auch bei jeder Branche die dazugehörigen Anbieter. Dann wissen Sie aber noch nicht, welcher Anbieter der billigste ist. Die entscheidenden Informationen fehlen Ihnen also. Und wenn Sie einen bestimmten Bedarf haben und dies BCI mitteilen, dann schreibt BCI alle potentiellen Anbieter an. Die Anbieter müssen dann erst auf Sie zukommen. Entweder die melden sich dann bei Ihnen oder sie lassen es sein. Aber selbst wenn sie sich bei Ihnen melden, müssen Sie, wie sonst auch üblich, gewünschte Informationen erfragen. Insofern bin ich nicht der Meinung, daß wir alleine durch unsere Mitgliedschaft bei BCI und EBC Markttransparenz gewonnen haben." (Prokunst Antennen- und Kabelwerke) "Um wirklich sicher zu sein, daß das Angebot eines BCI-Teilnehmers auch marktüblich ist, hole ich immer auch Vergleichsangebote von Nicht-Mitgliedern ein." (Inhaber eines Architektur- und Planungsbüros) "Auf keinen Fall gewinnen Sie Markttransparenz, nur weil Sie bei BCI sind. Dazu ist alleine schon das Volumen zu klein, sind zu wenige Firmen Mitglied." (geschäftsführender Gesellschafter graphisches Gewerbe) "Ich kann nicht feststellen, daß sich durch die BCI-Mitgliedschaft in punkto Transparenz etwas geändert hätte. Ich muß genauso bei den Lieferanten Preise erfragen bzw. über Preise verhandeln. BCI ändert also nichts an der Transparenz des Marktes. BCI ist für mich lediglich eine Verrechnungsform." (Geschäftsföhrer Druckindustrie)
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b) Fehlendes Systemvertrauen Die Funktionsfähigkeit eines Tauschsystems mit geldlichem Organisationsgrad setzt Vertrauen, von Luhmann als Systemvertrauen bezeichnet, voraus. Dies beinhaltet, daß das verwendete Tauschmittel als solches Vertrauen genießt.75 Dabei ist die Frage des Vertrauens in die Gütererwerbsfahigkeit der Verrechnungsguthaben, bei denen es sich nicht um ein allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel handelt, sogar noch wichtiger als beim Währungsgeld.76 Es erfordert einen Lernprozeß, durch den Tauschringmitglieder Guthaben in Form von Verrechnungseinheiten als Tauschmittel anstelle von Geld akzeptieren, weil sie deren Akzeptanz auch von anderen Wirtschaftssubjekten erwarten. 77 Die Gespräche mit Unternehmensvertretern bestätigen nun aber gerade, daß den Mitgliedsfirmen vielfach das Vertrauen in die Gütererwerbsfahigkeit der Verrechnungsguthaben und damit auch in die Funktionsfahigkeit des Tauschsystems fehlen. Als Gründe wurden dafür vor allem die fehlende Konvertibilität und die Gefahr der Nichteinlösbarkeit von Verrechnungsguthaben genannt. Gleichzeitig brachten einzelne Firmenvertreter zum Ausdruck, daß das fehlende Vertrauen in das Verrechnungssystem viele Firmen davor abschrecke, Geschäfte über den Barter-Club zu verrechnen. Sie bescheinigen damit, daß mangelndes Vertrauen in ein Zahlungsverkehrssystem zu dessen Nichtinanspruchnahme führen kann. Dabei spielt die Neuigkeit und Unbekanntheit dieser Form des Güteraustausches eine besonders wichtige Rolle. Weil sich Individuen im besonderen davon leiten lassen, wie groß der Bekanntheitsgrad einer Institution ist und wie groß die Zahl derer ist, die einer Organisation bereits angeschlossen sind, bestehen gegenüber neugegründeten Tauschbörsen, die mit einer Idee werben, deren Leistungsfähigkeit sich bislang noch nicht dauerhaft erwiesen hat, vielfach erhebliche Zweifel und Vorbehalte. Wie sich in den persönlichen Gesprächen herauskristallisierte, wirkt sich dabei vor allem die Abstinenz größerer Firmen, denen eine Art Vorbildfunktion zugemessen wird, negativ auf die Vertrauenswürdigkeit des Barter-Club-Tauschhandels aus. Was Gisin also vor mehr als dreißig Jahren für den Schweizer Wirtschaftsring und Offe/Heinze für heute existierende Kooperationsringe diagnostizierten, nämlich daß der Erfolg und die Ausbreitung derartiger Institutionen auch durch traditionelle Denkgewohnheiten und andere rational nicht erklärbare Motive gebremst wird, 78 trifft auf im Aufbau befindliche BarterClubs ebenso zu.
7 5 7 6 7 7 7 8
vgl. Luhmann, N., Vertrauen, 1989, S. 52 ff. vgl. Gisin, G., Bedeutung, 1955, S. 25 f.; Lindenthal, P., Organisation, 1986, S. 18. vgl. Menger, K., Origin, 1892, S. 239 ff. vgl. Gisin, G., Bedeutung, 1955, S. 24; Offe, C./Heinze, R. G., Kooperationsring, 1990, S. 146.
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E. Empirie
Aussagen von Unternehmensvertretern zum fehlenden Systemvertrauen: "Die schwäbischen Unternehmer sind ein bekannt eigenartiges Völkchen. Die wollen ihr Geld sehen. Wenn Sie über Verrechnung einkaufen wollen, scheitert das an der Mentalität der Unternehmer." (geschäftsfiihrender Gesellschafter graphisches Gewerbe) "Natürlich habe auch ich lieber Geld in der Kasse als Barter-Guthaben auf dem Konto. Aber ich weiß, daß ich auch mit Barter-Geld etwas kaufen kann. (...)Viele sind aber übervorsichtig und kapieren noch dazu das System nicht. Sie wollen nicht wahrhaben, daß es für sie günstiger ist, zuerst einmal einzukaufen. Also unternehmen sie solange nichts bis ihnen eine Nachfrage auf den Tisch flattert. Dann merken sie, daß sie ja anstelle von Geld Barter-Guthaben erhalten. Weil sie aber noch nie versucht haben einzukaufen, scheuen sie sich jetzt zu verkaufen, aus Angst, mit ihren Guthaben nichts kaufen zu können. Die Angst vieler Teilnehmer lähmt, sie verkaufen dann lieber nichts." (Inhaber eines Architektur- und Planungsbüros) "Irgendwie glaube ich mittlerweile nicht mehr, daß Barter funktionieren kann. Dann gäbe es mittlerweile mehr Firmen, vor allem größere Firmen, die bartern würden.(...) Ja, wenn größere Firmen - IBM, VW oder andere Großkonzerne - sich hinstellen und sagen, daß System ist gut, wir machen mit, dann tut sich was. Aber wir kleinere Firmen, wir können das System nicht ins Laufen bringen." (Geschäftsföhrer Bürogroß- und -einzelhandel) "Für mich war die Art des Geschäfts oder auch die Vertriebsart oder Handelsart logisch. Ich wurde aber von der Wirtschaft eines besseren belehrt. Die gehen nicht ran an die Geschichte. Wir sind solche Systeme nicht gewohnt. Die Mentalität läßt bei uns so ein Geschäft nicht zu. Die wollen ihr Geld." (Geschäftsföhrer EDVSystemhaus) "Ich habe bei Guthaben immer ein ungutes Gefühl. Was ist wenn BCI pleite geht? Dann habe ich mein Guthaben und das schwimmt den Bach hinunter." (Prokurist Antennen- und Kabelwerke) "Mit den Guthaben ist das so eine Sache. Natürlich macht das die Bilanz nicht schlechter. Bei Geld weiß ich allerdings, daß ich in den nächsten Laden gehen und mir was kaufen kann. Aber wer garantiert mir, daß ich auch was für meine Verrechnungseinheiten bekomme. Da nützt es mir dann nichts, daß meine Guthaben in der Bilanz stehen, wenn ich mir dafür nichts kaufen kann." (Geschäftsföhrer ED V-Systemhaus)
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3. Resümee Auch in den Interviews wurde immer wieder betont, daß es aufgrund der Teilnehmerzahl und Struktur der Teilnehmer im Regelfall schwierig sei, Lieferanten zu finden und Guthaben abzubauen, vor allem weil bei BCI nach Ansicht der Interviewpartner größere Unternehmen und Anbieter aus der Industrie sowie Rohstofflieferanten fehlten. Dies schränkt die Absatzmöglichkeiten der Teilnehmer stark ein, weil Einnahmen in Verrechnungsguthaben Ausgaben in gleicher Höhe gegenüberstehen müssen. Daneben bestätigen die Fallbeispiele, daß Verrechnungsgeschäfte für die Unternehmen im Regelfall einen Mehraufwand bedeuten. Dafür ist weniger die ebenfalls von einigen Teilnehmern monierte, umständliche und zeitintensive Handhabung des Scheckverkehrs auf dem Postwege sowie die erforderliche telefonische Einholung einer Deckungszusage als vielmehr der vermehrte oder zusätzliche Aufwand bei der Suche nach geeigneten Lieferanten, bei der Planung von Einkaufsvorhaben sowie bei Verhandlungen über Verrechnungsquoten und Preise verantwortlich. Hinzu kommt oftmals unnötiger Aufwand durch fehlcodierte und/oder ungenaue Nachfragen oder persönliche Anfragen bei Unternehmen, die über Verrechnung nicht lieferbereit sind, sowie Schwierigkeiten, Ansprechpartner in den Unternehmen zu erreichen, die über die Mitgliedschaft und die Funktionsweise des Verrechnungssystems informiert sind. Hinsichtlich der Beschaffenheit der Informationen, die von der Tauschzentrale zur Verfügung gestellt werden, bescheinigen die befragten Unternehmensvertreter wie in der postalischen Umfrage, daß diese im Regelfall ausschließlich zur ersten Kontaktaufnahme mit Anbietern oder Abnehmern ausreichen. Genauere Produkt- und Preisinformationen müssen die Tauschpartner dagegen selbst einholen. Um außerdem sicherzugehen, daß die Angebote marktübliche Konditionen aufweisen, müssen die Unternehmen zusätzliche Vergleichsangebote außerhalb des Tauschrings einholen. Die empirischen Befunde rechtfertigen insofern nicht, generell davon auszugehen, daß Mitgliedsfirmen Kosteneinsparungen bei der Geschäftsanbahnung realisieren können, weil sie dem Informationssystem eines Barter-Clubs angeschlossen sind. Ferner bestätigen die Interviews, daß von der Informationsvermittlung vornehmlich die Nachfrager profitieren. Wer aber beispielsweise als Anbieter Informationen zur zielgruppenspezifischen Marktbearbeitung benötigt, kann diese im Regelfall nicht über die Tauschzentrale beziehen und ist besser bedient, wenn er speziell hierfür konzipierte Datenbanken in Anspruch nimmt, zumal er dann eine bessere Marktabdeckung erzielt. Darüber hinaus zeigen die Interviews, daß die nachfrageorientierte Vermittlung von Geschäften nicht für jede Branche geeignet ist, weil sich erklärungsbedürftige Produkte nur über den persönlichen Kontakt mit Abnehmern absetzen lassen.
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E. Empirie
Weiterhin liefern die persönlichen Gespräche Anhaltspunkte dafür, daß oftmals die räumliche Distanz zwischen den Mitgliedsfirmen für den geldlosen Leistungsaustausch hinderlich ist. So betonten einige Firmenvertreter, daß insbesondere kleine und mittelständischen Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor vornehmlich an einer Ausweitung des Kundenkreises auf regionaler Ebene interessiert seien, weil bei weiten Entfernungen Zusatzgeschäfte aufgrund zusätzlich anfallender Kosten zunehmend uninteressant würden. Schließlich deutet auch die Tatsache, daß gerade besuchte Unternehmen aus Wien, wo BCI über das dichteste Teilnehmernetz verfügt, am ehesten von der Mitgliedschaft profitieren konnten, darauf hin, daß die regionale Teilnehmerzahl einen großen Einfluß darauf ausübt, ob eine erfolgreiche Geschäftsvermittlung gelingen kann. Für die Plausibilität dieser Überlegung spricht auch, daß umgekehrt Teilnehmer aus dem Raum Berlin, in dem erst Ende 1990 mit der Teilnehmerakquisition begonnen wurde, keinen Nutzen aus der BCI-Teilnahme ziehen konnten. Zwar war den meisten Unternehmensvertretern bewußt, daß die Plazierung von Guthaben eine vorher durchgeführte Planung erfordert. Trotzdem wurde nur in einem der sechs dargestellten Fallbeispiele eine genaue Einkaufsplanung durchgeführt und nach Abschluß der Planung versucht, den sich ergebenden Bedarf bereits Wochen im voraus über den Tauschring zu beziehen. Da gerade dieses Unternehmen überdurchschnittlich erfolgreich am Tauschverkehr teilnahm, läßt sich daraus folgern, daß eine vorherige Planung zumindest ein ausschlaggebender Faktor für den Erfolg einer Mitgliedschaft ist und es vielen Unternehmen auch deshalb nicht gelingt, Leistungen im Tauschring zu beziehen, weil sie nicht rechtzeitig planen und zunächst versuchen, ihren Einkaufsbedarf im Tauschring zu decken. Dabei ist eine frühzeitige Planung auch deshalb besonders wichtig, weil, wie die Interviews bestätigen, infolge der Ausgestaltung des Informationssystems kurzfristige Beschaflungsvorgänge über den Tauschring kaum möglich sind. Die postalische Befragung ergab, daß sich die Mehrzahl der Mitgliedsunternehmen nicht oder nur sporadisch am Verrechnungssystem beteiligte. Dabei weisen die Fallstudien daraufhin, daß neben dem hohen Aufwand von BarterGeschäften vor allem das fehlende Vertrauen in das Verrechnungssystem viele Firmen davon abhält, aktiver am Tauschverkehr zu partizipieren und Geschäfte über das BCI-Konto zu verrechnen. Insbesondere die fehlende Konvertierbarkeit und die beschränkte Verwendbarkeit den Verrechnungsguthaben sowie die Neuigkeit dieser Form des Leistungsaustausches erzeugen bei vielen Unternehmen eine ablehnende und abwartende Haltung gegenüber Barter-Geschäften. Aber nicht nur rational erklärbare Gründe spielen vielfach eine Rolle, sondern auch traditionelle Denkgewohnheiten, Skepsis gegenüber einem unbekannten System und weitere subjektive Faktoren, die nicht zwangs-
IV. Ergebnisse der WIR-Umfrage
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läufig in den Merkmalen des Systems begründet liegen, sondern in den Einstellungen der Mitglieder.
IV. Exkurs: Ergebnisse einer empirischen Studie über die Schweizer W I R Wirtschaftsring-Genossenschaft Im Jahr 1994 wurde erstmals eine empirische Untersuchimg über die WIR Wirtschaftring-Genossenschaft durchgeführt. Auftraggeber war der Schweizerische Gewerbeverband. Mit der Durchführung und Auswertung der Studie wurde das Schweizerische Institut für gewerbliche Wirtschaft an der Hochschule St. Gallen betraut. Anlaß für die Untersuchung war die wachsende Kritik vieler Mitgliedsunternehmen des Gewerbeverbandes an der starken Marktstellung des Wirtschaftsringes. 79 Für die Untersuchung wurde ein Fragebogen mit im ganzen 26 Fragen entwickelt und im Januar 1994 an insgesamt 60.439 Mitgliedsunternehmen der kantonalen Gewerbeverbände sowie der verschiedenen Berufsverbände, die dem Schweizerischen Gewerbeverband angeschlossen sind, versandt. Davon wurden 12.696 retourniert, was einer Rücklaufquote von 21% entspricht. Der Großteil der antwortenden Unternehmen beschäftigte weniger als 50 Mitarbeiter, nur sehr wenige Unternehmen beschäftigten hingegen mehr als 200 Personen. Von den ausgewerteten Fragebogen stammten 5.322 von Nicht-WIRMitgliedern und 7.206 von WIR-Teilnehmern. Der größte Teil der befragten WIR-Mitglieder war dem Wirtschaftsring bereits länger als drei Jahre angeschlossen.80 Der erste Teil von Fragen zum WIR-System wurde allein den WIR-Mitgliedern gestellt. Hier ging es zunächst darum, in Erfahrung zu bringen, warum Unternehmen dem WIR beitreten und ob sich ihre Erwartungen in Bezug auf die Mitgliedschaft erfüllt haben und sie sich erneut für eine Mitgliedschaft entscheiden würden. Dabei zeigte sich, daß zwei Beweggründe für den Beitritt zum Wirtschaftsring im Vordergrund stehen, nämlich die Motive, bestehende Kunden nicht zu verlieren und neue Kunden zu gewinnen. Für ein gutes Viertel aller WIR-Teilnehmer (28%) haben sich die in die Teilnahme gesetzten Erwartungen auch voll, für weitere 51% immerhin teilweise erfüllt. 21% sahen ihre Erwartungen hingegen nicht realisiert. Entsprechend würden 68% dem Wirtschaftsring erneut beitreten, 32% indessen davon absehen. Differenziert man zwischen offiziellen, stillen und privaten Teilnehmerkonten, sind offizielle Teilnehmer am zufriedensten und würden auch am ehesten dem Wirt79 vgl. IGW-HSG, Ergebnisbericht, 1994, S. 3; Traxler, B., Gewerbeverband, 8/1994, S. 14 f. 8 0
vgl. IGW-HSG, Ergebnisbericht, 1994, S. 1 und S. 4 -10.
216
E. Empirie
schaftsring abermals beitreten. Private Teilnehmer und insbesondere stille Teilnehmer sind mit ihrer Mitgliedschaft dagegen weniger häufig zufrieden und lehnen eine erneute Mitgliedschaft demzufolge öfters ab. Bei einer Unterscheidung nach der Dauer der Mitgliedschaft ergab sich, daß Teilnehmer mit mehr als dreijähriger Mitgliedschaft zufriedener sind und einer erneuten Mitgliedschaft aufgeschlossener gegenüberstehen als solche mit kürzerer Mitgliedschaft. 81 Im weiteren Verlauf der Studie wurde nach dem WIR-Umsatzanteil sowie nach den durchschnittlichen Verrechnungsquoten gefragt. Außerdem sollten die Befragten angeben, ob sie durch ihre Mitgliedschaft im Wirtschaftsring Zusatzumsätze erzielen und ihre Liquidität verbessern konnten. Dabei schätzen 77% der befragten Teilnehmer den WIR-Umsatzanteil auf weniger als 5%, 17% veranschlagen ihn auf 5 bis 9,9%, weitere 5% setzen ihn zwischen 10 20% an und 1% beziffert den Umsatzanteil auf über 20%. Bei einzelnen Geschäften zwischen WIR-Mitgliedern liegt die Verrechnungsquote im Regelfall zwischen 30 und 40%, wobei die Daten die Interpretation zulassen, daß bei höheren Beträgen des öfteren auch deutlich geringere Verrechnungsquoten vereinbart werden. 60% der WIR-Mitglieder konnten durch ihre Teilnahme am Verrechnungsverkehr Mehrumsätze realisieren. Eine Verbesserung ihrer Liquidität infolge ihrer WIR-Mitgliedschaft sahen nur 9% verwirklicht. 82 Schließlich wurden die Mitglieder um Antwort gebeten, ob sie WIR-Geld ihren Vorstellungen entsprechend piazieren und in welchen Bereichen sie Verrechnungsguthaben am besten einsetzen können. Im Zusammenhang damit wurde zugleich die Frage gestellt, ob die WIR-Teilnehmer eine Unterbewertung des WIR-Geldes in Kauf nehmen müssen und sich deshalb als WIRKunde schlechter behandelt fühlen. Ferner sollten die WIR-Teilnehmer Auskunft geben, ob ihnen bereits einmal WIR-Guthaben zum Kauf angeboten wurden und ob sie ihre Mitarbeiter mit WIR-Geld entlohnen. Dabei offenbarte sich, daß knapp die Hälfte der WIR-Teilnehmer bislang immer (7,5%) bzw. meistens (39,5%) Probleme mit der Verwendbarkeit von WIR-Geld hatte. 53% hatten dagegen selten (47%) bzw. sogar nie (6%) Schwierigkeiten, ihre Verrechnungsguthaben wunschgemäß zu piazieren. Am besten läßt sich das WIRGeld im Hôtellerie und Gastgewerbe, im Bauhauptgewerbe, im Sektor Zulieferbetriebe sowie im Automobilbereich einsetzen. Am schwierigsten ist es, Verrechnungsguthaben in der Industrie sowie im Verkehr und Transportwesen zu piazieren. Aufgrund der beschränkten Verwendbarkeit des WIR-Geldes gaben 56% der WIR-Teilnehmer auch an, eine geringfügige Unterbewertung des
81 vgl. IGW-HSG, Ergebnisbericht, 1994, S. 11 - 1 9 . Eine Kurzzusammenfassung der Ergebnisse findet sich bei: Traxler, B., Gewerbeverband, 8/1994, S. 14 ff. 8 2 vgl. IGW-HSG, Ergebnisbericht, 1994, S. 20 - 23.
IV. Ergebnisse der WIR-Umfrage
217
WIR-Geldes im Vergleich zum Schweizer Franken hinnehmen zu müssen. 58% der Teilnehmer waren außerdem der Meinung, daß sie als Kunde schlechter behandelt werden,83 wenn sie mit WIR-Geld bezahlen. Relativ häufig kommt es fernerhin vor, daß Mitgliedsunternehmen ihre überschüssigen Verrechnungsguthaben durch Verkauf loswerden wollen, schließlich wurden immerhin 35% der befragten Teilnehmer bereits einmal WIR-Geld zum Kauf angeboten. Relativ selten (4%) kommt es dagegen vor, daß Unternehmen ihre Mitarbeiter mit WIR-Geld entlohnen.84 Zum Abschluß des ausschließlich an WIR-Teilnehmer gerichteten Fragenkatalogs wurde ermittelt, ob die Mitglieder an WIR-Messen teilnehmen und zinsgünstige WIR-Kredite beanspruchen. Des weiteren sollten die Mitglieder angeben, ob sie die Höhe der Umsatzprovision für angemessen erachten. Dabei wurde deutlich, daß 10% aller antwortenden WIR-Mitglieder bereits mindestens einmal an einer WIR-Messe als Aussteller teilnahmen. Etwa die Hälfte davon stufte die Teilnahme als erfolgreich bzw. eher erfolgreich ein, genauso viele bewerteten sie als weniger bzw. nicht erfolgreich. Einen WIR-Kredit nahm bislang knapp ein Viertel aller befragten WIR-Teilnehmer in Anspruch. Am häufigsten wurden Baukredite sowie ungedeckte Kontokorrentkredite ausgereicht. Die bei Verrechnungsgeschäften im Wirtschaftsring anfallenden Provisionen hielten im übrigen 55% für angemessen, 44% für zu hoch und 1% für zu niedrig. 85 Der zweite Teil von Fragen zum Wirtschaftsring richtete sich auch an Nicht-WIR-Teilnehmer. Dabei dürfte dieser Teil des Fragebogens aufgrund der Art der Fragestellung und der Einbeziehung von Nicht-WIR-Mitgliedern, denen eigene Erfahrungen im Umgang mit dem WIR-System fehlen, primär dazu konzipiert worden sein, den Wirtschaftsring in ein schlechtes Licht zu rücken. So sollten WIR-Mitglieder und Nicht-WIR-Teilnehmer gemeinsam die Vor- und Nachteile des WIR-Systems benennen, was zu dem paradoxen Ergebnis führt, daß der Hauptvorteil des WIR-Systems darin besteht, keine Vorzüge aufzuweisen. Entsprechend waren dann auch 62% der befragten Firmen der Meinung, beim WIR-System überwiegen die Nachteile die Vorteile. Schließlich wurden WIR-Mitglieder und Nicht-WIR-Teilnehmer gemeinsam 83 Was unter einer Schlechterbehandlung verstanden wird, ob man beispielsweise höhere Preise entrichten oder längere Lieferfristen in Kauf nehmen muß, bleibt allerdings aufgrund der Fragestellung unklar. 8 4
vgl. IGW-HSG, Ergebnisbericht, 1994, S. 24 - 30 und S. 36. Daß nur 4% der befragten Firmen angaben, ihre Mitarbeiter mit WIR-Geld zu entlohnen, lag wohl auch an der Formulierung der Frage. Es wurde nämlich danach gefragt, ob Löhne oder Gehälter in Verrechnungsguthaben bezahlt werden. Allein aus rechtlichen Gründen ist es allerdings ausgeschlossen, Löhne oder Gehälter vollständig in WIR-Geld zu entrichten. Es werden lediglich Sondervergütungen, Provisionen z.B., in WIR-Geld ausbezahlt. vgl. IGW-HSG, Ergebnisbericht, 1994, S. 31 - 35.
218
E. Empirie
um Antwort gebeten, ob der Wirtschaftsring beibehalten oder abgeschafft werden solle. Dabei sprachen sich 52% aller Befragten fur dessen Abschaffung aus,86 obwohl die Mehrheit der WIR-Mitgliedsfirmen dem Wirtschaftsring erneut beitreten würde. 87 Dies veranschaulicht aber auch eindrucksvoll, daß die Resultate, wenn man "WIR und Nicht-WIR in einen Topf wirft", weder interpretierbar noch aussagefahig sind. Abgesehen von der unseriösen und vom Schweizer Wirtschaftsring auch zurecht kritisierten Vorgehensweise, Fragen und Antworten von WIR-Teilnehmern und Nicht-WIR-Teilnehmern im zweiten Teil der Untersuchung zu vermischen und die Ergebnisse für eine negative Pressekampagne zu nutzen,88 läßt die Studie aber alles in allem doch einige Schlußfolgerungen zu, die mit den Ergebnissen der eigenen Studie übereinstimmen. So offenbart auch die Befragung von WIR-Teilnehmern, daß es vornehmlich die zusätzliche Umsatzerwartung ist, die Unternehmen einem Tauschring beitreten läßt. In der Möglichkeit zusätzliche Umsätze zu erzielen, sehen schließlich auch die WIRTeilnehmer den Hauptvorteil des organisierten Ringtausches. Wie die Ergebnisse der WIR-Umfrage belegen, besteht dabei ab einer gewissen Größe eines Tauschringes und seiner dadurch erreichten Marktstellung für einzelne Unternehmen sogar die Notwendigkeit, sich dem Tauschring anzuschließen, will man nicht Aufträge und Kunden verlieren. Jedoch weisen die Ergebnisse auch darauf hin, daß lediglich ein kleiner Teil des Gesamtumsatzes, im Regelfall nicht mehr bzw. wesentlich mehr als 5%, über einen Tauschring erzielt werden kann. Und schließlich bekräftigen die Resultate der WIR-Umfrage ebenso nachhaltig, daß das Einkaufen im Tauschring schwieriger ist als das Verkaufen und sich oftmals Probleme bei der Plazierung von Verrechnungsguthaben ergeben können.
8 8
vgl. zu den Fragen und Resultaten dieses Fragenteils ausführlich: IGW-HSG, Ergebnisbericht, 1994, S. 3 7 - 5 1 . vgl. hierzu auch die Ausführungen weiter oben. vgl. Traxler, B., Gewerbeverband, 8/1994, S. 17 ff.
F. Schlußbetrachtung
I. Zusammenfassendes Ergebnis Barter-Clubs besitzen bislang keine große Bedeutung. Selbst in den USA, dem Ursprungsland des modernen Ringtauschverkehrs, konnten Barter-Clubs bisher nicht die Stellung erlangen, die ihnen vielfach zugesprochen wird. In anderen Ländern, darunter auch Deutschland und Österreich, befinden sich die wenigen existierenden Clubs ohnehin erst in der Aufbauphase. Lediglich in der Schweiz existiert mit der WIR Wirtschafisring-Genossenschaft ein Tauschring, der auf eine sechzigjährige Tradition und eine positive Entwicklung vor allem in den letzten fünfzehn Jahren zurückblicken kann. So übertrifft das beim Wirtschaftsring über Tauschgeschäfte verrechnete Umsatzvolumen bei weitem das aller amerikanischen Tauschbörsen zusammen. Der Wirtschaftsring kann deshalb bislang als einziges Beispiel eines Tauschrings gelten, dessen Leistungsfähigkeit sich über die experimentielle Einführungsphase hinaus dauerhaft erwiesen hat. Gerade weil der Handel über Barter-Clubs bisher bedeutungslos ist, stellt sich die Frage, ob in Zukunft mit einer wachsenden Verbreitung dieser Handelsform zu rechnen ist. Dabei läßt die vorliegende Arbeit gestützt auf die Ergebnisse einer empirische Studie, in der Teilnehmer des in Deutschland und Österreich marktführenden Barter-Clubs Barter Clearing & Information befragt wurden, den Schluß zu, daß der Aufbau eines Tauschringes mit vielfaltigen Schwierigkeiten verbunden ist und auf jeden Fall einige Zeit in Anspruch nimmt. So ist in der Anfangsphase aufgrund einer kleinen Teilnehmerzahl und einer damit einhergehenden geringen Diversifikation des Angebots die Vermittlung von Transaktionen schwierig. Neben Problemen beim Zusammenführen von Angebot und Nachfrage, stellt in der Anfangsphase die Unbekanntheit und das fehlende Vertrauen in ein derartiges System ein weiteres gewichtiges Hemmnis für seine Ausbreitung dar. Dabei gilt es zu berücksichtigen, daß Tauschringe ihren Mitgliedsfirmen mit den Verrechnungsguthaben ein Tauschmittel zur Verfügung stellen, das ein besonderes Maß an Vertrauen erfordert. Die Teilnehmer müssen sich darauf verlassen, daß sie für bei Verkäufen im Tauschring erworbenen Guthaben Leistungen beziehen können. Da es aber vor allem in der Anfangszeit aufgrund eines begrenzten Teilnehmerkreises häufig nicht gelingt, Guthaben problemlos durch Einkäufe abzubauen,
220
F. Schlußbetrachtung
fehlt dieses Vertrauen. Dies kann nun dazu fuhren, daß Geschäfte nicht über den Barter-Club verrechnet werden. Dadurch besteht aber die Gefahr, daß beigetretene Firmen wieder kündigen, weil sie ihr primäres Ziel, durch die Teilnahme am Tauschring zusätzliche Umsätze zu erzielen, nicht erreichen und damit die Mitgliedschaft für sie unrentabel ist. Darin liegt auch das besondere Dilemma kleiner, in der Aufbauphase befindlicher Tauschringe: Aufgrund einer geringen Mitgliederzahl und einer großen Homogenität der Teilnehmer, weil sich der Kreis der Mitgliedsfirmen überwiegend auf kleine Unternehmen aus dem Sektor des Handels und der Dienstleistungen beschränkt, kommen kaum Tauschtransaktionen zustande, so daß die Unternehmen ihre Mitgliedschaft nach kurzer Zeit beenden und das Teilnehmerwachstum stagniert. In der Entstehungsphase können Barter-Clubs den meisten Mitgliedsfirmen aufgrund der angesprochenen Probleme kaum wirtschaftliche Vorteile bieten. Wie das Prosperieren des Schweizer Wirtschaftsringes nahelegt, sieht es dagegen anders aus, wenn eine gewisse Teilnehmerzahl erreicht wird. Mit steigender Teilnehmerzahl erhöhen sich die Transaktionsalternativen, die Gütererwerbsfahigkeit der Verrechnungsguthaben steigt und es finden sich leichter Transaktionspartner. Aufgrund von Lernprozessen erhöht sich außerdem das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit des Systems. Erst ab einer gewissen Größe übersteigen somit die Vorteile des organisierten Ringtauschverkehrs dessen Nachteile. Welche Vorteile bietet nun aber der Barter-Club-Tauschhandel und worauf sind sie zurückzuführen? Der primäre Vorteil des Ringtauschverkehrs liegt darin, daß daran teilnehmende Firmen zusätzliche Umsätze erzielen können. Dies beruht darauf, daß mit den Verrechnungsguthaben ein zusätzliches Zahlungsmittel mit beschränkter Kaufkraft komplementär zum Geld geschaffen wird. Infolge der Ausgestaltung des Verrechnungssystems wird diese Kaufkraft innerhalb des Tauschringes gebunden. Aufgrund der eingeschränkten Akzeptanz des Zahlungsmittels kommt das Gresham'sche Gesetz zum Tragen. Da bei einzelnen Transaktionen meist nur ein Teil der Gesamtsumme verrechnet wird, werden auch zusätzliche Erlöse in der jeweiligen Landeswährung realisiert. Jedoch ist der Barter-Club-Tauschhandel kein Substitut für geldwirtschaftliche Tauschprozesse, sondern weist einen komplementären Charakter auf. Zusätzliche Umsätze werden durch Ansprache neuer Kunden erzielt, denen bei Bedarf - ausreichende Bonität vorausgesetzt - zusätzliche Liquidität in Form zinsloser bzw. zinsgünstiger Überziehungskredite eingeräumt wird. Die angeschlossenen Unternehmen werden dadurch in der Regel nur einen geringen Teil - allenfalls um die 5% - ihres Gesamtumsatzes über den Tauschring realisieren. Dabei steht die Möglichkeit der Umsatzsteigerung in umgekehrt proportionalem Verhältnis zur Teilnehmerzahl und damit auch zur Gütererwerbsfahigkeit der Verrechnungswährung: Während die Verwendbarkeit der Guthaben mit
I. Zusammenfassendes Ergebnis
221
wachsender Teilnehmerzahl zunimmt, nehmen die Möglichkeiten ab, den Verrechnern zusätzliche Umsätze zu verschaffen. Erlösen im Tauschring müssen jeweils auch Beschaflungsvorgänge im Tauschring gegenüberstehen. Einkaufen ist dabei im Tauschring wegen der beschränkten Verwendbarkeit der Verrechnungsguthaben im Regelfall schwieriger als Verkaufen, so daß mitunter höhere Preise akzeptiert werden müssen. Aufgrund der begrenzten Gütererwerbsfähigkeit der Verrechnungswährung und der Tatsache, daß die Wertschöpfüng eines großen Teils an Gütern und Dienstleistungen außerhalb des Tauschrings erfolgt und deshalb mit Währungsgeldern finanziert werden muß, ist die Annahme von Verrechnungsguthaben nicht unproblematisch. Sie erfordert eine entsprechende Planung. Stimmen nämlich die Erlöse aus Verrechnungsgeschäften nicht mit den Verwendungsmöglichkeiten der Guthaben im Tauschring überein, werden Unternehmen mit der Gefahr konfrontiert, zu hohe Guthaben anzusammeln. Dies kann zur Beeinträchtigung ihrer finanziellen Stabilität führen. Voraussetzung dafür, daß Tauschbeziehungen zwischen den Mitgliedern eines Barter-Clubs Zustandekommen können, ist, daß die Mitgliedsfirmen über die Transaktionsalternativen im Tauschring informiert sind. Dazu dienen den Teilnehmern von der Club-Zentrale publizierte Einkaufsführer und Broschüren, in denen die Mitglieder nach Branchen und Produktgattungen aufgelistet sind. Diese Informationsmittel haben allerdings den Nachteil, daß sie keine detaillierten Informationen enthalten, nicht immer auf dem aktuellsten Stand sind und die Suche nach Transaktionspartnern mitunter zeitaufwendig ist, so daß hohe Transaktionskosten entstehen. Um diese Nachteile zu umgehen, verwenden Tauschzentralen häufig Datenbanken, in denen alle Mitglieder mit ihrem Produktangebot gespeichert sind. Dadurch soll es gelingen, nahezu vollständige Markttransparenz im Tauschring herzustellen und die Unsicherheit über die Verwendbarkeit von Guthabensalden weitgehend abzubauen, so daß sich die Transaktionskosten dieser Handelsform so weit reduzieren, daß keine bzw. keine gravierenden Transaktionskostennachteile im Vergleich zur Geldwirtschaft bestehen. Bei den in der Praxis existierenden Barter-Clubs in Deutschland und Österreich wird dieses Ziel nicht erreicht. So reichen auch die den Mitgliedern in der Datenbank zur Verfügung stehenden Informationen in der Regel ausschließlich zur ersten Kontaktaufnahme mit potentiellen Tauschpartnern aus. Vor Beschaflungs- und Absatzentscheidungen werden deshalb eigene Informationsbeschafiungsaktivitäten notwendig, einerseits um Preis- und genaue Produktinformationen von den Anbietern im Tauschring einzuholen und andererseits, um Vergleiche mit Anbietern außerhalb des Barter-Clubs vorzunehmen. Letzteres wird umso wichtiger, je kleiner der Kreis der einer Tauschbörse angeschlossenen Firmen ist. Die Beschaffenheit der verfügbaren Informationen
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F. Schlußbetrachtung
sowie Beschränkungen des Teilnehmerkreises rechtfertigen es insofern nicht zu unterstellen, Mitglieder eines Unternehmerringes verfugten über nahezu vollständige Markttransparenz, zumal von der Informationsvermittlung der Barter-Club-Zentrale fast ausschließlich der potentielle Käufer profitiert. Dadurch sind auch die Transaktionskosten des Barter-Club-Tauschhandels im Regelfall deutlich höher als in der Geldwirtschaft. Dafür sind - vor allem bei neugegründeten Barter-Clubs - neben dem Aufwand für die Suche nach geeigneten Lieferanten und den Aktivitäten für die Beschaffung detaillierter beschaffungs- und absatzmarktrelevanter Informationen auch die notwendige Planung von Einkaufsvorhaben, die vor dem Abschluß eines Barter-Geschäfts anfallenden Verhandlungen über Verrechnungsquoten und Preise, bei denen auch der mißtrauensbedingte Widerstand zur Annahme von Verrechnungsguthaben überwunden werden muß, sowie die aufgrund der Ausgestaltung des Zahlungsverkehrssystems bislang umständliche und zeitintensive Handhabung des Verrechnungsverkehrs verantwortlich. Konsequenterweise lassen sich Barter-Clubs damit auch nicht als reale Entsprechung eines Tauschsystems mit Transaktionskostenvorteilen im Vergleich zur Geldwirtschaft interpretieren. Nichtsdestotrotz können aber im Rahmen derartigen Tauschsystems in gewissem Umfang Leistungen erzeugt und ausgetauscht werden, die im Rahmen der Geldwirtschaft nicht erbracht werden würden. Dabei können von Verrechnungsgeschäften insbesondere solche Unternehmen und Regionen profitieren, die besonders stark von den Folgen wirtschaftlicher Wachstums- und Strukturschwäche betroffen sind. Dazu gehören in erster Linie kleine und mittelständische Unternehmen, die im besonderen unter dem strukturellen Problem einer zunehmend suboptimalen Versorgung mit monetärer Liquidität leiden.
IL Handlungsempfehlungen für die Zukunft Da es für die Überlebens- und Funktionsfahigkeit von Barter-Clubs und damit auch dafür, ob diese neuartige Form des Leistungsaustausches in Zukunft an Bedeutung gewinnen kann, entscheidend ist, ob die aktive Teilnahme einer ausreichenden Zahl von Mitgliedern erreicht und die Aufbauphase, die durch Matching-Probleme, hohe Transaktionskosten, Unbekanntheit und Vertrauensprobleme gekennzeichnet ist, überwunden wird, stellt sich die Frage, wie und mit welchen Maßnahmen dies gelingen kann. Im folgenden soll deshalb kurz skizziert werden, was unternommen werden kann, damit Barter-Clubs ihre Mitgliederzahl erhöhen und insgesamt leistungsfähiger werden können. Eine Erhöhung der Teilnehmerzahl und der Transaktionsalternativen läßt sich einerseits durch eine forcierte Anwerbung von Neuteilnehmern erreichen.
Π. Handlungsempfehlungen fur die Zukunft
223
Dies kann über den Ausbau des Geschäftsstellennetzes und dem Einsatz einer entsprechenden Anzahl an Außendienstmitarbeitern zur Akquisition erfolgen. Komplementär gilt es, durch entsprechende Werbemaßnahmen und Öffentlichkeitsarbeit, die zugleich vertrauensbildend wirken, bei den Unternehmen Interesse für diese Form der Geschäftsanbahnung und -abwicklung zu wecken und auch in Regionen, in denen Barter-Clubs bereits mit Geschäftsstellen präsent sind, eine bessere Marktausschöpfung zu erlangen. Dabei ist bei der Akquisition von Neuteilnehmern darauf zu achten, insbesondere solche Branchen anzuwerben, die bisher nicht oder nur unzureichend im Tauschring vertreten sind. Sofern es dabei nicht gelingt, größere Firmen aus der Industrie und Rohstofifanbieter für eine Mitgliedschaft zu gewinnen, könnten daraus resultierende Engpässe bei der Beschaffung von Leistungen innerhalb eines Tauschrings durch eine zunehmende Internationalisierung und vermehrte Ausdehnung bestehender Barter-Clubs in die ehemaligen Ostblockstaaten überbrückt werden, weil dortige Unternehmen aufgrund des Zusammenbruchs bisheriger Märkte besonders auf neue Absatzkanäle angewiesen sind. Da jedoch im Regelfall nicht anzunehmen ist, daß neu zu werbende Unternehmen mit der Funktionsweise von Tauschringen vertraut sind und sich ihre Entscheidung für eine Mitgliedschaft ausschließlich auf die vage Hoffnung stützen wird, daß das System theoretisch funktionieren und ihnen Vorteile bringen könnte, sollten die Eintrittsbarrieren in Form von Aufnahme und Mitgliedschaftsgebühren möglichst niedrig sein. Denkbar wäre z.B. eine Art "Probemitgliedsjahr" mit besonders niedrigen Gebühren. Daneben könnte eine Erhöhung der Transaktionsalternativen auch dadurch erreicht werden, daß Tauschbörsen verstärkt untereinander Kooperationsabkommen mit dem Ziel schließen, den Tauschverkehr zwischen den Mitgliedern der kooperierenden Clubs zu ermöglichen. Neben einer Erhöhung der Transaktionsalternativen durch eine intensivierte Akquisition von Neuteilnehmern und Kooperationsabkommen sollte von den neugegründeten Barter-Clubs auch angestrebt werden, angeworbene Unternehmen langfristig zu binden und zu verhindern, daß diese nach kurzer Zeit die Mitgliedschaft beenden, weil ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden. Dies kann einerseits dadurch erfolgen, daß eine realistische Erwartungshaltung aufgebaut und den Unternehmen deutlich gemacht wird, daß sich Tauschringe erst im Aufbau befinden und infolgedessen, aufgrund einer kleinen Teilnehmerzahl, von der Mitgliedschaft nur begrenzt Vorteile erhofft werden dürfen. Andererseits müssen im Hinblick auf eine langfristige Mitgliederbindung, die Gebühren so gestaltet werden, daß Teilnehmer auch dann bereit sind ihre Mitgliedschaft aufrechtzuerhalten, wenn es ihnen kaum gelungen ist, Transaktionen zu verrechnen. Dies kann nur dadurch gelingen, daß die fixen Gebühren gesenkt werden und Barter-Clubs fast ausschließlich erfolgsabhängig, d.h. auf der Basis eines Provisionssystems, operieren.
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F. Schlußbetrachtung
Eine Erhöhung der Teilnehmerzahl und eine damit einhergehende Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Barter-Clubs kann aber nicht allein dadurch erreicht werden, daß vermehrt Unternehmen akquiriert, Kooperationsabkommen zwischen Tauschbörsen geschlossen und Kündigungsquoten durch erfolgsabhängige und damit im Regelfall niedrigere Gebühren reduziert werden. Ebenso ist es notwendig, die Verrechnungs- und Informationsdienstleistungen der Barter-Organisationen qualitativ zu verbessern und zu ergänzen sowie das Vertrauen der Teilnehmer in die Funktionsfahigkeit des Systems und ihre Teilnahmemotivation zu stärken. Ansatzpunkte für eine Verbesserung der Informationsversorgung und Vertrauensbildung der Mitglieder bieten sich nach dem Vorbild des Schweizer Wirtschaftsringes durch regelmäßigeres Veranstalten von Teilnehmertreffen und Informationsabenden sowie durch häufigeres Versenden von Informationsbroschüren. Dabei sollten letztere zur Vertrauensbildung verstärkt auch Angaben über die Geschäftspolitik und Geschäftsentwicklung beinhalten, barterspezifische Themen behandeln und die Mitglieder mit besonders für kleine und mittelständische Unternehmen relevanten Wirtschaftsinformationen versorgen. Dieses könnte auch dazu beitragen, Barter-Clubs zu Netzwerken und Interessenorganisationen mittelständischer Unternehmen auszubauen. Vor allem aber gilt es, die Effizienz der Informationsübertragung, die von der technisch organisatorischen Ausgestaltung des Kommunikations- und Informationssystems determiniert wird, zu steigern.1 Dazu bietet sich die Schaffung eines elektronischen Marktsystems an,2 um effizientere Marktstrukturen aufzubauen, die die Markttransparenz entscheidend verbessern und eine bessere und schnellere Koordination wirtschaftlicher Aktivitäten ermöglichen. Ein wesentliches Charakteristikum elektronischer Märkte besteht dabei in der elektronisch unterstützten Kommunikationsform der Marktpartner über Computernetzwerke, wobei es das Endziel ist, nicht nur einzelne, sondern alle Phasen wirtschaftlicher Austauschprozesse, von der Anbahnung bis zur Abwicklung, zu unterstützen.3 Von der konzeptionellen Ausgestaltung könnte die Implementierung eines elektronischen Marktsystems bei Barter-Clubs so aussehen, daß zunächst nur die Phase der Geschäftsanbahnung unterstützt wird und alle Barter-Club-Mitglieder auf elektronischem Wege Zugriff auf die Datenbank haben, in der die Teilnehmer mit ihren Unternehmens- und Produktinformationen gespeichert sind. Zur vereinfachten und rationelleren Abwicklung des
1 "Die Informationstechnologie beeinflußt gegenwärtig und zukünftig die Wettbewerbsfähigkeit der Barter-Clubs in entscheidender Weise." (Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 137). 2 vgl. Picot, Α./Reichwald, R., Informationswirtschaft, 1991, S. 290 ff.; Picot, Α., Bedeutung, 1989, S. 364 - 370.; Krähenmann, Ν., Identifikation, 1991, insbesondere S. 45 ff. 3 vgl. Himberger, A. u.a., Elektronische Märkte, 1991, S. 6 ff.; Mertens, P./Schumann, M./Hohe, U., Informationstechnik, 1989, S. 129; Mahone, T./Yates, J./Benjamin, R. L., Markets, 1989, S. 167.
Π. Handlungsempfehlungen f r die Zukunft
225
Zahlungsverkehrs kann auch der Zahlungsverkehr beleglos durchgeführt werden. Darüber hinaus sollte eine EDV-gestützte Kommunikation der Teilnehmer untereinander sowie zwischen Zentrale und Teilnehmer angestrebt werden. Dadurch können beispielsweise Mitgliedsfirmen Nachrichten an andere Teilnehmer elektronisch versenden, die Tauschzentrale kann ihre Deckungszusage auf elektronischem Wege erteilen sowie dringende Mitteilungen umgehend an alle oder ausgewählte Teilnehmer versenden. Für die praktische, d.h. technische Realisierung eines derart ausgestalteten Marktsystems, sind grundsätzlich verschiedene Alternativen denkbar.4 Besonders bietet sich jedoch Bildschirmtext (DATEX-J) an, weil es sich wegen seiner vergleichsweise geringen Einstands- und Nutzungskosten, seiner einfachen Handhabung und dem Zugriff über das Telefonnetz auch für kleinere Unternehmen eignet.5 Zudem ist BTX dialogfahig 6 und der Zugang zu bestimmten Informationen kann exklusiv auf eine vorher festgelegte geschlossene Benutzergruppe begrenzt werden.7 Nachteile von DATEX-J, die vor allem aus der langsamen Übertragungsgeschwindigkeit und der damit fehlenden Eignung zur Übertragung größerer Datenmengen resultieren, 8 fallen dagegen bei der angestrebten Anwendung weniger ins Gewicht. Verbesserungen des BTX-Systems hatten außerdem eine Verdoppelung der Übertragungsgeschwindigkeiten zur Folge.9 Zudem ist mit der Einführung und zunehmenden Verbreitung 10 von ISDN, das eine Digitalisierung und Zusammenfassung bestehender Dienste in einem Netz bewirkt, die Voraussetzung dafür geschaffen, Daten in Zukunft noch schneller über BTX auszutauschen.11
4
vgl. Stahlknecht, P., Wirtschaftsinformatik, 1993, S. 115 ff., insbesondere S. 127 - 142; Krämer, C., Medien, 1988, S. 39 - 50; Schröder, G. Α., Telekommunikation, 1991, S. 360 ff; Schmid, M./Zbomik, S., Märkte, 1992, S. 72 ff; Beyer, K., Büro, 1993; Schmoll, T., Handelsverkehr, 1994. 5 vgl. Tüchter, U., Management, 1985, S. 68; Schröder, G. Α., Telekommunikation, 1991, S. 365; ο. V., Computer, 1993, S. 6 f.; ο. V., Daten, 1993, S. 8 ff ; ο. V., Datenbanken, 1991, S. 89; Ruckriegel, K., Computergeld, 1990, S. 245 f.; Huhn, G., Homeoffice Banking, 1992, S. 77 f. Auch die Schweizer WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft gewährt ihrenTeilnehmem ab 1995 mittels BTX Zugriff auf die Datenbank, in der die Mitglieder mit ihrem Angebotsprogramm gespeichert sind (vgl. C. I. 1). 6 vgl. Tüchter, U., Management, 1985, S. 68; ο. V., Technik, 1992, S. 13. 7 vgl. Gergen, A , Bildschirmtext, 1991, S. 13; Stahlknecht, P., Wirtschaftsinformatik, 1993, S. 127 142. 8 vgl. Schröder, G. Α., Telekommunikation, 1991, S. 370. 9 vgl. ο. V., Daten, 1993, S. 9; Frese, K., Datex-J, 1993, S. 40 ff. 10 Einer Studie zufolge will 1995 bereits jedes dritte Unternehmen über das digitale Netz kommunizieren (vgl. ο. V., Marktstudie, 1993, S. 19). H vgl. Nili, E., ISDN-System, 1992, S. 76 ff; ο. V., Daten, 1993, S. 9 ff. Einen Überblick über Entwicklungen und Perspektiven der Kommunikationstechnik geben: Ludsteck, W., Dimensionen, 1993, S. 21; Hasler, M. S., Zukunft, 1992, S. 27 ff. Über ISDN informieren: Schmidt, B., Standard, 1994; Stollenmayer, P., Breitband-ISDN, 1994, S. 30 ff 15 Schneider
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F. Schlußbetrachtung
Sollen die Mitgliedsfirmen eines Barter-Clubs via BTX direkt mit dem Rechner der Tauschzentrale kommunizieren, so wird dieser externe Rechner über das Datex-P Netz an den Postrechner im BTX-System, der als Vermittlungsrechner fungiert, angeschlossen.12 Für den Dialog mit der Datenbank benötigen die Teilnehmer neben einem Telefonanschluß entsprechende Endgeräte, wobei sich dafür PCs mit entsprechendem Softwaredecoder und einem dazugehörigem Modem am besten eignen.13 Im Falle eines Einkaufsbedarfs wählen die Mitgliedsunternehmen den Rechner der Tauschzentrale über das Fernmeldenetz der Telekom an und geben ihren Bedarf in eine Bildschirmmaske ein. Das Ergebnis der Recherche erscheint auf dem Bildschirm und kann auf dem PC gespeichert und/oder über Drucker ausgegeben werden. Bei einer derartigen Rechnerverbundlösung ist es auch möglich, den Teilnehmern Eintragungen inklusive Ergänzungen oder Löschungen ihres eigenen Produktangebots in die Datenbank selbst vornehmen zu lassen und damit eine größere Aktualität der Informationen zu erreichen und falsche Eintragungen zu vermeiden.14 Zusätzlich ermöglicht BTX das Versenden von Nachrichten zwischen den Teilnehmern bzw. zwischen den Teilnehmer und der Zentrale, und zwar über den Mailboxdienst der Telekom. Zur Erleichterung können dafür standardisierte Bildschirmseiten zur Verfügung gestellt werden. Eine unter Angabe der Teilnehmernummer des Adressaten an die Bildschirmtextzentrale übermittelte Nachricht, steht dem Empfanger dabei 30 Tage zur Verfügung. Beim Anschalten des Bildschirmtextes wird der Teilnehmer von der vorliegenden Mitteilung, die durch Tastendruck abgerufen werden kann, unterrichtet. 15 Darüber hinaus existieren mittlerweile Briefkastensysteme privater Anbieter, die ebenfalls das Hinterlegen von Nachrichten ermöglichen.16 Wie bereits unter dem Schlagwort Telebanking, Electronic Banking, Electronic Payment Systems, Home Banking oder Homeoffice Banking aus dem Geschäftsbankenbereich bekannt, bietet BTX zudem die Möglichkeit, den
1 2
vgl. Stenzel, W., Exteme Rechner, 1992, S. 50 ff.; Gergen, A , Bildschirmtext, 1991, S. 13 ff; Hansen, H. R., Wirtschaftsinformatik, 1992, S. 832 ff ; Stahlknecht, P., Wirtschaftsinformatik, 1993, S. 140 ff. 1 3 vgl. ο. V., Bildschirmtext, 1992, S. 7 f.; ο. V. Augen, 1993, S. 12. Über die verschiedenen Endgeräteaustattungen informiert ausfuhrlich: Gergen, Α., Bildschirmtext, 1991, S. 26 ff. 14 Ein nahezu identisches elektronisches Marktsystem hat bspw. BMW für den Kauf von Gebrauchtwagen realisiert. Über den Verbindungsaufbau zu einem externen Rechner hat jeder BTX-Teilnehmer Zugang zu einer Datenbank, in der alle von BMW-Händlern bundesweit angebotenen Gebrauchtwagen aufgelistet sind. Anhand von Suchbegriffen können Fahrzeuge nach den Wünschen des potentiellen Käufers ausgewählt und die Adresse des entsprechenden Händlers abgerufen werden. Die Eintragungen und Löschungen der angebotenen Fahrzeugtypen erfolgt dezentral durch die Händler (vgl. Schneider, B., Exclusivbörse, 1992, S. 44 f.). 1 5
vgl. Hansen, H. R., Wirtschaftsinformatik, 1992, S. 841 f.; ο. V., Brücken, 1993, S. 52; Strauch, B., Post, 1990, S. 157 f. 1 6 vgl. ο. V., Brücken, 1993, S. 55.
Π. Handlungsempfehlungen f r die Zukunft
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tauschringinternen Zahlungsverkehr beleglos abzuwickeln.17 Auch dies setzt voraus, daß der Rechner der Tauschzentrale im Rechnerverbund ins DATEX-J Netz eingebunden ist. Neben Zahlungsanweisungen und Kontostandsabfragen können dann auch die Beantragung und die Erteilung von Einkaufslimits und Deckungszusagen über BTX vorgenommen werden. 18 Durch Realisierung eines elektronischen Marktsystems lassen sich auf jeden Fall administrative Transaktionskosten einsparen. Darüber hinaus werden aber auch Unsicherheiten über die Verwendbarkeit von Guthabensalden infolge einer höheren Markttransparenz innerhalb des Tauschringes abgebaut und damit genauso wie durch verbesserte Werbung und Öffentlichkeitsarbeit Vertrauen aufgebaut und mißtrauensbedingte Transaktionskosten reduziert. Dies dürfte auch zur Folge haben, daß die Teilnahmemotivation der Mitglieder steigt und das Informations- und Verrechnungssystem häufiger genutzt wird. Zumindest in der Anfangszeit wird es aber vermutlich bei neu akquirierten Unternehmen zusätzlich nötig sein, eine intensivere Beratung und Betreuung der Teilnehmer durch Mitarbeiter der Barter-Clubs vorzusehen, um so eine aktive Teilnahme zu erreichen. 19 Denn erst eine entsprechende Aktivität der Mitgliedsfirmen kann gewährleisten, daß das System "ins Laufen kommt" und sich eine Vernetzung der Teilnehmer mit der Datenbank lohnt. 20 Um die Attraktivität einer Mitgliedschaft bei Barter-Clubs weiter zu steigern, wäre es nach dem Vorbild von Kreditkartenorganisationen vorstellbar, daß Barter-Clubs ihren Mitgliedern einen Zusatznutzen beispielsweise in Form zusätzlicher Beratungs- und Informationsdienstleistungen anbieten. So wäre es zum Beispiel denkbar, eine für die Mitgliedsfirmen kostenlose oder zumindest kostengünstige Rechtsberatung anzubieten. Weiterhin wäre es möglich, zusätzliche Leistungen im Bereich der Unternehmensberatung preiswert zu offerieren. Da dazu vermutlich jedoch Barter-Clubs aufgrund einer fehlenden Personalausstattung und mangelndem Know-how selbst nicht in der Lage sein werden, bieten sich hierfür Kooperationen mit Unternehmensberatungsgesellschaften oder Rechtsanwaltskanzleien an.
1 7
Die Bereitschaft der Unternehmen, auf beleglose Zahlung mittels Electronic Banking umzusteigen, ist mittlerweile sehr hoch (vgl. ο. V., Marktstudie, 1993, S. 19). 1 8 vgl. bspw. Huhn, G., Homeoffice Banking, 1992, S. 77 ff.; Gergen, Α., Bildschirmtext, 1991, insbesondere S. 129 ff; ο. V., Bankschalter, 1993, S. 49 ff; Schröder, G. Α., Telekommunikation, 1991, S. 367 ff 19 "Als Pionier (gemeint sind die Barter-Clubs, Anm. d. Verf.) ist es erforderlich, die Trägheit der Unternehmen zu überwinden sowie Unkenntnisse und Unsicherheiten bei den potentiellen Bedarfsträgern (Mitgliedern, Anm. d. Verf.) auszuräumen, um auf diese Weise die Akzeptanz ... zu fördern." (Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 67). 20 Studien belegen, daß ein Anschluß an eine Datenbank erst ab 15 - 20 Abfragen pro Monat sinnvoll ist (vgl. Schröder, Α., Telekommunikation, 1991, S. 368).
228
F. Schlußbetrachtung
Ein schwerwiegender Nachteil von Barter-Clubs besteht auch darin, daß bisher lediglich Unternehmen und Selbständige einbezogen sind, eine breite Masse von Konsumenten und Endverbrauchern aber ausgeschlossen ist, wenn man einmal davon absieht, daß Mitgliedsfirmen für ihre Arbeitnehmer Konten errichten können, auf die diese dann einen Teil ihres Lohnes bzw. Gehalts in Form von Sondervergütungen ausbezahlt erhalten. Dies hat weitreichende Konsequenzen, weil dadurch die Teilnahme an einem Barter-Club auch für viele Unternehmen, besonders des Einzelhandels, uninteressant ist. Godschalk schlägt deshalb zur Einbeziehung von Endverbrauchern die Einführung einer Kreditkarte vor, mit der herkömmliche Umsätze in Barter-Umsätze umgewandelt werden können:21 Ein Barter-Club gibt im sogenannten Co-BrandingVerfahren in Zusammenarbeit mit einer Kreditkartenorganisation und einer Bank, die die Emission übernimmt, eine eigene Kreditkarte (BARTER-CARD) heraus. Damit ist die universelle Ersetzbarkeit der BARTER-CARD als bargeldloses Zahlungsinstrument bei allen Vertragsunternehmen der Kartenorganisation, aber auch die Bargeldabhebung an Geldausgabeautomaten und am Schalter vieler Banken gewährleistet. Die besonderen ΒARTER-CARD-Eigenschaften treten erst durch ihre Verwendung bei den eigens zu akquirierenden ΒARTER-CARD-Vertragsunternehmen hervor, die zugleich Barter-Club-Mitglieder sind. Ein über die BARTER-CARD erzielter Umsatz wird dem jeweiligen Vertragsunternehmen auf seinem Verrechnungskonto gutgeschrieben. Entsprechend seinem Bedarf an Liquidität kann das Unternehmen sein Guthaben für Käufe innerhalb des Tauschringes nutzen oder es innerhalb einer vorher festgelegten Frist auf sein herkömmliches Girokonto überweisen. Um einen Anreiz zu schaffen, Liquidität bevorzugt in den Barter-Kreislauf zu schleusen, wird für den Fall der Überweisung eines Guthabens ein höheres Disagio fallig als bei Verbleib auf dem Verrechnungskonto. Darüber hinaus gibt Kruthaup zu bedenken, daß die Mitgliedschaft in einem Barter-Club unter Finanzierungsgesichtspunkten auch für öffentliche Haushalte geeignet und auf diese auszudehnen sei.22 Sofern beispielsweise Gemeinden die Möglichkeit zur niedrig verzinslichen bzw. unverzinslichen Kreditaufnahme erhalten, besteht für diese ein Anreiz, kommunale Bauprojekte mit Verrechnungskrediten zufinanzieren und den am Bau beteiligten Unternehmen zu gestatten, einen Teil ihrer Gemeindesteuern in Verrechnungsguthaben zu entrichten. Jedoch erscheint es zweifelhaft, inwiefern es überhaupt zulässig ist, Steuerabgaben anders als in Geld zu begleichen. Die Legaldefinition in § 3 Abs. 1 Abgabenordnung spricht von Steuern als Geldleistungen und schließt damit die Entrichtung von Steuern in Verrechnungsguthaben aus. Ferner eignen sich Bar2 1
2 2
vgl. Godschalk, H. T. C., Modelle, 1992, S. 102. Der hier skizzierte und geringfügig modifizierte Vorschlag beruht auf einem unveröffentlichten (informellen) Diskussionspapier, das im Oktober 1991 von H. T. C. Godschalk herausgegeben wurde. vgl. Kruthaup, F., Barter-Business, 1985, S. 99.
ΠΙ. Barter-Clubs als Geldreformprojekte
229
ter-Clubs bei ihrer gegenwärtigen Ausgestaltung auch nicht zur Finanzierung kapitalintensiver Projekte. Es müßten dazu auch langfristige Kredite vergeben werden, wobei sich bei einer derartigen Umgestaltung des Verrechnungssystems mit der Vergabe langfristiger Kredite die Anziehungskraft von BarterClubs auch insgesamt deutlich erhöhen dürfte: So beruht gerade die Attraktivität des Schweizer Wirtschaftsringes im besonderen auf der Vergabe zinsgünstiger Bau- und Investitionskredite. Abschließend sind hinsichtlich der Praktikabilität der dargelegten Vorschläge zur Überwindung von Schwierigkeiten und Problemen des Bedarfsausgleichs über Barter-Clubs noch folgende Anmerkungen hinzuzufügen: Einerseits handelt es sich bei den Konzepten um Vorschläge, die "experimentiellpragmatischer" Natur sind, deren Durchführbarkeit sich also erst im Rahmen einer praktischen Erprobung erweisen muß. Andererseits verursachen die vorgeschlagenen Maßnahmen meist hohe Kosten und einen hohen Kapitalbedarf, 23 so daß deren praktische Umsetzung infolge fehlender finanzieller Ressourcen der Tauschhandelsbetriebe in Frage gestellt sein kann.
I I I . Ausblick: Barter-Clubs als Pilotprojekte auf dem Weg zu einer alternativen Geldordnung Tauschgeschäfte können dazu beitragen, Transaktionen zu ermöglichen, die in der Geldwirtschaft aufgrund einer suboptimalen Versorgung mit Liquidität unterbleiben würden. Insofern deutet schon alleine die Zunahme des Tauschhandels auf eine fehlerhafte Konstruktion und Organisation des monetären Systems hin. Allerdings gibt es noch eine Reihe weiterer Anzeichen, die die These einer fehlkonstruierten Geldordnung festigen. Anzuführen gilt es dabei die Überschuldung vieler Entwicklungs- und Schwellenländer mit einer Reihe negativer Folgen wie z.B. wachsender Exportabhängigkeit dieser Länder und zunehmendem Raubbau an der Natur. 24 Aber auch die wachsende Verschuldung von öffentlichen und privaten Haushalten25 sowie Unternehmen in den Industrieländern ist zu nennen. So belastet etwa die wachsende Staatsverschuldung die öffentlichen Haushalte mit ansteigenden Zins- und Tilgungs-
2 3
vgl. hierzu auch: Köstler, W. Α., Wettbewerbsanalyse, 1991, S. 66, S. 72, S. 149 sowie insbesondere S. 74 - 76. 24 vgl. George, S., Verschuldung, 1988; Friedländer, T., Verschuldung, 1992, S. 16 ff.; ο. V., Schuldenkrise, 1993, S. 19; Holz, F., Verschuldungsproblem, 1993, S. 581 ff; Krieg, H. H., Schulden, 1992, insbesondere S. 14 - 1 9 ; Gerster, R., Umwelt, 1992. 25 Alleine in Deutschland gelten zwei Millionen Haushalte als überschuldet (vgl. ο. V., Schuldenlast, 1994, S. 5).
230
F. Schlußbetrachtung
Zahlungen26 und zwingt dazu, Leistungen in anderen Bereichen zu kürzen. 27 Auf der Unternehmensseite fuhrt eine Zunahme der Verschuldung entweder zu einer Verteuerung der Produkte und belastet damit die Verbraucher, da Zinsen als Kostenbestandteile in die Preise eingehen, oder reduziert die Gewinne, sofern höhere Preise am Markt nicht durchsetzbar sind. 28 Einer zunehmenden Verschuldung auf der einen Seite steht überdies ein exponentielles Wachstum der Geldvermögen auf der anderen Seite gegenüber.29 Dabei bewirken Zins- und Zinseszins, daß eine bereits bestehende Ungleichverteilung des Geldvermögens zunimmt.30 Infolge der Eskalation von Verschuldung und Geldvermögensbildung läuft obendrein die Entwicklung realer und monetärer Größen immer weiter auseinander.31 So stieg beispielsweise die Gesamtverschuldung in Deutschland in den Jahren von 1950 bis 1990 dreimal so stark an wie die Wirtschaftsleistung gemessen am Sozialprodukt.32 Exponentiell wachsende Geldvermögen und ausufernde Verschuldung bedingen dabei einen Zwang zum ununterbrochenen wirtschaftlichen Wachstum. Dies läßt sich einmal damit begründen, daß Schuldner unter den Zins- und Tilgungsverpflichtungen in Liquiditätsschwierigkeiten geraten können, die sich selbst durch zusätzliche Kredite nicht mehr abwehren lassen, sofern sie ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht dauerhaft erhöhen und wachsen.33 Zum anderen läßt sich ein Wachstumszwang auch darin ausmachen, daß eskalierende Geldvermögen fortlaufend profitbringende Anlagemöglichkeiten benötigen. Da sich aber nur in einer stetig wachsenden Wirtschaft hinreichend neue und gewinnbringende Anlagemöglichkeiten bieten, mit denen die anschwellenden Kapitalströme mit Zinsen bedient werden können, besteht ein Zwang zum anhaltenden wirtschaftlichen Wachstum.34 Einen noch weitreichenderen Erklärungsansatz fur einen Wachstumszwang in der Geldwirtschaft liefert der 2 6
Betrug bspw. der Schuldendienst des Bundes in Deutschland 1993 noch 116 Mrd. DM, so werden es nach einem Bericht der Bundesschuldenverwaltung 1997 bereits 283 Mrd. D M sein (vgl. ο. V., Schuldendienst, 1994, S. 31). 2 7 vgl. zu Ausmaß und Folgen der Staatsverschuldung: Wiegard, W., Staatsverschuldung, 1994, S. 269; Rürup, B., Perspektiven, 1994, S. 153 ff; Creutz, H., Syndrom, 1993, insbesondere S. 180 ff 2 8 vgl. zum Ausmaß der Verschuldung des Untemehmenssektors in Deutschland und den Folgen: Creutz, H., Syndrom, 1993, S. 191 ff , insbesondere S. 233 - 244. 2 9 vgl. zur Entwicklung der Geldvermögen in Deutschland: Creutz, Syndrom, 1993, S. 204 ff vgl. zu Umverteilungswirkungen und Geldvermögenskonzentration: Creutz, H., Syndrom, 1993, S. 105 ff und S. 273 ff. sowie S. 204 ff, insbesondere S. 213. 3 1 vgl. zur Scherenentwicklung von realen und monetären Größen in Deutschland: Lohr, D., Scherenentwicklung, 1989, S. 13 ff ; Reuter, N., Auseinanderentwicklung, 1989, S. 23 ff. 3 2 vgl. Creutz, H., Syndrom, 1993, S. 175. 3 3 vgl. hierzu auch: Fischbeck, H. J., Wirtschaft, 1994, S. 25 f.; Malik, F., Wachstumszwang, 1994, insbesondere S. 127 und S. 129. 3 4 vgl. Kennedy, M., Geld, 1993, S. 18 - 25; Creutz, H., Wachstum, 1986, S. 7 ff ; Creutz, H., Scherenöffhung, 1988, S. 7 ff; Rosenberger, W., Wachstumszwang, 1992, S. 53; Suhr, D., Behandlung, 1986, S. 50 - 53; Creutz, H., Syndrom, 1993, S. 308 - 313.
ΠΙ. Barter-Clubs als Geldreformprojekte
231
Schweizer Ökonom Hans Christoph Binswanger. Er sieht in der Verzwecklichung des Geldes zur Reichtumsvermehrung die treibende Kraft menschlichen Handelns,35 die dadurch, daß der Mensch selbst als Geldschöpfer auftritt, keiner natürlichen Begrenzung unterworfen ist. 36 Den Zwang gepaart mit einem Sog zum Wachstum unter den Bedingungen der Geldwirtschaft begründet Binswanger mit der Überlagerung geld- und realwirtschaftlicher Aspekte:37 Zur Werterhaltung des nicht für Konsumzwecke verwendeten Geldkapitals muß ihm eine ewige Lebensdauer verschafft werden. Der Geldkapitalbesitzer wird es dazu auf dem Geld- bzw. Kapitalmarkt gegen Zins anlegen. Dieser Zins kann nur dann gezahlt werden, wenn das Geldkapital gewinnbringend eingesetzt wird, d.h. wenn Realinvestitionen durchgeführt werden, die einen Ertrag abwerfen. Investitionen werden aber nur dann vorgenommen, wenn ein Investor neben dem Aufwand für das eingesetzte Fremdkapital und einem Abschreibungsbetrag, der zum Erhalt des Kapitalstocks notwendig ist, auch einen darüberhinausgehenden Ertrag, einen Gewinn erwirtschaften kann. Zugleich sind Investitionen aber auch eine unabdingbare Voraussetzung dafür, überhaupt Gewinne realisieren zu können, weil durch Investitionen in neue Produktionsverfahren erst Gewinnchancen entstehen. Unter der Bedingung und gleichzeitigen Voraussetzung für jegliche Investitionstätigkeit, daß die Gewinnrate höher ist als der Zins, führt dies aber zu einem kumulativen Wachstum des Kapitals in einem Ausmaß, in dem die Gewinne für Neuinvestitionen verwendet werden. Dabei haben nicht nur die Investoren zwecks Auftechterhaltung der Gewinnsituation ein besonderes Interesse an einem derartigen Kapitalwachstum und einer damit verbundenen permanenten Zunahme der Investitionen, sondern auch die Kapitaleigner, da nur der Kapitalwert einer permanent wachsenden Kapitalanlage immer über der angelegten Kapitalsumme liegt. Demgegenüber führt bereits eine Stagnation des Wachstums zu einem Kapitalverlust, weil sich schon im Falle der Aufrechterhaltung der Gewinnrate eine Minderung des Kapitalwerts ergibt, die zu einem Verlust auf der Vermögensseite führt. Ursächlich dafür ist die Vergegenwärtigung zukünftiger Gewinne im Barwert und der Umstand, daß sich hieraus der Kurswert bzw. der Preis der Kapitalwerte errechnet. Da Kapitalwerte zum Barwert gehandelt
35 vgl. Binswanger, H. C., Natur, 1991, insbesondere S. 9 und S. 13-23. Binswanger greift dabei auf Aristoteles zurück (vgl. Binswanger, H. C., Natur, 1991, S. 113 - 117), der in seinen philosophischen Schriften ebenfalls feststellt, daß durch die Verwendung von Geld eine neue Wertordnung entsteht, die er als Chrematistik bezeichnet und bei der, im Gegensatz zur eigentlichen, naturgemäßen und erstebenswerten Erwerbskunde (Oikonomik), die vornehmlich der Selbstversorgung und dem Austausch von Überschüssen dient, der alleinige Gebrauch des Geldes zur Reichtumsvermehrung im Vordergrund steht (vgl. hierzu ausführlich: Haesler, A. J., Topos, 1983, S. 286 - 304). 36 vgl. zu den Charakteristika der modernen Geldwirtschaft: Binswanger, H. C., Geld, 1994, S. 94 99. 37 vgl. hierzu ausführlich: Binswanger, H. C., Natur, 1991, S. 83 ff, insbesondere S. 88 - 100 sowie Binswanger, H. C., Geld, 1994, insbesondere S. 103 -118.
232
F. Schlußbetrachtung
werden, hat eine Reduzierung des Barwertes eine analoge Verringerung des Kurswertes respektive des Preises zur Folge. Dieser sinkt, sofern sich das künftige Gewinnwachstum lediglich verringert. Daraus folgt aber, daß sowohl Investoren als auch Kapitalanleger nicht nur der Profite wegen an einem Anstieg der Gewinne, also an einem dauerhaften Wirtschaftswachstum interessiert sind, sondern auch, um einen bevorstehenden Kapitalverlust zu vermeiden. Angesichts der erwähnten Instabilitäten und Krisenerscheinungen, ftir die sich unsere gegenwärtige Geldordnung verantwortlich zeichnet und die sogar soweit gehen, daß unsere Lebensgrundlagen durch einen systemimmanenten Wachstumszwang nachhaltig und irreversibel zerstört werden,38 besitzen dezentral-organisierte Tauschsysteme nach dem Muster von Barter-Clubs Modellcharakter, weil sie Fehler und Funktionsschwächen der heutigen Geldordnung vermeiden:39 Durch Zinsverzicht, Glattstellungsregeln und Ausschluß der Konvertibilität von Verrechnungsguthaben sind Barter-Clubs ausschließlich auf den Austausch realer Leistungen ausgerichtet. Das Geld in Form von Verrechnungsguthaben bleibt auf seine Rolle als Tauschmittel beschränkt. Dadurch wird eine bestimmte Schwäche des Geldes, die ihre Ursache darin hat, daß Geld als Wertaufbewahrungsmittel benutzt wird, behoben und es ist unmöglich bzw. unrentabel, Geld durch Finanzanlage bzw. Hortung dem realen Tauschprozeß zu entziehen. Da eine multiple Geldschöpfung wie im Bankensystem ebenso ausgeschlossen ist, sind Prozesse unmöglich, wie wir sie in der Geldwirtschaft mit dem Auseinanderdriften realer und monetärer Größen vorfinden. Demzufolge wirken Barter-Geschäfte auch einem Wachstumszwang, soweit er rein geldwirtschaftlich bedingt ist, entgegen. Infolge des Wegfalls von Zinsen entfällt zudem die Belastung von Markttransaktionen mit Finanzierungskosten. Umverteilungseffekte und dadurch bedingte Kapitalakkumulation wie wir sie in der Geldökonomie durch Zins und Zinseszinseffekt kennen, sind gleichfalls ausgeschlossen. Dadurch wirkt Barter auch dem zunehmenden Konzentrationsprozeß in der Wirtschaft entgegen. Schließlich können von Verrechnungsgeschäften vor allem solche Unternehmen und Regionen profitieren, die im besonderen unter dem strukturellen Problem einer zunehmend suboptimalen Versorgung mit monetärer Liquidität leiden. Dazu gehören in erster Linie kleine und mittelständische Unternehmen sowie Unternehmen in strukturschwachen Gebieten.
3 8
3
vgl. bspw. Qnken, W., Entropie, 1994, S. 34 ff. Zu den Grenzen des Wachstums sowie zu den Folgen eines "unbegrenzten" Wachstums siehe stellvertretend für viele: Meadows, D./Meadows, D./Randers, J., Grenzen, 1992. 9 vgl. hierzu auch: Godschalk, H. T. C., Modelle, 1992, S. 100 f.; Scherhorn, G., Barter, 1990, S. 4 ff.; Godschalk, H. T. C., Pilotprojekte, 1986, S. 19 und S. 24; Suhr, D./Godschalk, H. T. C., 1986, insbesondere S. 108 ff
ΠΙ. Barter-Clubs als Geldreformprojekte
233
Im Hinblick auf die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen des Barter-ClubHandels lassen sich Tauschbörsen deshalb als Pilotprojekte bzw. Embryos einer alternativen Geldordnung betrachten,40 deren wichtigstes Merkmal darin besteht, daß das Geld auf seine eigentliche Funktion, nämlich den Austausch zu erleichtern, reduziert wird. Entsprechend ist eine weitere Ausdehnung dieser Handelsform als Korrektiv zu einer von Fehlentwicklungen und Krisenerscheinungen geprägten Geldwirtschaft wünschenswert. Die Wirtschaftspolitik sollte deshalb die Ausbreitung von Verrechnungsgeschäften fördern und Barrieren bzw. Hemmnisse, die einer künftigen Expansion im Wege stehen, aus dem Weg räumen.
4 0
vgl. Godschalk, H. T. C., Modelle, 1992, S. 100 f.; Kennedy, M., Geld, 1993, S. 188 ff; Godschalk, H. T. C., Pilotprojekte, 1986, S. 19.
Anhang
Die Schweizer W I R Wirtschaftsring-Genossenschaft in Zahlen Tab. A 1: Entwicklung der Konten seit 1987 Quelle: Auskünfte der WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
Jahr
offizielle Konten
Zunahme in %
stille Konten
1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
13.863 14.966 16.135 17.266 18.383 19.855 20.548
7,96% 7,81% 7,00% 6,48% 8,01% 3,49%
23.140 25.548 27.746 30.161 33.656 37.459 40.960
Zunahme Arbeitnehin % merkonten 10,41% 8,60% 8,70% 11,59% 11,23% 9,35%
4.779 5.883 6.965 8.303 10.196 12.429 14.596
Zunahme in % 23,10% 18,39% 19,21% 22,80% 18,31% 17,43%
Tab. A 2: Entwicklung des Kreditvolumens seit 1987 Quelle: Auskünfte der WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
langfristige Kredite absolut Zunahme in % 330,5 404,3 22,33% 489,7 21,12% 18,30% 579,3 21,56% 704,2 804,5 14,24% 7,37% 863,8
gedeckt 24,4 29,1 32,4 38,5 40,1 42,2 43,2
kurzfristige Kredite Zunahme in % ungedeckt 24,1 19,26% 29,4 35,7 11,34% 38,0 18,83% 4,16% 44,1 4,99% 50,2 2,37% 53,0
Zunahme in % 21,99% 21,43% 6,44% 16,05% 13,83% 5,58%
Anhang I. A 3: C Wirtschaftsring im Überblick îllen: ο. Geschäftsstellen-Handbuch, o.J., S. 28; Meierhofer, L., Analyse 1985, S. 59; Bührer, S., Κί :alerhöhung, 8/1992, S. 12; Auskünfte der WIR Wirtschaftsring-Genossenschaft
Jahr 1935 1940 1945 1948 1949 1950 1951 1952 1953 1954 1955 1956 1957 1958 1959 1960 1961 1962 1963 1964 1965 1966 1967 1968 1969 1970 1971 1972 1973 1974 1975 1976 1977 1978 1979 1980 1981 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
Umsatz in Mio. sfr. 1,00 2,00 0,50 1,10 2,00 3,80 6,80 12,60 20,20 30,00 39,10 47,20 48,40 53,00 60,00 67,40 69,30 76,70 83,60 101,60 111,90 121,50 135,20 152,20 170,10 183,30 195,10 209,30 196,70 200,00 204,70 223,00 233,20 240,40 247,50 255,30 275,20 330,00 432,30 523,00 673,00 825,00 1065,00 1329,00 1553,00 1788,00 2047,00 2404,00 2521,00
Zunahme WIR-Geld- Zunahme Umschlag in % menge in % des WIRGeldes
81,82% 90,00% 78,95% 85,29% 60,32% 48,51% 30,33% 20,72% 2,54% 9,50% 13,21% 12,33% 2,82% 10,68% 9,00% 21,53% 10,14% 8,58% 11,28% 12,57% 11,76% 7,76% 6,44% 7,28% -6,02% 1,68% 2,35% 8,94% 4,57% 3,09% 2,95% 3,15% 7,79% 19,91% 31,00% 20,98% 28,68% 22,59% 29,09% 24,79% 16,85% 15,13% 14,49% 17,44% 4,87%
0,10 0,20 0,20 0,30 0,50 1,00 1,30 3,10 4,60 7,20 10,50 11,80 12,10 13,10 14,00 15,40 16,70 19,30 21,60 24,30 25,50 27,00 37,30 44,90 50,30 57,20 66,20 69,30 69,90 73,00 78,90 82,20 84,50 86,50 89,00 94,10 102,30 127,70 159,60 200,80 242,70 292,40 359,20 437,30 525,70 612,50 731,60 829,90 892,10
66,67% 100,00% 30,00% 138,46% 48,39% 56,52% 45,83% 12,38% 2,54% 8,26% 6,87% 10,00% 8,44% 15,57% 11,92% 12,50% 4,94% 5,88% 38,15% 20,38% 12,03% 13,72% 15,73% 4,68% 0,87% 4,43% 8,08% 4,18% 2,80% 2,37% 2,89% 5,73% 8,71% 24,83% 24,98% 25,81% 20,87% 20,48% 22,85% 21,74% 20,21% 16,51% 19,44% 13,43% 7,50%
4,9 5,2 5,9 5,7 5,3 5,1 4,4 4,2 4,1 4,2 4,4 4,6 4,3 4,3 4,1 4,4 4,5 4,6 4,2 3,7 3,6 3,4 3,2 3,1 2,8 2,8 2,7 2,8 2,8 2,8 2,8 2,7 2,7 2,6 2,7 2,6 2,8 2,8 3,0 3,0 3,0 2,9 2,8 2,9 2,8
Anzahl Konten 2.950 1.097 624 814 1.070 1.574 2.089 2.941 4.540 5.957 7.231 9.060 10.286 11.606 12.192 12.567 12.445 12.720 12.670 13.680 14.367 15.076 15.964 17.069 17.906 18.239 19.038 19.523 20.402 20.902 21.869 23.173 23.929 24.479 24.191 24.227 24.501 26.040 28.414 31.330 34.353 37.629 41.782 46.895 51.349 56.309 62.958 70.465 76.618
Zunahme in %
31,45% 47,10% 32,72% 40,79% 54,37% 31,21% 21,39% 25,29% 13,53% 12,83% 5,05% 3,08% -0,97% 2,21% -0,39% 7,97% 5,02% 4,93% 5,89% 6,92% 4,90% 1,86% 4,38% 2,55% 4,50% 2,45% 4,63% 5,96% 3,26% 2,30% -1,18% 0,15% 1,13% 6,28% 9,12% 10,26% 9,65% 9,54% 11,04% 12,24% 9,50% 9,66% 11,81% 11,92% 8,73%
Barter Clearing & Information in Zahlen
237
Barter Clearing & Information in Zahlen Tab. Β 1 : Entwicklung des Mitgliederbestandes bei BCI-Deutschiand Quelle: BCI-Deutschland Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
Teilnehmer-Zugang 256 3.249 3.305 1.537 1.363 2.790 3.215
Teilnehmer-Abgang 7 350 2.549 3.067 1.737 1.251 2.385
Teilnehmer-Bestand 250 3.149 3.905 2.375 2.001 3.540 4.370
Tab. Β 2: Entwicklung des Mitgliederbestandes bei BCI-österreich Quelle: BCI-Österreich Jahr 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
Teilnehmer-Zugang 42 783 1.613 1.857 805 707 668 705
Teilnehmer-Abgang 0 62 501 1.180 1.663 1.051 684 702
Teilnehmer-Bestand 42 763 1.875 2.552 1.721 1.377 1.361 1.364
Tab. Β 3: Entwicklung des Bestandes an Barter-Teilnehmem bei BCI Quelle: BCI-Deutschland Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
BCI-Gesamt 205 1.889 4.421 3.365 3.083 3.731 3.932
Deutschland 56 1.167 2.857 1.872 1.761 2.445 2.664
Osterreich 149 722 1.564 1.493 1.322 1.286 1.268
Tab. Β 4: Anteil der Barter-Teilnehmer am gesamten Mitgliederbestand bei BCI Quelle: BCI-Deutschland Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
BCI-Gesamt 20,24% (1.013) 37,60% (5.024) 68,47% (6.457) 82,15% (4.096) 91,27% (3.378) 76,13% (4.901) 68,57% (5.734)
Deutschland 22,40% 37,06% 73,16% 78,82% 88,00% 69,07% 60,96%
Osterreich 19,53% 94,62% 83,41% 58,50% 96,00% 94,49% 92,96%
238
Anhang
Tab. Β 5: Entwicklung der Barter-Umsätze bei BCI Quelle: BCI-Deutschland Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
BCI-Gesamt 1,66 Mio. DM 9,11 Mio. DM 29,36 Mio. DM 58,24 Mio. DM 96,85 Mio. DM 118,41 Mio. DM
Deutschland 0,27 Mio. DM 1,85 Mio. DM 8,05 Mio. DM 11,74 Mio. DM 23,42 Mio. DM 26,24 Mio. DM
Osterreich 2,2 Mio. öS. 9,1 Mio. öS. 50,8 Mio öS. 149,2 Mio öS. 325,5 Mio öS. 514,0 Mio öS. 645,2 Mio. öS.
Tab. Β 6: Entwicklung der Barter-Transaktionen bei BCI Quelle: BCI-Deutschland Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
BCI-Gesamt
Deutschland
1.374 8.274 17.366 30.020 36.542 40.220
194 1.792 2.710 6.170 10.700 15.045
Osterreich 187 1.180 6.482 14.656 23.850 25.842 25.175
Tab. Β 7: Entwicklung der Beitragseinnahmen bei BCI Quelle: BCI-Deutschland Jahr 1988 1989 1990 1991 1992 1993
BCI-Gesamt
10,9 Mio. DM 8,8 Mio. DM 12,2 Mio. DM 13,4 Mio. DM
Deutschland 7,2 Mio. DM 10,5 Mio. DM 6,8 Mio. DM 5,5 Mio. DM 8,8 Mio. DM 10,5 Mio. DM
Osterreich
28,9 Mio. 23,4 Mio. 23,5 Mio. 20,0 Mio.
öS. öS. öS. öS.
Tab. Β 8: Entwicklung des Nachfragevolumens bei BCI Quelle: BCI-Deutschland Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
BCI-Gesamt 12.734 14.213 13.541 15.161 21.249 26.346
Deutschland 8.594 9.001 7.083 6.795 13.084 16.885
Osterreich 2.398 4.140 5.212 6.448 8.366 8.165 9.461
Barter Clearing & Information in Zahlen
239
Tab. Β 9: Entwicklung des Volumens versandter Nachfragen bei BCI Quelle: BCI-Deutschland Jahr 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993
BCI-Gesamt
199.172 95.193 80.452 138.747 207.648
Deutschland
144.210 66.876 42.924 91.853 149.411
Österreich 21.217 102.456 54.962 28.317 37.528 46.894 58.237
240
Anhang
ALLGEMEINE VERTRAGSBEDINGUNGEN (AVB) für das BCI-lnformations- und Verrechnungssystem Gültig ab 01.01.1993
§ 1 - Beitri t t/ Ver tragssQhlu ß - T ütiglwi t von Kl 1. Mit Unterzeichnung der BCI-Beitrittserklärung und deren Annahme durch die BCI nimmt der Teilnehmer am BCI-lnformations- und Verrechnungssystem teil und beauftragtdie BCI Vermittlung von Kompensationsgeschäften GmbH & Co. Beteiligungs-KG ("BCI"), Geschäftsabschlüsse zwischen den Teilnehmern zu fördern und zu ermöglichen (entgeltlicherGeschäftsbesorgungsvertrag) Einer Mitteilung der Annahmeerklärung durch die BCI bedarf esfür die Wirksamkeit desVertragsabschlusses nicht. DieAnnahmeder Beitrittserklärung durch BCI erfolgt durch Eingabe der Teilnehmerdaten in die EDV-Anlage DieLaufzeitdesVertragesbeginntzudem in der Beitrittserklärung festgelegten Datum. 2.
Die von BCI übernommene Aufgabe zur Förderung und Ermöglichung von Geschäftsabschlüssen zwischen den Teilnehmern wird im Wesentlichen durch folgende Tätigkeiten erfüllt:
a) BCI-lnformationssystem: BCI unterhältein EDV gesteuertes Informationssystem und betreibtzu diesem Zweck einezentrale Datenbank. In dieser Datenbank werden Daten über Angebote von und Nachfragen nach Waren/Dienstleistungen der Teilnehmer aufgenommen und gemäß deren Angaben ständig ergänzt. Laufend werden die neuen Nachfragen mit den Angeboten der anderen Teilnehmerverglichen, den potentiellen Anbietern zugeordnet und in Form von Nachfragelisten zugesandt.
b) BCI-Vermchnungssystem: Den Teilnehmern wird die Möglichkeit eingeräumt, diezwischen ihnen getâtigtén Liefer-/Leistungsgeschäfte ganz oder teilweise im Wege des BCI-Verrechnungssystems bargeldlos abzuwickeln. Diese Aufgabe wird im Auftrag der BCI GmbH & Co. KG durch die BCI-Verrechnungsstelle für Austauschgeschäfte GmbH (nachfolgend BCI VAG genannt) wahrgenommen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe führt die BCI VAG fürdie Teilnehmer Verrechnungskonten und unterhält ein Treuhandkonto, über das getrennt von ihrem sonstigen Vermögen die Einzahlungen durch und die Auszahlungen an die Teilnehmer abgewickelt werden (vgl. § 7). Aus allen im Zusammenhang mitderVerrechnungstätigkeitentstehenden Forderungen und Verbindlichkeiten ist ausschließlich die BCI VAG berechtigt bzw. verpflichtet. Für das BCI-Verrechnungssystem gelten insbesondere die §§ 3-9.
§
2 - Umfang und Verwendung
der Informationsdaten/A
ufgaben des Teilnehmers
1. a) Informationen werden erteilt, soweitsie der BCI von den BCI-Teilnehmern mitgeteilt worden sind, gegebenenfalls ergänzt durch solche Daten, dieder BCI aus allgemein zugänglichen Quellen (z.B. Handelsregistern) bekannt geworden sind. b) Art und Umfang der abgerufenen Informationen sind beschränkt auf diejenigen Gebiete und Branchen, die bei Unterzeichnung der BCI-Beitrittserklärung für das BCI-lnformations- u. Verrechnungssystem vereinbartworden sind. c) Die dem Teilnehmerzugänglich gemachten Informationen dürfen nurfürdessen eigene Zwecke verwendet werden. In keiner Weise darf von ihrem Inhalt Dritten Kenntnis gegeben oderauf sie Bezug genommen werden. Als Dritte in diesem Sinne gelten nicht: Angestellte und sonstige in ständiger Vertragsbeziehung zu dem Teilnehmerstehende Mitarbeiter oder Vertreter, unterdergemeinsamen Leitung des Teilnehmers stehende und von diesem beherrschte Unternehmen sowie ständige Mitarbeiter oderVertreter der letzteren. Dritter ist auch nicht der BCI-Teilnehmer, von dem die abgerufenen Informationen stammen bzw. dessen Angestellte und Mitarbeiter im vorstehenden Sinne. Ein Verstoß verpflichtet den Teilnehmer zum Schadenersatz gegenüber der BCI. d) Der Teilnehmer willigt ein, daß die in Absatz 1 genannten Daten von BCI in einer Datenbank oder durch schriftliche Mitteilungen bekanntgemachtwerden. BCI wird Daten nur insoweit speichern und mitteilen, alsdieszurWahrungderberechtigten Interessen aller Teilnehmer am reibungslosen Funktionierendes BCI-lnformations- und Verrechnungssystems erforderlich ist und dadurch die schutzwürdigen Belange des betroffenen Teilnehmers nicht beeinträchtigt werden. Die EinwilligungdesTeilnehmerszur Speicherung und Weitergabe von Daten bezieht sich in jedem Fall auf Firmenname, Adresse, gesetzlichen Vertreter, Namen der Ansprechpersonen, Beschreibung des Waren-/Dienstleistungsprogramms und sonstige zur genaueren Erfassung des Angebotsund Nachfragepotentials erforderliche Daten. Diese Einwilligungserklärung schließtauch die Nutzung dieserDaten durch BCIfür eigene Werbezwecke ein, soweit es der Expansion des BCI-lnformations- und Verrechnungssystems dienlich ist. e) Im Hinblick darauf, daß BCI nur als Vermittler der Teilnehmerdaten auftritt, ist jede Haftung, welcher Art auch immer, ausgeschlossen, insbesondere fürdie Richtigkeit, Vollständigkeit und Mängelfreiheitdergelieferten Daten. 2. a) Der Teilnehmer soll mindestens einmal pro Monat der BCI eine Nachfrage bekanntgeben, derein echter Bedarf zugrunde liegt. Der Teilnehmer hatdie ihm von BCI übermittelten Nachfragen andererTeilnehmer unverzüglich zu beantworten. b) DerTeιlnehmerhatdιebranchenmäßιgeZuordnungseinerFιrmaindeΓDatenbankzuübeφrϋfen. Gibt BCI dem Teilnehmereine Nachfrage bekannt, die nicht seine Branche betrifft, so ist BCI entsprechend zu informieren. c) Änderungen der in der Datenbank gespeicherten Firmendaten (Abs. 1 a und b) sind umgehend BCI mitzuteilen.
Vertragsbedingungen der Barter Clearing & Information - Deutschland §
3-
241
Abwicklung des BCI-Verrechnungssystems
Der Teilnehmer erklärt sich grundsätzlich bereit, seine Waren-/Dienstleistungen anderen Teilnehmern zu den üblichen Konditionen anzubieten. Eine Verpflichtung zum Abschlußeines Liefer-/Leistungsvertrages besteht nicht. Die Vertragskonditionen werden zwischen dem anbietenden ("Verkäufer") und nachfragenden ("Käufer") Teilnehmer frei ausgehandelt, jedoch mit der Maßgabe, daß im Falle eines Vertragsabschlusses anstelle der Barzahlung die Verrechnung gemäßdem nachfolgend beschriebenen BCI-Verrechnungssystem vereinbart ist. 1. BCI VAG unterhältfür jeden Teilnehmerein Verrechnungskonto, auf dem jeder einzelne Geschäftsvorgang zwischen den Teilnehmern jeweilsalsGutschriftbzw.Lastschriftverbuchtwird. DerTeilnehmer erhält nach jeder Buchung auf seinemVerrechnungskonto einen Kontoauszug. 2.
BCI VAG wird dem Verkäufereine Gutschrift in Höhe des Rechnungswertes (inklusive Mehrwertsteuer) odereines Teilbetrages der von ihm erbrachten Lieferung/Leistung auf seinem Verrechnungskonto erteilen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind : a) Vor Abschluß des zugrundeliegenden Vertrages muß dem Verkäufereine Verrechnungszusage von BCI VAG erteilt sein. BCI VAG ist verpflichtet, diese Zusage zu erteilen, wenn der Käufer entweder über ein entsprechendes Guthaben auf seinem Verrechnungskonto oder aberüberein ausreichendes Einkaufslimit (vgl. §9) verfügt. b) Innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Verrechnungszusage müssen eine Kopie der Rechnung sowie das vom Käufer und Verkäufer unterzeichnete"BCI-Verrechnungsformular" bei BCI VAG eingegangen sein. In diesemVerrechnungsformular erkennt der Käuferan, der BCI VAG den in der Rechnung ausgewiesenen Bruttorechnungsbetrag odereinen Teilbetrag hiervon, unabhängig vom zugrundeliegenden Liefer-/Leistungsgeschäft, zu schulden (abstraktes Schuldanerkenotnis), wobei die Tilgung dieser Schuld grundsätzlich (vorbehaltlich § 5 Abs. 1 ) durch Verrechnung im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses erfolgt. Nach Ablauf der Frist ist BCI VAG berechtigt, die Verrechnung abzulehnen.
3. Die Teilnehmer sind berechtigt, das zugrundeliegende Liefer-/Leistungsgeschäft nur hinsichtlich eines Teiles des Rechnungsbetrages überdas BCI-Verrechnungssystem abzuwickeln, wenn sie sich hierüber ausdrücklich einig sind und diese Einschränkung auf der an BCI VAG gesandten Rechnungskopie vermerkt ist. Im übrigen gilt die Regelung gemäß vorstehendem Absatz 2 entsprechend. 4.
BCIVAG wird gleichzeitig mitder Erteilung der Gutschriftauf demVerrechnungskonto des ^Verkäufers das ^Verrechnungskontodes Käufers mit dem gleichen Betrag belasten.
§
4 - Rechtsnatur des BCI-lnformations-
und Verrechnungssystems
1. Mit Unterzeichnung und Annahme der BCI-Beitrittserklärung kommt ein zweiseitiger Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB) zustande, aufgrund dessen der Teilnehmer eine Beitritts-und eine Jahresgebühr zu zahlen hat(§ 10) und BCI verpflichtet ist, a) zum Zwecke der Förderung von Geschäftsabschlüssen zwischen den Teilnehmern diese im Rahmen des vereinbarten BCIInformationssystems zu informieren sowie b) zum Zwecke derAbwicklung getätigter Geschäftsabschlüsse für jeden TeilnehmereinVerrechnungskonto auf Kontokorrentbasis (§ 355 HGB) zu führen. Durch diesen Geschäftsbesorgungsvertrag werden rechtliche Beziehungen ausschließlich zwischen BCI bzw. BCI VAG und dem betreffenden Teilnehmer, nicht aberzwischen den Teilnehmern untereinander begründet. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten zwischen den Teilnehmern richten sich ausschließlich nach dem zugrundeliegenden Liefer-/Leistungsvertrag, der mangels einer ausdrücklichen gegenteiligenVereinbarung stillschweigend durch diese AllgemeinenVertragsbedingungen inhaltlich dahingehend ergänzt wird, daßdie Tilgung des gesamten Rechnungsbetrages nach Maßgabe des in §3 geregelten Kontokorrent- und Verrechnungssystems vereinbart ist, es sei denn, die Parteien des Grundgeschäfts haben die Abwicklung dieses Geschäfts überdas BCI-Verrechnungssystem ganz oder teilweise ausdrücklich ausgeschlossen. 2. Im Hinblick darauf, daß BCI bzw. BCI VAG aus den zwischen den Teilnehmern abgeschlossenen Liefer-/Leistungsgeschäften weder berechtigt noch verpflichtet wird, sind Ansprüche aus Leistungsstörungen jeder Art (Gewährleistungs-, Schadenersatz-, Rückgewähransprücheetc. auch bei rechtsgrundloser Leistung) unmittelbarzwischen den jeweiligen Parteien des Grundgeschäfts gerichtlich oder außergerichtlich geltend zu machen und abzuwickeln. Die Teilnehmer sind jedoch in einem solchen Fall berechtigt, zur Beilegung von Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten vereinbarte Ausgleichszahlungen durch Einbeziehung in das BCI-Verrechnungssystem untergemeinsamerVerwendung der BCI-Verrechnungsformulare abzuwickeln, solange für denzu belastenden Teilnehmereine ausreichende Deckung durch einen Guthabensaldo oderdurch ein entsprechendes Einkaufelimit vorhanden ist. Anstelle der Rechnung ist in einem solchen Fall die Kopie derVergleichsvereinbarung zwischen den betreffenden Teilnehmern bei BCI VAG einzureichen. 3. DasmitderUnterzeichnungdesBCI-Verrechnungsformularserfüllungshalber(§364Abs. 2 BGB) abgegebene abstrakte Schuldanerkenntnis wird mit der Entgegennahme des Kontoauszuges durch Anerkennung des neuen Kontosaldos ersetzt ("noviert"), wenn der Teilnehmer nicht innerhalb einer Frist von zehn Tagen schriftlich widerspricht; ein solcher Widerspruch ist nur zulässig, wenn ein BuchungsfehlervorliegtoderdieVerbuchung nicht gemäß §3 ordnungsgemäß vorgenommen wurde. In einem solchen Falle wird BCI VAG Korrektur-bzw. Stomobuchungen auf demVerrechnungskonto durchführen. 4.
Der jeweilige Kontoauszug enthält, unabhängig vom Schicksal des zugrundeliegenden Liefer-/Leistungsgeschäfts, eine für BCI VAG und den Teilnehmer verbindliche Saldenbestätigung (abstraktes Schuldanerkenntnis), die als Leistung an Erfüllung Statt gemäß § 364Abs. 1 BGB den zugrundeliegenden Zahlungsanspruch zum Erlöschen bringt.
16 Schneider
242 §
Anhang
5 - Ayçgiçiçh far Guthaben-/ Debetseiten (ter Teilnehmer
1. Eine Abtretung von odersonstigeVerfügung über Guthaben auf denVerrechnungskonten istnurmitschriftlicherZustimmungderBCI VAGzulässig. Ein Ausgleich dieser Guthaben ist während der Laufzeit desVertrages nur im Wege derVerrechnung mit Schuldsalden möglich. Nach Vertragsbeendigung hat der Teilnehmer nur insoweit einen Anspruch auf Auszahlung seines Guthabens, als auf dem von BCI VAG verwalteten Treuhandkonto ausreichende Geldmittel vorhanden sind; dieser Anspruch auf Auszahlung entsteht erst nach Ablaufvon vierundzwanzig Monaten Sëit Beendigung des Vertrages. Der Teilnehmer hatjedoch auch nach Vertragsbeendigung das Recht, sein Guthaben auf dem Verrechnungskonto durch den Bezug von Waren/Dienstleistungen von anderen BCI-Teilnehmem im Rahmen des BCI-Verrechnungssystems auszugleichen. 2. 3.
Der Teilnehmerhat einen Schuldsaldo innerhalb von zwölf Monaten auszugleichen. Maßgebend ist der Tag der Verbuchung des Schuldsaldos auf dem Verrechnungskonto. Im Falle der Vertragsbeendigung durch Kündigung giltfolgendes: a) Kündigt der Teilnehmer ordentlich, fristgerecht oder kündigt BCI aus einem in der Person des Teilnehmers liegenden Grund (§ 12 Abs. 3), so ist ein Schuldsaldo spätestens zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung auszugleichen. b) Macht BCI von ihrem ordentlichen Kündigungsrecht (§ 12 Abs. 1 ) Gebrauch oder kündigt der Teilnehmeraus wichtigem Grund, so muß derTeilnehmer seinen Schuldsaldo spätestens nach zwölf Monaten vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Kündigung an gerechnet ausgleichen. Die Regelung in Abs. 2 bleibt unberührt.
4. Die Kündigung des Einkaufslimits oder dessen Herabsetzung durch BCI (§9 Abs. 2) bewirkt-wiedergänzliche oder teilweise Wegfall gestellter Sicherheiten - die sofortige Fälligkeit aller Schuldsalden auf dem Verrechnungskonto. In allen vorgenannten Fällen hat ein Ausgleich zum Fälligkeitszeitpunkt in bar an BCI VAG zu erfolgen.
§
6 - Eigentumsvorbehalt.
Sicherungsübereignung
1. Für den Fall, daß Waren unter Eigentumsvorbehalt geliefertwerden, übereignetderVerkäuferbereitsjetztdas vorbehaltene Eigentum an der gelieferten Ware durch Abtretung des Herausgabeanspruchs gemäß §§ 929,931 BGB an die BCI VAG. 2.
Fürden Fäll, daß Verkäuferund Käuferden sogenannten verlängerten Eigentumsvorbehalt vereinbart haben, giltdie in vorstehendem Absatz 1 getroffene Regelung entsprechend mit der Maßgabe, daß an die Stelle der Übertragung des vorbehaltenen Eigentums die Forderung aus dem Weiterverkauf der gelieferten Ware als Sicherheit an BCI VAG abgetreten wird.
3.
Fürden Fall, daßderEigentumsvorbehalterlischt, übereignetderKäuferbereitsjetztdas Eigentum an den gelieferten Waren sicherungshalber an die BCI VAG. Die Übergabe wird dadurch ersetzt, daß BCI VAG diese Waren dem Käufer leihweise überläßt. Soweit Dritte unmittelbaren Besitz an diesen Waren erlangen, tritt der Käufer bereitsjetzt seine bestehenden und künftigen Herausgabeansprüche an die BCI VAG ab.
4. Wird aus einem Liefer-/Leistungsgeschäft nurein Teilbetrag der Zahlungsverpflichtung des Käufers im Rahmen des BCI-Verrechnungssystems abgewickelt, so ist BCI VAG berechtigt, sich aus den in den vorstehenden Absätzen vereinbarten Sicherungsrechten vorrangig zu befriedigen. 5.
Die in vorstehenden Absätzen genannten Sicherungsrechte dienen der BCI VAG als Sicherheit für den Ausgleich eines bestehenden oder künftigen Schuldsaldos des Käufers, unabhängig davon, aus welchen Liefer-/Leistungsgeschäften der Schuldsaldo resultiert.
§ 7 - TreuhandtontQ 1. BCI VAG unterhält im eigenen Namen, jedoch für Rechnung derjenigen Teilnehmer, die ein Guthaben auf ihrem Verrechnungskonto haben, ein von ihrem sonstigen Vermögen getrenntes Bankkonto (Treuhandkonto"), über das die Ausgleichszahlungen sowohl der Schuld- als auch der Guthabensalden (vgl. § 5) abgewickeltwerden. Die auf diesem Treuhandkonto von der BCI VAG verwalteten Mittel stehen den Teilnehmern im Verhältnis ihrer Guthabensalderi zueinander zu. Den Teilnehmern stehen Zinsansprüche aus treuhänderisch verwalteten Geldern nichtzu. 2.
Die Geschäftsführung der BCI VAG ist hinsichtlich der Verwaltung des Treuhandkontos nurdem Beirat der BCI VAG gegenüber verantwortlich, dem sie in regelmäßigen Zeitabständen Rechnung legen muß. Verfügungen zu anderen, als den in § 5 Abs. 1 genannten Zwecken bedürfen der vorherigen Zustimmung des Beirats der BCI VAG.
3. Der Beirat der BCI VAG ist berechtigt, die Regelungen überdie Verwendung der Guthaben auf dem Treuhandkonto festzulegen, insbesondere fürden Fall, daßdas jeweilige Guthaben zur Befriedigung aller Anspruchstellernichtausreicht.
§ 9 - Ve rzinsung, Verzug 1. Die Salden auf den Verrechnungskonten werden nicht verzinst. 2.
Ist der Teilnehmer mit einer nach diesem Vertrag geschuldeten Leistung in Verzug, so gilt § 11 Abs. 3.
3.
Erfolgt der Ausgleich eines Schuldsaldos nichtfristgerecht, hat BCI VAG das Recht, auch eventuelle weitere Schuldsalden sofortzur Gänze fällig zu stellen.
4.
BCI VAG ist verpflichtet, unverzüglich nach Fälligkeit eines Schuldsaldos oder einer Ausfallprämie die erforderlichen Beitreibungsmaßnahmen gegen den säumigen Teilnehmer einzuleiten.
j
Vertragsbedingungen der Barter Clearing & Information - Deutschland §
9 - Einkaufslimit
243
/ Sicherheit
Jeder Teilnehmer kann ein Einkaufslimit für sich beantragen. 1. Voraussetzung hierfür ist, daß der Teilnehmer seinen Jahresbeitrag bereits bezahlt hat. Sollte der Teilnehmer keine ausreichende Sicherheit (unbefristete, selbstschuldnerische, unwiderrufliche Bankbürgschaft) stellen, so entscheidet BCI nach erfolgter Bonitätsprüfung über die Höhe des einzuräumenden Einkaufslimits. Ein Anspruch auf Erteilung eines Einkaufslimits besteht nicht. Die Kosten des Antrags sowie die laufende Gebühr für die Bereitstellung des Einkaufslimits, von BCI jeweils festgesetzt, werden dem Teilnehmer gesondert in Rechnung gestellt. Wird dem Teilnehmerdas Einkaufslimit eingeräumt, so kann er in dessen voller Höhe Einkäufe tätigen. 2.
Ein einmal eingeräumtes Einkaufslimit kann von BCI aus wichtigem Grunde ganz oder teilweise fristlos gekündigt werden. Wichtige Gründe sind u.a. eine Verschlechterung der Vermögenslage des Teilnehmers oder negative Bonitätsauskunft über den Teilnehmer (§ 5 Abs. 4). Der Teilnehmer ist berechtigt, das Einkaufslimit, soweit es nicht genutzt ist, ohne Angabe von Gründen, unter Einhaltung einer Frist von einem Monat, ganz oder teilweise, zu kündigen. Mit der Beendigung des Vertrages erlischt gleichzeitig auch das Einkaufslimit.
3. Die vom Teilnehmer gemäß vorstehendem Absatz 1 Satz 3 für die Bereitstellung des Einkaufslimits zu tragenden Kosten werden auf ein gesondert eingerichtetes Ausfallkonto einbezahlt, welches treuhänderisch für die Teilnehmer verwaltet wird. Die Guthaben auf diesem Ausfallkonto werden für folgende Zwecke verwendet: a) Bildung einer Rücklage zur Deckung des Ausfallrisikos, b) Bezahlung aller Aufwendungen, die BCI im Zusammenhang mit der Verwaltung dieses Ausfallkontos sowie der Abwicklung des eingeräumten Einkaufslimits (z.B. die Kosten der laufenden Bonitätsprüfungen, Auskünfte, etc.) entstehen, c) Bezahlung aller Aufwendungen für die gerichtliche oder außergerichtliche Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen oder Rechten, die BCI bzw. BCI VAG im Zusammenhang mit der Verwaltung des Ausfallkontos entstehen, d) sonstige Zwecke im Interesse der BCI VAG, die der Beirat der BCI VAG allgemein oder im Einzelfall festlegt. Im übrigen gelten für die Verwaltung des Ausfallkontos die Regelungen für das Treuhandkonto (§ 7) entsprechend.
§ 1Q-QSÇARD Zur leichteren Abwicklung von Barter-Geschäften wird jedem Teilnehmer am BCI- Verrechnungssystem ab 01.04.1992 von BCI VAG ein nichtübertragbarer Teilnehmerausweis in Form der OSCARD" unentgeltlich ausgestellt und übergeben. 1. Jeder BCI-Teilnehmer kann die Ausstellung von bis zu max. 10 Stück Zusatzkarten für Firmenangehörige beantragen. Der entsprechende Antrag muß von dem jeweiligen Teilnehmer und dem Firmenmitglied gestellt werden. Der Teilnehmer und der Inhaber der Zusatzkarte haften für alle Verbindlichkeiten die aus der Verwendung von Zusatzkarten entstehen, gesamtschuldnerisch. BCI erhebt für die Ausstellung von Zusatzkarten pro Karte jährlich eine Bearbeitungsgebühr. 2. Für den Fall, daß die personen- bzw. firmenbezogenen Daten falsch eingetragen sind, darfeine OSCARD nicht benutzt werden. Sie ist BCI sofort zurückzustellen. Mit Unterzeichnung der OSCARD bestätigt der Karteninhaber den Erhalt der Allgemeinen Vertragsbedingungen und erklärt sich mit diesen einverstanden. Die Oscard verbleibt im Eigentum von BCI. Ein Zurückbehaltungsrecht ist ausgeschlossen. 3. Der OSCARD-Inhaber ist berechtigt bei Vorlage der OSCARD" von BCI-Teilnehmern Waren und Dienstleistungen bargeldlos auf Verrechnungsbasis durch Unterzeichnungeines Leistungsbelegszu beziehen. Die Verrechnung erfolgtdurch BCI VAG gem. §3 der AllgemeinenVertragsbedingungen, d.h. derTeilnehmer muß entweder überein entsprechendes Guthaben oderein ausreichendes Einkaufslimit auf seinem Barterkonto verfügen. 4. Jeder BCI-Teilnehmeristverpflichtet.dieOSCARDzu akzeptieren, wenn ersieh dazu bereit erklärt hat. BCI haftet jedoch nicht für den Fall, daß sich Teilnehmer, gleich aus welchen Gründen, weigern, die OSCARD anzunehmen. 5. Der Karteninhaberistzursorgfältigen Verwahrung der OSCARD verpflichtet. Nach Zugang derOSCARD haftet der Karteninhaber für alle aus der Benutzung der OSCARDentstandenen Verbindlichkeiten. Bei Diebstahl oder Verlust derOSCARD mußder Teilnehmer BCI sofort per Einschreiben/Rückschein schriftlich benachrichtigen. Im Falle mißbräuchlicher Benutzung verlorener oder entwendeter Karten entfällt die Haftung des Karteninhabers für Forderungen, die nach Benachrichtigung der BCI begründet werden. 6. Wird voneinem Karteninhaber im Falle des Verlustes der OSCARD die Karte wieder aufgefunden, sodarfersienichtmehrverwenden und ist verpflichtet, die Karte entwertet sofort an BCI einzusenden. Der Kartendiebstahl ist unverzüglich bei der zuständigen Polizeidienststelle anzuzeigen. BCI ist verpflichtet und berechtigt, die Nummer der OSCARD, die der Inhaber als abhandengekommen gemeldet hat, den Teilnehmern in "Sperrlisten" bekanntzugeben. Dies gilt auch für die Fälle, in denen die OSCARD durch Auflösung des Vertragsverhältnisses oder durch Sperrung wegen Mißbrauchs ungültig geworden ist. Sämtliche BCI-Teilnehmersind berechtigt und verpflichtet, eine gesperrte OSCARD im Namen von BCI einzuziehen, die eingezogene Karte zu entwerten und unverzüglich an BCI einzusenden. Mit Beendigung des Vertragsverhältnisses verliert die OSCARD ihre Gültigkeit und der BCI-Teilnehmer muß sämtliche in seinem Besitz befindlichen, bzw. auf seine Firma lautenden OSCARDS an BCI einsenden.
244 § 11 - Vergütung 1.
Anhang γ